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Full text of "Lehrbuch der Photographie"

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Neapel  «Selb.  Chromgelb.  Liehtocker  Gbldocker. 


Crapplack.  Zinnober.  Chromroth.  Terra  de  Sier 


VänDyckBr.  Schvvemf.Grr.  Cobalt  (ir.  Gr.  ZinnobeT 


Lehrbuch  der  Photographie 


Hermann  Wilhelm  Vogel 


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HARVARD  UNIVERSITY 


LIBRARY 

OF  THE 

MUSEUM  OF  COMPARATIVE  ZOOLOGY 


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LEHRBUCH 

DER 

PHOTOGRAPHIE 

von 


Dr.  Hermann  Vogel, 

Lehrer  der  Photographie  an  der  Köuigl.  Gewerbe  - Akademie  iu  Berlin,  Vorsitzendem  des 
Vereins  zur  Förderung  der  Photographie  zu  Berlin,  Redacteur  der  Photographischen  Mit- 
theilungeu,  Mitglied  der  internationalen  Jury  der  Pariser  Ausstellung  von  1HB7 , Ehrenmit- 
glied der  National  Photographie  Association  der  Vereinigten  8taaten  von  Nordamerika. 


Theorie,  Praxis  und  Kunst  der  Photographie. 

(Photochemie  und  photographische  Optik,  Praxis,  photographische  Aesthetik  ) 


Hit  einer  Farbentafel  und  danach  gefertigter  Photographie,  4 in  den  Text  einge- 
klebten Photographieen  und  172  Holzschnitten. 


Berlin 

Verlag  von  Robert  Oppenheim. 

*"1  8 7 0. 


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Das  Recht  der  Uebersetzung  ist  Vorbehalten. 


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V orrede. 

Drei  Jahre  sind  vergangen,  seitdem  ich  die  erste  Lieferung 
meines  Lehrbuchs,  dessen  Schlufs  nunmehr  vorliegt,  dem  deut- 
schen Publikum  übergab. 

Vielerlei  Umstände  wirkten  zusammen,  die  Vollendung  des- 
selben so  lange  zu  verzögern,  vor  allem  die  zahlreichen  Lücken, 
die  ich  in  den  Gebieten  der  Photochemie,  photographischen 
Optik,  Praxis  und  Aesthetik  vorfand,  und  die  den  Wunsch  in 
mir  rege  machten  zu  deren  Ausfüllung  selbst  mein  Scherflein 
beizutragen.  So  legte  ich  denn  schon  nach  wenigen  Bogen  die 
Feder  weg,  um  Monate  lang  chemische,  optische,  technische  und 
aesthetische  Untersuchungen  auszuführen,  und  dadurch  den  Stoff 
so  mancher  Capitel  des  vorliegenden  Werkes  erst  zu  schaffen, 
ehe  ich  an  die  Abfassung  derselben  gehen  konnte.  Ich  brauche 
nur  hinzuweisen  auf  meine  Arbeiten  über  Sensibilisatoren, 
über  Photochemie  des  Chlor-,  Brom-  und  Jodsilbers, 
über  dessen  Verhalten  im  Silberbade,  über  Silbertitrir- 
methoden,  über  Collodion,  über  Mikrophotographie, 
über  Objectivprüfungen,  über  Pigmentdruck,  über  Photo- 
metrie, über  die  Principien  der  Beleuchtung  und  Atelier- 
construction,  über  Perspective  in  der  Portraitphoto- 
graphie,  zahlreicher  kleinerer  Publikationen  zu  geschweigen, 
um  die  lange  Ausarbeitung  einigermafsen  entschuldbar  erscheinen 
zu  lassen. 

Auf  der  andern  Seite  wurde  ich  zu  wiederholten  Malen 
aus  meiner  schriftstellerischen  Thätigkeit  herausgerissen.  Die 
internationale  Ausstellung  rief  mich  1867  nach  Paris,  die  Sonnen- 
finsternifsexpedition  1868  nach  Aden  in  Arabien,  die  photo- 
graphisch-archäologische Expedition  in  demselben  Jahre  nach 


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Obera.egypten.  Das  Manuseript  des  Buches  wanderte  mit 
mir,  einzelne  Abschnitte  desselben  sind  in  Paris,  andere  auf  der 
rothen  Meerreise,  einige  auf  dem  Nil  verfafst  und  ehe  der 
letzte  Bogen  die  Presse  verläfst,  folge  ich  einer  freundlichen 
Einladung  der  amerikanischen  Photographen  über  den  Ocean. 
Die  Correctur  des  Satzes  mufste  ich  grofsentheils  Andern  über- 
lassen. Mancher  Druck-  und  Anordnungsfehler  ist  unter  solchen 
Umständen  stehen  geblieben,  für  den  ich  die  Nachsicht  des 
Publikums  erbitte. 

Die  Besprechung  des  photographischen  Stein-  und  Metall - 
drucks  und  der  Positiv-  und  N egativ-Retouche  konnte 
in  diesem  Buche  aus  Mangel  an  Raum  keine  Stelle  finden.  Für 
letztere  empfehle  ich  das  vortreffliche  Werkchen  über  Retouche 
von  Grafshoff.  Für  den  dritten  Theil  der  photographischen 
Aesthetik  erbitte  ich  die  Nachsicht  der  Künstler  von  Fach. 
Ich  bin  weit  entfernt,  mich  in  Erörterungen  einzulassen,  ob 
Photographie  eine  Kunst  sei  oder  nicht.  Ich  gehe  von  dem 
Erfahrungssatze  aus,  dafs  das  schärfste  und  fleckenloseste 
photographische  Portrait-  oder  Landschaftsbild  unbefriedigt  läfst, 
wenn  nicht  in  demselben  diejenigen  Gesetze  des  Schönen  beachtet 
sind,  welche  den  Grund  des  Gefallens  an  Werken  der  zeichnen- 
den Künste  bilden.  Insofern  habe  ich  versucht,  diese  Gesetze» 
soweit  sie  photographisch  anwendbar  sind,  an  Beispielen  zu 
erörtern.  Besondere  Schwierigkeiten  machte  für  dieses  Gebiet  die 
Beschaffung  geeigneter  Illustrationen.  Nur  einzelne  konnte  ich 
den  früher  in  den  Photographischen  Mittheilungen  publicirten 
Artikeln  von  Robinson  entlehnen,  die  Mehrzahl  verdanke  ich 
dem  vortrefflichen  Kunstverlag  von  A.  Seemann  in  Leipzig. 

Berlin,  den  15.  April  1870. 

Dr.  H.  Vogel. 


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Inhalt. 


Seit« 


Einleitung 

Das  Studium  der  Photographie 

9 

Theorie  der  Photographie. 


Erstes  Capitel.  Physikalische  Wirkungen  des  Lichtes 

12 

Zweites  Capitel.  Photochemie  oder  Lehre  von  den  chemischen  Wirkungen 

des  Lichtes  

Iß 

Erster  Abschnitt.  Wirkung  des  Lichtes  auf  Nichtmetalle  und  deren 

Verbindungen 

17 

Zweiter  Abschnitt.  Wirkung  des  Lichtes  anf  Metallverbindungen  . 

18 

Verbindungen  der  Leichtmetalle 

19 

Verbindungen  der  Schwermetalle 

20 

Verbindungen  des  Eisens 

20 

Verbindungen  des  Kupfers 

25 

Verbindungen  des  Chroms 

26 

Verbindungen  des  Urans 

34 

Verbindungen  des  Silbers 

36 

Verbindungen  des  Quecksilbers 

58 

Verbindungen  des  Bleies 

60 

Verbindungen  des  Goldes 

61 

Verbindungen  des  Platins  nnd  der  Platinoide 

63 

Dritter  Abschnitt.  Wirkung  des  Lichtes  anf  organische  Substanzen  . 

64 

Drittes  Capitel.  Photographische  Chemie  oder  Beschreibung  der  photo- 

graphischen  Chemiealien 

69 

Metalloide 

69 

Sauerstoff 

70 

Wasserstoff 

71 

Chlor 

71 

Brom 

72 

Jod 72 


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VI 


Inhalt. 


n»it« 

Die  Lösungsmittel 73 

Wasser 73 

Alkohol 75 

Aether 76 

Methylalkohol 76 

Sänren  76 

Schwefelsäure 77 

Salpetersänre 77 

Chlorwasserstoffsäure 78 

Essigsäure 78 

Ameisensäure.  Citronensäure.  Weinsäure 79 

Basen  und  Salze 79 

Das  Kali 80 

Cyankalium 81 

Schwefelcyankalium 82 

Natron  und  dessen  Salze 83 

Ammoniak 86 

Kalk,  Baryt,  Strontian,  Magnesia 87 

Reductionsmittel S8 

Gerbstoff 89 

Gallussäure 89 

Pyrogallussäure 90 

Bildträger 90 

Pflanzenfaser 92 

Stärkemehl 93 

Pyroxylin 94 

Rohcollodion 99 

Jodirungssalze 101 

Wirkung  der  Jodirungssalze . 106 

Albumin 109 

Gelatine 111 

Papier 113 

Viertes  Capitel.  Photographische  Optik 117 

Von.  d_er  Intensität,  des.  Lichtes . , , . . , . • • ■ LU 

Farbenlehre 121 

Physikalische  und  chemische  Wirkungen  der  Farben  ....  124 

Von  der  Messung  der  chemischen  Intensität  verschiedener  Licht- 
quellen und  den  Grundzügen  einer  chemischen  Meteorologie  . 130 

Chemische  Intensität  des  Himmeisiichts  . . , , . , , . 133 

Chemische  Intensität  d.ea_S.aanenlichts , . , . , . . ^ 138 

Die  optischen  Instrumente 146 

Allgemeines 146 

Von  den  einfachen  Linsen  150 

Die  sphärische  Abweichung 157 

Die  chromatische  Abweichung 166 

Wölbung  der  Bildfläche 170 

Verzeichnung 174 

Lichtstärke  und  Gesichtsfeld  der  Linsen , , , , , • L76 


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Inhalt. 


nt 

8tite 

Beschreibung  der  photographischen  Objective 179 

1)  Das  einfache  achromatische  Objectiv  oder  die  sogenannte 

Landschaftslinse , , ± , . = , , ■ , , . , , ISO 

2)  Da»  Portraitobjectiv 182 

3)  Das  Orthoskop  188 

4)  Die  Tripletlinse 189 

5)  Das  Kegelobjectir  und  das  PantOBkop 191 

Ueber  Objectirprüfungen 194 

Das  Stereoskop 199 

Der  Panoramenapparat  und  die  Photogrammetrie 201 

Anhang. 

IV  Photochemie 207 

Ceber  die  Umwandlung  photographisch  erzeugter  Silberbilder  in 

Bilder  anderer  Metalle  . , ; . . . , , , , . , . . 202 

2)  Photographische  Optik 210 

Ueber  die  chemische  Lichtintensität  zu  verschiedenen  Zeiten  und 

an  verschiedenen  Orten  der  Erde  . , . . , . , , , . 210 

Ueber  ein  neues  chemisches  Photometer  von  Dr.  Vogel  ....  213 


Praxis  der  Photographie. 

Erstes  Capitel.  Von  der  Einrichtung  der  Atelierräume.  .....  217 

Vom  Glashanse  . . . . , . ^ i . . . . . , . . . . 223 

Kritik  der  beschriebenen  Atelierconstructionen  . . . . . . . . 225 

Dimensionen  des  Ateliers . . . . . . . . . . . . . . 234 

Vom  Glase,  Ventilation.  Heizung 236 

Zweites  Capitel.  Von  dan  Arbeiten  selbst  . 238 

De  r Negativprocefs 238 

Erster  Abschnitt.  Die  Vorbereitungsarbeiten 238 

Hauptvorsichtsmafsregeln  238 

A . Vorbereitungsarbeiten  im  Glashause  239 

B.  Vorbereitungsarbeiten  im  Laboratorium 250 

11  Ansetsen  des  Collodions 251 

21  Das  Silberbad  255 

31  Der  Entwickler  ■ . .' 256 

'41  Der  Verstärker  256 

6)  Die  Fixage 258 

'61  Der  Lack  ■■■■■. 258 

71  Glasplatten 259 

Zweiter  Abschnitt.  Die  photographischen  Operationen  . . . 262 

11  Das  Putzen 262 

21  Das  Abstaubeh 264 

31  Das  Collodionireu 264 

4)  Das  Sensibilisiren 266 

o.  Silbern  in  Cüvetten  ■ . . . . , . . . . » . 266 

i>.  Silbern  in  Schalen . . . . . . . . . . . . 268 

5)  Das  Exponiren 270 

6)  Die  Entwicklung 271 

71  Die  Verstärkung 273 


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Inhalt. 

8)  Paa  Fixiren  274 

9)  Dm  Verstärken  nach  dem  Fixiren 275 

10)  Das  Lackiren 275 

Uebersicht  und  Reihenfolge  der  Operationen  im  Negativ-  und  Po- 

sitivprocefs 277 

Dritter  Abschnitt.  Von  der  Wartung  der  photographischen  Ap- 
parate und  Chemiealien  im  Negativprocefs 279 

Wartung  der  Linsen 279 

Wartung  der  Cameras 279 

Wartung  der  Glasplatten 281 

Wartung  des  Coliodions 282 

Wartung  des  Silberbades 284 

Wartung  des  Entwicklers 288 

Wartung  des  Verstärkers 288 

Wartung  der  Fixage 288 

Wartung  des  Lacks 288 

Der  Positivprocefs 289 

q.  Der  Silberdruckprocefa 290 

Erster  Abschnitt.  Vorbereitungsarbeiten.  Das  Positivsilberbad  291 

Das  Goldbad 293 

Normalgoldlösung  und  Goldverbrauch 295 

Alkalische  Goldbäder 296 

Neutrale  Goldbäder 296 

Saure  Goldbäder . , , , , 5 , , , , , . . . . 292 

Rhodangoldbad 297 

Das  Fixirbad 298 

Das  Papier 298 

Zweiter  Abschnitt Praxis- .dfia_ Silher.dr.ucka. Sensibilisiren 

des  Papiers 299 

Das  Copiren 301 

Das  Copiren  mit  abgetontem  Hintergrund 301 

Das  Copiren  unvollkommener  Negative 302 

Das  Waschen 303 

Das  Tonen 303 

Das  Fixiren 304 

Das  Fertigmachen 306 

Dritter  Abschnitt.  Wartung  der  Utensilien  und  Chemiealien 

im  Positivprocefs.  Wartung  der  Negative 309 

Wartung  des  Papiers.  Ammoniakräucherung 311 

Wartung  des  Poaitivsilberbades 313 

Wartung  des  sensibilisirten  Papieres 318 

Wartung  der  Goldbader 318 

Wartung  des  Rxirbades 319 

b.  Der  Pigmentdruckprocefs 319 

Gebrauch  des  Photometers  ■ , , , , , , , , . , , 229 

Johnson'»  Pigmentdruckprocefs 328 

Pigmentdruck  auf  Eiweifspapier 331 


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Inhalt 


IX 


Seite 

Verschiedene  photographische  Verfahren  ......  333 

Haltbare  sensible  Ntgatirplaaten  nnd  Positivpapiere 333 

«.  Haltbare  Negativplatten  (Trockenplatten) 334 

1)  Her  ChimmigaUnsprocefs 335 

2)  Der  HarioroctenproeeJs 338 

b.  Haltbare  Positivpapiere 340 

Cfalorstlb  creollodion , , . , . , . * . . . s , , MI 

Collodionpapier 341 

Ucbertragungspapier ' 343 

Positive  Bilder  direct  auf  Glas  copirt  und  Reprodntiiaa  tbh  Mo- 

gativen ■ 345 

Copirverfahren  mit  Entwicklung ^ . . M7 

Vergröfserungen 348 

1)  Das  indirecte  Copirverfahren 348 

2)  Das  directe  Copirverfahren 350 

3)  Vergröfserangen  bei  künstlichem  Licht 354 

Mikrophotographie 358 

Stereoskopaafnahmen 361 

Ueber  Augenblicksbilder 366 

Zeltarbeiten  nnd  photographische  Excursionen 368 

Angewandte  Photographie 374 

I.  Beproductionsphotographie  (Anfnahme  von  Zeichnungen,  Oelge- 

malden  etc.) 375 

II.  Anfnahme  von  Modellen,  Ornamenten,  Statuen,  Kunstgeräthen, 

Maschinen  . , , . ± , , , ± , , , . , , , . , , 385t 


Die  Kirnst  der  Photographie 

oder  die  photographische  Aeathetik. 


Photographie  nnd  Wahrheit 888 

Ueber  Licht  nnd  Beleuchtung 395 

Von  der  Pespective 407 

Anordnung 420 

Umrisse  nnd  Linien 423 

Gewänder  and  Draperieen 433 

Ueber  Stellung  und  Standpunkt 439 

а.  Das  Arrangement  von  menschlichen  Figuren 439 

б,  Das  Arrangement  bei  Landschaften  und  Architekturen  ....  444 

Charakteristik 447 

Der  Umgang  mit  dem  Publiknm . 453 

Ausfüllung  des  Rahmens 457 

Formate,  Beiwerke  nnd  Hintergründe 457 


Nachtrag. 

I.  Photochemie 468 

Teasid  de  Mothay*8  Druckverfahren 468 

Albert’s  Verfahren 4fift 


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x Inhalt. 

Seite 

II.  Photographische  Optik 469 

Ueber  Lichtabaorption  in  feuchten  and  trocknen  Platten  ■ ■ ■ 469 

Ueber  chemische  Wirkung  des  rothen,  gelben  nnd  grünen  Lichtes  469 
Tabelle  der  chemischen  Intensitäten  des  blauen  Himmelälichtes 

für  Berlin  an  12  verschiedenen  Tagen  des  Jahres  ....  469 

Hl.  Praxis  der  Photographie 469 

lieber  die  Reprodnction  von  Zeichnungen  ohne  Camera  . . . 469 

Verarbeitung  der  Silberruckstände 471 

lieber  technische  Fehler . , . . . . , , , . . , , . , , 473 

Sach-  nnd  Samen-Regieter 479 


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Einleitung. 


Dei  aufmerksamer  Betrachtung  der  Geschichte  der  Erfindungen 
wird  man  wenige  Zeitalter  finden , die  so  reich  an  neuen  Ideen  und 
Thatsachen  sind,  als  die  hinter  uns  liegenden  100  Jahre. 

Mit  dem  Aufschwünge  der  erklärenden  Naturwissenschaften  Chemie 
und  Physik  begann  ein  neues  lebendiges  Regen  und  Streben,  indem 
man  die  Errungenschaften  derselben  auf  das  Leben,  auf  die  Industrie 
anzuwenden  suchte.  So  entstand  die  Dampfmaschine,  die  Gas-, 
Schwefelsäure-  und  Sodafabrikation,  die  Bereitung  des  Rüben- 
zuckers, die  Fabrikation  des  Ultramarins,  zahlreicher  anderer  Ent- 
deckungen nicht  zu  gedenken,  bei  denen  man  die  physikalischen 
und  chemischen  Wirkungen  der  Wärme  in  neuer  Form  nutzbar 
zu  machen  suchte. 

In  gleicher  Weise  sehen  wir  eine  andere,  früher  nicht  benutzte 
Naturkraft  für  die  Industrie  wirksam  eintreten:  Die  Electricität ! 
Weber  schuf  den  electromagnetischen  Telegraphen,  Jacoby 
die  G al vanoplastik. 

Endlich  schuf  uns  die  Neuzeit  eine  Kunst,  worin  die  chemische 
Wirkung  des  Lichtes  das  Hauptagens  bildet.  Diese  Kunst  ist 
die  Photographie.  Erst  25  Jahre  existirt  dieselbe  und  dennoch 
dürfen  wir  sagen,  dafs  keine  Erfindung  dieses  Jahrhunderts  seit  ihrem 
ersten  Auftreten  eine  so  grofsartige  Entwickelung  erfahren,  einen  so 
gewaltigen  Einflufs  auf  unsere  socialen,  künstlerischen  und  wissen- 
schaftlichen Verhältnisse  ausgeübt  hat,  wie  diese.  Anfangs  eine  blofse 
Portraitirkunst,  hat  sich  ihre  Anwendung  in  neuerer  Zeit  fast  auf  alle 
Zweige  des  menschlichen  Könnens  und  Wissens  ausgedehnt.  Sie  liefert 
— ein  Naturselbstdruck  im  weitesten  Sinne  des  Wortes  — dem  Natur- 
forscher getreue  Abbildungen  von  Thieren,  Pflanzen,  Mineralien,  dem 
Geographen  Grundlagen  zur  Entwerfung  seiner  Karten;  sie  fertigt 
dem  Ingenieur  in  wenigen  Minuten  getreue  Copieen  seiner  complicirtesten 
Maschinen  und  Reproductionen  seiner  Zeichnungen  und  Pläne,  zu 
deren  Herstellung  der  geschickteste  Zeichner  Wochen  bedürfen  würde, 
sie  liefert  ihm  authentische  Grundlagen  zur  Entwerfung  von  Plänen 
und  Karten;  sie  wird  mit  grofsem  Erfolg  angewendet  in  der  Litho- 
graphie, Porzellanmalerei,  sie  dient  dem  Künstler  zur  Vervielfältigung 
seiner  Schöpfungen  und  macht  dieselben  in  Copieen  von  unnachahm- 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  1 


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2 


Einleitung. 


licher  Treue  für  einen  billigen  Preis  auch  dem  Unbemittelten  zugäng- 
lich; dadurch  ist  sie  ein  ebenso  wichtiges  Hülfsmittel  zur  Bildung  des 
Volkes  im  Bereiche  der  Kunst,  wie  es  die  Buchdruckerkunst  ist  im 
Bereiche  der  Wissenschaft. 

Betrachten  wir  kurz  den  Entwicklungsgang  dieser  Kunst.  Es 
giebt  viele  Erfindungen,  die  durch  Zufall,  durch  die  Gunst  des  Augen- 
blicks gemacht  worden  sind,  z.  B.  das  Schiefspulver,  das  Fernrohr, 
die  Ablenkung  der  Magnetnadel  durch  den  galvanischen  Strom.  Andere 
dagegen  erforderten  jahrelanges  Nachdenken  und  Experimentiren,  ehe 
sie  fertig  an’s  Licht  treten,  zu  diesen  gehört  auch  die  Photographie. 

Schon  lange  war  es  bekannt,  dafs  das  Chlorsilber  sich  dunkel 
färbt,  sobald  es  an  das  Licht  gebracht  wird.  Ebenso  wufste  man 
schon  vor  langer  Zeit,  dafs  Papier,  Haut  etc.  mit  Silberlösung  be- 
netz, sich  im  Sonnenlichte  dunkel  färben.  Aber  erst  im  Anfänge 
dieses  Jahrhunderts  kam  man  auf  die  Idee,  auf  Grund  dieser  That- 
sache  Bilder  durch  das  Licht  zu  erzeugen. 

Zwei  Engländer,  Wedgewood  und  Davy,  machten  die  ersten  Ver- 
suche der  Art  im  Jahre  1802.  Sie  badeten  ein  Stück  Papier  in  Silber- 
auflösung, legten  es  mit  einem  dunklen  Gegenstände,  z.  B.  einer 
Silhouette  bedeckt  in  die  Sonne.  Alle  Stellen,  die  nicht  durch  die 
dunkle  Silhouette  geschützt  waren,  färbten  sich  dabei  braun,  die  andern 
blieben  weifs  und  so  erhielten  sie  ein  weifses  Bild  der  Silhouette  auf 
braunem  Grunde.  Das  war  das  erste  Lichtbild. 

Leider  waren  diese  Bilder  nicht  von  langer  Dauer.  Der  hell  ge- 
bliebene Theil  schwärzte  sich  später  durch  weitere  Einwirkungen  des 
Lichtes  und  so  verschwand  das  Bild  durch  Einfiufs  desselben  Agens, 
welchem  es  seine  Erzeugung  verdankte. 

Davy  hat  auf  diese  Weise  die  Bilder  des  Sonnenmikroskops  photo- 
graphisch aufgenommen. 

Fast  gleichzeitig  mit  Wedgewood  und  Davy  verfolgte  ein  Mann 
in  Frankreich,  Niepce,  die  Idee,  Lichtbilder  zu  erzeugen. 

Seit  dem  Jahre  1814  arbeitete  er  unablässig  und  experimentirte 
jahrelang,  kam  jedoch  nur  schrittweise  dem  Ziel  seiner  Wünsche: 
Herstellung  eines  dauerhaften  Lichtbildes  näher. 

Während  nach  der  Methode  von  Wedgewood  und  Davy  nur  flache 
Gegenstände,  die  mit  dem  empfindlichen  Papiere  zusammengeprefst  in 
die  Sonne  gelegt  wurden,  copirt  werden  konnten,  z.  B.  Blätter,  Zeich- 
nungen etc.,  erstrebte  Niepce  die  Aufnahme  aller  Gegenstände  in 
der  Natur,  Portraits,  Landschaften  etc.  Dies  gelang  ihm  mit  Hülfe 
der  Camera  obscura,  die  der  Physiker  Porta  im  sechszehnten  Jahr- 
hundert erfunden  hatte. 

Schon  Wedgewood  hatte  die  Idee,  die  reizenden  Bilder  dieses 
Instrumentes  mit  seinem  Papiere  aufzunehmen,  dasselbe  erwies  sich 
jedoch  als  zu  unempfindlich.  Niepce  nahm  deshalb  seine  Zuflucht 


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Geschichte  der  Photographie. 


3 


zu  einem  anderen  lichtempfindlichen  Präparat,  einer  Auflösung  von 
Asphalt  in  Lavendelöl.  Mit  solcher  Lösung  überzog  er  eine 
Metallplatte  und  exponirte  dieselbe  in  der  Camera  stundenlang.  Alle 
vom  Licht  getroffenen  Stellen  des  Ueberzuges  wurden  dadurch  unlös- 
lich, blieben  bei  nachherigem  Behandeln  der  Platte  mit  ätherischen 
Oelen  zurück  und  lieferten  so  ein  Bild! 

So  erzeugte  Niepce  schon  im  Jahre  1826  unvollkommene  Licht- 
bilder, sogenannte  Heliographieen , deren  Herstellung  jedoch  zu  um- 
ständlich und  schwierig  war,  um  praktisch  nützlich  zu  sein. 

Im  Jahre  1829  verband  sich  Niepce  mit  Daguerre,  der  dasselbe 
Ziel  wie  er  verfolgte,  und  beide  Männer  arbeiteten  gemeinschaftlich 
bis  zum  Jahre  1833,  wo  Niepce,  voll  Kummer  über  seine  20jährigen 
und  dennoch  nicht  vollendeten  Untersuchungen , starb.  Daguerre  wurde 
der  alleinige  Erbe  seiner  Ideen  und  wenige  Jahre  nach  Niepce’s  Tode 
hatte  er  das  grofse  Problem,  mit  Hülfe  des  Lichtes  auf  eine  ein- 
fache, leicht  ausführbare  Weise  dauerhafte  Bilder  herzu- 
stellen, gelöst  und  im  Jahre  1838  legte  er  den  drei  Mitgliedern  der 
Pariser  Akademie  Humboldt,  Biot  und  Arago  die  ersten  Proben  dieser 
Lichtbilder  vor. 

Dieselben  erregten  enormes  Aufsehen,  Jedermann  war  begierig, 
die  geheimnifsvolle  Art  der  Erzeugung  dieser  Bilder  kennen  zu  lernen. 
Durch  Verwendung  Arago’s  wurde  Daguerre  veranlafst,  sein  Verfahren 
zu  veröffentlichen  und  ihm  dafür  eine  lebenslängliche  jährliche  Pension 
von  6000  Francs  von  Seiten  der  Regierung  ausgesetzt.  Gleichzeitig 
erhielt  der  Sohn  von  Niepce  eine  Pension  von  4000  Francs.  Am 
19.  August  1839  wurde  das  Geheimnifs  der  Erzeugung  dieser  Bilder 
in  der  öffentlichen  Sitzung  der  Akademie  der  Welt  offenbart.  Der 
Zulauf  zu  dieser  Sitzung  war  ungeheuer.  Alles,  was  Paris  in  Wissen- 
schaft und  Kunst  an  Berühmtheiten  besafs,  hatte  sich  im  Palais  Ma- 
zarin  versammelt,  drinnen  war  es  gedrängt  voll,  Tausende,  die  keinen 
Einlafs  erhalten  hatten,  belagerten  die  Thür.  Schnell  waren  die  Nach- 
richten über  diese  neue  Entdeckung  durch  die  geschäftigen  Zeitungen 
in  der  ganzen  Welt  verbreitet  und  binnen  wenigen  Jahren  fanden  sich 
Jünger  der  neuen  Kunst  in  allen  Hauptstädten  Europas. 

Daguerre  erreichte  seinen  Zweck  auf  ganz  andere  Weise  als  vor 
ihm  NiÄpce  und  Wedgewood. 

Er  wandte  als  lichtempfindliche  Substanz  das  Jodsilber  an, 
welches  er  durch  Einwirkung  von  Joddämpfen  auf  eine  Silberplatte 
erzeugte.  Der  Lichteindruck,  den  solche  Jodsilberplatte  in 
der  Camera  obscura  annimmt,  ist  anfangs  nicht  sichtbar, 
sobald  aber  die  Platte  Quecksilberdämpfen  ausgesetzt 
wird,  erscheint  das  Bild  in  allen  seinen  Details. 

Das  ist  ein  Cardinalpunkt  in  Daguerre’s  Erfindung.  Während 
alle  Experimentatoren  vor  ihm  durch  Wirkung  des  Lichtes  allein 

1* 


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4 


Einleitung. 


sogleich  ein  sichtbares  Bild  zu  erhalten  suchten,  machte  er  einen 
an  und  für  sich  unsichtbaren  Lichteindruck  durch  Einführung  einer 
secundären  Operation  — der  sogenannten  Hervorrufung  oder  Ent- 
wicklung — sichtbar.  Auf  diese  Weise  hatte  er  nur  nöthig,  ganz 
kurze  Zeit  zu  belichten,  um  ein  Bild  zu  erhalten;  dadurch  wurde  die 
Photographie  erst  für  unruhige  Gegenstände  möglich. 

Während  nun  die  Daguerreoty  pie  (so  wurde  die  neue  Kunst 
zu  Ehren  ihres  Erfinders  genannt)  ihren  Triumphzug  durch  Europa 
hielt,  lebte  in  England  ein  reicher  Privatmann,  Fox  Talbot,  der  das- 
selbe Ziel  wie  Daguerre,  jedoch  auf  einem  ganz  andern  Wege  ver- 
folgte. Um  dieselbe  Zeit,  im  Januar  1839,  als  Daguerre  seine  ersten 
Bilder  den  Mitgliedern  der  Pariser  Akademie  vorlegte,  machte  Talbot  der 
Londoner  Königlichen  Societät  Mittheilung  über  eine  Methode,  Bilder 
mit  Hülfe  des  Lichtes  zu  vervielfältigen.  Anknüpfend  an  Wedge- 
wood's  Versuche  nahm  er  mit  Kochsalz  imprägnirtes  Papier,  liefs 
dieses  auf  einer  Silberauflösung  schwimmen  und  legte  das  so  mit 
Chlorsilber  und  salpetersaurem  Silberoxyd  getränkte  Papier,  das  be- 
deutend lichtempfindlicher  ist,  als  das  Wedgewood’sche,  mit  dem  zu 
eopirenden  Kupferstich  bedeckt  in  die  Sonne.  Diese  schien  durch  alle 
weifsen  Stellen  des  Bildes  hindurch,  färbte  die  darunter  liegenden 
Theile  schwarz  und  so  entstand  ein  weifses  Bild  auf  schwarzem 
Grunde  — ein  Negativ,  welches  in  ganz  gleicher  Weise  wie  der 
Kupferstich,  mit  einem  zweiten  Stück  empfindlichen  Papiers  in  die 
Sonne  gelegt  — ein  positives  Bild  lieferte.  Dieser  Procefs  konnte 
beliebig  oft  wiederholt  werden  und  so  konnte  man  von  einem  ein- 
zigen Negativ  zahlreiche  positive  Abzüge  erhalten. 

Durch  diese  Erfindung  Talbot’s  tritt  die  Photographie  ein  in  die 
Reihe  der  vervielfältigenden  Künste. 

Nach  dem  Bekanntwerden  der  Daguerre’schen  Entdeckung  suchte 
Talbot  auch  Camerabilder  auf  Papier  aufzunehmen.  Er  liefs  Papier 
auf  Jodkalium-,  dann  auf  Silberlösung  schwimmen,  belichtete  dieses,  so 
mit  Jodsilber  und  Silbernitrat  getränkte  Papier  in  der  Camera.  Auf 
diese  Weise  erhält  man  schon  nach  kurzer  Belichtung  ein  unsicht- 
bares Bild,  welches  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  Daguerre’s  Verfahren 
durch  Anwendung  einer  Entwicklung  — Talbot  nahm  dazu  eine 
Mischung  von  Gallussäure  und  Silbersalz  — sichtbar  gemacht  werden 
kann.  Die  Gallussäure  reducirt  hier  das  Silbersalz,  es  schlägt  sich 
metallisches  Silber  in  fein  zertheilter  Form  und  schwarzer  Farbe  nieder 
und  hängt  sich  an  alle  vom  Licht  getroffenen  Stellen.  So  entstand 
ein  negatives  Bild,  das  in  der  vorher  beschriebenen  Art  zur  Erzeugung 
positiver  Bilder  verwendet  wurde.  Dieses  Verfahren  veröffentlichte 
Talbot  1841. 

Talbot’s  Bilder  erschienen  jedoch,  mit  den  Daguerre’schen  ver- 
glichen, so  roh  und  unvollkommen,  dafs  sein  Verfahren  mehr  für  eine 


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Geschichte  der  Photographie. 


5 


Curiosität  galt  und  anfangs  wenig  beachtet  wurde.  Die  rauhe  Textur 
des  Papieres  liefs  die  Zartheiten  nicht  zu,  die  sich  auf  den  spiegel- 
blank polirten  Daguerre’schen  Platten  erzeugen  liefsen. 

Es  kam  aber  bald  anders. 

Niepce  de  St.  Victor,  ein  Neffe  von  Nicophore  Niepce,  dem 
Freunde  Daguerre’s,  nahm  nach  Herschel’s  Vorgänge  statt  des  Papieres 
Glasplatten  als  Träger  der  lichtempfindlichen  Jodsilberschicht.  Er  über- 
zog dieselben  mit  jodkaliumhaltigem  Eiweifs,  tauchte  sie  dann  in  ein 
Silberbad  und  erhielt  so  eine  lichtempfindliche  sehr  homogene  Schicht, 
auf  welcher  er  Bilder  von  viel  gröfserer  Zartheit  erzeugen  konnte  als 
auf  Papier.  Dennoch  war  die  Darstellung  der  Bilder  mit  grofsen 
Schwierigkeiten  verknüpft. 

Inzwischen  wurde  durch  Schönbein  und  Böttcher  die  Schiefsbaum- 
wolle entdeckt.  Dieselbe  bewährte  sich  nicht  als  Ersatzmittel  des 
Schiefspulvers,  fand  aber  dafür  eine  wichtige  Anwendung  in  der  Heil- 
kunde. Man  erkannte,  dafs  sich  dieser  Körper  in  Alkoholäther  auf- 
löst und  dafs  diese  Auflösung,  Collodium  genannt,  beim  Verdunsten 
ein  durchsichtiges  Häutchen  zurückläfst,  welches  als  Heftpflaster  ganz 
vortreffliche  Dienste  leistet 

Legray  versuchte  1850  zuerst  diese  Schiefsbaumwollenlösung  in 
der  Nidpce’schen  Weise  statt  des  Eiweifses  als  Träger  der  lichtem- 
pfindlichen Silbersalze  anzuwenden,  kam  aber  nicht  damit  zu  Stande. 
Glücklicher  waren  Archer  und  Fry  in  England.  Ihre  Versuche  wurden 
mit  bestem  Eifolg  gekrönt  und  1851  veröffentlichte  Archer  eine  voll- 
ständige Beschreibung  seines  neuen  Collodium  Verfahrens,  das  an 
Schönheit  der  Resultate  dem  Niepce’schen  Eiweifsverfahren  nichts 
uachgab , dasselbe  aber  an  Einfachheit  und  Sicherheit  weit  übertTaf. 
Archer  überzog  Plangläser  mit  Collodium,  welches  Jodsalze  aufgelöst 
enthielt,  tauchte  diese  in  eine  Silberauflösung  und  erhielt  so  auf  der 
Glasplatte  ein  zartes  mit  lichtempfindlichem  Jodsilber  getränktes  Häut- 
chen, welches  in  ähnlicher  Weise  wie  das  Talbot’sche  Papier  ange- 
wendet ein  Negativbild  von  aufserordentlicher  Schärfe  und  Feinheit 
lieferte  und  in  Folge  dessen  die  Erzeugung  trefflicher  Positivbilder 
auf  Papier  nach  der  oben  beschriebenen  Weise  in  beliebiger  Anzahl 
erlaubte.  Jetzt  wurde  das  Daguerre’sche  Verfahren  vollständig  aus 
dem  Felde  geschlagen.  Der  Collodiumprocefs  verbreitete  sich  all- 
gemein, wurde  im  Laufe  der  Zeit  immer  mehr  und  mehr  vervoll- 
kommnet und  ist  jetzt  der  ausschliefslich  angewendete. 

Diese  grofse  Verbreitung  verdankt  er  zunächst,  neben  seiner  Fein- 
heit, seiner  leichten  Ausführbarkeit,  dann  dem  Vortheil,  dafs  die  Collo- 
diumbilder  auf  einfache  Weise  vervielfältigt  werden  können,  was  Da- 
guerre’s Platten  nicht  gestatten. 

Diese  Umstände  allein  wären  aber  nicht  hinreichend  gewesen, 
ihm  den  Vorrang  vor  Daguerre’s  Verfahren  zu  verschaffen.  Mit  Hülfe 


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6 


Einleitung. 


der  Collodiumplatten  erhielt  man  zunächst  ja  nur  ein  negatives  Bild. 
Bs  mufste  ein  einfaches  und  leichtes  Mittel  gefunden  werden,  danach 
Positive  mit  allen  Feinheiten,  die  in  den  Negativen  enthalten  waren,  ab- 
zudrucken und  dies  erreichte  man  durch  besondere  Präparation  des 
Talbot’schen  Papieres.  Man  überzog  dasselbe  mitEiweifs,  das  schon 
Niepce  mit  Erfolg  zur  Präparation  der  Negativplatten  angewendet 
hatte  und  so  schuf  man  in  dem  Albuminpapier  ein  Mittel  zum  Ab- 
ziehen trefflicher  Positive.  Collodium  für  den  Negativproceß,  Albu- 
minpapier für  den  Positivprocefs  bilden  jetzt  die  wichtigsten  Grund- 
lagen unserer  photographischen  Bilder. 

Neben  diesen  ailmähligen  Vervollkommnungen  wirkten  aber  noch 
andere  Umstände  wesentlich  zur  Hebung  der  Photographie  mit. 

Man  verbesserte  die  optischen  Apparate,  welche  zur  Bilderzeugung 
in  der  Camera  dienten.  Petzval  schuf  1841  das  Doppelobjectiv,  welches 
außerordentliche  Lichtstärke  mit  correcter  Zeichnung  vereinigt.  Es 
erlaubte  Gegenstände  in  sehr  kurzer  Expositionszeit  aufzunehmen  und 
dadurch  wurde  erst  die  Portraitphotographie  auf  ihre  hohe  Stufe  der 
Vollkommenheit  gebracht 

Gleichzeitig  lernte  man  die  photographischen  Chemikalien  in  grofser 
Reinheit  und  Billigkeit  hersteilen;  man  studirte  die  Wirkung  der  be- 
reits bekannten,  suchte  die  unvollkommneren  durch  neue  wirksamere  zu 
ersetzen. 

Fizeau,  Claudet  und  Gaudin  entdeckten  die  größere  Empfindlich- 
keit der  Mischungen  von  Jodsilber  mit  Bromsilber  event.  Chlorsilber 
in  der  Daguerreotypie.  Goddard  führte  Mischungen  von  Jod-  und 
Bromsilber  auch  im  Collodiumproceß  ein. 

Herschel  gab  in  dem  unterschwefligsauren  Natron  ein  Mittel,  die 
lichtempfindlichen  Silbersalze  aus  den  Photographieen  aufzulösen  und 
somit  die  Bilder  auf  eine  sichere  Weise  zu  fixiren. 

Fizeau  lieferte  in  den  Goldtonbädern  ein  Mittel,  die  unschöne 
Farbe  der  Bilder  zu  verbessern  und  sie  zugleich  haltbarer  zu  machen. 

Diesen  und  noch  zahlreichen  Entdeckungen  ist  es  zu  danken,  dafs 
die  photographischen  Operationen  so  leicht  und  handlich  geworden 
sind,  daß  sich  jeder  nur  einigermaßen  geschickte  Mensch  in  kurzer 
Zeit  dieselben  aneignen  kann.  In  Folge  dessen  widmeten  sich,  zu- 
gleich in  der  Hoffnung  auf  leichten  und  sicheren  Geldgewinn,  eine 
enorme  Anzahl  von  Leuten  der  neuen  Kunst.  Die  Erfindung  der 
Visitenkartenportraits  machte  die  Photographie  populär,  schaarenweise 
strömte  das  Publikum  in  die  Ateliers,  die  allmählig  gleich  Pilzen  aus 
der  Erde  wuchsen.  In  gleicher  Weise  hob  sich  die  Fabrikation  der 
zur  Ausübung  der  Photographie  nöthigen  Apparate  und  Chemikalien. 
Es  entstanden  Tßchlerwerkstätten , die  sich  nur  mit  der  Herstellung 
von  photographischen  Apparaten,  optische  Anstalten,  die  sich  nur  mit 
Fertigung  photographßcher  Linsen,  Maschinenfabriken,  die  sich  mit 


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Geschichte  der  Photographie. 


7 


Erbauung  der  zur  Vollendung  der  Bilder  nöthigen  Satinirmaschinen 
beschäftigten,  und  Rahmenfabriken,  welche  die  nöthigen  Einfassungen 
für  die  Bilder  in  grofsen  Quantitäten  lieferten.  So  geniefsen  jetzt 
Millionen  von  Menschen  direct  und  indirect  die  Früchte  der  segens- 
reichen Erfindungen  Daguerre’s  und  Talbot’s. 

Zahlreiche  Jünger  derselben  sind  jetzt  gleichzeitig  beschäftigt,  die 
noch  unerklärten  physikalischen  und  chemischen  Processe , auf  denen 
diese  Kunst  beruht,  zu  ergründen,  ihr  neue  Zweige  der  Anwendung 
zu  öffnen  und  ihre  noch  bestehenden  Unvollkommenheiten  zu  beseitigen. 
Täglich  treten  neue  Vorschläge  in  dieser  Hinsicht  auf  und  3 photo- 
graphische Zeitschriften  existiren  allein  in  Deutschland,  um  diese  neuen 
Entdeckungen  zu  registriren  und  aller  Welt  zu  verkünden.  Leicht  ist 
es  möglich,  dafs  in  ähnlicher  Weise,  wie  vor  10  Jahren  das  Tal- 
bot’sche  Verfahren  das  Daguerre’sche  aus  dem  Felde  geschlagen  hat, 
auch  das  erstere  wieder  durch  ein  neueres  vollkommneres  bei  Seite 
gedrängt  wird.  Bereits  liegen  eine  Reihe  interessanter  Versuche  von 
Niepce  de  St.  Victor,  Bequerel  und  Poitevin  vor,  Photographieen  in 
natürlichen  Farben  herzustellen,  deren  Fixirung  freilich  bis  jetzt 
noch  nicht  gelungen  ist.  Bedeutungsvoller  und  von  besserem  Erfolge 
gekrönt  sind  die  Versuche,  die  in  dem  jetzt  üblichen  Processe  nöthigen 
theuren  Silbersalze  durch  billigere  Materialien  zu  ersetzen.  So  ver- 
suchte Herschel  zuerst  die  Eisen-,  Niepce  de  St.  Victor  (und  Burnett) 
zuerst  die  Uransalze,  Mungo  Ponton  zuerst  die  chromsauren  Salze  als 
lichtempfindliche  Substanzen  in  der  Photographie  anzuwenden.  Die 
bisher  damit  gemachten  Versuche  haben  bereits  beachtenswerthe 
Resultate  ergeben.  Namentlich  ist  es  das  zuerst  von  Poitevin  einge- 
führte, auf  der  'Lichtempfindlichkeit  des  chromsauren  Kalis  beruhende 
Kohlecopirverfahren,  welches  unserer  Meinung  nach  von  allen 
neuen  Druckprocessen  die  gröfste  Beachtung  verdient. 

In  ungeahntem  Mafsstabe  sucht  man  aber  die  Productivität  der 
Photographie  durch  Combination  derselben  mit  Metall-  und  Steindruck 
zu  erweitern.  Fizeau  war  der  erste,  der  eine  Daguerreotypplatte  zu 
ätzen  und  dadurch  geeignet  für  den  Kupferdruck  zu  machen  suchte. 
Er  lieferte  bereits  1844  solche  „Heliographieen“.  Fox  Talbot 
versuchte  das  photographische  Bild  mit  grofsem  Erfolg  auf  Stahl  zu 
übertragen  und  so  photographische  Stahlstiche  zu  liefern.  Poitevin 
versuchte  in  gleicher  Weise  die  Herstellung  von  Photolithographieen, 
ein  Verfahren,  was  neuerdings  von  Osborne,  Toovey,  James,  Asser, 
Lemercier,  Burchardt  u.  A.  auf  eine  hohe  Stufe  der  Vollkommenheit 
gehoben  worden  ist.  Das  Problem,  Zeichnungen  in  Linienmanier  da- 
nach zu  reproduciren , ist  bereits  gelöst  und  findet  schon  die  allge- 

*)  Nicophore  Niepce  soll  schon  von  seinen  mit  Asphalt  überzogenen  Platten 
Abdrucke  gemacht  haben. 


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8 


Einleitung. 


meinste  Anwendung.  Die  Wiedergabe  der  Halbtöne  auf  diesem  Wege 
ist  jedoch  noch  mit  Schwierigkeiten  verbunden,  deren  Hinwegräumnng 
von  zahlreichen  Forschern  mit  Eifer  angestrebt  wird. 

Während  des  Druckes  dieses  Buches  geht  uns  schon  die  Kunde 
zu  von  einer  neuen  wichtigen  Entdeckung  in  dieser  Hinsicht,  die 
eine  grofse  Umwälzung  in  unserem  Metalldruckverfahren  vorzubereiten 
scheint  — es  ist  Woodbury’s  Reliefdruck;  und  gleichzeitig  erhalten 
wir  Proben  von  neuen  optisch -photographischen  Instrumenten,  er- 
funden von  Busch,  Steinheil,  Dallmeyer,  welche  die  Leistungsfähigkeit 
der  Photographie  in  wunderbarer  Weise  erweitern. 

Es  mufs  dem  speciellen  Theile  unseres  Lehrbuches  Vorbehalten 
bleiben,  über  diese  neuen  Entdeckungen  ausführlicher  zu  berichten. 
Hier  sollte  nur  ein  übersichtliches  Bild  des  Entwicklungsganges  der 
Photographie  geliefert  werden. 


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Das  Studium  der  Photographie. 


Wie  aus  der  im  vorigen  Capitel  übersichtlich  geschilderten  Ge- 
schichte der  Photographie  hervorgeht,  sind  die  Operationen  derselben, 
namentlich  des  Collodiumverfahrens,  so  einfach,  dafs  jeder  nur  einiger- 
mafsen  geschickte  Mensch  sich  dieselben  leicht  aneignen  und  so  mit 
Erfolg  ausüben  kann.  Wir  sehen  das  im  Leben  an  Tausenden  von 
Leuten,  welche  ohne  alle  Vorken  n tn  isse  die  Photographie  praktisch 
ausüben  und  oft  mit  grofsem  Geschick.  Für  solche  sind  die  zahl- 
reichen Lehrbücher  geschrieben,  welche  nichts  als  das  Handwerks- 
mäfsige  der  Photographie  enthalten.  Nun  geht  aber  ebensowohl  aus 
dem  vorhergehenden  Capitel  hervor,  dafs  die  photographischen  Opera- 
tionen wesentlich  auf  physikalisch -chemischen  Processen  beruhen  und 
daraus  ergiebt  sich  von  selbst,  dafs  ein  Photograph,  der  die  unter 
seinen  Händen  täglich  vor  sich  gehenden  Processe  verstehen  und 
erklären  und  nach  seinem  Belieben  dirigiren  will,  physikalische 
und  noch  mehr  che  mische  Ken  n tnisse  besitzen  mufs.  Dafs  Tausende 
von  Photographen  auch  ohne  dieselben  im  Stande  sind,  treffliche  Bilder 
zu  liefern,  lehrt  allerdings  die  Erfahrung.  Es  ist  das  aber  nicht  nur  in 
ihrer  Geschicklichkeit,  sondern  auch  darin  zu  suchen,  dafs  ihnen  die  Me- 
chaniker so  vortreffliche  Apparate  und  die  Chemiker  so  vortreffliche  Prä- 
parate liefern;  schleicht  sich  aber — und  das  kommt  oft  genug  vor  — 
hier  irgend  eine  Unregelmäfsigkeit  ein,  gehen  die  üblichen  Processe 
nicht  nach  der  Schablone  vor  sich,  so  stehen  die  nicht  mit  chemischen 
Kenntnissen  Ausgerüsteten  rathlos  da  und  erst  nach  langem,  mühsamen, 
kostspieligen  und  planlosen  Hin-  und  Hertappen  gelingt  es  ihnen  zu- 
weilen , sich  von  der  Ursache  des  Uebels  Rechenschaft  zu  geben  und 
dasselbe  zu  beseitigen.  In  sofern  sind  chemische  Kenntnisse  für  den 
Photographen  eine  unbedingte  Nothwendigkeit.  Freilich  giebt  es  um- 
gekehrt tüchtige  Chemiker  genug,  die  als  Photographen  kein  gescheutes 
Bild  zu  fertigen  im  Stande  sind.  Hier  fehlt  es  wieder  an  Technik, 
an  der  nöthigen  Umsicht  imd  Sauberkeit  oder  oft  an  gründ- 
licheren chemischen  Kenntnissen,  indem  in  den  gewöhnlichen  Lehr- 
cursen  der  Chemie  die  photographisch  chemischen  Processe  im 


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Das  Stadium  der  Photographie. 


höchsten  Grade  stiefmütterlich  behandelt,  ja  oft  ganz  und  gar  mit. 
Stillschweigen  übergangen  werden. 

Physikalische  und  chemische  Kenntnisse  würden,  mit  tüchtiger 
Technik  vereinigt,  für  den,  welcher  die  Photographie  nur  in  der 
Wissenschaft  und  Industrie  anwenden  will,  ausreichen. 

Für  den  Fach photographen  aber,  welcher  nicht  blofs  technisch 
gute,  sondern  auch  schöne  Bilder  liefern  will,  ist  noch  ein  drittes  Eie1- 
ment  nothwendig. 

Wir  sehen  oft  ans  der  Hand  anerkannt  tüchtiger  Photographen 
Bilder  hervorgehen,  welche  dennoch  von  dem  Besteller  abscheulich 
befunden  werden.  Er  tadelt  vielleicht  bei  einem  Portrait  die  schlechte 
Haltung,  das  unschöne  Arrangement,  die  unangenehmen  schwarzen 
Schatten  in  den  Augen,  unter  Nase  und  Kinn,  die  dem  Ganzen  ein 
hartes,  dem  Original  unähnliches  Aussehen  geben,  wenn  auch  im 
Uebrigen  das  Bild  sauber  und  technisch  tadellos  ausgefiührt  ist. 

Technik  und  chemische  Kenntnisse  genügen  demnach  nicht,  um 
ein  schönes  Bild  zu  liefern,  hierzu  gehört  auch  noch  Sinn  für  ma- 
lerische Anordnung  und  Beleuchtung.  Besitzt  ein  Photograph 
diesen  nicht,  so  bringen  die  besten  Chemikalien,  die  ausgebildetste 
Technik  kein  schönes  Bild  hervor.  Letztere  kann  sich  Jeder  durch 
Uebung  aneignen,  chemische  Kenntnisse  anlernen,  aber  Geschmack, 
künstlerisches  Gefühl  lernt  man  nimmer,  das  mufs  einem  angeboren 
sein.  Studium  kann  dieses  nicht  schaffen,  sondern  nur  ausbilden. 
Wer  hier  nicht  von  der  gütigen  Mutter  Natur  die  Gabe  erhalten  hat, 
das  Schöne  zu  schauen  mit  geistigem  Auge  uud  das  Bild  seines  Geistes 
sichtbar  zu  reproduciren  an  lebendigen  Gestalten,  der  wird  nun  und 
nimmermehr  Künstler  werden,  sondern  nur  ein  photographischer  Hand- 
werker.*) 

So  sehen  wir  denn  dreierlei  für  den  Photographen  nothwendig: 

1)  Chemische  Kenntnisse  (physikalische  einbegriffen),  damit  er 
die  Processe  verstehen  lerne,  welche  täglich  unter  seinen 
Händen  vor  sich  gehen  und  durch  seine  Kenntnisse  selbst 
die  Macht  gewinne,  dieselben  nach  seinem  Belieben  zu 
leiten. 

2)  Technik,  d.  h.  gründliche  Uebung  in  den  mechanischen  Opera- 
tionen. 

3)  Geschmack  zur  Herstellung  künstlerisch  schöner  Bilder. 


*1  Wir  wollen  damit  aber  nicht  Denjenigen,  welche  diesen  Mangel  in  sich 
fühlen,  den  Muth  rauben.  Wie  in  der  Malerei  kleine  Künstler  lieben  grolsen  dennoch 
ihr  Publicnm  finden,  und  in  bescheidener  Sphäre  Gutes  leisten,  so  auch  in  der 
Photographie.  Und  selbst  derjenige,  welchem  die  Natur  natürlichen  Kunstsinn  ganz 
versagt  haben  sollte,  kann  durch  eifriges  Studium  und  durch  Nachahmen  der  Vor- 
bilder grofser  Meister  dennoch  bis  auf  einen  gewissen  Punkt  den  natürlichen  Mangel 
ersetzen- 


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Das  Studium  der  Photographie. 


11 


Daraus  ergeben  sich  denn  die  drei  Äbtheilungen , aus  denen  ein 
umfassendes  Lehrbuch  der  Photographie  bestehen  mufs,  ganz  von 
selbst.  Dasselbe  mufs  enthalten: 

1)  Die  Theorie  der  Photographie,  d.  i.  Betrachtung  der  chemi- 
schen und  physikalischen  Grundlehren,  worauf  das  Technische 
dieser  Kunst  beruht. 

2)  Die  Praxis  der  Photographie,  d.  i.  die  Beschreibung  der 
praktischen  Operationen. 

3)  Die  Kunst  der  Photographie,  d.  i.  Erörterung  der  Grund- 
sätze, auf  denen  die  Herstellung  künstlerisch  schöner  Bilder 
beruht. 

Durch  diese  Eintheilung  unterscheidet  sich  unser  Lehrbuch  wesent- 
lich von  den  bisher  vorhandenen. 


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Theorie  der  Photographie. 


Erstes  Gapitel. 

Physikalische  Wirkungen  des  Lichtes. 

Photographie  ist  die  Kunst,  mit  Hülfe  der  directen  Wirkung 
des  Lichtes  auf  eine  Fläche  ein  Bild  zu  erzeugen. 

Sie  basirt  auf  den  V eränderungen,  welche  das  Licht  auszuüben 
im  Stande  ist.  Nun  sind  alle  Veränderungen  in  der  Natur  entweder 
stofflich,  dann  nennt  man  sie  chemische  Veränderungen,  oder  nicht 
stofflich,  dann  nennt  man  sie  physikalische. 

Biegt  man  oder  zerbricht  man  einen  Holzstab,  so  ändert  man 
dessen  Form,  die  Substanz  des  Holzes  bleibt  jedoch  dieselbe,  Biegen, 
Brechen  sind  demnach  physikalische  Veränderungen. 

Entzündet  man  aber  den  Holzstab,  so  verbrennt  er,  Rauch  steigt 
auf,  Kohle  bleibt  zurück,  oft  genau  von  der  Form  des  verbrannten 
Holzstückes;  hier  wird  der  Stoff  des  Holzes  total  verändert.  Ver- 
brennen ist  demnach  eine  chemische  Veränderung. 

Das  Licht  bewirkt  beide  Arten  von  Veränderungen,  physika- 
lische und  chemische. 

Betrachten  wir  zunächst  die  ersteren. 

Unter  den  physikalischen  Veränderungen,  welche  das  Licht  aus- 
übt, ist  zuerst  die  Phosphorescenz  zu  nennen.  Viele  Körper,  wie 
Diamant,  Flufsspath,  weifses  Papier,  Eierschaalen , der  bononische 
Stein  (eine  Art  Schwerspath),  leuchten  im  Dunkeln,  wenn  sie  vorher 
von  der  Sonne  beschienen  worden  sind.  Die  Erscheinung  zeigt  sich 
auch  in  verschlossenen  Gläsern  selbst  unter  Wasser  und  Oel.  In- 
teressant ist  es,  dafs  die  stark  brechbaren  blauen,  violetten  und  ultra- 
violetten Strahlen  diese  Phosphorescenz  am  stärksten  bewirken.  Wir 
werden  später  sehen,  dafs  diese  Strahlen  auch  in  photographischer 
Hinsicht  die  wirksamsten  sind. 

Und  ähnlich  wie  in  der  Photographie,  so  ist  auch  hier  oft  eine 
Belichtung  von  nur  wenigen  Secunden  hinreichend,  um  das  Maximum 
der  Wirkung,  d.  h.  der  Leuchtkraft  hervorzubringen. 

Eine  andere  physikalische  Wirkung  des  Lichtes  ist  das  Magnetisch- 


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Physikalische  Wirkungen  des  Lichtes.  — Moser’s  Versuche.  13 

werden  von  zur  Hälfte  bedeckten  Stablnadeln,  wenn  dieselben  längere 
Zeit  dem  Lichte  ausgesetzt  werden. 

Ferner  ist  hier  das  Zerfallen  der  rothen  Krystalle  des  Realgars 
zu  erwähnen,  welches  nach  längerer  Belichtung  derselben,  selbst  in 
verschlossenen  Glasröhren  stattfindet.  Hier  wirkt  das  Licht  rein 
mechanisch.  Die  Krystalle  verwandeln  sich  in  ein  gelbes  Pulver,  als 
wenn  sie  in  einem  Mörser  zerstampft  worden  wären. 

Am  merkwürdigsten  für  unser  Gebiet  ist  aber  die  Wirkung  des 
Lichtes  auf  blank  polirte  Flächen. 

Bedeckt  man  Glas-  oder  Metallplatten  mit  einem  sie  nicht  be- 
rührenden durchbrochenen  Schirm  und  setzt  sie  so  einige  Zeit  dem 
Sonnenlichte  aus,  so  wird  die  Platte  zwar  nicht  sichtbar  verändert, 
haucht  man  aber  auf  dieselbe,  so  verdichtet  sich  der  Wasserdunst  am 
stärksten  an  den  belichteten  Stellen  und  man  erhält  so  ein  Bild  des 
Schirmes. 

Ganz  analog  verhalten  sich  Quecksilberdämpfe  in  Bezug  auf  Me- 
tallplatten. 

Das  Licht  ertheilt  daher  gewissen  Körpern  die  Eigenschaft,  Dämpfe 
zu  condensiren.  Diese  Erscheinung  ist  dem  Entwicklungsprocesse  in 
der  Daguerreotypie  sehr  nahe  verwandt  (siehe  Einleitung)  und  läfst 
die  Vermuthung,  dafs  dort  die  Wirkung  des  Lichtes  auf  Jod  silber- 
platten ganz  analog  der  auf  Silberplatten,  d.  h.  rein  physikalisch  sei, 
nicht  ganz  ungerechtfertigt  erscheinen.  Moser,  der  dieses  Gebiet  der 
Licbtwirkungen  vielfach  durchforscht  hat,  weist  nach,  dafs  man  solche 
Erscheinungen  auf  Kupfer,  Silber,  Glas,  Elfenbein  etc.  hervorbringen 
könne,  und  sagt  auf  Grund  seiner  Erfahrungen: 

Licht  wirkt  auf  alle  Körper  und  man  kann  seine 
Wirkung  prüfen  durch  Dämpfe,  die  an  der  Sub- 
stanz adhäriren. 

Hierher  gehören  auch  die  Erscheinungen  der  Condensirung  von 
Kampber-  und  Wasserdämpfen. 

Setzt  man  Flaschen,  auf  deren  Boden  sich  etwas  Kampher  oder 
Wasser  befindet,  an  das  Sonnenlicht,  so  condensiren  sich  die  Dämpfe 
der  Substanzen  vorzugsweise  an  der  belichteten  Seite,  obgleich  diese 
die  wärmere  ist. 

Bei  dieser  Gelegenheit  mufs  noch  eine  andere  Klasse  von  Er- 
scheinungen besprochen  werden,  die  von  Moser  beobachtet  und  studirt 
und  von  diesem  ebenfalls  einer  Lichtwirkung  zugeschrieben  wurde. 

Legt  man  auf  eine  frisch  polirte  Silberplatte  einen  Metallstempel, 
läfst  ihn  einige  Stunden  darauf  liegen  und  behaucht  alsdann  die  Platte, 
so  erhält  man  ein  deutliches  Abbild  des  Stempels,  indem  sich  der 
Hauch  überall  da  condensirt,  wo  Metall  und  Stempel  nicht  in  un- 
mittelbarer Berührung  waren.  Ebenso  kann  man  das  Bild  mit  Queck- 
silberdämpfen sichtbar  machen.  Dieselbe  Erscheinnng  beobachtet  man, 


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14 


Haochbilder.  — Latentes  Licht. 


wenn  Platte  und  Stempel  nicht  in  unmittelbarer  Berührung,  sondern 
in  Papierdicke  von  einander  entfernt  sind,  sie  findet  ebenso  gut  statt 
im  Hellen  wie  im  Dunkeln,  und  Moser  zog  daraus  den  Schlufs,  dafs 
diese  Hauchbilder  durch  ein  unsichtbares  Licht  erzeugt  würden, 
welches  von  dem  Stempel  ausstrahlt.  Eine  ganz  ähnliche  Erscheinung 
bemerkt  man  in  Taschenuhren.  Auf  der  Innenseite  der  Rückenwand 
derselben  beobachtet  man  öfter  ein  deutliches  Abbild  der  gegenüber- 
stehenden Schlüssellöcher. 

Oft  sind  diese  Hauchbilder  von  merkwürdiger  Schärfe.  Waidele 
wies  nach,  dafs  nicht  das  Licht,  sondern  die  Adhäsionsverhältnisse 
Ursache  der  Entstehung  dieser  Bilder  sind.  So  gut  wie  viele  Kör- 
per durch  Eintauchen  in  Wasser  sich  mit  einer  Wasserschicht  um- 
geben, d.  h.  nafs  werden,  so  umgeben  sich  dieselben  beim  Verweilen 
im  lufterfüllten  Raume  mit  einer  Schiebt  verdichteter  Luft,  sie  con- 
densiren  Gase  und  Dämpfe  an  ihrer  Oberfläche.  Diese  Gasschicht 
ist  oft  nur  schwierig  zu  entfernen,  sie  erweist  sich  z.  B.  als  in  hohem 
Grade  störend  beim  Füllen  von  Barometerröhren,  wo  die  festgehaltene 
Luft  in  die  Torricellische  Leere  steigt. 

Man  kann  diese  Luftschicht  nur  durch  eifriges  Putzen  und  Po- 
liren  oder  Erhitzen  entfernen.  Stellt  man  nun  auf  eine  rein  polirte 
Platte  eine  andere  nicht  polirte,  reliefartig  ausgeschnittene,  z.  B.  ein 
Petschaft,  so  suchen  die  reinen  Stellen  der  Platte  die  gegenüber  be- 
findlichen Gastheilchen  von  den  ihnen  näheren  erhabenen  Theilen  des 
Reliefs  herüberzuziehen.  Haucht  man  nun  auf  die  Metallplatte,  so 
werden  die  Wasserdämpfe  sich  an  den  Stellen,  die  schon  ganz  mit 
Gas  umhüllt  sind,  am  wenigsten  verdichten,  mehr  an  den  noch  reinen, 
und  so  entsteht  denn  ein  Hauchbild  des  Stempels. 

Dafs  die  Erscheinung  wirklich  auf  der  Gashülle  basirt,  beweist 
der  Umstand,  dafs  sie  nicht  eintritt,  wenn  beide  Körper,  Platte  und 
Stempel,  rein  geputzt  sind,  ebenso  nicht  im  luftleeren  Raume. 

Niepce  de  St.  Victor,  dessen  Namen  wir  noch  mehrfach  zu  nennen 
Gelegenheit  haben  werden,  beschrieb  eine  andere,  wie  es  scheint,  hier- 
her gehörige  Klasse  von  Erscheinungen. 

Er  exponirte  mit  Kochsalz  bestrichene  matte  Porzellanscheiben 
oder  Papierstreifen  und  fand,  dafo  beim  Betupfen  derselben  mit  Silber- 
lösung im  Dunkeln  das  auf  den  belichteten  Stellen  sich  bildende 
Chlorsilber  dunkel  erschien,  als  wenn  es  selbst  belichtet  worden  wäre. 
Er  schreibt  diese  Erscheinung  einem  „Latent werden“  des  Lichtes 
zu.  Doch  ist  es  wahrscheinlich,  dafs  hier  Ozonbildung  und  ähnliche 
Einflüsse  wesentlich  mitwirken. 

Zum  Schlufs  wollen  wir  die  schon  öfter  beobachteten  Veränderun- 
gen erwähnen,  welche  compacte  Glasmassen  im  Lichte  erleiden. 

Faraday  führt  an,  dafs  das  violette  Manganglas  sich  im  Liebte 
langsam  purpurn  färbe. 


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Lichtempfindlichkeit  des  Glases. 


15 


Auch  bei  ändern  Gläsern,  namentlich  bei  den  in  photographi- 
schen Ateliers  gebrauchten,  hat  man  allmählige  Veränderungen  in 
ihrer  Durchsichtigkeit  für  verschiedene  farbige  Strahlen  wahrgenommen. 
Es  ist  wohl  möglich,  dafs  diese  Erscheinungen  nicht  blofs  Aenderun- 
gen  des  Molecularzustandes  sind,  sondern  in  das  Gebiet  der  chemi- 
schen Wirkungen  des  Lichtes  gehören,  die  wir  im  nächsten  Capitel 
betrachten  wollen. 


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Zweites  Capitel. 

Photochemie 

oder 

Lehre  von  den  chemischen  Wirkungen  des  Lichtes. 


Während  die  physikalischen  Wirkungen  des  Lichtes  nicht  eben 
jedem  Auge  klar  zu  Tage  liegen,  sehen  wir  die  chemischen  Wirkun- 
gen des  Lichtes  sich  hundertfach  im  gewöhnlichen  Leben  in  augen- 
fälliger Weise  äufsern.  Jedermann  kennt  ja  das  Verbleichen  und 
Verschiefsen  unserer  farbigen  Kleiderstoffe  im  Lichte  und  dafs  dieses 
eine  Wirkung  des  Lichtes  ist,  geht  ja  am  eclatantesten  daraus  hervor, 
dafs  die  dem  Lichte  weniger  exponirten  Falten  nicht  verbleichen. 

Weniger  bekannt  dürfte  es  sein,  dafs  selbst  feste  Mineralien 
verschiefsen  und  verbleichen.  Der  Chrysopras  leidet  im  Lichte. 
Rothe  Hyazinthe  werden  bräunlich  und  die  bräunlichen  sibi- 
rischen Topase  werden  blafsgelb.*) 

Andere  Massen  färben  sich  dagegen  im  Lichte  dunkler,  so  z.  B. 
Mahagoniholz,  Kiehnholz.  Letzteres  zeigt  nicht  selten  nach  Jahren 
Copieen  darauf  geklebter  Papierbilder.  Ja  selbst  gewöhnliches  weifses 
Papier  färbt  sich  im  Lichte  mit  der  Zeit  gelb,  wie  man  an  ein- 
gerahmten Kupferstichen,  Cartons  etc.  öfter  sehen  kann.  Das  Gelb- 
wcrden  mancher  Photographieen,  das  man  sonst  gewöhnlich  schlechtem 
Auswaschen  zuschreibt,  hat  oft  darin  seinen  Grund.  Es  giebt  Photo- 
graphieen, wo  der  Carton,  auf  den  sie  gezogen  sind,  mit  der  Zeit 
gelb  wird,  während  das  Bild  selbst  weifs  bleibt. 

Es  sind  dies  Beispiele  von  chemischen  Veränderungen,  die  freilich 
noch  nicht  so  gründlich  studirt  sind,  dafs  man  sie  in  Formeln  aus- 
drücken  könnte. 

Besser  Bescheid  wissen  wir  mit  einer  Reihe  chemischer  Licht- 
wirkungen in  der  unorganischen  Chemie  und  diese  sollen  im  Fol- 
genden specieller  beschrieben  werden. 

*)  Dies  hat  Herr  Geheimratb  Gustav  Kose  an  dem  schonen  sibirischen  Topase 
seines  Cabinets  zu  nicht  geringem  Leidwesen  erfahren. 


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Photochemie  der  Nichtmetalle. 


17 


Erster  Abschnitt. 

Wirkung  des  Lichtes  auf  Nichtmetalle  und  deren 
Verbindungen. 

Schon  auf  Elemente  kann  das  Licht  modificirend  ein  wirken  und 
als  interessantes  Beispiel  steht  die  Umwandlung  des  gelben  Phos- 
phors in  rothen  da,  die  ebenso  gut  durch  Licht  als  durch  Wärme 
bewirkt  wird.  Selbst  Auflösungen  des  Phosphors  in  ätherischen  Oelen 
werden  durch  das  Licht  zersetzt,  indem  sich  unlöslicher  rother  Phos- 
phor ausscheidet 

Ein  anderes  Beispiel  der  durch  das  Licht  bewirkten  Modifikation 
eines  Elements  ist  die  Bildung  des  Ozons.  Schüttelt  man  Terpen- 
tinöl mit  Sauerstoff  bei  Einwirkung  des  Lichtes,  so  wird  der  Sauer- 
stoff ozonisirt  Es  ist  wahrscheinlich,  dafs  solche  Ozonisirungen 
unter  Einflufs  des  Lichtes  auch  bei  Gegenwart  anderer  oxydirbaren 
organischen  Körper  vor  sich  gehen  (s.  o.  Niepce  latentes  Licht,  S.  14). 

Diese  Beispiele  stehen  bis  jetzt  vereinzelt  da.  Zahlreicher  sind 
die  durch  das  Licht  bewirkten  chemischen  Verbindungen  und 
Z e rse  tzungen. 

Hier  sind  es  nun  vor  allen  die  drei  Salzbilder  Chlor,  Brom 
und  Jod,  die  für  die  chemische  Wirkung  des  Lichtes  die  interessan- 
testen Beispiele  liefern.  Am  lichtempfindlichsten  unter  diesen  ist  so- 
wohl in  seinen  Verbindungen  als  in  den  von  ihm  bewirkten  Zer- 
setzungen das  Chlor. 

Die  Mischung  desselben  mit  Wasserstoff  verbindet  sich  chemisch 
im  Sonnenlicht  unter  Explosion.  Bei  diffusem  Lichte  geht  die  Ver- 
bindung nur  langsam  vor  sich.  Unter  rothem,  gelbem  und  grünem 
Glase  erfolgt  sie  nicht,  dagegen  wohl  unter  violettem  und  blauem, 
ßunsen  und  Roscoe  haben  neuerdings  die  Mischung  von  Chlorgas 
und  Wasserstofifgas  oder,  wie  sie  es  nennen,  Cblorknallgas  zur  Be- 
stimmung der  Intensität  der  chemischen  Wirkung  des  Lichtes  ange- 
wendet. Sie  lassen  das  zu  messende  Licht  auf  ein  graduirtes  mit 
Chlorknallgas  und  Wasser  gefülltes  Gefäfs  wirken.  Es  bildet  sich 
Salzsäure,  die  vom  Wasser  absorbirt  wird.  Aus  der  Menge  des  ver- 
schwundenen Gases  machen  sie  einen  Schlufs  auf  die  Stärke  der 
chemischen  Wirkung  der  Lichtquelle.  Wir  werden  die  Methode  noch 
später  beschreiben. 

Brom  und  Wasserstoff  und  Jod  und  Wasserstoff  vereinigen  sich 
nicht  im  Licht. 

Das  Vereinigungsbestreben  des  Chlors  mit  Wasserstoff  im  Licht 
tritt  noch  bei  anderen  Phänomenen  in  auffallender  Weise  zu  Tage. 

Chlorwasser  wird  im  Licht  zersetzt,  es  bildet  sich  Chlorwasser- 
stoffsäure und  Sauerstoff  scheidet  sich  aus. 

HO  -+-  CI  = HCl  -+-  O. 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  ~ 


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18 


Photochemie  der  Metallverbindungen. 


Leichtes  Kohlenwasserstoffgas,  mit  Chlorgas  gemengt,  explodirt 
im  Sonnenlicht  unter  Ausscheidung  von  Kohle,  in  zerstreutem  Licht 
entsteht  Kohlenstoffsuperchlorid. 

Essigsäure  wird  im  Licht  durch  Chlor  in  Monochloressigsäure 
übergeführt,  bei  starkem  Licht  in  Trichloressigsäure. 

C,  H,  O,  HO-t-  2C1  = C4  |’0„H0-+-HC1. 

Auch  andern  Körpern  gegenüber  zeigt  Chlor  unter  Einflufs  des 
Lichtes  ein  energisches  Vereinigungsbestreben.  So  vereinigt  sich  Chlor 
mit  Kohlenoxydgas  zu  Phosgengas  (CO  CI),  und  mit  schwefliger  Säure 
zu  Chlorschwefelsäure  (SO  CI). 

Als  ein  anderes  Beispiel  fuhren  wir  hier  die  von  Seely  nach- 
gewiesene Thatsache  an,  dafs  die  Verbindung  des  Kautschuks  mit 
Schwefel  (die  Vulkanisirung)  ebenso  gut  durch  das  Licht  als  durch 
Wärme  bewirkt  wird. 

Während  so  das  Licht  die  Verwandtschaft  gewisser  Körper  zu 
einander  bedeutend  erhöht,  vermindert  es  die  Verwandtschaft  anderer 
und  bewirkt  so  chemische  Zersetzungen. 

So  zerfällt  Unterchlorsäure  (CI  O,)  im  Lichte  in  ihre  Bestandtheile. 

Auch  die  Verwandtschaft  des  Chlors  zu  verschiedenen  Metallen 
wird  im  Lichte  so  weit  vermindert,  dafs  eine  Trennung  stattfindet. 
Wir  kommen  weiter  unten  darauf  zurück. 

Noch  verschiedene  andere  Verbindungen  zeigen  die  Eigenthüm- 
lichkeit  des  Zerfaliens  im  Licht. 

So  zerfällt  die  concentrirteste  Salpetersäure  im  Licht  in  Unter- 
salpetersäure und  Sauerstoff. 

Auch  der  flüssige  Phosphorwasserstoff  zerfällt  im  Licht. 

Zweiter  Abschnitt 

Die  Wirkung  des  Lichtes  auf  Metallverbindungen. 

Im  vorigen  Capitel  haben  wir  einerseits  Verbindungen,  anderseits 
Zersetzungen  unter  Mithülfe  des  Lichtes  vor  sich  gehen  sehen.  In 
Bezug  auf  Metallverbindungen  sind  es  hauptsächlich  Zersetzungen, 
welche  das  Licht  veranlafst,  Reductionen  der  Metalloxyde,  Chloride, 
Bromide  etc.  zu  Metallen  event.  Suboxyden,  Subchloriden  etc. 

Die  Wirkungen  des  Lichtes  auf  Metallverbindungen  sind  in  vielen 
Stücken  denen  der  Wärme  analog. 

Es  giebt  Verbindungen,  welche  unmittelbar  durch  Wärme  zer- 
setzt werden,  z.  B.  Quecksilberoxyd,  Silberoxyd,  die  durch  blofse 
Erwärmung  in  ihre  Bestandtheile  zerfallen;  andere  dagegen  werden 
durch  die  Wärme  nur  zersetzt  bei  Gegenwart  eines  Körpers,  der 
sich  mit  einem  der  freiwerdenden  Bestandtheile  verbindet,  so  Kupfer- 
oxyd, Eisenoxyd  bei  Gegenwart  von  Wasserstoff. 


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Photochemie  der  Metallverbindungen. 


19 


Aehnlich  sind  die  Wirkungen  des  Lichtes.  Gewisse  Körper  (wie 
Silberoxyd,  Chlorsilber,  Quecksilberoxyd)  werden  direct  durch  das 
Licht  zersetzt,  andere  nur  bei  Gegenwart  eines  Körpers,  der  sich 
dabei  mit  einem  der  frei  werdenden  Bestandtheile  verbindet,  so  z.  B. 
Eisen chlorid,  chromsaure  Salze  etc.,  diese  werden  im  Licht  zer- 
setzt bei  Gegenwart  von  organischen  Substanzen  (Aether,  Papier  etc.), 
welche  die  freiwerdenden  Bestandtheile  (Sauerstoff  oder  Chlor)  absor- 
biren;  Wasser  bei  Gegenwart  von  Chlor,  das  sich  mit  dem  sich  ent- 
wickelnden Wasserstoff  zu  Chlorwasserstoff  verbindet  (s.  o.).  Diese 
fremden  Substanzen,  welche  die  Zersetzung  vieler  Körper  durch  das 
Licht  bedingen,  spielen  in  der  Photographie  eine  wichtige  Rolle,  selbst 
dann,  wenn  man  mit  einem  direct  lichtempfindlichen  Körper  zu  thun 
hat,  dessen  Zersetzung  bei  Gegenwart  solcher  Substanzen  eine  viel 
energischere  ist. 

Man  hat  den  tiefgehenden  Einflufs  solcher  Beimengungen  früher 
vielfach  verkannt  und  daher  kam  es  denn,  dafs  die  Angaben  ver- 
schiedener Forscher  über  die  Zersetzung  mancher  Körper  im  Lichte 
oft  sehr  verschieden  ausfielen. 

So  stritt  man  bis  in  die  neueste  Zeit  darüber,  ob  Chlorsilber  im 
Licht  zu  einem  Subchlorür  oder  zu  Metall  reducirt  werde.  Verfasser 
dieses  hat  nachgewiesen,  dafs  beides  richtig  ist,  je  nachdem  man 
reines  Chlorsilber  oder  Chlorsilber  auf  Papier  gestrichen  dem  Licht 
exponirt.  Die  organische  Papierfaser  wirkt  hierbei  direct  oder  indirect 
Chlor  absorbirend. 

Daher  denn  der  bedeutende  Einflufs,  den  die  Präparation  des 
Papieres,  des  Collodions  etc.  auf  photographische  Processe  ausüben. 

Man  kann  demnach  die  lichtempfindlichen  Metallverbindungen  in 
zwei  Klassen  theilen,  in  direct  lichtempfindliche,  die  für  sich 
allein  durch  Wirkung  des  Lichtes  zerlegt  werden,  und  in  indirect 
lichtempfindliche,  die  nur  bei  Gegenwart  eines  Körpers  zersetzt 
werden,  der  sich  mit  einem  der  freiwerdenden  Bestandtheile  verbindet. 

Betrachten  wir  zunächst 

die  Verbindungen  der  Leichtmetalle. 

Von  diesen  sind  allerdings  nur  wenige  lichtempfindlich.  Direct 
nachgewiesen  ist  die  Lichtempfindlichkeit  beim  Jodkalium,  Jod- 
natrium und  Jodammon,  welche  sich  zwar  theils  im  festen  Zu- 
stande wie  Jodammon,  theils  in  wässerigen  Lösungen  durch  Einflufs 
des  Lichtes  unter  Jodausscheidung  zersetzen.  Es  ist  wahrscheinlich, 
dafs  dies  auch  mit  den  so  leicht  zersetzbaren  Jodverbindungen  der 
Erdmetalle  eintritt. 

Man  kann  diese  Zersetzung  der  Jodmetalle  im  Lichte  zur  Bild- 
erzeugung benutzen.  Tränkt  man  mit  Stärke  geleimtes  Papier  mit 

2» 


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20 


Eisensalze. 


Jodkalium  und  exponirt  dieses  unter  einem  Negativ,  so  erhält  man 
eine  blaue  Copie  in  Jodstärke,  die  freilich  nicht  von  langer  Dauer  ist. 

Die  Zersetzbarkeit  dieser  Jodmetalle  im  Lichte  kommt  höchstens 
indirect  in  Betracht,  indem  sie  die  Haltbarkeit  damit  präparirter  Col- 
lodien  bedingt  und  das  Aufbewahren  derselben  im  Dunkeln  räthlich 
erscheinen  läfst. 

Wichtiger  als  dieses  für  die  Photographie  sind 

die  Verbindungen  der  Schwermetalle. 

Unter  diesen  sind  es  namentlich  die  höheren  Oxydations-  und 
Chlorungsstufen  von  Eisen,  Chrom,  Uran  und  Kupfer,  sowie  der  edlen 
Metalle,  Gold,  Silber,  Platina,  welche  gründlicher  untersucht  sind  und 
theilweise  bereits  eine  wichtige  Anwendung  in  der  Praxis  gefunden 
haben. 

Verbindungen  des  Eisens. 

Eisen  bildet  mit  Sauerstoff  und  Säuren  resp.  Salzbildern  zwei 
Reihen  von  Salzen,  Eisenoxydul-  und  Eisenoxydsalze,  denen  die 
Chlorüre,  Chloride,  Bromüre,  Bromide  etc.  entsprechen. 

Die  Eisenoxydulsalze  sind  weifs  oder  grünlich  von  Farbe 
(das  oxalsaure  Eisenoxydul  ist  gelb),  gewöhnlich  mit  Oxydsalz  ver- 
unreinigt und  dadurch  dunkler  gefärbt  ( wie  der  im  Handel  vorkora- 
mende  Eisenvitriol,  der  im  reinsten  Zustande  fast  weifs  erscheint). 
Sie  zeichnen  sich  durch  ihre  Verwandtschaft  zum  Sauerstoff  aus,  in 
Folge  dessen  oxydireu  sie  sich  leicht  an  der  Luft  und  verwandeln 
sich  zum  Theil  in  basische  Oxydsalze,  ebenso  entziehen  sie  manchen 
Metallsalzen  ihren  Sauerstoff  und  schlagen  die  Metalle  aus  ihren 
Lösungen  nieder.  Mischt  man  z.  B.  Goldlösnng  oder  Silberlösung 
mit  Eisenoxydulsalzlösungen  (z.  B.  Eisenvitriol),  so  schlagen  sich  die 
Metalle  in  Pulverform  nieder,  darauf  beruht  die  Ausfällung  des  Goldes 
aus  seinen  Lösungen  (Verarbeitung  der  Goldrückstände)  und  der 
photographische  Entwicklungsprocefs  beim  Collodionverfah- 
ren  (s.  u.). 

(Eisenchlorür  reducirt  Silberlösungen  nicht,  sondern  fällt  aus 
diesen  Chlorsilber.) 

Aetzende  und  kohlensaure  Alkalien  geben  mit  Eisenoxy- 
dullösungen grüne  Niederschläge,  die  sich  schnell  dunkler  färben. 
Gelbes  Blutlaugensalz  giebt  einen  weifsen,  schnell  blau  werdenden 
Niederschlag,  rothes  Blutlaugensalz  einen  blauen:  Turnbull- 
blau  (Fe,  Cy,  3FeCy).  Dieser  ist  photographisch  wichtig  (s.  u.). 

Die  Eisenoxydsalze  sind  im  wasserhaltigen  Zustande,  wie  sie 
im  Handel  Vorkommen,  gelb  oder  gelbroth  gefärbt,  und  enthalten  ge- 
wöhnlich überschüssige  Säure.  Sie  wirken  nicht  reducirend  wie  die 
Oxydulsalze,  schlagen  daher  Gold  und  Silber  nicht  aus  ihren  Lösun- 
gen metallisch  nieder,  Alkalien  (ätzende  und  kohlensaure)  geben 


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Eisensalze. 


21 


damit  braune  Niederschläge,  gelbes  Blutlaugensalz  giebt  einen 
dunkelblauen  Niederschlag  — Berlinerblau.  Rothes  Blutlaugen* 
salz  fallen  sie  nicht.  Rhodankalium  färbt  die  Lösungen  intensiv  roth, 
Gerbstoff,  Gallussäure  und  Pyrogallussäure  färben  sie  schwarz. 

Die  neutralen  Eisenoxydsalze  zerfallen  sehr  leicht  in  saures  und 
basisches  Salz. 

Das  photographisch  wichtigste  Eisenoxydulsalz  ist  das  schwefel- 
saure Eisenoxydul,  im  gewöhnlichen  Leben  Eisenvitriol  ge- 
nannt. Die  chemische  Formel  desselben  ist  FeO  SO,  -+-  7HO;  Atom- 
gewicht: 76;  es  ist  ein  blafsgrünes  leicht  krystallisirendes  Salz,  das  an 
der  Luft  anfangs  unter  Weifswerden  sein  Wasser  theilweise  verliert 
(verwittert)  und  sich  unter  Gelbwerden  leicht  höher  oxydirt. 

Es  löst  sich  leicht  in  Wasser.  1 Theil  Eisenvitriol  braucht  bei 
10°  1,m  Wasser  zur  Lösung.  Oxydhaltiger  Vitriol  löst  sich  nur  klar 
auf,  wenn  etwas  Säure  hinzugesetzt  wird. 

Er  bildet  mit  schwefelsaurem  Kali,  Natron  und  Ammon  Doppel- 
salze, die  viel  beständiger  sind  als  der  reine  Eisenvitriol. 

Das  schwefelsaure  Eisenoxydammon  (FeO  SO,  -+-  NH,  OSO, 
-+-  6 HO)  ist  von  Meynier  zum  „Entwickeln“  empfohlen  worden. 

Schwe felsaures  Eisenoxyd  spielt  in  der  Photographie  keine 
Rolle.  Es  ist  eine  saure  braune  Salzmasse,  die  beim  starken  Erhitzen 
weifs  wird;  es  löst  sich  leicht  in  Wasser  und  bildet  mit  Kali,  Natron 
und  Ammoniak  Doppelsalze  (Eisenalaune). 

Wichtiger  ist  das  Eisenchlorid  (Fe,  CI,),  das  als  eine  braune 
in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  lösliche  saure  Salzmasse  im  Handel 
vorkommt.  Die  reinen  Krystalle  desselben  haben  die  Formel  Fe,  CI, 
-4-  12 HO,  die  Lösung  sieht  gelb  aus.  Bei  Gegenwart  organischer 
Substanzen  verliert  es  einen  Theil  seines  Chlors  bei  Einwirkung  des 
Lichtes  (s.  9.). 

Das  Eisenchlorür  bildet  ein  krystallisirbares  in  Wasser  lös- 
liches grünes  Salz  (Fe CI  -+-  4HO),  dem  Eisenvitriol  in  seinem  Ver- 
halten ähnlich. 

Das  oxalsaure  Eisenoxydul  zeichnet  sich  durch  seine  gelbe 
Farbe  und  durch  seine  Unlöslichkeit  in  Wasser  aus. 

Oxalsaures  Eisenoxyd  ist  ebenfalls  in  reinem  Zustande  un- 
löslich, löst  sich  aber  bei  einem  kleinen  Säureüberschufs  leicht  und 
zerfällt  im  Licht  unter  Bildung  von  Oxydulsalz  und  Kohlensäure. 
Es  kommt  mit  grüner  Farbe  im  Handel  vor.  Mit  oxalsauren  Alkalien 
bildet  das  oxalsaure  Eisenoxyd  Doppelsalze  von  grüner  Farbe,  die 
schön  krystallisiren  und  ebenfalls  lichtempfindlich  sind: 

Das  oxalsaure  Eisenoxydkali,  Natron  und  Ammon: 

3KaO  C,  O,  -+-  Fe,  O,  3C,Oa-+-6HO 
3Na0C,0,  -f-Fe.O,  3C,0.  -PßHO 
3NH,0C,0, +FesO,  3C.O, -+-  ? 


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22 


Eisensalze.  — Eisenbilder. 


Die  weinsauren  und  citronsauren  Salze  des  Eisens  sind  nur  wenig 
bekannt. 

Weinsaures  Eisenoxydul  bildet  eine  blafegrüne  in  Wasser 
schwer  lösliche  Masse. 

Weinsaures  Eisenoxyd  bildet  einen  amorphen  Körper,  der 
in  Wasser  löslich  ist  und  sich  mit  weinsaurem  Kali  und  Ammoniak 
zu  schön  roth  gefärbten  Doppelsalzen,  die  in  Blättchen  krystallisiren, 
verbindet.  Diese  Doppelsalze  sind  in  Wasser  leicht  löslich. 

Citronsaures  Eisenoxydul  ist  eine  weifse  in  Wasser  lösliche 
Masse. 

Citronsaures  Eisenoxyd  bildet  einen  braunen  amorphen  Kör- 
per, der  mit  citronsauren  Alkalien  Doppelsalze  bildet. 

Im  Handel  findet  man  unter  dem  Namen  citronsaures  Eisen 
ein  Salz  in  glänzenden  braunen  Blättchen. 

EssigsaureB  Eisenoxydul  bildet  farblose  seidenglänzende  in 
Wasser  lösliche  Nadeln,  es  bildet  sich  beim  Versetzen  von  Eisen- 
vitriollösung  mit  Bleizuckerlösung.  Es  wurde  früher  als  Entwicklungs- 
fiüssigkeit  benutzt. 

Von  den  Verbindungen  des  Eisens  sind  nur  gewisse  dem  Oxyd 
in  ihrer  Zusammensetzung  entsprechende  als  lichtempfindlich  bekannt 
und  sind  diese  nicht  im  reinen  Zustande  lichtempfindlich,  wohl  aber 
bei  Gegenwart  eines  Körpers,  der  sich  mit  einem  der  freiwerdenden 
Bestandtheile  (Sauerstoff  oder  Chlor)  vereinigt.  Hierbei  wird  das 
Eisenoxyd,  resp.  Chlorid  zu  Oxydul  oder  Chlorür  reducirt. 

Die  erste  beobachtete  Thatsache  der  Art  war  wohl  das  Verhalten 
der  gelben  ätherischen  Eisenchloridlösung  im  Lichte.  Diese  entfärbt 
sich  unter  Bildung  von  Eisenchlorür,  das  freiwerdende  Chlor  wird 
vom  Aether  absorbirt. 

Ebenso  entfärbt  sich  mit  Eisenchlorid  getränktes  Papier  im  Sonnen- 
licht in  15  bis  20  Minuten  (Zöllner).  Hier  spielt  das  Papier  die  Rolle 
des  Reductionsmittels. 

Noch  lichtempfindlicher  sind  das  weinsteinsaure  Eisenoxyd,  das 
citronsaure  Eisenoxydammoniak  und  das  oxalsaure  Eisenoxyd.  Letz- 
teres entfärbt  sich  im  Sonnenlichte  in  3 Minuten.  Hier  ist  es  die 
Oxalsäure  und  die  übrigen  organischen  Säuren,  welche  so  leicht  Sauer- 
stoff aufnehmen  und  daher  kräftig  reducirend  wirken. 

Aufserdem  ist  noch  das  Berlinerblau  lichtempfindlich  und  wirkt 
im  Lichte  gebleicht.  Daher  rührt  das  Verschiefsen  der  mit  Berliner- 
blau  gefärbten  Stoffe.  Im  Dunkeln  werden  die  gebleichten  Stellen 
wieder  blau,  indem  sich,  wohl  unter  Ausscheidung  von  basischem  Salz, 
wieder  Berlinerblau  bildet. 

Herschel  war  der  erste,  der  diese  Reduction  der  Eisenoxydsalze 
durch  das  Licht  zur  Erzeugung  von  Bildern  benutzte.  Es  geschah  dies 
schon  in  den  ersten  Zeiten  der  Photographie  im  Jahre  1840. 


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Eisenbilder.  — Kohlebilder. 


23 


Zur  Aufnahme  von  Bildern  in  der  Camera  sind  diese  Salze  nicht 
empfindlich  genug,  dagegen  lassen  sie  sich  zum  Copiren  nach  Negativen 
und  Positiven  wohl  verwenden.  Tränkt  man  Papier  im  Dunkeln  mit 
einer  der  genannten  Eisenlösungen,  und  trocknet  es,  so  erscheint  es 
gelb;  expouirt  man  es  dann  dem  Lichte  unter  einem  Bilde,  z.  B.  einem 
Negative,  so  entfärben  sich  die  vom  Licht  getroffenen  Stellen  alsbald 
und  man  erhält  ein  blasses,  kaum  sichtbares  Bild  auf  gelbem  Grunde, 
welches  aus  einem  Oxydulsalz  besteht.  Dieses  blasse  Bild  ist  nun 
an  sich  nicht  brauchbar,  es  läfst  sich  aber  leicht  durch  verschiedene 
Methoden  kräftigen.  Diese  laufen  darauf  hinaus,  dafs  man  das  durch 
das  Licht  reducirte  Eisenoxydul  oder  das  vom  Licht  verschont  ge- 
bliebene Eisenoxyd  durch  irgend  eine  Substanz  sichtbar  macht,  welche 
damit  einen  dunklen  Niederschlag  erzeugt. 

Man  nennt  solche  nachherige  Sichtbarmachung  des  an  und  für 
sich  nicht  oder  nur  schwach  wahrnehmbaren  Bildes:  Hervorrufung 
oder  Entwicklung. 

Das  durch  Licht  erzeugte  Eisenoxydul  (oder  Chlorfir)  läfst 
sich  in  folgender  Weise  dunkel  färben : 

1)  Durch  Baden  des  belichteten  Papieres  in  Kaliumeisencyanid. 
Dieses  giebt  bekanntlich  mit  Eisenoxydsalzen  keinen,  mit  Eisen- 
oxydulsalzen dagegen  einen  blauen  Niederschlag  (Turnbull blau),  es 
wird  daher  das  Bild  in  Blau  erscheinen. 

2)  Durch  Baden  des  Bildes  in  einer  Lösung  von  Metallen,  die 
durch  Eisenoxydul  gefällt  werden,  z.  B.  Gold,  Silber.  Beide  geben 
damit  pulverförmige  Niederschläge  von  brauner,  resp.  grauer  Farbe, 
welche  das  Erscheinen  des  Bildes  bewirken. 

3)  Durch  Behandeln  des  Bildes  mit  einer  Auflösung  von  chrom- 
saurem  Kali.  Dieses  giebt  mit  Eisenoxydul  einen  braunen  Nieder- 
schlag von  Cbromsuperoxyd  (CrO,  oder  Cr, O,  CrO,). 

Von  allen  diesen  Niederschlägen  wird  derjenige  das  kräftigste 
Bild  geben,  welcher  am  intensivsten  gefärbt  ist,  das  ist  das  Turnbull- 
blau;  weniger  kräftig  erscheint  das  Chromsuperoxyd,  noch  flauer  das 
Gold  und  Silber.  Will  man  daher  letztere  zur  Entwicklung  verwenden, 
so  mufs  man  die  Eisensalzlösungen,  welche  zum  Tränken  der  Papiere 
dienen,  möglichst  concentrirt  nehmen. 

Hieran  reiht  sich  auch  Phypson’s  Verfahren,  der  Papier  mit  oxal- 
saurem  Eisenoxyd  tränkt,  unter  einem  Negativ  belichtet  und  wäscht. 
Das  durch  das  Licht  gebildete  oxalsaure  Eisenoxydul  bleibt  dabei 
zurück,  wird  durch  eine  Auflösung  von  übermangansaurem  Kali  in 
Oxyd  verwandelt  und  mit  Gallussäure  schwarz  gefärbt. 

Noch  eine  vierte  Methode  giebt  es,  durch  Wirkung  auf  das  durch 
das  Licht  erzeugte  Eisenoxydulsalz  das  Bild  zu  entwickeln.  Diese  ist 
von  Poitevin  angegeben. 

Man  mischt  10  Theile  Eisenchlorid  mit  5 Theilen  Weinsäure,  löst 


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24 


Kohle-  und  Emailbilder.  — Eisenbilder. 


in  60  Tbeilen  Wasser  und  überzieht  mit  dieser  Lösung  eine  matte  Glas- 
tafel. Diese  wird  alsdann  getrocknet  unter  einem  Negativ  einige  Minu- 
ten dem  Lichte  ausgesetzt.  Es  entsteht  hierbei  weinsaures  Eisenoxydul, 
welches  als  hygroskopische  Substanz  bald  feucht  wird.  Bestäubt  man 
alsdann  das  Bild  vorsichtig  mit  irgend  einer  Staubfarbe,  so  hängt 
sich  diese  an  die  feuchten  Stellen  und  bringt  so  das  Bild  zum  Vorschein. 

Auf  diese  Weise  kann  man  Bilder  in  beliebigen  Farben  schwarz, 
gelb  etc.  herstellen,  nimmt  man  feingepulverten  Kohlenstaub  als  Farbe, 
so  erhält  man  die  sogenannten  Kohlebilder,  nimmt  man  irgend  eine 
schwarze  Schmelzfarbe,  so  kann  man  diese  nachher  in  das  Glas  ein- 
brennen  und  man  erhält  so  eingebrannte  Photographieen. 

Die  so  hervorgerufenen  Bilder  sind  dadurch  von  obigen  unter- 
schieden, dafs  das  als  Basis  dienende  Eisenoxydul  nicht  chemisch 
auf  den  Farbstoff  wirkt. 

Eine  andere  höchst  interessante,  aber  noch  wenig  versuchte,  eben- 
falls von  Poitevin  angegebene  Methode,  welche  hier  noch  anzuführen 
ist,  besteht  im  Folgenden: 

Papier  wird  mit  einer  mit  Tusche  angerührten  Lösung  von  5 bis 
6 Th.  Gelatin  in  100  Th.  Wasser  überzogen  und  dann  in  eine  Lösung 
von  10  Th.  Eisenchlorid,  3 Th.  Weinsäure  und  100  Th.  Wasser  ge- 
taucht, dadurch  wird  die  Gelatinschicht  unlöslich  im  Wasser.  Diese 
Unlöslichkeit  wird  aber  aufgehoben,  sobald  das  Licht  auf  die  Schicht 
wirkt.  Belichtet  man  diese  demnach  unter  einem  Positivbilde  (einem 
Kupferstich  z.  B.)  und  taucht  sie  dann  in  Wasser,  so  lösen  sich  alle 
vom  Licht  getroffenen  Stellen  los,  nur  die  unter  den  Schwärzen  der 
Zeichnung  liegenden  bleiben  zurück. 

Dies  wären  die  Methoden,  die  Bilder  durch  chemische  Einwirkung 
auf  das  durch’s  Licht  erzeugte  Eisenoxydul  zu  entwickeln.  Ebenso 
gut  können  dieselben  aber  auch  durch  Einwirkung  auf  das  vom  Licht 
verschonte  Eisenoxyd  entwickelt  werden. 

1)  Durch  Anwendung  von  Jodkalium  und  Stärkelösung. 

Jodkalium  zersetzt  sich  mit  Eisenoxydsalzen,  indem  Eisenjodür 

und  freies  Jod  entsteht.  Dieses  färbt  sich  mit  Stärke  intensiv  blau. 

Zöllner,  hat  diese  Methode  zuerst  angewendet;  man  exponirt  das 
Eisenoxydsalzpapier  hier  unter  einem  Positivbilde  und  erhält  durch 
Entwickeln  wieder  ein  Positiv.  Dies  ist  zur  Reproduction  von  Zeich- 
nungen, Kupferstichen  etc.  sehr  bequem,  da  man  die  Herstellung  des 
Negativs,  welche  nach  den  meisten  vorher  beschriebenen  Methoden 
(wo  das  Eisenoxydul  gefärbt  wird)  nöthig  ist,  erspart. 

Die  Bilder,  welche  hier  aus  Jodstärke  bestehen,  sind  freilich  nicht 
lange  haltbar,  da  Jodstärke  sich  bald  zersetzt. 

2)  Durch  Anwendung  von  kalkhaltigem  Wasser  und  Gallussäure. 
Poitevin’s  Methode. 

Wäscht  man  die  Eisenbilder  in  Brunnenwasser,  welches  kohlen- 


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Kupfersalze.  — Kupferbilder. 


25 


sauren  Kalk  gelöst  enthält,  so  wird  dadurch  das  Eisenoxyd  nieder- 
geschlagen und  bleibt  im  Papier,  während  die  Oxydulsalze  sich  lösen. 

Behandelt  man  nachher  das  Bild  mit  einer  Auflösung  von  Gallus- 
säure, so  bildet  diese  mit  dem  Eisenoxyd  Tinte  und  dadurch  erscheint 
das  Bild  schwarz. 

Statt  die  Eisenbilder  in  der  vorher  beschriebenen  Manipulation 
erst  zu  copiren,  dann  zu  entwickeln,  kann  man  in  einzelnen  Fällen 
auch  die  entwickelnde  Flüssigkeit  zur  Eisenoxydsalzlösung  mischen 
und  das  Papier  damit  tränken,  es  geht  alsdann  der  Entwicklungs- 
procefs  während  der  Belichtung  schon  vor  sich. 

Bis  jetzt  haben  die  hier  beschriebenen  Eisenbilder  in  der  Praxis 
noch  keinen  Eingang  gefunden,  einerseits  wegen  ihrer  geringen  Halt- 
barkeit (Jodstärke,  Turnbullblau,  chromsaures  Chromoxyd  bleichen  im 
Licht),  anderseits  wegen  ihres  nicht  beliebten  Tones  (Goldbilder, 
Silberbilder),  wegen  ihrer  geringen  chemischen  Haltbarkeit  und  ihres 
Mangels  an  Zartheit  (Tintenbilder).  Nur  Poitevin’s  Methode  hat  einige 
praktische  Bedeutung  erlangt.  Die  Firma  Depaquis  in  Paris  übt  die- 
selbe aus,  einerseits  zur  Herstellung  von  Papierbildern,  anderseits 
zur  Erzeugung  von  eingebrannten  Bildern.  Die  specielle  Beschreibung 
des  Verfahrens  folgt  im  praktischen  Theile. 

Die  Verbindungen  des  Kupfers. 

Auch  verschiedene  Salze  des  Kupfers  gehören  zu  den  lichtempfind- 
lichen Körpern.  Sie  haben  bis  jetzt  noch  keine  sonderlich  wichtige 
Anwendung  in  der  Photographie  gefunden,  deshalb  wollen  wir  uns 
hier  nur  mit  den  photographisch  interessantesten  Eigenschaften  der- 
selben beschäftigen.  Direct  lichtempfindlich,  d.  h.  für  sich  allein  im  Licht 
zersetzbar  scheint  das  Kupferchlorür  zu  sein.  Wühler  erhielt  dieses 
als  ein  weifses  in  Wasser  schwer  lösliches  Pulver  beim  Versetzen 
einer  Kupfercbloridlösung  mit  schwefliger  Säure.  Dieses  weifse  Pulver 
färbt  sich  im  Lichte  roth.  Die  Zusammensetzung  des  rothen  Körpers 
ist  noch  nicht  bekannt;  wahrscheinlich  ist  es  ein  Oxychlorür,  ent- 
standen unter  Mitwirkung  des  Sauerstoffes  der  Luft. 

Auch  das  durch  Fällung  von  Kupferchlorid  mit  Zinnchlorür  er- 
haltene Kupferchlorür  ist  im  Lichte  zersetzbar  (Grüne).  Letzterer 
fand  auch,  dafs  die  mit  Salzsäure  gescheuerten  Kupferplatten  sich 
unter  Umständen  im  Lichte  schwärzen. 

Indirect  lichtempfindlich  ist  das  Kupferchlorid.  Dieses  wird  nur 
bei  Gegenwart  einer  Substanz  zersetzt,  die  sich  mit  dem  freiwerdenden 
Chlor  verbindet. 

So  wird  dieses  Salz  in  ätherischer  Lösung  zu  Chlorür  reducirt. 
Bis  jetzt  hat  man  noch  keine  praktische  Anwendung  von  dieser  That- 
sache  gemacht,  wenigstens  nicht  in  Bezug  auf  Kupferchlorid  allein, 
wohl  aber  hat  man  dasselbe  im  Gemenge  mit  Eisenchlorid  zur  Bild- 


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Chromverbindnngen. 


erzeugung  zu  verwenden  versucht  in  Obemetter’s  Procefs,  der  in 
seiner  Art  höchst  complicirt  ist. 

Obernetter  badet  Papier  in  einer  Lösung  von  Kupferchlorid,  Eisen- 
chlorid und  Salzsäure  und  belichtet  dieses.  Das  Eisenchlorid  wird  dabei 
zu  Eisenchlorür  reducirt,  welches  seinerseits  wieder  reducirend  auf  das 
Kupfersalz  wirkt  und  Kupferchlorür  liefert*).  Das  Papier,  auf  dem 
anfangs  kein  Bild  sichtbar  ist,  wird  alsdann  in  Rhodankaliumlösung 
gebadet,  hierbei  schlägt  sich  weifses  Kupferrhodanür  an  allen  vom 
Licht  getroffenen,  d.  h.  kupferchlorürhaltigen  Stellen  nieder,  das 
durch  Behandeln  mit  rothem  Blutlaugensalz  unter  Bildung  von  Ferryd- 
cyankupfer  und  Ferrydcyaneisen  rothbraun  wird. 

Der  Procefs  hat  keinen  Eingang  in  die  Praxis  gefunden  (Näheres 
siehe  Photographische  Mittheilungen,  1.  Jahrgang  S.  45). 

Verbindungen  des  Chroms. 

Hier  haben  wir  als  lichtempfindliche  Substanzen  die  chromsauren 
Salze  zu  registriren.  Dieselben  sind  wie  die  Eisensalze  nur  mittelbar 
lichtempfindlich,  indem  bei  Gegenwart  eines  reducirend  wirkenden 
Körpers  die  Chromsäure  derselben  zu  Chromsuperoxyd  CrO, 
reducirt  wird.  Die  Basis,  an  welche  die  Chromsäure  gebunden  ist, 
spielt  hier  eine  nicht  unwichtige  Rolle,  indem  sie  einerseits  die 
gröfsere  Beständigkeit  der  im  freien  Zustande  so  leicht  zersetzbaren 
Chromsäure,  anderseits  die  gröfsere  oder  geringere  Löslichkeit  bedingt, 
endlich  bei  den  nach  der  Belichtung  in  Anwendung  gebrachten  Ent- 
wicklungsprocessen oft  als  wesentliches  Agens  mitwirkt. 

Das  Verhalten  der  durch  das  Licht  reducirten  Gemenge  von 
Chromverbindungen  mit  organischen  Substanzen  ist  in  hohem  Grade 
interessant  und  praktisch  wichtig.  Eine  Menge  der  photographischen 
Processe  ist  darauf  gegründet,  z.  B.  der  Kohlendruck,  die  Photo- 
lithographie, der  Reliefdruck,  der  Anilindruck. 

Folgende  chromsauren  Salze  werden  in  der  photographischen 
Praxis  angewendet: 

Das  chromsaure  Kali.  Es  giebt  zwei  Verbindungen  der  Chrom- 
säure mit  Kali,  die  saure  und  die  neutrale. 

Saures  chromsaures  Kali  (Ka0  2CrOä)  bildet  schöne  rothe 
Krystalle,  die  sich  tieforange  im  Wasser  lösen.  10  Th.  Wasser  lösen 
ca.  1 Th.  Salz,  bedeutend  mehr  in  der  Siedhitze;  es  läfst  sich  daher 
leicht  umkrystallisiren.  In  Alkohol  ist  es  unlöslich. 

*)  Merkwürdig  ist,  dafs  dies  Papier,  wenn  es  eine  Zeitlang  aufbewahrt  wird, 
den  Lichteindruck  gleichsam  verliert,  man  kann  dann  ein  neues  Bild  darauf  copiren. 
Die  Erscheinung  erklttrt  sich  daraus,  dafs  das  gebildete  Eiseuoxvdulsalz  wieder  in 
basisches  Oxydsalz  übergeht  durch  Einflufs  des  Sauerstoffs  der  Luft,  ebenso  das 
Kupferchlorür  in  Kupferchlorid. 


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Chrom  Verbindungen. 


27 


Es  ist  giftig  und  veranlafst,  in  Wunden  gebracht,  Geschwüre, 
worauf  beim  Arbeiten  damit  zu  achten. 

Neutrales  chromsaures  Kali  (KOCrO,),  welches  seltener  an- 
gewendet wird,  krystallisirt  in  citrongelben  Prismen,  die  sich  leicht  im 
Wasser  lösen.  1 Tb.  des  Salzes  bedarf  zur  Lösung  ca.  2 Th.  Wasser. 
Die  Lösung  reagirt  alkalisch  und  zeigt  die  gelbe  Farbe  selbst  bei  starker 
Verdünnung.  In  Alkohol  ist  es  unlöslich.  Das  Salz  ist  wenig  beständig, 
schon  die  wässrige  Lösung  zersetzt  sich  zum  Thcil  beim  Verdampfen, 
indem  saures  chromsaures  Kali  anschiefst.  Setzt  mau  Säuren  (selbst 
schwache)  hinzu,  so  färbt  sich  die  Lösung  sogleich  gelbroth  unter 
Bildung  von  saurem  chromsauren  Salz. 

Das  im  Handel  vorkommende  neutrale  chromsaure  Kali  ist  öfter 
mit  schwefelsaurem,  auch  kohlensaurem  Kali  verunreinigt.  Zur  Prüfung 
auf  ersteres  erhitzt  man  etwas  davon  mit  Salzsäure  und  Weingeist, 
und  versetzt  nachher  mit  Chlorbarium.  Das  reine  Salz  giebt  so  be- 
handelt damit  keinen  Niederschlag.  Kohlensäure  verräth  sich  durch 
Brausen  bei  Säurezusatz.  Nachtheilig  ist  diese  Beimengung  wohl  nur 
in  einzelnen  Fällen. 

Das  chromsaures  Natron,  sowohl  das  neutrale  (NaOCrO,) 
als  das  saure  (Na0  2Cr0„)  sind  den  entsprechenden  Kalisalzen  ähn- 
lich und  zeichnen  sich  durch  eine  grofse  Löslichkeit  im  Wasser  aus. 
Dieser  Umstand  erschwert  ihre  Reindarstellung,  so  dafs  sie  bis  jetzt 
noch  nicht  im  Grofsen  fabricirt  werden. 

Wichtiger  ist  das  chromsaure  Ammon. 

Das  neutrale  chromsaure  Ammon  (NH,OCrOs)  ist  dem 
entsprechenden  Kalisalze  ähnlich,  jedoch  schwer  löslich  und  sehr  leicht 
zersetzbar. 

Das  saure  chromsaure  Ammon  (NH,0  2Cr03)  ähnelt  dem 
sauren  chromsauren  Kali,  bildet  rothe  Nadeln,  die  sich  beim  Erhitzen 
zersetzen,  und  löst  sich  leicht  im  Wasser.  1 Th.  des  Salzes  bedarf 
nur  4 Th.  Wasser  zur  Lösung.  Das  im  Handel  vorkommende  saure 
chromsaure  Ammon  scheint  nicht  selten  ein  4fach  saures  Salz  zu  sein. 

Man  hat  auch  Doppelsalze  der  Chromsäure,  die  in  der  Photo- 
graphie angewendet  worden  sind,  so  das  chroms aure  Kali  amm on 
(KO  CrOj  -I-  NH,  O Cr03). 

Es  schiefst  aus  einer  mit  NH,  gesättigten  sauren  chromsauren 
Kalilösung  in  der  Frostkälte  in  gelben  leicht  löslichen  Nadeln  an  und 
verliert  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  Ammoniak  unter  Roth- 
werden. 

Es  ist  neuerdings  von  Kopp  empfohlen  worden.  Für  den  photo- 
graphischen Procefs  bedarf  man  des  Salzes  nicht  in  fester  Form,  son- 
dern stellt  es  einfach  in  Lösung  dar,  indem  man  chromsaure  Kali- 
lösung mit.  Ammoniak  in  geringem  Ueberschufs  versetzt  (Carey  Lea). 

Von  den  übrigen  chromsauren  Salzen  heben  wir  als  photo- 


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Chromverbindungen.  — Chrombilder. 


graphisch  wichtig  das  chromsaure  Bleioxyd , Silberoxyd  und  Queck- 
silberoxydul hervor. 

Diese  Sind  unlöslich  und  werden  daher  durch  Vermischen  von  chrom- 
saurem Kali  mit  den  betreffenden  Metallsalzlösungen  leicht  erhalten. 

Chromsaures  Bleioxyd  giebt  die  bekannte  gelbe  Anstrichfarbe. 

Das  chromsaure  Silberoxyd  (Ag02Cr03)  ist  von  schön  dunkel- 
rother  Farbe  und  im  Wasser  wenig  löslich. 

Auch  Quecksilberoxydulsalze  werden  von  chromsauren  Salzen  mit 
ziegelrother  Farbe  gefällt. 

Die  freie  Chromsäure  bildet  rothe  Nadeln,  die  in  feuchter 
Luft  zerfliefsen,  im  Wasser  löslich  sind,  bei  190*  schmelzen  und  bei 
300*  sich  unter  Sauerstoffabgabe  zersetzen.  Durch  organische  Stoffe, 
Alkohol,  Weinsäure,  Zucker,  Papier  wird  sie  sogleich  desoxydirt,  da- 
her sie  nicht  durch  Papier  filtrirt  werden  kann.  Mit  starkem  Alkohol 
oder  Ammoniak  betröpfelt  bewirkt  sie  Entzündung  unter  Erglühen 
und  Bildung  von  Chromoxyd.  Man  -benutzt  sie  ihres  kräftigen  Oxyda- 
tionsvermögens  wegen  zur  Zerstörung  mancher  organischer  Unreinig- 
keiten auf  photographischen  Glasplatten,  z.  B.  Lack,  Fett,  Collodion  etc. 
Lea  empfiehlt  dazu  eine  mit  Schwefelsäure  versetzte  chromsaure  Kali- 
lösung (Photogr.  Mittheilnngen,  Bd.  I,  S.  121).  Die  leichte  Reducir- 
barkeit  der  Chromsäure  zeigt  sich  sogar  noch  in  ihren  Salzen.  Hier- 
bei tritt  aber  nicht  Chromoxyd,  sondern  oft  die  höhere  Oxydations- 
stufe, das  Chromsuperoxyd  (CrOa)  auf. 

Versetzt  man  chromsaures  Kali  mit  Eisenvitriol  oder  Pyrogallus- 
säurelösung,  so  fällt  dieser  braune  Körper  nieder  und  ebenso  bildet 
sich  derselbe  (und  das  macht  ihn  uns  hauptsächlich  interessant)  durch 
Reduction  der  chromsauren  Salze  im  Licht. 

Dieser  braune  Körper  zerfällt  sehr  leicht,  so  durch  Erhitzen  in 
Sauerstoff  und  Chromoxyd;  durch  Behandeln  mit  alkalischen  Lösun- 
gen in  Chromsäure,  die  fortgewaschen  wird,  und  zurückbleibendes 
Chromoxyd,  ja  selbst  durch  vieles  Waschen  mit  kalkhaltigem  Wasser 
tritt  Zersetzung  ein.  Mit  Rücksicht  auf  dieses  Zerfallen  in  Chrom- 
säure und  Chromoxyd  betrachtet  man  den  Körper  als  chromsaures 
Chromoxyd  (Crs03  Cr03).  Dies  erklärt  leicht  sein  Entstehen,  wenn 
man  eine  Chromoxydsalzlösung  mit  ehromsnurem  Salz  versetzt. 

Die  photographisch  interessanten  Eigenschaften  des  Chromsuper- 
oxyds werden  wir  nachher  kennen  lernen. 

Behufs  der  Anwendung  der  chromsauren  Salze  in  der  Photo- 
graphie combinirt  man  das  Chromat  mit  einem  organischen  Reduc- 
tionsmittel.  Man  mischt  entweder  die  chromsaure  Salzlösung  mit  einem 
solchen,  z.  B.  Gummi,  Leim,  Zucker,  Eiweifs,  und  überzieht  damit 
Glastafeln  oder  andere  Flächen,  oder  aber  man  tränkt  einfach  Papier 
mit  chromsaurer  Salzlösung  und  trocknet  es;  hier  spielt  das  Papier 
selbst  die  Rolle  eines  Reductionsmittels. 


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Cbrombilder. 


29 


Exponirt  man  solche  mit  chromsaurem  Salz  getränkte  Papiere, 
die  gelb  oder  gelbroth  erscheinen,  dem  Licht,  so  werden  sie  schnell 
braun  unter  Bildung  von  Superoxyd.  Bedeckt  man  die  Papiere  bei 
der  Belichtung  mit  einem  Positivbilde,  so  copirt  dieses,  indem  die 
schwarzen  Bildcontouren  die  darunter  liegenden  Theile  vor  dem  Licht 
schützen,  gelb  auf  braunem  Grunde;  exponirt  man  es  unter  einem 
Negativ,  so  copirt  es  umgekehrt  braun  auf  gelbem  Grunde,  man 
erhält  so  ein  braunes  Positivbild,  das  um  so  intensiver  ist,  je  stärker 
die  angewendete  Salzlösung  war.  Wäscht  man  das  Bild  in  Wasser, 
so  wird  das  unveränderte  Chromsalz  weggeführt  und  das  unlösliche 
Chromsuperoxydbild  bleibt  zurück,  bei  kurzem  Waschen  in  brauner 
Farbe,  bei  längerem  Waschen  mit  kalkhaltigem  Wasser  wird  es  blas- 
ser, indem  das  Cr,  03CrO,  sich  zersetzt  und  die  Chromsäure  fortge- 
waschen wird  und  grünes  Chromoxyd  zurückbleibt.  Will  man  dies 
möglichst  verhindern,  so  säure  man  das  Waschwasser  ganz 
wenig  an  und  setze  das  Waschen  nicht  zu  lange  fort. 

Das  so  erhaltene  Bild  ist  freilich  nur  schwach  und  daher  nicht 
fiir  die  Praxis  brauchbar.  Es  kann  aber  gerade  so,  wie  bei  den  blassen 
Eisenbildern  durch  verschiedene  Agentien  dunkel  gefärbt  werden,  die 
entweder  auf  das  Chromoxyd  oder  auf  die  Chromsäure  wirken,  die 
sich  in  dem  chromsauren  Chromoxyd  findet: 

1)  Durch  Baden  in  einer  Salzlösung,  die  mit  der  Chromsäure 
einen  Niederschlag  giebt,  z.  B.  Blei,  Silber  und  Quecksilber- 
oxydul. Dadurch  erscheinen  die  Bilder  gelb  oder  roth  und  können 
dann  durch  Einwirkung  von  Schwefelwasserstoff  leicht  schwarz  gefärbt 
werden  unter  Bildung  von  Schwefelmetallen;  selbstverständlich  mu£s 
vorher  jede  Spur  des  löslichen  Metallsalzes  fortgeschafft  werden. 

2)  Durch  Behandlung  mit  Farbstoffen,  für  die  das  Chromoxyd  als 
Beize  dient,  wie  Alizarin,  Purpurin,  Fernainbuk-  und  Brasilienholz, 
Campeche-  und  Gelbholz  u.  A.  nt.,  von  denen  das  Campecheholz  sich 
besonders  geeignet  zeigt.  Zur  Färbung  bringt  man  das  Bild  einige 
Zeit  in  eine  frisch  bereitete  warme  Campecheholzbrühe , in  welcher 
dasselbe  bald  einen  tief  bläulich-schwarzen  Ton  annehmen  wird,  selbst 
in  den  weifsen  Stellen,  die  aber,  nachdem  das  Papier  ausgewaschen, 
durch  Eintauchen  in  eine  sehr  verdünnte  warme  Auflösung  von  Chlor- 
kalk leicht  wieder  gebleicht  werden  können.  Das  Bild  wird  gewaschen 
und  getrocknet.*) 

Die  Verwendung  von  gewöhnlichem  Papier  zu  derartigen  Bildern 
führt  aber  verschiedene  Uebelstände  mit  sich.  Einmal  werden  durch 
das  viele  Waschen,  besonders  im  warmen  Wasser,  die  Papierfasern 

*)  Die  beizende,  d.  h.  den  Farbstoff  bindende  Verbindung  ist  hier  das  Chroin- 
oxyd,  daher  hier  ein  langes  vorhergehendes  Waschen  mit  alkalischem  Wasser  nicht 
schadet  Nur  bei  Anwendung  von  Campecheholz  darf  man  dies  nicht  zu  lange 
fortsetzen,  da  auch  hier  die  ChromsUure  beizend  wirkt. 


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30 


Chrombilder.  — Tnschbilder. 


aufgelockert  und  geben  der  Zeichnung  ein  unreinliches  Ansehen,  dann 
enthält  dasselbe  öfter  unorganische  Stoffe,  wie  Alaun  oder  Kreide, 
welche  ebenfalls  als  Beize  auf  die  Farbstoffe  wirken. 

Diese  sind  zu  vermeiden  durch  Anwendung  von  Pergamentpapier 
oder  feiner  Gewebe,  und  hat  in  Folge  des  letzteren  Falles  das  Ver- 
fahren hauptsächlich  eine  Wichtigkeit  für  die  Herstellung  von  photo- 
graphischen Bildern  auf  Wollen-,  Baumwollen-  oder  Seidenzeng. 

3)  Durch  Behandlung  mit  Körpern,  welche  der  Chromsäure  des 
chromsauren  Chromoxyd  Sauerstoff  entziehen  und  sich  dabei  färben 
oder  niederschlagen. 

Unter  den  organischen  Stoffen  dieser  Art,  welche  sich  auch  in 
mehr  oder  weniger  dunklen  Tönen  färben,  sind  z.  B.  mehrere  Com- 
binationen  der  Naphtalin-  und  Anilinreihe.  Im  Mineralreiche  sind 
es  hauptsächlich  die  Eisensalze  mit  ihrem  braunrothen  Niederschlag 
von  Eisenoxyd,  welcher  entweder  für  verschiedene  Farbstoffe  als  Beize 
dienen,  oder  zur  Herstellung  von  charakteristisch  gefärbten  Eisenver- 
bindungen, wie  Berlinerblau,  benutzt  werden  kann. 

Hieran  reiht  sich  eine  andere  Methode,  bei  der  die  entwickelnde 
Substanz  zugleich  mit  dem  chromsauren  Kali  gemischt  und  exponirt 
wird,  eine  Methode,  die  von  allen  die  interessanteste  und  prak- 
tisch wichtigste  ist: 

4)  Man  mischt  eine  Lösung  von  chromsaurem  Kali  mit  Lösungen 
von  Gummi,  Eiweifs,  Gelatin  oder  ähnlichen  Körpern,  überzieht  damit 
Papier,  trocknet  und  exponirt  dieses  unter  einem  Negativ. 

Die  gedachten  Substanzen  nehmen  dabei  den  Sauerstoff  der 
Chromsäure  auf  und  werden  dadurch  im  Wasser  unlöslich.  Wäscht 
man  daher  solch  ein  Chrombild,  so  bleiben  die  vom  Licht  getroffenen 
unlöslich  gewordenen  Theile  haften  und  erscheinen  en  relief, 
während  die  übrigen  sich  auflösen.  Das  Relief  ist  um  so  höher,  je 
tiefer  das  Licht  in  die  Schicht  gedrungen,  d.  h.  je  intensiver  es  ge- 
wirkt hat. 

Die  so  erhaltenen  Bilder  würden  jedoch  nicht  dunkler  sein  als 
gewöhnliche  Chrombilder.  Mischt  man  jedoch  zu  der  Gummilösung 
vorher  irgend  einen  Farbstoff,  Tusche  oder  dergl.,  so  wird  dieser  zu- 
gleich von  dem  unlöslich  gewordenen  Gummi  oder  Eiweifs  festgehalten 
Und  man  erhält  so  ein  Bild  in  chinesischer  Tusche,  in  Blau,  Grün, 
oder  wie  man  will. 

So  werden  die  Tuschphotographieen  hergestellt,  die  von 
allen  den  gewöhnlichen  Silberbildern  am  nächsten  kommen,  dabei 
aber  den  Vortheil  der  Haltbarkeit  voraus  haben.  Poitevin  hat 
1855  dieses  Verfahren  entdeckt. 

Es  hat  den  Uebelstand,  dafs  die  Wirkung  des  Sonnenlichtes  auf 
die  gefärbte  Gelatinschicht  nur  oberflächlich  ist  und  bei  zarteren  Halb- 
tönen nicht  bis  zur  Unterlage  (Papier  oder  dergl.)  durchdringt,  dem- 


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Tuschbilder.  — Photolithographie. 


31 


nach  auch  nicht  an  dieser  haftet  und  deshalb  beim  Waschen  mit  fort- 
geht. Deshalb  erhält  man  in  dieser  Manier  die  zarteren  Tinten  des 
Originals  nicht.  Die  erhaltenen  Bilder  haben  keine  Halbtöne,  d.  h. 
Uebergänge  von  Licht  in  Schatten,  sie  zeigen  sich  nur  schwarz  und 
weifs. 

Burnett  suchte  diesen  Uebclstand  dadurch  zu  heben,  dafs  er  die 
mit  Tuschmischung  überzogenen  transparenten  Papiere  von  h inten  be- 
lichtete. Offenbar  blieben  so  alle  vom  Licnt  afficirten  Stellen  auch 
am  Papiere  haften  und  so  wurden  die  Halbtöne  erhalten.  Störend 
wirkte  hier  die  dicke  und  immerhin  rauhe  Textur  des  Papieres,  durch 
welche  das  Licht  dringen  mufste. 

Swan  wandte  daher  statt  Papier  eine  Collodionhaut  als  Unterlage 
an  und  erhielt  auf  dieser  dünnen  structurlosen  und  vollkommen 
durchsichtigen  Masse  Tuscbbilder,  die  an  Vollendung  den  Silberbildern 
nicht  im  geringsten  nachstehen. 

Das  Verfahren,  dessen  Praxis  später  beschrieben  werden  soll,  ist 
freilich  noch  etwas  mühsam  und  erfordert  gröfsere  Sorgfalt,  Accuratesse 
und  Zeit,  als  das  jetzt  allgemein  übliche  Silberdruckverfahren,  daher 
es  bis  jetzt  das  letztere  noch  nicht  verdrängen  konnte. 

Die  durch  das  Licht  unlöslich  gewordenen  Mischungen  von  chrom- 
saurem Salz  und  Gelatin  etc.  haben  nun  noch  eine  höchst  cigenthüm- 
liche  Eigenschaft,  auf  welche  sich  eine 

5)  Methode  der  Hervorrufung  gründet.  Sie  haben  näm- 
lich die  Fähigkeit,  fette  Schwärze  anzuzieben  und  festzuhalten. 

Ueberzieht  man  eine  belichtete  mit  Gelatinchromatmischung  be- 
strichene Fläche  mit  fetter  Schwärze,  so  haftet  diese  nur  an  den  be- 
lichteten Stellen,  an  allen  übrigen  geht  sie  beim  Waschen  mit  Wasser 
herunter.  So  erhält  man  ein  Bild  in  fetter  Schwärze. 

Dieses  bildet  die  Basis  eines  praktisch  hochwichtigen  Processes, 
der  Photolithographie. 

Eine  Lithographie  ist  ein  Abdruck  eines  auf  Kalkstein  mit  fetter 
Schwärze  gemalten  Bildes.  Der  lithographische  Kalkstein  hat  die 
Eigentümlichkeit,  die  Druckschwärze  nur  da  anzunehmen,  wo  er  ein- 
gefettet ist,  und  sie  beim  Druck  an  Papier  wieder  abzugeben. 

Photolithographie  besteht  nun  in  der  Herstellung  eines  Bildes  in 
fetter  Schwärze  mit  Hülfe  der  Photographie  und  dies  geschieht  in 
der  oben  genannten  Weise  mit  chromsauren  Salzen  und  Gelatin. 

Man  kann  damit  entweder  einen  Stein  unmittelbar  überziehen 
und  unter  einem  Negativ  belichten,  nachher  das  Ganze  einschwärzen. 
Die  Schwärze  haftet  dann  nur  an  den  vom  Licht  reducirten  Stellen. 
Dies  ist  Poitevin’s  Methode. 

Oder  man  kann  diesen  Procefs  nicht  auf  den  Stein,  sondern  auf 
Papier  vornehmen  und  das  so  erhaltene  Bild  auf  den  Stein  über- 
tragen, indem  man  das  Papier  mit  dem  Bilde  auf  den  Stein  legt  und 


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32  Photolithographie.  — Reliefdruck.  — Anilindruck. 

preist.  Die  Zeichnung  wird  so  unter  Anwendung  gewisser  Kunst- 
griffe auf  den  Stein  übertragen  und  dieser  ist  dann  druckfähig.  (Os- 
borne’s  und  Asser’s  Procefs  ) 

6)  Oben  erwähnten  wir  schon,  dafs  das  auf  eine  Gelatinchromat- 
schicht  copirte  Bild  en  relief  erscheint,  d.  h.  die  Lichter  sind  (wenn 
es  von  einem  Negativ  copirt  ist)  tief,  die  Schwärzen  hoch. 

Dieses  Relief  ist  so  stark,  dafs  man  es  in  Gyps  abformen  kann, 
ja  noch  mehr,  man  kann  es  mit  Hülfe  einer  hydraulischen  Presse  in 
Schriftmetall  abdrücken  und  erhält  so  eine  Form,  in  welcher  die 
Schwärzen  tief,  die  Lichter  hoch  sind.  Diese  Form  kann  man  ab- 
drucken,  wenn  man  sie  mit  einer  Gelatinschwärzemischung  einschwärzt 
und  erhält  so  ein  Bild  in  allen  Halbtönen.  Das  ist  der  neu  erfundene 
Woodbury’sche  Reliefdruck,  der  von  allen  Druckprocessen  die 
schönsten  Halbtöne  liefert  ( Specielleres  im  2.  Bande).  Die  Wie- 
dergabe der  Halbtöne  gründet  sich  hier  auf  die  Halbdurchsichtigkeit 
der  Gelatinschwärze,  welche  in  dickeren  Lagen  dunkler,  in  helleren 
lichter  erscheint.  Die  gewöhnliche  Druckerschwärze  ist  viel  zu  un- 
durchsichtig, um  solche  Uebergänge  zu  bilden. 

Dies  wären  die  wichtigsten  Entwicklungsmethoden,  welche  auf 
die  Einwirkung  auf  das  durch  das  Licht  reducirte  Chromsuperoxyd 
gegründet  sind.  Man  kann  aber  die  Chrombilder  auch  entwickeln 
durch  Einwirkung  auf  das  durch  das  Licht  unveränderte  chrom- 
saure Salz,  ähnlich  wie  ja  auch  die  Eisenbilder  entwickelt  werden 
konnten  durch  Einwirkung  auf  das  im  Licht  unveränderte  Eisenoxyd. 
Für  diesen  Zweck  copirt  man  das  chromsaure  Papier  unter  einem 
Positivbilde,  z.  B.  einer  gewöhnlichen  Zeichnung,  einem  transparenten 
Glasbilde  etc.  Hierher  gehört: 

1)  Willis’  Anili n druckprocefs. 

Dieser  Procefs  gründet  sich  auf  die  eigenthümliche  Veränderung, 
welche  das  Anilin  in  Berührung  mit  oxydirbaren  Substanzen  eingeht. 
Anilin  ist  im  reinen  Zustande  ein  farbloser  Körper,  der  in  seiner 
Zusammensetzung  und  seinem  Verhalten  dem  Ammoniak  ähnelt.  Er 
besteht  aus  Ammoniak,  in  dem  ein  Atom  Wasserstoff  durch  das  or- 
ganische Radical-Phenyl  CiaH,  ersetzt  ist:  NH^CuH,. 

Es  ist  flüssig,  wenig  in  Wasser,  leicht  in  Alkohol,  Aether  und 
Benzin  löslich. 

Das  Anilin  zieht  leicht  Sauerstoff  aus  der  Luft  an  und  wird  dabei 
braun.  Ebenso  leicht  wird  es  durch  verschiedene  sauerstoffhaltige 
Körper  oxydirt  und  dabei  in  die  verschicdenst  gefärbten  Verbindungen 
(Anilinfarben)  übergeführt.  So  bewirkt  chromsaures  Kali  eine  braune 
bis  violette  Färbung.  Gegenwart  von  Säuren,  Alkalien  haben  auf  das 
Entstehen  dieser  Farbentinten  den  wesentlichsten  Einflufs  und  bewir- 
ken oft  beträchtliche  Differenzen  irn  Tone  der  Farbe.  Hierauf  be- 
ruht Willis’  Procefs.  Belichtet  man  ein  mit  phosphorsäure-  oder 


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Joubert’s  Emailbilder.  — Stahldruck. 


33 


schwefelsäurehaltiger  chromsaurer  Kalilösung  getränktes  Papier  unter 
einem  Positiv,  so  erhält  man  eine  Copie  des  Positivs  gelb  auf  grünem 
Grunde.  Alle  durch  das  Bild  vor  dem  Lichte  geschützten  Stellen 
bestehen  hier  aus  unverändertem  chromsauren  Kali.  Setzt  man  dieses 
Bild  nun  Anilindämpfen  aus,  so  erzeugen  diese  an  den  mit  unver- 
ändertem chromsauren  Kali  geschwängerten  Stellen  eine  tief  violette 
Färbung,  welche  in  Luft  und  Sonne  echt  ist.  Man  kann  auf  diese 
Weise  Zeichnungen,  Schriftstücke  vortrefflich  copiren  und  hat  hier 
vor  dem  gewöhnlichen  Copirverfahren  den  Vortheil,  dafs  man  nicht 
erst  die  Erzeugung  eines  Negativs  nöthig  hat. 

Gleich  technisch  interessant  wie  der  vorgedachte  Procefs  ist 

2)  Joubert’s  Druckprocefs. 

Joubert  mischt  chromsaure  Kalilösung  mit  Gummilösung  und  etwas 
Honig  und  begiefst  damit  eine  Glastafel,  die  dann  getrocknet  wird. 
Eine  solche  Gummischicht  ist  im  frischen  Zustande  klebrig  und  hält 
deshalb  trockne  Farbenpulver,  die  man  darauf  streut,  fest.  Belichtet 
man  aber  solche  Schicht,  so  verliert  sie  ihre  Klebrigkeit  und  damit 
die  Fähigkeit,  Farbenpulver  festzuhalten. 

Nimmt  man  demnach  die  Belichtung  unter  einem  Positiv  vor,  so 
ist  es  klar,  dafs  nur  die  durch  die  Contouren  der  Zeichnung  geschützten 
Stellen  ihre  Klebrigkeit  behalten  werden.  Bestäubt  man  demnach  die 
belichtete  Platte  mit  irgend  einer  zarten  Farbe,  so  bleibt  diese  an 
den  bewufsten  Stellen  hängen  und  erzeugt  ein  Bild. 

Nimmt  man  Kohlenstaub,  so  erhält  man  ein  Kohlebild. 

Nimmt  man  Schmelzfarbe,  so  erhält  man  ein  Bild,  was  man  ein- 
brennen  kann.  Auf  diese  Weise  erzeugt  Joubert  in  Glas  eingebrannte 
Bilder  von  aufserordentlicher  Schönheit.  Später  adoptirte  Leth  in 
Wien  dieses  Verfahren  zu  demselben  Zwecke,  andererseits  auch  noch 
zur  Herstellung  von  Kohlebildern.  Ebenso  ist  Obernetter’s  Verfahren 
zur  Erzeugung  eingebrannter  Bilder  dem  ganz  analog. 

Wie  man  sieht,  entspricht  dieses  Entwicklungsverfahren  mit  Staub 
ganz  dem  Poitevin’schen  Kohlendruckprocefs  mit  Eisensalzen  (s.  o. ). 
Nur  wird  hier  unter  einem  Positiv  copirt,  während  Poiteviu  ein  Ne- 
gativ benutzt. 

3)  Talbot’s  photographischer  Stahldruckprocefs. 

Dieser  beruht  auf  einer  dritten  interessanten  Eigenschaft  der  durch 

das  Licht  veränderten  Mischungen  von  chromsaurem  Salz  mit  Gelatine 
oder  ähnlichen  Substanzen. 

Die  erste  Eigenschaft,  welche  dieselben  annehmen , ist  ihre  Un- 
löslichkeit. Darauf  gründet  sich  die  Herstellung  von  Tuscbphotogra- 
phieen  (s.  o.)  Die  zweite  Eigenschaft  ist  der  Verlust  ihrer  Klebrigkeit, 
darauf  beruht  Joubert’s  Procefs,  den  wir  oben  besprochen.  Die  dritte 
endlich  ist  die  Undurchdringlichkeit  für  manche  Flüssigkeiten,  z.  B. 
gewisse  Metallsalzlösungen. 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  3 


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34 


Photographischer  Stahldruck.  — Uransalze. 


Auf  der  letzteren  Eigenschaft  beruht  Talbot’s  photographischer 
Stahldruck.  Er  überzieht  nämlich  Stahlplatten  mit  Bichromat- Gelatine- 
mischung und  exponirt  diese  unter  einem  Positiv  und  wäscht  sie; 
das  Bild  erscheint  alsdann  blafs  auf  braunem  Grunde.  Dabei  wird 
das  lösliche  chromsaure  Kali  fortgewaschen,  während  die  durch  das 
Licht  erzeugte  Chromsuperoxydgelatinemischung  zurückbleibt.  Auf 
diese  Weise  erhält  man  ein  Bild,  dessen  Con touren  der  blofsgelegte 
Stahl  bildet.  Uebergiefst  man  nun  die  ganze  Platte  mit  einer  Aetz- 
flüssigkeit,  z.  B.  Platinchlorid  oder  Eisenchlorid,  so  greift  diese  nur 
den  Stahl  an  den  nackten  Stellen  an  und  erzeugt  daselbst  Vertie- 
fungen; so  erhält  man  eine  vertiefte  Zeichnung,  die  ganz  so  wie  ein 
gewöhnlicher  Stahldruck  abgedruckt  werden  kann. 

Verwandt  hiermit  sind  die  Verfahren  von  Pretzsch,  Negre  etc. 

Pretzsch  benutzte  eine  Mischung  von  chromsaurem  Kali  und  Ge- 
latine, überzog  damit  etwas  dick  eine  Platte  und  belichtete  diese  un- 
ter einem  Positiv.  Durch  Abspülen  der  belichteten  Platte  mit  Wasser 
erhielt  er  so  eine  vertiefte  Zeichnung.  Diese  drückte  er  in  Guttapercha 
ab,  indem  er  letztere  warm  mit  ersterer  zusammenprefste.  Den  so  her- 
gestellten Abdruck  benutzte  er  als  Matrize,  um  davon  wieder  einen  galva- 
noplastischen Abdruck  zu  nehmen,  der  dann  als  Druckplatte  diente.  — 
Er  erhielt  so  ganz  vortreffliche  Resultate.  Sein  Verfahren  wird  in 
der  Wiener  Staatsdruckerei  angewendet. 

Es  ist  hier  nur  ein  Ueberblick  der  wichtigsten  Verfahren  gegeben, 
die  sich  auf  die  Anwendung  von  chromsauren  Salzen  gründen. 

Mit  Besprechung  einzelner  Modificationen  derselben  können  wir 
uns  erst  im  praktischen  Theile  einlassen. 

Verbindungen  des  Urans. 

Die  Salze  des  Uranoxyds  bilden  eine  neue  Gruppe  mittelbar 
lichtempfindlicher  Körper,  die  ebenfalls  im  photographischen  Copir- 
procefs  angewendet  werden.  Uran  bildet  wie  das  Eisen  zwei  Oxyde, 
das  Uranoxydul  (UO)  und  das  Uranoxyd  (U,  O,)  und  sind  es  die  Salze 
des  letzteren,  welche  analog  den  Eisenoxydsalzen  eine  Reduction  im 
Lichte  unter  Bildung  von  Oxydulsalzen  erleiden,  und  hier  wie  dort 
ist  das  so  erhaltene  Bild  an  sich  zu  schwach  gefärbt,  um  brauchbar 
zu  sein,  und  wird  deshalb  durch  nachfolgende  Entwicklungsprocesse, 
die  ebenfalls  den  bei  Eisenbildern  angewendeten  ähnlich  sind,  sichtbar 
gemacht. 

Die  Uranoxydsalze  sind  gelb  von  Farbe,  enthalten  ein  Atom 
Säure  auf  ein  Atom  Oxyd.  Das  salpetersaure,  schwefelsaure,  essigsaure 
Uranoxyd  und  sind  in  Wasser  löslich,  das  oxalsaure  Uranoxyd  ist  in 
Wasser  unlöslich. 

Die  Lösungen  werden  von  Alkalien  bräunlich  gelb  gefällt,  und 
es  entstehen  hierbei  seltsame  Verbindungen  von  2U,0,  mit  1 RO. 


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Uranbilder.  — Wothlytypie. 


35 


Auch  kohlensaure  Alkalien  geben  Niederschläge  von  hellgelbes  Farbe, 
die  neben  U,  O,  das  Fällungsmittel  enthalten  und  sich  in  doppel- 
kohlensauren Salzen  lösen,  indem  hier  kohlensaure  Uranoxydalkalien 
sich  bilden  von  der  Formel: 

U,  O,  CO,  -+-  2(RO  CO,). 

Das  Uranoxydnatron  ist  als  gelbe  Farbe  im  Handel. 

Man  kennt  auch  Verbindungen  des  Uranoxyds  mit  den  Erden, 
die  beim  Fällen  einer  Mischung  von  Uran  - und  Kalksalzen  durch  Aetz- 
alkalien  entstehen.  Blutlaugensalz  fällt  Uranoxydsalz  mit  brauner  Farbe. 
Schwefelwasserstoff  fällt  sie  nicht,  sondern  reducirt  sie  zu  Uranoxydul, 
Schwefelamraonium  fällt  schwarzes  Schwefeluran.  Uranoxyd  erhält 
man  leicht  durch  Erhitzen  des  trockenen  salpetersauren  Salzes  als  gelb- 
rothes  Pulver,  durch  Erhitzen  desselben  Salzes  mit  Alkohol  bildet  sich 
gelbes  Uranoxydhydrat  (U,OHO).  Durch  Glühen  giebt  dieses  grünes 
Uranoxyduloxyd. 

Die  Uranoxydulsalze  sind  grün,  ziehen  lebhaft  Sauerstoff'  an, 
fällen  aus  Gold-  und  Silberlösungen  die  Metalle.  Aetzende  Alkalien 
fällen  aus  denselben  rothbraunes  Hydrat.  Das  wasserfreie  Oxydul, 
welches  man  durch  Glühen  von  oxalsaurem  Uranoxyd  bei  Luftabschlufs 
erlangt,  ist  roth. 

Das  bekannteste  der  im  Handel  vorkommenden  Uransalze  ist  das 
salpetersaure  Uran 

U,  0,  NO,  -4-  6HO, 

es  krystallisirt  in  gelben  Drüsen,  löst  sich  in  Wasser,  Alkohol  und 
Aether;  in  hoher  Temperatur  wird  es  zersetzt.  Das  im  Handel  vor- 
kommende trockne  Salz  ist  in  AJkohol  oder  Aether  umkrystallisirt. 

Burnett  machte  zuerst  die  Beobachtung,  dafs  mit  Uranoxydsalzen 
getränktes  Papier  im  Licht  zu  Uranoxydulsalz  reducirt  wird  und  sich 
dabei  schwach  grün  färbt.  Nimmt  man  die  Belichtung  unter  einem 
Negativ  vor,  so  erhält  man  demnach  ein  schwach  grünes  Bild  auf  gel- 
bem Grunde.  Burnett,  so  wie  der  später  mit  Uransalzen  arbeitende 
Niepce  de  St.  Victor  machte  dieses  blasse  Bild  durch  verschiedene 
Entwicklungsprocesse  sichtbar,  so  durch  Baden  in  einer  Gold-  oder 
Silberlösung,  wobei  metallisches  Gold  oder  Silber  durch  reducirende 
Wirkung  des  Uranoxyduls  niedergeschlagen  wird,  dann  noch  durch  Ein- 
wirkung verschiedener  anderer  Substanzen,  die  mit  Uranoxydul  far- 
bige Verbindungen  bilden.  Die  so  erhaltenen  Bilder  sind  jedoch  nicht 
sehr  schön. 

Wothly  verbesserte  das  Verfahren,  indem  er  eine  Mischung  von 
Uransalz  und  Silbersalz  als  lichtempfindliche  Substanz  anwendete.  Er 
löste  beide  in  Collodion  auf,  überzog  damit  Papierbogen  und  belichtete 
diese  unter  einem  Negativ,  und  erhielt  so  ein  tief  braunes  Bild,  indem 
hier  zunächst  Uranoxydul  gebildet  wird,  dieses  aber  sogleich  das  vor- 
handene Silber  reducirt  Der  Belichtungs-  und  Entwicklungsprocefs 

3* 


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36 


Silber. 


geht  also  hier  gleichzeitig  vor  sich.  Die  so  erhaltenen  Bilder  werden 
dann  wie  Silberbilder  (s.  u.)  weiter  behandelt.  Man  kann  so  vorzügliche 
Abdrücke  erhalten;  dennoch  hat  dieses  Verfahren  nur  theilweise  Ein- 
gang gefunden,  da  es  wegen  der  Seltenheit  des  Urans  und  des  hohen 
Preises  der  Zuthaten  ebenso  theuer  zu  stehen  kommt,  als  das  gewöhn- 
liche Silberdruckverfahren. 

Das  Silber  und  seine  Verbindungen 

bilden  die  wichtigsten  Körper  der  Photochemie,  insofern  als  sie  allein 
die  Möglichkeit  gewähren,  ein  hinreichend  intensives  Bild  in  der  Ca- 
mera ofrscura  zu  erzeugen,  wozu  die  übrigen  sensiblen  Verbindungen 
bis  jetzt  nicht  geeignet  befunden  worden  sind.  Silber  ist  deshalb  vor 
allem  die  Grundlage  für  den  Negativprocefs  und  da  in  den  mei- 
sten Branchen  der  Photographie  die  Positive  nach  Negativen  gedruckt 
werden,  so  ist  Silber  die  Basis  der  gesammten  Photographie  überhaupt. 

Für  den  Negativprocefs  ist  vorläufig  keine  Aussicht  vorhanden, 
dieses  Metall  durch  ein  anderes  zu  ersetzen,  für  den  Positivprocefs 
aber  sind  schon  mit  gutem  Erfolg  die  andern  früher  besprochenen  Me- 
tallverbindungen benutzt  worden,  obgleich  die  Silberpositive  noch  jetzt 
die  herrschenden  sind.  Wir  beginnen  unsere  Besprechung  mit  dem 

metallischen  Silber, 

was  für  uns  insofern  von  Wichtigkeit  ist,  als  es  in  einer  eigenthüm- 
lichen  Modification  die  Contouren  und  Halbschatten  unsrer  Negativbilder 
einerseits,  in  innigem  Gemenge  mit  organischer  Substanz  die  Silber- 
positivbilder (Papierbilder)  andrerseits  bildet.  Es  ist  eine  Eigenthüm- 
lichkeit  gewisser  Metalle,  wie  Gold,  Platina,  Silber,  unter  gewissen 
Umständen  im  pulverförmigen  Zustande  aufzutreten,  in  welchem  sie 
den  gewöhnlichen  glänzenden  und  compacten  Metallen  durchaus  un- 
ähnlich sind. 

Am  bekanntesten  unter  diesen  pulverigen  Metallen  ist  wohl  das 
Goldpulver,  das  mit  brauner  Farbe  glanzlos  niederfällt,  wenn  Gold- 
lösungen mit  Eisenvitriol  versetzt  werden,  dann  das  Platinschwarz, 
welches  man  beim  Kochen  von  Chlorplatin  mit  Traubenzucker  und 
Natron  erhält,  ferner  der  glanzlose  graue  Platinschwamm. 

In  ganz  ähnlicher  Form  scheidet  sich  nun  auch  das  Silber  als 
glanzlose  graue  Masse  bei  verschiedenen  Reductionsprocessen  aus. 

Legt  man  z.  B.  ein  Stück  Zink  in  Chlorsilber  und  giefst  verdünnte 
Säure  darüber,  so  wird  das  weilse  Chlorsilber  sehr  schnell  reducirt 
und  man  erhält  eine  schwammige  Masse,  welche  beim  Trocknen  zu 
grauem  Pulver  zerfällt. 

Versetzt  man  ferner  Silberauflösungen  mit  reducirenden  orga- 
nischen Substanzen,  z.  B.  mit  Gallussäure,  Pyrogallussfiure,  so  wird  das 
Silber  metallisch  reducirt  und  fällt  gemengt  und  oft  dunkel  gefärbt  mit 


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Pulveriges  Silber.  — Der  Entwicklungsproceft . 37 

etwas  organischer  Substanz  als  schwarzes  Pulver  nieder.  Dasselbe 
geschieht  beim  Versetzen  der  Silberlösungen  mit  Eisenvitriol 
oder  mit  Uranoxydulsalzen.  Dieser  Niederschlag  ist  es  nun,  welcher 
die  Contouren  unserer  Negativbilder  bildet.  Man  belichte  eine  zur 
Hälfte  bedeckte,  mit  Jodsilber  getränkte  Collodion platte,  welche  noch 
feucht  ist  von  der  anhängenden  Höllensteinlösung,  die  zur  Präparation 
gedient  hat  und  öbergiefse  sie  dann  mit  Eisenvitriollösung.  Es  bildet 
sich  ein  Niederschlag  von  grauem  pulverigem  Silber,  und  dieser 
hängt  sich  merkwürdiger  Weise  nur  an  alle  belichteten  Stellen, 
und  diese  färben  sich  dadurch  dunkel.  Dasselbe  geschieht  nun,  wenn 
man  die  Jodsilbercollodionplatte  in  der  Camera  obscura  exponirt.  Man 
sieht  darauf  anfangs  nicht  die  Spur  eines  Bildes,  dieses  tritt  aber  so- 
gleich durch  Bildung  eines  Silberniederschlags  an  den  belichteten  Stellen 
hervor,  sobald  man  die  Platte  mit  Eisenvitriollösung  übergiefst.  Hat 
man  die  Höllensteinlösung  abgewaschen,  so  erfolgt  dies  nicht*),  weil 
hier  das  Material  zur  Erzeugung  des  pulverigen  Silbers  fehlt.  Wohl 
aber  entsteht  dieser  Niederschlag  wieder,  wenn  man  zu  der  Eisenvitriol- 
lösung einige  Tropfen  Silberlösung  hinzusetzt  und  damit  die  gewaschene 
Platte  hervorruft. 

Diese  Art  von  Hervorrufungsprocefs  durch  Silberpulver  erinnert 
an  die  beim  Eisen  und  Chrom  besprochenen  Entwicklungsprocesse  mit 
Farbenpul v ern  (Kohle-  und  Emailbilder).  Nur  dafs  dort  die  Ent- 
wicklung auf  trocknem,  hier  aber  auf  nassem  Wege  vor  sich  geht. 

Das  Jodsilber  erlangt  durch  das  Licht  die  Fähigkeit  in  statu  nas- 
centi  sich  ausscheidendes  körnig  pulveriges  Silber  anzuziehen,  und  darauf 
beruht  das  Erscheinen  des  Bildes.  Je  intensiver  die  Belichtung,  desto 
stärker  der  Niederschlag.  Photographie  ist  demnach  ein  der  Silber- 
spiegelfabrication  ähnliches  Gewerbe. 

In  beiden  sucht  man  auf  chemischem  Wege  einen  Silbernieder- 
schlag hervorzubringen.  In  der  Spiegelfabrication  sucht  man  einen 
gleichmäfsigen  Niederschlag  von  Spiegelsilber  auf  der  Glasfläche 
hervorzubringen  und  vermeidet  den  Niederschlag  des  pulverigen,  in 
der  Photographie  sucht  man  dagegen  auf  der  belichteten  Fläche  einen 
ungleichmäfsigen  Niederschlag  von  körnig  pulverigem  Silber  hervor- 
zubringen, ungleichmäfsig  nach  Mafsgabe  der  Belichtung. 

Wegen  der  Wichtigkeit  dieser  Silberniederschläge  für  die  Photo- 
graphie ist  es  nun  nothwendig,  dieselben  noch  etwas  specieller  zu  be- 
sprechen. 

Der  Niederschlag  durch  Eisenvitriol  entsteht  um  so  schneller,  je 
concentrirter  und  neutraler  die  Flüssigkeiten  sind.  Säuren  und  orga- 
nische Substanzen,  wie  Zucker,  Gelatine  etc.,  verlangsamen  ihn.  Wir 

*)  Die  Veränderung,  welche  das  Jodsilber  bei  der  Belichtung  erleidet,  wird  hier 
vorläufig  aufser  Acht  gelassen. 


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38 


Pulveriges  Silber. 


sehen  ferner,  dafs  der  Niederschlag  grofse  Neigong  hat,  sich  an  un- 
reine oder  rauhe  Stellen  des  Glases  zu  hängen  und  dadurch  Flecke 
liefert.  Diese  Umstände  veranlassen  uns,  1)  sehr  rein  geputzte  Glas- 
platten in  der  Photographie  anzuwenden,  2)  den  Entwickler  anzusäu- 
ren, um  die  Entstehung  eines  allgemeinen  Niederschlags  auf  der  Platte 
zu  verhindern,  3)  denselben  verdünnt  anzuwenden,  um  die  Wirkung 
zu  verlangsamen  und  besser  controlliren  zu  können.  Nicht  selten  setzt 
man  organische  Substanzen  zu,  wie  Gelatine,  Zucker,  welche  denselben 
Zweck  haben  und  dem  Entwickler  eigen  thümliche  Eigenschaften  er- 
theilen.  Eine  abnorme  Erscheinung  tritt  ein,  wenn  die  Silberlösung 
nicht  neutral,  sondern  alkalisch  ist.  Mischt  man  sehr  verdünnte  Lö- 
sungen von  Silber-  und  Eisensalz,  so  tritt  anfangs  keine  Reaction  ein, 
setzt  man  aber  nur  einen  Tropfen  NH,  hinzu,  so  färbt  sich  die 
ganze  Flüssigkeit  schwarz.  Dieser  schwarze  Körper  ist  eine  Ver- 
bindung von  Silberoxydul  mit  Eisenoxyduloxyd  (Ag,  O -f-  Fe,  04)  und 
derselbe  entsteht  auch  nicht  selten  in  der  photographischen  Praxis 
durch  Einflufs  kalkhaltiger  alkalisch  reagirender  Wässer,  und  das  ist 
ein  zweiter  Grund,  warum  man  sowohl  Silberbad  als  auch  Entwickler 
ansäuert.  Säuren  zersetzen  diesen  schwarzen  Niederschlag  unter  Aus- 
scheidung von  Silber,  indem  das  Silberoxydul  zerfällt.  Eine  zweite 
Eigenthümlichkeit  dieser  Silbereisenreaction  ist  der  Umstand,  dafs  die- 
selbe keine  ganz  vollständige  Zersetzung  der  Silbersalze  hervorruft. 
Man  kann  einen  noch  so  grofsen  Ueberschufs  von  Eisensalz  zum  Sil- 
bersalz setzen,  immer  bleibt  ein  Theil  des  Silbers  unreducirt  und  offen- 
bart sich  durch  Salzsäure.  Die  über  dem  Niederschlag  stehende  Mutter- 
lauge giebt  bei  gewissem  Verhältnifs  sowohl  mit  frischer  Silberlösung 
als  auch  mit  frischer  Eisenlösung  noch  einen  Niederschlag.  Es  scheint 
also  in  derselben  ein  Gleichgewichtszustand  zu  herrschen,  der  sowohl 
durch  erneuten  Zusatz  des  einen  wie  des  andern  Salzes  gestört  wird. 

Mit  Rücksicht  auf  diesen  Silbergehalt  ist  es  von  Wichtigkeit, 
die  Rückstände  des  Entwicklungsprocesses  nicht  fortfliefsen  zu  lassen, 
sondern  zu  den  Silberrückständen  zu  giefsen.  Anders  ist  es  bei  der  Re- 
action von  Gallussäure  und  Pyrogallussäure.  Hier  wird  das  Silber,  wenn 
hinreichend  organische  Substanz  zugesetzt  ist,  vollständig  gefällt.  Zu- 
gleich schlägt  sich  aber  immer  etwas  organische  Substanz  mit  nieder 
und  färbt  den  Niederschlag  mehr  oder  weniger  schwarz  oder  blau  bis 
roth.  So  z.  B.  bei  Anwendung  von  Essigsäure  ist  der  Niederschlag 
mehr  röthlich,  bei  Anwendung  von  Citronsänre  mehr  bläulich.  Beide 
Flüssigkeiten,  Eisenvitriol  und  Pyrogallus,  wurden  früher  als  Entwickler 
angewendet,  neuerdings  wendet  man  bei  dem  sogenannten  nassen  Ver- 
fahren nur  Eisenvitriol  an.  Interessant  ist  nun,  dafs  solche  pulverigen 
Silberpartikeln  im  photographischen  Negativ  im  Stande  sind,  noch  wei- 
tere in  statu  nascenti  sich  ausscheidende  Silbertheilchen  anzuziehen,  und 
sich  dadurch  noch  dunkler  zu  färben;  darauf  beruht  der  sogenannte 


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Pulverige«  Silber,  — Reaktionen  desselben. 


39 


Verstärk  ungsprocefs  in  der  Photographie.  Entfernt  man  nämlich 
aus  einem  Collodionbild,  das  in  der  oben  angeführten  "Weise  entwickelt 
worden  ist,  das  Jodsilber  durch  unterschwefligsaures  Natron,  so  bleibt 
das  Bild  rein  zurück  in  grauer  Farbe,  aus  pulverigem  Silber  bestehend. 
Uebergiefst  man  dieses  nun  mit  einer  Mischung  von  Silberlösung  und 
Pyrogallussäure  oder  Eisenvitriol,  so  schlägt  sich  abermals  pulveriges 
Silber  nieder,  dieses  hängt  sich  aber  nun  an  das  schon  vorhandene  Silber 
und  macht  so  das  Bild  schwärzer,  dicker. 

Nicht  uninteressant  ist  es  nun,  die  chemischen  Processe,  durch 
welche  eben  dieses  Silberpulver  entsteht,  kennen  zu  lernen.  Woher 
kommt  es,  dafs  in  manchen  Fällen  sich  das  Silber  als  Spiegel  aus- 
scheidet, in  anderen  Fällen  als  graues  Pulver? 

Des  Verfassers  Untersuchungen  haben  ergeben,  dafs  alle  Umstände, 
welche  die  Reduction  des  Silbers  erschweren,  die  Entstehung  des 
pulverigen,  alle  Umstände,  welche  dieselbe  erleichtern,  die  Entstehung 
des  Spiegelsilbers  veranlassen.  Daraus  geht  denn  mit  grofser  Wahr- 
scheinlichkeit hervor,  dafs  letzteres  das  Product  einer  directen  Re- 
duction ist,  das  körnig  pulverige  Silber  dagegen  aus  einer  indirecten 
Reduction  hervorgeht.  Im  letzteren  Falle  entsteht  zunächst  Silberoxydul 
(daher  rührt  wohl  auch  die  dunkle  Farbe  der  Flüssigkeiten  bei  der 
Reduction);  dieses  wird  aber  durch  Säuren  sowie  durch  NH,  zersetzt 
und  dadurch  pulveriges  Silber  ausgeschieden  (Ag,0  = AgO  -4-  Ag). 

Wichtig  ist  noch  zu  erwähnen,  dafs  Stafs  ein  violettes  Silberpulver 
dargestellt  hat  durch  Reduction  einer  sehr  concentrirten  Ammoniak- 
silberlösung durch  Milchzucker.  Dieser  Punkt  ist  interessant,  denn  er 
läfst  uns  das  violette  Ansehen,  das  Silberphotographieen  unter  gewissen 
Umständen  zeigen,  erklären. 

Der  Silberniederschlag  erscheint  also,  wie  aus  dem  Gesagten  her- 
vorgeht, von  sehr  verschiedenem  Ansehen.  Am  hellsten  ist  der  mit 
salpetersaurem  Eisenoxydul  erzeugte,  dunkler  der  mit  Eisenvitriol  ge- 
fällte, namentlich  um  so  dunkler,  je  weniger  Säure  zugegen  war,  am 
dunkelsten  erscheint  der  Niederschlag  bei  Gegenwart  organischer  Kör- 
per wie  Gallussäure,  Pyrogallussäure.  In  der  Durchsicht  erscheint 
der  Niederschlag  ebenso  verschieden.  Mitunter  von  grauer,  mitunter  von 
blauer,  bräunlicher  Farbe,  daher  das  verschiedene  Ansehen  unserer 
Collodionbilder.  Durch  Drücken  mit  einem  Polirstahl  werden  alle 
diese  Niederschläge  weifs  und  metallglänzend. 

Gewisse  Metallsalzlösungen  wirken  nun  in  eigenthümlicher  Weise 
auf  das  pulverige  Silber,  indem  sie  unter  Chlorabgabe  oder  Jodabgabe 
oder  unter  Bildung  von  Niederschlägen  anders  gefärbter  Metalle  die 
Farbe  des  grauen  Silbers  wesentlich  modificiren.  Uebergiefst  man  dieses 
z.  B.  mit  Quecksilberchloridlösung,  so  färbt  es  sich  braun;  es 
bildet  sich  dabei  Silberchlorür.  Wirkt  jedoch  die  Quecksilberlösung 
sehr  lange,  so  geht  dieses  in  weifses  Chlorsilber  über,  während  sich 


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Reaetionen  des  pulverigen  Silbers.  — Tonung. 


zugleich  Calomel  niederschlägt.  Auch  Eisenchlorid  wirkt  färbend. 
Die  Farbe  des  Silberchlorürs  ist  viel  intensiver  als  die  des  metalli- 
schen Silbers,  daher  benutzt  man  diesen  Procefs,  um  Silberbilder  zu 
verstärken,  d.  h.  dunkler  zu  machen. 

In  ähnlicher  Weise  wirkt  nun  auch  das  in  Jodkalium  gelöste 
Jodquecksilber.  Uebergiefst  man  Silberpulver  damit*  so  färbt  es 
sich  dunkelgrün  unter  Bildung  von  Silberjodür,  bei  längerer  Wir- 
kung wird  dieses  gelb  unter  Bildung  von  Jodsilber.  Auch  dieser 
Procefs  wird  in  der  Praxis  benutzt  Jodlösung  wirkt,  ähnlich  wie 
das  Quecksilberjodür. 

Mischungen  von  Urannitrat  und  rothem  Blutlaugensalz  färben  das 
Pulver  tiefbraun,  indem  sich  hier  neben  Cyansilber  braunes  Uran- 
eisencyanür  niederschlägt  (Selle’s  Verstärknngsprocefs). 

Auflösungen  von  Chlorgold  oder  Chlorgoldnatrium  und 
Chlorplatin  bewirken  ebenfalls  eine  eigenthümliche  Färbung  des 
Silbers.  Es  schlagen  sich  unter  Chlorsilberbildung  pulveriges  Gold 
oder  Platina  nieder,  ersteres  färbt  die  Masse  blau,  letzteres  schwarz. 
Aehnlich  wirken  andere  Platinametalle.  Auf  die  Anwendung  dieser 
edlen  Metalllösungen  beruhen  die  photographischen  Schönungsmetho- 
den, indem  der  durch  sie  bewirkte  Ton  wohl  angenehmer  ist,  als  der 
des  ursprünglichen  Silberbildes. 

Ein  Collodionbild  wird  in  dieser  Weise  theilweise  oder  ganz  in  ein 
Platin-  oder  Goldbild  übergeführt  und  besitzt  so  die  Eigenschaft,  sich 
einbrennen  zu  lassen;  darauf  beruht  die  Herstellung  der  Grüne’schen 
Photographieen  auf  Porzellan  und  Email. 

Man  kann  durch  diese  chemischen  Veränderungendes  Silbers  unserer 
Collodionbilder  für  die  Praxis  höchst  wichtige  Combinationen  erhalten. 

Nun  haben  wir  noch  das  fein  zertheilte  Silber  zu  betrachten,  aus 
dem  unsere  Papierbilder  bestehen.  Taucht  man  ein  unter  einem  Ne- 
gativ belichtetes  Stück  Uranpapier  (s.  o.  S.  35)  in  eine  Silberlösung, 
so  schlägt  sich  an  Stelle  des  Uranoxyduls  Silber  nieder  und  dieses 
erscheint  von  eigenthiimlich  brauner  oder  violetter  Farbe,  wesent- 
lich verschieden  von  dem  grauen  Silber  der  Collodionbilder. 

Belichtet  man  Chlorsilberpapier  (s.  u.),  so  färbt  sich  dieses  mit 
der  Zeit  braun  und  enthält  so  ebenfalls  metallisches  Silber.  Dieses 
metallische  Silber  wird  von  Metalllösungen  wie  Quecksilberchlorid, 
Goldchlorid  etc.  ebenso  leicht  verändert  wie  das  pulverige  graue  Silber 
(s.  o.),  und  beruhen  darauf  gewisse  photographische  Tonungsmethoden. 

Seltsam  ist  die  Farbenveränderung,  die  es  beim  Einbringen  in 
unterschwefligsaure  Natronlösung  erleidet.  Die  schöne  violette  Farbe 
verändert  sich  dabei  in  ein  häfsliches  Gelbbraun. 

Die  Farbe  dieses  Silberniederschlages  im  Papier  ist  wieder  ver- 
schieden je  nach  der  Leimung  desselben,  mehr  röthlich  bei  Gelatine-, 
mehr  violett  bei  Eiweifspapier. 


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Silberoxyde.  — Silbersalpeter. 


41 


Davanne  schreibt  hier  das  verschiedene  Ansehen  dieser  Nieder- 
schläge der  Bildung  von  Lacken  zu,  d.  h.  chemischen  (?)  Verbindungen 
des  metallischen  Silbers  mit  der  organischen  Substanz.  Durch  Drücken 
und  Reiben  werden  sie  nicht  metallglänzend. 

Jetzt  gehen  wir  über  zu  den  Silberverbindungen.  Diese  gehören 
grofsentheils  zu  den  direct  lichtempfindlichen  Körpern,  d.  h.  den- 
jenigen, welche  für  sich  allein  durch  das  Licht  zersetzbar  sind. 

Wir  fangen  zunächst  an  mit  dem  Silberoxydul  (Ag1  O),  d.  i. 
ein  wenig  untersuchter  Körper,  der  entsteht  durch  Einwirkung  von 
Wasserstoffgas  auf  citronsaures  Silberoxyd;  es  bildet  sich  dann,  wie 
es  scheint,  ein  citronsaures  Silberoxydul,  das  sich  in  Wasser  mit 
brauner  Farbe  löst.  Durch  Kalilauge  wird  aus  der  braunen  Lösung 
das  Silberoxydul  als  ein  dunkelbrauner  bis  schwarzer  Körper  ge- 
fallt, der  sich  mit  Salzsäure  zu  tiefdunkelviolettem  Silberchlorür  ver- 
bindet, und  durch  Ammoniak  wie  durch  Säuren  unter  Zurücklassung 
von  metallischem  pulverigen  Silber  und  sich  auflösendem  Silberoxyd 
zersetzt  wird,  z.  B.  Ag,  O -4-  SO,  = AgO  SO,  -I-  Ag. 

Auch  aus  anderen  Silberoxydsalzen  kann  durch  Behandeln  mit 
Wasserstoff  oder  einem  anderen  Reductionsmittel  Silberoxydul  darge- 
stellt werden,  z.  B.  aus  dem  molybdänsauren  und  arsenigsauren  Silber- 
oxyd. Eine  Verbindung  des  Silberoxyduls  mit  dem  Eisenoxydul  - Oxyd 
entsteht  durch  Wirkung  von  Eisenvitriol  auf  Silbersalz  (s.  o.  S.  38). 

Silberoxyd  (AgO). 

Dieses  existirt  in  drei  Modificationen,  als  braunes,  schwarzes  und 
violettes  Silberoxyd.  Ersteres  entsteht  durch  Fällung  von  Silbersalzen 
mit  Kalilauge  als  ein  braunes  wasserfreies  Pulver,  das  zweite  durch 
Kochen  von  Chlorsilber  mit  Kalilauge,  das  dritte  durch  Verdunsten 
einer  ammoniakalischen,  mit  Kalilauge  versetzten  Silberlösung  als  feine 
mikroskopische  Krystalle.  Alle  drei  reagiren  alkalisch,  sind  starke 
Basen,  ziehen  Kohlensäure  aus  der  Luft  an  und  lösen  sich  zum  Theil 
in  Wasser.  Sämmtliche  werden  im  Licht  zersetzt;  am  auffallendsten 
das  violette,  welches  alsbald  schwarz  wird.  Der  hierbei  entstehende 
Körper  ist  Silberoxydul,  denn  er  giebt  mit  Salzsäure  ein  violettes 
Silberchlorür,  aus  dem  sich  durch  NO,  kein  metallisches  Silber  aus- 
ziehen  läfst. 

Interessanter  als  das  Silberoxyd  sind  verschiedene  seiner  Salze 
für  die  Photographie.  Hier  steht  in  erster  Reihe  das 

salpetersaure  Silberoxyd  (AgONO,), 
eine  Substanz,  die  für  den  Photographen  das  ist,  was  dem  Chemiker 
die  Schwefelsäure,  dem  Mechaniker  das  Eisen,  ein  Salz,  ohne  das 
die  Photographie  kaum  bestehen  könnte.  Wir  müssen  deshalb  bei  den 
Eigenschaften  dieses  wichtigen  Körpers  länger  verweilen. 

Das  Salz  kommt  in  zweierlei  Formen  im  Handel  vor,  als  krystalli- 


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42 


S&lpeters&ures  Silberoxyd. 


sirtes  und  geschmolzenes  salpetersaures  Silberoxyd.  Beide 
finden  in  der  Photographie  Verwendung.  Sie  werden  dargestellt  durch 
Auflösen  des  reinen  Silbers  in  Salpetersäure.  Diese  Auflösung  geht 
bei  Anwendung  von  starker  Salpetersäure  äufserst  leicht  von  statten, 
namentlich  bei  Anwendung  des  Silbers  in  Pulverform.  Man  benutzt 
dazu  am  besten  eine  gute  mit  Trichter  bedeckte  tiefe  Porzellanschale. 
Nachdem  das  Ganze  aufgelöst  ist,  verjagt  man  die  überschüssige  Säure 
durch  Abdampfen  bei  gelinder  Wärme;  sobald  der  gröfste  Theil  des 
Wassers  verjagt  ist  und  die  Masse  dick  wird,  mufs  die  Schale  zu- 
gedeckt werden.  Nach  Vertreibung  der  letzten  Antheile  Feuchtigkeit 
erhitzt  man  vorsichtig,  dann  schmilzt  die  ganze  Masse  und  fliefst  ruhig. 
Waren  mit  den  Rohmaterialien  organische  Substanzen  gemengt,  so 
wird  die  Masse  beim  Schmelzen  schwarz,  indem  sich  körnig  pul- 
veriges Silber  ausscheidet,  dann  mufs  man  noch  einmal  in  wenig  Wasser 
lösen  und  mit  einigen  Tropfen  NO,  eindampfen,  so  bekommt  man 
das  Ganze  völlig  weifs.  War  Kupfer  im  Silber,  so  wird  die  Masse 
grün.  Dann  mufs  man  so  lange  schmelzen,  bis  eine  Probe  heraus- 
genommen mit  Ammoniak  keine  blaue  Färbung  mehr  giebt.  Das 
Kupfersalz  zersetzt  sich  nämlich  leichter  als  das  Silbersalz,  so  dafs 
man  bei  vorsichtigem  Erhitzen  beide  trennen  kann.  Wichtig  ist  aber, 
das  geschmolzene  Salz  nicht  zu  lange  nnd  zu  stark  zu  erhitzen,  sonst 
entweicht  Sauerstoff  und  es  bildet  sich  anfangs  salpetrigsaures 
Silber,  später  in  der  Glühhitze  metallisches  Silber.  Nicht  selten  ist 
das  Stangensilbersalz  mit  salpetrigsaurem  Silberoxyd  verunreinigt.  Dies 
schadet  für  den  Positivprocefs  gar  nichts,  im  Negativprocefs  ergeben 
sich  aber  hierbei  eigenthümliche  Störungen,  der  Entwickelungsprocefs 
geht  unter  Schleierbildung  vor  sich,  die  Negative  werden  unklar.  Man 
erkennt  die  salpetrige  Säure,  wenn  sie  in  gröfserer  Menge  vorhanden 
ist,  leicht  durch  Uebergiefsen  des  Silbersalzes  mit  Salpetersäure.  Sie 
entweicht  dann  und  zerfällt  in  NO,  und  2 NO,,  letztere  bildet  rothe 
Dämpfe.  Kleinere  Mengen  findet  man  durch  Niederschlagen  mit  Jod- 
kalium-Ueberschufs,  Filtriren  und  Versetzen  mit  reiner  Schwefelsäure 
und  Stärke;  diese  färbt  sich  alsdann  bei  Gegenwart  von  NO,  blau. 
Eben  weil  das  geschmolzene  Salz  öfter  in  dieser  Weise  salpetrigsaures 
Silberoxyd  enthält,  zieht  man  in  neuerer  Zeit  das  doppelt  krystallisirte 
Salz  vor,  das  einfach  erhalten  wird  durch  Abdampfen  bis  zur  Trock- 
nifs  (um  alle  Säure  zu  verjagen),  Wiederauflösen  und  Krystallisiren. 

Ein-  für  allemal  ist  zu  bemerken,  dafs  das  Abdampfen  des  Silber- 
salzes nicht  in  Räumen  vorgenommen  werden  darf,  wo  Papiere  oder 
gar  Bilder  liegen.  Es  scheint  hierbei,  sobald  die  Silberlösung  sich 
ihrem  Sättigungspunkt  nähert,  eine  förmliche  Verflüchtigung  stattzu- 
finden, denn  trotz  Bedeckung  der  Schale  mit  Trichter  beschlagen  bin- 
nen kurzer  Zeit  sämmtliche  in  dem  Zimmer  befindliche  Papiere  mit 
feinen  im  Licht  braun  werdenden  Punkten,  selbst  die  20  Fufs  entfernten. 


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Salpetersaures  Silberoxyd. 


43 


Das  salpetersaure  Silberoxyd  ist  ein  wasserfreies,  im  reinen  Zu- 
stande neutral,  ja  sogar  etwas  alkalisch  reagirendes  Salz.  Der  Photo- 
graph thut  stets  gut,  sich  von  der  Reaction  des  Salzes  zu  über- 
zeugen, denn  nicht  selten  reagirt  namentlich  das  krystallisirte  Salz 
schwach  sauer,  was  im  Negativprocefs  die  Empfindlichkeit  sehr  beein- 
trächtigt. 

Ebenso  nöthig  ist  eine  quantitative  Prüfung,  denn  nicht  selten 
ist  das  Salz  mit  Salpeter  verunreinigt,  um  das  Gewicht  zu  vermehren, 
da  jetzt  der  Preis  des  Körpers  sehr  heruntergegangen  ist.  Es  krystalli- 
sirt  selbst  mit  Salpeter  zusammen.  Der  Salpeter  schadet  zwar  dem 
Processe  nichts,  wohl  aber  dem  Geldbeutel.  Am  besten  nimmt  man 
diese  Prüfung  vor  mit  den  bekannten  Titrirapparaten  (wir  werden 
später  eine  einfache  Methode  beschreiben),  oder  durch  Glühen  einer 
gewogenen  Menge  im  bedeckten  Porzellantiegel,  mit  Rücksicht  dar- 
auf, dafs  170AgONO,  108  Ag  liefern  müssen. 

Mancher  Höllenstein  enthält  auch  etwas  Chlorsilber,  dieser  scheidet 
sich  alsdann  beim  Lösen  in  Wasser  aus.  Concentrirte  Lösungen  von 
Höllenstein  lösen  nämlich  Chlorsilber,  Bromsilber  und  Jodsilber  auf, 
letzteres  am  leichtesten,  die  ersten  beiden  nur  schwierig  (s.  S.  44  u.  46). 

Wichtig  ist  die  bedeutende  Löslichkeit  des  Höllensteins  in  Wasser. 
Es  ist  das  einzige  der  bekannten  Silbersalze,  welches  sich  leicht  löst. 
Es  löst  sich  im  gleichen  Gewicht  Wasser,  schwerer  bei  Gegenwart  von 
NO,.  Kochender  Alkohol  löst  •J  seines  Gewichts,  setzt  aber  beim  Er- 
kalten fast  alles  wieder  ab.  Die  leichte  Löslichkeit  in  Wasser  erlaubt 
Flüssigkeiten  von  beliebiger  Concentration  herzustellen,  eine  enorme 
Wichtigkeit  für  die  photographische  Praxis.  Die  Lösungen  derselben 
sind  die  photographischen  Silberbäder,  die  man  in  sehr  verschie- 
dener Concentration  anwendet,  einerseits  um  damit  durch  Wechselzer- 
setzung andere  sehr  lichtempfindliche  Silberverhindungen  zu  erzeugen, 
andererseits  als  lichtempfindliche  Substanz  selbst. 

Das  salpetersaure  Silberoxyd  ist  zwar  für  sich  allein  im  Licht 
nicht  zersetzbar.  Es  kann  jahrelang  am  Licht  stehen,  ohne  sich  zu 
färben;  thut  es  das,  so  ist  es  nicht  rein,  sondern  enthält  entweder 
Chlorsilber  oder  organische  Substanzen. 

Die  Lösung  desselben  ist  aber  im  Licht  zersetzbar,  sie  scheidet 
dabei  zarte,  feine,  schwarze  Silberkörnchen  ab.  Ebenso  zersetzt  es 
sich  bei  Gegenwart  organischer  Substanzen.  Streicht  man  AgO  NO, 
auf  ein  Stück  Papier  und  legt  es  in  das  Licht,  so  färbt  es  sich 
braun.  Diese  braune  Masse  ist  in  der  organischen  Substanz  fein  ver- 
theiltes  Silber  von  violetter  bis  schwarzer  Farbe  (s.  o.  S.  40).  Die 
Papierbilder  werden  auf  solchem  mit  Höllenstein  und  Chlorsilber  im- 
prägnirten  Papier  erzeugt. 

Von  organischen  Silberoxydsalzen  sind  für  die  Photographie 
nur  einzelne  von  Wichtigkeit.  Das  essigsaure  Silberoxyd  ist  ein 


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44 


Silberholoid8alze. 


schwerlösliches  weifses  Salz,  das  sich  für  sich  allein  im  Licht  zer- 
setzt; es  wird  an  sich  wohl  kaum  noch  in  der  Photographie  ange-  i 

wendet,  dagegen  bildet  es  sich  öfter,  namentlich  in  der  Kälte,  in 
einem  mit  Essigsäure  angesäuerten  Silberbade  und  scheidet  sich  dann 
in  feinen  Nadeln  aus.  Platten  in  solchem  Bade  sensibilisirt,  bedecken 
sich  dann  mit  Spiefsen  und  Nadeln.  Das  weinsaure  und  citron- 
saure  Silberoxyd  erhält  man  als  weifse  unlösliche  Niederschläge  beim 
Fällen  von  Silbersalz  mit  weinsauren  und  citronsauren  Alkalien.  Diese 
Salze  sind  sehr  leicht  durch  das  Licht  zersetzbar,  das  erstere  färbt 
sich  dabei  tief  väolettbraun , das  andere  mehr  braunroth  bis  fuchsig. 
Wichtiger  als  diese  Körper  sind  für  die  photographische  Chemie: 

Die  Haloidsalze  des  Silbers:  Chlorsilber,  Bromsilber  und 
Jodsilber. 

Mit  Chlor  bildet  das  Silber  zwei  Verbindungen,  das  Silber  chlorür  1 

(Ag,  CI)  und  das  Chlorid  (AgCl);  ersteres  entsteht,  wenn  man  eine 
blanke  Silberplatte  mit  Eisenchlorid  betupft,  als  schwarzer  Fleck,  oder 
beim  Behandeln  des  Silberoxyduls  mit  Salzsäure,  oder  bei  verschiede- 
nen Reductionserscheinungen  des  Chlorsilbers.  Rein  hat  man  es  noch 
nicht  dargestellt.  Nur  soviel  weifs  man,  dafs  es  in  Säuren  und  Wasser 
unlöslich  ist,  auch  von  Salpetersäure  nicht  zersetzt  wird  und  beim 
Behandeln  mit  Ammoniak  in  pulveriges  Silber  und  sich  lösendes  Silber- 
chlorid zerfallt.  Aehnlich  wirken  andere  Lösungsmittel  des  Chlor- 
silbers, z.  B.  unterschwefligsaures  Natron.  Photographisch  hat  es  Be- 
deutung als  das  Product  der  Zersetzung  des  Chlorsilbers  im  Licht. 

Das  Chlorsilber  (AgCl) 

findet  sich  in  der  Natur  als  compacte  Masse,  die  sehr  bald  am  Lichte 
anläuft  und  sich  bräunlich  färbt;  diese  Veränderung  war  schon  den 
alten  Alchymisten  bekannt.  Künstlich  erzeugt  man  es  durch  Versetzen 
einer  Silberlösung  mit  Salzsäure  oder  einem  Chlormetall  als  einen  durch 
seine  Unlöslichkeit  im  Wasser  ausgezeichneten  weifsen  käsigen  Nieder- 
schlag, der  sich  schnell  zusammenballt  und  zu  Boden  setzt,  sich  leicht 
in  Ammoniak  und  unterschwefligsaurem  Natron,  schwerer  in  kochen- 
dem Salmiak  und  Kochsalzlösung  auflöst.  Diese  Auflösung  ist  keine 
directe,  sondern  von  Zersetzungen  begleitet  (s.  u.).  Jodkalium  zersetzt 
und  löst  es  ebenfalls.  Es  schmilzt  in  der  Glühhitze  und  erstarrt  beim 
Erkalten  zu  einem  Glase  oder  einer  hornigen  Masse  (Hornsilber);  es 
krystallisirt  aus  ammoniakalischen  Lösungen  leicht  in  Würfeln.  Es 
wird  leicht  durch  Zink  und  Eisen  zu  Metall  reducirt,  letzteres  erscheint 
dabei  grau  nnd  pulverförmig.  Seine  Unlöslichkeit  ist  die  Basis  der 
Erkennung  der  Silbersalze  durch  Salzsäure.  Es  giebt  jedoch  Umstände, 
unter  denen  diese  Reaction  nicht  zuverlässig  ist.  Bei  Gegenwart  von 


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Chlorsilber.  — Bromsilber. 


45 


organischen  Substanzen  ist  nämlich  das  Chlorsilber  etwas  lös- 
lich im  Wasser.  Ebenso  löst  sich  Chlorsilber  in  sehr  concentrirter 
salpetersaurer  Silberlösung,  und  scheidet  sich  beim  Verdünnen  mit 
Wasser  wieder  ab.  Mancher  im  Handel  vorkommende  Höllenstein 
enthält  Chlorsilber  und  löst  sich  deshalb  unter  Trübung  auf.  Dieses 
Chlorsilber  ist  nun  ein  direct,  d.  h.  für  sich  allein  im  Licht  zersetzbarer 
Körper;  stellt  man  es  ans  Licht,  so  färbt  es  sich  bald  violett,  die 
Farbe  geht  mit  der  Zeit  ins  Chocoladenbraune  über,  wird  aber 
bei  reinem  Chlorsilber  niemals  schwarz,  wie  in  chemischen  Lehr- 
büchern steht.  Die  Zersetzung  ist  nur  oberflächlich,  innen  bleibt  ein 
weifser  Kern  von  AgCl. 

Scheele  war  der  Erste,  der  diese  Veränderung  des  Chlorsilbers 
im  Licht  studirte.  Er  constatirte  die  Entwicklung  von  Chlor  und 
behauptete,  dafs  metallisches  Silber  neben  unzersetztem  Chlorsilber 
zurückbleibe.  Diese  Behauptung  wurde  später  von  Wetzlar  und  Witt- 
stein angegriffen,  die  angaben,  Chlorsilber  zersetze  sich  in  freies 
Chlor  und  Subchlorid;  dagegen  haben  neuerdings  Davanne  und  Girard 
Scheele’s  Behauptung  wieder  adoptirt  und  die  Zersetzung  in  freies 
Chlor  und  metallisches  Silber  vertheidigt. 

Um  nun  diesen  widersprechenden  Zeugnissen  gegenüber  Klarheit 
zu  gewinnen,  machte  der  Verfasser  eine  Reihe  von  Versuchen  über 
die  Zersetzung  des  Chlorsilbers,  Bromsilbers  und  Jodsilbers  im  Licht, 
aus  denen  hier  nunmehr  das  Wichtigste  herausgehoben  werden  soll. 

Was  zunächst  das  Chlorsilber  anbetrifft,  so  ist  die  Entwicklung 
von  Chlor  im  Licht  schon  durch  den  Geruch  zu  constatiren.  Wenn 
nun  Chlor  frei  wird,  kann  nur  zweierlei  Zurückbleiben,  entweder  me- 
tallisches Silber  oder  ein  Subchlorid. 

Metallisches  Silber  ist  nun  in  Salpetersäure  löslich;  ist  dieses  dem- 
nach in  der  durch  Licht  gefärbten  Masse  vorhanden,  so  mufs  sich  das- 
selbe durch  Salpetersäure  ausziehen  lassen.  Durch  Kochen  mit  Sal- 
petersäure löst  sich  aber  nicht  die  Spur  Silber,  also  kann  nur  ein 
Subchlorid  gegenwärtig  sein.  Chlorsilber  zersetzt  sich  dem- 
nach im  Licht  zum  Theil  in  freies  Chlor  und  zurückbleiben- 
des Subchlorid  (2AgCl  = Ags  CI  -4-  CI). 

Davanne  behauptet  neuerdings,  dafs  Chlorsilber  in  feinster  Ver- 
theilung,  d.  h.  wenn  dasselbe  in  sehr  grofser  Oberfläche  dem  Licht 
exponirt  wird,  dennoch  zu  metallischem  Silber  reducirt  würde.  Er 
beschreibt  jedoch  nicht  die  Art,  wie  er  dieses  Resultat  gewonnen  hat. 

Das  Bromsilber  (AgBr). 

Brom  bildet  mit  dem  Silber  ebenso  wie  das  Chlor  zwei  Verbindun- 
gen, das  Silberbromür  (Ag,Br)  und  das  Silberbromid  (AgBr). 
Erstere  ist  nur  bekannt  als  Zersetzungsproduct  des  letzteren,  und  zeigt 
sich  in  seinem  chemischen  Verhalten  dem  Silberchlorür  analog.  Silber- 


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46 


Jodsilber. 


bromid  (das  gewöhnliche  Bromsilber)  ist  ein  in  seinem  chemischen  Ver- 
halten dem  Chlorsilber  ganz  ähnlicher  Körper,  der  beim  Versetzen  von 
Silberlösungen  mit  Brommetallen  als  ein  gelblicher,  käsiger  Niederschlag 
erscheint,  und  sich  in  Ammoniak  etwas  schwerer,  in  den  übrigen  oben 
angeführten  Lösungsmitteln  aber  ebenso  leicht  wie  Chlorsilber  löst 

In  Silbernitratlösungen  löst  sich  Bromsilber  etwas  leichter  als 
Chlorsilber  und  liefert  damit  unter  Umständen  Krystalle  einer  Verbin- 
dung der  Formel  AgONO,  -+-  AgBr,  die  jedoch  durch  Wasser  zerfällt 

Im  Licht  färbt  sich  Bromsilber  blafsgrauvi olett  unter  deut- 
liches-Entwickelung  von  Brom.  Die  zurückbleibende  blafsgrauviolette 
Masse  giebt  an  kochende  Salpetersäure  kein  Silber  ab,  demnach  kann 
sie  nur  ein  Silberbromür  enthalten.  Bromsilber  zersetzt  sich 
also  im  Licht  in  freies  Brom  und  Silberbromür. 

Das  Jodsilber  (AgJ) 

bildet  sich  als  ein  gelber  Niederschlag  beim  Versetzen  von  Silbersalzen 
mit  Jodkalium.  Dieser  gelbe  Niederschlag  ist  in  vielen  Stücken  dem 
Chlorsilber  und  Bromsilber  ähnlich,  zeigt  aber  doch  einige  charak- 
teristische Unterschiede.  Man  erhält  es  nämlich  zunächst  als  Körper 
von  verschiedenen  Eigenschaften,  jenacbdem  man  beim  Darstellen 
überschüssige  Silberlösung  oder  überschüssige  Jodkaliumlösung  an- 
wendet. Im  ersteren  Fall  bildet  es  einen  mehr  orangegelben,  im  letz- 
teren Fall  einen  mehr  blafsgelben  Niederschlag.  Der  erstere  färbt 
sich  im  Licht,  der  letztere  nicht.  Es  ist  unlöslich  in  Ammoniak, 
dadurch  unterscheidet  es  sich  vom  Bromsilber  und  Chlorsilber;  dage- 
gen ist  es,  wie  alle  anderen  Silbersalze,  löslich  in  unterschwefligsaurem 
Natron , Cyankalium  etc.  Es  zeigt  ein  eigentümliches  Verhalten  zu 
Silberlösungen. 

Während  nämlich  Chlorsilber  und  Bromsilber  nur  sehr  schwer  in 
Höllensteinlösungen  löslich  sind  und  eine  Lösung  von  10  pCt  AgONO, 
kein  Chlorsilber  und  Bromsilber  mehr  aufzulösen  vermag,  löst  sich 
das  Jodsilber  verhältnifsmäfsig  leicht  darin  auf  und  bildet  dann 
eine  krystallisirbare  weifse  Verbindung  2 Ag  ONO,+  AgJ  Jodsilber- 
salpeter *),  die  man  aus  sehr  concentrirten  Silberlösungen  in  Krystallen 
erhalten  kann,  die  aber  durch  viel  Wasser  zersetzt  wird. 

Diese  Löslichkeit  des  Jodsilbers  in  Silberlösungcn  ist  ein  für  die 
photographische  Praxis  wichtiger  Umstand.  Der  Photograph  braucht 
als  lichtempfindliche  Substanz  im  Negativprocesse  eine  Jodsilberschicht, 
die  er  erzeugt,  indem  er  eine  jodmetallhaltige  Collodionschicht  in  eine 
Silberauflösung  taucht.  Hierbei  bildet  sich  nun  zunächst  Jodsilber; 
dieses  wird  aber  bei  längerem  Verweilen  in  der  Lösung  oft  voll- 
ständig wieder  aufgelöst.  Daher  müssen  die  photographischen  Silber- 


*)  Nach  Schnauft  ist  die  Formel  AgONO,  -+-  AgJ. 


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Jodsilber. 


47 


bäder  stets  vorher  zum  Theil  mit  Jodsilber  gesättigt  werden,  um  das 
Auflösungsvermögen  für  Jodsilber  zu  vermindern.  Alkohol,  Aether, 
Essigsäure,  Salpetersäure  befördern  die  Löslichkeit  des  Jodsilbers  im 
Silberbade  sehr  bedeutend,  die  letztere  Säure  am  meisten.  Ein  ab- 
normes Verhalten  zeigt  diese  Lösung  gegenüber  der  Temperatur. 
Während  andere  Körper  mit  wenigen  Ausnahmen  in  der  Wärme 
löslicher  sind,  wie  in  der  Kälte,  verhält  sich  die  Auflösung  des  Jod- 
silbers in  Silberbädem  gerade  umgekehrt.  Dasselbe  löst  sich  in  der 
Kälte  leichter,  in  der  Wärme  schwerer;  erwärmt  man  eine  gesättigte 
Auflösung,  so  trübt  sie  sich  unter  Ausscheidung  von  Jodsilber,  beim 
Erkalten  wird  sie  wieder  klar.  Diese  Erscheinung  ist  in  der  photo- 
graphischen Praxis  nicht  selten.  Im  hohen  Sommer  beobachtet  der 
Photograph,  dafs  sein  Silberbad  sich  plötzlich  trübt,  dafs  es  über  Nacht 
von  selbst  und  ohne  einen  Bodensatz  zu  liefern,  wieder  klar  wird. 
Diese  Trübungen  verursachen,  wie  wir  später  sehen  werden,  Löcher 
in  der  Collodionschicht. 

Hinsichtlich  der  quantitativen  Verhältnisse  bemerken  wir,  dafs  in 
einer  Silberlösung  1 : 10  auf  10  Cubikcent.  0,os3  Jodsilber  gelöst  wer- 
den können , in  einer  Silberlösung  1 : 8 in  100  Cubikcent.  0,o7T  Jod- 
silber bei  16*.  Alkohol  und  ätherreiche  Bäder  enthalten  freilich 
mehr,  doch  erreicht  die  Menge  des  aufgelösten  Jodsilbers  noch  nicht 
1 pCt.  des  im  Bade  enthaltenen  salpetersauren  Silbers  *). 

Durch  Wasser  wird  dieses  Jodsilber  ausgeschieden,  eine  Lösung 
von  3i  pCt.  Silbersalz  enthält  fast  kein  Jodsilber  mehr.  Ebenso  leicht 
wie  Jodsilber  sich  in  salpetersaurer  Silberlösung  löst,  löst  es  sich  nun 
auch  in  Jodkalium,  Jodnatrium  etc.,  indem  sich  hier  Doppelsalze 
(AgJ -t- KJ  oder  AgJ-l-2KJ)  bilden.  Diese  Doppelsalze  werden 
durch  viel  Wasser  zersetzt  und  blafsgelbes  Jodsilber  im  feinpulverigen 
Zustande  ausgeschieden. 

Jetzt  kommen  wir  nun  auf  den  Hauptpunkt  zu  sprechen:  die  Licht- 
empfindlichkeit des  Jodsilbers. 

Das  käsige,  dunkelgelbe  Jodsilber,  welches  man  in  überschüs- 
siger Silberlösung  erhält,  färbt  sich  im  Licht  grünlichgrau;  das  pul- 
verige, bei  Ueberschufs  von  Jodkalium  erhaltene,  ist  im  Licht  un- 
veränderlich. Nun  sollte  man  glauben,  dafs  analog  dem  Brom-  und 
Chlorsilber  beim  Belichten  des  Jodsilbers  Jod  frei  würde,  das  ist  aber 
nicht  der  Fall,  weder  mit  Stärkekleister  noch  mit  Schwefelkohlenstoff 
läfst  sich  nur  eine  Spur  freien  Jods  bei  der  Belichtung  des  Jod- 
silbers nachweisen.  Man  hat  deshalb  die  Meinung  geäufsert,  dafs  sich 
vielleicht  Jodür  und  Superjodid  bilde ; diese  Meinung  ist  aber  unhaltbar, 
da  noch  Niemand  bisher  ein  Silbersuperjodid  erzeugt  hat  und  das  Jod 
überhaupt  keine  Neigung  hat,  Superjodide  zu  bilden.  Daher  nehmen 


*)  Siehe  Photographische  Mittheilungen  Ko.  1 und  S. 


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48 


Jodsilber.  — Einflurs  fremder  Substanzen. 


viele  Forscher  an,  dafs  Jodsilber  im  Licht  keine  chemische  Zersetzung, 
sondern  nur  eine  physikalische  Veränderung  erleide.  Diese  Mei- 
nung wäre  nicht  ungerechtfertigt,  wenn  nicht  das  Verhalten  des  Jod- 
silbers bei  Gegenwart  gewisser  jodabsorbirender  Körper  zu  anderen 
Schlüssen  berechtigte.  Jodabsorbirende  Körper,  wie  Höllensteinlösung, 
arsenigsaures  Natron,  Tannin,  Zinnchlorür  haben  nämlich  die  Eigen- 
thümlichkeit,  die  Zersetzung  des  Jodsilbers  im  Licht  sehr  energisch  zu 
befördern.  Während  reines  Jodsilber  sich  im  Lichte  nur  blafsgrün  färbt, 
färbt  sich  Jodsilber  in  Berührung  mit  genannten  Körpern  viel  schneller 
und  dunkler,  und  diese  Erscheinung  ist  nur  erklärbar  durch  eine  che- 
mische Zersetzung  des  Jodsilbers.  Jodsilber  scheint  wie  Eisenoxyd, 
Uranoxyd  zu  den  Körpern  zu  gehören,  die  für  sich  allein  keine 
Zersetzung  im  Lichte  erleiden,  wohl  aber  bei  Gegenwart  von  Sub- 
stanzen, welche  sich  mit  einem  der  bei  der  Belichtung  frei  werdenden 
Bestandtheile  verbinden  (s.  u.  S.  49). 

Einflufs  verschiedener  Substanzen  auf  die  Lichtempfindlichkeit 
der  Silberhaloidsalze. 

Betrachtet  man  die  drei  Körper  Chlorsilber,  Bromsilber  und  Jod- 
silber, so  bemerkt  man,  dafs  Chlorsilber  sich  im  Licht  am  dunkel- 
sten färbt,  weniger  dunkel  das  Bromsilber,  am  hellsten  das  Jod- 
silber, die  beiden  ersten  unter  deutlich  nachweisbarer  chemischer 
Zersetzung  und  Bildung  von  Chlorür  und  Bromür,  das  letztere 
ohne  nachweisbare  chemische  Veränderung.  Diese  Veränderungen  der 
drei  Haloidsalze  im  Sonnenlicht  werden  nun  wesentlich  modificirt  durch 
den  Einflufs  fremder  Substanzen,  mit  denen  sie  in  Berührung  sind, 
wie  dies  schon  aus  dem  Vorhergehenden  ersichtlich  ist.  Hier  ist  zu- 
nächst anzuführen:  der  Einflufs  des  Wassers. 

Bei  Gegenwart  von  Wasser  bildet  sich  nicht  freies  Chlor  und 
freies  Brom,  sondern  Bromwasserstoffsäure  und  Chlorwasserstoffsäure. 
Das  Wasser  reagirt  daher  sauer;  im  Uebrigen  bildet  sich  hier  eben- 
falls Silberchlorür  und  Bromür.  Beim  Belichten  von  Jodsilber  unter 
Wasser  bleibt  dieses  neutral. 

Charakteristischer  ist  der  Einflufs  der  Säuren.  Dieselben  ver- 
langsamen die  chemische  Veränderung,  welche  Chlorsilber,  Bromsilber 
und  Jodsilber  im  Licht  erleiden.  Unter  Salpetersäure  von  1,3  sp.  G. 
färbt  sich  Jodsilber  gar  nicht,  ebenso  bleibt  Chlorsilber  unter  rauchen- 
der Schwefelsäure  weifs.  Essigsäure  und  verdünnte  Schwefelsäure  ver- 
langsamen die  Farbenveränderung  des  Jodsilbers  im  Licht;  auf  Brom- 
silber wirken  sie  ebenso,  jedoch  schwächer. 

Merkwürdig  ist,  dafs  im  Licht  gefärbtes  Bromsilber  durch  Salpeter- 
säure von  l,a  sp.  G.  etwas  gebleicht  wird,  Jodsilber  nimmt  dadurch 
seine  ursprüngliche  gelbe  Farbe  vollständig  wieder  an. 


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Lichtempfindlicbkeit  der  Silberbaloidsalze. 


49 


Aehnlich  den  Säuren  wirken  manche  Salze.  Chlorsilber,  welches 
eine  Spur  Quecksilberchlorid  enthält,  färbt  eich  gar  nicht  im  Licht, 
wahrscheinlich  bildet  sich  hier  eine  im  Licht  nicht  zersetzbare  Doppel- 
verbindung. — Unter  Eisenvitriollösung  färbt  sich  Chlorsilber  nur  sehr 
langsam,  weil  Eisenvitriol  einen  grofsen  Theil  der  chemisch  wirkenden 
Strahlen  verschluckt. 

Nun  giebt  es  auch  eine  Reihe  von  Körpern,  W'elche  die  Ver- 
änderungen, die  gedachte  Salze  im  Lichte  erleiden,  entschieden  be- 
fördern, und  der  bekannteste  von  allen  ist  das  salpetersaure 
Silberoxyd. 

Bromsilber  und  Jodsilber  färben  sich  unter  Höllensteinlösung  viel 
schneller  und  intensiver  im  Licht  als  im  reinen  Zustande. 

Bei  Chlorsilber  tritt  diese  Erscheinung  weniger  hervor. 

Bromsilber  färbt  sich  dabei  tief  violett,  Jodsilber  dunkelgrün  *). 

Diese  intensive  Zersetzung  erklärt  sich  einfach  durch  die  kräftige 
Absorption,  welche  salpetersaures  Silber  gegen  Brom  und  Jod  ausübt, 
denn  auch  andere  jodabsorbirende  Körper  befördern  die  Veränderung 
des  Jodsilbers  im  Licht  in  sehr  merkbarem  Grade.  Verfasser  dieses 
wies  dies  mit  dem  arsenigsauren  Natron  nach,  dann  mit  Zinnchlorür, 
Brechweinstein  (siehe  Photograph.  Mittheilungen,  H.  Jahrg.,  No.  14). 
Das  durch  Ueberschufs  von  Jodkalium  gefällte  lichtunempfindliche 
Jodsilber  wird  durch  die  eben  genannten  Körper  lichtempfindlich  ge- 
macht 

Man  nennt  diese  Körper,  deren  Gegenwart  die  Lichtempfindlich- 
keit bedingt  oder  vermehrt,  Sensibilisatoren.  Sie  spielen  in  der 
Photographie  eine  wichtige  Rolle  (s.  u.  S.  52).  Solcher  Sensibilisator 
ist  nun  auch  unter  Umständen  die  Papierfaser  (s.  o.  Eisen,  Chrom). 

Papier  mit  Chlorsilber  und  Bromsilber  imprägnirt,  färbt  sich  im 
Licht  viel  dunkler  als  reines  Chlorsilber  und  Bromsilber,  ersteres  tief 
chocoladenbraun,  letzteres  violett. 

Hierbei  werden  diese  Salze  durch  Einfiufs  der  organischen  Sub- 
stanz zu  metallischem  violetten  Silber  reducirt,  denn  das  Papier  wird 
durch  Salpetersäure  in  der  Wärme  entfärbt  (freies  Silber  ist  freilich 
in  derselben  nicht  nachzu weisen,  da  hierbei  noch  organische  Sub- 
stanzen vorhanden  sind,  welche  die  Reaction  hindern). 

Dieser  Umstand,  dafs  Chlorsilber-  und  Bromsilberpapier  auf  diese 
Weise  zu  metallischem  Silber  reducirt  werden,  hat  wohl  Davanne  ver- 
anlafst,  anzunehmen,  dafs  das  AgBr  und  AgCl  direct  zu  metallischem 
Silber  reducirt  werden,  dafs  dies  jedoch  bei  dem  reinen  AgBr  und 
AgCl  nicht  der  Fall  ist,  kann  man  leicht  durch  Erwärmen  derselben 
mit  NO,  nach  weisen  (s.  o.). 


*)  Bei  der  Belichtung  des  Bromsilbers  unter  Ilöllensteinlösung  scheidet  sich 
auch  pulveriges  metallisches  Silber  aus,  wie  Verfasser  nachwies. 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  4 


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50  Photographisches  Verhalten  der  Silberhaloidsalze. 

Das  Chlorsilberpapier  färbt  sich  viel  stärker  als  Bromsilberpapier; 
dem  entspricht  auch  die  viel  intensivere  Zersetzung,  die  das  Chlor- 
silber hier  erleidet  und  die  aus  der  gröfseren  Verwandtschaft  des  CI 
zum  Wasserstoff  der  Papierfaser  sich  erklären  läfst. 

Jodsilberpapier  färbt  sich  nur  sehr  wenig  graugelb,  erst  nach 
monatelanger  Wirkung  wird  die  Farbe  etwas  bräunlich. 

Auf  diese  Färbung,  welche  Chlorsilber  in  Berührung  mit  organi- 
schen Substanzen,  namentlich  mit  Papier  im  Sonnenlicht  erleidet, 
beruht  zum  Theil  der  photographische  Positivprocefs.  Hier  wer- 
den Papiere  mit  Cblormetallen  imprägnirt  und  dann  in  Silberlösungen 
gebadet;  es  entsteht  dabei  Chlorsilber,  welches  neben  freiem  AgONO, 
im  Papiere  zurückbleibt;  beide,  sowohl  das  AgCl  als  auch  das 
AgONO,,  färben  sich  in  Berührung  mit  organischer  Substanz  im 
Licht,  und  so  erhält  man  ein  violettes  Bild,  dessen  Farbe  je  nach  den 
Beimengungen  mehr  oder  weniger  variirt.  Bromsilber  und  Jodsilber, 
welche  sich  im  Licht  viel  weniger  färben,  werden  im  gewöhnlichen 
Positivprocefs  nicht  angewendet. 

Photographisches  Verhalten  des  Chlor-,  Brom-  und  Jodsilbers. 

Im  vorigen  Abschnitt  haben  wir  die  chemischen  Veränderungen 
welche  Chlor-,  Brom-  und  Jodsilber  im  Licht  erleiden,  näher  betrachtet. 

Nun  zeigen  aber  die  belichteten  Chlorsilber-,  Bromsilber-  und 
Jodsilbermassen  noch  ganz  andere  eigenthümliche  Eigenschaften,  welche 
mit  ihren  chemischen  Eigenschaften  nicht  verwechselt  werden  dürfen. 
Läfst  man  dieselben  nämlich  nur  ganz  kurze  Zeit  im  Lichte  liegen, 
so  dafs  eine  kaum  bemerkbare  Färbung  eingetreten  ist,  und  übergiefst 
sie  dann  mit  einer  Silberauflösung,  die  mit  einem  reducirenden 
Körper  gemischt  ist,  wie  Eisenvitriol,  Pyrogallussäure  etc.,  so 
schlägt  sich  an  den  belichteten  Stellen  körnig  pulveriges  Silber 
nieder  und  färbt  die  Masse  dadurch  dunkel,  und  dies  um  so  inten- 
siver, je  länger  und  je  stärker  das  Licht  gewirkt  hat. 

Aehnlich  wirken  Quecksilberoxydullösungen,  mit  Eisen- 
vitriol gemischt,  auch  sie  machen  den  Lichteindruck  durch  Entstehung 
eines  Quecksifberniederschlags  an  den  belichteten  Stellen  sichtbar  (Ca- 
rey  Lea). 

Alle  diese  Flüssigkeiten,  welche  in  der  Photographie 
angewendet  werden,  um  ein  unsichtbares  Bild  sichtbar  zu 
machen,  nennt  man  Entwickler  oder  Hervorrufer. 

Die  genannten  Salze  haben  also  im  Liebt  eigenthümliche  Aen- 
derungen  erlitten,  vermöge  deren  sie  fähig  sind,  körnig  pulveriges  Sil- 
ber anzuziehen.  Diese  Veränderung  nennen  wir  zum  Unterschiede  von 
der  chemischen  Veränderung  die  graphische.  Die  Färbung,  welche 
sie  im  Entwickler  annehmen,  nennen  wir  zum  Unterschiede  von  der 


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Photographische  Empfindlichkeit 


Öl 


chemischen  Färbung,  welche  die  Körper  direct  im  Licht  erleiden,  die 
photographische  Färbung. 

Die  Fähigkeit,  sich  im  Entwickler  zu  schwärzen,  nennen  wir 
photographische  Empfindlichkeit 

Diesen  Begriffen  stellen  wir  gegenüber  die  photochemische  Färbung 
und  die  photochemische  Empfindlichkeit  als  Ausdrücke  für  die  Inten- 
sität der  Farbenveränderung  und  der  chemischen  Zersetzung,  welche 
gedachte  Salze  durch  das  Licht  allein  erleiden. 

Diese  photographische  Färbung  steht  nun  merkwürdigerweise  in 
keiner  Beziehung  zur  pbotochemischen.  Cblorsilber  färbt  sich 
photochemisch  am  dunkelsten,  Jodsilber  am  hellsten. 

Im  Entwickler,  d.  h.  in  der  mit  einem  Reductionsmittel  gemischten 
Silberlösung  ist  es  umgekehrt;  hier  färbt  sich  Jodsilber  am  intensiv- 
sten, Chlorsilber  am  schwächsten. 

Auf  dieser  photographischen  Färbung  der  genannten  Salze 
im  Entwickler  beruht  der  sogenannte  Negati vprocefs,  bei  dem  eine 
präparirte  Collodion- Jodsilberplatte  dem  Licht  ausgesetzt  wird  und 
dann  mit  Eisenvitriollösung  (s.  o.  S.  37)  behandelt  wird.  Und  weil 
eben  das  Jodsilber  das  photographisch  empfindlichste  Salz 
ist,  wird  dieses  als  lichtempfindliches  Hauptmaterial  im 
Negativprocefs  angewendet;  neben  diesem  das  Bromsilber, 
selten  oder  nicht  das  Chlorsilber. 

Die  photographische  Färbung  der  drei  Salze  ist  bedeutend 
gröfser  als  ihre  photochemische.  Während  mit  Hülfe  der  photochemi- 
schen Wirkung  erst  nach  längerer  Belichtung  (bis  Stunden  dauernd)  selbst 
auf  dem  chemisch  empfindlichsten  Chlorsilber  eine  beträchtliche  Färbung 
wahrnehmbar  ist,  genügt  eine  Belichtung  von  Minuten,  ja  Secunden,  um 
eine  höchst  intensive  photographische  Färbung  hervorzubringen;  dieser 
Umstand  ist  für  die  Photographie  von  bedeutender  Wichtigkeit,  denn 
er  erlaubt  uns,  die  Expositionszeit  bedeutend  abzukürzen,  d.  h.  schon 
in  wenigen  Secunden  oder  Minuten  ein  intensives  Bild  zu  erhalten,  und 
durch  Auffindung  dieser  photographischen  Färbung  ist  erst  die  Photogra- 
phie auf  ihren  jetzigen  Standpunkt  der  Vollkommenheit  gehoben  worden. 

Da  nun  diese  photographische  Färbung  eine  so  bedeutende  Rolle 
spielt,  ist  es  auch  von  wesentlichem  Interesse,  den  Einflufs  kennen  zu 
lernen,  den  die  Gegenwart  fremder  Körper  auf  dieselbe  ausübt  Diese 
fremden  Stoffe  können  nun  entweder  schon  bei  der  Exposition  zugegen 
sein,  oder  aber  erst  nach  derselben  auf  die  belichteten  Salze  wirken, 
beides  ist  zu  berücksichtigen.  Wir  sahen  oben,  dafs  Säuren,  z.  B. 
Salpetersäure,  die  chemische  Empfindlichkeit  vermindern  (s.  S.  48). 

Aehnlich  wirken  sie  auf  die  photographische  Empfindlichkeit. 

Exponirt  man  mit  Salpetersäure  von  1,2  sp.  G.  befeuchtetes  Jod- 
silber und  Bromsilber  und  behandelt  es  dann  mit  dem  Entwickler,  so 
färbt  es  sich  gar  nicht. 

4* 


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52 


Sensibilisatoren. 


Verdünnte  Schwefelsäure  und  Essigsäure  wirken  ähnlich,  jedoch 
schwächer,  die  photographische  Empfindlichkeit  wird  dadurch  nicht 
vernichtet,  sondern  nur  geschwächt. 

Aehnlich  ist  die  Wirkung  der  Säuren  nach  der  Exposition.  Be- 
netzt man  belichtetes  Jodsilber  und  Bromsilber  mit  Salpetersäure,  so 
wird  dadurch  der  Licbteindruck  zerstört,  und  die  Papiere  färben  sich 
nicht  im  Hervorrufer. 

Da  Säuren  sowohl  während  der  Exposition  als  auch  nach  der 
Exposition  auf  die  Empfindlichkeit  der  Silbersalze  wirken,  so  folgt 
daraus  die  Wichtigkeit,  die  Gegenwart  derselben  bei  Bereitung  sehr 
empfindlicher  Präparate  möglichst  auszuschliefsen , also  vermeide  man 
ein  sehr  saures  Silberbad,  einen  übertrieben  sauren  Hervorrufer. 

Aehnlich  wie  Säuren  wirkt  nun  Jodkalium  auf  AgJ.  (Bromsil- 
ber und  Chlorsilber  werden  durch  Jodkaliumlösung  in  Jodsilber  um- 
gewandelt.) Dasselbe  vernichtet  die  photographische  Empfindlichkeit 
gänzlich,  sowohl  bei  als  nach  der  Exposition  angewendet. 

Nun  giebt  es  aber  eine  Reihe  andrer  Körper,  welche  die  photo- 
graphische Empfindlichkeit  gedachter  Salze  ganz  bedeutend  erhöhen, 
es  sind  dieselben,  welche  auch  die  photochemische  Empfindlichkeit  ver- 
mehren. Man  nennt  diese  Körper  Sensibilisatoren. 

Cblorsilber,  Bromsilber,  Jodsilber  färben  sich  im  Entwickler, 
wenn  sie  für  sich  allein  exponirt  wurden,  nur  schwach,  bedeutend 
intensiver  jedoch  bei  der  Exposition  unter  Silberlösung;  am  inten- 
sivsten färbt  sich  auch  hier  wieder  das  Jodsilber,  am 
schwächsten  das  Chlorsilber.  Dadurch  haben  wir  ein  Mittel, 
die  photographische  Empfindlichkeit  auf  das  Gewaltigste  zu  steigern 
und  daher  kommt  es  dann,  dafs  man  in  der  photographischen  Praxis 
die  Platten  feucht  von  anhängender  Silberlösung  exponirt.  Auch 
Rohpapier  mit  AgONO,  befeuchtet,  wirkt  photographisch,  d.  h.  es 
färbt  sich  nach  dem  Belichten  im  Entwickler. 

Bei  Besprechung  des  chemischen  Verhaltens  der  Silbersalze  im 
Licht  hatten  wir  den  Unterschied  zwischen  dem  mit  Ueberschufs  von 
Jodmetall  und  dem  mit  Ueberschufs  von  Silberlösung  gefällten  Jod- 
silber betont.  Letzteres  färbt  sich  im  Licht,  ersteres  nicht  (s.  S.  47). 

Auch  in  photographischer  Hinsicht  sind  beide  verschieden.  Er- 
steres, das  mit  Ueberschufs  von  Jodkalium  gefällte,  galt  lange  für 
photographisch  unempfindlich  und  ist  es  auch  sicher  gegen  die  schwa- 
chen Lichteindrücke. 

Neuerdings  hat  Lea  jedoch  dessen  Empfindlichkeit  gegen  starke 
Lichteindrücke  nachgewiesen.  Thatsache  ist  aber,  dafs  das  mit  Ueber- 
schufs von  Silbersalz  gefällte  AgJ  photographisch  bedeutend  empfind- 
licher ist  Da  dies  auch  mit  dem  ganz  rein  ausgewaschenen  Jodsilber 
der  Fall  ist,  so  mufs  man  annehmen,  dafs  immer  eine  Spur  des  Fällungs- 
mittels  in  den  Salzen  zurückbleibt,  also  einerseits  von  Jodkalium,  an- 


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Sensibilisatoren. 


53 


drerseits  von  Silbersalz,  und  dafs  diese  die  bereits  festgestellte  Wir- 
kung ausüben. 

Es  ist  eine  bekannte  Thatsache,  dafs  die  meisten  Niederschläge 
Spuren  fremder  Salze  einschliefsen  und  von  diesen  schwer  zu  be- 
freien sind. 

Merkwürdig  ist,  dafs  auch  mit  Höllensteinlösung  befeuchtetes  und 
gewaschenes  Papier  nach  kurzer  Belichtung  im  Entwickler  sich  dun- 
kel färbt. 

Längere  Zeit  kannte  man  keinen  andern  Sensibilisator  als  salpe- 
tersaures Silberoxyd.  Eine  von  Hunt  1842  nachgewiesene  Thatsache, 
dafs  auch  Blutlaugensalzlösung  sensibilisirend  wirke,  wurde  lange  Zeit 
nicht  beachtet.  Da  trat  Poitevin  1862  mit  der  Entdeckung  auf,  dafs 
auch  Tannin  als  Sensibilisator  wirke,  ebenso  Gallussäure,  Pyrogallus- 
säure  und  ähnliche  Körper.  Man  glaubt  daher,  dafs  reducirende  Sub- 
stanzen im  Allgemeinen  als  Sensibilisatoren  wirken,  konnte  jedoch  mit 
dieser  Hypothese  die  Wirkung  des  salpetersauren  Silberoxyds,  des 
wichtigsten  Sensibilisators,  nicht  erklären,  da  dieser  kein  Reductions-, 
sondern  sogar  ein  Oxydationsmittel  ist 

Durch  die  Untersuchungen  des  Verfassers  wurde  der  Widerspruch 
aufgeklärt.  Er  schrieb  März  1865  (siehe  Photographische  Mittheilun- 
gen II.  Jahrgang  S.  21)  über  diesen  Punkt: 

„Langes  Nachdenken  und  mehrfache  darauf  gegründete  Versuche 
zeigten  mir,  dafs  salpetersaures  Silberoxyd  und  Tannin,  so 
different  sie  auch  sein  mögen,  dennoch  etwas  Gemeinsames  haben: 
Beide  absorbiren  mit  grofser  Leichtigkeit  freies  Jod.  Man 
tröpfle  Silberlösung  zu  Jodstärke,  die  Entfärbung  erfolgt  augenblicklich 
(darauf  beruht  ja  meine  neue  Silbertitrirmethode).  Man  tröpfle  Tan- 
ninlösung oder  Gallussäurelösung  zu  Jodstärke,  eie  wird  eben- 
falls entfärbt 

Diese  Thatsachen  führten  mich  auf  die  Vermuthung,  dafs  sich 
Jodsilber  im  Licht  ähnlich  wie  Uransalze,  Eisensalze  verhalte,  d.  h. 
nur  bei  Gegenwart  eines  Körpers  zersetzbar  sei,  der  das  Jod  zu  ab- 
sorbiren im  Stande  ist 

Um  diese  Vermuthung  zu  prüfen,  wählte  ich  einen  dritten  Kör- 
per, der  ebenfalls  freies  Jod  leicht  absorbirt,  aber  in  seinen  sonstigen 
Eigenschaften  vom  Silbersalz  sowohl  als  auch  vom  Tannin  wesentlich 
verschieden  ist,  nämlich  das  arsenigsaure  Natron. 

5 Gramme  arsenige  Säure, 

2|  Gramme  kohlensaures  Natron, 

wurden  in  50  Grammen  Wasser  gelöst  und  diese  Lösung  auf  etwas  mit 
Ueberschufs  von  Jodkalium  gefälltes,  also  lichtunempfindliches  Jod- 
silber gegossen.  Trotz  des  trüben  Tageslichtes  war  schon 
nach  wenigen  Minuten  eine  leichte  Verdunklung  warnenm- 
bar.  Am  nächsten  Morgen  hatte  sich  das  Jodsilber  genau  ebenso 


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54 


Sensibilisatoren. 


grünlich  gefärbt , wie  bei  der  Exposition  unter  salpetersaurer  Sil- 
berlösung. Der  Versuch  wurde  mit  directem  Sonnenlicht  wiederholt. 
Hier  färbte  sich  das  Jodsilber  beim  Schütteln  schon  binnen  we- 
nigen Secunden  graugrünlich.  Eine  gleichzeitig  ins  Dunkle  ge- 
stellte Probe  veränderte  sich  nicht  im  Geringsten. 

Jetzt  versuchte  ich  noch  mehrere  das  Jod  kräftig  absorbirende 
Körper.  Zunächst  möglichst  neutrale  salpetersaure  Quecksilber- 
oxydullösung. 

Schon  im  diffusen  Licht  färbte  sich  das  Jodsilber  unter  dieser 
Lösung  innerhalb  weniger  Minuten  grün. 

Eine  zweite  Probe  ins  Dunkle  gestellt  blieb  vollkommen 
hellgelb. 

Ein  dritter  das  Jod  absorbirender  Körper  ist  der  Brechwein- 
stein. Jodstärke  wird  von  einer  Lösung  desselben,  obgleich  nur 
langsam,  entfärbt,  schneller  bei  Gegenwart  von  kohlensaurem  Na- 
tron; dem  analog  war  sein  Verhalten  als  Sensibilisator.  Jodsilber 
färbte  sich  in  Berührung  damit  im  Licht  langsam  grau, 
schneller  bei  Gegenwart  von  kohlensaurem  Natron. 

Ein  vierter  das  Jod  kräftig  absorbirender  Körper  ist  das  Zinn- 
salz  (Zinnchlorür).  Ich  löste  dieses  mit  Salmiak  in  Wasser  und 
brachte  es  auf  unempfindliches  Jodsilber.  Es  färbte  sich  schon  nach 
wenigen  Minuten  im  diffusen  Lichte  schnell  graugrün,  das  freie 
suspendirte  Pulver  braun. 

Eine  im  Dunkeln  stehende  Probe  veränderte  sich  nicht  im  Ge- 
ringsten. 

Von  allen  hier  versuchten  Körpern  scheint  Zinnsalz 
der  kräftigste  Sensibilisator  zu  sein. 

Tannin  kam  ihm  in  seiner  Wirkung  am  nächsten,  auch  unter 
diesem  färbten  sich  die  gröberen  Theile  des  Jodsilbers  grün,  die 
feineren  braun. 

Auf  Grund  dieser  Versuche,  welche  sämmtlich  meine  oben  geäufserte 
Vermuthung  bestätigen,  glaube  ich  den  Satz  aussprechen  zu  dürfen: 
Diejenigen  Körper,  welche  freies  Jod  leicht  ab- 
sorbiren  und  dasselbe  chemisch  binden,  wirken 
sensibilisirend  auf  Jodsilber. 

Ob  die  gedachten  Sensibilisatoren  selbst  bei  der  Jodaufnabme 
eine  Zersetzung  erleiden  (wie  dies  in  den  meisten  Fällen  der  Fall  sein 
wird),  lasse  ich  vorläufig  aufser  Acht 

Dafs  diese  Substanzen  in  gleicher  Weise,  je  nach  ihrer  Fähigkeit 
Brom  und  Chlor  zu  absorbiren,  auch  die  Zersetzung  des  Bromsil- 
bers und  Chlorsilbers  im  Licht  befördern,  versteht  sich  nach  den 
bereits  vorliegenden  Erfahrungen  wohl  von  selbst 

Die  Erklärung  des  räthselhaften  Verhaltens  des  Jodsilbers  etc. 
etc.  hat  jetzt  keine  Schwierigkeit  mehr.  Mit  Ueberschufs  von  Jod- 


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Sensibilisatoren.  55 

kalium  gefälltes  Jodsilber  hält  eine  Spur  Jodkalium  zurück.  Letzteres 
ist  nicht  im  Stande  Jod  chemisch  zu  binden,  daher  erfolgt  keine 
Zersetzung.  Mit  Ueberschufs  von  Silbersalzen  gefälltes  Jodsilber  ent- 
hält noch  eine  Spur  Silbersalz,  welches  Jod  bindet,  daher  erfolgt 
Zersetzung.  Selbstverständlich  kann  die  vorhandene  Spur  Silber- 
salz nur  eine  sehr  kleine  Quantität  Jod  absorbiren,  daher  ist  die  vor- 
gehende Zersetzung  nur  schwach  und  hört  bald  auf.*)  Ist  dagegen 
Silbersalz  im  Ueberschufs  vorhanden  wie  bei  nassen  Platten,  so  ist  die 
Zersetzung  eine  bedeutend  energischere  und  länger  dauernde, 
daher  die  gröfsere  Empfindlichkeit. 

Tannin  wirkt  als  Sensibilisator,  weil  es  ebenso  wie  freies  Sil- 
bersalz das  Jod  zu  absorbiren  im  Stande  ist. 

Es  wird,  nachdem  dieser  photographische  Fundamentalsatz  auf- 
gefunden ist,  nicht  schwer  halten,  noch  Hunderte  von  unorganischen 
und  organischen  festen,  flüssigen  und  gasförmigen  Körpern  zu 
finden,  welche  in  gleicher  Weise  wie  Silberlösung  und  Tannin,  sensi- 
bilisirend  wirken  und  dürften  bei  näherer  Prüfung  derselben,  sich  bald 
bedeutsame  Resultate  für  die  photographische  Praxis  ergeben. 

Man  wird  Trockenplatten  construiren,  die  erst  unmittelbar  vor 
der  Belichtung  durch  irgend  einen  gasförmigen  Sensibilisator  in 
der  Camera  lichtempfindlich  gemacht  worden,  man  wird  vielleicht  unter 
den  ätherischen  Oelen  Aldehyden,  Oelsäuren  jodabsorbirende  Körper 
finden,  welche  sich  durch  leichte  Löslichkeit  in  Alkohol  und  Aether 
auszeichnen  und  in  den  Collodion-Negativ-  und  Positiv-Processen  ohne 
Silberbad  von  Sayce  und  Simpson  als  Sensibilisatoren  dem  schwer 
löslichen  Silbersalz  vorzuziehen  sein  dürften  etc.  etc. 

Auf  eines  will  ich  hier  noch  aufmerksam  machen,  nämlich  auf 
die  grüne,  im  fein  zertheilten  Zustande  braune  Substanz,  welche  sich 
bei  der  Zersetzung  des  Jodsilbers  im  Licht  bildet.  Diese  ist  wahr- 
scheinlich Silberjodür.  Ich  habe  dieses  Ag,  J durch  Einwirkung 
von  Jodkalium  auf  Silberchlorür  als  ein  grünes  Pulver  dargestellt, 
das  in  seinem  Aussehen  vollkommen  dem  im  Licht  veränderten  Jod- 
silber glich.“ 

Neuere  Forschungen  haben  die  damals  ausgesprochenen  Ansichten 
des  Verfassers  nur  bestätigt  und  erweitert.  Das  Blutlaugensalz, 
das  bereits  von  Hunt  als  Sensibilisator  erkannt  wurde,  absorbirt 
ebenfalls  kräftig  das  Jod. 

Man  hat  gegen  die  Untersuchungen  des  Verfassers  eingewendet, 
dafs  diese  nur  die  Vermehrung  der  chemischen  Empfindlichkeit,  nicht 
aber  die  der  photographischen  (durch  die  gedachten  Sensibilisatoren) 
festgestellt  hätten.  Dieser  Einwand  fällt  schon  mit  Rücksicht,  dafs 


*)  Zugleich  erklärt  sich  hieraus,  -warum  ich  bei  der  Veränderung  deB  Jodsilbers 
im  Licht  kein  freies  Jod  nacbweisen  konnte. 


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56 


Sensibilisatoren. 


bei  Tannin  und  Blutlaugensalz  auch  die  Vermehrung  der  photographi- 
schen constatirt  worden  ist.  Neuerdings  hat  der  Verfasser  selbst  seine 
Untersuchungen  erweitert  und  die  bedeutende  Vermehrung  der  photo- 
graphischen Empfindlichkeit  durch  arsenigsaures  Natron  festgestellt. 
Ebenso  fand  er  im  Nelken -Oel  und  Bittermandel- Oel  zwei 
kräftig  jodabsorbirende  Körper,  die  bei  weiteren  Versuchen  sich  als 
kräftige  Sensibilisatoren  in  photographischer  Hinsicht  geltend  machten. 

Jodsilberpapier  wurde  zum  Theil  mit  den  gedachten  Flüssigkeiten 
benetzt  dem  Licht  ausgesetzt  und  dann  gewaschen.  Bei  der  Entwick- 
lung färbten  sich  die  benetzt  gewesenen  Stellen  bedeutend  schneller 
und  intensiver  als  die  andern.  — Es  wurde  von  Poitevin  der  Einwand 
erhoben,  dafs  Terpentin- Oel  nicht  sensibilisirend  wirke,  obgleich  es 
sehr  energisch  Jod  absorbire  (mit  trockenem  Jod  vereinigt  sich  Ter- 
pentin-Oel  unter  Explosion).  Hier  mufs  jedoch  beachtet  werden,  dafs 
diese  Verwandtschaft  des  Jods  zum  Terpentin-Oel  unter  verschiedenen 
Umständen  sehr  verschieden  ist. 

Jodstärke  wird  vom  Terpentin-Oel  nur  langsam  und  träge  ent- 
färbt, bei  Gegenwart  von  Salpetersäure  gar  nicht;  daher  ist  die  Wahr- 
scheinlichkeit vorhanden,  dafs  dasselbe  als  Sensibilisator  sehr  träge 
wirkt  und  bei  schwachem  Licht  vielleicht  gar  keine  Wirkung  äufsert. 

Man  kann  mit  Rücksicht  auf  den  oben  vom  Verfasser  aufgestell- 
ten Fundamentalsatz  leicht  erforschen,  ob  ein  Körper  ein  Sensibilisa- 
tor ist  oder  nicht.  Man  schüttelt  denselben  mit  Jodstärke- 
lösung, entfärbt  er  diese,  so  ist  er  ein  Sensibilisator  und 
wirkt  als  solcher  um  so  kräftiger,  je  schneller  diese  Entfärbung  vor 
sich  geht. 

Merkwürdig  ist  nun,  dafs  auch  Mischungen  des  Jodsilbers  mit 
Bromsilber  und  Chlorsilber  unter  Umständen  photographisch  empfind- 
licher sind,  als  Jodsilber  allein.  Dies  gilt  jedoch  nur  für  reine  Salze, 
bei  Ausschlufs  von  Silberiösung.  Schon  bei  Daguerre’s  Procefs  war 
dies  auffallend , indem  sich  mit  Bromjoddämpfen  präparirte  Platten 
empfindlicher  zeigten,  und  analog  verhalten  sich  die  mit  Brom-  und 
Jodsilber  getränkten  Papiermassen.  Vielleicht  wirkt  hier  das  sich  ent- 
wicklende  Brom  und  Chlor  mit.  Beide  Körper  entfärben  eben- 
falls die  Jodstärke,  könnten  sie  daher  nicht  als  Sensibilisatoren  wir- 
ken? — Bei  Gegenwart  von  salpetersaurem  Silber  verhält  sich  die  Sache 
jedoch  anders,  hier  ist  reines  Jodsilber  für  starke  Lichter  photogra- 
phisch empfindlicher,  für  schwache  Lichter  aber  unempfindlicher  als 
Mischungen  desselben  mit  Brom-  oder  Chlorsilber. 

Ein  höchst  merkwürdiges  Verhalten  zeigen  nun  die  sämmtlichen 
drei  Silbersalze,  wenn  man  sie  über  eine  gewisse  Zeit  hinaus  belich- 
tet. Man  beobachtet  dann  nämlich,  dafs  bis  zu  einer  gewissen  Zeit 
die  Fähigkeit  sich  im  Entwickler  zu  schwärzen,  zunimmt,  bei  noch 
längerer  Belichtung  aber  wieder  ab  nimmt. 


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Solarisation. 


57 


Diese  seltsame  Erscheinung  bezeichnet  man  mit  dem  Namen  So- 
larisation. Man  hat  dieselbe  schon  früher  an  Daguerreotypplatten 
beobachtet  und  Moser  sagt  mit  Bezug  darauf:  „Wenn  somit  Licht  auf 
Jodsilber  wirkt,  so  ertbeilt  es  ihm  im  zunehmenden  Verhältnifs  die 
Modification  Quecksilberdämpfe  zu  condensiren,  wirkt  es  aber  von 
einem  gewissen  Zeitpunkt  ab  weiter,  so  nimmt  es  ihm  diese  Modi- 
fication wieder.“  Klebt  man  z.  B.  Streifen  von  Jodsilber-  oder  Brom- 
silberpapier auf  ein  Brettchen,  bedeckt  sie  mit  einer  undurchsichtigen 
Platte  und  zieht  diese  in  Secunden- Intervallen  langsam  vorwärts,  so 
dafs  die  aufeinander  folgenden  freigelegten  Theile  der  Streifen  1 , 2, 
3,  4,  5 — 20  Secunden  exponirt  sind  und  behandelt  diese  dann  mit  dem 
Entwickler,  so  findet  man,  dafs  sie  sich  in  den  ersten  Intervallen  der 
Belichtungsdauer  proportional  schwärzen,  später  aber  nicht. 

So  erreichte  bei  einem  Versuch,  den  der  Verfasser  machte,  ein 
Streifen  in  15  Secunden  das  Maximum  seiner  Schwärzung,  die  länger 
exponirten  Theile  färbten  sich  aber  schwächer. 

Je  intensiver  das  Licht,  desto  schneller  wird  dieses  photogra- 
phische Maximum  (so  nennt  Verfasser  den  Punkt  der  intensivsten 
Schwärzung)  erreicht,  so  dafs  man  aus  der  Zeit,  innerhalb  deren  es 
eintritt,  einen  Schlufs  auf  die  chemische  Lichtstärke  machen  kann  und 
der  Satz  sehr  wahrscheinlich  wird,  dafs  das  Product  aus  Lichtinten- 
sität und  Zeit  in  Bezug  auf  das  photographische  Maximum  ein  unver- 
änderliches ist.  Bromsilber-  und  Jodsilberpapier  verhalten  sich  in 
dieser  Hinsicht  völlig  gleich,  sie  erreichen  in  gleicher  Zeit  das  Maxi- 
mum und  nehmen  in  gleicher  Zeit  wieder  ab.  Das  Licht  hat  also  die 
Eigen thümlichkeit  bei  längerer  Wirkung  seine  Anfangswirkung  wieder 
aufzuheben  oder  abzuschwächen ; eben  deshalb  ist  fiir  den  Photographen 
nichts  wichtiger  als  die  richtige  Expositionszeit.  Exponirt  er  zu  lange, 
so  werden  seine  Platten  nicht  schwarz,  sondern  grau,  exponirt  er  zu 
kurz,  so  kommt  dasselbe. 

Uebrigens  ist  hier  insofern  noch  ein  Spielraum  gelassen,  als  die 
Färbung  in  der  Nähe  des  Maximums  ziemlich  constant  bleibt,  oder 
doch  nur  sehr  allmählig  abnimmt,  so  dafs  man  immerhin  etwas  über 
die  Zeit  hinaus  exponiren  kann,  die  zur  Erreichung  des  photographi- 
schen Maximums  erforderlich  ist  Dann  werden  auch  diesePhä- 
nomene  durch  Gegenwart  von  salpetersaurem  Silber  we- 
sentlich modificirt,  worüber  jedoch  noch  keine  speciellen  Unter- 
suchungen vorliegen. 

Charakteristisch  ist,  dafs  der  unsichtbare  Lichteindruck,  den  Jod- 
silber erlitten  hat,  wochenlang,  ja  monatelang  seine  Fähigkeit  behält, 
im  Entwickler  eine  Schwärzung  zu  veranlassen.  Man  hat  das  bei  den 
Trockenplatten  constatirt  (s.  d.  II.  Theil). 

Wenigstens  gilt  dieses  für  das  verhältnifsmäfsig  lichtschwache 
Camerabild. 


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58 


Quecksilbersalbe. 


Läfst  man  jedoch  sehr  intensives  Licht,  z.  B.  directes  Sonnenlicht 
stundenlang  auf  eine  Jodsilberplatte  wirken,  so  ist  das  Resultat, 
wie  es  scheint,  ein  anderes. 

Eine  solche  Platte  verliert  den  Lichteindruck  beim 
Aufbewahren  im  Dunkeln  vollständig  wieder,  und  ist  dann 
fähig  ein  neues  Bild  aufzunehmen  (Carey  Lea). 

Lea  folgert  daraus,  dafs  das  Jodsilber  nur  eine  physikalische  Ver- 
änderung im  Licht  erleidet,  die  dann  von  seihst  wieder  rückwärts 
gehe;  uns  erinnert  das  erst  neuerdings  entdeckte  Phänomen  an  ein 
ähnliches  von  Obernetter  beschriebenes  und  erklärtes  (s.  Seite  26). 

Fernere  Untersuchungen  müssen  noch  über  diesen  Punkt  Licht 
verbreiten. 

Das  Quecksilber  und  seine  Verbindungen. 

Das  Quecksilber  ist  ein  dem  Silber  in  manchen  Eigenschaften 
verwandtes  Metall,  und  es  ist  die  Vermuthung  wohl  gerechtfertigt,  dafs 
verschiedene  Verbindungen  desselben  ebenso  lichtempfindlich  sind,  als 
die  analogen  Verbindungen  des  Silbers.  Selbst  das  Metall  ist  im 
Stande,  das  metallische  Silber  bei  verschiedenen  photographischen  Pro- 
cessen zu  vertreten. 

Lea  hat  die  höchst  interessante  Beobachtung  gemacht,  dafs 
metallisches  Quecksilber  im  Stande  sei,  das  metallische  Silber  als 
Grundlage  unsere  Collodienbilder  zu  ersetzen;  indem  der  Lichtein- 
druck, den  Jodsilber  erlitten,  ebenso  gut  durch  Quecksilber-,  als  durch 
Silberniederschläge  sichtbar  gemacht  werden  kann,  wenn  man  die  Jod- 
siiberplatte  mit  Quecksilberoxydullösung  bedeckt  und  dann  mit  dem 
Eisenvitriolentwickler  behandelt.  Es  schlägt  sich  hierbei  metallisches 
Quecksilber  in  fein  vertheilter  Form  nieder  und  macht  das  Bild  sichtbar. 

Das  Quecksilber  bildet  mit  Sauerstoff  2 Verbindungen,  das  Queck- 
silberoxydul (HgjO)  und  das  Quecksilberoxyd  (HgO). 

Das  Quecksilberoxydul  scheidet  sich  durch  Aetzkali  aus  seinen 
Salzen  als  eine  schwarze  sehr  wenig  beständige  Masse  aus,  die  im 
Licht  in  Quecksilberoxyd  und  Quecksilber  zerfällt. 

Das  Quecksilberoxyd  (HgO)  kommt  wie  das  Silberoxyd  in  ver- 
schiedenen Modificationen  vor. 

Man  erhält  es  durch  Behandlung  von  seinen  Salzen  mit  Kali  als 
einen  gelben,  durch  Glühen  des  salpetersauren  Quecksilberoxyds  als 
einen  rothen  Körper. 

Letzterer  färbt  sich  im  Licht  langsam  grau,  indem  hier  eine  Re- 
duction  zu  Quecksilberoxydul  stattfindet  (Suckow). 

Die  Salze  des  Quecksilberoxyduls  sind  meist  farblos,  zerfallen 
leicht  unter  Bildung  von  gelbem  basischen  Salz,  werden  durch 
Kupfer  und  Eisen  zu  Metall  reducirt  und  durch  Blutlaugensalz  weifs 
gefallt. 


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Quecksilbersalze. 


59 

Mit  Salzsäure  geben  sie  einen  weifsen  unlöslichen  Niederschlag 
von  Quecksilberchlorür  (Caloniel),  der  im  Licht  grau  wird. 

Jodkalium  fällt  daraus  Quecksilberjodür  in  gelbgrüner  Farbe, 
dasselbe  löst  sich  im  Jodkaliumüberschufs. 

Chromsaures  Kali  fällt  rothes  chromsaures  Quecksilberoxydul. 

Schwefelwasserstoff  fallt  sie  schwarz. 

Am  bekanntesten  von  den  Salzen  des  Quecksilberoxyduls  ist  das 
salpetersaure. 

Man  erhält  es  durch  Uebergiefsen  von  metallischem  Quecksilber 
mit  Salpetersäure  in  der  Kälte  in  weifsen  durch  Wasser  zersetzbaren 
Krystallen. 

Die  Quecksilberoxydsalze  sind  im  Ansehen  den  Quecksilberoxy- 
dulsalzen ähnlich.  Am  bekanntesten  ist  das  salpetersaure  Quecksilber- 
oxyd, ein  weifses  durch  Wasser  zersetzbares  Salz.  Kali  fallt  sie 
gelb;  Schwefelwasserstoff  giebt  anfangs  einen  weifsen  Niederschlag,  ein 
Doppelsalz  von  Schwefelquecksilber  und  dem  vorhandenen  Oxydsalz, 
durch  längere  Wirkung  des  Schwefelwasserstoffs  wird  dieses  gelb, 
dann  schwarz. 

Blutlaugensalz  fällt  sie  weifs,  der  Niederschlag  zersetzt  sich  bald 
unter  Blaufärbung. 

Jodkalium  giebt  einen  rothen  Niederschlag,  der  sich  im  Ueber- 
scbufs  des  Fällungsmittels,  ebenso  im  Ueberschufs  des  Quecksilber- 
salzes auflöst. 

Salzsäure  giebt  mit  Quecksilberoxydsalzen  keinen  Niederschlag, 
da  Quecksilberchlorid,  gewöhnlich  Sublimat  genannt,  in  Wasser  lös- 
lich ist;  das  Quecksilberchlorid  ist  ein  weifses  Salz,  schmelzbar  und 
sublimirbar. 

Es  löst  sich  in  16  Theilen  kalten  Wassers,  leichter  noch  in  Al- 
kohol und  Aether.  1 Theil  Quecksilberchlorid  braucht  2 j Theile  Alkohol 
und  3 Theile  Aether  zur  Lösung.  Es  ist  sehr  giftig. 

Mit  Ammoniak  giebt  es  eine  Reihe  weifser  Verbindungen  (Mer- 
curammonium). 

Mit  Jodkalium  giebt  es  das  Jodquecksilber,  welches  anfangs 
gelb  erscheint,  aber  sehr  schnell  roth  wird.  Es  sublimirt  in  gelben 
Krystallen,  die  durch  blofse  Berührung  roth  werden. 

Quecksilberchlorid  zerfällt  im  Licht  in  Quecksilber- 
chlorür und  Chlor.  Es  spielt  in  der  Photographie  eine  wichtige 
Rolle  als  Verstärkungsmittel.  Es  hat  nämlich  die  Eigenthümlichkeit, 
sehr  leicht  die  Hälfte  seines  Chlors  abzugeben.  Uebergiefst  man  ein 
Silbernegativ  mit  Quecksilberchloridlösung,  so  färbt  es  sich  dunkel- 
braun, schwarz  unter  Bildung  von  Calomel  und'Silberchloriir  (s.  S.  39). 
Bei  längerer  Wirkung  wird  das  dunkle  Silberchlorür  weifs,  unter  Bil- 
dung von  Chlorsilber.  Sehr  schnell  findet  dies  mit  dem  im  Papier 
feinzertheilten  Silber  unserer  (nicht  getonten)  Silbercopieen  statt. 


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60 


Bleisalze. 


diese  verschwinden  im  Quecksilberchlorid  schnell,  indem  sich  ein  weifses, 
unsichtbares  Calomelchlorsilberbild  bildet.  Behandelt  man  dieses  mit 
unterschwefligsaurem  Natron,  so  wird  es  wieder  sichtbar,  indem  da- 
durch die  weifsen  Chlormetalle  in  dunkle  Schwefelmetalle  übergeführt 
werden  (Zauberphotographieen). 

Quecksilbeijodidjodkaliumlösung  wirkt  ebenfalls  färbend  auf  Silber- 
bilder. Es  bildet  sich  hierbei  dunkelgrünes  Silberjodür  (a.  a.  O.). 

Neuerdings  wandte  Lea  das  salpetersaure  Quecksilberoxyd  in  der 
Photographie  an.  Ein  verdünnte  Lösung  desselben  löst  das  Silberbild 
auf  einer  entwickelten  Platte  vollständig  auf,  ohne  das  Jodsilber  an- 
zugreifen, eine  concentrirte  Lösung  löst  auch  das  Jod-  und  Bromsilber 
auf  (siehe  Photographische  Mittheilungen,  II.  Jahrgang,  S.  140.) 

Verbindungen  des  Bleies. 

Das  Blei  bildet  mit  Sauerstoff  3 Verbindungen,  das  dunkle  Blei- 
suboxyd (PbjO),  das  gelbe  Bleioxyd  [Glätte]  (PbO)  und  das  braune 
Bleisuperoxyd  (PbO,),  letzteres  ist  im  Licht  zersetzbar  unter 
Abgabe  von  Sauerstoff  und  liefert  dabei  die  rothe  Mennige 
(PbO,  PbO,). 

Bei  Gegenwart  einer  Basis  und  feuchter  Luft  soll  das  Blei- 
oxyd unter  Einflufs  des  Lichtes  sich  oxydiren  und  in  Men- 
nige verwandeln  (Levol,  Annales  de  chimie  XLVII.  196). 

Das  Bleioxyd  bildet  mit  Salpetersäure  ein  im  Wasser  lösliches 
Salz,  dessen  Gegenwart  in  Silberbädern  die  Empfindlichkeit  der  darin 
präparirten  Platten  vermehrt.  Mit  Jodkalium  giebt  es  einen  Nieder- 
schlag von  gelbem  Jodblei;  dieses  ist  lichtempfindlich.  Es 
wird,  wie  es  scheint,  durch  das  Licht  unter  Jodausscheidung  zer- 
setzt, denn  ein  damit  präparirtes  Papier,  welches  unter  einem  Ne- 
gativ belichtet  worden  ist,  giebt  mit  Stärke  ein  blaues  Bild. 

Mit  Salzsäure  giebt  das  Bleioxyd  das  schwerlösliche  weifse  Chlor- 
blei, mit  Essigsäure  eine  Reihe  Salze,  theils  neutral,  theils  basisch; 
das  neutrale  Salz  ist  unter  dem  Namen  Bleizucker  bekannt,  es  löst 
sich  in  Wasser,  wird  aber  leicht  durch  Kohlensäure  zersetzt.  Man 
nahm  es  früher  zum  Versetzen  der  Silberbäder;  es  mufs  jedoch  von 
dessen  Gebrauch  abgerathen  werden,  da  es  Veranlassung  giebt  zur 
Bildung  von  schwerlöslichem  essigsauren  Silber,  das  sich  auf  den 
Platten  absetzt. 

In  photographischer  Hinsicht  interessant  ist  noch  eine  von 
Wühler  entdeckte  Verbindung  von  Silberoxyd  mit  Bleioxyd,  mit  wel- 
cher Grüne  Bilder  erzeugt  hat;  Papier,  mit  gedachter  Verbin- 
dung getränkt,  wird  im  Licht  braun  wie  Silberpapier. 
Die  Bilder  haben  wohl  keinen  Vorzug  vor  Silberbildern  (siehe  Photo- 
graphische Mittheilungen,  I.  Jahrgang,  No.  2). 


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Gold  nnd  seine  Verbindungen. 


61 


Das  Gold  nnd  seine  Verbindungen. 

So  gut  wie  verschiedene  Verbindungen  des  Silbers  sind  auch  ge- 
wifs  viele  Verbindungen  des  Goldes  und  ähnlicher  edler  Metalle  licht- 
empfindlich. Bis  jetzt  ist  jedoch  das  Verhalten  derselben  im  Licht 
nur  sehr  unvollständig  erforscht  und  spielen  dieselben  daher  in  der 
Photographie  als  lichtempfindliche  Materialien  vorläufig  noch  keine 
bedeutende  Rolle,  wichtiger  sind  sie  als  Tonungsmaterialien  (s.  u.) 

Gold  ist  ein  gelbes,  schweres  Metall,  nicht  angreifbar  durch 
Schwefelsäure,  Salpetersäure,  Salzsäure,  wohl  aber  löslich  in  Königs- 
wasser und  Chlorwasser,  unter  Bildung  von  Chlorgold  (AuCl,). 

Chlorgold  löst  sich  mit  gelber  Farbe  in  Wasser,  Alkohol  und 
Aether,  beim  Abdampfen  bildet  es  anfangs  gelbe  zerfliefsliche  Kry- 
stalle  (AuCl,-f-HCl),  die  sich  in  diesem  Zustand  mitunter  im  Handel 
vorfinden ; setzt  man  das  Abdampfen  noch  weiter  fort,  so  erhält  man 
eine  braune  zerfliefsliche  Salzmasse,  neutrales  Chlorgold,  das  sich 
jedoch  leicht  unter  Verlust  von  Chlor  in  Goldchlorür  (AuCl)  verwan- 
delt Die  wässrige  Lösung  des  Chlorgoldes  zersetzt  sich  im  Licht, 
namentlich  wenn  sie  möglichst  neutral  ist,  und  es  scheidet  sich  hierbei 
metallisches  Gold,  theils  von  brauner,  theils  von  rother  Farbe  ab. 

Alkalien  (Kali  und  Natron)  so  wie  kohlensaure  Alkalien,  geben 
mit  dem  Goldchlorid  lösliches  Goldoxydkali  und  Goldoxydnatron, 
der  Kalisatz  hat  die  Formel  KaOAuO, -f-6HO;  ähnliche  Verbin- 
dungen bilden  sich  jedenfalls  auch  beim  Versetzen  von  Goldlösung 
mit  borsaurem,  phosphorsaurem  Natron,  wie  dies  in  der  Photographie 
im  Tonungsprocefs  (s.  u.)  gebräuchlich  ist. 

Magnesia  fällt  aus  Chlorgold  die  Goldoxydmagnesia,  und  diese 
liefert  beim  Sieden  mit  Salpetersäure  das  Goldoxyd  als  ein  gelbes 
Pulver,  das  sehr  leicht  durch  das  Licht,  ebenso  durch  organische 
Substanzen  und  Metalle  reducirt  wird. 

Goldchlorid  hat  grofse  Neigung  mit  Chloralkalien  Doppelsalze  zu 
bilden,  die  zum  Theil  schön  krystallisiren  und  beständiger  sind,  als 
Chlorgold  für  sich  allein,  sich  aber  im  Uebrigen  ganz  dem  letzteren 
ähnlich  verhalten.  Sie  werden  in  der  Photographie  an  Stelle  des 
reinen  Chlorgoldes  vielfach  angewendet  und  deshalb  in  den  Handel 
gebracht.  Es  gehört  hierher  das  Kaliumgoldchlorid  (KCl,  AuCl, 
-f-5HO).  Dies  bildet  gelbe  Krystalle,  welche  an  der  Luft  ver- 
wittern. 

Das  Natrinmgoldchlorid  (NaClHhAuCl,-f-4HO)  krystallisirt 
in  luftbeständigen  gelben  Prismen. 

Das  Calcium  goldchlorid  (Ca CI -+-  Au  CI,  +6  HO)  bildet  eben- 
falls gelbe  Krystalle.  Letzteres  wird  in  der  Photographie  nur  we- 
nig angewendet,  die  beiden  ersteren  desto  mehr.  Nicht  selten  sind 
dieselben  mit  freiem  Chlorkalium  oder  Chlornatrium  verunreinigt.  Man 
erkennt  diese  Verunreinigung  am  besten  durch  Lösen  der  Salze  in 


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62 


Gold.  — Chlorgold.  — Touungsprocefs. 


absolutem  Alkohol,  wobei  gedachte  Verunreinigungen  Zurückbleiben. 
Nicht  selten  stellen  die  Photographen,  um  ihrer  Reinheit  gewifs  zu 
sein,  die  Salze  selbst  dar.  Man  löst  zu  dem  Zwecke  1 Theil  Gold 
in  einer  Mischung  von  1 Theil  Salpetersäure  und  4 Theilen  Salzsäure 
und  verdampft  in  einer  Schaale,  die  mit  einem  Trichter  bedeckt  ist, 
bis  zum  Krystallisationspunkt,  löst  dann  das  Ganze  in  8 Theilen  Wasser 
(wodurch  etwa  beigemengtes  Chlorsilber  sich  ausscheidet),  versetzt  mit 
0,38  Theilen  Chlorkalium  oder  0,35  Chlornatrium,  flltrirt  und  verdampft 
in  mäfsiger  Wärme  bis  zur  Krystallisation. 

Oft  enthalten  die  Krystalle  noch  viel  freie  Säure,  dann  mufs  man 
sie  zu  wiederholten  Malen  mit  Wasser  übergiefsen  und  im  Wasser- 
bade zur  TrockniCs  verdampfen. 

Diese  Lösungen  des  Goldchlorids  und  seine  Verbindungen  zeigen 
eine  aufserordentlich  leichte  Reducirbarkeit.  Schon  die  Gegenwart 
organischer  Substanzen  in  der  Lösung  bewirkt  ein  Niederschlagen  von 
Gold  in  braunem  oder  rothem  Zustande. 

Noch  schneller  erfolgt  die  Reduction  durch  Eisenvitriol  oder 
Oxalsäure.  Beide  fällen  aus  den  Goldlösungen  das  Metall  als  brau- 
nes Pulver.  Dieses  Verhalten  benutzt  man  zu  der  Verarbeitung  der 
Goldrückstände  in  der  Photographie;  man  säuert  dieselben  mit  Chlor- 
wasserstoifsäure  an  und  fällt  sie  mit  Eisenvitriollösung.  Zinnchlorür 
fällt  das  Gold  purpurfarben  (Goldpurpur). 

Ebenso  leicht  wird  das  Gold  durch  viele  Metalle  gefällt,  so  durch 
Eisen,  Kupfer,  Quecksilber,  Silber.  Uebergiefst  man  ein  Silberbild  mit 
Goldlösung,  so  verändert  es  alsbald  seine  Farbe,  dieselbe  wird  mehr 
violett  bis  blau;  hierbei  schlägt  sich  ein  Theil  des  Goldes  an  Stelle 
des  Silbers  nieder  (Au  CI,  -+-3  Ag  = 3 Ag  Cl-t-Au);  darauf  gründet  sich 
der  photographische  To  nun  gsprocefs. 

Diese  Reduction  geht  sowohl  mit  einfachem  Chlorgold  als  mit 
den  mit  Alkalien  versetzten  Goldlösungen  vor  sich,  doch  ist  es  eigen- 
thümlich,  dafs  die  Farbe  des  Niederschlags  und  somit  der  getonten 
Bilder  verschieden  ist,  je  nach  der  Reaction  des  Bades.  In  sauren 
Goldlösungen  werden  die  Bilder  mehr  röthlich,  in  neutralen  (welche 
man  erhält,  wenn  man  das  Chlorgold  mit  kohlensaurem  Kalk  schüt- 
telt und  filtrirt)  mehr  blauviolett,  in  alkalischen  mehr  schwarzviolett. 

Unter  verschiedenen  Umständen  verliert  das  Goldchlorid  einen 
Theil  seines  Chlors  und  geht  in  Goldchloriür  (AuCl)  über.  Schon 
durch  blofses  Erhitzen  auf  200  geschieht  dies.  Das  einfache  Chlor- 
gold bildet  ein  gelbliches,  in  Wasser  unlösliches  Pulver,  das  ähnlich 
dem  Goldchlorid  mit  Chlormetallen  lösliche  Doppelsalze  zu  bilden 
scheint. 

So  erwähnt  Meillet  das  Na  CI  Au  CI  als  ein  lösliches  krystallisir- 
bares  Salz. 

Dieser  Verbindung  analog  ist  das  Goldoxydul,  welches  durch 


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GoldeMorür.  — Goldoxydulsalze.  63 

Zersetzung  des  Goldchlorürs  mit  Kalilauge  entsteht  und  ein  violettes 
Pulver  bildet. 

Das  Goldchlorür  bildet  sich  in  Goldchloridlösungen,  die  einen 
kleinen  Ueberschufs  von  Alkali  enthalten,  oft  freiwillig;  dies  geschieht 
in  den  photographischen  Tonbädern,  welche  aus  Goldchloridlösungen 
bestehen,  die  mit  kohlensaurem,  phosphorsaurem  oder  borsaurem  Na- 
tron versetzt  sind;  das  Chlor  des  Chlorgoldes  wirft  sich  zum  Theil 
hier  auf  das  freie  Alkali  und  bildet  unterchlorigsaure  Salze 
(AuCl,-t-2Na0  = AuCl-HNaCl-»-Na0C10). 

Diese  Umwandlung  geht  jedoch  nur  sehr  langsam  vor  sich  und 
erfordert  mehrere  Stunden,  ehe  sie  vollendet  ist.  Nach  dieser  Zeit 
tonen  die  Bäder  nicht  mehr  und  erscheinen  vollkommen  farblos. 

Versetzt  man  sie  aber  mit  Salzsäure,  so  werden  sie  wieder  gelb, 
indem  hier  das  Chlorgold  wieder  restituirt  wird 

(A  u Cl-H  Na  CI + Na  0 CI  O -f- H CI  = Au  CI , H- 2 NaCl). 

So  können  alte  Tonbäder  durch  Versetzen  mit  Chlorwasserstoff- 
säure wieder  wirksam  gemacht  werden.  (Photographische  Mitthei- 
lungen, I.  Jahrgang,  No.  7). 

Das  Goldoxydul  bildet  mit  nnterschwefliger  Säure  ein  Salz 
(Au OS,  O,),  das  jedoch  nur  in  Verbindung  mit  unterschwefligsaurem 
Natron  als  unterschwefligsaures  Goldoxydulnatron 
(Au OS,  0,-l-3Na0S,  0,-t-4H0) 
bekannt  ist.  Dieses  bildet  sich  beim  tropfenweisen  Versetzen  einer 
Lösung  von  unterschwefligsaurem  Natron  mit  Goldchlorid*)  oder  Gold- 
chlorür (1  Theil  Goldchlorid  zu  3 Theilen  des  Natronsalzes)  und  Ver- 
setzen mit  Alkohol,  wobei  es  sich  als  weifse  Salzmasse  ausscheidet 
Es  wurde  früher  nach  Fizeau’s  Vorgang  zum  Vergolden  der  Daguer- 
reotypen,  später  zum  Tonen  verwendet.  Die  zu  diesem  Zweck  ge- 
brauchte Mischung  von  Goldchlorid-  und  unterschwefligsaurer  Natron- 
iösung  enthält  nach  Müller  auch  Goldchlorürnatrium  (s.  o.) 

ln  ähnlicher  Weise  erhält  man  Golddoppelsalz  beim  Versetzen 
von  Cyankalium  mit  Goldlösung  und,  erwähnen  wir  hier  nur  das 
Kaliumgoldcyanid  (KCy-+-AuCys)  und  das  Kaliumgoldcyanür 
(KCy-+-AuCy).  Sie  dienen  beide  zum  Vergolden. 

Platina  und  Platinoide. 

Neben  dem  Golde  giebt  es  noch  eine  Reihe  edler  Metalle,  die  in 
ihren  Eigenschaften  gewisse  Analogieen  zeigen  und  in  der  Natur  ge- 
wöhnlich gemeinschaftlich  angetroffen  werden;  hierher  gehören  Pla- 
tina, Iridium,  Palladium,  Osmium  etc. 

Das  wichtigste  ist  das  Platina,  das  als  graues,  hartes,  sehr  schwer 

*)  Bei  der  Anwendung  von  Goldchlorid  bilden  »ich  als  Nebenproducte  Chlor- 
natrium  und  tetrathionsaure»  Natron  (8NaOS,  O,  -|-  AuCl,  -f-4  HO  = 8 NaOS,  0, 
-4-  AuOS,  0,  4 HO  -f-  3 Na  CI  -1-  2NaOS,Ot). 


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64 


Platin.  — Platinbilder. 


schmelzbares  und  chemisch  wenig  angreifbares  Metall  im  Handel  vor- 
kommt  und  zu  chemischen  Gerätschaften  (Schmelztiegeln  etc.)  sehr 
viel  verarbeitet  wird. 

Seine  Verbindungen  sind  sehr  ausführlich  studirt,  nur  haben  sämmt- 
liche  Forscher  ihr  Verhalten  gegen  das  Licht  gänzlich  aufser  Acht 
gelassen,  so  dafs  darüber  nichts  Sicheres  bekannt  ist;  dennoch  spielen 
seine  Salze  ähnlich  den  photochemisch  noch  nicht  sonderlich  wich- 
tigen Goldverbindungen  in  der  Photographie  eine  Rolle  als  Tonungs- 
materialien, indem  sie,  analog  den  Goldsalzen,  durch  Silber  reducirt 
werden.  Taucht  man  ein  Silberbild  in  Platinalösung,  so  wird  metal- 
lisches Platina  an  Stelle  des  Silbers  niedergeschlagen  und  auf  diese 
Weise  ein  Platinabild  erhalten.  Papierbilder  lassen  sich  daher  durch 
Platinasalze  ähnlich  tonen,  wie  durch  Goldsalze,  doch  sind  erstere 
schwieriger  reducirbar,  und  geben  nicht  so  schöne  Töne. 

Wichtig  ist  aber,  dafs  Collodionsilberbilder,  welche  in  Pla- 
tinalösungen  getont  sind,  sich  auf  Porzellan  mit  grauschwarzer 
Farbe  einbrennen  lassen.  , 

Darauf  beruht  die  Herstellung  eingebrannter  Photo- 
graphieen.  Ist  neben  Platina  zugleich  Gold  vorhanden, 
so  wird  das  Bild  mehr  violett. 

Aehnlich  wie  Platina  verhält  sich  auch  Iridium  und  Palladium. 
Letzteres  giebt  für  eingebrannte  Photographieen  die  schönsten  Resul- 
tate, ist  jedoch  sehr  hoch  im  Preise. 

Das  wichtigste  Platinasalz  ist  das  Chlorplatin  (Pt CI,),  das  ähn- 
lich wie  das  Chlorgold  erzeugt  wird  und  sich  diesem  analog  verhält, 
es  ist  leicht  löslich  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether,  bildet  braune  zer- 
fliefsliche  Krystalle,  verliert  leicht  Chlor,  ist  sehr  wahrscheinlich  licht- 
empfindlich und  verbindet  sich  mit  Chlormetalien  der  Alkalien  leicht 
zu  Doppelsalzen.  Das  Kaliumplatinchlorid  (Pt CI, -4- KCl)  und  Ammo- 
niumplatinchlorid (PtCl,  +NH,  CI)  ist  in  Wasser  fast  unlöslich;  das 
Natrondoppelsalz  (PtCl,-f-NaCl-+-6HO)  dagegen  leichtlöslich. 

Aehnliche  Eigenschaften  zeigt  das  Chlorpalladium  und  Chloriridium. 
Man  benutzt  Platinchlorid  zur  Nachweisung  des  Kalis  in  der  analyti- 
schen Chemie. 

Somit  haben  wir  in  dem  grofsen  Capitel  über  Photochemie  das 
Wichtigste,  was  über  das  Verhalten  der  Metallverbindungen  im 
Licht  bekannt  ist,  erläutert,  und  es  bleibt  uns  nur  noch  eine  Ueber- 
sicht  über  das  Verhalten  der  organischen  Substanzen  im  Licht. 

Dritter  Abschnitt. 

Wirkung  des  Lichts  auf  organische  Substanzen. 

Man  versteht  unter  organischen  Substanzen  die  dem  Thier-  und 
Pflanzenreich  entstammenden  Kohlenstoffverbindungen  und  ihre 


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Organische  Substanzen.  — Oxalsäure. 


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Zersetzungsproducte,  z.  B.  Pflanzenfaser,  Zucker,  Eiweifs,  Al- 
kohol, Aether,  Citronsäure,  Oxalsäure  etc.  etc.  Die  Zahl 
dieser  Körper  ist  Legion,  und  nur  höchst  unvollständig  ist  ihr  Ver- 
halten im  Licht  studirt,  insofern  spielen  sie  in  der  Photochemie  meist 
keine  andere  Rolle  als  die  eines  Reductionsmittels,  welches  die  chemi-' 
sehen  Wirkungen  des  Sonnenlichts  auf  Metallsalze  bedingt  oder  we- 
sentlich unterstützt.  So  haben  wir  schon  früher  erläutert,  dafs  ge- 
wisse Substanzen,  wie  Eisenchlorid,  Uransalz  sich  im  Licht  nur  bei 
Gegenwart  organischer  Substanzen  zersetzen,  die  sich  mit  dem  frei- 
werdenden  Sauerstoff,  resp.  freiwerdenden  Chlor  verbinden.  Silber- 
salze wie  Chlorsilber  zersetzen  sich  bei  Gegenwart  organischer  Körper 
viel  energischer  als  für  sich  allein. 

Wenn  in  diesen  Fällen  die  organischen  Körper  eine  entschieden 
vorteilhafte  photochemische  und  photographische  Wirkung  ausüben, 
so  giebt  es  wieder  Fälle,  in  denen  die  Gegenwart  denselben  entschie- 
den nachtheilig  ist. 

So  hat  man  in  der  photographischen  Praxis  gefunden,  dafs  Ver- 
unreinigungen der  Silberlösungen  mit  verschiedenen  organischen 
Körpern  zu  den  seltsamsten  Störungen  bei  Bereitung  der  empfind- 
lichen Platten  Veranlassung  geben,  und  sind  diese  Verunreinigungen 
daher  ein  wahrer  Alp  des  Photographen,  da  dieselben  in  der  aus  or- 
ganischen Verbindungen  bestehenden  Collodionschicht  kaum  vermieden 
werden  können. 

Wir  werden  diese  Störungen  im  praktischen  Theil  dieses  Lehr- 
buchs specieller  besprechen.  Hier  haben  wir  es  nur  mit  der  Licht- 
empfindlichkeit organischer  Körper  an  sich  zu  thun,  und  wollen  in 
Kürze  einige  der  bekanntesten  Reactionen  der  Art  anführen. 

Schon  früher  haben  wir  auf  einzelne  derselben  aufmerksam  ge- 
macht, wie  das  Verbleichen  und  Verschiefsen  vieler  Farb- 
stoffe im  Licht,  das  allerdings  in  photographischer  Hinsicht  nur  ne- 
gativ wichtig  ist,  und  nur  in  der  Leinwandbleiche  und  Wachs- 
bleiche eine  ganz  positive  Rolle  spielt. 

Wahrscheinlich  geht  hier  eine  Ozonisirung  des  Sauerstoffs  und 
Oxydation  der  betreffenden  gefärbten  Körper  vor  sich. 

Gründlicher  weifs  man  mit  einer  Reihe  anderer  photochemischen 
Zersetzungen  Bescheid.  Wir  fuhren  hier  zunächt  das  Verhalten  der 
Oxalsäure  (C,Oa-p3HO)  im  Lichte  an. 

Diese  Substanz,  eine  feste  krystallisirbare  weifse,  in  Wasser  lös- 
liche Masse,  ist  für  sich  allein  nicht  lichtempfindlich.  Sie  zersetzt  sich 
aber  bei  Gegenwart  von  Eisenoxyd-,  Silber-  und  Uransalzen;  hierbei 
geht  gewöhnlich  eine  Zersetzung  dieser  Substanzen  selbst  vor.  See- 
kamp führt  folgende  Facta  an:  Eine  4procentige  Lösung  von  Oxal- 
säure und  eine  1 procentige  Lösung  von  Silbervitriol  mit  einander  ge- 
mischt, zersetzen  sich  im  Licht  unter  Gasentwickelung. 

Vogel,  Lehrbuch  <L  Photographie.  5 


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66 


Oele.  — Asphalt. 


Ebenso  zersetzt  sich  eine  5 procentige  Oxalsäarelösung,  gemischt 
mit  einet  1 procentige»  Urtannitratlösung  unter  Entweichung  von 
Kohlensäure,  Kohlenoxydgas  und  Bildung  von  Ameisensäure.  Eine 
photographische  Wichtigkeit  haben  diese  Thateachen  vorläufig  noch 
nicht.  — Hierher  gehört  auch  Brodies  Entdeckung,  über  die  Licht- 
empfindlichkeit der  Graphitsäure. 

Behandelt  man  Graphit  mit  cMorsaurem  Kali  und  Schwefelsäure, 
so  verwandelt  er  sich  in  ein  eigentümliches  schwefelgelbes  Pulver,  das 
die  Formel  Gr,H#0ls  haben  soll  (Gr  = C mit  der  Aequivalentzahl 
33);  dieses  in  Wasser  sehr  wenig  lösiiohe  Pulver  färbt  sich  im  Licht 
braun  bis  schwarz  unter  Gewichtsverlust;  Papier  mit  der  Lösung  ge- 
tränkt, färbt  sich  im  Lichte  rothbrasn. 

Photographisch  wichtiger  als  die  beiden  vorgenannten  Körper 
ist  das  Verhalten  der  trocknenden  fetten  Oele  und  der  äthe- 
rischen Oele  im  Lichte. 

Das  Trocknen  der  ersteren  und  das  Verharzen  der  letzteren  gebt 
nämlich  im  Liebt  viel  schneller  von  Statten  als  im  Dunkeln.  Im  letz- 
tem Falle  ist  constatirt,  dafs  durch  Wirkung  des  Lichts  zunächst  bei 
Gegenwart  gedachter  Oele  der  Sauerstoff  der  Luft  in  Ozon  verwan- 
delt wird,  und  dann  eine  Oxydation  vor  sich  geht.  Dieser  Prooefs 
ist  in  sofern  von  Wichtigkeit,  als  dadurch  wenigstens  zum  Theil  eine 
der  interessantesten  photographischen  Operationen,  der  photogra- 
phische Asphaltprocefs,  gegründet  ist  Schon  Nicopbore  Niepce 
fand,  dafs  eine  Auflösung  von  Asphalt  in  Lavendelöl  beim  Trock- 
nen eine  Schicht  zurückiäfst,  die  beim  Belichten  in  ätherischem  Oel 
vollkommen  unlöslich  wird,  und  er  benutzte  dieses  auch  zur  Anferti- 
gung von  Camerabildern,  jedoch  ohne  durchgreifenden  Erfolg  (siehe 
Einleitung). 

Später  versuchte  er  St  ah  Id  rucke  mit  Hülfe  von  Asphalt  anzu- 
fertigen. Diese  Methode  brachte  sein  Neffe  Niepce  de  St.  Victor  zu 
einer  gewissen  Vollkommenheit.  Er  überzog  Stahlplatten  mit  einer 
Auflösung  von  Asphalt  in  Lavendelöl,  trocknete  »nd  belichtete  die- 
selben unter  einem  positiven  Bilde.  Alle  vom  Licht  getroffenen  Theile 
werden  dadurch  unlöslich.  Beim  Behandeln  der  Platte  mit  Benzin 
oder  Naphta  bleiben  diese  daher  zurück;  so  erhält  man  ein  w e i f s e s 
Bild  auf  schwarzem  Grunde.  Uebergiefst  man  alsdann  die  Stahlplatte 
mit  einer  verdünnten  Säure,  so  feilst  diase  den  Stahl  nur  an  den 
weifsen  (nicht  durch  Asphalt  geschätzten)  Stellen  an,  und  bildet  so 
eine  geätzte  Zeichnung,  die  von  einer  gewöhnlichen  gravirten  Stahl  platte 
abgedruckt  Werden  kann. 

Negre  hat  diesen  Prooefs  dahin  modificirt,  dafs  er  unter  einem 
Negativ  belichtet,  die  nachher  beim  Waschen  mit  Benzin  blofsgelegten 
Stellen  mit  Gold  galvanisch  überzieht,  dann  die  Platte  reinigt  und  mit 
Säure  älzt.  Diese  wirkt  alsdann  nur  an  den  nicht  vergoldeten  Stellen. 


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Asphalt -Photolitbographie. 


67 


Neuerdings  ist  der  Asphalt  auch  mit  Erfolg  in  der  Photolitho- 
graphie versucht  worden.  Lemercier  und  Lerebours  machten  die 
ersten  dahin  zielenden  Versuche.  Sie  überzogen  einen  lithographi- 
schen Stein  mit  Asphaltfitherlösung,  belichteten  unter  einem  Negativ, 
und  wuschen  dann  mit  Aether;  es  blieben  dann  die  durch  das  Licht 
unlöslich  gewordenen  Theile  zurück  und  bildeten  ein  positives  Bild 
auf  Stein  in  Asphalt,  dessen  Contouren  die  Fähigkeit  haben,  fette 
Schwärze  anzuziehen  und  dann  auf  Papier  einen  Abdruck  zu 
geben  (s.  o.  Chromverbindungen,  S.  31). 

Man  braucht  daher  nur  einen  solchen  Stein  in  gewöhnlicherWeise 
mit  schwacher  gummihaltiger  Säure  zu  beizen,  und  kann  dann  beliebig 
viele  Abzüge  in  lithographischer  Schwärze  davon  machen. 

Dieser  Procefs  ist  sehr  im  Schwung  und  giebt  treffliche  Resultate. 
Nnr  die  sehr  wandelbaren  Eigenschaften  des  Asphalts  geben  oft  zu 
Störungen  Veranlassung,  üeber  die  chemischen  Eigenschaften  dieses 
Körpers,  ein  Gemenge  der  verschiedenartigsten  Kohlenwasserstoffver- 
bindungen,  läfst  sich  in  photographischer  Beziehung  nicht  mehr  sagen, 
als  im  Vorhergehenden  bereits  ausgedrückt  ist. 

Diese  kurzen  Notizen  enthalten  das  wenige  Thatsächliche,  was 
über  die  Photochemie  des  unabsehbaren  Heeres  der  organischen  Ver- 
bindungen genauer  bekannt  geworden  ist.  Es  mufs  zukünftigen  For- 
schungen Vorbehalten  bleiben,  unsere  noch  so  sehr  mangelhaften 
Kenntnisse  in  diesem  Felde  zu  erweitern. 

Wir  können  aber  das  Capitel  der  Photochemie  nicht  schliefsen, 
ohne  auf  die  Rolle  aufmerksam  zu  machen,  welche  die  chemischen 
Wirkungen  des  Lichts  im  Lebensprocefs  der  Pflanzen 
spielen. 

Unter  dem  Einflufs  des  Lichtes  zersetzen  die  grünen 
Blätter  der  Pflanzen  die  Kohlensäure  der  Luft,  indem  sie 
den  Kohlenstoff  absorbiren  und  den  Sauerstoff  frei  machen.  In  auf- 
fallender Weise  beobachtet  man  dies,  wenn  man  eine  Reihe  grüner 
Blätter  in  eine  Glasglocke,  die  mit  Kohlensäure  angefüllt  ist,  bringt, 
und  dem  Lichte  aussetzt.  Binnen  kurzer  Zeit  ist  die  Kohlensäure 
in  Sauerstoff  umgewandelt  und  ein  glühender  Span,  der  in  der  Koh- 
lensäure erstickte,  brennt  dann  in  dem  Gase  mit  heller  Flamme. 

So  wird  durch  Wirkung  des  Lichts  auf  die  grünen  Pflanzen- 
blätter der  Sauerstoff  wieder  frei  und  nutzbar  gemacht,  der  durch  den 
Athmungsprocefs  der  Thiere  und  durch  den  Verbrennungsprocefs  ver- 
zehrt, d.  h.  in  Kohlensäure  übergeführt  wurde  und  in  sofern  spielt 
dieser  Procefs  eine  hochwichtige  Rolle  im  Haushalte  der  lebendigen 
Natur. 

Das  Licht  ist  aber  nicht  allein  für  den  Athmungsprocefs  der 
Pflanzen,  sondern  auch  für  ihre  ganze  natürgemäfsc  Entwickelung  un- 
entbehrlich. Ins  Dunkele  gebracht,  verkümmern  gesunde  Pflanzen  bald 


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68  Wirkungen  des  Lichts  anf  die  Pflanzen-  nnd  Thierwelt. 

und  unwillkürlich  strecken  sie  ihre  Zweige  nach  der  Lichtöffnung  hin, 
die  sich  in  dem  dunkeln  Raume  darbietet. 

Die  Keime,  die  sich  bei  unsern,  im  dunklen  Keller  aufbewahrten 
Früchten  bilden,  erscheinen  krankhaft,  farblos  und  blafs  und  erst 
durch  die  Wirkung  des  Lichtes  erzeugen  sich  jene  köstlichen  Massen 
von  Grün,  jene  wunderbare  Farbenskala  der  Blumenblätter,  welche 
Felder,  Wald  und  Wiesen  schmücken.  Und  selbst  Thiere  und  Men- 
schen fühlen  an  sich  die  belebende  Wirkung  des  Strahls  nach  lan- 
gem Aufenthalt  in  dunklen  Räumen,  gleichviel  ob  in  den  Schachten 
der  Erde  oder  in  der  halbjährigen  Nacht  der  arktischen  Regionen. 

So  übt  der  zitternde  Aether  theils  sichtbar,  theils  unsichtbar  auf 
die  todte  und  lebendige  Natur  Wirkungen  aus,  die  vielleicht  weniger 
hervortretend,  aber  dennoch  in  ihrer  Totalität  nicht  minder  gewaltig 
sind  als  die  Wirkungen  der  Wärme,  die  als  unterirdisches  Feuer  ganze 
Länder  erschüttert  und  Inseln  aus  dem  Ocean  emporhebt. 


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Drittes  Capitel. 

Photographische  Chemie 

oder 

Beschreibung  der  photographischen  Chemikalien. 

In  dem  vorhergehenden  Abschnitt  haben  wir  die  Lehre  von  den 
chemischen  Wirkungen  des  Lichtes  oder  die  Photochemie  mit  spe- 
cieller  Berücksichtigung  der  photographischen  Praxis  abgehandelt. 
Hierbei  ist  auch  eine  Reihe  von  Substanzen  zur  Sprache  gekommen, 
die  an  sich  nicht  lichtempfindlich  sind,  wohl  aber  für  die  Herstellung 
lichtempfindlicher  Substanzen,  oder  aber  zum  Hervorbringen  gewisser 
eigenthümlicher  Reactionen  derselben  von  Wichtigkeit  sind;  so  z.  B. 
der  Eisenvitriol,  das  Quecksilberjodid  etc.  Körper,  deren  Betrach- 
tung streng  genommen  nicht  in  die  Photochemie  gehört,  die  aber 
dort  mit  abgehandelt  wurden,  einerseits,  weil  sie  mit  lichtempfind- 
lichen Verbindungen  im  engsten  genetischen  Zusammenhänge  stehen, 
andererseits,  um  unnütze  Wiederholungen  und  Hinweisungen  zu  ver- 
meiden. 

Nun  bleibt  aber  noch  eine  Reihe  Substanzen  zur  Betrachtung 
übrig,  die  theils  als  Lösungsmittel,  theils  als  Träger  lichtempfind- 
licher Materialien  etc.  etc.  eine  hochwichtige  Rolle  in  der  Photographie, 
ohne  selbst  lichtempfindlich  zu  sein,  spielen,  und  die  Beschreibung 
dieser  Substanzen  fassen  wir  hier  als  Anhang  zur  Photochemie 
unter  dem  Titel:  photographische  Chemie  zusammen. 

Die  meisten  Lehrbücher  pflegen  diese  Chemikalien  in  alphabeti- 
scher Ordnung  zu  betrachten,  wir  können  uns  zu  diesem  unwissen- 
schaftlichen System,  wenn  es  auch  praktische  Vortheile  darbieten  mag, 
nicht  entschliefsen , und  theilen  sie  lieber  teleologisch,  d.  h.  nach 
ihrem  Zwecke  in  verschiedenen  Klassen. 

Metalloide. 

Die  Mehrzahl  der  photographischen  Chemikalien  sind  zusam- 
mengesetzte Körper,  d.  h.  Verbindungen  einfacher  (chemisch 
nicht  zerlegbarer)  Stoffe,  gewöhnlich  Elemente  genannt. 


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70 


Sauerstoff. 


Es  giebt  jedoch  einzelne  einfache  Körper,  die  in  der  Photographie 
ebenfalls  eine  wichtige  Rolle  spielen  und  die  deshalb  hier  erwähnt 
werden  müssen.  Es  sind  der  Sauerstoff,  Wasserstoff,  Chlor, 
Brom  und  Jod. 

Sauerstoff  (0). 

Atomgewicht  = 8. 

Derselbe  findet  sich  vermengt  mit  20,9*  Stickstoff  als  atmo- 
sphärische Luft  allenthalben  vor,  und  wird  rein  am  einfachsten  durch 
Erhitzen  von  chlorsaurem  Kali  gewonnen,  das  man  zu  dem  Zwecke  mit 
Braunstein  mengt;  er  bildet  eine  farblose,  gerach-  und  geschmacklose 
Luftart,  die  beim  Verbrennungsprocefs  eine  wichtige  Rolle  spielt, 
indem  sie  sich  hierbei  mit  den  verbrennenden  Körpern  unter  Licht- 
und  Wärmeentwicklung  chemisch  verbindet.  So  entsteht  beim  Ver- 
brennen der  Kohle  eine  Verbindung  von  Kohle  und  Sauerstoff:  Koh- 
lensäure, beim  Verbrennen  des  Schwefels  die  stechend  riechende 
schweflige  Säure. 

Manche  Metalle  verbinden  sich  mit  Sauerstoff  bei  gewöhnlicher 
Temperatur,  sie  oxydiren  sich  oder  rosten,  wie  man  zu  sagen 
pfiegt. 

In  ähnlicher  Weise  werden  auch  viele  andere  Körper  durch  den 
Sauerstoff  der  Luft  langsam  oxydirt,  z.  B.  Alkohol,  Aether;  diese 
verwandeln  sich  dadurch  in  Essigsäure ; hierauf  beruht  das  Sauerwerden 
der  Collodien  sowie  der  alkoholhaltigen  Silberbäder.  Pyrogallus- 
säure  verbindet  sich  mit  dem  Sauerstoff  der  Luft  unter  Braunwerden. 
Sehr  schnell  geht  diese  Oxydation  bei  Gegenwart  von  Alkalien  vor 
sich.  Der  geruch-  und  geschmacklose  Sauerstoff  wird  durch  verschie- 
dene Einflüsse,  z.  B.  durch  den  electrischen  Funken,  durch  die 
Gegenwart  oxydirbarer  Körper  (wie  Phosphor,  Terpentinöl) 
in  eine  merkwürdige  Modification  übergeführt,  die  man  Ozon  nennt. 
Dieses  riecht  eigenthümlicli  chlorartig,  und  zeichnet  sich  durch  ein 
höchst  energisches  Oxydationsvermögen  aus.  Dieser  active  Sauer- 
stoff zerstört  Farbstoffe,  verwandelt  Alkohol  schnell  in  Essigsäure, 
zerfrifst  Korke,  Kautschuckröhren,  oxydirt  sogleich  die  Pyrogallus- 
säure,  färbt  Guajactinctur  blau,  verwandelt  gelbes  Blutlaugensalz  in 
rothes,  zersetzt  Jodkalium  und  andere  Jodmetalle  unter  Freiwerden  von 
Jod,  oxydirt  alle  Metalle,  Gold  und  Platina  ausgenommen,  und  färbt 
Manganoxydulsalze  braun  unter  Bildung  von  Mangansuperoxyd.  Es 
ist  sehr  wahrscheinlich,  dafs  die  Umwandlung  des  gewöhnlichen  Sauer- 
stoffs in  activen  Sauerstoff  allen  Oxydationen  vorangeht,  z.  B.  beim 
Sauerwerden  des  Alkohols,  dem  Rothwerden  des  Collodions,  (hierbei 
werden  die  Jodsalze  zersetzt  und  Jod  freigemacht). 

Dafs  das  Ozon  auch  in  anderer  Hinsicht  photographisch  wichtig 
ist,  geht  aus  den  Seite  66  angeführten  Thatsachen  hervor. 


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Wasserstoff.  — Chlor. 


71 


Aufeer  dem  Ozon  giebt  es  noch  eine  zweite  Modification  des 
Sauerstoffs,  das  Antozon,  welche  man  durch  Behandeln  von  Baryum- 
superoxyd  mit  Schwefelsäure  erhält;  dieses  unterscheidet  sich  von  dem 
Ozon  dadurch,  dafs  es  Pyrogallussäure  nicht  zersetzt,  Guajactinctur 
nicht  blau,  gelbes  Blutlaugensalz  nicht  roth  und  Mangansalz  nicht 
braun  färbt,  aber  dasWasser  sogleich  in  Wasserstoffsuperoxyd  (HO-+-0) 
verwandelt,  welches  seinerseits  wieder  kräftig  oxydirend  wirkt.  Bei 
diesen  Oxydationen  wird  das  Antozon  zunächst  in  Ozon  umgewandelt, 
welches  alsdann  die  Verbindung  mit  dem  zu  oxydirenden  Körper 
eingeht. 

Die  Untersuchungen  über  diese  merkwürdigen  Zustände  des  Sauer- 
stoffs sind  noch  nicht  abgeschlossen.  Im  reinen  Zustande  hat  man 
bisher  weder  Ozon  noch  Antozon  dargestellt,  sondern  nur  gemengt 
mit  gewöhnlichem  inactiven  Sauerstoff. 

Wasserstoff  (H), 

Atomgewicht  = 1, 

bildet  einen  Hauptbestandteil  des  Wassers,  welcher  aus  1 Theil 
Wasserstoff  und  8 Theilen  Sauerstoff  besteht,  und  wird  aus  diesem 
leicht  dargestellt  mit  Hülfe  von  Körpern,  die  den  Sauerstoff  chemisch 
binden;  am  einfachsten  durch  Uebergiefsen  von  Zink  mit  Wasser  und 
Schwefelsäure.  Das  Zink  entzieht  dem  Wasser  den  Sauerstoff  und  bil- 
det Zinkoxyd,  das  sich  mit  der  Schwefelsäure  zu  schwefelaaurem  Zink- 
oxyd verbindet.  Der  Wasserstoff  entweicht  als  Gas,  das  sich  durch  seine 
Leichtigkeit  (es  ist  14^ mal  leichter  als  atmosphärische  Luft)  und 
durch  seine  Brennbarkeit  auszeichnet.  Es  brennt  angezündet  mit 
ganz  blasser  Flamme  und  verbündet  sich  dabei  mit  dem  Sauerstoff  der 
Luft  zu  Wasser.  Mit  Sauerstoff  oder  atmosphärischer  Luft  gemengt 
und  entzündet,  explodirt  eg  mit  grofser  Energie. 

Eine  Wasserstoffflamme,  in  welche  Sauerstoff  geblasen  wird,  brennt 
unter  enormer  Temperaturentwicklung  (Knallgasgebläse).  Ein  Kalk- 
oder Magnesiacylinder  wird  darin  weifsglühend,  und  strahlt  ein  inten- 
sives Licht  aus,  das  bereits  mit  Erfolg  zum  Photographien  benutzt 
worden  ist  (Drummond’sches  Kalklicht). 

Chlor  (CI). 

Atomgewicht  — 35,5, 

Das  Chlor  ist  in  freiem  Zustande  eine  grünlich  gefärbte,  eigen- 
tümlich riechende  giftige  Luftart,  fast  2^ mal  so  schwer  als  atmo- 
sphärische Luft,  die  sich  beim  Erwärmen  von  Braunstein  (Mangansuper- 
oxyd)  mit  Salzsäure  bildet.  Es  löst  rieh  leicht  in  Wasser,  1 Vo- 
lumen Wasser  nimmt  ungefähr  2J-  Volumen  Chlor  auf  und  bildet  so 
das  lichtempfindliche  Chlorwasser  (s.  S.  17). 

Das  Chlor  zeichnet  sich  durch  seine  starke  Verwandtschaft  zu 


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72 


Brom.  — Jod. 


andern  Körpern  aus;  pulveriges  Antimon  und  Arsenik  fangen  im  Chlor- 
gas Feuer,  ebenso  verbindet  es  sich  leicht  und  schnell  mit  anderen 
Metallen,  selbst  mit  Gold,  Platina.  Diese  lösen  sich  daher  in  Chlor- 
wasser. 

Diese  Verbindungen  der  Metalle  mit  Chlor  haben  ganz  den  Cha- 
rakter von  Salzen.  Man  nennt  sie  Haloidsalze.  Als  bekannt  füh- 
ren wir  an:  das  Kochsalz,  Chlornatrium,  das  Chlorsilber,  Chlor- 
eisen, Clorgold,  Chlorzink.  Merkwürdig  ist  das  Vereinigungsbestreben 
des  Chlors  zum  Wasserstoff.  Es  äufsert  sich  beim  Verhalten  des 
Chlorwassers  im  Licht  (s.  o.  S.  17);  ebenso  in  den  Eigenschaften 
eines  Gemenges  von  Chlorgas  und  Wasserstoffgas,  das  beim  Bestrahlen 
oder  beim  Anzünden  unter  Bildung  von  Chlorwasserstoff  explodirt. 

Auf  diese  starke  Verwandtschaft  des  Chlors  zum  Wasserstoff  be- 
ruht sein  Bleichvermögen.  Viele  Farbstoffe  werden  bei  Gegen- 
wart von  Chlor,  indem  es  ihnen  den  Wassserstoff  entzieht,  zerstört. 

Bei  Gegenwart  von  Wasser  wird  Chlor  Oxydationsmittel, 
indem  es  den  Sauerstoff  unter  Bildung  von  Chlorwasserstoff  frei  macht 
(Cl+H0  = HCl-4-0). 

Wie  die  Farbstoffe  werden  auch  riechende  und  ansteckende 
Stoffe  durch  Chlor  zerstört,  daher  benutzt  man  es  zum  Desinficiren. 
Selten  wendet  man  dazu  das  freie  Chlor  an,  sondern  gewöhnlich  den 
Chlorkalk.  Dieser  ist  ein  Salz  der  unterchlorigsauren  Säure, 
einer  Verbindung  von  Chlor  und  Sauerstoff  (CIO),  welches  sehr  leicht 
unter  Freiwerden  von  Chlor  zersetzt  wird. 

Wir  betrachten  dieses  Salz  später. 

Brom  (Br). 

Atomgewicht  = 80. 

Brom  ist  im  freien  Zustande  eine  braune,  unangenehm  riechende, 
bei  63°  siedende  Flüssigkeit  (sp.  G.  2,o),  giftig  wie  das  Chlor  und  in 
allen  seinen  Verwandtschafts  Verhältnissen  diesem  äufserst  ähnlich,  je- 
doch chemisch  nicht  so  kräftig  wirkend.  Es  löst  sich  in  Wasser 
unter  Bildung  von  Bromwasser,  hat  grofse  Verwandtschaft  zum  Was- 
serstoff und  bildet  damit  die  Bromwasserstoffsäure.  Mit  Metallen  bildet 
es  Brom  me  falle,  die  den  Chlormetallen  in  vielen  Beziehungen  ähn- 
lich sind;  wir  erwähnen  hier  das  Bromkalium,  Bromnatrium,  Brom- 
cadmium. Ihre  Beschreibung  folgt  unten. 

Jod  (J). 

Atomgewicht  = 127. 

Jod  ist  ein  fester  Körper  von  schwarzer  Farbe,  krystallisirbar, 
der  bei  107'  schmilzt,  bei  180'  siedet,  dabei  violette  Dämpfe  bildet, 
chlorartig  riecht,  sich  in  geringer  Menge  mit  gelber  Farbe  in  Wasser 
löst,  leichter  mit  brauner  Farbe  in  Alkohol  (Jodtinctur),  noch  leichter 


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Lösungsmittel,  r—  Wasser. 


73 


in  Jodkali  nmlösung.  Es  zeigt  eine  bedeutend  schwächere  Verwandt- 
schaft zum  Wasserstoff  als  Chlor  und  Brom , bildet  aber  damit  eine 
Verbindung  Jodwasserstoffsäure.  (HJ).  Mit  Metallen  bildet  es 
salzartige  Verbindungen,  die  Jodmetalle;  z.  B.  Jodkalium,  Jodzink, 
Jodcadmium,  Jodsilber.  Mit  feuchter  Stärke  giebt  es  eine  intensiv 
blau  gefärbte  Verbindung,  die  Jodstärke. 

Man  fafst  die  drei  Körper  Chlor,  Brom  und  Jod,  weil  sie  mit 
Metallen  so  deutlich  ausgeprägte  salzartige  Verbindungen  bilden,  unter 
dem  Namen  Salzbilder  (Halogene)  zusammen. 

Die  Lösungsmittel. 

Corpora  non  agunt  nisi  fluida,  d.  i.  Körper  wirken  nur  im  flüs- 
sigen Zustande  chemisch  auf  einander,  heifst  ein  Ausspruch  der  alten 
Chemiker,  und  getreu  diesem  Grundsätze,  von  dem  nur  wenige  Aus- 
nahmen existiren,  sucht  man  feste  Körper,  die  auf  einander  wirken 
sollen,  gewöhnlich  in  flüssige  Form  zu  bringen.  Dies  geschieht 
entweder  durch  Schmelzen,  oder  durch  Auflösen,  d.  h.  Flüssigmachen 
mit  Hülfe  eines  bereits  flüssigen  Körpers,  der  sich  mit  der  festen  Sub- 
stanz zu  einer  homogenen  Masse  verbindet,  die  in  jeder  Hinsicht  sich 
einer  Flüssigkeit  analog  verhält.  Die  wichtigsten  Lösungsmittel  in  der 
Photographie,  wie  in  der  Chemie  überhaupt,  sind  Wasser,  Alkohol 
und  Aether.  Andere,  wie  Benzin,  Terpentinöl,  Schwefelkohlenstoff, 
Glycerin  werden  nur  ausnahmsweise  angewendet. 

a)  Wa8ser(H0). 

Atomgewicht  = 9. 

Vor  allen  Lösungsmitteln  empfiehlt  sich  das  Wasser  durch  seine 
Billigkeit,  durch  seine  leichte  Reindarstellung  und  durchseine 
Lösungsfähigkeit  für  eine  grofse  Anzahl  von  Substanzen. 

In  immenser  Quantität  findet  sich  dasselbe  in  der  Natur,  freilich 
immer  mehr  oder  weniger  verunreinigt.  Sehr  unrein  ist  das  Was- 
ser der  Meere,  weil  diese  einen  riesigen  Spültrog  für  alle  Unrei- 
nigkeiten des  festen  Landes  bilden.  Reiner  ist  das  Quell-,  noch  reiner 
das  Flufswasser.  Manche  Quellwasser,  namentlich  in  Hochgebirgen, 
sind  so  rein,  dafs  sie  kaum  1 Hunderttausendtheil  feste  Substanzen 
enthalten.  Die  gewöhnlichen  Unreinigkeiten  sind  Kohlensäure,  koh- 
lensaurer und  schwefelsaurer  Kalk,  Chlorcalcium. 

Letztere  Verunreinigung  veranlafst  die  bekannte  Trübung  beim 
Auswaschen  der  Silberbilder.  Als  Spülwasser  (für  Platten,  Pa- 
pier) lassen  sich  solche  Wasser  ohne  Schaden  verwenden.  Nachthei- 
liger ist  schon  ein  Gehalt  von  organischen  Substanzen  oder  Schwefel- 
wasserstoff, der  in  empfindlicher  Weise  auf  die  Silbersalze  der  photo- 
graphischen Platten  reagirt. 

Wasserleit ungswasser  ist  meistentheils  zum  Spülen  das  Beste. 


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74 


Wasser. 


Behufs  der  Anwendung  als  Lösungsmittel  soll  jedoch  das  Wasser 
von  allen  diesen  Substanzen  befreit  sein,  und  daher  nimmt  man  hierzu 
entweder  Eiswasser  oder  Regenwasser.  Beide  sind,  wenn  sie  unter 
Vorsichtsmalsregeln  aufgesammelt  worden  sind,  hinreichend  rein.  Re- 
genwasser enthält  jedoch  oft  Ammoniak,  und  ist  es  vom  Dach  gelau- 
fen, auch  Kalksalze  u.  dgl. 

Für  den  gewöhnlichen  Bedarf  in  der  Photographie  benutzt  man 
jedoch  das  destillirte  Wasser,  d.  h.  Wasser,  welches  in  einer  De- 
stillirblase  abgedampft  und  dessen  Dämpfe  dann  wieder  durch  Abkühien 
condensirt  wurden.  Diese  Wasser  sind  jetzt  allenthalben  im  Handel 
zu  haben,  enthalten  aber  zuweilen  noch  organische  Substanzen.  Man 
erkennt  dieselben  durch  Versetzen  mit  etwas  Silberlösung  und  Aus- 
setzen an  das  Licht.  Bei  Gegenwart  organischer  Substanzen  färbt 
sich  das  Wasser  dunkel.  Eine  weitere  Prüfung  auf  seine  Reinheit  ist 
die  mit  Lackmuspapier.  Es  mufs  vollkommen  neutral  reagiren  und 
ferner  darf  es  weder  mit  Chlorbarium  noch  mit  Höllenstein  einen 
Niederschlag  geben,  noch  sich  mit  Schwefelammonium  oder  Oxalsäuren 
Ammon  trüben,  oder  beim  Eindampfen  einen  merklichen  Rückstand 
hinterlassen. 

Im  reinen  Zustande  bildet  das  Wasser  eine  geruch-  und  geschmack- 
lose Flüssigkeit,  aus  Sauerstoff  und  Wasserstoff  (a.  o.)  bestehend,  die 
bei  0*  gefriert,  bei  100“  siedet,  aber  schon  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur langsam  verdunstet.  Es  hat  bei  4°  seine  gröfste  Dichtigkeit  und 
dehnt  sich  beim  Gefrieren  aus.  Das  spec.  Gewicht  desselben  wird  als 
Einheit  genommen.  In  Frankreich  ist  das  Gewicht  eines  Cubikcenti- 
meters  Wasser  die  Gewichtseinheit  = 1 Gramm. 

Das  Wasser  ist  ein  wichtiger  Bestandtheil  vieler  chemischen  Ver- 
bindungen; so  findet  es  sich  verbunden  mit  Schwefelsäure,  Salpeter- 
säure etc.  als  Hydratwasser,  ferner  verbunden  mit  Eisenvitriol, 
Kupfervitriol,  unterschwefligsaurem  Natron,  alsKrystallwasser.  V iele 
dieser  Salze,  wie  Eisenvitriol,  unterschwefligsaures  Natron,  verlieren 
ihr  Wasser  theil weise  an  der  Luft,  sie  verwittern.  Dagegen  giebt 
es  andere  Salze,  weiche  mit  Energie  Wasser  aus  der  Luft  anziehen, 
dahin  gehört  das  Chlorcalcium;  diese  zerfliefsen.  Man  wendet  sie 
zum  Trocknen  an. 

Das  Wasser  löst  feste  und  flüssige  Substanzen  und  Gase  auf;  die 
Löslichkeit  der  festen  Substanzen  steigt  mit  der  Temperatur  (nur  Kalk, 
Gyps,  Glaubersalz  sind  in  höherer  Temperatur  schwerer  löslich,  wie 
in  niedrigerer). 

Gase  lösen  sich  um  so  leichter,  je  niedriger  die  Temperatur,  und 
je  gröfser  der  Druck  ist.  Daher  kommt  es,  dafs  Salzlösungen  in  der 
Kälte  einen  Theil  ihres  Salzes  ausscheiden,  und  andererseits  die  im 
Wasser  enthaltene  Luft  beim  Sieden  entweicht. 


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Alkohol. 


75 


b)  Alkohol  (CtH,0,). 

Atomgewicht  = 46. 

Der  Alkohol  ist  nach  dem  Wasser  für  Photographen  das  wich- 
tigste Lösungsmittel  und  bildet  als  solches  einen  Hauptbestandteil  des 
Collodions. 

Er  ist  ein  Kunstproduct,  das  durch  Gährung  des  Zuckers  erzeugt 
wird , nnd  im  rohen  Zustande  als  Spiritus  noch  eine  beträchtliche 
Quantität  Wasser,  aufserdem  flüchtige  Oele  (Fuselöl)  enthält.  Von 
beiden  befreit  man  es  durch  wiederholte  Destillation  in  besonders  con- 
struirten  Apparaten,  und  wird  er  auf  diese  Weise  so  weit  rectiflcirt, 
daüs  er  nur  noch  5 Procent  W asser,  also  95  Procent  Alkohol  enthält. 
Man  bezeichnet  die  Stärke  des  Spiritus  nach  seinem  Procentgehalt  an 
reinem  Alkohol.  90gradiger  Spiritus  enthält  z.  B.  90  Volumen  Spi- 
ritus, 10  Volumen  Wasser.  Will  man  ihn  ganz  wasserfrei  haben,  so 
mufs  man  ihn  über  eine  wasserabsorbirende  Substanz,  wie  Chlorcalcium 
oder  kohlensaures  Kali,  destilliren. 

Für  photographische  Zwecke  ist  der  Alkohol  von  95°  stark 
genug. 

Vollkommene  Reinigung  von  Fuselölen  ist  höchst  wünschenswerth, 
da  diese  sonst  wegen  ihrer  reducirenden  Eigenschaften  Störungen  in 
der  photographischen  Praxis  (in  Silberbädern)  hervorrufen  können. 
Man  erkennt  den  Fuselgehalt  am  besten  am  Geruch,  wenn  man  etwas 
Spiritus  verdunsten  läfst. 

Reiner  Alkohol  riecht  angenehm,  schmeckt  brennend,  hat  ein 
specifisches  Gewicht  von  0,so»,  er  gefriert  nicht  und  siedet  bei  78,4“. 
Das  specifische  Gewicht,  wie  der  Siedepunkt  steigen  mit  dem  Wasser- 
gehalt, so  dafs  man  aus  ersterem  den  Wassergehalt  ermitteln  kann. 

Der  Alkohol  verbrennt  leicht;  er  mischt  sich  in  jedem  Verhält- 
nis mit  Wasser. 

Beim  Mischen  von  starkem  Alkohol  mit  Wasser  wird  Wärme  frei, 
die  schon  mit  der  Hand  fühlbar  ist  Das  Volumen  der  Mischung  ist 
kleiner,  als  die  Summe  der  Volumen  der  einzelnen  Bestandtheile. 
Mischt  man  z.  B.  50  Volumen  Alkohol  und  50  Volumen  Wasser,  so 
ist  das  Volumen  der  Mischung  nicht  100,  sondern  nur  97. 

Wie  Wasser,  so  verbindet  sich  auch  der  Alkohol  mit  gewissen 
Salzen  chemisch  zu  krystallisirbaren  Substanzen,  z.  B.  mit  Chlor- 
calcium. 

Er  löst  viele  Salze  auf,  im  Durchschnitt  jedoch  nicht  so  leicht  als 
Wasser,  andrerseits  löst  er  auch  viele  in  Wasser  unlösliche  oder  schwer 
lösliche  Körper,  *.  B.  Jod,  Fette,  Oele,  Harz,  Farbstoffe.  Viele  Gas- 
arten absorbirt  er  kräftig. 

Durch  den  Sauerstoff  der  Luft  wird  er  unter  Umständen  oxydirt 
und  dadurch  Aldehyd  und  Essigsäure  gebildet. 


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76 


Aether.  — Methylalkohol. 


Mit  Schwefelsäure  erwärmt  liefert  er  Aethersch wefelsäure, 
die  mit  überschüssigem  Alkohol  auf  140“  erwärmt  den  Aether  liefert. 

c)  Aether  (C4  H,  O). 

Dieser  Körper  wird  durch  Erwärmen  von  Alkohol  mit  Schwe- 
felsäure dargestellt.  Er  destillirt  dabei  als  eine  eigenthümlich  rie- 
chende helle  Flüssigkeit  über,  deren  specifisches  Gewicht  0,736  ist,  und 
die  schon  bei  35*  siedet.  Er  verdunstet  daher  schon  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  beträchtlich  und  mufe  deshalb  in  wohlverschlossenen 
Flaschen  aufbewahrt  werden. 

Der  rohe  Aether  enthält  noch  Alkohol,  Wasser  und  eigentüm- 
liche Zersetzungsproducte  (schweres  Weinöl  u.  A.).  Den  Alkohol- 
gehalt erkennt  man  (wenn  er  beträchtlich  ist)  durch  Schütteln  mit 
einer  gemessenen  Quantität  Wasser,  welche  dadurch  an  Volumen 
auffallend  zunimmt,  den  Wassergehalt  durch  Schütteln  mit  wasser- 
freiem (weifsen)  Kupfervitriol,  der  dadurch  blau  wird,  das  Weinöl  am 
Geruch. 

Letzteres  ist  ebenso  nachtheilig  als  das  Fuselöl  im  Alkohol  (s.  o.). 
Aether  ist  sehr  leicht  entzündlich,  brennt  mit  leuchtender  rossender 
Flamme.  Sein  Dampf  kann  Explosionen  veranlassen.  Er  löst  Salze 
meist  schwerer  wie  Alkohol,  Fette  und  flüchtige  Oele  aber  leichter. 
Mit  Alkohol  mischt  er  sich  in  jedem  Verhältnifs,  nicht  aber  mit  Wasser. 
10  Theile  Wasser  lösen  1 Theil  Aether.  Eingeathmet  bewirkt  er  Be- 
sinnungs-  und  Empfindungslosigkeit. 

Der  Aether  verhält  sich  ähnlich  einer  Basis  und  bildet  mit  ver- 
schiedenen Säuren  Salze,  so  das  essigsaure  Aethyloxyd  (Essigäther), 
salpetersaures  Aethyloxyd  (Salpeteräther)  etc.  Diese  spielen  in  der 
Photographie  keine  Rolle. 

d)  Methylalkohol  (C,H,0,). 

Der  Methylalkohol  oder  Holzgeist  entsteht  bei  der  trocknen  De- 
stillation des  Holze  und  bildet  so  einen  Bestandteil  des  rohen  Holz- 
essigs, von  dem  er  sich  durch  Destillation  mit  Kalk  trennen  läfst 
Er  ist  eine  dem  Alkohol  sehr  ähnliche  Flüssigkeit,  die  bei  60"  siedet 
und  statt  des  Alkohols  öfter  in  der  Photographie  verwendet  wird, 
namentlich  in  den  Ländern,  in  welchen  ersterer  (der  Steuer  wegen) 
hoch  im  Preise  ist. 

Säuren. 

Es  giebt  in  der  Chemie  eine  Reihe  von  theils  festen,  theils 
flüssigen,  theils  luftformigen  Körpern,  die  sich  durch  einen  sauren 
Geschmack,  durch  ihre  Fähigkeit,  blaues  Lackmuspapier  roth 
zu  färben,  auszeichnen  und  welche  mit  Metalloxyden  eigentümliche 
Verbindungen  eingehen,  die  man  Salze  nennt.  Man  nennt  diese 
Körper  Säuren. 


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Schwefelsäure.  — Salpetersäure. 


77 


Die  charakteristischen  Eigenschaften  derselben  sind  mehr  oder 
weniger  stark  ausgesprochen,  so  haben  manche  Säuren  keinen  sauren 
Geschmack,  z.  B.  Kieselsäure,  oder  sie  wirken  wenig  auf  Lackmus- 
papier, z.  B.  Kohlensäure,  oder  haben  nur  schwache  Verwandtschaft 
zu  Metalloxyden,  z.  B.  Pyrogallussäure. 

Diese  Säuren  sind  theils  Sauerstoffverbindungen  der  Me- 
talloide, diese  vereinigen  sich  mit  Metalloxyden  unmittelbar  zu  Sauer- 
stof fsalzen,  z.  B.  Schwefelsäure  mit  Eisenoxydul  zu  schwefel- 
saurem Eisenoxydul,  oder  es  sind  Wasserstoffverbindungen, 
z.  B.  die  Salzsäure,  welche  aus  Chlor  und  Wasserstoff  besteht.  Diese 
vereinigen  sich  mit  Metailoxyden  zu  sogenannten  Haloidsalzen, 
z.  B.  Chlorwasserstoffsäure  und  Silberoxyd  vereinigen  sich  zu  Chlor- 
silber unter  Bildung  von  Wasser  (HCl-+-AgO=  AgCl -f-HO). 

In  der  Photographie  spielen  mehrere  derselben  eine  wichtige 
Rolle,  theils  in  freiem  Zustande,  theils  in  Verbindung  mit  Metalloxyden. 

Schwefelsäure  (SO,-l-HO). 

Atomgewicht  = 49. 

Die  Schwefelsäure  kommt  als  eine  ölige  schwere  Flüssigkeit  im  Han- 
del vor,  theils  rauchend  (Nordhauser  Schwefelsäure),  theils  nicht  rau- 
chend (englische  Schwefelsäure).  Nur  letztere  findet  in  der  Photo- 
graphie Anwendung. 

Die  im  Handel  vorkommende  Säure  enthält  meistens  etwas  Wasser. 
Sie  bildet  eine  farblose  (oder  von  Verunreinigungen  mit  organischen 
Substanzen  leicht  gelb  gefärbte)  Flüssigkeit,  siedet  bei  330°,  zieht  mit 
grofser  Energie  Wasser  aus  der  Luft  an,  mischt  sich  mit  Wasser 
unter  starker  Erhitzung,  und  entzieht  vielen  wasserhaltige  Substanzen 
ihr  Wasser.  Organische  Stoffe  (Holz,  Papier,  Haut)  werden  davon 
zerstört.  In  der  Photographie  dient  sie  zum  Ansetzen  mancher  Ent- 
wickler; ferner  zur  Fabrikation  der  Schiefsbaumwolle;  ferner  gemein- 
schaftlich mit  chromsanrem  Kali  zum  Plattenreinigen. 

Von  den  Salzen  der  Schwefelsäure  sind  von  Wichtigkeit:  das 
schwefelsaure  Eisenoxydul,  dessen  Eigenschaften  schon  früher  (S.  20) 
besprochen  wurden.  Ferner  ist  das  schwefelsaure  Silberoxyd  zu  er- 
wähnen, welches  als  Verunreinigung  der  Silberbäder  nicht  selten  vor- 
kommt und  sich  wegen  seiner  Schwerlöslichkeit  leicht  in  Krystallen 
ausscheidet,  an  die  Platten  setzt  und  Löcher  veranlafst. 

Salpetersäure  (NO.-4-HO). 

Atomgewicht  = 63. 

Sie  kommt  theils  ln  concentrirtem  Zustande  mit  1 Atom  Wasser 
(1,5  spec.  Gew.),  theils  in  verdünntem  Zustande  mit  4 Atomen  Wasser 
und  I,a  spec.  Gew.  als  officinelle  Säure  im  Handel  vor.  Letztere 
ist  die  von  Photographen  und  Chemikern  am  häufigsten  angewendete. 


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78 


8alzsäure.  — Essigsäure. 


Die  starke  Säure  zersetzt  sich  schon  im  Licht  unter  Gelb- 
werden (siehe  S.  18),  die  schwächere  officinelle  ist  lichtbeständig,  sie 
siedet  bei  123",  giebt  leicht  Sauerstoff  ab,  dient  daher  als  wichtiges 
Oxydationsmittel.  Die  meisten  Metalle  werden  in  dieser  Weise  von 
der  Salpetersäure  oxydirt  und  dann  unter  Bildung  salpetersaurer 
Salze  gelöst;  dabei  wird  die  Salpetersäure  zu  Stickoxyd  (NO,)  redu- 
cirt,  das  in  der  Luft  rothe  Dämpfe  von  Untersalpetersäure  (N04) 
bildet.  Im  reinen  Zustande  benutzt  man  die  Salpetersäure  zum  Auf- 
lösen des  Silbers  behufs  der  Höllensteindarstellung,  aufserdem  zum 
Ansäuern  der  Silberbäder.  Die  concentrirte  Säure  dient  in  Gemein- 
schaft mit  Schwefelsäure  zur  Fabrikation  der  Schiefsbaumwolle. 
Wichtig  ist  ihre  Reinheit  von  Schwefelsäure  und  Chlor.  Man  prüft 
sie  auf  beide,  indem  man  sie  verdünnt  und  mit  salpetersaurem  Silber 
oder  mit  salpetersaurem  Baryt  versetzt.  Erstere  zeigt  freies  Chlor, 
letzteres  freie  Schwefelsäure  an.  Die  unreine  Salpetersäure  des  Han- 
dels benutzt  man  zum  Plattenreinigen. 

Das  für  die  Photographie  wichtigste  ihrer  Salze  ist  das  salpe- 
tersaure Silberoxyd,  dann  das  salpetersaure  Uranoxyd,  das 
wir  schon  früher  betrachtet  haben. 

Chlorwasserstoffsäure  (HCl), 

Atomgewicht  = 36,4, 

ist  in  reinem  Zustande  ein  Gas,  das  beim  Uebergielsen  von  Kochsalz 
mit  Schwefelsäure  frei  wird.  Es  löst  sich  sehr  leicht  in  Wasser  und 
bildet  so  die  wässerige  Salzsäure,  die  in  der  Chemie  vielfach,  seltener 
in  der  Photographie  angewendet  wird. 

Mit  Metalloxyden  bildet  sie  Chlormetalle  und  dient  sie  so  als  ein 
wichtiges  Lösungsmittel  für  Metalle. 

Essigsäure  (C4H,0,-1-H0) 

kommt  in  reinem  Zustande  unter  dem  Namen  Eisessig  in  dem  Handel 
vor  und  bildet  eo  eine  wasserhelle,  stark  riechende  Flüssigkeit,  die  bei 
15*  schon  fest  wird  und  so  weifse  Krystalle  bildet  und  bei  119"  siedet. 
Sie  mischt  sich  in  jedem  Verb&ltnifs  mit  Wasser.  Sie  bildet  sieh  bei 
derOxydation  des  Alkohols,  der  sich  dabei  zuerst  in  Aldehyd  (C4  H,  Oa) 
verwandelt,  welcher  durch  weitere  Sauerstoffaufnahme  in  Essigsäure 
übergeht. 

Essigsäure  wird  als  Zusatz  zum  Entwickler  angewendet,  und  wirkt 
hier  einerseits  verlangsamend  auf  die  Reduction  des  Silbers,  andrerseits 
schleierverhütend. 

Von  seinen  Salzen  ist  das  essigsaure  Natron 
(NaOC,  H,  03  +HO) 

bemerkenswert!),  welches  als  Zusatz  bei  Goldtonbfidern  verwendet 
wird. 


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Ameisensäure.  — Basen  und  Salze. 


79 


Essigsaures  Silberoxyd  bildet  sich  öfter  in  Silberbädern  durch 
Oxydation  des  darin  enthaltenen  Alkohols,  es  ist  ein  schwer  lösliches 
Salz,  welches  sieh  leicht  in  Nadeln  ausscheidet,  an  die  Platten  setzt, 
und  hier  spiefs-  und  kreuzförmige  Flecke  veranlafst. 

Ameisensäure  (C,HO,-t-HO) 

bildet  eine  wasserhelle,  der  Essigsäure  ähnliche  Flüssigkeit,  welche  bei 
100“  siedet  und  in  der  Kälte  erstarrt  Sie  riecht  durchdringend  sauer, 
erzeugt  Blasen  auf  der  Haut  und  nimmt  leicht  Sauerstoff  auf,  indem 
sie  dann  Kohlensäure  und  Wasser  bildet  (C2  HO,  -t-C,  0 = Ca04  -+-HO). 

Quecksilberoxyd  und  salpetersaures  Quecksilberoxydul  werden  da- 
von zu  metallischem  Quecksilber  reducirt.  Man  benutzt  sie  statt  der 
Essigsäure  im  Entwickler. 

Citronsäurre  und  Weinsäure  kommen  beide  im  festen  Zustande  im 
Handel  vor.  Sie  bilden  weifse,  in  Wasser  und  Weingeist,  aber  nicht 
in  Aether  lösliche  Krystalle  und  dienen  hauptsächlich  als  Verzögerer 
im  Entwicklung»-  und  Verstärkungsprocefs,  seltener  als  Zusatz  zum 
Positiv-Papier,  und  modificirend  auf  den  Ton  der  Bilder  zu  wirken. 
In  höherer  Temperatur  zersetzen  sie  sich.  Das  weinsaure  und  ci- 
tronsaure  Silbersalz  sind  höchst  lichtempfindlich,  ersteres  färbt  sich 
im  Lichte  braun,  letzteres  ziegelrotb. 

Weinsäure  giebt  mit  Kalisalzen  (z.  B.  Salpeter)  einen  schwer  lös- 
lichen Niederschlag  (Weinstein);  dadurch  unterscheiden  sie  sich  von 
der  Citrou8äure. 

Gerbsäure,  Gallussäure,  Pyrogallussäure  siebe  unter 
Reductionsmitt'el. 


Basen  und  Salze. 

Eine  grofse  Zahl  von  Metalloxyden  zeigt  Eigenschaften,  die 
denen  der  im  vorigen  Capitel  beschriebenen  Säuren  geradezu  ent- 
gegengesetzt sind.  Sie  färben  das  durch  Säuren  geröthete  Lackmus- 
papier wieder  blau  und  vernichten,  einer  Säure  zugesetzt,  den  sauren 
Geschmack  derselben  vollständig,  indem  sie  sich  mit  der  Säure  che- 
misch verbinden.  Diese,  chemischen  Verbindungen  zwischen  Säuren 
und  Metalloxyden  nennt  man  Salze,  und  weil  die  Metalloxyde  die 
Basis  dieser  Salze  bilden,  nennt  man  sie  Basen. 

Ein  solches  Metalloxyd  ist  beispielsweise  das  Natrium  ox  yd, 
in  Verbindung  mit  Wasser  unter  dem  Namen  Aetznatron  bekannt. 

Setzt  man  dieses  zu  Schwefelsäure,  so  verbinden  sich  beide  unter 
starkem  Erhitzen.  Fügt  man  zu  einer  gegebenen  Quantität  der  Säure 
so  lange  Natronlösung,  bis  dieses  nicht  mehr  sauer  reagirt,  d.  h.  bis 
Waues  Lackmuspapier  von  der  Mischung  nicht  mehr  roth  gefärbt  wird, 
so  erhält  man  das  schwefelsaure  Natron,  ein  Salz,  das  sich  schon 
durch  den  Geschmack  wesentlich  von  seineil  Bestandtheilen  unter- 


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80 


Basen  und  Salze.  — Kali. 


scheidet,  und  das  beim  Abdampfen  der  Flüssigkeit  in  weifsen  Krystallen 
anschiefst.  Man  nennt  dieses  Salz  im  gewöhnlichen  Leben  Glauber- 
salz. Es  reagirt  neutral,  d.  h.  färbt  weder  das  blaue  noch  das 
rothe  Lackmuspapier. 

In  dieser  Weise  benutzt  man  in  den  Photographieen  neben  Actz- 
natron  (nicht  zu  verwechseln  mit  dem  unterschwefligsauren  Natron) 
noch  eine  Reihe  ähnlicher  Körper  zum  Abstumpfen  saurer  Flüs- 
sigkeiten. So  z.  B.  Aetzkali,  Aetzammoniak.  Man  nennt  diese 
Körper  Alkalien. 

Diese  zeigen  die  oben  erwähnten  Eigenschaften:  alkalische 
Reaction  auf  Lackmus,  laugenhaften  Geschmack  und  grofse  Ver- 
wandtschaft zu  Säuren  im  ausgesprochensten  Mafse.  Eis  giebt 
aber  neben  diesen  noch  viele  andere  Metalloxyde,  die  ähnliche  Eigen- 
schaften zeigen;  so  der  gebrannte  Kalk  (Aetzkalk),  der  Aetz- 
baryt.  Alle  diese  wirken  noch  auf  Lackmuspapier,  ihre  Salze 
reagiren  neutral  und  sind  starke  Basen.  Andere  Metalloxyde,  wie 
Zinkoxyd,  Kupferoxyd,  Eisenoxyd  wirken  nicht  mehr  auf  Lackmus- 
papier, dennoch  geben  sie  mit  Säuren  Salze,  die  jedoch  nicht  neutral, 
sondern  sauer  reagiren;  man  nennt  diese  Metalloxyde,  weil  sie  die 
saure  Reaction  nicht  abzustumpfen  vermögen,  schwache  Basen. 
Solche  sauer  reagirende  Salze  sind  z.  B.  Eisenvitriol,  Kupfervitriol, 
Zinkvitriol  etc. 

Wie  es  schwache  Basen  giebt,  die  nicht  im  Stande  sind,  starke 
Säuren  zu  neutralisiren,  so  giebt  es  umgekehrt  auch  schwache 
Säuren,  die  nicht  im  Stande  sind,  die  alkalische  Reaction  starker 
Basen  zu  neutralisiren.  So  z.  B.  die  Kohlensäure,  die  Essig- 
säure, die  Phosphorsäure,  die  Borsäure. 

Daher  haben  wir  eine  Reihe  von  Salzen : kohlensaures,  phosphor- 
saures, borsaures  Kali,  Natron  und  Ammoniak,  die  nicht  neutral,  sondern 
alkalisch  reagiren.  Versetzt  man  diese  mit  einer  stärkeren  Säure, 
so  werden  die  schwachen  Säuren  ausgetrieben,  und  die  stärkere  Säure 
verbindet  sich  mit  der  Basis.  Tröpfelt  man  z.  B.  zu  Salpetersäure 
kohlensaures  Natron,  so  entweicht  die  gasförmige  Kohlensäure 
unter  Brausen  und  es  entsteht  salpetersaures  Natron.  Daher 
können  solche  alkalisch  reagirenden  Salze  gerade  so  wie  reine  Al- 
kalien zum  Abstumpfen  von  Säuren  verwendet  werden. 

Unter  den  Basen  heben  wir  als  photographisch  wichtig  hervor: 

Das  Kali. 

Das  im  Handel  vorkommende  Aetzkali  ist  eine  Verbindung  des 
Kaliumoxyds  mit  Wasser  (KO  HO).  Es  zeichnet  sich  vor  Allem 
durch  seine  kräftigen  basischen  Eigenschaften  aus.  Es  löst  sich  sehr 
leicht  in  Wasser  und  Alkohol,  zieht  mit  grofser  Energie  Kohlensäure 
aus  der  Luft  an  und  braust  alsdann  mit  Säuren,  giebt  mit  vielen 


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CyankaHmn. 


8f 


Metall  salzen  Niederschläge,  indem  es  das  Metalloid  ausfäÖt  önd  sich 
mit  der  Säure  verbindet.  Versetzt  man  z.  B.  salpetersaures  Silberoxyd 
mit  Kalilauge,  so  wird  das  Silberoxyd  niedergeschlagen  und'  salpeter- 
saures  Kali  bleibt  in  der  Flüssigkeit  gelöst.  Das  im  Handel  vorkom- 
mende Aetzkali  ist  gewöhnlich  mit  kohlensaurem,  schwefelsaurem  Kali 
und  Chlorkalium  verunreinigt.  Es  greift  die  Haut  an,  ebenso  viele 
organische  Substanzen,  z.  B.  Eiweifs,  Leder,  Leim,  und  verbindet  sich 
mit  Fetten  und  Harzen  zu  Seife.  Es  kann  daher  zur  Reinigung  von 
Glasplatten  benutzt  werden.  Jedoch  wird  dazu  mit  gleichem  Vortheil 
das  Aetznatron  benutzt.  Unter  den  Salzen  des  Kalis  ist  erwähnens- 
werth:  das  kohlensaure  Kali  (Pottasche),  das  salpetersaure 
Kali  (Salpeter)  und  mehrere  Haloidsalze,  so  das  Jodkalium,  Brom- 
kalium und  Chlorkalium,  die  wir  unten  als  Jodirungssalze 
gemeinschaftlich  betrachten  werden  (s.  Collodion);  ferner  das 

Cyankalium. 

Es  wird  durch  Schmelzen  von  3 Theilen  trocknem  kohlensauren  Kali  mit 
8 Theilen  getrocknetem  Blutlaugensalz  dargestellt.  Es  bildet  sich  hier- 
bei Cyankalium,  cyansaures  Kali  und  Eisen;  letzteres  setzt  sich  bald 
ab  und  kann  man  dann  das  geschmolzene  Salz  in  Formen  giefsen. 
Die  Beimengung  von  cyansaurem  Salz  schadet  nicht.  Setzt  man  wäh- 
rend des  Schmelzens  Kohle  zu,  so  erhält  man  ein  cyansäurefreies  Salz, 
das  jedoch  mit  Kohle  verunreinigt  ist.  Das  Cyankalium  (KaCy) 
ist  ein  weifses  Salz,  höchst  giftig,  reagirt  alkalisch,  löst  sich  sehr 
leicht  in  Wasser,  schwer  in  Weingeist,  zerfliefst  an  der  Luft,  riecht 
dann  nach  Blausäure,  indem  es  durch  die  Kohlensäure  der  Luft  zer- 
setzt wird,  hält  sich  in  wässeriger  Lösung  nicht  lange,  sondern  zersetzt 
sich  in  Ammoniak  und  ameisensaures  Kali.  Das  Cyankalium  hat  grofse 
Neigung  Doppelcyanür  zu  bilden. 

Auf  dieser  Fähigkeit  des  Cyans,  Doppelsalze  zu  bilden,  beruht 
die  Auflösung  von  Chlorsilber,  Bromsilber  und  Jodsilber  in  Cyan- 
kaliumlösung, eine  Eigenschaft,  durch  welche  es  für  den  Photographen 
als  Fixirmittel  wichtig  wird.  Man  benutzt  es  nämlich,  um  das  in 
den  Collodionplatten  zurückgebliebene  Jodsilber  und  Bromsilber  nach 
Vollendung  des  Bildes  zu  entfernen.  Es  bildet  sich  hierbei  Kalium- 
silbercyanür  (2KaCyH- AgJ  = KJ-hAgCy , KaCy),  welches  in  Was- 
ser löslich  ist. 

Das  Bild  wird  beim  Fixiren  mit  Cyankalium  leicht  ein  wenig  an- 
gegriffen, weil  nämlich  Cyankalium  das  metallische  Silber  durch 
Zutritt  des  Sauerstoffs  der  Luft  auflöst. 

Ag-f~2KCy-PO  = AgCyKCy-l-KÖ. 

Auch  andere  Metalle  werden  von  Cyankaliumlösung  angegriffen. 
Zink,  Eisen,  Nickel,  Kupfer  werden  unter  Entwickelung  von  "Wasser- 
stoff aufgelöst  (2KCy-t-Zn-t-HO==KCyZnCy-t-KO+H). 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  6 


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82 


Rhod&nkalium. 


Cadmium,  Silber,  Gold  lösen  sich  beim  Zutritt  der  Luft,  wie  oben 
angegeben;  Zinn,  Quecksilber  und  Platin  werden  nicht  angegriffen. 

Das  im  Handel  vorkommende  Cyankalium  enthält  oft  nicht  mehr 
als  25  pCt.  reines  Salz.  Um  es  zu  prüfen,  tröpfelt  man  in  eine  ge- 
wogene Quantität  des  Salzes  eine  titrirte  Silberlösung,  bis  ein  blei- 
bender (beim  Umschütteln  nicht  mehr  verschwindender)  Niederschlag 
entsteht.  1,7  Gramm  Silber  entsprechen  1,3  Gramm  Cyankalium. 

Das  gelbe  Blutlaugensalz  [Kaliumeisencyanür]  (FeCy,2KCy 
-1-3  HO)  ist  ein  krystallisirbares,  in  Wasser  lösliches  Eisendoppelcyanür, 
welches  mit  Eisenoxydulsalzen  einen  blafsblauen,  mit  Eisenoxydsalzen 
einen  dunkelblauen  Niederschlag,  Berlinerblau  (3FeCy-l-2Fe,  Cy,), 
liefert.  Auch  mit  anderen  Metallsalzen  giebt  es  gefärbte  Niederschläge, 
so  mit  Uranoxydsalzen  das  braune  Uraneisencyanür,  das  photographisch 
interessant  ist  (siehe  S.  40).  Das  Blutlaugensalz  absorbirt  mit  Leich- 
tigkeit freies  Jod,  indem  es  dabei  Jodkalium  und  Kaliumeisencyanid 
bildet 

2(FeCy-J-2KCy)-+-J=Fe,  Cy, -+-3KCyK  J. 

Es  wirkt  daher  als  Sensibilisator  auf  Jodsilber,  d.  h.  es  befördert 
die  chemische  Zersetzung  desselben  im  Lichte  sehr  energisch.  Hunt 
benutzte  es  zuerst  als  Sensibilisator,  später  Scheibe,  Reynolds  und 
Reifsig  (s.  Photographische  Mittheilungen  III,  S.  93). 

Durch  Behandeln  mit  Oxydationsmitteln , z.  B.  Chlor,  wird  das 
gelbe  Blutlaugensalz  in  rothes  Blutlaugensalz  [Kaliumeisencyanid] 
(3KaCyFe,Cy,)  übergefuhrt,  ein  in  Wasser  lösliches  rothes  Salz,  wel- 
ches mit  verschiedenen  Metallsalzen  ebenfalls  charakteristisch  gefärbte 
Niederschläge  liefert.  Mit  Eisenoxydsalzen  bildet  es  keinen  Niederschlag, 
mit  Eisenoxydulsalzen  aber  das  Turnbullblau  (3  Fe  Cy  -+-  Fe,  Cy,). 
Hierauf  beruht  die  Entwicklung  der  blauen  Eisenbilder  (siehe  S.  23). 
Durch  Reductionsmittel  wird  es  unter  Umständen  wieder  in  Blutlaugen- 
salz verwandelt. 

Schwefelcyankalium  (Rhodankalium). 

Rhodankalium  (KaCy,NS,)  wird  durch  Schmelzen  des  Blut- 
laugensalzes mit  Schwefelleber  erhalten;  es  ist  ein  weifses  Salz,  schmeckt 
ähnlich  dem  Salpeter,  ist  giftig,  zerfliefst  an  der  Luft,  löst  sich  leicht 
in  Wasser  und  Weingeist,  und  färbt  Eisenoxydlösungen  blutrotb. 
Es  wird  im  Obernetter’schen  Procefs  angewendet  (s.  S.  26).  Mit 
Silberlösungen  giebt  es  einen  weifsen  Niederschlag  von  Rhodansilber, 
der  sich  im  Ueberschufs  des  Rhodankaliums  zu  einem  Doppelsalze 
auflöst,  das  durch  viel  Wasser  zersetzt  wird.  Ebenso  löst  Rhodan- 
kalium Chorsilber,  Bromsilber  und  Jodsilber  auf.  Man  hat 
es  deshalb  zum  Fixiren  verwendet;  hierbei  sind  jedoch  zwei  Fixir- 
bäder  nöthig  (s.  den  II.  Theil). 


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Natronsalz«. 


83 


Natron. 

Das  Aetznatron  (Na OHO)  ist  in  seinem  Verhalten  dem  Aetzkali 
äufserst  ähnlich,  es  findet  sich  im  Handel  reiner  und  billiger  vor  als 
dieses.  Beide  unterscheiden  sich  nur  durch  ihr  Verhalten  zu  Säuren. 
Das  Natron  bildet  eine  Keihe  wichtiger  Salze,  die  in  der  Photographie 
öfter  Anwendung  finden.  Wir  erwähnen : 

Das  kohlensaure  Natron  (Na O CO, -1- 10 HO).  Dies  kommt 
in  weifsen,  an  der  Luft  leicht  verwitternden  Krystallen  im  Handel  vor, 
die  oft  schwefelsaures  Natron  und  Chlornatrium  enthalten.  Erstere 
Verunreinigung  erkennt  man  leicht,  wenn  man  das  Salz  mit  chemisch 
reiner  Salpetersäure  neutralisirt  und  dann  salpetersauren  Baryt 
hinzufügt.  Ein  weilser  Niederschlag  deutet  auf  Schwefelsäure.  Das 
Chlor  findet  man  durch  Zusatz  von  Silberlösung  zu  der  mit  Salpeter- 
säure neutralisirten  Lösung,  indem  sich  dann  weifses  Chlorsilber 
bildet. 

Das  kohlensaure  Natron  löst  sich  leicht  in  Wasser,  nicht  in  Al- 
kohol, die  Lösung  reagirt  alkalisch,  und  braust  auf  bei  Zusatz  von 
Säuren.  Sie  kann  daher  gerade  so  wie  Aetznatron  zum  Abstumpfen 
von  Säuren  gebraucht  werden.  Setzt  man  die  Lösung  zu  Metallsalzen, 
so  entsteht  ein  Niederschlag  von  kohlensaurem  Metalloxyd;  so  bildet 
sich  z.  B.  beim  Versetzen  von  salpetersaurem  Silberoxyd  mit  kohlen- 
saurem Natron  ein  weifsgelber  Niederschlag  von  kohlensaurem 
Silberoxyd 

AgONO.+NaOCO,  ==  AgOCO, -t-NaONO,. 

Das  zweifach  kohlensaure  Natron  (Na02CO,-4-HO)  kommt 
als  eine  weifse  Salzmasse  im  Handel  vor,  die  sich  viel  schwerer  als 
das  einfach  kohlensaure  Natron  in  Wasser  löst.  Es  braust  mit  Säuren 
viel  stärker  als  dieses  und  wird  ebenfalls  zum  Neutralisiren  verwendet, 
z.  B.  zum  Abstumpfen  der  überschüssigen  Säure  in  Goldbädern. 

Das  salpetersaure  Natron  (NaONO,)  kommt  in  cubischen 
Krystallen  im  Handel  vor  und  findet  in  der  Photographie  eine  unter- 
geordnete Anwendung  zum  Versetzen  der  Silberbäder.  Es  bildet  sich 
als  Nebenproduct  beim  Zersetzen  des  Jodnatriums  und  Bromnatriums 
mit  salpetersaurem  Silber.  Es  reagirt  neutral  und  enthält  häufig  Chlor. 

Phosphorsaures  Natron  (2NaOPO, -+-24HO)  ein  verwittern- 
des, in  Wasser  leicht  lösliches  (1  Th.  Salz  löst  sich  in  4 Th.  Wasser), 
alkalisch  reagirendes  Salz  und  borsaures  Natron  [Borax], 
(Na02BoO, -+-10HO),  ein  weifses,  nicht  verwitterndes,  aber  schwer 
lösliches  (1  Th.  löst  sich  in  12  Th.  Wasser)  und  alkalisch  reagiren- 
des Salz,  werden  beide  in  der  Photographie  mit  Vorliebe  zum  Ab- 
stumpfen der  Goldbäder  benutzt. 

Noch  wichtiger  ist  für  die  Photographie  das  unterSchweflig- 
saure  Natron  (NaOS,0, -+-5  HO),  das  in  weifsen  Krystallen  im 

6* 


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Unterschwsfligwnm  Natron. 


s* 

Handel  vorkommt  und  im  Grofsen  in  Sodafabriken  dargestellt  wird, 
indem  man  schwefligsaures  Gas  (durch  Verbrennen  von  Schwefel  er- 
zeugt) auf  die  Lösung  von  Schwefelnatrium  (durch  Reduetion  von 
schwefelsaurem  Natron  mit  Kohle  erhalten)  wirken  läfst.  Neuerdings 
verwendet  man  den  Sodarückstand  (Calciumoxysulfuret)  zur  Bereitung 
des  Salzes.  Man  kocht  diesen  mit  10  bis  15  pCt.  Schwefel  und  Wasser, 
läfst  darauf  schwefligsaures  Gas  wirken,  und  erhält  so  unterschweflig- 
sauren Kalk,  den  man  durch  Glaubersalz  zersetzt.  Es  fällt  dadurch 
Gyps  nieder  und  das  unterschwefligsaure  Natron  bleibt  in  Lösung. 

Es  löst  sich  sehr  leicht  in  Wasser,  nimmt  mit  grofser  Energie 
Chlor,  Brom  und  Jod  auf,  indem  sich  hierbei  Haloidsalze  und  unter- 
schwefelsaures Natron  bilden 

2NaOS,  O,  -+-  J=NaJ-+-NaOS,  O, ; 
daher  wird  es  benutzt  zur  Absorption  des  freien  Chlors  (im  Bleichprocefs), 
sowie  zur  Titrirung  des  Jods.  Versetzt  man  eine  Auflösung  des  Sal- 
zes mit  einer  starken  Säure,  z.  B.  Salzsäure,  Schwefelsäure,  so  wird 
die  unterschweflige  Säure  ausgetrieben.  Diese  bleibt  anfangs  klar  in 
der  Flüssigkeit,  zersetzt  sich  jedoch  sehr  schnell,  indem  sich  Schwefel 
unter  weifser  Trübung  abscheidet  und  schweflige  Säure  entweicht 
(S,  O,  =S  + 80,).  Das  unterschwefligsaure  Natron  zeichnet  sich  aus 
durch  seine  Fähigkeit  Silbersalze  aufzulösen.  So  nimmt  es  mit 
Leichtigkeit  Chlorsilber,  Bromsilber,  Jodsilber  auf,  und  dadurch 
ist  es  in  der  Photographie  wichtig  als  F ixirmaterial,  d.  h.  als 
Lösungsmittel  der  in  den  halbfertigen  Bildern  enthaltenen  unlöslichen 
Silbersalze,  welche  hinausgeschafft  werden  müssen,  um  die  Bilder 
im  Lichte  haltbar  zu  machen. 

Versetzt  man  einen  Ueberschufs  von  Silberlösung  mit  unter- 
schwefligsaurer Natronlösung,  so  bildet  sich  ein  weifser  Niederschlag 
von  unterschwefligsaurem  Silberoxyd,  dieser  färbt  sich  jedoch 
sehr  schnell  gelb  und  braun  unter  Bildung  von  Schwefelsilber. 
Versetzt  man  aber  einen  Ueberschufs  von  unterschwefligsaurem  Natron 
mit  Silberlösung,  so  entsteht  ein  weifser  Niederschlag,  der  sich  im 
Ueberschufs  des  Natronsalzes  auflöst.  Hierbei  bildet  sich  ein 
Doppelsalz  von  unterschwefligsaurem  Silberoxyd  und  unterschweflig- 
saurem Natron  (2Na0S,0,-i-Ag0S,0i),  welches  sich  nicht 
mehr  freiwillig  zersetzt.  Man  erhält  diese  Verbindung  rein,  wenn 
man  Silbersalz  tropfenweise  unter  Umschütteln  zu  Natron  setzt;  man 
kommt  dann  an  einen  Punkt,  wo  der  anfangs  entstandene  Niederschlag 
sich  durch  Umschütteln  nicht  mehr  löst,  alsdann  findet  sieh  in  der 
Flüssigkeit  die  Verbindung 

2Na0S,0*-J-  AgOS*0,; 

dieselbe  scheidet  sich  beim  Zusatz  von  Alkohol  als  ein  weifses,  in 
Wasser  leicht  lösliches,  süis  schmeckendes,  beständiges  Salz  aus, 
welches  mit  Kochsalz  keinen  Niederschlag  giebt. 


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Fixirnatron.  — CMornatrimn. 


85 


Aufserdem  existirt  noch  ein  zweites  Doppelsalz  von  unterschwe- 
fligsaarem  Natron  und  unterschwefligsaurem  Silberoxyd  (AgOS,0, 
-J-NaOS,  O, -+-5HO),  das  man  erhält,  wenn  man  mit  dem  Zusatz  von 
Silberlösung  zu  der  Natronlösung  fortfahrt,  so  dafs  ein  bleibender 
Niederschlag  entsteht.  Diese  Verbindung  ist  in  Wasser  schwer 
löslich  und  zersetzt  sich  leichter  als  die  erste  unter  Bildung 
von  Sch wefelsilber.  Dieselben  Doppelsalze  bilden  sich  auch  beim 
Auflösen  von  Chlorsilber,  Bromsilber  und  Jodsilber  in  unterschweflig- 
saurem Natron , z.  B. 

3Na0S,0,-f-AgJ  = Ag0S,0>,  2NaOS,  O, -4-NaJ; 
es  entsteht  hierbei  noch  Chlor-,  Brom-  resp.  Jodnatrium.  Die  lös- 
liche Verbindung  bildet  sich  jedoch  nur  bei  Natronfiberschufs; 
ist  dasselbe  in  ungenügender  Quantität  vorhanden,  so  entsteht  das  un- 
lösliche Doppelsalz,  welches  dann  in  den  Bildern  zurückbleibt,  sich 
alsbald  zersetzt,  und  so  das  Bild  durch  Erzeugung  von  Schwefelsilber 
verdirbt.  Es  ist  demnach  klar,  dais  man,  um  die  bewufsten  Silber- 
salze zu  entfernen,  einen  Ueberschufs  von  Natronsalz  anwenden  mufs. 

NaOS,0,  kann  circa  f seines  Gewichts  AgCl  auflösen,  doch 
darf  man  es  nicht  bis  zur  Sättigung  aufbrauchen,  weil  sonst  immer 
eine  Ausscheidung  feiner  Krystalle  der  unlöslichen  Verbindung  statt- 
finden kann. 

Aufserdem  wirkt  das  entstehende  Kochsalz  sowohl  als  das  Jod- 
natrium, wenn  sie  in  grofsen  Quantitäten  vorhanden  sind,  wieder  zer- 
setzend auf  das  unterschwefligsaure  Doppelsalz  unter  Ausscheidung 
von  Jod-  und  Chlorsilber.  Wichtig  ist  auch,  dais  man  aus  den 
fixirten  Bildern  jede  Spur  des  löslichen  Doppelsalzes  entfernt,  weil 
dieses  sonst  leicht  durch  die  Kohlensäure  der  Luft  zersetzt  werden 
und  so  zur  Bildung  von  Schwefelsilber,  welches  das  Bild  gelb  färbt, 
Veranlassung  geben  kann. 

Von  den  Haloidsalzen  des  Natrons  ist  zu  erwähnen: 

Das  Chlornatrium  (Kochsalz),  welches  eine  so  wichtige  Rolle 
im  Haushalte  der  Natur  spielt.  Es  bildet  würfelförmige  Krystalle,  die 
sich  leicht  in  Wasser  lösen,  aber  nicht  in  absolutem  Alkohol.  Der 
sogenannte  absolute  Alkohol  des  Handels  (95°  stark)  löst  es  in  ge- 
ringer Menge;  100  Th.  desselben  nehmen  0,m  Kochsalz  auf.  Mit 
Silberlösungen  giebt  Kochsalz  einen  weifsen  Niederschlag  von  Chlor- 
silber.  Es  wird  daher  zur  Ausfällung  des  Silbers  aus  seinen  Rück- 
ständen benutzt  (Natronrückstände  werden  dadurch  nicht  gefällt), 
aufserdem  zum  Salzen  der  Positivpapiere.  Kochende  Kochsalz- 
lösungen nehmen  auch  Chlorsilber  in  merklicher  Menge  auf,  indem 
sich  hierbei  ein  schwer  lösliches  Doppelsalz  (NaCl-+-AgCl)  bildet. 

Bromnatrium  und  Jodnatrium  werden  unter  Jodirungs- 
salze  (8.  Collodion)  abgehandelt  werden. 


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86 


Ammoniaksalie. 


Ammoniak  (NH,), 

Atomgewicht  = 17, 

ist  eine  der  eigentümlichsten  Basen  der  unorganischen  Chemie;  ee 
besteht  ans  einer  Verbindung  von  Stickstoff  und  Wasserstoff  (NH,), 
ist  in  reinem  Zustande  gasförmig,  löst  sich  aber  mit  grofser  Energie 
in  Wasser;  diese  Lösung  kommt  im  Handel  als  eine  durchdringend 
riechende  Flüssigkeit  vor,  die  kräftig  alkalisch  reagirt,  Säuren  mit 
derselben  Stärke  wie  Aetzkali  neutralisirt,  und  aus  zahlreichen  Metall- 
salzlösungen gleich  dem  Aetzkali  und  Aetznatron  Metalloxyde  lallt. 
Es  ist  flüchtig,  verliert  beim  Stehen  an  der  Luft  an  Stärke,  zieht  dabei 
auch  Kohlensäure  an,  so  dafs  altes  Ammoniak  immer  etwas  kohlen- 
säurehaltig erscheint  Es  ist  um  so  reicher  an  Ammoniak,  je  geringer 
sein  speeifisches  Gewicht  ist.  Es  hat  grofse  Neigung  eigentümliche 
Doppelsalze  zu  bilden.  Viele  unlösliche  Metallsalze,  namentlich  Silber- 
salze und  Kupfersalze  werden  daher  mit  Leichtigkeit  vom  Ammoniak 
gelöst,  z.  B.  Chlorsilber,  Bromsilber  (letzteres  nur  schwierig).  Jod- 
silber wird  nicht  gelöst.  Salpetersaures  Silberoxyd  giebt  mit  Am- 
moniak einen  braunen  Niederschlag,  der  sich  jedoch  im  Ueberschufs 
des  Ammoniaks  leicht  auflöst  Man  hat  diese  ammoniakalische  Silber- 
lösung als  Positivbad  benutzt. 

Auch  Silberoxyd  wird  von  Ammoniak  gelöst.  Kali  giebt  mit 
dieser  Lösung  einen  Niederschlag  von  Knallsilber,  was  leicht  und 
mit  furchtbarer  Heftigkeit  explodirt.  Festes  Chlorsilber  und  festes 
salpetersaures  Silberoxyd  absorbiren  Ammoniakgas;  es  entstehen  dabei 
Verbindungen 

2AgC13H,N  und  AgONO,-t-3H,N. 

Dieselben  Verbindungen  bilden  sich  jedenfalls  auch  beim  Räuchern 
der  gesilberten  Positivpapiere  in  Ammoniak.  Sie  sind  lichtempfindlicher 
als  salpetersaures  Silberoxyd  und  geben  Bilder  von  eigentümlichem  Ton. 

Das  Ammoniak  giebt  gleich  dem  Kali  und  Natron  wohl  ausge- 
prägte Salze.  In  diesen  ist  das  Ammoniak  verbunden  mit  1 Atom 
Wasserstoff  als  Ammonium  (NH,)  vorhanden,  das  mit  Sauerstoff  das 
Ammoniumoxyd  (NH,0)  bildet. 

Das  Chlorammonium  (NH,  CI)  bildet  ein  weifses,  leicht  kry- 
stallisirbares  Salz,  das  beim  Erhitzen  verdampft  und  sublimirt,  sich 
leicht  in  Wasser,  schwer  in  Alkohol  löst  (60  Theile  Alkohol  von  95* 
lösten  bei  einem  Versuche  des  Verfassers  1,25  Chlorammon  kaum  zur 
Hälfte).  Mit  Natronlauge  oder  Kalkhydrat  erwärmt  entwickelt  es 
Ammoniakgas. 

In  der  Photographie  benutzt  man  es  zum  Salzen  der  Positivpapiere 
und  zum  Präpariren  mancher  Collodien.  Die  Jod-  und  Bromverbin- 
dungen des  Ammoniums  werden  unter  dem  Capitel  Jodirungssalze 
besprochen  werden. 

Rhodan  ammoninm  (NH,  C,NS,)  ist  ein  Analogon  des  Rhodan- 


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Alkalische  Erden. 


87 


kaliums,  and  diesem  in  seinem  Ansehen  und  seinem  Verhalten  höchst 
ähnlich.  Es  wird  daher  wie  dieses  als  Fixirmaterial  verwendet; 
in  Betreff  der  hierbei  vor  sich  gehenden  chemischen  Action  verweisen 
wir  auf  das  Rhodankalium.  Meynier  in  Marseille  bereitet  das  Salz  im 
Grofsen  durch  Verarbeitung  der  „Gaswässer“. 

Kohlensaures  Ammon  bildet  ein  weifses,  nach  Ammon  rie- 
chendes, flüchtiges,  lösliches  Salz,  das  in  seiner  Zusammensetzung  der 
Formel  2NH,  3COa+HO  annähernd  entspricht 


Kalk,  Baryt,  Strontian,  Magnesia 

bilden  alle  vier  starke  Basen  und  sind  Oxyde  der  Metalle  Calcium, 
Strontium,  Barium  und  Magnesium;  sie  unterscheiden  sich  von  den 
Oxyden  der  Alkalimetalle  durch  ihre  Schwerlöslichkeit  in  Wasser 
und  durch  die  Unlöslichkeit  resp.  Schwerlöslichkeit  ihrer  kohlensauren 
Salze  und  deren  Zersetzbarkeit  in  der  Glühhitze. 

Das  bekannteste  ist  der  Aetzkalk,  Calciumoxyd  (Ca  0 = 28),  der 
in  unreinem  Zustande  als  gebrannter  Kalk  in  enormen  Quantitäten 
zur  Bereitung  des  Mörtels  verwendet  wird.  Er  verbindet  sich  mit 
Wasser  unter  starker  Erhitzung  (Kalklöschen),  bildet  damit  ein  weifses 
pulveriges  Hydrat,  das  sich  schwer  in  Wasser  löst,  stark  alkalisch 
reagirt  und  mit  Säuren  wohlausgeprägte  Salze  liefert. 

Der  kohlensaure  Kalk  (CaOCO,)  kommt  in  der  Natur  als 
Marmor,  Kreide  und  Kalkstein  in  ungeheuren  Massen  vor,  er  verliert 
seine  Kohlensäure  durch  Glühen  (Brennen  des  Kalks),  reagirt  neutral, 
ist  in  reinem  Wasser  unlöslich,  löslich  aber  in  kohlensäurehaltigem; 
daher  in  dem  Quellwasser,  welches  fast  immer  kohlensäurehaltig  ist, 
gewöhnlich  enthalten.  Beim  Stehen  des  Wassers  an  der  Luft  entweicht 
die  Kohlensäure  und  der  gelöste  kolensaure  Kalk  scheidet  sich  dann 
ab  (sogenannter  Salpeter).  In  Salzsäure  und  Salpetersäure  löst  er 
sich  unter  Brausen. 

In  der  Photographie  wird  er  zuweilen  zum  Neutralismen  der 
Silberbäder  und  Goldbäder  verwendet.  Man  thut  gut,  hierzu  möglichst 
reinen  kohlensauren  Kalk  zu  nehmen,  wie  er  durch  Fällen  von  sal- 
petersaurem Kalk  mit  kohlensaurem  Ammon  und  Auswaschen 
gewonnen  werden  kann,  statt  der  Kreide,  welche  meistens  organische 
Substanzen  enthält.  Bei  Behandlung  von  Silberlösungen  mit  kohlensau- 
rem Kalk  wird  kohlensaures  Silberoxyd  niedergeschlagen,  daher  ver- 
lieren Silberbäder  beim  Neutralismen  mit  kohlensaurem  Kalk  leicht 
einen  Theil  ihres  Silberssalzes. 

Schwefelsaurer  Kalk  (CaOSO, -+-2H0)  kommt  unter  dem 
Namen  Gyps  als  ein  schwer  lösliches  Salz  ebenfalls  in  grofsen  Massen 
in  der  Natur  vor  und  findet  sich  in  geringer  Menge  in  jedem  Quell- 
wasser. Manche  Filtrirpapiere  enthalten  ihn  in  merklicher  Menge  und 


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Kalk-,  Baryt-  und  Strontiansalze. 


geben  bei  Benutzung  derselben  zum  Filtriren  von  Silberbädern  Ver- 
anlassung zur  Entstehung  von  schwefelsaurem  Silberoxyd. 

Salpetersaurer  Kalk  bildet  ein  zerflielslicbes,  in  Wasser  und 
Alkohol  leicht  lösliches,  sauer  reagirendes  Salz. 

Chlorcalcium  (CaCl -t-6HO)  bildet  ebenfalls  ein  zerflielsliches, 
in  Wasser  und  Alkohol  leicht  lösliches,  sauer  reagirendes  Salz,  das  mit 
Schnee  gemischt  eine  bedeutende  Temperaturerniedrigung  erzeugt  (so- 
genannte Kältemischung).  Es  wird  zur  Collodionfabrikation  (Chlorsilber- 
collodion)  benutzt  und  bildet  einen  Bestandtheil  des  rohen  Chlorkalks. 

Chlorkalk  ist  ein  Gemenge  von  unterchlorigsaurem  Kalk 
mit  Kalkhydrat  und  Chlorcalcium,  das  durch  Einwirkung  von 
Chlor  auf  Kalkbydrat  gewonnen  wird,  und  in  der  Industrie  als  Bleich- 
salz verwendet  wird,  ln  der  Photographie  dient  es  nach  Parkinson 
zum  Versetzen  der  Goldbäder. 

Baryt-  und  Strontiansalze  finden  in  der  Photographie  wenig 
Anwendung;  zu  erwähnen  ist  nur  der  salpetersaure  Baryt,  ein 
in  Wasser  ziemlich  leicht  lösliches,  in  Alkohol  unlösliches  Salz.  Er  dient 
zur  Erkennung  der  Schwefelsäure,  mit  der  er  einen  weifsen,  in 
Wasser  und  Säuren  unlöslichen  Niederschlag  von  schwefelsaurem  Baryt 
erzeugt. 

Chlorstr ontium  (SrCl-f-6HO)  wird  als  ein  in  Alkohol  lösliches 
Salz  zur  Bereitung  des  Chlorsilbercollodions  verwendet. 

Voo  den  Magnesiumverbindungen  erwähnen  wir  nur  der 
gebrannten  Magnesia,  ein  Analogon  des  gebrannten  Kalks,  eine  basisch 
reagirende,  sehr  schwer  lösliche,  erdige,  weifse  Masse,  und  der  kohlen- 
sauren Magnesia,  die  als  ein  sehr  leichter,  lockerer,  weifser  Körper 
im  Handel  vorkommt  und  neuerdings  zum  Neutralismen  der  Goldbäder 
empfohlen  worden  ist 

Die  übrigen  in  der  Photographie  zur  Anwendung  kommenden 
Basen  sind  bereits  in  dem  ersten  Capitel  besprochen. 

Reductionsmittel. 

In  dem  Capitel  über  Pbotocbemie  wurde  ein  höchst  interessanter 
Procefs  besprochen,  durch  welchen  eine  an  sich  unsichtbare  Licht- 
wirkung auf  Jodsilber  durch  Erzeugung  eines  Niederschlages  sichtbar 
gemacht  werden  kann,  wenn  man  Silberlösungen,  mit  einem  Reductions- 
mittel  vermischt,  auf  die  belichtete  Schicht  bringt.  Man  nennt  diesen 
Procefs,  auf  dem  das  Negativ  verfahren  basirt,  den  Entwicklungs- 
oder Hervorrufungsproccfs.  Hierzu  sind  gewisse  Reductionsmittel 
nöthig,  von  denen  wir  eins,  den  Eisenvitriol,  schon  specieller  be- 
sprochen haben  (s.  S.  21).  Hier  haben  wir  nur  die  Beschreibung 
dreier  anderer  Körper  anzufügen,  die  in  gewissem  genetischen  Zu- 
sammenhänge stehen.  Es  ist  der  Gerbstoff  (Tannin),  die  Gallus- 
säure und  die  Pyrogallussäure. 


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Tannin.  — Gallussäure. 


89 


Gerbstoff  (Tannin). 

In  vielen  Pflanzen  findet  sich  ein  Stoff  von  zusammenziehendem 
Geschmack  vor,  der  sich  durch  seine  Eigenthümlichkeit,  Leim  zu  fällen 
und  Eisensalze  schwarz  zu  färben,  auszeichnet,  man  nennt  ihn  Gerb- 
stoff. Je  nach  dem  Ursprung  hat  derselbe  etwas  verschiedene  Eigen- 
schaften. Der  am  häufigsten  angewendete  ist  der  Gallapfelgerb- 
stoff, den  man  erhält,  wenn  man  auf  zerkleinte  Galläpfel,  die  in 
einem  Scheidetrichter  sich  befinden , rohen  Aether  giefst  Dieser  sickert 
allmählig  durch  und  trennt  sich  in  dem  untergestellten  Gefäfs  in  zwei 
Schichten;  die  untere  ist  eine  Auflösung  des  Gerbstoffs  in  Wasser, 
und  sie  liefert  durch  Verdunsten  den  reinen  Gerbstoff  oder  Gerb- 
säure (CS4H,,014)  als  eine  schwachgelbe,  unkrystallisirbare  pul- 
verige Masse,  in  Wasser  und  Alkohol  leicht  löslich,  wenig  in  Aether. 
Verschiedene  Säuren  und  Salze,  zum  Wasser  gesetzt,  vermindern  seine 
Löslichkeit  erheblich.  Mit  Eisenoxydsalz  entsteht  ein  schwarzer  Nieder- 
schlag von  gerbsaurem  Eisenoxyd  (Tinte). 

Leim,  Stärkemehl,  Eiweifs  fällen  den  Gerbstoff. 

Seine  Salze  sind  sehr  unbeständig,  färben  sich  an  der  Luft, 
namentlich  bei  Ueberschufs  von  Basis.  Am  bekanntesten  ist  das  durch 
Bleizucker  in  Gerbstofflösungen  erzeugte  gerbsaure  Bleioxyd. 

Mit  Silberlösung  gemischt,  färbt  er  dieselbe  alsbald  braun,  und 
Silber  schlägt  sich  pulverig  nieder.  Säuren  verlangsamen  diesen  Nie- 
derschlag. 

Beim  Kochen  mit  Säuren  oder  durch  Gährung  oder  Fäulnifs  zer- 
setzt sich  der  Gerbstoff  in  Gallussäure  und  Zucker 

C,,H,,O,4-4-8HO=3(C14HsO10)-4-CiJH1,O1i. 

Diese  Umwandlung  geht  in  Gerbstofflösungen  nach  kurzer  Zeit 
freiwillig  vor  sich,  deshalb  müssen  die  Lösungen  desselben  immer 
frisch  bereitet  werden.  Die  Gerbsäure  entfärbt  die  Jodstärke  unter 
Bindung  von  Jod. 

In  der  Photographie  wird  Gerbstoff  weniger  als  Eeductionsmittel  als 
vielmehr  zum  Ueberziehen  gewaschener  Collodjodsilberplatten  (Trocken- 
plattenprocefs  nach  Russell)  benutzt.  Hierbei  befördert  er  die  Zer- 
setzung des  Jodsilbers  im  Licht,  indem  er  das  freiwerdende  Jod  che- 
misch bindet,  er  wirkt  als  Sensibilisator. 

Gallussäure  (C14H„O10-4-2HO) 
entsteht  in  der  obenerwähnten  Weise  durch  Gährung  der  Gerbsäure. 
Sie  bildet  sich  schon  in  den  rohen  Galläpfeln,  wenn  dieselben  mit 
Wasser  angefeuchtet  in  warmer  Luft  längere  Zeit  stehen  bleiben. 
Kocht  man  diese  dann  mit  Wasser,  so  scheidet  sich  die  Gallussäure 
beim  Erkalten  in  feinen  seideglänzenden  Nadeln  ab.  Sie  ist  in  drei 
Theilen  kochenden  und  100  Theilen  kalten  Wassers  löslich,  leicht 
löslich  in  Alkohol  und  Aether,  schmeckt  zusammenziehend,  fällt  die 
Leimlösung  nicht,  giebt  aber  mit  Eisenoxydsalzen  eine  schwarzblaue 
Färbung. 


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90 


Pyrogallussäure. 


Die  Salze  der  Gallussäure  sind  ebenso  leicht  zersetzbar,  wie  die 
der  Gerbsäure,  sie  färben  sich  bei  Ueberschuls  von  Basis  an  der  Luft 
braun.  Silberlösungeu  werden  durch  Gallussäure  viel  schneller 
reducirt  als  durch  Gerbstoff,  daher  sie  als  Entwickler  öfter  benutzt 
wird.  Beim  Erhitzen  auf  215*  C.  zersetzt  sie  sich  in  Pyrogallus- 
säure und  Kohlensäuro  (C,  4 H,  0, , = C, , H,  O, -t-2CO,). 

Die  Pyrogallussäure  (C, , H,  O0) 
bildet  glänzend  weifse  sehr  leichte  Nadeln,  die  aus  dem  alkoholischen 
Galläpfelextract  durch  Sublimation  gewonnen  werden.  Sie  löst  sich 
leicht  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether.  Die  wässerige  Lösung  zieht 
Sauerstoff  aus  der  Luft  an  und  färbt  sich  braun;  sehr  schnell  geht 
dies  bei  Gegenwart  von  Alkalien.  Die  alkoholische  Lösung  hält  sich 
sehr  lange  unverändert.  Sie  ist  kaum  noch  eine  Säure  zu  nennen,  da 
sie  nicht  Lackmus  röthet,  und  keine  bestimmt  ausgesprochenen  Salze 
bildet.  Sie  färbt  Eisenoxydsalze  schwarzblau,  auf  Silberlösungen  wirkt 
sie  viel  energischer  reducirend  als  Gallussäure,  daher  sie  als  Ent- 
wickler und  Verstärker  vielfach  Anwendung  findet.  Säuren  ver- 
langsamen diese  Reduction.  Gallussäure  und  Pyrogallussäure  binden 
Jod  chemisch,  gerade  wie  Tannin,  sie  entfärben  daher  die  Jodstärke 
und  wirken  auf  Jodsilber  sensibilisirend. 

Bildträger. 

Der  Maler  benutzt,  um  mit  Hülfe  seiner  Farben  ein  Bild  anzu- 
fertigen, einen  Grund,  welcher  eine  homogene  Fläche  bildet,  an  der 
die  Farben  leicht  haften  und  sich  bequem  verarbeiten  lassen.  Dies 
ist  sein  Malgrund;  derselbe  ist  entweder  Papier,  oder  Leinwand,  oder 
Holz,  oder  eine  Kalkwand  (Fresko).  Ebenso  bedarf  der  Photograph 
zur  Herstellung  seiner  Bilder  eines  Untergrundes,  der  die  lichtempfind- 
lichen Substanzen  trägt  und  sämmtliche  chemischen  Operationen  mit 
demselben  vorzunehmen  gestattet.  Hierher  gehört  Papier,  Collodion, 
Eiweifs  etc.  Wir  fassen  diese  Substanzen  unter  dem  Namen  Bild- 
träger zusammen. 

Bei  den  älteren  Daguerreotypplatten  war  ein  solcher  Bildträger 
nicht  nöthig;  die  compacte  Jodsilberscbicht,  hergestellt  durch  das 
Räuchern  einer  Silberplatte  in  Joddämpfen,  hatte  in  sich  Stabilität 
genug,  um  als  Bildfläche  alle  Operationen  durchmachen  zu  können. 
Höchstens  könnte  hier  die  unveränderte  Silberschicht  der  Rückseite 
als  Bildträger  angesehen  werden.  Anders  wurde  es,  als  man  das  fein- 
zertheilte  Jod-,  Brom-  und  Chlorsilber,  wie  solches  durch  Wechsel- 
zersetzung von  salpetersaurem  Silberoxyd  und  Jod-,  resp.  Brom-  und 
Chlormetallen  besteht,  als  lichtempfindliche  Substanz  benutzte.  Dieses 
bedurfte,  um  als  ebene  Fläche  dem  Lichte  exponirt  zu  werden, 
eines  Untergrundes,  an  oder  in  dem  es  festhaftet,  und  als  solchen 
benutzte  man  zuerst  das  Papier.  Man  konnte  das  Jodsilber  auf  die- 
ses einfach  durch  Aufstreichen  befestigen,  schlug  jedoch  gleich  von 


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Bildträger. 


91 


Anfang  an  einen  praktischeren  Weg  ein.  Man  imprägnirte  das  Papier 
mit  den  lichtempfindlichen  Salzen,  indem  man  es  erst  in  Jod-  oder 
Brommetalllösung,  dann  in  Silberlösung  tauchte,  und  so  in  der  Faser 
selbst  einen  Niederschlag  von  Jod-  resp.  Chlorsilber  bewirkte. 

So  erhielt  man  die  lichtempfindliche  Substanz  als  zusammenhängende 
Fläche,  die  man  in  der  Camera  exponiren  und  dann  dem  EinfiuCa 
verschiedener  Lösungen  als  Entwickelung,  Verstärkung,  Fixage  unter- 
werfen konnte.  Das  Papier  war  demnach  mit  der  erste  Bildträger 
und  ist  heute  noch  der  wichtigste  im  Positi vprocefs.  Nun  ist  aber 
schon  in  dem  Capitel  über  Sensibilisatoren  bemerkt  worden,  dafs  das 
Papier  als  organische  Faser  auch  chemisch  auf  die  darin  imprägnirten 
Präparate  wirkt;  so  bewirkt  es  die  Reduction  der  Eisen-,  Chrom- und 
Uranpräparate  des  Höllensteins,  die  für  sich  allein  im  Lichte  nicht 
zersetzbar  sind.  Es  wirkt  als  Sensibilisator  (s.  S.  49). 

Spielte  das  Papier  nur  eine  mechanische  Rolle,  so  würden  kleine 
unorganische  oder  organische  Beimengungen,  wie  Gyps,  Eisensalze, 
Kochsalz,  Leim,  Fette,  Harze  etc.,  kaum  einen  sonderlichen  Ein- 
flufs  auf  die  photographischen  Processe  ausüben.  Da  aber  seine  Wir- 
kung zugleich  eine  chemische  ist,  so  ist  es  leicht  zu  erklären,  dafs 
die  erwähnten  Nebenbestandtheile,  die  sich  in  jedem  Papier  finden, 
unter  Umständen  die  photographischen  Processe  auf  das  Empfindlichste 
alteriren  können. 

Schon  eine  geringe  Quantität  solcher  Beimengungen,  die  chemisch 
kaum  nachweisbar  ist,  macht  sich  bei  photographischen  Processen 
bemerklicb,  daher  mufs  die  Herstellung  der  photographischen  Papiere 
und  der  photographischen  Bildträger  überhaupt  mit  der  gröfsten  Sorg- 
samkeit vorgenommen  werden,  um  alle  zufälligen  Verunreini- 
gungen zu  vermeiden.  Andererseits  pflegt  man  aber  auch  absicht- 
lich gewisse  Substanzen  der  Papierfaser  zuzusetzen,  um  die  Licht- 
empfindlichkeit der  Papiere  zu  steigern  und  den  Ton  und  das  Ansehen 
der  darauf  gefertigten  Bilder  zu  verbessern.  Die  Imprägnirung  dieser 
Stoffe  kann  unmittelbar  in  der  Papierfabrik  vorgenommen  werden, 
indem  man  den  gewünschten  Stoff  der  Papiermasse  zusetzt;  dies  ge- 
schieht jedoch  seltener.  Gewöhnlich  pflegt  man  die  fertigen  Roh- 
papiere durch  Baden  in  gewissen  Lösungen  resp.  Aufstreichen  zu 
präpariren.  Wir  werden  später  diese  Präparationsmethoden  speciell 
besprechen. 

Papier  blieb  längere  Zeit  der  einzige  bekannte  Bildträger.  Seine 
Anwendung  im  Negativprocefs  war  seiner  rauhen  Textur  wegen 
mit  Uebelständen  verknüpft  (s.  Einleitung).  Niepce  de  St  Victor  ver- 
suchte deshalb  das  homogenere  Eiweife  als  Träger  des  lichtempfind- 
lichen Jodsilbers  im  Negativprocefs.  Er  stellte  eine  mit  Jodmetallen 
imprägnirte  Eiweifsschicht  durch  Eintrocknen  einer  jodkalium haltigen 
Eiweifslösung  auf  einer  Glastafel  her.  Diese  wurde  in  ein  Silberbad 


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Bildträger.  — Cellulose. 


getaucht,  dadurch  das  Jodmetall  in  Jodsilber  übergefuhrt.  Später  pro- 
birten  Archer  und  Fry  zu  demselben  Zweck  und  in  derselben  Weise 
das  Collodion,  d.  i.  eine  Auflösung  von  Schiefsbaumwolle  in  Alkohol- 
äther, und  dieses  hat  sich  als  solcher  so  bewährt,  dafs  es  im  Negativ- 
procefs  alle  anderen  Bildträger  fast  gänzlich  verdrängt  hat  Für 
seine  Anwendung  spricht  die  leichte  Präparation,  Handhabung  und 
Haltbarkeit  und  der  wichtige  Umstand,  dafs  eine  chemische  Einwirkung 
des  reinen  Pyroxylins  (des  Hauptbestand theils  des  Collodions)  auf  die 
lichtempfindlichen  Salze  nicht  oder  doch  in  geringerem  Mafse  statt- 
findet als  bei  Eiweifs  und  Papier.  — Reines  Pyroxylin  wirkt,  wie  es 
scheint,  nicht  als  Reductionsmittel  resp.  als  Sensibilisator;  Bei- 
mengungen fremder  Körper  können  aber  auch  hier  die  photographischen 
Eigenschaften  des  Bildträgers  auf  das  Wesentlichste  modificiren  (s.  u.). 
Die  Handhabung  des  Collodions  als  Bildträger  in  der  Photographie  ist 
insofern  von  der  des  Papiers  verschieden,  als  letzteres  als  fertige  Fläche 
in  den  Handel  gebracht  wird,  die  Coliodionflächen  dagegen  erst  durch 
Aufgieisen  einer  Pyroxylinlösung  auf  eine  Glastafel  und  Verdunsten- 
lassen kurz  vor  dem  Gebrauch  (Trockenplatten  ausgenommen)  herge- 
stellt werden. 

Collodion  im  Negativprocefs,  Papier  im  Positivprocefs 
sind  unsere  wichtigsten  Bildträger;  die  Basis  beider  ist  die 
Pflanzenfaser  [Cellulose]  (C, , H,  „ 0, 0), 
die  wir  zuerst  betrachten  wollen.  Die  Pflanzenfaser  bildet  den  Haupt- 
bestandtheil,  das  eigentliche  Gerippe  des  Pflanzenkörpers  und  ist  ihrer 
chemischen  Zusammensetzung  nach  analog  dem  Zucker,  Gummi,  der 
Stärke,  die  man  unter  dem  gemeinschaftlichen  Namen  der  Kohlen- 
hydrate zusammenfafst.  Sie  bestehen  alle  aus  Kohlenstoff,  Sauerstoff 
und  Wasserstoff,  und  läfst  sich  die  Mehrzahl  derselben  durch  Ein- 
wirkung verschiedener  Reagentien  mehr  oder  weniger  leicht  in  Zucker 
verwandeln. 

Die  Holzsubstanz  ist  keine  reine  Cellulose,  sondern  noch  mit  ver- 
schiedenen organischen  und  unorganischen  Stoffen  imprägnirt,  z.  B. 
Harze,  Gummi,  Zucker,  Fettsubstanzen  etc.  In  reinster  Form  findet 
sich  die  Cellulose  in  dem  sogenannten  schwedischen  Filterpapier,  das 
wie  alle  Papiere  aus  Pflanzenfasern  (Leinen,  Flachs  etc.)  angefertigt 
wird.  Dieses  enthält  nur' Spuren  unorganischer  Körper,  die  beim  Ver- 
brennen als  Asche  Zurückbleiben;  reicher  an  Asche  sind  die  gewöhn- 
lichen Filterpapiere,  die  nebenbei  noch  die  organischen  Beimengungen 
der  Leimung  enthalten.  Ziemlich  reine  Cellulose  ist  ferner  die  Baum- 
wolle; diese  enthält  nur  kleine  Quantitäten  Harz  und  Fettsubstanz. 

Die  reine  Cellulose  erhält  man  durch  aufeinander  folgendes  Er- 
wärmen eines  der  vorhergenannten  Körper  (Baumwolle,  Papier)  mit 
verdünnter  Kalilauge  und  verdünnter  Chlorwasseretoffsäure  und  Waschen 
mit  Wasser. 


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Stärkemehl. 


93 


Die  reine  Cellulose  ist  unlöslich  ht  den  gewöhnlichen  Lösungs- 
mitteln, löslich  in  Kupferoxydammoniak.  Verdünnte  Säuren  lösen  sie 
beim  Kochen  langsam.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst  sie  in  der 
Kälte;  verdünnt  man  die  Lösung  mit  Wasser,  so  scheidet  sich  ein 
weifser  Körper  aus,  der  sich  ganz  wie  Stärke  verhält  (Amyloid),  d.  h. 
sich  durch  Jod  blau  färbt  Durch  Erhitzen  mit  Schwefelsäure  ver- 
wandelt sich  die  Cellulose  in  Zucker;  Salpetersäure  verwandelt  sie  in 
Oxalsäure,  eine  Mischung  von  concentrirter  Schwefelsäure  und  Salpeter- 
säure in  Schiefsbaumwolle  (Pyroxylin),  die  wir  weiter  unten  als 
einen  der  wichtigsten  Körper  der  photographischen  Chemie  sehr  spe- 
ciell  betrachten  wollen,  während  wir  hier  das  der  Pflanzenfaser  nahe 
verwandte 

Stärkemehl  [Amylum]  (C,aH,0O,,) 
anreihen.  Dieses  findet  sich  in  vielen  Pflanzenzellen,  deren  Wand  die 
Cellulose  bildet,  am  reichlichsten  in  den  Gotreidekörnern,  Kartoffeln  etc. 
und  kann  aus  diesen  durch  Quetschen  unter  Wasser  gewonnen  wer- 
den. Es  bildet  ein  weifses,  zartes  Pulver,  das  noch  etwas  Eiweifs 
enthält,  mehr  oder  weniger  leicht  zusammenbackt  und  in  Wasser, 
Alkohol  und  Aether  unlöslich  ist.  Säuren  lösen  es  in  der  Wärme, 
jedoch  unter  Zersetzung.  Mit  3 procentiger  Schwefelsäure  erhitzt,  ver- 
wandelt es  sich  in  das  lösliche  D extrin,  später  in  Traubenzucker 
(Stärkezucker).  Concentrirte  Salpetersäure  löst  das  Stärkemehl  unter 
Zersetzung.  Verdünnt  man  die  Lösung  mit  Wasser,  so  fallt  ein  weifses 
Pulver,  Xyloidin  (C, , H„  N04  0, 0),  nieder,  dies  ist  Stärke,  in  der 
ein  Atom  Wasserstoff  (H)  durch  ein  Atom  Untersalpetersäure  (N04) 
ersetzt  ist.  Dasselbe  explodirt  beim  Erhitzen.  Mit  heifsem  Wasser 
quillt  das  Stärkemehl  auf  und  bildet  eine  homogene  dicke  Masse,  den 
Kl  eister,  der  als  Klebmittel  sehr  allgemein  Anwendung  in  der  Photo- 
graphie findet.  Man  erhitzt  zu  seiner  Darstellung  Wasser  zum  Sie- 
den und  giefot  nachher  unter  Umrühren  feinen  Stärkebrei  hinein,  den 
man  durch  Anrühren  der  trockenen  Stärke  mit  sehr  wenig  kaltem 
Wasser  erhält.  Die  Masse  wird  alsbald  dick  und  dies  um  so  mehr, 
je  mehr  Stärke  zugegossen  worden  ist.  Die  für  die  Praxis  nöthige 
Consistenz  lernt  man  leicht  durch  wenige  Versuche  kennen.  Beim 
Kochen  scheiden  sich  auch  Eiweifskörper  aus,  die  man  am  besten 
durch  Filtriren  der  heifsen  (noch  dünnen)  Masse  durch  Leinen  ent- 
fernt. Der  Kleister  hält  sich  nur  kurze  Zeit.  Zur  längeren  Präser- 
virung  hat  man  Alkoholzusatz  empfohlen. 

Mit  Jod  färbt  sich  die  feuchte  Stärke  und  der  Stärkekleister  intensiv 
blau  unter  Bildung  von  Jodstärke.  Die  reinste  Stärke  findet  sich  in 
der  Pfeilwurzel.  Man  nennt  sie  Arrowroot;  dasselbe  liefert  mit  Wasser 
gekocht  eine  fast  klare  Lösung,  während  der  gewöhnliche  Kleister 
immer  trübe  aussieht.  Man  benutzt  es  deshalb  zum  Präpariren  photo- 
graphischer Papiere  (Stärkepapier,  Arrowrootpapier  s.  u.). 


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94 


Pyroxylin. 


Pyroxylin. 

Da9  Pyroxylin,  ein  V erwandlungsproduct  der  Cellulose  (s.  o.) 
wurde  von  Schönbein  1846  entdeckt  und  erregte  damals  unter  dem 
Namen  Schiefsbaumwolle  grofses  Aufsehen  als  Ersatzmittel  des  Schiefs- 
pulvers. 

Das  Pyroxylin  ist  ein  Körper,  den  man  erhält,  wenn  man  Baum- 
wolle, Leinen,  Papier  in  eine  Mischung  von  eoncentrirter  Salpeter- 
säure und  Schwefelsäure  eintaucht  und  dann  sorgfältig  auswäscht  und 
trocknet.  Es  geht  ein  eigenthümlicher  Procefs,  der  Substitutionsprocefs, 
von  Statten,  indem  aus  C, , H, , O, , drei  oder  weniger  Atome  Wasser- 
stoff (H)  austreten  und  ersetzt  werden  durch  Untersalpetersäure  (NO,). 
Die  so  veränderte  Baumwolle  hat  ihre  Form  nicht  geändert,  sie  fühlt 
sich  nur  etwas  rauher  an,  zeigt  aber  wesentlich  andere  chemische 
Eigenschaften.  Sie  hat  ihr  Gewicht  um  ein  Viertheil  bis  die  Hälfte  ver- 
mehrt. Sie  verpufft  im  Feuer,  sie  löst  sich  in  Essigäther,  ferner 
in  Alkoholäther  auf  und  scheidet  sich  beim  Verdunsten  die- 
ser Lösungen  als  eine  glasartige  Haut  ab.  Hierauf  beruht  die 
Anwendung  des  Pyroxylins  in  der  Photographie  als  Bildträger.  Kali 
löst  es  unter  Zersetzung  auf,  es  entstehen  NO,  und  NO,  Salze  und  ein 
organischer  Stoff,  der  Silbersalz  reducirt  und  zur  Silberspiegelerzeugung 
benutzt  wird. 

Behandelt  man  das  Pyroxylin  mit  Reductionsmitteln , z.  B.  Essig- 
säure und  Eisen,  so  verwandelt  es  sich  wieder  in  gewöhnliche  Baum- 
wolle. Von  allen  Eigenschaften  des  Pyroxylin  s interessiren  uns  hier 
vor  allen  die  photographisch  wichtigen,  d.  i.  die  Löslichkeit 
in  Alkoholäther  und  die  Fähigkeit  dieser  Lösung  beim  Verdunsten 
ein  vollkommen  homogenes,  glasartig  durchsichtiges  Häut- 
chen zu  liefern,  welches  hinreichend  fest  ist,  um  Wasserstrahlen 
aushalten  zu  können,  und  möglichst  indifferent  gegen  photogra- 
phische Chemikalien  ist. 

Früher  nahm  man  nur  eine  Art  Pyroxylin  oder  Nitrocellulose  an, 
bald  aber  zeigte  sich,  dafs  Unterschiede  existirten  in  der  Lös- 
lichkeit in  Alkoholäther,  dafs  manches  Pyroxylin  nicht  löslich, 
und  dafs  andererseits  die  Lösungen  desselben,  die  Collodien,  je 
nach  der  Bereitung  verschiedene  Eigenschaften  zeigten  und  die  eben 
erwähnten  Bedingungen  ihrer  photographischen  Anwendbarkeit  mehr 
oder  weniger  vollkommen  erfüllten.  Dies  veranlafste  zum  näheren 
Studium  dieser  Modificationen.  Hadow  machte  eine  sehr  specielle 
Untersuchung  darüber,  und  beschreibt  auf  Grund  seiner  Versuche  fol- 
gende vier  Arten  des  Pyroxylins: 

1)  c..xii°”-c'*x;  O“ 

2)  c,.H;’jo,. 


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Pyroxylin. 


95 


3)  C,.®**|0.. 

4)  jOj0 

(Hadow  verdreifacht  hier  die  Formel  der  Cellulose.  — X ist  ein 
einfaches  Zeichen  für  N04.) 

Diese  Verbindungen  erhält  man  durch  Eintauchen  in  Säuremischun- 
gen verschiedener  Stärke,  No.  1 in  der  stärksten,  die  anderen  Num- 
mern in  schwächeren  Mischungen;  sie  zeigen  in  Bezug  auf  ihre  Ex- 
plosibilität  und  Löslichkeit  sehr  bedeutsame  Unterschiede. 

No.  1 ist  die  explosibile  Schiefsbaumwolle.  Diese  ist  in 
Alkohol  und  Aether  unlöslich,  löslich  dagegen  in  Essigäther, 
aus  dem  sie  sich  beim  Verdunsten  als  weifses  Pulver  abscheidet; 
diese  Verbindung  ist  für  photographische  Zwecke  unbrauchbar, 
trefflich  dagegen  für  Sprengarbeiten. 

No.  2 und  3 lösen  sich  in  Alkoholäther,  selbst  in  absolutem  Al- 
kohol und  No.  3 sogar  in  Eisessig.  Beim  Verdunsten  der  Alkohol- 
ätherlösung  verbleibt  eine  durchsichtige  glasartige  Haut,  die 
für  photographische  Zwecke  trefflich  geeignet  ist. 

No.  4 löst  sich  in  denselben  Lösungsmitteln,  giebt  aber  beim 
Verdunsten  eine  undurchsichtige  Schicht;  diese  ist  photographisch 
unbrauchbar. 

Photographisch  anwendbar  sind  demnach  nur  die  mittleren  Sorten^ 
die  man  durch  Eintauchen  in  Salpetersäure  von  gewisser  Stärke  er- 
hält; ist  sie  zu  stark  oder  zu  schwach,  so  bekommt  man  die  Verbin- 
dung No.  1,  d.  i.  Schiefsbaumwolle,  oder  No.  4,  die  sich  in  ihrer  Zu- 
sammensetzung dem  Xyloidin  (s.  o.  S.  93)  nähert  Die  Pyroxylin- 
sorten des  Handels  sind  wohl  nur  selten  einfache  Verbindungen,  und 
meist  Gemenge  der  oben  beschriebenen. 

Wie  aber  die  gewöhnliche  Cellulose  bei  unveränderter  Zusammen- 
setzung grofse  physikalische  Differenzen  zeigt  (man  vergleiche  Baum- 
wolle, Leinen,  Sammet,  Holz,  Papier  etc.),  so  sind  auch  die  physikali- 
schen Eigenschaften  des  Pyroxylins  und  des  daraus  bereiteten  Collodions 
sehr  verschieden.  Bevor  wir  auf  die  Fabrikation  des  Pyroxylins  selbst 
eingehen,  müssen  wir  diese  Verhältnisse  eingehender  besprechen.  Hier 
ist  von  Einflufs 

1)  die  Verschiedenheit  des  Rohmaterials. 

Unter  den  verschiedenen  Formen  der  Cellulose  — Papier  — Lei- 
nen — Baumwolle  — benutzt  man  am  meisten  die  letztere  zur  Her- 
stellung des  Pyroxylins,  und  nennt  deshalb  das  fertige  Product  ge- 
wöhnlich Collodionwolle  oder  kurz  Wolle.  Nun  sind  aber  die  Baum- 
wollensorten verschiedener  Länder  sehr  verschieden,  oft  schon  dem 
Ansehen  nach  (chinesische  Baumwolle  sieht  z.  B.  gelb  aus).  Sie  ent- 
halten mehr  oder  weniger  Harz,  das  bei  der  Berührung  mit  Säuren 
Stoffe  erzeugt,  die  wohl  auf  die  Eigenschaften  des  Collodions  influiren 


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96 


Pyroxylin. 


können.  Man  kann  dieses  durch  Waschen  mit  verdünntem  Alkali 
entfernen.  Dann  sind  sie  mehr  oder  'weniger  -wasserhaltig,  werden 
also  dadurch  die  angewendete  Säure  mehr  oder  weniger  verdünnen, 
weshalb  man  sie  vor  dem  Abwägen  künstlich  trocknen  mufs. 

Leinenpyroxylin  giebt  ein  flüssigeres  Collodion  als  Kattun- 
pyroxylin; Papier  ein  sehr  verschiedenes,  je  nach  Art  der  Lum- 
pen. — Neuerdings  wurde  das  Papierpyroxylin  unter  dem  Namen 
Pyropapier  als  Spielerei  in  den  Handel  gebracht.  Herr  Nickel  benutzte 
dasselbe  versuchsweise  zur  Herstellung  eines  Collodions  und  erhielt 
ein  treffliches  Präparat  (s.  Photogr.  Mitth.  I.  S.  110).  Auch  Liesegang 
empfiehlt  neuerdings  Papierpyroxylin  (s.  u.).  — ln  starker  Säure 
giebt  Kattun  ein  flüssiges,  Baumwolle  ein  schleimiges  Collodion; 
in  schwacher  Säure  giebt  Baumwolle  ein  gutes  Präparat;  Kattun 
löst  sich  darin  auf. 

Ferner  kommt  bei  der  Pyroxylinfabrikation  in  Betracht: 

2)  die  Nebenwirkung  der  Salpetersäure  und  Schwe- 
felsäure auf  die  Holzfaser. 

Die  wichtigste  Wirkung  ist  die  von  Gaine  entdeckte  Pergamen- 
tisirung. 

Taucht  man  nämlich  gewöhnliches  ungeleimtes  Papier  einige  Se- 
cunden  in  etwas  verdünnte  Schwefelsäure  (5 — 20  Secunden  in  1 Pfd. 
SO,  verdünnt  mit  4 Loth  HO),  so  schrumpft  es  ein  und  bildet  alsdann, 
sorgfältig  ausgewaschen  und  getrocknet,  eine  durchscheinende,  dem 
gewöhnlichen  Pergament  ähnliche  hornartige  Masse,  die  nicht  von 
Flüssigkeiten  durchdringbar  ist,  in  Wasser  nicht  erweicht,  und  eine 
fünfmal  gröfsere  Festigkeit  besitzt,  als  gewöhnliches  Papier.  Dabei 
geht  keine  chemische  Aenderung  des  Papiers  vor.  Taucht  man  nun 
solches  Pergament  in  concentrirte  Salpeterschwefelsäure,  so  wird  es 
in  Pyroxylin  verwandelt  wie  gewöhnliches  Papier.  Das  damit  er- 
zeugte Collodion  besitzt  aber  die  Zähigkeit  und  feste  Textur 
des  Pergaments  selber.  (Hardwich). 

Ferner  zeigt  diese  vorher  pergamentisirte  Faser  eine  leichtere 
Löslichkeit  in  Alkoholäther  als  gewöhnliches  Pyroxylin.  — Wirkt  Schwe- 
felsäure zu  lange  auf  Cellulose,  so  wird  diese  in  ein  stärke-  oder 
gummiartiges  Product  übergeführt,  und  bildet  dann  mit  Salpetersäure 
Xyloidin,  welches  keine  feste,  sondern  eine  pulverige,  mürbe  Gollodion- 
schicht  giebt. 

Es  ist  offenbar,  dafs  solche  Wirkungen  auch  bei  der  Bereitung 
der  Collodionwolle  eintreten,  je  nach  dem  Verdünnungsgrade,  der  Tem- 
peratur und  dem  Schwefelsäuregehalt  in  gröfserem  oder  geringerem 
Mafsstabe,  und  dafs  danach  die  physikalischen  Eigenschaften  des  Col- 
lodions wesentlich  verschieden  sind. 

Auf  fertiges  Pyroxylin  wirkt  die  Schwefelsäure  nicht  mehr  ein. 

Eine  andere  nicht  vortheilhafte  Wirkung  hat  die  Salpetersäure. 
Diese  verändert  nämlich  zunächst  die  Holzfaser,  indem  sie.  dieselbe 
aufzulösen  strebt.  Verdünnte  warme  wirkt  hier  stärker  als 
concentrirte  kalte.  Das  wird  jedoch  durch  die  Gegenwart  der  Schwefel- 
säure verhindert.  Aber  auch  auf  fertiges  Pyroiylin  wirkt  die  Salpe- 
tersäure. Erhitzt  man  starke  Salpetersäure  auf  66*  und  taucht  Pyr- 
oxylin hinein,  so  wird  dieses  schwieriger  löslich  in  Aether  und  Alkohol^ 
erstarrt  schwer  und  giebt  eine  mürbe  poröse  Schicht,  die  unter  dem  ge- 
ringsten Wasserstrahl  reifst. 


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Pyroxylin. 


97 


Es  ist  daher  nothwendig,  die  Wolle  aus  der  Säuremischung  zu 
entfernen,  sobald  die  Verwandlung  in  Pyroxylin  vor  sich  gegangen  ist, 
sonst  sind  derartige  secundäre  Wirkungen  unvermeidlich. 

Wichtig  ist  nun  auch  3)  der  Wassergehalt  der  Säuremi- 
schung. Sehr  concentrirte  Säuren  geben  eine  explosive  unlösliche 
Wolle,  verdünntere  eine  mehr  xyloidinartige  Verbindung.  Taucht  man 
eine  Portion  Baumwolle  in  die  Säuremischung,  so  wird  folgende  che- 
mische Zersetzung  vor  sich  gehen: 

C,|H,,O10  +NO,  = C, , NO,  j 0“  +H0. 

Es  wird  also,  selbst  wenn  alle  Materialien  absolut  wasserfrei 
wären,  Wasser  bei  der  Bereitung  gebildet,  also  die  Säure  verdünnt; 
taucht  man  daher  eine  zweite  Portion  Wolle  in  die  schon  einmal  ge- 
brauchte Säure,  so  erhält  man  ein  ganz  anderes  Product;  daher  soll 
man  dieselbe  Säuremischung  nur  einmal  benutzen.  Verdünnte  Säuren 
haben  eine  Tendenz,  das  Pyroxylin  aufzulösen.  Dafs  auch  der  Wasser- 
gehalt der  Baumwolle  hier  von  Einflufs  ist,  haben  wir  bereits  erwähnt. 

Eine  bedeutende  Wirkung  übt  ferner  4)  die  Temperatur  der 
Säuremischung  aus.  Eine  Erhöhung  der  Temperatur  ist  entschieden 
vortheilhaft,  manche  Säuremischung  giebt  oft  kalt  ein  explodirendes 
Pyroxylin  und  ein  dickes,  schwer  lösliches,  schleimiges  Collodion,  warm 
dagegen  ein  dünnes,  gut  fliefsendes  und  leicht  lösliches  Collodion.  Erwär- 
mung hat  deshalb  eine  ähnliche  Wirkung  wie  Verdünnung.  In  der 
Regel  nimmt  man  eine  Temperatur  von  66*  C.,  die  man  10  Minuten 
auf  die  Wolle  wirken  läfst  (s.  u.). 

Auffallender  noch  als  auf  die  physikalischen  wirken  die  erwähnten 
Umstände  auf  die  photographischen  Eigenschaften  des  fertigen 
Pyroxylins  resp.  des  daraus  hergestellten  Collodions  ein. 

So  giebt  ein  mit  Ueberschufs  von  Schwefelsäure  bereitetes  per- 
gamentisirtes  Collodion  sehr  intensive  Bilder.  Man  vermuthet,  dafs 
dies  durch  einen  dextrinartigen  Stoff  bewirkt  wird,  der  durch  Schwefel- 
säure gebildet  wird.  Ebenso  ist  der  Wassergehalt  der  Säure  von  Ein- 
flufs,  insofern  als  bei  steigender  Menge  desselben  ein  Collodion  resultirt, 
welches  minder  intensiv  wirkt  (Hardwich).  Gleich  nachtheilig  wirkt 
h ohe  Temperatur;  die  Empfindlichkeit  des  resultirenden'Collodions  gegen 
dunkle  Strahlen  wird  dadurch  vermindert.  Bei  niederer  Temperatur 
bereitetes  ist  in  seinen  physikalischen  Eigenschaften  nicht  so  gut, 
photographisch  aber  empfindlicher. 

Nach  dieser  Betrachtung  der  Wirkung  der  .verschiedenen  bei  der 
Pyroxylinbereitung  in  Action  tretenden  Kräfte  und  Stoffe  können  wir 
nun  zu  der  Beschreibung  der  jetzt  üblichen  Bereitungsmethoden  selbst 
übergehen.  Wir  halten  uns  dabei  vorzugsweise  an  Hardwich,  dem  zu- 
verlässigsten und  erfahrensten  Mann  auf  diesem  Gebiete. 

Das  nächste  ist  die  Vorbereitung  der  Baumwolle.  Um  das  Harz 
aus  derselben  (s.  o.)  zu  entfernen,  kocht  man  sie  in  einer  Lösung  von 
1 Th.  Kali  in  80  Th.  Wasser,  wäscht  und  trocknet  sie.  Im  Allgemeinen 
pflegt  man  entweder  eine  Mischung  von  Schwefelsäure  und  Salpeter 
oder  eine  Mischung  von  Schwefelsäure  und  Salpetersäure  zur  Pyroxy- 
linisirung  anzuwenden.  Letztere  Methode  ist  die  gewöhnliche,  erstere 
empfiehlt  sich  insofern,  als  man  die  Zusammensetzung  besser  control- 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  7 


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98 


Pyroxylinbereitung. 


liren  kann,  indem  Salpeter  wohl  getrocknet  und  gepulvert,  immer  eine 
gleichmäfsige  Mischung  darstellt.  Man  nimmt: 

6 Th.  englische  Schwefelsäure, 


- 

Salpeter, 

1 - 

Wasser, 

1 - 

Baumwolle. 

Man  rührt  die  Mischung  so  lange  um,  bis  sie  eine  gleichmäfsige  dicke 
Flüssigkeit  bildet,  taucht  ein  Thermometer  hinein,  und  wenn  das  Ganze 
63  bis  66*  steht,  thut  man  die  Baumwolle  zu,  die  in  Flocken  gegen 
die  Wandungen  der  Tasse  gedrückt  wird.  Kälter  als  60*  soll  die 
Mischung  nicht  werden.  Wenn  alles  eingetragen,  läfst  man  10  Minuten 
stehen,  giefst  die  Säure  ab,  drückt  aus  und  wirft  die  Wolle  in  kaltes 
Wasser,  bewegt  sie  hin  und  her,  bis  sie  sich  kalt  anfühlt;  wäscht  in 
fliefsendem  Wasser  stundenlang,  prefst  aus  und  läfst  sie  trocknen.  Statt 
Salpeter  wenden  Fabriken  lieber  Salpetersäure  an.  Man  nimmt  nach 
Hardwich : 

englische  Schwefelsäure  (spec.  Gew.  1,8«)  18  Th., 

Salpetersäure  (spec.  Gew.  1,«)  ....  6 - 

W asser 5 - 

Baumwolle | - 

Wenn  man  diese  Säuren  mischt,  so  entsteht  Temperaturerhöhung 
bis  70  oder  80*  C.  Man  läfst  sie  sinken  bis  60  — 66*,  dann  taucht 
man  die  Baumwolle  in  10  einzelnen  Portionen  ein,  die  man  vorher 
getrocknet  und  gewogen  bereit  hält,  stöfst  unter  und  drückt  gegen  die 
Wand  des  Gefäfses.  Herausragen  ist  zu  vermeiden  wegen  der  sonst 
leicht  eintretenden  Entwicklung  rother  Dämpfe.  Am  besten  nimmt 
man  die  Arbeit  in  einem  tiefen  Porzellangeföfs  oder  einem  Becherglase 
vor  und  rührt  während  des  Eintauchens  gut  um.  Hardwich  räth  nicht 
mehr  als '18  Gramm  auf  einmal  zu  bereiten,  da  sonst  der  zuerst  einge- 
tauchte Theil  leicht  zersetzt  wird.  Fabriken  nehmen  jedoch  bedeutend 
gröfsere  Quantitäten  auf  einmal  in  Arbeit.  Man  läfst  die  Wolle  10  Mi- 
nuten in  der  Säure.  Die  Pyroxylinisirung  ist  schon  in  5 Minuten  be- 
endet, doch  wird  bei  längerem  Verweilen  das  resultirende  Coliodion 
flüssiger,  giebt  dann  nicht  mehr  Streifen,  trocknet  nicht  so  rasch  und 
stöfst  den  Entwickler  nicht  ab.  Nach  Beendigung  giefst  man  entweder 
die  Säure  ab  und  drückt  im  Gefafs  aus  oder  nimmt  die  Wolle  heraus, 
drückt  sie  in  der  Schaale  aus  und  wäscht  sie  dann  in  Wasser  unter 
wiederholtem  Drücken  und  Zerzupfen. 

Die  übrig  bleibende  Säuremischung  kann  man  nach  Verdünnen 
mit  1,8  Th.  Schwefelsäure  noch  einmal  benutzen.  Man  nimmt  dann 
nur  halb  so  viel  Baumwolle  wie  oben.  Jedenfalls  arbeitet  diese  bereits 
einmal  gebrauchte  Mischung  nicht  so  gut  wie  die  frische.  Zum  vollstän- 
digen Waschen  der  Wolle  sind  24  Stunden  erforderlich  und  ist  ein 
Gehalt  des  Waschwassers  an  kohleusaurem  Kalk  sehr  vortheilhaft.  Man 


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Pyroxylinbereitung. 


99 


soll  keine  Alkalien  zum  Neutralismen  der  Säure  nehmen,  weil  diese  das 
Pyroxylin  leicht  zersetzen.  Schließlich  wird  das  Ganze  bei  30*  durch 
Dampf  auf  einem  Tuche  getrocknet. 

Ein  erfahrener  Operateur  kann  nach  Hardwich  schon  beim  Her- 
ausnehmen aus  der  Säure  einen  Schlufs  ziehen  auf  die  Qualität  der 
Wolle.  Ist  deren  Quantität  gering,  das  Ganze  sehr  mürbe,  so  daß 
kleine  Stücke  sich  ablösen  und  in  der  Säure  bleiben,  so  war  die  Tem- 
peratur zu  hoch  oder  die  Säuren  zu  schwach.  Ist  dagegen  die  Menge 
bedeutend,  hält  sie  gut  zusammen,  so  ist  die  Temperatur  zu  niedrig 
oder  die  Säuren  zu  stark. 

Aehnliches  zeigt  sich  beim  Trocknen  auf  dem  Tuche,  wo  man 
alle  wenig  veränderten  Stücke  hinauswerfen  kann.  Das  Trocknen  dauert 
2 bis  3 Tage,  zum  Schluß  wendet  man  Dampf  an. 

Die  Gewichtszunahme  des  Products  ist  ein  Maßstab  für  die  Beur- 
theilung  der  Güte  der  Wolle.  Ist  diese  gleich  j,  so  wird  das  Collodion 
dick  und  streifig.  Man  muß  dann  { Theil  Wasser  mehr  zu  den  Säu- 
ren setzen.  Ist  das  Gewicht  gleich  dem  der  Baumwolle,  so  löst  sich 
das  Ganze  unvollständig,  giebt  ein  sehr  gutes  Collodion,  das  jedoch 
sehr  zu  Flecken  geneigt  ist.  Am  günstigsten  ist  eine  Gewichtsver- 
mehrung um 

Ueber  Anfertigung  des  Papierpyroxylins  (s.  o.  8.96)  ver- 
öffentlicht Liesegang  einige  interessante  Daten,  die  wir  hier  folgen 
lassen : 

30  Gr.  Seidenpapier  wurden  in  Streifen  geschnitten  und  in  eine 
Mischung  von  250  Cubikcent.  Schwefelsäure  und  250  Cubikcent.  Sal- 
petersäure bei  66“  C.  15  Minuten  lang  eingetaucht,  dann  gewaschen 
und  getrocknet.  In  die  schon  einmal  gebrauchte  Säuremischung  wur- 
den dann  noch  15  Gr.  Papier  eine  Stunde  lang  getaucht,  dann  ein 
Theil  herausgenommen  und  der  Rest  noch  6 Tage  in  der  Mischung 
gelassen.  Alle  drei  Proben  lösten  sich  in  Alkoholäther  vortrefflich. 
Ebenso  gaben  250  Gr.  Seidenpapier  in  eine  Mischung  von  2 Liter 
Salpetersäure  von  1.4  sp.  G.  und  2 Liter  Schwefelsäure  12  Stunden  lang 
getaucht,  ein  vortreffliches  Präparat. 

Die  Herstellung  dieses  Papierpyroxylins  ist  nach  Liesegang  viel 
einfacher  und  sicherer,  als  die  des  Baumwollpyroxylins;  Papier  läßt 
sich_  leichter  zerschneiden,  führt  keine  Luft  mit  in  die  Mischung,  läßt 
sich  besser  waschen,  kurz  ist  in  jeder  Hinsicht  handlicher  und  dabei 
billiger  als  Baumwolle.  Man  braucht  nicht'  so  ängstlich  die  Tempera- 
tur der  Mischung  zu  beachten  und  kann  dieselbe  Mischung  uuch  zwei- 
mal benutzen.  Im  letztem  Falle  läßt  man  das  Papier  so  lange  in  der 
Säure,  bis  eine  Probe  sich  nach  dem  Auswaschen  vollkommen  in 
Alkoholäther  löst.  Das  aus  dem  Papier  bereitete  Collodion  soll  sich 
durch  große  Flüssigkeit  und  Abwesenheit  von  Wolken  auszeichnen. 

Rohcollodion. 

Das  Pyroxylin  ist,  wie  schon  gesagt,  in  verschiedenen  Lösungs- 
mitteln löslich,  so  z.  B.  auch  in  Essigäther.  Beim  Verdampfen  dieser 
Lösung  bleibt  es  als  weißes  Pulver  zurück. 

Das  beste  photographische  Lösungsmittel  ist  eine  Mischung  von 
Alkohol  und  Aether,  aus  welchen  sich  das  Pyroxylin  beim  Ver- 

7* 


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100 


Rohcollodion. 


dunsten  als  glasartige  durchsichtige  Haut  ausscheidet.  Die  Eigenschaften 
dieser  Haut  variiren  nun  nicht  nur  mit  den  Eigenschaften  der  an- 
gewendeten Wolle,  sondern  auch  mit  den  Eigenschaften  der  angewen- 
deten Lösungsmittel.  Je  rascher  diese  verdunsten,  desto 
fester  wird  die  feuchte  Schicht,  je  langsamer,  desto  mürber. 

Bei  Aetherübersch ufs  wird  daher  diese  Schicht  stark  und  co- 
härent,  zieht  sich  sehr  leicht  zusammen  und  haftet  weniger  leicht  am 
Glas,  so  dafs  man  sie  oft  ohne  Zerreifsen  abziehen  kann. 

Bei  Alkoholüberschufs  ist  die  Schicht  zart  und  leicht  zerreifs- 
bar,  noch  stärker  tritt  dies  bei  Wassergehalt  hervor.  Setzt  man  zu 
gutem  Collodion  einige  Tropfen  Wasser,  so  wird  ein  Niederschlag  ent- 
stehen, der  sich  beim  Umschütteln  wieder  löst.  Das  Collodion  ist  nun 
schleimig  und  die  Haut  halb  undurchsichtig,  netzartig  und  sehr  mürbe. 
Dieselben  Fehler  werden  bei  Anwendung  eines  wasserreichen  Alko- 
hols eintreten.  Um  diesem  Mangel  zu  begegnen,  mufs  man  die  Menge 
des  Aethers  vermehren.  Hier  tritt  jedoch  der  Uebelstand  ein,  dafs 
beim  Gebrauch  eines  solchen  Collodions  der  Aether  allmählich  ver- 
dunstet und  der  Rückstand  wieder  mürbe  Schichten  giebt.  Solches 
Collodion  kann  man  durch  erneuten  Zusatz  von  Aether  wieder  ver- 
bessern. Wieviel  Alkohol  und  Aether  man  nehmen  soll,  hängt  von 
dem  Rohmaterial  ab.  Für  eine  Wolle,  welche  ein  zu  lockeres,  schlei- 
miges Häutchen  zu  geben  geneigt  ist,  nehme  man  viel  Aether  und 
£ — t't  Alkohol;  für  eine  in  hoher  Temperatur  und  schwefelsäure- 
reicher  Mischung  angefertigte  Collodionwolle , welche  ein  sehr  festes 
structurloses , schnell  trocknendes  und  sich  leicht  zusammenziehendes 
Häutchen  liefert,  d.  h.  für  pergamentartiges  Collodion  nehme  man 
mehr  Alkohol  als  Aether. 

Wichtig  ist  die  Stärke  des  Alkohols.  Derselbe  mufs  für  schlei- 
miges Collodion  absolut  sein,  während  er  für  das  pergamentische 
Wasser  enthalten  kann.  Hardwich  empfiehlt  für  das  letztere,  falls 
der  Alkohol  absolut  ist,  2 Alkohol  und  1 Aether. 

Für  heifse  Jahreszeiten  ist  ein  alkoholreiches  Collodion  vor- 
theilhaft,  da  dasselbe  sonst  zu  rasch  trocknet.  Sutton  hat  für  heifse 
Gegenden  eine  Wolle,  die  schon  in  reinem  Alkohol  löslich  ist,  das  so- 
genannte Alkolen  empfohlen.  Dieselbe  wird  bei  hoher  Temperatur 
verfertigt  (bis  80*  C.).  Der  Alkohol  wirkt  nach  Hardwich  jedoch 
nicht  blofs  physikalisch,  sondern  auch  photographisch.  Er  ver- 
mehrt sowohl  die  Empfindlichkeit  als  auch  die  Intensität  Die 
erstere  wird  nur  bis  zu  einer  gewissen  Grenze  durch  Alkoholzusatz 
vermehrt;  wird  über  diese  Grenze  hinaus  noch  mehr  Alkohol  zugesetzt, 
so  tritt  wieder  Verminderung  ein.  Anders  ist  es  mit  der  Intensität, 
die  namentlich  bei  warmem  Wetter  bei  ätherreichem  Collodion  sehr 
schwach  ist.  Jedenfalls  spielt  hier  die  Porosität  der  Schicht  eine  Rolle. 

In  Deutschland  nimmt  man  gewöhnlich  zum  Rohcollodion  Al- 


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Jodirnngssalze. 


101 


kohol  and  ^ Aether.  Beide  müssen  frei  von  ätherischen  Oelen  und 
neutral  sein.  Man  wiegt  die  Wolle  ab,  z.  B.  20  Gramme,  und  giefst 
darauf  500  Gramme  Alkohol  von  mindestens  95",  noch  besser  absoluten, 
und  wenn  die  Wolle  vollständig  mit  Alkohol  durchfeuchtet  ist,  giefst 
man  500  Gramme  Aether  hinzu  (sp.  G.  0,72s).  Man  schüttelt  dann  gut 
um,  bis  alles  gelöst  ist,  und  stellt  das  Collodion  eine  Woche  an  einen 
kühlen  Ort  zum  Klären,  dann  giefst  man  es  ab.  Will  man  ein  dickes 
Collodion,  so  nimmt  man  25  Gr.  Wolle,  für  ein  dünnes  15  Gr.  In 
Deutschland  pflegen  die  Fabrikanten  photographischer  Chemikalien 
Rohcollodien  von  2 und  4 pCt.  Gehalt  an  Collodionwolle  vorräthig  zu 
halten.  Ersteres  dient  für  die  gewöhnlichen  Collodien.  Von  letzterem 
nimmt  man  je  nach  der  Consistenz,  die  man  wünscht.  Man  prüfe  nach 
der  Auflösung  auf  die  Neutralität  mittelst  Lackmus.  Sollte  es  sauer 
sein,  so  neutralisire  man  mittelst  einer  Prise  reinen  kohlensauren 
Natrons. 

Das  Collodion  selbst  mufs  im  Dunkeln  in  wohlverstopften  Flaschen 
aufbewahrt  werden.  Es  hält  sich  hier  je  nach  der  Bereitung  mehr 
oder  weniger  lange.  Die  Haltbarkeit  ist  abhängig  von  der  Natur  der 
Wolle. 

In  hoher  Temperatur  bereitetes  oder  aus  alten  Leinen  gemachtes 
halbzersetztes  Pyroxylin  hält  sich  nicht  lange,  wenn  es  auch  anfangs 
gut  arbeitet.  Um  das  Rohcollodion  auf  seine  Haltbarkeit  zu  prüfen, 
schüttelt  man  es  mit  trocknem  kohlensauren  Kali;  damit  mufs  es, 
falls  es  gut  ist,  die  ersten  2 Stunden  farblos  bleiben.  Färbt  es  sich 
schnell  braun,  so  ist  es  nicht  sehr  dauerhaft 

Auch  der  Aether  wirkt  auf  die  Haltbarkeit  Derselbe  ist  öfter 
ozonosirt  und  macht  dann  aus  den  zugesetzten  Jodmetallen  Jod  frei. 
Das  Collodion  wirkt  damit  anfangs  intensiv,  aber  nicht  lange.  Dann 
giebt  er  bei  der  Oxydation  leicht  Aldehyd  und  Essigsäure,  die  ebenfalls 
nachtheilig  wirken. 


Jodirangs  salze. 

Behufs  der  Anwendung  des  Rohcollodions  als  Bildträger  für  die 
lichtempfindlichen  Silbersalze  kann  man  dasselbe  unmittelbar  mit 
diesen  Salzen  versetzen,  die  dann  vermöge  der  schleimigen  Eigen- 
schaft des  Collodions  darin  suspendirt  bleiben.  Dies  geschieht  jedoch 
selten.  Man  pflegt  lieber  das  Jodsilber  und  Bromsilber,  welches  die 
lichtempfindliche  Schicht  bildet,  in  der  Collodionhaut  selbst  zu  erzeu- 
gen, indem  man  das  Rohcollodion  mit  Jod- und  Brommetallen  ver- 
setzt und  die  damit  hergestellte  Collodionhaut  in  Silberlösung  taucht. 
Hier  wird  alsdann  durch  Wechselzersetzung  in  der  Haut  selbst  Jod- 
und  Bromsilber  niedergeschlagen.  Man  nennt  dieses  Versetzen  des  Roh- 
collodions mit  Jod-  und  Brommetallen  das  „ Jodiren“ , die  angewen- 
deten Salze  „ Jodirungssalze“  und  das  damit  versetzte  Collodion 


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102 


Jodirungssalze. 


selbst  „jodirtes  Collodion“  (ein  Ausdruck,  der  insofern  unlogisch 
ist,  als  nicht  allein  «Tod-,  sondern  auch  Brommetalle  zum  Versetzen 
des  Collodions  gebraucht  werden)*).  Wir  wollen  nun  im  Folgenden 
die  Eigenschaften  der  Jodirungssalze,  sowie  des  jodirten  Collo- 
dions näher  betrachten**).  — Es  ist  offenbar,  dafs  von  den  zahlreichen 
Jod-  und  Brommetallen  nur  solche  zum  Versetzen  des  Collodions  be- 
nutzt werden  können,  welche  in  Alkohol  und  Aether  löslich  sind. 
Dieser  Bedingung  genügen  nur  wenige.  Man  wendet  an: 
Jodkalium  — Bromkalium, 

Jodnatrium  — Bromnatrium, 

Jodlithium  — Bromlithium, 

Jodammonium  — Bromammonium, 

Jodcalcium  — Bromcalcium, 

Jodzink  — Bromzink, 

Jodcadmium  — Bromcadmium, 

Jodeisen  — Bromeisen. 

Die  Calcium-,  Zink-  und  Eisensalze  der  Art  werden  nur  selten  ange- 
wendet 


Jodkalium  (KJ), 

Atomgewicht  = 166,12, 

ist  ein  wasserfreies,  in  Würfeln  krystallisirendes  Salz,  welches  leicht 
in  der  Glühhitze  schmilzt,  bei  höherer  Temperatur  verdampft  und  sehr 
leicht  löslich  in  Wasser  ist;  bei  12°  C.  löst  sich  ein  Theil  Jodkalium 
in  0,735  Wasser.  Die  Jodkaliumlösung  löst  Jod  in  beträchtlicher  Menge 
auf.  Alkohol  löst  es  nur  schwer,  1 Th.  KJ  erfordert  40 — 60  Th.  starken 
Alkohols,  nach  Hardwich  sogar  180  Th.  ahsoluten  Alkohols.  Es 
ist  zuweilen  mit  Kohlensäure,  Jodsäure,  Schwefelsäure  und  Chlorkalium 
verunreinigt;  Fehler,  die  man  mit  Reagentien  leicht  entdecken  kann. 
Kohlensäure  verräth  sich  durch  Brausen  bei  Aufgiefsen  verdünnter 
Säure,  Jodsäure  durch  Gelbfärbung  der  Lösung  bei  Zusatz  verdünnter 
Schwefelsäure.  Schwefelsäure  entdeckt  man  leicht  durch  Barytsalzlösung, 
die  damit  einen  weifsen  in  H CI  unlöslichen  Niederschlag  erzeugt.  Chlor 
ist  schwieriger  nachzuweisen.  Man  findet  es,  wenn  man  das  Jodkalium 
mit  Silbersalz  niederseblägt,  den  Niederschlag  mit  Ammoniak  behan- 
delt, welcher  das  Chlorsilber  löst.  Aus  dieser  Lösung  fällt  es  durch 
Versetzen  mit  Salpetersäure  als  weifser  Niederschlag.  (Diese  Prüfungen 


*)  De#  (ttiltld,  warum  man  neben  Jddsalzeh  auch  Bromsalze  im  Collodion  an- 
waadBl,  wird  weiter  anten  erörtert  werdfen. 

** ) Von  Rechte  wegen  gehört  die  Beschreibung  der  Jod-  und  Brommetalle  in 
die  Betrachtung  der  Salze.  Ihr  gemeinschaftlicher  Zweck  macht  aber  ihre  gemein- 
schaftliche Beschreibung  in  einem  gesonderten  Capitel  nothwendig.  Wir  ersparen 
sh  dem  Lese#  das  mühsame  Umhersuchen  unter  den  verschiedenen  Rubriken : Kali, 
Nnttwi,  Ammoaiumealze  eto. 


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Jodirungssalze. 


103 


auf  Verunreinigungen  des  Jodkaliums  sind  auch  bei  Untersuchung  der 
Reinheit  aller  übrigen  Jodirungssalze  anwendbar.)  Neuerdings  wird 
das  Jodkalium  sehr  rein  in  den  Handel  gebracht,  was  man  leider  von 
den  übrigen  Jodirungssalzen  nicht  sagen  kann.  Im  festen  Zustande 
verändert  es  sich  nicht  im  Licht,  in  HO  gelöst,  wird  es  aber  im  Licht 
bald  gelb  gefärbt  unter  Freiwerden  von  Jod.  Es  reagirt  alka- 
lisch. Gelöst  in  5 bis  10  HO  ist  keine  Reaction  bemerkbar;  ein  festes 
Stück , mit  H O befeuchtet,  auf  violettes  Lackmuspapier,  färbt  dasselbe 
nach  kurzer  Zeit  weinroth.  (Dafs  diese  Färbung  nicht  gleich  anfangs 
eintritt,  liegt  vielleicht  in  einer  Zersetzung.)  Nach  Hardwich  soll  auch 
das  reine  Salz  sich  im  Licht  färben.  Geschieht  dies  nicht,  so  soll 
freies  Alkali  vorhanden  sein.  Man  reinigt  es  durch  siedenden  Alkohol, 
in  dem  das  kohlensaure,  jodsaure  und  schwefelsaure  Kali  unlöslich  sind. 
Man  stellt  das  Jodkalium  jetzt  meistens  aus  Jod  eisen  dar,  indem  man 
eine  Lösung  desselben  mit  kohlensaurem  Kali  versetzt;  es  fallt  dann 
Eisencarbonat  nieder,  während  Jodkalium  in  Lösung  bleibt  und  zum 
Krystallisiren  gebracht  werden  kann.  Alle  Verunreinigungen  des  ange- 
wendeten Kalisalzes  gehen  hierbei  in  das  fertige  Präparat  über. 


Bromkalium, 

Atomgewicht  = 119,12, 

krystallisirt  wasserfrei  wie  das  Jodkalium  in  Würfeln,  ist  luftbeständig, 
schmilzt  in  der  Glühhitze,  ist  sehr  leicht  löslich  in  Wasser,  doch  sehr 
sch  wer.  löslich  in  Alkohol,  so  dafs  es  sich  bei  doppelter  Zersetzung 
ausscheidet,  wenn  eine  gesättigte  alkoholische  Jodkaliumlösung  mit  der 
Lösung  eines  Bromraetalles,  z.  B.  Bromcadmium  ersetzt  wird.  Nach 
Hardwich  löst  eine  Unze  Collodion,  welches  4^  Aether  und  3J  Alkohol 
enthält,  nur  Gran  Bromkalium  auf.  KBr  gelöst  in  10  Th.  Wasser, 
reagirt  neutral,  in  festen  Stücken  mit  Wasser  befeuchtet,  auf  Lackmus- 
papier gelegt,  aber  deutlich  alkalisch. 

Die  schwierige  Löslichkeit  des  Jodkaliums  und  Bromkaliums  in 
Alkohol  erschwert  ihre  Anwendung  zur  Jodirung  des  Collodions.  Nicht 
selten  ereignet  es  sich,  dafs  diese  Salze  aus  dem  Collodion  bei  nie- 
derer Temperatur  auskrystallisiren,  dadurch  Niederschläge  bilden  und 
in  der  photographischen  Praxis  Flecke  veranlassen;  Verfasser  wendet 
sie  deshalb  nur  ausnahmsweise  an.  Zur  Darstellung  des  Bromkaliums 
kann  man  denselben  Weg  wie  zur  Darstellung  des  Jodkaliums  be- 
nutzen *). 


*)  Es  wurde  über  die  Grenzen  dieses  Lehrbuchs  binausgehen,  die  speciellen  Her- 
Mellungsmethoden  der  verschiedenen  Chemikalien  zu  erläutern.  Wer  eich  in  dieser 
Hineicht  zu  belehren  wünscht,  den  verweisen  wir  auf  Graham,  Otto,  Lehrbuch  der 
Chemie. 


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104 


JodiruDgssalze. 


Jodnatrium  (NaJ-t-4HO), 

Atomgewicht  = 18G, 

krystallisirt  mit  4 Atomen  Wasser  in  kleinen  Spiefsen  und  verwittert  an 
der  Luft.  Es  löst  sich  sehr  leicht  in  Wasser  und  ziemlich  leicht  in  Al- 
kohol; 100  Th.  Alkohol  von  95*  lösen  bei  15*  C.  8,33  Th.  Jodnatrium*). 
Dieser  leichten  Löslichkeit  in  Alkohol  wegen  ist  es  dem  Jodkalium 
als  Jodirungssalz  vorzuziehen.  In  seinen  übrigen  Eigenschaften  ist  es 
dem  Jodkalium  ähnlich.  Manches  im  Handel  vorkommende  NaJ  ist 
fast  wasserfrei. 

Bromnatrium  (NaBr -+•  4H 0), 

Atomgewicht  = 139, 

kommt  ebenfalls  in  wasserhaltigen  Krystallen  im  Handel  vor,  die  luft- 
beständig sind  und  sich  im  Wasser  leicht,  in  Alkohol  nur  schwer  lösen, 
jedoch  leichter  als  das  Bromkalium.  Die  Löslichkeit  des  reinen  Salzes 
ist  nicht  bekannt.  Bei  Gegenwart  von  Jodcadmium  lösen  100  Th.  Al- 
kohol von  95-J  (je  nach  dem  Cadmiumgehalt)  0,8  bis  1,3  Jodnatrium*). 

Leider  kommen  Jodnatrium  wie  Bromnatrium  oft  sehr  unrein  im* 
Handel  vor  und  veranlassen  dadurch  bei  der  Anwendung  in  der  Pho- 
tographie manche  Unzuträglichkeiten.  Ihre  Verunreinigungen  sind  auf 
dieselbe  Weise  zu  entdecken,  wie  beim  Jodkalium  angeführt  wurde. 

Jodammonium  (NH,  J), 

Atomgewicht  = 145, 

ist  ein  sehr  unbeständiges  Salz,  das  schon  halb  zersetzt  in  den  Handel 
kommt,  indem  es  leicht  Jod  abgiebt  und  dadurch  gelb  wird.  Es  ist 
frisch  alkalisch,  in  Alkohol  viel  leichter  löslich  als  KJ  und  NaJ, 
zerfliefslich  und  mufs  an  einem  dunkeln  Orte  aufbewahrt  werden. 
Häufig  ist  es  mit  AmOCO,  und  SO,  verunreinigt.  Die  gelbe  Masse 
macht  man  wieder  weifs  durch  Schütteln  mit  Aether  oder  durch  einen 
Tropfen  Schwefelammonium;  seine  leichte  Löslichkeit  in  Alkohol  hat 
seine  allgemeine  Anwendung  in  der  Photographie  veranlafst 

Bromammonium  (NH, Br), 

Atomgewicht  = 98, 

läfst  sich  direct  durch  Einwirkung  von  Brom  auf  Ammoniakgas  dar- 
stellen, es  entweicht  dabei  Stickstoff  und  NH,  Br  bleibt  zurück.  Es  ist 
beständigeres  Salz  als  NH,J  und  leichter  löslich  in  Alkohol  wie 
KJ  und  NaJ.  100  Th.  Alkohol  von  95°  lösen  3 Th.  NH,Br. 

Jodlithium  (LiJ-f-6HO) 

enthält  nach  Rammeisberg  6 Aequ.  Wasser,  zerfliefst  und  färbt  sich 
gelb  an  der  Luft  und  ist  leicht  löslich  in  HO  und  Alkohol.  Es  wird 
nur  selten  zur  Jodirung  angewendet 


*)  S.  Photogr.  Mittheilungen,  III.  Jahrg.  S.  40. 


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Jodirnngssalze. 


105 


Bromlithium  (LiBr?) 

ist  auf  seine  Eigenschaften  noch  wenig  untersucht.  Es  ist  wie  LiJ 
leicht  löslich  in  Alkohol  und  wird  wie  dieses  nur  ausnahmsweise  an- 
gewendet. 

Jodcalcium  (CaJ)  und  Bromcalcium  (CaBr) 
bilden  in  Alkohol  leicht  lösliche,  zerfliefsliche  Salze,  welche  an  der 
Luft  leicht  unter  Ausscheidung  von  kohlensaurem  Kalk  zersetzt  werden. 

Jodzink  und  Bromzink 

können  ähnlich  dem  Jod-  und  Bromeisen,  dem  Jod-  und  Brom- 
cadmium durch  Einwirkung  von  Jod  resp.  Brom  auf  die  zerkleinerten 
Metalle  unter  Wasser  erhalten  werden. 

Beide  bilden  weifse  Krystalle,  die  an  der  Luft  zerfliefsen,  in  Wasser 
und  Alkohol  löslich  sind  und  leicht  zersetzbar  sind.  Sie  werden 
wenig  angewendet.  Interessant  ist  die  Neigung  des  Zn  J,  Doppelsalze 
zu  bilden.  Wir  erwähnen  das  NH4J-t-ZnJ  und  KaJ-+-2ZnJ. 

Jodcadmium  (CdJ), 

Atomgewicht  = 182,7, 

bildet  sich  beim  Erwärmen  von  Cd -Blech  mit  Jod  und  Wasser;  die 
Lösung  giebt  beim  Verdampfen  grofse  sechsseitige  Tafeln.  Es  ist 
schmelzbar  und  wasserfrei,  wird  durch  Einwirkung  des  Lichtes  leicht 
gelb,  ist  leicht  löslich  in  Alkohol  und  Wasser,  bildet  perlmutter- 
glänzende Blättchen,  reagirt  in  Lösung  sauer  und  ist  luftbeständig. 
Es  bildet  leicht  Doppelsalze : 

^aJ,  CdJ  -+-  2 HO  \ 

AmJ,  Cd  J + 2 HO  j nach  Croft. 

NaJ,  CdJ -f-  6 HO  ) 

Mit  Cadmiumoxyd  vereinigt  es  sich  zu  einem  Oxyjodür,  das  durch 
Alkohol  zersetzt  wird. 

Bromcadmium  (CdBr  + 4 HO), 

Atomgewicht  = 171,7, 

wird  ebenso  wie  Jodcadmium  erhalten,  krystallisirt  mit  4 Aequ.  W asser 
in  Nadeln,  die  an  der  Luft  verwittern.  Es  ist  leicht  löslich  in  Wasser 
und  Alkohol,  schmilzt  und  sublimirt  in  hoher  Temperatur.  Es  bildet 
wie  das  Jodcadmium  leicht  Doppelsalze: 

K Br  -1-  2 CdBr  -+-  HO,  ferner  KaBr  -+-  CdBr  und 
NaBr  4-  2 CdBr  -H  5 HO  (Croft). 

Diese  Doppelsalze  sind  noch  nicht  genauer  untersucht,  doch  lassen 
Erfahrungen  aus  der  photographischen  Praxis  schliefsen,  dafs  sie  sich 
durch  leichtere  Löslichkeit  in  Alkohol  und  durch  gröfsere  Be- 
ständigkeit als  ihre  Componenten  auszeichnen;  daher  wendet  man 


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106 


Wirkung  der  Jodirungssalze. 


gern  Mischungen  von  Cadmium-  und  Alkalisalzen  zum  Jodiren 
der  Collodien  an.  Von  allen  Jodirungssalzen  sind  die  Cadmiumsalze 
im  Collodion  die  beständigsten.  Man  würde  sie  ausschlicfslich  anwen- 
den, wenn  ihre  saure  Reaction  nicht  die  Empfindlichkeit  des  Präparats 
ein  wenig  beeinträchtigte. 


Wirkung  der  Jodirungssalze. 

Wenn  man  verschiedene  Collodien  mit  verschiedenen  Jodirungs- 
salzen in  äquivalenten  Mengen  versetzt,  so  findet  man  in  ihrem  Ver- 
halten sehr  merkbare  Unterschiede,  die  man  a priori  nicht  vermuthen 
sollte  und  die  sich  einerseits  auf  die  Flüssigkeit,  andrerseits  auf  die 
Haltbarkeit,  ferner  auf  die  Empfindlichkeit  des  Präparats  er- 
strecken. Hier  sind  zunächst  von  Wichtigkeit  1)  die  physikalischen 
Wirkungen,  die  die  Salze  auf  das  Collodion  ausüben.  Man  hat 
nämlich  gefunden,  dafs  die  alkalischen  Jodirungssalze  (Kali-,  Natron-, 
Ammonium-  und  Lithionsalze ) das  Collodion  dünnflüssig  machen, 
die  übrigen  (Cd  J,  Zn  J,  Cd  Br)  dickflüssig.  (Im  ersten  Augenblicke, 
wird  manches  mit  Ueberschufs  von  Schwefelsäure  bereitete  Collodion 
durch  Jodkaliumzusatz  dickflüssig,  dann  schnell  dünnflüssig.) 

Eine  ähnliche,  dünnflüssig  machende  Wirkung  zeigen  kohlen- 
saure Alkalien,  die  öfter  den  Jodirungssalzen  beigemischt  sind. 
Sauer  reagirende  Salze  giebt  es  nur  vier  in  der  Photographie,  Jod- 
und  Bromcadmium  und  Jod-  und  BromzJnk.  Die  übrigen  oben 
genannten  reagiren  alkalisch.  Daraus  folgt  von  selbst,  dafs  man  für 
erstere  ein  dünneres,  für  letztere  ein  dickeres  Collodion  zur  Auflö- 
sung wählen  mufs,  d.  h.  ein  mehr  oder  weniger  an  * Schiefsbaumwolle 
reiches. 

2)  Die  Haltbarkeit  In  Bezug  hierauf  steht  das  mit  Cad- 
miumsalzen versetzte  Collodion  obenan.  Dieses  hält  sich  sehr  lange, 
ohne  gelb  zu  werden,  während  alkalische  Jodsalze  in  alkoholischer 
Lösung  sich  schnell  zersetzen  und  das  Collodion  gelb  und  endlich  roth 
färben  und  zugleich  dünnflüssig  machen.  Das  unbeständigste  Salz  der 
Art  ist  das  Ammonium,  dann  folgt  Jodlithium  und  endlich  Jodkalium. 
Die  Brommetalle  zersetzen  sich  viel  weniger  leicht  Die  Ursache  dieser 
Rothfärbung  ist  eine  Oxydation  der  Alkalimetalle,  einerseits  durch 
Ozon,  der  im  Aether  häufig  enthalten  ist,  andrerseits  durch  die  Unter- 
salpetersäure des  Pyroxylins.  Häufig  ist  hieran  auch  die  Unreinheit 
der  Salze  schuld,  die  kohlensaure  Alkalien  etc.  enthalten.  Die  Halt- 
barkeit des  Collodions  wird  erhöht,  wenn  man  nicht  ein,  sondern 
mehrere  Jodirungssalze  gemischt  verwendet  Es  entstehen  dabei 
jedenfalls  Doppelsalze,  welche  der  Zersetzung  länger  Widerstand  leisten, 
(s.  o.  unter  Jodcadmium).  In  ähnlicher  Weise  wirkt  Bromsalz  vor- 


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Wirkung  der  Jodirnngssalze. 


107 


theilhaft  auf  die  Haltbarkeit  (Hardwich).  Namentlich  ist  es  bei  jod- 
ammoniamhaltigen  Collodien  von  guter  Wirkung*). 

3)  Ein  dritter  Punkt  ist  die  Löslichkeit  der  Salze.  So 
ist  Jodkalinm  nur  sehr  schwer  löslich,  kann  deshalb  nur  unter  be- 
sonderen Bedingungen  angewendet  werden.  Ein  Collodion,  was  gleiche 
Theile  Aether  und  Alkohol  enthält  (letzterer  von  0,81«),  verträgt  auf 
120  Th.  1 Th.  Jodkalium  (Hardwich).  Fügt  man  aber  Jodcadmium 
hinzu,  so  entsteht  ein  löslicheres  Doppelsalz,  das  nahezu  aus  glei- 
chen Gewichtstheilen  beider  Salze  besteht.  Noch  schwerer  löslich 
ist  Bromkalium.  Collodion,  was  4^  Aether  auf  3£  Alkohol  enthält, 
verträgt  nur  {•  Gr.  Bromkalium  per  Unze  (Hardwich).  Deshalb  ent- 
steht leicht  ein  Niederschlag,  wenn  man  zu  Jodcadmiumcollodion  Brom- 
cadmium setzt.  Das  ist  ein  zweiter  Grund,  die  KJ-Jodirung  zu 
verwerfen  und  lieber  die  leichter  löslichen  Natron-  und  Ammonium- 
salze  anzuwenden. 

Leicht  löslich  ist  das  LiJ  und  NH,  J,  doch  wegen  ihrer  Zer- 
setzbarkeit nicht  lange  haltbar,  auch  schwerer  rein  zu  erhalten. 
Von  Bromsalzen  ist  das  löslichste  und  beste  Bromcadmium,  nach 
diesem  folgt  das  Bromammonium,  welches  Verfasser  vorzugsweise  an- 
wendet**). 

4)  Endlich  sind  noch  die  photographischen  Eigenschaften 
zu  beachten.  Diese  Unterschiede  treten  bei  frisch  jodirten  reinen 
Collodien,  die  mit  äquivalenten  Mengen  verschiedener  Jod-  und  Brom- 
salze versetzt  wurden,  nicht  stark  hervor.  Man  bemerkt,  dafs  frisches 
Jodkalium  ein  kräftigeres  Bild  giebt  als  Jodammonium,  dieses,  wie 
es  scheint,  wieder  ein  kräftigeres  als  Jodcadmium.  Die  geringere 
Intensität  der  Jodcadmiumcollodionbilder  erklärt  sich  wohl  aus  der 
sauren  Reaction  des  beim  Silbern  entstehenden  salpetersauren  Cad- 
tniumoxyds.  Mit  der  Zeit  ändern  sich  jedoch  diese  Collodien,  am 
schnellsten  die,  welche  KJ  und  N H,  J enthalten;  sie  werden  weniger 
empfindlich,  roth  und  dünnflüssig,  geben  aber  bei  hinreichend  langer 
Belichtung  noch  intensive  Bilder. 

Die  Veränderung  der  photographischen  Empfindlichkeit  erfolgt  viel 
schneller,  gleichzeitig  mit  einer  Vermehrung  der  Intensität 


*)  Verfasser  machte  hinsichtlich  der  conservirenden  Wirkung  des  Bromsalzes 
eine  seltsame  Erfahrang.  Er  versetzte  zwei  Collodien  mit  gleichviel  Jodsalz  (Jod- 
cadmium und  Jodnatrium)  und  setzte  zu  dem  einen  Bromnatrium.  Das  bromhaltige 
färbte  sich  schon  nach  wenigen  Tagen  roth;  das  reine  Jodcollodion  war  noch  nach 
8 Monaten  schön  gelb.  Das  Bromnatrium  erwies  sich  als  schwefelsäurehaltig.  Das- 
selbe Collodion  mit  Bromcadmium  angesetzt,  hielt  sich  trefflich. 

**)  Die  Löslichkeit  des  Bromnatrinms  wird  sehr  durch  Cadmiumsalze  befördert. 
Nach  zwei  Versuchen  lösten  30  Alkohol,  welche  0,7  Jodcadmium  und  0,7  Jodnatrium 
enthielten  — 0,23  3 Bromnatrium.  Dagegen  lösten  30  Alkohol,  welche  l,o  Jodcadmium 
und  0,4  Jodnatrium  enthielten  — 0,3  j 7 Bromnatrium.  Bei  einem  Gehalt  von  1,4  Jod- 
cadmium  lösten  sich  0,4  Bromnatrium  (s.  0.). 


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108 


Wirkung  der  Jodirungsaalze. 


bei  Gegenwart  organischer  Substanzen,  wie  Nitroglucose,  Traubenzucker, 
also  bei  Collodion,  das  bei  hoher  Temperatur  und  grofser  Verdünnung 
bereitet  wurde. 

Oft  findet  man,  dafs  ein  Collodion  anfangs  roth  wird,  später  wie- 
der hell.  Diese  Erscheinung  erklärt  sich  aus  der  Bildung  von  redu- 
cirenden  organischen  Körpern,  die  das  Jod  absorbiren,  welches  die 
Gelbfärbung  verursacht 

Wir  haben  nun  noch  Auskunft  zu  geben,  warum  man  gewöhnlich 
eine  Mischung  von  Jod-  und  Bromsalzen  zum  Versetzen  des  Col- 
lodions  verwendet,  ln  dem  Capitel  über  Photochemie  ist  das  Jodsilber 
als  das  lichtempfindlichste  Silberhaloidsalz  geschildert  worden.  Es  wurde 
aber  bereits  bemerkt,  dafs  die  Gegenwart  des  an  sich  weniger  licht- 
empfindlichen Bromsalzes  die  Lichtempfindlichkeit  des  Jodsilbers  er- 
höhe. Dieser  Satz  galt  freilich  nur  für  trockne,  von  überschüssigem 
Silbersalz  befreite  Jod-  und  Bromsilberpapiere.  Die  Empfind- 
lichkeit des  Bromsilbers  und  Jodsilbers  schwankt  jedoch  wesentlich 
unter  verschiedenen  Umständen.  Bei  Gegenwart  von  Tannin  und  ähn- 
lichen Körpern  erscheint  z.  B.  das  Bromsilber  lichtempfindlicher  als 
das  Jodsilber.  Es  sind  dies  Thatsachen,  die  erst  während  der  Ab- 
fassung dieses  Buches  in  das  rechte  Licht  gesetzt  worden  sind  und  die 
daher  in  dem  Capitel  über  Photochemie  noch  nicht  besprochen  werden 
konnten.  Wir  behalten  uns  die  Erörterung  dieser  Thatsachen  für  den 
II.  Theil  des  Werkes  vor  und  beschränken  uns  hier  auf  die  Besprechung 
des  praktisch  wichtigsten  Falles,  nämlich  die  Wirkung  der  Bromsalze 
im  gewöhnlichen  nassen  Verfahren. 

Früher  herrschten  über  diesen  Punkt  die  verschiedensten  Meinungen. 

Einige  behaupten,  Bromsalz  sei  empfindlicher  für  grüne  Strahlen, 
und  diese  Meinung  ist  begründet.  Jedoch  ist  die  Wirkung  der  grünen 
Strahlen  auf  Bromsilber  quantitativ  zu  gering  und  daher  praktisch  nicht 
von  Gewicht.  Hardwich  sagt  sogar  ausdrücklich,  dafs  reines  Jodcol- 
lodion  für  Aufnahme  grüner  Blätter  (Baumschlag)  besser  sei,  als 
bromjodirtes.  Zu  ähnlichem  Resultat  ist  Thouret  gekommen. 

Manche  Forscher  behaupten  eine  gröfsere  Empfindlichkeit  des 
Jodbromcollodions,  diese  wird  von  Andern  wieder  geleugnet.  Sicher 
ist  sogar,  dafs  Brom  die  Intensität  vermindert.  Nur  darin  stimmen 
die  Angaben  verschiedener  Forscher  überein,  dafs  Bromsalz  die  Halt- 
barkeit des  Collodions  vermehrt  (siehe  dagegen  S.  107),  die  sogenannte 
Schleierbildung  und  Flecken  verhütet,  die  Solarisation  vermindert 
und  mehr  Harmonie  in  das  Bild  bringt.  Um  über  den  Hauptpunkt, 
die  Empfindlichkeit  der  Collodien,  ins  Klare  zu  kommen,  unter- 
nahm der  Verfasser  eine  Reihe  von  Versuchen.  Er  stellte  drei  Collo- 
dien her,  die  mit  äquivalenten  Mengen  von  Chlorcadmium,  Brom- 
cadmium und  Jodcadmium  versetzt  waren.  Diese  sensibilisirte  er, 
wie  gewöhnlich,  und  nahm  damit  eine  weifse,  mit  schwarzer 


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Wirkung  der  Jodirungssalze.  — Albumin.  109 

Draperie  theilweise  umhüllte  Gypsbüste  auf.  Er  belichtete  alle 
drei  Platten  gleich  lange  und  entwickelte  mit  Eisenvitriollösung. 

Das  Jodcollodion  gab  ein  sehr  intensives  Bild  des  weifsen 
Gypses  und  ein  schwaches  der  schwarzen  Draperie.  Die  Linien  waren 
verschwommen. 

Das  Bromcoilodion  gab  ein  schwaches,  aber  klares  Bild  des 
Gypses,  von  der  schwarzen  Draperie  keine  Spur. 

Das  Chlore ollodion  gab  keine  Spur  eines  Bildes*). 

Demnach  ist  das  reine  Jodcollodion  das  photographisch 
empfindlichste. 

Nun  wurde  im  Anschlufs  daran  ein  gemischtes  Collodion  un- 
tersucht. 

Es  wurden  wieder  drei  Collodien  hergestellt.  1)  Ein  reines  Jod- 
collodion; 2)  ein  Collodion,  was  ebenso  viel  Jodsalz  enthielt  wie  1, 
daneben  j- Bromsalz;  3)  ein  Collodion  mit  ebenso  viel  Jodsalz  wie  1 
und  ^ Chlorsalz.  Damit  wurde  unter  gleichen  Umständen  (gleiche 
Belichtung  etc.)  wieder  die  Gypsbüste  mit  schwarzer  Draperie  aufge- 
nommen. 

Das  Jodcollodion  gab  wie  oben  ein  höchst  intensives,  etwas 
verschwommenes  Bild  des  Gypses,  aber  nur  wenig  Details  in  der  dun- 
keln Draperie. 

Das  Bromjodcollodion  und  das  Chlorjodcollodion  gaben 
ein  viel  weniger  intensives,  aber  klares  Bild  des  Gypses,  dagegen 
viel  mehr  Details  in  der  schwarzen  Draperie.  Gewisse  dunkle  Falten 
der  letzteren,  die  im  Jodcollodionbild  kaum  sichtbar  waren,  traten  bei 
den  gemischten  Collodien  deutlich  hervor. 

Daraus  folgt: 

Reines  Jodcollodion  ist  empfindlicher  für  starke  Lichter 
(Gyps  etc.),  gemischtes  Collodion  empfindlicher  für  schwache. 
Man  nimmt  daher  das  letztere,  um  Details  in  den  Schatten  zu  erzielen. 

Dieser  Satz  gilt  jedoch  nur  für  auf  gewöhnlichem  Wege  im  Silber- 
bade präparirte  Platten.  Wir  werden  im  praktischen  Theile  merk- 
würdige Ausnahmen  davon  kennen  lernen  (s.  a.  S.  56). 

Ueber  die  Fertigung  und  den  Gebrauch  der  jodirten  Collodien  wird 
der  II.  Theil  unseres  Werkes  berichten. 

Albumin 

wurde  als  Bildträger  von  Niepce  de  St.  Victor  in  die  Photo- 
graphie eingeführt,  anfangs  für  den  Negativprocefs  zum  Ueberziehen 
von  Glasplatten;  als  solches  findet  es  jetzt  nur  noch  in  sogenannten 
Trockenprocessen  Anwendung  (siehe  den  II.  Theil).  Dagegen  ist  es 

*)  Es  folgt  daraus  keineswegs  die  photographische  Unempfindlichkeit  des  Chlor- 
silbercollodions.  Jedenfalls  wurde  dieses  bei  längerer  Dauer  der  Belichtung  eben- 
falls ein  Bild  geben. 


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110 


Albumin. 


jetzt  ein  wichtiger  Bildträger  für  den  Positivprocefs , in  welchem  man 
es  zum  Ueberziehen  des  Papiers  verwendet 

Albumin  ist  ein  Stickstoff-  und  schwefelhaltiger  Körper  von  sehr 
complicirter  Zusammensetzung,  der  mit  einer  andern  Sorte  von  Körpern, 
dem  Fibrin  und  Casein,  die  sogenannten  Proteinstoffe  bildet,  die 
sich  nicht  nur  im  Thier-,  sondern  auch  im  Pflanzenorganismus  finden. 
Diese  Proteinatoflfe  kommen  theils  in  löslicher,  theils  in  unlös- 
licher Modification  vor. 

Die  erste  Modification  findet  sich  in  den  Säften  der  Thiere  und 
Pflanzen,  die  letztere  wird  künstlich  erzeugt  durch  Kochen  oder  durch 
Fällen  der  Lösungen  mit  absolutem  Alkohol,  verschiedenen  Säuren, 
Salzen  etc.  Löslich  erhält  man  die  Proteinkörper  durch  Eindunsten 
der  sie  enthaltenden  Fluida  unter  50°,  sie  bilden  dann  farblose  gummi- 
artige Massen,  die  sich  in  Wasser  lösen  und  mit  Alkohol,  Säuren  und 
Salzen  Niederschläge  geben.  Im  unlöslichen  Zustande  bilden  sie  klum- 
pige , geruchlose  und  geschmacklose  Massen,  die  durch  Alkalien  unter 
Zersetzung  gelöst  werden,  ebenso  durch  concentrirte  Säuren,  und  mit 
Quecksilberoxydoxydul  und  Salpetersäure  eine  rothe  Färbung  geben. 

Man  hat  alle  drei,  das  Albumin,  Fibrin  und  Casein  als  Ueber- 
zug  von  Papier  angewendet;  mit  Erfolg  jedoch  bisher  nur  das  erstere. 

Das  Albumin  erhält  man  am  besten  aus  Hühnereiern  durch  Ver- 
mischen mit  Wasser,  tüchtiges  Schütteln  (Schneeschlagen)  und  Setzen- 
lassen, Filtriren  und  Verdunsten  und  Ausziehen  der  trocknen  Masse  mit 
Alkohol  oder  Aether,  welche  die  Fettbestandtheile  auflösen.  Der 
Rückstand  enthält  dann  noch  circa  5J  unorganische  Bestandteile, 
darunter  freies  Alkali,  Kochsalz  und  phosphorsaure  Salze.  Durch 
Versetzen  einer  Eiweifs- Lösung  mit  Bleiessig  erhält  man  einen 
Niederschlag  von  Albumin  und  Bleisalz,  welcher  nach  dem  Auswaschen 
upd  Zersetzen  mit  Schwefelwasserstoff  reines  Albumin  liefert.  Man 
kann  es  auch  mit  Hülfe  der  sogenannten  Dialyse  von  fremden  Salzen 
reinigen.  Seine  procentische  Zusammensetzung  variirt  etwas,  im  Mittel 
ist  sie  folgende: 


Kohlenstoff  . . 

. 53,4, 

Wasserstoff  . . 

• 7,o, 

Stickstoff  . . . 

, 15,6, 

Sauerstoff  . . 

• 22,4, 

Schwefel  , . . 

. 1,6. 

Bei  60 — 70*  trübt  sich  die  Albuminlösung  und  es  scheiden  sich 
grofse  Flocken  von  coagulirtem  Albumin  aus.  Je  verdünnter  die  Lösung, 
desto  höher  ist  die  zum  Coaguliren  nöthige  Temperatur.  Ist  das  Eiweifs 
alkalihaltig,  so  bleibt  stets  ein  Theil  in  Lösung. 

Bei  diesem  Coaguliren  entwickelt  sich  Schwefelwasserstoff.  — ' 
Das  Eiweifs  wird  gefällt  durch  starken  Alkohol  (das  durch  Alkohol 
gefällte  Eiweifs  löst  sich  nach  dem  Auswaschen  wieder  in  Wasser), 


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Albumin.  — Gelatine. 


111 


Kreosot,  anorganische  Säuren,  aber  nicht  durch  organische.  Die 
unorganischen  Säuren  gehen  dabei  eine  Verbindung  mit  Eiweifs  ein, 
die  jedoch  auch  schon  durch  Wasser  zerlegbar  ist.  Das  so  gewaschene 
Eiweifs  löst  sich  dann  wieder  in  Wasser  auf.  Verdünnte  Salzsäure 
fällt  das  Albumin,  concentrirte  Salzsäure  löst  es  mit  blauer  Farbe. 
Die  meisten  Metallsalze  coaguliren  es,  und  verbinden  sich  dabei  mit 
ihm  zu  sogenannten  Albuminaten.  Am  wichtigsten  für  die  Photo- 
graphie ist  das  S ilbe ralb  umina t,  welches  durch  Fällen  von  Eiweifs- 
lösung mit  Silberlösung  als  ein  weifser,  flockiger  Niederschlag  erhalten 
wird,  der  sich  namentlich  im  trocknen  Zustande  im  Licht  rasch  bräunt 
und  einen  höchst  brillanten  Ton  annimmt,  in  Wasser  unlöslich  ist  und 
aus  einer  innigen  Verbindung  von  Albumin  mit  salpetersaurem  Silber- 
oxyd besteht.  In  Alkalien  löst  sich  dieses  Silberalbuminat.  Diese 
Auflösung  findet  sehr  leicht  bei  Sensibilisirung  des  Eiweifspapiers  auf 
alkalischen  Silberbädern  statt. 

Merkwürdigerweise  wird  getrocknetes  Albumin  durch  Er- 
hitzen nicht  coagulirt,  eben  so  wenig  durch  Alkoholäther,  wohl  aber 
durch  Metallsalze.  Um  Papier  mit  Eiweifs  zu  präpariren,  wird  das 
Hühnereiweifs  einem  Reinigungsprocefs  unterzogen,  gesalzen  und  dann 
das  Papier  darauf  schwimmen  gelassen,  dann  abgehoben  und  getrock- 
net. Es  bleibt  so  eine  Schiebt  von  nicht  coagulirtem  Eiweifs  am 
Papier  haften.  Legt  man  daher  dieses  Albuminpapier  in  Wasser,  so 
löst  sich  das  Eiweifs  auf.  Wärme  allein  coagulirt  diese  Ei  weifsschicht 
nicht,  wohl  aber  Einwirkung  von  Wasserdampf.  Dagegen  findet  die 
Coagulirung  im  Silberbade  statt,  indem  sich  hier  ein  unlösliches  Silber- 
albuminat bildet.  Ist  das  Bad  jedoch  sehr  verdünnt,  so  tritt  diese 
Coagulirung  nicht  oder  nur  unvollständig  ein,  die  Albumindecke  löst 
sich  los  und  die  erzielten  Bilder  sind  vollkommen  untauglich. 

Läfst  man  Albumin  an  der*Luft  in  Lösung  stehen,  so  entwickelt 
sich  Schwefelwasserstoff  und  das  Ganze  wird  sauer.  Oft  läfst  man 
solches  Sauerwerden  absichtlich  eiutreten,  damit  das  Eiweifs  beim 
Präpariren  die  Leimung  des  Papiers  nicht  auflöst.  Ja  oft  läfst  man 
das  Eiweifs  einen  förmlichen  Gährungsprocefs  durchmachen. 

Gelatine. 

Verschiedene  thierische  Substanzen  wie  Haut,  Sehnen,  Knochen 
und  Fischblase  enthalten  eigentümliche  stickstoffhaltige  Substanzen, 
die  in  Wasser  unlöslich  Sind,  aber  durch  längeres  Kochen  damit  löslich 
werden,  und  dann  eine  Lösung  geben,  die  beim  Erkalten  zu  einer  Gallerte 
gerinnt.  Man  nennt  diese  Substanzen  Leimsubstanzen.  Im  unreinen 
Zustande  geben  diese  den  gewöhnlichen  braunen  Tischlerleim,  in  der 
reinsten  Form  die  farblose  Gelatine.  Diese  ist  eine  geruch-  und  ge- 
schmacklose Masse,  die  im  kalten  Wasser  aufschwillt,  ohne  sich  zu 
lösen,  dabei  ungefähr  ihr  vierfaches  Volumen  Wasser  aufsaugt,  beim 


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112 


Gelatine. 


Erwärmen  aber  eine  dünne  Losung  giebt.  Diese  gelatinisirt  beim 
Erkalten  selbst  dann  noch,  wenn  sie  nur  1 pCt.  Gelatine  enthält;  kocht 
man  diese  Lösung  sehr  lange,  so  verliert  sie  die  Fähigkeit  zu  ge- 
rinnen. 

Aufser  in  Wasser  löst  sich  die  Gelatine  noch  in  Essigsäure,  sogar 
in  der  Kälte.  Diese  Lösung  gerinnt  nicht,  sie  wurde  neuerdings  als 
Zusatz  zum  Entwickler  empfohlen;  auch  verdünnte  Schwefelsäure 
löst  den  Leim  auf:  hierbei  geht  jedoch  eine  vollständige  chemische 
Zersetzung  vor,  es  bildet  sich  Glycocoll,  eine  süfse  zuckerartige  Masse, 
Leucin  und  andere  Körper. 

Leimlösungen  werden  nicht  von  Alaun  gefällt,  dennoch  wird  eine 
trockene  Leimschicht  durch  Behandeln  mit  Alaunlösung  fast  unlöslich 
in  Wasser;  Chlorquecksilber  und  Gerbstoff  fällen  die  Leimlösung,  Silber- 
lösungen coaguliren  sie  nicht;  im  Gegentheil  löst  sich  Gelatine  in 
Siiberlösungen  auf,  und  färbt  diese  braun. 

Alkohol  und  Aether  lösen  den  Leim  nicht  auf,  dagegen  ist  er 
in  der  Wärme  löslich  in  Glycerin;  die  Lösung  erstarrt  beim  Erkalten 
zu  einer  elastischen  Masse,  die  zum  Abziehen  der  Negative  empfohlen 
worden  ist. 

Merkwürdig  ist  das  Verhalten  der  mit  chromsauren  Salzen  ge- 
mischten Gelatine,  sie  verliert  nämlich  ihre  Löslichkeit  im 
Licht.  Darauf  beruht  die  Herstellung  der  Kohlebilder.  Ebenso  spielt 
sie  in  der  Photolithographie  und  Photometallographie  eine  wichtige 
Bolle  (siehe  Photochemie  der  Chromverbindungen  S.  30  u.  s.  f.). 

Die  aus  verschiedenen  Leimsubstanzen  erhaltenen  Leimsorten  diflfe- 
riren  in  ihren  Eigenschaften  etwas.  Die  oben  erwähnten  Eigenschaften 
gelten  nur  für  den  aus  Häuten,  Knochen  und  Fischblase  (Hausen- 
blase) gewonnenen;  man  nennt  sie  £rlutin.  Etwas  anders  verhält 
sich  der  Knorpelleim,  das  sogenannte  Chondrin.  Dieses  wird 
durch  Schwefelsäure  und  Essigsäure  aus  seinen  Lösungen  anfangs  ge- 
fällt, später  jedoch  bei  weiterem  Säurezusatz  wieder  aufgelöst.  Alaun, 
basisch  essigsaures  Bleioxyd  (welche  den  gewöhnlichen  Leim  nicht 
fällen)  fällen  das  Chondrin,  ebenso  wirken  manche  andere  MetallsaLze; 
mitunter  löst  sich  der  Niederschlag  im  Ueberschufs  des  Fällungsmittels 
wieder  auf. 

Die  chemische  Zusammensetzung  der  beiden  Leimsorten  ist  fol- 
gende : 

Glutin  Chondrin 


Kohlenstoff  . . , 

. 49,3 

45,o 

W asserstoff  • . 

. 6,6 

6,6 

Stickstoff  . . . , 

. 18,3 

14,4 

Sauerstoff  . . . 

. 25,8 

29. 

Als  Biidträger  ist  die  Gelatine  von  Wichtigkeit  einerseits  ab 
Surrogat  für  Eiweifs  zum  Ueberziehen  der  photographischen  Roh- 


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Papier. 


113 


papiere  (Glutinpapier);  noch  wichtiger  ist  sie  als  Bildträger  für  das 
Swan’sche  Tuschcopirverfahren;  ferner  dient  sie  zum  Aufkleben  der 
fertigen  Bilder. 


Das  Papier. 

Im  Negativprocesse  ist  das  Collodion  der  wichtigste  Bildträger, 
im  Positivprocesse  ist  es  das  Papier,  zu  dessen  Beschreibung  wir 
jetzt,  nachdem  alle  Stoffe,  die  zu  seiner  Präparation  dienen,  bespro- 
chen sind,  übergehen.  Der  Zeichner  nimmt  zu  seinen  Entwürfen  ein 
festes,  glattes,  homogenes  Papier,  dies  ist  auch  in  der  Photographie 
nöthig. 

Auf  schwedischem  Filtrirpapier  z.  B.  würden  wir  nur  rauhe  und 
faserige  Bilder  erzielen  und  obenein  würde  dieses  Papier,  da  es  an 
manchen  Stellen  härter,  an  andern  weicher  ist,  ein  ungleiches  Ein- 
dringen der  Sensibilisirungsbäder  veranlassen  und  in  Folge  dessen  sich 
im  Licht  ungleich  schwärzen. 

Ferner  würden  die  Chemikalien  in  die  lockere  Papiermasse  tief 
eindringen  und  dem  entsprechend  würde  sich  ein  Theil  des  Bildes 
innerhalb  des  Papiers  bilden  und  dann  wohl  in  der  Durchsicht, 
nicht  aber  in  der  Aufsicht  sichtbar  sein  (ähnlich  wie  bei  einem  Ne- 
gativ). Aufserdem  würde  aber  auch  ein  solches  Papier  äufserst  un- 
empfindlich sein  und  bei  den  vorzunehmenden  Waschungen  reifsen. 

Aus  diesen  Andeutungen  geht  schon  hervor,  welche  Eigenschaften 
ein  photographisches  Papier  haben  mufs. 

1)  Es  mufs  eine  völlig  glatte,  gleichartig  feste  und  homogene  Schicht 
bilden. 

2)  Es  darf  kein  tiefes  Eindringen  der  Chemikalien  gestatten,  sondern 
es  mufs  dieselben  auf  der  Oberfläche  festbalten. 

3)  Es  mufs  sich  schnell  und  gleichartig  im  Licht  färben  und  dabei 
einen  möglichst  brillanten,  angenehmen  Ton  annehmen. 

Die  erste  Bedingung  erreicht  man  durch  eine  sorgfältige  Auswahl 
des  Rohmaterials.  Nur  die  besten  leinenen  Lumpen  sollen  zu  dem 
Papiere  verwendet  werden.  Man  mufs  bei  der  Fabrikation  selbst  An- 
wendung von  Eisengeräthen  möglichst  vermeiden,  weil  diese  Veran- 
lassung geben  zu  Rostflecken,  die  sich  beim  Copiren  schwarz  färben. 
Es  existiren  nur  sehr  wenige  Papierfabriken,  die  ein  gediegenes  Papier 
für  photographische  Zwecke  liefern.  Eigentlich  kennt  man  nur  zwei, 
Rives  in  Paris  und  Steinbach  in  Malmedy.  Diese  liefern  fast 
allein  die  riesige  Papierquantität,  welche  alltäglich  zu  Photographieen 
verarbeitet  wird.  Wie  bereits  früher  bemerkt  wurde,  ist  das  Papier, 
welches  diese  Fabriken  liefern,  sogenanntes  Rohpapier,  welches  erst 
einer  nachträglichen  Leimung  und  Salzung  unterzogen  werden  mufs, 
um  für  photographische  Copirzwecke  brauchbar  zu  sein.  Durch  diese 
nachträgliche  Leimung  erfüllt  man  die  zweite  Bedingung  (s.  o.).  Die 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  8 


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Papier. 


Leimung  bildet  einen  schützenden  Ueberzug,  welcher  die  Poren  der 
Papiermasse  verstopft,  giebt  eine  homogene  Fläche  und  mehrt  die 
Festigkeit  und  Empfindlichkeit  Das  Rohpapier  an  sich  ist 
jedoch  keineswegs  ungeleimt,  sondern  hat  bereits  in  der  Fabrik  eine 
Leimung  erfahren,  entweder  mittelst  Gelatine  und  Alaun,  oder  mittelst 
Alaun  und  Harzseife.  Diese  Leiinung  ist  meist  Geheimnifs  der 
Fabrikanten  und  in  Folge  dessen  haben  sich  eben  gewisse  Papiere 
grofsen  Ruf  erworben.  Die  Art  der  Leimung  hat  übrigens  Einfiufs 
auf  den  Ton  der  fertigen  Bilder  und  daher  wirken  kleine  Unter- 
schiede in  der  Leimung  sehr  wesentlich  auf  das  Ansehen  dersel- 
ben. Diese  erste  Leimung,  welche  das  Papier  in  der  Fabrik  erfährt, 
reicht  für  Bilder  von  untergeordneter  Qualität  aus,  zur  Erzielung 
brillanter  Copieen  überzieht  man  aber  das  Papier  noch  mit  verschiedenen 
Substanzen,  die  neben  der  Bedingung  2 (s.  o.):  Verhindern  des  Ein- 
sinkeng der  Chemikalien,  auch  noch  der  Bedingung  3 : Erzielung  eines 
brillanten  Tones,  Genüge  leisten.  Man  verwendet  als  solchen  Ueberzug 
Albumin,  Stärke  und  Harz,  seltener  Gelatine  und  neuerdings 
Collodion.  Von  diesen  drei  Substanzen  ist  das  erstere  die  am  meisten 
angewendete.  Der  Albuminüberzug  empfiehlt  sich  durch  seine  grofse 
Lichtempfindlichkeit,  intensive  und  brillante  Färbung,  die  er  im  Son- 
nenlicht annimmt,  schönen  Ton  und  Glanz  und  grofse  Feinheiten  in  den 
Details  der  darauf  copirten  Bilder.  Er  ist  jedoch  nur  schwer  re- 
touchirbar. 

Ein  zweiter  Stoff  ist  die  Stärke,  die  einen  Ueberzug  von  nur 
mattem  Glanz  liefert,  der  weniger  feine  Bilder  von  stumpfem  Ton 
giebt,  die  jedoch  leicht  retouchirbar  sind. 

Das  Harz  wird  seltener  angewendet,  die  Qualität  des  Harzüber- 
zugs kommt  der  des  Stärkeüberzugs  nahe.  Nach  diesen  Ueberzügen 
theilt  man  das  photographische  Papier  ein  in  Albuminpapier, 
Arrowrootpapier  und  Harzpapier.  Das  erstere  ist  das  bei  Wei- 
tem am  häufigsten  angewendete,  das  zweite  wird  nur  zu  gröfserer 
Retoucbe  bedürftigen  Bildern  verwendet.  Das  dritte  bat  bis  jetzt  noch 
keine  allgemeine  Anwendung  gefunden. 

Zur  Bereitung  des  ersteren  bedient  man  sich  des  Hühnereiweifs, 
welches  eine  wässerige,  mehr  oder  weniger  reine  Albumin-  und  Fi- 
brinlösung darstellt. 

Das  einfachste  Verfahren,  Eiweifspapier  zu  machen,  ist  nun  fol- 
gendes. Man  trennt  das  Gelbe  von  dem  Weifsen,  giebt  zu  8 Theilen 
Eiweifs  2 Theile  einer  Lösung  von  10  Theilen  Chlorammonium  in 
100  Theilen  Wasser,  schlägt  die  Masse  zu  Schnee  (oder  schüttelt  sie) 
und  läfst  sie  sich  dann  einige  Stunden  abklären.  So  wird  das  im 
Eiweifs  enthaltene  Fibrin,  welches  auf  dem  Papiere  leicht  bronceartige 
Streifen  erzeugt,  abgeschieden.  Man  giefst  das  geschlagene  und  ge- 
klärte Eiweifs  in  eine  flache  Schale  und  legt  alsdann  das  Rohpapier 


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Einflufs  des  Salzgehalts. 


115 


mit  der  geleimten  Seite  darauf,  läfst  es  1|  Minuten  schwimmen,  hebt 
es  dann  ab  und  hängt  es  zum  Ablaufen  und  Trocknen  auf.  Sollten 
Luftblasen  haften  geblieben  sein,  so  mufs  man  noch  einmal  auflegen. 

Hardwich  empfiehlt  folgende  Verhältnisse: 

15  Unzen  Eiweifs, 

5 - Wasser, 

200  Gran  Chlorammonium. 

Ein  Bogen  Papier  entnimmt  diesem  Bade  nach  Hardwich  6 Drach- 
men Albumin  und  7 Gran  Salz. 

Die  Hauptschwierigkeit  besteht  in  der  Vermeidung  streifiger  Linien, 
die  nachher  stark  bronceartig  werden.  Um  diese  zu  vermeiden,  legt 
man  das  Papier  in  gleichmäfsiger  Bewegung  auf. 

Manche  Papiere  werden  nur  langsam  vom  Albumin  befeuchtet, 
dies  rührt  von  Fettigkeit  her;  man  setzt  alsdann  (nach  Hardwich)  2Theile 
Weingeist  (verdünnt)  auf  32  Theile  Eiweifs  zu  oder  einige  Tropfen 
einer  Lösung  von  Ochsengalle  in  Alkohol.  Man  darf  das  Papier  nicht 
auf  der  Rückseite  befeuchten  und  nicht  zu  lange  schwimmen  lassen, 
sonst  sinkt  das  Eiweifs  (indem  es  die  Leimung  auflöst)  ein  und 
giebt  dann  kraftlose  Bilder.  Je  mehr  das  Albumin  mit  Wasser  ver- 
setzt wird,  desto  matter  erscheint  das  damit  gefertigte  Papier,  jedoch 
hat  hier  die  Leimung  des  Rohpapiers  wesentlichen  Einflufs.  Nach 
dem  Abheben  hängt  man  den  Bogen  mit  Klammern  an  zwei  Ecken  auf, 
läfst  das  Eiweifs  ablaufen  und  dann  trocknet  man  ihn  an  einem  war- 
men Orte,  indem  man  die  vier  Ecken  festklemmt.  Schliefelich  preist 
man  die  Bogen  und  bewahrt  sie  an  einem  mäfsig  trocknen  Ort  auf. 

Zur  Bereitung  des  Arrowrootpapiers  nimmt  man: 

100  Wasser, 

3 Na  CI. 

Man  erhitzt  die  filtrirte  Mischung  zum  Sieden  und  setzt  3|  Theile 
Arrowrootmehl  hinzu,  rührt  fortwährend  um,  giefst  das  Ganze  durch 
ein  Tuch,  trägt  das  Klare  mittelst  eines  Pinsels  auf  das  Papier  kreuz- 
weis auf,  verreibt  mit  einem  zweiten  Pinsel  und  trocknet  das  Ganze. 

Der  Raum  gestattet  uns  nicht,  auf  die  technische  Seite  der  Albumin- 
und  Arrowrootpapierfabrikation  näher  einzugehen,  um  so  weniger,  als 
diese  Arbeit  nur  selten  von  den  Fachpbotographen  ausgeübt  wird, 
sondern  von  sogenannten  Albumineuren.  Wohl  aber  haben  wir  hier 
noch  die  Rolle  zu  besprechen,  welche  der  Salzgehalt  des  Papiers 
in  der  photographischen  Praxis  spielt. 

Es  ist  offenbar,  dafs,  wenn  man  einen  gesalzenen,  d.  h.  chlor- 
metallhaltigen Papierbogen  in  ein  Silberbad  bringt,  im  Papiere  sich 
Chlorsilber  bilden  wird,  aufserdem  wird  aber  eine  gewisse  Quantität 
freien  Silbersalzes  vom  Papiere  mechanisch  aufgesaugt  und  demnach 
enthält  ein  solcher  Bogen  nach  dem  Herausnehmen  aus  dem  Bade  und 
Trocknen  Chlorsilber  und  Silbernitrat.  Um  die  Wirkung  dieser 

8* 


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116 


Papier. 


beiden  Körper  beurtheilen  zu  können,  mufs  man  die  Wirkung  jedes 
einzelnen  für  sich  studiren.  Exponirt  man  drei  Bogen,  von  denen  der 
eine  nur  salpetersaures  Silberoxyd,  der  zweite  nur  Chlorsilber,  der 
dritte  beide  Körper  enthält,  dem  Licht,  so  beobachtet  man,  dafs  der 
erstere  sich  am  langsamsten  färbt,  er  wird  bräunlich,  der  zweite  färbt 
sich  schneller,  er  wird  violett,  am  intensivsten  aber  färbt  sich  der 
dritte.  Salpetersaures  Silberoxyd  ist  für  sich  allein  zu  unempfind- 
lich, Chlorsilber  ist  bedeutend  empfindlicher,  giebt  aber  keine  In- 
tensität der  Färbung,  erst  durch  Zusammenwirken  beider  Körper 
erhält  man  Bilder  von  hinreichender  Kraft.  Der  Grund  liegt  darin, 
dafs  das  freie  Chlor,  welches  aus  dem  Chlorsilber  durch  die  Belichtung 
entwickelt  wird,  sogleich  auf  das  freie  salpetersaure  Silberoxyd  wirkt, 
dadurch  frisches  Chlorsilber  erzeugt,  das  seinerseits  wieder  sogleich 
durch  das  Liebt  zersetzt  wird,  abermals  Chlor  frei  werden  läfst  etc. 
Auf  diese  Weise  bildet  sich  das  lichtempfindliche  Material,  d.  i.  das 
Chlorsilber,  während  der  Belichtung  fortwährend  von  Neuem.  Etwas 
anders  ist  das  Verhalten,  falls  das  freie  salpetersaure  Silberoxyd  eine 
chemische  Verbindung  mit  dem  Material  des  Papieres  eingeht,  wie  dies 
bei  Albuminpapier  der  Fall  ist.  Hier  bildet  sich  Silberalbuminat,  welches 
sich  auch  in  reinem  Zustande,  d.  h.  bei  Abwesenheit  von  Chlorsilber, 
noch  ziemlich  lichtempfindlich  zeigt.  Dennoch  pflegt  man  das  Albumin- 
papier  zu  salzen.  Wir  werden  über  diese  Verhältnisse  noch  im  prak- 
tischen Theile  unseres  Werkes  specieller  sprechen. 


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Viertes  Capitel. 

Photographische  Optik. 

Das  Licht  ist  das  Lebenselement,  der  zeichnende  Griffel  des  Pho- 
tographen, und  die  Kenntnifs  seiner  Eigenschaften  ist  deshalb  für  ihn 
ebenso  nothwendig,  als  für  den  Maler  die  Kenntnifs  seiner  Zeichen- 
materialien und  Farben.  Daher  bildet  die  Optik,  d.  i.  die  Lehre  vom 
Licht,  ein  wichtiges  Capitel  der  Theorie  der  Photographie. 

Licht  ist  nach  der  gewöhnlichen  Definition  die  Ursache  der 
Helligkeit,  das  Agens,  durch  dessen  Vermittelung  unser  Auge  die 
Körper  wahrnimmt*). 

In  Bezug  auf  das  Verhalten  zum  Licht  theilen  wir  die  Körper 
ein  in  leuchtende,  die  ohne  Hülfe  eines  anderen  Körpers  sichtbar 
sind  und  nichtleuchtende  oder  dunkle.  Diese  Eintheilung  ist 
nicht  streng,  denn  es  giebt  Körper,  die  wir  für  gewöhnlich  nichtleuch- 
tend nennen,  wie  Diamant,  Glas,  Chlorophan,  Flufsspath,  der  bono- 
nische  Stein,  Porzellan,  Papier,  die  aber  dennoch,  wenn  sie  schwach 
erwärmt  oder  von  der  Sonne  beschienen  worden  sind,  im  Dunkeln 
schwach  selbstleuchtend  auftreten  (siehe  S.  12). 

Bei  Betrachtung  verschiedener  leuchtender  oder  erleuchteter  Kör- 
per bemerken  wir  leicht  Unterschiede,  einerseits  in  der  Intensität 
des  Lichts,  oder  der  Lichtstärke  (die  Sonne  ist  z.  B.  bedeutend 
intensiver  als  Gaslicht),  andrerseits  in  der  Qualität  (manche  Körper 
erscheinen  weifs,  schwarz,  andre  farbig). 

Mit  der  Bestimmung  der  Intensität  beschäftigt  sich  die  Ph oto- 
metrie,  mit  der  Bestimmung  der  Qualität  die  Farbenlehre.  Be- 
trachten wir  zunächst  die  Intensität  des  Lichts. 

Von  der  Intensität  des  Lichts. 

Hier  müssen  wir  zunächst  die  Lichtintensität  selbstleuchtender 
Körper  besprechen. 

Es  ist  offenbar,  dafs  die  Helligkeit  einer  gleichmäfsig  leuchten- 
den Fläche  abhängig  sein  wird:  1)  von  der  Intensität  des  Lichts  in 
jedem  einzelnen  Punkte,  und  2)  von  der  Gröfse  der  Fläche.  So  wird 

*)  Diese  Definition  ist  nicht  ganz  erschöpfend,  denn  es  giebt  auch  unsicht- 
bares Licht,  das,  wie  wir  sehen  werden,  bei  dem  Farbenspectrum  (s.  u.)  jenseits 
des  Roth  noch  fühlbar,  jenseits  des  Violett  noch  chemisch  wirksam  ist. 


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118 


Intensität  des  Lichts. 


z.  B.  von  zwei  gleich  grofsen  Flammen,  einer  Gasflamme  und  einer 
Talglichtflamme,  die  erstere  in  jedem  einzelnen  Punkte  intensiver  leuch- 
ten, als  die  letztere ; ebenso  wird  die  ganze  Fläche  einer  weifsgliihenden 
Eisenplatte  von  10  □Fufs  sicher  zehnmal  so  viel  Licht  verbreiten, 
als  eine  gleich  hell  glühende  von  nur  1 □ Fufs  Fläche.  Die  Wirkung, 
welche  das  von  einer  solchen  Lichtquelle  ausstrahlende  Licht  auf  dunkle' 
Körper  ausübt,  wird  nun  sehr  verschieden  sein,  je  nach  der  Entfer- 
nung der  Lichtquelle  von  den  Gegenständen,  und  je  nach  der 
Stellung  der  letzteren. 

Hinsichtlich  der  ersten  Punkte  ist  es  bekannt,  dafs  mit  der  Entfer- 
nung einer  Lichtquelle  die  Helligkeit,  welche  sie  verbreitet,  abnimmt, 
und  zwar  in  demselben  Verhältnifs,  wie  die  Quadrate  der  Entfer- 
nung zunehmen.  Dieser  Umstand  ist  zu  beachten  bei  photographi- 
schen Aufnahmen  mit  künstlichem  Licht  (Magnesiumlicht,  electri- 
schem  Licht).  Je  näher  man  die  Lichtquelle  dem  beleuchteten  Objecte 
bringt,  desto  intensiver  wird  es  beleuchtet 

Hinsichtlich  des  zweiten  Punktes  ist  leicht  nachzuweisen,  dafs 
eine  Fläche,  die  von  senkrechten  Strahlen  getroffen  wird,  heller  er- 
scheint, als  eine  von  schiefen  Strahlen  getroffene;  der  blofse  Anblick 
eines  in  senkrechter  oder  schiefer  Richtung  vom  Licht  getroffenen 
Stück  Papiers  lehrt  das  schon  auffallend,  ebenso  der  Anblick  eines 
einseitig  beleuchteten  runden  Körpers,  z.  B.  einer  Säule,  an  welcher 
ein  allmähliger  Uebergang  von  Licht  in  Schatten,  Halbton  genannt, 
sichtbar  ist.  Dieser  Halbton  entsteht  einfach  dadurch,  dafs  jeder  ein- 
zelne Theil  der  cylindrischen  Säule  eine  andere  Neigung  gegen  die 
auffallenden  Strahlen  hat,  und  demgemäfs  um  so  dunkler  erscheint, 
je  schiefer  die  Strahlen  fallen. 

Um  nun  die  Helligkeit,  die  Intensität  des  Lichtes  leuchtender  so- 
wohl wie  nichtleuchtender  Körper  zu  bestimmen,  bedienen  wir  uns 
der  Photometer.  Unser  Auge  ist  im  Stande  zu  beurtheilen,  ob  eine 
Fläche  heller  sei,  wie  eine  andere;  das  Umwieviel  zu  erkennen, 
ist  ihm  unmöglich,  und  selbst  bei  der  Bestimmung,  welche  Fläche 
heller  und  welche  dunkler  sei,  wird  unser  Urtheil  durch  die  dabei  ins 
Spiel  kommende  Farbe,  ferner  durch  Co  nt  rast  Wirkungen  unsicher 
gemacht.  Man  hat  viele  Instrumente  zur  Messung  der  Lichtintensität 
construirt;  wir  heben  als  eins  der  einfachsten  und  praktischsten  hier 
das  Bunsen’sche  Photometer  heraus;  dieses  ist  weiter  nichts,  als 
ein  auf  Papier  gemachter  Fettfleck*).  Beleuchtet  man  ein  solches 

*)  Neuerdings  empfiehlt  Bansen  einen  nngefetteten  King  auf  ringsum  gefettetem 
Papier.  Man  erwärmt  ein  Stück  homogenes  Zeichenpapier  auf  einer  mit  Fliefspapier 
bedeckten  Metallplatte  und  reibt  eine  kleine  Menge  auf  dem  Papiere  geschmolzenen 
StearinB  so  ein,  dafs  ein  kreisrunder  ungetränkter  Fleck  übrig  bleibt.  Nach  dem 
Erkalten  des  Blattes  legt  man  ein  Körnchen  Stearin  genau  in  die  Mitte  des  unge- 
tränkten  Fleckes  und  erwärmt  gelinde,  bis  die  geschmolzene  Masse  vom  Papier  ein- 
gesogen ist. 


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Bnnsen’s  Photometer. 


110 


Stück  Papier  von  vorn,  so  erscheint  der  Fettfleck  dunkel,  beleuchtet 
man  es  von  hinten,  so  erscheint  er  hell;  beleuchtet  man  ein  Stück 
Papier  gleichzeitig  von  vorn  und  von  hinten,  so  wird  der  Fettfleck 
bald  hell,  bald  dunkel  erscheinen,  jenachdem  das  vordere  oder  hintere 
Licht  stärker  wirkt;  läfst  man  das  eine  Licht  feststehen,  und  nähert 
oder  entfernt  das  andere,  so  findet  man  bald  einen  Punkt,  wo  der 
Fettfleck  verschwindet,  d.  h.  unsichtbar  wird,  weil  alsdann  der  Fett- 
fleck genau  so  hell  erscheint,  als  das  umgebende  Papier.  Will  man 
nun  zwei  Lichtquellen  mit  einander  vergleichen,  so  bringt  man  eine 
constante  Lichtflamme,  z.  B.  die  einer  Moderateurlampe  a,  hinter 


das  Photometer  b,  welches  zu  dem  Zwecke  am  besten  auf  einen  Mafs- 
stab  c senkrecht  aufgestellt  wird;  alsdann  bringt  man  die  erste  zu 
messende  Flamme / auf  die  andere  Seite,  rückt  sie  hin  und  her,  bis 
der  Fettfleck  verschwindet,  tfnd  entfernt  sie  dann;  nachher  macht  man 
dasselbe  Experiment  mit  der  zweiten  zu  messenden  Flamme.  War 
die  Entfernung  der  ersten  Flamme  = 10  Zoll,  die  Entfernung  der 
zweiten  = 12  Zoll,  so  verhalten  sich  die  Intensitäten  der  beiden  Flam- 
men wie  10’  zu  12a,  d.  h.  wie  100  zu  144. 

Bunsen  hat  mit  diesem  so  einfachen  Photometer  eine  Reihe  für 
die  Photographie  hochwichtiger  Untersuchungen  ausgeführt,  von  denen 
wir  noch  sprechen  werden.  Ein  Uebelstand  bei  der  Anwendung  dieses 
Photometers  ist  die  verschiedene  Färbung  vieler  Lichtquellen;  so  ist 
es  z.  B.  sehr  schwer,  auf  diese  Weise  Tages-  und  Lampenlicht  mit  ein- 
ander zu  vergleichen,  da  das  erste  blau  und  das  zweite  gelb  gefärbt 
ist.  In  solchem  Falle  thut  man  gut,  ein  gelbes  Glas  auf  die  Tages- 
lichtseite zu  bringen  und  dadurch  dem  auf  das  Papier  fallenden  Licht 
eine  gelbe  Färbung  zu  ertheilen;  allerdings  wird  dadurch  das  Tages- 
licht um  eine  gewisse  Quantität  geschwächt,  bei  der  Bestimmung  der 
Verhältnisse  der  Helligkeit  zweier  verschiedenen  vom  Tageslichte 
erhellten  Räume  kommt  diese  Schwächung  jedoch,  wenn  man  für  beide 
dasselbe  gelbe  Glas  benutzt,  nicht  in  Betracht. 

Man  kann  auf  diese  Weise  die  Helligkeit  verschiedener  Interieurs 


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120 


Dove’s  Photometer. 


bestimmen  und  daraus  einen  Schlufs  auf  die  Expositionszeit 
machen,  die  man  bei  einer  etwaigen  photographischen  Aufnahme  nöthig 
hat.  Man  stellt  dann  z.  ß.  das  Photometer,  vorn  mit  gelbem  -Glas 
gedeckt,  in  dem  einen  Raum  einem  Fenster  gegenüber  auf,  bringt  eine 
constante  Lichtflamme  auf  die  andere  Seite  und  bewegt  sie,  bis  der 
Fettfleck  verschwindet.  Dasselbe  Experiment  macht  man  in  dem  an- 
deren Raume.  Die  Helligkeiten  verhalten  sich  alsdann  umgekehrt,  wie 
die  Quadrate  der  Entfernung  der  Lichtflamme.  Ebenso  kann  man  auf 
diese  Weise  die  Helligkeit  in  verschiedenen  Theilen  eines  Zimmers 
feststellen.  Nothwendig  ist  es  hier,  das  fremde  Licht  von  der  Rück- 
seite des  Photometers  möglichst  abzuhalten.  Man  erreicht  dies  am 
besten,  indem  man  ein  innen  geschwärztes  Rohr  oder  einen  offnen 
Kasten  senkrecht  an  dem  Rahmen,  welcher  das  Photometerpapier  trägt, 
befestigt,  so  dafs  nur  dem  Lichte  der  Licbtflamme  der  Eintritt  gestattet 
ist  und  aufserdem  nur  so  viel  Raum  bleibt,  um  mit  dem  Auge  den 
Fettfleck  beobachten  zu  können.  Den  Fettfleck  selbst  erzeugt  man 
am  besten  durch  Verreiben  von  ein  wenig  Stearin  auf  der  vorher 
erwärmten  Papierfläche. 

Es  wird  von  diesem  interessanten  Instrumente  bisher  nur  selten 
Anwendung  in  der  photographischen  Praxis  gemacht;  wir  glauben 
mit  Unrecht.  Versuche  der  Art  sind  so  einfach  und  leicht  anzustellen 
und  lohnen  die  kleine  Mühe  reichlich.  Wie  viel  Platten  macht  nicht 
mancher  Photograph  vergeblich,  wenn  er  Interieurs  aufnimmt,  über 
deren  Helligkeitsverhältnisse,  also  auch  über  die  für  sie  nöthige  Ex- 
positionszeit er  völlig  im  Unklaren  ist?  Ein  Photometerversuch 
würde  hier  interessante  Fingerzeige  liefern*).  Unser  Raum  gestattet 
uns  nicht,  hier  noch  andere  Photometer  zu  beschreiben.  Nur  eines 
der  interessantesten  wollen  wir  noch  andeuten,  es  ist  das  unseres 
hochverehrten  Lehrers,  des  Herrn  Geheimerath  Professor  Dove.  Der- 
selbe benutzt  als  Photometer  eine  mikroskopische  Photographie, 
die  er  unter  dem  Mikroskop  bei  30  bis  öOfacher  Vergröfserung  be- 
trachtet. Ist  diese  Photographie  von  hinten  beleuchtet,  so  erscheint 
sie  schwarz  auf  weifsem  Grunde;  ist  sie  von  vorn  beleuchtet,  so  er- 
scheint sie  weifs  auf  schwarzem  Grunde;  wird  sie  von  vorn  und  von 
hinten  zu  gleicher  Zeit  gleich  stark  beleuchtet,  so  verschwindet  sie, 
ganz  ähnlich,  wie  der  Fettfleck  bei  Bunsen’s  Photometer.  Das  In- 
strument kann  demnach  analog  diesem  zur  Bestimmung  der  Lichtin- 
tensität angewendet  werden,  gestattet  aber  die  Messung  weit  feinerer 
Unterschiede  und  ist  auch  bei  Lichtern  verschiedener  Farben  mit  der- 
selben Schärfe  anwendbar.  Wir  verweisen  behufs  näherer  Information 

*)  Wenn  es  nicht  auf  Eleganz  ankommt,  kann  man  sich  ein  solches  Instrument 
mit  leichter  Muhe  selbst  herstellen.  Als  Mefsflamme  kann  man  sehr  bequem  eins 
Petroleumlampe  verwenden. 


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Farbenlehre. 


121 


auf  die  klassische  Arbeit  des  grofsen  Physikers  in  PoggendorflTs  An- 
nalen, Jahrgang  1861. 

Alle  diese  Instrumente  haben  nur  einen  Uebelstand,  d.  i.  der 
Mangel  einer  Lichteinbeit.  Man  bat  als  Ausgangspunkt  bei  der 
Wärmemessung  eine  bestimmte  Temperatur,  die  des  siedenden  Was- 
sers oder  schmelzenden  Eises;  eine  solche  leicht  herstellbare  Licht- 
einheit von  bestimmter  Intensität  fehlt  leider  in  der  Photometrie.  Die 
beste  Normallichtquelle  ist  noch  eine  unter  constantem  Drucke  aus 
einem  Brenner  von  bestimmter  Oeffnung  strömende  Gasflamme  (Bunsen). 

Mit  den  beschriebenen  Pbotoraetern  kann  man  nur  die  Intensität 
der  Wirkung  des  Lichts  auf  unser  Auge  bestimmen.  Hiervon  we- 
sentlich verschieden  ist  aber  die  Intensität  der  chemischen  Licht- 
wirkungen. Wir  werden  später  sehen,  dafs  verschiedene  Lichtquellen, 
die  auf  unser  Auge  höchst  intensiv  wirken,  d.  b.  eine  sehr  grofse 
Helligkeit  besitzen,  dennoch  nur  eine  schwache  chemische  Wirkung 
äulsern  und  umgekehrt.  Man  kann  daher  aus  der  mit  dem  Photometer 
bestimmten  Helligkeit  keinen  Schlufs  auf  die  chemische  Wirkung  ver- 
schiedener Lichtquellen  machen.  Nur  in  Bezug  auf  eine  und  die- 
selbe Lichtquelle,  z.  B.  eine  Gasflamme,  deren  Hahn  mehr  oder 
weniger  auf-  oder  zugedreht  wird,  gilt  der  Erfnhrungssatz,  dafs  die 
chemische  Intensität  der  optischen  Intensität  proportional  ist. 
Dreht  man  daher  den  Gasbahn  so  weit  auf,  dafs  die  Flamme  doppelt 
so  hell  leuchtet  als  vorher,  so  ist  auch  ihre  nachherige  chemische 
Wirkung  die  doppelte  (s.  u.). 

Farbenlehre. 

Das  Licht  wirkt,  wie  oben  bemerkt  wurde,  nicht  nur  quantitativ, 
sondern  auch  qualitativ  verschieden  auf  unsere  Netzhaut  und  diese 
Verschiedenheit  bezeichnen  wir  mit  dem  Namen  Farbe. 

Solche  Farbenunterschiede  zeigen  sich  schon  bei  selbstleuchtenden 
Körpern.  Wir  haben  z.  B.  blaue  und  rothe  Fixsterne.  Unser  Sonnen- 
licht ist  bei  ungetrübtester  Atmosphäre  weifs,  Morgens  und  Abends 
mehr  rötblich.  Wenn  nun  dieses  weifse  Licht  die  Körper  trifft,  so 
wird  es  entweder  zurückgeworfen  oder  es  geht  hinein;  das  hin- 
eingehende wird  entweder  absorbirt,  dann  heifst  der  Körper  undurch- 
sichtig, oder  es  geht  hindurch,  dann  heifst  er  durchsichtig. 

Absolut  durchsichtige  Körper  giebt  es  nicht,  jedes  durchsichtige 
Medium  verschluckt  oder  absorbirt  einen  Theil  des  durchgehenden 
Lichtes,  so  dafs  dasselbe,  wenn  es  einen  längeren  Weg  in  demselben 
zurücklegt,  wesentlich  geschwächt  wird.  Man  beobachtet  dies  schon 
auffallend  bei  der  Sonne.  Diese  erscheint  bei  völlig  heiterem  Himmel 
am  hellsten  um  die  Mittagszeit,  wo  ihre  Strahlen  nur  einen  kurzen 
Weg  durch  die  Luft  zurückzulegen  haben,  am  wenigsten  hell  des  Mor- 
gens oder  Abends,  wo  der  Weg  in  der  Atmosphäre,  welchen  die  Strahlen 


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122 


Farbenlehre.  — Brechung. 


durchlaufen,  bevor  sie  zu  unserem  Auge  gelangen,  viel  länger  ist.  Nach 
Bouguer  ist  z.  B.  die  Intensität  des  Sonnenlichts  bei  Sonnenaufgang  = 6, 
bei  50°  Horizonthöhe  7624.  Auch  Glas  und  Wasser  absorbiren  so 
einen  Theil  des  durchgehenden  Lichtes.  Einen  wesentlichen  Einflufs 
übt  die  Farbe  des  Glases  aus  und  werden  wir  unten  sehen,  dafs 
die  Absorptionsfähigkeit  für  verschiedene  Farben  bei  verschiedenen 
durchsichtigen  Mitteln  sehr  verschieden  ist. 

Bei  optischen  Gläsern  ist  diese  Erscheinung  von  Bedeutung;  doch 
geht  bei  diesen  ein  verhältnifsmäfsig  viel  gröfserer  Theil  des  Lichtes 
durch  Zurückwerfung  an  den  Oberflächen  verloren. 

Das  zurückgeworfene  Licht  wird  entweder  regelmäfsig  re- 
flectirt  (dann  nennen  wir  es  gespiegelt)  öderes  wird  zerstreut. 
Wird  alles  Licht  absorbirt,  so  heilst  der  Körper  schwarz;  wird  alles 
Licht  reflectirt,  so  heifst  er  weifs.  Wird  nur  ein  Theil  des  Lichtes 
reflectirt,  so  heifst  er  grau  oder  farbig.  Grau  ist  ein  Körper,  wenn 
er  in  jedem  Lichte  sichtbar  ist,  aber  dunkler  erscheint  als  ein  weifser, 
farbig,  wenn  er  nicht  in  jedem  Lichte  sichtbar  ist.  Ein  rothes  Tuch 
erscheint  z.  B.  in  rein  blauem  Lichte  schwarz.  Auch  die  durch- 
sichtigen Körper  lassen  entweder  alles  Licht  hindurch,  dann  nennt 
man  sie  farblos,  oder  sie  lassen  nur  einen  Theil  hindurch,  so  heifsen 
sie  farbig  oder  trübe;  trübe  ist  der  Körper,  wenn  er  alle  Farben 
theilweise  hindurchläfst,  farbig,  wenn  nur  einzelne  hindurchgehen. 
Ein  absolut  farbloses  durchsichtiges  Medium  giebt  es  nicht.  Die  Luft 
z.  B.  ist  blau,  das  Wasser  grün,  das  beste  weifse  Glas  noch  bläulich, 
röthlich  oder  grünlich  gefärbt.  Trifft  ein  Lichtstrahl  ein  durch- 
sichtiges Medium  senkrecht,  so  geht  er  in  unveränderter  Richtung 
weiter,  trifft  er  dasselbe  schief,  so  wird  er  von  seiner  ursprünglichen 
Richtung  abgelenkt,  d.  h.  gebrochen. 

Ist  A/ein  durchsichtiges  Me- 
dium, z.  B.  Glas,  ao  ein  auf- 
fallender Strahl,  so  wird  ein 
Theil  dieses  Strahles  regel- 
inäfsig  reflectirt,  so  dafs 
der  reflectirte  Strahl  bo  mit 
der  Senkrechtenno  (dem  Ein- 
fallslos) denselben  Winkel 
bildet,  wie  der  einfallende.  Je 
schiefer  der  Strahl  auffällt, 
desto  mehr  Licht  wird  reflectirt. 
(Man  bemerkt  dies  leicht,  wenn 
man  eine  Glastafel  in  senkrech- 
ter und  schiefer  Richtung  be- 
trachtet und  das  Spiegelbild 
einer  Lichtflamme  darin  beob- 


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Brechung. 


123 


achtet.  Es  erscheint,  in  schiefer  Richtung  gesehen,  viel  intensiver.) 
Ein  anderer  Theil  des  Strahles  dringt  in  das  durchsichtige  Mittel  und 
geht  in  der  Richtung  co  weiter.  Der  Winkel,  welchen  der  gebrochene 
Strahl  mit  dem  Einfallslothe  bildet,  ist  leicht  zu  bestimmen. 

Der  Sinus  der  Einfallswinkel  und  der  Sinus  der  Bre- 
chungswinkel stehen  nämlich  in  einem  constanten  Verhält- 
nifs  zu  einander.  Man  nennt  dieses  Verhältnis  den  Brechungs- 
index. Geht  weifses  Licht  in  ein  andres  durchsichtiges  Medium  über, 
so  erleidet  es  neben  der  Brechung  noch  eine  Farbenzerstreuung,  da- 
durch wird  der  weifse  Sonnenstrahl  in  ein  siebenfarbiges  Strahlenbändel 
zerlegt:  das  Farbenspectrum.  Diese  Farbenzerstreuung  beobachtet 
man  am  besten,  wenn  das  Sonnenlicht  durch  ein  Prisma  hindurchgeht, 
d.  i.  ein  von  zwei  gegeneinander  geneigten  ebenen  Flächen  begrenztes 
durchsichtiges  Mittel.  Unsere  geschliffenen  Ziergläser,  gefüllte  Wasser- 
flaschen, Tropfen  zeigen  diese  Erscheinung  fast  täglich.  Am  effectvollsten 
erscheint  sie  im  Regenbogen;  sie  beruht  auf  der  ungleichen  Brechbarkeit 
der  verschiedenen  farbigen  Strahlen,  die  vereinigt,  das  weifse  Sonnenlicht 
bilden:  Violett,  Indigo,  Blau,  Grün,  Gelb,  Orange,  Rotb.  Roth  ist  am 
wenigsten.  Violett  am  stärksten  brechbar.  Um  das  Farbenspectrum  be- 
quem zu  beobach- 
ten, läfst  man  das 
Sonnenlicht  durch 
einen  schmalen 
Spalt « in  ein  dun- 
kles Zimmer  fal- 
len, stellt  hinter 
dem  Spalt  s par- 
allel mit  ihm  ein 
Prisma  r auf  und 
fängt  das  Spectral- 
bild  auf  einem  wei- 
fsen  Schirm  F auf. 

Für  länger  dauernde  Versuche  mufs  man,  um  dem  Lauf  der  Sonne 
folgen  zu  können,  einen  Heliostaten  mit  Uhrwerk  vor  dem  Spalt  an- 
bringen. 

Man  nimmt  gewöhnlich  nur  sieben  Spectralfarben  an,  dieselben 
gehen  jedoch  durch  Zwischentöne  in  einander  über.  Dennoch  giebt 
es  in  dem  Spectrum  Unterbrechungen,  die  sich  als  feine  schwarze  Li- 
nien offenbaren,  man  nennt  diese  die  Frauenhofer’schen  Linien; 
diese  Linien  sind  Absorptionserscheinungen,  hervorgebraebt  durch  Stoffe, 
die  sich  zum  Theil  in  unserer  Atmosphäre,  zum  Theil  in  der  Atmo- 
sphäre der  Sonne  selbst  finden  und  die  Eigenthümlichkeit  haben,  Licht- 
strahlen von  gewisser  Brechbarkeit  gleichsam  auszulöschen.  Ihre  Stellung 
zu  einander  ist  eine  constante  und  bieten  sie  daher  ein  wichtiges  Hfilfg- 


u 


124  Physikalische  und  chemische  Wirkung  der  Farben. 

mittel  zur  Bezeichnung  gewisser  Stellen  des  Spectrnms.  Man  hat  gewisse 
sehr  wichtige  Gruppen  dieser  Linien  mit  Buchstaben  A,  B,  C,  D etc. 
bezeichnet  A liegt  in  Rotb,  0 in  Blau  etc.  (s.  S.  128).  Das  Spectrum 
der  Fixsterne,  des  electrischen  Kohlenlichtes  etc.  zeigen  andere  Linien 
als  das  des  Sonnenlichts.  Da  man  die  Linien,  welche  verschiedene 
Stoffe  hervorbringen,  genau  kennt,  so  kann  man  aus  den  Spectrallinien, 
welche  eine  Lichtquelle  liefert,  einen  Schlufs  machen  auf  ihre  chemische 
Zusammensetzung.  So  hat  man  festgestellt,  dafs  in  der  Sonnenatmo- 
sphäre Natrium,  Eisen,  Kalk  und  ähnliche  Körper  vorhanden  sind 
(Spectralanalyse). 

Physikalische  und  chemische  Wirkungen  der  verschiedenen  Farben. 

Neben  den  Farbenunterschieden  des  Spectrums,  die  dem  Auge 
sichtbar  sind,  giebt  es  nun  noch  andere  Unterschiede,  die  sich  nicht 
dem  Auge,  wohl  aber  dem  Thermometer  und  in  der  Wirkung  auf 
gewisse  Stoffe  offenbaren.  Führt  man  ein  Thermometer  über  das 
Spectrum  in  der  Richtung  Roth  :Violett  hinweg,  so  bemerkt  man  die 
wärmste  Stelle  jenseits  des  Roth.  Von  da  ab  fällt  es  in  dem- 
selben Mafse,  als  man  sich  dem  Violett  nähert. 

Während  also  /für  das  Auge  das  Gelb  die  intensivste  Stelle  des 
Spectrums  ist,  ist  sie  für  das  Thermometer  jenseits  des  Roth,  wo 
für  unser  Auge  bereits  Dunkelheit  herrscht.  Andere  auffallende  Un- 
terschiede in  der  Wirkung  der  Spectralfarbe  offenbaren  sich  bei  den 
phosphorescirenden  Körpern.  Es  wurde  schon  früher  erwähnt,  dafs 
die  blauen  und  violetten  Strahlen  die  Phosphorescenz  viel  kräftiger 
als  die  rothen  erregen  (s.  Seite  12). 

Ebenso  auffallend  ist  die  Wirkung  auf  die  sogenannten  fluoresci- 
renden  Substanzen.  Es  giebt  nämlich  Körper,  wie  Uranglas,  Flufsspath, 
Stechapfeltinctur,  Aesculintinctur,  die  in  dem  violetten  und  blauen  Ende 
des  Spectrums  mit  lebhaften  Farben  leuchten.  Ja  dieses  Leuchten  geht 
sogar  über  den  blauen  und  violetten  Theil  des  Spectrums  hinaus  und 
zeigt  sich  noch  in  dem  ultravioletten  Theile,  der  unserem  Auge  sonst 
dunkel  erscheint.  Es  unterscheidet  sich  diese  Fluorescenz  von  der 
Phosphorescenz  nur  dadurch,  dafs  letztere  auch  nach  der  Belichtung 
fortdauert,  erstere  aber  nicht. 

Die  für  unser  Gebiet  interessantesten  Phänomene  offenbaren  sich 
aber  in  der  chemischen  Wirkung  der  verschiedenen  Farben.  Legt 
man  ein  Stück  Chlorsilberpapier  in  das  Spectrum,  so  bemerkt  man,  dafs 
dasselbe  am  tiefsten  im  Violett  geschwärzt  wird.  Die  Schwärzung  geht 
aber  noch  weit  über  das  Violett  hinaus,  wo  für  unser  Auge  nichts  mehr 
bemerkbar  ist,  während  sie  nach  dem  hellen  Ende  des  Spectrums  hin 
abnimmt  und  schon  im  Grün  fast  vollständig  verschwindet  Gerade 
das  unserem  Auge  am  hellsten  leuchtende  Gelb  offenbart  gar  keine 


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Photographische  Wirkung  der  Farbenpigmente.  125 

chemische  Wirkung,  und  gerade  die  Stellen  jenseits  des  Violett,  welche 
auf  unser  Auge  und  auf  das  Thermometer  wirkungslos  sind,  zeigen 
eine  intensive  Action  auf  photochemisch  empfindliche  Körper. 

Schon  Suckow  bemerkt,  dafs  Chlorknallgas  unter  einem  blauen 
und  violetten  G-lase  sich  unter  Explosion  entzündet,  unter  einem  grünen, 
gelben  und  rothen  aber  nicht.  Späterhin  hat  Seebeck  die  chemische 
Wirkung  des  Lichtes  mit  Hülfe  des  Chlorsilbers  geprüft  und  gefunden, 
dafs  dasselbe  im  Violett  am  intensivsten  gebräunt  wird.  Draper  hat 
diese  Versuche  wiederholt  und  eine  Curve  verzeichnet,  die  die  che- 
mische Wirkung  in  den  verschiedenen  Theilen  des  Spectrums  ausdrückt 
(s.  u.).  Auf  diesen  Unterschieden  in  der  chemischen  Wirkung  der  Farben 
beruht  die  aufserordentlich  verschiedene  photographische  Wirkung  ver- 
schieden gefärbter  Körper.  Viele  helle  Körper,  wie  ein  gelbes  Band, 
werden  in  der  Photographie  oft  schwarz,  andere  uns  dunkel  erschei- 
nende, wie  ein  blaues  Band,  dagegen  weifs.  So  giebt  ein  blaues  Tuch 
mit  gelbem  Muster  in  der  Photographie  manchmal  ein  weifses  Tuch 
mit  schwarzem  Muster.  Ein  violettes  Kleid  wird  oft  weifs.  Ein  Gelb- 
süchtiger bekommt  leicht  ein  Mohrengesicht.  Rothe  Haare  werden  leicht 
schwarz,  ebenso  grüne  Bäume. 

Bei  der  Beurtheilung  der  photographischen  Wirkung  eines  Farben- 
pigments kommt  jedoch  dessen  Zusammensetzung  wesentlich  in  Betracht. 
Die  meisten  unserer  Farbenpigmente  sind  nicht  so  einfach,  wie  die 
Spectralfarben.  Das  Kobaltblau  enthält  eine  Spur  von  Roth;  das  Blau 
des  Kupferoxydammons  enthält  etwas  Violett;  die  meisten  Arten  von 
Grün  sind  Mischungen  von  Blau  und  Gelb,  die  braunen  Töne  Mischungen 
von  Blau  oder  Schwarz,  Gelb  und  Roth  etc.  Man  bemerkt  dies  schon, 
wenn  man  schmale  Streifen  der  mit  den  betreffenden  Stoffen  gefärbten 
Zeuge  oder  Papiere  auf  eine  schwarze  Unterlage  legt  und  durch  ein 
Prisma  betrachtet.  Sie  erscheinen  dann  nicht  als  einfarbige,  sondern 
als  mehrfarbige  Streifen.  Demnach  werden  die  Wirkungen  dieser  ver- 
schiedenen Farbenpigmente  in  chemischer  Hinsicht  sehr  verschieden 
sein,  und  ist  es  ein  Irrthum  für  alle  Fälle  anzunehmen,  dafs  Gelb  in 
der  Photographie  immer  Schwarz,  Blau  immer  Weifs  werden  müsse. 
Neapelgelb,  das  eine  grofse  Quantität  Weifs  beigemiscbt  enthält,  wird 
hell,  das  dem  Auge  heller  erscheinende  Chromgelb  dagegen  sehr 
dunkel  in  der  Photographie.  Die  Wirkungen  der  verschiedenen  blauen 
Töne  ist  wieder  sehr  verschieden,  am  hellsten  wird  Cobalt -Blau. 

Von  den  rothen  Tönen  wird  Zinnober  und  Chromroth  sehr 
dunkel,  der  Krapplack  dagegen,  welcher  eine  bedeutende  Quantität 
Violett  enthält,  hell.  Die  braunen  Töne  werden  alle  dunkel,  die  grünen 
verhalten  sich  verschieden,  jenachdem  sie  mehr  oder  weniger  Blau 
enthalten.  Um  diese  merkwürdigen  Unterschiede  in  der  Wirkung  der 
verschiedenen  Farbentöne  zu  zeigen,  haben  wir  eine  Farbentafel  ent- 


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126 


Photographie  des  Unsichtbaren. 


worfen  und  eine  Photographie  danach  angefertigt,  die  beide  diesem 
Werke  beiliegen*)  and  deren  Studium  für  den  Photographen,  Maler 
und  Gelehrten  gleich  interessant  sein  wird. 

Hierher  gehört  nun  noch  eine  interessante  Erscheinung  die  unter 
dem  Namen  „Photographie  des  Unsichtbaren“  bekannt  ist. 
Schreibt  man  mit  einer  Lösung  von  scbwefelsaurem  Chinin  auf  Papier, 
so  erhält  man  eine  unsichtbare  Schrift.  Photographirt  man  aber 
das  Papier,  so  erscheint  die  im  Original  unsichtbare  Schrift  schwarz 
auf  weifsem  Grunde. 

Das  schwefelsaure  Chinin  gehört  nämlich  zu  den  fluorescirenden 
Körpern  (s.  o.),  welche  die  Eigentümlichkeit  haben,  die  stark  brech- 
baren chemisch  wirksamen  Strahlen  in  Licht  von  geringerer  Brech- 
barkeit, welches  zugleich  chemisch  wenig  oder  nicht  wirksam  ist,  zu 
verwandeln.  (Die  Chininschrift  bleibt  übrigens  nicht  lange  unsichtbar, 
sondern  färbt  sich  bald  gelb.) 

Die  Differenzen  in  den  photographischen  Wirkungen  verschiedener 
Farbentöne  werden  in  der  Praxis  wesentlich  durch  den  Umstand  ge- 
mildert, dafs  unsere  gefärbten  Stoffe  neben  ihrer  Farbe  noch  mehr  oder 
weniger  weifses  Licht  reflectiren,  wie  dies  bei  Seidenkleidern  auffallend 
sichtbar  ist.  Auch  bei  grünen  Blättern  ist  der  matte  Glanz  der  Ober- 
fläche von  wesentlicher  Wirkung. 

Die  Verschiedenheit  der  Wirkung  verschiedener  Farbenpigmente 
ist  aus  ihrer  verschiedenen  Zusammensetzung  leicht  erklärlich.  Merk- 
würdig ist  nun  aber,  dafs  auch  die  reinen  Spectralfarben  sich  in  Bezug 
auf  ihre  physikalische  und  chemische  Wirkung  oft  verschieden  verhal- 
ten, 1)  nach  der  Natur  der  brechenden  Substanz,  aus  welcher 
das  Prisma  besteht  und  2)  nach  der  Natur  des  Körpers, 
welcher  zur  Bestimmung  der  Wirkung  des  Lichtes  ange- 
wendet wird.  Nimmt  man  z.  B.  ein  Wasserprisma,  so  findet  sich 
die  intensivste  Wärmewirkung  nicht  in  dem  ultrarothen,  sondern 
im  gelben  Theile,  indem  Wasser  die  Wärmestrahlen  jenseits  des 
Gelb  absorbirt.  Bei  Flintglas  ist  die  höchste  Wärme  jenseits  des 
Roth,  bei  Crownglas  im  Roth  (Seebeck).  Aehnliche  Verschiedenheiten 
zeigen  sich  bei  dem  anderen  Ende  des  Spectrums.  So  absorbirt 
Schwefelkohlenstoff  die  ultravioletten  Strahlen.  Ein  mit  dieser  Flüssigkeit 
gefülltes  Hohlprisma  zeigt  daher  jenseits  des  Violett  keine  chemische 
Wirkung.  Crownglas  absorbirt  die  ultravioletten  Strahlen  viel  stär- 
ker als  Flintglas.  Am  wenigsten  absorbirt  sie  Quarz,  deshalb  wendet 


*)  Die  Herstellung  der  Farbentafel  hat  besondere  Schwierigkeiten  gemacht. 
Es  ist  durchaus  nicht  leicht,  die  Farben  absolut  homogen  aufzutragen.  Hr.  Korn, 
der  rUhmlichst  bekannte  Lithograph,  bat  das  Problem  schliefslich  dadurch  noch  am 
besten  gelöst,  dafs  er  gummirte  Flächen  noch  feucht  mit  den  betreffenden  Farben- 
pulver bestäubte.  Dennoch  sind  auch  hier  noch  geringe  Intensitätaunterschiede  in 
denselben  Farbenquadraten  verschiedener  Tafeln  zu  bemerken. 


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Wirkung  der  SBWftitffairben  auf  Sisensal«,  Siibersalze  etc.  127 


man  zu  Spectralversuchen  gern  Quarzprismen  an.  Daher  ist  die 
chemische  Wirkung  des  Spectrums  eine  sehr  verschiedene  und  wird 
sich  mehr  oder  weniger  tief  in  den  ultravioletten  Theil  hinein  er- 
strecken, jenachdem  wir  Crownglas-  oder  Flintglas-  oder  Quarzprismen 
anwenden. 

Noch  gröfsere  Differenzen  ergeben  sich,  wenn  man  die  chemische 
Wirkung  der  verschiedenen  Theile  desselben  Spectrums  mit  verschiede- 
nen lichtempfindlichen  Körpern  untersucht.  So  zeigen  sich,  nach 
Herschel,  Eisensalzen  gegenüber  selbst  die  grünen,  gelben,  ro- 
then  und  ultrarothen  Strahlen  chemisch  wirksam,  während  dieselben 
Silbersalzen  gegenüber  chemisch  unwirksam  sind. 

Aber  auch  bei  den  Silbersalzen  zeigen  sich  bestimmt  ausgeprägte 
Differenzen.  Setzt  man  Jodsilber-,  Bromsilber-  und  Chlorsilberplatten 
der  Wirkung  des  Spectrums  aus,  so  findet  man,  dafs  Jodsilber  jenseits 
der  Linie  G (im  Blau)  nicht  mehr  afficirt  wird,  Bromsilber  dagegen 
zeigt  sich  bis  in  die  Mitte  des  Grün  empfindlich,  und  Fluorsilber 
soll  sogar  noch  im  Gelb  eine  Zersetzung  erleiden.  Jodsilber  wird 
aber  innerhalb  derselben  Belichtungszeit  bedeutend  stärker  afficirt  als 
Bromsilber. 

Müller  hat  über  diese  Wirkung  der  Spectralfarben  auf  feuchte 
Jod-  und  Jodbromsilbercollodionplatten  Versuche  gemacht.  Die  Wir- 
kung der  verschiedenen  Theile  des  Spectrums  ist,  wie  aus  diesen  Plat- 
ten, deren  Copieen  dem  Verfasser  vorliegen,  augenscheinlich  hervor- 
geht, durch  die  Belichtungszeit  bedingt.  Innerhalb  1 Secunde  zeigte 
sich  nur  der  Theil  von  G bis  H auf  Jodsilber  chemisch  wirksam  *),  nach 
3 Secunden  erstreckte  sich  die  Wirkung  bis  M,  nach  10  Secunden  bis 
jenseits  N,  während  sie  innerhalb  dieser  Zeiten  nach  dem  rothen  Ende 
hin  nur  wenig  über  G hinausgeht.  Es  ist  daher  mit  Wahrscheinlichkeit 
zu  vermuthen,  dafs  Jodsilber  gegen  den  Theil  des  Spectrums  von  G ab, 
d.  h.  von  Blau  (incl.)  bis  Roth  unempfindlich  ist.  Jodbromsilberplatten 
zeigen  dagegen  noch  eine  sehr  merkbare  Wirkung  jenseits  der  Linie  G, 
bei  1 Secunde  Belichtung  tritt  diese  nur  schwach  hervor,  bei  5 Secunden 
dagegen  deutlicher  und  bei  noch  längerer  erstreckt  sie  sich  sogar  ein 
Stück  über  die  Linie  F hinaus  bis  in  die  Mitte  des  Grün*).  Es  ist 
nicht  unwahrscheinlich,  dafs  bei  langer  Belichtung  auch  Gelb,  Roth 
und  Orange  noch  eine  chemische  Wirkung  auf  Bromsilber  äufsern. 

Chlorsilber  scheint  bis  in  Roth  hinein  empfänglich  zu  sein.  Schon 
Seebeck  fand,  dafs  es  sich  im  Spectrum  eigenthümlich,  fast  den  Far- 
ben entsprechend  färbe,  im  Violett  braun,  im  Blau  bläulich,  im  Gelb 
weifsgelb  und  im  Roth  röthlich.  Bequerel  hat  neuerdings  sogar  das 
Farbenspectrum  in  den  Originalfarben  auf  einer  mit  Chlorwasser  präpa- 
rirten  Silberplatte  photographirt  und  Poitevin  nach  bunten  Transparent- 


•)  Siehe  die  nachstehende  Figur. 


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128 


Chemische  Wirkung  des  Spectrnms 


auf  Cblorkuallgas 


nach  Buuseu. 
(Intensitätdcurve.) 


auf  feuchtes 
Jodsilber 


auf  feuchte» 
Bromjod- 
silber 


nach  Möller. 


Exposition 

lOSecunden- 


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Wirkung  der  Spectralfarben  auf  Chlorknallgas,  Jod-  und  Bromsilber.  129 

bildern  auf  Chlorsilberpapier  Photographieen  in  natürlichen  Farben 
erzeugt. 

Eigenthümlich  ist  die  Wirkung  des  Spectrums  auf  Chlorknallgas. 
Bunsen  hat  dieselbe  sehr  genau  mit  Hülfe  seines  chemischen  Photo- 
meters (s.  u.)  untersucht.  Die  Wirkung  auf  Chlorknallgas  erstreckt 
sich  nach  Bunsen  noch  bis  in  die  Mitte  des  Orange  hinein,  bleibt 
sich  bis  an  die  Grenze  zwischen  Gelb  und  Grün  ungefähr  gleich, 
dann  steigt  sie  stetig  bis  in  die  Mitte  des  Indigo , fällt  dann  wieder 
etwas  bis  in  die  Mitte  des  Violett,  steigt  abermals,  erreicht  ein  zweites 
Maximum  an  der  Grenze  des  Violett  und  sinkt  dann  allmählig  im 
ultravioletten  Raum.  Diese  Verhältnisse  sind  jedoch  nicht  constant, 
zu  verschiedenen  Tageszeiten  wird  man  hier  etwas  verschiedene  Re- 
sultate bekommen,  da  die  verschiedenen  Farben  in  ungleichem  Mafse 
von  der  Atmosphäre  absorbirt  und  dadurch  in  ihrer  Wirkung  mehr 
oder  weniger  gedämpft  werden.  Die  Bunsen’schen  Versuche  haben 
mehrere  Stunden  erfordert,  innerhalb  welcher  erhebliche  Veränderungen 
in  den  Intensitätsverhältnissen  der  einzelnen  Strahlen  stattgefunden 
haben  mögen. 

Der  beistehende  Holzschnitt  versinnlicht  die  Unterschiede  der  che- 
mischen Wirkung  des  Spectrums  auf  Jodsilber-  und  Jodbromsilbercollo- 
dion  und  Chlorknallgas.  Die  Intensität  der  chemischen  Wirkung  des 
letztem  ist  hier  durch  eine  Curve  ausgedrückt,  deren  Höhe  über  der 
Horizontalen  einen  Mafsstab  für  die  chemische  Wirkung  des  senkrecht 
darunter  liegenden  Theils  des  Spectrums  bildet.  Die  andern  Figuren 
drücken  die  ungefähre  Wirkung  des  Lichtes  auf  Jodsilber-  und 
Jodbromsilbereollodion  aus;  sie  sind  Copieen  der  Müller’schen  Origi- 
naltafeln. 

Man  ersieht  aus  den  Figuren  das  fast  plötzliche  Aufhören  der 
chemischen  Wirkung  auf  Jodsilber  jenseits  der  Linie  0,  das  sogar 
in  dem  Bromjodsilberspectrum  sich  kenntlich  macht  Ferner  ersieht 
man,  dafs  das  Maximum  der  Wirkung  bei  Chlorknallgas  wie  bei 
Jodsilber  und  Jodbromsilber  zwischen  G und  H (Grenze  zwischen  Indigo 
und  Violett)  liegt.  Auffallend  ist  das  Correspondiren  der  Grenzen  des 
Bromjodsilberspectrums  mit  den  tiefsten  Punkten  der  Chlorknallgascurve 
bei  E und  S. 

Die  Unwirksamkeit  der  gelben  und  rothen  Strahlen  auf  Jod-  und 
Jodbromsilber  hat,  wie  bereits  oben  bemerkt,  für  den  practischen 
Photographen  mancherlei  Uebelstände.  Sie  bietet  jedoch  auch  andrer- 
seits dem  Photographen  Vortheile,  indem  sie  ihm  erlaubt,  seine  licht- 
empfindlichen Platten  in  einem  mit  gelben  Lichte  erleuchteten  Raume 
zu  präpariren.  Wäre  gelbes  Licht  chemisch  wirksam,  so  wäre  der 
Photograph  genöthigt,  die  lichtempfindlichen  Platten  in  absoluter  Dun- 
kelheit zu  machen  und  dieses  dürfte  nur  unter  vielen  Uebelständen 
möglich  sein. 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  9 


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130 


Chemische  Photometrie. 


Nun  müssen  wir  noch  einer  Erscheinung  Erwähnung  thun,  die 
Bequerel  und  Moser  specieller  untersucht  haben,  und  die  darauf  hinaus- 
läuft, dafs  die  an  sich  auf  Jodsilber  unwirksamen  rothen  und  gelben 
Strahlen  die  Eigentümlichkeit  haben,  die  von  blauen  Strahlen  ein- 
geleitete Wirkung  auf  Jodsilber  fortzusetzen.  Belichtet  man  eine 
Daguerre’sche  Jodsilberplatte  kurze  Zeit  im  blauen  Licht  und  bringt 
sie  dann  in  gelbes  oder  rothes  Licht,  so  erscheint  hier  binnen  kurzer 
Zeit  ein  Bild.  Bequerel  nennt  deshalb  die  blauen  Strahlen  „rayons 
excitateurs“,  die  gelben  und  rothen  „rayons  continuateurs“. 

Von  der  Messung  der  chemischen  Intensität  verschiedener  Licht- 
quellen und  den  Grundzügen  einer  chemischen  Meteorologie. 

Sind  schon  die  chemischen  Wirkungen  der  verschiedenen  Strah- 
len des  Sonnenlichts  wesentlich  verschieden , so  finden  wir  noch 
gröfscre  Differenzen,  wenn  wir  die  chemische  Wirkung  verschiede- 
ner Lichtquellen  als  Ganzes  mit  einander  vergleichen.  Diese  wird 
sich  verschieden  zeigen,  jenachdem  dieselben  mehr  oder  weniger  blaue, 
violette  und  ultraviolette  Strahlen  enthalten.  Es  giebt  hell  leuch- 
tende Flammen,  z.  B.  Gaslicht,  die  eine  nur  schwache  chemische  Wir- 
kung äufsern,  während  andere  schwach  leuchtende,  z.  B.  Schwefel, 
chemisch  sehr  intensiv  wirken.  Ebenso  wird  eine  und  dieselbe  Licht- 
quelle, z.  B.  die  Sonne,  sich  in  chemischer  Hinsicht  höchst  verschieden 
verhalten,  jenachdem  durch  atmosphärische  Einflüsse  gröfsere  oder 
geringe  Quantitäten  der  stark  brechbaren,  chemisch  wirkenden  Strahlen 
absorbirt  werden.  Es  ist  nun  für  die  photographische  Praxis  ein  Ge- 
genstand von  hoher  Wichtigkeit,  Mittel  zu  besitzen,  diese  chemische 
Intensität  des  Tageslichtes  zu  verschiedenen  Zeiten,  sowie  .der  ver- 
schiedenen Lichtquellen  überhaupt  quantitativ  feststellen  zu  können. 

Seebeck  machte  zuerst  dahinzielende  Versuche  mit  Chlorsilber, 
später  suchte  Draper  diesen  Zweck  durch  Bestimmung  der  Salzsäure- 
menge zu  erreichen,  die  durch  Wirkung  des  Lichtes  auf  Chlorwasser 
gebildet  wird.  Aber  erst  Bunsen  und  Roscoe  gelang  es,  eine  Methode 
aufzufinden,  durch  welche  es  ihnen  möglich  geworden  ist,  mit  einer 
bisher  nicht  erreichten  Genauigkeit  photochemische  Messungen  zu 
machen  und  dadurch  interessante,  bisher  ungeahnte  Aufschlüsse  zu 
liefern  über  die  chemische  Intensität  des  Tageslichts  in  den  ver- 
schiedenen Tages-  und  Jahreszeiten,  in  verschiedenen  Breiten  und 
Höhen  über  der  Meeresfläcbe  und  über  die  Wichtigkeit  dieser  Un- 
terschiede für  den  Haushalt  der  Natur.  Die  Resultate  dieser  Un- 
tersuchungen sind  um  so  bewundernswerther , als  sie  mit  Schwierig- 
keiten verknüpft  waren,  deren  Ueberwindung  erst  nach  jahrelangen, 
mühevollen  und  geduldpeinigenden  Arbeiten  gelang.  Sie  sind  in  dieser 
Hinsicht  vielleicht  noch  grofsartiger,  als  die  neuesten  Arbeiten  Bunsen’s 
über  die  Spectralanalyse. 


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Chemische  Photometrie. 


131 


Das  chemisch  empfindliche  Medium,  welches  Bunsen  und  Roscoe 
zur  Messung  der  Intensität  versuchten,  war  ein  Gemenge  von  gleichen 
Theilen  Chlorglas  und  Wasserstoffgas,  von  Bunsen  Chlor- 
knallgas genannt.  Dieses  hat  die  Eigenschaft,  sich  bei  starkem 
Lichte  unter  Explosion,  bei  zerstreutem  Lichte  langsam  zu  Chlorwasser- 
stoff zu  verbinden.  Die  Vermuthung,  dafs  die  Menge  des  so  erzeugten 
Chlorwasserstoffs  der  chemischen  Lichtintensität  proportional  sei,  lag 
nahe.  Dieser  Satz  mufste  jedoch  erst  experimentell  erwiesen  werden, 
ehe  man  das  Chlorknallgas  zur  chemischen  Photometrie  benutzen 
konnte.  Bunsen  und  Roscoe  unternahmen  diesen  keineswegs  leichten 
Nachweis.  Sie  entwickelten  aus  Chlorwasserstoffsäure  mittelst  einer 
electrischen  Batterie  das  Chlorknallgas,  - und  leiteten  dieses  in  ein 
bauchiges  Gefäfs  a mit  sehr  enger,  langer,  graduirter  Röhre  b,  die  am 
anderen  Ende  ein  weites,  mit  Wasser  gefülltes  Gefäfs  c trug.  Die 
Röhre  b war  so  graduirt,  dafs  jeder  Scalentheil  ein  bestimmter  Bruch- 
theil  von  dem  Rauminhalt  des  Gefäfses  a war.  Letzteres  selbst  war 
zur  Hälfte  mit  Wasser  gefüllt,  und  dieser,  mit  Wasser  gefüllte  untere 
Tbeil  geschwärzt.  Ein  Hahn  h diente  zur  Abschliefsung  des  Ganzen 
von  dem  Entwicklungsgefäfs  des  Chlorknallgases. 


Der  Apparat  stand  in  einem  dunklen  Zimmer,  in  das  durch  Laden 
Licht  gelassen  werden  konnte. 

Metallschirme  schützen  denselben  vor  der  strahlenden  Wärme 
des  Beobachters,  ein  Wassergefäfs  vor  der  der  Lichtquelle. 

Läfst  man  auf  dieses  Insolationsgefafs  ein  chemisch  schwachwir- 
kendes Licht,  z.  B.  Gaslicht  wirken,  das  in  einer  gemessenen  Entfer- 
nung aufgestellt  ist,  so  sieht  man  Anfangs  keine  Wirkung,  nach  circa 
4 Minuten  beginnt  sie  aber.  Es  bildet  sich  Salzsäure,  diese  wird  vom 
Wasser  in  a absorbirt,  in  Folge  dessen  tritt  eine  Volumenverminderung 
des  Gases  ein,  und  das  Wasser  aus  c tritt  in  die  Röhre  b.  Aus  dem 
Stande  des  Wassers  in  dieser  Röhre  kann  man  diese  Volumenvermin- 
derung ablesen.  Die  Abnahme  des  Volumens  wächst  mit  der  Dauer 
der  Bestrahlung,  und  steigt  bis  zu  einem  constant  bleibenden  Maxi- 
mum. Je  intensiver  die  Lichtstärke  ist,  in  desto  kürzerer  Zeit  tritt 
dieses  Maximum  ein.  Man  mufs  bei  der  Beobachtung  erst  das  Maxi- 
mum eintreten  lassen,  dann  die  Scalentheile  ablesen,  um  welche  das 
Wasser  in  einer  Minute  in  der  Röhre  b steigt.  Die  Anzahl  derselben 
giebt  ein  Mafs  für  die  chemische  Wirkung,  die  bewufste  Lichtquelle  in 
einer  Minute  ausübt 

Wir  können  hier  nicht  auf  ausführliche  Erörterung  der  Versieh  ts- 
mafsregeln  und  Correctionen  eingehen,  die  bei  diesen  keineswegs 
leichten  Versuchen  zu  beachten  sind.  Die  Beschreibung  derselben  füllt 
viele  Seiten  in  der  so  wenig  gelesenen,  aber  so  interessanten  Origi- 
nalabhandlung in  Poggendorfrs  Annalen,  Band  100  S.  43  und  481; 
Band  101,  S.  235  und  Band  108,  S.  200. 

9* 


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132 


Chemische  Photometrie. 


Hier  wollen  wir  nur  anführen,  dafs  Bansen  wesentlich  auf  die 
A bsorp tions v erhäl tnisse  Rücksicht  nahm. 

Wie  schon  früher  erörtert  wurde,  wird  das  Licht  beim  Durch- 
gänge durch  ein  durchsichtiges  Medium  mehr  oder  weniger  geschwächt, 
und  werden  Strahlen  gewisser  Brechbarkeit  ausgelöscht.  Durchstrahlt 
das  Licht  eine  Schicht  reinen  Chlorgases,  so  wird  in  Folge  dieser  Absorp- 
tion ein  bedeutender  Tbeil  der  ursprünglichen  Lichtstärke  verloren  gehen, 
und  dieser  Verlust  wird  auch  stattfinden  (ganz  abgesehen  von  der 
chemischen  Wirkung)  bei  Durchstrahlung  der  Chlor-  und  WasserstoflF- 
mischung.  Bunsen  und  Roscoe  bestimmten  nun  die  Stärke  dieser 
Absorption.  Sie  fanden,  dafs  dieselbe  der  Dichtigkeit  des  Gases 
proportional  ist,  aber  verschieden,  je  nach  den  Lichtquellen.  Durch- 
strahlt nun  das  Licht  eine  Chlorknallgasschicht,  so  wird  die  Schwächung 
durch  Absorption  wegen  der  um  die  Hälfte  verringerten  Dichtig- 
keit des  Chlors  nur  halb  so  grofs  sein,  als  bei  reinem  Chlor.  Mifet 
man  aber  die  Intensität  des  austretenden  Lichts,  so  findet  man  das- 
selbe bedeutend  mehr  geschwächt,  als  wenn  es  eine  reine  Chlorgas- 
schicbt  gleicher  Dichtigkeit  durchstrahlt  hätte,  und  dieses  Mehr  kommt 
auf  Rechnung  der  ausgeübten  chemischen  Action.  So  gehen  bei 
Durchstrahlung  einer  1 Millimeter  dicken  Chlorknallgasschicht  verloren: 

Durch  blofse  Durch  chemische 
Absorption  Action 

bei  Morgenlicht  (8  — 12  Uhr)  . . . 0,os29.  0,oo265. 

- Abendlicht  (3  — 3$  - ) . . . 0,0507.  0, 01743. 

- Gaslicht 0,oos7.  0, 00013. 

Man  ersieht  daraus  die  qualitativen  Unterschiede  zwischen  Mor- 
gen- und  Abend  licht,  die  auch  andererseits  durch  die  photographische 
Praxis  constatirt  sind. 

Zur  Vergleichung  der  chemischen  Wirkung  der  verschiedenen 
Lichtquellen  bedient  sich  Bunsen  einer  Normalflamme  von  Kohlenoxyd- 
gas, die  aus  einem  Platinbrenner  von  7 Millitn.  Oeffnung  ausströmte  und 
in  der  Secunde  5 Cubikcent.  Gas  verbraucht.  Die  Wirkung  einer  solchen 
Flamme  in  1 Millim.  Entfernung  nahm  er  als  die  chemische  Licht- 
einbeit und  10,000  solcher  Einheiten  als  einen  chemischen  Licht- 
grad an.  Oder  aber,  er  drückt  die  chemische  Lichtintensität  aus  durch  die 
Menge  des  gebildeten  Salzsäuregases,  das  er  sich  in  Prismen  vom  Quer- 
schnitt 1 bei  0“  Temp.  und  0,76  Millim.  Druck  vertheilt  denkt,  unter  der 
Voraussetzung,  dafs  das  Licht  bis  zur  völligen  Absorption  gewirkt  hat. 
So  fand  er  z.  B.,  dafs  eine  Steinkohlengasflamme  chemisch  doppelt  so 
stark  wirkte  (bei  gleichem  Gasverbrauch),  als  die  Kohlenoxydflamme, 
optisch  (in  Bezug  auf  die  gewöhnliche  Leuchtkraft)  dagegen  IGOmal  so 
stark.  So  ungeheuer  verschieden  sind  die  Verhältnisse  der  chemischen 
und  optischen  Leuchtkraft  bei  verschiedenen  Lichtquellen.  Anders  ist 
es  aber  bei  einer  und  derselben  Lichtquelle.  Hier  bleibt,  wie  Bunsen 
constatirte,  die  optische  Leuchtkraft  der  chemischen  propor- 
tional, und  dadurch  wird  es  möglich,  letztere  mit  Hülfe  der  ersteren  zu 
messen,  wenn  für  eine  einzige  optische  Lichtstärke  die  zugehörige  che- 
mische Intensität  gemessen  ist.  Dadurch  macht  es  Bunsen  möglich, 


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Chemische  Meteorologie. 


133 


die  chemische  Intensität  des  blauen  Himmels  und  des  Sonnenlichtes 
für  verschiedene  Tages-  und  Jahreszeiten  zu  bestimmen,  indem  er  ganz 
einfach  die  optischen  Intensitäten  zu  verschiedenen  Zeiten  mafs, 
die  chemische  Intensität  für  eine  bestimmte  optische  Intensität  fest- 
stellte und  aus  diesen  die  den  optischen  Intensitäten  proportionalen 
chemischen  Intensitäten  für  die  übrigen  Stunden  berechnete. 

Chemische  Intensität  des  blauen  Himmelslichts. 

Um  die  chemische  Intensität  des  Lichtes  des  blauen  Himmels- 
gewölbes genau  zu  bestimmen,  gingen  Bunsen  und  Roscoe  an  einem 
vollkommen  wolkenlosen  Tage  auf  den  Gaisberg  bei  Heidelberg,  be- 
stimmten hier  zunächst  die  optische  Intensität  des  Himmelslichtes 
zu  verschiedenen  Tageszeiten  und  Sonnenhöhen  mit  Bunsen’s  Photo- 
meter, unter  der  Vorsicht,  dafs  das  directe  Sonnenlicht  durch  einen 
Schirm  vom  Photometer  abgehalten  wurde.  Sie  fanden,  dafs  die 
optische  Intensität  abhängig  ist  vom  Sonnenstände;  je  höher  derselbe, 
desto  stärker  ist  sie.  Sodann  bestimmten  sie  die  chemische  Wirkung 
des  Himmelsgewölbes  für  eine  bestimmte  optische  Intensität  und  be- 
rechneten daraus  die  chemische  Wirkung  des  Himmelsgewölbes  zu  ver- 
schiedenen Tagesstunden.  Sie  fanden  durch  Experimente  in  verschie- 
denen Jahreszeiten,  dafs  bei  wolkenlosem  Himmel  die  chemische 
Wirkung  des  gesammten  Himmelsgewölbes  bei  gleicher  Ze- 
nithdistanz der  Sonne  Vor-  und  Nachmittags  dieselbe  ist 
und  die  Temperaturverschiedenheiten  und  Feuchtigkeits- 
verhältnisse ohne  Einflufs  sind*). 

Diese  gewonnenen  Resultate  setzten  Bunsen  in  den  Stand,  die 
chemische  Intensität  des  reinen  blauen  Himmelsgewölbes  für 
jede  beliebige  Zenithdistanz  der  Sonne  zu  berechnen  und  da  nun  aus 
der  Breite  und  Länge  eines  jeden  Ortes  die  Zenithdistanz  der  Sonne 
für  jede  einzelne  Stunde  aus  astronomischen  Tabellen  bestimmt  werden 
kann,  so  ist  es  auf  Grund  von  Bunsen’s  Untersuchungen  möglich,  jetzt 
für  jeden  beliebigen  Ort  der  Erde  und  für  jede  Tageszeit  die  chemische 
Intensität  des  blauen  Himmelslichtes  unter  Voraussetzung 
eines  wolkenlosen  Tages  zu  berechnen. 

Die  Formel  zur  Berechnung  der  Zenithdistanzen  ist: 
cos  cp  = cos  8 . cos  t . cos p -+-  sin  8 . sinp. 
q>  ist  die  zu  berechnende  Zenithdistanz, 

8 die  Declination  der  Sonne  am  Beobachtungstage, 
p die  Polhöhe  des  betreffenden  Orts, 
t der  Stundenwinkel  der  Sonne. 

Letzterer  ergiebt  sich  aus  der  Betrachtung,  dafs  die  Sonne  in 
24  Stunden,  von  Mittag  zu  Mittag,  360*  durchläuft,  in  einer  Stunde 
daher  15*,  in  einer  Minute  -J-0;  demnach  ist  z.  B.  der  Stundenwinkel 
um  11  Uhr  oder  1 Uhr  (eine  Stunde  vor  oder  nach  Mittag  als  Aus- 
gangspunkt) 15°,  um  2 Uhr  und  10  Uhr  30°  etc. 


*)  Mit  diesen  Ergebnissen  stimmen  die  Erfahrungen  der  photographischen  Praxis 
nicht  ganz  tlberein;  das  Vormittagslicht  ist  erweislich  besser,  als  das  Nachmittags- 
licht und  Bnnsen’s  Versuche  Uber  Absorption  weisen  hier  ebenfalls  qualitative  Ver- 
schiedenheiten auf  (s.  o.). 


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134 


Chemische  Meteorologie. 


Hat  man  nach  dieser  Formel  die  Zenithdistanzen  <j>  für  verschie- 
dene Stunden  berechnet,  so  erhält  man  die  chemische  Lichtintensit&t 
des  gesammten  wolkenlosen  Himmelsgewölbes  für  diese  Zeiten 
mit  Hülfe  der  Formel 

W = 2,776  -+-  80,849  cos  (f 45,996  COS*  (J>. 

Diese  Formel  drückt  die  chemische  Wirkung  in  Lichtgraden 
aus,  welche  innerhalb  einer  Minute  auf  ein  horizontales  Flächen- 
element  ausgeübt  wird. 

Bunsen  und  Boscoe  haben  nun  nach  dieser  Formel  die  chemische 
Lichtintensität  des  blauen  Himmelsgewölbes  für  Zenithdistanzen  von 
31*  bis  90*  berechnet,  und  lassen  wir  die  von  ihnen  entworfene  Ta- 
belle hier  folgen: 


1 

Zenith- i 
distanz 

Grad  j 

fl 

Licht- 

grade 

Zenith- 

distanz 

Grad  i 

Licht-  | 
grade  . 

Zenith- 

distanz 

Grad 

| |f 

1 Licht-  : 
i grade  ' 

1 II 

Zenith- 

distanz 

Grad 

1 

Licht- 

grade 

1 

Zenith- 

distanz 

1 Grad 

rn 

Licbt- 

gr«de 

! Zenith- 
| distanz 

| Grad 

1 Licht- 
grade 

1 

TI 

38,29 

41 

!37,6o 

51 

r |i 

|35,4  5 

61 

31,17 

71 

24,22 

! 81 

14,30 

32 

38,26 

42 

137,4  7; 

52 

35,11 

62 

30,6  0 

72 

23,37 

82 

13,15 

33 

38,34  i 

43 

37.31  j 

' 53 

34,7  8 

63 

30,  oo 

73 

22,4  8 

: 83 

11,95 

34 

;38,21  i 

44 

37,14 

54 

34,4  0 

64 

29,38 

74 

21,56 

84 

10.72 

35 

38,14 1 

45 

36,96  I 

1 55 

34,02 

65 

28,7  3 

75 

20,62 

1 85 

9,4  7 

36 

|38,oe  1 

46 

36,74 

i 56 

|33,6  i 

66 

28,06 

j 76 

19,64 

86 

8,19 

37 

38,0 1 

i 47 

36,53 

57 

33,17  i 

67 

27,34  j 

77 

18,64 

87 

6,88 

38 

37,93 

i 48 

36,3 

1 58 

32,72, 

68 

26,61 1 

78 

17,60 

88 

5,54 

39 

37,85 

49 

36,0  2 

59 

32,22  1 

69 

25,84 

79 

16,53 

89 

4,17 

40 

!37,7  2 

50 

35,7  5 

1 

60 

I 

*31,70 ; 

70 

25,0  5 

80 

15,43 

90 

2,7  7 

Aus  dieser  Tabelle  kann  man,  wenn  man  die  Zenithdistanzen 
schon  kennt,  die  zugehörigen  chemischen  Lichtstärken  leicht  entnehmen. 
Bunsen  und  Roscoe  haben  beispielsweise  die  chemischen  Lichtintensi- 
täten für  die  verschiedenen  Stunden  eines  Tages  der  Tag-  und  Nacht- 
gleiche (21.  März  oder  21.  September)  für  mehrere  Orte  der  Erde 
unter  verschiedenen  Breiten:  Cairo,  Heidelberg,  Petersburg, 
und  Island  in  Tabellen  zusammengestellt,  deren  nähere  Betrachtung 
in  hohem  Grade  interessant  ist. 

Man  kann  diese  Intensität  des  Himmelslichtes  in  verschiedenen 
Tagesstunden  am  besten  graphisch  anschaulich  machen,  wenn  man 
auf  einer  H orizontallinie  die  einzelnen  Tagesstunden  in  gleichen  Ab- 
ständen aufträgt  und  darauf  Senkrechte  errichtet,  deren  Höhen  den 
berechneten  Intensitäten  in  Lichtgraden  entsprechen.  Verbindet 
man  die  Endpunkte  dieser  Höhen,  so  erhält  man  Curven,  welche  in 
ihrem  Steigen  und  Fallen  die  Zu-  und  Abnahme  der  chemischen 
Intensität  in  verschiedenen  Stunden  sehr  anschaulich  versinnlichen.  In 
beifolgendem  Holzschnitt  ersieht  man  in  den  punktirten  Linien*) 
die  in  dieser  Weise  von  Bunsen  gezeichneten  Intensitätscurven  für  den 
21.  September  für  Island,  Petersburg,  Heidelberg  und  Cairo.  An  diesem 
Tage  (der  Tag-  und  Nachtgleiche)  geht  für  alle  Orte  der  Erde  die 
Sonne  um  6 Uhr  auf  und  unter. 

*)  Die  Bedeutung  der  nicht  pnnktirten  Linien  wird  unten  erörtert  werden. 


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Blaues  Himmelslicht. 


135 


Man  sieht  aus  der  Tafel,  wie  schon  beim  Aufgange  der  Sonne 
eine  merkliche  chemische  Wirkung  stattfindet  (die  jedenfalls  schon  vor 
Sonnenaufgang  in  der  Dämmerung  vorhanden  ist),  wie  dieselbe  mit 


der  Sonne  anfangs  sehr  schnell  steigt,  aber  in  der  Zeit  von  10  bis  2 Uhr 
ziemlich  constant  bleibt,  dann  wieder  schnell  fällt. 

In  der  Zeit  von  10  bis  2 Uhr  wird  daher  die  zu  photographischen 
Aufnahmen  nötbige  Expositionszeit  ziemlich  dieselbe  sein  können ; 
eine  Stunde  vorher  oder  nachher  (9  Uhr  und  3 Uhr)  wird  man  schon 
etwas  länger  exponiren  müssen.  Von  3 bis  5 Uhr  Nachmittags  be- 
merkt man  in  der  Praxis  bei  fortdauerndem  Arbeiten  die  „Licht Ver- 
schlechterung“ in  ebenso  auffallender  Weise,  als  die  Curven  in  der 
Tafel  sie  ausdrücken. 

Die  berechneten  Intensitäten  geben  leicht  für  eine  bestimmte  Stunde 
die  nötbige  Expositionszeit.  In  Heidelberg  z.  B.  ist  am  21.  Sep- 
tember die  Intensität  um  4£  Uhr  20“,  um  12  Uhr  dagegen  35*. 

Die  Expositionszeiten  werden  sich  nun  umgekehrt  wie  die  Inten- 
sitäten verhalten.  Hat  man  demnach  z.  B.  bei  einem  Portrait  um 
12  Uhr  circa  20  Secunden  nöthig  gehabt,  so  wird  man  um  Uhr 
35  Secunden  exponiren  müssen,  einen  vollkommen  heiteren  Tag 
vorausgestzt. 

Man  sieht  ferner,  wie  in  den  Früh-  und  Abendstunden  die  Unter- 


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136 


Chemische  Meteorologie. 


schiede  in  der  chemischen  Wirkung  bei  den  verschiedenen  Orten  der 
Erde  beträchtlicher  sind,  als  am  Mittag.  Das  Verhältnis  von  Island 
zu  Cairo  ist  z.  B. : 

Morgens  7 Uhr  wie  11:18, 

Mittags  - 29 : 38. 

Im  Uebrigen  ist  die  Wirkung  bei  gleichem  Abstande  vom  Mittag 
Vor-  und  Nachmittags  dieselbe  (s.  o.). 

Der  von  den  verschiedenen  Curven  überwölbte,  unten  von  der 
Stundenlinie  begrenzte  Baum  giebt  uns  gleichzeitig  ein  anschauliches 
Bild  von  der  chemischen  Totalwirkung,  die  vom  gesammten 
Himmelsgewölbe  innerhalb  eines  ganzen  Tages  ausgeübt  wird.  Diese 
Wirkung  beträgt  in  Zahlen  für  einen  Tag  der  Tag-  und  Nachtgleiche 
(21.  März  oder  September): 

für  Island  ....  15,020  Lichtgrade, 

- Petersburg.  . . 16,410 

- Heidelberg.  . . 19,100 

- Cairo  ....  21,670 

Alle  diese  Zahlen,  sowie  die  oben  erwähnte  Tabelle,  gelten  jedoch, 
dies  ist  sehr  zu  beachten,  nur  für  zwei  Tage  des  Jahres  und 
nur  für  die  bewufsten  Orte  der  Erde,  sowie  für  solche,  die  mit  den- 
selben in  einer  Breite  liegen.*)  Für  alle  übrigen  Tage  und  Orte 
mufs  man  die  chemischen  Lichtintensitäten  erst  aus  den 
oben  genannten  Formeln  berechnen. 

Sie  gelten  ferner  nur  für  den  Fall,  dafs  das  ganze  Himmelsge- 
wölbe zur  Wirkung  kommt;  wird  dasselbe  theilweise  von  Gebäuden 
oder  Bergen  verdeckt,  so  wird  auch  die  chemische  Wirkung  verringert. 

So  kommt  in  Ateliers  im  günstigsten  Falle  höchstens  des 
Himmelsgewölbes  zur  Wirkung,  und  um  so  weniger,  je  tiefer  sie 
liegen.  Ferner  gelten  die  Formeln  nur  für  einen  absolut  wolken- 
losen Himmel.  Mit  der  Bewölkung  variirt  die  chemische  Wirkung 
ungeheuer;  sie  schwindet  bis  auf  0 zusammen,  wenn  dicke  Wetter- 
wolken den  Himmel  bedecken;  eine  dünne  weifse  Wolkenschicht 
verstärkt  dagegen  die  Wirkung  des  blauen  Himmels  ganz  erheblich. 

Um  dies  nachzuweisen,  machte  Bunsen  am  5.  October  1856 
zu  Heidelberg  eine  Reihe  von  Messungen,  und  hat  diese  ebenfalls 
durch  Zeichnung  anschaulich  gemacht.  In  beifolgender  Figur  ersieht 
man  die  Resultate.  Die  zickzackförmig  hin-  und  herspringende  Curve 
drückt  die  wechselnde  Intensität  des  chemischen  Lichtes  des  theilweise 
bewölkten  Himmels  aus,  die  andere  regelmäfsige  Curve  zeigt  die  Inten- 
sität, wie  sie  bei  vollkommen  reinem  Himmel  ist. 

Bunsen  schreibt  darüber  (PoggendorfFs  Annalen  Bd.  108  S.  237): 
„Von  7 Uhr  Morgens  bis  nach  12  Uhr  war  der  Himmel  mit  einem 
Wolkenschleier  von  wechselnder  Dichtigkeit  bedeckt,  durch  welchen 
die  Sonne  nur  schwach  hindurchschien.  In  den  ersten  Nachmittags- 
stunden verlor  sich  die  Trübung  allmählig,  so  dafs  nach  2 und  3 Uhr 
nur  noch  einzelne  lichte  Wolken  über  den  Zenith  zogen  und  der 
Himmel  nach  3 und  4 Uhr  ganz  wolkenlos  war.  Diese  Veränderungen 
drücken  sich  in  der  Curve  deutlich  aus.  Man  ersieht,  dafs  ein  leichter 

*)  Mi  Heidelberg  liegen  folgende  deutsche  Ortschaften  annähernd  in  der- 
selben Breite:  Landstuhl,  Kaiserslautern,  Rothenburg  (Anspach), 

Nürnberg,  Fürth,  Amberg,  Klattau  (Prag),  Tabor,  Iglau,  Brünn  etc. 


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Blaoes  Himmelslicht. 


137 


Wolkenschleier  das  Beleuchtungsvermögen  des  zur  Beobachtung  ge- 
wählten Himmelstückes  um  mehr  als  dasVierfache  erhöben  kann.“ 


Demzufolge  hat  man  auch  bei  theilweise  bewölktem  Himmel 
in  Bezug  auf  die  Wahl  der  photographischen  Expositionszeit  keine  so 
sicheren  Anhaltspunkte.  Dafs  ein  theilweise  bewölkter  Himmel 
unter  Umständen  bedeutend  intensiver  wirkt,  als  ein  rein  blauer,  merkt 
man  oft  in  auffallender  Weise  beim  photographischen  Copirprocefs. 

Die  hier  gegebenen  Daten  sind  von  Belang  für  alle  photographi- 
schen Arbeiten,  bei  denen  das  directe  Sonnenlicht  ausgeschlossen 
ist,  das  sind  Portraitaufnahmen  im  Atelier  und  Copirarbeiten. 

Tritt  aber  die  Sonne  mit  in  Wirksamkeit,  wie  bei  Landscbaftsauf- 
nahmen  und  z.  Th.  beim  Copirprocefs,  so  werden  die  Resultate  wesentlich 
andere.  Bunsen  hat  nun  in  derselben  Weise,  wie  oben  die  chemische 


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138 


Chemische  Meteorologie. 


Intensität  des  Himmelslichts,  die  chemische  Wirkung  des  directen 
Sonnenlichts  gemessen. 

Chemische  Intensität  des  Sonnenlichts. 

Die  chemische  Intensität  des  Sonnenlichts  variirt  nun  sehr 
beträchtlich  in  Folge  der  lichtabsorbirenden  Wirkung  der  At- 
mosphäre. Diese  lichtabsorbirende  Wirkung  der  Atmosphäre  ist  nun 
bedingt:  1)  durch  ihre  Dichtigkeit,  2)  durch  die  Länge  des  Weges, 
den  die  Strahlen  in  derselben  durchlaufen.  Deshalb  ist  dieselbe  zu 
verschiedenen  Tageszeiten  sehr  verschieden;  bei  niedrigem  Sonnen- 
stände ist  der  von  den  Strahlen  in  der  Atmosphäre  durchlaufene  Weg 
viel  länger,  als  bei  hohem.  Bunsen  bestimmte  nun  die  chemische  In- 
tensität des  Sonnenlichts  zu  verschiedenen  Tageszeiten  und  fand  daraus, 
dafs,  wenn  das  Sonnenlicht  eine  22,000  Mtr.  starke  Luftschicht  von 
0,76*  Druck  durchstrahlt,  seine  chemische  Wirkung  bis  auf  T'-0  der 
ursprünglichen  Stärke  geschwächt  wird.  Bei  geringerem  Barometer- 
stand ist  die  Absorption  geringer.  Demnach  wird  die  chemische 
Leuchtkraft  der  Sonne  auf  hohen  Bergen  stärker  sein  als  am  Meeres- 
spiegel, um  die  Mittagsstunde  bedeutend  stärker,  als  Morgens  oder 
Abends  (weil  Mittags  der  von  den  Strahlen  in  der  Atmosphäre  durch- 
laufene Weg  beträchtlich  kürzer  ist). 

Aufserhalb  der  Atmosphäre,  wo  die  Sonne  durch  nichts  ge- 
schwächt wird,  ist  ihre  chemische  Intensität,  d.  h.  ihre  Wirkung  auf 
eine  senkrecht  zu  den  Strahlen  stehende  Fläche  immer  die- 
selbe. Bunsen  berechnete  diese  Wirkung  (mit  Zugrundelegung  der 
von  ihm  gemessenen  Absorption  in  der  Atmosphäre)  auf  318  Licht- 
grade. Die  chemische  Wirkung  innerhalb  der  Atmosphäre  aber  fällt 
in  demselben  Mafse,  als  die  Barometerhöhe  und  die  Zenithdistanz  der 
Sonne  wächst;  sie  ist  in  Bezug  auf  ein  horizontales  Flächenelement 
/ 0,4758  P\ 

W=  ^318,3  X 10  cos  y J COS  (p , 

wo  cp  die  Zenithdistanz  der  Sonne,  P den  Barometerstand  bedeutet. 
Bunsen  hat  aus  dieser  Formel  mehrere  höchst  interessante  Daten  be- 
rechnet. So  beträgt  die  chemische  Intensität  des  Sonnenlichts  am 
Meeresspiegel  bei  senkrechtem  Auffallen  130*;  da  sie  nun  aufser- 
halb der  Atmosphäre  318°  beträgt,  so  gehen  f der  chemischen 
Leuchtkraft  in  der  Atmosphäre  verloren. 

In  der  Höhe  des  Montblanc  ist  die  chemische  Wirkung  der  Sonne 
bei  senkrechtem  Einfallen  1 j mal.  bei  45"  Zenithdistanz  2 mal  so  grofs, 
als  am  Meeresspiegel. 

Den  Einflufs  des  Luftdrucks  mögen  folgende  Zahlen  illustriren: 
Bei  750  Ml.  Barometerhöhe  ist  die  Wirkung  in  Lichtgraden  140®, 

- 700  - - ....  . 148®, 

- 600  - - ....  - 165®; 

140  Lichtgrade  sind  aber  1,400,000  Lichteinheiten,  demnach  wirkt 
die  Sonne  700,000mal  intensiver  als  eine  Steinkohlengas- 
flamme (s.  Seite  132). 

Offenbar  kann  man  nun  mit  der  oben  gegebenen  Formel  für 
jeden  beliebigen  Ort  der  Erde  und  für  jede  beliebige  Stunde  unter 
Voraussetzung  einer  bestimmten  Barometerhöhe  aus  der  Sonnenhöhe 
die  chemische  Intensität  des  directen  Sonnenlichts  berechnen. 


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Sonnenlicht. 


139 


Bunsen  hat  diese  Berechnung  ausgeführt  für  einen  Tag  der 
Tages-  und  Nachtgleiche  für  Cairo,  Neapel,  Heidelberg, 
Petersburg  und  Island. 

So  ist  zur  Zeit  der  Tag-  und  Nachtgleiche,  Mittags  12  Uhr, 
bei  0,76*  Druck  die  Wirkung 

für  Cairo  .....  105*, 

- Heidelberg.  . . 57*, 

- Island  ....  21*. 

Noch  gröfser  sind  diese  Unterschiede  in  den  Zeiten  9 Uhr  und 
und  3 Uhr;  dann  sind  sie 

für  Cairo 50°, 

- Heidelberg  . . . 24", 

- Island 6*. 

Die  Differenzen  sind  demnach  um  so  gröfser,  je  weiter  die  Sonne 
vom  Mittag  ab  steht. 

Am  anschaulichsten  werden  diese  Verhältnisse  aus  einer  graphi- 
schen Darstellung,  ähnlich  wie  die  oben  gegebene  von  der  Intensität 
des  blauen  Himmelslichtes.  Wir  geben  diese  in  den  ausgezogenen 
Linien  der  beistehenden  Figur  für  Cairo,  Heidelberg,  Petersburg 
und  Island  für  einen  Tag  der  Tag-  und  Nachtgleiche. 


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140 


Chemische  Meteorologie. 


Wir  sehen  aus  dieser  Darstellung,  wie  zur  Zeit  des  Sonnenauf- 
gangs die  chemische  Wirkung  der  directen  Sonne  überall  gleich  0 ist, 
wie  sich  in  Cairo  erst  um  Uhr,  in  Neapel  um  circa  6}  Uhr,  in 
Island  erst  um  7 Uhr  eine  merkbare  chemische  Wirkung  der  Sonne 
nachweisen  läfst,  wie  diese  dann  für  die  nördlichen  Orte  langsam,  für 
die  südlichen  rasch  ansteigt,  Mittags  ihren  höchsten  Stand  erreicht 
und  Nachmittags  wieder  rasch  fällt,  in  demselben  Mafse,  wie  sie  Vor- 
mittags gestiegen,  bis  sie  endlich  schon  vor  Sonnenuntergang  ver- 
schwindet Von  besonderem  Interesse  sind  nun  die  Vergleiche 
zwischen  der  chemischen  Intensität  des  Sonnenlichts  und 
des  blauen  Himmelslichts  für  dieselben  Orte  der  Erde.  Die  bei- 
stehende Tafel,  in  welcher  die  Intensitätscnrven  für  Himmelslicht  und 
Sonnenlicht  gleichzeitig  eingetragen  sind,  giebt  dazu  ein  treffliches 
Mittel  an  die  Hand.  Wir  ersehen  daraus,  dafs  um  Sonnenaufgang 
und  Untergang,  wo  die  Sonne,  obgleich  dem  Auge  sichtbar,  noch 
chemisch  unwirksam  ist,  der  blaue  Himmel  schon  überall  kräftige 
Wirkungen  äufsert,  wie  diese  Wirkungen  rasch  ansteigen,  während 
die  chemische  Sonne  gleichsam  erst  aufgeht,  dann  aber  sich  in 
majestätischer  Curve  erhebt  um  die  Wirkung  des  anfangs  vorangeeilten 
Himmelslichts  zu  überflügeln,  wenigstens  was  die  südlichen  Orte  an- 
betrifft. 

Wir  sehen  daraus,  wie  für  Island  das  blaue  Himmelslicht  für 
sich  allein  viel  intensiver  wirkt,  als  die  Sonne  für  sich  allein  und  nur 
in  der  Nähe  der  Mittagsstunde  von  letzterer  übertroffen  wird.  (Für 
Orte,  noch  nördlicher  als  Island,  bleibt  die  Intensität  der  Sonne  auch 
Mittags  unter  der  des  blauen  Himmels.)  In  südlicheren  Breiten  da- 
gegen ist  die  Intensität  der  Sonne  zu  gewissen  Tagesstunden 
gröfser,  zu  anderen  kleiner  als  die  des  blauen  Himmels,  und  bei  einer 
gewissen  Zeit  sind  beide  gleich.  Das  ist  der  Punkt,  wo  die  zusammen- 
gehörigen Curven  für  Sonnenlicht  und  Himmelslicht  sich  schneiden. 
Dieser  Punkt  tritt  an  allen  Orten  ein,  wo  sich  die  Sonne  mehr  als 
20“  56'  über  den  Horizont  erhebt. 

Wir  sehen  ferner  die  Curve  des  blauen  Himmels  langsamer 
steigen  und  um  die  Mittagszeit  sich  nahezu  auf  derselben  Höhe  halten, 
während  die  Curve  der  Sonne  sich  in  südlichen  Orten  jäh  und  rasch 
erhebt. 

Merkwürdig  ist  nun  auch  der  Vergleich  zwischen  der  Total- 
wirkung der  Sonne  und  der  Totalwirkung  des  Himmels 
innerhalb  eines  ganzen  Tages.  Ein  Bild  davon  gewährt  die 
Gröfse  der  Fläche,  welche  von  den  betreffenden  Curven  überwölbt 
wird,  wie  wir  dieses  schon  oben  bei  Besprechung  der  Wirkung  des 
blauen  Himmels  ausführten.  Die  blofse  Betrachtung  unserer  Figur 
ergiebt  dann  schon,  dafs  für  Petersburg  und  Island  die  Totalwirkung 
des  Himmels  gröfser  ist,  als  die  der  Sonne;  in  Heidelberg  sind  beide 
nahezu  gleich;  in  Cairo  ist  die  Wirkung  der  Sonne  l-Jmal  so  grofs, 
als  die  des  Himmels.  In  Petersburg  ist  es  umgekehrt;  hier  ist  die 
Himmelswirkung  doppelt  so  grofs,  wie  die  Sonnenwirkung. 

Diese  Zahlen  über  die  chemische  Intensität  des  Sonnenlichts  zu 
verschiedenen  Zeiten  sind  von  besonderer  Wichtigkeit  für  die  Ver- 
gröfserungsphotographie.  In  dieser  wird  das  directe  Sonnen- 
licht allein  als  Lichtquelle  benutzt.  Es  ist  daher  erklärlich,  wie  die 
Leistungsfähigkeit  der  Vergröfserungs  - Apparate  einerseits  durch  die 


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Sonnenlicht. 


141 


Tagesstunde,  andererseits  durch  die  geographische  Breite  der  Ort- 
schaften, endlich  durch  die  Jahreszeit  bedingt  ist.  Hier  wäre  es  von 
besonderer  Wichtigkeit,  Intensitätstabellen  des  Sonnenlichts  für  jeden 
einzelnen  Tag  des  Jahres  zu  besitzen,  die  dann  freilich  nur  für  Orte 
derselben  Breite  gelten.  Diese  Daten  lehren  auch,  wie  unzuverlässig 
die  Angaben  von  Fabrikanten  sind,  die  auf  das  Gerathewobi  von 
ihren  Vergröfserungs- Apparaten  behaupten,  sie  lieferten  eine  Copie 
in  15  bis  30  Minuten  bei  gutem  Lichte.  Das  sogenannte  gute  Licht 
(ungetrübtes  Sonnenlicht)  ist  in  seiner  chemischen  Intensität  sehr  ver- 
schieden, je  nach  den  Umständen,  die  wir  oben  geschildert. 

Nun  arbeitet  der  Photograph  nur  ausnahmsweise  mit  Sonnen- 
licht allein  (wie  bei  Vergröfserungen),  desto  öfter  aber  mit  Sonnen- 
und  Himmelslicht  gemeinschaftlich.,  wie  bei  Landschaftsaufnahmen 
und  beim  Copiren;  deshalb  ist  es  interessant,  die  Summen  Wirkung 
beider  kennen  zu  lernen. 

Um  die  gemeinschaftliche  Wirkung  von  Sonnen-  und  Himmels- 
licht zu  finden,  braucht  man  nur  die  Einzelwirkung  beider  für  die 
betreffende  Zeit  zusammen  zu  addiren.  So  ist  z.  B.  für  Heidelberg 
am  21.  März  früh  9 Uhr  die  Stärke 

des  Himmelslichts  .....  30, 24", 

- Sonnenlichts  . . . ■ . 23,99*, 
in  Snmma  . . 54,23*. 

Ebenso  kann  man  die  Summenwirkung  beider  für  einen  ganzen  Tag 
finden. 

Addirt  man  so  die  Wirkung  für  den  Tag  der  Tag-  und  Nacht- 
gleiche, so  erhält  man  als  Totalwirkung  für  den  ganzen  Tag: 
für  Island 20,980, 

- Petersburg  . . . 25,340, 

- Heidelberg  . . . 37,340, 

- Cairo 58,110, 

demnach  variirt  die  Summen  Wirkung  für  den  ganzen  Tag  nur 
wenig  mit  der  geographischen  Breite;  sie  ist  in  Cairo  ungefähr  dreimal, 
in  Heidelberg  ungefähr  zweimal  so  grofs,  wie  in  Island.  Also  wird 
man  an  einem  heiteren  Tage  der  Tag-  und  Nachtgleiche  in  Heidelberg 
zweimal  so  viel,  in  Cairo  dreimal  so  viel  Bilder  copiren  können,  wie 
in  Island.  Oder  umgekehrt  wird  die  Exposition  im  letzteren  Lande 
im  Mittel  resp.  doppelt  und  dreimal  so  lange  dauern  müssen,  unter 
der  Bedingung,  dafs  Sonne  und  Himmel  gleichzeitig  benutzt  werden. 
Gleich  bedeutsame  Folgerungen  ergeben  sich  daraus  für  die  Land- 
schaftsphotographie. Man  denke  sich  einen  im  Freien  aufge- 
stellten Gegenstand;  dieser  wird  auf  der  Sonnenseite  von  Sonnen - 
und  Himmelslicht,  auf  der  Schattenseite  von  Himmelsiicht  allein  er- 
leuchtet. Nehmen  wir  die  Intensität  des  Himmelslichts  auf  beiden 
Seiten  als  gleich  an,  so  ergiebt  sich  beispielsweise  aus  unseren  Ta- 
bellen die  Lichtstärke  in  Heidelberg  am  21.  März: 

Himmelsiicht  Sonnenlicht  Snmma  rund 

früh  9 Uhr  30,24  23,99  54 

12  - 35,9t  57,62  93,5. 

Demnach  wird  die  Lichtintensität  auf  der  Schattenseite  des  Körpers 
von  9 bis  12  Uhr  früh  dieselbe  bleiben  (sie  steigt  nur  von  30  auf  35,9, 
während  die  Lichtintensität  auf  der  Sonnenseite  um  12  Uhr  fieinahe 
doppelt  so  grofs  ist,  als  um  9 Uhr.  Die  Licht-  und  Schattendifferenzen 


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142 


Chemische  Meteorologie. 


sind  deshalb  um  diese  Zeit  viel  greller,  und  wird  dieses  sich  auch  im 
Bilde  bemerkbar  machen  und  seiner  Schönheit  mehr  oder  weniger 
Eintrag  thun;  die  Expositionszeit  wird  man,  da  die  Schattenseiten  um 
12  Uhr  nicht  viel  heller  sind,  als  um  9 Uhr,  und  auch  diese  hinreichend 
ausexponirt  erscheinen  müssen,  um  12  Uhr  nur  wenig  niedriger  wählen 
dürfen,  als  um  9 Uhr  (z.  B.  36  Secunden  um  9 Uhr,  30  Secunden  um 
12  Uhr),  wobei  man  dann  freilich  Gefahr  läuft,  dafs  die  Lichter  auf 
der  anderen  Seite  „überexponirt*  sind.  Diese  grellen  Licht-  und 
Schattendifferenzen  werden  sich  um  so  weniger  bemerklich  machen, 
je  niedriger,  um  so  mehr,  je  höher  die  Sonne  steht.  Sie  sind  daher, 
abgesehen  von  der  Tageszeit,  im  Sommer  viel  energischer  als  im 
Frühling,  Herbst  und  Winter.  Im  Winter  steht  die  Sonne  oft  selbst 
um  die  Mittagszeit  so  tief,  wie  im  Hochsommer  des  Abends,  so  dafs 
ihre  Wirkung  weit  hinter  der  des  Himmelslichts  zurückbleibt.  Es  ist 
daher  klar,  welche  tief  eingreifenden  Unterschiede  in  Bezug  auf  den 
Lichteffect  in  Bildern,  die  zu  verschiedenen  Jahreszeiten  aufge- 
nommen  sind,  sich  zeigen  werden,  und  wie  wichtig  deshalb  die  genaue 
Kenntnifs  des  Sonnenstandes  und  der  Sonnenintensität  in 
verschiedenen  Zeiten  für  den  denkenden  Landschaftsphotographen  ist. 

Wir  verdanken  dem  Director  der  Sternwarte,  Herrn  Dr.  Förster 
hierselbst,  folgendes  Täfelchen,  welches  die  Sonnenhöhen  für  Berlin 
für  12  Tage  des  Jahres  enthält,  die  ungefähr  um  4 Wochen  auseinander 
liegen  und  in  dem  auch  der  längste  und  kürzeste  Tag,  sowie  die 
beiden  Tag-  und  Nachtgleichen  aufgenommen  sind. 


Sonnenhöhen 

für  volle  Stunden  vor  oder  nach  Mittag*)  (Polhöhe  Berlin). 


Oh 

lh 

2h 

3h 

4h 

5h 

6h 

7h 

Sh 

8onnen- 

aufg. 

8onnen* 

unterg 

Grad 

Grad 

Grad 

Grad 

Grad 

Grad 

< J rad 

Grad 

Grad 

a.  m. 

p.  m. 

21.  Jan. 

17,6 

16,4 

13,o 

7 ,t 

0,o 

4h 

4,24h 

21.  Febr. 

26,9 

25,6 

21,9 

16,i 

8,8 

0 

4,52h 

5,21h 

22.  März 

37,s 

36,o 

31,8 

25,4 

17,7 

9,o 

0 

5,58h 

6,14h 

22.  April 

49,7 

47,9 

43,1 

36,0 

27,7 

18,8 

9,7 

0 

7,10h 

7,8h 

22.  Mai 

57,9 

55,7 

50,4 

42,8 

34,2 

25,0 

16,o 

7,0 

0 

8,4h 

7,57h 

21.  Juni 

61,o 

58,8 

53,i 

45,3 

36,i 

27,4 

18,4 

9,3 

2,30 

8,22h 

8,24h 

22.  Juli 

57,9 

55,7 

50,4 

42,8 

34,2 

25,o 

16,o 

7,0 

0 

7,55h 

8,6h 

22.  Aug. 

49,3 

47,6 

42,8 

35,7 

27,4 

18,5 

9,4 

0 

7,6h 

7,10h 

23.  Sept. 

37,5 

36,o 

31,8 

25,4 

17,7 

9,o 

0 

6,13h 

5,56h 

22.  Oct. 

26,t 

25,2 

21,4 

15,7 

8,4 

0 

5,22h 

4,50h 

21.  Nov. 

17,6 

16,4 

13,o 

7,7 

0 

4,28h 

3,58h 

21.  Dec. 

14,i 

13,o 

10,o 

4,8 

3,50h 

3,46h 

*)  Die  Sonnenhöhen  vor  und  nach  Mittag  differiren  ein  wenig.  Der  Unter- 
schied ist  für  unsere  Zwecke  nicht  von  Belang  und  deshalb  vernachlässigt.  Der 
Sonnenaufgang  und  Sonnenuntergang  ist  nach  seinem  Zeitabstande  vom  Mittag 
angegeben.  Die  Zahlen  p.  m.  stimmen  mit  den  Uhrzeiten  des  Nachmittags 
Uberein. ' Die  Zenithdistanzen  der  Sonne  findet  man  ftlr  die  verschiedenen  Stunden, 
wenn  man  die  betreffenden  Sonnenhöhen  von  90°  subtrahirt. 


Sonnenlicht 


143 


Die  nähere  Betrachtung  dieses  Täfelchens  wird  manchen  Photo- 
graphen, der  ein  wenig  über  seine  Kunst  nachdenkt,  höchlich  über- 
raschen. 

Die  Zahlen  lh,  21'  u.  s.  w.  bedeuten  die  vollen  Stunden  sowohl 
vor  als  nach  12  Uhr;  diese  Stunde  ist  mit  0h  bezeichnet. 

Aus  den  ersten  Spalten  übersieht  man  den  überraschenden  Unter- 
schied in  der  Sonnenhöhe  um  die  Mittagszeit  in  den  verschiedenen 
Monaten.  Am  höchsten  steht  sie  zur  Sommersonnenwende  (21.  Juni), 
am  tiefsten  zur  Wintersonnenwende  (21.  December).  Am  21.  December 
Mittags  steht  die  Sonne  z.  B.  nicht  höher,  als  am  21.  Juni  Abends 
6j  Uhr!!  Ein  Beweis,  dafs  für  Arbeiten  mit  Sonnenlicht  die 
Abendzeit  im  Juni  eben  so  brauchbar  ist,  als  die  Mittagszeit 
im  December. 

Ferner  ersieht  man  die  kurze  Dauer  des  Tages  in  den  Wintermo- 
naten*), sowie  die  Gleichheit  in  der  Sonnenhöhe  für  die  gleich  weit 
von  der  Sommer-  resp.  Wintersonnenwende  ab  liegenden  Tage,  z.  B. 
am  21.  Januar  und  21.  November,  am  21.  Februar  und  22.  October, 
am  22.  März  und  23.  September,  am  22.  April  und  22.  August,  am 
22.  Mai  und  22.  Juli. 

Ueber  die  aus  dieser  Tabelle  sich  ergebenden  ästhetischen 
Folgerungen  werden  wir  im  III.  Theil  unseres  Buches  berichten. 

Noch  mehr  Bedeutung  gewinnen  aber  die  darin  enthaltenen  Zahlen, 
wenn  wir  daraus  die  chemischen  Intensitäten  des  Sonnen-  und  Him- 
melslicbts  für  die  betreffenden  Tage  berechnen.  Verfasser  hat  diese  Be- 
rechnung ausgeführt  und  giebt  sie  in  der  angehängten  Tabelle.  Die 
Nutzanwendungen,  die  sich  daraus  für  die  photographische  Praxis 
ziehen  lassen,  liegen  auf  der  Hand.  Sie  geben  uns  eine  Üebersicht  über 
das  ideale  chemische  Wetter  von  Berlin  und  den  übrigen  Orten 
von  gleicher  Breite,  d.  h.  der  chemischen  Lichtintensität  von  Sonne 
und  Himmel  an  einem  absolut  heiteren  Tage  des  betreffenden  Datums. 
Wettereinflüsse  werden  diese  Zahlen  zwar  sehr  erheblich  modificiren 
(siehe  oben  Einflufs  der  Wolken),  dennoch  behalten  sie  als  Anhalts- 
punkte ihren  Werth.  Wahrscheinlich  ist  es,  dafs  trotz  der  durch  diese 
Einflüsse  hervorgerufenen  Störungen  die  chemische  Intensität  des  Lichts 
an  demselben  Orte  der  Erde  eine  ähnliche  constante  Gröfse  ist,  wie 
die  mittlere  Jahreswärme.  Künftige  Forschungen  müssen  über  diesen 
Punkt  noch  weitere  Aufklärung  geben.  Nothwendig  ist  aber  vor 
Allem  ein  Apparat,  der  die  Feststellung  der  chemischen  Intensität  des 
Lichts  mit  derselben  Leichtigkeit  gestattet,  wie  die  Messung  der  Luft- 
wärme mit  dem  Thermometer.  Das  Bunsen  sche  Chlorknallgas- Photo- 
meter ist  für  diesen  Zweck  zu  complicirt. 

Neuerdings  ist  es  aber  Bunsen  und  Roscoe  gelungen,  einen  neuen 
Apparat  zu  construiren,  der  die  Messung  der  chemischen  Intensität 
des  Lichts  mit  viel  gröfserer  Leichtigkeit  gestattet,  als  der  Chlorknall- 
gas-Apparat. Das  ist  der  sogenannte  Pendelphotometer. 

Dasselbe  gründet  sich  auf  die  Farbenveränderung,  welche  photogra- 
phisch präparirtes  Papier  in  chemisch  wirksamem  Licht  erfährt. 

Badet  man  ein  Stück  mit  Kochsalz  getränktes,  photographisches 
Rohpapier  in  Silberlösung  und  trocknet  es,  so  erhält  man  ein  cblor- 

*)  Diese  ist  mit  Rücksicht  auf  die  mit  Bestellungen  gesegnete  Weihnachtszeit 
oft  Übel  genug. 


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144 


Pendelphotometer. 


Silber-  und  höllensteinhaltiges  lichtempfindliches  Präparat,  welches  im 
Lichte  sich  anfangs  violett,  dann  blauviolett,  endlich  braun  und  bronce- 
farben  färbt. 

Je  intensiver  das  Licht  chemisch  wirkt,  desto  schneller  färbt  sich 
ein  solches  empfindliches  Papier  dunkel,  und  B unsen  und  Roscöe 
wiesen  nun  nach,  dafs  bei  einem  Papier  von  gewisser  Präparation 
die  Zeit,  welche  nöthig  ist,  eine  ganz  bestimmte  Färbung 
hervorzubringen,  der  chemischen  Lichtstärke  genau  um- 
gekehrt proportional  ist.  Darauf  gründet  sich  nun  ihr  neues 
chemisches  Photometer. 

Dieses  Photometer  besteht  aus  einem  lichtempfindlichen 
Papier  von  constanter  Empfindlichkeit. 

Dieses  wird  folgendermafsen  hergestellt: 

300  Gramm  chemisch  reines  Kochsalz  werden  in  10  Liter  Wasser 
gelöst  und  in  einen  grofsen  Zinkblechkasten  gegossen.  In  diese  Lö- 
sung taucht  man  photographisches  Rohpapier  vollständig  unter,  bewegt 
hin  und  her,  um  die  Luftblasen  zu  entfernen  und  läfst  es  fünf  Minuten 
in  der  Flüssigkeit,  dann  wird  es  vertical  herabhängend  getrocknet 
Die  Bogen  können  so  monatelang  aufbewahrt  werden.  Die  angewen- 
dete Flüssigkeitsmenge  reicht  zur  Präparation  von  70  Bogen  von 
30  Quadratcentimeter  hin.  Behufs  der  Sensibilisirung  schneidet  man  die 
Bogen  in  vier  Theile  und  läfst  sie  auf  einem  Bade,  das  12pCt.  Silber 
enthält,  zwei  Minuten  schwimmen.  1 Liter  Silberbad  reicht  hin  zur 
Sensibilisirung  von  125  Bogen.  Das  gesilberte  Papier  läfst  man  an 
der  Luft  trocknen  und  bewahrt  es  im  Dunkeln.  Es  hält  sich  unver- 
ändert 24  Stunden. 

Ein  so  bereitetes  Papier  zeigt  immer  die  gleiche  Lichtempfindlich- 
keit, wie  B .unsen  und  Roscoe  durch  eine  Reihe  höchst  sorgfältiger 
Versuche  feststellten*). 

Von  diesem  Papier  wurden  Streifen  geschnitten  und  diese  ver- 
schiedene Zeit  dem  zu  messenden  Lichte  ausgesetzt,  bis  dieselben  eine 
ganz  bestimmte  bräunliche  Färbung  erreicht  hatten. 

Diese  Färbung  wurde  durch  Vergleichung  mit  einer  Normal- 
schwärze  festgestellt,  welche  sie  folgendermafsen  bereiteten: 

Man  läfst  eine  Terpentinöllampe  unter  einer  mit  Wasser  gefüllten 
kalten  Porzellanschale  brennen,  glüht  den  abgesetzten  Rufs  in  einem 
Platintiegel  fünf  Minuten  lang,  mischt  ihn  kalt  mit  lOOOmal  so  viel  che- 
misch reinem,  fünf  Minuten  lang  geglühten  Zinkoxyd  und  fügt  Wasser, 
dem  tö’öö  Hausenblase  zugesetzt  ist,  als  Bindemittel  zu,  reibt  das 
Ganze  auf  einem  Reibstein  1 Stunde,  trocknet  es  im  Wasserbade, 
reibt  es  abermals  und  wiederholt  diese  Operation  noch  zweimal.  (Es 
ist  diese  Wiederholung  nöthig,  weil  das  Präparat  anfangs  bei  fort- 
gesetztem Reiben  dunkler  wird.)  Mit  dieser  Schwärze  bestreicht  man 
einen  Papierstreifen  möglichst  dick  und  gleichmäfsig  und  benutzt  diesen 


*)  Die  Versuche  finden  sich  beschrieben  in  Poggendorff’s  Annalen  Bd.  117, 
S.  629,  und  enthalten  manche  ftlr  den  photographischen  Positivprocefs  interessante 
Facta.  So  fanden  B unsen  und  Roscoe  1 ) dafs  die  Empfindlichkeit  des  Papi  eres 
dieselbe  bleibt,  wenn  auch  die  Stärke  des  Silberbades  von  12  auf  8pCt.  sinkt, 
2)  dafs  ein  Gehalt  des  Bades  an  salpetersaurem  Natron  der  Empfindlichkeit  keinen 
Eintrag  thut,  3)  dafs  mit  dem  Salzgehalt  des  Papieres  seine  Empfindlichkeit  steigt, 
4)  dafs  die  Dicke  des  Papieres  ohne  Einfiufs  auf  seine  Empfindlichkeit  ist. 


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Bunsen’s  Photometer. 


145 


zur  Vergleichung  mit  dem  im  Licht  gebräunten  Papier.  Um  nun  das 
empfindliche  Papier  kürzere  oder  längere  Zeit  dem  Lichte  exponiren 
zu  können,  benutzten  Bunsen  und  Roscoe  ein  einfaches  Instrument. 
Sie  brachten  einen  empfindlichen  Papierstreifen  in  einen  Kasten  mit 
dünnem  Deckel,  an  welchen  das  Papier  fest  angedrückt  wurde,  ln 
dem  Deckel  befand  sich  ein  Schlitz,  der  durch  ein  geschwärztes  Glim- 
merblatt verdeckt  war;  dieses  Giimmerblatt  konnte  mit  Hülfe  eines 
Secundenpendels  von  dem  Schlitz  weggezogen  und  wieder  auf- 
geschoben werden. 

Liefs  man  das  Pendel  nur  einmal  schwingen,  so  war  das  äufserste 
Ende  des  Streifens  offenbar  1 Secunde  exponirt,  die  folgenden  Theile 
weniger  und  um  so  kürzer,  je  weiter  sie  der  Richtung  zu  lagen,  in 
welcher  der  Glimmerstreifen  fortgezogen  wurde.  Aus  ihrer  Stellung 
ergab  sich  leicht  die  Expositionszeit  jedes  einzelnen  Theiles  des  Strei- 
fens. Dieser  zeigte  offenbar  nach  solchem  Versuche  eine  allmählich 
verlaufende,  abnehmende  Färbung. 

Um  nun  den  Punkt  der  Normalfärbung  zu  bestimmen,  wurden 
die  belichteten  Streifen  ins  Dunkle  gebracht  und  hier  bei  dem  Licht 
einer  durch  Kochsalz  gelb  gefärbten,  nicht  chemisch  wirkenden  Flamme 
eines  Bunsenschen  Brenners  betrachtet. 

Man  klebt  zu  dem  Behufe  den  belichteten  Streifen  auf  ein  Brett- 
chen und  führt  eine  Holzscheibe  darüber  hinweg,  in  deren  Mitte  ein 
schmales  Loch,  5 bis  6 Millimeter  weit,  geschnitten  ist  und  halb  mit 
einem  Stückchen  des  mit  Zinkweifsrufs  geschwärzten  Normalpapieres 
angefüllt  ist.  Man  sieht  durch  dieses  Loch  nur  ein  kleines  Feld  des 
Streifens  auf  einmal,  ohne  dafs  das  Auge  durch  die  Färbung  der  be- 
nachbarten Theile  gestört  wird.  Man  schiebt  nun  das  Brettchen  so 
lange  hin  und  her,  bis  man  die  dem  Normalpapier  gleiche  Färbung 
gefunden  hat.  Um  dies  zu  erleichtern,  concentrirt  man  das  gelbe  Licht 
auf  die  Oeffnung  des  Brettchens  mit  einer  Sammellinse.  Man  findet 
so  sehr  genau  die  Stelle  der  Normalfärbung  und  aus  der  Lage  der- 
selben auf  dem  Streifen  die  Zeit  der  Belichtung.  Bunsen  nennt  nun 
diejenige  Lichtintensität,  welche  in  einer  Secunde  die  Normalfärbung 
hervorbringt,  die  Liebtein  heit.  Je  länger  die  Belichtung  gedauert 
hat,  die  zur  Erzielung  der  Normalfärbung  nöthig  war,  desto  schwächer 
ist  die  Lichtstärke.  Waren  z.  B.  5 Secunden  nöthig,  so  ist  die  Licht- 
stärke nur  der  Lichteinheit,  waren  J Secunden  nöthig,  so  ist  die 
Lichtstärke  1 getheilt  d urch  | = -J. 

Man  erhält  demnach  die  Lichtstärke,  wenn  man  mit 
der  Belichtungsdauer  in  1 dividirt. 

Der  Nutzen  dieses  handlichen  Instruments  für  die  chemische  Me- 
teorologie ist  einleuchtend,  und  haben  Bunsen  und  Roscoe  damit  in 
der  That  eine  Reihe  interessanter  photochemischer  Messungen  ausge- 
führt Swan  hat  das  Instrument  in  veränderter  Form  auch  in 
die  photographische  Praxis  eingeführt.  Er  benutzt  es  zur  Bestim- 
mung der  Expositionszeit  im  Kohlendruck,  indem  er  gleich- 
zeitig mit  dem  Negativ  ein  Stück  empfindliches  Papier  unter  einer 
belichteten  und  entwickelten  Collodionplatte  exponirt.  Sobald  dieses 
Papier  eine  bestimmte  Nuance  erreicht  hat  (die  durch  Vergleichung 
mit  einem  gefärbten  Normalpapier  erkannt  wird),  ist  der  Kohlendruck 
vollendet. 

Hier  ist  wegen  der  beträchtlichen  Lichtschwächung  durch  die  auf 

Vogel,  Lehrbach  d.  Photographie.  IQ 


loogle 


146 


Optische  Instrumente. 


dem  empfindlichen  Papier  liegende  geschwärzte  Collodionplatte  län- 
gere Zeit  nöthig,  um  eine  bestimmte  Färbung  hervorzubringen.  Die 
Intensität  derselben  ist  ein  Criterium  für  die  innerhalb  der  gedachten 
Zeit  zur  Wirksamkeit  kommenden  chemischen  Lichtmengc.  Im  zweiten 
Theil  dieses  Buches  wird  specieller  von  diesem  Verfahren  die  Rede  sein. 

Bereits  haben  Bunsen  und  Roscoe  mit  ihrem  Instrument  zahl- 
reiche Bestimmungen  gemacht;  hoffen  wir,  dafs  dasselbe  bald  von 
meteorologischen  Stationen  und  intelligenten  Photographen  zu  weiteren 
Forschungen  über  das  chemische  Wetter  benutzt  werden  möge;  dann 
ist  die  Zeit  nicht  mehr  fern,  wo  wir  etwas  mehr  geben  können,  als 
die  blofsen  Grundzüge  einer  chemischen  Meteorologie.  Dann 
werden  wir  vielleicht  einmal  im  Stande  sein,  Linien  gleicher., 
mittlerer  chemischer  Licbtintensität,  ähnlich  den  Isothermen, 
um  den  Erdball  zu  ziehen. 


Die  optischen  Instrumente. 

Allgemeines. 

Wir  haben  in  dem  vorhergehenden  Capitel  die  chemische  Intensität 
des  Lichtes  verschiedener  Lichtquellen  kennen  gelernt 

Eine  gegebene  Quantität  chemisch  wirksamen  Lichtes  ist  für  sich 
allein  nicht  im  Stande,  auf  einer  sensiblen  Fläche  ein  Bild  zu  er- 
zeugen; sie  würde  höchstens  ein  Stück  photographischen  Papiere  nur 
mehr  oder  weniger  intensiv  schwärzen.  Eine  solche  schwarze  Fläche 
ist  aber  kein  Bild.  Zur  Erzeugung  eines  Bildes  müssen  wir  gewisse 
Stellen  der  empfindlichen  Schicht  vor  der  Wirkung  des  Lichtes  schützen, 
andere  wieder  denselben  mehr  oder  weniger  aussetzen.  So  erzeugen 
wir  Abwechselungen  von  Licht  und  Schatten,  und  diese  machen  erst, 
sobald  ihre  Contouren  den  Umrissen  von  Gegenständen  in  der  Natur 
entsprechen,  ein  Bild  aus. 

Wir  erreichen  diesen  Zweck  auf  zweierlei  Weise: 

1)  Indem  wir  diejenigen  Gegenstände,  von  welchen  wir 
Bilder  zu  erzeugen  wünschen,  unmittelbar  mit  der 
lichtempfindlichen  Schicht  zusammenpressen  und  so, 
das  Original  nach  oben,  dem  Lichte  aussetzen. 

Das  ist  die  directe  Copirmethode;  so  kann  man  Pflanzenbjätter, 
Zeichnungen  u.  s.  w.  reproduciren  und  erhält  je  nach  den  Umständen 
hierbei  ein  Bild,  das  in  seinen  Licht-  und  SchaUenverhältnis&en  dem 
Original  entspricht  — ein  Positiv,  z.  B.  bei  Willis’  Anilindruck, 
Joubert’s,  Obernetter’s  und  Leth’s  Kohleverfahren  (siehe  Seite  32); 
oder  man  erhält  das  Umgekehrte  davon  — ein  Negativ  (Fox  Talbot’s 
Verfahren,  siehe  Einleitung).  Ein  solches  Negativ  kann  wieder  zum 
Copiren  positiver  Bilder  mit  Hülfe  des  Lichts  benutzt  werden.  Dieser 
Copirprocefs  ist  der  gewöhnliche  photographische  Druokpro- 
cefs.  In  diesen  Processen  haben  wir  es  also  mit  ebenen  Originalen 
zu  thun , die  mit  der  empfindlichen  Fläche  zusammengeprefst  dem 


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Camera  obaeura. 


w 

Lichte  exponirt  werden.  Dieses  Verfahren  ist  zur  Entwerfung  von 
Bildern  körp erlicher  (Gegenstände  olfenbar  nichf  geeignet;  uin  diese 
za  photographiren,  benutzt  man  eine  andere  Methode: 

2)  Man  entwirft  von  körperlichen  Gegenständen  ein 
ebenes  Bild  mit  Hülfe  eines  optischen  Apparates,  und 
läfst  dieses  auf  dip  empfindliche  Fläche  wirken. 

Der  optische  Apparat,  den  ^vir  hier  anwenden,  ist  die  Camera 
obscura,  jenes  interessante,  von  Porta  im  16.  Jahrhundert  erfundene 
Instruqient,  welches  3 Jahrhunderte  lang  nur  für  eine  niedliche  Spielerei 
galt,  hi?  es  durch  Einführung  in  die  Photographie  zu  immenser  Wich- 
tigkeit gelangte.  Wäre  dieses  Instrument  nicht  vorhanden,  die  Photo- 
graphie würde  n.ur  zur  Copirung  planer  Körper  verwendet  werden 
können,  während  sie  mit  Hülfe  der  Camera  alles  bildlich  zu  fixiren 
im  Stande  ist,  was  chemisch  sichtbar  ist. 

Nicophore  Niepce  hat  dieses  Instrument  zuerst  angewendet  (siehe 
Einleitung). 

Die  Camera  besteht  in  ihrer  einfachsten  Form  aus  einer  wirk- 
lichen Kammer  oder  einem  grofsen  Kasten,  in  dessen  Vorderwand  ein 
feines  Loch  gebohrt  ist.  Auf  der  dem  Loche  gegenüberliegenden 
"Wand  sieht  man,  wenn  der  Kasten  einem  hell  erleuchteten  Gegen- 
stände gegenübersteht,  ein  treues,  verkleinertes  und  verkehrtes  Bild 
des  Gegenstandes,  dessen  Entstehung  sehr  einfach  zu  erklären  ist. 

Es  sei  A ein  heller  Gegenstand,  K die  Kammer  mit  der  Oeffnung  o. 


Offenbar  können  von  dem  Punkte  a der  Fahne  durch  das  Loch  nur 
Lichtstrahlen  nach  dem  Punkte  a'  <jer  Kammerwaud  gelangen,  ebenso 
wi?  von  dem  Fufspunkte  b nur  Strahlen  nach  b'  kommen  können.  So 
bildet  sich  jeder  Punkt  des  Gegenstandes  A einzeln  auf  der  Rück- 
wand B ab,  und  diese  zeigt  somit  ein  verkehrtes  Bild,  das  um  so  gröfser 
ist,  je  weiter  die  Rückwand  R von  dem  Loche  o entfernt 
ist,  in  demselben  Mafse  aber  auch  lichtschwächer  wird.  Stehen  die 
Gegenstände  vor  o senkrecht  und  die  Wand  B senkrecht,  so  ist  das  Bild 
vollkommen  correct,  und  das  ist  ein  grofser  Vortheil  dieser  Loch- 
bilder vor  vielen  Linsenbildern,  die  oft  sehr  stark  „verzeichnet“  sind. 
Ferner  hat  dieser  Apparat  die  Eigentümlichkeit,  von  nahen  und  fernen 
Gegenständen  gleich  scharfe  Bilder  und  ein  Gesichtsfeld  von  über 
100°  zu  liefern , was  keine  Linse  im  Staude  ist.  Das  Bild  hat 

i ' 1 > i 


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148 


Brechung. 


aber  den  Nachtheil,  dafs  es  sehr  lichtsehwach  und  unscharf  ist, 
da  jeder  Punkt  des  Gegenstandes  ein  Strahlenbündel  von  dem  Durch- 
messer derOeffnung  nach  der  Wand  E sendet  und  demnach  darauf 
einen  Kreis  von  demselben  Durchmesser  zeichnen  wird. 

Mit  Hülfe  solcher  einfachen  Vorrichtung,  wie  oben  angegeben, 
z.  B.  einer  photographischen  Camera,  an  der  man  statt  eines  Objectivs 
ein  Stück  Blech  mit  einem  feinen  Loche  (Nähnadellocbe)  anbringt, 
lassen  sich  leicht  Bilder  sonniger  Landschaften  aufnehmen.  Ich  machte 
mit  6 Zoll  Abstand  der  Rückwand  vom  Loche  ein  solches  in  5 Minuten. 

In  der  practischen  Photographie  findet  diese  Art  von  Lochcamera 
keine  Anwendung. 

In  der  Photographie  wenden  wir,  um  mit  Hülfe  der  Camera 
Bilder  zu  erzeugen,  nicht  Locher,  sondern  Linsen  an;  diese  haben 
den  Vortheil  gröfserer  Lichtstärke  und  gröfserer  Schärfe,  indem 
sie,  richtig  construirt,  im  Stande  sind,  das  Bild  eines  Punktes  auch 
mathematisch  genau  als  Punkt  wiederzugeben.  Dagegen  haben  sie 
ein  kleineres  Gesichtsfeld  als  die  Lochcamera,  und  eine  geringere 
Tiefe,  d.  h.  weniger  Fähigkeit,  Gegenstände,  die  in  verschiedener 
Entfernung  liegen,  scharf  abzubilden.  Die  Linsen  beruhen  auf  der  Bre- 
chung des  Lichtes,  die  wir  jetzt  näher  studiren  wollen. 

Wir  haben  bereits  oben  erörtert,  dafs,  wenn  ein  Lichtstrahl  aus 
einem  durchsichtigen  Medium  B in  ein  anderes  A übergeht,  in  der 
Regel  eine  Richtungsveränderung  stattfindet,  die  man  mit  dem  Namen 
Brechung  bezeichnet  (s.  S.  122).  Für  diese  gelten  folgende  Gesetze: 
1)  Der  Sinus  des  Einfallswinkels  und  der  Sinus  des 
Brechungswinkels  stehen  in  einem  constanten  Ver- 
hältnifs. 

Ist  x der  Einfallswinkel,  y der  Brechungswinkel,  so  ist  demnach 

S!—  = const.  Diesen  Bruch  n nennen  wir  den  Brechungsindex. 

sm,y 

2)  Einfalls-  und  Brechungswin- 
kel liegen  in  einer  Ebene. 

Die  Differenz  zwischen  Einfalls  - und 
Brechungswinkel  ( x — y)  heifst  die  Ab- 
lenkung, welche  der  Strahl  bei  der 
Brechung  erlitten  hat.  Diese  Ablenkung 
ist  einerseits  abhängig  vom  Einfallswin- 
kel und  wächst  in  viel  stärkerem  Verhält- 
nifs  als  dieser*).  Ferner  ist  die  Ablen- 
kung abhängig  vom  Brechungsindex; 
je  gröfser  derselbe,  desto  gröfser  ist  die 


Fig.  2. 


*)  Z.  B.  fUr  x=  IO5  beträgt  die  Ablenkung  2°  85' 

- x = 20°  - - - 8°  2' 

- *=30°  - - 4“  14' 


Differenz:  0"  27' 

1*  12 


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Brechung. 


149 


Ablenkung.  Der  Brecbungsindex  ist  nun  für  verschiedene  Substanzen 
sehr  verschieden;  er  wechselt  z.  B.  bei  jeder  Glassorte  mit  der  che- 
mischen Zusammensetzung.  So  ist  er 

für  Flintglas*)  ....  1,664, 

- Crownglas  ....  1,543, 

- Wasser 1,336, 

- Diamant 2,470. 

Der  Brechungswinkel  ist  stets  kleiner  als  der  Einfallswinkel,  wenn 
der  Strahl  aus  einem  schwächer  brechenden  Medium,  z.  B.  Luft,  in 
ein  stärker  brechendes,  z.  B.  Glas,  übergeht;  er  ist  gröfser  als  der 
Einfallswinkel,  wenn  der  Strahl  die  entgegengesetzte  Richtung  nimmt. 

Die  durchsichtigen  Medien  haben  nun  eine  sehr  verschiedene 
Gl  es  t alt.  Sie  sind  entweder  von  ebenen  oder  krummen  Flächen 
begrenzt.  Ein  von  zwei  parallelen  ebenen  Flächen  begrenztes  Mittel 
nennen  wir  ein  Planglas  (s.  Figur  3),  ein  von  zwei  gegen  einander 
geneigten  begrenztes  Mittel  nennen  wir  ein  Prisma  (s.  Figur  4). 

Fig.  4. 


Beim  Durchgänge  durch  ein  Planglas  (s.  Figur  1)  wird  der  Strahl 
nicht  von  seiner  Richtung  abgelenkt,  sondern  erleidet  nur  eine  Parallel- 
verschiebung**). Diese  ist  um  so  stärker,  je  dicker  das  Planglas  ist. 
Beim  Durchgänge  durch  ein  Prisma  aber  findet  eine  Richtungsverän- 
derung statt,  wie  dies  die  Figur  versinnlicht.  Der  Strahl  wird  bei  der 
ersten  Brechung  bei  a um  den  Winkel  x — y abgelenkt,  bei  der  zweiten 
Brechung  bei  b um  den  Winkel  x'  — y';  die  Totalablenkung  ist  die 
Summe  beider  = D.  Der  Winkel,  den  die  Flächen  des  Prismas  mit 
einander  bilden  (a),  heifst  der  brechende  Winkel.  Diese  Total- 
ablenkung wächst  mit  dem  Brechungsindex,  dem  brechenden 
Winkel  des  Prismas  (<*)  und  mit  der  Einfallsrichtung.  Sie  ist 

*)  Hier  ist  angenommen,  dafs  der  Strahl  ans  Luft  in  die  gedachten  durch- 
sichtigen Substanzen  Ubergeht. 

**)  Es  ist  nemlich  in  Fig.  1 Bin  x = « sin  y, 
sin  »’  = n sin  y\ 

y=sy’,  demnach  auch  sin  y = sin  y’  und  folglich  ein  x = Bin  x\  also  x = x'. 


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Linsen. 


150 

für  dasselbe  Prisma  ein  Minimum,  w'ehti  der  ein-  und  austretende 
Strahl  gleiche  Winkel  mit  der  Glasfläche  bilden*). 

Von  den  einfachen  Linsen. 

Die  von  krummen  Flächen  begrenzten  Medien  nennt  man  Linsen. 
Die  Begrenzungsflächen  unserer  gewöhnlichen  Linsen  sind  Kugelseg- 
mente; man  nennt  sie  deshalb  sphärische  Linsen.  Die  Form  der 
in  der  Praxis  gebräuchlichen  Linsen  erhellt  aus  beistehenden  Figuren. 


Flg.  5. 

1 2 3 4 6 6 


Die  Nummern  1,  2,  3 sind  in  der  Mitte  dicker  als  am  Rande,  man 
nennt  sie  Convexlinsen  oder  Sammellinsen.  Die  Nummern  4,  5,  6 
sind  in  der  Mitte  dünner  als  am  Rande,  sie  heifsao  Coticavlinsen 
oder  Zerstreuungslinsen.  Man  unterscheidet  biconvexe  (No.  1)  - 
planconvexe  (No.  2)  und  concavconvexe  (No.  3),  ebenso  biconcave 
(No.  4),  planconcave  (No.  5)  und  convexconcave  (No.  6)  Linsen.  Die 
Verbindungslinie  der  Mittelpunkte  der  Kugelflächen,  welche  die  Linse 
begrenzen,  nennt  man  die  Axe.  Irgend  eine  durch  die  Axe  gelegte 
Ebene  nennt  man  Hauptschnitt.  Trifft  ein  Lichtstrahl  eine  Linse 
an  irgend  einem  Punkte,  so  wird  er  genau  so  gebrochen,  als  träfe 
er  eine  an  gedachtem  Punkte  gelegte  Berührungsebene;  das  Einfalls- 
loth  ist  daher  stets  der  Radius  der  betreffenden  Kugelfl&cbe.  An  jede 


Pig.  4. 


*)  Die  Totalablenkung  D läfst  sich  aas  folgenden  Formeln  berechnen: 

D =»  d -f-  d’  x — y - af y’ 

= » -f-  x’ — (y4-  y1) 
9+y'*=*  (als  Aufsenwinkel  vom 
Dreieck) 

2 aber  = a (weil  seine  Schenkel 
auf  den  Schenkeln 
von  a senkrecht  ste- 
hen); 

demnach  D = x x!  — a. 
Ferner  hat  man,  wenn  n der  Bre- 
chungsindex ist: 
sin  x = n sin  y, 

sin  x’=  n sin  y’  = n sin  (a  — y). 

Ist  « sehr  klein,  ferner  x sehr 
klein,  so  kann  man  anch  setzen 
x a ny,  und  *'=  n (a  — y),  da 
flir  kleine  Winkel  die  Sinus  gleich  den  Bogen  sind;  dann  wird  /)  = ny  -\-n  (a— y)  — a 
=(n — l)«i  d.  h.  die  Ablenkung  proportional  dem  brechenden  Winkel  des  Prismas. 


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Linsen. 


151 


Linse  kann  man  auf  beiden  Seiten  Systeme  von  parallelen  Be- 
rührungsebenen legen.  Verbindet  man  die  Berührungspunkte  mit 
einander,  so  kreuzen  sich  die  Linien  in  einem  Punkte,  diesen  nennt 
man  den  optischen  Mittelpunkt  der  Linse  (siehe  Figur  6).  Alle 
Strahlen,  welche  diesen  optischen  Mittelpunkt  kreuzen,  gehen  ohne 
Richtungsveränderung  durch  die  Linse,  sie  erleiden  nur  eine  Pa- 
rallel Verrückung.  Die  Linse  verhält  sich  demnach  an  diesem  Punkte 
wie  ein  Planglas  (s.  o.). 

Fig.  6. 


Der  optische  Mittelpunkt  liegt  bei  jeder  guten  Linse  in  der  Axe 
derselben. 

Um  sich  einen  Begriff  von  der  Wirkung  der  Linsen  zu  machen, 
kann  man  sich  dieselben  aus  lauter  einzelnen  aufeinander  gesetzten 
Prismen  bestehend  denken,  wie  beifolgende  Figur  7 zeigt.  Treffen  drei 
Strahlen  a,  b,  c parallel  solche  Linse,  so  tritt  b in  ein  Prisma  von 

Fig.  7. 


stärker  brechendem  Winkel  als  c,  a wieder  in  ein  Prisma  von  noch 
stärker  brechendem  Winkel  als  b.  Demnach  wird  ( nach  dem  S.  148 
erwähnten  Grundsätze)  b stärker  abgelenkt  werden  als  c,  a wieder 
stärker  als  b,  und  die  Folge  davon  ist,  dafs  die  Strahlen  nach  der 


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152 


Brechung  in  Linsen. 


Brechung  convergiren.  In  ähnlicher  Weise  läfst  sich  nachweisen, 
dafs  parallele  Strahlen  nach  der  Brechung  in  concaven  Linsen  diver- 
giren  müssen. 

Die  Sammellinsen  haben  innerhalb  gewisser  Grenzen  die 
Eigenschaft,  diejenigen  Strahlen,  welche  von  einem  Punkte  ausgehen, 
auch  wieder  in  einem  Punkte  zu  vereinigen,  falls  diese  Punkte 
auf  der  Axe  oder,  in  der  Nähe  der  Axe  liegen,  und  der  Winkel, 
welchen  die  Strahlen,  die  von  dem  Punkte  ausgehen,  mit  der  Axe 
bilden,  nicht  zu  grofs  ist.  Läfst  man  unter  diesen  Vorbedingungen 
ein  Bündel  mit  der  Axe  paralleler  Strahlen  auf  eine  Sammellinse 
fallen,  so  vereinigen  sich  alle  diese  hinter  der  Linse  in  einem  Punkte, 
dem  Brennpunkte,  dessen  Abstand,  vom  optischen  Mittelpunkte  der 
Linse,  man  die  Bren n weite  nennt.  Die  von  einem  in  der  Nähe  der 
Axe  oder  auf  der  Axe  liegenden  Punkte  ausgehenden  Strahlen  werden 
ebenso  auf  der  anderen  Seite  der  Linse  wieder  in  einem  Punkte  ver- 
einigt, dessen  Abstand  von  der  Linse  man  leicht  berechnen  kann*). 

*)  Die  Entwicklung  dieser  Formel  hat  für  Mathematikverständige  keine  Schwie- 
rigkeit. Beifolgende  Figur  8 stellt  einen  Linsendurchschnitt  mit  der  Äxe  A'A"  dar, 
M"  M'  S’  die  Radien  der  begrenzenden  Kugel  flächen. 

Fällt  von  A'  ein  Strahl  in  der  Ebene  des  Hauptscbnitts  auf  den  Punkt  S1  der 
Linse,  so  wird  derselbe  nach  dem  Descartes'schen  Gesetz  gebrochen,  der  Winkel,  den 
der  einfallende  resp.  gebrochene  Strahl  mit  dem  Radius  AI' S'  bildet,  ist  der  Ein- 
falls- resp.  Brechungswinkel,  den  wir  mit  r resp.  w bezeichnen  wollen.  Der  Strahl 
trifft  nach  der  ersten  Brechung  auf  die  zweite  Linsenfläche,  wird  hier  abermals 
gebrochen,  dabei  vom  Einfallslothe  abgelenkt  und  schneidet  alsdann  die  Axe  in 
irgend  einem  Punkte  A".  Es  seien  x und  y der  Einfalls-  resp.  Brechungswinkel 
an  der  Uinterseite  des  Glases.  Es  gilt  dann  die  Gleichung 

v = A'  -f-  /_  M'  (als  Aufsenwinkel  vom  Dreieck), 

y = LA"-h  LM"  - - - - 

4-  V = LA1 4-  L Af*  4-  LA*  H-  LM". 

Fig.  8. 


Nun  ist 


nach  Descartes*  Gesetz, 


sin  y = n sin  x 

wenn  n der  Brechungsindex  ist.  Nehmen  wir  nun  an , die  Winkel  v,  w und  x,  y 
seien  sehr  klein,  kleiner  als  10°,  so  können  wir  den  Sinus  gleich  dem  Bogen 
setzen  *) : r = n to, 

y — nx. 

Diese  Werthe  in  obige  Gleichung  eingesetzt 

n (w  -+-*)  = A'  -f-  M'  -f-  A"  4-  M". 

Nun  ist  aber  w x = M"  -f-  M'  (da  die  Dreiecke  DS'S"  und  DM"M ' den  Winkel 
bei  1)  gemein  haben),  daher 

n (M"  4-  M •)  = Ä 4-  M'  4-  A"  4-  M ", 

(n  — 1)  (M"  4-  M')  ==z4f4-  A". 


•)  sin  10°  ist  = 0,1736,  arcus  10°  = 0,1745,  für  kleinere  Winkel  ist  die  Differenz  noch 
geringer. 


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Brechung  in  Linsen. 


153 


Ist  nämlich  die  Brennweite  = p,  die  Entfernung  des  leuchtenden  Punk- 
tes an  der  Linse  = a,  die  Entfernung  seines  Bildes  = a,  so  ist 


1 1 1 


Nehmen  wir  nun  an,  dafs  alle  hier  in  Rechnung  kommenden  Winkel  kleiner  als  8° 
sind,  so  können  wir  statt  der  Winkel  ihre  Tangenten  setzen*).  Nehmen  wir 
nun  ferner  an,  dafs  die  Linse  sehr  dünn  und  Hach  sei,  so  können  wir  die  Dicke 
gänzlich  vernachlässigen  und  BS’  — CS"  setzen,  dann  ist 

B S ,,  BS 
lang  A’=  tang  A = 

A iS 


„ BS 

tang  Mn*=Al„c  tang  M = 


CA'” 

BS 

* Wb  * 

Setzen  wir  A' B,  d.  i.  die  Entfernung  des  Punktes  von  der  Linse  = a, 

A"  C=a, 

d.  i.  die  Entfernung  seines  Bildes 

ferner  Mn  C = r’  und  M’  B = r, 

so  erhalten  wir 


(I) 


Setzen  wir  statt 


BS 


so  erhalten  wir  die  Gleichung 


und  ferner- 


(Hi) 

a — P 

Aus  dieser  Gleichung  ist  die  Entfernung  des  Bildes  aus  der  Entfernung  des  Gegen- 
standes leicht  zu  berechnen.  Die  Bedeutung  des  Werthes  von  p ergiebt  sich  leicht; 
wird  nämlich  in  Gleichung  I a = ao,  d.  h.  kommen  die  Strahlen  parallel  zur  Axe  an, 
so  ist 


(*  — 1)  (r  -t*  *0  ’ 

das  ist  die  Vereinigungsweite  der  parallelen  Strahlen,  d.  h.  die  Brennweite.  Diese 
ist  um  so  kleiner,  je  gröfser  n und  je  kleiner  die  Radien  der  Linse ; sind  beide  Radien 
gleich,  so  ist  sie  z.  B. 

r 

p“V(»_i) 

für  Crownglas,  wo  n=l,J  ist,  ist  j?  = r.  Ist  p sehr  klein  gegen  a,  so  kann  man  es  in 
GeichungHI  im  Nenner  weglassen,  dann  ist  a=/>,  d.  h.  Bilder  von  Gegenständen  von 
sehr  grofser  Entfernung  befinden  sich  in  der  Brennweite.  Dieser  Satz  kann  für  die 
photographische  Praxis  noch  als  richtig  gelten,  für  a=100/>,  ja  annähernd  für 
a = 50/>.  Ist  a-=2pf  so  ist  a = 2 p,  Bild  und  Gegenstand  also  gleich 
weit  von  derLinse.  Wenn  demnach  der  leuchtende  Punkt  aus  der  Unendlichkeit 
bis  nach  2 p rückt,  so  bewegt  sich  sein  Bild  von  p bis  2 p.  Wird  a noch  kleiner,  so 


•)  tang  8°  ist  *.  B.  =0,1405,  arcus  8°  = 0,1396,  sin  8°  = 0,1391. 


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154 


Breehühf»  in  Linsen. 


Richtet  man  die  Linse  nun  auf  sehr  weit  entfernte  Gegenstände,  so 
entsteht  im  Brennpunkte  derselben  ein  verkleinertes  verkehrtes  Bild. 
Rückt  der  Gegenstand  der  Linse  näher,  so  entfernt  sich  sein  Bild  von 
♦ 

wird  der  negative  Werth  in  der  Gleichung  II  grofser,  die  ganze  rechte  Seite  demnach 
kleiner,  der  reciproke  Werth  a also  grofser.  Ist  a=p,  so  ist  die  rechte  Seite  Glei- 
chung II  = 0,  — also  = 0,  a demnach  = oo.  Wenn  also  der  leuchtende  Punkt  von  2 p 
et 

nach  p rückt,  so  rUckt  sein  Bild  von  2 p nach  der  Unendlichkeit,  die  Strahlen  treten 
dann  parallel  aus.  Diese  Verhältnisse  gelten  aber  nur  für  centrale  Strahlen, 
die  nahe  bei  der  Axe  auffallcn,  unter  der  Bedingung,  dafs  der  Winkel  v und  y 
nicht  gröfser  als  10 °,  Mn  und  A"  nicht  grofser  als  8°  werden.  Daraus  kann  man, 


Fig.9. 


Fig.  10. 


wenn  gewisse  Gröfsen  gegeben  sind,  die  Winkel  Öffnung  der  Linse,  d.  i.  ihre  schein- 
bare Gröfse,  vom  Brennpunkte  aus  gesehen,  bestimmen. 

Nimmt  man  beispielsweise  eine  planconvexe  Crownglaalinse,  won  = f,  r*  = oo, 
also  p = 2r  ist,  und  läfst  auf  deren  convexe  Seite  eine  Reihe  paralleler  Strahlen  fallen, 
so  wird  für  diesen  Fall  A'(s.  Fig. 8)  =0,  M"=0.  Es  ist  dann  (Fig.9) 

das  Dreieck  A"M”b  kann  mit  Vernachlässigung  der  Linsendicke  als  gleichschenklig 

Mr 

angenommen  werden,  da  M'A"  = r;  dann  folgt  ^Mf  = 2£.A"  oder  A = — - 


und  da  der  höchste  Werth  vonAf=8®  ist,  so  ist  der  höchste  Werth  von  ^A  = 4°. 
Die  ganze  Oeflnung  der  Linse,  vom  Brennpunkte  aus  gesehen,  wird  also  8°  betragen 
dürfen.  Dreht  man  aber  die  Linse  um,  so  dafs  die  plane  Seite  den  Strahlen  au- 
kehrt  ist,  so  ist  = ul/'— 4—  ^lr'(F»g.  10).  Nimmt  man  für  y den  gröfsten  Winkel  = 10°, 

das  Supplement  also  170°,  so  läfst  sich,  da  J/A"  = 3r  und  J/y  = r ist,  A"  aus 
dem  Dreieck  MyAn  leicht  berechnen,  da  zwei  Seiten  und  der  der  gröfseren  Seite 
gegenüberliegende  Winkel  gegeben  sind, 


sin  A"  = 


r sin  y sin  y 

* 8r  3 * 
und  da  sich  hier  die  Sinus  wie  die  Winkel  verhalten, 


= = 


die  ganze  Oeflrnung  also  6|-0. 

Ist  demnach  die  convexe  Seite  den  parallelen  Strahlen  zugekehrt,  so  ist  die 
zulässige  Oeflnung  der  Linse  8°,  ist  dagegen  die  plane  Seite  den  parallelen  Strahlen 
zugewendet,  so  ist  sie  Air  diesen  speciellen  Fall  nur  6J 

Man  ersieht  daraus,  wie  sehr  die  Gröfse  der  Oeflnung  der  Linse  von  ihrer 
Stellung  einerseits,  von  ihren  KrUmmungsverhältnissen  andererseits  abhängt. 

Das  Verhältnifs  der  Krümmungen  ist  das  schlechteste,  wenn  beide  Radien 
gleich  si  nd;  das  beste  Verhältnifs  der  Krümmungsradien  ist  1 : 6.  Eine  solche  Linse 
nennt  man  Linse  bester  Form.  Die  planconvexe  Linse  steht  dieser  Linse 
bester  Form  in  ihrer  Wirkung  am  nächsten. 

Ist  A'  die  halbe  zulässige  Oeflnung  einer  Linse,  so  ist  ihr  Durchmesser 
p taug  A'.  Demnach  können  wir  eine  Linse  um  so  grofser  machen,  je  grofser  ihre 
Brennweite  ist. 

Sämmtliche  hier  entwickelte  Formeln  bezogen  sich  auf  Punkte,  die  auf  der 
Axe  der  Linse  liegen.  Sie  sind  aber  mit  gewissen  Einschränkungen  auch  noch 
gültig  für  Punkte  nahe  bei  der 


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Bilderieugung  io  Liffsot). 


155 


der  Linse.  Den  Ort  desselben  kann  man  leicht  dnrch  Construction, 
sowie  durch  Rechnung  finden. 


Ist  A ein  Gegenstand,  so  wissen  wir  zunächst,  dafs  die  von  ihm 
ausgehenden,  der  Axe  parallelen  Strahlen  alle  durch  den  Brennpunkt  p 
der  Linse  gehen,  ebenso  wissen  wir  aus  Obigem,  dafs  die  durch  den 
optischen  Mittelpunkt  o der  Linse  gehenden  Strahlen  ihre  Richtung 
beibehalten.  Der  Durchschnittspunkt  der  von  a , resp.  von  b ausge- 

Die  Vereinigungsweite  der  'Strahlen  fctn£s  solchen  Punktes  kann  man  leicht  be- 
stimmen. Es  sei  A ein  solcher  Punkt.  Geht  von  diesem  ein  zur  Axe  paralleler 


Strahl  nach  der  Linse  L,  so  wird  dieser  durch  den  Brennpunkt  F gehen;  geht 
ferner  ein  Strahl  von  A nach  dem  optischen  Centrnm  0 , so  geht  er  ungebrochen 
hindurch  und  wird  sich  mit  dem  ersten  Strahl  in  A'  schneiden.  Hier  liegt  das  Bild 
des  Punktes  A.  Nimmt  man  AO  = at  A'o  = a,  ferner  die  Dicke  der  Linse  ver- 
schwindend klein,  so  hat  man  zwei  ähnliche  Dreiecke, ,4'  A 8 und  A'ÖFt  demnach 
a a : a = a!  :/, 

/(<*  -4-  a)  = a'a; 

nun  ist  «'  = aco8£,Ö45,  und  nehmen  wir  diesen  Winkel  sehr  klein,  so  ist  sein 
Cosinus  nahezu  = 1 , dann  ist  a = o',  daher 

fa  4-/ a^ssaa, 

dividiren  wir  diese  Gleichung  durch  faa,  so  ergiebt  sich; 

1 1 1 

ot  a f * 

Also  gelten  auch  fllr  neben  der  Axe  liegende  Punkte  dieselben  Gesetze,  wie  fUr 
Punkte  auf  der  Axe,  jedoch  nur  innerhalb  der  Grenzen,  wo  der  Cosinus  des 
Winkels,  welchen  der  Hauptstrahl  in  0 mit  der  Axe  bildet,  nahe  = 1 ist;  dies 
gilt  bis  höchstens  3°;  cos  3°  ist  = 0,998fi.  Steht  nun  eine  Reihe  leuchtender 
Punkte  vor  der  Linse  in  der  Entfernung  a,  mit  einem  Worte  ein  Gegenstand, 
so  wird  hinter  der  Linse  ein  Bild  des  Gegenstandes  in  der  Entfernung  a entstehen. 
Denkt  man  sich  einen  geraden  Gegenstand  in  mehr  als  der  hundertfachen  Entfernung 
der  Brennweite,  ao  liegen  die  Bilder  sämmtlicher  Punkte  in  der  Entfernung  p vom 
optischen  Mittelpunkt  der  Linse,  d.  h.  in  einer  Kugeltläche,  das  Bild  ist  daher  nicht 
eben,  sondern  gekrümmt. 


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156 


Bilderzeugung  in  Linsen. 


henden  Strahlen  bestimmt  demnach  den  Ort  des  Bildes  a ' b'.  Sind  die 
Linse  und  der  Gegenstand  parallel,  so  ist  auch  das  Bild  dem  Gegen- 
stände parallel.  Steht  aber  der  Gegenstand  schief  zur  Linse,  so  steht 
auch  das  Bild  schief,  aber  in  entgegengesetzter  Richtung. 

Diese  Umstände  sind  beim  Scharfeinstellen  mit  der  Camera  obscura 
sehr  zu  beachten.  Die  Linien  ao,  bo , welche  durch  den  optischen 
Mittelpunkt  der  Linse  gehen,  nennt  man  Nebenaxen  in  Bezug  auf 
die  Punkte  a und  b.  Alle  Gegenstände,  die  über  das  Hundertfache 
der  Brennweite  entfernt  sind,  bilden  sich  im  Brennpunkte  ab;  rücken 
sie  näher,  so  rückt  das  Bild  aus  der  Brennweite  heraus;  rücken  sie 
bis  in  die  Entfernung  der  doppelten  Brennweite,  so  ist  das  Bild  eben- 
falls um  die  doppelte  Brennweite  entfernt,  d.  h.  genau  so  weit  als  der 
Gegenstand.  Rückt  der  Gegenstand  noch  näher,  so  rückt  sein  Bild 
über  die  doppelte  Brennweite  hinaus  und  seine  Entfernung  wird  gröfser 
die  Entfernung  des  Gegenstandes.  Die  Gröfse  des  Bildes  richtet 
sich  nach  seiner  Entfernung  von  der  Linse.  Ist  dieselbe  gleich  a,  der 
Abstand  des  Gegenstandes  gleich  a,  seine  Gröfse  gleich  O,  so  ist  die 
Bildgröfse 

-■=-  G=-?~Q. 

a a — p 

Das  Bild  wird  demnach  um  so  gröfser,  j e kleiner  a,  d.  h.  je 
näher  der  Gegenstand  rückt.  Daher  kann  man  gröfsere  oder  klei- 
nere Bilder  desselben  Gegenstandes  machen,  jenachdem  man  den  op- 
tischen Apparat  nähert  oder  entfernt. 

Ist  der  Gegenstand  weiter  entfernt  als  die  doppelte  Brennweite,  so 
ist  sein  Bild  kleiner  als  er  selbst.  Ist  die  Entfernung  beider  gleich, 
d.  h.  der  Gegenstand  in  der  doppelten  Brennweite,  so  ist  auch  das 
Bild  dem  Gegenstand  an  Gröfse  gleich.  Dies  ist  zu  beachten, 
wenn  man  eine  Zeichnung  in  Originalgröfse  copiren  will; 
der  Auszug  der  Camera  mufs  dann  gleich  der  Entfernung  des  Gegen- 
standes sein;  rückt  der  Gegenstand  noch  näher,  so  erhält  man  ver- 
gröfserte  Bilder. 

Man  kann  demnach  mit  derselben  Linse  kleine  und  gröfse  Bilder 
machen.  Danach  hat  es  den  Anschein,  als  wenn  man  mit  jeder  Linse 
Bilder  beliebiger  Gröfse  aufnehmen  könne,  das  ist  jedoch  nicht  der 
Fall,  insofern  als  jede  Linse,  gleich  unserm  Auge,  nur  ein  be- 
schränktes Feld  auf  einmal  zu  übersehen  im  Stande  ist.  Schliefsen 
wir  das  eine  Auge,  so  übersehen  wir  mit  dem  andern  ein  Feld  von  90“ 
Winkelumfang  (wobei  wir  es  jedoch  noch  drehen  müssen).  Ebenso 
übersieht  jede  Linse  nur  ein  beschränktes  Feld,  welches  man  ihr  Ge- 
sichts feld  nennt.  Geht  man  mit  einem  photographischen  Apparat 
weit  zurück,  so  erscheint  z.  B.  die  ganze  Figur  eines  Menschen  im 
Bilde;  geht  man  näher  heran,  so  wachsen  die  Dimensionen  des  Kör- 
pers, zugleich  sieht  man  aber  nicht  mehr  die  ganze  Figur,  sondern 


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Sphärische  Abweichung. 


157 


nur  ein  Kniestück,  bei  noch  gröberer  Nähe  nur  ein  Brustbild  im 
Gesichtsfelde. 

Grofse  Gegenstände  müssen  demnach,  wenn  sie  ganz  in  das 
Gesichtsfeld  der  Linse  fallen  sollen,  weit  entfernt  sein.  Von  solchen 
kann  man  dann  auch  nur  kleine  Bilder  machen. 

Je  länger  die  Brennweite  der  Linse,  desto  gröfser  wird  bei 
gleichbleibender  Entfernung  des  Gegenstandes  das  Bild,  daher  wählt 
man  für  grofse  Bilder  Objective  mit  langer  Brennweite.  Ist  a die 
Entfernung  des  Gegenstandes,  G dessen  Grofse,  p die  Brennweite, 
a die  Bildentfernung,  so  ist  die  Bildgröfse  B 

B—G  P— . 

a —p 

Ist  a sehr  grofs,  so  kann  man  p vernachlässigen,  dann  wird 

B=  G — , 

a 

d.  h.  die  Bildgröfse  verhält  sich  wie  die  Brennweite. 

Das  Gesichtsfeld  einer  Linse  von  langer  Brennweite  ist  bei 
sonst  gleichem  Radienverhältnifs  nicht  gröfser  als  ' eines  von  kurzer 
Brennweite. 

Die  Bilderzeugung  durch  Linsen  geht  jedoch  nur  unter  gewis- 
sen Bedingungen  regelmäfsig  vor  sich,  die  bereits  oben  angedeutet 
sind,  und  welche  sich  aus  der  in  der  Anmerkung  befindlichen  mathe- 
matischen Entwicklung  noch  genauer  ergeben,  nämlich 

1)  dafs  die  Strahlen  nahe  bei  der  Axe  einfallen, 

2)  dafs  sie  nur  kleine  Winkel  mit  denselben  bilden, 

3)  dafs  sie  einfarbig  sind,  d.  h.  alle  denselben  Brechungs- 
index besitzen. 

Diesen  Bedingungen  kann  bei  mikroskopischen  und  teleskopischen 
Gläsern  ziemlich  gut  Genüge  geleistet  werden,  viel  schwieriger  aber 
bei  photographischen.  Bei  diesen  fallen  die  Strahlen  oft  ziemlich  ent- 
fernt von  der  Axe  ein,  sie  bilden  oft  sehr  grofse  Winkel  (bis  45“) 
mit  derselben  und  daraus  ergiebt  sich  denn  eine  ganze  Reihe  von 
Linsenfehlern,  die  wir  jetzt  näher  betrachten  wollen. 

1)  Die  sphärische  Abweichung. 

Schraubt  man  eine  einfache  Linse  (sogenannte  Landschaftslinse) 
an  eine  Camera  und  nimmt  alle  daran  befindlichen  Blenden  heraus, 
so  sieht  man  ein  Bild,  welches  in  keiner  Stellung  der  matten  Scheibe 
absolut  scharf  zu  erhalten  ist,  sondern  immer  trübe  und  verschwom- 
men erscheint.  Das  Bild  wird  aber  augenblicklich  scharf,  sobald  man 
den  Rand  der  Linse  mit  einer  Scheibe,  in  deren  Mitte  ein  Loch  ge- 
schnitten ist,  d.  h.  einer  Blende,  zudeckt.  Die  Ursache  dieser  Erschei- 
nung ist  die  ungleiche  Brechung,  welche  die  Randstrahlen  im  Ge- 
gensatz zu  den  centralen  Strahlen  erleiden.  Wir  haben  oben  erörtert, 


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158  Sphärische  Abweichung. 

dafs  der  Band  der  Linse  als  ein  Prisma  von  viel  stärker  brechendem 
Winkel  betrachtet  werden  kann  als  die  Mitte;  da  nun  die  Ablenkung, 
welche  die  Strahlen  erleiden,  mit  dem  brechenden  Winkel  eines  Prismas 
wächst,  so  werden  die  Bandstralden  die  Axe  näher  bei  der  Linse  schneiden 
als  die  centralen  Strahlen.  Der  Focus  der  Randstrahlen  wird  z.  B.  in  /* 
liegen,  während  der  der  centralen  Strahlen  sich  in  /'  findet  (s.  Fig.  13)  *). 

Steht  daher  die  matte  Scheibe  in  /',  so  bilden  die  Bandstrab- 
len,  die  sich  in  /*  gekreuzt  haben,  einen  Zerstreuungskreis. 

Fis-  1S-  Der  Durchmesser  die- 

ses Zerstreuungskrei- 
ses  heilst  die  trans- 
versale oder  Brei- 
ten -Abwei  chung. 
Es  ist  leicht  einzuse- 
hen, dafs  diese  bei 
zwei  Linsen  glei- 
cher Oeffnung  und  verschiedener  Brennweite  verschieden  sein 
wird  und  um  so  gröfser,  je  kleiner  (bei  derselben  Oeffnung)  die 
Brennweite  ist;  ebenso  leicht  ist  einzusehen,  dafs  bei  zwei  Linsen 
gleicher  Brennweite  und  verschiedener  Oeifnuug,  die  transversale 
Abweichung  bei  der  gröfseren  Oeffr.ung  gröfser  sein  wird**). 

Die  Transversalabweichung  wächst  im  Verhältnifs  des 
Quadrats  der  Brennweite  und  im  Verhältnifs  des  Cubus 
des  Durchmessers  der  Linse.  Die  Entfernung  /’/*  nennt  man 
die  longitudinale  oder  Längenabweichung;  sie  wächst  mit 
dem  Quadrat  des  Durchmessers  der  Linse  und  iip  umge- 
kehrten Verhältnifs  der  Brennweite. 

Aus  diesen  Daten  ergiebt  sich  zugleich  das  Mittel,  diese  sphärische 
Abweichung  auf  ein  Minimum  zu  reduciren.  Dies  geschieht 

1)  durch  Verkleinerung  der  Linsenöffnung  durch  Vor- 
setzen von  Blenden.  Denkt  man  sich  z.  B.  vor  eine  Linse  eine  Blende 
gesetzt,  welche  deren  Oeflhung  auf  verringert,  so  wird  die  Trans- 
versalabweichung na^h  Obigem  auf  (J)3,  d.  h.  auf  ^ vermindert  werden; 
je  enger  die  Blende  genommen  wird,  desto  schärfer  wird 
entsprechend  das  Bild  werde*). 

Die  sphärische  Abweichung  wird  dadurch  nicht  absolut  hinweg- 
geschafft, sondern  nur  auf  einen  in  der  Praxis  unmerklichen  Grad  ver- 

* ) Noch  klarer  gehl  dieses  aus  der  in  der  Anmerkung  S.  152  sich  findenden 
Entwicklung  hervor,  bei  welcher  ausdrücklich  bemerkt  ist,  dafs  die  Strahlen  nahe 
bei  der  Axe  einfallen  und  keinen  zu  grofsen  Winkel  mit  denselben  bilden  dürfen, 


wenn  die  Formel  — ^ ihre  Gültigkeit  behalten  soll. 

a p a 


**)  Es  ipt  üiee  sehr  einfach,  mit  Hdife  einiger;  leipljt  zu,  eptwetföndew  Zeichnungen 
anschaulich  zu  machen. 


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Sphärische  Abweichung. 


159 


ringert.  Dieses  Mittel  wendet  man  in  der  Photographie  sehr  allgemein 
an,  es  hat  nur  den  üebelstand,  dafs  zugleich  mit  der  Oeffnung  der 
Linse  auch  im  umgekehrten  quadratischen  Verhältnifs  derselben  die 
Lichtstärke  vermindert  wird.  Reduciren  wir  z.  B.  die  Oeffnung  der 
Linse  auf  -J-  des  ursprünglichen  Durchmessers,  so  sinkt  ihre  Lacht' 
stärke  auf  -Jj.  Daher  ist  eine  solche  starke  Abblendung  nur  zulässig 
bei  Aufnahmen  ruhiger  Gegenstände,  welche  lange  Zeit  still  halten, 
d.  h.  eine  lange  Exposition  gestatten. 

Es  giebt  aber  ein  Mittel,  die  sphärische  Abweichung  hinwegzu- 
schaffen, ohne  die  Oeffnung  und  die  Lichtstärke  zu  vermindern. 

Dies  geschieht 

2)  durch  passende  Wahl  der  Krümmungshalbmesser  der 
Linse,  Es  wurde  bereits  oben  in  der  Anmerkung  näher  erörtert, 
dafs  eine  planconvexe  Linse  eine  viel  gröfsere  Oeffnung  zuläfst» 
als  eine  biconvexe,  und  dafs  es  für  jede  Glassorte  je  nach  dem  Bre- 
chungsindex ein  Verhältnis  der  Krümmungsradien  giebt,  für  welches 
die  Linse  der  Formel 

1 J. t_ 

a p a ’ 

am  besten  genügt.  Man  nennt  die  Linse  mit  solchen  Krümmungs- 
radien eine  Linse  bester  Form.  Diese  Linse  hat  für  Crownglas 
(wo  n = $)  das  Radienverhältnifs  1:6. 

Linsen,  die  bei  voller  Oeffnung  keine  sphärische  Abweichung 
zeigen,  nennt  man  aplanatisch. 

Aufser  der  Form  der  Linse  ist  nun  aber  noch  ihre  Stellung 
von  Wichtigkeit.  So  wurde  z.  B.  oben  nachgewiesen,  dafs  eine  plan- 
convexe Linse,  welche  ihre  convexe  Seite  parallelen  Strahlen  zu- 
kehrt, eine  Oeffnung  von  8*,  dagegen  wenn  sie  die  plane  Seite  den 
parallelen  Strahlen  zuwendet,  nur  eine  Oeffnung  von  6f  • haben 
darf. 

Daher  kehrt  bei  dem  Portraitobjectiv,  dessen  Vorderlinse  fast, 
aplanatisch  ist,  diese  ihre  convexe  Seite  den  Strahlen  zu. 

Es  folgt  jedoch  daraus  keineswegs,  dafs  diese  Stellung  immer 
die  beste  sei.  Im  Gegentheil,  bei  den  einfachen  photographischen 
Linsen  (den  sogenannten  Landschaftslinsen)  findet  man  gerade  die 
entgegengesetzte  Stellung.  Diese  Linsen  sind  meist  Menis- 
ken, deren  concave  Seite  den  Strahlen  zugewendet  ist,  Hier 
ist  die  sphärische  Abweichung  allerdings  ein  Maximum,  dagegen  zeigt 
sich  gerade  in  dieser  Stellung  ein  anderer  Linsenfehler  in  viel  ge- 
ringerem Grade,  d.  i.  die  sogenannte  Verzeichnung.  Daher  zieht 
man  diese  Stellung  vor  und  corrigirt  die  Abweichung  durch  Blenden. 

Nun  giebt  es  aber  noch  ein  drittes  Mittel,  um  die  sphärische  Ab- 
weichung unbeschadet  der  Oeffnung  zu  corrigiren;  das  geschieht 

3)  durch  Linsencombi nation.  Seizt,W$!L?TO>  deren 


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160 


Sphärische  Abweichung. 


Brennweite  p'  und  p"  ist,  zusammen,  so  dafs  sie  um  die  Gröfse  a von 
einander  entfernt  sind,  so  ist  die  Brennweite  des  Systems*) 

_ p"(p'-d) 
p"  + p'-d' 


ist  d = o,  so  ist 
und  für  den  Fall,  dafs  p"  = p' 


„ _ pV 
P~p"  + p' 


v = \- 


Demnach  wird  die  Combination  zweier  Linsen  der  Brennweite  p nur 
einen  halb  so  langen  Focus  haben,  als  jede  einzelne  Linse. 

Nun  ist  die  Oeffnung  einer  einfachen  Linse  der  Brennweite  p, 
wenn  a der  erlaubte  halbe  Oeffnungswinkel**)  (vom  Brennpunkt  aus  ge- 
sehen ist)  = 2p  tg  a;  dies  ist  auch  die  zulässige  Oeffnung  einer  Com- 

binalion  zweier  solcher  Linsen,  deren  Brennweite  = y;  eine  ein- 
fache Linse  von  der  Brennweite  y würde  aber  nur  eine  Oeffnung  ptga 
haben  dürfen. 

Die  zulässige  Oeffnung  der  Linsencombination  ist  demnach  in 
diesem  speciellen  Falle  doppelt  so  grofs,  als  die  einer  einfachen 
Linse  gleicher  Brennweite.  Daher  wendet  man  in  der  Optik  statt 
einfacher  Linsen  gern  Linsenco mbin atione n an.  Je  nach  der 
Form,  die  man  denselben  giebt,  und  je  nach  ihrer  Entfernung  erreicht 
man  zugleich  mit  der  Wegschaffung  der  sphärischen  Aberration  noch 
andere  Vortheile,  die  wir  später  erörtern  werden. 

Bisher  haben  wir  bei  Besprechung  der  sphärischen  Abweichung 
der  Axe  parallel  auffallende  Strahlen  angenommen.  In  noch 
viel  auffallenderem  Mafse  offenbart  sich  aber  die  sphärische  Abwei- 
chung bei  schief  auf  die  Axe  fallenden  Strahlen. 

Man  nehme  eine  planconvexe  Crownglaslinse  an,  welche  für  den 
centralen  Theil  ab  als  aplanatisch  betrachtet  werden  kann,  so  wird 


* ) Die  Entwicklung  dieser  Formel  ist  folgende:  Man  nehme  zwei  Linsen  an, 
deren  Axen  zusainmenfallen,  deren  Brennweiten  p1  und  p"  und  deren  Entfernung  d 
ist.  Ein  Bündel  paralleler  Strahlen  wird  vou  der  ersten  Linse  in  der  Entfernung 
p1  zu  einem  Strahlenkegel  vereinigt  werden.  Sie  fallen  daher  auf  die  zweite  Linse 
in  einer  Richtung,  als  kamen  sie  von  einem  Punkt  in  der  Entfernung  — (p ’ — d) 
her.  Setzt  man  diesen  Werth  anstatt  a in  der  Gleichung 

ap" 


a 


a — p 


N 


so  erhalt  man  als  Vereinigung  mit  den  Strahlen  nach  der  Brechung  durch  die  zweite 
Lins« 


p"(P~d) 
“ “ P'+P"~d 
**)  Siehe  Anmerkung  S.  1S4. 


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Wirkung  der  Vorderblenden. 


161 


ein  parallel  der  Axe  einfallendes  Strahlensystem  senkrecht  durch 
die  Vorderfläche  gehen,  innerhalb  des  Glases  wieder  einen  Strahlen- 
cylinder  bilden,  und  schliefslich  in  / vereinigt  werden ;/  ist  für  Crown- 
glas  —2r  (s.  Anm.  S.  154).  Man  nehme  ferner  ein  schief  auf  die 
Oelfnung  ab  fallendes  Strahlenbündel,  dieses  wird  zunächst  beim  Auf- 
fallen auf  die  plane  Vorderseite  eine  Brechung  erleiden,  und  da  alle 
Strahlen  gegen  die  Vorderfläche  gleich  geneigt  sind,  so  werden  sie 
alle  in  gleichem  Mafse  abgelenkt  werden,  d.  h.  nach  der  ersten 
Brechung  innerhalb  des  Glases  wieder  einen  Strablencylinder 
bilden,  der  jedoch  weniger  gegen  die  Axe  der  Linse  geneigt  ist, 
und  dessen  Richtung  die  punktirten  Linien  angeben.  Dieser  punktirte 
Strahlencylinder  wird  sich  nun  bei  der  Brechung  durch  die  Hinter- 
fläche dem  parallel  der  Axe  einfallenden  analog  verhalten.  Einer  der 
punktirten  Strahlen  po'  wird  in  dem  vorgezeichneten  Falle  verlängert 
durch  den  Mittelpunkt  m der  Kugelfläche  der  Linse  geben. 
Dieser  Strahl  mo'  geht  ungebrochen  durch  die  Kugelfläche  (analog 
dem  der  Axe  parallelen  Strahl  in  o)  und  bildet  nun  gleichsam  eine 
neue  Axe  für  den  punktirten  Strahlencylinder,  d.  h.  die  punktirten 
Strahlen  werden  sich  in  Bezug  auf  diese  Axe  m o'  genau  so  verhalten, 
wie  die  der  Hauptaxe  parallelen  Strahlen  zu  der  Hauptaxe  mo.  Da- 
her werden  die  nahe  bei  o'  liegenden  Strahlen  in  einen  auf 
mo'  liegenden  Punkt  /'  vereinigt  werden,  so  dafs  o'f  = o/. 

Fig.  14. 


Aus  der  vollkommenen  Analogie,  die  zwischen  dem  schiefen 
Strahlenbündel  mo’  und  dem  geraden  mo  besteht,  folgt  weiter,  dafs 
alle  diejenigen  Strahlen  noch  in  /'  werden  vereinigt  werden,  welche 
innerhalb  einer  Entfernung  o' d'  auffallen,  die  ebenso  grofs  als  od  für 
der  Axe  parallele  Strahlen  ist  Trägt  man  daher  o'd'  = od  mit  dem 
Zirkel  ab,  so  findet  man  die  Grenze  der  schiefen  Strahlen,  welche 
sieb  noch  vollkommen  in  /'  vereinigen  werden,  die  jenseits  d!  liegenden 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  1 1 


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162 


Sphärische  Abweichung. 


Strahlen  aber  verhalten  sich  in  Bezug  auf  die  Neben axe  mo'  als 
Randstrahlen,  d.  h.  sie  werden  nach  einem  Funkte  gebrochen  wer- 
den, welcher  der  Linse  näher  liegt  als  /’.  Demnach  werden  die  jen- 
seits d!  liegenden  schiefen  Strahlen  sphärische  Abweichung  zeigen. 

Man  ersieht  hieraus,  wie  eine  Linse,  die  in  Bezug  auf  der  Haupt- 
axe  parallele  Strahlen  vollkommen  aplanatisch  ist,  für  schief  einfallende 
Strahlen  eine  entschieden  sphärische  Abweichung  zeigt.  Es  ergiebt 
sich  aber  auch  gleichzeitig  durch  weiteres  Studium  der  Figur  das 
Mittel,  diese  sphärische  Abweichung  zu  corrigiren. 

Es  wurde  erörtert,  dafs  nur  der  untere  Tbeil  d d des  schiefen 
Strahlenbündels  sphärische  Abweichung  zeigt.  Dieser  Linsentheil  würde 
daher  für  schiefe  Strahlen  nicht  nutzbar  sein.  Andererseits  wurde  be- 
merkt, dafs  der  Linsentheil  o'd  nach  beiden  Seiten  der  Nebenaxe 
of  für  schiefe  Strahlen  aplanatisch  ist;  es  geht  daraus  hervor,  dafs 
der  oberhalb  der  Axe  liegende  Linsentheil  dd,  welcher  für  der 
Hauptaxe  parallele  Strahlen  nicht  brauchbar,  noch  vortrefflich  für 
schiefe  Strahlen  nutzbar  ist,  d.  h.  sie  vollkommen  correct  nach  / 
brechen  würde.  Der  Rand  der  Linse,  welcher  für  Strahlen  parallel 
der  Axe  nicht  benutzbar  ist,  ist  demnach  für  schiefe  Strahlen  voll- 
kommen zulässig.  Wenn  man  deshalb  eine  Vorrichtung  anbringen 
kann,  durch  welche  die  schiefen  (hier  von  unten  kommenden)  Strahlen 
mehr  auf  den  (oberen)  Rand  der  Linse  geleitet  werden,  während  die 
axialen  Strahlen  nur  die  Mitte  der  Linse  treffen,  so  kann  man  die 
sphärische  Aberration  für  beide  Strahlensysteme  corrigiren.  Diese 
Bedingung  erfüllt  man  nun,  wenn  man  die  Blende  nicht  dicht  an 
die  Linse  legt,  sondern  um  ein  gewisses  Stück  davon  entfernt. 
Für  den  in  unserer  Figur  ausgedrückten  Fall  ergiebt  sich  die  Stellung 
der  Blende  leicht;  es  gilt  hier  das  unterhalb  der  Axe  liegende  schiefe 
Strahlenbündel  dd  (dessen  Strahlen  sich  als  Randstrahlen  verhalten), 
abzuschneiden.  Man  rücke  die  Blende  nach  13,  und  diese  Aufgabe  ist 
erfüllt;  gleichzeitig  wird  dadurch  für  die  schiefen  Strahlen  der  obere 
nutzbare  Linsenrand  noch  frei,  während  die  axialen  geraden  Strahlen 
nach  wie  vor  nur  auf  die  Mitte  der  Linse  fallen. 

Die  Stellung  der  Blende  ist  für  jeden  speciellen  Fall  verschieden, 
sie  richtet  sich  nach  der  Schiefe  der  Strahlenbüschel  und  nach  der 
Form  der  Linse. 

Bei  den  meisten  einfachen  Linsen  (Landschaftslinsen),  welche  fast 
planconvex  sind,  steht  die  Blende  in  der  Regel  um  } der  Brennweite 
von  der  Linse  ab. 

Wesentlich  anders  wird  das  Verhültnifs,  wenn  die  Linse  die  um- 
gekehrte Stellung  hat,  d.  h.  ihre  convexe  Seite  den  Strahlen  zukehrt. 

Da  dieser  Fall  in  der  photographischen  Praxis  vorkommt  und  als 
Gegensatz  zu  den  eben  erörterten  von  besonderem  Interesse  ist,  wollen 
wir  ihn  hier  näher  betrachten.  Es  sei  ab  wieder  die  erlaubte  Oeflf- 


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Wirkung  der  Hinterblendeu. 


163 


nung  der  Linse  für  der  Axe  parallele  Strahlen.  Wir  wissen  von 
Seite  154,  dafs  dieselbe  hier  etwas  gröfser  sein  kann,  als  für  die  um- 
gekehrte Linsenstellung.  Der  Axe  of  parallel  ankommende  Strahlen 
werden  innerhalb  des  Raumes  ab  so  gebrochen,  dafs  sich  sämmtliche 
in  / vereinigen.  Es  ist  nothwendig,  die  Art,  wo  diese  Brechung 
stattfindet,  genauer  zu  verfolgen. 


Fig.  15. 


Die  auf  die  gewölbte  Linsenflüche  fallenden  Strahlen  wurden 
bei  der  Brechung  durch  die  Kugelfläche  convergent  gemacht  und 
würden  sich,  wenn  sie  wieder  keine  Brechung  erlitten,  d.  h.  ihren 
Weg  im  Glase  fortsetzten,  in  einer  Entfernung  = 3r  vom  optischen 
Mittelpunkt  o vereinigen. 

Fallen  nun  diese  convergenten  Strahlen  auf  eine  ebene  Fläche, 
so  werden  sie  abermals  gebrochen  und  dabei  noch  convergenter  ge- 
macht.*) Das  Resultat  beider  Brechungen  ist  ihre  Vereinigung  in/ = 2r. 

*)  Man  denk e sich  ein  StrahlenkUndel  im  Glase  au,  bo,  co,  die  sich  fortgesetzt 
in  einem  Punkte  u kreuzen  würden;  dieselben  mögen  auf  eine  Fläche  F fallen,  so 
• dafs  co  senkrecht,  ao  und 

bo  unter  den  Winkel  a,  ß 

hindurchgehen;  der  Bre- 
chungsindex sei  n , die 
Brechungswinkel  seien  a', 
ß J,  y1,  so  kann  man,  wenn 
die  Winkel  kleiner  als  10“ 
sind,  annehmen 
«'  = ««, 
ß'  = nß, 

Es  folgt  daraus  a : a!  = 
ß : ß',  oder,  da  man  statt 
der  kleineren  Winkel  ihre 
Tangenten  setzen  kann, 
xz  xz  yz  yz 

ot  o'z  OZ  0 z 

11  * 


Flg.  16. 


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164 


Sphärische  Abweichung. 


Jetzt  nehme  man  an,  es  falle  ein  schiefes  (hier  punktirtes)  Strah- 
lenbündel auf  die  Linse,  so  wird  sich  unter  diesen  sicher  einer  finden. 
So',  der  verlängert  durch  den  Mittelpunkt  m der  Linsenfläche  geht. 
Dieser  wird  ungebrochen  eintreten.  Die  symmetrisch  um  diesen  Strahl 
liegenden  schiefen  Strahlen  werden  innerhalb  einer  Oeffnung  et  d\ 
welche  gleich  ist  der  erlaubten  Oeffnung  ab,  sich  analog  den  parallel 
zur  Hauptaxe  m kommenden  Strahlen  verhalten.  Ihre  Brechung  wird 
demnach  an  der  vorderen  Fläche  dieselbe  sein.  Jetzt  treffen  sie 
die  zweite  Fläche;  diese  macht  sie  bei  der  Brechung  convergenter. 
Sind  die  Winkel  nur  klein,  welche  die  gebrochenen  Strahlen  mit  der 
ebenen  Fläche  bilden,  so  ist  die  Vermehrung  ihrer  Convergenz  von 
den  Einfallswinkeln  unabhängig,  daher  genau  ebenso  grofs,  als  bei 
dem  axialen  Strahlenbündel. 

Demnach  verhalten  sich  unter  genannten  Bedingungen  die  schiefen 
Strahlen  in  Bezug  auf  die  Brechung,  welche  sie  durch  beide  Flächen 
erleiden,  ganz  analog  den  parallel  zur  Hauptaxe  of  einfallenden 
Strahlen,  d.  h.  sie  werden  sich  in  einem  Punkte  /'  vereinigen,  der  um 
2r  von  o’  entfernt  liegt. 

Es  ist  jedoch  leicht  einzusehen,  dafs  die  Strahlen  beim  schiefen 
Auffallen  auf  die  plane  Hinterfläche  zwar  keine  gröfsere  Convergenz 
erfahren,  als  das  der  Axe  parallele  Strahlenbündel,  wohl  aber  eine 
Richtungsveränderung  erleiden  werden.  Die  Nebenaxe  mo'  wird 
nach  der  Richtung  pf  abgelenkt,  und  die  Strahlen  werden  daher  nicht 
in  der  Verlängerung  o'm,  sondern  in  der  Richtung  pf  ihren  Brenn- 
punkt haben,  so  dafs  op-\~pf  annähernd  = 2r  wird. 

Die  schiefen  Strahlen,  welche  jenseits  der  Grenzen  et ct  einfallen, 
würden  natürlich  sphärische  Abweichung  zeigen,  d.  h.  in  einem  Punkte 
gebrochen  werden,  der  näher  als  f an  der  Linse  liegt.  Also  ist  die 
Linse  in  dieser  Stellung  für  der  Axe  parallele  Strahlen  nur  mit  ihrem 
mittleren  Theile  dd,  für  die  schief  einfallenden  Strahlen  nur  innerhalb 
des  Randtheiles  d! d!  benutzbar.  Um  nun  sowohl  für  die  geraden 
als  für  die  schief  auffallenden  Strahlenbjiudel  diejenigen  Strahlen, 
welche  sphärische  Abweichung  zeigen  würden,  abzufangen,  setzt  man 
hier  die  Blende  hinter  die  Linse  bei  BB.  Wie  man  hieraus  ersieht, 
ist  das  Verhältnifs  hier  umgekehrt,  wie  bei  der  entgegengesetzten 
Stellung  der  Linse,  wo  sie  ihre  plane  Seite  dem  Objecte  zukehrt. 
Dort  wurde  der  obere  ßildtheil  vom  oberen  Linsenrande  gebildet, 

wenn  man  unter  o,  o\  o"  die  Punkte  versteht,  wo  die  gebrochenen  Strahlen  die  Senk- 
rechten oz  schneiden.  Die  letztere  Gleichung  aufgelöst  giebt  o"z  = oz,  d.  h.  die  Strahlen 
schneiden  sich  auch  nach  der  Brechung  durch  die  ebene  Fläche  in  eiueni  Punkte, 

welcher  nur  — so  weit  von  der  ebenen  Fläche  abliegt,  alB  der  ursprüngliche  Durch- 

n 

schnittspunkt  o.  Die  Gröfse  der  Einfallswinkel  spielt  hier  keine  Rolle,  so  lange 
diese  kleiner  als  10“  sind. 


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Astigmation. 


165 


hier  vom  unteren;  dort  liegt  das  Bild  auf  einer  Kugelfläche,  deren 
Radius  = 3r  ist,  hier  liegt  es  auf  einer  Fläche,  die  stärker  gekrümmt 
ist  als  2 r,  denn  p/'  ist  < 2r;  dort  wurden  die  schiefen  Strahlen 
nach  der  Brechung  dem  Mittelpunkte  des  Bildes  genähert  (denn  Sp 
bildet  dort  nach  der  Brechung  einen  kleineren  Winkel  mit  der  Axe 
als  vorher),  hier  werden  sie  davon  entfernt  (denn  Sp  [8.  163]  bildet 
hier  nach  der  Brechung  einen  gröfseren  Winkel  mit  der  Linsenaxe, 
als  vorher). 

Aus  allen  diesen.  Umständen  ergeben  sich  bedeutsame  Eigen- 
thümlichkeiten,  die  wir  bei  Besprechung  der  anderen  Linsenfehler  noch 
erörtern  werden. 

Die  Kenntnils,  die  wir  hier  über  die  Wirkung  einer  Linse  in  den 
verschiedenen  Stellungen  und  über  die  Wirkung  der  Blende  erlangt 
haben,  wird  uns  das  Verständnifs  der  übrigen  Erscheinungen  in  der 
photographischen  Optik  wesentlich  erleichtern.  — 

Hierher  gehört  nun  noch  ein  Linsenfehler,  welcher  gewöhnlich 
mit  dem  Namen  der  Astigmation  bezeichnet  wird.  Man  nehme 
eine  aplanatische  Linsencombination  von  grofser  Oeffnung,  z.  B.  eine 
Portraitlinse , und  versuche  damit  eine  Schriftzeile  scharf  einzustellen. 
Fällt  das  Bild  'der  Schrift  auf  die  Mitte  der  matten  Scheibe,  so  ist 
dies  sehr  leicht;  fällt  sie  jedoch  nahe  dem  Rande,  so  bekommt  man 
sie  nie  absolut  scharf.  Der  Grund  liegt  einerseits  in  der  sphärischen 
Abweichung  für  schiefe  Strahlen,  da  eine  Linse  mit  voller  Oeffnung 
wohl  für- axiale  Strahlen  aplanatisch  sein  kann,  nicht  aber  für  schiefe, 
andererseits  aber  auch  in  der  verschiedenen  Brechung,  welche 
Strahlen  desselben  cylindrischen  Bündels  in  verschiedenen  Querschnitten 
der  Linse  erleiden. 

Wir  haben  bei  allen  unseren  Betrachtungen  nur  einen  Linsen- 
durchschnitt zu  Grunde  gelegt,  der  in  der  Ebene  des  Papiers  lag.  Be- 
trachtet man  in  diesem  Querschnitt  (s.  Figur  14)  die  Lage  der  schiefen 
und  geraden  Strahlen  zur  Hauptaxe,  so  erkennt  man,  dafs  die  geraden 
Strahlen  symmetrisch  um  die  Axe  mo  vertheilt  liegen;  daher  ist 
auch  ihre  Brechung  in  gleichen  Abständen  von  der  Axe  auf  allen 
Seiten  dieselbe.  Die  schiefen  Strahlen  liegen  dagegen  unsymmetrisch 
zur  Axe.  Die  Folge  ist  die  Ungleichheit  in  der  Brechung  zwischen 
den  oberen  und  unteren  Strahlen  des  schiefen  Bündels,  der  Strahl  bei 
b (Fig.  14)  z.  B.  zeigt  sphärische  Abweichung,  der  bei  a aber  nicht. 

Jetzt  denke  man  sich  einen  Linsenquerschnitt  senkrecht  zur 
Ebene  des  Papiers,  in  diesem  werden  die  schiefen  Strahlen  symme- 
metrisch  zur  Axe  liegen,  in  Folge  dessen  auf  beiden  Seiten  der 
Hauptaxe  auch  symmetrisch  gebrochen  werden.  Die  Brennweite  dieser 
Strahlen  ist  eine  mittlere  zwischen  g und  /’  (Fig.  14)  liegende,  und 
diese  Unterschiede  veranlassen  die  trotz  aller  Correctionen  immer  merk- 
liche Unschärfe  der  Randbilder,  das  ist  die  Astigmation, 


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166 


Farbeazerstreuung. 


2)  Die  chromatische  Abweichung  oder  Farbenzerstreuung. 

Bereits  auf  S.  123  buben  wir  erwähnt,  dafs  das  weifse  Licht  beim 
Durchgänge  durch  brechende  Medien  neben  der  Ablenkung  noch  eine 
Farbenzerstreuung  erleidet,  die  daher  rührt,  dafs  das  scheinbar  ein- 
fache weifse  Licht  aus  qualitativ  verschiedenen  Strahlen  besteht,  die 
sich  einerseits  durch  die  eigentümliche  Wirkung  auf  Chernicalien  und 
die  Netzhaut,  andererseits  durch  ihre  verschiedene  Brechbarkeit 
unterscheiden.  Roth  ist  die  am  schwächsten,  Violett  die  am  stärksten 
brechbare  Farbe.  Diese  Farbenzerstreuung  tritt  am  schönsten  beim 
Gange  des  Lichtes  durch  ein  Prisma  hervor  und  giebt  hier  Veran- 
lassung zur  Entstehung  eines  Farbenstreifens  — des  Spectrums  — 
indem  man  die  sieben  Hauptfarben,  Violett,  Indigo,  Blau,  Grün,  Gelb, 
Orange,  Roth  unterscheidet.  Da  nun  eine  Linse  sich,  wie  wir  S.  151 
gezeigt  haben,  einem  Prismensystem  analog  verhält,  so  tritt  solche 
Farbenzerstreuung  auch  bei  der  Brechung  des  Lichtes  durch  Linsen 
ein,  und  da  Violett  stärker  brechbar  ist  als  Roth,  so  werden  nach  dem 
Durchgänge  durch  die  Linse  die  violetten  Strahlen  als  die  stärker 
gebrochenen  sich  in  einem  der  Axe  näher  liegenden  Punkte  schneiden, 
als  die  rothen.  ' 


Fi*.  17. 


Fällt  demnach  ein  Bündel  der  Axe  paralleler  weifser  Strahlen 
auf  die  Linse,  so  werden  dieselben  nach  der  Brechung  nicht  in  einem 
Punkte  vereinigt  werden,  sondern  je  nach  ihrer  verschiedenen  Brech- 
barkeit eine  verschiedene  Vereinigungsweite  zeigen,  die  violetten  die 
kürzeste,  die  rothen  die  längste,  und  statt  eines  einzigen  leuchtenden 
Punktes,  des  Brennpunktes,  welcher  bei  Anwendung  einfarbigen  Lichtes 
resultirt,  wird  man  eine  ganze  Reihe  verschiedenfarbiger  Brennpunkte 
erhalten.  *) 


*)  Dieselben  ergeben  »ich  mathematisch  leicht  aus  der  Formel 


1 

a 


= (n 


1 

a 


wenn  man  fUr  n die  Brechungsindice»  der  verschiedenen  Farben  einaetzt. 


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Karbenzerstreuung:. 


167 


Den  Unterschied  zwischen  den  Brennweiten  der  rothen  und  vio- 
letten Strahlen  nennt  man  die  chromatische  Abweichung. 

Bringt  man  in  den  Brennpunkt  der  rothen  Strahlen  r eine  matte 
Scheibe,  so  erhält  man  ein  rothes  Bild  mit  violettem  Saume.  Bringt 
man  die  Scheibe  in  den  Brennpunkt  der  violetten  Strahlen  r,  so  erhält 
man  ein  violettes  Bild  mit  rothem  Saume.  Diese  farbigen  Säume 
stören  natürlich  die  Deutlichkeit  der  Bilder  in  hohem  Grade  und 
machen  ein  scharfes  Einstellen  überhaupt  unmöglich.  Linsen  würden 
deshalb  zur  Erzeugung  scharfer  Bilder  völlig  upgeeignet  sein,  wenn 
wir  nicht  Mittel  besäfsen,  diese  chromatische  Abweichung  zu  corrigiren. 
Bevor  wir  diese  Mittel  erörtern,  müssen  wir  auf  die  Brechungsver- 
hältnisse  der  Farben  etwas  näher  eingehen.  Wir  haben  bereits  oben 
erläutert,  dafs  die  Brechungsindices  für  verschiedene  durchsichtige 
Medien  für  ein  und  dasselbe  einfarbige  Licht  sehr  verschieden  sind, 
dafs  Flintglas  das  Licht  stärker  breche,  als  Crownglas,  dieses  wieder 
stärker  als  Wasser.  Da  nun  die  Brechungsindices  derselben  Sub- 
stanz für  verschiedene  Farben  Unterschiede  zeigen,  so  ist  man  über- 
eingekommen, als  mittleren  Brechungsexponenten  einer  Substanz  den 
der  Linie  E (im  Gelb  s.  S.  128)  zu  betrachten.  Man  nimmt  als 
Brechungsexponenten  für  die  übrigen  Farben  die  Brechungsexponenten 
der  darin  vorkommenden  charakteristischen  Linien. 

Als  Beispiel  geben  wir  die  Brechungsindices  der  Farben  für  Flint- 
glas, Crownglas  und  Wasser  nach  Fraunhofer. 


Substanz 

B 

c 

D 

E 

F 

G H 

Flintglas 

1,627  1 

1,629 

' ' 1 

1,633 

1,642 

1,646 

1 

1,660  ! 1,671 

Crownglas 

1,323 

1,326 

1,529 

1,533 

1,536 

1,341  | 1,546 

Wasser 

. 1,330 

1,331 

1,333 

1,335 

1,337 

1,341  1,344 

Die  Differenz  zwischen  den  Brechungsindices  der  rothen  und  vio- 
letten Strahlen  nennt  man  die  totale  Dispersion.  Dieselbe  beträgt 
für  Flintglas  0,0433, 

- Crownglas  0,oaoj, 

- Wasser  0,oi32. 

Die  totale  Dispersion  ist  demnach  bei  Flintglas  mehr  als  doppelt 
so  grofs  als  bei  Crownglas.  Schleift  man  daher  2 Prismen  aus  Crown- 
glas und  Flintglas,  welche  beide  die  Linie  E um  gleichviel  ab- 
lenken, so  wird  das  Spectrum  des  Flintglases  doppelt  so  grofs 
erscheinen,  als  das  des  Crownglases.  Construirt  man  also  ein  Flint- 
glasprisma, welches  ein  gleich  grofses  Spectrum  liefert,  wie  ein  ge- 
gebenes Crownglasprisma,  so  wird  die  Ablenkung  des  so  erhaltenen 
Flintglasprismas  bei  gleicher  Farbenzerstreuung  eine  geringere  sein, 


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168 


F arbenzerstreunng. 


Legt  man  zwei  solcher  Prismen  in  verkehrter  Lage  auf  einander, 
so  werden  die  Strahlen  durch  das  zweite  Prisma  nach  der  entgegen- 
gesetzten Richtung  hin  abgelenkt,  die  durch  das  erste  Prisma  bewirkte 
Farbenzerstreuung  wird  durch  die  gleich  starke  des  zweiten  Prismas 
aufgehoben,  die  Ablenkung  dagegen,  welche,  wie  ausdrücklich  bemerkt, 
bei  dem  zweiten  Prisma  geringer  ist,  wird  nur  um  etwas  vermindert, 
so  dafs  sie  jetzt  die  Differenz  der  beiden  Ablenkungen  ist.*)  Wir 
besitzen  demnach  ein  Mittel,  die  Farbenzerstreuung  eines  Prismas 
durch  Combination  mit  einem  Prisma  anderer  Dispersion  aufzuheben, 
und  solches  Doppelprisma  ohne  Farbenzerstreuung  nennt  man  ein 
achromatisches  Prisma. 

Eine  absolute  Farblosigkeit  kann  dadurch  freilich  nicht  erreicht 
werden.  Aus  obiger  Tabelle  geht  hervor,  dafs  die  Differenz  der 
Brechungsexponenten  für  die  Linien  BC  im  Flintglas  1,9  mal  so  grofs 
ist,  wie  im  Crownglas,  die  Differenz  der  Brechung  für  GH  aber  beim 
Flintglas  2, 19  mal  so  grofs,  als  beim  Crownglas.  Die  Folge  davon  ist, 
dafs  bei  zwei  gleich  langen  Crown-  und  Flintglasspectren  der  vio- 
lette Theil  der  Flintglasprismen  diesen  Zahlen  entsprechend  länger  ist, 
als  beim  Crownglas,  und  daher  ist  auch  keine  absolute  Aufhebung 
der  Farbenzerstreuung  möglich. 

Legt  man  ein  Crown-  und  Flintglasprisma,  die  beide  gleich  lange 
Spectren  geben,  verkehrt  zusammen,  so  decken  sich  genau  genommen 
nur  die  Farben  Roth  und  Violett,  weniger  vollkommen  aber  das  Gelb 
und  Indigo.  Dieser  Umstand  schadet  für  optische  Zwecke  nicht,  er 
ist  aber  sehr  hinderlich  für  photographische.  Indigo  ist  hier  gerade 
die  am  stärksten  chemisch  wirkende,  Gelb  die  am  hellsten  sichtbare 


*)  Wie  aus  der  Anmerkung  Seite  60  hervorgeht,  ist  die  Ablenkung  für  kleine 
Winkel,  wenn  der  brechende  Winkel  des  Prismas  = a, 

ß=(n  — 1)  o. 

Die  Ablenkung  des  rothen  Strahles  ist  demnach,  wenn  n,  sein  Brechnngsindex, 
— (n,  — 1)  a,  die  der  violetten,  wenn  n,  sein  Brechungsindex,  = (nr — 1)«,  die 
totale  Dispersion  ist  also  die  Differenz  beider  Gröfsen,  = (ft,  — n,)n;  sie  ist  daher 
dem  brechenden  Winkel  des  Prismas  ebenfalls  proportional.  FUr  ein  Flintglasprisma 
wilrde,  wenn  wir  die  betreffenden  Brechungsindices  mit  und  n,  bezeichnen,  die 
Ablenkung  bei  gleichem  Winkel  sein  (n'p  — n',)  a.  Verlangt  man  nun  1 Flintglas- 
prisma , welches  ein  gleich  langes  Spectrum  liefert , wie  ein  Crownglasprisma , so 
ergiebt  sich  dieses  ans  der  Gleichung,  wenn  a'  der  brechende  Winkel  des  Flintglas- 
prismas ist, 

(»',  — »',)  a = (n,  — n,)a, 

, (B*  — »,) 

demnach  a = — r- r—  . a. 

(»-  — »r) 

Für  die  oben  gegebenen  Glasaorten  ist  a' = 0,485  .«. 

Nehmen  wir  « = 20°,  so  ist  «'  = 9,7°.  Die  Ablenkung  des  mittleren  Strah- 
les E berechnet  sich: 

(»'—  1)  9,7  = 0,642  • 9,7°  =3  6,22° 
und  (n  — 1)  20  = 0,533*20  = 10,66°. 

Beide  Prismen  in  entgegengesetzter  Lage  combinirt,  werden  eine  Ablenkung 
(10,66°  — 6,22°)  erzeugen  = 4,44 ° = 4°  26'. 


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Farbenzerstrenung. 


169 


Farbe  für  das  Auge.  Fallen  beide  in  unseren  achromatisirten  photo- 
graphischen Gläsern  nicht  genau  zusammen,  so  entsteht  das,  was 
man  Focusdifferenz  nennt. 

Für  photographische  Gläser  berechnet  man  daher  den  Achroma- 
tismus so,  dafs  Gelb  und  Indigo  zusammenfallen.  *) 

Wir  haben  demnach  in  der  Composition  zweier  verschiedener 
Glassorten  ein  Mittel,  die  chromatische  Abweichung  aufzuheben. 

Brewster  hat  bewiesen,  dafs  eine  solche  Achromatisirung  auch 
Fig.  18.  mit  2 Prismen  derselben 

Glassorte  möglich  ist.  Haben 
beide  gleiche  brechende  Win- 
kel, so  wird  die  Farbenzer- 
streuung aufgehoben , aber 
auch  die  Ablenkung;  sie  wirken  dann  zusammengelegt  wie  ein  Plan- 
glas. Hat  man  aber  ein  Glasprisma  von  60*  und  ein  zweites  von 
40",  so  kann  man  durch  passende  Wahl  der  Stellung  derselben  zu 
einander  einen  Achromatismus  erzielen,  ohne  die  Ablenkung  aufzuge- 
ben. Diese  Erscheinung  erklärt  sich  daraus,  dafs  durch  die  starke  Nei- 
gung der  auf  das  Prisma  B (Fig.  1 8)  fallenden  Sf  rahlen  die  Dispersion  in 
bedeutenderem  Grade  gesteigert  wird,  als  die  Ablenkung.  Diese  Me- 
)9  thode  der  WegschafFung  der  chroma- 

tischen Abweichung  wird  nun  auch 
bei  Linsen  angewendet.  Der  ge- 
wöhnliche Weg  der  Achromatisirung 
ist  jedoch  dieCombination  einerCon- 
vexlinse  von  Crownglas  a mit  einer 
Concavlinse  von  Flintglas  b (Fig.  19). 
Beide  werden  entweder  unmittel- 
bar zusammengekittet  (wie  bei  der 
Frontlinse  des  Portraitobjectivs), 
oder  sie  stehen  in  einer  gewissen 
Entfernung  von  einander  (wie  bei  der  Hinterlinse  derselben  Corabi- 
nation).  **) 

Ein  Achromat  durch  Combination  zweier  Linsen  derselben  Glas- 
sorte zu  erzielen,  ist  z.  B.  bei  der  Zentmeyer-  und  Steinheil-Linse 
(Periskop)  versucht  worden. 


*)  Die  in  voriger  Anmerkung  gegebenen  Formeln  gestalten  sich  dann: 
• , __  (».  — *,)  « 


**)  Die  Brennweite  zweier  Linsen,  die  gemeinschaftlich  ein  Achromat  bilden, 
berechnet  sich  wie  folgt.  Falls  die  Linsen  achromatisch  erscheinen  sollen,  müssen 
der  gelbe  und  indigofarbene  Strahl  denselben  Focus  haben.  Nun  ist  der  Focus  einer 

T . . »'«" 

Linsencombination  p nach  S.  160  = , — „ ; da  die  zweite  Linse  concav  ist,  so 


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170 


Bilriwölbnng. 


Die  Formeln,  nach  denen  man  eine  achromatische  Linsen-  und 
Prismencombination  berechnen  kann,  sind  in  den  Anmerkungen  ge- 
geben. Sie  sind  entwickelt  aus  den  Prismen-  und  Linsenformeln,  die 
jedoch,  wie  wir  früher  gesehen  haben,  nnr  unter  den  einfachen  Voraus- 
setzungen, dafs  die  Strahlen  nahe  bei  der  Axe  einfalien  und  nur  kleine 
Winkel  mit  derselben  bilden,  gültig  sind.  Werden  diese  Voraussetzun- 
gen nicht  erfüllt,  so  ist  auch  der  Achromatismus  nicht  erfüllt.  Daher 
kommt  es,  dafs  Randstrahlen  und  schief  gegen  die  Axe  geneigte 
Strahlen  chromatische  Abweichung  zeigen,  wenn  auch  die  Mitte  der 
Linse  achromatisch  erscheint.  Die  chromatische  Abweichung  ist  hier 
ganz  der  sphärischen  Längenabweichung  analog.  Sie  wächst  im  um- 
gekehrten Verhältnifs  zur  Brennweite  und  im  directen  Verhältnifs  des 
Quadrats  der  Oeffnung,  und  ähnlich  wie  dort  kann  dieselbe  auch  für 
Randstrahlen  durch  passende  Wahl  und  Stellung  der  Blenden  corri- 
girt  werden. 


3)  Wölbung  der  Bildfläche. 

Stellt  man  eine  Camera  mit  irgend  einer  aplanatischen  Linse  auf 
einen  Gegenstand  scharf  ein,  so  findet  man,'  dafs  es  nicht  möglich  ist, 
alle  Theile  des  Bildes  gleichzeitig  scharf  zu  bekommen.  Entweder  ist 
der  Rand  unscharf  und  die  Mitte  scharf,  oder  umgekehrt.  Dieser  Fehler 
röhrt  keineswegs  von  der  sphärischen  Abweichung,  denn  er  kommt 


ist  p"  negativ , demnach  p=s  — -. , woraus  sich  ergiebt  — = ( ; setzt 

P — P PPP 

man  für  p'  und  p"  die  Radienformel  (S.  153)  ein,  so  erhalt  man 


1 

P 


= («’ 


*.)• 


Setzt  man  hier  fiir  n ■ n"  die  Brechungsexponenten  fllr  die  verschiedenen  farbigen 
Strahlen  ein,  so  erhält  man  deren  Brennweiten.  Für  den  Fall  nun,  dafs  die  Brenn- 
weiten flir  die  indigofarbenen  und  gelben  Strahlen  dieselben  sein  sollen,  erhält  man 
die  Bedingtingsgleichung 


woraus  sich  ergiebt 

(»’<  - »’,)  (y  + F)  = (»"<  - ( 7,  H-  jjü)  • 

Für  die  Radienformeln  wieder  die  Werthe  — und  eingesetzt,  erhält  man 
(»'  — *)/  (»"—  l)p'" 

woraus  sich  die  Werthe  von  p ' und  p”  leicht  berechnen  lassen.  »'  und  »"  bedeuten 
hier  die  Brechungsverhältnisse  der  mittleren  Strahlen.  Den  Ausdruck 

n — 1 

nennt  man  auch  das  Zerstreuungsvermögen.  Die  Brennweiten  der  Linsen  eines 
Achromats  müssen  sich  daher  umgekehrt  wie  ihr  Zerstreuungsvermögen  verhalten. 


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ßildwölbting. 


171 


bei  allen  vollkommen  aplanatischen  Linsen  vor,  sondern  von  der 
Wölbung  der  Bildfläche*). 

Das  Bild  liegt  nämlich  nicht  auf  einer  Ebene  gleich  der  matten 
Scheibe,  sondern  auf  einer  mehr  oder  weniger  gekrümmten  Fläche, 
und  beim  Verrücken  der  matten  Scheibe  wird  nur  der  Theil  des  Bil- 
des auf  derselben  scharf  erscheinen,  welchen  die  matte  Scheibe  berührt 
oder  schneidet.  Der  Pfeil  in  Figur  20  stellt  solch  ein  gekrümmtes 
Bild  dar.  Bringt  man  die  matte  Scheibe  an  die  Stelle  a a,  so  er- 
scheint nur  der  mittlere  Theil  scharf,  in  der  Stellung  b b aber  nur  der 
Rand. 

Wir  haben  in  dem  Capitel  über  sphärische  Abweichung  an  einem  Bei- 
spiel gezeigt,  wie  dieses  gekrümmte  Bild  entstehe  (s.  S.  161).  Es  wurde  da- 
selbst erörtert,  wie  diese 
Bildkrümmung  je  nach 
der  Stellung  der  Linse 
sehr  verschieden  ist.  Es 
ist  leicht  einzusehen, 
dafs  auch  die  Gestalt 
der  Linse  von  Einflufs 
ist.  Bei  Linsen  mit  sehr 
beschränktem  Gesichts- 
feld (wie  die  astronomi- 
schen) ist  die  Bildwöl- 
bung nicht  von  Bedeu- 
tung , sehr  auffallend 
offenbart  sie  sich  aber 
in  der  photographischen  Praxis,  wo  die  Strahlen  oft  einen  bedeuten- 
den Winkel  mit  der  Axe  bilden.  Die  Mittel,  sie  wegzuschaffen  resp. 
auf  ein  Minimum  zu  reduciren,  bestehen 

1)  in  der  passenden  Wahl  der  Linsen-  und  Blendenstellung.  Auf 
S.  161  ist  gezeigt,  dafs  für  eine  planconvexe  Linse  mit  Vorderblende 
der  Krümmungsradius  des  Bildes  gleich  3r  ist,  wenn  die  Linse  ihre 
plane  Seite  den  Objecten  zukehrt,  dagegen  kleiner  als  2r,  wenn  die 
Stellung  von  Linse  und  Blende  die  entgegengesetzte  ist.  Demnach 
ist  das  Bild  im  ersten  Full  ein  viel  flacheres. 

2)  Durch  passende  Wahl  der  Linsenform.  Wie  es  in  Be- 
zug auf  sphärische  Abweichung  eine  Liuse  bester  Form  giebt,  so 
existiren  auch  Linsen  bester  Form  in  Bezug  auf  Vermeidung  der 
Bildwölbung,  und  hat  die  Erfahrung  ergeben,  dafs  die  Menisken, 
deren  concave  Seite  dem  Objecte  zugekehrt  ist,  das  ebenste  Bild 
liefern.  Solche  Linsen  sind  z.  B.  die  Dallmeyer’schen  Landschaftslinsen. 

*)  Wir  bedienen  uns  hier  des  Ausdrucks  Wölbung,  weil  „Krümmung*4  der  Bild- 
fläche gar  zu  häutig  mit  Krümmung  der  Linien  ira  Bilde  (siehe  Verzeichnung)  ver 
wechselt  wird. 


Fig.  m 


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172 


Bildwölbung. 


3)  Durch  Linse ncombinati on.  Wie  oben  gezeigt  worden  ist, 
giebt  eine  Sammellinse  ein  gewölbtes  positives  Bild  eines  ebenen 
Gegenstandes.  In  ähnlicher  Weise  liefert  eine  Zerstreuungslinse  ein 
gewölbtes  negatives  Bild  (Fig.  21),  welches  aufrecht  ist  und  mit 
dem  (hier  weit  entfernt  gedachteu)  Gegenstände  auf  derselben  Seite 
der  Linse  liegt,  indem  die  Strahlen  auf  der  andern  Seite  divergirend 
austreten.*)  Nun  bleiben  die  optischen  Erscheinungen  dieselben,  wenn 

Rlg.  2t. 


die  Strahlen  die  entgegengesetzte  Richtung  verfolgen.  Es  folgt  dar- 
aus, dafs,  wenn  Strahlen  auf  eine  Zerstreuungslinse  fallen,  welche 
verlängert  ein  solches  gewölbtes  Bild  liefern  würden,  diese  zu  einem 
ebenen  Bilde  vereinigen  würden.  Ja  noch  mehr,  ist  das  Bild,  welches 
die  Strahlen  verlängert  liefern  würde,  noch  stärker  gekrümmt,  als  es 
die  Linse  für  sich  allein  erzeugen  würde,  so  wird  das  Resultat  ein 
concaves  Bild  sein. 

Combinirt  man  demnach  eine  Sammellinse,  welche  ein  gewölbtes 
Bild  liefert,  mit  einer  passend  gewählten  Zerstreuungslinse,  so  wird 
aus  der  Vereinigung  beider  ein  ebenes  Bild  resultiren. 

Man  kann  auf  diese  Weise  die  Bildwölbung  freilich  nicht  voll- 
ständig aufheben,  da  sonst  zu  gleicher  Zeit  die  Brechung  aufgehoben 
würde. 

Man  corrigirt  daher  die  Bildwölbung  durch  eine  concave  Linse 
und  dazu  benutzt  man  bei  einfachen  Linsen  die  Flintglaslinse, 
welche  auch  zur  Correctur  der  chromatischen  Abweichung  dient. 
Einen  besondern  Einflufs  hat  hierbei  auch  die  Stellung  der  Linsen 
zu  einander,  und  planconvexe  wie  planconcave  Linsen  liefern  viel 

■*}  Die  Construction  dieses  Bildes  so  wie  sein  KrUmmungsverbältnifs  sind  ganz 
analog  dem  des  Bildes  einer  planconvexon  Linse,  s.  8.  161.  Kehrt  die  planconcave 
Linse  ihre  ebene  Fläche  den  Gegenständen  zu,  so  ist  der  Krümmungsradius  gleich 
3 r.  Das  Bild  ist  aufrecht  und  befindet  sich  anf  derselben  Linsenseite  mit  dem 
Gegenstände.  Die  Blende  B müfste  für  den  in  der  Figur  angenommenen  Fall  hinter 
die  Linse  gesetzt  werden. 


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Bildwölbung. 


173 


stärker  gekrümmte  Bilder,  wenn  sie  ihre  gewölbte  Seite  den  Gegen- 
ständen zukehren,  als  umgekehrt.  Stellt  man  demnach  die  planconvexe 
Linse  so,  dafs  sie  ein  stark  gewölbtes  Bild  liefert,  so  kann  man 
dasselbe  durch  eine  verhältnifsmäfsig  viel  flachere  planconcave  Linse 
corrigiren. 

Von  ähnlichem  Einflufs  ist  auch  die  Entfernung  der  Linsen  von 
einander.  Fällt  z.  B.  ein  schiefes  Strahlenbündel  auf  eine  Sammel- 
linse S,  so  wird  das  Bündel  nach  der  Brechung  die  Zerstreuungslinse 
in  a treffen.  Steht  die  Linse  aber  weiter  entfernt,  z.  B.  bei  S1,  so 
trifft  das  Bündel  R nach  der  Brechung  in  S die  Linse  Z in  a'. 

In  letzterem  Falle  fällt  es  demnach  auf  einen  Punkt,  der  dem 
stärker  zerstreuenden  Rande  der  Linse  Z näher  liegt,  und  die 
Pig.  Jz.  Folge  davon  ist, 

dafs  die  Strahlen 
eine  stärkere  Zer- 
streuung, d.  h.  eine 
verhältnifsmäfsig 
gröfsere  Focusver- 
längerung erfah- 
ren als  die  cen- 
tralen Strahlen, 
die  auch  bei  der 
zweiten  Stellung 
von  der  Mitte  der  Linse  Z aufgenommen  werden.  Die  Folge  davon 
ist  gröfsere  Ebnung  der  Bilder. 

In  dieser  Weise  sind  die  beiden  Linsen  der  Hinterlinse  des  Por- 
traitkopfs  behufs  der  Correction  der  Feldkrümmung  um  ein  gewisses 
Stück  von  einander  entfernt.  Zuweilen  ist  die  Entfernung  eine  nicht 
richtig  gewählte,  dann  kann  man  durch  Variation  derselben  nicht 
selten  eine  Linse  verbessern.  Man  schraubt  die  hintere  Combination 
auseinander,  nähert  oder  entfernt  die  Linsen  mit  Hülfe  eingelegter 
Papier-  oder  Pappstreifen  und  macht  Probeaufnahmen;  hierbei  findet 
man,  bei  welcher  Linsenstellung  das  Objectiv  am  günstigsten  wirkt. 

Ferner  ist  hier  das  Petzval’sche  Orthoskop  zu  erwähnen. 
Dieses  ist  eine  Combination  einer  Sammellinse  mit  einer  um  ein  ge- 
wisses Stück  davon  entfernten  Zerstreuungslinse.  Die  Sammellinse 
kehrt  ihre  convexe  Seite  den  Strahlen  zu.  Sie  allein  wird  ein  sehr 
gewölbtes  Bild  liefern,  indem  jedoch  die  schiefen  Strahlen,  welche  von 
ihr  ausgehen,  auf  den  Rand  der  Concavlinse  fallen,  der  stärker  zer- 
streut als  die  Mitte,  wird  ihre  Brennweite  mehr  verlängert,  als  die 
der  Centralstrahlen,  und  als  Folge  davon  resnltirt  ein  ebenes  Bild. 
In  ähnlicher  Weise  wird  bei  den  Dalimeyer  'sehen  Tripelobjectiven 
durch  Einführung  einer  negativen  Zwischenlinse  die  Verlängerung  des 
Focus  der  schiefen  Strahlen  und  dadurch  Ebenheit  des  Bildes 


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174 


Verzeichnung. 


erzielt.  Freilich  ist  diese  bei  keinem  Objectiv  eine  vollkommene;  die 
übrigbleibende  Bildwölbung  schadet  jedoch  nicht  immer,  bei  Portraits 
z.  B.  brauchen  nicht  alle  Punkte  scharf  zu  sein,  sondern  nur  die  cha- 
rakteristischen Theile.  Anders  ist  es  jedoch  bei  Aufnahme  von  Zeich- 
nungen, Architekturen  etc.  Hier  zwingt  man  die  Schärfe  über  das 
ganze  Bild  durch  kleine  Blenden.  Je  kleiner  die  Blende,  desto  spitzer 
ist  der  Strahlenkegel,  welchen  irgend  ein  auffallender  Strablencylinder 
liefert,  desto  geringer  ist  die  Unschärfe,  welche  bewirkt  wird,  falls 
man  die  matte  Scheibe  aus  der  Spitze  der  Kegel  herausrückt. 

Beifolgende  Figur  erläutert  dies.  Stellt  man  auf  die  Mitte  des 
krummen  Pfeilbildes  scharf  ein,  so  wird  der  Rand  unscharf,  bei  gro- 


Fie.  23. 


fser  Oeffnung  ab  ist  die  Unschärfe  eine  beträchtliche,  sie  bildet  dann 
einen  Zerstreuungskreis  vom  Durchmesser  / y.  Bei  kleiner  Blende  c d 
ist  dagegen  der  Zerstreuungskreis  von  viel  geringerem  Durchmesser, 
d.  h.  die  Unscharfe  viel  geringer. 

4)  Die  Verzeichnung. 

Stellt  man  mit  einer  einfachen  Linse  mit  Vorderblende  auf  ein 
Quadrat  A scharf  ein,  so  erscheint  das  Bild  desselben  nicht  als  Qua- 
rt*. 24. 


A 


drat,  sondern  mit  gekrümmten  Seiten,  fast  wie  eine  Tonne  (ß).  Die 
Linien  sind  nach  auswärts  gekrümmt  Nimmt  man  statt  der  Linse 


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Verzeichnung. 


175 


mit  Vorderblende  eine  mit  Hinterblende,  so  ist  die  Krümmung  die 
entgegengesetzte  (C).  Diesen  Fehler  findet  man  bei  allen  einfachen 
Linsen,  wenn  auch  nicht  in  gleichem  Grade.  Er  beruht  darauf,  dafs 
die  Randstrahlen  des  Gesichtsfeldes  unter  stärkerem  Winkel  auf  die 
Linse  fallen,  also  eine  stärkere  Ablenkung  erleiden  als  die  centralen 
Strahlen.  (Wie  wir  früher  gesehen  haben,  wächst  die  Ablenkung  in 
gröfserem  Mafse  als  der  Einfallswinkel.) 

Nun  werden  jedoch  bei  dieser  Ablenkung,  je  nach  der  Blenden- 
stelluug,  wie  früher  gezeigt  worden  ist,  die  Randstrahlen  entweder 
dem  Mittelpunkte  des  Gesichtsfeldes  genähert,  wie  bei  der  Vorder- 
blende, oder  von  demselben  entfernt,  wie  bei  der  Hinterblende  (siehe 
d.  Fig.  S.  161  u.  163).  Es  ist  demnach  offenbar,  dafs,  wenn  diese  Ab- 
lenkung für  die  dem  Mittelpunkte  des  Gesichtsfeldes  entfernter  liegenden 
Ecken  in  stärkerem  Mafse  erfolgt,  als  für  die  Mitten  der  Seiten,  dem- 
gemäfs  auch  die  Ecken  in  dem  einen  Fall  im  Bilde  dem  Mittelpunkte 
des  Bildfeldes  näher  rücken  werden  als  die  Seitenmitten,  im  andern 
Fall  sich  mehr  davon  entfernen,  woraus  die  geschilderte  Verzeichnung 
hervorgeht. 

Dieser  Uebelstand  der  Verzeichnung  zeigt  sich  um  so  auffallender, 
je  gröfser  das  Gesichtsfeld  der  Linse  genommen  wird.  Er  stört 
namentlich  bei  Aufnahmen  von  Zeichnungen  und  Architekturen.  Will 
man  einfache  Linsen  zu  diesem  Zweck  benutzen,  so  darf  nur  der 
mittlere  Theil  des  Bildfeldes  verwendet  werden.  Die  Verzeichnung 
ist  abhängig  von  der  Linsenform.  Unter  allen  einfachen  Linsen- 
formen  zeigt  der  Meniscus  mit  der  concaven  Seite  dem  Object  zu- 
gerichtet die  Verzeichnung  am  wenigsten,  stärker  ist  sie  schon  beim 
planconvexen  Glase  (die  flache  Seite  nach  dem  Object  gerichtet),  noch 
Fig-  25-  stärker  bei  den  biconvexen.  Bei 


n 


einfachen  Linsen  ist  durch  pas- 
sende Wahl  der  Form  die  Ver- 
zeichnung zwar  auf  ein  Minimum 
zu  reduciren,  jedoch  niemals  ganz 
aufzuheben.  Vermeidung  dieses 
Fehlers  erzielt  man  nur  durch 
Linsencombinationen  mit  soge- 
nannten Centralblenden.  Man 
denke  sich  zwei  Linsen  AB  in 
gewisser  Entfernung  von  ein- 
ander, und  zwischen  beiden  in 
der  Mitte  eine  Blende  D.  Diese 
Blende  wirkt  in  Bezug  auf  die 
erste  Linse  wie  eine  Hinterblende, 
sie  erzeugt  die  Verzeichnung  C 
(Fig.  24);  in  Bezug  auf  die  zweite 


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176 


Lichtstärke  und  Gesichtsfeld. 


Linse  wirkt  sie  dagegen  wie  eine  Vorderblende,  sie  erzeugt  dann  die 
Verzeichnung  B.  Da  beide  Verzeichnungen  die  entgegengesetzten  sind, 
so  heben  sie  sich  gegenseitig  auf,  und  das  Resultat  ist  ein  correctes 
Bild. 

Solche  Doppelobjective  mit  Centralblenden  sind  z.  B.  die  Kugel- 
objective,  Pantoskope  und  die  neuen  SteinheiTschen  Aplanate.  Die 
Portraitlinsen  von  Petzval  sind  ähnlich  construirt,  da  aber  die  beiden 
Linsen  sehr  ungleich  sind,  so  bleibt  noch  eine  merkliche  Verzeich- 
nung übrig. 

Ueber  Lichtstärke  und  Gesichtsfeld  der  Linsen. 

Unter  der  Lichtstärke  einer  Linse  versteht  man  ihre  Fähigkeit, 
ein  mehr  oder  weniger  helles  Bild  zu  liefern.  Diese  Fähigkeit  hängt  ab 
1)  von  dem  Flächeninhalt  der  Linse,  2)  von  ihrer  Brenn- 
weite, 3)  von  dem  Verlust  durch  Reflexion  und  Absorption, 
welche  das  Licht  beim  Durchgänge  durch  die  Glasmasse 
erleidet.  *- 

Je  gröfser  die  Fläche  einer  Linse  ist,  desto  gröfser  ist  die  Quan- 
tität der  Lichtstrahlen,  welche  sie  aufzunehmen  vermag.  Nun  steht 
der  Flächeninhalt  im  Verhältnifs  des  Quadrats  dee  Durchmessers,  oder 
wie  man  sagt,  derOeffnung.  Demnach  werden  sich  die  Licht- 
stärken zweier  Linsen  unter  sonst  gleichen  Umständen 
verhalten,  wie  die  Quadrate  ihrer  Oeffnung. 

Sind  die  Brennweiten  der  Linsen  verschieden,  so  liefern  sie 
von  einem  und  demselben  Gegenstände  ein  verschieden  grofses  Bild. 
Liefert  z.  B.  eine  Linse  von  6"  Brennweite  von  irgend  einem  Gegen- 
stände, z.  B.  einem  Menschen,  eine  Figur  von  3"  Höhe,  so  liefert  bei 
derselben  Entfernung  eine  Linse  von  12"  Brennweite  eine  Figur 
von  6"  Höhe.  Die  Lichtmenge,  welche  von  demselben  Gegen- 
stände unter  denselben  Umständen  auf  beide  Linsen  fällt,  ist  offenbar 
dieselbe,  falls  ihre  Oeffnung  dieselbe  ist.  Je  gröfser  aber  das  Bild 
desselben  Gegenstandes  ist,  über  eine  desto  gröfsere  Fläche  wird  die- 
selbe Lichtmenge  zerstreut.  Wird  dieselbe  Lichtquantität  über  eine 
Fläche  von  2 Quadratzoll  oder  von  4 Quadratzoll  Gröfse  vertheilt,  so 
ist  im  letztem  Falle  die  Licbtmenge,  d.  h.  die  Helligkeit  auf  1 Quadrat- 
zoll Fläche  nur  halb  so  grofs,  als  im  ersten  Falle. 

Nun  verhalten  sich  die  Flächeninhalte  zweier  ähnlicher  Fi- 
guren wie  die  Quadrate  gleich  liegender  Linien,  z.  B.  wie  die  Quadrate 
ihrer  Höhe;  da  aber  die  Gröfse  einer  Figur  im  Bilde  der  Brennweite 
einer  Linse  proportional  ist,  so  verhalten  sich  demnach  die  Flächen- 
inhalte derselben  wie  die  Quadrate  der  Brennweiten,  und  da  die  Licht- 
stärke zweier  Bilder  im  umgekehrten  Verhältnisse  ihres  Flächen- 
inhaltes steht,  so  folgt  daraus: 

Die  Lichtstärken  zweier  Linsen  verhalten  sich,  unter 


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Lichtstärke  der  Linsen. 


177 


sonst  gleichen  Umständen,  umgekehrt  wie  die  Quadrate 
ihrer  Brennweite.  Oeffnung  und  Brennweite  sind  demnach 
die  Hauptelemente  zur  Beurtheilung  der  Lichtstärke  einer  Linse.  Das 
di  recte  Verhältnifs  der  ersten,  das  indirecte  Verhältnifs  der  letzteren 
bilden  das  Criterium  derselben.  Will  man  daher  zwei  Linsen  mit  ein- 
ander vergleichen,  so  dividirt  man  zunächst  ihre  Oeffnung  o durch  ihre 
Brennweite / und  erhebt  diesen  Bruch  ins  Quadrat. 

Man  nennt  diesen  Bruch—  die  relative  Oeffnung. 

Diese  Berechnung  gilt  jedoch  nur  für  Linsen  mit  voller  Oeffnung. 
Benutzt  man  aber  Linsen  mit  Blende,  so  ist  statt  der  Linsenöffnung 
die  Blendenöffnung  zu  setzen  und  dürfen  nur  Vorderblenden  mit  Vor- 
derblenden , Hinterblenden  mit  Hinterblenden  verglichen  werden. 

Nun  ist  aber  die  Lichtstärke  eines  Bildes  nicht  in  allen  Theilen 
dieselbe.  Schon  mit  blofsem  Auge  bemerkt  man,  dafs  die  Helligkeit 
der  Linsenbilder  von  der  Mitte  nach  dem  Rande  zu  nachläfst. 

Der  Umstand  ist  leicht  zu  erklären.  Man  nehme  den  einfachsten 
Fall  einer  Linse  mit  Vorderblende.  Der  Durchmesser  des  gerade 
auffallenden  Strahlenbüschels  gg  ist  hier  gleich  dem  Blendendurch- 
messer B,  der  Durchmesser 
des  schief  auffallenden 
Strahlenbüschels  dagegen 
ist  gleich  dem  Blenden  - 
durchmesser,  multiplicirt 
mit  dem  Cosinus  des  Ein- 
fallswinkels, d.  h.  gleich  B 
cos  a,  demnach  z.  B.  für 
einen  Winkel  von  60“=^-B, 
und  da  die  Helligkeiten  sich 
wie  das  Quadrat  der  Oeff- 
nung verhalten,  so  werden 
die  Helligkeiten  für  Mitte  und  Rand  des  Bildes  sich  verhalten  wie  1:4. 
Je  gröfser  der  Neigungswinkel  der  Strahlen  gegen  die  Linse  ist,  desto 
geringer  wird  demnach  die  Helligkeit  des  Bildrandes,  daher  tritt  dieser 
Fehler  sehr  auffallend  bei  den  Weitwinkellinsen  hervor. 

Nun  kommt  dazu,  dafs  bei  schiefem  Auffallen  der  Strahlen  auf 
eine  Linse  ein  nicht  unbeträchtlicher  Theil  des  Lichtes  an  der  Ober- 
ffäche  des  Glases  reflectirt  wird,  und  dafs  dieser  Lichtverlust  mit  dem 
Einfallswinkel  wächst. 

Daher  rührt  das  namentlich  bei  kurzen  Expositionen  so  auffal- 
lende Zurückbleiben  des  Randes  gegen  die  Bildmitte.  Unter  Umstän- 
den kann  dieses  voji  Vortheil  sein,  wenn  man  das  Hauptlicht  auf  einen 
charakteristischen,  in  der  Mitte  liegenden  Gegenstand  concentriren  will, 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  1- 


Fjg.  26. 


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178 


Lichtfleck. 


z.  B.  bei  Portraits  auf  den  Kopf;  sie  wirkt  aber  sehr  störend  bei  Auf- 
nahmen von  Gebäuden,  Landschaften  und  Zeichnnngen. 

Die  eben  erwähnten  Reflexe  an  der  Oberfläche  der  Linsen  be- 
wirken aber  noch  eine  andere  unangenehme  Erscheinung,  den  soge- 
nannten Lichtfleck  und  das  Entstehen  secundärer  Bilder. 

Fällt  Licht  auf  eine  Linse,  so  wird  ein  Theil  desselben  an  der 
Oberfläche  reflectirt,  ein  anderer  Theil  geht  hinein;  an  der  Hinter- 
fläche findet  aber  eine  abermalige  Reflexion  statt,  die  reflectirten 
Strahlen  treffen  die  Vorderfläche,  werden  hier  wieder  zurückgeworfen 
und  nun  von  der  Hinterfläche  theils  wieder  zurückgeworfen , theils 
gebrochen;  so  entsteht  ein  secundäres  Bild,  welches  allerdings 
sehr  lichtschwach  ist  und  daher  bei  kurzer  Exposition  selten  nach- 
theilig ist,  wohl  aber  bei  langer.  Der  Focus  dieses  secundären  Bildes 
ist  abhängig  von  der  Krümmung  der  Flächen,  in  der  Regel  ist  er 
von  dem  Hauptbrennpunkte  der  Linse  sehr  verschieden  und  die  Folge 
davon  ist,  dafs  das  secundäre  Bild  im  Hauptbrennpunkt  nicht  scharf 
erscheint,  sondern  sich  als  verschwommener  Lichtfleck  neben  dem  hellen 
Gegenstände,  der  ihn  veranlafst,  markirt*).  Je  stärker  gekrümmt 
die  Flächen  einer  Linse  sind,  desto  stärker  spiegeln  sie,  desto  heller 
ist  das  secundäre  Bild  resp.  der  Lichtfleck ; je  kleiner  die  Blende,  desto 
mehr  wächst  seine  Schärfe,  daher  sieht  man  ihn  sehr  auffallend  bei 
den  Kugellinsen,  namentlich  wenn  die  Vorderfläche  vom  Sonnenlicht 
getroffen  wird,  oder  dem  hellen  Himmel  gegenübersteht.  Liegt  die 
Brennweite  des  secundären  Bildes  in  der  Unendlichkeit,  so  erscheint 
dasselbe  als  Bild  der  Blende  und  markirt  sich  deutlich  als  heller 
Fleck  mitten  im  Bilde.  Verrückt  man  in  solchem  Fall  die  Blende 
nach  vorn,  so  wird  der  Fleck  schärfer  und  kleiner;  verrückt  man  sie 
nach  hinten,  so  wird  er  grüfser  und  verschwommen.  Durch  letzeres 
Mittel  kann  man  den  Uebelstand  zuweilen  heben  oder  vermindern. 
Näheres  über  diese  Erscheinung  siehe  in  den  Artikeln  von  Dallmeyer 
und  Steinheil,  Photogr.  Mittheil.  IV.  Jahrg.,  S.  143  und  283. 

Wir  haben  nun  noch  zu  erörtern,  was  wir  unter  Gesichtsfeld 
einer  Linse  verstehen. 

Schraubt  man  eine  Linse  an  eine  grofse  Camera,  und  stellt  auf 
einen  entfernten  Gegenstand  scharf  ein,  so  erkennt  man  auf  der  matten 
Scheibe  ein  kreisrundes,  ziemlich  scharf  begrenztes  Bild.  Der  Durch- 
messer desselben  ist  unabhängig  von  der  Blendengröfse.  Verreicht 
man  Linsen  verschiedener  Construction  und  gleicher  Brennweite 
miteinander,  so  erkennt  man,  dafs  dieses  kreisrunde  Bild  bei  ver- 
schiedenen Linsen  sehr  verschieden  an  Gröfse  ist.  Den  Winkel,  nnter 

*)  Herr  Commercienrath  Busch  in  Rathenow  erzählt  uns  von  einer  Linse, 
bei  welcher  seltsamer  Weise  das  secundäre  Bild  mit  dem  Hauptbilde  dieselbe  Brenn- 
weite hatte  und  als  verkleinertes,  verkehrtes  Bild  des  Hauptbildes  auf  der  matten 
Scheibe  deutlich  sichtbar  war. 


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Gesichtsfeld,  Bildfeld. 


179 


welchem  dieses  Bild  vom  optischen  Mittelpunkt  des  Objectivs  aus  ge- 
sehen erscheint,  nennt  man  das  Gesichtsfeld  der  betreffenden  Linse. 

Ist  ab  der  Durchmessser 
des  runden  Bildes,  cd  gleich 
der  Brennweite,  so  ist  der 
Winkel  adb  das  Gesichtsfeld. 

Von  dem  runden  Bilde  er- 
scheint nur  ein  Tbeil  scharf, 
nämlich  der  mittlere,  und 
die  Schärfe  verbreitet  sich  um 
so  weiter  nach  dem  Rande 
hin,  je  kleiner  die  Blenden 
genommen  werden. 

Das  bei  einer  bestimmten 
Blendengröfse  brauchbare 
Bildfeld  ist  demnach  immer 
kleiner  als  das  Gesichtsfeld. 
Es  wird  ebenso  wie  das  Gesichtsfeld  aus  dem  Winkel  bei  d bestimmt, 
welchen  zwei,  nach  diametral  gegenüberstehenden,  noch  hinreichend 
scharf  erscheinenden  Punkten  gezogene  Linien  mit  einander  machen. 

Beschreibung  der  photographischen  Objeetive. 

Wir  haben  in  dem  vorhergegangenen  Capitel  die  Mängel  unserer 
optischen  Gläser  und  die  Mittel,  sie  zu  vermeiden  resp.  auf  ein  Mini- 
mum zu  reduciren,  kennen  gelernt.  Wir  haben  in  verschiedenen  Punk- 
ten darauf  hingedeutet,  djtfs  deren  Wegschaffung  mit  Rücksicht  auf  die 
grofsen  Anforderungen,  die  man  an  photographische  Linsen  stellt*  nur 
theilweise  möglich  ist,  und  daher  werden  alle  unsere  photographischen 
Linsen  selbst  bei  der  besten  Ausführung  noch  zu  wünschen  übrig 
lassen. 

Man  verlangt  von  einer  photographischen  Linse:  1)  grofse  Licht- 
stärke, um  in  möglichst  kurzer  Zeit,  namentlich  von  Gegenständen,  die 
sehr  dunkel  oder  unruhig  sind,  Aufnahmen  machen  zu  können.  Diese  läfst 
sich  nur  erreichen  mit  grofsen  Oeffnungen  und  kurzen  Brennweiten; 

2)  grofse  ßehärfe  bis  zum  Rande.  Diese  ist  nur  mit  kleinen  Oeff- 
nungen (Blenden)  zu  erzielen,  also  dem  Gegensatz  zu  Bedingung  1.; 

3)  grofses  und  ebenes  Gesichtsfeld.  Dieses  bedingt  sehr  schief 
einfallende  Strahlenbüschel,  für  welche  die  sphärische  Abweichung  und 
Bildkrümmung  nur  schwer  zu  corrigiren  sind;  4)  Freiheit  von  Verzeich- 
nung; ,{Ü  Freiheit  von  Focusdiffereuz;  6)  Gleichmäfsigkeit  der  Lichtkraft 
über  das  ganze  Gesichtsfeld;  7)  Tiefe,  d.  h.  hinreichende  Schärfe  für 
Gegenstände,  die  verschieden  weit  von  der  Camera  entfernt  sind. 

Alle  diese  Bedingungen  sind  nur  schwer  oder  nicht  gleichzeitig 
zu  erfüllen,  daher  existirt  bis  jetzt  noch  keine  Universallinse,  welche 

12* 


Plg.  27. 

d 


b 


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180 


Landschaftslinsen. 


allem  genügt,  und  man  ist  genöthigt,  sich  für  verschiedene  Zwecke  ver- 
schiedener Objective  zu  bedienen. 

Der  Bedingung  5.  entsprechen  die  meisten  Objective  in  einem 
für  die  Praxis  ausreichenden  Grade,  den  übrigen  Bedingungen  jedoch 
rfur  theilweise. 

So  erfüllt  das  Portraitobj ecti v namentlich  die  Bedingung  1. 
(Lichtstärke),  weniger  die  übrigen,  das  Tripletobjectiv  und  das  Stein- 
heil -Aplanat  die  Bedingung  4.  (correcte  Zeichnung),  sie  übertreffen 
das  Portraitobjectiv  in  Bezug  auf  Bedingung  3.  (Gesichtsfeld)  und  7., 
stehen  ihm  jedoch  in  Bezug  auf  Lichtstärke  nach.  Das  Pantoskop 
übertrifft  alle  an  Gesichtsfeld  und  Tiefe  (Bedingung  7.),  kommt  in  Bezug 
auf  Correctheit  (Bedingung  4.)  den  vorhergehenden  gleich,  steht  ihnen 
aber  in  der  Lichtstärke  nach.  Die  Dallmeyer-Landschaftslinse  genügt 
denselben  Bedingungen  wie  der  Steinheil -Aplanat,  steht  ihm  aber  in 
Bezug  auf  correcte  Zeichnung  und  Lichtstärke  nach.  Tiefe  findet  sich 
nur  bei  Instrumenten  mit  kleinerer  Oeffnung,  am  vollendetsten  beim 
Pantoskop,  am  geringsten  beim  Portraitobjectiv.  Es  ist  daher  kein 
Wunder,  dafs  eine  Menge  von  Constructionen  existiren,  welche  nach 
der  einen  Richtung  hin  Vollkommenes  leisten,  in  andrer  Richtung  nicht 
genügen. 

Alle  diese  Constructionen  zu  beschreiben,  ist  uns  eine  Unmöglich- 
keit, wir  halten  uns  an  die  wichtigsten,  namentlich  an  solche,  die  wir 
praktisch  geprüft  haben,  und  die  Art  und  Weise,  wie  diese  Prüfung 
vorzunehmen  ist,  werden  wir  später  erörtern. 

1)  Das  einfache  achromatische  Objectiv  oder  die  soge- 

. nannte  Landschaftslinse. 

Dieses  einfache  Objectiv  ist  die  älteste  photographische  Linse, 
welche  existirt.  Ihre  Form  ist  sehr  verschieden,  kommt  aber  stets 
auf  Verbindung  eines  achromatischen  zusammengekitteten  Linsenpaares 
mit  einer  Vorderblende  heraus.  Die  Wirkung  einer  solchen  Verbin- 
dung geht  aus  Fig.  14  (S.  161)  hervor.  Wie  jene  als  Beispiel  gewählte 
planconvexe  Linse  verhalten  sich  auch  die  ihr  ähnlichen  Formen  der 
Menisken,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dafs  diese  die  einzelnen  Linsen- 
fehler in  geringerem  Grade  zeigen  als  die  planconvexe  Form.  Ge- 
übte Arbeiter  pflegen  oft  genug  aus  zusammengesetzten  Objectiven  ein- 
zelne Linsen  herauszunehmen  und  benutzen  diese  mit  passend  Vor- 
gesetzten Blenden  zu  Landschaftsaufnahmen,  wo  es  auf  ein  wenig 
Verzeichnung  nicht  ankommt.  So  wird  sehr  allgemein  die  fast  plan- 
convexe Vorderlinse  unserer  Portrait-Doppelobjective  dazu  verwendet, 
indem  man  dieselbe  umkehrt  und  Blenden  vorsetzt*).  Für  viele 

*)  Viele  Objective  haben  zu  dem  Zweck  gleich  eine  Einrichtung  in  der  Fassung, 
um  die  Vorderlinse  fUr  sich  allein  verkehrt  anschrauben  und  Vorderblenden  an- 


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Landschaft»  linsen. 


181 


Zwecke  'genügt  dieses  vollkommen , ja  es  giebt  Photographen  genug, 
die  mit  solcher  Linse  in  solcher  Fassung  auch  Reproductionen  machen. 
Die  Verzeichnung  stört  hierbei  nur  dann,  wenn  das  Gesichtsfeld  der 
Linse  zu  grofs  genommen  wird.  Innerhalb  eines  Bildwinkels  von  circa 
15*  ist  dieselbe  kaum  merkbar. 

Die  zuerst  unter  dem  Namen  Landschaftslinsen  in  den  Handel 
gebrachten  einfachen  Objective  haben  die  folgende  Form  / (Fig.  28). 
/ bedeutet  Flintglas,  c Crownglas.  Die  Blende  B ist  meist  { der  Brenn- 

Fic. 


I E 


weite  von  der  Linse  entfernt.  Diese  Linse  findet  man  noch  in  vielen 
Ateliers.  Aufser  dieser  Form  giebt  es  jedoch  noch  mehrere  andere, 
die  in  Bezug  auf  Gesichtsfeld,  Bildgröfse  und  Verzeichnung  günstigere 
Resultate  geben. 

Die  eine  derselben  zeigt  die  Form  eines  Meniscus  II.,  bestehend 
aus  einer  eoncavconvexen  Crownglas-  und  convexconcaven  Flintglas- 
linse; beide  sind,  wie  auch  in  der  älteren  Form,  mit  Canadabalsam 
zusammengekittet. 

Eine  dritte  Form,  die  noch  trefflicher  wirkt,  ist  die  Dallmeyer’sche 
Landschaftslinse. 

Diese  besteht  nicht  aus  2,  son- 
dern aus  3 Linsen,  die  zusammen- 
gekittet sind;  die  mittlere  besteht 
aus  Flintglas,  die  beiden  äufse- 
ren  aus  2 verschiedenen  Sorten 
Crownglas.  Die  Blende  ist  um 
circa  TV  der  Brennweite  von  der 
Linse  angebracht.  Statt  der  sonst 
allgemeinen  Einzelblenden,  die 
man  wechselt,  jenachdem  man 
die  Schärfe  mehr  oder  weniger 
weit  nach  dem  Rande  des  Bildes 
bintreiben  will,  sitzen  bei  Dall- 


Fig.  29. 


setzen  zu  können.  Mau  kann  sich  auch  zuweilen  dadurch  helfen,  dafs  man  die 
Hinterlinse  des  Portraitkopfes  herausschraubt,  die  Vorderlinse  an  deren  Stelle  setzt 
and  die  Blenden  in  ihrer  ursprünglichen  Stelle  läfst. 


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182 


Portraitlinsen. 


ineyer’s  Linse  die  Blenden  in  einer  drehbaren  Scheibe,  die  am  Objectiv 
befestigt  ist. 

Die  Verzeichnung  ist  bei  dieser  Linse  geringer  als  bei  den  übrigen 
Formen,  ebenso  die  Bildwölbung;  beides  begünstigt  die  Gröfse  des 
Gesichtsfeldes,  und  wahrt  den  Vortheil,  auch  mit  ziemlich  grofsen 
Blenden  noch  hinreichend  scharfe  Bilder  zu  erhalten.  Die  Oeffnung 
der  kleinsten  Blende  ist  3'-0  der  Brennweite. 

Was  diese  verschiedenen  Linsen  in  Bezug  auf  Gesichtsfeld,  Bild- 
gröfse  etc.  leisten,  geht  am  besten  aus  folgenden  Bestimmungen 
hervor : 

Brennweite.  Ge.S‘.chta'  Bildfeld.  Blenden-  Geprüfl 

Grubb’s  Landschafts- 
lins«   14  V' 

Dallmeyer’s  Weitwin- 
kellinse .... 

Voigtlfinder’s  Vorder- 
linse eines  Portrait- 
Visitenkarten-  Ob- 
jectivs 330 Millira.  62»  15'  33*45'  0,0303  Vogel*). 

Dallmeyer’s  Weitwin- 
kellinse ....  185,2  - 71*5’  54*30'  0,0260 

Bei  Shepard’s  Bestimmungen  fehlt  leider  die  Angabe  der  Blen- 
dengröfse,  welche  die  Gröfse  des  Bildfeldes  sehr  stark  beeinflufst. 

2)  Das  Portraitobjecti v. 

Das  Landschaftsobjectiv  war  in  den  ersten  Zeiten  der  Photo- 
graphie das  allein  angewendete,  es  genügt  für  Landschaftsaufnahmen, 
wo  man  stillhaltende  Gegenstände  und  Licht  zur  Disposition  hat, 
und  es  auf  Verzeichnung  nicht  ankommt,  vortrefflich,  und  es  wird 
noch  heute  in  solchen  Fällen  verwendet.  Die  relative  Oeffnung  einer 
solchen  Linse  ist  jedoch  nicht  grofs,  im  günstigsten  Falle  T'-o  der  Brenn- 
weite, und  die  Folge  davon  ist  eine  verhältnifsmäfsig  geringe  Licht- 
stärke, die  namentlich  bei  Aufnahmen  in  halb  erhellten  Räumen,  wie 
Zimmer,  Interieurs,  sehr  störend  ist.  Bei  Aufnahme  von  Portraits  in 
einem  Glashause  bedurfte  man  mit  solcher  Linse  minutenlanger 
Sitzungen,  und  dieser  Umstand  nöthigte  die  Photographen  früher  oft 
ihre  Personen  ins  Freie  zu  setzen  und  womöglich  in  grellem  Sonnen- 
licht aufzunehmen.  Dafs  auf  diese  Weise  ein  künstlerisch  schönes 
Bild  nicht  erzielt  werden  konnte,  liegt  auf  der  Hand,  und  so  war  für  die 
Portraitphotographie  die  Erfindung  einer  Linse  von  gröfserer  Oeffnung 
und  daher  grofser  Lichtstärke  von  Petzval  in  Wien,  1841,  ein  wahr- 


Oeffnung. 

59°  47*42’  ? Shepard. 

80*3’  56*44'  ? 


*)  Siehe  Photogr.  Mittheilungen  TH.  Jahrg.  S.  14. 


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183 


Fi*.  30. 


*wi ImfgoMT 

li  * ‘ijyj  jill  V)f{U<UJjl»/ 


\ 


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184 


Portraitobjective. 


haft  epochemachendes  Ereignifs;  sie  hat  eine  künstlerische  Portrait- 
photographie  überhaupt  erst  möglich  gemacht. 

Die  Erfindung  dieser  lichtstarken  Linse  ist  kein  Werk  des  Zu- 
falls, sondern  gründlicher  theoretischer  Berechnungen.  Voigtländer  in 
Wien  führte  die  erste  Linse  nach  Petzval’s  Angaben  aus  und  Martin 
daselbst  nahm  das  erste  Daguerreotypbild  in  kurzer  Exposition  da- 
mit auf. 

Diese  lichtstarke  Portraitlinse  ist  ein  Doppelobjectiv  mit  Central- 
blenden und  ungleichen  Linsen  (s.  Figur  30). 

Die  vordere  Linse  A besteht  aus  einer  biconvexen  Crown-  und 
einer  fast  planconvexen  Flintglaslinse,  welche  durch  Canadabalsam 
zusammengekittet  sind. 

Die  hintere  Linse  B besteht  aus  einem  Flintglasmeniscus  /’  und 
einer  biconvexen  Crownglaslinse  c',  die  durch  einen  Ring  getrennt 
voneinander  gehalten  werden. 

Zwischen  beide  ist  die  Centralblende  D gesetzt,  die  um  so  kleiner 
genommen  wird,  je  weiter  man  die  Schärfe  des  Bildes  nach  dem 
Rande  hin  treiben  will.  In  dieser  allgemeinen  Gestalt  stimmen  sämmt- 
liche  Portraitobjective  überein,  nur  das  neuere  Dallmeyer’sehe  Portrait- 
objectiv  unterscheidet  sich  von  diesen  Formen  durch  die  umgekehrte 
Stellung  der  Hinterlinse.  Im  Uebrigen  aber  findet  man  bei  verschie- 
denen Optikern  hinsichtlich  der  Brennweiten  der  einzelnen  Objective 
A und  B,  der  Entfernung  und  Gröfse  derselben,  der  Blendenstellung 
Abweichungen  die  auf  die  Eigenschaften  der  Objective  von  wesent- 
lichem Einflufs  sind. 

Ein  anschauliches  Bild  von  diesen  Unterschieden  giebt  nachfol- 
gende Tabelle,  welche  die  Ergebnisse  der  mit  den  verschiedenen  Por- 
trait- Objectiven  von  36  Zoll  Diam.  aus  der  rühmlichst  bekannten 
optischen  Anstalt  von  Hrn.  E.  Busch  in  Rathenow  vorgenommenen 
Messungen  enthält.*) 

System 


00 

0 

I 

i II 

III 

IV 

Vordere  Linse. 
Aequivalente  Brennweite 
in  Zollen 

1 

22,34375 

20,125 

17,9219 

° 

13,5469 

11,3906 

Hintere  Linse. 

Aequivalente  Brennweite 
in  Zollen 

35,46875 

31,9219 

28,375 

24,822 

21,2915 

17,750 

Doppel  -Objectiv. 

Aequivalente  Brennweite 
in  Zollen 

15,250 

13,729 

12,0469 

10,6675 

9,204  1 

7,6875 

*)  Wir  verdanken  diese  Tabelle  Hrn.  Commcrcienrath  Busch  in  Rathenow. 


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Portraitobjective, 


185 


~ 

“ 

S y 8 

t e m 

00 

0 

I 

u 

1 111 

rv 

Entfernung  der  beiden 
Objective. 

Gemessen  von  den  höch- 
sten Punkten  der  bei- 
den äufseren  convexen 
Flächen  

6,8  33 

6,180 

i 5,550 

4,900 

4,37  5 

3,800 

Gemessen  von  einem  An- 
satz der  Fassung  bis  i 
zum  anderen 

6,700 

6,030 

5,381 

4,690 

4,020 

3,350 

Dar  Durchmesser  des  Ob- 
jectivs  verhält  sich  zur  ! 
äquivalenten  Brenn-  ; 
weite  nahezu  wie  . . . 

1:5 

1:44 

1:4 

1:34 

1:3 

1:24 

Der  Durchmesser  des  Ob- 
jectivs  (3  Zoll)  dividirt 
durch  die  Brennweite . 

0,1967 

0,3183 

0,3490 

0,2807 

0,3359 

0,3903 

Obige  Quotienten  in’s 
Quadrat  erhoben  . . . 

0,038  7 

0,04  77 

0,06  90 

0,0789 

0,108  2 

0,1593 

Wird  die  Lichtkraft  des 
Systems  00  gleich  Eins 
angenommen,  so  ist  die 
der  anderen  Systeme  . 

1 

1,233 

1,609 

2,039 

2,74  4 

3,935 

Abgekürzt 

l 

U 

U 

2 

22 

4 

Die  Lichtkraft  in  Secun- 
den  aasgedrückt,  würde 
sich  wie  folgt  stellen, 
wenn  ein  Bild  gleicher 
Gröfse,  z.  B.  ein  Visi- 
tenkartenbild, mit  allen 
6 Systemen  bei  gleicher 
Blenden  -Oeffnung  ge- 
macht wird 

40 

32 

25 

20 

14t6t 

10 

Die  Wirkung  der  beiden  combinirten  Gläser  ergiebt  sich  zum 
grofsen  Theil  schon  aus  den  Auseinandersetzungen  in  den  vorher- 
gehenden Capiteln  über  Linsenfehler. 

Die  Vorderlinse  ist  fast  ganz  aplanatisch  und  würde,  für  sich 
allein  in  der  Originalstellung  angewendet,  ohne  Blende  ein  scharfes, 
jedoch  sehr  gekrümmtes  Bild  liefern,  wie  dies  in  der  Zeichnung  S.  163 
erläutert  ist. 

So  giebt  z.  B.  eine  Voigtländer’sche  Visitenkartenlinse  von  68 
Millimeter  Durchmesser  mit  ihrer  Vorderlinse  allein  ein  Bild  in  330 
Millim.  Brennweite.  Durch  Einfügung  irgend  einer  zweiten  Linse 
erreicht  man  nun  zunächst  eine  Verkürzung  des  Focus  und  Ver- 
mehrung der  Lichtkraft. 

So  wird  bei  dem  erwähnten  Voigtländer-Objectiv  der  Focus  durch 


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186 


Portraitohjective. 


Einfügung  der  Hinterlinse  auf  230  Millimeter  reducirt  und  dadurch 
die  Lichtkraft  der  Objective,  abgesehen  von  der  Absorption  im  Glase, 
im  umgekehrten  Verhältnis  des  Quadrats  der  Brennweite  gesteigert, 
d.  h.  im  Verhältnifs  von  529  : 1089,  also  nahezu  von  1 : 2. 

Je  näher  man  die  Linsen  A und  B aneinander  bringt,  desto 
kürzer  wird  die  Brennweite,  desto  gröfser  also  die  Lichtkraft. 
Dagegen  beobachtet  man,  dafs  zu  gleicher  Zeit  die  Krümmung  des 
Bildfeldes  und  die  sphärische  Aberration  für  die  schiefen  Strahlen 
zunimmt. 

Es  seien  S'  «S*  zwei  schief  auffallende  Strahlenbündel,  letztere  ge- 
hen vollständig  durch  die  Vorderlinse.  Derjenige  Theil  derselben  aber, 
welcher  nach  der  Erläuterung  S.  163  sphärische  Abweichung  erzeu- 
gen würde,  wird  durch  die  Fassung  FF  (Fig.  30)  abgeschnitten.  Die 
Fassung  wirkt  demnach  als  Blende,  und  je  länger  dieselbe  ist,  desto 
mehr  schiefe  Strahlen  werden  zurückgehalten.  Es  ist  leicht  ersichtlich, 
dafs  bei  sehr  grofser  Entfernung  der  Linsen  AB  die  schiefen  Strah- 
lenbündel S S gänzlich  durch  die  Fassung  abgeschnitten  werden,  also 
gar  nicht  zur  Wirkung  kommen  würden.  Bei  grofser  Entfernung  der 
Linsen  ist  daher  das  Gesichtsfeld  geringer. 

Daraus  geht  hervor,  dafs  die  Entfernung  der  beiden  Combina- 
tionen  eine  wichtige  Rolle  spielt.  Bei  lichtstarken  Objectiven  des 
Handels,  z.  B.  den  lichtstarken  Dallmeyer’schen  Stereoskoplinsen, 
ferner  den  sogenannten  Schnellarbeitern  zu  Kinderaufnahmen, 
sind  die  beiden  Objective  nabe  aneinandergerückt  und  das  Bild  zwar 
sehr  hell,  aber  ziemlich  stark  gekrümmt,  so  dafs  beim  Einstellen  ohne 
Blenden  nur  eine  kleine  Fläche  auf  einmal  scharf  erhalten  werden 
kann  (s.  S.  163). 

Bei  den  gröfseren,  verhältnifsmäfsig  lichtschwächeren  Objectiven 
dagegen  ist  die  Entfernung  zwischen  beiden  Objectiven  gröfser,  der 
Focus  länger,  das  Bild  daher  dunkler,  aber  auch  gröfser  und  weniger 
gekrümmt. 

Von  gleicher  Bedeutung  wie  die  Entfernung  der  Hinterlinse  ist 
ihre  Gestalt.  Eigenthümlich  an  derselben  ist  die  Trennung  der 
Crownglas-  und  Flintglaslinse  durch  einen  zwischengelegten  Ring. 

Die  von  der  Vorderlinse  gebrochenen  und  achromatischen  Strahlen 
fallen  zuerst  auf  die  Flintglaslinse  /'  und  werden  durch  diese  so  zer- 
streut, dafs  die  Strahlen  des  axialen  Bündels  S fast  parallel  aus- 
treten, die  schiefen  Strahlen  S1  S1  jedoch  ziemlich  bedeutend  divergiren, 
daher  ist  für  die  axialen  Strahlen  eine  Aendernng  der  Entfernung  der 
beiden  Linsen/’  und  c'  nicht  von  so  grofsem  Einflufs,  als  auf  die 
schiefen  Strahlen,  wie  aus  der  Erläuterung  S.  173  schon  hervorgeht. 
Ist  der  Ring  zu  schmal,  so  erscheinen  die  Ränder  des  Bildes  un- 
scharf, das  Bild  ist  zu  sehr  gewölbt. 

Man  kann  daher  ein  fehlerhaftes  Objectiv,  welches  ein  sehr  ge- 


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Portraitobjective. 


187 


wölbte»  und  am  Rande  unscharfes  Bild  liefert,  mitunter  durch  Aen- 
derung  der  Ringbreite  in  der  Hinterlinse  verbessern.  Natürlich  er- 
fordert dieses  grofse  Sorgfalt  und  vielfache  Versuche. 

Andererseits  wirkt  aber  die  Entfernung  bei  den  Linsen  sehr  we- 
sentlich auf  den  Achromatismus;  die  blauen  Strahlen  divergiren 
Fig.  31.  nach  dem  Austritt  aus 

dem  Flintglase  stär- 
ker als  die  gelben, 
kommen  also  gleich- 
sam aus  einem  der 
zweiten  Lins»  fc'  nä- 
heren Punkte  als  letz- 
tere. Je  gröfser  die 
Entfernung  der  beiden  Gläser,  d.  h.  je  breiter  der  Ring  genommen  wird, 
desto  länger  wird  der  chemische  Focus  im  Vergleich  zum  optischen. 

Eine  eigenthümliche  Construction  der  Hinterlinse  findet  sich  bei 
den  neuen  Dallmeyer-Objectiven.  Die  Gestalt  derselben  ist  annähernd 
dieselbe,  als  bei  den  alten  Objectiven,  die  Stellung  derselben  aber  eine 
umgekehrte,  d.  h.  die  Flintglaslinse  hinten,  die  Crownglaslinse  vorn 
und  die  Entfernung  beider  variabel,  indem  die  Flintglasliuse  von  der 
Crownglaslinse  durch  Verschraubung  entfernt  werden  kann  (siehe 
Fig.  31). 

Bei  gröfserer  Entfernung  fallen  die  Randstrahlen  mehr  auf  die 
(schwächer  zerstreuende)  Mitte  der  Linse,  bei  kürzerem  Abstand  da- 
gegen mehr  auf  den  stärker  zerstreuenden  Rand  der  Linse.  Diese 
ist  so  construirt,  dafs  im  letztem  Fall  die  sphärische  Abweichung 
vollständig  gehoben  ist.  Entfernt  man  aber  die  Linsen  durch  Ver- 
schraubung voneinander,  so  soll  nach  Dalimeyer  eine  merkliche  sphä- 
rische Abweichung  erzeugt  werden,  so  dafs  statt  eines  Focus  eine  Reihe 
von  Focalpunkten  entstanden  (s.  d.  Fig.  S.  158)*). 

Man  würde  demnach  die  matte  Scheibe  etwas  verrücken  können, 
ohne  der  Schärfe  wesentlich  Eintrag  zu  thun,  und  dadurch  Focus  tiefe 
erlangen.  Die  Erfahrung  hat  jedoch  ergeben,  dafs  diese  Annahme 
auf  einem  Irrthum  beruht.  Sie  würde  richtig  sein,  wenn  die  Brenn- 
weite der  Hinterlinse  kürzer,  d.  h.  ihre  Flächen  stärker  gekrümmt 
wären,  so  dafs  ein  merklicher  Unterschied  zwischen  den  centralen 
und  Randstrahlen  stattfände.  Dies  ist  jedoch  nicht  der  Fall,  und  in  der 
That  erlangt  man  daher  durch  Entfernung  der  beiden  Linsen  nur 
eine  Aenderung  des  Achromatismus,  d.  h.  die  Schärfe  wird  mehr 
„nach  hinten“  verlegt.  In  normaler  Lage  (ohne  Verschraubung) 
angewendet,  ist  die  neue  Linse  in  Bezug  auf  Schärfe,  Gesichtsfeld, 
Lichtstärke  eine  der  besten,  welche  existirten. 

*)  Siche  auch  Dallmeyer’s  Abhandlung,  Photogr.  Mitth.  III.  Jahrg.,  S.  280. 


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188 


Orthoskop. 


Aufser  der  Gestalt  ist  noch  die  GröCse  der  Hinterlinse  von  Ein- 
flufs.  Meist  wird  sie  etwas  breiter  als  die  Vorderlinse  gemacht.  In 
auffälligem  Grade  ist  dies  bei  den  Kegelobjectiven  der  Fall.  Je 
gröfser  die  Hinterlinse  angenommen  wird,  desto  gröfser  ist  der  Theil 
des  schiefen  Strahlenbändels  «?,  welcher  zur  Wirkung  kommt  und 
welcher  bei  kleineren  Hinterlinsen  durch  die  Fassung  FF  abgeschnitten 
wird.  Die  Folge  davon  ist  gröfsere  Helligkeit  des  Bildrandes, 
aber  auch,  wie  aus  dem  Vorhergehenden  hervorgeht,  gröfsere  sphä- 
rische Abweichung  der  schiefen  Strahlen. 

Das  Portraitobjectiv  ist  ziemlich  frei  von  Verzeichnung,  das  neue 
Dallmeyer -Objectiv  soll  vollkommen  correct  arbeiten.  Sein  Gesichts- 
feld ist  sehr  verschieden;  im  Maximum  dürfte  es  nicht  mehr  als  60* 
betragen.  Das  brauchbare  Bildfeld  ist  jedoch,  namentlich  bei  voller 
Oeffnung,  viel  kleiner. 

Als  Beispiel  sei  hier  das  Resultat  einer  Untersuchung  des  Voigt- 
länder-Visitobjectivs  hergestellt: 


Durchmesser  Brennweite 

68,5""  230" 


Gesichtsfeld 
43*  50’ 


brauchbares  Bildfeld  bei 
voller  Oeffnung 

22*  10’ 


3)  Das  Orthoskop. 

Für  Aufnahmen  von  Zeichnungen,  Architekturen  ist  es  von  Vor- 
theil, ein  Instrument  zu  besitzen,  welches  ein  möglichst  ebenes 
Bild  liefert.  Diese  Anforderung  erfüllt  das  ebenfalls  von  Petzval 
berechnete  Orthoskop,  welches  früher  neben  den  beiden  vorher  be- 
schriebenen Linsen  sehr  allgemein  in  Gebrauch  war,  jetzt  jedoch  durch 
die  Tripletlinse  grofsentheils  verdrängt  worden  ist 

Fig.  32.  Das  Orthoskop  besteht  aus  einer 

grofsen  concavconvexen  Vorderlinse  A mit 
zusammengekitteten  Crown-  und  Flint- 
gläsern und  einem  als  Zerstreuungs- 
glas wirkenden  Hinterlinsencomplex  B, 
der  aus  einer  biconcaven  Flint-  und  einer 
concavconvexen  Crownglaslinse  besteht. 

Die  Blenden  sind  gewöhnlich  hinter 
der  Linse  angebracht. 

Die  Vorderlinse  ist  nicht  vollkommen 
aplanatisch,  sie  liefert  allein  von  axialen  Strahlen  ein  mäfsig  scharfes, 
von  schiefen  Strahlen  ein  sehr  unscharfes  und  stark  gewölbtes  Bild. 
Die  sphärische  Abweichung  der  axialen  Strahlen  wird  aber  durch  die 
zweite  Linse  corrigirt  und  der  Focus  zugleich  verlängert.  Gleiches 
geschieht  mit  dem  schiefen  Strahlenbundei,  nur  werden  diese,  weil 
dieselben  durch  den  Rand  der  Zerstreuungslinse  gehen,  eine  viel  be- 


A 


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Tripletlinse. 


189 


deutendere  Zerstreuung , d.  h.  Focusverlängerung  erfahren,  als  die 
axialen  Strahlenbündel  nnd  die  Folge  davon  ist  die  grofse  Ebenheit 
des  Bildes  (s.  S.  173). 

Ein  Uebelstand  des  Ortboskops  ist  die  Verzeichnung;  sie  liefert 
die  geraden  Linien  einwärts  gekrümmt.  Dieser  Umstand  macht  sie 
zur  Aufnahme  von  Zeichnungen  und  Architekturen  weniger  geschickt 
als  die  Tripletlinse. 

4)  Die  Tripletlinse. 

DasTripletobjectiv  hat  seinen  Namen  von  seiner  Zusammensetzung. 
Es  besteht  aus  drei  Linsensystemen,  zwei  achromatischen  Sammellinsen 
und  einer  zwischengesetzten  kleineren  Zerstreuungslinse,  deren  Durch- 
messer durch  Centralblenden  mehr  oder  weniger  modificirt  werden 
kann. 

Setzt  man  zwei  gleiche  Sammellinsen  zu  einem  Doppelobjectiv 
mit  Centralblenden  zusammen,  so  wird  man  ein  Bild  erhalten,  welches 
den  grofsen  Vortheil  vor  dem  Orthoskopbild  besitzt,  frei  von  Ver- 
zeichnung zu  sein  und  lichtstärker  als  eine  Einzellinse  gleicher 
Brennweite  (s.  die  Erläuterung  S.  175),  dagegen  würde  es  ein  sehr 
stark  gewölbtes  Bildfeld  zeigen.  Diesem  Fehler  suchte  nun  zuerst 
Sutton  durch  Einführung  einer  concaven  Zwischenlinse  abzuhelfen. 
Diese  wirkt  zerstreuend,  sie  macht  die  Strahlen  divergender, 
den  Gesammtfocus  daher  länger  (s.  S.  173). 

Die  schiefen  Strahlenbüschel,  welche  stärker  convergiren,  geben 
hierbei  durch  den  stärker  zerstreuenden  Rand  der  Zwischenlinse,  sie 
werden  daher  eine  gröfsere  Focusverlängerung  erfahren,  als  die 
durch  die  schwächer  zerstreuende  Mitte  gehenden  axialen  Strahlen. 

Auf  diese  Weise  wird  die  starke 
Bildkrümmung  fast  ganz  gehoben. 
Das  ursprüngliche,  von  Sutton  ange- 
gebene Tripletobjectiv  war  symme- 
trisch , Dallmeyer  wich  jedoch  von 
Sutton’s  Angaben  erheblich  ab  und 
seine  Tripletobjective,  welche  sehr  all- 
gemein verbreitet  sind,  zeigen  eine 
kleinere  Vorderlinse  A und  eine  grö- 
fsere Hinterlinse  B. 

' Die  Blenden  D befinden  sich  vor 
der  Zwischenlinse  Z. 

Das  ganze  System  giebt  bei  voller 
Oeffnung  Bilder,  deren  Mitte  vollkom- 
men scharf  ist,  da  jedoch  die  relative 
Oeffnung  bedeutend  gröber  ist,  als  bei 
einem  Portraitobjectiv,  nicht  so  licht- 


Fig.  33. 


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190 


Steinbeil. 


stark  sind  als  diese.  Um  Schärfe  nach  dem  Rande  hin  zu  erhalten, 
bedient  man  sich  der  Blenden. 

Die  Tripletlinse  deckt  ein  gröfseres  und  ebeneres  Feld  als  die 
meisten  Portraitlinsen  und  ist,  richtig  construirt,  frei  von  Ver- 
zeichnung. Sie  dient  sehr  allgemein  zur  Aufnahme  von  Zeichnungen, 
Architekturen  und  Landschaften.  Zu  Portraits  ist  sie  ihrer  geringeren 
Lichtstärke  wegen  wenig  geeignet.  Dalimeyer  giebt  an,  dafs  man  sie  nach 
Herausnehmen  der  Zwischenlinse  zum  Portraitiren  verwenden  könne. 
Dadurch  wird  allerdings  der  Focus  beträchtlich  gekürzt,  und  die  Licht- 
kraft  gesteigert,  das  Feld  erscheint  jedoch  alsdann  sehr  gekrümmt  und 
daher  das  Bild  mangelhafter,  als  bei  einer  gewöhnlichen  Portraitlinse. 

Neuerdings  haben  jedoch  Dallmeyer  und  Busch  Versuche  gemacht, 
die  Lichtkraft  dieses  Systems  durch  Vergröfserung  der  Zwischenlinse 
zu  steigern.  Auf  diese  Weise  ist  es  in  der  That  gelungen,  ein  Ob- 
jectiv  herzustellen,  welches  das  grofse  Gesichtsfeld  und  die  Feldebenheit 
des  gewöhnlichen  Triplets  zeigt,  es  jedoch  an  Lichtstärke  bedeutend 
übertrifft  und  darin  dem  Portraitobjectiv  nahe  kommt.  Buscb’s  ver- 
bessertes Triplet  ist  unter  dem  Namen  Universaltriplet  bekannt 
(so  genannt,  weil  seine  Anwendbarkeit  eine  sehr  vielseitige  ist). 

Dieses  Universaltriplet  leistet  wegen  seines  grofsen  Feldes  nament- 
lich bei  Gruppenaufnahmen  gute  Dienste.  Bedingung  ist  dabei  frei- 
lich gutes  Licht.  Um  einen  Ueberblick  über  die  Leistungsfähigkeit 
der  alten  und  neuen  Tripletlinsen  zu  geben,  folgt  hierbei  das  Resultat 
mehrerer  Untersuchungen. 


. 

Durchmesser  1 

Relative 

Blcnden- 

Oeffnung 

i 

j*h 

der 

Vorder- 

linse 

der 

Zwischen-' 
linse  ! 

Brenn-  ; 
weite  , 

Gesichts- 

feld 

L , 

Bildfeld 

Bemerkungen 

Dallmeyer’s 
Triplet  No.  1 

32ra 

I8,5"i  ! 

207 

70°  40' 

44»  30' 

0,027 

verzeichnete 

• | 

etwas. 

Busch's  Uni- 
versaltriplet | 

64m 

50, 5m 

390 

72» 

45» 

volle 

Ocflnnng 

[ ■ - 

zeichnete 

corroct 

J.J-n 

Die  Zwischenlinse  ist  demnach  bei  den  älteren  Triplets  kleiner 
als  -jtj,  bei  den  Universaltriplets  gröfser  als  J der  Brennweite.  Ohne 
Zwischenlinse  ist  ßusch's  Universaltriplet  nicht  brauchbar. 


5)  Steinbeil’s  Aplanat. 

In  der  Tripletlinse  besitzen  wir  bereits  ein  Objectiv,  welches  bei 
correcter  Zeichnung  ein  ziemlich  ebenes  Feld  und  ziemliche  Licht- 
stärke zeigt.  Man  darf  jedoch  nicht  verhehlen,  dafs  dieser  Zweck 
auf  eine  ziemlich  complicirte  Weise  erreicht  ist.  Die  3 Linsen  be- 
stehen aus  je  2 Gläsern,  deren  jedes  wieder  2 Flächen  zeigt,  das 
heifst  in  Summa  12  Flächen,  deren  jede  einzelne  geschliffen  werden 


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Steiubeil's  Aplanat. 


191 


mufs.  Die  grofse  Anzahl  der  Gläser  reflectirt  oder  absorbirt  eine 
nicht  unbeträchtliche  Quantität  von  Licht. 

Steinheil  in  München  ver- 
suchte deshalb  die  Construction 
einer  Linse,  welche  einfacher  zu- 
sammengesetzt ist  und  in  Bezug 
auf  Lichtstärke,  correcte  Zeich- 
nung, Ebenheit,  Gesichtsfeld,  das- 
selbe leistet,  und  so  entstand  das 
aplauatische  Objectiv,  welches  in 
der  That  alle  die  genannten  An- 
forderungen in  anerkennenswer- 
thester  Weise  erfüllt.  Das  Stein- 
heil’sche  Aplanat  besteht  aus  2 
flachgewölbten  symmetrischen 
Linsen,  A,  B,  deren  jede  einzelne 
aus  2 Elintgiasmenisken  zusam- 
mengesetzt ist,  die  jedoch  aus  Glä- 
sern von  verschiedener  Brechbar- 
keit bestehen.  Seine  Construction  ist  das  Resultat  sehr  gründlicher 
theoretischer  Berechnungen  des  Herrn  Dr.  Steinheil,  die  jedoch  bis 
jetzt  noch  nicht  publicirt  worden  sind. 

Das  Aplanat  giebt  schon  bei  voller  Oeffnung  (•}  der  Brennweite) 
ein  scharfes  Bild  über  eine  Fläche,  dessen  Durchmesser  nahezu  gleich 
$ der  Brennweite  ist,  und  ist  daher  gleich  dem  Universaltriplet  zum 
Portraitiren  bei  gutem  Licht  verwendbar,  obgleich  es  hierin  der 
gewöhnlichen  Portraitlinse  nachsteht.  Seine  Leistungsfähigkeit  ergiebt 
sich  am  besten  aus  folgenden  Resultaten  der  Prüfung  von  Seiten  der 
Commission  des  Photographischen  Vereins  von  Berlin. 

SteiDbeil’s  Aplanat  No.  3: 


Fig.  31. 

u 


Durch- 

messer 

[ 

Brennweite 

i 

L . . 

I Bildgrofse 
für 

I Portrait  s 

1 

Landschaft 

| 

• Gesichts- 
feld 

1 

1 Brauchbares 
| Bildfeld  bei 
0,02t»  Blenden- 
öffnung 

Bemerk  ungen 

19’" 

10£” 

sf’ 

1 *oj" 



1 nach  Angabe  de$ 

Sdgt/51 

43«»n> 

,1 -.iictm-, 

296, ft1“ 

6” 

65°  20'  | 

1 

43°  20' 

Preiscourants. 
nach  dem  Bericht 

i-öri  fl, , 

f lejf.riv/i 

6)  Da 

lli;l  , 

s Kugel 

lobjecti 

— — • ^ 

rs 

C 

3 

> 

las  P an  tos 

der  FrUfüngs- 
commission*). 

ikop. 

Die  vorher  beschriebenen  Linsen  zeigen  alle  ein  nur  mäfsiges 
Bildfeld,  welches  im  günstigsten  Falle  bis  60°  geht.  Ein  solches  Bild- 


*)  Siehe  Photogr.  Mittheiluogen  V.  Jahrg.  S.  1 1 . 


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192 


Kugelobjective. 


feld  reicht  für  die  meisten  Landschafts-  und  Architekturaufnahmen 
aus,  sie  genügen  aber  nicht,  im  Fall  dem  Arbeiter  eine  nur  kurze 
Distanz  zu  Gebote  steht,  wie  dies  z.  B.  bei  Aufnahmen  in  engen 
Strafsen,  Interieurs  etc.  der  Fall  ist. 

Harrison  und  Schnitzer  in  New' -York  construirten  nun  eine  Linse, 
die  sich  von  den  früher  vorhandenen  Constructionen  durch  ein  sehr 
grofses  Gesichtsfeld  auszeichnet.  Diese  Linse  bildet  ein  Doppel- 

objectiv  A B mit  2 symmetri- 
schen, stark  gewölbten  Crown- 
Flintglaslinsen  A und  B,  deren 
Aufsenflächen  in  einer  Kugelfläche 
liegen,  und  besitzt  Centralblen- 
den D. 

Diese  Centralblenden  sind  ein 
nothwendiger  Bestandtheil  des 
Objectivs.  Während  die  vorher 
beschriebenen  Linsen : Portrait- 
linse,  Triplet  und  Aplanat,  auch 
ohne  solche  scharfe  Bilder  geben,  zeigt  das  Kugelobjectiv  ohne  Blende 
eine  sehr  auffällige  sphärische  Abweichung,  die  es  gänzlich  unbrauch- 
bar macht. 

In  Folge  dessen  steht  es  den  erstgenannten  Objectiven  an  Licht- 
stärke entschieden  nach. 

In  Folge  der  Wirkung  der  kleinen  Blende  kommt  von  den  auf 
die  offene  Vorderlinse  fällenden  Strahlenbündeln  nur  ein  sehr 
kleiner  Theil  zur  Wirkung,  nämlich  der,  welcher  nahezu  senk- 
recht auffällt.  Beistehende  Figur  versinnlicht  den  Gang  eines 
solchen  schmalen  Strahlenbündels  im  Kugelobjectiv.  Die  schief  auf- 
fallenden Bündel  LJ  und  NI  gehen  nach  der  Brechung  durch  das 

Centrum  des  Objectivs,  fallen 
auf  die  Punkte  B und  E , und 
treten  abermals  gebrochen 
parallel  ihrer  ursprüng- 
lichen Richtung  wieder 
aus. 

Das  ursprüngliche  Kugel- 
objectiv von  Harrison  zeigte 
nur  einen  Bildwinkel  von  höch- 
stens 75°. 

Busch  in  Rathenow  con- 
struirte  ein  dem  Kugelobjectiv  ähnliches  Instrument,  welches  das 
Harrison’sche  an  Bildgröfse  weitaus  übertrifft  und  den  erstaunlichen 
Bildwinkel  von  90'  (Gesichtsfeld  105')  zeigt  Das  Bild,  welches  eine 
solche  Linse  liefert,  ist  doppelt  so  lang  als  die  Brennweite  desselben. 


Pig.  36. 


Pig.  .35. 

n 


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Pantoskop. 


193 


Die  Einrichtung  des  Instruments  ist  eine  den  Kugelobjectiven 
ähnliche.  Die  äufseren  Flächen  liegen  jedoch  nicht  auf  einer  und  der- 
selben Kugelfläche. 

Wir  geben  hier  eine  Zeichnung  des  Instruments,  welche  wir 
Herrn  Busch  in  Rathenow  verdanken,  sie  stellt  das  Pantoskop  No.  6 
von  17  Linien  Durchmesser  und  20  Zoll  Bildlänge  in  Originalgröße 
mit  Fassung  dar;  a sind  die  Crownglas-,  b die  Flintglaslinsen. 

Hg.  37. 


Das  Kugelobjectiv  übertrifft  es  nicht  nur  in  Bezug  auf  ebeneres 
Bildfeld  und  größeres  Gesichtsfeld,  sondern  auch  in  Bezug  auf  Licht- 
stärke und  auf  gröfsere  Schärfe.  Wegen  der  Schmalheit  des  zur  Wir- 
kung kommenden  Strahlenkegels  zeigen  die  Linsen  grofse  Tiefe. 

Ein  Uebelstand  dieser  Objective  von  sehr  weitem  Gesichtsfeld 
ist  das  Abnebmen  der  Lichtstärke  nach  dem  Rande  des  Bildes  hin. 
Dieser  Umstand  veranlaßt,  daß  die  Ränder  des  Bildes  oft  noch  unter- 
exponirt  erscheinen,  wenn  die  Mitte  bereits  ausexponirt  ist,  und  tritt 
dieser  Fehler,  namentlich  wenn  die  Mitte  des  Bildfeldes  mit  hellen, 
der  Rand  mit  dunklen  Gegenständen  ausgefüllt  ist,  stark  hervor. 
Ferner  liefern  sie  nicht  selten  den  fatalen  Lichtfleck  (s.  S.  177,  178)*). 

Bei  Anwendung  dieser  Instrumente  ist  ferner  darauf  zu  achten, 
dafs  dieselben  leicht  übertrieben  erscheinende  Perspectiven  geben,  d.  h. 
die  naben  Gegenstände  erscheinen  zu  groß,  die  fernen  zu  klein. 

Gleichzeitig  mit  Busch’s  Pantoskop  construirte  Steinbeil  in  München 
sein  Periskop,  ein  Instrument,  das  ebenfalls  ein  Gesichtsfeld  von  90* 
zeigt,  und  das  merkwürdigerweise  nur  aus  2 Crownglaslinsen  besteht 
Leider  zeigt  das  Instrument  Focaldilferenz , ein  Umstand,  der  seine 
praktische  Anwendbarkeit  wesentlich  beeinträchtigt 


*)  Neuerdings  ist  es  Herrn  Busch  gelungen,  durch  geeignete  Stellung  der  Blen- 
den den  Lichtdeck  ganz  wegzuschaffen. 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  13 


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194 


Kectilinearlinse. 


Als  neuestes  Product  in  diesem  Gebiete  ist  Dallmeyer’s  Recti- 
linearlinse  zu  erwähnen.  Diese  dem  Pantoskop  an  Leistungsfähig- 
keit nahekommende  Linse  besteht  aus  2 achromatischen  Menisken  A 
und  B mit  zwischengestellter  Blende.  Die  Stellung  der  letzteren  ist 
so  gewählt,  dafs  der  Lichtfleck,  der  sich  bei  Kugelobjectiven  in  so 
unangenehmem  Grade  zeigt,  vermieden  ist*). 

Fig.  38.  Zentmeyer  in  Phila- 

delphia hat  eine  Linse 
construirt,  die  analog 
Steinheil’8  Periskop  ei- 
nen sehr  grofsen  Win- 
kel zeigt  und  nur  aus 
Crownglas  besteht. 

Die  Gestalt  der  Lin- 
sen , aus  welchen  das 
Zentmeyer- Objectiv  zusammengesetzt  ist,  ähnelt  im  Aeufsern  der  der 
Dallmeyer’schen  Rectilinearlinse.  Ueber  ihre  Leistungsfähigkeit  liegen 
noch  keine  genaueren  Proben  vor,  doch  übertrifft  sie  an  Gesichtsfeld 
die  Kugellinse. 

Ueber  Objectivprüfungen. 

Photographen  pflegen  gewöhnlich  behufs  der  Prüfung  eines  Ob- 
jectivs  ein  paar  Versucbsaufnahmen  mit  dem  fraglichen  Objective  zu 
machen.  Solche  sind  sehr  schätzbar*  sie  geben  aber  dennoch  nur 
einen  ungefähren  Anhalt,  denn  man  erfahrt  dadurch  nur  die  Bild- 
gröfse,  die  Schärfe  nach  dem  Rande  hin  und  die  Freiheit  von 
Focusdifferenz  und  Verzeichnung.  Ueber  die  Lichtstärke  aber  ge- 
winnt man  nur  ein  sehr  oberflächliches  Urtheil,  und  was  die  Bildgröfse 
anbetrifft,  so  bildet  diese  für  sich  allein  noch  keinen  Mafsstab  für  den 
Werth  eines  Objectivs. 

Häufig  sagt  man:  ein  Portraitobjectiv,  welches  eine  doppelt  so 
hohe  Figur  liefert,  als  sein  Durchmesser,  ist  ein  gutes. 

Man  braucht  aber  nur  in  die  Preiscourants  der  Optiker  zu  blicken, 
um  zu  erkennen,  dafs  die  Bildgröfse  bei  Objectiven  derselben  Oeffnung 
total  verschieden  ist.  Z.  B.  giebt  der  Busch’sche  Dreizöller  (s.  S.  184) 

Brennweite  Preis 


System  I ein  Bild  von  7 X9  Zoll  12  Zoll  46  Tblr. 

II  - - - 6 x7*  - 10TV  - 51  - 

III  - - - 4|x  6}  - 9tV  - 60  - 

IV  - - - 4JX5}  - 7-jL  - 70 

Nimmt  man  die  Bildgröfse  als  Ausgangspunkt,  so  würde  der  erste 

der  beste  sein.  Nun  ist  aber  gerade  der  letzte,  welcher  das  kleinste 
Bild  liefert,  der  theuerste.  Worin  beruht  demnach  der  Unterschied? 


*)  Siehe  Photogr.  Mittheil.  IV.  Jahrg.  S.  143. 


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Objectivprüfungen.  195 

Es  ist  die  Brennweite.  Je  kürzer  die  Brennweite,  desto 
gröfser  ist,  bei  gleicher  Oeffnung,  die  Lichtstärke.  Hieraus 
geht  schon  die  Wichtigkeit  der  Brennweitenbestimmung  zur 
Beurtheilung  der  Güte  .eines  Objectivs  hervor.  Kennt  man  die  Brenn- 
weite, so  kann  man  zunächst  einen  Schlufs  auf  die  Lichtstärke  machen. 
Die  Lichtstärken  verhalten  sich  bei  gleicher  Oeffnung  umgekehrt 
wie  die  Quadrate  der  Brennweiten  (s.  S.  177). 

Nimmt  man  z.  B.  No.  IV  und  I zum  Vergleich,  so  verhalten  sich 
deren  Lichtstärken  wie  12*  zu  7-ry  ’,  d.  h.  wie  144  zu  59  oder  fast 
wie  1 : 2|. 

Demnach  ist  das  System  IV  2£mal  so  lichtstark  als  System  I 
und  darin  beruht  sein  Vorzug.  (Siehe  die  Tabelle  S.  185  über  das 
Verhältnis  der  Lichtkraft  der  einzelnen  Systeme  und  der  für  jedes 
nöthigen  Expositionszeiten.)  Nun  sind  aber  die  Brennweiten  in  den 
optischen  Preiscouranten  in  der  Regel  sehr  ungenau  angegeben.  Viele 
Leute  glauben,  Brennweite  sei  die  Entfernung  der  matten  Scheibe  von 
der  Hinterlinse  bei  scharfem  Einstellen.  Dies  stimmt  nur  für  die 
einfache  Linse,  nicht  für  die  zusammengesetzte. 

Für  die  zusammengesetzten  Linsen  ist  die  Brennweite  und  die  Ent- 
fernung der  Visirscheibe  von  der  Hinterlinse  etwas  ganz  Verschiedenes. 

Ich  nehme  gleich  als  Beispiel  den  Steinheil.  Die  Brennweite  des- 
selben ist  im  Preiscourant  zu  10{  Pariser  Zoll,  d.  h.  0,276  Meter  ange- 
geben. Derselbe  betrug  jedoch  nach  meinen  Messungen  0,296  Meter. 
Da  nun  häufig  genug  ähnliche  Abweichungen  Vorkommen,  man 
oft  nicht  einmal  weifs,  ob  unter  Brennweite  die  Entfernung  der  matten 
Scheibe  von  der  Hinterlinse  oder  der  wirkliche  aequ.  Focus  ver- 
standen ist,  so  ist  es  von  Wichtigkeit  diesen  selbst  genau  zu  be- 
stimmen. Zur  genauen  Focusbestimmung  hat  man  verschiedene  Wege 
empfohlen.  Wir  haben  alle  durcbprobirt  und  halten  die  beiden  fol- 
genden für  die  einfachsten  und  zuverlässigsten. 

Erste  Methode. 

Man  wähle  ein  recht  charakteristisches,  vom  Atelier  sehr  entferntes 
Object,  z.  B.  ein  Haus,  einen  Thurm  etc.  Auf  dieses  stelle  man  mit 
Hülfe  einer  einfachen  planconvexen  Landschaftslinse  scharf  ein  (die 
Vorderlinse  eines  Portraitobjectivs,  wenn  sie  planconvex  ist,  ist  für 
diesen  Zweck  in  umgekehrter  Lage,  die  plane  Seite  dem  Object  zu- 
gewendet, sehr  gut  brauchbar). 

Man  mache  eine  Aufnahme,  in  welcher  das  Prüfungsobject  auf 
die  Mitte  der  Platte  fällt  und  dann  messe  man  genau 

1)  die  Entfernung  der  matten  Scheibe  vom  Objectiv, 

2)  die  Gröfse  des  Thurmes  oder  Hauses  im  Bilde. 

1 ist  die  Brennweite  der  einfachen  Linse. 

2 ist  die  dieser  Brennweite  entsprechende  Bildgröfse. 

13* 


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196 


Objectivprüfungen. 


Die  Probeplatte  bewahre  man  auf,  die  gewonnenen  Zahlen  notire 
man.  Will  man  nun  irgend  ein  Objectiv  prüfen,  so  stelle  man  es  auf 
genau  denselben  Ort  mit  der  Camera  auf,  stelle  genau  auf  dasselbe 
Object  unter  denselben  Verhältnissen  scharf  ein,  mache  eine  Probe- 
platte und  messe  die  Gröfse  des  Thurmes  im  Bilde. 

Die  Brennweiten  zweier  Objective  stehen  nun  in  dem- 
selben Verhältnifs,  wie  die  Gröfseu  der  Bilder  eines  und 
desselben  sehr  entfernten  Gegenstandes,  von  demselben 
Standpunkte  aus  aufgenommen.  War  z.  B.  der  Thurm  in  dem  Bilde 
der  einfachen  Linse  = 10  Linien,  in  dem  Bilde  des  neuen  Objectivs 
= 20  Linien,  so  ist  die  Brennweite  der  letzteren  doppelt  so  grofs,  als 
die  der  einfachen  Linse. 

Zweite  Methode. 

Man  setze  das  in  Bezug  auf  die  Brennweite  zu  untersuchende 
Objectiv  in  eine  Camera  mit  langem  Auszug  ein,  schneide  aus  schwar- 
zem Papier  einen  Streifen  von  circa  4 Zoll  Länge  mit  parallelen 
Kanten  und  halbire  ihn  der  Länge  nach,  d.  h.  man  schneide  ihn  mit 
dem  Messer  in  zwei  Hälften.  Die  eine  Hälfte  klebe  man  auf  ein 
weifses  Brett  oder  auf  eine  weifse  Pappe,  die  andere  Hälfte  auf  die 
matte  Seite  der  Visirscheibe  in  der  Camera,  und  zwar  beide  Mal  in 
senkrechter  Richtung.  Man  stelle  nun  das  Objectiv  auf  den  schwarzen 
Streifen  ein,  und  nähere  die  Camera,  welche  auf  einer  horizontalen 
Ebene  steht,  so  länge  dem  Object  oder  entferne  sie  von  demselben, 
bis  der  Streifen  auf  der  matten  Tafel  genau  dieselbe  Länge  hat,  wie 
das  danebenstehende,  scharf  eingestellte  Bild  des  andern  Streifens. 
Um  die  obere  Grenze  des  abgebildeten  Streifens  leicht  in  Ueberein- 
stimmung  mit  der  oberen  Grenze  des  auf  der  matten  Tafel  befestigten 
Streifens  bringen  zu  können,  hat  man  nur  nöthig,  das  Bretteben  resp. 
die  Pappe  an  einer  Schnur  zu  befestigen  und  letztere  um  einen  in 
die  Wand  geschlagenen  Nagel  zu  legen.  Man  kann  auf  diese  Weise 
die  gewünschte  Regulirung  leicht  ausführen  und  hat  dann  nur  zu  sehen, 
ob  auch  die  unteren  Kanten  Zusammentreffen.  Ist  dies  nicht  der  Fall, 
so  mufs  die  Camera  wieder  verschoben  werden  etc.  Stimmt  die 
Länge  überein,  so  nehme  man  das  Objectiv  heraus,  ohne  die  Camera 
zu  verrücken,  und  messe  die  Entfernung  der  matten  Tafel  bis  zum  Ob- 
ject. Dieses  Mafs  dividirt  durch  4,  ist  die  aequivalente  Brennweite 
des  Objectivs. 

Beweis. 

p = Brennweite,  d — Entfernung  des  Objects  bis  zum  optischen 
Mittelpunkt,  / = Vereinigungsweite,  d.  h.  Entfernung  des  optischen 
Mittelpunktes  bis  zum  Bilde.  Es  ist  dann  nach  der  Formel  (s.  S.  153) 

1 = 1 — 1 = JL 

a p a ^ 


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Objectivprüfungen. 


197 


Ist  nun  / = d,  so  ist 

d . d d . d d 

P==  d + d~  2 d = 2 ’ 

• 2 d = rf  -f- /, 

d-+-/ 

p=-r- 

Hat  man  auf  diese  Weise  die  Brennweite  eines  einfachen  Land- 
schafts-Objectivs  festgestelJt,  so  kann  man  nun  den  oben  angegebenen 
Weg  weiter  verfolgen.  Man  stelle  das  Objectiv  auf  ein  sehr  entferntes 
Object,  z.  B.  auf  einen  Thurm  ein,  mache  eine  Aufnahme,  bei  welcher 
das  Prüfungs-Object  auf  die  Mitte  der  Platte  fällt  und  messe  die  Gröfse 
des  Objects  genau  im  Bilde;  und  dieses  Mafs  ist  die  der  Brennweite 
entsprechende  Bildgröfse.  Die  Brennweite  eines  anderen  Objectivs. 
gleichviel  welcher  Construction,  findet  man  dann  natürlich  ans  dem 
Verhältnifs  der  Mafse  des  Prüfungs-Objects  im  Bilde. 

Gut  ist  es,  wenn  man  auf  die  schwarzen  Streifen  noch  eine  feine 
Druckschrift  klebt,  man  kann  dann  ganz  bedeutend  sicherer  einstellen. 

Kennt  man  nun  die  Brennweite,  so  kann  man  mit  ziemlicher 
Sicherheit  einen  Schlufs  auf  die  Lichtstärke  machen. 

Man  dividirt  die  Oeffnung  durch  die  Brennweite  und  erhebt  diese 
Zahl  in’s  Quadrat.  So  ist  z.  B.  dieser  Bruch  für 


Voigtlftnder 

Auzoux 

Busch 

Steinheil 

Visit 

Dreizöller  Portraittriplet 

68,5 

76 

64 

43,5 

230,4 

350,5 

390 

303,oe 

oder  in  einfachen  Zahlen  ausgedrückt: 

1 

1 

1 

1 

3tt 

4-f 

T 

7 ' 

Diese  Zahlen  ins 

Quadrat  erhoben, 

erhält  man: 

1 

1 

1 

1 

11,3 

21 

36 

49' 

In  demselben  Verhältnifs  werden  theoretisch  die  Lichtstärken  der 
einzelnen  Objective  zu  einander  stehen.  Die  Praxis  erweist  freilich 
manche  Abweichungen  von  dieser  Theorie,  der  mehr  oder  weniger 
feine  Schliff  und  die  Farbe  und  Form  des  Glases  spielen  hier  eine 
grofse  Rolle.  Verfasser  besafs  2 Dallmeyer- Stereoskoplinsen  von 
genau  gleicher  Oeffnung  und  Brennweite,  von  denen  die  eine  auf- 
fallend lichtschwächer  war,  als  die  andere.  So  lange  man  aber  noch 
kein  genaues  Mittel  zur  Bestimmung  der  Lichtstärke  besitzt,  wird  die 
angeführte  Rechnung  wenigstens  einen  annähernden  Anhaltspunkt  zur 
Bestimmung  dieses  wichtigen  Factors  geben. 

Eben  so  wichtig,  wie  zur  Beurtheilung  der  Lichtstärke  ist  die 
Brennweite  zur  Beurtheilung  des  Gesichtsfeldes  einer  Linse.  Um 
dieses  zu  bestimmen,  schraube  mau  die  Linse  an  eine  möglichst 


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198  Objectivprüfungen. 

grofse  Camera,  so  dafs  man  auf  der  matten  Scheibe  den  Lichtkreis 
deutlich  sieht. 

Man  messe  den  Durchmes- 
ser desselben  genau  und  trage 
denselben  auf  ein  Stück  Pa- 
pier (siehe  beistehende  Figur 
ab).  In  der  Mitte  errichte 
man  eine  Senkrechte  de, 
mache  dieselbe  gleich  der 
Brennweite  und  construire 
dann  das  Dreieck  ad b.  Der 
Winkel  bei  d ist  das  Ge- 
sichtsfeld der  Linse.  Die- 
ser kann  mit  dem  Transpor- 
teur gemessen  werden. 

Besitzer  trigonometrischer 
Tabellen  haben  diese  Con- 
struction  nicht  nöthig,  sondern  können  aus  dem  Lichtkreishaibmesser 
und  der  Brennweite  den  Winkel  durch  Rechnung  bestimmen.  Die 
Tangente  des  halben  Gesichtsfeldwinkels  ist  gleich  dem  Radius  des 
Lichtkreises,  getheilt  durch  die  Brennweite. 

Macht  man  nun  eine  Aufnahme,  in  welcher  der  ganze  Lichtkreis 
sichtbar  ist,  so  findet  man  alsbald,  dafs  nur  der  mittlere  Th  eil  des- 
selben scharf  und  brauchbar  ist  und  dafs  sich  die  Schärfe  mit  der 
Kleinheit  der  Blende  immer  weiter  nach  dem  Rande  hin  ausdehnt. 
Wie  weit  die  Schärfe  nun  für  die  Praxis  brauchbar  ist,  hängt  sehr 
von  der  individuellen  Ansicht  ab.  Manche  Photographen  sind  in  die- 
ser Hinsicht  unglaublich  penibel,  manche  sind  mit  mäfsigen  Anforde- 
rungen zufriedengestellt. 

Auch  die  Natur  des  Gegenstandes  (ob  Portrait  oder  Landschaft, 
oder  Reproduction)  spielt  hier  eine  grofse  Rolle.  Will  man  nun  be- 
stimmen, wie  grofs  das  wirklich  brauchbare  Bildfeld  einer  Linse 
sei,  so  suche  man  von  der  Mitte  des  Gesichtsfeldes  nach  dem  Rande 
hin  die  äufsersten  Punkte,  für  welche  die  Schärfe  noch  hinreichend 
ist,  und  messe  mit  dem  Zollstocke  den  Durchmesser  dieser  hinreichend 
scharfen  Bildtheile. 

Führt  man  damit  dieselbe  Construction  wie  oben  aus,  so  erhält 
man  den  brauchbaren  Bildwinkel. 

Einschieben  von  Blenden  hat  natürlich  auf  Ausdehnung  desselben 
grofsen  Einflufs  und  mufs  daher  die  Blendenöffnung  bei  Verglei- 
chung zweier  Objective  in  Rücksicht  gezogen  werden.  Es  ist  jedoch 
falsch,  hier  blos  den  Durchmesser  der  Blende  zu  messen.  Man  mufs, 
um  einen  richtigen  Mafsstab  zu  erhalten,  die  Blendengröfse  durch 
die  Brennweite  des  betreffenden  Objectivs  dividiren. 


Flg.  39. 

d 


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Das  Stereoskop. 


199 


Die  BildgröCse  gilt  natürlich  nur  für  den  Fall,  dafs  die  matte 
Scheibe  nahezu  im  Focus  steht.  Anders  ist  dies  aber,  wenn  das 
Bild  vom  Brennpunkte  fortrückt.  Eine  Visitenkarten -Linse  giebt  z.  B. 
im.  Brennpunkte  ein  3 Zoll  grofses  Bild  eines  Menschen,  umgekehrt 
würde  es  von  einem  3 Zollgrofsen,  im  Brennpunkte  aufgestellten  Objecte 
ein  circa  5 Fufs  grofses  Bild  entwerfen  können.  Die  Bildgröfse  ist 
demnach  nur  relativ,  wenn  man  sie  in  Mafsen  angiebt;  der  Bildwinkel 
bleibt  dagegen  m allen  Fällen  derselbe. 

Das  Stereoskop. 

Betrachtet  man  mit  beiden  Augen  einen  nahen  Gegenstand,  so 
ist  die  Ansicht,  die  jedes  der  Augen  von  demselben  hat,  verschieden. 
Das  linke  sieht  mehr  von  der  linken,  das  rechte  mehr  Von  der  rechten 
Seite  des  Körpers.  Beide  Ansichten  combiniren  sich  und  geben 
körperlichen  Eindruck. 

Weathstone  versuchte  nun  1838  einen  ähnlichen  Effect  zu  erzielen 
durch  Betrachtung  zweier  neben  einander  gelegten  Bilder  eines  Kör- 
pers, von  denen  das  eine  der  Ansicht  mit  dem  rechten,  und  das  andere 
der  Ansicht  mit  dem  linken  Auge  entsprach,  und  sein  Versuch  glückte. 
Er  sah  die  ebenen  Figuren  körperlich.  Die  von  ihm  benutzten  Figuren 
wurden  mit  der  Hand  gezeichnet  und  bestanden  aus  einfachen  Linien 
und  Kreisen,  welche  sich  leicht  entwerfen  liefsen.  Schwieriger 
wurde  aber  die  Aufgabe  von  Construction  solcher  Bilder  compli- 
cirter  Gegenstände,  wie  Personen,  Landschaften.  Diese  wurden  erst 
möglich  durch  die  Photographie.  Gleichzeitig  brachte  man  auch  ein 
handliches  Instrument  zur  Betrachtung  solcher  Bilder  in  Anwen- 
dung, das  von  Brewster  erfundene  Stereoskop,  welches  jetzt  Eigenthum 
eines  jeden  Salons  geworden  iist.  Stereoskopen-  und  Visitenkarten- 
bilder wetteifern  darum,  sich  den  Rang  streitig  zu  machen,  und  beide 
Artikel  Bind  ein  Sporn  für  den  Photographen  geworden,  das  mög- 
lichst Vollkommenste  für  einen  möglichst  billigen  Preis  zu  leisten. 

Das  Brewster’sche  Stereoskop  besteht  aus  zwei 
prismatisch  erscheinenden  Gläsern  LL,  welche, 
mit  ihren  Grundflächen  zusammengesetzt,  eine 
Sammellinse  bilden  würden.  Beide  Gläser  fafst 
man  so  in  ein  ausgeschnittenes  Brett,  dafs  sich 
die  scharfen  Kanten  der  Gläser  gegenüberstehen 
und  beide  ungefähr  der  Stellung  der  Augen  ent- 
sprechen. Sieht  man  alsdann  ein  Stereoskopenbild 
durch  diese  Gläser  an,  indem  man  beide  dicht 
vors  Auge  hält  und  das  Bild  in  die  Entfernung 
bringt,  innerhalb  welcher  es  deutlich  erscheint,  so  decken  sich  die 
getrennt  erscheinenden  Bilder  und  machen  jetzt  einen  vollständig 
körperlichen  Eindruck. 


Fig.  40. 


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200 


Das  Stereoskop. 


Die  Deckung  ist  daraus  zu  erklären,  dafs  die  Linsen  analog  Pris- 
men wirken,  d.  h.  die  Sehlinsen  nach  der  Richtung  der  brechenden 
Kanten  hin  ablenken. 

Sind  a und  d zwei  entsprechende  Punkte  im  Stereoskopenbild,-  L 
und  L'  die  Linsen  (Fig.  40),  so  werden  die  Strahlen  ab  und  ab'  so 
abgelenkt,  als  kämen  sie  von  einem  einzigen  Punkte  a"  *). 

Falls  diese  Erscheinung  normal  vor  sich  gehen  soll,  mufs  man 
dafür  sorgen,  dafs  die  Stereoskopenbilder  in  richtiger  Entfernung  von 
einander  aufgeklebt  sind.  Ein  Versuch  giebt  leicht  die  nöthigen  An- 
haltspunkte. Da  die  Stereoskopengläser  Linsen  sind,  so  wirken  sie 
gleichzeitig  als  Loupen,  d.  h.  sie  vergröfsern**).  Diese  Vergröfserung 
ist  gleich  der  Summe  aus  der  Weite  des  deutlichen  Sehens  (8”)  und 
der  Brennweite,  getheilt  durch  die  Brennweite.  Da  die  Gegenstände 
durch  die  Linse  in  die  Weite  des  deutlichen  Sehens  gerückt  werden 
und  diese  bei  verschiedenen  Personen  verschieden  ist,  so  folgt,  dafs 
auch  die  Entfernung  des  Bildes  von  den  Gläsern  je  nach  der  Indivi- 
dualität des  Beschauers  verschieden  gewählt  werden  mufs. 

Man  hat  daher  Stereoskopen  mit  verstellbaren  Gläsern. 

Gewöhnlich  liegt  das  Bild  nicht  weit  vom  Brennpunkt  der  Linse, 
welche  zur  Betrachtung  dient.  Wichtig  ist  hier  noch,  dafs  die  Brenn- 
weite der  Linsen,  welche  zur  Aufnahme  des  Bildes  gedient  haben, 
mit  der  Brennweiten  der  Linsen,  welche  zur  Betrachtung  dienen,  mög- 
lichst übereinstimmen.  Geschieht  dies  nicht,  so  entsteht  ein  falscher 
stereoskopischer  Effect.  Daher  die  übertriebene  Perspective  von  Bildern, 
die  mit  Linsen  von  sehr  kurzer  Brennweite  aufgenommen  worden 
sind,  wenn  sie  mit  nur  schwach  vergröfsernden  Stereoskopen  betrachtet 
werden. 

Zur  Aufnahme  von  Stereoskopenbildern  bedient  man  sich  entweder 
einer  Camera  mit  zwei  Objectiven,  deren  Entfernung  ungefähr  der 


*)  Ebenso  leicht  erklärt  sich  die  Erscheinung  aus  der  Linsenbrechung  für  schiefe 
Strahlenbündel  (siehe  S.  161). 

**)  Ist  a die  Entfernung  eines  Gegenstandes  von  der  Linse  der  Brennweite  p, 
a die  Entfernung  seines  Bildes,  so  ist 

o==  aP 
n — p 


Ist  die  Entfernung  a kleiner  sls  die  Brennweite,  so  rUckt  a auf  dieselbe  Beite 
mit  dem  Gegenstand,  mufs  daher  ein  entgegengesetztes  Zeichen  wie  n haben,  dann 

wird  ap 

a -|-p 

Denkt  man  sich  nun  das  Auge  unmittelbar  am  Glase  liegend,  so  mufs, -falls 
der  Gegenstand  deutlich  erscheinen  soll,  die  Enlfernung  a seines  Bildes  gleich  der 
Weite  des  deutlichen  Sehens  IV  sein.  Demnach  haben  wir 

a = -^L. 


Die  Vergröfserung  ist  daher 


W+p 

W W-f-p 

a P 


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Der  Panoramenapparat. 


201 


der  Augen  (2|")  entspricht,  oder  man  nimmt  die  Bilder  mit  einer  ein- 
fachen Camera  nach  einander  auf,  indem  man  dieselbe  erst  in  die 
Stellung  des  rechten,  dann  in  die  des  linken  Auges  bringt 

Für  sehr  entfernte  Gegenstände  mufs  man  die  Entfernung  des 
Standpunkts  der  Camera  behufs  der  Aufnahme  der  beiden  Bilder  etwas 
gröfser  nehmen,  wenn  sie  hinreichend  plastisch  erscheinen  sollen.  Man 
vergröfsert  dieselbe  bei  Landschaften  oft  bis  zu  mehreren  Fufs. 

Für  nahe  Gegenstände  hat  Distanzübertreibung  den  Nachtbeil, 
dafs  sie  übermäfsig  plastisch  erscheinen  und  Extremitäten,  wie  Nase, 
Hände,  fufsweit  aus  dem  Körper  herauszuwachsen  scheinen. 

. Der  Panoramenapparat  and  die  photographische  Geodäsie 
( Photogrammetrie ). 

Die  bei  Weitem  meisten  photographischen  Apparate  haben  ein 
nur  mäßiges  Gesichtsfeld  und  gestatten  daher  nur  selten  die  Aufnahme 
breiter  Ansichten,  wie  dieselben  sich  häufig  genug  in  Gebirgen,  am 
Meere  etc.  vorfinden,  z.  B.  Rigi -Panoramas,  Faulhorn -Panoramas. 
Martens,  ein  in  Paris  lebender  Kupferstecher,  kam  deshalb  auf  die 
Idee,  solche  Bilder  mit  Hülfe  einer  sich  drehenden  Camera  zu  machen, 
welche  nach  und  nach  den  ganzen  Horizont  beschreibt. 

Er  construirte  1847  eine  Camera  mit  cylindrischer  Daguerreo- 
typplatte.  Diese  stand  fest,  die  Camera  mit  dem  Objectiv  drehte 

sich,  letzteres  wirkte  nur 
durch  eine  schmale  streifen- 
förmige Blende. 

Es  ist  leicht  zu  bewei- 
sen, dafs  trotz  der  Drehung 
der  Linse  das  Bild  eines 
und  desselben  Gegenstan- 
des stets  auf  denselben 
Punkt  der  Platte  fallen 
mufs. 

Das  Bild  eines  Punk- 
tes liegt  immer  auf  der 
geraden  Linie,  welche  von 
dem  Punkte  durch  den  Mit- 
telpunkt des  Objectives 
gezogen  wird. 

Ist  a ein  solcher  Punkt, 
o der  Mittelpunkt  des  Ob- 
jectivs,  pp  die  cylindrische 
Platte,  so  liegt  das  Bild  des 
Punktes  auf  der  durch  die 
Platte  von  o gezogenen 


Pift.  41. 


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202 


Der  Pauoramenapparat. 


Linie  ab.  Wird  das  Objectiv  nun  um  seinen  Mittelpunkt  gedreht 
(wie  in  der  Figur  punktirt  angedeutet  ist),  so  bleibt  das  Bild  von  a 
nach  dem  angedeuteten  Grundsätze  dennoch  auf  derselben  Linie  ab 
(weil  a und  o unverrückt  ihren  Stand  behalten),  wird  also  wieder 
auf  den  Funkt  b der  Platte  fallen,  daher  werden  sich  trotz  der  Bewe- 
gung des  Objectivs  alle  Punkte  der  vorliegenden  Gegenstände  scharf 
abbilden. 

Natürlich  gilt  dieser  Satz  nur,  falls  die  Strahlen  keinen  zu  grolsen 
Winkel  mit  der  Axe  bilden.  Man  setzt  deshalb  der  Linse  gegenüber 
eine  Schlitzblende,  deren  Oefifnung  parallel  der  Drehaxe  ist  und  welche 
sich  gleichzeitig  mit  dem  Objectiv  bewegt. 

Ein  Mangel  der  Martens’schen  Apparate  war  die  cylindrist^ie 
Platte,  deren  Präparation  im  gewöhnlichen  Collodionprocefs  sehr 
schwierig  ist. 

Brandon  führte  deshalb  statt  derselben  eine  ebene  Platte  ein,  welche 
sich  während  der  Rotation  auf  der  cy lindrischen  ßildfläche  gleichsam 
abwälzt,  der  Bewegung  des  Objectivs  folgend. 

Der  Mechanismus,  um  diese  Bewegung  in  exacter  Weise  zu  be- 
wirken, ist  äufserst  verschieden  und  sind  die  Meinungen  über  die  prak- 
tischste Constructionsweise  noch  getheilt. 

Gewöhnlich  stellt  man  die  Camera  C mit  dem  Objectiv  o auf  eine 
runde  horizontale  Metallscheibe  SS;  die  Camera  ruht  auf  Rädchen  und 
dreht  sich  um  eine  durch  den  optischen  Mittelpunkt  des  Objectives 
gehende  Axe. 


Pie.  42. 


Die  Räder  werden  durch 
ein  Uhrwerk  in  Umdrehung 
versetzt.  Die  Cassette  läuft 
ähnlich  wie  bei  einer  Visi- 
tenkartencamera verschieb- 
bar in  einem  Falz.  Ein  um 
die  Scheibe  SS  geschlunge- 
ner Faden,  dessen  Ende 
tangential  ausläuft  und  am 
Ende  der  Cassette  bei  a 
befestigt  ist,  bewirkt,  dafs 
sie  bei  der  Bewegung  des 
Apparats  sich  verschiebt 
und  die  Stellungen  ein- 
nimmt, clie  in  beifolgender 
Figur  in  drei  Phasen  (An- 
fang K'K1,  Mitte  KK,  Ende 
der  Bewegung  K"  K")  an- 
gedeutet sind. 

Die  Bilder,  die  man  mit 


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Photogrammetrie. 


203 


diesem  Apparat  erhält,  sind  offenbar  Frojectionen  auf  einem  abgewickel- 
ten Cylindermantel.  Die  senkrechten  Linien  geben  sich  auf  demselben 
senkrecht  wieder,  die  horizontalen  dagegen  prägen  sich,  wenn  sie 
nicht  mit  dem  Horizont  des  Apparats  zusammenfallen,  als  C urve n aus. 

Nimmt  man  daher  mit  diesem  Apparat  ein  Haus  oder  eine  Strafsen- 
front  auf,  so  wird  der  Sims  oder  die  First  sich  als  eine  nach  oben, 
der  Sockel  sich  als  eine  nach  unten  gewölbte  krumme  Linie  abbilden, 
die  um  so  unangenehmer  wirkt,  je  länger  sie  ist,  und  je  weiter  sie 
vom  Horizont  abliegt  Für  Architekturbilder  ist  daher  solch  ein  Ap- 
parat nur  innerhalb  sehr  beschränkter  Fälle  brauchbar.  Für  solche 
Zwecke  ist  eine  Weitwinkellinse  entschieden  vorzuziehen. 

Nun  müssen  wir  aber  auf  einige  Eigenschaften  der  Panoramen- 
bilder aufmerksam  machen,  welche  von  unberechenbarer  Wichtigkeit 
für  das  Ingenieurwesen,  speciell  für  die  Geodäsie  und  mathematische 
Geographie  sind  und  früher  oder  später  eine  hochwichtige  Anwendung 
der  Photographie  in  den  Triangulations-  und  Vermessungsmethoden 
veranlassen  dürften. 

Da  die  Bilder  Projectionen  auf  einem  Cylindermantel  sind,  so  ist 
es  offenbar,  dafs  die  Abstande  der  horizontal  neben  einander  liegenden 
Gegenstände  auf  dem  Bilde  sich  genau  ebenso  verhalten,  wie  die 
Winkelabstände  der  Gegenstände  in  der  Natur. 

Man  kann  demnach  mit  Hülfe  eines  Mafsstabes,  wenn  man  die 
Gröfse  eines  Grades  kennt,  aus  einem  Panoramenbilde  ebenso  gut  die 
Winkeldistanzen  bestimmen,  wie  durch  directe  Messung  in  der  Natur 
mit  Hülfe  eines  Theodolithen  oder  einer  Boussole. 

Behufs  der  Aufnahme  einer  Gegend  mit  Hülfe  dieses  Instrumentes 
und  Entwerfung  eines  Planes  oder  einer  Landkarte,  bedarf  man  zu- 
nächst einer  geraden  Linie,  der  Standlinie,  deren  Länge  genau  zu 
messen  äst.  Die  Boussole  wird  nach  einander  in  den  beiden  Enden 
dieser  Linie  aufgestellt  und  die  Winkel  gemessen,  welche  die  Gesichts- 
linien der  verschiedenen  Gegenstände,  deren  Entfernung  man  bestim- 
men will,  mit  der  Standlinse  machen. 

Ganz  analog  würde  man  auch  mit  dem  Panoramenapparat  zu 
verfahren  haben.  Statt  aber  mühsam  die  einzelnen  Häuser,  Bäume 
und  Pfähle  abzuvisiren,  macht  man  einfach  zwei  Aufnahmen  von  den 
beiden  Endpunkten  der  Standlinie. 

Man  sorgt  für  genaueste  Horizontalstellung  des  Apparates  und 
richtet  ihn  bei  der  Aufnahme  so,  dafs  auf  den  beiden  Bildern  das 
durch  eine  Fahne  bezeichnete  andere  Ende  der  Standlinie 
sichtbar  ist. 

Man  erhält  so  zwei  Bilder,  mit  deren  Hülfe  man  die  Lage  aller 
Gegenstände,  die  überhaupt  im  Bilde  sichtbar  sind,  jedes  Strauches, 
jedes  Hauses,  jedes  Pfahles,  wenn  es  sein  mufs,  auf  das  Exacteste 
bestimmen  kann. 


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204 


Photogrammetrie. 


Wollte  man  dies  mit  den  gewöhnlichen  Mefeinstrumenten  aus- 
föhren,  man  würde  Tage  lang  an  einem  Punkte  der  Standlinie  mit 
Messungen  zubringen  müssen,  und  dennoch  nicht  diese  Details  er* 
reichen. 

Die  Art  der  Bestimmung  der  Winkelabstände  aus  dem  Panoramen- 
bilde ist  nun  sehr  einfach. 

Man  kennt  den  Radius  des  Drehungskreises  des  Apparates.  Die 
Länge  des  Kreisumfangs  ist  dann  2r»,  die  Gröfse  eines  Grades  auf 

dem  Bilde  . • 
loU 

Braun’s  Panoramenbilder  haben  bei  120*  eine  Länge  von  18", 
demnach  hat  der  Grad  die  Länge  von  1^  Linien.  Es  wäre  ein  Leichtes, 
daraus  noch  Minuten  und  Bruchtheile  von  Minuten  mit  Hülfe  eines 
Nonius  zu  bestimmen. 

Diese  Messungen  müfsten  der  Genauigkeit  halber  am  Negativ  aus- 
geführt  werden,  da  Abdrücke  davon  auf  Papier  sich  immer  etwas  zu- 
sammenziehen, also  in  ihrer  Länge  variabel  sind. 

Um  diesen  Fehler  zu  umgehen,  thut  man,  wie  oben  gerathen 
wurde,  gut,  vor  der  Aufnahme  zwei  Punkte  abzustecken,  welche  genau 
einen  rechten  Winkel  mit  der  Standlinie  bilden.  Diese  Punkte  bilden 
sich  dann  mit  ab  und  geben  die  Basis  für  die  weitere  Eintheilnng  der 
Bilder.  Man  theilt  das  durch  sie  eingeschlossene  Bildfeld  in  90  Theile 
und  hat  so  die  Länge  eines  Grades. 

Ebenso  gut  aber,  wie  die  Lage  der  Gegenstände  auf  einem  Bilde, 
läfst  sich  auch  die  Höhe  der  Gebäude,  Bäume,  Thürme  aus  demselben 
bestimmen. 


Ftg.  43. 


6 


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Photogrammetrie. 


205 


Behufs  dieser  Bestimmung  mufs  man  kennen:  1)  die  Entfernung 
der  zu  messenden  Gegenstände  vom  Standorte,  diese  läfst  sich  nach 
der  oben  angegebenen  Weise  aus  zwei  Panoramenbildern  entnehmen, 
2)  den  Sehwinkel  der  betreffenden  Gegenstände,  3)  den  Horizont. 

Ist  ab  (Fig.  43)  ein  Thurm,  ao  und  bo  Lichtstrahlen  vom  obern 
und  untern  Ende  desselben  nach  dem  Mittelpunkte  des  Objectivs  ge- 
zogen, so  ist  der  Winkel  bei  o der  Sehwinkel;  das  Bild  des  Thurmes 
auf  der  Platte  ab'  erscheint  vom  Objectiv  aus  unter  demselben  Win- 
kel b'oa'.  Der  Horizontale  ro  theilt  diesen  Winkel  in  2 Theile,  deren 
a’  r b'  r 

Tangenten  — und  sind,  or  ist  aber  gleich  der  Brennweite  des 
oror 

Objectivs. 

Die  Höhe  vom  Horizont  des  Beobachters  aus  ist  dann,  wenn  die 
Entfernung  E ist  = E — und  die  ganze  Höhe  vom  Fufse  des  Ge- 

. r,  o!b' 

genstandes  aus  E . ■ 

Hier  ist  nun  von  Wichtigkeit,  den  Horizont  des  Bildes,  der 
durch  die  optische  Axe  des  Objectivs  geschnitten  wird,  genau  zu  be- 
stimmen. Es  kann  dies  geschehen  mit  Hülfe  zweier  Zeichen,  die  vor- 
her genau  mit  Hülfe  eines  Nivellirinstrumentes  in  einer  Horizontal- 
ebene mit  dem  optischen  Mittelpunkt  des  Objectivs  aufgestellt  werden 
und  sich  nachher  auf  dem  Bilde  mit  abbilden.  Dazu  können  die  bei- 
den Stangen  angewendet  werden,  welche  zur  Absteckung  des  rechten 
Winkels  (siehe  oben)  dienten. 

Wie  die  Höhe  des  Gegenstandes  aus  der  Tangente  des  Höhen- 
winkels abgeleitet  werden  kann,  kann  auch  der  horizontale  Ab- 
stand aus  der  Tangente  bestimmt  werden. 

Hierzu  kann  jedes  mit  einer  correct  zeichnenden  pho- 
tographischen Linse  und  einem  gewöhnlichen  feststehen- 
den Apparat  aufgenommene  Bild  dienen. 

Sind  cb  zwei  einer  Camera  ge- 
genüberliegende Punkte,  b’c’  ihre 
/ Bilder,  a’  der  Augenpunkt,  d.  b. 
der  Durchscbnittspunkt  der  Objec- 
tivaxe  mit  der  Platte,  o a ’ die  Brenn- 
weite, so  sind  und  die 
oa  oa 

Tangenten  der  Azimuthwinkel  aob 
und  aoc. 

Klebt  man  solch  ein  photogra- 
phisches Bild  (Fig.  45)  auf  ein  Zei- 
chenbrett und  projicirt  die  Punkte 
b'c'  auf  die  Horizontale,  macht 


Piir.  44 

a 


ft1 


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206 


Photo  graunmetrie. 


ferner  ao  gleich  der  Brennweite, 
und  ooc  coustructiv  bestimmen. 


n 


so  kann  man  den  Azimuthwinkel  aob 

Nothwendig  ist  hierbei  die  ge- 
naue Fixirung  des  Augenpunktes  a, 
und  des  Horizontes.  Meydenbauer, 
der  dieses  Meisverfahren  zu  einem 
hohen  Grade  der  Vollkommenheit 
ausgebildet  hat,  erreicht  dieses  mit 
Hülfe  eines  in  der  Camera  vor  der 
Platte  ausgespannten  Fadenkreuzes, 
welches  sich  auf  der  empfindlichen 
Schiebt  mit  abbildet.  Als  Objectiv 
benutzt  er  Busch ’s  Pantoskop. 


* 


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Anhang. 


Am  Schlufs  der  Theorie  der  Photographie  publiciren  wir  hiermit 
die  wichtigsten  der  neueren  Arbeiten  aus  dem  Gebiete  der  Photochemie 
und  photographischen  Optik,  welche  während  des  Drucks  dieses  Werkes 
erschienen  sind. 

1)  Photochemie. 

Veber  die  Umwandlung  photographisch  erzeugter  metallischer 

Silberbilder  in  andere  Metalle  und  Verbindungen  (s.  S.  40) 

schreibt  W.  Grüne  Folgendes: 

Das  Silberbild  liegt  eigenthümlicherweise  nicht  in  der  Collodion- 
schicht,  sondern  auf  derselben,  es  lfifst  sieb  mittelst  des  Fingers  und 
Oel  fortreiben,  ohne  dafs  die  Collodionschicht  im  Geringsten  verletzt 
wird.  Man  kann  das  Bild  umgekehrt  auf  beliebige  Stoffe,  wie  Holz, 
Elfenbein,  Perlmutter  u.  a.  übertragen,  und  die  Collodionhaut  durch  Be- 
handeln mit  Aether  entfernen ; das  aus  feinem  Pulver  bestehende  Bild 
bleibt  zurück.  Es  ist  dies  Verfahren  interessant  bei  der  Herstellung 
von  Holzschnitten;  das  schwierige  und  oft  die  Originalzeichnung  ent- 
stellende Aufzeichnen  auf  den  Holzstock  wird  dadurch  erspart,  ohne 
dafs  die  Oberfläche  desselben  besonders  behandelt  werden  mufs  und 
ohne  beim  Schneiden  selbst  irgend  welche  Hindernisse  zu  veranlassen. 

Platinchlorid  verwandelt  das  graue  Collodion- Silberbild  in  ein 
tiefschwarzes  Bild  von  Platinschwarz;  überträgt  man  dasselbe  auf  Glas 
und  Porzellan,  überzieht  es  mit  einem  bleihaltigen  Flufsmittel  und  er- 
hitzt den  Gegenstand,  so  brennt  sich  das  Bild  schwarz  ein.  Auf  diese 
Weise  stellt  Grüne  die  Portraits  und  Bilder  auf  Porzellan  und  Email  seit 
Jahren  her.  Mit  einem  reducirenden  Flufsmittel  eingeschmolzen,  erhält 
man  die  Bilder  und  Zeichnungen  mit  der  eigenthümlichen  Metallfarbe 
des  Platins  (s.  o.  S.  40). 

Goldchlorid  giebt  Bilder  in  brauner  Färbung  von  Gold  (in 
der  Durchsicht  grün),  welche  auf  Glas  und  Porzellan  übertragen,  mit 
einem  reducirenden  Flufsmittel  eingebrannte,  polirbare,  goldglänzende 
Zeichnungen  liefern;  darauf  basirt  das  Grüne’sche  photographisch- 
chemische  Decorationsverfahren  auf  Porzellan  und  Glas.  Die  damit 


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208 


Die  Umwandlung  der  Silberbilder. 


erzielten  Effecte  lassen  bei  Erreichung  der  wunderbarsten  Feinheit  die 
Anwendung  von  Zeichnungen  mit  Halbtönen  nicht  zu,  da  das  Gold 
in  der  Aufsicht  auch  bei  der  gröfsten  Verdünnung  seine  Färbung  bei- 
behält, selbst  wenn  es  in  der  Durchsicht  kaum  noch  sichtbar  ist. 

Durch  die  Leichtigkeit,  mittelst  de*  photographischen  Operationen 
beliebig  dicke  und  dünne  Silberschichten  zu  schaffen,  diese  dann  in 
Gold  umzuwandeln,  ist  es  möglich,  Gold  in  einer  Verdünnung  und 
Ausdehnung  als  Metall  niederzuschlagen,  wie  es  auf  keine  andere 
Weise  erzielt  werden  kann,  und  die  verschiedenen  Farben  dieses  Me- 
talles  beim  durchfallenden  Licht  zu  beobachten  und  studiren. 

Mehr  interessant  als  für  die  Praxis  wichtig  sind: 

Iridiumchlorid,  durch  welches  schwarzgraue  Bilder  auch  beim 
Einbrennen  erzielt  werden. 

Palladiumchlorid  liefert  schwarzgraue  Bilder,  welche  eigen- 
thümlicherweise  auf  Porzellan  eingebrannt  und  dann  mit  Polirsteinen, 
wie  in  der  Regel  Gold  und  Silber,  behandelt,  eine  braune  metall- 
glänzende Farbe  zeigen. 

Quecksilberchlorid  verwandelt  das  Silberbild  in  ein  weifses, 
aus  Quecksilberchlorür  und  Chlorsilber  bestehendes.  Bei  photogra- 
phischen Papierbildern  durchgeführt,  giebt  es  die  sogenannten  Zauber- 
photographieen.  Ein  solches  weifses  Bild  auf  eine  blanke 
Zink-,  Kupfer-  oder  Stahlplatte  gebracht,  zersetzt  sich 
durch  die  Berührung  beim  Trocknen  und  hinterläfst  nach 
der  Entfernung  die  ganz  genaue  Zeichnung  fest  auf  diese 
zurück,  wodurch  für  Kupferstecher  und  Graveure  das  Auf- 
zeichnen erspart  werden  kann. 

Das  weifse  Bild  wandelt  sich  im  unterschwefligsauren  Natronbade 
unter  Lösung  des  Chlorsilbers  in 

Schwefelquecksilber  von  schwarzer  Farbe  um.  Dasselbe  be- 
nutzt Grüne  zur  Erzielung  sehr  hübscher  Effecte  auf  Gläsern.  Bringt 
man  eine  solche  Haut  mit  Schwefelquecksilberbild  in  Wasser,  in 
welchem  ganz  fcinzertheilte  Glasflüsse  suspendirt  sind,  so  saugen  die 
Bildstellen  diese  an , während  die  bildlose  Collodionhaut  indifferent 
bleibt.  Bringt  man  nun  ein  solches  Bild  auf  Glas  in  hohe  Temperatur, 
so  verflüchtigt  sich  das  Schwefelquecksilber  und  es  bleibt  ein  die 
gewöhnliche  Oberfläche  des  Glases  änderndes  fest  geschmolzenes  Glas 
zurück,  die  Zeichnung  genau  zeigend  ohne  Färbung,  matt  auf  glän- 
zendem Grund. 

Behandelt  man  ein  weifses  Quecksilberchlorürbild  mit  Jodsalzen, 
so  färbt  es  sich  unter  Bildung  von  Jodquecksilber  gelb;  es  ist  dies 
für  den  praktischen  Photographen  von  Werth,  um  schwache  licht- 
durchlassende Negative  dem  Licht  widerstehender  zu  machen,  wozu 
ihm  die  gelbe  Farbe  und  Dicke  der  entstehenden  Schicht  nutzt.  Der- 
gleichen gelbe  Negative  sind  für  Arbeiten  im  directen  Sonnenlicht 


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Die  Umwandlung  der  Silberbilder. 


209 


besser  als  die  gewöhnlichen,  da  sie  sich  und  die  darunter  befindlichen 
Schichten  nicht  so  erhitzen,  was  für  heliographische  Zwecke  von 
Werth  ist. 

Kupferchlorid  giebt  einen  Niederschlag  von  Kupferchlorür, 
welcher  bei  weiterer  Behandlung  mit  Schwefelcyanammonium  und  Fer- 
ridcyankalium  eine  rothe  Färbung  annimmt,  die  beim  Einschmelzen 
auf  Fayence  und  Email  eine  eigenthümlich  fleischfarbige  Nuance  giebt. 

Eine  weitere  Reihe  von  Niederschlägen,  welche  für  die  Anwen- 
dung der  Photographie  zum  Einbrennen  auf  Porzellan  und  Glas  von 
grofser  Wichtigkeit  sind,  indem  sie  bei  Anwendung  verschiedener 
Flufsmittel  die  Hervorbringung  sehr  verschiedener  Farben  und  Nüancen 
möglich  machen,  sind  die  nachstehenden;  Grüne  nimmt  an,  dafs  nicht 
rein  chemische  Wirkungen  dieselben  erzeugen,  sondern  dafs  die  physi- 
kalischen Eigenschaften  feinzertheilter  Metalle  dabei  eine  Rolle  mit- 
spielen. 

Zuvörderst  der  rothbraune  Niederschlag,  den  man  nach  Seile  auf 
einem  Silberbild  durch  Behandlung  mit  einer  Mischung  von  Salpeter 
saurer  Uranlösung  und  Ferridcyankaliumlösung  erhält.*) 

Ein  in  Platinschwarz  umgewandeltes  Bild  giebt,  mit  denselben 
Chemiealien  behandelt,  wie  Grüne  gefunden,  ein  sehr  angenehm  braunes 
Bild,  welches  vielfach  zur  Anfertigung  der  transparenten  Photogra- 
phieen  auf  Milchglas  benutzt  wird. 

Eine  Mischung  von  Eisenchlorid  und  Ferridcyankalium  ist  be- 
kanntlich eine  klare  braune  Lösung;  ein  Platinbild  hineingebracht, 
bewirkt  sofort  ein  ganz  proportioneiles  Niederschlagen  von  Berlinerblau 
auf  den  Bildstellen,  — ein  Silberbild  thut  dies  nicht. 

Mit  caustischen  Alkalien  behandelt,  zersetzt  sich  das  Bild  von 
Berlinerblau;  es  bleibt  Platin  und  Eisenoxyd  zurück. 

Ein  Siiberbild  in  übermangansaure  Natronlösung  gebracht,  färbt 
sich  sofort  gelblich  braun,  ein  Platinbild  braun  unter  Bildung  von 
, Manganoxyd  auf  den  Bildern. 

Wie  schon  oben  angegeben,  kann  die  letzte  Reihe  von  Nieder- 
schlägen keine  rein  chemische  sein,  weil  bei  denselben  eine  Grenze 
des  Niederschlagens  nicht  vorhanden  ist,  dieselben  vielmehr  durch 
Dauer  der  Einwirkung  beliebig  stark  gemacht  werden  können ; es  ge- 
währt dies  für  die  Praxis  den  Vortheil,  jede  gewünschte  Stufe  der 
Zersetzung  innehalten  zu  können  und  die  Farbentöne,  die  man  für 
das  Einbrennen  auf  Porzellan  wünscht,  in  der  Gewalt  zu  haben. 

In  neuerer  Zeit  hat  sich  die  gröfste  Aufmerksamkeit  dem  Chlor- 
silber zugewandt,  weil  es  mittelst  desselben  möglich  ist,  photographisch 


*)  Diese  dürfte  wohl  Uraneisencyanilr  sein  und  durch  Reduction  des  in  der 
Mischung  von  Uransalz  nnd  Ferridcyankalium  sich  befindenden  Uraneisencyanids 
gebildet  werden,  indem  das  Cyan  an  das  Silber  tritt. 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  lf 


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210 


Heber  die  chemische  Lichtstärke. 


die  natürlichen  Farben  wiederzugeben.  Es  gilt  dies  namentlich  vom 
violetten  Chlorsilber,  welches  man  als  eine  niedere  Chlorstufe  dem 
weifsen  Chlorsilber  gegenüber  annimmt.  Die  Herstellung  der  licht- 
empfänglichen  farbengebenden  Fläche  von  Chlorsilber  auf  Silberplatten 
oder  Papier  gestattet  genaue  Beobachtungen  über  den  Vorgang  der 
Farbenbildung  schwer,  weil  die  wirkende  Schiebt  immer  an  eine 
nicht  indifferente  Unterlage  gebunden  ist.  Nach  Grüne’s  Umwandlungs- 
Verfahren  erhält  man  sehr  leicht  farbengebende  Chlorsilberschichten, 
die  aus  weiter  nichts  als  Chlorsilber  bestehen,  auf  Collodion  oder 
auf  Glas.  Wie  oben  zuerst  zur  Herstellung  metallischer  Silberbilder 
angegeben,  erzeugt  man  durch  allgemeine  Belichtung  eine  ganz  gleich- 
mäfsige  Fläche  von  feinzertheiltem  Silber  auf  der  Glasplatte;  man  wan- 
delt nun  entweder  dieses  direct  in  Chlorsilber  um,  es  dabei  auf  der 
Collodionschicht  lassend,  oder  man  entfernt  durch  Glühen  zuvörderst 
das  Collodion  und  behandelt  das  auf  dem  Glase  jetzt  direct  befindliche 
Silber  mit  einer  Mischung  von  verdünnter  übermangansaurer  Natron- 
lösung mit  Salzsäure. 


2)  Photographische  Optik. 

Veber  die  chemische  Lichtintensität  zn  verschiedenen  Zeiten  and 
an  verschiedenen  Orten  der  Erde. 

Roscoe  veranlafste,  dafs  auf  dem  Observatorium  zu  Kew  in  Eng- 
land, wo  täglich  drei  Temperaturbestimmungen  gemacht  werden,  auch 
die  chemische  Intensität  des  Lichtes  täglich  gemessen  wurde,  und 
theilt  die  Resultate  der  vom  1.  April  1865  bis  Ende  März  1867  fort- 
gesetzten Beobachtungen  im  Novemberbefte  von  Poggendorff’s  Annalen 
ausführlich  mit. 

Die  Bestimmungen  wurden  täglich  dreimal  ausgeführt,  und  zwar 
um  9 Uhr  30  Minuten,  um  2 Uhr  30  Minuten  und  um  4 Uhr  30  M. 
und  haben  als  erstes  wichtiges  Resultat  ergeben,  dafs  die  chemische 
Intensität  bei  wolkenlosem  Himmel  bis  Mittag  gleichmöfgig  wächst 
und  von  Mittag  in  demselben  Mafse  abnimmt.  Die  gröfste  Stärke 
erreicht  die  chemische  Kraft  genau  um  12  Uhr,  wenn  die  Sonne  am 
höchsten  steht,  während  bekanntlich  die  höchste  Temperatur  erst  ge- 
gen 2 Uhr  beobachtet  wird.  Zwei  Tageszeiten,  welche  von  der  Mit- 
tagszeit gleichweit  abliegen,  z.  B.  11  Uhr  und  1 Uhr,  10  Uhr  und 
2 Uhr  etc.,  zeigen  ganz  genau  dieselbe  chemische  Intensität.  552  Beob- 
achtungen in  Kew,  verglichen  mit  den  früher  schon  in  Heidelberg 
ausgeffihrten  Messungen  und  den  Ergebnissen  aus  Parä  in  Brasilien, 
auf  die  wir  noch  zurückkommen,  bestätigen  diese  Abhängigkeit  der 
chemischen  Intensität  zu  bestimmten  Tageszeiten  von  dem  Stande  der 
Sonne  in  so  übereinstimmender  Weise,  dafs  man  eine  mathematische 
Formel  dafür  aufstellen,  und  hieraus  die  Werthe  der  chemischeu  ln- 


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Lieber  die  chemische  Lichtstärke.  211 

tensität  berechnen  kann.  Die  Werthe,  die  durch  die  Rechnung  sich 
ergeben,  stimmen  mit  den  durch  directe  Beobachtung  gefundenen  ganz 
gut  überein.  Das  Gesetz  dieser  Abhängigkeit  der  chemischen  Inten- 
sität vom  Stande  der  Sonne  ist  sonach  vollständig  sicher  erwiesen; 
wo  Abweichungen  von  demselben  beobachtet  werden,  da  müssen  stö- 
rende Einflüsse  vorhanden  sein,  deren  Ergründung  immer  tiefer  in  das 
Verständnifs  der  Erscheinungen  führt  (s.  S.  133). 

Die  auffallendste  Abweichung  von  diesem  Gesetze,  welches  die 
Tagesschwankungen  ergeben,  zeigt  eine  Vergleichung  der  mittleren 
chemischen  Intensität  der  einzelnen  Monate. 

Im  Laufe  des  Jahres  wechselt  bekanntlich  die  Gröfse  des  Bogens, 
welchen  die  Sonne  scheinbar  am  Himmel  zurücklegt,  fortwährend. 
Vom  21.  December,  dem  Wintersolstitium , bis  zum  21.  Juni,  dem 
Sommersolstitium,  wird  dieser  Bogen  immer  gröfser,  um  dann  von  da 
bis  zum  Beginn  des  Winters  wieder  abzunehmen.  In  den  Monaten, 
welche  von  diesen  Extremen  gleichweit  entfernt  sind,  z.  B.  im  März 
und  September,  im  April  und  August,  ist  daher  die  Höhe  deB  Sonnen- 
standes über  dem  Horizont  durchschnittlich  dieselbe.  Gleichwohl  haben 
die  Beobachtungen  in  Kew  ergeben,  dafs  die  chemische  Intensität  der 
Sonne  nicht  dieselbe  ist.  Auf  je  100  chemische  Strahlen  des  März 
und  April  kommen  167  im  August  und  September.  Es  müssen  sonach 
Umstände  vorhanden  sein,  welche  in  den  Früblingsmonaten  die  chemi- 
sche Intensität  schwächen,  und  Roscoe  vermuthet,  dafs  dieser  Unter- 
schied mit  der  verschiedenen  Durchsichtigkeit  der  Luft  im  Frühling 
und  Herbst  Zusammenhänge.  Wie  durch  die  feuchtere  Luft  des  Sep- 
tembers die  Lichtstrahlen  mit  gröfserer  Klarheit  und  Schärfe  dringen 
— eine  jedem  Touristen  bekannte  Erfahrung  — so  sollen  auch  die 
chemischen  Strahlen  in  den  Herbstmonaten  weniger  geschwächt  zur 
Erde  gelangen,  als  im  Frühling.  Wissenschaftlich  begründete  That- 
sachen  liegen  jedoch  zur  Erklärung  dieser  Unterschiede  nicht  vor. 

Von  nicht  minder  grofsem  Interesse  sind  die  Thatsachen,  welche 
über  die  chemische  Intensität  der  Tropen  auf  Veranlassung  von  Roscoe 
ermittelt  worden. 

Bisher  beschränkte  sich  unsere  Kenntnifs  von  der  chemischen 
Intensität  in  den  Tropen  nur  auf  unzuverlässige  und  oberflächliche 
Angaben  von  Photographen.  Nach  denselben  wird  es  um  so  schwie- 
riger, gute  Photograpbieen  zu  erhalten,  je  mehr  man  sich  dem  Aequator 
nähert,  und  um  denselben  Effect  auf  photographischen  Platten  zu  er- 
halten, braucht  man  längere  Zeit  unter  dem  Glanz  der  tropischen 
Sonne,  als  in  der  nebligen  Atmosphäre  Londons.  Ferner  wird  ange- 
geben, dafs  in  Mexico  bei  sehr  intensivem  Licht  20  bis  30  Minuten 
erforderlich  sind,  um  photographische  Schwärzungen  zu  erhalten,  zu 
welchen  in  England  nur  1 Minute  erforderlich  ist  Verschiedene  Rei- 
sende, welche  die  Alterthümer  von  Yucatan  aufnahmen , gaben  den 

14* 


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212 


Ueber  die  chemische  Lichtstärke. 


Gebrauch  der  photographischen  Camera  auf  und  griffen  zum  Bleistift 
und  Skizzenbucb.  Ebenso  hat  Dr.  Draper  beobachtet,  dafs  ähnliche 
Unterschiede  zwischen  dein  Lichte  von  New -York  und  Virginien  statt- 
finden. Man  nahm  deshalb  an,  dafs  die  leuchtenden  und  wärmenden 
Strahlen  einen  besonderen  störenden  Ginflufs  auf  die  chemischen  ausüben. 

Es  war  nun  von  gröfster  Wichtigkeit,  die  Intensität  der  chemischen 
Strahlen  in  den  Tropen  direct  zu  messen,  um  die  Gültigkeit  der  er- 
wähnten Angaben  zu  prüfen.  Hr.  Thorpe,  Assistent  von  Roscoe,  hat 
in  Folge  dessen  mit  grofser  Sorgfalt  eine  Reihe  von  Bestimmungen 
in  Farä  im  nördlichen  Brasilien  unter  48°  30'  westlicher  Länge  und 
1 * 28'  südlicher  Breite  ausgefübrt.  Seine  Messungen  fallen  in  die  Zeit 
vom  4.  bis  26.  April  1866. 

Da  beim  Beginn  der  Versuche  die  Regenzeit  schon  begonnen,  so 
waren  die  Veränderungen  in  der  chemischen  Intensität  sehr  oft  von 
einer  Minute  zur  andern  sehr  plötzlich  und  merkwürdig,  so  dafs  eine 
sehr  grofse  Zahl  Beobachtungen  an  jedem  Tage  gemacht  werden 
mufsten.  Regelmäfsig  am  Nachmittag  und  manchmal  auch  zu  andern 
Tagesstunden  überzieht  sich  der  Himmel  mit  schwarzen  Gewitter- 
wolken, welche,  während  sie  den  Regen  in  Form  eines  Wolkenbruches 
herabsenden,  die  chemische  Intensität  der  Sonne  beinahe  auf  0 ver- 
ringern.  Das  Gewitter  verzieht  sich  rasch,  und  die  chemische  Inten- 
sität erhebt  sich  wieder  zu  ihrem  normalen  Werthe.  Es  folgen  hier- 
aus Schwankungen,  welche  in  unseren  Breiten  völlig  unbekannt  sind. 

Die  mittlere  chemische  Intensität  an  den  einzelnen  Tagen  des 
April  zeigt  in  Para  ganz  andere  Werthe  als  in  Kew,  wie  nachstehende 
Zahlen  beweisen: 

1866  April  6.  7.  9.  11.  20.  24.  26. 

Kew  . . . 28,6  7,7  5,9  25,«  38,9  83,6  39, i 

Para  . . . 242, o 301, o 326,4  233,a  385,o  362,7  261, t. 

Die  chemische  Wirkung  des  gesammten  Tageslichtes  ist  hiernach 
im  April  1866  zu  Para  6,58  mal  gröfser  gewesen  als  in  Kew.  Die 
angeführten  mifslungenen  Versuche  der  Photographen  können  also 
keinesfalls  einer  geringeren  chemischen  Intensität  der  Sonne  zuge- 
schrieben werden.  Es  müssen  vielmehr  hier  andere  störende  Einflüsse 
obgewaltet  haben,  deren  Ermittelung  Aufgabe  weiterer  Forschungen  ist. 

Der  Gang  der  täglichen  chemischen  Intensität  zeigte  bei  klarem 
Himmel  auch  hier,  in  der  Nähe  des  Aequators,  denselben  regelmäfsigen 
Gang,  wie  bei  den  europäischen  Messungen,  und  bestätigte  das  ange- 
führte Gesetz  der  Abhängigkeit  der  chemischen  Intensität  vom  Stande 
der  Sonne  auf’s  Glänzendste. 

Die  bisherigen  wichtigen  Ergebnisse,  welche  wir  hier  vorgeführt, 
berechtigen  zu  der  Hoffnung,  dafs  mehr  ausgedehnte  Bestimmungen  der 
chemischen  Intensität  unsere  Kenntnisse  der  meteorologischen  und  klima- 
tischen Verhältnisse  bedeutend  erweitern  und  vervollkommnen  werden. 


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Vogel  * Photometer. 


213 


Ueber  ein  neues  chemisches  Photometer  von  Dr.  Vogel. 

Bunsen’s  Pendel-Photometer  (s.  Seite  144)  ist  zu  meteorologischen 
Observationen  ganz  vortrefflich  brauchbar,  weniger  jedoch  zu  photo- 
graphischen Arbeiten,  welche,  wie  der  Papierpositivprocefs,  eine  län- 
gere Belichtungszeit  in  Anspruch  nehmen,  innerhalb  welcher  die 
chemische  Lichtstärke  sich  oft  wesentlich  ändert,  so  dafs  die  anfänglich 
gemachte  Messung  derselben  nicht  für  die  Bestimmung  der  Belicbtungs- 
dauer  mafsgebend  ist. 

Aufserdem  ist  die  leichte  Veränderlichkeit  des  gesilberten  Papiers 
(dasselbe  mufs  alle  24  Stunden  frisch  bereitet  werden)  ein  Uebelstand. 

Diese  Umstände  veranlafsten  den  Verfasser  zur  Construction  eines 
anderen  Photometers,  welches  zunächst  für  photographische  Zwecke 
bestimmt  ist,  jedoch  auch  zu  wissenschaftlichen  Beobachtungen  geeignet 
sein  dürfte. 

Dieses  Instrument  besteht  im  Wesentlichen  1)  aus  einer  halb- 
durchsichtigen Papier-Skala,  deren  Durchsichtigkeit  von  einem 
Knde  nach  dem  andern  hin  gradweise  abnimmt,  und  2)  aus  einem 
lichtempfindlichen,  Wochen  lang  haltbaren  Chromatpapier, 
welches  unter  dieser  Skala  in  ähnlicher  Weise  dem  Lichte  exponirt 
wird,  wie  ein  Stück  Silberpapier  unter  einem  Negativ. 

Das  Chromatpapier  wird  durch  Eintauchen  von  photographischem 
Rohpapier  in  eine  Lösung  von  1 Theil  rothem  chromsauren  Kali  in 
30  Theilen  Wasser  und  nachfolgendes  Trocknen  hergestellt. 

Das  trockene  Papier  wird  in  Streifen  zerschnitten  und  damit  das 
Photometerkästchen  T angefüllt.  Eine  Feder  / drückt  die  Streifen, 
wenn  der  Deckel  D geschlossen  ist,  gegen  die  transparente  Skala, 
welche  an  dem  mittelst  Haken  Z zu  schliefsenden  Glasdeckel  D sitzt. 


Fig.  46. 


Bei  der  Exposition  scheint  das  Licht  durch  die  halb  durchsichtige 
Skala  hindurch  und  bräunt  den  darunterliegenden  Streifen.  Diese 
Färbung  schreitet  von  dem  dünnen  nach  dem  dicken  Ende  der  Skala 
hin  fort  und  um  so  rascher,  je  stärker  das  Licht  ist.  Um  nun 
zu  erkennen,  wie  weit  die  Licbtwirkung  nach  dem  diesen  Ende  fort- 


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214 


Vogel  s Pbotometer, 


geschritten  ist,  sind  auf  die  Skala  schwarze  Zahlen  und  Zeichen  auf- 
gedruckt, diese  lassen  das  Licht  nicht  durch  und  werden  daher,  wenn 
das  Chromatpapier  ringsum  affieirt  ist,  weifs  auf  braunem  Grunde 
sichtbar. 

Oeffnet  man  daher  das  Photometer  bei  Lampenlicht  und  beob- 
achtet den  Chrompapierstreifen,  so  erkennt  man  die  Stelle,  bis 
zu  welcher  die  Lichtwirkung  fortgeschritten  ist,  an  der 
daselbst  erschienenen  Zahl. 

Das  Instrument  ist  zunächst  von  Wichtigkeit  für  Herstellung  der 
sogenannten  Pigmentbilder  oder  Kohlebilder.  Diese  werden 
erzeugt,  indem  man  einen  schwarzen  Bogen,  der  mit  einer  lichtem- 
pfindlichen Mischung  von  Leim,  Bichromat  und  Farbe  überzogen  ist, 
unter  einem  photographischen  Negativ  dem  Lichte  exponirt. 

Das  Bild  erscheint  auf  diesem  Bogen  nicht  direct,  sondern  erst 
nach  dem  Eintauchen  in  heifses  Wasser.  Ist  die  Belichtungszeit  nun 
nicht  richtig  getroffen,  so  ist  das  Bild  entweder  zu  flau  oder  zu  in- 
tensiv, und  dieser  Fall  tritt  mit  Rücksicht  auf  die  aufserordentliche 
Veränderlichkeit  der  chemischen  Lichtstärke  sehr  häufig  ein.  Mit  Hülfe 
des  Photometers  kann  man  nun  leicht  die  normale  Belichtungsdauer 
feststellen.  Man  legt  das  Instrument  gleichzeitig  mit  dem  zu  copiren- 
den  Negativ  an  das  Licht  und  deckt  das  erste  Drittel  des  Negativs, 
wenn  das  Instrument  beispielsweise  10*,  das  zweite  Drittel,  wenn  es 
12*,  das  dritte,  wenn  es  14*  zeigt.  In  dieser  Weise  sind  die  einzel- 
nen Theile  bis  12,  14,  16°  copirt  worden.  Man  entwickelt  dann 
das  Bild  und  sieht  nach,  welcher  Theil  die  richtige  Intensität  zeigt. 
Der  bei  diesem  Theil  verwendete  „Copirgrad“  ist  der  richtige  Copir- 
grad  für  das  ganze  Negativ. 

Die  Beobachtung  des  lichtempfindlichen  Streifens  geschieht  bei 
dem  Licht  einer  hell  brennenden  Lampe.  Um  die  Augen  vor 
der  blendenden  Wirkung  der  Strahlen  zu  schützen,  versieht  man  die 
Lampe  mit  einem  schwarzen  Schirm. 

Behufs  einer  neuen  Beobachtung  nimmt  man  den  oberen  bereits 
afficirten  Streifen  heraus,  so  dafs  der  darunter  liegende  frei  wird,  und 
schliefst  das  Instrument. 

Dem  Anschein  nach  ist  die  Skala  dieses  Instrumentes  eine  rein 
empirische,  ln  Wirklichkeit  stehen  jedoch  die  Grade  desselben  in 
einem  bestimmten  mathematischen  Verhältnifs  zu  einander. 

Man  denke  sich  eine  Anzahl  völlig  gleicher  transparenter  Blätter 
eines  absolut  homogenen  Materials,  sei  es  Glas,  Glimmer,  Pa- 
pier etc.,  über  einander  geschichtet,  so  wird  offenbar  das  Licht  beim 
Durchgänge  durch  dieselben,  theils  durch  Reflexion,  theils  durch  Ab- 
sorption eine  Schwächung  erleiden,  die  mit  der  Zahl  der  Schichten, 
vvelcbe  es  durchdrungen  hat,  zunimmt. 


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Vogel's  Photometer. 


215 


Nimmt  man  an,  die  Stärke  des  Lichts  werde  beim  Durchdringen 
einer  einzigen  Schicht  auf  seiner  ursprünglichen  Intensität  reducirt, 

so  wird  die  Intensität  nach  Durchdringung  der  zweiten  Schicht  = \ > 

nach  Durchdringen  der  dritten,  vierten  . . . und  xl’°  Schicht  ~ i ™ • 

— der  ursprünglichen  sein. 

#* 

Construirt  man  demnach  ein  terrassenförmiges  Streifensystem 
nebenstehender  Figur: 

Hig.  47. 


auf  welches  Licht  von  der  Intensität  = 1 fällt,  so  wird  die  Lichtintensität 


unter  dem  ersten  Streifen  = — ■ 


zweiten 

n 

1 

dritten 

n* 

1 

vierten 

na  ’ 
_ 1 

- 

- 

n4 

1 

= -y  sein, 
n 

Die  Lichtintensitäten  unter  diesem  terrassenförmigen 
Streifensystem  bilden  demnach  eine  geometrische  Reihe, 
in  welcher  die  Schichtenzahlen  die  Exponenten  sind.  Jetzt 
denke  man  sich  unter  diesen  Streifen  ein  Stück  lichtempfindliches  Pa- 
pier dem  Lichte  exponirt,  so  wird  dieses  sich  offenbar  bräunen,  unter 
dem  dünnsten  Ende  der  Streifenlage  zuerst,  und  diese  Bräunung  wird 
nach  dem  dicken  Ende  der  Streifenlage  hin  fortschreiten  und  um  so 
rascher,  je  stärker  das  Licht  ist. 

Die  Erfahrung  hat  nun  gezeigt,  dafs  zur  Hervorbrin- 
gung einer  noch  sichtbaren  Färbung  schwächsten  Grades, 
eine  ganz  bestimmte  chemische  Lichtquantität  nöthig  ist. 

Wird  demnach  ein  lichtempfindlicher  Streifen  unter  der  transpa- 
renten Photometerskala  exponirt,  so  wird  derselbe  an  irgend  einer 
Stelle,  z.  B.  unter  der  Zahl  9,  sich  nicht  eher  sichtbar  färben,  als  bis 
die  bestimmte  zur  Hervorbringung  einer  sichtbaren  Färbung  nöthige 
chemische  Lichtquantität  durch  den  Streifen  hindurchgegangen  ist.  Da 
aber  die  Schwächung,  welche  das  Liebt  beim  Durchgänge  durch  die 
Streifenlagen  erleidet,  je  nach  der  Zahl  derselben  eine  sehr  verschie- 


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216 


Vogel's  Photometer. 


dene  ist,  so  wird  die  Lichtquantität,  weiche  auf  das  Streifensystem 
fallen  mufs,  um  nach  dem  Durchgänge  durch  letztere  noch  eine  sicht- 
bare Wirkung  zu  äufsern,  ebenso  verschieden  sein,  und  wird  die  auf- 
fallende Lichtquantität  um  so  gröber  sein  müssen,  je  gröber  die 
Schwächung  ist,  welche  dasselbe  beim  Durchgänge  durch  das 
Streifensystem  erleidet. 

Nun  stehen  die  Schwächungen,  welche  das  Licht  beim  Durch 
gange  durch  1,  2,  3 ...  x Streifen  erleidet,  wie  eben  gezeigt  ist,  in 
dem  Verhältnifo  n : n’,  n*  . . . n*.  In  demselben  Verhältnifs  werden 
demnach  die  auffallenden  Lichtquantitäten  stehen  müssen,  welche  nöthig 
sind,  um  unter  dem  ersten,  zweiten,  dritten  . . . xt,n  Streifen  eine  sicht- 
bare chemische  Wirkung  hervorzubringen. 

Diese  Wirkung  offenbart  sich  aber  durch  das  Erscheinen  der  auf- 
geschriebenen Gradzablen  1,  2,  3,  4 ...  x.  Demnach  stehen  die  Licht- 
quantitäten, welche  durch  das  Erscheinen  der  einzelnen  Gradzahlen 
angezeigt  werden,  in  dem  Verhältnifs  n,  n7,  n’,  n4  . . . n*,  d.  h.  sie 
bilden  eine  geometrische  Reihe,  in  welcher  die  Gradzahlen 
die  Exponenten  sind. 

Die  Constante  n der  Reihe  läbt  sich  leicht  für  jede  Photometer- 
skala bestimmen,  indem  man  in  bestimmter  Entfernung  von  dem  In- 
strumente zwei  verschiedene  Quantitäten  Magnesiumdraht  abbrennt. 
Nimmt  man  an,  dab  die  dabei  entwickelten  Lichtquantitäten  den 
Quantitäten  des  verbrannten  Magnesiums  M und  M'  proportional  seien 
und  sind  ferner  die  durch  diese  Lichtmengen  auf  dem  Chromatpapier 
zum  Vorschein  gekommenen  Gradzahlen  g und  g\  so  hat  man  die 
Proportion 


M:  M — n’ : n’’, 
-A 


— = 
M 


woraus  sich  n leicht  berechnen  läbt. 

Nach  einer  Reihe  von  Versuchen  des  Verfassers  ist  der  Werth  der 
Constante  für  die  von  ihm  geprüften  Instrumente  = l,ar.  Specielleres 
über  den  Gebrauch  des  Instrumentes  folgt  im  praktischen  Theil. 


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Praxis  der  Photographie, 


Erstes  Capitel. 

Von  der  Einrichtung  der  Atelierräume. 

Jeder  Photograph  bedarf  gleich  jedem  andern  Künstler  oder  Hand- 
werker einer  Werkstatt,  in  der  er  gegen  Wettereinflüsse  geschützt, 
seine  Arbeiten  aasüben  kann. 

Diese  Arbeiten  sind  nun  selbst  sehr  verschiedenartiger  Natur, 
theils  rein  mechanisch,  z.  B.  das  Plattenputzen;  theils  rein  chemisch, 
wie  das  Ansetzen  von  Collodien,  Silbern,  Entwickeln,  Verstärken, 
Fixiren,  Wässern;  theils  rein  physikalisch-optisch,  wie  das  Einstellen, 
Exponiren;  theils  artistisch,  wie  Stellung  geben,  Beleuchten,  Drapiren 
etc.,  Negativ-  und  Positivretouche.  Es  ist  einleuchtend,  dafs  diese 
Operationen  nicht  alle  in  einem  und  demselben  Raum  vorgenommen 
werden  können,  zumal  sie  diametral  entgegengesetzte  Bedingungen  er- 
heischen. So  für  das  Aufnehmen  des  Modells  viel  Helligkeit,  für  das 
Präpariren  der  Platten  fast  vollkommene  Dunkelheit. 

So  hat  denn  jeder  Photograph  einen  Complex  von  Räumlichkeiten 
nöthig,  die  allerdings  oft  auf  nur  zwei  reducirt  erscheinen : das  Atelier 
und  die  „Dunkelkammer“. 

Bei  Vertheilung  der  Arbeiten  in  verschiedene  Räumlichkeiten  ist 
vor  allem  darauf  Rücksicht  zu  nehmen,  solche  Arbeiten  ausein- 
anderzuhalten,  welche  sich  gegenseitig  hindern.  Man  kann 
nicht  Silberbäder  in  Räumen  abdampfen,  wo  Bilder  aufgeklebt  werden ; 
der  reinlich  zu  haltende  Putztisch  darf  nicht  der  Gefahr  des  Bespritzens 
vom  Entwickler  und  andern  Flüssigkeiten  ausgesetzt  sein;  hundert 
anderer  Vorsichtsmalsregeln  nicht  zu  gedenken. 

Je  gröfser  und  beschäftigter  das  Etablissement  ist,  desto  strenger 
wird  auf  dieses  Auseinanderhalten  der  Arbeiten  gesehen  werden  und 
die  Trennung  der  dazu  dienenden  Räume  durchgeführt  werden  müssen, 
damit  jede  unabhängig  von  der  andern  verrichtet  werden  kann. 

Ein  Uebelstand  bei  Anlage  solcher  Arbeitsräume  ist  immer  der, 
dafs  dazu  meistens  die  obern  Stockwerke  von  Häusern,  die  zu  ganz 
anderen  Zwecken  dienen,  genommen  werden.  Die  Folge  davon  ist. 


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218 


Ateliereinrichtungen. 


dafs  die  Atelieranlage  sich  den  schon  vorhandenen  Baulichkeiten  an- 
bequemen mufs  und  dies  geht  nur  unter  Aufopferung  mancher  Vortheile. 
Nichts  ist  daher  verschiedener  als  die  Einrichtung  der  photographischen 
Arbeitsräume,  und  nur  ein  Princip  der  oben  als  so  nothwendig  be- 
tonten Trennung  der  Arbeiten  ist  fast  überall  festgehalten,  nämlich 
Trennung  des  Positivprocesses  vom  Negativprocefs. 

Wir  geben  hier  als  Vorbild  für  Ateliereinrichtungen  zwei  praktische 
Beispiele,  das  photographische  Atelier  an  der  König!.  Gewerbe-Aka- 
demie zu  Berlin  und  das  Atelier  Rabending- Monckhoven  zu  Wien. 
Jeder,  der  ein  Etablissement  einrichten  will,  wird  daran  einen  Anhalt 
finden.  Oertliche  Verhältnisse  werden  freilich  oft  genug  zur  Modifi- 
cirung dieser  Pläne  nöthigen. 

Das  photographische  Atelier  an  der  Königl.  Gewerbe- Akademie 
besteht  aus  einem  Glashause  A von  32'  Länge  und  22'  Tiefe.  Höhe 

Ftg.  48. 


an  der  vorderen  Glaswand  10'  6",  Höhe  an  der  hinteren  Mauer  16’. 
Das  Dach  ist  nur  bis  zu  16’  Tiefe  verglast. 

Das  Atelier  selbst  liegt  nicht  genau  nach  Norden,  sondern  nach 
Nordnordwesten,  entsprechend  der  Richtung  des  Gebäudes,  auf  wel- 
chem es  steht.  In  Folge  dessen  scheint  im  Sommer  die  Nachmittags- 
sonne hinein,  ein  Uebelstand,  .der  durch  Sonnensegel  und  Gardinen 
nur  theilweise  gehoben  werden  kann. 

Die  Gardineneinrichtung  ist  nach  dem  System  von  Loescher  und 
Petsch  hergestellt,  welches  sich  von  allen  als  das  rationellste  ergeben 
dürfte,  und  welches  auch  bereits  von  verschiedenen  Ateliers  in  Berlin 


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Atelier-  und  Gardinenconstruction. 


219 


adoptirt  worden  ist.  Dasselbe  besteht  aus  Seitengardinen,  die  in 
senkrechter  Richtung,  und  Oberlichtgardinen,  die  in  schiefer  (der 
Tiefe  des  Glasdachs  paralleler)  Richtung  gezogen  werden  können. 
Ein  Stück  der  Seitengardinenwand  ist  in  Fig.  49,  eine  Oberlicht- 
gardine (Dachgardine)  mit  dem  Schnurwerk  in  Fig.  50  dargestellt. 
Die  Gardinen  sind  1 Elle  breit,  greifen  dachziegelartig  übereinander, 
am  jede  Fuge  zu  vermeiden  (s.  Fig.  49),  und  werden  durch  dünne 
Drähte  d geführt,  auf  welchen  die  Eisenstangen  JE,  welche  die  Gar- 
dinen tragen,  laufen.  Mit  leichter  Mühe  läfst  sich  so  das  ganze 
Atelier  verdunkeln,  Lichtöffnungen  von  1,  2,  3 Ellen  Breite  und  be- 
liebiger Länge  hersteilen,  und  so  die  Richtung  des  Einfallens  der  Strah- 
len auf  das  Mannigfaltigste  modificiren. 


Fig.  49. 


Die  Schnüre  für  die  Seitengardinen  gehen  auf  Rollen  rrrr, 
die  an  der  Dachleiste  M und  an  der  Fufsleiste  L befestigt  sind  und 
können  durch  Schrauben  gg  gespannt  werden.  Die  Drähte  dd  der 
Seitengardinen  hängen  schlaff,  die  der  Dachgardinen  sind  dagegen 
durch  Schrauben  qq  gespannt  (s.  Fig.  50).  Die  Dachgardinenschnüre 
gehen  durch  Porzellanringe  ll,  welche  an  M und  L befestigt  sind. 

Die  Gardinen  bestehen  aus  möglichst  undurchsichtigem  doppelten 
blauen  Köper. 


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220 


Ateliereinrichtungon. 


Dieses  Gardinensystem  ist  zwar  specieil  auf  das  Portraitfach 
berechnet,  welches  nicht  Aufgabe  der  Anstalt  ist;  doch  ist  es  auch 
hier,  namentlich  bei  der  Aufnahme  plastischer  Gegenstände,  von 
besonderer  Wichtigkeit. 

Unmittelbar  neben 
dem  Atelier  liegt  in 
gleicher  Flucht  mit 
ihm  der  Copirraum  K 
(siehe  Fig.  48),  mit 
einem  Fenster  nach 
Nordnordwesten  und 
einem  Oberlicht,  halb 
so  tief  wie  das  Glas- 
dach des  Ateliers.  Zu 
letzterem  führt  eine 
Schiebethür,  die,  im 
Fall  man  beim  Auf- 
nebmen  im  Atelier 
eine  grofse  Distanz 
nöthig  hat,  geöffnet 
wird,  so  dafs  man 
mit  dem  Apparat  bis 
45’  (von  der  entgegen- 
gesetzten Wand  des 
Ateliers)  zurückge- 
hen kann. 

Die  Breite  des  Co- 
pirraumes  ist  nur  14’, 
die  Tiefe  und  Höhe 
gleich  der  des  Ateliers,  ln  Folge  dessen  ist  das  Oberlicht  für  Copir- 
zwecke  etwas  zu  hoch.  Um  nun  die  Rahmen  demselben  näher  zu  brin- 
gen, dient  ein  bewegliches  Copirgestell  von  Holz,  welches  mit  Hülfe 
einer  mechanischen  Vorrichtung  sehr  leicht  bis  zur  Höbe  von  8'  auf- 
gewunden und  wieder  heruntergelassen  werden  kann. 

Der  Copirraum  ist  seiner  Tiefe  nach  in  zwei  Theile  getheilt.  Der 
hintere  Raum  R dient  als  Dunkelkammer  zum  Einlegen  und  Nachsehen 
der  Copirpapiere  und  Aufbewahren  der  frischen  Copieen;  der  vordere 
dient  zum  Exponiren.  Eine  seitliche  Thür  t führt  auf  das  benachbarte 
Dach,  auf  welchem,  wenn  nöthig,  im  Freien  gearbeitet  werden  kann. 

Unmittelbar  an  den  Copirraum,  etwas  höher  gelegen  und  durch 
die  Treppe  mit  ihm  verbunden,  schliefsen  sich  die  Räumlichkeiten  zum 
weiteren  Verarbeiten  der  Papierbilder  an.  1)  Das  Waschzimmer  V, 
2)  die  Buchbinderei  B.  Das  erstere  birgt  zwei  mit  Asphalt  aus- 
gelegte Tisch -Tröge  W von  5'  Länge  und  2|'  Breite,  welche  auf 


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Ateliereinrichtungen. 


221 


Tonnen  (2”)  ruhen.  Der  eine  Trog  dient  zum  Waschen  der  frischen 
Copieen,  der  andere  zum  Waschen  der  fixirten  Bilder.  Eine  Oeff- 
nung  im  Trog  läfst  die  silberreichen  Waschwässer  in  die  untergestell- 
ten Tonnen  fliefsen.  Eine  andere  Oeffnung,  die  verschliefsbar  ist,  fuhrt 
in  den  Abflufs  nach  der  Strafse. 

T dient  zum  Sammeln  der  natronhaltigen  Wässer,  T zum  Sammeln 
der  natronfreien.  Die  Tische  SS  dienen  zum  Papiersilbern.  Das 
Tonen  geschieht  in  dem  lichthellen  Copirraum. 

Der  benachbarte  Raum  B dient  zum  Auftrieben,  Retouchiren  und 
Satiniren  der  Bilder,  aufserdem  noch  als  Vorrathsraum  für  Papier, 
Chemiealien  u.  dergl. 

Wir  kommen  nun  zur  Beschreibung  der  Räume  zur  Verrichtung 
des  Negativprocesses.  Hier  ist  zuerst  ein  kleines  Laboratorium 
mit  Oberlicht  ( L ) anzuführen,  welches  zum  Ansetzen  der  Chemiealien, 
zur  Untersuchung  der  Silberbäder  und  anderer  Substanzen,  Abdampfen 
und  überhaupt  allen  chemischen  Arbeiten  dient,  ln  dem  Raum  neben 
der  Esse  befinden  sich  zwei  Abdampfräume  00,  der  eine  für  silber- 
haltige Flüssigkeiten,  der  andere  für  chlorhaltige  (Goldlösungen  etc.). 
[Das  Niederscbmelzen  der  bei  den  verschiedenen  Processen  fallenden 
Silberrückstände  geschieht  in  dem  grofsen  Laboratorium  des  Instituts.] 

DD  ist  das  Dunkelzimmer  für  die  Präparirung  der  Platten,  durch 
einen  Vorhang  M in  2 Theile  getbeilt  und  mit  einem  durch  Bretter 
abgeschlagenen  Mittelraum  für  Präparirung  trockner  Platten  TT. 

D dient  zum  Plattenputzen  und  allen  damit  in  Verbindung  ste- 
henden Arbeiten. 

CC  ist  der  Tisch  mit  den  Silberbädern;  H der  Entwicklungs-, 
H'  der  Fixirtrog.  Beide  sind  durch  eine  Scheidewand  von  einander 
getrennt  und  bestehen  jeder  aus  zwei  Theilen;  in  dem  linken  Theile 
werden  die  silberreichen  Spülwässer  in  untergestellten  Kübeln  auf- 
gefangen, der  rechte  Theil  dient  zum  Spülen  und  führt  die  Wasch- 
wässer in  die  Gosse.  Die  Breite  jedes  einzelnen  der  4 Tröge,  welche 
mit  Asphalt  gefüttert  sind,  ist  2]"  im  Lichten.  Dafs  allenthalben 
Wasserleitung  und  Gasleitung  mit  Brausen  u.  dergl.  angebracht  sind, 
versteht  sich  von  selbst.  P ist  ein  Plattenregal. 

Der  Dunkelraum  communicirt  mit  dem  Atelier  durch  den  kleinen 
Corridor  00. 

Besser  wäre  es  vielleicht  gewesen,  das  Laboratorium  L als 
Dunkelraum  zu  nehmen.  Das  wurde  jedoch  aus  baulichen  Rücksichten 
nicht  gestattet,  wie  denn  überhaupt  die  Vertheilung  der  Räumlichkeiten 
wegen  der  ungewöhnlichen  Construction  des  als  Basis  dienenden  Ge- 
bäudes*) besondere  Schwierigkeiten  machte. 


*)  Wie  mau  in  Fig.  48  siebt,  liegen  die  verschiedenen  Räumlichkeiten  nicht  in 
derselben  Ebene  und  communicircn  deshalb  durch  Stufen  miteinander. 


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222 


Ateliereinrichtungen. 


Das  Atelier  von  Rabending  und  Monckhoven  hat  dem  gegenüber 
den  grofsen  Vortheil,  dafs  es  von  Grund  aas  zu  rein  photographischen 
Zwecken  aufgeführt  wurde. 

.Es  bildet  ein  zweistöckiges  Gebäude,  in  dessen  erster  Etage  das 
Glashaus  gelegen  ist;  es  steht  ringsum  frei,  inmitten  eines  geräumigen 


Parte  rre. 


Fig.  51. 


o)  Retouchirzimmer  für  Poaitive,  b)  Treppenhaus,  c)  Salon,  d)  Bureau,  e)  Negativ- 
zinimer,  /)  Negativretouchirzimmer,  g)  Wartezimmer  fllr  die  Diener,  h)  Aufkleberaum, 
n)  Laboratorium,  o)  Corridor,  v)  Copirzimmer,  in)  Glasgallerie. 


Erster  Stock. 

Fig.  52. 


n)  Toilette,  b)  Treppenhaus,  c)  Raum  zum  Aufbewahren  der  Papiere,  d ) Platten- 
zimmer, e)  Dnnkelraum,  /)  Corridor,  g)  Vergröfserung,  h)  Atelier,  n)  Tunnel. 


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Ateliereinrichtungen. 


223 


Hofes,  der  eine  bequeme  Wagenauffahrt  gestattet.  In  das  Gebäude 
gelangt  man  durch  einen  eleganten  Corridor  o.  Der  Corridor  führt  in 
den  Wartesalon  c,  neben  welchem  ein  kleines  Wartezimmer  für  die 
Dienerschaft  g liegt.  Zur  Linken  liegt  ein  Raum  n,  das  Laboratorium, 
neben  welchem  die  Treppe  in  den  ersten  Stock  mit  dem  Glashanse  h 
führt.  Hinter  dem  Glashause  liegt  ein  Raum,  nach  Süden  hinaus- 
gehend, g,  der  zu  Vergröfserungen  bestimmt  ist  An  das  Glashaus 
schliefst  sich  ein  dunkler  Raum  an  zum  Aufstellen  der  Apparate.  In 
demselben  Zimmer  befindet  sich  ein  Schrank  für  Aufbewahrung  der 
kleinen,  nicht  lackirten  Vergröfserungsnegative. 

Die  gewöhnlichen  Arbeiten  des  Positivprocesses  werden  in  einem 
Anbau  v vorgenommen,  der  mit  dem  Hauptgebäude  durch  eine  Glas- 
gallerie  w verbunden  ist.  Räthselhaft  ist,  dafs  diese  Räumlichkeiten 
bei  der  Anlage  nicht  mit  in  das  Hauptgebäude  aufgenommeu  worden 
sind.  Wahrscheinlich  hat  eine  Vergröfserung  des  Etablissements  den 
Anbau  nothwendig  gemacht. 

Die  Glasgallerie,  die  nach  einer  Seite  hin 
offen  ist,  gestattet  auch  bei  schlechtem  Wetter 
Copieen  im  Freien  auszulegen.  Unweit  der 
Positivkammer  fand  sich  ein  kleines  Zim- 
mer /,  welches  für  die  Negativrctouche  be- 
stimmt ist.  Das  hierzu  dienende,  am  Fenster 
angebrachte  Pultp  (Fig.  53)  war  eine  grofse, 
matte  Glastafel  von  der  Fensterbreite,  unter 
welcher  ziemlich  horizontal  ein  ebenso  breiter 
Spiegel  s lag;  dieser  reflectirt  das  Himmels- 
licht auf  die  matte  Tafel,  welche  als  Unter- 
lage für  die  Negative  dient,  und  die  mit 
passend  ausgeschnittenen  Brettchen  mehr 
oder  weniger  zugedeckt  werden  konnten,  so 
dafs  nur  der  zu  retouchirende  Theil  erleuchtet 
blieb.  Aufsen  war  der  Spiegel  mit  einem  durchsichtigen  Gehäuse  g 
umschlossen. 

Die  übrigen  Parterreräumlichkeiten,  deren  Separatzweck  aus  den 
Unterschriften  der  Figuren  ersichtlich  ist,  waren  sämmtlich  der  Voll- 
endung der  Positive  gewidmet. 

Das  Laboratorium  für  den  Negativprocefs  e (Fig.  52)  liegt  neben 
dem  Atelier  im  ersten  Stock.  Es  ist  durch  ziemlich  tief  gefärbte  roth- 
gelbe  Scheiben  erhellt.  Unmittelbar  nebenan  befindet  sich  der  Raum 
zur  Aufbewahrung  der  Platten. 

Vom  Glashause. 

Das  Glashaus  ist  der  Theil  des  photographischen  Etablissements, 
in  welchem  die  Belichtung  oder  die  Aufnahme  vorgenommen  wird. 


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224 


Atelierbau. 


Unsere  Leser  haben  bei  Beschreibung  der  Ateliereinrichtungen  im 
Grundrifs  zwei  Glashäuser  kennen  gelernt,  welche  sich  in  ihrer  Con- 
struction  sehr  wesentlich  von  einander  unterscheiden  und  welche  gleich- 
sam die  Typen  zweier  ganz  verschiedenen  Systeme  bilden.  Das  eine 
ist  das  AteliermitNordfront,  analog  dem  der  Gewerbe -Akademie, 
das  andere  ist  das  sogenannte  Tunnelatelier.  Im  Nordfrontatelier 
stehen  die  Apparate  mit  dem  aufzunehmenden  Objecte  in  demselben 
verglasten  Raume.  Ihre  Sehrichtung  entspricht  gewöhnlich  der  Längs- 
richtung des  Ateliers,  dessen  Hauptglaswand  genau  von  Ost  nach  West 
geht,  und  welche  als  Basis  eines  mehr  oder  weniger  tiefen  und  mehr 
oder  weniger  steilen  Glasdachs  dient.  Die  Aufnahmeobjecte  sind  ge- 
wöhnlich an  den  Seitenmauern  placirt. 

Die  nachfolgenden  Zeichnungen  versinnlichen  das  Aeufsere  und 
Innere  eines  solchen  Ateliers. 

Die  Tunnelateliers  bestehen  aus  zwei  charakteristisch  verschie- 
denen Theilen,  einem  dunkeln,  in  welchem  die  Apparate  stehen,  und 
einem  verglasten,  in  welchem  die  Aufnahmeobjecte  placirt  werden. 
Figur  54  giebt  das  Bild  des  Monckhoven’schen  Tunnelateliers.  Das- 
selbe bildet  einen  eigentümlichen  Bau,  mit  einem  sehr  breiten,  nach 

Flg.  54. 


a 


Norden  gelegenen  vorderen  Glasdach  von  ca.  26  Fufs  Länge  und 
einer  östlichen  Seitenglaswand  von  ca.  11  Fufs  Breite.  Die  gegen- 
überliegende Westwand  ist  dunkel.  An  das  Glasdach  schliefst  sich 
ein  nicht  verglaster  Raum  für  die  Hintergründe,  und  ein  breiter, 
niedriger,  halbdunkler  Raum,  der  Tunnel,  in  dem  die  Apparate 
stehen. 


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Atelierbau. 


225 


Die  Person  steht  so,  dafs  sie  die  Seite,  welche  aufgenommen 
werden  soll,  nach  Norden  wendet,  d.  h.  dafs  sie  dem  breiten  Glas- 
dache das  Gesicht  zukehrt 

Die  Steilheit  des  Glasdachs  bietet  den  Vortheil  des  rascheren  Ab- 
flusses von  Regen  und  Schnee,  daher  gröfserer  Reinlichkeit.  Die  hohe 
Hinterwand  wirkt  zugleich  als  Sonnensegel. 

Kritik  der  beschriebenen  Atelierconstroctionen. 

Als  Haupterfahrungssatz  bei  der  Anlage  eines  Glashauses  gilt  das  bei 
allen  Constructionen  beobachtete  Princip,  das  directe  Sonnenlicht 
auszuschliefsen  und  mit  dem  Licht  des  Himmels  allein  zu  arbeiten. 

Die  Gründe  für  diesen  Satz  werden  wir  im  dritten  Theile  unseres 
Buches  entwickeln. 

Um  die  Sonne  auszuschliefsen,  legt  man  die  Licht  einlassenden 
Glasflächen  möglichst  nach  Norden ; um  möglichst  viel  Himmelslicht  zur 
Disposition  zu  haben,  legt  man  die  Glashäuser  auf  hohen  Gebäuden 
oder  an  Orten  au,  wo  der  Horizont  nach  der  Glasseite  hin  frei  ist  In 
Städten  wird  oft  genug  durch  gegenüberliegende  Gebäude  ein  beträcht- 
liches Stück  des  wirksamen  Himmelsgewölbes  abgeschnitten.  Das  von 
den  Gebäuden  reflectirte  Licht  ist  zwar  nicht  unwirksam,  seine  Intensität 
ist  aber  meist  eine  ganz  andere  als  die  des  Himmelsgewölbes,  entweder 
ist  es  heller  (namentlich  bei  Sonnenschein  oder  bei  weifsem  Anstrich), 
oder  dunkler,  und  dieser  Umstand  stört  oft  wesentlich  bei  einer  durch 
Gardinen  zu  bewirkenden  zweckmäfsigen  Lichtvertheilung. 

Bei  der  Benutzung  eines  Ateliers  spielt  nämlich  nicht  blos  Qualität 
und  Quantität  des  Lichtes  eine  Rolle,  sondern  auch  die  Richtung 
seines  Einfalls  auf  den  zu  beleuchtenden  Gegenstand. 

Wir  werden  im  dritten  Theile  drei  Portraits  als  Illustration  bei- 
legen, welche  in  von  oben  und  von  der  Seite  kommendem  Licht  auf- 
genommen worden  sind,  aus  denen  hervorgeht,  dafs  die  erstere  Ein- 
fallsrichtung — Vorderlicht  — am  ungünstigsten  wirkt,  das  Seiten- 
licht dagegen  am  günstigsten.  Die  Erörterung  dieses  Punktes  dem 
ästhetischen  Theile  unseres  Werkes  vorbehaltend,  bemerken  wir  hier 
nur,  dafs  zwar  Niemand  in  reiner  Seitenbeleuchtung  ein  Portrait 
aufnehmen  wird,  dafs  aber  in  den  vorzüglichsten  Portraits  unserer 
Musterateliers  das  Seitenlicht  dominirt. 

Von  diesem  Standpunkte  aus  können  wir  demnach  einer  Construc- 
tion  wie  der  Monckhoven’schen,  wo  das  Vorderlicht  dominirt,  nicht 
das  Wort  reden.  Sie  würde  brauchbarer  erscheinen,  wenn,  wie  unten 
gezeigt  werden  soll,  das  Seitenlicht  verbreitert,  das  vordere  Oberlicht 
verschmälert  würde. 

Zum  näheren  Verständnifs  der  Erscheinungen  der  Lichtver- 
theilung in  einem  Atelier  müssen  wir  die  Hauptprincipien  der  Hellig- 
keit in  einem  verglasten  Raume  erörtern. 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  1Ü 


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226 


Atelierbau. 


Man  nehme  einen  von  Wänden  umschlossenen,  durch  ein  Fenster 
erhellten  Raum  an,  z.  B.  ein  Zimmer,  dasselbe  sei  allein  vom  Lichte 
des  heitern  blauen  Himmels  erhellt;  die  Erfahrung  lehrt  uns, 
dafs  die  Helligkeit  an  verschiedenen  Stellen  eines  solchen  Zimmers 
sehr  verschieden  ist;  je  weiter  ein  Punkt  desselben  vom  Fenster  ab- 
liegt, desto  dunkler,  je  näher  er  letzterem  liegt,  desto  heller  erscheint  er. 
Aufser  der  Entfernung  vom  Fenster  ist  aber  auch  noch  die  Lage  des 
Punktes  zur  Fensterwand  selbst  von  Wichtigkeit.  Ein  hart  an  der 
Fensterwand  selbst  liegender  Punkt  erscheint  bei  gleicher  Entfernung 
vom  Fenster  viel  dunkler,  als  ein  andrer,  dem  Fenster  gerade  gegen- 
über liegender  Punkt. 

Geben  wir  uns  zunächst  von  der  Ursache  dieser  Erscheinung 
Rechenschaft.  Bei  Ausschlufs  der  Sonne  ist  der  blaue  Himmel  die 
alleinige  Lichtquelle,  welche  das  Zimmer  erleuchtet.  Die  Helligkeit 
eines  Punktes  im  Zimmer  wird  demnach  um  so  gröfser  sein,  je  gröfser 
das  Stück  des  Himmelsgewölbes  ist,  welches  Lichtstrahlen  auf  ihn 

sendet.  Man  nehme  z.  B. 


Fig.  55. 


einen  Punkt  a an,  der 
einem  runden  Fen- 
ster gegenüber  liegt, 
dieses  wird  von  einem 
Strahlenkegel  getroffen, 
dessen  Durchmesser  ge- 
nau dem  des  runden 
Fensters  entspricht.  Man 
nehme  einen  zweiten 
Punkt  a',  dieser  wird 
nur  durch  Strahlenkegel 
ba'  o erhellt,  welcher  be- 
deutend schmäler  ist. 
Noch  spitzer  erscheint 
der  Strahlenkegel,  wel- 
cher den  seitwärts  lie- 
genden Punkt  s erhellt, 
daher  erklärt  es  sich, 
warum  a heller  erscheint 
als  a’,  dieser  heller  als  e. 
Wir  haben  demnach  in 
der  OefFnung  des  Strah- 
lenkegels, d.  h.  in  dem 
Winkel,  welchen  die  Li- 


nien mit  einander  bilden,  die  von  dem  beleuchteten  Punkte  nach  den 


Kanten  der  Fensteröffnung  gezogen  werden  können,  ein  Kriterium  für 
die  H elligkeit  für  den  betreffenden  Punkt.  Ich  nenne  diesen  Winkel 
den  Lichtwinkel. 


Nimmt  man  einen  Punkt  an  der  Fetisferwand,  so  schrumpft  dieser 
Lichtwinkel  zu  einer  Linie  zusammen,  solch  ein  Punkt  würde  demnach 
absolut  dunkel  sein,  wenn  er  nicht  durch  Reflexion  der  hellen 
Wände  Licht  empfinge. 

Es  ist  aber  klar,  dafs  nicht  nur  die  dunkle  Fensterwand,  sondern 
jeder  übrige  Punkt  im  Zimmer  solches  reflectirte  Licht  von  den  Wän- 
den resp.  Decke  und  Fufsboden  empfangen  wird.  Jeder  Punkt  des 


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Atelierban. 


227 


Zimmers  (die  Fensterwand  ausgenommen)  wird  demnach  von  zwei 
verschiedenen  Licbtmassen  getroffen  werden: 

1)  Von  dem  directen  Lichte  des  blauen  Himmels,  dessen 
Menge  um  so  gröfser  ist,  je  gröfser  der  sphärische  Flächeninhalt  des 
zur  Wirkung  kommenden  Himmelsgewölbestückes  ist. 

2)  Von  dem  reflectirten  Licht  der  Wände,  dessen  Verhältnisse 
complicirter  Natur  sind. 

Sehen  wir  einmal  vorläufig  von  dem  reflectirten  Licht  der  Wände 
gänzlich  ab  und  betrachten  wir  zunächst  die  Wirkung  des  directen 
Himmelslichtes.  Die  durch  diese  hervorgerufene  Helligkeit  wollen  wir 
der  Kürze  wegen  die  directe  Helligkeit  nennen. 

Die  directe  Helligkeit  eines  Punktes  im  Zimmer  ist,  wie  oben 
erörtert  wurde,  zunächst  abhängig  von  seiner  Lage  zum  Fenster, 
ferner  aber  auch  von  der  Gröfse  des  letztem. 

Zur  näheren  Erörterung  dieser  Punkte  wollen  wir  von  den  ein- 
fachsten Voraussetzungen  ausgehen,  und  zunächst  die  Helligkeit  eines 
einem  schmalen  runden  Fenster  gerade  gegenüber  liegen- 
den Punktes  betrachten.  Je  gröfser  das  Fenster,  desto  gröfser  ist 
der  Lichtwinkel.  Angenommen,  der  Lichtwinkel  sei  nur  klein, 
so  ist  die  Helligkeit  eines  Punktes  dem  Flächeninhalt  der  F enster- 
öffnung  proportional.  Nun  verhalten  sich  aber  die  Flächeninhalte 
bei  ähnlichen  Figuren  wie  die  Quadrate  gleich  liegender  Linien,  dem- 
nach werden  die  H elligkeiten  sich  verhalten  wie  die  Quadrate 
der  Fensterdurchmesser*).  Ein  doppelt  so  breites,  rundes  oder 

*)  Die  mathematische  Entwicklung  der  oben  gegebenen  Sätze  ist  folgende. 

Man  nehme  an,  dafs  die  Lichtquantität,  welche 
ein  Stück  des  blauen  Himmelsgewölbes  liefert, 
der  Gröfse  desselben  proportional  sei ; es  bestimmt 
sich  alsdann  die  Helligkeit  der  einem  runden 
Fenster  gegenüber  liegenden  Punkte  aa'a!’  (siehe 
Fig.  57)  aus  dem  Flächeninhalte  der  Calotte,  welche 
von  dem  Lichtkegel  eingeschlossen  wird,  welchen 
\ die  Strahlen  bilden.  Der  Inhalt  J einer  Calotte 
N ist,  wenn  der  Radius  der  Grundfläche  des  Seg- 
ments ==  (i,  die  Höhe  = h ist,  — - rr  -+ - 5“ ) 

(s.  Fig.  56).  Ist  der  halbe  Lichtwinkel  = <s,  so  ist 
h = r (1  — cos  a ) , 
für  kleine  Winkel  kann  man 

1 — cos  a = 0 

setzen,  dann  ist  J = 7raa, 
d.  h.  identisch  mit  der  Grundfläche,  deren  Radius 


Fig.  57. 


15* 


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228 


Atelierbau. 


quadratisches  Fenster  wird  daher  für  denselben  Punkt  die  vierfache, 
ein  dreimal  so  breites  die  neunfache  Helligkeit  liefern. 


Bei  gröfseren  Fensteröffnungen  ist  die  Zunahme  der  Hellig- 
keit bei  Yergröfserung  der  Oeffnung  nicht  so  bedeutend.  Man  nehme 
z.  B.  einen  Punkt  a (Fig.  58),  der  in  dem  sonst  mit  Gardinen  verhüllten 
Glashaus  einer  Oeffnung  cb  gegenüber  liegt.  Der  halbe  Lichtwinkel 
ist  hier  a.  Vergröfsert  man  die  Oeffnung  successive  auf  das  Doppelte 
ob',  oder  das  Dreifache  ob",  oder  das  Vierfache  ob'",  so  wächst  der 
Lichtwinkel  bei  a um  die  Stücke  a",  a'",  die,  wie  man  aus  der  Figur 
sieht,  in  viel  geringerem  Mafse  zunehmen,  als  die  Gröfse  der  Fenster- 
öffnung. Wir  können  aus  diesem  Satz  sofort  eine  praktische  Folgerung 
ziehen. 

Es  sei  in  einem  32'  langen  Atelier  (Fig.  59),  5'  von  der  Glaswand,  4' 
von  der  Hinterwand  eine  Person  a placirt,  und  die  Glaswand  von  g bis  h 
offen.  Wir  erhalten  dann  ein  Kriterium  der  Helligkeit  bei  der  Person, 
wenn  wir  den  Lichtwinkel  hag  construiren.  Das  von  dem  Winkel 


Demnach  verhalten  sich  fllr  verschiedene  Punkte  aa'a"  die  Helligkeiten  wie 
n o»  : n a'2  : jr 

Nun  ist  a»  = sin  ’o  (s.  Fig.  56), 

daher  verhalten  sich  die  Helligkeiten  für  die  Punkte  aa'a"  wie 
7i  sin  2 a : n sin  »'a  : rt  sin  2"a 

oder  da  für  kleinere  Winkel  die  SinuBse  den  Tangenten  proportional  sind, 
jr  tg  s«  : jr  tg  *a’ : rr  tg  2a". 

Nun  sind  die  Tangenten  a a’a"  gleich  der  halben  Fensteröffnung  F,  dividirt  durch  die 
Entfernung  E der  Punkte  aa'a",  daher  verhalten  sich  die  Helligkeiten  in  a a’a"  wie 
f»  F* 

'S2  ' W2  ' E"2  ’ 

d.  h.  die  Lichtstarke  nimmt  nb,  wie  die  Quadrate  der  Entfernung 
zunehmen  und  nimmt  zu  mit  dem  Quadrate  des  Fensterdurchmessers. 


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Atelierbau. 


229 


hag  abgeschnittene  Stück  Himmelsgewölbe  bestimmt  die  Helligkeit 
des  Punktes  o. 

Fig.  59.  Wäre  nun  das  Atelier  statt  32' 


nur  24'  lang,  d.  h.  hörte  es  bei  i 
auf,  so  würde  die  Helligkeit  durch 
den  Winkel  iag  bestimmt  werden, 
alle  übrigen  Umstände  als  gleich 
vorausgesetzt. 

Schon  aus  der  Figur  erkennt 
man,  dafs  die  Winkel  iag  und 
hag  nicht  sehr  verschieden  sind, 
d.  h.  dafs  in  diesem  speciel- 
len  Falle  die  Verlängerung  der 
Glaswand  um  8'  über  i hinaus 
(um  das  Stück  ih)  keinen  son- 
derlich grofsen  Nutzen  hat,  um 
so  mehr,  als  das  sehr  schief  auf 
die  Glaswand  hi  fallende  Licht 
zum  grofsen  Theil  von  den  Schei- 
ben reflectirt  wird.  — 

Jetzt  nehme  man  zwei  Punkte 
an,  a und  a (Fig.  59a),  die  ver- 
schieden weit  von  dem  schmalen 
Fenster  abliegen. 

Je  weiter  ab  vom  Fenster, 
desto  kleiner  wird  der  Licht- 
winkel. 

Eine  einfache  mathematische 
Betrachtung  führt  alsdann  zu  dem 
Schlufs,  dafs  die  Helligkeiten 


Fig.  59«. 


zweier  Punkte,  die  dem 
Fenster  gegenüber  lie- 
gen, in  demselben  Mafse 
abnehmen,  wie  die 
Quadrate  ihrer  Ent- 
fernung vom  Fenster 
zunehmen.  (S.  unten 
die  Anmerkung  S.  227 
und  228.) 

Rücken  wir  demnach 
in  einem  Glashauseeinen 
Gegenstand  doppelt  so 
weit  von  der  Glaswand 
weg,  so  werden  wir, 
wenn  wir  ihn  ebenso 
hell  haben  wollen  als 
vorher,  die  Gardinen  so 
weit  öffnen  müssen,  dafs 
die  freie  Glasfläche  vier- 
mal so  grofs  wird  als 
vorher,  oder  aber,  wir 
werden  bei  unveränder- 


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230 


Atelierbau. 


ter  Fensteröffnung  und  doppelt  so  weiter  Entfernung  von  der  Glas- 
wand, eine  viermal  so  lange  Exposition  brauchen.  Ist  die  Fenster- 
öffnung grofs,  so  nehmen  die  Helligkeiten  nicht  in  so  raschem  Ver- 
hältnifs  ab,  d.  h.  in  der  doppelten  Entfernung  ist  die  Helligkeit  etwas 
gröfser  als  in  der  dreifachen  etwas  gröfser  als  ’. 

Wir  können  aus  den  gewonnenen  Betrachtungen  wieder  eine 
praktische  Folgerung  ziehen  und  eine  Frage  beantworten,  welche  neuer- 
dings oft  genug  aufgetaucht  ist:  Wasistzweckmäfsiger,  ein  hohes 
oder  niedriges  Atelier?  Hier  ist  nun  eine  Vorfrage  zu  beantworten, 
nämlich:  Wozu  soll  das  Atelier  dienen? 

Ein  Atelier  kann  zur  Aufnahme  von  Einzelportraits  ganz  vor- 
trefflich, zur  Aufnahme  von  Gruppen  oder  Reproductionen  dagegen 
wenig  geeignet  sein,  und  umgekehrt;  Ateliers,  wie  z.  B.  Reutlinger’s 
und  Salomon’s  in  Paris,  sind  trefflich  zur  Aufnahme  von  Einzelpor- 
traits, fast  ganz  ungeeignet  aber  zu  Gruppen. 

Der  Grund  ist  leicht  einzusehen.  Bet  Aufnahme  von  grofsen 
Gemälden,  Zeichnungen  verlangt  man  eine  gleich mäfsige  Beleuch- 
tung über  das  ganze  Original  hinweg,  bei  Aufnahmen  von  Einzel- 
portraits dagegen  verlangt  man  vom  künstlerischen  Standpunkte 
aus  eine  ungleich  mäfsige  Beleuchtung:  der  Kopf,  welcher  die 
Hauptsache  bildet,  heller,  die  übrigen  wenig  charakteristischen  Theile 
in  das  Halbdunkel  zurücktretend;  künstlerische  Eigenschaften,  welche 
im  potenzirten  Grade  bei  den  Portraits  von  Adam  Salomon  und  unter 
Wiener  Künstlern  bei  Carl  von  Jagemann’s  Bildern  sichtbar  sind. 

Wollte  man  aber  in  solcher 


Fi*.  so. 


für  ein  Einzelportrait 
berechneten  Beleuchtung 
eine  Gruppe  postiren  und 
aufnehmen,  so  würden  alle 
Personen  bis  auf  eine  im 
Halbdunkel  stehen  und  — 
kaum  sichtbar  sein. 

Wenn  ich  demnach  obige 
Frage  beantworten  soll,  so 
mufs  ich  den  Zweck  selbst 
in's  Auge  fassen  und  ich 
halte  mich  hier  zunächst  an 
den  einfachsten  Fall:  die 
Construction  eines 
Ateliers  zur  Aufnahme 
von  Einzelportraits. 

Nehmen  wir  einmal  ein 
Atelier  (Fig.  60)  von  circa 
25'  Höhe  an,  darin  einen 
Gegenstand,  z.  B.  einen 
Menschen  a'k'  von  5' Höhe. 
Oberhalb  desselben  sei  eine 


Oeffnung  bc  in  dem  Glas- 
dach von  bestimmter  Gröfse,  die  Entfernung  des  Kopfes  von  derselben 
ist  dann  = 20',  die  des  Bodens  = 25',  demnach  wird  die  Helligkeit 
beider  sich  verhalten  wie  400:  625=  16:25,  d.  h.  fast  wie  2:3. 

Man  nehme  ferner  ein  Atelier  von  10’  Höhe  an,  alle  übrigen 


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Atelierbau. 


231 


Verhältnisse  seien  dieselben,  so  wird  die  Entfernung  des  Kopfes  k von 
der  Oeffnung  = 5',  die  der  Ffifse  a = 10’  sein,  die  Helligkeiten  beider 
verhalten  sich  demnach  wie  1 : 4. 

Man  sieht,  wie  bedeutend  diese  Unterschiede  sind.  Im  ersten 
Falle,  in  einem  hohen  Atelier,  ist  der  Kopf  nur  1 \ mal  so  hell  als 
der  Fnfs,  im  «weiten  Fall  4mal  so  hell.  Was  ist  die  Folge?  Im 
ersten  Fall  schwache  Lichtcontraste,  im  letzten  Fall  grofse. 

Nun  ist  beim  Portrait  der  Kopf  die  Hauptsache;  dieser  mnfs 
das  Hauptlicht  empfangen.  Ein  Lichtcontrast  zwischen  Kopf  und 
Fufs  im  Verhältnifs  2:3  ist  zu  gering,  um  sich  im  Bilde  brillant  zu 
markiren.  Wirkungsvoller  ist  entschieden  ein  Lichtcontrast  1 : 4. 

Von  diesem  Standpunkte  aus  verdient  demnach  zur  Aufnahme 
von  Einzelportraits  ein  niedriges  Atelier  entschieden  den  Vorzug. 

Als  Beispiel  solcher  vortrefflich  wirkenden  niedrigen  Ateliers 
nenne  ich  hier:  Adam  Salomon,  Reutlinger. 

Bis  jetzt  haben  wir  einen  dem  Fenster  gerade  gegenüber  liegenden 
Punkt  im  Ange  gehabt. 

Betrachten  wir  jetzt  die  directe  Helligkeit  für  irgend  einen  andern 
Punkt  a,  der  seitlich  zum  Fenster  liegt  (Fig.  61).  Dafs  diese  kleiner 
ist,  als  die  für  einen  der  Fensteröffnung  gerade  gegenüber  liegenden 

Die  Helligkeit  ver- 
mindert sich  hier  mit 
dem  Neigungswinkel 
der  Strahlen  gegen 
die  Fensterwand. 
Man  kann  hier  zur 
Bestimmung  der  Hel- 
ligkeit , statt  des 
schiefliegenden  Fen- 
sters ein  senkrecht 
zu  den  Strahlen  lie- 
gendes cd  annehmen, 
dessen  Gröfse  gleich 
der  Projection  des 
Fensters  in  der  Rich- 
tung der  Strahlen  ist. 

Ist  der  Winkel,  den 
die  Strahlen  mit  der 
Fensterwand  machen  = a,  die  Fensteröffnung  = F,  so  ist  die  Projec- 
tion = F sin  a,  demnach  die  Helligkeit  an  dem  Punkt  a proportional 
der  Formel 

jF*  sin  ’o 

E * ' 

Wir  können  demnach  die  directe  Helligkeit  irgend  eines  Punktes  im 
Zimmer  in  Zahlen  feststellen,  wenn  wir  die  Gröfse  des  Fensters  kennen, 
den  Winkel,  welchen  die  Lichtstrahlen  mit  demselben  bilden  und  die 
Entfernung  des  Punktes  vom  Fenster. 

Bei  Erörterung  dieser  Principien  ist  vorläufig  von  der  Wirkung 
des  von  Wänden  etc.  reflectirten  Lichtes  und  von  dem  Reflexions- 
verlust beim  Gange  des  Lichtes  durch  die  Glasscheiben  abgesehen. 

Wer  die  gegebenen  Anweisungen  aufmerksam  gelesen  hat,  wird 


Punkt,  wurde  schon  oben  auseinandergesetzt. 
Fig.  61. 


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232 


Atelierbau. 


leicht  noch  andere  Aufgaben  in  Bezug  auf  Bestimmung  der  Helligkeit 
irgend  eines  Punktes  in  einem  Atelier  lösen  können.  Für  kleine 
Lichtöffnungen  kann  man  die  relativen  Helligkeiten  an  verschie- 
denen Punkten  eines  Zimmers  leicht  berechnen  (nach  den  S.  228  u. 
231  gegebenen  Formeln),  bei  gröfseren  wirkenden  Glasflächen  giebt  die 
Construction  des  Lichtwinkels  das  beste  Eriterium.  Man  zeichnet  sich 
alsdann  das  Atelier  (oder  ein  Stück  desselben  mit  der  zur  Wirkung 
kommenden  Glasfläche  und  dem  zu  beleuchtenden  Punkt)  nach  Grund- 
und  Aufrifs  und  construirt  den  Lichtwinkel  in  der  horizontalen  oder 
verticalen  Ebene. 

Aus  diesen  Principien  ergiebt  sich  nun  eine  Kritik  der  Atelier- 
constructionen  von  selbst. 


Fig.  62. 


Man  nehme  das  Nordfront- 
atelier (Fig.  62)  als  Vorlage. 
Dasselbe  ist  32'  lang,  16'  tief, 
zeigt  geschlossene  Wände  und 
eine  nördliche  Glasfront  hg.  Mafs- 
stab  ist  beigezeichnet.  Es  be- 
finde sich  eine  Person  bei  a , 
5'  von  der  Glaswand,  4'  von  der 
Rückwand,  die  Glaswand  sei  von 
g bis  h (28')  offen.  Wir  erhal- 
ten alsdann  ein  Bild  von  derWir- 
kung  der  28’  langen  Seitenglas- 
wand, wenn  wir  den  Lichtwinkel 
hag  construiren.  Nun  denke 
man  sich  statt  der  langen  Glas- 
wand gh  eine  schiefe  Glaswand 
gk  von  nur  8’  Länge.  Der  Win- 
kel kag  wird  dann  ganz  genau 
so  grofs  sein,  als  der  Winkel  hag , 
d.  h.  diese  kleine,  nur  8’ 
lange  Glaswand  wird  eben 
so  viel  Licht  in  das  Atelier 
lassen,  als  die  grofse  Glas- 
wand gh  von  28'  Länge. 

Ja  sogar  eine  Glaswand  g l 
von  5'  Länge  würde  dieselbe 
Lichtmenge  für  die  Person  bei  a 
spenden  und  nur  insofern  unvor- 
teilhaft sein,  als  vom  Apparat  A 
aus  gesehen,  durch  die  Kante  der  Wand  bei  l ein  grofser  Theil  des 
Gesichtsfeldes  abgeschnitten  werden  würde. 

Wir  haben  somit,  erwiesen,  dafs  für  Aufnahme  einer  Person  bei  a 
die  grofse  Glaswand  von  28’  Länge  durch  eine  viel  kleinere,  schief 
stehende  von  8'  Länge  ersetzt  werden  kann,  ohne  der  Helligkeit  Ein- 
trag zu  thun;  was  aber  für  die  Glaswand  gilt,  gilt  auch 
für  das  Glasdach,  die  28'  lange  Fläche  desselben  kann 
durch  eine  kleine,  geneigte  Fläche  von  8'  Länge  ersetzt 
werden. 

Construirt  man  demnach  ein  Atelier  mit  einer  solchen  Glaswand 
lind  einem  analogen  Glasdach,  so  bekommt  man  einen  Raum,  der 


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Atelicrbau. 


233 


in  Bezug  auf  Helligkeit  dem  grofsen  Atelier  von  32’  Länge  gleich- 
steht.*) 

Ein  solches  Atelier  würde  folgende  Form  zeigen:**) 


Fig.  63. 


Die  nicht  schraffirten  Theile  sind  hell  und!verglast,  die  übrigen 
dunkel,  der  Apparat  würde  in  dem  dunklen  Theil  TT  stehen,  die 
Person  bei  a in  der  Nähe  der  Glaswand.  Die  Tiefe  des  Glasdaches 
haben  wir  auf  12' angenommen.  Für  Einzelportraits  reicht  dieselbe 
nicht  nur  aus,  sondern  ist  sogar  noch  zu  grofs,  und  dürfte  das  ganze 
Glasdach  nur  in  Ausnahmefällen  zur  Anwendung  gelangen. 

Wir  sind  so,  von  einfachen  Beleuchtungsprincipien  ausgehend,  zu 
einer  Atelierconstruction  gekommen,  welche  in  der  That  schon  öfter, 
wenn  auch  in  anderen  Verhältnissen,  ausgeführt  worden  ist,  ein  soge- 
nanntes Tunnelatelier,  und  haben  bewiesen,  dafs  dasselbe  für  Auf- 
nahme von  Einzelportraits  unter  den  erläuterten  Bedingungen 
in  Bezug  auf  Helligkeit  ebenso  günstig  wirkt,  als  ein  grofses  Nord- 
frontatelier. Ein  solches  Atelier  würde  für  Amateure  und  kleinere 
Photographen  auch  vollkommen  ausreichen.  Die  Lage  der  Seiten- 
wand ist  am  besten  eine  rein  nördliche,  auf  diese  Weise  ist  das 
Seitenlicht  als  Hauptlicht  am  besten  vor  directer  Sonne  geschützt. 
Das  Dach  müfste  vor  Sonnenstrahlen  durch  Segel  bewahrt  werden. 
Bei  Mangel  an  Raum  kann  die  Tiefe  auch  kleiner  als  16’  genommen 
werden.  Wenn  nun  aber  auch  solch  ein  Atelier  für  Einzelportraits 
ausreicht  und  wegen  seiner  billigeren  Herstellung  sich  empfiehlt,  so 
hat  es  doch  dem  Nordfrontatelier  gegenüber  gewisse  Nachtheile.  Zu- 
nächst empfängt  die  Person  immer  ihr  Licht  von  derselben  Seite,  im 
vorliegenden  Falle  von  rechts,  während  ein  Nordfrontatelier,  jenach- 
dem  man  die  Person  an  der  Ost-  oder  Westwand  postirt,  eine  Be- 
leuchtung von  rechts  oder  von  links  erlaubt.  Dieser  Nachtheil  ist 


*)  Ja  in  Bezug  auf  Helligkeit  wird  die  kleine  Glaswand  gk  noch  vorteilhafter 
wirken  als  die  lange  g h,  da  bei  der  letzteren  das  Licht  in  schieferer  Richtung  auf- 
fallt.  also  einen  gröfseren  Reflexionsverlust  erleidet. 

**)  Wir  verdanken  diese  und  die  vorige  Figur  unserm  Freunde  Hm.  A.  Moll  in 
Wien,  welcher  sie  Für  seine  „Notizen“  nach  unsern  Vorlagen  stechen  liefs.  Die  rechts 
unten  mit  16'  gegebene  Tiefe  ist  ein  Druckfehler,  man  setze  statt  dessen  12’. 


234 


Dimensionen  dos  Ateliers. 


jedoch  nicht  grofs.  Reutlinger's  Bilder  sind  z.  B.  alle  von  links  be- 
leuchtet. 

Ein  gröfserer  Nachtheil  ergiebt  sich  aber,  wenn  die  Person  nicht, 
wie  es  hier  vorausgesetzt,  in  der  Nähe  der  Glaswand,  sondern  etwas 
entfernt  davon  postirt  wird. 

Man  denke  sich  eine  Person  in  b (Fig.  62),  doppelt  so  weit  als 
a von  der  Glaswand,  so  erkennt  man,  wenn  man  die  Linien  bh  und 
bk  zieht,  aus  den  Winkeln  hbg  und  kbg  den  Lichteffect,  den  die 
beiden  Glaswände  gh  ung  gk  geben,  und  hier  ersieht  man,  dafs  der 
Winkel  hbg  bedeutend  gröfser  als  kb g ist,  dafs  also  für  einen  von 
der  Glaswand  entfernteren  Punkt  die  Helligkeit  in  einem 
Nordfrontatelier  eine  bedeutend  günstigere  ist. 

Man  ist  deshalb  bei  einem  Tunnelatelier  auf  den  Raum  in  der 
Nähe  der  Glaswand  beschränkt,  während  man  sich  bei  einem  Nord- 
frontatelier viel  mehr  nach  der  Tiefe  zu  ausbreiten  kann,  und  daher 
gewährt  letzteres  nicht  nur  freieren  Spielraum  in  Bezug 
auf  das  künstlerische  Arrangement,  sondern  auch  ent- 
schieden besseres  Licht  zur  Aufnahme  von  Gruppen,  die 
den  gauzen  Raum  der  Tiefe  nach  in  Anspruch  nehmen. 

Der  Vorzug  des  Nordfrontateliers  geht  somit  dem  Tunnelatelier 
gegenüber  klar  hervor. 

Dimensionen  des  Ateliers. 

Welche  Dimensionen  soll  man  demselben  geben? 

Hier  kommt  nun  noch  ein  Punkt  in  Betracht,  nämlich  die 
Distanz. 

Man  bedarf,  jenaohdem  man  ein  Bild  in  Visitenkartengröfse  oder 
halber  Platte  etc.  aufnehnaen  will,  Objective  verschiedener  Brennweite 
und  verschiedener  Distanz  des  Objects  vom  Apparat.  Je  gröfser  das 
Objectiv,  d.  h.  je  länger  seine  Brennweite,  desto  länger  mufs  die  Ent- 
fernung gewählt  werden.  Beim  Tunnelatelier  kann  man  dieses  durch 
Ausdehnung  des  Tunnels  leicht  erreichen.  Bei  Nordfrontateliers,  wo 
der  Apparat  meist  im  Glashause  selbst  steht,  mufs  dieses  die  nöthige 
Länge  besitzen,  falls  man  nicht  in  den  angrenzenden  Raum  mit  dem 
Apparat  zurückgehen  kann.  Die  geringste  Länge,  welche  ein  Glas- 
haus, falls  der  Apparat  innerhalb  desselben  stehen  soll,  haben  mufs, 
beträgt  2T.  Die  geringste  Breite,  wenn  man  im  Arrangement  nicht 
zu  sehr  behindert  sein  will,  beträgt  10'.  In  solchem  Hause  würde 
man  stehende  Figuren,  für  welche  man  die  gröfste  Distanz  braucht, 
nur  in  Visitenkartengröfse  aufnehmen  können.  Für  stehende  Figuren 
in  gröfserem  Format  würde  ein  solches  Atelier  jedoch  nicht  ausreichen. 
Für  solche  Figuren  auf  Cabinetformat  würden  mindestens  24'  Länge, 
für  dieselben  auf  8x6’  Plattengröfse  mindestens  30'  Länge  nöthig  sein. 
Kniestücke  und  Brustbilder  lassen  sich  in  kürzerer  Distanz  hersteilen. 

Gruppen,  die  neben  der  Höbe  noch  eine  Breitenausdebnung 
erfordern,  verlangen  noch  gröfsere  Distanz  als  stehende  Figuren,  und 
erfordern  aufserdem  eine  angemessene  Breite.  Ein  Atelier  von  40' 


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Dimensionen  des  Ateliers. 


235 


Länge  ond  20'  Breite  dürfte  für  die  meisten  Anforderungen  genügen. 
Die  Höhe  der  Glaswand  empfehlen  wir  nicht  gröfser  als  10’  zu  nehmen 
(Adam  Salomon  in  Paris,  dessen  brillante  Lichtcontraste  in  seinen 
Kniestücken  sehr  gerühmt  werden,  hat  nur  ein  Atelier  von  8'  Höbe). 
Das  Glasdach  mufs  sich  nach  hinten  des  Regenabflusses  wegen  pult- 
förmig erheben.  Wir  empfehlen  auf  10'  Tiefe  2’  Steigung.  Die  Tiefe 
des  Glasdachs  selbst  nehme  man  nahezu  ebenso  grofs,  als  die  Tiefe 
des  Ateliers.  Man  hat  dann  das  beliebige  Aufhellen  der  Schatten 
durch  mehr  oder  weniger  weites  Aufziehen  der  Dachgardinen  in  seiner 
Gewalt. 

Figur  64  giebt  die  äufsere  Ansicht  eines  Ateliers  von  32’  Länge 
und  23'  Tiefe.  Man  sieht  oberhalb  desselben  die  Eisenstangen,  an 


Fig.  64. 


welchen  die  Sonnensegel  aufgespannt  werden.  Hinter  denselben  liegt 
ein  zweites  kleineres  Glashaus  CC  einfacherer  Construction  von  10’ 
Höhe,  welches  zum  Copiren  dient.  Das  Hauptatelier  baut  man  aus 
Glas  und  Eisen,  es  ist  zwar  theuer,  aber  solid.  Das  Copiratelier 
kann  aus  Glas  und  Holz  gebaut  werden.  Die  vor  demselben  liegende 
Plattform  p dient  zum  Copiren  im  Freien.  Bei  der  Einrichtung  des 
Innern  des  Ateliers  sind  vorzugsweise  die  G ardinenanlagen  zu 
berücksichtigen. 

Selten  wird  ein  Photograph  die  volle  Glaswand  und  das  volle 
Glasdach  zum  Belichten  verwenden,  sondern  den  Lichteinfall  durch 


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236 


Qardineu.  — Glas  zum  Atelier. 


Vorhänge  reguliren.  Früher  begnügte  man  sich  mit  simplen  Vorhängen, 
die  sich  horizontal  an  Ringen  auf  eine  gewöhnliche  Gardinenstange 
ziehen  liefsen  und  senkrecht  herabhingen.  Neuerdings  hat  man  jedoch 
zur  Erzielung  verschiedener  Lichteffecte  complicirtere  Systeme  in  An- 
wendung gebracht.  Das  vollkommenste  von  allen  ist  das  von  Loescher 
und  Petsch  (siehe  oben  S.  219). 

Weifse  Gardinen  und  Schleier  Vorhänge  sind  vollständig 
überflüssig.  Letztere  würden  das  Licht  nicht  abhalten,  sondern  nur 
dämpfen.  Denselben  Effect  erreicht  man  in  Ateliers  mit  dunklen 
Gardinen  durch  eine  schmälere  Lichtöffnung.  Noch  bemerken 
wir  zum  Schlufs,  dafs  Gardinen  vorsichtig  behandelt  sein  wollen. 
Man  lasse  bei  feuchtem  Wetter  die  Schrauben  nach,  falls  man  das 
Reifsen  der  Schnüre  vermeiden  will.  Man  meide  ferner  heftiges 
Zerren.  Die  vollkommenste  Einrichtung  wird  bei  unvorsichtiger  Be- 
handlung zu  wünschen  übrig  lassen. 

Vom  Glase. 

Zur  Einglasung  der  Ateliers  nehme  man  ein  gutes,  möglichst 
weifses,  nicht  manganhaltiges  Glas.  Letzteres  wird  nämlich  mit 
der  Zeit  gelblich  und  absorbirt  alsdann  eine  beträchtliche  Quantität 
der  chemisch  wirkenden  Strahlen.  Daher  kommt  es,  dafs  in  vielen 
Ateliers  das  Licht,  wie  man  zu  sagen  pflegt,  von  Jahr  zu  Jahr  schlechter 
wird. 

Blaues  Glas  ist  nicht  zu  empfehlen.  Gaffield  hat  gezeigt,  dafs 
dieses  viel  weniger  chemisches  Licht  hindurchläfst,  als  reines  weifses. 

Mattes  Glas  ist  zuweilen  zum  Einglasen  des  Daches  verwendet 
worden.  Adam  Salomon  hat  z.  B.  ein  mattes  Dachglas.  Es  verschluckt 
circa  50*-  Licht,  während  weifses  Glas  nur  circa  5-J  absorbirt. 

Photographen,  die  mit  der  Lichtdirection  durch  Gardinen  nicht 
recht  umzugehen  wissen,  empfehlen  wir  mattes  Glas  zum  Einglasen 
des  Daches:  es  mildert  den  Effect  des  zu  starken  Vorderlichtes. 
Ebenso  ist  es  von  Vortheil,  zur  Abhaltung  von  Sonnenlichtreflexen 
an  einzelnen  der  Sonne  ausgesetzten  Punkten  des  Ateliers.  Man  kann 
jedoch  auch  gewöhnliches  Glas  durch  Aufträgen  einer  dicken  Stärke- 
abkochung (Kleister)  leicht  mattiren.  Durch  Waschen  mit  warmem 
Wasser  läfst  sich  dieser  Ueberzug  leicht  herunternehmen.*) 

Von  Wichtigkeit  ist  die  Reinhaltung  der  Glasflächen  durch 
öfteres  Scheuern  an  der  Aufsenseite,  soweit  der  Regen  dieses  Geschäft 
nicht  übernimmt.  Berliner  Photographen  haben  theilweise  Wasser- 
leitung bis  zum  Glasdach  binaufgeführt  und  berieseln  dieses  zeitweise 
einerseits  zur  Reinigung,  andererseits  zur  Abkühlung. 


*)  Siehe  Grafshoff's  Notiz  darüber.  Photographische  Mittheilungen,  IT.  Jahr- 
gang, S.  154. 


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Ventilation.  — Heizung. 


237 


Ventilation. 

Zur  Abkühlung  ist  auch  ein  gehöriger  Luftwechsel  von  unbedingter 
Nothwendigkeit.  Zu  dem  Zweck  sind  in  dem  Atelier  der  Akademie 
4 Fenster  aaaa  (siehe  Figur  64)  angebracht,  die  sich  leicht  nach 
Aufsen  öffnen  lassen;  aufserdem  befinden  sich  an  der  Hintermauer  des 
Ateliers  in  ihren  höchsten  Punkten  grofse  verscbliefsbare  Luftlöcher. 

Heizung 

wird  am  besten  im  Winter  durch  Eisenöfen  und  ein  kräftiges  Holz- 
oder Kohlenfeuer  hervorgebracht.  Man  wähle  ein  möglichst  rasch 
und  mit  starker  Hitzeentwicklung  verbrennendes  Material,  da  die  Glas- 
wände sich  unglaublich  schnell  abkühlen. 


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Zweites  Gapitel. 

Von  den  Arbeiten  selbst. 

Erster  Abschnitt. 

Die  Vorbereitungsarbeiten. 

Hauptvorsichtsmaisregeln. 

Ein  Stück  Papier  und  ein  Bleistift  reichen  hin  für  einen  Zeichner, 
der  irgend  einen  Gegenstand  reproduciren  will.  Er  spannt  das  erstere 
anf  und  spitzt  den  letzteren,  dann  ist  er  mit  seinen  Vorbereitungen 
fertig;  die  Arbeit  — die  Aufnahme  — kann  beginnen. 

Anders  ist  es  in  der  Photographie.  Selbst  für  Herstellung  des 
kleinsten  und  unbedeutendsten  Bildchens  bedürfen  wir  einer  Menge 
von  Apparaten  — Camera,  Objective,  Cassetten,  Stative  — Schalen, 
Flaschen,  Becken  und  einer  Menge  von  Auflösungen,  Silberbad,  Ent- 
wickler, Verstärker,  Fixage,  so  dafs  die  Vorbereitungen,  die  beim 
Zeichner  in  wenigen  Secunden  vollbracht  sind,  beim  Photographen 
Stunden  in  Anspruch  nehmen,  dafs  er  aber  freilich  dafür  den  Vor- 
theil hat,  dafs  die  Aufnahme  selbst,  die  beim  Zeichner  Stunden  and 
wohl  Tage  erfordert,  beim  Photographen  in  wenigen  Secunden  oder 
Minuten  vollbracht  ist,  und  dafs,  während  der  Zeichner  nur  ein  einziges 
Bildexemplar  erhält,  der  Photograph  bei  seiner  Aufnahme  eine  „Platte“ 
fertigt,  von  welcher  er  Hunderte,  ja  Tausende  von  Bildern  copiren  kann. 

Die  Vorbereitungsarbeiten  sind  demnach  in  der  Photo- 
graphie die  Hauptsache.  Diese  müssen  deshalb  aber  auch  mit 
der  allergröfsten  Accuratesse  und  Reinlichkeit  einerseits,  mit 
Geistesgegenwart,  Sachkenntnifs  und  Geschmack  andererseits 
vollzogen  werden,  wenn  man  eines  guten  Resultats  gewifs  sein  will. 

Was  hilft  das  beste  Collodion  und  die  damit  hergestellte  reinlichste 
Platte,  wenn  die  darauf  aufgenoromene  Person  schlecht  gestellt  und 
noch  schlechter  beleuchtet  ist?  Was  nützt  umgekehrt  das  geschmack- 
vollste Arrangement,  wenn  das  Silberbad  seinen  Dienst  versagt?  Und 
was  fange  ich  mit  einer  Platte  an,  die  mit  den  besten  Materialien 
tadellos  rein  hergestellt  und  einen  noch  so  malerischen  Gegenstand 
zeigt,  wenn  diese  theils  durch  Mängel  meines  optischen  Apparats,  theils 
durch  meine  Nachlässigkeit  beim  Einstellen  desselben  gänzlich  unscharf 
und  verzeichnet  ist? 


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Vorbereitung  des  Aufnahmeobjects. 


239 


Jede  einzelne  Vorbereitungsarbeit,  und  es  giebt  deren 
viele,  mufe  deshalb  vorher  mit  allergröfster  Sorgfalt  ausgeführt  sein, 
keine  darf  vergessen,  keine  als  nebensächlich  betrachtet  werden.  Und 
wer  in  dieser  Hinsicht  nicht  mit  ungeheurer  Strenge  und  Gewissen- 
haftigkeit zu  Werke  geht,  der  wird  nie  ein  photographischer  Künstler 
werden,  sondern  nur  ein  Sudler. 

Anfängern  rathe  ich  namentlich,  die  photographischen  Aufnahmen 
nicht  eher  zu  beginnen,  als  bis  sie  sich  überzeugt  haben,  dafs  alle 
dazu  nöthigen  Apparate  und  Chemiealien  vom  ersten  bis  zum  letzten 
im  normalen  Zustande  zum  Gebrauche  bereit  stehen.  Wie  oft  passirt 
mir’s  bei  meinen  Schülern,  dafs  eine  gegossene  Collodionplatte  ein- 
trocknet, weil  ihnen  der  Taucher  zum  Ginsenken  in  das  Silberbad 
nicht  bereit  gelegt  war,  wie  oft  verdarben  ihnen  andere  belichtete 
Platten,  weil  man  vergessen  hatte,  vorher  Entwickler  zu  machen, 
hundert  anderer  Zufälle  nicht  zu  gedenken. 

Die  Vorbereitungsarbeiten  sind  nun  je  nach  der  Natur  der  Arbeit 
äufserst  verschieden.  Sie  sind  andere  für  den  Positivprocefs,  als 
für  den  Negati vpro cefs , andere  für  Pigmentdruck  als  für  Sil- 
berdruck oder  Gmailphotographie  etc.  Besprechen  wir  hier  zuerst 
den  photographisch  wichtigsten  Procefe,  der  allen  anderen  als  Grund- 
lage dient,  den  Negativprocefs. 

A.  Vorbereitungsarbeiten  im  Glashause. 

Die  Vorbereitungsarbeiten  im  Glashause  sind  zweierlei  Art:  1) 
Herrichtung  des  aufzunehmenden  Gegenstandes,  2)  Her- 
richtung des  optischen  Apparates. 

Die  Herrichtung  des  aufzunehmenden  Gegenstandes  kann  unter 
Umständen  eine  fabelhaft  leichte  sein,  z.  B.  das  Aufspannen  eines 
Kupferstiches  auf  einem  Reifsbrett  mit  4 Stiften;  unter  Umständen  aber 
aufserordentlich  schwer,  z.  B.  mit  einem  lebenden  Object,  welches 
seinen  eigenen  Willen  hat  und  gewöhnlich  etwas  Widerstand  leistet, 
abgesehen  davon  aber  ln  einer  möglichst  gefälligen  Weise  gestellt,  je 
nach  seiner  Individualität  entsprechend  beleuchtet  und  mit  seiner  Um- 
gebung, und  bestände  diese  nur  in  ein  paar  Möbeln,  in  Harmonie 
gebracht  werden  mufs,  dabei  immer  aber  mit  Rücksicht  darauf,  dafs 
der  optische  Apparat  im  Stande  sei,  das  ganze  Arrangement  mit 
hinreichender  Deutlichkeit  scharf  wiederzugeben  und  in  möglichst 
kurzer  Expositionszeit  aufzunehmen.  Der  malerische  und  der  optische 
Gesichtspunkt  müssen  deshalb  gleichzeitig  in  Betracht  gezogen 
werden  (sehr  oft  wird  der  eine  oder  der  andere  übersehen). 

Ueber  den  malerischen  Gesichtspunkt  sprechen  wir  im  dritten 
Theile  unseres  Buches,  hier  können  wir  nur  auf  die  bei  der  Herrich- 
tung der  Originale  nöthigen  mechanischen  Arbeiten  Rücksicht  nehmen. 

Stelle  ich  irgend  einen  optischen  Apparat  auf  irgend  einen  Gegen- 


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240 


Hintergründe. 


stand,  z.  B.  eine  Person,  scharf  ein,  so  werde  ich  gewöhnlich  neben 
und  hinter  der  Person  noch  Gegenstände  bemerken,  die  bei  der  Auf- 
nahme natürlich  mit  auf  das  Bild  kommen  und  die  sehr  wesentlich 
die  Schönheit  desselben  beeinflussen.  Man  schafft  sie  entweder  ganz 
hinweg,  indem  man  die  Objecte  vor  einer  monoton  grauen,  mehr  oder 
weniger  dunklen  Wand  gruppirt.  Diese  nennt  man  Hintergrund; 
oder  man  arrangirt  sie  mit  dem  Hauptgegenstande  zu  einem  male- 
rischen Ganzen. 

Die  Hintergründe  fertigt  man  entweder  aus  Tuch,  dem  soge- 
nannten Hintergrundtuch,  welches  extra  für  diesen  Zweck  gewebt 
wird,  oder  man  läfst  sie  auf  Maltuch  oder  Shirting  mit  Oelfarbe  mög- 
lichst homogen  und  stumpf  streichen.  Den  Hintergrundstoff  spannt 
man  am  besten  auf  einen  Keilrahmen,  ganz  analog  wie  die  Maler 
ihre  Oelbilder.  Man  kann  solchen  durch  Anziehen  der  Keile  stets 
gespannt  erhalten.  Der  Hintergrundrahmen  wird  entweder  aufgehängt, 


Fig.  65. 


indem  man  an  seinem  Obertheil  Rollen  RR  anbringt,  die  auf  Eisen- 
schienen EE  laufen,  wie  in  dem  Atelier,  das  in  Figur  65  abgebildet 
ist.  Man  kann  dann  solchen  Hintergrund  leicht  seitwärts  schieben, 
falls  das  Atelier  breit  genug  ist.  Man  mufs  bei  Anwendung  solcher 
Vorrichtung  so  viel  Eisenschienen  anbringen  lassen,  als  Hintergründe, 
so  dafs  jeder  auf  seiner  eigenen  Schiene  läuft. 


Oigitize 


Hintergründe.  — Beiwerk. 


241 


Schmale  Ateliers  bedürfen  anderer  Vorrichtungen.  Hier  setzt 
man  den  Hintergrund  auf  Holzfüfse  mit  oder  ohne  Rollen,  um  ihn 
nach  jeder  beliebigen  Richtung  bewegen  zu  können,  oder  man  läfst 
das  Hintergrundtuch  unauf gespannt  und  wickelt  es  als  Rouleau 
auf.  Reutlinger  hat  so  seine  säinintlichen  Hintergründe  rouleauxartig 
hergerichtet.  Sechs  bis  acht  solcher  Rouleaux  sind  hinter  einander 
parallel  an  dem  Platze,  wo  die  Personen  aufgestellt  werden,  angebracht 
und  werden  wie  gewöhnliche  Fensterrouleaux  nach  Bedürfnifs  herunter- 
gelassen. Durch  das  Aufrollen  leiden  jedoch  die  Hintergründe  sehr, 
namentlich  wenn  sie  Malereien  enthalten.  Je  breiter  der  Hintergrund, 
desto  besser  ist  er  für  das  Arrangement.  Man  nehme  ihn  nicht  unter 
6’  Breite  und  mindestens  10'  Höhe. 

Ueber  die  Anwendung  gemalter  Hintergründe  und  der  ihnen 
verwandten  Versatzstücke  wird  der  dritte  Theil  specieller  berichten. 

Zum  passenden  Arrangement  der  Modelle  sind  je  nach  ihrer  Natur 
noch  andere  Gegenstände  nöthig.  Personen  umgiebt  man  mit  einigem 
Beiwerk,  Säulen,  Balustraden,  Möbeln,  Gardinen.  Die  meisten  Photo- 
graphen thun  des  Guten  hierin  fast  zu  viel  und  haben  ein  förmliches 
Möbelmagazin  im  Atelier;  grofse  Künstler  helfen  sich  hier  mit  dem 
Einfachsten.  Alle  diese  Objecte  sind  so  einzurichten,  dafs  sie  rasch 
herbeigeschafft  und  ebenso  rasch  mit  möglichst  wenig  Lärm  weggeräumt 
werden  können.  Gewöhnlich  sind  die  Modelle  ungeduldig  und  wollen 
schnell  abgefertigt  sein,  wenn  auch  der  Photograph  keine  Eile  haben 
sollte. 

Mit  dem  blofsen  Arrangement  ist  jedoch  das  Original  noch  nicht 
genügend  zur  Aufnahme  hergerichtet.  Ein  wichtiger  Punkt  ist  während 
derZeit  der  Exposition  seine  völligeUnbeweglichkeit.  Diese  ist 
mit  leblosen  Objecten  leicht  zu  erreichen.  Man  setzt  diese  auf  möglichst 
solide,  nicht  wackelnde  Unterlagen  und  befestigt  sie  wo  möglich  noch. 

Anders  ist  es  mit  lebenden  Modellen.  Niemand  kann  absolut 
stillsitzen,  jeder  Pulsschlag  erzeugt  leise  Vibrationen  und  gerade  in 
dem  Moment  der  photographischen  Sitzung,  wo  das  Modell  sich  seiner 
Verantwortlichkeit  für  das  Gelingen  des  Bildes  bewufst  ist,  ist  der 
Geist  zwar  am  willigsten,  das  Fleisch  aber  am  schwächsten,  vorzüglich 
derjenige  Theil,  welcher  im  Bilde  die  Hauptsache  ausmacht,  der  Kopf, 
hält  dann  am  wenigsten  still,  und  nichts  bleibt  übrig,  um  diesen  Uebel- 
stand  zu  umgehen,  als  der  fatale  Kopfhalter,  gegen  den  das  Publicum 
beharrlich  opponirt,  auf  dessen  Anwendung  aber  der  Photograph  ebenso 
beharrlich  bestehen  mufs.  Bedingung  bei  seiner  Anwendung  ist:  Man 
applicire  ihn  erst  dann,  wenn  das  Arrangement  vollendet  und  alles 
zur  Aufnahme  bereit  ist,  und  man  passe  den  Kopfhalter  der 
Person  und  nicht  letztere  dem  ersteren  an.  Wer  Personen 
in  den  bereits  festgestellten  Kopfhalter  hineinzwängen  will,  begeht  eine 
Thierquälerei  und  eine  Sünde  gegen  den  guten  Geschmack  dazu.  Ferner 

Vog«),  Lehrbuch  d.  Photographie.  16 


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242 


Kopfhalter.  — Stellagen. 


ist  es  selbstverständlich,  dafs  von  diesem  nothwendigeu  Üebel  im 
Bilde  nichts  au  sehen  sein  darf,  ein  Umstand,  der  dem  Photographen 
in  Bezug  auf  das  Arrangement  oft  genug  die  Hände  bindet. 

Fig.  66  und  67  zeigen 
die  Einrichtung  des 
Kopfhalters.  Fig.  67 
ist  eine  in  Deutschland, 
Fig.  66  eine  in  Ame- 
rika übliche  Form  (Wil- 
son’s  improved  rect).  In 
einem  Stativ  S verschie- 
ben sich,  durch  Schrau- 
ben stellbar,  die  Stangen 
A mit  Gelenken  und 
tragen  unten  den  soge- 
nannten Taillenhalter  O 
und  oben  den  Kopfhal- 
ter P an  verschiebbaren 
und  durch  Schrauben 
feststellbaren  Eisenstan- 
gen. Für  stehende 
Figuren  mufs  der  Kopf- 
halter sehr  stabil  sein, 
und  dürfte  sich  hierfür 
der  Wilson’sche  bedeu- 
tend besser  eignen,  als  der  deutsche.  Man  sehe  die  Gelenke  des  Kopf- 
halters sehr  oft  nach  und  sorge  dafür,  dafs  alles  so  leicht  und  geräuschlos 
als  möglich  sich  bewegen  läfst.  Oefteres  Putzen  und  Einreiben  mit 
Oel  leistet  gute  Dienste. 

Zum  Aufstellen  und  Befestigen  von  Zeichn ungen  und  Gemäl- 
den bedient  man  sich  gewöhnlich  der  Staffeleien.  Ihre  Form  ist 
allbekannt  und  für  photographische  Zwecke  eben  nicht  sehr  praktisch. 
Gewöhnlich  stehen  sie  schief,  das  Bild  natürlich  ebenfalls,  und  will 
man  Verzeichnung  vermeiden,  so  mufs  auch  die  Camera  entsprechend 
schief  gestellt  werden.  Für  sehr  genaue  Arbeiten  ist  dies  keineswegs 
leicht  zu  erreichen,  und  man  bedient  sich  besser  eines  Reifsbrettes, 
welches  sich  an  einer  auf  Rollen  stehenden  Stellage  in  senkrechter 
Richtung  verschieben  läfst. 

Fig.  68  stellt  solche  Vorrichtung  dar.  Sie  besteht  der  Hauptsache 
nach  aus  dem  Brett  B mit  dem  Vorsprung  rr,  der  als  Lager  für  Oel- 
bilder,  Zeichenbretter  etc.  dienen  kann.  Um  diese  in  senkrechter 
Stellung  festzuhalten,  ist  das  obere  Brett  gg  angebracht.  Dieses  ist 
in  senkrechter  Richtung  verschiebbar  und  durch  eine  Schraube  K stell- 
bar, so  dafs  Tafeln  verschiedener  Höhe  eingeklemmt  werden  können. 


Herrichtung  des  optischen  Apparates. 


243 


Durch  aber  Rollen  gehende  Schnur  und  Kurbel  F lfifst  sich  das  Ganze 
leicht  auf-  und  abwärts  schieben. 

Zeichnungen  spannt  man  am  besten  auf  ein  separates  Reifsbrett, 

welches  man  dann  in 
P'8'  68‘  diesen  Apparat  setzt. 

Die  Beweglichkeit 
desselben  gestattet, 
mit  ihm  leicht  im 
ganzen  Atelier  her- 
umzufahren und  den 
Ort  rasch  zu  finden, 
wo  die  Beleuchtung 
für  das  Object  die 
passendste  ist 
Für  Copieen  von 
Plänen,  wo  es  auf 
absolut  mathemati- 
sche Genauigkeit  an- 
kommt, mufs  das  Sta- 
tiv, welches  das  Ori- 
ginal trägt,  fest  mit 
der  Camera  verbun- 
den sein , so  dafs 
beide  ihre  Lage  ge- 
gen einander  unver- 
ändert beibehalten. 

Nach  Herrichtung 

des  aufzunehmenden  Gegenstandes  folgt  die  Herrichtung  des  opti- 
schen Apparates. 

Jcnachdem  man  von  demselben  Gegenstände  gröfsere  oder  kleinere 
Bilder  erlangen  will,  mufs  der  optische  Apparat  genähert  oder  entfernt 
werden,  und  deshalb  ein  beweglicher  sein.  Daher  setzt  man  ihn 
auf  ein  Stativ.  Da  jedoch  die  Lage  der  aufzunehmenden  Objecte 
eine  sehr  verschiedene  in  Bezug  auf  Breite  und  Höhe  ist,  und  sich 
der  Apparat  dem  accommodiren  mufs,  so  sind  die  Stative  so  einge- 
richtet, dafs  sie  auch  eine  Bewegung  des  Apparates  von  oben  nach 
unten,  sowie  eine  Schiefstellung  desselben  erlauben. 

Das  Stativ  wird  nach  der  Gröfse  des  Apparates  mehr  oder 
weniger  leicht  gebaut. 

Fig.  69  und  70  zeigen  zwei  der  üblichsten  Formen,  Fig.  69  für 
leichte,  Fig.  70  für  schwere  Cameras.  Bei  letzterer  wird  die  Bewegung 
in  senkrechter  Richtung  durch  Kurbel  K,  Zahnstange  und  Trieb  be- 
wegt. Die  Schraube  S dient  zum  Festklammern.  Die  schiefe  Stellung 
des  Brettes  wird  gewöhnlich  nur  bei  Portrait*  angewendet;  sie  gestattet 

10* 


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244 


Stative. 


bei  voller  Oeffnung,  Kopf  und  Fufs  leichter  gleichzeitig  scharf  zu  er- 
halten, als  in  senkrechter  Stellung.  Die  Stative  mit  Rollen  bedürfen 
eines  Stiftes,  der  durch  Eintreiben  in  den  Boden  die  Lage  fixirt.  Bei 
dem  Stellen  des  Stativs  merke  der  Anfänger  darauf,  dafs  beim  Bewegen 
des  Stativs  in  senkrechter  Richtung  das  Bild  sich  in  gleicher  Rich- 

Plg.  69. 


tung  auf  der  matten  Scheibe  bewegt.  Man  hat  auch  eiserne  Stative. 
Diese  sind  jedoch  meist  zu  schwer  und  ruiniren  bei  häufigem  Ge- 
brauch den  Fufsboden.  Ferner  hat  man  Vorrichtungen  ersonnen,  die 
Rollen  zu  arretiren  und  so  dem  Apparate  vollständige  Stabilität  zu 
sichern. 

Die  Camera  wird  behufs  der  scharfen  Einstellung  eines  Gegen- 
standes mit  dem  Stative  möglichst  fest  verbunden,  so  dafs  ihre  Lage 
eine  unverrückbare  bleibt.  Eine  nur  lose  auf  das  Stativ  gesetzte 
Camera  giebt  durch  Verrückung  ihrer  Lage  häufig  Veranlassung  zu 
Störungen,  namentlich  bei  leichteren  Instrumenten.  Schwerere  stehen 
von  selbst  fest. 

Die  photographische  Camera  ist  eines  der  einfachsten  optischen 
Instrumente;  sie  besteht  aus  einem  Kasten,  der  oft  nur  aus  einem 
Harmonicablasebalg  gebildet  wird,  der  an  der  dem  Objecte  zugekehrten 
Vorderwandung  das  Objectiv  trägt,  und  dessen  gegenüber  liegende 
Hinterwandung  aus  einer  matten  Scheibe  besteht,  die  dem  Objective  mehr 
oder  weniger  genähert  werden  kann.  Der  mittlere  Kasten  oder  Balg 
dient  nur  zur  Herstellung  eines  dunklen  Raumes.  Bedingung  ist,  dafs 
dieser  wirklich  dunkel  sei,  wovon  man  sich  bei  neueren  Instrumenten 
überzeugt,  indem  man  das  Objectiv  schliefst,  den  Kopf  unter  die 
schwarze  Decke  steckt  und  nach  Luftritzen  sucht 


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Cameras. 


245 


Uni  das  Bild  scharf  einzustellen,  wird  die  matte  Scheibe  mehr 
oder  weniger  dem  Objective  genähert.  Zu  dem  Behuf  kann  der  hintere 
Theil  der  Camera  h auf  einem  Schlitten  ss  in  Falzen  parallel  mit  sich 
selbst  verschoben  werden.  Die  Schraube  r dient,  sobald  die  Stellung, 
innerhalb  welcher  das  Bild  scharf  erscheint,  gefunden  ist,  zur  Fest- 
stellung. Ist  der  Theil  h dem  Objective  sehr  nahe,  so  hindert  das 

Fig.  71. 


weit  herausstehende  Brett  ss  das  Hervortreten  des  Beobachters  und 
erschwert  so  die  Controlle  des  Bildes  auf  der  matten  Scheibe.  Daher 
ist  es  bequemer,  den  vorderen  Theil  r der  Camera  auszuziehen,  welcher 
in  Falzen  innerhalb  ss  verschiebbar  ist.  Ist  das  Bild  in  dieser  Weise 
ungefähr  scharf  eingestellt,  so  besorgt  man  die  feinere  Einstellung  ent- 
weder durch  Drehung  der  Objectivstellschraube;  diese  ist  nur  bei 
kurzem  Auszuge  bequem,  oder  durch  Zahn  und  Trieb  an  der  Rück- 
seite. 

Flf!-  ri'  Man  lüftet  die  bei- 

1 — den  Schrauben  a u.  b 

/Ml'lf'!  (Fig-  72),  welche  im 

1 Jj  Grundrifs  dargestellt 

Z * !]  I | sind,  verschiebt  den 

| |[!.|  hinteren  Theil  m mit 

I — \ ||  ; ;'f  der  matten  Scheibe, 

=j  (a)  tL  jl  ' |l  schraubt  a fest  und 

~ fl  1 besorgt  mit  der  Zahn- 

jj  ! i||  Stange  Z und  dem 

/ IJU  *w  Trieb  t die  feinere 

1____ Einstellung.  Nachher 

fixirt  man  das  ganze 


| MS 

mm 

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246 


Cassetten. 


System  durch  Anziehen  der  Schraube  b.  Die  englischen  Cameras 
tragen  behufs  der  feineren  Einstellung  eine  Schraube  ohne  Ende, 
welche  das  Objectivbrett  0 (Fig.  71)  bewegt  und  hinten  mit  einer 
Kurbel  gedreht  wird.  Diese  Einrichtung  ist  aufserordentlich  bequem, 
gestattet  aber  nur  beschränkte  Auszüge.  Andere  Variationen,  die  noch 
ersonnen  worden  sind,  übergehen  wir  hier,  sie  sind  leicht  verständlich 
für  den,  der  die  vorhergehenden  Einrichtungen  kennen  gelernt  hat. 

Ist  die  Einstellung  besorgt,  so  wird  die  matte  Scheibe  S S (Fig.  71) 
zurückgeklappt  und  an  ihre  Stelle  die  Cassette  mit  der  empfindlichen 
Platte  geschoben.  Die  Einrichtung  mufs  so  getroffen  werden,  dafs  die  em- 
pfindliche Platte  genau  an  Stelle  der  matten  Scheibe  zu  liegen  kommt, 
sonst  wird  das  Bild  unscharf.  Um  zu  prüfen,  ob  die  Camera  in  dieser 
Hinsicht  richtig  construirt  ist,  schraubt  man  das  Objectiv  ab,  bringt 
einen  Mafsstab  in  das  Loch,  bis  er  die  matte  Scheibe  trifft,  notirt  die 
Entfernung  vom  Loch  und  macht  dieselbe  Messung  nach  Einschiebung 
der  eine  Glastafel  enthaltenden  geöffneten  Cassette.  Zuweilen  sind 
die  matten  Scheiben  etwas  drehbar;  dieser  Umstand  ist  von  Vortheil 
zum  Einstellen  von  Gegenständen,  die  eine  schiefe  Lage  zur  Axe  des 
Instruments  haben. 

Die  Einrichtung  der  Cassette  ist  aus  Fig.  73  ersichtlich.  Die 
empfindliche  Platte  kommt  in  dem  Rahmen  B auf  den  Silberdraht- 
ecken dd  zu  liegen,  dann  wird  der  hintere  Deckel  D zugeklappt  und 


Fig.  73. 


durch  Vorreiber  geschlossen.  In  dieser  Weise  drückt  die  Feder  / 
gegen  die  Platte  und  hält  sie  fest  in  ihrer  Lage.  Der  durch  einen 
Schlitz  ausziehbare  Hinterdeckel  II  bleibt  geschlossen,  und  wird  erst 
geöffnet,  wenn  die  Cassette  an  der  Camera  sitzt,  und  alles  zur  Auf- 
nahme bereit  ist.  Das  Holz  der  Cassette  ist  in  Folge  des  öfteren 
Feuchtwerdens  durch  Silberlösung  leicht  dem  Werfen  ausgesetzt;  sie 
mufs  deshalb  ebenso  wie  die  Camera  aus  kreuzweise  über  einander 
gelegten  Holzlagen  zusammengeleimt,  geschraubt  und  gefalzt,  das  Holz 
mufs  sorgfältig  geölt  und  gefirnifst  sein. 


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Cassetten. 


247 


Zum  Ansammeln  der  Silberlösung  bringt  man  gewöhnlich  unten 
eine  mit  Pech  ausgefüllte  Grube  an.  Demnach  ist  solche  Cassette, 
(falls  sie  nicht  nach  jedem  Gebrauch  sofort  ausgewischt  wird,  sehr 
leicht  durch  die  in  das  Holz  dringende  Silberlösung  dem  Verderben 
-auagesetzt.  Die  Lösung  zersetzt  sich  im  Holze,  und  die  Zersetzungs- 
Iproducte  ziehen  sich  durch  Capillarität  in  die  Coilodionhäute  und  be- 
wirken darin  moosförmige  Flecke.  Verfasser  pflegt,  um  dieses  zu 
verhüten,  die  unteren  Ecken  der  Cassette  5 Minuten  in  geschmol- 
zenes Paraffin  zu  tauchen.  Dieses  conservirt  sie  jahrelang.*) 
Auch  Bestreichen  der  Ecken  mit  Negativlack  wird  empfohlen,  dieser 
Ueberzug  mufs  jedoch  allmonatlich  wiederholt  werden. 

Das  Format  der  Cassetten  wechselt  außerordentlich.  Um  Platten 
verschiedener  Gröfse  einlegen  zu  können,  benutzt  man  Einlagbretter, 
die  ihrerseits  wieder  mit  Silberdrahtecken  versehen  sind. 

Um  drei  oder  mehr  Bilder  auf  einer  Platte  aufnehmen  zu  können, 
bedient  man  sich  der  Schiebecassetten.  Diese  sind  an  einem 
Fig.  j4.  breiten  Hinterbrett  LL 

innerhalb  eines  Falzes  ho- 
rizontal verschiebbar  (siehe 
Fig.  74).  Drei  Zinken  ///, 
die  in  eine  Feder  schnap- 
pen, dienen  zur  Fixirung 
der  Platte  in  den  verschie- 
denen Aufnahmestellungen. 
Auf  diese  Weise  ist  die 
sogenannte  Visitenkarten- 
camera construirt. 

Anfänger  mögen 
daran  erinnert  werden,  dafs  beim  Wechseln  der  matten 
Scheibe  mit  der  Cassette  die  Camera  unverrückbar  bleiben 
mufs,  und  dafs,  nachdem  die  Cassette  an  ihrem  Platze  ist, 
der  hintere  Schieber  E vor  der  Belichtung  geöffnet  wer- 
den mufs. 

Nachher  erst  öffnet  man  den  Objectivdeckel,  jedoch  ohne  den 
Apparat  zu  erschüttern.  Der  Schlufsact  der  scharfen  Einstellung, 
nachdem  die  Stellung  der  Camera  und  matten  Scheibe  genau  fixirt 
worden  ist,  besteht  nun  in  den  Arbeiten  am  Objectiv. 

Das  Objectiv  besteht  aus  den  in  eine  Röhre  gefafsten  doppelten 
oder  einfachen  Linsengläsern  nebstBlenden.  Die  Gestalt  derselben 

*)  In  Deutschland  findet  man  häufig  statt  der  Silberdrahtecken  Glasecken 
oder  Elfenbeinecken.  Beide  sind  wenig  empfehlenswerth,  dagegen  durfte  sich 
Auslegen  der  Cassette  mit  Ebonit  als  sehr  praktisch  erweisen,  dieser  ist  aufaer* 
ordentlich  widerstandsfähig. 


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248 


Einrichtung  der  Objectire. 


variirt  nach  der  Grübe  und  Entfernung  der  zu  fassenden  Gläser  und 
den  BlendenstelluDgen. 

Fig.  75  zeigt  eine  sehr  verbreitete  Manier  der  Fassung.  Es  ist 
ein  Busch’sches  Portraitobjectiv  mit  losen  Central  blenden  DD, 

welche  durch  einen  Schlitz  bei  X 
eingesetzt  werden;  der  Ring  R 
dient  zum  Anschrauben  an  das 
Camerabrett,  die  Hinterlinse  liegt 
bei  II,  die  Vorderlinse  bei  r.  Mit 
dem  Decke]  C wird  das  Objectiv 
geöffnet  und  geschlossen.  Durch 
Zahn  und  Trieb  T kann  das  Ob- 
jectiv der  Hülse  0 behufs  ‘der  fei- 
neren Einstellung  hin-  und  herge- 
schoben werden.  Das  vordere 
röhrenförmige  Ansatzstück  bei  C 
dient  nicht  blos  zum  Tragen  des 
Deckels,  sondern  auch  zur  Abhal- 
tung von  Nebenlicht.  Ein  Mangel 
dieser  sehr  allgemein  verbreiteten  Construction  sind  die  losen  Blen- 
den, letztere  gehen  leicht  verloren  oder  werden  verlegt. 

Willard  in  New-York  hat  neuerdings  Objective  mit  Fischbein- 
oder Ebonitblenden  construirt,  die  innerhalb  des  Objectivs  angebracht 
sind  und  sieb  durch  blofses  Drehen  eines  Knopfes  rasch  wechseln 
lassen.  Solche  können  natürlich  nie  verloren  gehen. 

Fig.  76  zeigt  ein  Landschaftsobjectiv  von  Dallmeyer  ohne  Deckel. 

Die  einfache  Linse  sitzt  hier  bei  H,  die 
Blenden  sind  fest  und  bilden  gemein- 
schaftlich eine  runde,  mit  Oeflfnungen  ver- 
schiedener Gröfse  versehene  Scheibe  S. 
Durch  Drehung  derselben  kann  man  die 
Blendenöffnung  leicht  wechseln.  Eine 
schwarze  Scheibe  r mit  einer  der  gröfeten 
Blende  gleichen  Oeffnung  schliefst  das 
Objectiv  vorn. 

Es  giebt  auch  Portraitobjective  im 
Handel,  deren  Vorderlinse  als  Land- 
schafter gebraucht  werden  kann.  Hierher  gehören  die  Conusobjective, 
welche  Fig.  77  zeigt.  Ihre  Hinterlinse  H ist  gröfser  als  die  Vorder- 
linse (siehe  Seite  188).  Diese  sitzt  an  einer  ausziehbaren,  durch  den 
Knopf  H festzustellenden  Fassung,  so  dafs  man  sie  entweder  ganz 
herausnehmen,  oder  von  der  Hinterlinse  mehr  oder  weniger  entfernen 
und  dadurch  den  Focus  verlängern  kann.  Die  Blenden  bilden  Ringe, 
die  innerhalb  des  Objectivs  nach  Herausnehmen  des  Vordertheils  C 


Fig.  76. 


ff 


Fig.  75. 


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Scharfeiastellen. 


24» 


bei  D angebracht  werden.  Dieser  vordere  Theil,  für  sich  allein  in 
verkehrter  Lage  an  die  Fassung  geschraubt,  bildet  nach  Abnahme 


Fig.  77. 


aller  übrigen  Stücke  eine  Landschaftslinse  (siehe  Fig.  77)  mit  Blenden 
und  Deckel  bei  D.  Wichtig  ist  die  vollkommene  Schwärzung  aller 
inneren  Röhrentheile  des  Objectivs.  Reflectiren  diese  Licht,  so  ent- 
stehen leicht  Lichtflecke  auf  der  Platte.  Selten  schraubt  man  das 
Objectiv  an  die  Camera  direct,  sondern  an  Ansatzbretter,  dio  leicht 
gewechselt  werden  können. 

Behufs  der  scharfen  Einstellung  pflegt  man  das  Objectiv  zu- 
nächst mit  der  gröfsten  zulässigen  Oeffnung  zu  benutzen.  Dadurch 
wird  gewöhnlich  nur  ein  Theil  des  Bildes  scharf.  Man  schiebt  alsdann 
Blenden  an  und  nimmt  diese  um  so  kleiner,  je  weiter  man  die  Schärfe 
nach  dem  Rande  hin  treiben  will.  Zum  besseren  Erkennen  des  Bildes 
steckt  man  den  Kopf  unter  ein  dunkles  Tuch  und  bedient  sich  einer 
Loupe,  die  die  genaue  Schärfe  des  Bildes  viel  besser  erkennen  läfst, 
als  es  mit  dem  unbewaffneten  Auge  möglich  ist.  Von  Wichtigkeit 
beim  Scharfeinstellen  ist  der  feine  Schliff  der  matten  Scheibe.  Bei 
schlecht  geschliffenen  Scheiben  werden  oft  erhebliche  Fehler  begangen.*) 
Je  lichtstärker  das  Objectiv  und  je  heller  das  Wetter  ist,  desto  leichter 
ist  das  Scharfeinstellen.  Bei  trübem  Wetter  und  noch  mehr  bei  licht- 
schwachen Objectiven,  z.  B.  den  Pantoskopen,  bietet  das  Einstellen 
ziemliche  Schwierigkeiten  dar. 

Eine  Vorsichtsmafsregel  besonderer  Art,  die  man  namentlich  bei 
hellem  Wetter  zu  beobachten  hat,  ist  das  Ausschliefsen  des  frem- 
den Lichts  vom  Objectiv.  Jedes  Objectiv  wirkt  nicht  blos  als 
Linse,  sondern  auch  als  Fenster,  d.  h.  es  läfst  eine  Menge  zerstreuten 
Lichtes  hindurch,  und  dieses  veranlagt  entweder  Verschleierung  der 


*)  Die  schönsten  matten  Scheiben  sind  die  geätzten  mitten  Spiegelscheiben 
von  Meyer,  Spandauerstrafae  67,  Berlin. 


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250 


Farbenzerstreuung. 


ganzen  Platte  oder  beeinträchtigt  doch  die  Brillanz  den  Bilde»  wesent- 
lich. Mau  beobachtet  dieses  diffuse  Licht  sehr  leicht,  wenn  man  den 
Kopf  nach  Herausnahme  der  matten  Scheibe  unter  eine  schwarze  Decke 
steckt  und  in  die  Camera  sieht.  Diese  erscheint  bei  Linsen  mit  grofser 
Oeffnung  fast  tageshell.  Zur  Abhaltung  dieses  fremden  Lichts  bedient 
man  sich  eines  Kastens,  der  das  ganze  Objectiv  umgiebt  und  nur  vorn 
eine  Klappe  zum  Oeffnen  und  Schliefsen  hat. 

Claudet  und  Bingham  setzen  den  ganzen  Apparat  in  eine  Art 
Zelt,  welches  auf  Rollen  geht.  Die  Vorrichtung  erscheint  sehr  plump 
und  schwerfällig. 

B.  Vorbereitnngsarbeiten  im  Laboratorium. 

Die  für  Ausübung  der  photographischen  Processe  nöthigen  Chemi- 
ealien werden  gewöhnlich  für  den  Gebrauch  vorrräthig  gemischt.  Man 
nennt  diese  Arbeit  das  Ansetzen  und  sie  betrifft  die  Herstellung 
des  jodirten  Collodions,  des  Silberbades,  des  Entwicklers,  des 
Verstärkers  und  der  Fixage.  Diese  Fluidas  müssen  unbedingt 
vorhanden  sein , ehe  man  die  Arbeit  beginnt,  und  in  einem  Zustande 
sich  befinden,  in  dem  inan  ihrer  guten  Wirksamkeit  gewifs  ist.  Bei 
ihrer  Herstellung,  Wartung  und  Behandlung  hat  man  sich  der  höchsten 
Sorgfalt,  namentlich  der  höchsten  Rein lichkeit  zu  befleifsigen,  und 
vor  allem  ist  das  der  Fall  bei  Herstellung  der  auf  Wochen  in  Vor- 
rath zu  mischenden  Collodien  und  Silberbäder.  Fehler,  die  hierbei 
gemacht  sind,  schleichen  sich  durch  alle  Platten;  sie  machen  jeden 
Erfolg  unmöglich,  und  mit  um  so  gröfserer  Gewissenhaftigkeit  ist  hier 
vorzugehen,  als  unter  Umständen  die  geringsten,  homöopathisch  kleinen, 
chemisch  kaum  noch  nachweisbaren  Quantitäten  fremdartiger  Substanzen 
im  Collodion  oder  Silberbade  im  Stande  sind,  die  photographischen  Ar- 
beiten völlig  illusorisch  zu  machen.*)  Dem  Verfasser  sind  Hunderte  von 

*)  Wir  können  hier  nicht  umhin,  den  Passus  aus  dem  „Lied  von  der  Photo- 
graphie- aufzufilhreu,  in  welchem  unser  Freund  Dr.  E.  Jacobsen  die  Verzweiflung 
eines  mit  Silberbadfehlern  kämpfenden  Photographen  schildert: 

„Wehe,  wenn  sie  losgelassen: 

Fehler  in  dem  Silberbad, 

Und  der  Photograph  verlassen 
. Wird  von  seiner  Praxis  Rath. 

Draufseu  warten, 

Die  zu  Karten, 

Die  zu  Bildern  grofs  und  klein 
Möchten  aufgenommen  sein. 

Hört  ihr's  klopfen  an  die  Thür? 

Wieder  Vier! 

Roth  wie  Blut 
Sind  die  Wangen: 

Das  ist  nicht  der  Freude  Gluth, 

Das  ist  Bangen! 

Decantirt 
Und  filtrirt 


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Collodionbereitung. 


251  . 


Photographen  vorgekommeu,  die  aus  purer  Nachlässigkeit,  ja  Bequem- 
lichkeit unterliefsen,  einen  Trichter  zu  reinigen,  dadurch  ihr  Collodion 
oder  Silberbad,  ohne  es  zu  ahnen,  verdarben,  nachher  in  ihrer  Ver- 
zweiflung zehnmal  mehr  Arbeit  hatten,  das  Verdorbene  wieder  gut  zu 
machen,  als  das  Reinigen  des  Trichters  gemacht  haben  würde. 

1.  Ansetzen  des  Collodions. 

Die  oben  anempfohlene  gröfste  Sorgfalt  gilt  vorzugsweise  für 
das  Ansetzen  des  Collodions.  Ein  Silberbad  läfst  sich  rasch  mischen 
und  sogleich  in  Gebrauch  nehmen,  falls  das  alte  seinen  Dienst  ver- 
sagen sollte,  ein  neues  Collodion  dagegen  ist  im  günstigsten  Falle 
erst  brauchbar  einige  Tage  nach  der  Mischung. 

Ueber  die  Herstellung  der  Schiefsbaumwolle,  deren  Eigenschaften» 
über  die  Lösung  derselben  in  Alkohol  und  Aether  haben  wir  schon 
im  ersten  Theile  ausführlich  gesprochen,  ebenso  über  die  Jodirungs- 
salze  (s.  S.  101).  Für  unsere  Arbeiten  halten  wir  uns  gewöhnlich  ein 


Zweimal  ward  die  Silbersuppe, 

Doch  es  ist  ihr  alles  schnappe! 

Auch  kein  Heil  ist  d’raus  entsprossen, 

Als  Collodion  zugegossen; 

Schütteln  auch  mit  Caolin 

Will  ihr  diesmal  gar  nicht  ziehn.  — 

Trichter  klappern,  Gläser  klirren, 

Schalen  schwappen  — — Menschen  irren ! 

Draufsen  murrt  es, 

Flucht  und  knurrt  es, 

Alle  werden  ungeduldig. 

Ach  und  wir  sind  doch  nicht  schuldig! 

Durch  der  Hände  lange  Kette 
Um  die  Wette 

• Alle  Album  sind  gegangen  — 

Und  das  Silber  läfst  uns  hangen! 

Rasch  noch  einmal  nachgeschlagen, 

Lafät  die  Bücher  uns  befragen.  — 

Doch  mit  der  Recepte  Heer 
Wächst  das  Wirrsal  immer  mehr. 

Tropft  die  Stirn  und  wird  die  Angst 
Riesengrofs!  — 

Hoffnungslos 

Weicht  der  Photograph  dem  Zufall, 

löst  Höllenstein  zum  neuen  Bade  auf,  thut  etwas  Jodsilber  hinein  und  geht  in’s 
Atelier,  die  Kunden  zu  versichern,  dafs  nun  alles  in  Ordnung  sei;  aber 

Leergebrannt 
Ist  die  Stätte; 

Fortgerannt 
Um  die  Wette 

Sind  sie  bis  zum  letzten  Mann. 

In  dem  leeren  Atelier 

Wohnt  das  Grauen 

Und  des  Himmels  Wolken  schauen 

Hoch  hinein. H 


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252 


Judirtes  Collodioo. 


gut  abgeklärtes  Uohcol lodion  im  Vorrath.  Dessen  Zusammen- 
setzung ist  im  Sommer:  2 Theile  Collodion  wolle, 

50  - Alkohol  95% 

50  - Aether; 

für  den  Winter:  2 - Collodionwolle, 

60  - Aether, 

40  - Alkohol. 

Im  Winter  nehmen  wir  das  Collodion  ätherreicher,  damit  die 
Verdunstung  beim  Giefseu  rascher  vor  sich  gehe  und  die  Schicht  da- 
durch fester  werde  (s.  S.  101). 

Die  Abklärung  des  Rohcollodions  ist  gewöhnlich  14  Tage  nach 
Auflösung  der  Wolle  vollendet. 

Dieses  Rohcollodion  mufs  mit  Brom-  und  Jodmetallen  ver- 
setzt werden.  Viele  Photographen  thun  letzteres  zu  der  öligen  Flüs- 
sigkeit. Dies  ist  unpraktisch.  Gewöhnlich  enthalten  die  Salze  kleine 
Spuren  von  Unreinigkeiten,  die  sich  aus  dem  Collodion  nur  langsam 
absetzen  und  ein  zeitraubendes  neues  Abklären  nöthig  machen. 

Viel  praktischer  ist  es  daher,  die  Jod-  und  Bromsalze  für  sieh 
in  Alkohol  zu  lösen  und  nach  sorgsamster  (womöglich  zweifacher) 
Filtration  dem  abgeklärten  Rohcollodion  zuzusetzen. 

Eine  solche  Lösung  von  Jod-  und  Bromsalzen  in  Alkohol  nennt 
man  J odir urig. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  die  Auswahl  der  Jodirungs- 
salze.  Die  Zahl  der  Recepte,  die  in  dieser  Hinsicht  empfohlen  wor- 
den sind,  ist  Legion.  Es  ist  nicht  unsere  Absicht,  hier  eine  Recep- 
tensarnmlung  zu  liefern,  obgleich  unter  den  zahlreichen  Recepten  viel 
gute  sind.  Probirt  man  die  Collodien  verschiedener  Photographen 
oder  Fabrikanten,  so  findet  man  in  ihren  Eigenschaften  ganz  augen- 
fällige Unterschiede.  Manche  arbeiten  weich,  aber  flau,  d.  h.  geben 
Bilder  mit  vielen  Details  in  den  dunklen  Theilen,  aber  nur  wenig 
intensiven  Lichtern,  andere  arbeiten  hart,  aber  brillant.  Manche  geben 
ein  intensives,  manche  ein  dünnes  Bild,  und  dennoch  geben  alle  diese 
so  verschieden  arbeitenden  Collodien  gute  Resultate  in  der  Hand  des- 
jenigen, der  damit  zu  arbeiten  gewöhnt  ist. 

Es  ist  möglich,  mit  einem  flau  arbeitenden  Collodion  durch  etwas 
contrastreichere  Beleuchtung  dennoch  ein  brillantes  Bild  zu  erzielen, 
und  umgekehrt  bei  einem  zu  contrastreich  arbeitenden  Collodion  durch 
eine  passende  Beleuchtung  ein  harmonisches  Bild  zu  erhalten.  Auch 
durch  passende  Wahl  des  Entwicklers  läfst  sich  hier  mancher  Fehler 
ausgleichen.  Wer  aber  dieselbe  Arbeitsmanier  etc.  für  alle  Collodien 
anwenden  will,  wird  manches  voreilig  als  schlecht  verdammen,  welches 
bei  richtiger  Arbeit  gute  Resultate  geben  würde. 

Umgekehrt  kann  aber  nicht  geleugnet  werden,  dafs  gerade  in 
diesem  Artikel  ziemlich  stark  auf  die  Unwissenheit  mancher  Photo- 


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Jodirtes  Collodion. 


253 


graphen  speculirt  wird  und  Collodion  mit  den  seltsamsten  Jodirungs- 
salzen  — neuerdings  sogar  Caesium  und  Rubidium  — als  die  photo- 
graphischen Steine  der  Weisen  angepriesen  werden. 

Seite  106  sind  die  Wirkungen  der  Jodirungssalze  eingehender 
besprochen  und  die  Resultate  der  Untersuchungen  des  Verfassers  über 
die  Wirkung  der  Bromsalze  genauer  ausgefübrt  worden  (Seite  109). 
Wir  reihen  hieran  noch  die  Resultate  einiger  neueren  Forschungen. 

Die  Gegenwart  von  Bromsalz  bedingt  die  Empfindlichkeit  für 
dunkle  Strahlen,  d.  h.  Details  in  den  Schatten  und  Weichheit,  die  Ge- 
genwart des  Jodsalzes  die  Empfindlichkeit  für  helle  Strahlen,  d.  h.  die 
Intensität  der  Lichter  (s.  Seite  109).  Es  ist  daraus  etwas  voreilig  der 
Schlufs  gezogen  worden,  dafs  das  Collodion  um  so  weicher  arbeite, 
je  mehr  es  Bromsalz  enthalte,  das  ist  jedoch  keineswegs  der  Fall. 

Kürzlich  angestellte  Versuche  des  Verfassers  haben  gezeigt,  dafs 
ein  Collodion,  welches  2 Aequivalente  Jodcadmium  auf  1 Aequivalent 
Bromcadmium  enthält,  bedeutend  weicher  arbeitet  und  empfindlicher 
ist  als  ein  Collodion,  welches  doppelt  und  viermal  so  viel  Bromcad- 
mium im  Verhältnis  zum  Jodcadmium  enthält. 

Wurde  der  Bromgehalt  noch  weiter  gesteigert  (3  Aequivalente 
Cd  Br  auf  1 Aequivalent  CdJ),  so  resultirte  ein  Collodion,  welches 
wieder  grofse  Empfindlichkeit  für  dunkle  Strahlen,  aber  blasse  Lich- 
ter zeigte;  es  arbeitete  sehr  weich,  aber  flau.*) 

Ebenso  seltsam  ist  nach  des  Verfassers  Versuchen  die  Quantität 
der  Jodirungssalze.  Verfasser  machte  zwei  Collodien,  von  denen  das 
eine  doppelt  so  stark  jodirt  war  wie  das  andere;  ersteres  erwies  sich 
bedeutend  empfindlicher  und  gab  ein  intensiveres  Bild  als  letzteres. 

Wer  Collodion  probiren  will,  der  nehme,  wie  wir  damals,  eine 
mit  schwarzer  Draperie  umgebene  Gypsbüste  auf  (siehe  Seite  109). 

Wichtig  ist  bei  vergleichenden  Versuchen  diegröfste 
Uehereinstimmung  in  Bezug  auf  Licht,  Silberbad,  Ent- 
wicklung. 

Folgendes  sind  die  Recepte,  deren  wir  uns  gewöhnlich  bedienen: 

a)  Gewöhnliches  Collodion.'*) 

1 Gramm  Jodcadmium, 
i - Jodnatrium, 

i - Bromammon, 

30  - Alkohol 

werden  gelöst  und  nach  vollständiger  Auflösung  filtrirt. 

*)  1 Aequivalent  Jodcadmium  entspricht  ungefähr  18  Gewichtstheilen. 

1 - Bromcadmium  - - 17 

*•)  Dieses  Collodion  ist  das  unter  dem  Namen  *Dr.  Vogels  Collodion“  bereits 
vor  drei  Jahren  in  den  Photograph.  Mittheilungen  publicirte. 


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254 


Jodirtes  Collodion. 


Dann  wird  1 Volumtheil  des  Filtrats  mit 

3 Volumen  Rohcollodion 

von  2 Procent  Pyroxilingehalt  (siehe  oben)  gemischt. 

War  das  Rohcollodion  gut  abgeklärt,  die  Salzlösung  sehr  gut 
flltrirt,  so  ist  das  Collodion  schon  nach  drei  Tagen  brauchbar.  Das 
jodirte  Collodion  hält  sich  verschieden  lange.  Ist  das  angewendete 
PyTOxilin  zur  Zersetzung  geneigt,  so  färbt  es  sich  bald  roth,  ebenso 
wenn  die  Salze  unrein  sind.  Am  wenigsten  rein  erhält  man  in  der 
Regel  das  Jodnatrium. 


b)  Aequivalentcollodion. 

Dieses  empfehlen  wir  auf  Grund  unserer  neuesten  Untersuchungen 
(siehe  Photograph.  Mittheilungen,  Augustheft  1868)  als  ein  Collodion 
von  besonderer  Haltbarkeit.  Man  löse 

18  Gramm  Jodcadmium  in  270  Gramm  Alkohol, 
ebenso  17  - Bromcadmium  - 270 

Man  mische  2 Volumentheile  der  Jodcadmiumlösung  mit  1 Volu- 
mentheil  der  Bromcadmiumlösung  und  9 Theilen  Rohcollodion  (2  Proc.) 
In  diesem  Collodion  findet  sich  auf  2 Aequi valente  Jod  1 Aequiva- 
lent  Brom,  daher  der  Name.  Es  hält  sich  Jahr  und  Tag. 

Gewöhnlich  werden  die  frisch  gemischten  Collodien  bald  gelb, 
wenn  auch  die  Jodirungssalze  farblos  waren  (siehe  Seite  106). 

Am  längsten  bleiben  die  Cadmiunicollodien  weifs.  Manche  Collo- 
dien geben,  so  lange  sie  noch  nicht  gelblich  geworden  sind,  leicht 
Schleier.  Man  kann  solche  durch  leichte  Ansäuerung  des  Silber- 
bades oder  durch  Zusatz  von  einigen  Tropfen  Jodtinctur  zum  Collodion 
(durch  letztere  wird  es  sofort  gelb  gefärbt)  verhindern.  Alkoholreiche 
Collodien  geben  leichter  Schleier  als  äther- 
reiche. 

Manche  Sorten  Rohcollodion  klären  sich 
äufserst  schwer  ab,  sie  geben  trotz  monate- 
langem Stehen  immer  noch  fleckige  Platten. 
Es  sind  dies  namentlich  die  bei  niederer 
Temperatur  bereiteten.  Collodien,  welche 
damit  hergestellt  sind,  müssen  filtrirt  werden ; 
dies  ist  eine  etwas  zeitraubende  Operation, 
die  man  mit  Hülfe  einer  eigens  dazu  ge- 
machten Filterflasche  ausführt.  Diese  hat 
einen  in  Glas  eingeschliffenen,  mit  Glas- 
stöpsel schliefsbaren  Trichter  T , in  dessen 
untere  Oeffnung  o man  lose,  gewaschene 
Baumwolle  stopft,  welche  man  um  das  Glas- 
röhrchen r wickelt.  Dann  giefst  man  Collo- 
dion auf,  dasselbe  sickert  langsam  durch  die 


Flg.  78. 

« 


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Silberbad. 


255 


Baumwolle,  während  die  Luft  aus  dem  Untergefäfs  durch  das  Röhr- 
chen entweicht.  Der  obere  Stöpsel  s verhindert  die  Verdunstung  der 
so  leicht  flüchtigen  Flüssigkeiten.  Ueber  die  Benutzung  und  Wartung 
des  Collodions  siehe  unten. 

2.  Das  Silberbad. 

Das  Silberbad  hat  die  Aufgabe,  die  Collodionschicht  zu  sensibi- 
lisiren,  d.  h.  die  Jod-  und  Brommetalle  darin  in  Jod-  und  Bromsilber 
überzuführen. 

In  früherer  Zeit  benutzte  man  als  solches  eine  verdünnte  Silber- 
lösung 1 : 16  bis  1 : 20.  Diese  ist  auch  in  der  That  zu  dem  genannten 
Zweck  geeignet.  Demnach  ist  es  nicht  rathsam,  mit  einer  so  schwachen 
Silberlösung  zu  arbeiten.  Einerseits  geht  die  vollständige  Sensibilisation 
der  Platten  in  solchem  verdünntem  Bade  nur  langsam  vor  sich  und 
um  so  langsamer,  je  reicher  das  Collodion  an  Jod-  und  Bromsalzen 
. ist,  andrerseits  aber  wird  dem  Bade  mit  jeder  Platte  eine  gewisse 
■Quantität  Silber  entzogen,  es  erschöpft  sich  deshalb  sehr  rasch,  wenn 
es  vonvornherein  wenig  Silbersalz  enthält. 

Ferner  ist  ein  Punkt  zu  beachten,  nämlich  die  Löslichkeit  des 
Jodsilbers  in  Höllensteinlösungen  (s.  S.  47).  Diese  bewirkt  das 
sogenannte  Anfressen  der  Platten  in  einem  frischen  Bade,  und  um 
dieses  zu  verhüten,  stellt  man  entweder  in  ein  frisches  Bad  über  Nacht 
eine  jodirte  Collodionplatte  oder  setzt  dem  Bade  unmittelbar  ein  Jod- 
salz zu,  welches  eine  kleine  Quantität  Jodsilber  erzeugt  und  dadurch 
das  Lösungsvermögen  des  Bades  für  diesen  Stoff  etwas  vermindert. 

Als  Rohmaterial  für  Ansetzung  des  Bades  bedienen  wir  uns  nur 
des  neutralen  kry  stall  i sirten  Silbersalzes,  niemals  des  geschmol- 
zenen, welches  zuweilen  sehr  störend  wirkendes  salpetrigsaures  Silber 
enthält  (siehe  Seite  42). 

Zum  Ansetzen  des  Bades  lösen  wir 

100  Gramm  Silbersalz  in 
1000  - destillirtem  Wasser 

und  setzen  dazu  25  Gramm  (oder  Cubikcentimeter) 
einer  Lösung  von  1 Theil  Jodkalium  in  100  Tbeilen  Wasser. 

Säure  fügen  wir  gewöhnlich  nicht  zum  Silberbade,  nur  wenn  eine 
darin  präparirte  Platte  schleierig  erscheinen  sollte,  setzen  wir  tropfen- 
weise verdünnte  Salpetersäure  (1  Theil  Salpetersäure,  5 Theile  Wasser) 
hinzu,  jedoch  nur  soviel,  dafs  der  Schleier  eben  zum  Verschwinden 
gebracht  wird.  Essigsäure  bedienen  wir  uns  zum  Ansäuern  des  Bades 
nicht,  da  sie  leicht  zur  Entstehung  von  schwerlöslichen  essigsauren 
Silberkrystallen  Veranlassung  giebt,  die  sich  auf  die  Platten  setzen 
und  Spiefse,  Körner  und  spiefsige  Flecke  veranlassen.  Zusatz  von 
Bleizucker,  Brommetallen  und  ähnlichen  mehrfach  empfohlenen  Salzen 
ist  vollständig  überflüssig. 


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256 


Entwickler. 


3.  Der  Entwickler. 

Als  Entwickler  für  den  Negativprocefs  wird  jetzt  ganz  allgemein 
eine  Eisenvitriolauflösung  angewendet.  Diese  fällt  das  Silber 
aus  seinen  Lösungen  metallisch  als  feines  Pulver  (siehe  Seite  37)  und 
dieser  Niederschlag  entsteht  demnach  auch,  wenn  man  auf  eineCollodion- 
platte,  welche  feucht  von  anhängender  Silberlösung  ist,  Eisen- 
vitriollösung  giefst 

Damit  der  Niederschlag  nicht  zu  rasch  entstehe  und  unregelmäfsig 
die  ganze  Platte  bedecke,  wendet  man  eine  verdünnte  und  sa'Ure 
Eisenlösung  an  (siehe  Seite  37). 

Als  bestes  Ansäuerungsmittel  nimmt  man  die  Essigsäure  (sogen. 
Eisessig).  Bei  Bildern  mit  Halbtönen  wendet  man  einen  concen- 
trirten,  bei  Reproductionen  ohne  Halbtöne  einen  verdünnten 
Entwickler  an. 

Wir  nehmen 

a)  als  Entwickler  für  Fortraits  and  Landschaften. 

5 Tbeile  Eisenvitriol, 

3 - Eisessig, 

100  - Wasser. 

Ist  das  Silberbad  alt,  so  fügt  man  noch  2 Theile  Alkohol  hinzu. 
Das  Wasser  braucht  durchaus  nicht  destillirtes  zu  sein.  Wasserleitungs- 
wasser und  nicht  zu  salzhaltiges  Brunnen-  oder  Flufswasser  genügt. 

b)  Entwickler  für  Stichreprodnctionen. 

2*  Theile  Eisenvitriol, 

3 — 4 - Eisessig, 

100  - Wasser; 

bei  alten  Bädern  Alkohol  wie  oben. 

Ueber  die  Eigenschaften  des  Eisenvitriols  und  des  Eisessigs  ist 
bereits  die  Rede  gewesen  (siehe  Seite  21  und  78). 

Statt  des  Eisenvitriols  wendet  man  auch  zuweilen  das  schwefel- 
saure Eisenoxydulammon  an.  5 Theile  Eisenvitriol  entsprechen 
7 Theilen  schwefelsauren  Eisenoxydulammons.  Er  empfiehlt  sich  durch 
seine  Beständigkeit  für  damit  angesetzte  Entwickler,  hält  sich  lange 
Zeit,  während  der  gewöhnliche  Eisenvitriolentwickler  mindestens  alle 
drei  Tage  frisch  bereitet  werden  mufs. 

4.  Der  Verstärker. 

Das  durch  Entwickler  hervorgerufene  Bild  ist  in  den  meisten 
Fällen  noch  zu  flau,  um  direct  druckbar  zu  sein,  es  mufs  daher  durch 
Verstärker  dicker  gemacht  werden.  Das  Princip  der  Sache  ist  Seite  39 
auseiuandergesetzt. 


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Verstärker. 


257 


Als  hauptsächlichsten  Verstärker  bedient  man  sich  einer  Mischung 
von  einer  sauren  Silberlösung  mit  einer  reducirenden  Flüssigkeit. 
Als  letztere  ist  sehr  allgemein  eine  Pyrogallussäure-Auflösung 
beliebt,  sie  arbeitet  bei  Gegenwart  von  Säure  langsam,  reinlich  und 
giebt  eine  „dichte  Decke“.  Sie  hält  sich  jedoch  gleich  dem  Entwickler, 
im  Wasser  gelöst,  nur  kurze  Zeit,  indem  sie  Sauerstoff  absorbirt  und 
braun  wird.  Die  alkoholische  Lösung  hält  sich  dagegen  jahrelang. 
Da  das  Abwägen  der  Pyrogallussäure  weniger  bequem  ist,  als  das  Ab- 
messen einer  abgestimmten  Lösung,  stellen  wir  letztere  in  Vorrath  dar, 
indem  wir 

1  Theil  Pyrogallussäure  in 
10  Theilen  Alkohol 

lösen  und  filtriren.  Diese  Lösung  hält  sich  gut  verkorkt  unbegrenzte 
Zeit.  Behufs  des  Gebrauchs  verdünnen  wir  4 Cubikcentimeter  dieser 
Lösung  auf  100  Cubikcentimeter  mit  Wasser.  Diese  wird  unmittel- 
bar vor  der  praktischen  Anwendung  mit  dem  gleichen  Volumen  der 
folgenden  Silberlösung  gemischt: 

2 Theile  Silbersalpeter, 

3 - Citronensäure, 

100  - Wasser. 

Diese  Lösung  hält  sich  14  Tage. 

Im  Sommer,  oder  wenn  die  Pyrogallussäure  (wo  das  zuweilen 
vorkommt)  rascher  reducirend  wirken  sollte,  nehme  man  statt  3 Theile 
lieber  4 Theile  Citronensäure.  Im  Winter  kann  man  die  Menge  der- 
selben, falls  die  Reduction  zu  langsam  gehen  sollte,  auf  1 Theil  herab- 
setzen. Für  Reproductionen  in  Stichmanier  nehme  man  den  Verstärker 
möglichst  sauer,  um  die  Linien  klar  zu  erhalten. 

Ebenso  empfehlenswerth  als  die  Pyrogallussäure  ist  der  Eisen- 
verstärker.  Er  giebt  zwar  in  der  Hand  des  Ungeübten  leicht 
Flecke,  hat  aber  den  Vortheil,  kein  Abspülen  der  Platte  vor  dem 
Verstärken  nöthig  zu  machen  und  bei  richtiger  Mischung  rascher 
zu  arbeiten. 

Man  nimmt  dazu  den  gewöhnlichen  Entwickler  (siehe  oben) 
und  versetzt  ihn  mit  gleichviel  von  folgender  citronensaurer  Silberlösung: 

2 Theile  Silbersalpeter, 

3 - Citronensäure, 

2—3  - Alkohol, 

100  - Wasser. 

Did  zahlreichen,  sonst  empfohlenen  Verstärkungsfluida  (s.  S.  40) 
können  wir  hier  nicht  empfehlen;  sie  haben  mancherlei  interessante 
Seiten,  sind  jedoch  praktisch  noch  nicht  so  bewährt,  als  die  vorher- 
gehenden. Auf  einzelne,  für  specielle  Felder  der  Photographie  von 
Werth  erscheinende,  soll  später  noch  eingegangen  werden. 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  11 


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258 


Fixsge.  — Lack. 


5.  Fixage. 

Aus  dem  entwickelten  und  verstärkten  Bilde  mufs  das  licht- 
empfindliche Material,  Jodsilber  und  Bromsilber  entfernt  werden,  einer- 
seits um  die  Platte  durchsichtiger  zu  machen,  andererseits  um  sie  vor 
weiterer  Veränderung  durch  das  Licht  zu  schützen;  dazu  dient  entweder 
eine  Lösung  von 

1 Theil  unterschwefligsaurem  Natron  (Fixirnatron)  in 
4 — 5 - Wasser 

oder  1 - Cyankalium  in 

25  - Wasser. 

Die  Fixirnatronlösung  hält  sich  mehrere  Tage.  Die  Cyankalium- 
lösung zersetzt  sich  jedoch  schnell  und  gebt  in  ameisensaures  Kali 
über.  Ueber  die  chemischen  Principien  des  Fixirprocesses  s.  S.  81  u.  84. 

Wir  bedienen  uns  für  Arbeiten  im  Atelier,  wo  Waschwasser  in 
hinreichendem  Matse  zur  Disposition  steht,  des  Fixirnatrons,  zu  Arbeiten 
im  Freien,  auf  Reisen  jedoch  des  Cyankaliums.  Letzteres  wirkt  ebenso 
leicht  auflösend  auf  das  Silber  des  Bildes  (s.  S.  81)  und  zerstört  daher, 
wenn  man  es  nicht  sofort  abwäscbt,  leicht  die  zarteren  Halbtöne  des 
Bildes.  Es  bietet  jedoch  den  Vortheil,  durch  Kosten  des  letzten  Tropfens 
ablaufenden  Waschwassers  zu  erkennen,  ob  die  Platte  sorgfältig  ge- 
waschen ist  oder  nicht  (s.  unten). 

6.  Lack. 

Das  gefertigte  Bild  bedarf  zum  Schutz  vor  mechanischer  Ver- 
letzung eines  Ueberzuges.  Als  solchen  benutzte  man  früher  eine  con- 
centrirte  Gummiarabicum-Lösung.  Diese  ist  ausreichend,  falls  man  nur 
eine  kleine  Zahl  Abzüge  von  der  Platte  fertigen  und  diese  nicht  lange 
aufbewahren  will.  Für  die  Platten , die  länger  auf bewajbrt  werden 
sollen,  empfiehlt  sich  aber  statt  dessen  eine  alkoholische  Harzlösung, 
die  der  Hauptsache  nach  aus  Schellack  besteht.  Es  giebt  fast  ebensoviel 
Lackrecepte  als  Collodionrecepte  und  pflegt  man  jetzt  meistentheils  den 
Negativlack  fertig  zu  kaufen. 

Für  Diejenigen,  welche  ihn  selbst  bereiten  wollen,  empfehlen  wir 
folgendes  Recept: 

3 Theile  weifser  Schellack, 

3 - Sandarak, 

40  - Alkohol  von  95". 

Grafshoff  empfiehlt  in  seinem  vortrefflichen  Werkchen  über  Re- 
touche  folgenden  Lack: 

2,  Theile  Sandarak, 

4 - Kampher, 

1 - venetianischer  Terpenthin, 

■$  - Lavendelöl, 

15  - Alkohol. 


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Glasplatten. 


259 


Der  Zusatz  von  Terpenthin  und  ätherischem  Oel  bewirkt  mehr 
Zähigkeit.  Dieser  scbellackfreie  Firnifs  ist  vortrefflich  zur  Negativ- 
retouche  mit  Bleistift.  An  sich  ist  er  oft  zu  dick,  er  wird  dann  mit 
Alkohol  von  95"  passend  verdünnt.  Zuweilen  greift  der  Lack  die 
Collodionschicht  beim  Firnissen  an,  dies  verhindert  man  durch  Zusatz 
von  1 Proc.  Wasser. 

7.  Glasplatten. 

* 

Glasplatten  dienen  als  die  wichtigsten  Unterlagen  in  dem  Collodion- 
negativprocefs,  als  die  Träger  des  Collodionhäutchens;  sie  werden  in 
der  Photographie  in  riesigen  Quantitäten  verbraucht  und  erfordern 
mit  Rücksicht  auf  die  Subtilität  des  Processes  einige  Vorbereitungs- 
arbeiten, ehe  sie  photographisch  brauchbar  sind.  Bedingung  ihrer  An- 
wendbarkeit ist 

a.  Möglichst  vollkommene  Durchsichtigkeit,  damit  sie 
beim  Copirprocefs  dem  Lichte  den  Durchgang  gestatten.  Die  weifse, 
schlierenlose  Platte  wird  hier  stets  den  Vorzug  verdienen  vor  grün- 
lichem, blasigen  Glase. 

b.  Ebenheit  Unebene  Glasplatten  legen  sich  schlecht  an  die 
Bildebene  in  der  Camera,  noch  schlechter  in  den  Copirrahmen.  Hier 
zerbrechen  sie  leicht. 

c.  Glätte  und  Reinheit  der  Oberfläche.  Gewöhnlich  findet 
man  zweierlei  Sorten  photographisches  Glas  in  dem  Handel:  soge- 
nanntes rheinisches  Glas  und  Spiegelglas;  ersteres  ist  eine  mehr 
grünlich  erscheinende,  nicht  immer  ebene  und  glatte  Sorte,  die  wie 
Fensterglas  geblasen  und  gestreckt  wird.  Das  zweite  ist  gewöhnlich 
auch  geblasenes  Glas,  welches  nachher  abgeschliffen  und  dadurch  eben 
gemacht  worden  ist. 

Für  kleinere  Bilder  reicht  das  gewöhnliche  rheinische  Glas  aus, 
namentlich  wenn  der  Fabrikant  auf  photographische  Anforderungen 
Rücksicht  genommen  und  das  Glas  möglichst  gut  gestreckt  und  mög- 
lichst reinlich  aufbewahrt  hat. 

Verlangt  man  jedoch  sehr  ebene  Platten,  so  bedient  man  sich 
des  allerdings  viel  theureren  Spiegelglases,  so  bei  grofsen  Aufnah- 
men, bei  mathematisch  genauen  Reproductionen  etc.  Zu  beachten  ist 
noch  die  Eigenschaft  der  Glasoberfläche.  Das  gewöhnliche 
rheinische  Glas  ist  härter  als  Spiegelglas,  daher  mechanischen  und 
chemischen  Wirkungen  nicht  so  leicht  ausgesetzt.  Chemischen  Wir- 
kungen leisten  Gläser  bei  Weitem  weniger  Wiederstand  als  man  ge- 
wöhnlich annimmt.  Pulverisirtes  Glas  giebt  beim  Kochen  mit  Wasser 
beträchtliche  Quantitäten  von  Salz  ab.  Ja  beim  Verdunsten  einer 
kleinen  Portion  destillirten  Wassers  auf  einer  Glasplatte  bemerkt  man 
zuweilen  ein  Angreifen  derselben.  Noch  übler  wirken  Salzlösungen. 
Daher  findet  mnn  so  häufig,  dafs  an  Gläsern  eingetrocknete  Wasser- 

17' 


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260 


Glasplatten. 


tropfen  und  Salzlösungen  unvertilgbare  Flecke  hinterlassen.  Höchste 
Sauberkeit  ist  demnach  beim  Behandeln  der  Glasplatten 
Bedingung. 

Meistentheils  kauft  der  Photograph  die  Platten  in  passend  zuge- 
schnittenen Mafsen  und  nicht  selten  werden  sie,  getrennt  durch  Stücke 
Druckpapier,  versendet.  Dieses  sollte  vermieden  werden,  denn  die 
Druckerschwärze  läfst  leise  Fettspuren  an  der  Platte  zurück  und  man 
erkennt  oft  die  ganze  Schrift,  wenn  man  auf  die  Platte  haucht.  Als 
Zwischenlage  empfehlen  sich  Fliefspapierstreifen. 

Wichtig  ist  die  sogenannte  Bekantung.  Die  scharfen  Kanten  und 
Ecken  der  frisch  geschnittenen  Platten  würden  nicht  nur  Putzlappen, 
sondern  auch  die  Hände  der  Photographen  ruiniren.  Man  schleift  sie 
daher  ab,  entweder  mit  Hülfe  einer  flachen  Feile,  oder  indem  man 
zwei  Platten  mit  den  Kanten  übereinander  reibt.  Die  herumfliegenden 
Splitter  wische  man  sofort  herunter,  sie  geben  sonst  leicht  Veranlas- 
sung zur  Entstehung  von  Ritzen  im  Glase. 

Man  überzeugt  sich  vorher,  ob  sämmtliche  zugeschnit- 
tenen Glasplatten  auch  richtig  in  die  Cassette  passen. 

Sämmtliche  Platten  bedürfen  einer  ziemlich  umfassenden  und 
sorgfältigen  Reinigung,  die  theils  chemischer,  theils  mechanischer 
Natur  ist. 

Die  frische  Platte  taucht  man  ein  paar  Stunden  entweder  in  eine 
Mischung  von 

1 Theil  roher  Salpetersäure  und 
1 - Wasser, 

die  in  einer  Glasschale  auf  bewahrt  wird,  oder  in  eine  Mischung  von 
1 Theil  saurem  chromsaurem  Kali, 

1 - engl.  Schwefelsäure, 

12  - Wasser. 

Letztere  Mischung  hat  Lea  empfohlen,  sie  wirkt  sehr  energisch  zer- 
störend auf  die  organischen  Substanzen.  Man  achte  jedoch  darauf,  dafs 
bei  ihrer  Anwendung  sich  öfter  Chromalaunkrystalle  ausseheiden  und 
sich  auf  die  Platte  setzen,  dann  ist  die  Mischung  unbrauchbar  geworden 
und  mufs  neu  angesetzt  werden.  Wir  bedienen  uns  gewöhnlich  der 
Salpetersäure. 

Will  man  eine  eben  gekaufte  Platte  sofort  benutzen,  so  überreibe 
man  sie  auf  beiden  Seiten  sorgfältig,  Strich  an  Strich  mit  einem 
in  die  Säure  getauchten  Lappen,  lasse  sie  einige  Minuten  stehen  und 
wasche  sie  dann  tüchtig  mit  Wasser,  indem  man  mit  dem  Hand- 
ballen gehörig  nachreibt.  Die  gut  gewaschene  Platte  wird  dann 
5 Minuten  zum  Ablaufen  auf  reinliches  Fliefspapier  schief  gestellt 
und  dann  auf  beiden  Seiten  mit  einem  ganz  reinen,  einzig  und 
allein  für  diesen  Zweck  bestimmten,  sorgfältig  zu  ver- 
wahrenden Handtuch  auf  beiden  Seiten  trocken  gerieben. 


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Vorbereitung  der  Glasplatten. 


261 


Manche  Operateure  empfehlen  Reinigung  der  rohen  Platten  mit 
Aetzkali  oder  Cyankalium.  Man  verreibt  eine  Lösung  der  Salze  (un- 
gefähr 1 zu  10)  tüchtig  mit  einem  Leinwandlappen  auf  der  Platte, 
nachher  wäscht  und  trocknet  man  die  Platte  wie  oben. 

Solcher  gewaschenen  Glasplatten  müssen  vor  Beginn  jeder  photo- 
graphischen Arbeit  eine  Anzahl  vorhanden  sein. 

Man  führe  diese  Vorreinigung  der  Platten  mit  gröfster  Sorg- 
falt aus.  Eine  nicht  sorgfältig  vorgereinigte  Platte  ist  durch 
Putzen  mit  Lederballen  nimmermehr  rein  zu  bekommen. 

Man  unterlasse  nie,  auch  die  rauhen  Kanten  der  Platte 
zu  reinigen.  Gewöhnlich  wird  dies  übersehen  und  giebt 
d an n Veranlassung  zur  Entstehung  von  Schmutzkanten  auf 
den  Bildern. 


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Zweiter  Abschnitt. 


Die  photographischen  Operationen. 

Sind  die  in  dem  vorhergehenden  Capitel  eingehend  beschriebenen 
photographischen  Vorbereitungsarbeiten  im  Laboratorium  und  im  Ate- 
lier getroffen,  so  kann  die  Ausübung  des  Processes  beginnen.  Vor- 
her aber  überzeuge  man  sich,  dafs  nichts  fehlt. 

Nichts  passirt  namentlich  Anfängern  häufiger,  als  dafs  sie  eins 
oder  das  andere  vergessen.  Sie  haben  eine  Platte  geputzt,  collodionirt, 
seusibilisirt,  exponirt,  und  nachher  fehlt  es  ihnen  am  Entwickler,  das 
Bild  hervorzurufen,  oder  dieser  war  vielleicht  vorhanden,  und  es  fehlte 
an  reinlichen  Gläsern,  am  Verstärker.  Natürlich  trocknet  die  Platte 
zusammen,  ehe  diese  Sachen  herbeigeschafft  sind,  und  die  vorherge- 
gangenen vier  oder  fünf  Operationen  sind  in  solchem  Falle  völlig  ver- 
geblich. 

Noch  nothwendiger  ist  aber  eine  solche  vorhergehende  strenge 
Controlle,  wenn  es  sich  um  Portraitphotographie  handelt  Hier 
tritt  neben  dem  Photographen  noch  das  aufzunehmende  Modell 
in  Mitleidenschaft.  Dieses  mufs  die  ungemüthlicbe  Operation  des  Po- 
sens,  Kopfhalteranlegens,  Stillhaltens  noch  einmal  in  Folge  der  Schuld 
des  Photographen  durchmachen  — und  das  ist  ein  für  allemal  kein 
Vergnügen  und  nicht  geeignet,  das  Publicum  zu  fesseln. 

Die  erste  Arbeit  bei  Ausführung  einer  photographischen  Aufnahme 
ist  die  Herstellung  einer  rein  geputzten  Glasplatte. 

1.  Das  Putzen. 

Wir  setzen  das  Vorhandensein  in  die  Cassette  richtig  pas- 
sender und  gehörig  durch  Säure,  Waschen  und  sorgliches  Abtrocknen 
vorgereinigter  Glasplatten  voraus  (s.  o.).  Man  prüfe  dieselben  durch 
Anhauchen  auf  beiden  Seiten.  Die  geringsten  Ungleichheiten  in  der 
Oberfläche  offenbaren  sich  hierbei  sofort  durch  ungleiches  Anlegen 
des  Hauches. 

Erscheinen  beide  Seiten  gleich  rein,  so  wähle  man  die  glatte 
Seite  als  die  weiter  zu  bearbeitende.  Man  findet  nämlich  bei  gewöhn- 
lichem rheinischen  Glase  zwischen  den  beiden  Seiten  Ungleichheiten. 
Die  eine  Seite,  welche  im  Streckofen  unten  gelegen  hat,  erscheint  wie 
jnit  feinen  Punkten  besäet,  die  andere  ist  glatter.  Natürlich  braucht 


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Platten  putzen. 


263 


nur  eine  Seite  fertig  geputzt  zu  werden,  da  nur  eine  collodionirt  wird. 
Man  halte  die  andere  jedoch  reinlich,  um  nicht  durch  daran  haftenden 
Schmutz  später  das  Silberbad  zu  verunreinigen. 

Die  erste  Arbeit  des  Reinputzens  besteht  im  Vorputzen  mit  Hauch 
und  völlig  reinem,  nur  zu  diesem  Zweck  dienenden  Hand- 
tuch. Man  breite  das  Handtuch  auf  einen  reinlichen  Tisch  aus, 
lege  die  Platte  auf,  halte  sie  an  einer  Ecke  mit  dem  Tuchzipfel  (nicht 
mit  den  Fingern)  fest,  hauche  auf  die  Oberfläche  und  reibe  alsdann 
mit  dem  andern  Handtuchende,  das  zu  einem  Ballen  geformt  ist. 

Hauptbedingung:  Rein  gewaschene  Hände  und  reines, 
nur  mit  Soda  gewaschenes  Handtuch.  Nach  einmaligem  Ueber- 
reiben  der  ganzen  Platte  (Kanten  und  Ecken  nicht  zu  vergessen) 
prüfe  man  den  Erfolg  der  Operation  durch  Hauch  und  Beobachtung 
im  reflectirten  Licht.  Sind  noch  Ungleichheiten  vorhanden,  so  bear- 
beite man  die  betreffenden  Stellen  weiter  mit  Hauch  und  Handtuch. 
Verschwinden  sie  dann  noch  nicht,  so  ist  die  Platte  schlecht  vor- 
gereinigt. Man  bringe  sie  dann  zurück  in  die  Säure. 

Es  ist  völlig  nutzlos,  eine  Platte,  welche  mit  Hauch  und 
Handtuch  nicht  rein  zu  putzen  ist,  nachträglich  mit  Lederballen  zu 
behandeln.  Letzterer  dient  nur  zur  Herstellung  einer  feineren  Politur. 

Man  prüfe  stets  den  Erfolg  jeder  einzelnen  Putzopera- 
tion durch  Anhauchen. 

Zeigt  sich  die  Platte  homogen,  so  gebe  man  ihr  die  schliefsliche 
feinere  Politur  mit  dem  Lederballen.  Man  lege  sie  auf  den  Putzrah- 
men R (Fig.  79),  der  je  nach 
der  Plattengröfse  durch  Schrau- 
ben stellbar  ist,  träufele  etwas 
starken  Alkohol  darauf,  verreibe 
diesen  rasch  mit  dem  ersten 
Ballen  gleichmäfsig  über  der  gan- 
zen Platte,  und  darauf  polire  man  mit  dem  zweiten  Lederballen  nach. 
Die  Platte  ist  vollendet,  wenn  sie  den  Hauch  gleichmäfsig  mit  blauer 
Farbe  annimmt. 

Manche  nehmen  statt  des  Alkohols  altes  Collodion;  es  entfernt 
vermöge  seines  Aethergehalts  sehr  leicht  die  letzten  Spuren  Fett. 

Das  Putzen  ist  eine  Operation,  die  mit  Kritik,  Geschick  und  Vor- 
sicht verrichtet  werden  mufs.  Anfänger  fehlen  gewöhnlich  dadurch, 
dafs  sie  ungenügend  vorgereinigte  (gesäuerte  und  gewaschene) 
Platten  mit  Lederballen  rein  putzen  wollen,  was  natürlich  vergebliche 
Arbeit  ist.  Ebenso  häufig  wird  durch  Unreinlichkeit  der  Hände,  der 
Handtücher  und  der  Putzlappen  gefehlt. 

Die  Fälle,  wo  der  schmutzige  Rockärmel  über  die  schon  rein 
geputzte  Platte  Streifen  zieht,  kommen  täglich  vor.  Viele  vergessen 
auch  das  sorgfältige  Reinigen  der  Kanten  und  Ecken. 


Fig.  79. 


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264 


Putzen  alter  Platten.  — Abstäubern  — Collodioniren. 


Sehr  grofse  Platten  pflegt  man  felderweise  zu  putzen.  Man 
bearbeitet  nach  dem  Vorputzen  mit  dem  Handtuch,  so  gut  es  geht, 
die  ganze  Platte  mit  breiten  Lederballen,  prüft  durch  Hauch  und 
bearbeitet  die  noch  unrein  erscheinenden  Stellen  für  sich. 

Schon  gebrauchte  Platten  werden,  falls  sie  lackirt  sind,  in 
Sodalösung  gelegt.  Nach  einigen  Stunden  ist  hier  der  Ueberzug  her- 
untergeweicht.  Man  wäscht  sie  dann  mit  Wasser,  nachher  mit  ein 
wenig  Säure,  dann  wieder  mit  Wasser,  und  behandelt  sie  dann  wie 
oben.  Sind  die  Platten  eben  gebraucht  worden  und  noch  nafs,  so 
kann  man  die  Collodionhaut  herunterwischen,  tüchtig  waschen  und 
dann  gleich  wieder  verwenden.  Platten,  auf  denen  das  Collodion  fest- 
getrocknet ist,  legt  man  in  die  Säure.  Sehr  alte,  öfter  benutzte  Platten 
sind  schliefslich  durch  kein  Mittel  mehr  rein  zu  bekommen ; noch  mehr 
werden  mechanisch  durch  Glasritzen  verdorben,  z.  B.  beim  Einlegen 
der  Platten  in  die  Säure,  beim  flachen  Hinlegen  der  Platten  auf  den 
Tisch  etc.  (letzteres  sollte  nie  geduldet  werden).  Jene  Mittelchen,  welche 
man  empfiehlt,  um  das  Putzen  zu  erleichtern,  wie  Jodtinctur  statt  des 
Alkohols,  und  ähnliche,  mögen  in  Ausnahmefällen  gute  Dienste  leisten, 
für  gewöhnlich  rathen  wir  nicht  zu  ihrem  Gebrauch. 

2.  Das  Abstäuben. 

Gewöhnlich  wird  die  Platte  beim  Putzen  mit  dem  Lederlappen 
electrisch;  sie  zieht  eine  Menge  Staub  und  Fasertheilchen  an,  die  das 
aufgegossene  Collodion  und  später  das  Silberbad  total  verunreinigen 
würden.  Man  läfst  dashalb  die  frisch  geputzte  Platte  auf  dem  Platten- 
ständer einige  Minuten  stehen.  Dabei  verliert  sie  bald  ihre  Electri- 
cität.  Zum  Schlufs  stäubt  man  sie  ab,  indem  man  sie  gleichmäfsig 
vorn  und  hinten  in  Kanten  und  Ecken  mit  einem  sehr  reinlich  zu 
haltenden  Kameelhaarpinsel  (dem  Abstäuber)  überfährt. 

Am  besten  hält  man  die  Platte  hierbei  senkrecht  mit  der  linken 
Hand  an  einer  Ecke.  Den  Abstäuber  lege  man  nie  auf  den 
Tisch,  sondern  hänge  ihn  an  einem  Nagel  auf.  Das  Abstäuben 
geschieht  am  besten  in  dem  Raume  neben  dem  Dunkelzimmer. 

3.  Das  Collodioniren. 

Das  gleichmäfsige  Ueberziehen  einer  Platte  mit  Collodion  ist  eine 
Operation,  die  erst  nach  einiger  Uebung  gelingt.  Anfänger  lernen 
dieselbe  am  besten,  wenn  sie  mit  altem,  unbrauchbar  geworde- 
nen Collodion  auf  schlechten  Glasplatten  Giefsproben  machen. 

Man  halte  die  Glasplatte  (Fig.  80)  erst  völlig  horizontal  an 
der  einen  Ecke  links  oben  (o),  dann  giefse  man  mit  der  rechten 
Hand  auf  die  Mitte  eine  ziemlich  grofse  Menge  Collodion,  welches  An- 
fangs als  Kreis  sich  nach  allen  Seiten  verbreitet.  Hat  man  genügend 
aufgegossen,  so  neige  man  die  horizontale  Platte  ganz  leise,  so  dafs 


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Collodioniren. 


265 


das  Collodion  erst  nach  Ecke  6,  daun  nach  der  Aufafsecke  a, 
später  nach  c und  endlich  nach  d fliefst.  Dann  kippe  man  langsam, 
indem  man  die  Platte  in  ihrer  Ebene  um  d dreht.  Unter  d halte 


Fig.  80. 


man  alsdann  den  Hals 
der  geöffneten  Collo- 
dionflasche  und  lasse 
den  Ueberschufs  des 
Fluidums  ablaufen.  In- 
zwischen bringe  man 
die  Platte  allmählich 
unter  fortwähren- 
dem Drehen  in  die 
verticale  Lage.  Das 
Collodion  verdunstet 
nämlich  beim  Ablaufen 
und  würde,  falls  die 
Drehung  nicht  statt- 
fände, in  Streifen  in 
“ der  Ablaufsrichtung 
(diagonal)  auftrocknen.  Das  Drehen  geschieht-  stets  in  der  Ebene 
der  Platte. 

Wichtig  ist  ferner,  dafs  das  Collodion  nicht  auf  die  Rückseite  der 
Platte  fliehe,  es  veranlafst  sonst  auf  der  Vorderseite  durch  Abkühlung 
ein  ungleiches  Trocknen,  und  verunreinigt  auch  das  Silberbad  durch 
sich  ablösende  Häutchen.  Ebenso  wichtig  ist,  dafs  die  ätherische 
Flüssigkeit  nicht  den  Finger  berühre,  sie  löst  sonst  aus  demselben 
Fetttheilchen  anf,  die  dunkle  Streifen  veranlassen. 

Man  hält  die  Platte  in  ununterbrochener  Drehung,  während  man 
inzwischen  die  Collodionflasche  zustöpselt.  (Von  Anfängern 
stets  vergessen.) 

Für  sehr  reinliche  Arbeiter  empfehlen  wir  das  von  der  Platte  ab- 
laufende Collodion  in  einer  separaten  Flasche  aufzufangen;  dies 
verhindert  die  Verunreinigung  des  Collodion vorrathes  durch  etwa  von 
der  Platte  zurückfliefsenden  Staub  etc. 

Sobald  das  Collodion  dicker  wird,  und  der  letzte  Tropfen  abzu- 
laufen aufbört,  sei  man  aufmerksam.  Ist  der  untere  Rand  an  der 
Ablaufecke  gerade  so  fest  geworden,  dafs  er  in  Lappen  reifst,  so  ist 
der  Moment  da,  wo  die  Platte  sofort  in’s  Silberbad  getaucht  werden 
mufs.  Taucht  man  sie  zu  zeitig  ein,  so  wird  die  Schicht  zu  mürbe 
und  geht  später  beim  Waschen  herunter.  Taucht  man  sie  zu  spät  ein, 
so  sensibilisiren  die  zu  trocken  gewordenen  oberen  Theile  gar  nicht 
oder  nur  oberflächlich,  es  entsteht  ein  (schon  beim  Silbern  sichtbar 
werdender)  Trockenrand.  Natürlich  zeigt  dieser  sich  an  den  oberen 
Kanten  der  Platte,  welche  am  dünnsten  sind. 


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266 


Sensibilisiren. 


Etwas  schwieriger  ist  das  Giefsen  grofser  Platten.  Diese  lassen 
sich  nur  schwer  an  einer  Ecke  halten.  Man  unterstützt  sie  in  der 
Mitte  durch  eine  Flasche  mit  Kork. 

Pneumatische  Halter  empfehlen  wir  nicht;  sie  versagen  öfter 
ihren  Dienst,  und  der  Verlust  der  Platte  ist  die  Folge  davon. 

Gröfsere  Platten  silbern  sich  auch  sehr  bequem  auf  einem 
Handtuch.  Man  legt  dieses  zu  einem  Ballen  zusammen,  fafst  diesen 
von  unten  mit  der  linken  Faust,  legt  die  Platte  auf  das  Handtuch  und 
giefet  wie  oben.  Es  gehört  eine  gewisse  Balancirkunst  dazu,  um  das 
Ablaufen  und  Drehen  wie  oben  auszufiihren.  Die  ersten  drei  bis  vier 
Platten  fallen  dem  Anfänger  dabei  leicht  herunter.  Die  Methode  ge- 
stattet aber  das  Präpariren  bis  in  die  äufsersten  Ecken  hinein  und  ist 
für  grofses  Format  sehr  empfehlenswerth.  Bedingung  ist,  die  Platte 
auf  der  Rückseite  nicht  mit  den  Fingern  zu  berühren,  da  sie  sich  sonst 
an  dieser  Stelle  stärker  erwärmt  und  in  Folge  dessen  stärker  eintrock- 
Fig.  st.  net.  Man  hat  auch  besondere  Collodiongiefsflaschen 

£ construirt.  Bei  diesen  wird  der  Hals  durch  einen  ein- 
en! geschliffenen  Helm  k (Fig.  81)  bedeckt  und  immer  staub- 

" frei  gehalten.  Das  abfliefsende  Collodion  fängt  man  in 

i ’ ;||  u dem  Trichter  b auf,  es  läuft  dann  durch  ein  seitlich  an- 

iL  3 gebrachtes  Loch  in  das  Gefäfs  a. 

Das  Sensibilisiren. 

Schon  ehe  man  mit  dem  Collodioniren  beginnt,  mufs  das  Silberbad, 
welches  zum  Sensibilisiren  dient,  zum  Gebrauche  bereit  stehen, 
denn  oben  haben  wir  ausdrücklich  betont,  dafs  das  Eintauchen  der 
Platte,  sobald  sie  den  richtigen  Trockenheitsgrad  erreicht  hat,  so- 
fort erfolgen  muls.  Jeder  Zeitverlust  stellt  den  Erfolg  in  Frage.  Das 
Sensibilisiren  bezweckt  die  Umwandlung  der  im  Collodion  enthaltenen 
Jodmetalle  in  Jod-  und  Bromsi  Iber.  So  einfach  dieser  Zersetzungs- 
procefe  ist,  so  bestehen  doch  einige  mechanische  Schwierigkeiten, 
wenn  es  sich  um  Herstellung  einer  völlig  homogenen  Schicht  dieser 
Salze  handelt.  Die  Collodionbaut  ist  alkoholisch,  das  Silberbad  wässerig. 
Beide  stofsen  sich  daher  fast  wie  Fett  und  Wasser  Anfangs  ab,  und 
es  hat  deshalb  einige  Schwierigkeit,  ein  vollkommen  gleichmäfsiges 
Ueberfliefsen  der  wässerigen  Silberlösung  über  die  alkoholische  Collo- 
dionhaut  zu  erzielen.  Folge  davon  sind  die  Sensibilisationsstreife  n 
an  allen  Punkten,  wo  eine  Verzögerung  oder  ein  Hindernifs  bei  dem 
Ueberfliefsen  eintritt.  Man  sucht  nun  diesen  Mangel  durch  verschiedene 
Sensibilisationsmethoden  zu  umgehen.  Wir  beschreiben  zuerst 

a)  Das  Silbern  in  Cuvetten. 

Die  Cuvette  ist  ein  schmaler,  in  ihrer  Form  der  Platte  ent- 
sprechender Glastrog  a (Fig.  82),  in  welchen  die  Silberlösung  ein- 


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Sensibilisiren. 


267 


filtrirt  wird.  Man  setzt  ihn  gewöhnlich  in  einen  schmalen,  ähnlich 
geformten  schiefstehenden  Holzkasten  K mit  geschlitztem  Deckel  B 
(Fig.  83).  Die  Glaswände  müssen  gewölbt  sein,  um  Reibungen  der 
zarten  Collodionhaut  zu  verhüten. 


Porzellan  - Cuvetten  sind  weniger  empfehlenswertb;  sie  sind 
undurchsichtig,  gestatten  also  nicht  so  leicht  eine  Controlle  der  Rein- 
lichkeit der  Flüssigkeit,  abgesehen  von  dem  zuweilen  erfolgenden  Ab- 
blättern der  Glasur. 

Guttapercha-Cuvetten  wirken  bei  längerer  Dauer  vermöge 
der  darin  enthaltenen  harzigen  organischen  Substanzen  verändernd 
auf  die  Silberlösung. 

Um  das  Eintauchen  zu  bewirken,  bedient  man  sich  eines 
Tauchers  oder  Hakens  h (Fig.  82)  von  Glas  oder  Silberdraht  mit 
umgebogenem  Ende,  welches  als  Lager  für  die  Platte  dient.  Glas- 
haken zerbrechen  leicht.  Am  besten  sind  Silberdrahthaken. 

Guttaperchahaken  empfehlen  wir  nicht,  sie  enthalten  oft 
harzige  Bestandtbeile,  die  verändernd  auf  das  Silberbad  wirken. 

Will  man  sich  der  Guttapercha  - Geräthschaften  oder  der  neuen 
Cartondurci- Cuvetten  durchaus  bedienen  (sie  sind  wegen  ihrer  Haltbar- 
keit von  Vortheil  für  reisende  Photographen),  so  lasse  man  das  Silber- 
bad nicht  länger  damit  in  Berührung,  als  eben  nöthig,  und  spüle  sie 
häufig. 

Behufs  des  Silberns  lege  man  die  Platte  auf  den  herausgenomme- 
nen Haken,  die  Fingerecke  a (siehe  Fig.  80),  an  welcher  man 
die  Platte  beim  Collodioniren  gehalten  hat,  nach  unten, 
und  senke  den  Haken,  ohne  anzuhalten,  nieder.  Jede  Unter- 
brechung der  Bewegung  erzeugt  helle  Sensibilisationsstreifen, 
die  wagerecht  über  die  Platte  laufen  und  beim  Entwickeln  sichtbar 
werden.  . 


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268 


Sensibilisiren. 


Die  alkoholische  Collodionschicht  stöfst  Anfangs  die  wässerige  Sil- 
berlösung ab,  und  letztere  läuft  förmlich  in  Fettstreifen  ab,  wenn  man 
die  Platte  nach  kurzer  Zeit  herauszieht. 

Man  bewegt  die  Platte  auf  und  ab  so  lange,  bis  bei  wiederholtem 
Nachsehen  diese  fettigen  Streifen  völlig  verschwunden  sind,  erst 
dann  darf  die  Platte  zur  Exposition  gebracht  werden.  Bei  concen- 
trirten  Bädern  und  warmer  Witterung  geht  das  Sensibilisiren  rasch 
vor  sich,  bei  verdünnten  Bädern  und  niederer  Temperatur  langsam. 
Eine  zu  früh  zur  Exposition  gebrachte  Platte  zeigt  an  Stelle  der  Fett- 
streifen beim  Entwickeln  unvertilgbare  schwarze  Linien  und  Flecke. 

Die  aus  dem  Bade  genommene  Platte  setzt  man  in  derselben 
Lage,  wie  man  sie  herausgenommen  hat,  auf  reinliches  Fliefspapier 
zum  Abtropfen,  indem  man  sie  gegen  eine  Holzwand  lehnt.  Inzwischen 
legt  man  in  die  unteren  Ecken  der  vorher  rein  ausgewischten 
Cassette  ein  paar  Stückchen  Fliefspapier  und  darauf  die  Platte.  Man 
achte,  dafs  sie  gleichmäfsig  auf  den  Silberecken  aufliege, 
und  die  Kante,  welche  ursprünglich  (beim  Herausnehmen  aus  dem 
Bade)  unten  war,  unten  bleibe,  und  schliefse  das  Ganze. 

Sämmtliche  Operationen  sind  bei  chemisch  unwirk- 
samem gelben  Lichte  auszuführen.  Auch  vermeide  man 
helles  Gaslicht  in  zu  grofse  Nähe  der  Platte  zu  bringen. 

Höchste  Reinlichkeit  der  Hände  und  der  sämmtlichen 
Gegenstände,  welche  der  Platte  als  Lager  dienen,  ist  un- 
erläfsliche  Bedingung. 

Man  nehme  das  Silbern  an  einem  Tisch  vor,  auf  welchem  aufser 
Collodion  keine  weiteren  Chemiealien  geduldet  werden,  und  vermeide 
vor  allem  Fixirnatron. 

b)  Das  Silbern  in  Schalen. 

Dieses  hat  den  Vortheil,  dafs  man  mit  einer  bedeutend  gerin- 
geren Silberbadquantität  ausreicht,  dagegen  den  Nachtheil, 
dafs  das  Bad  vor  jeder  Platte  ein  Abschäumen  nöthig  macht  und 
nach  dem  Gebrauch  ausgegossen  werden  mufs,  während  es  in  der 
Cuvette  vorrätbig  gehalten  werden  kann. 

Das  Silbern  in  Schalen  empfiehlt  sich  mehr  für  Liebhaber  und 
kleinere  Geschäfte,  als  für  gröfsere  Ateliers. 

Man  hat  die  Schalen  aus  denselben  Materialien,  wie  die  Cuvetten : 
Glas,  Porzellan,  Guttapercha  und  Carton.  Wir  ziehen  die 
Glasschalen  (s.  Fig.  84,  a ) für  Negativbäder  allen  anderen  vor. 

Behufs  des  Silberns  in  Schalen  filtrirt  man  eine  Quantität  Bad 
hinein,  so  dafs  es  ungefähr  -j'  hoch  steht,  schäumt  ab,  indem  man 
so  lange  Schreibpapierstreifen  über  dieselbe  hinwegzieht,  bis  diese 
schmutzfrei  erscheinen,  und  stellt  alsdann  die  collodionirte  Platte  mit 
der  an  der  Anfafsecke  liegenden  Langseite  nach  unten  senkrecht 


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Sensibilisiren. 


269 


in  die  Schale,  so  dafs  die  Rückseite  der  Platte  den  Bord  der  Schale 
berührt.  Mit  gleichmäfsiger  Bewegung  senkt  man  daun  die  Platte 
nieder,  so  dafs  sie  vollständig  eintaucht.  Die  Collodionschicht  liegt 
bei  dieser  Eintauchmanier  nach  unten. 

Man  fafst  die  obere  Kante  der  Platte  mit  einem  Silber-  oder 
Hornhäkchen  (s.  Fig.  84,  a),  bewegt  sie  wiederholt  auf  und  nieder, 

bis,  im  reflectirten 
gelben  Licht  besehen, 
die  Fettstreifen  völ- 
lig verschwunden 
sind , nimmt  sie 
9chliefslich  in  senkrechter  Lage  heraus  und  läfst  aufFliefspapier  abtropfen. 

Ist  die  Quantität  der  Flüssigkeit  zu  gering,  so  sammeln 
sich  Luftblasen  unter  der  Platte  und  bewirken  beim  Ent- 
wickeln erscheinende  runde  Flecke. 

Bei  dieser  Silberungsmethode  geht  die  Ausgleichung  zwischen  der 
wässerigen  Silberlösung  und  der  alkoholischen  Collodionschicht  etwas 
schwerer  vor  sich,  als  in  der  Cuvette,  und  leicht  bilden  sich  nament- 
lich bei  gewissen  Collodionsorten  hierbei  schlierige  Streifen. 

In  solchen  Fällen  ist  die  Eintauchmethode  der  Collo- 
dionschicht nach  oben  vorzuziehen. 

Für  diese  Manipulation  ist  eine  reichliche  Quantität  Bad 
nöthig.  Man  setzt  die  Platte,  wie  oben,  senkrecht  hinein,  giebt  aber 
zu  gleicher  Zeit  der  Schale  eine  passende  Bewegung,  um  das  rasche 
und  unaufhaltsame  Ueberfliefsen  des  Bades  zu  befördern.  Ver- 
absäumt man  dieses,  so  bilden  sich  hierbei  leicht  krumme  Sensibili- 
sationsstreifen. 

Bei  dieser  Silberungsmanier  geht  der  Austausch  der  Fluida  sehr 
rasch  von  Statten,  indem  der  leichtere  Alkohol  nach  oben  steigt.  (Liegt 
die  Collodionschicht  unter  dem  Glase,  so  wird  dieses  Emporsteigen 
des  Alkohols  natürlich  erschwert.)  Man  bewegt  die  Schale,  bis  die 
Fettstreifen  völlig  verschwunden  sind,  dann  hebt  man  die  Platte  mit 
rascher  Bewegung  heraus,  um  etwaige  herumschwim tuende  Tlieil- 
chen  ( Collodionhäute  etc.),  die  sonst  auf  der  Platte  liegen  bleiben 
würden,  berabzuschwemmen.  Im  Uebrigen  verfährt  man  wie  oben. 

Diese  Tauchmanier  erfordert  mehr  Uebung,  als  die  vorher  ge- 
schilderten, giebt  aber  in  der  Hand  des  geschickten  Operateurs  die 
reinsten  Platten.  Sie  ist  für  grofse  Platten  sehr  allgemein  im 
Gange. 

Um  das  Eintauchen  zu  erleichtern,  hat  man  halb  bedeckte 
Schalen  eingeführt.  Man  kann  diese  senkrecht  aufkippen,  so  dafs  das 
Bad  sich  in  dem  halbbedeckten  Theil  b sammelt,  die  Platte  auf  den 
Boden  legen  und  durch  rasches  Niederkippen  das  gleichmüfsige  Ueber- 
fliefsen des  Bades  bewirken.  Man  sorge  dafür,  dafs  die  erste 


Fig.  84. 


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270 


Exponiren. 


Welle  des  Bades  in  ihrer  kräftigsten  Bewegung  zuerst  über  den  al- 
koholreicbsten  dicksten  Theil  der  Collodionschicht  fliefst,  weil 
hier  die  Abstofgung  der  Flüssigkeiten  am  stärksten  ist. 

In  Bezug  ;iuf  Ablaufenlassen  der  Platte  vor  dem  Einlegen  in  die 
Cassette  verfahre  man  wie  oben. 

Bäder  in  Schalen  schäume  man  vor  Präparation  jeder  Platte 
ab  und  halte  sie  sorgfältig  bedeckt. 

Die  beste  Temperatur  des  Bades  ist  15“  R.  Im  heifsen  Sommer 
setzt  man  die  Bäder  gern  in  kalte  Wasserkübel,  um  sie  abzuküblen. 

Das  Exponiren. 

Ehe  man  die  Cassette  mit  der  Platte  in  die  Camera  schiebt,  werfe 
man  noch  einen  Blick  auf  den  aufzunehmenden  Gegenstand  und  auf 
das  Bild  auf  der  matten  Scheibe,  überzeuge  sich,  dafs  beides  in  Ord- 
nung sei,  dann  wechsle  man  Scheibe  und  Cassette,  indem  man  Sorge 
trägt,  den  Apparat  selbst  dabei  auch  nicht  im  Geringsten  zu  ver- 
rücken. Mit  gleicher  Vorsicht  öffne  man  den  Schieber  der  Cassette, 
decke  (namentlich  für  lange  Exposition)  ein  schwarzes  Tuch  über  und 
öffne  das  Objectiv.  Auch  hierbei  vermeide  man  jede  Erschütte- 
rung des  Apparates. 

Wie  lange  soll  ich  exponiren?  ist  eine  stehende  Frage  aller 
Anfänger  (zuweilen  sind  auch  Geübte  im  Zweifel). 

Die  Expositionszeit  richtet  sich  nach  der  chemischen  Inten- 
sität des  Tageslichtes,  nach  der  Helligkeit  des  Gegenstan- 
des, welcher  aufgenommen  werden  soll,  nach  der  Lichtstärke 
des  Objectivs  und  der  Gröfse  der  eingesetzten  Blenden. 

Es  sind  also  hier  vielerlei  Umstände  zu  gleicher  Zeit  zu  be- 
rücksichtigen. Den  besten  Anhaltspunkt  giebt  die  Erfahrung  und 
das  einzige  Kriterium,  welches  Photographen  anwenden,  ist  die  Muste- 
rung des  Bildes  auf  der  matten  Scheibe.  Jenachdetn  dieses  (nach 
vollständiger  Scharfeinstellung  und  Abblendung)  mehr  oder  weniger 
hell  erscheint,  exponiren  sie  mehr  oder  weniger  lange. 

Für  Portraitphotographen  wie  Landschafter  möge  hier  auf  die 
ungeheuren  Unterschiede  der  chemischen  Lichtintensität  in  den  ver- 
schiedenen Jahreszeiten  aufmerksam  gemacht  werden.  Am  21.  Decem- 
ber  Mittags  12  Uhr  ist  bei  heiterem  Himmel  die  chemische  Lichtinten- 
sität nicht  stärker,  als  am  21.  Juni  Abends  Uhr  (s.  S.  142  u.  s.  f.) 
Aehnliche  Unterschiede  ergeben  sich  in  den  einzelnen  Monaten.  Das 
Studium  der  chemischen  Meteorologie  (s.  den  ersten  Theil)  ist  daher 
ein  Gegenstand  von  keineswegs  untergeordnetem  Interesse. 

Beim  Exponiren  achte  man  ferner  auf  vollkommenste  Ruhe 
des  Apparates  (Hin-  und  Herlaufen  vermeide  man)  und  auf  Schutz 
des  Objectivs  vor  fremdem  Licht.  Ein  dasselbe  umgebender 
Kasten,  der  an  der  Camera  befestigt  ist  oder  auf  dem  Stativ  aufruht 


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Entwicklung. 


271 


und  innen  geschwärzt  ist,  erfüllt  diesen  Zweck.  Diese  Vorsicht  ist 
hauptsächlich  nöthig  bei  den  der  Sonne  ausgesetzten  Ateliers  und  bei 
Arbeiten  mit  vielem  Oberlicht.  Beim  Hantiren  mit  der  Cassette  achte 
man  darauf,  dafs  sie  ihre  senkrechte  Lage  annähernd  beibehält. 
Man  bedenke,  dafs  die  eingelegte  Platte  nafs  ist,  dafs  die  Silberlösung 
auf  derselben  langsam  herabfliefst,  sich  am  unteren  Theil  der  Platte 
resp.  Cassette  als  Flüssigkeitswulst  ansammelt.  Kehrt  man  die  Cassette 
um,  so  läuft  diese  unten  angehäufte  Flüssigkeit  über  die  Platte  zurück 
und  erzeugt  gewöhnlich  Streifen. 

Hauptsache  ist  rasches  Operiren.  Die  feuchte  Platte  dauert, 
namentlich  in  der  Hitze,  nur  kurze  Zeit  und  trocknet  leicht  ein.  Da- 
her müssen  die  Arrangements  im  Atelier  schon  vor  dem  Präpariren 
der  Platte  getroffen  sein,  damit  die  einzelnen  Arbeiten  rasch  und  präcis 
auf  einander  folgen  können. 

Die  Entwicklung. 

Die  belichtete  Platte  wird  in  das  Dunkelzimmer  gebracht  und 
vorläufig  immer  in  der  ursprünglichen  senkrechten  Lage  hingestellt. 
Nachdem  man  sich  überzeugt  hat,  dafs  Entwickler,  Verstärker,  Fixage 
und  reinliche  Gläser  vorhanden  sind,  und  das  Zimmer  nicht  zu  grell 
erleuchtet  ist,  nimmt  man  die  empfindliche  Platte  vorsichtig  heraus 
und  fafst  sie  so,  dafs  sie  gegen  die  Kante  hin,  welche  in  der  Cassette 
unten  stand,  geneigt  ist.  Man  wird  leicht  beobachten,  dafs  an 
diesem  unteren  Rande  ein  Flüssigkeitswulst  sitzt.  Dieser  darf  nun, 
auch  wenn  die  Cassette  nicht  absolut  rein  war,  nicht  über  die 
Platte  zurücklaufen,  er  verursacht  sonst  Streifen  oder  Flecken 
(siehe  oben).  Man  giefst  daher  den  Entwickler  auf  die  entgegenge- 
setzte obere  Kante  gleichmäfsig  auf,  so  dafs  er  mit  einem  Schlage 
die  ganze  Platte  bedeckt;  ein  Theil  desselben  (liefst  dann  an  der  ent- 
gegengesetzten tieferen  Seite  herab  und  schwemmt  die  dort  angehäufte 
Silberlösung  weg. 

Anfängern  wird  es  schwer,  den  Entwickler,  welcher  als  wässerige 
Flüssigkeit  von  der  alkoholischen  Collodionhaut  nur  schwer  ange- 
nommen wird,  gleichmäfsig  über  die  ganze  Platte  aufzugiefsen ; sie 
erhalten  daher  an  den  Stellen,  wo  die  Entwicklerwelle  stagnirt,  bläs- 
sere, deutlich  abgegrenzte  Partieen,  die  Entwicklungsstreifen,  die  durch 
nachträgliches  Uebergiefsen  mit  dem  Entwickler  nicht  vertilgt  werden 
können. 

Ebenso  vermeide  man  das  zu  heftige  Aufschlagen  der  Flüssigkeit  auf 
die  Collodionhaut,  weil  es  gewöhnlich  einen  heller  bleibenden  Schein 
erzeugt.  Durch  das  heftige  Aufgiefsen  wird  nämlich  die  Silberlösung 
von  den  betreffenden  Stellen  fortgetrieben,  ehe  die  Reduction  beginnt, 
und  dadurch  das  bilderzeugende  Material  an  den  betreffenden  Stellen 
vermindert  (siehe  Theorie  der  Entwicklung,  Seite  36  und  50).  Auf- 


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272 


Entwicklung. 


giefsen  des  Entwicklers  ist  daher  eine  Arbeit,  die  man  vorher  üben 
mufs.  *) 

Ferner  ist  zu  beachten,  dafs  die  obere  Kante,  auf  welche  man 
die  Platte  giefst,  den  stärkeren  Schlag  des  Entwicklers  auszuhalten 
hat  und  daher  widerstandsfähig  sein  mufs.  Eben  deshalb  haben  wir 
empfohlen,  beim  Silbern  die  dickere  Schicht  der  Platte,  d.  h.  die 
Ablaufseite  nach  oben  zu  stellen  und  sie  in  gleicher  Lage  in  die 
Cassette  zu  legen.  Wird  sie  dann  in  derselben  Lage  herausgenommen, 
so  kommt  sie,  wenn  man  nach  unserer  Anweisung  damit  weiter  ma- 
nipulirt,  gleichsam  von  selbst  in  die  richtige  Position. 

Nach  dem  Aufgiefsen  des  Entwicklers  erscheint  das  Bild.  Kommt 
dieses  sehr  schnell  zum  Vorschein,  so  ist  die  Platte  zu  lange  belichtet, 
im  entgegengesetzten  Falle  zu  kurz.  Bei  normaler  Entwicklung  er- 
scheinen zuerst  die  hellsten  Stellen,  dann  die  weniger  hellen,  zuletzt 
die  dunklen  des  Originals;  bei  einem  Portrait  z.  B.  zuerst  die  weifse 
Wäsche,  dann  das  Gesiebt,  die  Hände,  die  helle  Weste  oder  Hose, 
die  halbhellen  Möbel,  Decorationen , endlich  der  dunkle  Rock.  Man 
verfolgt  dieses  Erscheinen  des  Bildes  aufmerksam,  indem  man  den 
Entwickler  nach  allen  Richtungen  hinfiiefsen  läfst,  auch  zeitweise 
frischen  nachgiefst,  und  achtet  darauf,  ob  alle  Details  in  den  dunklen 
Th  eilen  (Rockfalten  und  Stoffmuster  bei  Portraits,  oder  schattiges 
Blattwerk  bei  Landschaften)  zum  Vorschein  kommen.  (Natürlich  mufs 
man  die  Details  des  Originals  genau  kennen,  wenn  man  diesen 
Punkt  richtig  beurtheilen  will.)  Sind  trotz  langen  Entwickelns  die 
gewünschten  Details  in  den  dunklen  Theilen  nicht  zum  Vorschein 
gekommen,  so  ist  die  Platte  zu  kurz  belichtet.  Dieser  Fehler  wird 
durch  keine  der  nachfolgenden  Operationen  verbessert. 

Eine  zu  lange  belichtete  Platte  zeigt  in  der  Regel  viel  Details 
in  den  dunklen  Theilen,  es  fehlen  aber  die  die  Schönheit  eines  Bildes 
bedingenden  Contraste.  Die  Platte  ist  monoton  und  giebt  auch  solche 
Abdrücke. 

Die  Uebergänge  von  Licht  in  Schatten,  die  Halbtöne,  sind  bei 
einer  zu  kurz  belichteten  Platte  in  der  Regel  zu  unsanft,  oder 
wie  der  Photograph  sagt,  hart. 

Ein  Urtheil  über  die  gute  Qualität  der  Platte  erwirbt  man  sich 
erst  durch  lange  Erfahrung. 

Ist  das  Bild  ausentwickelt,  so  spült  man  den  Entwickler  herunter, 
und  wäscht  die  Hinterseite  der  Platte  mit  der  Hand.  Nachher  be- 
trachtet man  das  Bild  im  durchfallenden  Licht.  Enthält  es  Fehler, 
so  nehme  man  weiter  keine  Operation  damit  vor,  sondern  wasche  die 
Schicht  sorgfältig  ab  und  benutze  die  Platte  von  Neuem.  Zeigt  es 

•)  Meine  Schüler  nehmen  hierzu  eine  einfache  trockne  Glasplatte,  die  sie  in 
der  Kntwicklungsmanier  gleichtnäfsig  mit  Wasser  zu  bedecken  Buchen. 


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Verstärkung. 


273 


sich  aber  klar  und  durchsichtig  in  den  Schatten,  detaillirt  genug  in  den 
dunklen  Partieen,  sanft  in  den  Halbtönen,  scharf  und  fleckenrein,  so 
nehme  man  die  Verstärkung  vor. 

Die  Verstärkung. 

Diese  wird  gewöhnlich  mit  Pyrogallussfiure-Lösung  vorgenom- 
men, der  Geübtere  kommt  aber  auch  ohne  dieselbe  mit  Anwendung 
des  gewöhnlichen  Eisenentwicklers  zum  Ziele. 

Bei  brillantem  Licht  geben  manche  Collodien  ein  Bild,  welches 
schon  im  Entwickler  hinreichend  intensiv  zum  Vorschein  kommt  und 
dann  keine  Verstärkung  nöthig  macht.  In  den  meisten  Fällen  wird 
man  solche  jedoch  nicht  entbehren  können. 

Behufs  der  Pyrogallussäure -Verstärkung  giefse  man  von  der  wässe- 
rigen Lösung  derselben  eine  kleine  Quantität  in  ein  reinliches  Gläs- 
chen, setze  dazu  ebensoviel  citronensaure  Silberlösung  und  giefse  die 
Mischung  sofort  auf  die  Platte,  sorge  durch  passendes  Kippen  und 
Wippen  dafür,  dafs  die  Mischung  nach  allen  Theilen  der  Platte  gleich- 
mäfsig  fliefse  und  kein  Punkt  unbedeckt  bleibe,  und  lasse  nach 
einiger  Zeit  das  Fluidum  in  das  Verstärkungsglas  zurücklaufen,  indem 
man  zu  gleicher  Zeit  die  Platte  in  durchfallendem  Licht  mustert.  (Man 
lasse  sich  dabei  von  den  auf  der  Glasseite  befindlichen  Flecken, 
welche  man  leicht  mit  dem  Finger  wegwischen  kann,  nicht  irritiren.) 
Hat  sie  die  für  den  Druck  hinreichende  Dicke  (die  Bestimmung  der- 
selben ist  reine  Erfahrungssache),  so  spüle  man  den  Verstärker  sofort 
ab.  Andernfalls  giefse  man  ihn,  falls  er  noch  klar  erscheint  (Bräu- 
nung schadet  nicht),  wieder  auf. 

Trübt  er  sich,  so  spüle  man  ihn  weg  und  giefse  eine  frische 
Mischung  von  Pyrogallus  und  Silber  auf. 

Zuweilen  bildet  sich  beim  Verstärken  in  den  Schatten  ein  bläu- 
licher Niederschlag.  In  diesem  Falle  macht  man  die  Verstärkungs- 
Silberlösung  mehr  sauer. 

Nach  vollendeter  Verstärkung  und  Waschung  ist  die  Platte 
fixirfertig. 

Bei  der  Verstärkung  mit  Eisenlösung  nehme  man  ungefähr  gleich 
bis  doppelt  so  viel  citronensaure  Silberlösung,  als  Eisen- 
entwickler, mische  beide  und  giefse  sie  nach  dem  Entwickeln  auf 
die  nicht  gewaschene  Platte. 

Die  Verstärkung  geht  rasch  und  ebenso  bequem,  als  mit  Pyro- 
gallussäure. Unter  Umständen  mischt  sich  jedoch  die  aufgegossene 
Lösung  schwer  mit  der  noch  anhängenden  Entwickler-Lösung,  indem 
die  alkoholreichere  die  alkoholarmere  abstöfst.  Man  vermeidet  dies 
dadurch,  indem  man  dafür  sorgt,  dafs  beide  ungefähr  denselben  Alko- 
holgehalt haben.  Geschieht  dies  nicht,  so  erhält  man  leicht  Flecke. 

Das  Verstärken  ist  bei  Portrait-  und  Landschaftsaufnahmeu  eine 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  18 


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274 


Fixiren. 


verhältnifsmäfsig  kurze  Arbeit.  Bei  Reproductionen,  z.  B.  Zeichnungen, 
dauert  es  jedoch  länger,  und  mufs  hierbei  mit  grofser  Umsicht  ver- 
fahren werden.  Gar  zu  leicht  verschleiern  bei  solcher  langen  Arbeit 
die  zarteren  Linien,  oder  die  Blatte  wird  ungleich,  weil  der  Verstärker 
nicht  gleichmäfsig  in  alle  Ecken  Hofs.  Die  Stelle,  wo  man  den  Ver- 
stärker aufgiefst,  wird  in  der  Regel  etwas  dunkler,  ein  Umstand,  aus 
dem  man  im  Portraitfäch  Vortheil  zieht,  indem  man  dadurch  den  Kopf 
intensiver  machen  kann,  als  den  übrigen  Theil. 

Der  Anfänger  achte  darauf,  dafs  durch  das  Verstärken  das  Bild 
nur  dichter  und  contrastreicher  wird,  keineswegs  aber 
reicher  an  Details.  Es  ist  daher  ein  eitles  Bemühen,  ein  unter- 
exponirtes  Bild  durch  Verstärkung  verbessern  zu  wollen. 

Ueber  Verstärken  nach  dem  Fixiren  siehe  unteu. 

Das  Fixiren. 

Ist  die  verstärkte  Platte  genügend  gewaschen  (um  den  Rest  Ver- 
stärkungssilber zu  entfernen)  und  auf  der  Rückseite  gereinigt,  so  über- 
giefst  man  sie  mit  einer  Lösung  von 

1 Theil  unterschwefligsaurem  Natron  in 
4 Theilen  Wasser, 

oder  von 

1 Theil  Cyankalium  in 
25  Theilen  Wasser. 

Beide  Salzlösungen  haben  den  Zweck,  das  Jod-  und  Bromsilber 
im  Bilde  aufzulösen,  beide  Salze  erfüllen  denselben  durch  Bildung  von 
Doppelsalzen  (s.  S.  81,  83,  84). 

Das  Cyankalium  greift  bei  dem  Fixiren  die  Platten  ein  wenig  an, 
indem  es  bei  Gegenwart  von  Sauerstoff  das  graue  Silber,  welches  die 
Contouren  des  Bildes  bildet,  auflöst.  Dieser  Umstand  ist  von  Vortheil 
für  überverstärkte  Platten,  bei  an  und  für  sich  dünnen  Negativen  ist 
er  jedoch  von  Uebel.  Man  verfährt  in  solchem  Falle  möglichst  rasch 
und  wäscht,  wenn  die  letzte  Spur  Jodsilber  verschwunden  ist  (am 
besten  sieht  man  dies  an  der  Rückseite)  sofort  mit  Wasser. 

Fixirnatron  greift  die  Platten  nicht  an.  Es  fixirt  aber  langsamer 
als  Cyankalium.  Ist  die  Lösung  alt  oder  verdünnt,  so  bilden  sich 
beim  ungleichmäfsigen  Ueberfliefsen  desselben  über  die  Platte  leicht 
Fixirstreifen  als  leise  schwarze  Linien. 

Nothwendig  ist  es,  die  fixirten  Platten  nach  vollständiger  Auf- 
lösung des  Natrons  sorgfältig  zu  waschen,  um  jede  Spur  des  Doppel- 
salzes (das  sich  nachher  im  Bilde  zersetzen  und  zur  Zerstörung  des- 
selben Veranlassung  geben  könnte)  zu  entfernen. 

Mit  Cyankalium  fixirte  Platten  waschen  sich  leichter.  Man  er- 
kennt hier  den  Punkt  vollständiger  Waschung  leicht,  wenn  man  zeit- 
weise einen  Tropfen  abfliefsenden  Waschwassers  auf  dem  Hand- 


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Verstärken  nach  dem  Fixiren.  — Lackiren. 


275 


rücken  auffangt  und  kostet.  Die  geringste  Spur  Cyankalium  verrätli 
sich  durch  einen  bitteren  Geschmack.  (Vergiftung  hat  man  hierbei, 
wenn  man  nicht  gar  zu  unvorsichtig  ist,  nicht  entfernt  zu  befürchten. 
Man  koste  aber  erst  dann,  wenn  die  Platte  einige  Zeit  gewaschen  ist.) 

Der  beim  Fixiren  zurückbleibende  Wulstrand  von  gelbem  Jod- 
silber schadet  nicht. 

Die  sorglich  gewaschene  Platte  stellt  man  auf  reinliches  Papier 
zum  Trocknen. 


Das  Verstärken  nach  dem  Fixiren. 

Man  hat  öfter  empfohlen,  das  Verstärken  erst  nach  dem  Fixiren 
vorzunehmen.  Versucht  man  dieses  in  gewöhnlicher  Weise  mit  Silber- 
salz (s.  o.),  so  wird  man  beobachten,  dafs  sich  aufserordentlich  leicht 
Flecke  bilden,  namentlich  wenn  die  Platte  nicht  sehr  sorglich  nach 
dem  Fixiren  gewaschen  war.  Dieser  Umstand  empfiehlt  diese  Ver- 
stärkungsmanier nicht. 

Man  hat  aber  für  dieses  Verstärken  nach  dem  Fixiren  eine 
Reihe  eigenthümlicher  Metallsalze  vorgeschlagen,  welche  mit  dem  me- 
tallischen Silber  des  Bildes  eigenthümliche  Zersetzungen  eingehen, 
und  dabei  Bilder  von  anderer  Zusammensetzung  und  gröfserer  Un- 
durchdringlichkeit für  chemische  Strahlen  erzeugen.  Wir  haben  diese 
Umwandlungen  bereits  S.  39  beschrieben,  ferner  im  Anhang  zur  Theorie 
der  Photographie.  Von  den  dort  erwähnten  Stoffen  hat  man  hauptsächlich 
das  Quecksilberchlorid,  ferner  eine  Lösung  des  Jodquecksilbers  in  Jod- 
kalium, endlich  eine  Mischung  von  rothem  Blutlaugensalz  und  Uran- 
oxydsalz empfohlen.  Diese  Methoden  mögen  für  einzelne  Fälle  ihre 
Vortheile  haben,  z.  B.  bei  der  Herstellung  von  Negativen  für  die  Photo- 
lithographie etc.  Für  die  gewöhnlichen  photographischen  Aufgaben 
sind  sie  jedoch  dem  Silberverstärker  nachzustellen,  um  so  mehr,  als 
die  Haltbarkeit  der  damit  hergestellten  Negative  keineswegs  consta- 
tirt  ist. 

Von  besonderer  Bedeutung  sind  aber  diese  Umwandlungspro- 
cesse  der  Silberbilder  durch  Metallsalzlösungen  für  die  Emailphoto- 
graphie.*) 

Das  Lackiren. 

Das  zarte  Collodionbildchen  auf  der  Glasplatte  würde  bald  durch 
mechanische  Verletzungen  zu  Grunde  gehen,  wenn  man  es  nicht  mit 
einem  widerstandsfähigen  Ueberzuge  versähe. 

Als  solcher  dient  jetzt  allgemein  der  Negativlack. 

Man  entferne  vorerst  die  lose  anbängenden  oder  ausgerissenen 
Collodiontheile  am  Rande  der  Platte,  wärme  diese  über  einer  Lampe 


*)  Siehe  Grüne,  Ueber  die  Umwandlung  der  Sitberbildcr.  Photographische 
Mittheilungen,  V.  Jahrgang  Seite  20. 


18* 


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276 


Lackiren. 


leicht  an,  giefse  dann  den  Lack  genau  wie  Collodion  auf  und  lasse 
ihn  genau  ebenso  unter  Drehung  der  Platte  abfliefsen.  Nachher 
stelle  man  sie  auf  reinliches  Fliefspapier.  Das  Ueberfliefsen  auf  die 
Rückseite  vermeide  man,  es  bewirkt  an  der  betreffenden  Stelle  ein 
ungleiches  Eintrocknen  der  Vorderseite. 

Zu  heifs  lackirte  Platten  werden  leicht  streifig,  zu  kalt  lackirte 
werden  etwas  matt  und  weniger  durchsichtig. 

Nicht  selten  wird  das  Bild  beim  Lackiren  angefressen.  Dann  ist 
der  Lack  zu  alkoholreich  und  wirkt  lösend  auf  die  Collodionhaut.  Man 
versetze  ihn  in  solchem  Falle  mit  etwas  (circa  1 Proc.)  Wasser. 

Anfänger  machen  beim  Lackiren  fast  immer  Fehler.  Vergnügt, 
alle  Operationen  zur  Fertigung  des  Bildes  überstanden  zu  haben,  be- 
handeln sie  diese  letzte  gewöhnlich  zu  flüchtig  und  verderben  sich 
dadurch  noch  zum  Schlufs  manches  Bild. 

Nach  dem  Lackiren  und  Trocknen  werden  die  Platten  auf  der 
Rückseite  sorgfältig  gereinigt  und  in  Schränken,  vor  Staub  und  Feuch- 
tigkeit geschützt,  aufbewahrt. 


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Uebersicht  und  Reihenfolge 

der 

Operationen  im  Negativ-  und  Positivprocess. 


I.  N egativproeess. 

a)  Vorbereitungen. 

Platten-Säuern,  Waschen  und  Abtrocknen  mit  Handtuch. 

Silberbad-Filtrirun  und  Abschäumen. 

Entwickler,  Verstärker  und  Fixage  ansetzen. 

Silberhaken,  Cassette,  rei n liehe  Gläser  und  Fliefspapier 
bereit  halten. 

Vorbereitung  des  Originals  und  der  Cam era  (Scharfeinstellen). 

b)  Operationen. 

Plattenputzen  (mit  Hauch  und  Handtuch,  dann  mit  Leder  und 
Alkohol). 

Abstäuben  (Abstäuber  nicht  auf  den  Tisch  legen). 

Collodion-Giefsen  (letzteres  dabei  nie  aufschütteln.  Flasche  so- 
fort wieder  zustöpseln!). 

Trocknen  unter  Drehen  (bis  der  letzte  ablaufende  Tropfen  an- 
fängt zu  erstarren  und  die  Haut  an  der  Ablaufecke  beim  Anfassen 
in  Lappen  reifst). 

Eintauchen  in  das  Silberbad  (Anfafsecke  nach  unten!  Das  Bad 
mufs,  falls  in  der  Schale  gesilbert  wird,  vor  jeder  Platte  abge- 
schäumt werden !). 

Bewegen  im  Bade  (bis  die  Fettstreifen  verschwunden  sind). 

Herausnehmen  und  Ablaufenlassen  auf  reinem  Fliefs- 
papier. 

Einlegen  von  Füefspapierstückchen  in  die  Cassette. 

Einlegen  der  Platte. 

Schliefsen  der  Cassette. 

Transport  nach  dem  Atelier  (Cassette  immer  möglichst  senkrecht 
haken). 

Nochmalige  Prüfung  der  Scharfeinstellung  des  Bildes(das 
* vorher  vorbereitet  worden  sein  mufs). 

Einsetzen  der  Cassette  (ohne  den  Apparat  zu  verrücken). 

Aufziehen  des  Cassettenschiebers. 

Exponiren  (Abnehmen  und  Wiederaufsetzen  des  Objectivdeckels. 
Beim  Abnehmen  den  Apparat  nicht  erschüttern !). 

Schliefsen  des  Cassettenschiebers. 


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278 


Operationen  im  Negativ-  nnd  Positivprocefä. 


Transport  nach  dem  Dunkelzimmer. 

Einfüllen  von  Entwickler  in  ein  Gläschen. 

Herausnehmen  der  Platte. 

Aufgiefsen  des  Entwicklers  auf  die  obere  Kante  der  Platte. 

(Bewegen  der  Platte.  Controlle  des  Erscheinens  des  Bildes.) 
Kurzes  Waschen. 

Verstärken  (unter  fortwährender  Controlle  bei  durchfallendem  Licht). 
Kurzes  Waschen. 

Fixiren. 

Langes  Waschen. 

Trocknen. 

Anwärmen. 

Lackiren. 

Das  sind  die  28  aufeinander  folgenden  Operationen,  die  mit  voll- 
kommener Accuratesse  verrichtet  werden  müssen,  falls  man  ein 
gelungenes  Bild  erhalten  will. 

Zur  Bequemlichkeit  für  die  Praktiker  reihen  wir  hieran  sofort 
die  Uebersicht  der  Operationen  im  Silber-Positivprocefs,  ob- 
gleich dessen  specielle  Erörterung  erst  unten  folgt 


II.  Silber  -Positivprocess. 

a)  Vorbereitungen. 

Silberbadfiltriren  und  Abschäumen. 

Ei weifspapier  zuschneiden. 

b)  Operationen. 

Sensibilisiren 
Trocknen 
Reinigen  der  Negative. 

Vorbereitung  der  Negative. 

Einlegen  und  Festpressen  des  sensibilisirten  Papiers  (im 
halbdunklen  Zimmer). 

Belichten. 

Zeitweiliges  Nachsehen  (am  halbdunklen  Ort). 

Wässern  (die  gesammten  Drucke  in  viermal  gewechseltem  Wasser). 
Tonen. 

Einlegen  in  Wasser. 

Fixiren  (zehn  Minuten  lang). 

Einlegen  in  Wasser. 

Langes  Auswaschen. 

Trocknen  (auf  reinliche  Schnüre  oder  in  Klammern). 
Zuschneiden,  Aufkleben,  Ausflecken,  Satiniren. 


) 


(im  halbdunklen  Zimmer). 


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Dritter  Abschnitt. 


Von  der  Wartung  der  photographischen  Apparate  und 

Chemicalien. 

In  dem  vorigen  Capitel  haben  wir  die  photographische  Praxis  des 
Negativprocesses  speciell  erläutert,  die  Vorbereitung  der  Apparate, 
die  Ansetzung  der  Chemicalien  erörtert  und  alle  Handgriffe  und 
Vorsichtsmafsregeln  geschildert,  welche  zum  Gelingen  der  photo- 
graphischen Processe  nothwendig  sind. 

Blieben  nun  die  Verhältnisse,  unter  denen  die  betreffenden  Opera- 
tionen ausgeführt  werden,  immer  dieselben,  so  würden  wir  dem  ge- 
dachten Capitel  kaum  noch  etwas  binzuzufügen  haben.  Nun  sind 
aber  alle  Dinge  in  der  Welt  einer  ununterbrochenen  Veränderung 
unterworfen  und  diese  erstreckt  sich  auch  auf  die  photographischen 
Apparate  und  Chemicalien,  und  da  diese  Aenderungen  meistentheils 
nicht  zum  Besseren,  sondern  zum  Schlechteren  hin  erfolgen,  so  ist  ein 
wiederholtes  Nachbelfen  und  Ausbessern  nötbig,  um  die  verschiedenen 
Objecte  bei  normaler  Beschaffenheit  zu  erhalten.  Diese  Arbeiten 
fassen  wir  unter  dem  Titel:  Wartung  zusammen. 

Wartung  der  photographischen  Linsen. 

Von  allen  Atelierrequisiten  scheinen  die  photographischen  Linsen, 
abgesehen  von  ihrer  Zerbrechlichkeit,  die  beständigsten  zu  sein,  dennoch 
sind  auch  sie  Veränderungen  ausgesetzt,  namentlich  durch  Einflüsse 
von  Stanb.  Dieser  dringt  oft  durch  den  Blendenschlitz  in  das  Innere, 
setzt  sich  an  die  Gläser  und  absorbirt  natürlich  einen  Theil  des 
Lichtes.  Man  halte  solche  Oeffnungen,  durch  welche  Staub  dringen 
kann,  möglichst  verschlossen,  nehme  die  Objective  zeitweise  auseinander 
und  reinige  das  Innere  mit  Hülfe  weichen  Leders.  Oefter  leidet  die 
schwarze  Innenfassung  der  Röhren,  der  schwarze  Ueberzug  reibt  sich 
ab,  wird  glänzend  und  giebt  Veranlassung  zur  Entstehung  mancher 
Lichtflecken.  Behufs  der  Schwärzung  überstreicht  man  die  betreffende 
Stelle  mit  verdünnter,  mit  Rufs  versetzter  Schellacklösung. 

Zu  bemerken  ist,  dafs  Flintgläser  weicher  sind  und  daher  viel 
mehr  leiden  als  Crowngläser,  also  vorsichtiger  behandelt  werden  müssen. 

Wartung  der  Cameras. 

Die  photographischen  Cameras  sind  gleich  den  Objectiven  dem 
Verstauben  ausgesetzt.  Nicht  selten  wirbelt  nach  längerem  Gebrauch 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  t 'J 


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280 


Wartung  der  Cameras. 


beim  Zusammenscbieben  der  Camera  eine  Menge  Staub  auf,  die  sieh 
auf  die  Platte  legt  und  hier  Löcher  und  Flecken  verursacht.  Wieder- 
holtes Ausstäuben  ist  auch  hier  nöthig,  am  besten  mit  Hülfe  von 
Flederwisch  und  Blasebalg. 

Am  meisten  sind  die  Cassetten  dem  Verderben  ausgesetzt. 
Die  Silberlösung  der  eingesetzten  feuchten  Platten  läuft  theilweise  ab, 
bleibt  in  den  Cassetten  hängen,  dringt  in  das  Holz  und  erleidet  hier 
Zersetzungen.  Es  bilden  sich  so  eine  Menge  eigentümlicher  organi- 
scher Substanzen,  die  sich  in  der  von  einer  neuen  Platte  ablaufenden 
Flüssigkeit  auflösen,  bei  langen  Expositionen  in  die  Collodionschicht 
dringen  und  seltsame,  beim  Entwickeln  hervortretende  moosförmige 
Flecke  veranlassen. 

Am  leichtesten  tritt  diese  Erscheinung  bei  Glasecken  ein,  die  der 
Lösung  einen  viel  breitem  Weg  in  das  Innere  des  Holzes  darbieten, 
als  die  Silberdrahtecken.  Namentlich  sind  die  unteren  Ecken  der 
Cassetten  diesen  Einflüssen  ausgesetzt. 

Um  das  Eindringen  der  Silberlösung  zu  verhüten,  ist  es  am 
besten,  neue  Cassetten  mit  Paraffin  zu  tränken.  Man  tauche  die 
völlig  trockene  reine  Cassettenecke  5 Minuten  in  eine  Schale  mit 
geschmolzenem  Paraffin.  Dieses  conservirt  das  Holz  anfserordentlich. 

Will  man  ältere  Cassetten  in  der  Art  präserviren,  so  rnufs  die 
eingedrungene  Silberlösung  erst  entfernt  werden.  Man  tauche  die 
unteren  Ecken  5 — 10  Minuten  in  heifses  Wasser,  wasche  sie  dann 
unter  der  Brause  und  trockne,  nachher  tränke  man  sie  mit  Paraffin. 

Nach  dem  Erkalten  kratze  man  das  überflüssige  Paraffin  ab. 

Rem  eie  empfiehlt  statt  dessen  Ueberstreichen  der  Ecken  mit 
photographischem  Negativlack.  Diese  Präservirung  rnufs  jedoch  alle 
Monate  wiederholt  werden.  Sie  ist  für  den  Fall  zu  empfehlen,  wo 
man  Paraffin  nicht  zur  Hand  hat. 

Unbedingt  nothwendig  ist  zur  Erhaltung  der  Cassette  die  gröfete 
Reinlichkeit.  Man  versäume  nie,  die  anhängende  Feuchtigkeit  nach 
jeder  Exposition  mit  Löschpapier  wegzunehmen  und  die  Ecken  öfter 
unter  der  Brause  zu  waschen. 

Neue  Cassetten  machen  den  Photographen  oft  durch  das  Ab- 
werfen von  Holzspähnen  und  Lacktheilchen  zu  schaffen.  Diese  veran- 
lassen Flecke  auf  den  Platten,  so  lange,  bis  die  Schieber  sich  mit  der 
Zeit  hinreichend  ausgescheuert  haben. 

Sämmtliche  Holzapparate  sollten,  um  Werfen  zu  verhüten,  mit 
Messingbändern  versehen  sein. 

In  heifsen  Sommern  springen  und  werfen  sich  selbst  die  besten 
Apparate.  Einlegen  von  feuchter  Saugpappe,  Ueberdecken  von  feuchten 
Tüchern  steuert  diesem  Uebel  am  besten  und  ist  namentlich  Land- 
schaftern zu  empfehlen. 


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Wartung  der  Glasplatten. 


281 


Wartung  der  Glasplatten. 

Frische  Glasplatten  werden  gewöhnlich  mit  Papierblättern  als 
Zwischenlagen  verpackt.  Selbst  das  beste  Papier  ist  jedoch  nicht  rein 
genug,  um  nicht  einen  Eindruck  auf  der  Platte  nach  längerem  Liegen 
zu  hinterlassen. 

Zur  Aufbewahrung  bereits  vorgeputzter  Platten  bedient  man 
sich  daher  der  Plattenkästen.  Man  sorge,  dafs  die  Killen  derselben 
möglichst  rein  bleiben  (siehe  S.  261)  und  dafs  sie  hinreichend  Spielraum 
gewähren.  Oft  genug  findet  man  Plattenkästen  im  Handel,  die  zwar 
breit  und  hoch  genug  sind,  aber  so  enge  Rillen  haben,  dafs  dicke 
Platten  nur  mit  Mühe  einzuschieben  sind  und  dabei  zerbrechen. 

Fertig  geputzte  Platten,  die  nicht  denselben  Tag  verbraucht 
■werden,  überreibt  man  vor  dem  Gebrauch  noch  einmal  mit  Leder. 

Vorgeputzte  Platten,  die  man  mit  auf  Reisen  nehmen  will,  packt 
man  in  Ermangelung  von  Plattenkästen  nicht  mit  Papierzwischen- 
lagen,  sondern  zwischen  Rillen,  die  man  sich  aus  starkem  Packpapier 
leicht  selbst  kneifen  kann.  Die  Mitten  der  Platten  bleiben  dann  besser 
geschützt. 

Man  hüte  sich  vor  allem  bei  Benutzung  der  Platten  vor  Ver- 
ritzung  derselben.  Man  lege  sie  nie  flach  auf  den  Tisch,  und  man 
reibe  sie  nur  mit  vollkommen  ausgestäubten  Tüchern  ab.  Man  ver- 
gesse nie  den  rauhen  Rand  zu  reinigen.  — Bereits  gebrauchte  Platten 
erfordern  eine  andere  Behandlung. 

Ergiebt  sich  das  Bild  beim  Entwickeln  als  unbrauchbar,  so  wasche 
man  die  Collodionschicht  sofort  herunter,  trockne  mit  Handtuch  ab 
und  putze  von  Neuem. 

Man  lasse  nie  mit  Chemiealien  übergossene,  präparirte,  unbrauch- 
bare Platten  festtrocknen.  Das  Eintrocknen  von  Salzen,  ja  selbst  von 
Wasser  ist  unter  Umständen  geeignet,  die  Platten  so  zu  afficiren,  dafs 
sie  selbst  durch  Beizen  mit  Säure  nicht  mehr  rein  werden. 

Bereits  fixirte,  ungefirnifste,  unbrauchbare  Platten  werfe  man 
in  die  Salpetersäure. 

Gefirnifste  unbrauchbare  Platten  lege  man  12  Stunden  in  concen- 
trirte  koblensaure  Natronlösung,  wasche  sie,  wenn  die  Schicht  sich 
vollkommen  aufgelockert  hat  und  werfe  sie  vor  dem  Putzen  noch  auf 
kurze  Zeit  in  die  Säure.  Durch  gegenseitiges  Abreiben  der  Kanten 
erzeugt  sich  auf  dem  Boden  der  Schalen  mit  kohlensaurem  Natron 
resp.  Säure  bald  Glassand,  der  die  Platten  bald  verkratzt.  Man  lege 
daher  lieber  kleine  flache  Holzstäbchen  in  die  betreffenden  Schalen,  auf 
welchen  die  Platten  aufliegen,  ohne  den  Boden  zu  berühren. 

Beim  Einlegen  und  Herausnehmen  der  Platten  hüte  man  sich 
vor  gegenseitiger  Verritzung  derselben. 

19* 


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282 


Wartung  des  Collodions. 


Wartung  des  Collodions. 

Das  Collodion  bildet  die  Grundlage  der  photographischen  Negativ- 
bilder, es  spielt  für  die  Photographie  eine  noch  wichtigere  Rolle,  als 
das  Papier  für  den  Zeichner;  es  wirkt  nicht  nur  mechanisch  durch 
Festhaltung  der  lichtempfindlichen  Schicht,  sondern  auch  chemisch, 
indem  es  neben  dem  indifferenten  Pyroxylin  noch  eine  ganze  Reihe 
Zersetzungsproducte  desselben  enthält,  die  auf  die  chemischen  wie 
physikalischen  Eigenschaften  der  Schicht  wesentlicher  influiren  (siehe 
den  ersten  Theil  S.  97). 

Die  Wartung  des  Collodions  ist  demnach  ein  wichtiger  Punkt 
für  Photographen,  welche  immer  gleichmäfsig  gute  Resultate  erzielen 
wollen. 

Ueber  die  Veränderungen,  welche  das  rohe  Pyroxylin  und  das 
rohe  Collodion  erfahren,  ist  schon  im  ersten  Theile  die  Rede  gewesen 
(siehe  S.  101). 

Die  Veränderungen,  welche  jodirtes  Collodion  erfahrt,  offenbaren 
sich  durch  Eintreten  einer  gelben,  später  rothen  Färbung  und  durch 
zunehmende  Unempfindlichkeit.  Es  scheidet  sich  bei  dieser  Veränderung 
freies  Jod  aus,  welches  im  Collodion  gelöst  bleibt,  im  Silberbade 
Veranlassung  zur  Entstehung  freier  Salpetersäure  giebt  und  dadurch 
die  Empfindlichkeit  vermindert. 

Cadmiumsalze  geben  am  wenigsten,  Ammoniaksalze  am  leichtesten 
zu  diesem  Rothwerden  Veranlassung  (siehe  den  ersten  Theil).  Mit 
der  Röthe  selbst  wird  das  Collodion  dünnflüssiger  und  zuletzt  so 
leichtflüssig,  dafs  sich  keine  homogene,  dicke,  mechanisch  haltbare 
Schicht  damit  erzeugen  läfst. 

Man  hat  empfohlen,  rothgewordenes  Collodion  durch  längeres 
Schütteln  und  Stehenlassen  mit  kohlensaurem  Natron  resp.  metalli- 
schem Cadmium  wieder  zu  entfärben.  Diese  Körper  absorbiren  in 
der  That  das  Jod  und  machen  das  Collodion  wieder  hell,  gewöhnlich 
sind  aber  so  restaurirte  Collodien  nicht  recht  brauchbar;  sie  geben  ver- 
schleierte Platten,  vermutblich  in  Folge  der  Rildung  basischer  Salze, 
welche  sich  im  Collodion  vielleicht  theilweise  lösen,  z.  B.  Cd  J,  Cd  O 
(siehe  S.  105). 

Viel  mehr  empfiehlt  es  sich  daher,  das  rothgewordene  Collodion 
mit  Cadmiumcollodion  (siehe  S.  254)  zu  vermischen.  Letzteres  bleibt 
monatelang  weifs , ist  etwas  dickflüssig  und  erhält  durch  Zumischen 
von  bis  | rothgewordenen  Collodions  jene  bei  der  Photographie 
angenehme  Consistenz  und  gelbe  Farbe. 

Wer  mit  Cadmiumcollodion  allein  arbeitet,  wird  selten  oder  nie 
über  rothgewordene  Collodien  zu  klagen  haben.  Für  andere  Mischun- 
gen, die  zum  Rothwerden  geneigt  sind,  empfiehlt  sich,  wie  es  auch 
gewöhnlich  geschieht,  die  separate  Aufbewahrung  von  Roh-Collodion 
und  Jodirung. 


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Wartung  des  Collodions. 


283 


Man  mische  dann  beide  in  den  Quantitäten,  welche  man  inner- 
halb der  durch  Erfahrung  bestimmten  Zeit,  der  Haltbarkeit  aufzu- 
brauchen gedenkt. 

Mit  der  Ausscheidung  von  Jod  geht  jedoch  noch  beim  Ge- 
brauch des  Collodions  eine  Veränderung  in  Alkohol-  und  Aethergehalt 
und  mechanische  Verunreinigung  durch  Staub  Hand  in  Hand. 

Das  von  der  Platte  ablaufende  Collodion  läfst  man  gewöhnlich 
in  die  Giefsflasche  zurückfliefsen.  Das  zurückfliefsende  hat  aber  einen 
Theil  seiner  Lösungsmittel  durch  Verdunstung  verloren  und  von  dem 
flüchtigen  Aether  natürlich  mehr,  als  von  dem  weniger  flüchtigen 
Alkohol. 

Das  in  die  Flasche  zurückfliefsende  ist  daher  dicker  und  alkohol- 
reicher.  Bei  vorsichtigem  Arbeiten  stört  das  wenig.  Man  kann  unter 
Umständen  Collodion  flaschen  bis  auf  einen  kleinen  Rest  aufbrauchen. 
Sollte  der  Rest  zu  dick  geworden  sein,  so  verdünne  man  ihn  mit  ^ 
bis  £ einer  Mischung  von  3 Theilen  Alkohol  und  5 Theilen  Aether. 

Fataler  als  dieses  Dickwerden  ist  jedoch  die  Verunreinigung  durch 
Staub.  Finden  sich  kleine  Spuren  Staub  auf  der  Platte,  so  werden 
diese  durch  das  abfliefsende  Collodion  in  die  Vorrathsflasche  zurück- 
geschwemmt, mit  jeder  neuen  Platte  vermehrt  sich  ihre  Quantität  und 
schliefslich  arbeitet  das  Collodion  in  Folge  dessen  fleckig. 

Diese  Erscheinung  kommt  auf  Reisen,  wo  man  mehr  mit  Staub 
zu  kämpfen  hat,  häufiger  vor,  als  bei  Atelierarbeiten,  bei  grofsen 
Platten  häufiger,  als  bei  kleineren. 

Am  nachtheiligsten  wirken  hierbei  die  stumpfen  Plattenränder, 
in  deren  Fugen  und  Rillen  sich  sehr  leicht  Schmutz  festsetzt,  der  nur 
zu  leicht  übersehen  wird  und  nachher  in’s  Collodion  geräth.  Nicht 
selten  sind  die  Rillen  der  Plattenkästen  und  Ständer  von  allerlei 
Schmutz,  Resten  von  Chemiealien  verunreinigt  und  wirken  dann  in 
ähnlicher  Weise  nachtheilig  auf  das  Collodion. 

Man  umgeht  alle  diese  Uebelstände,  wenn  man  das  von  der 
Platte  ablaufende  Collodion  in  einer  separaten  Flasche  auffängt. 
Das  ablaufende  Collodion  ist  keineswegs  unbrauchbar.  Man  läfst  es 
8 Tage  lang  stehen  und  giefst  dann  das  klare  ab.  Nachher  kann 
man  es  wie  frisches  verwenden. 

Dafs  der  Hals  der  Collodionflasche  fortwährend  rein  gehalten 
werden  mufs,  ist  selbstverständlich.  Man  stülpe  über  die  Vorraths- 
flasche eine  Glasglocke,  falls  man  keine  Giefsflasche  anwendet,  wische 
den  Hals  vor  dem  Giefsen  mit  dem  Finger  rein  und  lasse  die  ersten 
Tropfen  wegfliefsen,  ehe  man  die  Platte  giefst. 

Mau  unterlasse  nie,  sofort  nach  dem  Giefsen  der  Platte  die  Col- 
lodionflasche zuzustöpseln. 


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284 


Wartung  des  Silberbades. 


Wartung  des  Silberbades. 

Ein  richtig  präparirtes  Silberbad  kann  bei  sauberer  Behandlung 
lange  brauchbar  erhalten  werden.  Bedingung  ist  nur,  es  möglichst 
von  mechanischen  und  chemischen  Verunreinigungen  frei  zu 
halten.  Erstere  treten  in  Form  abgerissener  Collodionbäutchen  und 
hineingefallener  Staubtheilchen  sehr  bald  ein. 

Oefteres  Filtriren  ist  daher  eine  Sache,  die  sich  von  selbst 
versteht,  und  doch  kommt  es  vor,  dafs  dadurch  ein  Bad  nicht  ge- 
reinigt, sondern  verunreinigt  wird.  Herr  Krüger,  Photograph  in 
Schwerin,  erzählt  einen  solchen  Fall  in  den  Photographischen  Mit- 
theilungen, II.  Jahrgang.  Er  hatte  unglücklicherweise  ein  Filtrir- 
papier  angewendet,  das  grofse  Mengen  schwefelsaurer  Salze*)  enthielt. 
Diese  gelangten  beim  Filtriren  in  das  Bad  und  gaben  hier  Veran- 
lassung zur  Bildung  von  schwefelsaurem  Silbersalz,  welches  sich  in 
feinen  Nadeln  an  die  Platte  setzte  und  Löcher  gab.  Man  wähle  da- 
her ein  möglichst  reines  Filtrirpapier.  * 

Zuweilen  bleibt  beim  Filtriren  noch  eine  fettige  Haut  auf  der 
Oberfläche,  ln  Schalen  entgeht  diese  der  Beobachtung  weniger  leicht, 
als  in  Cuvetten.  Man  schöpfe  diese  Fetthaut  mit  Schreibpapierstreifen, 
die  man  über  die  Oberfläche  der  Flüssigkeit  binwegzieht,  ab. 

Wenn  ein  Silberbad  beim  Präpariren  von  Platten  weiter  keine 
Veränderung  erlitte,  als  einen  Verlust  von  Silber,  so  würde  man  es 
vielleicht  ähnlich  wie  ein  Positivbad  bis  auf  den  letzten  Tropfen  auf- 
brauchen können.  Das  ist  nun  leider  nicht  der  Fall. 

Jedes  Collodion  enthält  aufser  den  Jodirungssalzen  und  dem 
Pyroxylin  noch  organische  Zersetzungsproducte,  mit  jeder  Platte  ge- 
langt eine  Quantität  derselben  neben  Alkohol  und  Aether  in  das 
Silberbad,  und  nach  einiger  Zeit  enthält  dieses  daher  neben  Silbersalz 
noch  salpetersaure  Alkali-  und  Cadmiumsalze,  Alkohol,  Aether,  or- 
ganische Zersetzungsproducte  aus  dem  Collodion,  Jodsilber  und  endlich 
noch  Essigsäure,  die  sich  durch  Oxydation  des  Alkohols  gebildet  hat. 
Kein  Wunder  daher,  dafs  sein  Verhalten  sich  bald  ändert,  dafs  es 
statt  der  kräftigen  Platten  vom  Anfang,  mit  der  Zeit  matte  Negative 
giebt.  Endlich  kommt  ein  Punkt,  wo  das  im  Bad  angehäufte  Jod- 
silber sich  in  Krystallen  ausscheidet,  die  Platten  werden  löcherig. 
Dies  geschieht  namentlich  schnell  im  Sommer  bei  hoher  Temperatur. 

Untersucht  man  solch  ein  Bad  auf  seinen  Silbergehalt,  so  findet 
man,  dafs  dasselbe  noch  aufserordentlich  reich  daran  ist,  er  ist  oft 
kaum  um  j Procent  gesunken. 

Es  ist  daher  klar,  dafs  ein  solches  Bad  wieder  vollkommen  brauch- 


*)  Um  diese  Verunreinigung  zu  erkennen,  weiche  man  das  Papier  in  reinem 
Wasser,  giefse  dieses  klar  ab  und  versetze  es  mit  salpetersaurera  Baryt.  Bei 
Gegenwart  schwefelsaurer  Salze  entsteht  dabei  eine  Trübung  von  schwefelsaurem 
Baryt. 


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Wartung  des  Silberbades. 


285 


bar  sein  würde,  falls  man  die  oben  aufgezählten  Unreinigkeiten  heraus- 
schaffen könnte. 

Die  Unempfindlichkeit  wird  durch  den  Gehalt  an  Essigsäure 
veranlafst,  welche  sich  mit  der  Zeit  ans  dem  Alkohol  und  Aether  im 
Bade  bildet.  Man  kann  diesem  Mangel  leicht  durch  Neutralisation 
abhelfen.  Früher  nahm  man  dazu  öfter  Silberoxyd.  Dieses  ist  ganz 
zu  verwerfen,  da  seine  Wirkung  eine  viel  zu  langsame  ist.  Ebenso- 
wenig ist  kohlensaurer  Kalk  räthlich,  da  dieser,  im  Ueberschufs  an- 
gewendet, wie  es  gewöhnlich  geschieht,  einen  beträchtlichen  Theil 
des  Silbers  niederschlägt.  Das  beste  Mittel  ist  reines,  kohlen- 
saures Natron. 

Man  löst  1 Theil  desselben  in  10  Thcilen  Wasser,  und  setzt 
davon  tropfenweise  dem  Bade  zu.  Es  entsteht  dadurch  ein  Nieder- 
schlag, welcher  beim  Umschütteln  langsam  wieder  verschwindet;  man 
setzt  dann  einen  zweiten  Tropfen  zu,  schüttelt,  und  so  fährt  man  fort, 
bis  schliefslich  der  entstandene  Niederschlag  sich  beim  Umschütteln 
nicht  mehr  vollständig  löst. 

Prüft  man  jetzt  das  Bad,  so  wird  man  es  etwas  alkalisch  finden. 
Man  filtrirt  es  nun  und  setzt  zum  Filtrat  einen  oder  zwei  Tropfen  ver- 
dünnter Salpetersäure  (1  Theil  Säure,  5 Theile  Wasser),  macht  dann 
zur  Probe  mit  dem  Bade  eine  Platte  und  entwickelt  diese. 

Zeigt  sie  Schleier,  so  fahre  man  mit  dem  Zusatz  von  Säure  fort, 
bis  eine  Probeplatte  schleierlos  erscheint. 

Es  scheint  diese  Art  des  Abstimmens  etwas  complicirt,  und  Viele 
glauben,  dafs  dasselbe  mit  Lakmuspapier  bequemer  zu  erreichen  sei. 
Die  Erfahrung  hat  uns  aber  gelehrt,  dafs  dieses  meist  zu  unempfind- 
lich ist,  und  leicht  die  Gefahr  veranlafst,  dafs  man  zu  viel  Säure  zum 
Bade  setzt. 

Giebt  ein  altes  Bad  flaue  Negative,  die  Neigung  zur  Streifen- 
bildung und  Scbleierung,  dabei  Unempfindlichkeit  zeigen,  so  enthält 
es  gewöhnlich  zersetzte  organische  Substanzen.  In  solchem  Falle  hilft 
natürlich  Abstumpfen  mit  Natron  nichts,  denn  hierdurch  werden  die 
organischen  Materien  nicht  entfernt.  Photographen  pflegen,  behufs 
der  Entfernung  derselben,  das  Bad  zu  neutralisiren  und  dann  zu 
sonnen.  Das  ist  sehr  gut,  wenn  man  Sonne  hat.  Leider  ist  jedoch 
dieselbe  nicht  immer  disponibel  und  die  vollständige  Reinigung  auf 
diesem  Wege  geht  auch  zu  langsam  (sie  dauert  oft  länger  als  einen 
Tag). 

Unter  diesen  Umständen  ist  die  Reinigung  mit  übermangan- 
saurem Kali,  die  zuerst  von  Dr.  Jacobsen  vorgeschlagen,  von  E. 
Crookes  zuerst  probirt,  weitaus  vorzuziehen. 

Dieses  treffliche  Präparat  kommt  neuerdings  in  schönen  schwarzen 
Krystallen  in  den  Handel,  die  sich  mit  intensiv  rother  Farbe  in  Wasser 
lösen.  Die  Lösung  selbst  ist  lichtempfindlich  und  zersetzt  sich 


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286 


Wartung  des  Silberbades. 


langsam  unter  Bildung  eines  braunen  Bodensatzes  (Mangansuperoxyd). 
Durch  organische  Körper  wird  sie  rasch  entfärbt,  erstere  oxydirt  und 
die  Uebermangansäure  zu  Mangansuperoxyd  reducirt: 

Mn,  O,  = 2 Mn  0,  -I-  O, , 

welches  sich  mit  brauner  Färbung  ausscheidet.  Schon  beim  Filtriren 
durch  Papier  geht  diese  Zersetzung  vor  sich. 

Dieses  Verhalten  macht  sie  zur  Zerstörung  der  organischen  Sub- 
stanzen in  Silberbädern  ganz  vortrefflich  geeignet.  Man  löse  1 Theil 
des  Manganats  in  40  bis  50  Theilen  Wasser.  Diese  Lösung  setze 
man  tropfenweise  zu  dem  zu  restaurirenden  Silberbade.  Enthält  dieses 
viel  organische  Substanzen,  so  werden  die  ersten  Tropfen  fast  augen- 
blicklich entfärbt;  enthält  es  weniger,  so  geschieht  die  Entfärbung 
langsamer. 

Man  setze  nun  tropfenweise  so  lange  Mangauatlösung  unter 
Schütteln  zu  dem  Bade,  bis  der  letzte  Tropfen  nicht  mehr  entfärbt 
wird,  und  das  Bad  eine  leichte  Rosenfärbung  annimmt,  die  nach 
1 Minute  langem  Schütteln  nicht  verschwindet.  (Nach  längerer 
Zeit  verschwindet  die  Manganfärbung  immer.) 

Sind  sehr  viel  organische  Substanzen  im  Bade  angehäuft,  so  stellt 
sich  neben  der  Rosenfärbung  noch  eine  bräunliche  Trübung  von  aus- 
geschiedenem Mangansuperoxyd  ein. 

Das  Bad  wird  alsdann  filtrirt.  Hat  man  nur  wenig  Manganat 
gebraucht,  so  arbeitet  es  gewöhnlich  ohne  weiteren  Zusatz  ganz 
vortrefflich. 

Bei  Zusatz  einer  grofsen  Menge  Manganat  wirkt  jedoch  das  Kali 
desselben  stark  neutralisirend  und  man  mufs  für  diesen  Fall  das 
Bad  mit  einem  oder  mehreren  Tropfen  Salpetersäure  ansäuern,  so 
lange , bis  der  Schleier  verschwindet. 

Zu  bemerken  ist,  dafs  durch  die  Behandlung  mit  übermangan- 
saurem Kali  die  organischen  Substanzen  nur  oxydirt  und  dadurch 
zwar  unschädlich  gemacht,  keineswegs  aber  vernichtet  werden. 

Letzteres  erreicht  man  durch  Abdampfen  und  Schmelzen  des  festen 
Rückstandes. 

Man  verrichtet  dies  am  besten  in  der  Porzellanschale  über  einer 
Berzeliuslampe  oder  Gaslampe.  Sobald  alles  Wasser  verdampft  ist, 
bläht  sich  das  Silbersalz  auf,  die  Säure  entweicht,  dann  sinkt  alles 
zusammen,  und  schliefslich  schmilzt  es  unter  Graufärbung  und 
Entweichen  rother  Dämpfe.  Die  graue  Farbe  rührt  von  ausgeschie- 
denem metallischen  Silber  her.  Man  läfst  dann  die  Schale  kalt  werden, 
löst  das  festgewordene  Salz  durch  Uebergiefsen  von  wenig  Wasser 
und  Erwärmen  auf,  und  setzt,  wenn  das  Ganze  kocht,  vorsichtig 
einige  Tropfen  Salpetersäure  zu.  Die  trübe  Masse  wird  dann  beim 
Erhitzen  plötzlich  klar  wie  Wasser. 

Man  verdampft  dann  noch  einmal  zur  Trockne,  und  erhitzt  vor- 
sichtig bis  zum  Schmelzen,  läfst  dann  erkalten,  und  löst  das  Salz 


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Wartung  des  Silberbades. 


287 


in  10  Theilen  Wasser  auf.  Sollte  das  so  hergestellte  Bad  Schleier 
geben,  so  stimmt  man  mit  Säure  in  der  Weise  wie  oben  angegeben. 

Eine  andere  Verunreinigung  des  Bades  ist  der  Jodsilberüber- 
schufs,  der  sich  namentlich  in  hoher  Temperatur  alsbald  bildet  und 
sich,  da  Jodsilber  in  Silberbädern  in  der  Wärme  schwerer  löslich  ist, 
als  in  der  Kälte,  in  Krystallen  ausscheidet  (siehe  S.  47).  Sind  die 
Krystalle  grofs,  so  bilden  sie  einen  mehligen  Ueberzug  und  die  Platte 
zeigt  alsdann  nach  dem  Entwickeln  zahllose  gelbe  Flecke;  sind  sie 
klein,  so  erzeugen  sie  Löcher. 

Um  das  Jodsilber  zu  entfernen,  mufs  man  das  Bad  mit  dem 
dreifachen  Volumen  destillirten  Wassers  verdünnen  und 
tüchtig  schütteln.  Das  Jodsilber,  welches  in  verdünnten  Silberbädern 
weniger  löslich  ist,  fällt  alsdann  fast  vollständig  heraus.  Man  braucht 
dann  nur  das  Klare  abzufiltriren  und  bis  zu  dem  ursprünglichen  Vo- 
lumen abzudampfen.  Oft  enthält  ein  Bad  schon  Jodsilberüberscbufs, 
ohne  mit  organischen  Substanzen  wesentlich  verunreinigt  zu  sein. 
Dann  genügt  die  eben  angegebene  Restauration.  Enthält  es  Jod- 
silber und  organische  Substanzen,  so  verdünne  man  zuerst, 
filtrire  und  dampfe  dann  ab  und  schmelze  oder  behandle  mit  Manganat. 

Bei  Gegenwart  von  organischen  Substanzen  finden  Jodsilberaus- 
scheidungen übrigens  viel  rascher  statt,  als  ohne  dieselben. 

Eine  andere  Methode,  Bäder,  welche  Jodsilber  ausscheiden,  wieder 
brauchbar  zu  machen,  besteht  in  Zumischen  frischer  jodsilberfreier 
Silberlösung  von  der  Badstärke.  In  höherer  Temperatur  nutzt 
dieses  nur  für  kurze  Zeit.  Am  besten  beugt  man  der  Jodsilberaus- 
scheidung durch  Abkühlung  des  Bades  vor.  Man  bewerkstelligt 
diese  durch  kaltes  Wasser  oder  Eis,  oder  wenn  beides  nicht  dis- 
ponibel sein  sollte,  durch  Einschlagen  der  Cuvette  in  dunkle  feuchte 
Tücher  und  Einwirkung  von  Luftzug. 

Das  wären  die  wesentlichsten  Badwartungsmethoden.  Eine  Un- 
reinigkeit kann  man  jedoch  durch  dieselben  nicht  wegschaffen,  das  sind 
die  Zersetzungsproducte  der  Jodirungs salze:  salpetersaure 
Alkalien  und  Cadmiumsalze;  sind  diese  in  merklicher  Menge  vor- 
handen, so  schlägt  keine  einzige  der  angewandten  Ilestaurations- 
methoden  vollständig  an,  das  restaurirte  Bad  arbeitet  dann  meist  flau 
oder  unzart. 

ln  solchem  Fall  ist  es  am  besten,  das  Jodsilber,  wie  oben 
angegeben,  durch  Verdünnen  mit  der  dreifachen  Wasser- 
menge  zu  entfernen,  dann  bis  zu  der  Stärke  1 : 6 bis  1 : 8 abzu- 
dampfen, und  das  Ganze  als  Positivbad  zu  benutzen.  Es  ist  dies 
viel  rationeller,  als  das  gewöhnliche  Verfahren,  solche  Bäder  zu  den 
Chlorsilberrückständen  zu  giefsen. 

Der  praktische  Photograph  wird  am  besten  thun,  sich  stets  zwei 
Silberbäder  vorräthig  zu  halten  (eines  für  den  Gebrauch  und  eines  zur 
Reserve,  falls  mit  dem  ersten  ein  Unfall  passirt)  und  öfter  ein  neues 


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288 


Wartung  des  Entwicklers. 


Bad  anzusetzen,  als  das  alte  immer  wieder  aufzurestauriren,  denn  im 
Allgemeinen  arbeitet  ein  restaurirtes  Bad  nicht  so  gut,  als  ein  frisch 
angesetztes. 

Wartung  des  Entwicklers. 

Das  schwefelsaure  Eisenoxydul  färbt  sich  in  Lösung  unter  Bildung 
von  unwirksamem  Oxydsalz  alsbald  roth.  Solche  stark  geröthete  Ent- 
wickler enthalten  daher  weniger  wirksames  Eisensalz,  als  die  frisch 
präparirten.  Dieses  ist  von  Vortheil,  wenn  man  Bilder  ohne  Halb- 
töne zu  entwickeln  hat.  Daher  zieht  man  für  diesen  Zweck  einen 
alten  Entwickler  einem  frischen  vor.  Für  Halbtonplatten,  z.  B.  für 
Portraitbilder  ist  jedoch  der  frische  Entwickler  vörzuziehen.  Will 
man  den  Entwickler  längere  Zeit  bewahren,  z.  B.  auf  Reisen,  so 
nehme  man  statt  des  Eisenvitriols  schwefelsaures  Eisenammon  (siehe 
oben  S.  256). 

Wartung  des  Verstärkers. 

Wässerige  Fyrogalluslösung  oxydirt  sich  rasch  an  der  Luft,  sie 
mufs  daher  jeden  Tag  frisch  bereitet  werden  (siehe  oben  S.  257). 
Die  citronensaure  Silberlösung  hält  sich  über  eine  Woche.  DieCitronen- 
säure  scheint  sich  jedoch  mit  der  Zeit  zu  zersetzen  und  dann  ent- 
stehen leicht  blaue  Schleier  beim  Verstärken.  Zusatz  von  1 Procent 
frischer  Citronensaure  hilft  dem  Uebel  ab. 

Wartung  der  Fixage. 

Cyankaliumlösung  hält  sich  nur  kurze  Zeit  und  wird  daher  jeden 
Tag  frisch  angefertigt. 

Fixirnatronlösung  hält  sich  länger,  es  zersetzt  sich  aber  leicht 
durch  Einflufs  von  Säuren  und  durch  starken  Gebrauch  (siehe  S.  84). 
Man  bereitet  es  daher  mindestens  aller  4 bis  5 Tage  frisch. 

Wartung  des  Lacks. 

Der  Lack  erleidet  beim  Gebrauch  ähnliche  Veränderungen  wie 
das  Collodion.  Er  wird  durch  Verdunsten  des  Alkohols  dick,  durch 
Mischung  mit  dem  zurückfliefsenden  staubig*).  Es  empfiehlt  sich  da- 
her, den  von  der  Platte  abfliefsenden  Lack  in  einer  separaten  Flasche 
aufzufangen.  Man  verdünnt  diese  Ablaufreste  schliefslich  mit  Alkohol, 
filtrirt  und  verwendet  sie  wie  frischen. 

Ueber  das  Anfressen  der  Collodionschicht  siehe  oben  S.  276. 

Die  Wartung  der  fertigen  Negative 

wird  in  dem  Capitel  über  den  Positivprocefs  erläutert  werden. 

*)  Gut  ist  cs,  die  Platten  vor  dem  Lackiren  mit  Kameelhaarpinsel  leise  abzu- 
stäuben; lose  Collodionhäutclien  am  Rande,  welche  leicht  mit  dem  Lack  zurück- 
flielsen,  entfernt  mau  vorher. 


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Der  Positivproeefs. 


Die  photographische  Aufnahme  in  der  Camera  obscura  liefert  ein 
Bild  auf  Glas,  welches,  im  transparenten  Lichte  betrachtet,  negativ, 
im  reflectirten  Lichte  gegen  einen  dunklen  Hintergrund  positiv  er- 
scheint. 

Das  Silber,  welches  die  Lichter  deckt,  erscheint  nämlich  im 
reflectirten  Lichte  grauweifs,  also  hell;  die  ungedeckten  durchsichtigen 
Schatten  lassen  den  dunklen  Hintergrund  durchsehen,  sie  erscheinen 
demnach  dunkel,  das  Ganze  daher  als  Positiv. 

Wegen  der  starken  Deckung  unserer  Negative  sind  freilich  die 
feineren  Details  in  den  Lichtern  nicht  sichtbar.  Ist  die  Belichtung 
aber  kurz,  die  Verstärkung  unterlassen,  so  erlangt  man  ein  gut 
detailirtes  Bild,  Panotyp  genannt. 

Diese  Panotype  waren  in  der  ersten  Zeit  des  Collodionverfahrens 
sehr  im  Schwünge.  Ihre  graue  Farbe  jedoch,  ihre  Verkehrtheit  in 
Bezug  auf  Rechts  und  Links  und  zum  Theil  ihre  Zerbrechlichkeit 
veranlafsten,  dafs  der  Geschmack  daran  sich  rasch  verlor  und  sich 
den  Papierbildern  zuwandte,  die  durch  Belichten  eines  lichtempfind- 
lichen Bogens  unter  einem  Negativ  hergestellt  werden.  Diese  darauf 
abzielenden  Operationen  fafst  man  unter  dem  Namen  des  Copir-  oder 
des  Positivprocesses  zusammen. 

Man  unterscheidet  zweierlei  Copirprocesse: 

1)  Das  directe  Copirverfahren,  bei  welchem  die  Belichtung 
so  lange  fortgesetzt  wird , bis  das  Bild  die  erwünschte  Intensität  hat. 

2)  Das  indirecte  Copirverfahren  oder  Copirverfahren 
mit  Entwicklung,  bei  weichem  das  Papier  nur  sehr  kurze  Zeit 
belichtet  und  dann  das  Bild  durch  ein  Entwicklungsverfahren  heraus- 
gebracht und  bis  zur  gewünschten  Intensität  gekräftigt  wird.  Dieses 
Verfahren  ist  dem  Negativprocefs  analog  und  kann  man  auch  diesen 
zur  Aufnahme  eines  Transparent positivs  auf  Glas  verwenden. 

Das  directe  Copir v erfahren  ist  das  allgemeiner  üb- 
liche. 

Wie  schon  aus  den  Capiteln  über  die  Photochemie  des  Eisens, 
Chroms,  Silbers,  Urans  hervorgeht,  ist  die  Zahl  der  Copirprocesse 
sehr  grofs. 


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290 


Silbe  idruckprocefs. 


Man  kann  nach  Zeichnungen  directe  Copieen  mit  Hülfe  des  Anilin- 
drucks nehmen,  man  kann  Bilder  in  Gold,  Silber  und  Pigmenten  her- 
steilen, das  Negativ  auf  Stein  und  Metall  reproduciren  und  erstere 
nachher  abdrucken  etc.  etc. 

Gewöhnlich  pflegt  man  unter  photographischem  Copirprocefs  im 
engeren  Sinne  den  durch  directe  Wirkung  des  Lichtes  auf  einem  licht- 
empfindlichen Bogen  bergestellten  Bildererzeugungsprocefs  zu  begreifen; 
hierher  gehört  die  Herstellung  der  Silber-,  Eisen-,  Uraubilder,  der 
Pigmentdrucke  oder  Kohlebilder  (siehe  den  ersten  Theil). 

Von  diesen  verschiedenen  Copirverfahren  hat  bisher  nur  eines  in 
der  photographischen  Praxis  Boden  gewonnen,  der  directe  Silber- 
druckprocefs,  d.  h.  die  Herstellung  eines  Bildes  auf  mit  Silber- 
salzen getränktem  Papier.  Er  ist  von  allen  Processen  am  leichtesten 
zu  handhaben,  giebt  mit  den  einfachsten  Hülfsmitteln  die  schönsten 
Resultate  und  würde  vollkommen  sein,  wenn  seine  Producte  nicht  so 
leicht  dem  Verderben  ausgesetzt  wären,  indem  schädliche  schwefel- 
haltigeGase  auf  die  „Silberbilder“  in  ähnlicher  Weise  nachtheilig  wirken, 
wie  auf  Silbergeschirre,  sie  werden  unter  Erzeugung  von  Schwefel- 
silber gelb. 

Daher  hat  in  neuerer  Zeit  namentlich  für  Herstellung  documen- 
tarisch wichtiger  Bilder  der  Pigmentprocefs  oder  Kohlendruckprocefs 
besondere  Aufmerksamkeit  erregt  und  dürfte  seine  Wichtigkeit  mit 
der  Zeit  bald  allgemeiner  anerkannt  werden. 

A.  Der  Silberdruckprocel's. 

Die  Principien  desselben  sind  schon  früher  auseinandergesetzt 
worden  (siehe  den  Artikel  Papier).  Die  Vorrichtungen,  welche  man 
zu  demselben  nöthig  hat,  sind  sehr  einfacher  Natur. 

Das  Negativ  als  solches  ist  gegeben ; es  gilt,  dasselbe  in  innigem 
Contact  mit  dem  lichtempfindlichen  Papier  zu  exponiren.  Das  Licht 
scheint  von  allen  Seiten  durch  das  Negativ  hindurch;  ein  Punkt  des- 
selben kann  sich  nur  dann  als  Punkt  reproduciren,  wenn  der  Abstand 
zwischen  Papier  und  Negativbildschicht  fast  Null  ist.  Ist  er  gröfser, 
so  offenbart  sich  der  Punkt  als  Zerstreuungskreis,  das  Bild  wird  un- 
scharf. Man  benutzt  daher  zur  Herstellung  der  innigen  Berührung 
einfache  Prefsvorrichtungen,  Copirrahmen  genannt,  und  daher  hat  der 
Positivprocefs  den  Namen  Druckprocefs  erhalten. 

Der  Copirrahmen  besteht  aus  einem  Holzrahmen  aa  mit  ein- 
gelegter Spiegelscheibe  und  Deckel  D,  welcher  in  der  Mitte  durch- 
schnitten und  mit  Charnieren  versehen  ist.  Dieser  Deckel  wird 
durch  die  mit  Federn  versehenen  Leisten  e e fest  gegen  die  Unter- 
lage geprefst  (s.  Fig.  85  und  86). 

Das  Negativ  kommt  unten  zu  liegen  (mit  der  Lackseite  nach 
oben),  darauf  das  lichtempfindliche  Papier,  hierauf,  zur  gleichmäfsigen 


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Positivsilberbad. 


291 


Vertheilung  des  Druckes,  ein  Filz  oder  Papierbausch,  endlich  der 
Deckel  D. 


Fig.  85. 


Fig.  86. 


Statt  der  Federn  hat  man  auch  zuweilen  Keile,  die  weniger 
zerbrechlich  sind,  als  jene. 

Für  kleinere  Platten,  z.  B.  Visitenkartennegative,  bedient  man 
sich  eines  einfachen  Rahmens  ohne  Spiegelscheibe  (s.  Fig.  86).  Letz- 
teres ist  nur  von  Vortheil,  da  die  Scheibe  doch  einen  Theil  des  Lichtes 
absorbirt.  Meagher  in  England  hat  solche  Copirrahmen  construirt, 
in  denen  die  Platten  statt  auf  Holz,  auf  Kautschuckbändern  ruhen. 

Dieses  sichert  gekrümmte  Platten  vor  Zerdrückung,  welche  in 
Spiegelgla8rabmen  nicht  selten  eintritt. 


V orbereitungsarbeiten. 

Das  Positivsilberbad. 

Wie  im  Negativprocefs,  so  dient  auch  im  Positivprocefs  zum 
Sensibilisiren  des  bildtragenden  Materials  eine  Silberlösung,  das  Positiv- 
silberbad. 

Die  Stärke  des  letzteren  nahm  man  früher  sehr  hoch : 1 Theil 
Silbersalz  auf  4 bis  5 Theile  Wasser.  Neuerdings  bedient  man  sich 
etwas  schwächerer  Lösungen.  Wir  nehmen  1 Theil  salpetersaures 
Silber  auf  8 bis  10  Theile  Wasser.  Schwächere  Lösungen  zu  nehmen, 
ist  nicht  räthlich.  Manche  Sorten  Eiweifspapier  werden  von  verdünn- 
ten Silberlösungen  nur  unvollkommen  coagnlirt;  1 Theil  der  organi- 
schen Substanz  löst  sich  in  dem  Bade  auf,  färbt  dieses  braun  und 
ttiacht  es  unbrauchbar.  Selbst  bei  concentrirten  Lösungen  1:8  bis 
1 : 10  tritt  dieses  zuweilen  ein.  Man  nehme  für  solche  Fälle  ein  noch 
stärkeres  Bad. 

Das  Braunwerden  ereignet  sich  bei  alkalischen  Bädern  leichter  als 
bei  sauren.  Daher  empfiehlt  sich  als  Rcmedium  dagegen,  das  Silber- 
bad etwas  anzusäuern,  am  besten  mit  ein  paar  Tropfen  Salpeter- 
säure. Für  gut  arbeitende  Papiere  ist  dies  nicht  nöthig. 

Andere  Zusätze  zum  Silberbade,  wie  Citronensäure,  Weinsäure  etc. 
sind  überflüssig. 


292  Positivsilberbad.  — Silberverbrauch  im  Positivprocels. 

Die  Frage,  ob  starke  oder  schwache  Silberbäder  vorzuziehen 
seien,  wurde  vor  einigen  Jahren  sehr  stark  ventilirt. 

Es  scheint  auf  den  ersten  Moment,  als  würde  mit  schwachen 
Silberbädern  eine  Ersparnifs  erzielt,  dies  ist  jedoch  in  vielen  Stücken 
irrig.  Jeder  Eiweifsbogen,  gleichviel  ob  derselbe  auf  einem  schwachen 
oder  starken  Bade  sensibilisirt  wird,  nimmt  zunächst  eine  sich  gleich- 
bleibende, seinem  Salzgehalt  äquivalente  Menge  Silbersalz  behufs  der 
Bildung  von  Chlorsilber  auf,  andererseits  wird  ein  beträchtlicher  Theil 
salpetersauren  Silbers  theils  bebufs  der  Bildung  eines  Silberalbuminats, 
theils  mechanisch  absorbirt.  Wahrscheinlich  ist  es,  dafs  diese  letzt- 
genannte Quote  des  absorbirten  Silbersalzes  bei  schwachen  Bädern 
geringer  ist,  als  bei  starken  (Analysen  darüber  liegen  noch  nicht  vor). 
Ob  aber  um  dieser  problematischen  Ersparnifs  willen  der  Gebrauch 
schwacher  Bäder  anzurathen  sei,  ist  fraglich. 

Ein  schwaches  Bad  erschöpft  sich  rasch,  es  wird  mit  jedem  Bogen 
silberärmer  und  bald  sinkt  sein  Silbergehalt  auf  eine  Stufe,  wo  es 
zur  Sensibilisation  des  Bogens  nicht  mehr  genügt,  und  es  giebt  dann 
matte  und  flaue  Bilder. 

Ein  starkes  Bad  wird  ebenfalls  durch  den  Gebrauch  silberärmer, 
doch  bei  Weitem  nicht  so  weit  wie  ein  schwaches.  Es  läfst  sich  da- 
her ohne  Störung  bis  zum  letzten  Tropfen  aufbrauchen. 

Ein  schwaches  Bad  erfordert  ein  langes  Sensibilisiren,  ein  starkes 
Bad  sensibilisirt  rasch  und  giebt  Blätter,  die  namentlich  in  trübem 
Licht  viel  brillanter  copiren,  als  die  auf  schwachen  Bädern  sensi- 
bilisirten. 

Wer  mit  einem  schwachen  Bade  arbeiten  will,  der  beachte  das 
Gesagte,  prüfe  zeitweise  dessen  Stärke  (s.  u.  die  Silberprobe)  und 
füge  öfter  frisches  Silbersalz  zur  Verstärkung  hinzu. 

Starke  Bäder  erfordern  diese  Umstände  nicht. 

Von  besonderem  Interesse  ist  der  Silberverbrauch  im  Positiv- 
procels. Dieser  bängt  von  verschiedenen  Factoren  ab,  einerseits  vom 
Salzgehalt,  andererseits  von  der  Dicke  der  Eiweifsschicht,  wohl  auch 
von  der  Dauer  des  Schwimmenlassens,  endlich  von  dem  mehr  oder 
weniger  raschen  Abheben  der  Bogen  vom  Bade,  der  Stärke  desselben 
etc.  Daher  ist  es  kein  Wunder,  wenn  der  Silber  verbrauch  per 
Bogen  von  verschiedenen  Beobachtern  sehr  verschieden  angegeben 
wird. 

So  geben  Davanne  und  Girard  den  Silberverbrauch  per  Bogen 
von  17  x 22"  auf  3,76  Grm.  Silbersalz  an;  Spiller  auf  3 Grm.,  Hard- 
wich  auf  30  Gr.,  d.  h.  noch  nicht  ganz  2 Grm. 

Da  die  Angaben  so  sehr  difleriren,  machte  Hr.  Meicke  im  Atelier 
der  Gewerbe- Akademie  eine  Reihe  von  Versuchen,  um  den  Silber- 
verbrauch zu  bestimmen. 


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Silberverbrauch  im  Positivprocefs.  — Goldbad.  293 

Es  wurden  500  Cubikcentimeter  Silberbad  1:8  angesetzt,  dann 
20  bis  25  Bogen  darauf  gesilbert,  nachher  der  Silberverlust  mit  Vogel’s 
Silberprober  bestimmt  (s.  u.). 

Der  Rest  des  Bades  wurde  wieder  auf  500  Cubikcentimeter  und 
den  Gehalt  1 : 8 gebracht  und  von  Neuem  20  bis  25  Bogen  gesilbert. 

So  wurde  das  Bad  5 mal  hintereinander  von  Neuem  verstärkt  und 
wieder  in  Gebrauch  genommen. 

Das  Resultat  war: 

auf  dem  frischen  Bade  verbraucht  1 Bogen  ....  2,6t  Gramm, 

einmal  verstärkten  Bade  verbraucht  1 Bogen  2,46 
zweimal  - - ...  2,ss 

dreimal  - - ...  2,oo 

viermal  - - ...  2,17 

Es  ergiebt  sich  daraus  das  sehr  merkwürdige  Resultat,  dafs  der 
Silberverbrauch  bei  einem  alten  verstärkten  Bade  geringer  ist,  als 
bei  einem  frischen  von  gleichem  Silbergehalt,  und  dafs  der  Silber- 
verbrauch sinkt,  je  öfter  das  Verstärken  wiederholt  wird. 

Die  Ursache  dieser  Erscheinung  mag  darin  liegen,  dafs  das  sal- 
petersaure Alkali,  welches  sich  bei  der  Sensibilisation  bildet,  und 
dessen  Quantität  mit  jedem  Bogen  steigt,  die  Silberabsorption  in  eigen- 
thümlicher  Weise  beeinflufst. 

Ein  Zusatz  von  salpetersaurem  Alkali  zu  einem  frischen  Bade 
dürfte  daher  nicht  unrationell  erscheinen. 

Im  Durchschnitt  ergiebt  sich  der  Silberverbrauch  auf  2,4  Gramm 
per  Bogen*). 

Im  Hirsch  Nickel'schen  Atelier,  vielleicht  der  gröfsten  Repro- 
ductionsanstalt  Deutschlands,  ist  der  Durchschnittsverbrauch  an  Silber 
per  Bogen  \ Loth  = 2,38  Gramm. 

Das  Goldbad. 

Das  copirte  Bild  ist  von  einer  angenehmen  violetten  Farbe,  würde 
jedoch,  in  das  Licht  gebracht,  durch  weitere  Zersetzung  bald  ver- 
schwinden. Um  es  haltbar  zu  machen,  mufs  man  die  Silbersalze 
daraus  entfernen  durch  Fixage,  ein  Auflösungsmittel  wie  unterschweflig- 
saures Natron.  Dabei  nehmen  die  Bilder  aber  eine  häfsliche  gelbe  Farbe 
an.  Um  diesem  Uebelstande  zu  begegnen,  behandelt  man  die  Bilder 
mit  einer  Goldlösung.  Man  tont  sie.  Hier  wirkt  das  reducirte  Silber 
des  Bildes  auf  die  Goldlösung,  es  bildet  sich  Chlorsilber  und  metalli- 
sches Gold  schlägt  sich  an  Stelle  des  Silbers  nieder.  Das  Silberbild 
wird  demnach  theilweise  in  ein  Goldbild  umgewandelt,  und  um  so 
vollständiger,  je  länger  die  Wirkung  dauert.  Danach  ist  auch  die 
Farbe  des  Bildes  verschieden,  ein  kurze  Zeit  getontes  sieht  mehr 

*)  Siehe  Photogr.  Mittheil.  IV.  Jahrg.  S.  28G. 


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294 


Goldbad. 


bräunlich,  ein  länger  getontes  mehr  bläulich  aus.  Die  Farbe  solcher 
getonten  Bilder  wird  im  Fixirbade  nur  wenig  verändert.  Der  Ton- 
procefs  macht  jedoch  die  Bilder  nicht  nur  schöner,  sondern  auch  halt- 
barer. Gold  ist  atmosphärischen  Einflüssen  bei  Weitem  weniger  unter- 
worfen, als  Silber,  und  daher  hält  sich  ein  getontes  Bild  entschieden 
besser  als  ein  nicht  getontes. 

Neben  der  Dauer  des  Tonprocesses  ist  auch  die  Reaction  des, 
Goldbades  von  wesentlichem  Einflufs  auf  die  Farbe  des  fertigen  Bildes. 
In  einer  sauren  Goldlösung  nehmen  die  Bilder  eine  bräunliche,  in 
einer  neutralen  eine  violette,  in  einer  alkalischen  Goldlösung  eine 
blau- violette  Farbe  an.  Welche  Farbe  die  schönste  ist,  ist  rein  Ge- 
schmacksache und  daher  findet  man  in  der  Praxis  Bäder  sehr  ver- 
schiedener Reaction  in  Anwendung.  Der  Eine  empfiehlt  dieses,  der 
Andere  jenes. 

Ein  wichtiger  Punkt  ist  ferner  die  Concentration  des  Bades.  Ein 
starkes  Bad  wirkt  so  rasch,  die  Farbe  ändert  sich  so  schnell  von 
Braun  in  Blau  um,  dafs  man  den  Procefs  kaum  zu  überwachen  im 
Stande  ist.  Dazu  bilden  sich  bei  starken  Bädern  leicht  unregelmäfsige 
Niederschläge  in  Folge  des  Einflusses  reducirender  organischer  Sub- 
stanzen, wie  Striemen,  Masern.  Daher  wendet  man  die  Goldlösnng 
gern  verdünnt  an  und  um  so  mehr,  je  auffallender  sich  die  erwähnten 
Erscheinungen  zeigen.  In  der  Regel  nimmt  man  1 Theil  Goldsalz 
auf  1000  bis  2000  Tlieile  Wasser. 

Gold  ist  ein  äufserst  leicht  aus  seinen  Lösungen  reducirbares 
Metall.  Schon  durch  Wirkung  des  Lichtes  schlägt  sich  aus  Gold- 
lösungen braunes  oder  rothes  Goldpulver  nieder.  Enthält  das  Wasser 
nur  eine  geringe  Spur  organischer  Substanz  — und  das  ist  gewöhnlich 
der  Fall  — so  erfolgt  diese  Reduction  schon  im  Dunkeln.  Daher  ist 
es  kein  Wunder,  dafs  auch  die  verdünnten  Goldlösungen,  welche  wir 
als  Tonbäder  verwenden,  sich  bald  zersetzen,  obgleich  man  den 
sauren  Goldbädern  eine  unbegrenzte  Dauer  zuschreibt. 

In  der  That  sind  letztere  am  längsten  haltbar,  weniger  lange  die 
neutralen,  noch  kürzer  die  alkalischen. 

Letztere  beiden  verlieren  oft  schon  nach  einer  Stunde  ihre  gelbe 
Farbe  und  zu  gleicher  Zeit  ihre  tonende  Wirkung. 

Nach  Davanne  und  Girard  erklärt  sich  dies  aus  einer  eigenthüm- 
lichen  Wirkung  der  Alkalien. 

Versetzt  man  eine  Goldbadlösung  mit  einem  Alkali-  oder  alkalisch 
reagirten  Salz,  so  wird  ein  goldsaures  Salz  gebildet 

Au  CI , H-  4Na  O = Au  O,  Na  O -t-  3 Na  CI. 

Dieses  goldsaure  Salz  wird  leicht  durch  Silber  reducirt.  Nach  kurzer 
Zeit  jedoch  wirft  sich  der  sehr  locker  gebundene  Sauerstoff,  nament- 
lich bei  Gegenwart  von  überschüssigem  freien  Alkali,  auf  das  gebil- 
dete Na  CI,  es  entsteht  unterchlorigsaures  Natron  und  Goldoxydulnatron 
Au  O,  Na  O Na  CI  = Au  O Na  O -+-  Na  O CI  O. 


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Goldbad. 


295 


Das  Goldoxydulnatron  ist  bei  Gegenwart  überschüssigen 
Alkalis  so  beständig,  dafs  es  nicht  mehr  durch  Silber  reducirt  wird. 

Versetzt  man  ein  so  verändertes  Bad  mit  Salzsäure,  so  bildet  sich 
wieder  Chlorgold  und  die  Flüssigkeit  färbt  sich  gelb  (s.  S.  63). 

Alle  durch  Alkalien  neutralisirten  Bäder  erleiden  diese  Aende- 
rungen.  Ist  jedoch  kein  Alkali  im  Uebcrsehufs  vorhanden  oder  sind 
sie,  wie  man  zu  sagen  pflegt,  neutral,  so  behalten  sie  ihre  tonende 
Kraft,  indem  das  gebildete  Goldoxydsalz  ohne  Gegenwart  überschüs- 
sigen Alkalis  reducirbar  bleibt.  Nur  ist  in  diesem  Falle  die  tonende 
Wirkung  etwas  anders. 

Bei  nicht  zersetzten  Bädern  schlägt  sich  an  Stelle  von  3 Atomen 
Silber  nur  1 Atom  Gold  nieder 

Au  O,  -t-  3 Ag  = 3 Ag  O -f-  Au, 

dagegen  bei  zersetzten  Bädern  1 Atom  Gold  an  Stelle  von  1 Atom 
Silber 

Au  O -4-  Ag  = Ag  O -+-  Au. 

Demnach  ist  in  letzterem  Falle  der  Goldniederschlag  reichlicher.  Die 
Bilder  behalten  daher  in  solchem  Bude  mehr  von  ihrer  Kraft  als  in 
einem  Goldoxydbade,  in  welchem  sie  immer  etwas  in  ihrer  Intensität 
reducirt  werden.  Daher  eignen  sich  Bäder  der  ersten  Art  zum  Tonen 
untercopirter  Bilder  besser. 

Eine  eigentümliche  Art  der  Tonbäder  bilden  die  sogenannten 
Natronton  bäder,  die  man  erhält,  wenn  man  Goldsalzlösung  tropfen- 
weise unter  Umschütteln  zu  unterschwefligsaurer  Natronlösung  setzt. 

Es  bildet  sich  hierbei  ein  Doppelsalz  von  unterschwefligsaurem 
Natron  und  unterschwefligsaurem  Goldoxydul  (s.  S.  63),  das  einem 
alkalischen  Tonbade  analog  sich  verhält,  jedoch  auch  bei  Ueberschufs 
von  unterschwefligsaurem  Salz  reducirbar  bleibt. 

Diese  Bäder  wendet  man  nach  dem  Fixiren  an,  während 
sonst  der  Tonprocefs  dem  Fixirprocefs  vorausgeht.  Sie  geben  nicht 
so  angenehme  Töne  als  die  gewöhnlichen  Goldbäder.  Die  Bilder 
fallen  stark  ins  Bräunliche  und  bedürfen  einer  zweiten  Fixirung,  wenn 
sie  haltbar  sein  sollen.  Bessere  Resultate  giebt  das  Doppelsalz  von 
Rhodangold  und  Rhodanammon  (s.  u.). 

Das  Gesagte  wird  hinreichen,  die  chemischen  Frocesse  beim 
Tonen  verstehen  zu  lernen.  Wir  geben  nun  hier  eine  Anzahl  der  in 
der  Praxis  gebräuchlichen  Tonrecepte. 

Normalgoldlösung  und  Goldverbrauch. 

Zum  Ansetzen  der  Goldbäder  bedienen  wir  uns  abgestimmter 
Lösungen  von  Goldcbloridkalium.  Dieses  Salz  kommt  sehr  rein  im 
Handel  vor,  ist  luftbeständig,  läfst  sich  daher  leichter  aufbewahren 
und  abwägen  als  das  immer  feuchte  Goldchlorid.  Wir  benutzen  als 
Normalgoldlösung  eine  Auflösung  von 

Vogel,  Lehrbuch  it  Photographie.  20 


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296 


NormalgoMlösung  and  Goldverbrauch. 


1 Theil  Goldchloridkalium, 

50  - Wasser. 

Diese  Lösung  messen  wir  beim  Gebrauch  in  einer  getheilten  Röhre, 
Pipette  oder  Mensur  ab. 

Auf  einen  Bogen  (17x22")  schlagen  sich  ungefähr  0,oi  Gramm 
metallisches  Gold  nieder,  aufserdem  bleibt  eine  gewisse  Quantität 
Goldlüsung  an  dem  Bogen  hängen,  die  0,oi  bis  0,ots  Gramm  Goldsalz 
enthält,  so  dafs  im  Durchschnitt  jeder  Bogen  0,os  Gramm  Goldsalz 
verbraucht.  Alle  Verluste  eingerechnet  (Tonbadreste  etc.),  mufs  man 
jedoch  die  doppelte  Goldquantität  = 0,o«  Gramm  = 1 Gran  Goldsalz 
per  Bogen  in  Arbeit  nehmen. 

1.  Alkalische  Goldbäder. 

a)  Borax-  and  phosphorsaures  Katronbad. 

Per  Bogen  Bildfläche : 

3 Cubikcent.  Normalgoldlösung, 

lj  Gramm  Borax  oder  phosphorsaures  Natron,  vorher  ge- 
löst in 

200  Theilen  Wasser. 

Man  kann  die  Boraxlösung  vorräthig  bereiten  und  braucht  sie 
dann  nur  in  der  nöthigen  Quantität  abzumessen. 

Borax  und  phosphorsaures  Natron  sind  alkalisch  reagirende  Salze, 
die  das  Goldbad  gerade  so  neutralisiren , wie  freies  Alkali.  Die 
schwache  Borsäure  und  Phosphorsäure,  welche  hierbei  frei  wird,  ist 
ohne  merklichen  Einfiufs.  Das  Bad  hält  sich  nur  kurze  Zeit,  es  mufs 
daher  vor  Gebrauch  frisch  angesetzt  werden.  Bei  niederer  Temperatur 
empfiehlt  es  sich,  dieses  Bad  vor  dem  Gebrauch  etwas  zu  erwärmen.*) 

b)  Chlorkalkbad. 

Ein  Chlorkalkzusatz  zum  Tonbad  ist  bei  vielen  Photographen  in 
Gebrauch;  seine  Wirkung  ist  die,  dafs  er  das  Bad  alkalischer  macht 
(in  Folge  der  Gegenwart  von  Aetzkalk)  und  daher  schwärzere 
Töne  liefert.  Man  stellt  das  Chlorkalktonbad  her,  indem  man  zu 
dem  essigsauren  Natronbad  (s.  u.)  0,03  Gramm  Chlorkalk  giebt,  schüt- 
telt und  nach  drei  Stunden  benutzt.  Das  Bad  giebt  schwarz  violette 
Töne. 

2.  Neutrale  Goldbäder. 

a)  Hit  Kreide  (nach  Savanne). 

Man  nehme  per  Bogen 

3 Cubikcent.  Normalgoldiösung, 

200  Wasser, 

1 Messerspitze  geschabte  Kreide  oder  kohlensauren  Kalk, 


*)  Das  Boraxbad  ist  das  vom  Verfasser  gewöhnlich  angewendete.  . 


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Normalgoldlosung  und  Goldverbrauch.  297 

schüttele  tüchtig  5 Minuten,  dann  filtrire  man.  Die  Lösung  sieht  frisch 
gelb  aus,  wird  aber  nach  einigen  Stunden  farblos,  ohne  jedoch  ihre 
tonende  Kraft  zu  verlieren  (s.  o.).  Sie  tont  dann  jedoch  langsamer. 
Reiner  kohlensaurer  Kalk  ist  der  Kreide  vorzuziehen,  da  letztere  or- 
ganische Substanzen  enthält,  welche  das  Goldsalz  zersetzen. 

b)  Mit  kohlensaurem  Natron. 

Man  nehme  Goldlösung  und  Wasser  wie  oben  und  versetze  unter 
Umschütteln  mit  einer  kohlensauren  Natronlösung  1 : 10  tropfenweise, 
so  lange,  bis  blaues  Lakniuspapier  nicht  mehr  geröthet  wird.  Das 
Bad  hält  sich  nicht  lange;  bei  Anwendung  von  Ueberschufs  von 
Natron  wird  es  zum  alkalischen  Bade  und  giebt  dann  mehr  schwarze 
Töne.  Da  man  bei  der  Ansetzung  dieses  Bades  leicht  Fehler  macht, 
empfiehlt  sich  folgendes  Recept  von  Mr.  England: 

3 Cubikcent.  Normalgoldlösung, 

3 Cubikcent.  einer  Lösung  von  kryst.  kohlensaurem  Natron  1 : 50, 
200  Cubikcent.  Wasser. 

Das  Ganze  wird  circa  eine  halbe  Stunde  nach  dem  Ansetzen 
benutzt;  das  Bad  ist  jedesmal  frisch  zu  bereiten. 

3.  Saure  Goldbiider. 

Das  essigsaure  Natronbad. 

Man  nehme  per  Bogen  Bildfläche 

3 Cubikcent.  Normalgoldlösung, 

2 Gramm  kryst.  essigs.  Natron,  vorher  gelöst  in 
200  Gramm  Wasser. 

Man  brauche  das  Bad  circa  24  Stunden  nach  der  Mischung.  Es 
hält  sich  längere  Zeit,  und  man  hat  nur  nöthig,  es  zeitweise  durch 
einige  Tropfen  Normalgoldlösung  zu  verstärken.  Das  Bad  giebt  mehr 
bräunliche  Töne. 

4.  Rhodangoldbad. 

Fixirnatrongoldbadrecepte  empfehlen  wir  nicht.  Wir  haben  unter 
den  vielen  empfohlenen  noch  kein  einziges  gefunden,  was  uns  be- 
friedigt hätte.  Dagegen  verdient  das  Rhodangoldbad  empfohlen  zu 
werden. 

Es  giebt  die  reichste  Tonabstufung,  deren  ein  Bad  fähig  ist,  je 
nach  der  Dauer  des  Tones.  Die  nachfolgende  Natronfixirung  ändert 
den  Ton  wenig. 

Die  Bilder  brauchen  nicht  so  stark  übercopirt  zu  werden,  wie 
dies  für  gewöhnliche  Tonbäder  nothwendig  der  Fall  ist,  ein  Vortheil, 
der  bei  trübem  Wetter  sehr  schätzbar  ist.  Das  Bild  wird  nach  dem 
Drucken  gewaschen  und  in  folgendes  Tonbad  getaucht: 

Goldlösung  ....  3 Cubikcent., 

Schwefelcyanammonium  20  Gramm, 

vorher  gelöst  in  Wasser  ......  100 

20* 


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298 


bas  t’ixirbad.  — ttas  Papier. 


Das  Bild  wird  in  dem  Bade  erst  Wässer  und  fuchsig,  dann  färbt 
es  sich  warm  und  brillant,  von  Braun  durch  Violett  in  Schwarz  über- 
gehend. Bei  diesem  Bade  wird  etwas  mehr  Gold  gebraucht,  als  bei 
einem  gewöhnlichen;  vielleicht  bis  2 Gran  per  Bogen.  Das  GoUlbad 
wird  nach  Gebrauch  verwahrt  und  kann  mit  zeitweisem  Zusatz  einiger 
Tropfen  Gold  immer  und  immer  wieder  benutzt  werden. 

Dieses  Verhiiltnifs  ist  bei  obigem  Tonbadrecepte  (3  Cubikcent. 
Normalgoldlösung  enthalten  0,oe  Goldsalz)  festzuhalten.  Was  nun  die 
Qualität  der  zu  wählenden  Recepte  anbetrifft,  so  giebt  das  über  die 
Eigenschaften  der  neutralen,  alkalischen  und  sauren  Bäder  oben  Ge- 
sagte dem  Leser  genügenden  Aufschlufs.  Es  wäre  überflüssig  und 
zur  Qual  für  den  wählenden  Anfänger,  noch  mehr  Recepte  hinzufügen 
zu  wollen.  Wer  mehr  schwarze  Töne  liebt,  wähle  das  Chlorkalk- 
oder kohlensaure  Natronbad;  wer  braun  wünscht,  das  essigsaure 
Goldbad;  wer  purpurviolette  Töne  liebt,  das  Borax-  oder  Kreidebad. 
Ersteres  ist  das  von  uns  gewöhnlich  angewendete. 

Das  Fixirbad. 

Zum  Fixiren  im  Positivprocefs  bedient  man  sich  des  nnlersehwe- 
fligsauren  Natrons.  Das  Cyankalium  ist  nicht  anwendbar,  weil  es  die 
Bilder  stark  angreift  (s.  S.  81).  Das  Rhodanammon  ist  nicht  in 
Gebrauch  gekommen,  einerseits  wegen  seines  hohen  Preises,  anderer- 
seits wegen  des  Uebelstandes,  dafs  man  zwei  Fixirbäder  bei  seiner 
Anwendung  nöthig  hat  (s.  S.  82). 

Man  nehme  eine  frische  Lösung  von 

1 Theil  unterschwefligsaurem  Natron  in 
4 — 5 Theilen  Wasser. 

Schon  gebrauchte  Lösungen  zersetzen  sich  bald  und  geben  dann 
Veranlassung  zur  Vergilbung  der  Bilder. 

Das  Papier. 

Ueber  die  Eigenschaften  des  Papiers  ist  schon  früher  die  Rede 
gewesen  (s.  S.  113).  In  der  photographischen  Praxis  des  Silber- 
druckprocesses  ist  das  Eiweifspapier  das  am  meisten  angewendete. 
Selten  wird  es  im  Atelier  gefertigt,  sondern  gewöhnlich  fertig  gekauft. 

Seine  Qualität  ist  selbst  bei  derselben  Fabrikationsmanier  ganz 
aufserordentlich  verschieden.  Das  Hühnereiweifs  zeigt  im  Sommer 
andere  Eigenschaften  als  im  Winter.  Die  rasche  Veränderlichkeit 
dieses  im  nassen  Zustande  unbeständigsten  aller  Körper,  macht  es 
geradezu  unmöglich,  das  Papier  in  immer  gleichmäfsiger  Qualität  zu 
liefern,  und  daher  werden  die  Klagen  über  das  Eiweifspapier  so  laDge 
währen,  als  der  Silberdruckprocefs. 

Es  giebt  Papiere,  die  das  Silberbad  färben,  indem  sich  ein  Theil 
der  organischen  Substanz  auflöst;  es  giebt  andere,  die  kurze  Zeit 


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Die  Praxis  des  Sillierdrncks.  — Sensibilisiren  des  Papiers.  299 

nach  dem  Sensibilisiren  gelb  werden,  schlecht  tonen,  im  Fixirbade 
pockig  werden  etc.  Die  Zahl  dieser  Fehler  ist  Legion  und  ihre  Ur- 
sachen sind  keineswegs  genügend  ergründet*).  Durch  Erfahrung  hat  man 
soviel  festgestellt,  dafs  das  Eiweifspapier  besser  arbeitet,  wenn  es  nicht 
zu  trocken  ist,  und  dafs  mangelhaftes  Papier  beim  Gebrauche  concen- 
trirter  Silberbäder  bessere  Resultate  giebt,  als  beim  Gebrauche  ver- 
dünnter. Es  ist  daher  sehr  zu  empfehlen,  das  Eiweifspapier  vor  dem 
Sensibilisiren  24  Stunden  an  einen  feuchten  Ort  zu  legen.  Die  Blasen, 
welche  sich  namentlich  im  Sommer  beim  Fixiren  einstellen,  werden 
dadurch  am  besten  vermieden.  Eiweifspapier  durch  Chlorcalcium  in 
verschlossenen  Büchsen  conserviren  zu  wollen,  ist  ein  Fehler  (s.  u.). 


Die  Praxis  des  Silberdrucks. 

Bei  der  praktischen  Ausübung  des  Silberdrucks  wird  ein  voll- 
kommen druckfertiges  Negativ  vorausgesetzt.  Man  reinige  das- 
selbe sorgfältigst  auf  der  Rückseite.  Sollte  diese  stark  mit  Retouche 
bedeckt  sein,  so  thut  man  gut,  dieselbe  zu  lackiren,  gerade  wie  die 
Vorderseite.  Das  gereinigte  Negativ  lege  man  in  den  Rahmen,  dessen 
Spiegelscheibe  vorher  gereinigt  ist,  dann  lege  man  das  lichtempfind- 
liche, vollkommen  trockene  Papier  ein. 

Sensibilisiren  des  Papiers. 

Man  filtrire  das  Silberbad  in  eine  gereinigte  Glas-  oder  Porzellan- 
schale, ziehe  mehrmals  Schreibpapierstreifen  über  das  Filtrat  hinweg, 
so  lange,  bis  dieselben  vollkommen  schmutzfrei  erscheinen,  dann  lege 
man  das  Papier  auf.  Die  Arbeit  kann  bei  der  geringen  Empfindlichkeit 
des  Silberpapiers  im  halbdunklen  Zimmer  geschehen.  Man  schneide 
zunächst  das  Papier  in  die  Stücke  zurecht,  deren  Gröfse  man  wünscht 
(für  Massenproductionen  empfiehlt  sich  die  Silberung  ganzer  Bogen), 
und  berühre  die  Eiweifsfläche  des  Papieres  so  wenig  wie  möglich  mit  den 
Fingern;  am  besten  verfährt  man  beim  Schneiden,  wenn  man  die 
Bogen  so  kneift,  dafs  das  Eiweifs  innen  liegt  und  die  Kneifstelle  von 
aufsen  mit  der  Scheere  durchschneidet.  ln  dieser  Weise  vermeidet 
man  das  Beschmutzen  der  Eiweifsseite  mit  Rost,  der  leicht  zur  Ent- 
stehung schwarzer  Flecke  Veranlassung  giebt.  WTer  schweifsige  Finger 
hat,  thut  gut,  auch  das  Betupfen  der  Rückseite  des  Papiers  zu  meiden 
und  es  nur  am  Rande  zu  fassen.  Gröfste  Reinlichkeit  der  Tische,  auf 
welche  man  das  sensibilisirte  und  nicht  sensibilisirte  Eiweifspapier 
legt,  kann  nicht  oft  genug  empfohlen  werden. 

Das  Auflegen  geschieht  durch  Fassen  des  Papiers  an  zwei  einander 
gegenüberstehenden  Seiten  oder  Ecken,  Niedersenken  des  mittleren  Theils, 

*)  Die  Schuld  liegt  Übrigens  keineswegs  immer  am  Fabrikanten,  sondern  oft 
genug  am  Photographen. 


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300 


Sensibilisiren  des  Papiers. 


bis  er  das  Bad  berührt,  und  nachfolgendes  Niedersenken  der  beiden 
Ränder.  Anhalten  darf  man  hier  ebensowenig,  als  beim  Silbern  einer 
Negativplatte.  Bei  diesem  Auflegen  selbst  bleiben  gewöhnlich  einige 

Luftblasen  unter  dem 
Papiere  sitzen  und  hin- 
dern das  Sensibilisiren 
an  der  betreffenden 
Stelle.  Man  hebe  daher 
mit  Hülfe  eines  Horn-, 
Glas-  oder  Silberhäk- 
chens das  Papier  an 
einer  Ecke  auf,  bis  man 
die  ganze  Fläche  über- 
sehen kann,  entferne 
das  anhaftende  Bläschen  durch  Auf-  und  Niedersenken  oder  durch 
leises  Berühren  mit  dem  Häkchen,  dann  senke  man  das  Papier 
wieder  nieder.  Die  Dauer  des  Silberns  ist  je  nach  der  Stärke  des 
Bades,  der  Temperatur  und  der  Art  des  Eiweifses  etwas  verschieden. 
Wir  silbern  im  Sommer  3,  im  Winter  4 Minuten.  Sehr  bequem  ist 
bei  Feststellung  der  Sensibilisationszeit  eine  Sanduhr.  Man  hüte 
sich,  Silberlösung  auf  die  Rückseite  des  Papiers  kommen 
zu  lassen.  Diese  bewirkt  stets  Flecke.  Nach  fertigem  Sensibilish-en 
hebe  man  das  Papier  an  einer  Ecke  langsam  auf  und  klammere  es 
hängend  ein  in  einem  halbdunklen  Zimmer.  Bei  20*  trocknet  das 
Papier  sehr  rasch  von  selbst;  bei  niedrigerer  Temperatur  hilft  man 
mit  einer  untergestellten  Lampe  etwas  nach.  Man  hüte  sich  jedoch, 
das  Papier  dabei  zu  versengen.  Die  getrockneten  Papiere  prüfe  man 
sorglich,  ob  irgend  eine  Spur  Feuchtigkeit  daran  zurückgeblieben  ist. 
Nicht  selten  findet  man  an  den  unteren  Kanten  und  Ecken,  zuweilen 
auch  in  der  Mitte  noch  einige  feuchte  Stellen,  die  nachher  am  Ne- 
gativ festkleben  und  dieses  verderben.  Oft  sind  dadurch  treffliche 
Negative  ruinirt  worden. 

Die  getrockneten  Papiere  behandle  man  in  Bezug  auf  Anfassen 
mit  den  Fingern  noch  vorsichtiger,  als  die  nicht  sensibilisirten.  Man 
bringe  sie  in  einen  verschlossenen,  reinlichen  Holzkasten  nach  dem 
Copirraum  und  lege  sie  in  die  Rahmen.  Bedingung  zur  Erzielung 
eines  scharfen  Bildes  ist  innige  Berührung  zwischen  Negativ  und 
Papier;  diese  erreicht  man  durch  kräftigen  Druck.  Krumme  Platten 
leiden  hier  freilich  Gefahr  des  Zerbrechens  (s.  o.);  auch  ebene  Platten 
laufen  Gefahr,  wenn,  wie  es  öfter  der  Fall  ist,  Glasplitter  oder  Sand- 
körner sich  im  Copirrahmen  finden.  Man  lege  die  Papiere  mit  der 
sensibilisirten  Seite  möglichst  glatt  an,  darüber  ein  Stück  Wachspapier, 
darauf  ein  Bausch  weiches  Fliefspapier  oder  Filz,  schliefslich  lege  man 
den  Deckel  auf  und  schliefse  ihn. 


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Copiren. 


301 


Manches  Papier  trocknet  wellig  und  legt  sich  schwer  glatt  an, 
namentlich  wenn  es  zu  trocken  ist  oder  wenn  man  im  Winter  im 
Kalten  copirt;  man  lege  für  solchen  Fall  das  Papier  nach  dem  Silbern 
eine  Stunde  in  einen  kühlen  Raum,  lege  ferner  hinter  das  Papier 
im  Rahmen  ein  Stück  starken  Carton  und  öffne  nach  dem  Einlegen 
erst  die  eine  Hälfte,  dann  die  andre,  um  das  Papier  glatt  zu  ziehen. 
Man  lege  überhaupt  den  Rahmen  nicht  eher  an  das  Licht,  als  bis 
man  sich  von  der  vollkommenen  Anlage  des  Papiers  überzeugt  hat. 

Das  Copiren. 

Hat  man  die  Rahmen  mit  Papier  beschickt,  so  bringe  man  sie 
an  das  Licht.  Gut  ist  es,  sie  hier  so  zu  ordnen,  dafs  die  gleich  lange 
copirenden  zusammenliegen.  Man  hat  dann  nur  einen  der  Rahmen 
zu  controlliren  und  kann  daraus  einen  Schlufs  auf  das  Fortschreiten 
der  übrigen  machen. 

Das  Beliebten  dauert  viel  länger  als  im  Negativprocefs.  Es  währt 
bei  dicken  Negativen  und  schlechtem  Wetter  oft  tagelang  und 
zuweilen  vergilbt  das  Papier  im  Rahmen,  ehe  das  Bild  fertig  ist. 

Man  beobachtet  den  Fortgang  des  Copirprocesses  schon  an  der  Fär- 
bung der  überstehenden  Ränder  des  Papieres,  diese  laufen  broncefarben 
an.  Das  Negativbild  wird  bald  positiv  sichtbar.  Um  genau  über  den 
Fortgang  des  Papieres  sich  zu  unterrichten,  mufs  man  jedoch  zeitweise 
nachsehen.  Man  nimmt  den  Rahmen  in  das  Zimmer,  öffnet  die  eine 
Hälfte  an  einem  nicht  zu  hellen  Ort,  während  die  andere  Hälfte  das 
Papier  noch  festklemmt  und  betrachtet  das  Bild;  dann  schliefst  man 
die  offene  Seite  und  betrachtet  die  andere  Hälfte.  Man  hüte  sich, 
hierbei  das  Papier  zu  verrücken.  Manche  Rahmen  haben  nur 
einen  einfachen  Deckel,  so  dafs  beim  Oeffnen  das  ganze  Papier  freiliegt; 
hier  ist  die  Gefahr  der  Verschiebung  am  gröfsten  und  kann  ihr  nur  durch 
Ankleben  des  Papiers  an  den  Rändern  mit  Hülfe  von  Gummipapier 
gesteuert  werden. 

Der  Copirprocefs  ist  beendet,  wenn  die  feinsten 
Details  in  den  Lichtern  sichtbar  geworden  sind,  derüber- 
stehende  Papierrand  metallisch  bronzefarbig  erscheint 
und  wenn  die  Intensität  des  Bildes  etwas  stärker  ist,  als 
sie  bei  einem  fertigen  Bilde  gewünscht  wird.  Letzteres  ist 
nothwendig,  weil  die  Bilder  im  Goldbade  immer  etwas  blässer  werden. 
Der  richtige  Grad  desGopirens  kann  nur  aus  Erfahrung  bestimmt  werden; 
er  ist  auch  verschieden  nach  dem  Charakter  der  Negative  und  der  Gold- 
bäder. 

Copiren  mit  abgetöntem  Hintergrund. 

Um  Bilder  mit  sanft  inWeifs  verlaufendem  Hintergrund  herzustellen 
(Vignettebilder),  deckt  man  auf  das  Negativ  eine  sogenannte  Vignette- 
muske.  Dieselbe  besteht  entweder  aus  einer  Glasplatte,  welche  in 


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302 


Copiren.  — Wuschen. 


der  Mitte  hell  ist  und  allmählich  nach  dem  Rande  zu  ins  Dunkle  ver- 
läuft, oder  einfacher  aus  einem  Stück  dunkler  Pappe,  in  welcher,  der 
Figur  des  abgetönten  Bildes  entsprechend,  ein  Loch  geschnitten  ist. 
Man  legt  diesen  Pappdeckel  auf  den  Copirrahmen.  Je  weiter  er  vom 
Negativ  entfernt  ist , desto  breiter  und  sanfter  wird  der  verlaufende 
Rand,  desto  langsamer  copirt  aber  auch  das  Bild.  Man  roufs  dafür 
Sorge  tragen,  dafs  der  Pappdeckel  in  unverrückter  Lage  liegen  bleibt 
und  den  Copirrahmen  vollständig  zudeckt,  damit  kein  Licht  seitlich 
eindringen  und  unerwünschte  Färbungen  erzeugen  kann.  Man  nagelt 
daher  die  Pappe  am  besten  fest.  Für  Massenproduction  empfehlen 
sich  Vignetteplatten  aus  Eisenblech.  Weifse  Cartons  sind  bei  Verar- 
beitung zu  Vignettepappen  zu  schwärzen.  Von  grofsern  Vortheil  ist  das 
Vignettirverfahren  für  Negative  mit  fehlerhaftem  Hintergrund. 

Copiren  unvollkommener  Negative. 

Die  hier  gegebenen  Copirregeln  genügen  für  ein  vollkommenes 
Negativ,  welches  brillante  und  doch  nicht  zu  dichte  Lichter  und 
detaillirte  Schatten  zeigt.  Nun  giebt  es  aber  oft  flaue  Negative, 
bei  denen  alle  Details  in  den  Lichtern  schon  erschienen  sind,  ehe  die 
Schwärzen  hinreichende  Kraft  zeigen.  Diese  copirt  man  am  besten 
unter  einer  Scheibe  von  grünem  Glase.  Die  Erfahrung  hat.  nämlich 
gezeigt,  dafs  bei  mattem  Licht  die  Contraste  in  solchem  Falle  stärker 
werden,  d.  h.  die  Schwärzen  dunkler,  die  Lichter  heller.  Man  kann 
auch  das  flaue  Negativ  auf  der  Rückseite  mit  Negativlack  überziehen, 
der  mit  etwas  Drachenblut  weinroth  gefärbt  ist.  Dieser  Lack  schwächt 
das  Licht  ähnlich  wie  eine  grüne  Scheibe.  Dann  giebt  es  auf  der 
andern  Seite  zu  harte  Negative,  die  total  verbrannte  Schwärzen  zeigen 
würden,  wenn  man  sie  bis  zur  Erscheinung  der  Details  in  den  Lichtern 
copiren  wollte.  Hier  kann  man  nachhelfen,  indem  man  die  schwarzen 
Flächen  mit  passend  ausgeschnittenen  Pappdeckeln  (Masken)  zudeckt, 
wenn  sie  hinreichend  intensiv  sind , und  die  Lichter  weiter  exponirt. 
Kleine  Partieen  in  den  Lichtern,  die  nicht  durchcopiren  wollen,  können 
auch  mit  Hülfe  eines  Brennglases  (bei  Sonnenlicht)  heransgebracht 
werden. 

Das  Waschen. 

Die  copirten  Bilder  werden  aus  dem  Rahmen  genommen  und  in  einen 
separaten  dunklen  Kasten  gethan  (nicht  mit  den  sensibilisirten  Papieren 
zusammen).  Sind  alle  Rahmen  fertig  copirt,  So  behandelt  man  an  dem- 
selben Tage  sämmtliche  Bilder  gemeinschaftlich  in  der  nachfolgend 
beschriebenen  Weise.  Bilder  bis  zum  folgenden  Tage  behufs  der 
weiteren  Behandlung  liegen  zu  lassen,  ist  nur  räthlich,  falls  man  weifs, 
dafs  das  Papier  sich  längere  Zeit  hält,  ohne  gelb  zu  werden. 

Der  Bogen  absorbirt  beim  Scnsibilisiren  eine  sehr  beträchtliche 
Quantität  Silbersalz.  Von  dieser  wird  nur  der  kleinste  Thejl  beim 


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Waschen.  — Tonen. 


303 


Belichten  redncirt,  und  es  finden"  sich  daher  in  den  copirten  Bildern 
grofse  Mengen  freien  Salpetersäuren  Silbers.  Diese  würden  im  Gold- 
bade durch  Zersetzung  des  Goldsalzes  entschieden  nachtheilig  wirken*). 
Man  entfernt  sie  daher  durch  Auswuschen:  zu  dieser  Waschung  kann 
man  sich  der  wenig  zerbrechlichen  Guttapercha-  oder  Cartonschalen 
bedienen.  Man  mache  es  sich  aber  hierbei  znm  Gesetz,  diese 
Schalen  einzig  und  allein  zu  diesem  und  keinem  anderen 
Zweck  zu  verwenden  und  man  nehme  diesen  Waschprocefs 
auf  einem  Tische  vor,  wo  e in e Veru n rein ign ng  mi t a ndere n 
Chemiealien,  namentlich  mit  Fixirnatron,  nicht  zu  fürch- 
ten ist  (s.  die  Einrichtung  des  Ateliers  in  der  Gewerbe -Akademie 
S.  218).  Man  lege  die  Blätter  eines  nach  dem  andern  mit  voll- 
kommen reinlichen  Fingern  in  die  Schale  mit  gewöhnlichem 
Wasser,  schwenke  diese  nach  jedem  Blatt,  so  dafs  dieselbe  vollständig 
benetzt  wird;  gewöhnlich  wird  das  Wasser  dabei  milchig,  in  Folge 
der  Ausscheidung  von  Chlorsilber.  Nach  circa  10  Minuten  lege  man 
in  derselben  Weise  die  Bilder  aus  der  ersten  Schale  in  die  zweite 
und  giefse  die  milchig  erscheinende  Flüssigkeit  der  ersten  in  die 
Vorrathstonne  für  die  Silberrückstände;  Gleiches  geschieht  mit  der 
Flüssigkeit  der  zweiten  Schule.  Man  lege  diu  Bilder  in  dieser  Weise 
vier-  oder  fünfmal  hintereinander  in  frisches  Wasser.  Die  beiden 
letzten  Waschwässer  giefse  man  weg,  da  ihr  Silbergehalt  zu  gering 
ist.  Das  letzte  Waschwasser  darf  nicht  mehr  milchig  erscheinen, 
andernfalls  mufs  das  Waschen  noch  fortgesetzt  werden.  Die  Arbeit 
verrichte  man  in  einem  halbdunklen  Zimmer,  sonst  leiden  die  Weifsen 
der  Bilder  leicht  Gefahr. 


Das  Tonen. 

Das  Tonen  nehme  man  sofort  nach  beendigtem  Waschen  vor**). 
M an  schütte  das  Tonbad  in  eine  Schale,  die  einzig  und  allein 
diesem  Zwecke  dient,  wärme  diese  im  Winter  etwas  an  und 
tauche  die  Bilder  eines  nach  dem  andern  mit  reinlichen  Fingern  unter 
fortwährendem  Schwenken  ein.  Nothwendig  ist,  dafs  die  Gold- 
lösung die  Bilder  vollkommen  gleichmäfsig  benetzt,  sonst  tritt  leicht 
ungleiches  Tonen  ein.  Man  beobachtet  die  Farbenveränderung  der 
Bilder  bald  nach  dem  Eintauchen,  sie  werden  erst  braunviolett,  violett, 
violettblau,  endlich  blau.  Sobald  der  gewünschte  Ton  erreicht  ist 
(der  violette  bis  violettblaue  dürfte  sich  des  meisten  Anklanges  erfreuen), 
nehme  man  die  Bilder  sogleich  heraus  und  werfe  sie  in  eine  bereit- 
stehende  Schale  mit  Wasser.  Der  Tonprocefs  ist  ebenfalls  im  Halb- 

*)  Mischt  inan  Silbernitrat  mit  Chlorgold,  so  bildet  sich  Cblorsilber  und  me- 
tallischen Gold;  Sauerstoll*  und  SalpetersSure  werden  frei. 

**)  Bilder,  die  sehr  lange  (circa  12  Stunden)  in  Wasser  liegen,  erleiden  otl 
Zersetzungen  und  tonen  dann  ungleich. 


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304 


Fixiren.  — Waschen  nach  dem  Fixiren. 


licht  vorzunehmen,  sonst  leiden  die  Weitsen.  Es  macht  sich  bei 
Tageslicht  besser  als  bei  Lampenlicht  (ist  man  bei  Lampenlicht  zu 
arbeiten  genöthigt,  so  stelle  man  das  Licht  möglichst  nahe  der  Schale). 
Am  praktischsten  ist  es,  drei  Schalen  neben  einander  zu  setzen. 
Links  die  Schale  mit  den  Bildern  im  Wasser,  in  der  Mitte  die 
Goldschale,  rechts  eine  Schale  mit  frischem  Wasser.  Man  werfe 
nie  mehr  Bilder  gemeinschaftlich  in  die  Tonschale,  als  man  auf  ein- 
mal controlliren  kann,  sonst  ist  leicht  Gefahr  der  Uebertonung.  Bilder 
auf  stumpfem  Papier  tonen  schneller  als  Eiweifsbilder.  Man  nehme 
für  solche  ein  möglichst  verdünntes  Bad  oder  bringe  sie  in  das  durch 
vorhergehende  Eiweifsbildertonung  schon  etwas  erschöpfte  Goldbad. 

Das  Fixiren. 

Das  Fixiren  wird  ebenfalls  in  einer  extra  dazu  bestimmten  Schale 
vorgenommen.  Man  nimmt  die  Bilder  einzeln  aus  der  Wasserschale 
(s.  o.),  taucht  sie  in  die  Fixirlösung  und  schwenkt  diese,  so  dafs  sie 
die  Bilder  sogleich  vollständig  überfluthet.  Man  hüte  sich  hier  vor 
Beschmutzung  der  Finger  mit  Natronlösung,  da  sonst  beim  Befassen 
der  getonten,  noch  unfixirten  Bilder  mit  „Natronfingern“  unvermeidlich 
ein  Fleck  entsteht.  Viele  bedienen  sich  deshalb  zum  Herausnehmen 
der  noch  unfixirten  Bilder  Zangen  von  Holz. 

Die  Bilder  nehmen  im  Natronbade  einen  häfslichen  Ton  an,  um 
so  brauner,  je  kürzer  sie  getont  worden  sind,  zu  gleicher  Zeit  werden 
sie  blässer.  Anfänger  mögen  sich  dadurch  nicht  täuschen  lassen.  Der 
Ton  bessert  sich  nach  dem  Waschen  und  Trocknen  und  die  Inten- 
sität ist  alsdann  dieselbe,  als  wie  die  Bilder  im  Tonbade 
zeigen.  Letztere  kann  man  daher  als  Richtschnur  nehmen.  Die 
Dauer  des  Fixirens  ist  mindestens  5 Minuten.  So  lange  das  Bild 
noch  nicht  ausfixirt  ist,  erscheinen  die  Weifsen  desselben,  in  der  Durch- 
sicht gegen  ein  helles  Licht  betrachtet,  wolkig. 

Das  Waschen  nach  dem  Fixiren. 

In  dem  fixirten  Bilde  findet  sich  eine  beträchtliche  Menge  von 
überschüssigem  Fixirnatron.  Bliebe  dieses  im  Bilde,  so  würde  es  sich 
alsbald  zersetzen,  Schwefel  ausscheiden,  und  dadurch  Veranlassung  zur 
Bildung  von  Schwefelsilber  geben,  d.  h.  das  Bild  gelb  färben.  Daher 
ist  das  gründliche  Auswaschen  des  Fixirnatrons  für  die  Haltbarkeit 
der  Bilder  dringendes  Bedürfnifs.  Es  geschieht  das  Waschen  am  ein- 
fachsten durch  oft  gewechseltes  Wasser.  Für  Ateliers  empfiehlt  sich 
folgender  Waschapparat:  A(Fig.88)  ist  eine  Cisterne  von  lackirtem  Blech 
mit  doppeltem  Boden,  von  dem  der  obere  B siebförmig  durchlöchert  ist, 
H ein  Heberohr,  das  in  die  tiefste  Stelle  des  Kastens  mündet,  R eine 
Röhre,  die  entweder  mit  feinen  Spritz  - Oeffnungen  oder  mit  Ansatz- 
röhren aaaa  versehen  ist;  diese  Röhre  steht  mit  der  Wasserleitung 
oder  einem  Wasserreservoir  in  Verbindung.  Die  Dicke  des  Hebers  17 


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Waschen  nach  dem  Fixiren. 


305 


wähle  man  so,  dafs  er  das  Gefäfs  ungefähr  doppelt  so  rasch  entleert, 
als  die  Leitung  dasselbe  füllt.  Die  fixirten  Bilder  lege  man  zunächst 

zum  vorläufigen  Abspü- 
, pi*‘  len  in  eine  Schale  mit 

frischem  Wasser,  lasse 
das  Gefäfs  A voll  Wasser 
laufen  und  lege  dieBilder 
einzeln  hinein,  während 
das  Wasser  fliefst;  so- 
bald das  Gefäfs  bis  zu 
dem  Gipfelpunkt  des 
Hebers  gefüllt  ist,  fängt 
dieser  an  zu  wirken 
und  saugt  trotz  des  un- 
unterbrochenen Zuflusses  das  Gefäfs  binnen  wenigen  Minuten  leer; 
sobald  das  geschehen  ist,  hört  seine  W'irkung  auf,  das  Gefäfs 
füllt  sich  wieder  und  das  Spiel  beginnt  von  Neuem.  In  dieser  Weise 
kann  man  Bilder  (je  nach  ihrer  Menge)  in  1 — 2 Stunden  vollständig 
auswa8chen.  Wich tig  ist  j edoch  hie rbei,  dafs  die  Blätter  nicht 
aneinander  kleben;  geschieht  dieses,  so  bleibt  trotz  wiederholten 
Wasserwechsels  dennoch  leicht  Natron  zwischen  den  Bildern  zurück. 
Man  sucht  dieses  Aneinanderkleben  durch  eine  Rotation  der  Bilder  zu 
vermeiden,  indem  man  das  Wasser  aus  den  Röhren  aa  in  schiefer 
Richtung  einströmen  läfst,  die  Bilder  schwimmen  dann  in  der  Rich- 
tung des  Wasserstrahls  herum  und  trennen  sich  bei  kleinerem  Format 
leicht;  bei  gröfserem  Format  ist  auch  diese  Vorrichtung  nicht  genü- 
gend, und  hier  bleibt  nichts  weiter  übrig,  als  von  Zeit,  zu  Zeit  mit 
der  Hand  nachzuhelfen  und  das  Waschen  möglichst  lange  fortzusetzen. 
In  grofsen  Etablissements  wäscht  man  gewöhnlich  die  ganze  Nacht 
hindurch. 

Hr.  Schade  in  Sorau  empfiehlt,  um  das  Aneinanderkleben  der 
Bilder  zu  vermeiden,  ein  ununterbrochenes  Schütteln  des  Kastens  durch 
Elektromagnetismus  (s.  Photographische  Mittheilungen  1869,  August- 
heft). — Mitunter  kleben  die  Bilder  an  der  Kastenwandung  fest,  um 
dies  zu  verhindern,  läfst  man  an  der  Röhre  RR  einige  feine  Oeffnun- 
gen  anbringen,  durch  welche  das  Wasser  an  der  Wandung  herabrieselt. 

Um  zu  prüfen,  ob  die  Bilder  hinreichend  ausgewaschen  sind, 
benutze  man  die  Jodstärkeprobe  des  Verfassers.  Man  trenne  die 
Bilder  nach  beendigter  Waschung  unter  Wasser  und  nehme  einen 
Theil  des  letzten  Waschwassers  heraus.  Behufs  der  Prüfung  nehme 
man  zwei  egale,  völlig  reine  Reagenzröhren,  fülle  in  jede  gleich  viel 
Jodstärkelösung*),  setze  zu  der  einen  frisches,  noch  nicht  gebrauchtes 


*)  Man  bereitet  diese  folgendermafsen : 1 Gramm  Arrowroot  wird  mit  einigen 
Tropfen  kalten  Wassers  angerührt,  darauf  circa  hundert  Theile  desstillirtes,  siedendes 


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306  Waschen  nach  dem  Fixiren.  — Fertigmachen. 

Wasser  aus  dem  Reservoir,  zu  der  andern  genau  ebensoviel  von  dem 
gebrauchten  Waschwasser.  Man  braucht  dann  nur  beide  Röhren  zu 
schütteln  und  gegen  ein  weifses  Stück  Papier  zu  halten  und  zu  ver- 
gleichen; man  sieht  dann  sofort,  ob  in  der  einen  Röhre  eine  Entfärbung 
stattgefunden  bat  oder  nicht.  Bedingung  ist  gröfstc  Reinlichkeit  der 
(Raser  und  Hände.  Selbst  bei  millionenfacher  Verdünnung  wird  durch 
diese  Probe  das  Natron  noch  angezeigt.  Ist  diese  Anzeige  eingetreten, 
so  ist  noch  eine  Spur  Natron  vorhanden  und  der  Wasehprocefs  mnfs 
fortgesetzt  werden.  Will  inan  fertige  Bilder  in  dieser  Weise  prüfen, 
so  weiche  man  sie  in  Wasser  und  prüfe  dieses  in  analoger  Weise. 
Die  fertig  gewaschenen  Bilder  hänge  man  an  einem  staubfreien  Ort 
auf  reinliche  Schnüre  zum  Trocknen.  Viele  legen  dieselben  auch 
zwischen  Fliefspapier;  hierbei  kommt  es  wohl  vor,  dafs  bei  mangel- 
hafter Waschung  letzteres  mit  der  Zeit  natronhaltig  wird  und  dann 
gelbe  Flecke  auf  Bildern  verursacht.  Nicht  selten  ist  auch  frisches 
Fliefspapier  natronhaltig,  da  dieses  der  Papiermasse  nach  dem  Bleichen 
mit  Chlor  zuweilen  zugesetzt  wird.  Um  Papiere  auf  ihren  Natron- 
gehalt zu  prüfen,  betropfe  man  sie  mit  der  erwähnten  Jodstärkelösung. 
Eine  Entfärbung  derselben  zeigt  den  Nalrongehalt  sofort  an.  Jeden- 
falls wechsle  man  das  Trockenpapier  öfter. 

Das  Fertigmachen. 

Die  getrockneten  Bilder  werden  passend  zugeschnitten,  am  besten 
mit  Hülfe  eines  scharfen  Stahlmessers,  auf  einer  Spiegelplatte  mit 
Glaslineal  resp.  Schablone.  Man  hat  hier  rechtwinklige  und  runde 
Schablonen,  ersterc  sind  nicht  selten  schiefwinklig,  man  erkennt  das 

leicht,  wenn  man  eine  gerade 
Linie  ab  zieht,  mit  der  Scha- 
bloneeineSenkrecbte  eddarauf 
prrichtet  und  die  Schablone 
rechts  und  links  von  c d an- 
legt ; sie  mufs  dann  genau  an 
beide  Linien  passen.  Bei 
kleineren  Bildern,  wie  Karten, 
b bedient  man  sich  auch  der 
Glasschablonen,  die  in  dem 
betreffenden  Format  ausgeschnitten  sind.  Die  ausgeschnittenen  Bilder 
müssen  behufs  gröfserer  Festigkeit  auf  Carton  gezogen  werden.  Der 
Carton  ist  nicht  selten  natronhaltig,  man  prüfe  in  zweifelhaften  Fällen 
darauf  mit  Jodstärkelösung  (s.  o.).  Der  Carton  ist  entweder  geleimt 

Wasser  gegossen  und  später  circa  20  Gramm  chemisch  reinen  Salpeters  behufs  der 
Haltbarkeit  zugegeben;  zu  der  erkalteten  Stttrkelösung  setzt  man  20  Gramm 
einer  weingelben  Lösung  von  Jod  in  Jodkaliumlösung  (ein  KrUmelchen  Jod  in  Jod- 
kalinmlösung  1 : 20  gethan,  giebt  diese  Lösung  in  wenigen  Secunden).  Man  erhält 
so  eine  circa  vier  Wochen  haltbare  blaue  Jodstärkelösung. 


Fig.  W. 
d 


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Fertigmacben. 


307 


oder  ungeleiint;  letztere  werden  bei  Massenproduction  ihres  billigeren 
Preises  wegen  vorgezogen.  Die  Bilder  kleben  sich  darauf  bequem 
auf,  haben  jedoch  den  Uebelsland,  sich  sehr  stark  zu  werfen,  da  das 
Bild  sich  beim  Trocknen  zusammenzieht.  Man  vermeidet  dieses  durch 
vorsichtiges  Aufeuchten  des  Cartons  von  der  Rückseite  vor  dem  Aufkleben. 
Oft  haben  die  Cartons  einen  Tondruck;  man  wähle  diesen  möglichst  blafs 
in  Farbe,  ebenso  sorge  man  dafür,  dafs  Unterschriften  und  ähnliche 
Ausstattung  nicht  zu  grell  hervortreten.  Ist  der  Tondruck  zu  fett,  so 
erschwert  er  das  Aufkleben.  Als  Bindemittel  bedient  man  sich  am 
besten  des  Kleisters  (s.  S.  93).  Man  nehme  diesen  stets  frisch 
und  meide  Zusatz  von  Salzen,  wie  Alaun  u.  dgl.;  letztere  sind  nicht 
selten  Ursache  des  Verderbens  von  Bildern.  Zusatz  von  Alkohol  soll 
den  Kleister  haltbarer  machen.  Nothwendig  ist,  dafs  der  Kleister 
vollkommen  homogen  sei.  Man  quirle  ihn  tüchtig  und  seihe  ihn,  so 
lange  er  noch  heifs  ist,  durch  dünnen  Mousselin.  Das  Aufstreichen 
desselben  und  Aufkleben  ist  Sache  der  Erfahrung,  doch  eignet  man 
sich  hier  bald  die  nöthige  Geschicklichkeit  an.  Viele  benutzen  zum 
Aufkleben  Gelatinelösung,  wir  finden  dieselbe  nicht  so  bequem  als 
Kleister.  Die  aufgezogenen  Bilder  lasse  man  trocknen.  Bilder  auf 
ungeleiintem  Carton  lege  man,  durch  einzelne  glatte  Fliefspapierbogen 
getrennt,  zwischen  zwei  starke  ebene  Bretter.  Man  vermeidet  dadurch 
das  Werfen  und  sichert  ein  leichtes  Satiniren.  Das  Satiniren  pflegt 
man  vorzunehmen,  um  den  Bildern,  die  beim  Aufkleben  etwas  rauh 
werden,  die  gehörige  Glätte  zu  ertheilen.  Die  Glättmaschinen,  welche 
man  zu  diesem  Behufe  anwendet,  sind  gewöhnlich  nicht  sehr  voll- 
kommen construirt.  Der  Preis  derselben  ist  so  niedrig,  dafs  für  den- 
selben nichts  sonderlich  Gutes  geliefert  werden  kann. 

Sie  bestehen  aus  einer  polirten  Stahlplatte*)  (Fig.  91),  auf  welcher  die 
aufgezogenen  Bilder,  die  Bildseite  nach  unten,  gelegt  werden,  und 
die  zwischen  Walzen  ab  eingeschoben  wird.  Bedingung  ist  genaue 
Parallelstellung  der  Walzen,  diese  wird  bewirkt  mit  Hülfe  von  Schrauben 
k an  der  untern  Seite.  Man  verrichtet  dies  vor  dem  Einschieben  der 
Platte,  indem  man  die  Entfernung  der  Walzen  von  einander  mit  dem 
Auge  gegen  ein  helles  Licht  genau  abvisirt.  Man  schiebt  dann  die  Platte 
ein,  schraubt  die  Walzen  durch  Drehung  von  g zusammen  und  putzt  die 
Platte  und  die  Walzen  so  sorglich  als  möglich.  Zur  Prüfung,  ob  alles  rein 
geputzt  ist  und  normal  walzt,  läfst  man  einen  reinen  weifsen  Cartonbogen 
durchgehen.  Die  Bilder  legt  man  vollkommen  trocken  (sonst 
kleben  sie  fest)  auf  die  Walzplatte  — bei  kleineren  Formaten  mehrere 
auf  einmal  — und  walzt  sie  hindurch.  Etwaige  Retouchc  bringt  man 
am  besten  vor  dem  Walzen  an;  sie  ist  eingewalzt  weniger  auffallend. 

*)  Tn  der  Figur  ist  dieselbe,  um  die  Walzen-  und  Getrlebeconstruction  besser 
zu  zeigen,  weggelassen. 


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308 


Fertiginachen. 


Für  kleinere  Formate,  z.  B.  Visits  und  Cabinets,  hat  man  kleine 
Maschinen  mit  glatten  Walzen  ohne  Platte,  die  sehr  bequem  sind. 
Manche  legen  Prefscarton  über  die  zu  walzenden  Bilder.  Zn  beachten 

Kig.  91. 


ist,  dafs  Eindrücke  im  Prefscarton  von  früher  gewalzten  Bildern  sich 
bei  später  zu  walzenden  Bildern  leicht  markiren;  man  sorge  dafür, 
dafs  dieselben  nicht  in  die  Mitte  fallen. 

Wichtig  ist  bei  grofsen  Bildern,  dafs  man  dieselben  schon  vor 
dem  Walzen  möglichst  eben  halte;  man  erreicht  dies  durch  leises 
Anfeuchten  des  Cartons  an  der  Rückseite  vor  dem  Aufkleben,  durch 
Trocknenlassen  zwischen  Fliefspapier  unter  Pressung  (s.  o.)  und  durch 
Andrücken  eines  Lineals  beim  Eintritt  in  die  Walze.  Für  gröfsere 
Bilder  mufs  die  Walze  sehr  vollkommen  construirt  sein;  eine  geringe 
Ungleichmäfsigkeit  im  Druck  läfst  sich  oft  corrigiren,  wenn  man 
unter  die  Stahlplatte  ein  Stück  Carton  legt. 

Nach  vollendetem  Aufwalzen  sind  die  Bilder,  abgesehen  von 
etwaiger  Retouche,  fertig  zum  Abliefern.  Viele  Photographen  pflegen 
ihnen  vorher  durch  Wachsen  Glanz  zu  ertheilen.  Man  nimmt  dazu 
das  käufliche  Ce  rat,  vertheilt  eine  kleine  Quantität  desselben  auf 
dem  Bilde  und  reibt  dieses  möglichst  kräftig  und  gleichmäfsig  mit 
einem  Wollenlappen  ein.  Die  Tiefen  treten  in  Folge  dessen  mehr 
hervor,  das  ganze  Bild  erscheint  brillanter  und  die  Retouche  wird  völlig 
unsichtbar  und  für  Feuchtigkeit  unangreifbar.  Leider  schlägt  das  Cerat 
mit  der  Zeit  ein,  wie  man  zu  sagen  pflegt,  und  das  Bild  erscheint  dann 
so  matt,  wie  ohne  Cerat.  Das  Wachsen  kann  jedoch  wiederholt  werden. 


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Wartung  der  Utensilien  und  Chemiealien  im 
Positivprocefs. 

Wartung  der  Negative. 

Die  Negative  sind  die  photographischen  Druckplatten,  auf  deren 
gute  Erhaltung  der  Photograph  um  so  mehr  Gewicht  legen  mufs,  je 
mehr  Abzüge  davon  gemacht  werden  sollen,  und  diese  Aufgabe  wird 
um  so  schwieriger,  als  einerseits  leider  das  Material  der  Druckplatten 
zu  dem  gebrechlichsten  gehört,  was  existirt,  andererseits  aber  auch  die 
Druckscbicht,  d.  h.  die  lackirte  Col lod ionsch ich t,  verglichen  mit 
einem  lithographischen  Stein  oder  einer  geätzten  Kupferplatte,  eine 
äufserst  weiche,  leicht  verletzbare  Fläche  darstellt.  Rechnet  man  nun 
die  jetzt  fast  unentbehrliche  Negat i v retouche  hinzu,  die  als  lockere 
Tusche  oder  Oelfarbe  auf  der  Glas-  oder  Lackseite  liegt,  und  schon 
mit  dem  Finger  abgewischt  werden  kann,  und  bedenkt  man  ferner, 
dafs  zum  Druck  ein  mit  einem  der  ätzendsten  Chemiealien  — Höllen- 
stein — imprägnirtes  Papier  angewendet  wird,  das  natürlich  seine 
Wirkung  auf  den  Lack  äufsert,  so  mufs  man  sich  factisch  wundern, 
dafs  die  Negative  noch  so  viel  aushalten.  Man  berühre  ein  Negativ, 
von  dem  einige  Dutzend  Copieen  genommen  worden  sind,  einmal 
mit  der  Zungenspitze,  und  man  wird  staunen,  wie  stark  dasselbe  — 
nach  Silbersalz  schmeckt.  Schon  dieser  Umstand  weifst  auf  chemische 
Veränderungen  hin,  welche  mit  dem  Negative  im  Laufe  der  Arbeit 
Vorgehen.  Das  Silbersalz  wird  theilweise  vom  Lack  absorbirt,  kein 
Wunder,  dafs  dieser  alsdann  sich  im  Lichte  etwas  färbt  — gewöhnlich 
gelblich  — und  dafs  in  Folge  dessen  bei  einer  grofsen  Anflage  die 
letzten  Drucke  im  Allgemeinen  ein  wenig  härter  erscheinen.  Unter 
Umständen  kann  das  bei  flauen  Negativen  von  Vortheil  sein.  Eine 
andere  Veränderung,  welche  viel  gefährlicher  ist,  als  die  eben  be- 
sprochene, ist  aber  die  durch  Feuchtigkeit  bewirkte.  Herr  Stiehm 
theilte  in  den  „ Photographischen  Mittheilungen“  einen  Versuch  mit, 
der  in  charakteristischer  Weise  den  Eindruck  der  Feuchtigkeit  zeigt. 
Er  legte  feuchtes  Löschpapier  auf  ein  lackirtes  Negativ  und  dasselbe 
bekam  nach  zwölf  Stunden  Sprünge.  Diese  Sprünge  sind  es,  welche 
leider  nur  zu  häufig  freiwillig  eintreten,  und  manches  schöne  Negativ 
zu  Schanden  machen.  Am  häufigsten  zeigen  sich  selbe  bei  Spiegel- 
platten, und  wir  hörten  einmal  sogar  die  Behauptung,  sie  kämen  nur 
bei  solchen  vor.  Unsere  Erfahrungen  lehren  jedoch,  dafs  auch  rheinische 


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310 


Wartung  der  Negative. 


Platten  diese  Fatalität  zeigen,  wenn  auch  viel  seltener,  und  sind  wir 
der  Ueberzeugung,  dnfs  Feuchtigkeit  die  Hauptursaehe  ihrer  Entstehung 
ist.  Es  kam  uns  vor,  dafs  von  einer  Reihe  gleichzeitig  angefertigter 
Negative,  die  alle  mit  gleichen  Stoffen  unter  gleichen  Umständen  her- 
gestellt waren,  einige  rissig  wurden,  die  wir  in  Druck  gegeben  hatten, 
während  die  anderen  im  Schrank  aufbewahrten  unversehrt  blieben. 
Aber  hierbei  stellte  sich  heraus,  dafs  ein  Negativ,  welches  in  einem 
sehr  feuchten  Raume  copirt  worden  war,  zuerst  Sprünge  bekam,  und 
ferner  wurde  constatirt,  dafs  grobe  Nachlässigkeiten  des  Copirers  mit 
unterliefen,  indem  derselbe  unvollkommen  getrocknetes  Papier  aufgelegt 
hatte.  Man  läfst  den  Copirern  oft  zn  viel  freien  Willen.  Nirgends 
ist  mehr  wie  hier  strenge  Aufsicht  erforderlich;  sie  haben  das  Kost- 
barste in  der  Hand,  was  der  Photograph  besitzt,  die  Negative,  und 
wie  gehen  sie  oft  mit  diesen  uml  Wir  haben  beobachtet,  dafs  in 
Copirrahmen,  welche  erst  bei  einbrechendem  Regenwetter  vom  Dache 
hereingenommen  wurden,  ein  paar  Regentropfen  den  Weg  zum  Deck- 
bausch gefunden  und  natürlich  diesen  feucht  gemacht  hatten,  und 
dennoch  fiel  es  dem  Copirer  nicht  ein,  den  feuchten  Bausch  mit  einem 
trockenen  zu  vertauschen.  Man  kann  sich  die  Folgen  eines  solchen 
Verfahrens  denken.  Sie  äufsern  sich  vielleicht  nicht  sofort,  aber  nach 
dem  zwanzigsten  oder  vierzigsten  Drucke  bekommt  der  Lack  Sprünge! 
Wie  manches  Negativ  total  entzwei  geht  in  Folge  der  Wirkung  von 
Sandkörnchen,  die  durch  Nachlässigkeit  in  den  Copirrahmen  gelangen, 
wie  viele  Lackschichten  durch  rohe  Behandlung  zerkratzt  werden, 
ahnen  manche  Principale  gar  nicht.  — Diese  Umstände  erklären  nun 
auch  die  ungleiche  Haltbarkeit  der  Negative  in  unseren  Vorraths- 
schränken. Manche  Photographen  heben  ihre  Negative  in  Plattenkästen 
auf.  Das  Verfahren  ist  nur  empfehlenswert!),  wenn  dieselben  aus 
vollkommen  trockenem  und  gut  gefirnifstem  Holze  gemacht  sind. 
Besser  ist  die  Aufbewahrung  in  luftigen  Schränken  im  trockenen 
Zimmer,  und  halten  wir  es  für  gut,  wenn  die  Schränke  nicht  dicht 
an  die  Wand  gerückt,  sondern  durch  einen  Zwischenraum  davon  ge- 
trennt sind.  Wir  haben  es  erfahren,  dafs  Schäden  im  Dache  Einsickern 
von  Regenwasser  in  das  Negativzimmer  veranlagten ; es  bildete  sich  ein 
feuchter  Streifen  an  der  sonst  trockenen  Wand,  dieser  wurde,  weil 
durch  den  Schrank  verdeckt,  anfangs  gar  nicht  bemerkt,  bis  sich  die 
Feuchtigkeit  in  der  Rückwand  des  Schrankes  endlich  selbst  als  senk- 
rechter Streifen  markirte.  In  der  That  gingen  in  diesem  Behältnisse 
einige  Negative  durch  Eintreten  der  Sprünge  verloren.  Einen  Umstand 
erwähnen  wir  noch  als  charakteristisch.  Verfasser  dieses  beobachtete, 
dafs  die  in  dem  feuchten  Klima  von  Aden  hergestellten  Negative 
eine  aufserordentlich  leicht  verletzbare  Schicht  zeigen,  während  die 
in  der  trockenen  Wüste  gefertigten  sich  äufserst  dauerhaft  erweisen. 
So  spielt  also  die  Feuchtigkeit  schon  bei  Herstellung  dew  Negative 


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Wartung  des  Papiers.  — Ammoniakräucherung. 


311 


eine  Rolle  in  Bezug  auf  ihre  Haltbarkeit.  Nach  den  Erfahrungen  des 
Verfassers  sind  die  Schutzmittel,  welche  man  zur  Dauerhaftmachung 
der  Negative  empfohlen  hat,  namentlich  Ueberziehen  mit  Kautschuck- 
lösung  vor  dem  Lackiren  nicht  viel  werth,  im  Gegentheil,  sie  machen 
die  Schicht  noch  verletzbarer. 

Viele  Photographen  empfehlen  die  Negative  zur  Vermeidung  der 
Sprünge  vor  dem  Lackiren  mit  Gummilösung  1:30  zu  übergiefsen. 
Doch  sind  auch  solche  Platten  vor  dem  Rissigwerden  nicht  geschützt. 

Eben  so  schlimm  sieht  es  mit  dem  Restauriren  rissiger  Negative 
aus;  die  Methode,  dieselben  Aether-Alkoholdünsten  auszusetzen  (indem 
man  die  Negative  auf  eine  Schale  deckt,  die  diese  Fluida  enthält),  ist 
vielfach  empfohlen  worden,  sie  hilft  jedoch,  wie  wir  uns  überzeugt 
haben,  nicht  immer.  Die  Sprünge  sind  nämlich  verschiedener  Natur, 
manche  sind  maulwurfsgangähnlich  aufgeworfen.  Diese  ver- 
schwinden fast  völlig,  wenn  man  das  Negatij  auf  eine  Schale  deckt, 
auf  deren  Boden  etwas  Alkohol  gegossen  ist.  Der  Lack  weicht  dann 
innerhalb  24  Stunden  auf  und  die  Risse  gehen  zusammen.  Man  er- 
wärmt dann  das  Negativ,  um  den  Lack  wieder  zu  erhärten.  Dann 
giebt  es  noch  eine  zweite  Art  Risse;  sogenannte  Haarrisse.  Diese 
sind  nicht  erhaben,  sondern  vertieft,  sie  lassen  sich  durch  leises 
Ueberreiben  mit  grauem,  durch  Eisenvitriol  niedergeschlagenem  Silber- 
pulver resp.  Rufs  theilweise  ausfüllen.  Manche  gehen  zusammen  ' 
durch  Drücken  mit  dem  Fingernagel ; durch  Alkoholdämpfe  verschwin- 
den diese  Haarrisse  nicht.  Manche  verschwinden  beim  Erwärmen 
der  Platte  vollständig,  stellen  sich  jedoch  leider  mit  der  Zeit  wieder 
ein.  Unter  solchen  Umständen  ist  ein  Verfahren,  welches  uns  Ver- 
vielfältigung der  Negative  erlaubt,  für  den  Photographen  ge- 
radezu unschätzbar.  Wir  besprechen  ein  solches  weiter  unten. 

Wartung  des  Papieres.  — Ammoniakräucherung. 

Die  photographischen  Papiere  sind,  an  einem  trocknen  Orte 
aufbewahrt,  sehr  lange  haltbar  und  scheint  es  sogar,  als  wenn  lange 
gelagerte  Albuminpapiere  bessere  Resultate  geben  als  frische.  In  der 
Albuminschicht  selbst  gehen  zwar  mit  der  Zeit  Veränderungen  vor 
sich,  es  entwickeln  sich  Gase  und  unter  Umständen  können  diese 
Zersetzungsproducte  nachtheilig  auf  den  Procefs  wirken.  Es  ist  z.  B. 
constatirt,  dafs  in  Blechkästen  verlöthetes,  nach  Amerika  gesendetes 
anerkannt  gutes  Albuminpapier  bei  der  Ankunft  daselbst  sich  fast 
unbrauchbar  erwies,  nach  längerer  Auslüftung  jedoch  gute  Resultate 
ergab.  Dieser  Umstand  läfst  die  Aufbewahrung  an  einem  luftigen 
Orte  räthlicher  erscheinen.  Eine  andre  eigenthümliche  Erscheinung 
ist  das  Factum,  dafs  in  Amerika  oft  das  Papier  nach  dem  Silbern 
eine  Räucherung  mit  Ammoniak  erfordert,  wenn  es  gute  Resultate 
geben  soll. 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  21 


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312 


Wartung  des  Papiers.  — Ammoniakräucherung. 


Eine  solche  Räucherung  befördert  den  Copirprocefs  insofern,  als 
sie  das  Papier  lichtempfindlicher  macht,  wahrscheinlich  in  Folge 
der  Bildung  einer  Doppelverbindung  (salpetersauren  Silberoxydam- 
mons). Auch  hier  in  Europa  wird  diese  Räucherung  hier  und  da  an- 
gewendet. Man  nimmt  sie  in  der  einfachsten  Weise  dadurch  vor, 
dafs  man  gesilbertes  und  getrocknetes  Papier  in  einem  Schrank 
aufhängt,  auf  dessen  Boden  eine  Schale  mit  Ammoniak  steht.  Bei 
Räucherung  grofser  Quantitäten  empfiehlt  es  sieb,  mehrere  Schalen  in 
dem  Schranke  oben  und  unten  zu  placiren. 

Die  Dauer  des  Räucherns  ist  ungefähr  eine  halbe  Stunde. 

Ein  andrer  Umstand,  der  die  Brauchbarkeit  der  Papiere  sehr 
beeinflufst,  ist  die  gröfsere  oder  geringere  Trockenheit  derEiweifs- 
fläche. 

Ist  diese  sehr  trocken,  z.  B.  im  heifsen  Sommer,  so  beobachtet 
man  nicht  selten  ein  fetta#tiges  Abstofsen  des  Silberbades  und  Pocken- 
bildung. 

Letztere  besteht  in  pockenartigen  Blasen,  die  sich  einstellen, 
wenn  die  Bilder  aus  dem  Fixirbade  in  das  Waschwasser  gebracht 
werden.  Mitunter  verschwinden  die  Pocken  beim  Trocknen  wieder, 
mitunter  jedoch  platzen  sie  und  verderben  das  Bild. 

Man  vermeidet  diese  Erscheinung  dadurch,  dafs  man  das  Papier 
24  Stunden  vor  dem  Silbern  in  einzelnen  Bogen  in  einen  feuchten" 
kühlen  Raum,  z.  B.  einen  Keller,  legt. 

Sollten  sich  dennoch  einzelne  Pocken  einstellen,  so  tauche  man 
die  Bilder  nicht  sofort  aus  dem  Fixirbade  in  reines  Wasser,  son- 
dern zunächst  in  zur  Hälfte  verdünnte  Fixirlösuug,  dann  in 
vierfach  verdünnte  u.  s.  f.,  und  bringe  sie  so,  durch  drei  oder  vier 
immer  schwächere  Lösungen  gehend,  schliefslicb  in  reines  Wasser. 

Es  geht  aus  den  erwähnten  Thatsachen  hervor,  dafs  das  Papier, 
um  gute  Resultate  zu  geben,  einen  gewissen  Feuchtigkeitsgrad  ha- 
ben mufs. 

Dieses  gilt  auch  von  dem  gesilberten  Papier.  Schliefst  man  die- 
ses in  einer  Büchse  mit  Chlorcalcium  ein,  so  entzieht  ihm  letzteres 
alles  Wasser.  Das  Papier  hält  sich  zwar  in  Folge  dessen  lange  weifs, 
aber  es  giebt  auch  durchaus  unbefriedigende  Resultate. 

Das  Gelbwerden  gesilberter  Papiere  ist  ein  Fehler,  der  dem 
Photographen  im  heifsen  Sommer  viel  zu  schaffen  macht.  Es  tritt 
namentlich  bei  Papieren  ein,  die  mit  altem  vergohrenen  Eiweifs  dar- 
gestellt sind.  Die  Gelbfärbung  verschwindet  im  Goldbade  und  Fixir- 
bade theil weise,  namentlich  wenn  man  dem  letzteren  ein  Tausend- 
theil  Cyankalium  zusetzt.  Dennoch  zeigen  die  mit  solchem  Papiere 
erzeugten  Bilder  keine  sonderliche  Brillanz  (s.  u.  S.  318). 


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Wartung  des  Positivsilberbades.  313 

Wartung  des  Positivsilberbades. 

Das  Positivsilberbad  ist  bei  Weitem  nicht  solchen  vielfältigen  Zufäl- 
len unterworfen  als  dasNegativbad.  Letzteres  wird  durch  mikroskopische 
Mengen  organischer  Substanzen,  Säuren  etc.  schon  erheblich  afficirt, 
ja  unter  Umständen  unbrauchbar  gemacht.  Das  Positivsilberbad  ver- 
trägt solche  mikroskopische  Verunreinigungen  oft  ohne  sonderlichen 
Schaden.  Es  ist  offenbar,  dafs  dasselbe  gerade  so,  wie  das  Negativ- 
bad, mit  jedem  Bogen  salzreicher  wird,  indem  die  durch  Wechselzer- 
setzung entstandenen  salpetersauren  Salze  in  dasselbe  übergehen  (s.  o. 
S.  287 ).  Diese  scheinen  aber  keineswegs  zu  schaden , sondern  sie 
üben  im  Gegentheil  eine  nützliche  Wirkung,  denn  auffälliger  Weise 
ist  der  Silberverbraucb  auf  einem  alten  salzreichen  Positivbade  gerin- 
ger (s.  oben  S.  293). 

Aufserdem  aber  gehen  organische  Verunreinigungen  aus  dem  Pa- 
pier in  das  Silberbad  über.  Das  Eiweifs  unserer  Papierbogen  befin- 
det sich  in  einem  sehr  verschiedenen  Zustande.  Manches  ist  nach 
einer  Abgährung,  andres  wieder  frisch  aufgetragen.  Seine  chemischen 
Eigenschaften  sind  deshalb  nicht  dieselben  und  daher  kommt  es,  dafs 
manche  Papiere  in  solchem  Mafse  organische  Materie  an  das  Silber- 
bad abgeben,  dafs  es  schon  nach  wenigen  Bogen  braun  wird.  In 
diesem  Zustande  ist  das  Bad  zum  gleichmäfsigen  Silbern  nicht  mehr 
brauchbar. 

Glücklicher  Weise  besitzen  wir  in  dem  übermangansauren 
Kali  ein  Mittel,  solches  braun  gewordene  Bad  sofort  wieder  zu  re- 
gtauriren.  Die  Methode  ist  dieselbe  wie  die  oben  beim  Negativsilber- 
bade angegebene  (s.  S.  286). 

Früher  pflegte  man  das  braun  gewordene  Bad  zu  sonnen;  diese 
Methode  führt  ebenfalls  zum  Ziel,  aber  langsam. 

Neben  der  Stärke  des  Bados  ist  die  Reaction  desselben  zu 
beachten.  Die  günstigsten  Resultate  liefert  ein  neutrales  Bad. 

Nicht  selten  wird  aber  ein  anfangs  neutrales  Bad  sauer,  wenn 
die  Reaction  des  Eiweifspapiers  sauer  ist;  in  diesem  Fall  tritt  leicht 
Bräunung  ein  und  werden  die  Bilder  grau  und  flau.  Prüfung  mit 
Lackmuspapier  und  Zusatz  von  wenig  Sodalösung  hilft  dem  Fehler 
leicht  ab.  Sehr  gut  ist  für  die  Neutralhaltung  des  Bades  ein  Zusatz 
von  kohlensaurem  Silberoxyd,  welches  man  in  die  Vorrathsflasche 
thut;  man  kann  dieses  leicht  durch  Zumischen  von  etwas  kohlensan- 
rem  Natron  zum  Silberbade  hersteilen.  Manche  Papiere  vertragen 
ein  alkalisches  Silberbad  ohne  Nachtheil,  gewöhnlich  enthalten  solche 
eine  gewisse  Quantität  freier  Säure.  Manche  Fabrikanten  pflegen 
dem  Eiweifs  absichtlich  organische  Säuren  zuzusetzen,  z.  B.  Citron- 
säure,  diese  bewirken  einen  mehr  röthlichen  Ton  und  halten  die  ge- 
silberte  Fläche  länger  weifs. 

Wir  halten  solche  Zusätze  für  nicht  räthlich.  Ein  Theil  der  Säure 

21* 


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314 


Silbermesser. 


geht  in  das  Silberbad  und  scheint  unter  Umständen  ebenfalls  ein  Roth- 
werden  desselben  zu  veranlassen. 

Ein  alkalisch  reagirendes  Bad  greift  zuweilen  leicht  lösliche 
Ei  weifsschichten  ein.  Man  neutralisirt  dann  am  besten  mit  einer 
schwachen  Säure,  z.  B.  Essigsäure.  *) 

Eine  andere  Veränderung,  die  das  Bad  erleidet,  besteht  in  der 
Entziehung  von  Silbersalz. 

Dieser  Umstand  ist  bei  sehr  starken  Bädern  (12^pCt.  und  darüber) 
nicht  von  grofsem  Belang;  selbst  wenn  der  Gehalt  an  Silber  auf  5 pCt. 
gesunken  ist,  arbeitet  dennoch  das  Bad  ohne  Nachtheil,  falls  man 
Papiere  von  guter  Qualität  silbert. 

Andernfalls  aber  offenbart  sich  die  Silberarmuth  des  Bades  als- 
bald durch  Flauheit  der  erzielten  Drucke.  Die  Schwärzen  er- 
scheinen nicht  kräftig,  die  Lichter  grau,  das  Bild  monoton,  oder  aber 
durch  Ablösung  der  Ei w eifsschicht.  Insofern  ist  eine  zeitweise 
Controlle  des  Silbergehalts  des  Bades  während  des  Arbeitens 
und  ein  Zusatz  von  frischem  Silbersalz  nach  Mafsgabe  der  Stärke 
eine  unerläfsliche  Nothwendigkeit. 

Man  hat  zu  dem  Zweck  Senkspindeln,  sogenannte  Silber- 
messer, d.  h.  Araeometer,  die  um  so  tiefer  einsinken,  je  schwächer 
die  Lösung  ist  und  an  einer  Skala  den  Silbergehalt  einfach  ablesen 
lassen.  Wenn  die  Angaben  dieser  Instrumente  zuverlässig  wären,  so 
wäre  gegen  den  Gebrauch  derselben  wenig  einzuwenden.  Nun  ist  es 
aber  bekannt,  dafs  die  Angaben  dieser  Instrumente  durch  Gehalt  der 
Flüssigkeit  an  Alkohol,  Aether,  Essigsäure,  verschiedenen  Salzen  im 
höchsten  Grade  modificirt  werden,  so  dafs  dieselben  in  solchem  Falle 
nicht  nur  total  unbrauchbar,  sondern  sogar  schädlich  sind,  weil  sie 
durch  ihre  falschen  Angaben  Täuschungen  und  Irrthümer  höchst 
fataler  Art  hervorrufen.  Solche  Erfahrungen  machen  die  Einführung 
einer  zuverlässigen  Methode  zur  Prüfung  des  Silbergehalts  zu  einer 
unbedingten  Nothwendigkeit. 

Gay  Lussac  gab  uns  eine  solche  Methode  in  dem  sogenanntem 
Titrirverfahren  mit  Kochsalz.  Eine  Kochsalzlösung  von  ganz  bestimm- 
ter Stärke  wird  zu  einer  Silberlösung  getröpfelt  so  lange,  bis  kein 
Niederschlag  von  Chlorsilber  mehr  entsteht.  Aus  der  Quantität  der 
verbrauchten  Kochsalzlösung  macht  man  dann  einen  Schlufs  auf  die 
Stärke  der  Silberlösung.  Leider  hat  diese  Methode  den  Fehler,  dafs 
man  den  Endpunkt  der  Fällung  in  der  trüben  Flüssigkeit  sehr  schwer 
erkennen  kann.  Von  diesem  Fehler  ist  die  folgende  Methode  des 
Verfassers  frei. 

S 

*)  Nach  Mr.  England  soll  sich  ein  braungewordenes  Bad  durch  10  bis 
15  Minuten  langes  Sieden  entfärben  lassen.  Es  scheidet  sich  dann  die  organische 
Materie  mit  einem  Theil  des  Silbers  aus. 


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Dr.  Vogel  s Silberprober. 


315 


Diese  Methode  gründet  sich  auf  die  eigentümliche  Wirkung  des 
Jodkaliums  auf  Silberlösungen  einerseits  und  auf  Salpetersäure  anderer- 
seits. Setzt  man  Jodkalium  zu  Silberlösungen,  so  wird  gelbes  Jod- 
silber  niedergeschlagen;  setzt  man  Jodkalium  zu  einer  Mischung  von 
verdünntem  Stärkekleister  und  Salpetersäure,  die  etwas  salpetrige 
Säure  enthält,  so  scheidet  sich  augenblicklich  Jod  aus,  das  die  ganze 
Flüssigkeit  tief  blau  färbt. 

Setzt  man  nun  Jodkaliumlösung  zu  einer  Mischung  von  Silber- 
lösung mit  Salpetersäure  und  Stärke,  so  gehen  beide  Processe  gleich- 
zeitig vor  sich,  es  bildet  sich  Jodsilber,  welches  sich  niederschlägt 
und  freies  Jod,  welches  die  Flüssigkeit  bei  Gegenwart  von  Stärke- 
lösung blau  färbt.  So  lange  aber  noch  freies  Silbersalz  in  Lösung 
ist,  verschwindet  diese  blaue  Farbe  beim  Umschütteln  sogleich,  und 
die  Flüssigkeit  erscheint  dann  rein  gelb.  Fährt  man  nun  mit  dem 
tropfenweisen  Zusatz  von  Jodkaliumlösung  fort,  so  kommt  man  bald 
an  einen  Punkt,  wo  die  anfangs  sichtbare  blaue  Färbung  beim  Um- 
schütteln nicht  mehr  verschwindet,  sondern  stehen  bleibt;  dann  ist 
alles  freie  Silbersalz  ausgefällt  und  aus  der  Menge  der  ver- 
brauchten Jodkaliumlösung  kann  man  dann  leicht  die  Menge  des  ge- 
fällten Silbers  bestimmen.  Der  Punkt,  wo  alles  Silbersalz  ausgefallt 
ist,  läfst  sich  so  durch  die  blaue  Färbung  mit  übe r raschen d er  Ge- 
nauigkeit erkennen,  ein  einziger  Tropfen  Jodkalium  im  Ueber- 
schufs  genügt,  die  ganze  Flüssigkeit  intensiv  und  dauernd  blau  zu 
färben.  (Ist  Jodsilber  in  gröfserer  Menge  vorhanden,  so  ist  die  Fär- 
bung mehr  grün  als  blau.) 

Um  nun  diese  Bestimmung  praktisch  auszuführen,  stellt  man  sich 
eine  Jodkaliumlösung  dar,  die  in  1023,4  Cubikcentimetern  genau  lOGrm. 
chemisch  reines  getrocknetes  Jodkalium  enthält.  100  Cubikcentimeter 
dieser  Lösung  fällen  genau  1 Gramm  Silbersalpeter,  so  dafs,  wenn 
man  einen  Cubikcentimeter  Silberlösung  zur  Probe  abmifst, 
jeder  Cubikcentimeter  Jo d kaliutnlös u n g 1 pCt.  Silbersalz 
angiebt. 

Diese  Lösung  füllt  man  vorsichtig  unter  Vermeidung  von  Blasen 
in  die  schief  gehaltene  Mohr’sche  Quetsch!) ahnbüre tte  a (dieselbe 
ist  in  | Cubikcentimeter  getheilt),  spannt  diese  dann  in  den  Halter  S, 
öffnet  den  unten  angebrachten  Quetschhahn  h*)  durch  Drücken 
auf  die  Knöpfe  kk  weit  und  läfst  ablaufen,  bis  die  untere  Krüm- 
mung der  Flüssigkeitsoberfläche  den  Nullpunkt  berührt.  Das  anfangs 
weite  Oeffnen  des  Hahns  ist  nöthig,  um  die  Luft  oder  alte  Lösung, 
welche  sich  in  dem  Röhrchen  unter  dem  Quetschhahn  befindet,  aus- 
zutreiben. Man  achte  darauf! 

*)  Diese  Quetschhähne  sind  äufserst  bequem ; man  hat  es  mit  Hülfe  derselben 
ganz  in  seiner  Gewalt,  durch  stärkeres  oder  leiseres  Drücken  einen  ganzen  Strahl 
oder  einen  einzigen  Tropfen  ausfliefsen  zu  lassen. 


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316 


Dr.  Vogel’s  Silberprober. 


Ist  das  geschehen,  so  taucht  man  die  gereinigte  und  getrocknete 
Pipette  p in  die  zu  prüfende  Silberlösung*),  saugt  am  oberen  Ende, 
bis  sie  nahezu  gefüllt  ist  und  verschliefst  dasselbe  dann  rasch  mit  dem 

trocknen  Zeigefinger, 
Fig-  hebt  die  Pipette  heraus 

und  läfst  nun  durch  leises 
Oeffnen  des  Fingers  die 
Flüssigkeit  bis  zur  Marke  i 
ablaufen.  Dann  hält  man 
das  untere  Ende  der  so 
genau  ein  Cubikcent.  hal- 
tenden Pipette  an  die 
Wand  des  gereinigten  Gläs- 
chens O , läfst  auslaufen, 
indem  man  oben  bläst  **). 
(Ein  kleiner  Rest  Flüssig- 
keit, der  hierbei  in  der 
Spitze  der  Pipette  hängen 
bleibt,  wird  unberücksich- 
tigt gelassen.) 

Dann  nimmt  man  mit 
einer  zweiten  ähnlichen 
Pipette  ungefähr  1 — 2 
Cubikcentim.  Salpeter- 
säure aus  dem  Fläschchen 
Fj  für  starke  Silberlösungen  etwas  mehr,  für  schwache  weniger.  Diese 
Pipette  entleert  man  ebenfalls  in  das  Gläschen  O,  indem  man  an  dem 
oberen  Ende  bläst,  und  setzt  schliefslich  noch  zu  der  Flüssigkeit  10 
bis  14  Tropfen  Stärkelösung.  Jetzt  kann  die  Bestimmung  begin- 
nen. Man  überzeugt  sich  nochmals  von  dem  richtigen  Stand  der 
Flüssigkeit  in  der  Bürette,  hält  das  Gläschen  mit  der  linken  Hand 
hoch,  öffnet  den  Quetschhahu  vorsichtig  und  läfst  einige  Tropfen  ein- 
fliefsen;  ist  die  Silberlösung  stark,  so  entsteht  anfangs  nur  ein  gel- 
ber Niederschlag,  erst  später  tritt  die  blaue  Färbung  ein;  ist  sie 
schwach,  so  erscheint  die  blaue  Farbe  sogleich,  verschwindet  aber 
beim  Schwenken  des  Gläschens.  Man  läfst  nun  (im  ersteren  Fall 
anfangs  dreister,  im  letzteren  vorsichtiger)  Jodkaliumlösung  hin- 
zutröpfeln unter  fortwährender  Schwenkung  des  Gläschens  a.  Die 

*)  Selbstverständlich  darf  die  Pipette  keine  anhängende  alte  LSeung  mehr 
enthalten , sonst  würde  sich  die  neu  aufgesaugte  mit  derselben  mischen  und  ihren 
Gehalt  ändern.  Man  kann  sich  in  der  Praxis  hier  auch  so  helfen,  dafs  man  die 
Pipette  mit  der  zu  prüfenden  Silherlösung  vollsaugt,  wieder  ausbläst,  und  dieses 
noch  zweimal  wiederholt,  ehe  man  abmifst. 

**)  Man  kann  statt  des  Gläschens  auch  einen  Stehkolben  nehmen.  Derselbe 
ist  znm  Schütteln  bequemer. 


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l)r.  Vogel  s Silberprober. 


317 


anfangs  eintretende  Blaufärbung  verschwindet  zum  Schlufs  beim  Schwen- 
ken langsamer  — das  ist  ein  Merkzeichen.  — Schlielsiich  kommt  man 
an  einen  Punkt,  wo  ein  einziger  Tropfen  hinreicht,  eine 
dauernde  (beim  Umschütteln  nicht  mehr  verschwindende)  Blau-  oder 
Grünfarbung  hervorzubringen,  dann  läfst  man  den  Quetschhahn  los 
und  liest  den  Stand  der  Flüssigkeit  in  der  Bürette  an  der  Skala  ab; 
steht  dieselbe  z.  B.  = 7j,  so  enthält  die  angewendete  Silberlösung 
7f  pCt.,  d.  h.  in  100  Cubikcent.  7?  Gramm  Silbersalz.  Man 
kann  übrigens  noch  mit  Leichtigkeit  Zebntelprocente  ablesen.  — Wer 
nicht  mit  Büretten  und  Pipetten  zu  arbeiten  gewöhnt  ist,  der  wird 
sich  anfangs  bei  dieser  Probe  etwas  ungeschickt  anstellen,  einige  Ver- 
suche schaffen  aber  leicht  die  nöthige  Sicherheit. 

Bei  starken  Silberlösungen  ist  es  rathsam,  während  der  Fäl- 
lung durch  Jodkalium  nahe  am  Schlufs  noch  einige  Tropfen  Stärke- 
lösung zuzugeben,  namentlich  wenn  die  anfangs  eintretende,  dann  wie- 
der verschwindende  Färbung  etwas  mifsfarbig  erscheint;  bei  brau- 
nen Positivbädern  ist  die  Färbung  natürlich  immer  unrein,  dennoch 
läfst  sich  auch  hier  die  Bestimmung  mit  einiger  Vorsicht  leicht  aus- 
führen *). 

Erscheint  die  blaue  Färbung  bei  reinen  Silberlösungen  gleich 
anfangs  unrein  oder  überhaupt  nicht,  so  ist  die  Stärke  verdorben  oder 
die  Salpetersäure  ist  wirkungslos.  Erstere  läfst  sich  leicht  frisch  an- 
fertigeu,  letztere  leicht  und  schnell  durch  ein  paar  Brocken  Eisenvi- 
triol wirksam  machen  (s.  u.),  und  ebenso  leicht  läfst  sich  der  Versuch, 
wenn  er  aus  diesen  Gründen  oder  vielleicht  wegen  der  Ungeübtheit 
des  Operateurs  einmal  mifsglückt  sein  sollte,  wiederholen. 

Bürette  und  Jodkaliuml ösung  sind  im  Fall  des  Nichtge- 
braucbs  mit  gutschliefsenden  Korken  sorgfältig  zu  verstopfen.  Ein 
Pfund  Jodkaliumlösung  reicht  — je  nach  der  Stärke  der  zu  messen- 
den Lösungen  — hin  für  30  bis  50  Proben. 

Stärkelösung  fertigt  man  am  besten,  indem  man  circa  25  Cu- 
bikcentimeter  destillirtes  Wasser  zum  Sieden  erhitzt  und  dazu  circa 
li  Gramm  Arrowrootmebl  setzt.  Die  Flüssigkeit  mufs  jedoch 
vor  dem  Gebrauch  mit  kaltem  Wasser  abgekühlt  werden. 

Die  präparirte  Salpetersäure  kann  man  sich  ebenfalls  leicht 
herstellen,  indem  man  2 Unzen  chemisch  reine  Salpetersäure  mit 
1 Gran  Eisenvitriol  versetzt.  Bei  Gegenwart  von  Kupfersalzen, 
Quecksilbersalzen  und  Fixirnatron,  Fälle,  die  sich  in  der  pho- 
tographischen Praxis  (den  letzten  ausgenommen)  selten  ereignen,  ist 
diese  Probe  nicht  anwendbar. 

Gedachter  Apparat  ist  unter  dem  Namen  Vogel’scher  Silberpro- 
ber in  Handlungen  photographischer  Utensilien  zu  haben. 

*)  Für  starke  Lösungen  (Positivbüder)  genügt  4 Cnbikeent.  zur  Probe.  Man 
bat  aber  dann  die  erhaltenen  Hürettengrade  mit  2 zu  multipliuiren. 


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318 


Wartung  des  sensibilisirten  Papiers. 


Wartung  des  sensibilisirten  Papieres. 

Eine  allgemeine  Klage  der  Photographen  ist,  dafs  manche  Papier- 
sorten sensibilisirt  sehr  rasch  gelb  werden.  Eine  Abhülfe  dieses  Uebel- 
standes  ist  bis  jetzt  noch  nicht  positiv  gefunden,  doch  ist  sicher,  dafs 
man  demselben  wenigstens  theilweise  begegnen  kann 

1)  dadurch,  dafs  man  das  Papier  an  einem  sehr  trocknen  Orte 
aufbewahrt.  Man  hat  sogar  dazu  Trockenkästen  oder  Büchsen  mit 
Chlorcalcium  empfohlen.  Wir  müssen  jedoch  vor  diesen  ernstlich  war- 
nen. Sie  conserviren  allerdings,  aber  das  darin  aufbewahrte  Papier 
copirt  schlecht,  weil  der  Copirprocefs  — als  eine  chemische  Zer- 
setzung — nur  bei  Gegenwart  einer  gewissen  Quantität  Feuchtigkeit 
normal  vor  sich  geht; 

2)  dafs  man  hinter  das  im  Copirrahmen  liegende  Silberpapier 
ein  Stück  Wachspapier  legt.  Beim  Copiren  entwickeln  sich  reduci- 
rend  wirkende  Gase,  welche  von  dem  Prefsbausch  (Fliefspapier, 
Filz)  absorbirt  werden  und  bei  sehr  grofser  Anhäufung  nach  langem 
Gebrauch  ein  rasches  Gilben  des  Papiers  veranlassen.  Ein  Stück  ein- 
gelegtes Wachspapier  wirkt  demnach  als  Schutz. 

3)  Wird  zum  Haltbarmachen  des  gesilberten  Albuminpapieres  auch 
empfohlen,  dasselbe  auf  einem  zuckerhaltigen  Bade  zu  sensibili- 
siren.  Simpson  empfiehlt  auf  200  Gramm  Bad  1:12, 

1 bis  3 Gramm  Zucker. 

Das  Papier  soll  sich  Monate  lang  weifs  halten. 

Ost  empfiehlt  zu  gleichem  Zweck  einen  Zusatz  von  Citronsäure. 
Er  giebt  folgendes  Bad  an: 

Höllenstein  1 Gramm, 

Wasser  12 

Citronsäure  1 
Alkohol  1 

4)  Hr.  Baden  schreibt,  dafs  gewöhnliche  Eiweifspapiere,  nach 
dem  Silbern  gewaschen,  um  alles  freie  Silbersalz  zu  entfernen,  sich 
lange  weifs  erhalten  und  durch  Räuchern  in  Ammoniak  ebenso 
lichtempfindlich  werden,  wie  kohlensaures  Silberpapier  (siehe  Juniheft 
der  Photographischen  Mittheilungen  S.  63,  ferner  unten  S.  342). 

Verfasser  hat  dieses  Verfahren  versucht  und  vortrefflich  befunden. 

Wartung  der  Goldbäder. 

Goldbäder  sind  wegen  der  leichten  Veränderlichkeit  und  Reducir- 
barkeit  des  Goldsalzes  nicht  sehr  lange  haltbar.  Alkalische  Goldbäder 
müssen  kurz  vor  dem  Gebrauche  jedesmal  frisch  bereitet  werden. 
Saure  Goldbäder  und  Rhodangoldbäder  halten  sich  bei  zeitweiliger  Ver- 
stärkung länger.  Doch  auch  hier  ziehen  wir  eine  öftere  Frischberei- 
tung einer  langem  Aufbewahrung  vor. 

Die  Goldbadrückstände  füllt  man  auf  grofse  Flaschen  oder  Krüge 


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Wartung  des  Fixirbades. 


319 


und  set2t  zeitweise  etwas  Eisen vitriolauflösung  und  Salzsäure  zu;  das 
Gold  schlägt  sich  dadurch  als  braunes  Pulver  nieder  und  kann  ge- 
sammelt und  auf  Goldsalz  verarbeitet  werden. 

Zur  Verarbeitung  von  Rhodangold-  und  unterschwefligsauren  Na- 
trongoldbädern ist  dieses  Verfahren  nicht  geeignet. 

Wartung  des  Fixirbades. 

Auch  für  Fixirbäder  ist  eine  öftere  Frischherstellung  sehr  em- 
pfehlenswerth , da  bei  längerem  Gebrauche  unvermeidlich  eine  Zer- 
setzung und  Bildung  von  Schwefelsilber  eintritt,  die  das  Gelb  werden 
der  Copieen  veranlafst. 


B.  Der  Pigmentdruckprocefs. 

Wir  schliefsen  an  die  Besprechung  des  allgemein  üblichen  Silber- 
druckprocesses  die  Beschreibung  der  Herstellung  der  Kohlebilder  oder 
besser  gesagt  Pigmentbilder.  Dieselben  werden  erst  neuerdings  in 
der  Praxis  im  Grofsen  gefertigt  und  mit  Rücksicht  auf  ihre  Wider- 
standsfähigkeit gegen  chemische  Einflüsse  und  mit  Rücksicht  ferner 
auf  die  Freiheit  in  der  Wahl  des  Farbentones  (denn  es  ist  dem 
Belieben  des  Verfertigers  überlassen,  der  Gelatineschicht,  welche  als 
Bildunterlage  dient,  jedes  Pigment  beizumischen)  haben  sie  Silber- 
bildern gegenüber  entschiedene  Vortheile  und  dürften  diese  noch  mehr 
zur  Geltung  kommen,  wenn  das  Verfahren  einfacher  geworden  ist. 

Wir  setzen  das  Princip  desselben  als  bekannt  voraus  (s.  S.  31) 
und  beginnen  sofort  mit  der  Beschreibung  der  Druckoperationen,  wie 
sie  von  Swan  in  Newcastle  zuerst  praktisch  eingeführt  und  vom  Ver- 
fasser dieses  Buches  vereinfacht  worden  sind.  Die  Eigenthümlichkeit 
derselben  beruht  darin,  dafs  einerseits  zur  Herstellung  eine  schwarze 
Gelatinepigmentschicht,  auf  welcher  böi  der  Belichtung  ein  unsicht- 
bares, in  heifsem  Wasser  unlösliches  Bild  erzeugt  wird  und  dafs 
dieses  unsichtbare  Bild  dadurch  sichtbar  gemacht  wird,  dafs  man  die 
nicht  vom  Licht  getroffene,  löslich  gebliebene  Gelatine  durch  heifses 
Wasser  wegwäscht.  Da  aber  bei  solcher  Waschung  auch  leicht  die  auf 
der  Oberfläche  liegenden  zarten  Bildtheile  mit  fortgerissen  werden 
könnten,  mufs  man  die  Gelatineschicht  vor  dem  „Entwickeln“  auf  eine 
andre  Fläche  übertragen,  und  da  hierbei  ein  verkehrtes  Bild  resul- 
tirt,  ist  zum  Umwenden  desselben  noch  ein  zweiter  Uebertrags- 
procefs  erforderlich. 

Pigmentpapier  ist  das  Material,  auf  welchem  man  die  Drucke 
macht.  Es  ist  ein  mit  gefärbter  Gelatine  überzogenes  Papier.  Dieses 
findet  sich  bereits  im  Handel,  meist  in  zwei  Sorten,  sogenannt  pur- 


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320 


Der  l’igmeiitdruckprocefs. 


purschwarz  und  purpurbraun.  Zur  Aufbewahrung  legt  man 
es  glatt  unter  einigem  Druck  an  einen  Ort,  der  weder  feucht,  noch 
zu  trocken  ist.  Bei  starker  Trockenheit  bricht  die  Gelatineschicbt 

Sensibilisiren  des  Papiers.  — Man  legt  das  empfindlich  zu 
machende  Blatt  auf  eine  Glasplatte,  und  reibt  oder  wischt  die  Druck- 
fläche sanft  mit  einem  weichen,  sauberen  Leinentucb.  Hierbei  ver- 
meide man  aber  möglichst,  das  Papier  mit  der  Hand  oder  den  Fin- 
gern zu  berühren  *).  Nach  dem  Reiben  fafst  man  es  an  zwei  Ecken, 
taucht  es  in  die  empfindlich  machende  Lösung,  und  indem  man  es 
durch  dieselbe  zieht,  wendet  man  es  geschickt  um  und  läfst  es,  mit 
der  Druckfläche  nach  unten,  drei  oder  vier  Minuten  darin.  Dies 
geschieht  nur  bei  Lampenlicht.  Die  empfindlich  machende  Lösung 
besteht  aus: 

30  Gramm  doppeltchromsaurem  Kali, 

900  - kaltem  Wasser. 

Die  Lösung  hält  sich  beliebig  lange  vorräthig,  und  es  ist  ange- 
messen, jedesmal  nicht  mehr  davon  zu  nehmen,  als  man  gerade  braucht. 
Für  einen  Bogen  Pigmentpapier  braucht  man  circa  250  Cubikcent. 
Die  Lösung  wird  nach  Gebrauch  weggegossen.  Die  erforder- 
liche Temperatur  beträgt  etwa  15  Grad  R.  Man  kann  zwei 
Stücke  auf  einmal  in  die  Lösung  bringen,  doch  mufs  man  sie 
von  einander  entfernt  halten.  Hat  man  tiefe  Kästen,  so  kann 
man  die  Papiere  senkrecht  eintauchcn  und  beliebig  viel  auf  einmal 
sensibilisiren,  doch  halte  man  sie  in  Entfernung  von  ± Zoll.  Nach- 
dem das  Papier  aus  der  Flüssigkeit  herausgenommen  ist,  bängt  man 
es  an  zwei  Ecken  zum  Trocknen  auf.  Am  besten  hängt  man  es  mit 
Klammern  auf,  die  auf  Schnüre  gezogen  und  reihenweise  im  Dunkel- 
zimmer befestigt  werden.  Die  Temperatur  zum  Trocknen  darf  nicht 
höher  sein,  als  20*  R.,  bei  höherer  Temperatur  läuft  die  Gelatine 
leicht  herunter.  In  solchem  Falle  ist  es  besser,  die  Bogen  auf  nahezu 
horizontal  liegende  Bretter  zu  legen  und  so  trocknen  zu  lassen.  Das 
Trocknen  dauert  sechs  bis  zwölf  Stunden.  Sensibilisirt  man  Abends, 
so  ist  das  Papier  am  nächsten  Morgen  druckfertig.  Bei  trocknem 
Wetter  hält  sich  das  Papier  mehrere  Tage,  bei  feuchtem  jedoch  nur 
24  Stunden.  Am  besten  thut  man,  das  fertige  Papier  in  einem  Buch 
unter  Druck  und  natürlich  im  Dunkeln  aufzubewahren. 

Belichtung  des  Papiers.  — Will  man  drucken,  so  legt  man 
das  völlig  trockne  Papier  mit  dem  Negativ  in  den  Copirrahmen. 
Alles  bei  Lampenlicht 

Das  Belichten  war  früher  der  schwierigste  Theil  des  Verfahrens. 
Seit  Einführung  des  Photometers  ist  diese  Schwierigkeit  über- 
wunden und  der  Belichtungsprocefs  sogar  einfacher,  als  beim 


•)  Bei  frischen,  noch  sauberen  Bogen  ist  das  Abreiben  überflüssig. 


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Der  Pigmentdruckprocefs. 


321 


Silberdruck,  da  man  nicht  jeden  einzelnen  Rahmen,  sondern  nur 
das  Photometer  nachzugehen  braucht.  Wer  im  Gebrauch  des  Photo- 
meters  noch  nicht  geübt  ist,  thut  gut,  einige  Probeversuche  damit  zu 
machen,  ehe  er  Bilder  druckt  (s.  u.  S.  326). 

Gummiren.  — Das  belichtete  Papier  zeigt  keine  Spur  eines 
Bildes.  Es  sieht  schwarz  aus  wie  vorher.  Das  Bild  erscheint  erst 
durch  Eintauchen  in  heifses  Wasser.  Wollte  man  dieses  sofort  vor- 
nehmen, so  würde  man  ein  Bild  ohne  Halbtöne  erhalten  (s.  o.).  Um 
dies  zu  vermeiden,  überträgt  man  die  Gelatineschicht  auf  ein  anderes 
Papier,  wie  folgt:  Nach  dem  Belichten  befestigt  man  bei  Lampen- 
licht das  Papier  mittelst  Klammern  mit  den  Ecken  auf  einer  Glas- 
platte, so  dafs  die  Druckfläche  nach  oben  gekehrt  ist.  Hierauf  über- 
zieht man  mit  einem  weichen  Kameelhaarpinsel  die  Bildfläche  mit 
einer  gleichmäfsigen  Lage  von  „ Kau  tsch  u ck-Lösung“  und  hängt 
das  Bild  zum  Trocknen  auf.  Man  mufs  beim  Streichen  darauf  achten, 
dafs  nichts  von  der  Lösung  zwischen  Glas  und  Papier  oder  auf  die 
untere  Seite  des  Papiers  kommt,  weil  dadurch  das  Bild  zuweilen  ver- 
dorben wird.  Nach  circa  einer  Viertelstunde  sind  die  gummirten 
Bilder  trocken  und  dann  zum  Aufkleben  auf  den  Kautschuckbogen 
bereit. 

Aufkleben.  — Man  legt  den  gummirten  Pigmentbogen  mit 
möglichster  Berücksichtigung  der  Bogengröfse  und  Raumersparnifs  mit 
der  gummirten  Seite  auf  einen  Kautschuckbogen , der  auf  einem 
glatten  Tische  liegt.  Man  drückt  ihn  von  der  Mitte  nach 
dem  Rande  zu  auf,  um  Luftblasen  zu  vermeiden.  Diese  Operation 
mufs  sehr  genau  ausgeführt  werden.  Man  thut  am  besten,  zunächst 
einen  Rand  des  gummirten  Pigmentbogens  mit  einem  Rand  des  Kaut- 
schuckbogens  in  Berührung  zu  bringen.  Sind  dann  beide  Ränder  durch 
Drücken  mit  dem  Fingernagel  glatt  vereinigt,  so  senkt  man  den 
noch  bochgehaltenen  Tbeil  des  Pigmentbogens  nach  und  nach  und 
drückt  von  hinten  an.  Ist  bei  dieser  Operation  eine  Falte  entstanden, 
so  kann  man  den  Pigmentbogen  abziehen,  von  Neuem  gummiren, 
trocknen  und  wieder  auflegen. 

Geeignete  Kautschuckpapiere  und  Kautscbucklösung  sind  fertig 
im  Handel  zu  haben. 

Man  beachte,  dafs  die  beiden  Flächen  nur  dann  aneinander  kleben, 
wenn  die  Kautschuckschicht  völlig  trocken  ist. 

Jetzt  beschneidet  man  die  Ränder  beider  Papiere  ringsherum  mit 
einer  grofsen  Scheere,  so  dafs  der  Rand  des  Kautscbuckpapiers  j Zoll 
hervorragt.  Dann  legt  man  die  beiden  aneinander  haftenden  Blätter 
auf  die  polirte  Platte  einer  guten  Satinirmaschine,  mit  dem  Kautschuck- 
papier  nach  oben,  deckt  auf  letzteres  ein  Stück  Filz  und  darüber  ein 
Stück  Carton  und  läfst  das  Ganze  durchwalzen.  « 


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322 


Der  Pigmentdruckprocefs. 


Der  Druck  mufs  stark  sein;  für  gröfsere  Bilder  roufs  der  Druck 
im  Verhältnifs  erhöht  werden.  Einmal  Durchwalzen  genügt 

Wässern.  — Die  zusammengelegten  Drucke  legt  man  im  Dun- 
keln, das  Rautschuckpapier  nach  oben,  eine  oder  zwei  Stunden 
in  kaltes  Wasser.  Dieses  wechselt  man  öfter,  oder  lfifst  fortwährend 
Wasser  aus  einem  Hahn  auffiiefsen. 

Entwickeln.  — Nach  mindestens  einstündigem  Wässern 
legt  man  die  Drucke  in  die  Entwicklungsschalen  von  Blech,  deren 
Wasser  25 — 30*  R.  warm  ist.  Zuweilen  ist  der  Druck  geneigt,  sich 
zusammenzurollen,  sobald  er  ins  Wasser  kommt.  Man  bindere  ihn 
nicht  daran,  sondern  lasse  ihn  gewähren ; es  ist  dann  aber  nötbig, 
ihn  öfters  sanft  umzudrehen,  damit  alle  seine  Theile  gleichmäfsig 
benetzt  werden.  In  drei  bis  fünf  Minuten  kann  man  das  Pigment- 
papier von  dem  Rautschuckpapier  trennen.  Den  hierfür  geeigneten 
Zeitpunkt  erkennt  man,  indem  man  eine  Ecke  zwischen  Daumen  und 
Finger  drückt  und  dabei  beide  leicht  nach  entgegengesetzten  Rich- 
tungen bewegt. 

Findet  man,  dafs  die  Ecken  von  einander  gleiten,  so  beginnt  man 
sehr  sanft  an  beiden  Papieren  zu  ziehen,  indem  man  sie  während 
der  ganzen  Zeit  unter  Wasser  hält.  Sobald  sie  getrennt  sind,  wirft 
man  das  Papier,  auf  welchem  zuerst  die  Pigmentschicht  war, 
und  welches  öfter  ein  Negativ  zeigt,  hinaus.  Das  andere  Papier 
bringt  man  in  eine  zweite  Schale,  deren  Wasser  circa  32*  R.  warm 
ist.  Hierin  läfst  man  die  Bilder,  bis  alle  unveränderte  Gelatine  und 
alles  Chromsalz  aufgelöst,  und  der  Druck  vollkommen  sichtbar  ist. 
Wenn  irgend  einer  von  den  Drucken  nicht  vollständig  sichtbar  wird, 
entwickelt  man  ihn  bei  noch  höherer  Temperatur. 

War  das  Bild  ein  wenig  zu  stark  belichtet,  und  erscheint  es  zu 
dunkel,  so  kann  man,  je  nach  den  Umständen,  das  Wasser  im  zweiten 
Gefäfs  auf  35,  36,  ja  selbst  48°  R.  erwärmen;  auf  diese  Weise,  durch 
fortgesetztes  Wässern  und  Erhöhen  der  Temperatur,  kann  man  ein 
Bild,  das  zu  stark  belichtet  war,  bleichen.  War  dagegen  der  Druck 
viel  zu  stark  belichtet,  so  rettet  ihn  kein  Waschen,  kein  Erhöhen  der 
Temperatur.  , 

War  die  Belichtung  des  Druckes  nur  wenig  zu  schwach,  so  kann 
derselbe  in  dem  30*  warmen  Wasser  vollständig  entwickelt  und 
gewaschen  werden;  war  sie  aber  viel  zu  schwach,  so  kann  keine 
Behandlung  das  Bild  retten.  Am  besten  verfahrt  man,  wenn  man 
die  schwächsten  Abdrücke  zuerst  wäscht. 

Sobald  der  Druck  vollständig  entwickelt  ist,  legt  man  ihn  in  ein 
Gefäfs  mit  reinem  kaltem  Wasser,  welches  man  öfter  erneuert;  man 
spritzt  oder  braust  ihn  schliefslich , um  ihn  zu  reinigen,  mit  Wasser, 
worauf  man  ihn  fortnimmt  und  an  Rlammern  zum  Trocknen  aufhängt. 

Entwicklungspfannen  umstehender  Form,  von  Weifsblech,  eignen 


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Der  Pigmentdruckproeefs. 


323 


sich  für  kleinere  Arbeiten  am  besten;  je  gröfser  dieselben  sind,  desto 
besser.  Eine  der  Pfannen  ist  für  lauwarmes,  die  andere  für  warmes 

oder  heifses  Wasser  bestimmt.  Man 
erhitzt  die  Pfannen  entweder  durch 
Gas-  oder  durch  Spritlampen.  Bequem 
ist  es,  in  jeder  Pfanne  ein  Thermome- 
ter zu  haben. 

Man  sieht  es  für  das  Passendste 
an,  die  Pfanne  rechter  Hand  zu 
lauwarmem  Wasser  zu  gebrauchen  und  diejenigen  Bilder,  welche 
sich  beim  Waschen  in  derselben  nicht  vollständig  entwickeln,  in  die 
linke  hinüberzubringen,  wo  sie  in  heifserem  Wasser  gewaschen  und 
entwickelt  werden.  Man  halte  nebenbei  noch  zwei  Blechschalen  mit 
kaltem  Wasser  zum  Auswaschen  bereit. 

Je  eher  man  das  Pigmentpapier  von  dem  Kautscbuckpapier  im 
lauwarmen  Wasser  ablöst,  desto  besser  ist  es  für  das  Bild;  deshalb 
wird  man  wobl  daran  thun,  nicht  mehr  als  vier  bis  sechs  Bilder  auf 
einmal  in  das  lauwarme  Wasser  zu  bringen,  damit  sie  nicht  zu  lauge 
darin  weichen,  ehe  sie  getrennt  werden  können,  wodurch  sie  leicht 
Schaden  leiden  würden.  Auch  dürfen  sich  die  Bilder  mit  der  freien 
Gelatineschicht  nicht  an  einander  reiben. 

Uebertragen.  — Das  Bild  auf  der  Kautschuckschicht  ist  rechts 
und  links  verwechselt  und  von  häfslicher  gelber  Farbe,  deshalb  mufs 
es  noch  einmal  übertragen  werden.  Diese  Operation  wurde  nach 
Swan  auf  sehr  umständliche  Weise  mit  gelatinisirten  Bogen  ausgeführt. 
Der  Verfasser  wies  nach,  dafs  diese  nicht  nötbig  seien,  und  führte 
folgende  einfache  Uebertragsmanier  ein:  Man  taucht  Rohpapier,  so 
weifs  und  glatt  wie  möglich,  eine  bis  zwei  Minuten  in  kaltes  Wasser, 
trocknet  es  ein  wenig  unter  Löschpapier,  so  dafs  es  nicht  mehr 
glänzt,  legt  das  trockne  entwickelte  Bild  mit  der  Bildseite  auf  und 
drückt  es  rasch  glatt  mit  der  Hand  an. 

Dann  legt  man  es  in  die  Satinirmaschine,  genau  in  derselben 
Weise,  wie  oben  die  mit  Kautschuckpapier  zusammen- 
zuwalzenden  Pigmentbogen,  das  feuchte  Papier  nach  oben, 
darüber  Carton.  Filz  ist  nicht  nöthig. 

Dann  läfst  man  es  unter  gutem  Druck  durchwalzen  (einmal  ge- 
nügt) und  hängt  zum  Trocknen  auf.  Die  Walze  mufs  sehr  gleicli- 
mäfsig  drücken,  sonst  bekommt  das  Bild  leicht  Falten. 

Gerben.  — Nach  einem  halbstündigen  Trocknen  taucht  man  das 
Bild  in  eine  Chromalaunlösung  1 : 300  (1  Min.),  dann  läfst  man  es 
wieder  trocknen.  Dies  dauert  bei  16*  R.  circa  j Stunden. 

Ablösen.  — Ist  das  Bild  getrocknet,  so  nimmt  man  einen 
sehr  feinen  Schwamm  oder  Flanell  und  befeuchtet  es  mit  Benzin. 
Man  legt  den  Druck  auf  eine  Platte  und  reibt  geschickt  mit  dem 


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324 


Der  Pigmentdruckprocefs. 


feuchten  Schwamme  über  die  ganze  obere  Fläche  des  Papiers  von 
beiden  Seiten  tüchtig.  Jetzt  kann  man  das  Robpapier  mit  dem  Bilde 
leicht  mit  den  Fingern  von  der  Kautscbuckfläche  ablösen,  indem  man 
die  eine  der  Ecken  losmacht  und  langsam  zieht.  Sollte  beim  Ab- 
streifen das  Rohpapier  an  einigen  Punkten  festkleben,  so  nimmt  man 
etwas  mehr  Benzin;  dies  wird  jedoch  nicht  der  Fall  sein,  wenn  man 
gleich  beim  ersten  Male  sorgfältig  mit  Benzin  angefeucbtet  hat.  Ent- 
deckt man  beim  Abziehen  des  Papieres  zurückbleibende  Gummitheil- 
chen  auf  der  Bildiläche,  so  entfernt  man  sie  schnell  durch  leichtes 
Reiben  mit  dem  angefeuchteten  Schwamm.  Ueberhaupt  ist  es  immer 
gut,  mit  dem  in  Benzin  angefeuchteten  Schwamm  über  die  Bildfläche 
zu  reiben,  sobald  das  Kautschuckpapier  entfernt  ist,  selbst  wenn  man 
keine  Lackreste  auf  dem  Druck  bemerkt.  Man  kann  einen  grofsen 
Druck  mit  derselben  Leichtigkeit  loslösen,  wie  einen  kleinen. 

Oft  rollt  sich,  in  Folge  der  eigentümlichen  Wirkung  des  Benzins, 
das  Papier  selbst  von  dem  Bilde  ab.  Bleiben  Bildtbeilchen  während 
des  Ablösens  am  Kautschuck  haften,  so  hält  man  an  und  wirft  den 
Druck  zehn  Minuten  in  Benzin,  er  geht  dann  leicht  herunter. 

Ausschneiden  und  Aufkleben  geschieht  wie  gewöhnlich,  nur 
mit  Vorsicht,  da  der  Druck  feucht  verletzbar  ist. 

Um  den  Kautschuckpinsel  immer  weich  und  gerade  zu  erhalten, 
bängt  man  ihn  an  einen  Haken  an  der  unteren  Seite  des  Deckels 
einer  Pinselflasche,  die  immer  so  viel  Benzin  enthalten  mufs,  dafs 
der  Pinsel  davon  gesättigt  bleibt.  — 

Zuweilen  erscheinen  während  des  Wasserbades  Bläschen  auf  dem 
Druck.  Sie  entstehen  durch  kleine  Löcher  im  Papiere,  durch  Luft, 
welche  zwischen  den  beiden  lackirten  Flächen  blieb,  oder  durch  un- 
zureichenden Druck  beim  Pressen.  Ist  das  erste  die  Ursache,  so 
werden  sie  zusammentrocknen,  verschwinden  und  keinen  Schaden 
weiter  anrichten.  Bilden  sie  sich  aber  aus  dem  zweiten  und  dritten 
Grunde,  so  kann  man  sie  mit  einer  feinen,  scharfen  Nadel  von  der 
Rückseite  des  Papiers  aufstechen  und  unschädlich  machen.  Zuweilen 
aber  bildet  sich  eine  sehr  störende  Blase,  die  entweder  den  Druck 
gänzlich  verdirbt  oder  doch  nur  nach  dem  Aufkleben  durch  Radiren 
und  Retouchiren  entfernt  werden  kann.  Durch  sehr  sorgfältiges 
Zusammenlegen  der  beiden  gummirten  Flächen  vor  dem  Pressen,  durch 
langes  Wässern  vor  dem  Entwickeln  und  sorgfältiges  Walzen 
mit  einem  guten,  sicheren,  langsamen  Druck  können  die  Blasen  fast 
gänzlich  vermieden  werden. 

Technisch  „Vignetten“  genannte  Bilder  können  auf  dem  Pigment- 
papier nicht  so  leicht  gemacht  werden,  wie  auf  gesilbertem  Papier. 

Der  Filz,  welcher  zum  Aufwalzen  der  Kautschuckpapiere  dient, 
darf  nicht  zum  Uebertragen  benutzt  werden. 

Die  gröfste  Sorgfalt  und  Aufmerksamkeit  mufs  man  darauf  ver- 


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Gebrauch  des  Photometers. 


325 


wenden,  dafs  zu  dem  empfindlich  gemachten  Pigmentpapier  kein  Licht 
gelange,  sowohl  bevor  man  es  unter  das  Negativ  legt,  als  auch  in 
allen  folgenden  Manipulationen,  die  dem  Entwickeln  im  heifsen  Wasser 
vorhergehen.  Man  bedenke,  dafs  das  empfindlich  gemachte 
Pigmentpapier  bei  Weitem  lichtempfindlicher  ist  als  ge- 
silbertes  Papier,  und  dafs  hierin  besonders  Mangel  an  Sorgfalt 
durch  vollständiges  Mifslingen  der  ganzen  Operation  gestraft  wird. 
Wir  erwähnen  dieses,  weil  mehrere  Personen,  die  das  Pigmentpapier 
angewendet  haben,  viele  Bilder  dadurch  verloren,  dafs  sie  diese  oft 
anempfohlene  Vorsicht  vernachlässigten. 

Der  Gebrauch  des  Photometers. 

Ueber  das  Princip  und  die  Einrichtung  haben  wir  schon  früher 
gesprochen  (s.  S.  213). 

Hier  wollen  wir  nur  einige  praktische  Details  nachtragen. 

Um  den  Copirgrad  eines  Negativs  im  Pigntentdruck  richtig 
festzustellen,  legt  man  das  Instrument  gleichzeitig  mit  einem  gleich- 
mäfsigen,  drei-  oder  vierfachen  Visitenkartennegativ  an  das  Licht, 
und  deckt  das  erste  Drittel  des  Negativs,  wenn  das  Instrument  bei- 
spielsweise 10%  das  zweite  Drittel,  wenn  es  12",  das  dritte,  wenn  es 
14"  zeigt,  durch  zwischen  Negativ  und  Pigmentpapier  ge- 
steckte schwarze  Papiere.  In  dieser  Weise  sind  die  einzelnen  Theile 
bis  12,  14,  16°  copirt  worden.  Man  entwickelt  dann  das  Bild  und 
sieht  nach,  welcher  Theil  die  richtige  Intensität  zeigt.  Der  bei  diesem 
Theil  verwendete  ist  der  richtige  Copirgrad  für  das  ganze  Negativ. 

Manchmal  liegt  derselbe  zwischen  zwei  der  angewendeten  Grade, 
z.  B.  bei  13  oder  15,  dann  ist  Bild  12  ein  wenig  zu  hell,  Bild  14  um 
ein  wenig  zu  dunkel.  Sollten  alle  drei  probeweise  genommenen 
Grade  entweder  über-  oder  unterexponirt  sein,  so  wiederholt  man  den 
Versuch  mit  höheren  oder  niedrigeren  Graden.  Bei  grofsen  Bildern, 
Landschaften  etc.  macht  man  es  ähnlich  wie  bei  einem  Visitnegativ, 
indem  man  hier  die  mit  verschiedenen  Graden  probeweise  zu  copiren- 
den  Theile  so  abgrenzt,  dafs  möglichst  charakteristische  Stellen  — 
helle  Licht-  und  tiefe  Schatten massen  — auf  denselben  liegen. 

Hat  man  eine  Anzahl  Negative,  so  ordnet  man  diese  nach  ihrer 
Intensität,  die  der  Fachmann  schon  mit  dem  blofsen  Auge  leicht  be- 
urtheilen  kann,  in  drei  oder  mehr  Klassen,  dünne,  mittlere  und 
dicke,  bestimmt  nach  der  oben  angeführten  Manier  den  Copirgrad 
eines  Negativs  der  drei  Klassen  und  copirt  danach  alle  übrigen. 

Bekommt  man  irgend  ein  neues  Negativ,  so  vergleicht  man  dieses 
mit  dem  Auge  mit  einem  der  vorhandenen,  dessen  Copirgrad 
bekannt  ist  und  copirt  es  eben  so  hoch. 

Hat  man  irgend  ein  Negativ,  dessen  Copirgrad  man  mit  dem  Auge 
nicht  sofort  zu  beurtheilen  wagt,  so  kann  maß  sich  auch  hier  leicht 
mit  einem  einzigen  Versuche  helfen.  Man  legt  einen  Streifen  sensi- 
bilisirten  Pigmentpapiers  (wie  es  öfter  beim  Beschneiden  abfällt)  über 
eine  charakteristische  Stelle  des  Negativs  hinweg,  exponirt  gleichzeitig 
mit  dem  Photometer  und  deckt  successive  einzelne  Theile  des  Streifens 
zu,  wenn  das  Photometer  auf  10,  12,  14  etc.  steht,  überträgt  und  ent- 
wickelt den  Streifen  und  sieht  nach,  welche  Stelle  richtig  exponirt  ist. 


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326 


Gebrauch  des  Photometers. 


Wenn  man  einige  Versuche  der  Art  gemacht  und  nur  kurze  Zeit 
mit  dem  Pigmentdruck  und  dem  Photometer  gearbeitet  hat,  so  gewinnt 
man  solche  Sicherheit,  dafs  man  schon  mit  dem  Auge  einem  Negativ 
den  Copirgrad  ansehen  kann. 

Behufs  des  Copirens  im  Grofsen  legt  man  im  Dunkeln  zunächst 
Papier  in  sämintliche  Rahmen,  welche  man  copiren  will.  Gleich- 
zeitig mit  dem  Photometer  werden  sie  ans  Licht  gebracht;  nachdem 
dasselbe  auf  den  Copirgrad  der  dünnen  Negative  gestiegen  ist,  werden 
die  ersten  hereingenommen  oder  zugedeckt  oder  umgedreht,  dann  die 
zweiten,  endlich  die  letzten;  das  Ganze  ist  eine  Arbeit  von  wenigen 
Minuten  bei  gutem  Wetter.  Man  mufs  dann  sehr  auf  das  Photo- 
meter aufpassen,  um  sofort  zudecken  zu  können.  Sind  sämmtliche 
Rahmen  hereingenommen,  so  werden  sie  von  Neuem  „beschickt“ 
(Papier  eingelegt)  und  das  Copirgeschäft  beginnt  von  Frischem.  Ist 
man  sehr  pressirt  und  will  man  auch  keine  Minute  verlieren,  so  nimmt 
man  für  jede  Sorte  Negative  (für  die  dünnen,  mittleren  und  dicken) 
ein  Photometer,  das  heilst  also  für  gröfsere  Geschäfte  drei. 

Nun  ist  aber  noch  die  Empfindlichkeit  des  Pigmentpapie- 
res  in  Betracht  zu  ziehen.  Diese  ist  verschieden.  Amerikanisches 
Pigmentpapier  ist  z.  B.  fast  noch  einmal  so  empfindlich  wie  englisches. 

Bekommt  der  Photograph  ein  Papier  von  anderer  Empfindlichkeit, 
so  sind  seine  alten  Copirgrade  für  dieses  nicht  mehr  anwendbar; 
es  ist  aber  leicht,  nach  einem  einzigen  Versuch  die  Copirgrade  sämmt- 
licher  Negative  für  das  neue  Instrument  durch  eine  simple  Addition 
oder  Subtraction  zu  berechnen. 

Es  wird  durch  einen  Versuch  (wie  oben)  der  Copirgrad  eines 
einzigen  Negativs  für  das  neue  Papier  festgestellt.  War  der  Copir- 
grad dieses  Negativs  z.  B.  für  das  alte  Papier  = 12,  für  das  neue 
= 14,  so  addirt  man  ganz  einfach  die  Differenz  14 — 12=2 
zu  sämmtlichen  schon  bekannten  Copirgraden  der  alten 
Negative,  um  die  Copirgrade  sämmtlicher  Negative  für  das  neue 
Papier  zu  erhalten. 

Hat  das  neue  Papier  einen  niedrigeren  Copirgrad,  z.  B.  10, 
so  ziehe  man  die  Differenz  12  — 10  von  allen  bekannten 
Copirgraden  ab. 

Das  Photometerpapier  wird  folgendermafsen  bereitet: 

Man  taucht  bei  Lampenlicht  Steinbach-  oder  Rives-Roh- 
papier,  welches  man  in  Achtelbogen  zugeschnitten  hat,  drei  Minuten 
in  dieselbe  Lösung  von 

1 Theil  rothem  chromsauren  Kali  in 
30  - Wasser, 

welche  zur  Sensibilisirung  der  Pigmentbogen  dient,  vollständig 
unter,  und  hängt  es  dann  auf  zum  freiwilligen  Trocknen. 

Das  so  bereitete  Papier  kann  in  trockenen,  reinen,  dunklen 
Holzkästen,  reinlich  gehandhabt,  mindestens  4 Wochen  lang  ohne 
Veränderung  aufbewahrt  werden. 

Man  macht  das  Photometerpapier  vor  dem  Sensibilisiren 
der  Pigmentbogen  (nach  dem  Sensibilisiren  der  Pigmentbogen  ist 
die  Flüssigkeit  zur  Herstellung  von  Photometerpapier  nicht  mehr 
brauchbar). 

Um  dieses  Papier  zu  verwenden,  schneidet  man  es  in  Streifen 
von  der  Breite  und  Länge  des  Prefshölzchens  im  Photometer.  Man 


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Gebrauch  des  Photoineters. 


327 


fafst  dabei  das  Photometerpapier  mit  trockenen  Fingern.  Den 
ersten  und  letzten  Streifen  wirft  man  weg.  Die  Streifen  legt 
man  einen  nach  dem  andern  in  das  geöffnete  Photonieterkästchen, 
legt  dann  die  Prefshölzchen  wieder  ein  und  schliefst  den  Deckel  mit 
der  Feder.  Man  öffnet  dann  den  oberen  Glasdeckel  (bei  Lampen- 
licht) und  sieht  zu,  ob  Alles  glatt  und  fest  liegt.  Die  Streifen  müssen 
unter  den  beiden  Blechen  straff  eingeklemmt  erscheinen.  Wo  nicht, 
ist  es  leicht,  sie  von  der  Glasdeckelseite  aus  mit  Hülfe  eines  aufge- 
legten Stücks  reinen  weifsen  Papiers  glatt  zu  streichen  — alles  bei 
Lampenlicht.  Ist  das  geschehen,  so  schliefst  man  den  Glasdeckel 
fest  wieder  und  legt  das  Häkchen  vor. 

So  hergerichtet,  wird  das  Photometer  mit  zugeklapptem  oberen 
Holzdeckel  gleichzeitig  mit  sämmtlichen  zu  copirenden  ver- 
deckten Rahmen  an  das  Licht  gebracht,  und  in  derselben  Lage 
wie  die  Rahmen,  ungefähr  in  der  Mitte  derselben  aufgestellt,  dann 
die  Rahmen  aufgedeckt  und  der  obere  Holzdeckel  des  Photometers 
geöffnet;  nach  einiger  Zeit  (1  Minute  bis  5 Minuten,  je  nach  dem 
Wetter)  deckt  man  die  Rahmen  zu,  klappt  das  Photometer  zu  und 
geht  mit  letzterem  in  ein  Dunkel-Zimmer,  in  welchem  eine  helle 
Lampe  brennt. 

Hier  öffnet  man  das  Instrument  und  beobachtet,  welche  Zahlen 
auf  dem  gelben  Streifen  erschienen  sind.  Zuerst  erscheint  No.  2 
hell  auf  braunem  Grunde,  dann  4,  dann  6 etc.,  die  höheren 
Zahlen  natürlich  blässer.  Um  d eu  tlich  zu  erkennen,  bis  zu  welchem 
Grade  die  Lichtwirkung  vorgeschritten  ist,  mufs  man  die  Augen 
vor  dem  grellen  Licht  schützen.  Man  hält  das  offne  Instrument 
unter  oder  neben  eine  helle  Flamme,  circa  18  Zoll  Entfernung,  so  dafs 
die  Strahlen  senkrecht  auf  das  gelbe  Papier  fallen,  dann  sieht  man 
mit  dem  vor  dem  Licht  geschützten  Auge  schief  über  das 
Papier  hin  (in  der  Richtung  des  Streifens  von  2 nach  25).  In 
dieser  Position  erkennt  man  die  Zahlen  sehr  gut.  Man  achtet  dabei 
nicht  blofs  auf  die  Zahlen,  sondern  auch  auf  die  beige- 
druckten Hände  und  Buchstaben,  welche  das  Erkennen  des  zarten 
Lichteindrucks  wesentlich  erleichtern.  Leises  Hin-  und  Herwenden 
des  Instrumentes  giebt  bald  die  für  das  Erkennen  vort he i lhaft e s te 
Stellung.  Nach  einigen  Versuchen  hat  man  rasch  die  nöthige  Sicher- 
heit erlangt. 

Zu  beachten  ist,  dafs,  wenn  man  aus  einem  sehr  hellen  Raum 
in  ein  halbdunkles  Zimmer  tritt,  man  bekanntlich  anfangs  gar  nichts 
sieht.  Nach  kurzer  Zeit  gewöhnen  sich  aber  die  Augen  an  die  Dun- 
kelheit und  erkennen  deutlich  alle  Details. 

Aehnliche  Erfahrungen  wird  man  auch  bei  Photometerbeobach- 
tungen machen,  wenn  die  Augen  durch  helles  Licht  geblendet  sind. 

Nach  der  Beobachtung  trägt  man  das  Pholometer  an  seinen  Platz 
zurück,  öffnet  es,  deckt  die  zugedeckten  Rahmen  wieder  auf  und 
exponirt  weiter.  Nach  einer  oder  einigen  Minuten  wiederholt  man 
nachZudecken  der  Rahmen  die  Photometerbeobachtung  unter  obigen 
Vorsich ts mafs regel n.  Ist  der  gewünschte  Copirgrad  (Bestim- 
mung desselben  siehe  oben)  noch  nicht  erreicht,  so  wiederholt  man 
die  Arbeit.  Die  zuerst  verwendete  Zeit  und  die  dabei  beobachteten 
Zahlen  dienen  als  Anhaltspunkt,  um  ungefähr  die  noch  nöthige  Ex- 
Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  22 


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328 


Gebrauch  des  Photometers. 


positionszeit  taxiren  zu  können.  Nach  einigen  Versuchen  ist  man 
hierin  orientirt. 

Ein  Ueberschreiten  des  Copirgrades  um  einen  Grad  schadet 
wenig,  du  man  den  Fehler  leicht  durch  längere  Entwicklung  wie- 
der gut  machen  kann.  Nachtheiliger  ist  eine  Unterexposition. 

Hat  man  Negative  verschiedener  Copirgrade,  so  nimmt  man, 
sobald  der  Copirgrad  der  ersten  Sorte  erreicht  ist,  diese  hinein,  oder 
deckt  sie  zu,  dann  exponirt  man  weiter,  bis  die  Copirgrade  aller 
übrigen  dickeren  Negative  erreicht  sind. 

Sind  alle  fertig  copirt,  so  beschickt  man  die  Rahmen  mit  neuem 
Papier,  nimmt  im  halbdun  kein  Zimmer  bei  möglichstem  Lichtab- 
schlufs  den  obersten  gefärbten  gelben  Streifen  heraus,  indem  man 
auf  die  Mitte  desselben  mit  dem  linken  Daumen  drückt, 
so  dafs  der  federnde  Deckel  mit  dem  Streifen  heruntergeht,  dann  zieht 
man  beide  Enden  des  obersten  Streifens  unter  den  Blechen  hervor, 
streicht,  während  er  noch  aufliegt,  die  unteren  festgeklemmten  wieder 
glatt  und  wirft  dann  den  oberen  weg.  Nach  Schlufs  des  Instruments 
ist  dasselbe  zu  einer  neuen  Arbeit  fertig. 

Zu  Photometerbeobachtungen  gehört  dasselbe,  was  jeder  Copirer 
haben  mufs,  wenn  er  Silberdrucke  machen  will:  1)  Ein  gutes 

Auge,  welches  auch  zarte  Lichtwirkungen  beurtheilen  kann;  2)  Vor- 
sicht hinsichtlich  des  gelben  Photometerpapiers.  Dieses  ist  noch 
lichtempfindlicher  wie  Silberpapier,  mufs  mit  derselben 
Sauberkeit  behandelt  und  darf  ebensowenig  wie  dieses  bei  grel- 
lem Tageslicht  nachgesehen  werden.  Namentlich  ist  bei  heiterem 
Wetter  hierin  Vorsicht  nöthig. 

Wird  das  Papier  durch  Unvorsichtigkeit  beim  Oeffnen  des 
Instrumentes  von  Tageslicht  afficirt,  so  wird  es  weniger  empfindlich. 
Noch  bemerken  wir,  dafs  das  Instrument  in  den  niederen  Graden 
sehr  rasch  steigt,  in  den  höheren  aber  viel  langsamer. 

Ferner  ist  zu  beachten,  dafs  die  Papierskala  fest  gegen  den 
gelben  Streifen  drücken  mufs  (ebenso  wie  ein  Silberdruck  fest  gegen 
das  Negativ),  falls  die  Zahlen  deutlich  sichtbar  sein  sollen. 

Die  Papierskala  darf  nicht  mit  den  Fingern  berührt  uud  nicht 
nafs  werden.  Das  Glas  ist,  wenn  das  Instrument  geschlossen 
ist,  vor  jedem  Gebrauch  zu  putzen.  Sollte  die  Glastafel  mit  dem 
Photometerstreifen  durch  einen  Unfall  etwas  locker  werden,  so  klemme 
man  sie  mit  einigen  passend  zugeschnittenen  Korkstücken  wieder  ein. 

Als  Copirgrade  für  ein  M i ttel negativ  für  die  vom  Verfasser 
versuchten  Pigmentpapiere  führen  wir  an : 

Copirgrad 

Papier  von  Swan  (braunschwarz)  . . . 15, 

- Rowell  (grauschwarz)  . . . 11, 

- Beyrich  (purpurschwarz)  . . 12, 

- - - (purpurbraun)  . . . 16. 

Johnson’«  verbesserter  Pigmentdruckprocels.  *) 

Bis  jetzt  hielt  man  den  Pigmentdruckprocels  von  Swan  für  den 
Culminationspunkt  des  Verfahrens,  und  dies  mit  vollem  Recht,  wenn 

- f 

*)  Photographische  Mittheilungen,  VI.  Jahrg.,  S.  42. 


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Johnson’»  verbesserter  l’igmentdruckprocefs.  329 

die  Resultate  allein  in  Betracht  gezogen  wurden,  nur  eines  blieb 
noch  zu  wünschen  übrig,  nämlich  eine  gröfsere  Einfachheit  der 
Manipulationen.  Diese  ist  durch  die  neuerdings  patentirte  und 
höchst  interessante  Methode  von  J.  R.  Johnson  erlangt. 

Der  erste  Vorzug,  den  diese  Methode  hat,  ist  eine  Verringerung 
und  Vereinfachung  der  Apparate.  Ein  Kasten,  14  Zoll  lang  und  breit 
und  12  Zoll  tief,  enthält  alle  Apparate  zur  Herstellung  von  Bildern 
von  9x7  Zoll.  Er  enthält  zwei  lackirte,  mit  Rinnen  versehene  Zinn- 
tröge, zwei  flache  Schüsseln  aus  demselben  Metall,  einen  Platten- 
ständer, einige  Platten  aus  Opalglas,  einige  aus  Zinn  oder  Zink,  eine 
Flasche  mit  Bichromat-Lösung  und  eine  mit  Cement  (s.  unten),  einen 
Thermometer  und  ein  lackirtes  Futteral  mit  sensitiven  Pigmentbogen. 
Man  braucht  keine  starke  Presse  oder  Satinirmaschine , keine  grofse 
Reihe  von  Schalen  etc. 

Zuerst  füllt  man  den  Trog  oder  den  Plattenkasten  mit  Wasser 
von  ungefähr  30*  R. , welche  Temperatur  man  durch  eine  darunter 
befindliche  Spirituslampe  erhalten  kann.  Dann  füllt  man  eine  flache 
Schale  mit  kaltem  Wasser.  Man  legt  dann  einen  exponirten  Bogen 
einige  Secunden  mit  der  Bildseite  nach  unten  in  das  kalte  Wasser. 
Zuerst  kräuselt  er  sich  nach  innen,  dann  wird  er  wieder  flach,  und 
würde  sich,  wenn  man  ihn  länger  im  Wasser  liefse,  nun  nach  aufsen 
biegen.  ln  dem  Augenblick,  ehe  er  sich  wieder  krümmt 
und  ganz  flach  geworden  ist,  mufs  er  vom  Wasser  genom- 
men werden.  Inzwischen  reibt  man  eine  Metall-  oder  Glasplatte 
(am  besten  mattes  Glas,  um  das  Resultat  bequemer  prüfen  zu  können) 
mit  einer  Lösung  von  Wachs  oder  besser  Stearin  in  Alkohol  ein, 
auf  diese  legt  man  den  vom  Wasser  genommenen  Bogen  mit  der 
Bildseite  nach  unten.  Um  Luftblasen  zu  vermeiden,  geschieht  dies 
am  besten  unter  Wasser.  Dann  streicht  man  das  Papier  noch  mit 
einer  weichen,  in  Wasser  getauchten  Kameelhaarbürste  über  und  bringt 
es  so  in  genaue  Berührung  mit  jedem  Theile  der  Platte.  Auf  diese 
Weise  präparirt  man  alle  Platten.  Wenn  man  in  der  beschriebenen 
Weise  verfahrt,  so  bleibt  der  Bogen  in  dem  kalten  Wasser  etwas 
weniger  als  eine  Minute,  während  welcher  Zeit  sich  die  Gelatine 
nicht  ganz  voll  Wasser  saugen  kann.  Nach  dem  Auflegen  absorbirt 
sie  jedoch  alles  mechanisch  anhängende  Wasser  und  adbärirt  so  ohne 
Hülfe  von  Kautschuck-Lösung  fest  an  dem  Glase. 

Das  nasse  Papier  haftet  jedoch  mit  der  nämlichen  Leichtigkeit, 
wie  an  der  Glasplatte,  so  an  jeder  andern  glatten  von  Wasser 
undurchdringlichen  Fläche,  wie  z.  B.  für  Oelgemälde  präparirte 
Leinwand,  Holz,  Steine,  Metalle  etc.  Ist  das  Glas  nicht  mit 
Wachs  oder  Stearin  eingerieben,  so  bleibt  das  nach  der 
Entwicklung  entstehende  Bild  fest  haften  und  bildet  ein 
reizendes  Transparent  oder  Opalotyp.  Die  fettige  Schicht  ver- 

22* 


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330  .lohnson's  verbesserter  Pigmentdriiekprocels. 

bindert  aber  ein  vollkommenes  Festhalten  beider  Theile  aneinander 
und  ermöglicht  eine  spätere  Trennung,  die  bei  der  zweiten  Ueber- 
tragung  stattfindet. 

Schon  jetzt  werden  dem  Leser  verschiedene  Vortheile  einleuchten: 
die  theure  Kautschuck-Lösung,  welche  man  auf  zwei  Oberflächen 
auftragen  niufs,  ist  unnöthig  und  ebenso  fällt  der  unangenehme  Benzin- 
dunst fort.  Die  Operationen  lassen  sich  leichter  und  schneller  aus- 
führen und  eine  Presse  braucht  man  gar  nicht.  Wir  heben  noch 
einen  andern  sehr  wichtigen  Vortheil  hervor.  Da  die  dem  Glase  zu- 
gekehrte Seite  des  Papiers  hernach  die  Bildseite  ist,  so  nimmt  sie, 
jenachdem  das  Glas  polirt  oder  gekörnt  ist,  ein  mattes 
oder  glänzendes  Ansehen  an,  und  es  steht  vollständig  in  der 
Gewalt  eines  Jeden,  matte  oder  glänzende  Drucke  zu  erhalten. 

Doch  kehren  wir  zu  unsertu  Gegenstand  zurück.  Nachdem  der 
Pigmentbogen  beschriebenermafsen  auf  das  Glas  gelegt,  ist  er  in 
wenigen  Minuten  fertig  zum  Entwickeln.  Man  läfst  dann  die  Platten 
eine  nach  der  andern  in  die  Kinnen  des  Warmwassertroges  gleiten, 
bis  dieser  ganz  voll  ist.  Unterdessen  hat  sich  auf  der  ersten  Platte 
das  Papier  von  der  Gelatineschicht  losgelöst.  Man  hebt  das  Papier 
mit  grofser  Sorgfalt  ab,  so  dafs  die  Gelatineschicht  fest  an  dem  Glase 
haften  bleibt,  und  setzt  diese  wieder  in  ihre  Kinne.  flat  man  das 
Papier  von  allen  zwölf  Platten  entfernt,  so  ist  die  Entwicklung  der 
ersten  vollständig;  man  spült  sie  iti  kaltem  Wasser  ab  und  läfst  sie 
in  einem  andern  ebenfalls  mit  Rinnen  versehenen  Kasten  trocknen. 
Bis  die  letzte  Platte  so  aufgestellt  ist,  ist  die  erste  so  weit,  dafs  sie 
auf  Papier  übertragen  werden  kann.  Hierzu  wird  die  Platte  in  kaltes 
Wasser  getaucht  und  unter  Wasser  ein  Stück  Gelatinepapier  darauf 
gelegt,  welches  hierdurch  mit  dem  Bilde  auf  dem  Glase  in  Berührung 
kommt.  Dann  nimmt  man  beide  heraus,  pinselt  das  Papier,  wie 

oben,  um  alle  Theile  mit  einander  in  Berührung  zu  bringen,  und 

läfst  dann  das  Ganze  eine  Stunde  trocknen.  Dann  hebt  man  das 

Papier,  mit  einer  Ecke  den  Anfang  machend,  behutsam  ab,  und  be- 

kommt, da  das  Bild  das  Glas  ohne  Schwierigkeit  losläfst,  ein  voll- 
ständiges Bild. 

Statt  Gelatinepapier  anzuwenden,  welches  erst,  um  unlöslich  zu 
werden,  in  der  Folge  mit  Alaun  behandelt  werden  mufs,  kann  man 
die  Platte  auch  in  eine  schwache  Gelatinelösnng  eintauchen,  zu  der 
man  eine  geringe  Quantität  Chrom-Alaun  hinzufügt,  was  auch  Swan 
beim  letzten  Uebertragen  seiner  Drucke  anräth,  oder  man  kann  auch 
der  Gelatine  einen  harzigen  Kitt  substituiren , wie  in  dem  einfachen 
Uebertragungsprocefs,  der  noch  beschrieben  werden  soll. 

Man  kann  innerhalb  einer  Stunde  ein  Dutzend  Platten  bis 
zur  Schlufsübertragung  fertig  machen,  und  alle  Operationen  in  einem 
gewöhnlichen  Zimmer  mit  verdunkelten  Fenstern  vornehmen. 


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Pigmentdrucke  auf  Eiweifspapier. 


331 


Soviel  über  den  vereinfachten  ProcefB  mit  doppelter  Ueber- 
tragnng,  durch  den  man  mit  gewöhnlichen  Negativen  ein  Bild  in 
richtiger  Stellung  bekommt.  Jetzt  zu  einem  vereinfachten  Procefs  mit 
einmaligem  Uebertragen,  indem  man  mit  richtigen  Negativen 
Bilder  in  verwechselter  Stellung  bekommt,  der  also  augenscheinlich 
für  eine  Masse  von  existirenden  Negativen  gar  nicht  anwendbar  ist, 
der  aber  wegen  seiner  aufserordentlichen  Einfachheit  und  Wirksamkeit 
sehr  zu  empfehlen  ist,  wenn  man  die  Negative  besonders  zu  diesem 
Zweck  macht,  oder  wo  die  Umkehrung  von  keiner  Bedeutung  ist. 

Der  Pigmentbogen  wird,  wie  vorher,  lichtempfindlich  gemacht 
und  exponirt.  Man  taucht  dann  ein  Stück  feines  Papier  in  eine 
Lösung  von  weifsem  Schellack  in  flüssigem  Ammoniak.  Dies  ist  der 
oben  erwähnte  Cement.  Hierauf  legt  man  dies  Papier  auf  eine  Glas- 
platte, Zinnscheibe  oder  eine  ähnliche  Oberfläche,  und  drückt  es  mit 
der  Kameelhaarbürste  an.  Ist  dies  theilweise  trocken,  so  taucht  man 
den  exponirten  Pigmentbogen,  der  ungefähr  einen  viertel  Zoll  kleiner 
sein  mufs,  als  das  Uebertragungspapier , in  mit  wenig  Ammoniak 
versetztes  Wasser  und  legt  ihn  dann  auf  das  Uebertragungspapier, 
welches  auf  der  Platte  bleibt.  Man  pinselt  es  fest,  läfst  es  ein  wenig 
trocknen  und  entwickelt  wie  vorher;  dann  wird  es  gewaschen  und 
getrocknet.  Hierauf  lockert  man  mit  einem  Federmesser  den  Rand 
und  bebt  das  vollständige  Bild  ab.  Nichts  kann  einfacher  und  wir- 
kungsvoller sein,  als  dieser  Procefs. 

Simpson  sagt  darüber:  „Das  Verfahren  ist  in  der  That  einfacher, 

leichter  und  unendlich  rascher  als  der  gewöhnliche  Silberdruckprocefs.“ 

Interessant  ist  ferner  der  Umstand,  dafs  Johnson  eine  ingeniöse 
Methode  anwendet,  um  das  Papier  durch  blofses  Schwimmenlassen 
auf  einer  fünfprocentigen  Chromatlösung  zu  sensibilisiren  und  eine 
rascbe  Trocknung  zu  erzielen,  an  Stelle  des  bei  Swan  nothwen- 
digen,  oft  zwölf  Stunden  dauernden  Trocknens. 

Pigmentdrucke  auf  Eiweifspapier. 

Statt  mit  Schellack  kann  man  auch  mit  coagulirtem  Eiweifs- 
papier übertragen.  Grafshoft’  und  Jeanrenaud  coaguliren  das  Eiweifs- 
papier selbst,  indem  sie  es  in  starken  Alkohol  einige  Minuten  ein- 
tauchen  und  dann  trocknen.  Es  ist  selbstverständlich,  dafs  man  auf 
diese  Weise  ein  sehr  billiges  Albuminpapier  verwerthen  kann.  Man 
legt  das  feuchte  coagulirte  Eiweifspapier,  auf  eine  Glasplatte,  die 
Eiweifsschicbt  nach  oben,  bringt  darauf  das  belichtete,  in  kaltem 
Wasser  eingeweichte  Pigmentpapier  und  drückt  gut  an,  um  die  Luft- 
blasen auszutreiben.  Dann  werden  die  Bilder  eine  Stunde  in  eine 
Presse  gelegt  und  scbliefslich  in  heifses  Wasser  getaucht,  um  die 
zusammengeprefsten  Bogen  zu  trennen.  Das  Bild  haftet  dann  an  der 
Eiweifsschicbt.  Die  Bildbogen  werden  dann  sofort  in  laues  Wasser 


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332  Jeanrenand’s  verbesserter  Piginentdriickprocefs. 

gebracht  und  darin  ausentwickelt.  Das  Entwickeln  ist  bei  Lampen- 
licht vorzunehmen.  Die  getrockneten  Bilder  werden  gegerbt,  gewaschen 
und  wie  gewöhnlich  fertig  gemacht. 

Jeanrenaud  veröffentlichte  neuerdings  eine  Mittheilung  über  das 
Coaguliren  der  Albuminschicht  mit  Alkohol.  Die  Erfahrung 
hat  gezeigt,  dafs  der  Alkohol  die  harzige  Leimung  des  Papiers  auf- 
löste. Es  bildeten  sich  dann  auf  dem  Uebertragungspapier  Marmori- 
rungen,  und  wenn  man  nach  der  Uebertragung  in  zu  heifsem  Wasser 
operiren  wollte,  entstanden  auf  dem  Bilde  Blasen.  Jeanrenaud  hat 
diese  Schwierigkeit  auf  einfache  Weise  gehoben. 

Der  belichtete  Pigmentbogen  wird  in  ein  Pack  Fliefspapier,  das 
leicht  angefeuchtet  ist,  gebracht.  Während  hier  das  Blatt  geschmeidig 
wird,  taucht  man  das  Albuminpapier  in  ein  grofses  cylindrisches  Glas, 
das  mit  starkem  Alkohol  gefüllt  ist.  Man  zieht  es  beinahe  augen- 
blicklich wieder  heraus  und  bringt  das  ganze  von  Alkohol  triefende 
Blatt  auf  eine  Glasplatte,  die  Albuminschicbt  nach  oben.  Jetzt  nimmt 
man  das  Pigmentblatt,  welches  inzwischen  geschmeidig  geworden  ist, 
legt  es  auf  das  Albuminpapier,  drückt  mittelst  einer  Walze  an  und 
prefst  kräftig  einige  Augenblicke  unter  eine  Presse  und  entwickelt 
mit  heifsem  Wasser. 

Dieses  Verfahren  hat  verschiedene  Vortheile:  Ersparnifs  von  Al- 
kohol, welcher  bis  auf  den  letzten  Tropfen  verbraucht  werden  kann; 
Leichtigkeit,  sein  Albuminpapier  im  Augenblicke,  da  man  es  bedarf, 
bereiten  zu  können;  Verhinderung  von  Blasen,  selbst  wenn  man 
siedendes  Wasser  anwendet;  Zeitersparnifs,  denn  wenn  die  Blätter 
vorher  nur  ordentlich  mit  Wasser  angefeuchtet  werden,  reicht  es  hin, 
dieselben  auf  einander  zu  legen  und  sie  zu  pressen,  um  unmittelbar 
darauf  entwickeln  zu  können. 


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Verschiedene  photographische  Verfahren. 

Haltbare  sensible  Negativplatten  und  Positivpapiere. 

In  den  vorhergehenden  Capiteln  haben  wir  eingehend  den  Col- 
lodionnegati vprocefs  und  den  Silber-  und  Pigmentdruck- 
p ositivprocefs  besprochen.  Diese  Processe  reichen  hin  zur  Aus- 
übung der  wesentlichsten  photographischen  Aufgaben.  Es  giebt  jedoch 
Umstände,  unter  welchen  die  Ausübung  dieser  Processe  ihre  Schwie- 
rigkeiten hat.  Der  Negativprocefs  erfordert  zur  Herstellung  der  em- 
pfindlichen Platten  dunkle  Räumlichkeiten,  die  namentlich  den 
wandernden  Photographen  nicht  immer  zur  Disposition  stehen;  er 
liefert  nasse  Platten,  die  rasch  eintrocknen  und  dadurch  schon  nach 
kurzer  Zeit  unbrauchbar  werden.  Diese  Schwierigkeit  hat  man  za 
umgehen  gesucht  durch  Herstellung  haltbarer  „trockener“  Platten, 
die  man  zu  Hanse  präpariren  und  auf  seinen  Ausflügen  mitnebmen 
kann,  Platten,  die  sich  lange  Zeit  hindurch  empfindlich  erhalten  und 
erst  nach  der  Rückkehr  nach  Hause  entwickelt  zu  werden  brauchen. 

Ebenso  hat  man  haltbares  sensibilisirtes  Positivpapier 
hergeBtellt,  welches,  fertig  gekauft,  die  unsaubere  Arbeit  des  Silberns 
erspart  und  der  Gefahr  des  Gelbwerdens  im  Copirrahmen  bei 
schlechtem  Wetter  nicht  ausgesetzt  ist. 

Sehr  umfassende  Anstrengungen  sind  gemacht  worden,  haltbare 
Trockenplatten  und  haltbare  sensible  Positivpapiere  zu  liefern,  die  in 
Bezug  auf  Sicherheit  und  Schönheit  der  Resultate  dem  nassen  Verfah- 
ren durchaus  gleichkommen.  Jeden  Tag  tauchen  neue  Trockenplatten- 
processe  und  neue  sensible  Positivpapiere  auf.  Welches  Verfahren 
das  beste  sei,  ist  zweifelhaft,  soviel  ist  jedoch  sicher,  dafs  die  Her- 
stellung der  Trockenplatten  sowohl  als  auch  der  sensiblen  Positiv- 
papiere noch  an  Unsicherheiten  leidet,  so  dafs  man  trotz  des  gröfseren 
Aufwandes  an  Mühe  und  Zeit,  welche  die  Präparation  dieser  Körper 
nöthig  macht,  dennoch  nicht  in  dem  Mafse  für  den  Erfolg  garantiren 
kann,  wie  beim  gewöhnlichen  nassen  Verfahren. 

Ist  bei  Ausübung  des  letztem  eine  wahrhaft  pedantische  Sauber- 
keit eine  conditio  sine  qua  non,  so  ist  diese  Vorsicht  bei  den  Trocken- 
processen noch  in  potenzirtem  Mafsstabe  nothwendig. 


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334 


Haltbare  Negativ|diitten. 


a)  Haltbare  Negativplatten. 

(Trockenplatten.) 

Der  oben  erwähnte  Fehler  gewöhnlicher  Negativplatten,  bei 
längerem  Stehen  durch  das  Eintrocknen  der  Silberlösung  zu  verderben, 
läfst  sich  schon  dadurch  umgehen,  dafs  man  die  Platten  nach  dem 
Silbern  einfach  abwäscht.  Man  benutzt  dazu  am  besten  destillirtes 
Wasser,  welches  durchaus  rein  sein  mufs,  namentlich  nicht  alkalisch 
reagiren  darf.  Man  erhält  auf  diese  Weise  eine  nach  kurzem  Stehen 
trocken  werdende  gelbe  Jodsilberplatte,  die  belichtet  und  in  der  unten 
erwähnten  Weise  entwickelt  ein  Bild  liefert.  Man  beobachtet  aber, 
dafs  die  Empfindlichkeit  solcher  trocknen  Platten  eine  äufserst 
geringe  ist , so  dafs  man  mindestens  die  vierfache  Expositionszeit  als 
beim  nassen  Verfahren  nöthig  hat.  Die  Ursache  liegt  in  der  grofsen 
Durchsichtigkeit  der  Trockenplatten.  Eine  von  salpetersaurer  Silber- 
lösung durchdrungene  Platte  absorbirt  fast  alles  chemisch  wirksame 
Licht,  welches  darauf  fällt,  während  eine  gewaschene  Platte  einen 
sehr  beträchtlichen  Theil  hindurchläfst , der  natürlich  für  die  Bild- 
erzeugung verloren  ist.  Wichtig  ist  es  daher,  die  Platten  mit  einem 
stark  jodirten  Collodion  zu  präpariren,  welches  wegen  seiner 
gröfseren  Salzquantität  auch  eine  dichtere  Jodbromsilberschicht  erzeugt, 
die  das  Licht  stärker  absorbirt,  oder  die  Platte  hinten  mit  einem  un- 
durchsichtigen Pigment  anzustreichen.  Ferner  ist  aber  auch  zu  be- 
achten, dafs  bei  solchen  gewaschenen  Platten  der  Sensibilisator 
fehlt  (8.  o.  S.  52)  und  schon  aus  diesem  Grunde  die  Wirkung  auf 
Jodsilber  eine  weniger  intensive  ist.  Daher  hat  man  den  nassen 
Silbersalzsensibilisator  durch  trockne  zu  ersetzen  versucht,  als  solche  kann- 
man  alle  jodabsorbirenden  Körper  (s.  o.  S.  52)  anwenden.  Besonders 
hat  man  dazu  Tannin,  Gallussäure  und  gewisse  Harze  empfoh- 
len. Daher  unterscheidet  man  bei  Trockenverfahren:  Tanninprocefs, 
Harzprocefs,  Gallusprocefs  etc  etc.  Mit  Lösungen  dieser  sensibili- 
sirendcn  Körper  überzieht  man  die  gewaschenen  Platten  und  läfst  sie 
trocknen.  Durch  solchen  Ueberzug  mit  dem  Präservativ  werden  die 
Platten  nicht  nur  empfindlicher,  sondern  auch  haltbarer. 

Das  für  Herstellung  der  Trockenplatten  nöthige  Waschen  und 
Ueberziehen  mit  einem  Lösungsmittel  macht  natürlich  die  Arbeit  etwas 
complicirt.  Noch  heikler  ist  aber  das  Entwicklungs verfahren;  die 
trockne  Platte  mufs  erst  für  das  Annehmen  der  Fluidas  empfänglich 
gemacht  werden  durch  Einweichen  in  Wasser  resp.  in  Silberlösung. 
Der  zu  rasch  wirkende  Eisenvitriolentwickler  erzeugt  leicht  Schleier 
und  Flecke,  und  man  bedient  sich  daher  lieber  zum  Entwickeln  der 
langsamer  wirkenden  Pyrogallussäure  resp.  einer  Eisenvitriollösung 
mit  Zusätzen  organischer  Körper,  die  die  Eigenthümlichkeit  haben, 
den  chemischen  Reductionsprocefs  zu  verzögern,  z.  B.  Gelatine. 

Das  älteste  Trockenverfahren  ist  das  Taupenot’sche,  es  be- 


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Gordon’s  Gmnmilrockenprocefs. 


335 


steht  in  der  Anwendung  eines  A 1 b u m i n Überzuges , der  seinerseits 
nachträglich  gesilbert  wird.  Das  so  erzeugte  Silberalbuminat  spielt 
hier  die  Rolle  eines  Sensibilisators.*) 

Es  ist  nun  nicht  unsere  Absicht,  hier  eine  Abhandlung  über 
sämmtliche  bisher  geübte  Trockenverfahren  zu  geben,  wir  beschränken 
uns  vielmehr  auf  die  Beschreibung  zweier,  die  wir  selbst  mit  Erfolg 
versucht  haben. 


1)  Der  Gummigallusprocess 
von  Russell  Manners  Gordon. 


Man  wählt  möglichst  gut  gereinigte  Platten  und  überzieht  sie 
vor  dem  Collodioniren  mit  Eiweifslösung:  1 Theil  Eiweifs,  12  bis 
15  Theile  Wasser  werden  geschüttelt,  absetzen  gelassen,  filtrirt  und 
mit  Ammon  versetzt,  bis  es  ganz  schwach  danach  riecht;  mit  dieser 
Flüssigkeit  wird  die  horizontal  gelegte  Platte  begossen  und  mit  Hülfe 
eines  Stückchens  Carton  das  Eiweifs  vertheilt,  so  dafs  es  circa  tt  Zoll 
vom  Rande  entfernt  bleibt,  nachher  über  eine  Ecke  abgegossen. 

In  dieser  Weise  überzogene  Platten  sind  viel  weniger  zur  Flecken- 
bildung geneigt,  und  ist  daher  öfter  ein  solcher  Ueberzug  auch  für 
den  gewöhnlichen  nassen  Procefs  empfohlen  worden,  namentlich  wenn 
die  Platten  alt  und  wiederholt  gebraucht  sind. 

Die  albuminirten  und  getrockneten  Platten  lassen  sich  an  einem 
staubfreien  Orte  lange  auf  heben.  Man  überzieht  sie  behufs  Her- 
stellung der  Trockenplatten,  mit  einem  guten  Collodion,  wie  man 
es  zum  nassen  Procefs  verwendet  (wir  benutzten  unser  Aequivalent- 
collodion,  s.  S.  254).  Gordon  empfiehlt  speciell  das  folgende: 

Aether  . 240  Gramm, 


Alkohol 240 

Jodcadmium 3 

■ Jodammonium 1 

Bromcadmium 3 

Schiefsbaumwolle  höchstens  . . 6 

Das  Silberbad  mufs  auf  jeden  Fall  eine  Stärke  von  mindestens 
1:12  besitzen  und  möglichst  neutral  sein.  Zeit  des  Eintauchens  in 

dieses  Bad  10  Minuten  oder,  wenn  das  Collodion  mit  dem  höchsten 
Zusatz  fester  Salze  angewendet  wird,  15  Minuten. 

Das  Waschen  geschieht  in  zwei  nebeneinander  stehenden  Tauch- 
cuvetten  mit  destillirtem  Wasser.  Wäscht  man  die  Platte  unter  einem 
Wasserstrahl,  so  wird  sie  leicht  streifig.  Nachdem  die  Platten  aus 
der  zweiten  Cuvette  kommen,  müssen  sie  ungefähr  zwei  Stunden  lang 
in  einer  verhältnifsmäfsig  grofsen  Menge  destillirten  Wassers  liegen, 


*)  Ueber  ein  gutes  Collodion&lbnmin  verfahren  s.  IV.  Jahrgang  der  „ Photogra- 
phischen Mittheilungen“  8.  59. 


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Haltbare  Negativplatten. 


oder  man  taucht  sie  nacheinander  noch  in  vier  nebeneinander  stehende 
Cuvetten  mit  destillirtem  Wasser.  Nachher  wäscht  man  sie  noch 
unter  einem  Hahn  mit  Wasserleitungs  wasser,  spült  mit  destillirtem 
(aus  der  Spritzflasche)  nach  und  überzieht  mit  folgender  Lösung: 


I. 

Gummi  arabicum 

. 20  Gramm, 

Zuckercand  . . 

5 

Wasser  .... 

. 120 

II. 

Gallussäure  . . 

3 

Wasser  .... 

. 360 

No.  II.  mufs  in  der  Wärme  präparirt  werden,  wird  dann  mit 
No.  I.  in  dem  angegebenen  Verhältnifs  gemischt  und  vor  dem  Ge- 
brauch durchfiltrirt.  Luftblasen  sind  zu  vermeiden. 

Jede  Platte  erfordert  15  Gramm  des  Gummi-Präservativs.  Zuerst 
nimmt  man  4 Gramm  davon,  um  das  Wasser  zu  entfernen,  dann  läfst 
man  die  übrigen  11  Gramm  ungefähr  eine  Minute  auf  die  Platte  ein- 
wirken, giefst  diese  dann  ab  und  läfst  sie  ablaufen.  Letztere  Opera- 
tion wird  bedeutend  erleichtert,  wenn  man  die  Platte  mit  der  Ecke 
auf  kleine  in  Brettern  steckende  Glasröhren  stellt,  in  welche  man 
etwas  Löschpapier  bringt,  das  man,  ohne  die  Platte  zu  verletzen, 
erneuern  kann,  da  diese  nur  auf  einer  Ecke  in  dem  Rohre  von  circa 
5 Zoll  Durchmesser  ruht.  Hat  man  diese  speciellen  Glasständer  nicht 
zur  Verfügung,  so  kann  man  auch  kleine  Sturzbecher  an  wenden,  die 
man,  um  ihnen  einen  festeren  Standpunkt  zu  geben,  in  das  Tischbrett 
des  Trockenzimmers  eingelassen  hat;  die  oberen  Ecken  der  Platten 
lehnt  man  gegen  Glasflächen.  Gut  thut  man,  die  Platten  nach  der 
Aufstellung  zu  numeriren. 

Der  Trockenraum  ist  eine  grofse  Holzkiste  oder  ein  Küehen- 
schrank,  die  lichtdicht  geschlossen  werden  können,  mit  Fächern, 
um  mehrere  Reihen  Platten  anfstellen  zu  können.  Oben  mit  einem 
zweimal  unter  einem  rechten  Winkel  gebogenen  Schlot  versehen,  ähn- 
lich dem  Schornstein  einer  Laterna  magica.  Bei  feuchtem  Wetter 
mufs  eine  Blechkanne  mit  heifsem  Wasser  in  die  Mitte  des  Trocken- 
zimmers gesetzt  werden;  im  Sommer  ist  dieses  gewöhnlich  nicht  nöthig. 
Die  gewöhnlich  auf  das  Trocknen  der  Platten  zu  verwendende  Zeit 
ist  10  bis  12  Stunden;  die  Haut  erscheint  dann  transparent  und  die 
Platten  müssen  jetzt  auf  der  Rückseite  mit  einer  Pigmentschicht 
überzogen  werden. 

Zum  Präpariren  von  acht  Platten  Stereoskopformat  nimmt  man: 
Gebrannte  Terra  Siena  in  Wasser  vertheilt  100  Gramm, 

Dextrin 30 

Glycerin 2 

Eine  Spur  von  Carbolsäure  oder  Creosot  verhindert  das  Faulen 
dieser  Mischung,  welche  in  Zinntuben  gefüllt  wird,  so  dafs  man  sie 
stets  bereit  zum  Gebrauch  hat  wie  Malerfarbe.  Die  trockenen  Platten 


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Gordon's  Gummitrockenprocefs. 


337 


werden  aof  dem  Rücken  mit  der  Farbe  bepinselt,  wobei  es  gut  ist, 
rings  herum  einen  kleinen  Rand  zu  lassen,  damit  das  Pigment  nicht 
auf  die  Bildseite  der  Platte  gelangen  kann.  Nach  dem  Trocknen 
können  die  Platten  verpackt  werden. 

Exposition  in  der  Camera.  — Man  giebt  der  Trockenplatte 
das  Doppelte  bis  Dreifache  der  Expositionszeit  der  nassen  Platten. 
Trockenplatten  ertragen  lange  Expositionen  ohne  Nachtheil.  Gewöhn- 
lich liegt  der  Mifserfolg  an  zu  kurzer  Belichtung.  Zu  lange  Belich- 
tung kann  leicht  durch  passende  Entwickelung  unschädlich  gemacht 
werden. 

Entwicklung.  — Man  entfernt  mit  einem  nassen  Schwamm 
das  Pigment  von  der  Rückseite  der  Platte.  Darauf  bestreicht  man 
den  Rand  des  Negativs  ungefähr  \ Zoll  breit  mit  einer  dicken  Auf- 
lösung von  Kautschuck  in  Benzol  oder  Chloroform,  taucht  es  dann  in 
ein  Bad  von  gewöhnlichem  Wasser  und  spült  zwei  Mal  mit  destillir- 
tem  Wasser  ab,  um  das  Präservativ  zu  entfernen.  Hierauf  entwickelt 
man  mit  folgendem  Entwickler: 

I.  Gelatine  ......  10  Gramm, 

Eisessig 160 

Wasser 1120 

II.  Schwefelsaures  Eisen  25 

Wasser 500 

Zum  Gebrauch  mischt  man  einen  Theil  der  Gelatinelösung 
mit  drei  Theilen  Eisenlösung.  Für  jede  Platte  nimmt  man  circa 
30  Gramm  und  fügt  zwei  Tropfen  einer  Lösung  von  Silbernitrat  1:16 
hinzu  und  vermehrt  den  Silbergehait  immer  um  je  zwei  Tropfen  so 
lange,  bis  die  Details  erscheinen.  Verstärkung  mit  einer  gewöhnlichen 
citronensauren  oder  Pyrogallus-Mischung,  z.  B. 

Pyrogallus  . . 2 Gramm, 

Citronsäure  . 2 

Wasser  . . . 480 

Das  Fixiren  geschieht  mit  Natron.  Nachher  unterwirft  man 
das  Negativ  einer  supplementären  Behandlung  mit  Pyrogallus-  und 
Essigsäure  (und  Silber),  mehr  um  dem  Niederschlag  eine  andere  Farbe 
zu  geben,  als  um  ihn  dick  zu  machen. 

Schleier  kann  man  verhindern  oder  auf  ein  Minimum  reduciren, 
wenn  man  auf  jede  Unze  Gummilösung  zehn  Tropfen  Glycerin  zufügt. 
Bei  dieser  Modification  wird  die  Haut  nach  dem  Trocknen  nicht 
transparent  und  arbeitet  fast  wie  eine  nasse  Platte;  jedoch  hat  sie 
dann  den  einen  Uebelstand,  dafs  sie  sich  nur  vierzehn  Tage  hält. 

Dem  Leser  werden  die  etwas  langwierigen  Arbeiten,  welche  mit 
diesem  Processe  verknüpft  sind,  schon  beim  Durcblesen  klar  werden. 

Wesentlich  einfacher  ist  das  Harztrockenverfahren,  bei  welchem 
das  Präservativ  (irgend  ein  Harz,  z.  B.  Colophonium)  direct  zum 


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Haltbare  Negativplatten. 


Collodion  gesetzt  und  die  damit  erzeugte  Platte  gesilbert  und  ge- 
waschen wird. 

Abbe  Despratz  hat  das  erste  Verfahren  der  Art  angegeben,  später 
hat  es  Mr.  England  cultivirt,  neuerdings  hat  sich  Hr.  Harnecker  in 
Wriezen  sehr  speciell  damit  beschäftigt.  Er  fertigt  ein  Collodion  für 
diesen  Zweck  bereits  für  den  Handel  im  Grofsen  und  die  Versuche 
zahlreicher  Praktiker  sprechen  für  dessen  Brauchbarkeit. 

2)  Der  Harztrockenprocess 
von  Harnecker. 

Eine  gut  geputzte  Glasplatte  wird  mit  Harnecker-Collodion  oder 
mit  einem  gewöhnlichen  Collodion  überzogen,  zu  welchem  man  auf 
100  Gramm  $ Gramm  Colopbonium  gesetzt  hat.  Nachdem  der  letzte 
Tropfen  nach  dem  Abfliefsen  des  Ueberschusses  erstarrt  ist,  taucht 
man  die  Platte  in  ein  gut  arbeitendes  Silberbad: 

Silber  ...  15  Gramm, 

Wasser  . . . 135 
Salpetersäure  . 2 Tropfen.*) 

Die  passendste  Temperatur  ist  15*  R.,  Dauer  des  Sensibilisirens 
5 — 8 — 10  Minuten.  Die  mittlere  Zeit  ist  durchschnittlich  die  beste. 
Die  gesilberte  Platte  wird  zuerst  mit  filtrirtem  destillirtem  Wasser  gut 
vorgespült, sodann  mit  gewöhnlichemWasser  tüchtig  nachgewaschen 
und  schliefslich  wieder  mit  destillirtem  Wasser  ein  wenig  nachgespült 
und  zum  Trocknen  auf  eine  Ecke  gestellt  bei  einer  Temperatur  nicht 
unter  17*  und  nicht  über  30°  R.  Die  Platten  sind  alsdann  zum 
Gebrauch  fertig. 

Die  Exposition  kann  je  nach  der  Intensität  des  Lichtes  und 
dem  Alter  der  Platte  bis  auf  das  Doppelte , auch  Dreifache  einer 
nassen  Platte  genommen  werden.  Frische  Platten  sind  merkbar  em- 
pfindlicher als  alte. 

Die  Platte  wird  vor  dem  Entwickeln  in  eine  Schale  mit  filtrir- 
tem destillirten  Wasser  (am  besten  etwas  angesäuerten)  Wasser 
gelegt  und  bei  öfterem  Hin-  und  Herbewegen  5 — 10  Minuten  einge- 
weicht, sodann  herausgenommen  und  in  dasselbe  Silberbad  gesteckt, 
in  welchem  die  Platte  sensibilisirt  wurde,  darin  acht  bis  neun  Mal 
auf-  und  niedergetaucht  und  nun  entwickelt  wie  jede  nasse  Platte. 

Der  Entwickler  besteht  aus: 

Eisenvitriol  . 1 Tbeil, 

Wasser  . . . 220 

Eisessig  . . 3 - 

Alkohol ...  4 — 5 

*)  Wir  geben  hier  die  Originalrecepte,  glauben  jedoch,  dafe  es  gut  sein  dürfte, 
das  Silberbad  mit  j Procent  des  festen  Silbersalzes  von  Jodkalium  zu  versetzen. 


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Harnecker’s  Trockenplatten. 


339 


Verstärkt  wird  mit  folgenden  Lösungen: 

, i Pyrogallussäure  . 5 Gramm, 

a ( Wasser.  . . . 2560 

/ Silbersalz  ...  15 

b ) | Wasser.  . . . 720 

{ Eisessig  ...  32 

fixirt  mit  einer  Lösung  von  unterschwefligsaurem  Natron. 

Die  Entwickelung  kann  auch  dadurch  geschehen,  dafs  die  einge- 
weichte Platte  mit  der  angegebenen  Eisenlösung  übergossen  wird. 
Man  iäfst  dieselbe  einige  Secunden  auf  der  Platte  hin-  und  herfliefsen, 
dann  in  ein  Glas  zurücklaufen,  setzt  zwei  bis  höchstens  drei  Tropfen 
Silberlösung  hinzu,  bestehend  aus: 

30  Gramm  Silber,  gelöst  in  720  Gramm  Wasser, 
und  gemischt  mit  folgenden  Fluidas: 

30  Gramm  Citronensäure  gelöst  in  720  Gramm  Wasser, 

60  - Alkohol. 

Das  Bild  erscheint  sofort  und  kann  die  Platte  gespült  werden, 
wenn  bei  öfterem  Uebergiefsen  das  Bild  vollständig  und  klar  heraus  ist. 

Nach  dem  Spülen  mit  gewöhnlichem  Wasser  wird  mit  Pyrogallus- 
säure nachgekräftigt;  doch  mufs  hier  die  Pyrogallussäure  ohne  Zusatz 
von  Silber  über  das  Bild  gegossen  werden,  um  Schleier  zu  vermeiden. 
Nachdem  die  Pyrogallussäure  einigemal  auf-  und  abgegossen  ist,  setzt 
man  citronensaures  Silber  zu  und  kräftigt  nach. 

Beobachtet  man  bei  der  Präparation  der  Platten,  dafs  das  Collo- 
dion  nicht  zu  trocken  wird,  ehe  man  die  Platte  in  das  Silberbad 
taucht  und  Iäfst  dasselbe  gehörig  lange  Zeit  im  Bade,  spült  nachher 
gut,  so  ist  der  Erfolg  zweifellos;  namentlich  für  Aufnahmen  im 
Freien  und  für  Landschaften. 

Die  Entwickelung  kann  beliebig  lange  Zeit  nach  der  Exposition 
vorgenommen  werden. 

Hinsichtlich  der  zahlreichen  anderen  Trockenprocesse  mit  Tannin, 
Gelatine,  Kaffee,  Thee,  welche  immer  und  immer  wieder  versucht  und 
empfohlen  werden,  verweisen  wir  auf  die  verschiedenen  Jahrgänge 
der  Photographischen  Mittheilungen,  welche  über  die  Fort- 
schritte in  diesem  Gebiete  speciell  Bericht  erstatten. 

Wer  in  einem  dieser  Verfahren  arbeiten  will,  dem  empfehlen  wir 
nochmals  die  gröfste  Reinlichkeit  und  Sorgfalt  in  der  Behandlung  der 
Präparate.  Eine  geringe  Verunreinigung,  die  vielleicht  im  nassen 
Processe  ohne  Nachtheil  hingeht,  rächt  sich  im  Trockenverfahren 
oft  durch  gänzliches  Mifslingen.  Viele  Trockenplattenaufnahmen 
scheitern  allein  an  der  Anwendung  eines  nicht  ganz  reinen  destil- 
lirten  Wassers  (s.  Mr.  England  in  den  Photographischen  Mit- 
theiluogen,  Jahrgang  VI).  Aber  selbst  abgesehen  von  diesem  Um- 
stände, schreckt  die  langwierige  Herstellung  aller  Trockenplatten 


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340 


Haltbare  Positivpapiere. 


manchen  Arbeiter  ab.  Zeit  ist  Geld;  und  häufig  genug  ist  das  Bin- 
und  Auspacken  der  für  einen  Ausflug  nötbigen  Apparate  und  Chemi- 
ealien für  den  nassen  Procefs  mit  viel  weniger  Schwierigkeiten  und 
Zeitverlust  verbunden,  als  die  Präparation  einer  Anzahl  Trockenplatten. 
Von  Wichtigkeit  dürften  daher  die  Trockenplattenverfabren  erst  dann 
werden,  wenn  gute  Trockenplatten  für  deu  Handel  zu  einem  nicht 
zu  hohen  Preise  gefertigt  werden,  so  dafs  der  Photograph  die  Selbst- 
präparation ganz  erspart. 

b)  Haltbare  Positivpapiere. 

Mr.  G.  Wharton  Simpson  in  Loudon,  der  rühmlichst  bekannte 
Redacteur  der  Photographie  News,  empfahl  vor  vier  Jahren  an  Stelle 
des  Eiweifspapieres  ein  Papier,  welches  mit  einem  chlorsilberhaltigen 
Collodion  überzogen  worden  ist.  Solches  Papier  giebt  ebenso  schöne 
Copieen,  als  gesilbertes  Ei weifspapier,  und  zeigt  obenein  eine  Eigen- 
schaft, die  dem  Erfinder  entging,  nämlich  eine  ungewöhnlich 
lange  Haltbarkeit,  so  dafs  in  der  Art  hergestellte  Papiere,  falls 
sie  richtig  präparirt  sind,  wochenlang  unverändert  aufbewahrt  werden 
können,  während  gesilbertes  Albuminpapier  nach  einem  bis  drei  Tagen 
gelb  wird. 

Obernetter  in  München  fertigte  zuerst  ein  solches  Chlorsilber- 
collodionpapier  für  den  Handel,  welches  ausgezeichnete  Resultate  gab, 
leider  aber  eine  äufserst  leicht  verletzbare  Oberfläche  zeigte  und  sich 
im  Waschwasser  stark  rollte.  Späterhin  haben  Carre  in  Paris  und 
Ost  in  Wien  ähnliche  Präparate  geliefert.  Letzterer  hat  sein  Verfahren 
der  Herstellung  in  einer  kleinen  Brochüre  publicirt.  Wir  geben  das- 
selbe auszugsweise  unten.  Neuerdings  ist  ein  ganz  anders  zusammen- 
gesetztes haltbares  Ei  weifspapier  von  Schaeffner  & Mohr  in  Paris 
— kohlensaures  Silberpapier  genannt  — in  den  Handel  ge- 
bracht worden,  das  erst  durch  Räuchern  mit  Ammoniak  licht- 
empfindlich wird*),  und  ähnlich  wie  gewöhnliches  gesilbertes  Eiweifs- 
papier gehandhabt  wird,  während  die  Collodionpapiere  eine  etwas 
abweichende  Behandlung  erfordern.  Das  kohlensaure  Silberpapier 
zeichnet  sich  gegenüber  den  Collodionpapieren  durch  bedeutend  gröfsere 
Billigkeit  und  Haltbarkeit,  sowie  Widerstand  gegen  mechanische 
Verletzungen  aus. 

Es  ist  selbstverständlich,  dafs  man  eine  Chlorsilbercollodionschicht 
nicht  blos  auf  Papier,  sondern  auch  auf  Glas,  Holz,  Email  etc.  etc. 
auftragen  kann,  und  dieser  Umstand  giebt  ein  Mittel  an  die  Hand, 
Bilder  auf  beinahe  jedem  beliebigem  Material  zu  erzeugen,  entweder 
indem  man  die  betreifende  Fläche  direct  mit  dem  Chlorsilbercollodion 

*)  Wahrscheinlich  ist  dieses  Schaeffner’sche  Papier  nichts  weiter  als  gesilbertes 
und  gewaschenes  Albuminpapier  (s.  o.  S.  318). 


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Collodionpapier. 


341 


präparirt  und  darauf  deu  Copirprocefs  durch  macht  oder  indem  man 
das  Bild  auf  Collodionpapier  fertig  darstellt  und  dann 
das  Häutchen  mit  dem  Bilde  ablöst  und  auf  d en  betreffe n - 
den  Gegenstand  überträgt. 

Chlorsilbercollodion. 

Ost  wendet  zur  Herstellung  seiner  Collodionpapiere  zwei  Sorten 
Chlorsilbercollodion  an: 

Cnllodion  No.  1. 

Rohcollodion  (1|  bis  2J  pCt.  Wolle  haltend)  500  Gramm, 

Cblormagne8ium 4,5 

zu  diesem  Cblorinagnesiumcollndion  setzt  man  folgende  Lösung: 
Höllenstein  . . 11  Gramm, 

Wasser  ...  16 
Alkohol  40*  . 16 

Man  löst  zunächst  den  Höllenstein  durch  die  angegebene  Menge 
Wasser,  setzt  dann  den  Alkohol  hinzu,  giefst  die  fertige  Lösung  im 
Dunkeln  in  das  Chlormagnesiuincollodion  und  schüttelt  tüchtig.  Zu 
dem  so  hergestellten  milchigen  Chlorsilbercollodion  setzt  mau  unter 
Schütteln: 

Citronensäure  . 4 Gramm, 
gelöst  in  Wasser  ...  8 

Alkohol  40*  . . 8 

Das  so  hergestellte  Collodion  hält  sich  wochenlang. 

Collodion  No.  2. 

Rohcollodion  (wie  oben)  . . 625  Gramm, 

Cblormagnesium 3,75 

dazu  folgende  Silberlösung: 

Höllenstein  . . 16  Gramm, 

Wasser  ...  16 

Alkohol  40*  . 16 

und  später  dieselbe  Citronensäurelösung  wie  oben. 

Beide  Collodien  läfst  mau  zwei  Tage  ruhig  stehen,  giefst  sie  von 
dem  entstandenen  Bodensätze  ab  und  nimmt  sie  in  Gebrauch. 

Collodionpapier. 

Als  Unterlagspapier  für  dieses  Chlorsilbercollodion  benutzt  man 
am  besten  eine  Art  Glanzpapier,  die  man  nach  Ost  folgendermaßen 
herstellt.  Man  streicht  mittelst  eines  breiten  Pinsels  möglichst  gleich- 
mäßig eine  Gelatineeiweifslösung  auf  photographisches  Rohpapier, 
vertreibt  den  Anstrich  mittelst  eines  Dachshaarpinsels  und  läfst  ihn 
trocknen.  Der  getrocknete  Bogen  wird  ein  zweites  Mal  gestrichen, 
getrocknet,  geprefst  und  schliefslicb  gebürstet,  wodurch  er  glänzend 
und  satinirt  wird. 


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342 


Haltbare  Positivpapiere. 


Die  Gelatineeiweifslösung  wird  folgendermafsen  bereitet:  Das 

Weifse  von  zwanzig  Stück  Eiern  wird  zu  Schnee  geschlagen  und  durch 
Absetzen  geklärt,  die  klare  Lögung  mit  dem  gleichen  Volumen  einer 
lauwannen,  durch  Absetzen  geklärten  Gelatinelösung  (1  Theil  Gelatine, 
4£  Theil  Wasser)  gemischt  und  in  dieses  Gemenge  3 bis  4 Pfund 
Barytweifs  und  j Pfund  Federweifs  verrührt.  Die  Lösung  mufs  warm 
aufgetragen  werden. 

Das  Aufträgen  des  Collodions  auf  dieses  Papier  macht  sich  sehr 
einfach,  indem  man  das  Papier  mittelst  zwei  Stifte  auf  eine  glatte 
Holzunterlage  befestigt  und  das  Chlorsilbercollodion  gerade  so  auf- 
giefst,  wie  auf  eine  Glasplatte.  Man  überzieht  das  Papier  zunächst 
mit  Collodion  No.  1,  trocknet  durch  Aufhängen  an  Klammern,  dann 
mit  Collodion  No.  2,  indem  man  an  der  der  ersten  Abflufsecke 
gegenüberliegenden  Ecke  abtliefsen  läfst,  und  trocknet  abermals.  Das 
Papier  ist  somit  fertig. 

Obernetter’s  Collodionpapier  ist  im  Handel  fertig  zu  haben.  Die 
Zeit  des  Copirens  ist  bei  diesem  Papier  halb  so  lang,  wie  beim  Albu- 
minpapier und  empfiehlt  es  sich  deshalb  besonders  im  Winter  und  zu 
Vergröfserungen. 

Vor  dem  Vergolden  werden  die  Copieen  in  gewöhnlichem  Wasser 
gewaschen  (5 — 10  Minuten),  um  den  gröfsten  Theil  des  überschüssigen 
salpetersauren  Silberoxydes  zu  entfernen. 

I.  In  1|  Liter  destillirtem  Wasser  gelöst: 

Schwefelcyanammonium  ...  40  Gramm, 

unterschwefligsaures  Natron  . . 4 

II.  In  1$  Liter  destillirtem  Wasser  gelöst: 

Chlorgold 2 

oder  entsprechend  3 Gramm  Goldsalz. 

Diese  beiden  Lösungen  halten  sich  beliebig  lange.  Beim  Gebrauche 
mischt  man  je  nach  Bedarf  gleiche  Volumtbeile  beider  Lösungen  and 
kann  damit  sogleich  vergolden.  Auf  diese  Weise  ist  man  im  Stande, 
schnell  ohne  langweiliges  Abwiegen,  eine  kleine  Quantität  Goldbad 
für  ein  paar  Bilder  herzustellen.  Verstärkt  wird  ein  erschöpftes  Bad 
durch  Zusatz  einiger  Tropfen  Chlorgoldlösung. 

Haben  die  Copieen  den  gewünschten  Ton  erreicht  (2 — 10  Minuten), 
so  werden  sie  in  gewöhnlichem  Wasser  etwas  abgespült  und  in  fol- 
gender genau  zusammengesetzten  Lösung  fixirt: 

unterschwefligsaures  Natron  . 40  Gramm, 

gewöhnliches  Wasser  . . . 1000 

auch  hierzu  genügen  5 — 10  Minuten. 

Auswaschen,  wie  oben  beschrieben. 

Vor  dem  Aufkleben  ist  es  vortheilhaft,  die  Copieen  anzufeuchten, 
um  das  Rollen  zu  verhindern,  oder  besser,  sie  noch  fencht  aufzukle- 
ben. Durch  kräftiges  Satiniren  erhalten  sie  erst  ihre  volle  Schönheit. 


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IJebertragongspapicr. 


343 


Um  diese  Bilder  mechanisch  weniger  verletzbar  zu  machen,  em- 
pfiehlt Ost  folgenden  Firnifs  als  Ueberzug  der  fertigen  Bilder: 

Benzin  ....  2 Pfund, 

Gummi  elastic.  . 1 Loth,  . 

Mastix  ....  2 
Canadabalsam  . . j 

tJebertragungspapier  und  übertragene  Bilder. 

Als  Grundlage  des  Uebertragungspapiers  dient  ein  photographisches 
Papier,  welches  mit  Gelatinelösung  1 : 13  überstrichen  worden  ist.  Das 
Papier  wird  in  ähnlicher  Weise  mit  Chlorsilbercollodion  überzogen  wie 
eine  Negativplatte  mit  Negativcollodion,  jedoch  mit  dem  Unterschiede, 
dafs  das  Aufgiefsen  nach  dem  Trocknen  der  ersten  Schicht  wiederholt 
wird,  so  dafs  es  aber  die  beim  ersten  Ablaufen  nach  oben  gehaltene 
Ecke  abfliefst.  Auf  diese  Weise  wird  gröfsere  Gleichmäfsigkeit  er- 

zielt. Das  Papier  hält  sich  monatelang. 

Behufs  der  Bilderzeugung  copirt  inan  dieses  Papier  unter  einem 
Negativ,  wäscht,  tont  in  einem  Rbodangoldbade  wie  Obernetter,  und 
fixirt.  Diese  Operationen  dürften  den  meisten  Photographen  bekannt 
und  handlich  sein.  Anders  ist  es  mit  der  Uebertragungs- Operation, 
die  Hr.  Ost  folgendermafsen  beschreibt: 

Das  Uebertragen.  — Nach  dem  letzten  Waschen  haben  die 
Bilder  durch  das  Zusammenziehen  des  ziemlich  starken  Collodion- 
häutchens  das  Bestreben,  sich  zu  rollen,  was  bei  der  Uebertragung 
unangenehm  ist.  Man  kann  aber  diesen  Uebelstand  dadurch  leicht 
beben,  dafs  man  die  Bilder  einzeln  durch  warmes  Wasser  rasch  zieht; 
sie  werden  sofort  flach  und  verbleiben  in  diesem  Zustande,  wenn  sie 
daun  in  eine  zweite  Schale,  welche  mit  kaltem  Wasser  gefüllt  ist, 
übergelegt  werden.  Eine  solche  Operation  nimmt  nur  einige  Minuten 
bei  mehreren  Hundert  Bildern  in  Anspruch. 

Will  man  nun  auf  Glas  oder  Papier  übertragen,  so  wird  die 
Photographie  mit  der  Bildseite  auf  ein  Glaspapier*)  gelegt,  und  wäh- 
rend einer  halben  Minute  in  ziemlich  warmes  Wasser  getaucht;  sofort 
wird  sich  mit  der  gröfsten  Leichtigkeit  das  Papier  von  der  Collodion- 
schicht  (die  das  Bild  in  sich  schliefst)  abschieben  lassen.  Das  Glas- 
papier mit  dem  Colldionhäutchen  wird  sodann  auf  eine  hierzu  be- 
stimmte Glasplatte,  die  nur  um  etwas  gröfser  ist,  gebracht,  und  mit 
einem  breiten  Firnifspinsel  von  der  auf  dem  Collodion  noch  haftenden 
Gelatine  durch  warmes  Wasser  befreit,  welche  Operation  in  einigen 
Secunden  beendet  wird;  sodann  legt  man  einen  Carton **)  auf  ein 
Stückeben  reines  Fliefspapier , giefst  ungefähr  einen  Kaffeelöffel  voll 
dünn  gekochter  Gelatine  nach  folgendem  Verhältnifs  darauf: 
feine  Gelatine  1 Loth, 

Wasser  . . 25  - 

hebt  das  Glaspapier  mit  dem  Collodionbildchen  vom  Glase  und  drückt 
es  mit  der  Bildseite,  dem  Carton  zugewendet,  auf  die  Oberfläche  der 

*)  Glaspapier  ist  ein  mit  gutem  Copalfimüs  gestrichenes  Papier,  das  dadurch 
eine  glasilhnliche  Durchsichtigkeit  erlangt. 

**)  Verwendet  mnn  Lackcarton,  so  erhält  das  Bild  nach  dem  Trocknen  einen 
glasähnlichen  Glanz.  Gewöhnliche  Cartons  beeinträchtigen  die  Schönheit  dieser  Bilder. 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  23 


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344 


üebertragungspapier. 


Gelatine;  streift  mit  dem  Firnifspinsel  einige  Male  über  das  Glas- 
papier, wodurch  die  überflüssige  Gelatine  herausgedrückt  wird,  und 
hebt  das  Glaspapier,  an  einer  Ecke  fassend,  vorsichtig  vom  Carton. 
Das  Collodionbild  ist  jetzt  auf  den  Carton  übertragen  und  die  schwachen 
Falten,  die  das  Häutchen  noch  bildet,  werden  nach  dem  Trocknen 
vollkommen  glatt. 

Zu  diesem  Zweck  legt  man  die  fertigen  Bilder  auf  grofse  Bogen 
Papier,  die  früher  mit  einem  Theil  Schweinefett  und  einem  Theil 
Wachs  heifs  eingelassen  wurden;  es  wird  dadurch  das  Ankleben  der 
Lackcartons,  an  deren  Kanten  die  Gelatinelösung  haftet,  verhütet. 

Solche  mit  Fett  präparirte  Bogen  können  Jahre  lang  benutzt 
werden. 

Das  Uebertragen  auf  Glas  geschieht  auf  gleiche  Weise,  nur  dafs 
statt  Carton  Glas  genommen  wird  und  man  stark  exponirte  Bilder 
wählt. 

Bei  dem  Uebertragen  sorgt  man,  dafs  zwischen  dem  Collodion- 
bäutchen  sowie  dessen  Unterlage  (nämlich  Carton,  Glas  oder  Porzellan- 
platten  u.  s.  w.)  sich  keine  Luftblasen  befinden.  Man  gelangt  zu  dieser 
Fertigkeit  nach  kurzer  Uebung  durch  das  Auflegen  auf  die  Gelatine, 
sowie  das  Herausstreichen  derselben  mit  dem  Firnifspinsel. 

Ferner  ist  noch  zu  bemerken,  um  während  des  Uebertragens 
fortwährend  warmes  Wasser  zu  haben,  dafs  man  folgende  Einrichtung 
treffe.  Auf  den  Arbeitstisch  wird  ein  eiserner  Dreifufs  von  ungefähr 
3 Zoll  Höhe  und  auf  diesen  eine  mit  Email  glasirte  Casserolle  gestellt 
(derlei  Gefäfse  sind  in  jeder  Kochgeschirr-Handlung  zu  bekommen); 
die  Casserolle  soll  9 bis  10  Zoll  Durchmesser  und  ungefähr  3 Zoll 
Tiefe  halten ; diese  wird  zur  Hälfte  mit  Wasser  gefüllt,  welches  durch 
eine  Spirituslampe  erwärmt  wird.  Das  Wasser  benutzt  man  zum  Ab- 
ziehen, zum  Reinigen  der  Bilder  von  der  Gelatine  und  zur  Nafs-  und 
Warmhaltung  des  breiten  Pinsels,  sowie  zur  Erwärmung  der  Gelatine. 

Uebertragen  auf  ovale  oder  runde  Porzellanplatten.  — 
Das  Uebertragen  auf  ovale  oder  runde  Porzellanplatten  unter- 
scheidet sich  dadurch,  dafs  das  Klebemittel  keine  Gelatine,  sondern 
Copalfirnifs  ist. 

Will  man  eine  Broche  auf  Porzellan  oder  Emailplatte  anfertigen, 
so  schneidet  man  das  zum  Uebertragen  bestimmte  Bild  auf  jeder  Seite 
um  J Zoll  gröfser  als  die  Platte  ist,  legt  es  (mit  der  Bildseite)  auf 
das  Glaspapier,  befreit  es  von  Papier  und  Gelatine  durch  warmes 
Wasser,  ebenso  wie  bei  dem  frühem  Procefs;  dann  bestreicht  man 
die  Ränder  und  die  Oberfläche  der  Porzellanplatte  mit  leichtem  Copal- 
firnifs, der  mit  Chloroform  sehr  verdünnt  ist,  ungefähr  1 Theil  Copal- 
firnifs und  5 bis  6 Theile  Chloroform.  Diese  Lösung  bewahrt 

man  in  einem  gut  verkorkten  Fläschchen  und  nimmt  während  des 
Gebrauches  nur  kleine  Quantitäten  heraus,  da  Chloroform  sich  sehr 
schnell  verflüchtigt. 

Das  Aufträgen  des  Firnisses  geschieht  mit  einem  mittelgrofsen 
Fischpinsel,  und  mufs  in  raschen  gleichmäfsigcn  Strichen  nnd  sehr 
mager  geschehen,  d.  h.  der  Pinsel,  womit  der  Anstrich  bewirkt  wird, 
darf  nur  sehr  wenig  Firnifs  fassen  und  nur  halb  nafs  sein.  — 
Die  gefirnifste  Platte  wird  nun  an  den  Rand  des  Tisches  gelegt, 
worauf  das  Collodionhäutchen  angedrückt  und  vom  Glaspapier  befreit 
wird;  das  vorstehende  Häutchen  schlägt  man  um  die  Ränder  der 


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Transparenfpositive. 


345 


Platte,  und  spannt  das  Bild,  indem  man  so  viel  als  möglich  die  sich 
bildenden  Falten  zu  beseitigen  sucht.  — Das  weitere  Ausgleichen  und 
Glätten  wird  durch  anfangs  leichteres,  später  festeres  Anreiben  mit 
feiner  Baumwolle  (solche,  wie  man  sie  zum  Collodion - Filtriren  ge- 
braucht) bewirkt. 

Es  ist  nicht  zu  läugnen,  dafs  das  Uebertragen  auf  Medaillons  mit 
Firnifs  eine  gewisse  Uebung  erfordert,  und  anfänglich  werden  Ver- 
suche öfters  mifslingen;  jedoch  wenn  man  eipmal  die  Schwierigkeiten 
überwunden  und  sich  den  Vortbeil  angeeignet  hat,  dann  geht  die 
Sache  rasch  und  ohne  Anstand.  Ost  sagt:  „Ich  übertrage  gegen 
vierzig  Medaillons  in  einer  Stunde,  ohne  dafs  Eines  mifsglückt. 

An  den  verunglückten  Platten  haftet  die  Collodionschicht  fest 
an  dem  Porzellan,  und  ist  sehr  schwer  vollkommen  zu  entfernen ; am 
besten  reinigt  man  diese,  wenn  sie  über  Nacht  in  Aetzlauge  gelegt 
werden. 

Gegenstände,  die  durch  Umschlagen  nicht  gespannt  werden 
können,  lassen  sich  mit  Copalfirnifs  nicht  übertragen,  weil  sich  das 
Collodionhäutchen  durch  den  Firnifs  zusammenzieht  und  dadurch 
runzlig  wird. 

Bei  Vasen,  Schalen,  Trinkbechern  und  Gläsern,  Tassen,  Flaschen 
etc.,  die  dem  öfteren  Gebrauch  und  Waschen  ausgesetzt  sind,  darf 
das  Uebertragen  nicht  mit  Gelatine  geschehen,  weil  diese  sehr  leicht 
in  Wasser  löslich  ist;  bei  solchen  Gegenständen  erreicht  man  eine 
unlösliche  Uebertragungs  - Photographie,  wenn  statt  Gelatine  Albumin 
(Eiweifs)  angewendet  wird.  Zu  diesem  Zwecke  schlägt  man  das 
Weifse  von  mehreren  Eierir  zu  Schnee  und  läfst  es  durch  Absetzen 
klären.  Dieses  abgesetzte  und  leicht  flüssige  Eiweifs  benutzt  man 
statt  der  Gelatinelösung.  Das  Collodionhäutchen  haftet  sehr  gut 
daran. 

Schliefslich  werden  die  mit  Photographieen  auf  solche  Art  ge- 
zierten Gegenstände  durch  langsames  Erwärmen  bis  zu  ungefähr 
70  Grad  Reaumur  erhitzt,  wodurch  das  Eiweifs  coagulirt  und  in 
Wasser  unlöslich  wird. 

Positive  Bilder  direct  auf  Olas  copirt  und  Reproduction  von 
Negativen. 

Das  Weifse  von  vier  Eiern  wird  mit  vier  Unzen  Wasser  zu  Schnee 
geschlagen,  absetzen  gelassen,  durch  ein  Tuch  filtrirt  und  gut  ge- 
waschene Glasplatten  damit  überzogen.  Man  hilft  der  Vertheilung 
der  Eiweifsschicbt  durch  einen  Glasstab  nach  und  läfst  die  Platten 
an  einem  staubfreien  Orte  trocknen.  Die  Platten  halten  sich  monate- 
lang. Sie  werden  behufs  der  Präparation  erst  mit  dem  Collodion 
No.  1,  dann  nach  dem  Trocknen  mit  dem  Collodion  No.  2 überzogen, 
gut  getrocknet  und  im  Copirrahmen  unter  einem  Negativ  mit  hinter- 
gelegtem schwarzen  Tuche  copirt.  Das  Controlliren  der  Copie  ist 
leicht,  da  dieselbe  durch  das  Glas  hindurch  sichtbar  wird.  Die  Copieen 
müssen  kräftig  gehalten  werden.  Man  wäscht  die  Platten,  tont  und 
fijcirt  sie  wie  Collodionpapier  (s.  o.)  und  hat  so  ein  schönes  Trans- 
parentpositiv , was  mechanischen  Verletzungen  auch  ohne  Firnifs 
widersteht*). 


*)  Das  Verfahren  ist  natürlich  nur  für  ebene  Negative  anwendbar. 

23* 


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Reproduction  von  Negativen  mit  Chlorsilbercollodion. 


846 


Wiederholt  inan  diesen  Procefs,  so  kann  man  nach  dem  Positiv 
leicht  ein  neues  Negativ  fertigen.  Jedoch  bedarf  man  dazu  einer 
sehr  intensiven  Copie,  und  empfiehlt  es  sich,  ein  zu  diesem  Zweck 
hergestelltes  Positiv  gar  nicht  zu  tonen,  sondern  sogleich  zu  fixiren, 
wodurch  es  eine  braune,  chemisch  u nd u rch sich tige  Farbe  erhält. 

Wünscht  man  eine  vergröfserte  Copie,  so  verfährt  man  mit  dem 
Positiv,  wie  unten  angegeben. 

Monckhoven  publicirte  neuerdings  einige  höchst  wichtige  An- 
gaben über  die  Reproduction  von  Negativen  mittelst  Chlorsilbercollo- 
dion*). Er  sagt: 

„Ich  habe  mich  in  letzter  Zeit  viel  mit  dem  Chlorsilber-Verfahren  be- 
schäftigt und  gebe  hiermit  einige  Aufklärungen,  welche  den  Photogra- 
phen behülflich  sein  werden,  mit  Erfolg  neue  Negative  zu  erzeugen. 

„Ich  habe  früher  geglaubt,  man  müsse  die  mit  Chlorsilbercollodion 
präparirten  Platten  überexponiren,  um  kräftige  Resultate  zu  erhalten. 
Aber  ich  habe  bald  meinen  Irrthum  erkannt  und  zu  gleicher  Zeit  eine 
Entdeckung  gemacht,  deren  praktische  Wichtigkeit  Niemandem  entgehen 
wird. 

„Bei  den  Chlorsilberplatteu  tritt  gerade  dieselbe  unvorhergesehene 
Erscheinung  der  Solarisation  auf,  wie  bei  den  Jodsilberplatten,  so 
zwar,  dafs,  wenn  man  eine  solche  Platte  zu  lange  der  Einwirkung  des 
Lichtes  anssetzt,  alle  Schattenpartieen  durch  Reflexion  den  wohlbekann- 
ten metallischen  Schimmer  annehmen,  in  der  Durchsicht  jedoch  einen 
rothen  Ton,  in  welchem  nach  und  nach  alle  Details  verschwinden. 
Das  ist  der  Anfang  der  Solarisation  oder  Uebcrexponirung. 

„Das  Licht  wirkt  auf  Chlorsilber  (mit  Ueberschufs  von  salpetersau- 
ren] Silber)  gerade  so,  wie  unter  denselben  Bedingungen  auf  Jodsilber, 
d.  h.  bis  zu  einem  gewissen  Punkte,  von  welchem  an  es  in  sei- 
ner Wirksamkeit  ein  Zurückgehen  des  Bildes  verursacht. 

„Ich  habe  nun  versucht,  die  Solarisation  der  Chlorsilberplatten  zu 
vermeiden  oder  wenigstens  hinausznschieben,  und  es  gelang  mir  dies, 
indem  ich  dieselben  den  Dämpfen  von  Ammoniak  aussetzte. 

„Wenn  man  eine  Chlorsilberplatte  in  zwei  Hälften  schneidet,  die 
eine  den  Ammoniakdämpfen  aussetzt  und  beide  unter  einem 
Negativ  copirt,  so  ist  der  Unterschied  auffällig,  die  eine  solarisirt  sich 
sehr  bald,  die  andere  giebt  ein  kräftiges  Bild  ohne  die  Erscheinung 
der  Solarisation. 

„Nach  diesen  theoretischen  Ausführungen  theile  ich  nun  meine  Art 
zu  arbeiten  mit. 

„Ich  bereite  abgesondert  folgende  Lösungen: 

A.  Normalcollodion, 

Collodionwolle  1 Gramm, 

Aether  40  Kubikcentimeter, 

Alkohol  40 

„Ich  lasse  sehr  gut  absetzen  und  bediene  mich  nur  des  ganz  klaren 
Theiles. 

B.  Chlormagnesium  1 Gramm, 

Alkohol  38“  10  Kubikcentimeter. 

„Nach  geschehener  Auflösung  wird  filtrirt. 

*)  Siehe  Photographische  Miltheilungen.  VI.  Jahrgang.  Decemberheft  S.  212. 


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Reproduction  von  Negativen  mit  Chlorsilbercollodion. 


347 


C.  Silbernitrat  in  Pulver  20  Gramm, 

destill.  Wasser  • 30  Kubikcentimeter, 

Alkohol  70 

„ Zuerst  wird  das  Silber  im  Wasser  aufgelöst,  dann  der  Alkohol 
zngesetzt  und  zuletzt  filtrirt. 

D.  Citronensäure  in  Pulver  18  Gramm, 

siedendes  Wasser  18  Kubikcentimeter, 

Alkohol  162 

„Die  Citronensäure  wird  zuerst  in  kochendem  Wasser  aufgelöst  und 
nach  Zusatz  des  Alkohols  die  Lösung  filtrirt. 

„Um  das  Collodion  zusammenzusetzen,  nimmt  man  eine  der  brau- 
nen Flaschen,  in  welche  man  die  Moselweine  füllt,  denn  in  diesen  Fla- 
schen hält  sich  das  Collodion  bei  offenem  Lichte  weifs,  giefst  in  selbe 
600  Kubikcentimeter  des  Normalcollodions  A und  50  Kubikcentimeter 
der  Chlormagnesiumlösung  B,  schüttelt  sehr  gut,  dann  fügt  man  60  Ku- 
bikcentimeter der  Siiberlösung  C hinzu,  schliefst  die  Flasche  und 
schüttelt  sehr  stark  durch  einige  Minuten.  Nun  fügt  man  40  Kubik- 
centimeter der  Citronensäurelösung  D hinzu,  schüttelt  nochmals  und 
bedient  sich  des  Collodions  erst  8 — 10  Tage  nach  der  Bereitung,  denn 
es  wird  durch  Aelterwerden  | besser. 

„Ich  mufs  den  Leser  aufmerksam  machen,  dafs  er  sich  genau  an 
die  oben  angeführten  Formeln  halte,  denn  die  Präparation  des  Chlor- 
silbercollodions  mufs  mit  Pünktlichkeit  geschehen.  Ist  zu  wenig  Sil- 
ber da,  so  ist  das  Collodion  ganz  unempfindlich  gegen  das  Licht,  ist 
zu  viel  Silber  da,  so  krystallisirt  dasselbe  auf  der  Oberfläche  der  Plat- 
ten. Im  ersten  Falle  setzt  man  Silbersalz  zu,  in  letzterem  Chlor- 
magnesium. 

„Dieses  Collodion  hat  eine  opalisirende  Farbe  und  darf  keinen 
Niederschlag  absetzen,  wenn  es  richtig  bereitet  wurde. 

„Die  Platten  werden  nach  sorgfältiger  Reinigung  mit  Albumin,  wel- 
ches mit  seinem  Volumen  Wasser  verdünnt  ist,  überzogen,  gut  getrock- 
net und  sodann  collodionirt.  Aber  das  Collodion  mufs  aufserordentlich 
langsam  ansgegossen  werden,  damit  man  eine  recht  dicke  Schicht  er- 
hält. Es  ist  diese  Art  viel  besser,  als  wenn  man  die  Platten  mit  einer 
doppelten  Collodionschicht  versieht,  weil  beinahe  immer,  wenn  man 
nicht  mit  ungewöhnlicher  Geschicklichkeit  verfährt,  der  zweite  Collo- 
dion-Aufgufs  die  erste  Schicht  theilweise  auflöst.  Bevor  man  nun  die 
Chlorsilberplatten  exponirt,  setzt  man  sie  den  Ammoniakdämpfen  aus. 

„Man  giefst  das  Ammoniak  auf  ein  Ubrglas,  welches  man  auf  den 
Boden  eines  mit  horizontalen  Falzen  versehenen  Kastens  stellt.  Die 
Platten  werden  3 oder  4 Zoll  hoch  über  der  ammoniakhaltenden  Schale 
eingeschoben  und  3 Minuten  den  Dämpfen  ausgesetzt,  danach  eine 
halbe  Stunde  an  der  Luft  gelassen  und  sodann  mit  dem  Negativ  im 
Copirrahmen  zusammengebracht. 

„Die  Färbung  und  Fixirung  gehen  nach  den  obigen  Angaben  vor 

sich. 


Copirverfahren  mit  Entwicklung. 

Wie  bereits  früher  bemerkt,  hat  sich  bis  jetzt  das  directe 
Copirverfahren  trotz  seiner  grofsen  Langsamkeit  dennoch  durch 
die  Vorzüglichkeit  seiner  Producte  den  Vorrang  vor  dem  Copirverfahren 


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348  Copinrerfahren  mit  Entwicklung.  — Vergröfserungen. 

mit  Entwicklung  behauptet.  Es  giebt  jedoch  Fälle,  wo  man  ein 
empfindliches  Verfahren  unter  Umständen  vorzieht,  z.  B.  bei  Herstellung 
vergröfserter  Bilder  bei  schwachem  Licht,  sowie  zur  Herstellung 
von  Drucken  in  grofser  Anzahl  für  einen  Zweck,  wo  es  mehr  auf 
Billigkeit  als  auf  Schönheit  ankommt.  Für  solche  Zwecke  hat  man 
vielerlei  Verfahren  versucht,  besonders  präparirte  Papiere  in  Anwen- 
dung gebracht  etc.  Sehr  schöne  Resultate  für  gedachten  Zweck  giebt 
das  Collodionpapier.  Jedoch  ist  dasselbe  nur  bei  frischer  Prä- 
paration zum  Entwicklungsprocefs  geeignet.  Solche  Präparation  kann 
jedoch  jetzt,  wo  das  fertige  Chlorsilbercotlodion  sowohl  als  auch 
fertiges  Gelatineglanzpapier  (s.  o.)  im  Handel  zu  haben  ist,  keine 
Schwierigkeiten  bieten. 

Obernetter  empfiehlt  behufs  der  Herstellung  entwickelter  Bilder 
auf  Collodionpapier:  Belichten,  bis  die  Contouren  der  Bilder 
sichtbar  sind,  dann  Eintauchen  in  folgende  Lösung: 

Wasser  ....  1000  Theile, 

Pyrogallussäure  . \ 

Citronensäure  . . ^ — j 

Ist  das  Bild  hinreichend  kräftig  entwickelt,  so  wäscht,  tont  und 
fixirt  man  es  wie  gewöhnliche  Collodionpapierbilder  (Monckhoven’s 
Entwicklungscopirprocefs  folgt  unten). 


Vergröfserungen. 

Häufig  wird  dem  Photographen  die  Aufgabe  gestellt,  nach  einem 
kleinen  Negative  ein  vergröfsertes  positives  Bild  zu  liefern.  Verschie- 
dene Verfahren  führen  hierbei  zum  Ziele. 

Jede  Linse  entwirft  bekanntlich  von  einem  Gegenstände,  der 
weiter  als  die  doppelte  Brennweite  entfernt  ist,  verkleinerte  Bilder, 
von  einem  Gegenstände,  der  innerhalb  der  doppelten  und  einfachen 
Brennweite  liegt,  dagegen  vergröfserte  (s.  S.  156). 

Eine  Visitenkartenlinse  giebt  z.  B.  ein  3 Zoll  hohes  Bild  eines 
20  Fufs  entfernten  Menschen  von  5 Fufs  Höhe,  umgekehrt  kann  die- 
selbe Linse  von  einem  in  dieser  Weise  gewonnenen  Negative  ein 
lebensgrofses  Bild  in  20  Fufs  Entfernung  liefern.  Nun  vermin- 
dert sich  jedoch  die  Helligkeit  eines  solchen  Bildes  nach  Mafsgabe 
der  Flächenvergröfserung,  und  es  ist  daher  klar,  dafs,  wenn  man  ein 
lichtstarkes  optisches  Bild  der  Art  erzeugen  will,  man  das  in  der 
Entfernung  der  Brennweite  bei  der  Linse  angebrachte  Negativ  um  so 
kräftiger  beleuchten  mufs,  je  stärker  die  Vergröfserung  ist. 

Für  mäfsige  Vergröfserungen  (sechs-  bis  achtfach)  genügt 

1}  Das  indirecte  Copirverfahren. 

Man  fertigt  bei  diesem  zunächst  mit  den  gewöhnlichen  Cbemica- 
lien  ein  Transparentpositiv  in  der  Camera  oder  mit  Chlorsilbercol- 
Jodion  in  Originalgröfse  und  danach  ein  vergröfsertes  Negativ. 


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Vergrößerung  in  der  Camera. 


349 


Man  bedient  sich  dazu  zweier  Cameras,  die  mit  ihren  Kopfenden 
aneinander  gesetzt  werden;  aus  der  einen  Camera  ist  das  Objectiv 
herausgeschraubt.  Das  Objectiv  der  zweiten  Camera  ragt  dann  in 
die  erste  Camera  hinein.  Letztere  dient  eigentlich  nur  als  passende 
Stellage  zur  Aufstellung  des  Negativs  und  Abhaltung  von  Nebenlicht. 
Man  befestigt  das  Negativ,  an  dem  man  bereits  die  nöthige  Retouche 
angebracht  hat,  in  der  Cassette  der  letzteren  Camera  mit  Hülfe  von 
Wacbspfropfen  und  setzt  die  Cassette  in  die  erste  Camera  ein.  Das 
ganze  System  placirt  man  auf  einem  langen  und  soliden  Stativ,  wel- 
ches man  am  besten  einem  Fenster  mit  vollkommen  freiem  Himmels- 
licht gegenüberstellt. 

Ich  pflege  dergleichen  Arbeiten  im  Atelier  vorzunehmen,  indem 
ich  die  Basis  des  Stativs  schief  nach  oben  richte  und  das  ganze  Atelier 
bis  auf  eine  Oeffnung  von  circa  10  Fufs  Breite  und  Höhe  zuziehe. 
Dieser  OefFnung  gegenüber  placire  ich  das  Stativ  mit  den  Cameras. 

Sehr  empfehlenswerth  ist  es,  alles  überflüssige  Licht  abzuschliefsen. 
Füllt  nämlich  Licht  von  der  Rückseite  auf  das  Negativ,  so  erscheint 
dasselbe  theilweise  positiv,  indem  die  Glasfläche  Licht  reflectirt. 
Natürlich  kann  dadurch  ein  ganz  falscher  Effect  hervorgebracht  werden, 
und  daher  deckt  man  während  der  Exposition  über  die  Verbindungs- 
stelle der  beiden  Cameras  lieber  ein  schwarzes  Tuch.  Aber  auch 
das  durcb  die  hellen  Ränder  des  Negativs  fallende  Licht  ist  nach- 
theilig, es  gelangt  durcb  das  theilweise  wie  ein  Fenster  wirkende 
Objectiv  als  diffuses  Liebt  in  die  Camera  und  stört  die  Klarheit 
der  durchsichtig  bleiben  sollenden  Stellen  des  zu  erzeugenden  Collo- 
dionbildes. 

Man  setzt  demnach  eine  undurchsichtige  Maske  vor  das  Negativ, 
in  der  nur  eine  Oeffnung  gelassen  ist,  grofs  genug,  das  Bild  zu  be- 
leuchten. Störend  wirken  ferner  Fensterkreuze  und  ähnliche  dunkle, 
in  der  Sehrichtung  des  Apparates  liegende  Gegenstände;  um  diese 
unschädlich  zu  machen,  bringt  man  eine  feine  matte  Scheibe  vor  das 
Negativ,  so  dafs  das  Licht  diese  erst  passiren  tnufs,  ehe  es  auf  das 
Negativ  fällt.  Den  hinteren  Deckel  der  Cassette,  in  welcher  das 
Negativ  ruht,  hindert  man  durch  irgend  eine  einfache  Vorrichtung 
am  Zuklappen  (bei  seitwärts  aufgehenden  Deckeln  ist  dies  nicht 
nötbig). 

Als  Objectiv  wählt  man  eine  correct  zeichnende  Linse  von  kurzer 
Brennweite.  Visitenkartenobjective  von  4 Zoll  Brennweite,  ebenso 
Triplets,  Aplanats  erfüllen  diesen  Zweck.  Der  Auszug  der  hintern 
Camera  mufs  natürlich  um  so  gröfser  sein,  je  gröfser  das  Bild  werden 
soll.  Visiten-  und  Tripletobjective  müssen  dabei  verkehrt  (die 
Hinterlinse  nach  vorn)  an  die  Camera  geschraubt  werden.  Wünscht 
man  z.  B.  ein  neunfach  vergröfsertes  Negativ,  so  stellt  man  so  ein, 
dafs  man  zunächst  ein  dreifach  vergröfsertes  Positiv  erhält.  Wenn 
man  nach  diesem  mit  unveränderter  Stellung  des  Apparates  die 
Aufnahme  wiederholt,  so  erhält  man  wiederum  eine  dreifache  Ver- 
gröfserung,  also  schliefslich  eine  3 X 3 ==  neunfache.  Man  hat  auf 
diese  Weise  nur  eine  einfache  scharfe  Einstellung  nöthig.  Man  blendet 
dann  nach  Genüge  ab.  Die  Exposition  wähle  man  ja  nicht  zu 
kurz.  Das  entwickelte  Positiv  mufs  in  der  Durchsicht  genau  die- 
selben zarten  Details  in  den  Licht- und  Halbtönen  zeigen, 
welche  ein  feines  Papierpositiv  nach  demselben  Negativ 


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350 


Camerapositive. 


zeigt.  Bin  fein  dnrchgearbeitetes,  möglichst  scharfes 
und  weiches  Positiv  ist  für  Herstellung  von  Vergröfse- 
rungen  unerläfslich.  Der  Anfänger  glaube  nur  nicht,  dafs  er 
am  Ziele  ist,  wenn  er  eine  saubere  Positivplatte  erzielt  hat.  Er  prüfe 
dieselbe,  ehe  er  weiter  arbeitet,  auf  das  Sorgfältigste  auf  ihren  Reich- 
thnm  an  Details.  Davys  sagt,  dafs  das  Positiv  so  lange  exponirt 
sein  soll,  dafs  es  selbst  in  den  hellen  Theilen  einen  leisen  Niederschlag 
zeigt.  Verstärkung  ist  nicht  nöthig.  Hat  man  ein  feines  Positiv 
gewonnen,  so  fertigt  man  nach  demselben  das  vergröfserte  Negativ 
in  demselben  Apparat.  Man  kann  auch  ein  Positiv  auf  Chlorsilber- 
collodion  mit  Hülfe  des  directen  Copirverfahrens  (s.  o.)  fertigen  und 
danach  das  vergröfserte  Negativ  machen.  Es  dürfte  jedoch  die  Ar- 
beit mit  der  Camera,  abgesehen  vom  Ein  stellen,  was  bei  Vergröfse- 
rungen  etwas  Geduld  erfordert,  bequemer  sein. 

Es  ist  von  grofsem  Vortheil  für  das  Einstellen,  wenn  man  die 
äquivalente  Brennweite  des  Objectivs  kennt  (s.  S.  196).  Man  kann 
alsdann  Negativ  und  Visirscbeibe  ungefähr  in  die  aus  der  äquivalenten 
Brennweite  berechnete  Entfernung  setzen  und  spart  ein  mühsames 
Ausziehen  und  Zusammenschieben , behufs  Aufsuchung  der  richtigen 
Entfernung.  Für  Bilder  in  Originalgröfse  ist  so  z.  B.  die  Entfernung 
des  Originals  (Negativ)  sowohl  als  die  der  Collodionplatte  gleich  dem 
Doppelten  der  Brennweite.  Für  Vergröfserungen  ist  die  Entfernung 
des  Originals  kleiner  als  das  Doppelte  der  Brennweite.  Meagher  in 
London  hat  eine  lange  Balgcamera  construirt,  die  in  der  Mitte  des 
Balges  einen  Einsatz  zur  Befestigung  des  Objectivs  bat  und  in  deren 
Vordertheil  man  das  Negativ  leicht  einsetzen  kann.  Sämmtliche 
Theile  lassen  sich  durch  Schrauben  ohne  Ende  leicht  nähern  und 
entfernen  und  dadurch  die  scharfe  Einstellung  leicht  erreichen.  Wer 
viel  derartige  Arbeiten  zu  machen  hat,  thut  wohl,  Marken  an  der  Camera 
anzubringen,  welche  die  Entfernung  angeben,  bis  zu  welcher  man 
dieselbe  bei  verschiedenen  Vergröfserungen  auszuziehen  hat. 

Dringend  nöthig  ist  die  Vermeidung  jeglicher  Erschütte- 
rung während  der  Exposition.  Jede  noch  so  kleine  Bewegung  wird 
durch  die  Vergröfserung  potenzirt  und  veranlafst  Unschärfe.  Man 
sorge  daher  für  eine  solide  Basis  und  vermeide  Umherlaufen,  Thüren- 
schlagen  etc.  Mitunter  wird  beim  Oeffnen  des  Objectivs  eine 
Erschütterung  verursacht.  Wir  pflegen  den  Deckel  desselben  gar  nicht 
aufzusetzen,  sondern  das  Zulassen  und  Abschliefsen  des  Lichts  mit 
Hülfe  eines  schwarzen  leichten  Pappdeckels  vorzunehmen,  den 
wir  vor  das  Negativ  stellen  und  leicht  wegnehmen  behufs  der  Expo- 
sition. Noch  ist  zu  bemerken,  dafs  man  gut  thut,  das  bei 
der  ersten  Arbeit  erzielte  Transparentpositiv  einer  sorg- 
samen Retouche  zu  unterwerfen,  ehe  man  danach  ein 
N egativ  fertigt. 

Man  kann  auf  diese  Weise  Negative  erzielen,  welche  sogar  in 
künstlerischer  Hinsicht  das  Original  übertreffen.  Nach  dem  vergröfser- 
ten  Negativ  erzielt  man  ein  Positiv  in  der  gewöhnlichen  Weise. 


2)  Das  directe  Copirverfahren. 

Bei  diesem  wird  das  vergröfserte  Bild  unmittelbar  auf  licht- 
empfindlichem Papier  aufgefangen  und  entweder  auf  demselben 


Directe  Vergröfserungen. 


351 


auscopirt  oder  durch  Entwicklung  herausgebracht.  Für  letztem  Fall 
reicht  man  mit  einem  schwachen  Lichte  aus;  für  den  ersten  Fall  be- 
darf es  jedoch  einer  höchst  intensiven  Beleuchtung  des  betreffenden 
Negativs,  und  diese  bewerkstelligt  man  durch  Sonnenstrahlen, 
welche  man  entweder  unmittelbar  oder  mit  Hülfe  eines  Reflectors  auf 
das  Negativ  senkrecht  fallen  läfst,  resp.  mit  Hülfe  einer  grofsen  Be- 
leuchtungslinse darauf  concentrirt.  Es  sind  für  diesen  Zweck  besondere 
Vergröfserungsapparate  construirt  worden. 

Im  Allgemeinen  ist  die  Abhängigkeit  der  Vergröfserungsarbeit 
vom  Sonnenlicht  ein  grofses  Hindernifs  der  Anwendung,  namentlich 
in  nordischen  Gegenden,  wo  ohnehin  die  Strahlen  der  Sonne  eine 
sehr  geringe  Kraft  besitzen  (s.  S.  138).  Für  diese  Regionen  würde 
sich  die  Anwendung  eines  Copirverfahrens  mit  Entwicklung 
(8.  u.)  besser  empfehlen  als  das  directe. 

Bei  Auswahl  der  Negative  zu  Vergröfserungen  ist  zu  beachten, 
dafs  jeder  noch  so  kleine  Fehler  mit  vergröfsert  wird,  dafs  demnach 
diese  Negative  wahre  Nonplusultras  in  Bezug  auf  Schärfe,  Klar- 
heit, Weichheit  und  Reinheit  des  Glases  sein  müssen.  Ge- 
wöhnlich pflegt  man  für  das  directe  Copirverfahren  nicht  lackirte 
Negative  anzuwenden,  da  die  feinen  im  Lack  suspendirten  Unreinig- 
keiten hierbei  schon  störend  wirken  und  obenein  der  Lack  durch  die 
starke  Hitze  der  concentrirten  Sonnenstrahlen  leicht  erweicht. 

Für  mäfsige  Vergröfserungen  genügt  eine  lange  grofse  Camera, 
für  stärkere  nimmt  man  jedoch  lieber  eine  für  diesen  Zweck  extra 
hergerichtete  Dunkelkammer,  deren  Anlage  sich  jedoch  nur  für  den 
Fall  grofser  Nachfrage  lohnt. 

Im  Allgemeinen  haben  in  Norddeutschland  die  Vergröfserungen 
ein  nur  kleines  Publicum,  und  wird  deshalb  die  Herstellung  derselben 
nur  von  einzelnen  Ateliers  besorgt,  die  für  diesen  Zweck  auch  Auf- 
träge nach  eingesendeten  Negativen  übernehmen  , so  z.  B.  Hr. 
Schwarz  in  Brandenburg  und  Hr.  Harnecker  in  Wriezen. 

Um  den  Lesern  von  der  Einrichtung  eines  Vergröfserungsetablisse- 
ments  einen  Begriff  zu  geben , publiciren  wir  nachfolgend  die  Be- 
schreibung des  Monckhoven’schen  Apparats. 

Derselbe  läfst  sich  in  einem  verdunkeltem  Zimmer  von  4 — 5 Meter 
(13 — 16  Fufs)  Länge  aufstellen,  dessen  Fenster  ungefähr  nach  Süden 
geht.  Vor  dem  Fenster  ist  ein  Spiegel,  Fig.  94,  ganz  aus  Eisen  con- 
struirt, angebracht.  Mittelst  der  Kurbel  G und  des  Getriebes  F giebt 
man  ihm  eine  solche  Stellung,  dafs  das  gebrochene  Strahlenbündel 
nahezu  horizontal  in  den  Lichtsammler  der  Solar-Camera  fallt.  Die 
Bewegung  des  Spiegels  ist  sehr  bequem,  es  genügt,  ihn  alle  20  Secun- 
den  nachzustellen,  um  die  Strahlen  in  constanter  Richtung  zu  erhalten. 

Fig.  95  und  96  stellen  die  eigentliche  Solar-Camera  dar,  Fig.  95 
mit  fortgenommenen  Vorderwänden,  um  die  Anordnung  zu  zeigen, 


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352  Monckhoven's  Vergrölserungsapparat. 

und  Fig.  96  schematisch,  um  den  Gang  der  Lichtstrahlen  klar  zu 
machen.  Gleiche  Buchstaben  bezeichnen  gleiche  Theile. 

Fig.  94. 


Fit.  95. 


Fig.  96. 


Die  Linse  AB  ist  der  Sammler,  welche  nach  der  Stärke  der 
Apparates  im  Durchmesser  verschieden  ist.  Ihre  Krümmung  ist  so 
bemessen,  dafs  die  sphärische  Abweichung  auf  das  geringste  Mafs 
reducirt  wird. 


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Monckhoven’s  Vergröfserungsapparat. 


353 


In  der  Entfernung  ihres  Durchmessers  von  dieser  Linse  befindet 
sich  eine  zweite  sehr  dünne  von  der  Form  eines  Uhrglases,  welche 
die  sphärische  Abweichung  der  ersten  Linse  vollständig  aufhebt. 
Daraus  folgt  zuerst,  dafs  das  Er  leuch  tu  ngsfeld  nicht,  wie  in  de'n 
alten  Apparaten,  an  den  Rändern  des  Negativs  stärker  ist,  als  in  der 
Mitte,  sondern  vollkommen  gleichmäfsig  über  die  ganze  Oberfläche 
des  Originals;  dann,  dafs  jeder  einzelne  Punkt  der  Ränder  desselben 
nur  von  einem  einzigen  Strahlenbündel  durchdrungen  wird,  und  da- 
durch die  Ränder  der  im  dialytischen  Apparat  vergröfserten  Bilder 
ebenso  scharf  wiedergegeben  werden,  als  die  mittleren  Theile,  was 
in  den  alten  Apparaten  nicht  der  Fall  ist. 

Das  Originalbild  HI  wird  soweit  abgescbnitten,  dafs  nur  die  zu 
vergröfsernden  Theile  stehen  bleiben,  und  in  den  Strablenkegel  einge- 
bracht. Früher  zerbrachen  alle  Negative  durch  die  starke  Hitze, 
welche  sich  auf  dieselben  concentrirte.  Durch  Einführung  der  in 
Fig.  96  dargestellten  Einrichtung  zerbricht  kein  Negativ  mehr. 

Das  Negativ  kann  von  beliebiger  Gröfse  sein  und  seine  Vergrö- 
fserung  auf  ein  mit  Chlorsilber  sensibilisirtes  Blatt  von  bestimmter 
Gröfse  dauert  immer  gleich  lange.  Also  wenn  man  ein  Negativ  von 
■J,  | oder  Kartengröfse  hat  und  will  nur  das  Brustbild  auf  natürliche 
Gröfse  auf  einem  Doppelbogen  von  1 Meter  vergröfsern,  so  dauert  es 
eben  so  lange,  als  wenn  man  die  ganze  Figur  auf  einem  solchen 
Doppelbogen  vergröfsert. 

Fig.  97. 


Die  Objective  sind  von  besonderer  Einrichtung,  mit  Mittel-  oder 
Hinterblendungen  versehen,  welche  das  zerstreute  Licht  abhalten,  ohne 
dem  Licht  des  Sammlers  etwas  zu  entziehen.  Dies  ist  die  Ursache 
des  brillanten  und  reliefartigen  Ansehens  der  mit  dem  dialytischen 
Apparat  gefertigten  Bilder. 


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354 


Vereröfsernngen  bei  künstlichem  Licht. 


Die  Objective  sind  beweglich,  und  gestatten  die  Vergrößerung 
jedes  Negativs  zwischen  -J-  und  4 Kartengröfse  sowohl  auf  albumir- 
tem,  gesalzenem  Papier  etc.  wie  auf  Collodion.  Man  kann  ande- 
rerseits mit  dem  Apparate  besondere  Objective  verbinden,  welche  eine 
Vergröfserung  von  Negativen  in  j , -j-  etc.  Gröfse  mit  derselben 
Schnelligkeit  und  Vollkommenheit  gestatten. 

Fig.  97  stellt  die  ganze  Einrichtung  des  Apparates  dar.  ln  einem 
verdunkelten  Fenster  A befindet  sich  der  Spiegelapparat  B.  Die 
dialytische  Solar-Camera  C steht  auf  einem  Gestell  D.  Das  ver- 
gröfserte  Bild  entsteht  in  L M.  Die  Entfernung  zwischen  der 
Solar-Camera  und  dem  Rahmen  L ist  3 Meter  (9j  Fufs)  für  BlStter 
von  l,2o  Meter  (4J  Fufs)  Höhe,  2 Meter  (67  Fufs)  für  Blätter  von 
90  Centim.  (35  Zoll)  Höhe,  und  l,io  Meter  (3)  Fufs)  für  solche  von 
40  — 50  Centim.  (15—19  Zoll)  Höhe. 


Vergröfserungen  bei  künstlichem  Licht. 

Nach  Dr.  van  Monckhoven. 

Die  Anwendung  des  künstlichen  Lichtes  ist  für  den  Pho- 
tographen insofern  von  hoher  Bedeutung,  als  er  sich  dadurch  unab- 
hängig vom  Tageslicht  machen  kann. 

Bei  Herstellung  von  Vergröfserungen  ist  es  nothwendig,  ein  inten- 
sives Licht  von  kleiner  Oberfläche  zu  besitzen.  Das  elektrische  Licht 
würde  dem  am  besten  entsprechen,  wenn  es  chemisch  kräftiger  wirkte. 
Magnesiumdraht  qualmt  und  ist  zu  theuer. 

Das  Drummond’sche  Kalklicht  ist  sehr  glänzend  und  wirkt  um 
so  besser,  je  mehr  es  kohiensaureu  Kalk  enthält;  die  in  ihm  zum  Glühen 
gebrachten  Kalkcylinder  müssen  fortwährend  rotiren  und  der  Flamme 
eine  neue  Oberfläche  darbieten. 

Tessie  de  Mothay  hat  den  Kalkcylinder  durch  einen  Magnesia-, 
später  durch  einen  Zirkoncylinder  ersetzt.  Das  Licht  ist  dann  sehr 
schön,  aber  chemisch  nicht  sehr  kräftig. 

Carlevaris  wandte  mit  Chlormagnesium  getränkte  Kohlenstücke 
an.  Diese  erzeugen  ein  brillantes,  aber  leider  qualmendes  Licht. 

Monckhoven  wendet  einen  Cylinder  von  einerMischung  von  com- 
primirtem  Titanoxyd,  Magnesia  und  kohlensaurer  Magnesia 
an.  Er  formt  daraus  Cylinder  von  9 Cent.  Höhe  bei  3 Cent.  Breite, 
welche  per  Stück  30  Centimen  kosten.  Statt  des  reinen  Wasserstoffs 
nimmt  er  Leuchtgas  oder  Alkohol,  letzterer  ist  jedoch  weniger 
praktisch,  weil  er  leicht  ins  Sieden  geräth.  Sauerstoff  erzeugt  man 
leicht  mit  Hülfe  eines  Gemenges  von  1 Theil  geglühtem  und  dann 
pulverisirtem  Braunstein  und  2 Theilen  chlorsaurem  Kali.  Dieses  wird 
in  einem  Eisenkolben  erhitzt  und  das  Gas  durch  ein  Bleirohr  in  einem 
Kautschucksack  von  350  Litre  aufgefangen.  Die  Arbeit  dauert  eine 
Viertelstunde. 

Bei  Anwendung  von  nicht  geglühtem  Braunstein  geht  die  Ope- 
ration viel  langsamer,  die  Masse  schwillt  stark  an,  ja  kann  sogar 
explodiren.  , 

Den  geglühten  Rückstand  kann  man  waschen,  auf  ein  Filtrum 


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Vergröfserungen  bei  künstlichem  Licht. 


355 


sammeln  und  von  Neuem  benutzen.  Ein  Kilo  chlorsaures  Kali  liefert 
270  Litre  Gas,  die  für  zwei  Stunden  ausreichen.  Die  Unkosten  des 
Lichtes  betragen  alles  in  allem  zwei  Francs  per  Stunde,  ein  sehr  bil- 
liger Preis,  verglichen  mit  Magnesium.  Im  Kautschucksack  hält  sich 
der  Sauerstoff  einen  Monat.  Man  legt  den  Sack  für  den  Gebrauch 
auf  ein  Brett,  welches  100  Kilo  trägt. 

Die  Lampe  ist  identisch  mit  der,  welche  Hr.  Duboscq 
construirt  hat.  Ein  Fufs  D trägt  den  Cylinder  von  mag- 
nesiumhaltigem Titan  A und  das  Gasrohr  F.  Rohr  und 
Cylinder  können  durch  den  Trieb  E mittelst  der  Zahnstange 
höher  und  niedriger  gestellt  werden;  es  ist  dies  erforder- 
lich, um  das  Licht  in  den  Mittelpunkt  des  optischen  Ap- 
parates einzustellen.  Ferner  ist  der  Cylinder  A von  oben 
nach  unten  und  um  seine  Achse  beweglich;  dieses  ist 
nöthig,  um  dem  Gasstrom,  welcher  durch  die  Spitze  J 
entweicht,  immer  frische,  noch  ungeglühte  Stellen  des 
Cylinders  darbieten  zu  können. 

Das  Leuchtgas  und  das  Sauerstoffgas  werden  durch  Kautschuck- 
schläuche  zu  zwei  Hähnen  O geführt.  Sie  mischen  sich  erst  beim 
Ausgange  aus  dem  Rohr,  wodurch  jede  Gefahr  der  Explosion  voll- 
ständig gehoben  wird.  Das  Rohr  läfst  sich  dem  Cylinder  näher  und 
ferner  bringen,  weil  es  bei  II  in  einen  horizontalen  Untersatz  gleitet. 

Der  Hahn  zum  Leuchtgase  wird  zuerst  geöffnet  und  der  Gasstrom 
angezündet.  Dann  wird  der  Hahn  zum  Sauerstoffgase  geöffnet  und 
das  äufserste  Ende  J des  Rohres  mit  dem  obersten  Theile  des  Titan- 
Cylinders  in  unmittelbare  Berührung  gebracht.  Das  Feuer  höhlt  ihn 
aus,  und  nur  dann,  wenn  die  Flamme  ihn  vollkommen  umspült,  sieht 
man  die  Magnesium-  und  Titantheilchen  glänzen,  später  läfst  der 
Glanz  nach.  Nach  einer  halben  Stunde  dreht  man  den  Cylinder,  um 
der  Glasflamme  eine  neue  Stelle  desselben  auszusetzen. 

Man  mufs  auf  den  Sack  für  das  Sauerstoffgas  ein  Gewicht  von 
100  Kilogramm  legen,  und,  wenn  es  erforderlich  ist,  die  beiden  Hähne 
zum  Leuchtgase  reguliren.  Wenn  man  den  Sauerstoffgashahn  vollstän- 
dig öffnet,  so  erhält  man  das  Maximum  von  Licht,  indem  man  da- 
nach den  Hahn  zum  Leuchtgase  regulirt.  Um  aber  die  gröfste  Hellig- 
keit zu  erhalten,  darf  man  nur  wenig  Sauerstoffgas  anwenden,  daher 
den  Hahn  nur  wenig  öffnen  und  danach  von  Neuem  den  vom  Leucht- 
gase reguliren.  Es  erfordert  dies  eine  gewisse  Uebung,  aber  es  ist 
einfach. 

Ein  solcher  Sack  mit  Sauerstoff  kann  von  4 Uhr  Abends  bis 
Mitternacht  das  Gaslicht  speisen , wenn  man  dieses  letztere  während 
der  photographischen  Operationen  etwas  dämpft. 

Beschreibung  des  Apparates  zur  Vergröfserung.  — 
Ein  Kasten  AB  CD  von  polirtem  Eichenholz,  mit  einem  Schorn- 
steine Hy  enthält  die  Lampe.  Zwei  vollkommen  weifse  Flintglaslinsen 
von  16  Centimeter  Durchmesser  sind  seitlich  an  dem  Kasten  angebracht, 
ln  der  Achse  der  Linsen  steht,  in  einem  geeignet  construirten  Appa- 
rate, das  zu  vergröfsernde  Bild  LM  und  das  vergröfsernde  Objectiv  N. 

Die  Construction  der  beiden  planconvexen  Linsen  erfordert  be- 
deutend mehr  Sorgfalt  als  bei  der  gewöhnlichen  Laterna  magica,  bei 
der  man  sich  Kugelsegmente  von  schlechtem  Glase  bedient,  welche 
nicht  nur  eine  grofse  Lichtmenge  verschlucken,  sonderu  welche  auch 


Fl*.  «8. 


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356 


Vergröfserungen  bei  künstlichem  Licht. 


das  Liebt  bei  Weitem  mehr  nach  jeder  Richtung  hin  zerstreuen  und 
die  noch  dazu  die  Feinheit  des  vergröfserten  Bildes  aufbeben. 

Fl*.  SS. 


Das  weifse  Flint-  oder  Krystallglas,  wenn  es  auch  in  hohem 
Preise  steht,  hat  den  Vortheil  der  äufsersten  Durchsichtigkeit  und  den, 
dafs  man  Linsen  von  sehr  kurzer  Brennweite  daraus  anfertigen  kann, 
ohne  dafs  die  sphärische  Aberration  zu  beträchtlich  ist.  Das  Rohr 
mufs  seinen  Lichtpunkt  genau  im  Mittelpunkte  0,  dem  Brennpunkte 
der  Linse  F P haben.  Man  betrachtet  hierzu  das  Objectiv  N,  durch 
welches  der  Lichtkegel  GaK  frei  gehen  mufs.  Indem  man  das  Rohr 
0 der  Linse  FP  nähert  oder  entfernt,  kann  man  die  Helligkeit  des 
Feldes  bc  bedeutend  verändern.  Man  achte  auf  diesen  Punkt.  Die 
Höhe  der  Flamme  regulirt  man  durch  den  Trieb  E (Fig.  98). 

Natürlich  mufs  der  Photograph  sich  mit  diesen  optischen  Erfor- 
dernissen gründlich  vertraut  machen,  ehe  er  an  die  Herstellung  des 
Bildes  gehen  kann. 

Das  photographische  Vergröfserungsverfahren.  — 
Zwei  Wege  bieten  sich  dar,  um  von  einem  kleinen  Negativ  ein 
grofses  Positiv  zu  erhalten.  Die  directe  Vergröfserung  und  die 
Erzielung  eines  grofsen  Negativs  auf  Collodion  oder  auf  Papier,  welches 
gut  retouchirt,  auf  gewöhnliche  Weise  gedruckt  wird. 

1)  Die  indirecte  Vergröfserung.  — Diese  Methode  ist  in 
den  meisten  Fällen  vorzuziehen,  weil  sie  sicherer  ist  und  weil  sie 
bessere  Resultate  liefert. 

Man  fängt  damit  an,  von  dem  zu  vergröfsernden  Negativ  ein 
transparentes  Positiv  in  Visitenkartenformat  anzufertigen;  man  kann 
dies  auf  gewöhnliche  Weise  in  der  Camera  obscura  und  mit  nassem 
Collodion  machen.  Aber  bei  dieser  Methode  haben  die  Positive  in 
der  Durchsicht  immer  „Grisseln“  und  Schleier,  haben  nicht  immer  die 
hinreichende  Schärfe  und  sind  in  keiner  Hinsicht  den  Positiven  zu 
vergleichen,  welche  man  erhält,  wenn  man  die  zu  vergröfsernden 
Negative  auf  Glasplatten  mit  Chlorsilbercollodion  copirt.  Diese  letz- 


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Vergrößerungen  bei  künstlichem  Licht. 


357 


teren  sind  bedeutend  reiner,  viel  transparenter  und  lassen  sich  in  drei- 
bis  viermal  kürzerer  Zeit  vergröfsern,  als  die  Positive  auf  gewöhnlichem 
Collodion.*) 

Wenn  die  Vergröfserung  nicht  das  Mafs  von  45x59  Cent,  über- 
schreitet, ist  Collodion  vorzuziehen,  aber  für  gröfsere  Formate  ist  es 
besser,  mit  einem  Papiernegativ  zu  operiren. 

Man  schreitet  jetzt  zur  Vergröfserung  eines  transparenten  Positivs 
von  Visitenkartenformat  auf  einer  Collödionplatte  von  48x60  Cent. 
Hierzu  gebraucht  man  zehn  bis  fünfzehn  Secunden.  Monckhoven 
sagt,  dafs  das  grofse  Negativ  bei  Weitem  einem  direct  in  der  Camera 
obscura  gemachten  Negative  von  derselben  Dimension  vorzuziehen  ist, 
dafs  es  geeignet  ist,  eine  grofse  Anzahl  Abzüge  davon  zu  machen,  die 
alle  gut  sind,  weil  es  hinreicht,  ein  für  allemal  das  Negativ  gut  zu 
retouchiren,  um  eine  unzählige  Menge  guter  Positivbilder  zu  erhalten. 

Um  von  einem  Positive  ein  lebensgrofses  Negativ  zu  machen, 
nimmt  man  sächsisches  Papier  von  60x90  Cent.,  welches  man  präpa- 
rirt  hat  in  einem  Bade  von 

Wasser  ....  1000  Gramm, 

Jodkalium  ...  15 

Bromkalium  ...  5 


und  welches  man  dann  auf  der  einen  Seite  präparirt  hat  in  einem 
Silberbade,  wie  es  unten  angegeben  ist. 

Monckhoven  macht  aufmerksam  auf  die  Zeit,  die  man  zu  dieser 
Vergröfserung  gebraucht.  Kr  exponirt  das  feuchte  sensibilisirte  Papier 
nur  fünf  Minuten  lang  dem  künstlichen  Liebte,  taucht  es  in  das  Bad 
von  Pyrogallussäure,  wäscht  und  fixirt  und  erhält  so  das  Negativ  in 
Naturgröfse. 

Durch  den  neuen  Vergröfserungsapparat  mit  künstlichem  Lichte 
ist  nun  dargethan,  dafs  man  in  Zukunft  für  diese  Art  von  Photogra- 
phieen  die  Sonne  entbehren  kann.  Im  Sommer  wird  es  ohne  Zweifel 
immer  vorzuziehen  sein,  sich  der  Solarcamera  zu  bedienen,  anders 
aber  im  Winter. 

2)  Directe  Vergröfserung.  — Das  kleine  zu  vergröfsernde 
Negativ  ist  in  den  Apparat* gebracht,  das  vergröfserte  Bild  wird  drei 
oder  vier  Minuten  auf  bromjodirtes,  sensibilisirtes  Albuminpapier  ge- 
worfen. Die  Präparation  dieses  Papieres  ist  sehr  einfach.  Man  setzt 
ein  Bad  zusammen  aus: 


Eiweifs,  zu  Schnee  geschlagen  und  abgeklärt 

destillirtem  Wasser 

Jodkalium 

Bromkalium 


100  Gramm, 
1000 
15 
15 


und  läfst  das  Papier  drei  Minuten  auf  diesem  Bade  schwimmen,  dann 
verwahrt  man  es  in  einer  verschlossenen  Mappe. 

Um  zu  sensibilisiren,  läfst  man  es  auf  folgendem  Silberbade  drei 
Minuten  lang  schwimmen: 

destillirtes  Wasser  ....  1000  Gramm, 

salpetersaures  Silber  ....  70 

Eisessig 70 


*)  Heber  Monckhoven'«  rtilorHilbercollmlionveriahren  «.  o.  S.  346. 


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358 


Vergröfäerungen  bei  künstlichem  Licht. 


Das  Papier  wird  noch  ganz  feucht  in  ein  Bad  getaucht  von: 

destillirtem  Wasser  ....  1000  Gramm, 

Citronensäure 4 

Pyrogallussäure 2 

Das  Bild  entwickelt  sich  in  wenigen  Minuten;  es  wird  in  ein  Bad 
von  unterschwefligsaurem  Gold  getaucht,  fünf  Minuten  darin  gelassen 
und  dann  gewaschen.  Die  Zusammensetzung  dieses  Fixirungsbades  ist: 


Wasser 1000  Gramm, 

unterschwefligsaures  Natron  . 100 

Chlorgold  


Der  Leser  wird  für  einfachere  Verhältnisse  auch  den  vorliegenden 
Apparat  vereinfachen  können.  Monckhoven’s  Vorrichtung  kostet  500 
bis  1000  Francs.  Wesentlich  billiger  und  in  seinen  Leistungen  für 
gewöhnliche  Aufgaben  vollkommen  ausreichend  erscheint  Harnecker’s 
Vergröfserungsapparat. 

Im  Allgemeinen  stehen  vergröfserte  Bilder  den  directen  Aufnahmen 
au  Schönheit  nach. 


Mikrophotographie. 

Jeder  Naturforscher  weifs,  wie  mühsam  und  zeitraubend  das 
Nachzeichuen  der  mittelst  des  Mikroskops  beobachteten  vergröfserten 
Bilder  verschiedener  Objecte  ist  und  wie  sehr  solche  Copieen  oft  vom 
Originale  abweichen. 

Diese  Umstände  haben  schon  seit  längerer  Zeit  Männer  wie 
Bertsch  in  Paris.  Highley  in  London,  Kellner  in  Deutschland  u.  A. 
veranlafst,  die  Photographie  zur  Aufnahme  mikroskopischer  Ansichten 
anzuwenden  und  es  ist  diesen  auch  gelungen,  treffliche  „Mikrophoto- 
graphieen“  anzufertigen. 

Das  Verfahren,  dessen  sich  diese  Herren  bedienen,  ist  jedoch  nur 
zum  Theil  bekannt  geworden.  Bertsch  und  Highley  benutzten  dazu 
eine  Art  Sonnenmikroskop  oder  Laterna  rnagica,  bei  dem  der  Bild- 
schirm durch  eine  photographische  Platte  vertauscht  werden  kann. 
Sie  batten  Apparate  der  Art  auf  der  letzten  Industrieausstellung  zu 
London  ausgestellt.  Der  Preis  derselben  war  etwa  500  Thlr.  So 
ausgezeichnet  diese  Apparate  aber  auch  arbeiten,  so  ist  doch  ihr 
Gebrauch  mit  manchen  Unbequemlichkeiten  verbunden.  Man  ist  ge- 
nöthigt,  das  in  bem  Beobachtungsinstrument  betrachtete  Object  in  den 
photographischen  Apparat  zu  transpordren,  und  hierbei  hält  es  oft 
sehr  schwer,  die  vorher  beobachtete  Stelle  des  Objectes  wieder  auf- 
zufinden. 

Verfasser  versuchte  deshalb,  ob  es  nicht  möglich  sei,  den  er- 
wähnten kostspieligen  Apparat  ganz  zu  entbehren  und  die  Bilder, 
die  das  Beobachtungsmikroskop  zeigt , unmittelbar  aufzunehmen. 
Er  nahm  zur  Probe  den  seines  Asterismus  wegen  so  merkwürdigen 
Glimmer  von  South  Burgess,  spannte  ihn  in  ein  Schick'sches  Mi- 
kroskop und  legte  dieses  horizontal.  In  dieser  Stellung  com- 
binirte  er  dasselbe  mit  einer  kleinen  photographischen  Camera  mit 
einer  simplen  achromatischen  Linse  (sogenannten  Landschaffslinse) 
von  circa  4 Zoll  Brennweite,  so  dafs  die  optischen  Axen  beider 
Instrumente  zusammenfielen  und  dasObjectiv  der  Camera 


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Mikrophotographie. 


359 


das  Ocular  des  Mikroskops  fast  berührte.  Als  er  nun  mit 
Hülfe  des  am  Mikroskop  angebrachten  Hohlspiegels  Sonnenstrahlen 
auf  das  Object  warf,  sah  er  auf  der  circa  8 Zoll  weit  ausgezogenen 
matten  Scheibe  der  Camera  ein  deutliches  Bild  der  im  Glimmer  ent- 
haltenen Krystalle.  Mit  Hülfe  des  Triebes  am  Mikroskop  wurde 
dasselbe  scharf  eingesellt , dann  die  photographische  Aufnahme  vor- 
genommen. Der  Versuch  glückte  vollständig  und  lieferte  nach 
25  Secunden  Exposition  ein  scharfes  fünfhundertfach  vergröfsertes 
Bild  der  beobachteten  Krystalle. 

Diese  Methode,  Mikrophotographieen  anzufertigen,  ist  so  einfach, 
dafs  sie  Jeder  anwenden  kann,  der  mit  den  photographischen  Opera- 
tionen einigermafsen  vertraut  ist;  sie  macht  keinen  andern  Apparat 
nöthig,  als  eine  einfache  Camera  mit  einer  Landschaftslinse ; sie  läfst  sich 
jedem  Mikroskope,  was  lichtstark  genug  ist,  anpassen  und  liefert, 
jenachdem  man  die  Visirscheibe  der  Camera  mehr  oder 
weniger  weitauszieht,  Ansichten,  die  den  direct  beobach- 
teten gleich,  oder  auch  kleiner  oder  gröfser  als  diese  sind. 

Auf  den  so  erhaltenen  Bildern  kann  man  leicht  die  Winkel  der 
mikroskopischen  Krystalle  messen,  einfach  durch  Verlängerung  der 
Schenkel  und  Anlegung  eines  Transporteurs. 

Zwei  Vorsichtsmafsregeln  hat  man  noch  bei  solchen  Aufnahmen 
zu  beachten:  die  Linse  der  Camera  mufs  frei  von  Focusdifferenz 
(Unterschied  des  optischen  und  chemischen  Brennpunkts)  sein  und 
die  Aufnahme  in  einem  Raumeerfolgen,  der  nicht  der  geringsten 
Erschütterung  ausgesetzt  ist. 

Man  kann  auch  die  Aufnahme  bei  senkrechter  Stellung  des 
Mikroskops  vorneh  men,  wenn  man  die  Camera  auf  einen  passen- 
den Dreifufs  setzt,  so  dafs  ihre  optische  Axe  ebenfalls  senkrecht  steht. 

[Diese  Methode  publicirte  ich  bereits  im  November  1862  und  habe 
ich  dieselbe  vielfach  angewendet.  V.] 

Einige  Schwierigkeiten  macht  die  Beleucht  un g insofern,  als  dabei 
sehr  leicht  eine  Menge  Nebenlicht  in  das  Objectiv  des  Mikroskops 
fällt,  welches  die  Reinheit  des  Bildes  wesentlich  stört.  Man  concen- 
trirt  das  Licht  am  besten  so,  dafs  das  beleuchtete  Object  in  der 
Spitze  eines  Strahlenkegels  zu  liegen  kommt,  dessen  Axe  mit  der 
Axe  des  Mikroskops  zusammenfällt.  Bei  undurchsichtigen  Ob- 
jecten ist  diese  Gefahr  weniger  vorhanden.  Man  besorgt  ihre  Be- 
leuchtung mit  Hülfe  einer  Concentrationslinse. 

Oben  angeführte  einfache  Combination  von  Mikroskop  und  Camera 
hat  noch  den  Vortheil,  dafs  das  Fadenkreuz  auf  jeglichem  Bilde  sicht- 
bar ist,  dafs  ferner  eine  etwaige  Focusdifferenz  des  Mikroskops 
selbst  weniger  schadet  (vorausgesetzt,  dafs  die  Cameralinse  frei 
davon  ist). 

Man  kann  jedoch  auch,  wenn  es  auf  die  Zeichnung  des  Faden- 
kreuzes nicht  ankommt,  mit  dem  Mikroskop  allein  operiren.  Man 
schraubt  die  Linse  der  Camera  ab,  steckt  die  Mikroskopröhre 
durch  das  Loch  in  die  Camera  und  sperrt  alles  Nebeniicht  durch  um- 
gelegte Tücher  ab  (besser  ist  dazu  eine  Art  Aermel,  den  man  an  der 
Camera  festnagelt,  über  das  Mikroskop  zieht  und  festbindet).  Dreht 
man  jetzt  leise  an  der  Mikrometerschraube  des  Mikroskops,  so  dafs 
das  Object  sich  von  der  Mikroskopröhre  etwas  entfernt,  so  erscheint 
plötzlich  das  Bild  auf  der  matten  Scheibe  der  Camera  deutlich, 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  24 


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360 


Mikrophotographie. 


indem  hier  das  vom  Mikroskopobjectiv  selbst  entworfene  Bild  durch 
das  Mikroskopocular  vergröfsert  wird.  Die  Aufnahme  erfolgt  wie 
gewöhnlich.  Leider  wirkt  hierbei  eine  Focusdifferenz  etwas 
störend.  Je  weiter  die  Camera  ausgezogen  ist,  desto  gröfser  wird 
das  Bild. 

Eine  etwaige  Focusdifferenz  der  Linsen  kann  man  leicht  be- 
stimmen. 

Ich  wendete  dazu  eine  mikroskopische  Photographie  von  Dancer 
an.  Dieselbe  bildet  ein  nadelkopfgrofses , zwischen  dünnen  Glas- 
platten eingeschlossenes  Ei  weifspositiv,  das  unterm  Mikroskope  bei 
hundertfacher  Vergrößerung  als  eine  sehr  scharfe  und  deutlich  lesbare 
Schrift  — die  Grabschrift  des  Generals  Dickson  — in  ungefähr  fol- 
gender Anordnung  erscheint: 

(1)  To  the  Memory  of 

(2)  William  Francis  Dickson 

(3)  Major  in  her  Majesty’s  62tb  Regiment 

(4)  of  foot  and  eldest  Son  of 

(5)  General  Sir  Jeremiah  Dickson  K.  C.  B. 

(6)  He  died  a soldiers  death  before  Sebastopol 

(7)  June  8.  1855,  having  been  kiiled  early  in 

(8)  the  morning  of  that  day,  whylst  gallantly 

(9)  holding  the  quarries  against  repeated 

(10)  attacks  of  the  Russians,  etc.  etc. 

Ich  legte  diese  Photographie*)  schief  auf  den  Tisch  des  Mikro- 
skops auf  zwei  Unterlagen  von  Holz,  so  dafs  die  Richtung  der  Zeilen 
horizontal  blieb,  die  dazu  senkrechte  Linie  aber  mit  der  Horizontal- 
ebene einen  Winkel  von  30*  bildete.  Bei  dieser  Anordnung  war  die 
Entfernung  der  Zeilen  von  dem  Linsencomplex  des  Mikroskops  eine 
verschiedene  und  konnte  deshalb  nur  auf  eine  derselben,  höchstens  zwei 
zu  gleicher  Zeit  scharf  eingestellt  werden.  Ich  stellte  nun  mit  der 
Linsencombination  1 -+-  2 -+-  3 des  Schiek’schen  Mikroskops  auf  die 
Zeile  8 scharf  ein  und  machte  zwei  Aufnahmen.  Auf  beiden  erschien 
jedoch  nicht  Zeile  8,  sondern  Zeile  5 schwarz.  Dadurch  war  die 
Focusdifferenz  erwiesen.  Um  dieselbe  zu  messen  und  zu  compensiren, 
benutzte  ich  die  Mikrometerschraube,  durch  welche  der  Tisch  des 
Schick’schen  Mikroskops  gehoben  und  gesenkt  und  so  die  feine  Ein- 
stellung bewirkt  wird. 

Es  geht  aus  dem  angeführten  Experimente  hervor,  dafs  ich,  wenn 
ich  Zeile  8 scharf  photographiren  will,  auf  Zeile  5 scharf  einstellen 
mufs.  Habe  ich  demnach  ursprünglich  auf  Zeile  8 scharf  eingestellt, 
so  mufs  ich  zu  genanntem  Zwecke  die  Mikrometerschraube  so  weit 
drehen,  bis  Zeile  5 scharf  sichtbar  wird.  Ich  mafs  die  hierzu  nöthige 
Drehung  und  fand  sie  bei  G.  Rose’s  Mikroskop  50*,  bei  Dove’s  Mi- 
kroskop 35°  für  die  Linsencombination  1 -4-  2 -+-  3. 

Man  kann  diese  Messung  leicht  ausführen,  wenn  man  unter  den 
Kopf  der  Mikrometerschraube  einen  durch  Radien  von  5 zu  5 Grad 
getheilten  Papierkreis  legt,  so  dafs  sein  Mittelpunkt  in  die  Verlänge- 
rung der  Schraubenaxe  fällt,  und  auf  den  Kopf  der  Schraube  einen 
feinen  Strich  als  Marke  feilt.  Hält  man  das  Auge  senkrecht  über 
den  Schranbenkopf,  so  kann  man  mit  hinreichender  Genauigkeit  die 

*)  Dieselbe  ist  bei  Luhme  & Oo.  in  Berlin  käuflich  zu  haben. 


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Focusdifferenzbestimmung. 


361 


Veränderung  der  Stellung  der  Marke  an  dem  getbeilten  Kreise  ab- 
lesen. 

Als  ich  die  Focusdifferenz  gemessen  hatte,  wurden  zwei  neue 
Aufnahmen  gemacht,  nachdem  auf  Zeile  8 scharf  eingestellt  und  die 
Mikrometerschraube  um  den  oben  angegebenen  Winkel  gedreht  worden 
war.  Auf  beiden  Aufnahmen  erschien  jetzt  Zeile  8 vollkommen  scharf. 

Eine  andere  Aufnahme,  von  der  ganzen  horizontal  gelegten 
Schrift  gemacht,  gab  nach  dem  Scharfeinstellen  und  Anbringen  der 
bemerkten  Correction  ein  vollkommen  scharfes  Bild  der  ganzen  Schrift 
bei  25facher  Vergröfserung. 

Natürlich  mufs  man  beim  Mikroskop  die  Focusdifferenz  bei  jeder 
einzelnen  Linsencombination  bestimmen.  Für  schwache  Vergröfserung 
ist  dieselbe  übrigens  unbedeutend,  so  dafs  sie  mich  bei  6facher  Ver- 
gröfserung (Linse  1 bei  Schick)  nur  wenig  gestört  hat. 

Ich  empfehle  dieses  einfache  Verfahren  zur  Nacbweisung  und 
Messung  der  Focusdifferenz  nicht  nur  allen  mit  dem  Mikroskop  Pho- 
tograpbirenden,  sondern  auch  den  Fachphotographen  bei  Prüfung  ihrer 
Portraitköpfe.  Für  den  letzteren  Zweck  genügt  eine  auf  ein  Brettchen 
geklebte  saubere  Druckschrift,  die  in  etwas  geneigter  Lage  (circa  60 
bis  70")  der  Camera  gegenübergestellt  wird,  so  dafs  das  Bild  der- 
selben in  natürlicher  Gröfse  erscheint.  Man  stellt  dann,  nachdem 
man  sich  überzeugt  hat,  dafs  die  Cassette  richtig  gearbeitet  ist,  auf 
eine  der  mittleren  Zeilen  scharf  ein,  photographirt,  und  prüft,  welche 
der  Zeilen  im  Bilde  am  schärfsten  erscheint. 

Stereoskopaufnahmen. 

Man  bedarf  zur  Aufnahme  von  Stereoskopenbildern  zweier  Ansichten 
desselben  Gegenstandes,  einer  etwas  mehr  von  der  rechten,  einer 
etwas  mehr  von  der  linken  Seite. 

Diese  Aufnahmen  (s.  I.  Theil,  S.  99)  kann  man  machen  1)  am  ein- 
fachsten miteinergewöhnlichenCamera,  die  man  auf  einem  Stativ 
mit  breitem  Brett  aufstellt.  Das  Brett  B (Fig.  100)  steht  senkrecht 
z u r Verbindu  ngslinie  des  Beschauers  mit  dem  Gegenstan  de. 

Man  nimmt  entweder  eine  Camera  mit  Schiebecassette,  auf  wel- 
Fig.  100. 


eher  sich  zwei  Bilder  nach  einander  machen  lassen  oder  eine  mit  ver- 
schiebbarem Objectiv  und  innerer  Theilung  (K,  Fig.  100),  wie  sie  Hr. 
Busch  in  Rathenow  führt,  und  stellt  diese  zuerst  auf  die  rechte  Seite 
des  Brettchens  gegen  den  Falz.  Von  hier  aus  nimmt  man  das  rechte 
Bild  auf  der  linken  Seite  der  Platte  (von  hinten  gesehen)  auf.  Dann 

24* 


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362 


Stereoskopaufnahmen. 


schiebt  man  die  Camera  auf  die  andere  Seite  von  B und  nimmt  hier 
die  linke  Seite  des  Gegenstandes  auf  der  rechten  Seite  der  Platte 
auf.  Damit  hierbei  die  Camera  genau  dieselbe  Entfernung  vom 
Gegenstände  behalte,  mufs  zunächst  das  Brett  genau  gestellt  sein 
(s.  o.),  dann  aber  geht  die  Befestigungsschraube  der  Camera  K durch 
in  das  Brett  gebohrte  Löcher  oder  einen  Schlitz,  so  dafs  die  Stellung 
der  Camera  dadurch  stets  fixirt  werden  kann. 

Die  Länge  des  Brettes  beträgt  bei  Gegenständen  von  25  Fufs 
Entfernung  circa  1 Fufs,  bei  näheren  noch  weniger,  bei  weiter  ent- 
fernten nimmt  man  Längen  bis  4 oder  5 Fufs  und  mehr.  Nimmt 
man  die  Länge  für  nahe  Gegenstände  zu  grols,  so  erscheinen  sie 
übermäfsig  plastisch,  sogar  verzerrt;  nimmmt  man  sie  für  ferne  zu 
klein,  so  erscheinen  sie  zu  flach. 

Diese  Art  der  Aufnahme  ist  für  bewegliche  Gegenstände  (Menschen 
etc.)  nicht  anwendbar,  da  diese  während  der  Aufnahme  nur  zu  leicht 
sich  verrücken  und  dann  das  zweite  Bild,  wenn  auch  scharf,  nicht 
mehr  zum  ersten  pafst,  d.  h.  gewöhnliche  stereoskopische  Verzerrungen 
giebt.  Auch  bei  Landschaften  hat  das  Nacheinanderaufnehmen  in- 
sofern Mifslichkeiten,  als  zwischen  der  ersten  und  zweiten  Aufnahme 
zuweilen  die  Beleuchtung  sich  ändert. 

Dennoch  ist  diese  Methode  namentlich  für  weite  Gegenstände 
die  beste,  denn  sie  liefert  allein  diese  plastisch. 

Ferner  benutzt  man  zum  Stereoskopenfach  2)  die  Aufnahme 
mit  der  doppelköpfigen  Camera.  Bei  dieser  werden  beide 
Aufnahmen  gleichzeitig  gemacht,  dadurch  ist  eine  Veränderung  des 
Gegenstandes  (entweder  in  Beleuchtung  oder  in  Stellung)  möglichst 
unschädlich  gemacht.  Man  erhält  mit  einer  Belichtung  sofort  zwei 
Bilder.  Da  aber  hierbei  die  Objective  nur  sehr  wenig  von  einander 
entfernt  werden  können,  so  ist  die  Ansicht  zwischen  der  rechten  und 
linken  Seite  auch  wenig  verschieden,  und  daher  erscheinen  die  Fernen 
unplastisch.  Solche  Cameras  sind  daher  für  nähere  Gegenstände 
vorzuziehen.  Bei  fernen  Gegenständen  wendet  man  sie  nur  da  an, 
wo  eine  Verrückung  des  Gegenstandes  unvermeidlich  ist,  d.  h.  für 
Augenblicksbilder  mit  beweglicher  Staffage. 

Eine  zweckmäfsige  Doppelcamera  ist  die  Dallmeyer’sche,  die  wir 
nachfolgend  beschreiben  wollen. 

Dallmeyer’s  Stereoskopcamera  besteht  aus  einem  festen  hinteren 
Tbeile  A (Fig.  101)  und  einem  darin  verschiebbaren  Kasten  K K, 
welcher  die  Objectivwand  F trägt.  Das  Einstellen  geschieht  nicht 
durch  Bewegung  des  hintern  Theils  (wie  bei  den  alten  Dallmeyer’schen 
Apparaten),  sondern  durch  Bewegung  des  Kastens  KK  mit  den  Ob- 
jectiven  mittelst  der  Zahnstangen  00  und  dem  Triebe  cc.  Das 
Oeflhen  und  Schliefsen  der  Objective  erfolgt  durch  einen  sehr  sanft 
gehenden  Augenblicksschirm  g,  der,  um  die  Axe  bb  drehbar,  mittelst 
der  Köpfe  bb  schnell  aufgehoben  und  wieder  gesenkt  werden  kann. 
(Natürlich  hat  man  es  ganz  in  seiner  Gewalt,  die  Exposition  auch 
länger  andauern  zu  lassen.)  Die  ganze  Vorrichtung  sitzt  nur  lose 
auf  den  Objectiven  und  ist  leicht  abnehmbar.  Ebenso  leicht  kann  die 
Vorderwand  F mit  den  Stereoskoplinsen  herausgenommen  und  durch 
eine  andere,  mit  einer  einzigen  Tripletlinse  versehene,  vertauscht 
werden.  Keines  der  bei  dieser  Camera  gebräuchlichen  Objective 
hat  Mikrometerschrauben  zum  Einstellen,  ein  Uebelstand,  der  bei  der 
beschriebenen  Anordnung  nicht  in  Betracht  kommt,  wohl  aber  dann. 


Stercoskopaufnahmeu. 


363 


wenn  man  eins  der  Objective  für  sich  in  einem  Apparate  gebrauchen 
will,  der  diese  Einstellnngsrorrichtung  nicht  hat. 

Fig. 101. 


Der  innere  Raum  der  Camera  ist  mittelst  eines,  biegsamen  Schie- 
bers x (Fig.  102),  derfin  eine  Rinne  aa  (Fig.  103)  läuft  und  sich  bei 
der  Zusammenschiebung  der  Camera  zusammenlegt,  bei  der  Ausziehung 


Fig.  103. 


derselben  ausdehnt,  so  dafs  er  stets  die  beiden  Hälften  der  Camera 
vollständig  trennt.  Er  läfst  sich,  falls  man  nur  ein  Objectiv  anwenden 
will,  leicht  herausnehmen.  Die  Cassette  fafst  eine  Platte  von  7|  X 
Zoll  und  enthält  einen  Rahmen,  um  auch  kleinere  Platten  einlegen 
zu  können.  Die  Platten  ruhen  auf  Silberdraht,  der  in  den  vier  Ecken 


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364 


Stereoskopaufnahrneu. 


(8.  Fig.  104,  welche  einen  Theil  der  Cassette  darstellt)  der  Cassette 
und  des  Einlegerahmeus  angebracht  ist.  Der  untere  Theil  der  Cassette 

bildet  eine  mit  Wachs  aus- 
gefütterte Rinne  rr,  worin 
sich  die  von  den  Platten  ab- 
laufende Silberlösung  ansam- 
melt. 

Die  Linsen  der  bei  dieser 
Camera  angewendeten  Dop- 
pelobjective  haben  1}  und 
1}  Zoll  Oeffnung  und  3;  Zoll 
Focuslänge  (von  der  Hinter- 
linse an  gerechnet).  Mit  ihnen 
ist  ein  Satz  Blenden  verbun- 
den, der  so  geordnet  ist,  dafs 
jede  derselben  eine  doppelt 
so  lange  Expositionsdauer 
erfordert,  als  die  nächst  gröfsere;  diejenige,  welche  mit  x bezeichnet 
ist,  ausgenommen.  Man  hat  jedoch  nur  für  sehr  nahe  Gegenstände 
eine  Blende  nöthig.  Für  entferntere  kann  man  mit  voller  Oeffnung 
arbeiten. 


Fig.  105. 


Ö 

6 


Die  Anwendung  des  oben  be- 
schriebenen Schirmes  (g  Fig.  104) 
zur  Aufnahme  von  Augenblicks- 
bildern hat  übrigens  ihre  Schwierig- 
keiten. Man  hat  sich  sehr  zu  hüten, 
dafs  bei  seiner  Bewegung  weder 
Objective  noch  Platte  nur  im  Gering- 
sten erschüttert  werden,  wodurch 
leicht  unscharfe  Bilder  entstehen. 
Die  Aufnahme  von  Augenblicks- 
bildern erfordert  deshalb  Ruhe  und 
Geschicklichkeit. 

Dalimeyer  liefert  neuerdings 
noch  einen  andern,  von  Rem  eie*) 
warm  empfohlenen  Momentver- 
schlufs.  Derselbe  besteht  aus  einem 
Holzkasten,  der  auf  die  Objective 
angesetzt  wird,  und  in  dem  eine 
Rolljalousie  an  zwei  Schnüren  auf- 
und  niedergezogen  wird.  Die  Roll- 
jalousie geht  oben  über  eine  Rolle. 
Vermittelst  dieser  Vorrichtung  kann 
man  durch  geeignetes  langsames 
oder  rasches  Ziehen  die  Platten 
verschieden  exponiren;  den  Himmel 
und  die  ferne  Landschaft  ganz 
rasch,  den  nahen  Vordergrund  aber 
beliebig  lange,  ohne  das  Ziehen  an 
der  Schnur  unterbrechen  zu  brau- 
chen. Bei  vielen  Landschaftsauf- 


*)  Siehe  dessen  Handbuch  der  Landschaftsphotogrsphie. 


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Momentrerscblufs. 


365 


nahmen  ist  dies  rasche  Exponiren  des  Himmels  und  das  längere  des 
Vordergrundes  von  grolser  Bedeutung,  besonders  bei  solchen  An- 
sichten, die  eine  ziemliche  Ferne  haben.  Würde  man  hier  mit  den 
Deckeln  exponiren,  so  müfste  die  Belichtung  eine  mittlere  sein.  Der 
mittlere  Theil  des  Bildes  würde  richtig  erscheinen,  während  der 
Himmel  und  die  stets  etwas  duftige  Ferne  oft  total  verbrannt  sind,  und 
der  ganz  nahe  Vordergrund,  wenn  er,  wie  meistens,  aus  Laubwerk 
besteht,  noch  kein  hinreichendes  Detail  hat.  Durch  das  kurze  Be- 
lichten des  Himmels  kann  man  die  schönsten  natürlichen  Wolken 
erhalten.  Die  Bilder,  die  man  durch  das  beschriebene  Exponiren 
erhält,  sind  von  ganz  prachtvoller  Stimmung;  manche  Beleuchtungs- 
fehler, die  man  auf  vielen  Landschaften  erhält,  lassen  sich  hierdurch 
vermeiden. 

Rouch  hat  einen  Augenblicksschirm  construirt,  der  nicht  wie  der 
Dallmeyer’sche  aus  einer  Klappe,  sondern  aus  zweien  besteht  (Fig.  106). 

Diese  Klappen  drehen  sich  um  die 
mit  kleinen  Zahnrädern  q versehe- 
nen Axen  b b und  b'  b'.  In  diese 
Zahnräder  greift  ein  Trieb  T.  Es 
ist  einleuchtend,  dafs,  wenn  der 
obere  Schirm  R mit  Hülfe  des 
Kopfes  K gedreht  wird,  der  untere 
R”  sich  mitdrehen  rnufs,  und  dafs 
beide  sich  in  gleicher  Richtung  be- 
wegen. Die  in  der  Figur  gezeich- 
nete Stellung  haben  die  Schirme 
bei  längerer  Expositionszeit.  Sie 
halten  in  dieser  Lage  störendes 
Nebenlicht  ab.  Ist  die  Vorrichtung 
durch  den  Schirm  R’  geschlossen, 
so  stehen  beide  Schirme  senkrecht 
oberhalb  ihrer  Axen;  dreht  man 
alsdann  den  Kopf  K rückwärts,  so 
senkt  sich  R\  die  Objective  0 O werden  geöffnet,  sogleich  aber  wieder 
durch  den  sich  vorlegenden  Schirm  R geschlossen. 

Die  vorzunehmenden  Bewegungen  sind  bei  diesem  Apparate  ein- 
facher als  bei  Dallmeyer’s  Augenblicksscbirm , deshalb  ist  derselbe 
sicherer  zu  handhaben.  Dennoch  gehört  auch  zum  Operiren  mit 
diesem  Ruhe  und  Geschick. 

Braun  in  Dörnach  besorgt  das  Oeffnen  und  Schliefsen  der  Linsen 
auf  eigenthümliche  Weise.  Er  schliefst  beide  mit  einem  locker  an- 
gelegten schwarzen  Tuche  mit  vorgehaltener  flacher  Hand,  nimmt 

diesen  Ballen  rasch  hinweg  und  deckt  ihn  eben  so  rasch  wieder  vor. 

Diese  Bewegung  mufs  einexercirt  werden. 

Für  Portraitaufnahmen  wählt  man  Linsenentfernungen  von  Zoll 
(Augenentfernung).  Für  Landschaften  wünscht  man  gern  gröfsere 
Abstände  der  beiden  Objective.  Englische  Mechaniker  haben  daher 
die  beiden  Objective  an  horizontal  verschiebbare  Brett- 
chen gesetzt,  so  dafs  sie  ein  wenig  genähert  oder  entfernt 
werden  können.  Natürlich  ist  für  solche  Fälle  der  Klappverschlufs 
nicht  immer  anwendbar. 

Zu  den  Stereoskopaufnahmen  werden  die  verschiedensten  Linsen 
verwendet: 


Fig.  106. 


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366 


Momentbilder. 


1)  Portraitlinsen,  wenn  es  hauptsächlich  auf  Schnelligkeit  der 
Wirkung  ankommt  (unruhige  Gegenstände,  Portraits,  Momentauf- 
nahmen) ; 

2)  Triplets,  Aplanate,  correcte  Weitwinkellinsen,  wenn  man 
gröfseres  Gesichtsfeld  und  richtige  Zeichnung  verlangt.  Senkrechte 
Stellung  der  Camera  ist  hierbei  Bedingung.  Das  Objectiv  mufs  eine 
Vorrichtung  zum  Höher-  und  Niedrigerstellen  haben,  damit  man  das 
Bild  auf  der  Scheibe  danach  verrücken  kann.  Beim  Höherstellen 
wird  der  Himmel,  beim  Niedrigstellen  der  Boden  im  Bilde  gröfser. 

3)  Landschaftslinsen,  wenn  es  auf  etwas  Verzeichnung  nicht 
ankommt. 

Die  Operationsmethoden  sind  von  den  gewöhnlichen  in 
keiner  Weise  verschieden.  Man  wählt  Platten,  die  etwas  gröfser 
sind  als  die  Bilder  nachher  bleiben  sollen.  Man  vermeidet  dann 
leichter  Einflüsse  des  Randschmutzes.  Man  beachte:  die  in  Doppel- 
cameras  aufgenommenen  Platten  zeigen,  von  der  Glasseite  in  auf- 
rechter Stellung  gesehen,  die  rechte  Seite  links,  die  linke  Seite 
rechts.  Man  mufs  sie  daher  auseinanderschneiden  und  die 
Stellung  wechseln.  Thut  man  dieses  sogleich  mit  den  Platten,  so 
hat  man  es  mit  den  fertigen  Drucken  nicht  nöthig.  Sind  jedoch  die 
Bilder  weiter  von  einander  entfernt,  als  sie  nachher  im  Stereoskop 
bleiben  sollen  (2£  Zoll),  d.  h.  sind  die  Platten  entsprechend  gröfser, 
so  pflegt  man  letztere  ganz  zu  lassen  und  lieber  die  Drucke  getrennt 
aufzukleben. 

Für  Platten,  die  nicht  gröfser  sind  als  das  Stereoskopbild  selbst, 
giebt  es  noch  eine  eigentümliche  Copirmethode,  die  das  Auseinander- 
schneiden zusammengehöriger  Drucke  unnöthig  macht:  man  legt  die 
Enden  eines  sensibilisirten  Papierstreifens,  der  doppelt  so  lang 
als  die  Platte  ist,  zusammen,  die  gesilberte  Seite  nach  aufsen, 
so  dafs  ein  geschlossener  Kreis  entsteht.  Diesen  kneift  man  zusam- 
men, so  dafs  die  zusammenstofsenden  Enden  in  der  Mitte  zu  liegen 
kommen.  Man  copirt  dann  das  Bild  zunächst  auf  die  eine  (ungetrennte) 
Seite  des  Streifens,  dann  dreht  man  ihn  um  und  copirt  auf  die  andere 
Seite.  Nachher  schneidet  man  den  Streifen  mitten  durch  und  hat  so 
zwei  Bilder  in  richtiger  Stellung.  Schwierig  ist  es  hierbei,  die  Copir- 
grade  bei  beiden  egal  zu  treffen. 

Ueberhaupt  ist  die  Ungleichheit  der  Lichtstärke  (begründet  in  der 
Ungleichheit  der  Farbe  des  Glases)  zweier  Linsen  einer  Doppel- 
camera ein  gröfser  Mangel,  man  erhält  dann  Bilder  von  ungleicher 
Intensität  und  ist  in  solchem  Falle  genöthigt,  die  eine  Linse  abzu- 
blenden, bis  sie  mit  der  andern  übereinstimmt. 


Ueber  Augenblicksbilder. 

Es  gab  eine  Zeit,  wo  die  Momentbilder  das  Tagesgespräch  waren 
und  zu  den  wunderbarsten  Illusionen  Veranlassung  gaben.  So  äufserte 
der  Abgeordnete  Faucher  im  preufsischen  Abgeordnetenhause  am 
l.Juli  1869: 

„Wir  haben  jetzt  Momentbilder.  Durch  dieses  Verfahren  können 
die  Portraits  gestohlen  werden,  und  man  wird  sich  vielleicht  dagegen 
verwahren  müssen  durch  die  aufserordentlichsten  Vorsichtsmafsregeln. 
Vielleicht  wird  man  zuletzt  eine  Maske  anlegen  müssen.“ 


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Momentbilder. 


367 


Diese  Gerüchte  verdankten  wohl  ihre  Entstehung  den  schönen 
Stereoskopenbilderu  von  Braun  und  Ferner  mit  wandelnden  Menschen, 
fahrenden  Wagen,  Pferden  etc.  Publikum  wie  Photographen  glaubten 
auf  Grund  dieser  Bilder  die  Anfertigung  von  Momentportraits  im 
Atelier  für  möglich  halten  zu  müssen.  Es  traten  sogar  in  den  Zei- 
tungeu  hier  und  da  „Momentphotographen“  auf,  und  oft  genug  hörten 
wir  in  jener  Zeit  den  Ausruf:  „Ja,  wenn  ich  dessen  Collodion  hätte!“ 
Als  wenn  es  das  Collodion  allein  thäte! 

Wir  betonten  schon  früher  ausdrücklich,  dafs  die  Anfertigung  von 
Momentbildern  nur  unter  besonders  günstigen  Umständen  mög- 
lich sei,  als:  1)  gutes  Collodion , 2)  helles  Licht,  3)  licht  starke 
Apparate,  4)  ein  frisches,  reines  Silberbad,  5)  ein  kräfti- 
ger Entwickler  (s.  Jahrgang  II,  S.  32  der  Phot.  Mittheilungen). 

Aber  heut  noch  wird  von  Momentportraits  gesprochen.  „Es  tnufs 
also  etwas  daran  sein“,  antworten  uns  Viele.  Hier  fällt  uns  eine 
Episode  aus  dem  Photographischen  Verein  ein,  wo  Hr.  Ahrends 
fragte:  „Was  nennen  Sie  einen  photographischen  Moment?“  Die 
Antwort  lautete:  „Drei  Secunden!“ 

Nun  hat  man  allerdings  in  noch  viel  kürzerer  Zeit  Moment- 
portraits aufgenommen  — sie  sind  aber  auch  danach. 

Bei  einem  guten  Portrait  verlangt  man  Modellation.  Diese  erreicht 
man  nur  durch  geschickte  Direction  des  Lichts,  welches  man  nicht 
von  allen  Seiten  einströmen  läfst,  sondern  hier  und  da  abschliefst. 
Dadurch  wird  aber  die  Lichtstärke  vermindert,  also  der  Bedingung  2 
(s.  o.)  nicht  genügt. 

Man  verlangt  aber  auch  Klarheit  in  den  Schatten,  diese  ist  nur 
durch  längere  Exposition  zu  erreichen. 

Demnach . beschränken  sich  die  eigentlichen  Momentaufnahmen 
(unter  Moment  -jL  Secunde  höchstens  verstanden)  auf  die  Anfertigung 
von  Landschaften  mit  Staffage  bei  sonnigem  Wetter.  Und  für 
diesen  Zweck  empfehlen  wir 

1)  als  Collodion  irgend  eines  der  im  Handel  vorkommenden 
Collodien  einer  wohlrenommirten  Firma,  oder  falls  der  Pho- 
tograph es  sieh  selbst  bereiten  will,  das  Recept  S.  254;*) 

2)  als  Apparat  ein  lichtstarkes  Doppelobjectiv  von  kurze  r 
Brennweite  mit  A ugenblicksverschlufs; 

3)  Silberbad  1:10  frisch  mit  krystallisirtem  Silber  und  \ pCt. 
des  festen  Salzes  an  Jodkalium; 

4)  Entwickler  nach  Remele  (s.  Jahrgang  II.  der  Photograph. 
Mittheil.,  S.  153  sub  b ) 5 Eisen,  1^  Eisessig,  100  Wasser; 

(Alkohol  ist  nicht  immer  nöthig.) 

Manche  „Momentcollodien“  des  Handels  geben  mit  diesem  Ent- 
wickler Schleier.  Man  setzt  dann  etwas  mehr  Säure  hinzu. 

5)  Verstärkung  und  Fixage  wie  gewöhnlich. 

Dieselben  Bedingungen  müssen  eingehalten  werden,  wenn  es  gilt, 
Portraits  mit  möglichst  kurzer  Expositionszeit  im  Atelier 
aufzunehmen. 


*)  Sind  die  folgenden  Bedingungen  erfüllt,  so  ist  auch  ein  weniger  empfind- 
liches Collodion  brauchbar.  Das  Collodion  von  Braun  in  Dörnach  ist  durchaus  nicht 
sonderlich  empfindlich , wie  wir  selbst  an  ein**r  Probe  fanden , die  wir  von  Braun 
erhielten. 


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368 


Zeltar  beiten. 


Wer  Augenblicksaufuahmen  machen  will,  dem  empfehlen  wir, 
sich  so  aufzustellen,  dafs  die  Mehrzahl  der  beweglichen  Gegen- 
stände auf  den  Apparat  loskotnmen  resp.  sich  von  ihm  entfernen. 
Es  ist  in  diesem  Falle  die  Ortsveränderung  die  scheinbar  kleinste, 
z.  B.  bei  Strafsenaufnahmen  sehe  man  längs  in  die  Strufse  hinein, 
marschirende  Soldaten  nehme  man  in  der  Marschrichtung  auf  etc. 


Zeltarbeiten  und  photographische  Excursionen. 

Bei  deu  bisher  beschriebenen  Arbeiten  ist  die  Existenz  eines 
photographischen  Laboratoriums,  in  welchem  man  die  Platten  präpa- 
rirt  und  entwickelt,'  vorausgesetzt.  Nun  kommen  aber  Aufgaben  genug 
vor,  in  denen  ein  solches  Laboratorium  nicht  als  vorhanden  ange- 
nommen wird,  Aufnahmen,  weit  entfernt  von  der  Werkstatt  des  Pho- 
tographen. Hier  mufs  erst  ein  Dunkelraum  beschafft  werden,  ehe  der 
Photograph  sein  Werk  beginnen  kann.  Zur  Noth  kann  als  Dunkel- 
raum  jeglicher  verschlossener  Raum  dienen,  der  sich  mit  leichter 
Mühe  lichtdicht  machen  Iäfst.  Braun  in  Dörnach  scheut  sich  nicht,  auf 
seinen  Reisen  Kellerräume,  Ställe,  Schuppen  als  Dunkelkammer  zu 
benutzen.  Es  kommt  hierbei  darauf  an,  inwieweit  man  hier  unbehelligt 
von  Staub  und  Gestank  arbeiten  kann.  Da  sich  solcher  Raum  nicht 
immer  improvisiren  Iäfst,  so  thut  der  wandernde  Photograph  gut, 
selbst  seine  Dunkelkammer  mit  sich  zu  führen.  Als  solche  trans- 
portable Dunkelkammer  dient  ihm  ein  zeltartiger  Raum,  der  vor  allem 
lichtdicht  ist,  aber  solide,  rasch  aufzuriebten  und  hinreichend 
bequem  sein  mufs.  Als  eines  der  brauchbarsten  Dunkclzelte  empfeh- 
len wir  das  von  Rough  in  London  (s.  Fig.  107).  Dasselbe  besteht 
zusammengeklappt  aus  einem  rechteckigen  Kasten,  der  in  beistehender 
Figur  unten  als  simple  Kiste  sichtbar  ist.  Aufgeklappt  bildet  der 
Deckel  den  horizotalen  Zeltboden,  der  Kasten  das  Gehäuse.  An 
letzteres  ist  die  aus  doppeltem  (gelben  und  schwarzen)  Zeuge  genähte 
Zeltleinwand  festgenagelt,  zwei  Eisenstangen  werden  schief  nach  oben 
eingesteckt,  und  die  Zeltleinwand  darüber  gezogen;  sie  hängt  dann 
als  offner  Sack  herunter,  in  den  der  Beobachter  hineinkriecht.  Das 
Ganze  ruht  auf  einen  festen  Dreifufs.  Die  Badcuvette  wird  in  einen 
schwarzen  Sack  gesteckt,  der  vorn  herunterhängt.  Als  Fenster  dient 
ein  viereckiges  Loch  mit  doppeltem  WachstafFet  überspannt.  Am 
besten  wird  dieses  als  Schiebefenster  eingerichtet,  um  leicht  geöffnet 
werden  zu  können.  Obenauf  steht  ein  Wasserkasten,  der  mit  dem 
Innern  durch  einen  mit  Hahn  versehenen  Kautschuckschlauch  com- 
municirt.  Die  Seitenleinwand  des  Zeltes  trägt  am  besten  Taschen, 
um  verschiedene  Kleinigkeiten  (Cassetten,  Silberhaken)  darin  bergen 
zu  können.  Der  Boden  wird  durch  eine  zusammenlegbare  Kautschuck- 
gchale  gebildet,  die  einen  Abflufs  nach  aufsen  hat.  Man  pflanzt  das 


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Photographische  Excarsionen. 


369 


Zelt  an  einen  wi ndgesch ätzten  und  schattigen  Ort  auf,  sonst 
wird  es  unerträglich  heifs.  In  heifsen  Gegenden  empfiehlt  sich 
öfteres  Besprengen  der  Zcltleinwand  und  des  Silberbadsacks  mit 
Wasser;  ein  einfaches  und  treffliches  Mittel,  beides  kühl  zu  erhalten. 

Fig.  107. 


Eine  ähnliche  Zelteinrichtung,  die  sehr  solide  ist,  beschreibt  Ph. 
Keine  le  in  seinem  vortrefflichen  Handbuche  der  Landschaftsphoto- 
graphie: Dasselbe  ist  von  L.  Herzog  in  Bremen  construirt  worden. 
Das  Wesentlichste  des  ganzen  Zeltes  ist  die  zum  Transporte  der 
Apparate  und  Chemiealien  erforderliche  Kiste.  Dieselbe  wird  aufge- 
klappt und  vier  Beine  von  starkem  Holz  angesetzt.  Oben  wird  ein 
zusammenklappbarer  Eisenstab  a in  angebrachte  Hülsen  eingeschoben 
und  durch  die  Stäbe  b b befestigt.  Ueber  diese  Stäbe  wird  ein  Zelt- 
tuch geworfen  und  mit  Haken  an  den  an  der  Kiste  angebrachten 
Oesen  ccc...  oben,  unten  und  an  beiden  Seiten  befestigt.  Das  Zelt- 
tuch muf8  an  den  Rändern  doppelt  sein,  um  im  Innern  der  Kiste 
ebenfalls  in  gleicher  Weise  angehakt  werden  zu  können.  Das  Zelt- 
tuch hat  am  unteren  Theile  eine  Oeflfnung,  der  Operateur  kriecht 
hinein  und  bindet  sich  dasselbe  um  den  Leib  lichtdicht  fest.  Bei  b ist 
in  der  Kiste  eine  verschliefsbare  Thür,  hier  ist  durch  gelben  Wachs- 
taffet  ein  Fenster  angebracht.  Das  Zelttuch  macht  man  am  besten  aus 


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370 


Photographische  Excursionen. 


sogenanntem  Gummizeug,  die  Haken  werden  mit  Gummibändern 
daran  befestigt.  Oben  bringt  man  in  dem  Tuche  ein  gelbes  Fenster 
aus  Wachstaffet  an. 


Dieses  Zelt  steht  fabelhaft  fest, 
bietet  vielen  Arbeitsraum  dar  und 
hat  schliefslicb  noch  das  Gute,  dafs 
sich  darin  arbeiten  läfst,  ohne  einen 
Tropfen  Silber  oder  andere  Flüssig- 
keiten auf  den  Boden  fallen  zu 
lassen. 

Aufser  dem  Zelte  rnnfs  man  na- 
türlich auf  Ausflügen  alle  übrigen 
zum  Operiren  nöthigeu  Gegenstände 
mit  sich  nehmen.  Wir  bedienen 
uns  zum  Transport  eines  Korbes 
mit  Deckel,  der  innen  mehrere 
viereckige  Fächer  enthält,  in  diesen 
lassen  sich  bequem  alle  Requisiten 
verpacken  und  sind  sie  an  der 
elastischen  Korbwand  viel  weniger 
leicht  dem  Zerbrechen  ausgesetzt 
als  in  einer  Holzkiste.  Vierkantige 
Flaschen  sind  für  diese  Zwecke 
runden  vorzuziehen.  Das  Verpacken 
der  Gläser  erfordert  Zwiscbenstopfen  von  weichem  Material  (am 
besten  Lappen  oder  Papier;  Werg  und  Heu  stauben  zu  sehr). 

Folgende  Gegenstände  mufs  man  auf  einem  photographischen 
Ausfluge  mit  sich  führen: 


a)  Für  kleine  Ausflüge.*) 


1)  Zelt. 

2)  Camera. 

3)  Dreifufsstativ  für  dieselbe. 

4)  Verbindungsschraube  zu  3 u.  2. 

5)  Cassetten  mit  Einlagen. 

6)  -Objective  mit  Brettchen. 

7)  Visirloupe. 

8)  Plattenkasten. 

9)  Geputzte  Platten. 

10)  Abstäuber. 

11)  Silberhaken. 


12)  Zwei  schwarze  Tücher 

(Kopftücher). 

13)  Wasserkanne  mit  Spülwasser. 

14)  Silberbadcuvette  oder  Schale. 

15)  Spritlampe. 

16)  Photogenleuchtlampe. 

17)  Negativsilberbad. 

18)  Entwickler. 

19)  Verstärkungssilber. 

20)  Alkoholische  Pyrogalluslösung. 

21)  Destillirtes  Wasser. 


*)  Dieses  Verzeichnifs  kann  zugleich  dem  Amateur  bei  Einrichtung  seines 
Ateliers  als  Leitfaden  dienen. 


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Photographische  Eicursionen.  371 


22)  Cyankalium. 

31)  Streichhölzer. 

23)  Ein  paar  leere  Flaschen  und 

32)  Scheere  und  Messer. 

Korke. 

33)  Etwas  Bindfaden  und  einige 

24)  Lack  für  Negative. 

Stecknadeln. 

25)  Eine  Mensur. 

34)  Ein  Fläschchen  Salpetersäure 

26)  Zwei  Trichter. 

(zum  Ansäuern  des  Silber- 

27) Einige  Entwicklungsgläschen. 

bades). 

28)  Spiritus. 

35)  Ein  Fläschchen  Quecksilber- 

29) Fliefspapier. 

chlorid  zum  Fleckenreinigen 

30)  Schreibpapier  (zum  Badab- 

der  Kleider.*) 

schäumen). 

36)  Handtücher. 

b ) Für  läng 

ere  Ausflüge 

bedarf  man  der  meisten  oben  an 

geführten  Stücke  in  duplo,  um  sie 

im  Verlustfalle  ersetzen  zu  können,  aufserdem: 

1)  Waage  mit  Hornschale. 

11)  Alkohol  und  Aether. 

2)  Gewichte. 

12)  Salpetersäure. 

3)  Silbernitrat. 

13)  Putzlappen. 

4)  Eisenvitriol  oder  schwefel- 

14) Putzrahmen. 

saures  Eisenammon. 

15)  Handwerkszeug  (Schrauben, 

5)  Eisessig. 

Schraubenzieher,  Diamant 

6)  Pyrogallussäure. 

zum  Glasschneiden  etc. 

7)  Citronensäure. 

16)  Uebermangansaures  Kali  zur 

8)  Rohcollodion. 

Restaurirung  der  Silberbäder. 

9)  Jodirung. 

(S.  285.) 

10)  Jodirungssalze. 

Die  Quantität  der  Sachen  wird  nach  der  Dauer  des  Ausfluges 
bemessen.  Für  Ausflüge  empfiehlt  es  sich  dringend,  die  gemischten 
Chemiealien  alle  zu  Hause  durchzuprobiren  und  erst  dann  einzu- 
packen, wenn  man  ihres  guten  Arbeitens  gewifs  ist. 

Collationiren  aller  oben  angeführten  Gegenstände  vor  dem 
Ausfluge  ist  dringend  nöthig.  Nicht  selten  kommen  gedankenlose 
Leute  mit  ihrem  Gepäck  an  den  Ort  ihrer  Bestimmung  und  müssen 
unverrichteter  Sache  umkehren,  weil  sie  eine  simple  Schraube  (No.  4) 
oder  eine  Silberschale  oder  Cassetten  vergessen  haben. 

Dafs  das  Arbeiten  bei  Ausflügen , wo  man  unter  erschwerenden 
Umständen  operiren  mufs,  viel  mehr  Umsicht  erfordert  als  das  im 
Atelier,  ist  selbstverständlich.  Die  Schwierigkeiten  wachsen  hier  oft 
ins  Unüberwindliche,  durch  Staub,  Hitze,  Mangel  an  brauchbarem 
Wasser,  Wind,  Kälte,  schlechtes  Wetter.  Diese  stellen  die  Geduld 
des  Photographen  oft  auf  die  härteste  Probe. 

*)  Das  Quecksilbersublimat  ist  zu  diesem  Zwecke  vorzüglich,  da  es  die  Farben 
nicht  zerstört. 


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372 


Photographische  Excursionen. 


Sehr  wichtig  ist  noch  ein  Punkt:  compendiöse,  leicht  zu- 
sammenlegbare, aber  doch  solide  Apparate.  Wir  beschreiben  hier 
einige. 

Meagher’s  Reisecamera.  Diese  zuerst  von  einem  renommir- 
ten  englischen  Kunsttischler  construirte  Camera*)  (Fig.  109  und  110) 

Flg.  109.  Fig.  110. 

IT 


besteht  aus  einem  festen  Vorderstück  v,  welches  mit  Falzen  zum 
Einschieben  der  Objectivbrettchen  versehen  ist,  und  einem  beweg- 
lichen Hinterstück  HH,  zum  Einsetzen  der  matten  Scheibe  und 
Cassette.  Die  Bewegung  des  Hinterstücks  behufs  der  scharfen  Ein- 
stellung geschieht  durch  Kurbel  g mit  Schraube  ohne  Ende  ss.  Das 
Camerabrett,  welches  das  Ganze  trägt,  ist  getheilt,  das  hintere  Stück 
desselben  B B hängt  bei  x mit  dem  vorderen  durch  Charniere  zu- 
sammen. Eine  aufklappende  Strebe  S mit  Schraube  r giebt  dem 
Ganzen  Halt.  Für  den  Transport  wird  der  Balg  zusammengeschraubt, 
so  dafs  E und  v sich  berühren;  die  Schraube  bei  r gelüst,  B B auf- 
geklappt,  ebenso  S.  Das  Zusammenlegen  und  Aufschlagen  dieser 
Camera  geht  aufserordentlich  rasch.  Eigenthümlich  ist  die  Einrichtung 
bei  H.  Die  Visirscheibe  N wird  nämlich  weder  aofgeklappt  noch 
herausgenommen,  sondern  die  Cassette  in  den  Ritz  mm  hineinge- 
zwängt, die  bewegliche,  nur  durch  Federn  / gehaltene  Visirscheibe 
weicht  alsdann  nach  hinten  zurück,  und  springt,  wenn  die  Cassette 
herausgezogen  wird,  von  selbst  wieder  in  ihre  alte  Lage. 

*)  Dieselbe  und  ähnliche  Constructionen  führen  Hr.  E.  Bnsch  in  Rathenow 
und  Hr.  A.  Moll  in  Wien. 


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Photographische  Excursionen.  373 

Die  Camera  läfst  sich  für  Focuslängen  von  4 — 12  Zoll  benutzen, 
hat  eine  bewegliche  Theilung  in  der  Mitte  zur 
Fertigung  von  Stereoskopbildern  und  diente  ein 
Exemplar  der  ägyptischen  Expedition  mit  bestem 
Erfolge.  Der  einzige  Uebelstand  ist  der  Mangel 
an  Festigkeit  des  Stückes  S , welches  bei 
starker  Trockenheit  berstet.  Zu  dieser  Camera 
gehört  aufser  einer  gewöhnlichen  noch  eine  für 
Trockenplatten  bestimmte  Doppelcassette.  Die 
Einrichtung  derselben  geht  aus  Fig.  111  hinreichend 
deutlich  hervor. 

Reisecuvette  (Fig.  112).  Diese 
in  allen  Handlungen  photographi- 
scher Artikel  zu  habende  Vorrich- 
tung besteht  aus  einer  gewöhnlichen 
in  eine  Holzpackung  eingesenkten 
Glascuvette,  die  durch  einen  auf- 
zusebraubenden  mit  Kautschuck  be- 
legten Holzdeckel  verschliefsbar 
ist.  Für  kurze  Ausflüge  ist  diese 
Vorrichtung  praktisch.  Bei  län- 
gerem Transporte  wirkt  jedoch  die 
Kautschuckmasse  nachtheilig  auf 
die  Silberlösung. 

Die  Operationsmethoden  weichen  von  den  früher  beschrie- 
benen nichtab.  Wir  bedienen  uns  der  Haltbarkeit  wegen  auf  Reisen 
des  Aequivalentcollodions  (S.254),  des  schwefelsaurenEisen- 
ammons  (zum  Entwickeln  und  Verstärken)  und  zum  Fixiren  der 
rascheren  Wirkung  und  leichteren  Auswaschung  wegen  des  Cyan- 
kaliums.  Der  nach  dem  Waschen  der  flxirten  Platte  ablaufende 
und  mit  der  Zunge  aufgefangene  letzte  Tropfen  verräth  durch 
seinen  bittern  Geschmack  sofort  etwaiges  ungenügendes  Waschen. 


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Angewandte  Photographie. 


In  dem  bisherigen  Theil  unseres  Baches  haben  wir  ausführlich 
die  Operationen  zur  Herstellung  eines  negativen  und  positiven 
Bildes  mit  Hülfe  des  Lichtes  im  Allgemeinen  erörtert,  ohne 
Rücksicht  auf  die  Natur  des  aufzunehmenden  Gegen- 
standes. 

Wer  die  beschriebenen  Methoden  genau  nach  Vorschrift  verfolgt, 
wird  für  alle  Fälle,  er  mag  aufnehmen,  was  er  will,  ein  Bild  erhalten, 
selten  aber  ein  vollkommenes.  Selbst  dem  Anfänger  wird  es 
bald  klar,  dafs  die  Natur  des  Gegenstandes  einen  sehr  grofsen  Ein- 
flufs  auf  das  Gelingen  ausübt  und  dafs  man  darauf  wesentlich  Rück- 
sicht nehmen  mufs,  wenn  das  Resultat  ein  befriedigendes  sein  soll. 

Man  versuche  einmal  mit  der  für  ein  Portrait  genügenden  Ex- 
positionszeit ein  Oelgemälde  odereinen  Kupferstich  zu  machen, 
oder  aber  umgekehrt  die  für  solche  Reproductionen  oft  nöthige  intensive 
Verstärkung  für  ein  Portraitnegativ  anzuwenden,  oder  man  nehme 
einmal  in  einer  für  ein  Portrait  passenden  Beleuchtung  eine  grofse 
Zeichnung  auf  und  man  wird  sich  über  das  Resultat  entsetzen. 

Die  Natur  und  die  Reihenfolge  der  Operationen  bleibt  im  Allge- 
meinen überall  dieselbe  und  doch  mufs  jede  derselben:  Aufstellung, 
Beleuchtung,  Objectivwahl , Scharfeinstellung,  Exposi- 
tionszeit, Entwicklung,  Verstärkung,  nach  der  Natur  des 
aufzunehmenden  Gegenstandes  etwas  modificirt  werden,  falls  das 
Resultat  ein  befriedigendes  sein  soll. 

Es  ist  ein  Irrthum  zu  glauben,  dafs  die  Photographie 
immer  wahr  zeichne.  Nichts  kann  unter  Umständen  unwahrer 
sein,  als  eine  Photographie,  wenn  sie  unter  für  den  Gegenstand  nicht 
passenden  Verhältnissen  gemacht  ist  (s.  u.  Aestbetik). 

Wir  müssen  deshalb  über  die  Anwendung  der  photographischen 
Operationen  auf  die  Objecte  verschiedener  Natur  noch  ausführ- 
licher uns  verbreiten. 

Hier  nun  ist  das  Feld  unabsehbar:  Sonne,  Mond  und  Sterne, 
Thiere,  Pflanzen,  Mineralien,  Kunst-  und  Naturproducte , der  Mikro- 
kosmus und  der  Makrokosmus,  alles  gehört  in  das  Bereich  der  Pho- 
tographie. Man  wird  es  uns  nachsehen,  wenn  wir  unter  dieser  Viel- 
heit von  Gegenständen  eine  Auswahl  treffen.  Die  Abhandlung  aller 


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Reprodnctionen. 


375 


übersteigt  die  Schranken  eines  Compendiums.  Wir  wühlen  hier 
diejenigen  Gegenstände  heraus,  deren  bildliche  Wiedergabe  vorzugs- 
weise dem  praktischen  Photographen  zur  Aufgabe  gestellt  wird! 
Zeichnungen,  Gemälde,  Modelle,  Maschinen,  Architekturen,  Land- 
schaften und  Portraits. 

Wir  nehmen  die  Besprechung  der  mehr  mechanischen  Ar- 
beiten der  Reproductionsphotographie  und  der  Photographie  tech- 
nischer Gegenstände  zuerst  vor  und  reserviren  die  Betrachtung  der 
Portrait-  und  Landschaftsphotographie,  welche  mehr 
künstlerischer  Natur  sind,  für  den  dritten  Theii  unseres  Werkes. 


I.  Reproductionsphotographie. 

(Aufnahme  von  Zeichnungen,  Kupfern,  Oelgemälden  etc.  etc.) 

1)  Vorbereitung  des  Originals. 

Man  sorge  für  eine  möglichst  saubere  Vorlage.  Von  einer 
mit  schmutzigen  Fingern  begriffenen  Zeichnung  wird  man  auch  nur 
ein  schmutziges  Negativ  erhalten.  Bleistiftstriche  in  Tuschzeichnungen, 
ungleiche  Farbe  der  Tusche  stören  ebenfalls.  Die  Photographie  giebt 
alles  wieder,  auch  die  Nebensachen,  und  letztere  oft  in  unan- 
genehmem Grade.  Zeichnungen,  Kupfer  satinirt  man  vorher,  um 
das  Papierkorn  möglichst  hinwegzuschaffen.  Bilder  unter  Glas 
rahme  man  lieber  aus,  das  Glas  giebt  leicht  störende  Reflexe. 

Welche  Schwierigkeiten  manche  Originale  von  vergilbten  Drucken, 
fleckigen  Zeichnungen  etc.  etc.  machen,  ist  bekannt.  Zur  Ueber- 
windung  derselben  wendet  man  die  Origin  alretouche  an.  Hr. 
Scamoni,  Photograph  in  der  kaiserlichen  Staatsdruckerei  in  St.  Peters- 
burg, schreibt  darüber:  Jedes  gelbliche  oder  sonstwie  störende 

Fleckchen  auf  dem  Original  decke  ich  in  den  Zwischenräumen  der 
Linien  in  der  Zeichnung  vorsichtig  mit  Kremserweifs  und  verstärke, 
wo  es  angeht,  die  Kernschatten,  in  welchen  die  Farbe  allzu  grisselig 
erscheint.  Ist  das  Papier  faltig  und  nicht  glatt  aufspannbar,  so  presse 
ich  es  in  einen  Rahmen  mit  fester  Rückwand  dicht  gegen  eine 
Spiegelscheibe , durch  welche  man  bei  richtiger  Aufstellung  des 
Rahmens  im  ruhigen  Lichte  ganz  gut  photographiren  kann.  Für 
absolut  ebene  Aufspannung  mufs  stets  Sorge  getragen 
werden,  sonst  entsteht  unfehlbar  Verzeichnung. 

2)  Aufstellung. 

Die  Aufnahme  einer  Zeichnung  ist  namentlich  in  optischer  Hin- 
sicht die  einfachste  Aufgabe,  die  einem  Künstler  gestellt  werden  kann. 
Grofse  Arrangements  sind  hier  nicht  nöthig.  Vollkommen  ebene 
Aufspannung  des  Blattes  auf  dem  Reifsbrett,  parallele  Auf- 

Vogel,  Lehrbuch  ü.  Photographie.  2-J 


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376 


Reproductionsgestell. 


Stellung  der  matten  Scheibe  des  Apparats  und  der  Zeichnung 
sind  ein  Haupterfordernifs  desselben.  Ist  diese  nicht  vorhanden,  so 
^ind  Verzeichnungen  die  Folge.  Die  an  sich  parallelen 
Linien  laufen  nach  oben  oder  nach  der  Seite  zusammen, 
falls  der  Apparat  statt  genau  senkrecht  mit  seiner  Axe  auf  die 
Zeichnung  gerichtet  zu  sein,  etwas  nach  oben  oder  nach  der  Seite  sieht. 

Um  parallele  Aufstellung  zu  erzielen,  haben  gröfsere  Repro- 
ductionsateliers  Vorrichtungen , um  Reifsbrett  mit  der  Zeichnung  in 
unveränderlicher  paralleler  Lage  sich  gegen  einander  verschieben  zu 
lassen.  Ein  solcher  Apparat  (Fig.  113)  besteht  aus  einem  starken 
Gestell,  das  der  Länge  gemäfs  auf  vier  oder  mehr  Beinen  ruht.  An 

dem  einen  Ende  davon 
,l3-  wird  das  Reifsbrett  fest 

angebracht,  und  zwar  im 
rechten  Winkel  zu  den 
metallenen  Rinnen,  die  in 
den  Seiten  des  Gestelles 
befestigt  sind  und  in  wel- 
chen die  Vorrichtung,  die 
die  Camera  trägt,  sich 
mittelst  metallener  Aus- 
läufer bewegt.  Wenn 
nöthig,  kann  das  eine 
Ende  offen  gelassen  werden,  um  den  Operateur  heranzulassen,  wenn 
er  einstellt,  und  zwar  dadurch,  dafs  die  Seiten  des  Gestelles  an  den 
Stellen  zwischen  dem  Platz,  den  die  Camera  gewöhnlich  einnimmt, 
und  dem  Brette  durch  eiserne  Klammern  zusammengehalten,  ebenso 
die  Beine  nahe  am  Boden  mit  einander  in  Verbindung  gebracht 
werden.  Bei  dem  Copirtisch  im  Atelier  der  Königl.  Gewerbe-Akademie 
wird  das  Reifsbrett  mit  Hülfe  von  Schnüren,  die  über  eine  unterhalb 
der  Camera  befindliche  Rolle  laufen,  genähert  und  entfernt. 

Das  Reifsbrett  soll  in  Quadratzolle  eingetheilt  sein,  was,  ver- 
bunden mit  den  Vierecken  und  Linien,  die  auf  der  matten  Scheibe 
ebenfalls  in  Zollen  markirt  sind,  eine  grofse  Hülfe  ist,  um  zu  be- 
stimmen, ob  das  Bild  vollkommen  viereckig  und  von  richtiger  Gestalt 
ist  und  zugleich  ein  Mittel  gewährt,  um  das  Gröfsenverhältnifs 
(v>  i>  i)  zu  beurtheilen.  Sehr  praktisch  ist  es  ferner,  diesen  Apparat 
an  der  Seite  mit  einer  Zolltheilung  zu  versehen,  nach  welcher 
man  die  Entfernung  zwischen  Objectiv,  matter  Scheibe  und  Zeich- 
nung schon  im  Voraus  regeln  kann.  Man  markirt  sich  dann  die 
für  ein  bestimmtes  Objectiv  nöthigen  Stellungen,  um  halbe,  ganze, 
doppelte  etc.  Naturgröfse  zu  erzielen,  und  erspart  sich  dadurch  das 
oft  wiederholte  zeitraubende  Einstellen. 

Die  Dimensionen  dieser  Gestelle  richten  sich  nach  den  Anforde- 


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Reproductionen. 


377 


rangen.  Man  beachte,  dafs  man  für  Lebensgröfse  - Zeichnung  die 
matte  Tafel  um  die  doppelte  Brennweite  vom  Objectiv  entfernen 
mufs.  Kleinere  Gestelle  der  Art  setzt  man  auf  Rollen,  sie  lassen 
sich  dann  bequem  im  Atelier  herumfahren. 

Wenn  Reproductionen  nur  ausnahmsweise  gefertigt  werden,  hilft 
man  sich  mit  einfacheren  Vorrichtungen. 

Man  nimmt  dann  dag  Stativ  (S.  243)  als  Basis  der  Zeichnung 
und  stellt  dem  gegenüber  den  Apparat  auf  gewöhnlichem  Stativ 
(S.  244)  auf.  Man  sucht  zunächst  die  Entfernung  beider  ungefähr 
zu  fixiren  nach  Mafsgabe  der  Verkleinerung,  dann  stellt  man  Apparat 
und  Zeichenbrett  möglichst  genau  senkrecht,  indem  man  die 
senkrechten  Kantenlinien  mit  senkrechten  Architektur- 
theilen  abvisirt  z.  B.  mit  einer  Mauerecke;  nachher  sorgt  man  auch 
für  Parallelstellung  beider  durch  Abvisiren  der  Horizontal- 
kanten (von  Zeichenbrett  und  Apparat)  mit  den  Dielritzen.  Beides 
erfordert  einige  Geduld,  führt  jedoch  besser  zum  Ziel  als  Wasser- 
waagen. 

Anders  verfährt  man  zuweilen  bei  Oelgemälden.  Diese  bängt 
man,  um  die  fatalen  Reflexe  zu  vermeiden,  schief  nach  vorn  ge- 
neigt auf,  gerade  so  wie  sie  in  Gallerieen  zu  hängen  pflegen. 

3)  Beleuchtung. 

Bei  Aufnahmen  von  Zeichnungen  ist  die  Beleuchtung  allerein- 
fachster Natur.  Man  braucht  nichts  weiter  als  ein  gleicbmäfsiges 
Licht  über  die  ganze  Fläche.  Ein  solches  findet  nur  statt,  wenn 
der  Lichtwinkel  für  jeden  Punkt  der  Zeichnung  annähernd  derselbe 
ist.  Wer  die  Principien  der  Beleuchtung  (S.  226)  sorglich  beachtet 
hat,  wird  sich  hierüber  leicht  ein  Urtheil  bilden  können.  Man  ar- 
beitet am  bequemsten  in  einem  Vorderlicht,  was  über  den  Ap- 
parat hinweg  auf  die  Zeichnung  fällt.  Man  sorgt  dafür,  dafs  die 
Camera  nicht  Schatten  auf  das  Blatt  wirft. 

Nicht  selten  ist  das  Papier  rauh.  Jede  einzelne  Faser  oder  jedes 
Loch  wirft  alsdann  Schatten.  Man  satinire  (wenn  es  geht)  vorher 
das  Blatt  oder  aber  vernichte  den  Schatten  durch  Reflexe,  indem  man 
einen  weifsen  Papierbogen  vor  das  Blatt  legt 

Noch  störender  als  Rauhigkeiten  ist  Glanz,  wie  bei  lackirten 
Bildern,  namentlich  Oelgemälden  und  Photographiecn.  Man  bringt 
die  Staffelei  mit  den  Bildern  an  einen  Ort  des  Ateliers,  wo  dieser 
störende  Reflex  nicht  erscheint.  Auf-  und  Zuziehen  von  Gardinen 
hilft  hierbei  wesentlich.  Um  ganz  sicher  zu  sehen,  dafs  derselbe 
nicht  stört,  bringt  man  den  Kopf  mit  dem  prüfenden  Auge  vor 
das  Objectiv  des  Apparats.  Hier  bemerkt  man  erst  genau  die 
Wirkung  der  Beleuchtung.  Oelgemälde  hängt  man  schief  auf  und 

25* 


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378 


Reproductiouen. 


richtet  die  Axe  des  Apparats  senkrecht  auf  ihre  Fläche  nach  oben. 
Aufnahme  in  directem  Sonnenlichte  ist  für  Oelgemälde,  nament- 
lich stark  nachgedunkelte,  unter  Umständen  von  Vortheil.  Die  Be- 
leuchtung ist  hier  so  zu  wählen,  dafs  neben  dem  Glanz  auch  noch 
das  Schattenwerfen  dicker  Farbenlagen  vermieden  wird. 

4)  Objective. 

In  der  Praxis  werden  alle  Sorten  Objective  für  Reproductionen 
verwendet.  Bei  Aufnahme  von  Kunstsachen,  Kupfern,  Oelbildern 
stört  eine  geringe  Verzeichnung,  wie  sie  Portrait-  oder  Landschafts- 
linsen zeigen,  nicht,  namentlich  wenn  nur  der  mittlere  Theil  ihres 
Gesichtsfeldes  zur  Anwendung  kommt. 

Für  mathematisch  genaue  Bilder  verlangt  man  aber  absolut 
correct  zeichnende  Objective  und  dazu  empfehlen  wir  das  Triplet- 
und  Aplanatobjectiv  (s.  S.  190).  Lichtstarkere  (Portrait-)  Linsen 
würden  nur  für  dunkel  wirkende  Oelbilder  nöthig  sein,  um  die  Ex- 
positionszeit abzukürzen.  Lichtschwache,  wie  das  Pantoskop  (welches 
auch  correct  zeichnet),  sind  nur  bei  sehr  hellem  Lichte  bequem  an- 
zuwenden. 

Man  stellt  erst  mit  vollem  Objectiv  auf  die  Mitte  ein 
(Steinheil)  oder  auf  die  Hälfte  zwischen  Mitte  und  Bildrand  (Dall- 
meyer),  dann  blendet  man  ab.  Bei  Linearzeichnungen  nimmt  man 
die  Blende  so  klein,  dafs  die  Schärfe  bis  zum  Rande  geht.  Bei 
Oelbildern  kann  man  gröfsere  Blenden  verwenden,  um  Lichtstärke 
zu  gewinnen. 


5)  Schutz  des  Objectivs  vor  fremdem  Licht. 

Dieser  ist  bei  Zeichnungen,  wo  es  darauf  ankommt,  die  Linien 
klar  zu  erhalten,  dringend  nöthig.  Man  bringt  vor  das  Objectiv 
einen  innen  schwarzen  Kasten  an  und  setzt  vor  denselben  eine 
Pappe  oder  einen  Schirm,  in  dem  ein  Loch  ausgeschnitten  ist, 
welches  dem  Objectiv  gerade  nur  die  Aussicht  auf  die  Zeichnung 
gestattet,  alles  Uebrige  aber  abdeckt.  Ein  über  das  Objectiv  gestülp- 
tes, an  der  Camera  befestigtes  weites  Rohr  von  Pappe,  in  dem 
sich  ein  zweites  engeres  Rohr  fernrohrartig  verschiebt,  ist  zu 
diesem  Zwecke  ebenfalls  brauchbar.  Landschaftslinsen  bedürfen 
dieses  Objectivschutzes  nicht  so  dringend  als  Portraitlin sen,  Apla- 
nats  und  Triplets. 

Man  verwende  nicht  das  ganze  Gesichtsfeld  der  Linse,  sonst 
ist  man  einer  merklichen  Abnahme  der  Lichtstärke  nach 
dem  Rande  hin  ausgesetzt. 


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Reproductionen. 


379 


6)  Expositionszeit. 

Die  richtige  Expositionszeit  ist  bei  Reproductionen  sehr 
schwer  zu  bestimmen.  Man  unterscheidet: 

Schwarze Linearz eichnu n gen  ohne  Halbtöne  (auch  Kupfer- 
stiche) und  Halbtonbilder.  Ex ponirt  man  erstere  zu  kurz,  so  erhält 
man  ein  ganz  blasses,  langsam  herauskommendes  Bild.  Es  sind  alle  Striche 
durchsichtig  darin  zu  sehen,  aber  es  erfordert  eine  sehr  lange  Verstär- 
kung, bei  der  nur  zu  leicht  die  Schicht  mürbe  wird  und  reifst.  Exponirt 
man  zu  lange,  so  üben  auch  schliefslich  die  schwarzen  Striche  eine 
Lichtwirkung,  und  sie  erscheinen  nach  der  Entwicklung  matt  und 
verschleiert  und  liefern  beim  Druck  ein  graues  Bild  statt  eines 
schwarzen.  Im  A llgem einen  ist  bei  Linearzeichnungen  Ueber- 
exposition  nachtheiliger  als  U n terex posit on  (umgekehrt  wie  bei 
Landschaften  und  Portraits). 

Zeichnungen  mit  Halbtönen  erfordern,  um  Details  in  den 
tiefen  Schatten  zu  erhalten,  längere  Exposition  als  Strichzeich- 
nungen. Zeichnungen  mit  Halbton  und  Strich  machen  daher 
die  meisten  Schwierigkeiten.  Exponirt  man  auf  den  Halb  ton  aus, 
so  bekommt  man  zum  Theil  verschleierte  Striche;  exponirt  man 
kürzer,  so  bekommt  man  schwarze  Striche,  aber  harten  Halbton  und 
Detailmangel  in  den  Schatten.  Man  wählt  von  beiden  Uebeln 
das  kleinste.  Zeichner,  die  für  Photographie  arbeiten,  mögen  sich 
daran  gewöhnen,  in  tiefen  schwarzen  Strichen  auf  weifs  Papier  zu 
zeichnen.  Graue  Striche  machen  die  meiste  Noth,  z.  B.  der  glänzende 
Bleistiftstrich,  Auch  die  Kupferdrucke  machen  Schwierigkeiten,  sie 
sind  meist  nur  mittelschwarz  und  leicht  bekommt  man  Reproductionen, 
die  schwärzer  oder  flauer  als  das  Original  erscheinen. 

Oelgemälde  richtig  zu  photographiren  hielt  man  früher  für 
unmöglich.  Die  Farben  machen  allerdings  grofse  Schwierigkeiten. 
Eine  chromgelbe  Sonne  wird  stets  eine  schwarze  Scheibe  werden,  trotz 
noch  so  langer  Exposition,  und  ein  Ultramarinhiramel  stets  ein  weifser 
Klecks,  abgesehen  von  anderen  Tönen,  für  die  unsere  Farben  - 
tafel  lehrreiche  Beispiele  enthält.  Am  widerspenstigsten  ist 
Braun,  daher  braune  Photographieen  schlecht  zu  reproduciren  sind. 
Glücklicher  Weise  wirkt  das  von  der  Farbenoberfläche  reflectirte 
Nebenlicht  noch  etwas  mit,  im  Allgemeinen  aber  wird  man  bei  Oel- 
bildern  eine  viel  längere  Exposition  nöthig  haben,  als  bei  allen 
andern  Bildern,  wenn  man  Details  in  den  Schatten  und  unwirksamen 
Tönen  erzielen  will. 

10 

Man  prüfe  jedes  Bild  nach  der  Entwicklung  auf  das 
Sorglichste.  Zeigt  es  ungenügende  Schattendetails,  so  wieder- 
holt man  die  Arbeit  mit  längerer  Exposition.  Manchmal  erzielt  inan 
auch  dabei  keinen  Erfolg,  namentlich  bei  Farben  wie  Umbra,  Dunkel- 
grün. Hier  bleibt  dann  weiter  nichts  übrig,  als  dns  Feh- 


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380 


Reproductionen. 


lende  durch  Negati  vretouche  zu  ergänzen.  Ein  Gleiches 
mufs  auch  oft  in  den  hellen  Lichtern  (Himmel,  Wolken)  erfolgen, 
die  vielleicht  im  Negativ  sichtbar  sind,  aber  zu  wenig  gegen  den 
Grund  contrastiren.  Man  verstärkt  alsdann  dieselben  durch  Nach- 
tuschen. 

In  Bezug  auf  die  Technik  der  Negativretoucbe  verweisen  wir  auf 
das  vortreffliche  Werk  von  Grafshoff:  Ueber  Retouche  der  Pho- 
tographieen.  Zweite  Auflage  1869. 

7)  Operationsmethoden,  Formeln. 

Man  arbeitet  mit  den  oben  gegebenen  Recepten.  Für  Halbton- 
bilder und  Oelgemfdde  starker  Entwickler,  für  Bilder  in  Strich- 
manier schwacher  Entwickler  (s.  S.  256). 

Für  lange  Expositionen  bedarf  man  besonderer  Vorsichtsmafs- 
regeln.  Gar  zu  leicht  entstehen  dabei  einerseits  Marmor  fl  ecke 
durch  Hängenbleiben  einzelner  Badtropfen  an  der  abstofsend  wirken- 
den Collodionschicht.  Collodionsorten,  von  denen  das  Silberbad  trotz 
längeren  Eintauchens  wie  von  Fett  abläuft,  sind  für  lange  Ex- 
positionen nicht  brauchbar.  Es  giebt  andererseits  Moosflecke, 
durch  Einsickern  von  Schmutztbeilchen  aus  dem  Cassettenholz, 
die  sich  in  der  ablaufenden  BadBüssigkeit  lösen  und  von  dem 
schwammigen  Collodion  absorbirt  werden;  endlich  Trocke nf lecke, 
durch  wirkliches  Eintrocknen  der  Silberlösung  auf  der  Platte, 
wobei  das  Jodsilber  von  dem  concentrirteren  Bade  aufgelöst  wird. 

Um  nasse  Platten  für  lange  Expositionen  zu  bewahren,  empfiehlt 
Carey  Lea  im  „Philadelphia  Photographer“  folgende  Methoden: 

„1)  Man  vermeidet  die  Marmorflecke,  welche  namentlich  in  der 
Mitte  der  Platte  entstehen,  am  besten  dadurch,  dafs  man  die  Platte 
so  rasch  wie  möglich  nach  dem  Collodiongiefsen  ins  Silberbad  bringt. 

2)  Die  Flecke,  welche  trotz  dieser  Vorsichtsmalsregel  bei  langen 
Expositionen  an  den  Rändern  und  namentlich  an  den  unteren 
Ecken  auftreten,  vermeidet  man 

d)  durch  den  Gebrauch  zweier  Bäder,  eines  alten  behufs  der 
Sensibilisation,  eines  neuen  behufs  des  Eintauchens  der  sen- 
sibilisirten  Platte  nach  dem  Herausnehmen  aus  dem  ersten 
Bade; 

b ) durch  das  Einlegen  einer  dicken  streifenförmigen  Lösch- 
papierlage, die  man  der  Länge  nach  umknifft,  so  dafs  der  eine 
Theil  ungefähr  | Zoll , der  andere  1 Zoll  breit  ist ; den  j Zoll 
breiten  Theil  schiebt  man  unter  die  Platte,  wenn  sie  in  der 
Cassette  liegt,  so  dafs  die  Platte  auf  der  dicken,  schmalen 
Papierlage  steht.  Der  breite  Theil  des  Papiers  liegt  dann 
auf  der  Rückseite. 


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Reprodoctiooen. 


381 


Reinhaltung  der  Cassette  selbstverständlich.  In  dieser  Weise 
kann  man  Expositionen  von  einer  halben  Stande  und  mehr  ohne 
Gefahr  anwenden. 

Deckung  der  Rückseite  der  Platte  mit  nassem  Löschpapier  und 
Anwendung  eines  möglichst  schwammigen  und  bromreicbcn  Collodions 
dürften  hier  ebenfalls  als  empfehlenswertbe  Mittel  in  Erinnerung 
gebracht  werden. 

Jabez  Hughes  empfiehlt  neben  den  letztgenannten  Mitteln 
die  Anwendung  gewaschener  nasser  Platten.  Man  taucht  die 
Platten  nach  dem  Sensibilisiren  in  eine  grofse  Schale  mit  sehr 

reinem  destillirtem  Wasser,  bewegt  sie  hierin  drei  Minuten,  läfst 
abtropfen  und  benutzt  sie  so.  Vor  dem  Entwickeln  werden  sie  in 
das  Silberbad  zurückgebracht  und  in  demselben  mindestens  eine  Mi- 
nute bewegt. 

Bei  der  Entwicklung  ist  das  schnelle  oder  langsame  Erschei- 
nen ein  Kriterium,  ob  das  Bild  über-  oder  richtig  exponirt  ist.  Die 

Verstärkung  ist  namentlich  bei  Strichzeichnungen  ein  Punkt  von 
bedeutender  Wichtigkeit.  Die  Platte  mufs  so  intensiv  wer- 

den, dafs  sie  das  Licht  beim  Copiren  schwer  hindurchläfst,  sonst 
bekommt  man  eine  Reproduction  mit  grauem,  statt  mit  weifsem 
Grund. 

Sehr  dicke  undurchsichtige  Drucke  verlangen  Photolithographen, 
Photozincographen  u.  dgl.  Für  diese  empfiehlt  Waterhouse  folgende 
Verstärkungsmethode:  „Nachdem  die  Pyrogallussäurelösung  vollständig 
abgewaschen  ist,  wird  die  Platte  in  eine  gesättigte  Lösung  von 
Quecksilbersublimat  getaucht  und  bleibt  darin,  bis  sie  ganz  weifs  ist; 
sobald  glänzende  Linien  erscheinen,  sollte  die  Operation  nicht  über 
einen  dunkelgrauen  Ton  fortgeführt  werden.  Die  Platte  wird  darauf 
gut  gewaschen  und  man  giefst  eine  verdünnte  Lösung  von  Schwefel- 
ammonium darüber,  welche  die  Farbe  in  ein  in’s  Rothbräunliche 
spielendes  Schwarz  verändert.  Nachdem  die  Platte  gut  abgewaschen 
und  getrocknet  ist,  wird  sie  auf  die  gewöhnliche  Weise  lackirt. 

„In  Folge  meiner  Versuche  in  Indien  fand  ich,  dafs,  wenn  man 
Citronensäure  im  Verstärker  angewendet  hatte,  die  Haut  grofser 
Neigung,  Risse  zu  bilden,  unterworfen  war,  sobald  man  sie  in  das 
Bad  von  Quecksilbersublimat  eintauchte.  Ich  suchte  daher  ein  Mittel, 
das  Quecksilbersublimat  zu  ersetzen,  das  aus  mehreren  Gründen  un- 
angenehm ist.  Ich  wendete  dazu  folgende  durch  Mr.  Carey  Lea 
empfohlene  Lösung  an: 

Kaltgesättigte  Lösung  von  doppelt- 
chromsaurem Kali 3 Fluid-Drachmen, 

Salzsäure 1 Drachme, 

Wasser 6 Unzen. 


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382 


Reprftrtuctionen. 


Diese  Lösung  wird  auf  die  Platte  gegossen,  nachdem  sie  mit 
Pyrogullussäure  verstärkt  worden  ist;  die  Farbe  der  Haut  verändert 
sich  schnell  in  ein  prächtiges  Limonengelb  und  die  Linien  scheinen 
sich  etwas  zu  klären.  Nachdem  eg  weggewaschen  ist,  wird  Schwefel- 
ammonium-Lösung angewendet  und  diese  verändert  die  Farbe  in  ein 
dichtes  Chocoladenbraun. 

Der  einzige  Punkt,  der  Aufmerksamkeit  bedarf,  ist  das  Waschen 
der  Platte  nach  jeder  einzelnen  Operation;  denn  unterläßt  man  dies 
zu  thun,  so  verschwimmen  die  Linien,  bedecken  sich  mit  Niederschlag 
und  das  Negativ  ist  unbrauchbar. 

8)  Das  Drucken. 

Vollkommene  Negative  drucken  sich  leicht  und  ohne  Finessen. 
Man  copirt  etwas  über,  so  dafs  der  Grund  leise  angelaufen  ist,  beim 
Tonen  werden  dann  die  Bilder  weifs.  Negative,  in  denen  manche 
Theile  zu  dick,  andere  zu  dünn  sind,  werden  mit  Masken  copirt. 
Man  läfst  erst  die  dünnen  Theile  durchcopiren ; sind  diese  fertig,  so 
deckt  man  sie  (auf  dem  Rahmen)  mit  passend  zugeschnittener  Pappe, 
die  man  mit  Nägeln  festmacbt,  die  übrigen  Theile  läfst  man  dann 
weiter  copiren.  Den  Ton  der  Bilder  halte  man  mehr  schwärzlich 
(durch  Anwendung  eines  alkalischen  oder  Chlorkalkbades,  8.  S.  296). 

9)  Die  Kritik  des  Resultats. 

Die  Beurtheilung  des  Resultats,  der  strenge  und  sachkun- 
dige Vergleich  des  fertigen  Bildes  mit  dem  Original,  ist  bei  Zeich- 
nungen und  Kupferstichen  nicht  sehr  schwierig,  da  Original  und 
Copie  monochrom  ist.  Schwerer  ist  dieser  Punkt  bei  Oelgemälden. 
Hier  soll  die  Wirkung  der  Farbe  durch  blofse  Abstufungen  zwischen 
Hell  und  Dunkel  wiedergegeben  werden.  Hier  ist  von  vornherein 
zu  beachten,  dafs  die  Photographie  die  kalten  Farben  (blau)  zu  hell, 
die  warmen  (gelb,  roth)  zu  dunkel  wiedergiebt.  Dieser  Gegensatz 
mufs  ausgeglichen  werden,  wenn  das  Bild  wahr  werden  soll.  Man 
mufs  sich  hier  gleichsam  das  farbige  Original  analysiren,  von  der 
Farbe  abstrahiren  und  beachten,  was  darin  hell,  halbdunkel  und  ganz 
dunkel  erscheint,  was  hervorgehoben  werden  mufs  und  was  nicht. 

Besitzt  die  Photographie  keine  richtige  Abstufung  zwischen  Licht 
und  Schatten,  treten  die  Figuren  nicht  auseinander,  fehlt,  mit  einem 
Worte  gesagt,  die  Haltung,  so  ist  das  Bild  nichts  werth. 

Wer  Kunstwerke  richtig  photographiren  will,  mufs  Kunstkenner 
sein  oder  sich  einem  solchen  unterordnen. 

Es  existiren  Hunderte  von  Oelreproductionen  im  Handel,  welche 
da  Helligkeit  zeigen,  wo  das  Original  dunkel  ist,  und  umgekehrt, 
oder  wo  die  einzelnen  Figuren,  die  in  Folge  des  Farbenunterschiedes 
beim  Original  vortrefflich  auseinandertreten,  in  der  Copie  zusammen- 


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Aufnahme  von  Modellen  etc. 


383 


schwimmen,  oder  wo  tiefe  Dunkelheit  herrscht  in  Flächen,  die  im 
Oelbilde  die  feinsten  Details  zeigen.  Auf  alle  diese  Punkte  mufs 
geachtet  werden;  nur  mit  sorglichster  Kritik  ist  ein  Resultat  zu 
erzielen.  Alte  nachgedunkelte  Oelgemälde,  in  welchen  auch  das  Auge 
nichts  mehr  erkennt,  machen  natürlich  viel  mehr  Schwierigkeiten  als 
neue. 

Die  Reproductionsphotographie  ist  ein  Verfahren,  welches  an  der 
Grenze  steht  zwischen  der  rein  mechanischen  und  künstlerischen 
Thätigkeit  des  Photographen.  Insofern  gehört  sie  theilweise,  so- 
weit sie  auf  künstlerischen  Grundsätzen  basirt,  in  das  Capitel 
über  photographische  Aesthetik;  praktische  Rücksichten  veran- 
lassen uns  jedoch,  sie  hier  im  rein  technischen  Theile  unseres 
Buches  abzuhandeln. 


II.  Aufnahme  von  Modellen,  Ornamenten,  Statuen, 
Kunstgeräthen,  Maschinen  etc.  etc. 

1)  Vorbereitung  der  Objecte  und  Aufstellung. 

Es  ist  schwer,  für  das  bunte  Allerlei  von  Gegenständen,  welche 
unter  dieses  Capitel  rangiren,  allgemeine  Regeln  zu  geben,  da  solche 
sich  doch  für  jeden  specjellen  Fall  modiöciren,  demnach  wollen  wir 
hier  wenigstens  die  Principien  entwickeln,  die  man  bei  solchen  Auf- 
nahmen nicht  ungestraft  verletzen  darf.  Hier  gelten  die  Regeln  wie 
in  S.  375.  Man  entferne  alles,  was  nicht  zur  Sache  gehört,  und 
scheue  kein  Mittel,  den  Gegenstand  so  elegant  als  möglich  so  machen, 
ehe  man  an  die  Aufnahme  geht. 

Die  Objecte,  welche  unter  dieses  Capitel  gehören,  sind  entweder 
leicht  transportabel  (atelierfähig)  oder  nicht.  Letztere  müssen  am 
Standorte  aufgenommen  werden,  oft  mit  allen  sie  umgebenden  Zu- 
fälligkeiten (Landschaftshintergrund,  umstehende  Gaffer  etc.),  oft 
in  einer  unpassenden,  ja  unmöglichen  Beleuchtung,  wie  in  dunklen 
Räumen  etc.  etc. 

Atelierfähige  Objecte  arrangirt  man  am  besten  vor  einem 
monotonen  Hintergründe  (s.  S.  240).  Man  bedarf  für  denselben 
je  nach  der  Natur  des  Gegenstandes  verschiedene  Nuancen.  Regel 
ist:  Der  Gegenstand  mufs  sich  deutlich  vom  Hintergründe 
abheben.  Beide  dürfen  nicht  gleich  hell  oder  gleich  dunkel  sein. 
Zu  beachten  ist  hierbei,  dafs  der  Hintergrund  um  so 
dunkler  wird,  je  weiter  er  vom  Object  entfernt  ist.  Man 
hat  es  dadurch  sogar  in  seiner  Gewalt,  ganz  schwarze  Fonds  zu 
erzeugen,  obgleich  der  Originalhintergrund  vielleicht  nur  grau  erscheint. 
Einen  zu  dunklen  Hintergrund  kann  man  durch  passende  Beleuch- 
tung aufhellen.  Als  Basis  wähle  man  einen  dunklen  Tisch  oder 


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384 


Aufnahme  von  Modellen,  Maschinen  etc. 


ein  solches  Postament.  Alle  Nebensachen  entferne  man.  Senk- 
rechte Stellung  ist  meist  selbstverständlich.  Wichtig  ist  die  Wahl 
des  Standpunkts  der  Camera.  Sie  mufs  da  stehen,  wo  ein  sach- 
kundiger Beobachter,  d.  h.  einer,  der  nicht  mit  Photographie,  son- 
dern mit  dem  Gegenstände  vertraut  ist,  sich  aufstellen  würde, 
um  einen  ganzen  vollen  Anblick  des  Werkes  zu  erhalten.  Sie  mufs 
der  Sehrichtung  eines  solchen  Beobachters  entsprechen.  Wenn  dem- 
nach der  Photograph  seinen  Standpunkt  richtig  wählen  will,  so  mufs 
er  den  Gegenstand  kennen.  Was  hilft  das  brillanteste  Bild  einer 
Maschine,  wenn  die  Hauptsache  darin  durch  Nebensachen  verdeckt 
ist?  Oft  kommt  es  hier  auf  ein  Stirnrad,  eine  Schraube  an.  Ebenso 
ist  es  bei  Kunstgegenständen.  Hier  mufs  der  Photograph  selbst  sich 
erst  in  seinen  Gegenstand  einzulernen  suchen,  er  mufs  das  Modell 
verstehen,  gerade  wie  ein  Schauspieler  erst  seine  Rolle  lernen  und 
sich  mit  dem  darzustellenden  Charakter  vertraut  machen  mufs,  ehe  er 
an  die  Aufführung  desselben  gehen  kann.  Wer  demnach  plastische 
Figuren  anfnehmen  will,  mufs  Kenner  der  Plastik  sein,  Kunsturtheil 
besitzen,  sonst  können  leicht  die  gröbsten  Verstöfse  begangen  werden. 
Dasselbe  gilt  für  Aufnahme  technischer  Gegenstände,  wie  Oefen, 
Reliefs,  Maschinen,  Werkzeuge.  Wer  bei  mangelnder  Sachkenntnis 
zur  Aufnahme  solcher  Gegenstände  schreiten  will,  der  lasse  sich 
wenigstens  von  Sachkundigen  belehren.  Er  frage  bei  Aufnahme 
plastischer  Kunstwerke  den  Kunstkenner  oder  Bildhauer,  bei  Aufnahme 
von  Industriegegenständen  den  sachkundigen  Techniker  um  Rath, 
welche  Theile  wesentlich,  welche  unwesentlich  sind;  das 
müssen  auch  die  Kupferstecher  thun,  welche  Maschinenzeichnungen 
stechen. 

Man  hat  oft  den  Nutzen  technischer  photographischer  Aufnahmen 
gering  geschätzt,  aus  welchem  Grunde?  Weil  sie  von  unverständigen 
Photographen  gemacht  worden  sind.  Nicht  die  Photographie,  sondern 
ihren  Jünger  trifft  die  Schuld.  Nun  gestattet  uns  der  Raum  nicht, 
hier  ein  vollständiges  Lehrbuch  der  Plastik  zu  schreiben  für  den,  der 
Statuen,  ein  Lehrbuch  des  Maschinenfacbes  für  den,  der  Maschinen 
aufnehmen  will,  oder  ein  Lehrbuch  der  Architektur  für  die  Aufnahme 
von  Gebäuden.  Glücklicher  Weise  ist  unsere  Literatur  nicht  arm  an 
solchen  Werken  und  es  ist  Sache  eines  Jeden,  sich  durch  Selbst- 
studium die  nöthigen  Kenntnisse  anzueignen*).  Diese  Specialkennt- 
nisse sind  es  eben,  welche  dazu  geführt  haben,  dafs  es  jetzt  besondere 
Portrait-,  Architektur-,  Landschafts-  und  Maschinenphotographen 
giebt.  Der  technische  Procefs  ist  bei  allen  diesen  so  ziemlich  der- 
selbe, aber  das  Können  jedes  Einzelnen  in  seinem  Fache  rührt  von 

•)  Wir  empfehlen  1)  Geschichte  der  Architektur  von  Wilhelm  Lttbke,  Stuttgart 
bei  Ebner  & Seubert  (auch  in  einer  billigeren  und  kürzeren  Ausgabe  vorhanden). 
2)  Geschichte  der  Plastik  von  Wilhelm  Lflbke,  Leipzig  bei  Seemann. 


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Aufnahme  von  Modellen,  Maschinen  etc. 


385 


der  Sacbkenntnifg  her,  die  er  sich  in  Beurtheilung  eines  Portrait«, 
einer  Landschaft,  einer  Maschine  erworben  hat.  Daher  ist  es  gar 
nicht  selten,  dafs  ein  sehr  geschickter  Portraitist  ein  schlechtes  Bild 
einer  Landschaft  liefert,  ein  sehr  tüchtiger  Reprodoctionsphotograph 
kein  ordentliches  Portrait  zu  Stande  bringt  etc. 

Hat  man  die  richtige  Beobachtungsseite  gefanden,  so  ist  die 
Bntfernang  noch  ein  Punkt  von  Wichtigkeit.  Steht  man  zu  nahe, 
so  erhält  man  mit  der  besten  Linse  leicht  perspectivische  Uebertrei- 
bungen,  die  nahen  Theile  erscheinen  zu  grofs  gegen  die  entfernteren. 
Gebt  man  zu  weit  zurück,  so  wird  das  Relief  leicht  zu  flach.  In 
ersteren  Fehler  verfällt  der  Photograph  aus  Mangel  an  Distanz 
viel  leichter  als  in  letzteren  und  bleibt  ihm  hierbei  (beim  Arbeiten 
in  engen  Räumen)  oft  nichts  weiter  übrig,  als  sich  ins  Unvermeidliche 
zu  ergeben.  Senkrechte  Stellung  der  Camera  wird  in  den  meisten 
Fällen  geboten  sein,  namentlich  bei  Aufnahme  technischer  Gegenstände 
(Modelle  etc.).  Unter  Umständen  mufs  jedoch  eine  geneigte  Stellung 
gewählt  werden.  Man  denke  sich  eine  Statue  auf  hohem  Postament, 
die  man  nur  mit  gehobenem  Auge  zu  sehen  gewöhnt  ist,  und  die  in 
Folge  dessen  auch  vom  Künstler  mit  Rücksicht  auf  diese  Sebrichtung 
construirt  ist.  Man  würde  sehr  fehlerhaft  operiren,  wenn  man  das 
Modell  einer  solchen  Statue  im  Atelier  in  gleicher  Höhe  mit  dem 
Apparat  aufstellen  wollte.  Im  Gegentheil,  man  stellt  sie  höher  und 
richtet  den  Apparat  schief  nach  oben;  dann  entspricht  man  den 
natürlichen  Bedingungen,  für  welche  der  Künstler  die  Statue  construirt 
bat.  Es  giebt  Kunstwerke,  wie  der  Georgskopf  von  Kifs,  die  zu 
ebener  Erde  betrachtet,  ganz  unansehnlich  werden  und  erst  beim 
Aufblick  einen  erhabenen  Eindruck  machen. 

Gegen  diese  Principien  wird  oft  gesündigt.  Portraitphotographen, 
gewöhnt  ihre  Camera  auf  lebende  Modelle  schief  nach  unten  zu 
richten,  wenden  oft  genug  dieselbe  Stellung  des  Apparates  für  alle 
anderen  Objecte  an.  Hier  machen  wir  den  Photographen  auf  dasjenige 
aufmerksam,  was  wir  unter  dem  Titel  Perspective  erörtern  werden. 

2)  Beleuchtung  und  Exposition. 

Ebenso  wichtig  als  die  Standpunktwahl  ist  die  Wahl  der 
Beleuchtung.  Artistische  Gegenstände  erfordern  analoge  Rück- 
sichten wie  Portraits  (siehe  unten  Aesthetik);  technische  sollen  in 
allen  Theilen  deutlich  erscheinen,  man  vermeide  hier  dunkle  Schat- 
ten, die  Einzelheiten  völlig  unsichtbar  machen  können.  Ein  gleich- 
mäfsig  einströmendes  Licht  eines  hohen  Ateliers  ist  für  solche  vorzu- 
ziehen. An  Ort  und  Stelle  aufzunehmende  Objecte  lassen  sich  freilich 
nicht  in  passende  Beleuchtung  bringen.  Man  mufs  diese  abwarten 
und  oft  durch  künstliche  Mittel  (Spiegel-,  Magnesiumlicht)  nachhelfen. 
Man  wirft  mit  Hülfe  eines  Spiegels  Sonnenlicht  auf  den  Gegenstand 


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Aufnahme  von  Modellen,  Maschinen  etc. 


(am  besten  in  der  Camerarichtung)  und  läfst  durch  leises  Bewegen 
des  Spiegels  die  Lichtstrahlen  während  der  Exposition  über  den  gan- 
zen Gegenstand  hin  und  her  gehen.  Bei  sehr  versteckten  Objecten 
roufs  oft  das  vom  ersten  Spiegel  gesendete  Licht  von  einem  zweiten 
aufgefangen  werden.  Natürlich  geht  bei  solcher  Spiegelung  Licht  ver- 
loren. Expositionszeit  für  solche  Spiegelbeleuchtung  im  Juli  für  Stein- 
heilobjectiv  dritte  gröfste  Blende,  einfache  Spiegelung  circa  6 Minuten; 
zweifache  Spiegelung  9 — 12  Minuten  für  schwarze  Objecte. 

Die  nachfolgenden  Principien  der  Beleuchtung  und  Perspective  sind 
mafsgebend  für  alle  Aufnahmen.  Nun  sind  die  hier  speciell  von  uns 
ins  Auge  gefafsten  leblosen  Gegenstände  aufserordentlich  ver- 
schiedener Natur:  oft  rein  artistischer,  wie  Gypsmodelle,  Marmor- 
figuren; oft  rein  technischer  Natur,  wie  Maschinenmodelle. 
Manche  schwarz  von  Farbe  (Eisengufs),  manche  hell  (Gyps). 

Wie  himmelweit  verschieden  die  Behandlung  solcher  Körper  ist, 
ist  klar.  Eine  weifse  Figur  erfordert  einen  dunklen  Hintergrund,  eine 
schwarze  (Eisen,  Bronze)  einen  hellen,  erstere  eine  kurze,  letztere 
eine  lange  Expositionszeit.  Treten  Glanzlichter  hinzu  (Metall- 
sachen), so  stören  diese  oft  in  sehr  empfindlicher  Weise  und  nöthigen 
zu  einer  Aenderung  des  Lichteinfalls  oder  zum  Einstauben  mit  grauer 
Kreide.  Noch  fataler  wirken  Farben.  Oft  mufs  bei  Modellen  Roth- 
gufs  und  Bronce  markirt  werden,  beide  wirken  in  der  Photographie 
fast  gleich.  Hier  mufs  Negativretouche  nachhelfen,  um  Theile  zu 
trennen,  die  im  Bilde  zusammenfliefsen. 

Für  Aufnahme  von  Gebäuden  im  Freien  ist  ein  Lichteinfall  unter 
45°  von  vorn  der  vortheilhafteste.  Man  exponire  hier  so  lange,  bis  alle 
Schattendetails  sichtbar  sind.  Ueber  die  Tagesstunde  siehe  S.  141. 

3)  Linsen. 

Bei  der  Wahl  der  Linsen  beachte  man  vor  allem  Freiheit 
von  Verzeichnung.  Für  lichtarme  Objecte  wird  man  mit 
Portraitlinsen , für  solche,  welche  correct  gezeichnet  sein  sollen 
(Maschinen),  Triplets  oder  Aplanats  nehmen,  bei  grofsem  Winkel 
und  kleiner  Distanz  Pantoskope.  Wir  wiederholen:  Bekannt- 
schaft mit  dem  Objecte  selbst  ist  nothwendig,  um  hier  die  richtige 
Wahl  des  Apparats  zu  treflfen.  Dasselbe  gilt  für  die  Abblendung. 

Sehr  vortheilhaft  ist  es,  über  Maschinen  nach  der  Längen-, 
Breiten-  und  Höbenrichtung  schwarz  und  weifs  markirte  Mafsstäbe 
zu  legen.  Diese  photographire  man  mit , denn  sie  erlauben  bei 
Kenntnifs  der  Perspective  leicht  die  Entnahme  von  Dimensionen  aus 
der  Photographie. 

Der  Negativ-  und  Positivprocefs  geht  nach  den  früher  gegebenen 
Regeln  vor  sich.  Man  bediene  sich  jedoch  nicht  eines  schwachen, 
sondern  eines  starken  Entwicklers  (s.  o.). 


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Die  Kunst  der  Photographie 

oder 

die  photographische  Aesthetik. 


Die  photographischen  Bilder,  welche  man  mit  Hülfe  der  aus- 
führlich beschriebenen  Verfahren  erhält,  haben  sehr  verschiedene 
Zwecke.  Sie  sind  entweder  rein  wissenschaftlicher  oder  tech- 
nischerNatur:  z.  B.  Mikroskop-,  Maschinen-  und  Gebäudeaufnahmen ; 
sie  haben  dann  den  Zweck  zu  belehren  oder  den  der  wirklichen 
praktischen  Anwendung  zur  Entnahme  von  Mafsen  , Richtungen 
(Karten),  Dirigirung  von  Bauten,  oder  aber  sie  sind  artistischer 
Natur,  sie  haben  keinen  andern  Zweck  als  den,  zu  gefallen.  Hier- 
her gehören  unter  den  Naturaufnahmen  die  Portrait-  und 
Landschaftsbilder. 

Es  ist  eine  völlig  müfsige  Frage,  ob  Photographie  eine  Kunst 
sei  oder  nicht. 

Die  Erfahrung  hat  gezeigt,  dafs  die  schärfste,  fleckenloseste  und 
überhaupt  technisch  vollendetste  Photographie  eines  Portraits  oder 
einer  Landschaft  einerseits  gänzlich  unwahr  erscheinen,  andererseits 
vollkommen  mifsfallen  kann,  wenn  nicht  in  derselben  die  Gesetze 
des  Schönen  beachtet  sind,  welche  den  Grund  des  Gefallens  an 
Werken  der  bildenden  Künste,  Plastik,  Malerei,  bilden.  Dafs  diese 
Gesetze  des  Schönen  nicht  in  ihrer  Allgemeinheit  in  der  Photographie, 
die  mehr  wie  jede  andere  Kunst  „verhaftet  an  den  Körpern“  klebt, 
anwendbar  sind,  ist  klar. 

Der  Photograph  kann  keinem  idealen  Gedankenfluge  folgen,  nicht 
die  Gebilde  einer  schaffenden  Phantasie  in  Marmor  oder  in  Farben 
hinzaubern,  seine  Aufgabe  ist:  Wiedergabe  der  Natur.  Man  verlangt 
von  ihm  höchstens  eine  schöne  Wirklichkeit,  Wahrheit  in  gefälliger 
Form. 

Sehen  wir  zu,  inwieweit  die  Photographie  die  Wahrheit  liefert. 


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Photographie  und  Wahrheit. 


Photographie  und  Wahrheit. 

Man  hört  so  häufig  von  Bewunderern  der  Photographie  betonen, 
dafs  diese  junge  Kunst  die  reine  Wahrheit  wiedergebe,  unter  Wahr- 
heit die  Uebereinstimmung  mit  der  Wirklichkeit  verstanden.  Die 
Photographie  kann  in  der  That,  richtig  angewendet,  wahrere 
Bilder  liefern  als  alle  andern  Künste,  aber  absolut  wahr  ist 
sie  nicht.  Und  eben  weil  sie  es  nicht  ist,  ist  es  von  Wichtigkeit,  die 
Quellen  der  Unwahrheit  in  der  Photographie  kennen  zu  lernen. 
Deren  sind  aber  viele.  Ich  spreche  hier  zunächst  von  den  optischen 
Fehlern.  Ein  Bild  mit  einer  verzeichnenden  Linse  aufgenommen, 
in  dem  also  gerade  Linien  am  Rande  krumm  erscheinen,  ist  offenbar 
nicht  wahr.  Die  Unwahrheit  mag  von  Vielen  nicht  empfunden 
werden,  vorhanden  ist  sie  aber.  Nun  wird  man  sagen,  dafs  dieser 
Fehler  bei  correct  zeichnenden  Linsen  wegfällt:  wahr,  sehr  wahr, 
aber  man  sehe  sich  einmal  die  mit  correct  zeichnenden  Linsen  von 
niedrigen  Standpunkten  aufgenommenen  Gebäude  an.  Die  Linien, 
die  senkrecht  stehen  sollen,  convergiren  nach  oben.  Ist  das  W abrheit? 
Man  wird  einwerfen,  das  rührt  von  dem  schiefen  Stand  der 
Camera  her.  Sehr  richtig.  Jetzt  nehme  man  mit  einer  Kugellinse 
oder  einer  anderen  Linse  von  grofsem  Gesichtsfeld  eine  Strafte  auf. 
Wie  vertieft  sich  da  die  Perspective!  Wie  riesengroft  erscheinen  die 
naben,  wie  klein  dagegen  die  ferneren  Gegenstände!  Häuser  in 
dreihundert  Schritt  Entfernung  sehen  aus,  als  ständen  sie  eine  halbe 
Meile  weit.  Ist  das  Wahrheit?  Und  doch  zeichnet  die  Linse  richtig, 
und  doch  steht  die  Camera  horizontal  und  die  Perspective  ist  mathe- 
matisch so  genau,  wie  sie  ein  Zeichner  nicht  besser  machen  könnte. 
Wo  steckt  aber  der  Fehler?  In  dem  zu  groften  Gesichtswinkel. 

Dieser  ist  nun  leider  oft  nicht  zu  vermeiden  und  er  übt  sonder- 


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Photographie  und  Wahrheit 


389 


barer  Weise  nicht  nur  auf  gerade  Linien,  sondern  auch  auf  krumme 
einen  starken  Einflufs.  Man  denke  sich  eine  Reihe  Kanonenkugeln; 
diese  werden  uns  stets  als  Kugeln  erscheinen  und  der  Maler  wird  sie 
stets  als  Kreis  zeichnen.  Jetzt  nehme  man  dieselben  mit  einer  Weit- 
winkellinse auf,  so  dafs  sie  an  den  Rand  des  Bildes  fallen  — sie  er- 
scheinen nicht  mehr  kreisförmig,  sondern  elliptisch.  Diese  Er- 
scheinung ist  mathematisch  leicht  erklärbar.  Jede  Kugel  A,  B , C, 
(Fig.  114)  sendet  einen  Strahlenkegel  auf  das  optische  Centrum  der 
Linse  o,  dieser  schneidet  die  Bildfläche,  wenn  seine  Axe  schief  darauf 
fällt,  in  einer  Ellipse.  (Siehe  das  Capitel  der  Perspective.) 

Ein  Photograph  brachte  mir  das  mit  einer  Kugellinse  aufgenom- 
mene  Bild  eines  Schlosses,  vor  dem  eine  Reihe  Statuen  standen. 
Sonderbarer  Weise  wurden  die  Köpfe  derselben  nach  dem  Bildrande 
hin  immer  breiter  und  breiter,  ebenso  die  Bäuche,  und  der  schlanke 
Appollo  von  Belvedere,  der  unglückseligerweise  gerade  am  äufsersten 
Rande  des  Bildes  stand,  batte  ein  so  pausbäckiges  Gesicht  und  solchen 
Schmerbauch,  dafs  er  aussah  wie  Dr.  Luther.  Ist  das  Wahrheit?  — 
Doch  das  sind  nicht  die  einzigen  Quellen  der  Unwahrheit,  es  giebt 
noch  zahlreiche  andere. 

Wir  publiciren  weiter  hinten  in  diesem  Buche  vier  Köpfe,  von 
Loescher  & Petsch  aufgenommen  in  Vorder-,  Ober-,  Seiten-  und 
schiefem  Licht.  Auf  dem  ersten  Bilde  sieht  der  Mann  dumm  und 
verschlafen  aus,  auf  dem  zweiten  grimmig  und  bissig,  auf  dem  dritten 
pfiffig.  Welches  von  den  drei  genannten  Bildern  ist  nun  wahr? 
„Gar  keines.“  Am  wahrsten,  d.  h.  am  ähnlichsten,  erscheint  No.  4, 
wo  der  Mann  in  einer  combinirten  Beleuchtung  aufgenommen  worden 
ist.  Da  sieht  man  den  Einflufs  der  richtigen  Beleuchtung  auf  die 
Wahrheit  des  Bildes.  Dieses  gilt  aber  nicht  nur  für  Portraits,  sondern 
auch  für  Landschaften.  Man  rühmte  mir  oft  die  Aussicht  vom 
Rochusberg  in  Bayern.  Ich  war  mehrmals  dort  und  fand  die  Aus- 
sicht schauderhaft  und  sie  wurde  ebenso  in  der  Photographie.  End- 
lich kam  ich  wieder  einmal  hin,  aber  durch  Zufall  nicht  Morgens, 
sondern  Abends,  und  da  war  die  Aussicht  entzückend  schön.  — Aber 
ganz  abgesehen  von  der  richtigen  Direction  des  Lichtes  als  Bedingung 
der  Wahrheit,  ist  ein  Umstand,  der  die  Wahrheit  der  Darstellung  in 
Photographieen  sehr  beeinflufst,  die  Photographie  giebt  nämlich 
im  Allgemeinen  die  hellen  Lichter  zu  hell,  die  dunklen 
Schatten  zu  schwarz.  Das  ist  ein  Grundfehler,  der  im  Wesen 
derselben  liegt  und  dessen  Umgehung  oft  grofse  Schwierigkeiten 
macht.  Am  deutlichsten  offenbart  er  sich  bei  Aufnahme  eines  von 
greller  Sonne  beleuchteten  Gegenstandes,  z.  B.  einer  Statue.  Expo- 
nirt  man  kurz,  so  erhält  man  ein  detaillirtes  Bild  der  Lichtseite, 
aber  die  Schattenseite  ist  ein  schwarzer  Klecks.  Exponirt  man  lange, 
so  bekommt  man  Schattendetails,  aber  die  Lichter  sind  überexponirt 


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Photographie  und  Wahrheit. 


und  so  dick  gedeckt,  dafs  in  diesen  die  Details  fehlen.  Ist  das 
Wahrheit?  Daher  sind  wir  zu  solchen  Umwegen  genöthigt,  wie  wir 
sie  leider  in  unsern  Ateliers  nehmen  müssen.  Wir  müssen,  wenn 
wir  ein  richtiges  Bild  erzielen  wollen,  die  Beleuchtungscontraste 
mildern.  Wir  halten  die  Lichter  tiefer,  die  Schatten  aber  viel  heller 
als  die  Maler  zu  thun  pflegen.  Letztere  schreien  oft  Zeter,  wenn 
sie  die  photographische  Beleuchtung  an  einem  Modell  sehen,  und 
wundern  sich,  wenn  das  Bild  dennoch  ein  richtiges  wird  Bei  Land- 
schafts- und  Architekturaufnahmen  geht  das  freilich  nicht  so  gut.  Ich 
photographirte  einmal  ein  Laboratorium.  Es  stellte  einen  gewölbten 
Saal  dar.  Alles  ganz  trefflich.  Man  sah  die  Tische,  die  Oefen,  die 
Retorten,  die  Lampen  etc.,  nur  das  Gewölbe  sah  man  nicht,  es  war 
zu  dunkel.  Ich  machte  neue  Aufnahmen  mit  20,  30,  40  Minuten 

Exposition.  Endlich  sah  ich  eine  Spur  des  Gewölbes,  aber  jetzt 

waren  die  Gegenstände  in  der  Nähe  der  Fenster  total  überexponirt, 
zeigten  keine  Details  mehr.  So  erhielt  ich  drei  oder  vier  Bilder. 
Welches  war  wahr?  Kein  einziges!  Schliefslich  half  ich  mir  durch 
gespiegeltes  Sonnenlicht,  welches  ich  auf  das  Gewölbe  fallen  liefs. 
(S.  386.)  Dieser  Umstand,  dafs  Photographie  die  dunklen  Gegenstände  zu 
dunkel  wiedergiebt,  tritt  aber  schon  bei  ganz  einfachen  Arbeiten  zu 
Tage,  z.  B.  bei  Reproduction  von  Kupferstichen.  Ein  Photograph 
reproducirte  einmal  Kaulbach’s  Hunnenschlacht.  Er  erhielt  ein  rei- 
zendes Bild,  aber  die  Ferne  im  Original  erschien  zu  dick,  zu  schwarz, 
nicht  duftig  genug.  Der  Besteller  verwarf  das  Blatt  und  verlangte 
ein  anderes.  Der  Photograph  machte  ein  zweites  mit  längerer  Expo- 
sition und  jetzt  erschien  die  Ferne  duftig,  aber  leider  die  nahen 
Gegenstände,  welche  kräftig  schwarz  hervortreten  sollten,  waren  grau. 
Ist  das  Wahrheit?  Schliefslich  half  der  Photograph  sich  durch  Nega- 
tivretouche.  Ich  habe  hier  absichtlich  ganz  einfache  Beispiele  gewählt, 
um  zu  zeigen,  was  diese  schon  für  Schwierigkeiten  bereiten,  wenn 
es  gilt,  die  Wahrheit  wiederzugeben.  Nun  aber  kommt  der  aller- 
böseste Punkt,  die  Farben.  Die  Photographie  giebt  die  kalten  Farben 
zu  hell,  die  warmen  Farben  (roth,  gelb)  zu  dunkel.  Man  sehe  die 
Photographie  des  Sonnenuntergangs  am  Ganges  von  Hildebrandt. 
Eine  glühende  rothe  Sonne  mit  leuchtenden  cbromgelben  Wolken  auf 
Ultramarinhimmel.  Was  ist  das  in  der  Photographie  geworden? 
Eine  schwarze  runde  Scheibe  zwischen  schwarzen  Wetterwolken.  Es 
sieht  aus  wie  die  Sonnenfinsternifs  von  Aden.  Ist  das  Wahr- 
heit? Noch  crasser  tritt  aber  die  Unwahrheit  der  Photographie  zu 
Tage,  wenn  sich  ein  Photograph  in  der  Lösung  höherer  künstlerischer 
Aufgaben  versucht.  Nehmen  wir  ein  Beispiel.  Es  existirt  ein  hübsches 
Genrebildchen,  Mutterliebe.  Eine  junge  Mutter  sitzt  auf  einem  Fau- 
teuil lesend,  ihr  kleiner  dahinter  stehender  Sohn  umarmt  sie  plötzlich, 
und  freudig  überrascht  läfst  sie  die  Hand  mit  dem  Buche  sinken,  wendet 


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Photographie  und  Wahrheit.  391 

den  Blick  nach  dem  kleinen  Liebling  und  bietet  dem  Jungen  die  Wange 
zum  Kufs  dar. 

Einen  Photographen  überkam  die  Idee,  ein  ähnliches  Bild  mit 
Hülfe  lebender  Modelle  zu  reproduciren.  Er  fand  ein  hübsches 
Mädchen,  welches  sich  als  Mutter  gebrauchen  liefs,  auch  ein  draller 
Junge  wurde  beschafft.  Ein  Fauteuil  für  die  Mutter,  Stuhl,  Zimmer- 
decoration,  ein  paar  Möbel  zur  Raumausfüllung  waren  leicht  besorgt. 
Jetzt  ging  es  an  das  Aufbauen.  _ Die  Mutter  in  effigie  fügte  sich 
willig  den  Intentionen  des  Photographen,  schnitt  auch  ein  Gesicht, 
welches  zur  Noth  als  Ausdruck  von  Mutterliebe  gelten  konnte.  Der 
Junge  hatte  jedoch  andere  Ideen.  Er  fühlte  sich  zu  der  Pseudomutter 
nichts  weniger  als  hingezogen,  er  protestirte  energisch  gegen  jede 
Annäherung  und  es  bedurfte  einiger  Hiebe,  ihn  zur  Annahme  der 
gewünschten  Stellung  zu  bewegen.  Darüber  ist  Zeit  vergangen.  Die 
Mutter  fängt  an,  sich  in  der  unbequemen  Stellung  mit  gewendetem 
Hals  unbehaglich  zu  fühlen.  Endlich  wird  losphotographirt.  Das 
Bild  ist  scharf,  fleckenlos,  ausexponirt.  Die  Modelle  werden  zu  ihrer 
nicht  geringen  Freude  entlassen.  Es  wird  ein  Bild  gedruckt.  Was 
ist  das  Resultat?  Der  Bengel  umarmt  die  Mutter  mit  einem  Geeicht, 
dem  man  die  Hiebe  noch  ansieht,  mit  einem  Blick,  als  wolle  er  sie 
erwürgen,  und  diese  sieht  ihn  so  ernst  an,  als  wolle  sie  sagen:  „Karl, 
du  bist  sehr  ungezogen“,  und  scheint  sehr  unwillig  darüber  zu  sein, 
dafs  ihre  angenehme  Lectüre  unterbrochen  wurde.  Kann  man  sagen, 
dafs  solch  ein  Bild  die  Intentionen  des  Photographen  richtig  aus- 
drückt? Ist  das  so  hergestellte  Bild  ein  Ausdruck  der  Unterschrift 
„Mutterliebe“?  Jedermann  wird  solchem  Bilde  die  Unwahrheit 
ansehen.  Das  Ganze  ist,  wenngleich  ein  naturgetreuer  Abdruck  des 
gestellten  Bildes,  als  Ausdruck  der  Mutterliebe  eine  photographirte 
Lüge. 

Solche  Bilder  existiren  zu  Tausenden  im  Handel.  Man  hat  der- 
gleichen Sünden  namentlich  vor  zehn  Jahren  im  Stereoskopenfach 
massenhaft  begangen,  und  wenn  solche  Bilder  Beifall  finden , so  ist 
einzig  und  allein  der  schlechte  Geschmack  des  Publicums  daran 
Schuld.  Doch  man  wird  sagen,  hier  ist  der  Photograph  an  der  Un- 
wahrheit des  Bildes  nicht  Schuld,  sondern  die  unwilligen  Modelle. 
Der  Photograph  ist  aber  wohl  Schuld.  Bilder,  bei  denen  die  Modelle 
den  Intentionen  des  Photographen  nicht  absolut  gehorchen,  soll 
man  überhaupt  nicht  machen,  sie  liegen  jenseits  der  Schranken  der 
Photographie. 

Es  giebt  aber  noch  charakteristischere  Fälle  photographischer 
Unwahrheit,  die  man  nicht  den  Modellen  in  die  Schuhe  schieben 
kann.  Man  nehme  an,  ein  Photograph  wollte,  angeregt  durch  die 
schönen  Bilder  Claude’s,  Schirmer’s,  Hildebrandt’s,  einen  Sonnenunter- 
gang photographiren.  Natürlich  kann  er  auf  die  glühend  helle  Sonne 

Vogel,  I ehrbuch  d.  Photographie. 


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Photographie  und  Wahrheit. 


nur  momentan  exponiren.  Was  erhält  er  für  ein  Bild?  Einen  runden 
weifsen  Fleck,  einige  leuchtende  Wolken  ringsum,  das  ist  alles,  was 
deutlich  hervortritt.  Alle  Gegenstände  in  der  Landschaft,  Bäume, 
Häuser,  Menschen,  sind  gänzlich  unterexponirt;  dort,  wo  das  Auge 
Weg,  Steg,  Dorf,  Wald  und  Wiese  deutlich  unterscheidet,  sieht  man 
nichts  als  eine  verschwommene  schwarze  Masse  ohne  alle  Contouren. 
Ist  solch  ein  Bild  wahr?  Selbst  der  begeistertste  Schwärmer  für 
Photographie  wird  das  nicht  zu  behaupten  wagen. 

Solche  Fälle,  wo  grelle  Contraste  in  Licht  und  Schatten  die 
Erzielung  eines  wahren  Bildes  gänzlich  unmöglich  machen,  liegen  in 
Unzahl  vor.  Man  sehe  die  Mehrzahl  der  Photographieen  des  Königs- 
denkmals im  Thiergarten  an.  Das  Denkmal  ist  trefflich,  der  Baum- 
hintergrund  aber  eine  verschwommene  schwarze  Masse,  ohne  Details, 
ohne  Halbtöne,  alles,  nur  kein  Bild  des  herrlichen  Laubwerks,  welches 
an  jenem  Plätzchen  jedes  Auge  entzückt.  Noch  zahlloser  sind  die 
Photographieen  von  Zimmern,  in  denen  die  dunklen  Ecken,  die  unserm 
Auge  noch  recht  wohl  erkennbar  sind,  nichts  zeigen  als  pechschwarze 
Nacht.  Es  giebt  aber  noch  undere  Fälle  photographischer  Unwahr- 
heit, die  noch  charakteristischer  sind. 

Wir  erblicken  eine  Berglandschaft.  Ein  Dörfchen,  auf  beiden 
Seiten  von  bewaldeten  Hügeln  eingescblossen,  deckt  den  Mittelgrund, 
seine  Häuser  ziehen  sich  malerisch  zwischen  Bäumen  die  Abhänge 
hinan.  Eine  Kette  schön  geschwungener  Berge  in  der  Ferne,  deren 
Gipfel  in  der  Abendsonne  glänzen,  schliefsen  das  wundervolle  Bild 
ab;  nur  eines  stört,  ein  verfallener  Schweinestall  in  unmittelbarer 
Nähe  des  Beschauers  mit  einem  Strohhaufen  daneben.  Ein  Maler, 
der  difeses  Bild  malen  wollte,  würde  sich  kein  Gewissen  daraus  machen, 
den  Schweinestall  entweder  gänzlich  hinwegzulassen  oder  ihn  so 
dunkel  und  unbestimmt  zu  halten,  dafs  er  den  Eindruck  der  Land- 
schaft nicht  stört.  Wie  steht  es  aber  mit  dem  Photographen?  Weg- 
reifsen  kann  er  den  störenden  Gegenstand  nicht.  Er  sucht  einen 
andern  Standpunkt;  ja,  da  verdecken  Bäume  einen  grofsen  Theil  der 
Landschaft.  Jetzt  nimmt  er  die  Ansicht  mjt  dem  Stall  auf,  und  was 
erhält  er  für  ein  Bild?  Der  im  Vordergründe  stehende  Stall  ist  wegen 
seiner  Nähe  riesengrofs  im  Bilde  sichtbar.  Die  ferne  Landschaft,  die 
Hauptsache,  erscheint  dagegen  klein  und  unbedeutend.  Noch  fataler 
wirkt  aber  der  Strohhaufen  vor  dem  Stalle,  er  nimmt  beinahe  den 
viertel  Theil  des  Bildes  ein.  Als  die  am  hellsten  leuchtende  Masse 
im  Bilde  zieht  er  sofort  das  Auge  des  Beschauers  auf  sich,  er  lenkt 
den  Blick  von  andern  viel  wichtigeren  Dingen  ab,  man  empfindet  das 
unangenehm,  er  stört;  die  gewonnene  Photographie  erscheint  nicht 
als  Bild  der  Landschaft,  was  sie  sein  sollte,  sondern  als  ein  Bild  des 
Schweinestalls.  Die  Nebensache  ist  zur  Hauptsache  geworden,  und 
schreibt  Jemand  unter  solches  Bild:  Ansicht  von  Dornburg,  so  ist  das 


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Photographie  und  Wahrheit. 


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Bild  unwahr.  Es  ist  unwahr,  nicht  etwa,  weil  die  Gegenstände,  die 
es  darstellt,  in  der  Natur  nicht  vorhanden  wären,  sondern  weil  die 
Nebensachen  zu  grell,  zu  deutlich,  zu  grofs  hervortreten  und  die 
Hauptsache  dagegen  klein,  undeutlich  und  unbedeutend  erscheint. 

Hier  kommen  wir  an  einen  wunden  Punkt  der  Photographie,  sie 
zeichnet  mit  gleicher  Deutlichkeit  die  Hauptsachen  wie  die 
Nebensachen.  Der  Platte  ist  alles  gleichgültig,  während  der  echte 
Künstler  bei  Wiedergabe  eines  Bildes  der  Natur  das  Charakteri- 
stische hervorhebt  und  die  Nebensachen  gänzlich  unterdrückt  oder 
dämpft.  Er  kann  mit  künstlerischer  Freiheit  darüber  schalten  und 
walten , und  er  thut  es  mit  vollem  Rechte.  Denn  eben  weil  er  nur 
das  Charakteristische  hervorhebt  und  das  Nebensächliche  wegläfst, 
erscheint  er  wahrer  als  die  Photographie,  welche  die  gröfsten 
Nebensachen  mit  gleicher  Deutlichkeit  wie  die  Hauptsachen  wieder- 
giebt,  ja  sogar  oft  deutlicher  als  diese.  Reynolds  sagt  von  einem 
Portrait  einer  Frau,  in  welchem  ein  sehr  sorgfältig  ausgeführter 
Apfelbaum  im  Hintergründe  sichtbar  war:  Das  ist  das  Bild  eines 
Apfelbaums  und  nicht  das  Bild  einer  Dame.  Aehnliche  Bemerkungen 
könnte  man  beim  Anblick  zahlloser  Photographieen  machen.  Es  ist 
ein  Cardinalfehler  derselben,  dafs  sie  Nebensachen  stärker  betonen  als 
die  Hauptsachen.  Man  sieht  ein  Conglomerat  heller  Möbel  und 
merkt  erst  bei  genauerer  Betrachtung,  dafs  ein  Kerl  dazwischen  steckt, 
dessen  Portrait  das  Bild  sein  soll.  Man  sieht  eine  gesteppte  weifse 
Blouse  und  bemerkt  erst  nach  einiger*  Zeit , dafs  auch  ein  Mädcben- 
kopf  darauf  sitzt.  Man  sieht  einen  Park  mit  Springbrunnen  und 
andern  Schnörkeln,  erst  hinterher  bemerkt  man  einen  Schwarzrock,  der 
sich  dunkel  von  einem  ebenso  dunklen  Strauch  abhebt  etc.  etc. 

Man  wird  vielleicht  Zeter  schreien,  dafs  ich  der  freien  Kunst  der 
Malerei  gröfsere  Wahrheit  zuschreibe,  als  der  Photographie,  die  all- 
gemein als  die  wahrste  aller  Bilderzeugungsmethoden  gilt;  dafs  hier 
nur  von  den  Werken  der  Maler  ersten  Ranges  die  Rede 
sein  kann  , versteht  sich  von  selbst.  Das  ist  gerade  eines  der  gröfsten 
Verdienste  der  Photographie,  dafs  sie  jene  Sudeleien  der  Kunst- 
stümper, welche  sonst  in  allen  Gassen  ausgeboten  wurden,  unmöglich 
gemacht  hat.  Ich  halte  es  aber  für  meine  Pflicht,  auf  die  Quellen 
von  Unwahrheiten  in  Photographieen  aufmerksam  zu  machen;  erst 
wenn  man  dieselben  kennen  und  würdigen  gelernt  hat,  wird  man  sie 
vermeiden  lernen,  und  wer  genau  auf  dieselben  achten  gelernt  hat, 
der  wird  erstaunen,  wie  selbst  Aufgaben  einfachster  Natur  dem  Pho- 
tographen in  Bezug  auf  Wahrheit  Schwierigkeiten  bereiten.  Aufgabe 
des  Photographen  ist  es  demnach,  diese  Schwierigkeiten,  welche  sich 
der  Erzielung  eines  wahren  Bildes  ihm  entgegenstellen , wohl  vorher 
zu  erwägen.  Soll  sein  Bild  wahr  sein,  so  mufs  er  dafür  sorgen,  dafs 
darin  das  Charakteristische  hervortrete,  das  Nebensäch- 

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Photographie  und  Wahrheit. 


liehe  sich  unterordne.  (Die  gefühllose  Jodsilberplatte  kann  das 
nicht,  sie  zeichnet  alles,  was  sie  vor  sich  hat,  nach  unveränderlichen 
Gesetzen.)  Der  Photograph  erreicht  dieses  einerseits  durch  geeignete 
Vorbereitung  des  Originals,  andererseits  aber  durch  passende  Be- 
arbeitung des  Negativs.  Freilich  gehört  dazu,  dafs  er  das  Charakte- 
ristische und  Nebensächliche  in  seinem  Vorwurf  auch  erkenne.  Wer 
kein  Auge  dafür  hat,  der  ist  kein  photographischer  Künstler. 

Sowie  der  Bildhauer  und  Maler,  um  ein  lebensvolles  und  schönes 
Bild  zu  liefern,  auf  die  allerkleinsten  Details,  jede  Faltenbewegung, 
jeden  Gesichtszug,  jede  Lichtwirkung,  genau  achten  mufs,  ebenso 
mufs  der  Photograph  sein  Original  in  den  Gesichtszügen,  Haltung, 
Kleidung,  Wesen  so  gründlich  als  möglich  studiren.  Das  Wesen  der 
beiden  Künste  Malerei  und  Photographie  ist  jedoch  ein  total  verschie- 
denes. Beide  haben  allerdings  die  Aufgabe,  auf  einer  Fläche  ein 
schönes  Gebilde  herzustellen,  was  nicht  flach,  sondern  körperlich 
erscheint.  Der  Maler  ist  aber  im  Stande,  auch  nach  einem  unvoll- 
kommenen Modell  ein  künstlerisch  schönes  Bild  zu  liefern,  indem 
er  aus  seiner  Phantasie  Unvollkommenes  ergänzt,  die  Mängel  des 
Originals  verbessert,  mit  einem  Wort,  das  Ganze  idealisirt.  Anders 
mufs  der  Photograph  verfahren.  Br  kann  nicht  wie  der  Zeichner  an 
seinem  Bilde  Veränderungen  anbringen  (einzelne  Kleinigkeiten  aus- 
genommen). Alle  Schönheiten,  die  in  seinem  Bilde  erschei- 
nen sollen,  müssen  im  Originale  bereits  vorhanden  sein, 
seine  Aufgabe  besteht  demnach  darin,  das  aufzunehmende  Modell 
schön  zu  stellen  und  zu  beleuchten,  kurz  ein  lebendes  Bild  zu 
arrangiren,  und  erst,  wenn  das  geschehen  ist,  kommt  der  mechanische 
Procefs  der  Aufnahme.  Hiermit  ist  aber  keineswegs  gesagt,  dafs  man 
nur  mit  schönen  Originalen  künstlerisch  schöne  Bilder  herstellen  könne. 
Alle  Originale  zeigen  noch  Mängel.  Hier  mufs  der  Photograph  das 
Original  von  der  Seite  auffassen,  in  welcher  es  seine  Mängel  am 
wenigsten  zeigt,  oder  mufs  dieselben  durch  allerlei  Kunstgriffe  zu 
verdecken  suchen;  unterläfst  man  dies,  so  bringen  die  ausgezeichnet- 
sten Apparate,  Chemiealien  und  Recepte  kein  künstlerisch  schönes 
Bild  hervor. 


Ueber  Licht  und  Beleuchtung. 

Das  Licht  ist  das  Lebenselement , der  zeichnende  Griffel  des 
Photographen,  es  ist  der  Pinsel,  mit  dem  der  Photograph  gleichsam 
tuscht.  Die  genaue  Kenntnifs  der  Eigenschaften  dieses  Grundelements 
ist  für  ihn  ebenso  wichtig,  wie  für  den  Maler  die  Kenntnifs  seiner 
Farben. 

Die  physikalischen  Principien  der  Beleuchtung  haben  wir  bereits 


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Ueber  Beleuchtung.  395 

im  zweiten  Theile  auseinandergesetzt.  Wir  verweisen  auf  diese,  damit 
man  zunächst  ein  Urtheil  über  Lichtstärke  unter  verschiedenen  Ver- 
hältnissen gewinne  (s.  S.  226).  Hier  haben  wir  es  mit  den  ästhetischen 
Principien  der  Beleuchtung  zu  thun. 

Der  Photograph  hat,  wie  der  Zeichner  oder  Maler,  die  Aufgabe, 
auf  einer  Fläche  ein  Bild  zu  erzeugen,  welches  den  Eindruck  des 
Körperlichen  macht.  Die  Figuren  sollen  im  Bilde  nicht  flach 
erscheinen,  wie  das  Papier,  welches  sie  trägt,  sondern  plastisch,  mit 
Vorder-,  Mittel-  und  Hintergrund.  Zwei  Mittel  giebt  es,  um  diese 
körperliche  Täuschung  hervorzubringen;  das  erste  ist  die  Perspective. 

Alle  fernen  Gegenstände  erscheinen  uns  bei  gleicher  Gröfse 
in  der  Natur  kleiner,  als  die  nahen;  indem  nun  der  Zeichner,  darauf 
fufsend,  die  Gröfsen-Verhältnisse  seiner  Figuren,  mit  der  Entfernung 
abnehmen  läfst,  gelingt  es  ihm  eben,  die  Täuschung  in  uns  hervorzu- 
bringen, als  sähen  wir  Nahes  und  Fernes,  obgleich  alle  Figuren  seines 
Bildes  gleich  weit  von  unserm  Auge  entfernt  sind.  Bilder,  in  denen 
diese  Gesetze  der  Perspective  vernachlässigt  sind,  z.  B.  alte  Gemälde 
von  van  Eyk,  Kranach,  erscheinen  deshalb  flach.  Man  ersieht  daraus 
die  Wichtigkeit  der  Kenntnifs  der  Perspective  für  den  Maler  und  Zeichner. 

Das  zweite  Mittel,  flache  Gegenstände  plastisch  erscheinen  zu 
lassen,  ist  die  Vertheilung  von  Licht  und  Schatten. 

Man  zeichne  zwei  Rechtecke  neben  einander:  beide  erscheinen 
als  flache  Figuren;  sobald  man  aber  das  eine  mit  Tusche  anlegt, 
die  von  einer  Seite  nach  der  gegenüberliegenden  sanft  verläuft,  so 
erscheint  das  Rechteck,  obgleich  es  immer  noch  eine  Fläche  bildet, 
als  Cylinder.  Umgekehrt  erscheinen  oft  runde  Gegenstände  flach, 
wenn  diese  Licht-  und  Schatteneon traste  nicht  hinzutreten. 

Das  Hauptmittel,  plastische  Bilder  zu  erzeugen,  besteht  demnach 
in  der  passenden  Anwendung  der  Licht-  und  Schattencontraste 
und  diese  hat  er  in  seiner  Gewalt,  er  mufs  nur  ihre  Benutzung  ver- 
stehen. Zur  specielleren  Besprechung  derselben  wollen  wir  jetzt 
übergehen. 

Betrachten  wir  zunächst  das  Rohmaterial,  mit  dem  wir  tuschen: 
das  Licht.  Diese  Tusche,  welche  uns  die  Sonne  gratis  liefert,  ist  in 
ihrer  Ursprünglichkeit  so  urkräftig,  dafs  wir  unmittelbares,  unge- 
schwächtes Sonnenlicht  nicht  zum  Arbeiten  im'  Atelier  anwenden 
können,  wenn  wir  wirklich  Mitteltöne  erzielen  wollen.  Wir  würden 
im  directen  Sonnenlichte  z.  B.  ein  Portrait  erhalten  mit  grellen  Weifsen 
auf  der  einen,  grellen  und  dazu  scharf  begrenzten  (nicht  sanft  verlau- 
fenden) Schwärzen  auf  der  andern  Seite. 

Ferner  würden  auch  dann,  wenn  das  Sonnenlicht  das  Original 
selbst  nicht  träfe,  die  Reflexe  von  Scheiben  und  anderen  Gegenständen 
höchst  störend  wirken.  Selbst  Gardinen  gewähren  gegen  dieses  directe 
Sonnenlicht  nur  ungenügenden  Schutz;  ein  beträchtlicher  Theil  des- 


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Ueber  Beleuchtung 


selben  dringt  hindurch,  vernichtet  die  Schatten partieen  und  macht 
das  Bild  flau.  Deshalb  schlieisen  wir  das  directe  Sonnenlicht  nicht 
nur  von  der  Person,  sondern  auch  vom  Atelier  aus,  bauen  dasselbe 
nach  Norden,  schützen  es  noch  vor  dem  einfallenden  Sonnenlicht 
durch  Sonnenschirme  und  arbeiten  nur  mit  dem  diffusen  Lichte  des 
reinen  oder  bewölkten  Himmels  (s.  S.  225  bis  236). 

Während  nun  die  Strahlen  des  Sonnenlichtes  im  Allgemeinen  als 
parallel  angesehen  werden  können,  zeigen  die  vom  Himmel  ausge- 
henden Strahlen  alle  nur  möglichen  Richtungen:  horizontal  die  vom 
Horizont  kommenden,  senkrecht  die  vom  Zenith  kommenden.  Diese 
Umstände  sind  von  Wichtigkeit.  Während  in  Folge  der  Parallelität 
der  Sonnenstrahlen  ein  von  der  Sonne  beschienener  Körper  scharf 
raarkirte  Contraste  von  Licht  und  Schatten  zeigt,  werden  bei  einem 
Körper,  der  von  dem  Lichte  des  ganzen  Himmelsgewölbes  getroffen 
wird,  der  also  von  allen  Seiten  zugleich  beleuchtet  ist,  alle  Licht- 
und  Schattencontraste  verwischt  sein.  Deshalb  erscheinen  unter  sol- 
chen Umständen  selbst  volle  runde  Körper  flach,  wie  man  an  trüben 
Tagen  leicht  an  jedem  reich  gegliederten  Gebäude  sehen  kann.  Kein 
Wunder,  dafs  daher  auch  die  Photographieen  dieser  Gebäude,  welche 
an  diesen  Tagen  angefertigt  werden , auffallend  flach  erscheinen. 

So  flach  würden  auch  die  Personen  werden,  wenn  dieselben  von 
allen  Seiten  im  Atelier  Licht  empfingen.  Daraus  ergiebt  sich  denn, 
wenn  wir  schöne  plastische  Bilder  erhalten  wollen,  die  Nothwendig- 
keit  der  Anwendung  eines  einseitigen  Lichtes. 

Um  ein  solches  herzustellen,  versehen  wir  unsere  Ateliers  mit 
Gardinen,  die  wir  beliebig  auf-  und  zuziehen  können.  Solches  ein- 
seitige Licht  erzeugt  lebendige  Abwechselung  von  Licht  und  Schatten. 
Es  folgt  daraus  aber  keineswegs,  dafs  die  Schattenseiten  des  Bildes 
durchaus  kein  Licht  empfangen  dürfen,  im  Gegentheil,  wir  müssen 
dieselbe  schwach  erhellen,  damit  sie  überhaupt  chemisch  wirken, 
die  zu  grellen  Schatten  gemildert,  Details  in  denselben  sichtbar  ge- 
macht und  sanfte  Uebergänge  erzeugt  werden.  In  welcher  Richtung 
soll  nun  die  Hauptlichtmasse  die  Person  treffen? 

Hier  sind  sehr  verschiedene  Fälle  möglich.  Das  Licht  kann  die 
Person  zunächst  treffen:  von  Vorn,  d.  h.  aus  der  Gegend  kommend, 
wo  die  Nasenspitze  binweist;  von  der  Seite,  d.  h.  rechtwinklig,  zu  der 
oben  erwähnten  Richtung  horizontal;  endlich  von  Oben,  d.  h.  in  der 
Richtung  der  Hauptlänge  des  Körpers;  danach  hätten  wir  Vorder- 
licht, Seitenlicht  und  Oberlicht  zu  unterscheiden.  Denken  wir 
uns  einmal  gerade  zur  Seite  der  Person  in  der  mit  Gardinen  verhäng- 
ten Glaswand  des  Ateliers  eine  schmale  Spalte  geöffnet,  die  Person 
selbst  stebe  mit  ihrer  Front  rechtwinklig  zur  Glaswand,  so  wird  sie 
offenbar  vom  Seitenlicht  getroffen  sein;  jetzt  aber  kehre  sie  einmal 
Brust  und  Kopf  diesem  Seitenlichte  zu,  dann  wird  dieses  Seitenlicht 


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Ueber  Beleuchtung. 


397 


offenbar  für' sie  Vorderlicht.  Man  sieht  daher,  dafs  diese  Art  der 
Benennung  des  Lichtes  mit  der  Stellung  der  Person  schwankt,  wir 
müssen  deshalb  den  Ausdruck  Vorderlicht,  Seitenlicht,  Oberlicht,  um 
nicht  mifsverstanden  zu  werden,  anders  fassen , da  wir  dieselben  von 
nun  ab  häufig  gebrauchen  werden.  Denken  wir  uns , das  Papier  sei 
der  Boden  des  Ateliers,  das  Viereck  A der  photographische  Apparat, 

* Fig.  115. 

L S 


AUV 


Vorderlicbt 


L S 
V • P 


P die  Person,  deren  Brust-  und  Kopfrichtung  hier  ganz  gleichgültig 
ist,  so  nennen  wir  das  Licht,  welches  die  Person  in  der  Richtung 
Linie  V V trifft  (der  Verbindungslinie  mit  dem  Apparat):  Vorder- 
licht, das  rechtwinklig  zu  dieser  Linie  in  der  Richtung  SS  horizontal 
einfallende:  Seitenlicht,  das  senkrechte  von  oben  einfallende: 

Oberlicht. 

Aufser  in  diesen  drei  Hauptrichtungen  kann  aber  offenbar  das 
Licht  noch  in  verschiedenen  anderen  dazwischen  liegenden  Richtungen 
die  Person  treffen,  z.  B.  schief  in  der  Richtung  der  Linie  LL  als 
vorderes  Seitenlicht,  ebenso  schief  von  oben  als  vorderes 
Oberlicht  etc.  etc.,  Ausdrücke,  die  leicht  zu  verstehen  sind.  Jetzt 
ist  es  unsere  Aufgabe,  die  Wirkung  dieser  drei  Hauptlichtmassen t 
Vorderlicht,  Seitenlicht,  Oberlicht  zu  schildern.  Wir  geben 

Fig.  116. 

0 S V 


0 S V 

drei  Photographieen  bei,  von  denen  die  eine  bei  reinem 
Vorder-,  die  zweite  bei  reinem  Seiten-,  die  dritte  bei  Oberlicht  auf- 
genommen ist.  Mit  Hülfe  derselben  werden  wir  zeigen,  welchen  ge- 


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Ueber  Beleuchtung. 


waltigen  Einflufs  der  Fall  des  Lichtes  auf  das  Relief  und  die  Farbe 
der  Bilder,  die  Aehnlicbkeit  der  Züge  und  den  ganzen  Cha- 
rakter der  Physiognomie  ausübt. 

V ist  die  Aufnahme  bei  Vorderlicht,  die  Gröfse  der  dem  Object 
gegenüberstehenden  Lichtöfifnung  betrug  7 ÜFufs  (7  Fufs  breit,  7 Fufs 
hoch),  die  Entfernung:  15  Fufs  *). 

S ist  die  Seitenlichtaufnahme,  Gröfse  der  Lichtöffnung 
5 □Fufs,  Entfernung  vom  Object  8 Fufs. 

0 ist  die  Oberlich  tau  f nähme,  Gröfse  der  Licbtöffnung:  3 Fofs 
8 Zoll  br.,  5 Fufs  lang,  Entfernung  vom  Kopf  des  Objects  6 Fufs**). 

Wir  halten  es  zunächst  in  Bezug  auf  die  drei  beifolgenden  Por- 
traits  für  nothwendig  zu  bemerken,  dafs  dieselben  Aufnahmen  ein 
und  derselben  Person  sind,  angefertigt  kurz  hinter  einander  unter 
möglichst  gleichen  Verhältnissen  (abgesehen  vom  Lichte).  Wir  bemerken 
dies,  weil  der  überraschende  Unterschied,  den  diese  3 Bilder  — blofs 
in  Folge  der  verschiedenen  Beleuchtung  — zeigen,  in  vielen  der  Be- 
schauer, denen  wir  dieselben  gezeigt,  Zweifel  erregt  haben,  dafs  man 
es  hier  wirklich  mit  ein  und  demselben  Original  zu  thun  babe. 

Sämmtliche  Bilder  wurden  aufgenommen  mit  einem  Briefmar- 
kenapparat mit  12  Köpfen,  den  uns  die  Herren  Juhre  und  Nicolai 
zu  diesem  Zweck  gütigst  zur  Disposition  stellten.  Dergleichen  Appa- 
rate dürften  sich  zu  Maasenproductionen  der  Art  sehr  empfehlen. 

Betrachten  wir  zunächst  die  Wirkung  der  verschiedenen  Lichter 
auf  das  Relief. 

Hier  sehen  wir  in  0 gewaltig  vertiefte  Augenhöhlen,  eine  scharf 
vorspringende,  einen  tiefen  Schatten  werfende  Nase,  eine  nach  unten 
einfallende  Fleischpartie  unter  den  Backenknochen,  einen  scharf  ge- 
schnittenen, sehr  breiten  Mund  und  förmlich  wulstig  hervortretenden  Bart. 

In  S erscheint  dieser  Bart  dünner  und  die  Partie  unter  den 
Backenknochen  bedeutend  flacher,  die  Rundung  in  den  Wangen  fehlt, 
die  Augen  erscheinen  viel  weniger  tief.  Dagegen  treten  in  der  Stirn, 
über  dem  Nasenbein  und  unter  der  Nase  Falten  auf,  die  in  O fast 
ganz  verwischt  sind.  Umgekehrt  erscheinen  in  S die  Falten  unter 
den  Augen  und  an  den  Nüstern  weniger  scharf  markirt  als  in  O. 
Das  ganze  Gesicht  in  S bekommt  durch  die  ziemlich  scharf  abge- 
schnittene Schattengrenze  das  Ansehen  eines  Kastens,  der  einseitig 
beleuchtet  und  dessen  eine  Kante  dem  Auge  zugekehrt  ist;  die  ganze 
Mittellinie  des  Gesichts  springt  bedeutend  mehr  vor  wie  in  O,  das 
Gesicht  wird  ziegenartig. 


*)  Die  Person  safs  an  der  südlichen  Wand  des  Ateliers,  das  Geeicht  der  nörd- 
liehen  Glaswand,  an  welcher  der  Apparat  stand,  zugekehrt. 

**)  Leider  sprang  die  Platte  mit  den  Oberlichtköpfen  während  der  Fertigung 
der  Auflage  und  enthalten  daher  einige  der  Lehrbuchexemplare  eine  etwas  unvoll- 
kommene Reproduction  des  Oberlichtkopfes. 


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Ueber  Beleuchtung. 


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V ist  dagegen  wie  ein  Kasten  von  der  flachen  Seite  gesehen, 
die  Augenhöhlen  sind  kaum  noch  markirt.  Von  den  charakteristischen 
Falten,  die  oberhalb,  seitwärts  oder  unterhalb  der  Nase  in  0 und  S 
ausgehen,  nicht  die  Spur.  Ebenso  flach  wie  das  Gesicht  erscheint  der 
Bart,  die  Kleidung.  Die  Nase  geht  sanft  in  die  Augenbrauen  über 
und  bildet  mit  diesen  zwei  symmetrische  Haken.  Der  Mund  erscheint 
hier  klein  gegen  0.  Das  Ganze  ist  wie  ein  Brett,  in  dem  die  Haupt- 
contouren  eingezeichnet  sind.  Hieraus  ersieht  man,  dafs  man 
mit  Hülfe  der  Beleuchtung  Höhlungen  und  Falten  im  Ge- 
sicht vollständig  aufheben  oder  auch  stärker  hervortreten 
lassen  kann.  Betrachten  wir  nun  die  Wirkung  der  Beleuchtung 
auf  die  Farbe  der  einzelnen  Tbeile,  so  fällt  uns  zunächst  die  auf- 
fallende Verschiedenheit  in  Haar  und  Bart  auf.  Dieselben  erscheinen 
in  den  vom  Licht  getroffenen  Stellen  in  0 und  5 auffallend  grau 
(am  stärksten  grau  in  0),  in  V dagegen  schwarz.  In  0 erkennt  man 
Jedes  einzelne  Haar,  ziemlich  ebenso  gut  auf  der  Lichtseite  von  S, 
in  V dagegen  bilden  Bart  und  Haar  einen  homogenen  schwarzen 
Klecks  mit  nur  wenig  Details. 

Die  Ursache  dieses  Mangels  an  Details  liegt  eben  in  der  gleich- 
förmigen Beleuchtung,  die  jedes  Haar  von  vorn  empfangt,  so  dafs 
wir  nur  die  Lichtseite  sehen.  Anders  ist  es  bei  Seitenlicht,  hier  sehen 
wir  an  jedem  Haar  Licht-  und  Schattenseite  und  dadurch  heben  sich 
die  Haare  von  einander  ab.  Die  Ursache,  dafs  das  Haar  in  V bedeu- 
tend dunkler  erscheint,  liegt  darin,  dafs  das  Object  bei  der  Aufnahme 
viel  weiter  vom  Licht  entfernt  safs  als  bei  S und  0.  Eben  daher 
erscheint  auch  der  Rock  bedeutend  dunkler.  Der  Hintergrund  in  V 
dagegen  erscheint  heller  als  der  in  S und  0,  einfach  deshalb,  weil 
derselbe  ebensoviel  Licht  empfing  wie  die  Person  (aufser  dem  von 
letzterer  beschatteten  Theil,  der  im  Bilde  durch  die  Person  fast  ganz 
verdeckt  wird),  während  in  0 und  S der  Hintergrund,  einige  Fufs 
hinter  der  Lichtöffnung  stehend,  nur  einen  Theil  des  Lichts  empfing, 
das  unmittelbar  senkrecht  oder  seitwärts  der  Person  einfiel.  Auffal- 
lend ist  ferner  die  helle  Farbe  des  Rocks  in  0 (der  Rock  des  Origi- 
nals war  schwarz).  Diese  rührt  von  dem  chemisch  am  intensivsten 
wirkenden  Oberlichte  her,  das  auch  Haar  und  Stirn  ungewöhnlich  hell 
und  dafür  den  Schatten  desto  tiefer  gefärbt  hat.  Hieraus  ersieht 
man,  dafs  man  mit  Hülfe  der  Beleuchtung  die  Farbe  des 
Haars,  derKleidung,  des  Hintergrundes  beträchtlich  ver- 
ändern kann.  (Eigenthümlich  ist  noch  die  Beleuchtung  des  Rocks 
in  S,  der  auf  der  rechten  hellen  Seite  auffallend  plastisch  heraustritt.) 

Jetzt  kommen  wir  zu  der  Wirkung  der  Beleuchtung  auf  den 
Charakter  und  da  wird  uns  denn  der  oberflächlichste  Betrachter 
der  Bilder  zugeben,  dafs  Viele,  die  da  glauben,  ein  sauber  gearbeitetes 
Bild  müsse  immer  ähnlich  sein,  sich  im  dicksten  Irrthum  befinden. 


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Ueber  Beleuchtung. 


Finster  und  drohend  schauen  uns  die  Augen  in  0 an  und  dieser 
drohende  Ausdruck  wird  nocli  vermehrt  durch  die  scharf  hervorsprin- 
gende Nase,  die  dunkel  gefärbten  eingekniffenen  Mundwinkel  und  die  i 
hervorspringenden  Schatten  werfenden  Backenknochen  und  Nüstern. 

Wie  harmlos,  ja  schläfrig  erscheint  dagegen  das  Bild  in  V,  die  schat- 
tenlosen Augen  erscheinen  fischartig  ausdruckslos,  die  Falten,  die  dem 
Gesicht  Energie  verleihen,  sind  vernichtet,  ebenso  ausdruckslos  er- 
scheint der  Mund.  Das  Bild  S steht  zwischen  beiden,  es  erscheint  weder 
so  geistlos  wie  F,  noch  so  finster  drohend  wie  O;  die  seitlichen  Licht- 
und  Schattencontraste  geben  dem  Gesicht,  auf  dem  die  beiden  Stirnfal- 
ten wie  durch  schelmische  Gedanken  auf  blitzen,  ein  lebhaftes  Ansehen; 
nur  erscheint  die  Schattenseite  noch  etwas  zu  drohend  gegen  die  helle 
Lichtpartie.  Das  Bild  ist  charakteristischer  als  die  beiden  andern, 
zeigt  uns  aber  den  Mann  noch  nicht  wie  er  ist;  es  ist  zu  eckig,  zn 
ziegenartig.  So  sehen  wir  also,  wie  auch  der  ganze  Charak- 
ter des  Gesichts  mit  der  Beleuchtung  bedeutend  variiren 
kann.  Man  kann  eine  finstere  brummige  Physiognomie  hierdurch 
heitrer,  milder  machen,  umgekehrt  einem  schläfrigen  Gesicht  Energie 
verleihen. 

Welches  der  drei  Portraits  zeigt  nun  aberden  wahren  Charakter 
des  Mannes?  werden  unsere  Leser  fragen. 


Fi(t  117.  Fig.  118. 


Keines  von  den  dreien;  damit  aber  unsere  Leser  einen  Begriff 
bekommen,  wie  der  Mann  eigentlich  anssieht,  und  danach  beurtheilen 
können,  wie  die  drei  Beleuchtungsarten  seine  Physiognomie  verändert 
haben,  fügen  wir  hier  dasjenige  Portrait  bei,  welches  von  allen  seinen 
Bekannten  als  getroffen  und  seinem  Charakter  entsprechend  bezeich- 
net wird  (Fig.  117). 

Das,  was  wir  hier  auseinandergesetzt,  wird  wohl  hinreichen, 
unsern  Lesern  die  aufserordentliche  Wichtigkeit  der  Beleuchtung  bei 
photographischen  Aufnahmen  darzuthun. 

Jede  der  drei  Beleuchtungsweisen:  Vorderlicht,  Oberlicht,  Seiten- 
Jicht,  drückt  also  dem  Modell  ein  ganz  verschiedenen  Charakter  auf. 


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Ueber  Beleuchtung. 


401 


Nun  ist  es  aber  vor  Allem  die  Aufgabe  des  Photographen,  Bilder 
herzustellen,  in  denen  der  Charakter  wahr  wiedergegeben  ist. 

Wie  erreicht  man  das?  Am  besten  durch  Combination  der 
drei  Beleuchtungsarten : Vorderlicht,  Oberlicht,  Seitenlicht,  indem  man 
das  Licht  als  vorderes,  oberes  Seitenlicht,  oder,  was  dasselbe 
ist,  als  seitliches  oberes  Vorderlicht  einfallen  läfst.  In  diesem 
Falle  kommt  die  Hauptlichtmasse,  welche  die  Person  trifft,  von  einer 
Oeffnung,  die  einige  Fufs  vor  der  Person,  oberhalb  rechts  (oder  links) 
sich  befindet7  so  dafs  das  Licht  den  Kopf  ohngefähr  unter  einem  Win- 
kel von  45°  trifft*). 

Diese  Beleuchtungsmanier  ist  diejenige,  welche  zunächst  die  Relief- 
formen des  Modells  in  der  reichsten  Weise  wiedergiebt,  daher  dieselbe 
auch  von  Zeichnern  bei  Schat tencons tr uc tion e n zu  Grundegelegt 
wird.  Diese  Beleuchtungsart  finden  wir  ferner  in  den  bei  Weitem 
meisten  Bildern  unserer  hervorragendsten  Portraitmaler,  einfach,  weil 
sie  in  den  meisten  Fällen  unserm  Gefühl  als  das  Natnrgemäfseste 
erscheint,  und  genug  Photographen  giebt  es,  die,  oft  ohne  eigentlich 
zu  wissen,  woran  es  liegt,  ihre  Modelle  instinctiv  in  denjenigen  Win- 
kel des  Ateliers  placiren,  in  dem  eben  diese  Beleuchtungsart  — durch 
die  Localverhältnisse  veranlafst,  sich  von  Hanse  aus  findet  und  andre 
wieder  sind  uns  vorgekommen,  die  in  ihrem  Atelier  durch  Anbringeu 
und  Wiederabreifsen  verschiedener  Vorhänge,  Verkleben  und  Verbauen 
der  Glaswände,  lauge  hin  und  her  experimentirten,  bis  ihre  Bilder 
endlich  jenes  naturgemäfse  Ansehen  zeigten,  das  allein  in  der  Beleuch- 
tung begründet  ist. 

In  solcher  Beleuchtungsart  — in  solchen  von  vorn-seitwärts-ober- 
halb  einfaliendem  Licht  ist  denn  der  vierte  Kopf  in  Fig.  117  aufge- 
nommen, wie  ein  aufmerksames  Studium  desselben  leicht  jedem  Beob- 
achter zeigen  wird. 

Betrachten  wir  die  Wirkung  eines  solchen  Normallichtes  auf  das 
Modell,  so  sehen  wir,  dafs  auf  einer  Stirnseite  (z.  B.  rechts)  sich  die 
höchsten  Lichter,  dagegen  auf  der  entgegengesetzten  Unterkieferpartie 
(links),  die  tiefsten  Schatten  sich  finden.  Es  giebt  eine  Reihe  ganz 
ausgezeichneter  Ateliers,  in  denen  diese  Beleuchtungsart  bei  jedem 
Modell  ohne  Ausnahme  angewendet  wird. 

Man  setzt  die  Personen  in  einen  Raum,  der  zur  Seite  und  Oben 
durch  dnnkles  Mauerwerk  oder  Gardinen  abgeschlossen  ist,  so  dafs 
dieselbe  nur  von  der  mehr  von  vorn  kommenden  Lichtmasse  des 
Glasdaches  und  der  Glaswand  getroffen  wird. 

Solche  Einrichtung  mag  für  sehr  viele  mittlere  Physiognomieen 
ausreichen,  aber  es  kann  nicht  ausbleiben,  dafs  durch  stereotype  An- 

*)  Tn  einem  mit  dunklen  Gardinen  verhängten  Atelier,  wie  das  Fig.  1 18  gezeichnete 
ist  solcher  Lichtfall  leicht  herzustellen,  indem  man  einige  Fufs  vor  der  Person  Ä' einige 
Dachgardinen  LL  und  die  daran  anschliefsenden  Seitengardinen  L'L"  theilweiso  aufzieht. 


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402 


lieber  Beleuchtung. 


Wendung  derselben  Beleuchtung  eine  gewisse  Monotonie  in  den  Bildern 
auftritt. 

Diese  stört  in  Photographieen  noch  viel  mehr,  als  in  einem  Ge- 
mälde, weil  hier  der  Maler  durch  Farbeneffecte  trotz  der  stereotypen 
Beleuchtung  noch  eine  wunderbare  Mannigfaltigkeit  erzielen  kann. 
Anders  ist  es  beim  Photographen;  Lichteffecte  müssen  ihm  die 
Farbeneffecte  ersetzen.  Mannigfaltigkeit  kann  er  nur  erzielen  durch 
geschickte  Modifikation  seiner  Beleuchtung.  Hier  ist  nun  zunächst 
der  mehr  oder  weniger  schräge  Winkel,  unter  dem  das  Licht  einfallt, 
von  Wichtigkeit. 

So  ist  zu  beachten,  dafs  ein  sehr  weit  von  vorn  kommendes 
Oberlicht 0 oder  SeitenlichtS  (Fig.  118)  gerade  wie  Vorderlicht  wirkt. 

Ebenso  wirkt  ein  nahe  über  der  Person  befindliches,  sehr  breites, 
sich  weit  nach  der  Seite  erstreckendes  Oberlicht  mehr,  wie  Seitenlich  t , 
ein  Umstand,  der  in  sehr  breiten,  aber  niedrigen  Ateliers  wohl  zu  beach- 
ten ist,  und  umgekehrt  wird  ein  sehr  hohes  Seitenlicht  die  Wirkungen 
des  Oberlichts  zum  Theil  zeigen,  was  man  leicht  in  jedem  sehr  hohen 
Atelier  wahrnehmen  kann. 

Jenachdem  wir  also  die  Lichtöffnung  LL  mehr  oder  weniger  ver- 
breitern und  der  Person  mehr  oder  weniger  nähern,  können  wir  dem 
auffallenden  Lichte  mehr  oder  weniger  die  Wirkung  des  Vorderlichtes, 
Oberlichtes  oder  Seitenlichtes  geben,  und  dadurch  wesentlich  auf  den 
Charakter  des  Modells  einwirken. 

Hat  man  z.  B.  eine  sehr  scharf  markirte  energische,  faltenreiche 
Physiognomie,  so  rücke  man  die  Lichtmasse  weiter  fort,  gebe  ihr  da- 
durch mehr  den  Charakter  des  Vorderlichtes  und  man  wird  Milde 
und  Weichheit  in  die  herben  Züge  hineinbringen. 

Umgekehrt,  hat  man  ein  schläfriges,  flaches,  wenig  markirtes 
Gesicht,  so  gebe  man  dem  auffallenden  Lichte  mehr  den  Charakter 
des  Oberlichtes,  dadurch  erhält  das  Gesicht  mehr  Energie  und  Leben. 

Bei  gewissen  schmalbäckigen  Gesichtern  ist  ferner  die  Anwendung 
von  Seitenlicht  vortrefflich,  dasselbe  erhellt  die  Vertiefungen  unter  den 
Backen  auf  der  Lichtseite,  macht  diese  concaven  Theile  voller,  während 
es  die  Details  auf  der  andern  Seite  sich  in  Schatten  verlieren  läfst. 

Auch  für  Damen  in  gewissem  Alter,  die  den  Phutographen  oftmals 
viel  zu  schaffen  machen,  ist  die  Anwendung  eines  von  vorn  einfallen- 
den, möglichst  sanften  Lichtes  zu  empfehlen,  welches  in  die  Falten  und 
Grübchen  hineindringt,  und  die  unangenehmen  Schatten  auf  hebt. 

Ja,  man  kann  hier  das  Gesicht  ganz  in  den  Schatten  legen  (der 
selbstverständlich  nicht  dunkel  sein  darf),  und  nur  über  den  vorsprin- 
genden Theil  einige  Lichteffecte  gleiten  lassen. 

Ueberhaupt  kann  hier  als 'Regel  angenommen  werden:  Alle  Er- 
höhungen und  Vertiefungen,  die  man  zu  verdecken  oder 
zu  mildern  wünscht,  müssen  so  beleuchtet  werden,  dafs 


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Ueber  Beleuchtung. 


403 


sie  keinen  oder  nur  wenig  Schatten  werfen  und  um- 
gekeh  rt. 

Selbstverständlich  darf  man  hier  aber  nicht  zu  weit  gehen,  man 
darf  eben  die  Fehler  des  Originals  nur  mildern,  aber  nicht  so  voll- 
ständig verdecken,  dafs  der  Charakter  und  die  Formähnlichkeit  hier- 
durch verloren  gehen.  Wieweit  man  hier  gehen  kann,  darüber  lassen 
sich  keine  Regeln  geben,  hier  mufs  den  denkenden  Künstler  sein  Ge- 
siebt und  seine  Beobachtungsgabe  leiten. 

In  Jahrg.  UI.  S.  101  der  Photographischen  Mittheilungen  publicirten 
wir  als  Beispiel  einer  eigenthümlichen  Anwendung  des  Seitenlichts 
ein  Damenportrait.  Das  Gesicht  ist  fast  in  Halbschatten  gelegt  und 
allein  über  die  seitlichen  Theile  der  Nase,  des  Haares,  sowie  der  Schul- 
ter und  des  Gesichts  gleiten  einige  Lichter.  Wie  dieser  Effect  erreicht  ist, 
ist  unschwer  zu  erratben.  Zunächst  sind  hier  einige  Fufs  von  der  Person 
einige  Gardinen  00,  SS  (Fig.  118)  aufgezogen,  die  das  ganze  Gesicht  mild 
erhellen,  dann  unmittelbar  rechts  vom  Modell,  ja  sogar  etwas  hinter  dem- 
selben, eine  Seitengardine  L'  geöffnet.  Diese  liefert  die  Lichter,  welche 
so  charakteristisch  auf  der  Seite  des  Bildes  hervortreten.  Es  ist  also 
eine  Combination  von  Vorderlicht  und  Seitenlicht,  die  hier  in  Wirk- 
samkeit tritt:  das  milde  Vorderlicht  giebt  den  Augen  Klarheit,  ohne 
ihnen  den  Ausdruck  zu  rauben,  es  dringt  in  die  Falten  und  glättet 
dieselben  gleichsam  und  das  nicht  grofse  Seitenlicht  ist  vollkommen 
hinreichend,  dem  Ganzen  Relief  zu  verleihen.  Der  aufmerksame  Be- 
schauer wird  ferner  eine  leichte  Differenz  zwischen  der  Helligkeit  der 
Arme  und  Hände  und  des  Gesichts  nicht  aufser  Acht  lassen.  In 
jedem  Portrait  ist  das  Gesicht  die  Hauptsache,  diesesmufs 
demnach  auch  das  Hauptlicht  empfangen,  alle  übrigen  Par- 
tieen  sind  gedämpfter  zu  halten.  Nichts  ist  häfslicher  als  jene 
Bilder,  in  denen  Arme  und  Hände  als  schreiend  weifse  Kleckse  aus 
der  Gewandung  heraustreten.  In  ähnlicher  Weise  ist  auch  der  Ober- 
körper heller  zu  halten  als  die  unteren  Partieen.  Mit  dunklen  Schir- 
men, die  ein  paar  Schritt  vor  der  Person  aufges teil t w erd en 
und  das  Licht  von  den  Händen  und  Füfsen  theilweise  ab- 
halten, ist  dies  leicht  zu  erreichen.  Loescher  & Petsch  benutzen  solchen 
Schattenschirm  mit  grofsem  Vortheil,  namentlich  zur  Vermeidung 
der  UeberexpositionweifserKleider.  Derselbe  besteht  aus  einem 
5 Fufs  breiten,  mit  dunklem  Zeug  bespannten,  auf  Rollen  gehenden  Rah- 
men. Der  obere  Theil  desselben  ist  um  eine  wagerechte  Axe  drehbar, 
so  dafs  er  mehr  oder  weniger  geneigt  werden  kann.  Selbstverständlich 
gehört  zur  Hervorbringung  solcher  Lichteffecte  ein  geübtes  Auge,  das 
für  die  leisesten  Abstufungen  von  Hell  in  Dunkel  empfänglich  ist. 
Um  seinen  Blick  in  dieser  Hinsicht  zu  üben,  empfehlen  wir  den 
photographischen  Jüngern  Studien  an  einer  Gypsbüste  (Schiller  und 
Göthe  sind  hierzu  vortreff  lich  geeignet).  Man  stelle  dieselben  an  den 


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404 


Ueber  Beleuchtung. 


Standort  der  Personen  im  Atelier,  ziehe  zunächst  sämmtlicbe  Gar- 
dinen zu  und  öffne  nachher  einzelne  derselben,  oberhalb,  seitwärts 
oder  vor  der  Büste  und  beobachte  genau  die  dadurch  erzeugten  Ver- 
änderungen im  Licht-  und  Schattenfall  auf  den  Gesichtern.  Die  so 
erzeugten  Effecte  sind  ebenso  überraschend,  als  unterhaltend  und  lehr- 
reich, uud  wer  sich  die  Mühe  nimmt,  dieselben  zu  photographiren  und 
die  Beleuchtungsart  mit  einigen  Strichen  zu  notiren,  kann  sich  leicht 
ein  Album  von  Studienblüttern  anfertigen,  das  ihm  bei  Aufnahme  le- 
bender Modelle  von  umfassendstem  Nutzen  sein  wird.  Nur  das  ver- 
gesse man  nicht: 

„Eines  schickt  sich  nicht  für  Alle“ 

und  hüte  sich,  einen  und  denselben  Lichteffect  bei  allen  Personen  ohne 
Unterschied  des  Geschlechts,  des  Alters,  der  physiognomischen  Eigen- 
thümlichkeiten  anzubringen. 

Was  hier  an  einem  menschlichen  Gesichte  gezeigt  worden  ist( 
wiederholt  sich  nun  bei  allen  andern  Gestalten.  Ebenso  gut  wie  wir 
durch  eine  passend  gewählte  Beleuchtung  Falten  und  Erhöhungen  im 
Gesicht  gänzlich  verschwinden  lassen  können  (siehe  oben  Vorderlicht), 
ebenso  können  in  jedem  beliebigen  Objecte  gewisse  Details  durch  die 
Beleuchtung  vernichtet  oder  hervorgehoben  werden,  z.  B.  bei  einem 
plastischen  Gegenstände,  sei  es  ein  Architekturstück,  ein  Basrelief  oder 
ein  Maschinenmodell,  ein  Porzellangegenstand. 

llegel  ist  hierbei:  Man  beleuchte  dieselben  so,  dafs 
dieDetails,  welche  man  deutlich  im  Bilde  zu  sehen  wünscht, 
durch  die  Beleuchtung  richtig  hervortreten.  Kunstgegen- 
stände machen  die  Wahl  der  Beleuchtung  insofern  leichter,  als  alle 
Künstler  ihre  Objecte  in  einem  unter  einem  Winkel  yon  45°  schief 
einfallenden,  von  oben  kommenden  vorderen  Seitenlicht  zu  model- 
liren  pflegen.  Ob  von  rechts  oder  von  links,  bleibt  hier  noch  fraglich; 
falls  der  Künstler  nicht  selbst  darüber  Auskunft  giebt,  probirt  man, 
von  welcher  Seite  das  Licht  am  günstigsten  wirkt.  Ohne  Selbst- 
kritik und  Selbstprüfung  wird  man  hier  niemals  ein  genügendes 
Resultat  erzielen.  Dieses  schief  von  oben  unter  einem  Winkel  von  45* 

einfallende  Licht  wird  sich  für  die 
bei  Weitem  meisten  Fällen  am  besten 
eignen. 

Nun  kommen  noch  zwei  Punkte 
jn  Betracht,  die  Gröfse  des  Ob- 
jectes und  die  Entfernung  der 
Lichtquelle,  d.  h.  vom  Fenster  des 
Ateliers.  Mau  denke  sich  zwei 
Säulen,  eine  dicke  a und  eine  dünne 
b , in  gleicher  Entfernung  von  einem 
Fenster  • aufgestellt , so  ist  leicht 


Fig.  119. 


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Aufhellung  der  Schatten. 


405 


ersichtlich,  dafs  die  erste  Säule  eine  ganz  andere  Beleuchtung  zeigen 
wird  als  die  zweite;  das  Licht  umspielt  die  kleine  Säule  viel  weiter 
als  die  grofse  nach  der  Schattenseite  hin,  letztere  (die  Schattenseite) 
schrumpft  daher  zusammen , die  Lichtseite  wächst.  Will  ich  dem- 
nach die  kleine  Säule  im  analogen  Lichtfall  wie  die  grofse  aufnehmen, 
so  mufs  ich  die  Lichtöffnung  entsprechend  verkleinern.  Daher 
kommt  es,  dafs  eine  Beleuchtung,  die  für  ein  lebensgrofses  Modell 
zurecht  gemacht  worden  ist,  für  ein  kleines  Object  nicht  pafst. 

Der  zweite  Punkt  ist  die  Entfernung  von  der  Glaswand. 

Wir  haben  oben  nachgewiesen,  dafs  die  Helligkeit  eines  Punktes 
in  einem  vom  blauen  Himmel  durch  eine  Fensteröffnung  erhellten 
Raum  abnimmt,  wie  das  Quadrat  der  Entfernung  vom  Fenster  zu- 
nimmt. Bei  grofser  Fensteröffnung  ist  diese  Abnahme  nicht  so  stark, 
aber  doch  sehr  entschieden  merkbar  (s.  S.  226  u.  s.  f.).  Nimmt  man 
nun  an,  dafs  die  Schattenseite  des  Modells  nur  vom  reflectirten 
Lichte,  der  Hin ter wa n d des  Ateliers  beleuchtet  ist,  so  ist  klar,  dafs 
der  Contrast  zwischen  Licht  und  Schatten  um  so  stärker  sein  wird, 
je  näher  das  Modell  der  Glaswand  steht.  Man  hat  demnach  durch 
Veränderung  des  Standpunktes  des  Modells  es  ganz  in  seiner  Gewalt, 
diese  Contraste  zu  heben  oder  zu  vermindern. 

Nun  ist  noch  zu  bedenken,  dafs  die  Photographie  im  Allgemeinen  den 
Contrast  noch  stärker  wiedergiebt,  als  unser  Auge  sie  empfindet  (s.  o.). 
Oft  genug  liefert  sie  die  Schattenseite  von  Körpern,  die  hell  genug  ist, 
um  alle  Details  für  unser  Auge  erkennen  zu  lassen,  pechschwarz, 
am  auffallendsten  tritt  diese  bei  gelben,  grünen  und  rothen  Objecten 
zum  Vorschein,  weniger  bei  weifsen  oder  kobalt-  und  ultramarin- 
blauen  (siehe  die  Farbentafel).  Weifse  Gypsbüsten  zeigen  daher  auch 
ohne  künstliche  Vorrichtungen  gewöhnlich  gute  Schattendetails.  An- 
ders aber  ist  es  schon  bei  Menschen,  noch  viel  ärger  bei  dunkelge- 
färbten  Objecten,  z.  B.  Eisen  und  Bronce.  Sollen  die  Schatten  dersel- 
ben nicht  zu  schwarz  werden,  so  mufs  man  diese  ein  wenig  auflich- 
ten, d.  h.  sie  heller  machen  als  sie  nachher  im  Bilde  bleiben 
sollen.  Dies  geschieht  nun  auf  zweierlei  Weise:  Entweder  man  läfst 
directes  Licht  von  der  Schattenseite  einfallen  oder  aber  man 
bringt  Reflectoren  auf  der  Schattenseite  an. 

In  Nordfrontateliers  erreicht  man  die  Auflichtung  der  Schatten 
durch  directes  Lieh  t in  sehr  einfacher  Weise.  Gewöhnlich  placirt 
man  das  Modell  in  die  Nähe  der  Glaswand,  dort  wo  in  Fig.  65  das 
weifse  Postament  steht.  Oeffnet  man  dann  ein  paar  Gardinen  L' L"  L"' 
(Fig.  118)  rechts,  so  erlangt  man  eine  Beleuchtung,  wie  sie  für  den 
Maler  zweckentsprechend  sein  würde.  Um  nnn  aber  die  Schatten  genü- 
gend aufzulichten,  öffnet  man  auf  der  andern  Seite  fies  Ateliers  einige 
Ob  erlicht- (Dach-)  Gardinen  00  und  Seitengardinen  SS  (Fig.  11 8). 
Es  strömt  dann  eine  Quantität  oberes  Vorderlicht  auf  das  Modell,  die 


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406 


Reflectirschirm. 


allein  die  Wirkung,  die  das  Bild  S.  397  V zeigt,  hervorbringen  würde,  die 
aber,  mit  passendem  Seitenlicht  combinirt,  das  Resultat  S.  400  erzeugt. 
Man  siebt  diese  Wirkung  schon  mit  blofscm  Auge  am  Modell.  Je  reich- 
licher das  Vorderlicht  einströmt,  desto  kürzer  kann  die 
Exposition  gewählt  werden.  Je  näher  das  Modell  der  Glaswand 
steht,  desto  entschiedener  werden  die  Licht-  und  Schattencontraste. 

Die  Auflichtung  durch  Reflectirschirme  ist  sehr  allgemein 
angewendet.  Ist  das  Atelier  schmal,  die  Hi n terwan d hell,  so  wirkt 
diese  schon  als  Reflectirschirm,  uud  viele  Photographen  ahnen 
ihre  Wirkung  erst  dann,  wenn  sie  plötzlich  in  ein  anderes  Atelier 
kommen,  welches  sehr  breit  ist  und  eine  dunkle  Hinterwand  besitzt. 
In  gleicher  Weise  wirkt  der  Boden  des  Ateliers  als  Reflectir- 
schirm, er  hellt  die  untern  Schatten  des  Modells  auf.  Diese  Wir- 
kung des  Bodens  wird  ebenso  häufig  übersehen  als  die  Wirkung 
der  Hinterwand.  Jedes  Atelierobject  ist  aber,  falls  es  nicht  ganz 
schwarz  ist,  in  seiner  Art  eine  mehr  oder  weniger  stark  reflectirend 
wirkende  Fläche.  Dies  mögen  diejenigen  Photographen  bedenken, 
welche  sich  rühmen,  ohne  Reflectirschirm  zu  arbeiten. 

Als  beweglichen  Reflectirschirm  empfehlen  wir  einen  Rahmen  R, 
der  um  die  horizontale  Axe  ab  und  auf 
Rollen  geht.  Man  hat  auch  solche,  die  nach 
Art  der  Stative  hoch  und  niedrig  gestellt 
werden  können.  Die  eine  Seite  des  Rahmens 
beklebt  man  mit  Staniol,  die  andere  mit 
weifsem  Papier.  Man  hat  auf  diese  Weise 
zwei  Flächen  von  verschiedener  Reflections- 
kraft  zur  Disposition. 

Man  stellt  den  Rahmen  auf  die  Schattenseite  des  Modells  und 
dreht  hin  und  her,  bis  man  mit  dem  Auge  deutlich  die  Auflichtung 
der  Schatten  wahrnimmt.  Anfängern  empfehlen  wir  hier  eben- 
falls Uebungen  mit  dem  Reflectirschirm  an  Gypsmodellen. 
Je  näher  der  Reflectirschirm  dem  Modell  steht,  desto  kräftiger  wirkt 
er.  Hinsichtlich  der  passendsten  Stellung  der  reflectirenden  Fläche 
bemerkt  man  bald,  dafs  selbst  bei  mattem  Stoff  (Papier)  die  Wirkung 
einem  Spiegel  analog  ist,  d.  h.  der  Einfallswinkel  ist  gleich  dem  Re- 
flectionswinkel. 

Aufser  solchem  Reflectirschirm  kann  der  Photograph  auch  andere 
Hülfsmittel  zu  gleichem  Zweck  anwenden.  Ein  Bogen  Papier,  ein 
helles  Buch  oder  Album  auf  den  Tisch  gelegt,  ein  passend  versteckter 
Spiegel  und  zahllose  andere  Kleinigkeiten,  die  der  denkende  Künstler 
zu  verwerthen  weifs,  bewirken  oft  Wunder. 


Fix-  rto. 


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Perspective. 


407 


Von  der  Perspective. 

Betrachtet  man  einen  Würfel  (Fig.  121),  dessen  Kanten  siimmtlich 
gleich  lang  sind,  so  beobachten  wir,  dafs  dessen  Kanten  uns  sehr  ver- 
schieden lang  erscheinen.  Die  unserem  Auge  zugekehrte  Fläche  er- 
scheint uns  noch  als  Quadrat,  die  anderen  verkürzen  sich  in  auf- 
fallender Weise,  die  Flächen  erscheinen  ganz  unregelmäßig,  die  par- 
allelen Linien  laufen  zusammen  und  convergiren  nach  einem 
Punkt  o,  dem  sogenannten  Verschwindungspunkt.  Aehnliches  ge- 
schieht mit  allen  andern  Körpern: 
der  hängende  Menschenarm,  oderdie 
stehende  Säule  S erscheinen  uns  in 
ihrer  vollen  Länge,  der  gegen  uns 
ausgestreckte  Arm,  oder  die  lie- 
gende Säule  ( L ) sehen  wir  in  der 
„Verkürzung“,  die  Dimensionen 
schrumpfen  zusammen,  schliefslich 
sehen  wir  statt  des  Säulenschaftes 
nur  noch  die  kreisförmige  Säulenbasis 
b und  diese  wieder  erscheint  uns  bald  rund,  wenn  sie  uns  ihre  volle 
Fläche  zukehrt,  bald  als  Ellipse,  was  sie  in  der  That  gar  nicht 
ist,  und  die  parallelen  Säulenkanten  laufen  zusammen.  Dafs  wir  diese 
Unwahrheit  (denn  eine  solche  ist  es)  nicht  als  solche  empfinden,  liegt 
einfach  in  unserer  Gewöhnung. 

Wir  wissen  aus  Erfahrung,  dafs  der  gegen  uns  gestreckte  ver- 
kürzt erscheinende  Arm  länger  ist,  als  es  unserem  Auge  bei  dieser 
Stellung  vorkommt,  ebenso  dafs  die  scheinbar  zusammenlaufenden 
Eisenbahnschienen  parallel  sind.  Wir  corrigiren  unaufhörlich  die  An- 
schauungen unseres  Gesichtssinnes.  Ein  Kind,  was  noch  keine  Er- 
fahrung hat,  greift  nach  dem  Monde. 

Aufgabe  des  Malers  wie  des  Photographen  ist  es  nun,  die  Ver- 
kürzungen richtig  darzustellen,  d.  h.  so  wie  sie  unserem  Auge 
erscheinen.  Geschieht  dieses  nicht,  so  erscheint  sein  Bild  unwahr. 

Diese  Gesetze  der  Verkürzungen  lehrt  uns  die  Perspective. 

Unser  Auge  ist  eine  Camera  obscura  mit  einfacher  Landschafts- 
linse. Aus  der  Optik  ist  bekannt,  dafs  das  Bild  eines  Punktes  auf 
dem  geraden  Strahl  liegt,  der  vom  Punkte  durch  den  optischen 
Mittelpunkt  des  Objectivs  gezogen  wird.  Wo  diese  Linie,  der 
Hauptstrahl  genannt,  die  Bildebene  (die  matte  Tafel  in  der  Camera 
oder  die  Netzhaut  im  Auge)  schneidet,  ist  das  Bild  des  betreffenden 
Punktes.  Das  Bild  einer  geraden  Linie  ist  demnach  da,  wo  die  von 
den  einzelnen  Punkten  der  Linie  durch  den  optischen  Mittelpunkt 
gehenden  Strahlen  die  matte  Tafel  schneiden.  Nun  bilden  diese  Strahlen 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  27 


Fig  121. 


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408 


Perspective. 


Fis.  122 


;m  optischen  Mittelpunkt  eine  E b n . «liefe  durchschneidet  die  ebene 
Bildtafel  in  einer  geraden  Linie,  das  Bild  einer  geraden  Linie  in  unse- 
rem Auge  ist  demnach  wieder  eine  gerade  Linie,  das  Bild  eines  ebenen 
Dreiecks  ist  wieder  ein  ebenes  Dreieck.  Ist  die  ebene  Figur  der  Netz- 
haut, d.  h.  der  Bildtafel  parallel,  so  ist  nach  bekannten  stereometriseben 
Gesetzen  die  Bildfigur  der  Originalfigur  ähnlich.  Denkt  man  sich  vor 
das  Auge  senkrecht  zur  Axe  desselben  eine  Glastafel  nufgestellt,  so 
schneiden  die  von  einem  Gegenstände  abcd  ausgehenden  Strahlen 
diese  in  einer  Figur  a b' c <t  (Fig.  122).  Construirt  man  sich  nun  eine 
solche  Figur  für  einen  gegebenen  Kreuzungspunkt  und  eine  ge- 
gebene Bildtafel,  so  wird  diese  Zeichnung,  in  richtiger  Stellung 
und  Entfernung  vor  das  Auge  gebracht,  in  demselben  genau 
eben  solches  Bild  erzeugen,  wie  die  Gegenstände  selbst. 

Darauf  beruht  die  Täu- 
schung, dafs  ein  ebenes  Bild, 
richtig  construirt,  körper- 
lich erscheinen  kann. 
Ein  solches  in  der  vorer- 
wähnten Weise  entworfe- 
nes Bild  nennen  wir  eine 
perspectivischeZeich- 
nung.  Es  ist  leicht  ein- 
zusehen, dafs  dieselbe  unter  denselben  Bedingungen  betrachtet  werden 
muf8,  für  die  sie  entworfen  worden  ist. 

Ist  ABCD  (Fig.  123)  der  Grundrifs  eines  Hauses,  B die  Bildtafel,  O 
Fi8. 123.  der  Kreuzungspunkt  der  Strahlen,  abcd 

das  Bild  der  Punkte  AB  CD,  so  mufs 
ich  das  Auge  genau  in  den  Kreuzungs- 
punkt O bringen,  wenn  das  perspec- 
tive Bild  abcd  genau  denselben  Ein- 
druck machen  soll  wie  der  Gegenstand. 

Rücke  ich  die  Bildtafel  dem  Auge 
näher,  z.  B.  nach  B\  so  ist  leicht  er- 
sichtlich, dafs  die  Strahlen  sich  im  Auge 
unter  ganz  anderem  Winkel  kreuzen 
werden  als  die  vom  Gegenstand  ABCD 
ausgehenden,  sie  können  dann  auch  keinen  richtigen  Eindruck  machen. 
Dasselbe  würde  der  Fall  sein,  wenn  ich  die  Bildtafel  vom  Auge  entferne 
(z.  B.  nach  B"  hin).  Daher  mufs  jede  perspectivische  Zeichnung 
aus  dem  für  ihre  Construction  zu  Grunde  gelegten  Kreuzungspunkt  der 
Strahlen  betrachtet  werden,  falls  sie  einen  wahren  Eindruck  machen  soll. 

Nun  ist  die  Photographie  eine  perspectivische  Zeichnung,  deren 
Augenpunkt  im  Objectiv  liegt,  demnach  mufs  das  betrachtende  Auge 


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Perspective. 


409 


in  dieselbe  Entfernung  wie  das  Objectiv  gebracht  werden  (d.  i.  die 
Brennweite).  Geschieht  das  nicht,  so  ist  der  Eindruck  ein  unwahrer. 

Nun  hat  man  aber  Linsen  von  4 Zoll  Brennweite  und  weniger; 
in  solcher  kurzen  Distanz  ist  es  unmöglich  eine  Zeichnung  mit  unbe- 
waffnetem Auge  anzusehen.  Man  hält  sie  mindestens  8 Zoll  vom 
Auge  ab,  und  daher  kommt  es,  dafs  die  Photographie  dann  einen 
unwahren  Eindruck  macht.  Solchem  Fall  begegnet  man  sehr  häufig  mit 
den  Weitwinkellinsen-Aufnahmen. 


Fig.  121. 


Betrachtet  man  diese  aus  zu  grofser  Entfernung  O'f,  so  fällt  allge- 
mein die  ungemeine  Ausdehnung  der  Randtheile  auf.  Vordergrund 
und  Seitengrund  erscheinen  unverhältnifsmäfsig  grofs.  Rückt  man  sie 
aber  in  die  richtige  Entfernung  Of,  die  gleich  der  Brennweite  der  Linse 
ist,  so  schrumpfen  die  Sehwinkel  CAO  der  zu  breiten  Randtheile  A C, 
BD  wesentlich  zusammen,  da  sie  jetzt  stark  in  der  Verkürzung  ge- 
sehen werden  (s.  o.)  und  das  Bild  macht  jetzt  einen  richtigen  Eindruck. 

Diese  Fehler  treten  bei  Bildern,  die  mit  schmalerem  Gesichtsfeld 
aufgenommen  werden,  nicht  so  grell  hervor.  Ist  z.  B.  der  Winkel 
gleich  60*,  so  spielt  es  für  die  Betrachtung  keine  grofse  Rolle,  ob  wir 
das  Bild  aus  der  einfachen  oder  doppelten  Brennweite  ansehen,  wie 
die  Betrachtung  des  kleinen  Randstücks  Ag  eines  solchen  nur  60* 

27* 


410 


Distanzfohler  im  Portraitfach. 


breiten  Gesichtsfeldes  von  0 und  0'  uns  zeigt.  Daher  kommt  es, 
dafs  wir  die  perspectivische  Unwahrheit  in  Portrait  köpfen,  die  mit 
Linsen  von  kurzer  Breunweite  aufgenommen  sind,  nicht  so  stark  em- 
pfinden, weil  das  Gesichtsfeld  eiu  noch  schmäleres  als  60"  ist.  Hier 
treten  aber  andere  Abnormitäten  auf,  auf  welche  Rücksicht  ge- 
nommen werden  rnufs.  Man  nehme  einen  Pfeiler  mit  dem  Grandrifs 
ABCD  von  P aus  auf,  z.  B.  mit  einer  Visitlinse  von  7 Zoll  Brenn- 


Klg.  125. 


weite.  Man  wird  alsdann  ein  Bild  erhalten,  wo  die  Seitenflächen  A B 
und  CD  noch  gut  sichtbar  sind.  Jetzt  nehme  man  statt  der  7zölligen 
Linse  eine  31zöllige.  Wollte  man  mit  dieser  Linse  ein  Bild  erhalten, 
was  ebenso  grofs  ist  wie  das  erste,  so  müfste  man  näher  an  den  Ge- 
genstand herangehen,  z.  B.  nach  0\  Von  diesem  Standpunkt  aus  sieht 
man  von  den  Seitenflächen  gar  nichts  mehr.  Der  ganze  Bildcharakter 
wird  dadurch  ein  anderer.  Denkt  man  sich  statt  des  Pfeilers  ein 
menschliches  Gesicht,  so  ist  es  klar,  dafs  die  Backen  zusammen- 
schrumpfen werden,  wenn  man  sich  dem  Object  nähert,  das  Gesicht 
erscheint  dann  im  Verhältnifs  zur  Höhe  zu  schmal. 

Die  Richtigkeit  dieser  Folgerung  beweisen  beifolgende  Illustrationen. 

Es  sind  zwei  Aufnahmen  eines  Apollokopfes*).  Vorgestreckte 
Hände  undFüfse  existiren  in  dieser  Büste  nicht.  Die  Büste  wurde 
genau  senkrecht  aufgestellt,  der  Apparat  ebenfalls  und  wurde  die 
Richtungslinie  auf  das  Sorgfältigste  abvisirt.  Das  eine,  Bild  I.,  ist 
mit  einem  kleinen  Patent-Dallmeyer  in  47  Zoll  Entfernung,  das  zweite, 
Bild  II.,  mit  einem  Steinheil  in  112  Zoll  Entfernung  aufgenommen. 

Der  Unterschied  springt  in  die  Augen.  Die  ganze  Gestalt  er- 
scheint in  I.  schmaler,  schlanker,  die  Brust  beinahe  schwächlich; 
dagegen  erscheint  dasselbe  Modell  in  II.  grofswangiger,  untersetzter. 
Dafs  diese  Schlankheit  keineswegs  Augentäuschung  ist,  geht  am  aller- 
besten aus  Messungen  hervor  **). 

Die  Entfernungen  zwischen  dem  Auge  und  dem  durch  Kreuz  mar- 
kirten  Brustpunkte  sind  an  beiden  Köpfen  genau  gleich.  Die  gröfste 
Brustbreite  (mit  Zurechnung  der  beiden  Armstumpfe)  beträgt  aber  bei 
I.  56  Millimeter,  bei  II.  59  Millimeter. 

Ganz  abgesehen  von  diesem  handgreiflichen  Unterschiede,  treten 

*)  Beide  wurden,  um  der  treuen  Wiedergabe  sicher  zu  sein,  photoxylogra- 
phisch  auf  IIolz  übertragen.  Die  Reproduction  macht  freilich  nicht  den  effect- 
vollen  Eindruck  des  Originals.  Sie  ist  jedoch  dem  aufmerksamen  Beschauer 
genügend  verständlich. 

**)  In  der  Originalphotographie,  wo  die  beiden  Büsten  sich  von  einem 
schwarzen  Hintergründe  abheben,  tritt  diese  Differenz  noch  viel  greller  hervor. 


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Distanzfehler  im  Portraitfach. 


411 


jedoch  im  Charakter  der  beiden  Köpfe  für  den  aufmerksamen  Beob- 
achter auffällige  Differenzen  auf.  Man  lege  eine  Linie  oa  an  die|Tolle 
der  Figur.  Diese  steht  bei  II.  horizontal,  bei  I.  fällt  sie  lin|ks. 

Flg.  12«. 

ii.  i. 


Man  sehe  ferner  das  Postament  P an.  Die  Ringe  desselben 
bildeD  bei  I.  stark  geneigte,  bei  II.  nur  ganz  flache  Ellipsen. 

Man  betrachte  ferner  den  Armstumpf  A A.  In  I.  siebt  man  von 
der  Seitenfläche  desselben  fast  gar  nichts,  in  II.  tritt  diese  sehr 
deutlich  hervor.  Ebenso  sieht  man  deutlich,  dafs  das  Rückenpostament 
bei  u in  II.  weiter  hervortritt,  als  in  I.  Der  Kopf  steckt  bei  II.  mehr 
zwischen  den  Schultern  (man  sehe  den  Halswinkel  bei  W"),  bei 
I.  hebt  er  sich  mehr  heraus;  die  ganze  Gestalt  scheint  daher  in  I. 
den  Kopf  mehr  in  die  Höhe  zu  recken.  Bei  II.  erscheint  der  Kopf 
beinahe  etwas  nach  vorn  geneigt.  Und  doch  stand  die  Figur  unbe- 
weglich, die  angewendeten  Linsen  waren  frei  von  Verzeichnung,  die 
Sehrichtung  und  Höhe  war  bei  beiden  genau  dieselbe,  nichts  war  ver- 
schieden als  die  Distanz. 

Verfasser  hat  neben  diesen  beiden  Köpfen  noch  zwei  andere  unter 
genau  gleichen  Verhältnissen  in  60  bis  80  Zoll  Entfernung  gemacht, 
und  legt  man  die  so  gewonnenen  vier  Köpfe  neben  einander,  so  sieht 
man,  wie  mit  wachsender  Entfernung  die  Gestalt  dicker,  voller, 


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412 


Distanzfehler  im  Portraitfncb. 


gedrungener  wird,  wie  die  Tolle  sich  mehr  und  mehr  senkt,  die 
Ellipsen  des  Postaments  flacher  und  flacher  werden,  die  Brust  an 
Breite  zunimmt  und  die  Armstumpfe  heraustreten. 

Diese  Differenzen  treten  sogar  auf,  wenn  man  bei  Aufnahme  des- 
selben Kopfes  in  verschiedener  Entfernung  denselben  Apparat 
anwendet. 

Verfasser  nahm  den  Apollokopf  mit  einer  Dallmeyer-Stereoskoplinse 
in  5 und  10  Fufs  Entfernung  auf.  Das  letztere  Bild  wird  natürlich  nur 
halb  so  grofs  als  das  erstere.  Unterschiede  in  der  Zeichnung  waren 
bei  der  Kleinheit  nicht  merkbar,  wurden  aber  augenblicklich  sichtbar, 
wenn  man  die  kleinen  Bildchen  vergröfserte,  und  traten  dann  zwischen 
den  beiden  Bildern  genau  dieselben  Unterschiede  auf,  wie  oben  bei 
unseren  Illustrationen. 

So  sehen  wir  also  bei  verschiedener  Distanz  merklich 
verschiedene  Ansichten  desselben  Objects  entstehen,  gerade  so  wie 
ein  verschiedener  Lichteinfall  einem  und  demselben  Portrait  einen  ganz 
verschiedenen  Charakter  aufdrückt. 

Viele  werden  einwenden,  das  seien  alles  nur  Kleinigkeiten.  Es 
sei  gleichgültig,  ob  der  Apollo  ein  wenig  dicker  aussehe  oder  schlan- 
ker. Für  den  Apollo  mag  es  Manchem  gleichgültig  erscheinen  (die 
meisten  Leute  wissen  gar  nicht,  wie  er  aussiebt);  ganz  anders  ist  es 
aber  in  der  Portraitphotographie,  sobald  es  des  Bestellers  höchst- 
eigene werthe  Person  gilt.  Für  diese  ihre  eigene  ' Physiognomie 
haben  selbst  künstlerisch  ungebildete  Leute  ein  entsetzlich  scharfes 
Auge.  Die  gröfsten  Kleinigkeiten,  ein  Zug,  eine  Falte,  eine  Contour, 
eine  Haarlocke  werden  hier  kritisirt;  und  solche  Unterschiede,  die 
sie  an  den  Apollobildern  gar  nicht  bemerken,  fallen  ihnen  bei  ihrem 
eigenen  Conterfei  nur  zu  sehr  auf. 

Es  ist  deshalb  Sache  des  Photographen,  auf  die  Wirkungen  der 
Distanz  genau  zu  achten. 

Dem  mechanisch  arbeitenden  Photographen  mag  das  freilich  un- 
bequem sein,  der  intelligente  und  strebsame  Künstler  wird  aber  daraus 
Vortheile  zu  ziehen  wissen.  Er  wird  eine  hagere  Person  nicht  dadurch 
noch  hagerer  machen,  dafs  er  sie  in  kurzer  Distanz  photographirt, 
ebensowenig  eine  dicke  noch  dicker  durch  Aufnahme  in  weiter  Distanz. 
Namentlich  gilt  dieses  bei  Aufnahme  von  Brustbildern  und  noch  viel 
mehr  von  grofsen  Köpfen,  wo  man  sich  einerseits  in  sehr  nahen  Di- 
stanzen bewegt,  andererseits  aber  die  Körperbreite  fast  der  Höhe 
der  Figur  (soweit  sie  im  Bilde  sichtbar  ist)  gleichkommt. 

Bei  stehenden  Bildern  in  ganzer  Figur,  wo  die  Breite  der  letzteren 
nur  ein  kleiner  Bruchtheil  der  Länge  ist,  treten  diese  Distanzfehler 
nicht  so  augenfällig  hervor. 

Nun  wird  vielleicht  Mancher  wissen  wollen,  welche  Distanz  ist 
die  beste?  welche  giebt  das  richtigste  Bild? 

Das  richtet  sich  nach  der  Individualität,  könnten  wir  sagen  und 
auf  das  eben  erwähnte  Beispiel  von  der  dicken  und  dünnen  Person 
hinweisen,  für  welches  sehr  verschiedene  Distanzen  mafsgebend  sind. 
Im  Allgemeinen  empfehlen  die  Maler  für  Zeichnung  eines  Objectes 
eine  Distanz,  die  mindestens  gleich  ist  der  doppelten  Länge  dessel- 
ben; für  einen  5 Fufs  hohen  Menschen  demnach  circa  10  Fufs  Ab- 
stand, für  ein  Brustbild  (halbe  Körperlänge)  circa  5 Fufs. 

Der  Maler  hat  jedoch  hier  gröfsere  Freiheit,  er  kann  zufügen, 
weglassen  und  ändern , was  er  will.  Sein  Führer  ist  sein  Kunst- 


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Distanzfehler  im  Portraitfach. 


413 


gefühl.  Dieses  setzen  wir  auch  beim  Photographen  als  nothwendig 
voraus.  Die  Optiker  haben  ihn  mit  Instrumenten  verschiedener  Brenn- 
weite bedacht,  um  in  verschiedener  Entfernung  gleich  grofse  Bilder 
desselben  Objectes  machen  zu  können.  Ein  wohl  ausgerüsteter  Portrait- 
photograph  wird  deshalb  verschiedene  Instrumente  zur  Disposition 
haben  müssen  *). 

Jedes  ist  gut,  wenn  es  am  richtigen  Orte  angewendet  wird. 

Und  damit  beantwortet  sich  die  Frage:  Welche  Portraitappa- 
rate  liefern  das  richtigste  Bild,  name  n tli  ch  wenn  dasdamit 
gefertigte  Negativ  zur  Vergröfserung  dienen  soll? 

Aus  dem  vorstehenden  Capitel  ist  klar,  dafs  selbst  ein  ganz 
richtig  zeichnendes  Objectiv  in  verschiedener  Distanz  verschiedene 
Bilder  giebt.  Ich  erhalte  ein  ganz  anderes  Bild,  wenn  ich  mit  einem 
und  demselben  Objectiv  in  5 Fufs  oder  in  10  Fufs  Entfernung  ein 
Brustbild  aufnehme.  Bei  kleinem  Format  fällt  das  nicht  sehr  auf. 
Vergröfsere  ich  aber  ein  Bild  auf  Lebensgröfse , so  treten  diese  Dif- 
ferenzen ganz  augenfällig  für  Jeden  auf. 

Nehmen  wir  an,  das  lebensgröfse  Bild  sei  5 Fufs  hoch,  so  würde 
es  nach  der  oben  gegebenen  akademischen  Regel  zur  Betrachtung 
einen  Standpunkt  von  10  Fufs  Entfernung  erfordern. 

Wenn  aber  das  so  hergestellte  Bild  in  dieser  Entfernung  einen 
lebenswahren  Eindruck  machen  soll,  so  mufs  auch  das  zur  Herstellung 
dieser  Vergröfserung  gebrauchte  Negativ  in  dieser  Entfernung  aof- 
genommen  sein  (gleichviel  mit  welchem  Objectiv,  wenn  dieses  nur 
richtig  und  scharf  zeichnet).  Ist  es  bei  kürzerer  Entfernung  gemacht, 
so  erscheint  das  lebensgröfse  Bild  unter  den  gegebenen  Voraussetzun- 
gen sichtlich  unwahr. 

Diese  Verhältnisse  richten  sich  aber  nach  der  Natur  der  Gegen- 
standes. 

Nehmen  wir  als  Beispiel  einen  kunstvoll  geschnitzten  Pocal.  Man 
pflegt  solch  einen  Gegenstand  beim  Trinken  und  auch  beim  Betrachten 
in  die  Hand  zu  nehmen,  d.  h.  ihn  in  verhältnifsmäfsig  sehr  naher  Di- 
stanz (circa  2 Fufs)  zu  sehen.  Ein  wahres  Bild  eines  solchen  Pocals 
wird  man  nur  erhalten,  wenn  man  bei  der  photographischen  Aufnahme 
eine  ebenso  kurze  Distanz  wählt,  und  die  Richtigkeit  dieser  Angabe 
tritt  sehr  augenfällig  hervor,  wenn  man  ein  von  solchem  Pocal  in 
grofser  Distanz  aufgenommenes  Bild  vergröfsert.  Die  Unwahrheit  der 
letzteren  zeigt  sich  sofort  bei  der  Vergleichung  mit  dem  Original,  na- 
mentlich wenn  dieses  eine  grofse  Breitenausdehnung  im  Verhältnifs  zur 
Länge  hat.  (Siehe  oben  S.  384.) 

Anders  als  erhabene  Körper  verhalten  sich  Höhlungen. 

Ist  AB  CD  (Fig.  127)  das  Innere  eines  Kastens,  so  sehen  wir  die 
Seitenwand  AB  von  P aus  viel  mehr  in  der  Verkürzung  als  von  0’  und  N 
aus,  sie  wird  demnach  unter  gleichen  Verhältnissen  von  nah  und  fern  auf- 


*)  Für  Aufnahme  der  jetzt  eo  beliebten  grofsen  Köpfe  in  Viaitformat  z.  B. 
stehen  demselben  drei  Nummern  von  genügender  Lichtstärke  (und  auf  diese  kommt 
es  sehr  an)  zur  Disposition,  beispielweise: 

X Portraitkopf  von  circa  24  Linien  und  4 Zoll  Brennweite  in  circa  6 Fufs  Distanz, 

1 - - - 30  - - 7 - - - - 7 - 

1 - - - 36  - - 12  - - - 11  - 

Für  die  Mehrzahl  der  Fälle  mag  der  mittlere  genügen. 


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414 


Distanzfehler  im  Portraitfach. 


genommen,  im  ersten  Falle  im  Verhältnifs  zur  Höhe  breiter  erscheinen. 
Dieses  Verhältnifs  tritt  z.  B.  bei  einer  perspectivischen  Strafsen- 
ansicht  ein.  Bei  kurzer  Distanz,  also  bei  Aufnahme  mit  einem 
Weitwinkel-Instrument,  erscheinen  die  nahen  Tbeile  ungewöhnlich  breit. 
Gleiches  tritt  ein,  wenn  wir  uns  unter  AC  den  Rumpf,  unter  CD  den 

Fig.  127. 


£ ' -J  /7 


Schoofs  oder  die  Füfse  einer  sitzenden  Person  denken.  Der  Schoofs  er- 
scheint alsdann  im  Verhältnifs  zum  Rumpf  viel  breiter.  Ebenso  ist  es, 
wenn  C D die  nach  vorn  gekehrten  Füfse  einer  stehenden  Person  sind ; 
diese  erscheinen  länger  voniV'aus.  Man  denke  sich  endlich  unter  CD 
den  Teppich  oder  Fufsboden,  dieser  wird  breiter,  d.  h.  höher  an- 
steigend von  N'  aus  erscheinen.  Nimmt  man  daher  von  zwei  ver- 
schiedenen Standpunkten  P und  N'  mit  zwei  Linsen  ungleicher  Brenn- 
weite dieselbe  Person  auf,  so  dafs  die  Höhe  des  Körpers  in  beiden 
Bildern  dieselbe  bleibt,  so  werden  bei  Aufnahmen  in  kurzer 


Fig.  128.  Fig.  129. 


Distanz  vorspringende  Theile  (Schoofs,  Hände,  Füfse)  zu  breit, 
zurückgehende,  wie  Wangen,  zu  schmal  erscheinen,  der  Fufsboden 
oder  Stuhlsessel  zu  stark  ansteigen  (Fig.  128).  (Im  Vergleich  dazu  sehe 
man  Bild  Fig.  129,  welches  in  weiter  Distanz  gemacht  ist.)  Denkt  man 
sich  unter  AB  (Fig.  127)  den  Grundrifs  einer  Hausfront,  oder  eines 
Fensters,  so  gewinnt  dasselbe  in  Bildern  gleicher  Höhe,  von  P 
und  0'  aufgenommen,  von  0'  aus  an  Breite.  Daher  erscheinen  bei 


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Fehler  durch  grofses  Gesichtsfeld. 


415 


Fig.  130. 


breitem  Gesichtsfelde  und  kurzer  Distanz 
Vordergrund,  Fenster  und  Thüren  in  ähnlicher 
Lage  zu  breit  und  daher  gedrückt,  wie  es  viele 
Pantoskopaufnahmen  zeigen.  Daher  kommt  es, 
dafs  die  Distanz  des  Apparats  und  die  Breite 
des  Gesichtsfeldes  solche  bedeutende  Rolle  bei 
der  Aufnahme  spielt  und  das  Bild  uns  daher 
mehr  oder  weniger  wahr  erscheint.  Wie  unter 
solchen  Umständen  bei  strenger  Richtigkeit  der 
Perspective  ganz  abnorme  Constructionsfiguren 
sich  ergeben  können,  zeigt  beistchende  Kugel- 
aufnahme. Kugeln  erscheinen  uns  immer 
kreisförmig;  liegen  sie  aber  am  Rand  des 
Gesichtsfeldes,  d.  h.  schneiden  die  Strahlen 
die  ßildfläche  unter  sehr  schiefem  Winkel,  so 
wird  ihre  perspectivische  Figur  bei  strenger  ma- 
thematischer Richtigkeit  eine  Ellipse  (s.  S.  388). 

Nun  wird  man  solche  Constructionsfigur 
nie  für  wahr  halten  können,  das  Auge  ist  ge- 
wöhnt, eine  Kugel  als  Kreis  zu  sehen,  mag  sie 
liegen,  wo  sie  will,  und  man  kann  es  dem  Maler 
durchaus  nicht  verdenken,  wenn  er  sie  abwei- 
chend von  den  Regeln  der  Perspective  stets 
als  Kreis  zeichnet.  Der  Photograph  kann  das 
leider  nicht.  Er  mufs  sich  an  die  Figur  halten, 
die  sein  nach  mathematischen  Principien  con- 
struirtes  Instrument  ihm  liefert. 

Verzerrungen  wie  bei  den  Kugeln  treten 
schon  bei  ganz  unbedeutendem  Gesichtsfeld  ein. 
Die  Kugeln  B und  D begrenzen  ein  Gesichtsfeld 
von  nur  35°,  dieKugeln  A und  E ein  Gesichtsfeld 
von  64,°.  Ersterer  Winkel  ist  bei  Portraits,  na- 
mentlich bei  Gruppenaufnahmen  gar  nicht 
ungewöhnlich,  letzterer  bei  Landschaften  und 
Architekturaufnahmen.  Die  Randfiguren 
einer  Gruppe  werden  daher  bei  kurzer  Di- 
stanz und  breitem  Gesichtsfeld  leicht  zu  dick. 
Man  sehe  die  beiden  Figuren  131  und  132, 
es  sind  Randfiguren  aus  zwei  Bildern  des- 
selben Reliefs  in  3^Fnfs  und  8}Fufs  Distanz  auf- 
genommen. Der  Kopf  erscheint  in  Figur  132 
herumgewendet,  dick,  der  linke  Fufs  auswärts. 

Man  wähle  daher  bei  Gruppen  weite  Di- 
stanzen und  setze  dicke  Personen  nicht  an  den 
Rand,  oder  sorge  dafür,  dafs  sie  dem  Apparat 
ein  schmales  Profil  zukehren.  Ueberhaupt 
nehme  man  nur,  wenn  die  natürlichen  Verhält’ 


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416 


Neigungsfehler. 


nisse  es  nicht  anders  gestatten,  zu  einem  grofsen  Gesichtsfeld  seine 
Zuflucht. 


Flg.  131. 


Flg.  132. 


Noch  auf  einen  Punkt  ist  zu  achten:  auf  die  Höhe  des  Apparats 
und  dessen  Richtung. 

Die  normale  Lage  des  Apparats  ist  die  Horizon  tale,  bei  dieser 
liegt  der  Augenpunkt,  d.  h.  der  Punkt,  wo  die  Verlängerung  der 
Sehaxe  die  Bildebene  schneidet,  genau  im  Horizont,  d.  b.  in  der 
Linie,  die  in  weiter  Ferne  eine  Wasserfläche  abgrenzen  würde. 

Diese  normale  Lage  wird  aber  von  praktischen  Photographen 
höchstens  bei  Architekturaufnahmen  eingehalten;  geschieht  es  nicht, 
so  erscheinen  die  senkrechten  Linien  der  Gebäude  nicht  senkrecht, 
sondern  schief,  nämlich  nach  oben  convergirend,  wenn  der  Apparat  nach 
oben,  und  nach  unten  convergirend,  wenn  er  nach  unten  gerichtet  war*). 

Solche  Bilder  erscheinen  äufserst  unschön.  Bei  Portraitaufnahmen 
und  bei  Aufnahmen  rein  landschaftlicher  Bilder  weicht  man  jedoch  von 
der  Horizontal-Stellung  sehr  oft  ab.  Der  Augenpunkt  fällt  dann  ent- 
weder in  den  Boden  oder  in  den  Himmel.  Man  sieht  dann  auch  genau  wie 
mit  dem  menschlichen  Auge,  im  ersten  Fall  mehr  vom  Boden,  im  zweiten 
mehr  vom  Himmel.  Es  kann  dies  unter  Umständen  von  Vortheil  sein. 
Wir  haben  bei  Baumalleen,  wo  wir  einen  übertriebenen  Vordergrund 


*)  Die  Erklärung  ist  leicht.  Die  von  einer  geraden  Linie  ausgehenden 
Strahlen  bilden  im  Kreuzungspunkt  eine  Ebene  und  diese  schneidet  die  Bildtafel 
wieder  in  einer  geraden  Linie.  Denken  wir  uns  eine  Reihe  Linien,  welche  der 
Bildtafel  parallel  sind,  so  schneiden  die  davon  ausgehenden  Strahlenebenen  nach 
bekannten  stereonietrischen  Gesetzen  die  Bildtafel  wieder  in  parallelen  Linien.  Steht 
die  Bildtafel  jedoch  schief,  so  werden  die  Dnrchschnittslinien  convergend. 


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Neigungsfehler.  — Camerahöhe. 


417 


meiden  und  einen  tiefen  Einblick  in  das  herrlicher  Blattgewölbe  erhalten 
wollten,  den  Apparat  nach  oben  gerichtet.  Auch  Bedford  bat  das 
gethan.  Das  Zusammenlaufen  von  Baumstammrichtungen  störte  dabei 
unwesentlich.  Welchen  Einflufs  die  Neigung  des  Apparats  bei  Por- 
traitphotographieen  ausübt,  ersieht  man  am  auffallendsten  aus  den 
Aufnahmen  einer  Facebüste  von  demselben  Standpunkt  aus  mit  nach 
unten,  nach  oben  und  geradeaus  gerichtetem  Apparat.  Im  erstem 
Fall  scheint  der  Kopf  sich  nach  vorn  zu  neigen,  wie  bei  einem  alten 
Manne,  im  zweiten  Fall  steht  er  soldatisch  senkrecht,  im  dritten  Fall 
erscheint  der  Kopf  zurückgeworfen,  die  Augen  gen  Himmel  gerichtet. 
Der  Effect  ist  noch  auffälliger  bei  antiken  Statuen,  diese  sind 
meistens  für  hohe  Standpunkte  berechnet  und  gearbeitet.  Sie 
müssen  daher  mit  nach  oben  gerichtetem  Apparat  aufge- 
nommen werden.  Man  stelle  den  Apparat  so,  dafs  das  Objectiv 
in  die  Höhe  des  Fufspunktes  der  Figur  kommt,  die  Entfernung 
desselben  ungefähr  doppelt  so  grofs  ist  als  die  Höhe  der  Figur, 
dann  richte  man  den  Apparat  schief  nach  oben.  Unschärfe  kann  man 
hier  durch  Neigung  der  matten  Scheibe  corrigiren.  Gleiches  gilt  für 
Aufnahme  von  Statuetten.  Für  liegende  Statuen  (Endymyon, 
Cleopatra,  Königin  Luise)  mufs  dagegen  der  Apparat  nach  unten 
geneigt  sein. 

Von  viel  bedeutenderer  Wirkung  ist  nun  die  Höhe  des  Appa- 
rats über  dem  Boden.  In  dieser  Hinsicht  werden  zahlreiche  Fehler 
begangen.  Die  normale  Höhe  für  die  Betrachtung  ist  die  Höhe  der 
Augen  über  dem  Fofsboden  bei  einer  stehenden  Eigur,  d.  i.  ungefähr 
4-J  Fufs.  Geht  man  weiter  in  die  Höhe,  so  sieht  man  die  Gegenstände 
von  oben  (Vogelperspective),  bückt  man  sich,  so  sieht  man  sie 
von  unten  (Froschperspective).  Für  eine  sitzende  Figur  darfauch 
der  Beobachter  als  sitzend  angenommen  werden,  d.  h.  das  Auge 
resp.  die  Camera,  circa  4 Fufs  hoch.  Man  nimmt  gewöhnlich  den 
Apparat  in  Kopfhöhe  des  Modells  für  sitzende  Figuren  und  neigt  ihn 
nach  vorn,  ferner  in  Brusthöhe  und  horizontaler  Stellung  bei  stehenden 
Figuren,  und  kann  im  ersten  Fall  den  Kopf  des  Modells  mehr  heben, 
im  zweiten  Fall  mehr  senken,  um  Ober-  und  Untersichtsfehler  aus- 
zugleicben. 

Steht  der  Apparat  zu  hoch,  so  erscheinen  die  Personen  mehr 
in  der  Vogelperspective.  Man  sieht  eine  gröfsere  Partie  des  Scheitels 
(resp.  der  Glatze),  die  Augen  erscheinen  gedrückter,  der  Hals  ist 
durch  das  Kinn  verdeckt  etc.  Steht  er  zu  tief,  so  nähert  sich  das  Bild 
der  Froschperspective.  Man  sieht  in  die  Nasenlöcher,  in  die  Augen- 
höhlen, unter  das  Kinn,  die  Stirn  verkürzt  sich. 

Noch  viel  einflufsreicher  ist  die  Rolle,  welche  die  Höhe  des  Ap- 
parats bei  Landschaftsbildern  spielt.  Hier  erklettert  man  zur  Gewin- 
nung eines  passenden  Standpunktes  Häuser,  ja  Berge. 


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418 


RUndpunkthöhe  bei  Landschaften. 


Pig.  133. 


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Standpunkthöbe  hei  Landschaften. 


419 


Man  beachte  hierbei,  dafs  alle  parallelen  Horizontallinien,  die 
nicht  der  Bildtafel  parallel  sind,  nach  einem  Punkt  der  Horizontes, 
ihrem  Vers ch wi ndungspn n k t,  zusammenlaufen. 

Da  nun  der  Horizont  in  der  Höhe  des  Augenpunkts,  d.  h.  des 
Apparats  liegt,  so  wird  auch  der  Boden  um  so  mehr  ansteigen,  je 
höher  der  Horizont  rückt.  Man  sehe  Fig.  133,  134,  135,  wo  der 
Augenpunkt  einerseits  in  normaler  Höhe  (Mannshöhe),  andererseits  in 
Hüfthöhe  (Fig.  134),  endlich  in  doppelter  Mannshöhe  liegt  (Fig.  135). 
Im  zweiten  Bilde,  wo  der  Horizont  am  tiefsten  liegt,  steigen  die 
Strafsenlinien  sanft  an,  die  Obertheile  bilden  dagegen  stark  geneigte, 
wie  man  sagt,  stürzende  Linien.  Man  sehe  die  Ellipsen  des  Meilen- 
steins in  Fig.  133  und  134,  ebenso  die  Fenster-  und  Treppenmauerlinien. 
Der  Meilenstein  ragt  in  die  Wolken. 

Gehen  wir  in  die  erste  Etage  (Fig.  135),  so  steigen  die  Boden- 
linien stärker  an.  die  Fenster-  uud  Gesimslinien  erscheinen  we- 
niger geneigt.  Von  solchem  hohen  Standpunkte  aus  erscheinen  die 
Gegenstände  in  der  Tiefe,  wie  in  der  Vogelperspective.  Menschen, 
Laternen,  Bäume  sieht  man  in  der  Verkürzung,  sie  erscheinen  daher 
klein  und  gedrückt.  Es  macht  einen  nicht  ganz  natürlichen  Eindruck, 
über  die  Gegenstände  wie  Menschen,  Meilensteine,  die  wir  über  den 
Boden  hervorragen  zu  sehen  gewöhnt  sind,  den  Boden  ansteigen  zu 
sehen  oder  Linien  von  Gesimsen,  die  man  sonst  nach  unten  fallen  sieht, 
nach  oben  laufen  zu  sehen.  Solche  hohen  Standpunkte  sind  daher  für 
Strafsenaufnahmen  nur  dann  gerathen,  wenn  die  starke  Obersicht  ander- 
weitig Vortheil  bringt. 

Hierzu  tritt  noch  ein  Punkt.  Die  Gesimslinien  einer  perspecti- 
vischen  Gebäudeansicht  stürzen  bei  normalem  Standpunkt  (Kopfhöhe) 
des  Auges  um  so  bedeutender,  je  höher  das  Gebäude  ist.  Wir  pflegen 
daher  eine  Gebäude,  eine  Halle  für  um  so  höher  zu  halten,  je  stärker 
stürzend  diese  Linien  erscheinen. 

Daher  kommt  es,  dafs  in  den  von  hohen  Standpunkten  gemach- 
ten Aufnahmen,  wo  diese  Gesimslinicn  sich  der  Horizontalen 
nähern,  an  sich  hohe  Gebäude  niedrig  und  gedrückt  erscheinen, 
d.  h.  ihre  grofsartige  Wirkung  ganz  verlieren. 

Paul  Veronese,  der  eine  Prachthalle  malte,  wufste  diese  Wirkung 
stark  stürzender  Simslinien  wohl  zu  würdigen,  er  legte  für  diese 
den  Augenpunkt  absichtlich  tiefer  als  für  den  Fufsboden,  um  sie 
noch  steiler  zu  machen. 

Er  hat  damit  freilich  den  gelehrten  Mathematikern  vor  den  Kopf 
gestofsen,  an  künstlerischer  Wirkung  aber  entschieden  gewonnen. 
Schliefslich  ist  ein  Bild  nicht  da,  um  ein  mathematisches  Problem 
zu  lösen  oder  ihm  gerecht  zu  werden. 

In  engen  Strafsen  ist  die  Wahl  des  Standpunktes  freilich  oft  so 


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420 


Anordnung. 


aufserordentlich  eingeschränkt,  dafs  man  allem  besseren  Wollen  zum 
Trotz  sich  mit  dem  Unvollkommenen  genügen  lassen  mufs*). 


Anordnung. 

Man  hört  oft  im  Leben  den  Gemeinplatz:  „Malerische  Unordnung“ 
und  Manche  folgern  daraus,  dafs  jedes  bunte  Quodlibet  von  Gegen- 
ständen malerisch  sei.  Wieviel  Photographen  dieser  Ansicht  huldigen, 
wollen  wir  hier  nicht  untersuchen.  Uns  ist  einer  vorgekommen,  der 
in  seine  Landschaften  zur  „Hebung  des  Bildes“  alles  Mögliche  hinoiu- 
sehleppt.  Er  liefs  womöglich  Holz  anfahren,  warf  Steine  und  abge- 
brochene Zacken  in  den  Vordergrund,  der  Schubkarren  zum  Trans- 
port der  Apparate  mufste  natürlich  auch  herhalten,  um  das  Bild  zu 
füllen,  er  wühlte  sogar,  wenn  ihm  nichts  weiter  zur  Disposition  stand, 
die  Erde  im  Vordergründe  auf,  blos  um  die  Ansicht  „malerisch“  zu 
machen.  Noch  ärger  machte  er’s  bei  Portraits.  Hier  schleppte 
er  Vasen,  Fufsbünke,  Uhren,  CarafFen,  Bilderrahmen,  Stühle  etc. 
zusammen,  so  dafs  mau  die  Person  dazwischen  gar  nicht  mehr 
herausfand. 

Es  gehört  schon  eine  vorgeschrittene  Kunstbildung  dazu,  um  ein- 
sehen  zu  lernen,  dafs  unordentl i ch  und  malerisch  auch  nicht  ent- 
fernt identische  Begriffe  sind.  Es  ist  allerdings  nicht  malerisch,  wenn 
die  Gegenstände  im  Bilde  steif  symmetrisch  wie  eine  mathematische 
Figur  geordnet  sind,  z.  B.  die  Heiligenbilder  der  ältesten  Malerschulen, 
inmitten  die  Gottesmutter,  rechts  sechs  Apostel,  links  sechs  Apostel, 
aufmarschirt  wie  Liniensoldatcn,  und  nicht  blos  symmetrisch  in  Bezog 
auf  Standpunkt,  sondern  auch  auf  Haltung  der  Hände,  Füfse  und 
Köpfe:  die  linke  Seite  des  Bildes  genau  das  Spiegelbild  der  rechten. 
Die  Kunst  verlangt  Freiheit,  aber  dennoch  Ordnung,  und  diese 
äufsert  sich  im  Allgemeinen  in  einem  ungezwungenen  symmetri- 
schen Arrangement.  Der  Mensch  an  sich  ist  eine  symmetrische 
Figur,  d.  h.  wir  können  ihn  in  zwei  Hälften  theilen,  wovon  die  linke 
genau  das  Spiegelbild  der  rechten  ist,  z.  B.  ein  Front  machender  Li- 
niensoldat, der  dasteht,  die  Beine  zusammen,  die  Hände  angezogen,  den 
Kopf  senkrecht  nach  vorn  gerichtet.  Solche  Stellung  nimmt 


*)  Es  giebt  Aufnahmen  des  Treppenhauses  im  Museum  von  Berlin  mit  Weit- 
winkellinsen. Man  sieht  auf  ihnen  das  Dachgebälk  von  unten  (in  der  Froscbper- 
spective),  die  Statuen  im  Parterre  von  oben  (in  der  Yogelperspective),  doch  das 
Publicum  ist  zufrieden  damit.  Dasselbe  ist  ja  glücklich,  wenn  es  in  einem  Bilde 
viel,  recht  viel  Gegenstände  auf  einmal  sieht;  wie  sie  aussehen,  ist  ihm  gleichgültig. 
Aus  dieser  Sucht,  viel,  recht  viel  mit  einem  Blick  zu  Übersehen,  geht  wohl  die  Berge- 
steigewutb  hervor.  Man  ist  entzückt  Über  die  Brockenaussicht  — die  jeglicher 
Schönheit  baar  ist,  weil  man  von  da  oben  sehr  Vieles,  wenn  auch  nicht  viel  Schönes, 
mit  einem  Male  tibersehen  kann. 


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Anordnung. 


421 


aberein  Mensch  nur  zwangsweise  an  und  sie  erscheint  unschön 
schon  deshalb,  weil  sie  unnatürlich  ist.  Man  betrachte  einen  frei- 
stehenden Menschen  (Fig.  136). 
Selten  pflegt  er  auf  beiden 
Beinen  zu  stehen  wie  ein  Sol- 
dat, sondern  er  ruht  meist 
auf  einem,  dem  Standbein, 
und  läfst  das  andere  spielen, 
daher  nenntman  es  das  Spiel- 
bein. Er  läfst  ebensowenig 
beide  Arme  schlaff  herunter- 
hängen, sondern  halt  sie  in 
verschiedener  Lage,  und  nicht 
selten  hat  er  Kopf  und  Rumpf 
in  verschiedener  Richtung  ge- 
wendet und  daher  erscheint 
er  dann  selbst  in  dem  (an  sich 
bewegungslosen)Bilde  be- 
wegungsfähig, d.  h.  belebt, 
während  der  symmetrische  Li- 
niensoldat uns  steif  und  starr 
erscheint,  schon  in  Natur  und 
noch  schrecklicher  im  Bilde. 

Als  Beispiel  einer  zwangs- 
losen symmetrischen  Anord- 
nung diene  nachfolgende 
sitzende  Figur  (S.  422  Fig. 
139).  Dem  linken  Saum 
des  Rocks  steht  ( fast  zu 
st  r eng  symmetrisch)  der 
rechte  gegenüber,  dem  linken 
Ueberzieherkragen  entspricht 
(in  abweichendem  Faltenwurf) 
der  rechte.  Der  von  links  auf- 
Les#ing  nach  Rietschel.  steigenden  Linie  des  einen 

Arms  entspricht  die  von  rechts 
aufsteigende  des  andern.  Beide  gipfeln  im  Kopf,  der  sich  jedoch  gleich 
den  Füfsen  von  dem  symmetrischen  Arrangement  unabhängig  darstellt. 


Fig.  IST.  Fig.  138. 


Wir  machten  eben  auf  die  Symmetrie  der  Linien  aufmerk- 
sam; einer  nach  links  fallenden  Linie  a entspricht  eine  nach  rechts 


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422 


Anordnung. 


fallende  b (Fig.  137),  solche  Linien  stützen  sich  gleichsam  gegenseitig, 
sie  halten  sich  das  Gleichgewicht.  Besteht  das  Bild  aus  lauter 
schiefen  parallelen  Linien  (Fig.  138),  so  ist  dieses  Gleichgewicht  nicht  er- 
füllt, und  diesen  Mangel  fühlt  der  Beschauer  sofort,  wenn  er  sich  auch 
des  Grundes  nicht  bewufst  ist.  Man  sehe  das  nachfolgende  Bild  (Fig.  140). 

ln  dem  Bilde  laufen 
eine  Menge  Mauptlinien 
fast  in  derselben  Richtung 
( Menschenbeine , Stuhl- 
beine , Oberarm , Rock- 
kragen, Lehne),  ohne  dafs 
eine  einzige  symmetrisch 
entgegengesetzt  laufende 
Linie  vorhanden  wäre; 
rechts  ist  leerer  Raum, 
während  links  eine  Vase 
und  Tisch  den  Raum  ver- 
engen und  das  Auge  von 
der  Hauptsache  ablenken. 
Dafs  die  monotonen  und 
ohne  Noth  parallelen  Li- 
nien in  der  Figur  un- 
schwer hätten  vermieden 
werden  können,  ist  leicht 
einzusehen.  Man  bilde 
sich  aber  etwa  nicht 
ein,  dafs  durchaus  alle  parallel  laufenden  Linien  an  der 
Figur  aus  dem  Bilde  heraus  müssen;  man  lasse  davon  stehen, 

was  organisch  nothwendig  ist, 
man  vermehre  aber  die  vorhandenen 
nicht  unnöthiger  Weise,  wie  es  der 
Autor  obigen  Bildes  gethan  hat, 
indem  er  beide  Arme,  beide 
Beine,  Stuhlbeine  und  Lehne  oben- 
ein in  derselben  Richtung  laufen 
liefs. 

Nun  zum  Schlufs  ein  Profil- 
Bildchen  nach  einer  Skizze  von 
Paton  (Fig.  141).  Wie  schön  ist 
hier  das  Gleichgewicht  eingehalten; 
die  nach  links  fallenden  Linien  des 
Gewandes  finden  ihren  symmetri- 
schen Gegensatz  in  den  nach  rechts 
fallenden  Linien  der  Arme.  Der  Strauch  zur  Rechten  findet  seinen 


Fig.  HO. 


Fig.  139. 


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Anordnung. 


423 


Gegensatz  in  den  beiden  Bäumen  zur  Linken,  ein  paar  Gegenstände 
rechts  im  Vordergründe  scbliefsen  sich  mit  der  Figur  ungezwungen 

zusammen.  Das  Bischen  Ge- 
strüpp und  der  Hut  unten 
rechts  sind  gar  nicht  ohne 
Bedeutung,  sie  bilden  gleich- 
sam die  Fortsetzung  der  nach 
rechts  fallenden  Linien  der 
Arme.  Man  decke  erstere  durch 
ein  Stück  Papier  zu  und  sofort 
fehlt  der  Figur  der  Halt. 
Streckte  die  Kleine  ihr  (unter- 
geschlagenes) Füfschen  nach 
rechts  aus,  so  würden  sie  nicht 
nöthig  sein. 

Wir  haben  an  diesen  Bei- 
spielen gezeigt,  in  welcher 
W eise  man  derfreien  Symmetrie 
oder,  wie  man  ebenso  gut  sagt,  dem  künstlerischen  Gleichgewicht  gerecht 
werden  kann.  Hier  steht  es  dem  Künstler  frei,  Requisiten,  Dra- 
perieen  zu  Hülfe  zu  nehmen.  Gin  Stück  nach  rechts  fallender 
Draperie,  z.  B.  über  die  Stuhllehne  der  Figur  140  gehängt,  würde 
dort  der  pyramidalen  Anordnung  gerecht  werden.  Gin  beliebtes  und 
recht  wohlfeiles  Hülfsmittel,  welches  freilich  dort  die  parallelen 
Arme  und  Beine  nicht  wegschaffen , sondern  nur  den  leeren  Raum 
füllen  würde.  Je  weniger  der  Künstler  solcher  Sachen  bedarf,  desto 
besser  ist  er  daran.  Dafs  sie  nicht  unbedingt  nothwendig  sind,  lehrt 
das  Portrait  (Fig.  139)  nach  einem  Bilde  des  rühmlicbst  bekannten 
C.  von  Jagemann  in  Wien  trotz  des  unvollkommnen  Holzschnitts.  Gs 
zeigt  die  symmetrische  Anordnung  bei  aller  Freiheit  der  Bewegung,  ohne 
Zuhülfenahme  von  Draperieen  und  Requisiten.  Bei  allen  Arrange- 
ments ist  aber  eins  zu  beachten:  Gs  mufs  ungezwungen  sein.  Sobald 
man  dem  Bilde  anmerkt,  dafs  der  Künstler  mühsam  Kleider  und  Falten 
zurechtgezupft,  Draperieen  und  Möbel  zusammengeschleppt  hat,  um 
dem  Gleichgewicht  der  Linien  gerecht  zu  werden,  sobald  die  Glieder 
und  Stoffe  gar  mit  Gewalt  in  eine  Lage  hineingequetscht  worden  sind, 
die  sie  von  Natur  nie  batten  annehmen  können,  so  erscheint  das  Ar- 
rangement nur  künstlich,  nicht  künstlerisch. 

Das  Portrait  (Fig.  139)  sowohl  als  die  Skizze  von  Paton 
(Fig.  141)  zeigen  eine  auf  breitester  Basis  ruhende  Gestalt,  die 
nach  oben  bin  sich  verjüngt,  gleich  einer  Pyramide.  Diese 
pyramidale  Anordnung  findet  man  in  zahllosen  Kunstwerken 
wieder.  Warum  sagt  diese  unserem  Gefühl  am  meisten  zu?  weil 
die  Pyramide  von  allen  Körpern  den  festesten  Stand  hat.  Und 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  28 


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424 


Anordnung  von  Groppen. 


festen  Stand  verlangen  wir  von  jeder  Figur  ä tout  prix,  na- 
mentlich in  der  Photographie.  Hierauf  ist  vor  allem  zu  achten  bei 
stehenden  Figuren,  die  sich  der  pyramidalen  Form  weniger  leicht 
fügen,  daher  desto  leichter  in  Gefahr  sind,  im  Bilde  unsicher, 
haltlos  zu  scheinen. 

Diese  pyramidale  Anordnung  findet  man  in  der  Kunst  nicht 
nur  für  einzelne  Figuren,  sondern  noch  viel  bedeutungsvoller  für 
Gruppen  angewendet.  Wir  geben  hier  eine  Gruppe  von  Bendemann. 
Wir  sehen  eine  pyramidale  Anordnung  in  der  ganzen  Gruppe  und 
diese  grofse  Pyramide  löst  sich  wieder  in  mehrere  kleine  auf,  so  z.  B. 
rechts  die  Mutter  mit  ihrem  Kinde,  in  der  Mitte  der  schenkende  Knabe, 

Flg.  142. 


der  mit  Kanne  und  Wasserstrahl  sich  in  pyramidalem  Umrifs  zusam- 
menfügt, so  dafs  die  rechts  fallenden  Linien  einen  Gegensatz  zu  den 
nach  links  fallenden  bilden.  Gleichen  Umrifs  zeigt  der  Flötenspieler. 
Wie  man  sieht,  dienen  auch  hier  zuweilen  Nebendinge  (wie  Geschirr) 
zur  Vollendung  des  pyramidalen  Aufbaues.  Je  weniger  man  aber 
solche  künstliche  Mittel  nöthig  hat,  desto  besser  ist  es.  Schrecklich 
werden  solche  Nebendinge,  wenn  sie  zur  Krönung  der  Pyramide 
verwendet  werden.  Ich  sah  Jemand  bei  zwei  sitzenden  Figuren  dadurch 
die  pyramidale  Anordnung  herstellen,  dafs  er  hinter  sie  eine  sich  aller- 
dings über  ihre  Köpfe  pyramidal  verjüngende  Trittleiter  setzte. 

In  der  That  machen  zwei  Figuren  dem  Photographen  bei  dem 


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Anordnung  von  Gruppen. 


425 


Arrangement  oft  Schwierigkeiten,  und  auch  der  bildende  Künstler 
kommt  zuweilen  schwer  darüber  hinaus.  Man  betrachte  die  Schiller- 
Göthe-Gruppe  von  Rietschel  oder  Luther -Melanchton  von  Schadow. 
Noch  gröfsere  Schwierigkeiten  macht  eine  Vielheit  von  Personen.  So- 
viel beachte  man:  die  pyramidale  Gruppirung  mufs  ungezwungen  er- 
scheinen; sie  darf  nie  zur  Schablone,  zum  spanischen  Stiefel  werden, 


Fig.  143. 


Abendmahl  nach  Lionardo  da  Vinci. 


in  welchen  mit  Gewalt  jeglicher  Gegenstand  eingeschnürt  wird.  Es 
giebt  Gegenstände,  die  sich  als  Gruppe  einer  pyramidalen  Anordnung 
geradezu  widersetzen.  Als  Beispiel  wählen  wir  hier  Lionardo’s 
Abendmahl.  Es  würde  schwer  möglich  sein,  die  dreizehn  Personen 
sitzend  an  der  Tafel  so  zu  ordnen,  dafs  die  Gruppe  sich  pyramidal 
verjüngt.  Hier  ist  eine  horizontale  Anordnung  nicht  zu  umgehen, 
wenn  man  nicht  den  Tisch  in  der  Verkürzung  zeichnen  wollte;  sie  liegt 
in  der  Natur  der  Sache.  Das  Bild  zeigt  aber,  in  welcher  Weise  der 
Künstler  eine  Vielheit  von  Personen  übersichtlich  macht  Er  verfährt 
wie  der  Naturforscher.  Letzterer  theilt  behufs  der  Uebersichtlichkeit 
die  Unzahl  der  Gegenstände  in  Gattungen  und  Arten  ein , gleichsam 
in  kleinere  Gruppen.  Ebenso  läfst  der  Künstler  die  dreizehn  Perso- 
nen in  zwei  Hauptgruppen  zerfallen,  sechs  Jünger  zur  Rechten,  sechs 
zur  Linken;  jede  der  beiden  Gruppen  zerfällt  wieder  in  zwei  Abtheilun- 
gen. Sämmtliche  Abtheilungen  aber  stehen  in  harmonischem  Zusammen- 
hang, jede  ordnet  sich  dem  Gedanken  des  Bildes  unter.  In  vollendet- 
ster und  ungezwungenster  Weise  gehorcht  das  Arrangement  dem  Ge- 
setze der  Symmetrie. 

28* 


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426 


Anordnung  von  Gruppen. 


Es  giebt  auch  mustergültige  Kunstwerke,  in  welchen  der  pyra- 
midale Aufbau  wohl  möglich  und  dennoch  absichtlich  nicht  beachtet 
ist.  Man  sehe  Thorwaldsen’s  prachtvolles  Relief,  die  Nacht.  Mit 
zwei  schlummernden  Kindern  (Schlaf  und  Tod)  schwebt  die  mohn- 
bekränzte Erauengestalt  zur  Erde  nieder.  Nur  mit  Zwang  wird  man 
hier  eine  pyramidale  Anordnung  herauserkennen.  Die  pyramidale  Form 
wäre  aber  hier  überflüssig,  ja  unmotivirt,  denn  diese  Gestalt  ver- 
langt keine  Stabilität,  wie  sie  im  Wesen  der  Pyramide  begründet 
ist,  sie  steht  ja  nicht,  sie  schwebt. 


Fig.  144. 


Wir  haben  hier  zum  Theil  Kunstwerke  höchsten  Ranges  als 
Beispiele  gewählt,  deren  Gegenstände  dem  Gebiete  des  Erhabenen  an- 
gehören. Sie  mögen  als  Muster  dienen  zur  Erkenntnifs  der  Kunst- 
regeln. Inwieweit  letztere  anwendbar  sind  für  Gegenstände,  die 
dem  wirklichen  Leben  entnommen  sind,  mögen  hier  einige 
Beispiele,  Mieris  und  seine  Frau  beim  Frühstück  (Fig.  145) 
und  eine  musi kalische  U n terh a 1 1 u ng  nach  Terburg  (Fig.  146), 
ferner  ein  Liebespärchen  nach  Metzu  (Fig.  151)  zeigen. 

Hat  der  Photograph  eine  gröfsere  Personenzahl  zu  stellen,  so 
wird  er  die  horizontale  und  pyramidale  Anordnung  leicht  vereinigen 


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Anordnung  von  Gruppen. 


427 


Fig.  145. 


Mieris  und  seine  Frau. 
Fig.  146. 


Musikalische  Unterhaltung  nach  Terburg. 


können.  Er  theilt 
die  Vielheit,  wie  auf 
Lionardo’s  Bild,  in 
Einzelgruppen 
(die  jedoch  nicht  aus- 
einanderfallen dür- 
fen), und  sucht  in 
jeder  einzelnen  der 
pyramidalen  Anord- 
nunggerecht zu  wer- 
den. Es  wird  ihm 
zwar  schwer  gelin- 
gen, in  dieser  Weise 
ein  Kunstwerk  zu 
schaffen,  die  Men- 
schen sind  gar  zu 
unbildsam  und  unge- 
lenkig, er  wird  aber 
doch  ein  gefälligeres 
Gruppenbild  erzeu- 
gen, als  durch  das 
blofse  steife  Neben- 
cinanderstellen  der 
Gestalten. 

Freier  ist  die  An- 
ordnung in  Land- 
schaften. Schon  oben 
in  der  Patonskizze 
(Fig.  141)  sahen  wir, 
wie  der  Strauch  rechts 
seinen  symmetrischen 
Gegensatz  in  zwei 
Bäumen  links  findet. 
In  gleicher  Weise 
mufs  oft  das  ab- 
sichtlich durch 
einSchiff  oderein 
Boot  belebte  Meer 
den  massigen  Felsen 
das  Gleichgewicht 

halten  (Fig.  147). 
Ebenso  glücklichwer- 
den hier  Wolken 
zur  Herstellung  des 
Gleichgewichts  bei 
Seestücken  benutzt. 
Staffage  spielt  eine 
grofse  Rolle.  Oft 


428 


Anordnung  in  Landschaften. 


helfen  hier  ganz  einfache  Sachen.  Man  sehe  die  nachfolgenden  Figu- 
ren, die  wir  Robinson  verdanken  (Fig.  148  und  149). 

Die  beiden 
Holzschnitte  stel- 
1 len  einen  und 
denselbenGegen- 
stand  vor  und 
stimmen  mit  ein- 
ander vollkom- 
men überein,  bis 
auf  die  schwar- 
zen Stellen  — das 
Boot  im  Strome 
und  die  Bank  mit 
dem  Baum  — 
welche  in  dem 
einen  fehlen.  In- 
dem man  beide 

vergleicht,  wird  man  sofort  fühlen,  welchen  Werth  die  kleinen  dun- 
kdschwarzen  Punkte  in  der  untersten  Spitze  des  Winkels  haben,  wel- 
cher von  den  Perspectivlinien  des  Schlosses  und  dem  Flusse  gebildet 
wird.  In  dem  zweiten  Bilde,  wo  das  Boot  und  die  Bank  wegge- 
lassen sind,  scheint  dem  Schlosse  der  Boden  unter  den  Füfsen  zu  feh- 


Flg.  147. 


Fig.  148. 


len.  Den  Linien,  welche  nach  einem  entfernten  Punkte  hinlaufen, 
scheint  es  an  einer  Vereinigung  und  Regulirung  zu  fehlen;  die  Ferne 
tritt  in  den  Vordergrund  herein  und  die  einzelnen  Theile  stehen  nicht 
im  richtigen  Verhältnifs  zu  einander.  In  Fig.  148,  wo  die  schwarzen 
Punkte  vorhanden  sind,  nimmt  jeder  Theil  seine  richtige  Stelle  ein, 
und  man  empfindet  ein  Gefühl  der  Vollständigkeit,  welches  Fig.  149 
abgeht. 

Wir  rathen  hier  dem  lernbegierigen  Leser  zum  eifrigen  Studium  die 
hervorragendsten  Landschaftsbilder  unserer  grofsen  Meister  — Claude- 


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Umrisse  and  Linien. 


429 


Lorrain,  Schirmer,  Leasing,  Hildebrandt  — an,  in  allen  wird  er  inter- 
essante Beispiele  für  das  Gesagte  wiederfinden. 

Fig.  149. 


Umrisse  und  Linien. 

Vor  Erfindung  der  Photographie  waren  als  billige  Portraits  die 
sogenannten  Silhouetten  sehr  beliebt.  Diese  enthielten  nichts  als  den 
Umrifs  der  Gestalt,  am  meisten  im  Profil,  alles  Uebrige  war  leer 
(wie  der  Staatsschatz  des  französischen  Ministers  Silhouette,  von  dem 
die  Bilder  ihren  Namen  haben);  trotz  dieser  Leere  gefielen  diese 
Bilder,  und  welche  bedeutende  Wirkung  sich  damit  erzielen  läfst, 
zeigen  am  sprechendsten  die  neuen  Silhouetten  von  Konewka,  der 
in  diesem  Felde  Entzückendes  geleistet  hat,  so  dafs  man  des  Mangels  an 
Ausfüllung  des  Raumes  bei  seinen  Figuren  gar  nicht  inne  wird.  Aus  diesem 
Umstande  geht  klar  hervor,  welche  wichtige  Rolle  der  Umrifs  der  Figur 
in  einem  Bilde  spielt.  Dieser  Einflufs  macht  sich  überall  geltend, 
nicht  blos  in  der  leeren  Silhouette,  sondern  in  jedem  Bilde,  sogar  in 
der  Körperwelt,  der  Plastik. 

Jeder  denkende  Künstler,  der  einen  Gegenstand  aufnehmen  will, 
pflegt  zunächst  den  Umrifs  desselben  zu  studiren.  Er  läfst  das 
Auge  an  den  Umrifslinien  entlang  gleiten,  er  sucht  zugleich  das 
Schöne  in  deren  Bewegungen,  er  folgt  den  Abwechselungen  der 
schwächeren  und  stärkeren,  längeren  und  kürzeren  Aus-  und  Einbie- 
gungen und  der  schwungvollen  Verbindung  derselben.  Man  studire 
z.  B.  die  Umrisse  der  Figuren  der  Rafaelischen  Madonna  Aldobran- 
dini  (Fig.  150),  einer  der  herrlichsten  Jugendarbeiten  des  grofsen  Ur» 


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430 


Umrisse  und  Linien. 


Fig.  150. 


Madonna  Aldobrandini  von  Rafael. 


biners.  Man  lege  neben  dieses  irgend  ein  ähnlich  arrangirtes, 
nach  photographischen  Begriffen  wohlgelungenes  Kinderbild  und  man 
wird  den  ungeheuren  Abstand  herausfühlen. 


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Umrisse  und  Linien. 


431 


Es  sind  aber  nicht  allein  die  Umrifslinien , welche  im  Bilde  mit- 
sprechen, sondern  die  sämmtlichen  Contouren  überhaupt,  seien 
sie  gebildet  in  den  Gliedern,  Säumen,  Falten,  Geräthen,  Gar- 
dinen etc.  etc.  Wir  haben  schon  oben  (Fig.  140)  darauf  aufmerksam 
gemacht,  wie  unangenehm  parallele  Linien  wirken,  ebenso  rechtwin- 
kelige Gliederstellungen,  Kreuzungen  (Sägebockbeine)  und  Knitterfalten. 
In  jedem  künstlerisch  schönen  Bilde  existirt  eine  wunderbare  Art  von 
Linienharmonie,  der  auch  eine  Photographie  theilweise  gerecht  werden 
kann.  Man  betrachte  das  Bild  nach  Jagemann  (Fig.  139).  Die  Kante  des 
innern  Rockes  schwingt  sich  von  der  rechten  Hand  nach  oben,  setzt  sich  in 
der  Linie  des  Halses  fort,  diese  schwingt  sich  im  Umrifs  des  Gesichts 
und  der  Stirn  auf  der  andern  Seite  nach  unten,  um  in  der  Kante  des- 
selben Rocks  zu  verlaufen.  Ebenso  elegaut  setzt  sich  die  mit  dem 
kleinen  Finger  der  buchhaltenden  Hand  beginnende  Umrifslinie  in  der 
Contour  des  Ueberrocks  fort,  steigt  hinauf  zum  Halse,  um  auf  der  andern 
Seite  wieder  abwärts  zu  steigen  und  in  dem  leise  gekrümmten  Zeigefinger 
der  linken  Hand  zu  endigen,  und  fast  freiwillig  folgt  das  Auge  der  Rich- 
tung dieses  Fingers  und  setzt  die  geschwungene  Linie  fort,  um  in  der 
Buchkante  und  dem  Daumen  und  der  inneren  Rockcontour  wieder  auf- 


Fig.  151. 


wärts  zu  steigen. 
Man  erkennt  hier- 
aus, wie  mehrere 
Umrifslinien  unge- 
künstelt zu  einer 
Hauptlinie  zusam- 
menfliefsen  und 
selbst  das  Haar 
dem  Schwünge  der 
Linien  folgt. 


Eie  Liebespärchen  von  Metzu. 


Wirmachenhier 
noch  aufmerksam 
auf  die  Genrebil- 
der von  Terburg 
(Fig.  146),  Metzu 
(Fig.  151)  und 
Mieris  (Fig.  145). 
In  Fig.  146  z.  B. 
sehen  wir  die  Um- 
rifslinie des  Rocks 
der  Dame  sich  in 
den  Falten  des 
Tischtuches  fort- 
setzen, zur  Ecke 
hin  aufsteigen,  in 


432 


Umrisse  nnd  Linien. 


den  rechten  Arm  des  Ritters  übergehen,  über  dessen  Kopf  in  den 
Umrifs  der  Hintergrundgestalt  sich  fortsetzen  and  an  dieser  allmäh- 
lich auf  die  Dame  zurückführen.  Die  hintere  Figur  des  Terzetts  würde 
freilich  in  dem  vorliegenden  Holzschnitt  für  sich  allein  nicht  einwand- 
frei erscheinen.  Es  ist  ein  Fehler,  wenn  sich  weder  Arm  noch 
Bein  im  Umrifs  löst,  and  wenn  der  Kopf  zwischen  den  Schal- 
tern steckt;  solche  Figur  erscheint  schlecht  profilirt,  es  müfste 
denn  die  Handlung  die  Stellung  motiviren.  Freilich  kann  aber  auch 
beim  Suchen  nach  einer  lebhaften  Profilirung  des  Guten  zu  viel  gesche- 
hen und  an  der  Stelle,  wo  durch  eine  möglichst  einfache  Profilirung  Rübe 
und  Ernst  auszusprechen  wäre,  durch  ihre  zn  grofse  Lebendigkeit  der  Li- 
nien die  Wirkung  verfehlt  werden.  Hier  braucht  man  nun  nicht  weit  zu 
soeben.  - Es  giebt  Tausende  von  Portraitphotographieen,  in  welchen  im 
Gegensatz  zu  dem  ruhigen  Ernst  eines  alten  Mannes  die  Umrifslinien 
im  unschönen  Zickzack  hin-  und  herlaufen.  Ziemlich  glücklich  er- 
scheint in  seinem  Umrifs  das  Jagemanu’sche  Bild  (Fig.  139),  nur  eines 
wirkt  störend,  der  hinter  dem  linken  Arm  hervorguckende  Sessel 
und  die  zu  stark  eingezogenen  schwächlichen  Schultern.  Die  belebten 
Umrisse  entsprechen  hier  vielleicht  dem  Charakter  des  Dargestellten;  sie 
würden  aber  z.  B.  für  eine  ältere  Person  schlecht  passen.  Etwas  lebhaf- 
tere Profilirung  möchte  man  aber  dem  weiblichen  Theil  des  Metzu- 
schen  Liebespärchens  (Fig.  151)  wünschen,  obgleich  dagegen  eingewen- 
det werden  kann,  dafs  die  Schöne  sich  den  Liebkosungen  gegenüber 
spröde  verhält  und  die  ruhigen  Umrifslinien  vollkommen  zu  ihrer  gleich- 
gültigen Stimmung  passen. 

Es  ist  schwer,  die  Schönheit  der  Linien  Jemandem  klar  zu  machen. 
Es  ist  Gefühlssache.  Wir  können  hier  nur  aufmerksam  machen  auf 
Meisterwerke  ersten  Ranges  der  Malerei  und  Bildnerkunst,  z.  B.  auf 
die  Umrisse  und  Linien  in  der  Madonna  Rafaels  (Fig.  150).  Es 
ist  in  diesen  wunderbar  weich  geschwungenen  hingehauebten  Con- 
touren  eine  so  entzückende  Harmonie,  dafs  alles  sebaal  und  matt 
dagegen  erscheint,  was  die  Photographie  jemals  „gestellt“  hat.  An 
solchen  Werken  mag  der  Kunstjünger  sein  Liniengefühl  bilden. 

Auch  in  den  Landschaften  spielen  die  Umrisse  und  Linien  eine 
bedeutende  Rolle.  Schon  der  Naturfreund  gewöhnlichen  Ranges  un- 
terscheidet zwischen  eleganten  und  plumpen  Umrissen  an  Bergen 
und  Bäumen.  In  architektonischen  Bildern  streben  viele  parallele 
Linien  einem  Verschwindungspunkt  zu;  sie  führen  den  Blick  in  weite 
Ferne,  und  auch  ohne  solche  Architekturlinien  wird  man  in  gut  com- 
ponirten  Landschaften  eine  gewisse  Harmonie  in  der  Führung  der 
Linien  herausfühlen,  wie  sie  z.  ß.  in  der  geschwungenen  Linie  des  in 
weiter  Ferne  sich  verlierenden  Strandes  und  den  Umrissen  der  Berge 
(Fig.  147),  die  alle  das  Auge  nach  derselben  Ferne  führen,  sich  aus 
spricht.  Es  fehlen  die  Wolken  in  jener  Skizze.  Wollte  ein  Künstler  sie 
einlegen,  er  müfste  ihre  Umrisse  und  Linien  mit  den  vorhergenannten  in 
Harmonie  setzen.  Man  sehe  das  Schlofs  Windsor  (Fig.  148  und  149). 


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Gewänder  und  Draperieen. 


433 


Die  nach  rechts  niedersteigende  Linie  der  linken  Wolkencontour  bildet 
hier  einen  Contrast  gegen  die  nach  links  fallenden  Umrisse  der  Ar- 
chitekturansicht. 

Gewänder  und  Draperieen. 

Unser  Klima  nöthigt  uns  zum  Schutz  gegen  Wind  und  Wetter 
eine  wärmende  Umhüllung,  Kleider  anzulegen,  deren  Form  einerseits 
nach  dem  Geschlecht,  der  Nationalität,  dem  Alter  sehr  verschieden, 
aufserdem  mit  dem  persönlichen  Geschmack,  der  Mode  aufserordent- 
lich  wechselnd  ist. 

Im  Allgemeinen  bestehen  die  modernen  Kleider  aus  zusammen- 
genähten oder  geknöpften  sackartigen  Stücken  — Aermel,  Hosen, 
Weste,  Rock,  ganz  im  Gegensatz  zu  den  Trachten  des  Alterthums, 
die  aus  einfachen  Stücken  Zeug  bestanden , welche  malerisch  umge- 
worfen den  Körper  verhüllten.  Jetzt  verräth  sich  der  Elegant  durch 
den  dem  neusten  Modejournal  entsprechenden  Schnitt  seiner  Kleider; 
zur  Zeit  der  Blüthe  Griechenlands  suchte  man  seine  Eleganz  in  der 
Art,  sich  schön  zu  drapiren.  Perikies  war  berühmt  durch  die  Art, 
seinen  Mantel  zu  tragen. 

Wir  finden  das  antike  Gewand  in  zahllosen  antiken  Statuen 
wieder,  und  überall,  selbst  bei  völliger  Verhüllung,  schimmern  gleich- 
sam die  Formen  des  Körpers  hindurch;  Gestalt  und  Bewegung 
der  bedeckten  Glieder  ist  im  Gewand  erkennbar.  Dieses 
im  Alterthum  überall  festgehaltene  Princip  findet  man  auch  in  mo- 
dernen Kunstwerken  der  ersten  Meister  wieder,  und  wo  es  nicht 
beachtet  ist,  da  wird  das  Kunstwerk  selbst  den  Laien  unbefriedigt 
lassen.  Unser  Gefühl  verlangt  Motivirung.  Warum  ist  hier  eine 
Fig.  15J.  Vertiefung  im  Gewände?  weil  darunter 

die  Lücke  zwischen  Arm  und  Körper 
sieb  findet.  Warum  ist  dort  ein  Höcker 
im  Gewand?  weil  sieb  das  Knie  dort 
befindet. 

Man  sehe  beispielsweise  die  an  und 
für  sich  wundervolle  Maria  von  H.  v.  Eyck 
(Fig.152),  in  welcher  das  Gewand  nicht  die 
geringste  Andeutung  von  Fufs,  Schenkel, 
Knie  enthält  und  man  (wenigstens  aus  dem 
Holzschnitt)  nicht  erkennt,  ob  die  Gestalt 
stebt  oder  kniet.  Niemand  wird  solche 
Gewandung  schön  finden. 

Klarer  schimmern  die  Formen  des 
Körpers  durch  die  Gewandung  der  Ma- 
donna des  Fra  Bartolommeo  (Fig.  153).  Man  erkennt  unschwer,  dafs 


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434 


Gewänder  und  Draperieen. 


das  eine  Bein  kniet,  das  andere  aufgestützt  ist.  Die  Lage  des  Knies 
ist  ganz  deutlich  markirt,  ja  man  beobachtet  selbst  die  Lage  des 
Hackens  beim  linken  Fufse.  Aebnliches  läfst  sich  am  Arm  bemerken. 
Wie  streng  moderne  Künstler  dieses  genaue  Correspondiren  des  Ge- 

Fig.  153. 


wandes  mit  der  Körperform  beachten,  erhellt  aus  der  Technik  der 
Bildhauer,  die  zunächst  eine  Figur  nackt  modelliren,  dann  erst  das 
Gewand  umlegen.  Freilich  machen  manche  modernen  Trachten  die 
Anschmiegung  des  Gewandes  an  die  Körperformen  zur  völligen  Un- 
möglichkeit, z.  B.  die  Crinolin rocke. 

Hier  mufs  sich  der  Künstler  in  die  bestehenden  Mode-Verhält- 
nisse fügen.  Sehr  verkehrt  wäre  es,  einer  modernen  Dame,  die 
nicht  Schauspielerin  ist,  die  Crinoline  herunternöthigen  zu  wollen,  um 
durch  passende  Draperie  der  Unterkleidung  die  Stellungen  der  Beine, 
Knieen  etc.  zu  markiren. 

Bei  der  Anordnung  der  Gewänder  und  Draperieen,  soweit  die 
Mode  nicht  Schranken  auferlegt,  beachte  man,  dafs  Gelenke 


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Gewänder  und  Draperieen. 


435 


von  Schulter,  Ellenbogen,  Hüfte,  Knie,  Fufs  erkennbar  bleiben,  ebenso 
aber  auch  die  breiten  Flächen:  Brust,  Schenkel  etc.  Auf  letz- 
teren nehmen  sich  Gewandvertiefunge n sehr  unschön  aus, 
während  dieselben  sehr  geeignet  sind,  Höhlungen,  wie  zwischen 
Arm  und  Körper  resp.  zwischen  den  Beinen  (siehe  Figur  153)  zu 
markiren.  * 

Welche  bedeutende  Rolle  das  Gewand  in  dem  mehr  oder  weniger 
eleganten  Flufs  der  Linien  spielt,  gebt  aus  den  oben  gegebenen  Bei- 
spielen hervor,  und  gar  zu  gern  pflegen  daher  die  Künstler  mit  Rücksicht 
auf  die  sackartige  unbildsame  Form  unserer  modernen  Kleider  ein 
Stück  Zeug  oder  Mantel  zu  Hülfe  nehmen,  um  die  Figur  malerisch 
zu  drapiren,  und  je  steifer  die  Buchse  ist,  welche  die  Mode  oder 
der  Dienst  (Uniform)  dem  Modell  aufnöthigt,  desto  entschuldbarer 
erscheint  der  Künstler,  der  zu  solchen  immerhin  künstlichen  Mitteln 
seine  Zuflucht  nimmt.  So  findet  man  bei  Rauch’s  Soldaten  gewöhn- 
lich den  Mantel  (Blücher,  Scharnhorst,  Gneisenau),  dessen  fliefsende 
Falten  zu  den  steifen  Linien  der  Uniform  angenehm  contrastiren  und 
die  Bewegung  der  Gestalt  vortrefflich  markiren.  Photographen  neh- 
men noch  lieber  ihre  Zuflucht  zu  solchen  Hülfsmitteln  und  namentlich 
ist  es  der  Bildhauer  Adam  Salomon,  der  hier  vielleicht  zu  weit  geht 
und  den  Herrschaften  Draperieen  aufnöthigt  , von  denen  die  moderne 
Tracht  nichts  weifs.  Glücklicher  Weise  geben  hier  Mantel,  Havelock 
(auch  Plaid  bei  Studenten)  oft  willkommene  Hülfsmittel  an  die  Hand 
und  noch  mehr  Vortheil  gewährt  die  Damenmode  durch  Beduinen. 
Shawltücher,  Schleier,  nur  dürfen  solche  Dinge  nicht  solchen  Leuten 
angepafst  werden,  denen  solche  Sachen  absolut  fremd  sind,  oder  die 
vielleicht  gar  dagegen  protestiren. 

Die  Photographie  hat  nicht  die  Aufgabe,  Bewegungen  darzustellen, 
ihre  Aufgabe  besteht  in  der  Darstellung  ruhiger  Posen,  dadurch 
geht  ihr  ein  wichtiges  Hülfsmittel  zur  Markirung  der  Körperformen 
verloren,  wie  es  Künstler  in  den  fliegenden  Gewändern  besitzen. 
Man  glaube  jedoch  nicht,  dafs  dieselben  ihre  Gewänder  nach  Belieben 
frei  herumflattern  lassen  dürfen,  die  Bewegung  derselben  mufs  eben- 
falls motivirt  sein,  d.  h.  aus  natürlichen  Verhältnissen  erklärt  werden 
können.  Es  ist  z.  B.  der  Luftwid erstand  beim  Fluge,  der  das  Gewand 
bei  der  Thorwaldsen’schen  Nacht  (Fig.  144)  nöthigt,  sieb  dem  Körper  au- 
zuschmiegen,  wodurch  die  Formen  desselben  auf  das  Schönste  markirt 
werden.  Solche  Motivirung  verlangt  man  auch  bei  ruhigen  Posen. 

Byron  nach  Thorwaldsen  (Fig.  154)  hatte  seinen  Mantel  über  die 
Schulter  geworfen,  so  dafs  er  den  rechten  Theil  des  Körpers  ganz 
verhüllte;  er  senkte  dann  die  Hand  aufs  Knie  und  dadurch  rnotiviren 
sieb  die  straff  gezogenen,  von  der  Schulter  kommenden  Falten  und 
die  Vertiefung  zwischen  Arm  und  Schenkel,  die  die  Körperformen  deut- 
lich erkennen  lassen. 


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436 


Gewänder  and  Draperieen. 


Nicht  selten  hilft  man  hier  auf  etwas  künstliche  Weise  nach, 
indem  man  das  Gewand  absichtlich  in  die  Vertiefungen  zwischen  Ar- 
men und  Körper  oder  zwischen  den  Beinen  hineinstopft,  um  diese  zu 
markiren;  Letzteres  mufs  mit  sehr  grofser  Vorsicht  geschehen,  wenn 
es  künstlerisch  schön  und  nicht  gewaltsam  künstlich  erscheinen  soll. 

Eine  bedeutende  Rolle  bei  der  Drapirung  spielt  der  Stoff  des 
Gewandes.  Appretirtes  Leinen  giebt  unangenehm  steife  knitterige 
Palten,  schwierig  fügt  sich  auch  die  immer  noch  harte  Seite,  besser 
Baumwolle,  am  weichsten  und  harmonischsten  fliefsen  Wollenstoffe. 
Eine  ebenso  bedeutende  Rolle  als  ihre  Form  und  Fältelung  spielt  aber 
bei  dem  Photographen  der  Glanz  und  die  Farbe  und  die  Dicke  der 
Gewänder.  Für  Maler  sind  die  Farben  und  Glanzlichter  willkommene 
Objecte,  um  ihre  Virtuosität  zu  zeigen;  den  Photographen  bringen  sie 
oft  genug  durch  ihre  Widerspenstigkeit  zur  Verzweiflung,  indem  ihre 
Farbe  sich  unwirksam  oder  zu  wirksam  erweist  und  der  Glanz  störende 
weifse  Flecke  erzeugt.  Salomon  thut  hier  nicht  so  unrecht,  wenn  er, 
ausgehend  von  dem  Princip,  dafs  der  Kopf  am  hellsten  sein  müsse, 
helle  Kleider,  gegen  die  der  Kopf  dunkel  erscheinen  würde,  durch 
Draperieen  zudeckt  Salomon  bedient  sich  mit  Vorliebe  der  Sammet- 
draperieen,  d.  h.  nicht  des  sehwarzen  ächten  Sammets,  der  zu  dunkel 
zeichnet,  sondern  des  violetten  bräunlichen  (auch  rothen)  Sammet- 
manchesters. Dieser  ordnet  sich  in  weichen  gerundeten  Falten,  auf  deren 
Erhöhung  das  Licht  in  mildem  Scheine  spielt.  Ein  Stück  dunkler  Tüll 
oder  Schleier,  Gaze  oder  Kantentuch  verrichten  hier  zur  Dämpfung  heller 
Kleider  ebenfalls  gute  Dienste  und  haben  den  Vortheil,  durchsichtig 
zu  sein,  so  dafs  das  darunter  liegende  Kleid  immer  noch  sichtbar 
bleibt,  während  eine  dunkle  Draperie  es  ganz  zudeckt. 

Bei  frei  fliefsenden  Gewändern  und  Draperieen  achte  man  darauf, 
dafs  die  glatt  liegenden  Theile,  die  Flächen,  ebenso  wie  die  er- 
höhten und  vertieften,  die  Falten,  ruhig  fliefsen  und  nicht  durch 
zahllose  Knittern  gestört  sind,  die  sich  nicht  selten  durch  den  Gebrauch 
oder  durch  Zusammenlegen  und  Eindrücken  in  die  Wäschschublade 
bilden.  Wir  sahen  ein  Bild  der  Jachmann  als  Iphigenia,  in  welchem 
das  klassische  Gewand  trefflich  geordnet  war  und  welches  dennoch 
durch  die  zahllosen  sich  durchkreuzenden  Knittern  auf  den  Gewand- 
flächen äufserst  unruhig  wirkte.  Der  Künstler  (Maler,  Bildhauer)  läfst 
solche  Nebendinge  weg  und  hat  ein  Recht  dazu. 

Die  Falten  setzen  sieb  gewöhnlich  nicht  geradlinig  fort,  sondern 
erscheinen  an  den  Umbiegungen  des  Körpers  oder  beim  Aufstauchen 
auf  den  Boden  gebrochen.  Diese  Brüche  sind  sehr  verschiedener 
Natur:  bald  scharf  eckig,  bald  mehr  gerundet,  bald  flacher,  bald 
tiefer.  Im  Zickzack  hin  - und  herlaufende  scharfe  Brüche  erscheinen 
unruhig  und  unschön  (Fig.  152).  Ebenso  mannichfaltig  erscheint 
der  Saum  der  Gewandung.  Meistentbeils  vorläuft  derselbe  bei 


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Gewänder  and  Draperieen. 


437 


unseren  modernen  Costümen  in  monotone  langweilige  Linien,  wie 
z.  B.  der  Saum  unserer  Röcke,  die  unten  fast  architektonisch  steif 
und  horizontal  abgeschnitten  sind. 

Noch  schrecklicher  erscheint  der  Frack  mit  seinem  unmotivirten 
rechtwinkligen  Auscbnitt  zu  beiden  Seiten. 


Flg.  154. 


Aber  auch  bei  mehr  drapirenden  Gewändern  wird  dem  Saum 
nur  wenig  Beachtung  geschenkt;  die  Künstler  sind  oft  zufrieden,  ein 
paar  malerische  Faltenwürfe  hergestellt  zu  haben,  und  achten  gar  nicht 
auf  die  Linien  des  Randes.  Welche  Rolle  diese  spielen,  lehrt  ein 
Blick  auf  den  Saum  des  Gewandes  von  Thorwaldsens  Nacht  (Fig.  144), 
der  an  den  Füfsen  belebt,  in  den  obern  Partien  manriichfaltig  ge- 
schwungen erscheint  und  so  zu  einem  reizenden  Spiel  der  Linien  Ver- 


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438 


Gewänder  and  Draperieen. 


anlassung  giebt.  Wenn  solche  Belebungen  des  Saumes  auch  nur  aus- 
nahmsweise bei  ruhigen  Figuren  möglich  sind  und  namentlich  bei 
modernen  Costümen  Schwierigkeiten  machen,  so  lehrt  doch  ein  Blick 
auf  die  Genrebilder  von  Mieris,  Terburg  (Fig.  145,  146),  dafs  man  bei 
aller  Einfachheit  doch  Monotonie  und  Steifheit  vermeiden  kann. 
Der  lebendig  geschwungene  Saum  von  Byrons  Mantel  (Fig.  154)  bildet 
einen  sehr  wirksamen  Gegensatz  zu  den  etwas  monotonen  Linien  der 
Falten  und  des  modernen  Costümes. 

Eine  ganz  besondere  Sorte  von  Falten,  die  dem  Photographen 
viele  Schwierigkeiten  machen,  sind  die  sogenannten  Gewohnheits- 
falten. Durch  längeres  Tragen  bilden  sich  in  den  Arm-  und  Kniege- 
lenken Ein-  und  Ausbiegungen  des  Gewandes,  die  auch  beim  Stehen 
sichtbar  bleiben.  So  offenbaren  sich  Kniee  und  Ellenbogen  durch 
charakteristische  Beulen  in  der  Gewandung,  die  selbst  durch  Ziehen 
und  Zupfen  nicht  verschwinden  und  die  namentlich  störend  wirken, 
wenn  sie  hinauf-  oder  herabrutschen  und  als  Höcker,  als  Schenkel 
oder  als  Schienbein  hervortreten.  Man  achte  darauf  und  suche  diese 
Gewohnheitsfalten  durch  Ordnen  der  Toilette  dahin  zu  bringen,  wohin 
sie  gehören,  d.  h.  nach  Knie  und  Ellenbogen,  dort  sind  sie  moti- 
virt  und  stören  nicht.  Anders  ist  es,  wenn  absichtlich  durch  die 
Verkehrung  solcher  Gewohnheitsfalten  eine  komische  Wirkung  beab- 
sichtigt ist,  wie  auf  zahlreichen  Genrebildern,  in  denen  man  sie  absicht- 
lich betont.  Wie  moderne  Costüme  malerisch  zu  behandeln  sind,  das 
lehren  uns  die  Portraitbilder  und  Statuen  unserer  modernen  Meister. 
Man  studire  dieselben,  wo  man  nur  kann.  Man  achte  auf  Umrifslinien, 
Flächen,  Falten,  Brüche  und  Säume.  Nur  dadurch  wird  man  seinen 
Blick  für  solche  Sachen  schärfen. 

Eine  ähnliche  Behandlung  als  die  Draperie  verträgt  auch  das 
Haar,  d.  h.  nicht  jene  aus  Chignons  und  andern  Ungestalten  aufge- 
thürmten  Wasserköpfe,  sondern  das  frei  fliefsende.  Wir  brechen 
nicht  über  jede  künstliche  Locke  den  Stab.  Mitunter  bilden  solche 
ein  sehr  dankbares  Object  beim  malerischen  Arrangement.  Das  strähnig 
herunterhängende  Haar  erscheint  gleich  einem  durch  Falten  unbelebten 
Stück  Zeug.  Schon  die  alten  Bildhauer  belebten  es  durch  Wellenlinien. 
Herrlich  wirkt  es,  wenn  es  in  edlen,  schön  geschwungenen  Linien 
den  Kopf  umwallt,  auf  die  Schultern  herabfällt  und  hier  harmonisch 
in  den  Linien  der  Gewanduug  weiterfliefst.  In  schönster  Harmonie 
mit  dem  Haar  kann  ein  Hut  mit  wallender  Feder  oder  Schleier  ver- 
wendet werden.  Die  Portraitisten  aller  Zeiten  haben  davon  Vortheil 
zu  ziehen  gewufst. 

Noch  könnten  wir  hier  sprechen  über  die  Gewandung  in  der 
Landschaft.  Mau  scherze  nicht,  denn  was  ist  das  Laubgewand 
der  Bäume  anders  als  eine  schöne  Naturdraperie?  nur  legt  sie  der 
Baum  im  Sommer  an,  die  Menschen  eher  im  Winter. 


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Stellung  und  Standpunkt. 


439 


Auch  hier  verlangt  das  ästhetische  Gefühl,  dafs  das  Skelett  der 
Bäume,  die  Aeste,  in  den  Formen  der  Gewandung  merkbar  hervor- 
treten. Auch  hier  müssen  die  Erhöhungen  und  Vertiefungen  in  der 
Form  der  Aestung  motivirt  sein,  und  hierin  liegt  der  Unterschied 
zwischen  schönen  und  unschönen  Bäumen.  In  ersteren  erkennt  man 
im  Umrifs  des  Laubes  ihren  innern  Bau,  auch  wenn  die  Aestung  nicht 
sichtbar  sein  sollte,  wunderbar  heraus. 

lieber  Stellung  und  Standpunkt, 

a)  Das  Arrangement  von  menschlichen  Figuren. 

Wir  haben  oben  in  dem  Capitel  Anordnung  bereits  betont,  dafs  bei 
einer  freistehenden  menschlichen  Figur  vor  allem  der  Schwerpunk  t 
gehalten  werden  mufs.  Nun  geht  bei  einer  auf  einem  Fufse  stehenden 
Figur  die  Linie  des  Schwerpunktes  gewöhnlich  von  der  Halsgrube 
senkrecht  auf  den  (innern)  Fufsknöchel  des  Standfufses.  Fällt  sie 
aufserhalb  desselben,  so  ist  die  Figur  nicht  genügend  unterstützt  und 
bedarf  zum  festen  Stand  einer  Anlehnung.  Eine  Stellung  auf  zwei 
Füfsen  wird  der  Künstler  selbst  bei  einem  Militair  nur  ungern  wählen. 
(Man  sehe  die  zahlreichen  Schadow’schen  und  Rauch’schen  Portraitsta- 
tuen  von  Soldaten.)  Wenn  aber  ein  Körper  auf  einem  Beine  ruht  (z.  B. 
Fig.  136  S.421),  das  andere  spielen  läfst,  so  tritt  die  Hüfte  auf  der  Stand- 
beinseite vor  und  steht  höher  als  die  andere.  Ebenso  bemerkt  man 
leicht,  dafs  die  Schulter  über  dem  Standbein  etwas  tiefer  steht  als  die  an- 
dere. Die  Hüftenlinie  und  Schulterlinie  erscheinen  daher  nicht  mehr  par- 
allel. Die  Künstler  achten  beim  Malen  wohl  darauf,  Photographen  soll- 
ten es  noch  vielmehr  thun.  Es  giebt  Personen,  die  eine  Schulter  tiefer 
tragen  als  die  andere,  in  Folge  schlechter  Haltung.  Solche  Personen  lasse 
man  lieber  nicht  aufdem  Fufse  stehen,  welcher  auf  der  hängenden  Achsel- 
seite liegt.  Der  natürliche  F ehler  wird  dann  noch  übertriebener  erscheinen. 
— Der  Kopf  erscheint  lebendiger,  wenn  er  eine  andere  Richtung  hat  als  die 
Brust.  Die  Augen  folgen  dem  Kopf,  z.  B.  ist  dieser  nach  rechts  gewen- 
det, so  mögen  auch  die  Augen  nach  rechts  blicken,  falls  sie  nicht  ge- 
radeaus sehen.  *In  keinem  Falle  dürfen  sie  bei  einem  ruhigen  Ausdruck 
eine  entgegengesetzte  Bewegung  machen,  z.  B.  Kopf  nach  rechts,  Augen 
nach  links  gewendet.  Durch  ganz  geringe  Drehungen  oder  Ver- 
rückungen des  Kopfes  einerseits,  des  Apparates  anderer- 
seits, kann  derUmrifs  der  Linien,  namentlich  des  Kopfes, 
eine  total  andere  werden.  Die  Wendung  des  Kopfes  bleibt  gewöhn- 
lich dem  Photographen  überlassen  und  am  liebsten  läfst  er  ihn  nach 
der  Schattenseite  blicken.  Künstler  pflegen  dagegen  oft  den  Kopf 
beim  Portrait  nach  der  Seite  der  höher  stehenden  Schulter  hin  wenden 
zu  lassen. 

Das  freie  Bein,  das  Spielbein,  ist  in  der  Wahl  seiner  Stellung 
nicht  beschränkt.  Es  kann  vortreten  und  zurücktreten.  Wohl  aber 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  29 


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440 


Stellung  und  Standpunkt,  — Contraste. 


richtet  sich  nach  der  Lage  des  Beines  die  Lage  des  entgegengesetzten 
Armes.  Beim  Gehen  merkt  man,  wie  das  linke  Bein  mit  dem  rechten 
Arm  in  der  Bewegung  correspondirt.  Es  heben  sich  der  rechte  Arm 
und  der  linke  Fufs  gleichzeitig  und  umgekehrt,  um  immer  das  Gleich- 
gewicht innezuhalten.  Ebenso  ist  es  künstlerisch  gerechtfertigt  zur 
Vermeidung  von  Parallelen,  dafs  der  linke  Arm  und  der  rechte  Fu£s 
entgegengesetzte  Bewegungen  haben. 


Fig.  155. 


Pharisäer  und  Levit  nach  Rustici. 


Geht  der  Oberschenkel  des  Spielbeins  vor,  der  Unterschenkel 
zurück,  so  läfst  man  gern  auf  der  andern  Seite  den  Oberarm  zurück, 
den  Unterarm  wieder  Vorgehen  (s.  beifolg.  Figur  des  Leviten).  Ebenso 
läfst  man  zur  Vermeidung  paralleler  Bewegungen  den  einen  Arm  empor- 
heben, wenn  der  andere  hängt  (s.  beifolg.  Figur  des  Pharisäers,  ferner 
Fig.  136).  Kurz,  die  bei  den  Bewegungen  (Gehen)  sich  aussprechenden 
natürlichen  Constraste  zwischen  beiden  Beinen  und  Armen  läfst  man 
auch  bei  ruhigen  Figuren  noch  heraussehen  und  gerade  dadurch  er- 
reicht der  Künstler,  dafs  sie  gleichsam  belebt  erscheinen.  Künstler  achten 


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Behandlung  der  Hände. 


441 


Fig.  156. 


hierbei  auf  das  Kleinste,  selbst  auf  die  Position  der  Glieder.  Sie 
werden  bei  einem  ausgestreckten  Arme  der  Hand  eine  etwas  andere 
Richtung  geben  als  dem  Arm  selbst,  und  auf  die  Hand  selbst  ver- 
wenden sie  die  peinlichste  Sorgfalt.  Nach  dem  Kopf  ist  die 
Hand  der  ausdrucksvollste  und  interessanteste  Theil  des  menschlichen 
Körpers.  Freilich  sind  schöne  Hände  selten,  sehr  selten,  und  daher 
wird  ein  Photograph  nur  zu  häufig  genöthigt  sein,  sie  möglichst  wenig 
zu  betonen.  Noch  häfslicher  erscheinen  aber  die  Hände  durch  ihre  ungra- 
ziöse Haltung.  Man  betrachte  die  Hände  in  den  Portraits  unserer  ersten 
Maler  und  Bildhauer.  Jeder  Finger  der  unbeschäftigten  Hand  ist  darin 
selbstständig  und  unterscheidet  sich  in  seiner  Bewegung  von  seinem 
Nachbarfinger,  während  sie  in  vielen  photographischen  Portraits  oft  wie 

zusammengeklebt  nebeneinander  liegen 
(siehe  die  Figur  einer  haltenden  und 
gestützten  Hand  [Fig.  156],  ferner  die 
Hände  in  dem  Portrait  Byrons  S.  437). 
Dafs  der  Zeigefinger  unter  den  längeren 
Fingern  eine  dominirende  Rolle  spielt, 
wird  man  ebenfalls  unschwer  bei  unsern 
Meisterwerken  erkennen. 

Freilich  wird  es  dem  Photographen 
schwer  werden,  den  Leuten  die  Finger 
auseinanderzureifsen. 

Ein  einfaches  Mittel,  steifen  Fingern 
eine  etwas  belebte  Lage  zu  geben,  besteht 
darin,  dafs  man  den  Leuten  eine  Papierrolle  in  die  Hand  giebt.  Die 
Finger  legen  sich  um  diese,  ähnlich  der  Lage  der  linken  Hand  des 
Pharisäers  (Fig.  155).  Zieht  man  dann  die  Rolle  leise  heraus,  oder 
läfst  sie  fallen,  so  bleiben  die  Finger  in  einer  leidlich  graziösen  Hal- 
tung. Natürlich  mufs  man  hier  auf  die  Individualität  Rücksicht  neh- 
men. Es  wäre  lächerlich,  die  schwieligen  Hände  eines  Dienstmannes 
oder  einer  Waschfrau  so  zurichten  zu  wollen.  Die  Lage  der  grei- 
fenden und  fassenden  Hand  ist  natürlich  durch  den  gegriffenen 
Gegenstand  bedingt.  Man  fafst  einen  leichten  Gegenstand,  z.  B.  ein 
Buch,  mehr  spielend  (Fig.  154),  einen  schweren  (z.  B.  eine  Lanze) 
kräftig,  aber  auch  hierbei  greift  der  Zeigefinger  nicht  so  fest  zu  als 
die  andern.  Ein  leichtes  Buch  so  fest  zu  packen  wie  eine  schwere 
Waffe,  erscheint  komisch;  eine  Waffe  aber  so  graziös  anznfassen  wie  ein 
Spielzeug,  erscheint  schwächlich.  Alles,  was  hier  von  stehenden  Fi- 
guren gesagt  ist,  findet,  ausgenommen  die  Natur  der  Unterstützung, 
auch  bei  sitzenden  seine  Anwendung.  Hier  werden  beide  Beine  zu 
Spielbeinen,  es  existirt  wegen  der  Unthätigkeit  von  Armen  und  Beinen 
eine  gröfsere  Freiheit  der  Bewegung,  also  auch  der  Anordnung.  Man 
vermeide  vor  Allem  parallele  Stellungen  beider  Arme,  resp. 

29* 


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442  Unterschiede  des  Alters  and  Geschlechts. 

beider  Beine,  wovon  Fig.  140  ein  so  abschreckendes  Beispiel  giebt. 
Man  sehe  dagegen  die  Lage  der  Arme  und  Füfse  in  der  Agrippina 
(Fig.  157).  ln  der  Kunst  wird  man  nicht  selten  hier  zu  Abwei- 
chungen von  dieser  Regel  genöthigt  sein,  sobald  durch  lebhafte  Bewe- 
gungen körperliche  und  geistige  Erregungen  dargestellt  werden  sollen. 

Fig.  157. 


Mit  solchen  Darstellungen  bat  aber  die  Photographie  nichts  zu  thun, 
sie  beschäftigt  sich  mit  Darstellung  ruhiger  Objecte. 

Noch  machen  wir  aber  aufmerksam  auf  die  Unterschiede  des  Al- 
ters und  Geschlechtes.  Kinder  und  Weiber  sind  anders  construirt 
wie  Männer,  sie  stehen  und  gehen  anders,  Stand-  und  Spielbein 
z.  B.  kennt  das  Kind  nur  im  entwickelten  Zustande , es  steht  sonst 
mit  beiden  Beinen  fest  auf.  Der  männliche  Körper  ist  härter, 
sehniger,  magerer;  bei  Kindern  und  Weibern  sind  die  Weichtheile  stärker 
entwickelt.  Man  betrachte  eine  Kinderhand,  die  wie  ein  Polster  aus- 
sieht. Die  grofse  Ausdehnung  des  Kinderkopfes  ist  bekannt.  Das 
Oval  des  männlichen  Kopfes  ist  unten  breiter  wie  das  weibliche, 
das  Auge  steht  bei  Frauen  ein  wenig  tiefer,  ebenso  das  Ohr;  die  Nase 
ist  ein  wenig  kürzer,  der  Mund  etwas  kleiner.  Natürlich  finden  sich 
in  dieser  Durchschuittsregel  zahllose  Abweichungen,  je  nach  der  Race, 
Individualität,  Lebensart,  Ausbildung  durch  Gymnastik  etc.  Man  stelle 
eine  Frau,  die  sich  durch  schwere  Handarbeit  ihr  Brod  verdienen  mufs, 
neben  eine  hochgeborne  nicbtsthuende  Dame.  Es  giebt  nicht  zwei 
Individuen,  welche  gleich  wären,  und  der  Photograph  weifs  das  am 
besten.  Er  versuche  einmal  irgend  eine  hübsche  Stellung,  die  ihm 


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Grnppenarrangements.  — Klarheit. 


443 


bei  einem  Modell  geglückt  ist,  genau  ebenso  mit  einer  zweiten 
Figur  zu  wiederholen.  Es  geht  nicht,  und  wird  trotz  aller  Mühe  stets 
etwas  anders,  und  wenn  sich  die  beiden  äufserlich  noch  so  ähnlich 
sehen  sollten.  Daher  ist  es,  genau  genommen,  vom  Uebel,  Stellungs- 
recepte  geben  zu  wollen.  Wir  haben  wiederholt  das  Jagemann’sche 
Bild  (Fig.  139)  oben  angeführt.  Wir  finden  auf  diesem  Bilde  die 
Brust  gegen  die  Schenkel  nach  links  gewendet,  dadurch  wird  Leb- 
haftigkeit erreicht.  Noch  mehr  wird  diese  gesteigert  durch  die  Dre- 
hung des  dem  Xylographen  etwas  steif  gerathenen  Kopfes,  der  noch 
weiter  gegen  die  Brust  nach  links  gewendet  ist.  Die  ganze  Gestalt 
bekommt  dadurch  fast  eine  zu  hoch  getriebene  Lebendigkeit,  die  je- 
doch vielleicht  in  diesem  Falle  dem  Charakter  des  Originals 
entspricht.  Es  wäre  aber  sehr  thöricht,  wenn  man  einer  an- 
dern ruhigeren  Person  eine  gleich  bewegte  Stellung  geben  wollte. 
Hier  sind  geringere  Contraste  vorzuziehen.  Wenn  ein  steif  kno- 
chiger Alter  seine  beiden  Schenkel  parallel  stellt,  so  entspricht  das 
nur  seinem  Naturell;  auch  würde  bei  ihm  eine  ruhige  Kopfwendung 
zu  wählen  sein. 

Was  für  das  Arrangement  einzelner  Figuren  gilt,  ist  auch  bei 
Gruppen  zu  beachten,  die  ja  aus  einem  Complex  einzelner  Fi- 
guren bestehen.  Nun  tritt  aber  hier  zu  dem  Arrangement  jeder 
Einzelfigur  noch  der  Zusammenhang,  der  künstlerisch  bergestellt 
werden  mufs,  der  Aufbau  des  Ganzen.  Je  mehr  Personen  hier  in 
Mitleidenschaft  treten,  desto  schwieriger  wird  die  Aufgabe  und  hierzu 
tritt  noch  der  bedenkliche  Umstand,  dafs  neben  den  künstlerischen 
Bedingungen  auch  noch  die  optischen  erfüllt  werden  müssen,  so  dafs 
alle  Figuren  genügend  scharf  auf  der  matten  Scheibe  und  ohne  Ver- 
zerrungen erscheinen.  Letzteres  nöthigt  zu  einer  kreisförmigen  An- 
ordnung, die  concave  Seite  dem  Objectiv  zugekehrt.  Alsdann  er- 
scheinen die  Randfiguren  scharf,  indem  das  Bild  jetzt  eben  wird. 
Wie  stark  der  Kreis  nach  einwärts  gekrümmt  sein  mufs,  hängt  ganz 
von  der  Natur  des  Objectivs  ab,  welches  bald  mehr,  bald  weniger 
gewölbte  Bilder  liefert  (siehe  I.  Theil  S.  170).  Wie  man  Gruppen 
künstlerisch  eintheilt,  haben  wir  oben  erörtert. 

Man  verlangt  nun  bei  allen  Bildern  ohne  Ansnabme  Klarheit  im 
Arrangement. 

Wenn  bei  Gruppenbildern  die  Hände  auf  den  einzelnen  Schultern 
herumliegen  (wie  bei  sehr  beliebten  Studentenbildern)  und  man  nicht 
sieht,  wem  diese  Gliedmafsen  eigentlich  angehören;  wenn  ebenso  Beine 
in  einer  arrangirten  Gruppe  in  wildem  Knäuel  durcheinandergrabbeln, 
so  ist  die  Anordnung  unklar.  Ebensolche  Unklarheiten  kommen  auch 
häufig  bei  einzelnen  Figuren  vor;  wenn  z.  B.  die  Draperie  von  einer  Hand 
emporgenommen  ist  und  dadurch  charakteristische  Falten  entstehen,  diese 
haltende  Hand  aber  selbst  im  Bilde  nicht  zu  sehen  ist,  so  ist  die  Darstel- 


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444 


Arrangement  bei  Landschaften. 


lang  unklar.  Unklar  ist  es  ferner,  wenn  ausdrucksvolle  Theile  verdeckt 
sind.  Man  rügt  es  als  einen  Mangel  der  Kifs’schen  Amazonengruppe, 
dafs  man  die  drei  Köpfe  der  Amazone,  des  Pferdes  und  des  Panthers  von 
keiner  Seite  zugleich  sehen  kann.  Ebenso  ist  es  ein  Fehler,  ein  Glied 
zu  verdecken , welches  eine  charakteristische  Thätigkeit  entwickelt. 
Wir  kennen  Bilder  einer  sein  sollenden  Briefschreiberin,  worin  die 
schreibende  Hand  durch  ein  albernes  überflüssiges  Buch  ganz  ver- 
decktist. Ebenso  ist  es  unverantwortlich,  wenn  das  Standbein,  wel- 
ches der  Figur  Halt  giebt,  durch  ganz  nebensächliche,  unwichtige  Dinge 
ganz  verdeckt  oder  unterbrochen  ist,  das  stört  sogar  bei  todten  Sachen, 
bei  einem  tragenden  Tischfufs,  einer  Säule.  Daraus  folgt  jedoch 
keineswegs,  dafs  von  allen  Figuren  die  Beine  partout  sichtbar  sein 
müssen.  Man  sehe  die  figurenreichen  Bilder  von  Rafael,  z.  B.  die 
Schule  von  Athen.  Hier  liegt  das  Decken  der  zurückstehenden,  weni- 
ger wichtigen  Figuren  durch  vorstehende  bedeutendere  in  der  Natur 
der  Sache. 

b)  Arrangement  bei  Landschaften  und  Architekturen. 

Bei  Landschaften  sind  wir  selten  im  Stande,  das  Object  nach 
unserm  Belieben  zu  ordnen.  Wohl  aber  können  wir  von  demselben 
Objecte  aufserordentlich  wechselnde  Bilder  erhalten  mit  Veränderung 
des  Standpunktes.  Die  Standpunktwahl  ist  die  Hauptsache  bei 
La  ndscbaftsaufn  ahmen. 

Wenn  man  eine  unbekannte  Gegend  besucht,  so  ist  es  ganz  un- 
nütz, gleich  beim  ersten  Male  die  Camera  mitzunehmen.  Wenn  man 
einen  Gegenstand  gewählt  und  sich  überzeugt  hat,  dafs  derselbe  ein 
gutes  Bild  geben  wird,  schenke  man  demselben  seine  ganze  Aufmerk- 
samkeit Man  betrachte  denselben,  wie  es  ein  Maler  thun  würde, 
wenn  er  denselben  malen  will;  man  achte  auf  die  beste  Tageszeit 
und  besuche  den  Ort  mehreremal  des  Tages,  um  zu  sehen,  in  welcher 
Weise  die  Veränderungen  in  der  Stellung  der  Sonne  Licht  und  Schatten 
und  Gestalt  der  Massen  verändern.  Sehr  oft  begehen  die  Photogra- 
phen den  Fehler,  zu  einer  Tageszeit  zu  arbeiten,  wo  sie  die  Sonne 
im  Rücken,  also  die  Scene  in  vollster  Beleuchtung  vor  sich  haben, 
indem  sie  nicht  bedenken,  dafs  sie  nicht  allein  Licht,  sondern  auch 
Schatten  brauchen.  Der  Reiz  der  Beleuchtung  hängt  sehr  von  der 
Ansicht  ab.  Dies  mufs  der  Anfänger  sehr  beachten.  Einige  Gegen- 
stände verlangen  eine  Seitenbeleuchtung,  andere  dagegen  erscheinen 
besser,  wenn  die  Sonne  hinter  ihnen  steht  und  die  Ränder  von  den 
Strahlen  bestrichen  werden.  Nachdem  man  seinen  Gegenstand  ge- 
wählt hat,  wähle  man  den  Gesichtspunkt;  hierbei  kann  man  die  Ca- 
mera schon  mit  sich  führen.  Man  entferne  alle  Gegenstände,  die  mit 
dem  Charakter  der  Scene  nicht  in  Einklang  stehen,  und  schliefslich 
sehe  man  zu,  ob  sich  nicht  noch  an  der  schon  guten  Composition  etwas 
verbessern  läfst.  Man  untersuche,  ob  zur  Herstellung  des  Gleichgewichts 
ein  dunkler  oder  heller  Punkt  im  Vordergründe  vorhanden  sein  mufs. 

Wenn  man  sich  nun  vollkommen  überzeugt  hat,  dafs  die  Scene 
ein  gutes  Bild  abgeben  wird,  so  gehe  man  an  die  Wahl  der  Chemi- 
ealien, welche  man  eher  als  vollständig  beherrschte  Hülfsmittel,  denn 


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Standpunkt.  445 

als  wissenschaftliche  Probleme  ansehen  mufs,  mit  denen  man  Experi- 
mente machen  will. 

Bei  einer  malerischen  Darstellung  einer  Natur-Scene  giebt  es  viele 
beachtenswerthe  Einzelheiten,  von  denen  zwar  einige  selbstverständlich 
sind,  welche  aber  dennoch  — der  Ordnung  wegen  — hier  erwähnt 
werden  mögen. 

Parallele  Linien  sind  oft  unangenehm.  Wenn  der  Horizont  von 
einer  geraden  Linie  begrenzt  ist,  so  mufs  der  Mittelgrund  oder  der 
Vordergrund  wellenförmig  sein.  Dies  wird  leicht  durch  einen  Stel- 
lungswechsel erreicht,  wie  er  nöthig  ist,  um  eine  perspectivische  An- 
sicht des  Vordergrundes  zu  erhalten.  Eine  Bewegung  von  wenigen 
Ellen  verändert  die  Linien  eines  Bildes  oft  gänzlich. 


Die  Vorderansicht  eines  Gegenstandes  ist  selten  so  malerisch  als 
eine  perspectivische.  Fig.  158  ist  einer  Stereoskopen-Platte  entnom- 
’ men,  jedoch  etwas  übertrieben,  damit  die  Fehler  besser  ins  Auge 
fallen.  Die  parallelen  Linien  der  beiden  Thürme  schneiden  senkrecht 
die  Linien  des  Flusses,  und  der  Elsenbusch  nimmt  eine  hervorragende 
Stellung  im  Mittelpunkte  ein:  Es  hätte  kein  schlechteres  Arrangement 
gefunden  werden  können.  Hätte  man  den  Gesichtspunkt  etwa  40 
oder  50  Ellen  weiter  den  Flufs  hinauf  gelegt,  so  hätte  man  die  per- 
spectivische Ansicht  (Fig.  159)  gewonnen,  welche  mit  den  gegebenen 
Kunstregeln  vollständig  in  Einklang  steht.  Gewisse  Leute  sagen:  Da 
der  Künstler  nicht  gröfser  ist,  als  der  Schöpfer,  so  sollte  er  auch 
nicht  versuchen,  die  Natur  zu  verbessern  oder  auszuwählen.  Von 
beiden  Standpunkten  aus  würde  nun  die  Darstellung  gleich  treu  sein, 
wahrscheinlich  aber  würden  jene  Leute  die  Scene  wie  Fig.  158  dar- 
stellen, während  der  Künstler  Fig.  159  vorziehen  würde. 

Wie  unangenehm  auch  der  Eindruck  von  geraden  Linien  in  einem 
Bilde  sei,  wenn  viele  von  ihnen  parallel  laufen,  so  sind  doch  einige 
gerade  Linien  von  grofsem  Werthe,  indem  sie  erstlich  als  Gegensatz 
zu  den  gekrümmten  Linien,  zweitens  aber  durch  das  Gefühl  der  Fe- 
stigkeit, welches  sie  hervorrufen,  die  Wirkung  erhöhen.  Zuweilen 
bieten  einige  parallele  Linien  in  der  Ferne  oder  am  Himmel  einen 
angenehmen  Contrast  zu  den  wellenförmigen  des  Vordergrundes  und 
der  Scene.  Die  Linien  eines  Gebäudes  auf  einer  Anhöhe  oder  durch 
Bäume  gesehen,  verstärken  stets  die  malerische  Wirkung.  Im  Innern 
einer  Kirche  oder  eines  Doms  weckt  der  oft  wiederholte  Anblick  der 
geraden  Säulen  das  Gefühl  von  Festigkeit  und  Feierlichkeit,  welches 
durch  kein  anderes  Mittel  hervorzurufen  ist. 

Wenn  man  ein  Bild  mitten  durschschneidet,  so  darf  die  eine  Hälfte 
niemals  das  Spiegelbild  der  andern  sein,  Nähme  man  z.  B.  das  Schiff 


446 


Standpunkt. 


einer  Kirche  von  der  Mitte  des  Chores  auf,  so  würde  man  ein  solches 
Bild  erhalten.  Die  Wiederholung  der  zurückweichenden  Pfeiler  macht 
den  Eindruck  der  Grofsartigkeit,  aber  die  genaue  Wiederholung  der- 
selben Pfeiler  auf  der  entgegengesetzten  Seite  würde  monoton  aus- 
sehen.  Dieselben  Bemerkungen  gelten  für  eine  Unzahl  anderer  Fülle. 


Fig.  160. 


Ffg.  16t. 


Eine  Längenansicht  von  einer  Baum-Allee,  einem  Flusse  oder  einer 
Strafse,  wie  in  Fig.  160  und  Fig.  161,  mufs,  wenn  es  zu  vermeiden 
geht,  nicht  vom  Mittelpunkte  aufgenommen  werden.  Ein  Vergleich 
der  Figuren  160  und  161  ergiebt  den  Unterschied  der  Resultate  auf 
den  ersten  Blick.  Man  wird  auch  bemerken , welchen  unangenehmen 
Eindruck  es  macht,  dafs  die  Hauptfiguren:  Mann,  Karren  und  Kirche 
in  einer  Linie  hintereinander  stehen.  Sind  jedoch  die  rechte  und 
linke  Seite  der  Strafse  sehr  verschieden,  so  ist  der  Standpunkt  in  der 
Mitte  zulässig.  (Man  sehe  Hildebrandt’s  Strafse  in  San  Francisco.) 

Fi«.  161.  Ein  Bild  mufs  stets  einen  pas- 

senden Abschlufs  haben.  So  darf 
man  z.  B.  den  Mittelpunkt  einer 
Wölbung  nie  ohne  eine  andere  Stütze 
als  die  Seite  des  Bildes  lassen,  wie 
in  Fig.  162;  lieber  schliefse  man  das 
Bild  mit  einem  der  Pfeiler  ab. 

Die  Phantasie  des  Beschauers 
würde  sich  wahrscheinlich  die  feh- 
lende Stütze  hinzudenken,  es  ist  aber  immerhin  besser,  wenn  man  sie 
im  Bilde  wirklich  darstellt. 

Oft  ist  man  darüber  in  Zweifel,  welche  Lage  dem  Horizonte  an- 
zuweisen sei.  Hier  beherzige  man  die  Regel,  dafs  die  Horizontlinie 
nie  gleichweit  vom  oberen  und  vom  unteren  Rande  des  Bildes  ent- 
fernt sein  darf,  d.  h.  dafs  die  Fläche  nicht  gleichmäfsig  in  Himmel 
und  Erde  getheilt  sein  darf.  Die  Natur  des  Gegenstandes  mufs  be- 
stimmen, ob  der  Horizont  unter  oder  über  der  Mittellinie  liegen  soll. 
Der  Vordergrund  darf  nie  mit  Gegenständen  überfüllt  sein,  die  die  Auf- 
merksamkeit von  der  Hauptsache  abziehen.  Ganz  abscheulich  sind 
sich  in  diesen  drängende  Gaffer.  Der  Himmel  macht  den  Photogra- 
phen immer  Schwierigkeiten.  Selten  findet  man  einen  schönen  und 
passenden  Himmel  über  einer  Landschaft,  obgleich  die  Darstellung 
natürlicher  Wolken  weder  mechanische  noch  chemische  Schwierigkeiten 
bietet.  Hier  bleibt  dann  nichts  übrig,  als  einen  passend  gestimmten 
Himmel  abzuwarten  und  separat  aufzunehmen  und  einzucopiren,  oder 


Charakteristik. 


447 


aber  einen  Himmel  einznzeicbnen , sei  es  mit  Bleistift  oder  Tasche, 
auf  Vor-  oder  Rückseite.  (Siehe  Remele,  Handbuch  der  Landschafts- 
photographie.*) 

Charakteristik. 

Schon  za  wiederholten  Malen  haben  wir  von  charakteristischen 
Zügen,  Bewegungen,  Gliedmafsen  etc.  gesprochen  und  der  Leser  wird 
fragen:  Was  nennt  man  charakteristische  Merkmale? 

Wir  nennen  charakteristisch  alle  äufseren  Merkmale,  welche  für  eine 
verstfindliche  und  wahre  Darstellung  nothwendig  sind.  So  ist  für 
eine  Briefschreiberin  offenbar  die  schreibende  Hand  mit  der  Feder 
charakteristisch,  selbst  wenn  sie  nicht  schriebe,  sondern  vielleicht  nach- 
denklich emporgehoben  wäre,  und  fehlerhaft  und  unverständlich  würde 
die  Darstellung  sein,  wenn  diese  Hand  verdeckt  wäre,  selbst  wenn  die 
Figur  von  ganzen  Ballen  Papier  und  Colonnen  von  Tintefässern  und 
Streusandbüchsen  umgeben  wäre.  Oft  werden  hier  noch  zur  genaueren 
Charakteristik  fremde  Merkmale  beigegeben  werden  müssen.  Wie 
wollte  man  einen  Trinker  ohne  Glas,  einen  Spieler  ohne  Würfel  oder 
Karten  charakterisiren?  Viele  Leute  glauben  mit  solchen  Beiwerken 
allein  auskommen  zu  können.  Man  bildet  junge  Bacchantinnen  ab  mit 
hochgehobenem,  vielleicht  gar  überschäumendem  Champagnerglas,  aber 
leider  — das  Gesicht  ist  kalt  und  trocken;  man  sieht  es  dem  Modell 
an,  dafs  es  eben  nur  Modell  ist,  und  seine  Miene  verräth,  dafs  der 
Wein  im  Glase  nichts  ist  als  Weifsbier.  Solche  Darstellung  ist  nicht 
nur  unverständlich,  sondern  auch  unwahr.  Ein  Frauenzimmer,  was 
die  Hände  faltet,  ist  noch  kein  betendes,  wenn  ihr  Gesichtsausdruck 
dem  nicht  entspricht;  das  gilt  auch  für  gewöhnliche  Portrait-Darstel- 
lungen.  Man  sehe  das  photographische  Portrait  mit  Oberlicht  S.  397. 
Die  finsterblickenden  Augen  des  Oberlichtkopfes  und  der  aufgeworfene 
verkniffene  Mund  sind  unwahre  Merkmale,  denn  sie  charakterisiren 
einen  Gemütbszustand,  den  der  Mann  an  sich  nicht  besitzt.  Ebenso- 
wenig ist  der  Charakter  des  Mannes  durch  die  Vorder-  und  Seiten- 
lichtbeleuchtung  klar  wiedergegeben.  Ein  grofser  Künstler  braucht 
wenig  zur  Charakteristik,  Photographen  oft  viel,  zu  viel.  Das  unter- 
scheidet ja  eben  Kunst  und  Photographie,  dafs  der  Künstler  bei  allen 
Dingen  eben  nur  die  charakteristischen  Tbeile  hervorhebt,  die  übrigen 
dämpft  oder  wegläfst;  während  der  mechanisch  arbeitende  Photograph 
alles  mit  gleicher  Deutlichkeit  bringt,  auch  die  allergröfsten  Neben- 
sachen. 

Nun  hat  jeder  MeDsch  seinen  eigenen  Charakter,  d.  h.  seine  eige- 
nen Grundsätze  des  Handelns  (manche  haben  auch  gar  keine).  Manche 
bandeln  ohne  alle  Ueberlegung,  ganz  unbekümmert  um  die  Folgen,  leicht- 

*)  Berlin  1869.  Verlag  von  R.  Oppenheim. 


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448 


Handlang. 


sinnig  über  alles,  anch  das  Ernste,  hinwegdenkend,  alles  von  der  besten 
Seite  nehmend  (Optimisten);  Andere  sehen  immer  schwarz  in  die  Zu- 
kunft (Pessimisten). 

Nun  sollen  wir  einen  Menschen  durch  das  Bild  in  seinem  wahren 
Charakter  wiedergeben,  das  kann  auf  zweierlei  Weise  geschehen.  Ent- 
weder stellen  wir  die  Gestalt  in  statuarischer  Ruhe  dar  (s.  Fig.  136,  S.  421) 
oder  in  irgend  einer  Handlang.  Man  bat  oft  gesagt,  der  Portraitist 
soll  nicht  Handlungen  malen.  Wahr,  sehr  wahr  Wenn  aber  eine 
Handlung  in  so  wnchtiger  Weise  zur  Charakterisirung  der  Person  bei- 
pig.  163.  trägt,  wie  z.  B.  die  Geberde 

in  Rietschel’s  Luther  (Fig.  163), 
da  schweigen  unsere  Einwfirfe 
vor  laoter  Bewunderung.  Es 
ist  doch,  als  ob  dieser  erzene 
Mann , dieser  Riesengeist, 
einem  Jeden  sein  «Hier  stehe 
ich,  ich  kann  nicht  anders, 
Gott  helfe  mir,  Amen“  ent- 
gegendonnerte. Wenn  Luther 
hier  als  Heros  göttlich  grofs 
vor  uns  steht,  so  ist  diese  Dar- 
stellung berechtigt,  selbst 
wenn  wir  hören,  dafs  dieser 
Mann  nicht  im  Talar,  son- 
dern in  seiner  Mönchskutte  und 
mit  Tonsur  auf  dem  Reichs- 
tage war,  selbst  wenn  wir 
hören , dafs  er  zu  jener 
Zeit  so  mager  war,  dafs  man 
ihm  durch  beide  Backen  pusten 
konnte.  Hätte  Rietschel  diese 
Aeufserlichkeiten  gemacht,  so 
hätten  wir  eben  einen  Ad- 
gustinermönch  erhalten  , aber 
keinen  Luther.  Rietschel  ist 
bei  Darstellung  des  Luther 
von  der  historischen  Wirklich- 
keit abgewichen,  hat  aber  da* 
durch  an  Charakter  unendlich 
viel  gewonnen. 

Lange  ringen  oft  die  Kunst- 
Luther  nach  Rietschel.  jer  nach  der  charakteristischen 

Darstellung  einer  historischen  oder  mythischen  Figur.  Jahrhunderte 
lang  mühen  sie  sich  ab  und  vergeblich,  bis  ein  von  der  Grofsheit  seiner 


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Einfluß  der  Umgebung. 


449 


Aufgabe  durchdrungener  gottbegeisterter  Genius  das  ungeahnt  Schwie- 
rige in  so  zwingender  und  überzeugender  Weise  löst,  dafs  die  Gestalt 
zum  Musterbilde,  zum  Ideal  wird,  das  immer  wieder  nachgeahmt, 
nachher  typisch  auftritt.  So  der  Zeus  und  die  Athene  von  Phydias, 
der  Hercules  von  Lysippus. 

Es  giebt  wenig  Menschen,  deren  Gesichtszüge  klar  und  voll- 
ständig ihren  Charakter  wiedergeben.  Mit  der  Physiognomik  sieht  es 
schlimm  aus.  Ich  kenne  Menschen,  deren  zusammengekniflfene  Lip- 
pen etwas  Listiges,  Boshaftes,  deren  kleine  grüngefärbte  Augen  etwas 
Falsches,  Verstecktes  vermuthen  lassen,  die  sich  dennoch  als  die 
prächtigsten  und  die  liebenswürdigsten  Menschen  mit  untadelhaftem 
Wandel  offenbaren.  Ebenso  giebt  es  aber  auch  Menschen  von  so 
edlem,  offenem  und  biederem  Antlitz,  dafs  sie  auf  den  ersten  Blick 
für  sich  einnehmen  und  die  dennoch  die  allergröfsten  Schurken  sind. 
So  laufen  viele  Menschen  als  lebendige  Lügen  durch  die  Welt  und 
leider  auch  in  die  Ateliers,  um  sich  photographiren  zu  lassen.  So 
soll  der  Photograph  ein  Bild  machen,  welches  nicht  nur  die  äußer- 
lichen Züge,  sondern  auch  den  Charakter  darstellt,  der  oft  mit  der 
äufseren  Erscheinung  auf  das  Heterogenste  contrastirt.  Man  glaubt 
nicht,  was  zur  ganzen  und  vollen  Erscheinung  eines  Menschen  gehört. 
Manche  erscheinen  uns  hinreifsend  bezaubernd,  wenn  sie  sprechen,  sin- 
gen oder  gesticuliren.  Manche  präsentiren  sich  nur  vortheilhaft  in  Ge- 
sellschaft, wo  sie  auf  einen  grofsen  Kreis  mit  ihren  Witzen  wirken  kön- 
nen. Manche  sind  nur  in  Damengesellschaffen  heiter  und  aufgeknöpft,  an- 
dere wieder  nur  unter  Herren.  Viele  Leute  erscheinen  in  der  Stuben- 
luft finster,  verschlossen,  sie  strahlen  aber  vor  Heiterkeit  und  Liebens- 
würdigkeit, sobald  sie  ins  Freie  kommen.  Der  biedere  Landmann 
wieder  fühlt  sich  gedrückt,  „bekniffen“,  wenn  er  den  Parquetfufsboden 
vornehmer  Ateliers  betritt;  er  ist  glücklich  in  seiner  Bauernstube. 
Alle  diese,  für  den  äufseren  Eindruck  eines  Menschen  mitwirkenden 
Umstände  wirken  auf  das  Aussehen.  Das  Portrait,  und  wenn  es  noch 
so  schön  ist,  giebt  doch  eben  nur  einen  Extract  von  Menschen.  Es 
kann  sprechend  erscheinen  (singend  kaum),  aber  befriedigen  wird 
es  nur  theilweise,  weil  die  Nebendinge,  die  das  Original  zu  seiner 
Wirkung  nöthig  hat,  nicht  darin  mitwirken  können.  Gelingt  das 
den  Künstlern  nur  schwer,  die  ihr  Original  kennen,  wieviel  schwe- 
rer mufs  es  erst  dem  Photographen  werden,  der  einen  ihm  wildfrem- 
den Menschen  aufnehmen  soll , der  oft  mit  dem  nächsten  Zuge  in 
20  Minuten  abreisen  will  und  in  seinem  ganzen  Wesen  eine  Eile 
verräth,  dafs  er  als  moderner  Mercur  mit  Flügelsandalen  sieb  treff- 
lich machen  würde.  Hierzu  kommt  noch  der  Umstand,  dafs  es 
den  meisten  Leuten  gar  nicht  um  die  treue  Wiedergabe  ihres  Cha- 
rakters zu  thun  ist.  Der  Spitzbube  will  als  ehrlicher  Mann  auf 
dem  Bilde  erscheinen,  manche  schlotternde  Alte  jung,  kokett  und 


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450 


Charakteristik. 


elastisch ; das  Dienstmädchen  spielt  im  Atelier  das  feine  Fräulein,  die 
Börgerstochter  möchte  Hofdame,  der  Strafsenkebrer  Gentleman  sein; 
so  dient  ihnen  ihr  Bild  znr  Schmeichelei  ihrer  persönlichen  Eitelkeit, 
und  damit  die  Leute  gar  recht  fürnehm  und  ungewöhnlich  erscheinen, 
stecken  sie  sich  in  ihren  (oft  auch  in  fremden)  Sonntagsstaat,  der  ihnen 
oft  so  unbequem  wie  möglich  sitzt,  und  üben  sich  am  Spiegel  zu  Hause 
unter  Zuziehung  von  Papa,  Mama,  Frau  oder  Liebsten  eine  künstlerisch 
unmögliche  Pose  ein.  Selbst  gebildete  Leute  haben  solche  Schrullen. 
Thorwaldsen  erzählt  von  Byron,  der  ihn  zu  einer  Sitzung  besuchte: 
„Er  setzte  sich  mir  gegenüber,  fing  aber,  als  ich  zu  arbeiten  begann, 
sogleich  an,  eine  ganz  andere  fremdartige  Miene  anzunehmen.  — Ich 
machte  ihn  darauf  aufmerksam.  — Das  ist  der  wahre  Ausdruck  mei- 
nes Gesichts,  entgegnete  Byron.  So?  sagte  ich,  und  machte  dann 
sein  Portrait  ganz  wie  ich  wollte.  Alle  Menschen  erklärten  meine 
Büste  für  ausgezeichnet  getroffen,  Lord  Byron  aber  rief  aus:  die  Büste 
gleicht  mir  durchaus  nicht;  ich  sehe  viel  unglücklicher  ans.  Er  wollte 
nämlich  um  jene  Zeit  mit  Gewalt  unglücklich  aussehen“,  fügt  Thorwald- 
sen hinzu.  Schlimmer  ist  der  Photograph  daran.  Wenn  Byron  zu  einem 
Photographen  gekommen  wäre  und  er  hätte  seine  unglückselige  Miene 
vor  der  Camera  aufgesteckt.  Was  hätte  der  Photograph  machen 
wollen?  Er  ist  leider  vom  Modell  abhängig,  und  wieviel  Modelle  las- 
sen ihn  im  entscheidenden  Moment  im  Stich,  oft  nicht  aus  bösem  Willen, 
sondern  aus  Nervenschwäche?  Viel  liegt  hier  freilich  auch  am  Benehmen 
des  Photographen,  der  es  verstehen  mufs,  sein  Publikum  in  liebenswür- 
diger Weise  zu  beherrschen.  Daher  ist  die  Behandlung  des  Publikums 
ein  nicht  unwichtiges  Capitel  der  photographischen  Aesthetik  (s.  u.). 

Meistentheils  hat  es  die  Photographie  mit  der  Darstellung  ruhiger 
Momente  zu  thun,  seltener  fafst  sie  ihr  Object  genreartig,  d.  h.  in  einer 
harmlosen  Thätigkeit  begriffen,  auf  — sei  es  lesend,  schreibend,  ein 
Bild  betrachtend,  rousicirend,  Handwerker  in  Arbeit,  Kinder  spielend 
etc.  Bei  Darstellung  solcher  Bewegungen  kann  natürlicher  Weise  nur 
ein  bestimmter  Moment  derselben  festgehalten  werden,  und  hier  ist  es 
sehr  wichtig  zu  erörtern,  welcher?  Hier  hat  man  nicht  nur  Rücksicht 
zu  nehmen  auf  die  künstlerische  Anordnung  (siehe  S.  420),  auf  die 
Silhouetten  und  Linienharmonie  (S.  429)  und  Gewandung  (S.  433). 
Man  nehme  z.  B.  einen  Schlägel  schwingenden  Schmidt  oder  Bildhauer 
mit  Meifsel.  Er  setzt  den  Meifsel  an,  schwingt  den  Hammer  über  den 
Kopf  und  läfst  ihn  wuchtig  auf  den  Meifsel  niederfallen.  Es  würde  nun 
sehr  schwächlich  erscheinen,  wenn  man  diesen  letzten  Moment,  wo 
Hammer  und  Meifsel  sich  berühren,  abbiiden  wollte.  Viel  lebendiger, 
wahrer  und  verständlicher  erscheint  der  hoch  über  den  Kopf  ge- 
schwungene Hammer.  Bei  den  allereinfachsten  Bewegungen,  selbst 
beim  Gehen  beobachtet  man  ähnliche  tiefeingreifende  Unterschiede. 
Nicht  jede  Phase  ist  gleich  verständlich.  Vielen  sind  gewifs  schon 


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Charakteristik. 


451 


Fi*  1S4. 


jene  gehenden  Figuren  auf  Mo- 
mentbildern  aufgefallen,  die  das  eine 
Bein  zum  Ausschreiten  nach  vor- 
wärts strecken.  Obgleich  diese  Be- 
wegung der  Natur  durchaus  entspricht 
und  einen  Theil  der  Gehbewegung 
bildet,  so  erscheint  sie  dennoch 
gänzlich  uncharakteristisch,  ja  fast 
komisch,  sie  macht  eher  den  Ein- 
druck eines  Tanzpas  oder  eines 
militairischen  Exercitiums.  Unser 
Gehen  ist  eine  ziemlich  complicirte 
Bewegung,  so  einfach  sie  scheint. 
Wir  schreiten  aus,  treten  auf  den 
Vorgesetzten  Fufs,  zu  gleicher  Zeit 
heben  wir  den  hinteren  Hacken, 
geben  uns  mit  den  Zehen  des  hin- 
teren Fufses  einen  Schub,  der  die 
eigentliche  Vorwärtsbewe- 
gung veranlafst  und  dann  erst 
nehmen  wir  den  hintern  Fufs  nach 
vorn,  um  das  Spiel  zu  wiederholen. 
Von  allen  diesen  verschiedenen  Mo- 
menten ist  nun  gerade  jener  am  cha- 
rakteristischsten, welcher  die  Vor- 

• 

wärtsbewegung  veranlafst, 
d.  h.  wo  der  hintere  Fufs  mit  den 
Zehen  den  Schub  giebt,  während 
der  vordere  steht  und  den  Körper 
trägt.  Und  dieser  Moment  ist 
es  daher,  den  Künstler  bei  der  Dar- 
stellung gehender  Figuren  wählen. 
Er  ist  einerseits  der  charakteristisch- 
ste, andererseits gewährteraber  nach 
der  abgebildetenFigurden  festeste  n 
Stand.  Man  sehe  Thorwaldsen’s 
Alexanderzug  (Fig.  164).  Hier  sind 
eine  Menge  gehender  Figuren  abge- 
bildet, und  man  sollte  glauben,  dafs 
der  Künstler,  schon  um  Contraste  zu 
erhalten,  verschiedene  Momente  der 
Gehbewegung  dargestellt  haben 
würde,  und  dennoch  sehen  wir  alle 
Figuren  in  dem  Augenblick,  wo  sie 


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452 


Charakteristik. 


den  bintern  Fufs  aufzuheben  im  Begriffe  sind.  Aehnlichos  zeigt  Ko- 
newka’s  Scene  aus  Faust.  Nur  die  beiden  Soldaten  haben  dort,  sehr  cha- 
rakteristisch für  sie,  nach  vorn  ausschreitende  militairische  Marschbe- 
wegung. Feierliche  Processionsbewegungen  charnkterisiren  sich  noch 
anders.  In  dem  Festzuge  des  Parthenon-Frieses  treten  die  weiblichen 
Figuren  mit  beiden  Füfsen  auf.  Man  sieht,  wie  schwierig  es  ist,  selbst 
einfache  Thätigkeiten  im  Bilde  zu  charakterisiren.  Noch  schlimmer 
sieht  es  mit  der  charakteristischen  Darstellung  von  Gemüthszustän- 
den  aus.  Förster  macht  aufmerksam  auf  Bendemann’s  trauernden 
Jeremias  (Fig.  165),  welcher  einen  von  tiefem  Kummer  Gebeugten  dar- 
Ftg.  iss.  stellen  soll,  aber  dadurch, 

dafs  die  Hand  das  Haupt 
nicht  stützt,  sondern  seit- 
wärts schiebt,  den  Anstrich 
eines  Aergerlichen  oder  an 
körperlichen  Schmerzen 
Leidenden  erhält.  Der- 
selbe Autor  weist  treffend 
darauf  hin,  wie  unwahr 
das  Bild  einer  Betenden 
erscheint,  die  den  Kopf 
nicht  senkt,  sondern  steif 
senkrecht  hält  und  die 
Hände  nur  leise  mit  den 
Fingern  in  Berührung 
bringt,  statt  sie  zu  falten.  Solche  Gestalten  erinnern  eher  an  jene 
koketten  Sünderinnen,  die  nicht  selten  in  Kirchen  sich  Rendez- 
vous geben,  nnd  denen  man  es  ansieht,  dafs  sie  mehr  an  ihre  Um- 
gebung denken  als  wie  an  den  lieben  Gott.  Solche  berechneten 
Stellungen  sind  nun  gerade  bei  Darstellung  photographischer  Genre- 
bilder gewöhnlich.  Die  Modelle  wissen  ja,  dafs  sie  mitwirken,  und 
recht  schwierig  ist  es,  ihnen  das  Affectirte  in  solchen  Bewegungen  zu 
nehmen. 

Am  vorsichtigsten  sei  man  hier  mit  Schauspielern  und  Schauspie- 
lerinnen. Diese  glauben  gewöhnlich  die  Sache  viel  besser  als  der 
Photograph  zu  verstehen,  da  sie  ja  „Künstler*  sind  und  sich  auf 
schöne  Stellungen  und  Bewegungen  einstudirt  haben;  diese  Leute 
verstehen  aber  leider  von  bildender  Kunst  blutwenig,  und  wissen 
nicht,  dafs  dasjenige,  was  auf  der  Bühne  effectvoll  erscheint,  im  Bilde 
oft  ganz  abscheulich  aussehen  kann.  Auf  der  Bühne  ist  viel  zu  ent- 
schuldigen. Selbst  eine  wenig  schöne  Bewegung  stört  nicht,  weil  sie 
rasch  vorübergeht,  schrecklich  wird  solche  aber,  wenn  sie  im 
Bilde  verewigt  ist.  Bilder  von  Mimen,  die,  um  einen  Handschuh 
abzuziehen,  mit  dem  Arm  wuchtig  ausholen,  als  zögen  sie  ein  Riesen- 


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Umgang  mit  dem  Publikum. 


453 


Schwert ' aus  der  Scheide , erscheinen  deshalb  geradezu  lächerlich. 
Ebenso  unschön  erscheinen  jene  Gestalten,  die  viele  Maler  nach 
lebenden  Modellen  zeichnen.  Felswerfende  Giganten,  denen  man  (an 
dem  gänzlichen  Mangel  jeder  Muskelanspannung)  es  ansieht,  dafs  das 
Original  keinen  Stein,  sondern  ein  leichtes  Stück  Holz  zwischen  den 
Fäusten  hatte. 

Noch  machen  wir  aufmerksam  auf  die  Abhängigkeit  des  Gewan- 
des von  der  Bewegung.  Man  sehe  z.  B.  den  Tubabläser  in  Thor- 
waldseu’s  Alexanderzug  (Fig.  165).  In  Folge  des  Beharrungsvermögens 
einerseits,  des  Luftwiderstandes  andrerseits  fliegt  beim  Gehen  das 
Gewand  nach  rückwärts.  Aehnliches  sieht  man  auch  beim  modernen 
Costüm.  Nichts  sieht  daher  unwahrer  aus,  als  wenn  ein  Photograph 
(scheinbar)  bewegte  Figuren  abbildet  und  das  Gewand  hängt  schlaff 
herab.  Solche  Bewegungen,  die  zu  ihrer  Charakteristik  fliegende 
Gewänder  erfordern,  eignen  sich  zur  photographischen  Darstellung 
nicht.  Will  der  Photograph  .durchaus  Phasen  solcher  Bewegungen 
aufnehmen,  so  wähle  er  anliegende  Kleidung.  Daher  das  Todte,  Starre, 
welches  in  so  vielen  Photographieen  nach  Mimen  und  Tänzerinnen 
sich  findet,  die.  eine  Action  darstellen  sollen. 

Was  man  aber  auch  zur  Charakteristik  wählen  möge,  stets  ver- 
meide man  das  Unschöne.  Die  antiken  Künstler  haben  nie  eine  Furie 
gebildet,  sagt  Lessing,  und  das  Medusenhaupt,  dessen  Anblick  Alles  in 
Stein  verwandelte,  bildeten  sie  doch  so  ab,  dafs  der  Kopf  trotz  aller 
Furchtbarkeit  noch  schön  erscheint. 

Das  Schöne  lernt  sich  aber  nicht  wie  das  Einmaleins.  Das  na- 
türliche Gefühl  für  dasselbe  mufs  vorbanden  sein,  das  Studium  kann  es 
nur  ausbilden,  nicht  schaffen. 

Es  giebt  Photographen  genug,  die  von  der  Mutter  Natur  hier  sehr 
stiefmütterlich  bedacht  sind.  Sie  mögen  wenigstens  aus  unsern  An- 
deutungen das  lernen,  was  sie  vermeiden  sollen.  Können  sie  nicht 
selbstschaffend  auftreten,  so  mögen  sie  sich  gediegene  Muster  als  Vor- 
bild nehmen. 


Der  Umgang  mit  dem  Publikum. 

Viele  Personen  haben  eine  starke  Abneigung  gegen  das  Photo- 
graphiren;  man  vergleicht  es  oft  mit  einem  „Besuche  beim  Zahnarzt 
oder  Friseur“;  Mancher  befindet  sich  in  der  That  lieber  eine  halbe 
Stunde  unter  den  Händen  des  Friseurs,  als  unter  denen  des  Photo- 
graphen. Nicht  selten  kommt  es  vor,  dafs  Jemand  dem  Drängen  sei- 
ner Freunde  jahrelang  widersteht  und  endlich  in  das  photographische 
Atelier  wie  zum  Richtplatz  geht.  Andere  wieder,  und  hierzu  gehören 
besonders  die  Damen,  haben  vielleicht  keine  so  starke  Abneigung, 
sind  aber  furchtsam  und  nervös  beim  Eintritt  in  ein  Glashaus  und 
befinden  sich  daher  in  einer  Verfassung,  die  ein  gutes  Bild  nicht  ent- 


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454 


Umgang  mit  dem  Publikum. 


stehen  läfst.  Nervenschwäche  beschränkt  sich  aber  keineswegs  nur 
auf  das  schöne  Geschlecht  oder  auf  die  Alten  und  Schwachen.  Starke, 
kräftige  Männer  haben  oft  plötzliche  Anfälle  vor  der  Camera.  Junge, 
tapfere  Officiere,  die  ohne  Zweifel  ruhig  gegen  die  Mündungen  des 
Geschützes  anmarschiren  würden,  zittern  vor  der  photographischen 
Linse.  Sie  können  oft  ebensowenig  stille  stehen,  als  irgend  ein  Anderer. 

Da  diese  Gefühle  bei  vielen  Personen  zu  finden  sind,  so  sollte 
der  Künstler  bemüht  sein,  dieselben  zu  zerstreuen,  und  dem  Kunden 
die  Sache  angenehmer  zu  machen.  Die  wenigen  einleitenden  Bemer- 
kungen beim  Empfange  eines  Besuchers  mufs  der  Photograph  bestrebt 
sein,  in  freundlicher  Manier  zu  machen;  er  darf  dabei  weder  in  einen 
allzu  vertraulichen,  noch  in  einen  kriechenden,  gezierten  Ton  verfal- 
len, er  mufs  sich  in  der  leichten  und  höflichen  Weise  eines  Gentle- 
mans bewegen.  Während  der  Vorbereitungen  ist  dasselbe  Verhalten 
nothwendig,  so  dafs  der  Besucher  vor  allem,  was  ihn  unangenehm 
berühren  könnte,  bewahrt  wird.  Bei  dieser  Behandlung  verlieren  viele 
Personen  ihre  Nervenschwäche,  und  statt  dafs  sie  Widerwillen  gegen 
die  Operation  zeigen,  finden  sie  Vergnügen  daran;  dieses  zeigt  sich 
in  dem  gefälligen  Ausdruck  des  Portraits  und  in  der  Haltung  und 
Rübe  des  Originals. 

Eis  ist  sehr  wahrscheinlich,  dafs  die  Wichtigkeit  eines  solchen 
freundlichen  Benehmens  der  Beobachtung  den  Photographen  entgangen 
ist,  und  dafs  sie  sich  selbst  die  Schuld  zuzuschreiben  haben,  wenn 
viele  Personen  sie  nicht  gern  besuchen.  Ein  rauhes,  heftiges,  unhöf- 
liches und  aflfectirtes  Benehmen  ist  unter  unseren  Collegen  nicht  sel- 
ten zu  finden.  Viele  Photographen  rufen,  wenn  alles  zum  Exponiren 
bereit  ist,  dem  Sitzenden  zu:  „Blicken  Sie  auf  jenen  Punkt, 
aber  recht  freundlich“.  Es  kann  dies  für  das  gute  Aussehen 
einer  Dame  durchaus  nicht  förderlich  sein,  denn  es  folgt  daraus,  dafs 
sie  bis  zu  dem  Augenblicke  nicht  freundlich  aussah,  und  nach 
einer  so  höflichen  Aufforderung  wird  sie  sicherlich  nicht  besser  aus- 
sehen.  „Nicht  ganz  so  ernst“  wäre  viel  weniger  verletzend.  Es 
kommt  auch  viel  auf  den  Ton  an,  in  dem  man  diese  Worte  spricht. 

Es  giebt  noch  einen  anderen  Gegenstand,  welcher  die  Geduld 
und  die  gute  Laune  des  Photographen  hart  auf  die  Probe  setzt  — 
das  ist  der  Kopfhalter.  Die  Sitzenden  verkennen  ohne  Ausnahme 
diesen  Gegenstand  und  lieben  ihn  nicht.  Kopfhalter  müssen  aber  sein 
und  indem  man  auf  ihre  Anwendung  besteht,  mufs  man  Takt,  Festig- 
keit und  gute  Laune  zeigen.  Gewöhnlich  heifst  es:  „Es  geht  besser 
ohne  das  Ding;  es  macht  mich  nur  steif.“  Die  beste  Antwort  hierauf 
ist:  „Sie  werden  sich  ohne  Zweifel  steif  fühlen,  aber  auf  dem  Bilde 
nicht  so  aussehen.“  Man  glaubt  im  Allgemeinen,  sich  bei  Anwendung 
des  Halters  mehr  zu  bewegen,  als  ohne  denselben,  und  zwar  aus  fol- 
gendem Grunde:  Wenn  der  Kopf  frei  ist,  so  ist  die  Bewegung  eine 
unbewufste,  man  fühlt  sie  nicht;  sobald  aber  die  Stütze  einen  Wider- 
stand leistet,  wird  man  sich  der  Bewegung  erst  bewufst.  Es  wird  gut 
sein,  dies  zuweilen  in  wenigen  Worten  auseinanderzusetzen,  wenn  es 
auch  zuletzt  langweilig  wird. 

Oft  sehen  die  Sitzenden  zu  starr.  Sobald  man  ihnen  zuruft,  sie 
möchten  auf  einen  bestimmten  Punkt  sehen,  öffnen  sie  ihre  Augen  so 
weit  als  möglich  und  zeigen  einen  so  durchdringenden,  starren  Blick, 
dafs  man  sogleich  glaubt,  sie  sähen  Gespenster.  Es  wird  von  guter 
Wirkung  sein,  wenn  man  hiervor  warnt  und  die  zu  Portraitirenden 


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Umgang  mit  dem  Publikum. 


455 


auffordert,  ibr  Auge  auf  einem  bestimmten  Punkt  ruhen  zu  lassen. 
Dies  giebt  nicht  allein  den  Augen,  sondern  dem  ganzen  Gesicht  einen 
viel  ruhigeren  Ausdruck. 

Zuweilen,  und  besonders  bei  langen  Belichtungen,  behalten  die 
Personen  nicht  den  ursprünglich  angenommenen  Ausdruck  bei,  son- 
dern gehen  während  der  30  bis  40  Secunden  von  einem  freundlichen 
Blick  zu  tiefer  Melancholie  über.  Mancher  Photograph  öffnet  die  Linse 
vor  lachenden  Seraphinen  und  schliefst  sie  vor  gefallenen  Engeln;  man 
mufs  daher  den  Besucher  vor  einem  Verändern  des  Ausdruckes  war- 
nen, welches  namentlich  in  den  Mundwinkeln  stattfindet. 

Die  Leute  bestehen  häufig  darauf,  bei  ungünstigem  Wetter  photo- 
graphirt  zu  werden.  Sie  fordern  einen  „Versuch“,  wenngleich  der 
Photograph  weile,  dafs  ein  Erfolg  aufser  dem  Bereich  der  Möglichkeit 
liegt,  und  dafs  ein  Versuch  blofse  Zeitverschwendung  ist. 

Der  Photograph  möge  die  Personen  daran  erinnern,  dafs  es  nur 
in  ihrem  Vortbeil  geschieht,  wenn  man  die  Sitzung  für  günstigeres 
Wetter  aufschiebt,  dafs  es  für  sie  nur  Strapaze  wäre,  und  ihn  daher 
kein  selbstsüchtiges  Motiv  dazu  veranlasse.  Zuweilen  bringen  die 
Leute  einen  Freund  mit  in  das  Atelier,  der  mit  Hand  anlegen  und 
ganz  eigentlich  den  Künstler  vertreten  soll.  Eine  Dame  z.  B.  bringt 
einen  jungen  Mann,  vielleicht  einen  Bruder  oder  Jemanden,  der  ihr 
„noch  näher“  stebt,  mit  sich,  dessen  Urtheil  sie  bei  der  Aufstellung 
und  dem  Arrangement  anruft.  Der  junge  Freund  fängt  an,  Rath- 
schläge zu  ertheilen,  wie  und  wohin  seine  Schutzbefohlene  blicken 
soll;  gewöhnlich  iäfst  er  sie  ihre  Augen  fest  auf  einen  Punkt  heften, 
lange  bevor  der  Photograph  bereit  ist.  Ein  solches  Einmischen  ist 
für  einen  tüchtigen  Photographen  unerträglich,  denn  er  fühlt,  dafs 
seine  Gegenwart  ignorirt,  sein  Platz  usurpirt  wird,  und  dafs  man  in 
sein  künstlerisches  Gefühl  und  seine  Geschicklichkeit  kein  Vertrauen  setzt. 
Man  mufs  seine  Stellung  fest  behaupten  und  in  ruhiger,  höflicherWeise 
erklären,  dafsentweder  derPhotograph  oderderFreund  sich  zurückziehen 
müsse.  Eine  Theilung  der  Arbeit  könne  nicht  stattfinden,  und  wenn  der 
Herr  die  Arrangements  zu  treffen  wünsche,  so  möge  er  es  thun,  in  diesem 
Falle  aber  könne  der  Photograph  nicht  für  das  Resultat  einstehen. 
Dies  hat  gewöhnlich  die  Wirkung,  dafs  sich  der  Eindringling,  der 
vielleicht  gar  nicht  die  Absicht  hatte,  lästig  zu  werden,  zurückzieht. 
Gelegentlich  besteht  auch  wohl  Jemand , der  nicht  von  Freunden  be- 
gleitet ist,  hartnäckig  darauf,  in  einer  Stellung  aufgenommen  zu  wer- 
den, die  keineswegs  anmuthig,  dem  Sitzenden  aber  „bequem“  ist.  Die 
Leute  sind  gewöhnlich  der  Meinung,  dass  alles  Bequeme  auch 
schön  sei,  und  werfen  sich  in  den  Stuhl,  in  eine  Lage,  die  ihnen  auf 
der  Photographie  die  Beine  eines  Elephanten  und  den  Kopf  eines 
Zwerges  geben  würde.  Wenn  solche  Personen  hartnäckig  sind,  so 
lasse  man  sie  gewähren.  Sie  werden  dasselbe  nicht  zum  zweiten 
Male  versuchen. 

Bei  allen  diesen  Grillen  und  Einfällen,  mit  denen  man  im  Atelier 
tagtäglich  zu  kämpfen  hat,  ist  es  für  den  Photographen  eine  schwere 
Aufgabe,  seinen  Gleichmuth  zu  bewahren.  Und  dennoch  mufs  er  sich 
sowohl  um  seiner  selbst,  als  auch  seiner  Kunden  willen  bemühen,  ihn 
zu  behalten.  Es  ist  aber  durchaus  kein  Wunder,  wenn  ihn  die  Ein- 
fältigkeit seiner  Clienten  einmal  in  böse  Laune  bringt;  denn  es  kom- 
men oft  sehr  aufregende  Vorfälle  vor.  Eine  Dame  sendet  zum  Bei- 
spiel ihre  Karten  zurück,  weil  sie  ibr  nicht  gefallen,  aber  durch  alles 

Vogel,  Lehrbuch  d.  Photographie.  30 


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456 


Umgang  mit  dem  Publikum. 


Fragen  Ififst  sich  der  Grund  nicht  ausfindig  machen.  Nachdem  man 
endlich  eine  neue  Aufnahme  gewährt  hat,  erfährt  man,  dafs  bei  der 
ersten  das  Kleid  oder  der  Hut  nicht  so  safsen,  wie  sie  wünschte,  oder 
eine  Locke  nach  hinten  und  nicht  nach  vorne  fiel.  Einer  anderen 
Schönen  mifsfällt  ihre  Stellung,  und  sie  setzt  hinzu,  dafs  sie  bei 
einem  zweiten  Besuche  ihren  Mann  mitbringen  werde,  der  Controlle 
wegen. 

Eine  andere  unangenehme  Klasse  von  Kunden  sind  diejenigen, 
welche  sich  mit  kleinen  Hunden  auf  den  Knieen  oder  grofsen  an  ihrer 
Seite  photographiren  lassen;  die  schlimmsten  aber  sind  die  kleinen 
Kinder.  Diese  kleinen  Schreier  werden  gewöhnlich  von  Mama,  Papa 
und  Amme  begleitet,  welche  alle  dem  Photographen  „helfen“.  Die 
Scenen,  welche  bei  solchen  Gelegenheiten  im  Atelier  stattfinden,  wären 
belustigend,  wenn  man  nicht  darüber  seine  Geduld  verlieren  würde. 

Sehr  wichtig  zur  Erhaltung  der  guten  Laune  ist  es,  das  Publikum 
nicht  unnöthig  lange  warten  zu  lassen.  Warten  ist  in  allen  Fällen 
langweilig,  und  hundert  Bilder  zeigen  diese  Langeweile,  welche  das 
Modell  stundenlang  hat  durchmachen  müssen,  nur  zu  deutlich. 

Wer  starken  Zuspruch  hat,  timt  daher  gut,  Tag  und  Stunde  vor- 
her mit  dem  Modell  zu  verabreden.  Man  sorge  dann  dafür,  dafs 
alles  bereit  ist.  Wer  erst  anfängt,  Entwickler  oder  gar  Silberbad 
zu  machen,  wenn  Publikum  bereits  wartet,  wird  sich  bald  seine  Kund- 
schaft verderben. 

Loescher  und  Petsch  präpariren  die  Platte  in  dem  Augenblick, 
wo  das  Modell  das  Atelier  betritt  (die  Fesstellung  des  gewünschten 
Portraitgenre8  hat  schon  vorher  bei  Besprechung  im  Empfangszimmer 
stattgefunden). 

In  den  wenigen  Minuten  Gesprächs,  die  so  vorhergehen,  mufs 
der  Photograph  sein  Modell  hinlänglich  beobachtet  haben  und  sich 
über  Stellung,  Beleuchtung,  Arrangement  der  Kleidung,  Hintergrund 
und  Beiwerk  klar  geworden  sein.  Sofort  mufs  er  mit  aller  Sicherheit 
die  Pose  in  Angriff  nehmen,  während  ein  Gehülfe  inzwischen  die 
Camera  placirt  und  die  scharfe  Einstellung  vorbereitet.  Erst  wenn 
die  Platte  da  ist,  passe  man  sanft  den  Kopfhalter  der  Person 
an  (nicht  den  Kopf  dem  Halter),  überzeuge  sich  mit  raschem  Blick 
über  die  richtige  Beleuchtung,  Umrifslinien,  Faltenwurf,  Anordnung, 
dann  arbeite  man  ohne  Säumen  los. 

Störend  ist  jede  dritte  Person,  Lärm  in  Nebenzimmern, 
Hin-  und  Herlaufen  etc. 

Rücksichtslos  ist  es,  die  Person  in  den  Kopfhalter  gespannt  auf 
die  Platte  warten  zu  lassen,  oder  halbe  Stunden  lang  an  ihnen  herum 
zu  arrangiren,  gegebene  Stellungen  wiederholt  zu  ändern  etc.  Die 
Personen  merken  dann,  dafs  der  Photograph  seiner  Sache  nicht  ge- 
wifs  ist  und  verlieren  das  Vertrauen. 

Sehr  rasch  mufs  man  bei  Kindern  verfahren,  — das  Arbeiten 
mit  diesen  ist  Glückssache.  Man  arbeite  bei  offnem  Atelier  mit  sehr 
lichtstarkem  Apparat  und  suche  die  Aufmerksamkeit  der  Kinder  durch 
ein  pfeifendes  Spielzeug,  einen  singenden  Holzvogel,  einen  künstlichen 
Wauwauhund,  den  man  plötzlich  zeigt,  zu  fesseln,  während  ein  Ge- 
hülfe aufpafst  und  die  Ohjectivkappe  in  der  Hand  hat,  um  dieselbe  in 
dem  Augenblick  zu  öffnen,  wo  das  Kleine  auf  einen  Moment  ruhig 
erscheint. 

Wer  mit  Kindern  viel  umgeht,  lauscht  ihnen  bald  ihre  kleinen 


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Vollfiguren,  Kniestücke,  Brustbilder.  457 

Schrullen  ab,  er  lernt  sie  behandeln,  und  indem  er  sich  ihnen  anbe- 
quemt,  fassen  die  Kinder  bald  eine  Zuneigung,  und  gerne  gehorchen 
sie  dann  dem  Winke  des  Künstlers.  Daher  kommt  es,  dafs  Kinder- 
freunde, wie  Herr  Petsch,  so  glückliche  Kinderportraits  erzielen. 


Ausfüllung  des  Rahmens. 

Formate,  Beiwerke  und  Hintergründe. 

In  der  photographischen  Praxis  haben  sich  gewisse  Formate  ein- 
gebürgert, die  vom  Publikum  immer  wieder  bestellt  werden,  und  na- 
mentlich ist  es  die  Visi  tenkart  - Bildgröfse,  2}  X 3J  Zoll  oder 
57  Millimeter  X 85  Millimeter;  ferner  das  Cabinetformat,  100  Milli- 
meter X 138  Millimeter.  Beide  Formate  sind  durch  die  Bildgröfse  der 
Linsen,  die  Einrichtungen  der  Camera’s  bestimmt.  Dem  Photographen 
bleibt  die  Aufgabe,  diese  Formate  in  passender  Weise  auszufüllen. 

Als  Disderi  in  Paris  im  Jahre  1858  die  photographische  Visiten- 
karte erfand  und  damit  der  Photographie  einen  ungemeinen  Impuls 
gab,  empfahl  er  das  Portrait  in  ganzer  Figur  als  das  künstlerisch 
am  meisten  gerechtfertigte  insofern,  als  Figur  und  Haltung  zur 
Charakteristik  eines  Individuums  nothwendig  sind. 

So  wurde  denn  das  Portrait  in  ganzer  Figur  zuerst  von  den 
Photographen  poussirt  und  nur  in  kleiner  Zahl  tauchten  anfangs  hier 
und  da  Kniestücke  und  Brustbilder  auf.  Es  dauerte  jedoch  nicht 
lange,  so  bürgerten  sich  letztere  immer  mehr  ein;  sie  gefielen  dem 
Publikum.  Der  Grund  ist  naheliegend.  Ein  Brustbild,  in  dem  nur 
Kopf  und  Brust  sichtbar  sind,  kann  nicht  durch  fehlerhafte  Stellung 
der  Arme  und  Beine,  nicht  durch  unschönes  Arrangement  von  Bei- 
werk verdorben  werden,  wie  dies  bei  Portraits  in  ganzer  Figur 
gar  zu  oft  der  Fall  ist;  ihre  Herstellung  ist  daher,  was  das  ästhetische 
Element  anbetrifft,  leichter  und  sicherer. 

Hierzu  kam  noch  ein  Vortheil:  die  gröfsere  Dimension  und  so- 
mit das  erkennbarere  Hervortreten  des  charakteristischen  Theiles  am 
Menschen,  des  Kopfes.  Feine  Details  in  den  Zügen,  die  in  dem 
kleinen  Bilde  in  ganzer  Figur  ohne  Loupe  kaum  bemerkbar  waren, 
traten  im  Brustbilde  kräftig  markirt  (manchmal  zu  kräftig)  hervor. 

Andererseits  war  freilich  auch  damit  das  stärkere  Hervortreten 
mancher  individueller  sowie  der  Beleuchtungsfehler  verbunden, 
die  bei  den  kleinen  Köpfen  der  Vollfiguren  nicht  so  sichtbar  sind  und 
die  man  erst  später  beseitigen  lernte.  Seitdem  nun  das  neue  Format 
eingebürgert  ist,  sind  damit  von  strebsamen  Photographen  mancherlei 
Experimente,  die  sich  den  gröfseren  oder  geringeren  Beifall  des  Publi- 
kums erwarben,  gemacht  worden.  Anfangs  wagte  man  nur  Köpfe 
von  | bis  1 Zoll  Gröfse  in  diesem  Format  zu  fertigen,  an  denen  man 
mehr  oder  weniger  Brust  sichtbar  werden  liefs  (die  Amerikaner 

30* 


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458 


(jrofse  Köpfe,  abgetönte  Bilder. 


schnitten  letztere  ganz  weg  und  machten  aus  den  Brustbildern  „Hals- 
Stücke“).  Bald  aber  steigerte  man  diese  Kopfgröfse  auf  Dimensionen 
von  1J  bis  2 Zoll,  wie  es  scheint,  zuerst  in  England,  denn  die  ersten 
Karten  der  Art,  welche  in  unseren  Besitz  gelangten,  waren  Portraits 
von  Boz. 

Trotz  mancher  Bedenken,  die  sich  gegen  die  Anwendung  dieses 
Formats  geltend  machen  lassen,  hat  sich  dasselbe  immer  mehr  und  mehr 
Beifall  verschafft.  Es  mufs  jedoch  bemerkt  werden,  dafs  es  sich  we- 
niger für  Bürgerpublikum  eignet  als  für  die  roccocoartig  aufgeputzten 
Köpfe  der  Bühnendamen  etc.  etc. 

Es  ist  zweifellos,  dafs  die  ungewöhnliche  Kopfgröfse  einen  Reich- 
thum der  Details,  Spangen,  Ketten,  Chignon,  Locken  und  Löckchen 
hervortreten  läfst.  Aber  andererseits  ist  damit  die  Gefahr  verknüpft, 
dafs  manche  unerwünschte  Details,  Sommerflecken,  Falten  etc.  in  un- 
angenehmer Weise  im  Bilde  sichtbar  werden.  Die  Damen  der  Bühne 
haben  jedoch  hier  kosmetische  Mittel,  um  solche  Fehler  zu  verdecken 
und  sie  sind  eigentlich  als  die  Erfinderinnen  einer  dritten  Art  von 
Retouche  zu  nennen,  die  man,  als  Gegensatz  zu  der  Positiv- 
retouche  und  Negativretouche,  die  man  nach  unserm  Vorgänge 
Originalretouche  nennt,  indem  sie  mit  Schminke,  poudre  de  riz  etc. 
an  der  Person  selbst  vollzogen  wird  und  die  jetzt  in  verschiedenen 
Ateliers  Berlins  (nicht  bios  bei  Damen  der  Bühne)  mit  sehr  gutem 
Erfolg  angewendet  wird. 

Höchst  wichtig  ist  nun  bei  diesen  grofsen  Köpfen  eine  sorgfältige 
Beachtung  der  Beleuchtung.  Zu  diesem  kommt  nun  noch  die  Ne- 
gativretouche, die  bei  diesen  Bildern  aus  naheliegenden  Gründen  öfter 
nöthig  wird,  als  bei  Bildern  in  kleineren  Dimensionen;  von  dem  Aus- 
flecken nicht  zu  reden. 

Noch  ein  Moment  kpmmt  hier  in  Betracht,  d.  i.  die  Linse,  mit 
welcher  das  Bild  aufgenommen  werden  soll.  Ueber  diesen  Punkt  sind 
oben  (Seite  413)  Andeutungen  gegeben. 

Am  bequemsten  für  den  gewöhnlichen  Photographen  bleiben  zweifels- 
ohne die  Brustbilder  ohne  Hintergrund,  sogenannte  abgetonte 
Bilder  (oder  Vignetten).  Beine  fallen  hier  weg,  meistentheils  auch 
die  Hände.  Er  hat  also  mit  der  Lage  dieser  Extremitäten  keine  Noth. 
Er  achte  auf  Kopf  und  Brust  (s.  S.  439,  443),  Oberarme,  pyramidale  An- 
ordnung, Silhouette,  Linien.  Die  Figur  selbst  wird  gewöhnlich  sitzend 
aufgenommen,  sie  hält  dann  eher  still  als  die  leicht  schwankenden, 
stehenden  Figuren.  Man  sorge  dafür,  dafs  der  Hintergrund  genü- 
gend contrastire,  so  dafs  die  Contouren  der  Person  nicht  mit  dem- 
selben zusammenfliefsen,  sondern  sich  deutlich  abheben:  also  für  ein 
schwarzes  Haar  ein  etwas  hellerer  Hintergrund,  für  weifses  Haar 
ein  dunklerer.*) 

*)  Es  ist  jedenfalls  eigentümlich,  dafs  der  schreiend  weifse  Hintergrund 


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Rembr&ndteffecte  — Hintergrund. 


459 


Neuerdings  hat  man  statt  der  abgetonten  weifsen  Hintergründe 
grane  and  sogar  schwarze  eingeführt  (sogenannte  Rembrandt’s).  Herr 
Karts  in  Newyork  ist  damit  vorgegangen  und  wir  haben  Bilder  von 
ihm  gesehen,  die  aller  Beachtung  werth  sind  und  bei  denen  sich  jene 
neuerdings  im  Verein  zur  Förderung  der  Photographie  mehrfach 
erörterte  Eigenartigkeit  der  Beleuchtung  in  effectvoller  Weise  kund- 
giebt,  bei  der,  der  gewöhnlichen  Schablone  entgegen,  fast  das  ganze 
Gesicht  in  Halbschatten  getaucht  erscheint  und  der  Blick,  von  der 
sonst  so  allgemein  üblichen  und  empfohlenen  Anordnung  abweichend, 
sich  nicht  der  Schatten-,  sondern  der  Lichtseite  zuwendet  Es  ist 
diese  Beleuchtungsweise  auch  von  Herrn  Milster  und  Petscb  in  Berlin 
angewendet  worden,  jedoch  mit  hellerem  Hintergrund  und  insofern 
abweichend  von  den  „Rembrandts“,  über  deren  Aufnahme  folgende 
Skizze,  die  wir  Herrn  Grafshoff  verdanken,  Aufschlag  giebt. 

A ist  der  Apparat,  P die  Person,  H der  Hintergrund.  Die  Hand- 
habung der  Dach-  und  Seiten-Gardinen  ist  aus  der  Figur  deutlich  er- 
sichtlich. Die  Beleuchtung  kann,  wie  Herr  Grafshoff  ausdrücklich  her- 
vorhebt, nicht  für  jeden  Kopf  dieselbe  sein,  je  nach  Bedarf  werden 
mehr  oder  weniger  Gardinen  geöffnet  oder  geschlossen  und  je  nach 
der  entsprechenden  Auffassung  des  Objects  der  Apparat  bald  mehr 
links  oder  rechts  gestellt,  wie  im  Grundrifs  (Fig.  167)  angedeatet  ist. 
Für  möglichst  gründliche  Auflichtung  der  Schatten  mufs  natürlich  hier- 
bei Sorge  getragen  werden  (siehe  S.  405). 


PiS.  16«. 


Man  kann  sagen,  dafs  die  Natur  nicht  so  schwarz  sei, 
als  in  den  „Rembrandt’s“.  Sehr  wahr,  sie  ist  aber  ebensowenig  so 
weif8  wie  in  den  abgetonten  Bildern.  Uebrigens  hat  der  dunkelbraune 
Fond  als  GemSldegrund  schon  in  der  antiken  Malerei  (Pompeji  und 
Born)  eine  grofse  und  in  neuerer  Zeit  wieder  mit  Glück  nachgeahmte 
Rolle  gespielt. 

in  aolchen  abgetonten  Bildern  nicht  unangenehm  empfanden  wird,  wahrend  man 
sieh  tonst  Uber  jedes  weifse  Glanzlichtfleckchen  entsetzt,  welches  in  Bildern 
mit  vollem  Hintergründe  za  finden  ist.  Dieser  Umstand  kann  nur  dahin  erklärt 
werden,  dafs  der  weifse  Hintergrund  in  abgetonten  Bildern  von  unserem  ästhetischen 
Urtheil  nicht  mehr  als  zum  Bilde  gehörig  betrachtet  wird.  Er  erscheint  uns  als 
ein  Stück  der  weifsen  Papierunterlage,  nicht  als  ein  organischer  Theil  des  Bildes. 
Ganz  anders  bei  Voll -Hintergründen,  die  Zeichnung  haben  und  ganz  ausdrücklich 
prätendiren,  zum  Bilde  zu  gehören  und  die  dann  freilich  als  Bildbestandtbeil 
empfanden  und  beurtheilt  werden, 


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460 


Abschattirter  Hintergrund. 


Auch  unsere  Maler  haben  monotone  halbdunkle  Flächen  als  Hinter- 
grund, ohne  jegliche  Zeichnung.  Nur  pflegen  sie  dieselben  anders  zu 
behandeln  wie  die  meisten  Photographen.  Sie  erscheinen  nämlich 
ungleich  hell;  auf  der  Lichtseite  der  Person  dunkel,  auf  der 
Schattenseite  hell,  und  dadurch  hebt  sich  die  Figur  sehr  plastisch 
vom  Hintergründe  ab.  Man  kann  solchen  ungleich  getonten  Hintergrund 
dadurch  erhalten,  dafs  man  durch  ein  im  Bilde  nicht  sichtbares  ver- 
setzbares Architekturstück  den  Hintergrund  beschattet.  Man  achte 
dann,  dafs  der  Schatten  so  fällt,  dafs  die  Lichtseite  des  Modells  sich 
darauf  projicirt,  während  der  Hintergrund  hinter  der  Schattenseite 
des  letzteren  hell  bleibt. 

Adam  Salomon  stellt,  um  Gleiches  zu  erreichen,  seinen  Hinter- 
grund schief.  (S.  Salomon’s  Atelier  Fig.  168.) 


Fig.  169. 


Endlich  kann  man  den- 
selben Zweck  dadurch  er- 
reichen, dafs  man  neben 
der  Person  P eine  einzige 
Gardine  00  aufzieht.  Die 
verschiedenen  Punkte  des 
Hintergrundes  H erschei- 
nen alsdann  ungleich  hell, 
b z.  B.,  obgleich  die  Glas- 
wand näher,  dunkler  als 
a,  wie  aus  den  in  der 
Figur  169  angegebenen 
Licbtwinkeln  bervorgeht. 


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Beiwerke  — Möbeln. 


461 


Es  ist  daher  leicht,  durch  passende  Stellung  des  Apparats  A den  be- 
wufsten  Effect  im  Bilde  zu  erhalten.  Natürlich  ist  zur  Auflichtung 
der  Schatten  für  solchen  Fall  noch  eine  gute  Quantität  Vorderliebt 
erforderlich. 

Bei  Brustbildern  wird  man  selten  nüthig  haben,  noch  andere 
Gegenstände  als  das  Individuum,  zur  Füllung  des  Rahmens,  selbst 
wenn  man  den  Hintergrund  mitdrucken  und  nicht  abtonen  sollte,  auf 
das  Bild  zu  bringen. 

Anders  ist  es  schon  bei  Kniestücken  und  Vollfiguren.  Der 
Körper  sitzt,  — also  tritt  zum  Leichnam  noch  der  Stuhl,  — oder  er 
Stützt  sich,  hier  ist  ein  Postameut  nöthig,  — oder  er  steht,  das  geht 
nicht  ohne  Fufsboden.  Nun  steht  man  auch  in  solchen  Fällen  nicht 
an,  einen  monotonen  oder  abgetonten  Hintergrund  zu  nehmen,  so  dafs 
die  Sorge  des  Künstlers  auf  Stuhl,  Fufsboden  und  Postament  (Tisch) 
allein  beschränkt  bleibt. 

Hier  ist  eines  zu  beachten  nöthig:  die  Nebendinge  müssen  sich  künst- 
lerisch mit  der  Figur  zusammenordnen  (siehe  Anordnung,  Um- 
risse und  Linien)  und  sie  müssen  sich,  weil  sie  Nebendinge  sind, 
nnterordnen,  d.  h.  sie  dürfen  weder  in  Form  noch  in  Farbe  her- 
vorstechen. 

Glanzlichter  auf  Möbel  sind  abscheulich,  noch  abscheulicher  die 
häfslichen  Zickzacklinien  der  Möbel,  die  den  angenehmen  Flufs  der 
Linien  stören.  Schreiende  Zeichnung  in  einem  Fufsbodeuteppich  oder 
einer  Gurdine  ist  entsetzlich. 

Sind  diese  einfachen  Sachen  schon  schwierig  zu  wählen,  so  wird 
die  Aufgabe  noch  complicirter,  wenn  das  ganze  Bild  durch  einen 
Hintergrund  mit  passendem  Möbelarrangement,  architektonischen 
oder  landschaftlichen  Prospect  ausgefüllt  werden  soll.  Man  kann  hier 
mit  wirklichen  Objecten  operiren,  d.  h.  die  Figur  iti  eine  Laube, 
ein  Fenster  oder  an  eine  wirkliche  Zimmerwand  placiren , wo  man 
alles,  was  zum  Bilde  gehört,  passend  gewählt  und  hingestellt  hat,  oder 
man  greift  hier  zu  einem  gemalten  Hintergründe.  Deren  giebt  es 
viele  käuflich;  die  Mehrzahl  jedoch  taugt  nichts. 

Einer  der  auffallendsten  Mängel  in  gewöhnlichen  gemalten  Hin- 
tergründen ist  die  Anhäufung  von  vielerlei  Dingen  und  die 
Verschiedenheit  der  eingeführten  Gegenstände;  die  Anzahl  und  Klein- 
heit der  Gegenstände,  welche  ihre  weite  Entfernung  andeutet,  während 
die  Schärfe  und  Körperlichkeit,  mit  der  sie  ausgemalt  sind,  ihnen 
einen  Platz  unmittelbar  hinter  dem  zu  Portraitirenden  anweist,  und 
die  Perspective,  die  natürlich  sofort  falsch  wird,  wenn  die  Camera 
nicht  ihren  Standpunkt  im  Augenpunkt  des  Bildes  hat  (siehe  S.  40S). 

Es  ist  vollkommen  klar,  dafs,  wenn  überhaupt  natürliche  Gegen- 
stände im  Hintergründe  dargestellt  werden,  es  unter  denselben  Um- 
ständen geschehen  sollte,  wie  bei  der  Hauptfigur  des  Bildes,  und  dafs 


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462 


Gemalte  Hintergründe,  Horizont. 


für  die  Landschaft  nicht  ein  anderer  Augenpunkt  sein  sollte,  als  für 
die  Figur.  Der  Horizont,  wenn  er  überhaupt  dargestellt  wird,  sollte 
der  Linse  gegenüber  liegen.  Es  war  eine  Zeitlang  in  der  Portrait- 
malerei  Mode,  den  Horizont  so  tief  wie  möglich  zu  legen ; die  Figuren 
ragten  dann  hoch  in  die  Wolken  und  erschienen  allerdings  grofsartig. 
Dennoch  sieht  solch  ein  Bild  zu  auffällig  unwahr  aus.  Man  sehe  die 
Bilder  in  Josty’s  Conditorei  in  Berlin.  Friedrich  Wilhelm,  lebensgrofs 
im  Sande  stehend,  in  der  Ferne  Charlottenhof,  nicht  höher  als  bis 
zum  Knie  des  Königs  reichend.  Solche  Ansicht  wäre  nur  na- 
turmöglich, wenn  der  Maler  sich  auf  den  Boden  legt,  oder  wenn  die 
Figur  auf  einem  Berge  steht,  der  Beschauer  unten.  Reutlinger  hat 
einige  hübsche  Bilder,  wo  die  Figuren  in  die  Wolken  ragen,  ebenso 
Robinson;  die  unbestimmten  Wolkenformen  heben  die  Figur,  leicbt 
kann  man  das  helle  Gesicht  gegen  eine  dunkle  Wolke,  das  dunkle 
Haar  gegen  den  hellen  Himmel  contrastiren  lassen.  Der  Horizont 
sollte  aber  nicht  tiefer  als  in  Hüfthöhe  liegen. 

Eine  treu  gezeichnete  Landschaft,  aber  ohne  viel  Ausführung,  und 
die  nichts  enthält,  was  besonders  die  Aufmerksamkeit  auf  die  Linear- 
Perspective  des  Bildes  lenkt,  in  der  also  Horizontallinien  möglichst 
vermieden  sind,  kann  stets  von  Wirkung  sein,  und  braucht,  wenn  sie 
auch  nicht  absolut  genau  ist,  doch  keine  handgreiflichen  Fehler  zu  ent- 
halten. Einige  Hintergründe  der  Herren  Graf  und  Reutlinger  zeigen 
dieses  vortrefflich.  Wer  in  dieser  Hinsicht  einen  guten  Hintergrund 
erhalten  will,  wende  sich  an  Hrn.  v.  Plessen,  Decorationsmaler  in  Berlin. 

Was  nun  die  Beleuchtung  des  Hintergrundes  anbetrifft,  so 
mag  es  schwierig  sein,  vollkommene  Uebereinstimmung  zwischen  der 
Beleuchtung  des  Sitzenden  und  der  Beleuchtung  der  Gegenstände  des 
Hintergrundes  herzustellen.  Es  ist  erforderlich,  bei  den  verschiedenen 
Klassen  der  zu  Portraitirenden,  die  Beleuchtung  manchmal  zu  ändern ; 
die  einen  erfordern  mehr  Oberlicht,  die  anderen  seitliches  Licht,  und 
wieder  andere  müssen  von  vorne  beleuchtet  werden,  während  die  Be- 
leuchtung des  Hintergrundes  schon  feststeht. 

Dies  verursacht  Schwierigkeiten;  sind  aber  die  Hintergründe  ur- 
sprünglich so  gemalt,  dafs  sie  zu  der  allgemeinen  Beleuchtung  des 
Zimmers  passen,  und  stechen  Licht  und  Schatten  nicht  zu  scharf  ge- 
gen einander  ab,  so  können  auffallende  Fehler  mit  grofser  Leichtigkeit 
vermieden  werden.  Man  nehme  jedoch  für  landschaftliche  Hinter- 
gründe mehr  Oberlichtbeleuchtung,  die  der  freien  atmosphärischen 
besser  entspricht;  für  Zimmerdecoration  nehme  man  mehr  Seitenlicbt, 
entsprechend  der  Fensterbeleuchtung.  Es  würde  natürlich  unerträglich 
sein,  wenn  der  Sitzende  von  rechts  her  beleuchtet  wird,  während  die 
Beleuchtung  auf  dem  gemalten  Hintergründe  von  links  geschieht. 

Oft  trifft  man  in  Hintergründen  wunderliche  Gegenstände  zusam- 
men. Tapezirte  Zimmer,  nur  durch  eine  Balustrade  von  einer  felsigen 


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Plastische  Hintergrunddecorationeo. 


463 


Koste  oder  einer  öden  Haide  getrennt;  Damen  in  Ballkleidern  mitten 
unter  düstern  Felsen  und  unter  stürmischem  Himmel  sitzend  etc.  etc. 
— dies  sind  Thorheiten,  die  nur  durch  Gedankenlosigkeit,  nicht  ab- 
sichtlich hervorgebracht  sind,  und  die  hier  nur  einer  vorübergehenden 
Verurtheilung  bedürfen.  Ebenso  verdammens werth  sind  die  Zusam- 
mentragungen von  gothischen,  Renaissance-  oder  Roccocomöbeln.  Hier 
halte  man  auf  Styl. 

Noch  machen  wir  auf  eines  aufmerksam,  dafs  eine  wirkliche 
plastische  Decoration  (sei  es  ein  Pilaster,  eine  Leiste,  ein  aufgebäng- 
tes  Bild,  eine  Uhr),  wenn  sie  in  richtigen  stumpfen  Farben  gewählt 
wird,  unendlich  wirkungsvoller  im  Bilde  erscheint  als  die  geschick- 
teste Malerei,  der  man  stets  die  Pappe  ansieht  *).  Loescher  und  Petsch 
haben  daher  wirkliche  und  nicht  gemalte  Objecte  der  Art  in  den 
Hintergrund  eingeführt. 

Freilich  ist  es  in  gröfsern  Städten  leicht  möglich,  sich  gute  Hinter- 
gründe zu  beschaffen,  aber  in  den  kleinen  Städten  hat  es  mehr 
Schwierigkeiten.  Der  Photograph  läfst  sich  nach  irgend  einem  pho- 
tographischen Muster,  welches  der  Reisende  einer  betreffenden  Hand- 
lung ihm  vorlegt,  einen  Hintergrund  nach  seinem  Geschmack  senden. 
Das  Muster  sah  sehr  hübsch  und  wirkungsvoll  aus,  bei  der  Benutzung 
aber  wirkt  alles  anders.  Was  nun?  Aendern  ist  schwer,  also  bleibt 
es  so,  und  fürchterliche  Dinge  kommen  da  zur  Welt.  Und  doch  liegt 
dies  hier  nicht  am  Muster,  sondern  am  Photographen.  Das  Muster 
wurde  jedenfalls  unter  ganz  anderen  Verhältnissen  aufgenommen. 

Sollten  manche  Stellen  zu  grell  wirken,  so  empfiehlt  Grafe  hoff**) 
Folgendes  behufs  der  Hin tergrundretouche.  Man  nehme  in  einem 
Leinwandballen  etwas  gelbbraune  Farbe  in  Pulverform,  z.  B.  Goldocker 
oder  Umbra,  und  überreibe  damit  die  zu  hell  zeichnenden  Stellen; 
der  gelbe  Ton  bewirkt  ein  dunkleres  Zeichnen.  Die  zu  dunkel  kom- 
menden Stellen  überreibe  man  auf  ähnliche  Weise  mit  etwas  Schlemm- 
kreide. Auf  diese  Weise  kann  man  sich  sehr  häufig  helfen,  und  da- 
durch, ohne  Maler  zu  sein,  bewirken,  dafs  zu  unruhig  zeichnende 
Hintergründe  viel  bessere  Effecte  hervorbringen. 

Zum  Schlufs  einige  beachtenswerthe  Winke  von  Herrn  Kurtz 
in  Newyork: 

„Oft  findet  man  in  einem  Schaukasten  von  18  — 20  Bildern  auf 
allen  einen  und  denselben  Hintergrund  bei  den  verschiedensten  Per- 
sonen in  den  abweichendsten  Costümen  angewendet,  so  dafs  man  oft 
schon  an  dem  Hintergründe  eines  Bildes  erkennen  kann,  aus  wessen 
Atelier  es  hervorgegangen  ist.  Dies  ist,  geradezu  gesagt,  die  reine 
Fabrikarbeit  und  dabei  hat  vielleicht  auf  10  Bildern  nur  ein  Hinter- 
grund das  richtige  Mafs  der  Färbung,  das  heifst:  nur  in  einem  hob 


*)  Von  der  unrichtigen  Perspective  zu  schweigen. 

**)  Siehe  Photographische  Mittheilungen  1868  No.  49. 


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464 


Färbung  ries  Hintergrundes. 


Gesiebt  und  Figur  sich  durch  den  harmonischen  Contrast  ihrer  beiden 
Farbentöne  ah.  Dies  gilt  schon  für  glatte  Hintergründe  ohne  Zeich- 
nung, noch  mehr  aber  für  die  Phantasiehintergründe. 

Der  Photograph  mufs  stets  eingedenk  sein,  dafs  er  seine  Effecte 
durch  total  andere  Mittel  hervorbringen  mufs  als  andere  Künstler. 
Daher  thut  man  besser,  das,  was  rechtlich  der  Photographie  gehört, 
gut  auszuführen,  als  von  Neuerungen,  welche  jeder  künstlerischen 
Richtung  entbehren,  etwas  Gutes  zu  erwarten.  Hat  man  einen 
breiten  Hintergrund  und  vor  demselben  noch  viel  Raum, 
so  stelle  man  denselben  näher  oder  ferner  und  mache  ihn 
dadurch,  wie  es  zu  der  Figur  pafst,  heller  oder  dunkler. 

Die  besten  Phantasiehintergründe,  die  ich  gesehen  habe,  kamen 
von  Paris.  Die  Figur  hob  sich  gut  gegen  eine  kräftig  gemalte  Park- 
scene  ab,  welche  auf  der  einen  Seite  einen  schönen  Lichteflfect  besitzt, 
der  durch  eine  ausgezeichnet  ausgeführte,  obgleich  wenig  detaillirte 
Buschpartie  noch  unterstützt  wird;  der  Vordergrund  pafst  ganz  hierzu; 
er  besteht  aus  natürlichen  Pflanzen,  Steinen  etc. 

Ein  Bild,  welches  eine  Dame  in  ganzer  Figur  darstellte,  machte 
den  Eindruck,  als  ob  der  Hintergrund  exprefs  für  die  Figur  gemalt 
sei,  so  ausgezeichnet  harmonirten  beide  miteinander,  doch  leider  war 
dies  nur  bei  diesem  Bilde  allein  der  Fall.  Bei  einigen  — es  waren 
im  Ganzen  10 — 12  Bilder  — war  der  Hintergrund  zu  dunkel,  z.  B. 
bei  einer  weifs  gekleideten  Dame,  bei  andern  zu  flau.  Doch  kehren 
wir  zu  der  Betrachtung  der  einfachen  Hintergründe  für  Kopf-  und 
Brustbilder  zurück.  Dafs  man  für  alle  Personen  nicht  ein  und  den- 
selben Hintergrund  anwenden  kann,  ist  begreiflich.  Es  giebt  hierüber 
viele  Regeln,  doch  ist  es,  genau  genommen,  Sache  des  Gefühls. 

Für  Kopf-  und  Brustbilder  ist  ein  mittelgrauer  Hintergrund  von 
wollenem  Material  ausreichend;  man  kann  aus  ihm  nach  Bedürfnifs 
je  nach  dem  Winkel,  den  er  mit  dem  Lichte  bildet,  einen  hellen  oder 
dunklen  machen.  Man  erklärt  oft  Bilder  nur  wegen  des  Hintergrundes 
für  schlecht,  weil  dieser  oft  die  Aehnlichkeit  beeinträchtigt;  setzt  man 
z.  B.  eine  Blondine  vor  einen  hellen  Hintergrund  und  vignettirt  wohl 
noch  gar  beim  Drucken,  so  wird,  weil  Blondinen  und  besonders  das 
blonde  Haar  derselben  sich  an  und  für  sich  schon  dunkler  photogra- 
phiren  und  der  helle  Hintergrund  dies  noch  mehr  hervortreten  läfst, 
der  Contrast  noch  stärker.  Daher  kommen  denn  auch  Ausrufungen 
wie:  »Gar  kein  Gedanke  von  Ihrem  schönen  hellen  Haar!“  »Sie  sehen 
ja  fast  wie  eine  Brünette  aus“  etc.  und  sie  haben  völlig  Recht.  Alle 
blonden  Köpfe  müssen  gegen  dunkle  Hintergründe  gestellt  werden. 
Soll  das  Papier  vignettirt  werden,  so  färbe  man  das  Papier  rings  um 
den  Kopf  so  weit  dunkel,  dafs  der  Papierton  gerade  weggenommen  wird; 
hierdurch  wird  die  Helligkeit  des  Kopfes  erhalten,  und  man  bekommt, 
da  alles  Andere  dunkler  ist,  durch  geeigneten  Contrast  den  Effect 
einer  Blondine.  Dieselbe  Regel  findet  im  umgekehrten  Falle  auch 
Anwendung.  Man  kann  einem  dunkeln,  sonnverbrannten  Herrn  durch 
einen  kräftigen  dunkeln  Hintergrund  ein  ziemlich  helles  Aussehen  ge- 
ben, doch  leidet  stets  hierunter  die  Aehnlichkeit  und  man  thot  besser, 
einen  hellen  Hintergrund  anzuwenden,  da  dieser  sogleich  ein  brünettes 
Aussehen  erzeugt;  noch  mehr:  der  Hintergrund  mufs  dem  Kopf  von 
allen  Seiten  Relief  geben  und  nicht,  wie  man  bei  vielen  Photographen 
sieht,  nur  auf  einer  Seite. 

Man  denke  sich  die  Lichtseite  des  Gesichtes  einer  Dame  gut  ab- 


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Gekrümmte  Hintergründe. 


465 


fehoben,  während  die  Schattenseite  und  der  Hintergrund  dieselbe 
ärbung  haben,  so  fallen  diese  beide  natürlich  zusammen  und  das 
ganze  Bild  taugt  nichts,  während  es  ganz  gut  geworden  wäre,  wenn 
man  den  Hintergrund  um  einen  halben  Fufs  vorgerückt  hätte  und  ihm 
so  eine  etwas  hellere  Färbung  gegeben  hätte.  In  der  Natur  hat  das 
Gesicht  durch  seine  Farbe,  die  es  von  dem  Hintergründe  unterscheidet, 
vollkommen  genug  Relief  und  dies  ist  der  Vortheil,  den  der  Portrait- 
maler  vor  dem  Photographen  voraus  hat.  Wir  Photographen  haben 
eine  bestimmte  Scala  von  Tinten,  welche  zwischen  dem  reinsten  Weifs 
(Papierton)  und  dem  tiefsten  Schwarz  liegen ; der  Maler  hat  hingegen 
diese  und  noch  bedeutend  mehr,  da  er  diese  Tonungen  mit  jeder  ein- 
zelnen Farbe  hervorrufen  kann.  So  erscheint  das  Relief  des  Gesich- 
tes gegen  den  Hintergrund  auf  der  matten  Glasscheibe  vollkom- 
men gut,  während  auf  dem  Negative  beide  zusammenfallen  und  nicht 
von  einander  zu  unterscheiden  sind,  wenn  die  Färbungen  gleich  sind.“ 
Herr  Kurtz  wendet  aufser  den  flachen  Hintergründen  noch  cy- 
liudrisch  gekrümmte  an.  Es  ist  klar,  dafs  solche  unter  passendem 
Lichteinfall  sich  wie  ein  Cylinder  abtonen,  d.  h.  eine  sanft  verlaufene 
Fläche,  von  hell  in  dunkel  übergehend,  zeigen  werden.  Denkt  man 
sich  eine  Person  neben  einem  Fenster,  so  wird  diese  an  der  Fenster- 
seite hell,  auf  der  andern  dunkel  erscheinen ; denkt  man  sich  hinter 
die  Person  einen  cylindrischen  Hintergrund,  der  seine  hohle  Seite  der 
Person  zuwendet,  so  wird  dieser  Hintergrund  gerade  umgekehrt  abge- 
tont erscheinen,  d.  h.  an  der  Fensterseite  dunkel,  an  der  andern  hell. 

Herr  Kurtz  benutzt  aufserdem  in  neuester  Zeit  einen  nicht  blos 
cylindrisch,  sondern  schüsselförmig  gekrümmten  Hintergrund,  eine 
Art  Hohlkugel.  Diese  wird,  ebenso  gestellt,  wie  oben  der  cylindrische, 
eine  Abtönung  nach  allen  Seiten  hin  zeigen,  nicht  blos  von  rechts 

nach  links.  Bei- 
folgende Figur 
zeigt  diesen  Hin- 
tergrund und  zu- 
gleich den  eigen- 
thümlicben  Reflec- 
tirschim  des  Hrn. 
Kurtz,  ein  einfa- 
cher, mit  weifsem 
Papier  bezogener 
Holzrahmen  mit 
2 Flügeln  Fx  F2, 
der  zwischen  die 
Person  nnd  Ap- 
parat gebracht 
wird  und  durch 
passende  Drehung 
von  F'  und  F", 

ferner  durch  Näher-  und  Fernerstellen  die  Auflichtung  der  Schatten 
auf,  das  Vollkommenste  ermöglicht.  Das  Postament  P ist  beweglich 
and  gestattet  durch  leichte  Drehung  die  Wendung  der  Person,  ohne 
dafs  diese  deshalb  aufzustehen  braucht. 

Ein  für  allemal  beachte  man  Folgendes:  Alles,  was  in  das  Bild 
bineingetragen  ist,  Tischdecken,  Gardinen,  Möbel,  mufs  sich 


Fiir.  170. 


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466 


Contrastwirkungen. 


anterordnen,  eg  darf  nicht  stärker  wirken  als  die  Person.  Es 
mufs  sich  zusainmenordnen,  d.  h.  die  Umrisse  and  Linien  des 
Portraits  and  seines  Costümes  müssen  mit  den  Umrissen  and  Linien 
der  oben  angeführten  Gegenstände  za  einem  gefälligen  Ganzen  zu- 
sammenfliefsen. 

Je  weniger  man  solche  Nebendinge  nöthig  hat,  desto  besser  ist 
es.  Der  gemalte  Hintergrund  wird  immer  ein  Nothbehelf  bleiben. 
Fehlerhaft  ist  es,  wenn  der  Hintergrund,  wie  auf  neueren  Genre- 
bildern, über  der  Fläche  des  Bildes  einnimmt.  Die  Gröfse  der  Figur 
mufs  zu  dem  Raum  im  Bilde  im  gewissen  Verhältnis  stehen. 

Man  kann  unter  Umständen  mit  fabelhaft  wenig  Raum  neben  der 
Figur  auskommen,  ohne  dafs  der  Rahmen  zu  eng  erscheint.  Man  sehe 
Rafael’8  Madonna  Sedia,  welche  drei  Figuren  im  engsten  runden 
Rahmen  zusammengedrängt  enthält,  ohne  dafs  dieses  unangenehm 
empfunden  würde. 

Wie  eine  zu  kleine  Figur  auf  einer  grofsen  leeren  Karte  wirkt, 
sieht  man  am  besten  an  Medaillonbildern,  die  man  nicht  selten  mit 
dem  Visitenkartenapparat  mit  weiter  Distanz  aufnimmt;  auf  dem  vollen 
gedruckten  Blatte  erscheinen  die  Körper  viel  kleiner  als  wenn  man 
Kopf  und  Brust  ausschneidet  und  für  sich  fafst. 

Auch  ist  es  bekannt,  dafs  eine  stehende  Figur  schlanker  erscheint, 
wenn  der  Kopf  oben  nahe  an  den  Rand  des  Bildes  stöfst  und  rechts 
und  links  viel  breiter  leerer  Raum  bleibt;  umgekehrt  erscheint  die 
Figur  dicker,  wenn  viel  Oberraum  und  wenig  Seitenraum  ge- 
lassen ist. 

Wie  bedeutend  Requisiten  mitwirken  können,  erhellt  aus  der  Mit- 
theilung des  Herrn  Prümm. 

Eine  nur  4 Fufs  grofse  Dame  beschwerte  sich  bei  diesem,  dafs 
sie  auf  ihren  Bildern  immer  so  klein  aussehe.  Herr  Prümm  wufste 
sich  zu  helfen,*)  er  stellte  die  Dame  neben  einen  niedrigen  Kinder- 
tisch vor  leerem  Hintergrund,  und  photographirte  Kniestück,  Tisch 
und  Figur  unten  abgescbnitten.  Gegen  den  kleinen  Tisch  erschien 
das  Dämchen  wunderbar  grofs  und  die  Bestellerin  war  überglücklich 
darüber.  Solche  Contraste  helfen  in  vielen  Fällen  aufserordentlich. 

Dasselbe,  was  wir  in  Bezug  auf  Unterordnung  beim  Hintergründe 
gesagt  haben,  gilt  auch  noch  in  viel  höherem  Mafse  bei  dem  Vorder- 
grund. Es  ist  fehlerhaft,  in  denselben  einen  Teppich  mit  auffallen- 
dem Muster  und  gar  in  grellheller  Farbe  zu  legen.  Solche  »Dessins“ 
wirken  namentlich  häfslich,  wenn  ihre  Figuren  nicht  mit  denen  des 
Bildes  Zusammengehen. 

Ein  in  stumpfen  Farben  gehaltener  Teppich  mit  möglichst  ruhigem 
Muster  ist  die  einfachste  Unterlage  für  Vollfiguren.  Sehr  oft  wird  der 


*)  Siehe  Photogr.  Mittheil.  1870,  Januarheft. 


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Schlafs. 


467 


einfache  glanzlose  Fufsboden  oder  ein  Grasteppich  noch  besser  wirken, 
letzterer  natürlich  nur  vor  einem  Parkhintergrund. 

Schliefslich  nmfs  eine  harmonische  Verbindung  zwischen  Boden 
und  Hintergrund  in  Form  und  Farbe  existiren.  Wenn  letzterer 
vom  Boden  1 Zoll  entfernt  schwebt  und  durch  eine  dicke  schwarze 
Kante  im  Bilde  deutlich  von  ersterem  getrennt  ist,  so  merkt  man 
dem  Bilde  das  Coulissenartige  an.  Eine  simple  Latte  oder  Borde  ver- 
richtet den  Dienst  der  Ausfüllung  des  leeren  Raumes  ganz  vortrefflich. 
Dafs  eine  Figur  auf  einen  meilenweit  entfernt  gedachten  Landscbafts- 
hintergrund  nicht  Schatten  werfen  darf,  ist  selbstverständlich.  Eine 
gewisse  Entfernung  der  Person  von  der  Hintergrundleinwand  ist  noth- 
wendiges  Erfordernis. 

Doch  nun  zum  Schlufs.  Derselbe  wird  dem  Lernbegierigen  viel- 
leicht zu  früh  kommen,  dem  Ungeduldigen  zu  spät. 

Wir  können  hier  nur  Abrisse  geben.  Das  Gebiet  der  Kunst  ist 
ebenso  unabsehbar  wie  das  Gebiet  der  Wissenschaft  und  Mancher 
wird  rufen:  Zuviel  — zuviel!  Wie  können  wir  praktischen  Photo- 
graphen auf  alle  diese  Kleinigkeiten  achten?  Anordnung,  Um- 
risse, Gewand,  Hintergrund,  Requisiten,  Perspective, 
Stellung,  Beleuchtung  etc.  etc.  Das  ist  allerdings  zuviel  für  den 
Bequemen,  für  den  Gedankenlosen,  aber  nicht  für  den  Strebsamen. 

In  der  Welt  der  Kunst  haben  selbst  die  gröfsten  Meister  ihre 
höchsten  Erfolge  nur  durch  rastloses  Studium,  durch  unsägliche  Mühe  und 
Arbeit  erreicht.  Man  sehe  sich  die  Studienblätter  Rafael’s  an,  sie 
sind  stumme  und  doch  beredte  Zeugen  der  colossalen  Vorarbeiten, 
welchen  sich  dieser  gröfste  Maler  aller  Zeiten  unterzog,  ehe  er  an  die 
Schöpfung  der  Disputa,  der  Schule  von  Athen,  der  Sybillen  und  an- 
derer Meisterwerke  ging.  Und  glücklich  können  wir  uns  schätzen, 
dafs  die  Photographie  nicht  blos  mechanisches  Handwerk  ist,  sondern 
auch  in  dieser  Technik  der  intelligente  und  strebsame  Künstler  immer 
den  mechanischen  Arbeiter  überflügeln  wird. 

Möge  demnach  der  Schüler  nicht  ermüden,  sondern  das  Sokratische 
Wort  beherzigen: 

Das  Schöne  ist  schwer! 


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Nachtrag. 


I.  Pliotochemie. 

Tessie  de  Mothay's  Druckverfahren  (zu  Seite  32). 

Tessie  exponirt  eine  Gelatinechromatschicht  auf  Kupfer  unter 
einem  Negativ  und  wäscht  sie  in  kaltem  Wasser.  Es  wird  dadurch 
nicht  etwa  die  unveränderte  Gelatine  weggenommen,  sondern  blos  das 
Chrom  salz.  Bei  dieser  Behandlung  mit  Wasser  absorbirt  die  Gela- 
tine Feuchtigkeit  um  so  kräftiger,  je  weniger  sie  vom  Lichte  ver- 
ändert worden  ist,  so  dafs  also  die  am  stärksten  vom  Licht  veränder- 
ten Stellen  gar  kein  Wasser  zurückhalten,  und  die  Halbtöne  um  so 
weniger,  je  stärker  sie  belichtet  worden  sind. 

Eine  solche  Schicht  befindet  sich  demnach  in  demselben  Zustande, 
wie  ein  lithographischer  Stein;  geht  man  nämlich  mit  der  Schwärze- 
walze darüber,  so  wird  die  Schwärze  um  so  kräftiger  zurückgestofsen 
werden,  je  feuchter  die  Schicht  an  den  betreffenden  Stellen  ist;  die 
atrokuen  und  halbtrocknen  Stellen  werden  dagegen  die  Schwärze  fest- 
halcen  und  im  umgekehrten  Verhältnisse  ihres  Feuchtigkeitsgehalts. 
Auf  diese  Weise  entsteht  eine  Tonabstufung  in  fetter  Schwärze,  und 
läfst  man  die  eingeschwärzte  Schicht  mit  einem  Bogen  durch  die 
Presse  gehen,  so  erhält  man  einen  Abdruck  mit  allen  Halbtönen. 

Hinsichtlich  Tessie’s  Verfahren  ist  zu  bemerken,  dafs  sein  haupt- 
sächlichster Fehler  darin  bestand,  dafs  die  Gelatineschicht  den  Druck 
nicht  aushielt  und  schon  nach  50  oder  70  Copieen  herunterging.  Die- 
ses suchte  Albert  zu  vermeiden  durch  eine  Vorpräparation  der  Unter- 
lage, und  als  solche  nahm  er  nicht  Metall,  sondern  Spiegelglas. 

Albert’s  Verfahren.  (Lichtdruck.) 

Eine  ungefähr  a Zoll  dicke  Spiegelplatte  wird  mit  folgender  Lö- 
sung überzogen:  Wasser  300  Theile,  Albumin  150  Theile,  Gelatine 
15  Theile,  rothes  chromsaures  Kali  8 Theile. 

Man  läfst  trocknen  und  exponirt  die  Platte  ungefähr  zwei  Stunden, 
die  Glasseite  oben,  dem  Licht,  indem  man  ein  schwarzes  Tuch  da- 
hinter legt.  Die  so  belichtete  Platte  wird  mit  folgender  Lösung  über- 
zogen: Gelatine  300  Theile,  rothes  chromsaures  Kali  100  Theile, 
Wasser  1800  Theile. 

Die  mit  der  Lösung  überzogene,  dann  getrocknete  Platte  wird 
unter  einem  Negativ  exponirt,  dann  gewaschen  und  schliefslich  wie 
ein  lithographischer  Stein  eingeschwärzt  und  gedruckt.  Die  Drucke 
zeigen  die  schönsten  Halbtöne. 

Eine  sehr  wichtige  Rolle  dürfte  das  Drucken  selbst  spielen  und 
erfordert  dieses  sicherlich  mancherlei  Finessen  und  Vorsichtsmafs- 
regoln,  sowie  grofse  Routine. 


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Nachtrag.  — Optik. 


469 


II.  Photographische  Optik. 

Ueber  Lichtabsorption  in  feuchten  und  trocknen  Platten 

machte  Ommeganck  einige  interessante  Versuche.  Zwei  sensibilisirte 
feuchte  Platten  wurden  hinter  einander  gelegt  und  in  derselben 
Cassette  exponirt.  War  das  Collodion  stark  jodirt,  so  zeigte  die 
zweite  Platte  nur  Spuren  eines  Bildes  (von  den  durch  die  erste  Platte 
gegangenen  Lichtstrahlen  herrührend);  war  das  Collodion  schwach 
jodirt,  so  war  das  Bild  der  hinteren  Platte  fast  ebenso  kräftig,  als 
das  der  vorderen.  Bei  Anwendung  einer  Trockenplatte  war  das  Bild 
auf  der  (feuchten)  Hinterplatte  sogar  kräftiger.  Ommeganck  sieht  in 
dieser  Lichtdurchlassung  die  Ursache  der  geringen  Empfindlichkeit  der 
Trockenplatten  und  schlägt  vor,  undurchsichtige  Gläser  für  dieselben 
zu  benutzen  und  die  gewonnenen  Negativhäute  abzuziehen. 

Ueber  chemische  Wirkung  des  rothen,  gelben  und  grünen  Lichtes. 

Dafs  rothes,  gelbes  und  grünes  Licht  keineswegs  chemisch  un- 
wirksam ist,  geht  am  besten  aus  der  Erzeugung  farbiger  Photographieen 
hervor,  in  denen  gerade  diese  Farben  am  ausdruckvollsten  sind.  Auch 
hat  J.  Herschel  bereits  1841  nacbgewiesen,  dafs  Eisensalze  für  rothe 
und  sogar  ultrarothe  Strahlen  sehr  wohl  empfindlich  sind. 

Fluorsilber  zeigt  ferner  nach  Draper  Empfindlichkeit  gegen  das 
gelbe  Licht.  Derselbe  Forscher  hat  gefunden,  dafs  die  Zersetzung 
der  Kohlensäure  durch  grüne  Pflanzenblätter  keineswegs  im  blauen, 
sondern  vielmehr  im  gelben  und  grünen  Licht  erfolgt. 

Tabelle  der  chemischen  Intensitäten  des  blauen  Himmels- 
lichtes für  Berlin  an  12  verschiedenen  Tagen  des  Jahres, 
berechnet  von  K.  Schwier  (s.  S.  142,  143). 


1 Oh  ! 

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2h 

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4h 

5h 

6h 

7h 

8'> 

21.  Januar .... 

. ' 23,01 

21,93| 

18,64 

12,79 

2,77 

21.  Februar  . . . 

. 2ü,yö 

29,12 

26,03 

21.65 

14,07 

2,77 

22.  März 

. 34,‘J5; 

34,40 

32,62 

28,99 

23,00 

14,30 

2,77 

22.  April 

. 37,68 

37,43 

36,55 

34,40 

30,42 

24,05 

15,11 

2,77 

22.  Mai 

. 38,26 

38,19' 

37,77 

36,48 

33,69 

28,73 

21,56 

11,95 

2,77 

21.  Juni 

. 38,35 

38,28 

38,02 

37,01 

34,59 

30,24 

23,71 

14,65 

5,94 

22.  Juli 

. 3S,26i 

39.19 

37,77 

36,48 

33,69 

28,73 

21,56 

11,95 

2,77 

22.  August  . . . 

. 37,64) 

37,41 

36,48 

34,29 

30,24 

23,80 

14,76 

2,77 

23.  September . . 

. 34,95 

34,40 

32,62 

28,99 

23,00 

14,30 

2,77 

22.  October  . . . 

. 29,63 

28,86 

26.07 

21.28 

13,61 

2,77 

21.  November  . . 

. 23,01 

21,98 

18,64 

12,79 

2,77 

21.  December  . . 

. 19,74: 

18,64 

15,43 

9,21 

HI.  Praxis  der  Photographie. 

Ueber  die  Reproduetion  von  Zeichnungen  ohne  Camera. 

Von  Mr.  Walker  (zu  Seite  375). 

Mr.  L.  E.  Walker,  der  Vorsteher  der  photographischen  Arbeiten 
für  die  Schatzkammer-Abtheilung  in  Washington,  welche  grofsentheils 
in  der  Reproduetion  von  architektonischen  Plänen  und  Zeichnungen 


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470 


Reproduction  von  Zeichnungen  ohne  Camera. 


besteben,  wendet  ein  Verfahren  an,  Zeichnungen  durch  eine  ArtNa- 
turselbstd ruck  zu  copiren,  doch  lehnt  er  den  Namen  des  Erfinders 
von  sich  ab,  aber  unstreitig  ist  es  das  Verdienst  Walker’s,  das  Ver- 
fahren modificirt  und  sehr  vervollkommnet  zu  haben.  Er  beschreibt 
es  folgendermafsen : 

1.  Die  zu  copirende  Zeichnung  mufs  auf  dünnem  Papier 
oder  noch  besser  auf  Paus-Leinen  gemacht  werden;  man  nehme  mög- 
lichst dunkle  Schwärze  oder  andere  Farben,  die  stark  genug  sind,  um 
keine  wirksamen  Strahlen  durchzulassen.  Man  mache  die  Linien  mög- 
lichst scharf  und  mit  einem  Striche,  damit  sie  nicht  gebrochen  er- 
scheinen. 

2.  Herstellung  der  Negative.  Man  nehme  gut  gesalzenes, 
glattes,  stumpfes  Papier  (s.  u.),  silbere  es  und  räuchere  es  10  bis 
15  Minuten  in  Ammoniak.  Dann  lege  man  in  den  Copirrahmen  die 
Zeichnung,  das  Bild  nach  oben,  lege  das  sensitive  Papier  darüber,  und 
schliefse.  Bei  hellem  Sonnenschein  genügt  eine  Exposition  von  1 j bis 
2 Minuten  für  ein  völlig  ausgeprägtes  Bild.  Man  exponire  nicht  zu 
lange,  da  sonst  die  schwachen  Linien  zusammenlaufen  und  federig  wer- 
den. Man  wasche  das  überflüssige  Silber  weg,  tone  schwach  und 
fixire  wie  jeden  andern  Druck;  hierauf  wasche  man  das  Bild  tüchtig 
und  hänge  es  so  zum  Trocknen  auf,  dafs  es  sich  möglichst  wenig 
runzelt.  Das  Negativ  ist  dann  fertig,  schnell  und  wohlfeil,  und  fähig, 
jede  beliebige  Zahl  von  Positiven  zu  liefern,  die  in  jeder  Beziehung 
dem  Original  gleichkommen. 

3.  Herstellung  der  Positive.  Man  lege  das  Negativ  mit 
der  Rückseite  nach  unten  auf  die  Spiegelscheibe  des  Copirrahmens, 
bringe  den  lichtempfindlichen  Bogen  darauf  und  exponire. 

4.  Salzung  des  Papiers.  Man  mache  ein  Bad  aus  2,5  Gram- 
men Salmiak  und  2,5  bis  3 Grammen  Gelatine  auf  480  Gramme  (heifses) 
Wasser  und  tauche  hier  die  Bogen  2 bis  3 Minuten  ein,  worauf  man 
sie  in  einem  warmen  Zimmer  zum  Trocknen  aufhängt. 

5.  Se n s ibi li sir e n des  Papiers.  Man  pinsele  den  Bogen  mit 
einer  schwachsauren  salpetersauren  Silberoxydammoniaklösung  1 : 16, 
trockne  ordentlich  und  räuchere  dann  15  Minuten  in  Ammon.  [Silber- 
oxydammonlösung stellt  man  dar,  indem  man  zu  einer  Silberlösung 
1 : 10  langsam  und  unter  Umrühren  Ammoniak  tröpfelt,  bis  der  zuerst 
entstandene  Niederschlag  wieder  aufgelöst  ist.  Dann  setze  man  tropfen- 
weise Salpetersäure  zu,  bis  das  Ganze  sehr  schwach  sauer  reagirt.] 

6.  Das  Tonen,  Fixiren  und  Waschen.  Man  füge  zu  1750 
Grammen  Wasser  1 Gramm  Goldchlorid  und  1 Gramm  Platinchlorid, 
neutralisire  mit  kohlensaurem  Baryt,  schüttele  es  gut  um  und  setze  es 
4 oder  5 Tage  an  einen  warmen  Ort,  bis  es  zum  Gebrauch  fertig 
ist.  Dies  ist  die  Vorrathlösung.  Zwei  oder  3 Stunden  vor  Gebrauch 
füge  man  1 Gramm  neutrale  Goldchloridlösung  1 : 16  auf  jeden  Albu- 
minbogen zu,  oder  ungefähr  -J-  Gramm  bei  gewöhnlichem  Papier.  Das 
Tonen  führe  Jeder  nach  seinem  besonderen  Geschmack  aus. 

Herr  Walker  hält  dieses  Tonbad  für  sehr  sparsam,  da  man  es 
monatelang  gebrauchen  kann. 

Wir  haben  den  Procefs  möglichst  genau  beschrieben,  da  er  sehr 
brauchbar  ist.  Ehe  das  Albuminpapier  aufkam,  benutzte  man  wohl 
beim  Verluste  eines  Negativs  einen  Papierdruck  statt  des  Negativs 
zur  Vervielfältigung.  Jetzt  macht  man  ans  der  Noth  eine  Tugend, 
doch  in  anderer  Richtung. 


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Verarbeitung  der  Silberrückstände. 


471 


Verarbeitung  der  Silberrückstände. 

Von  der  grofsen  Quantität  Silber,  welches  die  Photographen 
namentlich  beim  Positi  vprocefs  in  Arbeit  nehmen,  finden  sich  nach 
Davanne  ungefähr 

a)  3 pCt.  in  dem  fertigen  Bilde  wieder; 

b ) 7 pCt.  sind  im  festen  Zustande  enthalten  in  den  Abtropfpapieren, 
den  Filtern,  den  Papierabschnitzeln  und  den  Papierstücken,  mit 
welchen  verspritzte  und  verschüttete  Tropfen  des  Silberbades  auf- 
gewischt sind; 

c)  50  bis  55  pCt.  sind  als  Silbersalz  aufgelöst  in  dem  Waschwasser 
der  belichteten  Papiere; 

d)  30  bis  35  pCt.  sind  in  das  Fixirbad  übergegangen; 

e ) 5 pCt.  höchstens  sind  in  dem  Fixir-Waschwasser  der  fertigen 
Bilder  enthalten. 

Die  Wiedergewinnung  dieser  Rückstände  ist  demnach  ein  Geld- 
punkt von  bedeutendem  Werth. 

Gewöhnlich  sammeln  Photographen  die  ersten  Waschwässer  ( c ) 
in  einer  Tonne  und  schlagen  das  aufgelöste  Silbersalz  durch  Kochsalz 
nieder.  Man  vermeide  zu  grofsen  Ueberschufs  desselben,  indem  sich 
dann  das  Chlorsilber  sehr  langsam  absetzt. 

Nach  24  Stunden  zieht  man  die  klare  Flüssigkeit  vom  Nieder- 
schlage ab  und  sammelt  von  Neuem  Silberwasser  auf.  Nach  monate- 
langer Wiederholung  des  Processes  bringt  man  den  Chlorsilberschlamm 
auf  ein  Tnch,  wäscht  ihn  mit  Wasser  aus  und  trocknet  ihn. 

Der  aus  dem  Entwicklerablauf  (Negativprocefs)  nieder- 
geschlagene Silberschlamm  kann  diesem  Chlorsilber  beigefügt 
werden. 

Zum  Reduciren  der  trocknen  Masse  ist  der  Schmelzprocefs  der 
geeignetste. 

Man  erhitzt  einen  guten  hessischen  Tiegel  im  Windofen  zur  hellen 
Rothgluth  und  trägt  portionenweise  folgendes  völlig  trocknes 
Gemenge  ein: 

Cblorsilberrückstand 3 Theile, 

wasserfreies  kohlensaures  Natron  1 — 1£ 

Es  ist  gut,  den  Tiegel  vorher  mit  Kreide  oder  weifsem  Thon 
auszureiben. 

Man  schmilzt,  nachdem  alles  eingetragen  ist  (es  schäumt  dabei 
stark  auf) , bis  die  Masse  ruhig  fliefst,  dann  läfst  man  erkalten , zer- 
schlägt den  Tiegel  und  nimmt  den  Silberkuchen  heraus. 

Liesegang  empfiehlt  Niederschlagen  des  Silbers  mit  oxalsaurem 
Natron  oder  Kali  als  oxalsaures  Silber,  welches  leichter  wie  Chlor- 
silber reducirbar  ist. 

Fixirnatron wässer  werden  besonders  gesammelt,  am  besten 
in  Töpfen  von  Steingut,  so  grofs,  dafs  sie  die  Waschwässer  von  zwei 
Tagen,  resp.  die  Fixirbäder  und  das  erste  Waschwasser  nach  dem 
Fixiren  von  4 bis  6 Tagen  aufnehmen  können.  In  jeden  derselben 
werden  einige  blank  gescheuerte  Kupferplatten  ohne  weitere  Befestigung 
gestellt,  am  besten  zwei  gröfsere  sich  gegenüberslehende,  welche  man 
gegen  die  Wandung  der  Töpfe  lehnt.  Auf  diese  Platten  setzt  sich, 
soweit  sie  in  die  eingegossenen  Flüssigkeiten  reichen , das  metallische 
Silber  in  48  Stunden  ab,  welches  man  von  Zeit  zu  Zeit  mit  einer 
harten  Bürste  abreibt.  Man  kann  den  abgesetzten  Niederschlag  so- 

Vogel,  Lebrbucb  d.  Photographie.  31 


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472 


Verarbeitung  der  Silberrückstände. 


gleich  berausnebmen  oder  so  lange  darin  lassen,  bis  man  zu  einer 
Schmelzung  genug  zu  haben  glaubt.  Jedenfalls  mufs  mau  aber  nach 
dem  Abbürsten  das  Pulver  sich  vollständig  setzeu  lassen. 

Nach  dem  Herausnehraen  wird  es  je  nach  der  Menge  durch  Pa- 
pier oder  feine  Leinewand  filtrirt,  und  an  der  Luft  oder  auf  einem 
warmen  Ofen  getrocknet. 

Dann  mischt  man: 

100  Theile  des  ausgewaschenen  und  getrockneten  Silberpulvers, 
mit  50  - geschmolzenen  und  pulverisirten  Borax, 

25  - geschmolzenen  und  pulverisirten  Salpeter. 

Der  Salpeter  soll  die  beim  Abbürsten  abgeriebenen  Kupfertheil- 
chen  oxydiren.  Der  Tiegel  wird  ungefähr  ein  Drittel  mit  der  Mischung 
gefüllt,  und  wenn  nach  dem  Einträgen  das  Schäumen  aufgehört  hat, 
giebt  man  noch  20  Minuten  scharfes  Feuer,  lfifst  den  Tiegel  erkalten 
und  zerschlägt  ihn.  Der  erhaltene  Metallklnmpen  enthält  noch  ein 
wenig  Kupfer,  welches  aber  keinen  Schaden  bringt,  und  kann  nur  zur 
Herstellung  von  Silbersalz  in  Salpetersäure  aufgelöst  werden. 

Silberhaltige  Papiere  werden  gesammelt,  auf  einem  geeig- 
neten Heerd  verbrannt,  und  die  Asche  auf  einen  Haufen  zusammen- 
gekehrt und  zur  vollständigen  Verbrennung  aller  organischen  Stoffe 
noch  eine  Zeit  lang  der  Hitze  ausgesetzt. 

Man  macht  dann  ein  Gemenge  von 
100  Theilen  Asche, 

50  - trocknem  kohlensaurem  Natron  und 

25  - Quarzsand. 

Die  Schmelzung  geht  leicht  von  Statten  und  man  erhält  eine  Aus- 
beute an  Silber  von  20  bis  60  pCt.  der  Asche,  je  nach  der  Zusammen- 
setzung der  Papiere. 


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Nachtrag. 


473 


Ueber  technische  Fehler. 

Die  Zahl  der  Fehler  im  photographischen  Procefs  ist  Legion. 
Schuld  derselben  sind  einerseits  die  Veränderlichkeit  unserer  Apparate 
und  Losungen,  und  über  die  dadurch  hervorgerufenen  Fehler  ist  in 
den  Capiteln  über  Wartung  ausführlich  gesprochen  worden.  [Wer 
jene  Capitel  sorglich  studirt  hat  und  das  Gelernte  anzuwenden  weifs, 
wird  zahlreichen  Fehlern  sofort  zu  begegnen  wissen.]  Andrerseits  liegt 
ein  sehr  grofser  Theil  an  der  Unachtsamkeit  oder  Ungeübtheit 
des  Operateurs. 

Wer  nicht  bei  jeder  Arbeit  mit  der  gröfsten  Gewissenhaf- 
tigkeit zu  Werke  geht,  der  wird  Zeit  seiner  Praxis  mit  Fehlern  zu 
kämpfen  haben.  Gewisse  Fehler,  als  unrichtige  Stellung,  mangelhafte 
Beleuchtung  und  unrichtige  Expositionszeit,  werden  jedem  Anfänger 
passiren,  sie  lassen  sich  uur  durch  lange  Uebung  vermeiden. 

Die  Fehler  im  Negativprocefs 

machen  sich  meisten theils  schon  beim  En t w ickel ungsprocefs 
kennbar.  Daher  ist  es  dringend  gerathen,  eine  Platte  nicht  eher 
zu  verstärken  und  fertig  zu  machen,  als  bis  man  sie  nach 
dem  Entwickeln,  Abspülen  und  Reinigen  der  Rückseite 
auf  das  Genaueste  auf  etwa  vorhandeneFehler  geprüft  hat. 

Der  Hauptfehler  ist  der  Schleier*),  d.  i.  ein  allgemeiner  Silber- 
Niederschlag,  der  die  ganze  Platte,  Licht  wie  Schatten,  auch  diejenigen 
Theile,  welche  gar  nicht  dem  Lichte  ausgesetzt  gewesen  sind, 
gleichmäfsig  überdeckt.  Die  Ursachen  desselben  sind  sehr  vielfältiger 
Natur:  a)  das  sogenannte  Dunkelzimmer  läfst  wirksames  Licht  ein  (Ver- 
fasser arbeitet  nur  bei  gedämpftem  Lampenlicht);  6)  man  hat  die  Platte 
starkem  Lampenlicht  lange  ausgesetzt;  c)  die  Camera  oder  Cassette  bat 
Löcher  (im  letzteren  Falle  entstehen  nur  Flecke  gegenüber  den  Oeff- 
nungen);  d)  es  fällt  helles  Licht  ins  Objectiv  (letzteres  passirt  öfter,  wenn 
die  Camera  einer  Gardinenöffnung,  resp.  dem  hellen  Himmel  gegenüber- 
steht, siehe  S.  249,  250  und  378);  e)  das  Collodion  ist  alkalisch,  in 
diesem  Falle  helfen  einige  Tropfen  Jodtinctur  dem  Uebel  ab;  /)  das 
Silberbad  ist  alkalisch  (s.  S.  255),  Abhülfe  Säurezusatz  (s.  S.  285); 
g)  das  Silberbad  enthält  organische  Substanzen,  in  solchem 
Falle  ist  gewöhnlich  die  Platte  sehr  unempfindlich,  Abhfllfe:  über- 
mangansaures Kali  (S.  285);  Ä)  das  Bad  enthält  salpetrigsaures  Silber 
(s.  S.  42  und  255).  Die  übrigen  Fehler  rangiren  nach  ihrem  Ursprung. 

Originalfehler. 

Manche,  dem  Auge  kaum  merkbare  gelbe  Fleckchen  im 
Original  (Sommersprossen,  Eisenßecke  auf  Papier  etc.  etc.)  offen- 
baren sich  in  der  Photographie  in  ganz  auffallender  Weise,  und  wer- 
den zuweilen  den  Chemiealien  zugeschrieben. 


*)  Wir  nehmen  die  Specialbesprechung  dieses  Fehlers  aus  praktischen  Rück- 
sichten voraus. 


31* 


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474 


Technische  Fehler. 


Putz-  und  Reinignngsfehler. 

1)  Silberglänzende  Niederschläge  zwischen  Collodionhaut 
und  Glas  (am  besten  von  der  Rückseite  sichtbar)  entstehen  bei 
schlecht  gesäuerten  (S.  260)  oder  alten,  oft  benutzten  und  nach- 
lässig behandelten  Platten  (S.  281).  Abhülfe:  12stündiges  Beizen  in 
chromsaurer  Kalilösung  (S.  260).  Sollte  dieses  Mittel  fehlschlagen, 
so  sind  solche  Platten  dennoch  nach  einer  Vorpräparation  mit 
Eiweifs  zu  benutzen  (S.  335). 

2)  Moosförmige  Zeichnungen,  namentlich  von  der  unteren 
Kante  ausgehend.  Unreine  Cassetten  (S.  247,  280). 

3)  Schmutzränder  oder -Flecke,  von  den  Kanten  ausgehend 
und  sich  mehr  oder  weniger  weit  in  die  Mitte  erstreckend,  rühren 
von  mangelhafter  Reinigung  der  rauhen  Plattenkanten  her, 
oder  von  deren  nachträglicher  Beschmutzung  durch  Aufstellen  der  ge- 
putzten Platten  auf  schmutziger  Unterlage  (Tisch,  Papier,  Plattenhal- 
ter, s.  S.  283)  oder  durch  Anfassen  mit  Schmutzfingern. 

4)  Putzstreifen  offenbaren  sich  deutlich  als  solche  durch  Wie- 
dergabe der  Richtung  der  Putzbewegung  selbst  Ritzen  im  Glase 
geben  häufig  Veranlassung  zu  Streifen,  wenn  Putzpulver  darin  sitzen 
geblieben  ist. 

5)  Helle,  unrcgelmäfsige  Punkte  und  kurze  Striche  rühren 
von  Staub  und  Holzfasern  her,  die  beim  Oeffnen  der  Cassette  auf  die 
Platte  fallen. 

CoUodionfehler. 

1)  Die  Platte  kommt  mit  einem  durchsichtigen,  unempfind- 
lichen Rande  aus  dem  Bade;  solcher  rührt  von  zu  spätem  Ein- 
tauchen nach  dem  Collodioniren  her  (S.  265). 

2)  Die  Schicht  ist  mürbe  und  reifst  leicht  im  Bade.  Zu  zeitiges 
Eintauchen  (S.  265);  zu  altes  Collodion. 

3)  Die  Schiebt  ist  ungleich  dick  — Folge  des  ungleichen  Ueber- 

zugs. 

4)  Flecke,  die  von  der  Fingerecke  ausgehen  (S.  265). 

5)  Dicke  und  dünne  streifenartige  Stellen  — Folge  von 
Luftblasen,  die  erst  am  Schlüsse  des  Collodionirens  geplatzt  sind, 
ebenso  oft  Folge  ungleichen  Trocknens  durch  Einflufs  der  Wärme  der 
Finger  oder  der  Verdunstung  von  auf  der  Rückseite  der  Platte  ge- 
laufenem Collodion,  auch  Folge  von  altem  Pyroxylin,  welches  sich 
schlecht  löst. 

6)  Diagonalstreifen,  s.  S.  265. 

7)  Kometenartige  schwarze  Flecke  — Ursache:  frischjodirtes, 
noch  wenig  abgesetztes  Collodion.  Weifse  und  schwarze  wurm- 
oder  8chiangenförmige  Linien  kommen  ebenfalls  bei  jungem, 
wenig  abgesetztem  Collodion  vor,  namentlich  bei  Anwendung  von 
schwerlöslichen  Kalisalzen;  sie  verschwinden  nach  dem  Absetzenlassen 
oder  Filtriren. 

8)  Kreuzförmige  Schraffirunge'n  bilden  sich  leicht  in  starker 
Kälte. 

9)  Schwarze  uDregelmäfsige  Flecke  — Schmutz  vom  Halse  der 
Collodionflasche  (S.  283). 

10)  Collodion,  das  anfangs  trefflich  arbeitet,  giebt  nach  kurzer 
Zeit  mangelhafte  Platten  — Ursache:  Verunreinigung  beim  Zurück- 
fliefseu  (s.  S.  283). 


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Nachtrag. 


475 


11)  Unempfindlichkeit  findet  »ich  bei  altem,  tief  roth  ge- 
wordenem Collodion. 

12)  Die  Collodionschicht  haftet  schlecht  an  der  Platte  — Ur- 
sache: altes  saures  Bad  oder  schlecht  geputzte  Platten,  altes  Pyro- 
xylin. 

13)  Schleier  (s.  o.). 


Silberbadfehler. 

1)  Weifse  Ein t auch» treif e n , theils  horizontal  geradlinig 
(bei  Cüvetten,  S.  267),  theils  mannigfach  gekrümmt  (bei  Schalen, 
S.  269),  und  runde  Eintauchflecke  von  Luftblasen  (S.  269). 

2)  Schwarze  Streifen  in  der  Eintauchrichtung  (namentlich  bei 
Cüvetten,  doch  auch  beim  Silbern  in  Schalen,  die  Schicht  nach 
unten  (S.  269).  — Ursache:  zu  kurze  Silberung  (S.  268),  sehr 
altes,  mit  organischen  Substanzen  beladenes  Bad  (S.  285). 

3)  Schwarze  Streifen,  vom  Haken  ausgehend  — Ursache: 
Guttaperchahaken  (S.  267). 

4)  Angefressene  Platten  — Ursache:  das  Bad  enthält  kein 
oder  zu  wenig  Jodsilber  (S.  255). 

5)  Auffällig  durchsichtige,  blafs  erscheinende,  unem- 
pfindliche Platten  bilden  sich  zuweilen  in  sehr  starker  Hitze  — Ab- 
hülfe: Abkühlung  des  Silberbades  (S.  369). 

6)  Spiefse,  Kreuze  und  Schwerter  — Ursache:  Gehalt  an 
schwefelsaurem  Silber  (S.  284)  oder  essigsaurem  Silber  (S.  255). 

7)  Die  Platten  erscheinen  wie  mit  Mehl  bestäubt  — 
Ursache : massenhafte  Jodsilberausscheidungen  in  der  Hitze  (S.  287). 
Hier  hilft  nur  Filtration  und  starke  Abkühlung. 

8)  Feine  Löcher  wie  Nadelstiche  — Abhülfe:  Abkühlung,  resp. 
Restauration  nach  S.  287. 

9)  Schwarze  Flecke,  durch  Druck  auf  die  Collodionschicht 
erzeugt,  werden  nicht  selten  durch  Glashöcker  auf  der  Cüvettenwand 
oder  den  Scbalenboden  veranlagt. 

10)  Unempfindlichkeit  wird  durch  starken  Säuregehalt  ver- 
anlafst,  ebenso  durch  organische  Substanzen  (S.  285). 

11)  Graue  grisseiige  Flecke  werden  durch  schlechtes  Ab- 
schäumen verursacht  (S.  284). 

12)  Schleier  (s.  o.). 

13)  Flaue  Bilder  werden  oft  verursucht  durch  alte,  wieder- 
holt restaurirte  Silberbäder  (s.  S.  287). 

Expositionsfehler. 

1)  Unschärfe  oder  Doppelcontouren  — Ursachen:  un- 
scharfe Einstellung,  Wackeln  des  Objects,  Erschütterung  des  Apparats 
(S.  270). 

2)  Marmorartige  Flecke  und  Trockenfehler,  bei  langen 
Expositionen  und  in  der  Hitze,  siehe  S.  380,  381. 

3)  Hartes  Bild:  zu  kurze  Belichtung  (S.  273);  flaues  Bild 
entsteht  manchmal  durch  Ueberbelichtung  (S.  272),  siehe  auch  oben. 

4)  Das  Bild  erscheint  ungleich  intensiv  (ungleiche  Beleuch- 
tung, namentlich  bei  Zeichnungen,  S.  377). 

5)  Schleierähnliche  Flecke  rühren  von  Reflexen  bei  Zeichnungen 
her  (S.  377). 

6)  Schleier  durch  Nebenlicht  (s.  o.). 


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476 


Technische  Fehler. 


Entwicklungsfehler. 

1)  Heller  Schein  an  der  Aufgufsseite  (s.  S.  271). 

2)  Krumme  Linien  — Entwicklungsstreifen  (s.  S.  271). 

3)  Die  Schicht  stöfst  den  Entwickler  stark  ab  — in 
solchen  Fällen  enthält  der  Entwickler  entweder  zu  viel  Alkohol  (z.  B. 
bei  frischen  Bädern)  oder  zu  wenig  (z.  B.  bei  alten  Bädern  (s.  S.  256). 

4)  Dunkler  Rand  bei  hellen  Objecten  an  der  Aufgufsseite 
(im  Positiv  als  Lichthof  erscheinend)  ist  ein  sehr  allgemeiner  Ent- 
wickelungsfehler. 

5)  Schleier  rühren  zuweilen  von  zu  starkem,  zu  heifsem  oder 
zu  schwach  saurem  Entwickler  her  (s.  o.). 

6)  Die  meisten  der  obengenannten  Fehler  gewöhnlich  beim  Ent- 
wickeln erst  sichtbar,  obgleich  sie  nicht  Entwickelungsfehler  sind! 

Ver8tärkungsfehler. 

1)  Die  Verstärkerlö sung  wird  abgestofsen  und  giebt.  Flecke 
(namentlich  beim  Verstärken  mit  Eisensalz,  8.  S.  273). 

2)  Blasse  Flecke  bilden  sich  aus  derselben  Ursache,  wenn 
der  Verstärker  (gleichviel  welcher)  nicht  über  alle  Stellen  der  Platte 
gleichmäfsig  fliefst. 

3)  Ein  grauer  körniger  Niederschlag  bildet  sich,  wenn  man 
den  Ei sen v ers t ärk e r so  lange  wirken  läfst,  bis  er  trübe  wird. 

4)  Bläuliche  Niederschläge  in  den  Schatten  bilden  sich 
bei  Mangel  an  Säure  (S.  273)  oder  bei  Anwendung  alter  Pyrogallus- 
lösung  (S.  288). 

5)  Dicke  Stellen  bilden  sich,  wenn  der  Verstärker  immer  an 
ein  und  demselben  Fleck  aufgegossen  wird,  namentlich  bei  langer 
Verstärkung. 


Fixirfehler. 

1)  Die  Platte  ist  grünlich  oder  bläulich,  dies  rührt  beim  Fi- 
xiren  von  noch  Eisensalz  (Verstärker)  haltigen  Platten  mit  Cyan- 
kalium her,  und  läfst  sich  durch  vorheriges  tüchtiges  Waschen  vermeiden. 

2)  Schwarze  Streifen  (meist  nur  in  der  Aufsicht  erkennbar) 
— Ursache:  zu  kalte  oder  zu  dünne  Fixage  oder  ungenügendes  Ueber- 
fliefsen  derselben. 

3)  Dünne  Stellen  bilden  sich  beim  Gebrauche  zu  starker  Cyan- 
kaliumlösung (S.  274). 

Beim  Trocknen  erscheinende  Fehler. 

Die  Schicht  erscheint  regenbogenfarbig  und  springt  ab;  dies  pas- 
sirt  bei  lange  verstärkten  und  kurz  belichteten  Platten.  Man  kann 
solche  noch  retten,  wenn  mau  sie  noch  halbfeucht  mit  Lack  überzieht, 
trocken  werden  läfst  und  dann  in  der  Wärme  noch  einmal  lackirt. 

Lackirfehler. 

1)  Auflösung  der  Schicht;  2)  matt  e Sc  h ich  t;  3)streifige 
Schicht  (s.  S.  276.) 

Wartungsfehler  bei  fertigen  Negativen  (s.  8,  309). 


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Nachtrag. 


477 


Fehler  im  Positivprocefs. 

Silberungsfehler. 

1)  Luftblasen  (s.  S.  300). 

2)  Das  Papier  stöfst  das  Silberbad  ab;  dies  rührt  von  zu 
starker  Trockenheit  der  Eiweifsschicht  her  (s.  S.  299). 

3)  Die  Silberlösung  bleibt  beim  Trocknen  mitten  im 
Bogen  in  Tropfen  hängen;  dies  wird  zum  Theil  wie  Fehler  2) 
vermieden.  Man  kann  auch  die  Tropfen  durch  Fliefspapier  wegnehmen. 

4)  Das  Papier  wird  stark  oder  zu  schwach  getrocknet;  in  solchem 
Falle  copirt  es  leicht  flau  oder  ungleich  (S.  301)  oder  ruinirt  die  Ne- 
gative (S.  300). 

5)  Braunwerden  des  Bades  (s.  S.  313). 

6)  Grauer  Schmutz  vom  mangelhaften  Abschäumen  (S.  299). 

Copirfehler. 

1)  Das  Bild  erseheint  flau,  die  Schatten  matt,  die  hellen 
Lichter  trübe  — Ursache:  saures  Silberbad  oder  altes  oder 
verdünntes  Silberbad  (S.  313),  zu  starkes  oder  zu  schwaches  Trock- 
nen (s.  o),  zu  dünne  Negative,  letztere  copire  man  unter  grünem 
Glas  oder  lackire  dieselben  auf  der  Rückseite  mit  drachenbluthaltigem 
rothen  Negativlack  (1  Theil  Drachenblut,  200  Theile  Lack). 

2)  Matte  Lichter  rühren  zuweilen  von  öfterem  Nachsehen  bei  offe- 
nem Tageslicht  her. 

3)  Gelbwerden  von  langem  Copiren  (s.  S.  318). 

4)  Braune  Streifen  — Ursache:  Fibrinreste  in  Eiweifs. 

5)  Die  Copie  ist  theilweise  unscharf  — Ursache:  schlechtes  An- 
liegen wegen  mangelhafter  Pressung,  oder  das  Papier  wird  wellig. 
Dies  passirt,  wenn  Copirraum  und  Sensibilisirraum  eine  auffallend 
verschiedene  Temperatur  haben.  Abhülfe:  Man  lasse  das  Papier  nach 
dem  Trocknen  \ Stunde  im  Copirraum  liegen,  ehe  man  es  einlegt. 

Waschfehler. 

1)  Schwarze  Niederschläge  bilden  sich  durch  schwefelhaltige 
Substanzen  im  Wasser  oder  durch  Fixirnatronreste  in  der  Schalen- 
wandung, namentlich  bei  Guttapercha-Schalen  (s.  S.  303). 

2)  Braun-schwarze  Flecke  bilden  sich  beim  Anfassen  mit 
natronhaltigen  Fingern. 

Tonfehler. 

1)  Das  Bild  tont  ungleich.  Ursache:  Mangel  an  Goldlösung, 
ungenügendes  Bewegen  und  Ueberfliefsen  derselben,  Zusammen- 
kleben der  Bilder  beim  Tonen,  so  dafs  die  Goldlösung  nicht  ein- 
dringen  kann,  längeres  Liegenlassen  der  Copieen  vor  dem  Tonen. 

2)  Das  Bild  tont  gar  nicht.  Ursache:  a)  Es  finden  sich  Jod- 
silber oder  viel  Säure  oder  viel  fremde  Metalle  im  Positivbade  (siehe 
aus  Negativbädern  hergestellte  Positivbäder  S.  287).  Man  dampfe 
solches  Bad  (nach  Entfernung  des  Jodsilbers  durch  vier-  bis  fünffache 
Verdünnung)  zur  Trocknifs  ab  und  schmelze  gelinde  längere  Zeit. 
Die  Säure  entweicht,  die  fremden  Metallsalze  zersetzen  sich  dabei 
grofsentheils ; b ) das  Waschwasser  ist  durch  schwefelhaltige  Substanzen 
verunreinigt  (s.  o.);  c)  es  fehlt  Gold  in  der  Lösung. 


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478 


Nachtrag. 


3)  Die  Lichter  färben  sich,  wenn  man  zu  helles  Tages- 
licht beim  Tonen  verwendet. 

Fixirfehler. 

1)  Es  bilden  sich  Streifen  in  Folge  ungleichmäfsigen  Eintauchens 
in  der  Fixirlösung,  oder  Flecke  vom  Aufspritzen  derselben  auf  noch 
nicht  eingetauchte  Bilder  (s.  S.  304). 

2)  Gelbliche  Punkte  (oft  erst  später  auf  den  fertigen  Bildern 
sichtbar  werdend).  Ursache:  Luftblasen  im  Papier;  Abhölfe:  tüch- 
tiges Schütteln  jedes  einzelnen  Blattes  beim  Einlegen  in  die  Fixir- 
lösung oder  Abpinseln. 

3)  Das  Fixirbad  i st  alt  (s.  S.  319). 

4)  Wolkenartige  Flecke  rühren  von  zu  kurzem  Fixiren  her. 

Waschfehler  nach  dem  Eixiren. 

1)  Die  Bilder  bekommen  Pocken  (s.  S.  312);  2)  sie  kleben 
am  Waschgefäfs  aneinander  oder  an  der  Wandung  und  werden  in 
Folge  dessen  durch  zurückbleibenden  Natrongehalt  rasch  gelb  (S.  305) ; 
3)  sie  werden  ungenügend  gewaschen  (S.  305)  (Natronprobe). 

Fehler  beim  Fertigmachen. 

1)  Gefahr  beim  Trocknen  zwischen  Fliefspapier  (S.  306);  Car- 
tonfehler (S.  306);  2)  Kleisterfehler  (S.  307);  3)  Satinirfehler 
(S.  308). 


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Sach-  und  Namenregister, 


Ablösen  der  Pigmentdrucke  323. 
Abnahme  der  Lichtstärke  mit  der  Entfer- 
nung bei  Linsen  nach  dem  Rande  hin 

I2L  229. 

Abschäumen  des  Silberbades  263.  284. 
Abstäuben  der  Platten  264. 

Abschattirter  Hintergrund  460. 

Abstäuber  264. 

Abtönen  des  Hintergrundes  bei  Positiven 

301. 

Abtropfenlassen  der  nassen  Platten  268. 
Abweichung,  chromatische  166  — longi- 
tudinale und  transversale  IAA  — sphä- 
rische IS  7. 

Achromatisches  Objectiv,  einfaches  180  — 
Prisma  168. 

Adam  Salomon,  Draperieen  436  — Hin- 
tergrund 4M  — Oberlicht  236. 
Aequivalentcollodion  264.  873. 

Aesthetik,  photographische  887. 

Aether  6JL  76. 

Aetzkali  80. 

Aetzkalk  81. 

Aetznatron  ZJL  83. 

Ablaufcollodion  283. 

Albert’s  Verfahren  (Lichtdruck)  468. 
Albumin  109. 

Albuminate  111. 

Albuminpapier  6.  114  — Coaguliren  des- 
selben mit  Alkohol  zum  Pigmentdruck 

332. 

Aldehyd  Th,  78. 

Alkalien  80. 

Alkalische  Erden  87  — Goldbäder  296 
— Positivbad  814. 

Alkohol  6 h,  7h, 

Alkolen  100. 

Alte  Platten,  Putzen  derselben  264. 
Ameisensäure  79. 

Ammon,  kohlensaures  82* 
Ammoniakräucherung  fUr  Papier  311.  318. 

340. 

Ammoniumplatinchlorid  64, 

Anfressen  der  Bilder  beim  Lackiren  276. 
Angewandte  Photographie  374. 


Anilindruck  2iL  32. 

Anordnung,  künstlerische  420  — von  Grup- 
pen 427  — in  Landschaften  428. 
Ansäuern  des  Entwicklers  266  — des 
Silberbades  266.  286. 

Ansetzen  der  Chemiealien  26Q  — des 
Collodions  261. 

Antozon  ZI, 

Aplanat  von  Steinheil  190. 

Aplanatische  Linsen  169. 

Apparate,  photographische,  Wartung  der- 
selben 279. 

Apparat,  optischer,  Herrichtung  desselben 
239.  243  — zu  Vergröfserungen  351. 
bei  künstlichem  Licht  356. 

Araeometer  314. 

Arago  3, 

Arbeiten,  das  photographische  238. 
Archer  5 — Collodionprocefs  fL  92. 
Architekturen  (Arrangement)  444. 
Arrangement  von  menschlichen  Figuren 
489  — bei  Gruppen  443  — bei  Land- 
schaften und  Architekturen  444. 
Arrowroot  93. 

Arrowrootpapier  9JL  114. 

Arsenigsaures Natron  als  Sensibilisator  64. 
Asphaltbilder  3,  66, 

Asser  2 — Photolithographie  62. 
Astigmation  165. 

Atelierbau  224. 

Atelier,  Dimensionen  desselben  284  — 
mit  Nordfront  224  — mit  Tunnel  224 

— photographisches,  an  der  KÖnigl. 
Gewerbe- Akademie  in  Berlin  218  — 
photographisches,  von  Rabending. 
Monckhoven  in  Wien  222, 

Atelierräume,  Einrichtung  derselben  217. 
Atmosphärische  Luft  HL 
Aufbewahrung  des  Pigmentpapieres  320 

— des  sensibilisirten  Papieres  318. 
Aufgiefsen  des  Entwicklers  272. 
Aufhellung  der  Schatten  406. 

Aufkleben  der  Papierbilder  auf  Carton 

306  — der  Pigmentbilder  zum  Ueber- 
tragen  324  — des  Pigmentpapieres  821. 


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480 


Sach-  und  Namenregister. 


Aufnahme  von  Modellen , Ornamenten,  I 
8tatuen,  Kunstgeräthen,  Maschinen  etc. 

a«a.  I 

Aufstellung  der  Modelle,  Ornamente,  Sta-  ( 
tuen,  Kunstgeräthe,  Maschinen  etc.  888 
— des  Originals  beim  Reproduciren 

375. 

Aufziehen  der  Papierbilder  auf  Carton 

306. 

Augenblicksbilder  362.  858. 
Augenblicksverschlufs.  364.  365. 

Ausfüllung  des  Rahmens  45 7* 

Ausschneiden  der  Papierbilder  855  — 
der  Pigmentbilder  324. 

Baden,  gewaschenes  Silberpapier  818* 
Barium  87. 

Baryt  87* 

Basen  25* 

Becquerel  Z — Wirkung  der  Spectralfar- 

ben  122* 

Behandlung  der  Glasplatten  255  — der 
Hände  44 1. 

Beiwerk  bei  Hintergründen  451.  451. 
Beleuchtung  bei  Aufnahmen  von  Modellen, 
Maschinen  etc.  355  — bei  Mikropho- 
tographien 359  — der  zu  reproduci- 
renden  Objecte  511  — über  Licht  und 
B.  394. 

Belichtung  des  Pigmentpapieres  525  — 
normale,  zu  kurze,  zu  lange  272. 
Berlinerblaubilder  21.  22* 

Berlin,  chemische  Intensität  des  blauen 
Himraelslichts  daselbst  469. 

Bertsch,  Mikrophotographie  358. 
Beschreibung  der  photographischen  Ob- 
jective  179. 

Bestimmung  des  Copirgrades  durch  Pho- 
tometer 325. 

Bewahrung  nasser  Platten  bei  langer  Ex- 
position 380. 

Bild  der  Blende  L28  — secundäres  178. 
Bilderzeugung  in  Linsen  165. 

Bildfeld  115*  158* 

Bildgröfse  155* 

Bildträger  SKL 
Bildwölbung  115* 

Bingham,  Zelt  um  den  Apparat  25fL 
Biot  3* 

Bittermandelöl  als  Sensibilisator  55. 
Blaues  Glas  zum  Atelier  255  — Him- 
melslicht, Intensität  desselben  1 38* 
Blauer  Niederschlag  beim  Verstärken  225* 
Blei  und  seine  Verbindungen  55* 
Bleibilder  55* 

Bleiglätte  55* 

Bleioxyd  65  — salpetersaures  55* 
Bleisalze  55* 

Bleisuboxyd  60. 


Bleisuperoxyd  55* 

Bleizucker  55* 

Blende  157.  247  — Bild  derselben  178. 
Blutlaugensalz  als  Sensibilisator  55  — 
gelbes  82  — mit  Eisensalzen  25*  21 
— rotlies  82* 

Böttcher  5* 

Bononischer  Stein  12* 

Borax  83. 

Boraxbad  255* 

Boussole  203. 

Brandon,  Panoramenapparat  202. 

Braun , Augenblicksverschlufs  855  — 
Momentbilder  867  — Panoramenbilder 

254* 

Braunwerden  des  Positivbades  291.  813. 
Brechung  des  Lichtes  122*  148  — in 
Linsen  161. 

Brechungsindex  128*  148. 
Brechungswinkel  123.  148. 

Brechweinstein  als  Sensibilisator  54. 
Breitenabweichung  158. 

Brennpunkt  152* 

Brennweite  162  — Messung  derselben  195. 
Brewster,  Achromatisirung  155  — Ste- 
reoskop 155* 

Brom  LL  72  — dessen  Wirkung  im  Col- 
lodion  155* 

Bromammonium  154* 

Bromcadmium  155* 

Bromcalcium  155* 

Bromkalinm  81* 

Bromlithium  155* 

Bromnatrium  85*  104. 

Bromsalze  im  Collodion  253. 

Brorasilber  5*  45* 

Bromsilberpapier  55j 
Bromzink  155* 

Brustbilder  457. 

Bürette  315. 

Bunsen  12  — Photometer  118  — Pho- 
tometrie 130. 

Burchardt  I* 

Burnett  Z*  81  — Uranbilder  85* 

Busch  8 — Pantoskop  158  — Portrait- 
objectiv  248  — Reisecamera  875  — 
secundäres  Bild  178  — Stereoskopca- 
mera 361  — Tabellen  Uber  Portrmit- 
linsendimensionen  184  — Universaltri- 
plet 155* 

Cabinetformat  457. 

Calcium  81* 

Calciumoxyd  82* 

Calciumgoldcblorid  51* 

Calomel  55* 

Camera,  doppelköpßge  852  — obscura 
2*  147.  245  — Stereoskop-  851  — 
Wartung  derselben  225* 


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Sach-  und  Namenregister. 


481 


Camerahöhe  bei  Landschaftsaufnahmen 

ÜL 

Camerapositive  350. 

Cameravergröfeerung  349. 

Carey  Lea  2 2*  28  — Glasplattenreini- 
gung 260  — Lichtempfindlichkeit  59*  52 
— Quecksilberentwickler  58.  69  — So- 
larisation  5 8 — Vermeidung  von  Flecken 
auf  Negativplatten  380« — Verstärkung 
filr  dicke  Negative  381. 

Carlevaris,  künstliches  Licht  354. 

Carrd,  haltbares  Positivpapier  340. 
Cartonschalen  zum  Silbern  288* 

Carton  zum  Aufziehen  der  Papierbilder 
und  Verunreinigung  desselben  mit  Na- 
tron 306. 

Casein  11Q. 

Oassette  246  — Reinigen  derselben  280. 
Cellulose  92. 

Centralblenden,  lose  248* 

Cerat  zum  Wachsen  der  Papierbilder  308. 
Charakteristik  447. 

Chemiealien,  Ansetzen  derselben  250  — 
im  Positivprocefs,  Wartung  derselben 
309  — photographische,  Wartung  der- 
selben 279. 

Chemie,  photographische  69* 

Chemische  Leuchtkraft  L3 2 — Lichtein- 
heit 132  — Lichtintensität,  Messung 
derselben  139  — Lichtwirkung  121  — 
Meteorologie  122  — Photometrie  189 
— Wirkungen  der  Farben  124  — Wir- 
kung des  rothen,  gelben  und  grünen 
Lichtes  469. 

Cbininschrift  1 26. 

Chlor  11*  11  — und  Essigsäure  18  — 
und  Kohlenoxydgas  im  Licht  12  — und 
Metalle  18  — und  schwefligeÖä  u re 
im  Licht  18. 

Chlorammonium  82* 

Chlorblei,  Lichtempfindlichkeit  60* 
Chlorcalcium  88* 

Chlorgold  81  — und  Silber  49* 
Chlorgoldnatrium  und  Silber  49* 
Chloriridium  84* 

Chlorkalk  22*  88* 

Chlorkalkbad  298* 

Chlorkalium  81* 

Chlorknallgas  LZ*  22  181* 

Chlornatrium  85* 

Chlorpalladium  84* 

Chlorplatin  84  — und  Silber  49* 
Chlorschwefelsäure  18* 

Chlorsilber  2 8*  19*  44  — violettes  210. 

Chlorsilbercollodion  von  Ost  341  von 

Monckhoven  848* 

Chlorsilberpapier  49*  59*  341. 
Chlorsilberpapierzersetzung  45* 
Chlorstrontium  88* 


Chlorwasserstoffstiure  22  28* 

Chondrin  112 

Chromatische  Abweichung  166. 
Chrombilder  29  — durch  Anilin,  Eisen- 
oxyd 39  — durch  Blei,  Silber,  Queck- 
silberoxydul 29  — durch  Farbstoffe  29 

— durch  Gummi,  Eiweifs,  Gelatine  89 

— durch  Hervorrufung  81  — durch 
Reliefdruck  82 

Chrom  säure  29. 

Chromsaure  Salze  2*  28  — Ammon  22 
— Chromoxyd  28  — Kali  28*  28  — 
Kali,  neutrales  22  — Kali,  saures  26 
— Kaliammon  22  — Natron  22* 
Chromsuperoxyd  28* 

Chromverbindungen  28* 

Chrysopras , Lichtempfindlichkeit  dessel- 
ben 18* 

Citronensäure  85*  29  — Zersetzung  der- 
selben im  Verstärker  288* 
Citronensäurehaltiges  Positivbad  318* 
Citronensaures  Eisenoxyd  22  — Eisenoxy- 
dul 22  — Silberoxyd  44*  29* 

Claudet  8 — Zelt  um  den  Apparat  299* 
Coaguliren  des  Eiweifspapieres  durch  Al- 
kohol 881* 

Coagulirung  111. 

Collodion  94*  99  — Aequi valent-  254  — 
Ansetzen  desselben  251  — jodirtes  252 

— nach  Dr.  Vogel  283  — Rothwerden 
desselben  282  — von  Gordon  zu  Trok- 
kenplatten  385  — von  Harnecker  zu 
Trockenplatten  838  — Wartung  der- 
selben 282. 

Collodionfehler  474. 

Collodionfilterflasche  254. 

Collodioniren  der  Platten  264. 
Collodionpapier  )Obernetter)  842*  848  — 
(Ost)  841* 

Collodionverfahren  5* 

Collodium  s.  Collodion. 

Combinationen  von  Linsen  L58* 
Concavlinsen  150. 

Condensation  von  Kampher  und  Wasser- 
dampf im  Licht  18* 

Contrastwirkungen  488* 

Contracte  440. 

Convexlinsen  150. 

Copiren  301  — mit  abgetöntem  Hinter- 
grund 301  — unvollkommener  Nega- 
tive 3Q2  — von  Stereoskopaufnahmen 

366. 

Copirfehler  (Positiv)  477. 

Copirgrad  301.  325.  328  — bei  Kohle- 
bildern 214. 

Copirmethode,  directe  146.  289  — mit 
Entwicklung  842* 

Copirprocefs  289*  299* 

Copirrahmen  290. 


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482 


8ach-  und  Namenregister. 


Copirraum  220. 

Copirtiscb  zu  Reproductionen  376. 

Copirverfahren,  directes  289.  350  — in- 
directes  289.  347.  MS  — mit  Ent- 
wicklung 289.  347.  348. 

Croft,  Jodcadmium  105. 

Crookes,  Reinigen  de«  Silberbades  mit 
übermangansaurem  Kali  286. 

Cüvette  266. 

Cyankalium  8_L  258. 

Cyankaliumlösung,  Zersetzung  ders.  288. 

Cylindrische  Daguerreotypplatte  201. 

Dachgardinen  219. 

Daguerre  3. 

Daguerreotypie  4,  13. 

Daguerreotypplatten , Solarisation  dersel- 
ben 57. 

Dallmeyer8. 121  — Augenblicksverschlufs 
364  — Drehblenden  248  — Land- 
schaftslinse 181  — neues  Portraitob- 
jectiv  mit  Verschraubung  182  — Por- 
traitobjectiv  184  — Rectilinearlinse  194 
— Stereoskopcamera  362  — Tripel- 
objectiv  173.  1.88  — Weitwinkellinse 
188. 

Dauer  der  Exposition  270. 

Davanne  41  — Chlorsilberzersetzung  42L 
48  — Goldbad  294  — Goldbad  mit 
Kreide  296  — Silberverbrauch  im  Po- 
sitivprocefs  292. 

Davy,  Silhouettenbilder  2. 

Depaquis  28, 

Descartes,  Gesetz  152. 

Desinficiren  durch  Chlor  22. 

Despratz,  Harz-Trocken  platten  338. 

Destillirtes  Wasser  74. 

Dextrin  88. 

Dialyse  110. 

Diamant  12. 

Dimensionen  des  Ateliers  234. 

Directe  Copirmethode  146.  289. 

Directe  Helligkeit  227. 

Directes  Copirverfahren  360.  389. 

Directe  Vergröfserung  351.  357. 

Dispersion,  totale  167. 

Distanzfehler  im  Portraitfach  410. 

Doppelcassette  (Meagher)  373. 

Doppelobjectiv  6, 

Doppeltkohlensaures  Natron  88. 

Dove,  Photometer  120. 

Draper  125  — Photometrie  130.  212. 

Draperieen  433. 

Drehblenden  248. 

Drehende  Camera  28L 

Drucken  von  Reproductionen  882. 

Druckverfahren  Tessins  und  Albert's  469. 

Drummond,  Kalklicht  LL  354. 

Puboscq,  Lampe  zu  künstlichem  Licht  35 5. 


Dunkelkammer  217.  221. 

Durchsichtige  Körper  121. 

Eierschalen,  Phosphorescenz  derselben  12. 
Eigenschaften  der  Glasoberfläche  259. 
Eigenschaften,  photographische  der  Jodi- 
rungssalze  107. 

Einfache  Linsen  150. 

Einfaches  photographisches  Objectiv  180. 
Einfallswinkel  123.  148. 

Einfluf9  der  Umgebung  449. 

, Eingebrannte  Bilder  24,  64, 
Einlagebretter  ftlr  Cassetten  247. 

Einlegen  der  Platte  in  die  Cassette  268. 

. Einrichtung  der  Atelierräume  217  — Ein- 
richtung der  Objective  248. 

; Einstellen,  scharfes  249. 

Eintauchen  der  Platten  in  Cttvetten  267 

— in  Schalen  269. 

Eisenbilder,  Färben  derselben  28. 
Eisenchlorid  19,  21.  22, 
Eisenchloridbilder  23. 

Eisenchlorür  21.  22  — und  Silbersalze  2iL 
Eisenoxyd  18  — citronensaures  22  — 
oxalsaures  21,  28  — schwefelsaures  21 

— weinsaures  22. 

Eisenoxydul,  citronensaures  22  — essi|£- 
saures  22  — oxalsaures  21  — schwe- 
felsaures 2_L  288  — weinsaures  22. 
Eisenoxydulammon , schwefelsaures , zum 
Entwickler  256. 

Eisensalze  7.  28. 

Eisenvitriol  2_L  28fL 
Eisessig  28,  256. 

Eiweifs  68.  109. 

Eiweifsbild  8L 
Eiweifspapier  6,  114.  288. 

Eiweifsplatten  8,  335  — zum  Trocken- 
procefs  835. 

Eiweifspapier  zu  Pigmentdrucken  381. 
Electrisches  Licht  118. 
Electromagnetismus  zum  Schütteln  des 
Waschapparates  306. 

Elfenbein,  Hauchbilder  18. 
Empfindlichkeit  des  Pigmentpapi  eres  326 

— photochemische  51  — photographi- 
sche, der  Silberhaloidsalze  51. 

England,  Methode  braunes  Silberbad  zu 
entfärben  313  — Tonbad  297  — 

Trockenplatten  388. 

Englische  Schwefelsäure  22, 

Entwickeln  der  Pigmentbilder  822. 
Entwickler  5JL  88.  98.  266  — bei  Re- 
productionen 380  — concentrirter  256 

— für  Gordon’s  Gummitrockenprocefs 
837  — für  Hamecker’s  Harztrocken- 
procefs  338  — fllr  Portraits  und  Land- 
schaften 256  — Air  Stichreproductio- 
nen  286  — giefsen  221  — verdünn- 
ter 286  — Wartung  desselben  288. 


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Sach-  und  Namenregister. 


483 


Entwicklung  der  Trockenplatten  387.  888 
— des  Bildes  4.  20,  23.  271. 
Entwicklungsfehler  476. 
Entwicklungsgang  der  Photographie  2* 
Entwicklungspfannen  zum  Pigmentdruck- 
verfahren 322. 

Erscheinen  des  Bildes  272. 

Erden,  alkalische  81. 

Essigäther  UL 

Essigsäure  ZJL  Zß  — und  Chlor  UL 
Essigsaures  Bleioxyd  66  — Eisenoxydul 
22  — Natron  78  — Natronbad  297  — 
Silberoxyd  43,  Z8. 

Excursionen,  photographische  368. 
Exponiren  270. 

Exposition  bei  Aufnahmen  von  Modellen, 
Maschinen  etc.  888  — bei  Reproductio- 
nen  379  — der  Trockenplatten  337. 
338  — lange  380. 

Expositionsfehler4Z6  — zeit  57.  135.270. 

Färben  der  Papierbilder  s.  Tonen  — des 
reducirten  Eisenoxyduls  28. 

Färbung  des  Chlorsilbers  80  — photo- 
graphische 61, 

•Falten  436  — Gewohnheits-  438. 
Faraday  14. 

Färbung  des  Hintergrundes  464. 

Farbe  121. 

Farben,  natürliche,  deren  photographi- 
sche Wiedergabe  210. 

Farbenlehre  Ul,  101, 

Farbenpigmente , photographische  Wir- 
kungen derselben  125. 

Farbenspectrum  123. 

Farbenzerstreuung  166«  249. 

Farbige  Photographieen  L 
Fehler  durch  grofses  Gesichtsfeld  415  — 
technische  473  — ira  Negativprocefs 
473  — im  Poaitivprocefs  477. 

Ferrier,  Momentbilder  367. 

Fertigmachen  der  Papierbilder  808* 
Feuchtigkeit,  schädlicher  Einflufs  dersel- 
ben auf  Negative  310« 

Fibrin  110. 

Figuren,  menschliche,  Arrangement  der- 
selben 439. 

Filterflasche  für  Collodien  254. 
Filtrirpapier,  Verunreinigungen  desselben 

284. 

Fixage  258  — Wartung  derselben  288. 
Fixirbad  298  — Wartung  derselben  319. 
Fixiren  der  Bilder  (L  268.  274  — der 
Papierbilder  304  — der  Trockenplat- 
ten 337.  338. 

Fixirfehler  (Negativ)  47C  — (Positiv) 
478. 

Fixirmittel  81.  82.  83.  87.  26ß, 
Fixirnatron  88«  268. 


Fixirnatronlösung,  Zersetzung  derselben 

288.  298. 

Fizeau  fL  Z — Tonung  63. 

Flauheit  der  Negative  285. 

Flecken  auf  Negativplatten  380  — moos- 
förmige,  durch  Cassettenschmutz  247. 

380. 

Fluorescenz  104, 

Flufsspath  12* 

Focus  152. 

Focusdifferenz  169.  880  — Messung  der- 
selben 360  — Vermeidung  der  Fehler 
derselben  bei  mikrosk.  Aufnahmen  360. 
Formate  457. 

Fox  Talbot  4*  2*  146. 

Fraunhofer,  Linien  im  Spectrum  123. 
Fremdes  Licht  in  der  Camera  249.  270. 
Fry,  Collodion  00* 

Fuselöl  75. 

Gährung  75. 

Gaffield,  Glas  zum  Atelier  und  Verände- 
rungen des  Glases  im  Licht  236. 
Gaine,  Pergamentisirung  08« 
Gulläpfelgerbstoff  80. 

Gallussäure  20«  80, 

Ganze  Figuren  467. 

Gardinen  218.  236. 

Gardinenconstruction  von  Loeseher  und 
Petsch  218,  236. 

Gaudin  6, 

Gebrannter  Kalk  82« 

Gebrannte  Magnesia  88. 

Gebrauch  des  Photometers  von  Dr.  Vo- 
gel 806* 

Gebrauchte  Platten,  Putzen  derselben  2 G4. 
Gekrümmter  Hintergrund  486, 

Gelatine  LH  — und  chromsaure  Salze  1 12. 
Gelbwerden  der  Papierbilder  200*  312, 
Gemalter  Hintergrund  462. 

Geodäsie,  photographische  201. 

Geputzte  Platten  281. 

Gerben  der  Pigmentdrucke  323. 
Gerbsäure  89. 

Gerbsaures  Bleioxyd  80  — Eisenoxyd  88. 
Gerbstoff  80, 

Geschichte  der  Photographie  i, 
Gesichtsfeld  der  Linsen  157. 176. 178. 192 
— grofses;  Fehler  durch  dasselbe  415. 
Gewänder  und  Draperieen  433. 
Gewaschene  nasse  Platten  bei  langer  Ex- 
position 381. 

Gewerbe -Akademie,  Königl.  zu  Berlin, 
photographisches  Atelier  derselben  218. 
Giefsen  des  Entwicklers  271  — grofser 
Platten  266. 

Girard,  Chlorsilberzersetzung  46  — Gold- 
bad 294  — Silberverbrauch  im  Posi- 
| tivprocefs  292. 


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484 


Sach-  and  Namenregister. 


Glättmaschinen  für  fertige  Bilder  807. 
Glas-Cüvetten  267. 

Glas,  Hauchbilder  15  — Lichtempllnd- 
licbkeit  desselben  I A.  UL  236  — rhei- 
nisches 259  — Spiegel-  259  — zum 
Atelierbau  255. 

Glashaus  218.  228. 

Glasoberfläche , Eigenschaften  derselben 

269. 

Glasplatten  als  Bildträger  5.  255  — Be- 
handlung und  Reinigung  derselben  260. 
622  — Wartung  derselben  251. 
Glasschablonen  zum  Ausschneiden  der  Pa- 
pierbilder 306. 

Glas-Schalen  268. 

Glaatrog  (Cüvette)  255. 

Glaubersalz  55. 

Glutin  UL2. 

Glycocoll  1 12. 

Goddart  6. 

Gold  und  seine  Verbindungen  6L 
Goldbad  295  — alkalisches  296  — mit 
Borax  296  — Chlorkalk-  255  — es- 
sigsaures Natron-  292  — kohlensaures 
Natron-  297  — Kreide-  295  — neu- 
trales 296  — phosphorsaures  Natron- 
295  — Rhodan-  297  — saures  297  — 
Wartung  desselben  318. 
Goldchloridbilder  207. 

Goldchloridcalcium  6L 
Goldchloridkalium  KL  295. 
Goldchloridnatrium  6L 
Goldchlortlr  62. 

Goldchlorümatrium  65. 

Goldoxydkali  6L 
Goldoxvdmagiiesia  5L 
Goldoxydnatron  6L 
Goldoxydul  62. 

Goldpulver  36. 

Goldsalze,  Reduction  derselben  62. 
Goldverbrauch  295. 

Gordon,  Gummigallusprocefs  355. 
Graphitsäure  66. 

Grafshoff’s  Lack  für  Negative  255  — Ne- 
gativretouche  380  — Pigmentdruck  auf 
Eiweifspapier  331  — Rembrandts  159 
— Hiutergrundretouche  — Atelierre- 
touche  236. 

GrUne,  Bleibilder  69  — Holzschnitfcpho- 
tograpbie  207  — Kupferbilder  25  — 
Porzellanbilder  15.  207  — Umwand- 
lung der  Silberbilder  in  Bilder  anderer 
Metalle  und  Verbindungen  207  — Zau- 
berphotographieen  65. 

Grubb,  Landschaftslinse  182. 
Gummigallusprocefs  (Trockenplatten)  336. 
Gummiren  des  Pigmentpapieres  32L 
Gruppenarrangements  413. 
Guttapercha-Cüvetten  267. 


Guttapercbahaken  zum  Cüvettensilbern 

267. 

Guttapercha-Schalen  zum  Silbern  268. 

Gyps  52. 

Haarrisse  an  den  Negativen  311. 

Hadow,  Pyroxylin  91. 

Hände,  Behandlung  derselben  441. 

Härten  bei  zu  kurz  belichteten  Platteu  272. 

Haken  zum  Eintauchen  der  Platten  in  Ctt- 
vetten  267. 

Halb  bedeckte  Schalen  269. 

Halbton  1 18. 

Halbtonzeichnnngen , Reproduction  der- 
selben 379. 

Halogene  23. 

Haloidsalze  2 h 22. 

Haltbare  Negativplatten  334. 

Haltbare  Positivpapiere  340. 

Haltbarkeit  der  Collodien  106. 

Haltbarkeit  der  Negative  310. 

Handlung  448. 

Handtuch,  Giefsen  grofser  Platten  auf 
demselben  266. 

Hardwich,  Albuminpapier  114  — Brom- 
kalium 108  — Jodcollodion  108  * 

Jodkalium  152  — Papierpyroxylin 
96.  92  — Silberverbrauch  im  Positiv- 
procefs  292. 

Harnecker,  Harztrockenprocefs  338  

Vergröfser ungen  351.  858. 

Harrison,  Kugelobjectiv  192. 

Harz  95. 

Harzpapier  111. 

Harzseife  (Papier)  114. 

Harztrockenprocefs  von  Harnecker  338. 

Hauchbilder  13. 

Hauptschnitt  (Linsen)  150. 

Hausenbl&se  112. 

Heizung  im  Atelier  237. 

Heliographie  3.  2. 

Helligkeit,  directe  227. 

Helligkeit  im  Atelier  225. 

Herrichtung  des  aufzunehmenden  Gegen- 
standes 239  — des  optischen  Appara- 
tes 239.  243. 

Herschel  fL  6 — Eisensalze  nnd  rothe 
Strahlen  169  — Reduction  durch  Eisen- 
oxydsalze  22  — Wirkung  der  Spec- 
tralfarben  127. 

Hervorrufer  59. 

; Hervorrufungsprocefs  58. 

Hervorrufung  von  Daguerreotypieen  L 23. 

Herzog,  Zelteinrichtung  369. 

Highley,  Mikrophotographie  358. 

Hintergründe  240.  457  — weifse  458  — 
schwarze  459  — Abschattirung  der  460 
— gekrümmte  165  — gemalte  462  — 
plastische  463. 


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Sach-  und  Namenregister. 


485 


Hintergrund,  Abtonen  desselben  beim  Co- 
piren  3Q1  — -Decorationen,  plastische 
468  — Retouche  468. 

Hirsch,  Silberverbrauch  im  Positivprocefs 

293. 

Höhe  der  Camera  417. 

Höllenstein  AL 
Holzessig  7JL 
Horizont  416.  462. 

Holzgeist  76. 

Hornsilber  AA. 

Hughes,  gewaschene  nasse  Platten  381, 
Hunt  53,  65. 

Hyazinth,  Lichtempfindlichkeit  des  UL 
Hydratwasser  TA. 

Jabez  Hughes,  gewaschene  nasse  Platten 

381. 

Jacobsen,  Reinigung  des  Silberbades  mit 
übermangansaurem  Kali  286. 
Jagemann,  Portraits  280. 

Jeanrenaud,  Coaguliren  des  Eiweifsp&pie- 
res  mit  Alkohol  332  — Pigmentdrucke 
auf  Eiweifspapier  331. 

Indirectea  Co pirv erfahren  289.  347.  318. 
Indirecte  Vergröfserung  356. 
Insolationsgefäfs  zur  Photometrie  13L 
Instrumente,  optische  146. 

Intensität  der  chemischen  Wirkung  des 
Lichtes  LZ  — des  blauen  Himmelslich- 
tes 183  — des  Lichtes  117.  122.  211. 
270  — optische  L&iL 
Intensitätscurve  des  Lichtes  128. 

Jod  LL  22  — absorbirende  Körper  als 
Sensibilisatoren  5A, 

Jodammonium  104. 

Jodblei  fiO. 

Jodcadmium  105.  . 

Jodcalcium  105. 

Jodiren  101.  262. 

Jodirtes  Collodion  252. 

Jodirung  252. 

Jodirungssalze  3L  1Q1.  252  — Wirkung 
derselben  106. 

Jodkalium  8U  102. 

Jodkaliumlösung  zum  Silberprober  317. 
Jodlithium  104. 

Jodlösung  und  Silber  AiL 
Jodmetalle  UL 
Jodnatrium  85.  LOA. 

Jodquecksilber  52  — und  Silber  A3, 
Jodsilber  6.  13.  38,  15  — Entfernung 
desselben  aus  dem  Silberbade  287  — 
Lichtempfindlichkeit  desselben  AZ  — 
Löslichkeit  desselben  in  Jodkalium  AZ 
— Löslichkeit  desselben  in  Silberlösung 
46.  255. 

Jodsilberpapier  54L 
jodsilberplatte  3. 


Jodsilberplatten,  trockene  884. 
Jodstärkebilder  20. 

Jodstärkeprobe  auf  unterschwefligsaures 
Natron  205. 

Jodwasserstoffsäure  UL 
Jodzink  106. 

Johnson's  verbesserter  Pigmentdruckpro- 

cefs  328. 

Joutiert,  Druckprocefs  3JL  146. 

Iridium  63. 

Iridiumbilder  208. 

Iridiumchlorid  208. 

Kali  80  — chromsaures  23  — kohlen- 
saures 81  — salpetersaures  81. 
Kaliumeisencyanid  23.  82. 
KaliumeiBencyanUr  82. 

Kaliumgoldchlorid  61. 

Kaliumgoldcyanid  63. 

KaliumgoldcyanUr  63. 

Kaliumoxyd  80. 

Kaliumplatinchlorid  6A. 
Kaliumßilbercyanür  81 . 

Kalk  82  — kohlensaurer  8Z  — salpeter- 
saurer  82,  88  — schwefelsaurer  82  — 
unterschwefligsaurer  88. 

Kalklicht  ZU  351. 

Kalkstein  82. 

Kampher,  Condensation  seiner  Dämpfe  1 3. 
Kattunpyroxylin  96. 

Kautschucklösung  321. 

Kantschuckpapier  321. 

Kautschuck  und  Schwefel  UL 
Kegelobjectiv  188. 

Keilrahmen  bei  Hintergründen  240. 
Kellner,  Mikrophotographie  358. 

Kew,  chemische  Lichtstärke  daselbst  210. 

212. 

Kiehnholz,  Färbung  durch  Licht  UL 
Kieselsäure  77. 

Klarheit  im  Arrangement  443. 

Kleister  93. 

Knallsilber  &iL 
Kniestücke  457.  461. 

Knorpelleim  L12. 

Kochsalz  85. 

Kohlebilder  21,  33,  112,  21A.  319. 
Kohlecopirverfahren  2, 

Kohledruck  28, 

Kohlenoxydgas  und  Chlor  UL 
Kohlensäure  ZZ  — zerlegt  durch  Licht 
in  den  Pflanzen  67. 

Kohlensaures  Ammon  81  — Kali  81  — 
Kalk  82  — Magnesia  88  — Natron 
83  — Natronbad  (Goldbad)  297  — 
Silberoxyd  83  — Silberpapier  340. 
Kohlenstoffsuperchlorid  18. 
Kohlenstoffverbindungen  6A. 
Kohlenwasserstoffgas,  leichtes,  u.  Chlor  18. 


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486 


Sach-  und  Namenregister. 


Köpfe,  grofse  im  Visitformat  458. 
Kopfhalter  241. 

Kreide  82. 

Kreidegoldbad  228, 

Kreosot  111. 

Krümmungshalbmesser  der  Linsen  152, 
Kry stall wasser  74. 

Künstliches  Licht  118.  386  — zu  Ver- 
gröfseruugen  364. 

Kugelobjectiv  174.  191. 

Kunst  der  Photographie  LL  387. 
Kunstgeräthe,  Aufnahme  derselben  383, 
Kupfer  25, 

Kupferbilder  £5.  209. 

Kupferchlorid  25,  209. 

Kupferchlorür  2 5.  209. 

Kupferdruck,  photographischer  Z. 

Kupfer  (Hauchbilder)  L»L 
Kupferoxyd  18, 

Kupfersalze  25. 

Kupferstiche,  Aufnahme  derselben  375. 
Kurtz’s  Hintergründe  452,  464  — Re- 
flector  465. 

Laboratorium  221  — Vorbereitungsarbei- 
ten in  demselben  250, 

Lack,  Anfressen  der  Bilder  durch  densel- 
ben 276  — für  Negative  258  — für 
Negative  nach  Grafshoff  258  — War- 
tung desselben  288. 

Lackiren  2 25  — auf  der  Rückseite  802. 
Lackirfehler  476. 

Lackmuspapier  22. 

Lampe  zum  künstlichen  Licht  356. 
Landschaften,  Entwickler  dafür  252  — 
Arrangement  444  — Standpunkthöhe 
bei  denselben  412, 

Landschaftslinse  162.  180  — von  Dall- 
meyer  181  — von  Grubb  182  — von 
Voigtländer  182. 
Landschaftsphotographie  141. 
Latentwerden  des  Lichtes  14, 

Lavendelöl  3.  68, 

Lea  22,  28  — Glasplattenreinigung  280 
— Lichtempfindlichkeit  50,  52  — 
Quecksilber  58.  60  — Solarisation  58 
— Vermeidung  von  Flecken  auf  Ne- 
gativplatten  880  — Verstärkung  für 
dicke  Negative  28L 
Legray,  Collodiumprofs  5_. 

Leim  HL 

Leimung  des  Papiers  118, 
Leinenpyroxylin  98. 

Leinwandbleiche  64, 

Lemercier  Z — Photolithographie  6 Z. 
Lerebours,  Photolithographie  82, 

Leth,  Kohlebilder  38,  148, 

Leuchtkraft,  chemische  132 — optische  182. 
Leuchtende  Körper  117. 


I Leucin  112, 

| Levol,  Bleioxyd  80, 

Licht  111  — fremdes,  in  der  Camera 
249.  27Q.  378  — physikalische  Wir- 
kungen desselben  12  — Uber  L.  und 
Beleuchtung  394  — Absorption  in 
feuchten  und  trocknen  Platten  469  — 
chemische  Wirkung  des  rothen,  gelben 
und  grünen  469. 

Lichtdruck  468. 

Lichteinheit  121  — chemische  182. 

Lichtempfindlichkeit  der  Haloids&lze  4iL  50, 

Lichtfleck  178. 

Lichtintensität,  chemische,  Messung  der- 
selben 130.  210. 

Lichtreflexe  bei  Oelgemälde-Reproductio- 
nen  377. 

Lichtstärke  117.  210  — der  Linsen  1 7fi. 
188, 

Lichtvertheilung  im  Atelier  225. 

Lichtwinkel  (Atelierbau)  226. 

Lichtwirkung,  chemische  121  — bei  ro- 
them,  gelbem  und  grünem  Lichte  469- 

Liesegang,  Papierpyroxylin  98,  92, 

Linearzeichnungen , Reproductionen  der- 
selben 379. 

Linien,  Gleichgewicht  der  421  — und 
Umrisse,  in  künstlerischer  Hinsicht429. 

Linsen  148  — einfache  1 50  — Gesichts- 
feld derselben  176.  197  — Lichtstärke 
derselben  176.  128  — photographische, 
Wartung  derselben  222  — zur  Auf- 
nahme von  Modellen,  Maschinen  etc. 
886. 

Linsenbestimmungen  182. 

Linsencombination  152. 

Löcher  in  der  Collodionschicht  47.  77. 
284. 

Loescher  und  Petsch,  Gardinen  22Q  — 
plastische  Decorationen  463  — Licht- 
effecte 459  — Schattenschirm  408. 

Löslichkeit  der  Jodirungssalze  107. 

Lösungsmittel  78, 

Longitudinale  Abweichung  15g. 

Lübke,  Geschichte  der  Architektur  384  — 
Geschichte  der  Plastik  884. 

Luftdruck,  Wirkung  desselben  auf  die 
Intensität  138. 

Lussac,  Silbermesser  314. 

Magnesia  82  — gebrannte  88  — koblen- 
saure  88. 

Magnesium  87. 

Magnesiumlicht  118. 

Magnetisiren  durch  Licht  12, 

Mahagoniholz,  Dunkeln  desselben  durch 
Licht  14, 

Manganglas,  Färbung  desselben  durch 

Licht  14 


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Sach-  und  Namenregister. 


487 


Marmor  8Z. 

Marmorflecke  380. 

Martens,  Panoraraenapparat  28JL 

Maschinen,  Aufnahme  derselben  883. 

Masken  beim  Copiren  382. 

Matte  Scheibe  der  Camera  249. 

Mattes  Glas  zum  Atelierdach  236. 

Maxinmm,  photographisches  52. 

Meagher,  Copirrahmen  mit  Kautschuck- 
bändern  291  — Doppelcassette  373  — 
Reisecamera  372. 

Meicke,  Silberverbrauch  im  Positivprocefs 

292. 

Meillet,  Gold  62. 

Mercurammoninm  5iL 

Messung  der  ehern.  Lichtintensität  130. 

Metalloide  69. 

Metalloxyde  ZiL 

Metallverbindungen , Photochemie  dersel- 
ben L8. 

Meteorologie,  chemische  133. 

Methylalkohol  Z6. 

Meynier,  Rhodanammonium  87. 

Mikrophotographie  358. 

Modelle,  Aufnahme  derselben  383. 

Möbel  in  Ateliers  461. 

Mohr,  haltbares  Positivpapier  340. 

Moll,  Reisecamera  372. 

Momentbilder  366. 

Momentverschlufs  364.  865. 

Monckhoven’s  Apparat  zu  Vergröfserungen 
356  — Atelier  222  — Reproduction 
von  Negativen  mit  Chlorsilbercollodion 
346  — Solarisation  346  — Vergrö- 
fserungen  351  — Vergröfserungen  bei 
künstlichem  Licht  354. 

Monochloressigsäure  l_fL 

Moosflecke  880. 

Moosformige  Flecken  durch  Cassetten- 
schmutz  247. 

Moser,  Hauchbilder  13  — Solarisation 
57  — Wirkung  der  Spectralfarben  180. 

Mothay,  Tessin  de,  künstliches  Licht  354. 

Müller,  Wirkung  der  Spectralfarben  122. 

Mungo  Ponton  2. 

Natron  ZIL  83  — arsenigsaures,  als  Sen- 
sibilisator 54  — borsaures  83  — es- 
sigsaures 28  — kohlensaures  88  — 
phosphorsaures  88  — salpetersaures  63 
— unterschwefligsaures  6.  88.  258. 

Natrontonbad  285.  • 

Natriumgoldchlorid  61. 

Natriumoxyd  ZJL  88. 

Natriuraplatinchlorid  64. 

Natürliche  Farben  auf  photographischem 
Wege  210. 

Negative,  schädlicher  Einflufs  der  Feuch- 
tigkeit auf  dieselben  816  — Wartung 
der  fertigen  288.  309. 

Vogel,  Lehrbuch  der  Photographie. 


Negatives  Bild  4.  28. 

Negativlack  258.  276  — nach  GrafshoflF 

258. 

Negativplatten,  haltbare  sensible  333. 

Negativprocefs  54.  92.  239.  — Fehler  im 
473  — Reihenfolge  der  Operationen  2ZZ. 

Negativretouche  380. 

Negr£,  Stahldruck  34.  66. 

Neigungsfehler  416. 

Nelkenöl  als  Sensibilisator  56. 

Neutrale  Goldbäder  296. 

Neutrales  Positivbad  313. 

Neutralisation  des  Silberbades  285. 

Nichtleuchtende  Körper  117. 

Nickel,  Papierpyroxylin  96  — Silberver- 
brauch im  Positivprocefs  293. 

Niederschlag,  bläulicher,  beim  Verstärken 
278. 

Nidpce  de  St.  Victor  5.  Z — Eiweifsbild 
91.  188  — Stahldrucke  68  — Uran- 
bilder 35  — Versuche  mit  latentem 
Licht  14. 

Nidpce,  Nicophore  2 — Asphaltbilder  8. 
68  — Camera  obscura  147. 

Nordfrontatelier  224.  232. 

Nordhäuser  Schwefelsäure  ZZ. 

Norraalgoldlösung  296. 

Oberlichtgardinen  219. 

Obernetter,  Collodionpapier  342.  348  — 
Kohlebilder  33.  146  — Kupferbilder 
28  — haltbares  Positivpapier  340  — 
Solarisation  58. 

Objectiv,  einfaches  photographisches  180 
— Einrichtung  derselben  248  — pho- 
tographische 179  — für  Reproducti o- 
nen  378. 

Objectivprüfung  194. 

OefFnung,  relative  der  Linsen  177. 

Oele  im  Lichte  68. 

Oelgemälde,  Aufnahme  derselben  375  — 
Expositionszeit  bei  Reproduction  der- 
selben 379. 

j Operationen,  photographische  262  — Ue- 
bersicht  und  Reihenfolge  der  Operatio- 
nen im  Negativ-  und  Positivprocefs 277. 

Operationsmethoden  bei  Reprodnctionen 

380. 

Optik,  photographische  117  — Nachtrag 
469. 

Optische  Instrumente  146  — Intensität 
121.  133  — Leuchtkraft  132  — Ap- 
parat, dessen  Herrichtung  289.  248. 

Organische  Substanzen  64  — Substanzen 
im  Silberbade  287.  313. 

Originalfehler  473. 

Ornamente,  Aufnahme  derselben  383. 

Orthoskop,  Petzval’sches  178.  188. 
i Osborne  Z — Photolithographie  32. 

32 


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488 


Sach-  and  Namenregister. 


Osmium  63, 

Ost,  Chlorailbercollodion  341  — citronen- 
säurehaltiges  Positivbad  318  — Collo- 
dionpapier  341  — haltbares  Positiv- 
papier 840. 

Oxalsäure  63. 

Oxalsaures  Eisenoxyd  2L  23  — Eisen- 
oxydammon 21  — Eisenoxydkali  21 
— Eisenoxydnatron  21  — Eisenoxy- 
dul 2_L 
Oxydiren  Z3± 

Ozon  1 4.  17.  66.  7Q. 

Ozonisirnng  LL 

Palladium  63, 

Palladiumbilder  208. 

Palladiumchlorid  208. 

Panoratnenapparat  2ÜLL 
Panotyp  289. 

Pantoskop  174.  191. 

Papier  113.  298  — Gelbwerden  desselben 
299.  312  — pockiges  299.  312  — 
Räucherung  desselben  mit  Ammoniak 
311  — Sensibilisiren  desselben  299  — 
sensibilisirtes,  Wartung  desselben  318 
— Wortung  desselben  311  — Wirkung 
auf  Chlorsilber  12  — als  Bildträger 
90.  298  — durch  Licht  gefärbt  lß  — 
zum  Photometer  326. 

Papierbilder  43. 

Papierfaser  als  Sensibilisator  42. 
Papierpyroxylin  96, 

Park,  chemische  Lichtstärke  daselbst  210. 

212. 

Paraffintränkung  der  Cassetten  280. 
Pendelphotometer  143. 

Pergamentisirnng  2JL 

Periskop  169  — von  Steinbeil  133.. 

Perspective  407. 

Petzral,  Doppelobjectiv  6.  182  — Ortho- 
skop 173.  174. 

Pfeilwurzel  93. 

Pflanzenfaser  63.  92  — Lichtwirkung  6L 
Phosgengas  18. 

Phosphor,  gelber,  durch  Licht  roth  LZ. 
Phosphore9cenz  12.  121. 

Phosphorsnures  Natron  83  — Natronbad 

236. 

Phosphorwasserstoff  am  Licht  18. 
Photochemie  Lß.  207  — der  Metallver- 
bindungen L8  — der  Nichtmetalle  12 
— Nachtrag  468. 

Photochemische  Empfindlichkeit  LL 
Photogrammetrie  201.  203. 

Photographie,  angewandte  374/  — die 
Kunst  derselben  387  — eingebrannte 
64  — des  Unsichtbaren  126  — natür- 
licher Farben  210  — und  Wahrheit 
388. 


Photographische  Aesthetik  387  — Appa- 
rate und  Chemiealien,  Wartung  dersel- 
ben 279  — Camera  245  — Chemie 
63  — Eigenschaften  der  Jodirungssalze 
107  — Empfindlichkeit  33  — Excur- 
sionen  368  — Färbung  31  — Geodä- 
sie 231  — Linsen,  Wartung  derselben 
279  — Maximum  3Z  — Objective 
179  — Objectiv,  einfaches  180  — 
Operationen  262  — Optik  117.  210 
— Optik,  Nachtrag  469  — Verände- 
rung 33  — Verfahren,  verschiedene  333 
— Wirkungen  der  Farbenpigmente  125. 

Photolithographie  Z,  26.  31.  67,  112. 

Photometer  118  — papier  326  — von 
Bunsen  118  — von  Dove  120  — von 
Vogel  213,  323.  323. 

Photometrie  117  — chemische  130. 

Photoxylographie  207. 

Physikalische  Wirkungen  der  Farben  124 
— der  Jodirungssalze  136  — des  Lich- 
tes 12. 

Phypson,  Eisenbilder  23- 

Pigmentbilder  319  — Copirgrad  214. 

Pigmentdrucke  auf  Eiweifspapier  331. 

Pigmentdruckprocefs  319  — Johnson’s 
verbesserter  328. 

Pigmentpapier  319  — Ablösen  der  Bilder 
323  — Aufkleben  desselben  32 1 — 
Belichtung  desselben  320  — Empfind- 
lichkeit desselben  326  — Entwickeln 
desselben  322  — Gerben  der  Bilder 
323  — Gummi ren  desselben  321  — 
Sensibilisiren  desselben  320  — Ueber- 
tragen  der  Bilder  823  — Wässern  des- 
selben 322. 

Pipette  316. 

Plastische  Hintergrund-Decorationen  463. 

Platina  63. 

Platinbilder  64.  2Q7, 

Platinchlorid  237. 

PlatinoTde  63. 

Platinschwamm  3JL 

Platinschwarz  36.  207. 

Platten,  Abstäuben  derselben  264. 

Plattenkasten  281.  310. 

Plattenputzen  262. 

Plattenputzzimmer  221. 

Plattenreinigen  ZfL  2 62. 

Pockenbildung  bei  Papierbildern  299.  312. 

Poitevin  «7.  Ü3  — Eisenbilder  23.  24  — 
Photolithographie  31  — Tuschbilder  33, 

Poliren  der  Platten  mit  Lederballen  263. 

Ponton  Z, 

Porta,  Camera  obscura  2.  147. 

Portraitfach,  Distanzfehler  in  dems.  410. 

Portraitobjectiv  L62  — von  Dalimeyer 
184  — von  Petzval  182  — von  Voigt- 
I länder  185. 


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Sach-  und  Namenregister. 


489 


Portraits,  Entwickler  dafür  256. 
Porzellanbilder  40,  207. 
Porzellan-Cüvetten  267  — Schalen  268. 
Positivbad  291  — citronensäurehaltiges 
318  — zuckerhaltiges  318  — aus  al- 
ten Negativbädern  287  — Wartung  des- 
selben 313. 

Positive  mit  der  Camera  350, 

Positives  Bild  4, 

Positivpapiere,  sensible  haltbare  333.  340. 
Positivprocefs  5JL  9JL  289  — Fehler  im 
477 — Reihenfolge  der  Operationen  277. 
Positivsilberbad  s.  Positivbad. 

Pottasche  81. 

Präservirung  der  Cassetten  280. 

Praxis  der  Photographie  LL  217  — der 
Phot.,  Nachtrag  469  — des  Silber- 
druckes 299. 

Pretzsch,  Stahldruck  34, 

Prisma  123.  149  — achromatisches  168. 
Profilirung  432. 

Protemstoffe  1 10. 

Prüfung  der  Objective  194  — über  Con- 
trastwirkungen  466. 

Prümm,  Über  Contrastwirkungen  466. 
Publikum,  Umgang  mit  453. 

Putzen  alter  Platten  204  — der  Platten 
262. 

Putzfehler  474. 

Putzrahmen  263. 

Pyrogallussäure  77,  7JL  9JL  257. 
Pyrogallussäure  - Auflösung , alkoholische 
257  — wässerige  257  — Zersetzung 
derselben  288. 

Pyropapier  96, 

Pyroxylin  22,  94, 

Quecksilber  und  seine  Verbindungen  58- 
Quecksilberchlorid  52  — und  Silber  32, 

208 

Quecksilberchlorür  52, 
Quecksilberjodidjodkalium  60, 
Quecksilberjodür  52, 

Quecksilberoxyd  18,  52  — salpeterlaures 

59.  60. 

Quecksilberoxydul  52  — salpetersaurcs 
52  — salpetersaures,  als  Sensibilisator 
54. 

Quecksilbersalze  52, 

Quetschhahnbürette  615, 

Räucherung  des  Papiers  mit  Ammoniak 

312-  318-  340. 

Rahmen,  Ausfüllung  desselben  457, 
Randstrahlen  157. 

Rayons  continuateurs  160, 

Rayons  excitateurs  130. 

Reaction  des  Positivsilberbades  313. 
Realgar,  Lichtempfindlichkeit  desselben  15. 


Rectilinearlinse  von  Dalimeyer  194. 

Reductionen  der  Metall  Verbindungen  16, 

Reduction  der  chromsauren  Salze  durch 
Licht  26  — der  Eisenoxydsalze  durch 
Licht  22  — der  Goldsalze  62, 

Reductionsmittel  88, 

Reflectirschirm  406.  465. 

Reihenfolge,  Uebersicht  und  R.  der  Ope- 
rationen im  Negativ-  und  Positivpro- 
cefs 277. 

Reinigen  der  Atelierscheiben  236  — der 
Glasplatten  260  — des  Silberbades  284. 

Reinigungsfehler  474. 

Reisecamera  (Meagher’s)  372. 

Reisecüvette  373. 

Relative  Oeffnung  der  Linsen  177. 

Reliefdruck  2.  26,  82, 

Rembrandteffecte  459. 

Remele,  Augenblicksverschlufs  364  — 
Ueberstreichen  der  Cassettenecken  mit 
Negativlack  280  — Zelteinrichtung  369. 

Reproductionen,  Stich-,  Entwickler  dafür 
256. 

Reproductionsgestell  376. 

Reproductionsphotographie  375. 

Reproduction  von  Negativen  mit  Chlor- 
silbercollodion  345  — von  Zeichnun- 
gen ohne  Camera  470. 

Rctouche  von  Negativen  380  — von  Re- 
prodnctions-Originalen  375. 

Retouchirlack  258. 

Reutlinger’s  Atelier  230. 

Rheinisches  Glas  259. 

Rhodanammonium  86. 

Rhodangoldbad  297. 

Rhodankalium  82  — u.  Eisenoxydsalze  21. 

Rhodansilber  82, 

Rives  113. 

Rohcollodium  22,  252. 

Robpapier  9_L  113. 

Roscoe  17  — chemische  Intensität  210 
— Photometrie  130. 

Rosten  ZO, 

Rothwerden  des  Collodions  282. 

Rouch,  Augenblicksschirm  365  — Dun- 
kelzelt 368. 

Russell  Manners  Gordon,  Gummitrocken- 
procefs  86,  335. 

Säuren  76  — als  Vermehrer  der  Empfind- 
lichkeit 51. 

Salomon’s  Atelier  280. 

Salpeter  81, 

Salpeteräther  ZU. 

Salpetersäure  17  — am  Licht  18  — prä- 
parirte,  zum  Silberprober  317. 

Salpetersaures  Acthyloxyd  76  — Baryt 
88  — Bleioxyd  60  ’ — Kali  81  — 
Kalk  67.  86  — Natron  63  — Queck- 


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490 


Sach-  und  Namenregister. 


8ilberoxyd  59.  69  — Quecksilberoxy- 
dul 54.  55  — Silberoxyd  4_L  255  — 
Urauoxyd  Z8  — Unwoxydul  35. 
Salpetrigsaures  Silber  42. 

Salzbildner  17_,  73. 

Salze  76.  79. 

Salzsäure  LZ.  ZZ.  78. 

Salzung  des  Papiers  113. 

Sammellinsen  15Q. 

Satiniren  der  fertigen  Bilder  307. 
Satinirmaschiue  807. 

Sauerstoff  Z9. 

Sauerstoffsäuren  TL 
Sauerstoffverbindungen  TL 
Sauerwerden  alkoholischer  Silberbäder  ZiL 
Saure  Goldbäder  297. 

Savce  55. 

Scaraoni,  Reproductionen  875. 
Schablonen  zum  Ausschneiden  der  Pa- 
pierbilder 306. 

Schade,  Waschapparat  mit  Eleetromagne- 
tismus  305. 

Schaeffner  und  Mohr,  haltbares  Positiv- 
papier 340. 

Schalen  zum  Silbern  268. 

Scharfeinstellen  248. 

Schatten,  Aufhellung  derselben  405. 
Schattenschirm  von  Loescher  und  Petsch 
403. 

Scheele , Zersetzung  des  Chlorsilbers  45. 
Scheibe,  Visir-  oder  matte  249. 
Schiebecassetten  247-. 

Schiefsbaumwolle  5*  ZiL  9JL  94. 

Schleier  bei  Trockenplatten  337. 
Schleierbildung  108.  254.  255.  285. 
Schleiervorhänge  236. 

Schmutzstreifen  auf  der  Platte  271. 
Schnaufs,  Löslichkeit  des  Jodsilbers  in 
Silberlösungen  4fL 
Schnellarbeiter  (Linsen)  186. 

Schnitzer,  Kugelobjectiv  192. 

Schön bein  50  — Pyroxylin  94. 
Schönungsmethoden  45. 

Schutz  des  Objectivs  vor  fremdem  Licht 
bei  Reproductionen  378. 

Schwarz,  Vergröfserungen  351. 

Schwefel  und  Kautschuck  LÜL 
Schwefelcyankaliurn  52. 
Schwefelquecksilber  55. 
Schwefelquecksilberbild  208. 
Schwefelsäure  ZZ. 

Schwefelsaures  Eisenoxyd  24  — Eisen- 
oxydul 21.  ZZ  — .Eisenoxydulammon 
zum  Entwickler  256  — Kalk  82  — 
Natron  Z9. 

Schwefelsilber  84^ 

Schwefeluran  35. 

Schweflige  Säure  und  Chlor  UL 
Scliwier’s  Tabelle  469. 


1 Secundäres  Bild  178. 
j Seebeck  125  — Photometrie  130  — Wir- 
kung der  Spectralfarben  126.  127. 

| Seely  UL 
j Seitengardine  219. 

1 Seitenlicht  225. 

Selbstleuchtende  Körper  117. 

Seile,  Umwandlung  der  Silberbilder  209 
— Verstärkung  40. 

I Senkspindeln  314. 
i Sensibilatoren  49.  52.  334. 

Sensibilisationsstreifen  266.  267. 

Sensibilisiren  der  Platten  266  — der  Plat- 
ten in  Ctlvetten  266  — der  Platten  in 
Schalen  268  — des  Papiers  299  — 
des  Pigmentpapieres  320. 

; Sensibilisirtes  Papier,  Wartung  desa.  318. 

Sensible  Negativplatten,  haltbare  333.  334. 

Shepard,  Linsenprüfungen  182. 

Silber  86  — Hauchbilder  18  — und  Ei- 
senchlorid 40  — und  Jodlö8ung40  — 
und  Jodquecksilber  40  — und  Queck- 
silber 89. 

Silberbad  42.  255.  266  — Abschäumen 
und  Reinigen  desselben  284  — An- 
säuern desselben  285  — Fehler  476  — 
Neutralisation  desselben  285  — Reini- 
gung desselben  285 — Umarbeitung  des- 
selben 2ÄfL  287  — Unempfindlichkeit 
desselben  285  — Wartung  desselben 
284  — zu  Gordon’s  Guramitrockenpro- 
cefs335  — zu Hamecker’s  Harztrocken- 
procefs  338. 

Silberbilder  290  — Umwandlung  in  Bil- 
der anderer  Metalle  und  Verbindungen 

207. 

Silberbromid  45. 

SilberbromUr  45. 

Silberchlorid  44. 

Silberchlorür  44.  . 

Silberdruck,  Praxis  desselben  299. 

Silberdruckprocefs  290. 
j Silberhaken  zum  Sensibilisiren  267. 

Silberhaloidsalze  44  — Einflufs  der  Säu- 
ren 48  — Einflufs  des  salpetersauren  Sil- 
beroxyds 49  — Einflufs  des  Wassers  48 
— Einflufs  fremder  Substanzen  48  — 
i Einflufs  von  Salzen  49  — Lichtem- 
pfindlichkeit 45. 

Silberjodür  55. 

| Silberlösung 2. 48  — zum  Verstärken  257. 

Silbermesser  314. 

Silbern  in Cüvetten  266  — in  Schalen  268. 

Silberoxyd  UL  19.  41  — essigsaures  75 
— kohlensaures  88  — salpetersaures 
41.  255  — unterschwefligsaures  84. 

Silberoxydul  ü. 

Silberpapier,  gewaschenes  318  — kohlen- 
saures 840. 


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Sach-  and  Namenregister. 


491 


Silberprober  nach  Dr.  Vogel  315. 
Silberpulver  32  — Reactionen  (leas.  38. 
Silberrückstände  308  — Verarbeitung  der- 
selben 471. 

Silbersalpeter  41*  255. 

Silberungsfehler  (Positiv)  477. 
Silberverbindungen  4L. 

Silberverbrauch  im  Positivprocefs  292. 
Silhouettenbilder  von  Wedgewood  und 
Davy  2* 

Simpson,  haltbares  Positivpapier  84  Q — 
zuckerhaltiges  Positivbad  318. 
Solar-Camera  351. 

Solarisation  56.  108.  346. 

Sonnen  des  Silberbades  285.  318. 
Sonnenhöhen  142. 

Sonnenlicht,  gespiegeltes,  bei  directen 
Aufnahmen  886  — Wirkung  desa.  137. 
Sonnensegel  218. 

Sphärische  Abweichung  157  — Linsen  150. 
Spectralanalyse  124. 

Spectralfarben , Wirkung  derselben  auf 
Salze  127. 

Spectrum  123. 

Spiegelglas  259. 

Spiegelsilber  88* 

Spüler,  Silberverbrauch  im  Positivprocefs 

282. 

Spiritus  UL 

Sprünge  in  der  Lackschicht  fertiger  Ne- 
gative 809. 

Spülwasser  18. 

Stärkemehl  88  — papier  93  — zucker 9 8. 
Staffeleien  242. 

Stahldruck,  photographischer  2*  83.  66. 
Standlinie  288. 

Standpunkt;  Stellung  und  Standpunkt  bei 
menschlichen  Figuren  418  — bei  Land- 
schaften und  Architekturen  444. 
Standpunkthöhe  bei  Landschaften  419. 
Stafs,  violettes  Silberpulver  88* 

Stativ  243, 

Statuen,  Aufnahme  derselben  383. 
Staubbilder  24. 

Steinbach  118. 

Steinheil  8.  169.  174  — Aplanat  190 
— Periskop  193. 

Stellagen  242. 

Stellung  der  Linsen  159. 

Stellung  und  Standpunkt  8.  Standpunkt. 
Stereoskop  199  — aufnahmen  381  — Ca- 
mera 361.  882  — linsen,  Dallmeyer- 
sche  lichtstarke  186. 
Stichreproductionen,  Entwickler  dafür  288. 
Stickoxyd  28. 

Stiehm,  Sprünge  in  der  Lackschicht  809. 
Strontian  82. 

Strontium  82. 

Studium  der  Photographie  9. 


Substanzen,  organische,  im  Silberbade 

282.  288. 

Suckow  58.  125. 

Sutton,  Collodium  100  — Tripletlinse  189. 
Swan  81. 112  — Pigmentdruckprocefs  318 
— Uebertragen  der  Pigmentdrucke  328. 

Tabelle  der  chemiscben  Lichtstärke  für 
Berlin  469. 

Talbot,  Stabldruck  88.  148  — Talbo- 
typie  4.  2* 

Tannin  88  — als  Sensibilisator  58. 
Taucher  zum  Cüvettensilbern  267. 
Taupenot’sche  Trockenplatten  834. 
Technische  Fehler  s.  Fehler. 

Terpentinöl  als  Sensibilisator  58. 

Tessi^  de  Mothay,  künstliches  Licht  354 
— Druckmethode  468. 

Tetrathionsaures  Natron  68. 

Theodolith  2Q8. 

Theorie  der  Photographie  LL  12. 

Thorpe,  chemische  Lichtstärke  212. 
Thouret,  Wirkungen  der  Jodirungssalze 

108. 

Tinte  88. 

Tischlerleim  111. 

Titrirapparat  48. 

Titrirmethode  816. 

Tonbad  mit  Gold  6.  288  — mit  Platina64. 
Tonen  der  Papierbilder  298.  B08. 
Tonfehler  (Positiv)  477. 

Tonung  40.  68.  82.  288.  808. 

Toovey  2. 

Topas,  Lichteropfindlichkeit  des  16. 
Totalablenkung  des  Lichts  149. 

Totale  Dispersion  167. 

Transparente  Photograph ieen  209.  289. 
Transparentpositive  345.  85Q. 
Transversale  Abweichung  158. 
Traubenzucker  93. 

Tri  chloressigsäure  18. 

Tripelobjectiv,  Dallmeyer  178.  1B9. 
Trockenflecke  880. 

Trockenplatten  109.  834  — nach  Abb^ 
Deapratz  888  — nach  England  388  — 
nach  Harnecker  888  — nach  Bussel 
Manners  Gordon  88.  885  nach  Tau- 

penot  334. 

Trocknen  der  Trockenplattan  386.  838. 
Tunnelatelier  224.  288. 

Turnbullblau  28.  82. 
Tuschphotographieen  38. 

Uebermangansaures  Kali  zum  Reinigen 
des  Silberbades  285.  818  — zum  Ver- 
stärken 209. 

Uebersicht  und  Reihenfolge  der  Operatio- 
nen im  Negativ-  und  Positivprocefs  277. 
Uebertragen  des  Bildes  auf  Porzellauplai- 


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492 


Sach*  und  Namenregister. 


ten  (Ost)  344  — der  frgmentdrucke 

323. 

Ueb ertragene  Bilder  nach  Ost  343. 

Uebertragungspapier  nach  Ost  343. 

Umarbeitung  des  Silberbades  233.  287. 

Umgang  mit  dem  Publikum  453. 

Umgebung,  Einflufs  derselben  449. 

Umrisse  und  Linien  in  künstlerischer  Hin- 
sicht 429. 

Umwandlung  der  Silberbilder  in  Bilder 
anderer  Metalle  und  Verbindungen  207. 

Unempfindlichkeit  des  Silberbades  286. 

Unirersaltriplet  von  Busch  IM* 

Unterchlorige  Saure  12. 

Unterchlorigsaurer  Kalk  33. 

Unterchlorsfture  am  Licht  UL 

Untersalpetersaure  liL  78. 

Unterschiede  des  Alters  und  Geschlechtes 
(Stellung)  442. 

Unterschwefligsaures  Goldoxydulnatron  113 
— Natron  9.  3.  268  — Natron,  Probe 
darauf  mit  Jodstarke  nach  Vogel  306 
— Natron,  Wirkung  auf  Papierbilder 
40  — Silberoxyd  84. 

Unvollkommene  Negative,  Copiren  der- 
selben 3Q2. 

Uranbilder  äh.  ÜL 

Uranoxyd  3i_.  35  - salpetersaures  18. 

Uranoxydnatron  33. 

Uranoxydul  84  — salpetersaures  35. 

Uranoxyduloxyd  35. 

UranoxydulBalze  38. 

Utensilien  bei  photographischen  Excursio- 
nen  318  — zum  Positivprocefs,  War- 
tung derselben  309. 

Ventilation  im  Atelier  237. 

Veränderung,  photographische  59. 

Verarbeitung  der  SilberrUckstände  471. 

Verbesserter  Pigmentdruckprocels,  von 
Johnson  328. 

Verbleichen  UL  6 fL 

Verbrauch  an  Gold  im  Positivprocefs  295 
*—  an  Silber  im  Positivprocefs  292. 

Vergröfserung,  directe  3hl.  3 31  — indi- 
recte  866  — in  der  Camera  349. 

Vergröfserungen  348  — bei  künstlichem 
Licht  354. 

Vergrßfserungsapparate  351. 

Vergröfserungsphotographie  140.  348. 

Vermeidung  von  Flecken  auf  Negativ- 
platten 380. 

Verschiefsen  lfL  65. 

Verstärken  der  Trockenplatten  337.  339 
— nach  dem  Fixiren  275. 

Verstärker  91L  256  — Wartung  dessel- 
ben 288. 

Verstärkung  273  — mit  Eisenoxydullö- 
sung 267  — mit  Pyrogallussäure  257  j 


— mit  Quecksilberchlorid  39.  59- 

213. 

Verstärkungsfehler  476  — Silberlösung 

267. 

Verunreinigungen  des  Filtrirpapiers  284  — 
des  Silberbades  284.  813. 

Verwittern  74. 

Verzeichnifs  der  Utensilien  bei  photogra- 
phischen Excursionen  370. 

Verzeichnung  der  Linsen  169. 

Vignettebilder  301. 

Vignettemaske  301- 

Visirscheibe  249-, 

Visitenkartencamera  241. 

Vogel,  Aequivalentcollodion  254  — Jod- 
stärkeprobe auf  unterschwefligsaures 
Natron  805  — Mikrophotographie 368 

— perspectivische  Untersuchungen  407 
— Photometer  213.  820.  825  — Prin- 
cipien  der  Beleuchtung  und  Ateliercon- 
struction  225  u.  ff.  — Silberprober  315 
— Untersuchungen  Uber  Chlor-,  Brom- 
und  Jodsilber  45  u.  ff.  — über  Collo- 
dion  253  — Über  Focusdifferenz  360 
— Uber  Löslichkeit  der  Jodirungssalze 
191  — über  Objectivprüfungen  182. 
133. 190.  194  — über  Sensibilisatoren 
69.  51.  53  — über  Wirkung  des  Broms 
im  Collodion  108. 

Voigtländer,  Landschaftslinse  182  — Por- 
I traitobjectiv  185. 

I Vollfiguren  457. 

Vorbereitung  der  Objecte  und  Aufstellung 
(Modelle,  Ornamente,  Statuen,  Kunst- 
geräthe,  Maschinen  etc.)  383  — des 
Aufnahmeobjecta  239  — des  Originals 
bei  Reproductionen  313. 

Vorbereitung« arbeiten  238  — beim  Posi- 
tivprocefs  291  — beim  Negativprocefs 
im  Glasbause  239  — im  Laborato- 
rium 260. 

Vorderblenden  161. 

Vorderlicht  225» 

Vorputzen  der  Platten  mit  Hauch  268. 

Vorsetzstücke  bei  Hintergründen  2AL. 

Vorsich  tsmafsregeln  beim  Photographi- 
ren  238. 

Vulcanisiruug  UL 

Wachsbleiche  64. 

Wachsen  der  Papierbilder  393. 

Wachspapier  hinter  dem  Prefsbausch  318. 

Wässern  der  Pigmentdrucke  322  — der 
| Silberdrucke  302.  806. 

Wahrheit,  Photographie  und  W.  388. 

I Waidele,  Hauchbilder  14. 
i Walker,  Reproduction  von  Zeichnungen 
ohne  Camera  470. 

Walzen  der  Papierbilder  308. 

Wartung  der  Cameras  219  — der  ferti- 


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Sach-  und  Namenregister. 


493 


gen  Negative  288.  309  — der  Fixage 
288  — der  Glasplatten  291  — der 
Goldbäder  318  — der  photographi- 
schen Apparate  und  Chemiealien  279 

— der  photographischen  Linsen  279 

— der  Utensilien  und  Chemiealien  im 
Positivprocefs  3Q9  — des  Collodions 
282  — des  Entwicklers  288  — des 
Fixirbades  319  — des  Lacks  293  — 
des  Negativ -Silberbades  284  — des 
Papiers  311  — des  Positiv-Silberbades 
313  — des  sensibilisirten  Papieres  318 

— des  Verstärkers  288. 

Waschapparat  304. 

Waschen  der  fixirten  Papierbilder  3M  — 

— der  unfix irten  Papierbilder  302  — 
der  Trockenplatten  335.  338. 

Waschzimmer  22Q. 

Waschfehler  (Positiv)  4 TL  478. 

Wasser  ZS  — Condensation  der  Dämpfe 
13.  19. 

Wasserstoff  7_L 
Wasserstoffsuperoxyd  71. 
Wasserstoffverbindungen  ZZ. 

Waterhouse,  Verstärkungsmethode  für  in- 
tensive Platten  381. 

Weathstone,  Stereoskop  199. 

Wedgewood,  Silhouettenbilder  2. 

Weinöl  Zfi. 

Weinsäure  19* 

Weinsaures  Eisenoxyd  2 2 — Eisenoxydul 
22  — Silberoxyd  4A.  79. 
Weitwinkellinse  von  Dallmeyer  192. 
Wetter,  ideales  chemisches  143. 

Wetzlar,  Chlorsilberzersetzung  45. 
Willard,  Ebonitblenden  248. 

Willis,  Anilindruckprocefs  32.  146. 
Wirkung,  chemische,  des  rothen,  gelben 


und  grünen  Lichtes  469  — der  Jodi- 
rungssalze  106  — der  Spectralfarben 
auf  Salze  12Z  — des  bewölkten  Him- 
mels 136  — des  blauen  Himmels  132 
— des  Sonnenlichtes  137  — physi- 
kalische, der  Jodirungssalze  106  — 
physikalische,  des  Lichts  12. 

Wittstein,  Chlorsilberzersetzung  A3. 
Wöhler,  Übei'  lichtempfindl.  Kupferoxydul 

2k 

Wölbung  der  Bildfläche  1 7Q. 

Wolken,  chemische  Helligkeit  derselben 

136. 

Woodbury,  Reliefdruck  8»  32. 

Wothly,  Uranbilder  33, 

Xvloidin  93.  94.  93. 

Zauberphotographieen  69.  299. 
Zeichnungen,  Aufnahme  derselben  375  — 
ohne  Camera  469. 

Zeitdauer  der  Exposition  229. 
Zeltarbeiten  368. 

Zentmeyerlinse  169.  194. 

Zerfallen  der  Realgarkrystalle  durch  Licht 
13. 

Zerfliefsen  ZA. 

Zersetzung  der  Goldbäder  29A  — des 
Positivbades  291. 

Zersetzungen  durch  Licht  19  — durch 
organische  Substanzen  63, 
Zerstreuungskreis  199. 

Zerstreuungslinsen  199. 

Zinnchlorür  (Zinnsalz)  als  Sensibilisator 54. 
Zöllner,  Eisenbilder  2A, 

Zucker  63. 

Zuckerhaltiges  Positivbad  319. 
Zweifachkohlensaures  Natron  83. 


A W.  Schade'«  Buchdruckerei  (L.  Schade)  io  Berlin,  Stallschrcibcratr.  1L 


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Berichtigungen. 


7 

E. 

17  ▼.  0. 

17 

a 

19  v.  0. 

36 

n 1 

24  v.  0. 

50 

» 

2 ▼.  u. 

63 

a 

8 v.  u. 

63 

• 

15  v.  0. 

66 

» 

6 v.  u. 

72 

a 

22  v.  0. 

73 

a 

9 v.  0. 

77 

19  v.  0. 

96 

T» 

22  v.  0. 

102 

* 

26  v.  0. 

103 

n 

2 v.  u. 

104 

m 

16  v.  0. 

113 

a 

7 v.  u. 

128 

* 

6 v.  u. 

127 

3 v.  u. 

139 

8 ▼.  0. 

140 

a 

22  v.  0. 

153 

Anmerk.  Z. 

153 

a a 

153 

a a 

154 

a a 

166 

z. 

22  v.  0. 

162 

a 

1 7 v.  0. 

163 

a 

9 v.  0. 

164 

a 

18  v.  u. 

166 

a 

18  v.  0. 

172 

a 

16  ▼.  u. 

184 

a 

28  v.  0. 

187 

a 

1 v.  u. 

189 

a 

2 v.  u. 

200 

a 

22  v.  0. 

224 

a 

14  v.  0. 

224 

a 

18  v.  0. 

225 

a 

16  v.  u. 

239 

a 

14  v.  0. 

249 

» 

16  v.  u. 

268 

a 

15  v.  u. 

255 

a 

11  v.  0. 

264 

a 

19  v.  u. 

266 

a 

6 v.  0. 

269 

a 

23  v.  0. 

271 

a 

20  v.  u. 

291 

a 

11  v.  u. 

371 

a 

21  v.  0. 

475 

a 

21  v.  u. 

lies  Becquerel  statt  Bequerel. 

„ Salzbildner  statt  Salzbilder. 
n Drusen  statt  Drüsen. 

„ photographische  statt  graphische. 
w Goldchlorür  statt  Goldchloriür. 

„ 2H  CI  statt  H CI. 

„ wie  eine  gewöhnliche  gravi rte  statt  von  einer  ge- 
wöhnlichen gravirten. 

„ unterchlorigen  statt  unterchlorigsauren  Säure. 

„ Salzbildner  statt  Salzbilder. 

9 Nordhäuser  statt  Nordhauser. 

* SOa  statt  80. 

„ absoluten  statt  absoluten. 

„ Graham-Otto  statt  Graham,  Otto. 

„ Bromnatrium  statt  Jodnatrium. 

„ in  Rives  bei  Paris  statt  Rives  in  Paris. 

„ Fraunhofer  statt  Frauenhofer. 
n Becquerel  statt  Bequerel. 

„ 27*  statt  21. 

* Petersburg  statt  Island. 

15  v.  0.  ist  das  (II)  zu  streichen  und  der  folgenden  Formel 
1 1 1 

— s=s  — — — vorzusetzen. 

a p « 

aP  _ aP 


19  v,  o.  lies  (III) 


: n statt  (III) 


o — P 


25  v.  o. 
8 v.  o. 


(»  — 1)  (r  -t-  r1) ' 

erlaubte  Winkelöffnung  statt  Winkelöffnung, 
lies  im  umgekehrten  Verhältnifs  statt  ira  Verhältnifs. 

a / sUtt  /. 

„ weiter  statt  wieder. 

» o'p  -+-  pf  stat  op  -h  pf. 

„ Linse  statt  Axe. 

„ diese  eich  statt  diese. 

„ 36  Linien  statt  ZolL 

„ exist iren  statt  existirten. 
n kleiner  statt  gröfser. 

9 Brennweite  statt  Brennweiten, 
füge  hinzu:  siehe  Seite  235. 
lies  das  äufsere  Bild  statt  das  Bild. 

„ von  vorn,  von  oben  und  etc.  statt  von  oben  und  etc. 
„ Vorsetz  stücke  statt  Versatzstücke. 

„ ein  statt  an. 

„ seltsam  wirkt  statt  seltsam  ist. 

„ Dennoch  statt  Demnach. 

„ deshalb  statt  daskalb. 

„ giefsen  statt  silbern. 

n Man  setzt  die  Platte  senkrecht  hinein;  senkt  sie  etc. 
ist  das  Wort  nicht  zu  streichen, 
lies  ein  statt  1. 

fehlt  der  Schlufs  der  Klammer  ). 
lies  dem  statt  den. 


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Farbeniafel. 


Neapel  £elb. 


Crapplack . 


Vän  Dyck  Br. 


Cobalt  Bl. 


Zinnober.  Chromrotlr. 


Terra  de  Sien.-. 


Gr.  Zinnober. 


Indigo . 


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K.  H»h  msM, 


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tn  ».i*ir  i*  1 1» , 


liloirUfr 


' l*rs«:>U'Olh 


Photographie  der  nebenstehenden  Farbentafel . 


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