Neapel «Selb. Chromgelb. Liehtocker Gbldocker.
Crapplack. Zinnober. Chromroth. Terra de Sier
VänDyckBr. Schvvemf.Grr. Cobalt (ir. Gr. ZinnobeT
Lehrbuch der Photographie
Hermann Wilhelm Vogel
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HARVARD UNIVERSITY
LIBRARY
OF THE
MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY
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LEHRBUCH
DER
PHOTOGRAPHIE
von
Dr. Hermann Vogel,
Lehrer der Photographie an der Köuigl. Gewerbe - Akademie iu Berlin, Vorsitzendem des
Vereins zur Förderung der Photographie zu Berlin, Redacteur der Photographischen Mit-
theilungeu, Mitglied der internationalen Jury der Pariser Ausstellung von 1HB7 , Ehrenmit-
glied der National Photographie Association der Vereinigten 8taaten von Nordamerika.
Theorie, Praxis und Kunst der Photographie.
(Photochemie und photographische Optik, Praxis, photographische Aesthetik )
Hit einer Farbentafel und danach gefertigter Photographie, 4 in den Text einge-
klebten Photographieen und 172 Holzschnitten.
Berlin
Verlag von Robert Oppenheim.
*"1 8 7 0.
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Das Recht der Uebersetzung ist Vorbehalten.
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V orrede.
Drei Jahre sind vergangen, seitdem ich die erste Lieferung
meines Lehrbuchs, dessen Schlufs nunmehr vorliegt, dem deut-
schen Publikum übergab.
Vielerlei Umstände wirkten zusammen, die Vollendung des-
selben so lange zu verzögern, vor allem die zahlreichen Lücken,
die ich in den Gebieten der Photochemie, photographischen
Optik, Praxis und Aesthetik vorfand, und die den Wunsch in
mir rege machten zu deren Ausfüllung selbst mein Scherflein
beizutragen. So legte ich denn schon nach wenigen Bogen die
Feder weg, um Monate lang chemische, optische, technische und
aesthetische Untersuchungen auszuführen, und dadurch den Stoff
so mancher Capitel des vorliegenden Werkes erst zu schaffen,
ehe ich an die Abfassung derselben gehen konnte. Ich brauche
nur hinzuweisen auf meine Arbeiten über Sensibilisatoren,
über Photochemie des Chlor-, Brom- und Jodsilbers,
über dessen Verhalten im Silberbade, über Silbertitrir-
methoden, über Collodion, über Mikrophotographie,
über Objectivprüfungen, über Pigmentdruck, über Photo-
metrie, über die Principien der Beleuchtung und Atelier-
construction, über Perspective in der Portraitphoto-
graphie, zahlreicher kleinerer Publikationen zu geschweigen,
um die lange Ausarbeitung einigermafsen entschuldbar erscheinen
zu lassen.
Auf der andern Seite wurde ich zu wiederholten Malen
aus meiner schriftstellerischen Thätigkeit herausgerissen. Die
internationale Ausstellung rief mich 1867 nach Paris, die Sonnen-
finsternifsexpedition 1868 nach Aden in Arabien, die photo-
graphisch-archäologische Expedition in demselben Jahre nach
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Obera.egypten. Das Manuseript des Buches wanderte mit
mir, einzelne Abschnitte desselben sind in Paris, andere auf der
rothen Meerreise, einige auf dem Nil verfafst und ehe der
letzte Bogen die Presse verläfst, folge ich einer freundlichen
Einladung der amerikanischen Photographen über den Ocean.
Die Correctur des Satzes mufste ich grofsentheils Andern über-
lassen. Mancher Druck- und Anordnungsfehler ist unter solchen
Umständen stehen geblieben, für den ich die Nachsicht des
Publikums erbitte.
Die Besprechung des photographischen Stein- und Metall -
drucks und der Positiv- und N egativ-Retouche konnte
in diesem Buche aus Mangel an Raum keine Stelle finden. Für
letztere empfehle ich das vortreffliche Werkchen über Retouche
von Grafshoff. Für den dritten Theil der photographischen
Aesthetik erbitte ich die Nachsicht der Künstler von Fach.
Ich bin weit entfernt, mich in Erörterungen einzulassen, ob
Photographie eine Kunst sei oder nicht. Ich gehe von dem
Erfahrungssatze aus, dafs das schärfste und fleckenloseste
photographische Portrait- oder Landschaftsbild unbefriedigt läfst,
wenn nicht in demselben diejenigen Gesetze des Schönen beachtet
sind, welche den Grund des Gefallens an Werken der zeichnen-
den Künste bilden. Insofern habe ich versucht, diese Gesetze»
soweit sie photographisch anwendbar sind, an Beispielen zu
erörtern. Besondere Schwierigkeiten machte für dieses Gebiet die
Beschaffung geeigneter Illustrationen. Nur einzelne konnte ich
den früher in den Photographischen Mittheilungen publicirten
Artikeln von Robinson entlehnen, die Mehrzahl verdanke ich
dem vortrefflichen Kunstverlag von A. Seemann in Leipzig.
Berlin, den 15. April 1870.
Dr. H. Vogel.
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/
Inhalt.
Seit«
Einleitung
Das Studium der Photographie
9
Theorie der Photographie.
Erstes Capitel. Physikalische Wirkungen des Lichtes
12
Zweites Capitel. Photochemie oder Lehre von den chemischen Wirkungen
des Lichtes
Iß
Erster Abschnitt. Wirkung des Lichtes auf Nichtmetalle und deren
Verbindungen
17
Zweiter Abschnitt. Wirkung des Lichtes anf Metallverbindungen .
18
Verbindungen der Leichtmetalle
19
Verbindungen der Schwermetalle
20
Verbindungen des Eisens
20
Verbindungen des Kupfers
25
Verbindungen des Chroms
26
Verbindungen des Urans
34
Verbindungen des Silbers
36
Verbindungen des Quecksilbers
58
Verbindungen des Bleies
60
Verbindungen des Goldes
61
Verbindungen des Platins nnd der Platinoide
63
Dritter Abschnitt. Wirkung des Lichtes anf organische Substanzen .
64
Drittes Capitel. Photographische Chemie oder Beschreibung der photo-
graphischen Chemiealien
69
Metalloide
69
Sauerstoff
70
Wasserstoff
71
Chlor
71
Brom
72
Jod 72
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VI
Inhalt.
n»it«
Die Lösungsmittel 73
Wasser 73
Alkohol 75
Aether 76
Methylalkohol 76
Sänren 76
Schwefelsäure 77
Salpetersänre 77
Chlorwasserstoffsäure 78
Essigsäure 78
Ameisensäure. Citronensäure. Weinsäure 79
Basen und Salze 79
Das Kali 80
Cyankalium 81
Schwefelcyankalium 82
Natron und dessen Salze 83
Ammoniak 86
Kalk, Baryt, Strontian, Magnesia 87
Reductionsmittel S8
Gerbstoff 89
Gallussäure 89
Pyrogallussäure 90
Bildträger 90
Pflanzenfaser 92
Stärkemehl 93
Pyroxylin 94
Rohcollodion 99
Jodirungssalze 101
Wirkung der Jodirungssalze . 106
Albumin 109
Gelatine 111
Papier 113
Viertes Capitel. Photographische Optik 117
Von. d_er Intensität, des. Lichtes . , , . . , . • • ■ LU
Farbenlehre 121
Physikalische und chemische Wirkungen der Farben .... 124
Von der Messung der chemischen Intensität verschiedener Licht-
quellen und den Grundzügen einer chemischen Meteorologie . 130
Chemische Intensität des Himmeisiichts . . , , . , , . 133
Chemische Intensität d.ea_S.aanenlichts , . , . , . . ^ 138
Die optischen Instrumente 146
Allgemeines 146
Von den einfachen Linsen 150
Die sphärische Abweichung 157
Die chromatische Abweichung 166
Wölbung der Bildfläche 170
Verzeichnung 174
Lichtstärke und Gesichtsfeld der Linsen , , , , , • L76
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Inhalt.
nt
8tite
Beschreibung der photographischen Objective 179
1) Das einfache achromatische Objectiv oder die sogenannte
Landschaftslinse , , ± , . = , , ■ , , . , , ISO
2) Da» Portraitobjectiv 182
3) Das Orthoskop 188
4) Die Tripletlinse 189
5) Das Kegelobjectir und das PantOBkop 191
Ueber Objectirprüfungen 194
Das Stereoskop 199
Der Panoramenapparat und die Photogrammetrie 201
Anhang.
IV Photochemie 207
Ceber die Umwandlung photographisch erzeugter Silberbilder in
Bilder anderer Metalle . , ; . . . , , , , . , . . 202
2) Photographische Optik 210
Ueber die chemische Lichtintensität zu verschiedenen Zeiten und
an verschiedenen Orten der Erde . , . . , . , , , . 210
Ueber ein neues chemisches Photometer von Dr. Vogel .... 213
Praxis der Photographie.
Erstes Capitel. Von der Einrichtung der Atelierräume. ..... 217
Vom Glashanse . . . . , . ^ i . . . . . , . . . . 223
Kritik der beschriebenen Atelierconstructionen . . . . . . . . 225
Dimensionen des Ateliers . . . . . . . . . . . . . . 234
Vom Glase, Ventilation. Heizung 236
Zweites Capitel. Von dan Arbeiten selbst . 238
De r Negativprocefs 238
Erster Abschnitt. Die Vorbereitungsarbeiten 238
Hauptvorsichtsmafsregeln 238
A . Vorbereitungsarbeiten im Glashause 239
B. Vorbereitungsarbeiten im Laboratorium 250
11 Ansetsen des Collodions 251
21 Das Silberbad 255
31 Der Entwickler ■ . .' 256
'41 Der Verstärker 256
6) Die Fixage 258
'61 Der Lack ■■■■■. 258
71 Glasplatten 259
Zweiter Abschnitt. Die photographischen Operationen . . . 262
11 Das Putzen 262
21 Das Abstaubeh 264
31 Das Collodionireu 264
4) Das Sensibilisiren 266
o. Silbern in Cüvetten ■ . . . . , . . . . » . 266
i>. Silbern in Schalen . . . . . . . . . . . . 268
5) Das Exponiren 270
6) Die Entwicklung 271
71 Die Verstärkung 273
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Inhalt.
8) Paa Fixiren 274
9) Dm Verstärken nach dem Fixiren 275
10) Das Lackiren 275
Uebersicht und Reihenfolge der Operationen im Negativ- und Po-
sitivprocefs 277
Dritter Abschnitt. Von der Wartung der photographischen Ap-
parate und Chemiealien im Negativprocefs 279
Wartung der Linsen 279
Wartung der Cameras 279
Wartung der Glasplatten 281
Wartung des Coliodions 282
Wartung des Silberbades 284
Wartung des Entwicklers 288
Wartung des Verstärkers 288
Wartung der Fixage 288
Wartung des Lacks 288
Der Positivprocefs 289
q. Der Silberdruckprocefa 290
Erster Abschnitt. Vorbereitungsarbeiten. Das Positivsilberbad 291
Das Goldbad 293
Normalgoldlösung und Goldverbrauch 295
Alkalische Goldbäder 296
Neutrale Goldbäder 296
Saure Goldbäder . , , , , 5 , , , , , . . . . 292
Rhodangoldbad 297
Das Fixirbad 298
Das Papier 298
Zweiter Abschnitt Praxis- .dfia_ Silher.dr.ucka. Sensibilisiren
des Papiers 299
Das Copiren 301
Das Copiren mit abgetontem Hintergrund 301
Das Copiren unvollkommener Negative 302
Das Waschen 303
Das Tonen 303
Das Fixiren 304
Das Fertigmachen 306
Dritter Abschnitt. Wartung der Utensilien und Chemiealien
im Positivprocefs. Wartung der Negative 309
Wartung des Papiers. Ammoniakräucherung 311
Wartung des Poaitivsilberbades 313
Wartung des sensibilisirten Papieres 318
Wartung der Goldbader 318
Wartung des Rxirbades 319
b. Der Pigmentdruckprocefs 319
Gebrauch des Photometers ■ , , , , , , , , . , , 229
Johnson'» Pigmentdruckprocefs 328
Pigmentdruck auf Eiweifspapier 331
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Inhalt
IX
Seite
Verschiedene photographische Verfahren ...... 333
Haltbare sensible Ntgatirplaaten nnd Positivpapiere 333
«. Haltbare Negativplatten (Trockenplatten) 334
1) Her ChimmigaUnsprocefs 335
2) Der HarioroctenproeeJs 338
b. Haltbare Positivpapiere 340
Cfalorstlb creollodion , , . , . , . * . . . s , , MI
Collodionpapier 341
Ucbertragungspapier ' 343
Positive Bilder direct auf Glas copirt und Reprodntiiaa tbh Mo-
gativen ■ 345
Copirverfahren mit Entwicklung ^ . . M7
Vergröfserungen 348
1) Das indirecte Copirverfahren 348
2) Das directe Copirverfahren 350
3) Vergröfserangen bei künstlichem Licht 354
Mikrophotographie 358
Stereoskopaafnahmen 361
Ueber Augenblicksbilder 366
Zeltarbeiten nnd photographische Excursionen 368
Angewandte Photographie 374
I. Beproductionsphotographie (Anfnahme von Zeichnungen, Oelge-
malden etc.) 375
II. Anfnahme von Modellen, Ornamenten, Statuen, Kunstgeräthen,
Maschinen . , , . ± , , , ± , , , . , , , . , , 385t
Die Kirnst der Photographie
oder die photographische Aeathetik.
Photographie nnd Wahrheit 888
Ueber Licht nnd Beleuchtung 395
Von der Pespective 407
Anordnung 420
Umrisse nnd Linien 423
Gewänder and Draperieen 433
Ueber Stellung und Standpunkt 439
а. Das Arrangement von menschlichen Figuren 439
б, Das Arrangement bei Landschaften und Architekturen .... 444
Charakteristik 447
Der Umgang mit dem Publiknm . 453
Ausfüllung des Rahmens 457
Formate, Beiwerke nnd Hintergründe 457
Nachtrag.
I. Photochemie 468
Teasid de Mothay*8 Druckverfahren 468
Albert’s Verfahren 4fift
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x Inhalt.
Seite
II. Photographische Optik 469
Ueber Lichtabaorption in feuchten and trocknen Platten ■ ■ ■ 469
Ueber chemische Wirkung des rothen, gelben nnd grünen Lichtes 469
Tabelle der chemischen Intensitäten des blauen Himmelälichtes
für Berlin an 12 verschiedenen Tagen des Jahres .... 469
Hl. Praxis der Photographie 469
lieber die Reprodnction von Zeichnungen ohne Camera . . . 469
Verarbeitung der Silberruckstände 471
lieber technische Fehler . , . . . . , , , . . , , . , , 473
Sach- nnd Samen-Regieter 479
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Einleitung.
Dei aufmerksamer Betrachtung der Geschichte der Erfindungen
wird man wenige Zeitalter finden , die so reich an neuen Ideen und
Thatsachen sind, als die hinter uns liegenden 100 Jahre.
Mit dem Aufschwünge der erklärenden Naturwissenschaften Chemie
und Physik begann ein neues lebendiges Regen und Streben, indem
man die Errungenschaften derselben auf das Leben, auf die Industrie
anzuwenden suchte. So entstand die Dampfmaschine, die Gas-,
Schwefelsäure- und Sodafabrikation, die Bereitung des Rüben-
zuckers, die Fabrikation des Ultramarins, zahlreicher anderer Ent-
deckungen nicht zu gedenken, bei denen man die physikalischen
und chemischen Wirkungen der Wärme in neuer Form nutzbar
zu machen suchte.
In gleicher Weise sehen wir eine andere, früher nicht benutzte
Naturkraft für die Industrie wirksam eintreten: Die Electricität !
Weber schuf den electromagnetischen Telegraphen, Jacoby
die G al vanoplastik.
Endlich schuf uns die Neuzeit eine Kunst, worin die chemische
Wirkung des Lichtes das Hauptagens bildet. Diese Kunst ist
die Photographie. Erst 25 Jahre existirt dieselbe und dennoch
dürfen wir sagen, dafs keine Erfindung dieses Jahrhunderts seit ihrem
ersten Auftreten eine so grofsartige Entwickelung erfahren, einen so
gewaltigen Einflufs auf unsere socialen, künstlerischen und wissen-
schaftlichen Verhältnisse ausgeübt hat, wie diese. Anfangs eine blofse
Portraitirkunst, hat sich ihre Anwendung in neuerer Zeit fast auf alle
Zweige des menschlichen Könnens und Wissens ausgedehnt. Sie liefert
— ein Naturselbstdruck im weitesten Sinne des Wortes — dem Natur-
forscher getreue Abbildungen von Thieren, Pflanzen, Mineralien, dem
Geographen Grundlagen zur Entwerfung seiner Karten; sie fertigt
dem Ingenieur in wenigen Minuten getreue Copieen seiner complicirtesten
Maschinen und Reproductionen seiner Zeichnungen und Pläne, zu
deren Herstellung der geschickteste Zeichner Wochen bedürfen würde,
sie liefert ihm authentische Grundlagen zur Entwerfung von Plänen
und Karten; sie wird mit grofsem Erfolg angewendet in der Litho-
graphie, Porzellanmalerei, sie dient dem Künstler zur Vervielfältigung
seiner Schöpfungen und macht dieselben in Copieen von unnachahm-
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 1
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2
Einleitung.
licher Treue für einen billigen Preis auch dem Unbemittelten zugäng-
lich; dadurch ist sie ein ebenso wichtiges Hülfsmittel zur Bildung des
Volkes im Bereiche der Kunst, wie es die Buchdruckerkunst ist im
Bereiche der Wissenschaft.
Betrachten wir kurz den Entwicklungsgang dieser Kunst. Es
giebt viele Erfindungen, die durch Zufall, durch die Gunst des Augen-
blicks gemacht worden sind, z. B. das Schiefspulver, das Fernrohr,
die Ablenkung der Magnetnadel durch den galvanischen Strom. Andere
dagegen erforderten jahrelanges Nachdenken und Experimentiren, ehe
sie fertig an’s Licht treten, zu diesen gehört auch die Photographie.
Schon lange war es bekannt, dafs das Chlorsilber sich dunkel
färbt, sobald es an das Licht gebracht wird. Ebenso wufste man
schon vor langer Zeit, dafs Papier, Haut etc. mit Silberlösung be-
netz, sich im Sonnenlichte dunkel färben. Aber erst im Anfänge
dieses Jahrhunderts kam man auf die Idee, auf Grund dieser That-
sache Bilder durch das Licht zu erzeugen.
Zwei Engländer, Wedgewood und Davy, machten die ersten Ver-
suche der Art im Jahre 1802. Sie badeten ein Stück Papier in Silber-
auflösung, legten es mit einem dunklen Gegenstände, z. B. einer
Silhouette bedeckt in die Sonne. Alle Stellen, die nicht durch die
dunkle Silhouette geschützt waren, färbten sich dabei braun, die andern
blieben weifs und so erhielten sie ein weifses Bild der Silhouette auf
braunem Grunde. Das war das erste Lichtbild.
Leider waren diese Bilder nicht von langer Dauer. Der hell ge-
bliebene Theil schwärzte sich später durch weitere Einwirkungen des
Lichtes und so verschwand das Bild durch Einfiufs desselben Agens,
welchem es seine Erzeugung verdankte.
Davy hat auf diese Weise die Bilder des Sonnenmikroskops photo-
graphisch aufgenommen.
Fast gleichzeitig mit Wedgewood und Davy verfolgte ein Mann
in Frankreich, Niepce, die Idee, Lichtbilder zu erzeugen.
Seit dem Jahre 1814 arbeitete er unablässig und experimentirte
jahrelang, kam jedoch nur schrittweise dem Ziel seiner Wünsche:
Herstellung eines dauerhaften Lichtbildes näher.
Während nach der Methode von Wedgewood und Davy nur flache
Gegenstände, die mit dem empfindlichen Papiere zusammengeprefst in
die Sonne gelegt wurden, copirt werden konnten, z. B. Blätter, Zeich-
nungen etc., erstrebte Niepce die Aufnahme aller Gegenstände in
der Natur, Portraits, Landschaften etc. Dies gelang ihm mit Hülfe
der Camera obscura, die der Physiker Porta im sechszehnten Jahr-
hundert erfunden hatte.
Schon Wedgewood hatte die Idee, die reizenden Bilder dieses
Instrumentes mit seinem Papiere aufzunehmen, dasselbe erwies sich
jedoch als zu unempfindlich. Niepce nahm deshalb seine Zuflucht
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Geschichte der Photographie.
3
zu einem anderen lichtempfindlichen Präparat, einer Auflösung von
Asphalt in Lavendelöl. Mit solcher Lösung überzog er eine
Metallplatte und exponirte dieselbe in der Camera stundenlang. Alle
vom Licht getroffenen Stellen des Ueberzuges wurden dadurch unlös-
lich, blieben bei nachherigem Behandeln der Platte mit ätherischen
Oelen zurück und lieferten so ein Bild!
So erzeugte Niepce schon im Jahre 1826 unvollkommene Licht-
bilder, sogenannte Heliographieen , deren Herstellung jedoch zu um-
ständlich und schwierig war, um praktisch nützlich zu sein.
Im Jahre 1829 verband sich Niepce mit Daguerre, der dasselbe
Ziel wie er verfolgte, und beide Männer arbeiteten gemeinschaftlich
bis zum Jahre 1833, wo Niepce, voll Kummer über seine 20jährigen
und dennoch nicht vollendeten Untersuchungen , starb. Daguerre wurde
der alleinige Erbe seiner Ideen und wenige Jahre nach Niepce’s Tode
hatte er das grofse Problem, mit Hülfe des Lichtes auf eine ein-
fache, leicht ausführbare Weise dauerhafte Bilder herzu-
stellen, gelöst und im Jahre 1838 legte er den drei Mitgliedern der
Pariser Akademie Humboldt, Biot und Arago die ersten Proben dieser
Lichtbilder vor.
Dieselben erregten enormes Aufsehen, Jedermann war begierig,
die geheimnifsvolle Art der Erzeugung dieser Bilder kennen zu lernen.
Durch Verwendung Arago’s wurde Daguerre veranlafst, sein Verfahren
zu veröffentlichen und ihm dafür eine lebenslängliche jährliche Pension
von 6000 Francs von Seiten der Regierung ausgesetzt. Gleichzeitig
erhielt der Sohn von Niepce eine Pension von 4000 Francs. Am
19. August 1839 wurde das Geheimnifs der Erzeugung dieser Bilder
in der öffentlichen Sitzung der Akademie der Welt offenbart. Der
Zulauf zu dieser Sitzung war ungeheuer. Alles, was Paris in Wissen-
schaft und Kunst an Berühmtheiten besafs, hatte sich im Palais Ma-
zarin versammelt, drinnen war es gedrängt voll, Tausende, die keinen
Einlafs erhalten hatten, belagerten die Thür. Schnell waren die Nach-
richten über diese neue Entdeckung durch die geschäftigen Zeitungen
in der ganzen Welt verbreitet und binnen wenigen Jahren fanden sich
Jünger der neuen Kunst in allen Hauptstädten Europas.
Daguerre erreichte seinen Zweck auf ganz andere Weise als vor
ihm NiÄpce und Wedgewood.
Er wandte als lichtempfindliche Substanz das Jodsilber an,
welches er durch Einwirkung von Joddämpfen auf eine Silberplatte
erzeugte. Der Lichteindruck, den solche Jodsilberplatte in
der Camera obscura annimmt, ist anfangs nicht sichtbar,
sobald aber die Platte Quecksilberdämpfen ausgesetzt
wird, erscheint das Bild in allen seinen Details.
Das ist ein Cardinalpunkt in Daguerre’s Erfindung. Während
alle Experimentatoren vor ihm durch Wirkung des Lichtes allein
1*
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4
Einleitung.
sogleich ein sichtbares Bild zu erhalten suchten, machte er einen
an und für sich unsichtbaren Lichteindruck durch Einführung einer
secundären Operation — der sogenannten Hervorrufung oder Ent-
wicklung — sichtbar. Auf diese Weise hatte er nur nöthig, ganz
kurze Zeit zu belichten, um ein Bild zu erhalten; dadurch wurde die
Photographie erst für unruhige Gegenstände möglich.
Während nun die Daguerreoty pie (so wurde die neue Kunst
zu Ehren ihres Erfinders genannt) ihren Triumphzug durch Europa
hielt, lebte in England ein reicher Privatmann, Fox Talbot, der das-
selbe Ziel wie Daguerre, jedoch auf einem ganz andern Wege ver-
folgte. Um dieselbe Zeit, im Januar 1839, als Daguerre seine ersten
Bilder den Mitgliedern der Pariser Akademie vorlegte, machte Talbot der
Londoner Königlichen Societät Mittheilung über eine Methode, Bilder
mit Hülfe des Lichtes zu vervielfältigen. Anknüpfend an Wedge-
wood's Versuche nahm er mit Kochsalz imprägnirtes Papier, liefs
dieses auf einer Silberauflösung schwimmen und legte das so mit
Chlorsilber und salpetersaurem Silberoxyd getränkte Papier, das be-
deutend lichtempfindlicher ist, als das Wedgewood’sche, mit dem zu
eopirenden Kupferstich bedeckt in die Sonne. Diese schien durch alle
weifsen Stellen des Bildes hindurch, färbte die darunter liegenden
Theile schwarz und so entstand ein weifses Bild auf schwarzem
Grunde — ein Negativ, welches in ganz gleicher Weise wie der
Kupferstich, mit einem zweiten Stück empfindlichen Papiers in die
Sonne gelegt — ein positives Bild lieferte. Dieser Procefs konnte
beliebig oft wiederholt werden und so konnte man von einem ein-
zigen Negativ zahlreiche positive Abzüge erhalten.
Durch diese Erfindung Talbot’s tritt die Photographie ein in die
Reihe der vervielfältigenden Künste.
Nach dem Bekanntwerden der Daguerre’schen Entdeckung suchte
Talbot auch Camerabilder auf Papier aufzunehmen. Er liefs Papier
auf Jodkalium-, dann auf Silberlösung schwimmen, belichtete dieses, so
mit Jodsilber und Silbernitrat getränkte Papier in der Camera. Auf
diese Weise erhält man schon nach kurzer Belichtung ein unsicht-
bares Bild, welches in ähnlicher Weise wie bei Daguerre’s Verfahren
durch Anwendung einer Entwicklung — Talbot nahm dazu eine
Mischung von Gallussäure und Silbersalz — sichtbar gemacht werden
kann. Die Gallussäure reducirt hier das Silbersalz, es schlägt sich
metallisches Silber in fein zertheilter Form und schwarzer Farbe nieder
und hängt sich an alle vom Licht getroffenen Stellen. So entstand
ein negatives Bild, das in der vorher beschriebenen Art zur Erzeugung
positiver Bilder verwendet wurde. Dieses Verfahren veröffentlichte
Talbot 1841.
Talbot’s Bilder erschienen jedoch, mit den Daguerre’schen ver-
glichen, so roh und unvollkommen, dafs sein Verfahren mehr für eine
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Geschichte der Photographie.
5
Curiosität galt und anfangs wenig beachtet wurde. Die rauhe Textur
des Papieres liefs die Zartheiten nicht zu, die sich auf den spiegel-
blank polirten Daguerre’schen Platten erzeugen liefsen.
Es kam aber bald anders.
Niepce de St. Victor, ein Neffe von Nicophore Niepce, dem
Freunde Daguerre’s, nahm nach Herschel’s Vorgänge statt des Papieres
Glasplatten als Träger der lichtempfindlichen Jodsilberschicht. Er über-
zog dieselben mit jodkaliumhaltigem Eiweifs, tauchte sie dann in ein
Silberbad und erhielt so eine lichtempfindliche sehr homogene Schicht,
auf welcher er Bilder von viel gröfserer Zartheit erzeugen konnte als
auf Papier. Dennoch war die Darstellung der Bilder mit grofsen
Schwierigkeiten verknüpft.
Inzwischen wurde durch Schönbein und Böttcher die Schiefsbaum-
wolle entdeckt. Dieselbe bewährte sich nicht als Ersatzmittel des
Schiefspulvers, fand aber dafür eine wichtige Anwendung in der Heil-
kunde. Man erkannte, dafs sich dieser Körper in Alkoholäther auf-
löst und dafs diese Auflösung, Collodium genannt, beim Verdunsten
ein durchsichtiges Häutchen zurückläfst, welches als Heftpflaster ganz
vortreffliche Dienste leistet
Legray versuchte 1850 zuerst diese Schiefsbaumwollenlösung in
der Nidpce’schen Weise statt des Eiweifses als Träger der lichtem-
pfindlichen Silbersalze anzuwenden, kam aber nicht damit zu Stande.
Glücklicher waren Archer und Fry in England. Ihre Versuche wurden
mit bestem Eifolg gekrönt und 1851 veröffentlichte Archer eine voll-
ständige Beschreibung seines neuen Collodium Verfahrens, das an
Schönheit der Resultate dem Niepce’schen Eiweifsverfahren nichts
uachgab , dasselbe aber an Einfachheit und Sicherheit weit übertTaf.
Archer überzog Plangläser mit Collodium, welches Jodsalze aufgelöst
enthielt, tauchte diese in eine Silberauflösung und erhielt so auf der
Glasplatte ein zartes mit lichtempfindlichem Jodsilber getränktes Häut-
chen, welches in ähnlicher Weise wie das Talbot’sche Papier ange-
wendet ein Negativbild von aufserordentlicher Schärfe und Feinheit
lieferte und in Folge dessen die Erzeugung trefflicher Positivbilder
auf Papier nach der oben beschriebenen Weise in beliebiger Anzahl
erlaubte. Jetzt wurde das Daguerre’sche Verfahren vollständig aus
dem Felde geschlagen. Der Collodiumprocefs verbreitete sich all-
gemein, wurde im Laufe der Zeit immer mehr und mehr vervoll-
kommnet und ist jetzt der ausschliefslich angewendete.
Diese grofse Verbreitung verdankt er zunächst, neben seiner Fein-
heit, seiner leichten Ausführbarkeit, dann dem Vortheil, dafs die Collo-
diumbilder auf einfache Weise vervielfältigt werden können, was Da-
guerre’s Platten nicht gestatten.
Diese Umstände allein wären aber nicht hinreichend gewesen,
ihm den Vorrang vor Daguerre’s Verfahren zu verschaffen. Mit Hülfe
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6
Einleitung.
der Collodiumplatten erhielt man zunächst ja nur ein negatives Bild.
Bs mufste ein einfaches und leichtes Mittel gefunden werden, danach
Positive mit allen Feinheiten, die in den Negativen enthalten waren, ab-
zudrucken und dies erreichte man durch besondere Präparation des
Talbot’schen Papieres. Man überzog dasselbe mitEiweifs, das schon
Niepce mit Erfolg zur Präparation der Negativplatten angewendet
hatte und so schuf man in dem Albuminpapier ein Mittel zum Ab-
ziehen trefflicher Positive. Collodium für den Negativproceß, Albu-
minpapier für den Positivprocefs bilden jetzt die wichtigsten Grund-
lagen unserer photographischen Bilder.
Neben diesen ailmähligen Vervollkommnungen wirkten aber noch
andere Umstände wesentlich zur Hebung der Photographie mit.
Man verbesserte die optischen Apparate, welche zur Bilderzeugung
in der Camera dienten. Petzval schuf 1841 das Doppelobjectiv, welches
außerordentliche Lichtstärke mit correcter Zeichnung vereinigt. Es
erlaubte Gegenstände in sehr kurzer Expositionszeit aufzunehmen und
dadurch wurde erst die Portraitphotographie auf ihre hohe Stufe der
Vollkommenheit gebracht
Gleichzeitig lernte man die photographischen Chemikalien in grofser
Reinheit und Billigkeit hersteilen; man studirte die Wirkung der be-
reits bekannten, suchte die unvollkommneren durch neue wirksamere zu
ersetzen.
Fizeau, Claudet und Gaudin entdeckten die größere Empfindlich-
keit der Mischungen von Jodsilber mit Bromsilber event. Chlorsilber
in der Daguerreotypie. Goddard führte Mischungen von Jod- und
Bromsilber auch im Collodiumproceß ein.
Herschel gab in dem unterschwefligsauren Natron ein Mittel, die
lichtempfindlichen Silbersalze aus den Photographieen aufzulösen und
somit die Bilder auf eine sichere Weise zu fixiren.
Fizeau lieferte in den Goldtonbädern ein Mittel, die unschöne
Farbe der Bilder zu verbessern und sie zugleich haltbarer zu machen.
Diesen und noch zahlreichen Entdeckungen ist es zu danken, dafs
die photographischen Operationen so leicht und handlich geworden
sind, daß sich jeder nur einigermaßen geschickte Mensch in kurzer
Zeit dieselben aneignen kann. In Folge dessen widmeten sich, zu-
gleich in der Hoffnung auf leichten und sicheren Geldgewinn, eine
enorme Anzahl von Leuten der neuen Kunst. Die Erfindung der
Visitenkartenportraits machte die Photographie populär, schaarenweise
strömte das Publikum in die Ateliers, die allmählig gleich Pilzen aus
der Erde wuchsen. In gleicher Weise hob sich die Fabrikation der
zur Ausübung der Photographie nöthigen Apparate und Chemikalien.
Es entstanden Tßchlerwerkstätten , die sich nur mit der Herstellung
von photographischen Apparaten, optische Anstalten, die sich nur mit
Fertigung photographßcher Linsen, Maschinenfabriken, die sich mit
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Geschichte der Photographie.
7
Erbauung der zur Vollendung der Bilder nöthigen Satinirmaschinen
beschäftigten, und Rahmenfabriken, welche die nöthigen Einfassungen
für die Bilder in grofsen Quantitäten lieferten. So geniefsen jetzt
Millionen von Menschen direct und indirect die Früchte der segens-
reichen Erfindungen Daguerre’s und Talbot’s.
Zahlreiche Jünger derselben sind jetzt gleichzeitig beschäftigt, die
noch unerklärten physikalischen und chemischen Processe , auf denen
diese Kunst beruht, zu ergründen, ihr neue Zweige der Anwendung
zu öffnen und ihre noch bestehenden Unvollkommenheiten zu beseitigen.
Täglich treten neue Vorschläge in dieser Hinsicht auf und 3 photo-
graphische Zeitschriften existiren allein in Deutschland, um diese neuen
Entdeckungen zu registriren und aller Welt zu verkünden. Leicht ist
es möglich, dafs in ähnlicher Weise, wie vor 10 Jahren das Tal-
bot’sche Verfahren das Daguerre’sche aus dem Felde geschlagen hat,
auch das erstere wieder durch ein neueres vollkommneres bei Seite
gedrängt wird. Bereits liegen eine Reihe interessanter Versuche von
Niepce de St. Victor, Bequerel und Poitevin vor, Photographieen in
natürlichen Farben herzustellen, deren Fixirung freilich bis jetzt
noch nicht gelungen ist. Bedeutungsvoller und von besserem Erfolge
gekrönt sind die Versuche, die in dem jetzt üblichen Processe nöthigen
theuren Silbersalze durch billigere Materialien zu ersetzen. So ver-
suchte Herschel zuerst die Eisen-, Niepce de St. Victor (und Burnett)
zuerst die Uransalze, Mungo Ponton zuerst die chromsauren Salze als
lichtempfindliche Substanzen in der Photographie anzuwenden. Die
bisher damit gemachten Versuche haben bereits beachtenswerthe
Resultate ergeben. Namentlich ist es das zuerst von Poitevin einge-
führte, auf der 'Lichtempfindlichkeit des chromsauren Kalis beruhende
Kohlecopirverfahren, welches unserer Meinung nach von allen
neuen Druckprocessen die gröfste Beachtung verdient.
In ungeahntem Mafsstabe sucht man aber die Productivität der
Photographie durch Combination derselben mit Metall- und Steindruck
zu erweitern. Fizeau war der erste, der eine Daguerreotypplatte zu
ätzen und dadurch geeignet für den Kupferdruck zu machen suchte.
Er lieferte bereits 1844 solche „Heliographieen“. Fox Talbot
versuchte das photographische Bild mit grofsem Erfolg auf Stahl zu
übertragen und so photographische Stahlstiche zu liefern. Poitevin
versuchte in gleicher Weise die Herstellung von Photolithographieen,
ein Verfahren, was neuerdings von Osborne, Toovey, James, Asser,
Lemercier, Burchardt u. A. auf eine hohe Stufe der Vollkommenheit
gehoben worden ist. Das Problem, Zeichnungen in Linienmanier da-
nach zu reproduciren , ist bereits gelöst und findet schon die allge-
*) Nicophore Niepce soll schon von seinen mit Asphalt überzogenen Platten
Abdrucke gemacht haben.
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8
Einleitung.
meinste Anwendung. Die Wiedergabe der Halbtöne auf diesem Wege
ist jedoch noch mit Schwierigkeiten verbunden, deren Hinwegräumnng
von zahlreichen Forschern mit Eifer angestrebt wird.
Während des Druckes dieses Buches geht uns schon die Kunde
zu von einer neuen wichtigen Entdeckung in dieser Hinsicht, die
eine grofse Umwälzung in unserem Metalldruckverfahren vorzubereiten
scheint — es ist Woodbury’s Reliefdruck; und gleichzeitig erhalten
wir Proben von neuen optisch -photographischen Instrumenten, er-
funden von Busch, Steinheil, Dallmeyer, welche die Leistungsfähigkeit
der Photographie in wunderbarer Weise erweitern.
Es mufs dem speciellen Theile unseres Lehrbuches Vorbehalten
bleiben, über diese neuen Entdeckungen ausführlicher zu berichten.
Hier sollte nur ein übersichtliches Bild des Entwicklungsganges der
Photographie geliefert werden.
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Das Studium der Photographie.
Wie aus der im vorigen Capitel übersichtlich geschilderten Ge-
schichte der Photographie hervorgeht, sind die Operationen derselben,
namentlich des Collodiumverfahrens, so einfach, dafs jeder nur einiger-
mafsen geschickte Mensch sich dieselben leicht aneignen und so mit
Erfolg ausüben kann. Wir sehen das im Leben an Tausenden von
Leuten, welche ohne alle Vorken n tn isse die Photographie praktisch
ausüben und oft mit grofsem Geschick. Für solche sind die zahl-
reichen Lehrbücher geschrieben, welche nichts als das Handwerks-
mäfsige der Photographie enthalten. Nun geht aber ebensowohl aus
dem vorhergehenden Capitel hervor, dafs die photographischen Opera-
tionen wesentlich auf physikalisch -chemischen Processen beruhen und
daraus ergiebt sich von selbst, dafs ein Photograph, der die unter
seinen Händen täglich vor sich gehenden Processe verstehen und
erklären und nach seinem Belieben dirigiren will, physikalische
und noch mehr che mische Ken n tnisse besitzen mufs. Dafs Tausende
von Photographen auch ohne dieselben im Stande sind, treffliche Bilder
zu liefern, lehrt allerdings die Erfahrung. Es ist das aber nicht nur in
ihrer Geschicklichkeit, sondern auch darin zu suchen, dafs ihnen die Me-
chaniker so vortreffliche Apparate und die Chemiker so vortreffliche Prä-
parate liefern; schleicht sich aber — und das kommt oft genug vor —
hier irgend eine Unregelmäfsigkeit ein, gehen die üblichen Processe
nicht nach der Schablone vor sich, so stehen die nicht mit chemischen
Kenntnissen Ausgerüsteten rathlos da und erst nach langem, mühsamen,
kostspieligen und planlosen Hin- und Hertappen gelingt es ihnen zu-
weilen , sich von der Ursache des Uebels Rechenschaft zu geben und
dasselbe zu beseitigen. In sofern sind chemische Kenntnisse für den
Photographen eine unbedingte Nothwendigkeit. Freilich giebt es um-
gekehrt tüchtige Chemiker genug, die als Photographen kein gescheutes
Bild zu fertigen im Stande sind. Hier fehlt es wieder an Technik,
an der nöthigen Umsicht imd Sauberkeit oder oft an gründ-
licheren chemischen Kenntnissen, indem in den gewöhnlichen Lehr-
cursen der Chemie die photographisch chemischen Processe im
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10
Das Stadium der Photographie.
höchsten Grade stiefmütterlich behandelt, ja oft ganz und gar mit.
Stillschweigen übergangen werden.
Physikalische und chemische Kenntnisse würden, mit tüchtiger
Technik vereinigt, für den, welcher die Photographie nur in der
Wissenschaft und Industrie anwenden will, ausreichen.
Für den Fach photographen aber, welcher nicht blofs technisch
gute, sondern auch schöne Bilder liefern will, ist noch ein drittes Eie1-
ment nothwendig.
Wir sehen oft ans der Hand anerkannt tüchtiger Photographen
Bilder hervorgehen, welche dennoch von dem Besteller abscheulich
befunden werden. Er tadelt vielleicht bei einem Portrait die schlechte
Haltung, das unschöne Arrangement, die unangenehmen schwarzen
Schatten in den Augen, unter Nase und Kinn, die dem Ganzen ein
hartes, dem Original unähnliches Aussehen geben, wenn auch im
Uebrigen das Bild sauber und technisch tadellos ausgefiührt ist.
Technik und chemische Kenntnisse genügen demnach nicht, um
ein schönes Bild zu liefern, hierzu gehört auch noch Sinn für ma-
lerische Anordnung und Beleuchtung. Besitzt ein Photograph
diesen nicht, so bringen die besten Chemikalien, die ausgebildetste
Technik kein schönes Bild hervor. Letztere kann sich Jeder durch
Uebung aneignen, chemische Kenntnisse anlernen, aber Geschmack,
künstlerisches Gefühl lernt man nimmer, das mufs einem angeboren
sein. Studium kann dieses nicht schaffen, sondern nur ausbilden.
Wer hier nicht von der gütigen Mutter Natur die Gabe erhalten hat,
das Schöne zu schauen mit geistigem Auge uud das Bild seines Geistes
sichtbar zu reproduciren an lebendigen Gestalten, der wird nun und
nimmermehr Künstler werden, sondern nur ein photographischer Hand-
werker.*)
So sehen wir denn dreierlei für den Photographen nothwendig:
1) Chemische Kenntnisse (physikalische einbegriffen), damit er
die Processe verstehen lerne, welche täglich unter seinen
Händen vor sich gehen und durch seine Kenntnisse selbst
die Macht gewinne, dieselben nach seinem Belieben zu
leiten.
2) Technik, d. h. gründliche Uebung in den mechanischen Opera-
tionen.
3) Geschmack zur Herstellung künstlerisch schöner Bilder.
*1 Wir wollen damit aber nicht Denjenigen, welche diesen Mangel in sich
fühlen, den Muth rauben. Wie in der Malerei kleine Künstler lieben grolsen dennoch
ihr Publicnm finden, und in bescheidener Sphäre Gutes leisten, so auch in der
Photographie. Und selbst derjenige, welchem die Natur natürlichen Kunstsinn ganz
versagt haben sollte, kann durch eifriges Studium und durch Nachahmen der Vor-
bilder grofser Meister dennoch bis auf einen gewissen Punkt den natürlichen Mangel
ersetzen-
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Das Studium der Photographie.
11
Daraus ergeben sich denn die drei Äbtheilungen , aus denen ein
umfassendes Lehrbuch der Photographie bestehen mufs, ganz von
selbst. Dasselbe mufs enthalten:
1) Die Theorie der Photographie, d. i. Betrachtung der chemi-
schen und physikalischen Grundlehren, worauf das Technische
dieser Kunst beruht.
2) Die Praxis der Photographie, d. i. die Beschreibung der
praktischen Operationen.
3) Die Kunst der Photographie, d. i. Erörterung der Grund-
sätze, auf denen die Herstellung künstlerisch schöner Bilder
beruht.
Durch diese Eintheilung unterscheidet sich unser Lehrbuch wesent-
lich von den bisher vorhandenen.
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Theorie der Photographie.
Erstes Gapitel.
Physikalische Wirkungen des Lichtes.
Photographie ist die Kunst, mit Hülfe der directen Wirkung
des Lichtes auf eine Fläche ein Bild zu erzeugen.
Sie basirt auf den V eränderungen, welche das Licht auszuüben
im Stande ist. Nun sind alle Veränderungen in der Natur entweder
stofflich, dann nennt man sie chemische Veränderungen, oder nicht
stofflich, dann nennt man sie physikalische.
Biegt man oder zerbricht man einen Holzstab, so ändert man
dessen Form, die Substanz des Holzes bleibt jedoch dieselbe, Biegen,
Brechen sind demnach physikalische Veränderungen.
Entzündet man aber den Holzstab, so verbrennt er, Rauch steigt
auf, Kohle bleibt zurück, oft genau von der Form des verbrannten
Holzstückes; hier wird der Stoff des Holzes total verändert. Ver-
brennen ist demnach eine chemische Veränderung.
Das Licht bewirkt beide Arten von Veränderungen, physika-
lische und chemische.
Betrachten wir zunächst die ersteren.
Unter den physikalischen Veränderungen, welche das Licht aus-
übt, ist zuerst die Phosphorescenz zu nennen. Viele Körper, wie
Diamant, Flufsspath, weifses Papier, Eierschaalen , der bononische
Stein (eine Art Schwerspath), leuchten im Dunkeln, wenn sie vorher
von der Sonne beschienen worden sind. Die Erscheinung zeigt sich
auch in verschlossenen Gläsern selbst unter Wasser und Oel. In-
teressant ist es, dafs die stark brechbaren blauen, violetten und ultra-
violetten Strahlen diese Phosphorescenz am stärksten bewirken. Wir
werden später sehen, dafs diese Strahlen auch in photographischer
Hinsicht die wirksamsten sind.
Und ähnlich wie in der Photographie, so ist auch hier oft eine
Belichtung von nur wenigen Secunden hinreichend, um das Maximum
der Wirkung, d. h. der Leuchtkraft hervorzubringen.
Eine andere physikalische Wirkung des Lichtes ist das Magnetisch-
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Physikalische Wirkungen des Lichtes. — Moser’s Versuche. 13
werden von zur Hälfte bedeckten Stablnadeln, wenn dieselben längere
Zeit dem Lichte ausgesetzt werden.
Ferner ist hier das Zerfallen der rothen Krystalle des Realgars
zu erwähnen, welches nach längerer Belichtung derselben, selbst in
verschlossenen Glasröhren stattfindet. Hier wirkt das Licht rein
mechanisch. Die Krystalle verwandeln sich in ein gelbes Pulver, als
wenn sie in einem Mörser zerstampft worden wären.
Am merkwürdigsten für unser Gebiet ist aber die Wirkung des
Lichtes auf blank polirte Flächen.
Bedeckt man Glas- oder Metallplatten mit einem sie nicht be-
rührenden durchbrochenen Schirm und setzt sie so einige Zeit dem
Sonnenlichte aus, so wird die Platte zwar nicht sichtbar verändert,
haucht man aber auf dieselbe, so verdichtet sich der Wasserdunst am
stärksten an den belichteten Stellen und man erhält so ein Bild des
Schirmes.
Ganz analog verhalten sich Quecksilberdämpfe in Bezug auf Me-
tallplatten.
Das Licht ertheilt daher gewissen Körpern die Eigenschaft, Dämpfe
zu condensiren. Diese Erscheinung ist dem Entwicklungsprocesse in
der Daguerreotypie sehr nahe verwandt (siehe Einleitung) und läfst
die Vermuthung, dafs dort die Wirkung des Lichtes auf Jod silber-
platten ganz analog der auf Silberplatten, d. h. rein physikalisch sei,
nicht ganz ungerechtfertigt erscheinen. Moser, der dieses Gebiet der
Licbtwirkungen vielfach durchforscht hat, weist nach, dafs man solche
Erscheinungen auf Kupfer, Silber, Glas, Elfenbein etc. hervorbringen
könne, und sagt auf Grund seiner Erfahrungen:
Licht wirkt auf alle Körper und man kann seine
Wirkung prüfen durch Dämpfe, die an der Sub-
stanz adhäriren.
Hierher gehören auch die Erscheinungen der Condensirung von
Kampber- und Wasserdämpfen.
Setzt man Flaschen, auf deren Boden sich etwas Kampher oder
Wasser befindet, an das Sonnenlicht, so condensiren sich die Dämpfe
der Substanzen vorzugsweise an der belichteten Seite, obgleich diese
die wärmere ist.
Bei dieser Gelegenheit mufs noch eine andere Klasse von Er-
scheinungen besprochen werden, die von Moser beobachtet und studirt
und von diesem ebenfalls einer Lichtwirkung zugeschrieben wurde.
Legt man auf eine frisch polirte Silberplatte einen Metallstempel,
läfst ihn einige Stunden darauf liegen und behaucht alsdann die Platte,
so erhält man ein deutliches Abbild des Stempels, indem sich der
Hauch überall da condensirt, wo Metall und Stempel nicht in un-
mittelbarer Berührung waren. Ebenso kann man das Bild mit Queck-
silberdämpfen sichtbar machen. Dieselbe Erscheinnng beobachtet man,
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Haochbilder. — Latentes Licht.
wenn Platte und Stempel nicht in unmittelbarer Berührung, sondern
in Papierdicke von einander entfernt sind, sie findet ebenso gut statt
im Hellen wie im Dunkeln, und Moser zog daraus den Schlufs, dafs
diese Hauchbilder durch ein unsichtbares Licht erzeugt würden,
welches von dem Stempel ausstrahlt. Eine ganz ähnliche Erscheinung
bemerkt man in Taschenuhren. Auf der Innenseite der Rückenwand
derselben beobachtet man öfter ein deutliches Abbild der gegenüber-
stehenden Schlüssellöcher.
Oft sind diese Hauchbilder von merkwürdiger Schärfe. Waidele
wies nach, dafs nicht das Licht, sondern die Adhäsionsverhältnisse
Ursache der Entstehung dieser Bilder sind. So gut wie viele Kör-
per durch Eintauchen in Wasser sich mit einer Wasserschicht um-
geben, d. h. nafs werden, so umgeben sich dieselben beim Verweilen
im lufterfüllten Raume mit einer Schiebt verdichteter Luft, sie con-
densiren Gase und Dämpfe an ihrer Oberfläche. Diese Gasschicht
ist oft nur schwierig zu entfernen, sie erweist sich z. B. als in hohem
Grade störend beim Füllen von Barometerröhren, wo die festgehaltene
Luft in die Torricellische Leere steigt.
Man kann diese Luftschicht nur durch eifriges Putzen und Po-
liren oder Erhitzen entfernen. Stellt man nun auf eine rein polirte
Platte eine andere nicht polirte, reliefartig ausgeschnittene, z. B. ein
Petschaft, so suchen die reinen Stellen der Platte die gegenüber be-
findlichen Gastheilchen von den ihnen näheren erhabenen Theilen des
Reliefs herüberzuziehen. Haucht man nun auf die Metallplatte, so
werden die Wasserdämpfe sich an den Stellen, die schon ganz mit
Gas umhüllt sind, am wenigsten verdichten, mehr an den noch reinen,
und so entsteht denn ein Hauchbild des Stempels.
Dafs die Erscheinung wirklich auf der Gashülle basirt, beweist
der Umstand, dafs sie nicht eintritt, wenn beide Körper, Platte und
Stempel, rein geputzt sind, ebenso nicht im luftleeren Raume.
Niepce de St. Victor, dessen Namen wir noch mehrfach zu nennen
Gelegenheit haben werden, beschrieb eine andere, wie es scheint, hier-
her gehörige Klasse von Erscheinungen.
Er exponirte mit Kochsalz bestrichene matte Porzellanscheiben
oder Papierstreifen und fand, dafo beim Betupfen derselben mit Silber-
lösung im Dunkeln das auf den belichteten Stellen sich bildende
Chlorsilber dunkel erschien, als wenn es selbst belichtet worden wäre.
Er schreibt diese Erscheinung einem „Latent werden“ des Lichtes
zu. Doch ist es wahrscheinlich, dafs hier Ozonbildung und ähnliche
Einflüsse wesentlich mitwirken.
Zum Schlufs wollen wir die schon öfter beobachteten Veränderun-
gen erwähnen, welche compacte Glasmassen im Lichte erleiden.
Faraday führt an, dafs das violette Manganglas sich im Liebte
langsam purpurn färbe.
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Lichtempfindlichkeit des Glases.
15
Auch bei ändern Gläsern, namentlich bei den in photographi-
schen Ateliers gebrauchten, hat man allmählige Veränderungen in
ihrer Durchsichtigkeit für verschiedene farbige Strahlen wahrgenommen.
Es ist wohl möglich, dafs diese Erscheinungen nicht blofs Aenderun-
gen des Molecularzustandes sind, sondern in das Gebiet der chemi-
schen Wirkungen des Lichtes gehören, die wir im nächsten Capitel
betrachten wollen.
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Zweites Capitel.
Photochemie
oder
Lehre von den chemischen Wirkungen des Lichtes.
Während die physikalischen Wirkungen des Lichtes nicht eben
jedem Auge klar zu Tage liegen, sehen wir die chemischen Wirkun-
gen des Lichtes sich hundertfach im gewöhnlichen Leben in augen-
fälliger Weise äufsern. Jedermann kennt ja das Verbleichen und
Verschiefsen unserer farbigen Kleiderstoffe im Lichte und dafs dieses
eine Wirkung des Lichtes ist, geht ja am eclatantesten daraus hervor,
dafs die dem Lichte weniger exponirten Falten nicht verbleichen.
Weniger bekannt dürfte es sein, dafs selbst feste Mineralien
verschiefsen und verbleichen. Der Chrysopras leidet im Lichte.
Rothe Hyazinthe werden bräunlich und die bräunlichen sibi-
rischen Topase werden blafsgelb.*)
Andere Massen färben sich dagegen im Lichte dunkler, so z. B.
Mahagoniholz, Kiehnholz. Letzteres zeigt nicht selten nach Jahren
Copieen darauf geklebter Papierbilder. Ja selbst gewöhnliches weifses
Papier färbt sich im Lichte mit der Zeit gelb, wie man an ein-
gerahmten Kupferstichen, Cartons etc. öfter sehen kann. Das Gelb-
wcrden mancher Photographieen, das man sonst gewöhnlich schlechtem
Auswaschen zuschreibt, hat oft darin seinen Grund. Es giebt Photo-
graphieen, wo der Carton, auf den sie gezogen sind, mit der Zeit
gelb wird, während das Bild selbst weifs bleibt.
Es sind dies Beispiele von chemischen Veränderungen, die freilich
noch nicht so gründlich studirt sind, dafs man sie in Formeln aus-
drücken könnte.
Besser Bescheid wissen wir mit einer Reihe chemischer Licht-
wirkungen in der unorganischen Chemie und diese sollen im Fol-
genden specieller beschrieben werden.
*) Dies hat Herr Geheimratb Gustav Kose an dem schonen sibirischen Topase
seines Cabinets zu nicht geringem Leidwesen erfahren.
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Photochemie der Nichtmetalle.
17
Erster Abschnitt.
Wirkung des Lichtes auf Nichtmetalle und deren
Verbindungen.
Schon auf Elemente kann das Licht modificirend ein wirken und
als interessantes Beispiel steht die Umwandlung des gelben Phos-
phors in rothen da, die ebenso gut durch Licht als durch Wärme
bewirkt wird. Selbst Auflösungen des Phosphors in ätherischen Oelen
werden durch das Licht zersetzt, indem sich unlöslicher rother Phos-
phor ausscheidet
Ein anderes Beispiel der durch das Licht bewirkten Modifikation
eines Elements ist die Bildung des Ozons. Schüttelt man Terpen-
tinöl mit Sauerstoff bei Einwirkung des Lichtes, so wird der Sauer-
stoff ozonisirt Es ist wahrscheinlich, dafs solche Ozonisirungen
unter Einflufs des Lichtes auch bei Gegenwart anderer oxydirbaren
organischen Körper vor sich gehen (s. o. Niepce latentes Licht, S. 14).
Diese Beispiele stehen bis jetzt vereinzelt da. Zahlreicher sind
die durch das Licht bewirkten chemischen Verbindungen und
Z e rse tzungen.
Hier sind es nun vor allen die drei Salzbilder Chlor, Brom
und Jod, die für die chemische Wirkung des Lichtes die interessan-
testen Beispiele liefern. Am lichtempfindlichsten unter diesen ist so-
wohl in seinen Verbindungen als in den von ihm bewirkten Zer-
setzungen das Chlor.
Die Mischung desselben mit Wasserstoff verbindet sich chemisch
im Sonnenlicht unter Explosion. Bei diffusem Lichte geht die Ver-
bindung nur langsam vor sich. Unter rothem, gelbem und grünem
Glase erfolgt sie nicht, dagegen wohl unter violettem und blauem,
ßunsen und Roscoe haben neuerdings die Mischung von Chlorgas
und Wasserstofifgas oder, wie sie es nennen, Cblorknallgas zur Be-
stimmung der Intensität der chemischen Wirkung des Lichtes ange-
wendet. Sie lassen das zu messende Licht auf ein graduirtes mit
Chlorknallgas und Wasser gefülltes Gefäfs wirken. Es bildet sich
Salzsäure, die vom Wasser absorbirt wird. Aus der Menge des ver-
schwundenen Gases machen sie einen Schlufs auf die Stärke der
chemischen Wirkung der Lichtquelle. Wir werden die Methode noch
später beschreiben.
Brom und Wasserstoff und Jod und Wasserstoff vereinigen sich
nicht im Licht.
Das Vereinigungsbestreben des Chlors mit Wasserstoff im Licht
tritt noch bei anderen Phänomenen in auffallender Weise zu Tage.
Chlorwasser wird im Licht zersetzt, es bildet sich Chlorwasser-
stoffsäure und Sauerstoff scheidet sich aus.
HO -+- CI = HCl -+- O.
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. ~
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18
Photochemie der Metallverbindungen.
Leichtes Kohlenwasserstoffgas, mit Chlorgas gemengt, explodirt
im Sonnenlicht unter Ausscheidung von Kohle, in zerstreutem Licht
entsteht Kohlenstoffsuperchlorid.
Essigsäure wird im Licht durch Chlor in Monochloressigsäure
übergeführt, bei starkem Licht in Trichloressigsäure.
C, H, O, HO-t- 2C1 = C4 |’0„H0-+-HC1.
Auch andern Körpern gegenüber zeigt Chlor unter Einflufs des
Lichtes ein energisches Vereinigungsbestreben. So vereinigt sich Chlor
mit Kohlenoxydgas zu Phosgengas (CO CI), und mit schwefliger Säure
zu Chlorschwefelsäure (SO CI).
Als ein anderes Beispiel fuhren wir hier die von Seely nach-
gewiesene Thatsache an, dafs die Verbindung des Kautschuks mit
Schwefel (die Vulkanisirung) ebenso gut durch das Licht als durch
Wärme bewirkt wird.
Während so das Licht die Verwandtschaft gewisser Körper zu
einander bedeutend erhöht, vermindert es die Verwandtschaft anderer
und bewirkt so chemische Zersetzungen.
So zerfällt Unterchlorsäure (CI O,) im Lichte in ihre Bestandtheile.
Auch die Verwandtschaft des Chlors zu verschiedenen Metallen
wird im Lichte so weit vermindert, dafs eine Trennung stattfindet.
Wir kommen weiter unten darauf zurück.
Noch verschiedene andere Verbindungen zeigen die Eigenthüm-
lichkeit des Zerfaliens im Licht.
So zerfällt die concentrirteste Salpetersäure im Licht in Unter-
salpetersäure und Sauerstoff.
Auch der flüssige Phosphorwasserstoff zerfällt im Licht.
Zweiter Abschnitt
Die Wirkung des Lichtes auf Metallverbindungen.
Im vorigen Capitel haben wir einerseits Verbindungen, anderseits
Zersetzungen unter Mithülfe des Lichtes vor sich gehen sehen. In
Bezug auf Metallverbindungen sind es hauptsächlich Zersetzungen,
welche das Licht veranlafst, Reductionen der Metalloxyde, Chloride,
Bromide etc. zu Metallen event. Suboxyden, Subchloriden etc.
Die Wirkungen des Lichtes auf Metallverbindungen sind in vielen
Stücken denen der Wärme analog.
Es giebt Verbindungen, welche unmittelbar durch Wärme zer-
setzt werden, z. B. Quecksilberoxyd, Silberoxyd, die durch blofse
Erwärmung in ihre Bestandtheile zerfallen; andere dagegen werden
durch die Wärme nur zersetzt bei Gegenwart eines Körpers, der
sich mit einem der freiwerdenden Bestandtheile verbindet, so Kupfer-
oxyd, Eisenoxyd bei Gegenwart von Wasserstoff.
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Photochemie der Metallverbindungen.
19
Aehnlich sind die Wirkungen des Lichtes. Gewisse Körper (wie
Silberoxyd, Chlorsilber, Quecksilberoxyd) werden direct durch das
Licht zersetzt, andere nur bei Gegenwart eines Körpers, der sich
dabei mit einem der frei werdenden Bestandtheile verbindet, so z. B.
Eisen chlorid, chromsaure Salze etc., diese werden im Licht zer-
setzt bei Gegenwart von organischen Substanzen (Aether, Papier etc.),
welche die freiwerdenden Bestandtheile (Sauerstoff oder Chlor) absor-
biren; Wasser bei Gegenwart von Chlor, das sich mit dem sich ent-
wickelnden Wasserstoff zu Chlorwasserstoff verbindet (s. o.). Diese
fremden Substanzen, welche die Zersetzung vieler Körper durch das
Licht bedingen, spielen in der Photographie eine wichtige Rolle, selbst
dann, wenn man mit einem direct lichtempfindlichen Körper zu thun
hat, dessen Zersetzung bei Gegenwart solcher Substanzen eine viel
energischere ist.
Man hat den tiefgehenden Einflufs solcher Beimengungen früher
vielfach verkannt und daher kam es denn, dafs die Angaben ver-
schiedener Forscher über die Zersetzung mancher Körper im Lichte
oft sehr verschieden ausfielen.
So stritt man bis in die neueste Zeit darüber, ob Chlorsilber im
Licht zu einem Subchlorür oder zu Metall reducirt werde. Verfasser
dieses hat nachgewiesen, dafs beides richtig ist, je nachdem man
reines Chlorsilber oder Chlorsilber auf Papier gestrichen dem Licht
exponirt. Die organische Papierfaser wirkt hierbei direct oder indirect
Chlor absorbirend.
Daher denn der bedeutende Einflufs, den die Präparation des
Papieres, des Collodions etc. auf photographische Processe ausüben.
Man kann demnach die lichtempfindlichen Metallverbindungen in
zwei Klassen theilen, in direct lichtempfindliche, die für sich
allein durch Wirkung des Lichtes zerlegt werden, und in indirect
lichtempfindliche, die nur bei Gegenwart eines Körpers zersetzt
werden, der sich mit einem der freiwerdenden Bestandtheile verbindet.
Betrachten wir zunächst
die Verbindungen der Leichtmetalle.
Von diesen sind allerdings nur wenige lichtempfindlich. Direct
nachgewiesen ist die Lichtempfindlichkeit beim Jodkalium, Jod-
natrium und Jodammon, welche sich zwar theils im festen Zu-
stande wie Jodammon, theils in wässerigen Lösungen durch Einflufs
des Lichtes unter Jodausscheidung zersetzen. Es ist wahrscheinlich,
dafs dies auch mit den so leicht zersetzbaren Jodverbindungen der
Erdmetalle eintritt.
Man kann diese Zersetzung der Jodmetalle im Lichte zur Bild-
erzeugung benutzen. Tränkt man mit Stärke geleimtes Papier mit
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20
Eisensalze.
Jodkalium und exponirt dieses unter einem Negativ, so erhält man
eine blaue Copie in Jodstärke, die freilich nicht von langer Dauer ist.
Die Zersetzbarkeit dieser Jodmetalle im Lichte kommt höchstens
indirect in Betracht, indem sie die Haltbarkeit damit präparirter Col-
lodien bedingt und das Aufbewahren derselben im Dunkeln räthlich
erscheinen läfst.
Wichtiger als dieses für die Photographie sind
die Verbindungen der Schwermetalle.
Unter diesen sind es namentlich die höheren Oxydations- und
Chlorungsstufen von Eisen, Chrom, Uran und Kupfer, sowie der edlen
Metalle, Gold, Silber, Platina, welche gründlicher untersucht sind und
theilweise bereits eine wichtige Anwendung in der Praxis gefunden
haben.
Verbindungen des Eisens.
Eisen bildet mit Sauerstoff und Säuren resp. Salzbildern zwei
Reihen von Salzen, Eisenoxydul- und Eisenoxydsalze, denen die
Chlorüre, Chloride, Bromüre, Bromide etc. entsprechen.
Die Eisenoxydulsalze sind weifs oder grünlich von Farbe
(das oxalsaure Eisenoxydul ist gelb), gewöhnlich mit Oxydsalz ver-
unreinigt und dadurch dunkler gefärbt ( wie der im Handel vorkora-
mende Eisenvitriol, der im reinsten Zustande fast weifs erscheint).
Sie zeichnen sich durch ihre Verwandtschaft zum Sauerstoff aus, in
Folge dessen oxydireu sie sich leicht an der Luft und verwandeln
sich zum Theil in basische Oxydsalze, ebenso entziehen sie manchen
Metallsalzen ihren Sauerstoff und schlagen die Metalle aus ihren
Lösungen nieder. Mischt man z. B. Goldlösnng oder Silberlösung
mit Eisenoxydulsalzlösungen (z. B. Eisenvitriol), so schlagen sich die
Metalle in Pulverform nieder, darauf beruht die Ausfällung des Goldes
aus seinen Lösungen (Verarbeitung der Goldrückstände) und der
photographische Entwicklungsprocefs beim Collodionverfah-
ren (s. u.).
(Eisenchlorür reducirt Silberlösungen nicht, sondern fällt aus
diesen Chlorsilber.)
Aetzende und kohlensaure Alkalien geben mit Eisenoxy-
dullösungen grüne Niederschläge, die sich schnell dunkler färben.
Gelbes Blutlaugensalz giebt einen weifsen, schnell blau werdenden
Niederschlag, rothes Blutlaugensalz einen blauen: Turnbull-
blau (Fe, Cy, 3FeCy). Dieser ist photographisch wichtig (s. u.).
Die Eisenoxydsalze sind im wasserhaltigen Zustande, wie sie
im Handel Vorkommen, gelb oder gelbroth gefärbt, und enthalten ge-
wöhnlich überschüssige Säure. Sie wirken nicht reducirend wie die
Oxydulsalze, schlagen daher Gold und Silber nicht aus ihren Lösun-
gen metallisch nieder, Alkalien (ätzende und kohlensaure) geben
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Eisensalze.
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damit braune Niederschläge, gelbes Blutlaugensalz giebt einen
dunkelblauen Niederschlag — Berlinerblau. Rothes Blutlaugen*
salz fallen sie nicht. Rhodankalium färbt die Lösungen intensiv roth,
Gerbstoff, Gallussäure und Pyrogallussäure färben sie schwarz.
Die neutralen Eisenoxydsalze zerfallen sehr leicht in saures und
basisches Salz.
Das photographisch wichtigste Eisenoxydulsalz ist das schwefel-
saure Eisenoxydul, im gewöhnlichen Leben Eisenvitriol ge-
nannt. Die chemische Formel desselben ist FeO SO, -+- 7HO; Atom-
gewicht: 76; es ist ein blafsgrünes leicht krystallisirendes Salz, das an
der Luft anfangs unter Weifswerden sein Wasser theilweise verliert
(verwittert) und sich unter Gelbwerden leicht höher oxydirt.
Es löst sich leicht in Wasser. 1 Theil Eisenvitriol braucht bei
10° 1,m Wasser zur Lösung. Oxydhaltiger Vitriol löst sich nur klar
auf, wenn etwas Säure hinzugesetzt wird.
Er bildet mit schwefelsaurem Kali, Natron und Ammon Doppel-
salze, die viel beständiger sind als der reine Eisenvitriol.
Das schwefelsaure Eisenoxydammon (FeO SO, -+- NH, OSO,
-+- 6 HO) ist von Meynier zum „Entwickeln“ empfohlen worden.
Schwe felsaures Eisenoxyd spielt in der Photographie keine
Rolle. Es ist eine saure braune Salzmasse, die beim starken Erhitzen
weifs wird; es löst sich leicht in Wasser und bildet mit Kali, Natron
und Ammoniak Doppelsalze (Eisenalaune).
Wichtiger ist das Eisenchlorid (Fe, CI,), das als eine braune
in Wasser, Alkohol und Aether lösliche saure Salzmasse im Handel
vorkommt. Die reinen Krystalle desselben haben die Formel Fe, CI,
-4- 12 HO, die Lösung sieht gelb aus. Bei Gegenwart organischer
Substanzen verliert es einen Theil seines Chlors bei Einwirkung des
Lichtes (s. 9.).
Das Eisenchlorür bildet ein krystallisirbares in Wasser lös-
liches grünes Salz (Fe CI -+- 4HO), dem Eisenvitriol in seinem Ver-
halten ähnlich.
Das oxalsaure Eisenoxydul zeichnet sich durch seine gelbe
Farbe und durch seine Unlöslichkeit in Wasser aus.
Oxalsaures Eisenoxyd ist ebenfalls in reinem Zustande un-
löslich, löst sich aber bei einem kleinen Säureüberschufs leicht und
zerfällt im Licht unter Bildung von Oxydulsalz und Kohlensäure.
Es kommt mit grüner Farbe im Handel vor. Mit oxalsauren Alkalien
bildet das oxalsaure Eisenoxyd Doppelsalze von grüner Farbe, die
schön krystallisiren und ebenfalls lichtempfindlich sind:
Das oxalsaure Eisenoxydkali, Natron und Ammon:
3KaO C, O, -+- Fe, O, 3C,Oa-+-6HO
3Na0C,0, -f-Fe.O, 3C,0. -PßHO
3NH,0C,0, +FesO, 3C.O, -+- ?
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Eisensalze. — Eisenbilder.
Die weinsauren und citronsauren Salze des Eisens sind nur wenig
bekannt.
Weinsaures Eisenoxydul bildet eine blafegrüne in Wasser
schwer lösliche Masse.
Weinsaures Eisenoxyd bildet einen amorphen Körper, der
in Wasser löslich ist und sich mit weinsaurem Kali und Ammoniak
zu schön roth gefärbten Doppelsalzen, die in Blättchen krystallisiren,
verbindet. Diese Doppelsalze sind in Wasser leicht löslich.
Citronsaures Eisenoxydul ist eine weifse in Wasser lösliche
Masse.
Citronsaures Eisenoxyd bildet einen braunen amorphen Kör-
per, der mit citronsauren Alkalien Doppelsalze bildet.
Im Handel findet man unter dem Namen citronsaures Eisen
ein Salz in glänzenden braunen Blättchen.
EssigsaureB Eisenoxydul bildet farblose seidenglänzende in
Wasser lösliche Nadeln, es bildet sich beim Versetzen von Eisen-
vitriollösung mit Bleizuckerlösung. Es wurde früher als Entwicklungs-
fiüssigkeit benutzt.
Von den Verbindungen des Eisens sind nur gewisse dem Oxyd
in ihrer Zusammensetzung entsprechende als lichtempfindlich bekannt
und sind diese nicht im reinen Zustande lichtempfindlich, wohl aber
bei Gegenwart eines Körpers, der sich mit einem der freiwerdenden
Bestandtheile (Sauerstoff oder Chlor) vereinigt. Hierbei wird das
Eisenoxyd, resp. Chlorid zu Oxydul oder Chlorür reducirt.
Die erste beobachtete Thatsache der Art war wohl das Verhalten
der gelben ätherischen Eisenchloridlösung im Lichte. Diese entfärbt
sich unter Bildung von Eisenchlorür, das freiwerdende Chlor wird
vom Aether absorbirt.
Ebenso entfärbt sich mit Eisenchlorid getränktes Papier im Sonnen-
licht in 15 bis 20 Minuten (Zöllner). Hier spielt das Papier die Rolle
des Reductionsmittels.
Noch lichtempfindlicher sind das weinsteinsaure Eisenoxyd, das
citronsaure Eisenoxydammoniak und das oxalsaure Eisenoxyd. Letz-
teres entfärbt sich im Sonnenlichte in 3 Minuten. Hier ist es die
Oxalsäure und die übrigen organischen Säuren, welche so leicht Sauer-
stoff aufnehmen und daher kräftig reducirend wirken.
Aufserdem ist noch das Berlinerblau lichtempfindlich und wirkt
im Lichte gebleicht. Daher rührt das Verschiefsen der mit Berliner-
blau gefärbten Stoffe. Im Dunkeln werden die gebleichten Stellen
wieder blau, indem sich, wohl unter Ausscheidung von basischem Salz,
wieder Berlinerblau bildet.
Herschel war der erste, der diese Reduction der Eisenoxydsalze
durch das Licht zur Erzeugung von Bildern benutzte. Es geschah dies
schon in den ersten Zeiten der Photographie im Jahre 1840.
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Eisenbilder. — Kohlebilder.
23
Zur Aufnahme von Bildern in der Camera sind diese Salze nicht
empfindlich genug, dagegen lassen sie sich zum Copiren nach Negativen
und Positiven wohl verwenden. Tränkt man Papier im Dunkeln mit
einer der genannten Eisenlösungen, und trocknet es, so erscheint es
gelb; expouirt man es dann dem Lichte unter einem Bilde, z. B. einem
Negative, so entfärben sich die vom Licht getroffenen Stellen alsbald
und man erhält ein blasses, kaum sichtbares Bild auf gelbem Grunde,
welches aus einem Oxydulsalz besteht. Dieses blasse Bild ist nun
an sich nicht brauchbar, es läfst sich aber leicht durch verschiedene
Methoden kräftigen. Diese laufen darauf hinaus, dafs man das durch
das Licht reducirte Eisenoxydul oder das vom Licht verschont ge-
bliebene Eisenoxyd durch irgend eine Substanz sichtbar macht, welche
damit einen dunklen Niederschlag erzeugt.
Man nennt solche nachherige Sichtbarmachung des an und für
sich nicht oder nur schwach wahrnehmbaren Bildes: Hervorrufung
oder Entwicklung.
Das durch Licht erzeugte Eisenoxydul (oder Chlorfir) läfst
sich in folgender Weise dunkel färben :
1) Durch Baden des belichteten Papieres in Kaliumeisencyanid.
Dieses giebt bekanntlich mit Eisenoxydsalzen keinen, mit Eisen-
oxydulsalzen dagegen einen blauen Niederschlag (Turnbull blau), es
wird daher das Bild in Blau erscheinen.
2) Durch Baden des Bildes in einer Lösung von Metallen, die
durch Eisenoxydul gefällt werden, z. B. Gold, Silber. Beide geben
damit pulverförmige Niederschläge von brauner, resp. grauer Farbe,
welche das Erscheinen des Bildes bewirken.
3) Durch Behandeln des Bildes mit einer Auflösung von chrom-
saurem Kali. Dieses giebt mit Eisenoxydul einen braunen Nieder-
schlag von Cbromsuperoxyd (CrO, oder Cr, O, CrO,).
Von allen diesen Niederschlägen wird derjenige das kräftigste
Bild geben, welcher am intensivsten gefärbt ist, das ist das Turnbull-
blau; weniger kräftig erscheint das Chromsuperoxyd, noch flauer das
Gold und Silber. Will man daher letztere zur Entwicklung verwenden,
so mufs man die Eisensalzlösungen, welche zum Tränken der Papiere
dienen, möglichst concentrirt nehmen.
Hieran reiht sich auch Phypson’s Verfahren, der Papier mit oxal-
saurem Eisenoxyd tränkt, unter einem Negativ belichtet und wäscht.
Das durch das Licht gebildete oxalsaure Eisenoxydul bleibt dabei
zurück, wird durch eine Auflösung von übermangansaurem Kali in
Oxyd verwandelt und mit Gallussäure schwarz gefärbt.
Noch eine vierte Methode giebt es, durch Wirkung auf das durch
das Licht erzeugte Eisenoxydulsalz das Bild zu entwickeln. Diese ist
von Poitevin angegeben.
Man mischt 10 Theile Eisenchlorid mit 5 Theilen Weinsäure, löst
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Kohle- und Emailbilder. — Eisenbilder.
in 60 Tbeilen Wasser und überzieht mit dieser Lösung eine matte Glas-
tafel. Diese wird alsdann getrocknet unter einem Negativ einige Minu-
ten dem Lichte ausgesetzt. Es entsteht hierbei weinsaures Eisenoxydul,
welches als hygroskopische Substanz bald feucht wird. Bestäubt man
alsdann das Bild vorsichtig mit irgend einer Staubfarbe, so hängt
sich diese an die feuchten Stellen und bringt so das Bild zum Vorschein.
Auf diese Weise kann man Bilder in beliebigen Farben schwarz,
gelb etc. herstellen, nimmt man feingepulverten Kohlenstaub als Farbe,
so erhält man die sogenannten Kohlebilder, nimmt man irgend eine
schwarze Schmelzfarbe, so kann man diese nachher in das Glas ein-
brennen und man erhält so eingebrannte Photographieen.
Die so hervorgerufenen Bilder sind dadurch von obigen unter-
schieden, dafs das als Basis dienende Eisenoxydul nicht chemisch
auf den Farbstoff wirkt.
Eine andere höchst interessante, aber noch wenig versuchte, eben-
falls von Poitevin angegebene Methode, welche hier noch anzuführen
ist, besteht im Folgenden:
Papier wird mit einer mit Tusche angerührten Lösung von 5 bis
6 Th. Gelatin in 100 Th. Wasser überzogen und dann in eine Lösung
von 10 Th. Eisenchlorid, 3 Th. Weinsäure und 100 Th. Wasser ge-
taucht, dadurch wird die Gelatinschicht unlöslich im Wasser. Diese
Unlöslichkeit wird aber aufgehoben, sobald das Licht auf die Schicht
wirkt. Belichtet man diese demnach unter einem Positivbilde (einem
Kupferstich z. B.) und taucht sie dann in Wasser, so lösen sich alle
vom Licht getroffenen Stellen los, nur die unter den Schwärzen der
Zeichnung liegenden bleiben zurück.
Dies wären die Methoden, die Bilder durch chemische Einwirkung
auf das durch’s Licht erzeugte Eisenoxydul zu entwickeln. Ebenso
gut können dieselben aber auch durch Einwirkung auf das vom Licht
verschonte Eisenoxyd entwickelt werden.
1) Durch Anwendung von Jodkalium und Stärkelösung.
Jodkalium zersetzt sich mit Eisenoxydsalzen, indem Eisenjodür
und freies Jod entsteht. Dieses färbt sich mit Stärke intensiv blau.
Zöllner, hat diese Methode zuerst angewendet; man exponirt das
Eisenoxydsalzpapier hier unter einem Positivbilde und erhält durch
Entwickeln wieder ein Positiv. Dies ist zur Reproduction von Zeich-
nungen, Kupferstichen etc. sehr bequem, da man die Herstellung des
Negativs, welche nach den meisten vorher beschriebenen Methoden
(wo das Eisenoxydul gefärbt wird) nöthig ist, erspart.
Die Bilder, welche hier aus Jodstärke bestehen, sind freilich nicht
lange haltbar, da Jodstärke sich bald zersetzt.
2) Durch Anwendung von kalkhaltigem Wasser und Gallussäure.
Poitevin’s Methode.
Wäscht man die Eisenbilder in Brunnenwasser, welches kohlen-
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Kupfersalze. — Kupferbilder.
25
sauren Kalk gelöst enthält, so wird dadurch das Eisenoxyd nieder-
geschlagen und bleibt im Papier, während die Oxydulsalze sich lösen.
Behandelt man nachher das Bild mit einer Auflösung von Gallus-
säure, so bildet diese mit dem Eisenoxyd Tinte und dadurch erscheint
das Bild schwarz.
Statt die Eisenbilder in der vorher beschriebenen Manipulation
erst zu copiren, dann zu entwickeln, kann man in einzelnen Fällen
auch die entwickelnde Flüssigkeit zur Eisenoxydsalzlösung mischen
und das Papier damit tränken, es geht alsdann der Entwicklungs-
procefs während der Belichtung schon vor sich.
Bis jetzt haben die hier beschriebenen Eisenbilder in der Praxis
noch keinen Eingang gefunden, einerseits wegen ihrer geringen Halt-
barkeit (Jodstärke, Turnbullblau, chromsaures Chromoxyd bleichen im
Licht), anderseits wegen ihres nicht beliebten Tones (Goldbilder,
Silberbilder), wegen ihrer geringen chemischen Haltbarkeit und ihres
Mangels an Zartheit (Tintenbilder). Nur Poitevin’s Methode hat einige
praktische Bedeutung erlangt. Die Firma Depaquis in Paris übt die-
selbe aus, einerseits zur Herstellung von Papierbildern, anderseits
zur Erzeugung von eingebrannten Bildern. Die specielle Beschreibung
des Verfahrens folgt im praktischen Theile.
Die Verbindungen des Kupfers.
Auch verschiedene Salze des Kupfers gehören zu den lichtempfind-
lichen Körpern. Sie haben bis jetzt noch keine sonderlich wichtige
Anwendung in der Photographie gefunden, deshalb wollen wir uns
hier nur mit den photographisch interessantesten Eigenschaften der-
selben beschäftigen. Direct lichtempfindlich, d. h. für sich allein im Licht
zersetzbar scheint das Kupferchlorür zu sein. Wühler erhielt dieses
als ein weifses in Wasser schwer lösliches Pulver beim Versetzen
einer Kupfercbloridlösung mit schwefliger Säure. Dieses weifse Pulver
färbt sich im Lichte roth. Die Zusammensetzung des rothen Körpers
ist noch nicht bekannt; wahrscheinlich ist es ein Oxychlorür, ent-
standen unter Mitwirkung des Sauerstoffes der Luft.
Auch das durch Fällung von Kupferchlorid mit Zinnchlorür er-
haltene Kupferchlorür ist im Lichte zersetzbar (Grüne). Letzterer
fand auch, dafs die mit Salzsäure gescheuerten Kupferplatten sich
unter Umständen im Lichte schwärzen.
Indirect lichtempfindlich ist das Kupferchlorid. Dieses wird nur
bei Gegenwart einer Substanz zersetzt, die sich mit dem freiwerdenden
Chlor verbindet.
So wird dieses Salz in ätherischer Lösung zu Chlorür reducirt.
Bis jetzt hat man noch keine praktische Anwendung von dieser That-
sache gemacht, wenigstens nicht in Bezug auf Kupferchlorid allein,
wohl aber hat man dasselbe im Gemenge mit Eisenchlorid zur Bild-
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Chromverbindnngen.
erzeugung zu verwenden versucht in Obemetter’s Procefs, der in
seiner Art höchst complicirt ist.
Obernetter badet Papier in einer Lösung von Kupferchlorid, Eisen-
chlorid und Salzsäure und belichtet dieses. Das Eisenchlorid wird dabei
zu Eisenchlorür reducirt, welches seinerseits wieder reducirend auf das
Kupfersalz wirkt und Kupferchlorür liefert*). Das Papier, auf dem
anfangs kein Bild sichtbar ist, wird alsdann in Rhodankaliumlösung
gebadet, hierbei schlägt sich weifses Kupferrhodanür an allen vom
Licht getroffenen, d. h. kupferchlorürhaltigen Stellen nieder, das
durch Behandeln mit rothem Blutlaugensalz unter Bildung von Ferryd-
cyankupfer und Ferrydcyaneisen rothbraun wird.
Der Procefs hat keinen Eingang in die Praxis gefunden (Näheres
siehe Photographische Mittheilungen, 1. Jahrgang S. 45).
Verbindungen des Chroms.
Hier haben wir als lichtempfindliche Substanzen die chromsauren
Salze zu registriren. Dieselben sind wie die Eisensalze nur mittelbar
lichtempfindlich, indem bei Gegenwart eines reducirend wirkenden
Körpers die Chromsäure derselben zu Chromsuperoxyd CrO,
reducirt wird. Die Basis, an welche die Chromsäure gebunden ist,
spielt hier eine nicht unwichtige Rolle, indem sie einerseits die
gröfsere Beständigkeit der im freien Zustande so leicht zersetzbaren
Chromsäure, anderseits die gröfsere oder geringere Löslichkeit bedingt,
endlich bei den nach der Belichtung in Anwendung gebrachten Ent-
wicklungsprocessen oft als wesentliches Agens mitwirkt.
Das Verhalten der durch das Licht reducirten Gemenge von
Chromverbindungen mit organischen Substanzen ist in hohem Grade
interessant und praktisch wichtig. Eine Menge der photographischen
Processe ist darauf gegründet, z. B. der Kohlendruck, die Photo-
lithographie, der Reliefdruck, der Anilindruck.
Folgende chromsauren Salze werden in der photographischen
Praxis angewendet:
Das chromsaure Kali. Es giebt zwei Verbindungen der Chrom-
säure mit Kali, die saure und die neutrale.
Saures chromsaures Kali (Ka0 2CrOä) bildet schöne rothe
Krystalle, die sich tieforange im Wasser lösen. 10 Th. Wasser lösen
ca. 1 Th. Salz, bedeutend mehr in der Siedhitze; es läfst sich daher
leicht umkrystallisiren. In Alkohol ist es unlöslich.
*) Merkwürdig ist, dafs dies Papier, wenn es eine Zeitlang aufbewahrt wird,
den Lichteindruck gleichsam verliert, man kann dann ein neues Bild darauf copiren.
Die Erscheinung erklttrt sich daraus, dafs das gebildete Eiseuoxvdulsalz wieder in
basisches Oxydsalz übergeht durch Einflufs des Sauerstoffs der Luft, ebenso das
Kupferchlorür in Kupferchlorid.
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Chrom Verbindungen.
27
Es ist giftig und veranlafst, in Wunden gebracht, Geschwüre,
worauf beim Arbeiten damit zu achten.
Neutrales chromsaures Kali (KOCrO,), welches seltener an-
gewendet wird, krystallisirt in citrongelben Prismen, die sich leicht im
Wasser lösen. 1 Tb. des Salzes bedarf zur Lösung ca. 2 Th. Wasser.
Die Lösung reagirt alkalisch und zeigt die gelbe Farbe selbst bei starker
Verdünnung. In Alkohol ist es unlöslich. Das Salz ist wenig beständig,
schon die wässrige Lösung zersetzt sich zum Thcil beim Verdampfen,
indem saures chromsaures Kali anschiefst. Setzt mau Säuren (selbst
schwache) hinzu, so färbt sich die Lösung sogleich gelbroth unter
Bildung von saurem chromsauren Salz.
Das im Handel vorkommende neutrale chromsaure Kali ist öfter
mit schwefelsaurem, auch kohlensaurem Kali verunreinigt. Zur Prüfung
auf ersteres erhitzt man etwas davon mit Salzsäure und Weingeist,
und versetzt nachher mit Chlorbarium. Das reine Salz giebt so be-
handelt damit keinen Niederschlag. Kohlensäure verräth sich durch
Brausen bei Säurezusatz. Nachtheilig ist diese Beimengung wohl nur
in einzelnen Fällen.
Das chromsaures Natron, sowohl das neutrale (NaOCrO,)
als das saure (Na0 2Cr0„) sind den entsprechenden Kalisalzen ähn-
lich und zeichnen sich durch eine grofse Löslichkeit im Wasser aus.
Dieser Umstand erschwert ihre Reindarstellung, so dafs sie bis jetzt
noch nicht im Grofsen fabricirt werden.
Wichtiger ist das chromsaure Ammon.
Das neutrale chromsaure Ammon (NH,OCrOs) ist dem
entsprechenden Kalisalze ähnlich, jedoch schwer löslich und sehr leicht
zersetzbar.
Das saure chromsaure Ammon (NH,0 2Cr03) ähnelt dem
sauren chromsauren Kali, bildet rothe Nadeln, die sich beim Erhitzen
zersetzen, und löst sich leicht im Wasser. 1 Th. des Salzes bedarf
nur 4 Th. Wasser zur Lösung. Das im Handel vorkommende saure
chromsaure Ammon scheint nicht selten ein 4fach saures Salz zu sein.
Man hat auch Doppelsalze der Chromsäure, die in der Photo-
graphie angewendet worden sind, so das chroms aure Kali amm on
(KO CrOj -I- NH, O Cr03).
Es schiefst aus einer mit NH, gesättigten sauren chromsauren
Kalilösung in der Frostkälte in gelben leicht löslichen Nadeln an und
verliert schon bei gewöhnlicher Temperatur Ammoniak unter Roth-
werden.
Es ist neuerdings von Kopp empfohlen worden. Für den photo-
graphischen Procefs bedarf man des Salzes nicht in fester Form, son-
dern stellt es einfach in Lösung dar, indem man chromsaure Kali-
lösung mit. Ammoniak in geringem Ueberschufs versetzt (Carey Lea).
Von den übrigen chromsauren Salzen heben wir als photo-
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Chromverbindungen. — Chrombilder.
graphisch wichtig das chromsaure Bleioxyd , Silberoxyd und Queck-
silberoxydul hervor.
Diese Sind unlöslich und werden daher durch Vermischen von chrom-
saurem Kali mit den betreffenden Metallsalzlösungen leicht erhalten.
Chromsaures Bleioxyd giebt die bekannte gelbe Anstrichfarbe.
Das chromsaure Silberoxyd (Ag02Cr03) ist von schön dunkel-
rother Farbe und im Wasser wenig löslich.
Auch Quecksilberoxydulsalze werden von chromsauren Salzen mit
ziegelrother Farbe gefällt.
Die freie Chromsäure bildet rothe Nadeln, die in feuchter
Luft zerfliefsen, im Wasser löslich sind, bei 190* schmelzen und bei
300* sich unter Sauerstoffabgabe zersetzen. Durch organische Stoffe,
Alkohol, Weinsäure, Zucker, Papier wird sie sogleich desoxydirt, da-
her sie nicht durch Papier filtrirt werden kann. Mit starkem Alkohol
oder Ammoniak betröpfelt bewirkt sie Entzündung unter Erglühen
und Bildung von Chromoxyd. Man -benutzt sie ihres kräftigen Oxyda-
tionsvermögens wegen zur Zerstörung mancher organischer Unreinig-
keiten auf photographischen Glasplatten, z. B. Lack, Fett, Collodion etc.
Lea empfiehlt dazu eine mit Schwefelsäure versetzte chromsaure Kali-
lösung (Photogr. Mittheilnngen, Bd. I, S. 121). Die leichte Reducir-
barkeit der Chromsäure zeigt sich sogar noch in ihren Salzen. Hier-
bei tritt aber nicht Chromoxyd, sondern oft die höhere Oxydations-
stufe, das Chromsuperoxyd (CrOa) auf.
Versetzt man chromsaures Kali mit Eisenvitriol oder Pyrogallus-
säurelösung, so fällt dieser braune Körper nieder und ebenso bildet
sich derselbe (und das macht ihn uns hauptsächlich interessant) durch
Reduction der chromsauren Salze im Licht.
Dieser braune Körper zerfällt sehr leicht, so durch Erhitzen in
Sauerstoff und Chromoxyd; durch Behandeln mit alkalischen Lösun-
gen in Chromsäure, die fortgewaschen wird, und zurückbleibendes
Chromoxyd, ja selbst durch vieles Waschen mit kalkhaltigem Wasser
tritt Zersetzung ein. Mit Rücksicht auf dieses Zerfallen in Chrom-
säure und Chromoxyd betrachtet man den Körper als chromsaures
Chromoxyd (Crs03 Cr03). Dies erklärt leicht sein Entstehen, wenn
man eine Chromoxydsalzlösung mit ehromsnurem Salz versetzt.
Die photographisch interessanten Eigenschaften des Chromsuper-
oxyds werden wir nachher kennen lernen.
Behufs der Anwendung der chromsauren Salze in der Photo-
graphie combinirt man das Chromat mit einem organischen Reduc-
tionsmittel. Man mischt entweder die chromsaure Salzlösung mit einem
solchen, z. B. Gummi, Leim, Zucker, Eiweifs, und überzieht damit
Glastafeln oder andere Flächen, oder aber man tränkt einfach Papier
mit chromsaurer Salzlösung und trocknet es; hier spielt das Papier
selbst die Rolle eines Reductionsmittels.
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Cbrombilder.
29
Exponirt man solche mit chromsaurem Salz getränkte Papiere,
die gelb oder gelbroth erscheinen, dem Licht, so werden sie schnell
braun unter Bildung von Superoxyd. Bedeckt man die Papiere bei
der Belichtung mit einem Positivbilde, so copirt dieses, indem die
schwarzen Bildcontouren die darunter liegenden Theile vor dem Licht
schützen, gelb auf braunem Grunde; exponirt man es unter einem
Negativ, so copirt es umgekehrt braun auf gelbem Grunde, man
erhält so ein braunes Positivbild, das um so intensiver ist, je stärker
die angewendete Salzlösung war. Wäscht man das Bild in Wasser,
so wird das unveränderte Chromsalz weggeführt und das unlösliche
Chromsuperoxydbild bleibt zurück, bei kurzem Waschen in brauner
Farbe, bei längerem Waschen mit kalkhaltigem Wasser wird es blas-
ser, indem das Cr, 03CrO, sich zersetzt und die Chromsäure fortge-
waschen wird und grünes Chromoxyd zurückbleibt. Will man dies
möglichst verhindern, so säure man das Waschwasser ganz
wenig an und setze das Waschen nicht zu lange fort.
Das so erhaltene Bild ist freilich nur schwach und daher nicht
fiir die Praxis brauchbar. Es kann aber gerade so, wie bei den blassen
Eisenbildern durch verschiedene Agentien dunkel gefärbt werden, die
entweder auf das Chromoxyd oder auf die Chromsäure wirken, die
sich in dem chromsauren Chromoxyd findet:
1) Durch Baden in einer Salzlösung, die mit der Chromsäure
einen Niederschlag giebt, z. B. Blei, Silber und Quecksilber-
oxydul. Dadurch erscheinen die Bilder gelb oder roth und können
dann durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff leicht schwarz gefärbt
werden unter Bildung von Schwefelmetallen; selbstverständlich mu£s
vorher jede Spur des löslichen Metallsalzes fortgeschafft werden.
2) Durch Behandlung mit Farbstoffen, für die das Chromoxyd als
Beize dient, wie Alizarin, Purpurin, Fernainbuk- und Brasilienholz,
Campeche- und Gelbholz u. A. nt., von denen das Campecheholz sich
besonders geeignet zeigt. Zur Färbung bringt man das Bild einige
Zeit in eine frisch bereitete warme Campecheholzbrühe , in welcher
dasselbe bald einen tief bläulich-schwarzen Ton annehmen wird, selbst
in den weifsen Stellen, die aber, nachdem das Papier ausgewaschen,
durch Eintauchen in eine sehr verdünnte warme Auflösung von Chlor-
kalk leicht wieder gebleicht werden können. Das Bild wird gewaschen
und getrocknet.*)
Die Verwendung von gewöhnlichem Papier zu derartigen Bildern
führt aber verschiedene Uebelstände mit sich. Einmal werden durch
das viele Waschen, besonders im warmen Wasser, die Papierfasern
*) Die beizende, d. h. den Farbstoff bindende Verbindung ist hier das Chroin-
oxyd, daher hier ein langes vorhergehendes Waschen mit alkalischem Wasser nicht
schadet Nur bei Anwendung von Campecheholz darf man dies nicht zu lange
fortsetzen, da auch hier die ChromsUure beizend wirkt.
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Chrombilder. — Tnschbilder.
aufgelockert und geben der Zeichnung ein unreinliches Ansehen, dann
enthält dasselbe öfter unorganische Stoffe, wie Alaun oder Kreide,
welche ebenfalls als Beize auf die Farbstoffe wirken.
Diese sind zu vermeiden durch Anwendung von Pergamentpapier
oder feiner Gewebe, und hat in Folge des letzteren Falles das Ver-
fahren hauptsächlich eine Wichtigkeit für die Herstellung von photo-
graphischen Bildern auf Wollen-, Baumwollen- oder Seidenzeng.
3) Durch Behandlung mit Körpern, welche der Chromsäure des
chromsauren Chromoxyd Sauerstoff entziehen und sich dabei färben
oder niederschlagen.
Unter den organischen Stoffen dieser Art, welche sich auch in
mehr oder weniger dunklen Tönen färben, sind z. B. mehrere Com-
binationen der Naphtalin- und Anilinreihe. Im Mineralreiche sind
es hauptsächlich die Eisensalze mit ihrem braunrothen Niederschlag
von Eisenoxyd, welcher entweder für verschiedene Farbstoffe als Beize
dienen, oder zur Herstellung von charakteristisch gefärbten Eisenver-
bindungen, wie Berlinerblau, benutzt werden kann.
Hieran reiht sich eine andere Methode, bei der die entwickelnde
Substanz zugleich mit dem chromsauren Kali gemischt und exponirt
wird, eine Methode, die von allen die interessanteste und prak-
tisch wichtigste ist:
4) Man mischt eine Lösung von chromsaurem Kali mit Lösungen
von Gummi, Eiweifs, Gelatin oder ähnlichen Körpern, überzieht damit
Papier, trocknet und exponirt dieses unter einem Negativ.
Die gedachten Substanzen nehmen dabei den Sauerstoff der
Chromsäure auf und werden dadurch im Wasser unlöslich. Wäscht
man daher solch ein Chrombild, so bleiben die vom Licht getroffenen
unlöslich gewordenen Theile haften und erscheinen en relief,
während die übrigen sich auflösen. Das Relief ist um so höher, je
tiefer das Licht in die Schicht gedrungen, d. h. je intensiver es ge-
wirkt hat.
Die so erhaltenen Bilder würden jedoch nicht dunkler sein als
gewöhnliche Chrombilder. Mischt man jedoch zu der Gummilösung
vorher irgend einen Farbstoff, Tusche oder dergl., so wird dieser zu-
gleich von dem unlöslich gewordenen Gummi oder Eiweifs festgehalten
Und man erhält so ein Bild in chinesischer Tusche, in Blau, Grün,
oder wie man will.
So werden die Tuschphotographieen hergestellt, die von
allen den gewöhnlichen Silberbildern am nächsten kommen, dabei
aber den Vortheil der Haltbarkeit voraus haben. Poitevin hat
1855 dieses Verfahren entdeckt.
Es hat den Uebelstand, dafs die Wirkung des Sonnenlichtes auf
die gefärbte Gelatinschicht nur oberflächlich ist und bei zarteren Halb-
tönen nicht bis zur Unterlage (Papier oder dergl.) durchdringt, dem-
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Tuschbilder. — Photolithographie.
31
nach auch nicht an dieser haftet und deshalb beim Waschen mit fort-
geht. Deshalb erhält man in dieser Manier die zarteren Tinten des
Originals nicht. Die erhaltenen Bilder haben keine Halbtöne, d. h.
Uebergänge von Licht in Schatten, sie zeigen sich nur schwarz und
weifs.
Burnett suchte diesen Uebclstand dadurch zu heben, dafs er die
mit Tuschmischung überzogenen transparenten Papiere von h inten be-
lichtete. Offenbar blieben so alle vom Licnt afficirten Stellen auch
am Papiere haften und so wurden die Halbtöne erhalten. Störend
wirkte hier die dicke und immerhin rauhe Textur des Papieres, durch
welche das Licht dringen mufste.
Swan wandte daher statt Papier eine Collodionhaut als Unterlage
an und erhielt auf dieser dünnen structurlosen und vollkommen
durchsichtigen Masse Tuscbbilder, die an Vollendung den Silberbildern
nicht im geringsten nachstehen.
Das Verfahren, dessen Praxis später beschrieben werden soll, ist
freilich noch etwas mühsam und erfordert gröfsere Sorgfalt, Accuratesse
und Zeit, als das jetzt allgemein übliche Silberdruckverfahren, daher
es bis jetzt das letztere noch nicht verdrängen konnte.
Die durch das Licht unlöslich gewordenen Mischungen von chrom-
saurem Salz und Gelatin etc. haben nun noch eine höchst cigenthüm-
liche Eigenschaft, auf welche sich eine
5) Methode der Hervorrufung gründet. Sie haben näm-
lich die Fähigkeit, fette Schwärze anzuzieben und festzuhalten.
Ueberzieht man eine belichtete mit Gelatinchromatmischung be-
strichene Fläche mit fetter Schwärze, so haftet diese nur an den be-
lichteten Stellen, an allen übrigen geht sie beim Waschen mit Wasser
herunter. So erhält man ein Bild in fetter Schwärze.
Dieses bildet die Basis eines praktisch hochwichtigen Processes,
der Photolithographie.
Eine Lithographie ist ein Abdruck eines auf Kalkstein mit fetter
Schwärze gemalten Bildes. Der lithographische Kalkstein hat die
Eigentümlichkeit, die Druckschwärze nur da anzunehmen, wo er ein-
gefettet ist, und sie beim Druck an Papier wieder abzugeben.
Photolithographie besteht nun in der Herstellung eines Bildes in
fetter Schwärze mit Hülfe der Photographie und dies geschieht in
der oben genannten Weise mit chromsauren Salzen und Gelatin.
Man kann damit entweder einen Stein unmittelbar überziehen
und unter einem Negativ belichten, nachher das Ganze einschwärzen.
Die Schwärze haftet dann nur an den vom Licht reducirten Stellen.
Dies ist Poitevin’s Methode.
Oder man kann diesen Procefs nicht auf den Stein, sondern auf
Papier vornehmen und das so erhaltene Bild auf den Stein über-
tragen, indem man das Papier mit dem Bilde auf den Stein legt und
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32 Photolithographie. — Reliefdruck. — Anilindruck.
preist. Die Zeichnung wird so unter Anwendung gewisser Kunst-
griffe auf den Stein übertragen und dieser ist dann druckfähig. (Os-
borne’s und Asser’s Procefs )
6) Oben erwähnten wir schon, dafs das auf eine Gelatinchromat-
schicht copirte Bild en relief erscheint, d. h. die Lichter sind (wenn
es von einem Negativ copirt ist) tief, die Schwärzen hoch.
Dieses Relief ist so stark, dafs man es in Gyps abformen kann,
ja noch mehr, man kann es mit Hülfe einer hydraulischen Presse in
Schriftmetall abdrücken und erhält so eine Form, in welcher die
Schwärzen tief, die Lichter hoch sind. Diese Form kann man ab-
drucken, wenn man sie mit einer Gelatinschwärzemischung einschwärzt
und erhält so ein Bild in allen Halbtönen. Das ist der neu erfundene
Woodbury’sche Reliefdruck, der von allen Druckprocessen die
schönsten Halbtöne liefert ( Specielleres im 2. Bande). Die Wie-
dergabe der Halbtöne gründet sich hier auf die Halbdurchsichtigkeit
der Gelatinschwärze, welche in dickeren Lagen dunkler, in helleren
lichter erscheint. Die gewöhnliche Druckerschwärze ist viel zu un-
durchsichtig, um solche Uebergänge zu bilden.
Dies wären die wichtigsten Entwicklungsmethoden, welche auf
die Einwirkung auf das durch das Licht reducirte Chromsuperoxyd
gegründet sind. Man kann aber die Chrombilder auch entwickeln
durch Einwirkung auf das durch das Licht unveränderte chrom-
saure Salz, ähnlich wie ja auch die Eisenbilder entwickelt werden
konnten durch Einwirkung auf das im Licht unveränderte Eisenoxyd.
Für diesen Zweck copirt man das chromsaure Papier unter einem
Positivbilde, z. B. einer gewöhnlichen Zeichnung, einem transparenten
Glasbilde etc. Hierher gehört:
1) Willis’ Anili n druckprocefs.
Dieser Procefs gründet sich auf die eigenthümliche Veränderung,
welche das Anilin in Berührung mit oxydirbaren Substanzen eingeht.
Anilin ist im reinen Zustande ein farbloser Körper, der in seiner
Zusammensetzung und seinem Verhalten dem Ammoniak ähnelt. Er
besteht aus Ammoniak, in dem ein Atom Wasserstoff durch das or-
ganische Radical-Phenyl CiaH, ersetzt ist: NH^CuH,.
Es ist flüssig, wenig in Wasser, leicht in Alkohol, Aether und
Benzin löslich.
Das Anilin zieht leicht Sauerstoff aus der Luft an und wird dabei
braun. Ebenso leicht wird es durch verschiedene sauerstoffhaltige
Körper oxydirt und dabei in die verschicdenst gefärbten Verbindungen
(Anilinfarben) übergeführt. So bewirkt chromsaures Kali eine braune
bis violette Färbung. Gegenwart von Säuren, Alkalien haben auf das
Entstehen dieser Farbentinten den wesentlichsten Einflufs und bewir-
ken oft beträchtliche Differenzen irn Tone der Farbe. Hierauf be-
ruht Willis’ Procefs. Belichtet man ein mit phosphorsäure- oder
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Joubert’s Emailbilder. — Stahldruck.
33
schwefelsäurehaltiger chromsaurer Kalilösung getränktes Papier unter
einem Positiv, so erhält man eine Copie des Positivs gelb auf grünem
Grunde. Alle durch das Bild vor dem Lichte geschützten Stellen
bestehen hier aus unverändertem chromsauren Kali. Setzt man dieses
Bild nun Anilindämpfen aus, so erzeugen diese an den mit unver-
ändertem chromsauren Kali geschwängerten Stellen eine tief violette
Färbung, welche in Luft und Sonne echt ist. Man kann auf diese
Weise Zeichnungen, Schriftstücke vortrefflich copiren und hat hier
vor dem gewöhnlichen Copirverfahren den Vortheil, dafs man nicht
erst die Erzeugung eines Negativs nöthig hat.
Gleich technisch interessant wie der vorgedachte Procefs ist
2) Joubert’s Druckprocefs.
Joubert mischt chromsaure Kalilösung mit Gummilösung und etwas
Honig und begiefst damit eine Glastafel, die dann getrocknet wird.
Eine solche Gummischicht ist im frischen Zustande klebrig und hält
deshalb trockne Farbenpulver, die man darauf streut, fest. Belichtet
man aber solche Schicht, so verliert sie ihre Klebrigkeit und damit
die Fähigkeit, Farbenpulver festzuhalten.
Nimmt man demnach die Belichtung unter einem Positiv vor, so
ist es klar, dafs nur die durch die Contouren der Zeichnung geschützten
Stellen ihre Klebrigkeit behalten werden. Bestäubt man demnach die
belichtete Platte mit irgend einer zarten Farbe, so bleibt diese an
den bewufsten Stellen hängen und erzeugt ein Bild.
Nimmt man Kohlenstaub, so erhält man ein Kohlebild.
Nimmt man Schmelzfarbe, so erhält man ein Bild, was man ein-
brennen kann. Auf diese Weise erzeugt Joubert in Glas eingebrannte
Bilder von aufserordentlicher Schönheit. Später adoptirte Leth in
Wien dieses Verfahren zu demselben Zwecke, andererseits auch noch
zur Herstellung von Kohlebildern. Ebenso ist Obernetter’s Verfahren
zur Erzeugung eingebrannter Bilder dem ganz analog.
Wie man sieht, entspricht dieses Entwicklungsverfahren mit Staub
ganz dem Poitevin’schen Kohlendruckprocefs mit Eisensalzen (s. o. ).
Nur wird hier unter einem Positiv copirt, während Poiteviu ein Ne-
gativ benutzt.
3) Talbot’s photographischer Stahldruckprocefs.
Dieser beruht auf einer dritten interessanten Eigenschaft der durch
das Licht veränderten Mischungen von chromsaurem Salz mit Gelatine
oder ähnlichen Substanzen.
Die erste Eigenschaft, welche dieselben annehmen , ist ihre Un-
löslichkeit. Darauf gründet sich die Herstellung von Tuscbphotogra-
phieen (s. o.) Die zweite Eigenschaft ist der Verlust ihrer Klebrigkeit,
darauf beruht Joubert’s Procefs, den wir oben besprochen. Die dritte
endlich ist die Undurchdringlichkeit für manche Flüssigkeiten, z. B.
gewisse Metallsalzlösungen.
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 3
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34
Photographischer Stahldruck. — Uransalze.
Auf der letzteren Eigenschaft beruht Talbot’s photographischer
Stahldruck. Er überzieht nämlich Stahlplatten mit Bichromat- Gelatine-
mischung und exponirt diese unter einem Positiv und wäscht sie;
das Bild erscheint alsdann blafs auf braunem Grunde. Dabei wird
das lösliche chromsaure Kali fortgewaschen, während die durch das
Licht erzeugte Chromsuperoxydgelatinemischung zurückbleibt. Auf
diese Weise erhält man ein Bild, dessen Con touren der blofsgelegte
Stahl bildet. Uebergiefst man nun die ganze Platte mit einer Aetz-
flüssigkeit, z. B. Platinchlorid oder Eisenchlorid, so greift diese nur
den Stahl an den nackten Stellen an und erzeugt daselbst Vertie-
fungen; so erhält man eine vertiefte Zeichnung, die ganz so wie ein
gewöhnlicher Stahldruck abgedruckt werden kann.
Verwandt hiermit sind die Verfahren von Pretzsch, Negre etc.
Pretzsch benutzte eine Mischung von chromsaurem Kali und Ge-
latine, überzog damit etwas dick eine Platte und belichtete diese un-
ter einem Positiv. Durch Abspülen der belichteten Platte mit Wasser
erhielt er so eine vertiefte Zeichnung. Diese drückte er in Guttapercha
ab, indem er letztere warm mit ersterer zusammenprefste. Den so her-
gestellten Abdruck benutzte er als Matrize, um davon wieder einen galva-
noplastischen Abdruck zu nehmen, der dann als Druckplatte diente. —
Er erhielt so ganz vortreffliche Resultate. Sein Verfahren wird in
der Wiener Staatsdruckerei angewendet.
Es ist hier nur ein Ueberblick der wichtigsten Verfahren gegeben,
die sich auf die Anwendung von chromsauren Salzen gründen.
Mit Besprechung einzelner Modificationen derselben können wir
uns erst im praktischen Theile einlassen.
Verbindungen des Urans.
Die Salze des Uranoxyds bilden eine neue Gruppe mittelbar
lichtempfindlicher Körper, die ebenfalls im photographischen Copir-
procefs angewendet werden. Uran bildet wie das Eisen zwei Oxyde,
das Uranoxydul (UO) und das Uranoxyd (U, O,) und sind es die Salze
des letzteren, welche analog den Eisenoxydsalzen eine Reduction im
Lichte unter Bildung von Oxydulsalzen erleiden, und hier wie dort
ist das so erhaltene Bild an sich zu schwach gefärbt, um brauchbar
zu sein, und wird deshalb durch nachfolgende Entwicklungsprocesse,
die ebenfalls den bei Eisenbildern angewendeten ähnlich sind, sichtbar
gemacht.
Die Uranoxydsalze sind gelb von Farbe, enthalten ein Atom
Säure auf ein Atom Oxyd. Das salpetersaure, schwefelsaure, essigsaure
Uranoxyd und sind in Wasser löslich, das oxalsaure Uranoxyd ist in
Wasser unlöslich.
Die Lösungen werden von Alkalien bräunlich gelb gefällt, und
es entstehen hierbei seltsame Verbindungen von 2U,0, mit 1 RO.
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Uranbilder. — Wothlytypie.
35
Auch kohlensaure Alkalien geben Niederschläge von hellgelbes Farbe,
die neben U, O, das Fällungsmittel enthalten und sich in doppel-
kohlensauren Salzen lösen, indem hier kohlensaure Uranoxydalkalien
sich bilden von der Formel:
U, O, CO, -+- 2(RO CO,).
Das Uranoxydnatron ist als gelbe Farbe im Handel.
Man kennt auch Verbindungen des Uranoxyds mit den Erden,
die beim Fällen einer Mischung von Uran - und Kalksalzen durch Aetz-
alkalien entstehen. Blutlaugensalz fällt Uranoxydsalz mit brauner Farbe.
Schwefelwasserstoff fällt sie nicht, sondern reducirt sie zu Uranoxydul,
Schwefelamraonium fällt schwarzes Schwefeluran. Uranoxyd erhält
man leicht durch Erhitzen des trockenen salpetersauren Salzes als gelb-
rothes Pulver, durch Erhitzen desselben Salzes mit Alkohol bildet sich
gelbes Uranoxydhydrat (U,OHO). Durch Glühen giebt dieses grünes
Uranoxyduloxyd.
Die Uranoxydulsalze sind grün, ziehen lebhaft Sauerstoff' an,
fällen aus Gold- und Silberlösungen die Metalle. Aetzende Alkalien
fällen aus denselben rothbraunes Hydrat. Das wasserfreie Oxydul,
welches man durch Glühen von oxalsaurem Uranoxyd bei Luftabschlufs
erlangt, ist roth.
Das bekannteste der im Handel vorkommenden Uransalze ist das
salpetersaure Uran
U, 0, NO, -4- 6HO,
es krystallisirt in gelben Drüsen, löst sich in Wasser, Alkohol und
Aether; in hoher Temperatur wird es zersetzt. Das im Handel vor-
kommende trockne Salz ist in AJkohol oder Aether umkrystallisirt.
Burnett machte zuerst die Beobachtung, dafs mit Uranoxydsalzen
getränktes Papier im Licht zu Uranoxydulsalz reducirt wird und sich
dabei schwach grün färbt. Nimmt man die Belichtung unter einem
Negativ vor, so erhält man demnach ein schwach grünes Bild auf gel-
bem Grunde. Burnett, so wie der später mit Uransalzen arbeitende
Niepce de St. Victor machte dieses blasse Bild durch verschiedene
Entwicklungsprocesse sichtbar, so durch Baden in einer Gold- oder
Silberlösung, wobei metallisches Gold oder Silber durch reducirende
Wirkung des Uranoxyduls niedergeschlagen wird, dann noch durch Ein-
wirkung verschiedener anderer Substanzen, die mit Uranoxydul far-
bige Verbindungen bilden. Die so erhaltenen Bilder sind jedoch nicht
sehr schön.
Wothly verbesserte das Verfahren, indem er eine Mischung von
Uransalz und Silbersalz als lichtempfindliche Substanz anwendete. Er
löste beide in Collodion auf, überzog damit Papierbogen und belichtete
diese unter einem Negativ, und erhielt so ein tief braunes Bild, indem
hier zunächst Uranoxydul gebildet wird, dieses aber sogleich das vor-
handene Silber reducirt Der Belichtungs- und Entwicklungsprocefs
3*
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36
Silber.
geht also hier gleichzeitig vor sich. Die so erhaltenen Bilder werden
dann wie Silberbilder (s. u.) weiter behandelt. Man kann so vorzügliche
Abdrücke erhalten; dennoch hat dieses Verfahren nur theilweise Ein-
gang gefunden, da es wegen der Seltenheit des Urans und des hohen
Preises der Zuthaten ebenso theuer zu stehen kommt, als das gewöhn-
liche Silberdruckverfahren.
Das Silber und seine Verbindungen
bilden die wichtigsten Körper der Photochemie, insofern als sie allein
die Möglichkeit gewähren, ein hinreichend intensives Bild in der Ca-
mera ofrscura zu erzeugen, wozu die übrigen sensiblen Verbindungen
bis jetzt nicht geeignet befunden worden sind. Silber ist deshalb vor
allem die Grundlage für den Negativprocefs und da in den mei-
sten Branchen der Photographie die Positive nach Negativen gedruckt
werden, so ist Silber die Basis der gesammten Photographie überhaupt.
Für den Negativprocefs ist vorläufig keine Aussicht vorhanden,
dieses Metall durch ein anderes zu ersetzen, für den Positivprocefs
aber sind schon mit gutem Erfolg die andern früher besprochenen Me-
tallverbindungen benutzt worden, obgleich die Silberpositive noch jetzt
die herrschenden sind. Wir beginnen unsere Besprechung mit dem
metallischen Silber,
was für uns insofern von Wichtigkeit ist, als es in einer eigenthüm-
lichen Modification die Contouren und Halbschatten unsrer Negativbilder
einerseits, in innigem Gemenge mit organischer Substanz die Silber-
positivbilder (Papierbilder) andrerseits bildet. Es ist eine Eigenthüm-
lichkeit gewisser Metalle, wie Gold, Platina, Silber, unter gewissen
Umständen im pulverförmigen Zustande aufzutreten, in welchem sie
den gewöhnlichen glänzenden und compacten Metallen durchaus un-
ähnlich sind.
Am bekanntesten unter diesen pulverigen Metallen ist wohl das
Goldpulver, das mit brauner Farbe glanzlos niederfällt, wenn Gold-
lösungen mit Eisenvitriol versetzt werden, dann das Platinschwarz,
welches man beim Kochen von Chlorplatin mit Traubenzucker und
Natron erhält, ferner der glanzlose graue Platinschwamm.
In ganz ähnlicher Form scheidet sich nun auch das Silber als
glanzlose graue Masse bei verschiedenen Reductionsprocessen aus.
Legt man z. B. ein Stück Zink in Chlorsilber und giefst verdünnte
Säure darüber, so wird das weilse Chlorsilber sehr schnell reducirt
und man erhält eine schwammige Masse, welche beim Trocknen zu
grauem Pulver zerfällt.
Versetzt man ferner Silberauflösungen mit reducirenden orga-
nischen Substanzen, z. B. mit Gallussäure, Pyrogallussfiure, so wird das
Silber metallisch reducirt und fällt gemengt und oft dunkel gefärbt mit
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Pulveriges Silber. — Der Entwicklungsproceft . 37
etwas organischer Substanz als schwarzes Pulver nieder. Dasselbe
geschieht beim Versetzen der Silberlösungen mit Eisenvitriol
oder mit Uranoxydulsalzen. Dieser Niederschlag ist es nun, welcher
die Contouren unserer Negativbilder bildet. Man belichte eine zur
Hälfte bedeckte, mit Jodsilber getränkte Collodion platte, welche noch
feucht ist von der anhängenden Höllensteinlösung, die zur Präparation
gedient hat und öbergiefse sie dann mit Eisenvitriollösung. Es bildet
sich ein Niederschlag von grauem pulverigem Silber, und dieser
hängt sich merkwürdiger Weise nur an alle belichteten Stellen,
und diese färben sich dadurch dunkel. Dasselbe geschieht nun, wenn
man die Jodsilbercollodionplatte in der Camera obscura exponirt. Man
sieht darauf anfangs nicht die Spur eines Bildes, dieses tritt aber so-
gleich durch Bildung eines Silberniederschlags an den belichteten Stellen
hervor, sobald man die Platte mit Eisenvitriollösung übergiefst. Hat
man die Höllensteinlösung abgewaschen, so erfolgt dies nicht*), weil
hier das Material zur Erzeugung des pulverigen Silbers fehlt. Wohl
aber entsteht dieser Niederschlag wieder, wenn man zu der Eisenvitriol-
lösung einige Tropfen Silberlösung hinzusetzt und damit die gewaschene
Platte hervorruft.
Diese Art von Hervorrufungsprocefs durch Silberpulver erinnert
an die beim Eisen und Chrom besprochenen Entwicklungsprocesse mit
Farbenpul v ern (Kohle- und Emailbilder). Nur dafs dort die Ent-
wicklung auf trocknem, hier aber auf nassem Wege vor sich geht.
Das Jodsilber erlangt durch das Licht die Fähigkeit in statu nas-
centi sich ausscheidendes körnig pulveriges Silber anzuziehen, und darauf
beruht das Erscheinen des Bildes. Je intensiver die Belichtung, desto
stärker der Niederschlag. Photographie ist demnach ein der Silber-
spiegelfabrication ähnliches Gewerbe.
In beiden sucht man auf chemischem Wege einen Silbernieder-
schlag hervorzubringen. In der Spiegelfabrication sucht man einen
gleichmäfsigen Niederschlag von Spiegelsilber auf der Glasfläche
hervorzubringen und vermeidet den Niederschlag des pulverigen, in
der Photographie sucht man dagegen auf der belichteten Fläche einen
ungleichmäfsigen Niederschlag von körnig pulverigem Silber hervor-
zubringen, ungleichmäfsig nach Mafsgabe der Belichtung.
Wegen der Wichtigkeit dieser Silberniederschläge für die Photo-
graphie ist es nun nothwendig, dieselben noch etwas specieller zu be-
sprechen.
Der Niederschlag durch Eisenvitriol entsteht um so schneller, je
concentrirter und neutraler die Flüssigkeiten sind. Säuren und orga-
nische Substanzen, wie Zucker, Gelatine etc., verlangsamen ihn. Wir
*) Die Veränderung, welche das Jodsilber bei der Belichtung erleidet, wird hier
vorläufig aufser Acht gelassen.
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38
Pulveriges Silber.
sehen ferner, dafs der Niederschlag grofse Neigong hat, sich an un-
reine oder rauhe Stellen des Glases zu hängen und dadurch Flecke
liefert. Diese Umstände veranlassen uns, 1) sehr rein geputzte Glas-
platten in der Photographie anzuwenden, 2) den Entwickler anzusäu-
ren, um die Entstehung eines allgemeinen Niederschlags auf der Platte
zu verhindern, 3) denselben verdünnt anzuwenden, um die Wirkung
zu verlangsamen und besser controlliren zu können. Nicht selten setzt
man organische Substanzen zu, wie Gelatine, Zucker, welche denselben
Zweck haben und dem Entwickler eigen thümliche Eigenschaften er-
theilen. Eine abnorme Erscheinung tritt ein, wenn die Silberlösung
nicht neutral, sondern alkalisch ist. Mischt man sehr verdünnte Lö-
sungen von Silber- und Eisensalz, so tritt anfangs keine Reaction ein,
setzt man aber nur einen Tropfen NH, hinzu, so färbt sich die
ganze Flüssigkeit schwarz. Dieser schwarze Körper ist eine Ver-
bindung von Silberoxydul mit Eisenoxyduloxyd (Ag, O -f- Fe, 04) und
derselbe entsteht auch nicht selten in der photographischen Praxis
durch Einflufs kalkhaltiger alkalisch reagirender Wässer, und das ist
ein zweiter Grund, warum man sowohl Silberbad als auch Entwickler
ansäuert. Säuren zersetzen diesen schwarzen Niederschlag unter Aus-
scheidung von Silber, indem das Silberoxydul zerfällt. Eine zweite
Eigenthümlichkeit dieser Silbereisenreaction ist der Umstand, dafs die-
selbe keine ganz vollständige Zersetzung der Silbersalze hervorruft.
Man kann einen noch so grofsen Ueberschufs von Eisensalz zum Sil-
bersalz setzen, immer bleibt ein Theil des Silbers unreducirt und offen-
bart sich durch Salzsäure. Die über dem Niederschlag stehende Mutter-
lauge giebt bei gewissem Verhältnifs sowohl mit frischer Silberlösung
als auch mit frischer Eisenlösung noch einen Niederschlag. Es scheint
also in derselben ein Gleichgewichtszustand zu herrschen, der sowohl
durch erneuten Zusatz des einen wie des andern Salzes gestört wird.
Mit Rücksicht auf diesen Silbergehalt ist es von Wichtigkeit,
die Rückstände des Entwicklungsprocesses nicht fortfliefsen zu lassen,
sondern zu den Silberrückständen zu giefsen. Anders ist es bei der Re-
action von Gallussäure und Pyrogallussäure. Hier wird das Silber, wenn
hinreichend organische Substanz zugesetzt ist, vollständig gefällt. Zu-
gleich schlägt sich aber immer etwas organische Substanz mit nieder
und färbt den Niederschlag mehr oder weniger schwarz oder blau bis
roth. So z. B. bei Anwendung von Essigsäure ist der Niederschlag
mehr röthlich, bei Anwendung von Citronsänre mehr bläulich. Beide
Flüssigkeiten, Eisenvitriol und Pyrogallus, wurden früher als Entwickler
angewendet, neuerdings wendet man bei dem sogenannten nassen Ver-
fahren nur Eisenvitriol an. Interessant ist nun, dafs solche pulverigen
Silberpartikeln im photographischen Negativ im Stande sind, noch wei-
tere in statu nascenti sich ausscheidende Silbertheilchen anzuziehen, und
sich dadurch noch dunkler zu färben; darauf beruht der sogenannte
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Pulverige« Silber, — Reaktionen desselben.
39
Verstärk ungsprocefs in der Photographie. Entfernt man nämlich
aus einem Collodionbild, das in der oben angeführten "Weise entwickelt
worden ist, das Jodsilber durch unterschwefligsaures Natron, so bleibt
das Bild rein zurück in grauer Farbe, aus pulverigem Silber bestehend.
Uebergiefst man dieses nun mit einer Mischung von Silberlösung und
Pyrogallussäure oder Eisenvitriol, so schlägt sich abermals pulveriges
Silber nieder, dieses hängt sich aber nun an das schon vorhandene Silber
und macht so das Bild schwärzer, dicker.
Nicht uninteressant ist es nun, die chemischen Processe, durch
welche eben dieses Silberpulver entsteht, kennen zu lernen. Woher
kommt es, dafs in manchen Fällen sich das Silber als Spiegel aus-
scheidet, in anderen Fällen als graues Pulver?
Des Verfassers Untersuchungen haben ergeben, dafs alle Umstände,
welche die Reduction des Silbers erschweren, die Entstehung des
pulverigen, alle Umstände, welche dieselbe erleichtern, die Entstehung
des Spiegelsilbers veranlassen. Daraus geht denn mit grofser Wahr-
scheinlichkeit hervor, dafs letzteres das Product einer directen Re-
duction ist, das körnig pulverige Silber dagegen aus einer indirecten
Reduction hervorgeht. Im letzteren Falle entsteht zunächst Silberoxydul
(daher rührt wohl auch die dunkle Farbe der Flüssigkeiten bei der
Reduction); dieses wird aber durch Säuren sowie durch NH, zersetzt
und dadurch pulveriges Silber ausgeschieden (Ag,0 = AgO -4- Ag).
Wichtig ist noch zu erwähnen, dafs Stafs ein violettes Silberpulver
dargestellt hat durch Reduction einer sehr concentrirten Ammoniak-
silberlösung durch Milchzucker. Dieser Punkt ist interessant, denn er
läfst uns das violette Ansehen, das Silberphotographieen unter gewissen
Umständen zeigen, erklären.
Der Silberniederschlag erscheint also, wie aus dem Gesagten her-
vorgeht, von sehr verschiedenem Ansehen. Am hellsten ist der mit
salpetersaurem Eisenoxydul erzeugte, dunkler der mit Eisenvitriol ge-
fällte, namentlich um so dunkler, je weniger Säure zugegen war, am
dunkelsten erscheint der Niederschlag bei Gegenwart organischer Kör-
per wie Gallussäure, Pyrogallussäure. In der Durchsicht erscheint
der Niederschlag ebenso verschieden. Mitunter von grauer, mitunter von
blauer, bräunlicher Farbe, daher das verschiedene Ansehen unserer
Collodionbilder. Durch Drücken mit einem Polirstahl werden alle
diese Niederschläge weifs und metallglänzend.
Gewisse Metallsalzlösungen wirken nun in eigenthümlicher Weise
auf das pulverige Silber, indem sie unter Chlorabgabe oder Jodabgabe
oder unter Bildung von Niederschlägen anders gefärbter Metalle die
Farbe des grauen Silbers wesentlich modificiren. Uebergiefst man dieses
z. B. mit Quecksilberchloridlösung, so färbt es sich braun; es
bildet sich dabei Silberchlorür. Wirkt jedoch die Quecksilberlösung
sehr lange, so geht dieses in weifses Chlorsilber über, während sich
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40
Reaetionen des pulverigen Silbers. — Tonung.
zugleich Calomel niederschlägt. Auch Eisenchlorid wirkt färbend.
Die Farbe des Silberchlorürs ist viel intensiver als die des metalli-
schen Silbers, daher benutzt man diesen Procefs, um Silberbilder zu
verstärken, d. h. dunkler zu machen.
In ähnlicher Weise wirkt nun auch das in Jodkalium gelöste
Jodquecksilber. Uebergiefst man Silberpulver damit* so färbt es
sich dunkelgrün unter Bildung von Silberjodür, bei längerer Wir-
kung wird dieses gelb unter Bildung von Jodsilber. Auch dieser
Procefs wird in der Praxis benutzt Jodlösung wirkt, ähnlich wie
das Quecksilberjodür.
Mischungen von Urannitrat und rothem Blutlaugensalz färben das
Pulver tiefbraun, indem sich hier neben Cyansilber braunes Uran-
eisencyanür niederschlägt (Selle’s Verstärknngsprocefs).
Auflösungen von Chlorgold oder Chlorgoldnatrium und
Chlorplatin bewirken ebenfalls eine eigenthümliche Färbung des
Silbers. Es schlagen sich unter Chlorsilberbildung pulveriges Gold
oder Platina nieder, ersteres färbt die Masse blau, letzteres schwarz.
Aehnlich wirken andere Platinametalle. Auf die Anwendung dieser
edlen Metalllösungen beruhen die photographischen Schönungsmetho-
den, indem der durch sie bewirkte Ton wohl angenehmer ist, als der
des ursprünglichen Silberbildes.
Ein Collodionbild wird in dieser Weise theilweise oder ganz in ein
Platin- oder Goldbild übergeführt und besitzt so die Eigenschaft, sich
einbrennen zu lassen; darauf beruht die Herstellung der Grüne’schen
Photographieen auf Porzellan und Email.
Man kann durch diese chemischen Veränderungendes Silbers unserer
Collodionbilder für die Praxis höchst wichtige Combinationen erhalten.
Nun haben wir noch das fein zertheilte Silber zu betrachten, aus
dem unsere Papierbilder bestehen. Taucht man ein unter einem Ne-
gativ belichtetes Stück Uranpapier (s. o. S. 35) in eine Silberlösung,
so schlägt sich an Stelle des Uranoxyduls Silber nieder und dieses
erscheint von eigenthiimlich brauner oder violetter Farbe, wesent-
lich verschieden von dem grauen Silber der Collodionbilder.
Belichtet man Chlorsilberpapier (s. u.), so färbt sich dieses mit
der Zeit braun und enthält so ebenfalls metallisches Silber. Dieses
metallische Silber wird von Metalllösungen wie Quecksilberchlorid,
Goldchlorid etc. ebenso leicht verändert wie das pulverige graue Silber
(s. o.), und beruhen darauf gewisse photographische Tonungsmethoden.
Seltsam ist die Farbenveränderung, die es beim Einbringen in
unterschwefligsaure Natronlösung erleidet. Die schöne violette Farbe
verändert sich dabei in ein häfsliches Gelbbraun.
Die Farbe dieses Silberniederschlages im Papier ist wieder ver-
schieden je nach der Leimung desselben, mehr röthlich bei Gelatine-,
mehr violett bei Eiweifspapier.
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Silberoxyde. — Silbersalpeter.
41
Davanne schreibt hier das verschiedene Ansehen dieser Nieder-
schläge der Bildung von Lacken zu, d. h. chemischen (?) Verbindungen
des metallischen Silbers mit der organischen Substanz. Durch Drücken
und Reiben werden sie nicht metallglänzend.
Jetzt gehen wir über zu den Silberverbindungen. Diese gehören
grofsentheils zu den direct lichtempfindlichen Körpern, d. h. den-
jenigen, welche für sich allein durch das Licht zersetzbar sind.
Wir fangen zunächst an mit dem Silberoxydul (Ag1 O), d. i.
ein wenig untersuchter Körper, der entsteht durch Einwirkung von
Wasserstoffgas auf citronsaures Silberoxyd; es bildet sich dann, wie
es scheint, ein citronsaures Silberoxydul, das sich in Wasser mit
brauner Farbe löst. Durch Kalilauge wird aus der braunen Lösung
das Silberoxydul als ein dunkelbrauner bis schwarzer Körper ge-
fallt, der sich mit Salzsäure zu tiefdunkelviolettem Silberchlorür ver-
bindet, und durch Ammoniak wie durch Säuren unter Zurücklassung
von metallischem pulverigen Silber und sich auflösendem Silberoxyd
zersetzt wird, z. B. Ag, O -4- SO, = AgO SO, -I- Ag.
Auch aus anderen Silberoxydsalzen kann durch Behandeln mit
Wasserstoff oder einem anderen Reductionsmittel Silberoxydul darge-
stellt werden, z. B. aus dem molybdänsauren und arsenigsauren Silber-
oxyd. Eine Verbindung des Silberoxyduls mit dem Eisenoxydul - Oxyd
entsteht durch Wirkung von Eisenvitriol auf Silbersalz (s. o. S. 38).
Silberoxyd (AgO).
Dieses existirt in drei Modificationen, als braunes, schwarzes und
violettes Silberoxyd. Ersteres entsteht durch Fällung von Silbersalzen
mit Kalilauge als ein braunes wasserfreies Pulver, das zweite durch
Kochen von Chlorsilber mit Kalilauge, das dritte durch Verdunsten
einer ammoniakalischen, mit Kalilauge versetzten Silberlösung als feine
mikroskopische Krystalle. Alle drei reagiren alkalisch, sind starke
Basen, ziehen Kohlensäure aus der Luft an und lösen sich zum Theil
in Wasser. Sämmtliche werden im Licht zersetzt; am auffallendsten
das violette, welches alsbald schwarz wird. Der hierbei entstehende
Körper ist Silberoxydul, denn er giebt mit Salzsäure ein violettes
Silberchlorür, aus dem sich durch NO, kein metallisches Silber aus-
ziehen läfst.
Interessanter als das Silberoxyd sind verschiedene seiner Salze
für die Photographie. Hier steht in erster Reihe das
salpetersaure Silberoxyd (AgONO,),
eine Substanz, die für den Photographen das ist, was dem Chemiker
die Schwefelsäure, dem Mechaniker das Eisen, ein Salz, ohne das
die Photographie kaum bestehen könnte. Wir müssen deshalb bei den
Eigenschaften dieses wichtigen Körpers länger verweilen.
Das Salz kommt in zweierlei Formen im Handel vor, als krystalli-
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42
S&lpeters&ures Silberoxyd.
sirtes und geschmolzenes salpetersaures Silberoxyd. Beide
finden in der Photographie Verwendung. Sie werden dargestellt durch
Auflösen des reinen Silbers in Salpetersäure. Diese Auflösung geht
bei Anwendung von starker Salpetersäure äufserst leicht von statten,
namentlich bei Anwendung des Silbers in Pulverform. Man benutzt
dazu am besten eine gute mit Trichter bedeckte tiefe Porzellanschale.
Nachdem das Ganze aufgelöst ist, verjagt man die überschüssige Säure
durch Abdampfen bei gelinder Wärme; sobald der gröfste Theil des
Wassers verjagt ist und die Masse dick wird, mufs die Schale zu-
gedeckt werden. Nach Vertreibung der letzten Antheile Feuchtigkeit
erhitzt man vorsichtig, dann schmilzt die ganze Masse und fliefst ruhig.
Waren mit den Rohmaterialien organische Substanzen gemengt, so
wird die Masse beim Schmelzen schwarz, indem sich körnig pul-
veriges Silber ausscheidet, dann mufs man noch einmal in wenig Wasser
lösen und mit einigen Tropfen NO, eindampfen, so bekommt man
das Ganze völlig weifs. War Kupfer im Silber, so wird die Masse
grün. Dann mufs man so lange schmelzen, bis eine Probe heraus-
genommen mit Ammoniak keine blaue Färbung mehr giebt. Das
Kupfersalz zersetzt sich nämlich leichter als das Silbersalz, so dafs
man bei vorsichtigem Erhitzen beide trennen kann. Wichtig ist aber,
das geschmolzene Salz nicht zu lange nnd zu stark zu erhitzen, sonst
entweicht Sauerstoff und es bildet sich anfangs salpetrigsaures
Silber, später in der Glühhitze metallisches Silber. Nicht selten ist
das Stangensilbersalz mit salpetrigsaurem Silberoxyd verunreinigt. Dies
schadet für den Positivprocefs gar nichts, im Negativprocefs ergeben
sich aber hierbei eigenthümliche Störungen, der Entwickelungsprocefs
geht unter Schleierbildung vor sich, die Negative werden unklar. Man
erkennt die salpetrige Säure, wenn sie in gröfserer Menge vorhanden
ist, leicht durch Uebergiefsen des Silbersalzes mit Salpetersäure. Sie
entweicht dann und zerfällt in NO, und 2 NO,, letztere bildet rothe
Dämpfe. Kleinere Mengen findet man durch Niederschlagen mit Jod-
kalium-Ueberschufs, Filtriren und Versetzen mit reiner Schwefelsäure
und Stärke; diese färbt sich alsdann bei Gegenwart von NO, blau.
Eben weil das geschmolzene Salz öfter in dieser Weise salpetrigsaures
Silberoxyd enthält, zieht man in neuerer Zeit das doppelt krystallisirte
Salz vor, das einfach erhalten wird durch Abdampfen bis zur Trock-
nifs (um alle Säure zu verjagen), Wiederauflösen und Krystallisiren.
Ein- für allemal ist zu bemerken, dafs das Abdampfen des Silber-
salzes nicht in Räumen vorgenommen werden darf, wo Papiere oder
gar Bilder liegen. Es scheint hierbei, sobald die Silberlösung sich
ihrem Sättigungspunkt nähert, eine förmliche Verflüchtigung stattzu-
finden, denn trotz Bedeckung der Schale mit Trichter beschlagen bin-
nen kurzer Zeit sämmtliche in dem Zimmer befindliche Papiere mit
feinen im Licht braun werdenden Punkten, selbst die 20 Fufs entfernten.
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Salpetersaures Silberoxyd.
43
Das salpetersaure Silberoxyd ist ein wasserfreies, im reinen Zu-
stande neutral, ja sogar etwas alkalisch reagirendes Salz. Der Photo-
graph thut stets gut, sich von der Reaction des Salzes zu über-
zeugen, denn nicht selten reagirt namentlich das krystallisirte Salz
schwach sauer, was im Negativprocefs die Empfindlichkeit sehr beein-
trächtigt.
Ebenso nöthig ist eine quantitative Prüfung, denn nicht selten
ist das Salz mit Salpeter verunreinigt, um das Gewicht zu vermehren,
da jetzt der Preis des Körpers sehr heruntergegangen ist. Es krystalli-
sirt selbst mit Salpeter zusammen. Der Salpeter schadet zwar dem
Processe nichts, wohl aber dem Geldbeutel. Am besten nimmt man
diese Prüfung vor mit den bekannten Titrirapparaten (wir werden
später eine einfache Methode beschreiben), oder durch Glühen einer
gewogenen Menge im bedeckten Porzellantiegel, mit Rücksicht dar-
auf, dafs 170AgONO, 108 Ag liefern müssen.
Mancher Höllenstein enthält auch etwas Chlorsilber, dieser scheidet
sich alsdann beim Lösen in Wasser aus. Concentrirte Lösungen von
Höllenstein lösen nämlich Chlorsilber, Bromsilber und Jodsilber auf,
letzteres am leichtesten, die ersten beiden nur schwierig (s. S. 44 u. 46).
Wichtig ist die bedeutende Löslichkeit des Höllensteins in Wasser.
Es ist das einzige der bekannten Silbersalze, welches sich leicht löst.
Es löst sich im gleichen Gewicht Wasser, schwerer bei Gegenwart von
NO,. Kochender Alkohol löst •J seines Gewichts, setzt aber beim Er-
kalten fast alles wieder ab. Die leichte Löslichkeit in Wasser erlaubt
Flüssigkeiten von beliebiger Concentration herzustellen, eine enorme
Wichtigkeit für die photographische Praxis. Die Lösungen derselben
sind die photographischen Silberbäder, die man in sehr verschie-
dener Concentration anwendet, einerseits um damit durch Wechselzer-
setzung andere sehr lichtempfindliche Silberverhindungen zu erzeugen,
andererseits als lichtempfindliche Substanz selbst.
Das salpetersaure Silberoxyd ist zwar für sich allein im Licht
nicht zersetzbar. Es kann jahrelang am Licht stehen, ohne sich zu
färben; thut es das, so ist es nicht rein, sondern enthält entweder
Chlorsilber oder organische Substanzen.
Die Lösung desselben ist aber im Licht zersetzbar, sie scheidet
dabei zarte, feine, schwarze Silberkörnchen ab. Ebenso zersetzt es
sich bei Gegenwart organischer Substanzen. Streicht man AgO NO,
auf ein Stück Papier und legt es in das Licht, so färbt es sich
braun. Diese braune Masse ist in der organischen Substanz fein ver-
theiltes Silber von violetter bis schwarzer Farbe (s. o. S. 40). Die
Papierbilder werden auf solchem mit Höllenstein und Chlorsilber im-
prägnirten Papier erzeugt.
Von organischen Silberoxydsalzen sind für die Photographie
nur einzelne von Wichtigkeit. Das essigsaure Silberoxyd ist ein
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44
Silberholoid8alze.
schwerlösliches weifses Salz, das sich für sich allein im Licht zer-
setzt; es wird an sich wohl kaum noch in der Photographie ange- i
wendet, dagegen bildet es sich öfter, namentlich in der Kälte, in
einem mit Essigsäure angesäuerten Silberbade und scheidet sich dann
in feinen Nadeln aus. Platten in solchem Bade sensibilisirt, bedecken
sich dann mit Spiefsen und Nadeln. Das weinsaure und citron-
saure Silberoxyd erhält man als weifse unlösliche Niederschläge beim
Fällen von Silbersalz mit weinsauren und citronsauren Alkalien. Diese
Salze sind sehr leicht durch das Licht zersetzbar, das erstere färbt
sich dabei tief väolettbraun , das andere mehr braunroth bis fuchsig.
Wichtiger als diese Körper sind für die photographische Chemie:
Die Haloidsalze des Silbers: Chlorsilber, Bromsilber und
Jodsilber.
Mit Chlor bildet das Silber zwei Verbindungen, das Silber chlorür 1
(Ag, CI) und das Chlorid (AgCl); ersteres entsteht, wenn man eine
blanke Silberplatte mit Eisenchlorid betupft, als schwarzer Fleck, oder
beim Behandeln des Silberoxyduls mit Salzsäure, oder bei verschiede-
nen Reductionserscheinungen des Chlorsilbers. Rein hat man es noch
nicht dargestellt. Nur soviel weifs man, dafs es in Säuren und Wasser
unlöslich ist, auch von Salpetersäure nicht zersetzt wird und beim
Behandeln mit Ammoniak in pulveriges Silber und sich lösendes Silber-
chlorid zerfallt. Aehnlich wirken andere Lösungsmittel des Chlor-
silbers, z. B. unterschwefligsaures Natron. Photographisch hat es Be-
deutung als das Product der Zersetzung des Chlorsilbers im Licht.
Das Chlorsilber (AgCl)
findet sich in der Natur als compacte Masse, die sehr bald am Lichte
anläuft und sich bräunlich färbt; diese Veränderung war schon den
alten Alchymisten bekannt. Künstlich erzeugt man es durch Versetzen
einer Silberlösung mit Salzsäure oder einem Chlormetall als einen durch
seine Unlöslichkeit im Wasser ausgezeichneten weifsen käsigen Nieder-
schlag, der sich schnell zusammenballt und zu Boden setzt, sich leicht
in Ammoniak und unterschwefligsaurem Natron, schwerer in kochen-
dem Salmiak und Kochsalzlösung auflöst. Diese Auflösung ist keine
directe, sondern von Zersetzungen begleitet (s. u.). Jodkalium zersetzt
und löst es ebenfalls. Es schmilzt in der Glühhitze und erstarrt beim
Erkalten zu einem Glase oder einer hornigen Masse (Hornsilber); es
krystallisirt aus ammoniakalischen Lösungen leicht in Würfeln. Es
wird leicht durch Zink und Eisen zu Metall reducirt, letzteres erscheint
dabei grau nnd pulverförmig. Seine Unlöslichkeit ist die Basis der
Erkennung der Silbersalze durch Salzsäure. Es giebt jedoch Umstände,
unter denen diese Reaction nicht zuverlässig ist. Bei Gegenwart von
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Chlorsilber. — Bromsilber.
45
organischen Substanzen ist nämlich das Chlorsilber etwas lös-
lich im Wasser. Ebenso löst sich Chlorsilber in sehr concentrirter
salpetersaurer Silberlösung, und scheidet sich beim Verdünnen mit
Wasser wieder ab. Mancher im Handel vorkommende Höllenstein
enthält Chlorsilber und löst sich deshalb unter Trübung auf. Dieses
Chlorsilber ist nun ein direct, d. h. für sich allein im Licht zersetzbarer
Körper; stellt man es ans Licht, so färbt es sich bald violett, die
Farbe geht mit der Zeit ins Chocoladenbraune über, wird aber
bei reinem Chlorsilber niemals schwarz, wie in chemischen Lehr-
büchern steht. Die Zersetzung ist nur oberflächlich, innen bleibt ein
weifser Kern von AgCl.
Scheele war der Erste, der diese Veränderung des Chlorsilbers
im Licht studirte. Er constatirte die Entwicklung von Chlor und
behauptete, dafs metallisches Silber neben unzersetztem Chlorsilber
zurückbleibe. Diese Behauptung wurde später von Wetzlar und Witt-
stein angegriffen, die angaben, Chlorsilber zersetze sich in freies
Chlor und Subchlorid; dagegen haben neuerdings Davanne und Girard
Scheele’s Behauptung wieder adoptirt und die Zersetzung in freies
Chlor und metallisches Silber vertheidigt.
Um nun diesen widersprechenden Zeugnissen gegenüber Klarheit
zu gewinnen, machte der Verfasser eine Reihe von Versuchen über
die Zersetzung des Chlorsilbers, Bromsilbers und Jodsilbers im Licht,
aus denen hier nunmehr das Wichtigste herausgehoben werden soll.
Was zunächst das Chlorsilber anbetrifft, so ist die Entwicklung
von Chlor im Licht schon durch den Geruch zu constatiren. Wenn
nun Chlor frei wird, kann nur zweierlei Zurückbleiben, entweder me-
tallisches Silber oder ein Subchlorid.
Metallisches Silber ist nun in Salpetersäure löslich; ist dieses dem-
nach in der durch Licht gefärbten Masse vorhanden, so mufs sich das-
selbe durch Salpetersäure ausziehen lassen. Durch Kochen mit Sal-
petersäure löst sich aber nicht die Spur Silber, also kann nur ein
Subchlorid gegenwärtig sein. Chlorsilber zersetzt sich dem-
nach im Licht zum Theil in freies Chlor und zurückbleiben-
des Subchlorid (2AgCl = Ags CI -4- CI).
Davanne behauptet neuerdings, dafs Chlorsilber in feinster Ver-
theilung, d. h. wenn dasselbe in sehr grofser Oberfläche dem Licht
exponirt wird, dennoch zu metallischem Silber reducirt würde. Er
beschreibt jedoch nicht die Art, wie er dieses Resultat gewonnen hat.
Das Bromsilber (AgBr).
Brom bildet mit dem Silber ebenso wie das Chlor zwei Verbindun-
gen, das Silberbromür (Ag,Br) und das Silberbromid (AgBr).
Erstere ist nur bekannt als Zersetzungsproduct des letzteren, und zeigt
sich in seinem chemischen Verhalten dem Silberchlorür analog. Silber-
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46
Jodsilber.
bromid (das gewöhnliche Bromsilber) ist ein in seinem chemischen Ver-
halten dem Chlorsilber ganz ähnlicher Körper, der beim Versetzen von
Silberlösungen mit Brommetallen als ein gelblicher, käsiger Niederschlag
erscheint, und sich in Ammoniak etwas schwerer, in den übrigen oben
angeführten Lösungsmitteln aber ebenso leicht wie Chlorsilber löst
In Silbernitratlösungen löst sich Bromsilber etwas leichter als
Chlorsilber und liefert damit unter Umständen Krystalle einer Verbin-
dung der Formel AgONO, -+- AgBr, die jedoch durch Wasser zerfällt
Im Licht färbt sich Bromsilber blafsgrauvi olett unter deut-
liches-Entwickelung von Brom. Die zurückbleibende blafsgrauviolette
Masse giebt an kochende Salpetersäure kein Silber ab, demnach kann
sie nur ein Silberbromür enthalten. Bromsilber zersetzt sich
also im Licht in freies Brom und Silberbromür.
Das Jodsilber (AgJ)
bildet sich als ein gelber Niederschlag beim Versetzen von Silbersalzen
mit Jodkalium. Dieser gelbe Niederschlag ist in vielen Stücken dem
Chlorsilber und Bromsilber ähnlich, zeigt aber doch einige charak-
teristische Unterschiede. Man erhält es nämlich zunächst als Körper
von verschiedenen Eigenschaften, jenacbdem man beim Darstellen
überschüssige Silberlösung oder überschüssige Jodkaliumlösung an-
wendet. Im ersteren Fall bildet es einen mehr orangegelben, im letz-
teren Fall einen mehr blafsgelben Niederschlag. Der erstere färbt
sich im Licht, der letztere nicht. Es ist unlöslich in Ammoniak,
dadurch unterscheidet es sich vom Bromsilber und Chlorsilber; dage-
gen ist es, wie alle anderen Silbersalze, löslich in unterschwefligsaurem
Natron , Cyankalium etc. Es zeigt ein eigentümliches Verhalten zu
Silberlösungen.
Während nämlich Chlorsilber und Bromsilber nur sehr schwer in
Höllensteinlösungen löslich sind und eine Lösung von 10 pCt AgONO,
kein Chlorsilber und Bromsilber mehr aufzulösen vermag, löst sich
das Jodsilber verhältnifsmäfsig leicht darin auf und bildet dann
eine krystallisirbare weifse Verbindung 2 Ag ONO,+ AgJ Jodsilber-
salpeter *), die man aus sehr concentrirten Silberlösungen in Krystallen
erhalten kann, die aber durch viel Wasser zersetzt wird.
Diese Löslichkeit des Jodsilbers in Silberlösungcn ist ein für die
photographische Praxis wichtiger Umstand. Der Photograph braucht
als lichtempfindliche Substanz im Negativprocesse eine Jodsilberschicht,
die er erzeugt, indem er eine jodmetallhaltige Collodionschicht in eine
Silberauflösung taucht. Hierbei bildet sich nun zunächst Jodsilber;
dieses wird aber bei längerem Verweilen in der Lösung oft voll-
ständig wieder aufgelöst. Daher müssen die photographischen Silber-
*) Nach Schnauft ist die Formel AgONO, -+- AgJ.
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Jodsilber.
47
bäder stets vorher zum Theil mit Jodsilber gesättigt werden, um das
Auflösungsvermögen für Jodsilber zu vermindern. Alkohol, Aether,
Essigsäure, Salpetersäure befördern die Löslichkeit des Jodsilbers im
Silberbade sehr bedeutend, die letztere Säure am meisten. Ein ab-
normes Verhalten zeigt diese Lösung gegenüber der Temperatur.
Während andere Körper mit wenigen Ausnahmen in der Wärme
löslicher sind, wie in der Kälte, verhält sich die Auflösung des Jod-
silbers in Silberbädem gerade umgekehrt. Dasselbe löst sich in der
Kälte leichter, in der Wärme schwerer; erwärmt man eine gesättigte
Auflösung, so trübt sie sich unter Ausscheidung von Jodsilber, beim
Erkalten wird sie wieder klar. Diese Erscheinung ist in der photo-
graphischen Praxis nicht selten. Im hohen Sommer beobachtet der
Photograph, dafs sein Silberbad sich plötzlich trübt, dafs es über Nacht
von selbst und ohne einen Bodensatz zu liefern, wieder klar wird.
Diese Trübungen verursachen, wie wir später sehen werden, Löcher
in der Collodionschicht.
Hinsichtlich der quantitativen Verhältnisse bemerken wir, dafs in
einer Silberlösung 1 : 10 auf 10 Cubikcent. 0,os3 Jodsilber gelöst wer-
den können , in einer Silberlösung 1 : 8 in 100 Cubikcent. 0,o7T Jod-
silber bei 16*. Alkohol und ätherreiche Bäder enthalten freilich
mehr, doch erreicht die Menge des aufgelösten Jodsilbers noch nicht
1 pCt. des im Bade enthaltenen salpetersauren Silbers *).
Durch Wasser wird dieses Jodsilber ausgeschieden, eine Lösung
von 3i pCt. Silbersalz enthält fast kein Jodsilber mehr. Ebenso leicht
wie Jodsilber sich in salpetersaurer Silberlösung löst, löst es sich nun
auch in Jodkalium, Jodnatrium etc., indem sich hier Doppelsalze
(AgJ -t- KJ oder AgJ-l-2KJ) bilden. Diese Doppelsalze werden
durch viel Wasser zersetzt und blafsgelbes Jodsilber im feinpulverigen
Zustande ausgeschieden.
Jetzt kommen wir nun auf den Hauptpunkt zu sprechen: die Licht-
empfindlichkeit des Jodsilbers.
Das käsige, dunkelgelbe Jodsilber, welches man in überschüs-
siger Silberlösung erhält, färbt sich im Licht grünlichgrau; das pul-
verige, bei Ueberschufs von Jodkalium erhaltene, ist im Licht un-
veränderlich. Nun sollte man glauben, dafs analog dem Brom- und
Chlorsilber beim Belichten des Jodsilbers Jod frei würde, das ist aber
nicht der Fall, weder mit Stärkekleister noch mit Schwefelkohlenstoff
läfst sich nur eine Spur freien Jods bei der Belichtung des Jod-
silbers nachweisen. Man hat deshalb die Meinung geäufsert, dafs sich
vielleicht Jodür und Superjodid bilde ; diese Meinung ist aber unhaltbar,
da noch Niemand bisher ein Silbersuperjodid erzeugt hat und das Jod
überhaupt keine Neigung hat, Superjodide zu bilden. Daher nehmen
*) Siehe Photographische Mittheilungen Ko. 1 und S.
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Jodsilber. — Einflurs fremder Substanzen.
viele Forscher an, dafs Jodsilber im Licht keine chemische Zersetzung,
sondern nur eine physikalische Veränderung erleide. Diese Mei-
nung wäre nicht ungerechtfertigt, wenn nicht das Verhalten des Jod-
silbers bei Gegenwart gewisser jodabsorbirender Körper zu anderen
Schlüssen berechtigte. Jodabsorbirende Körper, wie Höllensteinlösung,
arsenigsaures Natron, Tannin, Zinnchlorür haben nämlich die Eigen-
thümlichkeit, die Zersetzung des Jodsilbers im Licht sehr energisch zu
befördern. Während reines Jodsilber sich im Lichte nur blafsgrün färbt,
färbt sich Jodsilber in Berührung mit genannten Körpern viel schneller
und dunkler, und diese Erscheinung ist nur erklärbar durch eine che-
mische Zersetzung des Jodsilbers. Jodsilber scheint wie Eisenoxyd,
Uranoxyd zu den Körpern zu gehören, die für sich allein keine
Zersetzung im Lichte erleiden, wohl aber bei Gegenwart von Sub-
stanzen, welche sich mit einem der bei der Belichtung frei werdenden
Bestandtheile verbinden (s. u. S. 49).
Einflufs verschiedener Substanzen auf die Lichtempfindlichkeit
der Silberhaloidsalze.
Betrachtet man die drei Körper Chlorsilber, Bromsilber und Jod-
silber, so bemerkt man, dafs Chlorsilber sich im Licht am dunkel-
sten färbt, weniger dunkel das Bromsilber, am hellsten das Jod-
silber, die beiden ersten unter deutlich nachweisbarer chemischer
Zersetzung und Bildung von Chlorür und Bromür, das letztere
ohne nachweisbare chemische Veränderung. Diese Veränderungen der
drei Haloidsalze im Sonnenlicht werden nun wesentlich modificirt durch
den Einflufs fremder Substanzen, mit denen sie in Berührung sind,
wie dies schon aus dem Vorhergehenden ersichtlich ist. Hier ist zu-
nächst anzuführen: der Einflufs des Wassers.
Bei Gegenwart von Wasser bildet sich nicht freies Chlor und
freies Brom, sondern Bromwasserstoffsäure und Chlorwasserstoffsäure.
Das Wasser reagirt daher sauer; im Uebrigen bildet sich hier eben-
falls Silberchlorür und Bromür. Beim Belichten von Jodsilber unter
Wasser bleibt dieses neutral.
Charakteristischer ist der Einflufs der Säuren. Dieselben ver-
langsamen die chemische Veränderung, welche Chlorsilber, Bromsilber
und Jodsilber im Licht erleiden. Unter Salpetersäure von 1,3 sp. G.
färbt sich Jodsilber gar nicht, ebenso bleibt Chlorsilber unter rauchen-
der Schwefelsäure weifs. Essigsäure und verdünnte Schwefelsäure ver-
langsamen die Farbenveränderung des Jodsilbers im Licht; auf Brom-
silber wirken sie ebenso, jedoch schwächer.
Merkwürdig ist, dafs im Licht gefärbtes Bromsilber durch Salpeter-
säure von l,a sp. G. etwas gebleicht wird, Jodsilber nimmt dadurch
seine ursprüngliche gelbe Farbe vollständig wieder an.
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Lichtempfindlicbkeit der Silberbaloidsalze.
49
Aehnlich den Säuren wirken manche Salze. Chlorsilber, welches
eine Spur Quecksilberchlorid enthält, färbt eich gar nicht im Licht,
wahrscheinlich bildet sich hier eine im Licht nicht zersetzbare Doppel-
verbindung. — Unter Eisenvitriollösung färbt sich Chlorsilber nur sehr
langsam, weil Eisenvitriol einen grofsen Theil der chemisch wirkenden
Strahlen verschluckt.
Nun giebt es auch eine Reihe von Körpern, W'elche die Ver-
änderungen, die gedachte Salze im Lichte erleiden, entschieden be-
fördern, und der bekannteste von allen ist das salpetersaure
Silberoxyd.
Bromsilber und Jodsilber färben sich unter Höllensteinlösung viel
schneller und intensiver im Licht als im reinen Zustande.
Bei Chlorsilber tritt diese Erscheinung weniger hervor.
Bromsilber färbt sich dabei tief violett, Jodsilber dunkelgrün *).
Diese intensive Zersetzung erklärt sich einfach durch die kräftige
Absorption, welche salpetersaures Silber gegen Brom und Jod ausübt,
denn auch andere jodabsorbirende Körper befördern die Veränderung
des Jodsilbers im Licht in sehr merkbarem Grade. Verfasser dieses
wies dies mit dem arsenigsauren Natron nach, dann mit Zinnchlorür,
Brechweinstein (siehe Photograph. Mittheilungen, H. Jahrg., No. 14).
Das durch Ueberschufs von Jodkalium gefällte lichtunempfindliche
Jodsilber wird durch die eben genannten Körper lichtempfindlich ge-
macht
Man nennt diese Körper, deren Gegenwart die Lichtempfindlich-
keit bedingt oder vermehrt, Sensibilisatoren. Sie spielen in der
Photographie eine wichtige Rolle (s. u. S. 52). Solcher Sensibilisator
ist nun auch unter Umständen die Papierfaser (s. o. Eisen, Chrom).
Papier mit Chlorsilber und Bromsilber imprägnirt, färbt sich im
Licht viel dunkler als reines Chlorsilber und Bromsilber, ersteres tief
chocoladenbraun, letzteres violett.
Hierbei werden diese Salze durch Einfiufs der organischen Sub-
stanz zu metallischem violetten Silber reducirt, denn das Papier wird
durch Salpetersäure in der Wärme entfärbt (freies Silber ist freilich
in derselben nicht nachzu weisen, da hierbei noch organische Sub-
stanzen vorhanden sind, welche die Reaction hindern).
Dieser Umstand, dafs Chlorsilber- und Bromsilberpapier auf diese
Weise zu metallischem Silber reducirt werden, hat wohl Davanne ver-
anlafst, anzunehmen, dafs das AgBr und AgCl direct zu metallischem
Silber reducirt werden, dafs dies jedoch bei dem reinen AgBr und
AgCl nicht der Fall ist, kann man leicht durch Erwärmen derselben
mit NO, nach weisen (s. o.).
*) Bei der Belichtung des Bromsilbers unter Ilöllensteinlösung scheidet sich
auch pulveriges metallisches Silber aus, wie Verfasser nachwies.
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 4
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50 Photographisches Verhalten der Silberhaloidsalze.
Das Chlorsilberpapier färbt sich viel stärker als Bromsilberpapier;
dem entspricht auch die viel intensivere Zersetzung, die das Chlor-
silber hier erleidet und die aus der gröfseren Verwandtschaft des CI
zum Wasserstoff der Papierfaser sich erklären läfst.
Jodsilberpapier färbt sich nur sehr wenig graugelb, erst nach
monatelanger Wirkung wird die Farbe etwas bräunlich.
Auf diese Färbung, welche Chlorsilber in Berührung mit organi-
schen Substanzen, namentlich mit Papier im Sonnenlicht erleidet,
beruht zum Theil der photographische Positivprocefs. Hier wer-
den Papiere mit Cblormetallen imprägnirt und dann in Silberlösungen
gebadet; es entsteht dabei Chlorsilber, welches neben freiem AgONO,
im Papiere zurückbleibt; beide, sowohl das AgCl als auch das
AgONO,, färben sich in Berührung mit organischer Substanz im
Licht, und so erhält man ein violettes Bild, dessen Farbe je nach den
Beimengungen mehr oder weniger variirt. Bromsilber und Jodsilber,
welche sich im Licht viel weniger färben, werden im gewöhnlichen
Positivprocefs nicht angewendet.
Photographisches Verhalten des Chlor-, Brom- und Jodsilbers.
Im vorigen Abschnitt haben wir die chemischen Veränderungen
welche Chlor-, Brom- und Jodsilber im Licht erleiden, näher betrachtet.
Nun zeigen aber die belichteten Chlorsilber-, Bromsilber- und
Jodsilbermassen noch ganz andere eigenthümliche Eigenschaften, welche
mit ihren chemischen Eigenschaften nicht verwechselt werden dürfen.
Läfst man dieselben nämlich nur ganz kurze Zeit im Lichte liegen,
so dafs eine kaum bemerkbare Färbung eingetreten ist, und übergiefst
sie dann mit einer Silberauflösung, die mit einem reducirenden
Körper gemischt ist, wie Eisenvitriol, Pyrogallussäure etc., so
schlägt sich an den belichteten Stellen körnig pulveriges Silber
nieder und färbt die Masse dadurch dunkel, und dies um so inten-
siver, je länger und je stärker das Licht gewirkt hat.
Aehnlich wirken Quecksilberoxydullösungen, mit Eisen-
vitriol gemischt, auch sie machen den Lichteindruck durch Entstehung
eines Quecksifberniederschlags an den belichteten Stellen sichtbar (Ca-
rey Lea).
Alle diese Flüssigkeiten, welche in der Photographie
angewendet werden, um ein unsichtbares Bild sichtbar zu
machen, nennt man Entwickler oder Hervorrufer.
Die genannten Salze haben also im Liebt eigenthümliche Aen-
derungen erlitten, vermöge deren sie fähig sind, körnig pulveriges Sil-
ber anzuziehen. Diese Veränderung nennen wir zum Unterschiede von
der chemischen Veränderung die graphische. Die Färbung, welche
sie im Entwickler annehmen, nennen wir zum Unterschiede von der
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Photographische Empfindlichkeit
Öl
chemischen Färbung, welche die Körper direct im Licht erleiden, die
photographische Färbung.
Die Fähigkeit, sich im Entwickler zu schwärzen, nennen wir
photographische Empfindlichkeit
Diesen Begriffen stellen wir gegenüber die photochemische Färbung
und die photochemische Empfindlichkeit als Ausdrücke für die Inten-
sität der Farbenveränderung und der chemischen Zersetzung, welche
gedachte Salze durch das Licht allein erleiden.
Diese photographische Färbung steht nun merkwürdigerweise in
keiner Beziehung zur pbotochemischen. Cblorsilber färbt sich
photochemisch am dunkelsten, Jodsilber am hellsten.
Im Entwickler, d. h. in der mit einem Reductionsmittel gemischten
Silberlösung ist es umgekehrt; hier färbt sich Jodsilber am intensiv-
sten, Chlorsilber am schwächsten.
Auf dieser photographischen Färbung der genannten Salze
im Entwickler beruht der sogenannte Negati vprocefs, bei dem eine
präparirte Collodion- Jodsilberplatte dem Licht ausgesetzt wird und
dann mit Eisenvitriollösung (s. o. S. 37) behandelt wird. Und weil
eben das Jodsilber das photographisch empfindlichste Salz
ist, wird dieses als lichtempfindliches Hauptmaterial im
Negativprocefs angewendet; neben diesem das Bromsilber,
selten oder nicht das Chlorsilber.
Die photographische Färbung der drei Salze ist bedeutend
gröfser als ihre photochemische. Während mit Hülfe der photochemi-
schen Wirkung erst nach längerer Belichtung (bis Stunden dauernd) selbst
auf dem chemisch empfindlichsten Chlorsilber eine beträchtliche Färbung
wahrnehmbar ist, genügt eine Belichtung von Minuten, ja Secunden, um
eine höchst intensive photographische Färbung hervorzubringen; dieser
Umstand ist für die Photographie von bedeutender Wichtigkeit, denn
er erlaubt uns, die Expositionszeit bedeutend abzukürzen, d. h. schon
in wenigen Secunden oder Minuten ein intensives Bild zu erhalten, und
durch Auffindung dieser photographischen Färbung ist erst die Photogra-
phie auf ihren jetzigen Standpunkt der Vollkommenheit gehoben worden.
Da nun diese photographische Färbung eine so bedeutende Rolle
spielt, ist es auch von wesentlichem Interesse, den Einflufs kennen zu
lernen, den die Gegenwart fremder Körper auf dieselbe ausübt Diese
fremden Stoffe können nun entweder schon bei der Exposition zugegen
sein, oder aber erst nach derselben auf die belichteten Salze wirken,
beides ist zu berücksichtigen. Wir sahen oben, dafs Säuren, z. B.
Salpetersäure, die chemische Empfindlichkeit vermindern (s. S. 48).
Aehnlich wirken sie auf die photographische Empfindlichkeit.
Exponirt man mit Salpetersäure von 1,2 sp. G. befeuchtetes Jod-
silber und Bromsilber und behandelt es dann mit dem Entwickler, so
färbt es sich gar nicht.
4*
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52
Sensibilisatoren.
Verdünnte Schwefelsäure und Essigsäure wirken ähnlich, jedoch
schwächer, die photographische Empfindlichkeit wird dadurch nicht
vernichtet, sondern nur geschwächt.
Aehnlich ist die Wirkung der Säuren nach der Exposition. Be-
netzt man belichtetes Jodsilber und Bromsilber mit Salpetersäure, so
wird dadurch der Licbteindruck zerstört, und die Papiere färben sich
nicht im Hervorrufer.
Da Säuren sowohl während der Exposition als auch nach der
Exposition auf die Empfindlichkeit der Silbersalze wirken, so folgt
daraus die Wichtigkeit, die Gegenwart derselben bei Bereitung sehr
empfindlicher Präparate möglichst auszuschliefsen , also vermeide man
ein sehr saures Silberbad, einen übertrieben sauren Hervorrufer.
Aehnlich wie Säuren wirkt nun Jodkalium auf AgJ. (Bromsil-
ber und Chlorsilber werden durch Jodkaliumlösung in Jodsilber um-
gewandelt.) Dasselbe vernichtet die photographische Empfindlichkeit
gänzlich, sowohl bei als nach der Exposition angewendet.
Nun giebt es aber eine Reihe andrer Körper, welche die photo-
graphische Empfindlichkeit gedachter Salze ganz bedeutend erhöhen,
es sind dieselben, welche auch die photochemische Empfindlichkeit ver-
mehren. Man nennt diese Körper Sensibilisatoren.
Cblorsilber, Bromsilber, Jodsilber färben sich im Entwickler,
wenn sie für sich allein exponirt wurden, nur schwach, bedeutend
intensiver jedoch bei der Exposition unter Silberlösung; am inten-
sivsten färbt sich auch hier wieder das Jodsilber, am
schwächsten das Chlorsilber. Dadurch haben wir ein Mittel,
die photographische Empfindlichkeit auf das Gewaltigste zu steigern
und daher kommt es dann, dafs man in der photographischen Praxis
die Platten feucht von anhängender Silberlösung exponirt. Auch
Rohpapier mit AgONO, befeuchtet, wirkt photographisch, d. h. es
färbt sich nach dem Belichten im Entwickler.
Bei Besprechung des chemischen Verhaltens der Silbersalze im
Licht hatten wir den Unterschied zwischen dem mit Ueberschufs von
Jodmetall und dem mit Ueberschufs von Silberlösung gefällten Jod-
silber betont. Letzteres färbt sich im Licht, ersteres nicht (s. S. 47).
Auch in photographischer Hinsicht sind beide verschieden. Er-
steres, das mit Ueberschufs von Jodkalium gefällte, galt lange für
photographisch unempfindlich und ist es auch sicher gegen die schwa-
chen Lichteindrücke.
Neuerdings hat Lea jedoch dessen Empfindlichkeit gegen starke
Lichteindrücke nachgewiesen. Thatsache ist aber, dafs das mit Ueber-
schufs von Silbersalz gefällte AgJ photographisch bedeutend empfind-
licher ist Da dies auch mit dem ganz rein ausgewaschenen Jodsilber
der Fall ist, so mufs man annehmen, dafs immer eine Spur des Fällungs-
mittels in den Salzen zurückbleibt, also einerseits von Jodkalium, an-
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Sensibilisatoren.
53
drerseits von Silbersalz, und dafs diese die bereits festgestellte Wir-
kung ausüben.
Es ist eine bekannte Thatsache, dafs die meisten Niederschläge
Spuren fremder Salze einschliefsen und von diesen schwer zu be-
freien sind.
Merkwürdig ist, dafs auch mit Höllensteinlösung befeuchtetes und
gewaschenes Papier nach kurzer Belichtung im Entwickler sich dun-
kel färbt.
Längere Zeit kannte man keinen andern Sensibilisator als salpe-
tersaures Silberoxyd. Eine von Hunt 1842 nachgewiesene Thatsache,
dafs auch Blutlaugensalzlösung sensibilisirend wirke, wurde lange Zeit
nicht beachtet. Da trat Poitevin 1862 mit der Entdeckung auf, dafs
auch Tannin als Sensibilisator wirke, ebenso Gallussäure, Pyrogallus-
säure und ähnliche Körper. Man glaubt daher, dafs reducirende Sub-
stanzen im Allgemeinen als Sensibilisatoren wirken, konnte jedoch mit
dieser Hypothese die Wirkung des salpetersauren Silberoxyds, des
wichtigsten Sensibilisators, nicht erklären, da dieser kein Reductions-,
sondern sogar ein Oxydationsmittel ist
Durch die Untersuchungen des Verfassers wurde der Widerspruch
aufgeklärt. Er schrieb März 1865 (siehe Photographische Mittheilun-
gen II. Jahrgang S. 21) über diesen Punkt:
„Langes Nachdenken und mehrfache darauf gegründete Versuche
zeigten mir, dafs salpetersaures Silberoxyd und Tannin, so
different sie auch sein mögen, dennoch etwas Gemeinsames haben:
Beide absorbiren mit grofser Leichtigkeit freies Jod. Man
tröpfle Silberlösung zu Jodstärke, die Entfärbung erfolgt augenblicklich
(darauf beruht ja meine neue Silbertitrirmethode). Man tröpfle Tan-
ninlösung oder Gallussäurelösung zu Jodstärke, eie wird eben-
falls entfärbt
Diese Thatsachen führten mich auf die Vermuthung, dafs sich
Jodsilber im Licht ähnlich wie Uransalze, Eisensalze verhalte, d. h.
nur bei Gegenwart eines Körpers zersetzbar sei, der das Jod zu ab-
sorbiren im Stande ist
Um diese Vermuthung zu prüfen, wählte ich einen dritten Kör-
per, der ebenfalls freies Jod leicht absorbirt, aber in seinen sonstigen
Eigenschaften vom Silbersalz sowohl als auch vom Tannin wesentlich
verschieden ist, nämlich das arsenigsaure Natron.
5 Gramme arsenige Säure,
2| Gramme kohlensaures Natron,
wurden in 50 Grammen Wasser gelöst und diese Lösung auf etwas mit
Ueberschufs von Jodkalium gefälltes, also lichtunempfindliches Jod-
silber gegossen. Trotz des trüben Tageslichtes war schon
nach wenigen Minuten eine leichte Verdunklung warnenm-
bar. Am nächsten Morgen hatte sich das Jodsilber genau ebenso
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54
Sensibilisatoren.
grünlich gefärbt , wie bei der Exposition unter salpetersaurer Sil-
berlösung. Der Versuch wurde mit directem Sonnenlicht wiederholt.
Hier färbte sich das Jodsilber beim Schütteln schon binnen we-
nigen Secunden graugrünlich. Eine gleichzeitig ins Dunkle ge-
stellte Probe veränderte sich nicht im Geringsten.
Jetzt versuchte ich noch mehrere das Jod kräftig absorbirende
Körper. Zunächst möglichst neutrale salpetersaure Quecksilber-
oxydullösung.
Schon im diffusen Licht färbte sich das Jodsilber unter dieser
Lösung innerhalb weniger Minuten grün.
Eine zweite Probe ins Dunkle gestellt blieb vollkommen
hellgelb.
Ein dritter das Jod absorbirender Körper ist der Brechwein-
stein. Jodstärke wird von einer Lösung desselben, obgleich nur
langsam, entfärbt, schneller bei Gegenwart von kohlensaurem Na-
tron; dem analog war sein Verhalten als Sensibilisator. Jodsilber
färbte sich in Berührung damit im Licht langsam grau,
schneller bei Gegenwart von kohlensaurem Natron.
Ein vierter das Jod kräftig absorbirender Körper ist das Zinn-
salz (Zinnchlorür). Ich löste dieses mit Salmiak in Wasser und
brachte es auf unempfindliches Jodsilber. Es färbte sich schon nach
wenigen Minuten im diffusen Lichte schnell graugrün, das freie
suspendirte Pulver braun.
Eine im Dunkeln stehende Probe veränderte sich nicht im Ge-
ringsten.
Von allen hier versuchten Körpern scheint Zinnsalz
der kräftigste Sensibilisator zu sein.
Tannin kam ihm in seiner Wirkung am nächsten, auch unter
diesem färbten sich die gröberen Theile des Jodsilbers grün, die
feineren braun.
Auf Grund dieser Versuche, welche sämmtlich meine oben geäufserte
Vermuthung bestätigen, glaube ich den Satz aussprechen zu dürfen:
Diejenigen Körper, welche freies Jod leicht ab-
sorbiren und dasselbe chemisch binden, wirken
sensibilisirend auf Jodsilber.
Ob die gedachten Sensibilisatoren selbst bei der Jodaufnabme
eine Zersetzung erleiden (wie dies in den meisten Fällen der Fall sein
wird), lasse ich vorläufig aufser Acht
Dafs diese Substanzen in gleicher Weise, je nach ihrer Fähigkeit
Brom und Chlor zu absorbiren, auch die Zersetzung des Bromsil-
bers und Chlorsilbers im Licht befördern, versteht sich nach den
bereits vorliegenden Erfahrungen wohl von selbst
Die Erklärung des räthselhaften Verhaltens des Jodsilbers etc.
etc. hat jetzt keine Schwierigkeit mehr. Mit Ueberschufs von Jod-
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Sensibilisatoren. 55
kalium gefälltes Jodsilber hält eine Spur Jodkalium zurück. Letzteres
ist nicht im Stande Jod chemisch zu binden, daher erfolgt keine
Zersetzung. Mit Ueberschufs von Silbersalzen gefälltes Jodsilber ent-
hält noch eine Spur Silbersalz, welches Jod bindet, daher erfolgt
Zersetzung. Selbstverständlich kann die vorhandene Spur Silber-
salz nur eine sehr kleine Quantität Jod absorbiren, daher ist die vor-
gehende Zersetzung nur schwach und hört bald auf.*) Ist dagegen
Silbersalz im Ueberschufs vorhanden wie bei nassen Platten, so ist die
Zersetzung eine bedeutend energischere und länger dauernde,
daher die gröfsere Empfindlichkeit.
Tannin wirkt als Sensibilisator, weil es ebenso wie freies Sil-
bersalz das Jod zu absorbiren im Stande ist.
Es wird, nachdem dieser photographische Fundamentalsatz auf-
gefunden ist, nicht schwer halten, noch Hunderte von unorganischen
und organischen festen, flüssigen und gasförmigen Körpern zu
finden, welche in gleicher Weise wie Silberlösung und Tannin, sensi-
bilisirend wirken und dürften bei näherer Prüfung derselben, sich bald
bedeutsame Resultate für die photographische Praxis ergeben.
Man wird Trockenplatten construiren, die erst unmittelbar vor
der Belichtung durch irgend einen gasförmigen Sensibilisator in
der Camera lichtempfindlich gemacht worden, man wird vielleicht unter
den ätherischen Oelen Aldehyden, Oelsäuren jodabsorbirende Körper
finden, welche sich durch leichte Löslichkeit in Alkohol und Aether
auszeichnen und in den Collodion-Negativ- und Positiv-Processen ohne
Silberbad von Sayce und Simpson als Sensibilisatoren dem schwer
löslichen Silbersalz vorzuziehen sein dürften etc. etc.
Auf eines will ich hier noch aufmerksam machen, nämlich auf
die grüne, im fein zertheilten Zustande braune Substanz, welche sich
bei der Zersetzung des Jodsilbers im Licht bildet. Diese ist wahr-
scheinlich Silberjodür. Ich habe dieses Ag, J durch Einwirkung
von Jodkalium auf Silberchlorür als ein grünes Pulver dargestellt,
das in seinem Aussehen vollkommen dem im Licht veränderten Jod-
silber glich.“
Neuere Forschungen haben die damals ausgesprochenen Ansichten
des Verfassers nur bestätigt und erweitert. Das Blutlaugensalz,
das bereits von Hunt als Sensibilisator erkannt wurde, absorbirt
ebenfalls kräftig das Jod.
Man hat gegen die Untersuchungen des Verfassers eingewendet,
dafs diese nur die Vermehrung der chemischen Empfindlichkeit, nicht
aber die der photographischen (durch die gedachten Sensibilisatoren)
festgestellt hätten. Dieser Einwand fällt schon mit Rücksicht, dafs
*) Zugleich erklärt sich hieraus, -warum ich bei der Veränderung deB Jodsilbers
im Licht kein freies Jod nacbweisen konnte.
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56
Sensibilisatoren.
bei Tannin und Blutlaugensalz auch die Vermehrung der photographi-
schen constatirt worden ist. Neuerdings hat der Verfasser selbst seine
Untersuchungen erweitert und die bedeutende Vermehrung der photo-
graphischen Empfindlichkeit durch arsenigsaures Natron festgestellt.
Ebenso fand er im Nelken -Oel und Bittermandel- Oel zwei
kräftig jodabsorbirende Körper, die bei weiteren Versuchen sich als
kräftige Sensibilisatoren in photographischer Hinsicht geltend machten.
Jodsilberpapier wurde zum Theil mit den gedachten Flüssigkeiten
benetzt dem Licht ausgesetzt und dann gewaschen. Bei der Entwick-
lung färbten sich die benetzt gewesenen Stellen bedeutend schneller
und intensiver als die andern. — Es wurde von Poitevin der Einwand
erhoben, dafs Terpentin- Oel nicht sensibilisirend wirke, obgleich es
sehr energisch Jod absorbire (mit trockenem Jod vereinigt sich Ter-
pentin-Oel unter Explosion). Hier mufs jedoch beachtet werden, dafs
diese Verwandtschaft des Jods zum Terpentin-Oel unter verschiedenen
Umständen sehr verschieden ist.
Jodstärke wird vom Terpentin-Oel nur langsam und träge ent-
färbt, bei Gegenwart von Salpetersäure gar nicht; daher ist die Wahr-
scheinlichkeit vorhanden, dafs dasselbe als Sensibilisator sehr träge
wirkt und bei schwachem Licht vielleicht gar keine Wirkung äufsert.
Man kann mit Rücksicht auf den oben vom Verfasser aufgestell-
ten Fundamentalsatz leicht erforschen, ob ein Körper ein Sensibilisa-
tor ist oder nicht. Man schüttelt denselben mit Jodstärke-
lösung, entfärbt er diese, so ist er ein Sensibilisator und
wirkt als solcher um so kräftiger, je schneller diese Entfärbung vor
sich geht.
Merkwürdig ist nun, dafs auch Mischungen des Jodsilbers mit
Bromsilber und Chlorsilber unter Umständen photographisch empfind-
licher sind, als Jodsilber allein. Dies gilt jedoch nur für reine Salze,
bei Ausschlufs von Silberiösung. Schon bei Daguerre’s Procefs war
dies auffallend , indem sich mit Bromjoddämpfen präparirte Platten
empfindlicher zeigten, und analog verhalten sich die mit Brom- und
Jodsilber getränkten Papiermassen. Vielleicht wirkt hier das sich ent-
wicklende Brom und Chlor mit. Beide Körper entfärben eben-
falls die Jodstärke, könnten sie daher nicht als Sensibilisatoren wir-
ken? — Bei Gegenwart von salpetersaurem Silber verhält sich die Sache
jedoch anders, hier ist reines Jodsilber für starke Lichter photogra-
phisch empfindlicher, für schwache Lichter aber unempfindlicher als
Mischungen desselben mit Brom- oder Chlorsilber.
Ein höchst merkwürdiges Verhalten zeigen nun die sämmtlichen
drei Silbersalze, wenn man sie über eine gewisse Zeit hinaus belich-
tet. Man beobachtet dann nämlich, dafs bis zu einer gewissen Zeit
die Fähigkeit sich im Entwickler zu schwärzen, zunimmt, bei noch
längerer Belichtung aber wieder ab nimmt.
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Solarisation.
57
Diese seltsame Erscheinung bezeichnet man mit dem Namen So-
larisation. Man hat dieselbe schon früher an Daguerreotypplatten
beobachtet und Moser sagt mit Bezug darauf: „Wenn somit Licht auf
Jodsilber wirkt, so ertbeilt es ihm im zunehmenden Verhältnifs die
Modification Quecksilberdämpfe zu condensiren, wirkt es aber von
einem gewissen Zeitpunkt ab weiter, so nimmt es ihm diese Modi-
fication wieder.“ Klebt man z. B. Streifen von Jodsilber- oder Brom-
silberpapier auf ein Brettchen, bedeckt sie mit einer undurchsichtigen
Platte und zieht diese in Secunden- Intervallen langsam vorwärts, so
dafs die aufeinander folgenden freigelegten Theile der Streifen 1 , 2,
3, 4, 5 — 20 Secunden exponirt sind und behandelt diese dann mit dem
Entwickler, so findet man, dafs sie sich in den ersten Intervallen der
Belichtungsdauer proportional schwärzen, später aber nicht.
So erreichte bei einem Versuch, den der Verfasser machte, ein
Streifen in 15 Secunden das Maximum seiner Schwärzung, die länger
exponirten Theile färbten sich aber schwächer.
Je intensiver das Licht, desto schneller wird dieses photogra-
phische Maximum (so nennt Verfasser den Punkt der intensivsten
Schwärzung) erreicht, so dafs man aus der Zeit, innerhalb deren es
eintritt, einen Schlufs auf die chemische Lichtstärke machen kann und
der Satz sehr wahrscheinlich wird, dafs das Product aus Lichtinten-
sität und Zeit in Bezug auf das photographische Maximum ein unver-
änderliches ist. Bromsilber- und Jodsilberpapier verhalten sich in
dieser Hinsicht völlig gleich, sie erreichen in gleicher Zeit das Maxi-
mum und nehmen in gleicher Zeit wieder ab. Das Licht hat also die
Eigen thümlichkeit bei längerer Wirkung seine Anfangswirkung wieder
aufzuheben oder abzuschwächen ; eben deshalb ist fiir den Photographen
nichts wichtiger als die richtige Expositionszeit. Exponirt er zu lange,
so werden seine Platten nicht schwarz, sondern grau, exponirt er zu
kurz, so kommt dasselbe.
Uebrigens ist hier insofern noch ein Spielraum gelassen, als die
Färbung in der Nähe des Maximums ziemlich constant bleibt, oder
doch nur sehr allmählig abnimmt, so dafs man immerhin etwas über
die Zeit hinaus exponiren kann, die zur Erreichung des photographi-
schen Maximums erforderlich ist Dann werden auch diesePhä-
nomene durch Gegenwart von salpetersaurem Silber we-
sentlich modificirt, worüber jedoch noch keine speciellen Unter-
suchungen vorliegen.
Charakteristisch ist, dafs der unsichtbare Lichteindruck, den Jod-
silber erlitten hat, wochenlang, ja monatelang seine Fähigkeit behält,
im Entwickler eine Schwärzung zu veranlassen. Man hat das bei den
Trockenplatten constatirt (s. d. II. Theil).
Wenigstens gilt dieses für das verhältnifsmäfsig lichtschwache
Camerabild.
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58
Quecksilbersalbe.
Läfst man jedoch sehr intensives Licht, z. B. directes Sonnenlicht
stundenlang auf eine Jodsilberplatte wirken, so ist das Resultat,
wie es scheint, ein anderes.
Eine solche Platte verliert den Lichteindruck beim
Aufbewahren im Dunkeln vollständig wieder, und ist dann
fähig ein neues Bild aufzunehmen (Carey Lea).
Lea folgert daraus, dafs das Jodsilber nur eine physikalische Ver-
änderung im Licht erleidet, die dann von seihst wieder rückwärts
gehe; uns erinnert das erst neuerdings entdeckte Phänomen an ein
ähnliches von Obernetter beschriebenes und erklärtes (s. Seite 26).
Fernere Untersuchungen müssen noch über diesen Punkt Licht
verbreiten.
Das Quecksilber und seine Verbindungen.
Das Quecksilber ist ein dem Silber in manchen Eigenschaften
verwandtes Metall, und es ist die Vermuthung wohl gerechtfertigt, dafs
verschiedene Verbindungen desselben ebenso lichtempfindlich sind, als
die analogen Verbindungen des Silbers. Selbst das Metall ist im
Stande, das metallische Silber bei verschiedenen photographischen Pro-
cessen zu vertreten.
Lea hat die höchst interessante Beobachtung gemacht, dafs
metallisches Quecksilber im Stande sei, das metallische Silber als
Grundlage unsere Collodienbilder zu ersetzen; indem der Lichtein-
druck, den Jodsilber erlitten, ebenso gut durch Quecksilber-, als durch
Silberniederschläge sichtbar gemacht werden kann, wenn man die Jod-
siiberplatte mit Quecksilberoxydullösung bedeckt und dann mit dem
Eisenvitriolentwickler behandelt. Es schlägt sich hierbei metallisches
Quecksilber in fein vertheilter Form nieder und macht das Bild sichtbar.
Das Quecksilber bildet mit Sauerstoff 2 Verbindungen, das Queck-
silberoxydul (HgjO) und das Quecksilberoxyd (HgO).
Das Quecksilberoxydul scheidet sich durch Aetzkali aus seinen
Salzen als eine schwarze sehr wenig beständige Masse aus, die im
Licht in Quecksilberoxyd und Quecksilber zerfällt.
Das Quecksilberoxyd (HgO) kommt wie das Silberoxyd in ver-
schiedenen Modificationen vor.
Man erhält es durch Behandlung von seinen Salzen mit Kali als
einen gelben, durch Glühen des salpetersauren Quecksilberoxyds als
einen rothen Körper.
Letzterer färbt sich im Licht langsam grau, indem hier eine Re-
duction zu Quecksilberoxydul stattfindet (Suckow).
Die Salze des Quecksilberoxyduls sind meist farblos, zerfallen
leicht unter Bildung von gelbem basischen Salz, werden durch
Kupfer und Eisen zu Metall reducirt und durch Blutlaugensalz weifs
gefallt.
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Quecksilbersalze.
59
Mit Salzsäure geben sie einen weifsen unlöslichen Niederschlag
von Quecksilberchlorür (Caloniel), der im Licht grau wird.
Jodkalium fällt daraus Quecksilberjodür in gelbgrüner Farbe,
dasselbe löst sich im Jodkaliumüberschufs.
Chromsaures Kali fällt rothes chromsaures Quecksilberoxydul.
Schwefelwasserstoff fallt sie schwarz.
Am bekanntesten von den Salzen des Quecksilberoxyduls ist das
salpetersaure.
Man erhält es durch Uebergiefsen von metallischem Quecksilber
mit Salpetersäure in der Kälte in weifsen durch Wasser zersetzbaren
Krystallen.
Die Quecksilberoxydsalze sind im Ansehen den Quecksilberoxy-
dulsalzen ähnlich. Am bekanntesten ist das salpetersaure Quecksilber-
oxyd, ein weifses durch Wasser zersetzbares Salz. Kali fallt sie
gelb; Schwefelwasserstoff giebt anfangs einen weifsen Niederschlag, ein
Doppelsalz von Schwefelquecksilber und dem vorhandenen Oxydsalz,
durch längere Wirkung des Schwefelwasserstoffs wird dieses gelb,
dann schwarz.
Blutlaugensalz fällt sie weifs, der Niederschlag zersetzt sich bald
unter Blaufärbung.
Jodkalium giebt einen rothen Niederschlag, der sich im Ueber-
scbufs des Fällungsmittels, ebenso im Ueberschufs des Quecksilber-
salzes auflöst.
Salzsäure giebt mit Quecksilberoxydsalzen keinen Niederschlag,
da Quecksilberchlorid, gewöhnlich Sublimat genannt, in Wasser lös-
lich ist; das Quecksilberchlorid ist ein weifses Salz, schmelzbar und
sublimirbar.
Es löst sich in 16 Theilen kalten Wassers, leichter noch in Al-
kohol und Aether. 1 Theil Quecksilberchlorid braucht 2 j Theile Alkohol
und 3 Theile Aether zur Lösung. Es ist sehr giftig.
Mit Ammoniak giebt es eine Reihe weifser Verbindungen (Mer-
curammonium).
Mit Jodkalium giebt es das Jodquecksilber, welches anfangs
gelb erscheint, aber sehr schnell roth wird. Es sublimirt in gelben
Krystallen, die durch blofse Berührung roth werden.
Quecksilberchlorid zerfällt im Licht in Quecksilber-
chlorür und Chlor. Es spielt in der Photographie eine wichtige
Rolle als Verstärkungsmittel. Es hat nämlich die Eigenthümlichkeit,
sehr leicht die Hälfte seines Chlors abzugeben. Uebergiefst man ein
Silbernegativ mit Quecksilberchloridlösung, so färbt es sich dunkel-
braun, schwarz unter Bildung von Calomel und'Silberchloriir (s. S. 39).
Bei längerer Wirkung wird das dunkle Silberchlorür weifs, unter Bil-
dung von Chlorsilber. Sehr schnell findet dies mit dem im Papier
feinzertheilten Silber unserer (nicht getonten) Silbercopieen statt.
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60
Bleisalze.
diese verschwinden im Quecksilberchlorid schnell, indem sich ein weifses,
unsichtbares Calomelchlorsilberbild bildet. Behandelt man dieses mit
unterschwefligsaurem Natron, so wird es wieder sichtbar, indem da-
durch die weifsen Chlormetalle in dunkle Schwefelmetalle übergeführt
werden (Zauberphotographieen).
Quecksilbeijodidjodkaliumlösung wirkt ebenfalls färbend auf Silber-
bilder. Es bildet sich hierbei dunkelgrünes Silberjodür (a. a. O.).
Neuerdings wandte Lea das salpetersaure Quecksilberoxyd in der
Photographie an. Ein verdünnte Lösung desselben löst das Silberbild
auf einer entwickelten Platte vollständig auf, ohne das Jodsilber an-
zugreifen, eine concentrirte Lösung löst auch das Jod- und Bromsilber
auf (siehe Photographische Mittheilungen, II. Jahrgang, S. 140.)
Verbindungen des Bleies.
Das Blei bildet mit Sauerstoff 3 Verbindungen, das dunkle Blei-
suboxyd (PbjO), das gelbe Bleioxyd [Glätte] (PbO) und das braune
Bleisuperoxyd (PbO,), letzteres ist im Licht zersetzbar unter
Abgabe von Sauerstoff und liefert dabei die rothe Mennige
(PbO, PbO,).
Bei Gegenwart einer Basis und feuchter Luft soll das Blei-
oxyd unter Einflufs des Lichtes sich oxydiren und in Men-
nige verwandeln (Levol, Annales de chimie XLVII. 196).
Das Bleioxyd bildet mit Salpetersäure ein im Wasser lösliches
Salz, dessen Gegenwart in Silberbädern die Empfindlichkeit der darin
präparirten Platten vermehrt. Mit Jodkalium giebt es einen Nieder-
schlag von gelbem Jodblei; dieses ist lichtempfindlich. Es
wird, wie es scheint, durch das Licht unter Jodausscheidung zer-
setzt, denn ein damit präparirtes Papier, welches unter einem Ne-
gativ belichtet worden ist, giebt mit Stärke ein blaues Bild.
Mit Salzsäure giebt das Bleioxyd das schwerlösliche weifse Chlor-
blei, mit Essigsäure eine Reihe Salze, theils neutral, theils basisch;
das neutrale Salz ist unter dem Namen Bleizucker bekannt, es löst
sich in Wasser, wird aber leicht durch Kohlensäure zersetzt. Man
nahm es früher zum Versetzen der Silberbäder; es mufs jedoch von
dessen Gebrauch abgerathen werden, da es Veranlassung giebt zur
Bildung von schwerlöslichem essigsauren Silber, das sich auf den
Platten absetzt.
In photographischer Hinsicht interessant ist noch eine von
Wühler entdeckte Verbindung von Silberoxyd mit Bleioxyd, mit wel-
cher Grüne Bilder erzeugt hat; Papier, mit gedachter Verbin-
dung getränkt, wird im Licht braun wie Silberpapier.
Die Bilder haben wohl keinen Vorzug vor Silberbildern (siehe Photo-
graphische Mittheilungen, I. Jahrgang, No. 2).
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Gold nnd seine Verbindungen.
61
Das Gold nnd seine Verbindungen.
So gut wie verschiedene Verbindungen des Silbers sind auch ge-
wifs viele Verbindungen des Goldes und ähnlicher edler Metalle licht-
empfindlich. Bis jetzt ist jedoch das Verhalten derselben im Licht
nur sehr unvollständig erforscht und spielen dieselben daher in der
Photographie als lichtempfindliche Materialien vorläufig noch keine
bedeutende Rolle, wichtiger sind sie als Tonungsmaterialien (s. u.)
Gold ist ein gelbes, schweres Metall, nicht angreifbar durch
Schwefelsäure, Salpetersäure, Salzsäure, wohl aber löslich in Königs-
wasser und Chlorwasser, unter Bildung von Chlorgold (AuCl,).
Chlorgold löst sich mit gelber Farbe in Wasser, Alkohol und
Aether, beim Abdampfen bildet es anfangs gelbe zerfliefsliche Kry-
stalle (AuCl,-f-HCl), die sich in diesem Zustand mitunter im Handel
vorfinden ; setzt man das Abdampfen noch weiter fort, so erhält man
eine braune zerfliefsliche Salzmasse, neutrales Chlorgold, das sich
jedoch leicht unter Verlust von Chlor in Goldchlorür (AuCl) verwan-
delt Die wässrige Lösung des Chlorgoldes zersetzt sich im Licht,
namentlich wenn sie möglichst neutral ist, und es scheidet sich hierbei
metallisches Gold, theils von brauner, theils von rother Farbe ab.
Alkalien (Kali und Natron) so wie kohlensaure Alkalien, geben
mit dem Goldchlorid lösliches Goldoxydkali und Goldoxydnatron,
der Kalisatz hat die Formel KaOAuO, -f-6HO; ähnliche Verbin-
dungen bilden sich jedenfalls auch beim Versetzen von Goldlösung
mit borsaurem, phosphorsaurem Natron, wie dies in der Photographie
im Tonungsprocefs (s. u.) gebräuchlich ist.
Magnesia fällt aus Chlorgold die Goldoxydmagnesia, und diese
liefert beim Sieden mit Salpetersäure das Goldoxyd als ein gelbes
Pulver, das sehr leicht durch das Licht, ebenso durch organische
Substanzen und Metalle reducirt wird.
Goldchlorid hat grofse Neigung mit Chloralkalien Doppelsalze zu
bilden, die zum Theil schön krystallisiren und beständiger sind, als
Chlorgold für sich allein, sich aber im Uebrigen ganz dem letzteren
ähnlich verhalten. Sie werden in der Photographie an Stelle des
reinen Chlorgoldes vielfach angewendet und deshalb in den Handel
gebracht. Es gehört hierher das Kaliumgoldchlorid (KCl, AuCl,
-f-5HO). Dies bildet gelbe Krystalle, welche an der Luft ver-
wittern.
Das Natrinmgoldchlorid (NaClHhAuCl,-f-4HO) krystallisirt
in luftbeständigen gelben Prismen.
Das Calcium goldchlorid (Ca CI -+- Au CI, +6 HO) bildet eben-
falls gelbe Krystalle. Letzteres wird in der Photographie nur we-
nig angewendet, die beiden ersteren desto mehr. Nicht selten sind
dieselben mit freiem Chlorkalium oder Chlornatrium verunreinigt. Man
erkennt diese Verunreinigung am besten durch Lösen der Salze in
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62
Gold. — Chlorgold. — Touungsprocefs.
absolutem Alkohol, wobei gedachte Verunreinigungen Zurückbleiben.
Nicht selten stellen die Photographen, um ihrer Reinheit gewifs zu
sein, die Salze selbst dar. Man löst zu dem Zwecke 1 Theil Gold
in einer Mischung von 1 Theil Salpetersäure und 4 Theilen Salzsäure
und verdampft in einer Schaale, die mit einem Trichter bedeckt ist,
bis zum Krystallisationspunkt, löst dann das Ganze in 8 Theilen Wasser
(wodurch etwa beigemengtes Chlorsilber sich ausscheidet), versetzt mit
0,38 Theilen Chlorkalium oder 0,35 Chlornatrium, flltrirt und verdampft
in mäfsiger Wärme bis zur Krystallisation.
Oft enthalten die Krystalle noch viel freie Säure, dann mufs man
sie zu wiederholten Malen mit Wasser übergiefsen und im Wasser-
bade zur TrockniCs verdampfen.
Diese Lösungen des Goldchlorids und seine Verbindungen zeigen
eine aufserordentlich leichte Reducirbarkeit. Schon die Gegenwart
organischer Substanzen in der Lösung bewirkt ein Niederschlagen von
Gold in braunem oder rothem Zustande.
Noch schneller erfolgt die Reduction durch Eisenvitriol oder
Oxalsäure. Beide fällen aus den Goldlösungen das Metall als brau-
nes Pulver. Dieses Verhalten benutzt man zu der Verarbeitung der
Goldrückstände in der Photographie; man säuert dieselben mit Chlor-
wasserstoifsäure an und fällt sie mit Eisenvitriollösung. Zinnchlorür
fällt das Gold purpurfarben (Goldpurpur).
Ebenso leicht wird das Gold durch viele Metalle gefällt, so durch
Eisen, Kupfer, Quecksilber, Silber. Uebergiefst man ein Silberbild mit
Goldlösung, so verändert es alsbald seine Farbe, dieselbe wird mehr
violett bis blau; hierbei schlägt sich ein Theil des Goldes an Stelle
des Silbers nieder (Au CI, -+-3 Ag = 3 Ag Cl-t-Au); darauf gründet sich
der photographische To nun gsprocefs.
Diese Reduction geht sowohl mit einfachem Chlorgold als mit
den mit Alkalien versetzten Goldlösungen vor sich, doch ist es eigen-
thümlich, dafs die Farbe des Niederschlags und somit der getonten
Bilder verschieden ist, je nach der Reaction des Bades. In sauren
Goldlösungen werden die Bilder mehr röthlich, in neutralen (welche
man erhält, wenn man das Chlorgold mit kohlensaurem Kalk schüt-
telt und filtrirt) mehr blauviolett, in alkalischen mehr schwarzviolett.
Unter verschiedenen Umständen verliert das Goldchlorid einen
Theil seines Chlors und geht in Goldchloriür (AuCl) über. Schon
durch blofses Erhitzen auf 200 geschieht dies. Das einfache Chlor-
gold bildet ein gelbliches, in Wasser unlösliches Pulver, das ähnlich
dem Goldchlorid mit Chlormetallen lösliche Doppelsalze zu bilden
scheint.
So erwähnt Meillet das Na CI Au CI als ein lösliches krystallisir-
bares Salz.
Dieser Verbindung analog ist das Goldoxydul, welches durch
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GoldeMorür. — Goldoxydulsalze. 63
Zersetzung des Goldchlorürs mit Kalilauge entsteht und ein violettes
Pulver bildet.
Das Goldchlorür bildet sich in Goldchloridlösungen, die einen
kleinen Ueberschufs von Alkali enthalten, oft freiwillig; dies geschieht
in den photographischen Tonbädern, welche aus Goldchloridlösungen
bestehen, die mit kohlensaurem, phosphorsaurem oder borsaurem Na-
tron versetzt sind; das Chlor des Chlorgoldes wirft sich zum Theil
hier auf das freie Alkali und bildet unterchlorigsaure Salze
(AuCl,-t-2Na0 = AuCl-HNaCl-»-Na0C10).
Diese Umwandlung geht jedoch nur sehr langsam vor sich und
erfordert mehrere Stunden, ehe sie vollendet ist. Nach dieser Zeit
tonen die Bäder nicht mehr und erscheinen vollkommen farblos.
Versetzt man sie aber mit Salzsäure, so werden sie wieder gelb,
indem hier das Chlorgold wieder restituirt wird
(A u Cl-H Na CI + Na 0 CI O -f- H CI = Au CI , H- 2 NaCl).
So können alte Tonbäder durch Versetzen mit Chlorwasserstoff-
säure wieder wirksam gemacht werden. (Photographische Mitthei-
lungen, I. Jahrgang, No. 7).
Das Goldoxydul bildet mit nnterschwefliger Säure ein Salz
(Au OS, O,), das jedoch nur in Verbindung mit unterschwefligsaurem
Natron als unterschwefligsaures Goldoxydulnatron
(Au OS, 0,-l-3Na0S, 0,-t-4H0)
bekannt ist. Dieses bildet sich beim tropfenweisen Versetzen einer
Lösung von unterschwefligsaurem Natron mit Goldchlorid*) oder Gold-
chlorür (1 Theil Goldchlorid zu 3 Theilen des Natronsalzes) und Ver-
setzen mit Alkohol, wobei es sich als weifse Salzmasse ausscheidet
Es wurde früher nach Fizeau’s Vorgang zum Vergolden der Daguer-
reotypen, später zum Tonen verwendet. Die zu diesem Zweck ge-
brauchte Mischung von Goldchlorid- und unterschwefligsaurer Natron-
iösung enthält nach Müller auch Goldchlorürnatrium (s. o.)
ln ähnlicher Weise erhält man Golddoppelsalz beim Versetzen
von Cyankalium mit Goldlösung und, erwähnen wir hier nur das
Kaliumgoldcyanid (KCy-+-AuCys) und das Kaliumgoldcyanür
(KCy-+-AuCy). Sie dienen beide zum Vergolden.
Platina und Platinoide.
Neben dem Golde giebt es noch eine Reihe edler Metalle, die in
ihren Eigenschaften gewisse Analogieen zeigen und in der Natur ge-
wöhnlich gemeinschaftlich angetroffen werden; hierher gehören Pla-
tina, Iridium, Palladium, Osmium etc.
Das wichtigste ist das Platina, das als graues, hartes, sehr schwer
*) Bei der Anwendung von Goldchlorid bilden »ich als Nebenproducte Chlor-
natrium und tetrathionsaure» Natron (8NaOS, O, -|- AuCl, -f-4 HO = 8 NaOS, 0,
-4- AuOS, 0, 4 HO -f- 3 Na CI -1- 2NaOS,Ot).
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64
Platin. — Platinbilder.
schmelzbares und chemisch wenig angreifbares Metall im Handel vor-
kommt und zu chemischen Gerätschaften (Schmelztiegeln etc.) sehr
viel verarbeitet wird.
Seine Verbindungen sind sehr ausführlich studirt, nur haben sämmt-
liche Forscher ihr Verhalten gegen das Licht gänzlich aufser Acht
gelassen, so dafs darüber nichts Sicheres bekannt ist; dennoch spielen
seine Salze ähnlich den photochemisch noch nicht sonderlich wich-
tigen Goldverbindungen in der Photographie eine Rolle als Tonungs-
materialien, indem sie, analog den Goldsalzen, durch Silber reducirt
werden. Taucht man ein Silberbild in Platinalösung, so wird metal-
lisches Platina an Stelle des Silbers niedergeschlagen und auf diese
Weise ein Platinabild erhalten. Papierbilder lassen sich daher durch
Platinasalze ähnlich tonen, wie durch Goldsalze, doch sind erstere
schwieriger reducirbar, und geben nicht so schöne Töne.
Wichtig ist aber, dafs Collodionsilberbilder, welche in Pla-
tinalösungen getont sind, sich auf Porzellan mit grauschwarzer
Farbe einbrennen lassen. ,
Darauf beruht die Herstellung eingebrannter Photo-
graphieen. Ist neben Platina zugleich Gold vorhanden,
so wird das Bild mehr violett.
Aehnlich wie Platina verhält sich auch Iridium und Palladium.
Letzteres giebt für eingebrannte Photographieen die schönsten Resul-
tate, ist jedoch sehr hoch im Preise.
Das wichtigste Platinasalz ist das Chlorplatin (Pt CI,), das ähn-
lich wie das Chlorgold erzeugt wird und sich diesem analog verhält,
es ist leicht löslich in Wasser, Alkohol und Aether, bildet braune zer-
fliefsliche Krystalle, verliert leicht Chlor, ist sehr wahrscheinlich licht-
empfindlich und verbindet sich mit Chlormetalien der Alkalien leicht
zu Doppelsalzen. Das Kaliumplatinchlorid (Pt CI, -4- KCl) und Ammo-
niumplatinchlorid (PtCl, +NH, CI) ist in Wasser fast unlöslich; das
Natrondoppelsalz (PtCl,-f-NaCl-+-6HO) dagegen leichtlöslich.
Aehnliche Eigenschaften zeigt das Chlorpalladium und Chloriridium.
Man benutzt Platinchlorid zur Nachweisung des Kalis in der analyti-
schen Chemie.
Somit haben wir in dem grofsen Capitel über Photochemie das
Wichtigste, was über das Verhalten der Metallverbindungen im
Licht bekannt ist, erläutert, und es bleibt uns nur noch eine Ueber-
sicht über das Verhalten der organischen Substanzen im Licht.
Dritter Abschnitt.
Wirkung des Lichts auf organische Substanzen.
Man versteht unter organischen Substanzen die dem Thier- und
Pflanzenreich entstammenden Kohlenstoffverbindungen und ihre
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Organische Substanzen. — Oxalsäure.
65
Zersetzungsproducte, z. B. Pflanzenfaser, Zucker, Eiweifs, Al-
kohol, Aether, Citronsäure, Oxalsäure etc. etc. Die Zahl
dieser Körper ist Legion, und nur höchst unvollständig ist ihr Ver-
halten im Licht studirt, insofern spielen sie in der Photochemie meist
keine andere Rolle als die eines Reductionsmittels, welches die chemi-'
sehen Wirkungen des Sonnenlichts auf Metallsalze bedingt oder we-
sentlich unterstützt. So haben wir schon früher erläutert, dafs ge-
wisse Substanzen, wie Eisenchlorid, Uransalz sich im Licht nur bei
Gegenwart organischer Substanzen zersetzen, die sich mit dem frei-
werdenden Sauerstoff, resp. freiwerdenden Chlor verbinden. Silber-
salze wie Chlorsilber zersetzen sich bei Gegenwart organischer Körper
viel energischer als für sich allein.
Wenn in diesen Fällen die organischen Körper eine entschieden
vorteilhafte photochemische und photographische Wirkung ausüben,
so giebt es wieder Fälle, in denen die Gegenwart denselben entschie-
den nachtheilig ist.
So hat man in der photographischen Praxis gefunden, dafs Ver-
unreinigungen der Silberlösungen mit verschiedenen organischen
Körpern zu den seltsamsten Störungen bei Bereitung der empfind-
lichen Platten Veranlassung geben, und sind diese Verunreinigungen
daher ein wahrer Alp des Photographen, da dieselben in der aus or-
ganischen Verbindungen bestehenden Collodionschicht kaum vermieden
werden können.
Wir werden diese Störungen im praktischen Theil dieses Lehr-
buchs specieller besprechen. Hier haben wir es nur mit der Licht-
empfindlichkeit organischer Körper an sich zu thun, und wollen in
Kürze einige der bekanntesten Reactionen der Art anführen.
Schon früher haben wir auf einzelne derselben aufmerksam ge-
macht, wie das Verbleichen und Verschiefsen vieler Farb-
stoffe im Licht, das allerdings in photographischer Hinsicht nur ne-
gativ wichtig ist, und nur in der Leinwandbleiche und Wachs-
bleiche eine ganz positive Rolle spielt.
Wahrscheinlich geht hier eine Ozonisirung des Sauerstoffs und
Oxydation der betreffenden gefärbten Körper vor sich.
Gründlicher weifs man mit einer Reihe anderer photochemischen
Zersetzungen Bescheid. Wir fuhren hier zunächt das Verhalten der
Oxalsäure (C,Oa-p3HO) im Lichte an.
Diese Substanz, eine feste krystallisirbare weifse, in Wasser lös-
liche Masse, ist für sich allein nicht lichtempfindlich. Sie zersetzt sich
aber bei Gegenwart von Eisenoxyd-, Silber- und Uransalzen; hierbei
geht gewöhnlich eine Zersetzung dieser Substanzen selbst vor. See-
kamp führt folgende Facta an: Eine 4procentige Lösung von Oxal-
säure und eine 1 procentige Lösung von Silbervitriol mit einander ge-
mischt, zersetzen sich im Licht unter Gasentwickelung.
Vogel, Lehrbuch <L Photographie. 5
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66
Oele. — Asphalt.
Ebenso zersetzt sich eine 5 procentige Oxalsäarelösung, gemischt
mit einet 1 procentige» Urtannitratlösung unter Entweichung von
Kohlensäure, Kohlenoxydgas und Bildung von Ameisensäure. Eine
photographische Wichtigkeit haben diese Thateachen vorläufig noch
nicht. — Hierher gehört auch Brodies Entdeckung, über die Licht-
empfindlichkeit der Graphitsäure.
Behandelt man Graphit mit cMorsaurem Kali und Schwefelsäure,
so verwandelt er sich in ein eigentümliches schwefelgelbes Pulver, das
die Formel Gr,H#0ls haben soll (Gr = C mit der Aequivalentzahl
33); dieses in Wasser sehr wenig lösiiohe Pulver färbt sich im Licht
braun bis schwarz unter Gewichtsverlust; Papier mit der Lösung ge-
tränkt, färbt sich im Lichte rothbrasn.
Photographisch wichtiger als die beiden vorgenannten Körper
ist das Verhalten der trocknenden fetten Oele und der äthe-
rischen Oele im Lichte.
Das Trocknen der ersteren und das Verharzen der letzteren gebt
nämlich im Liebt viel schneller von Statten als im Dunkeln. Im letz-
tem Falle ist constatirt, dafs durch Wirkung des Lichts zunächst bei
Gegenwart gedachter Oele der Sauerstoff der Luft in Ozon verwan-
delt wird, und dann eine Oxydation vor sich geht. Dieser Prooefs
ist in sofern von Wichtigkeit, als dadurch wenigstens zum Theil eine
der interessantesten photographischen Operationen, der photogra-
phische Asphaltprocefs, gegründet ist Schon Nicopbore Niepce
fand, dafs eine Auflösung von Asphalt in Lavendelöl beim Trock-
nen eine Schicht zurückiäfst, die beim Belichten in ätherischem Oel
vollkommen unlöslich wird, und er benutzte dieses auch zur Anferti-
gung von Camerabildern, jedoch ohne durchgreifenden Erfolg (siehe
Einleitung).
Später versuchte er St ah Id rucke mit Hülfe von Asphalt anzu-
fertigen. Diese Methode brachte sein Neffe Niepce de St. Victor zu
einer gewissen Vollkommenheit. Er überzog Stahlplatten mit einer
Auflösung von Asphalt in Lavendelöl, trocknete »nd belichtete die-
selben unter einem positiven Bilde. Alle vom Licht getroffenen Theile
werden dadurch unlöslich. Beim Behandeln der Platte mit Benzin
oder Naphta bleiben diese daher zurück; so erhält man ein w e i f s e s
Bild auf schwarzem Grunde. Uebergiefst man alsdann die Stahlplatte
mit einer verdünnten Säure, so feilst diase den Stahl nur an den
weifsen (nicht durch Asphalt geschätzten) Stellen an, und bildet so
eine geätzte Zeichnung, die von einer gewöhnlichen gravirten Stahl platte
abgedruckt Werden kann.
Negre hat diesen Prooefs dahin modificirt, dafs er unter einem
Negativ belichtet, die nachher beim Waschen mit Benzin blofsgelegten
Stellen mit Gold galvanisch überzieht, dann die Platte reinigt und mit
Säure älzt. Diese wirkt alsdann nur an den nicht vergoldeten Stellen.
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Asphalt -Photolitbographie.
67
Neuerdings ist der Asphalt auch mit Erfolg in der Photolitho-
graphie versucht worden. Lemercier und Lerebours machten die
ersten dahin zielenden Versuche. Sie überzogen einen lithographi-
schen Stein mit Asphaltfitherlösung, belichteten unter einem Negativ,
und wuschen dann mit Aether; es blieben dann die durch das Licht
unlöslich gewordenen Theile zurück und bildeten ein positives Bild
auf Stein in Asphalt, dessen Contouren die Fähigkeit haben, fette
Schwärze anzuziehen und dann auf Papier einen Abdruck zu
geben (s. o. Chromverbindungen, S. 31).
Man braucht daher nur einen solchen Stein in gewöhnlicherWeise
mit schwacher gummihaltiger Säure zu beizen, und kann dann beliebig
viele Abzüge in lithographischer Schwärze davon machen.
Dieser Procefs ist sehr im Schwung und giebt treffliche Resultate.
Nnr die sehr wandelbaren Eigenschaften des Asphalts geben oft zu
Störungen Veranlassung, üeber die chemischen Eigenschaften dieses
Körpers, ein Gemenge der verschiedenartigsten Kohlenwasserstoffver-
bindungen, läfst sich in photographischer Beziehung nicht mehr sagen,
als im Vorhergehenden bereits ausgedrückt ist.
Diese kurzen Notizen enthalten das wenige Thatsächliche, was
über die Photochemie des unabsehbaren Heeres der organischen Ver-
bindungen genauer bekannt geworden ist. Es mufs zukünftigen For-
schungen Vorbehalten bleiben, unsere noch so sehr mangelhaften
Kenntnisse in diesem Felde zu erweitern.
Wir können aber das Capitel der Photochemie nicht schliefsen,
ohne auf die Rolle aufmerksam zu machen, welche die chemischen
Wirkungen des Lichts im Lebensprocefs der Pflanzen
spielen.
Unter dem Einflufs des Lichtes zersetzen die grünen
Blätter der Pflanzen die Kohlensäure der Luft, indem sie
den Kohlenstoff absorbiren und den Sauerstoff frei machen. In auf-
fallender Weise beobachtet man dies, wenn man eine Reihe grüner
Blätter in eine Glasglocke, die mit Kohlensäure angefüllt ist, bringt,
und dem Lichte aussetzt. Binnen kurzer Zeit ist die Kohlensäure
in Sauerstoff umgewandelt und ein glühender Span, der in der Koh-
lensäure erstickte, brennt dann in dem Gase mit heller Flamme.
So wird durch Wirkung des Lichts auf die grünen Pflanzen-
blätter der Sauerstoff wieder frei und nutzbar gemacht, der durch den
Athmungsprocefs der Thiere und durch den Verbrennungsprocefs ver-
zehrt, d. h. in Kohlensäure übergeführt wurde und in sofern spielt
dieser Procefs eine hochwichtige Rolle im Haushalte der lebendigen
Natur.
Das Licht ist aber nicht allein für den Athmungsprocefs der
Pflanzen, sondern auch für ihre ganze natürgemäfsc Entwickelung un-
entbehrlich. Ins Dunkele gebracht, verkümmern gesunde Pflanzen bald
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68 Wirkungen des Lichts anf die Pflanzen- nnd Thierwelt.
und unwillkürlich strecken sie ihre Zweige nach der Lichtöffnung hin,
die sich in dem dunkeln Raume darbietet.
Die Keime, die sich bei unsern, im dunklen Keller aufbewahrten
Früchten bilden, erscheinen krankhaft, farblos und blafs und erst
durch die Wirkung des Lichtes erzeugen sich jene köstlichen Massen
von Grün, jene wunderbare Farbenskala der Blumenblätter, welche
Felder, Wald und Wiesen schmücken. Und selbst Thiere und Men-
schen fühlen an sich die belebende Wirkung des Strahls nach lan-
gem Aufenthalt in dunklen Räumen, gleichviel ob in den Schachten
der Erde oder in der halbjährigen Nacht der arktischen Regionen.
So übt der zitternde Aether theils sichtbar, theils unsichtbar auf
die todte und lebendige Natur Wirkungen aus, die vielleicht weniger
hervortretend, aber dennoch in ihrer Totalität nicht minder gewaltig
sind als die Wirkungen der Wärme, die als unterirdisches Feuer ganze
Länder erschüttert und Inseln aus dem Ocean emporhebt.
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Drittes Capitel.
Photographische Chemie
oder
Beschreibung der photographischen Chemikalien.
In dem vorhergehenden Abschnitt haben wir die Lehre von den
chemischen Wirkungen des Lichtes oder die Photochemie mit spe-
cieller Berücksichtigung der photographischen Praxis abgehandelt.
Hierbei ist auch eine Reihe von Substanzen zur Sprache gekommen,
die an sich nicht lichtempfindlich sind, wohl aber für die Herstellung
lichtempfindlicher Substanzen, oder aber zum Hervorbringen gewisser
eigenthümlicher Reactionen derselben von Wichtigkeit sind; so z. B.
der Eisenvitriol, das Quecksilberjodid etc. Körper, deren Betrach-
tung streng genommen nicht in die Photochemie gehört, die aber
dort mit abgehandelt wurden, einerseits, weil sie mit lichtempfind-
lichen Verbindungen im engsten genetischen Zusammenhänge stehen,
andererseits, um unnütze Wiederholungen und Hinweisungen zu ver-
meiden.
Nun bleibt aber noch eine Reihe Substanzen zur Betrachtung
übrig, die theils als Lösungsmittel, theils als Träger lichtempfind-
licher Materialien etc. etc. eine hochwichtige Rolle in der Photographie,
ohne selbst lichtempfindlich zu sein, spielen, und die Beschreibung
dieser Substanzen fassen wir hier als Anhang zur Photochemie
unter dem Titel: photographische Chemie zusammen.
Die meisten Lehrbücher pflegen diese Chemikalien in alphabeti-
scher Ordnung zu betrachten, wir können uns zu diesem unwissen-
schaftlichen System, wenn es auch praktische Vortheile darbieten mag,
nicht entschliefsen , und theilen sie lieber teleologisch, d. h. nach
ihrem Zwecke in verschiedenen Klassen.
Metalloide.
Die Mehrzahl der photographischen Chemikalien sind zusam-
mengesetzte Körper, d. h. Verbindungen einfacher (chemisch
nicht zerlegbarer) Stoffe, gewöhnlich Elemente genannt.
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70
Sauerstoff.
Es giebt jedoch einzelne einfache Körper, die in der Photographie
ebenfalls eine wichtige Rolle spielen und die deshalb hier erwähnt
werden müssen. Es sind der Sauerstoff, Wasserstoff, Chlor,
Brom und Jod.
Sauerstoff (0).
Atomgewicht = 8.
Derselbe findet sich vermengt mit 20,9* Stickstoff als atmo-
sphärische Luft allenthalben vor, und wird rein am einfachsten durch
Erhitzen von chlorsaurem Kali gewonnen, das man zu dem Zwecke mit
Braunstein mengt; er bildet eine farblose, gerach- und geschmacklose
Luftart, die beim Verbrennungsprocefs eine wichtige Rolle spielt,
indem sie sich hierbei mit den verbrennenden Körpern unter Licht-
und Wärmeentwicklung chemisch verbindet. So entsteht beim Ver-
brennen der Kohle eine Verbindung von Kohle und Sauerstoff: Koh-
lensäure, beim Verbrennen des Schwefels die stechend riechende
schweflige Säure.
Manche Metalle verbinden sich mit Sauerstoff bei gewöhnlicher
Temperatur, sie oxydiren sich oder rosten, wie man zu sagen
pfiegt.
In ähnlicher Weise werden auch viele andere Körper durch den
Sauerstoff der Luft langsam oxydirt, z. B. Alkohol, Aether; diese
verwandeln sich dadurch in Essigsäure ; hierauf beruht das Sauerwerden
der Collodien sowie der alkoholhaltigen Silberbäder. Pyrogallus-
säure verbindet sich mit dem Sauerstoff der Luft unter Braunwerden.
Sehr schnell geht diese Oxydation bei Gegenwart von Alkalien vor
sich. Der geruch- und geschmacklose Sauerstoff wird durch verschie-
dene Einflüsse, z. B. durch den electrischen Funken, durch die
Gegenwart oxydirbarer Körper (wie Phosphor, Terpentinöl)
in eine merkwürdige Modification übergeführt, die man Ozon nennt.
Dieses riecht eigenthümlicli chlorartig, und zeichnet sich durch ein
höchst energisches Oxydationsvermögen aus. Dieser active Sauer-
stoff zerstört Farbstoffe, verwandelt Alkohol schnell in Essigsäure,
zerfrifst Korke, Kautschuckröhren, oxydirt sogleich die Pyrogallus-
säure, färbt Guajactinctur blau, verwandelt gelbes Blutlaugensalz in
rothes, zersetzt Jodkalium und andere Jodmetalle unter Freiwerden von
Jod, oxydirt alle Metalle, Gold und Platina ausgenommen, und färbt
Manganoxydulsalze braun unter Bildung von Mangansuperoxyd. Es
ist sehr wahrscheinlich, dafs die Umwandlung des gewöhnlichen Sauer-
stoffs in activen Sauerstoff allen Oxydationen vorangeht, z. B. beim
Sauerwerden des Alkohols, dem Rothwerden des Collodions, (hierbei
werden die Jodsalze zersetzt und Jod freigemacht).
Dafs das Ozon auch in anderer Hinsicht photographisch wichtig
ist, geht aus den Seite 66 angeführten Thatsachen hervor.
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Wasserstoff. — Chlor.
71
Aufeer dem Ozon giebt es noch eine zweite Modification des
Sauerstoffs, das Antozon, welche man durch Behandeln von Baryum-
superoxyd mit Schwefelsäure erhält; dieses unterscheidet sich von dem
Ozon dadurch, dafs es Pyrogallussäure nicht zersetzt, Guajactinctur
nicht blau, gelbes Blutlaugensalz nicht roth und Mangansalz nicht
braun färbt, aber dasWasser sogleich in Wasserstoffsuperoxyd (HO-+-0)
verwandelt, welches seinerseits wieder kräftig oxydirend wirkt. Bei
diesen Oxydationen wird das Antozon zunächst in Ozon umgewandelt,
welches alsdann die Verbindung mit dem zu oxydirenden Körper
eingeht.
Die Untersuchungen über diese merkwürdigen Zustände des Sauer-
stoffs sind noch nicht abgeschlossen. Im reinen Zustande hat man
bisher weder Ozon noch Antozon dargestellt, sondern nur gemengt
mit gewöhnlichem inactiven Sauerstoff.
Wasserstoff (H),
Atomgewicht = 1,
bildet einen Hauptbestandteil des Wassers, welcher aus 1 Theil
Wasserstoff und 8 Theilen Sauerstoff besteht, und wird aus diesem
leicht dargestellt mit Hülfe von Körpern, die den Sauerstoff chemisch
binden; am einfachsten durch Uebergiefsen von Zink mit Wasser und
Schwefelsäure. Das Zink entzieht dem Wasser den Sauerstoff und bil-
det Zinkoxyd, das sich mit der Schwefelsäure zu schwefelaaurem Zink-
oxyd verbindet. Der Wasserstoff entweicht als Gas, das sich durch seine
Leichtigkeit (es ist 14^ mal leichter als atmosphärische Luft) und
durch seine Brennbarkeit auszeichnet. Es brennt angezündet mit
ganz blasser Flamme und verbündet sich dabei mit dem Sauerstoff der
Luft zu Wasser. Mit Sauerstoff oder atmosphärischer Luft gemengt
und entzündet, explodirt eg mit grofser Energie.
Eine Wasserstoffflamme, in welche Sauerstoff geblasen wird, brennt
unter enormer Temperaturentwicklung (Knallgasgebläse). Ein Kalk-
oder Magnesiacylinder wird darin weifsglühend, und strahlt ein inten-
sives Licht aus, das bereits mit Erfolg zum Photographien benutzt
worden ist (Drummond’sches Kalklicht).
Chlor (CI).
Atomgewicht — 35,5,
Das Chlor ist in freiem Zustande eine grünlich gefärbte, eigen-
tümlich riechende giftige Luftart, fast 2^ mal so schwer als atmo-
sphärische Luft, die sich beim Erwärmen von Braunstein (Mangansuper-
oxyd) mit Salzsäure bildet. Es löst rieh leicht in Wasser, 1 Vo-
lumen Wasser nimmt ungefähr 2J- Volumen Chlor auf und bildet so
das lichtempfindliche Chlorwasser (s. S. 17).
Das Chlor zeichnet sich durch seine starke Verwandtschaft zu
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72
Brom. — Jod.
andern Körpern aus; pulveriges Antimon und Arsenik fangen im Chlor-
gas Feuer, ebenso verbindet es sich leicht und schnell mit anderen
Metallen, selbst mit Gold, Platina. Diese lösen sich daher in Chlor-
wasser.
Diese Verbindungen der Metalle mit Chlor haben ganz den Cha-
rakter von Salzen. Man nennt sie Haloidsalze. Als bekannt füh-
ren wir an: das Kochsalz, Chlornatrium, das Chlorsilber, Chlor-
eisen, Clorgold, Chlorzink. Merkwürdig ist das Vereinigungsbestreben
des Chlors zum Wasserstoff. Es äufsert sich beim Verhalten des
Chlorwassers im Licht (s. o. S. 17); ebenso in den Eigenschaften
eines Gemenges von Chlorgas und Wasserstoffgas, das beim Bestrahlen
oder beim Anzünden unter Bildung von Chlorwasserstoff explodirt.
Auf diese starke Verwandtschaft des Chlors zum Wasserstoff be-
ruht sein Bleichvermögen. Viele Farbstoffe werden bei Gegen-
wart von Chlor, indem es ihnen den Wassserstoff entzieht, zerstört.
Bei Gegenwart von Wasser wird Chlor Oxydationsmittel,
indem es den Sauerstoff unter Bildung von Chlorwasserstoff frei macht
(Cl+H0 = HCl-4-0).
Wie die Farbstoffe werden auch riechende und ansteckende
Stoffe durch Chlor zerstört, daher benutzt man es zum Desinficiren.
Selten wendet man dazu das freie Chlor an, sondern gewöhnlich den
Chlorkalk. Dieser ist ein Salz der unterchlorigsauren Säure,
einer Verbindung von Chlor und Sauerstoff (CIO), welches sehr leicht
unter Freiwerden von Chlor zersetzt wird.
Wir betrachten dieses Salz später.
Brom (Br).
Atomgewicht = 80.
Brom ist im freien Zustande eine braune, unangenehm riechende,
bei 63° siedende Flüssigkeit (sp. G. 2,o), giftig wie das Chlor und in
allen seinen Verwandtschafts Verhältnissen diesem äufserst ähnlich, je-
doch chemisch nicht so kräftig wirkend. Es löst sich in Wasser
unter Bildung von Bromwasser, hat grofse Verwandtschaft zum Was-
serstoff und bildet damit die Bromwasserstoffsäure. Mit Metallen bildet
es Brom me falle, die den Chlormetallen in vielen Beziehungen ähn-
lich sind; wir erwähnen hier das Bromkalium, Bromnatrium, Brom-
cadmium. Ihre Beschreibung folgt unten.
Jod (J).
Atomgewicht = 127.
Jod ist ein fester Körper von schwarzer Farbe, krystallisirbar,
der bei 107' schmilzt, bei 180' siedet, dabei violette Dämpfe bildet,
chlorartig riecht, sich in geringer Menge mit gelber Farbe in Wasser
löst, leichter mit brauner Farbe in Alkohol (Jodtinctur), noch leichter
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Lösungsmittel, r— Wasser.
73
in Jodkali nmlösung. Es zeigt eine bedeutend schwächere Verwandt-
schaft zum Wasserstoff als Chlor und Brom , bildet aber damit eine
Verbindung Jodwasserstoffsäure. (HJ). Mit Metallen bildet es
salzartige Verbindungen, die Jodmetalle; z. B. Jodkalium, Jodzink,
Jodcadmium, Jodsilber. Mit feuchter Stärke giebt es eine intensiv
blau gefärbte Verbindung, die Jodstärke.
Man fafst die drei Körper Chlor, Brom und Jod, weil sie mit
Metallen so deutlich ausgeprägte salzartige Verbindungen bilden, unter
dem Namen Salzbilder (Halogene) zusammen.
Die Lösungsmittel.
Corpora non agunt nisi fluida, d. i. Körper wirken nur im flüs-
sigen Zustande chemisch auf einander, heifst ein Ausspruch der alten
Chemiker, und getreu diesem Grundsätze, von dem nur wenige Aus-
nahmen existiren, sucht man feste Körper, die auf einander wirken
sollen, gewöhnlich in flüssige Form zu bringen. Dies geschieht
entweder durch Schmelzen, oder durch Auflösen, d. h. Flüssigmachen
mit Hülfe eines bereits flüssigen Körpers, der sich mit der festen Sub-
stanz zu einer homogenen Masse verbindet, die in jeder Hinsicht sich
einer Flüssigkeit analog verhält. Die wichtigsten Lösungsmittel in der
Photographie, wie in der Chemie überhaupt, sind Wasser, Alkohol
und Aether. Andere, wie Benzin, Terpentinöl, Schwefelkohlenstoff,
Glycerin werden nur ausnahmsweise angewendet.
a) Wa8ser(H0).
Atomgewicht = 9.
Vor allen Lösungsmitteln empfiehlt sich das Wasser durch seine
Billigkeit, durch seine leichte Reindarstellung und durchseine
Lösungsfähigkeit für eine grofse Anzahl von Substanzen.
In immenser Quantität findet sich dasselbe in der Natur, freilich
immer mehr oder weniger verunreinigt. Sehr unrein ist das Was-
ser der Meere, weil diese einen riesigen Spültrog für alle Unrei-
nigkeiten des festen Landes bilden. Reiner ist das Quell-, noch reiner
das Flufswasser. Manche Quellwasser, namentlich in Hochgebirgen,
sind so rein, dafs sie kaum 1 Hunderttausendtheil feste Substanzen
enthalten. Die gewöhnlichen Unreinigkeiten sind Kohlensäure, koh-
lensaurer und schwefelsaurer Kalk, Chlorcalcium.
Letztere Verunreinigung veranlafst die bekannte Trübung beim
Auswaschen der Silberbilder. Als Spülwasser (für Platten, Pa-
pier) lassen sich solche Wasser ohne Schaden verwenden. Nachthei-
liger ist schon ein Gehalt von organischen Substanzen oder Schwefel-
wasserstoff, der in empfindlicher Weise auf die Silbersalze der photo-
graphischen Platten reagirt.
Wasserleit ungswasser ist meistentheils zum Spülen das Beste.
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Wasser.
Behufs der Anwendung als Lösungsmittel soll jedoch das Wasser
von allen diesen Substanzen befreit sein, und daher nimmt man hierzu
entweder Eiswasser oder Regenwasser. Beide sind, wenn sie unter
Vorsichtsmalsregeln aufgesammelt worden sind, hinreichend rein. Re-
genwasser enthält jedoch oft Ammoniak, und ist es vom Dach gelau-
fen, auch Kalksalze u. dgl.
Für den gewöhnlichen Bedarf in der Photographie benutzt man
jedoch das destillirte Wasser, d. h. Wasser, welches in einer De-
stillirblase abgedampft und dessen Dämpfe dann wieder durch Abkühien
condensirt wurden. Diese Wasser sind jetzt allenthalben im Handel
zu haben, enthalten aber zuweilen noch organische Substanzen. Man
erkennt dieselben durch Versetzen mit etwas Silberlösung und Aus-
setzen an das Licht. Bei Gegenwart organischer Substanzen färbt
sich das Wasser dunkel. Eine weitere Prüfung auf seine Reinheit ist
die mit Lackmuspapier. Es mufs vollkommen neutral reagiren und
ferner darf es weder mit Chlorbarium noch mit Höllenstein einen
Niederschlag geben, noch sich mit Schwefelammonium oder Oxalsäuren
Ammon trüben, oder beim Eindampfen einen merklichen Rückstand
hinterlassen.
Im reinen Zustande bildet das Wasser eine geruch- und geschmack-
lose Flüssigkeit, aus Sauerstoff und Wasserstoff (a. o.) bestehend, die
bei 0* gefriert, bei 100“ siedet, aber schon bei gewöhnlicher Tempe-
ratur langsam verdunstet. Es hat bei 4° seine gröfste Dichtigkeit und
dehnt sich beim Gefrieren aus. Das spec. Gewicht desselben wird als
Einheit genommen. In Frankreich ist das Gewicht eines Cubikcenti-
meters Wasser die Gewichtseinheit = 1 Gramm.
Das Wasser ist ein wichtiger Bestandtheil vieler chemischen Ver-
bindungen; so findet es sich verbunden mit Schwefelsäure, Salpeter-
säure etc. als Hydratwasser, ferner verbunden mit Eisenvitriol,
Kupfervitriol, unterschwefligsaurem Natron, alsKrystallwasser. V iele
dieser Salze, wie Eisenvitriol, unterschwefligsaures Natron, verlieren
ihr Wasser theil weise an der Luft, sie verwittern. Dagegen giebt
es andere Salze, weiche mit Energie Wasser aus der Luft anziehen,
dahin gehört das Chlorcalcium; diese zerfliefsen. Man wendet sie
zum Trocknen an.
Das Wasser löst feste und flüssige Substanzen und Gase auf; die
Löslichkeit der festen Substanzen steigt mit der Temperatur (nur Kalk,
Gyps, Glaubersalz sind in höherer Temperatur schwerer löslich, wie
in niedrigerer).
Gase lösen sich um so leichter, je niedriger die Temperatur, und
je gröfser der Druck ist. Daher kommt es, dafs Salzlösungen in der
Kälte einen Theil ihres Salzes ausscheiden, und andererseits die im
Wasser enthaltene Luft beim Sieden entweicht.
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Alkohol.
75
b) Alkohol (CtH,0,).
Atomgewicht = 46.
Der Alkohol ist nach dem Wasser für Photographen das wich-
tigste Lösungsmittel und bildet als solches einen Hauptbestandteil des
Collodions.
Er ist ein Kunstproduct, das durch Gährung des Zuckers erzeugt
wird , nnd im rohen Zustande als Spiritus noch eine beträchtliche
Quantität Wasser, aufserdem flüchtige Oele (Fuselöl) enthält. Von
beiden befreit man es durch wiederholte Destillation in besonders con-
struirten Apparaten, und wird er auf diese Weise so weit rectiflcirt,
daüs er nur noch 5 Procent W asser, also 95 Procent Alkohol enthält.
Man bezeichnet die Stärke des Spiritus nach seinem Procentgehalt an
reinem Alkohol. 90gradiger Spiritus enthält z. B. 90 Volumen Spi-
ritus, 10 Volumen Wasser. Will man ihn ganz wasserfrei haben, so
mufs man ihn über eine wasserabsorbirende Substanz, wie Chlorcalcium
oder kohlensaures Kali, destilliren.
Für photographische Zwecke ist der Alkohol von 95° stark
genug.
Vollkommene Reinigung von Fuselölen ist höchst wünschenswerth,
da diese sonst wegen ihrer reducirenden Eigenschaften Störungen in
der photographischen Praxis (in Silberbädern) hervorrufen können.
Man erkennt den Fuselgehalt am besten am Geruch, wenn man etwas
Spiritus verdunsten läfst.
Reiner Alkohol riecht angenehm, schmeckt brennend, hat ein
specifisches Gewicht von 0,so», er gefriert nicht und siedet bei 78,4“.
Das specifische Gewicht, wie der Siedepunkt steigen mit dem Wasser-
gehalt, so dafs man aus ersterem den Wassergehalt ermitteln kann.
Der Alkohol verbrennt leicht; er mischt sich in jedem Verhält-
nis mit Wasser.
Beim Mischen von starkem Alkohol mit Wasser wird Wärme frei,
die schon mit der Hand fühlbar ist Das Volumen der Mischung ist
kleiner, als die Summe der Volumen der einzelnen Bestandtheile.
Mischt man z. B. 50 Volumen Alkohol und 50 Volumen Wasser, so
ist das Volumen der Mischung nicht 100, sondern nur 97.
Wie Wasser, so verbindet sich auch der Alkohol mit gewissen
Salzen chemisch zu krystallisirbaren Substanzen, z. B. mit Chlor-
calcium.
Er löst viele Salze auf, im Durchschnitt jedoch nicht so leicht als
Wasser, andrerseits löst er auch viele in Wasser unlösliche oder schwer
lösliche Körper, *. B. Jod, Fette, Oele, Harz, Farbstoffe. Viele Gas-
arten absorbirt er kräftig.
Durch den Sauerstoff der Luft wird er unter Umständen oxydirt
und dadurch Aldehyd und Essigsäure gebildet.
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Aether. — Methylalkohol.
Mit Schwefelsäure erwärmt liefert er Aethersch wefelsäure,
die mit überschüssigem Alkohol auf 140“ erwärmt den Aether liefert.
c) Aether (C4 H, O).
Dieser Körper wird durch Erwärmen von Alkohol mit Schwe-
felsäure dargestellt. Er destillirt dabei als eine eigenthümlich rie-
chende helle Flüssigkeit über, deren specifisches Gewicht 0,736 ist, und
die schon bei 35* siedet. Er verdunstet daher schon bei gewöhnlicher
Temperatur beträchtlich und mufe deshalb in wohlverschlossenen
Flaschen aufbewahrt werden.
Der rohe Aether enthält noch Alkohol, Wasser und eigentüm-
liche Zersetzungsproducte (schweres Weinöl u. A.). Den Alkohol-
gehalt erkennt man (wenn er beträchtlich ist) durch Schütteln mit
einer gemessenen Quantität Wasser, welche dadurch an Volumen
auffallend zunimmt, den Wassergehalt durch Schütteln mit wasser-
freiem (weifsen) Kupfervitriol, der dadurch blau wird, das Weinöl am
Geruch.
Letzteres ist ebenso nachtheilig als das Fuselöl im Alkohol (s. o.).
Aether ist sehr leicht entzündlich, brennt mit leuchtender rossender
Flamme. Sein Dampf kann Explosionen veranlassen. Er löst Salze
meist schwerer wie Alkohol, Fette und flüchtige Oele aber leichter.
Mit Alkohol mischt er sich in jedem Verhältnifs, nicht aber mit Wasser.
10 Theile Wasser lösen 1 Theil Aether. Eingeathmet bewirkt er Be-
sinnungs- und Empfindungslosigkeit.
Der Aether verhält sich ähnlich einer Basis und bildet mit ver-
schiedenen Säuren Salze, so das essigsaure Aethyloxyd (Essigäther),
salpetersaures Aethyloxyd (Salpeteräther) etc. Diese spielen in der
Photographie keine Rolle.
d) Methylalkohol (C,H,0,).
Der Methylalkohol oder Holzgeist entsteht bei der trocknen De-
stillation des Holze und bildet so einen Bestandteil des rohen Holz-
essigs, von dem er sich durch Destillation mit Kalk trennen läfst
Er ist eine dem Alkohol sehr ähnliche Flüssigkeit, die bei 60" siedet
und statt des Alkohols öfter in der Photographie verwendet wird,
namentlich in den Ländern, in welchen ersterer (der Steuer wegen)
hoch im Preise ist.
Säuren.
Es giebt in der Chemie eine Reihe von theils festen, theils
flüssigen, theils luftformigen Körpern, die sich durch einen sauren
Geschmack, durch ihre Fähigkeit, blaues Lackmuspapier roth
zu färben, auszeichnen und welche mit Metalloxyden eigentümliche
Verbindungen eingehen, die man Salze nennt. Man nennt diese
Körper Säuren.
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Schwefelsäure. — Salpetersäure.
77
Die charakteristischen Eigenschaften derselben sind mehr oder
weniger stark ausgesprochen, so haben manche Säuren keinen sauren
Geschmack, z. B. Kieselsäure, oder sie wirken wenig auf Lackmus-
papier, z. B. Kohlensäure, oder haben nur schwache Verwandtschaft
zu Metalloxyden, z. B. Pyrogallussäure.
Diese Säuren sind theils Sauerstoffverbindungen der Me-
talloide, diese vereinigen sich mit Metalloxyden unmittelbar zu Sauer-
stof fsalzen, z. B. Schwefelsäure mit Eisenoxydul zu schwefel-
saurem Eisenoxydul, oder es sind Wasserstoffverbindungen,
z. B. die Salzsäure, welche aus Chlor und Wasserstoff besteht. Diese
vereinigen sich mit Metailoxyden zu sogenannten Haloidsalzen,
z. B. Chlorwasserstoffsäure und Silberoxyd vereinigen sich zu Chlor-
silber unter Bildung von Wasser (HCl-+-AgO= AgCl -f-HO).
In der Photographie spielen mehrere derselben eine wichtige
Rolle, theils in freiem Zustande, theils in Verbindung mit Metalloxyden.
Schwefelsäure (SO,-l-HO).
Atomgewicht = 49.
Die Schwefelsäure kommt als eine ölige schwere Flüssigkeit im Han-
del vor, theils rauchend (Nordhauser Schwefelsäure), theils nicht rau-
chend (englische Schwefelsäure). Nur letztere findet in der Photo-
graphie Anwendung.
Die im Handel vorkommende Säure enthält meistens etwas Wasser.
Sie bildet eine farblose (oder von Verunreinigungen mit organischen
Substanzen leicht gelb gefärbte) Flüssigkeit, siedet bei 330°, zieht mit
grofser Energie Wasser aus der Luft an, mischt sich mit Wasser
unter starker Erhitzung, und entzieht vielen wasserhaltige Substanzen
ihr Wasser. Organische Stoffe (Holz, Papier, Haut) werden davon
zerstört. In der Photographie dient sie zum Ansetzen mancher Ent-
wickler; ferner zur Fabrikation der Schiefsbaumwolle; ferner gemein-
schaftlich mit chromsanrem Kali zum Plattenreinigen.
Von den Salzen der Schwefelsäure sind von Wichtigkeit: das
schwefelsaure Eisenoxydul, dessen Eigenschaften schon früher (S. 20)
besprochen wurden. Ferner ist das schwefelsaure Silberoxyd zu er-
wähnen, welches als Verunreinigung der Silberbäder nicht selten vor-
kommt und sich wegen seiner Schwerlöslichkeit leicht in Krystallen
ausscheidet, an die Platten setzt und Löcher veranlafst.
Salpetersäure (NO.-4-HO).
Atomgewicht = 63.
Sie kommt theils ln concentrirtem Zustande mit 1 Atom Wasser
(1,5 spec. Gew.), theils in verdünntem Zustande mit 4 Atomen Wasser
und I,a spec. Gew. als officinelle Säure im Handel vor. Letztere
ist die von Photographen und Chemikern am häufigsten angewendete.
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78
8alzsäure. — Essigsäure.
Die starke Säure zersetzt sich schon im Licht unter Gelb-
werden (siehe S. 18), die schwächere officinelle ist lichtbeständig, sie
siedet bei 123", giebt leicht Sauerstoff ab, dient daher als wichtiges
Oxydationsmittel. Die meisten Metalle werden in dieser Weise von
der Salpetersäure oxydirt und dann unter Bildung salpetersaurer
Salze gelöst; dabei wird die Salpetersäure zu Stickoxyd (NO,) redu-
cirt, das in der Luft rothe Dämpfe von Untersalpetersäure (N04)
bildet. Im reinen Zustande benutzt man die Salpetersäure zum Auf-
lösen des Silbers behufs der Höllensteindarstellung, aufserdem zum
Ansäuern der Silberbäder. Die concentrirte Säure dient in Gemein-
schaft mit Schwefelsäure zur Fabrikation der Schiefsbaumwolle.
Wichtig ist ihre Reinheit von Schwefelsäure und Chlor. Man prüft
sie auf beide, indem man sie verdünnt und mit salpetersaurem Silber
oder mit salpetersaurem Baryt versetzt. Erstere zeigt freies Chlor,
letzteres freie Schwefelsäure an. Die unreine Salpetersäure des Han-
dels benutzt man zum Plattenreinigen.
Das für die Photographie wichtigste ihrer Salze ist das salpe-
tersaure Silberoxyd, dann das salpetersaure Uranoxyd, das
wir schon früher betrachtet haben.
Chlorwasserstoffsäure (HCl),
Atomgewicht = 36,4,
ist in reinem Zustande ein Gas, das beim Uebergielsen von Kochsalz
mit Schwefelsäure frei wird. Es löst sich sehr leicht in Wasser und
bildet so die wässerige Salzsäure, die in der Chemie vielfach, seltener
in der Photographie angewendet wird.
Mit Metalloxyden bildet sie Chlormetalle und dient sie so als ein
wichtiges Lösungsmittel für Metalle.
Essigsäure (C4H,0,-1-H0)
kommt in reinem Zustande unter dem Namen Eisessig in dem Handel
vor und bildet eo eine wasserhelle, stark riechende Flüssigkeit, die bei
15* schon fest wird und so weifse Krystalle bildet und bei 119" siedet.
Sie mischt sich in jedem Verb<nifs mit Wasser. Sie bildet sieh bei
derOxydation des Alkohols, der sich dabei zuerst in Aldehyd (C4 H, Oa)
verwandelt, welcher durch weitere Sauerstoffaufnahme in Essigsäure
übergeht.
Essigsäure wird als Zusatz zum Entwickler angewendet, und wirkt
hier einerseits verlangsamend auf die Reduction des Silbers, andrerseits
schleierverhütend.
Von seinen Salzen ist das essigsaure Natron
(NaOC, H, 03 +HO)
bemerkenswert!), welches als Zusatz bei Goldtonbfidern verwendet
wird.
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Ameisensäure. — Basen und Salze.
79
Essigsaures Silberoxyd bildet sich öfter in Silberbädern durch
Oxydation des darin enthaltenen Alkohols, es ist ein schwer lösliches
Salz, welches sieh leicht in Nadeln ausscheidet, an die Platten setzt,
und hier spiefs- und kreuzförmige Flecke veranlafst.
Ameisensäure (C,HO,-t-HO)
bildet eine wasserhelle, der Essigsäure ähnliche Flüssigkeit, welche bei
100“ siedet und in der Kälte erstarrt Sie riecht durchdringend sauer,
erzeugt Blasen auf der Haut und nimmt leicht Sauerstoff auf, indem
sie dann Kohlensäure und Wasser bildet (C2 HO, -t-C, 0 = Ca04 -+-HO).
Quecksilberoxyd und salpetersaures Quecksilberoxydul werden da-
von zu metallischem Quecksilber reducirt. Man benutzt sie statt der
Essigsäure im Entwickler.
Citronsäurre und Weinsäure kommen beide im festen Zustande im
Handel vor. Sie bilden weifse, in Wasser und Weingeist, aber nicht
in Aether lösliche Krystalle und dienen hauptsächlich als Verzögerer
im Entwicklung»- und Verstärkungsprocefs, seltener als Zusatz zum
Positiv-Papier, und modificirend auf den Ton der Bilder zu wirken.
In höherer Temperatur zersetzen sie sich. Das weinsaure und ci-
tronsaure Silbersalz sind höchst lichtempfindlich, ersteres färbt sich
im Lichte braun, letzteres ziegelrotb.
Weinsäure giebt mit Kalisalzen (z. B. Salpeter) einen schwer lös-
lichen Niederschlag (Weinstein); dadurch unterscheiden sie sich von
der Citrou8äure.
Gerbsäure, Gallussäure, Pyrogallussäure siebe unter
Reductionsmitt'el.
Basen und Salze.
Eine grofse Zahl von Metalloxyden zeigt Eigenschaften, die
denen der im vorigen Capitel beschriebenen Säuren geradezu ent-
gegengesetzt sind. Sie färben das durch Säuren geröthete Lackmus-
papier wieder blau und vernichten, einer Säure zugesetzt, den sauren
Geschmack derselben vollständig, indem sie sich mit der Säure che-
misch verbinden. Diese, chemischen Verbindungen zwischen Säuren
und Metalloxyden nennt man Salze, und weil die Metalloxyde die
Basis dieser Salze bilden, nennt man sie Basen.
Ein solches Metalloxyd ist beispielsweise das Natrium ox yd,
in Verbindung mit Wasser unter dem Namen Aetznatron bekannt.
Setzt man dieses zu Schwefelsäure, so verbinden sich beide unter
starkem Erhitzen. Fügt man zu einer gegebenen Quantität der Säure
so lange Natronlösung, bis dieses nicht mehr sauer reagirt, d. h. bis
Waues Lackmuspapier von der Mischung nicht mehr roth gefärbt wird,
so erhält man das schwefelsaure Natron, ein Salz, das sich schon
durch den Geschmack wesentlich von seineil Bestandtheilen unter-
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80
Basen und Salze. — Kali.
scheidet, und das beim Abdampfen der Flüssigkeit in weifsen Krystallen
anschiefst. Man nennt dieses Salz im gewöhnlichen Leben Glauber-
salz. Es reagirt neutral, d. h. färbt weder das blaue noch das
rothe Lackmuspapier.
In dieser Weise benutzt man in den Photographieen neben Actz-
natron (nicht zu verwechseln mit dem unterschwefligsauren Natron)
noch eine Reihe ähnlicher Körper zum Abstumpfen saurer Flüs-
sigkeiten. So z. B. Aetzkali, Aetzammoniak. Man nennt diese
Körper Alkalien.
Diese zeigen die oben erwähnten Eigenschaften: alkalische
Reaction auf Lackmus, laugenhaften Geschmack und grofse Ver-
wandtschaft zu Säuren im ausgesprochensten Mafse. Eis giebt
aber neben diesen noch viele andere Metalloxyde, die ähnliche Eigen-
schaften zeigen; so der gebrannte Kalk (Aetzkalk), der Aetz-
baryt. Alle diese wirken noch auf Lackmuspapier, ihre Salze
reagiren neutral und sind starke Basen. Andere Metalloxyde, wie
Zinkoxyd, Kupferoxyd, Eisenoxyd wirken nicht mehr auf Lackmus-
papier, dennoch geben sie mit Säuren Salze, die jedoch nicht neutral,
sondern sauer reagiren; man nennt diese Metalloxyde, weil sie die
saure Reaction nicht abzustumpfen vermögen, schwache Basen.
Solche sauer reagirende Salze sind z. B. Eisenvitriol, Kupfervitriol,
Zinkvitriol etc.
Wie es schwache Basen giebt, die nicht im Stande sind, starke
Säuren zu neutralisiren, so giebt es umgekehrt auch schwache
Säuren, die nicht im Stande sind, die alkalische Reaction starker
Basen zu neutralisiren. So z. B. die Kohlensäure, die Essig-
säure, die Phosphorsäure, die Borsäure.
Daher haben wir eine Reihe von Salzen : kohlensaures, phosphor-
saures, borsaures Kali, Natron und Ammoniak, die nicht neutral, sondern
alkalisch reagiren. Versetzt man diese mit einer stärkeren Säure,
so werden die schwachen Säuren ausgetrieben, und die stärkere Säure
verbindet sich mit der Basis. Tröpfelt man z. B. zu Salpetersäure
kohlensaures Natron, so entweicht die gasförmige Kohlensäure
unter Brausen und es entsteht salpetersaures Natron. Daher
können solche alkalisch reagirenden Salze gerade so wie reine Al-
kalien zum Abstumpfen von Säuren verwendet werden.
Unter den Basen heben wir als photographisch wichtig hervor:
Das Kali.
Das im Handel vorkommende Aetzkali ist eine Verbindung des
Kaliumoxyds mit Wasser (KO HO). Es zeichnet sich vor Allem
durch seine kräftigen basischen Eigenschaften aus. Es löst sich sehr
leicht in Wasser und Alkohol, zieht mit grofser Energie Kohlensäure
aus der Luft an und braust alsdann mit Säuren, giebt mit vielen
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CyankaHmn.
8f
Metall salzen Niederschläge, indem es das Metalloid ausfäÖt önd sich
mit der Säure verbindet. Versetzt man z. B. salpetersaures Silberoxyd
mit Kalilauge, so wird das Silberoxyd niedergeschlagen und' salpeter-
saures Kali bleibt in der Flüssigkeit gelöst. Das im Handel vorkom-
mende Aetzkali ist gewöhnlich mit kohlensaurem, schwefelsaurem Kali
und Chlorkalium verunreinigt. Es greift die Haut an, ebenso viele
organische Substanzen, z. B. Eiweifs, Leder, Leim, und verbindet sich
mit Fetten und Harzen zu Seife. Es kann daher zur Reinigung von
Glasplatten benutzt werden. Jedoch wird dazu mit gleichem Vortheil
das Aetznatron benutzt. Unter den Salzen des Kalis ist erwähnens-
werth: das kohlensaure Kali (Pottasche), das salpetersaure
Kali (Salpeter) und mehrere Haloidsalze, so das Jodkalium, Brom-
kalium und Chlorkalium, die wir unten als Jodirungssalze
gemeinschaftlich betrachten werden (s. Collodion); ferner das
Cyankalium.
Es wird durch Schmelzen von 3 Theilen trocknem kohlensauren Kali mit
8 Theilen getrocknetem Blutlaugensalz dargestellt. Es bildet sich hier-
bei Cyankalium, cyansaures Kali und Eisen; letzteres setzt sich bald
ab und kann man dann das geschmolzene Salz in Formen giefsen.
Die Beimengung von cyansaurem Salz schadet nicht. Setzt man wäh-
rend des Schmelzens Kohle zu, so erhält man ein cyansäurefreies Salz,
das jedoch mit Kohle verunreinigt ist. Das Cyankalium (KaCy)
ist ein weifses Salz, höchst giftig, reagirt alkalisch, löst sich sehr
leicht in Wasser, schwer in Weingeist, zerfliefst an der Luft, riecht
dann nach Blausäure, indem es durch die Kohlensäure der Luft zer-
setzt wird, hält sich in wässeriger Lösung nicht lange, sondern zersetzt
sich in Ammoniak und ameisensaures Kali. Das Cyankalium hat grofse
Neigung Doppelcyanür zu bilden.
Auf dieser Fähigkeit des Cyans, Doppelsalze zu bilden, beruht
die Auflösung von Chlorsilber, Bromsilber und Jodsilber in Cyan-
kaliumlösung, eine Eigenschaft, durch welche es für den Photographen
als Fixirmittel wichtig wird. Man benutzt es nämlich, um das in
den Collodionplatten zurückgebliebene Jodsilber und Bromsilber nach
Vollendung des Bildes zu entfernen. Es bildet sich hierbei Kalium-
silbercyanür (2KaCyH- AgJ = KJ-hAgCy , KaCy), welches in Was-
ser löslich ist.
Das Bild wird beim Fixiren mit Cyankalium leicht ein wenig an-
gegriffen, weil nämlich Cyankalium das metallische Silber durch
Zutritt des Sauerstoffs der Luft auflöst.
Ag-f~2KCy-PO = AgCyKCy-l-KÖ.
Auch andere Metalle werden von Cyankaliumlösung angegriffen.
Zink, Eisen, Nickel, Kupfer werden unter Entwickelung von "Wasser-
stoff aufgelöst (2KCy-t-Zn-t-HO==KCyZnCy-t-KO+H).
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 6
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82
Rhod&nkalium.
Cadmium, Silber, Gold lösen sich beim Zutritt der Luft, wie oben
angegeben; Zinn, Quecksilber und Platin werden nicht angegriffen.
Das im Handel vorkommende Cyankalium enthält oft nicht mehr
als 25 pCt. reines Salz. Um es zu prüfen, tröpfelt man in eine ge-
wogene Quantität des Salzes eine titrirte Silberlösung, bis ein blei-
bender (beim Umschütteln nicht mehr verschwindender) Niederschlag
entsteht. 1,7 Gramm Silber entsprechen 1,3 Gramm Cyankalium.
Das gelbe Blutlaugensalz [Kaliumeisencyanür] (FeCy,2KCy
-1-3 HO) ist ein krystallisirbares, in Wasser lösliches Eisendoppelcyanür,
welches mit Eisenoxydulsalzen einen blafsblauen, mit Eisenoxydsalzen
einen dunkelblauen Niederschlag, Berlinerblau (3FeCy-l-2Fe, Cy,),
liefert. Auch mit anderen Metallsalzen giebt es gefärbte Niederschläge,
so mit Uranoxydsalzen das braune Uraneisencyanür, das photographisch
interessant ist (siehe S. 40). Das Blutlaugensalz absorbirt mit Leich-
tigkeit freies Jod, indem es dabei Jodkalium und Kaliumeisencyanid
bildet
2(FeCy-J-2KCy)-+-J=Fe, Cy, -+-3KCyK J.
Es wirkt daher als Sensibilisator auf Jodsilber, d. h. es befördert
die chemische Zersetzung desselben im Lichte sehr energisch. Hunt
benutzte es zuerst als Sensibilisator, später Scheibe, Reynolds und
Reifsig (s. Photographische Mittheilungen III, S. 93).
Durch Behandeln mit Oxydationsmitteln , z. B. Chlor, wird das
gelbe Blutlaugensalz in rothes Blutlaugensalz [Kaliumeisencyanid]
(3KaCyFe,Cy,) übergefuhrt, ein in Wasser lösliches rothes Salz, wel-
ches mit verschiedenen Metallsalzen ebenfalls charakteristisch gefärbte
Niederschläge liefert. Mit Eisenoxydsalzen bildet es keinen Niederschlag,
mit Eisenoxydulsalzen aber das Turnbullblau (3 Fe Cy -+- Fe, Cy,).
Hierauf beruht die Entwicklung der blauen Eisenbilder (siehe S. 23).
Durch Reductionsmittel wird es unter Umständen wieder in Blutlaugen-
salz verwandelt.
Schwefelcyankalium (Rhodankalium).
Rhodankalium (KaCy,NS,) wird durch Schmelzen des Blut-
laugensalzes mit Schwefelleber erhalten; es ist ein weifses Salz, schmeckt
ähnlich dem Salpeter, ist giftig, zerfliefst an der Luft, löst sich leicht
in Wasser und Weingeist, und färbt Eisenoxydlösungen blutrotb.
Es wird im Obernetter’schen Procefs angewendet (s. S. 26). Mit
Silberlösungen giebt es einen weifsen Niederschlag von Rhodansilber,
der sich im Ueberschufs des Rhodankaliums zu einem Doppelsalze
auflöst, das durch viel Wasser zersetzt wird. Ebenso löst Rhodan-
kalium Chorsilber, Bromsilber und Jodsilber auf. Man hat
es deshalb zum Fixiren verwendet; hierbei sind jedoch zwei Fixir-
bäder nöthig (s. den II. Theil).
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Natronsalz«.
83
Natron.
Das Aetznatron (Na OHO) ist in seinem Verhalten dem Aetzkali
äufserst ähnlich, es findet sich im Handel reiner und billiger vor als
dieses. Beide unterscheiden sich nur durch ihr Verhalten zu Säuren.
Das Natron bildet eine Keihe wichtiger Salze, die in der Photographie
öfter Anwendung finden. Wir erwähnen :
Das kohlensaure Natron (Na O CO, -1- 10 HO). Dies kommt
in weifsen, an der Luft leicht verwitternden Krystallen im Handel vor,
die oft schwefelsaures Natron und Chlornatrium enthalten. Erstere
Verunreinigung erkennt man leicht, wenn man das Salz mit chemisch
reiner Salpetersäure neutralisirt und dann salpetersauren Baryt
hinzufügt. Ein weilser Niederschlag deutet auf Schwefelsäure. Das
Chlor findet man durch Zusatz von Silberlösung zu der mit Salpeter-
säure neutralisirten Lösung, indem sich dann weifses Chlorsilber
bildet.
Das kohlensaure Natron löst sich leicht in Wasser, nicht in Al-
kohol, die Lösung reagirt alkalisch, und braust auf bei Zusatz von
Säuren. Sie kann daher gerade so wie Aetznatron zum Abstumpfen
von Säuren gebraucht werden. Setzt man die Lösung zu Metallsalzen,
so entsteht ein Niederschlag von kohlensaurem Metalloxyd; so bildet
sich z. B. beim Versetzen von salpetersaurem Silberoxyd mit kohlen-
saurem Natron ein weifsgelber Niederschlag von kohlensaurem
Silberoxyd
AgONO.+NaOCO, == AgOCO, -t-NaONO,.
Das zweifach kohlensaure Natron (Na02CO,-4-HO) kommt
als eine weifse Salzmasse im Handel vor, die sich viel schwerer als
das einfach kohlensaure Natron in Wasser löst. Es braust mit Säuren
viel stärker als dieses und wird ebenfalls zum Neutralisiren verwendet,
z. B. zum Abstumpfen der überschüssigen Säure in Goldbädern.
Das salpetersaure Natron (NaONO,) kommt in cubischen
Krystallen im Handel vor und findet in der Photographie eine unter-
geordnete Anwendung zum Versetzen der Silberbäder. Es bildet sich
als Nebenproduct beim Zersetzen des Jodnatriums und Bromnatriums
mit salpetersaurem Silber. Es reagirt neutral und enthält häufig Chlor.
Phosphorsaures Natron (2NaOPO, -+-24HO) ein verwittern-
des, in Wasser leicht lösliches (1 Th. Salz löst sich in 4 Th. Wasser),
alkalisch reagirendes Salz und borsaures Natron [Borax],
(Na02BoO, -+-10HO), ein weifses, nicht verwitterndes, aber schwer
lösliches (1 Th. löst sich in 12 Th. Wasser) und alkalisch reagiren-
des Salz, werden beide in der Photographie mit Vorliebe zum Ab-
stumpfen der Goldbäder benutzt.
Noch wichtiger ist für die Photographie das unterSchweflig-
saure Natron (NaOS,0, -+-5 HO), das in weifsen Krystallen im
6*
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Unterschwsfligwnm Natron.
s*
Handel vorkommt und im Grofsen in Sodafabriken dargestellt wird,
indem man schwefligsaures Gas (durch Verbrennen von Schwefel er-
zeugt) auf die Lösung von Schwefelnatrium (durch Reduetion von
schwefelsaurem Natron mit Kohle erhalten) wirken läfst. Neuerdings
verwendet man den Sodarückstand (Calciumoxysulfuret) zur Bereitung
des Salzes. Man kocht diesen mit 10 bis 15 pCt. Schwefel und Wasser,
läfst darauf schwefligsaures Gas wirken, und erhält so unterschweflig-
sauren Kalk, den man durch Glaubersalz zersetzt. Es fällt dadurch
Gyps nieder und das unterschwefligsaure Natron bleibt in Lösung.
Es löst sich sehr leicht in Wasser, nimmt mit grofser Energie
Chlor, Brom und Jod auf, indem sich hierbei Haloidsalze und unter-
schwefelsaures Natron bilden
2NaOS, O, -+- J=NaJ-+-NaOS, O, ;
daher wird es benutzt zur Absorption des freien Chlors (im Bleichprocefs),
sowie zur Titrirung des Jods. Versetzt man eine Auflösung des Sal-
zes mit einer starken Säure, z. B. Salzsäure, Schwefelsäure, so wird
die unterschweflige Säure ausgetrieben. Diese bleibt anfangs klar in
der Flüssigkeit, zersetzt sich jedoch sehr schnell, indem sich Schwefel
unter weifser Trübung abscheidet und schweflige Säure entweicht
(S, O, =S + 80,). Das unterschwefligsaure Natron zeichnet sich aus
durch seine Fähigkeit Silbersalze aufzulösen. So nimmt es mit
Leichtigkeit Chlorsilber, Bromsilber, Jodsilber auf, und dadurch
ist es in der Photographie wichtig als F ixirmaterial, d. h. als
Lösungsmittel der in den halbfertigen Bildern enthaltenen unlöslichen
Silbersalze, welche hinausgeschafft werden müssen, um die Bilder
im Lichte haltbar zu machen.
Versetzt man einen Ueberschufs von Silberlösung mit unter-
schwefligsaurer Natronlösung, so bildet sich ein weifser Niederschlag
von unterschwefligsaurem Silberoxyd, dieser färbt sich jedoch
sehr schnell gelb und braun unter Bildung von Schwefelsilber.
Versetzt man aber einen Ueberschufs von unterschwefligsaurem Natron
mit Silberlösung, so entsteht ein weifser Niederschlag, der sich im
Ueberschufs des Natronsalzes auflöst. Hierbei bildet sich ein
Doppelsalz von unterschwefligsaurem Silberoxyd und unterschweflig-
saurem Natron (2Na0S,0,-i-Ag0S,0i), welches sich nicht
mehr freiwillig zersetzt. Man erhält diese Verbindung rein, wenn
man Silbersalz tropfenweise unter Umschütteln zu Natron setzt; man
kommt dann an einen Punkt, wo der anfangs entstandene Niederschlag
sich durch Umschütteln nicht mehr löst, alsdann findet sieh in der
Flüssigkeit die Verbindung
2Na0S,0*-J- AgOS*0,;
dieselbe scheidet sich beim Zusatz von Alkohol als ein weifses, in
Wasser leicht lösliches, süis schmeckendes, beständiges Salz aus,
welches mit Kochsalz keinen Niederschlag giebt.
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Fixirnatron. — CMornatrimn.
85
Aufserdem existirt noch ein zweites Doppelsalz von unterschwe-
fligsaarem Natron und unterschwefligsaurem Silberoxyd (AgOS,0,
-J-NaOS, O, -+-5HO), das man erhält, wenn man mit dem Zusatz von
Silberlösung zu der Natronlösung fortfahrt, so dafs ein bleibender
Niederschlag entsteht. Diese Verbindung ist in Wasser schwer
löslich und zersetzt sich leichter als die erste unter Bildung
von Sch wefelsilber. Dieselben Doppelsalze bilden sich auch beim
Auflösen von Chlorsilber, Bromsilber und Jodsilber in unterschweflig-
saurem Natron , z. B.
3Na0S,0,-f-AgJ = Ag0S,0>, 2NaOS, O, -4-NaJ;
es entsteht hierbei noch Chlor-, Brom- resp. Jodnatrium. Die lös-
liche Verbindung bildet sich jedoch nur bei Natronfiberschufs;
ist dasselbe in ungenügender Quantität vorhanden, so entsteht das un-
lösliche Doppelsalz, welches dann in den Bildern zurückbleibt, sich
alsbald zersetzt, und so das Bild durch Erzeugung von Schwefelsilber
verdirbt. Es ist demnach klar, dais man, um die bewufsten Silber-
salze zu entfernen, einen Ueberschufs von Natronsalz anwenden mufs.
NaOS,0, kann circa f seines Gewichts AgCl auflösen, doch
darf man es nicht bis zur Sättigung aufbrauchen, weil sonst immer
eine Ausscheidung feiner Krystalle der unlöslichen Verbindung statt-
finden kann.
Aufserdem wirkt das entstehende Kochsalz sowohl als das Jod-
natrium, wenn sie in grofsen Quantitäten vorhanden sind, wieder zer-
setzend auf das unterschwefligsaure Doppelsalz unter Ausscheidung
von Jod- und Chlorsilber. Wichtig ist auch, dais man aus den
fixirten Bildern jede Spur des löslichen Doppelsalzes entfernt, weil
dieses sonst leicht durch die Kohlensäure der Luft zersetzt werden
und so zur Bildung von Schwefelsilber, welches das Bild gelb färbt,
Veranlassung geben kann.
Von den Haloidsalzen des Natrons ist zu erwähnen:
Das Chlornatrium (Kochsalz), welches eine so wichtige Rolle
im Haushalte der Natur spielt. Es bildet würfelförmige Krystalle, die
sich leicht in Wasser lösen, aber nicht in absolutem Alkohol. Der
sogenannte absolute Alkohol des Handels (95° stark) löst es in ge-
ringer Menge; 100 Th. desselben nehmen 0,m Kochsalz auf. Mit
Silberlösungen giebt Kochsalz einen weifsen Niederschlag von Chlor-
silber. Es wird daher zur Ausfällung des Silbers aus seinen Rück-
ständen benutzt (Natronrückstände werden dadurch nicht gefällt),
aufserdem zum Salzen der Positivpapiere. Kochende Kochsalz-
lösungen nehmen auch Chlorsilber in merklicher Menge auf, indem
sich hierbei ein schwer lösliches Doppelsalz (NaCl-+-AgCl) bildet.
Bromnatrium und Jodnatrium werden unter Jodirungs-
salze (8. Collodion) abgehandelt werden.
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86
Ammoniaksalie.
Ammoniak (NH,),
Atomgewicht = 17,
ist eine der eigentümlichsten Basen der unorganischen Chemie; ee
besteht ans einer Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff (NH,),
ist in reinem Zustande gasförmig, löst sich aber mit grofser Energie
in Wasser; diese Lösung kommt im Handel als eine durchdringend
riechende Flüssigkeit vor, die kräftig alkalisch reagirt, Säuren mit
derselben Stärke wie Aetzkali neutralisirt, und aus zahlreichen Metall-
salzlösungen gleich dem Aetzkali und Aetznatron Metalloxyde lallt.
Es ist flüchtig, verliert beim Stehen an der Luft an Stärke, zieht dabei
auch Kohlensäure an, so dafs altes Ammoniak immer etwas kohlen-
säurehaltig erscheint Es ist um so reicher an Ammoniak, je geringer
sein speeifisches Gewicht ist. Es hat grofse Neigung eigentümliche
Doppelsalze zu bilden. Viele unlösliche Metallsalze, namentlich Silber-
salze und Kupfersalze werden daher mit Leichtigkeit vom Ammoniak
gelöst, z. B. Chlorsilber, Bromsilber (letzteres nur schwierig). Jod-
silber wird nicht gelöst. Salpetersaures Silberoxyd giebt mit Am-
moniak einen braunen Niederschlag, der sich jedoch im Ueberschufs
des Ammoniaks leicht auflöst Man hat diese ammoniakalische Silber-
lösung als Positivbad benutzt.
Auch Silberoxyd wird von Ammoniak gelöst. Kali giebt mit
dieser Lösung einen Niederschlag von Knallsilber, was leicht und
mit furchtbarer Heftigkeit explodirt. Festes Chlorsilber und festes
salpetersaures Silberoxyd absorbiren Ammoniakgas; es entstehen dabei
Verbindungen
2AgC13H,N und AgONO,-t-3H,N.
Dieselben Verbindungen bilden sich jedenfalls auch beim Räuchern
der gesilberten Positivpapiere in Ammoniak. Sie sind lichtempfindlicher
als salpetersaures Silberoxyd und geben Bilder von eigentümlichem Ton.
Das Ammoniak giebt gleich dem Kali und Natron wohl ausge-
prägte Salze. In diesen ist das Ammoniak verbunden mit 1 Atom
Wasserstoff als Ammonium (NH,) vorhanden, das mit Sauerstoff das
Ammoniumoxyd (NH,0) bildet.
Das Chlorammonium (NH, CI) bildet ein weifses, leicht kry-
stallisirbares Salz, das beim Erhitzen verdampft und sublimirt, sich
leicht in Wasser, schwer in Alkohol löst (60 Theile Alkohol von 95*
lösten bei einem Versuche des Verfassers 1,25 Chlorammon kaum zur
Hälfte). Mit Natronlauge oder Kalkhydrat erwärmt entwickelt es
Ammoniakgas.
In der Photographie benutzt man es zum Salzen der Positivpapiere
und zum Präpariren mancher Collodien. Die Jod- und Bromverbin-
dungen des Ammoniums werden unter dem Capitel Jodirungssalze
besprochen werden.
Rhodan ammoninm (NH, C,NS,) ist ein Analogon des Rhodan-
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Alkalische Erden.
87
kaliums, and diesem in seinem Ansehen und seinem Verhalten höchst
ähnlich. Es wird daher wie dieses als Fixirmaterial verwendet;
in Betreff der hierbei vor sich gehenden chemischen Action verweisen
wir auf das Rhodankalium. Meynier in Marseille bereitet das Salz im
Grofsen durch Verarbeitung der „Gaswässer“.
Kohlensaures Ammon bildet ein weifses, nach Ammon rie-
chendes, flüchtiges, lösliches Salz, das in seiner Zusammensetzung der
Formel 2NH, 3COa+HO annähernd entspricht
Kalk, Baryt, Strontian, Magnesia
bilden alle vier starke Basen und sind Oxyde der Metalle Calcium,
Strontium, Barium und Magnesium; sie unterscheiden sich von den
Oxyden der Alkalimetalle durch ihre Schwerlöslichkeit in Wasser
und durch die Unlöslichkeit resp. Schwerlöslichkeit ihrer kohlensauren
Salze und deren Zersetzbarkeit in der Glühhitze.
Das bekannteste ist der Aetzkalk, Calciumoxyd (Ca 0 = 28), der
in unreinem Zustande als gebrannter Kalk in enormen Quantitäten
zur Bereitung des Mörtels verwendet wird. Er verbindet sich mit
Wasser unter starker Erhitzung (Kalklöschen), bildet damit ein weifses
pulveriges Hydrat, das sich schwer in Wasser löst, stark alkalisch
reagirt und mit Säuren wohlausgeprägte Salze liefert.
Der kohlensaure Kalk (CaOCO,) kommt in der Natur als
Marmor, Kreide und Kalkstein in ungeheuren Massen vor, er verliert
seine Kohlensäure durch Glühen (Brennen des Kalks), reagirt neutral,
ist in reinem Wasser unlöslich, löslich aber in kohlensäurehaltigem;
daher in dem Quellwasser, welches fast immer kohlensäurehaltig ist,
gewöhnlich enthalten. Beim Stehen des Wassers an der Luft entweicht
die Kohlensäure und der gelöste kolensaure Kalk scheidet sich dann
ab (sogenannter Salpeter). In Salzsäure und Salpetersäure löst er
sich unter Brausen.
In der Photographie wird er zuweilen zum Neutralismen der
Silberbäder und Goldbäder verwendet. Man thut gut, hierzu möglichst
reinen kohlensauren Kalk zu nehmen, wie er durch Fällen von sal-
petersaurem Kalk mit kohlensaurem Ammon und Auswaschen
gewonnen werden kann, statt der Kreide, welche meistens organische
Substanzen enthält. Bei Behandlung von Silberlösungen mit kohlensau-
rem Kalk wird kohlensaures Silberoxyd niedergeschlagen, daher ver-
lieren Silberbäder beim Neutralismen mit kohlensaurem Kalk leicht
einen Theil ihres Silberssalzes.
Schwefelsaurer Kalk (CaOSO, -+-2H0) kommt unter dem
Namen Gyps als ein schwer lösliches Salz ebenfalls in grofsen Massen
in der Natur vor und findet sich in geringer Menge in jedem Quell-
wasser. Manche Filtrirpapiere enthalten ihn in merklicher Menge und
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88
Kalk-, Baryt- und Strontiansalze.
geben bei Benutzung derselben zum Filtriren von Silberbädern Ver-
anlassung zur Entstehung von schwefelsaurem Silberoxyd.
Salpetersaurer Kalk bildet ein zerflielslicbes, in Wasser und
Alkohol leicht lösliches, sauer reagirendes Salz.
Chlorcalcium (CaCl -t-6HO) bildet ebenfalls ein zerflielsliches,
in Wasser und Alkohol leicht lösliches, sauer reagirendes Salz, das mit
Schnee gemischt eine bedeutende Temperaturerniedrigung erzeugt (so-
genannte Kältemischung). Es wird zur Collodionfabrikation (Chlorsilber-
collodion) benutzt und bildet einen Bestandtheil des rohen Chlorkalks.
Chlorkalk ist ein Gemenge von unterchlorigsaurem Kalk
mit Kalkhydrat und Chlorcalcium, das durch Einwirkung von
Chlor auf Kalkbydrat gewonnen wird, und in der Industrie als Bleich-
salz verwendet wird, ln der Photographie dient es nach Parkinson
zum Versetzen der Goldbäder.
Baryt- und Strontiansalze finden in der Photographie wenig
Anwendung; zu erwähnen ist nur der salpetersaure Baryt, ein
in Wasser ziemlich leicht lösliches, in Alkohol unlösliches Salz. Er dient
zur Erkennung der Schwefelsäure, mit der er einen weifsen, in
Wasser und Säuren unlöslichen Niederschlag von schwefelsaurem Baryt
erzeugt.
Chlorstr ontium (SrCl-f-6HO) wird als ein in Alkohol lösliches
Salz zur Bereitung des Chlorsilbercollodions verwendet.
Voo den Magnesiumverbindungen erwähnen wir nur der
gebrannten Magnesia, ein Analogon des gebrannten Kalks, eine basisch
reagirende, sehr schwer lösliche, erdige, weifse Masse, und der kohlen-
sauren Magnesia, die als ein sehr leichter, lockerer, weifser Körper
im Handel vorkommt und neuerdings zum Neutralismen der Goldbäder
empfohlen worden ist
Die übrigen in der Photographie zur Anwendung kommenden
Basen sind bereits in dem ersten Capitel besprochen.
Reductionsmittel.
In dem Capitel über Pbotocbemie wurde ein höchst interessanter
Procefs besprochen, durch welchen eine an sich unsichtbare Licht-
wirkung auf Jodsilber durch Erzeugung eines Niederschlages sichtbar
gemacht werden kann, wenn man Silberlösungen, mit einem Reductions-
mittel vermischt, auf die belichtete Schicht bringt. Man nennt diesen
Procefs, auf dem das Negativ verfahren basirt, den Entwicklungs-
oder Hervorrufungsproccfs. Hierzu sind gewisse Reductionsmittel
nöthig, von denen wir eins, den Eisenvitriol, schon specieller be-
sprochen haben (s. S. 21). Hier haben wir nur die Beschreibung
dreier anderer Körper anzufügen, die in gewissem genetischen Zu-
sammenhänge stehen. Es ist der Gerbstoff (Tannin), die Gallus-
säure und die Pyrogallussäure.
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Tannin. — Gallussäure.
89
Gerbstoff (Tannin).
In vielen Pflanzen findet sich ein Stoff von zusammenziehendem
Geschmack vor, der sich durch seine Eigenthümlichkeit, Leim zu fällen
und Eisensalze schwarz zu färben, auszeichnet, man nennt ihn Gerb-
stoff. Je nach dem Ursprung hat derselbe etwas verschiedene Eigen-
schaften. Der am häufigsten angewendete ist der Gallapfelgerb-
stoff, den man erhält, wenn man auf zerkleinte Galläpfel, die in
einem Scheidetrichter sich befinden , rohen Aether giefst Dieser sickert
allmählig durch und trennt sich in dem untergestellten Gefäfs in zwei
Schichten; die untere ist eine Auflösung des Gerbstoffs in Wasser,
und sie liefert durch Verdunsten den reinen Gerbstoff oder Gerb-
säure (CS4H,,014) als eine schwachgelbe, unkrystallisirbare pul-
verige Masse, in Wasser und Alkohol leicht löslich, wenig in Aether.
Verschiedene Säuren und Salze, zum Wasser gesetzt, vermindern seine
Löslichkeit erheblich. Mit Eisenoxydsalz entsteht ein schwarzer Nieder-
schlag von gerbsaurem Eisenoxyd (Tinte).
Leim, Stärkemehl, Eiweifs fällen den Gerbstoff.
Seine Salze sind sehr unbeständig, färben sich an der Luft,
namentlich bei Ueberschufs von Basis. Am bekanntesten ist das durch
Bleizucker in Gerbstofflösungen erzeugte gerbsaure Bleioxyd.
Mit Silberlösung gemischt, färbt er dieselbe alsbald braun, und
Silber schlägt sich pulverig nieder. Säuren verlangsamen diesen Nie-
derschlag.
Beim Kochen mit Säuren oder durch Gährung oder Fäulnifs zer-
setzt sich der Gerbstoff in Gallussäure und Zucker
C,,H,,O,4-4-8HO=3(C14HsO10)-4-CiJH1,O1i.
Diese Umwandlung geht in Gerbstofflösungen nach kurzer Zeit
freiwillig vor sich, deshalb müssen die Lösungen desselben immer
frisch bereitet werden. Die Gerbsäure entfärbt die Jodstärke unter
Bindung von Jod.
In der Photographie wird Gerbstoff weniger als Eeductionsmittel als
vielmehr zum Ueberziehen gewaschener Collodjodsilberplatten (Trocken-
plattenprocefs nach Russell) benutzt. Hierbei befördert er die Zer-
setzung des Jodsilbers im Licht, indem er das freiwerdende Jod che-
misch bindet, er wirkt als Sensibilisator.
Gallussäure (C14H„O10-4-2HO)
entsteht in der obenerwähnten Weise durch Gährung der Gerbsäure.
Sie bildet sich schon in den rohen Galläpfeln, wenn dieselben mit
Wasser angefeuchtet in warmer Luft längere Zeit stehen bleiben.
Kocht man diese dann mit Wasser, so scheidet sich die Gallussäure
beim Erkalten in feinen seideglänzenden Nadeln ab. Sie ist in drei
Theilen kochenden und 100 Theilen kalten Wassers löslich, leicht
löslich in Alkohol und Aether, schmeckt zusammenziehend, fällt die
Leimlösung nicht, giebt aber mit Eisenoxydsalzen eine schwarzblaue
Färbung.
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90
Pyrogallussäure.
Die Salze der Gallussäure sind ebenso leicht zersetzbar, wie die
der Gerbsäure, sie färben sich bei Ueberschuls von Basis an der Luft
braun. Silberlösungeu werden durch Gallussäure viel schneller
reducirt als durch Gerbstoff, daher sie als Entwickler öfter benutzt
wird. Beim Erhitzen auf 215* C. zersetzt sie sich in Pyrogallus-
säure und Kohlensäuro (C, 4 H, 0, , = C, , H, O, -t-2CO,).
Die Pyrogallussäure (C, , H, O0)
bildet glänzend weifse sehr leichte Nadeln, die aus dem alkoholischen
Galläpfelextract durch Sublimation gewonnen werden. Sie löst sich
leicht in Wasser, Alkohol und Aether. Die wässerige Lösung zieht
Sauerstoff aus der Luft an und färbt sich braun; sehr schnell geht
dies bei Gegenwart von Alkalien. Die alkoholische Lösung hält sich
sehr lange unverändert. Sie ist kaum noch eine Säure zu nennen, da
sie nicht Lackmus röthet, und keine bestimmt ausgesprochenen Salze
bildet. Sie färbt Eisenoxydsalze schwarzblau, auf Silberlösungen wirkt
sie viel energischer reducirend als Gallussäure, daher sie als Ent-
wickler und Verstärker vielfach Anwendung findet. Säuren ver-
langsamen diese Reduction. Gallussäure und Pyrogallussäure binden
Jod chemisch, gerade wie Tannin, sie entfärben daher die Jodstärke
und wirken auf Jodsilber sensibilisirend.
Bildträger.
Der Maler benutzt, um mit Hülfe seiner Farben ein Bild anzu-
fertigen, einen Grund, welcher eine homogene Fläche bildet, an der
die Farben leicht haften und sich bequem verarbeiten lassen. Dies
ist sein Malgrund; derselbe ist entweder Papier, oder Leinwand, oder
Holz, oder eine Kalkwand (Fresko). Ebenso bedarf der Photograph
zur Herstellung seiner Bilder eines Untergrundes, der die lichtempfind-
lichen Substanzen trägt und sämmtliche chemischen Operationen mit
demselben vorzunehmen gestattet. Hierher gehört Papier, Collodion,
Eiweifs etc. Wir fassen diese Substanzen unter dem Namen Bild-
träger zusammen.
Bei den älteren Daguerreotypplatten war ein solcher Bildträger
nicht nöthig; die compacte Jodsilberscbicht, hergestellt durch das
Räuchern einer Silberplatte in Joddämpfen, hatte in sich Stabilität
genug, um als Bildfläche alle Operationen durchmachen zu können.
Höchstens könnte hier die unveränderte Silberschicht der Rückseite
als Bildträger angesehen werden. Anders wurde es, als man das fein-
zertheilte Jod-, Brom- und Chlorsilber, wie solches durch Wechsel-
zersetzung von salpetersaurem Silberoxyd und Jod-, resp. Brom- und
Chlormetallen besteht, als lichtempfindliche Substanz benutzte. Dieses
bedurfte, um als ebene Fläche dem Lichte exponirt zu werden,
eines Untergrundes, an oder in dem es festhaftet, und als solchen
benutzte man zuerst das Papier. Man konnte das Jodsilber auf die-
ses einfach durch Aufstreichen befestigen, schlug jedoch gleich von
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Bildträger.
91
Anfang an einen praktischeren Weg ein. Man imprägnirte das Papier
mit den lichtempfindlichen Salzen, indem man es erst in Jod- oder
Brommetalllösung, dann in Silberlösung tauchte, und so in der Faser
selbst einen Niederschlag von Jod- resp. Chlorsilber bewirkte.
So erhielt man die lichtempfindliche Substanz als zusammenhängende
Fläche, die man in der Camera exponiren und dann dem EinfiuCa
verschiedener Lösungen als Entwickelung, Verstärkung, Fixage unter-
werfen konnte. Das Papier war demnach mit der erste Bildträger
und ist heute noch der wichtigste im Positi vprocefs. Nun ist aber
schon in dem Capitel über Sensibilisatoren bemerkt worden, dafs das
Papier als organische Faser auch chemisch auf die darin imprägnirten
Präparate wirkt; so bewirkt es die Reduction der Eisen-, Chrom- und
Uranpräparate des Höllensteins, die für sich allein im Lichte nicht
zersetzbar sind. Es wirkt als Sensibilisator (s. S. 49).
Spielte das Papier nur eine mechanische Rolle, so würden kleine
unorganische oder organische Beimengungen, wie Gyps, Eisensalze,
Kochsalz, Leim, Fette, Harze etc., kaum einen sonderlichen Ein-
flufs auf die photographischen Processe ausüben. Da aber seine Wir-
kung zugleich eine chemische ist, so ist es leicht zu erklären, dafs
die erwähnten Nebenbestandtheile, die sich in jedem Papier finden,
unter Umständen die photographischen Processe auf das Empfindlichste
alteriren können.
Schon eine geringe Quantität solcher Beimengungen, die chemisch
kaum nachweisbar ist, macht sich bei photographischen Processen
bemerklicb, daher mufs die Herstellung der photographischen Papiere
und der photographischen Bildträger überhaupt mit der gröfsten Sorg-
samkeit vorgenommen werden, um alle zufälligen Verunreini-
gungen zu vermeiden. Andererseits pflegt man aber auch absicht-
lich gewisse Substanzen der Papierfaser zuzusetzen, um die Licht-
empfindlichkeit der Papiere zu steigern und den Ton und das Ansehen
der darauf gefertigten Bilder zu verbessern. Die Imprägnirung dieser
Stoffe kann unmittelbar in der Papierfabrik vorgenommen werden,
indem man den gewünschten Stoff der Papiermasse zusetzt; dies ge-
schieht jedoch seltener. Gewöhnlich pflegt man die fertigen Roh-
papiere durch Baden in gewissen Lösungen resp. Aufstreichen zu
präpariren. Wir werden später diese Präparationsmethoden speciell
besprechen.
Papier blieb längere Zeit der einzige bekannte Bildträger. Seine
Anwendung im Negativprocefs war seiner rauhen Textur wegen
mit Uebelständen verknüpft (s. Einleitung). Niepce de St Victor ver-
suchte deshalb das homogenere Eiweife als Träger des lichtempfind-
lichen Jodsilbers im Negativprocefs. Er stellte eine mit Jodmetallen
imprägnirte Eiweifsschicht durch Eintrocknen einer jodkalium haltigen
Eiweifslösung auf einer Glastafel her. Diese wurde in ein Silberbad
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Bildträger. — Cellulose.
getaucht, dadurch das Jodmetall in Jodsilber übergefuhrt. Später pro-
birten Archer und Fry zu demselben Zweck und in derselben Weise
das Collodion, d. i. eine Auflösung von Schiefsbaumwolle in Alkohol-
äther, und dieses hat sich als solcher so bewährt, dafs es im Negativ-
procefs alle anderen Bildträger fast gänzlich verdrängt hat Für
seine Anwendung spricht die leichte Präparation, Handhabung und
Haltbarkeit und der wichtige Umstand, dafs eine chemische Einwirkung
des reinen Pyroxylins (des Hauptbestand theils des Collodions) auf die
lichtempfindlichen Salze nicht oder doch in geringerem Mafse statt-
findet als bei Eiweifs und Papier. — Reines Pyroxylin wirkt, wie es
scheint, nicht als Reductionsmittel resp. als Sensibilisator; Bei-
mengungen fremder Körper können aber auch hier die photographischen
Eigenschaften des Bildträgers auf das Wesentlichste modificiren (s. u.).
Die Handhabung des Collodions als Bildträger in der Photographie ist
insofern von der des Papiers verschieden, als letzteres als fertige Fläche
in den Handel gebracht wird, die Coliodionflächen dagegen erst durch
Aufgieisen einer Pyroxylinlösung auf eine Glastafel und Verdunsten-
lassen kurz vor dem Gebrauch (Trockenplatten ausgenommen) herge-
stellt werden.
Collodion im Negativprocefs, Papier im Positivprocefs
sind unsere wichtigsten Bildträger; die Basis beider ist die
Pflanzenfaser [Cellulose] (C, , H, „ 0, 0),
die wir zuerst betrachten wollen. Die Pflanzenfaser bildet den Haupt-
bestandtheil, das eigentliche Gerippe des Pflanzenkörpers und ist ihrer
chemischen Zusammensetzung nach analog dem Zucker, Gummi, der
Stärke, die man unter dem gemeinschaftlichen Namen der Kohlen-
hydrate zusammenfafst. Sie bestehen alle aus Kohlenstoff, Sauerstoff
und Wasserstoff, und läfst sich die Mehrzahl derselben durch Ein-
wirkung verschiedener Reagentien mehr oder weniger leicht in Zucker
verwandeln.
Die Holzsubstanz ist keine reine Cellulose, sondern noch mit ver-
schiedenen organischen und unorganischen Stoffen imprägnirt, z. B.
Harze, Gummi, Zucker, Fettsubstanzen etc. In reinster Form findet
sich die Cellulose in dem sogenannten schwedischen Filterpapier, das
wie alle Papiere aus Pflanzenfasern (Leinen, Flachs etc.) angefertigt
wird. Dieses enthält nur' Spuren unorganischer Körper, die beim Ver-
brennen als Asche Zurückbleiben; reicher an Asche sind die gewöhn-
lichen Filterpapiere, die nebenbei noch die organischen Beimengungen
der Leimung enthalten. Ziemlich reine Cellulose ist ferner die Baum-
wolle; diese enthält nur kleine Quantitäten Harz und Fettsubstanz.
Die reine Cellulose erhält man durch aufeinander folgendes Er-
wärmen eines der vorhergenannten Körper (Baumwolle, Papier) mit
verdünnter Kalilauge und verdünnter Chlorwasseretoffsäure und Waschen
mit Wasser.
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Stärkemehl.
93
Die reine Cellulose ist unlöslich ht den gewöhnlichen Lösungs-
mitteln, löslich in Kupferoxydammoniak. Verdünnte Säuren lösen sie
beim Kochen langsam. Concentrirte Schwefelsäure löst sie in der
Kälte; verdünnt man die Lösung mit Wasser, so scheidet sich ein
weifser Körper aus, der sich ganz wie Stärke verhält (Amyloid), d. h.
sich durch Jod blau färbt Durch Erhitzen mit Schwefelsäure ver-
wandelt sich die Cellulose in Zucker; Salpetersäure verwandelt sie in
Oxalsäure, eine Mischung von concentrirter Schwefelsäure und Salpeter-
säure in Schiefsbaumwolle (Pyroxylin), die wir weiter unten als
einen der wichtigsten Körper der photographischen Chemie sehr spe-
ciell betrachten wollen, während wir hier das der Pflanzenfaser nahe
verwandte
Stärkemehl [Amylum] (C,aH,0O,,)
anreihen. Dieses findet sich in vielen Pflanzenzellen, deren Wand die
Cellulose bildet, am reichlichsten in den Gotreidekörnern, Kartoffeln etc.
und kann aus diesen durch Quetschen unter Wasser gewonnen wer-
den. Es bildet ein weifses, zartes Pulver, das noch etwas Eiweifs
enthält, mehr oder weniger leicht zusammenbackt und in Wasser,
Alkohol und Aether unlöslich ist. Säuren lösen es in der Wärme,
jedoch unter Zersetzung. Mit 3 procentiger Schwefelsäure erhitzt, ver-
wandelt es sich in das lösliche D extrin, später in Traubenzucker
(Stärkezucker). Concentrirte Salpetersäure löst das Stärkemehl unter
Zersetzung. Verdünnt man die Lösung mit Wasser, so fallt ein weifses
Pulver, Xyloidin (C, , H„ N04 0, 0), nieder, dies ist Stärke, in der
ein Atom Wasserstoff (H) durch ein Atom Untersalpetersäure (N04)
ersetzt ist. Dasselbe explodirt beim Erhitzen. Mit heifsem Wasser
quillt das Stärkemehl auf und bildet eine homogene dicke Masse, den
Kl eister, der als Klebmittel sehr allgemein Anwendung in der Photo-
graphie findet. Man erhitzt zu seiner Darstellung Wasser zum Sie-
den und giefot nachher unter Umrühren feinen Stärkebrei hinein, den
man durch Anrühren der trockenen Stärke mit sehr wenig kaltem
Wasser erhält. Die Masse wird alsbald dick und dies um so mehr,
je mehr Stärke zugegossen worden ist. Die für die Praxis nöthige
Consistenz lernt man leicht durch wenige Versuche kennen. Beim
Kochen scheiden sich auch Eiweifskörper aus, die man am besten
durch Filtriren der heifsen (noch dünnen) Masse durch Leinen ent-
fernt. Der Kleister hält sich nur kurze Zeit. Zur längeren Präser-
virung hat man Alkoholzusatz empfohlen.
Mit Jod färbt sich die feuchte Stärke und der Stärkekleister intensiv
blau unter Bildung von Jodstärke. Die reinste Stärke findet sich in
der Pfeilwurzel. Man nennt sie Arrowroot; dasselbe liefert mit Wasser
gekocht eine fast klare Lösung, während der gewöhnliche Kleister
immer trübe aussieht. Man benutzt es deshalb zum Präpariren photo-
graphischer Papiere (Stärkepapier, Arrowrootpapier s. u.).
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94
Pyroxylin.
Pyroxylin.
Da9 Pyroxylin, ein V erwandlungsproduct der Cellulose (s. o.)
wurde von Schönbein 1846 entdeckt und erregte damals unter dem
Namen Schiefsbaumwolle grofses Aufsehen als Ersatzmittel des Schiefs-
pulvers.
Das Pyroxylin ist ein Körper, den man erhält, wenn man Baum-
wolle, Leinen, Papier in eine Mischung von eoncentrirter Salpeter-
säure und Schwefelsäure eintaucht und dann sorgfältig auswäscht und
trocknet. Es geht ein eigenthümlicher Procefs, der Substitutionsprocefs,
von Statten, indem aus C, , H, , O, , drei oder weniger Atome Wasser-
stoff (H) austreten und ersetzt werden durch Untersalpetersäure (NO,).
Die so veränderte Baumwolle hat ihre Form nicht geändert, sie fühlt
sich nur etwas rauher an, zeigt aber wesentlich andere chemische
Eigenschaften. Sie hat ihr Gewicht um ein Viertheil bis die Hälfte ver-
mehrt. Sie verpufft im Feuer, sie löst sich in Essigäther, ferner
in Alkoholäther auf und scheidet sich beim Verdunsten die-
ser Lösungen als eine glasartige Haut ab. Hierauf beruht die
Anwendung des Pyroxylins in der Photographie als Bildträger. Kali
löst es unter Zersetzung auf, es entstehen NO, und NO, Salze und ein
organischer Stoff, der Silbersalz reducirt und zur Silberspiegelerzeugung
benutzt wird.
Behandelt man das Pyroxylin mit Reductionsmitteln , z. B. Essig-
säure und Eisen, so verwandelt es sich wieder in gewöhnliche Baum-
wolle. Von allen Eigenschaften des Pyroxylin s interessiren uns hier
vor allen die photographisch wichtigen, d. i. die Löslichkeit
in Alkoholäther und die Fähigkeit dieser Lösung beim Verdunsten
ein vollkommen homogenes, glasartig durchsichtiges Häut-
chen zu liefern, welches hinreichend fest ist, um Wasserstrahlen
aushalten zu können, und möglichst indifferent gegen photogra-
phische Chemikalien ist.
Früher nahm man nur eine Art Pyroxylin oder Nitrocellulose an,
bald aber zeigte sich, dafs Unterschiede existirten in der Lös-
lichkeit in Alkoholäther, dafs manches Pyroxylin nicht löslich,
und dafs andererseits die Lösungen desselben, die Collodien, je
nach der Bereitung verschiedene Eigenschaften zeigten und die eben
erwähnten Bedingungen ihrer photographischen Anwendbarkeit mehr
oder weniger vollkommen erfüllten. Dies veranlafste zum näheren
Studium dieser Modificationen. Hadow machte eine sehr specielle
Untersuchung darüber, und beschreibt auf Grund seiner Versuche fol-
gende vier Arten des Pyroxylins:
1) c..xii°”-c'*x; O“
2) c,.H;’jo,.
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Pyroxylin.
95
3) C,.®**|0..
4) jOj0
(Hadow verdreifacht hier die Formel der Cellulose. — X ist ein
einfaches Zeichen für N04.)
Diese Verbindungen erhält man durch Eintauchen in Säuremischun-
gen verschiedener Stärke, No. 1 in der stärksten, die anderen Num-
mern in schwächeren Mischungen; sie zeigen in Bezug auf ihre Ex-
plosibilität und Löslichkeit sehr bedeutsame Unterschiede.
No. 1 ist die explosibile Schiefsbaumwolle. Diese ist in
Alkohol und Aether unlöslich, löslich dagegen in Essigäther,
aus dem sie sich beim Verdunsten als weifses Pulver abscheidet;
diese Verbindung ist für photographische Zwecke unbrauchbar,
trefflich dagegen für Sprengarbeiten.
No. 2 und 3 lösen sich in Alkoholäther, selbst in absolutem Al-
kohol und No. 3 sogar in Eisessig. Beim Verdunsten der Alkohol-
ätherlösung verbleibt eine durchsichtige glasartige Haut, die
für photographische Zwecke trefflich geeignet ist.
No. 4 löst sich in denselben Lösungsmitteln, giebt aber beim
Verdunsten eine undurchsichtige Schicht; diese ist photographisch
unbrauchbar.
Photographisch anwendbar sind demnach nur die mittleren Sorten^
die man durch Eintauchen in Salpetersäure von gewisser Stärke er-
hält; ist sie zu stark oder zu schwach, so bekommt man die Verbin-
dung No. 1, d. i. Schiefsbaumwolle, oder No. 4, die sich in ihrer Zu-
sammensetzung dem Xyloidin (s. o. S. 93) nähert Die Pyroxylin-
sorten des Handels sind wohl nur selten einfache Verbindungen, und
meist Gemenge der oben beschriebenen.
Wie aber die gewöhnliche Cellulose bei unveränderter Zusammen-
setzung grofse physikalische Differenzen zeigt (man vergleiche Baum-
wolle, Leinen, Sammet, Holz, Papier etc.), so sind auch die physikali-
schen Eigenschaften des Pyroxylins und des daraus bereiteten Collodions
sehr verschieden. Bevor wir auf die Fabrikation des Pyroxylins selbst
eingehen, müssen wir diese Verhältnisse eingehender besprechen. Hier
ist von Einflufs
1) die Verschiedenheit des Rohmaterials.
Unter den verschiedenen Formen der Cellulose — Papier — Lei-
nen — Baumwolle — benutzt man am meisten die letztere zur Her-
stellung des Pyroxylins, und nennt deshalb das fertige Product ge-
wöhnlich Collodionwolle oder kurz Wolle. Nun sind aber die Baum-
wollensorten verschiedener Länder sehr verschieden, oft schon dem
Ansehen nach (chinesische Baumwolle sieht z. B. gelb aus). Sie ent-
halten mehr oder weniger Harz, das bei der Berührung mit Säuren
Stoffe erzeugt, die wohl auf die Eigenschaften des Collodions influiren
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96
Pyroxylin.
können. Man kann dieses durch Waschen mit verdünntem Alkali
entfernen. Dann sind sie mehr oder 'weniger -wasserhaltig, werden
also dadurch die angewendete Säure mehr oder weniger verdünnen,
weshalb man sie vor dem Abwägen künstlich trocknen mufs.
Leinenpyroxylin giebt ein flüssigeres Collodion als Kattun-
pyroxylin; Papier ein sehr verschiedenes, je nach Art der Lum-
pen. — Neuerdings wurde das Papierpyroxylin unter dem Namen
Pyropapier als Spielerei in den Handel gebracht. Herr Nickel benutzte
dasselbe versuchsweise zur Herstellung eines Collodions und erhielt
ein treffliches Präparat (s. Photogr. Mitth. I. S. 110). Auch Liesegang
empfiehlt neuerdings Papierpyroxylin (s. u.). — ln starker Säure
giebt Kattun ein flüssiges, Baumwolle ein schleimiges Collodion;
in schwacher Säure giebt Baumwolle ein gutes Präparat; Kattun
löst sich darin auf.
Ferner kommt bei der Pyroxylinfabrikation in Betracht:
2) die Nebenwirkung der Salpetersäure und Schwe-
felsäure auf die Holzfaser.
Die wichtigste Wirkung ist die von Gaine entdeckte Pergamen-
tisirung.
Taucht man nämlich gewöhnliches ungeleimtes Papier einige Se-
cunden in etwas verdünnte Schwefelsäure (5 — 20 Secunden in 1 Pfd.
SO, verdünnt mit 4 Loth HO), so schrumpft es ein und bildet alsdann,
sorgfältig ausgewaschen und getrocknet, eine durchscheinende, dem
gewöhnlichen Pergament ähnliche hornartige Masse, die nicht von
Flüssigkeiten durchdringbar ist, in Wasser nicht erweicht, und eine
fünfmal gröfsere Festigkeit besitzt, als gewöhnliches Papier. Dabei
geht keine chemische Aenderung des Papiers vor. Taucht man nun
solches Pergament in concentrirte Salpeterschwefelsäure, so wird es
in Pyroxylin verwandelt wie gewöhnliches Papier. Das damit er-
zeugte Collodion besitzt aber die Zähigkeit und feste Textur
des Pergaments selber. (Hardwich).
Ferner zeigt diese vorher pergamentisirte Faser eine leichtere
Löslichkeit in Alkoholäther als gewöhnliches Pyroxylin. — Wirkt Schwe-
felsäure zu lange auf Cellulose, so wird diese in ein stärke- oder
gummiartiges Product übergeführt, und bildet dann mit Salpetersäure
Xyloidin, welches keine feste, sondern eine pulverige, mürbe Gollodion-
schicht giebt.
Es ist offenbar, dafs solche Wirkungen auch bei der Bereitung
der Collodionwolle eintreten, je nach dem Verdünnungsgrade, der Tem-
peratur und dem Schwefelsäuregehalt in gröfserem oder geringerem
Mafsstabe, und dafs danach die physikalischen Eigenschaften des Col-
lodions wesentlich verschieden sind.
Auf fertiges Pyroxylin wirkt die Schwefelsäure nicht mehr ein.
Eine andere nicht vortheilhafte Wirkung hat die Salpetersäure.
Diese verändert nämlich zunächst die Holzfaser, indem sie. dieselbe
aufzulösen strebt. Verdünnte warme wirkt hier stärker als
concentrirte kalte. Das wird jedoch durch die Gegenwart der Schwefel-
säure verhindert. Aber auch auf fertiges Pyroiylin wirkt die Salpe-
tersäure. Erhitzt man starke Salpetersäure auf 66* und taucht Pyr-
oxylin hinein, so wird dieses schwieriger löslich in Aether und Alkohol^
erstarrt schwer und giebt eine mürbe poröse Schicht, die unter dem ge-
ringsten Wasserstrahl reifst.
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Pyroxylin.
97
Es ist daher nothwendig, die Wolle aus der Säuremischung zu
entfernen, sobald die Verwandlung in Pyroxylin vor sich gegangen ist,
sonst sind derartige secundäre Wirkungen unvermeidlich.
Wichtig ist nun auch 3) der Wassergehalt der Säuremi-
schung. Sehr concentrirte Säuren geben eine explosive unlösliche
Wolle, verdünntere eine mehr xyloidinartige Verbindung. Taucht man
eine Portion Baumwolle in die Säuremischung, so wird folgende che-
mische Zersetzung vor sich gehen:
C,|H,,O10 +NO, = C, , NO, j 0“ +H0.
Es wird also, selbst wenn alle Materialien absolut wasserfrei
wären, Wasser bei der Bereitung gebildet, also die Säure verdünnt;
taucht man daher eine zweite Portion Wolle in die schon einmal ge-
brauchte Säure, so erhält man ein ganz anderes Product; daher soll
man dieselbe Säuremischung nur einmal benutzen. Verdünnte Säuren
haben eine Tendenz, das Pyroxylin aufzulösen. Dafs auch der Wasser-
gehalt der Baumwolle hier von Einflufs ist, haben wir bereits erwähnt.
Eine bedeutende Wirkung übt ferner 4) die Temperatur der
Säuremischung aus. Eine Erhöhung der Temperatur ist entschieden
vortheilhaft, manche Säuremischung giebt oft kalt ein explodirendes
Pyroxylin und ein dickes, schwer lösliches, schleimiges Collodion, warm
dagegen ein dünnes, gut fliefsendes und leicht lösliches Collodion. Erwär-
mung hat deshalb eine ähnliche Wirkung wie Verdünnung. In der
Regel nimmt man eine Temperatur von 66* C., die man 10 Minuten
auf die Wolle wirken läfst (s. u.).
Auffallender noch als auf die physikalischen wirken die erwähnten
Umstände auf die photographischen Eigenschaften des fertigen
Pyroxylins resp. des daraus hergestellten Collodions ein.
So giebt ein mit Ueberschufs von Schwefelsäure bereitetes per-
gamentisirtes Collodion sehr intensive Bilder. Man vermuthet, dafs
dies durch einen dextrinartigen Stoff bewirkt wird, der durch Schwefel-
säure gebildet wird. Ebenso ist der Wassergehalt der Säure von Ein-
flufs, insofern als bei steigender Menge desselben ein Collodion resultirt,
welches minder intensiv wirkt (Hardwich). Gleich nachtheilig wirkt
h ohe Temperatur; die Empfindlichkeit des resultirenden'Collodions gegen
dunkle Strahlen wird dadurch vermindert. Bei niederer Temperatur
bereitetes ist in seinen physikalischen Eigenschaften nicht so gut,
photographisch aber empfindlicher.
Nach dieser Betrachtung der Wirkung der .verschiedenen bei der
Pyroxylinbereitung in Action tretenden Kräfte und Stoffe können wir
nun zu der Beschreibung der jetzt üblichen Bereitungsmethoden selbst
übergehen. Wir halten uns dabei vorzugsweise an Hardwich, dem zu-
verlässigsten und erfahrensten Mann auf diesem Gebiete.
Das nächste ist die Vorbereitung der Baumwolle. Um das Harz
aus derselben (s. o.) zu entfernen, kocht man sie in einer Lösung von
1 Th. Kali in 80 Th. Wasser, wäscht und trocknet sie. Im Allgemeinen
pflegt man entweder eine Mischung von Schwefelsäure und Salpeter
oder eine Mischung von Schwefelsäure und Salpetersäure zur Pyroxy-
linisirung anzuwenden. Letztere Methode ist die gewöhnliche, erstere
empfiehlt sich insofern, als man die Zusammensetzung besser control-
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 7
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98
Pyroxylinbereitung.
liren kann, indem Salpeter wohl getrocknet und gepulvert, immer eine
gleichmäfsige Mischung darstellt. Man nimmt:
6 Th. englische Schwefelsäure,
-
Salpeter,
1 -
Wasser,
1 -
Baumwolle.
Man rührt die Mischung so lange um, bis sie eine gleichmäfsige dicke
Flüssigkeit bildet, taucht ein Thermometer hinein, und wenn das Ganze
63 bis 66* steht, thut man die Baumwolle zu, die in Flocken gegen
die Wandungen der Tasse gedrückt wird. Kälter als 60* soll die
Mischung nicht werden. Wenn alles eingetragen, läfst man 10 Minuten
stehen, giefst die Säure ab, drückt aus und wirft die Wolle in kaltes
Wasser, bewegt sie hin und her, bis sie sich kalt anfühlt; wäscht in
fliefsendem Wasser stundenlang, prefst aus und läfst sie trocknen. Statt
Salpeter wenden Fabriken lieber Salpetersäure an. Man nimmt nach
Hardwich :
englische Schwefelsäure (spec. Gew. 1,8«) 18 Th.,
Salpetersäure (spec. Gew. 1,«) .... 6 -
W asser 5 -
Baumwolle | -
Wenn man diese Säuren mischt, so entsteht Temperaturerhöhung
bis 70 oder 80* C. Man läfst sie sinken bis 60 — 66*, dann taucht
man die Baumwolle in 10 einzelnen Portionen ein, die man vorher
getrocknet und gewogen bereit hält, stöfst unter und drückt gegen die
Wand des Gefäfses. Herausragen ist zu vermeiden wegen der sonst
leicht eintretenden Entwicklung rother Dämpfe. Am besten nimmt
man die Arbeit in einem tiefen Porzellangeföfs oder einem Becherglase
vor und rührt während des Eintauchens gut um. Hardwich räth nicht
mehr als '18 Gramm auf einmal zu bereiten, da sonst der zuerst einge-
tauchte Theil leicht zersetzt wird. Fabriken nehmen jedoch bedeutend
gröfsere Quantitäten auf einmal in Arbeit. Man läfst die Wolle 10 Mi-
nuten in der Säure. Die Pyroxylinisirung ist schon in 5 Minuten be-
endet, doch wird bei längerem Verweilen das resultirende Coliodion
flüssiger, giebt dann nicht mehr Streifen, trocknet nicht so rasch und
stöfst den Entwickler nicht ab. Nach Beendigung giefst man entweder
die Säure ab und drückt im Gefafs aus oder nimmt die Wolle heraus,
drückt sie in der Schaale aus und wäscht sie dann in Wasser unter
wiederholtem Drücken und Zerzupfen.
Die übrig bleibende Säuremischung kann man nach Verdünnen
mit 1,8 Th. Schwefelsäure noch einmal benutzen. Man nimmt dann
nur halb so viel Baumwolle wie oben. Jedenfalls arbeitet diese bereits
einmal gebrauchte Mischung nicht so gut wie die frische. Zum vollstän-
digen Waschen der Wolle sind 24 Stunden erforderlich und ist ein
Gehalt des Waschwassers an kohleusaurem Kalk sehr vortheilhaft. Man
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Pyroxylinbereitung.
99
soll keine Alkalien zum Neutralismen der Säure nehmen, weil diese das
Pyroxylin leicht zersetzen. Schließlich wird das Ganze bei 30* durch
Dampf auf einem Tuche getrocknet.
Ein erfahrener Operateur kann nach Hardwich schon beim Her-
ausnehmen aus der Säure einen Schlufs ziehen auf die Qualität der
Wolle. Ist deren Quantität gering, das Ganze sehr mürbe, so daß
kleine Stücke sich ablösen und in der Säure bleiben, so war die Tem-
peratur zu hoch oder die Säuren zu schwach. Ist dagegen die Menge
bedeutend, hält sie gut zusammen, so ist die Temperatur zu niedrig
oder die Säuren zu stark.
Aehnliches zeigt sich beim Trocknen auf dem Tuche, wo man
alle wenig veränderten Stücke hinauswerfen kann. Das Trocknen dauert
2 bis 3 Tage, zum Schluß wendet man Dampf an.
Die Gewichtszunahme des Products ist ein Maßstab für die Beur-
theilung der Güte der Wolle. Ist diese gleich j, so wird das Collodion
dick und streifig. Man muß dann { Theil Wasser mehr zu den Säu-
ren setzen. Ist das Gewicht gleich dem der Baumwolle, so löst sich
das Ganze unvollständig, giebt ein sehr gutes Collodion, das jedoch
sehr zu Flecken geneigt ist. Am günstigsten ist eine Gewichtsver-
mehrung um
Ueber Anfertigung des Papierpyroxylins (s. o. 8.96) ver-
öffentlicht Liesegang einige interessante Daten, die wir hier folgen
lassen :
30 Gr. Seidenpapier wurden in Streifen geschnitten und in eine
Mischung von 250 Cubikcent. Schwefelsäure und 250 Cubikcent. Sal-
petersäure bei 66“ C. 15 Minuten lang eingetaucht, dann gewaschen
und getrocknet. In die schon einmal gebrauchte Säuremischung wur-
den dann noch 15 Gr. Papier eine Stunde lang getaucht, dann ein
Theil herausgenommen und der Rest noch 6 Tage in der Mischung
gelassen. Alle drei Proben lösten sich in Alkoholäther vortrefflich.
Ebenso gaben 250 Gr. Seidenpapier in eine Mischung von 2 Liter
Salpetersäure von 1.4 sp. G. und 2 Liter Schwefelsäure 12 Stunden lang
getaucht, ein vortreffliches Präparat.
Die Herstellung dieses Papierpyroxylins ist nach Liesegang viel
einfacher und sicherer, als die des Baumwollpyroxylins; Papier läßt
sich_ leichter zerschneiden, führt keine Luft mit in die Mischung, läßt
sich besser waschen, kurz ist in jeder Hinsicht handlicher und dabei
billiger als Baumwolle. Man braucht nicht' so ängstlich die Tempera-
tur der Mischung zu beachten und kann dieselbe Mischung uuch zwei-
mal benutzen. Im letztem Falle läßt man das Papier so lange in der
Säure, bis eine Probe sich nach dem Auswaschen vollkommen in
Alkoholäther löst. Das aus dem Papier bereitete Collodion soll sich
durch große Flüssigkeit und Abwesenheit von Wolken auszeichnen.
Rohcollodion.
Das Pyroxylin ist, wie schon gesagt, in verschiedenen Lösungs-
mitteln löslich, so z. B. auch in Essigäther. Beim Verdampfen dieser
Lösung bleibt es als weißes Pulver zurück.
Das beste photographische Lösungsmittel ist eine Mischung von
Alkohol und Aether, aus welchen sich das Pyroxylin beim Ver-
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100
Rohcollodion.
dunsten als glasartige durchsichtige Haut ausscheidet. Die Eigenschaften
dieser Haut variiren nun nicht nur mit den Eigenschaften der an-
gewendeten Wolle, sondern auch mit den Eigenschaften der angewen-
deten Lösungsmittel. Je rascher diese verdunsten, desto
fester wird die feuchte Schicht, je langsamer, desto mürber.
Bei Aetherübersch ufs wird daher diese Schicht stark und co-
härent, zieht sich sehr leicht zusammen und haftet weniger leicht am
Glas, so dafs man sie oft ohne Zerreifsen abziehen kann.
Bei Alkoholüberschufs ist die Schicht zart und leicht zerreifs-
bar, noch stärker tritt dies bei Wassergehalt hervor. Setzt man zu
gutem Collodion einige Tropfen Wasser, so wird ein Niederschlag ent-
stehen, der sich beim Umschütteln wieder löst. Das Collodion ist nun
schleimig und die Haut halb undurchsichtig, netzartig und sehr mürbe.
Dieselben Fehler werden bei Anwendung eines wasserreichen Alko-
hols eintreten. Um diesem Mangel zu begegnen, mufs man die Menge
des Aethers vermehren. Hier tritt jedoch der Uebelstand ein, dafs
beim Gebrauch eines solchen Collodions der Aether allmählich ver-
dunstet und der Rückstand wieder mürbe Schichten giebt. Solches
Collodion kann man durch erneuten Zusatz von Aether wieder ver-
bessern. Wieviel Alkohol und Aether man nehmen soll, hängt von
dem Rohmaterial ab. Für eine Wolle, welche ein zu lockeres, schlei-
miges Häutchen zu geben geneigt ist, nehme man viel Aether und
£ — t't Alkohol; für eine in hoher Temperatur und schwefelsäure-
reicher Mischung angefertigte Collodionwolle , welche ein sehr festes
structurloses , schnell trocknendes und sich leicht zusammenziehendes
Häutchen liefert, d. h. für pergamentartiges Collodion nehme man
mehr Alkohol als Aether.
Wichtig ist die Stärke des Alkohols. Derselbe mufs für schlei-
miges Collodion absolut sein, während er für das pergamentische
Wasser enthalten kann. Hardwich empfiehlt für das letztere, falls
der Alkohol absolut ist, 2 Alkohol und 1 Aether.
Für heifse Jahreszeiten ist ein alkoholreiches Collodion vor-
theilhaft, da dasselbe sonst zu rasch trocknet. Sutton hat für heifse
Gegenden eine Wolle, die schon in reinem Alkohol löslich ist, das so-
genannte Alkolen empfohlen. Dieselbe wird bei hoher Temperatur
verfertigt (bis 80* C.). Der Alkohol wirkt nach Hardwich jedoch
nicht blofs physikalisch, sondern auch photographisch. Er ver-
mehrt sowohl die Empfindlichkeit als auch die Intensität Die
erstere wird nur bis zu einer gewissen Grenze durch Alkoholzusatz
vermehrt; wird über diese Grenze hinaus noch mehr Alkohol zugesetzt,
so tritt wieder Verminderung ein. Anders ist es mit der Intensität,
die namentlich bei warmem Wetter bei ätherreichem Collodion sehr
schwach ist. Jedenfalls spielt hier die Porosität der Schicht eine Rolle.
In Deutschland nimmt man gewöhnlich zum Rohcollodion Al-
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Jodirnngssalze.
101
kohol and ^ Aether. Beide müssen frei von ätherischen Oelen und
neutral sein. Man wiegt die Wolle ab, z. B. 20 Gramme, und giefst
darauf 500 Gramme Alkohol von mindestens 95", noch besser absoluten,
und wenn die Wolle vollständig mit Alkohol durchfeuchtet ist, giefst
man 500 Gramme Aether hinzu (sp. G. 0,72s). Man schüttelt dann gut
um, bis alles gelöst ist, und stellt das Collodion eine Woche an einen
kühlen Ort zum Klären, dann giefst man es ab. Will man ein dickes
Collodion, so nimmt man 25 Gr. Wolle, für ein dünnes 15 Gr. In
Deutschland pflegen die Fabrikanten photographischer Chemikalien
Rohcollodien von 2 und 4 pCt. Gehalt an Collodionwolle vorräthig zu
halten. Ersteres dient für die gewöhnlichen Collodien. Von letzterem
nimmt man je nach der Consistenz, die man wünscht. Man prüfe nach
der Auflösung auf die Neutralität mittelst Lackmus. Sollte es sauer
sein, so neutralisire man mittelst einer Prise reinen kohlensauren
Natrons.
Das Collodion selbst mufs im Dunkeln in wohlverstopften Flaschen
aufbewahrt werden. Es hält sich hier je nach der Bereitung mehr
oder weniger lange. Die Haltbarkeit ist abhängig von der Natur der
Wolle.
In hoher Temperatur bereitetes oder aus alten Leinen gemachtes
halbzersetztes Pyroxylin hält sich nicht lange, wenn es auch anfangs
gut arbeitet. Um das Rohcollodion auf seine Haltbarkeit zu prüfen,
schüttelt man es mit trocknem kohlensauren Kali; damit mufs es,
falls es gut ist, die ersten 2 Stunden farblos bleiben. Färbt es sich
schnell braun, so ist es nicht sehr dauerhaft
Auch der Aether wirkt auf die Haltbarkeit Derselbe ist öfter
ozonosirt und macht dann aus den zugesetzten Jodmetallen Jod frei.
Das Collodion wirkt damit anfangs intensiv, aber nicht lange. Dann
giebt er bei der Oxydation leicht Aldehyd und Essigsäure, die ebenfalls
nachtheilig wirken.
Jodirangs salze.
Behufs der Anwendung des Rohcollodions als Bildträger für die
lichtempfindlichen Silbersalze kann man dasselbe unmittelbar mit
diesen Salzen versetzen, die dann vermöge der schleimigen Eigen-
schaft des Collodions darin suspendirt bleiben. Dies geschieht jedoch
selten. Man pflegt lieber das Jodsilber und Bromsilber, welches die
lichtempfindliche Schicht bildet, in der Collodionhaut selbst zu erzeu-
gen, indem man das Rohcollodion mit Jod- und Brommetallen ver-
setzt und die damit hergestellte Collodionhaut in Silberlösung taucht.
Hier wird alsdann durch Wechselzersetzung in der Haut selbst Jod-
und Bromsilber niedergeschlagen. Man nennt dieses Versetzen des Roh-
collodions mit Jod- und Brommetallen das „ Jodiren“ , die angewen-
deten Salze „ Jodirungssalze“ und das damit versetzte Collodion
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102
Jodirungssalze.
selbst „jodirtes Collodion“ (ein Ausdruck, der insofern unlogisch
ist, als nicht allein «Tod-, sondern auch Brommetalle zum Versetzen
des Collodions gebraucht werden)*). Wir wollen nun im Folgenden
die Eigenschaften der Jodirungssalze, sowie des jodirten Collo-
dions näher betrachten**). — Es ist offenbar, dafs von den zahlreichen
Jod- und Brommetallen nur solche zum Versetzen des Collodions be-
nutzt werden können, welche in Alkohol und Aether löslich sind.
Dieser Bedingung genügen nur wenige. Man wendet an:
Jodkalium — Bromkalium,
Jodnatrium — Bromnatrium,
Jodlithium — Bromlithium,
Jodammonium — Bromammonium,
Jodcalcium — Bromcalcium,
Jodzink — Bromzink,
Jodcadmium — Bromcadmium,
Jodeisen — Bromeisen.
Die Calcium-, Zink- und Eisensalze der Art werden nur selten ange-
wendet
Jodkalium (KJ),
Atomgewicht = 166,12,
ist ein wasserfreies, in Würfeln krystallisirendes Salz, welches leicht
in der Glühhitze schmilzt, bei höherer Temperatur verdampft und sehr
leicht löslich in Wasser ist; bei 12° C. löst sich ein Theil Jodkalium
in 0,735 Wasser. Die Jodkaliumlösung löst Jod in beträchtlicher Menge
auf. Alkohol löst es nur schwer, 1 Th. KJ erfordert 40 — 60 Th. starken
Alkohols, nach Hardwich sogar 180 Th. ahsoluten Alkohols. Es
ist zuweilen mit Kohlensäure, Jodsäure, Schwefelsäure und Chlorkalium
verunreinigt; Fehler, die man mit Reagentien leicht entdecken kann.
Kohlensäure verräth sich durch Brausen bei Aufgiefsen verdünnter
Säure, Jodsäure durch Gelbfärbung der Lösung bei Zusatz verdünnter
Schwefelsäure. Schwefelsäure entdeckt man leicht durch Barytsalzlösung,
die damit einen weifsen in H CI unlöslichen Niederschlag erzeugt. Chlor
ist schwieriger nachzuweisen. Man findet es, wenn man das Jodkalium
mit Silbersalz niederseblägt, den Niederschlag mit Ammoniak behan-
delt, welcher das Chlorsilber löst. Aus dieser Lösung fällt es durch
Versetzen mit Salpetersäure als weifser Niederschlag. (Diese Prüfungen
*) De# (ttiltld, warum man neben Jddsalzeh auch Bromsalze im Collodion an-
waadBl, wird weiter anten erörtert werdfen.
** ) Von Rechte wegen gehört die Beschreibung der Jod- und Brommetalle in
die Betrachtung der Salze. Ihr gemeinschaftlicher Zweck macht aber ihre gemein-
schaftliche Beschreibung in einem gesonderten Capitel nothwendig. Wir ersparen
sh dem Lese# das mühsame Umhersuchen unter den verschiedenen Rubriken : Kali,
Nnttwi, Ammoaiumealze eto.
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Jodirungssalze.
103
auf Verunreinigungen des Jodkaliums sind auch bei Untersuchung der
Reinheit aller übrigen Jodirungssalze anwendbar.) Neuerdings wird
das Jodkalium sehr rein in den Handel gebracht, was man leider von
den übrigen Jodirungssalzen nicht sagen kann. Im festen Zustande
verändert es sich nicht im Licht, in HO gelöst, wird es aber im Licht
bald gelb gefärbt unter Freiwerden von Jod. Es reagirt alka-
lisch. Gelöst in 5 bis 10 HO ist keine Reaction bemerkbar; ein festes
Stück , mit H O befeuchtet, auf violettes Lackmuspapier, färbt dasselbe
nach kurzer Zeit weinroth. (Dafs diese Färbung nicht gleich anfangs
eintritt, liegt vielleicht in einer Zersetzung.) Nach Hardwich soll auch
das reine Salz sich im Licht färben. Geschieht dies nicht, so soll
freies Alkali vorhanden sein. Man reinigt es durch siedenden Alkohol,
in dem das kohlensaure, jodsaure und schwefelsaure Kali unlöslich sind.
Man stellt das Jodkalium jetzt meistens aus Jod eisen dar, indem man
eine Lösung desselben mit kohlensaurem Kali versetzt; es fallt dann
Eisencarbonat nieder, während Jodkalium in Lösung bleibt und zum
Krystallisiren gebracht werden kann. Alle Verunreinigungen des ange-
wendeten Kalisalzes gehen hierbei in das fertige Präparat über.
Bromkalium,
Atomgewicht = 119,12,
krystallisirt wasserfrei wie das Jodkalium in Würfeln, ist luftbeständig,
schmilzt in der Glühhitze, ist sehr leicht löslich in Wasser, doch sehr
sch wer. löslich in Alkohol, so dafs es sich bei doppelter Zersetzung
ausscheidet, wenn eine gesättigte alkoholische Jodkaliumlösung mit der
Lösung eines Bromraetalles, z. B. Bromcadmium ersetzt wird. Nach
Hardwich löst eine Unze Collodion, welches 4^ Aether und 3J Alkohol
enthält, nur Gran Bromkalium auf. KBr gelöst in 10 Th. Wasser,
reagirt neutral, in festen Stücken mit Wasser befeuchtet, auf Lackmus-
papier gelegt, aber deutlich alkalisch.
Die schwierige Löslichkeit des Jodkaliums und Bromkaliums in
Alkohol erschwert ihre Anwendung zur Jodirung des Collodions. Nicht
selten ereignet es sich, dafs diese Salze aus dem Collodion bei nie-
derer Temperatur auskrystallisiren, dadurch Niederschläge bilden und
in der photographischen Praxis Flecke veranlassen; Verfasser wendet
sie deshalb nur ausnahmsweise an. Zur Darstellung des Bromkaliums
kann man denselben Weg wie zur Darstellung des Jodkaliums be-
nutzen *).
*) Es wurde über die Grenzen dieses Lehrbuchs binausgehen, die speciellen Her-
Mellungsmethoden der verschiedenen Chemikalien zu erläutern. Wer eich in dieser
Hineicht zu belehren wünscht, den verweisen wir auf Graham, Otto, Lehrbuch der
Chemie.
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104
JodiruDgssalze.
Jodnatrium (NaJ-t-4HO),
Atomgewicht = 18G,
krystallisirt mit 4 Atomen Wasser in kleinen Spiefsen und verwittert an
der Luft. Es löst sich sehr leicht in Wasser und ziemlich leicht in Al-
kohol; 100 Th. Alkohol von 95* lösen bei 15* C. 8,33 Th. Jodnatrium*).
Dieser leichten Löslichkeit in Alkohol wegen ist es dem Jodkalium
als Jodirungssalz vorzuziehen. In seinen übrigen Eigenschaften ist es
dem Jodkalium ähnlich. Manches im Handel vorkommende NaJ ist
fast wasserfrei.
Bromnatrium (NaBr -+• 4H 0),
Atomgewicht = 139,
kommt ebenfalls in wasserhaltigen Krystallen im Handel vor, die luft-
beständig sind und sich im Wasser leicht, in Alkohol nur schwer lösen,
jedoch leichter als das Bromkalium. Die Löslichkeit des reinen Salzes
ist nicht bekannt. Bei Gegenwart von Jodcadmium lösen 100 Th. Al-
kohol von 95-J (je nach dem Cadmiumgehalt) 0,8 bis 1,3 Jodnatrium*).
Leider kommen Jodnatrium wie Bromnatrium oft sehr unrein im*
Handel vor und veranlassen dadurch bei der Anwendung in der Pho-
tographie manche Unzuträglichkeiten. Ihre Verunreinigungen sind auf
dieselbe Weise zu entdecken, wie beim Jodkalium angeführt wurde.
Jodammonium (NH, J),
Atomgewicht = 145,
ist ein sehr unbeständiges Salz, das schon halb zersetzt in den Handel
kommt, indem es leicht Jod abgiebt und dadurch gelb wird. Es ist
frisch alkalisch, in Alkohol viel leichter löslich als KJ und NaJ,
zerfliefslich und mufs an einem dunkeln Orte aufbewahrt werden.
Häufig ist es mit AmOCO, und SO, verunreinigt. Die gelbe Masse
macht man wieder weifs durch Schütteln mit Aether oder durch einen
Tropfen Schwefelammonium; seine leichte Löslichkeit in Alkohol hat
seine allgemeine Anwendung in der Photographie veranlafst
Bromammonium (NH, Br),
Atomgewicht = 98,
läfst sich direct durch Einwirkung von Brom auf Ammoniakgas dar-
stellen, es entweicht dabei Stickstoff und NH, Br bleibt zurück. Es ist
beständigeres Salz als NH,J und leichter löslich in Alkohol wie
KJ und NaJ. 100 Th. Alkohol von 95° lösen 3 Th. NH,Br.
Jodlithium (LiJ-f-6HO)
enthält nach Rammeisberg 6 Aequ. Wasser, zerfliefst und färbt sich
gelb an der Luft und ist leicht löslich in HO und Alkohol. Es wird
nur selten zur Jodirung angewendet
*) S. Photogr. Mittheilungen, III. Jahrg. S. 40.
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Jodirnngssalze.
105
Bromlithium (LiBr?)
ist auf seine Eigenschaften noch wenig untersucht. Es ist wie LiJ
leicht löslich in Alkohol und wird wie dieses nur ausnahmsweise an-
gewendet.
Jodcalcium (CaJ) und Bromcalcium (CaBr)
bilden in Alkohol leicht lösliche, zerfliefsliche Salze, welche an der
Luft leicht unter Ausscheidung von kohlensaurem Kalk zersetzt werden.
Jodzink und Bromzink
können ähnlich dem Jod- und Bromeisen, dem Jod- und Brom-
cadmium durch Einwirkung von Jod resp. Brom auf die zerkleinerten
Metalle unter Wasser erhalten werden.
Beide bilden weifse Krystalle, die an der Luft zerfliefsen, in Wasser
und Alkohol löslich sind und leicht zersetzbar sind. Sie werden
wenig angewendet. Interessant ist die Neigung des Zn J, Doppelsalze
zu bilden. Wir erwähnen das NH4J-t-ZnJ und KaJ-+-2ZnJ.
Jodcadmium (CdJ),
Atomgewicht = 182,7,
bildet sich beim Erwärmen von Cd -Blech mit Jod und Wasser; die
Lösung giebt beim Verdampfen grofse sechsseitige Tafeln. Es ist
schmelzbar und wasserfrei, wird durch Einwirkung des Lichtes leicht
gelb, ist leicht löslich in Alkohol und Wasser, bildet perlmutter-
glänzende Blättchen, reagirt in Lösung sauer und ist luftbeständig.
Es bildet leicht Doppelsalze :
^aJ, CdJ -+- 2 HO \
AmJ, Cd J + 2 HO j nach Croft.
NaJ, CdJ -f- 6 HO )
Mit Cadmiumoxyd vereinigt es sich zu einem Oxyjodür, das durch
Alkohol zersetzt wird.
Bromcadmium (CdBr + 4 HO),
Atomgewicht = 171,7,
wird ebenso wie Jodcadmium erhalten, krystallisirt mit 4 Aequ. W asser
in Nadeln, die an der Luft verwittern. Es ist leicht löslich in Wasser
und Alkohol, schmilzt und sublimirt in hoher Temperatur. Es bildet
wie das Jodcadmium leicht Doppelsalze:
K Br -1- 2 CdBr -+- HO, ferner KaBr -+- CdBr und
NaBr 4- 2 CdBr -H 5 HO (Croft).
Diese Doppelsalze sind noch nicht genauer untersucht, doch lassen
Erfahrungen aus der photographischen Praxis schliefsen, dafs sie sich
durch leichtere Löslichkeit in Alkohol und durch gröfsere Be-
ständigkeit als ihre Componenten auszeichnen; daher wendet man
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106
Wirkung der Jodirungssalze.
gern Mischungen von Cadmium- und Alkalisalzen zum Jodiren
der Collodien an. Von allen Jodirungssalzen sind die Cadmiumsalze
im Collodion die beständigsten. Man würde sie ausschlicfslich anwen-
den, wenn ihre saure Reaction nicht die Empfindlichkeit des Präparats
ein wenig beeinträchtigte.
Wirkung der Jodirungssalze.
Wenn man verschiedene Collodien mit verschiedenen Jodirungs-
salzen in äquivalenten Mengen versetzt, so findet man in ihrem Ver-
halten sehr merkbare Unterschiede, die man a priori nicht vermuthen
sollte und die sich einerseits auf die Flüssigkeit, andrerseits auf die
Haltbarkeit, ferner auf die Empfindlichkeit des Präparats er-
strecken. Hier sind zunächst von Wichtigkeit 1) die physikalischen
Wirkungen, die die Salze auf das Collodion ausüben. Man hat
nämlich gefunden, dafs die alkalischen Jodirungssalze (Kali-, Natron-,
Ammonium- und Lithionsalze ) das Collodion dünnflüssig machen,
die übrigen (Cd J, Zn J, Cd Br) dickflüssig. (Im ersten Augenblicke,
wird manches mit Ueberschufs von Schwefelsäure bereitete Collodion
durch Jodkaliumzusatz dickflüssig, dann schnell dünnflüssig.)
Eine ähnliche, dünnflüssig machende Wirkung zeigen kohlen-
saure Alkalien, die öfter den Jodirungssalzen beigemischt sind.
Sauer reagirende Salze giebt es nur vier in der Photographie, Jod-
und Bromcadmium und Jod- und BromzJnk. Die übrigen oben
genannten reagiren alkalisch. Daraus folgt von selbst, dafs man für
erstere ein dünneres, für letztere ein dickeres Collodion zur Auflö-
sung wählen mufs, d. h. ein mehr oder weniger an * Schiefsbaumwolle
reiches.
2) Die Haltbarkeit In Bezug hierauf steht das mit Cad-
miumsalzen versetzte Collodion obenan. Dieses hält sich sehr lange,
ohne gelb zu werden, während alkalische Jodsalze in alkoholischer
Lösung sich schnell zersetzen und das Collodion gelb und endlich roth
färben und zugleich dünnflüssig machen. Das unbeständigste Salz der
Art ist das Ammonium, dann folgt Jodlithium und endlich Jodkalium.
Die Brommetalle zersetzen sich viel weniger leicht Die Ursache dieser
Rothfärbung ist eine Oxydation der Alkalimetalle, einerseits durch
Ozon, der im Aether häufig enthalten ist, andrerseits durch die Unter-
salpetersäure des Pyroxylins. Häufig ist hieran auch die Unreinheit
der Salze schuld, die kohlensaure Alkalien etc. enthalten. Die Halt-
barkeit des Collodions wird erhöht, wenn man nicht ein, sondern
mehrere Jodirungssalze gemischt verwendet Es entstehen dabei
jedenfalls Doppelsalze, welche der Zersetzung länger Widerstand leisten,
(s. o. unter Jodcadmium). In ähnlicher Weise wirkt Bromsalz vor-
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Wirkung der Jodirnngssalze.
107
theilhaft auf die Haltbarkeit (Hardwich). Namentlich ist es bei jod-
ammoniamhaltigen Collodien von guter Wirkung*).
3) Ein dritter Punkt ist die Löslichkeit der Salze. So
ist Jodkalinm nur sehr schwer löslich, kann deshalb nur unter be-
sonderen Bedingungen angewendet werden. Ein Collodion, was gleiche
Theile Aether und Alkohol enthält (letzterer von 0,81«), verträgt auf
120 Th. 1 Th. Jodkalium (Hardwich). Fügt man aber Jodcadmium
hinzu, so entsteht ein löslicheres Doppelsalz, das nahezu aus glei-
chen Gewichtstheilen beider Salze besteht. Noch schwerer löslich
ist Bromkalium. Collodion, was 4^ Aether auf 3£ Alkohol enthält,
verträgt nur {• Gr. Bromkalium per Unze (Hardwich). Deshalb ent-
steht leicht ein Niederschlag, wenn man zu Jodcadmiumcollodion Brom-
cadmium setzt. Das ist ein zweiter Grund, die KJ-Jodirung zu
verwerfen und lieber die leichter löslichen Natron- und Ammonium-
salze anzuwenden.
Leicht löslich ist das LiJ und NH, J, doch wegen ihrer Zer-
setzbarkeit nicht lange haltbar, auch schwerer rein zu erhalten.
Von Bromsalzen ist das löslichste und beste Bromcadmium, nach
diesem folgt das Bromammonium, welches Verfasser vorzugsweise an-
wendet**).
4) Endlich sind noch die photographischen Eigenschaften
zu beachten. Diese Unterschiede treten bei frisch jodirten reinen
Collodien, die mit äquivalenten Mengen verschiedener Jod- und Brom-
salze versetzt wurden, nicht stark hervor. Man bemerkt, dafs frisches
Jodkalium ein kräftigeres Bild giebt als Jodammonium, dieses, wie
es scheint, wieder ein kräftigeres als Jodcadmium. Die geringere
Intensität der Jodcadmiumcollodionbilder erklärt sich wohl aus der
sauren Reaction des beim Silbern entstehenden salpetersauren Cad-
tniumoxyds. Mit der Zeit ändern sich jedoch diese Collodien, am
schnellsten die, welche KJ und N H, J enthalten; sie werden weniger
empfindlich, roth und dünnflüssig, geben aber bei hinreichend langer
Belichtung noch intensive Bilder.
Die Veränderung der photographischen Empfindlichkeit erfolgt viel
schneller, gleichzeitig mit einer Vermehrung der Intensität
*) Verfasser machte hinsichtlich der conservirenden Wirkung des Bromsalzes
eine seltsame Erfahrang. Er versetzte zwei Collodien mit gleichviel Jodsalz (Jod-
cadmium und Jodnatrium) und setzte zu dem einen Bromnatrium. Das bromhaltige
färbte sich schon nach wenigen Tagen roth; das reine Jodcollodion war noch nach
8 Monaten schön gelb. Das Bromnatrium erwies sich als schwefelsäurehaltig. Das-
selbe Collodion mit Bromcadmium angesetzt, hielt sich trefflich.
**) Die Löslichkeit des Bromnatrinms wird sehr durch Cadmiumsalze befördert.
Nach zwei Versuchen lösten 30 Alkohol, welche 0,7 Jodcadmium und 0,7 Jodnatrium
enthielten — 0,23 3 Bromnatrium. Dagegen lösten 30 Alkohol, welche l,o Jodcadmium
und 0,4 Jodnatrium enthielten — 0,3 j 7 Bromnatrium. Bei einem Gehalt von 1,4 Jod-
cadmium lösten sich 0,4 Bromnatrium (s. 0.).
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108
Wirkung der Jodirungsaalze.
bei Gegenwart organischer Substanzen, wie Nitroglucose, Traubenzucker,
also bei Collodion, das bei hoher Temperatur und grofser Verdünnung
bereitet wurde.
Oft findet man, dafs ein Collodion anfangs roth wird, später wie-
der hell. Diese Erscheinung erklärt sich aus der Bildung von redu-
cirenden organischen Körpern, die das Jod absorbiren, welches die
Gelbfärbung verursacht
Wir haben nun noch Auskunft zu geben, warum man gewöhnlich
eine Mischung von Jod- und Bromsalzen zum Versetzen des Col-
lodions verwendet, ln dem Capitel über Photochemie ist das Jodsilber
als das lichtempfindlichste Silberhaloidsalz geschildert worden. Es wurde
aber bereits bemerkt, dafs die Gegenwart des an sich weniger licht-
empfindlichen Bromsalzes die Lichtempfindlichkeit des Jodsilbers er-
höhe. Dieser Satz galt freilich nur für trockne, von überschüssigem
Silbersalz befreite Jod- und Bromsilberpapiere. Die Empfind-
lichkeit des Bromsilbers und Jodsilbers schwankt jedoch wesentlich
unter verschiedenen Umständen. Bei Gegenwart von Tannin und ähn-
lichen Körpern erscheint z. B. das Bromsilber lichtempfindlicher als
das Jodsilber. Es sind dies Thatsachen, die erst während der Ab-
fassung dieses Buches in das rechte Licht gesetzt worden sind und die
daher in dem Capitel über Photochemie noch nicht besprochen werden
konnten. Wir behalten uns die Erörterung dieser Thatsachen für den
II. Theil des Werkes vor und beschränken uns hier auf die Besprechung
des praktisch wichtigsten Falles, nämlich die Wirkung der Bromsalze
im gewöhnlichen nassen Verfahren.
Früher herrschten über diesen Punkt die verschiedensten Meinungen.
Einige behaupten, Bromsalz sei empfindlicher für grüne Strahlen,
und diese Meinung ist begründet. Jedoch ist die Wirkung der grünen
Strahlen auf Bromsilber quantitativ zu gering und daher praktisch nicht
von Gewicht. Hardwich sagt sogar ausdrücklich, dafs reines Jodcol-
lodion für Aufnahme grüner Blätter (Baumschlag) besser sei, als
bromjodirtes. Zu ähnlichem Resultat ist Thouret gekommen.
Manche Forscher behaupten eine gröfsere Empfindlichkeit des
Jodbromcollodions, diese wird von Andern wieder geleugnet. Sicher
ist sogar, dafs Brom die Intensität vermindert. Nur darin stimmen
die Angaben verschiedener Forscher überein, dafs Bromsalz die Halt-
barkeit des Collodions vermehrt (siehe dagegen S. 107), die sogenannte
Schleierbildung und Flecken verhütet, die Solarisation vermindert
und mehr Harmonie in das Bild bringt. Um über den Hauptpunkt,
die Empfindlichkeit der Collodien, ins Klare zu kommen, unter-
nahm der Verfasser eine Reihe von Versuchen. Er stellte drei Collo-
dien her, die mit äquivalenten Mengen von Chlorcadmium, Brom-
cadmium und Jodcadmium versetzt waren. Diese sensibilisirte er,
wie gewöhnlich, und nahm damit eine weifse, mit schwarzer
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Wirkung der Jodirungssalze. — Albumin. 109
Draperie theilweise umhüllte Gypsbüste auf. Er belichtete alle
drei Platten gleich lange und entwickelte mit Eisenvitriollösung.
Das Jodcollodion gab ein sehr intensives Bild des weifsen
Gypses und ein schwaches der schwarzen Draperie. Die Linien waren
verschwommen.
Das Bromcoilodion gab ein schwaches, aber klares Bild des
Gypses, von der schwarzen Draperie keine Spur.
Das Chlore ollodion gab keine Spur eines Bildes*).
Demnach ist das reine Jodcollodion das photographisch
empfindlichste.
Nun wurde im Anschlufs daran ein gemischtes Collodion un-
tersucht.
Es wurden wieder drei Collodien hergestellt. 1) Ein reines Jod-
collodion; 2) ein Collodion, was ebenso viel Jodsalz enthielt wie 1,
daneben j- Bromsalz; 3) ein Collodion mit ebenso viel Jodsalz wie 1
und ^ Chlorsalz. Damit wurde unter gleichen Umständen (gleiche
Belichtung etc.) wieder die Gypsbüste mit schwarzer Draperie aufge-
nommen.
Das Jodcollodion gab wie oben ein höchst intensives, etwas
verschwommenes Bild des Gypses, aber nur wenig Details in der dun-
keln Draperie.
Das Bromjodcollodion und das Chlorjodcollodion gaben
ein viel weniger intensives, aber klares Bild des Gypses, dagegen
viel mehr Details in der schwarzen Draperie. Gewisse dunkle Falten
der letzteren, die im Jodcollodionbild kaum sichtbar waren, traten bei
den gemischten Collodien deutlich hervor.
Daraus folgt:
Reines Jodcollodion ist empfindlicher für starke Lichter
(Gyps etc.), gemischtes Collodion empfindlicher für schwache.
Man nimmt daher das letztere, um Details in den Schatten zu erzielen.
Dieser Satz gilt jedoch nur für auf gewöhnlichem Wege im Silber-
bade präparirte Platten. Wir werden im praktischen Theile merk-
würdige Ausnahmen davon kennen lernen (s. a. S. 56).
Ueber die Fertigung und den Gebrauch der jodirten Collodien wird
der II. Theil unseres Werkes berichten.
Albumin
wurde als Bildträger von Niepce de St. Victor in die Photo-
graphie eingeführt, anfangs für den Negativprocefs zum Ueberziehen
von Glasplatten; als solches findet es jetzt nur noch in sogenannten
Trockenprocessen Anwendung (siehe den II. Theil). Dagegen ist es
*) Es folgt daraus keineswegs die photographische Unempfindlichkeit des Chlor-
silbercollodions. Jedenfalls wurde dieses bei längerer Dauer der Belichtung eben-
falls ein Bild geben.
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110
Albumin.
jetzt ein wichtiger Bildträger für den Positivprocefs , in welchem man
es zum Ueberziehen des Papiers verwendet
Albumin ist ein Stickstoff- und schwefelhaltiger Körper von sehr
complicirter Zusammensetzung, der mit einer andern Sorte von Körpern,
dem Fibrin und Casein, die sogenannten Proteinstoffe bildet, die
sich nicht nur im Thier-, sondern auch im Pflanzenorganismus finden.
Diese Proteinatoflfe kommen theils in löslicher, theils in unlös-
licher Modification vor.
Die erste Modification findet sich in den Säften der Thiere und
Pflanzen, die letztere wird künstlich erzeugt durch Kochen oder durch
Fällen der Lösungen mit absolutem Alkohol, verschiedenen Säuren,
Salzen etc. Löslich erhält man die Proteinkörper durch Eindunsten
der sie enthaltenden Fluida unter 50°, sie bilden dann farblose gummi-
artige Massen, die sich in Wasser lösen und mit Alkohol, Säuren und
Salzen Niederschläge geben. Im unlöslichen Zustande bilden sie klum-
pige , geruchlose und geschmacklose Massen, die durch Alkalien unter
Zersetzung gelöst werden, ebenso durch concentrirte Säuren, und mit
Quecksilberoxydoxydul und Salpetersäure eine rothe Färbung geben.
Man hat alle drei, das Albumin, Fibrin und Casein als Ueber-
zug von Papier angewendet; mit Erfolg jedoch bisher nur das erstere.
Das Albumin erhält man am besten aus Hühnereiern durch Ver-
mischen mit Wasser, tüchtiges Schütteln (Schneeschlagen) und Setzen-
lassen, Filtriren und Verdunsten und Ausziehen der trocknen Masse mit
Alkohol oder Aether, welche die Fettbestandtheile auflösen. Der
Rückstand enthält dann noch circa 5J unorganische Bestandteile,
darunter freies Alkali, Kochsalz und phosphorsaure Salze. Durch
Versetzen einer Eiweifs- Lösung mit Bleiessig erhält man einen
Niederschlag von Albumin und Bleisalz, welcher nach dem Auswaschen
upd Zersetzen mit Schwefelwasserstoff reines Albumin liefert. Man
kann es auch mit Hülfe der sogenannten Dialyse von fremden Salzen
reinigen. Seine procentische Zusammensetzung variirt etwas, im Mittel
ist sie folgende:
Kohlenstoff . .
. 53,4,
Wasserstoff . .
• 7,o,
Stickstoff . . .
, 15,6,
Sauerstoff . .
• 22,4,
Schwefel , . .
. 1,6.
Bei 60 — 70* trübt sich die Albuminlösung und es scheiden sich
grofse Flocken von coagulirtem Albumin aus. Je verdünnter die Lösung,
desto höher ist die zum Coaguliren nöthige Temperatur. Ist das Eiweifs
alkalihaltig, so bleibt stets ein Theil in Lösung.
Bei diesem Coaguliren entwickelt sich Schwefelwasserstoff. — '
Das Eiweifs wird gefällt durch starken Alkohol (das durch Alkohol
gefällte Eiweifs löst sich nach dem Auswaschen wieder in Wasser),
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Albumin. — Gelatine.
111
Kreosot, anorganische Säuren, aber nicht durch organische. Die
unorganischen Säuren gehen dabei eine Verbindung mit Eiweifs ein,
die jedoch auch schon durch Wasser zerlegbar ist. Das so gewaschene
Eiweifs löst sich dann wieder in Wasser auf. Verdünnte Salzsäure
fällt das Albumin, concentrirte Salzsäure löst es mit blauer Farbe.
Die meisten Metallsalze coaguliren es, und verbinden sich dabei mit
ihm zu sogenannten Albuminaten. Am wichtigsten für die Photo-
graphie ist das S ilbe ralb umina t, welches durch Fällen von Eiweifs-
lösung mit Silberlösung als ein weifser, flockiger Niederschlag erhalten
wird, der sich namentlich im trocknen Zustande im Licht rasch bräunt
und einen höchst brillanten Ton annimmt, in Wasser unlöslich ist und
aus einer innigen Verbindung von Albumin mit salpetersaurem Silber-
oxyd besteht. In Alkalien löst sich dieses Silberalbuminat. Diese
Auflösung findet sehr leicht bei Sensibilisirung des Eiweifspapiers auf
alkalischen Silberbädern statt.
Merkwürdigerweise wird getrocknetes Albumin durch Er-
hitzen nicht coagulirt, eben so wenig durch Alkoholäther, wohl aber
durch Metallsalze. Um Papier mit Eiweifs zu präpariren, wird das
Hühnereiweifs einem Reinigungsprocefs unterzogen, gesalzen und dann
das Papier darauf schwimmen gelassen, dann abgehoben und getrock-
net. Es bleibt so eine Schiebt von nicht coagulirtem Eiweifs am
Papier haften. Legt man daher dieses Albuminpapier in Wasser, so
löst sich das Eiweifs auf. Wärme allein coagulirt diese Ei weifsschicht
nicht, wohl aber Einwirkung von Wasserdampf. Dagegen findet die
Coagulirung im Silberbade statt, indem sich hier ein unlösliches Silber-
albuminat bildet. Ist das Bad jedoch sehr verdünnt, so tritt diese
Coagulirung nicht oder nur unvollständig ein, die Albumindecke löst
sich los und die erzielten Bilder sind vollkommen untauglich.
Läfst man Albumin an der*Luft in Lösung stehen, so entwickelt
sich Schwefelwasserstoff und das Ganze wird sauer. Oft läfst man
solches Sauerwerden absichtlich eiutreten, damit das Eiweifs beim
Präpariren die Leimung des Papiers nicht auflöst. Ja oft läfst man
das Eiweifs einen förmlichen Gährungsprocefs durchmachen.
Gelatine.
Verschiedene thierische Substanzen wie Haut, Sehnen, Knochen
und Fischblase enthalten eigentümliche stickstoffhaltige Substanzen,
die in Wasser unlöslich Sind, aber durch längeres Kochen damit löslich
werden, und dann eine Lösung geben, die beim Erkalten zu einer Gallerte
gerinnt. Man nennt diese Substanzen Leimsubstanzen. Im unreinen
Zustande geben diese den gewöhnlichen braunen Tischlerleim, in der
reinsten Form die farblose Gelatine. Diese ist eine geruch- und ge-
schmacklose Masse, die im kalten Wasser aufschwillt, ohne sich zu
lösen, dabei ungefähr ihr vierfaches Volumen Wasser aufsaugt, beim
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112
Gelatine.
Erwärmen aber eine dünne Losung giebt. Diese gelatinisirt beim
Erkalten selbst dann noch, wenn sie nur 1 pCt. Gelatine enthält; kocht
man diese Lösung sehr lange, so verliert sie die Fähigkeit zu ge-
rinnen.
Aufser in Wasser löst sich die Gelatine noch in Essigsäure, sogar
in der Kälte. Diese Lösung gerinnt nicht, sie wurde neuerdings als
Zusatz zum Entwickler empfohlen; auch verdünnte Schwefelsäure
löst den Leim auf: hierbei geht jedoch eine vollständige chemische
Zersetzung vor, es bildet sich Glycocoll, eine süfse zuckerartige Masse,
Leucin und andere Körper.
Leimlösungen werden nicht von Alaun gefällt, dennoch wird eine
trockene Leimschicht durch Behandeln mit Alaunlösung fast unlöslich
in Wasser; Chlorquecksilber und Gerbstoff fällen die Leimlösung, Silber-
lösungen coaguliren sie nicht; im Gegentheil löst sich Gelatine in
Siiberlösungen auf, und färbt diese braun.
Alkohol und Aether lösen den Leim nicht auf, dagegen ist er
in der Wärme löslich in Glycerin; die Lösung erstarrt beim Erkalten
zu einer elastischen Masse, die zum Abziehen der Negative empfohlen
worden ist.
Merkwürdig ist das Verhalten der mit chromsauren Salzen ge-
mischten Gelatine, sie verliert nämlich ihre Löslichkeit im
Licht. Darauf beruht die Herstellung der Kohlebilder. Ebenso spielt
sie in der Photolithographie und Photometallographie eine wichtige
Bolle (siehe Photochemie der Chromverbindungen S. 30 u. s. f.).
Die aus verschiedenen Leimsubstanzen erhaltenen Leimsorten diflfe-
riren in ihren Eigenschaften etwas. Die oben erwähnten Eigenschaften
gelten nur für den aus Häuten, Knochen und Fischblase (Hausen-
blase) gewonnenen; man nennt sie £rlutin. Etwas anders verhält
sich der Knorpelleim, das sogenannte Chondrin. Dieses wird
durch Schwefelsäure und Essigsäure aus seinen Lösungen anfangs ge-
fällt, später jedoch bei weiterem Säurezusatz wieder aufgelöst. Alaun,
basisch essigsaures Bleioxyd (welche den gewöhnlichen Leim nicht
fällen) fällen das Chondrin, ebenso wirken manche andere MetallsaLze;
mitunter löst sich der Niederschlag im Ueberschufs des Fällungsmittels
wieder auf.
Die chemische Zusammensetzung der beiden Leimsorten ist fol-
gende :
Glutin Chondrin
Kohlenstoff . . ,
. 49,3
45,o
W asserstoff • .
. 6,6
6,6
Stickstoff . . . ,
. 18,3
14,4
Sauerstoff . . .
. 25,8
29.
Als Biidträger ist die Gelatine von Wichtigkeit einerseits ab
Surrogat für Eiweifs zum Ueberziehen der photographischen Roh-
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Papier.
113
papiere (Glutinpapier); noch wichtiger ist sie als Bildträger für das
Swan’sche Tuschcopirverfahren; ferner dient sie zum Aufkleben der
fertigen Bilder.
Das Papier.
Im Negativprocesse ist das Collodion der wichtigste Bildträger,
im Positivprocesse ist es das Papier, zu dessen Beschreibung wir
jetzt, nachdem alle Stoffe, die zu seiner Präparation dienen, bespro-
chen sind, übergehen. Der Zeichner nimmt zu seinen Entwürfen ein
festes, glattes, homogenes Papier, dies ist auch in der Photographie
nöthig.
Auf schwedischem Filtrirpapier z. B. würden wir nur rauhe und
faserige Bilder erzielen und obenein würde dieses Papier, da es an
manchen Stellen härter, an andern weicher ist, ein ungleiches Ein-
dringen der Sensibilisirungsbäder veranlassen und in Folge dessen sich
im Licht ungleich schwärzen.
Ferner würden die Chemikalien in die lockere Papiermasse tief
eindringen und dem entsprechend würde sich ein Theil des Bildes
innerhalb des Papiers bilden und dann wohl in der Durchsicht,
nicht aber in der Aufsicht sichtbar sein (ähnlich wie bei einem Ne-
gativ). Aufserdem würde aber auch ein solches Papier äufserst un-
empfindlich sein und bei den vorzunehmenden Waschungen reifsen.
Aus diesen Andeutungen geht schon hervor, welche Eigenschaften
ein photographisches Papier haben mufs.
1) Es mufs eine völlig glatte, gleichartig feste und homogene Schicht
bilden.
2) Es darf kein tiefes Eindringen der Chemikalien gestatten, sondern
es mufs dieselben auf der Oberfläche festbalten.
3) Es mufs sich schnell und gleichartig im Licht färben und dabei
einen möglichst brillanten, angenehmen Ton annehmen.
Die erste Bedingung erreicht man durch eine sorgfältige Auswahl
des Rohmaterials. Nur die besten leinenen Lumpen sollen zu dem
Papiere verwendet werden. Man mufs bei der Fabrikation selbst An-
wendung von Eisengeräthen möglichst vermeiden, weil diese Veran-
lassung geben zu Rostflecken, die sich beim Copiren schwarz färben.
Es existiren nur sehr wenige Papierfabriken, die ein gediegenes Papier
für photographische Zwecke liefern. Eigentlich kennt man nur zwei,
Rives in Paris und Steinbach in Malmedy. Diese liefern fast
allein die riesige Papierquantität, welche alltäglich zu Photographieen
verarbeitet wird. Wie bereits früher bemerkt wurde, ist das Papier,
welches diese Fabriken liefern, sogenanntes Rohpapier, welches erst
einer nachträglichen Leimung und Salzung unterzogen werden mufs,
um für photographische Copirzwecke brauchbar zu sein. Durch diese
nachträgliche Leimung erfüllt man die zweite Bedingung (s. o.). Die
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 8
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Papier.
Leimung bildet einen schützenden Ueberzug, welcher die Poren der
Papiermasse verstopft, giebt eine homogene Fläche und mehrt die
Festigkeit und Empfindlichkeit Das Rohpapier an sich ist
jedoch keineswegs ungeleimt, sondern hat bereits in der Fabrik eine
Leimung erfahren, entweder mittelst Gelatine und Alaun, oder mittelst
Alaun und Harzseife. Diese Leiinung ist meist Geheimnifs der
Fabrikanten und in Folge dessen haben sich eben gewisse Papiere
grofsen Ruf erworben. Die Art der Leimung hat übrigens Einfiufs
auf den Ton der fertigen Bilder und daher wirken kleine Unter-
schiede in der Leimung sehr wesentlich auf das Ansehen dersel-
ben. Diese erste Leimung, welche das Papier in der Fabrik erfährt,
reicht für Bilder von untergeordneter Qualität aus, zur Erzielung
brillanter Copieen überzieht man aber das Papier noch mit verschiedenen
Substanzen, die neben der Bedingung 2 (s. o.): Verhindern des Ein-
sinkeng der Chemikalien, auch noch der Bedingung 3 : Erzielung eines
brillanten Tones, Genüge leisten. Man verwendet als solchen Ueberzug
Albumin, Stärke und Harz, seltener Gelatine und neuerdings
Collodion. Von diesen drei Substanzen ist das erstere die am meisten
angewendete. Der Albuminüberzug empfiehlt sich durch seine grofse
Lichtempfindlichkeit, intensive und brillante Färbung, die er im Son-
nenlicht annimmt, schönen Ton und Glanz und grofse Feinheiten in den
Details der darauf copirten Bilder. Er ist jedoch nur schwer re-
touchirbar.
Ein zweiter Stoff ist die Stärke, die einen Ueberzug von nur
mattem Glanz liefert, der weniger feine Bilder von stumpfem Ton
giebt, die jedoch leicht retouchirbar sind.
Das Harz wird seltener angewendet, die Qualität des Harzüber-
zugs kommt der des Stärkeüberzugs nahe. Nach diesen Ueberzügen
theilt man das photographische Papier ein in Albuminpapier,
Arrowrootpapier und Harzpapier. Das erstere ist das bei Wei-
tem am häufigsten angewendete, das zweite wird nur zu gröfserer
Retoucbe bedürftigen Bildern verwendet. Das dritte bat bis jetzt noch
keine allgemeine Anwendung gefunden.
Zur Bereitung des ersteren bedient man sich des Hühnereiweifs,
welches eine wässerige, mehr oder weniger reine Albumin- und Fi-
brinlösung darstellt.
Das einfachste Verfahren, Eiweifspapier zu machen, ist nun fol-
gendes. Man trennt das Gelbe von dem Weifsen, giebt zu 8 Theilen
Eiweifs 2 Theile einer Lösung von 10 Theilen Chlorammonium in
100 Theilen Wasser, schlägt die Masse zu Schnee (oder schüttelt sie)
und läfst sie sich dann einige Stunden abklären. So wird das im
Eiweifs enthaltene Fibrin, welches auf dem Papiere leicht bronceartige
Streifen erzeugt, abgeschieden. Man giefst das geschlagene und ge-
klärte Eiweifs in eine flache Schale und legt alsdann das Rohpapier
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Einflufs des Salzgehalts.
115
mit der geleimten Seite darauf, läfst es 1| Minuten schwimmen, hebt
es dann ab und hängt es zum Ablaufen und Trocknen auf. Sollten
Luftblasen haften geblieben sein, so mufs man noch einmal auflegen.
Hardwich empfiehlt folgende Verhältnisse:
15 Unzen Eiweifs,
5 - Wasser,
200 Gran Chlorammonium.
Ein Bogen Papier entnimmt diesem Bade nach Hardwich 6 Drach-
men Albumin und 7 Gran Salz.
Die Hauptschwierigkeit besteht in der Vermeidung streifiger Linien,
die nachher stark bronceartig werden. Um diese zu vermeiden, legt
man das Papier in gleichmäfsiger Bewegung auf.
Manche Papiere werden nur langsam vom Albumin befeuchtet,
dies rührt von Fettigkeit her; man setzt alsdann (nach Hardwich) 2Theile
Weingeist (verdünnt) auf 32 Theile Eiweifs zu oder einige Tropfen
einer Lösung von Ochsengalle in Alkohol. Man darf das Papier nicht
auf der Rückseite befeuchten und nicht zu lange schwimmen lassen,
sonst sinkt das Eiweifs (indem es die Leimung auflöst) ein und
giebt dann kraftlose Bilder. Je mehr das Albumin mit Wasser ver-
setzt wird, desto matter erscheint das damit gefertigte Papier, jedoch
hat hier die Leimung des Rohpapiers wesentlichen Einflufs. Nach
dem Abheben hängt man den Bogen mit Klammern an zwei Ecken auf,
läfst das Eiweifs ablaufen und dann trocknet man ihn an einem war-
men Orte, indem man die vier Ecken festklemmt. Schliefelich preist
man die Bogen und bewahrt sie an einem mäfsig trocknen Ort auf.
Zur Bereitung des Arrowrootpapiers nimmt man:
100 Wasser,
3 Na CI.
Man erhitzt die filtrirte Mischung zum Sieden und setzt 3| Theile
Arrowrootmehl hinzu, rührt fortwährend um, giefst das Ganze durch
ein Tuch, trägt das Klare mittelst eines Pinsels auf das Papier kreuz-
weis auf, verreibt mit einem zweiten Pinsel und trocknet das Ganze.
Der Raum gestattet uns nicht, auf die technische Seite der Albumin-
und Arrowrootpapierfabrikation näher einzugehen, um so weniger, als
diese Arbeit nur selten von den Fachpbotographen ausgeübt wird,
sondern von sogenannten Albumineuren. Wohl aber haben wir hier
noch die Rolle zu besprechen, welche der Salzgehalt des Papiers
in der photographischen Praxis spielt.
Es ist offenbar, dafs, wenn man einen gesalzenen, d. h. chlor-
metallhaltigen Papierbogen in ein Silberbad bringt, im Papiere sich
Chlorsilber bilden wird, aufserdem wird aber eine gewisse Quantität
freien Silbersalzes vom Papiere mechanisch aufgesaugt und demnach
enthält ein solcher Bogen nach dem Herausnehmen aus dem Bade und
Trocknen Chlorsilber und Silbernitrat. Um die Wirkung dieser
8*
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116
Papier.
beiden Körper beurtheilen zu können, mufs man die Wirkung jedes
einzelnen für sich studiren. Exponirt man drei Bogen, von denen der
eine nur salpetersaures Silberoxyd, der zweite nur Chlorsilber, der
dritte beide Körper enthält, dem Licht, so beobachtet man, dafs der
erstere sich am langsamsten färbt, er wird bräunlich, der zweite färbt
sich schneller, er wird violett, am intensivsten aber färbt sich der
dritte. Salpetersaures Silberoxyd ist für sich allein zu unempfind-
lich, Chlorsilber ist bedeutend empfindlicher, giebt aber keine In-
tensität der Färbung, erst durch Zusammenwirken beider Körper
erhält man Bilder von hinreichender Kraft. Der Grund liegt darin,
dafs das freie Chlor, welches aus dem Chlorsilber durch die Belichtung
entwickelt wird, sogleich auf das freie salpetersaure Silberoxyd wirkt,
dadurch frisches Chlorsilber erzeugt, das seinerseits wieder sogleich
durch das Liebt zersetzt wird, abermals Chlor frei werden läfst etc.
Auf diese Weise bildet sich das lichtempfindliche Material, d. i. das
Chlorsilber, während der Belichtung fortwährend von Neuem. Etwas
anders ist das Verhalten, falls das freie salpetersaure Silberoxyd eine
chemische Verbindung mit dem Material des Papieres eingeht, wie dies
bei Albuminpapier der Fall ist. Hier bildet sich Silberalbuminat, welches
sich auch in reinem Zustande, d. h. bei Abwesenheit von Chlorsilber,
noch ziemlich lichtempfindlich zeigt. Dennoch pflegt man das Albumin-
papier zu salzen. Wir werden über diese Verhältnisse noch im prak-
tischen Theile unseres Werkes specieller sprechen.
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Viertes Capitel.
Photographische Optik.
Das Licht ist das Lebenselement, der zeichnende Griffel des Pho-
tographen, und die Kenntnifs seiner Eigenschaften ist deshalb für ihn
ebenso nothwendig, als für den Maler die Kenntnifs seiner Zeichen-
materialien und Farben. Daher bildet die Optik, d. i. die Lehre vom
Licht, ein wichtiges Capitel der Theorie der Photographie.
Licht ist nach der gewöhnlichen Definition die Ursache der
Helligkeit, das Agens, durch dessen Vermittelung unser Auge die
Körper wahrnimmt*).
In Bezug auf das Verhalten zum Licht theilen wir die Körper
ein in leuchtende, die ohne Hülfe eines anderen Körpers sichtbar
sind und nichtleuchtende oder dunkle. Diese Eintheilung ist
nicht streng, denn es giebt Körper, die wir für gewöhnlich nichtleuch-
tend nennen, wie Diamant, Glas, Chlorophan, Flufsspath, der bono-
nische Stein, Porzellan, Papier, die aber dennoch, wenn sie schwach
erwärmt oder von der Sonne beschienen worden sind, im Dunkeln
schwach selbstleuchtend auftreten (siehe S. 12).
Bei Betrachtung verschiedener leuchtender oder erleuchteter Kör-
per bemerken wir leicht Unterschiede, einerseits in der Intensität
des Lichts, oder der Lichtstärke (die Sonne ist z. B. bedeutend
intensiver als Gaslicht), andrerseits in der Qualität (manche Körper
erscheinen weifs, schwarz, andre farbig).
Mit der Bestimmung der Intensität beschäftigt sich die Ph oto-
metrie, mit der Bestimmung der Qualität die Farbenlehre. Be-
trachten wir zunächst die Intensität des Lichts.
Von der Intensität des Lichts.
Hier müssen wir zunächst die Lichtintensität selbstleuchtender
Körper besprechen.
Es ist offenbar, dafs die Helligkeit einer gleichmäfsig leuchten-
den Fläche abhängig sein wird: 1) von der Intensität des Lichts in
jedem einzelnen Punkte, und 2) von der Gröfse der Fläche. So wird
*) Diese Definition ist nicht ganz erschöpfend, denn es giebt auch unsicht-
bares Licht, das, wie wir sehen werden, bei dem Farbenspectrum (s. u.) jenseits
des Roth noch fühlbar, jenseits des Violett noch chemisch wirksam ist.
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118
Intensität des Lichts.
z. B. von zwei gleich grofsen Flammen, einer Gasflamme und einer
Talglichtflamme, die erstere in jedem einzelnen Punkte intensiver leuch-
ten, als die letztere ; ebenso wird die ganze Fläche einer weifsgliihenden
Eisenplatte von 10 □Fufs sicher zehnmal so viel Licht verbreiten,
als eine gleich hell glühende von nur 1 □ Fufs Fläche. Die Wirkung,
welche das von einer solchen Lichtquelle ausstrahlende Licht auf dunkle'
Körper ausübt, wird nun sehr verschieden sein, je nach der Entfer-
nung der Lichtquelle von den Gegenständen, und je nach der
Stellung der letzteren.
Hinsichtlich der ersten Punkte ist es bekannt, dafs mit der Entfer-
nung einer Lichtquelle die Helligkeit, welche sie verbreitet, abnimmt,
und zwar in demselben Verhältnifs, wie die Quadrate der Entfer-
nung zunehmen. Dieser Umstand ist zu beachten bei photographi-
schen Aufnahmen mit künstlichem Licht (Magnesiumlicht, electri-
schem Licht). Je näher man die Lichtquelle dem beleuchteten Objecte
bringt, desto intensiver wird es beleuchtet
Hinsichtlich des zweiten Punktes ist leicht nachzuweisen, dafs
eine Fläche, die von senkrechten Strahlen getroffen wird, heller er-
scheint, als eine von schiefen Strahlen getroffene; der blofse Anblick
eines in senkrechter oder schiefer Richtung vom Licht getroffenen
Stück Papiers lehrt das schon auffallend, ebenso der Anblick eines
einseitig beleuchteten runden Körpers, z. B. einer Säule, an welcher
ein allmähliger Uebergang von Licht in Schatten, Halbton genannt,
sichtbar ist. Dieser Halbton entsteht einfach dadurch, dafs jeder ein-
zelne Theil der cylindrischen Säule eine andere Neigung gegen die
auffallenden Strahlen hat, und demgemäfs um so dunkler erscheint,
je schiefer die Strahlen fallen.
Um nun die Helligkeit, die Intensität des Lichtes leuchtender so-
wohl wie nichtleuchtender Körper zu bestimmen, bedienen wir uns
der Photometer. Unser Auge ist im Stande zu beurtheilen, ob eine
Fläche heller sei, wie eine andere; das Umwieviel zu erkennen,
ist ihm unmöglich, und selbst bei der Bestimmung, welche Fläche
heller und welche dunkler sei, wird unser Urtheil durch die dabei ins
Spiel kommende Farbe, ferner durch Co nt rast Wirkungen unsicher
gemacht. Man hat viele Instrumente zur Messung der Lichtintensität
construirt; wir heben als eins der einfachsten und praktischsten hier
das Bunsen’sche Photometer heraus; dieses ist weiter nichts, als
ein auf Papier gemachter Fettfleck*). Beleuchtet man ein solches
*) Neuerdings empfiehlt Bansen einen nngefetteten King auf ringsum gefettetem
Papier. Man erwärmt ein Stück homogenes Zeichenpapier auf einer mit Fliefspapier
bedeckten Metallplatte und reibt eine kleine Menge auf dem Papiere geschmolzenen
StearinB so ein, dafs ein kreisrunder ungetränkter Fleck übrig bleibt. Nach dem
Erkalten des Blattes legt man ein Körnchen Stearin genau in die Mitte des unge-
tränkten Fleckes und erwärmt gelinde, bis die geschmolzene Masse vom Papier ein-
gesogen ist.
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Bnnsen’s Photometer.
110
Stück Papier von vorn, so erscheint der Fettfleck dunkel, beleuchtet
man es von hinten, so erscheint er hell; beleuchtet man ein Stück
Papier gleichzeitig von vorn und von hinten, so wird der Fettfleck
bald hell, bald dunkel erscheinen, jenachdem das vordere oder hintere
Licht stärker wirkt; läfst man das eine Licht feststehen, und nähert
oder entfernt das andere, so findet man bald einen Punkt, wo der
Fettfleck verschwindet, d. h. unsichtbar wird, weil alsdann der Fett-
fleck genau so hell erscheint, als das umgebende Papier. Will man
nun zwei Lichtquellen mit einander vergleichen, so bringt man eine
constante Lichtflamme, z. B. die einer Moderateurlampe a, hinter
das Photometer b, welches zu dem Zwecke am besten auf einen Mafs-
stab c senkrecht aufgestellt wird; alsdann bringt man die erste zu
messende Flamme / auf die andere Seite, rückt sie hin und her, bis
der Fettfleck verschwindet, tfnd entfernt sie dann; nachher macht man
dasselbe Experiment mit der zweiten zu messenden Flamme. War
die Entfernung der ersten Flamme = 10 Zoll, die Entfernung der
zweiten = 12 Zoll, so verhalten sich die Intensitäten der beiden Flam-
men wie 10’ zu 12a, d. h. wie 100 zu 144.
Bunsen hat mit diesem so einfachen Photometer eine Reihe für
die Photographie hochwichtiger Untersuchungen ausgeführt, von denen
wir noch sprechen werden. Ein Uebelstand bei der Anwendung dieses
Photometers ist die verschiedene Färbung vieler Lichtquellen; so ist
es z. B. sehr schwer, auf diese Weise Tages- und Lampenlicht mit ein-
ander zu vergleichen, da das erste blau und das zweite gelb gefärbt
ist. In solchem Falle thut man gut, ein gelbes Glas auf die Tages-
lichtseite zu bringen und dadurch dem auf das Papier fallenden Licht
eine gelbe Färbung zu ertheilen; allerdings wird dadurch das Tages-
licht um eine gewisse Quantität geschwächt, bei der Bestimmung der
Verhältnisse der Helligkeit zweier verschiedenen vom Tageslichte
erhellten Räume kommt diese Schwächung jedoch, wenn man für beide
dasselbe gelbe Glas benutzt, nicht in Betracht.
Man kann auf diese Weise die Helligkeit verschiedener Interieurs
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120
Dove’s Photometer.
bestimmen und daraus einen Schlufs auf die Expositionszeit
machen, die man bei einer etwaigen photographischen Aufnahme nöthig
hat. Man stellt dann z. ß. das Photometer, vorn mit gelbem -Glas
gedeckt, in dem einen Raum einem Fenster gegenüber auf, bringt eine
constante Lichtflamme auf die andere Seite und bewegt sie, bis der
Fettfleck verschwindet. Dasselbe Experiment macht man in dem an-
deren Raume. Die Helligkeiten verhalten sich alsdann umgekehrt, wie
die Quadrate der Entfernung der Lichtflamme. Ebenso kann man auf
diese Weise die Helligkeit in verschiedenen Theilen eines Zimmers
feststellen. Nothwendig ist es hier, das fremde Licht von der Rück-
seite des Photometers möglichst abzuhalten. Man erreicht dies am
besten, indem man ein innen geschwärztes Rohr oder einen offnen
Kasten senkrecht an dem Rahmen, welcher das Photometerpapier trägt,
befestigt, so dafs nur dem Lichte der Licbtflamme der Eintritt gestattet
ist und aufserdem nur so viel Raum bleibt, um mit dem Auge den
Fettfleck beobachten zu können. Den Fettfleck selbst erzeugt man
am besten durch Verreiben von ein wenig Stearin auf der vorher
erwärmten Papierfläche.
Es wird von diesem interessanten Instrumente bisher nur selten
Anwendung in der photographischen Praxis gemacht; wir glauben
mit Unrecht. Versuche der Art sind so einfach und leicht anzustellen
und lohnen die kleine Mühe reichlich. Wie viel Platten macht nicht
mancher Photograph vergeblich, wenn er Interieurs aufnimmt, über
deren Helligkeitsverhältnisse, also auch über die für sie nöthige Ex-
positionszeit er völlig im Unklaren ist? Ein Photometerversuch
würde hier interessante Fingerzeige liefern*). Unser Raum gestattet
uns nicht, hier noch andere Photometer zu beschreiben. Nur eines
der interessantesten wollen wir noch andeuten, es ist das unseres
hochverehrten Lehrers, des Herrn Geheimerath Professor Dove. Der-
selbe benutzt als Photometer eine mikroskopische Photographie,
die er unter dem Mikroskop bei 30 bis öOfacher Vergröfserung be-
trachtet. Ist diese Photographie von hinten beleuchtet, so erscheint
sie schwarz auf weifsem Grunde; ist sie von vorn beleuchtet, so er-
scheint sie weifs auf schwarzem Grunde; wird sie von vorn und von
hinten zu gleicher Zeit gleich stark beleuchtet, so verschwindet sie,
ganz ähnlich, wie der Fettfleck bei Bunsen’s Photometer. Das In-
strument kann demnach analog diesem zur Bestimmung der Lichtin-
tensität angewendet werden, gestattet aber die Messung weit feinerer
Unterschiede und ist auch bei Lichtern verschiedener Farben mit der-
selben Schärfe anwendbar. Wir verweisen behufs näherer Information
*) Wenn es nicht auf Eleganz ankommt, kann man sich ein solches Instrument
mit leichter Muhe selbst herstellen. Als Mefsflamme kann man sehr bequem eins
Petroleumlampe verwenden.
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Farbenlehre.
121
auf die klassische Arbeit des grofsen Physikers in PoggendorflTs An-
nalen, Jahrgang 1861.
Alle diese Instrumente haben nur einen Uebelstand, d. i. der
Mangel einer Lichteinbeit. Man bat als Ausgangspunkt bei der
Wärmemessung eine bestimmte Temperatur, die des siedenden Was-
sers oder schmelzenden Eises; eine solche leicht herstellbare Licht-
einheit von bestimmter Intensität fehlt leider in der Photometrie. Die
beste Normallichtquelle ist noch eine unter constantem Drucke aus
einem Brenner von bestimmter Oeffnung strömende Gasflamme (Bunsen).
Mit den beschriebenen Pbotoraetern kann man nur die Intensität
der Wirkung des Lichts auf unser Auge bestimmen. Hiervon we-
sentlich verschieden ist aber die Intensität der chemischen Licht-
wirkungen. Wir werden später sehen, dafs verschiedene Lichtquellen,
die auf unser Auge höchst intensiv wirken, d. b. eine sehr grofse
Helligkeit besitzen, dennoch nur eine schwache chemische Wirkung
äulsern und umgekehrt. Man kann daher aus der mit dem Photometer
bestimmten Helligkeit keinen Schlufs auf die chemische Wirkung ver-
schiedener Lichtquellen machen. Nur in Bezug auf eine und die-
selbe Lichtquelle, z. B. eine Gasflamme, deren Hahn mehr oder
weniger auf- oder zugedreht wird, gilt der Erfnhrungssatz, dafs die
chemische Intensität der optischen Intensität proportional ist.
Dreht man daher den Gasbahn so weit auf, dafs die Flamme doppelt
so hell leuchtet als vorher, so ist auch ihre nachherige chemische
Wirkung die doppelte (s. u.).
Farbenlehre.
Das Licht wirkt, wie oben bemerkt wurde, nicht nur quantitativ,
sondern auch qualitativ verschieden auf unsere Netzhaut und diese
Verschiedenheit bezeichnen wir mit dem Namen Farbe.
Solche Farbenunterschiede zeigen sich schon bei selbstleuchtenden
Körpern. Wir haben z. B. blaue und rothe Fixsterne. Unser Sonnen-
licht ist bei ungetrübtester Atmosphäre weifs, Morgens und Abends
mehr rötblich. Wenn nun dieses weifse Licht die Körper trifft, so
wird es entweder zurückgeworfen oder es geht hinein; das hin-
eingehende wird entweder absorbirt, dann heifst der Körper undurch-
sichtig, oder es geht hindurch, dann heifst er durchsichtig.
Absolut durchsichtige Körper giebt es nicht, jedes durchsichtige
Medium verschluckt oder absorbirt einen Theil des durchgehenden
Lichtes, so dafs dasselbe, wenn es einen längeren Weg in demselben
zurücklegt, wesentlich geschwächt wird. Man beobachtet dies schon
auffallend bei der Sonne. Diese erscheint bei völlig heiterem Himmel
am hellsten um die Mittagszeit, wo ihre Strahlen nur einen kurzen
Weg durch die Luft zurückzulegen haben, am wenigsten hell des Mor-
gens oder Abends, wo der Weg in der Atmosphäre, welchen die Strahlen
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122
Farbenlehre. — Brechung.
durchlaufen, bevor sie zu unserem Auge gelangen, viel länger ist. Nach
Bouguer ist z. B. die Intensität des Sonnenlichts bei Sonnenaufgang = 6,
bei 50° Horizonthöhe 7624. Auch Glas und Wasser absorbiren so
einen Theil des durchgehenden Lichtes. Einen wesentlichen Einflufs
übt die Farbe des Glases aus und werden wir unten sehen, dafs
die Absorptionsfähigkeit für verschiedene Farben bei verschiedenen
durchsichtigen Mitteln sehr verschieden ist.
Bei optischen Gläsern ist diese Erscheinung von Bedeutung; doch
geht bei diesen ein verhältnifsmäfsig viel gröfserer Theil des Lichtes
durch Zurückwerfung an den Oberflächen verloren.
Das zurückgeworfene Licht wird entweder regelmäfsig re-
flectirt (dann nennen wir es gespiegelt) öderes wird zerstreut.
Wird alles Licht absorbirt, so heilst der Körper schwarz; wird alles
Licht reflectirt, so heifst er weifs. Wird nur ein Theil des Lichtes
reflectirt, so heifst er grau oder farbig. Grau ist ein Körper, wenn
er in jedem Lichte sichtbar ist, aber dunkler erscheint als ein weifser,
farbig, wenn er nicht in jedem Lichte sichtbar ist. Ein rothes Tuch
erscheint z. B. in rein blauem Lichte schwarz. Auch die durch-
sichtigen Körper lassen entweder alles Licht hindurch, dann nennt
man sie farblos, oder sie lassen nur einen Theil hindurch, so heifsen
sie farbig oder trübe; trübe ist der Körper, wenn er alle Farben
theilweise hindurchläfst, farbig, wenn nur einzelne hindurchgehen.
Ein absolut farbloses durchsichtiges Medium giebt es nicht. Die Luft
z. B. ist blau, das Wasser grün, das beste weifse Glas noch bläulich,
röthlich oder grünlich gefärbt. Trifft ein Lichtstrahl ein durch-
sichtiges Medium senkrecht, so geht er in unveränderter Richtung
weiter, trifft er dasselbe schief, so wird er von seiner ursprünglichen
Richtung abgelenkt, d. h. gebrochen.
Ist A/ein durchsichtiges Me-
dium, z. B. Glas, ao ein auf-
fallender Strahl, so wird ein
Theil dieses Strahles regel-
inäfsig reflectirt, so dafs
der reflectirte Strahl bo mit
der Senkrechtenno (dem Ein-
fallslos) denselben Winkel
bildet, wie der einfallende. Je
schiefer der Strahl auffällt,
desto mehr Licht wird reflectirt.
(Man bemerkt dies leicht, wenn
man eine Glastafel in senkrech-
ter und schiefer Richtung be-
trachtet und das Spiegelbild
einer Lichtflamme darin beob-
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Brechung.
123
achtet. Es erscheint, in schiefer Richtung gesehen, viel intensiver.)
Ein anderer Theil des Strahles dringt in das durchsichtige Mittel und
geht in der Richtung co weiter. Der Winkel, welchen der gebrochene
Strahl mit dem Einfallslothe bildet, ist leicht zu bestimmen.
Der Sinus der Einfallswinkel und der Sinus der Bre-
chungswinkel stehen nämlich in einem constanten Verhält-
nifs zu einander. Man nennt dieses Verhältnis den Brechungs-
index. Geht weifses Licht in ein andres durchsichtiges Medium über,
so erleidet es neben der Brechung noch eine Farbenzerstreuung, da-
durch wird der weifse Sonnenstrahl in ein siebenfarbiges Strahlenbändel
zerlegt: das Farbenspectrum. Diese Farbenzerstreuung beobachtet
man am besten, wenn das Sonnenlicht durch ein Prisma hindurchgeht,
d. i. ein von zwei gegeneinander geneigten ebenen Flächen begrenztes
durchsichtiges Mittel. Unsere geschliffenen Ziergläser, gefüllte Wasser-
flaschen, Tropfen zeigen diese Erscheinung fast täglich. Am effectvollsten
erscheint sie im Regenbogen; sie beruht auf der ungleichen Brechbarkeit
der verschiedenen farbigen Strahlen, die vereinigt, das weifse Sonnenlicht
bilden: Violett, Indigo, Blau, Grün, Gelb, Orange, Rotb. Roth ist am
wenigsten. Violett am stärksten brechbar. Um das Farbenspectrum be-
quem zu beobach-
ten, läfst man das
Sonnenlicht durch
einen schmalen
Spalt « in ein dun-
kles Zimmer fal-
len, stellt hinter
dem Spalt s par-
allel mit ihm ein
Prisma r auf und
fängt das Spectral-
bild auf einem wei-
fsen Schirm F auf.
Für länger dauernde Versuche mufs man, um dem Lauf der Sonne
folgen zu können, einen Heliostaten mit Uhrwerk vor dem Spalt an-
bringen.
Man nimmt gewöhnlich nur sieben Spectralfarben an, dieselben
gehen jedoch durch Zwischentöne in einander über. Dennoch giebt
es in dem Spectrum Unterbrechungen, die sich als feine schwarze Li-
nien offenbaren, man nennt diese die Frauenhofer’schen Linien;
diese Linien sind Absorptionserscheinungen, hervorgebraebt durch Stoffe,
die sich zum Theil in unserer Atmosphäre, zum Theil in der Atmo-
sphäre der Sonne selbst finden und die Eigenthümlichkeit haben, Licht-
strahlen von gewisser Brechbarkeit gleichsam auszulöschen. Ihre Stellung
zu einander ist eine constante und bieten sie daher ein wichtiges Hfilfg-
u
124 Physikalische und chemische Wirkung der Farben.
mittel zur Bezeichnung gewisser Stellen des Spectrnms. Man hat gewisse
sehr wichtige Gruppen dieser Linien mit Buchstaben A, B, C, D etc.
bezeichnet A liegt in Rotb, 0 in Blau etc. (s. S. 128). Das Spectrum
der Fixsterne, des electrischen Kohlenlichtes etc. zeigen andere Linien
als das des Sonnenlichts. Da man die Linien, welche verschiedene
Stoffe hervorbringen, genau kennt, so kann man aus den Spectrallinien,
welche eine Lichtquelle liefert, einen Schlufs machen auf ihre chemische
Zusammensetzung. So hat man festgestellt, dafs in der Sonnenatmo-
sphäre Natrium, Eisen, Kalk und ähnliche Körper vorhanden sind
(Spectralanalyse).
Physikalische und chemische Wirkungen der verschiedenen Farben.
Neben den Farbenunterschieden des Spectrums, die dem Auge
sichtbar sind, giebt es nun noch andere Unterschiede, die sich nicht
dem Auge, wohl aber dem Thermometer und in der Wirkung auf
gewisse Stoffe offenbaren. Führt man ein Thermometer über das
Spectrum in der Richtung Roth :Violett hinweg, so bemerkt man die
wärmste Stelle jenseits des Roth. Von da ab fällt es in dem-
selben Mafse, als man sich dem Violett nähert.
Während also /für das Auge das Gelb die intensivste Stelle des
Spectrums ist, ist sie für das Thermometer jenseits des Roth, wo
für unser Auge bereits Dunkelheit herrscht. Andere auffallende Un-
terschiede in der Wirkung der Spectralfarbe offenbaren sich bei den
phosphorescirenden Körpern. Es wurde schon früher erwähnt, dafs
die blauen und violetten Strahlen die Phosphorescenz viel kräftiger
als die rothen erregen (s. Seite 12).
Ebenso auffallend ist die Wirkung auf die sogenannten fluoresci-
renden Substanzen. Es giebt nämlich Körper, wie Uranglas, Flufsspath,
Stechapfeltinctur, Aesculintinctur, die in dem violetten und blauen Ende
des Spectrums mit lebhaften Farben leuchten. Ja dieses Leuchten geht
sogar über den blauen und violetten Theil des Spectrums hinaus und
zeigt sich noch in dem ultravioletten Theile, der unserem Auge sonst
dunkel erscheint. Es unterscheidet sich diese Fluorescenz von der
Phosphorescenz nur dadurch, dafs letztere auch nach der Belichtung
fortdauert, erstere aber nicht.
Die für unser Gebiet interessantesten Phänomene offenbaren sich
aber in der chemischen Wirkung der verschiedenen Farben. Legt
man ein Stück Chlorsilberpapier in das Spectrum, so bemerkt man, dafs
dasselbe am tiefsten im Violett geschwärzt wird. Die Schwärzung geht
aber noch weit über das Violett hinaus, wo für unser Auge nichts mehr
bemerkbar ist, während sie nach dem hellen Ende des Spectrums hin
abnimmt und schon im Grün fast vollständig verschwindet Gerade
das unserem Auge am hellsten leuchtende Gelb offenbart gar keine
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Photographische Wirkung der Farbenpigmente. 125
chemische Wirkung, und gerade die Stellen jenseits des Violett, welche
auf unser Auge und auf das Thermometer wirkungslos sind, zeigen
eine intensive Action auf photochemisch empfindliche Körper.
Schon Suckow bemerkt, dafs Chlorknallgas unter einem blauen
und violetten G-lase sich unter Explosion entzündet, unter einem grünen,
gelben und rothen aber nicht. Späterhin hat Seebeck die chemische
Wirkung des Lichtes mit Hülfe des Chlorsilbers geprüft und gefunden,
dafs dasselbe im Violett am intensivsten gebräunt wird. Draper hat
diese Versuche wiederholt und eine Curve verzeichnet, die die che-
mische Wirkung in den verschiedenen Theilen des Spectrums ausdrückt
(s. u.). Auf diesen Unterschieden in der chemischen Wirkung der Farben
beruht die aufserordentlich verschiedene photographische Wirkung ver-
schieden gefärbter Körper. Viele helle Körper, wie ein gelbes Band,
werden in der Photographie oft schwarz, andere uns dunkel erschei-
nende, wie ein blaues Band, dagegen weifs. So giebt ein blaues Tuch
mit gelbem Muster in der Photographie manchmal ein weifses Tuch
mit schwarzem Muster. Ein violettes Kleid wird oft weifs. Ein Gelb-
süchtiger bekommt leicht ein Mohrengesicht. Rothe Haare werden leicht
schwarz, ebenso grüne Bäume.
Bei der Beurtheilung der photographischen Wirkung eines Farben-
pigments kommt jedoch dessen Zusammensetzung wesentlich in Betracht.
Die meisten unserer Farbenpigmente sind nicht so einfach, wie die
Spectralfarben. Das Kobaltblau enthält eine Spur von Roth; das Blau
des Kupferoxydammons enthält etwas Violett; die meisten Arten von
Grün sind Mischungen von Blau und Gelb, die braunen Töne Mischungen
von Blau oder Schwarz, Gelb und Roth etc. Man bemerkt dies schon,
wenn man schmale Streifen der mit den betreffenden Stoffen gefärbten
Zeuge oder Papiere auf eine schwarze Unterlage legt und durch ein
Prisma betrachtet. Sie erscheinen dann nicht als einfarbige, sondern
als mehrfarbige Streifen. Demnach werden die Wirkungen dieser ver-
schiedenen Farbenpigmente in chemischer Hinsicht sehr verschieden
sein, und ist es ein Irrthum für alle Fälle anzunehmen, dafs Gelb in
der Photographie immer Schwarz, Blau immer Weifs werden müsse.
Neapelgelb, das eine grofse Quantität Weifs beigemiscbt enthält, wird
hell, das dem Auge heller erscheinende Chromgelb dagegen sehr
dunkel in der Photographie. Die Wirkungen der verschiedenen blauen
Töne ist wieder sehr verschieden, am hellsten wird Cobalt -Blau.
Von den rothen Tönen wird Zinnober und Chromroth sehr
dunkel, der Krapplack dagegen, welcher eine bedeutende Quantität
Violett enthält, hell. Die braunen Töne werden alle dunkel, die grünen
verhalten sich verschieden, jenachdem sie mehr oder weniger Blau
enthalten. Um diese merkwürdigen Unterschiede in der Wirkung der
verschiedenen Farbentöne zu zeigen, haben wir eine Farbentafel ent-
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126
Photographie des Unsichtbaren.
worfen und eine Photographie danach angefertigt, die beide diesem
Werke beiliegen*) and deren Studium für den Photographen, Maler
und Gelehrten gleich interessant sein wird.
Hierher gehört nun noch eine interessante Erscheinung die unter
dem Namen „Photographie des Unsichtbaren“ bekannt ist.
Schreibt man mit einer Lösung von scbwefelsaurem Chinin auf Papier,
so erhält man eine unsichtbare Schrift. Photographirt man aber
das Papier, so erscheint die im Original unsichtbare Schrift schwarz
auf weifsem Grunde.
Das schwefelsaure Chinin gehört nämlich zu den fluorescirenden
Körpern (s. o.), welche die Eigentümlichkeit haben, die stark brech-
baren chemisch wirksamen Strahlen in Licht von geringerer Brech-
barkeit, welches zugleich chemisch wenig oder nicht wirksam ist, zu
verwandeln. (Die Chininschrift bleibt übrigens nicht lange unsichtbar,
sondern färbt sich bald gelb.)
Die Differenzen in den photographischen Wirkungen verschiedener
Farbentöne werden in der Praxis wesentlich durch den Umstand ge-
mildert, dafs unsere gefärbten Stoffe neben ihrer Farbe noch mehr oder
weniger weifses Licht reflectiren, wie dies bei Seidenkleidern auffallend
sichtbar ist. Auch bei grünen Blättern ist der matte Glanz der Ober-
fläche von wesentlicher Wirkung.
Die Verschiedenheit der Wirkung verschiedener Farbenpigmente
ist aus ihrer verschiedenen Zusammensetzung leicht erklärlich. Merk-
würdig ist nun aber, dafs auch die reinen Spectralfarben sich in Bezug
auf ihre physikalische und chemische Wirkung oft verschieden verhal-
ten, 1) nach der Natur der brechenden Substanz, aus welcher
das Prisma besteht und 2) nach der Natur des Körpers,
welcher zur Bestimmung der Wirkung des Lichtes ange-
wendet wird. Nimmt man z. B. ein Wasserprisma, so findet sich
die intensivste Wärmewirkung nicht in dem ultrarothen, sondern
im gelben Theile, indem Wasser die Wärmestrahlen jenseits des
Gelb absorbirt. Bei Flintglas ist die höchste Wärme jenseits des
Roth, bei Crownglas im Roth (Seebeck). Aehnliche Verschiedenheiten
zeigen sich bei dem anderen Ende des Spectrums. So absorbirt
Schwefelkohlenstoff die ultravioletten Strahlen. Ein mit dieser Flüssigkeit
gefülltes Hohlprisma zeigt daher jenseits des Violett keine chemische
Wirkung. Crownglas absorbirt die ultravioletten Strahlen viel stär-
ker als Flintglas. Am wenigsten absorbirt sie Quarz, deshalb wendet
*) Die Herstellung der Farbentafel hat besondere Schwierigkeiten gemacht.
Es ist durchaus nicht leicht, die Farben absolut homogen aufzutragen. Hr. Korn,
der rUhmlichst bekannte Lithograph, bat das Problem schliefslich dadurch noch am
besten gelöst, dafs er gummirte Flächen noch feucht mit den betreffenden Farben-
pulver bestäubte. Dennoch sind auch hier noch geringe Intensitätaunterschiede in
denselben Farbenquadraten verschiedener Tafeln zu bemerken.
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Wirkung der SBWftitffairben auf Sisensal«, Siibersalze etc. 127
man zu Spectralversuchen gern Quarzprismen an. Daher ist die
chemische Wirkung des Spectrums eine sehr verschiedene und wird
sich mehr oder weniger tief in den ultravioletten Theil hinein er-
strecken, jenachdem wir Crownglas- oder Flintglas- oder Quarzprismen
anwenden.
Noch gröfsere Differenzen ergeben sich, wenn man die chemische
Wirkung der verschiedenen Theile desselben Spectrums mit verschiede-
nen lichtempfindlichen Körpern untersucht. So zeigen sich, nach
Herschel, Eisensalzen gegenüber selbst die grünen, gelben, ro-
then und ultrarothen Strahlen chemisch wirksam, während dieselben
Silbersalzen gegenüber chemisch unwirksam sind.
Aber auch bei den Silbersalzen zeigen sich bestimmt ausgeprägte
Differenzen. Setzt man Jodsilber-, Bromsilber- und Chlorsilberplatten
der Wirkung des Spectrums aus, so findet man, dafs Jodsilber jenseits
der Linie G (im Blau) nicht mehr afficirt wird, Bromsilber dagegen
zeigt sich bis in die Mitte des Grün empfindlich, und Fluorsilber
soll sogar noch im Gelb eine Zersetzung erleiden. Jodsilber wird
aber innerhalb derselben Belichtungszeit bedeutend stärker afficirt als
Bromsilber.
Müller hat über diese Wirkung der Spectralfarben auf feuchte
Jod- und Jodbromsilbercollodionplatten Versuche gemacht. Die Wir-
kung der verschiedenen Theile des Spectrums ist, wie aus diesen Plat-
ten, deren Copieen dem Verfasser vorliegen, augenscheinlich hervor-
geht, durch die Belichtungszeit bedingt. Innerhalb 1 Secunde zeigte
sich nur der Theil von G bis H auf Jodsilber chemisch wirksam *), nach
3 Secunden erstreckte sich die Wirkung bis M, nach 10 Secunden bis
jenseits N, während sie innerhalb dieser Zeiten nach dem rothen Ende
hin nur wenig über G hinausgeht. Es ist daher mit Wahrscheinlichkeit
zu vermuthen, dafs Jodsilber gegen den Theil des Spectrums von G ab,
d. h. von Blau (incl.) bis Roth unempfindlich ist. Jodbromsilberplatten
zeigen dagegen noch eine sehr merkbare Wirkung jenseits der Linie G,
bei 1 Secunde Belichtung tritt diese nur schwach hervor, bei 5 Secunden
dagegen deutlicher und bei noch längerer erstreckt sie sich sogar ein
Stück über die Linie F hinaus bis in die Mitte des Grün*). Es ist
nicht unwahrscheinlich, dafs bei langer Belichtung auch Gelb, Roth
und Orange noch eine chemische Wirkung auf Bromsilber äufsern.
Chlorsilber scheint bis in Roth hinein empfänglich zu sein. Schon
Seebeck fand, dafs es sich im Spectrum eigenthümlich, fast den Far-
ben entsprechend färbe, im Violett braun, im Blau bläulich, im Gelb
weifsgelb und im Roth röthlich. Bequerel hat neuerdings sogar das
Farbenspectrum in den Originalfarben auf einer mit Chlorwasser präpa-
rirten Silberplatte photographirt und Poitevin nach bunten Transparent-
•) Siehe die nachstehende Figur.
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128
Chemische Wirkung des Spectrnms
auf Cblorkuallgas
nach Buuseu.
(Intensitätdcurve.)
auf feuchtes
Jodsilber
auf feuchte»
Bromjod-
silber
nach Möller.
Exposition
lOSecunden-
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Wirkung der Spectralfarben auf Chlorknallgas, Jod- und Bromsilber. 129
bildern auf Chlorsilberpapier Photographieen in natürlichen Farben
erzeugt.
Eigenthümlich ist die Wirkung des Spectrums auf Chlorknallgas.
Bunsen hat dieselbe sehr genau mit Hülfe seines chemischen Photo-
meters (s. u.) untersucht. Die Wirkung auf Chlorknallgas erstreckt
sich nach Bunsen noch bis in die Mitte des Orange hinein, bleibt
sich bis an die Grenze zwischen Gelb und Grün ungefähr gleich,
dann steigt sie stetig bis in die Mitte des Indigo , fällt dann wieder
etwas bis in die Mitte des Violett, steigt abermals, erreicht ein zweites
Maximum an der Grenze des Violett und sinkt dann allmählig im
ultravioletten Raum. Diese Verhältnisse sind jedoch nicht constant,
zu verschiedenen Tageszeiten wird man hier etwas verschiedene Re-
sultate bekommen, da die verschiedenen Farben in ungleichem Mafse
von der Atmosphäre absorbirt und dadurch in ihrer Wirkung mehr
oder weniger gedämpft werden. Die Bunsen’schen Versuche haben
mehrere Stunden erfordert, innerhalb welcher erhebliche Veränderungen
in den Intensitätsverhältnissen der einzelnen Strahlen stattgefunden
haben mögen.
Der beistehende Holzschnitt versinnlicht die Unterschiede der che-
mischen Wirkung des Spectrums auf Jodsilber- und Jodbromsilbercollo-
dion und Chlorknallgas. Die Intensität der chemischen Wirkung des
letztem ist hier durch eine Curve ausgedrückt, deren Höhe über der
Horizontalen einen Mafsstab für die chemische Wirkung des senkrecht
darunter liegenden Theils des Spectrums bildet. Die andern Figuren
drücken die ungefähre Wirkung des Lichtes auf Jodsilber- und
Jodbromsilbereollodion aus; sie sind Copieen der Müller’schen Origi-
naltafeln.
Man ersieht aus den Figuren das fast plötzliche Aufhören der
chemischen Wirkung auf Jodsilber jenseits der Linie 0, das sogar
in dem Bromjodsilberspectrum sich kenntlich macht Ferner ersieht
man, dafs das Maximum der Wirkung bei Chlorknallgas wie bei
Jodsilber und Jodbromsilber zwischen G und H (Grenze zwischen Indigo
und Violett) liegt. Auffallend ist das Correspondiren der Grenzen des
Bromjodsilberspectrums mit den tiefsten Punkten der Chlorknallgascurve
bei E und S.
Die Unwirksamkeit der gelben und rothen Strahlen auf Jod- und
Jodbromsilber hat, wie bereits oben bemerkt, für den practischen
Photographen mancherlei Uebelstände. Sie bietet jedoch auch andrer-
seits dem Photographen Vortheile, indem sie ihm erlaubt, seine licht-
empfindlichen Platten in einem mit gelben Lichte erleuchteten Raume
zu präpariren. Wäre gelbes Licht chemisch wirksam, so wäre der
Photograph genöthigt, die lichtempfindlichen Platten in absoluter Dun-
kelheit zu machen und dieses dürfte nur unter vielen Uebelständen
möglich sein.
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 9
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130
Chemische Photometrie.
Nun müssen wir noch einer Erscheinung Erwähnung thun, die
Bequerel und Moser specieller untersucht haben, und die darauf hinaus-
läuft, dafs die an sich auf Jodsilber unwirksamen rothen und gelben
Strahlen die Eigentümlichkeit haben, die von blauen Strahlen ein-
geleitete Wirkung auf Jodsilber fortzusetzen. Belichtet man eine
Daguerre’sche Jodsilberplatte kurze Zeit im blauen Licht und bringt
sie dann in gelbes oder rothes Licht, so erscheint hier binnen kurzer
Zeit ein Bild. Bequerel nennt deshalb die blauen Strahlen „rayons
excitateurs“, die gelben und rothen „rayons continuateurs“.
Von der Messung der chemischen Intensität verschiedener Licht-
quellen und den Grundzügen einer chemischen Meteorologie.
Sind schon die chemischen Wirkungen der verschiedenen Strah-
len des Sonnenlichts wesentlich verschieden , so finden wir noch
gröfscre Differenzen, wenn wir die chemische Wirkung verschiede-
ner Lichtquellen als Ganzes mit einander vergleichen. Diese wird
sich verschieden zeigen, jenachdem dieselben mehr oder weniger blaue,
violette und ultraviolette Strahlen enthalten. Es giebt hell leuch-
tende Flammen, z. B. Gaslicht, die eine nur schwache chemische Wir-
kung äufsern, während andere schwach leuchtende, z. B. Schwefel,
chemisch sehr intensiv wirken. Ebenso wird eine und dieselbe Licht-
quelle, z. B. die Sonne, sich in chemischer Hinsicht höchst verschieden
verhalten, jenachdem durch atmosphärische Einflüsse gröfsere oder
geringe Quantitäten der stark brechbaren, chemisch wirkenden Strahlen
absorbirt werden. Es ist nun für die photographische Praxis ein Ge-
genstand von hoher Wichtigkeit, Mittel zu besitzen, diese chemische
Intensität des Tageslichtes zu verschiedenen Zeiten, sowie .der ver-
schiedenen Lichtquellen überhaupt quantitativ feststellen zu können.
Seebeck machte zuerst dahinzielende Versuche mit Chlorsilber,
später suchte Draper diesen Zweck durch Bestimmung der Salzsäure-
menge zu erreichen, die durch Wirkung des Lichtes auf Chlorwasser
gebildet wird. Aber erst Bunsen und Roscoe gelang es, eine Methode
aufzufinden, durch welche es ihnen möglich geworden ist, mit einer
bisher nicht erreichten Genauigkeit photochemische Messungen zu
machen und dadurch interessante, bisher ungeahnte Aufschlüsse zu
liefern über die chemische Intensität des Tageslichts in den ver-
schiedenen Tages- und Jahreszeiten, in verschiedenen Breiten und
Höhen über der Meeresfläcbe und über die Wichtigkeit dieser Un-
terschiede für den Haushalt der Natur. Die Resultate dieser Un-
tersuchungen sind um so bewundernswerther , als sie mit Schwierig-
keiten verknüpft waren, deren Ueberwindung erst nach jahrelangen,
mühevollen und geduldpeinigenden Arbeiten gelang. Sie sind in dieser
Hinsicht vielleicht noch grofsartiger, als die neuesten Arbeiten Bunsen’s
über die Spectralanalyse.
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Chemische Photometrie.
131
Das chemisch empfindliche Medium, welches Bunsen und Roscoe
zur Messung der Intensität versuchten, war ein Gemenge von gleichen
Theilen Chlorglas und Wasserstoffgas, von Bunsen Chlor-
knallgas genannt. Dieses hat die Eigenschaft, sich bei starkem
Lichte unter Explosion, bei zerstreutem Lichte langsam zu Chlorwasser-
stoff zu verbinden. Die Vermuthung, dafs die Menge des so erzeugten
Chlorwasserstoffs der chemischen Lichtintensität proportional sei, lag
nahe. Dieser Satz mufste jedoch erst experimentell erwiesen werden,
ehe man das Chlorknallgas zur chemischen Photometrie benutzen
konnte. Bunsen und Roscoe unternahmen diesen keineswegs leichten
Nachweis. Sie entwickelten aus Chlorwasserstoffsäure mittelst einer
electrischen Batterie das Chlorknallgas, - und leiteten dieses in ein
bauchiges Gefäfs a mit sehr enger, langer, graduirter Röhre b, die am
anderen Ende ein weites, mit Wasser gefülltes Gefäfs c trug. Die
Röhre b war so graduirt, dafs jeder Scalentheil ein bestimmter Bruch-
theil von dem Rauminhalt des Gefäfses a war. Letzteres selbst war
zur Hälfte mit Wasser gefüllt, und dieser, mit Wasser gefüllte untere
Tbeil geschwärzt. Ein Hahn h diente zur Abschliefsung des Ganzen
von dem Entwicklungsgefäfs des Chlorknallgases.
Der Apparat stand in einem dunklen Zimmer, in das durch Laden
Licht gelassen werden konnte.
Metallschirme schützen denselben vor der strahlenden Wärme
des Beobachters, ein Wassergefäfs vor der der Lichtquelle.
Läfst man auf dieses Insolationsgefafs ein chemisch schwachwir-
kendes Licht, z. B. Gaslicht wirken, das in einer gemessenen Entfer-
nung aufgestellt ist, so sieht man Anfangs keine Wirkung, nach circa
4 Minuten beginnt sie aber. Es bildet sich Salzsäure, diese wird vom
Wasser in a absorbirt, in Folge dessen tritt eine Volumenverminderung
des Gases ein, und das Wasser aus c tritt in die Röhre b. Aus dem
Stande des Wassers in dieser Röhre kann man diese Volumenvermin-
derung ablesen. Die Abnahme des Volumens wächst mit der Dauer
der Bestrahlung, und steigt bis zu einem constant bleibenden Maxi-
mum. Je intensiver die Lichtstärke ist, in desto kürzerer Zeit tritt
dieses Maximum ein. Man mufs bei der Beobachtung erst das Maxi-
mum eintreten lassen, dann die Scalentheile ablesen, um welche das
Wasser in einer Minute in der Röhre b steigt. Die Anzahl derselben
giebt ein Mafs für die chemische Wirkung, die bewufste Lichtquelle in
einer Minute ausübt
Wir können hier nicht auf ausführliche Erörterung der Versieh ts-
mafsregeln und Correctionen eingehen, die bei diesen keineswegs
leichten Versuchen zu beachten sind. Die Beschreibung derselben füllt
viele Seiten in der so wenig gelesenen, aber so interessanten Origi-
nalabhandlung in Poggendorfrs Annalen, Band 100 S. 43 und 481;
Band 101, S. 235 und Band 108, S. 200.
9*
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132
Chemische Photometrie.
Hier wollen wir nur anführen, dafs Bansen wesentlich auf die
A bsorp tions v erhäl tnisse Rücksicht nahm.
Wie schon früher erörtert wurde, wird das Licht beim Durch-
gänge durch ein durchsichtiges Medium mehr oder weniger geschwächt,
und werden Strahlen gewisser Brechbarkeit ausgelöscht. Durchstrahlt
das Licht eine Schicht reinen Chlorgases, so wird in Folge dieser Absorp-
tion ein bedeutender Tbeil der ursprünglichen Lichtstärke verloren gehen,
und dieser Verlust wird auch stattfinden (ganz abgesehen von der
chemischen Wirkung) bei Durchstrahlung der Chlor- und WasserstoflF-
mischung. Bunsen und Roscoe bestimmten nun die Stärke dieser
Absorption. Sie fanden, dafs dieselbe der Dichtigkeit des Gases
proportional ist, aber verschieden, je nach den Lichtquellen. Durch-
strahlt nun das Licht eine Chlorknallgasschicht, so wird die Schwächung
durch Absorption wegen der um die Hälfte verringerten Dichtig-
keit des Chlors nur halb so grofs sein, als bei reinem Chlor. Mifet
man aber die Intensität des austretenden Lichts, so findet man das-
selbe bedeutend mehr geschwächt, als wenn es eine reine Chlorgas-
schicbt gleicher Dichtigkeit durchstrahlt hätte, und dieses Mehr kommt
auf Rechnung der ausgeübten chemischen Action. So gehen bei
Durchstrahlung einer 1 Millimeter dicken Chlorknallgasschicht verloren:
Durch blofse Durch chemische
Absorption Action
bei Morgenlicht (8 — 12 Uhr) . . . 0,os29. 0,oo265.
- Abendlicht (3 — 3$ - ) . . . 0,0507. 0, 01743.
- Gaslicht 0,oos7. 0, 00013.
Man ersieht daraus die qualitativen Unterschiede zwischen Mor-
gen- und Abend licht, die auch andererseits durch die photographische
Praxis constatirt sind.
Zur Vergleichung der chemischen Wirkung der verschiedenen
Lichtquellen bedient sich Bunsen einer Normalflamme von Kohlenoxyd-
gas, die aus einem Platinbrenner von 7 Millitn. Oeffnung ausströmte und
in der Secunde 5 Cubikcent. Gas verbraucht. Die Wirkung einer solchen
Flamme in 1 Millim. Entfernung nahm er als die chemische Licht-
einbeit und 10,000 solcher Einheiten als einen chemischen Licht-
grad an. Oder aber, er drückt die chemische Lichtintensität aus durch die
Menge des gebildeten Salzsäuregases, das er sich in Prismen vom Quer-
schnitt 1 bei 0“ Temp. und 0,76 Millim. Druck vertheilt denkt, unter der
Voraussetzung, dafs das Licht bis zur völligen Absorption gewirkt hat.
So fand er z. B., dafs eine Steinkohlengasflamme chemisch doppelt so
stark wirkte (bei gleichem Gasverbrauch), als die Kohlenoxydflamme,
optisch (in Bezug auf die gewöhnliche Leuchtkraft) dagegen IGOmal so
stark. So ungeheuer verschieden sind die Verhältnisse der chemischen
und optischen Leuchtkraft bei verschiedenen Lichtquellen. Anders ist
es aber bei einer und derselben Lichtquelle. Hier bleibt, wie Bunsen
constatirte, die optische Leuchtkraft der chemischen propor-
tional, und dadurch wird es möglich, letztere mit Hülfe der ersteren zu
messen, wenn für eine einzige optische Lichtstärke die zugehörige che-
mische Intensität gemessen ist. Dadurch macht es Bunsen möglich,
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Chemische Meteorologie.
133
die chemische Intensität des blauen Himmels und des Sonnenlichtes
für verschiedene Tages- und Jahreszeiten zu bestimmen, indem er ganz
einfach die optischen Intensitäten zu verschiedenen Zeiten mafs,
die chemische Intensität für eine bestimmte optische Intensität fest-
stellte und aus diesen die den optischen Intensitäten proportionalen
chemischen Intensitäten für die übrigen Stunden berechnete.
Chemische Intensität des blauen Himmelslichts.
Um die chemische Intensität des Lichtes des blauen Himmels-
gewölbes genau zu bestimmen, gingen Bunsen und Roscoe an einem
vollkommen wolkenlosen Tage auf den Gaisberg bei Heidelberg, be-
stimmten hier zunächst die optische Intensität des Himmelslichtes
zu verschiedenen Tageszeiten und Sonnenhöhen mit Bunsen’s Photo-
meter, unter der Vorsicht, dafs das directe Sonnenlicht durch einen
Schirm vom Photometer abgehalten wurde. Sie fanden, dafs die
optische Intensität abhängig ist vom Sonnenstände; je höher derselbe,
desto stärker ist sie. Sodann bestimmten sie die chemische Wirkung
des Himmelsgewölbes für eine bestimmte optische Intensität und be-
rechneten daraus die chemische Wirkung des Himmelsgewölbes zu ver-
schiedenen Tagesstunden. Sie fanden durch Experimente in verschie-
denen Jahreszeiten, dafs bei wolkenlosem Himmel die chemische
Wirkung des gesammten Himmelsgewölbes bei gleicher Ze-
nithdistanz der Sonne Vor- und Nachmittags dieselbe ist
und die Temperaturverschiedenheiten und Feuchtigkeits-
verhältnisse ohne Einflufs sind*).
Diese gewonnenen Resultate setzten Bunsen in den Stand, die
chemische Intensität des reinen blauen Himmelsgewölbes für
jede beliebige Zenithdistanz der Sonne zu berechnen und da nun aus
der Breite und Länge eines jeden Ortes die Zenithdistanz der Sonne
für jede einzelne Stunde aus astronomischen Tabellen bestimmt werden
kann, so ist es auf Grund von Bunsen’s Untersuchungen möglich, jetzt
für jeden beliebigen Ort der Erde und für jede Tageszeit die chemische
Intensität des blauen Himmelslichtes unter Voraussetzung
eines wolkenlosen Tages zu berechnen.
Die Formel zur Berechnung der Zenithdistanzen ist:
cos cp = cos 8 . cos t . cos p -+- sin 8 . sinp.
q> ist die zu berechnende Zenithdistanz,
8 die Declination der Sonne am Beobachtungstage,
p die Polhöhe des betreffenden Orts,
t der Stundenwinkel der Sonne.
Letzterer ergiebt sich aus der Betrachtung, dafs die Sonne in
24 Stunden, von Mittag zu Mittag, 360* durchläuft, in einer Stunde
daher 15*, in einer Minute -J-0; demnach ist z. B. der Stundenwinkel
um 11 Uhr oder 1 Uhr (eine Stunde vor oder nach Mittag als Aus-
gangspunkt) 15°, um 2 Uhr und 10 Uhr 30° etc.
*) Mit diesen Ergebnissen stimmen die Erfahrungen der photographischen Praxis
nicht ganz tlberein; das Vormittagslicht ist erweislich besser, als das Nachmittags-
licht und Bnnsen’s Versuche Uber Absorption weisen hier ebenfalls qualitative Ver-
schiedenheiten auf (s. o.).
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134
Chemische Meteorologie.
Hat man nach dieser Formel die Zenithdistanzen <j> für verschie-
dene Stunden berechnet, so erhält man die chemische Lichtintensit&t
des gesammten wolkenlosen Himmelsgewölbes für diese Zeiten
mit Hülfe der Formel
W = 2,776 -+- 80,849 cos (f 45,996 COS* (J>.
Diese Formel drückt die chemische Wirkung in Lichtgraden
aus, welche innerhalb einer Minute auf ein horizontales Flächen-
element ausgeübt wird.
Bunsen und Boscoe haben nun nach dieser Formel die chemische
Lichtintensität des blauen Himmelsgewölbes für Zenithdistanzen von
31* bis 90* berechnet, und lassen wir die von ihnen entworfene Ta-
belle hier folgen:
1
Zenith- i
distanz
Grad j
fl
Licht-
grade
Zenith-
distanz
Grad i
Licht- |
grade .
Zenith-
distanz
Grad
| |f
1 Licht- :
i grade '
1 II
Zenith-
distanz
Grad
1
Licht-
grade
1
Zenith-
distanz
1 Grad
rn
Licbt-
gr«de
! Zenith-
| distanz
| Grad
1 Licht-
grade
1
TI
38,29
41
!37,6o
51
r |i
|35,4 5
61
31,17
71
24,22
! 81
14,30
32
38,26
42
137,4 7;
52
35,11
62
30,6 0
72
23,37
82
13,15
33
38,34 i
43
37.31 j
' 53
34,7 8
63
30, oo
73
22,4 8
: 83
11,95
34
;38,21 i
44
37,14
54
34,4 0
64
29,38
74
21,56
84
10.72
35
38,14 1
45
36,96 I
1 55
34,02
65
28,7 3
75
20,62
1 85
9,4 7
36
|38,oe 1
46
36,74
i 56
|33,6 i
66
28,06
j 76
19,64
86
8,19
37
38,0 1
i 47
36,53
57
33,17 i
67
27,34 j
77
18,64
87
6,88
38
37,93
i 48
36,3
1 58
32,72,
68
26,61 1
78
17,60
88
5,54
39
37,85
49
36,0 2
59
32,22 1
69
25,84
79
16,53
89
4,17
40
!37,7 2
50
35,7 5
1
60
I
*31,70 ;
70
25,0 5
80
15,43
90
2,7 7
Aus dieser Tabelle kann man, wenn man die Zenithdistanzen
schon kennt, die zugehörigen chemischen Lichtstärken leicht entnehmen.
Bunsen und Roscoe haben beispielsweise die chemischen Lichtintensi-
täten für die verschiedenen Stunden eines Tages der Tag- und Nacht-
gleiche (21. März oder 21. September) für mehrere Orte der Erde
unter verschiedenen Breiten: Cairo, Heidelberg, Petersburg,
und Island in Tabellen zusammengestellt, deren nähere Betrachtung
in hohem Grade interessant ist.
Man kann diese Intensität des Himmelslichtes in verschiedenen
Tagesstunden am besten graphisch anschaulich machen, wenn man
auf einer H orizontallinie die einzelnen Tagesstunden in gleichen Ab-
ständen aufträgt und darauf Senkrechte errichtet, deren Höhen den
berechneten Intensitäten in Lichtgraden entsprechen. Verbindet
man die Endpunkte dieser Höhen, so erhält man Curven, welche in
ihrem Steigen und Fallen die Zu- und Abnahme der chemischen
Intensität in verschiedenen Stunden sehr anschaulich versinnlichen. In
beifolgendem Holzschnitt ersieht man in den punktirten Linien*)
die in dieser Weise von Bunsen gezeichneten Intensitätscurven für den
21. September für Island, Petersburg, Heidelberg und Cairo. An diesem
Tage (der Tag- und Nachtgleiche) geht für alle Orte der Erde die
Sonne um 6 Uhr auf und unter.
*) Die Bedeutung der nicht pnnktirten Linien wird unten erörtert werden.
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Blaues Himmelslicht.
135
Man sieht aus der Tafel, wie schon beim Aufgange der Sonne
eine merkliche chemische Wirkung stattfindet (die jedenfalls schon vor
Sonnenaufgang in der Dämmerung vorhanden ist), wie dieselbe mit
der Sonne anfangs sehr schnell steigt, aber in der Zeit von 10 bis 2 Uhr
ziemlich constant bleibt, dann wieder schnell fällt.
In der Zeit von 10 bis 2 Uhr wird daher die zu photographischen
Aufnahmen nötbige Expositionszeit ziemlich dieselbe sein können ;
eine Stunde vorher oder nachher (9 Uhr und 3 Uhr) wird man schon
etwas länger exponiren müssen. Von 3 bis 5 Uhr Nachmittags be-
merkt man in der Praxis bei fortdauerndem Arbeiten die „Licht Ver-
schlechterung“ in ebenso auffallender Weise, als die Curven in der
Tafel sie ausdrücken.
Die berechneten Intensitäten geben leicht für eine bestimmte Stunde
die nötbige Expositionszeit. In Heidelberg z. B. ist am 21. Sep-
tember die Intensität um 4£ Uhr 20“, um 12 Uhr dagegen 35*.
Die Expositionszeiten werden sich nun umgekehrt wie die Inten-
sitäten verhalten. Hat man demnach z. B. bei einem Portrait um
12 Uhr circa 20 Secunden nöthig gehabt, so wird man um Uhr
35 Secunden exponiren müssen, einen vollkommen heiteren Tag
vorausgestzt.
Man sieht ferner, wie in den Früh- und Abendstunden die Unter-
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136
Chemische Meteorologie.
schiede in der chemischen Wirkung bei den verschiedenen Orten der
Erde beträchtlicher sind, als am Mittag. Das Verhältnis von Island
zu Cairo ist z. B. :
Morgens 7 Uhr wie 11:18,
Mittags - 29 : 38.
Im Uebrigen ist die Wirkung bei gleichem Abstande vom Mittag
Vor- und Nachmittags dieselbe (s. o.).
Der von den verschiedenen Curven überwölbte, unten von der
Stundenlinie begrenzte Baum giebt uns gleichzeitig ein anschauliches
Bild von der chemischen Totalwirkung, die vom gesammten
Himmelsgewölbe innerhalb eines ganzen Tages ausgeübt wird. Diese
Wirkung beträgt in Zahlen für einen Tag der Tag- und Nachtgleiche
(21. März oder September):
für Island .... 15,020 Lichtgrade,
- Petersburg. . . 16,410
- Heidelberg. . . 19,100
- Cairo .... 21,670
Alle diese Zahlen, sowie die oben erwähnte Tabelle, gelten jedoch,
dies ist sehr zu beachten, nur für zwei Tage des Jahres und
nur für die bewufsten Orte der Erde, sowie für solche, die mit den-
selben in einer Breite liegen.*) Für alle übrigen Tage und Orte
mufs man die chemischen Lichtintensitäten erst aus den
oben genannten Formeln berechnen.
Sie gelten ferner nur für den Fall, dafs das ganze Himmelsge-
wölbe zur Wirkung kommt; wird dasselbe theilweise von Gebäuden
oder Bergen verdeckt, so wird auch die chemische Wirkung verringert.
So kommt in Ateliers im günstigsten Falle höchstens des
Himmelsgewölbes zur Wirkung, und um so weniger, je tiefer sie
liegen. Ferner gelten die Formeln nur für einen absolut wolken-
losen Himmel. Mit der Bewölkung variirt die chemische Wirkung
ungeheuer; sie schwindet bis auf 0 zusammen, wenn dicke Wetter-
wolken den Himmel bedecken; eine dünne weifse Wolkenschicht
verstärkt dagegen die Wirkung des blauen Himmels ganz erheblich.
Um dies nachzuweisen, machte Bunsen am 5. October 1856
zu Heidelberg eine Reihe von Messungen, und hat diese ebenfalls
durch Zeichnung anschaulich gemacht. In beifolgender Figur ersieht
man die Resultate. Die zickzackförmig hin- und herspringende Curve
drückt die wechselnde Intensität des chemischen Lichtes des theilweise
bewölkten Himmels aus, die andere regelmäfsige Curve zeigt die Inten-
sität, wie sie bei vollkommen reinem Himmel ist.
Bunsen schreibt darüber (PoggendorfFs Annalen Bd. 108 S. 237):
„Von 7 Uhr Morgens bis nach 12 Uhr war der Himmel mit einem
Wolkenschleier von wechselnder Dichtigkeit bedeckt, durch welchen
die Sonne nur schwach hindurchschien. In den ersten Nachmittags-
stunden verlor sich die Trübung allmählig, so dafs nach 2 und 3 Uhr
nur noch einzelne lichte Wolken über den Zenith zogen und der
Himmel nach 3 und 4 Uhr ganz wolkenlos war. Diese Veränderungen
drücken sich in der Curve deutlich aus. Man ersieht, dafs ein leichter
*) Mi Heidelberg liegen folgende deutsche Ortschaften annähernd in der-
selben Breite: Landstuhl, Kaiserslautern, Rothenburg (Anspach),
Nürnberg, Fürth, Amberg, Klattau (Prag), Tabor, Iglau, Brünn etc.
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Blaoes Himmelslicht.
137
Wolkenschleier das Beleuchtungsvermögen des zur Beobachtung ge-
wählten Himmelstückes um mehr als dasVierfache erhöben kann.“
Demzufolge hat man auch bei theilweise bewölktem Himmel
in Bezug auf die Wahl der photographischen Expositionszeit keine so
sicheren Anhaltspunkte. Dafs ein theilweise bewölkter Himmel
unter Umständen bedeutend intensiver wirkt, als ein rein blauer, merkt
man oft in auffallender Weise beim photographischen Copirprocefs.
Die hier gegebenen Daten sind von Belang für alle photographi-
schen Arbeiten, bei denen das directe Sonnenlicht ausgeschlossen
ist, das sind Portraitaufnahmen im Atelier und Copirarbeiten.
Tritt aber die Sonne mit in Wirksamkeit, wie bei Landscbaftsauf-
nahmen und z. Th. beim Copirprocefs, so werden die Resultate wesentlich
andere. Bunsen hat nun in derselben Weise, wie oben die chemische
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138
Chemische Meteorologie.
Intensität des Himmelslichts, die chemische Wirkung des directen
Sonnenlichts gemessen.
Chemische Intensität des Sonnenlichts.
Die chemische Intensität des Sonnenlichts variirt nun sehr
beträchtlich in Folge der lichtabsorbirenden Wirkung der At-
mosphäre. Diese lichtabsorbirende Wirkung der Atmosphäre ist nun
bedingt: 1) durch ihre Dichtigkeit, 2) durch die Länge des Weges,
den die Strahlen in derselben durchlaufen. Deshalb ist dieselbe zu
verschiedenen Tageszeiten sehr verschieden; bei niedrigem Sonnen-
stände ist der von den Strahlen in der Atmosphäre durchlaufene Weg
viel länger, als bei hohem. Bunsen bestimmte nun die chemische In-
tensität des Sonnenlichts zu verschiedenen Tageszeiten und fand daraus,
dafs, wenn das Sonnenlicht eine 22,000 Mtr. starke Luftschicht von
0,76* Druck durchstrahlt, seine chemische Wirkung bis auf T'-0 der
ursprünglichen Stärke geschwächt wird. Bei geringerem Barometer-
stand ist die Absorption geringer. Demnach wird die chemische
Leuchtkraft der Sonne auf hohen Bergen stärker sein als am Meeres-
spiegel, um die Mittagsstunde bedeutend stärker, als Morgens oder
Abends (weil Mittags der von den Strahlen in der Atmosphäre durch-
laufene Weg beträchtlich kürzer ist).
Aufserhalb der Atmosphäre, wo die Sonne durch nichts ge-
schwächt wird, ist ihre chemische Intensität, d. h. ihre Wirkung auf
eine senkrecht zu den Strahlen stehende Fläche immer die-
selbe. Bunsen berechnete diese Wirkung (mit Zugrundelegung der
von ihm gemessenen Absorption in der Atmosphäre) auf 318 Licht-
grade. Die chemische Wirkung innerhalb der Atmosphäre aber fällt
in demselben Mafse, als die Barometerhöhe und die Zenithdistanz der
Sonne wächst; sie ist in Bezug auf ein horizontales Flächenelement
/ 0,4758 P\
W= ^318,3 X 10 cos y J COS (p ,
wo cp die Zenithdistanz der Sonne, P den Barometerstand bedeutet.
Bunsen hat aus dieser Formel mehrere höchst interessante Daten be-
rechnet. So beträgt die chemische Intensität des Sonnenlichts am
Meeresspiegel bei senkrechtem Auffallen 130*; da sie nun aufser-
halb der Atmosphäre 318° beträgt, so gehen f der chemischen
Leuchtkraft in der Atmosphäre verloren.
In der Höhe des Montblanc ist die chemische Wirkung der Sonne
bei senkrechtem Einfallen 1 j mal. bei 45" Zenithdistanz 2 mal so grofs,
als am Meeresspiegel.
Den Einflufs des Luftdrucks mögen folgende Zahlen illustriren:
Bei 750 Ml. Barometerhöhe ist die Wirkung in Lichtgraden 140®,
- 700 - - .... . 148®,
- 600 - - .... - 165®;
140 Lichtgrade sind aber 1,400,000 Lichteinheiten, demnach wirkt
die Sonne 700,000mal intensiver als eine Steinkohlengas-
flamme (s. Seite 132).
Offenbar kann man nun mit der oben gegebenen Formel für
jeden beliebigen Ort der Erde und für jede beliebige Stunde unter
Voraussetzung einer bestimmten Barometerhöhe aus der Sonnenhöhe
die chemische Intensität des directen Sonnenlichts berechnen.
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Sonnenlicht.
139
Bunsen hat diese Berechnung ausgeführt für einen Tag der
Tages- und Nachtgleiche für Cairo, Neapel, Heidelberg,
Petersburg und Island.
So ist zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche, Mittags 12 Uhr,
bei 0,76* Druck die Wirkung
für Cairo ..... 105*,
- Heidelberg. . . 57*,
- Island .... 21*.
Noch gröfser sind diese Unterschiede in den Zeiten 9 Uhr und
und 3 Uhr; dann sind sie
für Cairo 50°,
- Heidelberg . . . 24",
- Island 6*.
Die Differenzen sind demnach um so gröfser, je weiter die Sonne
vom Mittag ab steht.
Am anschaulichsten werden diese Verhältnisse aus einer graphi-
schen Darstellung, ähnlich wie die oben gegebene von der Intensität
des blauen Himmelslichtes. Wir geben diese in den ausgezogenen
Linien der beistehenden Figur für Cairo, Heidelberg, Petersburg
und Island für einen Tag der Tag- und Nachtgleiche.
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140
Chemische Meteorologie.
Wir sehen aus dieser Darstellung, wie zur Zeit des Sonnenauf-
gangs die chemische Wirkung der directen Sonne überall gleich 0 ist,
wie sich in Cairo erst um Uhr, in Neapel um circa 6} Uhr, in
Island erst um 7 Uhr eine merkbare chemische Wirkung der Sonne
nachweisen läfst, wie diese dann für die nördlichen Orte langsam, für
die südlichen rasch ansteigt, Mittags ihren höchsten Stand erreicht
und Nachmittags wieder rasch fällt, in demselben Mafse, wie sie Vor-
mittags gestiegen, bis sie endlich schon vor Sonnenuntergang ver-
schwindet Von besonderem Interesse sind nun die Vergleiche
zwischen der chemischen Intensität des Sonnenlichts und
des blauen Himmelslichts für dieselben Orte der Erde. Die bei-
stehende Tafel, in welcher die Intensitätscnrven für Himmelslicht und
Sonnenlicht gleichzeitig eingetragen sind, giebt dazu ein treffliches
Mittel an die Hand. Wir ersehen daraus, dafs um Sonnenaufgang
und Untergang, wo die Sonne, obgleich dem Auge sichtbar, noch
chemisch unwirksam ist, der blaue Himmel schon überall kräftige
Wirkungen äufsert, wie diese Wirkungen rasch ansteigen, während
die chemische Sonne gleichsam erst aufgeht, dann aber sich in
majestätischer Curve erhebt um die Wirkung des anfangs vorangeeilten
Himmelslichts zu überflügeln, wenigstens was die südlichen Orte an-
betrifft.
Wir sehen daraus, wie für Island das blaue Himmelslicht für
sich allein viel intensiver wirkt, als die Sonne für sich allein und nur
in der Nähe der Mittagsstunde von letzterer übertroffen wird. (Für
Orte, noch nördlicher als Island, bleibt die Intensität der Sonne auch
Mittags unter der des blauen Himmels.) In südlicheren Breiten da-
gegen ist die Intensität der Sonne zu gewissen Tagesstunden
gröfser, zu anderen kleiner als die des blauen Himmels, und bei einer
gewissen Zeit sind beide gleich. Das ist der Punkt, wo die zusammen-
gehörigen Curven für Sonnenlicht und Himmelslicht sich schneiden.
Dieser Punkt tritt an allen Orten ein, wo sich die Sonne mehr als
20“ 56' über den Horizont erhebt.
Wir sehen ferner die Curve des blauen Himmels langsamer
steigen und um die Mittagszeit sich nahezu auf derselben Höhe halten,
während die Curve der Sonne sich in südlichen Orten jäh und rasch
erhebt.
Merkwürdig ist nun auch der Vergleich zwischen der Total-
wirkung der Sonne und der Totalwirkung des Himmels
innerhalb eines ganzen Tages. Ein Bild davon gewährt die
Gröfse der Fläche, welche von den betreffenden Curven überwölbt
wird, wie wir dieses schon oben bei Besprechung der Wirkung des
blauen Himmels ausführten. Die blofse Betrachtung unserer Figur
ergiebt dann schon, dafs für Petersburg und Island die Totalwirkung
des Himmels gröfser ist, als die der Sonne; in Heidelberg sind beide
nahezu gleich; in Cairo ist die Wirkung der Sonne l-Jmal so grofs,
als die des Himmels. In Petersburg ist es umgekehrt; hier ist die
Himmelswirkung doppelt so grofs, wie die Sonnenwirkung.
Diese Zahlen über die chemische Intensität des Sonnenlichts zu
verschiedenen Zeiten sind von besonderer Wichtigkeit für die Ver-
gröfserungsphotographie. In dieser wird das directe Sonnen-
licht allein als Lichtquelle benutzt. Es ist daher erklärlich, wie die
Leistungsfähigkeit der Vergröfserungs - Apparate einerseits durch die
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Sonnenlicht.
141
Tagesstunde, andererseits durch die geographische Breite der Ort-
schaften, endlich durch die Jahreszeit bedingt ist. Hier wäre es von
besonderer Wichtigkeit, Intensitätstabellen des Sonnenlichts für jeden
einzelnen Tag des Jahres zu besitzen, die dann freilich nur für Orte
derselben Breite gelten. Diese Daten lehren auch, wie unzuverlässig
die Angaben von Fabrikanten sind, die auf das Gerathewobi von
ihren Vergröfserungs- Apparaten behaupten, sie lieferten eine Copie
in 15 bis 30 Minuten bei gutem Lichte. Das sogenannte gute Licht
(ungetrübtes Sonnenlicht) ist in seiner chemischen Intensität sehr ver-
schieden, je nach den Umständen, die wir oben geschildert.
Nun arbeitet der Photograph nur ausnahmsweise mit Sonnen-
licht allein (wie bei Vergröfserungen), desto öfter aber mit Sonnen-
und Himmelslicht gemeinschaftlich., wie bei Landschaftsaufnahmen
und beim Copiren; deshalb ist es interessant, die Summen Wirkung
beider kennen zu lernen.
Um die gemeinschaftliche Wirkung von Sonnen- und Himmels-
licht zu finden, braucht man nur die Einzelwirkung beider für die
betreffende Zeit zusammen zu addiren. So ist z. B. für Heidelberg
am 21. März früh 9 Uhr die Stärke
des Himmelslichts ..... 30, 24",
- Sonnenlichts . . . ■ . 23,99*,
in Snmma . . 54,23*.
Ebenso kann man die Summenwirkung beider für einen ganzen Tag
finden.
Addirt man so die Wirkung für den Tag der Tag- und Nacht-
gleiche, so erhält man als Totalwirkung für den ganzen Tag:
für Island 20,980,
- Petersburg . . . 25,340,
- Heidelberg . . . 37,340,
- Cairo 58,110,
demnach variirt die Summen Wirkung für den ganzen Tag nur
wenig mit der geographischen Breite; sie ist in Cairo ungefähr dreimal,
in Heidelberg ungefähr zweimal so grofs, wie in Island. Also wird
man an einem heiteren Tage der Tag- und Nachtgleiche in Heidelberg
zweimal so viel, in Cairo dreimal so viel Bilder copiren können, wie
in Island. Oder umgekehrt wird die Exposition im letzteren Lande
im Mittel resp. doppelt und dreimal so lange dauern müssen, unter
der Bedingung, dafs Sonne und Himmel gleichzeitig benutzt werden.
Gleich bedeutsame Folgerungen ergeben sich daraus für die Land-
schaftsphotographie. Man denke sich einen im Freien aufge-
stellten Gegenstand; dieser wird auf der Sonnenseite von Sonnen -
und Himmelslicht, auf der Schattenseite von Himmelsiicht allein er-
leuchtet. Nehmen wir die Intensität des Himmelslichts auf beiden
Seiten als gleich an, so ergiebt sich beispielsweise aus unseren Ta-
bellen die Lichtstärke in Heidelberg am 21. März:
Himmelsiicht Sonnenlicht Snmma rund
früh 9 Uhr 30,24 23,99 54
12 - 35,9t 57,62 93,5.
Demnach wird die Lichtintensität auf der Schattenseite des Körpers
von 9 bis 12 Uhr früh dieselbe bleiben (sie steigt nur von 30 auf 35,9,
während die Lichtintensität auf der Sonnenseite um 12 Uhr fieinahe
doppelt so grofs ist, als um 9 Uhr. Die Licht- und Schattendifferenzen
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142
Chemische Meteorologie.
sind deshalb um diese Zeit viel greller, und wird dieses sich auch im
Bilde bemerkbar machen und seiner Schönheit mehr oder weniger
Eintrag thun; die Expositionszeit wird man, da die Schattenseiten um
12 Uhr nicht viel heller sind, als um 9 Uhr, und auch diese hinreichend
ausexponirt erscheinen müssen, um 12 Uhr nur wenig niedriger wählen
dürfen, als um 9 Uhr (z. B. 36 Secunden um 9 Uhr, 30 Secunden um
12 Uhr), wobei man dann freilich Gefahr läuft, dafs die Lichter auf
der anderen Seite „überexponirt* sind. Diese grellen Licht- und
Schattendifferenzen werden sich um so weniger bemerklich machen,
je niedriger, um so mehr, je höher die Sonne steht. Sie sind daher,
abgesehen von der Tageszeit, im Sommer viel energischer als im
Frühling, Herbst und Winter. Im Winter steht die Sonne oft selbst
um die Mittagszeit so tief, wie im Hochsommer des Abends, so dafs
ihre Wirkung weit hinter der des Himmelslichts zurückbleibt. Es ist
daher klar, welche tief eingreifenden Unterschiede in Bezug auf den
Lichteffect in Bildern, die zu verschiedenen Jahreszeiten aufge-
nommen sind, sich zeigen werden, und wie wichtig deshalb die genaue
Kenntnifs des Sonnenstandes und der Sonnenintensität in
verschiedenen Zeiten für den denkenden Landschaftsphotographen ist.
Wir verdanken dem Director der Sternwarte, Herrn Dr. Förster
hierselbst, folgendes Täfelchen, welches die Sonnenhöhen für Berlin
für 12 Tage des Jahres enthält, die ungefähr um 4 Wochen auseinander
liegen und in dem auch der längste und kürzeste Tag, sowie die
beiden Tag- und Nachtgleichen aufgenommen sind.
Sonnenhöhen
für volle Stunden vor oder nach Mittag*) (Polhöhe Berlin).
Oh
lh
2h
3h
4h
5h
6h
7h
Sh
8onnen-
aufg.
8onnen*
unterg
Grad
Grad
Grad
Grad
Grad
Grad
< J rad
Grad
Grad
a. m.
p. m.
21. Jan.
17,6
16,4
13,o
7 ,t
0,o
4h
4,24h
21. Febr.
26,9
25,6
21,9
16,i
8,8
0
4,52h
5,21h
22. März
37,s
36,o
31,8
25,4
17,7
9,o
0
5,58h
6,14h
22. April
49,7
47,9
43,1
36,0
27,7
18,8
9,7
0
7,10h
7,8h
22. Mai
57,9
55,7
50,4
42,8
34,2
25,0
16,o
7,0
0
8,4h
7,57h
21. Juni
61,o
58,8
53,i
45,3
36,i
27,4
18,4
9,3
2,30
8,22h
8,24h
22. Juli
57,9
55,7
50,4
42,8
34,2
25,o
16,o
7,0
0
7,55h
8,6h
22. Aug.
49,3
47,6
42,8
35,7
27,4
18,5
9,4
0
7,6h
7,10h
23. Sept.
37,5
36,o
31,8
25,4
17,7
9,o
0
6,13h
5,56h
22. Oct.
26,t
25,2
21,4
15,7
8,4
0
5,22h
4,50h
21. Nov.
17,6
16,4
13,o
7,7
0
4,28h
3,58h
21. Dec.
14,i
13,o
10,o
4,8
3,50h
3,46h
*) Die Sonnenhöhen vor und nach Mittag differiren ein wenig. Der Unter-
schied ist für unsere Zwecke nicht von Belang und deshalb vernachlässigt. Der
Sonnenaufgang und Sonnenuntergang ist nach seinem Zeitabstande vom Mittag
angegeben. Die Zahlen p. m. stimmen mit den Uhrzeiten des Nachmittags
Uberein. ' Die Zenithdistanzen der Sonne findet man ftlr die verschiedenen Stunden,
wenn man die betreffenden Sonnenhöhen von 90° subtrahirt.
Sonnenlicht
143
Die nähere Betrachtung dieses Täfelchens wird manchen Photo-
graphen, der ein wenig über seine Kunst nachdenkt, höchlich über-
raschen.
Die Zahlen lh, 21' u. s. w. bedeuten die vollen Stunden sowohl
vor als nach 12 Uhr; diese Stunde ist mit 0h bezeichnet.
Aus den ersten Spalten übersieht man den überraschenden Unter-
schied in der Sonnenhöhe um die Mittagszeit in den verschiedenen
Monaten. Am höchsten steht sie zur Sommersonnenwende (21. Juni),
am tiefsten zur Wintersonnenwende (21. December). Am 21. December
Mittags steht die Sonne z. B. nicht höher, als am 21. Juni Abends
6j Uhr!! Ein Beweis, dafs für Arbeiten mit Sonnenlicht die
Abendzeit im Juni eben so brauchbar ist, als die Mittagszeit
im December.
Ferner ersieht man die kurze Dauer des Tages in den Wintermo-
naten*), sowie die Gleichheit in der Sonnenhöhe für die gleich weit
von der Sommer- resp. Wintersonnenwende ab liegenden Tage, z. B.
am 21. Januar und 21. November, am 21. Februar und 22. October,
am 22. März und 23. September, am 22. April und 22. August, am
22. Mai und 22. Juli.
Ueber die aus dieser Tabelle sich ergebenden ästhetischen
Folgerungen werden wir im III. Theil unseres Buches berichten.
Noch mehr Bedeutung gewinnen aber die darin enthaltenen Zahlen,
wenn wir daraus die chemischen Intensitäten des Sonnen- und Him-
melslicbts für die betreffenden Tage berechnen. Verfasser hat diese Be-
rechnung ausgeführt und giebt sie in der angehängten Tabelle. Die
Nutzanwendungen, die sich daraus für die photographische Praxis
ziehen lassen, liegen auf der Hand. Sie geben uns eine Üebersicht über
das ideale chemische Wetter von Berlin und den übrigen Orten
von gleicher Breite, d. h. der chemischen Lichtintensität von Sonne
und Himmel an einem absolut heiteren Tage des betreffenden Datums.
Wettereinflüsse werden diese Zahlen zwar sehr erheblich modificiren
(siehe oben Einflufs der Wolken), dennoch behalten sie als Anhalts-
punkte ihren Werth. Wahrscheinlich ist es, dafs trotz der durch diese
Einflüsse hervorgerufenen Störungen die chemische Intensität des Lichts
an demselben Orte der Erde eine ähnliche constante Gröfse ist, wie
die mittlere Jahreswärme. Künftige Forschungen müssen über diesen
Punkt noch weitere Aufklärung geben. Nothwendig ist aber vor
Allem ein Apparat, der die Feststellung der chemischen Intensität des
Lichts mit derselben Leichtigkeit gestattet, wie die Messung der Luft-
wärme mit dem Thermometer. Das Bunsen sche Chlorknallgas- Photo-
meter ist für diesen Zweck zu complicirt.
Neuerdings ist es aber Bunsen und Roscoe gelungen, einen neuen
Apparat zu construiren, der die Messung der chemischen Intensität
des Lichts mit viel gröfserer Leichtigkeit gestattet, als der Chlorknall-
gas-Apparat. Das ist der sogenannte Pendelphotometer.
Dasselbe gründet sich auf die Farbenveränderung, welche photogra-
phisch präparirtes Papier in chemisch wirksamem Licht erfährt.
Badet man ein Stück mit Kochsalz getränktes, photographisches
Rohpapier in Silberlösung und trocknet es, so erhält man ein cblor-
*) Diese ist mit Rücksicht auf die mit Bestellungen gesegnete Weihnachtszeit
oft Übel genug.
Digitized by Google
144
Pendelphotometer.
Silber- und höllensteinhaltiges lichtempfindliches Präparat, welches im
Lichte sich anfangs violett, dann blauviolett, endlich braun und bronce-
farben färbt.
Je intensiver das Licht chemisch wirkt, desto schneller färbt sich
ein solches empfindliches Papier dunkel, und B unsen und Roscöe
wiesen nun nach, dafs bei einem Papier von gewisser Präparation
die Zeit, welche nöthig ist, eine ganz bestimmte Färbung
hervorzubringen, der chemischen Lichtstärke genau um-
gekehrt proportional ist. Darauf gründet sich nun ihr neues
chemisches Photometer.
Dieses Photometer besteht aus einem lichtempfindlichen
Papier von constanter Empfindlichkeit.
Dieses wird folgendermafsen hergestellt:
300 Gramm chemisch reines Kochsalz werden in 10 Liter Wasser
gelöst und in einen grofsen Zinkblechkasten gegossen. In diese Lö-
sung taucht man photographisches Rohpapier vollständig unter, bewegt
hin und her, um die Luftblasen zu entfernen und läfst es fünf Minuten
in der Flüssigkeit, dann wird es vertical herabhängend getrocknet
Die Bogen können so monatelang aufbewahrt werden. Die angewen-
dete Flüssigkeitsmenge reicht zur Präparation von 70 Bogen von
30 Quadratcentimeter hin. Behufs der Sensibilisirung schneidet man die
Bogen in vier Theile und läfst sie auf einem Bade, das 12pCt. Silber
enthält, zwei Minuten schwimmen. 1 Liter Silberbad reicht hin zur
Sensibilisirung von 125 Bogen. Das gesilberte Papier läfst man an
der Luft trocknen und bewahrt es im Dunkeln. Es hält sich unver-
ändert 24 Stunden.
Ein so bereitetes Papier zeigt immer die gleiche Lichtempfindlich-
keit, wie B .unsen und Roscoe durch eine Reihe höchst sorgfältiger
Versuche feststellten*).
Von diesem Papier wurden Streifen geschnitten und diese ver-
schiedene Zeit dem zu messenden Lichte ausgesetzt, bis dieselben eine
ganz bestimmte bräunliche Färbung erreicht hatten.
Diese Färbung wurde durch Vergleichung mit einer Normal-
schwärze festgestellt, welche sie folgendermafsen bereiteten:
Man läfst eine Terpentinöllampe unter einer mit Wasser gefüllten
kalten Porzellanschale brennen, glüht den abgesetzten Rufs in einem
Platintiegel fünf Minuten lang, mischt ihn kalt mit lOOOmal so viel che-
misch reinem, fünf Minuten lang geglühten Zinkoxyd und fügt Wasser,
dem tö’öö Hausenblase zugesetzt ist, als Bindemittel zu, reibt das
Ganze auf einem Reibstein 1 Stunde, trocknet es im Wasserbade,
reibt es abermals und wiederholt diese Operation noch zweimal. (Es
ist diese Wiederholung nöthig, weil das Präparat anfangs bei fort-
gesetztem Reiben dunkler wird.) Mit dieser Schwärze bestreicht man
einen Papierstreifen möglichst dick und gleichmäfsig und benutzt diesen
*) Die Versuche finden sich beschrieben in Poggendorff’s Annalen Bd. 117,
S. 629, und enthalten manche ftlr den photographischen Positivprocefs interessante
Facta. So fanden B unsen und Roscoe 1 ) dafs die Empfindlichkeit des Papi eres
dieselbe bleibt, wenn auch die Stärke des Silberbades von 12 auf 8pCt. sinkt,
2) dafs ein Gehalt des Bades an salpetersaurem Natron der Empfindlichkeit keinen
Eintrag thut, 3) dafs mit dem Salzgehalt des Papieres seine Empfindlichkeit steigt,
4) dafs die Dicke des Papieres ohne Einfiufs auf seine Empfindlichkeit ist.
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Bunsen’s Photometer.
145
zur Vergleichung mit dem im Licht gebräunten Papier. Um nun das
empfindliche Papier kürzere oder längere Zeit dem Lichte exponiren
zu können, benutzten Bunsen und Roscoe ein einfaches Instrument.
Sie brachten einen empfindlichen Papierstreifen in einen Kasten mit
dünnem Deckel, an welchen das Papier fest angedrückt wurde, ln
dem Deckel befand sich ein Schlitz, der durch ein geschwärztes Glim-
merblatt verdeckt war; dieses Giimmerblatt konnte mit Hülfe eines
Secundenpendels von dem Schlitz weggezogen und wieder auf-
geschoben werden.
Liefs man das Pendel nur einmal schwingen, so war das äufserste
Ende des Streifens offenbar 1 Secunde exponirt, die folgenden Theile
weniger und um so kürzer, je weiter sie der Richtung zu lagen, in
welcher der Glimmerstreifen fortgezogen wurde. Aus ihrer Stellung
ergab sich leicht die Expositionszeit jedes einzelnen Theiles des Strei-
fens. Dieser zeigte offenbar nach solchem Versuche eine allmählich
verlaufende, abnehmende Färbung.
Um nun den Punkt der Normalfärbung zu bestimmen, wurden
die belichteten Streifen ins Dunkle gebracht und hier bei dem Licht
einer durch Kochsalz gelb gefärbten, nicht chemisch wirkenden Flamme
eines Bunsenschen Brenners betrachtet.
Man klebt zu dem Behufe den belichteten Streifen auf ein Brett-
chen und führt eine Holzscheibe darüber hinweg, in deren Mitte ein
schmales Loch, 5 bis 6 Millimeter weit, geschnitten ist und halb mit
einem Stückchen des mit Zinkweifsrufs geschwärzten Normalpapieres
angefüllt ist. Man sieht durch dieses Loch nur ein kleines Feld des
Streifens auf einmal, ohne dafs das Auge durch die Färbung der be-
nachbarten Theile gestört wird. Man schiebt nun das Brettchen so
lange hin und her, bis man die dem Normalpapier gleiche Färbung
gefunden hat. Um dies zu erleichtern, concentrirt man das gelbe Licht
auf die Oeffnung des Brettchens mit einer Sammellinse. Man findet
so sehr genau die Stelle der Normalfärbung und aus der Lage der-
selben auf dem Streifen die Zeit der Belichtung. Bunsen nennt nun
diejenige Lichtintensität, welche in einer Secunde die Normalfärbung
hervorbringt, die Liebtein heit. Je länger die Belichtung gedauert
hat, die zur Erzielung der Normalfärbung nöthig war, desto schwächer
ist die Lichtstärke. Waren z. B. 5 Secunden nöthig, so ist die Licht-
stärke nur der Lichteinheit, waren J Secunden nöthig, so ist die
Lichtstärke 1 getheilt d urch | = -J.
Man erhält demnach die Lichtstärke, wenn man mit
der Belichtungsdauer in 1 dividirt.
Der Nutzen dieses handlichen Instruments für die chemische Me-
teorologie ist einleuchtend, und haben Bunsen und Roscoe damit in
der That eine Reihe interessanter photochemischer Messungen ausge-
führt Swan hat das Instrument in veränderter Form auch in
die photographische Praxis eingeführt. Er benutzt es zur Bestim-
mung der Expositionszeit im Kohlendruck, indem er gleich-
zeitig mit dem Negativ ein Stück empfindliches Papier unter einer
belichteten und entwickelten Collodionplatte exponirt. Sobald dieses
Papier eine bestimmte Nuance erreicht hat (die durch Vergleichung
mit einem gefärbten Normalpapier erkannt wird), ist der Kohlendruck
vollendet.
Hier ist wegen der beträchtlichen Lichtschwächung durch die auf
Vogel, Lehrbach d. Photographie. IQ
loogle
146
Optische Instrumente.
dem empfindlichen Papier liegende geschwärzte Collodionplatte län-
gere Zeit nöthig, um eine bestimmte Färbung hervorzubringen. Die
Intensität derselben ist ein Criterium für die innerhalb der gedachten
Zeit zur Wirksamkeit kommenden chemischen Lichtmengc. Im zweiten
Theil dieses Buches wird specieller von diesem Verfahren die Rede sein.
Bereits haben Bunsen und Roscoe mit ihrem Instrument zahl-
reiche Bestimmungen gemacht; hoffen wir, dafs dasselbe bald von
meteorologischen Stationen und intelligenten Photographen zu weiteren
Forschungen über das chemische Wetter benutzt werden möge; dann
ist die Zeit nicht mehr fern, wo wir etwas mehr geben können, als
die blofsen Grundzüge einer chemischen Meteorologie. Dann
werden wir vielleicht einmal im Stande sein, Linien gleicher.,
mittlerer chemischer Licbtintensität, ähnlich den Isothermen,
um den Erdball zu ziehen.
Die optischen Instrumente.
Allgemeines.
Wir haben in dem vorhergehenden Capitel die chemische Intensität
des Lichtes verschiedener Lichtquellen kennen gelernt
Eine gegebene Quantität chemisch wirksamen Lichtes ist für sich
allein nicht im Stande, auf einer sensiblen Fläche ein Bild zu er-
zeugen; sie würde höchstens ein Stück photographischen Papiere nur
mehr oder weniger intensiv schwärzen. Eine solche schwarze Fläche
ist aber kein Bild. Zur Erzeugung eines Bildes müssen wir gewisse
Stellen der empfindlichen Schicht vor der Wirkung des Lichtes schützen,
andere wieder denselben mehr oder weniger aussetzen. So erzeugen
wir Abwechselungen von Licht und Schatten, und diese machen erst,
sobald ihre Contouren den Umrissen von Gegenständen in der Natur
entsprechen, ein Bild aus.
Wir erreichen diesen Zweck auf zweierlei Weise:
1) Indem wir diejenigen Gegenstände, von welchen wir
Bilder zu erzeugen wünschen, unmittelbar mit der
lichtempfindlichen Schicht zusammenpressen und so,
das Original nach oben, dem Lichte aussetzen.
Das ist die directe Copirmethode; so kann man Pflanzenbjätter,
Zeichnungen u. s. w. reproduciren und erhält je nach den Umständen
hierbei ein Bild, das in seinen Licht- und SchaUenverhältnis&en dem
Original entspricht — ein Positiv, z. B. bei Willis’ Anilindruck,
Joubert’s, Obernetter’s und Leth’s Kohleverfahren (siehe Seite 32);
oder man erhält das Umgekehrte davon — ein Negativ (Fox Talbot’s
Verfahren, siehe Einleitung). Ein solches Negativ kann wieder zum
Copiren positiver Bilder mit Hülfe des Lichts benutzt werden. Dieser
Copirprocefs ist der gewöhnliche photographische Druokpro-
cefs. In diesen Processen haben wir es also mit ebenen Originalen
zu thun , die mit der empfindlichen Fläche zusammengeprefst dem
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Camera obaeura.
w
Lichte exponirt werden. Dieses Verfahren ist zur Entwerfung von
Bildern körp erlicher (Gegenstände olfenbar nichf geeignet; uin diese
za photographiren, benutzt man eine andere Methode:
2) Man entwirft von körperlichen Gegenständen ein
ebenes Bild mit Hülfe eines optischen Apparates, und
läfst dieses auf dip empfindliche Fläche wirken.
Der optische Apparat, den ^vir hier anwenden, ist die Camera
obscura, jenes interessante, von Porta im 16. Jahrhundert erfundene
Instruqient, welches 3 Jahrhunderte lang nur für eine niedliche Spielerei
galt, hi? es durch Einführung in die Photographie zu immenser Wich-
tigkeit gelangte. Wäre dieses Instrument nicht vorhanden, die Photo-
graphie würde n.ur zur Copirung planer Körper verwendet werden
können, während sie mit Hülfe der Camera alles bildlich zu fixiren
im Stande ist, was chemisch sichtbar ist.
Nicophore Niepce hat dieses Instrument zuerst angewendet (siehe
Einleitung).
Die Camera besteht in ihrer einfachsten Form aus einer wirk-
lichen Kammer oder einem grofsen Kasten, in dessen Vorderwand ein
feines Loch gebohrt ist. Auf der dem Loche gegenüberliegenden
"Wand sieht man, wenn der Kasten einem hell erleuchteten Gegen-
stände gegenübersteht, ein treues, verkleinertes und verkehrtes Bild
des Gegenstandes, dessen Entstehung sehr einfach zu erklären ist.
Es sei A ein heller Gegenstand, K die Kammer mit der Oeffnung o.
Offenbar können von dem Punkte a der Fahne durch das Loch nur
Lichtstrahlen nach dem Punkte a' <jer Kammerwaud gelangen, ebenso
wi? von dem Fufspunkte b nur Strahlen nach b' kommen können. So
bildet sich jeder Punkt des Gegenstandes A einzeln auf der Rück-
wand B ab, und diese zeigt somit ein verkehrtes Bild, das um so gröfser
ist, je weiter die Rückwand R von dem Loche o entfernt
ist, in demselben Mafse aber auch lichtschwächer wird. Stehen die
Gegenstände vor o senkrecht und die Wand B senkrecht, so ist das Bild
vollkommen correct, und das ist ein grofser Vortheil dieser Loch-
bilder vor vielen Linsenbildern, die oft sehr stark „verzeichnet“ sind.
Ferner hat dieser Apparat die Eigentümlichkeit, von nahen und fernen
Gegenständen gleich scharfe Bilder und ein Gesichtsfeld von über
100° zu liefern , was keine Linse im Staude ist. Das Bild hat
i ' 1 > i
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148
Brechung.
aber den Nachtheil, dafs es sehr lichtsehwach und unscharf ist,
da jeder Punkt des Gegenstandes ein Strahlenbündel von dem Durch-
messer derOeffnung nach der Wand E sendet und demnach darauf
einen Kreis von demselben Durchmesser zeichnen wird.
Mit Hülfe solcher einfachen Vorrichtung, wie oben angegeben,
z. B. einer photographischen Camera, an der man statt eines Objectivs
ein Stück Blech mit einem feinen Loche (Nähnadellocbe) anbringt,
lassen sich leicht Bilder sonniger Landschaften aufnehmen. Ich machte
mit 6 Zoll Abstand der Rückwand vom Loche ein solches in 5 Minuten.
In der practischen Photographie findet diese Art von Lochcamera
keine Anwendung.
In der Photographie wenden wir, um mit Hülfe der Camera
Bilder zu erzeugen, nicht Locher, sondern Linsen an; diese haben
den Vortheil gröfserer Lichtstärke und gröfserer Schärfe, indem
sie, richtig construirt, im Stande sind, das Bild eines Punktes auch
mathematisch genau als Punkt wiederzugeben. Dagegen haben sie
ein kleineres Gesichtsfeld als die Lochcamera, und eine geringere
Tiefe, d. h. weniger Fähigkeit, Gegenstände, die in verschiedener
Entfernung liegen, scharf abzubilden. Die Linsen beruhen auf der Bre-
chung des Lichtes, die wir jetzt näher studiren wollen.
Wir haben bereits oben erörtert, dafs, wenn ein Lichtstrahl aus
einem durchsichtigen Medium B in ein anderes A übergeht, in der
Regel eine Richtungsveränderung stattfindet, die man mit dem Namen
Brechung bezeichnet (s. S. 122). Für diese gelten folgende Gesetze:
1) Der Sinus des Einfallswinkels und der Sinus des
Brechungswinkels stehen in einem constanten Ver-
hältnifs.
Ist x der Einfallswinkel, y der Brechungswinkel, so ist demnach
S!— = const. Diesen Bruch n nennen wir den Brechungsindex.
sm,y
2) Einfalls- und Brechungswin-
kel liegen in einer Ebene.
Die Differenz zwischen Einfalls - und
Brechungswinkel ( x — y) heifst die Ab-
lenkung, welche der Strahl bei der
Brechung erlitten hat. Diese Ablenkung
ist einerseits abhängig vom Einfallswin-
kel und wächst in viel stärkerem Verhält-
nifs als dieser*). Ferner ist die Ablen-
kung abhängig vom Brechungsindex;
je gröfser derselbe, desto gröfser ist die
Fig. 2.
*) Z. B. fUr x= IO5 beträgt die Ablenkung 2° 85'
- x = 20° - - - 8° 2'
- *=30° - - 4“ 14'
Differenz: 0" 27'
1* 12
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Brechung.
149
Ablenkung. Der Brecbungsindex ist nun für verschiedene Substanzen
sehr verschieden; er wechselt z. B. bei jeder Glassorte mit der che-
mischen Zusammensetzung. So ist er
für Flintglas*) .... 1,664,
- Crownglas .... 1,543,
- Wasser 1,336,
- Diamant 2,470.
Der Brechungswinkel ist stets kleiner als der Einfallswinkel, wenn
der Strahl aus einem schwächer brechenden Medium, z. B. Luft, in
ein stärker brechendes, z. B. Glas, übergeht; er ist gröfser als der
Einfallswinkel, wenn der Strahl die entgegengesetzte Richtung nimmt.
Die durchsichtigen Medien haben nun eine sehr verschiedene
Gl es t alt. Sie sind entweder von ebenen oder krummen Flächen
begrenzt. Ein von zwei parallelen ebenen Flächen begrenztes Mittel
nennen wir ein Planglas (s. Figur 3), ein von zwei gegen einander
geneigten begrenztes Mittel nennen wir ein Prisma (s. Figur 4).
Fig. 4.
Beim Durchgänge durch ein Planglas (s. Figur 1) wird der Strahl
nicht von seiner Richtung abgelenkt, sondern erleidet nur eine Parallel-
verschiebung**). Diese ist um so stärker, je dicker das Planglas ist.
Beim Durchgänge durch ein Prisma aber findet eine Richtungsverän-
derung statt, wie dies die Figur versinnlicht. Der Strahl wird bei der
ersten Brechung bei a um den Winkel x — y abgelenkt, bei der zweiten
Brechung bei b um den Winkel x' — y'; die Totalablenkung ist die
Summe beider = D. Der Winkel, den die Flächen des Prismas mit
einander bilden (a), heifst der brechende Winkel. Diese Total-
ablenkung wächst mit dem Brechungsindex, dem brechenden
Winkel des Prismas (<*) und mit der Einfallsrichtung. Sie ist
*) Hier ist angenommen, dafs der Strahl ans Luft in die gedachten durch-
sichtigen Substanzen Ubergeht.
**) Es ist nemlich in Fig. 1 Bin x = « sin y,
sin »’ = n sin y\
y=sy’, demnach auch sin y = sin y’ und folglich ein x = Bin x\ also x = x'.
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Linsen.
150
für dasselbe Prisma ein Minimum, w'ehti der ein- und austretende
Strahl gleiche Winkel mit der Glasfläche bilden*).
Von den einfachen Linsen.
Die von krummen Flächen begrenzten Medien nennt man Linsen.
Die Begrenzungsflächen unserer gewöhnlichen Linsen sind Kugelseg-
mente; man nennt sie deshalb sphärische Linsen. Die Form der
in der Praxis gebräuchlichen Linsen erhellt aus beistehenden Figuren.
Flg. 5.
1 2 3 4 6 6
Die Nummern 1, 2, 3 sind in der Mitte dicker als am Rande, man
nennt sie Convexlinsen oder Sammellinsen. Die Nummern 4, 5, 6
sind in der Mitte dünner als am Rande, sie heifsao Coticavlinsen
oder Zerstreuungslinsen. Man unterscheidet biconvexe (No. 1) -
planconvexe (No. 2) und concavconvexe (No. 3), ebenso biconcave
(No. 4), planconcave (No. 5) und convexconcave (No. 6) Linsen. Die
Verbindungslinie der Mittelpunkte der Kugelflächen, welche die Linse
begrenzen, nennt man die Axe. Irgend eine durch die Axe gelegte
Ebene nennt man Hauptschnitt. Trifft ein Lichtstrahl eine Linse
an irgend einem Punkte, so wird er genau so gebrochen, als träfe
er eine an gedachtem Punkte gelegte Berührungsebene; das Einfalls-
loth ist daher stets der Radius der betreffenden Kugelfl&cbe. An jede
Pig. 4.
*) Die Totalablenkung D läfst sich aas folgenden Formeln berechnen:
D =» d -f- d’ x — y - af y’
= » -f- x’ — (y4- y1)
9+y'*=* (als Aufsenwinkel vom
Dreieck)
2 aber = a (weil seine Schenkel
auf den Schenkeln
von a senkrecht ste-
hen);
demnach D = x x! — a.
Ferner hat man, wenn n der Bre-
chungsindex ist:
sin x = n sin y,
sin x’= n sin y’ = n sin (a — y).
Ist « sehr klein, ferner x sehr
klein, so kann man anch setzen
x a ny, und *'= n (a — y), da
flir kleine Winkel die Sinus gleich den Bogen sind; dann wird /) = ny -\-n (a— y) — a
=(n — l)«i d. h. die Ablenkung proportional dem brechenden Winkel des Prismas.
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Linsen.
151
Linse kann man auf beiden Seiten Systeme von parallelen Be-
rührungsebenen legen. Verbindet man die Berührungspunkte mit
einander, so kreuzen sich die Linien in einem Punkte, diesen nennt
man den optischen Mittelpunkt der Linse (siehe Figur 6). Alle
Strahlen, welche diesen optischen Mittelpunkt kreuzen, gehen ohne
Richtungsveränderung durch die Linse, sie erleiden nur eine Pa-
rallel Verrückung. Die Linse verhält sich demnach an diesem Punkte
wie ein Planglas (s. o.).
Fig. 6.
Der optische Mittelpunkt liegt bei jeder guten Linse in der Axe
derselben.
Um sich einen Begriff von der Wirkung der Linsen zu machen,
kann man sich dieselben aus lauter einzelnen aufeinander gesetzten
Prismen bestehend denken, wie beifolgende Figur 7 zeigt. Treffen drei
Strahlen a, b, c parallel solche Linse, so tritt b in ein Prisma von
Fig. 7.
stärker brechendem Winkel als c, a wieder in ein Prisma von noch
stärker brechendem Winkel als b. Demnach wird ( nach dem S. 148
erwähnten Grundsätze) b stärker abgelenkt werden als c, a wieder
stärker als b, und die Folge davon ist, dafs die Strahlen nach der
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152
Brechung in Linsen.
Brechung convergiren. In ähnlicher Weise läfst sich nachweisen,
dafs parallele Strahlen nach der Brechung in concaven Linsen diver-
giren müssen.
Die Sammellinsen haben innerhalb gewisser Grenzen die
Eigenschaft, diejenigen Strahlen, welche von einem Punkte ausgehen,
auch wieder in einem Punkte zu vereinigen, falls diese Punkte
auf der Axe oder, in der Nähe der Axe liegen, und der Winkel,
welchen die Strahlen, die von dem Punkte ausgehen, mit der Axe
bilden, nicht zu grofs ist. Läfst man unter diesen Vorbedingungen
ein Bündel mit der Axe paralleler Strahlen auf eine Sammellinse
fallen, so vereinigen sich alle diese hinter der Linse in einem Punkte,
dem Brennpunkte, dessen Abstand, vom optischen Mittelpunkte der
Linse, man die Bren n weite nennt. Die von einem in der Nähe der
Axe oder auf der Axe liegenden Punkte ausgehenden Strahlen werden
ebenso auf der anderen Seite der Linse wieder in einem Punkte ver-
einigt, dessen Abstand von der Linse man leicht berechnen kann*).
*) Die Entwicklung dieser Formel hat für Mathematikverständige keine Schwie-
rigkeit. Beifolgende Figur 8 stellt einen Linsendurchschnitt mit der Äxe A'A" dar,
M" M' S’ die Radien der begrenzenden Kugel flächen.
Fällt von A' ein Strahl in der Ebene des Hauptscbnitts auf den Punkt S1 der
Linse, so wird derselbe nach dem Descartes'schen Gesetz gebrochen, der Winkel, den
der einfallende resp. gebrochene Strahl mit dem Radius AI' S' bildet, ist der Ein-
falls- resp. Brechungswinkel, den wir mit r resp. w bezeichnen wollen. Der Strahl
trifft nach der ersten Brechung auf die zweite Linsenfläche, wird hier abermals
gebrochen, dabei vom Einfallslothe abgelenkt und schneidet alsdann die Axe in
irgend einem Punkte A". Es seien x und y der Einfalls- resp. Brechungswinkel
an der Uinterseite des Glases. Es gilt dann die Gleichung
v = A' -f- /_ M' (als Aufsenwinkel vom Dreieck),
y = LA"-h LM" - - - -
4- V = LA1 4- L Af* 4- LA* H- LM".
Fig. 8.
Nun ist
nach Descartes* Gesetz,
sin y = n sin x
wenn n der Brechungsindex ist. Nehmen wir nun an , die Winkel v, w und x, y
seien sehr klein, kleiner als 10°, so können wir den Sinus gleich dem Bogen
setzen *) : r = n to,
y — nx.
Diese Werthe in obige Gleichung eingesetzt
n (w -+-*) = A' -f- M' -f- A" 4- M".
Nun ist aber w x = M" -f- M' (da die Dreiecke DS'S" und DM"M ' den Winkel
bei 1) gemein haben), daher
n (M" 4- M •) = Ä 4- M' 4- A" 4- M ",
(n — 1) (M" 4- M') ==z4f4- A".
•) sin 10° ist = 0,1736, arcus 10° = 0,1745, für kleinere Winkel ist die Differenz noch
geringer.
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Brechung in Linsen.
153
Ist nämlich die Brennweite = p, die Entfernung des leuchtenden Punk-
tes an der Linse = a, die Entfernung seines Bildes = a, so ist
1 1 1
Nehmen wir nun an, dafs alle hier in Rechnung kommenden Winkel kleiner als 8°
sind, so können wir statt der Winkel ihre Tangenten setzen*). Nehmen wir
nun ferner an, dafs die Linse sehr dünn und Hach sei, so können wir die Dicke
gänzlich vernachlässigen und BS’ — CS" setzen, dann ist
B S ,, BS
lang A’= tang A =
A iS
„ BS
tang Mn*=Al„c tang M =
CA'”
BS
* Wb *
Setzen wir A' B, d. i. die Entfernung des Punktes von der Linse = a,
A" C=a,
d. i. die Entfernung seines Bildes
ferner Mn C = r’ und M’ B = r,
so erhalten wir
(I)
Setzen wir statt
BS
so erhalten wir die Gleichung
und ferner-
(Hi)
a — P
Aus dieser Gleichung ist die Entfernung des Bildes aus der Entfernung des Gegen-
standes leicht zu berechnen. Die Bedeutung des Werthes von p ergiebt sich leicht;
wird nämlich in Gleichung I a = ao, d. h. kommen die Strahlen parallel zur Axe an,
so ist
(* — 1) (r -t* *0 ’
das ist die Vereinigungsweite der parallelen Strahlen, d. h. die Brennweite. Diese
ist um so kleiner, je gröfser n und je kleiner die Radien der Linse ; sind beide Radien
gleich, so ist sie z. B.
r
p“V(»_i)
für Crownglas, wo n=l,J ist, ist j? = r. Ist p sehr klein gegen a, so kann man es in
GeichungHI im Nenner weglassen, dann ist a=/>, d. h. Bilder von Gegenständen von
sehr grofser Entfernung befinden sich in der Brennweite. Dieser Satz kann für die
photographische Praxis noch als richtig gelten, für a=100/>, ja annähernd für
a = 50/>. Ist a-=2pf so ist a = 2 p, Bild und Gegenstand also gleich
weit von derLinse. Wenn demnach der leuchtende Punkt aus der Unendlichkeit
bis nach 2 p rückt, so bewegt sich sein Bild von p bis 2 p. Wird a noch kleiner, so
•) tang 8° ist *. B. =0,1405, arcus 8° = 0,1396, sin 8° = 0,1391.
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154
Breehühf» in Linsen.
Richtet man die Linse nun auf sehr weit entfernte Gegenstände, so
entsteht im Brennpunkte derselben ein verkleinertes verkehrtes Bild.
Rückt der Gegenstand der Linse näher, so entfernt sich sein Bild von
♦
wird der negative Werth in der Gleichung II grofser, die ganze rechte Seite demnach
kleiner, der reciproke Werth a also grofser. Ist a=p, so ist die rechte Seite Glei-
chung II = 0, — also = 0, a demnach = oo. Wenn also der leuchtende Punkt von 2 p
et
nach p rückt, so rUckt sein Bild von 2 p nach der Unendlichkeit, die Strahlen treten
dann parallel aus. Diese Verhältnisse gelten aber nur für centrale Strahlen,
die nahe bei der Axe auffallcn, unter der Bedingung, dafs der Winkel v und y
nicht gröfser als 10 °, Mn und A" nicht grofser als 8° werden. Daraus kann man,
Fig.9.
Fig. 10.
wenn gewisse Gröfsen gegeben sind, die Winkel Öffnung der Linse, d. i. ihre schein-
bare Gröfse, vom Brennpunkte aus gesehen, bestimmen.
Nimmt man beispielsweise eine planconvexe Crownglaalinse, won = f, r* = oo,
also p = 2r ist, und läfst auf deren convexe Seite eine Reihe paralleler Strahlen fallen,
so wird für diesen Fall A'(s. Fig. 8) =0, M"=0. Es ist dann (Fig.9)
das Dreieck A"M”b kann mit Vernachlässigung der Linsendicke als gleichschenklig
Mr
angenommen werden, da M'A" = r; dann folgt ^Mf = 2£.A" oder A = — -
und da der höchste Werth vonAf=8® ist, so ist der höchste Werth von ^A = 4°.
Die ganze Oeflnung der Linse, vom Brennpunkte aus gesehen, wird also 8° betragen
dürfen. Dreht man aber die Linse um, so dafs die plane Seite den Strahlen au-
kehrt ist, so ist = ul/'— 4— ^lr'(F»g. 10). Nimmt man für y den gröfsten Winkel = 10°,
das Supplement also 170°, so läfst sich, da J/A" = 3r und J/y = r ist, A" aus
dem Dreieck MyAn leicht berechnen, da zwei Seiten und der der gröfseren Seite
gegenüberliegende Winkel gegeben sind,
sin A" =
r sin y sin y
* 8r 3 *
und da sich hier die Sinus wie die Winkel verhalten,
= =
die ganze Oeflrnung also 6|-0.
Ist demnach die convexe Seite den parallelen Strahlen zugekehrt, so ist die
zulässige Oeflnung der Linse 8°, ist dagegen die plane Seite den parallelen Strahlen
zugewendet, so ist sie Air diesen speciellen Fall nur 6J
Man ersieht daraus, wie sehr die Gröfse der Oeflnung der Linse von ihrer
Stellung einerseits, von ihren KrUmmungsverhältnissen andererseits abhängt.
Das Verhältnifs der Krümmungen ist das schlechteste, wenn beide Radien
gleich si nd; das beste Verhältnifs der Krümmungsradien ist 1 : 6. Eine solche Linse
nennt man Linse bester Form. Die planconvexe Linse steht dieser Linse
bester Form in ihrer Wirkung am nächsten.
Ist A' die halbe zulässige Oeflnung einer Linse, so ist ihr Durchmesser
p taug A'. Demnach können wir eine Linse um so grofser machen, je grofser ihre
Brennweite ist.
Sämmtliche hier entwickelte Formeln bezogen sich auf Punkte, die auf der
Axe der Linse liegen. Sie sind aber mit gewissen Einschränkungen auch noch
gültig für Punkte nahe bei der
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Bilderieugung io Liffsot).
155
der Linse. Den Ort desselben kann man leicht dnrch Construction,
sowie durch Rechnung finden.
Ist A ein Gegenstand, so wissen wir zunächst, dafs die von ihm
ausgehenden, der Axe parallelen Strahlen alle durch den Brennpunkt p
der Linse gehen, ebenso wissen wir aus Obigem, dafs die durch den
optischen Mittelpunkt o der Linse gehenden Strahlen ihre Richtung
beibehalten. Der Durchschnittspunkt der von a , resp. von b ausge-
Die Vereinigungsweite der 'Strahlen fctn£s solchen Punktes kann man leicht be-
stimmen. Es sei A ein solcher Punkt. Geht von diesem ein zur Axe paralleler
Strahl nach der Linse L, so wird dieser durch den Brennpunkt F gehen; geht
ferner ein Strahl von A nach dem optischen Centrnm 0 , so geht er ungebrochen
hindurch und wird sich mit dem ersten Strahl in A' schneiden. Hier liegt das Bild
des Punktes A. Nimmt man AO = at A'o = a, ferner die Dicke der Linse ver-
schwindend klein, so hat man zwei ähnliche Dreiecke, ,4' A 8 und A'ÖFt demnach
a a : a = a! :/,
/(<* -4- a) = a'a;
nun ist «' = aco8£,Ö45, und nehmen wir diesen Winkel sehr klein, so ist sein
Cosinus nahezu = 1 , dann ist a = o', daher
fa 4-/ a^ssaa,
dividiren wir diese Gleichung durch faa, so ergiebt sich;
1 1 1
ot a f *
Also gelten auch fllr neben der Axe liegende Punkte dieselben Gesetze, wie fUr
Punkte auf der Axe, jedoch nur innerhalb der Grenzen, wo der Cosinus des
Winkels, welchen der Hauptstrahl in 0 mit der Axe bildet, nahe = 1 ist; dies
gilt bis höchstens 3°; cos 3° ist = 0,998fi. Steht nun eine Reihe leuchtender
Punkte vor der Linse in der Entfernung a, mit einem Worte ein Gegenstand,
so wird hinter der Linse ein Bild des Gegenstandes in der Entfernung a entstehen.
Denkt man sich einen geraden Gegenstand in mehr als der hundertfachen Entfernung
der Brennweite, ao liegen die Bilder sämmtlicher Punkte in der Entfernung p vom
optischen Mittelpunkt der Linse, d. h. in einer Kugeltläche, das Bild ist daher nicht
eben, sondern gekrümmt.
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156
Bilderzeugung in Linsen.
henden Strahlen bestimmt demnach den Ort des Bildes a ' b'. Sind die
Linse und der Gegenstand parallel, so ist auch das Bild dem Gegen-
stände parallel. Steht aber der Gegenstand schief zur Linse, so steht
auch das Bild schief, aber in entgegengesetzter Richtung.
Diese Umstände sind beim Scharfeinstellen mit der Camera obscura
sehr zu beachten. Die Linien ao, bo , welche durch den optischen
Mittelpunkt der Linse gehen, nennt man Nebenaxen in Bezug auf
die Punkte a und b. Alle Gegenstände, die über das Hundertfache
der Brennweite entfernt sind, bilden sich im Brennpunkte ab; rücken
sie näher, so rückt das Bild aus der Brennweite heraus; rücken sie
bis in die Entfernung der doppelten Brennweite, so ist das Bild eben-
falls um die doppelte Brennweite entfernt, d. h. genau so weit als der
Gegenstand. Rückt der Gegenstand noch näher, so rückt sein Bild
über die doppelte Brennweite hinaus und seine Entfernung wird gröfser
die Entfernung des Gegenstandes. Die Gröfse des Bildes richtet
sich nach seiner Entfernung von der Linse. Ist dieselbe gleich a, der
Abstand des Gegenstandes gleich a, seine Gröfse gleich O, so ist die
Bildgröfse
-■=- G=-?~Q.
a a — p
Das Bild wird demnach um so gröfser, j e kleiner a, d. h. je
näher der Gegenstand rückt. Daher kann man gröfsere oder klei-
nere Bilder desselben Gegenstandes machen, jenachdem man den op-
tischen Apparat nähert oder entfernt.
Ist der Gegenstand weiter entfernt als die doppelte Brennweite, so
ist sein Bild kleiner als er selbst. Ist die Entfernung beider gleich,
d. h. der Gegenstand in der doppelten Brennweite, so ist auch das
Bild dem Gegenstand an Gröfse gleich. Dies ist zu beachten,
wenn man eine Zeichnung in Originalgröfse copiren will;
der Auszug der Camera mufs dann gleich der Entfernung des Gegen-
standes sein; rückt der Gegenstand noch näher, so erhält man ver-
gröfserte Bilder.
Man kann demnach mit derselben Linse kleine und gröfse Bilder
machen. Danach hat es den Anschein, als wenn man mit jeder Linse
Bilder beliebiger Gröfse aufnehmen könne, das ist jedoch nicht der
Fall, insofern als jede Linse, gleich unserm Auge, nur ein be-
schränktes Feld auf einmal zu übersehen im Stande ist. Schliefsen
wir das eine Auge, so übersehen wir mit dem andern ein Feld von 90“
Winkelumfang (wobei wir es jedoch noch drehen müssen). Ebenso
übersieht jede Linse nur ein beschränktes Feld, welches man ihr Ge-
sichts feld nennt. Geht man mit einem photographischen Apparat
weit zurück, so erscheint z. B. die ganze Figur eines Menschen im
Bilde; geht man näher heran, so wachsen die Dimensionen des Kör-
pers, zugleich sieht man aber nicht mehr die ganze Figur, sondern
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Sphärische Abweichung.
157
nur ein Kniestück, bei noch gröberer Nähe nur ein Brustbild im
Gesichtsfelde.
Grofse Gegenstände müssen demnach, wenn sie ganz in das
Gesichtsfeld der Linse fallen sollen, weit entfernt sein. Von solchen
kann man dann auch nur kleine Bilder machen.
Je länger die Brennweite der Linse, desto gröfser wird bei
gleichbleibender Entfernung des Gegenstandes das Bild, daher wählt
man für grofse Bilder Objective mit langer Brennweite. Ist a die
Entfernung des Gegenstandes, G dessen Grofse, p die Brennweite,
a die Bildentfernung, so ist die Bildgröfse B
B—G P— .
a —p
Ist a sehr grofs, so kann man p vernachlässigen, dann wird
B= G — ,
a
d. h. die Bildgröfse verhält sich wie die Brennweite.
Das Gesichtsfeld einer Linse von langer Brennweite ist bei
sonst gleichem Radienverhältnifs nicht gröfser als ' eines von kurzer
Brennweite.
Die Bilderzeugung durch Linsen geht jedoch nur unter gewis-
sen Bedingungen regelmäfsig vor sich, die bereits oben angedeutet
sind, und welche sich aus der in der Anmerkung befindlichen mathe-
matischen Entwicklung noch genauer ergeben, nämlich
1) dafs die Strahlen nahe bei der Axe einfallen,
2) dafs sie nur kleine Winkel mit denselben bilden,
3) dafs sie einfarbig sind, d. h. alle denselben Brechungs-
index besitzen.
Diesen Bedingungen kann bei mikroskopischen und teleskopischen
Gläsern ziemlich gut Genüge geleistet werden, viel schwieriger aber
bei photographischen. Bei diesen fallen die Strahlen oft ziemlich ent-
fernt von der Axe ein, sie bilden oft sehr grofse Winkel (bis 45“)
mit derselben und daraus ergiebt sich denn eine ganze Reihe von
Linsenfehlern, die wir jetzt näher betrachten wollen.
1) Die sphärische Abweichung.
Schraubt man eine einfache Linse (sogenannte Landschaftslinse)
an eine Camera und nimmt alle daran befindlichen Blenden heraus,
so sieht man ein Bild, welches in keiner Stellung der matten Scheibe
absolut scharf zu erhalten ist, sondern immer trübe und verschwom-
men erscheint. Das Bild wird aber augenblicklich scharf, sobald man
den Rand der Linse mit einer Scheibe, in deren Mitte ein Loch ge-
schnitten ist, d. h. einer Blende, zudeckt. Die Ursache dieser Erschei-
nung ist die ungleiche Brechung, welche die Randstrahlen im Ge-
gensatz zu den centralen Strahlen erleiden. Wir haben oben erörtert,
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158 Sphärische Abweichung.
dafs der Band der Linse als ein Prisma von viel stärker brechendem
Winkel betrachtet werden kann als die Mitte; da nun die Ablenkung,
welche die Strahlen erleiden, mit dem brechenden Winkel eines Prismas
wächst, so werden die Bandstralden die Axe näher bei der Linse schneiden
als die centralen Strahlen. Der Focus der Randstrahlen wird z. B. in /*
liegen, während der der centralen Strahlen sich in /' findet (s. Fig. 13) *).
Steht daher die matte Scheibe in /', so bilden die Bandstrab-
len, die sich in /* gekreuzt haben, einen Zerstreuungskreis.
Fis- 1S- Der Durchmesser die-
ses Zerstreuungskrei-
ses heilst die trans-
versale oder Brei-
ten -Abwei chung.
Es ist leicht einzuse-
hen, dafs diese bei
zwei Linsen glei-
cher Oeffnung und verschiedener Brennweite verschieden sein
wird und um so gröfser, je kleiner (bei derselben Oeffnung) die
Brennweite ist; ebenso leicht ist einzusehen, dafs bei zwei Linsen
gleicher Brennweite und verschiedener Oeifnuug, die transversale
Abweichung bei der gröfseren Oeffr.ung gröfser sein wird**).
Die Transversalabweichung wächst im Verhältnifs des
Quadrats der Brennweite und im Verhältnifs des Cubus
des Durchmessers der Linse. Die Entfernung /’/* nennt man
die longitudinale oder Längenabweichung; sie wächst mit
dem Quadrat des Durchmessers der Linse und iip umge-
kehrten Verhältnifs der Brennweite.
Aus diesen Daten ergiebt sich zugleich das Mittel, diese sphärische
Abweichung auf ein Minimum zu reduciren. Dies geschieht
1) durch Verkleinerung der Linsenöffnung durch Vor-
setzen von Blenden. Denkt man sich z. B. vor eine Linse eine Blende
gesetzt, welche deren Oeflhung auf verringert, so wird die Trans-
versalabweichung na^h Obigem auf (J)3, d. h. auf ^ vermindert werden;
je enger die Blende genommen wird, desto schärfer wird
entsprechend das Bild werde*).
Die sphärische Abweichung wird dadurch nicht absolut hinweg-
geschafft, sondern nur auf einen in der Praxis unmerklichen Grad ver-
* ) Noch klarer gehl dieses aus der in der Anmerkung S. 152 sich findenden
Entwicklung hervor, bei welcher ausdrücklich bemerkt ist, dafs die Strahlen nahe
bei der Axe einfallen und keinen zu grofsen Winkel mit denselben bilden dürfen,
wenn die Formel — ^ ihre Gültigkeit behalten soll.
a p a
**) Es ipt üiee sehr einfach, mit Hdife einiger; leipljt zu, eptwetföndew Zeichnungen
anschaulich zu machen.
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Sphärische Abweichung.
159
ringert. Dieses Mittel wendet man in der Photographie sehr allgemein
an, es hat nur den üebelstand, dafs zugleich mit der Oeffnung der
Linse auch im umgekehrten quadratischen Verhältnifs derselben die
Lichtstärke vermindert wird. Reduciren wir z. B. die Oeffnung der
Linse auf -J- des ursprünglichen Durchmessers, so sinkt ihre Lacht'
stärke auf -Jj. Daher ist eine solche starke Abblendung nur zulässig
bei Aufnahmen ruhiger Gegenstände, welche lange Zeit still halten,
d. h. eine lange Exposition gestatten.
Es giebt aber ein Mittel, die sphärische Abweichung hinwegzu-
schaffen, ohne die Oeffnung und die Lichtstärke zu vermindern.
Dies geschieht
2) durch passende Wahl der Krümmungshalbmesser der
Linse, Es wurde bereits oben in der Anmerkung näher erörtert,
dafs eine planconvexe Linse eine viel gröfsere Oeffnung zuläfst»
als eine biconvexe, und dafs es für jede Glassorte je nach dem Bre-
chungsindex ein Verhältnis der Krümmungsradien giebt, für welches
die Linse der Formel
1 J. t_
a p a ’
am besten genügt. Man nennt die Linse mit solchen Krümmungs-
radien eine Linse bester Form. Diese Linse hat für Crownglas
(wo n = $) das Radienverhältnifs 1:6.
Linsen, die bei voller Oeffnung keine sphärische Abweichung
zeigen, nennt man aplanatisch.
Aufser der Form der Linse ist nun aber noch ihre Stellung
von Wichtigkeit. So wurde z. B. oben nachgewiesen, dafs eine plan-
convexe Linse, welche ihre convexe Seite parallelen Strahlen zu-
kehrt, eine Oeffnung von 8*, dagegen wenn sie die plane Seite den
parallelen Strahlen zuwendet, nur eine Oeffnung von 6f • haben
darf.
Daher kehrt bei dem Portraitobjectiv, dessen Vorderlinse fast,
aplanatisch ist, diese ihre convexe Seite den Strahlen zu.
Es folgt jedoch daraus keineswegs, dafs diese Stellung immer
die beste sei. Im Gegentheil, bei den einfachen photographischen
Linsen (den sogenannten Landschaftslinsen) findet man gerade die
entgegengesetzte Stellung. Diese Linsen sind meist Menis-
ken, deren concave Seite den Strahlen zugewendet ist, Hier
ist die sphärische Abweichung allerdings ein Maximum, dagegen zeigt
sich gerade in dieser Stellung ein anderer Linsenfehler in viel ge-
ringerem Grade, d. i. die sogenannte Verzeichnung. Daher zieht
man diese Stellung vor und corrigirt die Abweichung durch Blenden.
Nun giebt es aber noch ein drittes Mittel, um die sphärische Ab-
weichung unbeschadet der Oeffnung zu corrigiren; das geschieht
3) durch Linsencombi nation. Seizt,W$!L?TO> deren
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160
Sphärische Abweichung.
Brennweite p' und p" ist, zusammen, so dafs sie um die Gröfse a von
einander entfernt sind, so ist die Brennweite des Systems*)
_ p"(p'-d)
p" + p'-d'
ist d = o, so ist
und für den Fall, dafs p" = p'
„ _ pV
P~p" + p'
v = \-
Demnach wird die Combination zweier Linsen der Brennweite p nur
einen halb so langen Focus haben, als jede einzelne Linse.
Nun ist die Oeffnung einer einfachen Linse der Brennweite p,
wenn a der erlaubte halbe Oeffnungswinkel**) (vom Brennpunkt aus ge-
sehen ist) = 2p tg a; dies ist auch die zulässige Oeffnung einer Com-
binalion zweier solcher Linsen, deren Brennweite = y; eine ein-
fache Linse von der Brennweite y würde aber nur eine Oeffnung ptga
haben dürfen.
Die zulässige Oeffnung der Linsencombination ist demnach in
diesem speciellen Falle doppelt so grofs, als die einer einfachen
Linse gleicher Brennweite. Daher wendet man in der Optik statt
einfacher Linsen gern Linsenco mbin atione n an. Je nach der
Form, die man denselben giebt, und je nach ihrer Entfernung erreicht
man zugleich mit der Wegschaffung der sphärischen Aberration noch
andere Vortheile, die wir später erörtern werden.
Bisher haben wir bei Besprechung der sphärischen Abweichung
der Axe parallel auffallende Strahlen angenommen. In noch
viel auffallenderem Mafse offenbart sich aber die sphärische Abwei-
chung bei schief auf die Axe fallenden Strahlen.
Man nehme eine planconvexe Crownglaslinse an, welche für den
centralen Theil ab als aplanatisch betrachtet werden kann, so wird
* ) Die Entwicklung dieser Formel ist folgende: Man nehme zwei Linsen an,
deren Axen zusainmenfallen, deren Brennweiten p1 und p" und deren Entfernung d
ist. Ein Bündel paralleler Strahlen wird vou der ersten Linse in der Entfernung
p1 zu einem Strahlenkegel vereinigt werden. Sie fallen daher auf die zweite Linse
in einer Richtung, als kamen sie von einem Punkt in der Entfernung — (p ’ — d)
her. Setzt man diesen Werth anstatt a in der Gleichung
ap"
a
a — p
N
so erhalt man als Vereinigung mit den Strahlen nach der Brechung durch die zweite
Lins«
p"(P~d)
“ “ P'+P"~d
**) Siehe Anmerkung S. 1S4.
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Wirkung der Vorderblenden.
161
ein parallel der Axe einfallendes Strahlensystem senkrecht durch
die Vorderfläche gehen, innerhalb des Glases wieder einen Strahlen-
cylinder bilden, und schliefslich in / vereinigt werden ;/ ist für Crown-
glas —2r (s. Anm. S. 154). Man nehme ferner ein schief auf die
Oelfnung ab fallendes Strahlenbündel, dieses wird zunächst beim Auf-
fallen auf die plane Vorderseite eine Brechung erleiden, und da alle
Strahlen gegen die Vorderfläche gleich geneigt sind, so werden sie
alle in gleichem Mafse abgelenkt werden, d. h. nach der ersten
Brechung innerhalb des Glases wieder einen Strablencylinder
bilden, der jedoch weniger gegen die Axe der Linse geneigt ist,
und dessen Richtung die punktirten Linien angeben. Dieser punktirte
Strahlencylinder wird sich nun bei der Brechung durch die Hinter-
fläche dem parallel der Axe einfallenden analog verhalten. Einer der
punktirten Strahlen po' wird in dem vorgezeichneten Falle verlängert
durch den Mittelpunkt m der Kugelfläche der Linse geben.
Dieser Strahl mo' geht ungebrochen durch die Kugelfläche (analog
dem der Axe parallelen Strahl in o) und bildet nun gleichsam eine
neue Axe für den punktirten Strahlencylinder, d. h. die punktirten
Strahlen werden sich in Bezug auf diese Axe m o' genau so verhalten,
wie die der Hauptaxe parallelen Strahlen zu der Hauptaxe mo. Da-
her werden die nahe bei o' liegenden Strahlen in einen auf
mo' liegenden Punkt /' vereinigt werden, so dafs o'f = o/.
Fig. 14.
Aus der vollkommenen Analogie, die zwischen dem schiefen
Strahlenbündel mo’ und dem geraden mo besteht, folgt weiter, dafs
alle diejenigen Strahlen noch in /' werden vereinigt werden, welche
innerhalb einer Entfernung o' d' auffallen, die ebenso grofs als od für
der Axe parallele Strahlen ist Trägt man daher o'd' = od mit dem
Zirkel ab, so findet man die Grenze der schiefen Strahlen, welche
sieb noch vollkommen in /' vereinigen werden, die jenseits d! liegenden
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 1 1
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162
Sphärische Abweichung.
Strahlen aber verhalten sich in Bezug auf die Neben axe mo' als
Randstrahlen, d. h. sie werden nach einem Funkte gebrochen wer-
den, welcher der Linse näher liegt als /’. Demnach werden die jen-
seits d! liegenden schiefen Strahlen sphärische Abweichung zeigen.
Man ersieht hieraus, wie eine Linse, die in Bezug auf der Haupt-
axe parallele Strahlen vollkommen aplanatisch ist, für schief einfallende
Strahlen eine entschieden sphärische Abweichung zeigt. Es ergiebt
sich aber auch gleichzeitig durch weiteres Studium der Figur das
Mittel, diese sphärische Abweichung zu corrigiren.
Es wurde erörtert, dafs nur der untere Tbeil d d des schiefen
Strahlenbündels sphärische Abweichung zeigt. Dieser Linsentheil würde
daher für schiefe Strahlen nicht nutzbar sein. Andererseits wurde be-
merkt, dafs der Linsentheil o'd nach beiden Seiten der Nebenaxe
of für schiefe Strahlen aplanatisch ist; es geht daraus hervor, dafs
der oberhalb der Axe liegende Linsentheil dd, welcher für der
Hauptaxe parallele Strahlen nicht brauchbar, noch vortrefflich für
schiefe Strahlen nutzbar ist, d. h. sie vollkommen correct nach /
brechen würde. Der Rand der Linse, welcher für Strahlen parallel
der Axe nicht benutzbar ist, ist demnach für schiefe Strahlen voll-
kommen zulässig. Wenn man deshalb eine Vorrichtung anbringen
kann, durch welche die schiefen (hier von unten kommenden) Strahlen
mehr auf den (oberen) Rand der Linse geleitet werden, während die
axialen Strahlen nur die Mitte der Linse treffen, so kann man die
sphärische Aberration für beide Strahlensysteme corrigiren. Diese
Bedingung erfüllt man nun, wenn man die Blende nicht dicht an
die Linse legt, sondern um ein gewisses Stück davon entfernt.
Für den in unserer Figur ausgedrückten Fall ergiebt sich die Stellung
der Blende leicht; es gilt hier das unterhalb der Axe liegende schiefe
Strahlenbündel dd (dessen Strahlen sich als Randstrahlen verhalten),
abzuschneiden. Man rücke die Blende nach 13, und diese Aufgabe ist
erfüllt; gleichzeitig wird dadurch für die schiefen Strahlen der obere
nutzbare Linsenrand noch frei, während die axialen geraden Strahlen
nach wie vor nur auf die Mitte der Linse fallen.
Die Stellung der Blende ist für jeden speciellen Fall verschieden,
sie richtet sich nach der Schiefe der Strahlenbüschel und nach der
Form der Linse.
Bei den meisten einfachen Linsen (Landschaftslinsen), welche fast
planconvex sind, steht die Blende in der Regel um } der Brennweite
von der Linse ab.
Wesentlich anders wird das Verhültnifs, wenn die Linse die um-
gekehrte Stellung hat, d. h. ihre convexe Seite den Strahlen zukehrt.
Da dieser Fall in der photographischen Praxis vorkommt und als
Gegensatz zu den eben erörterten von besonderem Interesse ist, wollen
wir ihn hier näher betrachten. Es sei ab wieder die erlaubte Oeflf-
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Wirkung der Hinterblendeu.
163
nung der Linse für der Axe parallele Strahlen. Wir wissen von
Seite 154, dafs dieselbe hier etwas gröfser sein kann, als für die um-
gekehrte Linsenstellung. Der Axe of parallel ankommende Strahlen
werden innerhalb des Raumes ab so gebrochen, dafs sich sämmtliche
in / vereinigen. Es ist nothwendig, die Art, wo diese Brechung
stattfindet, genauer zu verfolgen.
Fig. 15.
Die auf die gewölbte Linsenflüche fallenden Strahlen wurden
bei der Brechung durch die Kugelfläche convergent gemacht und
würden sich, wenn sie wieder keine Brechung erlitten, d. h. ihren
Weg im Glase fortsetzten, in einer Entfernung = 3r vom optischen
Mittelpunkt o vereinigen.
Fallen nun diese convergenten Strahlen auf eine ebene Fläche,
so werden sie abermals gebrochen und dabei noch convergenter ge-
macht.*) Das Resultat beider Brechungen ist ihre Vereinigung in/ = 2r.
*) Man denk e sich ein StrahlenkUndel im Glase au, bo, co, die sich fortgesetzt
in einem Punkte u kreuzen würden; dieselben mögen auf eine Fläche F fallen, so
• dafs co senkrecht, ao und
bo unter den Winkel a, ß
hindurchgehen; der Bre-
chungsindex sei n , die
Brechungswinkel seien a',
ß J, y1, so kann man, wenn
die Winkel kleiner als 10“
sind, annehmen
«' = ««,
ß' = nß,
Es folgt daraus a : a! =
ß : ß', oder, da man statt
der kleineren Winkel ihre
Tangenten setzen kann,
xz xz yz yz
ot o'z OZ 0 z
11 *
Flg. 16.
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164
Sphärische Abweichung.
Jetzt nehme man an, es falle ein schiefes (hier punktirtes) Strah-
lenbündel auf die Linse, so wird sich unter diesen sicher einer finden.
So', der verlängert durch den Mittelpunkt m der Linsenfläche geht.
Dieser wird ungebrochen eintreten. Die symmetrisch um diesen Strahl
liegenden schiefen Strahlen werden innerhalb einer Oeffnung et d\
welche gleich ist der erlaubten Oeffnung ab, sich analog den parallel
zur Hauptaxe m kommenden Strahlen verhalten. Ihre Brechung wird
demnach an der vorderen Fläche dieselbe sein. Jetzt treffen sie
die zweite Fläche; diese macht sie bei der Brechung convergenter.
Sind die Winkel nur klein, welche die gebrochenen Strahlen mit der
ebenen Fläche bilden, so ist die Vermehrung ihrer Convergenz von
den Einfallswinkeln unabhängig, daher genau ebenso grofs, als bei
dem axialen Strahlenbündel.
Demnach verhalten sich unter genannten Bedingungen die schiefen
Strahlen in Bezug auf die Brechung, welche sie durch beide Flächen
erleiden, ganz analog den parallel zur Hauptaxe of einfallenden
Strahlen, d. h. sie werden sich in einem Punkte /' vereinigen, der um
2r von o’ entfernt liegt.
Es ist jedoch leicht einzusehen, dafs die Strahlen beim schiefen
Auffallen auf die plane Hinterfläche zwar keine gröfsere Convergenz
erfahren, als das der Axe parallele Strahlenbündel, wohl aber eine
Richtungsveränderung erleiden werden. Die Nebenaxe mo' wird
nach der Richtung pf abgelenkt, und die Strahlen werden daher nicht
in der Verlängerung o'm, sondern in der Richtung pf ihren Brenn-
punkt haben, so dafs op-\~pf annähernd = 2r wird.
Die schiefen Strahlen, welche jenseits der Grenzen et ct einfallen,
würden natürlich sphärische Abweichung zeigen, d. h. in einem Punkte
gebrochen werden, der näher als f an der Linse liegt. Also ist die
Linse in dieser Stellung für der Axe parallele Strahlen nur mit ihrem
mittleren Theile dd, für die schief einfallenden Strahlen nur innerhalb
des Randtheiles d! d! benutzbar. Um nun sowohl für die geraden
als für die schief auffallenden Strahlenbjiudel diejenigen Strahlen,
welche sphärische Abweichung zeigen würden, abzufangen, setzt man
hier die Blende hinter die Linse bei BB. Wie man hieraus ersieht,
ist das Verhältnifs hier umgekehrt, wie bei der entgegengesetzten
Stellung der Linse, wo sie ihre plane Seite dem Objecte zukehrt.
Dort wurde der obere ßildtheil vom oberen Linsenrande gebildet,
wenn man unter o, o\ o" die Punkte versteht, wo die gebrochenen Strahlen die Senk-
rechten oz schneiden. Die letztere Gleichung aufgelöst giebt o"z = oz, d. h. die Strahlen
schneiden sich auch nach der Brechung durch die ebene Fläche in eiueni Punkte,
welcher nur — so weit von der ebenen Fläche abliegt, alB der ursprüngliche Durch-
n
schnittspunkt o. Die Gröfse der Einfallswinkel spielt hier keine Rolle, so lange
diese kleiner als 10“ sind.
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Astigmation.
165
hier vom unteren; dort liegt das Bild auf einer Kugelfläche, deren
Radius = 3r ist, hier liegt es auf einer Fläche, die stärker gekrümmt
ist als 2 r, denn p/' ist < 2r; dort wurden die schiefen Strahlen
nach der Brechung dem Mittelpunkte des Bildes genähert (denn Sp
bildet dort nach der Brechung einen kleineren Winkel mit der Axe
als vorher), hier werden sie davon entfernt (denn Sp [8. 163] bildet
hier nach der Brechung einen gröfseren Winkel mit der Linsenaxe,
als vorher).
Aus allen diesen. Umständen ergeben sich bedeutsame Eigen-
thümlichkeiten, die wir bei Besprechung der anderen Linsenfehler noch
erörtern werden.
Die Kenntnils, die wir hier über die Wirkung einer Linse in den
verschiedenen Stellungen und über die Wirkung der Blende erlangt
haben, wird uns das Verständnifs der übrigen Erscheinungen in der
photographischen Optik wesentlich erleichtern. —
Hierher gehört nun noch ein Linsenfehler, welcher gewöhnlich
mit dem Namen der Astigmation bezeichnet wird. Man nehme
eine aplanatische Linsencombination von grofser Oeffnung, z. B. eine
Portraitlinse , und versuche damit eine Schriftzeile scharf einzustellen.
Fällt das Bild 'der Schrift auf die Mitte der matten Scheibe, so ist
dies sehr leicht; fällt sie jedoch nahe dem Rande, so bekommt man
sie nie absolut scharf. Der Grund liegt einerseits in der sphärischen
Abweichung für schiefe Strahlen, da eine Linse mit voller Oeffnung
wohl für- axiale Strahlen aplanatisch sein kann, nicht aber für schiefe,
andererseits aber auch in der verschiedenen Brechung, welche
Strahlen desselben cylindrischen Bündels in verschiedenen Querschnitten
der Linse erleiden.
Wir haben bei allen unseren Betrachtungen nur einen Linsen-
durchschnitt zu Grunde gelegt, der in der Ebene des Papiers lag. Be-
trachtet man in diesem Querschnitt (s. Figur 14) die Lage der schiefen
und geraden Strahlen zur Hauptaxe, so erkennt man, dafs die geraden
Strahlen symmetrisch um die Axe mo vertheilt liegen; daher ist
auch ihre Brechung in gleichen Abständen von der Axe auf allen
Seiten dieselbe. Die schiefen Strahlen liegen dagegen unsymmetrisch
zur Axe. Die Folge ist die Ungleichheit in der Brechung zwischen
den oberen und unteren Strahlen des schiefen Bündels, der Strahl bei
b (Fig. 14) z. B. zeigt sphärische Abweichung, der bei a aber nicht.
Jetzt denke man sich einen Linsenquerschnitt senkrecht zur
Ebene des Papiers, in diesem werden die schiefen Strahlen symme-
metrisch zur Axe liegen, in Folge dessen auf beiden Seiten der
Hauptaxe auch symmetrisch gebrochen werden. Die Brennweite dieser
Strahlen ist eine mittlere zwischen g und /’ (Fig. 14) liegende, und
diese Unterschiede veranlassen die trotz aller Correctionen immer merk-
liche Unschärfe der Randbilder, das ist die Astigmation,
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166
Farbeazerstreuung.
2) Die chromatische Abweichung oder Farbenzerstreuung.
Bereits auf S. 123 buben wir erwähnt, dafs das weifse Licht beim
Durchgänge durch brechende Medien neben der Ablenkung noch eine
Farbenzerstreuung erleidet, die daher rührt, dafs das scheinbar ein-
fache weifse Licht aus qualitativ verschiedenen Strahlen besteht, die
sich einerseits durch die eigentümliche Wirkung auf Chernicalien und
die Netzhaut, andererseits durch ihre verschiedene Brechbarkeit
unterscheiden. Roth ist die am schwächsten, Violett die am stärksten
brechbare Farbe. Diese Farbenzerstreuung tritt am schönsten beim
Gange des Lichtes durch ein Prisma hervor und giebt hier Veran-
lassung zur Entstehung eines Farbenstreifens — des Spectrums —
indem man die sieben Hauptfarben, Violett, Indigo, Blau, Grün, Gelb,
Orange, Roth unterscheidet. Da nun eine Linse sich, wie wir S. 151
gezeigt haben, einem Prismensystem analog verhält, so tritt solche
Farbenzerstreuung auch bei der Brechung des Lichtes durch Linsen
ein, und da Violett stärker brechbar ist als Roth, so werden nach dem
Durchgänge durch die Linse die violetten Strahlen als die stärker
gebrochenen sich in einem der Axe näher liegenden Punkte schneiden,
als die rothen. '
Fi*. 17.
Fällt demnach ein Bündel der Axe paralleler weifser Strahlen
auf die Linse, so werden dieselben nach der Brechung nicht in einem
Punkte vereinigt werden, sondern je nach ihrer verschiedenen Brech-
barkeit eine verschiedene Vereinigungsweite zeigen, die violetten die
kürzeste, die rothen die längste, und statt eines einzigen leuchtenden
Punktes, des Brennpunktes, welcher bei Anwendung einfarbigen Lichtes
resultirt, wird man eine ganze Reihe verschiedenfarbiger Brennpunkte
erhalten. *)
*) Dieselben ergeben »ich mathematisch leicht aus der Formel
1
a
= (n
1
a
wenn man fUr n die Brechungsindice» der verschiedenen Farben einaetzt.
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Karbenzerstreuung:.
167
Den Unterschied zwischen den Brennweiten der rothen und vio-
letten Strahlen nennt man die chromatische Abweichung.
Bringt man in den Brennpunkt der rothen Strahlen r eine matte
Scheibe, so erhält man ein rothes Bild mit violettem Saume. Bringt
man die Scheibe in den Brennpunkt der violetten Strahlen r, so erhält
man ein violettes Bild mit rothem Saume. Diese farbigen Säume
stören natürlich die Deutlichkeit der Bilder in hohem Grade und
machen ein scharfes Einstellen überhaupt unmöglich. Linsen würden
deshalb zur Erzeugung scharfer Bilder völlig upgeeignet sein, wenn
wir nicht Mittel besäfsen, diese chromatische Abweichung zu corrigiren.
Bevor wir diese Mittel erörtern, müssen wir auf die Brechungsver-
hältnisse der Farben etwas näher eingehen. Wir haben bereits oben
erläutert, dafs die Brechungsindices für verschiedene durchsichtige
Medien für ein und dasselbe einfarbige Licht sehr verschieden sind,
dafs Flintglas das Licht stärker breche, als Crownglas, dieses wieder
stärker als Wasser. Da nun die Brechungsindices derselben Sub-
stanz für verschiedene Farben Unterschiede zeigen, so ist man über-
eingekommen, als mittleren Brechungsexponenten einer Substanz den
der Linie E (im Gelb s. S. 128) zu betrachten. Man nimmt als
Brechungsexponenten für die übrigen Farben die Brechungsexponenten
der darin vorkommenden charakteristischen Linien.
Als Beispiel geben wir die Brechungsindices der Farben für Flint-
glas, Crownglas und Wasser nach Fraunhofer.
Substanz
B
c
D
E
F
G H
Flintglas
1,627 1
1,629
' ' 1
1,633
1,642
1,646
1
1,660 ! 1,671
Crownglas
1,323
1,326
1,529
1,533
1,536
1,341 | 1,546
Wasser
. 1,330
1,331
1,333
1,335
1,337
1,341 1,344
Die Differenz zwischen den Brechungsindices der rothen und vio-
letten Strahlen nennt man die totale Dispersion. Dieselbe beträgt
für Flintglas 0,0433,
- Crownglas 0,oaoj,
- Wasser 0,oi32.
Die totale Dispersion ist demnach bei Flintglas mehr als doppelt
so grofs als bei Crownglas. Schleift man daher 2 Prismen aus Crown-
glas und Flintglas, welche beide die Linie E um gleichviel ab-
lenken, so wird das Spectrum des Flintglases doppelt so grofs
erscheinen, als das des Crownglases. Construirt man also ein Flint-
glasprisma, welches ein gleich grofses Spectrum liefert, wie ein ge-
gebenes Crownglasprisma, so wird die Ablenkung des so erhaltenen
Flintglasprismas bei gleicher Farbenzerstreuung eine geringere sein,
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168
F arbenzerstreunng.
Legt man zwei solcher Prismen in verkehrter Lage auf einander,
so werden die Strahlen durch das zweite Prisma nach der entgegen-
gesetzten Richtung hin abgelenkt, die durch das erste Prisma bewirkte
Farbenzerstreuung wird durch die gleich starke des zweiten Prismas
aufgehoben, die Ablenkung dagegen, welche, wie ausdrücklich bemerkt,
bei dem zweiten Prisma geringer ist, wird nur um etwas vermindert,
so dafs sie jetzt die Differenz der beiden Ablenkungen ist.*) Wir
besitzen demnach ein Mittel, die Farbenzerstreuung eines Prismas
durch Combination mit einem Prisma anderer Dispersion aufzuheben,
und solches Doppelprisma ohne Farbenzerstreuung nennt man ein
achromatisches Prisma.
Eine absolute Farblosigkeit kann dadurch freilich nicht erreicht
werden. Aus obiger Tabelle geht hervor, dafs die Differenz der
Brechungsexponenten für die Linien BC im Flintglas 1,9 mal so grofs
ist, wie im Crownglas, die Differenz der Brechung für GH aber beim
Flintglas 2, 19 mal so grofs, als beim Crownglas. Die Folge davon ist,
dafs bei zwei gleich langen Crown- und Flintglasspectren der vio-
lette Theil der Flintglasprismen diesen Zahlen entsprechend länger ist,
als beim Crownglas, und daher ist auch keine absolute Aufhebung
der Farbenzerstreuung möglich.
Legt man ein Crown- und Flintglasprisma, die beide gleich lange
Spectren geben, verkehrt zusammen, so decken sich genau genommen
nur die Farben Roth und Violett, weniger vollkommen aber das Gelb
und Indigo. Dieser Umstand schadet für optische Zwecke nicht, er
ist aber sehr hinderlich für photographische. Indigo ist hier gerade
die am stärksten chemisch wirkende, Gelb die am hellsten sichtbare
*) Wie aus der Anmerkung Seite 60 hervorgeht, ist die Ablenkung für kleine
Winkel, wenn der brechende Winkel des Prismas = a,
ß=(n — 1) o.
Die Ablenkung des rothen Strahles ist demnach, wenn n, sein Brechnngsindex,
— (n, — 1) a, die der violetten, wenn n, sein Brechungsindex, = (nr — 1)«, die
totale Dispersion ist also die Differenz beider Gröfsen, = (ft, — n,)n; sie ist daher
dem brechenden Winkel des Prismas ebenfalls proportional. FUr ein Flintglasprisma
wilrde, wenn wir die betreffenden Brechungsindices mit und n, bezeichnen, die
Ablenkung bei gleichem Winkel sein (n'p — n',) a. Verlangt man nun 1 Flintglas-
prisma , welches ein gleich langes Spectrum liefert , wie ein Crownglasprisma , so
ergiebt sich dieses ans der Gleichung, wenn a' der brechende Winkel des Flintglas-
prismas ist,
(»', — »',) a = (n, — n,)a,
, (B* — »,)
demnach a = — r- r— . a.
(»- — »r)
Für die oben gegebenen Glasaorten ist a' = 0,485 .«.
Nehmen wir « = 20°, so ist «' = 9,7°. Die Ablenkung des mittleren Strah-
les E berechnet sich:
(»'— 1) 9,7 = 0,642 • 9,7° =3 6,22°
und (n — 1) 20 = 0,533*20 = 10,66°.
Beide Prismen in entgegengesetzter Lage combinirt, werden eine Ablenkung
(10,66° — 6,22°) erzeugen = 4,44 ° = 4° 26'.
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Farbenzerstrenung.
169
Farbe für das Auge. Fallen beide in unseren achromatisirten photo-
graphischen Gläsern nicht genau zusammen, so entsteht das, was
man Focusdifferenz nennt.
Für photographische Gläser berechnet man daher den Achroma-
tismus so, dafs Gelb und Indigo zusammenfallen. *)
Wir haben demnach in der Composition zweier verschiedener
Glassorten ein Mittel, die chromatische Abweichung aufzuheben.
Brewster hat bewiesen, dafs eine solche Achromatisirung auch
Fig. 18. mit 2 Prismen derselben
Glassorte möglich ist. Haben
beide gleiche brechende Win-
kel, so wird die Farbenzer-
streuung aufgehoben , aber
auch die Ablenkung; sie wirken dann zusammengelegt wie ein Plan-
glas. Hat man aber ein Glasprisma von 60* und ein zweites von
40", so kann man durch passende Wahl der Stellung derselben zu
einander einen Achromatismus erzielen, ohne die Ablenkung aufzuge-
ben. Diese Erscheinung erklärt sich daraus, dafs durch die starke Nei-
gung der auf das Prisma B (Fig. 1 8) fallenden Sf rahlen die Dispersion in
bedeutenderem Grade gesteigert wird, als die Ablenkung. Diese Me-
)9 thode der WegschafFung der chroma-
tischen Abweichung wird nun auch
bei Linsen angewendet. Der ge-
wöhnliche Weg der Achromatisirung
ist jedoch dieCombination einerCon-
vexlinse von Crownglas a mit einer
Concavlinse von Flintglas b (Fig. 19).
Beide werden entweder unmittel-
bar zusammengekittet (wie bei der
Frontlinse des Portraitobjectivs),
oder sie stehen in einer gewissen
Entfernung von einander (wie bei der Hinterlinse derselben Corabi-
nation). **)
Ein Achromat durch Combination zweier Linsen derselben Glas-
sorte zu erzielen, ist z. B. bei der Zentmeyer- und Steinheil-Linse
(Periskop) versucht worden.
*) Die in voriger Anmerkung gegebenen Formeln gestalten sich dann:
• , __ (». — *,) «
**) Die Brennweite zweier Linsen, die gemeinschaftlich ein Achromat bilden,
berechnet sich wie folgt. Falls die Linsen achromatisch erscheinen sollen, müssen
der gelbe und indigofarbene Strahl denselben Focus haben. Nun ist der Focus einer
T . . »'«"
Linsencombination p nach S. 160 = , — „ ; da die zweite Linse concav ist, so
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170
Bilriwölbnng.
Die Formeln, nach denen man eine achromatische Linsen- und
Prismencombination berechnen kann, sind in den Anmerkungen ge-
geben. Sie sind entwickelt aus den Prismen- und Linsenformeln, die
jedoch, wie wir früher gesehen haben, nnr unter den einfachen Voraus-
setzungen, dafs die Strahlen nahe bei der Axe einfalien und nur kleine
Winkel mit derselben bilden, gültig sind. Werden diese Voraussetzun-
gen nicht erfüllt, so ist auch der Achromatismus nicht erfüllt. Daher
kommt es, dafs Randstrahlen und schief gegen die Axe geneigte
Strahlen chromatische Abweichung zeigen, wenn auch die Mitte der
Linse achromatisch erscheint. Die chromatische Abweichung ist hier
ganz der sphärischen Längenabweichung analog. Sie wächst im um-
gekehrten Verhältnifs zur Brennweite und im directen Verhältnifs des
Quadrats der Oeffnung, und ähnlich wie dort kann dieselbe auch für
Randstrahlen durch passende Wahl und Stellung der Blenden corri-
girt werden.
3) Wölbung der Bildfläche.
Stellt man eine Camera mit irgend einer aplanatischen Linse auf
einen Gegenstand scharf ein, so findet man,' dafs es nicht möglich ist,
alle Theile des Bildes gleichzeitig scharf zu bekommen. Entweder ist
der Rand unscharf und die Mitte scharf, oder umgekehrt. Dieser Fehler
röhrt keineswegs von der sphärischen Abweichung, denn er kommt
ist p" negativ , demnach p=s — -. , woraus sich ergiebt — = ( ; setzt
P — P PPP
man für p' und p" die Radienformel (S. 153) ein, so erhalt man
1
P
= («’
*.)•
Setzt man hier fiir n ■ n" die Brechungsexponenten fllr die verschiedenen farbigen
Strahlen ein, so erhält man deren Brennweiten. Für den Fall nun, dafs die Brenn-
weiten flir die indigofarbenen und gelben Strahlen dieselben sein sollen, erhält man
die Bedingtingsgleichung
woraus sich ergiebt
(»’< - »’,) (y + F) = (»"< - ( 7, H- jjü) •
Für die Radienformeln wieder die Werthe — und eingesetzt, erhält man
(»' — *)/ (»"— l)p'"
woraus sich die Werthe von p ' und p” leicht berechnen lassen. »' und »" bedeuten
hier die Brechungsverhältnisse der mittleren Strahlen. Den Ausdruck
n — 1
nennt man auch das Zerstreuungsvermögen. Die Brennweiten der Linsen eines
Achromats müssen sich daher umgekehrt wie ihr Zerstreuungsvermögen verhalten.
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ßildwölbting.
171
bei allen vollkommen aplanatischen Linsen vor, sondern von der
Wölbung der Bildfläche*).
Das Bild liegt nämlich nicht auf einer Ebene gleich der matten
Scheibe, sondern auf einer mehr oder weniger gekrümmten Fläche,
und beim Verrücken der matten Scheibe wird nur der Theil des Bil-
des auf derselben scharf erscheinen, welchen die matte Scheibe berührt
oder schneidet. Der Pfeil in Figur 20 stellt solch ein gekrümmtes
Bild dar. Bringt man die matte Scheibe an die Stelle a a, so er-
scheint nur der mittlere Theil scharf, in der Stellung b b aber nur der
Rand.
Wir haben in dem Capitel über sphärische Abweichung an einem Bei-
spiel gezeigt, wie dieses gekrümmte Bild entstehe (s. S. 161). Es wurde da-
selbst erörtert, wie diese
Bildkrümmung je nach
der Stellung der Linse
sehr verschieden ist. Es
ist leicht einzusehen,
dafs auch die Gestalt
der Linse von Einflufs
ist. Bei Linsen mit sehr
beschränktem Gesichts-
feld (wie die astronomi-
schen) ist die Bildwöl-
bung nicht von Bedeu-
tung , sehr auffallend
offenbart sie sich aber
in der photographischen Praxis, wo die Strahlen oft einen bedeuten-
den Winkel mit der Axe bilden. Die Mittel, sie wegzuschaffen resp.
auf ein Minimum zu reduciren, bestehen
1) in der passenden Wahl der Linsen- und Blendenstellung. Auf
S. 161 ist gezeigt, dafs für eine planconvexe Linse mit Vorderblende
der Krümmungsradius des Bildes gleich 3r ist, wenn die Linse ihre
plane Seite den Objecten zukehrt, dagegen kleiner als 2r, wenn die
Stellung von Linse und Blende die entgegengesetzte ist. Demnach
ist das Bild im ersten Full ein viel flacheres.
2) Durch passende Wahl der Linsenform. Wie es in Be-
zug auf sphärische Abweichung eine Liuse bester Form giebt, so
existiren auch Linsen bester Form in Bezug auf Vermeidung der
Bildwölbung, und hat die Erfahrung ergeben, dafs die Menisken,
deren concave Seite dem Objecte zugekehrt ist, das ebenste Bild
liefern. Solche Linsen sind z. B. die Dallmeyer’schen Landschaftslinsen.
*) Wir bedienen uns hier des Ausdrucks Wölbung, weil „Krümmung*4 der Bild-
fläche gar zu häutig mit Krümmung der Linien ira Bilde (siehe Verzeichnung) ver
wechselt wird.
Fig. m
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172
Bildwölbung.
3) Durch Linse ncombinati on. Wie oben gezeigt worden ist,
giebt eine Sammellinse ein gewölbtes positives Bild eines ebenen
Gegenstandes. In ähnlicher Weise liefert eine Zerstreuungslinse ein
gewölbtes negatives Bild (Fig. 21), welches aufrecht ist und mit
dem (hier weit entfernt gedachteu) Gegenstände auf derselben Seite
der Linse liegt, indem die Strahlen auf der andern Seite divergirend
austreten.*) Nun bleiben die optischen Erscheinungen dieselben, wenn
Rlg. 2t.
die Strahlen die entgegengesetzte Richtung verfolgen. Es folgt dar-
aus, dafs, wenn Strahlen auf eine Zerstreuungslinse fallen, welche
verlängert ein solches gewölbtes Bild liefern würden, diese zu einem
ebenen Bilde vereinigen würden. Ja noch mehr, ist das Bild, welches
die Strahlen verlängert liefern würde, noch stärker gekrümmt, als es
die Linse für sich allein erzeugen würde, so wird das Resultat ein
concaves Bild sein.
Combinirt man demnach eine Sammellinse, welche ein gewölbtes
Bild liefert, mit einer passend gewählten Zerstreuungslinse, so wird
aus der Vereinigung beider ein ebenes Bild resultiren.
Man kann auf diese Weise die Bildwölbung freilich nicht voll-
ständig aufheben, da sonst zu gleicher Zeit die Brechung aufgehoben
würde.
Man corrigirt daher die Bildwölbung durch eine concave Linse
und dazu benutzt man bei einfachen Linsen die Flintglaslinse,
welche auch zur Correctur der chromatischen Abweichung dient.
Einen besondern Einflufs hat hierbei auch die Stellung der Linsen
zu einander, und planconvexe wie planconcave Linsen liefern viel
■*} Die Construction dieses Bildes so wie sein KrUmmungsverbältnifs sind ganz
analog dem des Bildes einer planconvexon Linse, s. 8. 161. Kehrt die planconcave
Linse ihre ebene Fläche den Gegenständen zu, so ist der Krümmungsradius gleich
3 r. Das Bild ist aufrecht und befindet sich anf derselben Linsenseite mit dem
Gegenstände. Die Blende B müfste für den in der Figur angenommenen Fall hinter
die Linse gesetzt werden.
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Bildwölbung.
173
stärker gekrümmte Bilder, wenn sie ihre gewölbte Seite den Gegen-
ständen zukehren, als umgekehrt. Stellt man demnach die planconvexe
Linse so, dafs sie ein stark gewölbtes Bild liefert, so kann man
dasselbe durch eine verhältnifsmäfsig viel flachere planconcave Linse
corrigiren.
Von ähnlichem Einflufs ist auch die Entfernung der Linsen von
einander. Fällt z. B. ein schiefes Strahlenbündel auf eine Sammel-
linse S, so wird das Bündel nach der Brechung die Zerstreuungslinse
in a treffen. Steht die Linse aber weiter entfernt, z. B. bei S1, so
trifft das Bündel R nach der Brechung in S die Linse Z in a'.
In letzterem Falle fällt es demnach auf einen Punkt, der dem
stärker zerstreuenden Rande der Linse Z näher liegt, und die
Pig. Jz. Folge davon ist,
dafs die Strahlen
eine stärkere Zer-
streuung, d. h. eine
verhältnifsmäfsig
gröfsere Focusver-
längerung erfah-
ren als die cen-
tralen Strahlen,
die auch bei der
zweiten Stellung
von der Mitte der Linse Z aufgenommen werden. Die Folge davon
ist gröfsere Ebnung der Bilder.
In dieser Weise sind die beiden Linsen der Hinterlinse des Por-
traitkopfs behufs der Correction der Feldkrümmung um ein gewisses
Stück von einander entfernt. Zuweilen ist die Entfernung eine nicht
richtig gewählte, dann kann man durch Variation derselben nicht
selten eine Linse verbessern. Man schraubt die hintere Combination
auseinander, nähert oder entfernt die Linsen mit Hülfe eingelegter
Papier- oder Pappstreifen und macht Probeaufnahmen; hierbei findet
man, bei welcher Linsenstellung das Objectiv am günstigsten wirkt.
Ferner ist hier das Petzval’sche Orthoskop zu erwähnen.
Dieses ist eine Combination einer Sammellinse mit einer um ein ge-
wisses Stück davon entfernten Zerstreuungslinse. Die Sammellinse
kehrt ihre convexe Seite den Strahlen zu. Sie allein wird ein sehr
gewölbtes Bild liefern, indem jedoch die schiefen Strahlen, welche von
ihr ausgehen, auf den Rand der Concavlinse fallen, der stärker zer-
streut als die Mitte, wird ihre Brennweite mehr verlängert, als die
der Centralstrahlen, und als Folge davon resnltirt ein ebenes Bild.
In ähnlicher Weise wird bei den Dalimeyer 'sehen Tripelobjectiven
durch Einführung einer negativen Zwischenlinse die Verlängerung des
Focus der schiefen Strahlen und dadurch Ebenheit des Bildes
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174
Verzeichnung.
erzielt. Freilich ist diese bei keinem Objectiv eine vollkommene; die
übrigbleibende Bildwölbung schadet jedoch nicht immer, bei Portraits
z. B. brauchen nicht alle Punkte scharf zu sein, sondern nur die cha-
rakteristischen Theile. Anders ist es jedoch bei Aufnahme von Zeich-
nungen, Architekturen etc. Hier zwingt man die Schärfe über das
ganze Bild durch kleine Blenden. Je kleiner die Blende, desto spitzer
ist der Strahlenkegel, welchen irgend ein auffallender Strablencylinder
liefert, desto geringer ist die Unschärfe, welche bewirkt wird, falls
man die matte Scheibe aus der Spitze der Kegel herausrückt.
Beifolgende Figur erläutert dies. Stellt man auf die Mitte des
krummen Pfeilbildes scharf ein, so wird der Rand unscharf, bei gro-
Fie. 23.
fser Oeffnung ab ist die Unschärfe eine beträchtliche, sie bildet dann
einen Zerstreuungskreis vom Durchmesser / y. Bei kleiner Blende c d
ist dagegen der Zerstreuungskreis von viel geringerem Durchmesser,
d. h. die Unscharfe viel geringer.
4) Die Verzeichnung.
Stellt man mit einer einfachen Linse mit Vorderblende auf ein
Quadrat A scharf ein, so erscheint das Bild desselben nicht als Qua-
rt*. 24.
A
drat, sondern mit gekrümmten Seiten, fast wie eine Tonne (ß). Die
Linien sind nach auswärts gekrümmt Nimmt man statt der Linse
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Verzeichnung.
175
mit Vorderblende eine mit Hinterblende, so ist die Krümmung die
entgegengesetzte (C). Diesen Fehler findet man bei allen einfachen
Linsen, wenn auch nicht in gleichem Grade. Er beruht darauf, dafs
die Randstrahlen des Gesichtsfeldes unter stärkerem Winkel auf die
Linse fallen, also eine stärkere Ablenkung erleiden als die centralen
Strahlen. (Wie wir früher gesehen haben, wächst die Ablenkung in
gröfserem Mafse als der Einfallswinkel.)
Nun werden jedoch bei dieser Ablenkung, je nach der Blenden-
stelluug, wie früher gezeigt worden ist, die Randstrahlen entweder
dem Mittelpunkte des Gesichtsfeldes genähert, wie bei der Vorder-
blende, oder von demselben entfernt, wie bei der Hinterblende (siehe
d. Fig. S. 161 u. 163). Es ist demnach offenbar, dafs, wenn diese Ab-
lenkung für die dem Mittelpunkte des Gesichtsfeldes entfernter liegenden
Ecken in stärkerem Mafse erfolgt, als für die Mitten der Seiten, dem-
gemäfs auch die Ecken in dem einen Fall im Bilde dem Mittelpunkte
des Bildfeldes näher rücken werden als die Seitenmitten, im andern
Fall sich mehr davon entfernen, woraus die geschilderte Verzeichnung
hervorgeht.
Dieser Uebelstand der Verzeichnung zeigt sich um so auffallender,
je gröfser das Gesichtsfeld der Linse genommen wird. Er stört
namentlich bei Aufnahmen von Zeichnungen und Architekturen. Will
man einfache Linsen zu diesem Zweck benutzen, so darf nur der
mittlere Theil des Bildfeldes verwendet werden. Die Verzeichnung
ist abhängig von der Linsenform. Unter allen einfachen Linsen-
formen zeigt der Meniscus mit der concaven Seite dem Object zu-
gerichtet die Verzeichnung am wenigsten, stärker ist sie schon beim
planconvexen Glase (die flache Seite nach dem Object gerichtet), noch
Fig- 25- stärker bei den biconvexen. Bei
n
einfachen Linsen ist durch pas-
sende Wahl der Form die Ver-
zeichnung zwar auf ein Minimum
zu reduciren, jedoch niemals ganz
aufzuheben. Vermeidung dieses
Fehlers erzielt man nur durch
Linsencombinationen mit soge-
nannten Centralblenden. Man
denke sich zwei Linsen AB in
gewisser Entfernung von ein-
ander, und zwischen beiden in
der Mitte eine Blende D. Diese
Blende wirkt in Bezug auf die
erste Linse wie eine Hinterblende,
sie erzeugt die Verzeichnung C
(Fig. 24); in Bezug auf die zweite
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176
Lichtstärke und Gesichtsfeld.
Linse wirkt sie dagegen wie eine Vorderblende, sie erzeugt dann die
Verzeichnung B. Da beide Verzeichnungen die entgegengesetzten sind,
so heben sie sich gegenseitig auf, und das Resultat ist ein correctes
Bild.
Solche Doppelobjective mit Centralblenden sind z. B. die Kugel-
objective, Pantoskope und die neuen SteinheiTschen Aplanate. Die
Portraitlinsen von Petzval sind ähnlich construirt, da aber die beiden
Linsen sehr ungleich sind, so bleibt noch eine merkliche Verzeich-
nung übrig.
Ueber Lichtstärke und Gesichtsfeld der Linsen.
Unter der Lichtstärke einer Linse versteht man ihre Fähigkeit,
ein mehr oder weniger helles Bild zu liefern. Diese Fähigkeit hängt ab
1) von dem Flächeninhalt der Linse, 2) von ihrer Brenn-
weite, 3) von dem Verlust durch Reflexion und Absorption,
welche das Licht beim Durchgänge durch die Glasmasse
erleidet. *-
Je gröfser die Fläche einer Linse ist, desto gröfser ist die Quan-
tität der Lichtstrahlen, welche sie aufzunehmen vermag. Nun steht
der Flächeninhalt im Verhältnifs des Quadrats dee Durchmessers, oder
wie man sagt, derOeffnung. Demnach werden sich die Licht-
stärken zweier Linsen unter sonst gleichen Umständen
verhalten, wie die Quadrate ihrer Oeffnung.
Sind die Brennweiten der Linsen verschieden, so liefern sie
von einem und demselben Gegenstände ein verschieden grofses Bild.
Liefert z. B. eine Linse von 6" Brennweite von irgend einem Gegen-
stände, z. B. einem Menschen, eine Figur von 3" Höhe, so liefert bei
derselben Entfernung eine Linse von 12" Brennweite eine Figur
von 6" Höhe. Die Lichtmenge, welche von demselben Gegen-
stände unter denselben Umständen auf beide Linsen fällt, ist offenbar
dieselbe, falls ihre Oeffnung dieselbe ist. Je gröfser aber das Bild
desselben Gegenstandes ist, über eine desto gröfsere Fläche wird die-
selbe Lichtmenge zerstreut. Wird dieselbe Lichtquantität über eine
Fläche von 2 Quadratzoll oder von 4 Quadratzoll Gröfse vertheilt, so
ist im letztem Falle die Licbtmenge, d. h. die Helligkeit auf 1 Quadrat-
zoll Fläche nur halb so grofs, als im ersten Falle.
Nun verhalten sich die Flächeninhalte zweier ähnlicher Fi-
guren wie die Quadrate gleich liegender Linien, z. B. wie die Quadrate
ihrer Höhe; da aber die Gröfse einer Figur im Bilde der Brennweite
einer Linse proportional ist, so verhalten sich demnach die Flächen-
inhalte derselben wie die Quadrate der Brennweiten, und da die Licht-
stärke zweier Bilder im umgekehrten Verhältnisse ihres Flächen-
inhaltes steht, so folgt daraus:
Die Lichtstärken zweier Linsen verhalten sich, unter
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Lichtstärke der Linsen.
177
sonst gleichen Umständen, umgekehrt wie die Quadrate
ihrer Brennweite. Oeffnung und Brennweite sind demnach
die Hauptelemente zur Beurtheilung der Lichtstärke einer Linse. Das
di recte Verhältnifs der ersten, das indirecte Verhältnifs der letzteren
bilden das Criterium derselben. Will man daher zwei Linsen mit ein-
ander vergleichen, so dividirt man zunächst ihre Oeffnung o durch ihre
Brennweite / und erhebt diesen Bruch ins Quadrat.
Man nennt diesen Bruch— die relative Oeffnung.
Diese Berechnung gilt jedoch nur für Linsen mit voller Oeffnung.
Benutzt man aber Linsen mit Blende, so ist statt der Linsenöffnung
die Blendenöffnung zu setzen und dürfen nur Vorderblenden mit Vor-
derblenden , Hinterblenden mit Hinterblenden verglichen werden.
Nun ist aber die Lichtstärke eines Bildes nicht in allen Theilen
dieselbe. Schon mit blofsem Auge bemerkt man, dafs die Helligkeit
der Linsenbilder von der Mitte nach dem Rande zu nachläfst.
Der Umstand ist leicht zu erklären. Man nehme den einfachsten
Fall einer Linse mit Vorderblende. Der Durchmesser des gerade
auffallenden Strahlenbüschels gg ist hier gleich dem Blendendurch-
messer B, der Durchmesser
des schief auffallenden
Strahlenbüschels dagegen
ist gleich dem Blenden -
durchmesser, multiplicirt
mit dem Cosinus des Ein-
fallswinkels, d. h. gleich B
cos a, demnach z. B. für
einen Winkel von 60“=^-B,
und da die Helligkeiten sich
wie das Quadrat der Oeff-
nung verhalten, so werden
die Helligkeiten für Mitte und Rand des Bildes sich verhalten wie 1:4.
Je gröfser der Neigungswinkel der Strahlen gegen die Linse ist, desto
geringer wird demnach die Helligkeit des Bildrandes, daher tritt dieser
Fehler sehr auffallend bei den Weitwinkellinsen hervor.
Nun kommt dazu, dafs bei schiefem Auffallen der Strahlen auf
eine Linse ein nicht unbeträchtlicher Theil des Lichtes an der Ober-
ffäche des Glases reflectirt wird, und dafs dieser Lichtverlust mit dem
Einfallswinkel wächst.
Daher rührt das namentlich bei kurzen Expositionen so auffal-
lende Zurückbleiben des Randes gegen die Bildmitte. Unter Umstän-
den kann dieses voji Vortheil sein, wenn man das Hauptlicht auf einen
charakteristischen, in der Mitte liegenden Gegenstand concentriren will,
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 1-
Fjg. 26.
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178
Lichtfleck.
z. B. bei Portraits auf den Kopf; sie wirkt aber sehr störend bei Auf-
nahmen von Gebäuden, Landschaften und Zeichnnngen.
Die eben erwähnten Reflexe an der Oberfläche der Linsen be-
wirken aber noch eine andere unangenehme Erscheinung, den soge-
nannten Lichtfleck und das Entstehen secundärer Bilder.
Fällt Licht auf eine Linse, so wird ein Theil desselben an der
Oberfläche reflectirt, ein anderer Theil geht hinein; an der Hinter-
fläche findet aber eine abermalige Reflexion statt, die reflectirten
Strahlen treffen die Vorderfläche, werden hier wieder zurückgeworfen
und nun von der Hinterfläche theils wieder zurückgeworfen , theils
gebrochen; so entsteht ein secundäres Bild, welches allerdings
sehr lichtschwach ist und daher bei kurzer Exposition selten nach-
theilig ist, wohl aber bei langer. Der Focus dieses secundären Bildes
ist abhängig von der Krümmung der Flächen, in der Regel ist er
von dem Hauptbrennpunkte der Linse sehr verschieden und die Folge
davon ist, dafs das secundäre Bild im Hauptbrennpunkt nicht scharf
erscheint, sondern sich als verschwommener Lichtfleck neben dem hellen
Gegenstände, der ihn veranlafst, markirt*). Je stärker gekrümmt
die Flächen einer Linse sind, desto stärker spiegeln sie, desto heller
ist das secundäre Bild resp. der Lichtfleck ; je kleiner die Blende, desto
mehr wächst seine Schärfe, daher sieht man ihn sehr auffallend bei
den Kugellinsen, namentlich wenn die Vorderfläche vom Sonnenlicht
getroffen wird, oder dem hellen Himmel gegenübersteht. Liegt die
Brennweite des secundären Bildes in der Unendlichkeit, so erscheint
dasselbe als Bild der Blende und markirt sich deutlich als heller
Fleck mitten im Bilde. Verrückt man in solchem Fall die Blende
nach vorn, so wird der Fleck schärfer und kleiner; verrückt man sie
nach hinten, so wird er grüfser und verschwommen. Durch letzeres
Mittel kann man den Uebelstand zuweilen heben oder vermindern.
Näheres über diese Erscheinung siehe in den Artikeln von Dallmeyer
und Steinheil, Photogr. Mittheil. IV. Jahrg., S. 143 und 283.
Wir haben nun noch zu erörtern, was wir unter Gesichtsfeld
einer Linse verstehen.
Schraubt man eine Linse an eine grofse Camera, und stellt auf
einen entfernten Gegenstand scharf ein, so erkennt man auf der matten
Scheibe ein kreisrundes, ziemlich scharf begrenztes Bild. Der Durch-
messer desselben ist unabhängig von der Blendengröfse. Verreicht
man Linsen verschiedener Construction und gleicher Brennweite
miteinander, so erkennt man, dafs dieses kreisrunde Bild bei ver-
schiedenen Linsen sehr verschieden an Gröfse ist. Den Winkel, nnter
*) Herr Commercienrath Busch in Rathenow erzählt uns von einer Linse,
bei welcher seltsamer Weise das secundäre Bild mit dem Hauptbilde dieselbe Brenn-
weite hatte und als verkleinertes, verkehrtes Bild des Hauptbildes auf der matten
Scheibe deutlich sichtbar war.
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Gesichtsfeld, Bildfeld.
179
welchem dieses Bild vom optischen Mittelpunkt des Objectivs aus ge-
sehen erscheint, nennt man das Gesichtsfeld der betreffenden Linse.
Ist ab der Durchmessser
des runden Bildes, cd gleich
der Brennweite, so ist der
Winkel adb das Gesichtsfeld.
Von dem runden Bilde er-
scheint nur ein Tbeil scharf,
nämlich der mittlere, und
die Schärfe verbreitet sich um
so weiter nach dem Rande
hin, je kleiner die Blenden
genommen werden.
Das bei einer bestimmten
Blendengröfse brauchbare
Bildfeld ist demnach immer
kleiner als das Gesichtsfeld.
Es wird ebenso wie das Gesichtsfeld aus dem Winkel bei d bestimmt,
welchen zwei, nach diametral gegenüberstehenden, noch hinreichend
scharf erscheinenden Punkten gezogene Linien mit einander machen.
Beschreibung der photographischen Objeetive.
Wir haben in dem vorhergegangenen Capitel die Mängel unserer
optischen Gläser und die Mittel, sie zu vermeiden resp. auf ein Mini-
mum zu reduciren, kennen gelernt. Wir haben in verschiedenen Punk-
ten darauf hingedeutet, djtfs deren Wegschaffung mit Rücksicht auf die
grofsen Anforderungen, die man an photographische Linsen stellt* nur
theilweise möglich ist, und daher werden alle unsere photographischen
Linsen selbst bei der besten Ausführung noch zu wünschen übrig
lassen.
Man verlangt von einer photographischen Linse: 1) grofse Licht-
stärke, um in möglichst kurzer Zeit, namentlich von Gegenständen, die
sehr dunkel oder unruhig sind, Aufnahmen machen zu können. Diese läfst
sich nur erreichen mit grofsen Oeffnungen und kurzen Brennweiten;
2) grofse ßehärfe bis zum Rande. Diese ist nur mit kleinen Oeff-
nungen (Blenden) zu erzielen, also dem Gegensatz zu Bedingung 1.;
3) grofses und ebenes Gesichtsfeld. Dieses bedingt sehr schief
einfallende Strahlenbüschel, für welche die sphärische Abweichung und
Bildkrümmung nur schwer zu corrigiren sind; 4) Freiheit von Verzeich-
nung; ,{Ü Freiheit von Focusdiffereuz; 6) Gleichmäfsigkeit der Lichtkraft
über das ganze Gesichtsfeld; 7) Tiefe, d. h. hinreichende Schärfe für
Gegenstände, die verschieden weit von der Camera entfernt sind.
Alle diese Bedingungen sind nur schwer oder nicht gleichzeitig
zu erfüllen, daher existirt bis jetzt noch keine Universallinse, welche
12*
Plg. 27.
d
b
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180
Landschaftslinsen.
allem genügt, und man ist genöthigt, sich für verschiedene Zwecke ver-
schiedener Objective zu bedienen.
Der Bedingung 5. entsprechen die meisten Objective in einem
für die Praxis ausreichenden Grade, den übrigen Bedingungen jedoch
rfur theilweise.
So erfüllt das Portraitobj ecti v namentlich die Bedingung 1.
(Lichtstärke), weniger die übrigen, das Tripletobjectiv und das Stein-
heil -Aplanat die Bedingung 4. (correcte Zeichnung), sie übertreffen
das Portraitobjectiv in Bezug auf Bedingung 3. (Gesichtsfeld) und 7.,
stehen ihm jedoch in Bezug auf Lichtstärke nach. Das Pantoskop
übertrifft alle an Gesichtsfeld und Tiefe (Bedingung 7.), kommt in Bezug
auf Correctheit (Bedingung 4.) den vorhergehenden gleich, steht ihnen
aber in der Lichtstärke nach. Die Dallmeyer-Landschaftslinse genügt
denselben Bedingungen wie der Steinheil -Aplanat, steht ihm aber in
Bezug auf correcte Zeichnung und Lichtstärke nach. Tiefe findet sich
nur bei Instrumenten mit kleinerer Oeffnung, am vollendetsten beim
Pantoskop, am geringsten beim Portraitobjectiv. Es ist daher kein
Wunder, dafs eine Menge von Constructionen existiren, welche nach
der einen Richtung hin Vollkommenes leisten, in andrer Richtung nicht
genügen.
Alle diese Constructionen zu beschreiben, ist uns eine Unmöglich-
keit, wir halten uns an die wichtigsten, namentlich an solche, die wir
praktisch geprüft haben, und die Art und Weise, wie diese Prüfung
vorzunehmen ist, werden wir später erörtern.
1) Das einfache achromatische Objectiv oder die soge-
. nannte Landschaftslinse.
Dieses einfache Objectiv ist die älteste photographische Linse,
welche existirt. Ihre Form ist sehr verschieden, kommt aber stets
auf Verbindung eines achromatischen zusammengekitteten Linsenpaares
mit einer Vorderblende heraus. Die Wirkung einer solchen Verbin-
dung geht aus Fig. 14 (S. 161) hervor. Wie jene als Beispiel gewählte
planconvexe Linse verhalten sich auch die ihr ähnlichen Formen der
Menisken, nur mit dem Unterschiede, dafs diese die einzelnen Linsen-
fehler in geringerem Grade zeigen als die planconvexe Form. Ge-
übte Arbeiter pflegen oft genug aus zusammengesetzten Objectiven ein-
zelne Linsen herauszunehmen und benutzen diese mit passend Vor-
gesetzten Blenden zu Landschaftsaufnahmen, wo es auf ein wenig
Verzeichnung nicht ankommt. So wird sehr allgemein die fast plan-
convexe Vorderlinse unserer Portrait-Doppelobjective dazu verwendet,
indem man dieselbe umkehrt und Blenden vorsetzt*). Für viele
*) Viele Objective haben zu dem Zweck gleich eine Einrichtung in der Fassung,
um die Vorderlinse fUr sich allein verkehrt anschrauben und Vorderblenden an-
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Landschaft» linsen.
181
Zwecke 'genügt dieses vollkommen , ja es giebt Photographen genug,
die mit solcher Linse in solcher Fassung auch Reproductionen machen.
Die Verzeichnung stört hierbei nur dann, wenn das Gesichtsfeld der
Linse zu grofs genommen wird. Innerhalb eines Bildwinkels von circa
15* ist dieselbe kaum merkbar.
Die zuerst unter dem Namen Landschaftslinsen in den Handel
gebrachten einfachen Objective haben die folgende Form / (Fig. 28).
/ bedeutet Flintglas, c Crownglas. Die Blende B ist meist { der Brenn-
Fic.
I E
weite von der Linse entfernt. Diese Linse findet man noch in vielen
Ateliers. Aufser dieser Form giebt es jedoch noch mehrere andere,
die in Bezug auf Gesichtsfeld, Bildgröfse und Verzeichnung günstigere
Resultate geben.
Die eine derselben zeigt die Form eines Meniscus II., bestehend
aus einer eoncavconvexen Crownglas- und convexconcaven Flintglas-
linse; beide sind, wie auch in der älteren Form, mit Canadabalsam
zusammengekittet.
Eine dritte Form, die noch trefflicher wirkt, ist die Dallmeyer’sche
Landschaftslinse.
Diese besteht nicht aus 2, son-
dern aus 3 Linsen, die zusammen-
gekittet sind; die mittlere besteht
aus Flintglas, die beiden äufse-
ren aus 2 verschiedenen Sorten
Crownglas. Die Blende ist um
circa TV der Brennweite von der
Linse angebracht. Statt der sonst
allgemeinen Einzelblenden, die
man wechselt, jenachdem man
die Schärfe mehr oder weniger
weit nach dem Rande des Bildes
bintreiben will, sitzen bei Dall-
Fig. 29.
setzen zu können. Mau kann sich auch zuweilen dadurch helfen, dafs man die
Hinterlinse des Portraitkopfes herausschraubt, die Vorderlinse an deren Stelle setzt
and die Blenden in ihrer ursprünglichen Stelle läfst.
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182
Portraitlinsen.
ineyer’s Linse die Blenden in einer drehbaren Scheibe, die am Objectiv
befestigt ist.
Die Verzeichnung ist bei dieser Linse geringer als bei den übrigen
Formen, ebenso die Bildwölbung; beides begünstigt die Gröfse des
Gesichtsfeldes, und wahrt den Vortheil, auch mit ziemlich grofsen
Blenden noch hinreichend scharfe Bilder zu erhalten. Die Oeffnung
der kleinsten Blende ist 3'-0 der Brennweite.
Was diese verschiedenen Linsen in Bezug auf Gesichtsfeld, Bild-
gröfse etc. leisten, geht am besten aus folgenden Bestimmungen
hervor :
Brennweite. Ge.S‘.chta' Bildfeld. Blenden- Geprüfl
Grubb’s Landschafts-
lins« 14 V'
Dallmeyer’s Weitwin-
kellinse ....
Voigtlfinder’s Vorder-
linse eines Portrait-
Visitenkarten- Ob-
jectivs 330 Millira. 62» 15' 33*45' 0,0303 Vogel*).
Dallmeyer’s Weitwin-
kellinse .... 185,2 - 71*5’ 54*30' 0,0260
Bei Shepard’s Bestimmungen fehlt leider die Angabe der Blen-
dengröfse, welche die Gröfse des Bildfeldes sehr stark beeinflufst.
2) Das Portraitobjecti v.
Das Landschaftsobjectiv war in den ersten Zeiten der Photo-
graphie das allein angewendete, es genügt für Landschaftsaufnahmen,
wo man stillhaltende Gegenstände und Licht zur Disposition hat,
und es auf Verzeichnung nicht ankommt, vortrefflich, und es wird
noch heute in solchen Fällen verwendet. Die relative Oeffnung einer
solchen Linse ist jedoch nicht grofs, im günstigsten Falle T'-o der Brenn-
weite, und die Folge davon ist eine verhältnifsmäfsig geringe Licht-
stärke, die namentlich bei Aufnahmen in halb erhellten Räumen, wie
Zimmer, Interieurs, sehr störend ist. Bei Aufnahme von Portraits in
einem Glashause bedurfte man mit solcher Linse minutenlanger
Sitzungen, und dieser Umstand nöthigte die Photographen früher oft
ihre Personen ins Freie zu setzen und womöglich in grellem Sonnen-
licht aufzunehmen. Dafs auf diese Weise ein künstlerisch schönes
Bild nicht erzielt werden konnte, liegt auf der Hand, und so war für die
Portraitphotographie die Erfindung einer Linse von gröfserer Oeffnung
und daher grofser Lichtstärke von Petzval in Wien, 1841, ein wahr-
Oeffnung.
59° 47*42’ ? Shepard.
80*3’ 56*44' ?
*) Siehe Photogr. Mittheilungen TH. Jahrg. S. 14.
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183
Fi*. 30.
*wi ImfgoMT
li * ‘ijyj jill V)f{U<UJjl»/
\
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184
Portraitobjective.
haft epochemachendes Ereignifs; sie hat eine künstlerische Portrait-
photographie überhaupt erst möglich gemacht.
Die Erfindung dieser lichtstarken Linse ist kein Werk des Zu-
falls, sondern gründlicher theoretischer Berechnungen. Voigtländer in
Wien führte die erste Linse nach Petzval’s Angaben aus und Martin
daselbst nahm das erste Daguerreotypbild in kurzer Exposition da-
mit auf.
Diese lichtstarke Portraitlinse ist ein Doppelobjectiv mit Central-
blenden und ungleichen Linsen (s. Figur 30).
Die vordere Linse A besteht aus einer biconvexen Crown- und
einer fast planconvexen Flintglaslinse, welche durch Canadabalsam
zusammengekittet sind.
Die hintere Linse B besteht aus einem Flintglasmeniscus /’ und
einer biconvexen Crownglaslinse c', die durch einen Ring getrennt
voneinander gehalten werden.
Zwischen beide ist die Centralblende D gesetzt, die um so kleiner
genommen wird, je weiter man die Schärfe des Bildes nach dem
Rande hin treiben will. In dieser allgemeinen Gestalt stimmen sämmt-
liche Portraitobjective überein, nur das neuere Dallmeyer’sehe Portrait-
objectiv unterscheidet sich von diesen Formen durch die umgekehrte
Stellung der Hinterlinse. Im Uebrigen aber findet man bei verschie-
denen Optikern hinsichtlich der Brennweiten der einzelnen Objective
A und B, der Entfernung und Gröfse derselben, der Blendenstellung
Abweichungen die auf die Eigenschaften der Objective von wesent-
lichem Einflufs sind.
Ein anschauliches Bild von diesen Unterschieden giebt nachfol-
gende Tabelle, welche die Ergebnisse der mit den verschiedenen Por-
trait- Objectiven von 36 Zoll Diam. aus der rühmlichst bekannten
optischen Anstalt von Hrn. E. Busch in Rathenow vorgenommenen
Messungen enthält.*)
System
00
0
I
i II
III
IV
Vordere Linse.
Aequivalente Brennweite
in Zollen
1
22,34375
20,125
17,9219
°
13,5469
11,3906
Hintere Linse.
Aequivalente Brennweite
in Zollen
35,46875
31,9219
28,375
24,822
21,2915
17,750
Doppel -Objectiv.
Aequivalente Brennweite
in Zollen
15,250
13,729
12,0469
10,6675
9,204 1
7,6875
*) Wir verdanken diese Tabelle Hrn. Commcrcienrath Busch in Rathenow.
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Portraitobjective,
185
~
“
S y 8
t e m
00
0
I
u
1 111
rv
Entfernung der beiden
Objective.
Gemessen von den höch-
sten Punkten der bei-
den äufseren convexen
Flächen
6,8 33
6,180
i 5,550
4,900
4,37 5
3,800
Gemessen von einem An-
satz der Fassung bis i
zum anderen
6,700
6,030
5,381
4,690
4,020
3,350
Dar Durchmesser des Ob-
jectivs verhält sich zur !
äquivalenten Brenn- ;
weite nahezu wie . . .
1:5
1:44
1:4
1:34
1:3
1:24
Der Durchmesser des Ob-
jectivs (3 Zoll) dividirt
durch die Brennweite .
0,1967
0,3183
0,3490
0,2807
0,3359
0,3903
Obige Quotienten in’s
Quadrat erhoben . . .
0,038 7
0,04 77
0,06 90
0,0789
0,108 2
0,1593
Wird die Lichtkraft des
Systems 00 gleich Eins
angenommen, so ist die
der anderen Systeme .
1
1,233
1,609
2,039
2,74 4
3,935
Abgekürzt
l
U
U
2
22
4
Die Lichtkraft in Secun-
den aasgedrückt, würde
sich wie folgt stellen,
wenn ein Bild gleicher
Gröfse, z. B. ein Visi-
tenkartenbild, mit allen
6 Systemen bei gleicher
Blenden -Oeffnung ge-
macht wird
40
32
25
20
14t6t
10
Die Wirkung der beiden combinirten Gläser ergiebt sich zum
grofsen Theil schon aus den Auseinandersetzungen in den vorher-
gehenden Capiteln über Linsenfehler.
Die Vorderlinse ist fast ganz aplanatisch und würde, für sich
allein in der Originalstellung angewendet, ohne Blende ein scharfes,
jedoch sehr gekrümmtes Bild liefern, wie dies in der Zeichnung S. 163
erläutert ist.
So giebt z. B. eine Voigtländer’sche Visitenkartenlinse von 68
Millimeter Durchmesser mit ihrer Vorderlinse allein ein Bild in 330
Millim. Brennweite. Durch Einfügung irgend einer zweiten Linse
erreicht man nun zunächst eine Verkürzung des Focus und Ver-
mehrung der Lichtkraft.
So wird bei dem erwähnten Voigtländer-Objectiv der Focus durch
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186
Portraitohjective.
Einfügung der Hinterlinse auf 230 Millimeter reducirt und dadurch
die Lichtkraft der Objective, abgesehen von der Absorption im Glase,
im umgekehrten Verhältnis des Quadrats der Brennweite gesteigert,
d. h. im Verhältnifs von 529 : 1089, also nahezu von 1 : 2.
Je näher man die Linsen A und B aneinander bringt, desto
kürzer wird die Brennweite, desto gröfser also die Lichtkraft.
Dagegen beobachtet man, dafs zu gleicher Zeit die Krümmung des
Bildfeldes und die sphärische Aberration für die schiefen Strahlen
zunimmt.
Es seien S' «S* zwei schief auffallende Strahlenbündel, letztere ge-
hen vollständig durch die Vorderlinse. Derjenige Theil derselben aber,
welcher nach der Erläuterung S. 163 sphärische Abweichung erzeu-
gen würde, wird durch die Fassung FF (Fig. 30) abgeschnitten. Die
Fassung wirkt demnach als Blende, und je länger dieselbe ist, desto
mehr schiefe Strahlen werden zurückgehalten. Es ist leicht ersichtlich,
dafs bei sehr grofser Entfernung der Linsen AB die schiefen Strah-
lenbündel S S gänzlich durch die Fassung abgeschnitten werden, also
gar nicht zur Wirkung kommen würden. Bei grofser Entfernung der
Linsen ist daher das Gesichtsfeld geringer.
Daraus geht hervor, dafs die Entfernung der beiden Combina-
tionen eine wichtige Rolle spielt. Bei lichtstarken Objectiven des
Handels, z. B. den lichtstarken Dallmeyer’schen Stereoskoplinsen,
ferner den sogenannten Schnellarbeitern zu Kinderaufnahmen,
sind die beiden Objective nabe aneinandergerückt und das Bild zwar
sehr hell, aber ziemlich stark gekrümmt, so dafs beim Einstellen ohne
Blenden nur eine kleine Fläche auf einmal scharf erhalten werden
kann (s. S. 163).
Bei den gröfseren, verhältnifsmäfsig lichtschwächeren Objectiven
dagegen ist die Entfernung zwischen beiden Objectiven gröfser, der
Focus länger, das Bild daher dunkler, aber auch gröfser und weniger
gekrümmt.
Von gleicher Bedeutung wie die Entfernung der Hinterlinse ist
ihre Gestalt. Eigenthümlich an derselben ist die Trennung der
Crownglas- und Flintglaslinse durch einen zwischengelegten Ring.
Die von der Vorderlinse gebrochenen und achromatischen Strahlen
fallen zuerst auf die Flintglaslinse /' und werden durch diese so zer-
streut, dafs die Strahlen des axialen Bündels S fast parallel aus-
treten, die schiefen Strahlen S1 S1 jedoch ziemlich bedeutend divergiren,
daher ist für die axialen Strahlen eine Aendernng der Entfernung der
beiden Linsen/’ und c' nicht von so grofsem Einflufs, als auf die
schiefen Strahlen, wie aus der Erläuterung S. 173 schon hervorgeht.
Ist der Ring zu schmal, so erscheinen die Ränder des Bildes un-
scharf, das Bild ist zu sehr gewölbt.
Man kann daher ein fehlerhaftes Objectiv, welches ein sehr ge-
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Portraitobjective.
187
wölbte» und am Rande unscharfes Bild liefert, mitunter durch Aen-
derung der Ringbreite in der Hinterlinse verbessern. Natürlich er-
fordert dieses grofse Sorgfalt und vielfache Versuche.
Andererseits wirkt aber die Entfernung bei den Linsen sehr we-
sentlich auf den Achromatismus; die blauen Strahlen divergiren
Fig. 31. nach dem Austritt aus
dem Flintglase stär-
ker als die gelben,
kommen also gleich-
sam aus einem der
zweiten Lins» fc' nä-
heren Punkte als letz-
tere. Je gröfser die
Entfernung der beiden Gläser, d. h. je breiter der Ring genommen wird,
desto länger wird der chemische Focus im Vergleich zum optischen.
Eine eigenthümliche Construction der Hinterlinse findet sich bei
den neuen Dallmeyer-Objectiven. Die Gestalt derselben ist annähernd
dieselbe, als bei den alten Objectiven, die Stellung derselben aber eine
umgekehrte, d. h. die Flintglaslinse hinten, die Crownglaslinse vorn
und die Entfernung beider variabel, indem die Flintglasliuse von der
Crownglaslinse durch Verschraubung entfernt werden kann (siehe
Fig. 31).
Bei gröfserer Entfernung fallen die Randstrahlen mehr auf die
(schwächer zerstreuende) Mitte der Linse, bei kürzerem Abstand da-
gegen mehr auf den stärker zerstreuenden Rand der Linse. Diese
ist so construirt, dafs im letztem Fall die sphärische Abweichung
vollständig gehoben ist. Entfernt man aber die Linsen durch Ver-
schraubung voneinander, so soll nach Dalimeyer eine merkliche sphä-
rische Abweichung erzeugt werden, so dafs statt eines Focus eine Reihe
von Focalpunkten entstanden (s. d. Fig. S. 158)*).
Man würde demnach die matte Scheibe etwas verrücken können,
ohne der Schärfe wesentlich Eintrag zu thun, und dadurch Focus tiefe
erlangen. Die Erfahrung hat jedoch ergeben, dafs diese Annahme
auf einem Irrthum beruht. Sie würde richtig sein, wenn die Brenn-
weite der Hinterlinse kürzer, d. h. ihre Flächen stärker gekrümmt
wären, so dafs ein merklicher Unterschied zwischen den centralen
und Randstrahlen stattfände. Dies ist jedoch nicht der Fall, und in der
That erlangt man daher durch Entfernung der beiden Linsen nur
eine Aenderung des Achromatismus, d. h. die Schärfe wird mehr
„nach hinten“ verlegt. In normaler Lage (ohne Verschraubung)
angewendet, ist die neue Linse in Bezug auf Schärfe, Gesichtsfeld,
Lichtstärke eine der besten, welche existirten.
*) Siche auch Dallmeyer’s Abhandlung, Photogr. Mitth. III. Jahrg., S. 280.
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188
Orthoskop.
Aufser der Gestalt ist noch die GröCse der Hinterlinse von Ein-
flufs. Meist wird sie etwas breiter als die Vorderlinse gemacht. In
auffälligem Grade ist dies bei den Kegelobjectiven der Fall. Je
gröfser die Hinterlinse angenommen wird, desto gröfser ist der Theil
des schiefen Strahlenbändels «?, welcher zur Wirkung kommt und
welcher bei kleineren Hinterlinsen durch die Fassung FF abgeschnitten
wird. Die Folge davon ist gröfsere Helligkeit des Bildrandes,
aber auch, wie aus dem Vorhergehenden hervorgeht, gröfsere sphä-
rische Abweichung der schiefen Strahlen.
Das Portraitobjectiv ist ziemlich frei von Verzeichnung, das neue
Dallmeyer -Objectiv soll vollkommen correct arbeiten. Sein Gesichts-
feld ist sehr verschieden; im Maximum dürfte es nicht mehr als 60*
betragen. Das brauchbare Bildfeld ist jedoch, namentlich bei voller
Oeffnung, viel kleiner.
Als Beispiel sei hier das Resultat einer Untersuchung des Voigt-
länder-Visitobjectivs hergestellt:
Durchmesser Brennweite
68,5"" 230"
Gesichtsfeld
43* 50’
brauchbares Bildfeld bei
voller Oeffnung
22* 10’
3) Das Orthoskop.
Für Aufnahmen von Zeichnungen, Architekturen ist es von Vor-
theil, ein Instrument zu besitzen, welches ein möglichst ebenes
Bild liefert. Diese Anforderung erfüllt das ebenfalls von Petzval
berechnete Orthoskop, welches früher neben den beiden vorher be-
schriebenen Linsen sehr allgemein in Gebrauch war, jetzt jedoch durch
die Tripletlinse grofsentheils verdrängt worden ist
Fig. 32. Das Orthoskop besteht aus einer
grofsen concavconvexen Vorderlinse A mit
zusammengekitteten Crown- und Flint-
gläsern und einem als Zerstreuungs-
glas wirkenden Hinterlinsencomplex B,
der aus einer biconcaven Flint- und einer
concavconvexen Crownglaslinse besteht.
Die Blenden sind gewöhnlich hinter
der Linse angebracht.
Die Vorderlinse ist nicht vollkommen
aplanatisch, sie liefert allein von axialen Strahlen ein mäfsig scharfes,
von schiefen Strahlen ein sehr unscharfes und stark gewölbtes Bild.
Die sphärische Abweichung der axialen Strahlen wird aber durch die
zweite Linse corrigirt und der Focus zugleich verlängert. Gleiches
geschieht mit dem schiefen Strahlenbundei, nur werden diese, weil
dieselben durch den Rand der Zerstreuungslinse gehen, eine viel be-
A
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Tripletlinse.
189
deutendere Zerstreuung , d. h. Focusverlängerung erfahren, als die
axialen Strahlenbündel nnd die Folge davon ist die grofse Ebenheit
des Bildes (s. S. 173).
Ein Uebelstand des Ortboskops ist die Verzeichnung; sie liefert
die geraden Linien einwärts gekrümmt. Dieser Umstand macht sie
zur Aufnahme von Zeichnungen und Architekturen weniger geschickt
als die Tripletlinse.
4) Die Tripletlinse.
DasTripletobjectiv hat seinen Namen von seiner Zusammensetzung.
Es besteht aus drei Linsensystemen, zwei achromatischen Sammellinsen
und einer zwischengesetzten kleineren Zerstreuungslinse, deren Durch-
messer durch Centralblenden mehr oder weniger modificirt werden
kann.
Setzt man zwei gleiche Sammellinsen zu einem Doppelobjectiv
mit Centralblenden zusammen, so wird man ein Bild erhalten, welches
den grofsen Vortheil vor dem Orthoskopbild besitzt, frei von Ver-
zeichnung zu sein und lichtstärker als eine Einzellinse gleicher
Brennweite (s. die Erläuterung S. 175), dagegen würde es ein sehr
stark gewölbtes Bildfeld zeigen. Diesem Fehler suchte nun zuerst
Sutton durch Einführung einer concaven Zwischenlinse abzuhelfen.
Diese wirkt zerstreuend, sie macht die Strahlen divergender,
den Gesammtfocus daher länger (s. S. 173).
Die schiefen Strahlenbüschel, welche stärker convergiren, geben
hierbei durch den stärker zerstreuenden Rand der Zwischenlinse, sie
werden daher eine gröfsere Focusverlängerung erfahren, als die
durch die schwächer zerstreuende Mitte gehenden axialen Strahlen.
Auf diese Weise wird die starke
Bildkrümmung fast ganz gehoben.
Das ursprüngliche, von Sutton ange-
gebene Tripletobjectiv war symme-
trisch , Dallmeyer wich jedoch von
Sutton’s Angaben erheblich ab und
seine Tripletobjective, welche sehr all-
gemein verbreitet sind, zeigen eine
kleinere Vorderlinse A und eine grö-
fsere Hinterlinse B.
' Die Blenden D befinden sich vor
der Zwischenlinse Z.
Das ganze System giebt bei voller
Oeffnung Bilder, deren Mitte vollkom-
men scharf ist, da jedoch die relative
Oeffnung bedeutend gröber ist, als bei
einem Portraitobjectiv, nicht so licht-
Fig. 33.
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190
Steinbeil.
stark sind als diese. Um Schärfe nach dem Rande hin zu erhalten,
bedient man sich der Blenden.
Die Tripletlinse deckt ein gröfseres und ebeneres Feld als die
meisten Portraitlinsen und ist, richtig construirt, frei von Ver-
zeichnung. Sie dient sehr allgemein zur Aufnahme von Zeichnungen,
Architekturen und Landschaften. Zu Portraits ist sie ihrer geringeren
Lichtstärke wegen wenig geeignet. Dalimeyer giebt an, dafs man sie nach
Herausnehmen der Zwischenlinse zum Portraitiren verwenden könne.
Dadurch wird allerdings der Focus beträchtlich gekürzt, und die Licht-
kraft gesteigert, das Feld erscheint jedoch alsdann sehr gekrümmt und
daher das Bild mangelhafter, als bei einer gewöhnlichen Portraitlinse.
Neuerdings haben jedoch Dallmeyer und Busch Versuche gemacht,
die Lichtkraft dieses Systems durch Vergröfserung der Zwischenlinse
zu steigern. Auf diese Weise ist es in der That gelungen, ein Ob-
jectiv herzustellen, welches das grofse Gesichtsfeld und die Feldebenheit
des gewöhnlichen Triplets zeigt, es jedoch an Lichtstärke bedeutend
übertrifft und darin dem Portraitobjectiv nahe kommt. Buscb’s ver-
bessertes Triplet ist unter dem Namen Universaltriplet bekannt
(so genannt, weil seine Anwendbarkeit eine sehr vielseitige ist).
Dieses Universaltriplet leistet wegen seines grofsen Feldes nament-
lich bei Gruppenaufnahmen gute Dienste. Bedingung ist dabei frei-
lich gutes Licht. Um einen Ueberblick über die Leistungsfähigkeit
der alten und neuen Tripletlinsen zu geben, folgt hierbei das Resultat
mehrerer Untersuchungen.
.
Durchmesser 1
Relative
Blcnden-
Oeffnung
i
j*h
der
Vorder-
linse
der
Zwischen-'
linse !
Brenn- ;
weite ,
Gesichts-
feld
L ,
Bildfeld
Bemerkungen
Dallmeyer’s
Triplet No. 1
32ra
I8,5"i !
207
70° 40'
44» 30'
0,027
verzeichnete
• |
etwas.
Busch's Uni-
versaltriplet |
64m
50, 5m
390
72»
45»
volle
Ocflnnng
[ ■ -
zeichnete
corroct
J.J-n
Die Zwischenlinse ist demnach bei den älteren Triplets kleiner
als -jtj, bei den Universaltriplets gröfser als J der Brennweite. Ohne
Zwischenlinse ist ßusch's Universaltriplet nicht brauchbar.
5) Steinbeil’s Aplanat.
In der Tripletlinse besitzen wir bereits ein Objectiv, welches bei
correcter Zeichnung ein ziemlich ebenes Feld und ziemliche Licht-
stärke zeigt. Man darf jedoch nicht verhehlen, dafs dieser Zweck
auf eine ziemlich complicirte Weise erreicht ist. Die 3 Linsen be-
stehen aus je 2 Gläsern, deren jedes wieder 2 Flächen zeigt, das
heifst in Summa 12 Flächen, deren jede einzelne geschliffen werden
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Steiubeil's Aplanat.
191
mufs. Die grofse Anzahl der Gläser reflectirt oder absorbirt eine
nicht unbeträchtliche Quantität von Licht.
Steinheil in München ver-
suchte deshalb die Construction
einer Linse, welche einfacher zu-
sammengesetzt ist und in Bezug
auf Lichtstärke, correcte Zeich-
nung, Ebenheit, Gesichtsfeld, das-
selbe leistet, und so entstand das
aplauatische Objectiv, welches in
der That alle die genannten An-
forderungen in anerkennenswer-
thester Weise erfüllt. Das Stein-
heil’sche Aplanat besteht aus 2
flachgewölbten symmetrischen
Linsen, A, B, deren jede einzelne
aus 2 Elintgiasmenisken zusam-
mengesetzt ist, die jedoch aus Glä-
sern von verschiedener Brechbar-
keit bestehen. Seine Construction ist das Resultat sehr gründlicher
theoretischer Berechnungen des Herrn Dr. Steinheil, die jedoch bis
jetzt noch nicht publicirt worden sind.
Das Aplanat giebt schon bei voller Oeffnung (•} der Brennweite)
ein scharfes Bild über eine Fläche, dessen Durchmesser nahezu gleich
$ der Brennweite ist, und ist daher gleich dem Universaltriplet zum
Portraitiren bei gutem Licht verwendbar, obgleich es hierin der
gewöhnlichen Portraitlinse nachsteht. Seine Leistungsfähigkeit ergiebt
sich am besten aus folgenden Resultaten der Prüfung von Seiten der
Commission des Photographischen Vereins von Berlin.
SteiDbeil’s Aplanat No. 3:
Fig. 31.
u
Durch-
messer
[
Brennweite
i
L . .
I Bildgrofse
für
I Portrait s
1
Landschaft
|
• Gesichts-
feld
1
1 Brauchbares
| Bildfeld bei
0,02t» Blenden-
öffnung
Bemerk ungen
19’"
10£”
sf’
1 *oj"
1 nach Angabe de$
Sdgt/51
43«»n>
,1 -.iictm-,
296, ft1“
6”
65° 20' |
1
43° 20'
Preiscourants.
nach dem Bericht
i-öri fl, ,
f lejf.riv/i
6) Da
lli;l ,
s Kugel
lobjecti
— — • ^
rs
C
3
>
las P an tos
der FrUfüngs-
commission*).
ikop.
Die vorher beschriebenen Linsen zeigen alle ein nur mäfsiges
Bildfeld, welches im günstigsten Falle bis 60° geht. Ein solches Bild-
*) Siehe Photogr. Mittheiluogen V. Jahrg. S. 1 1 .
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192
Kugelobjective.
feld reicht für die meisten Landschafts- und Architekturaufnahmen
aus, sie genügen aber nicht, im Fall dem Arbeiter eine nur kurze
Distanz zu Gebote steht, wie dies z. B. bei Aufnahmen in engen
Strafsen, Interieurs etc. der Fall ist.
Harrison und Schnitzer in New' -York construirten nun eine Linse,
die sich von den früher vorhandenen Constructionen durch ein sehr
grofses Gesichtsfeld auszeichnet. Diese Linse bildet ein Doppel-
objectiv A B mit 2 symmetri-
schen, stark gewölbten Crown-
Flintglaslinsen A und B, deren
Aufsenflächen in einer Kugelfläche
liegen, und besitzt Centralblen-
den D.
Diese Centralblenden sind ein
nothwendiger Bestandtheil des
Objectivs. Während die vorher
beschriebenen Linsen : Portrait-
linse, Triplet und Aplanat, auch
ohne solche scharfe Bilder geben, zeigt das Kugelobjectiv ohne Blende
eine sehr auffällige sphärische Abweichung, die es gänzlich unbrauch-
bar macht.
In Folge dessen steht es den erstgenannten Objectiven an Licht-
stärke entschieden nach.
In Folge der Wirkung der kleinen Blende kommt von den auf
die offene Vorderlinse fällenden Strahlenbündeln nur ein sehr
kleiner Theil zur Wirkung, nämlich der, welcher nahezu senk-
recht auffällt. Beistehende Figur versinnlicht den Gang eines
solchen schmalen Strahlenbündels im Kugelobjectiv. Die schief auf-
fallenden Bündel LJ und NI gehen nach der Brechung durch das
Centrum des Objectivs, fallen
auf die Punkte B und E , und
treten abermals gebrochen
parallel ihrer ursprüng-
lichen Richtung wieder
aus.
Das ursprüngliche Kugel-
objectiv von Harrison zeigte
nur einen Bildwinkel von höch-
stens 75°.
Busch in Rathenow con-
struirte ein dem Kugelobjectiv ähnliches Instrument, welches das
Harrison’sche an Bildgröfse weitaus übertrifft und den erstaunlichen
Bildwinkel von 90' (Gesichtsfeld 105') zeigt Das Bild, welches eine
solche Linse liefert, ist doppelt so lang als die Brennweite desselben.
Pig. 36.
Pig. .35.
n
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Pantoskop.
193
Die Einrichtung des Instruments ist eine den Kugelobjectiven
ähnliche. Die äufseren Flächen liegen jedoch nicht auf einer und der-
selben Kugelfläche.
Wir geben hier eine Zeichnung des Instruments, welche wir
Herrn Busch in Rathenow verdanken, sie stellt das Pantoskop No. 6
von 17 Linien Durchmesser und 20 Zoll Bildlänge in Originalgröße
mit Fassung dar; a sind die Crownglas-, b die Flintglaslinsen.
Hg. 37.
Das Kugelobjectiv übertrifft es nicht nur in Bezug auf ebeneres
Bildfeld und größeres Gesichtsfeld, sondern auch in Bezug auf Licht-
stärke und auf gröfsere Schärfe. Wegen der Schmalheit des zur Wir-
kung kommenden Strahlenkegels zeigen die Linsen grofse Tiefe.
Ein Uebelstand dieser Objective von sehr weitem Gesichtsfeld
ist das Abnebmen der Lichtstärke nach dem Rande des Bildes hin.
Dieser Umstand veranlaßt, daß die Ränder des Bildes oft noch unter-
exponirt erscheinen, wenn die Mitte bereits ausexponirt ist, und tritt
dieser Fehler, namentlich wenn die Mitte des Bildfeldes mit hellen,
der Rand mit dunklen Gegenständen ausgefüllt ist, stark hervor.
Ferner liefern sie nicht selten den fatalen Lichtfleck (s. S. 177, 178)*).
Bei Anwendung dieser Instrumente ist ferner darauf zu achten,
dafs dieselben leicht übertrieben erscheinende Perspectiven geben, d. h.
die naben Gegenstände erscheinen zu groß, die fernen zu klein.
Gleichzeitig mit Busch’s Pantoskop construirte Steinbeil in München
sein Periskop, ein Instrument, das ebenfalls ein Gesichtsfeld von 90*
zeigt, und das merkwürdigerweise nur aus 2 Crownglaslinsen besteht
Leider zeigt das Instrument Focaldilferenz , ein Umstand, der seine
praktische Anwendbarkeit wesentlich beeinträchtigt
*) Neuerdings ist es Herrn Busch gelungen, durch geeignete Stellung der Blen-
den den Lichtdeck ganz wegzuschaffen.
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 13
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194
Kectilinearlinse.
Als neuestes Product in diesem Gebiete ist Dallmeyer’s Recti-
linearlinse zu erwähnen. Diese dem Pantoskop an Leistungsfähig-
keit nahekommende Linse besteht aus 2 achromatischen Menisken A
und B mit zwischengestellter Blende. Die Stellung der letzteren ist
so gewählt, dafs der Lichtfleck, der sich bei Kugelobjectiven in so
unangenehmem Grade zeigt, vermieden ist*).
Fig. 38. Zentmeyer in Phila-
delphia hat eine Linse
construirt, die analog
Steinheil’8 Periskop ei-
nen sehr grofsen Win-
kel zeigt und nur aus
Crownglas besteht.
Die Gestalt der Lin-
sen , aus welchen das
Zentmeyer- Objectiv zusammengesetzt ist, ähnelt im Aeufsern der der
Dallmeyer’schen Rectilinearlinse. Ueber ihre Leistungsfähigkeit liegen
noch keine genaueren Proben vor, doch übertrifft sie an Gesichtsfeld
die Kugellinse.
Ueber Objectivprüfungen.
Photographen pflegen gewöhnlich behufs der Prüfung eines Ob-
jectivs ein paar Versucbsaufnahmen mit dem fraglichen Objective zu
machen. Solche sind sehr schätzbar* sie geben aber dennoch nur
einen ungefähren Anhalt, denn man erfahrt dadurch nur die Bild-
gröfse, die Schärfe nach dem Rande hin und die Freiheit von
Focusdifferenz und Verzeichnung. Ueber die Lichtstärke aber ge-
winnt man nur ein sehr oberflächliches Urtheil, und was die Bildgröfse
anbetrifft, so bildet diese für sich allein noch keinen Mafsstab für den
Werth eines Objectivs.
Häufig sagt man: ein Portraitobjectiv, welches eine doppelt so
hohe Figur liefert, als sein Durchmesser, ist ein gutes.
Man braucht aber nur in die Preiscourants der Optiker zu blicken,
um zu erkennen, dafs die Bildgröfse bei Objectiven derselben Oeffnung
total verschieden ist. Z. B. giebt der Busch’sche Dreizöller (s. S. 184)
Brennweite Preis
System I ein Bild von 7 X9 Zoll 12 Zoll 46 Tblr.
II - - - 6 x7* - 10TV - 51 -
III - - - 4|x 6} - 9tV - 60 -
IV - - - 4JX5} - 7-jL - 70
Nimmt man die Bildgröfse als Ausgangspunkt, so würde der erste
der beste sein. Nun ist aber gerade der letzte, welcher das kleinste
Bild liefert, der theuerste. Worin beruht demnach der Unterschied?
*) Siehe Photogr. Mittheil. IV. Jahrg. S. 143.
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Objectivprüfungen. 195
Es ist die Brennweite. Je kürzer die Brennweite, desto
gröfser ist, bei gleicher Oeffnung, die Lichtstärke. Hieraus
geht schon die Wichtigkeit der Brennweitenbestimmung zur
Beurtheilung der Güte .eines Objectivs hervor. Kennt man die Brenn-
weite, so kann man zunächst einen Schlufs auf die Lichtstärke machen.
Die Lichtstärken verhalten sich bei gleicher Oeffnung umgekehrt
wie die Quadrate der Brennweiten (s. S. 177).
Nimmt man z. B. No. IV und I zum Vergleich, so verhalten sich
deren Lichtstärken wie 12* zu 7-ry ’, d. h. wie 144 zu 59 oder fast
wie 1 : 2|.
Demnach ist das System IV 2£mal so lichtstark als System I
und darin beruht sein Vorzug. (Siehe die Tabelle S. 185 über das
Verhältnis der Lichtkraft der einzelnen Systeme und der für jedes
nöthigen Expositionszeiten.) Nun sind aber die Brennweiten in den
optischen Preiscouranten in der Regel sehr ungenau angegeben. Viele
Leute glauben, Brennweite sei die Entfernung der matten Scheibe von
der Hinterlinse bei scharfem Einstellen. Dies stimmt nur für die
einfache Linse, nicht für die zusammengesetzte.
Für die zusammengesetzten Linsen ist die Brennweite und die Ent-
fernung der Visirscheibe von der Hinterlinse etwas ganz Verschiedenes.
Ich nehme gleich als Beispiel den Steinheil. Die Brennweite des-
selben ist im Preiscourant zu 10{ Pariser Zoll, d. h. 0,276 Meter ange-
geben. Derselbe betrug jedoch nach meinen Messungen 0,296 Meter.
Da nun häufig genug ähnliche Abweichungen Vorkommen, man
oft nicht einmal weifs, ob unter Brennweite die Entfernung der matten
Scheibe von der Hinterlinse oder der wirkliche aequ. Focus ver-
standen ist, so ist es von Wichtigkeit diesen selbst genau zu be-
stimmen. Zur genauen Focusbestimmung hat man verschiedene Wege
empfohlen. Wir haben alle durcbprobirt und halten die beiden fol-
genden für die einfachsten und zuverlässigsten.
Erste Methode.
Man wähle ein recht charakteristisches, vom Atelier sehr entferntes
Object, z. B. ein Haus, einen Thurm etc. Auf dieses stelle man mit
Hülfe einer einfachen planconvexen Landschaftslinse scharf ein (die
Vorderlinse eines Portraitobjectivs, wenn sie planconvex ist, ist für
diesen Zweck in umgekehrter Lage, die plane Seite dem Object zu-
gewendet, sehr gut brauchbar).
Man mache eine Aufnahme, in welcher das Prüfungsobject auf
die Mitte der Platte fällt und dann messe man genau
1) die Entfernung der matten Scheibe vom Objectiv,
2) die Gröfse des Thurmes oder Hauses im Bilde.
1 ist die Brennweite der einfachen Linse.
2 ist die dieser Brennweite entsprechende Bildgröfse.
13*
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196
Objectivprüfungen.
Die Probeplatte bewahre man auf, die gewonnenen Zahlen notire
man. Will man nun irgend ein Objectiv prüfen, so stelle man es auf
genau denselben Ort mit der Camera auf, stelle genau auf dasselbe
Object unter denselben Verhältnissen scharf ein, mache eine Probe-
platte und messe die Gröfse des Thurmes im Bilde.
Die Brennweiten zweier Objective stehen nun in dem-
selben Verhältnifs, wie die Gröfseu der Bilder eines und
desselben sehr entfernten Gegenstandes, von demselben
Standpunkte aus aufgenommen. War z. B. der Thurm in dem Bilde
der einfachen Linse = 10 Linien, in dem Bilde des neuen Objectivs
= 20 Linien, so ist die Brennweite der letzteren doppelt so grofs, als
die der einfachen Linse.
Zweite Methode.
Man setze das in Bezug auf die Brennweite zu untersuchende
Objectiv in eine Camera mit langem Auszug ein, schneide aus schwar-
zem Papier einen Streifen von circa 4 Zoll Länge mit parallelen
Kanten und halbire ihn der Länge nach, d. h. man schneide ihn mit
dem Messer in zwei Hälften. Die eine Hälfte klebe man auf ein
weifses Brett oder auf eine weifse Pappe, die andere Hälfte auf die
matte Seite der Visirscheibe in der Camera, und zwar beide Mal in
senkrechter Richtung. Man stelle nun das Objectiv auf den schwarzen
Streifen ein, und nähere die Camera, welche auf einer horizontalen
Ebene steht, so länge dem Object oder entferne sie von demselben,
bis der Streifen auf der matten Tafel genau dieselbe Länge hat, wie
das danebenstehende, scharf eingestellte Bild des andern Streifens.
Um die obere Grenze des abgebildeten Streifens leicht in Ueberein-
stimmung mit der oberen Grenze des auf der matten Tafel befestigten
Streifens bringen zu können, hat man nur nöthig, das Bretteben resp.
die Pappe an einer Schnur zu befestigen und letztere um einen in
die Wand geschlagenen Nagel zu legen. Man kann auf diese Weise
die gewünschte Regulirung leicht ausführen und hat dann nur zu sehen,
ob auch die unteren Kanten Zusammentreffen. Ist dies nicht der Fall,
so mufs die Camera wieder verschoben werden etc. Stimmt die
Länge überein, so nehme man das Objectiv heraus, ohne die Camera
zu verrücken, und messe die Entfernung der matten Tafel bis zum Ob-
ject. Dieses Mafs dividirt durch 4, ist die aequivalente Brennweite
des Objectivs.
Beweis.
p = Brennweite, d — Entfernung des Objects bis zum optischen
Mittelpunkt, / = Vereinigungsweite, d. h. Entfernung des optischen
Mittelpunktes bis zum Bilde. Es ist dann nach der Formel (s. S. 153)
1 = 1 — 1 = JL
a p a ^
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Objectivprüfungen.
197
Ist nun / = d, so ist
d . d d . d d
P== d + d~ 2 d = 2 ’
• 2 d = rf -f- /,
d-+-/
p=-r-
Hat man auf diese Weise die Brennweite eines einfachen Land-
schafts-Objectivs festgestelJt, so kann man nun den oben angegebenen
Weg weiter verfolgen. Man stelle das Objectiv auf ein sehr entferntes
Object, z. B. auf einen Thurm ein, mache eine Aufnahme, bei welcher
das Prüfungs-Object auf die Mitte der Platte fällt und messe die Gröfse
des Objects genau im Bilde; und dieses Mafs ist die der Brennweite
entsprechende Bildgröfse. Die Brennweite eines anderen Objectivs.
gleichviel welcher Construction, findet man dann natürlich ans dem
Verhältnifs der Mafse des Prüfungs-Objects im Bilde.
Gut ist es, wenn man auf die schwarzen Streifen noch eine feine
Druckschrift klebt, man kann dann ganz bedeutend sicherer einstellen.
Kennt man nun die Brennweite, so kann man mit ziemlicher
Sicherheit einen Schlufs auf die Lichtstärke machen.
Man dividirt die Oeffnung durch die Brennweite und erhebt diese
Zahl in’s Quadrat. So ist z. B. dieser Bruch für
Voigtlftnder
Auzoux
Busch
Steinheil
Visit
Dreizöller Portraittriplet
68,5
76
64
43,5
230,4
350,5
390
303,oe
oder in einfachen Zahlen ausgedrückt:
1
1
1
1
3tt
4-f
T
7 '
Diese Zahlen ins
Quadrat erhoben,
erhält man:
1
1
1
1
11,3
21
36
49'
In demselben Verhältnifs werden theoretisch die Lichtstärken der
einzelnen Objective zu einander stehen. Die Praxis erweist freilich
manche Abweichungen von dieser Theorie, der mehr oder weniger
feine Schliff und die Farbe und Form des Glases spielen hier eine
grofse Rolle. Verfasser besafs 2 Dallmeyer- Stereoskoplinsen von
genau gleicher Oeffnung und Brennweite, von denen die eine auf-
fallend lichtschwächer war, als die andere. So lange man aber noch
kein genaues Mittel zur Bestimmung der Lichtstärke besitzt, wird die
angeführte Rechnung wenigstens einen annähernden Anhaltspunkt zur
Bestimmung dieses wichtigen Factors geben.
Eben so wichtig, wie zur Beurtheilung der Lichtstärke ist die
Brennweite zur Beurtheilung des Gesichtsfeldes einer Linse. Um
dieses zu bestimmen, schraube mau die Linse an eine möglichst
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198 Objectivprüfungen.
grofse Camera, so dafs man auf der matten Scheibe den Lichtkreis
deutlich sieht.
Man messe den Durchmes-
ser desselben genau und trage
denselben auf ein Stück Pa-
pier (siehe beistehende Figur
ab). In der Mitte errichte
man eine Senkrechte de,
mache dieselbe gleich der
Brennweite und construire
dann das Dreieck ad b. Der
Winkel bei d ist das Ge-
sichtsfeld der Linse. Die-
ser kann mit dem Transpor-
teur gemessen werden.
Besitzer trigonometrischer
Tabellen haben diese Con-
struction nicht nöthig, sondern können aus dem Lichtkreishaibmesser
und der Brennweite den Winkel durch Rechnung bestimmen. Die
Tangente des halben Gesichtsfeldwinkels ist gleich dem Radius des
Lichtkreises, getheilt durch die Brennweite.
Macht man nun eine Aufnahme, in welcher der ganze Lichtkreis
sichtbar ist, so findet man alsbald, dafs nur der mittlere Th eil des-
selben scharf und brauchbar ist und dafs sich die Schärfe mit der
Kleinheit der Blende immer weiter nach dem Rande hin ausdehnt.
Wie weit die Schärfe nun für die Praxis brauchbar ist, hängt sehr
von der individuellen Ansicht ab. Manche Photographen sind in die-
ser Hinsicht unglaublich penibel, manche sind mit mäfsigen Anforde-
rungen zufriedengestellt.
Auch die Natur des Gegenstandes (ob Portrait oder Landschaft,
oder Reproduction) spielt hier eine grofse Rolle. Will man nun be-
stimmen, wie grofs das wirklich brauchbare Bildfeld einer Linse
sei, so suche man von der Mitte des Gesichtsfeldes nach dem Rande
hin die äufsersten Punkte, für welche die Schärfe noch hinreichend
ist, und messe mit dem Zollstocke den Durchmesser dieser hinreichend
scharfen Bildtheile.
Führt man damit dieselbe Construction wie oben aus, so erhält
man den brauchbaren Bildwinkel.
Einschieben von Blenden hat natürlich auf Ausdehnung desselben
grofsen Einflufs und mufs daher die Blendenöffnung bei Verglei-
chung zweier Objective in Rücksicht gezogen werden. Es ist jedoch
falsch, hier blos den Durchmesser der Blende zu messen. Man mufs,
um einen richtigen Mafsstab zu erhalten, die Blendengröfse durch
die Brennweite des betreffenden Objectivs dividiren.
Flg. 39.
d
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Das Stereoskop.
199
Die BildgröCse gilt natürlich nur für den Fall, dafs die matte
Scheibe nahezu im Focus steht. Anders ist dies aber, wenn das
Bild vom Brennpunkte fortrückt. Eine Visitenkarten -Linse giebt z. B.
im. Brennpunkte ein 3 Zoll grofses Bild eines Menschen, umgekehrt
würde es von einem 3 Zollgrofsen, im Brennpunkte aufgestellten Objecte
ein circa 5 Fufs grofses Bild entwerfen können. Die Bildgröfse ist
demnach nur relativ, wenn man sie in Mafsen angiebt; der Bildwinkel
bleibt dagegen m allen Fällen derselbe.
Das Stereoskop.
Betrachtet man mit beiden Augen einen nahen Gegenstand, so
ist die Ansicht, die jedes der Augen von demselben hat, verschieden.
Das linke sieht mehr von der linken, das rechte mehr Von der rechten
Seite des Körpers. Beide Ansichten combiniren sich und geben
körperlichen Eindruck.
Weathstone versuchte nun 1838 einen ähnlichen Effect zu erzielen
durch Betrachtung zweier neben einander gelegten Bilder eines Kör-
pers, von denen das eine der Ansicht mit dem rechten, und das andere
der Ansicht mit dem linken Auge entsprach, und sein Versuch glückte.
Er sah die ebenen Figuren körperlich. Die von ihm benutzten Figuren
wurden mit der Hand gezeichnet und bestanden aus einfachen Linien
und Kreisen, welche sich leicht entwerfen liefsen. Schwieriger
wurde aber die Aufgabe von Construction solcher Bilder compli-
cirter Gegenstände, wie Personen, Landschaften. Diese wurden erst
möglich durch die Photographie. Gleichzeitig brachte man auch ein
handliches Instrument zur Betrachtung solcher Bilder in Anwen-
dung, das von Brewster erfundene Stereoskop, welches jetzt Eigenthum
eines jeden Salons geworden iist. Stereoskopen- und Visitenkarten-
bilder wetteifern darum, sich den Rang streitig zu machen, und beide
Artikel Bind ein Sporn für den Photographen geworden, das mög-
lichst Vollkommenste für einen möglichst billigen Preis zu leisten.
Das Brewster’sche Stereoskop besteht aus zwei
prismatisch erscheinenden Gläsern LL, welche,
mit ihren Grundflächen zusammengesetzt, eine
Sammellinse bilden würden. Beide Gläser fafst
man so in ein ausgeschnittenes Brett, dafs sich
die scharfen Kanten der Gläser gegenüberstehen
und beide ungefähr der Stellung der Augen ent-
sprechen. Sieht man alsdann ein Stereoskopenbild
durch diese Gläser an, indem man beide dicht
vors Auge hält und das Bild in die Entfernung
bringt, innerhalb welcher es deutlich erscheint, so decken sich die
getrennt erscheinenden Bilder und machen jetzt einen vollständig
körperlichen Eindruck.
Fig. 40.
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200
Das Stereoskop.
Die Deckung ist daraus zu erklären, dafs die Linsen analog Pris-
men wirken, d. h. die Sehlinsen nach der Richtung der brechenden
Kanten hin ablenken.
Sind a und d zwei entsprechende Punkte im Stereoskopenbild,- L
und L' die Linsen (Fig. 40), so werden die Strahlen ab und ab' so
abgelenkt, als kämen sie von einem einzigen Punkte a" *).
Falls diese Erscheinung normal vor sich gehen soll, mufs man
dafür sorgen, dafs die Stereoskopenbilder in richtiger Entfernung von
einander aufgeklebt sind. Ein Versuch giebt leicht die nöthigen An-
haltspunkte. Da die Stereoskopengläser Linsen sind, so wirken sie
gleichzeitig als Loupen, d. h. sie vergröfsern**). Diese Vergröfserung
ist gleich der Summe aus der Weite des deutlichen Sehens (8”) und
der Brennweite, getheilt durch die Brennweite. Da die Gegenstände
durch die Linse in die Weite des deutlichen Sehens gerückt werden
und diese bei verschiedenen Personen verschieden ist, so folgt, dafs
auch die Entfernung des Bildes von den Gläsern je nach der Indivi-
dualität des Beschauers verschieden gewählt werden mufs.
Man hat daher Stereoskopen mit verstellbaren Gläsern.
Gewöhnlich liegt das Bild nicht weit vom Brennpunkt der Linse,
welche zur Betrachtung dient. Wichtig ist hier noch, dafs die Brenn-
weite der Linsen, welche zur Aufnahme des Bildes gedient haben,
mit der Brennweiten der Linsen, welche zur Betrachtung dienen, mög-
lichst übereinstimmen. Geschieht dies nicht, so entsteht ein falscher
stereoskopischer Effect. Daher die übertriebene Perspective von Bildern,
die mit Linsen von sehr kurzer Brennweite aufgenommen worden
sind, wenn sie mit nur schwach vergröfsernden Stereoskopen betrachtet
werden.
Zur Aufnahme von Stereoskopenbildern bedient man sich entweder
einer Camera mit zwei Objectiven, deren Entfernung ungefähr der
*) Ebenso leicht erklärt sich die Erscheinung aus der Linsenbrechung für schiefe
Strahlenbündel (siehe S. 161).
**) Ist a die Entfernung eines Gegenstandes von der Linse der Brennweite p,
a die Entfernung seines Bildes, so ist
o== aP
n — p
Ist die Entfernung a kleiner sls die Brennweite, so rUckt a auf dieselbe Beite
mit dem Gegenstand, mufs daher ein entgegengesetztes Zeichen wie n haben, dann
wird ap
a -|-p
Denkt man sich nun das Auge unmittelbar am Glase liegend, so mufs, -falls
der Gegenstand deutlich erscheinen soll, die Enlfernung a seines Bildes gleich der
Weite des deutlichen Sehens IV sein. Demnach haben wir
a = -^L.
Die Vergröfserung ist daher
W+p
W W-f-p
a P
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Der Panoramenapparat.
201
der Augen (2|") entspricht, oder man nimmt die Bilder mit einer ein-
fachen Camera nach einander auf, indem man dieselbe erst in die
Stellung des rechten, dann in die des linken Auges bringt
Für sehr entfernte Gegenstände mufs man die Entfernung des
Standpunkts der Camera behufs der Aufnahme der beiden Bilder etwas
gröfser nehmen, wenn sie hinreichend plastisch erscheinen sollen. Man
vergröfsert dieselbe bei Landschaften oft bis zu mehreren Fufs.
Für nahe Gegenstände hat Distanzübertreibung den Nachtbeil,
dafs sie übermäfsig plastisch erscheinen und Extremitäten, wie Nase,
Hände, fufsweit aus dem Körper herauszuwachsen scheinen.
. Der Panoramenapparat and die photographische Geodäsie
( Photogrammetrie ).
Die bei Weitem meisten photographischen Apparate haben ein
nur mäßiges Gesichtsfeld und gestatten daher nur selten die Aufnahme
breiter Ansichten, wie dieselben sich häufig genug in Gebirgen, am
Meere etc. vorfinden, z. B. Rigi -Panoramas, Faulhorn -Panoramas.
Martens, ein in Paris lebender Kupferstecher, kam deshalb auf die
Idee, solche Bilder mit Hülfe einer sich drehenden Camera zu machen,
welche nach und nach den ganzen Horizont beschreibt.
Er construirte 1847 eine Camera mit cylindrischer Daguerreo-
typplatte. Diese stand fest, die Camera mit dem Objectiv drehte
sich, letzteres wirkte nur
durch eine schmale streifen-
förmige Blende.
Es ist leicht zu bewei-
sen, dafs trotz der Drehung
der Linse das Bild eines
und desselben Gegenstan-
des stets auf denselben
Punkt der Platte fallen
mufs.
Das Bild eines Punk-
tes liegt immer auf der
geraden Linie, welche von
dem Punkte durch den Mit-
telpunkt des Objectives
gezogen wird.
Ist a ein solcher Punkt,
o der Mittelpunkt des Ob-
jectivs, pp die cylindrische
Platte, so liegt das Bild des
Punktes auf der durch die
Platte von o gezogenen
Pift. 41.
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202
Der Pauoramenapparat.
Linie ab. Wird das Objectiv nun um seinen Mittelpunkt gedreht
(wie in der Figur punktirt angedeutet ist), so bleibt das Bild von a
nach dem angedeuteten Grundsätze dennoch auf derselben Linie ab
(weil a und o unverrückt ihren Stand behalten), wird also wieder
auf den Funkt b der Platte fallen, daher werden sich trotz der Bewe-
gung des Objectivs alle Punkte der vorliegenden Gegenstände scharf
abbilden.
Natürlich gilt dieser Satz nur, falls die Strahlen keinen zu grolsen
Winkel mit der Axe bilden. Man setzt deshalb der Linse gegenüber
eine Schlitzblende, deren Oefifnung parallel der Drehaxe ist und welche
sich gleichzeitig mit dem Objectiv bewegt.
Ein Mangel der Martens’schen Apparate war die cylindrist^ie
Platte, deren Präparation im gewöhnlichen Collodionprocefs sehr
schwierig ist.
Brandon führte deshalb statt derselben eine ebene Platte ein, welche
sich während der Rotation auf der cy lindrischen ßildfläche gleichsam
abwälzt, der Bewegung des Objectivs folgend.
Der Mechanismus, um diese Bewegung in exacter Weise zu be-
wirken, ist äufserst verschieden und sind die Meinungen über die prak-
tischste Constructionsweise noch getheilt.
Gewöhnlich stellt man die Camera C mit dem Objectiv o auf eine
runde horizontale Metallscheibe SS; die Camera ruht auf Rädchen und
dreht sich um eine durch den optischen Mittelpunkt des Objectives
gehende Axe.
Pie. 42.
Die Räder werden durch
ein Uhrwerk in Umdrehung
versetzt. Die Cassette läuft
ähnlich wie bei einer Visi-
tenkartencamera verschieb-
bar in einem Falz. Ein um
die Scheibe SS geschlunge-
ner Faden, dessen Ende
tangential ausläuft und am
Ende der Cassette bei a
befestigt ist, bewirkt, dafs
sie bei der Bewegung des
Apparats sich verschiebt
und die Stellungen ein-
nimmt, clie in beifolgender
Figur in drei Phasen (An-
fang K'K1, Mitte KK, Ende
der Bewegung K" K") an-
gedeutet sind.
Die Bilder, die man mit
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Photogrammetrie.
203
diesem Apparat erhält, sind offenbar Frojectionen auf einem abgewickel-
ten Cylindermantel. Die senkrechten Linien geben sich auf demselben
senkrecht wieder, die horizontalen dagegen prägen sich, wenn sie
nicht mit dem Horizont des Apparats zusammenfallen, als C urve n aus.
Nimmt man daher mit diesem Apparat ein Haus oder eine Strafsen-
front auf, so wird der Sims oder die First sich als eine nach oben,
der Sockel sich als eine nach unten gewölbte krumme Linie abbilden,
die um so unangenehmer wirkt, je länger sie ist, und je weiter sie
vom Horizont abliegt Für Architekturbilder ist daher solch ein Ap-
parat nur innerhalb sehr beschränkter Fälle brauchbar. Für solche
Zwecke ist eine Weitwinkellinse entschieden vorzuziehen.
Nun müssen wir aber auf einige Eigenschaften der Panoramen-
bilder aufmerksam machen, welche von unberechenbarer Wichtigkeit
für das Ingenieurwesen, speciell für die Geodäsie und mathematische
Geographie sind und früher oder später eine hochwichtige Anwendung
der Photographie in den Triangulations- und Vermessungsmethoden
veranlassen dürften.
Da die Bilder Projectionen auf einem Cylindermantel sind, so ist
es offenbar, dafs die Abstande der horizontal neben einander liegenden
Gegenstände auf dem Bilde sich genau ebenso verhalten, wie die
Winkelabstände der Gegenstände in der Natur.
Man kann demnach mit Hülfe eines Mafsstabes, wenn man die
Gröfse eines Grades kennt, aus einem Panoramenbilde ebenso gut die
Winkeldistanzen bestimmen, wie durch directe Messung in der Natur
mit Hülfe eines Theodolithen oder einer Boussole.
Behufs der Aufnahme einer Gegend mit Hülfe dieses Instrumentes
und Entwerfung eines Planes oder einer Landkarte, bedarf man zu-
nächst einer geraden Linie, der Standlinie, deren Länge genau zu
messen äst. Die Boussole wird nach einander in den beiden Enden
dieser Linie aufgestellt und die Winkel gemessen, welche die Gesichts-
linien der verschiedenen Gegenstände, deren Entfernung man bestim-
men will, mit der Standlinse machen.
Ganz analog würde man auch mit dem Panoramenapparat zu
verfahren haben. Statt aber mühsam die einzelnen Häuser, Bäume
und Pfähle abzuvisiren, macht man einfach zwei Aufnahmen von den
beiden Endpunkten der Standlinie.
Man sorgt für genaueste Horizontalstellung des Apparates und
richtet ihn bei der Aufnahme so, dafs auf den beiden Bildern das
durch eine Fahne bezeichnete andere Ende der Standlinie
sichtbar ist.
Man erhält so zwei Bilder, mit deren Hülfe man die Lage aller
Gegenstände, die überhaupt im Bilde sichtbar sind, jedes Strauches,
jedes Hauses, jedes Pfahles, wenn es sein mufs, auf das Exacteste
bestimmen kann.
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204
Photogrammetrie.
Wollte man dies mit den gewöhnlichen Mefeinstrumenten aus-
föhren, man würde Tage lang an einem Punkte der Standlinie mit
Messungen zubringen müssen, und dennoch nicht diese Details er*
reichen.
Die Art der Bestimmung der Winkelabstände aus dem Panoramen-
bilde ist nun sehr einfach.
Man kennt den Radius des Drehungskreises des Apparates. Die
Länge des Kreisumfangs ist dann 2r», die Gröfse eines Grades auf
dem Bilde . •
loU
Braun’s Panoramenbilder haben bei 120* eine Länge von 18",
demnach hat der Grad die Länge von 1^ Linien. Es wäre ein Leichtes,
daraus noch Minuten und Bruchtheile von Minuten mit Hülfe eines
Nonius zu bestimmen.
Diese Messungen müfsten der Genauigkeit halber am Negativ aus-
geführt werden, da Abdrücke davon auf Papier sich immer etwas zu-
sammenziehen, also in ihrer Länge variabel sind.
Um diesen Fehler zu umgehen, thut man, wie oben gerathen
wurde, gut, vor der Aufnahme zwei Punkte abzustecken, welche genau
einen rechten Winkel mit der Standlinie bilden. Diese Punkte bilden
sich dann mit ab und geben die Basis für die weitere Eintheilnng der
Bilder. Man theilt das durch sie eingeschlossene Bildfeld in 90 Theile
und hat so die Länge eines Grades.
Ebenso gut aber, wie die Lage der Gegenstände auf einem Bilde,
läfst sich auch die Höhe der Gebäude, Bäume, Thürme aus demselben
bestimmen.
Ftg. 43.
6
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Photogrammetrie.
205
Behufs dieser Bestimmung mufs man kennen: 1) die Entfernung
der zu messenden Gegenstände vom Standorte, diese läfst sich nach
der oben angegebenen Weise aus zwei Panoramenbildern entnehmen,
2) den Sehwinkel der betreffenden Gegenstände, 3) den Horizont.
Ist ab (Fig. 43) ein Thurm, ao und bo Lichtstrahlen vom obern
und untern Ende desselben nach dem Mittelpunkte des Objectivs ge-
zogen, so ist der Winkel bei o der Sehwinkel; das Bild des Thurmes
auf der Platte ab' erscheint vom Objectiv aus unter demselben Win-
kel b'oa'. Der Horizontale ro theilt diesen Winkel in 2 Theile, deren
a’ r b' r
Tangenten — und sind, or ist aber gleich der Brennweite des
oror
Objectivs.
Die Höhe vom Horizont des Beobachters aus ist dann, wenn die
Entfernung E ist = E — und die ganze Höhe vom Fufse des Ge-
. r, o!b'
genstandes aus E . ■
Hier ist nun von Wichtigkeit, den Horizont des Bildes, der
durch die optische Axe des Objectivs geschnitten wird, genau zu be-
stimmen. Es kann dies geschehen mit Hülfe zweier Zeichen, die vor-
her genau mit Hülfe eines Nivellirinstrumentes in einer Horizontal-
ebene mit dem optischen Mittelpunkt des Objectivs aufgestellt werden
und sich nachher auf dem Bilde mit abbilden. Dazu können die bei-
den Stangen angewendet werden, welche zur Absteckung des rechten
Winkels (siehe oben) dienten.
Wie die Höhe des Gegenstandes aus der Tangente des Höhen-
winkels abgeleitet werden kann, kann auch der horizontale Ab-
stand aus der Tangente bestimmt werden.
Hierzu kann jedes mit einer correct zeichnenden pho-
tographischen Linse und einem gewöhnlichen feststehen-
den Apparat aufgenommene Bild dienen.
Sind cb zwei einer Camera ge-
genüberliegende Punkte, b’c’ ihre
/ Bilder, a’ der Augenpunkt, d. b.
der Durchscbnittspunkt der Objec-
tivaxe mit der Platte, o a ’ die Brenn-
weite, so sind und die
oa oa
Tangenten der Azimuthwinkel aob
und aoc.
Klebt man solch ein photogra-
phisches Bild (Fig. 45) auf ein Zei-
chenbrett und projicirt die Punkte
b'c' auf die Horizontale, macht
Piir. 44
a
ft1
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206
Photo graunmetrie.
ferner ao gleich der Brennweite,
und ooc coustructiv bestimmen.
n
so kann man den Azimuthwinkel aob
Nothwendig ist hierbei die ge-
naue Fixirung des Augenpunktes a,
und des Horizontes. Meydenbauer,
der dieses Meisverfahren zu einem
hohen Grade der Vollkommenheit
ausgebildet hat, erreicht dieses mit
Hülfe eines in der Camera vor der
Platte ausgespannten Fadenkreuzes,
welches sich auf der empfindlichen
Schiebt mit abbildet. Als Objectiv
benutzt er Busch ’s Pantoskop.
*
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Anhang.
Am Schlufs der Theorie der Photographie publiciren wir hiermit
die wichtigsten der neueren Arbeiten aus dem Gebiete der Photochemie
und photographischen Optik, welche während des Drucks dieses Werkes
erschienen sind.
1) Photochemie.
Veber die Umwandlung photographisch erzeugter metallischer
Silberbilder in andere Metalle und Verbindungen (s. S. 40)
schreibt W. Grüne Folgendes:
Das Silberbild liegt eigenthümlicherweise nicht in der Collodion-
schicht, sondern auf derselben, es lfifst sieb mittelst des Fingers und
Oel fortreiben, ohne dafs die Collodionschicht im Geringsten verletzt
wird. Man kann das Bild umgekehrt auf beliebige Stoffe, wie Holz,
Elfenbein, Perlmutter u. a. übertragen, und die Collodionhaut durch Be-
handeln mit Aether entfernen ; das aus feinem Pulver bestehende Bild
bleibt zurück. Es ist dies Verfahren interessant bei der Herstellung
von Holzschnitten; das schwierige und oft die Originalzeichnung ent-
stellende Aufzeichnen auf den Holzstock wird dadurch erspart, ohne
dafs die Oberfläche desselben besonders behandelt werden mufs und
ohne beim Schneiden selbst irgend welche Hindernisse zu veranlassen.
Platinchlorid verwandelt das graue Collodion- Silberbild in ein
tiefschwarzes Bild von Platinschwarz; überträgt man dasselbe auf Glas
und Porzellan, überzieht es mit einem bleihaltigen Flufsmittel und er-
hitzt den Gegenstand, so brennt sich das Bild schwarz ein. Auf diese
Weise stellt Grüne die Portraits und Bilder auf Porzellan und Email seit
Jahren her. Mit einem reducirenden Flufsmittel eingeschmolzen, erhält
man die Bilder und Zeichnungen mit der eigenthümlichen Metallfarbe
des Platins (s. o. S. 40).
Goldchlorid giebt Bilder in brauner Färbung von Gold (in
der Durchsicht grün), welche auf Glas und Porzellan übertragen, mit
einem reducirenden Flufsmittel eingebrannte, polirbare, goldglänzende
Zeichnungen liefern; darauf basirt das Grüne’sche photographisch-
chemische Decorationsverfahren auf Porzellan und Glas. Die damit
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208
Die Umwandlung der Silberbilder.
erzielten Effecte lassen bei Erreichung der wunderbarsten Feinheit die
Anwendung von Zeichnungen mit Halbtönen nicht zu, da das Gold
in der Aufsicht auch bei der gröfsten Verdünnung seine Färbung bei-
behält, selbst wenn es in der Durchsicht kaum noch sichtbar ist.
Durch die Leichtigkeit, mittelst de* photographischen Operationen
beliebig dicke und dünne Silberschichten zu schaffen, diese dann in
Gold umzuwandeln, ist es möglich, Gold in einer Verdünnung und
Ausdehnung als Metall niederzuschlagen, wie es auf keine andere
Weise erzielt werden kann, und die verschiedenen Farben dieses Me-
talles beim durchfallenden Licht zu beobachten und studiren.
Mehr interessant als für die Praxis wichtig sind:
Iridiumchlorid, durch welches schwarzgraue Bilder auch beim
Einbrennen erzielt werden.
Palladiumchlorid liefert schwarzgraue Bilder, welche eigen-
thümlicherweise auf Porzellan eingebrannt und dann mit Polirsteinen,
wie in der Regel Gold und Silber, behandelt, eine braune metall-
glänzende Farbe zeigen.
Quecksilberchlorid verwandelt das Silberbild in ein weifses,
aus Quecksilberchlorür und Chlorsilber bestehendes. Bei photogra-
phischen Papierbildern durchgeführt, giebt es die sogenannten Zauber-
photographieen. Ein solches weifses Bild auf eine blanke
Zink-, Kupfer- oder Stahlplatte gebracht, zersetzt sich
durch die Berührung beim Trocknen und hinterläfst nach
der Entfernung die ganz genaue Zeichnung fest auf diese
zurück, wodurch für Kupferstecher und Graveure das Auf-
zeichnen erspart werden kann.
Das weifse Bild wandelt sich im unterschwefligsauren Natronbade
unter Lösung des Chlorsilbers in
Schwefelquecksilber von schwarzer Farbe um. Dasselbe be-
nutzt Grüne zur Erzielung sehr hübscher Effecte auf Gläsern. Bringt
man eine solche Haut mit Schwefelquecksilberbild in Wasser, in
welchem ganz fcinzertheilte Glasflüsse suspendirt sind, so saugen die
Bildstellen diese an , während die bildlose Collodionhaut indifferent
bleibt. Bringt man nun ein solches Bild auf Glas in hohe Temperatur,
so verflüchtigt sich das Schwefelquecksilber und es bleibt ein die
gewöhnliche Oberfläche des Glases änderndes fest geschmolzenes Glas
zurück, die Zeichnung genau zeigend ohne Färbung, matt auf glän-
zendem Grund.
Behandelt man ein weifses Quecksilberchlorürbild mit Jodsalzen,
so färbt es sich unter Bildung von Jodquecksilber gelb; es ist dies
für den praktischen Photographen von Werth, um schwache licht-
durchlassende Negative dem Licht widerstehender zu machen, wozu
ihm die gelbe Farbe und Dicke der entstehenden Schicht nutzt. Der-
gleichen gelbe Negative sind für Arbeiten im directen Sonnenlicht
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Die Umwandlung der Silberbilder.
209
besser als die gewöhnlichen, da sie sich und die darunter befindlichen
Schichten nicht so erhitzen, was für heliographische Zwecke von
Werth ist.
Kupferchlorid giebt einen Niederschlag von Kupferchlorür,
welcher bei weiterer Behandlung mit Schwefelcyanammonium und Fer-
ridcyankalium eine rothe Färbung annimmt, die beim Einschmelzen
auf Fayence und Email eine eigenthümlich fleischfarbige Nuance giebt.
Eine weitere Reihe von Niederschlägen, welche für die Anwen-
dung der Photographie zum Einbrennen auf Porzellan und Glas von
grofser Wichtigkeit sind, indem sie bei Anwendung verschiedener
Flufsmittel die Hervorbringung sehr verschiedener Farben und Nüancen
möglich machen, sind die nachstehenden; Grüne nimmt an, dafs nicht
rein chemische Wirkungen dieselben erzeugen, sondern dafs die physi-
kalischen Eigenschaften feinzertheilter Metalle dabei eine Rolle mit-
spielen.
Zuvörderst der rothbraune Niederschlag, den man nach Seile auf
einem Silberbild durch Behandlung mit einer Mischung von Salpeter
saurer Uranlösung und Ferridcyankaliumlösung erhält.*)
Ein in Platinschwarz umgewandeltes Bild giebt, mit denselben
Chemiealien behandelt, wie Grüne gefunden, ein sehr angenehm braunes
Bild, welches vielfach zur Anfertigung der transparenten Photogra-
phieen auf Milchglas benutzt wird.
Eine Mischung von Eisenchlorid und Ferridcyankalium ist be-
kanntlich eine klare braune Lösung; ein Platinbild hineingebracht,
bewirkt sofort ein ganz proportioneiles Niederschlagen von Berlinerblau
auf den Bildstellen, — ein Silberbild thut dies nicht.
Mit caustischen Alkalien behandelt, zersetzt sich das Bild von
Berlinerblau; es bleibt Platin und Eisenoxyd zurück.
Ein Siiberbild in übermangansaure Natronlösung gebracht, färbt
sich sofort gelblich braun, ein Platinbild braun unter Bildung von
, Manganoxyd auf den Bildern.
Wie schon oben angegeben, kann die letzte Reihe von Nieder-
schlägen keine rein chemische sein, weil bei denselben eine Grenze
des Niederschlagens nicht vorhanden ist, dieselben vielmehr durch
Dauer der Einwirkung beliebig stark gemacht werden können ; es ge-
währt dies für die Praxis den Vortheil, jede gewünschte Stufe der
Zersetzung innehalten zu können und die Farbentöne, die man für
das Einbrennen auf Porzellan wünscht, in der Gewalt zu haben.
In neuerer Zeit hat sich die gröfste Aufmerksamkeit dem Chlor-
silber zugewandt, weil es mittelst desselben möglich ist, photographisch
*) Diese dürfte wohl Uraneisencyanilr sein und durch Reduction des in der
Mischung von Uransalz nnd Ferridcyankalium sich befindenden Uraneisencyanids
gebildet werden, indem das Cyan an das Silber tritt.
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. lf
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210
Heber die chemische Lichtstärke.
die natürlichen Farben wiederzugeben. Es gilt dies namentlich vom
violetten Chlorsilber, welches man als eine niedere Chlorstufe dem
weifsen Chlorsilber gegenüber annimmt. Die Herstellung der licht-
empfänglichen farbengebenden Fläche von Chlorsilber auf Silberplatten
oder Papier gestattet genaue Beobachtungen über den Vorgang der
Farbenbildung schwer, weil die wirkende Schiebt immer an eine
nicht indifferente Unterlage gebunden ist. Nach Grüne’s Umwandlungs-
Verfahren erhält man sehr leicht farbengebende Chlorsilberschichten,
die aus weiter nichts als Chlorsilber bestehen, auf Collodion oder
auf Glas. Wie oben zuerst zur Herstellung metallischer Silberbilder
angegeben, erzeugt man durch allgemeine Belichtung eine ganz gleich-
mäfsige Fläche von feinzertheiltem Silber auf der Glasplatte; man wan-
delt nun entweder dieses direct in Chlorsilber um, es dabei auf der
Collodionschicht lassend, oder man entfernt durch Glühen zuvörderst
das Collodion und behandelt das auf dem Glase jetzt direct befindliche
Silber mit einer Mischung von verdünnter übermangansaurer Natron-
lösung mit Salzsäure.
2) Photographische Optik.
Veber die chemische Lichtintensität zn verschiedenen Zeiten and
an verschiedenen Orten der Erde.
Roscoe veranlafste, dafs auf dem Observatorium zu Kew in Eng-
land, wo täglich drei Temperaturbestimmungen gemacht werden, auch
die chemische Intensität des Lichtes täglich gemessen wurde, und
theilt die Resultate der vom 1. April 1865 bis Ende März 1867 fort-
gesetzten Beobachtungen im Novemberbefte von Poggendorff’s Annalen
ausführlich mit.
Die Bestimmungen wurden täglich dreimal ausgeführt, und zwar
um 9 Uhr 30 Minuten, um 2 Uhr 30 Minuten und um 4 Uhr 30 M.
und haben als erstes wichtiges Resultat ergeben, dafs die chemische
Intensität bei wolkenlosem Himmel bis Mittag gleichmöfgig wächst
und von Mittag in demselben Mafse abnimmt. Die gröfste Stärke
erreicht die chemische Kraft genau um 12 Uhr, wenn die Sonne am
höchsten steht, während bekanntlich die höchste Temperatur erst ge-
gen 2 Uhr beobachtet wird. Zwei Tageszeiten, welche von der Mit-
tagszeit gleichweit abliegen, z. B. 11 Uhr und 1 Uhr, 10 Uhr und
2 Uhr etc., zeigen ganz genau dieselbe chemische Intensität. 552 Beob-
achtungen in Kew, verglichen mit den früher schon in Heidelberg
ausgeffihrten Messungen und den Ergebnissen aus Parä in Brasilien,
auf die wir noch zurückkommen, bestätigen diese Abhängigkeit der
chemischen Intensität zu bestimmten Tageszeiten von dem Stande der
Sonne in so übereinstimmender Weise, dafs man eine mathematische
Formel dafür aufstellen, und hieraus die Werthe der chemischeu ln-
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Lieber die chemische Lichtstärke. 211
tensität berechnen kann. Die Werthe, die durch die Rechnung sich
ergeben, stimmen mit den durch directe Beobachtung gefundenen ganz
gut überein. Das Gesetz dieser Abhängigkeit der chemischen Inten-
sität vom Stande der Sonne ist sonach vollständig sicher erwiesen;
wo Abweichungen von demselben beobachtet werden, da müssen stö-
rende Einflüsse vorhanden sein, deren Ergründung immer tiefer in das
Verständnifs der Erscheinungen führt (s. S. 133).
Die auffallendste Abweichung von diesem Gesetze, welches die
Tagesschwankungen ergeben, zeigt eine Vergleichung der mittleren
chemischen Intensität der einzelnen Monate.
Im Laufe des Jahres wechselt bekanntlich die Gröfse des Bogens,
welchen die Sonne scheinbar am Himmel zurücklegt, fortwährend.
Vom 21. December, dem Wintersolstitium , bis zum 21. Juni, dem
Sommersolstitium, wird dieser Bogen immer gröfser, um dann von da
bis zum Beginn des Winters wieder abzunehmen. In den Monaten,
welche von diesen Extremen gleichweit entfernt sind, z. B. im März
und September, im April und August, ist daher die Höhe deB Sonnen-
standes über dem Horizont durchschnittlich dieselbe. Gleichwohl haben
die Beobachtungen in Kew ergeben, dafs die chemische Intensität der
Sonne nicht dieselbe ist. Auf je 100 chemische Strahlen des März
und April kommen 167 im August und September. Es müssen sonach
Umstände vorhanden sein, welche in den Früblingsmonaten die chemi-
sche Intensität schwächen, und Roscoe vermuthet, dafs dieser Unter-
schied mit der verschiedenen Durchsichtigkeit der Luft im Frühling
und Herbst Zusammenhänge. Wie durch die feuchtere Luft des Sep-
tembers die Lichtstrahlen mit gröfserer Klarheit und Schärfe dringen
— eine jedem Touristen bekannte Erfahrung — so sollen auch die
chemischen Strahlen in den Herbstmonaten weniger geschwächt zur
Erde gelangen, als im Frühling. Wissenschaftlich begründete That-
sachen liegen jedoch zur Erklärung dieser Unterschiede nicht vor.
Von nicht minder grofsem Interesse sind die Thatsachen, welche
über die chemische Intensität der Tropen auf Veranlassung von Roscoe
ermittelt worden.
Bisher beschränkte sich unsere Kenntnifs von der chemischen
Intensität in den Tropen nur auf unzuverlässige und oberflächliche
Angaben von Photographen. Nach denselben wird es um so schwie-
riger, gute Photograpbieen zu erhalten, je mehr man sich dem Aequator
nähert, und um denselben Effect auf photographischen Platten zu er-
halten, braucht man längere Zeit unter dem Glanz der tropischen
Sonne, als in der nebligen Atmosphäre Londons. Ferner wird ange-
geben, dafs in Mexico bei sehr intensivem Licht 20 bis 30 Minuten
erforderlich sind, um photographische Schwärzungen zu erhalten, zu
welchen in England nur 1 Minute erforderlich ist Verschiedene Rei-
sende, welche die Alterthümer von Yucatan aufnahmen , gaben den
14*
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212
Ueber die chemische Lichtstärke.
Gebrauch der photographischen Camera auf und griffen zum Bleistift
und Skizzenbucb. Ebenso hat Dr. Draper beobachtet, dafs ähnliche
Unterschiede zwischen dein Lichte von New -York und Virginien statt-
finden. Man nahm deshalb an, dafs die leuchtenden und wärmenden
Strahlen einen besonderen störenden Ginflufs auf die chemischen ausüben.
Es war nun von gröfster Wichtigkeit, die Intensität der chemischen
Strahlen in den Tropen direct zu messen, um die Gültigkeit der er-
wähnten Angaben zu prüfen. Hr. Thorpe, Assistent von Roscoe, hat
in Folge dessen mit grofser Sorgfalt eine Reihe von Bestimmungen
in Farä im nördlichen Brasilien unter 48° 30' westlicher Länge und
1 * 28' südlicher Breite ausgefübrt. Seine Messungen fallen in die Zeit
vom 4. bis 26. April 1866.
Da beim Beginn der Versuche die Regenzeit schon begonnen, so
waren die Veränderungen in der chemischen Intensität sehr oft von
einer Minute zur andern sehr plötzlich und merkwürdig, so dafs eine
sehr grofse Zahl Beobachtungen an jedem Tage gemacht werden
mufsten. Regelmäfsig am Nachmittag und manchmal auch zu andern
Tagesstunden überzieht sich der Himmel mit schwarzen Gewitter-
wolken, welche, während sie den Regen in Form eines Wolkenbruches
herabsenden, die chemische Intensität der Sonne beinahe auf 0 ver-
ringern. Das Gewitter verzieht sich rasch, und die chemische Inten-
sität erhebt sich wieder zu ihrem normalen Werthe. Es folgen hier-
aus Schwankungen, welche in unseren Breiten völlig unbekannt sind.
Die mittlere chemische Intensität an den einzelnen Tagen des
April zeigt in Para ganz andere Werthe als in Kew, wie nachstehende
Zahlen beweisen:
1866 April 6. 7. 9. 11. 20. 24. 26.
Kew . . . 28,6 7,7 5,9 25,« 38,9 83,6 39, i
Para . . . 242, o 301, o 326,4 233,a 385,o 362,7 261, t.
Die chemische Wirkung des gesammten Tageslichtes ist hiernach
im April 1866 zu Para 6,58 mal gröfser gewesen als in Kew. Die
angeführten mifslungenen Versuche der Photographen können also
keinesfalls einer geringeren chemischen Intensität der Sonne zuge-
schrieben werden. Es müssen vielmehr hier andere störende Einflüsse
obgewaltet haben, deren Ermittelung Aufgabe weiterer Forschungen ist.
Der Gang der täglichen chemischen Intensität zeigte bei klarem
Himmel auch hier, in der Nähe des Aequators, denselben regelmäfsigen
Gang, wie bei den europäischen Messungen, und bestätigte das ange-
führte Gesetz der Abhängigkeit der chemischen Intensität vom Stande
der Sonne auf’s Glänzendste.
Die bisherigen wichtigen Ergebnisse, welche wir hier vorgeführt,
berechtigen zu der Hoffnung, dafs mehr ausgedehnte Bestimmungen der
chemischen Intensität unsere Kenntnisse der meteorologischen und klima-
tischen Verhältnisse bedeutend erweitern und vervollkommnen werden.
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Vogel * Photometer.
213
Ueber ein neues chemisches Photometer von Dr. Vogel.
Bunsen’s Pendel-Photometer (s. Seite 144) ist zu meteorologischen
Observationen ganz vortrefflich brauchbar, weniger jedoch zu photo-
graphischen Arbeiten, welche, wie der Papierpositivprocefs, eine län-
gere Belichtungszeit in Anspruch nehmen, innerhalb welcher die
chemische Lichtstärke sich oft wesentlich ändert, so dafs die anfänglich
gemachte Messung derselben nicht für die Bestimmung der Belicbtungs-
dauer mafsgebend ist.
Aufserdem ist die leichte Veränderlichkeit des gesilberten Papiers
(dasselbe mufs alle 24 Stunden frisch bereitet werden) ein Uebelstand.
Diese Umstände veranlafsten den Verfasser zur Construction eines
anderen Photometers, welches zunächst für photographische Zwecke
bestimmt ist, jedoch auch zu wissenschaftlichen Beobachtungen geeignet
sein dürfte.
Dieses Instrument besteht im Wesentlichen 1) aus einer halb-
durchsichtigen Papier-Skala, deren Durchsichtigkeit von einem
Knde nach dem andern hin gradweise abnimmt, und 2) aus einem
lichtempfindlichen, Wochen lang haltbaren Chromatpapier,
welches unter dieser Skala in ähnlicher Weise dem Lichte exponirt
wird, wie ein Stück Silberpapier unter einem Negativ.
Das Chromatpapier wird durch Eintauchen von photographischem
Rohpapier in eine Lösung von 1 Theil rothem chromsauren Kali in
30 Theilen Wasser und nachfolgendes Trocknen hergestellt.
Das trockene Papier wird in Streifen zerschnitten und damit das
Photometerkästchen T angefüllt. Eine Feder / drückt die Streifen,
wenn der Deckel D geschlossen ist, gegen die transparente Skala,
welche an dem mittelst Haken Z zu schliefsenden Glasdeckel D sitzt.
Fig. 46.
Bei der Exposition scheint das Licht durch die halb durchsichtige
Skala hindurch und bräunt den darunterliegenden Streifen. Diese
Färbung schreitet von dem dünnen nach dem dicken Ende der Skala
hin fort und um so rascher, je stärker das Licht ist. Um nun
zu erkennen, wie weit die Licbtwirkung nach dem diesen Ende fort-
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214
Vogel s Pbotometer,
geschritten ist, sind auf die Skala schwarze Zahlen und Zeichen auf-
gedruckt, diese lassen das Licht nicht durch und werden daher, wenn
das Chromatpapier ringsum affieirt ist, weifs auf braunem Grunde
sichtbar.
Oeffnet man daher das Photometer bei Lampenlicht und beob-
achtet den Chrompapierstreifen, so erkennt man die Stelle, bis
zu welcher die Lichtwirkung fortgeschritten ist, an der
daselbst erschienenen Zahl.
Das Instrument ist zunächst von Wichtigkeit für Herstellung der
sogenannten Pigmentbilder oder Kohlebilder. Diese werden
erzeugt, indem man einen schwarzen Bogen, der mit einer lichtem-
pfindlichen Mischung von Leim, Bichromat und Farbe überzogen ist,
unter einem photographischen Negativ dem Lichte exponirt.
Das Bild erscheint auf diesem Bogen nicht direct, sondern erst
nach dem Eintauchen in heifses Wasser. Ist die Belichtungszeit nun
nicht richtig getroffen, so ist das Bild entweder zu flau oder zu in-
tensiv, und dieser Fall tritt mit Rücksicht auf die aufserordentliche
Veränderlichkeit der chemischen Lichtstärke sehr häufig ein. Mit Hülfe
des Photometers kann man nun leicht die normale Belichtungsdauer
feststellen. Man legt das Instrument gleichzeitig mit dem zu copiren-
den Negativ an das Licht und deckt das erste Drittel des Negativs,
wenn das Instrument beispielsweise 10*, das zweite Drittel, wenn es
12*, das dritte, wenn es 14* zeigt. In dieser Weise sind die einzel-
nen Theile bis 12, 14, 16° copirt worden. Man entwickelt dann
das Bild und sieht nach, welcher Theil die richtige Intensität zeigt.
Der bei diesem Theil verwendete „Copirgrad“ ist der richtige Copir-
grad für das ganze Negativ.
Die Beobachtung des lichtempfindlichen Streifens geschieht bei
dem Licht einer hell brennenden Lampe. Um die Augen vor
der blendenden Wirkung der Strahlen zu schützen, versieht man die
Lampe mit einem schwarzen Schirm.
Behufs einer neuen Beobachtung nimmt man den oberen bereits
afficirten Streifen heraus, so dafs der darunter liegende frei wird, und
schliefst das Instrument.
Dem Anschein nach ist die Skala dieses Instrumentes eine rein
empirische, ln Wirklichkeit stehen jedoch die Grade desselben in
einem bestimmten mathematischen Verhältnifs zu einander.
Man denke sich eine Anzahl völlig gleicher transparenter Blätter
eines absolut homogenen Materials, sei es Glas, Glimmer, Pa-
pier etc., über einander geschichtet, so wird offenbar das Licht beim
Durchgänge durch dieselben, theils durch Reflexion, theils durch Ab-
sorption eine Schwächung erleiden, die mit der Zahl der Schichten,
vvelcbe es durchdrungen hat, zunimmt.
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Vogel's Photometer.
215
Nimmt man an, die Stärke des Lichts werde beim Durchdringen
einer einzigen Schicht auf seiner ursprünglichen Intensität reducirt,
so wird die Intensität nach Durchdringung der zweiten Schicht = \ >
nach Durchdringen der dritten, vierten . . . und xl’° Schicht ~ i ™ •
— der ursprünglichen sein.
#*
Construirt man demnach ein terrassenförmiges Streifensystem
nebenstehender Figur:
Hig. 47.
auf welches Licht von der Intensität = 1 fällt, so wird die Lichtintensität
unter dem ersten Streifen = — ■
zweiten
n
1
dritten
n*
1
vierten
na ’
_ 1
-
-
n4
1
= -y sein,
n
Die Lichtintensitäten unter diesem terrassenförmigen
Streifensystem bilden demnach eine geometrische Reihe,
in welcher die Schichtenzahlen die Exponenten sind. Jetzt
denke man sich unter diesen Streifen ein Stück lichtempfindliches Pa-
pier dem Lichte exponirt, so wird dieses sich offenbar bräunen, unter
dem dünnsten Ende der Streifenlage zuerst, und diese Bräunung wird
nach dem dicken Ende der Streifenlage hin fortschreiten und um so
rascher, je stärker das Licht ist.
Die Erfahrung hat nun gezeigt, dafs zur Hervorbrin-
gung einer noch sichtbaren Färbung schwächsten Grades,
eine ganz bestimmte chemische Lichtquantität nöthig ist.
Wird demnach ein lichtempfindlicher Streifen unter der transpa-
renten Photometerskala exponirt, so wird derselbe an irgend einer
Stelle, z. B. unter der Zahl 9, sich nicht eher sichtbar färben, als bis
die bestimmte zur Hervorbringung einer sichtbaren Färbung nöthige
chemische Lichtquantität durch den Streifen hindurchgegangen ist. Da
aber die Schwächung, welche das Liebt beim Durchgänge durch die
Streifenlagen erleidet, je nach der Zahl derselben eine sehr verschie-
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216
Vogel's Photometer.
dene ist, so wird die Lichtquantität, weiche auf das Streifensystem
fallen mufs, um nach dem Durchgänge durch letztere noch eine sicht-
bare Wirkung zu äufsern, ebenso verschieden sein, und wird die auf-
fallende Lichtquantität um so gröber sein müssen, je gröber die
Schwächung ist, welche dasselbe beim Durchgänge durch das
Streifensystem erleidet.
Nun stehen die Schwächungen, welche das Licht beim Durch
gange durch 1, 2, 3 ... x Streifen erleidet, wie eben gezeigt ist, in
dem Verhältnifo n : n’, n* . . . n*. In demselben Verhältnifs werden
demnach die auffallenden Lichtquantitäten stehen müssen, welche nöthig
sind, um unter dem ersten, zweiten, dritten . . . xt,n Streifen eine sicht-
bare chemische Wirkung hervorzubringen.
Diese Wirkung offenbart sich aber durch das Erscheinen der auf-
geschriebenen Gradzablen 1, 2, 3, 4 ... x. Demnach stehen die Licht-
quantitäten, welche durch das Erscheinen der einzelnen Gradzahlen
angezeigt werden, in dem Verhältnifs n, n7, n’, n4 . . . n*, d. h. sie
bilden eine geometrische Reihe, in welcher die Gradzahlen
die Exponenten sind.
Die Constante n der Reihe läbt sich leicht für jede Photometer-
skala bestimmen, indem man in bestimmter Entfernung von dem In-
strumente zwei verschiedene Quantitäten Magnesiumdraht abbrennt.
Nimmt man an, dab die dabei entwickelten Lichtquantitäten den
Quantitäten des verbrannten Magnesiums M und M' proportional seien
und sind ferner die durch diese Lichtmengen auf dem Chromatpapier
zum Vorschein gekommenen Gradzahlen g und g\ so hat man die
Proportion
M: M — n’ : n’’,
-A
— =
M
woraus sich n leicht berechnen läbt.
Nach einer Reihe von Versuchen des Verfassers ist der Werth der
Constante für die von ihm geprüften Instrumente = l,ar. Specielleres
über den Gebrauch des Instrumentes folgt im praktischen Theil.
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Praxis der Photographie,
Erstes Capitel.
Von der Einrichtung der Atelierräume.
Jeder Photograph bedarf gleich jedem andern Künstler oder Hand-
werker einer Werkstatt, in der er gegen Wettereinflüsse geschützt,
seine Arbeiten aasüben kann.
Diese Arbeiten sind nun selbst sehr verschiedenartiger Natur,
theils rein mechanisch, z. B. das Plattenputzen; theils rein chemisch,
wie das Ansetzen von Collodien, Silbern, Entwickeln, Verstärken,
Fixiren, Wässern; theils rein physikalisch-optisch, wie das Einstellen,
Exponiren; theils artistisch, wie Stellung geben, Beleuchten, Drapiren
etc., Negativ- und Positivretouche. Es ist einleuchtend, dafs diese
Operationen nicht alle in einem und demselben Raum vorgenommen
werden können, zumal sie diametral entgegengesetzte Bedingungen er-
heischen. So für das Aufnehmen des Modells viel Helligkeit, für das
Präpariren der Platten fast vollkommene Dunkelheit.
So hat denn jeder Photograph einen Complex von Räumlichkeiten
nöthig, die allerdings oft auf nur zwei reducirt erscheinen : das Atelier
und die „Dunkelkammer“.
Bei Vertheilung der Arbeiten in verschiedene Räumlichkeiten ist
vor allem darauf Rücksicht zu nehmen, solche Arbeiten ausein-
anderzuhalten, welche sich gegenseitig hindern. Man kann
nicht Silberbäder in Räumen abdampfen, wo Bilder aufgeklebt werden ;
der reinlich zu haltende Putztisch darf nicht der Gefahr des Bespritzens
vom Entwickler und andern Flüssigkeiten ausgesetzt sein; hundert
anderer Vorsichtsmalsregeln nicht zu gedenken.
Je gröfser und beschäftigter das Etablissement ist, desto strenger
wird auf dieses Auseinanderhalten der Arbeiten gesehen werden und
die Trennung der dazu dienenden Räume durchgeführt werden müssen,
damit jede unabhängig von der andern verrichtet werden kann.
Ein Uebelstand bei Anlage solcher Arbeitsräume ist immer der,
dafs dazu meistens die obern Stockwerke von Häusern, die zu ganz
anderen Zwecken dienen, genommen werden. Die Folge davon ist.
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218
Ateliereinrichtungen.
dafs die Atelieranlage sich den schon vorhandenen Baulichkeiten an-
bequemen mufs und dies geht nur unter Aufopferung mancher Vortheile.
Nichts ist daher verschiedener als die Einrichtung der photographischen
Arbeitsräume, und nur ein Princip der oben als so nothwendig be-
tonten Trennung der Arbeiten ist fast überall festgehalten, nämlich
Trennung des Positivprocesses vom Negativprocefs.
Wir geben hier als Vorbild für Ateliereinrichtungen zwei praktische
Beispiele, das photographische Atelier an der König!. Gewerbe-Aka-
demie zu Berlin und das Atelier Rabending- Monckhoven zu Wien.
Jeder, der ein Etablissement einrichten will, wird daran einen Anhalt
finden. Oertliche Verhältnisse werden freilich oft genug zur Modifi-
cirung dieser Pläne nöthigen.
Das photographische Atelier an der Königl. Gewerbe- Akademie
besteht aus einem Glashause A von 32' Länge und 22' Tiefe. Höhe
Ftg. 48.
an der vorderen Glaswand 10' 6", Höhe an der hinteren Mauer 16’.
Das Dach ist nur bis zu 16’ Tiefe verglast.
Das Atelier selbst liegt nicht genau nach Norden, sondern nach
Nordnordwesten, entsprechend der Richtung des Gebäudes, auf wel-
chem es steht. In Folge dessen scheint im Sommer die Nachmittags-
sonne hinein, ein Uebelstand, .der durch Sonnensegel und Gardinen
nur theilweise gehoben werden kann.
Die Gardineneinrichtung ist nach dem System von Loescher und
Petsch hergestellt, welches sich von allen als das rationellste ergeben
dürfte, und welches auch bereits von verschiedenen Ateliers in Berlin
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Atelier- und Gardinenconstruction.
219
adoptirt worden ist. Dasselbe besteht aus Seitengardinen, die in
senkrechter Richtung, und Oberlichtgardinen, die in schiefer (der
Tiefe des Glasdachs paralleler) Richtung gezogen werden können.
Ein Stück der Seitengardinenwand ist in Fig. 49, eine Oberlicht-
gardine (Dachgardine) mit dem Schnurwerk in Fig. 50 dargestellt.
Die Gardinen sind 1 Elle breit, greifen dachziegelartig übereinander,
am jede Fuge zu vermeiden (s. Fig. 49), und werden durch dünne
Drähte d geführt, auf welchen die Eisenstangen JE, welche die Gar-
dinen tragen, laufen. Mit leichter Mühe läfst sich so das ganze
Atelier verdunkeln, Lichtöffnungen von 1, 2, 3 Ellen Breite und be-
liebiger Länge hersteilen, und so die Richtung des Einfallens der Strah-
len auf das Mannigfaltigste modificiren.
Fig. 49.
Die Schnüre für die Seitengardinen gehen auf Rollen rrrr,
die an der Dachleiste M und an der Fufsleiste L befestigt sind und
können durch Schrauben gg gespannt werden. Die Drähte dd der
Seitengardinen hängen schlaff, die der Dachgardinen sind dagegen
durch Schrauben qq gespannt (s. Fig. 50). Die Dachgardinenschnüre
gehen durch Porzellanringe ll, welche an M und L befestigt sind.
Die Gardinen bestehen aus möglichst undurchsichtigem doppelten
blauen Köper.
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220
Ateliereinrichtungon.
Dieses Gardinensystem ist zwar specieil auf das Portraitfach
berechnet, welches nicht Aufgabe der Anstalt ist; doch ist es auch
hier, namentlich bei der Aufnahme plastischer Gegenstände, von
besonderer Wichtigkeit.
Unmittelbar neben
dem Atelier liegt in
gleicher Flucht mit
ihm der Copirraum K
(siehe Fig. 48), mit
einem Fenster nach
Nordnordwesten und
einem Oberlicht, halb
so tief wie das Glas-
dach des Ateliers. Zu
letzterem führt eine
Schiebethür, die, im
Fall man beim Auf-
nebmen im Atelier
eine grofse Distanz
nöthig hat, geöffnet
wird, so dafs man
mit dem Apparat bis
45’ (von der entgegen-
gesetzten Wand des
Ateliers) zurückge-
hen kann.
Die Breite des Co-
pirraumes ist nur 14’,
die Tiefe und Höhe
gleich der des Ateliers, ln Folge dessen ist das Oberlicht für Copir-
zwecke etwas zu hoch. Um nun die Rahmen demselben näher zu brin-
gen, dient ein bewegliches Copirgestell von Holz, welches mit Hülfe
einer mechanischen Vorrichtung sehr leicht bis zur Höbe von 8' auf-
gewunden und wieder heruntergelassen werden kann.
Der Copirraum ist seiner Tiefe nach in zwei Theile getheilt. Der
hintere Raum R dient als Dunkelkammer zum Einlegen und Nachsehen
der Copirpapiere und Aufbewahren der frischen Copieen; der vordere
dient zum Exponiren. Eine seitliche Thür t führt auf das benachbarte
Dach, auf welchem, wenn nöthig, im Freien gearbeitet werden kann.
Unmittelbar an den Copirraum, etwas höher gelegen und durch
die Treppe mit ihm verbunden, schliefsen sich die Räumlichkeiten zum
weiteren Verarbeiten der Papierbilder an. 1) Das Waschzimmer V,
2) die Buchbinderei B. Das erstere birgt zwei mit Asphalt aus-
gelegte Tisch -Tröge W von 5' Länge und 2|' Breite, welche auf
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Ateliereinrichtungen.
221
Tonnen (2”) ruhen. Der eine Trog dient zum Waschen der frischen
Copieen, der andere zum Waschen der fixirten Bilder. Eine Oeff-
nung im Trog läfst die silberreichen Waschwässer in die untergestell-
ten Tonnen fliefsen. Eine andere Oeffnung, die verschliefsbar ist, fuhrt
in den Abflufs nach der Strafse.
T dient zum Sammeln der natronhaltigen Wässer, T zum Sammeln
der natronfreien. Die Tische SS dienen zum Papiersilbern. Das
Tonen geschieht in dem lichthellen Copirraum.
Der benachbarte Raum B dient zum Auftrieben, Retouchiren und
Satiniren der Bilder, aufserdem noch als Vorrathsraum für Papier,
Chemiealien u. dergl.
Wir kommen nun zur Beschreibung der Räume zur Verrichtung
des Negativprocesses. Hier ist zuerst ein kleines Laboratorium
mit Oberlicht ( L ) anzuführen, welches zum Ansetzen der Chemiealien,
zur Untersuchung der Silberbäder und anderer Substanzen, Abdampfen
und überhaupt allen chemischen Arbeiten dient, ln dem Raum neben
der Esse befinden sich zwei Abdampfräume 00, der eine für silber-
haltige Flüssigkeiten, der andere für chlorhaltige (Goldlösungen etc.).
[Das Niederscbmelzen der bei den verschiedenen Processen fallenden
Silberrückstände geschieht in dem grofsen Laboratorium des Instituts.]
DD ist das Dunkelzimmer für die Präparirung der Platten, durch
einen Vorhang M in 2 Theile getbeilt und mit einem durch Bretter
abgeschlagenen Mittelraum für Präparirung trockner Platten TT.
D dient zum Plattenputzen und allen damit in Verbindung ste-
henden Arbeiten.
CC ist der Tisch mit den Silberbädern; H der Entwicklungs-,
H' der Fixirtrog. Beide sind durch eine Scheidewand von einander
getrennt und bestehen jeder aus zwei Theilen; in dem linken Theile
werden die silberreichen Spülwässer in untergestellten Kübeln auf-
gefangen, der rechte Theil dient zum Spülen und führt die Wasch-
wässer in die Gosse. Die Breite jedes einzelnen der 4 Tröge, welche
mit Asphalt gefüttert sind, ist 2]" im Lichten. Dafs allenthalben
Wasserleitung und Gasleitung mit Brausen u. dergl. angebracht sind,
versteht sich von selbst. P ist ein Plattenregal.
Der Dunkelraum communicirt mit dem Atelier durch den kleinen
Corridor 00.
Besser wäre es vielleicht gewesen, das Laboratorium L als
Dunkelraum zu nehmen. Das wurde jedoch aus baulichen Rücksichten
nicht gestattet, wie denn überhaupt die Vertheilung der Räumlichkeiten
wegen der ungewöhnlichen Construction des als Basis dienenden Ge-
bäudes*) besondere Schwierigkeiten machte.
*) Wie mau in Fig. 48 siebt, liegen die verschiedenen Räumlichkeiten nicht in
derselben Ebene und communicircn deshalb durch Stufen miteinander.
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222
Ateliereinrichtungen.
Das Atelier von Rabending und Monckhoven hat dem gegenüber
den grofsen Vortheil, dafs es von Grund aas zu rein photographischen
Zwecken aufgeführt wurde.
.Es bildet ein zweistöckiges Gebäude, in dessen erster Etage das
Glashaus gelegen ist; es steht ringsum frei, inmitten eines geräumigen
Parte rre.
Fig. 51.
o) Retouchirzimmer für Poaitive, b) Treppenhaus, c) Salon, d) Bureau, e) Negativ-
zinimer, /) Negativretouchirzimmer, g) Wartezimmer fllr die Diener, h) Aufkleberaum,
n) Laboratorium, o) Corridor, v) Copirzimmer, in) Glasgallerie.
Erster Stock.
Fig. 52.
n) Toilette, b) Treppenhaus, c) Raum zum Aufbewahren der Papiere, d ) Platten-
zimmer, e) Dnnkelraum, /) Corridor, g) Vergröfserung, h) Atelier, n) Tunnel.
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Ateliereinrichtungen.
223
Hofes, der eine bequeme Wagenauffahrt gestattet. In das Gebäude
gelangt man durch einen eleganten Corridor o. Der Corridor führt in
den Wartesalon c, neben welchem ein kleines Wartezimmer für die
Dienerschaft g liegt. Zur Linken liegt ein Raum n, das Laboratorium,
neben welchem die Treppe in den ersten Stock mit dem Glashanse h
führt. Hinter dem Glashause liegt ein Raum, nach Süden hinaus-
gehend, g, der zu Vergröfserungen bestimmt ist An das Glashaus
schliefst sich ein dunkler Raum an zum Aufstellen der Apparate. In
demselben Zimmer befindet sich ein Schrank für Aufbewahrung der
kleinen, nicht lackirten Vergröfserungsnegative.
Die gewöhnlichen Arbeiten des Positivprocesses werden in einem
Anbau v vorgenommen, der mit dem Hauptgebäude durch eine Glas-
gallerie w verbunden ist. Räthselhaft ist, dafs diese Räumlichkeiten
bei der Anlage nicht mit in das Hauptgebäude aufgenommeu worden
sind. Wahrscheinlich hat eine Vergröfserung des Etablissements den
Anbau nothwendig gemacht.
Die Glasgallerie, die nach einer Seite hin
offen ist, gestattet auch bei schlechtem Wetter
Copieen im Freien auszulegen. Unweit der
Positivkammer fand sich ein kleines Zim-
mer /, welches für die Negativrctouche be-
stimmt ist. Das hierzu dienende, am Fenster
angebrachte Pultp (Fig. 53) war eine grofse,
matte Glastafel von der Fensterbreite, unter
welcher ziemlich horizontal ein ebenso breiter
Spiegel s lag; dieser reflectirt das Himmels-
licht auf die matte Tafel, welche als Unter-
lage für die Negative dient, und die mit
passend ausgeschnittenen Brettchen mehr
oder weniger zugedeckt werden konnten, so
dafs nur der zu retouchirende Theil erleuchtet
blieb. Aufsen war der Spiegel mit einem durchsichtigen Gehäuse g
umschlossen.
Die übrigen Parterreräumlichkeiten, deren Separatzweck aus den
Unterschriften der Figuren ersichtlich ist, waren sämmtlich der Voll-
endung der Positive gewidmet.
Das Laboratorium für den Negativprocefs e (Fig. 52) liegt neben
dem Atelier im ersten Stock. Es ist durch ziemlich tief gefärbte roth-
gelbe Scheiben erhellt. Unmittelbar nebenan befindet sich der Raum
zur Aufbewahrung der Platten.
Vom Glashause.
Das Glashaus ist der Theil des photographischen Etablissements,
in welchem die Belichtung oder die Aufnahme vorgenommen wird.
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224
Atelierbau.
Unsere Leser haben bei Beschreibung der Ateliereinrichtungen im
Grundrifs zwei Glashäuser kennen gelernt, welche sich in ihrer Con-
struction sehr wesentlich von einander unterscheiden und welche gleich-
sam die Typen zweier ganz verschiedenen Systeme bilden. Das eine
ist das AteliermitNordfront, analog dem der Gewerbe -Akademie,
das andere ist das sogenannte Tunnelatelier. Im Nordfrontatelier
stehen die Apparate mit dem aufzunehmenden Objecte in demselben
verglasten Raume. Ihre Sehrichtung entspricht gewöhnlich der Längs-
richtung des Ateliers, dessen Hauptglaswand genau von Ost nach West
geht, und welche als Basis eines mehr oder weniger tiefen und mehr
oder weniger steilen Glasdachs dient. Die Aufnahmeobjecte sind ge-
wöhnlich an den Seitenmauern placirt.
Die nachfolgenden Zeichnungen versinnlichen das Aeufsere und
Innere eines solchen Ateliers.
Die Tunnelateliers bestehen aus zwei charakteristisch verschie-
denen Theilen, einem dunkeln, in welchem die Apparate stehen, und
einem verglasten, in welchem die Aufnahmeobjecte placirt werden.
Figur 54 giebt das Bild des Monckhoven’schen Tunnelateliers. Das-
selbe bildet einen eigentümlichen Bau, mit einem sehr breiten, nach
Flg. 54.
a
Norden gelegenen vorderen Glasdach von ca. 26 Fufs Länge und
einer östlichen Seitenglaswand von ca. 11 Fufs Breite. Die gegen-
überliegende Westwand ist dunkel. An das Glasdach schliefst sich
ein nicht verglaster Raum für die Hintergründe, und ein breiter,
niedriger, halbdunkler Raum, der Tunnel, in dem die Apparate
stehen.
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Atelierbau.
225
Die Person steht so, dafs sie die Seite, welche aufgenommen
werden soll, nach Norden wendet, d. h. dafs sie dem breiten Glas-
dache das Gesicht zukehrt
Die Steilheit des Glasdachs bietet den Vortheil des rascheren Ab-
flusses von Regen und Schnee, daher gröfserer Reinlichkeit. Die hohe
Hinterwand wirkt zugleich als Sonnensegel.
Kritik der beschriebenen Atelierconstroctionen.
Als Haupterfahrungssatz bei der Anlage eines Glashauses gilt das bei
allen Constructionen beobachtete Princip, das directe Sonnenlicht
auszuschliefsen und mit dem Licht des Himmels allein zu arbeiten.
Die Gründe für diesen Satz werden wir im dritten Theile unseres
Buches entwickeln.
Um die Sonne auszuschliefsen, legt man die Licht einlassenden
Glasflächen möglichst nach Norden ; um möglichst viel Himmelslicht zur
Disposition zu haben, legt man die Glashäuser auf hohen Gebäuden
oder an Orten au, wo der Horizont nach der Glasseite hin frei ist In
Städten wird oft genug durch gegenüberliegende Gebäude ein beträcht-
liches Stück des wirksamen Himmelsgewölbes abgeschnitten. Das von
den Gebäuden reflectirte Licht ist zwar nicht unwirksam, seine Intensität
ist aber meist eine ganz andere als die des Himmelsgewölbes, entweder
ist es heller (namentlich bei Sonnenschein oder bei weifsem Anstrich),
oder dunkler, und dieser Umstand stört oft wesentlich bei einer durch
Gardinen zu bewirkenden zweckmäfsigen Lichtvertheilung.
Bei der Benutzung eines Ateliers spielt nämlich nicht blos Qualität
und Quantität des Lichtes eine Rolle, sondern auch die Richtung
seines Einfalls auf den zu beleuchtenden Gegenstand.
Wir werden im dritten Theile drei Portraits als Illustration bei-
legen, welche in von oben und von der Seite kommendem Licht auf-
genommen worden sind, aus denen hervorgeht, dafs die erstere Ein-
fallsrichtung — Vorderlicht — am ungünstigsten wirkt, das Seiten-
licht dagegen am günstigsten. Die Erörterung dieses Punktes dem
ästhetischen Theile unseres Werkes vorbehaltend, bemerken wir hier
nur, dafs zwar Niemand in reiner Seitenbeleuchtung ein Portrait
aufnehmen wird, dafs aber in den vorzüglichsten Portraits unserer
Musterateliers das Seitenlicht dominirt.
Von diesem Standpunkte aus können wir demnach einer Construc-
tion wie der Monckhoven’schen, wo das Vorderlicht dominirt, nicht
das Wort reden. Sie würde brauchbarer erscheinen, wenn, wie unten
gezeigt werden soll, das Seitenlicht verbreitert, das vordere Oberlicht
verschmälert würde.
Zum näheren Verständnifs der Erscheinungen der Lichtver-
theilung in einem Atelier müssen wir die Hauptprincipien der Hellig-
keit in einem verglasten Raume erörtern.
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 1Ü
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226
Atelierbau.
Man nehme einen von Wänden umschlossenen, durch ein Fenster
erhellten Raum an, z. B. ein Zimmer, dasselbe sei allein vom Lichte
des heitern blauen Himmels erhellt; die Erfahrung lehrt uns,
dafs die Helligkeit an verschiedenen Stellen eines solchen Zimmers
sehr verschieden ist; je weiter ein Punkt desselben vom Fenster ab-
liegt, desto dunkler, je näher er letzterem liegt, desto heller erscheint er.
Aufser der Entfernung vom Fenster ist aber auch noch die Lage des
Punktes zur Fensterwand selbst von Wichtigkeit. Ein hart an der
Fensterwand selbst liegender Punkt erscheint bei gleicher Entfernung
vom Fenster viel dunkler, als ein andrer, dem Fenster gerade gegen-
über liegender Punkt.
Geben wir uns zunächst von der Ursache dieser Erscheinung
Rechenschaft. Bei Ausschlufs der Sonne ist der blaue Himmel die
alleinige Lichtquelle, welche das Zimmer erleuchtet. Die Helligkeit
eines Punktes im Zimmer wird demnach um so gröfser sein, je gröfser
das Stück des Himmelsgewölbes ist, welches Lichtstrahlen auf ihn
sendet. Man nehme z. B.
Fig. 55.
einen Punkt a an, der
einem runden Fen-
ster gegenüber liegt,
dieses wird von einem
Strahlenkegel getroffen,
dessen Durchmesser ge-
nau dem des runden
Fensters entspricht. Man
nehme einen zweiten
Punkt a', dieser wird
nur durch Strahlenkegel
ba' o erhellt, welcher be-
deutend schmäler ist.
Noch spitzer erscheint
der Strahlenkegel, wel-
cher den seitwärts lie-
genden Punkt s erhellt,
daher erklärt es sich,
warum a heller erscheint
als a’, dieser heller als e.
Wir haben demnach in
der OefFnung des Strah-
lenkegels, d. h. in dem
Winkel, welchen die Li-
nien mit einander bilden, die von dem beleuchteten Punkte nach den
Kanten der Fensteröffnung gezogen werden können, ein Kriterium für
die H elligkeit für den betreffenden Punkt. Ich nenne diesen Winkel
den Lichtwinkel.
Nimmt man einen Punkt an der Fetisferwand, so schrumpft dieser
Lichtwinkel zu einer Linie zusammen, solch ein Punkt würde demnach
absolut dunkel sein, wenn er nicht durch Reflexion der hellen
Wände Licht empfinge.
Es ist aber klar, dafs nicht nur die dunkle Fensterwand, sondern
jeder übrige Punkt im Zimmer solches reflectirte Licht von den Wän-
den resp. Decke und Fufsboden empfangen wird. Jeder Punkt des
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Atelierban.
227
Zimmers (die Fensterwand ausgenommen) wird demnach von zwei
verschiedenen Licbtmassen getroffen werden:
1) Von dem directen Lichte des blauen Himmels, dessen
Menge um so gröfser ist, je gröfser der sphärische Flächeninhalt des
zur Wirkung kommenden Himmelsgewölbestückes ist.
2) Von dem reflectirten Licht der Wände, dessen Verhältnisse
complicirter Natur sind.
Sehen wir einmal vorläufig von dem reflectirten Licht der Wände
gänzlich ab und betrachten wir zunächst die Wirkung des directen
Himmelslichtes. Die durch diese hervorgerufene Helligkeit wollen wir
der Kürze wegen die directe Helligkeit nennen.
Die directe Helligkeit eines Punktes im Zimmer ist, wie oben
erörtert wurde, zunächst abhängig von seiner Lage zum Fenster,
ferner aber auch von der Gröfse des letztem.
Zur näheren Erörterung dieser Punkte wollen wir von den ein-
fachsten Voraussetzungen ausgehen, und zunächst die Helligkeit eines
einem schmalen runden Fenster gerade gegenüber liegen-
den Punktes betrachten. Je gröfser das Fenster, desto gröfser ist
der Lichtwinkel. Angenommen, der Lichtwinkel sei nur klein,
so ist die Helligkeit eines Punktes dem Flächeninhalt der F enster-
öffnung proportional. Nun verhalten sich aber die Flächeninhalte
bei ähnlichen Figuren wie die Quadrate gleich liegender Linien, dem-
nach werden die H elligkeiten sich verhalten wie die Quadrate
der Fensterdurchmesser*). Ein doppelt so breites, rundes oder
*) Die mathematische Entwicklung der oben gegebenen Sätze ist folgende.
Man nehme an, dafs die Lichtquantität, welche
ein Stück des blauen Himmelsgewölbes liefert,
der Gröfse desselben proportional sei ; es bestimmt
sich alsdann die Helligkeit der einem runden
Fenster gegenüber liegenden Punkte aa'a!’ (siehe
Fig. 57) aus dem Flächeninhalte der Calotte, welche
von dem Lichtkegel eingeschlossen wird, welchen
\ die Strahlen bilden. Der Inhalt J einer Calotte
N ist, wenn der Radius der Grundfläche des Seg-
ments == (i, die Höhe = h ist, — - rr -+ - 5“ )
(s. Fig. 56). Ist der halbe Lichtwinkel = <s, so ist
h = r (1 — cos a ) ,
für kleine Winkel kann man
1 — cos a = 0
setzen, dann ist J = 7raa,
d. h. identisch mit der Grundfläche, deren Radius
Fig. 57.
15*
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228
Atelierbau.
quadratisches Fenster wird daher für denselben Punkt die vierfache,
ein dreimal so breites die neunfache Helligkeit liefern.
Bei gröfseren Fensteröffnungen ist die Zunahme der Hellig-
keit bei Yergröfserung der Oeffnung nicht so bedeutend. Man nehme
z. B. einen Punkt a (Fig. 58), der in dem sonst mit Gardinen verhüllten
Glashaus einer Oeffnung cb gegenüber liegt. Der halbe Lichtwinkel
ist hier a. Vergröfsert man die Oeffnung successive auf das Doppelte
ob', oder das Dreifache ob", oder das Vierfache ob'", so wächst der
Lichtwinkel bei a um die Stücke a", a'", die, wie man aus der Figur
sieht, in viel geringerem Mafse zunehmen, als die Gröfse der Fenster-
öffnung. Wir können aus diesem Satz sofort eine praktische Folgerung
ziehen.
Es sei in einem 32' langen Atelier (Fig. 59), 5' von der Glaswand, 4'
von der Hinterwand eine Person a placirt, und die Glaswand von g bis h
offen. Wir erhalten dann ein Kriterium der Helligkeit bei der Person,
wenn wir den Lichtwinkel hag construiren. Das von dem Winkel
Demnach verhalten sich fllr verschiedene Punkte aa'a" die Helligkeiten wie
n o» : n a'2 : jr
Nun ist a» = sin ’o (s. Fig. 56),
daher verhalten sich die Helligkeiten für die Punkte aa'a" wie
7i sin 2 a : n sin »'a : rt sin 2"a
oder da für kleinere Winkel die SinuBse den Tangenten proportional sind,
jr tg s« : jr tg *a’ : rr tg 2a".
Nun sind die Tangenten a a’a" gleich der halben Fensteröffnung F, dividirt durch die
Entfernung E der Punkte aa'a", daher verhalten sich die Helligkeiten in a a’a" wie
f» F*
'S2 ' W2 ' E"2 ’
d. h. die Lichtstarke nimmt nb, wie die Quadrate der Entfernung
zunehmen und nimmt zu mit dem Quadrate des Fensterdurchmessers.
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Atelierbau.
229
hag abgeschnittene Stück Himmelsgewölbe bestimmt die Helligkeit
des Punktes o.
Fig. 59. Wäre nun das Atelier statt 32'
nur 24' lang, d. h. hörte es bei i
auf, so würde die Helligkeit durch
den Winkel iag bestimmt werden,
alle übrigen Umstände als gleich
vorausgesetzt.
Schon aus der Figur erkennt
man, dafs die Winkel iag und
hag nicht sehr verschieden sind,
d. h. dafs in diesem speciel-
len Falle die Verlängerung der
Glaswand um 8' über i hinaus
(um das Stück ih) keinen son-
derlich grofsen Nutzen hat, um
so mehr, als das sehr schief auf
die Glaswand hi fallende Licht
zum grofsen Theil von den Schei-
ben reflectirt wird. —
Jetzt nehme man zwei Punkte
an, a und a (Fig. 59a), die ver-
schieden weit von dem schmalen
Fenster abliegen.
Je weiter ab vom Fenster,
desto kleiner wird der Licht-
winkel.
Eine einfache mathematische
Betrachtung führt alsdann zu dem
Schlufs, dafs die Helligkeiten
Fig. 59«.
zweier Punkte, die dem
Fenster gegenüber lie-
gen, in demselben Mafse
abnehmen, wie die
Quadrate ihrer Ent-
fernung vom Fenster
zunehmen. (S. unten
die Anmerkung S. 227
und 228.)
Rücken wir demnach
in einem Glashauseeinen
Gegenstand doppelt so
weit von der Glaswand
weg, so werden wir,
wenn wir ihn ebenso
hell haben wollen als
vorher, die Gardinen so
weit öffnen müssen, dafs
die freie Glasfläche vier-
mal so grofs wird als
vorher, oder aber, wir
werden bei unveränder-
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230
Atelierbau.
ter Fensteröffnung und doppelt so weiter Entfernung von der Glas-
wand, eine viermal so lange Exposition brauchen. Ist die Fenster-
öffnung grofs, so nehmen die Helligkeiten nicht in so raschem Ver-
hältnifs ab, d. h. in der doppelten Entfernung ist die Helligkeit etwas
gröfser als in der dreifachen etwas gröfser als ’.
Wir können aus den gewonnenen Betrachtungen wieder eine
praktische Folgerung ziehen und eine Frage beantworten, welche neuer-
dings oft genug aufgetaucht ist: Wasistzweckmäfsiger, ein hohes
oder niedriges Atelier? Hier ist nun eine Vorfrage zu beantworten,
nämlich: Wozu soll das Atelier dienen?
Ein Atelier kann zur Aufnahme von Einzelportraits ganz vor-
trefflich, zur Aufnahme von Gruppen oder Reproductionen dagegen
wenig geeignet sein, und umgekehrt; Ateliers, wie z. B. Reutlinger’s
und Salomon’s in Paris, sind trefflich zur Aufnahme von Einzelpor-
traits, fast ganz ungeeignet aber zu Gruppen.
Der Grund ist leicht einzusehen. Bet Aufnahme von grofsen
Gemälden, Zeichnungen verlangt man eine gleich mäfsige Beleuch-
tung über das ganze Original hinweg, bei Aufnahmen von Einzel-
portraits dagegen verlangt man vom künstlerischen Standpunkte
aus eine ungleich mäfsige Beleuchtung: der Kopf, welcher die
Hauptsache bildet, heller, die übrigen wenig charakteristischen Theile
in das Halbdunkel zurücktretend; künstlerische Eigenschaften, welche
im potenzirten Grade bei den Portraits von Adam Salomon und unter
Wiener Künstlern bei Carl von Jagemann’s Bildern sichtbar sind.
Wollte man aber in solcher
Fi*. so.
für ein Einzelportrait
berechneten Beleuchtung
eine Gruppe postiren und
aufnehmen, so würden alle
Personen bis auf eine im
Halbdunkel stehen und —
kaum sichtbar sein.
Wenn ich demnach obige
Frage beantworten soll, so
mufs ich den Zweck selbst
in's Auge fassen und ich
halte mich hier zunächst an
den einfachsten Fall: die
Construction eines
Ateliers zur Aufnahme
von Einzelportraits.
Nehmen wir einmal ein
Atelier (Fig. 60) von circa
25' Höhe an, darin einen
Gegenstand, z. B. einen
Menschen a'k' von 5' Höhe.
Oberhalb desselben sei eine
Oeffnung bc in dem Glas-
dach von bestimmter Gröfse, die Entfernung des Kopfes von derselben
ist dann = 20', die des Bodens = 25', demnach wird die Helligkeit
beider sich verhalten wie 400: 625= 16:25, d. h. fast wie 2:3.
Man nehme ferner ein Atelier von 10’ Höhe an, alle übrigen
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Atelierbau.
231
Verhältnisse seien dieselben, so wird die Entfernung des Kopfes k von
der Oeffnung = 5', die der Ffifse a = 10’ sein, die Helligkeiten beider
verhalten sich demnach wie 1 : 4.
Man sieht, wie bedeutend diese Unterschiede sind. Im ersten
Falle, in einem hohen Atelier, ist der Kopf nur 1 \ mal so hell als
der Fnfs, im «weiten Fall 4mal so hell. Was ist die Folge? Im
ersten Fall schwache Lichtcontraste, im letzten Fall grofse.
Nun ist beim Portrait der Kopf die Hauptsache; dieser mnfs
das Hauptlicht empfangen. Ein Lichtcontrast zwischen Kopf und
Fufs im Verhältnifs 2:3 ist zu gering, um sich im Bilde brillant zu
markiren. Wirkungsvoller ist entschieden ein Lichtcontrast 1 : 4.
Von diesem Standpunkte aus verdient demnach zur Aufnahme
von Einzelportraits ein niedriges Atelier entschieden den Vorzug.
Als Beispiel solcher vortrefflich wirkenden niedrigen Ateliers
nenne ich hier: Adam Salomon, Reutlinger.
Bis jetzt haben wir einen dem Fenster gerade gegenüber liegenden
Punkt im Ange gehabt.
Betrachten wir jetzt die directe Helligkeit für irgend einen andern
Punkt a, der seitlich zum Fenster liegt (Fig. 61). Dafs diese kleiner
ist, als die für einen der Fensteröffnung gerade gegenüber liegenden
Die Helligkeit ver-
mindert sich hier mit
dem Neigungswinkel
der Strahlen gegen
die Fensterwand.
Man kann hier zur
Bestimmung der Hel-
ligkeit , statt des
schiefliegenden Fen-
sters ein senkrecht
zu den Strahlen lie-
gendes cd annehmen,
dessen Gröfse gleich
der Projection des
Fensters in der Rich-
tung der Strahlen ist.
Ist der Winkel, den
die Strahlen mit der
Fensterwand machen = a, die Fensteröffnung = F, so ist die Projec-
tion = F sin a, demnach die Helligkeit an dem Punkt a proportional
der Formel
jF* sin ’o
E * '
Wir können demnach die directe Helligkeit irgend eines Punktes im
Zimmer in Zahlen feststellen, wenn wir die Gröfse des Fensters kennen,
den Winkel, welchen die Lichtstrahlen mit demselben bilden und die
Entfernung des Punktes vom Fenster.
Bei Erörterung dieser Principien ist vorläufig von der Wirkung
des von Wänden etc. reflectirten Lichtes und von dem Reflexions-
verlust beim Gange des Lichtes durch die Glasscheiben abgesehen.
Wer die gegebenen Anweisungen aufmerksam gelesen hat, wird
Punkt, wurde schon oben auseinandergesetzt.
Fig. 61.
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232
Atelierbau.
leicht noch andere Aufgaben in Bezug auf Bestimmung der Helligkeit
irgend eines Punktes in einem Atelier lösen können. Für kleine
Lichtöffnungen kann man die relativen Helligkeiten an verschie-
denen Punkten eines Zimmers leicht berechnen (nach den S. 228 u.
231 gegebenen Formeln), bei gröfseren wirkenden Glasflächen giebt die
Construction des Lichtwinkels das beste Eriterium. Man zeichnet sich
alsdann das Atelier (oder ein Stück desselben mit der zur Wirkung
kommenden Glasfläche und dem zu beleuchtenden Punkt) nach Grund-
und Aufrifs und construirt den Lichtwinkel in der horizontalen oder
verticalen Ebene.
Aus diesen Principien ergiebt sich nun eine Kritik der Atelier-
constructionen von selbst.
Fig. 62.
Man nehme das Nordfront-
atelier (Fig. 62) als Vorlage.
Dasselbe ist 32' lang, 16' tief,
zeigt geschlossene Wände und
eine nördliche Glasfront hg. Mafs-
stab ist beigezeichnet. Es be-
finde sich eine Person bei a ,
5' von der Glaswand, 4' von der
Rückwand, die Glaswand sei von
g bis h (28') offen. Wir erhal-
ten alsdann ein Bild von derWir-
kung der 28’ langen Seitenglas-
wand, wenn wir den Lichtwinkel
hag construiren. Nun denke
man sich statt der langen Glas-
wand gh eine schiefe Glaswand
gk von nur 8’ Länge. Der Win-
kel kag wird dann ganz genau
so grofs sein, als der Winkel hag ,
d. h. diese kleine, nur 8’
lange Glaswand wird eben
so viel Licht in das Atelier
lassen, als die grofse Glas-
wand gh von 28' Länge.
Ja sogar eine Glaswand g l
von 5' Länge würde dieselbe
Lichtmenge für die Person bei a
spenden und nur insofern unvor-
teilhaft sein, als vom Apparat A
aus gesehen, durch die Kante der Wand bei l ein grofser Theil des
Gesichtsfeldes abgeschnitten werden würde.
Wir haben somit, erwiesen, dafs für Aufnahme einer Person bei a
die grofse Glaswand von 28’ Länge durch eine viel kleinere, schief
stehende von 8' Länge ersetzt werden kann, ohne der Helligkeit Ein-
trag zu thun; was aber für die Glaswand gilt, gilt auch
für das Glasdach, die 28' lange Fläche desselben kann
durch eine kleine, geneigte Fläche von 8' Länge ersetzt
werden.
Construirt man demnach ein Atelier mit einer solchen Glaswand
lind einem analogen Glasdach, so bekommt man einen Raum, der
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Atelicrbau.
233
in Bezug auf Helligkeit dem grofsen Atelier von 32’ Länge gleich-
steht.*)
Ein solches Atelier würde folgende Form zeigen:**)
Fig. 63.
Die nicht schraffirten Theile sind hell und!verglast, die übrigen
dunkel, der Apparat würde in dem dunklen Theil TT stehen, die
Person bei a in der Nähe der Glaswand. Die Tiefe des Glasdaches
haben wir auf 12' angenommen. Für Einzelportraits reicht dieselbe
nicht nur aus, sondern ist sogar noch zu grofs, und dürfte das ganze
Glasdach nur in Ausnahmefällen zur Anwendung gelangen.
Wir sind so, von einfachen Beleuchtungsprincipien ausgehend, zu
einer Atelierconstruction gekommen, welche in der That schon öfter,
wenn auch in anderen Verhältnissen, ausgeführt worden ist, ein soge-
nanntes Tunnelatelier, und haben bewiesen, dafs dasselbe für Auf-
nahme von Einzelportraits unter den erläuterten Bedingungen
in Bezug auf Helligkeit ebenso günstig wirkt, als ein grofses Nord-
frontatelier. Ein solches Atelier würde für Amateure und kleinere
Photographen auch vollkommen ausreichen. Die Lage der Seiten-
wand ist am besten eine rein nördliche, auf diese Weise ist das
Seitenlicht als Hauptlicht am besten vor directer Sonne geschützt.
Das Dach müfste vor Sonnenstrahlen durch Segel bewahrt werden.
Bei Mangel an Raum kann die Tiefe auch kleiner als 16’ genommen
werden. Wenn nun aber auch solch ein Atelier für Einzelportraits
ausreicht und wegen seiner billigeren Herstellung sich empfiehlt, so
hat es doch dem Nordfrontatelier gegenüber gewisse Nachtheile. Zu-
nächst empfängt die Person immer ihr Licht von derselben Seite, im
vorliegenden Falle von rechts, während ein Nordfrontatelier, jenach-
dem man die Person an der Ost- oder Westwand postirt, eine Be-
leuchtung von rechts oder von links erlaubt. Dieser Nachtheil ist
*) Ja in Bezug auf Helligkeit wird die kleine Glaswand gk noch vorteilhafter
wirken als die lange g h, da bei der letzteren das Licht in schieferer Richtung auf-
fallt. also einen gröfseren Reflexionsverlust erleidet.
**) Wir verdanken diese und die vorige Figur unserm Freunde Hm. A. Moll in
Wien, welcher sie Für seine „Notizen“ nach unsern Vorlagen stechen liefs. Die rechts
unten mit 16' gegebene Tiefe ist ein Druckfehler, man setze statt dessen 12’.
234
Dimensionen dos Ateliers.
jedoch nicht grofs. Reutlinger's Bilder sind z. B. alle von links be-
leuchtet.
Ein gröfserer Nachtheil ergiebt sich aber, wenn die Person nicht,
wie es hier vorausgesetzt, in der Nähe der Glaswand, sondern etwas
entfernt davon postirt wird.
Man denke sich eine Person in b (Fig. 62), doppelt so weit als
a von der Glaswand, so erkennt man, wenn man die Linien bh und
bk zieht, aus den Winkeln hbg und kbg den Lichteffect, den die
beiden Glaswände gh ung gk geben, und hier ersieht man, dafs der
Winkel hbg bedeutend gröfser als kb g ist, dafs also für einen von
der Glaswand entfernteren Punkt die Helligkeit in einem
Nordfrontatelier eine bedeutend günstigere ist.
Man ist deshalb bei einem Tunnelatelier auf den Raum in der
Nähe der Glaswand beschränkt, während man sich bei einem Nord-
frontatelier viel mehr nach der Tiefe zu ausbreiten kann, und daher
gewährt letzteres nicht nur freieren Spielraum in Bezug
auf das künstlerische Arrangement, sondern auch ent-
schieden besseres Licht zur Aufnahme von Gruppen, die
den gauzen Raum der Tiefe nach in Anspruch nehmen.
Der Vorzug des Nordfrontateliers geht somit dem Tunnelatelier
gegenüber klar hervor.
Dimensionen des Ateliers.
Welche Dimensionen soll man demselben geben?
Hier kommt nun noch ein Punkt in Betracht, nämlich die
Distanz.
Man bedarf, jenaohdem man ein Bild in Visitenkartengröfse oder
halber Platte etc. aufnehnaen will, Objective verschiedener Brennweite
und verschiedener Distanz des Objects vom Apparat. Je gröfser das
Objectiv, d. h. je länger seine Brennweite, desto länger mufs die Ent-
fernung gewählt werden. Beim Tunnelatelier kann man dieses durch
Ausdehnung des Tunnels leicht erreichen. Bei Nordfrontateliers, wo
der Apparat meist im Glashause selbst steht, mufs dieses die nöthige
Länge besitzen, falls man nicht in den angrenzenden Raum mit dem
Apparat zurückgehen kann. Die geringste Länge, welche ein Glas-
haus, falls der Apparat innerhalb desselben stehen soll, haben mufs,
beträgt 2T. Die geringste Breite, wenn man im Arrangement nicht
zu sehr behindert sein will, beträgt 10'. In solchem Hause würde
man stehende Figuren, für welche man die gröfste Distanz braucht,
nur in Visitenkartengröfse aufnehmen können. Für stehende Figuren
in gröfserem Format würde ein solches Atelier jedoch nicht ausreichen.
Für solche Figuren auf Cabinetformat würden mindestens 24' Länge,
für dieselben auf 8x6’ Plattengröfse mindestens 30' Länge nöthig sein.
Kniestücke und Brustbilder lassen sich in kürzerer Distanz hersteilen.
Gruppen, die neben der Höbe noch eine Breitenausdebnung
erfordern, verlangen noch gröfsere Distanz als stehende Figuren, und
erfordern aufserdem eine angemessene Breite. Ein Atelier von 40'
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Dimensionen des Ateliers.
235
Länge ond 20' Breite dürfte für die meisten Anforderungen genügen.
Die Höhe der Glaswand empfehlen wir nicht gröfser als 10’ zu nehmen
(Adam Salomon in Paris, dessen brillante Lichtcontraste in seinen
Kniestücken sehr gerühmt werden, hat nur ein Atelier von 8' Höbe).
Das Glasdach mufs sich nach hinten des Regenabflusses wegen pult-
förmig erheben. Wir empfehlen auf 10' Tiefe 2’ Steigung. Die Tiefe
des Glasdachs selbst nehme man nahezu ebenso grofs, als die Tiefe
des Ateliers. Man hat dann das beliebige Aufhellen der Schatten
durch mehr oder weniger weites Aufziehen der Dachgardinen in seiner
Gewalt.
Figur 64 giebt die äufsere Ansicht eines Ateliers von 32’ Länge
und 23' Tiefe. Man sieht oberhalb desselben die Eisenstangen, an
Fig. 64.
welchen die Sonnensegel aufgespannt werden. Hinter denselben liegt
ein zweites kleineres Glashaus CC einfacherer Construction von 10’
Höhe, welches zum Copiren dient. Das Hauptatelier baut man aus
Glas und Eisen, es ist zwar theuer, aber solid. Das Copiratelier
kann aus Glas und Holz gebaut werden. Die vor demselben liegende
Plattform p dient zum Copiren im Freien. Bei der Einrichtung des
Innern des Ateliers sind vorzugsweise die G ardinenanlagen zu
berücksichtigen.
Selten wird ein Photograph die volle Glaswand und das volle
Glasdach zum Belichten verwenden, sondern den Lichteinfall durch
Digitiz
x) by Googl
236
Qardineu. — Glas zum Atelier.
Vorhänge reguliren. Früher begnügte man sich mit simplen Vorhängen,
die sich horizontal an Ringen auf eine gewöhnliche Gardinenstange
ziehen liefsen und senkrecht herabhingen. Neuerdings hat man jedoch
zur Erzielung verschiedener Lichteffecte complicirtere Systeme in An-
wendung gebracht. Das vollkommenste von allen ist das von Loescher
und Petsch (siehe oben S. 219).
Weifse Gardinen und Schleier Vorhänge sind vollständig
überflüssig. Letztere würden das Licht nicht abhalten, sondern nur
dämpfen. Denselben Effect erreicht man in Ateliers mit dunklen
Gardinen durch eine schmälere Lichtöffnung. Noch bemerken
wir zum Schlufs, dafs Gardinen vorsichtig behandelt sein wollen.
Man lasse bei feuchtem Wetter die Schrauben nach, falls man das
Reifsen der Schnüre vermeiden will. Man meide ferner heftiges
Zerren. Die vollkommenste Einrichtung wird bei unvorsichtiger Be-
handlung zu wünschen übrig lassen.
Vom Glase.
Zur Einglasung der Ateliers nehme man ein gutes, möglichst
weifses, nicht manganhaltiges Glas. Letzteres wird nämlich mit
der Zeit gelblich und absorbirt alsdann eine beträchtliche Quantität
der chemisch wirkenden Strahlen. Daher kommt es, dafs in vielen
Ateliers das Licht, wie man zu sagen pflegt, von Jahr zu Jahr schlechter
wird.
Blaues Glas ist nicht zu empfehlen. Gaffield hat gezeigt, dafs
dieses viel weniger chemisches Licht hindurchläfst, als reines weifses.
Mattes Glas ist zuweilen zum Einglasen des Daches verwendet
worden. Adam Salomon hat z. B. ein mattes Dachglas. Es verschluckt
circa 50*- Licht, während weifses Glas nur circa 5-J absorbirt.
Photographen, die mit der Lichtdirection durch Gardinen nicht
recht umzugehen wissen, empfehlen wir mattes Glas zum Einglasen
des Daches: es mildert den Effect des zu starken Vorderlichtes.
Ebenso ist es von Vortheil, zur Abhaltung von Sonnenlichtreflexen
an einzelnen der Sonne ausgesetzten Punkten des Ateliers. Man kann
jedoch auch gewöhnliches Glas durch Aufträgen einer dicken Stärke-
abkochung (Kleister) leicht mattiren. Durch Waschen mit warmem
Wasser läfst sich dieser Ueberzug leicht herunternehmen.*)
Von Wichtigkeit ist die Reinhaltung der Glasflächen durch
öfteres Scheuern an der Aufsenseite, soweit der Regen dieses Geschäft
nicht übernimmt. Berliner Photographen haben theilweise Wasser-
leitung bis zum Glasdach binaufgeführt und berieseln dieses zeitweise
einerseits zur Reinigung, andererseits zur Abkühlung.
*) Siehe Grafshoff's Notiz darüber. Photographische Mittheilungen, IT. Jahr-
gang, S. 154.
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Ventilation. — Heizung.
237
Ventilation.
Zur Abkühlung ist auch ein gehöriger Luftwechsel von unbedingter
Nothwendigkeit. Zu dem Zweck sind in dem Atelier der Akademie
4 Fenster aaaa (siehe Figur 64) angebracht, die sich leicht nach
Aufsen öffnen lassen; aufserdem befinden sich an der Hintermauer des
Ateliers in ihren höchsten Punkten grofse verscbliefsbare Luftlöcher.
Heizung
wird am besten im Winter durch Eisenöfen und ein kräftiges Holz-
oder Kohlenfeuer hervorgebracht. Man wähle ein möglichst rasch
und mit starker Hitzeentwicklung verbrennendes Material, da die Glas-
wände sich unglaublich schnell abkühlen.
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Zweites Gapitel.
Von den Arbeiten selbst.
Erster Abschnitt.
Die Vorbereitungsarbeiten.
Hauptvorsichtsmaisregeln.
Ein Stück Papier und ein Bleistift reichen hin für einen Zeichner,
der irgend einen Gegenstand reproduciren will. Er spannt das erstere
anf und spitzt den letzteren, dann ist er mit seinen Vorbereitungen
fertig; die Arbeit — die Aufnahme — kann beginnen.
Anders ist es in der Photographie. Selbst für Herstellung des
kleinsten und unbedeutendsten Bildchens bedürfen wir einer Menge
von Apparaten — Camera, Objective, Cassetten, Stative — Schalen,
Flaschen, Becken und einer Menge von Auflösungen, Silberbad, Ent-
wickler, Verstärker, Fixage, so dafs die Vorbereitungen, die beim
Zeichner in wenigen Secunden vollbracht sind, beim Photographen
Stunden in Anspruch nehmen, dafs er aber freilich dafür den Vor-
theil hat, dafs die Aufnahme selbst, die beim Zeichner Stunden and
wohl Tage erfordert, beim Photographen in wenigen Secunden oder
Minuten vollbracht ist, und dafs, während der Zeichner nur ein einziges
Bildexemplar erhält, der Photograph bei seiner Aufnahme eine „Platte“
fertigt, von welcher er Hunderte, ja Tausende von Bildern copiren kann.
Die Vorbereitungsarbeiten sind demnach in der Photo-
graphie die Hauptsache. Diese müssen deshalb aber auch mit
der allergröfsten Accuratesse und Reinlichkeit einerseits, mit
Geistesgegenwart, Sachkenntnifs und Geschmack andererseits
vollzogen werden, wenn man eines guten Resultats gewifs sein will.
Was hilft das beste Collodion und die damit hergestellte reinlichste
Platte, wenn die darauf aufgenoromene Person schlecht gestellt und
noch schlechter beleuchtet ist? Was nützt umgekehrt das geschmack-
vollste Arrangement, wenn das Silberbad seinen Dienst versagt? Und
was fange ich mit einer Platte an, die mit den besten Materialien
tadellos rein hergestellt und einen noch so malerischen Gegenstand
zeigt, wenn diese theils durch Mängel meines optischen Apparats, theils
durch meine Nachlässigkeit beim Einstellen desselben gänzlich unscharf
und verzeichnet ist?
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Vorbereitung des Aufnahmeobjects.
239
Jede einzelne Vorbereitungsarbeit, und es giebt deren
viele, mufe deshalb vorher mit allergröfster Sorgfalt ausgeführt sein,
keine darf vergessen, keine als nebensächlich betrachtet werden. Und
wer in dieser Hinsicht nicht mit ungeheurer Strenge und Gewissen-
haftigkeit zu Werke geht, der wird nie ein photographischer Künstler
werden, sondern nur ein Sudler.
Anfängern rathe ich namentlich, die photographischen Aufnahmen
nicht eher zu beginnen, als bis sie sich überzeugt haben, dafs alle
dazu nöthigen Apparate und Chemiealien vom ersten bis zum letzten
im normalen Zustande zum Gebrauche bereit stehen. Wie oft passirt
mir’s bei meinen Schülern, dafs eine gegossene Collodionplatte ein-
trocknet, weil ihnen der Taucher zum Ginsenken in das Silberbad
nicht bereit gelegt war, wie oft verdarben ihnen andere belichtete
Platten, weil man vergessen hatte, vorher Entwickler zu machen,
hundert anderer Zufälle nicht zu gedenken.
Die Vorbereitungsarbeiten sind nun je nach der Natur der Arbeit
äufserst verschieden. Sie sind andere für den Positivprocefs, als
für den Negati vpro cefs , andere für Pigmentdruck als für Sil-
berdruck oder Gmailphotographie etc. Besprechen wir hier zuerst
den photographisch wichtigsten Procefe, der allen anderen als Grund-
lage dient, den Negativprocefs.
A. Vorbereitungsarbeiten im Glashause.
Die Vorbereitungsarbeiten im Glashause sind zweierlei Art: 1)
Herrichtung des aufzunehmenden Gegenstandes, 2) Her-
richtung des optischen Apparates.
Die Herrichtung des aufzunehmenden Gegenstandes kann unter
Umständen eine fabelhaft leichte sein, z. B. das Aufspannen eines
Kupferstiches auf einem Reifsbrett mit 4 Stiften; unter Umständen aber
aufserordentlich schwer, z. B. mit einem lebenden Object, welches
seinen eigenen Willen hat und gewöhnlich etwas Widerstand leistet,
abgesehen davon aber ln einer möglichst gefälligen Weise gestellt, je
nach seiner Individualität entsprechend beleuchtet und mit seiner Um-
gebung, und bestände diese nur in ein paar Möbeln, in Harmonie
gebracht werden mufs, dabei immer aber mit Rücksicht darauf, dafs
der optische Apparat im Stande sei, das ganze Arrangement mit
hinreichender Deutlichkeit scharf wiederzugeben und in möglichst
kurzer Expositionszeit aufzunehmen. Der malerische und der optische
Gesichtspunkt müssen deshalb gleichzeitig in Betracht gezogen
werden (sehr oft wird der eine oder der andere übersehen).
Ueber den malerischen Gesichtspunkt sprechen wir im dritten
Theile unseres Buches, hier können wir nur auf die bei der Herrich-
tung der Originale nöthigen mechanischen Arbeiten Rücksicht nehmen.
Stelle ich irgend einen optischen Apparat auf irgend einen Gegen-
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240
Hintergründe.
stand, z. B. eine Person, scharf ein, so werde ich gewöhnlich neben
und hinter der Person noch Gegenstände bemerken, die bei der Auf-
nahme natürlich mit auf das Bild kommen und die sehr wesentlich
die Schönheit desselben beeinflussen. Man schafft sie entweder ganz
hinweg, indem man die Objecte vor einer monoton grauen, mehr oder
weniger dunklen Wand gruppirt. Diese nennt man Hintergrund;
oder man arrangirt sie mit dem Hauptgegenstande zu einem male-
rischen Ganzen.
Die Hintergründe fertigt man entweder aus Tuch, dem soge-
nannten Hintergrundtuch, welches extra für diesen Zweck gewebt
wird, oder man läfst sie auf Maltuch oder Shirting mit Oelfarbe mög-
lichst homogen und stumpf streichen. Den Hintergrundstoff spannt
man am besten auf einen Keilrahmen, ganz analog wie die Maler
ihre Oelbilder. Man kann solchen durch Anziehen der Keile stets
gespannt erhalten. Der Hintergrundrahmen wird entweder aufgehängt,
Fig. 65.
indem man an seinem Obertheil Rollen RR anbringt, die auf Eisen-
schienen EE laufen, wie in dem Atelier, das in Figur 65 abgebildet
ist. Man kann dann solchen Hintergrund leicht seitwärts schieben,
falls das Atelier breit genug ist. Man mufs bei Anwendung solcher
Vorrichtung so viel Eisenschienen anbringen lassen, als Hintergründe,
so dafs jeder auf seiner eigenen Schiene läuft.
Oigitize
Hintergründe. — Beiwerk.
241
Schmale Ateliers bedürfen anderer Vorrichtungen. Hier setzt
man den Hintergrund auf Holzfüfse mit oder ohne Rollen, um ihn
nach jeder beliebigen Richtung bewegen zu können, oder man läfst
das Hintergrundtuch unauf gespannt und wickelt es als Rouleau
auf. Reutlinger hat so seine säinintlichen Hintergründe rouleauxartig
hergerichtet. Sechs bis acht solcher Rouleaux sind hinter einander
parallel an dem Platze, wo die Personen aufgestellt werden, angebracht
und werden wie gewöhnliche Fensterrouleaux nach Bedürfnifs herunter-
gelassen. Durch das Aufrollen leiden jedoch die Hintergründe sehr,
namentlich wenn sie Malereien enthalten. Je breiter der Hintergrund,
desto besser ist er für das Arrangement. Man nehme ihn nicht unter
6’ Breite und mindestens 10' Höhe.
Ueber die Anwendung gemalter Hintergründe und der ihnen
verwandten Versatzstücke wird der dritte Theil specieller berichten.
Zum passenden Arrangement der Modelle sind je nach ihrer Natur
noch andere Gegenstände nöthig. Personen umgiebt man mit einigem
Beiwerk, Säulen, Balustraden, Möbeln, Gardinen. Die meisten Photo-
graphen thun des Guten hierin fast zu viel und haben ein förmliches
Möbelmagazin im Atelier; grofse Künstler helfen sich hier mit dem
Einfachsten. Alle diese Objecte sind so einzurichten, dafs sie rasch
herbeigeschafft und ebenso rasch mit möglichst wenig Lärm weggeräumt
werden können. Gewöhnlich sind die Modelle ungeduldig und wollen
schnell abgefertigt sein, wenn auch der Photograph keine Eile haben
sollte.
Mit dem blofsen Arrangement ist jedoch das Original noch nicht
genügend zur Aufnahme hergerichtet. Ein wichtiger Punkt ist während
derZeit der Exposition seine völligeUnbeweglichkeit. Diese ist
mit leblosen Objecten leicht zu erreichen. Man setzt diese auf möglichst
solide, nicht wackelnde Unterlagen und befestigt sie wo möglich noch.
Anders ist es mit lebenden Modellen. Niemand kann absolut
stillsitzen, jeder Pulsschlag erzeugt leise Vibrationen und gerade in
dem Moment der photographischen Sitzung, wo das Modell sich seiner
Verantwortlichkeit für das Gelingen des Bildes bewufst ist, ist der
Geist zwar am willigsten, das Fleisch aber am schwächsten, vorzüglich
derjenige Theil, welcher im Bilde die Hauptsache ausmacht, der Kopf,
hält dann am wenigsten still, und nichts bleibt übrig, um diesen Uebel-
stand zu umgehen, als der fatale Kopfhalter, gegen den das Publicum
beharrlich opponirt, auf dessen Anwendung aber der Photograph ebenso
beharrlich bestehen mufs. Bedingung bei seiner Anwendung ist: Man
applicire ihn erst dann, wenn das Arrangement vollendet und alles
zur Aufnahme bereit ist, und man passe den Kopfhalter der
Person und nicht letztere dem ersteren an. Wer Personen
in den bereits festgestellten Kopfhalter hineinzwängen will, begeht eine
Thierquälerei und eine Sünde gegen den guten Geschmack dazu. Ferner
Vog«), Lehrbuch d. Photographie. 16
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242
Kopfhalter. — Stellagen.
ist es selbstverständlich, dafs von diesem nothwendigeu Üebel im
Bilde nichts au sehen sein darf, ein Umstand, der dem Photographen
in Bezug auf das Arrangement oft genug die Hände bindet.
Fig. 66 und 67 zeigen
die Einrichtung des
Kopfhalters. Fig. 67
ist eine in Deutschland,
Fig. 66 eine in Ame-
rika übliche Form (Wil-
son’s improved rect). In
einem Stativ S verschie-
ben sich, durch Schrau-
ben stellbar, die Stangen
A mit Gelenken und
tragen unten den soge-
nannten Taillenhalter O
und oben den Kopfhal-
ter P an verschiebbaren
und durch Schrauben
feststellbaren Eisenstan-
gen. Für stehende
Figuren mufs der Kopf-
halter sehr stabil sein,
und dürfte sich hierfür
der Wilson’sche bedeu-
tend besser eignen, als der deutsche. Man sehe die Gelenke des Kopf-
halters sehr oft nach und sorge dafür, dafs alles so leicht und geräuschlos
als möglich sich bewegen läfst. Oefteres Putzen und Einreiben mit
Oel leistet gute Dienste.
Zum Aufstellen und Befestigen von Zeichn ungen und Gemäl-
den bedient man sich gewöhnlich der Staffeleien. Ihre Form ist
allbekannt und für photographische Zwecke eben nicht sehr praktisch.
Gewöhnlich stehen sie schief, das Bild natürlich ebenfalls, und will
man Verzeichnung vermeiden, so mufs auch die Camera entsprechend
schief gestellt werden. Für sehr genaue Arbeiten ist dies keineswegs
leicht zu erreichen, und man bedient sich besser eines Reifsbrettes,
welches sich an einer auf Rollen stehenden Stellage in senkrechter
Richtung verschieben läfst.
Fig. 68 stellt solche Vorrichtung dar. Sie besteht der Hauptsache
nach aus dem Brett B mit dem Vorsprung rr, der als Lager für Oel-
bilder, Zeichenbretter etc. dienen kann. Um diese in senkrechter
Stellung festzuhalten, ist das obere Brett gg angebracht. Dieses ist
in senkrechter Richtung verschiebbar und durch eine Schraube K stell-
bar, so dafs Tafeln verschiedener Höhe eingeklemmt werden können.
Herrichtung des optischen Apparates.
243
Durch aber Rollen gehende Schnur und Kurbel F lfifst sich das Ganze
leicht auf- und abwärts schieben.
Zeichnungen spannt man am besten auf ein separates Reifsbrett,
welches man dann in
P'8' 68‘ diesen Apparat setzt.
Die Beweglichkeit
desselben gestattet,
mit ihm leicht im
ganzen Atelier her-
umzufahren und den
Ort rasch zu finden,
wo die Beleuchtung
für das Object die
passendste ist
Für Copieen von
Plänen, wo es auf
absolut mathemati-
sche Genauigkeit an-
kommt, mufs das Sta-
tiv, welches das Ori-
ginal trägt, fest mit
der Camera verbun-
den sein , so dafs
beide ihre Lage ge-
gen einander unver-
ändert beibehalten.
Nach Herrichtung
des aufzunehmenden Gegenstandes folgt die Herrichtung des opti-
schen Apparates.
Jcnachdem man von demselben Gegenstände gröfsere oder kleinere
Bilder erlangen will, mufs der optische Apparat genähert oder entfernt
werden, und deshalb ein beweglicher sein. Daher setzt man ihn
auf ein Stativ. Da jedoch die Lage der aufzunehmenden Objecte
eine sehr verschiedene in Bezug auf Breite und Höhe ist, und sich
der Apparat dem accommodiren mufs, so sind die Stative so einge-
richtet, dafs sie auch eine Bewegung des Apparates von oben nach
unten, sowie eine Schiefstellung desselben erlauben.
Das Stativ wird nach der Gröfse des Apparates mehr oder
weniger leicht gebaut.
Fig. 69 und 70 zeigen zwei der üblichsten Formen, Fig. 69 für
leichte, Fig. 70 für schwere Cameras. Bei letzterer wird die Bewegung
in senkrechter Richtung durch Kurbel K, Zahnstange und Trieb be-
wegt. Die Schraube S dient zum Festklammern. Die schiefe Stellung
des Brettes wird gewöhnlich nur bei Portrait* angewendet; sie gestattet
10*
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244
Stative.
bei voller Oeffnung, Kopf und Fufs leichter gleichzeitig scharf zu er-
halten, als in senkrechter Stellung. Die Stative mit Rollen bedürfen
eines Stiftes, der durch Eintreiben in den Boden die Lage fixirt. Bei
dem Stellen des Stativs merke der Anfänger darauf, dafs beim Bewegen
des Stativs in senkrechter Richtung das Bild sich in gleicher Rich-
Plg. 69.
tung auf der matten Scheibe bewegt. Man hat auch eiserne Stative.
Diese sind jedoch meist zu schwer und ruiniren bei häufigem Ge-
brauch den Fufsboden. Ferner hat man Vorrichtungen ersonnen, die
Rollen zu arretiren und so dem Apparate vollständige Stabilität zu
sichern.
Die Camera wird behufs der scharfen Einstellung eines Gegen-
standes mit dem Stative möglichst fest verbunden, so dafs ihre Lage
eine unverrückbare bleibt. Eine nur lose auf das Stativ gesetzte
Camera giebt durch Verrückung ihrer Lage häufig Veranlassung zu
Störungen, namentlich bei leichteren Instrumenten. Schwerere stehen
von selbst fest.
Die photographische Camera ist eines der einfachsten optischen
Instrumente; sie besteht aus einem Kasten, der oft nur aus einem
Harmonicablasebalg gebildet wird, der an der dem Objecte zugekehrten
Vorderwandung das Objectiv trägt, und dessen gegenüber liegende
Hinterwandung aus einer matten Scheibe besteht, die dem Objective mehr
oder weniger genähert werden kann. Der mittlere Kasten oder Balg
dient nur zur Herstellung eines dunklen Raumes. Bedingung ist, dafs
dieser wirklich dunkel sei, wovon man sich bei neueren Instrumenten
überzeugt, indem man das Objectiv schliefst, den Kopf unter die
schwarze Decke steckt und nach Luftritzen sucht
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Cameras.
245
Uni das Bild scharf einzustellen, wird die matte Scheibe mehr
oder weniger dem Objective genähert. Zu dem Behuf kann der hintere
Theil der Camera h auf einem Schlitten ss in Falzen parallel mit sich
selbst verschoben werden. Die Schraube r dient, sobald die Stellung,
innerhalb welcher das Bild scharf erscheint, gefunden ist, zur Fest-
stellung. Ist der Theil h dem Objective sehr nahe, so hindert das
Fig. 71.
weit herausstehende Brett ss das Hervortreten des Beobachters und
erschwert so die Controlle des Bildes auf der matten Scheibe. Daher
ist es bequemer, den vorderen Theil r der Camera auszuziehen, welcher
in Falzen innerhalb ss verschiebbar ist. Ist das Bild in dieser Weise
ungefähr scharf eingestellt, so besorgt man die feinere Einstellung ent-
weder durch Drehung der Objectivstellschraube; diese ist nur bei
kurzem Auszuge bequem, oder durch Zahn und Trieb an der Rück-
seite.
Flf!- ri' Man lüftet die bei-
1 — den Schrauben a u. b
/Ml'lf'! (Fig- 72), welche im
1 Jj Grundrifs dargestellt
Z * !] I | sind, verschiebt den
| |[!.| hinteren Theil m mit
I — \ || ; ;'f der matten Scheibe,
=j (a) tL jl ' |l schraubt a fest und
~ fl 1 besorgt mit der Zahn-
jj ! i|| Stange Z und dem
/ IJU *w Trieb t die feinere
1____ Einstellung. Nachher
fixirt man das ganze
| MS
mm
* i 1
>jjjj ,ijj i) J Ijj jj||;k ' |
pf
II! jj iij
l|
■ ||
i 11.1 ji 11
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246
Cassetten.
System durch Anziehen der Schraube b. Die englischen Cameras
tragen behufs der feineren Einstellung eine Schraube ohne Ende,
welche das Objectivbrett 0 (Fig. 71) bewegt und hinten mit einer
Kurbel gedreht wird. Diese Einrichtung ist aufserordentlich bequem,
gestattet aber nur beschränkte Auszüge. Andere Variationen, die noch
ersonnen worden sind, übergehen wir hier, sie sind leicht verständlich
für den, der die vorhergehenden Einrichtungen kennen gelernt hat.
Ist die Einstellung besorgt, so wird die matte Scheibe S S (Fig. 71)
zurückgeklappt und an ihre Stelle die Cassette mit der empfindlichen
Platte geschoben. Die Einrichtung mufs so getroffen werden, dafs die em-
pfindliche Platte genau an Stelle der matten Scheibe zu liegen kommt,
sonst wird das Bild unscharf. Um zu prüfen, ob die Camera in dieser
Hinsicht richtig construirt ist, schraubt man das Objectiv ab, bringt
einen Mafsstab in das Loch, bis er die matte Scheibe trifft, notirt die
Entfernung vom Loch und macht dieselbe Messung nach Einschiebung
der eine Glastafel enthaltenden geöffneten Cassette. Zuweilen sind
die matten Scheiben etwas drehbar; dieser Umstand ist von Vortheil
zum Einstellen von Gegenständen, die eine schiefe Lage zur Axe des
Instruments haben.
Die Einrichtung der Cassette ist aus Fig. 73 ersichtlich. Die
empfindliche Platte kommt in dem Rahmen B auf den Silberdraht-
ecken dd zu liegen, dann wird der hintere Deckel D zugeklappt und
Fig. 73.
durch Vorreiber geschlossen. In dieser Weise drückt die Feder /
gegen die Platte und hält sie fest in ihrer Lage. Der durch einen
Schlitz ausziehbare Hinterdeckel II bleibt geschlossen, und wird erst
geöffnet, wenn die Cassette an der Camera sitzt, und alles zur Auf-
nahme bereit ist. Das Holz der Cassette ist in Folge des öfteren
Feuchtwerdens durch Silberlösung leicht dem Werfen ausgesetzt; sie
mufs deshalb ebenso wie die Camera aus kreuzweise über einander
gelegten Holzlagen zusammengeleimt, geschraubt und gefalzt, das Holz
mufs sorgfältig geölt und gefirnifst sein.
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Cassetten.
247
Zum Ansammeln der Silberlösung bringt man gewöhnlich unten
eine mit Pech ausgefüllte Grube an. Demnach ist solche Cassette,
(falls sie nicht nach jedem Gebrauch sofort ausgewischt wird, sehr
leicht durch die in das Holz dringende Silberlösung dem Verderben
-auagesetzt. Die Lösung zersetzt sich im Holze, und die Zersetzungs-
Iproducte ziehen sich durch Capillarität in die Coilodionhäute und be-
wirken darin moosförmige Flecke. Verfasser pflegt, um dieses zu
verhüten, die unteren Ecken der Cassette 5 Minuten in geschmol-
zenes Paraffin zu tauchen. Dieses conservirt sie jahrelang.*)
Auch Bestreichen der Ecken mit Negativlack wird empfohlen, dieser
Ueberzug mufs jedoch allmonatlich wiederholt werden.
Das Format der Cassetten wechselt außerordentlich. Um Platten
verschiedener Gröfse einlegen zu können, benutzt man Einlagbretter,
die ihrerseits wieder mit Silberdrahtecken versehen sind.
Um drei oder mehr Bilder auf einer Platte aufnehmen zu können,
bedient man sich der Schiebecassetten. Diese sind an einem
Fig. j4. breiten Hinterbrett LL
innerhalb eines Falzes ho-
rizontal verschiebbar (siehe
Fig. 74). Drei Zinken ///,
die in eine Feder schnap-
pen, dienen zur Fixirung
der Platte in den verschie-
denen Aufnahmestellungen.
Auf diese Weise ist die
sogenannte Visitenkarten-
camera construirt.
Anfänger mögen
daran erinnert werden, dafs beim Wechseln der matten
Scheibe mit der Cassette die Camera unverrückbar bleiben
mufs, und dafs, nachdem die Cassette an ihrem Platze ist,
der hintere Schieber E vor der Belichtung geöffnet wer-
den mufs.
Nachher erst öffnet man den Objectivdeckel, jedoch ohne den
Apparat zu erschüttern. Der Schlufsact der scharfen Einstellung,
nachdem die Stellung der Camera und matten Scheibe genau fixirt
worden ist, besteht nun in den Arbeiten am Objectiv.
Das Objectiv besteht aus den in eine Röhre gefafsten doppelten
oder einfachen Linsengläsern nebstBlenden. Die Gestalt derselben
*) In Deutschland findet man häufig statt der Silberdrahtecken Glasecken
oder Elfenbeinecken. Beide sind wenig empfehlenswerth, dagegen durfte sich
Auslegen der Cassette mit Ebonit als sehr praktisch erweisen, dieser ist aufaer*
ordentlich widerstandsfähig.
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248
Einrichtung der Objectire.
variirt nach der Grübe und Entfernung der zu fassenden Gläser und
den BlendenstelluDgen.
Fig. 75 zeigt eine sehr verbreitete Manier der Fassung. Es ist
ein Busch’sches Portraitobjectiv mit losen Central blenden DD,
welche durch einen Schlitz bei X
eingesetzt werden; der Ring R
dient zum Anschrauben an das
Camerabrett, die Hinterlinse liegt
bei II, die Vorderlinse bei r. Mit
dem Decke] C wird das Objectiv
geöffnet und geschlossen. Durch
Zahn und Trieb T kann das Ob-
jectiv der Hülse 0 behufs ‘der fei-
neren Einstellung hin- und herge-
schoben werden. Das vordere
röhrenförmige Ansatzstück bei C
dient nicht blos zum Tragen des
Deckels, sondern auch zur Abhal-
tung von Nebenlicht. Ein Mangel
dieser sehr allgemein verbreiteten Construction sind die losen Blen-
den, letztere gehen leicht verloren oder werden verlegt.
Willard in New-York hat neuerdings Objective mit Fischbein-
oder Ebonitblenden construirt, die innerhalb des Objectivs angebracht
sind und sieb durch blofses Drehen eines Knopfes rasch wechseln
lassen. Solche können natürlich nie verloren gehen.
Fig. 76 zeigt ein Landschaftsobjectiv von Dallmeyer ohne Deckel.
Die einfache Linse sitzt hier bei H, die
Blenden sind fest und bilden gemein-
schaftlich eine runde, mit Oeflfnungen ver-
schiedener Gröfse versehene Scheibe S.
Durch Drehung derselben kann man die
Blendenöffnung leicht wechseln. Eine
schwarze Scheibe r mit einer der gröfeten
Blende gleichen Oeffnung schliefst das
Objectiv vorn.
Es giebt auch Portraitobjective im
Handel, deren Vorderlinse als Land-
schafter gebraucht werden kann. Hierher gehören die Conusobjective,
welche Fig. 77 zeigt. Ihre Hinterlinse H ist gröfser als die Vorder-
linse (siehe Seite 188). Diese sitzt an einer ausziehbaren, durch den
Knopf H festzustellenden Fassung, so dafs man sie entweder ganz
herausnehmen, oder von der Hinterlinse mehr oder weniger entfernen
und dadurch den Focus verlängern kann. Die Blenden bilden Ringe,
die innerhalb des Objectivs nach Herausnehmen des Vordertheils C
Fig. 76.
ff
Fig. 75.
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Scharfeiastellen.
24»
bei D angebracht werden. Dieser vordere Theil, für sich allein in
verkehrter Lage an die Fassung geschraubt, bildet nach Abnahme
Fig. 77.
aller übrigen Stücke eine Landschaftslinse (siehe Fig. 77) mit Blenden
und Deckel bei D. Wichtig ist die vollkommene Schwärzung aller
inneren Röhrentheile des Objectivs. Reflectiren diese Licht, so ent-
stehen leicht Lichtflecke auf der Platte. Selten schraubt man das
Objectiv an die Camera direct, sondern an Ansatzbretter, dio leicht
gewechselt werden können.
Behufs der scharfen Einstellung pflegt man das Objectiv zu-
nächst mit der gröfsten zulässigen Oeffnung zu benutzen. Dadurch
wird gewöhnlich nur ein Theil des Bildes scharf. Man schiebt alsdann
Blenden an und nimmt diese um so kleiner, je weiter man die Schärfe
nach dem Rande hin treiben will. Zum besseren Erkennen des Bildes
steckt man den Kopf unter ein dunkles Tuch und bedient sich einer
Loupe, die die genaue Schärfe des Bildes viel besser erkennen läfst,
als es mit dem unbewaffneten Auge möglich ist. Von Wichtigkeit
beim Scharfeinstellen ist der feine Schliff der matten Scheibe. Bei
schlecht geschliffenen Scheiben werden oft erhebliche Fehler begangen.*)
Je lichtstärker das Objectiv und je heller das Wetter ist, desto leichter
ist das Scharfeinstellen. Bei trübem Wetter und noch mehr bei licht-
schwachen Objectiven, z. B. den Pantoskopen, bietet das Einstellen
ziemliche Schwierigkeiten dar.
Eine Vorsichtsmafsregel besonderer Art, die man namentlich bei
hellem Wetter zu beobachten hat, ist das Ausschliefsen des frem-
den Lichts vom Objectiv. Jedes Objectiv wirkt nicht blos als
Linse, sondern auch als Fenster, d. h. es läfst eine Menge zerstreuten
Lichtes hindurch, und dieses veranlagt entweder Verschleierung der
*) Die schönsten matten Scheiben sind die geätzten mitten Spiegelscheiben
von Meyer, Spandauerstrafae 67, Berlin.
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250
Farbenzerstreuung.
ganzen Platte oder beeinträchtigt doch die Brillanz den Bilde» wesent-
lich. Mau beobachtet dieses diffuse Licht sehr leicht, wenn man den
Kopf nach Herausnahme der matten Scheibe unter eine schwarze Decke
steckt und in die Camera sieht. Diese erscheint bei Linsen mit grofser
Oeffnung fast tageshell. Zur Abhaltung dieses fremden Lichts bedient
man sich eines Kastens, der das ganze Objectiv umgiebt und nur vorn
eine Klappe zum Oeffnen und Schliefsen hat.
Claudet und Bingham setzen den ganzen Apparat in eine Art
Zelt, welches auf Rollen geht. Die Vorrichtung erscheint sehr plump
und schwerfällig.
B. Vorbereitnngsarbeiten im Laboratorium.
Die für Ausübung der photographischen Processe nöthigen Chemi-
ealien werden gewöhnlich für den Gebrauch vorrräthig gemischt. Man
nennt diese Arbeit das Ansetzen und sie betrifft die Herstellung
des jodirten Collodions, des Silberbades, des Entwicklers, des
Verstärkers und der Fixage. Diese Fluidas müssen unbedingt
vorhanden sein , ehe man die Arbeit beginnt, und in einem Zustande
sich befinden, in dem inan ihrer guten Wirksamkeit gewifs ist. Bei
ihrer Herstellung, Wartung und Behandlung hat man sich der höchsten
Sorgfalt, namentlich der höchsten Rein lichkeit zu befleifsigen, und
vor allem ist das der Fall bei Herstellung der auf Wochen in Vor-
rath zu mischenden Collodien und Silberbäder. Fehler, die hierbei
gemacht sind, schleichen sich durch alle Platten; sie machen jeden
Erfolg unmöglich, und mit um so gröfserer Gewissenhaftigkeit ist hier
vorzugehen, als unter Umständen die geringsten, homöopathisch kleinen,
chemisch kaum noch nachweisbaren Quantitäten fremdartiger Substanzen
im Collodion oder Silberbade im Stande sind, die photographischen Ar-
beiten völlig illusorisch zu machen.*) Dem Verfasser sind Hunderte von
*) Wir können hier nicht umhin, den Passus aus dem „Lied von der Photo-
graphie- aufzufilhreu, in welchem unser Freund Dr. E. Jacobsen die Verzweiflung
eines mit Silberbadfehlern kämpfenden Photographen schildert:
„Wehe, wenn sie losgelassen:
Fehler in dem Silberbad,
Und der Photograph verlassen
. Wird von seiner Praxis Rath.
Draufseu warten,
Die zu Karten,
Die zu Bildern grofs und klein
Möchten aufgenommen sein.
Hört ihr's klopfen an die Thür?
Wieder Vier!
Roth wie Blut
Sind die Wangen:
Das ist nicht der Freude Gluth,
Das ist Bangen!
Decantirt
Und filtrirt
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Collodionbereitung.
251 .
Photographen vorgekommeu, die aus purer Nachlässigkeit, ja Bequem-
lichkeit unterliefsen, einen Trichter zu reinigen, dadurch ihr Collodion
oder Silberbad, ohne es zu ahnen, verdarben, nachher in ihrer Ver-
zweiflung zehnmal mehr Arbeit hatten, das Verdorbene wieder gut zu
machen, als das Reinigen des Trichters gemacht haben würde.
1. Ansetzen des Collodions.
Die oben anempfohlene gröfste Sorgfalt gilt vorzugsweise für
das Ansetzen des Collodions. Ein Silberbad läfst sich rasch mischen
und sogleich in Gebrauch nehmen, falls das alte seinen Dienst ver-
sagen sollte, ein neues Collodion dagegen ist im günstigsten Falle
erst brauchbar einige Tage nach der Mischung.
Ueber die Herstellung der Schiefsbaumwolle, deren Eigenschaften»
über die Lösung derselben in Alkohol und Aether haben wir schon
im ersten Theile ausführlich gesprochen, ebenso über die Jodirungs-
salze (s. S. 101). Für unsere Arbeiten halten wir uns gewöhnlich ein
Zweimal ward die Silbersuppe,
Doch es ist ihr alles schnappe!
Auch kein Heil ist d’raus entsprossen,
Als Collodion zugegossen;
Schütteln auch mit Caolin
Will ihr diesmal gar nicht ziehn. —
Trichter klappern, Gläser klirren,
Schalen schwappen — — Menschen irren !
Draufsen murrt es,
Flucht und knurrt es,
Alle werden ungeduldig.
Ach und wir sind doch nicht schuldig!
Durch der Hände lange Kette
Um die Wette
• Alle Album sind gegangen —
Und das Silber läfst uns hangen!
Rasch noch einmal nachgeschlagen,
Lafät die Bücher uns befragen. —
Doch mit der Recepte Heer
Wächst das Wirrsal immer mehr.
Tropft die Stirn und wird die Angst
Riesengrofs! —
Hoffnungslos
Weicht der Photograph dem Zufall,
löst Höllenstein zum neuen Bade auf, thut etwas Jodsilber hinein und geht in’s
Atelier, die Kunden zu versichern, dafs nun alles in Ordnung sei; aber
Leergebrannt
Ist die Stätte;
Fortgerannt
Um die Wette
Sind sie bis zum letzten Mann.
In dem leeren Atelier
Wohnt das Grauen
Und des Himmels Wolken schauen
Hoch hinein. H
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252
Judirtes Collodioo.
gut abgeklärtes Uohcol lodion im Vorrath. Dessen Zusammen-
setzung ist im Sommer: 2 Theile Collodion wolle,
50 - Alkohol 95%
50 - Aether;
für den Winter: 2 - Collodionwolle,
60 - Aether,
40 - Alkohol.
Im Winter nehmen wir das Collodion ätherreicher, damit die
Verdunstung beim Giefseu rascher vor sich gehe und die Schicht da-
durch fester werde (s. S. 101).
Die Abklärung des Rohcollodions ist gewöhnlich 14 Tage nach
Auflösung der Wolle vollendet.
Dieses Rohcollodion mufs mit Brom- und Jodmetallen ver-
setzt werden. Viele Photographen thun letzteres zu der öligen Flüs-
sigkeit. Dies ist unpraktisch. Gewöhnlich enthalten die Salze kleine
Spuren von Unreinigkeiten, die sich aus dem Collodion nur langsam
absetzen und ein zeitraubendes neues Abklären nöthig machen.
Viel praktischer ist es daher, die Jod- und Bromsalze für sieh
in Alkohol zu lösen und nach sorgsamster (womöglich zweifacher)
Filtration dem abgeklärten Rohcollodion zuzusetzen.
Eine solche Lösung von Jod- und Bromsalzen in Alkohol nennt
man J odir urig.
Von besonderer Wichtigkeit ist die Auswahl der Jodirungs-
salze. Die Zahl der Recepte, die in dieser Hinsicht empfohlen wor-
den sind, ist Legion. Es ist nicht unsere Absicht, hier eine Recep-
tensarnmlung zu liefern, obgleich unter den zahlreichen Recepten viel
gute sind. Probirt man die Collodien verschiedener Photographen
oder Fabrikanten, so findet man in ihren Eigenschaften ganz augen-
fällige Unterschiede. Manche arbeiten weich, aber flau, d. h. geben
Bilder mit vielen Details in den dunklen Theilen, aber nur wenig
intensiven Lichtern, andere arbeiten hart, aber brillant. Manche geben
ein intensives, manche ein dünnes Bild, und dennoch geben alle diese
so verschieden arbeitenden Collodien gute Resultate in der Hand des-
jenigen, der damit zu arbeiten gewöhnt ist.
Es ist möglich, mit einem flau arbeitenden Collodion durch etwas
contrastreichere Beleuchtung dennoch ein brillantes Bild zu erzielen,
und umgekehrt bei einem zu contrastreich arbeitenden Collodion durch
eine passende Beleuchtung ein harmonisches Bild zu erhalten. Auch
durch passende Wahl des Entwicklers läfst sich hier mancher Fehler
ausgleichen. Wer aber dieselbe Arbeitsmanier etc. für alle Collodien
anwenden will, wird manches voreilig als schlecht verdammen, welches
bei richtiger Arbeit gute Resultate geben würde.
Umgekehrt kann aber nicht geleugnet werden, dafs gerade in
diesem Artikel ziemlich stark auf die Unwissenheit mancher Photo-
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Jodirtes Collodion.
253
graphen speculirt wird und Collodion mit den seltsamsten Jodirungs-
salzen — neuerdings sogar Caesium und Rubidium — als die photo-
graphischen Steine der Weisen angepriesen werden.
Seite 106 sind die Wirkungen der Jodirungssalze eingehender
besprochen und die Resultate der Untersuchungen des Verfassers über
die Wirkung der Bromsalze genauer ausgefübrt worden (Seite 109).
Wir reihen hieran noch die Resultate einiger neueren Forschungen.
Die Gegenwart von Bromsalz bedingt die Empfindlichkeit für
dunkle Strahlen, d. h. Details in den Schatten und Weichheit, die Ge-
genwart des Jodsalzes die Empfindlichkeit für helle Strahlen, d. h. die
Intensität der Lichter (s. Seite 109). Es ist daraus etwas voreilig der
Schlufs gezogen worden, dafs das Collodion um so weicher arbeite,
je mehr es Bromsalz enthalte, das ist jedoch keineswegs der Fall.
Kürzlich angestellte Versuche des Verfassers haben gezeigt, dafs
ein Collodion, welches 2 Aequivalente Jodcadmium auf 1 Aequivalent
Bromcadmium enthält, bedeutend weicher arbeitet und empfindlicher
ist als ein Collodion, welches doppelt und viermal so viel Bromcad-
mium im Verhältnis zum Jodcadmium enthält.
Wurde der Bromgehalt noch weiter gesteigert (3 Aequivalente
Cd Br auf 1 Aequivalent CdJ), so resultirte ein Collodion, welches
wieder grofse Empfindlichkeit für dunkle Strahlen, aber blasse Lich-
ter zeigte; es arbeitete sehr weich, aber flau.*)
Ebenso seltsam ist nach des Verfassers Versuchen die Quantität
der Jodirungssalze. Verfasser machte zwei Collodien, von denen das
eine doppelt so stark jodirt war wie das andere; ersteres erwies sich
bedeutend empfindlicher und gab ein intensiveres Bild als letzteres.
Wer Collodion probiren will, der nehme, wie wir damals, eine
mit schwarzer Draperie umgebene Gypsbüste auf (siehe Seite 109).
Wichtig ist bei vergleichenden Versuchen diegröfste
Uehereinstimmung in Bezug auf Licht, Silberbad, Ent-
wicklung.
Folgendes sind die Recepte, deren wir uns gewöhnlich bedienen:
a) Gewöhnliches Collodion.'*)
1 Gramm Jodcadmium,
i - Jodnatrium,
i - Bromammon,
30 - Alkohol
werden gelöst und nach vollständiger Auflösung filtrirt.
*) 1 Aequivalent Jodcadmium entspricht ungefähr 18 Gewichtstheilen.
1 - Bromcadmium - - 17
*•) Dieses Collodion ist das unter dem Namen *Dr. Vogels Collodion“ bereits
vor drei Jahren in den Photograph. Mittheilungen publicirte.
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254
Jodirtes Collodion.
Dann wird 1 Volumtheil des Filtrats mit
3 Volumen Rohcollodion
von 2 Procent Pyroxilingehalt (siehe oben) gemischt.
War das Rohcollodion gut abgeklärt, die Salzlösung sehr gut
flltrirt, so ist das Collodion schon nach drei Tagen brauchbar. Das
jodirte Collodion hält sich verschieden lange. Ist das angewendete
PyTOxilin zur Zersetzung geneigt, so färbt es sich bald roth, ebenso
wenn die Salze unrein sind. Am wenigsten rein erhält man in der
Regel das Jodnatrium.
b) Aequivalentcollodion.
Dieses empfehlen wir auf Grund unserer neuesten Untersuchungen
(siehe Photograph. Mittheilungen, Augustheft 1868) als ein Collodion
von besonderer Haltbarkeit. Man löse
18 Gramm Jodcadmium in 270 Gramm Alkohol,
ebenso 17 - Bromcadmium - 270
Man mische 2 Volumentheile der Jodcadmiumlösung mit 1 Volu-
mentheil der Bromcadmiumlösung und 9 Theilen Rohcollodion (2 Proc.)
In diesem Collodion findet sich auf 2 Aequi valente Jod 1 Aequiva-
lent Brom, daher der Name. Es hält sich Jahr und Tag.
Gewöhnlich werden die frisch gemischten Collodien bald gelb,
wenn auch die Jodirungssalze farblos waren (siehe Seite 106).
Am längsten bleiben die Cadmiunicollodien weifs. Manche Collo-
dien geben, so lange sie noch nicht gelblich geworden sind, leicht
Schleier. Man kann solche durch leichte Ansäuerung des Silber-
bades oder durch Zusatz von einigen Tropfen Jodtinctur zum Collodion
(durch letztere wird es sofort gelb gefärbt) verhindern. Alkoholreiche
Collodien geben leichter Schleier als äther-
reiche.
Manche Sorten Rohcollodion klären sich
äufserst schwer ab, sie geben trotz monate-
langem Stehen immer noch fleckige Platten.
Es sind dies namentlich die bei niederer
Temperatur bereiteten. Collodien, welche
damit hergestellt sind, müssen filtrirt werden ;
dies ist eine etwas zeitraubende Operation,
die man mit Hülfe einer eigens dazu ge-
machten Filterflasche ausführt. Diese hat
einen in Glas eingeschliffenen, mit Glas-
stöpsel schliefsbaren Trichter T , in dessen
untere Oeffnung o man lose, gewaschene
Baumwolle stopft, welche man um das Glas-
röhrchen r wickelt. Dann giefst man Collo-
dion auf, dasselbe sickert langsam durch die
Flg. 78.
«
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Silberbad.
255
Baumwolle, während die Luft aus dem Untergefäfs durch das Röhr-
chen entweicht. Der obere Stöpsel s verhindert die Verdunstung der
so leicht flüchtigen Flüssigkeiten. Ueber die Benutzung und Wartung
des Collodions siehe unten.
2. Das Silberbad.
Das Silberbad hat die Aufgabe, die Collodionschicht zu sensibi-
lisiren, d. h. die Jod- und Brommetalle darin in Jod- und Bromsilber
überzuführen.
In früherer Zeit benutzte man als solches eine verdünnte Silber-
lösung 1 : 16 bis 1 : 20. Diese ist auch in der That zu dem genannten
Zweck geeignet. Demnach ist es nicht rathsam, mit einer so schwachen
Silberlösung zu arbeiten. Einerseits geht die vollständige Sensibilisation
der Platten in solchem verdünntem Bade nur langsam vor sich und
um so langsamer, je reicher das Collodion an Jod- und Bromsalzen
. ist, andrerseits aber wird dem Bade mit jeder Platte eine gewisse
■Quantität Silber entzogen, es erschöpft sich deshalb sehr rasch, wenn
es vonvornherein wenig Silbersalz enthält.
Ferner ist ein Punkt zu beachten, nämlich die Löslichkeit des
Jodsilbers in Höllensteinlösungen (s. S. 47). Diese bewirkt das
sogenannte Anfressen der Platten in einem frischen Bade, und um
dieses zu verhüten, stellt man entweder in ein frisches Bad über Nacht
eine jodirte Collodionplatte oder setzt dem Bade unmittelbar ein Jod-
salz zu, welches eine kleine Quantität Jodsilber erzeugt und dadurch
das Lösungsvermögen des Bades für diesen Stoff etwas vermindert.
Als Rohmaterial für Ansetzung des Bades bedienen wir uns nur
des neutralen kry stall i sirten Silbersalzes, niemals des geschmol-
zenen, welches zuweilen sehr störend wirkendes salpetrigsaures Silber
enthält (siehe Seite 42).
Zum Ansetzen des Bades lösen wir
100 Gramm Silbersalz in
1000 - destillirtem Wasser
und setzen dazu 25 Gramm (oder Cubikcentimeter)
einer Lösung von 1 Theil Jodkalium in 100 Tbeilen Wasser.
Säure fügen wir gewöhnlich nicht zum Silberbade, nur wenn eine
darin präparirte Platte schleierig erscheinen sollte, setzen wir tropfen-
weise verdünnte Salpetersäure (1 Theil Salpetersäure, 5 Theile Wasser)
hinzu, jedoch nur soviel, dafs der Schleier eben zum Verschwinden
gebracht wird. Essigsäure bedienen wir uns zum Ansäuern des Bades
nicht, da sie leicht zur Entstehung von schwerlöslichen essigsauren
Silberkrystallen Veranlassung giebt, die sich auf die Platten setzen
und Spiefse, Körner und spiefsige Flecke veranlassen. Zusatz von
Bleizucker, Brommetallen und ähnlichen mehrfach empfohlenen Salzen
ist vollständig überflüssig.
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256
Entwickler.
3. Der Entwickler.
Als Entwickler für den Negativprocefs wird jetzt ganz allgemein
eine Eisenvitriolauflösung angewendet. Diese fällt das Silber
aus seinen Lösungen metallisch als feines Pulver (siehe Seite 37) und
dieser Niederschlag entsteht demnach auch, wenn man auf eineCollodion-
platte, welche feucht von anhängender Silberlösung ist, Eisen-
vitriollösung giefst
Damit der Niederschlag nicht zu rasch entstehe und unregelmäfsig
die ganze Platte bedecke, wendet man eine verdünnte und sa'Ure
Eisenlösung an (siehe Seite 37).
Als bestes Ansäuerungsmittel nimmt man die Essigsäure (sogen.
Eisessig). Bei Bildern mit Halbtönen wendet man einen concen-
trirten, bei Reproductionen ohne Halbtöne einen verdünnten
Entwickler an.
Wir nehmen
a) als Entwickler für Fortraits and Landschaften.
5 Tbeile Eisenvitriol,
3 - Eisessig,
100 - Wasser.
Ist das Silberbad alt, so fügt man noch 2 Theile Alkohol hinzu.
Das Wasser braucht durchaus nicht destillirtes zu sein. Wasserleitungs-
wasser und nicht zu salzhaltiges Brunnen- oder Flufswasser genügt.
b) Entwickler für Stichreprodnctionen.
2* Theile Eisenvitriol,
3 — 4 - Eisessig,
100 - Wasser;
bei alten Bädern Alkohol wie oben.
Ueber die Eigenschaften des Eisenvitriols und des Eisessigs ist
bereits die Rede gewesen (siehe Seite 21 und 78).
Statt des Eisenvitriols wendet man auch zuweilen das schwefel-
saure Eisenoxydulammon an. 5 Theile Eisenvitriol entsprechen
7 Theilen schwefelsauren Eisenoxydulammons. Er empfiehlt sich durch
seine Beständigkeit für damit angesetzte Entwickler, hält sich lange
Zeit, während der gewöhnliche Eisenvitriolentwickler mindestens alle
drei Tage frisch bereitet werden mufs.
4. Der Verstärker.
Das durch Entwickler hervorgerufene Bild ist in den meisten
Fällen noch zu flau, um direct druckbar zu sein, es mufs daher durch
Verstärker dicker gemacht werden. Das Princip der Sache ist Seite 39
auseiuandergesetzt.
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Verstärker.
257
Als hauptsächlichsten Verstärker bedient man sich einer Mischung
von einer sauren Silberlösung mit einer reducirenden Flüssigkeit.
Als letztere ist sehr allgemein eine Pyrogallussäure-Auflösung
beliebt, sie arbeitet bei Gegenwart von Säure langsam, reinlich und
giebt eine „dichte Decke“. Sie hält sich jedoch gleich dem Entwickler,
im Wasser gelöst, nur kurze Zeit, indem sie Sauerstoff absorbirt und
braun wird. Die alkoholische Lösung hält sich dagegen jahrelang.
Da das Abwägen der Pyrogallussäure weniger bequem ist, als das Ab-
messen einer abgestimmten Lösung, stellen wir letztere in Vorrath dar,
indem wir
1 Theil Pyrogallussäure in
10 Theilen Alkohol
lösen und filtriren. Diese Lösung hält sich gut verkorkt unbegrenzte
Zeit. Behufs des Gebrauchs verdünnen wir 4 Cubikcentimeter dieser
Lösung auf 100 Cubikcentimeter mit Wasser. Diese wird unmittel-
bar vor der praktischen Anwendung mit dem gleichen Volumen der
folgenden Silberlösung gemischt:
2 Theile Silbersalpeter,
3 - Citronensäure,
100 - Wasser.
Diese Lösung hält sich 14 Tage.
Im Sommer, oder wenn die Pyrogallussäure (wo das zuweilen
vorkommt) rascher reducirend wirken sollte, nehme man statt 3 Theile
lieber 4 Theile Citronensäure. Im Winter kann man die Menge der-
selben, falls die Reduction zu langsam gehen sollte, auf 1 Theil herab-
setzen. Für Reproductionen in Stichmanier nehme man den Verstärker
möglichst sauer, um die Linien klar zu erhalten.
Ebenso empfehlenswerth als die Pyrogallussäure ist der Eisen-
verstärker. Er giebt zwar in der Hand des Ungeübten leicht
Flecke, hat aber den Vortheil, kein Abspülen der Platte vor dem
Verstärken nöthig zu machen und bei richtiger Mischung rascher
zu arbeiten.
Man nimmt dazu den gewöhnlichen Entwickler (siehe oben)
und versetzt ihn mit gleichviel von folgender citronensaurer Silberlösung:
2 Theile Silbersalpeter,
3 - Citronensäure,
2—3 - Alkohol,
100 - Wasser.
Did zahlreichen, sonst empfohlenen Verstärkungsfluida (s. S. 40)
können wir hier nicht empfehlen; sie haben mancherlei interessante
Seiten, sind jedoch praktisch noch nicht so bewährt, als die vorher-
gehenden. Auf einzelne, für specielle Felder der Photographie von
Werth erscheinende, soll später noch eingegangen werden.
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 11
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258
Fixsge. — Lack.
5. Fixage.
Aus dem entwickelten und verstärkten Bilde mufs das licht-
empfindliche Material, Jodsilber und Bromsilber entfernt werden, einer-
seits um die Platte durchsichtiger zu machen, andererseits um sie vor
weiterer Veränderung durch das Licht zu schützen; dazu dient entweder
eine Lösung von
1 Theil unterschwefligsaurem Natron (Fixirnatron) in
4 — 5 - Wasser
oder 1 - Cyankalium in
25 - Wasser.
Die Fixirnatronlösung hält sich mehrere Tage. Die Cyankalium-
lösung zersetzt sich jedoch schnell und gebt in ameisensaures Kali
über. Ueber die chemischen Principien des Fixirprocesses s. S. 81 u. 84.
Wir bedienen uns für Arbeiten im Atelier, wo Waschwasser in
hinreichendem Matse zur Disposition steht, des Fixirnatrons, zu Arbeiten
im Freien, auf Reisen jedoch des Cyankaliums. Letzteres wirkt ebenso
leicht auflösend auf das Silber des Bildes (s. S. 81) und zerstört daher,
wenn man es nicht sofort abwäscbt, leicht die zarteren Halbtöne des
Bildes. Es bietet jedoch den Vortheil, durch Kosten des letzten Tropfens
ablaufenden Waschwassers zu erkennen, ob die Platte sorgfältig ge-
waschen ist oder nicht (s. unten).
6. Lack.
Das gefertigte Bild bedarf zum Schutz vor mechanischer Ver-
letzung eines Ueberzuges. Als solchen benutzte man früher eine con-
centrirte Gummiarabicum-Lösung. Diese ist ausreichend, falls man nur
eine kleine Zahl Abzüge von der Platte fertigen und diese nicht lange
aufbewahren will. Für die Platten , die länger auf bewajbrt werden
sollen, empfiehlt sich aber statt dessen eine alkoholische Harzlösung,
die der Hauptsache nach aus Schellack besteht. Es giebt fast ebensoviel
Lackrecepte als Collodionrecepte und pflegt man jetzt meistentheils den
Negativlack fertig zu kaufen.
Für Diejenigen, welche ihn selbst bereiten wollen, empfehlen wir
folgendes Recept:
3 Theile weifser Schellack,
3 - Sandarak,
40 - Alkohol von 95".
Grafshoff empfiehlt in seinem vortrefflichen Werkchen über Re-
touche folgenden Lack:
2, Theile Sandarak,
4 - Kampher,
1 - venetianischer Terpenthin,
■$ - Lavendelöl,
15 - Alkohol.
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Glasplatten.
259
Der Zusatz von Terpenthin und ätherischem Oel bewirkt mehr
Zähigkeit. Dieser scbellackfreie Firnifs ist vortrefflich zur Negativ-
retouche mit Bleistift. An sich ist er oft zu dick, er wird dann mit
Alkohol von 95" passend verdünnt. Zuweilen greift der Lack die
Collodionschicht beim Firnissen an, dies verhindert man durch Zusatz
von 1 Proc. Wasser.
7. Glasplatten.
*
Glasplatten dienen als die wichtigsten Unterlagen in dem Collodion-
negativprocefs, als die Träger des Collodionhäutchens; sie werden in
der Photographie in riesigen Quantitäten verbraucht und erfordern
mit Rücksicht auf die Subtilität des Processes einige Vorbereitungs-
arbeiten, ehe sie photographisch brauchbar sind. Bedingung ihrer An-
wendbarkeit ist
a. Möglichst vollkommene Durchsichtigkeit, damit sie
beim Copirprocefs dem Lichte den Durchgang gestatten. Die weifse,
schlierenlose Platte wird hier stets den Vorzug verdienen vor grün-
lichem, blasigen Glase.
b. Ebenheit Unebene Glasplatten legen sich schlecht an die
Bildebene in der Camera, noch schlechter in den Copirrahmen. Hier
zerbrechen sie leicht.
c. Glätte und Reinheit der Oberfläche. Gewöhnlich findet
man zweierlei Sorten photographisches Glas in dem Handel: soge-
nanntes rheinisches Glas und Spiegelglas; ersteres ist eine mehr
grünlich erscheinende, nicht immer ebene und glatte Sorte, die wie
Fensterglas geblasen und gestreckt wird. Das zweite ist gewöhnlich
auch geblasenes Glas, welches nachher abgeschliffen und dadurch eben
gemacht worden ist.
Für kleinere Bilder reicht das gewöhnliche rheinische Glas aus,
namentlich wenn der Fabrikant auf photographische Anforderungen
Rücksicht genommen und das Glas möglichst gut gestreckt und mög-
lichst reinlich aufbewahrt hat.
Verlangt man jedoch sehr ebene Platten, so bedient man sich
des allerdings viel theureren Spiegelglases, so bei grofsen Aufnah-
men, bei mathematisch genauen Reproductionen etc. Zu beachten ist
noch die Eigenschaft der Glasoberfläche. Das gewöhnliche
rheinische Glas ist härter als Spiegelglas, daher mechanischen und
chemischen Wirkungen nicht so leicht ausgesetzt. Chemischen Wir-
kungen leisten Gläser bei Weitem weniger Wiederstand als man ge-
wöhnlich annimmt. Pulverisirtes Glas giebt beim Kochen mit Wasser
beträchtliche Quantitäten von Salz ab. Ja beim Verdunsten einer
kleinen Portion destillirten Wassers auf einer Glasplatte bemerkt man
zuweilen ein Angreifen derselben. Noch übler wirken Salzlösungen.
Daher findet mnn so häufig, dafs an Gläsern eingetrocknete Wasser-
17'
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260
Glasplatten.
tropfen und Salzlösungen unvertilgbare Flecke hinterlassen. Höchste
Sauberkeit ist demnach beim Behandeln der Glasplatten
Bedingung.
Meistentheils kauft der Photograph die Platten in passend zuge-
schnittenen Mafsen und nicht selten werden sie, getrennt durch Stücke
Druckpapier, versendet. Dieses sollte vermieden werden, denn die
Druckerschwärze läfst leise Fettspuren an der Platte zurück und man
erkennt oft die ganze Schrift, wenn man auf die Platte haucht. Als
Zwischenlage empfehlen sich Fliefspapierstreifen.
Wichtig ist die sogenannte Bekantung. Die scharfen Kanten und
Ecken der frisch geschnittenen Platten würden nicht nur Putzlappen,
sondern auch die Hände der Photographen ruiniren. Man schleift sie
daher ab, entweder mit Hülfe einer flachen Feile, oder indem man
zwei Platten mit den Kanten übereinander reibt. Die herumfliegenden
Splitter wische man sofort herunter, sie geben sonst leicht Veranlas-
sung zur Entstehung von Ritzen im Glase.
Man überzeugt sich vorher, ob sämmtliche zugeschnit-
tenen Glasplatten auch richtig in die Cassette passen.
Sämmtliche Platten bedürfen einer ziemlich umfassenden und
sorgfältigen Reinigung, die theils chemischer, theils mechanischer
Natur ist.
Die frische Platte taucht man ein paar Stunden entweder in eine
Mischung von
1 Theil roher Salpetersäure und
1 - Wasser,
die in einer Glasschale auf bewahrt wird, oder in eine Mischung von
1 Theil saurem chromsaurem Kali,
1 - engl. Schwefelsäure,
12 - Wasser.
Letztere Mischung hat Lea empfohlen, sie wirkt sehr energisch zer-
störend auf die organischen Substanzen. Man achte jedoch darauf, dafs
bei ihrer Anwendung sich öfter Chromalaunkrystalle ausseheiden und
sich auf die Platte setzen, dann ist die Mischung unbrauchbar geworden
und mufs neu angesetzt werden. Wir bedienen uns gewöhnlich der
Salpetersäure.
Will man eine eben gekaufte Platte sofort benutzen, so überreibe
man sie auf beiden Seiten sorgfältig, Strich an Strich mit einem
in die Säure getauchten Lappen, lasse sie einige Minuten stehen und
wasche sie dann tüchtig mit Wasser, indem man mit dem Hand-
ballen gehörig nachreibt. Die gut gewaschene Platte wird dann
5 Minuten zum Ablaufen auf reinliches Fliefspapier schief gestellt
und dann auf beiden Seiten mit einem ganz reinen, einzig und
allein für diesen Zweck bestimmten, sorgfältig zu ver-
wahrenden Handtuch auf beiden Seiten trocken gerieben.
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Vorbereitung der Glasplatten.
261
Manche Operateure empfehlen Reinigung der rohen Platten mit
Aetzkali oder Cyankalium. Man verreibt eine Lösung der Salze (un-
gefähr 1 zu 10) tüchtig mit einem Leinwandlappen auf der Platte,
nachher wäscht und trocknet man die Platte wie oben.
Solcher gewaschenen Glasplatten müssen vor Beginn jeder photo-
graphischen Arbeit eine Anzahl vorhanden sein.
Man führe diese Vorreinigung der Platten mit gröfster Sorg-
falt aus. Eine nicht sorgfältig vorgereinigte Platte ist durch
Putzen mit Lederballen nimmermehr rein zu bekommen.
Man unterlasse nie, auch die rauhen Kanten der Platte
zu reinigen. Gewöhnlich wird dies übersehen und giebt
d an n Veranlassung zur Entstehung von Schmutzkanten auf
den Bildern.
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Zweiter Abschnitt.
Die photographischen Operationen.
Sind die in dem vorhergehenden Capitel eingehend beschriebenen
photographischen Vorbereitungsarbeiten im Laboratorium und im Ate-
lier getroffen, so kann die Ausübung des Processes beginnen. Vor-
her aber überzeuge man sich, dafs nichts fehlt.
Nichts passirt namentlich Anfängern häufiger, als dafs sie eins
oder das andere vergessen. Sie haben eine Platte geputzt, collodionirt,
seusibilisirt, exponirt, und nachher fehlt es ihnen am Entwickler, das
Bild hervorzurufen, oder dieser war vielleicht vorhanden, und es fehlte
an reinlichen Gläsern, am Verstärker. Natürlich trocknet die Platte
zusammen, ehe diese Sachen herbeigeschafft sind, und die vorherge-
gangenen vier oder fünf Operationen sind in solchem Falle völlig ver-
geblich.
Noch nothwendiger ist aber eine solche vorhergehende strenge
Controlle, wenn es sich um Portraitphotographie handelt Hier
tritt neben dem Photographen noch das aufzunehmende Modell
in Mitleidenschaft. Dieses mufs die ungemüthlicbe Operation des Po-
sens, Kopfhalteranlegens, Stillhaltens noch einmal in Folge der Schuld
des Photographen durchmachen — und das ist ein für allemal kein
Vergnügen und nicht geeignet, das Publicum zu fesseln.
Die erste Arbeit bei Ausführung einer photographischen Aufnahme
ist die Herstellung einer rein geputzten Glasplatte.
1. Das Putzen.
Wir setzen das Vorhandensein in die Cassette richtig pas-
sender und gehörig durch Säure, Waschen und sorgliches Abtrocknen
vorgereinigter Glasplatten voraus (s. o.). Man prüfe dieselben durch
Anhauchen auf beiden Seiten. Die geringsten Ungleichheiten in der
Oberfläche offenbaren sich hierbei sofort durch ungleiches Anlegen
des Hauches.
Erscheinen beide Seiten gleich rein, so wähle man die glatte
Seite als die weiter zu bearbeitende. Man findet nämlich bei gewöhn-
lichem rheinischen Glase zwischen den beiden Seiten Ungleichheiten.
Die eine Seite, welche im Streckofen unten gelegen hat, erscheint wie
jnit feinen Punkten besäet, die andere ist glatter. Natürlich braucht
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Platten putzen.
263
nur eine Seite fertig geputzt zu werden, da nur eine collodionirt wird.
Man halte die andere jedoch reinlich, um nicht durch daran haftenden
Schmutz später das Silberbad zu verunreinigen.
Die erste Arbeit des Reinputzens besteht im Vorputzen mit Hauch
und völlig reinem, nur zu diesem Zweck dienenden Hand-
tuch. Man breite das Handtuch auf einen reinlichen Tisch aus,
lege die Platte auf, halte sie an einer Ecke mit dem Tuchzipfel (nicht
mit den Fingern) fest, hauche auf die Oberfläche und reibe alsdann
mit dem andern Handtuchende, das zu einem Ballen geformt ist.
Hauptbedingung: Rein gewaschene Hände und reines,
nur mit Soda gewaschenes Handtuch. Nach einmaligem Ueber-
reiben der ganzen Platte (Kanten und Ecken nicht zu vergessen)
prüfe man den Erfolg der Operation durch Hauch und Beobachtung
im reflectirten Licht. Sind noch Ungleichheiten vorhanden, so bear-
beite man die betreffenden Stellen weiter mit Hauch und Handtuch.
Verschwinden sie dann noch nicht, so ist die Platte schlecht vor-
gereinigt. Man bringe sie dann zurück in die Säure.
Es ist völlig nutzlos, eine Platte, welche mit Hauch und
Handtuch nicht rein zu putzen ist, nachträglich mit Lederballen zu
behandeln. Letzterer dient nur zur Herstellung einer feineren Politur.
Man prüfe stets den Erfolg jeder einzelnen Putzopera-
tion durch Anhauchen.
Zeigt sich die Platte homogen, so gebe man ihr die schliefsliche
feinere Politur mit dem Lederballen. Man lege sie auf den Putzrah-
men R (Fig. 79), der je nach
der Plattengröfse durch Schrau-
ben stellbar ist, träufele etwas
starken Alkohol darauf, verreibe
diesen rasch mit dem ersten
Ballen gleichmäfsig über der gan-
zen Platte, und darauf polire man mit dem zweiten Lederballen nach.
Die Platte ist vollendet, wenn sie den Hauch gleichmäfsig mit blauer
Farbe annimmt.
Manche nehmen statt des Alkohols altes Collodion; es entfernt
vermöge seines Aethergehalts sehr leicht die letzten Spuren Fett.
Das Putzen ist eine Operation, die mit Kritik, Geschick und Vor-
sicht verrichtet werden mufs. Anfänger fehlen gewöhnlich dadurch,
dafs sie ungenügend vorgereinigte (gesäuerte und gewaschene)
Platten mit Lederballen rein putzen wollen, was natürlich vergebliche
Arbeit ist. Ebenso häufig wird durch Unreinlichkeit der Hände, der
Handtücher und der Putzlappen gefehlt.
Die Fälle, wo der schmutzige Rockärmel über die schon rein
geputzte Platte Streifen zieht, kommen täglich vor. Viele vergessen
auch das sorgfältige Reinigen der Kanten und Ecken.
Fig. 79.
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264
Putzen alter Platten. — Abstäubern — Collodioniren.
Sehr grofse Platten pflegt man felderweise zu putzen. Man
bearbeitet nach dem Vorputzen mit dem Handtuch, so gut es geht,
die ganze Platte mit breiten Lederballen, prüft durch Hauch und
bearbeitet die noch unrein erscheinenden Stellen für sich.
Schon gebrauchte Platten werden, falls sie lackirt sind, in
Sodalösung gelegt. Nach einigen Stunden ist hier der Ueberzug her-
untergeweicht. Man wäscht sie dann mit Wasser, nachher mit ein
wenig Säure, dann wieder mit Wasser, und behandelt sie dann wie
oben. Sind die Platten eben gebraucht worden und noch nafs, so
kann man die Collodionhaut herunterwischen, tüchtig waschen und
dann gleich wieder verwenden. Platten, auf denen das Collodion fest-
getrocknet ist, legt man in die Säure. Sehr alte, öfter benutzte Platten
sind schliefslich durch kein Mittel mehr rein zu bekommen ; noch mehr
werden mechanisch durch Glasritzen verdorben, z. B. beim Einlegen
der Platten in die Säure, beim flachen Hinlegen der Platten auf den
Tisch etc. (letzteres sollte nie geduldet werden). Jene Mittelchen, welche
man empfiehlt, um das Putzen zu erleichtern, wie Jodtinctur statt des
Alkohols, und ähnliche, mögen in Ausnahmefällen gute Dienste leisten,
für gewöhnlich rathen wir nicht zu ihrem Gebrauch.
2. Das Abstäuben.
Gewöhnlich wird die Platte beim Putzen mit dem Lederlappen
electrisch; sie zieht eine Menge Staub und Fasertheilchen an, die das
aufgegossene Collodion und später das Silberbad total verunreinigen
würden. Man läfst dashalb die frisch geputzte Platte auf dem Platten-
ständer einige Minuten stehen. Dabei verliert sie bald ihre Electri-
cität. Zum Schlufs stäubt man sie ab, indem man sie gleichmäfsig
vorn und hinten in Kanten und Ecken mit einem sehr reinlich zu
haltenden Kameelhaarpinsel (dem Abstäuber) überfährt.
Am besten hält man die Platte hierbei senkrecht mit der linken
Hand an einer Ecke. Den Abstäuber lege man nie auf den
Tisch, sondern hänge ihn an einem Nagel auf. Das Abstäuben
geschieht am besten in dem Raume neben dem Dunkelzimmer.
3. Das Collodioniren.
Das gleichmäfsige Ueberziehen einer Platte mit Collodion ist eine
Operation, die erst nach einiger Uebung gelingt. Anfänger lernen
dieselbe am besten, wenn sie mit altem, unbrauchbar geworde-
nen Collodion auf schlechten Glasplatten Giefsproben machen.
Man halte die Glasplatte (Fig. 80) erst völlig horizontal an
der einen Ecke links oben (o), dann giefse man mit der rechten
Hand auf die Mitte eine ziemlich grofse Menge Collodion, welches An-
fangs als Kreis sich nach allen Seiten verbreitet. Hat man genügend
aufgegossen, so neige man die horizontale Platte ganz leise, so dafs
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Collodioniren.
265
das Collodion erst nach Ecke 6, daun nach der Aufafsecke a,
später nach c und endlich nach d fliefst. Dann kippe man langsam,
indem man die Platte in ihrer Ebene um d dreht. Unter d halte
Fig. 80.
man alsdann den Hals
der geöffneten Collo-
dionflasche und lasse
den Ueberschufs des
Fluidums ablaufen. In-
zwischen bringe man
die Platte allmählich
unter fortwähren-
dem Drehen in die
verticale Lage. Das
Collodion verdunstet
nämlich beim Ablaufen
und würde, falls die
Drehung nicht statt-
fände, in Streifen in
“ der Ablaufsrichtung
(diagonal) auftrocknen. Das Drehen geschieht- stets in der Ebene
der Platte.
Wichtig ist ferner, dafs das Collodion nicht auf die Rückseite der
Platte fliehe, es veranlafst sonst auf der Vorderseite durch Abkühlung
ein ungleiches Trocknen, und verunreinigt auch das Silberbad durch
sich ablösende Häutchen. Ebenso wichtig ist, dafs die ätherische
Flüssigkeit nicht den Finger berühre, sie löst sonst aus demselben
Fetttheilchen anf, die dunkle Streifen veranlassen.
Man hält die Platte in ununterbrochener Drehung, während man
inzwischen die Collodionflasche zustöpselt. (Von Anfängern
stets vergessen.)
Für sehr reinliche Arbeiter empfehlen wir das von der Platte ab-
laufende Collodion in einer separaten Flasche aufzufangen; dies
verhindert die Verunreinigung des Collodion vorrathes durch etwa von
der Platte zurückfliefsenden Staub etc.
Sobald das Collodion dicker wird, und der letzte Tropfen abzu-
laufen aufbört, sei man aufmerksam. Ist der untere Rand an der
Ablaufecke gerade so fest geworden, dafs er in Lappen reifst, so ist
der Moment da, wo die Platte sofort in’s Silberbad getaucht werden
mufs. Taucht man sie zu zeitig ein, so wird die Schicht zu mürbe
und geht später beim Waschen herunter. Taucht man sie zu spät ein,
so sensibilisiren die zu trocken gewordenen oberen Theile gar nicht
oder nur oberflächlich, es entsteht ein (schon beim Silbern sichtbar
werdender) Trockenrand. Natürlich zeigt dieser sich an den oberen
Kanten der Platte, welche am dünnsten sind.
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266
Sensibilisiren.
Etwas schwieriger ist das Giefsen grofser Platten. Diese lassen
sich nur schwer an einer Ecke halten. Man unterstützt sie in der
Mitte durch eine Flasche mit Kork.
Pneumatische Halter empfehlen wir nicht; sie versagen öfter
ihren Dienst, und der Verlust der Platte ist die Folge davon.
Gröfsere Platten silbern sich auch sehr bequem auf einem
Handtuch. Man legt dieses zu einem Ballen zusammen, fafst diesen
von unten mit der linken Faust, legt die Platte auf das Handtuch und
giefet wie oben. Es gehört eine gewisse Balancirkunst dazu, um das
Ablaufen und Drehen wie oben auszufiihren. Die ersten drei bis vier
Platten fallen dem Anfänger dabei leicht herunter. Die Methode ge-
stattet aber das Präpariren bis in die äufsersten Ecken hinein und ist
für grofses Format sehr empfehlenswerth. Bedingung ist, die Platte
auf der Rückseite nicht mit den Fingern zu berühren, da sie sich sonst
an dieser Stelle stärker erwärmt und in Folge dessen stärker eintrock-
Fig. st. net. Man hat auch besondere Collodiongiefsflaschen
£ construirt. Bei diesen wird der Hals durch einen ein-
en! geschliffenen Helm k (Fig. 81) bedeckt und immer staub-
" frei gehalten. Das abfliefsende Collodion fängt man in
i ’ ;|| u dem Trichter b auf, es läuft dann durch ein seitlich an-
iL 3 gebrachtes Loch in das Gefäfs a.
Das Sensibilisiren.
Schon ehe man mit dem Collodioniren beginnt, mufs das Silberbad,
welches zum Sensibilisiren dient, zum Gebrauche bereit stehen,
denn oben haben wir ausdrücklich betont, dafs das Eintauchen der
Platte, sobald sie den richtigen Trockenheitsgrad erreicht hat, so-
fort erfolgen muls. Jeder Zeitverlust stellt den Erfolg in Frage. Das
Sensibilisiren bezweckt die Umwandlung der im Collodion enthaltenen
Jodmetalle in Jod- und Bromsi Iber. So einfach dieser Zersetzungs-
procefe ist, so bestehen doch einige mechanische Schwierigkeiten,
wenn es sich um Herstellung einer völlig homogenen Schicht dieser
Salze handelt. Die Collodionbaut ist alkoholisch, das Silberbad wässerig.
Beide stofsen sich daher fast wie Fett und Wasser Anfangs ab, und
es hat deshalb einige Schwierigkeit, ein vollkommen gleichmäfsiges
Ueberfliefsen der wässerigen Silberlösung über die alkoholische Collo-
dionhaut zu erzielen. Folge davon sind die Sensibilisationsstreife n
an allen Punkten, wo eine Verzögerung oder ein Hindernifs bei dem
Ueberfliefsen eintritt. Man sucht nun diesen Mangel durch verschiedene
Sensibilisationsmethoden zu umgehen. Wir beschreiben zuerst
a) Das Silbern in Cuvetten.
Die Cuvette ist ein schmaler, in ihrer Form der Platte ent-
sprechender Glastrog a (Fig. 82), in welchen die Silberlösung ein-
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Sensibilisiren.
267
filtrirt wird. Man setzt ihn gewöhnlich in einen schmalen, ähnlich
geformten schiefstehenden Holzkasten K mit geschlitztem Deckel B
(Fig. 83). Die Glaswände müssen gewölbt sein, um Reibungen der
zarten Collodionhaut zu verhüten.
Porzellan - Cuvetten sind weniger empfehlenswertb; sie sind
undurchsichtig, gestatten also nicht so leicht eine Controlle der Rein-
lichkeit der Flüssigkeit, abgesehen von dem zuweilen erfolgenden Ab-
blättern der Glasur.
Guttapercha-Cuvetten wirken bei längerer Dauer vermöge
der darin enthaltenen harzigen organischen Substanzen verändernd
auf die Silberlösung.
Um das Eintauchen zu bewirken, bedient man sich eines
Tauchers oder Hakens h (Fig. 82) von Glas oder Silberdraht mit
umgebogenem Ende, welches als Lager für die Platte dient. Glas-
haken zerbrechen leicht. Am besten sind Silberdrahthaken.
Guttaperchahaken empfehlen wir nicht, sie enthalten oft
harzige Bestandtbeile, die verändernd auf das Silberbad wirken.
Will man sich der Guttapercha - Geräthschaften oder der neuen
Cartondurci- Cuvetten durchaus bedienen (sie sind wegen ihrer Haltbar-
keit von Vortheil für reisende Photographen), so lasse man das Silber-
bad nicht länger damit in Berührung, als eben nöthig, und spüle sie
häufig.
Behufs des Silberns lege man die Platte auf den herausgenomme-
nen Haken, die Fingerecke a (siehe Fig. 80), an welcher man
die Platte beim Collodioniren gehalten hat, nach unten,
und senke den Haken, ohne anzuhalten, nieder. Jede Unter-
brechung der Bewegung erzeugt helle Sensibilisationsstreifen,
die wagerecht über die Platte laufen und beim Entwickeln sichtbar
werden. .
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268
Sensibilisiren.
Die alkoholische Collodionschicht stöfst Anfangs die wässerige Sil-
berlösung ab, und letztere läuft förmlich in Fettstreifen ab, wenn man
die Platte nach kurzer Zeit herauszieht.
Man bewegt die Platte auf und ab so lange, bis bei wiederholtem
Nachsehen diese fettigen Streifen völlig verschwunden sind, erst
dann darf die Platte zur Exposition gebracht werden. Bei concen-
trirten Bädern und warmer Witterung geht das Sensibilisiren rasch
vor sich, bei verdünnten Bädern und niederer Temperatur langsam.
Eine zu früh zur Exposition gebrachte Platte zeigt an Stelle der Fett-
streifen beim Entwickeln unvertilgbare schwarze Linien und Flecke.
Die aus dem Bade genommene Platte setzt man in derselben
Lage, wie man sie herausgenommen hat, auf reinliches Fliefspapier
zum Abtropfen, indem man sie gegen eine Holzwand lehnt. Inzwischen
legt man in die unteren Ecken der vorher rein ausgewischten
Cassette ein paar Stückchen Fliefspapier und darauf die Platte. Man
achte, dafs sie gleichmäfsig auf den Silberecken aufliege,
und die Kante, welche ursprünglich (beim Herausnehmen aus dem
Bade) unten war, unten bleibe, und schliefse das Ganze.
Sämmtliche Operationen sind bei chemisch unwirk-
samem gelben Lichte auszuführen. Auch vermeide man
helles Gaslicht in zu grofse Nähe der Platte zu bringen.
Höchste Reinlichkeit der Hände und der sämmtlichen
Gegenstände, welche der Platte als Lager dienen, ist un-
erläfsliche Bedingung.
Man nehme das Silbern an einem Tisch vor, auf welchem aufser
Collodion keine weiteren Chemiealien geduldet werden, und vermeide
vor allem Fixirnatron.
b) Das Silbern in Schalen.
Dieses hat den Vortheil, dafs man mit einer bedeutend gerin-
geren Silberbadquantität ausreicht, dagegen den Nachtheil,
dafs das Bad vor jeder Platte ein Abschäumen nöthig macht und
nach dem Gebrauch ausgegossen werden mufs, während es in der
Cuvette vorrätbig gehalten werden kann.
Das Silbern in Schalen empfiehlt sich mehr für Liebhaber und
kleinere Geschäfte, als für gröfsere Ateliers.
Man hat die Schalen aus denselben Materialien, wie die Cuvetten :
Glas, Porzellan, Guttapercha und Carton. Wir ziehen die
Glasschalen (s. Fig. 84, a ) für Negativbäder allen anderen vor.
Behufs des Silberns in Schalen filtrirt man eine Quantität Bad
hinein, so dafs es ungefähr -j' hoch steht, schäumt ab, indem man
so lange Schreibpapierstreifen über dieselbe hinwegzieht, bis diese
schmutzfrei erscheinen, und stellt alsdann die collodionirte Platte mit
der an der Anfafsecke liegenden Langseite nach unten senkrecht
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Sensibilisiren.
269
in die Schale, so dafs die Rückseite der Platte den Bord der Schale
berührt. Mit gleichmäfsiger Bewegung senkt man daun die Platte
nieder, so dafs sie vollständig eintaucht. Die Collodionschicht liegt
bei dieser Eintauchmanier nach unten.
Man fafst die obere Kante der Platte mit einem Silber- oder
Hornhäkchen (s. Fig. 84, a), bewegt sie wiederholt auf und nieder,
bis, im reflectirten
gelben Licht besehen,
die Fettstreifen völ-
lig verschwunden
sind , nimmt sie
9chliefslich in senkrechter Lage heraus und läfst aufFliefspapier abtropfen.
Ist die Quantität der Flüssigkeit zu gering, so sammeln
sich Luftblasen unter der Platte und bewirken beim Ent-
wickeln erscheinende runde Flecke.
Bei dieser Silberungsmethode geht die Ausgleichung zwischen der
wässerigen Silberlösung und der alkoholischen Collodionschicht etwas
schwerer vor sich, als in der Cuvette, und leicht bilden sich nament-
lich bei gewissen Collodionsorten hierbei schlierige Streifen.
In solchen Fällen ist die Eintauchmethode der Collo-
dionschicht nach oben vorzuziehen.
Für diese Manipulation ist eine reichliche Quantität Bad
nöthig. Man setzt die Platte, wie oben, senkrecht hinein, giebt aber
zu gleicher Zeit der Schale eine passende Bewegung, um das rasche
und unaufhaltsame Ueberfliefsen des Bades zu befördern. Ver-
absäumt man dieses, so bilden sich hierbei leicht krumme Sensibili-
sationsstreifen.
Bei dieser Silberungsmanier geht der Austausch der Fluida sehr
rasch von Statten, indem der leichtere Alkohol nach oben steigt. (Liegt
die Collodionschicht unter dem Glase, so wird dieses Emporsteigen
des Alkohols natürlich erschwert.) Man bewegt die Schale, bis die
Fettstreifen völlig verschwunden sind, dann hebt man die Platte mit
rascher Bewegung heraus, um etwaige herumschwim tuende Tlieil-
chen ( Collodionhäute etc.), die sonst auf der Platte liegen bleiben
würden, berabzuschwemmen. Im Uebrigen verfährt man wie oben.
Diese Tauchmanier erfordert mehr Uebung, als die vorher ge-
schilderten, giebt aber in der Hand des geschickten Operateurs die
reinsten Platten. Sie ist für grofse Platten sehr allgemein im
Gange.
Um das Eintauchen zu erleichtern, hat man halb bedeckte
Schalen eingeführt. Man kann diese senkrecht aufkippen, so dafs das
Bad sich in dem halbbedeckten Theil b sammelt, die Platte auf den
Boden legen und durch rasches Niederkippen das gleichmüfsige Ueber-
fliefsen des Bades bewirken. Man sorge dafür, dafs die erste
Fig. 84.
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270
Exponiren.
Welle des Bades in ihrer kräftigsten Bewegung zuerst über den al-
koholreicbsten dicksten Theil der Collodionschicht fliefst, weil
hier die Abstofgung der Flüssigkeiten am stärksten ist.
In Bezug ;iuf Ablaufenlassen der Platte vor dem Einlegen in die
Cassette verfahre man wie oben.
Bäder in Schalen schäume man vor Präparation jeder Platte
ab und halte sie sorgfältig bedeckt.
Die beste Temperatur des Bades ist 15“ R. Im heifsen Sommer
setzt man die Bäder gern in kalte Wasserkübel, um sie abzuküblen.
Das Exponiren.
Ehe man die Cassette mit der Platte in die Camera schiebt, werfe
man noch einen Blick auf den aufzunehmenden Gegenstand und auf
das Bild auf der matten Scheibe, überzeuge sich, dafs beides in Ord-
nung sei, dann wechsle man Scheibe und Cassette, indem man Sorge
trägt, den Apparat selbst dabei auch nicht im Geringsten zu ver-
rücken. Mit gleicher Vorsicht öffne man den Schieber der Cassette,
decke (namentlich für lange Exposition) ein schwarzes Tuch über und
öffne das Objectiv. Auch hierbei vermeide man jede Erschütte-
rung des Apparates.
Wie lange soll ich exponiren? ist eine stehende Frage aller
Anfänger (zuweilen sind auch Geübte im Zweifel).
Die Expositionszeit richtet sich nach der chemischen Inten-
sität des Tageslichtes, nach der Helligkeit des Gegenstan-
des, welcher aufgenommen werden soll, nach der Lichtstärke
des Objectivs und der Gröfse der eingesetzten Blenden.
Es sind also hier vielerlei Umstände zu gleicher Zeit zu be-
rücksichtigen. Den besten Anhaltspunkt giebt die Erfahrung und
das einzige Kriterium, welches Photographen anwenden, ist die Muste-
rung des Bildes auf der matten Scheibe. Jenachdetn dieses (nach
vollständiger Scharfeinstellung und Abblendung) mehr oder weniger
hell erscheint, exponiren sie mehr oder weniger lange.
Für Portraitphotographen wie Landschafter möge hier auf die
ungeheuren Unterschiede der chemischen Lichtintensität in den ver-
schiedenen Jahreszeiten aufmerksam gemacht werden. Am 21. Decem-
ber Mittags 12 Uhr ist bei heiterem Himmel die chemische Lichtinten-
sität nicht stärker, als am 21. Juni Abends Uhr (s. S. 142 u. s. f.)
Aehnliche Unterschiede ergeben sich in den einzelnen Monaten. Das
Studium der chemischen Meteorologie (s. den ersten Theil) ist daher
ein Gegenstand von keineswegs untergeordnetem Interesse.
Beim Exponiren achte man ferner auf vollkommenste Ruhe
des Apparates (Hin- und Herlaufen vermeide man) und auf Schutz
des Objectivs vor fremdem Licht. Ein dasselbe umgebender
Kasten, der an der Camera befestigt ist oder auf dem Stativ aufruht
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Entwicklung.
271
und innen geschwärzt ist, erfüllt diesen Zweck. Diese Vorsicht ist
hauptsächlich nöthig bei den der Sonne ausgesetzten Ateliers und bei
Arbeiten mit vielem Oberlicht. Beim Hantiren mit der Cassette achte
man darauf, dafs sie ihre senkrechte Lage annähernd beibehält.
Man bedenke, dafs die eingelegte Platte nafs ist, dafs die Silberlösung
auf derselben langsam herabfliefst, sich am unteren Theil der Platte
resp. Cassette als Flüssigkeitswulst ansammelt. Kehrt man die Cassette
um, so läuft diese unten angehäufte Flüssigkeit über die Platte zurück
und erzeugt gewöhnlich Streifen.
Hauptsache ist rasches Operiren. Die feuchte Platte dauert,
namentlich in der Hitze, nur kurze Zeit und trocknet leicht ein. Da-
her müssen die Arrangements im Atelier schon vor dem Präpariren
der Platte getroffen sein, damit die einzelnen Arbeiten rasch und präcis
auf einander folgen können.
Die Entwicklung.
Die belichtete Platte wird in das Dunkelzimmer gebracht und
vorläufig immer in der ursprünglichen senkrechten Lage hingestellt.
Nachdem man sich überzeugt hat, dafs Entwickler, Verstärker, Fixage
und reinliche Gläser vorhanden sind, und das Zimmer nicht zu grell
erleuchtet ist, nimmt man die empfindliche Platte vorsichtig heraus
und fafst sie so, dafs sie gegen die Kante hin, welche in der Cassette
unten stand, geneigt ist. Man wird leicht beobachten, dafs an
diesem unteren Rande ein Flüssigkeitswulst sitzt. Dieser darf nun,
auch wenn die Cassette nicht absolut rein war, nicht über die
Platte zurücklaufen, er verursacht sonst Streifen oder Flecken
(siehe oben). Man giefst daher den Entwickler auf die entgegenge-
setzte obere Kante gleichmäfsig auf, so dafs er mit einem Schlage
die ganze Platte bedeckt; ein Theil desselben (liefst dann an der ent-
gegengesetzten tieferen Seite herab und schwemmt die dort angehäufte
Silberlösung weg.
Anfängern wird es schwer, den Entwickler, welcher als wässerige
Flüssigkeit von der alkoholischen Collodionhaut nur schwer ange-
nommen wird, gleichmäfsig über die ganze Platte aufzugiefsen ; sie
erhalten daher an den Stellen, wo die Entwicklerwelle stagnirt, bläs-
sere, deutlich abgegrenzte Partieen, die Entwicklungsstreifen, die durch
nachträgliches Uebergiefsen mit dem Entwickler nicht vertilgt werden
können.
Ebenso vermeide man das zu heftige Aufschlagen der Flüssigkeit auf
die Collodionhaut, weil es gewöhnlich einen heller bleibenden Schein
erzeugt. Durch das heftige Aufgiefsen wird nämlich die Silberlösung
von den betreffenden Stellen fortgetrieben, ehe die Reduction beginnt,
und dadurch das bilderzeugende Material an den betreffenden Stellen
vermindert (siehe Theorie der Entwicklung, Seite 36 und 50). Auf-
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272
Entwicklung.
giefsen des Entwicklers ist daher eine Arbeit, die man vorher üben
mufs. *)
Ferner ist zu beachten, dafs die obere Kante, auf welche man
die Platte giefst, den stärkeren Schlag des Entwicklers auszuhalten
hat und daher widerstandsfähig sein mufs. Eben deshalb haben wir
empfohlen, beim Silbern die dickere Schicht der Platte, d. h. die
Ablaufseite nach oben zu stellen und sie in gleicher Lage in die
Cassette zu legen. Wird sie dann in derselben Lage herausgenommen,
so kommt sie, wenn man nach unserer Anweisung damit weiter ma-
nipulirt, gleichsam von selbst in die richtige Position.
Nach dem Aufgiefsen des Entwicklers erscheint das Bild. Kommt
dieses sehr schnell zum Vorschein, so ist die Platte zu lange belichtet,
im entgegengesetzten Falle zu kurz. Bei normaler Entwicklung er-
scheinen zuerst die hellsten Stellen, dann die weniger hellen, zuletzt
die dunklen des Originals; bei einem Portrait z. B. zuerst die weifse
Wäsche, dann das Gesiebt, die Hände, die helle Weste oder Hose,
die halbhellen Möbel, Decorationen , endlich der dunkle Rock. Man
verfolgt dieses Erscheinen des Bildes aufmerksam, indem man den
Entwickler nach allen Richtungen hinfiiefsen läfst, auch zeitweise
frischen nachgiefst, und achtet darauf, ob alle Details in den dunklen
Th eilen (Rockfalten und Stoffmuster bei Portraits, oder schattiges
Blattwerk bei Landschaften) zum Vorschein kommen. (Natürlich mufs
man die Details des Originals genau kennen, wenn man diesen
Punkt richtig beurtheilen will.) Sind trotz langen Entwickelns die
gewünschten Details in den dunklen Theilen nicht zum Vorschein
gekommen, so ist die Platte zu kurz belichtet. Dieser Fehler wird
durch keine der nachfolgenden Operationen verbessert.
Eine zu lange belichtete Platte zeigt in der Regel viel Details
in den dunklen Theilen, es fehlen aber die die Schönheit eines Bildes
bedingenden Contraste. Die Platte ist monoton und giebt auch solche
Abdrücke.
Die Uebergänge von Licht in Schatten, die Halbtöne, sind bei
einer zu kurz belichteten Platte in der Regel zu unsanft, oder
wie der Photograph sagt, hart.
Ein Urtheil über die gute Qualität der Platte erwirbt man sich
erst durch lange Erfahrung.
Ist das Bild ausentwickelt, so spült man den Entwickler herunter,
und wäscht die Hinterseite der Platte mit der Hand. Nachher be-
trachtet man das Bild im durchfallenden Licht. Enthält es Fehler,
so nehme man weiter keine Operation damit vor, sondern wasche die
Schicht sorgfältig ab und benutze die Platte von Neuem. Zeigt es
•) Meine Schüler nehmen hierzu eine einfache trockne Glasplatte, die sie in
der Kntwicklungsmanier gleichtnäfsig mit Wasser zu bedecken Buchen.
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Verstärkung.
273
sich aber klar und durchsichtig in den Schatten, detaillirt genug in den
dunklen Partieen, sanft in den Halbtönen, scharf und fleckenrein, so
nehme man die Verstärkung vor.
Die Verstärkung.
Diese wird gewöhnlich mit Pyrogallussfiure-Lösung vorgenom-
men, der Geübtere kommt aber auch ohne dieselbe mit Anwendung
des gewöhnlichen Eisenentwicklers zum Ziele.
Bei brillantem Licht geben manche Collodien ein Bild, welches
schon im Entwickler hinreichend intensiv zum Vorschein kommt und
dann keine Verstärkung nöthig macht. In den meisten Fällen wird
man solche jedoch nicht entbehren können.
Behufs der Pyrogallussäure -Verstärkung giefse man von der wässe-
rigen Lösung derselben eine kleine Quantität in ein reinliches Gläs-
chen, setze dazu ebensoviel citronensaure Silberlösung und giefse die
Mischung sofort auf die Platte, sorge durch passendes Kippen und
Wippen dafür, dafs die Mischung nach allen Theilen der Platte gleich-
mäfsig fliefse und kein Punkt unbedeckt bleibe, und lasse nach
einiger Zeit das Fluidum in das Verstärkungsglas zurücklaufen, indem
man zu gleicher Zeit die Platte in durchfallendem Licht mustert. (Man
lasse sich dabei von den auf der Glasseite befindlichen Flecken,
welche man leicht mit dem Finger wegwischen kann, nicht irritiren.)
Hat sie die für den Druck hinreichende Dicke (die Bestimmung der-
selben ist reine Erfahrungssache), so spüle man den Verstärker sofort
ab. Andernfalls giefse man ihn, falls er noch klar erscheint (Bräu-
nung schadet nicht), wieder auf.
Trübt er sich, so spüle man ihn weg und giefse eine frische
Mischung von Pyrogallus und Silber auf.
Zuweilen bildet sich beim Verstärken in den Schatten ein bläu-
licher Niederschlag. In diesem Falle macht man die Verstärkungs-
Silberlösung mehr sauer.
Nach vollendeter Verstärkung und Waschung ist die Platte
fixirfertig.
Bei der Verstärkung mit Eisenlösung nehme man ungefähr gleich
bis doppelt so viel citronensaure Silberlösung, als Eisen-
entwickler, mische beide und giefse sie nach dem Entwickeln auf
die nicht gewaschene Platte.
Die Verstärkung geht rasch und ebenso bequem, als mit Pyro-
gallussäure. Unter Umständen mischt sich jedoch die aufgegossene
Lösung schwer mit der noch anhängenden Entwickler-Lösung, indem
die alkoholreichere die alkoholarmere abstöfst. Man vermeidet dies
dadurch, indem man dafür sorgt, dafs beide ungefähr denselben Alko-
holgehalt haben. Geschieht dies nicht, so erhält man leicht Flecke.
Das Verstärken ist bei Portrait- und Landschaftsaufnahmeu eine
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 18
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274
Fixiren.
verhältnifsmäfsig kurze Arbeit. Bei Reproductionen, z. B. Zeichnungen,
dauert es jedoch länger, und mufs hierbei mit grofser Umsicht ver-
fahren werden. Gar zu leicht verschleiern bei solcher langen Arbeit
die zarteren Linien, oder die Blatte wird ungleich, weil der Verstärker
nicht gleichmäfsig in alle Ecken Hofs. Die Stelle, wo man den Ver-
stärker aufgiefst, wird in der Regel etwas dunkler, ein Umstand, aus
dem man im Portraitfäch Vortheil zieht, indem man dadurch den Kopf
intensiver machen kann, als den übrigen Theil.
Der Anfänger achte darauf, dafs durch das Verstärken das Bild
nur dichter und contrastreicher wird, keineswegs aber
reicher an Details. Es ist daher ein eitles Bemühen, ein unter-
exponirtes Bild durch Verstärkung verbessern zu wollen.
Ueber Verstärken nach dem Fixiren siehe unteu.
Das Fixiren.
Ist die verstärkte Platte genügend gewaschen (um den Rest Ver-
stärkungssilber zu entfernen) und auf der Rückseite gereinigt, so über-
giefst man sie mit einer Lösung von
1 Theil unterschwefligsaurem Natron in
4 Theilen Wasser,
oder von
1 Theil Cyankalium in
25 Theilen Wasser.
Beide Salzlösungen haben den Zweck, das Jod- und Bromsilber
im Bilde aufzulösen, beide Salze erfüllen denselben durch Bildung von
Doppelsalzen (s. S. 81, 83, 84).
Das Cyankalium greift bei dem Fixiren die Platten ein wenig an,
indem es bei Gegenwart von Sauerstoff das graue Silber, welches die
Contouren des Bildes bildet, auflöst. Dieser Umstand ist von Vortheil
für überverstärkte Platten, bei an und für sich dünnen Negativen ist
er jedoch von Uebel. Man verfährt in solchem Falle möglichst rasch
und wäscht, wenn die letzte Spur Jodsilber verschwunden ist (am
besten sieht man dies an der Rückseite) sofort mit Wasser.
Fixirnatron greift die Platten nicht an. Es fixirt aber langsamer
als Cyankalium. Ist die Lösung alt oder verdünnt, so bilden sich
beim ungleichmäfsigen Ueberfliefsen desselben über die Platte leicht
Fixirstreifen als leise schwarze Linien.
Nothwendig ist es, die fixirten Platten nach vollständiger Auf-
lösung des Natrons sorgfältig zu waschen, um jede Spur des Doppel-
salzes (das sich nachher im Bilde zersetzen und zur Zerstörung des-
selben Veranlassung geben könnte) zu entfernen.
Mit Cyankalium fixirte Platten waschen sich leichter. Man er-
kennt hier den Punkt vollständiger Waschung leicht, wenn man zeit-
weise einen Tropfen abfliefsenden Waschwassers auf dem Hand-
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Verstärken nach dem Fixiren. — Lackiren.
275
rücken auffangt und kostet. Die geringste Spur Cyankalium verrätli
sich durch einen bitteren Geschmack. (Vergiftung hat man hierbei,
wenn man nicht gar zu unvorsichtig ist, nicht entfernt zu befürchten.
Man koste aber erst dann, wenn die Platte einige Zeit gewaschen ist.)
Der beim Fixiren zurückbleibende Wulstrand von gelbem Jod-
silber schadet nicht.
Die sorglich gewaschene Platte stellt man auf reinliches Papier
zum Trocknen.
Das Verstärken nach dem Fixiren.
Man hat öfter empfohlen, das Verstärken erst nach dem Fixiren
vorzunehmen. Versucht man dieses in gewöhnlicher Weise mit Silber-
salz (s. o.), so wird man beobachten, dafs sich aufserordentlich leicht
Flecke bilden, namentlich wenn die Platte nicht sehr sorglich nach
dem Fixiren gewaschen war. Dieser Umstand empfiehlt diese Ver-
stärkungsmanier nicht.
Man hat aber für dieses Verstärken nach dem Fixiren eine
Reihe eigenthümlicher Metallsalze vorgeschlagen, welche mit dem me-
tallischen Silber des Bildes eigenthümliche Zersetzungen eingehen,
und dabei Bilder von anderer Zusammensetzung und gröfserer Un-
durchdringlichkeit für chemische Strahlen erzeugen. Wir haben diese
Umwandlungen bereits S. 39 beschrieben, ferner im Anhang zur Theorie
der Photographie. Von den dort erwähnten Stoffen hat man hauptsächlich
das Quecksilberchlorid, ferner eine Lösung des Jodquecksilbers in Jod-
kalium, endlich eine Mischung von rothem Blutlaugensalz und Uran-
oxydsalz empfohlen. Diese Methoden mögen für einzelne Fälle ihre
Vortheile haben, z. B. bei der Herstellung von Negativen für die Photo-
lithographie etc. Für die gewöhnlichen photographischen Aufgaben
sind sie jedoch dem Silberverstärker nachzustellen, um so mehr, als
die Haltbarkeit der damit hergestellten Negative keineswegs consta-
tirt ist.
Von besonderer Bedeutung sind aber diese Umwandlungspro-
cesse der Silberbilder durch Metallsalzlösungen für die Emailphoto-
graphie.*)
Das Lackiren.
Das zarte Collodionbildchen auf der Glasplatte würde bald durch
mechanische Verletzungen zu Grunde gehen, wenn man es nicht mit
einem widerstandsfähigen Ueberzuge versähe.
Als solcher dient jetzt allgemein der Negativlack.
Man entferne vorerst die lose anbängenden oder ausgerissenen
Collodiontheile am Rande der Platte, wärme diese über einer Lampe
*) Siehe Grüne, Ueber die Umwandlung der Sitberbildcr. Photographische
Mittheilungen, V. Jahrgang Seite 20.
18*
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276
Lackiren.
leicht an, giefse dann den Lack genau wie Collodion auf und lasse
ihn genau ebenso unter Drehung der Platte abfliefsen. Nachher
stelle man sie auf reinliches Fliefspapier. Das Ueberfliefsen auf die
Rückseite vermeide man, es bewirkt an der betreffenden Stelle ein
ungleiches Eintrocknen der Vorderseite.
Zu heifs lackirte Platten werden leicht streifig, zu kalt lackirte
werden etwas matt und weniger durchsichtig.
Nicht selten wird das Bild beim Lackiren angefressen. Dann ist
der Lack zu alkoholreich und wirkt lösend auf die Collodionhaut. Man
versetze ihn in solchem Falle mit etwas (circa 1 Proc.) Wasser.
Anfänger machen beim Lackiren fast immer Fehler. Vergnügt,
alle Operationen zur Fertigung des Bildes überstanden zu haben, be-
handeln sie diese letzte gewöhnlich zu flüchtig und verderben sich
dadurch noch zum Schlufs manches Bild.
Nach dem Lackiren und Trocknen werden die Platten auf der
Rückseite sorgfältig gereinigt und in Schränken, vor Staub und Feuch-
tigkeit geschützt, aufbewahrt.
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Uebersicht und Reihenfolge
der
Operationen im Negativ- und Positivprocess.
I. N egativproeess.
a) Vorbereitungen.
Platten-Säuern, Waschen und Abtrocknen mit Handtuch.
Silberbad-Filtrirun und Abschäumen.
Entwickler, Verstärker und Fixage ansetzen.
Silberhaken, Cassette, rei n liehe Gläser und Fliefspapier
bereit halten.
Vorbereitung des Originals und der Cam era (Scharfeinstellen).
b) Operationen.
Plattenputzen (mit Hauch und Handtuch, dann mit Leder und
Alkohol).
Abstäuben (Abstäuber nicht auf den Tisch legen).
Collodion-Giefsen (letzteres dabei nie aufschütteln. Flasche so-
fort wieder zustöpseln!).
Trocknen unter Drehen (bis der letzte ablaufende Tropfen an-
fängt zu erstarren und die Haut an der Ablaufecke beim Anfassen
in Lappen reifst).
Eintauchen in das Silberbad (Anfafsecke nach unten! Das Bad
mufs, falls in der Schale gesilbert wird, vor jeder Platte abge-
schäumt werden !).
Bewegen im Bade (bis die Fettstreifen verschwunden sind).
Herausnehmen und Ablaufenlassen auf reinem Fliefs-
papier.
Einlegen von Füefspapierstückchen in die Cassette.
Einlegen der Platte.
Schliefsen der Cassette.
Transport nach dem Atelier (Cassette immer möglichst senkrecht
haken).
Nochmalige Prüfung der Scharfeinstellung des Bildes(das
* vorher vorbereitet worden sein mufs).
Einsetzen der Cassette (ohne den Apparat zu verrücken).
Aufziehen des Cassettenschiebers.
Exponiren (Abnehmen und Wiederaufsetzen des Objectivdeckels.
Beim Abnehmen den Apparat nicht erschüttern !).
Schliefsen des Cassettenschiebers.
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278
Operationen im Negativ- nnd Positivprocefä.
Transport nach dem Dunkelzimmer.
Einfüllen von Entwickler in ein Gläschen.
Herausnehmen der Platte.
Aufgiefsen des Entwicklers auf die obere Kante der Platte.
(Bewegen der Platte. Controlle des Erscheinens des Bildes.)
Kurzes Waschen.
Verstärken (unter fortwährender Controlle bei durchfallendem Licht).
Kurzes Waschen.
Fixiren.
Langes Waschen.
Trocknen.
Anwärmen.
Lackiren.
Das sind die 28 aufeinander folgenden Operationen, die mit voll-
kommener Accuratesse verrichtet werden müssen, falls man ein
gelungenes Bild erhalten will.
Zur Bequemlichkeit für die Praktiker reihen wir hieran sofort
die Uebersicht der Operationen im Silber-Positivprocefs, ob-
gleich dessen specielle Erörterung erst unten folgt
II. Silber -Positivprocess.
a) Vorbereitungen.
Silberbadfiltriren und Abschäumen.
Ei weifspapier zuschneiden.
b) Operationen.
Sensibilisiren
Trocknen
Reinigen der Negative.
Vorbereitung der Negative.
Einlegen und Festpressen des sensibilisirten Papiers (im
halbdunklen Zimmer).
Belichten.
Zeitweiliges Nachsehen (am halbdunklen Ort).
Wässern (die gesammten Drucke in viermal gewechseltem Wasser).
Tonen.
Einlegen in Wasser.
Fixiren (zehn Minuten lang).
Einlegen in Wasser.
Langes Auswaschen.
Trocknen (auf reinliche Schnüre oder in Klammern).
Zuschneiden, Aufkleben, Ausflecken, Satiniren.
)
(im halbdunklen Zimmer).
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Dritter Abschnitt.
Von der Wartung der photographischen Apparate und
Chemicalien.
In dem vorigen Capitel haben wir die photographische Praxis des
Negativprocesses speciell erläutert, die Vorbereitung der Apparate,
die Ansetzung der Chemicalien erörtert und alle Handgriffe und
Vorsichtsmafsregeln geschildert, welche zum Gelingen der photo-
graphischen Processe nothwendig sind.
Blieben nun die Verhältnisse, unter denen die betreffenden Opera-
tionen ausgeführt werden, immer dieselben, so würden wir dem ge-
dachten Capitel kaum noch etwas binzuzufügen haben. Nun sind
aber alle Dinge in der Welt einer ununterbrochenen Veränderung
unterworfen und diese erstreckt sich auch auf die photographischen
Apparate und Chemicalien, und da diese Aenderungen meistentheils
nicht zum Besseren, sondern zum Schlechteren hin erfolgen, so ist ein
wiederholtes Nachbelfen und Ausbessern nötbig, um die verschiedenen
Objecte bei normaler Beschaffenheit zu erhalten. Diese Arbeiten
fassen wir unter dem Titel: Wartung zusammen.
Wartung der photographischen Linsen.
Von allen Atelierrequisiten scheinen die photographischen Linsen,
abgesehen von ihrer Zerbrechlichkeit, die beständigsten zu sein, dennoch
sind auch sie Veränderungen ausgesetzt, namentlich durch Einflüsse
von Stanb. Dieser dringt oft durch den Blendenschlitz in das Innere,
setzt sich an die Gläser und absorbirt natürlich einen Theil des
Lichtes. Man halte solche Oeffnungen, durch welche Staub dringen
kann, möglichst verschlossen, nehme die Objective zeitweise auseinander
und reinige das Innere mit Hülfe weichen Leders. Oefter leidet die
schwarze Innenfassung der Röhren, der schwarze Ueberzug reibt sich
ab, wird glänzend und giebt Veranlassung zur Entstehung mancher
Lichtflecken. Behufs der Schwärzung überstreicht man die betreffende
Stelle mit verdünnter, mit Rufs versetzter Schellacklösung.
Zu bemerken ist, dafs Flintgläser weicher sind und daher viel
mehr leiden als Crowngläser, also vorsichtiger behandelt werden müssen.
Wartung der Cameras.
Die photographischen Cameras sind gleich den Objectiven dem
Verstauben ausgesetzt. Nicht selten wirbelt nach längerem Gebrauch
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. t 'J
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280
Wartung der Cameras.
beim Zusammenscbieben der Camera eine Menge Staub auf, die sieh
auf die Platte legt und hier Löcher und Flecken verursacht. Wieder-
holtes Ausstäuben ist auch hier nöthig, am besten mit Hülfe von
Flederwisch und Blasebalg.
Am meisten sind die Cassetten dem Verderben ausgesetzt.
Die Silberlösung der eingesetzten feuchten Platten läuft theilweise ab,
bleibt in den Cassetten hängen, dringt in das Holz und erleidet hier
Zersetzungen. Es bilden sich so eine Menge eigentümlicher organi-
scher Substanzen, die sich in der von einer neuen Platte ablaufenden
Flüssigkeit auflösen, bei langen Expositionen in die Collodionschicht
dringen und seltsame, beim Entwickeln hervortretende moosförmige
Flecke veranlassen.
Am leichtesten tritt diese Erscheinung bei Glasecken ein, die der
Lösung einen viel breitem Weg in das Innere des Holzes darbieten,
als die Silberdrahtecken. Namentlich sind die unteren Ecken der
Cassetten diesen Einflüssen ausgesetzt.
Um das Eindringen der Silberlösung zu verhüten, ist es am
besten, neue Cassetten mit Paraffin zu tränken. Man tauche die
völlig trockene reine Cassettenecke 5 Minuten in eine Schale mit
geschmolzenem Paraffin. Dieses conservirt das Holz anfserordentlich.
Will man ältere Cassetten in der Art präserviren, so rnufs die
eingedrungene Silberlösung erst entfernt werden. Man tauche die
unteren Ecken 5 — 10 Minuten in heifses Wasser, wasche sie dann
unter der Brause und trockne, nachher tränke man sie mit Paraffin.
Nach dem Erkalten kratze man das überflüssige Paraffin ab.
Rem eie empfiehlt statt dessen Ueberstreichen der Ecken mit
photographischem Negativlack. Diese Präservirung rnufs jedoch alle
Monate wiederholt werden. Sie ist für den Fall zu empfehlen, wo
man Paraffin nicht zur Hand hat.
Unbedingt nothwendig ist zur Erhaltung der Cassette die gröfete
Reinlichkeit. Man versäume nie, die anhängende Feuchtigkeit nach
jeder Exposition mit Löschpapier wegzunehmen und die Ecken öfter
unter der Brause zu waschen.
Neue Cassetten machen den Photographen oft durch das Ab-
werfen von Holzspähnen und Lacktheilchen zu schaffen. Diese veran-
lassen Flecke auf den Platten, so lange, bis die Schieber sich mit der
Zeit hinreichend ausgescheuert haben.
Sämmtliche Holzapparate sollten, um Werfen zu verhüten, mit
Messingbändern versehen sein.
In heifsen Sommern springen und werfen sich selbst die besten
Apparate. Einlegen von feuchter Saugpappe, Ueberdecken von feuchten
Tüchern steuert diesem Uebel am besten und ist namentlich Land-
schaftern zu empfehlen.
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Wartung der Glasplatten.
281
Wartung der Glasplatten.
Frische Glasplatten werden gewöhnlich mit Papierblättern als
Zwischenlagen verpackt. Selbst das beste Papier ist jedoch nicht rein
genug, um nicht einen Eindruck auf der Platte nach längerem Liegen
zu hinterlassen.
Zur Aufbewahrung bereits vorgeputzter Platten bedient man
sich daher der Plattenkästen. Man sorge, dafs die Killen derselben
möglichst rein bleiben (siehe S. 261) und dafs sie hinreichend Spielraum
gewähren. Oft genug findet man Plattenkästen im Handel, die zwar
breit und hoch genug sind, aber so enge Rillen haben, dafs dicke
Platten nur mit Mühe einzuschieben sind und dabei zerbrechen.
Fertig geputzte Platten, die nicht denselben Tag verbraucht
■werden, überreibt man vor dem Gebrauch noch einmal mit Leder.
Vorgeputzte Platten, die man mit auf Reisen nehmen will, packt
man in Ermangelung von Plattenkästen nicht mit Papierzwischen-
lagen, sondern zwischen Rillen, die man sich aus starkem Packpapier
leicht selbst kneifen kann. Die Mitten der Platten bleiben dann besser
geschützt.
Man hüte sich vor allem bei Benutzung der Platten vor Ver-
ritzung derselben. Man lege sie nie flach auf den Tisch, und man
reibe sie nur mit vollkommen ausgestäubten Tüchern ab. Man ver-
gesse nie den rauhen Rand zu reinigen. — Bereits gebrauchte Platten
erfordern eine andere Behandlung.
Ergiebt sich das Bild beim Entwickeln als unbrauchbar, so wasche
man die Collodionschicht sofort herunter, trockne mit Handtuch ab
und putze von Neuem.
Man lasse nie mit Chemiealien übergossene, präparirte, unbrauch-
bare Platten festtrocknen. Das Eintrocknen von Salzen, ja selbst von
Wasser ist unter Umständen geeignet, die Platten so zu afficiren, dafs
sie selbst durch Beizen mit Säure nicht mehr rein werden.
Bereits fixirte, ungefirnifste, unbrauchbare Platten werfe man
in die Salpetersäure.
Gefirnifste unbrauchbare Platten lege man 12 Stunden in concen-
trirte koblensaure Natronlösung, wasche sie, wenn die Schicht sich
vollkommen aufgelockert hat und werfe sie vor dem Putzen noch auf
kurze Zeit in die Säure. Durch gegenseitiges Abreiben der Kanten
erzeugt sich auf dem Boden der Schalen mit kohlensaurem Natron
resp. Säure bald Glassand, der die Platten bald verkratzt. Man lege
daher lieber kleine flache Holzstäbchen in die betreffenden Schalen, auf
welchen die Platten aufliegen, ohne den Boden zu berühren.
Beim Einlegen und Herausnehmen der Platten hüte man sich
vor gegenseitiger Verritzung derselben.
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282
Wartung des Collodions.
Wartung des Collodions.
Das Collodion bildet die Grundlage der photographischen Negativ-
bilder, es spielt für die Photographie eine noch wichtigere Rolle, als
das Papier für den Zeichner; es wirkt nicht nur mechanisch durch
Festhaltung der lichtempfindlichen Schicht, sondern auch chemisch,
indem es neben dem indifferenten Pyroxylin noch eine ganze Reihe
Zersetzungsproducte desselben enthält, die auf die chemischen wie
physikalischen Eigenschaften der Schicht wesentlicher influiren (siehe
den ersten Theil S. 97).
Die Wartung des Collodions ist demnach ein wichtiger Punkt
für Photographen, welche immer gleichmäfsig gute Resultate erzielen
wollen.
Ueber die Veränderungen, welche das rohe Pyroxylin und das
rohe Collodion erfahren, ist schon im ersten Theile die Rede gewesen
(siehe S. 101).
Die Veränderungen, welche jodirtes Collodion erfahrt, offenbaren
sich durch Eintreten einer gelben, später rothen Färbung und durch
zunehmende Unempfindlichkeit. Es scheidet sich bei dieser Veränderung
freies Jod aus, welches im Collodion gelöst bleibt, im Silberbade
Veranlassung zur Entstehung freier Salpetersäure giebt und dadurch
die Empfindlichkeit vermindert.
Cadmiumsalze geben am wenigsten, Ammoniaksalze am leichtesten
zu diesem Rothwerden Veranlassung (siehe den ersten Theil). Mit
der Röthe selbst wird das Collodion dünnflüssiger und zuletzt so
leichtflüssig, dafs sich keine homogene, dicke, mechanisch haltbare
Schicht damit erzeugen läfst.
Man hat empfohlen, rothgewordenes Collodion durch längeres
Schütteln und Stehenlassen mit kohlensaurem Natron resp. metalli-
schem Cadmium wieder zu entfärben. Diese Körper absorbiren in
der That das Jod und machen das Collodion wieder hell, gewöhnlich
sind aber so restaurirte Collodien nicht recht brauchbar; sie geben ver-
schleierte Platten, vermutblich in Folge der Rildung basischer Salze,
welche sich im Collodion vielleicht theilweise lösen, z. B. Cd J, Cd O
(siehe S. 105).
Viel mehr empfiehlt es sich daher, das rothgewordene Collodion
mit Cadmiumcollodion (siehe S. 254) zu vermischen. Letzteres bleibt
monatelang weifs , ist etwas dickflüssig und erhält durch Zumischen
von bis | rothgewordenen Collodions jene bei der Photographie
angenehme Consistenz und gelbe Farbe.
Wer mit Cadmiumcollodion allein arbeitet, wird selten oder nie
über rothgewordene Collodien zu klagen haben. Für andere Mischun-
gen, die zum Rothwerden geneigt sind, empfiehlt sich, wie es auch
gewöhnlich geschieht, die separate Aufbewahrung von Roh-Collodion
und Jodirung.
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Wartung des Collodions.
283
Man mische dann beide in den Quantitäten, welche man inner-
halb der durch Erfahrung bestimmten Zeit, der Haltbarkeit aufzu-
brauchen gedenkt.
Mit der Ausscheidung von Jod geht jedoch noch beim Ge-
brauch des Collodions eine Veränderung in Alkohol- und Aethergehalt
und mechanische Verunreinigung durch Staub Hand in Hand.
Das von der Platte ablaufende Collodion läfst man gewöhnlich
in die Giefsflasche zurückfliefsen. Das zurückfliefsende hat aber einen
Theil seiner Lösungsmittel durch Verdunstung verloren und von dem
flüchtigen Aether natürlich mehr, als von dem weniger flüchtigen
Alkohol.
Das in die Flasche zurückfliefsende ist daher dicker und alkohol-
reicher. Bei vorsichtigem Arbeiten stört das wenig. Man kann unter
Umständen Collodion flaschen bis auf einen kleinen Rest aufbrauchen.
Sollte der Rest zu dick geworden sein, so verdünne man ihn mit ^
bis £ einer Mischung von 3 Theilen Alkohol und 5 Theilen Aether.
Fataler als dieses Dickwerden ist jedoch die Verunreinigung durch
Staub. Finden sich kleine Spuren Staub auf der Platte, so werden
diese durch das abfliefsende Collodion in die Vorrathsflasche zurück-
geschwemmt, mit jeder neuen Platte vermehrt sich ihre Quantität und
schliefslich arbeitet das Collodion in Folge dessen fleckig.
Diese Erscheinung kommt auf Reisen, wo man mehr mit Staub
zu kämpfen hat, häufiger vor, als bei Atelierarbeiten, bei grofsen
Platten häufiger, als bei kleineren.
Am nachtheiligsten wirken hierbei die stumpfen Plattenränder,
in deren Fugen und Rillen sich sehr leicht Schmutz festsetzt, der nur
zu leicht übersehen wird und nachher in’s Collodion geräth. Nicht
selten sind die Rillen der Plattenkästen und Ständer von allerlei
Schmutz, Resten von Chemiealien verunreinigt und wirken dann in
ähnlicher Weise nachtheilig auf das Collodion.
Man umgeht alle diese Uebelstände, wenn man das von der
Platte ablaufende Collodion in einer separaten Flasche auffängt.
Das ablaufende Collodion ist keineswegs unbrauchbar. Man läfst es
8 Tage lang stehen und giefst dann das klare ab. Nachher kann
man es wie frisches verwenden.
Dafs der Hals der Collodionflasche fortwährend rein gehalten
werden mufs, ist selbstverständlich. Man stülpe über die Vorraths-
flasche eine Glasglocke, falls man keine Giefsflasche anwendet, wische
den Hals vor dem Giefsen mit dem Finger rein und lasse die ersten
Tropfen wegfliefsen, ehe man die Platte giefst.
Mau unterlasse nie, sofort nach dem Giefsen der Platte die Col-
lodionflasche zuzustöpseln.
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284
Wartung des Silberbades.
Wartung des Silberbades.
Ein richtig präparirtes Silberbad kann bei sauberer Behandlung
lange brauchbar erhalten werden. Bedingung ist nur, es möglichst
von mechanischen und chemischen Verunreinigungen frei zu
halten. Erstere treten in Form abgerissener Collodionbäutchen und
hineingefallener Staubtheilchen sehr bald ein.
Oefteres Filtriren ist daher eine Sache, die sich von selbst
versteht, und doch kommt es vor, dafs dadurch ein Bad nicht ge-
reinigt, sondern verunreinigt wird. Herr Krüger, Photograph in
Schwerin, erzählt einen solchen Fall in den Photographischen Mit-
theilungen, II. Jahrgang. Er hatte unglücklicherweise ein Filtrir-
papier angewendet, das grofse Mengen schwefelsaurer Salze*) enthielt.
Diese gelangten beim Filtriren in das Bad und gaben hier Veran-
lassung zur Bildung von schwefelsaurem Silbersalz, welches sich in
feinen Nadeln an die Platte setzte und Löcher gab. Man wähle da-
her ein möglichst reines Filtrirpapier. *
Zuweilen bleibt beim Filtriren noch eine fettige Haut auf der
Oberfläche, ln Schalen entgeht diese der Beobachtung weniger leicht,
als in Cuvetten. Man schöpfe diese Fetthaut mit Schreibpapierstreifen,
die man über die Oberfläche der Flüssigkeit binwegzieht, ab.
Wenn ein Silberbad beim Präpariren von Platten weiter keine
Veränderung erlitte, als einen Verlust von Silber, so würde man es
vielleicht ähnlich wie ein Positivbad bis auf den letzten Tropfen auf-
brauchen können. Das ist nun leider nicht der Fall.
Jedes Collodion enthält aufser den Jodirungssalzen und dem
Pyroxylin noch organische Zersetzungsproducte, mit jeder Platte ge-
langt eine Quantität derselben neben Alkohol und Aether in das
Silberbad, und nach einiger Zeit enthält dieses daher neben Silbersalz
noch salpetersaure Alkali- und Cadmiumsalze, Alkohol, Aether, or-
ganische Zersetzungsproducte aus dem Collodion, Jodsilber und endlich
noch Essigsäure, die sich durch Oxydation des Alkohols gebildet hat.
Kein Wunder daher, dafs sein Verhalten sich bald ändert, dafs es
statt der kräftigen Platten vom Anfang, mit der Zeit matte Negative
giebt. Endlich kommt ein Punkt, wo das im Bad angehäufte Jod-
silber sich in Krystallen ausscheidet, die Platten werden löcherig.
Dies geschieht namentlich schnell im Sommer bei hoher Temperatur.
Untersucht man solch ein Bad auf seinen Silbergehalt, so findet
man, dafs dasselbe noch aufserordentlich reich daran ist, er ist oft
kaum um j Procent gesunken.
Es ist daher klar, dafs ein solches Bad wieder vollkommen brauch-
*) Um diese Verunreinigung zu erkennen, weiche man das Papier in reinem
Wasser, giefse dieses klar ab und versetze es mit salpetersaurera Baryt. Bei
Gegenwart schwefelsaurer Salze entsteht dabei eine Trübung von schwefelsaurem
Baryt.
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Wartung des Silberbades.
285
bar sein würde, falls man die oben aufgezählten Unreinigkeiten heraus-
schaffen könnte.
Die Unempfindlichkeit wird durch den Gehalt an Essigsäure
veranlafst, welche sich mit der Zeit ans dem Alkohol und Aether im
Bade bildet. Man kann diesem Mangel leicht durch Neutralisation
abhelfen. Früher nahm man dazu öfter Silberoxyd. Dieses ist ganz
zu verwerfen, da seine Wirkung eine viel zu langsame ist. Ebenso-
wenig ist kohlensaurer Kalk räthlich, da dieser, im Ueberschufs an-
gewendet, wie es gewöhnlich geschieht, einen beträchtlichen Theil
des Silbers niederschlägt. Das beste Mittel ist reines, kohlen-
saures Natron.
Man löst 1 Theil desselben in 10 Thcilen Wasser, und setzt
davon tropfenweise dem Bade zu. Es entsteht dadurch ein Nieder-
schlag, welcher beim Umschütteln langsam wieder verschwindet; man
setzt dann einen zweiten Tropfen zu, schüttelt, und so fährt man fort,
bis schliefslich der entstandene Niederschlag sich beim Umschütteln
nicht mehr vollständig löst.
Prüft man jetzt das Bad, so wird man es etwas alkalisch finden.
Man filtrirt es nun und setzt zum Filtrat einen oder zwei Tropfen ver-
dünnter Salpetersäure (1 Theil Säure, 5 Theile Wasser), macht dann
zur Probe mit dem Bade eine Platte und entwickelt diese.
Zeigt sie Schleier, so fahre man mit dem Zusatz von Säure fort,
bis eine Probeplatte schleierlos erscheint.
Es scheint diese Art des Abstimmens etwas complicirt, und Viele
glauben, dafs dasselbe mit Lakmuspapier bequemer zu erreichen sei.
Die Erfahrung hat uns aber gelehrt, dafs dieses meist zu unempfind-
lich ist, und leicht die Gefahr veranlafst, dafs man zu viel Säure zum
Bade setzt.
Giebt ein altes Bad flaue Negative, die Neigung zur Streifen-
bildung und Scbleierung, dabei Unempfindlichkeit zeigen, so enthält
es gewöhnlich zersetzte organische Substanzen. In solchem Falle hilft
natürlich Abstumpfen mit Natron nichts, denn hierdurch werden die
organischen Materien nicht entfernt. Photographen pflegen, behufs
der Entfernung derselben, das Bad zu neutralisiren und dann zu
sonnen. Das ist sehr gut, wenn man Sonne hat. Leider ist jedoch
dieselbe nicht immer disponibel und die vollständige Reinigung auf
diesem Wege geht auch zu langsam (sie dauert oft länger als einen
Tag).
Unter diesen Umständen ist die Reinigung mit übermangan-
saurem Kali, die zuerst von Dr. Jacobsen vorgeschlagen, von E.
Crookes zuerst probirt, weitaus vorzuziehen.
Dieses treffliche Präparat kommt neuerdings in schönen schwarzen
Krystallen in den Handel, die sich mit intensiv rother Farbe in Wasser
lösen. Die Lösung selbst ist lichtempfindlich und zersetzt sich
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286
Wartung des Silberbades.
langsam unter Bildung eines braunen Bodensatzes (Mangansuperoxyd).
Durch organische Körper wird sie rasch entfärbt, erstere oxydirt und
die Uebermangansäure zu Mangansuperoxyd reducirt:
Mn, O, = 2 Mn 0, -I- O, ,
welches sich mit brauner Färbung ausscheidet. Schon beim Filtriren
durch Papier geht diese Zersetzung vor sich.
Dieses Verhalten macht sie zur Zerstörung der organischen Sub-
stanzen in Silberbädern ganz vortrefflich geeignet. Man löse 1 Theil
des Manganats in 40 bis 50 Theilen Wasser. Diese Lösung setze
man tropfenweise zu dem zu restaurirenden Silberbade. Enthält dieses
viel organische Substanzen, so werden die ersten Tropfen fast augen-
blicklich entfärbt; enthält es weniger, so geschieht die Entfärbung
langsamer.
Man setze nun tropfenweise so lange Mangauatlösung unter
Schütteln zu dem Bade, bis der letzte Tropfen nicht mehr entfärbt
wird, und das Bad eine leichte Rosenfärbung annimmt, die nach
1 Minute langem Schütteln nicht verschwindet. (Nach längerer
Zeit verschwindet die Manganfärbung immer.)
Sind sehr viel organische Substanzen im Bade angehäuft, so stellt
sich neben der Rosenfärbung noch eine bräunliche Trübung von aus-
geschiedenem Mangansuperoxyd ein.
Das Bad wird alsdann filtrirt. Hat man nur wenig Manganat
gebraucht, so arbeitet es gewöhnlich ohne weiteren Zusatz ganz
vortrefflich.
Bei Zusatz einer grofsen Menge Manganat wirkt jedoch das Kali
desselben stark neutralisirend und man mufs für diesen Fall das
Bad mit einem oder mehreren Tropfen Salpetersäure ansäuern, so
lange , bis der Schleier verschwindet.
Zu bemerken ist, dafs durch die Behandlung mit übermangan-
saurem Kali die organischen Substanzen nur oxydirt und dadurch
zwar unschädlich gemacht, keineswegs aber vernichtet werden.
Letzteres erreicht man durch Abdampfen und Schmelzen des festen
Rückstandes.
Man verrichtet dies am besten in der Porzellanschale über einer
Berzeliuslampe oder Gaslampe. Sobald alles Wasser verdampft ist,
bläht sich das Silbersalz auf, die Säure entweicht, dann sinkt alles
zusammen, und schliefslich schmilzt es unter Graufärbung und
Entweichen rother Dämpfe. Die graue Farbe rührt von ausgeschie-
denem metallischen Silber her. Man läfst dann die Schale kalt werden,
löst das festgewordene Salz durch Uebergiefsen von wenig Wasser
und Erwärmen auf, und setzt, wenn das Ganze kocht, vorsichtig
einige Tropfen Salpetersäure zu. Die trübe Masse wird dann beim
Erhitzen plötzlich klar wie Wasser.
Man verdampft dann noch einmal zur Trockne, und erhitzt vor-
sichtig bis zum Schmelzen, läfst dann erkalten, und löst das Salz
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Wartung des Silberbades.
287
in 10 Theilen Wasser auf. Sollte das so hergestellte Bad Schleier
geben, so stimmt man mit Säure in der Weise wie oben angegeben.
Eine andere Verunreinigung des Bades ist der Jodsilberüber-
schufs, der sich namentlich in hoher Temperatur alsbald bildet und
sich, da Jodsilber in Silberbädern in der Wärme schwerer löslich ist,
als in der Kälte, in Krystallen ausscheidet (siehe S. 47). Sind die
Krystalle grofs, so bilden sie einen mehligen Ueberzug und die Platte
zeigt alsdann nach dem Entwickeln zahllose gelbe Flecke; sind sie
klein, so erzeugen sie Löcher.
Um das Jodsilber zu entfernen, mufs man das Bad mit dem
dreifachen Volumen destillirten Wassers verdünnen und
tüchtig schütteln. Das Jodsilber, welches in verdünnten Silberbädern
weniger löslich ist, fällt alsdann fast vollständig heraus. Man braucht
dann nur das Klare abzufiltriren und bis zu dem ursprünglichen Vo-
lumen abzudampfen. Oft enthält ein Bad schon Jodsilberüberscbufs,
ohne mit organischen Substanzen wesentlich verunreinigt zu sein.
Dann genügt die eben angegebene Restauration. Enthält es Jod-
silber und organische Substanzen, so verdünne man zuerst,
filtrire und dampfe dann ab und schmelze oder behandle mit Manganat.
Bei Gegenwart von organischen Substanzen finden Jodsilberaus-
scheidungen übrigens viel rascher statt, als ohne dieselben.
Eine andere Methode, Bäder, welche Jodsilber ausscheiden, wieder
brauchbar zu machen, besteht in Zumischen frischer jodsilberfreier
Silberlösung von der Badstärke. In höherer Temperatur nutzt
dieses nur für kurze Zeit. Am besten beugt man der Jodsilberaus-
scheidung durch Abkühlung des Bades vor. Man bewerkstelligt
diese durch kaltes Wasser oder Eis, oder wenn beides nicht dis-
ponibel sein sollte, durch Einschlagen der Cuvette in dunkle feuchte
Tücher und Einwirkung von Luftzug.
Das wären die wesentlichsten Badwartungsmethoden. Eine Un-
reinigkeit kann man jedoch durch dieselben nicht wegschaffen, das sind
die Zersetzungsproducte der Jodirungs salze: salpetersaure
Alkalien und Cadmiumsalze; sind diese in merklicher Menge vor-
handen, so schlägt keine einzige der angewandten Ilestaurations-
methoden vollständig an, das restaurirte Bad arbeitet dann meist flau
oder unzart.
ln solchem Fall ist es am besten, das Jodsilber, wie oben
angegeben, durch Verdünnen mit der dreifachen Wasser-
menge zu entfernen, dann bis zu der Stärke 1 : 6 bis 1 : 8 abzu-
dampfen, und das Ganze als Positivbad zu benutzen. Es ist dies
viel rationeller, als das gewöhnliche Verfahren, solche Bäder zu den
Chlorsilberrückständen zu giefsen.
Der praktische Photograph wird am besten thun, sich stets zwei
Silberbäder vorräthig zu halten (eines für den Gebrauch und eines zur
Reserve, falls mit dem ersten ein Unfall passirt) und öfter ein neues
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288
Wartung des Entwicklers.
Bad anzusetzen, als das alte immer wieder aufzurestauriren, denn im
Allgemeinen arbeitet ein restaurirtes Bad nicht so gut, als ein frisch
angesetztes.
Wartung des Entwicklers.
Das schwefelsaure Eisenoxydul färbt sich in Lösung unter Bildung
von unwirksamem Oxydsalz alsbald roth. Solche stark geröthete Ent-
wickler enthalten daher weniger wirksames Eisensalz, als die frisch
präparirten. Dieses ist von Vortheil, wenn man Bilder ohne Halb-
töne zu entwickeln hat. Daher zieht man für diesen Zweck einen
alten Entwickler einem frischen vor. Für Halbtonplatten, z. B. für
Portraitbilder ist jedoch der frische Entwickler vörzuziehen. Will
man den Entwickler längere Zeit bewahren, z. B. auf Reisen, so
nehme man statt des Eisenvitriols schwefelsaures Eisenammon (siehe
oben S. 256).
Wartung des Verstärkers.
Wässerige Fyrogalluslösung oxydirt sich rasch an der Luft, sie
mufs daher jeden Tag frisch bereitet werden (siehe oben S. 257).
Die citronensaure Silberlösung hält sich über eine Woche. DieCitronen-
säure scheint sich jedoch mit der Zeit zu zersetzen und dann ent-
stehen leicht blaue Schleier beim Verstärken. Zusatz von 1 Procent
frischer Citronensaure hilft dem Uebel ab.
Wartung der Fixage.
Cyankaliumlösung hält sich nur kurze Zeit und wird daher jeden
Tag frisch angefertigt.
Fixirnatronlösung hält sich länger, es zersetzt sich aber leicht
durch Einflufs von Säuren und durch starken Gebrauch (siehe S. 84).
Man bereitet es daher mindestens aller 4 bis 5 Tage frisch.
Wartung des Lacks.
Der Lack erleidet beim Gebrauch ähnliche Veränderungen wie
das Collodion. Er wird durch Verdunsten des Alkohols dick, durch
Mischung mit dem zurückfliefsenden staubig*). Es empfiehlt sich da-
her, den von der Platte abfliefsenden Lack in einer separaten Flasche
aufzufangen. Man verdünnt diese Ablaufreste schliefslich mit Alkohol,
filtrirt und verwendet sie wie frischen.
Ueber das Anfressen der Collodionschicht siehe oben S. 276.
Die Wartung der fertigen Negative
wird in dem Capitel über den Positivprocefs erläutert werden.
*) Gut ist cs, die Platten vor dem Lackiren mit Kameelhaarpinsel leise abzu-
stäuben; lose Collodionhäutclien am Rande, welche leicht mit dem Lack zurück-
flielsen, entfernt mau vorher.
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Der Positivproeefs.
Die photographische Aufnahme in der Camera obscura liefert ein
Bild auf Glas, welches, im transparenten Lichte betrachtet, negativ,
im reflectirten Lichte gegen einen dunklen Hintergrund positiv er-
scheint.
Das Silber, welches die Lichter deckt, erscheint nämlich im
reflectirten Lichte grauweifs, also hell; die ungedeckten durchsichtigen
Schatten lassen den dunklen Hintergrund durchsehen, sie erscheinen
demnach dunkel, das Ganze daher als Positiv.
Wegen der starken Deckung unserer Negative sind freilich die
feineren Details in den Lichtern nicht sichtbar. Ist die Belichtung
aber kurz, die Verstärkung unterlassen, so erlangt man ein gut
detailirtes Bild, Panotyp genannt.
Diese Panotype waren in der ersten Zeit des Collodionverfahrens
sehr im Schwünge. Ihre graue Farbe jedoch, ihre Verkehrtheit in
Bezug auf Rechts und Links und zum Theil ihre Zerbrechlichkeit
veranlafsten, dafs der Geschmack daran sich rasch verlor und sich
den Papierbildern zuwandte, die durch Belichten eines lichtempfind-
lichen Bogens unter einem Negativ hergestellt werden. Diese darauf
abzielenden Operationen fafst man unter dem Namen des Copir- oder
des Positivprocesses zusammen.
Man unterscheidet zweierlei Copirprocesse:
1) Das directe Copirverfahren, bei welchem die Belichtung
so lange fortgesetzt wird , bis das Bild die erwünschte Intensität hat.
2) Das indirecte Copirverfahren oder Copirverfahren
mit Entwicklung, bei weichem das Papier nur sehr kurze Zeit
belichtet und dann das Bild durch ein Entwicklungsverfahren heraus-
gebracht und bis zur gewünschten Intensität gekräftigt wird. Dieses
Verfahren ist dem Negativprocefs analog und kann man auch diesen
zur Aufnahme eines Transparent positivs auf Glas verwenden.
Das directe Copir v erfahren ist das allgemeiner üb-
liche.
Wie schon aus den Capiteln über die Photochemie des Eisens,
Chroms, Silbers, Urans hervorgeht, ist die Zahl der Copirprocesse
sehr grofs.
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290
Silbe idruckprocefs.
Man kann nach Zeichnungen directe Copieen mit Hülfe des Anilin-
drucks nehmen, man kann Bilder in Gold, Silber und Pigmenten her-
steilen, das Negativ auf Stein und Metall reproduciren und erstere
nachher abdrucken etc. etc.
Gewöhnlich pflegt man unter photographischem Copirprocefs im
engeren Sinne den durch directe Wirkung des Lichtes auf einem licht-
empfindlichen Bogen bergestellten Bildererzeugungsprocefs zu begreifen;
hierher gehört die Herstellung der Silber-, Eisen-, Uraubilder, der
Pigmentdrucke oder Kohlebilder (siehe den ersten Theil).
Von diesen verschiedenen Copirverfahren hat bisher nur eines in
der photographischen Praxis Boden gewonnen, der directe Silber-
druckprocefs, d. h. die Herstellung eines Bildes auf mit Silber-
salzen getränktem Papier. Er ist von allen Processen am leichtesten
zu handhaben, giebt mit den einfachsten Hülfsmitteln die schönsten
Resultate und würde vollkommen sein, wenn seine Producte nicht so
leicht dem Verderben ausgesetzt wären, indem schädliche schwefel-
haltigeGase auf die „Silberbilder“ in ähnlicher Weise nachtheilig wirken,
wie auf Silbergeschirre, sie werden unter Erzeugung von Schwefel-
silber gelb.
Daher hat in neuerer Zeit namentlich für Herstellung documen-
tarisch wichtiger Bilder der Pigmentprocefs oder Kohlendruckprocefs
besondere Aufmerksamkeit erregt und dürfte seine Wichtigkeit mit
der Zeit bald allgemeiner anerkannt werden.
A. Der Silberdruckprocel's.
Die Principien desselben sind schon früher auseinandergesetzt
worden (siehe den Artikel Papier). Die Vorrichtungen, welche man
zu demselben nöthig hat, sind sehr einfacher Natur.
Das Negativ als solches ist gegeben ; es gilt, dasselbe in innigem
Contact mit dem lichtempfindlichen Papier zu exponiren. Das Licht
scheint von allen Seiten durch das Negativ hindurch; ein Punkt des-
selben kann sich nur dann als Punkt reproduciren, wenn der Abstand
zwischen Papier und Negativbildschicht fast Null ist. Ist er gröfser,
so offenbart sich der Punkt als Zerstreuungskreis, das Bild wird un-
scharf. Man benutzt daher zur Herstellung der innigen Berührung
einfache Prefsvorrichtungen, Copirrahmen genannt, und daher hat der
Positivprocefs den Namen Druckprocefs erhalten.
Der Copirrahmen besteht aus einem Holzrahmen aa mit ein-
gelegter Spiegelscheibe und Deckel D, welcher in der Mitte durch-
schnitten und mit Charnieren versehen ist. Dieser Deckel wird
durch die mit Federn versehenen Leisten e e fest gegen die Unter-
lage geprefst (s. Fig. 85 und 86).
Das Negativ kommt unten zu liegen (mit der Lackseite nach
oben), darauf das lichtempfindliche Papier, hierauf, zur gleichmäfsigen
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Positivsilberbad.
291
Vertheilung des Druckes, ein Filz oder Papierbausch, endlich der
Deckel D.
Fig. 85.
Fig. 86.
Statt der Federn hat man auch zuweilen Keile, die weniger
zerbrechlich sind, als jene.
Für kleinere Platten, z. B. Visitenkartennegative, bedient man
sich eines einfachen Rahmens ohne Spiegelscheibe (s. Fig. 86). Letz-
teres ist nur von Vortheil, da die Scheibe doch einen Theil des Lichtes
absorbirt. Meagher in England hat solche Copirrahmen construirt,
in denen die Platten statt auf Holz, auf Kautschuckbändern ruhen.
Dieses sichert gekrümmte Platten vor Zerdrückung, welche in
Spiegelgla8rabmen nicht selten eintritt.
V orbereitungsarbeiten.
Das Positivsilberbad.
Wie im Negativprocefs, so dient auch im Positivprocefs zum
Sensibilisiren des bildtragenden Materials eine Silberlösung, das Positiv-
silberbad.
Die Stärke des letzteren nahm man früher sehr hoch : 1 Theil
Silbersalz auf 4 bis 5 Theile Wasser. Neuerdings bedient man sich
etwas schwächerer Lösungen. Wir nehmen 1 Theil salpetersaures
Silber auf 8 bis 10 Theile Wasser. Schwächere Lösungen zu nehmen,
ist nicht räthlich. Manche Sorten Eiweifspapier werden von verdünn-
ten Silberlösungen nur unvollkommen coagnlirt; 1 Theil der organi-
schen Substanz löst sich in dem Bade auf, färbt dieses braun und
ttiacht es unbrauchbar. Selbst bei concentrirten Lösungen 1:8 bis
1 : 10 tritt dieses zuweilen ein. Man nehme für solche Fälle ein noch
stärkeres Bad.
Das Braunwerden ereignet sich bei alkalischen Bädern leichter als
bei sauren. Daher empfiehlt sich als Rcmedium dagegen, das Silber-
bad etwas anzusäuern, am besten mit ein paar Tropfen Salpeter-
säure. Für gut arbeitende Papiere ist dies nicht nöthig.
Andere Zusätze zum Silberbade, wie Citronensäure, Weinsäure etc.
sind überflüssig.
292 Positivsilberbad. — Silberverbrauch im Positivprocels.
Die Frage, ob starke oder schwache Silberbäder vorzuziehen
seien, wurde vor einigen Jahren sehr stark ventilirt.
Es scheint auf den ersten Moment, als würde mit schwachen
Silberbädern eine Ersparnifs erzielt, dies ist jedoch in vielen Stücken
irrig. Jeder Eiweifsbogen, gleichviel ob derselbe auf einem schwachen
oder starken Bade sensibilisirt wird, nimmt zunächst eine sich gleich-
bleibende, seinem Salzgehalt äquivalente Menge Silbersalz behufs der
Bildung von Chlorsilber auf, andererseits wird ein beträchtlicher Theil
salpetersauren Silbers theils bebufs der Bildung eines Silberalbuminats,
theils mechanisch absorbirt. Wahrscheinlich ist es, dafs diese letzt-
genannte Quote des absorbirten Silbersalzes bei schwachen Bädern
geringer ist, als bei starken (Analysen darüber liegen noch nicht vor).
Ob aber um dieser problematischen Ersparnifs willen der Gebrauch
schwacher Bäder anzurathen sei, ist fraglich.
Ein schwaches Bad erschöpft sich rasch, es wird mit jedem Bogen
silberärmer und bald sinkt sein Silbergehalt auf eine Stufe, wo es
zur Sensibilisation des Bogens nicht mehr genügt, und es giebt dann
matte und flaue Bilder.
Ein starkes Bad wird ebenfalls durch den Gebrauch silberärmer,
doch bei Weitem nicht so weit wie ein schwaches. Es läfst sich da-
her ohne Störung bis zum letzten Tropfen aufbrauchen.
Ein schwaches Bad erfordert ein langes Sensibilisiren, ein starkes
Bad sensibilisirt rasch und giebt Blätter, die namentlich in trübem
Licht viel brillanter copiren, als die auf schwachen Bädern sensi-
bilisirten.
Wer mit einem schwachen Bade arbeiten will, der beachte das
Gesagte, prüfe zeitweise dessen Stärke (s. u. die Silberprobe) und
füge öfter frisches Silbersalz zur Verstärkung hinzu.
Starke Bäder erfordern diese Umstände nicht.
Von besonderem Interesse ist der Silberverbrauch im Positiv-
procels. Dieser bängt von verschiedenen Factoren ab, einerseits vom
Salzgehalt, andererseits von der Dicke der Eiweifsschicht, wohl auch
von der Dauer des Schwimmenlassens, endlich von dem mehr oder
weniger raschen Abheben der Bogen vom Bade, der Stärke desselben
etc. Daher ist es kein Wunder, wenn der Silber verbrauch per
Bogen von verschiedenen Beobachtern sehr verschieden angegeben
wird.
So geben Davanne und Girard den Silberverbrauch per Bogen
von 17 x 22" auf 3,76 Grm. Silbersalz an; Spiller auf 3 Grm., Hard-
wich auf 30 Gr., d. h. noch nicht ganz 2 Grm.
Da die Angaben so sehr difleriren, machte Hr. Meicke im Atelier
der Gewerbe- Akademie eine Reihe von Versuchen, um den Silber-
verbrauch zu bestimmen.
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Silberverbrauch im Positivprocefs. — Goldbad. 293
Es wurden 500 Cubikcentimeter Silberbad 1:8 angesetzt, dann
20 bis 25 Bogen darauf gesilbert, nachher der Silberverlust mit Vogel’s
Silberprober bestimmt (s. u.).
Der Rest des Bades wurde wieder auf 500 Cubikcentimeter und
den Gehalt 1 : 8 gebracht und von Neuem 20 bis 25 Bogen gesilbert.
So wurde das Bad 5 mal hintereinander von Neuem verstärkt und
wieder in Gebrauch genommen.
Das Resultat war:
auf dem frischen Bade verbraucht 1 Bogen .... 2,6t Gramm,
einmal verstärkten Bade verbraucht 1 Bogen 2,46
zweimal - - ... 2,ss
dreimal - - ... 2,oo
viermal - - ... 2,17
Es ergiebt sich daraus das sehr merkwürdige Resultat, dafs der
Silberverbrauch bei einem alten verstärkten Bade geringer ist, als
bei einem frischen von gleichem Silbergehalt, und dafs der Silber-
verbrauch sinkt, je öfter das Verstärken wiederholt wird.
Die Ursache dieser Erscheinung mag darin liegen, dafs das sal-
petersaure Alkali, welches sich bei der Sensibilisation bildet, und
dessen Quantität mit jedem Bogen steigt, die Silberabsorption in eigen-
thümlicher Weise beeinflufst.
Ein Zusatz von salpetersaurem Alkali zu einem frischen Bade
dürfte daher nicht unrationell erscheinen.
Im Durchschnitt ergiebt sich der Silberverbrauch auf 2,4 Gramm
per Bogen*).
Im Hirsch Nickel'schen Atelier, vielleicht der gröfsten Repro-
ductionsanstalt Deutschlands, ist der Durchschnittsverbrauch an Silber
per Bogen \ Loth = 2,38 Gramm.
Das Goldbad.
Das copirte Bild ist von einer angenehmen violetten Farbe, würde
jedoch, in das Licht gebracht, durch weitere Zersetzung bald ver-
schwinden. Um es haltbar zu machen, mufs man die Silbersalze
daraus entfernen durch Fixage, ein Auflösungsmittel wie unterschweflig-
saures Natron. Dabei nehmen die Bilder aber eine häfsliche gelbe Farbe
an. Um diesem Uebelstande zu begegnen, behandelt man die Bilder
mit einer Goldlösung. Man tont sie. Hier wirkt das reducirte Silber
des Bildes auf die Goldlösung, es bildet sich Chlorsilber und metalli-
sches Gold schlägt sich an Stelle des Silbers nieder. Das Silberbild
wird demnach theilweise in ein Goldbild umgewandelt, und um so
vollständiger, je länger die Wirkung dauert. Danach ist auch die
Farbe des Bildes verschieden, ein kurze Zeit getontes sieht mehr
*) Siehe Photogr. Mittheil. IV. Jahrg. S. 28G.
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294
Goldbad.
bräunlich, ein länger getontes mehr bläulich aus. Die Farbe solcher
getonten Bilder wird im Fixirbade nur wenig verändert. Der Ton-
procefs macht jedoch die Bilder nicht nur schöner, sondern auch halt-
barer. Gold ist atmosphärischen Einflüssen bei Weitem weniger unter-
worfen, als Silber, und daher hält sich ein getontes Bild entschieden
besser als ein nicht getontes.
Neben der Dauer des Tonprocesses ist auch die Reaction des,
Goldbades von wesentlichem Einflufs auf die Farbe des fertigen Bildes.
In einer sauren Goldlösung nehmen die Bilder eine bräunliche, in
einer neutralen eine violette, in einer alkalischen Goldlösung eine
blau- violette Farbe an. Welche Farbe die schönste ist, ist rein Ge-
schmacksache und daher findet man in der Praxis Bäder sehr ver-
schiedener Reaction in Anwendung. Der Eine empfiehlt dieses, der
Andere jenes.
Ein wichtiger Punkt ist ferner die Concentration des Bades. Ein
starkes Bad wirkt so rasch, die Farbe ändert sich so schnell von
Braun in Blau um, dafs man den Procefs kaum zu überwachen im
Stande ist. Dazu bilden sich bei starken Bädern leicht unregelmäfsige
Niederschläge in Folge des Einflusses reducirender organischer Sub-
stanzen, wie Striemen, Masern. Daher wendet man die Goldlösnng
gern verdünnt an und um so mehr, je auffallender sich die erwähnten
Erscheinungen zeigen. In der Regel nimmt man 1 Theil Goldsalz
auf 1000 bis 2000 Tlieile Wasser.
Gold ist ein äufserst leicht aus seinen Lösungen reducirbares
Metall. Schon durch Wirkung des Lichtes schlägt sich aus Gold-
lösungen braunes oder rothes Goldpulver nieder. Enthält das Wasser
nur eine geringe Spur organischer Substanz — und das ist gewöhnlich
der Fall — so erfolgt diese Reduction schon im Dunkeln. Daher ist
es kein Wunder, dafs auch die verdünnten Goldlösungen, welche wir
als Tonbäder verwenden, sich bald zersetzen, obgleich man den
sauren Goldbädern eine unbegrenzte Dauer zuschreibt.
In der That sind letztere am längsten haltbar, weniger lange die
neutralen, noch kürzer die alkalischen.
Letztere beiden verlieren oft schon nach einer Stunde ihre gelbe
Farbe und zu gleicher Zeit ihre tonende Wirkung.
Nach Davanne und Girard erklärt sich dies aus einer eigenthüm-
lichen Wirkung der Alkalien.
Versetzt man eine Goldbadlösung mit einem Alkali- oder alkalisch
reagirten Salz, so wird ein goldsaures Salz gebildet
Au CI , H- 4Na O = Au O, Na O -t- 3 Na CI.
Dieses goldsaure Salz wird leicht durch Silber reducirt. Nach kurzer
Zeit jedoch wirft sich der sehr locker gebundene Sauerstoff, nament-
lich bei Gegenwart von überschüssigem freien Alkali, auf das gebil-
dete Na CI, es entsteht unterchlorigsaures Natron und Goldoxydulnatron
Au O, Na O Na CI = Au O Na O -+- Na O CI O.
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Goldbad.
295
Das Goldoxydulnatron ist bei Gegenwart überschüssigen
Alkalis so beständig, dafs es nicht mehr durch Silber reducirt wird.
Versetzt man ein so verändertes Bad mit Salzsäure, so bildet sich
wieder Chlorgold und die Flüssigkeit färbt sich gelb (s. S. 63).
Alle durch Alkalien neutralisirten Bäder erleiden diese Aende-
rungen. Ist jedoch kein Alkali im Uebcrsehufs vorhanden oder sind
sie, wie man zu sagen pflegt, neutral, so behalten sie ihre tonende
Kraft, indem das gebildete Goldoxydsalz ohne Gegenwart überschüs-
sigen Alkalis reducirbar bleibt. Nur ist in diesem Falle die tonende
Wirkung etwas anders.
Bei nicht zersetzten Bädern schlägt sich an Stelle von 3 Atomen
Silber nur 1 Atom Gold nieder
Au O, -t- 3 Ag = 3 Ag O -f- Au,
dagegen bei zersetzten Bädern 1 Atom Gold an Stelle von 1 Atom
Silber
Au O -4- Ag = Ag O -+- Au.
Demnach ist in letzterem Falle der Goldniederschlag reichlicher. Die
Bilder behalten daher in solchem Bude mehr von ihrer Kraft als in
einem Goldoxydbade, in welchem sie immer etwas in ihrer Intensität
reducirt werden. Daher eignen sich Bäder der ersten Art zum Tonen
untercopirter Bilder besser.
Eine eigentümliche Art der Tonbäder bilden die sogenannten
Natronton bäder, die man erhält, wenn man Goldsalzlösung tropfen-
weise unter Umschütteln zu unterschwefligsaurer Natronlösung setzt.
Es bildet sich hierbei ein Doppelsalz von unterschwefligsaurem
Natron und unterschwefligsaurem Goldoxydul (s. S. 63), das einem
alkalischen Tonbade analog sich verhält, jedoch auch bei Ueberschufs
von unterschwefligsaurem Salz reducirbar bleibt.
Diese Bäder wendet man nach dem Fixiren an, während
sonst der Tonprocefs dem Fixirprocefs vorausgeht. Sie geben nicht
so angenehme Töne als die gewöhnlichen Goldbäder. Die Bilder
fallen stark ins Bräunliche und bedürfen einer zweiten Fixirung, wenn
sie haltbar sein sollen. Bessere Resultate giebt das Doppelsalz von
Rhodangold und Rhodanammon (s. u.).
Das Gesagte wird hinreichen, die chemischen Frocesse beim
Tonen verstehen zu lernen. Wir geben nun hier eine Anzahl der in
der Praxis gebräuchlichen Tonrecepte.
Normalgoldlösung und Goldverbrauch.
Zum Ansetzen der Goldbäder bedienen wir uns abgestimmter
Lösungen von Goldcbloridkalium. Dieses Salz kommt sehr rein im
Handel vor, ist luftbeständig, läfst sich daher leichter aufbewahren
und abwägen als das immer feuchte Goldchlorid. Wir benutzen als
Normalgoldlösung eine Auflösung von
Vogel, Lehrbuch it Photographie. 20
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296
NormalgoMlösung and Goldverbrauch.
1 Theil Goldchloridkalium,
50 - Wasser.
Diese Lösung messen wir beim Gebrauch in einer getheilten Röhre,
Pipette oder Mensur ab.
Auf einen Bogen (17x22") schlagen sich ungefähr 0,oi Gramm
metallisches Gold nieder, aufserdem bleibt eine gewisse Quantität
Goldlüsung an dem Bogen hängen, die 0,oi bis 0,ots Gramm Goldsalz
enthält, so dafs im Durchschnitt jeder Bogen 0,os Gramm Goldsalz
verbraucht. Alle Verluste eingerechnet (Tonbadreste etc.), mufs man
jedoch die doppelte Goldquantität = 0,o« Gramm = 1 Gran Goldsalz
per Bogen in Arbeit nehmen.
1. Alkalische Goldbäder.
a) Borax- and phosphorsaures Katronbad.
Per Bogen Bildfläche :
3 Cubikcent. Normalgoldlösung,
lj Gramm Borax oder phosphorsaures Natron, vorher ge-
löst in
200 Theilen Wasser.
Man kann die Boraxlösung vorräthig bereiten und braucht sie
dann nur in der nöthigen Quantität abzumessen.
Borax und phosphorsaures Natron sind alkalisch reagirende Salze,
die das Goldbad gerade so neutralisiren , wie freies Alkali. Die
schwache Borsäure und Phosphorsäure, welche hierbei frei wird, ist
ohne merklichen Einfiufs. Das Bad hält sich nur kurze Zeit, es mufs
daher vor Gebrauch frisch angesetzt werden. Bei niederer Temperatur
empfiehlt es sich, dieses Bad vor dem Gebrauch etwas zu erwärmen.*)
b) Chlorkalkbad.
Ein Chlorkalkzusatz zum Tonbad ist bei vielen Photographen in
Gebrauch; seine Wirkung ist die, dafs er das Bad alkalischer macht
(in Folge der Gegenwart von Aetzkalk) und daher schwärzere
Töne liefert. Man stellt das Chlorkalktonbad her, indem man zu
dem essigsauren Natronbad (s. u.) 0,03 Gramm Chlorkalk giebt, schüt-
telt und nach drei Stunden benutzt. Das Bad giebt schwarz violette
Töne.
2. Neutrale Goldbäder.
a) Hit Kreide (nach Savanne).
Man nehme per Bogen
3 Cubikcent. Normalgoldiösung,
200 Wasser,
1 Messerspitze geschabte Kreide oder kohlensauren Kalk,
*) Das Boraxbad ist das vom Verfasser gewöhnlich angewendete. .
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Normalgoldlosung und Goldverbrauch. 297
schüttele tüchtig 5 Minuten, dann filtrire man. Die Lösung sieht frisch
gelb aus, wird aber nach einigen Stunden farblos, ohne jedoch ihre
tonende Kraft zu verlieren (s. o.). Sie tont dann jedoch langsamer.
Reiner kohlensaurer Kalk ist der Kreide vorzuziehen, da letztere or-
ganische Substanzen enthält, welche das Goldsalz zersetzen.
b) Mit kohlensaurem Natron.
Man nehme Goldlösung und Wasser wie oben und versetze unter
Umschütteln mit einer kohlensauren Natronlösung 1 : 10 tropfenweise,
so lange, bis blaues Lakniuspapier nicht mehr geröthet wird. Das
Bad hält sich nicht lange; bei Anwendung von Ueberschufs von
Natron wird es zum alkalischen Bade und giebt dann mehr schwarze
Töne. Da man bei der Ansetzung dieses Bades leicht Fehler macht,
empfiehlt sich folgendes Recept von Mr. England:
3 Cubikcent. Normalgoldlösung,
3 Cubikcent. einer Lösung von kryst. kohlensaurem Natron 1 : 50,
200 Cubikcent. Wasser.
Das Ganze wird circa eine halbe Stunde nach dem Ansetzen
benutzt; das Bad ist jedesmal frisch zu bereiten.
3. Saure Goldbiider.
Das essigsaure Natronbad.
Man nehme per Bogen Bildfläche
3 Cubikcent. Normalgoldlösung,
2 Gramm kryst. essigs. Natron, vorher gelöst in
200 Gramm Wasser.
Man brauche das Bad circa 24 Stunden nach der Mischung. Es
hält sich längere Zeit, und man hat nur nöthig, es zeitweise durch
einige Tropfen Normalgoldlösung zu verstärken. Das Bad giebt mehr
bräunliche Töne.
4. Rhodangoldbad.
Fixirnatrongoldbadrecepte empfehlen wir nicht. Wir haben unter
den vielen empfohlenen noch kein einziges gefunden, was uns be-
friedigt hätte. Dagegen verdient das Rhodangoldbad empfohlen zu
werden.
Es giebt die reichste Tonabstufung, deren ein Bad fähig ist, je
nach der Dauer des Tones. Die nachfolgende Natronfixirung ändert
den Ton wenig.
Die Bilder brauchen nicht so stark übercopirt zu werden, wie
dies für gewöhnliche Tonbäder nothwendig der Fall ist, ein Vortheil,
der bei trübem Wetter sehr schätzbar ist. Das Bild wird nach dem
Drucken gewaschen und in folgendes Tonbad getaucht:
Goldlösung .... 3 Cubikcent.,
Schwefelcyanammonium 20 Gramm,
vorher gelöst in Wasser ...... 100
20*
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298
bas t’ixirbad. — ttas Papier.
Das Bild wird in dem Bade erst Wässer und fuchsig, dann färbt
es sich warm und brillant, von Braun durch Violett in Schwarz über-
gehend. Bei diesem Bade wird etwas mehr Gold gebraucht, als bei
einem gewöhnlichen; vielleicht bis 2 Gran per Bogen. Das GoUlbad
wird nach Gebrauch verwahrt und kann mit zeitweisem Zusatz einiger
Tropfen Gold immer und immer wieder benutzt werden.
Dieses Verhiiltnifs ist bei obigem Tonbadrecepte (3 Cubikcent.
Normalgoldlösung enthalten 0,oe Goldsalz) festzuhalten. Was nun die
Qualität der zu wählenden Recepte anbetrifft, so giebt das über die
Eigenschaften der neutralen, alkalischen und sauren Bäder oben Ge-
sagte dem Leser genügenden Aufschlufs. Es wäre überflüssig und
zur Qual für den wählenden Anfänger, noch mehr Recepte hinzufügen
zu wollen. Wer mehr schwarze Töne liebt, wähle das Chlorkalk-
oder kohlensaure Natronbad; wer braun wünscht, das essigsaure
Goldbad; wer purpurviolette Töne liebt, das Borax- oder Kreidebad.
Ersteres ist das von uns gewöhnlich angewendete.
Das Fixirbad.
Zum Fixiren im Positivprocefs bedient man sich des nnlersehwe-
fligsauren Natrons. Das Cyankalium ist nicht anwendbar, weil es die
Bilder stark angreift (s. S. 81). Das Rhodanammon ist nicht in
Gebrauch gekommen, einerseits wegen seines hohen Preises, anderer-
seits wegen des Uebelstandes, dafs man zwei Fixirbäder bei seiner
Anwendung nöthig hat (s. S. 82).
Man nehme eine frische Lösung von
1 Theil unterschwefligsaurem Natron in
4 — 5 Theilen Wasser.
Schon gebrauchte Lösungen zersetzen sich bald und geben dann
Veranlassung zur Vergilbung der Bilder.
Das Papier.
Ueber die Eigenschaften des Papiers ist schon früher die Rede
gewesen (s. S. 113). In der photographischen Praxis des Silber-
druckprocesses ist das Eiweifspapier das am meisten angewendete.
Selten wird es im Atelier gefertigt, sondern gewöhnlich fertig gekauft.
Seine Qualität ist selbst bei derselben Fabrikationsmanier ganz
aufserordentlich verschieden. Das Hühnereiweifs zeigt im Sommer
andere Eigenschaften als im Winter. Die rasche Veränderlichkeit
dieses im nassen Zustande unbeständigsten aller Körper, macht es
geradezu unmöglich, das Papier in immer gleichmäfsiger Qualität zu
liefern, und daher werden die Klagen über das Eiweifspapier so laDge
währen, als der Silberdruckprocefs.
Es giebt Papiere, die das Silberbad färben, indem sich ein Theil
der organischen Substanz auflöst; es giebt andere, die kurze Zeit
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Die Praxis des Sillierdrncks. — Sensibilisiren des Papiers. 299
nach dem Sensibilisiren gelb werden, schlecht tonen, im Fixirbade
pockig werden etc. Die Zahl dieser Fehler ist Legion und ihre Ur-
sachen sind keineswegs genügend ergründet*). Durch Erfahrung hat man
soviel festgestellt, dafs das Eiweifspapier besser arbeitet, wenn es nicht
zu trocken ist, und dafs mangelhaftes Papier beim Gebrauche concen-
trirter Silberbäder bessere Resultate giebt, als beim Gebrauche ver-
dünnter. Es ist daher sehr zu empfehlen, das Eiweifspapier vor dem
Sensibilisiren 24 Stunden an einen feuchten Ort zu legen. Die Blasen,
welche sich namentlich im Sommer beim Fixiren einstellen, werden
dadurch am besten vermieden. Eiweifspapier durch Chlorcalcium in
verschlossenen Büchsen conserviren zu wollen, ist ein Fehler (s. u.).
Die Praxis des Silberdrucks.
Bei der praktischen Ausübung des Silberdrucks wird ein voll-
kommen druckfertiges Negativ vorausgesetzt. Man reinige das-
selbe sorgfältigst auf der Rückseite. Sollte diese stark mit Retouche
bedeckt sein, so thut man gut, dieselbe zu lackiren, gerade wie die
Vorderseite. Das gereinigte Negativ lege man in den Rahmen, dessen
Spiegelscheibe vorher gereinigt ist, dann lege man das lichtempfind-
liche, vollkommen trockene Papier ein.
Sensibilisiren des Papiers.
Man filtrire das Silberbad in eine gereinigte Glas- oder Porzellan-
schale, ziehe mehrmals Schreibpapierstreifen über das Filtrat hinweg,
so lange, bis dieselben vollkommen schmutzfrei erscheinen, dann lege
man das Papier auf. Die Arbeit kann bei der geringen Empfindlichkeit
des Silberpapiers im halbdunklen Zimmer geschehen. Man schneide
zunächst das Papier in die Stücke zurecht, deren Gröfse man wünscht
(für Massenproductionen empfiehlt sich die Silberung ganzer Bogen),
und berühre die Eiweifsfläche des Papieres so wenig wie möglich mit den
Fingern; am besten verfährt man beim Schneiden, wenn man die
Bogen so kneift, dafs das Eiweifs innen liegt und die Kneifstelle von
aufsen mit der Scheere durchschneidet. ln dieser Weise vermeidet
man das Beschmutzen der Eiweifsseite mit Rost, der leicht zur Ent-
stehung schwarzer Flecke Veranlassung giebt. WTer schweifsige Finger
hat, thut gut, auch das Betupfen der Rückseite des Papiers zu meiden
und es nur am Rande zu fassen. Gröfste Reinlichkeit der Tische, auf
welche man das sensibilisirte und nicht sensibilisirte Eiweifspapier
legt, kann nicht oft genug empfohlen werden.
Das Auflegen geschieht durch Fassen des Papiers an zwei einander
gegenüberstehenden Seiten oder Ecken, Niedersenken des mittleren Theils,
*) Die Schuld liegt Übrigens keineswegs immer am Fabrikanten, sondern oft
genug am Photographen.
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300
Sensibilisiren des Papiers.
bis er das Bad berührt, und nachfolgendes Niedersenken der beiden
Ränder. Anhalten darf man hier ebensowenig, als beim Silbern einer
Negativplatte. Bei diesem Auflegen selbst bleiben gewöhnlich einige
Luftblasen unter dem
Papiere sitzen und hin-
dern das Sensibilisiren
an der betreffenden
Stelle. Man hebe daher
mit Hülfe eines Horn-,
Glas- oder Silberhäk-
chens das Papier an
einer Ecke auf, bis man
die ganze Fläche über-
sehen kann, entferne
das anhaftende Bläschen durch Auf- und Niedersenken oder durch
leises Berühren mit dem Häkchen, dann senke man das Papier
wieder nieder. Die Dauer des Silberns ist je nach der Stärke des
Bades, der Temperatur und der Art des Eiweifses etwas verschieden.
Wir silbern im Sommer 3, im Winter 4 Minuten. Sehr bequem ist
bei Feststellung der Sensibilisationszeit eine Sanduhr. Man hüte
sich, Silberlösung auf die Rückseite des Papiers kommen
zu lassen. Diese bewirkt stets Flecke. Nach fertigem Sensibilish-en
hebe man das Papier an einer Ecke langsam auf und klammere es
hängend ein in einem halbdunklen Zimmer. Bei 20* trocknet das
Papier sehr rasch von selbst; bei niedrigerer Temperatur hilft man
mit einer untergestellten Lampe etwas nach. Man hüte sich jedoch,
das Papier dabei zu versengen. Die getrockneten Papiere prüfe man
sorglich, ob irgend eine Spur Feuchtigkeit daran zurückgeblieben ist.
Nicht selten findet man an den unteren Kanten und Ecken, zuweilen
auch in der Mitte noch einige feuchte Stellen, die nachher am Ne-
gativ festkleben und dieses verderben. Oft sind dadurch treffliche
Negative ruinirt worden.
Die getrockneten Papiere behandle man in Bezug auf Anfassen
mit den Fingern noch vorsichtiger, als die nicht sensibilisirten. Man
bringe sie in einen verschlossenen, reinlichen Holzkasten nach dem
Copirraum und lege sie in die Rahmen. Bedingung zur Erzielung
eines scharfen Bildes ist innige Berührung zwischen Negativ und
Papier; diese erreicht man durch kräftigen Druck. Krumme Platten
leiden hier freilich Gefahr des Zerbrechens (s. o.); auch ebene Platten
laufen Gefahr, wenn, wie es öfter der Fall ist, Glasplitter oder Sand-
körner sich im Copirrahmen finden. Man lege die Papiere mit der
sensibilisirten Seite möglichst glatt an, darüber ein Stück Wachspapier,
darauf ein Bausch weiches Fliefspapier oder Filz, schliefslich lege man
den Deckel auf und schliefse ihn.
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Copiren.
301
Manches Papier trocknet wellig und legt sich schwer glatt an,
namentlich wenn es zu trocken ist oder wenn man im Winter im
Kalten copirt; man lege für solchen Fall das Papier nach dem Silbern
eine Stunde in einen kühlen Raum, lege ferner hinter das Papier
im Rahmen ein Stück starken Carton und öffne nach dem Einlegen
erst die eine Hälfte, dann die andre, um das Papier glatt zu ziehen.
Man lege überhaupt den Rahmen nicht eher an das Licht, als bis
man sich von der vollkommenen Anlage des Papiers überzeugt hat.
Das Copiren.
Hat man die Rahmen mit Papier beschickt, so bringe man sie
an das Licht. Gut ist es, sie hier so zu ordnen, dafs die gleich lange
copirenden zusammenliegen. Man hat dann nur einen der Rahmen
zu controlliren und kann daraus einen Schlufs auf das Fortschreiten
der übrigen machen.
Das Beliebten dauert viel länger als im Negativprocefs. Es währt
bei dicken Negativen und schlechtem Wetter oft tagelang und
zuweilen vergilbt das Papier im Rahmen, ehe das Bild fertig ist.
Man beobachtet den Fortgang des Copirprocesses schon an der Fär-
bung der überstehenden Ränder des Papieres, diese laufen broncefarben
an. Das Negativbild wird bald positiv sichtbar. Um genau über den
Fortgang des Papieres sich zu unterrichten, mufs man jedoch zeitweise
nachsehen. Man nimmt den Rahmen in das Zimmer, öffnet die eine
Hälfte an einem nicht zu hellen Ort, während die andere Hälfte das
Papier noch festklemmt und betrachtet das Bild; dann schliefst man
die offene Seite und betrachtet die andere Hälfte. Man hüte sich,
hierbei das Papier zu verrücken. Manche Rahmen haben nur
einen einfachen Deckel, so dafs beim Oeffnen das ganze Papier freiliegt;
hier ist die Gefahr der Verschiebung am gröfsten und kann ihr nur durch
Ankleben des Papiers an den Rändern mit Hülfe von Gummipapier
gesteuert werden.
Der Copirprocefs ist beendet, wenn die feinsten
Details in den Lichtern sichtbar geworden sind, derüber-
stehende Papierrand metallisch bronzefarbig erscheint
und wenn die Intensität des Bildes etwas stärker ist, als
sie bei einem fertigen Bilde gewünscht wird. Letzteres ist
nothwendig, weil die Bilder im Goldbade immer etwas blässer werden.
Der richtige Grad desGopirens kann nur aus Erfahrung bestimmt werden;
er ist auch verschieden nach dem Charakter der Negative und der Gold-
bäder.
Copiren mit abgetöntem Hintergrund.
Um Bilder mit sanft inWeifs verlaufendem Hintergrund herzustellen
(Vignettebilder), deckt man auf das Negativ eine sogenannte Vignette-
muske. Dieselbe besteht entweder aus einer Glasplatte, welche in
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302
Copiren. — Wuschen.
der Mitte hell ist und allmählich nach dem Rande zu ins Dunkle ver-
läuft, oder einfacher aus einem Stück dunkler Pappe, in welcher, der
Figur des abgetönten Bildes entsprechend, ein Loch geschnitten ist.
Man legt diesen Pappdeckel auf den Copirrahmen. Je weiter er vom
Negativ entfernt ist , desto breiter und sanfter wird der verlaufende
Rand, desto langsamer copirt aber auch das Bild. Man roufs dafür
Sorge tragen, dafs der Pappdeckel in unverrückter Lage liegen bleibt
und den Copirrahmen vollständig zudeckt, damit kein Licht seitlich
eindringen und unerwünschte Färbungen erzeugen kann. Man nagelt
daher die Pappe am besten fest. Für Massenproduction empfehlen
sich Vignetteplatten aus Eisenblech. Weifse Cartons sind bei Verar-
beitung zu Vignettepappen zu schwärzen. Von grofsern Vortheil ist das
Vignettirverfahren für Negative mit fehlerhaftem Hintergrund.
Copiren unvollkommener Negative.
Die hier gegebenen Copirregeln genügen für ein vollkommenes
Negativ, welches brillante und doch nicht zu dichte Lichter und
detaillirte Schatten zeigt. Nun giebt es aber oft flaue Negative,
bei denen alle Details in den Lichtern schon erschienen sind, ehe die
Schwärzen hinreichende Kraft zeigen. Diese copirt man am besten
unter einer Scheibe von grünem Glase. Die Erfahrung hat. nämlich
gezeigt, dafs bei mattem Licht die Contraste in solchem Falle stärker
werden, d. h. die Schwärzen dunkler, die Lichter heller. Man kann
auch das flaue Negativ auf der Rückseite mit Negativlack überziehen,
der mit etwas Drachenblut weinroth gefärbt ist. Dieser Lack schwächt
das Licht ähnlich wie eine grüne Scheibe. Dann giebt es auf der
andern Seite zu harte Negative, die total verbrannte Schwärzen zeigen
würden, wenn man sie bis zur Erscheinung der Details in den Lichtern
copiren wollte. Hier kann man nachhelfen, indem man die schwarzen
Flächen mit passend ausgeschnittenen Pappdeckeln (Masken) zudeckt,
wenn sie hinreichend intensiv sind , und die Lichter weiter exponirt.
Kleine Partieen in den Lichtern, die nicht durchcopiren wollen, können
auch mit Hülfe eines Brennglases (bei Sonnenlicht) heransgebracht
werden.
Das Waschen.
Die copirten Bilder werden aus dem Rahmen genommen und in einen
separaten dunklen Kasten gethan (nicht mit den sensibilisirten Papieren
zusammen). Sind alle Rahmen fertig copirt, So behandelt man an dem-
selben Tage sämmtliche Bilder gemeinschaftlich in der nachfolgend
beschriebenen Weise. Bilder bis zum folgenden Tage behufs der
weiteren Behandlung liegen zu lassen, ist nur räthlich, falls man weifs,
dafs das Papier sich längere Zeit hält, ohne gelb zu werden.
Der Bogen absorbirt beim Scnsibilisiren eine sehr beträchtliche
Quantität Silbersalz. Von dieser wird nur der kleinste Thejl beim
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Waschen. — Tonen.
303
Belichten redncirt, und es finden" sich daher in den copirten Bildern
grofse Mengen freien Salpetersäuren Silbers. Diese würden im Gold-
bade durch Zersetzung des Goldsalzes entschieden nachtheilig wirken*).
Man entfernt sie daher durch Auswuschen: zu dieser Waschung kann
man sich der wenig zerbrechlichen Guttapercha- oder Cartonschalen
bedienen. Man mache es sich aber hierbei znm Gesetz, diese
Schalen einzig und allein zu diesem und keinem anderen
Zweck zu verwenden und man nehme diesen Waschprocefs
auf einem Tische vor, wo e in e Veru n rein ign ng mi t a ndere n
Chemiealien, namentlich mit Fixirnatron, nicht zu fürch-
ten ist (s. die Einrichtung des Ateliers in der Gewerbe -Akademie
S. 218). Man lege die Blätter eines nach dem andern mit voll-
kommen reinlichen Fingern in die Schale mit gewöhnlichem
Wasser, schwenke diese nach jedem Blatt, so dafs dieselbe vollständig
benetzt wird; gewöhnlich wird das Wasser dabei milchig, in Folge
der Ausscheidung von Chlorsilber. Nach circa 10 Minuten lege man
in derselben Weise die Bilder aus der ersten Schale in die zweite
und giefse die milchig erscheinende Flüssigkeit der ersten in die
Vorrathstonne für die Silberrückstände; Gleiches geschieht mit der
Flüssigkeit der zweiten Schule. Man lege diu Bilder in dieser Weise
vier- oder fünfmal hintereinander in frisches Wasser. Die beiden
letzten Waschwässer giefse man weg, da ihr Silbergehalt zu gering
ist. Das letzte Waschwasser darf nicht mehr milchig erscheinen,
andernfalls mufs das Waschen noch fortgesetzt werden. Die Arbeit
verrichte man in einem halbdunklen Zimmer, sonst leiden die Weifsen
der Bilder leicht Gefahr.
Das Tonen.
Das Tonen nehme man sofort nach beendigtem Waschen vor**).
M an schütte das Tonbad in eine Schale, die einzig und allein
diesem Zwecke dient, wärme diese im Winter etwas an und
tauche die Bilder eines nach dem andern mit reinlichen Fingern unter
fortwährendem Schwenken ein. Nothwendig ist, dafs die Gold-
lösung die Bilder vollkommen gleichmäfsig benetzt, sonst tritt leicht
ungleiches Tonen ein. Man beobachtet die Farbenveränderung der
Bilder bald nach dem Eintauchen, sie werden erst braunviolett, violett,
violettblau, endlich blau. Sobald der gewünschte Ton erreicht ist
(der violette bis violettblaue dürfte sich des meisten Anklanges erfreuen),
nehme man die Bilder sogleich heraus und werfe sie in eine bereit-
stehende Schale mit Wasser. Der Tonprocefs ist ebenfalls im Halb-
*) Mischt inan Silbernitrat mit Chlorgold, so bildet sich Cblorsilber und me-
tallischen Gold; Sauerstoll* und SalpetersSure werden frei.
**) Bilder, die sehr lange (circa 12 Stunden) in Wasser liegen, erleiden otl
Zersetzungen und tonen dann ungleich.
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304
Fixiren. — Waschen nach dem Fixiren.
licht vorzunehmen, sonst leiden die Weitsen. Es macht sich bei
Tageslicht besser als bei Lampenlicht (ist man bei Lampenlicht zu
arbeiten genöthigt, so stelle man das Licht möglichst nahe der Schale).
Am praktischsten ist es, drei Schalen neben einander zu setzen.
Links die Schale mit den Bildern im Wasser, in der Mitte die
Goldschale, rechts eine Schale mit frischem Wasser. Man werfe
nie mehr Bilder gemeinschaftlich in die Tonschale, als man auf ein-
mal controlliren kann, sonst ist leicht Gefahr der Uebertonung. Bilder
auf stumpfem Papier tonen schneller als Eiweifsbilder. Man nehme
für solche ein möglichst verdünntes Bad oder bringe sie in das durch
vorhergehende Eiweifsbildertonung schon etwas erschöpfte Goldbad.
Das Fixiren.
Das Fixiren wird ebenfalls in einer extra dazu bestimmten Schale
vorgenommen. Man nimmt die Bilder einzeln aus der Wasserschale
(s. o.), taucht sie in die Fixirlösung und schwenkt diese, so dafs sie
die Bilder sogleich vollständig überfluthet. Man hüte sich hier vor
Beschmutzung der Finger mit Natronlösung, da sonst beim Befassen
der getonten, noch unfixirten Bilder mit „Natronfingern“ unvermeidlich
ein Fleck entsteht. Viele bedienen sich deshalb zum Herausnehmen
der noch unfixirten Bilder Zangen von Holz.
Die Bilder nehmen im Natronbade einen häfslichen Ton an, um
so brauner, je kürzer sie getont worden sind, zu gleicher Zeit werden
sie blässer. Anfänger mögen sich dadurch nicht täuschen lassen. Der
Ton bessert sich nach dem Waschen und Trocknen und die Inten-
sität ist alsdann dieselbe, als wie die Bilder im Tonbade
zeigen. Letztere kann man daher als Richtschnur nehmen. Die
Dauer des Fixirens ist mindestens 5 Minuten. So lange das Bild
noch nicht ausfixirt ist, erscheinen die Weifsen desselben, in der Durch-
sicht gegen ein helles Licht betrachtet, wolkig.
Das Waschen nach dem Fixiren.
In dem fixirten Bilde findet sich eine beträchtliche Menge von
überschüssigem Fixirnatron. Bliebe dieses im Bilde, so würde es sich
alsbald zersetzen, Schwefel ausscheiden, und dadurch Veranlassung zur
Bildung von Schwefelsilber geben, d. h. das Bild gelb färben. Daher
ist das gründliche Auswaschen des Fixirnatrons für die Haltbarkeit
der Bilder dringendes Bedürfnifs. Es geschieht das Waschen am ein-
fachsten durch oft gewechseltes Wasser. Für Ateliers empfiehlt sich
folgender Waschapparat: A(Fig.88) ist eine Cisterne von lackirtem Blech
mit doppeltem Boden, von dem der obere B siebförmig durchlöchert ist,
H ein Heberohr, das in die tiefste Stelle des Kastens mündet, R eine
Röhre, die entweder mit feinen Spritz - Oeffnungen oder mit Ansatz-
röhren aaaa versehen ist; diese Röhre steht mit der Wasserleitung
oder einem Wasserreservoir in Verbindung. Die Dicke des Hebers 17
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Waschen nach dem Fixiren.
305
wähle man so, dafs er das Gefäfs ungefähr doppelt so rasch entleert,
als die Leitung dasselbe füllt. Die fixirten Bilder lege man zunächst
zum vorläufigen Abspü-
, pi*‘ len in eine Schale mit
frischem Wasser, lasse
das Gefäfs A voll Wasser
laufen und lege dieBilder
einzeln hinein, während
das Wasser fliefst; so-
bald das Gefäfs bis zu
dem Gipfelpunkt des
Hebers gefüllt ist, fängt
dieser an zu wirken
und saugt trotz des un-
unterbrochenen Zuflusses das Gefäfs binnen wenigen Minuten leer;
sobald das geschehen ist, hört seine W'irkung auf, das Gefäfs
füllt sich wieder und das Spiel beginnt von Neuem. In dieser Weise
kann man Bilder (je nach ihrer Menge) in 1 — 2 Stunden vollständig
auswa8chen. Wich tig ist j edoch hie rbei, dafs die Blätter nicht
aneinander kleben; geschieht dieses, so bleibt trotz wiederholten
Wasserwechsels dennoch leicht Natron zwischen den Bildern zurück.
Man sucht dieses Aneinanderkleben durch eine Rotation der Bilder zu
vermeiden, indem man das Wasser aus den Röhren aa in schiefer
Richtung einströmen läfst, die Bilder schwimmen dann in der Rich-
tung des Wasserstrahls herum und trennen sich bei kleinerem Format
leicht; bei gröfserem Format ist auch diese Vorrichtung nicht genü-
gend, und hier bleibt nichts weiter übrig, als von Zeit, zu Zeit mit
der Hand nachzuhelfen und das Waschen möglichst lange fortzusetzen.
In grofsen Etablissements wäscht man gewöhnlich die ganze Nacht
hindurch.
Hr. Schade in Sorau empfiehlt, um das Aneinanderkleben der
Bilder zu vermeiden, ein ununterbrochenes Schütteln des Kastens durch
Elektromagnetismus (s. Photographische Mittheilungen 1869, August-
heft). — Mitunter kleben die Bilder an der Kastenwandung fest, um
dies zu verhindern, läfst man an der Röhre RR einige feine Oeffnun-
gen anbringen, durch welche das Wasser an der Wandung herabrieselt.
Um zu prüfen, ob die Bilder hinreichend ausgewaschen sind,
benutze man die Jodstärkeprobe des Verfassers. Man trenne die
Bilder nach beendigter Waschung unter Wasser und nehme einen
Theil des letzten Waschwassers heraus. Behufs der Prüfung nehme
man zwei egale, völlig reine Reagenzröhren, fülle in jede gleich viel
Jodstärkelösung*), setze zu der einen frisches, noch nicht gebrauchtes
*) Man bereitet diese folgendermafsen : 1 Gramm Arrowroot wird mit einigen
Tropfen kalten Wassers angerührt, darauf circa hundert Theile desstillirtes, siedendes
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306 Waschen nach dem Fixiren. — Fertigmachen.
Wasser aus dem Reservoir, zu der andern genau ebensoviel von dem
gebrauchten Waschwasser. Man braucht dann nur beide Röhren zu
schütteln und gegen ein weifses Stück Papier zu halten und zu ver-
gleichen; man sieht dann sofort, ob in der einen Röhre eine Entfärbung
stattgefunden bat oder nicht. Bedingung ist gröfstc Reinlichkeit der
(Raser und Hände. Selbst bei millionenfacher Verdünnung wird durch
diese Probe das Natron noch angezeigt. Ist diese Anzeige eingetreten,
so ist noch eine Spur Natron vorhanden und der Wasehprocefs mnfs
fortgesetzt werden. Will inan fertige Bilder in dieser Weise prüfen,
so weiche man sie in Wasser und prüfe dieses in analoger Weise.
Die fertig gewaschenen Bilder hänge man an einem staubfreien Ort
auf reinliche Schnüre zum Trocknen. Viele legen dieselben auch
zwischen Fliefspapier; hierbei kommt es wohl vor, dafs bei mangel-
hafter Waschung letzteres mit der Zeit natronhaltig wird und dann
gelbe Flecke auf Bildern verursacht. Nicht selten ist auch frisches
Fliefspapier natronhaltig, da dieses der Papiermasse nach dem Bleichen
mit Chlor zuweilen zugesetzt wird. Um Papiere auf ihren Natron-
gehalt zu prüfen, betropfe man sie mit der erwähnten Jodstärkelösung.
Eine Entfärbung derselben zeigt den Nalrongehalt sofort an. Jeden-
falls wechsle man das Trockenpapier öfter.
Das Fertigmachen.
Die getrockneten Bilder werden passend zugeschnitten, am besten
mit Hülfe eines scharfen Stahlmessers, auf einer Spiegelplatte mit
Glaslineal resp. Schablone. Man hat hier rechtwinklige und runde
Schablonen, ersterc sind nicht selten schiefwinklig, man erkennt das
leicht, wenn man eine gerade
Linie ab zieht, mit der Scha-
bloneeineSenkrecbte eddarauf
prrichtet und die Schablone
rechts und links von c d an-
legt ; sie mufs dann genau an
beide Linien passen. Bei
kleineren Bildern, wie Karten,
b bedient man sich auch der
Glasschablonen, die in dem
betreffenden Format ausgeschnitten sind. Die ausgeschnittenen Bilder
müssen behufs gröfserer Festigkeit auf Carton gezogen werden. Der
Carton ist nicht selten natronhaltig, man prüfe in zweifelhaften Fällen
darauf mit Jodstärkelösung (s. o.). Der Carton ist entweder geleimt
Wasser gegossen und später circa 20 Gramm chemisch reinen Salpeters behufs der
Haltbarkeit zugegeben; zu der erkalteten Stttrkelösung setzt man 20 Gramm
einer weingelben Lösung von Jod in Jodkaliumlösung (ein KrUmelchen Jod in Jod-
kalinmlösung 1 : 20 gethan, giebt diese Lösung in wenigen Secunden). Man erhält
so eine circa vier Wochen haltbare blaue Jodstärkelösung.
Fig. W.
d
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Fertigmacben.
307
oder ungeleiint; letztere werden bei Massenproduction ihres billigeren
Preises wegen vorgezogen. Die Bilder kleben sich darauf bequem
auf, haben jedoch den Uebelsland, sich sehr stark zu werfen, da das
Bild sich beim Trocknen zusammenzieht. Man vermeidet dieses durch
vorsichtiges Aufeuchten des Cartons von der Rückseite vor dem Aufkleben.
Oft haben die Cartons einen Tondruck; man wähle diesen möglichst blafs
in Farbe, ebenso sorge man dafür, dafs Unterschriften und ähnliche
Ausstattung nicht zu grell hervortreten. Ist der Tondruck zu fett, so
erschwert er das Aufkleben. Als Bindemittel bedient man sich am
besten des Kleisters (s. S. 93). Man nehme diesen stets frisch
und meide Zusatz von Salzen, wie Alaun u. dgl.; letztere sind nicht
selten Ursache des Verderbens von Bildern. Zusatz von Alkohol soll
den Kleister haltbarer machen. Nothwendig ist, dafs der Kleister
vollkommen homogen sei. Man quirle ihn tüchtig und seihe ihn, so
lange er noch heifs ist, durch dünnen Mousselin. Das Aufstreichen
desselben und Aufkleben ist Sache der Erfahrung, doch eignet man
sich hier bald die nöthige Geschicklichkeit an. Viele benutzen zum
Aufkleben Gelatinelösung, wir finden dieselbe nicht so bequem als
Kleister. Die aufgezogenen Bilder lasse man trocknen. Bilder auf
ungeleiintem Carton lege man, durch einzelne glatte Fliefspapierbogen
getrennt, zwischen zwei starke ebene Bretter. Man vermeidet dadurch
das Werfen und sichert ein leichtes Satiniren. Das Satiniren pflegt
man vorzunehmen, um den Bildern, die beim Aufkleben etwas rauh
werden, die gehörige Glätte zu ertheilen. Die Glättmaschinen, welche
man zu diesem Behufe anwendet, sind gewöhnlich nicht sehr voll-
kommen construirt. Der Preis derselben ist so niedrig, dafs für den-
selben nichts sonderlich Gutes geliefert werden kann.
Sie bestehen aus einer polirten Stahlplatte*) (Fig. 91), auf welcher die
aufgezogenen Bilder, die Bildseite nach unten, gelegt werden, und
die zwischen Walzen ab eingeschoben wird. Bedingung ist genaue
Parallelstellung der Walzen, diese wird bewirkt mit Hülfe von Schrauben
k an der untern Seite. Man verrichtet dies vor dem Einschieben der
Platte, indem man die Entfernung der Walzen von einander mit dem
Auge gegen ein helles Licht genau abvisirt. Man schiebt dann die Platte
ein, schraubt die Walzen durch Drehung von g zusammen und putzt die
Platte und die Walzen so sorglich als möglich. Zur Prüfung, ob alles rein
geputzt ist und normal walzt, läfst man einen reinen weifsen Cartonbogen
durchgehen. Die Bilder legt man vollkommen trocken (sonst
kleben sie fest) auf die Walzplatte — bei kleineren Formaten mehrere
auf einmal — und walzt sie hindurch. Etwaige Retouchc bringt man
am besten vor dem Walzen an; sie ist eingewalzt weniger auffallend.
*) Tn der Figur ist dieselbe, um die Walzen- und Getrlebeconstruction besser
zu zeigen, weggelassen.
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308
Fertiginachen.
Für kleinere Formate, z. B. Visits und Cabinets, hat man kleine
Maschinen mit glatten Walzen ohne Platte, die sehr bequem sind.
Manche legen Prefscarton über die zu walzenden Bilder. Zn beachten
Kig. 91.
ist, dafs Eindrücke im Prefscarton von früher gewalzten Bildern sich
bei später zu walzenden Bildern leicht markiren; man sorge dafür,
dafs dieselben nicht in die Mitte fallen.
Wichtig ist bei grofsen Bildern, dafs man dieselben schon vor
dem Walzen möglichst eben halte; man erreicht dies durch leises
Anfeuchten des Cartons an der Rückseite vor dem Aufkleben, durch
Trocknenlassen zwischen Fliefspapier unter Pressung (s. o.) und durch
Andrücken eines Lineals beim Eintritt in die Walze. Für gröfsere
Bilder mufs die Walze sehr vollkommen construirt sein; eine geringe
Ungleichmäfsigkeit im Druck läfst sich oft corrigiren, wenn man
unter die Stahlplatte ein Stück Carton legt.
Nach vollendetem Aufwalzen sind die Bilder, abgesehen von
etwaiger Retouche, fertig zum Abliefern. Viele Photographen pflegen
ihnen vorher durch Wachsen Glanz zu ertheilen. Man nimmt dazu
das käufliche Ce rat, vertheilt eine kleine Quantität desselben auf
dem Bilde und reibt dieses möglichst kräftig und gleichmäfsig mit
einem Wollenlappen ein. Die Tiefen treten in Folge dessen mehr
hervor, das ganze Bild erscheint brillanter und die Retouche wird völlig
unsichtbar und für Feuchtigkeit unangreifbar. Leider schlägt das Cerat
mit der Zeit ein, wie man zu sagen pflegt, und das Bild erscheint dann
so matt, wie ohne Cerat. Das Wachsen kann jedoch wiederholt werden.
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Wartung der Utensilien und Chemiealien im
Positivprocefs.
Wartung der Negative.
Die Negative sind die photographischen Druckplatten, auf deren
gute Erhaltung der Photograph um so mehr Gewicht legen mufs, je
mehr Abzüge davon gemacht werden sollen, und diese Aufgabe wird
um so schwieriger, als einerseits leider das Material der Druckplatten
zu dem gebrechlichsten gehört, was existirt, andererseits aber auch die
Druckscbicht, d. h. die lackirte Col lod ionsch ich t, verglichen mit
einem lithographischen Stein oder einer geätzten Kupferplatte, eine
äufserst weiche, leicht verletzbare Fläche darstellt. Rechnet man nun
die jetzt fast unentbehrliche Negat i v retouche hinzu, die als lockere
Tusche oder Oelfarbe auf der Glas- oder Lackseite liegt, und schon
mit dem Finger abgewischt werden kann, und bedenkt man ferner,
dafs zum Druck ein mit einem der ätzendsten Chemiealien — Höllen-
stein — imprägnirtes Papier angewendet wird, das natürlich seine
Wirkung auf den Lack äufsert, so mufs man sich factisch wundern,
dafs die Negative noch so viel aushalten. Man berühre ein Negativ,
von dem einige Dutzend Copieen genommen worden sind, einmal
mit der Zungenspitze, und man wird staunen, wie stark dasselbe —
nach Silbersalz schmeckt. Schon dieser Umstand weifst auf chemische
Veränderungen hin, welche mit dem Negative im Laufe der Arbeit
Vorgehen. Das Silbersalz wird theilweise vom Lack absorbirt, kein
Wunder, dafs dieser alsdann sich im Lichte etwas färbt — gewöhnlich
gelblich — und dafs in Folge dessen bei einer grofsen Anflage die
letzten Drucke im Allgemeinen ein wenig härter erscheinen. Unter
Umständen kann das bei flauen Negativen von Vortheil sein. Eine
andere Veränderung, welche viel gefährlicher ist, als die eben be-
sprochene, ist aber die durch Feuchtigkeit bewirkte. Herr Stiehm
theilte in den „ Photographischen Mittheilungen“ einen Versuch mit,
der in charakteristischer Weise den Eindruck der Feuchtigkeit zeigt.
Er legte feuchtes Löschpapier auf ein lackirtes Negativ und dasselbe
bekam nach zwölf Stunden Sprünge. Diese Sprünge sind es, welche
leider nur zu häufig freiwillig eintreten, und manches schöne Negativ
zu Schanden machen. Am häufigsten zeigen sich selbe bei Spiegel-
platten, und wir hörten einmal sogar die Behauptung, sie kämen nur
bei solchen vor. Unsere Erfahrungen lehren jedoch, dafs auch rheinische
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310
Wartung der Negative.
Platten diese Fatalität zeigen, wenn auch viel seltener, und sind wir
der Ueberzeugung, dnfs Feuchtigkeit die Hauptursaehe ihrer Entstehung
ist. Es kam uns vor, dafs von einer Reihe gleichzeitig angefertigter
Negative, die alle mit gleichen Stoffen unter gleichen Umständen her-
gestellt waren, einige rissig wurden, die wir in Druck gegeben hatten,
während die anderen im Schrank aufbewahrten unversehrt blieben.
Aber hierbei stellte sich heraus, dafs ein Negativ, welches in einem
sehr feuchten Raume copirt worden war, zuerst Sprünge bekam, und
ferner wurde constatirt, dafs grobe Nachlässigkeiten des Copirers mit
unterliefen, indem derselbe unvollkommen getrocknetes Papier aufgelegt
hatte. Man läfst den Copirern oft zn viel freien Willen. Nirgends
ist mehr wie hier strenge Aufsicht erforderlich; sie haben das Kost-
barste in der Hand, was der Photograph besitzt, die Negative, und
wie gehen sie oft mit diesen uml Wir haben beobachtet, dafs in
Copirrahmen, welche erst bei einbrechendem Regenwetter vom Dache
hereingenommen wurden, ein paar Regentropfen den Weg zum Deck-
bausch gefunden und natürlich diesen feucht gemacht hatten, und
dennoch fiel es dem Copirer nicht ein, den feuchten Bausch mit einem
trockenen zu vertauschen. Man kann sich die Folgen eines solchen
Verfahrens denken. Sie äufsern sich vielleicht nicht sofort, aber nach
dem zwanzigsten oder vierzigsten Drucke bekommt der Lack Sprünge!
Wie manches Negativ total entzwei geht in Folge der Wirkung von
Sandkörnchen, die durch Nachlässigkeit in den Copirrahmen gelangen,
wie viele Lackschichten durch rohe Behandlung zerkratzt werden,
ahnen manche Principale gar nicht. — Diese Umstände erklären nun
auch die ungleiche Haltbarkeit der Negative in unseren Vorraths-
schränken. Manche Photographen heben ihre Negative in Plattenkästen
auf. Das Verfahren ist nur empfehlenswert!), wenn dieselben aus
vollkommen trockenem und gut gefirnifstem Holze gemacht sind.
Besser ist die Aufbewahrung in luftigen Schränken im trockenen
Zimmer, und halten wir es für gut, wenn die Schränke nicht dicht
an die Wand gerückt, sondern durch einen Zwischenraum davon ge-
trennt sind. Wir haben es erfahren, dafs Schäden im Dache Einsickern
von Regenwasser in das Negativzimmer veranlagten ; es bildete sich ein
feuchter Streifen an der sonst trockenen Wand, dieser wurde, weil
durch den Schrank verdeckt, anfangs gar nicht bemerkt, bis sich die
Feuchtigkeit in der Rückwand des Schrankes endlich selbst als senk-
rechter Streifen markirte. In der That gingen in diesem Behältnisse
einige Negative durch Eintreten der Sprünge verloren. Einen Umstand
erwähnen wir noch als charakteristisch. Verfasser dieses beobachtete,
dafs die in dem feuchten Klima von Aden hergestellten Negative
eine aufserordentlich leicht verletzbare Schicht zeigen, während die
in der trockenen Wüste gefertigten sich äufserst dauerhaft erweisen.
So spielt also die Feuchtigkeit schon bei Herstellung dew Negative
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Wartung des Papiers. — Ammoniakräucherung.
311
eine Rolle in Bezug auf ihre Haltbarkeit. Nach den Erfahrungen des
Verfassers sind die Schutzmittel, welche man zur Dauerhaftmachung
der Negative empfohlen hat, namentlich Ueberziehen mit Kautschuck-
lösung vor dem Lackiren nicht viel werth, im Gegentheil, sie machen
die Schicht noch verletzbarer.
Viele Photographen empfehlen die Negative zur Vermeidung der
Sprünge vor dem Lackiren mit Gummilösung 1:30 zu übergiefsen.
Doch sind auch solche Platten vor dem Rissigwerden nicht geschützt.
Eben so schlimm sieht es mit dem Restauriren rissiger Negative
aus; die Methode, dieselben Aether-Alkoholdünsten auszusetzen (indem
man die Negative auf eine Schale deckt, die diese Fluida enthält), ist
vielfach empfohlen worden, sie hilft jedoch, wie wir uns überzeugt
haben, nicht immer. Die Sprünge sind nämlich verschiedener Natur,
manche sind maulwurfsgangähnlich aufgeworfen. Diese ver-
schwinden fast völlig, wenn man das Negatij auf eine Schale deckt,
auf deren Boden etwas Alkohol gegossen ist. Der Lack weicht dann
innerhalb 24 Stunden auf und die Risse gehen zusammen. Man er-
wärmt dann das Negativ, um den Lack wieder zu erhärten. Dann
giebt es noch eine zweite Art Risse; sogenannte Haarrisse. Diese
sind nicht erhaben, sondern vertieft, sie lassen sich durch leises
Ueberreiben mit grauem, durch Eisenvitriol niedergeschlagenem Silber-
pulver resp. Rufs theilweise ausfüllen. Manche gehen zusammen '
durch Drücken mit dem Fingernagel ; durch Alkoholdämpfe verschwin-
den diese Haarrisse nicht. Manche verschwinden beim Erwärmen
der Platte vollständig, stellen sich jedoch leider mit der Zeit wieder
ein. Unter solchen Umständen ist ein Verfahren, welches uns Ver-
vielfältigung der Negative erlaubt, für den Photographen ge-
radezu unschätzbar. Wir besprechen ein solches weiter unten.
Wartung des Papieres. — Ammoniakräucherung.
Die photographischen Papiere sind, an einem trocknen Orte
aufbewahrt, sehr lange haltbar und scheint es sogar, als wenn lange
gelagerte Albuminpapiere bessere Resultate geben als frische. In der
Albuminschicht selbst gehen zwar mit der Zeit Veränderungen vor
sich, es entwickeln sich Gase und unter Umständen können diese
Zersetzungsproducte nachtheilig auf den Procefs wirken. Es ist z. B.
constatirt, dafs in Blechkästen verlöthetes, nach Amerika gesendetes
anerkannt gutes Albuminpapier bei der Ankunft daselbst sich fast
unbrauchbar erwies, nach längerer Auslüftung jedoch gute Resultate
ergab. Dieser Umstand läfst die Aufbewahrung an einem luftigen
Orte räthlicher erscheinen. Eine andre eigenthümliche Erscheinung
ist das Factum, dafs in Amerika oft das Papier nach dem Silbern
eine Räucherung mit Ammoniak erfordert, wenn es gute Resultate
geben soll.
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 21
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312
Wartung des Papiers. — Ammoniakräucherung.
Eine solche Räucherung befördert den Copirprocefs insofern, als
sie das Papier lichtempfindlicher macht, wahrscheinlich in Folge
der Bildung einer Doppelverbindung (salpetersauren Silberoxydam-
mons). Auch hier in Europa wird diese Räucherung hier und da an-
gewendet. Man nimmt sie in der einfachsten Weise dadurch vor,
dafs man gesilbertes und getrocknetes Papier in einem Schrank
aufhängt, auf dessen Boden eine Schale mit Ammoniak steht. Bei
Räucherung grofser Quantitäten empfiehlt es sieb, mehrere Schalen in
dem Schranke oben und unten zu placiren.
Die Dauer des Räucherns ist ungefähr eine halbe Stunde.
Ein andrer Umstand, der die Brauchbarkeit der Papiere sehr
beeinflufst, ist die gröfsere oder geringere Trockenheit derEiweifs-
fläche.
Ist diese sehr trocken, z. B. im heifsen Sommer, so beobachtet
man nicht selten ein fetta#tiges Abstofsen des Silberbades und Pocken-
bildung.
Letztere besteht in pockenartigen Blasen, die sich einstellen,
wenn die Bilder aus dem Fixirbade in das Waschwasser gebracht
werden. Mitunter verschwinden die Pocken beim Trocknen wieder,
mitunter jedoch platzen sie und verderben das Bild.
Man vermeidet diese Erscheinung dadurch, dafs man das Papier
24 Stunden vor dem Silbern in einzelnen Bogen in einen feuchten"
kühlen Raum, z. B. einen Keller, legt.
Sollten sich dennoch einzelne Pocken einstellen, so tauche man
die Bilder nicht sofort aus dem Fixirbade in reines Wasser, son-
dern zunächst in zur Hälfte verdünnte Fixirlösuug, dann in
vierfach verdünnte u. s. f., und bringe sie so, durch drei oder vier
immer schwächere Lösungen gehend, schliefslicb in reines Wasser.
Es geht aus den erwähnten Thatsachen hervor, dafs das Papier,
um gute Resultate zu geben, einen gewissen Feuchtigkeitsgrad ha-
ben mufs.
Dieses gilt auch von dem gesilberten Papier. Schliefst man die-
ses in einer Büchse mit Chlorcalcium ein, so entzieht ihm letzteres
alles Wasser. Das Papier hält sich zwar in Folge dessen lange weifs,
aber es giebt auch durchaus unbefriedigende Resultate.
Das Gelbwerden gesilberter Papiere ist ein Fehler, der dem
Photographen im heifsen Sommer viel zu schaffen macht. Es tritt
namentlich bei Papieren ein, die mit altem vergohrenen Eiweifs dar-
gestellt sind. Die Gelbfärbung verschwindet im Goldbade und Fixir-
bade theil weise, namentlich wenn man dem letzteren ein Tausend-
theil Cyankalium zusetzt. Dennoch zeigen die mit solchem Papiere
erzeugten Bilder keine sonderliche Brillanz (s. u. S. 318).
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Wartung des Positivsilberbades. 313
Wartung des Positivsilberbades.
Das Positivsilberbad ist bei Weitem nicht solchen vielfältigen Zufäl-
len unterworfen als dasNegativbad. Letzteres wird durch mikroskopische
Mengen organischer Substanzen, Säuren etc. schon erheblich afficirt,
ja unter Umständen unbrauchbar gemacht. Das Positivsilberbad ver-
trägt solche mikroskopische Verunreinigungen oft ohne sonderlichen
Schaden. Es ist offenbar, dafs dasselbe gerade so, wie das Negativ-
bad, mit jedem Bogen salzreicher wird, indem die durch Wechselzer-
setzung entstandenen salpetersauren Salze in dasselbe übergehen (s. o.
S. 287 ). Diese scheinen aber keineswegs zu schaden , sondern sie
üben im Gegentheil eine nützliche Wirkung, denn auffälliger Weise
ist der Silberverbraucb auf einem alten salzreichen Positivbade gerin-
ger (s. oben S. 293).
Aufserdem aber gehen organische Verunreinigungen aus dem Pa-
pier in das Silberbad über. Das Eiweifs unserer Papierbogen befin-
det sich in einem sehr verschiedenen Zustande. Manches ist nach
einer Abgährung, andres wieder frisch aufgetragen. Seine chemischen
Eigenschaften sind deshalb nicht dieselben und daher kommt es, dafs
manche Papiere in solchem Mafse organische Materie an das Silber-
bad abgeben, dafs es schon nach wenigen Bogen braun wird. In
diesem Zustande ist das Bad zum gleichmäfsigen Silbern nicht mehr
brauchbar.
Glücklicher Weise besitzen wir in dem übermangansauren
Kali ein Mittel, solches braun gewordene Bad sofort wieder zu re-
gtauriren. Die Methode ist dieselbe wie die oben beim Negativsilber-
bade angegebene (s. S. 286).
Früher pflegte man das braun gewordene Bad zu sonnen; diese
Methode führt ebenfalls zum Ziel, aber langsam.
Neben der Stärke des Bados ist die Reaction desselben zu
beachten. Die günstigsten Resultate liefert ein neutrales Bad.
Nicht selten wird aber ein anfangs neutrales Bad sauer, wenn
die Reaction des Eiweifspapiers sauer ist; in diesem Fall tritt leicht
Bräunung ein und werden die Bilder grau und flau. Prüfung mit
Lackmuspapier und Zusatz von wenig Sodalösung hilft dem Fehler
leicht ab. Sehr gut ist für die Neutralhaltung des Bades ein Zusatz
von kohlensaurem Silberoxyd, welches man in die Vorrathsflasche
thut; man kann dieses leicht durch Zumischen von etwas kohlensan-
rem Natron zum Silberbade hersteilen. Manche Papiere vertragen
ein alkalisches Silberbad ohne Nachtheil, gewöhnlich enthalten solche
eine gewisse Quantität freier Säure. Manche Fabrikanten pflegen
dem Eiweifs absichtlich organische Säuren zuzusetzen, z. B. Citron-
säure, diese bewirken einen mehr röthlichen Ton und halten die ge-
silberte Fläche länger weifs.
Wir halten solche Zusätze für nicht räthlich. Ein Theil der Säure
21*
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314
Silbermesser.
geht in das Silberbad und scheint unter Umständen ebenfalls ein Roth-
werden desselben zu veranlassen.
Ein alkalisch reagirendes Bad greift zuweilen leicht lösliche
Ei weifsschichten ein. Man neutralisirt dann am besten mit einer
schwachen Säure, z. B. Essigsäure. *)
Eine andere Veränderung, die das Bad erleidet, besteht in der
Entziehung von Silbersalz.
Dieser Umstand ist bei sehr starken Bädern (12^pCt. und darüber)
nicht von grofsem Belang; selbst wenn der Gehalt an Silber auf 5 pCt.
gesunken ist, arbeitet dennoch das Bad ohne Nachtheil, falls man
Papiere von guter Qualität silbert.
Andernfalls aber offenbart sich die Silberarmuth des Bades als-
bald durch Flauheit der erzielten Drucke. Die Schwärzen er-
scheinen nicht kräftig, die Lichter grau, das Bild monoton, oder aber
durch Ablösung der Ei w eifsschicht. Insofern ist eine zeitweise
Controlle des Silbergehalts des Bades während des Arbeitens
und ein Zusatz von frischem Silbersalz nach Mafsgabe der Stärke
eine unerläfsliche Nothwendigkeit.
Man hat zu dem Zweck Senkspindeln, sogenannte Silber-
messer, d. h. Araeometer, die um so tiefer einsinken, je schwächer
die Lösung ist und an einer Skala den Silbergehalt einfach ablesen
lassen. Wenn die Angaben dieser Instrumente zuverlässig wären, so
wäre gegen den Gebrauch derselben wenig einzuwenden. Nun ist es
aber bekannt, dafs die Angaben dieser Instrumente durch Gehalt der
Flüssigkeit an Alkohol, Aether, Essigsäure, verschiedenen Salzen im
höchsten Grade modificirt werden, so dafs dieselben in solchem Falle
nicht nur total unbrauchbar, sondern sogar schädlich sind, weil sie
durch ihre falschen Angaben Täuschungen und Irrthümer höchst
fataler Art hervorrufen. Solche Erfahrungen machen die Einführung
einer zuverlässigen Methode zur Prüfung des Silbergehalts zu einer
unbedingten Nothwendigkeit.
Gay Lussac gab uns eine solche Methode in dem sogenanntem
Titrirverfahren mit Kochsalz. Eine Kochsalzlösung von ganz bestimm-
ter Stärke wird zu einer Silberlösung getröpfelt so lange, bis kein
Niederschlag von Chlorsilber mehr entsteht. Aus der Quantität der
verbrauchten Kochsalzlösung macht man dann einen Schlufs auf die
Stärke der Silberlösung. Leider hat diese Methode den Fehler, dafs
man den Endpunkt der Fällung in der trüben Flüssigkeit sehr schwer
erkennen kann. Von diesem Fehler ist die folgende Methode des
Verfassers frei.
S
*) Nach Mr. England soll sich ein braungewordenes Bad durch 10 bis
15 Minuten langes Sieden entfärben lassen. Es scheidet sich dann die organische
Materie mit einem Theil des Silbers aus.
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Dr. Vogel s Silberprober.
315
Diese Methode gründet sich auf die eigentümliche Wirkung des
Jodkaliums auf Silberlösungen einerseits und auf Salpetersäure anderer-
seits. Setzt man Jodkalium zu Silberlösungen, so wird gelbes Jod-
silber niedergeschlagen; setzt man Jodkalium zu einer Mischung von
verdünntem Stärkekleister und Salpetersäure, die etwas salpetrige
Säure enthält, so scheidet sich augenblicklich Jod aus, das die ganze
Flüssigkeit tief blau färbt.
Setzt man nun Jodkaliumlösung zu einer Mischung von Silber-
lösung mit Salpetersäure und Stärke, so gehen beide Processe gleich-
zeitig vor sich, es bildet sich Jodsilber, welches sich niederschlägt
und freies Jod, welches die Flüssigkeit bei Gegenwart von Stärke-
lösung blau färbt. So lange aber noch freies Silbersalz in Lösung
ist, verschwindet diese blaue Farbe beim Umschütteln sogleich, und
die Flüssigkeit erscheint dann rein gelb. Fährt man nun mit dem
tropfenweisen Zusatz von Jodkaliumlösung fort, so kommt man bald
an einen Punkt, wo die anfangs sichtbare blaue Färbung beim Um-
schütteln nicht mehr verschwindet, sondern stehen bleibt; dann ist
alles freie Silbersalz ausgefällt und aus der Menge der ver-
brauchten Jodkaliumlösung kann man dann leicht die Menge des ge-
fällten Silbers bestimmen. Der Punkt, wo alles Silbersalz ausgefallt
ist, läfst sich so durch die blaue Färbung mit übe r raschen d er Ge-
nauigkeit erkennen, ein einziger Tropfen Jodkalium im Ueber-
schufs genügt, die ganze Flüssigkeit intensiv und dauernd blau zu
färben. (Ist Jodsilber in gröfserer Menge vorhanden, so ist die Fär-
bung mehr grün als blau.)
Um nun diese Bestimmung praktisch auszuführen, stellt man sich
eine Jodkaliumlösung dar, die in 1023,4 Cubikcentimetern genau lOGrm.
chemisch reines getrocknetes Jodkalium enthält. 100 Cubikcentimeter
dieser Lösung fällen genau 1 Gramm Silbersalpeter, so dafs, wenn
man einen Cubikcentimeter Silberlösung zur Probe abmifst,
jeder Cubikcentimeter Jo d kaliutnlös u n g 1 pCt. Silbersalz
angiebt.
Diese Lösung füllt man vorsichtig unter Vermeidung von Blasen
in die schief gehaltene Mohr’sche Quetsch!) ahnbüre tte a (dieselbe
ist in | Cubikcentimeter getheilt), spannt diese dann in den Halter S,
öffnet den unten angebrachten Quetschhahn h*) durch Drücken
auf die Knöpfe kk weit und läfst ablaufen, bis die untere Krüm-
mung der Flüssigkeitsoberfläche den Nullpunkt berührt. Das anfangs
weite Oeffnen des Hahns ist nöthig, um die Luft oder alte Lösung,
welche sich in dem Röhrchen unter dem Quetschhahn befindet, aus-
zutreiben. Man achte darauf!
*) Diese Quetschhähne sind äufserst bequem ; man hat es mit Hülfe derselben
ganz in seiner Gewalt, durch stärkeres oder leiseres Drücken einen ganzen Strahl
oder einen einzigen Tropfen ausfliefsen zu lassen.
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316
Dr. Vogel’s Silberprober.
Ist das geschehen, so taucht man die gereinigte und getrocknete
Pipette p in die zu prüfende Silberlösung*), saugt am oberen Ende,
bis sie nahezu gefüllt ist und verschliefst dasselbe dann rasch mit dem
trocknen Zeigefinger,
Fig- hebt die Pipette heraus
und läfst nun durch leises
Oeffnen des Fingers die
Flüssigkeit bis zur Marke i
ablaufen. Dann hält man
das untere Ende der so
genau ein Cubikcent. hal-
tenden Pipette an die
Wand des gereinigten Gläs-
chens O , läfst auslaufen,
indem man oben bläst **).
(Ein kleiner Rest Flüssig-
keit, der hierbei in der
Spitze der Pipette hängen
bleibt, wird unberücksich-
tigt gelassen.)
Dann nimmt man mit
einer zweiten ähnlichen
Pipette ungefähr 1 — 2
Cubikcentim. Salpeter-
säure aus dem Fläschchen
Fj für starke Silberlösungen etwas mehr, für schwache weniger. Diese
Pipette entleert man ebenfalls in das Gläschen O, indem man an dem
oberen Ende bläst, und setzt schliefslich noch zu der Flüssigkeit 10
bis 14 Tropfen Stärkelösung. Jetzt kann die Bestimmung begin-
nen. Man überzeugt sich nochmals von dem richtigen Stand der
Flüssigkeit in der Bürette, hält das Gläschen mit der linken Hand
hoch, öffnet den Quetschhahu vorsichtig und läfst einige Tropfen ein-
fliefsen; ist die Silberlösung stark, so entsteht anfangs nur ein gel-
ber Niederschlag, erst später tritt die blaue Färbung ein; ist sie
schwach, so erscheint die blaue Farbe sogleich, verschwindet aber
beim Schwenken des Gläschens. Man läfst nun (im ersteren Fall
anfangs dreister, im letzteren vorsichtiger) Jodkaliumlösung hin-
zutröpfeln unter fortwährender Schwenkung des Gläschens a. Die
*) Selbstverständlich darf die Pipette keine anhängende alte LSeung mehr
enthalten , sonst würde sich die neu aufgesaugte mit derselben mischen und ihren
Gehalt ändern. Man kann sich in der Praxis hier auch so helfen, dafs man die
Pipette mit der zu prüfenden Silherlösung vollsaugt, wieder ausbläst, und dieses
noch zweimal wiederholt, ehe man abmifst.
**) Man kann statt des Gläschens auch einen Stehkolben nehmen. Derselbe
ist znm Schütteln bequemer.
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l)r. Vogel s Silberprober.
317
anfangs eintretende Blaufärbung verschwindet zum Schlufs beim Schwen-
ken langsamer — das ist ein Merkzeichen. — Schlielsiich kommt man
an einen Punkt, wo ein einziger Tropfen hinreicht, eine
dauernde (beim Umschütteln nicht mehr verschwindende) Blau- oder
Grünfarbung hervorzubringen, dann läfst man den Quetschhahn los
und liest den Stand der Flüssigkeit in der Bürette an der Skala ab;
steht dieselbe z. B. = 7j, so enthält die angewendete Silberlösung
7f pCt., d. h. in 100 Cubikcent. 7? Gramm Silbersalz. Man
kann übrigens noch mit Leichtigkeit Zebntelprocente ablesen. — Wer
nicht mit Büretten und Pipetten zu arbeiten gewöhnt ist, der wird
sich anfangs bei dieser Probe etwas ungeschickt anstellen, einige Ver-
suche schaffen aber leicht die nöthige Sicherheit.
Bei starken Silberlösungen ist es rathsam, während der Fäl-
lung durch Jodkalium nahe am Schlufs noch einige Tropfen Stärke-
lösung zuzugeben, namentlich wenn die anfangs eintretende, dann wie-
der verschwindende Färbung etwas mifsfarbig erscheint; bei brau-
nen Positivbädern ist die Färbung natürlich immer unrein, dennoch
läfst sich auch hier die Bestimmung mit einiger Vorsicht leicht aus-
führen *).
Erscheint die blaue Färbung bei reinen Silberlösungen gleich
anfangs unrein oder überhaupt nicht, so ist die Stärke verdorben oder
die Salpetersäure ist wirkungslos. Erstere läfst sich leicht frisch an-
fertigeu, letztere leicht und schnell durch ein paar Brocken Eisenvi-
triol wirksam machen (s. u.), und ebenso leicht läfst sich der Versuch,
wenn er aus diesen Gründen oder vielleicht wegen der Ungeübtheit
des Operateurs einmal mifsglückt sein sollte, wiederholen.
Bürette und Jodkaliuml ösung sind im Fall des Nichtge-
braucbs mit gutschliefsenden Korken sorgfältig zu verstopfen. Ein
Pfund Jodkaliumlösung reicht — je nach der Stärke der zu messen-
den Lösungen — hin für 30 bis 50 Proben.
Stärkelösung fertigt man am besten, indem man circa 25 Cu-
bikcentimeter destillirtes Wasser zum Sieden erhitzt und dazu circa
li Gramm Arrowrootmebl setzt. Die Flüssigkeit mufs jedoch
vor dem Gebrauch mit kaltem Wasser abgekühlt werden.
Die präparirte Salpetersäure kann man sich ebenfalls leicht
herstellen, indem man 2 Unzen chemisch reine Salpetersäure mit
1 Gran Eisenvitriol versetzt. Bei Gegenwart von Kupfersalzen,
Quecksilbersalzen und Fixirnatron, Fälle, die sich in der pho-
tographischen Praxis (den letzten ausgenommen) selten ereignen, ist
diese Probe nicht anwendbar.
Gedachter Apparat ist unter dem Namen Vogel’scher Silberpro-
ber in Handlungen photographischer Utensilien zu haben.
*) Für starke Lösungen (Positivbüder) genügt 4 Cnbikeent. zur Probe. Man
bat aber dann die erhaltenen Hürettengrade mit 2 zu multipliuiren.
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318
Wartung des sensibilisirten Papiers.
Wartung des sensibilisirten Papieres.
Eine allgemeine Klage der Photographen ist, dafs manche Papier-
sorten sensibilisirt sehr rasch gelb werden. Eine Abhülfe dieses Uebel-
standes ist bis jetzt noch nicht positiv gefunden, doch ist sicher, dafs
man demselben wenigstens theilweise begegnen kann
1) dadurch, dafs man das Papier an einem sehr trocknen Orte
aufbewahrt. Man hat sogar dazu Trockenkästen oder Büchsen mit
Chlorcalcium empfohlen. Wir müssen jedoch vor diesen ernstlich war-
nen. Sie conserviren allerdings, aber das darin aufbewahrte Papier
copirt schlecht, weil der Copirprocefs — als eine chemische Zer-
setzung — nur bei Gegenwart einer gewissen Quantität Feuchtigkeit
normal vor sich geht;
2) dafs man hinter das im Copirrahmen liegende Silberpapier
ein Stück Wachspapier legt. Beim Copiren entwickeln sich reduci-
rend wirkende Gase, welche von dem Prefsbausch (Fliefspapier,
Filz) absorbirt werden und bei sehr grofser Anhäufung nach langem
Gebrauch ein rasches Gilben des Papiers veranlassen. Ein Stück ein-
gelegtes Wachspapier wirkt demnach als Schutz.
3) Wird zum Haltbarmachen des gesilberten Albuminpapieres auch
empfohlen, dasselbe auf einem zuckerhaltigen Bade zu sensibili-
siren. Simpson empfiehlt auf 200 Gramm Bad 1:12,
1 bis 3 Gramm Zucker.
Das Papier soll sich Monate lang weifs halten.
Ost empfiehlt zu gleichem Zweck einen Zusatz von Citronsäure.
Er giebt folgendes Bad an:
Höllenstein 1 Gramm,
Wasser 12
Citronsäure 1
Alkohol 1
4) Hr. Baden schreibt, dafs gewöhnliche Eiweifspapiere, nach
dem Silbern gewaschen, um alles freie Silbersalz zu entfernen, sich
lange weifs erhalten und durch Räuchern in Ammoniak ebenso
lichtempfindlich werden, wie kohlensaures Silberpapier (siehe Juniheft
der Photographischen Mittheilungen S. 63, ferner unten S. 342).
Verfasser hat dieses Verfahren versucht und vortrefflich befunden.
Wartung der Goldbäder.
Goldbäder sind wegen der leichten Veränderlichkeit und Reducir-
barkeit des Goldsalzes nicht sehr lange haltbar. Alkalische Goldbäder
müssen kurz vor dem Gebrauche jedesmal frisch bereitet werden.
Saure Goldbäder und Rhodangoldbäder halten sich bei zeitweiliger Ver-
stärkung länger. Doch auch hier ziehen wir eine öftere Frischberei-
tung einer langem Aufbewahrung vor.
Die Goldbadrückstände füllt man auf grofse Flaschen oder Krüge
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Wartung des Fixirbades.
319
und set2t zeitweise etwas Eisen vitriolauflösung und Salzsäure zu; das
Gold schlägt sich dadurch als braunes Pulver nieder und kann ge-
sammelt und auf Goldsalz verarbeitet werden.
Zur Verarbeitung von Rhodangold- und unterschwefligsauren Na-
trongoldbädern ist dieses Verfahren nicht geeignet.
Wartung des Fixirbades.
Auch für Fixirbäder ist eine öftere Frischherstellung sehr em-
pfehlenswerth , da bei längerem Gebrauche unvermeidlich eine Zer-
setzung und Bildung von Schwefelsilber eintritt, die das Gelb werden
der Copieen veranlafst.
B. Der Pigmentdruckprocefs.
Wir schliefsen an die Besprechung des allgemein üblichen Silber-
druckprocesses die Beschreibung der Herstellung der Kohlebilder oder
besser gesagt Pigmentbilder. Dieselben werden erst neuerdings in
der Praxis im Grofsen gefertigt und mit Rücksicht auf ihre Wider-
standsfähigkeit gegen chemische Einflüsse und mit Rücksicht ferner
auf die Freiheit in der Wahl des Farbentones (denn es ist dem
Belieben des Verfertigers überlassen, der Gelatineschicht, welche als
Bildunterlage dient, jedes Pigment beizumischen) haben sie Silber-
bildern gegenüber entschiedene Vortheile und dürften diese noch mehr
zur Geltung kommen, wenn das Verfahren einfacher geworden ist.
Wir setzen das Princip desselben als bekannt voraus (s. S. 31)
und beginnen sofort mit der Beschreibung der Druckoperationen, wie
sie von Swan in Newcastle zuerst praktisch eingeführt und vom Ver-
fasser dieses Buches vereinfacht worden sind. Die Eigenthümlichkeit
derselben beruht darin, dafs einerseits zur Herstellung eine schwarze
Gelatinepigmentschicht, auf welcher böi der Belichtung ein unsicht-
bares, in heifsem Wasser unlösliches Bild erzeugt wird und dafs
dieses unsichtbare Bild dadurch sichtbar gemacht wird, dafs man die
nicht vom Licht getroffene, löslich gebliebene Gelatine durch heifses
Wasser wegwäscht. Da aber bei solcher Waschung auch leicht die auf
der Oberfläche liegenden zarten Bildtheile mit fortgerissen werden
könnten, mufs man die Gelatineschicht vor dem „Entwickeln“ auf eine
andre Fläche übertragen, und da hierbei ein verkehrtes Bild resul-
tirt, ist zum Umwenden desselben noch ein zweiter Uebertrags-
procefs erforderlich.
Pigmentpapier ist das Material, auf welchem man die Drucke
macht. Es ist ein mit gefärbter Gelatine überzogenes Papier. Dieses
findet sich bereits im Handel, meist in zwei Sorten, sogenannt pur-
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320
Der l’igmeiitdruckprocefs.
purschwarz und purpurbraun. Zur Aufbewahrung legt man
es glatt unter einigem Druck an einen Ort, der weder feucht, noch
zu trocken ist. Bei starker Trockenheit bricht die Gelatineschicbt
Sensibilisiren des Papiers. — Man legt das empfindlich zu
machende Blatt auf eine Glasplatte, und reibt oder wischt die Druck-
fläche sanft mit einem weichen, sauberen Leinentucb. Hierbei ver-
meide man aber möglichst, das Papier mit der Hand oder den Fin-
gern zu berühren *). Nach dem Reiben fafst man es an zwei Ecken,
taucht es in die empfindlich machende Lösung, und indem man es
durch dieselbe zieht, wendet man es geschickt um und läfst es, mit
der Druckfläche nach unten, drei oder vier Minuten darin. Dies
geschieht nur bei Lampenlicht. Die empfindlich machende Lösung
besteht aus:
30 Gramm doppeltchromsaurem Kali,
900 - kaltem Wasser.
Die Lösung hält sich beliebig lange vorräthig, und es ist ange-
messen, jedesmal nicht mehr davon zu nehmen, als man gerade braucht.
Für einen Bogen Pigmentpapier braucht man circa 250 Cubikcent.
Die Lösung wird nach Gebrauch weggegossen. Die erforder-
liche Temperatur beträgt etwa 15 Grad R. Man kann zwei
Stücke auf einmal in die Lösung bringen, doch mufs man sie
von einander entfernt halten. Hat man tiefe Kästen, so kann
man die Papiere senkrecht eintauchcn und beliebig viel auf einmal
sensibilisiren, doch halte man sie in Entfernung von ± Zoll. Nach-
dem das Papier aus der Flüssigkeit herausgenommen ist, bängt man
es an zwei Ecken zum Trocknen auf. Am besten hängt man es mit
Klammern auf, die auf Schnüre gezogen und reihenweise im Dunkel-
zimmer befestigt werden. Die Temperatur zum Trocknen darf nicht
höher sein, als 20* R., bei höherer Temperatur läuft die Gelatine
leicht herunter. In solchem Falle ist es besser, die Bogen auf nahezu
horizontal liegende Bretter zu legen und so trocknen zu lassen. Das
Trocknen dauert sechs bis zwölf Stunden. Sensibilisirt man Abends,
so ist das Papier am nächsten Morgen druckfertig. Bei trocknem
Wetter hält sich das Papier mehrere Tage, bei feuchtem jedoch nur
24 Stunden. Am besten thut man, das fertige Papier in einem Buch
unter Druck und natürlich im Dunkeln aufzubewahren.
Belichtung des Papiers. — Will man drucken, so legt man
das völlig trockne Papier mit dem Negativ in den Copirrahmen.
Alles bei Lampenlicht
Das Belichten war früher der schwierigste Theil des Verfahrens.
Seit Einführung des Photometers ist diese Schwierigkeit über-
wunden und der Belichtungsprocefs sogar einfacher, als beim
•) Bei frischen, noch sauberen Bogen ist das Abreiben überflüssig.
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Der Pigmentdruckprocefs.
321
Silberdruck, da man nicht jeden einzelnen Rahmen, sondern nur
das Photometer nachzugehen braucht. Wer im Gebrauch des Photo-
meters noch nicht geübt ist, thut gut, einige Probeversuche damit zu
machen, ehe er Bilder druckt (s. u. S. 326).
Gummiren. — Das belichtete Papier zeigt keine Spur eines
Bildes. Es sieht schwarz aus wie vorher. Das Bild erscheint erst
durch Eintauchen in heifses Wasser. Wollte man dieses sofort vor-
nehmen, so würde man ein Bild ohne Halbtöne erhalten (s. o.). Um
dies zu vermeiden, überträgt man die Gelatineschicht auf ein anderes
Papier, wie folgt: Nach dem Belichten befestigt man bei Lampen-
licht das Papier mittelst Klammern mit den Ecken auf einer Glas-
platte, so dafs die Druckfläche nach oben gekehrt ist. Hierauf über-
zieht man mit einem weichen Kameelhaarpinsel die Bildfläche mit
einer gleichmäfsigen Lage von „ Kau tsch u ck-Lösung“ und hängt
das Bild zum Trocknen auf. Man mufs beim Streichen darauf achten,
dafs nichts von der Lösung zwischen Glas und Papier oder auf die
untere Seite des Papiers kommt, weil dadurch das Bild zuweilen ver-
dorben wird. Nach circa einer Viertelstunde sind die gummirten
Bilder trocken und dann zum Aufkleben auf den Kautschuckbogen
bereit.
Aufkleben. — Man legt den gummirten Pigmentbogen mit
möglichster Berücksichtigung der Bogengröfse und Raumersparnifs mit
der gummirten Seite auf einen Kautschuckbogen , der auf einem
glatten Tische liegt. Man drückt ihn von der Mitte nach
dem Rande zu auf, um Luftblasen zu vermeiden. Diese Operation
mufs sehr genau ausgeführt werden. Man thut am besten, zunächst
einen Rand des gummirten Pigmentbogens mit einem Rand des Kaut-
schuckbogens in Berührung zu bringen. Sind dann beide Ränder durch
Drücken mit dem Fingernagel glatt vereinigt, so senkt man den
noch bochgehaltenen Tbeil des Pigmentbogens nach und nach und
drückt von hinten an. Ist bei dieser Operation eine Falte entstanden,
so kann man den Pigmentbogen abziehen, von Neuem gummiren,
trocknen und wieder auflegen.
Geeignete Kautschuckpapiere und Kautscbucklösung sind fertig
im Handel zu haben.
Man beachte, dafs die beiden Flächen nur dann aneinander kleben,
wenn die Kautschuckschicht völlig trocken ist.
Jetzt beschneidet man die Ränder beider Papiere ringsherum mit
einer grofsen Scheere, so dafs der Rand des Kautscbuckpapiers j Zoll
hervorragt. Dann legt man die beiden aneinander haftenden Blätter
auf die polirte Platte einer guten Satinirmaschine, mit dem Kautschuck-
papier nach oben, deckt auf letzteres ein Stück Filz und darüber ein
Stück Carton und läfst das Ganze durchwalzen. «
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322
Der Pigmentdruckprocefs.
Der Druck mufs stark sein; für gröfsere Bilder roufs der Druck
im Verhältnifs erhöht werden. Einmal Durchwalzen genügt
Wässern. — Die zusammengelegten Drucke legt man im Dun-
keln, das Rautschuckpapier nach oben, eine oder zwei Stunden
in kaltes Wasser. Dieses wechselt man öfter, oder lfifst fortwährend
Wasser aus einem Hahn auffiiefsen.
Entwickeln. — Nach mindestens einstündigem Wässern
legt man die Drucke in die Entwicklungsschalen von Blech, deren
Wasser 25 — 30* R. warm ist. Zuweilen ist der Druck geneigt, sich
zusammenzurollen, sobald er ins Wasser kommt. Man bindere ihn
nicht daran, sondern lasse ihn gewähren ; es ist dann aber nötbig,
ihn öfters sanft umzudrehen, damit alle seine Theile gleichmäfsig
benetzt werden. In drei bis fünf Minuten kann man das Pigment-
papier von dem Rautschuckpapier trennen. Den hierfür geeigneten
Zeitpunkt erkennt man, indem man eine Ecke zwischen Daumen und
Finger drückt und dabei beide leicht nach entgegengesetzten Rich-
tungen bewegt.
Findet man, dafs die Ecken von einander gleiten, so beginnt man
sehr sanft an beiden Papieren zu ziehen, indem man sie während
der ganzen Zeit unter Wasser hält. Sobald sie getrennt sind, wirft
man das Papier, auf welchem zuerst die Pigmentschicht war,
und welches öfter ein Negativ zeigt, hinaus. Das andere Papier
bringt man in eine zweite Schale, deren Wasser circa 32* R. warm
ist. Hierin läfst man die Bilder, bis alle unveränderte Gelatine und
alles Chromsalz aufgelöst, und der Druck vollkommen sichtbar ist.
Wenn irgend einer von den Drucken nicht vollständig sichtbar wird,
entwickelt man ihn bei noch höherer Temperatur.
War das Bild ein wenig zu stark belichtet, und erscheint es zu
dunkel, so kann man, je nach den Umständen, das Wasser im zweiten
Gefäfs auf 35, 36, ja selbst 48° R. erwärmen; auf diese Weise, durch
fortgesetztes Wässern und Erhöhen der Temperatur, kann man ein
Bild, das zu stark belichtet war, bleichen. War dagegen der Druck
viel zu stark belichtet, so rettet ihn kein Waschen, kein Erhöhen der
Temperatur. ,
War die Belichtung des Druckes nur wenig zu schwach, so kann
derselbe in dem 30* warmen Wasser vollständig entwickelt und
gewaschen werden; war sie aber viel zu schwach, so kann keine
Behandlung das Bild retten. Am besten verfahrt man, wenn man
die schwächsten Abdrücke zuerst wäscht.
Sobald der Druck vollständig entwickelt ist, legt man ihn in ein
Gefäfs mit reinem kaltem Wasser, welches man öfter erneuert; man
spritzt oder braust ihn schliefslich , um ihn zu reinigen, mit Wasser,
worauf man ihn fortnimmt und an Rlammern zum Trocknen aufhängt.
Entwicklungspfannen umstehender Form, von Weifsblech, eignen
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Der Pigmentdruckproeefs.
323
sich für kleinere Arbeiten am besten; je gröfser dieselben sind, desto
besser. Eine der Pfannen ist für lauwarmes, die andere für warmes
oder heifses Wasser bestimmt. Man
erhitzt die Pfannen entweder durch
Gas- oder durch Spritlampen. Bequem
ist es, in jeder Pfanne ein Thermome-
ter zu haben.
Man sieht es für das Passendste
an, die Pfanne rechter Hand zu
lauwarmem Wasser zu gebrauchen und diejenigen Bilder, welche
sich beim Waschen in derselben nicht vollständig entwickeln, in die
linke hinüberzubringen, wo sie in heifserem Wasser gewaschen und
entwickelt werden. Man halte nebenbei noch zwei Blechschalen mit
kaltem Wasser zum Auswaschen bereit.
Je eher man das Pigmentpapier von dem Kautscbuckpapier im
lauwarmen Wasser ablöst, desto besser ist es für das Bild; deshalb
wird man wobl daran thun, nicht mehr als vier bis sechs Bilder auf
einmal in das lauwarme Wasser zu bringen, damit sie nicht zu lauge
darin weichen, ehe sie getrennt werden können, wodurch sie leicht
Schaden leiden würden. Auch dürfen sich die Bilder mit der freien
Gelatineschicht nicht an einander reiben.
Uebertragen. — Das Bild auf der Kautschuckschicht ist rechts
und links verwechselt und von häfslicher gelber Farbe, deshalb mufs
es noch einmal übertragen werden. Diese Operation wurde nach
Swan auf sehr umständliche Weise mit gelatinisirten Bogen ausgeführt.
Der Verfasser wies nach, dafs diese nicht nötbig seien, und führte
folgende einfache Uebertragsmanier ein: Man taucht Rohpapier, so
weifs und glatt wie möglich, eine bis zwei Minuten in kaltes Wasser,
trocknet es ein wenig unter Löschpapier, so dafs es nicht mehr
glänzt, legt das trockne entwickelte Bild mit der Bildseite auf und
drückt es rasch glatt mit der Hand an.
Dann legt man es in die Satinirmaschine, genau in derselben
Weise, wie oben die mit Kautschuckpapier zusammen-
zuwalzenden Pigmentbogen, das feuchte Papier nach oben,
darüber Carton. Filz ist nicht nöthig.
Dann läfst man es unter gutem Druck durchwalzen (einmal ge-
nügt) und hängt zum Trocknen auf. Die Walze mufs sehr gleicli-
mäfsig drücken, sonst bekommt das Bild leicht Falten.
Gerben. — Nach einem halbstündigen Trocknen taucht man das
Bild in eine Chromalaunlösung 1 : 300 (1 Min.), dann läfst man es
wieder trocknen. Dies dauert bei 16* R. circa j Stunden.
Ablösen. — Ist das Bild getrocknet, so nimmt man einen
sehr feinen Schwamm oder Flanell und befeuchtet es mit Benzin.
Man legt den Druck auf eine Platte und reibt geschickt mit dem
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324
Der Pigmentdruckprocefs.
feuchten Schwamme über die ganze obere Fläche des Papiers von
beiden Seiten tüchtig. Jetzt kann man das Robpapier mit dem Bilde
leicht mit den Fingern von der Kautscbuckfläche ablösen, indem man
die eine der Ecken losmacht und langsam zieht. Sollte beim Ab-
streifen das Rohpapier an einigen Punkten festkleben, so nimmt man
etwas mehr Benzin; dies wird jedoch nicht der Fall sein, wenn man
gleich beim ersten Male sorgfältig mit Benzin angefeucbtet hat. Ent-
deckt man beim Abziehen des Papieres zurückbleibende Gummitheil-
chen auf der Bildiläche, so entfernt man sie schnell durch leichtes
Reiben mit dem angefeuchteten Schwamm. Ueberhaupt ist es immer
gut, mit dem in Benzin angefeuchteten Schwamm über die Bildfläche
zu reiben, sobald das Kautschuckpapier entfernt ist, selbst wenn man
keine Lackreste auf dem Druck bemerkt. Man kann einen grofsen
Druck mit derselben Leichtigkeit loslösen, wie einen kleinen.
Oft rollt sich, in Folge der eigentümlichen Wirkung des Benzins,
das Papier selbst von dem Bilde ab. Bleiben Bildtbeilchen während
des Ablösens am Kautschuck haften, so hält man an und wirft den
Druck zehn Minuten in Benzin, er geht dann leicht herunter.
Ausschneiden und Aufkleben geschieht wie gewöhnlich, nur
mit Vorsicht, da der Druck feucht verletzbar ist.
Um den Kautschuckpinsel immer weich und gerade zu erhalten,
bängt man ihn an einen Haken an der unteren Seite des Deckels
einer Pinselflasche, die immer so viel Benzin enthalten mufs, dafs
der Pinsel davon gesättigt bleibt. —
Zuweilen erscheinen während des Wasserbades Bläschen auf dem
Druck. Sie entstehen durch kleine Löcher im Papiere, durch Luft,
welche zwischen den beiden lackirten Flächen blieb, oder durch un-
zureichenden Druck beim Pressen. Ist das erste die Ursache, so
werden sie zusammentrocknen, verschwinden und keinen Schaden
weiter anrichten. Bilden sie sich aber aus dem zweiten und dritten
Grunde, so kann man sie mit einer feinen, scharfen Nadel von der
Rückseite des Papiers aufstechen und unschädlich machen. Zuweilen
aber bildet sich eine sehr störende Blase, die entweder den Druck
gänzlich verdirbt oder doch nur nach dem Aufkleben durch Radiren
und Retouchiren entfernt werden kann. Durch sehr sorgfältiges
Zusammenlegen der beiden gummirten Flächen vor dem Pressen, durch
langes Wässern vor dem Entwickeln und sorgfältiges Walzen
mit einem guten, sicheren, langsamen Druck können die Blasen fast
gänzlich vermieden werden.
Technisch „Vignetten“ genannte Bilder können auf dem Pigment-
papier nicht so leicht gemacht werden, wie auf gesilbertem Papier.
Der Filz, welcher zum Aufwalzen der Kautschuckpapiere dient,
darf nicht zum Uebertragen benutzt werden.
Die gröfste Sorgfalt und Aufmerksamkeit mufs man darauf ver-
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Gebrauch des Photometers.
325
wenden, dafs zu dem empfindlich gemachten Pigmentpapier kein Licht
gelange, sowohl bevor man es unter das Negativ legt, als auch in
allen folgenden Manipulationen, die dem Entwickeln im heifsen Wasser
vorhergehen. Man bedenke, dafs das empfindlich gemachte
Pigmentpapier bei Weitem lichtempfindlicher ist als ge-
silbertes Papier, und dafs hierin besonders Mangel an Sorgfalt
durch vollständiges Mifslingen der ganzen Operation gestraft wird.
Wir erwähnen dieses, weil mehrere Personen, die das Pigmentpapier
angewendet haben, viele Bilder dadurch verloren, dafs sie diese oft
anempfohlene Vorsicht vernachlässigten.
Der Gebrauch des Photometers.
Ueber das Princip und die Einrichtung haben wir schon früher
gesprochen (s. S. 213).
Hier wollen wir nur einige praktische Details nachtragen.
Um den Copirgrad eines Negativs im Pigntentdruck richtig
festzustellen, legt man das Instrument gleichzeitig mit einem gleich-
mäfsigen, drei- oder vierfachen Visitenkartennegativ an das Licht,
und deckt das erste Drittel des Negativs, wenn das Instrument bei-
spielsweise 10% das zweite Drittel, wenn es 12", das dritte, wenn es
14" zeigt, durch zwischen Negativ und Pigmentpapier ge-
steckte schwarze Papiere. In dieser Weise sind die einzelnen Theile
bis 12, 14, 16° copirt worden. Man entwickelt dann das Bild und
sieht nach, welcher Theil die richtige Intensität zeigt. Der bei diesem
Theil verwendete ist der richtige Copirgrad für das ganze Negativ.
Manchmal liegt derselbe zwischen zwei der angewendeten Grade,
z. B. bei 13 oder 15, dann ist Bild 12 ein wenig zu hell, Bild 14 um
ein wenig zu dunkel. Sollten alle drei probeweise genommenen
Grade entweder über- oder unterexponirt sein, so wiederholt man den
Versuch mit höheren oder niedrigeren Graden. Bei grofsen Bildern,
Landschaften etc. macht man es ähnlich wie bei einem Visitnegativ,
indem man hier die mit verschiedenen Graden probeweise zu copiren-
den Theile so abgrenzt, dafs möglichst charakteristische Stellen —
helle Licht- und tiefe Schatten massen — auf denselben liegen.
Hat man eine Anzahl Negative, so ordnet man diese nach ihrer
Intensität, die der Fachmann schon mit dem blofsen Auge leicht be-
urtheilen kann, in drei oder mehr Klassen, dünne, mittlere und
dicke, bestimmt nach der oben angeführten Manier den Copirgrad
eines Negativs der drei Klassen und copirt danach alle übrigen.
Bekommt man irgend ein neues Negativ, so vergleicht man dieses
mit dem Auge mit einem der vorhandenen, dessen Copirgrad
bekannt ist und copirt es eben so hoch.
Hat man irgend ein Negativ, dessen Copirgrad man mit dem Auge
nicht sofort zu beurtheilen wagt, so kann maß sich auch hier leicht
mit einem einzigen Versuche helfen. Man legt einen Streifen sensi-
bilisirten Pigmentpapiers (wie es öfter beim Beschneiden abfällt) über
eine charakteristische Stelle des Negativs hinweg, exponirt gleichzeitig
mit dem Photometer und deckt successive einzelne Theile des Streifens
zu, wenn das Photometer auf 10, 12, 14 etc. steht, überträgt und ent-
wickelt den Streifen und sieht nach, welche Stelle richtig exponirt ist.
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326
Gebrauch des Photometers.
Wenn man einige Versuche der Art gemacht und nur kurze Zeit
mit dem Pigmentdruck und dem Photometer gearbeitet hat, so gewinnt
man solche Sicherheit, dafs man schon mit dem Auge einem Negativ
den Copirgrad ansehen kann.
Behufs des Copirens im Grofsen legt man im Dunkeln zunächst
Papier in sämintliche Rahmen, welche man copiren will. Gleich-
zeitig mit dem Photometer werden sie ans Licht gebracht; nachdem
dasselbe auf den Copirgrad der dünnen Negative gestiegen ist, werden
die ersten hereingenommen oder zugedeckt oder umgedreht, dann die
zweiten, endlich die letzten; das Ganze ist eine Arbeit von wenigen
Minuten bei gutem Wetter. Man mufs dann sehr auf das Photo-
meter aufpassen, um sofort zudecken zu können. Sind sämmtliche
Rahmen hereingenommen, so werden sie von Neuem „beschickt“
(Papier eingelegt) und das Copirgeschäft beginnt von Frischem. Ist
man sehr pressirt und will man auch keine Minute verlieren, so nimmt
man für jede Sorte Negative (für die dünnen, mittleren und dicken)
ein Photometer, das heilst also für gröfsere Geschäfte drei.
Nun ist aber noch die Empfindlichkeit des Pigmentpapie-
res in Betracht zu ziehen. Diese ist verschieden. Amerikanisches
Pigmentpapier ist z. B. fast noch einmal so empfindlich wie englisches.
Bekommt der Photograph ein Papier von anderer Empfindlichkeit,
so sind seine alten Copirgrade für dieses nicht mehr anwendbar;
es ist aber leicht, nach einem einzigen Versuch die Copirgrade sämmt-
licher Negative für das neue Instrument durch eine simple Addition
oder Subtraction zu berechnen.
Es wird durch einen Versuch (wie oben) der Copirgrad eines
einzigen Negativs für das neue Papier festgestellt. War der Copir-
grad dieses Negativs z. B. für das alte Papier = 12, für das neue
= 14, so addirt man ganz einfach die Differenz 14 — 12=2
zu sämmtlichen schon bekannten Copirgraden der alten
Negative, um die Copirgrade sämmtlicher Negative für das neue
Papier zu erhalten.
Hat das neue Papier einen niedrigeren Copirgrad, z. B. 10,
so ziehe man die Differenz 12 — 10 von allen bekannten
Copirgraden ab.
Das Photometerpapier wird folgendermafsen bereitet:
Man taucht bei Lampenlicht Steinbach- oder Rives-Roh-
papier, welches man in Achtelbogen zugeschnitten hat, drei Minuten
in dieselbe Lösung von
1 Theil rothem chromsauren Kali in
30 - Wasser,
welche zur Sensibilisirung der Pigmentbogen dient, vollständig
unter, und hängt es dann auf zum freiwilligen Trocknen.
Das so bereitete Papier kann in trockenen, reinen, dunklen
Holzkästen, reinlich gehandhabt, mindestens 4 Wochen lang ohne
Veränderung aufbewahrt werden.
Man macht das Photometerpapier vor dem Sensibilisiren
der Pigmentbogen (nach dem Sensibilisiren der Pigmentbogen ist
die Flüssigkeit zur Herstellung von Photometerpapier nicht mehr
brauchbar).
Um dieses Papier zu verwenden, schneidet man es in Streifen
von der Breite und Länge des Prefshölzchens im Photometer. Man
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Gebrauch des Photoineters.
327
fafst dabei das Photometerpapier mit trockenen Fingern. Den
ersten und letzten Streifen wirft man weg. Die Streifen legt
man einen nach dem andern in das geöffnete Photonieterkästchen,
legt dann die Prefshölzchen wieder ein und schliefst den Deckel mit
der Feder. Man öffnet dann den oberen Glasdeckel (bei Lampen-
licht) und sieht zu, ob Alles glatt und fest liegt. Die Streifen müssen
unter den beiden Blechen straff eingeklemmt erscheinen. Wo nicht,
ist es leicht, sie von der Glasdeckelseite aus mit Hülfe eines aufge-
legten Stücks reinen weifsen Papiers glatt zu streichen — alles bei
Lampenlicht. Ist das geschehen, so schliefst man den Glasdeckel
fest wieder und legt das Häkchen vor.
So hergerichtet, wird das Photometer mit zugeklapptem oberen
Holzdeckel gleichzeitig mit sämmtlichen zu copirenden ver-
deckten Rahmen an das Licht gebracht, und in derselben Lage
wie die Rahmen, ungefähr in der Mitte derselben aufgestellt, dann
die Rahmen aufgedeckt und der obere Holzdeckel des Photometers
geöffnet; nach einiger Zeit (1 Minute bis 5 Minuten, je nach dem
Wetter) deckt man die Rahmen zu, klappt das Photometer zu und
geht mit letzterem in ein Dunkel-Zimmer, in welchem eine helle
Lampe brennt.
Hier öffnet man das Instrument und beobachtet, welche Zahlen
auf dem gelben Streifen erschienen sind. Zuerst erscheint No. 2
hell auf braunem Grunde, dann 4, dann 6 etc., die höheren
Zahlen natürlich blässer. Um d eu tlich zu erkennen, bis zu welchem
Grade die Lichtwirkung vorgeschritten ist, mufs man die Augen
vor dem grellen Licht schützen. Man hält das offne Instrument
unter oder neben eine helle Flamme, circa 18 Zoll Entfernung, so dafs
die Strahlen senkrecht auf das gelbe Papier fallen, dann sieht man
mit dem vor dem Licht geschützten Auge schief über das
Papier hin (in der Richtung des Streifens von 2 nach 25). In
dieser Position erkennt man die Zahlen sehr gut. Man achtet dabei
nicht blofs auf die Zahlen, sondern auch auf die beige-
druckten Hände und Buchstaben, welche das Erkennen des zarten
Lichteindrucks wesentlich erleichtern. Leises Hin- und Herwenden
des Instrumentes giebt bald die für das Erkennen vort he i lhaft e s te
Stellung. Nach einigen Versuchen hat man rasch die nöthige Sicher-
heit erlangt.
Zu beachten ist, dafs, wenn man aus einem sehr hellen Raum
in ein halbdunkles Zimmer tritt, man bekanntlich anfangs gar nichts
sieht. Nach kurzer Zeit gewöhnen sich aber die Augen an die Dun-
kelheit und erkennen deutlich alle Details.
Aehnliche Erfahrungen wird man auch bei Photometerbeobach-
tungen machen, wenn die Augen durch helles Licht geblendet sind.
Nach der Beobachtung trägt man das Pholometer an seinen Platz
zurück, öffnet es, deckt die zugedeckten Rahmen wieder auf und
exponirt weiter. Nach einer oder einigen Minuten wiederholt man
nachZudecken der Rahmen die Photometerbeobachtung unter obigen
Vorsich ts mafs regel n. Ist der gewünschte Copirgrad (Bestim-
mung desselben siehe oben) noch nicht erreicht, so wiederholt man
die Arbeit. Die zuerst verwendete Zeit und die dabei beobachteten
Zahlen dienen als Anhaltspunkt, um ungefähr die noch nöthige Ex-
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 22
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328
Gebrauch des Photometers.
positionszeit taxiren zu können. Nach einigen Versuchen ist man
hierin orientirt.
Ein Ueberschreiten des Copirgrades um einen Grad schadet
wenig, du man den Fehler leicht durch längere Entwicklung wie-
der gut machen kann. Nachtheiliger ist eine Unterexposition.
Hat man Negative verschiedener Copirgrade, so nimmt man,
sobald der Copirgrad der ersten Sorte erreicht ist, diese hinein, oder
deckt sie zu, dann exponirt man weiter, bis die Copirgrade aller
übrigen dickeren Negative erreicht sind.
Sind alle fertig copirt, so beschickt man die Rahmen mit neuem
Papier, nimmt im halbdun kein Zimmer bei möglichstem Lichtab-
schlufs den obersten gefärbten gelben Streifen heraus, indem man
auf die Mitte desselben mit dem linken Daumen drückt,
so dafs der federnde Deckel mit dem Streifen heruntergeht, dann zieht
man beide Enden des obersten Streifens unter den Blechen hervor,
streicht, während er noch aufliegt, die unteren festgeklemmten wieder
glatt und wirft dann den oberen weg. Nach Schlufs des Instruments
ist dasselbe zu einer neuen Arbeit fertig.
Zu Photometerbeobachtungen gehört dasselbe, was jeder Copirer
haben mufs, wenn er Silberdrucke machen will: 1) Ein gutes
Auge, welches auch zarte Lichtwirkungen beurtheilen kann; 2) Vor-
sicht hinsichtlich des gelben Photometerpapiers. Dieses ist noch
lichtempfindlicher wie Silberpapier, mufs mit derselben
Sauberkeit behandelt und darf ebensowenig wie dieses bei grel-
lem Tageslicht nachgesehen werden. Namentlich ist bei heiterem
Wetter hierin Vorsicht nöthig.
Wird das Papier durch Unvorsichtigkeit beim Oeffnen des
Instrumentes von Tageslicht afficirt, so wird es weniger empfindlich.
Noch bemerken wir, dafs das Instrument in den niederen Graden
sehr rasch steigt, in den höheren aber viel langsamer.
Ferner ist zu beachten, dafs die Papierskala fest gegen den
gelben Streifen drücken mufs (ebenso wie ein Silberdruck fest gegen
das Negativ), falls die Zahlen deutlich sichtbar sein sollen.
Die Papierskala darf nicht mit den Fingern berührt uud nicht
nafs werden. Das Glas ist, wenn das Instrument geschlossen
ist, vor jedem Gebrauch zu putzen. Sollte die Glastafel mit dem
Photometerstreifen durch einen Unfall etwas locker werden, so klemme
man sie mit einigen passend zugeschnittenen Korkstücken wieder ein.
Als Copirgrade für ein M i ttel negativ für die vom Verfasser
versuchten Pigmentpapiere führen wir an :
Copirgrad
Papier von Swan (braunschwarz) . . . 15,
- Rowell (grauschwarz) . . . 11,
- Beyrich (purpurschwarz) . . 12,
- - - (purpurbraun) . . . 16.
Johnson’« verbesserter Pigmentdruckprocels. *)
Bis jetzt hielt man den Pigmentdruckprocels von Swan für den
Culminationspunkt des Verfahrens, und dies mit vollem Recht, wenn
- f
*) Photographische Mittheilungen, VI. Jahrg., S. 42.
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Johnson’» verbesserter l’igmentdruckprocefs. 329
die Resultate allein in Betracht gezogen wurden, nur eines blieb
noch zu wünschen übrig, nämlich eine gröfsere Einfachheit der
Manipulationen. Diese ist durch die neuerdings patentirte und
höchst interessante Methode von J. R. Johnson erlangt.
Der erste Vorzug, den diese Methode hat, ist eine Verringerung
und Vereinfachung der Apparate. Ein Kasten, 14 Zoll lang und breit
und 12 Zoll tief, enthält alle Apparate zur Herstellung von Bildern
von 9x7 Zoll. Er enthält zwei lackirte, mit Rinnen versehene Zinn-
tröge, zwei flache Schüsseln aus demselben Metall, einen Platten-
ständer, einige Platten aus Opalglas, einige aus Zinn oder Zink, eine
Flasche mit Bichromat-Lösung und eine mit Cement (s. unten), einen
Thermometer und ein lackirtes Futteral mit sensitiven Pigmentbogen.
Man braucht keine starke Presse oder Satinirmaschine , keine grofse
Reihe von Schalen etc.
Zuerst füllt man den Trog oder den Plattenkasten mit Wasser
von ungefähr 30* R. , welche Temperatur man durch eine darunter
befindliche Spirituslampe erhalten kann. Dann füllt man eine flache
Schale mit kaltem Wasser. Man legt dann einen exponirten Bogen
einige Secunden mit der Bildseite nach unten in das kalte Wasser.
Zuerst kräuselt er sich nach innen, dann wird er wieder flach, und
würde sich, wenn man ihn länger im Wasser liefse, nun nach aufsen
biegen. ln dem Augenblick, ehe er sich wieder krümmt
und ganz flach geworden ist, mufs er vom Wasser genom-
men werden. Inzwischen reibt man eine Metall- oder Glasplatte
(am besten mattes Glas, um das Resultat bequemer prüfen zu können)
mit einer Lösung von Wachs oder besser Stearin in Alkohol ein,
auf diese legt man den vom Wasser genommenen Bogen mit der
Bildseite nach unten. Um Luftblasen zu vermeiden, geschieht dies
am besten unter Wasser. Dann streicht man das Papier noch mit
einer weichen, in Wasser getauchten Kameelhaarbürste über und bringt
es so in genaue Berührung mit jedem Theile der Platte. Auf diese
Weise präparirt man alle Platten. Wenn man in der beschriebenen
Weise verfahrt, so bleibt der Bogen in dem kalten Wasser etwas
weniger als eine Minute, während welcher Zeit sich die Gelatine
nicht ganz voll Wasser saugen kann. Nach dem Auflegen absorbirt
sie jedoch alles mechanisch anhängende Wasser und adbärirt so ohne
Hülfe von Kautschuck-Lösung fest an dem Glase.
Das nasse Papier haftet jedoch mit der nämlichen Leichtigkeit,
wie an der Glasplatte, so an jeder andern glatten von Wasser
undurchdringlichen Fläche, wie z. B. für Oelgemälde präparirte
Leinwand, Holz, Steine, Metalle etc. Ist das Glas nicht mit
Wachs oder Stearin eingerieben, so bleibt das nach der
Entwicklung entstehende Bild fest haften und bildet ein
reizendes Transparent oder Opalotyp. Die fettige Schicht ver-
22*
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330 .lohnson's verbesserter Pigmentdriiekprocels.
bindert aber ein vollkommenes Festhalten beider Theile aneinander
und ermöglicht eine spätere Trennung, die bei der zweiten Ueber-
tragung stattfindet.
Schon jetzt werden dem Leser verschiedene Vortheile einleuchten:
die theure Kautschuck-Lösung, welche man auf zwei Oberflächen
auftragen niufs, ist unnöthig und ebenso fällt der unangenehme Benzin-
dunst fort. Die Operationen lassen sich leichter und schneller aus-
führen und eine Presse braucht man gar nicht. Wir heben noch
einen andern sehr wichtigen Vortheil hervor. Da die dem Glase zu-
gekehrte Seite des Papiers hernach die Bildseite ist, so nimmt sie,
jenachdem das Glas polirt oder gekörnt ist, ein mattes
oder glänzendes Ansehen an, und es steht vollständig in der
Gewalt eines Jeden, matte oder glänzende Drucke zu erhalten.
Doch kehren wir zu unsertu Gegenstand zurück. Nachdem der
Pigmentbogen beschriebenermafsen auf das Glas gelegt, ist er in
wenigen Minuten fertig zum Entwickeln. Man läfst dann die Platten
eine nach der andern in die Kinnen des Warmwassertroges gleiten,
bis dieser ganz voll ist. Unterdessen hat sich auf der ersten Platte
das Papier von der Gelatineschicht losgelöst. Man hebt das Papier
mit grofser Sorgfalt ab, so dafs die Gelatineschicht fest an dem Glase
haften bleibt, und setzt diese wieder in ihre Kinne. flat man das
Papier von allen zwölf Platten entfernt, so ist die Entwicklung der
ersten vollständig; man spült sie iti kaltem Wasser ab und läfst sie
in einem andern ebenfalls mit Rinnen versehenen Kasten trocknen.
Bis die letzte Platte so aufgestellt ist, ist die erste so weit, dafs sie
auf Papier übertragen werden kann. Hierzu wird die Platte in kaltes
Wasser getaucht und unter Wasser ein Stück Gelatinepapier darauf
gelegt, welches hierdurch mit dem Bilde auf dem Glase in Berührung
kommt. Dann nimmt man beide heraus, pinselt das Papier, wie
oben, um alle Theile mit einander in Berührung zu bringen, und
läfst dann das Ganze eine Stunde trocknen. Dann hebt man das
Papier, mit einer Ecke den Anfang machend, behutsam ab, und be-
kommt, da das Bild das Glas ohne Schwierigkeit losläfst, ein voll-
ständiges Bild.
Statt Gelatinepapier anzuwenden, welches erst, um unlöslich zu
werden, in der Folge mit Alaun behandelt werden mufs, kann man
die Platte auch in eine schwache Gelatinelösnng eintauchen, zu der
man eine geringe Quantität Chrom-Alaun hinzufügt, was auch Swan
beim letzten Uebertragen seiner Drucke anräth, oder man kann auch
der Gelatine einen harzigen Kitt substituiren , wie in dem einfachen
Uebertragungsprocefs, der noch beschrieben werden soll.
Man kann innerhalb einer Stunde ein Dutzend Platten bis
zur Schlufsübertragung fertig machen, und alle Operationen in einem
gewöhnlichen Zimmer mit verdunkelten Fenstern vornehmen.
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Pigmentdrucke auf Eiweifspapier.
331
Soviel über den vereinfachten ProcefB mit doppelter Ueber-
tragnng, durch den man mit gewöhnlichen Negativen ein Bild in
richtiger Stellung bekommt. Jetzt zu einem vereinfachten Procefs mit
einmaligem Uebertragen, indem man mit richtigen Negativen
Bilder in verwechselter Stellung bekommt, der also augenscheinlich
für eine Masse von existirenden Negativen gar nicht anwendbar ist,
der aber wegen seiner aufserordentlichen Einfachheit und Wirksamkeit
sehr zu empfehlen ist, wenn man die Negative besonders zu diesem
Zweck macht, oder wo die Umkehrung von keiner Bedeutung ist.
Der Pigmentbogen wird, wie vorher, lichtempfindlich gemacht
und exponirt. Man taucht dann ein Stück feines Papier in eine
Lösung von weifsem Schellack in flüssigem Ammoniak. Dies ist der
oben erwähnte Cement. Hierauf legt man dies Papier auf eine Glas-
platte, Zinnscheibe oder eine ähnliche Oberfläche, und drückt es mit
der Kameelhaarbürste an. Ist dies theilweise trocken, so taucht man
den exponirten Pigmentbogen, der ungefähr einen viertel Zoll kleiner
sein mufs, als das Uebertragungspapier , in mit wenig Ammoniak
versetztes Wasser und legt ihn dann auf das Uebertragungspapier,
welches auf der Platte bleibt. Man pinselt es fest, läfst es ein wenig
trocknen und entwickelt wie vorher; dann wird es gewaschen und
getrocknet. Hierauf lockert man mit einem Federmesser den Rand
und bebt das vollständige Bild ab. Nichts kann einfacher und wir-
kungsvoller sein, als dieser Procefs.
Simpson sagt darüber: „Das Verfahren ist in der That einfacher,
leichter und unendlich rascher als der gewöhnliche Silberdruckprocefs.“
Interessant ist ferner der Umstand, dafs Johnson eine ingeniöse
Methode anwendet, um das Papier durch blofses Schwimmenlassen
auf einer fünfprocentigen Chromatlösung zu sensibilisiren und eine
rascbe Trocknung zu erzielen, an Stelle des bei Swan nothwen-
digen, oft zwölf Stunden dauernden Trocknens.
Pigmentdrucke auf Eiweifspapier.
Statt mit Schellack kann man auch mit coagulirtem Eiweifs-
papier übertragen. Grafshoft’ und Jeanrenaud coaguliren das Eiweifs-
papier selbst, indem sie es in starken Alkohol einige Minuten ein-
tauchen und dann trocknen. Es ist selbstverständlich, dafs man auf
diese Weise ein sehr billiges Albuminpapier verwerthen kann. Man
legt das feuchte coagulirte Eiweifspapier, auf eine Glasplatte, die
Eiweifsschicbt nach oben, bringt darauf das belichtete, in kaltem
Wasser eingeweichte Pigmentpapier und drückt gut an, um die Luft-
blasen auszutreiben. Dann werden die Bilder eine Stunde in eine
Presse gelegt und scbliefslich in heifses Wasser getaucht, um die
zusammengeprefsten Bogen zu trennen. Das Bild haftet dann an der
Eiweifsschicbt. Die Bildbogen werden dann sofort in laues Wasser
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332 Jeanrenand’s verbesserter Piginentdriickprocefs.
gebracht und darin ausentwickelt. Das Entwickeln ist bei Lampen-
licht vorzunehmen. Die getrockneten Bilder werden gegerbt, gewaschen
und wie gewöhnlich fertig gemacht.
Jeanrenaud veröffentlichte neuerdings eine Mittheilung über das
Coaguliren der Albuminschicht mit Alkohol. Die Erfahrung
hat gezeigt, dafs der Alkohol die harzige Leimung des Papiers auf-
löste. Es bildeten sich dann auf dem Uebertragungspapier Marmori-
rungen, und wenn man nach der Uebertragung in zu heifsem Wasser
operiren wollte, entstanden auf dem Bilde Blasen. Jeanrenaud hat
diese Schwierigkeit auf einfache Weise gehoben.
Der belichtete Pigmentbogen wird in ein Pack Fliefspapier, das
leicht angefeuchtet ist, gebracht. Während hier das Blatt geschmeidig
wird, taucht man das Albuminpapier in ein grofses cylindrisches Glas,
das mit starkem Alkohol gefüllt ist. Man zieht es beinahe augen-
blicklich wieder heraus und bringt das ganze von Alkohol triefende
Blatt auf eine Glasplatte, die Albuminschicbt nach oben. Jetzt nimmt
man das Pigmentblatt, welches inzwischen geschmeidig geworden ist,
legt es auf das Albuminpapier, drückt mittelst einer Walze an und
prefst kräftig einige Augenblicke unter eine Presse und entwickelt
mit heifsem Wasser.
Dieses Verfahren hat verschiedene Vortheile: Ersparnifs von Al-
kohol, welcher bis auf den letzten Tropfen verbraucht werden kann;
Leichtigkeit, sein Albuminpapier im Augenblicke, da man es bedarf,
bereiten zu können; Verhinderung von Blasen, selbst wenn man
siedendes Wasser anwendet; Zeitersparnifs, denn wenn die Blätter
vorher nur ordentlich mit Wasser angefeuchtet werden, reicht es hin,
dieselben auf einander zu legen und sie zu pressen, um unmittelbar
darauf entwickeln zu können.
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Verschiedene photographische Verfahren.
Haltbare sensible Negativplatten und Positivpapiere.
In den vorhergehenden Capiteln haben wir eingehend den Col-
lodionnegati vprocefs und den Silber- und Pigmentdruck-
p ositivprocefs besprochen. Diese Processe reichen hin zur Aus-
übung der wesentlichsten photographischen Aufgaben. Es giebt jedoch
Umstände, unter welchen die Ausübung dieser Processe ihre Schwie-
rigkeiten hat. Der Negativprocefs erfordert zur Herstellung der em-
pfindlichen Platten dunkle Räumlichkeiten, die namentlich den
wandernden Photographen nicht immer zur Disposition stehen; er
liefert nasse Platten, die rasch eintrocknen und dadurch schon nach
kurzer Zeit unbrauchbar werden. Diese Schwierigkeit hat man za
umgehen gesucht durch Herstellung haltbarer „trockener“ Platten,
die man zu Hanse präpariren und auf seinen Ausflügen mitnebmen
kann, Platten, die sich lange Zeit hindurch empfindlich erhalten und
erst nach der Rückkehr nach Hause entwickelt zu werden brauchen.
Ebenso hat man haltbares sensibilisirtes Positivpapier
hergeBtellt, welches, fertig gekauft, die unsaubere Arbeit des Silberns
erspart und der Gefahr des Gelbwerdens im Copirrahmen bei
schlechtem Wetter nicht ausgesetzt ist.
Sehr umfassende Anstrengungen sind gemacht worden, haltbare
Trockenplatten und haltbare sensible Positivpapiere zu liefern, die in
Bezug auf Sicherheit und Schönheit der Resultate dem nassen Verfah-
ren durchaus gleichkommen. Jeden Tag tauchen neue Trockenplatten-
processe und neue sensible Positivpapiere auf. Welches Verfahren
das beste sei, ist zweifelhaft, soviel ist jedoch sicher, dafs die Her-
stellung der Trockenplatten sowohl als auch der sensiblen Positiv-
papiere noch an Unsicherheiten leidet, so dafs man trotz des gröfseren
Aufwandes an Mühe und Zeit, welche die Präparation dieser Körper
nöthig macht, dennoch nicht in dem Mafse für den Erfolg garantiren
kann, wie beim gewöhnlichen nassen Verfahren.
Ist bei Ausübung des letztem eine wahrhaft pedantische Sauber-
keit eine conditio sine qua non, so ist diese Vorsicht bei den Trocken-
processen noch in potenzirtem Mafsstabe nothwendig.
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334
Haltbare Negativ|diitten.
a) Haltbare Negativplatten.
(Trockenplatten.)
Der oben erwähnte Fehler gewöhnlicher Negativplatten, bei
längerem Stehen durch das Eintrocknen der Silberlösung zu verderben,
läfst sich schon dadurch umgehen, dafs man die Platten nach dem
Silbern einfach abwäscht. Man benutzt dazu am besten destillirtes
Wasser, welches durchaus rein sein mufs, namentlich nicht alkalisch
reagiren darf. Man erhält auf diese Weise eine nach kurzem Stehen
trocken werdende gelbe Jodsilberplatte, die belichtet und in der unten
erwähnten Weise entwickelt ein Bild liefert. Man beobachtet aber,
dafs die Empfindlichkeit solcher trocknen Platten eine äufserst
geringe ist , so dafs man mindestens die vierfache Expositionszeit als
beim nassen Verfahren nöthig hat. Die Ursache liegt in der grofsen
Durchsichtigkeit der Trockenplatten. Eine von salpetersaurer Silber-
lösung durchdrungene Platte absorbirt fast alles chemisch wirksame
Licht, welches darauf fällt, während eine gewaschene Platte einen
sehr beträchtlichen Theil hindurchläfst , der natürlich für die Bild-
erzeugung verloren ist. Wichtig ist es daher, die Platten mit einem
stark jodirten Collodion zu präpariren, welches wegen seiner
gröfseren Salzquantität auch eine dichtere Jodbromsilberschicht erzeugt,
die das Licht stärker absorbirt, oder die Platte hinten mit einem un-
durchsichtigen Pigment anzustreichen. Ferner ist aber auch zu be-
achten, dafs bei solchen gewaschenen Platten der Sensibilisator
fehlt (8. o. S. 52) und schon aus diesem Grunde die Wirkung auf
Jodsilber eine weniger intensive ist. Daher hat man den nassen
Silbersalzsensibilisator durch trockne zu ersetzen versucht, als solche kann-
man alle jodabsorbirenden Körper (s. o. S. 52) anwenden. Besonders
hat man dazu Tannin, Gallussäure und gewisse Harze empfoh-
len. Daher unterscheidet man bei Trockenverfahren: Tanninprocefs,
Harzprocefs, Gallusprocefs etc etc. Mit Lösungen dieser sensibili-
sirendcn Körper überzieht man die gewaschenen Platten und läfst sie
trocknen. Durch solchen Ueberzug mit dem Präservativ werden die
Platten nicht nur empfindlicher, sondern auch haltbarer.
Das für Herstellung der Trockenplatten nöthige Waschen und
Ueberziehen mit einem Lösungsmittel macht natürlich die Arbeit etwas
complicirt. Noch heikler ist aber das Entwicklungs verfahren; die
trockne Platte mufs erst für das Annehmen der Fluidas empfänglich
gemacht werden durch Einweichen in Wasser resp. in Silberlösung.
Der zu rasch wirkende Eisenvitriolentwickler erzeugt leicht Schleier
und Flecke, und man bedient sich daher lieber zum Entwickeln der
langsamer wirkenden Pyrogallussäure resp. einer Eisenvitriollösung
mit Zusätzen organischer Körper, die die Eigenthümlichkeit haben,
den chemischen Reductionsprocefs zu verzögern, z. B. Gelatine.
Das älteste Trockenverfahren ist das Taupenot’sche, es be-
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Gordon’s Gmnmilrockenprocefs.
335
steht in der Anwendung eines A 1 b u m i n Überzuges , der seinerseits
nachträglich gesilbert wird. Das so erzeugte Silberalbuminat spielt
hier die Rolle eines Sensibilisators.*)
Es ist nun nicht unsere Absicht, hier eine Abhandlung über
sämmtliche bisher geübte Trockenverfahren zu geben, wir beschränken
uns vielmehr auf die Beschreibung zweier, die wir selbst mit Erfolg
versucht haben.
1) Der Gummigallusprocess
von Russell Manners Gordon.
Man wählt möglichst gut gereinigte Platten und überzieht sie
vor dem Collodioniren mit Eiweifslösung: 1 Theil Eiweifs, 12 bis
15 Theile Wasser werden geschüttelt, absetzen gelassen, filtrirt und
mit Ammon versetzt, bis es ganz schwach danach riecht; mit dieser
Flüssigkeit wird die horizontal gelegte Platte begossen und mit Hülfe
eines Stückchens Carton das Eiweifs vertheilt, so dafs es circa tt Zoll
vom Rande entfernt bleibt, nachher über eine Ecke abgegossen.
In dieser Weise überzogene Platten sind viel weniger zur Flecken-
bildung geneigt, und ist daher öfter ein solcher Ueberzug auch für
den gewöhnlichen nassen Procefs empfohlen worden, namentlich wenn
die Platten alt und wiederholt gebraucht sind.
Die albuminirten und getrockneten Platten lassen sich an einem
staubfreien Orte lange auf heben. Man überzieht sie behufs Her-
stellung der Trockenplatten, mit einem guten Collodion, wie man
es zum nassen Procefs verwendet (wir benutzten unser Aequivalent-
collodion, s. S. 254). Gordon empfiehlt speciell das folgende:
Aether . 240 Gramm,
Alkohol 240
Jodcadmium 3
■ Jodammonium 1
Bromcadmium 3
Schiefsbaumwolle höchstens . . 6
Das Silberbad mufs auf jeden Fall eine Stärke von mindestens
1:12 besitzen und möglichst neutral sein. Zeit des Eintauchens in
dieses Bad 10 Minuten oder, wenn das Collodion mit dem höchsten
Zusatz fester Salze angewendet wird, 15 Minuten.
Das Waschen geschieht in zwei nebeneinander stehenden Tauch-
cuvetten mit destillirtem Wasser. Wäscht man die Platte unter einem
Wasserstrahl, so wird sie leicht streifig. Nachdem die Platten aus
der zweiten Cuvette kommen, müssen sie ungefähr zwei Stunden lang
in einer verhältnifsmäfsig grofsen Menge destillirten Wassers liegen,
*) Ueber ein gutes Collodion&lbnmin verfahren s. IV. Jahrgang der „ Photogra-
phischen Mittheilungen“ 8. 59.
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336
Haltbare Negativplatten.
oder man taucht sie nacheinander noch in vier nebeneinander stehende
Cuvetten mit destillirtem Wasser. Nachher wäscht man sie noch
unter einem Hahn mit Wasserleitungs wasser, spült mit destillirtem
(aus der Spritzflasche) nach und überzieht mit folgender Lösung:
I.
Gummi arabicum
. 20 Gramm,
Zuckercand . .
5
Wasser ....
. 120
II.
Gallussäure . .
3
Wasser ....
. 360
No. II. mufs in der Wärme präparirt werden, wird dann mit
No. I. in dem angegebenen Verhältnifs gemischt und vor dem Ge-
brauch durchfiltrirt. Luftblasen sind zu vermeiden.
Jede Platte erfordert 15 Gramm des Gummi-Präservativs. Zuerst
nimmt man 4 Gramm davon, um das Wasser zu entfernen, dann läfst
man die übrigen 11 Gramm ungefähr eine Minute auf die Platte ein-
wirken, giefst diese dann ab und läfst sie ablaufen. Letztere Opera-
tion wird bedeutend erleichtert, wenn man die Platte mit der Ecke
auf kleine in Brettern steckende Glasröhren stellt, in welche man
etwas Löschpapier bringt, das man, ohne die Platte zu verletzen,
erneuern kann, da diese nur auf einer Ecke in dem Rohre von circa
5 Zoll Durchmesser ruht. Hat man diese speciellen Glasständer nicht
zur Verfügung, so kann man auch kleine Sturzbecher an wenden, die
man, um ihnen einen festeren Standpunkt zu geben, in das Tischbrett
des Trockenzimmers eingelassen hat; die oberen Ecken der Platten
lehnt man gegen Glasflächen. Gut thut man, die Platten nach der
Aufstellung zu numeriren.
Der Trockenraum ist eine grofse Holzkiste oder ein Küehen-
schrank, die lichtdicht geschlossen werden können, mit Fächern,
um mehrere Reihen Platten anfstellen zu können. Oben mit einem
zweimal unter einem rechten Winkel gebogenen Schlot versehen, ähn-
lich dem Schornstein einer Laterna magica. Bei feuchtem Wetter
mufs eine Blechkanne mit heifsem Wasser in die Mitte des Trocken-
zimmers gesetzt werden; im Sommer ist dieses gewöhnlich nicht nöthig.
Die gewöhnlich auf das Trocknen der Platten zu verwendende Zeit
ist 10 bis 12 Stunden; die Haut erscheint dann transparent und die
Platten müssen jetzt auf der Rückseite mit einer Pigmentschicht
überzogen werden.
Zum Präpariren von acht Platten Stereoskopformat nimmt man:
Gebrannte Terra Siena in Wasser vertheilt 100 Gramm,
Dextrin 30
Glycerin 2
Eine Spur von Carbolsäure oder Creosot verhindert das Faulen
dieser Mischung, welche in Zinntuben gefüllt wird, so dafs man sie
stets bereit zum Gebrauch hat wie Malerfarbe. Die trockenen Platten
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Gordon's Gummitrockenprocefs.
337
werden aof dem Rücken mit der Farbe bepinselt, wobei es gut ist,
rings herum einen kleinen Rand zu lassen, damit das Pigment nicht
auf die Bildseite der Platte gelangen kann. Nach dem Trocknen
können die Platten verpackt werden.
Exposition in der Camera. — Man giebt der Trockenplatte
das Doppelte bis Dreifache der Expositionszeit der nassen Platten.
Trockenplatten ertragen lange Expositionen ohne Nachtheil. Gewöhn-
lich liegt der Mifserfolg an zu kurzer Belichtung. Zu lange Belich-
tung kann leicht durch passende Entwickelung unschädlich gemacht
werden.
Entwicklung. — Man entfernt mit einem nassen Schwamm
das Pigment von der Rückseite der Platte. Darauf bestreicht man
den Rand des Negativs ungefähr \ Zoll breit mit einer dicken Auf-
lösung von Kautschuck in Benzol oder Chloroform, taucht es dann in
ein Bad von gewöhnlichem Wasser und spült zwei Mal mit destillir-
tem Wasser ab, um das Präservativ zu entfernen. Hierauf entwickelt
man mit folgendem Entwickler:
I. Gelatine ...... 10 Gramm,
Eisessig 160
Wasser 1120
II. Schwefelsaures Eisen 25
Wasser 500
Zum Gebrauch mischt man einen Theil der Gelatinelösung
mit drei Theilen Eisenlösung. Für jede Platte nimmt man circa
30 Gramm und fügt zwei Tropfen einer Lösung von Silbernitrat 1:16
hinzu und vermehrt den Silbergehait immer um je zwei Tropfen so
lange, bis die Details erscheinen. Verstärkung mit einer gewöhnlichen
citronensauren oder Pyrogallus-Mischung, z. B.
Pyrogallus . . 2 Gramm,
Citronsäure . 2
Wasser . . . 480
Das Fixiren geschieht mit Natron. Nachher unterwirft man
das Negativ einer supplementären Behandlung mit Pyrogallus- und
Essigsäure (und Silber), mehr um dem Niederschlag eine andere Farbe
zu geben, als um ihn dick zu machen.
Schleier kann man verhindern oder auf ein Minimum reduciren,
wenn man auf jede Unze Gummilösung zehn Tropfen Glycerin zufügt.
Bei dieser Modification wird die Haut nach dem Trocknen nicht
transparent und arbeitet fast wie eine nasse Platte; jedoch hat sie
dann den einen Uebelstand, dafs sie sich nur vierzehn Tage hält.
Dem Leser werden die etwas langwierigen Arbeiten, welche mit
diesem Processe verknüpft sind, schon beim Durcblesen klar werden.
Wesentlich einfacher ist das Harztrockenverfahren, bei welchem
das Präservativ (irgend ein Harz, z. B. Colophonium) direct zum
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338
Haltbare Negativplatten.
Collodion gesetzt und die damit erzeugte Platte gesilbert und ge-
waschen wird.
Abbe Despratz hat das erste Verfahren der Art angegeben, später
hat es Mr. England cultivirt, neuerdings hat sich Hr. Harnecker in
Wriezen sehr speciell damit beschäftigt. Er fertigt ein Collodion für
diesen Zweck bereits für den Handel im Grofsen und die Versuche
zahlreicher Praktiker sprechen für dessen Brauchbarkeit.
2) Der Harztrockenprocess
von Harnecker.
Eine gut geputzte Glasplatte wird mit Harnecker-Collodion oder
mit einem gewöhnlichen Collodion überzogen, zu welchem man auf
100 Gramm $ Gramm Colopbonium gesetzt hat. Nachdem der letzte
Tropfen nach dem Abfliefsen des Ueberschusses erstarrt ist, taucht
man die Platte in ein gut arbeitendes Silberbad:
Silber ... 15 Gramm,
Wasser . . . 135
Salpetersäure . 2 Tropfen.*)
Die passendste Temperatur ist 15* R., Dauer des Sensibilisirens
5 — 8 — 10 Minuten. Die mittlere Zeit ist durchschnittlich die beste.
Die gesilberte Platte wird zuerst mit filtrirtem destillirtem Wasser gut
vorgespült, sodann mit gewöhnlichemWasser tüchtig nachgewaschen
und schliefslich wieder mit destillirtem Wasser ein wenig nachgespült
und zum Trocknen auf eine Ecke gestellt bei einer Temperatur nicht
unter 17* und nicht über 30° R. Die Platten sind alsdann zum
Gebrauch fertig.
Die Exposition kann je nach der Intensität des Lichtes und
dem Alter der Platte bis auf das Doppelte , auch Dreifache einer
nassen Platte genommen werden. Frische Platten sind merkbar em-
pfindlicher als alte.
Die Platte wird vor dem Entwickeln in eine Schale mit filtrir-
tem destillirten Wasser (am besten etwas angesäuerten) Wasser
gelegt und bei öfterem Hin- und Herbewegen 5 — 10 Minuten einge-
weicht, sodann herausgenommen und in dasselbe Silberbad gesteckt,
in welchem die Platte sensibilisirt wurde, darin acht bis neun Mal
auf- und niedergetaucht und nun entwickelt wie jede nasse Platte.
Der Entwickler besteht aus:
Eisenvitriol . 1 Tbeil,
Wasser . . . 220
Eisessig . . 3 -
Alkohol ... 4 — 5
*) Wir geben hier die Originalrecepte, glauben jedoch, dafe es gut sein dürfte,
das Silberbad mit j Procent des festen Silbersalzes von Jodkalium zu versetzen.
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Harnecker’s Trockenplatten.
339
Verstärkt wird mit folgenden Lösungen:
, i Pyrogallussäure . 5 Gramm,
a ( Wasser. . . . 2560
/ Silbersalz ... 15
b ) | Wasser. . . . 720
{ Eisessig ... 32
fixirt mit einer Lösung von unterschwefligsaurem Natron.
Die Entwickelung kann auch dadurch geschehen, dafs die einge-
weichte Platte mit der angegebenen Eisenlösung übergossen wird.
Man iäfst dieselbe einige Secunden auf der Platte hin- und herfliefsen,
dann in ein Glas zurücklaufen, setzt zwei bis höchstens drei Tropfen
Silberlösung hinzu, bestehend aus:
30 Gramm Silber, gelöst in 720 Gramm Wasser,
und gemischt mit folgenden Fluidas:
30 Gramm Citronensäure gelöst in 720 Gramm Wasser,
60 - Alkohol.
Das Bild erscheint sofort und kann die Platte gespült werden,
wenn bei öfterem Uebergiefsen das Bild vollständig und klar heraus ist.
Nach dem Spülen mit gewöhnlichem Wasser wird mit Pyrogallus-
säure nachgekräftigt; doch mufs hier die Pyrogallussäure ohne Zusatz
von Silber über das Bild gegossen werden, um Schleier zu vermeiden.
Nachdem die Pyrogallussäure einigemal auf- und abgegossen ist, setzt
man citronensaures Silber zu und kräftigt nach.
Beobachtet man bei der Präparation der Platten, dafs das Collo-
dion nicht zu trocken wird, ehe man die Platte in das Silberbad
taucht und Iäfst dasselbe gehörig lange Zeit im Bade, spült nachher
gut, so ist der Erfolg zweifellos; namentlich für Aufnahmen im
Freien und für Landschaften.
Die Entwickelung kann beliebig lange Zeit nach der Exposition
vorgenommen werden.
Hinsichtlich der zahlreichen anderen Trockenprocesse mit Tannin,
Gelatine, Kaffee, Thee, welche immer und immer wieder versucht und
empfohlen werden, verweisen wir auf die verschiedenen Jahrgänge
der Photographischen Mittheilungen, welche über die Fort-
schritte in diesem Gebiete speciell Bericht erstatten.
Wer in einem dieser Verfahren arbeiten will, dem empfehlen wir
nochmals die gröfste Reinlichkeit und Sorgfalt in der Behandlung der
Präparate. Eine geringe Verunreinigung, die vielleicht im nassen
Processe ohne Nachtheil hingeht, rächt sich im Trockenverfahren
oft durch gänzliches Mifslingen. Viele Trockenplattenaufnahmen
scheitern allein an der Anwendung eines nicht ganz reinen destil-
lirten Wassers (s. Mr. England in den Photographischen Mit-
theiluogen, Jahrgang VI). Aber selbst abgesehen von diesem Um-
stände, schreckt die langwierige Herstellung aller Trockenplatten
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340
Haltbare Positivpapiere.
manchen Arbeiter ab. Zeit ist Geld; und häufig genug ist das Bin-
und Auspacken der für einen Ausflug nötbigen Apparate und Chemi-
ealien für den nassen Procefs mit viel weniger Schwierigkeiten und
Zeitverlust verbunden, als die Präparation einer Anzahl Trockenplatten.
Von Wichtigkeit dürften daher die Trockenplattenverfabren erst dann
werden, wenn gute Trockenplatten für deu Handel zu einem nicht
zu hohen Preise gefertigt werden, so dafs der Photograph die Selbst-
präparation ganz erspart.
b) Haltbare Positivpapiere.
Mr. G. Wharton Simpson in Loudon, der rühmlichst bekannte
Redacteur der Photographie News, empfahl vor vier Jahren an Stelle
des Eiweifspapieres ein Papier, welches mit einem chlorsilberhaltigen
Collodion überzogen worden ist. Solches Papier giebt ebenso schöne
Copieen, als gesilbertes Ei weifspapier, und zeigt obenein eine Eigen-
schaft, die dem Erfinder entging, nämlich eine ungewöhnlich
lange Haltbarkeit, so dafs in der Art hergestellte Papiere, falls
sie richtig präparirt sind, wochenlang unverändert aufbewahrt werden
können, während gesilbertes Albuminpapier nach einem bis drei Tagen
gelb wird.
Obernetter in München fertigte zuerst ein solches Chlorsilber-
collodionpapier für den Handel, welches ausgezeichnete Resultate gab,
leider aber eine äufserst leicht verletzbare Oberfläche zeigte und sich
im Waschwasser stark rollte. Späterhin haben Carre in Paris und
Ost in Wien ähnliche Präparate geliefert. Letzterer hat sein Verfahren
der Herstellung in einer kleinen Brochüre publicirt. Wir geben das-
selbe auszugsweise unten. Neuerdings ist ein ganz anders zusammen-
gesetztes haltbares Ei weifspapier von Schaeffner & Mohr in Paris
— kohlensaures Silberpapier genannt — in den Handel ge-
bracht worden, das erst durch Räuchern mit Ammoniak licht-
empfindlich wird*), und ähnlich wie gewöhnliches gesilbertes Eiweifs-
papier gehandhabt wird, während die Collodionpapiere eine etwas
abweichende Behandlung erfordern. Das kohlensaure Silberpapier
zeichnet sich gegenüber den Collodionpapieren durch bedeutend gröfsere
Billigkeit und Haltbarkeit, sowie Widerstand gegen mechanische
Verletzungen aus.
Es ist selbstverständlich, dafs man eine Chlorsilbercollodionschicht
nicht blos auf Papier, sondern auch auf Glas, Holz, Email etc. etc.
auftragen kann, und dieser Umstand giebt ein Mittel an die Hand,
Bilder auf beinahe jedem beliebigem Material zu erzeugen, entweder
indem man die betreifende Fläche direct mit dem Chlorsilbercollodion
*) Wahrscheinlich ist dieses Schaeffner’sche Papier nichts weiter als gesilbertes
und gewaschenes Albuminpapier (s. o. S. 318).
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Collodionpapier.
341
präparirt und darauf deu Copirprocefs durch macht oder indem man
das Bild auf Collodionpapier fertig darstellt und dann
das Häutchen mit dem Bilde ablöst und auf d en betreffe n -
den Gegenstand überträgt.
Chlorsilbercollodion.
Ost wendet zur Herstellung seiner Collodionpapiere zwei Sorten
Chlorsilbercollodion an:
Cnllodion No. 1.
Rohcollodion (1| bis 2J pCt. Wolle haltend) 500 Gramm,
Cblormagne8ium 4,5
zu diesem Cblorinagnesiumcollndion setzt man folgende Lösung:
Höllenstein . . 11 Gramm,
Wasser ... 16
Alkohol 40* . 16
Man löst zunächst den Höllenstein durch die angegebene Menge
Wasser, setzt dann den Alkohol hinzu, giefst die fertige Lösung im
Dunkeln in das Chlormagnesiuincollodion und schüttelt tüchtig. Zu
dem so hergestellten milchigen Chlorsilbercollodion setzt mau unter
Schütteln:
Citronensäure . 4 Gramm,
gelöst in Wasser ... 8
Alkohol 40* . . 8
Das so hergestellte Collodion hält sich wochenlang.
Collodion No. 2.
Rohcollodion (wie oben) . . 625 Gramm,
Cblormagnesium 3,75
dazu folgende Silberlösung:
Höllenstein . . 16 Gramm,
Wasser ... 16
Alkohol 40* . 16
und später dieselbe Citronensäurelösung wie oben.
Beide Collodien läfst mau zwei Tage ruhig stehen, giefst sie von
dem entstandenen Bodensätze ab und nimmt sie in Gebrauch.
Collodionpapier.
Als Unterlagspapier für dieses Chlorsilbercollodion benutzt man
am besten eine Art Glanzpapier, die man nach Ost folgendermaßen
herstellt. Man streicht mittelst eines breiten Pinsels möglichst gleich-
mäßig eine Gelatineeiweifslösung auf photographisches Rohpapier,
vertreibt den Anstrich mittelst eines Dachshaarpinsels und läfst ihn
trocknen. Der getrocknete Bogen wird ein zweites Mal gestrichen,
getrocknet, geprefst und schliefslicb gebürstet, wodurch er glänzend
und satinirt wird.
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342
Haltbare Positivpapiere.
Die Gelatineeiweifslösung wird folgendermafsen bereitet: Das
Weifse von zwanzig Stück Eiern wird zu Schnee geschlagen und durch
Absetzen geklärt, die klare Lögung mit dem gleichen Volumen einer
lauwannen, durch Absetzen geklärten Gelatinelösung (1 Theil Gelatine,
4£ Theil Wasser) gemischt und in dieses Gemenge 3 bis 4 Pfund
Barytweifs und j Pfund Federweifs verrührt. Die Lösung mufs warm
aufgetragen werden.
Das Aufträgen des Collodions auf dieses Papier macht sich sehr
einfach, indem man das Papier mittelst zwei Stifte auf eine glatte
Holzunterlage befestigt und das Chlorsilbercollodion gerade so auf-
giefst, wie auf eine Glasplatte. Man überzieht das Papier zunächst
mit Collodion No. 1, trocknet durch Aufhängen an Klammern, dann
mit Collodion No. 2, indem man an der der ersten Abflufsecke
gegenüberliegenden Ecke abtliefsen läfst, und trocknet abermals. Das
Papier ist somit fertig.
Obernetter’s Collodionpapier ist im Handel fertig zu haben. Die
Zeit des Copirens ist bei diesem Papier halb so lang, wie beim Albu-
minpapier und empfiehlt es sich deshalb besonders im Winter und zu
Vergröfserungen.
Vor dem Vergolden werden die Copieen in gewöhnlichem Wasser
gewaschen (5 — 10 Minuten), um den gröfsten Theil des überschüssigen
salpetersauren Silberoxydes zu entfernen.
I. In 1| Liter destillirtem Wasser gelöst:
Schwefelcyanammonium ... 40 Gramm,
unterschwefligsaures Natron . . 4
II. In 1$ Liter destillirtem Wasser gelöst:
Chlorgold 2
oder entsprechend 3 Gramm Goldsalz.
Diese beiden Lösungen halten sich beliebig lange. Beim Gebrauche
mischt man je nach Bedarf gleiche Volumtbeile beider Lösungen and
kann damit sogleich vergolden. Auf diese Weise ist man im Stande,
schnell ohne langweiliges Abwiegen, eine kleine Quantität Goldbad
für ein paar Bilder herzustellen. Verstärkt wird ein erschöpftes Bad
durch Zusatz einiger Tropfen Chlorgoldlösung.
Haben die Copieen den gewünschten Ton erreicht (2 — 10 Minuten),
so werden sie in gewöhnlichem Wasser etwas abgespült und in fol-
gender genau zusammengesetzten Lösung fixirt:
unterschwefligsaures Natron . 40 Gramm,
gewöhnliches Wasser . . . 1000
auch hierzu genügen 5 — 10 Minuten.
Auswaschen, wie oben beschrieben.
Vor dem Aufkleben ist es vortheilhaft, die Copieen anzufeuchten,
um das Rollen zu verhindern, oder besser, sie noch fencht aufzukle-
ben. Durch kräftiges Satiniren erhalten sie erst ihre volle Schönheit.
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IJebertragongspapicr.
343
Um diese Bilder mechanisch weniger verletzbar zu machen, em-
pfiehlt Ost folgenden Firnifs als Ueberzug der fertigen Bilder:
Benzin .... 2 Pfund,
Gummi elastic. . 1 Loth, .
Mastix .... 2
Canadabalsam . . j
tJebertragungspapier und übertragene Bilder.
Als Grundlage des Uebertragungspapiers dient ein photographisches
Papier, welches mit Gelatinelösung 1 : 13 überstrichen worden ist. Das
Papier wird in ähnlicher Weise mit Chlorsilbercollodion überzogen wie
eine Negativplatte mit Negativcollodion, jedoch mit dem Unterschiede,
dafs das Aufgiefsen nach dem Trocknen der ersten Schicht wiederholt
wird, so dafs es aber die beim ersten Ablaufen nach oben gehaltene
Ecke abfliefst. Auf diese Weise wird gröfsere Gleichmäfsigkeit er-
zielt. Das Papier hält sich monatelang.
Behufs der Bilderzeugung copirt inan dieses Papier unter einem
Negativ, wäscht, tont in einem Rbodangoldbade wie Obernetter, und
fixirt. Diese Operationen dürften den meisten Photographen bekannt
und handlich sein. Anders ist es mit der Uebertragungs- Operation,
die Hr. Ost folgendermafsen beschreibt:
Das Uebertragen. — Nach dem letzten Waschen haben die
Bilder durch das Zusammenziehen des ziemlich starken Collodion-
häutchens das Bestreben, sich zu rollen, was bei der Uebertragung
unangenehm ist. Man kann aber diesen Uebelstand dadurch leicht
beben, dafs man die Bilder einzeln durch warmes Wasser rasch zieht;
sie werden sofort flach und verbleiben in diesem Zustande, wenn sie
daun in eine zweite Schale, welche mit kaltem Wasser gefüllt ist,
übergelegt werden. Eine solche Operation nimmt nur einige Minuten
bei mehreren Hundert Bildern in Anspruch.
Will man nun auf Glas oder Papier übertragen, so wird die
Photographie mit der Bildseite auf ein Glaspapier*) gelegt, und wäh-
rend einer halben Minute in ziemlich warmes Wasser getaucht; sofort
wird sich mit der gröfsten Leichtigkeit das Papier von der Collodion-
schicht (die das Bild in sich schliefst) abschieben lassen. Das Glas-
papier mit dem Colldionhäutchen wird sodann auf eine hierzu be-
stimmte Glasplatte, die nur um etwas gröfser ist, gebracht, und mit
einem breiten Firnifspinsel von der auf dem Collodion noch haftenden
Gelatine durch warmes Wasser befreit, welche Operation in einigen
Secunden beendet wird; sodann legt man einen Carton **) auf ein
Stückeben reines Fliefspapier , giefst ungefähr einen Kaffeelöffel voll
dünn gekochter Gelatine nach folgendem Verhältnifs darauf:
feine Gelatine 1 Loth,
Wasser . . 25 -
hebt das Glaspapier mit dem Collodionbildchen vom Glase und drückt
es mit der Bildseite, dem Carton zugewendet, auf die Oberfläche der
*) Glaspapier ist ein mit gutem Copalfimüs gestrichenes Papier, das dadurch
eine glasilhnliche Durchsichtigkeit erlangt.
**) Verwendet mnn Lackcarton, so erhält das Bild nach dem Trocknen einen
glasähnlichen Glanz. Gewöhnliche Cartons beeinträchtigen die Schönheit dieser Bilder.
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 23
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344
üebertragungspapier.
Gelatine; streift mit dem Firnifspinsel einige Male über das Glas-
papier, wodurch die überflüssige Gelatine herausgedrückt wird, und
hebt das Glaspapier, an einer Ecke fassend, vorsichtig vom Carton.
Das Collodionbild ist jetzt auf den Carton übertragen und die schwachen
Falten, die das Häutchen noch bildet, werden nach dem Trocknen
vollkommen glatt.
Zu diesem Zweck legt man die fertigen Bilder auf grofse Bogen
Papier, die früher mit einem Theil Schweinefett und einem Theil
Wachs heifs eingelassen wurden; es wird dadurch das Ankleben der
Lackcartons, an deren Kanten die Gelatinelösung haftet, verhütet.
Solche mit Fett präparirte Bogen können Jahre lang benutzt
werden.
Das Uebertragen auf Glas geschieht auf gleiche Weise, nur dafs
statt Carton Glas genommen wird und man stark exponirte Bilder
wählt.
Bei dem Uebertragen sorgt man, dafs zwischen dem Collodion-
bäutchen sowie dessen Unterlage (nämlich Carton, Glas oder Porzellan-
platten u. s. w.) sich keine Luftblasen befinden. Man gelangt zu dieser
Fertigkeit nach kurzer Uebung durch das Auflegen auf die Gelatine,
sowie das Herausstreichen derselben mit dem Firnifspinsel.
Ferner ist noch zu bemerken, um während des Uebertragens
fortwährend warmes Wasser zu haben, dafs man folgende Einrichtung
treffe. Auf den Arbeitstisch wird ein eiserner Dreifufs von ungefähr
3 Zoll Höhe und auf diesen eine mit Email glasirte Casserolle gestellt
(derlei Gefäfse sind in jeder Kochgeschirr-Handlung zu bekommen);
die Casserolle soll 9 bis 10 Zoll Durchmesser und ungefähr 3 Zoll
Tiefe halten ; diese wird zur Hälfte mit Wasser gefüllt, welches durch
eine Spirituslampe erwärmt wird. Das Wasser benutzt man zum Ab-
ziehen, zum Reinigen der Bilder von der Gelatine und zur Nafs- und
Warmhaltung des breiten Pinsels, sowie zur Erwärmung der Gelatine.
Uebertragen auf ovale oder runde Porzellanplatten. —
Das Uebertragen auf ovale oder runde Porzellanplatten unter-
scheidet sich dadurch, dafs das Klebemittel keine Gelatine, sondern
Copalfirnifs ist.
Will man eine Broche auf Porzellan oder Emailplatte anfertigen,
so schneidet man das zum Uebertragen bestimmte Bild auf jeder Seite
um J Zoll gröfser als die Platte ist, legt es (mit der Bildseite) auf
das Glaspapier, befreit es von Papier und Gelatine durch warmes
Wasser, ebenso wie bei dem frühem Procefs; dann bestreicht man
die Ränder und die Oberfläche der Porzellanplatte mit leichtem Copal-
firnifs, der mit Chloroform sehr verdünnt ist, ungefähr 1 Theil Copal-
firnifs und 5 bis 6 Theile Chloroform. Diese Lösung bewahrt
man in einem gut verkorkten Fläschchen und nimmt während des
Gebrauches nur kleine Quantitäten heraus, da Chloroform sich sehr
schnell verflüchtigt.
Das Aufträgen des Firnisses geschieht mit einem mittelgrofsen
Fischpinsel, und mufs in raschen gleichmäfsigcn Strichen nnd sehr
mager geschehen, d. h. der Pinsel, womit der Anstrich bewirkt wird,
darf nur sehr wenig Firnifs fassen und nur halb nafs sein. —
Die gefirnifste Platte wird nun an den Rand des Tisches gelegt,
worauf das Collodionhäutchen angedrückt und vom Glaspapier befreit
wird; das vorstehende Häutchen schlägt man um die Ränder der
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Transparenfpositive.
345
Platte, und spannt das Bild, indem man so viel als möglich die sich
bildenden Falten zu beseitigen sucht. — Das weitere Ausgleichen und
Glätten wird durch anfangs leichteres, später festeres Anreiben mit
feiner Baumwolle (solche, wie man sie zum Collodion - Filtriren ge-
braucht) bewirkt.
Es ist nicht zu läugnen, dafs das Uebertragen auf Medaillons mit
Firnifs eine gewisse Uebung erfordert, und anfänglich werden Ver-
suche öfters mifslingen; jedoch wenn man eipmal die Schwierigkeiten
überwunden und sich den Vortbeil angeeignet hat, dann geht die
Sache rasch und ohne Anstand. Ost sagt: „Ich übertrage gegen
vierzig Medaillons in einer Stunde, ohne dafs Eines mifsglückt.
An den verunglückten Platten haftet die Collodionschicht fest
an dem Porzellan, und ist sehr schwer vollkommen zu entfernen ; am
besten reinigt man diese, wenn sie über Nacht in Aetzlauge gelegt
werden.
Gegenstände, die durch Umschlagen nicht gespannt werden
können, lassen sich mit Copalfirnifs nicht übertragen, weil sich das
Collodionhäutchen durch den Firnifs zusammenzieht und dadurch
runzlig wird.
Bei Vasen, Schalen, Trinkbechern und Gläsern, Tassen, Flaschen
etc., die dem öfteren Gebrauch und Waschen ausgesetzt sind, darf
das Uebertragen nicht mit Gelatine geschehen, weil diese sehr leicht
in Wasser löslich ist; bei solchen Gegenständen erreicht man eine
unlösliche Uebertragungs - Photographie, wenn statt Gelatine Albumin
(Eiweifs) angewendet wird. Zu diesem Zwecke schlägt man das
Weifse von mehreren Eierir zu Schnee und läfst es durch Absetzen
klären. Dieses abgesetzte und leicht flüssige Eiweifs benutzt man
statt der Gelatinelösung. Das Collodionhäutchen haftet sehr gut
daran.
Schliefslich werden die mit Photographieen auf solche Art ge-
zierten Gegenstände durch langsames Erwärmen bis zu ungefähr
70 Grad Reaumur erhitzt, wodurch das Eiweifs coagulirt und in
Wasser unlöslich wird.
Positive Bilder direct auf Olas copirt und Reproduction von
Negativen.
Das Weifse von vier Eiern wird mit vier Unzen Wasser zu Schnee
geschlagen, absetzen gelassen, durch ein Tuch filtrirt und gut ge-
waschene Glasplatten damit überzogen. Man hilft der Vertheilung
der Eiweifsschicbt durch einen Glasstab nach und läfst die Platten
an einem staubfreien Orte trocknen. Die Platten halten sich monate-
lang. Sie werden behufs der Präparation erst mit dem Collodion
No. 1, dann nach dem Trocknen mit dem Collodion No. 2 überzogen,
gut getrocknet und im Copirrahmen unter einem Negativ mit hinter-
gelegtem schwarzen Tuche copirt. Das Controlliren der Copie ist
leicht, da dieselbe durch das Glas hindurch sichtbar wird. Die Copieen
müssen kräftig gehalten werden. Man wäscht die Platten, tont und
fijcirt sie wie Collodionpapier (s. o.) und hat so ein schönes Trans-
parentpositiv , was mechanischen Verletzungen auch ohne Firnifs
widersteht*).
*) Das Verfahren ist natürlich nur für ebene Negative anwendbar.
23*
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Reproduction von Negativen mit Chlorsilbercollodion.
846
Wiederholt inan diesen Procefs, so kann man nach dem Positiv
leicht ein neues Negativ fertigen. Jedoch bedarf man dazu einer
sehr intensiven Copie, und empfiehlt es sich, ein zu diesem Zweck
hergestelltes Positiv gar nicht zu tonen, sondern sogleich zu fixiren,
wodurch es eine braune, chemisch u nd u rch sich tige Farbe erhält.
Wünscht man eine vergröfserte Copie, so verfährt man mit dem
Positiv, wie unten angegeben.
Monckhoven publicirte neuerdings einige höchst wichtige An-
gaben über die Reproduction von Negativen mittelst Chlorsilbercollo-
dion*). Er sagt:
„Ich habe mich in letzter Zeit viel mit dem Chlorsilber-Verfahren be-
schäftigt und gebe hiermit einige Aufklärungen, welche den Photogra-
phen behülflich sein werden, mit Erfolg neue Negative zu erzeugen.
„Ich habe früher geglaubt, man müsse die mit Chlorsilbercollodion
präparirten Platten überexponiren, um kräftige Resultate zu erhalten.
Aber ich habe bald meinen Irrthum erkannt und zu gleicher Zeit eine
Entdeckung gemacht, deren praktische Wichtigkeit Niemandem entgehen
wird.
„Bei den Chlorsilberplatteu tritt gerade dieselbe unvorhergesehene
Erscheinung der Solarisation auf, wie bei den Jodsilberplatten, so
zwar, dafs, wenn man eine solche Platte zu lange der Einwirkung des
Lichtes anssetzt, alle Schattenpartieen durch Reflexion den wohlbekann-
ten metallischen Schimmer annehmen, in der Durchsicht jedoch einen
rothen Ton, in welchem nach und nach alle Details verschwinden.
Das ist der Anfang der Solarisation oder Uebcrexponirung.
„Das Licht wirkt auf Chlorsilber (mit Ueberschufs von salpetersau-
ren] Silber) gerade so, wie unter denselben Bedingungen auf Jodsilber,
d. h. bis zu einem gewissen Punkte, von welchem an es in sei-
ner Wirksamkeit ein Zurückgehen des Bildes verursacht.
„Ich habe nun versucht, die Solarisation der Chlorsilberplatten zu
vermeiden oder wenigstens hinausznschieben, und es gelang mir dies,
indem ich dieselben den Dämpfen von Ammoniak aussetzte.
„Wenn man eine Chlorsilberplatte in zwei Hälften schneidet, die
eine den Ammoniakdämpfen aussetzt und beide unter einem
Negativ copirt, so ist der Unterschied auffällig, die eine solarisirt sich
sehr bald, die andere giebt ein kräftiges Bild ohne die Erscheinung
der Solarisation.
„Nach diesen theoretischen Ausführungen theile ich nun meine Art
zu arbeiten mit.
„Ich bereite abgesondert folgende Lösungen:
A. Normalcollodion,
Collodionwolle 1 Gramm,
Aether 40 Kubikcentimeter,
Alkohol 40
„Ich lasse sehr gut absetzen und bediene mich nur des ganz klaren
Theiles.
B. Chlormagnesium 1 Gramm,
Alkohol 38“ 10 Kubikcentimeter.
„Nach geschehener Auflösung wird filtrirt.
*) Siehe Photographische Miltheilungen. VI. Jahrgang. Decemberheft S. 212.
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Reproduction von Negativen mit Chlorsilbercollodion.
347
C. Silbernitrat in Pulver 20 Gramm,
destill. Wasser • 30 Kubikcentimeter,
Alkohol 70
„ Zuerst wird das Silber im Wasser aufgelöst, dann der Alkohol
zngesetzt und zuletzt filtrirt.
D. Citronensäure in Pulver 18 Gramm,
siedendes Wasser 18 Kubikcentimeter,
Alkohol 162
„Die Citronensäure wird zuerst in kochendem Wasser aufgelöst und
nach Zusatz des Alkohols die Lösung filtrirt.
„Um das Collodion zusammenzusetzen, nimmt man eine der brau-
nen Flaschen, in welche man die Moselweine füllt, denn in diesen Fla-
schen hält sich das Collodion bei offenem Lichte weifs, giefst in selbe
600 Kubikcentimeter des Normalcollodions A und 50 Kubikcentimeter
der Chlormagnesiumlösung B, schüttelt sehr gut, dann fügt man 60 Ku-
bikcentimeter der Siiberlösung C hinzu, schliefst die Flasche und
schüttelt sehr stark durch einige Minuten. Nun fügt man 40 Kubik-
centimeter der Citronensäurelösung D hinzu, schüttelt nochmals und
bedient sich des Collodions erst 8 — 10 Tage nach der Bereitung, denn
es wird durch Aelterwerden | besser.
„Ich mufs den Leser aufmerksam machen, dafs er sich genau an
die oben angeführten Formeln halte, denn die Präparation des Chlor-
silbercollodions mufs mit Pünktlichkeit geschehen. Ist zu wenig Sil-
ber da, so ist das Collodion ganz unempfindlich gegen das Licht, ist
zu viel Silber da, so krystallisirt dasselbe auf der Oberfläche der Plat-
ten. Im ersten Falle setzt man Silbersalz zu, in letzterem Chlor-
magnesium.
„Dieses Collodion hat eine opalisirende Farbe und darf keinen
Niederschlag absetzen, wenn es richtig bereitet wurde.
„Die Platten werden nach sorgfältiger Reinigung mit Albumin, wel-
ches mit seinem Volumen Wasser verdünnt ist, überzogen, gut getrock-
net und sodann collodionirt. Aber das Collodion mufs aufserordentlich
langsam ansgegossen werden, damit man eine recht dicke Schicht er-
hält. Es ist diese Art viel besser, als wenn man die Platten mit einer
doppelten Collodionschicht versieht, weil beinahe immer, wenn man
nicht mit ungewöhnlicher Geschicklichkeit verfährt, der zweite Collo-
dion-Aufgufs die erste Schicht theilweise auflöst. Bevor man nun die
Chlorsilberplatten exponirt, setzt man sie den Ammoniakdämpfen aus.
„Man giefst das Ammoniak auf ein Ubrglas, welches man auf den
Boden eines mit horizontalen Falzen versehenen Kastens stellt. Die
Platten werden 3 oder 4 Zoll hoch über der ammoniakhaltenden Schale
eingeschoben und 3 Minuten den Dämpfen ausgesetzt, danach eine
halbe Stunde an der Luft gelassen und sodann mit dem Negativ im
Copirrahmen zusammengebracht.
„Die Färbung und Fixirung gehen nach den obigen Angaben vor
sich.
Copirverfahren mit Entwicklung.
Wie bereits früher bemerkt, hat sich bis jetzt das directe
Copirverfahren trotz seiner grofsen Langsamkeit dennoch durch
die Vorzüglichkeit seiner Producte den Vorrang vor dem Copirverfahren
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348 Copinrerfahren mit Entwicklung. — Vergröfserungen.
mit Entwicklung behauptet. Es giebt jedoch Fälle, wo man ein
empfindliches Verfahren unter Umständen vorzieht, z. B. bei Herstellung
vergröfserter Bilder bei schwachem Licht, sowie zur Herstellung
von Drucken in grofser Anzahl für einen Zweck, wo es mehr auf
Billigkeit als auf Schönheit ankommt. Für solche Zwecke hat man
vielerlei Verfahren versucht, besonders präparirte Papiere in Anwen-
dung gebracht etc. Sehr schöne Resultate für gedachten Zweck giebt
das Collodionpapier. Jedoch ist dasselbe nur bei frischer Prä-
paration zum Entwicklungsprocefs geeignet. Solche Präparation kann
jedoch jetzt, wo das fertige Chlorsilbercotlodion sowohl als auch
fertiges Gelatineglanzpapier (s. o.) im Handel zu haben ist, keine
Schwierigkeiten bieten.
Obernetter empfiehlt behufs der Herstellung entwickelter Bilder
auf Collodionpapier: Belichten, bis die Contouren der Bilder
sichtbar sind, dann Eintauchen in folgende Lösung:
Wasser .... 1000 Theile,
Pyrogallussäure . \
Citronensäure . . ^ — j
Ist das Bild hinreichend kräftig entwickelt, so wäscht, tont und
fixirt man es wie gewöhnliche Collodionpapierbilder (Monckhoven’s
Entwicklungscopirprocefs folgt unten).
Vergröfserungen.
Häufig wird dem Photographen die Aufgabe gestellt, nach einem
kleinen Negative ein vergröfsertes positives Bild zu liefern. Verschie-
dene Verfahren führen hierbei zum Ziele.
Jede Linse entwirft bekanntlich von einem Gegenstände, der
weiter als die doppelte Brennweite entfernt ist, verkleinerte Bilder,
von einem Gegenstände, der innerhalb der doppelten und einfachen
Brennweite liegt, dagegen vergröfserte (s. S. 156).
Eine Visitenkartenlinse giebt z. B. ein 3 Zoll hohes Bild eines
20 Fufs entfernten Menschen von 5 Fufs Höhe, umgekehrt kann die-
selbe Linse von einem in dieser Weise gewonnenen Negative ein
lebensgrofses Bild in 20 Fufs Entfernung liefern. Nun vermin-
dert sich jedoch die Helligkeit eines solchen Bildes nach Mafsgabe
der Flächenvergröfserung, und es ist daher klar, dafs, wenn man ein
lichtstarkes optisches Bild der Art erzeugen will, man das in der
Entfernung der Brennweite bei der Linse angebrachte Negativ um so
kräftiger beleuchten mufs, je stärker die Vergröfserung ist.
Für mäfsige Vergröfserungen (sechs- bis achtfach) genügt
1} Das indirecte Copirverfahren.
Man fertigt bei diesem zunächst mit den gewöhnlichen Cbemica-
lien ein Transparentpositiv in der Camera oder mit Chlorsilbercol-
Jodion in Originalgröfse und danach ein vergröfsertes Negativ.
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Vergrößerung in der Camera.
349
Man bedient sich dazu zweier Cameras, die mit ihren Kopfenden
aneinander gesetzt werden; aus der einen Camera ist das Objectiv
herausgeschraubt. Das Objectiv der zweiten Camera ragt dann in
die erste Camera hinein. Letztere dient eigentlich nur als passende
Stellage zur Aufstellung des Negativs und Abhaltung von Nebenlicht.
Man befestigt das Negativ, an dem man bereits die nöthige Retouche
angebracht hat, in der Cassette der letzteren Camera mit Hülfe von
Wacbspfropfen und setzt die Cassette in die erste Camera ein. Das
ganze System placirt man auf einem langen und soliden Stativ, wel-
ches man am besten einem Fenster mit vollkommen freiem Himmels-
licht gegenüberstellt.
Ich pflege dergleichen Arbeiten im Atelier vorzunehmen, indem
ich die Basis des Stativs schief nach oben richte und das ganze Atelier
bis auf eine Oeffnung von circa 10 Fufs Breite und Höhe zuziehe.
Dieser OefFnung gegenüber placire ich das Stativ mit den Cameras.
Sehr empfehlenswerth ist es, alles überflüssige Licht abzuschliefsen.
Füllt nämlich Licht von der Rückseite auf das Negativ, so erscheint
dasselbe theilweise positiv, indem die Glasfläche Licht reflectirt.
Natürlich kann dadurch ein ganz falscher Effect hervorgebracht werden,
und daher deckt man während der Exposition über die Verbindungs-
stelle der beiden Cameras lieber ein schwarzes Tuch. Aber auch
das durcb die hellen Ränder des Negativs fallende Licht ist nach-
theilig, es gelangt durcb das theilweise wie ein Fenster wirkende
Objectiv als diffuses Liebt in die Camera und stört die Klarheit
der durchsichtig bleiben sollenden Stellen des zu erzeugenden Collo-
dionbildes.
Man setzt demnach eine undurchsichtige Maske vor das Negativ,
in der nur eine Oeffnung gelassen ist, grofs genug, das Bild zu be-
leuchten. Störend wirken ferner Fensterkreuze und ähnliche dunkle,
in der Sehrichtung des Apparates liegende Gegenstände; um diese
unschädlich zu machen, bringt man eine feine matte Scheibe vor das
Negativ, so dafs das Licht diese erst passiren tnufs, ehe es auf das
Negativ fällt. Den hinteren Deckel der Cassette, in welcher das
Negativ ruht, hindert man durch irgend eine einfache Vorrichtung
am Zuklappen (bei seitwärts aufgehenden Deckeln ist dies nicht
nötbig).
Als Objectiv wählt man eine correct zeichnende Linse von kurzer
Brennweite. Visitenkartenobjective von 4 Zoll Brennweite, ebenso
Triplets, Aplanats erfüllen diesen Zweck. Der Auszug der hintern
Camera mufs natürlich um so gröfser sein, je gröfser das Bild werden
soll. Visiten- und Tripletobjective müssen dabei verkehrt (die
Hinterlinse nach vorn) an die Camera geschraubt werden. Wünscht
man z. B. ein neunfach vergröfsertes Negativ, so stellt man so ein,
dafs man zunächst ein dreifach vergröfsertes Positiv erhält. Wenn
man nach diesem mit unveränderter Stellung des Apparates die
Aufnahme wiederholt, so erhält man wiederum eine dreifache Ver-
gröfserung, also schliefslich eine 3 X 3 == neunfache. Man hat auf
diese Weise nur eine einfache scharfe Einstellung nöthig. Man blendet
dann nach Genüge ab. Die Exposition wähle man ja nicht zu
kurz. Das entwickelte Positiv mufs in der Durchsicht genau die-
selben zarten Details in den Licht- und Halbtönen zeigen,
welche ein feines Papierpositiv nach demselben Negativ
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350
Camerapositive.
zeigt. Bin fein dnrchgearbeitetes, möglichst scharfes
und weiches Positiv ist für Herstellung von Vergröfse-
rungen unerläfslich. Der Anfänger glaube nur nicht, dafs er
am Ziele ist, wenn er eine saubere Positivplatte erzielt hat. Er prüfe
dieselbe, ehe er weiter arbeitet, auf das Sorgfältigste auf ihren Reich-
thnm an Details. Davys sagt, dafs das Positiv so lange exponirt
sein soll, dafs es selbst in den hellen Theilen einen leisen Niederschlag
zeigt. Verstärkung ist nicht nöthig. Hat man ein feines Positiv
gewonnen, so fertigt man nach demselben das vergröfserte Negativ
in demselben Apparat. Man kann auch ein Positiv auf Chlorsilber-
collodion mit Hülfe des directen Copirverfahrens (s. o.) fertigen und
danach das vergröfserte Negativ machen. Es dürfte jedoch die Ar-
beit mit der Camera, abgesehen vom Ein stellen, was bei Vergröfse-
rungen etwas Geduld erfordert, bequemer sein.
Es ist von grofsem Vortheil für das Einstellen, wenn man die
äquivalente Brennweite des Objectivs kennt (s. S. 196). Man kann
alsdann Negativ und Visirscbeibe ungefähr in die aus der äquivalenten
Brennweite berechnete Entfernung setzen und spart ein mühsames
Ausziehen und Zusammenschieben , behufs Aufsuchung der richtigen
Entfernung. Für Bilder in Originalgröfse ist so z. B. die Entfernung
des Originals (Negativ) sowohl als die der Collodionplatte gleich dem
Doppelten der Brennweite. Für Vergröfserungen ist die Entfernung
des Originals kleiner als das Doppelte der Brennweite. Meagher in
London hat eine lange Balgcamera construirt, die in der Mitte des
Balges einen Einsatz zur Befestigung des Objectivs bat und in deren
Vordertheil man das Negativ leicht einsetzen kann. Sämmtliche
Theile lassen sich durch Schrauben ohne Ende leicht nähern und
entfernen und dadurch die scharfe Einstellung leicht erreichen. Wer
viel derartige Arbeiten zu machen hat, thut wohl, Marken an der Camera
anzubringen, welche die Entfernung angeben, bis zu welcher man
dieselbe bei verschiedenen Vergröfserungen auszuziehen hat.
Dringend nöthig ist die Vermeidung jeglicher Erschütte-
rung während der Exposition. Jede noch so kleine Bewegung wird
durch die Vergröfserung potenzirt und veranlafst Unschärfe. Man
sorge daher für eine solide Basis und vermeide Umherlaufen, Thüren-
schlagen etc. Mitunter wird beim Oeffnen des Objectivs eine
Erschütterung verursacht. Wir pflegen den Deckel desselben gar nicht
aufzusetzen, sondern das Zulassen und Abschliefsen des Lichts mit
Hülfe eines schwarzen leichten Pappdeckels vorzunehmen, den
wir vor das Negativ stellen und leicht wegnehmen behufs der Expo-
sition. Noch ist zu bemerken, dafs man gut thut, das bei
der ersten Arbeit erzielte Transparentpositiv einer sorg-
samen Retouche zu unterwerfen, ehe man danach ein
N egativ fertigt.
Man kann auf diese Weise Negative erzielen, welche sogar in
künstlerischer Hinsicht das Original übertreffen. Nach dem vergröfser-
ten Negativ erzielt man ein Positiv in der gewöhnlichen Weise.
2) Das directe Copirverfahren.
Bei diesem wird das vergröfserte Bild unmittelbar auf licht-
empfindlichem Papier aufgefangen und entweder auf demselben
Directe Vergröfserungen.
351
auscopirt oder durch Entwicklung herausgebracht. Für letztem Fall
reicht man mit einem schwachen Lichte aus; für den ersten Fall be-
darf es jedoch einer höchst intensiven Beleuchtung des betreffenden
Negativs, und diese bewerkstelligt man durch Sonnenstrahlen,
welche man entweder unmittelbar oder mit Hülfe eines Reflectors auf
das Negativ senkrecht fallen läfst, resp. mit Hülfe einer grofsen Be-
leuchtungslinse darauf concentrirt. Es sind für diesen Zweck besondere
Vergröfserungsapparate construirt worden.
Im Allgemeinen ist die Abhängigkeit der Vergröfserungsarbeit
vom Sonnenlicht ein grofses Hindernifs der Anwendung, namentlich
in nordischen Gegenden, wo ohnehin die Strahlen der Sonne eine
sehr geringe Kraft besitzen (s. S. 138). Für diese Regionen würde
sich die Anwendung eines Copirverfahrens mit Entwicklung
(8. u.) besser empfehlen als das directe.
Bei Auswahl der Negative zu Vergröfserungen ist zu beachten,
dafs jeder noch so kleine Fehler mit vergröfsert wird, dafs demnach
diese Negative wahre Nonplusultras in Bezug auf Schärfe, Klar-
heit, Weichheit und Reinheit des Glases sein müssen. Ge-
wöhnlich pflegt man für das directe Copirverfahren nicht lackirte
Negative anzuwenden, da die feinen im Lack suspendirten Unreinig-
keiten hierbei schon störend wirken und obenein der Lack durch die
starke Hitze der concentrirten Sonnenstrahlen leicht erweicht.
Für mäfsige Vergröfserungen genügt eine lange grofse Camera,
für stärkere nimmt man jedoch lieber eine für diesen Zweck extra
hergerichtete Dunkelkammer, deren Anlage sich jedoch nur für den
Fall grofser Nachfrage lohnt.
Im Allgemeinen haben in Norddeutschland die Vergröfserungen
ein nur kleines Publicum, und wird deshalb die Herstellung derselben
nur von einzelnen Ateliers besorgt, die für diesen Zweck auch Auf-
träge nach eingesendeten Negativen übernehmen , so z. B. Hr.
Schwarz in Brandenburg und Hr. Harnecker in Wriezen.
Um den Lesern von der Einrichtung eines Vergröfserungsetablisse-
ments einen Begriff zu geben , publiciren wir nachfolgend die Be-
schreibung des Monckhoven’schen Apparats.
Derselbe läfst sich in einem verdunkeltem Zimmer von 4 — 5 Meter
(13 — 16 Fufs) Länge aufstellen, dessen Fenster ungefähr nach Süden
geht. Vor dem Fenster ist ein Spiegel, Fig. 94, ganz aus Eisen con-
struirt, angebracht. Mittelst der Kurbel G und des Getriebes F giebt
man ihm eine solche Stellung, dafs das gebrochene Strahlenbündel
nahezu horizontal in den Lichtsammler der Solar-Camera fallt. Die
Bewegung des Spiegels ist sehr bequem, es genügt, ihn alle 20 Secun-
den nachzustellen, um die Strahlen in constanter Richtung zu erhalten.
Fig. 95 und 96 stellen die eigentliche Solar-Camera dar, Fig. 95
mit fortgenommenen Vorderwänden, um die Anordnung zu zeigen,
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352 Monckhoven's Vergrölserungsapparat.
und Fig. 96 schematisch, um den Gang der Lichtstrahlen klar zu
machen. Gleiche Buchstaben bezeichnen gleiche Theile.
Fig. 94.
Fit. 95.
Fig. 96.
Die Linse AB ist der Sammler, welche nach der Stärke der
Apparates im Durchmesser verschieden ist. Ihre Krümmung ist so
bemessen, dafs die sphärische Abweichung auf das geringste Mafs
reducirt wird.
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Monckhoven’s Vergröfserungsapparat.
353
In der Entfernung ihres Durchmessers von dieser Linse befindet
sich eine zweite sehr dünne von der Form eines Uhrglases, welche
die sphärische Abweichung der ersten Linse vollständig aufhebt.
Daraus folgt zuerst, dafs das Er leuch tu ngsfeld nicht, wie in de'n
alten Apparaten, an den Rändern des Negativs stärker ist, als in der
Mitte, sondern vollkommen gleichmäfsig über die ganze Oberfläche
des Originals; dann, dafs jeder einzelne Punkt der Ränder desselben
nur von einem einzigen Strahlenbündel durchdrungen wird, und da-
durch die Ränder der im dialytischen Apparat vergröfserten Bilder
ebenso scharf wiedergegeben werden, als die mittleren Theile, was
in den alten Apparaten nicht der Fall ist.
Das Originalbild HI wird soweit abgescbnitten, dafs nur die zu
vergröfsernden Theile stehen bleiben, und in den Strablenkegel einge-
bracht. Früher zerbrachen alle Negative durch die starke Hitze,
welche sich auf dieselben concentrirte. Durch Einführung der in
Fig. 96 dargestellten Einrichtung zerbricht kein Negativ mehr.
Das Negativ kann von beliebiger Gröfse sein und seine Vergrö-
fserung auf ein mit Chlorsilber sensibilisirtes Blatt von bestimmter
Gröfse dauert immer gleich lange. Also wenn man ein Negativ von
■J, | oder Kartengröfse hat und will nur das Brustbild auf natürliche
Gröfse auf einem Doppelbogen von 1 Meter vergröfsern, so dauert es
eben so lange, als wenn man die ganze Figur auf einem solchen
Doppelbogen vergröfsert.
Fig. 97.
Die Objective sind von besonderer Einrichtung, mit Mittel- oder
Hinterblendungen versehen, welche das zerstreute Licht abhalten, ohne
dem Licht des Sammlers etwas zu entziehen. Dies ist die Ursache
des brillanten und reliefartigen Ansehens der mit dem dialytischen
Apparat gefertigten Bilder.
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354
Vereröfsernngen bei künstlichem Licht.
Die Objective sind beweglich, und gestatten die Vergrößerung
jedes Negativs zwischen -J- und 4 Kartengröfse sowohl auf albumir-
tem, gesalzenem Papier etc. wie auf Collodion. Man kann ande-
rerseits mit dem Apparate besondere Objective verbinden, welche eine
Vergröfserung von Negativen in j , -j- etc. Gröfse mit derselben
Schnelligkeit und Vollkommenheit gestatten.
Fig. 97 stellt die ganze Einrichtung des Apparates dar. ln einem
verdunkelten Fenster A befindet sich der Spiegelapparat B. Die
dialytische Solar-Camera C steht auf einem Gestell D. Das ver-
gröfserte Bild entsteht in L M. Die Entfernung zwischen der
Solar-Camera und dem Rahmen L ist 3 Meter (9j Fufs) für BlStter
von l,2o Meter (4J Fufs) Höhe, 2 Meter (67 Fufs) für Blätter von
90 Centim. (35 Zoll) Höhe, und l,io Meter (3) Fufs) für solche von
40 — 50 Centim. (15—19 Zoll) Höhe.
Vergröfserungen bei künstlichem Licht.
Nach Dr. van Monckhoven.
Die Anwendung des künstlichen Lichtes ist für den Pho-
tographen insofern von hoher Bedeutung, als er sich dadurch unab-
hängig vom Tageslicht machen kann.
Bei Herstellung von Vergröfserungen ist es nothwendig, ein inten-
sives Licht von kleiner Oberfläche zu besitzen. Das elektrische Licht
würde dem am besten entsprechen, wenn es chemisch kräftiger wirkte.
Magnesiumdraht qualmt und ist zu theuer.
Das Drummond’sche Kalklicht ist sehr glänzend und wirkt um
so besser, je mehr es kohiensaureu Kalk enthält; die in ihm zum Glühen
gebrachten Kalkcylinder müssen fortwährend rotiren und der Flamme
eine neue Oberfläche darbieten.
Tessie de Mothay hat den Kalkcylinder durch einen Magnesia-,
später durch einen Zirkoncylinder ersetzt. Das Licht ist dann sehr
schön, aber chemisch nicht sehr kräftig.
Carlevaris wandte mit Chlormagnesium getränkte Kohlenstücke
an. Diese erzeugen ein brillantes, aber leider qualmendes Licht.
Monckhoven wendet einen Cylinder von einerMischung von com-
primirtem Titanoxyd, Magnesia und kohlensaurer Magnesia
an. Er formt daraus Cylinder von 9 Cent. Höhe bei 3 Cent. Breite,
welche per Stück 30 Centimen kosten. Statt des reinen Wasserstoffs
nimmt er Leuchtgas oder Alkohol, letzterer ist jedoch weniger
praktisch, weil er leicht ins Sieden geräth. Sauerstoff erzeugt man
leicht mit Hülfe eines Gemenges von 1 Theil geglühtem und dann
pulverisirtem Braunstein und 2 Theilen chlorsaurem Kali. Dieses wird
in einem Eisenkolben erhitzt und das Gas durch ein Bleirohr in einem
Kautschucksack von 350 Litre aufgefangen. Die Arbeit dauert eine
Viertelstunde.
Bei Anwendung von nicht geglühtem Braunstein geht die Ope-
ration viel langsamer, die Masse schwillt stark an, ja kann sogar
explodiren. ,
Den geglühten Rückstand kann man waschen, auf ein Filtrum
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Vergröfserungen bei künstlichem Licht.
355
sammeln und von Neuem benutzen. Ein Kilo chlorsaures Kali liefert
270 Litre Gas, die für zwei Stunden ausreichen. Die Unkosten des
Lichtes betragen alles in allem zwei Francs per Stunde, ein sehr bil-
liger Preis, verglichen mit Magnesium. Im Kautschucksack hält sich
der Sauerstoff einen Monat. Man legt den Sack für den Gebrauch
auf ein Brett, welches 100 Kilo trägt.
Die Lampe ist identisch mit der, welche Hr. Duboscq
construirt hat. Ein Fufs D trägt den Cylinder von mag-
nesiumhaltigem Titan A und das Gasrohr F. Rohr und
Cylinder können durch den Trieb E mittelst der Zahnstange
höher und niedriger gestellt werden; es ist dies erforder-
lich, um das Licht in den Mittelpunkt des optischen Ap-
parates einzustellen. Ferner ist der Cylinder A von oben
nach unten und um seine Achse beweglich; dieses ist
nöthig, um dem Gasstrom, welcher durch die Spitze J
entweicht, immer frische, noch ungeglühte Stellen des
Cylinders darbieten zu können.
Das Leuchtgas und das Sauerstoffgas werden durch Kautschuck-
schläuche zu zwei Hähnen O geführt. Sie mischen sich erst beim
Ausgange aus dem Rohr, wodurch jede Gefahr der Explosion voll-
ständig gehoben wird. Das Rohr läfst sich dem Cylinder näher und
ferner bringen, weil es bei II in einen horizontalen Untersatz gleitet.
Der Hahn zum Leuchtgase wird zuerst geöffnet und der Gasstrom
angezündet. Dann wird der Hahn zum Sauerstoffgase geöffnet und
das äufserste Ende J des Rohres mit dem obersten Theile des Titan-
Cylinders in unmittelbare Berührung gebracht. Das Feuer höhlt ihn
aus, und nur dann, wenn die Flamme ihn vollkommen umspült, sieht
man die Magnesium- und Titantheilchen glänzen, später läfst der
Glanz nach. Nach einer halben Stunde dreht man den Cylinder, um
der Glasflamme eine neue Stelle desselben auszusetzen.
Man mufs auf den Sack für das Sauerstoffgas ein Gewicht von
100 Kilogramm legen, und, wenn es erforderlich ist, die beiden Hähne
zum Leuchtgase reguliren. Wenn man den Sauerstoffgashahn vollstän-
dig öffnet, so erhält man das Maximum von Licht, indem man da-
nach den Hahn zum Leuchtgase regulirt. Um aber die gröfste Hellig-
keit zu erhalten, darf man nur wenig Sauerstoffgas anwenden, daher
den Hahn nur wenig öffnen und danach von Neuem den vom Leucht-
gase reguliren. Es erfordert dies eine gewisse Uebung, aber es ist
einfach.
Ein solcher Sack mit Sauerstoff kann von 4 Uhr Abends bis
Mitternacht das Gaslicht speisen , wenn man dieses letztere während
der photographischen Operationen etwas dämpft.
Beschreibung des Apparates zur Vergröfserung. —
Ein Kasten AB CD von polirtem Eichenholz, mit einem Schorn-
steine Hy enthält die Lampe. Zwei vollkommen weifse Flintglaslinsen
von 16 Centimeter Durchmesser sind seitlich an dem Kasten angebracht,
ln der Achse der Linsen steht, in einem geeignet construirten Appa-
rate, das zu vergröfsernde Bild LM und das vergröfsernde Objectiv N.
Die Construction der beiden planconvexen Linsen erfordert be-
deutend mehr Sorgfalt als bei der gewöhnlichen Laterna magica, bei
der man sich Kugelsegmente von schlechtem Glase bedient, welche
nicht nur eine grofse Lichtmenge verschlucken, sonderu welche auch
Fl*. «8.
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356
Vergröfserungen bei künstlichem Licht.
das Liebt bei Weitem mehr nach jeder Richtung hin zerstreuen und
die noch dazu die Feinheit des vergröfserten Bildes aufbeben.
Fl*. SS.
Das weifse Flint- oder Krystallglas, wenn es auch in hohem
Preise steht, hat den Vortheil der äufsersten Durchsichtigkeit und den,
dafs man Linsen von sehr kurzer Brennweite daraus anfertigen kann,
ohne dafs die sphärische Aberration zu beträchtlich ist. Das Rohr
mufs seinen Lichtpunkt genau im Mittelpunkte 0, dem Brennpunkte
der Linse F P haben. Man betrachtet hierzu das Objectiv N, durch
welches der Lichtkegel GaK frei gehen mufs. Indem man das Rohr
0 der Linse FP nähert oder entfernt, kann man die Helligkeit des
Feldes bc bedeutend verändern. Man achte auf diesen Punkt. Die
Höhe der Flamme regulirt man durch den Trieb E (Fig. 98).
Natürlich mufs der Photograph sich mit diesen optischen Erfor-
dernissen gründlich vertraut machen, ehe er an die Herstellung des
Bildes gehen kann.
Das photographische Vergröfserungsverfahren. —
Zwei Wege bieten sich dar, um von einem kleinen Negativ ein
grofses Positiv zu erhalten. Die directe Vergröfserung und die
Erzielung eines grofsen Negativs auf Collodion oder auf Papier, welches
gut retouchirt, auf gewöhnliche Weise gedruckt wird.
1) Die indirecte Vergröfserung. — Diese Methode ist in
den meisten Fällen vorzuziehen, weil sie sicherer ist und weil sie
bessere Resultate liefert.
Man fängt damit an, von dem zu vergröfsernden Negativ ein
transparentes Positiv in Visitenkartenformat anzufertigen; man kann
dies auf gewöhnliche Weise in der Camera obscura und mit nassem
Collodion machen. Aber bei dieser Methode haben die Positive in
der Durchsicht immer „Grisseln“ und Schleier, haben nicht immer die
hinreichende Schärfe und sind in keiner Hinsicht den Positiven zu
vergleichen, welche man erhält, wenn man die zu vergröfsernden
Negative auf Glasplatten mit Chlorsilbercollodion copirt. Diese letz-
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Vergrößerungen bei künstlichem Licht.
357
teren sind bedeutend reiner, viel transparenter und lassen sich in drei-
bis viermal kürzerer Zeit vergröfsern, als die Positive auf gewöhnlichem
Collodion.*)
Wenn die Vergröfserung nicht das Mafs von 45x59 Cent, über-
schreitet, ist Collodion vorzuziehen, aber für gröfsere Formate ist es
besser, mit einem Papiernegativ zu operiren.
Man schreitet jetzt zur Vergröfserung eines transparenten Positivs
von Visitenkartenformat auf einer Collödionplatte von 48x60 Cent.
Hierzu gebraucht man zehn bis fünfzehn Secunden. Monckhoven
sagt, dafs das grofse Negativ bei Weitem einem direct in der Camera
obscura gemachten Negative von derselben Dimension vorzuziehen ist,
dafs es geeignet ist, eine grofse Anzahl Abzüge davon zu machen, die
alle gut sind, weil es hinreicht, ein für allemal das Negativ gut zu
retouchiren, um eine unzählige Menge guter Positivbilder zu erhalten.
Um von einem Positive ein lebensgrofses Negativ zu machen,
nimmt man sächsisches Papier von 60x90 Cent., welches man präpa-
rirt hat in einem Bade von
Wasser .... 1000 Gramm,
Jodkalium ... 15
Bromkalium ... 5
und welches man dann auf der einen Seite präparirt hat in einem
Silberbade, wie es unten angegeben ist.
Monckhoven macht aufmerksam auf die Zeit, die man zu dieser
Vergröfserung gebraucht. Kr exponirt das feuchte sensibilisirte Papier
nur fünf Minuten lang dem künstlichen Liebte, taucht es in das Bad
von Pyrogallussäure, wäscht und fixirt und erhält so das Negativ in
Naturgröfse.
Durch den neuen Vergröfserungsapparat mit künstlichem Lichte
ist nun dargethan, dafs man in Zukunft für diese Art von Photogra-
phieen die Sonne entbehren kann. Im Sommer wird es ohne Zweifel
immer vorzuziehen sein, sich der Solarcamera zu bedienen, anders
aber im Winter.
2) Directe Vergröfserung. — Das kleine zu vergröfsernde
Negativ ist in den Apparat* gebracht, das vergröfserte Bild wird drei
oder vier Minuten auf bromjodirtes, sensibilisirtes Albuminpapier ge-
worfen. Die Präparation dieses Papieres ist sehr einfach. Man setzt
ein Bad zusammen aus:
Eiweifs, zu Schnee geschlagen und abgeklärt
destillirtem Wasser
Jodkalium
Bromkalium
100 Gramm,
1000
15
15
und läfst das Papier drei Minuten auf diesem Bade schwimmen, dann
verwahrt man es in einer verschlossenen Mappe.
Um zu sensibilisiren, läfst man es auf folgendem Silberbade drei
Minuten lang schwimmen:
destillirtes Wasser .... 1000 Gramm,
salpetersaures Silber .... 70
Eisessig 70
*) Heber Monckhoven'« rtilorHilbercollmlionveriahren «. o. S. 346.
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358
Vergröfäerungen bei künstlichem Licht.
Das Papier wird noch ganz feucht in ein Bad getaucht von:
destillirtem Wasser .... 1000 Gramm,
Citronensäure 4
Pyrogallussäure 2
Das Bild entwickelt sich in wenigen Minuten; es wird in ein Bad
von unterschwefligsaurem Gold getaucht, fünf Minuten darin gelassen
und dann gewaschen. Die Zusammensetzung dieses Fixirungsbades ist:
Wasser 1000 Gramm,
unterschwefligsaures Natron . 100
Chlorgold
Der Leser wird für einfachere Verhältnisse auch den vorliegenden
Apparat vereinfachen können. Monckhoven’s Vorrichtung kostet 500
bis 1000 Francs. Wesentlich billiger und in seinen Leistungen für
gewöhnliche Aufgaben vollkommen ausreichend erscheint Harnecker’s
Vergröfserungsapparat.
Im Allgemeinen stehen vergröfserte Bilder den directen Aufnahmen
au Schönheit nach.
Mikrophotographie.
Jeder Naturforscher weifs, wie mühsam und zeitraubend das
Nachzeichuen der mittelst des Mikroskops beobachteten vergröfserten
Bilder verschiedener Objecte ist und wie sehr solche Copieen oft vom
Originale abweichen.
Diese Umstände haben schon seit längerer Zeit Männer wie
Bertsch in Paris. Highley in London, Kellner in Deutschland u. A.
veranlafst, die Photographie zur Aufnahme mikroskopischer Ansichten
anzuwenden und es ist diesen auch gelungen, treffliche „Mikrophoto-
graphieen“ anzufertigen.
Das Verfahren, dessen sich diese Herren bedienen, ist jedoch nur
zum Theil bekannt geworden. Bertsch und Highley benutzten dazu
eine Art Sonnenmikroskop oder Laterna rnagica, bei dem der Bild-
schirm durch eine photographische Platte vertauscht werden kann.
Sie batten Apparate der Art auf der letzten Industrieausstellung zu
London ausgestellt. Der Preis derselben war etwa 500 Thlr. So
ausgezeichnet diese Apparate aber auch arbeiten, so ist doch ihr
Gebrauch mit manchen Unbequemlichkeiten verbunden. Man ist ge-
nöthigt, das in bem Beobachtungsinstrument betrachtete Object in den
photographischen Apparat zu transpordren, und hierbei hält es oft
sehr schwer, die vorher beobachtete Stelle des Objectes wieder auf-
zufinden.
Verfasser versuchte deshalb, ob es nicht möglich sei, den er-
wähnten kostspieligen Apparat ganz zu entbehren und die Bilder,
die das Beobachtungsmikroskop zeigt , unmittelbar aufzunehmen.
Er nahm zur Probe den seines Asterismus wegen so merkwürdigen
Glimmer von South Burgess, spannte ihn in ein Schick'sches Mi-
kroskop und legte dieses horizontal. In dieser Stellung com-
binirte er dasselbe mit einer kleinen photographischen Camera mit
einer simplen achromatischen Linse (sogenannten Landschaffslinse)
von circa 4 Zoll Brennweite, so dafs die optischen Axen beider
Instrumente zusammenfielen und dasObjectiv der Camera
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Mikrophotographie.
359
das Ocular des Mikroskops fast berührte. Als er nun mit
Hülfe des am Mikroskop angebrachten Hohlspiegels Sonnenstrahlen
auf das Object warf, sah er auf der circa 8 Zoll weit ausgezogenen
matten Scheibe der Camera ein deutliches Bild der im Glimmer ent-
haltenen Krystalle. Mit Hülfe des Triebes am Mikroskop wurde
dasselbe scharf eingesellt , dann die photographische Aufnahme vor-
genommen. Der Versuch glückte vollständig und lieferte nach
25 Secunden Exposition ein scharfes fünfhundertfach vergröfsertes
Bild der beobachteten Krystalle.
Diese Methode, Mikrophotographieen anzufertigen, ist so einfach,
dafs sie Jeder anwenden kann, der mit den photographischen Opera-
tionen einigermafsen vertraut ist; sie macht keinen andern Apparat
nöthig, als eine einfache Camera mit einer Landschaftslinse ; sie läfst sich
jedem Mikroskope, was lichtstark genug ist, anpassen und liefert,
jenachdem man die Visirscheibe der Camera mehr oder
weniger weitauszieht, Ansichten, die den direct beobach-
teten gleich, oder auch kleiner oder gröfser als diese sind.
Auf den so erhaltenen Bildern kann man leicht die Winkel der
mikroskopischen Krystalle messen, einfach durch Verlängerung der
Schenkel und Anlegung eines Transporteurs.
Zwei Vorsichtsmafsregeln hat man noch bei solchen Aufnahmen
zu beachten: die Linse der Camera mufs frei von Focusdifferenz
(Unterschied des optischen und chemischen Brennpunkts) sein und
die Aufnahme in einem Raumeerfolgen, der nicht der geringsten
Erschütterung ausgesetzt ist.
Man kann auch die Aufnahme bei senkrechter Stellung des
Mikroskops vorneh men, wenn man die Camera auf einen passen-
den Dreifufs setzt, so dafs ihre optische Axe ebenfalls senkrecht steht.
[Diese Methode publicirte ich bereits im November 1862 und habe
ich dieselbe vielfach angewendet. V.]
Einige Schwierigkeiten macht die Beleucht un g insofern, als dabei
sehr leicht eine Menge Nebenlicht in das Objectiv des Mikroskops
fällt, welches die Reinheit des Bildes wesentlich stört. Man concen-
trirt das Licht am besten so, dafs das beleuchtete Object in der
Spitze eines Strahlenkegels zu liegen kommt, dessen Axe mit der
Axe des Mikroskops zusammenfällt. Bei undurchsichtigen Ob-
jecten ist diese Gefahr weniger vorhanden. Man besorgt ihre Be-
leuchtung mit Hülfe einer Concentrationslinse.
Oben angeführte einfache Combination von Mikroskop und Camera
hat noch den Vortheil, dafs das Fadenkreuz auf jeglichem Bilde sicht-
bar ist, dafs ferner eine etwaige Focusdifferenz des Mikroskops
selbst weniger schadet (vorausgesetzt, dafs die Cameralinse frei
davon ist).
Man kann jedoch auch, wenn es auf die Zeichnung des Faden-
kreuzes nicht ankommt, mit dem Mikroskop allein operiren. Man
schraubt die Linse der Camera ab, steckt die Mikroskopröhre
durch das Loch in die Camera und sperrt alles Nebeniicht durch um-
gelegte Tücher ab (besser ist dazu eine Art Aermel, den man an der
Camera festnagelt, über das Mikroskop zieht und festbindet). Dreht
man jetzt leise an der Mikrometerschraube des Mikroskops, so dafs
das Object sich von der Mikroskopröhre etwas entfernt, so erscheint
plötzlich das Bild auf der matten Scheibe der Camera deutlich,
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 24
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360
Mikrophotographie.
indem hier das vom Mikroskopobjectiv selbst entworfene Bild durch
das Mikroskopocular vergröfsert wird. Die Aufnahme erfolgt wie
gewöhnlich. Leider wirkt hierbei eine Focusdifferenz etwas
störend. Je weiter die Camera ausgezogen ist, desto gröfser wird
das Bild.
Eine etwaige Focusdifferenz der Linsen kann man leicht be-
stimmen.
Ich wendete dazu eine mikroskopische Photographie von Dancer
an. Dieselbe bildet ein nadelkopfgrofses , zwischen dünnen Glas-
platten eingeschlossenes Ei weifspositiv, das unterm Mikroskope bei
hundertfacher Vergrößerung als eine sehr scharfe und deutlich lesbare
Schrift — die Grabschrift des Generals Dickson — in ungefähr fol-
gender Anordnung erscheint:
(1) To the Memory of
(2) William Francis Dickson
(3) Major in her Majesty’s 62tb Regiment
(4) of foot and eldest Son of
(5) General Sir Jeremiah Dickson K. C. B.
(6) He died a soldiers death before Sebastopol
(7) June 8. 1855, having been kiiled early in
(8) the morning of that day, whylst gallantly
(9) holding the quarries against repeated
(10) attacks of the Russians, etc. etc.
Ich legte diese Photographie*) schief auf den Tisch des Mikro-
skops auf zwei Unterlagen von Holz, so dafs die Richtung der Zeilen
horizontal blieb, die dazu senkrechte Linie aber mit der Horizontal-
ebene einen Winkel von 30* bildete. Bei dieser Anordnung war die
Entfernung der Zeilen von dem Linsencomplex des Mikroskops eine
verschiedene und konnte deshalb nur auf eine derselben, höchstens zwei
zu gleicher Zeit scharf eingestellt werden. Ich stellte nun mit der
Linsencombination 1 -+- 2 -+- 3 des Schiek’schen Mikroskops auf die
Zeile 8 scharf ein und machte zwei Aufnahmen. Auf beiden erschien
jedoch nicht Zeile 8, sondern Zeile 5 schwarz. Dadurch war die
Focusdifferenz erwiesen. Um dieselbe zu messen und zu compensiren,
benutzte ich die Mikrometerschraube, durch welche der Tisch des
Schick’schen Mikroskops gehoben und gesenkt und so die feine Ein-
stellung bewirkt wird.
Es geht aus dem angeführten Experimente hervor, dafs ich, wenn
ich Zeile 8 scharf photographiren will, auf Zeile 5 scharf einstellen
mufs. Habe ich demnach ursprünglich auf Zeile 8 scharf eingestellt,
so mufs ich zu genanntem Zwecke die Mikrometerschraube so weit
drehen, bis Zeile 5 scharf sichtbar wird. Ich mafs die hierzu nöthige
Drehung und fand sie bei G. Rose’s Mikroskop 50*, bei Dove’s Mi-
kroskop 35° für die Linsencombination 1 -4- 2 -+- 3.
Man kann diese Messung leicht ausführen, wenn man unter den
Kopf der Mikrometerschraube einen durch Radien von 5 zu 5 Grad
getheilten Papierkreis legt, so dafs sein Mittelpunkt in die Verlänge-
rung der Schraubenaxe fällt, und auf den Kopf der Schraube einen
feinen Strich als Marke feilt. Hält man das Auge senkrecht über
den Schranbenkopf, so kann man mit hinreichender Genauigkeit die
*) Dieselbe ist bei Luhme & Oo. in Berlin käuflich zu haben.
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Focusdifferenzbestimmung.
361
Veränderung der Stellung der Marke an dem getbeilten Kreise ab-
lesen.
Als ich die Focusdifferenz gemessen hatte, wurden zwei neue
Aufnahmen gemacht, nachdem auf Zeile 8 scharf eingestellt und die
Mikrometerschraube um den oben angegebenen Winkel gedreht worden
war. Auf beiden Aufnahmen erschien jetzt Zeile 8 vollkommen scharf.
Eine andere Aufnahme, von der ganzen horizontal gelegten
Schrift gemacht, gab nach dem Scharfeinstellen und Anbringen der
bemerkten Correction ein vollkommen scharfes Bild der ganzen Schrift
bei 25facher Vergröfserung.
Natürlich mufs man beim Mikroskop die Focusdifferenz bei jeder
einzelnen Linsencombination bestimmen. Für schwache Vergröfserung
ist dieselbe übrigens unbedeutend, so dafs sie mich bei 6facher Ver-
gröfserung (Linse 1 bei Schick) nur wenig gestört hat.
Ich empfehle dieses einfache Verfahren zur Nacbweisung und
Messung der Focusdifferenz nicht nur allen mit dem Mikroskop Pho-
tograpbirenden, sondern auch den Fachphotographen bei Prüfung ihrer
Portraitköpfe. Für den letzteren Zweck genügt eine auf ein Brettchen
geklebte saubere Druckschrift, die in etwas geneigter Lage (circa 60
bis 70") der Camera gegenübergestellt wird, so dafs das Bild der-
selben in natürlicher Gröfse erscheint. Man stellt dann, nachdem
man sich überzeugt hat, dafs die Cassette richtig gearbeitet ist, auf
eine der mittleren Zeilen scharf ein, photographirt, und prüft, welche
der Zeilen im Bilde am schärfsten erscheint.
Stereoskopaufnahmen.
Man bedarf zur Aufnahme von Stereoskopenbildern zweier Ansichten
desselben Gegenstandes, einer etwas mehr von der rechten, einer
etwas mehr von der linken Seite.
Diese Aufnahmen (s. I. Theil, S. 99) kann man machen 1) am ein-
fachsten miteinergewöhnlichenCamera, die man auf einem Stativ
mit breitem Brett aufstellt. Das Brett B (Fig. 100) steht senkrecht
z u r Verbindu ngslinie des Beschauers mit dem Gegenstan de.
Man nimmt entweder eine Camera mit Schiebecassette, auf wel-
Fig. 100.
eher sich zwei Bilder nach einander machen lassen oder eine mit ver-
schiebbarem Objectiv und innerer Theilung (K, Fig. 100), wie sie Hr.
Busch in Rathenow führt, und stellt diese zuerst auf die rechte Seite
des Brettchens gegen den Falz. Von hier aus nimmt man das rechte
Bild auf der linken Seite der Platte (von hinten gesehen) auf. Dann
24*
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362
Stereoskopaufnahmen.
schiebt man die Camera auf die andere Seite von B und nimmt hier
die linke Seite des Gegenstandes auf der rechten Seite der Platte
auf. Damit hierbei die Camera genau dieselbe Entfernung vom
Gegenstände behalte, mufs zunächst das Brett genau gestellt sein
(s. o.), dann aber geht die Befestigungsschraube der Camera K durch
in das Brett gebohrte Löcher oder einen Schlitz, so dafs die Stellung
der Camera dadurch stets fixirt werden kann.
Die Länge des Brettes beträgt bei Gegenständen von 25 Fufs
Entfernung circa 1 Fufs, bei näheren noch weniger, bei weiter ent-
fernten nimmt man Längen bis 4 oder 5 Fufs und mehr. Nimmt
man die Länge für nahe Gegenstände zu grols, so erscheinen sie
übermäfsig plastisch, sogar verzerrt; nimmmt man sie für ferne zu
klein, so erscheinen sie zu flach.
Diese Art der Aufnahme ist für bewegliche Gegenstände (Menschen
etc.) nicht anwendbar, da diese während der Aufnahme nur zu leicht
sich verrücken und dann das zweite Bild, wenn auch scharf, nicht
mehr zum ersten pafst, d. h. gewöhnliche stereoskopische Verzerrungen
giebt. Auch bei Landschaften hat das Nacheinanderaufnehmen in-
sofern Mifslichkeiten, als zwischen der ersten und zweiten Aufnahme
zuweilen die Beleuchtung sich ändert.
Dennoch ist diese Methode namentlich für weite Gegenstände
die beste, denn sie liefert allein diese plastisch.
Ferner benutzt man zum Stereoskopenfach 2) die Aufnahme
mit der doppelköpfigen Camera. Bei dieser werden beide
Aufnahmen gleichzeitig gemacht, dadurch ist eine Veränderung des
Gegenstandes (entweder in Beleuchtung oder in Stellung) möglichst
unschädlich gemacht. Man erhält mit einer Belichtung sofort zwei
Bilder. Da aber hierbei die Objective nur sehr wenig von einander
entfernt werden können, so ist die Ansicht zwischen der rechten und
linken Seite auch wenig verschieden, und daher erscheinen die Fernen
unplastisch. Solche Cameras sind daher für nähere Gegenstände
vorzuziehen. Bei fernen Gegenständen wendet man sie nur da an,
wo eine Verrückung des Gegenstandes unvermeidlich ist, d. h. für
Augenblicksbilder mit beweglicher Staffage.
Eine zweckmäfsige Doppelcamera ist die Dallmeyer’sche, die wir
nachfolgend beschreiben wollen.
Dallmeyer’s Stereoskopcamera besteht aus einem festen hinteren
Tbeile A (Fig. 101) und einem darin verschiebbaren Kasten K K,
welcher die Objectivwand F trägt. Das Einstellen geschieht nicht
durch Bewegung des hintern Theils (wie bei den alten Dallmeyer’schen
Apparaten), sondern durch Bewegung des Kastens KK mit den Ob-
jectiven mittelst der Zahnstangen 00 und dem Triebe cc. Das
Oeflhen und Schliefsen der Objective erfolgt durch einen sehr sanft
gehenden Augenblicksschirm g, der, um die Axe bb drehbar, mittelst
der Köpfe bb schnell aufgehoben und wieder gesenkt werden kann.
(Natürlich hat man es ganz in seiner Gewalt, die Exposition auch
länger andauern zu lassen.) Die ganze Vorrichtung sitzt nur lose
auf den Objectiven und ist leicht abnehmbar. Ebenso leicht kann die
Vorderwand F mit den Stereoskoplinsen herausgenommen und durch
eine andere, mit einer einzigen Tripletlinse versehene, vertauscht
werden. Keines der bei dieser Camera gebräuchlichen Objective
hat Mikrometerschrauben zum Einstellen, ein Uebelstand, der bei der
beschriebenen Anordnung nicht in Betracht kommt, wohl aber dann.
Stercoskopaufnahmeu.
363
wenn man eins der Objective für sich in einem Apparate gebrauchen
will, der diese Einstellnngsrorrichtung nicht hat.
Fig. 101.
Der innere Raum der Camera ist mittelst eines, biegsamen Schie-
bers x (Fig. 102), derfin eine Rinne aa (Fig. 103) läuft und sich bei
der Zusammenschiebung der Camera zusammenlegt, bei der Ausziehung
Fig. 103.
derselben ausdehnt, so dafs er stets die beiden Hälften der Camera
vollständig trennt. Er läfst sich, falls man nur ein Objectiv anwenden
will, leicht herausnehmen. Die Cassette fafst eine Platte von 7| X
Zoll und enthält einen Rahmen, um auch kleinere Platten einlegen
zu können. Die Platten ruhen auf Silberdraht, der in den vier Ecken
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364
Stereoskopaufnahrneu.
(8. Fig. 104, welche einen Theil der Cassette darstellt) der Cassette
und des Einlegerahmeus angebracht ist. Der untere Theil der Cassette
bildet eine mit Wachs aus-
gefütterte Rinne rr, worin
sich die von den Platten ab-
laufende Silberlösung ansam-
melt.
Die Linsen der bei dieser
Camera angewendeten Dop-
pelobjective haben 1} und
1} Zoll Oeffnung und 3; Zoll
Focuslänge (von der Hinter-
linse an gerechnet). Mit ihnen
ist ein Satz Blenden verbun-
den, der so geordnet ist, dafs
jede derselben eine doppelt
so lange Expositionsdauer
erfordert, als die nächst gröfsere; diejenige, welche mit x bezeichnet
ist, ausgenommen. Man hat jedoch nur für sehr nahe Gegenstände
eine Blende nöthig. Für entferntere kann man mit voller Oeffnung
arbeiten.
Fig. 105.
Ö
6
Die Anwendung des oben be-
schriebenen Schirmes (g Fig. 104)
zur Aufnahme von Augenblicks-
bildern hat übrigens ihre Schwierig-
keiten. Man hat sich sehr zu hüten,
dafs bei seiner Bewegung weder
Objective noch Platte nur im Gering-
sten erschüttert werden, wodurch
leicht unscharfe Bilder entstehen.
Die Aufnahme von Augenblicks-
bildern erfordert deshalb Ruhe und
Geschicklichkeit.
Dalimeyer liefert neuerdings
noch einen andern, von Rem eie*)
warm empfohlenen Momentver-
schlufs. Derselbe besteht aus einem
Holzkasten, der auf die Objective
angesetzt wird, und in dem eine
Rolljalousie an zwei Schnüren auf-
und niedergezogen wird. Die Roll-
jalousie geht oben über eine Rolle.
Vermittelst dieser Vorrichtung kann
man durch geeignetes langsames
oder rasches Ziehen die Platten
verschieden exponiren; den Himmel
und die ferne Landschaft ganz
rasch, den nahen Vordergrund aber
beliebig lange, ohne das Ziehen an
der Schnur unterbrechen zu brau-
chen. Bei vielen Landschaftsauf-
*) Siehe dessen Handbuch der Landschaftsphotogrsphie.
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Momentrerscblufs.
365
nahmen ist dies rasche Exponiren des Himmels und das längere des
Vordergrundes von grolser Bedeutung, besonders bei solchen An-
sichten, die eine ziemliche Ferne haben. Würde man hier mit den
Deckeln exponiren, so müfste die Belichtung eine mittlere sein. Der
mittlere Theil des Bildes würde richtig erscheinen, während der
Himmel und die stets etwas duftige Ferne oft total verbrannt sind, und
der ganz nahe Vordergrund, wenn er, wie meistens, aus Laubwerk
besteht, noch kein hinreichendes Detail hat. Durch das kurze Be-
lichten des Himmels kann man die schönsten natürlichen Wolken
erhalten. Die Bilder, die man durch das beschriebene Exponiren
erhält, sind von ganz prachtvoller Stimmung; manche Beleuchtungs-
fehler, die man auf vielen Landschaften erhält, lassen sich hierdurch
vermeiden.
Rouch hat einen Augenblicksschirm construirt, der nicht wie der
Dallmeyer’sche aus einer Klappe, sondern aus zweien besteht (Fig. 106).
Diese Klappen drehen sich um die
mit kleinen Zahnrädern q versehe-
nen Axen b b und b' b'. In diese
Zahnräder greift ein Trieb T. Es
ist einleuchtend, dafs, wenn der
obere Schirm R mit Hülfe des
Kopfes K gedreht wird, der untere
R” sich mitdrehen rnufs, und dafs
beide sich in gleicher Richtung be-
wegen. Die in der Figur gezeich-
nete Stellung haben die Schirme
bei längerer Expositionszeit. Sie
halten in dieser Lage störendes
Nebenlicht ab. Ist die Vorrichtung
durch den Schirm R’ geschlossen,
so stehen beide Schirme senkrecht
oberhalb ihrer Axen; dreht man
alsdann den Kopf K rückwärts, so
senkt sich R\ die Objective 0 O werden geöffnet, sogleich aber wieder
durch den sich vorlegenden Schirm R geschlossen.
Die vorzunehmenden Bewegungen sind bei diesem Apparate ein-
facher als bei Dallmeyer’s Augenblicksscbirm , deshalb ist derselbe
sicherer zu handhaben. Dennoch gehört auch zum Operiren mit
diesem Ruhe und Geschick.
Braun in Dörnach besorgt das Oeffnen und Schliefsen der Linsen
auf eigenthümliche Weise. Er schliefst beide mit einem locker an-
gelegten schwarzen Tuche mit vorgehaltener flacher Hand, nimmt
diesen Ballen rasch hinweg und deckt ihn eben so rasch wieder vor.
Diese Bewegung mufs einexercirt werden.
Für Portraitaufnahmen wählt man Linsenentfernungen von Zoll
(Augenentfernung). Für Landschaften wünscht man gern gröfsere
Abstände der beiden Objective. Englische Mechaniker haben daher
die beiden Objective an horizontal verschiebbare Brett-
chen gesetzt, so dafs sie ein wenig genähert oder entfernt
werden können. Natürlich ist für solche Fälle der Klappverschlufs
nicht immer anwendbar.
Zu den Stereoskopaufnahmen werden die verschiedensten Linsen
verwendet:
Fig. 106.
Digitized by Googlf
366
Momentbilder.
1) Portraitlinsen, wenn es hauptsächlich auf Schnelligkeit der
Wirkung ankommt (unruhige Gegenstände, Portraits, Momentauf-
nahmen) ;
2) Triplets, Aplanate, correcte Weitwinkellinsen, wenn man
gröfseres Gesichtsfeld und richtige Zeichnung verlangt. Senkrechte
Stellung der Camera ist hierbei Bedingung. Das Objectiv mufs eine
Vorrichtung zum Höher- und Niedrigerstellen haben, damit man das
Bild auf der Scheibe danach verrücken kann. Beim Höherstellen
wird der Himmel, beim Niedrigstellen der Boden im Bilde gröfser.
3) Landschaftslinsen, wenn es auf etwas Verzeichnung nicht
ankommt.
Die Operationsmethoden sind von den gewöhnlichen in
keiner Weise verschieden. Man wählt Platten, die etwas gröfser
sind als die Bilder nachher bleiben sollen. Man vermeidet dann
leichter Einflüsse des Randschmutzes. Man beachte: die in Doppel-
cameras aufgenommenen Platten zeigen, von der Glasseite in auf-
rechter Stellung gesehen, die rechte Seite links, die linke Seite
rechts. Man mufs sie daher auseinanderschneiden und die
Stellung wechseln. Thut man dieses sogleich mit den Platten, so
hat man es mit den fertigen Drucken nicht nöthig. Sind jedoch die
Bilder weiter von einander entfernt, als sie nachher im Stereoskop
bleiben sollen (2£ Zoll), d. h. sind die Platten entsprechend gröfser,
so pflegt man letztere ganz zu lassen und lieber die Drucke getrennt
aufzukleben.
Für Platten, die nicht gröfser sind als das Stereoskopbild selbst,
giebt es noch eine eigentümliche Copirmethode, die das Auseinander-
schneiden zusammengehöriger Drucke unnöthig macht: man legt die
Enden eines sensibilisirten Papierstreifens, der doppelt so lang
als die Platte ist, zusammen, die gesilberte Seite nach aufsen,
so dafs ein geschlossener Kreis entsteht. Diesen kneift man zusam-
men, so dafs die zusammenstofsenden Enden in der Mitte zu liegen
kommen. Man copirt dann das Bild zunächst auf die eine (ungetrennte)
Seite des Streifens, dann dreht man ihn um und copirt auf die andere
Seite. Nachher schneidet man den Streifen mitten durch und hat so
zwei Bilder in richtiger Stellung. Schwierig ist es hierbei, die Copir-
grade bei beiden egal zu treffen.
Ueberhaupt ist die Ungleichheit der Lichtstärke (begründet in der
Ungleichheit der Farbe des Glases) zweier Linsen einer Doppel-
camera ein gröfser Mangel, man erhält dann Bilder von ungleicher
Intensität und ist in solchem Falle genöthigt, die eine Linse abzu-
blenden, bis sie mit der andern übereinstimmt.
Ueber Augenblicksbilder.
Es gab eine Zeit, wo die Momentbilder das Tagesgespräch waren
und zu den wunderbarsten Illusionen Veranlassung gaben. So äufserte
der Abgeordnete Faucher im preufsischen Abgeordnetenhause am
l.Juli 1869:
„Wir haben jetzt Momentbilder. Durch dieses Verfahren können
die Portraits gestohlen werden, und man wird sich vielleicht dagegen
verwahren müssen durch die aufserordentlichsten Vorsichtsmafsregeln.
Vielleicht wird man zuletzt eine Maske anlegen müssen.“
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Momentbilder.
367
Diese Gerüchte verdankten wohl ihre Entstehung den schönen
Stereoskopenbilderu von Braun und Ferner mit wandelnden Menschen,
fahrenden Wagen, Pferden etc. Publikum wie Photographen glaubten
auf Grund dieser Bilder die Anfertigung von Momentportraits im
Atelier für möglich halten zu müssen. Es traten sogar in den Zei-
tungeu hier und da „Momentphotographen“ auf, und oft genug hörten
wir in jener Zeit den Ausruf: „Ja, wenn ich dessen Collodion hätte!“
Als wenn es das Collodion allein thäte!
Wir betonten schon früher ausdrücklich, dafs die Anfertigung von
Momentbildern nur unter besonders günstigen Umständen mög-
lich sei, als: 1) gutes Collodion , 2) helles Licht, 3) licht starke
Apparate, 4) ein frisches, reines Silberbad, 5) ein kräfti-
ger Entwickler (s. Jahrgang II, S. 32 der Phot. Mittheilungen).
Aber heut noch wird von Momentportraits gesprochen. „Es tnufs
also etwas daran sein“, antworten uns Viele. Hier fällt uns eine
Episode aus dem Photographischen Verein ein, wo Hr. Ahrends
fragte: „Was nennen Sie einen photographischen Moment?“ Die
Antwort lautete: „Drei Secunden!“
Nun hat man allerdings in noch viel kürzerer Zeit Moment-
portraits aufgenommen — sie sind aber auch danach.
Bei einem guten Portrait verlangt man Modellation. Diese erreicht
man nur durch geschickte Direction des Lichts, welches man nicht
von allen Seiten einströmen läfst, sondern hier und da abschliefst.
Dadurch wird aber die Lichtstärke vermindert, also der Bedingung 2
(s. o.) nicht genügt.
Man verlangt aber auch Klarheit in den Schatten, diese ist nur
durch längere Exposition zu erreichen.
Demnach . beschränken sich die eigentlichen Momentaufnahmen
(unter Moment -jL Secunde höchstens verstanden) auf die Anfertigung
von Landschaften mit Staffage bei sonnigem Wetter. Und für
diesen Zweck empfehlen wir
1) als Collodion irgend eines der im Handel vorkommenden
Collodien einer wohlrenommirten Firma, oder falls der Pho-
tograph es sieh selbst bereiten will, das Recept S. 254;*)
2) als Apparat ein lichtstarkes Doppelobjectiv von kurze r
Brennweite mit A ugenblicksverschlufs;
3) Silberbad 1:10 frisch mit krystallisirtem Silber und \ pCt.
des festen Salzes an Jodkalium;
4) Entwickler nach Remele (s. Jahrgang II. der Photograph.
Mittheil., S. 153 sub b ) 5 Eisen, 1^ Eisessig, 100 Wasser;
(Alkohol ist nicht immer nöthig.)
Manche „Momentcollodien“ des Handels geben mit diesem Ent-
wickler Schleier. Man setzt dann etwas mehr Säure hinzu.
5) Verstärkung und Fixage wie gewöhnlich.
Dieselben Bedingungen müssen eingehalten werden, wenn es gilt,
Portraits mit möglichst kurzer Expositionszeit im Atelier
aufzunehmen.
*) Sind die folgenden Bedingungen erfüllt, so ist auch ein weniger empfind-
liches Collodion brauchbar. Das Collodion von Braun in Dörnach ist durchaus nicht
sonderlich empfindlich , wie wir selbst an ein**r Probe fanden , die wir von Braun
erhielten.
Digitized by Google
368
Zeltar beiten.
Wer Augenblicksaufuahmen machen will, dem empfehlen wir,
sich so aufzustellen, dafs die Mehrzahl der beweglichen Gegen-
stände auf den Apparat loskotnmen resp. sich von ihm entfernen.
Es ist in diesem Falle die Ortsveränderung die scheinbar kleinste,
z. B. bei Strafsenaufnahmen sehe man längs in die Strufse hinein,
marschirende Soldaten nehme man in der Marschrichtung auf etc.
Zeltarbeiten und photographische Excursionen.
Bei deu bisher beschriebenen Arbeiten ist die Existenz eines
photographischen Laboratoriums, in welchem man die Platten präpa-
rirt und entwickelt,' vorausgesetzt. Nun kommen aber Aufgaben genug
vor, in denen ein solches Laboratorium nicht als vorhanden ange-
nommen wird, Aufnahmen, weit entfernt von der Werkstatt des Pho-
tographen. Hier mufs erst ein Dunkelraum beschafft werden, ehe der
Photograph sein Werk beginnen kann. Zur Noth kann als Dunkel-
raum jeglicher verschlossener Raum dienen, der sich mit leichter
Mühe lichtdicht machen Iäfst. Braun in Dörnach scheut sich nicht, auf
seinen Reisen Kellerräume, Ställe, Schuppen als Dunkelkammer zu
benutzen. Es kommt hierbei darauf an, inwieweit man hier unbehelligt
von Staub und Gestank arbeiten kann. Da sich solcher Raum nicht
immer improvisiren Iäfst, so thut der wandernde Photograph gut,
selbst seine Dunkelkammer mit sich zu führen. Als solche trans-
portable Dunkelkammer dient ihm ein zeltartiger Raum, der vor allem
lichtdicht ist, aber solide, rasch aufzuriebten und hinreichend
bequem sein mufs. Als eines der brauchbarsten Dunkclzelte empfeh-
len wir das von Rough in London (s. Fig. 107). Dasselbe besteht
zusammengeklappt aus einem rechteckigen Kasten, der in beistehender
Figur unten als simple Kiste sichtbar ist. Aufgeklappt bildet der
Deckel den horizotalen Zeltboden, der Kasten das Gehäuse. An
letzteres ist die aus doppeltem (gelben und schwarzen) Zeuge genähte
Zeltleinwand festgenagelt, zwei Eisenstangen werden schief nach oben
eingesteckt, und die Zeltleinwand darüber gezogen; sie hängt dann
als offner Sack herunter, in den der Beobachter hineinkriecht. Das
Ganze ruht auf einen festen Dreifufs. Die Badcuvette wird in einen
schwarzen Sack gesteckt, der vorn herunterhängt. Als Fenster dient
ein viereckiges Loch mit doppeltem WachstafFet überspannt. Am
besten wird dieses als Schiebefenster eingerichtet, um leicht geöffnet
werden zu können. Obenauf steht ein Wasserkasten, der mit dem
Innern durch einen mit Hahn versehenen Kautschuckschlauch com-
municirt. Die Seitenleinwand des Zeltes trägt am besten Taschen,
um verschiedene Kleinigkeiten (Cassetten, Silberhaken) darin bergen
zu können. Der Boden wird durch eine zusammenlegbare Kautschuck-
gchale gebildet, die einen Abflufs nach aufsen hat. Man pflanzt das
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Photographische Excarsionen.
369
Zelt an einen wi ndgesch ätzten und schattigen Ort auf, sonst
wird es unerträglich heifs. In heifsen Gegenden empfiehlt sich
öfteres Besprengen der Zcltleinwand und des Silberbadsacks mit
Wasser; ein einfaches und treffliches Mittel, beides kühl zu erhalten.
Fig. 107.
Eine ähnliche Zelteinrichtung, die sehr solide ist, beschreibt Ph.
Keine le in seinem vortrefflichen Handbuche der Landschaftsphoto-
graphie: Dasselbe ist von L. Herzog in Bremen construirt worden.
Das Wesentlichste des ganzen Zeltes ist die zum Transporte der
Apparate und Chemiealien erforderliche Kiste. Dieselbe wird aufge-
klappt und vier Beine von starkem Holz angesetzt. Oben wird ein
zusammenklappbarer Eisenstab a in angebrachte Hülsen eingeschoben
und durch die Stäbe b b befestigt. Ueber diese Stäbe wird ein Zelt-
tuch geworfen und mit Haken an den an der Kiste angebrachten
Oesen ccc... oben, unten und an beiden Seiten befestigt. Das Zelt-
tuch muf8 an den Rändern doppelt sein, um im Innern der Kiste
ebenfalls in gleicher Weise angehakt werden zu können. Das Zelt-
tuch hat am unteren Theile eine Oeflfnung, der Operateur kriecht
hinein und bindet sich dasselbe um den Leib lichtdicht fest. Bei b ist
in der Kiste eine verschliefsbare Thür, hier ist durch gelben Wachs-
taffet ein Fenster angebracht. Das Zelttuch macht man am besten aus
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370
Photographische Excursionen.
sogenanntem Gummizeug, die Haken werden mit Gummibändern
daran befestigt. Oben bringt man in dem Tuche ein gelbes Fenster
aus Wachstaffet an.
Dieses Zelt steht fabelhaft fest,
bietet vielen Arbeitsraum dar und
hat schliefslicb noch das Gute, dafs
sich darin arbeiten läfst, ohne einen
Tropfen Silber oder andere Flüssig-
keiten auf den Boden fallen zu
lassen.
Aufser dem Zelte rnnfs man na-
türlich auf Ausflügen alle übrigen
zum Operiren nöthigeu Gegenstände
mit sich nehmen. Wir bedienen
uns zum Transport eines Korbes
mit Deckel, der innen mehrere
viereckige Fächer enthält, in diesen
lassen sich bequem alle Requisiten
verpacken und sind sie an der
elastischen Korbwand viel weniger
leicht dem Zerbrechen ausgesetzt
als in einer Holzkiste. Vierkantige
Flaschen sind für diese Zwecke
runden vorzuziehen. Das Verpacken
der Gläser erfordert Zwiscbenstopfen von weichem Material (am
besten Lappen oder Papier; Werg und Heu stauben zu sehr).
Folgende Gegenstände mufs man auf einem photographischen
Ausfluge mit sich führen:
a) Für kleine Ausflüge.*)
1) Zelt.
2) Camera.
3) Dreifufsstativ für dieselbe.
4) Verbindungsschraube zu 3 u. 2.
5) Cassetten mit Einlagen.
6) -Objective mit Brettchen.
7) Visirloupe.
8) Plattenkasten.
9) Geputzte Platten.
10) Abstäuber.
11) Silberhaken.
12) Zwei schwarze Tücher
(Kopftücher).
13) Wasserkanne mit Spülwasser.
14) Silberbadcuvette oder Schale.
15) Spritlampe.
16) Photogenleuchtlampe.
17) Negativsilberbad.
18) Entwickler.
19) Verstärkungssilber.
20) Alkoholische Pyrogalluslösung.
21) Destillirtes Wasser.
*) Dieses Verzeichnifs kann zugleich dem Amateur bei Einrichtung seines
Ateliers als Leitfaden dienen.
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Photographische Eicursionen. 371
22) Cyankalium.
31) Streichhölzer.
23) Ein paar leere Flaschen und
32) Scheere und Messer.
Korke.
33) Etwas Bindfaden und einige
24) Lack für Negative.
Stecknadeln.
25) Eine Mensur.
34) Ein Fläschchen Salpetersäure
26) Zwei Trichter.
(zum Ansäuern des Silber-
27) Einige Entwicklungsgläschen.
bades).
28) Spiritus.
35) Ein Fläschchen Quecksilber-
29) Fliefspapier.
chlorid zum Fleckenreinigen
30) Schreibpapier (zum Badab-
der Kleider.*)
schäumen).
36) Handtücher.
b ) Für läng
ere Ausflüge
bedarf man der meisten oben an
geführten Stücke in duplo, um sie
im Verlustfalle ersetzen zu können, aufserdem:
1) Waage mit Hornschale.
11) Alkohol und Aether.
2) Gewichte.
12) Salpetersäure.
3) Silbernitrat.
13) Putzlappen.
4) Eisenvitriol oder schwefel-
14) Putzrahmen.
saures Eisenammon.
15) Handwerkszeug (Schrauben,
5) Eisessig.
Schraubenzieher, Diamant
6) Pyrogallussäure.
zum Glasschneiden etc.
7) Citronensäure.
16) Uebermangansaures Kali zur
8) Rohcollodion.
Restaurirung der Silberbäder.
9) Jodirung.
(S. 285.)
10) Jodirungssalze.
Die Quantität der Sachen wird nach der Dauer des Ausfluges
bemessen. Für Ausflüge empfiehlt es sich dringend, die gemischten
Chemiealien alle zu Hause durchzuprobiren und erst dann einzu-
packen, wenn man ihres guten Arbeitens gewifs ist.
Collationiren aller oben angeführten Gegenstände vor dem
Ausfluge ist dringend nöthig. Nicht selten kommen gedankenlose
Leute mit ihrem Gepäck an den Ort ihrer Bestimmung und müssen
unverrichteter Sache umkehren, weil sie eine simple Schraube (No. 4)
oder eine Silberschale oder Cassetten vergessen haben.
Dafs das Arbeiten bei Ausflügen , wo man unter erschwerenden
Umständen operiren mufs, viel mehr Umsicht erfordert als das im
Atelier, ist selbstverständlich. Die Schwierigkeiten wachsen hier oft
ins Unüberwindliche, durch Staub, Hitze, Mangel an brauchbarem
Wasser, Wind, Kälte, schlechtes Wetter. Diese stellen die Geduld
des Photographen oft auf die härteste Probe.
*) Das Quecksilbersublimat ist zu diesem Zwecke vorzüglich, da es die Farben
nicht zerstört.
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372
Photographische Excursionen.
Sehr wichtig ist noch ein Punkt: compendiöse, leicht zu-
sammenlegbare, aber doch solide Apparate. Wir beschreiben hier
einige.
Meagher’s Reisecamera. Diese zuerst von einem renommir-
ten englischen Kunsttischler construirte Camera*) (Fig. 109 und 110)
Flg. 109. Fig. 110.
IT
besteht aus einem festen Vorderstück v, welches mit Falzen zum
Einschieben der Objectivbrettchen versehen ist, und einem beweg-
lichen Hinterstück HH, zum Einsetzen der matten Scheibe und
Cassette. Die Bewegung des Hinterstücks behufs der scharfen Ein-
stellung geschieht durch Kurbel g mit Schraube ohne Ende ss. Das
Camerabrett, welches das Ganze trägt, ist getheilt, das hintere Stück
desselben B B hängt bei x mit dem vorderen durch Charniere zu-
sammen. Eine aufklappende Strebe S mit Schraube r giebt dem
Ganzen Halt. Für den Transport wird der Balg zusammengeschraubt,
so dafs E und v sich berühren; die Schraube bei r gelüst, B B auf-
geklappt, ebenso S. Das Zusammenlegen und Aufschlagen dieser
Camera geht aufserordentlich rasch. Eigenthümlich ist die Einrichtung
bei H. Die Visirscheibe N wird nämlich weder aofgeklappt noch
herausgenommen, sondern die Cassette in den Ritz mm hineinge-
zwängt, die bewegliche, nur durch Federn / gehaltene Visirscheibe
weicht alsdann nach hinten zurück, und springt, wenn die Cassette
herausgezogen wird, von selbst wieder in ihre alte Lage.
*) Dieselbe und ähnliche Constructionen führen Hr. E. Bnsch in Rathenow
und Hr. A. Moll in Wien.
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Photographische Excursionen. 373
Die Camera läfst sich für Focuslängen von 4 — 12 Zoll benutzen,
hat eine bewegliche Theilung in der Mitte zur
Fertigung von Stereoskopbildern und diente ein
Exemplar der ägyptischen Expedition mit bestem
Erfolge. Der einzige Uebelstand ist der Mangel
an Festigkeit des Stückes S , welches bei
starker Trockenheit berstet. Zu dieser Camera
gehört aufser einer gewöhnlichen noch eine für
Trockenplatten bestimmte Doppelcassette. Die
Einrichtung derselben geht aus Fig. 111 hinreichend
deutlich hervor.
Reisecuvette (Fig. 112). Diese
in allen Handlungen photographi-
scher Artikel zu habende Vorrich-
tung besteht aus einer gewöhnlichen
in eine Holzpackung eingesenkten
Glascuvette, die durch einen auf-
zusebraubenden mit Kautschuck be-
legten Holzdeckel verschliefsbar
ist. Für kurze Ausflüge ist diese
Vorrichtung praktisch. Bei län-
gerem Transporte wirkt jedoch die
Kautschuckmasse nachtheilig auf
die Silberlösung.
Die Operationsmethoden weichen von den früher beschrie-
benen nichtab. Wir bedienen uns der Haltbarkeit wegen auf Reisen
des Aequivalentcollodions (S.254), des schwefelsaurenEisen-
ammons (zum Entwickeln und Verstärken) und zum Fixiren der
rascheren Wirkung und leichteren Auswaschung wegen des Cyan-
kaliums. Der nach dem Waschen der flxirten Platte ablaufende
und mit der Zunge aufgefangene letzte Tropfen verräth durch
seinen bittern Geschmack sofort etwaiges ungenügendes Waschen.
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Angewandte Photographie.
In dem bisherigen Theil unseres Baches haben wir ausführlich
die Operationen zur Herstellung eines negativen und positiven
Bildes mit Hülfe des Lichtes im Allgemeinen erörtert, ohne
Rücksicht auf die Natur des aufzunehmenden Gegen-
standes.
Wer die beschriebenen Methoden genau nach Vorschrift verfolgt,
wird für alle Fälle, er mag aufnehmen, was er will, ein Bild erhalten,
selten aber ein vollkommenes. Selbst dem Anfänger wird es
bald klar, dafs die Natur des Gegenstandes einen sehr grofsen Ein-
flufs auf das Gelingen ausübt und dafs man darauf wesentlich Rück-
sicht nehmen mufs, wenn das Resultat ein befriedigendes sein soll.
Man versuche einmal mit der für ein Portrait genügenden Ex-
positionszeit ein Oelgemälde odereinen Kupferstich zu machen,
oder aber umgekehrt die für solche Reproductionen oft nöthige intensive
Verstärkung für ein Portraitnegativ anzuwenden, oder man nehme
einmal in einer für ein Portrait passenden Beleuchtung eine grofse
Zeichnung auf und man wird sich über das Resultat entsetzen.
Die Natur und die Reihenfolge der Operationen bleibt im Allge-
meinen überall dieselbe und doch mufs jede derselben: Aufstellung,
Beleuchtung, Objectivwahl , Scharfeinstellung, Exposi-
tionszeit, Entwicklung, Verstärkung, nach der Natur des
aufzunehmenden Gegenstandes etwas modificirt werden, falls das
Resultat ein befriedigendes sein soll.
Es ist ein Irrthum zu glauben, dafs die Photographie
immer wahr zeichne. Nichts kann unter Umständen unwahrer
sein, als eine Photographie, wenn sie unter für den Gegenstand nicht
passenden Verhältnissen gemacht ist (s. u. Aestbetik).
Wir müssen deshalb über die Anwendung der photographischen
Operationen auf die Objecte verschiedener Natur noch ausführ-
licher uns verbreiten.
Hier nun ist das Feld unabsehbar: Sonne, Mond und Sterne,
Thiere, Pflanzen, Mineralien, Kunst- und Naturproducte , der Mikro-
kosmus und der Makrokosmus, alles gehört in das Bereich der Pho-
tographie. Man wird es uns nachsehen, wenn wir unter dieser Viel-
heit von Gegenständen eine Auswahl treffen. Die Abhandlung aller
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Reprodnctionen.
375
übersteigt die Schranken eines Compendiums. Wir wühlen hier
diejenigen Gegenstände heraus, deren bildliche Wiedergabe vorzugs-
weise dem praktischen Photographen zur Aufgabe gestellt wird!
Zeichnungen, Gemälde, Modelle, Maschinen, Architekturen, Land-
schaften und Portraits.
Wir nehmen die Besprechung der mehr mechanischen Ar-
beiten der Reproductionsphotographie und der Photographie tech-
nischer Gegenstände zuerst vor und reserviren die Betrachtung der
Portrait- und Landschaftsphotographie, welche mehr
künstlerischer Natur sind, für den dritten Theii unseres Werkes.
I. Reproductionsphotographie.
(Aufnahme von Zeichnungen, Kupfern, Oelgemälden etc. etc.)
1) Vorbereitung des Originals.
Man sorge für eine möglichst saubere Vorlage. Von einer
mit schmutzigen Fingern begriffenen Zeichnung wird man auch nur
ein schmutziges Negativ erhalten. Bleistiftstriche in Tuschzeichnungen,
ungleiche Farbe der Tusche stören ebenfalls. Die Photographie giebt
alles wieder, auch die Nebensachen, und letztere oft in unan-
genehmem Grade. Zeichnungen, Kupfer satinirt man vorher, um
das Papierkorn möglichst hinwegzuschaffen. Bilder unter Glas
rahme man lieber aus, das Glas giebt leicht störende Reflexe.
Welche Schwierigkeiten manche Originale von vergilbten Drucken,
fleckigen Zeichnungen etc. etc. machen, ist bekannt. Zur Ueber-
windung derselben wendet man die Origin alretouche an. Hr.
Scamoni, Photograph in der kaiserlichen Staatsdruckerei in St. Peters-
burg, schreibt darüber: Jedes gelbliche oder sonstwie störende
Fleckchen auf dem Original decke ich in den Zwischenräumen der
Linien in der Zeichnung vorsichtig mit Kremserweifs und verstärke,
wo es angeht, die Kernschatten, in welchen die Farbe allzu grisselig
erscheint. Ist das Papier faltig und nicht glatt aufspannbar, so presse
ich es in einen Rahmen mit fester Rückwand dicht gegen eine
Spiegelscheibe , durch welche man bei richtiger Aufstellung des
Rahmens im ruhigen Lichte ganz gut photographiren kann. Für
absolut ebene Aufspannung mufs stets Sorge getragen
werden, sonst entsteht unfehlbar Verzeichnung.
2) Aufstellung.
Die Aufnahme einer Zeichnung ist namentlich in optischer Hin-
sicht die einfachste Aufgabe, die einem Künstler gestellt werden kann.
Grofse Arrangements sind hier nicht nöthig. Vollkommen ebene
Aufspannung des Blattes auf dem Reifsbrett, parallele Auf-
Vogel, Lehrbuch ü. Photographie. 2-J
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376
Reproductionsgestell.
Stellung der matten Scheibe des Apparats und der Zeichnung
sind ein Haupterfordernifs desselben. Ist diese nicht vorhanden, so
^ind Verzeichnungen die Folge. Die an sich parallelen
Linien laufen nach oben oder nach der Seite zusammen,
falls der Apparat statt genau senkrecht mit seiner Axe auf die
Zeichnung gerichtet zu sein, etwas nach oben oder nach der Seite sieht.
Um parallele Aufstellung zu erzielen, haben gröfsere Repro-
ductionsateliers Vorrichtungen , um Reifsbrett mit der Zeichnung in
unveränderlicher paralleler Lage sich gegen einander verschieben zu
lassen. Ein solcher Apparat (Fig. 113) besteht aus einem starken
Gestell, das der Länge gemäfs auf vier oder mehr Beinen ruht. An
dem einen Ende davon
,l3- wird das Reifsbrett fest
angebracht, und zwar im
rechten Winkel zu den
metallenen Rinnen, die in
den Seiten des Gestelles
befestigt sind und in wel-
chen die Vorrichtung, die
die Camera trägt, sich
mittelst metallener Aus-
läufer bewegt. Wenn
nöthig, kann das eine
Ende offen gelassen werden, um den Operateur heranzulassen, wenn
er einstellt, und zwar dadurch, dafs die Seiten des Gestelles an den
Stellen zwischen dem Platz, den die Camera gewöhnlich einnimmt,
und dem Brette durch eiserne Klammern zusammengehalten, ebenso
die Beine nahe am Boden mit einander in Verbindung gebracht
werden. Bei dem Copirtisch im Atelier der Königl. Gewerbe-Akademie
wird das Reifsbrett mit Hülfe von Schnüren, die über eine unterhalb
der Camera befindliche Rolle laufen, genähert und entfernt.
Das Reifsbrett soll in Quadratzolle eingetheilt sein, was, ver-
bunden mit den Vierecken und Linien, die auf der matten Scheibe
ebenfalls in Zollen markirt sind, eine grofse Hülfe ist, um zu be-
stimmen, ob das Bild vollkommen viereckig und von richtiger Gestalt
ist und zugleich ein Mittel gewährt, um das Gröfsenverhältnifs
(v> i> i) zu beurtheilen. Sehr praktisch ist es ferner, diesen Apparat
an der Seite mit einer Zolltheilung zu versehen, nach welcher
man die Entfernung zwischen Objectiv, matter Scheibe und Zeich-
nung schon im Voraus regeln kann. Man markirt sich dann die
für ein bestimmtes Objectiv nöthigen Stellungen, um halbe, ganze,
doppelte etc. Naturgröfse zu erzielen, und erspart sich dadurch das
oft wiederholte zeitraubende Einstellen.
Die Dimensionen dieser Gestelle richten sich nach den Anforde-
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Reproductionen.
377
rangen. Man beachte, dafs man für Lebensgröfse - Zeichnung die
matte Tafel um die doppelte Brennweite vom Objectiv entfernen
mufs. Kleinere Gestelle der Art setzt man auf Rollen, sie lassen
sich dann bequem im Atelier herumfahren.
Wenn Reproductionen nur ausnahmsweise gefertigt werden, hilft
man sich mit einfacheren Vorrichtungen.
Man nimmt dann dag Stativ (S. 243) als Basis der Zeichnung
und stellt dem gegenüber den Apparat auf gewöhnlichem Stativ
(S. 244) auf. Man sucht zunächst die Entfernung beider ungefähr
zu fixiren nach Mafsgabe der Verkleinerung, dann stellt man Apparat
und Zeichenbrett möglichst genau senkrecht, indem man die
senkrechten Kantenlinien mit senkrechten Architektur-
theilen abvisirt z. B. mit einer Mauerecke; nachher sorgt man auch
für Parallelstellung beider durch Abvisiren der Horizontal-
kanten (von Zeichenbrett und Apparat) mit den Dielritzen. Beides
erfordert einige Geduld, führt jedoch besser zum Ziel als Wasser-
waagen.
Anders verfährt man zuweilen bei Oelgemälden. Diese bängt
man, um die fatalen Reflexe zu vermeiden, schief nach vorn ge-
neigt auf, gerade so wie sie in Gallerieen zu hängen pflegen.
3) Beleuchtung.
Bei Aufnahmen von Zeichnungen ist die Beleuchtung allerein-
fachster Natur. Man braucht nichts weiter als ein gleicbmäfsiges
Licht über die ganze Fläche. Ein solches findet nur statt, wenn
der Lichtwinkel für jeden Punkt der Zeichnung annähernd derselbe
ist. Wer die Principien der Beleuchtung (S. 226) sorglich beachtet
hat, wird sich hierüber leicht ein Urtheil bilden können. Man ar-
beitet am bequemsten in einem Vorderlicht, was über den Ap-
parat hinweg auf die Zeichnung fällt. Man sorgt dafür, dafs die
Camera nicht Schatten auf das Blatt wirft.
Nicht selten ist das Papier rauh. Jede einzelne Faser oder jedes
Loch wirft alsdann Schatten. Man satinire (wenn es geht) vorher
das Blatt oder aber vernichte den Schatten durch Reflexe, indem man
einen weifsen Papierbogen vor das Blatt legt
Noch störender als Rauhigkeiten ist Glanz, wie bei lackirten
Bildern, namentlich Oelgemälden und Photographiecn. Man bringt
die Staffelei mit den Bildern an einen Ort des Ateliers, wo dieser
störende Reflex nicht erscheint. Auf- und Zuziehen von Gardinen
hilft hierbei wesentlich. Um ganz sicher zu sehen, dafs derselbe
nicht stört, bringt man den Kopf mit dem prüfenden Auge vor
das Objectiv des Apparats. Hier bemerkt man erst genau die
Wirkung der Beleuchtung. Oelgemälde hängt man schief auf und
25*
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378
Reproductiouen.
richtet die Axe des Apparats senkrecht auf ihre Fläche nach oben.
Aufnahme in directem Sonnenlichte ist für Oelgemälde, nament-
lich stark nachgedunkelte, unter Umständen von Vortheil. Die Be-
leuchtung ist hier so zu wählen, dafs neben dem Glanz auch noch
das Schattenwerfen dicker Farbenlagen vermieden wird.
4) Objective.
In der Praxis werden alle Sorten Objective für Reproductionen
verwendet. Bei Aufnahme von Kunstsachen, Kupfern, Oelbildern
stört eine geringe Verzeichnung, wie sie Portrait- oder Landschafts-
linsen zeigen, nicht, namentlich wenn nur der mittlere Theil ihres
Gesichtsfeldes zur Anwendung kommt.
Für mathematisch genaue Bilder verlangt man aber absolut
correct zeichnende Objective und dazu empfehlen wir das Triplet-
und Aplanatobjectiv (s. S. 190). Lichtstarkere (Portrait-) Linsen
würden nur für dunkel wirkende Oelbilder nöthig sein, um die Ex-
positionszeit abzukürzen. Lichtschwache, wie das Pantoskop (welches
auch correct zeichnet), sind nur bei sehr hellem Lichte bequem an-
zuwenden.
Man stellt erst mit vollem Objectiv auf die Mitte ein
(Steinheil) oder auf die Hälfte zwischen Mitte und Bildrand (Dall-
meyer), dann blendet man ab. Bei Linearzeichnungen nimmt man
die Blende so klein, dafs die Schärfe bis zum Rande geht. Bei
Oelbildern kann man gröfsere Blenden verwenden, um Lichtstärke
zu gewinnen.
5) Schutz des Objectivs vor fremdem Licht.
Dieser ist bei Zeichnungen, wo es darauf ankommt, die Linien
klar zu erhalten, dringend nöthig. Man bringt vor das Objectiv
einen innen schwarzen Kasten an und setzt vor denselben eine
Pappe oder einen Schirm, in dem ein Loch ausgeschnitten ist,
welches dem Objectiv gerade nur die Aussicht auf die Zeichnung
gestattet, alles Uebrige aber abdeckt. Ein über das Objectiv gestülp-
tes, an der Camera befestigtes weites Rohr von Pappe, in dem
sich ein zweites engeres Rohr fernrohrartig verschiebt, ist zu
diesem Zwecke ebenfalls brauchbar. Landschaftslinsen bedürfen
dieses Objectivschutzes nicht so dringend als Portraitlin sen, Apla-
nats und Triplets.
Man verwende nicht das ganze Gesichtsfeld der Linse, sonst
ist man einer merklichen Abnahme der Lichtstärke nach
dem Rande hin ausgesetzt.
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Reproductionen.
379
6) Expositionszeit.
Die richtige Expositionszeit ist bei Reproductionen sehr
schwer zu bestimmen. Man unterscheidet:
Schwarze Linearz eichnu n gen ohne Halbtöne (auch Kupfer-
stiche) und Halbtonbilder. Ex ponirt man erstere zu kurz, so erhält
man ein ganz blasses, langsam herauskommendes Bild. Es sind alle Striche
durchsichtig darin zu sehen, aber es erfordert eine sehr lange Verstär-
kung, bei der nur zu leicht die Schicht mürbe wird und reifst. Exponirt
man zu lange, so üben auch schliefslich die schwarzen Striche eine
Lichtwirkung, und sie erscheinen nach der Entwicklung matt und
verschleiert und liefern beim Druck ein graues Bild statt eines
schwarzen. Im A llgem einen ist bei Linearzeichnungen Ueber-
exposition nachtheiliger als U n terex posit on (umgekehrt wie bei
Landschaften und Portraits).
Zeichnungen mit Halbtönen erfordern, um Details in den
tiefen Schatten zu erhalten, längere Exposition als Strichzeich-
nungen. Zeichnungen mit Halbton und Strich machen daher
die meisten Schwierigkeiten. Exponirt man auf den Halb ton aus,
so bekommt man zum Theil verschleierte Striche; exponirt man
kürzer, so bekommt man schwarze Striche, aber harten Halbton und
Detailmangel in den Schatten. Man wählt von beiden Uebeln
das kleinste. Zeichner, die für Photographie arbeiten, mögen sich
daran gewöhnen, in tiefen schwarzen Strichen auf weifs Papier zu
zeichnen. Graue Striche machen die meiste Noth, z. B. der glänzende
Bleistiftstrich, Auch die Kupferdrucke machen Schwierigkeiten, sie
sind meist nur mittelschwarz und leicht bekommt man Reproductionen,
die schwärzer oder flauer als das Original erscheinen.
Oelgemälde richtig zu photographiren hielt man früher für
unmöglich. Die Farben machen allerdings grofse Schwierigkeiten.
Eine chromgelbe Sonne wird stets eine schwarze Scheibe werden, trotz
noch so langer Exposition, und ein Ultramarinhiramel stets ein weifser
Klecks, abgesehen von anderen Tönen, für die unsere Farben -
tafel lehrreiche Beispiele enthält. Am widerspenstigsten ist
Braun, daher braune Photographieen schlecht zu reproduciren sind.
Glücklicher Weise wirkt das von der Farbenoberfläche reflectirte
Nebenlicht noch etwas mit, im Allgemeinen aber wird man bei Oel-
bildern eine viel längere Exposition nöthig haben, als bei allen
andern Bildern, wenn man Details in den Schatten und unwirksamen
Tönen erzielen will.
10
Man prüfe jedes Bild nach der Entwicklung auf das
Sorglichste. Zeigt es ungenügende Schattendetails, so wieder-
holt man die Arbeit mit längerer Exposition. Manchmal erzielt inan
auch dabei keinen Erfolg, namentlich bei Farben wie Umbra, Dunkel-
grün. Hier bleibt dann weiter nichts übrig, als dns Feh-
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380
Reproductionen.
lende durch Negati vretouche zu ergänzen. Ein Gleiches
mufs auch oft in den hellen Lichtern (Himmel, Wolken) erfolgen,
die vielleicht im Negativ sichtbar sind, aber zu wenig gegen den
Grund contrastiren. Man verstärkt alsdann dieselben durch Nach-
tuschen.
In Bezug auf die Technik der Negativretoucbe verweisen wir auf
das vortreffliche Werk von Grafshoff: Ueber Retouche der Pho-
tographieen. Zweite Auflage 1869.
7) Operationsmethoden, Formeln.
Man arbeitet mit den oben gegebenen Recepten. Für Halbton-
bilder und Oelgemfdde starker Entwickler, für Bilder in Strich-
manier schwacher Entwickler (s. S. 256).
Für lange Expositionen bedarf man besonderer Vorsichtsmafs-
regeln. Gar zu leicht entstehen dabei einerseits Marmor fl ecke
durch Hängenbleiben einzelner Badtropfen an der abstofsend wirken-
den Collodionschicht. Collodionsorten, von denen das Silberbad trotz
längeren Eintauchens wie von Fett abläuft, sind für lange Ex-
positionen nicht brauchbar. Es giebt andererseits Moosflecke,
durch Einsickern von Schmutztbeilchen aus dem Cassettenholz,
die sich in der ablaufenden BadBüssigkeit lösen und von dem
schwammigen Collodion absorbirt werden; endlich Trocke nf lecke,
durch wirkliches Eintrocknen der Silberlösung auf der Platte,
wobei das Jodsilber von dem concentrirteren Bade aufgelöst wird.
Um nasse Platten für lange Expositionen zu bewahren, empfiehlt
Carey Lea im „Philadelphia Photographer“ folgende Methoden:
„1) Man vermeidet die Marmorflecke, welche namentlich in der
Mitte der Platte entstehen, am besten dadurch, dafs man die Platte
so rasch wie möglich nach dem Collodiongiefsen ins Silberbad bringt.
2) Die Flecke, welche trotz dieser Vorsichtsmalsregel bei langen
Expositionen an den Rändern und namentlich an den unteren
Ecken auftreten, vermeidet man
d) durch den Gebrauch zweier Bäder, eines alten behufs der
Sensibilisation, eines neuen behufs des Eintauchens der sen-
sibilisirten Platte nach dem Herausnehmen aus dem ersten
Bade;
b ) durch das Einlegen einer dicken streifenförmigen Lösch-
papierlage, die man der Länge nach umknifft, so dafs der eine
Theil ungefähr | Zoll , der andere 1 Zoll breit ist ; den j Zoll
breiten Theil schiebt man unter die Platte, wenn sie in der
Cassette liegt, so dafs die Platte auf der dicken, schmalen
Papierlage steht. Der breite Theil des Papiers liegt dann
auf der Rückseite.
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Reprodoctiooen.
381
Reinhaltung der Cassette selbstverständlich. In dieser Weise
kann man Expositionen von einer halben Stande und mehr ohne
Gefahr anwenden.
Deckung der Rückseite der Platte mit nassem Löschpapier und
Anwendung eines möglichst schwammigen und bromreicbcn Collodions
dürften hier ebenfalls als empfehlenswertbe Mittel in Erinnerung
gebracht werden.
Jabez Hughes empfiehlt neben den letztgenannten Mitteln
die Anwendung gewaschener nasser Platten. Man taucht die
Platten nach dem Sensibilisiren in eine grofse Schale mit sehr
reinem destillirtem Wasser, bewegt sie hierin drei Minuten, läfst
abtropfen und benutzt sie so. Vor dem Entwickeln werden sie in
das Silberbad zurückgebracht und in demselben mindestens eine Mi-
nute bewegt.
Bei der Entwicklung ist das schnelle oder langsame Erschei-
nen ein Kriterium, ob das Bild über- oder richtig exponirt ist. Die
Verstärkung ist namentlich bei Strichzeichnungen ein Punkt von
bedeutender Wichtigkeit. Die Platte mufs so intensiv wer-
den, dafs sie das Licht beim Copiren schwer hindurchläfst, sonst
bekommt man eine Reproduction mit grauem, statt mit weifsem
Grund.
Sehr dicke undurchsichtige Drucke verlangen Photolithographen,
Photozincographen u. dgl. Für diese empfiehlt Waterhouse folgende
Verstärkungsmethode: „Nachdem die Pyrogallussäurelösung vollständig
abgewaschen ist, wird die Platte in eine gesättigte Lösung von
Quecksilbersublimat getaucht und bleibt darin, bis sie ganz weifs ist;
sobald glänzende Linien erscheinen, sollte die Operation nicht über
einen dunkelgrauen Ton fortgeführt werden. Die Platte wird darauf
gut gewaschen und man giefst eine verdünnte Lösung von Schwefel-
ammonium darüber, welche die Farbe in ein in’s Rothbräunliche
spielendes Schwarz verändert. Nachdem die Platte gut abgewaschen
und getrocknet ist, wird sie auf die gewöhnliche Weise lackirt.
„In Folge meiner Versuche in Indien fand ich, dafs, wenn man
Citronensäure im Verstärker angewendet hatte, die Haut grofser
Neigung, Risse zu bilden, unterworfen war, sobald man sie in das
Bad von Quecksilbersublimat eintauchte. Ich suchte daher ein Mittel,
das Quecksilbersublimat zu ersetzen, das aus mehreren Gründen un-
angenehm ist. Ich wendete dazu folgende durch Mr. Carey Lea
empfohlene Lösung an:
Kaltgesättigte Lösung von doppelt-
chromsaurem Kali 3 Fluid-Drachmen,
Salzsäure 1 Drachme,
Wasser 6 Unzen.
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382
Reprftrtuctionen.
Diese Lösung wird auf die Platte gegossen, nachdem sie mit
Pyrogullussäure verstärkt worden ist; die Farbe der Haut verändert
sich schnell in ein prächtiges Limonengelb und die Linien scheinen
sich etwas zu klären. Nachdem eg weggewaschen ist, wird Schwefel-
ammonium-Lösung angewendet und diese verändert die Farbe in ein
dichtes Chocoladenbraun.
Der einzige Punkt, der Aufmerksamkeit bedarf, ist das Waschen
der Platte nach jeder einzelnen Operation; denn unterläßt man dies
zu thun, so verschwimmen die Linien, bedecken sich mit Niederschlag
und das Negativ ist unbrauchbar.
8) Das Drucken.
Vollkommene Negative drucken sich leicht und ohne Finessen.
Man copirt etwas über, so dafs der Grund leise angelaufen ist, beim
Tonen werden dann die Bilder weifs. Negative, in denen manche
Theile zu dick, andere zu dünn sind, werden mit Masken copirt.
Man läfst erst die dünnen Theile durchcopiren ; sind diese fertig, so
deckt man sie (auf dem Rahmen) mit passend zugeschnittener Pappe,
die man mit Nägeln festmacbt, die übrigen Theile läfst man dann
weiter copiren. Den Ton der Bilder halte man mehr schwärzlich
(durch Anwendung eines alkalischen oder Chlorkalkbades, 8. S. 296).
9) Die Kritik des Resultats.
Die Beurtheilung des Resultats, der strenge und sachkun-
dige Vergleich des fertigen Bildes mit dem Original, ist bei Zeich-
nungen und Kupferstichen nicht sehr schwierig, da Original und
Copie monochrom ist. Schwerer ist dieser Punkt bei Oelgemälden.
Hier soll die Wirkung der Farbe durch blofse Abstufungen zwischen
Hell und Dunkel wiedergegeben werden. Hier ist von vornherein
zu beachten, dafs die Photographie die kalten Farben (blau) zu hell,
die warmen (gelb, roth) zu dunkel wiedergiebt. Dieser Gegensatz
mufs ausgeglichen werden, wenn das Bild wahr werden soll. Man
mufs sich hier gleichsam das farbige Original analysiren, von der
Farbe abstrahiren und beachten, was darin hell, halbdunkel und ganz
dunkel erscheint, was hervorgehoben werden mufs und was nicht.
Besitzt die Photographie keine richtige Abstufung zwischen Licht
und Schatten, treten die Figuren nicht auseinander, fehlt, mit einem
Worte gesagt, die Haltung, so ist das Bild nichts werth.
Wer Kunstwerke richtig photographiren will, mufs Kunstkenner
sein oder sich einem solchen unterordnen.
Es existiren Hunderte von Oelreproductionen im Handel, welche
da Helligkeit zeigen, wo das Original dunkel ist, und umgekehrt,
oder wo die einzelnen Figuren, die in Folge des Farbenunterschiedes
beim Original vortrefflich auseinandertreten, in der Copie zusammen-
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Aufnahme von Modellen etc.
383
schwimmen, oder wo tiefe Dunkelheit herrscht in Flächen, die im
Oelbilde die feinsten Details zeigen. Auf alle diese Punkte mufs
geachtet werden; nur mit sorglichster Kritik ist ein Resultat zu
erzielen. Alte nachgedunkelte Oelgemälde, in welchen auch das Auge
nichts mehr erkennt, machen natürlich viel mehr Schwierigkeiten als
neue.
Die Reproductionsphotographie ist ein Verfahren, welches an der
Grenze steht zwischen der rein mechanischen und künstlerischen
Thätigkeit des Photographen. Insofern gehört sie theilweise, so-
weit sie auf künstlerischen Grundsätzen basirt, in das Capitel
über photographische Aesthetik; praktische Rücksichten veran-
lassen uns jedoch, sie hier im rein technischen Theile unseres
Buches abzuhandeln.
II. Aufnahme von Modellen, Ornamenten, Statuen,
Kunstgeräthen, Maschinen etc. etc.
1) Vorbereitung der Objecte und Aufstellung.
Es ist schwer, für das bunte Allerlei von Gegenständen, welche
unter dieses Capitel rangiren, allgemeine Regeln zu geben, da solche
sich doch für jeden specjellen Fall modiöciren, demnach wollen wir
hier wenigstens die Principien entwickeln, die man bei solchen Auf-
nahmen nicht ungestraft verletzen darf. Hier gelten die Regeln wie
in S. 375. Man entferne alles, was nicht zur Sache gehört, und
scheue kein Mittel, den Gegenstand so elegant als möglich so machen,
ehe man an die Aufnahme geht.
Die Objecte, welche unter dieses Capitel gehören, sind entweder
leicht transportabel (atelierfähig) oder nicht. Letztere müssen am
Standorte aufgenommen werden, oft mit allen sie umgebenden Zu-
fälligkeiten (Landschaftshintergrund, umstehende Gaffer etc.), oft
in einer unpassenden, ja unmöglichen Beleuchtung, wie in dunklen
Räumen etc. etc.
Atelierfähige Objecte arrangirt man am besten vor einem
monotonen Hintergründe (s. S. 240). Man bedarf für denselben
je nach der Natur des Gegenstandes verschiedene Nuancen. Regel
ist: Der Gegenstand mufs sich deutlich vom Hintergründe
abheben. Beide dürfen nicht gleich hell oder gleich dunkel sein.
Zu beachten ist hierbei, dafs der Hintergrund um so
dunkler wird, je weiter er vom Object entfernt ist. Man
hat es dadurch sogar in seiner Gewalt, ganz schwarze Fonds zu
erzeugen, obgleich der Originalhintergrund vielleicht nur grau erscheint.
Einen zu dunklen Hintergrund kann man durch passende Beleuch-
tung aufhellen. Als Basis wähle man einen dunklen Tisch oder
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384
Aufnahme von Modellen, Maschinen etc.
ein solches Postament. Alle Nebensachen entferne man. Senk-
rechte Stellung ist meist selbstverständlich. Wichtig ist die Wahl
des Standpunkts der Camera. Sie mufs da stehen, wo ein sach-
kundiger Beobachter, d. h. einer, der nicht mit Photographie, son-
dern mit dem Gegenstände vertraut ist, sich aufstellen würde,
um einen ganzen vollen Anblick des Werkes zu erhalten. Sie mufs
der Sehrichtung eines solchen Beobachters entsprechen. Wenn dem-
nach der Photograph seinen Standpunkt richtig wählen will, so mufs
er den Gegenstand kennen. Was hilft das brillanteste Bild einer
Maschine, wenn die Hauptsache darin durch Nebensachen verdeckt
ist? Oft kommt es hier auf ein Stirnrad, eine Schraube an. Ebenso
ist es bei Kunstgegenständen. Hier mufs der Photograph selbst sich
erst in seinen Gegenstand einzulernen suchen, er mufs das Modell
verstehen, gerade wie ein Schauspieler erst seine Rolle lernen und
sich mit dem darzustellenden Charakter vertraut machen mufs, ehe er
an die Aufführung desselben gehen kann. Wer demnach plastische
Figuren anfnehmen will, mufs Kenner der Plastik sein, Kunsturtheil
besitzen, sonst können leicht die gröbsten Verstöfse begangen werden.
Dasselbe gilt für Aufnahme technischer Gegenstände, wie Oefen,
Reliefs, Maschinen, Werkzeuge. Wer bei mangelnder Sachkenntnis
zur Aufnahme solcher Gegenstände schreiten will, der lasse sich
wenigstens von Sachkundigen belehren. Er frage bei Aufnahme
plastischer Kunstwerke den Kunstkenner oder Bildhauer, bei Aufnahme
von Industriegegenständen den sachkundigen Techniker um Rath,
welche Theile wesentlich, welche unwesentlich sind; das
müssen auch die Kupferstecher thun, welche Maschinenzeichnungen
stechen.
Man hat oft den Nutzen technischer photographischer Aufnahmen
gering geschätzt, aus welchem Grunde? Weil sie von unverständigen
Photographen gemacht worden sind. Nicht die Photographie, sondern
ihren Jünger trifft die Schuld. Nun gestattet uns der Raum nicht,
hier ein vollständiges Lehrbuch der Plastik zu schreiben für den, der
Statuen, ein Lehrbuch des Maschinenfacbes für den, der Maschinen
aufnehmen will, oder ein Lehrbuch der Architektur für die Aufnahme
von Gebäuden. Glücklicher Weise ist unsere Literatur nicht arm an
solchen Werken und es ist Sache eines Jeden, sich durch Selbst-
studium die nöthigen Kenntnisse anzueignen*). Diese Specialkennt-
nisse sind es eben, welche dazu geführt haben, dafs es jetzt besondere
Portrait-, Architektur-, Landschafts- und Maschinenphotographen
giebt. Der technische Procefs ist bei allen diesen so ziemlich der-
selbe, aber das Können jedes Einzelnen in seinem Fache rührt von
•) Wir empfehlen 1) Geschichte der Architektur von Wilhelm Lttbke, Stuttgart
bei Ebner & Seubert (auch in einer billigeren und kürzeren Ausgabe vorhanden).
2) Geschichte der Plastik von Wilhelm Lflbke, Leipzig bei Seemann.
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Aufnahme von Modellen, Maschinen etc.
385
der Sacbkenntnifg her, die er sich in Beurtheilung eines Portrait«,
einer Landschaft, einer Maschine erworben hat. Daher ist es gar
nicht selten, dafs ein sehr geschickter Portraitist ein schlechtes Bild
einer Landschaft liefert, ein sehr tüchtiger Reprodoctionsphotograph
kein ordentliches Portrait zu Stande bringt etc.
Hat man die richtige Beobachtungsseite gefanden, so ist die
Bntfernang noch ein Punkt von Wichtigkeit. Steht man zu nahe,
so erhält man mit der besten Linse leicht perspectivische Uebertrei-
bungen, die nahen Theile erscheinen zu grofs gegen die entfernteren.
Gebt man zu weit zurück, so wird das Relief leicht zu flach. In
ersteren Fehler verfällt der Photograph aus Mangel an Distanz
viel leichter als in letzteren und bleibt ihm hierbei (beim Arbeiten
in engen Räumen) oft nichts weiter übrig, als sich ins Unvermeidliche
zu ergeben. Senkrechte Stellung der Camera wird in den meisten
Fällen geboten sein, namentlich bei Aufnahme technischer Gegenstände
(Modelle etc.). Unter Umständen mufs jedoch eine geneigte Stellung
gewählt werden. Man denke sich eine Statue auf hohem Postament,
die man nur mit gehobenem Auge zu sehen gewöhnt ist, und die in
Folge dessen auch vom Künstler mit Rücksicht auf diese Sebrichtung
construirt ist. Man würde sehr fehlerhaft operiren, wenn man das
Modell einer solchen Statue im Atelier in gleicher Höhe mit dem
Apparat aufstellen wollte. Im Gegentheil, man stellt sie höher und
richtet den Apparat schief nach oben; dann entspricht man den
natürlichen Bedingungen, für welche der Künstler die Statue construirt
bat. Es giebt Kunstwerke, wie der Georgskopf von Kifs, die zu
ebener Erde betrachtet, ganz unansehnlich werden und erst beim
Aufblick einen erhabenen Eindruck machen.
Gegen diese Principien wird oft gesündigt. Portraitphotographen,
gewöhnt ihre Camera auf lebende Modelle schief nach unten zu
richten, wenden oft genug dieselbe Stellung des Apparates für alle
anderen Objecte an. Hier machen wir den Photographen auf dasjenige
aufmerksam, was wir unter dem Titel Perspective erörtern werden.
2) Beleuchtung und Exposition.
Ebenso wichtig als die Standpunktwahl ist die Wahl der
Beleuchtung. Artistische Gegenstände erfordern analoge Rück-
sichten wie Portraits (siehe unten Aesthetik); technische sollen in
allen Theilen deutlich erscheinen, man vermeide hier dunkle Schat-
ten, die Einzelheiten völlig unsichtbar machen können. Ein gleich-
mäfsig einströmendes Licht eines hohen Ateliers ist für solche vorzu-
ziehen. An Ort und Stelle aufzunehmende Objecte lassen sich freilich
nicht in passende Beleuchtung bringen. Man mufs diese abwarten
und oft durch künstliche Mittel (Spiegel-, Magnesiumlicht) nachhelfen.
Man wirft mit Hülfe eines Spiegels Sonnenlicht auf den Gegenstand
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386
Aufnahme von Modellen, Maschinen etc.
(am besten in der Camerarichtung) und läfst durch leises Bewegen
des Spiegels die Lichtstrahlen während der Exposition über den gan-
zen Gegenstand hin und her gehen. Bei sehr versteckten Objecten
roufs oft das vom ersten Spiegel gesendete Licht von einem zweiten
aufgefangen werden. Natürlich geht bei solcher Spiegelung Licht ver-
loren. Expositionszeit für solche Spiegelbeleuchtung im Juli für Stein-
heilobjectiv dritte gröfste Blende, einfache Spiegelung circa 6 Minuten;
zweifache Spiegelung 9 — 12 Minuten für schwarze Objecte.
Die nachfolgenden Principien der Beleuchtung und Perspective sind
mafsgebend für alle Aufnahmen. Nun sind die hier speciell von uns
ins Auge gefafsten leblosen Gegenstände aufserordentlich ver-
schiedener Natur: oft rein artistischer, wie Gypsmodelle, Marmor-
figuren; oft rein technischer Natur, wie Maschinenmodelle.
Manche schwarz von Farbe (Eisengufs), manche hell (Gyps).
Wie himmelweit verschieden die Behandlung solcher Körper ist,
ist klar. Eine weifse Figur erfordert einen dunklen Hintergrund, eine
schwarze (Eisen, Bronze) einen hellen, erstere eine kurze, letztere
eine lange Expositionszeit. Treten Glanzlichter hinzu (Metall-
sachen), so stören diese oft in sehr empfindlicher Weise und nöthigen
zu einer Aenderung des Lichteinfalls oder zum Einstauben mit grauer
Kreide. Noch fataler wirken Farben. Oft mufs bei Modellen Roth-
gufs und Bronce markirt werden, beide wirken in der Photographie
fast gleich. Hier mufs Negativretouche nachhelfen, um Theile zu
trennen, die im Bilde zusammenfliefsen.
Für Aufnahme von Gebäuden im Freien ist ein Lichteinfall unter
45° von vorn der vortheilhafteste. Man exponire hier so lange, bis alle
Schattendetails sichtbar sind. Ueber die Tagesstunde siehe S. 141.
3) Linsen.
Bei der Wahl der Linsen beachte man vor allem Freiheit
von Verzeichnung. Für lichtarme Objecte wird man mit
Portraitlinsen , für solche, welche correct gezeichnet sein sollen
(Maschinen), Triplets oder Aplanats nehmen, bei grofsem Winkel
und kleiner Distanz Pantoskope. Wir wiederholen: Bekannt-
schaft mit dem Objecte selbst ist nothwendig, um hier die richtige
Wahl des Apparats zu treflfen. Dasselbe gilt für die Abblendung.
Sehr vortheilhaft ist es, über Maschinen nach der Längen-,
Breiten- und Höbenrichtung schwarz und weifs markirte Mafsstäbe
zu legen. Diese photographire man mit , denn sie erlauben bei
Kenntnifs der Perspective leicht die Entnahme von Dimensionen aus
der Photographie.
Der Negativ- und Positivprocefs geht nach den früher gegebenen
Regeln vor sich. Man bediene sich jedoch nicht eines schwachen,
sondern eines starken Entwicklers (s. o.).
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Die Kunst der Photographie
oder
die photographische Aesthetik.
Die photographischen Bilder, welche man mit Hülfe der aus-
führlich beschriebenen Verfahren erhält, haben sehr verschiedene
Zwecke. Sie sind entweder rein wissenschaftlicher oder tech-
nischerNatur: z. B. Mikroskop-, Maschinen- und Gebäudeaufnahmen ;
sie haben dann den Zweck zu belehren oder den der wirklichen
praktischen Anwendung zur Entnahme von Mafsen , Richtungen
(Karten), Dirigirung von Bauten, oder aber sie sind artistischer
Natur, sie haben keinen andern Zweck als den, zu gefallen. Hier-
her gehören unter den Naturaufnahmen die Portrait- und
Landschaftsbilder.
Es ist eine völlig müfsige Frage, ob Photographie eine Kunst
sei oder nicht.
Die Erfahrung hat gezeigt, dafs die schärfste, fleckenloseste und
überhaupt technisch vollendetste Photographie eines Portraits oder
einer Landschaft einerseits gänzlich unwahr erscheinen, andererseits
vollkommen mifsfallen kann, wenn nicht in derselben die Gesetze
des Schönen beachtet sind, welche den Grund des Gefallens an
Werken der bildenden Künste, Plastik, Malerei, bilden. Dafs diese
Gesetze des Schönen nicht in ihrer Allgemeinheit in der Photographie,
die mehr wie jede andere Kunst „verhaftet an den Körpern“ klebt,
anwendbar sind, ist klar.
Der Photograph kann keinem idealen Gedankenfluge folgen, nicht
die Gebilde einer schaffenden Phantasie in Marmor oder in Farben
hinzaubern, seine Aufgabe ist: Wiedergabe der Natur. Man verlangt
von ihm höchstens eine schöne Wirklichkeit, Wahrheit in gefälliger
Form.
Sehen wir zu, inwieweit die Photographie die Wahrheit liefert.
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388
Photographie und Wahrheit.
Photographie und Wahrheit.
Man hört so häufig von Bewunderern der Photographie betonen,
dafs diese junge Kunst die reine Wahrheit wiedergebe, unter Wahr-
heit die Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit verstanden. Die
Photographie kann in der That, richtig angewendet, wahrere
Bilder liefern als alle andern Künste, aber absolut wahr ist
sie nicht. Und eben weil sie es nicht ist, ist es von Wichtigkeit, die
Quellen der Unwahrheit in der Photographie kennen zu lernen.
Deren sind aber viele. Ich spreche hier zunächst von den optischen
Fehlern. Ein Bild mit einer verzeichnenden Linse aufgenommen,
in dem also gerade Linien am Rande krumm erscheinen, ist offenbar
nicht wahr. Die Unwahrheit mag von Vielen nicht empfunden
werden, vorhanden ist sie aber. Nun wird man sagen, dafs dieser
Fehler bei correct zeichnenden Linsen wegfällt: wahr, sehr wahr,
aber man sehe sich einmal die mit correct zeichnenden Linsen von
niedrigen Standpunkten aufgenommenen Gebäude an. Die Linien,
die senkrecht stehen sollen, convergiren nach oben. Ist das W abrheit?
Man wird einwerfen, das rührt von dem schiefen Stand der
Camera her. Sehr richtig. Jetzt nehme man mit einer Kugellinse
oder einer anderen Linse von grofsem Gesichtsfeld eine Strafte auf.
Wie vertieft sich da die Perspective! Wie riesengroft erscheinen die
naben, wie klein dagegen die ferneren Gegenstände! Häuser in
dreihundert Schritt Entfernung sehen aus, als ständen sie eine halbe
Meile weit. Ist das Wahrheit? Und doch zeichnet die Linse richtig,
und doch steht die Camera horizontal und die Perspective ist mathe-
matisch so genau, wie sie ein Zeichner nicht besser machen könnte.
Wo steckt aber der Fehler? In dem zu groften Gesichtswinkel.
Dieser ist nun leider oft nicht zu vermeiden und er übt sonder-
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Photographie und Wahrheit
389
barer Weise nicht nur auf gerade Linien, sondern auch auf krumme
einen starken Einflufs. Man denke sich eine Reihe Kanonenkugeln;
diese werden uns stets als Kugeln erscheinen und der Maler wird sie
stets als Kreis zeichnen. Jetzt nehme man dieselben mit einer Weit-
winkellinse auf, so dafs sie an den Rand des Bildes fallen — sie er-
scheinen nicht mehr kreisförmig, sondern elliptisch. Diese Er-
scheinung ist mathematisch leicht erklärbar. Jede Kugel A, B , C,
(Fig. 114) sendet einen Strahlenkegel auf das optische Centrum der
Linse o, dieser schneidet die Bildfläche, wenn seine Axe schief darauf
fällt, in einer Ellipse. (Siehe das Capitel der Perspective.)
Ein Photograph brachte mir das mit einer Kugellinse aufgenom-
mene Bild eines Schlosses, vor dem eine Reihe Statuen standen.
Sonderbarer Weise wurden die Köpfe derselben nach dem Bildrande
hin immer breiter und breiter, ebenso die Bäuche, und der schlanke
Appollo von Belvedere, der unglückseligerweise gerade am äufsersten
Rande des Bildes stand, batte ein so pausbäckiges Gesicht und solchen
Schmerbauch, dafs er aussah wie Dr. Luther. Ist das Wahrheit? —
Doch das sind nicht die einzigen Quellen der Unwahrheit, es giebt
noch zahlreiche andere.
Wir publiciren weiter hinten in diesem Buche vier Köpfe, von
Loescher & Petsch aufgenommen in Vorder-, Ober-, Seiten- und
schiefem Licht. Auf dem ersten Bilde sieht der Mann dumm und
verschlafen aus, auf dem zweiten grimmig und bissig, auf dem dritten
pfiffig. Welches von den drei genannten Bildern ist nun wahr?
„Gar keines.“ Am wahrsten, d. h. am ähnlichsten, erscheint No. 4,
wo der Mann in einer combinirten Beleuchtung aufgenommen worden
ist. Da sieht man den Einflufs der richtigen Beleuchtung auf die
Wahrheit des Bildes. Dieses gilt aber nicht nur für Portraits, sondern
auch für Landschaften. Man rühmte mir oft die Aussicht vom
Rochusberg in Bayern. Ich war mehrmals dort und fand die Aus-
sicht schauderhaft und sie wurde ebenso in der Photographie. End-
lich kam ich wieder einmal hin, aber durch Zufall nicht Morgens,
sondern Abends, und da war die Aussicht entzückend schön. — Aber
ganz abgesehen von der richtigen Direction des Lichtes als Bedingung
der Wahrheit, ist ein Umstand, der die Wahrheit der Darstellung in
Photographieen sehr beeinflufst, die Photographie giebt nämlich
im Allgemeinen die hellen Lichter zu hell, die dunklen
Schatten zu schwarz. Das ist ein Grundfehler, der im Wesen
derselben liegt und dessen Umgehung oft grofse Schwierigkeiten
macht. Am deutlichsten offenbart er sich bei Aufnahme eines von
greller Sonne beleuchteten Gegenstandes, z. B. einer Statue. Expo-
nirt man kurz, so erhält man ein detaillirtes Bild der Lichtseite,
aber die Schattenseite ist ein schwarzer Klecks. Exponirt man lange,
so bekommt man Schattendetails, aber die Lichter sind überexponirt
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390
Photographie und Wahrheit.
und so dick gedeckt, dafs in diesen die Details fehlen. Ist das
Wahrheit? Daher sind wir zu solchen Umwegen genöthigt, wie wir
sie leider in unsern Ateliers nehmen müssen. Wir müssen, wenn
wir ein richtiges Bild erzielen wollen, die Beleuchtungscontraste
mildern. Wir halten die Lichter tiefer, die Schatten aber viel heller
als die Maler zu thun pflegen. Letztere schreien oft Zeter, wenn
sie die photographische Beleuchtung an einem Modell sehen, und
wundern sich, wenn das Bild dennoch ein richtiges wird Bei Land-
schafts- und Architekturaufnahmen geht das freilich nicht so gut. Ich
photographirte einmal ein Laboratorium. Es stellte einen gewölbten
Saal dar. Alles ganz trefflich. Man sah die Tische, die Oefen, die
Retorten, die Lampen etc., nur das Gewölbe sah man nicht, es war
zu dunkel. Ich machte neue Aufnahmen mit 20, 30, 40 Minuten
Exposition. Endlich sah ich eine Spur des Gewölbes, aber jetzt
waren die Gegenstände in der Nähe der Fenster total überexponirt,
zeigten keine Details mehr. So erhielt ich drei oder vier Bilder.
Welches war wahr? Kein einziges! Schliefslich half ich mir durch
gespiegeltes Sonnenlicht, welches ich auf das Gewölbe fallen liefs.
(S. 386.) Dieser Umstand, dafs Photographie die dunklen Gegenstände zu
dunkel wiedergiebt, tritt aber schon bei ganz einfachen Arbeiten zu
Tage, z. B. bei Reproduction von Kupferstichen. Ein Photograph
reproducirte einmal Kaulbach’s Hunnenschlacht. Er erhielt ein rei-
zendes Bild, aber die Ferne im Original erschien zu dick, zu schwarz,
nicht duftig genug. Der Besteller verwarf das Blatt und verlangte
ein anderes. Der Photograph machte ein zweites mit längerer Expo-
sition und jetzt erschien die Ferne duftig, aber leider die nahen
Gegenstände, welche kräftig schwarz hervortreten sollten, waren grau.
Ist das Wahrheit? Schliefslich half der Photograph sich durch Nega-
tivretouche. Ich habe hier absichtlich ganz einfache Beispiele gewählt,
um zu zeigen, was diese schon für Schwierigkeiten bereiten, wenn
es gilt, die Wahrheit wiederzugeben. Nun aber kommt der aller-
böseste Punkt, die Farben. Die Photographie giebt die kalten Farben
zu hell, die warmen Farben (roth, gelb) zu dunkel. Man sehe die
Photographie des Sonnenuntergangs am Ganges von Hildebrandt.
Eine glühende rothe Sonne mit leuchtenden cbromgelben Wolken auf
Ultramarinhimmel. Was ist das in der Photographie geworden?
Eine schwarze runde Scheibe zwischen schwarzen Wetterwolken. Es
sieht aus wie die Sonnenfinsternifs von Aden. Ist das Wahr-
heit? Noch crasser tritt aber die Unwahrheit der Photographie zu
Tage, wenn sich ein Photograph in der Lösung höherer künstlerischer
Aufgaben versucht. Nehmen wir ein Beispiel. Es existirt ein hübsches
Genrebildchen, Mutterliebe. Eine junge Mutter sitzt auf einem Fau-
teuil lesend, ihr kleiner dahinter stehender Sohn umarmt sie plötzlich,
und freudig überrascht läfst sie die Hand mit dem Buche sinken, wendet
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Photographie und Wahrheit. 391
den Blick nach dem kleinen Liebling und bietet dem Jungen die Wange
zum Kufs dar.
Einen Photographen überkam die Idee, ein ähnliches Bild mit
Hülfe lebender Modelle zu reproduciren. Er fand ein hübsches
Mädchen, welches sich als Mutter gebrauchen liefs, auch ein draller
Junge wurde beschafft. Ein Fauteuil für die Mutter, Stuhl, Zimmer-
decoration, ein paar Möbel zur Raumausfüllung waren leicht besorgt.
Jetzt ging es an das Aufbauen. _ Die Mutter in effigie fügte sich
willig den Intentionen des Photographen, schnitt auch ein Gesicht,
welches zur Noth als Ausdruck von Mutterliebe gelten konnte. Der
Junge hatte jedoch andere Ideen. Er fühlte sich zu der Pseudomutter
nichts weniger als hingezogen, er protestirte energisch gegen jede
Annäherung und es bedurfte einiger Hiebe, ihn zur Annahme der
gewünschten Stellung zu bewegen. Darüber ist Zeit vergangen. Die
Mutter fängt an, sich in der unbequemen Stellung mit gewendetem
Hals unbehaglich zu fühlen. Endlich wird losphotographirt. Das
Bild ist scharf, fleckenlos, ausexponirt. Die Modelle werden zu ihrer
nicht geringen Freude entlassen. Es wird ein Bild gedruckt. Was
ist das Resultat? Der Bengel umarmt die Mutter mit einem Geeicht,
dem man die Hiebe noch ansieht, mit einem Blick, als wolle er sie
erwürgen, und diese sieht ihn so ernst an, als wolle sie sagen: „Karl,
du bist sehr ungezogen“, und scheint sehr unwillig darüber zu sein,
dafs ihre angenehme Lectüre unterbrochen wurde. Kann man sagen,
dafs solch ein Bild die Intentionen des Photographen richtig aus-
drückt? Ist das so hergestellte Bild ein Ausdruck der Unterschrift
„Mutterliebe“? Jedermann wird solchem Bilde die Unwahrheit
ansehen. Das Ganze ist, wenngleich ein naturgetreuer Abdruck des
gestellten Bildes, als Ausdruck der Mutterliebe eine photographirte
Lüge.
Solche Bilder existiren zu Tausenden im Handel. Man hat der-
gleichen Sünden namentlich vor zehn Jahren im Stereoskopenfach
massenhaft begangen, und wenn solche Bilder Beifall finden , so ist
einzig und allein der schlechte Geschmack des Publicums daran
Schuld. Doch man wird sagen, hier ist der Photograph an der Un-
wahrheit des Bildes nicht Schuld, sondern die unwilligen Modelle.
Der Photograph ist aber wohl Schuld. Bilder, bei denen die Modelle
den Intentionen des Photographen nicht absolut gehorchen, soll
man überhaupt nicht machen, sie liegen jenseits der Schranken der
Photographie.
Es giebt aber noch charakteristischere Fälle photographischer
Unwahrheit, die man nicht den Modellen in die Schuhe schieben
kann. Man nehme an, ein Photograph wollte, angeregt durch die
schönen Bilder Claude’s, Schirmer’s, Hildebrandt’s, einen Sonnenunter-
gang photographiren. Natürlich kann er auf die glühend helle Sonne
Vogel, I ehrbuch d. Photographie.
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392
Photographie und Wahrheit.
nur momentan exponiren. Was erhält er für ein Bild? Einen runden
weifsen Fleck, einige leuchtende Wolken ringsum, das ist alles, was
deutlich hervortritt. Alle Gegenstände in der Landschaft, Bäume,
Häuser, Menschen, sind gänzlich unterexponirt; dort, wo das Auge
Weg, Steg, Dorf, Wald und Wiese deutlich unterscheidet, sieht man
nichts als eine verschwommene schwarze Masse ohne alle Contouren.
Ist solch ein Bild wahr? Selbst der begeistertste Schwärmer für
Photographie wird das nicht zu behaupten wagen.
Solche Fälle, wo grelle Contraste in Licht und Schatten die
Erzielung eines wahren Bildes gänzlich unmöglich machen, liegen in
Unzahl vor. Man sehe die Mehrzahl der Photographieen des Königs-
denkmals im Thiergarten an. Das Denkmal ist trefflich, der Baum-
hintergrund aber eine verschwommene schwarze Masse, ohne Details,
ohne Halbtöne, alles, nur kein Bild des herrlichen Laubwerks, welches
an jenem Plätzchen jedes Auge entzückt. Noch zahlloser sind die
Photographieen von Zimmern, in denen die dunklen Ecken, die unserm
Auge noch recht wohl erkennbar sind, nichts zeigen als pechschwarze
Nacht. Es giebt aber noch undere Fälle photographischer Unwahr-
heit, die noch charakteristischer sind.
Wir erblicken eine Berglandschaft. Ein Dörfchen, auf beiden
Seiten von bewaldeten Hügeln eingescblossen, deckt den Mittelgrund,
seine Häuser ziehen sich malerisch zwischen Bäumen die Abhänge
hinan. Eine Kette schön geschwungener Berge in der Ferne, deren
Gipfel in der Abendsonne glänzen, schliefsen das wundervolle Bild
ab; nur eines stört, ein verfallener Schweinestall in unmittelbarer
Nähe des Beschauers mit einem Strohhaufen daneben. Ein Maler,
der difeses Bild malen wollte, würde sich kein Gewissen daraus machen,
den Schweinestall entweder gänzlich hinwegzulassen oder ihn so
dunkel und unbestimmt zu halten, dafs er den Eindruck der Land-
schaft nicht stört. Wie steht es aber mit dem Photographen? Weg-
reifsen kann er den störenden Gegenstand nicht. Er sucht einen
andern Standpunkt; ja, da verdecken Bäume einen grofsen Theil der
Landschaft. Jetzt nimmt er die Ansicht mjt dem Stall auf, und was
erhält er für ein Bild? Der im Vordergründe stehende Stall ist wegen
seiner Nähe riesengrofs im Bilde sichtbar. Die ferne Landschaft, die
Hauptsache, erscheint dagegen klein und unbedeutend. Noch fataler
wirkt aber der Strohhaufen vor dem Stalle, er nimmt beinahe den
viertel Theil des Bildes ein. Als die am hellsten leuchtende Masse
im Bilde zieht er sofort das Auge des Beschauers auf sich, er lenkt
den Blick von andern viel wichtigeren Dingen ab, man empfindet das
unangenehm, er stört; die gewonnene Photographie erscheint nicht
als Bild der Landschaft, was sie sein sollte, sondern als ein Bild des
Schweinestalls. Die Nebensache ist zur Hauptsache geworden, und
schreibt Jemand unter solches Bild: Ansicht von Dornburg, so ist das
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Photographie und Wahrheit.
393
Bild unwahr. Es ist unwahr, nicht etwa, weil die Gegenstände, die
es darstellt, in der Natur nicht vorhanden wären, sondern weil die
Nebensachen zu grell, zu deutlich, zu grofs hervortreten und die
Hauptsache dagegen klein, undeutlich und unbedeutend erscheint.
Hier kommen wir an einen wunden Punkt der Photographie, sie
zeichnet mit gleicher Deutlichkeit die Hauptsachen wie die
Nebensachen. Der Platte ist alles gleichgültig, während der echte
Künstler bei Wiedergabe eines Bildes der Natur das Charakteri-
stische hervorhebt und die Nebensachen gänzlich unterdrückt oder
dämpft. Er kann mit künstlerischer Freiheit darüber schalten und
walten , und er thut es mit vollem Rechte. Denn eben weil er nur
das Charakteristische hervorhebt und das Nebensächliche wegläfst,
erscheint er wahrer als die Photographie, welche die gröfsten
Nebensachen mit gleicher Deutlichkeit wie die Hauptsachen wieder-
giebt, ja sogar oft deutlicher als diese. Reynolds sagt von einem
Portrait einer Frau, in welchem ein sehr sorgfältig ausgeführter
Apfelbaum im Hintergründe sichtbar war: Das ist das Bild eines
Apfelbaums und nicht das Bild einer Dame. Aehnliche Bemerkungen
könnte man beim Anblick zahlloser Photographieen machen. Es ist
ein Cardinalfehler derselben, dafs sie Nebensachen stärker betonen als
die Hauptsachen. Man sieht ein Conglomerat heller Möbel und
merkt erst bei genauerer Betrachtung, dafs ein Kerl dazwischen steckt,
dessen Portrait das Bild sein soll. Man sieht eine gesteppte weifse
Blouse und bemerkt erst nach einiger* Zeit , dafs auch ein Mädcben-
kopf darauf sitzt. Man sieht einen Park mit Springbrunnen und
andern Schnörkeln, erst hinterher bemerkt man einen Schwarzrock, der
sich dunkel von einem ebenso dunklen Strauch abhebt etc. etc.
Man wird vielleicht Zeter schreien, dafs ich der freien Kunst der
Malerei gröfsere Wahrheit zuschreibe, als der Photographie, die all-
gemein als die wahrste aller Bilderzeugungsmethoden gilt; dafs hier
nur von den Werken der Maler ersten Ranges die Rede
sein kann , versteht sich von selbst. Das ist gerade eines der gröfsten
Verdienste der Photographie, dafs sie jene Sudeleien der Kunst-
stümper, welche sonst in allen Gassen ausgeboten wurden, unmöglich
gemacht hat. Ich halte es aber für meine Pflicht, auf die Quellen
von Unwahrheiten in Photographieen aufmerksam zu machen; erst
wenn man dieselben kennen und würdigen gelernt hat, wird man sie
vermeiden lernen, und wer genau auf dieselben achten gelernt hat,
der wird erstaunen, wie selbst Aufgaben einfachster Natur dem Pho-
tographen in Bezug auf Wahrheit Schwierigkeiten bereiten. Aufgabe
des Photographen ist es demnach, diese Schwierigkeiten, welche sich
der Erzielung eines wahren Bildes ihm entgegenstellen , wohl vorher
zu erwägen. Soll sein Bild wahr sein, so mufs er dafür sorgen, dafs
darin das Charakteristische hervortrete, das Nebensäch-
26*
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394
Photographie und Wahrheit.
liehe sich unterordne. (Die gefühllose Jodsilberplatte kann das
nicht, sie zeichnet alles, was sie vor sich hat, nach unveränderlichen
Gesetzen.) Der Photograph erreicht dieses einerseits durch geeignete
Vorbereitung des Originals, andererseits aber durch passende Be-
arbeitung des Negativs. Freilich gehört dazu, dafs er das Charakte-
ristische und Nebensächliche in seinem Vorwurf auch erkenne. Wer
kein Auge dafür hat, der ist kein photographischer Künstler.
Sowie der Bildhauer und Maler, um ein lebensvolles und schönes
Bild zu liefern, auf die allerkleinsten Details, jede Faltenbewegung,
jeden Gesichtszug, jede Lichtwirkung, genau achten mufs, ebenso
mufs der Photograph sein Original in den Gesichtszügen, Haltung,
Kleidung, Wesen so gründlich als möglich studiren. Das Wesen der
beiden Künste Malerei und Photographie ist jedoch ein total verschie-
denes. Beide haben allerdings die Aufgabe, auf einer Fläche ein
schönes Gebilde herzustellen, was nicht flach, sondern körperlich
erscheint. Der Maler ist aber im Stande, auch nach einem unvoll-
kommenen Modell ein künstlerisch schönes Bild zu liefern, indem
er aus seiner Phantasie Unvollkommenes ergänzt, die Mängel des
Originals verbessert, mit einem Wort, das Ganze idealisirt. Anders
mufs der Photograph verfahren. Br kann nicht wie der Zeichner an
seinem Bilde Veränderungen anbringen (einzelne Kleinigkeiten aus-
genommen). Alle Schönheiten, die in seinem Bilde erschei-
nen sollen, müssen im Originale bereits vorhanden sein,
seine Aufgabe besteht demnach darin, das aufzunehmende Modell
schön zu stellen und zu beleuchten, kurz ein lebendes Bild zu
arrangiren, und erst, wenn das geschehen ist, kommt der mechanische
Procefs der Aufnahme. Hiermit ist aber keineswegs gesagt, dafs man
nur mit schönen Originalen künstlerisch schöne Bilder herstellen könne.
Alle Originale zeigen noch Mängel. Hier mufs der Photograph das
Original von der Seite auffassen, in welcher es seine Mängel am
wenigsten zeigt, oder mufs dieselben durch allerlei Kunstgriffe zu
verdecken suchen; unterläfst man dies, so bringen die ausgezeichnet-
sten Apparate, Chemiealien und Recepte kein künstlerisch schönes
Bild hervor.
Ueber Licht und Beleuchtung.
Das Licht ist das Lebenselement , der zeichnende Griffel des
Photographen, es ist der Pinsel, mit dem der Photograph gleichsam
tuscht. Die genaue Kenntnifs der Eigenschaften dieses Grundelements
ist für ihn ebenso wichtig, wie für den Maler die Kenntnifs seiner
Farben.
Die physikalischen Principien der Beleuchtung haben wir bereits
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Ueber Beleuchtung. 395
im zweiten Theile auseinandergesetzt. Wir verweisen auf diese, damit
man zunächst ein Urtheil über Lichtstärke unter verschiedenen Ver-
hältnissen gewinne (s. S. 226). Hier haben wir es mit den ästhetischen
Principien der Beleuchtung zu thun.
Der Photograph hat, wie der Zeichner oder Maler, die Aufgabe,
auf einer Fläche ein Bild zu erzeugen, welches den Eindruck des
Körperlichen macht. Die Figuren sollen im Bilde nicht flach
erscheinen, wie das Papier, welches sie trägt, sondern plastisch, mit
Vorder-, Mittel- und Hintergrund. Zwei Mittel giebt es, um diese
körperliche Täuschung hervorzubringen; das erste ist die Perspective.
Alle fernen Gegenstände erscheinen uns bei gleicher Gröfse
in der Natur kleiner, als die nahen; indem nun der Zeichner, darauf
fufsend, die Gröfsen-Verhältnisse seiner Figuren, mit der Entfernung
abnehmen läfst, gelingt es ihm eben, die Täuschung in uns hervorzu-
bringen, als sähen wir Nahes und Fernes, obgleich alle Figuren seines
Bildes gleich weit von unserm Auge entfernt sind. Bilder, in denen
diese Gesetze der Perspective vernachlässigt sind, z. B. alte Gemälde
von van Eyk, Kranach, erscheinen deshalb flach. Man ersieht daraus
die Wichtigkeit der Kenntnifs der Perspective für den Maler und Zeichner.
Das zweite Mittel, flache Gegenstände plastisch erscheinen zu
lassen, ist die Vertheilung von Licht und Schatten.
Man zeichne zwei Rechtecke neben einander: beide erscheinen
als flache Figuren; sobald man aber das eine mit Tusche anlegt,
die von einer Seite nach der gegenüberliegenden sanft verläuft, so
erscheint das Rechteck, obgleich es immer noch eine Fläche bildet,
als Cylinder. Umgekehrt erscheinen oft runde Gegenstände flach,
wenn diese Licht- und Schatteneon traste nicht hinzutreten.
Das Hauptmittel, plastische Bilder zu erzeugen, besteht demnach
in der passenden Anwendung der Licht- und Schattencontraste
und diese hat er in seiner Gewalt, er mufs nur ihre Benutzung ver-
stehen. Zur specielleren Besprechung derselben wollen wir jetzt
übergehen.
Betrachten wir zunächst das Rohmaterial, mit dem wir tuschen:
das Licht. Diese Tusche, welche uns die Sonne gratis liefert, ist in
ihrer Ursprünglichkeit so urkräftig, dafs wir unmittelbares, unge-
schwächtes Sonnenlicht nicht zum Arbeiten im' Atelier anwenden
können, wenn wir wirklich Mitteltöne erzielen wollen. Wir würden
im directen Sonnenlichte z. B. ein Portrait erhalten mit grellen Weifsen
auf der einen, grellen und dazu scharf begrenzten (nicht sanft verlau-
fenden) Schwärzen auf der andern Seite.
Ferner würden auch dann, wenn das Sonnenlicht das Original
selbst nicht träfe, die Reflexe von Scheiben und anderen Gegenständen
höchst störend wirken. Selbst Gardinen gewähren gegen dieses directe
Sonnenlicht nur ungenügenden Schutz; ein beträchtlicher Theil des-
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396
Ueber Beleuchtung
selben dringt hindurch, vernichtet die Schatten partieen und macht
das Bild flau. Deshalb schlieisen wir das directe Sonnenlicht nicht
nur von der Person, sondern auch vom Atelier aus, bauen dasselbe
nach Norden, schützen es noch vor dem einfallenden Sonnenlicht
durch Sonnenschirme und arbeiten nur mit dem diffusen Lichte des
reinen oder bewölkten Himmels (s. S. 225 bis 236).
Während nun die Strahlen des Sonnenlichtes im Allgemeinen als
parallel angesehen werden können, zeigen die vom Himmel ausge-
henden Strahlen alle nur möglichen Richtungen: horizontal die vom
Horizont kommenden, senkrecht die vom Zenith kommenden. Diese
Umstände sind von Wichtigkeit. Während in Folge der Parallelität
der Sonnenstrahlen ein von der Sonne beschienener Körper scharf
raarkirte Contraste von Licht und Schatten zeigt, werden bei einem
Körper, der von dem Lichte des ganzen Himmelsgewölbes getroffen
wird, der also von allen Seiten zugleich beleuchtet ist, alle Licht-
und Schattencontraste verwischt sein. Deshalb erscheinen unter sol-
chen Umständen selbst volle runde Körper flach, wie man an trüben
Tagen leicht an jedem reich gegliederten Gebäude sehen kann. Kein
Wunder, dafs daher auch die Photographieen dieser Gebäude, welche
an diesen Tagen angefertigt werden , auffallend flach erscheinen.
So flach würden auch die Personen werden, wenn dieselben von
allen Seiten im Atelier Licht empfingen. Daraus ergiebt sich denn,
wenn wir schöne plastische Bilder erhalten wollen, die Nothwendig-
keit der Anwendung eines einseitigen Lichtes.
Um ein solches herzustellen, versehen wir unsere Ateliers mit
Gardinen, die wir beliebig auf- und zuziehen können. Solches ein-
seitige Licht erzeugt lebendige Abwechselung von Licht und Schatten.
Es folgt daraus aber keineswegs, dafs die Schattenseiten des Bildes
durchaus kein Licht empfangen dürfen, im Gegentheil, wir müssen
dieselbe schwach erhellen, damit sie überhaupt chemisch wirken,
die zu grellen Schatten gemildert, Details in denselben sichtbar ge-
macht und sanfte Uebergänge erzeugt werden. In welcher Richtung
soll nun die Hauptlichtmasse die Person treffen?
Hier sind sehr verschiedene Fälle möglich. Das Licht kann die
Person zunächst treffen: von Vorn, d. h. aus der Gegend kommend,
wo die Nasenspitze binweist; von der Seite, d. h. rechtwinklig, zu der
oben erwähnten Richtung horizontal; endlich von Oben, d. h. in der
Richtung der Hauptlänge des Körpers; danach hätten wir Vorder-
licht, Seitenlicht und Oberlicht zu unterscheiden. Denken wir
uns einmal gerade zur Seite der Person in der mit Gardinen verhäng-
ten Glaswand des Ateliers eine schmale Spalte geöffnet, die Person
selbst stebe mit ihrer Front rechtwinklig zur Glaswand, so wird sie
offenbar vom Seitenlicht getroffen sein; jetzt aber kehre sie einmal
Brust und Kopf diesem Seitenlichte zu, dann wird dieses Seitenlicht
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Ueber Beleuchtung.
397
offenbar für' sie Vorderlicht. Man sieht daher, dafs diese Art der
Benennung des Lichtes mit der Stellung der Person schwankt, wir
müssen deshalb den Ausdruck Vorderlicht, Seitenlicht, Oberlicht, um
nicht mifsverstanden zu werden, anders fassen , da wir dieselben von
nun ab häufig gebrauchen werden. Denken wir uns , das Papier sei
der Boden des Ateliers, das Viereck A der photographische Apparat,
* Fig. 115.
L S
AUV
Vorderlicbt
L S
V • P
P die Person, deren Brust- und Kopfrichtung hier ganz gleichgültig
ist, so nennen wir das Licht, welches die Person in der Richtung
Linie V V trifft (der Verbindungslinie mit dem Apparat): Vorder-
licht, das rechtwinklig zu dieser Linie in der Richtung SS horizontal
einfallende: Seitenlicht, das senkrechte von oben einfallende:
Oberlicht.
Aufser in diesen drei Hauptrichtungen kann aber offenbar das
Licht noch in verschiedenen anderen dazwischen liegenden Richtungen
die Person treffen, z. B. schief in der Richtung der Linie LL als
vorderes Seitenlicht, ebenso schief von oben als vorderes
Oberlicht etc. etc., Ausdrücke, die leicht zu verstehen sind. Jetzt
ist es unsere Aufgabe, die Wirkung dieser drei Hauptlichtmassen t
Vorderlicht, Seitenlicht, Oberlicht zu schildern. Wir geben
Fig. 116.
0 S V
0 S V
drei Photographieen bei, von denen die eine bei reinem
Vorder-, die zweite bei reinem Seiten-, die dritte bei Oberlicht auf-
genommen ist. Mit Hülfe derselben werden wir zeigen, welchen ge-
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398
Ueber Beleuchtung.
waltigen Einflufs der Fall des Lichtes auf das Relief und die Farbe
der Bilder, die Aehnlicbkeit der Züge und den ganzen Cha-
rakter der Physiognomie ausübt.
V ist die Aufnahme bei Vorderlicht, die Gröfse der dem Object
gegenüberstehenden Lichtöfifnung betrug 7 ÜFufs (7 Fufs breit, 7 Fufs
hoch), die Entfernung: 15 Fufs *).
S ist die Seitenlichtaufnahme, Gröfse der Lichtöffnung
5 □Fufs, Entfernung vom Object 8 Fufs.
0 ist die Oberlich tau f nähme, Gröfse der Licbtöffnung: 3 Fofs
8 Zoll br., 5 Fufs lang, Entfernung vom Kopf des Objects 6 Fufs**).
Wir halten es zunächst in Bezug auf die drei beifolgenden Por-
traits für nothwendig zu bemerken, dafs dieselben Aufnahmen ein
und derselben Person sind, angefertigt kurz hinter einander unter
möglichst gleichen Verhältnissen (abgesehen vom Lichte). Wir bemerken
dies, weil der überraschende Unterschied, den diese 3 Bilder — blofs
in Folge der verschiedenen Beleuchtung — zeigen, in vielen der Be-
schauer, denen wir dieselben gezeigt, Zweifel erregt haben, dafs man
es hier wirklich mit ein und demselben Original zu thun babe.
Sämmtliche Bilder wurden aufgenommen mit einem Briefmar-
kenapparat mit 12 Köpfen, den uns die Herren Juhre und Nicolai
zu diesem Zweck gütigst zur Disposition stellten. Dergleichen Appa-
rate dürften sich zu Maasenproductionen der Art sehr empfehlen.
Betrachten wir zunächst die Wirkung der verschiedenen Lichter
auf das Relief.
Hier sehen wir in 0 gewaltig vertiefte Augenhöhlen, eine scharf
vorspringende, einen tiefen Schatten werfende Nase, eine nach unten
einfallende Fleischpartie unter den Backenknochen, einen scharf ge-
schnittenen, sehr breiten Mund und förmlich wulstig hervortretenden Bart.
In S erscheint dieser Bart dünner und die Partie unter den
Backenknochen bedeutend flacher, die Rundung in den Wangen fehlt,
die Augen erscheinen viel weniger tief. Dagegen treten in der Stirn,
über dem Nasenbein und unter der Nase Falten auf, die in O fast
ganz verwischt sind. Umgekehrt erscheinen in S die Falten unter
den Augen und an den Nüstern weniger scharf markirt als in O.
Das ganze Gesicht in S bekommt durch die ziemlich scharf abge-
schnittene Schattengrenze das Ansehen eines Kastens, der einseitig
beleuchtet und dessen eine Kante dem Auge zugekehrt ist; die ganze
Mittellinie des Gesichts springt bedeutend mehr vor wie in O, das
Gesicht wird ziegenartig.
*) Die Person safs an der südlichen Wand des Ateliers, das Geeicht der nörd-
liehen Glaswand, an welcher der Apparat stand, zugekehrt.
**) Leider sprang die Platte mit den Oberlichtköpfen während der Fertigung
der Auflage und enthalten daher einige der Lehrbuchexemplare eine etwas unvoll-
kommene Reproduction des Oberlichtkopfes.
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Ueber Beleuchtung.
399
V ist dagegen wie ein Kasten von der flachen Seite gesehen,
die Augenhöhlen sind kaum noch markirt. Von den charakteristischen
Falten, die oberhalb, seitwärts oder unterhalb der Nase in 0 und S
ausgehen, nicht die Spur. Ebenso flach wie das Gesicht erscheint der
Bart, die Kleidung. Die Nase geht sanft in die Augenbrauen über
und bildet mit diesen zwei symmetrische Haken. Der Mund erscheint
hier klein gegen 0. Das Ganze ist wie ein Brett, in dem die Haupt-
contouren eingezeichnet sind. Hieraus ersieht man, dafs man
mit Hülfe der Beleuchtung Höhlungen und Falten im Ge-
sicht vollständig aufheben oder auch stärker hervortreten
lassen kann. Betrachten wir nun die Wirkung der Beleuchtung
auf die Farbe der einzelnen Tbeile, so fällt uns zunächst die auf-
fallende Verschiedenheit in Haar und Bart auf. Dieselben erscheinen
in den vom Licht getroffenen Stellen in 0 und 5 auffallend grau
(am stärksten grau in 0), in V dagegen schwarz. In 0 erkennt man
Jedes einzelne Haar, ziemlich ebenso gut auf der Lichtseite von S,
in V dagegen bilden Bart und Haar einen homogenen schwarzen
Klecks mit nur wenig Details.
Die Ursache dieses Mangels an Details liegt eben in der gleich-
förmigen Beleuchtung, die jedes Haar von vorn empfangt, so dafs
wir nur die Lichtseite sehen. Anders ist es bei Seitenlicht, hier sehen
wir an jedem Haar Licht- und Schattenseite und dadurch heben sich
die Haare von einander ab. Die Ursache, dafs das Haar in V bedeu-
tend dunkler erscheint, liegt darin, dafs das Object bei der Aufnahme
viel weiter vom Licht entfernt safs als bei S und 0. Eben daher
erscheint auch der Rock bedeutend dunkler. Der Hintergrund in V
dagegen erscheint heller als der in S und 0, einfach deshalb, weil
derselbe ebensoviel Licht empfing wie die Person (aufser dem von
letzterer beschatteten Theil, der im Bilde durch die Person fast ganz
verdeckt wird), während in 0 und S der Hintergrund, einige Fufs
hinter der Lichtöffnung stehend, nur einen Theil des Lichts empfing,
das unmittelbar senkrecht oder seitwärts der Person einfiel. Auffal-
lend ist ferner die helle Farbe des Rocks in 0 (der Rock des Origi-
nals war schwarz). Diese rührt von dem chemisch am intensivsten
wirkenden Oberlichte her, das auch Haar und Stirn ungewöhnlich hell
und dafür den Schatten desto tiefer gefärbt hat. Hieraus ersieht
man, dafs man mit Hülfe der Beleuchtung die Farbe des
Haars, derKleidung, des Hintergrundes beträchtlich ver-
ändern kann. (Eigenthümlich ist noch die Beleuchtung des Rocks
in S, der auf der rechten hellen Seite auffallend plastisch heraustritt.)
Jetzt kommen wir zu der Wirkung der Beleuchtung auf den
Charakter und da wird uns denn der oberflächlichste Betrachter
der Bilder zugeben, dafs Viele, die da glauben, ein sauber gearbeitetes
Bild müsse immer ähnlich sein, sich im dicksten Irrthum befinden.
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400
Ueber Beleuchtung.
Finster und drohend schauen uns die Augen in 0 an und dieser
drohende Ausdruck wird nocli vermehrt durch die scharf hervorsprin-
gende Nase, die dunkel gefärbten eingekniffenen Mundwinkel und die i
hervorspringenden Schatten werfenden Backenknochen und Nüstern.
Wie harmlos, ja schläfrig erscheint dagegen das Bild in V, die schat-
tenlosen Augen erscheinen fischartig ausdruckslos, die Falten, die dem
Gesicht Energie verleihen, sind vernichtet, ebenso ausdruckslos er-
scheint der Mund. Das Bild S steht zwischen beiden, es erscheint weder
so geistlos wie F, noch so finster drohend wie O; die seitlichen Licht-
und Schattencontraste geben dem Gesicht, auf dem die beiden Stirnfal-
ten wie durch schelmische Gedanken auf blitzen, ein lebhaftes Ansehen;
nur erscheint die Schattenseite noch etwas zu drohend gegen die helle
Lichtpartie. Das Bild ist charakteristischer als die beiden andern,
zeigt uns aber den Mann noch nicht wie er ist; es ist zu eckig, zn
ziegenartig. So sehen wir also, wie auch der ganze Charak-
ter des Gesichts mit der Beleuchtung bedeutend variiren
kann. Man kann eine finstere brummige Physiognomie hierdurch
heitrer, milder machen, umgekehrt einem schläfrigen Gesicht Energie
verleihen.
Welches der drei Portraits zeigt nun aberden wahren Charakter
des Mannes? werden unsere Leser fragen.
Fi(t 117. Fig. 118.
Keines von den dreien; damit aber unsere Leser einen Begriff
bekommen, wie der Mann eigentlich anssieht, und danach beurtheilen
können, wie die drei Beleuchtungsarten seine Physiognomie verändert
haben, fügen wir hier dasjenige Portrait bei, welches von allen seinen
Bekannten als getroffen und seinem Charakter entsprechend bezeich-
net wird (Fig. 117).
Das, was wir hier auseinandergesetzt, wird wohl hinreichen,
unsern Lesern die aufserordentliche Wichtigkeit der Beleuchtung bei
photographischen Aufnahmen darzuthun.
Jede der drei Beleuchtungsweisen: Vorderlicht, Oberlicht, Seiten-
Jicht, drückt also dem Modell ein ganz verschiedenen Charakter auf.
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Ueber Beleuchtung.
401
Nun ist es aber vor Allem die Aufgabe des Photographen, Bilder
herzustellen, in denen der Charakter wahr wiedergegeben ist.
Wie erreicht man das? Am besten durch Combination der
drei Beleuchtungsarten : Vorderlicht, Oberlicht, Seitenlicht, indem man
das Licht als vorderes, oberes Seitenlicht, oder, was dasselbe
ist, als seitliches oberes Vorderlicht einfallen läfst. In diesem
Falle kommt die Hauptlichtmasse, welche die Person trifft, von einer
Oeffnung, die einige Fufs vor der Person, oberhalb rechts (oder links)
sich befindet7 so dafs das Licht den Kopf ohngefähr unter einem Win-
kel von 45° trifft*).
Diese Beleuchtungsmanier ist diejenige, welche zunächst die Relief-
formen des Modells in der reichsten Weise wiedergiebt, daher dieselbe
auch von Zeichnern bei Schat tencons tr uc tion e n zu Grundegelegt
wird. Diese Beleuchtungsart finden wir ferner in den bei Weitem
meisten Bildern unserer hervorragendsten Portraitmaler, einfach, weil
sie in den meisten Fällen unserm Gefühl als das Natnrgemäfseste
erscheint, und genug Photographen giebt es, die, oft ohne eigentlich
zu wissen, woran es liegt, ihre Modelle instinctiv in denjenigen Win-
kel des Ateliers placiren, in dem eben diese Beleuchtungsart — durch
die Localverhältnisse veranlafst, sich von Hanse aus findet und andre
wieder sind uns vorgekommen, die in ihrem Atelier durch Anbringeu
und Wiederabreifsen verschiedener Vorhänge, Verkleben und Verbauen
der Glaswände, lauge hin und her experimentirten, bis ihre Bilder
endlich jenes naturgemäfse Ansehen zeigten, das allein in der Beleuch-
tung begründet ist.
In solcher Beleuchtungsart — in solchen von vorn-seitwärts-ober-
halb einfaliendem Licht ist denn der vierte Kopf in Fig. 117 aufge-
nommen, wie ein aufmerksames Studium desselben leicht jedem Beob-
achter zeigen wird.
Betrachten wir die Wirkung eines solchen Normallichtes auf das
Modell, so sehen wir, dafs auf einer Stirnseite (z. B. rechts) sich die
höchsten Lichter, dagegen auf der entgegengesetzten Unterkieferpartie
(links), die tiefsten Schatten sich finden. Es giebt eine Reihe ganz
ausgezeichneter Ateliers, in denen diese Beleuchtungsart bei jedem
Modell ohne Ausnahme angewendet wird.
Man setzt die Personen in einen Raum, der zur Seite und Oben
durch dnnkles Mauerwerk oder Gardinen abgeschlossen ist, so dafs
dieselbe nur von der mehr von vorn kommenden Lichtmasse des
Glasdaches und der Glaswand getroffen wird.
Solche Einrichtung mag für sehr viele mittlere Physiognomieen
ausreichen, aber es kann nicht ausbleiben, dafs durch stereotype An-
*) Tn einem mit dunklen Gardinen verhängten Atelier, wie das Fig. 1 18 gezeichnete
ist solcher Lichtfall leicht herzustellen, indem man einige Fufs vor der Person Ä' einige
Dachgardinen LL und die daran anschliefsenden Seitengardinen L'L" theilweiso aufzieht.
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402
lieber Beleuchtung.
Wendung derselben Beleuchtung eine gewisse Monotonie in den Bildern
auftritt.
Diese stört in Photographieen noch viel mehr, als in einem Ge-
mälde, weil hier der Maler durch Farbeneffecte trotz der stereotypen
Beleuchtung noch eine wunderbare Mannigfaltigkeit erzielen kann.
Anders ist es beim Photographen; Lichteffecte müssen ihm die
Farbeneffecte ersetzen. Mannigfaltigkeit kann er nur erzielen durch
geschickte Modifikation seiner Beleuchtung. Hier ist nun zunächst
der mehr oder weniger schräge Winkel, unter dem das Licht einfallt,
von Wichtigkeit.
So ist zu beachten, dafs ein sehr weit von vorn kommendes
Oberlicht 0 oder SeitenlichtS (Fig. 118) gerade wie Vorderlicht wirkt.
Ebenso wirkt ein nahe über der Person befindliches, sehr breites,
sich weit nach der Seite erstreckendes Oberlicht mehr, wie Seitenlich t ,
ein Umstand, der in sehr breiten, aber niedrigen Ateliers wohl zu beach-
ten ist, und umgekehrt wird ein sehr hohes Seitenlicht die Wirkungen
des Oberlichts zum Theil zeigen, was man leicht in jedem sehr hohen
Atelier wahrnehmen kann.
Jenachdem wir also die Lichtöffnung LL mehr oder weniger ver-
breitern und der Person mehr oder weniger nähern, können wir dem
auffallenden Lichte mehr oder weniger die Wirkung des Vorderlichtes,
Oberlichtes oder Seitenlichtes geben, und dadurch wesentlich auf den
Charakter des Modells einwirken.
Hat man z. B. eine sehr scharf markirte energische, faltenreiche
Physiognomie, so rücke man die Lichtmasse weiter fort, gebe ihr da-
durch mehr den Charakter des Vorderlichtes und man wird Milde
und Weichheit in die herben Züge hineinbringen.
Umgekehrt, hat man ein schläfriges, flaches, wenig markirtes
Gesicht, so gebe man dem auffallenden Lichte mehr den Charakter
des Oberlichtes, dadurch erhält das Gesicht mehr Energie und Leben.
Bei gewissen schmalbäckigen Gesichtern ist ferner die Anwendung
von Seitenlicht vortrefflich, dasselbe erhellt die Vertiefungen unter den
Backen auf der Lichtseite, macht diese concaven Theile voller, während
es die Details auf der andern Seite sich in Schatten verlieren läfst.
Auch für Damen in gewissem Alter, die den Phutographen oftmals
viel zu schaffen machen, ist die Anwendung eines von vorn einfallen-
den, möglichst sanften Lichtes zu empfehlen, welches in die Falten und
Grübchen hineindringt, und die unangenehmen Schatten auf hebt.
Ja, man kann hier das Gesicht ganz in den Schatten legen (der
selbstverständlich nicht dunkel sein darf), und nur über den vorsprin-
genden Theil einige Lichteffecte gleiten lassen.
Ueberhaupt kann hier als 'Regel angenommen werden: Alle Er-
höhungen und Vertiefungen, die man zu verdecken oder
zu mildern wünscht, müssen so beleuchtet werden, dafs
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Ueber Beleuchtung.
403
sie keinen oder nur wenig Schatten werfen und um-
gekeh rt.
Selbstverständlich darf man hier aber nicht zu weit gehen, man
darf eben die Fehler des Originals nur mildern, aber nicht so voll-
ständig verdecken, dafs der Charakter und die Formähnlichkeit hier-
durch verloren gehen. Wieweit man hier gehen kann, darüber lassen
sich keine Regeln geben, hier mufs den denkenden Künstler sein Ge-
siebt und seine Beobachtungsgabe leiten.
In Jahrg. UI. S. 101 der Photographischen Mittheilungen publicirten
wir als Beispiel einer eigenthümlichen Anwendung des Seitenlichts
ein Damenportrait. Das Gesicht ist fast in Halbschatten gelegt und
allein über die seitlichen Theile der Nase, des Haares, sowie der Schul-
ter und des Gesichts gleiten einige Lichter. Wie dieser Effect erreicht ist,
ist unschwer zu erratben. Zunächst sind hier einige Fufs von der Person
einige Gardinen 00, SS (Fig. 118) aufgezogen, die das ganze Gesicht mild
erhellen, dann unmittelbar rechts vom Modell, ja sogar etwas hinter dem-
selben, eine Seitengardine L' geöffnet. Diese liefert die Lichter, welche
so charakteristisch auf der Seite des Bildes hervortreten. Es ist also
eine Combination von Vorderlicht und Seitenlicht, die hier in Wirk-
samkeit tritt: das milde Vorderlicht giebt den Augen Klarheit, ohne
ihnen den Ausdruck zu rauben, es dringt in die Falten und glättet
dieselben gleichsam und das nicht grofse Seitenlicht ist vollkommen
hinreichend, dem Ganzen Relief zu verleihen. Der aufmerksame Be-
schauer wird ferner eine leichte Differenz zwischen der Helligkeit der
Arme und Hände und des Gesichts nicht aufser Acht lassen. In
jedem Portrait ist das Gesicht die Hauptsache, diesesmufs
demnach auch das Hauptlicht empfangen, alle übrigen Par-
tieen sind gedämpfter zu halten. Nichts ist häfslicher als jene
Bilder, in denen Arme und Hände als schreiend weifse Kleckse aus
der Gewandung heraustreten. In ähnlicher Weise ist auch der Ober-
körper heller zu halten als die unteren Partieen. Mit dunklen Schir-
men, die ein paar Schritt vor der Person aufges teil t w erd en
und das Licht von den Händen und Füfsen theilweise ab-
halten, ist dies leicht zu erreichen. Loescher & Petsch benutzen solchen
Schattenschirm mit grofsem Vortheil, namentlich zur Vermeidung
der UeberexpositionweifserKleider. Derselbe besteht aus einem
5 Fufs breiten, mit dunklem Zeug bespannten, auf Rollen gehenden Rah-
men. Der obere Theil desselben ist um eine wagerechte Axe drehbar,
so dafs er mehr oder weniger geneigt werden kann. Selbstverständlich
gehört zur Hervorbringung solcher Lichteffecte ein geübtes Auge, das
für die leisesten Abstufungen von Hell in Dunkel empfänglich ist.
Um seinen Blick in dieser Hinsicht zu üben, empfehlen wir den
photographischen Jüngern Studien an einer Gypsbüste (Schiller und
Göthe sind hierzu vortreff lich geeignet). Man stelle dieselben an den
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404
Ueber Beleuchtung.
Standort der Personen im Atelier, ziehe zunächst sämmtlicbe Gar-
dinen zu und öffne nachher einzelne derselben, oberhalb, seitwärts
oder vor der Büste und beobachte genau die dadurch erzeugten Ver-
änderungen im Licht- und Schattenfall auf den Gesichtern. Die so
erzeugten Effecte sind ebenso überraschend, als unterhaltend und lehr-
reich, uud wer sich die Mühe nimmt, dieselben zu photographiren und
die Beleuchtungsart mit einigen Strichen zu notiren, kann sich leicht
ein Album von Studienblüttern anfertigen, das ihm bei Aufnahme le-
bender Modelle von umfassendstem Nutzen sein wird. Nur das ver-
gesse man nicht:
„Eines schickt sich nicht für Alle“
und hüte sich, einen und denselben Lichteffect bei allen Personen ohne
Unterschied des Geschlechts, des Alters, der physiognomischen Eigen-
thümlichkeiten anzubringen.
Was hier an einem menschlichen Gesichte gezeigt worden ist(
wiederholt sich nun bei allen andern Gestalten. Ebenso gut wie wir
durch eine passend gewählte Beleuchtung Falten und Erhöhungen im
Gesicht gänzlich verschwinden lassen können (siehe oben Vorderlicht),
ebenso können in jedem beliebigen Objecte gewisse Details durch die
Beleuchtung vernichtet oder hervorgehoben werden, z. B. bei einem
plastischen Gegenstände, sei es ein Architekturstück, ein Basrelief oder
ein Maschinenmodell, ein Porzellangegenstand.
llegel ist hierbei: Man beleuchte dieselben so, dafs
dieDetails, welche man deutlich im Bilde zu sehen wünscht,
durch die Beleuchtung richtig hervortreten. Kunstgegen-
stände machen die Wahl der Beleuchtung insofern leichter, als alle
Künstler ihre Objecte in einem unter einem Winkel yon 45° schief
einfallenden, von oben kommenden vorderen Seitenlicht zu model-
liren pflegen. Ob von rechts oder von links, bleibt hier noch fraglich;
falls der Künstler nicht selbst darüber Auskunft giebt, probirt man,
von welcher Seite das Licht am günstigsten wirkt. Ohne Selbst-
kritik und Selbstprüfung wird man hier niemals ein genügendes
Resultat erzielen. Dieses schief von oben unter einem Winkel von 45*
einfallende Licht wird sich für die
bei Weitem meisten Fällen am besten
eignen.
Nun kommen noch zwei Punkte
jn Betracht, die Gröfse des Ob-
jectes und die Entfernung der
Lichtquelle, d. h. vom Fenster des
Ateliers. Mau denke sich zwei
Säulen, eine dicke a und eine dünne
b , in gleicher Entfernung von einem
Fenster • aufgestellt , so ist leicht
Fig. 119.
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Aufhellung der Schatten.
405
ersichtlich, dafs die erste Säule eine ganz andere Beleuchtung zeigen
wird als die zweite; das Licht umspielt die kleine Säule viel weiter
als die grofse nach der Schattenseite hin, letztere (die Schattenseite)
schrumpft daher zusammen , die Lichtseite wächst. Will ich dem-
nach die kleine Säule im analogen Lichtfall wie die grofse aufnehmen,
so mufs ich die Lichtöffnung entsprechend verkleinern. Daher
kommt es, dafs eine Beleuchtung, die für ein lebensgrofses Modell
zurecht gemacht worden ist, für ein kleines Object nicht pafst.
Der zweite Punkt ist die Entfernung von der Glaswand.
Wir haben oben nachgewiesen, dafs die Helligkeit eines Punktes
in einem vom blauen Himmel durch eine Fensteröffnung erhellten
Raum abnimmt, wie das Quadrat der Entfernung vom Fenster zu-
nimmt. Bei grofser Fensteröffnung ist diese Abnahme nicht so stark,
aber doch sehr entschieden merkbar (s. S. 226 u. s. f.). Nimmt man
nun an, dafs die Schattenseite des Modells nur vom reflectirten
Lichte, der Hin ter wa n d des Ateliers beleuchtet ist, so ist klar, dafs
der Contrast zwischen Licht und Schatten um so stärker sein wird,
je näher das Modell der Glaswand steht. Man hat demnach durch
Veränderung des Standpunktes des Modells es ganz in seiner Gewalt,
diese Contraste zu heben oder zu vermindern.
Nun ist noch zu bedenken, dafs die Photographie im Allgemeinen den
Contrast noch stärker wiedergiebt, als unser Auge sie empfindet (s. o.).
Oft genug liefert sie die Schattenseite von Körpern, die hell genug ist,
um alle Details für unser Auge erkennen zu lassen, pechschwarz,
am auffallendsten tritt diese bei gelben, grünen und rothen Objecten
zum Vorschein, weniger bei weifsen oder kobalt- und ultramarin-
blauen (siehe die Farbentafel). Weifse Gypsbüsten zeigen daher auch
ohne künstliche Vorrichtungen gewöhnlich gute Schattendetails. An-
ders aber ist es schon bei Menschen, noch viel ärger bei dunkelge-
färbten Objecten, z. B. Eisen und Bronce. Sollen die Schatten dersel-
ben nicht zu schwarz werden, so mufs man diese ein wenig auflich-
ten, d. h. sie heller machen als sie nachher im Bilde bleiben
sollen. Dies geschieht nun auf zweierlei Weise: Entweder man läfst
directes Licht von der Schattenseite einfallen oder aber man
bringt Reflectoren auf der Schattenseite an.
In Nordfrontateliers erreicht man die Auflichtung der Schatten
durch directes Lieh t in sehr einfacher Weise. Gewöhnlich placirt
man das Modell in die Nähe der Glaswand, dort wo in Fig. 65 das
weifse Postament steht. Oeffnet man dann ein paar Gardinen L' L" L"'
(Fig. 118) rechts, so erlangt man eine Beleuchtung, wie sie für den
Maler zweckentsprechend sein würde. Um nnn aber die Schatten genü-
gend aufzulichten, öffnet man auf der andern Seite fies Ateliers einige
Ob erlicht- (Dach-) Gardinen 00 und Seitengardinen SS (Fig. 11 8).
Es strömt dann eine Quantität oberes Vorderlicht auf das Modell, die
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406
Reflectirschirm.
allein die Wirkung, die das Bild S. 397 V zeigt, hervorbringen würde, die
aber, mit passendem Seitenlicht combinirt, das Resultat S. 400 erzeugt.
Man siebt diese Wirkung schon mit blofscm Auge am Modell. Je reich-
licher das Vorderlicht einströmt, desto kürzer kann die
Exposition gewählt werden. Je näher das Modell der Glaswand
steht, desto entschiedener werden die Licht- und Schattencontraste.
Die Auflichtung durch Reflectirschirme ist sehr allgemein
angewendet. Ist das Atelier schmal, die Hi n terwan d hell, so wirkt
diese schon als Reflectirschirm, uud viele Photographen ahnen
ihre Wirkung erst dann, wenn sie plötzlich in ein anderes Atelier
kommen, welches sehr breit ist und eine dunkle Hinterwand besitzt.
In gleicher Weise wirkt der Boden des Ateliers als Reflectir-
schirm, er hellt die untern Schatten des Modells auf. Diese Wir-
kung des Bodens wird ebenso häufig übersehen als die Wirkung
der Hinterwand. Jedes Atelierobject ist aber, falls es nicht ganz
schwarz ist, in seiner Art eine mehr oder weniger stark reflectirend
wirkende Fläche. Dies mögen diejenigen Photographen bedenken,
welche sich rühmen, ohne Reflectirschirm zu arbeiten.
Als beweglichen Reflectirschirm empfehlen wir einen Rahmen R,
der um die horizontale Axe ab und auf
Rollen geht. Man hat auch solche, die nach
Art der Stative hoch und niedrig gestellt
werden können. Die eine Seite des Rahmens
beklebt man mit Staniol, die andere mit
weifsem Papier. Man hat auf diese Weise
zwei Flächen von verschiedener Reflections-
kraft zur Disposition.
Man stellt den Rahmen auf die Schattenseite des Modells und
dreht hin und her, bis man mit dem Auge deutlich die Auflichtung
der Schatten wahrnimmt. Anfängern empfehlen wir hier eben-
falls Uebungen mit dem Reflectirschirm an Gypsmodellen.
Je näher der Reflectirschirm dem Modell steht, desto kräftiger wirkt
er. Hinsichtlich der passendsten Stellung der reflectirenden Fläche
bemerkt man bald, dafs selbst bei mattem Stoff (Papier) die Wirkung
einem Spiegel analog ist, d. h. der Einfallswinkel ist gleich dem Re-
flectionswinkel.
Aufser solchem Reflectirschirm kann der Photograph auch andere
Hülfsmittel zu gleichem Zweck anwenden. Ein Bogen Papier, ein
helles Buch oder Album auf den Tisch gelegt, ein passend versteckter
Spiegel und zahllose andere Kleinigkeiten, die der denkende Künstler
zu verwerthen weifs, bewirken oft Wunder.
Fix- rto.
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Perspective.
407
Von der Perspective.
Betrachtet man einen Würfel (Fig. 121), dessen Kanten siimmtlich
gleich lang sind, so beobachten wir, dafs dessen Kanten uns sehr ver-
schieden lang erscheinen. Die unserem Auge zugekehrte Fläche er-
scheint uns noch als Quadrat, die anderen verkürzen sich in auf-
fallender Weise, die Flächen erscheinen ganz unregelmäßig, die par-
allelen Linien laufen zusammen und convergiren nach einem
Punkt o, dem sogenannten Verschwindungspunkt. Aehnliches ge-
schieht mit allen andern Körpern:
der hängende Menschenarm, oderdie
stehende Säule S erscheinen uns in
ihrer vollen Länge, der gegen uns
ausgestreckte Arm, oder die lie-
gende Säule ( L ) sehen wir in der
„Verkürzung“, die Dimensionen
schrumpfen zusammen, schliefslich
sehen wir statt des Säulenschaftes
nur noch die kreisförmige Säulenbasis
b und diese wieder erscheint uns bald rund, wenn sie uns ihre volle
Fläche zukehrt, bald als Ellipse, was sie in der That gar nicht
ist, und die parallelen Säulenkanten laufen zusammen. Dafs wir diese
Unwahrheit (denn eine solche ist es) nicht als solche empfinden, liegt
einfach in unserer Gewöhnung.
Wir wissen aus Erfahrung, dafs der gegen uns gestreckte ver-
kürzt erscheinende Arm länger ist, als es unserem Auge bei dieser
Stellung vorkommt, ebenso dafs die scheinbar zusammenlaufenden
Eisenbahnschienen parallel sind. Wir corrigiren unaufhörlich die An-
schauungen unseres Gesichtssinnes. Ein Kind, was noch keine Er-
fahrung hat, greift nach dem Monde.
Aufgabe des Malers wie des Photographen ist es nun, die Ver-
kürzungen richtig darzustellen, d. h. so wie sie unserem Auge
erscheinen. Geschieht dieses nicht, so erscheint sein Bild unwahr.
Diese Gesetze der Verkürzungen lehrt uns die Perspective.
Unser Auge ist eine Camera obscura mit einfacher Landschafts-
linse. Aus der Optik ist bekannt, dafs das Bild eines Punktes auf
dem geraden Strahl liegt, der vom Punkte durch den optischen
Mittelpunkt des Objectivs gezogen wird. Wo diese Linie, der
Hauptstrahl genannt, die Bildebene (die matte Tafel in der Camera
oder die Netzhaut im Auge) schneidet, ist das Bild des betreffenden
Punktes. Das Bild einer geraden Linie ist demnach da, wo die von
den einzelnen Punkten der Linie durch den optischen Mittelpunkt
gehenden Strahlen die matte Tafel schneiden. Nun bilden diese Strahlen
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 27
Fig 121.
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408
Perspective.
Fis. 122
;m optischen Mittelpunkt eine E b n . «liefe durchschneidet die ebene
Bildtafel in einer geraden Linie, das Bild einer geraden Linie in unse-
rem Auge ist demnach wieder eine gerade Linie, das Bild eines ebenen
Dreiecks ist wieder ein ebenes Dreieck. Ist die ebene Figur der Netz-
haut, d. h. der Bildtafel parallel, so ist nach bekannten stereometriseben
Gesetzen die Bildfigur der Originalfigur ähnlich. Denkt man sich vor
das Auge senkrecht zur Axe desselben eine Glastafel nufgestellt, so
schneiden die von einem Gegenstände abcd ausgehenden Strahlen
diese in einer Figur a b' c <t (Fig. 122). Construirt man sich nun eine
solche Figur für einen gegebenen Kreuzungspunkt und eine ge-
gebene Bildtafel, so wird diese Zeichnung, in richtiger Stellung
und Entfernung vor das Auge gebracht, in demselben genau
eben solches Bild erzeugen, wie die Gegenstände selbst.
Darauf beruht die Täu-
schung, dafs ein ebenes Bild,
richtig construirt, körper-
lich erscheinen kann.
Ein solches in der vorer-
wähnten Weise entworfe-
nes Bild nennen wir eine
perspectivischeZeich-
nung. Es ist leicht ein-
zusehen, dafs dieselbe unter denselben Bedingungen betrachtet werden
muf8, für die sie entworfen worden ist.
Ist ABCD (Fig. 123) der Grundrifs eines Hauses, B die Bildtafel, O
Fi8. 123. der Kreuzungspunkt der Strahlen, abcd
das Bild der Punkte AB CD, so mufs
ich das Auge genau in den Kreuzungs-
punkt O bringen, wenn das perspec-
tive Bild abcd genau denselben Ein-
druck machen soll wie der Gegenstand.
Rücke ich die Bildtafel dem Auge
näher, z. B. nach B\ so ist leicht er-
sichtlich, dafs die Strahlen sich im Auge
unter ganz anderem Winkel kreuzen
werden als die vom Gegenstand ABCD
ausgehenden, sie können dann auch keinen richtigen Eindruck machen.
Dasselbe würde der Fall sein, wenn ich die Bildtafel vom Auge entferne
(z. B. nach B" hin). Daher mufs jede perspectivische Zeichnung
aus dem für ihre Construction zu Grunde gelegten Kreuzungspunkt der
Strahlen betrachtet werden, falls sie einen wahren Eindruck machen soll.
Nun ist die Photographie eine perspectivische Zeichnung, deren
Augenpunkt im Objectiv liegt, demnach mufs das betrachtende Auge
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Perspective.
409
in dieselbe Entfernung wie das Objectiv gebracht werden (d. i. die
Brennweite). Geschieht das nicht, so ist der Eindruck ein unwahrer.
Nun hat man aber Linsen von 4 Zoll Brennweite und weniger;
in solcher kurzen Distanz ist es unmöglich eine Zeichnung mit unbe-
waffnetem Auge anzusehen. Man hält sie mindestens 8 Zoll vom
Auge ab, und daher kommt es, dafs die Photographie dann einen
unwahren Eindruck macht. Solchem Fall begegnet man sehr häufig mit
den Weitwinkellinsen-Aufnahmen.
Fig. 121.
Betrachtet man diese aus zu grofser Entfernung O'f, so fällt allge-
mein die ungemeine Ausdehnung der Randtheile auf. Vordergrund
und Seitengrund erscheinen unverhältnifsmäfsig grofs. Rückt man sie
aber in die richtige Entfernung Of, die gleich der Brennweite der Linse
ist, so schrumpfen die Sehwinkel CAO der zu breiten Randtheile A C,
BD wesentlich zusammen, da sie jetzt stark in der Verkürzung ge-
sehen werden (s. o.) und das Bild macht jetzt einen richtigen Eindruck.
Diese Fehler treten bei Bildern, die mit schmalerem Gesichtsfeld
aufgenommen werden, nicht so grell hervor. Ist z. B. der Winkel
gleich 60*, so spielt es für die Betrachtung keine grofse Rolle, ob wir
das Bild aus der einfachen oder doppelten Brennweite ansehen, wie
die Betrachtung des kleinen Randstücks Ag eines solchen nur 60*
27*
410
Distanzfohler im Portraitfach.
breiten Gesichtsfeldes von 0 und 0' uns zeigt. Daher kommt es,
dafs wir die perspectivische Unwahrheit in Portrait köpfen, die mit
Linsen von kurzer Breunweite aufgenommen sind, nicht so stark em-
pfinden, weil das Gesichtsfeld eiu noch schmäleres als 60" ist. Hier
treten aber andere Abnormitäten auf, auf welche Rücksicht ge-
nommen werden rnufs. Man nehme einen Pfeiler mit dem Grandrifs
ABCD von P aus auf, z. B. mit einer Visitlinse von 7 Zoll Brenn-
Klg. 125.
weite. Man wird alsdann ein Bild erhalten, wo die Seitenflächen A B
und CD noch gut sichtbar sind. Jetzt nehme man statt der 7zölligen
Linse eine 31zöllige. Wollte man mit dieser Linse ein Bild erhalten,
was ebenso grofs ist wie das erste, so müfste man näher an den Ge-
genstand herangehen, z. B. nach 0\ Von diesem Standpunkt aus sieht
man von den Seitenflächen gar nichts mehr. Der ganze Bildcharakter
wird dadurch ein anderer. Denkt man sich statt des Pfeilers ein
menschliches Gesicht, so ist es klar, dafs die Backen zusammen-
schrumpfen werden, wenn man sich dem Object nähert, das Gesicht
erscheint dann im Verhältnifs zur Höhe zu schmal.
Die Richtigkeit dieser Folgerung beweisen beifolgende Illustrationen.
Es sind zwei Aufnahmen eines Apollokopfes*). Vorgestreckte
Hände undFüfse existiren in dieser Büste nicht. Die Büste wurde
genau senkrecht aufgestellt, der Apparat ebenfalls und wurde die
Richtungslinie auf das Sorgfältigste abvisirt. Das eine, Bild I., ist
mit einem kleinen Patent-Dallmeyer in 47 Zoll Entfernung, das zweite,
Bild II., mit einem Steinheil in 112 Zoll Entfernung aufgenommen.
Der Unterschied springt in die Augen. Die ganze Gestalt er-
scheint in I. schmaler, schlanker, die Brust beinahe schwächlich;
dagegen erscheint dasselbe Modell in II. grofswangiger, untersetzter.
Dafs diese Schlankheit keineswegs Augentäuschung ist, geht am aller-
besten aus Messungen hervor **).
Die Entfernungen zwischen dem Auge und dem durch Kreuz mar-
kirten Brustpunkte sind an beiden Köpfen genau gleich. Die gröfste
Brustbreite (mit Zurechnung der beiden Armstumpfe) beträgt aber bei
I. 56 Millimeter, bei II. 59 Millimeter.
Ganz abgesehen von diesem handgreiflichen Unterschiede, treten
*) Beide wurden, um der treuen Wiedergabe sicher zu sein, photoxylogra-
phisch auf IIolz übertragen. Die Reproduction macht freilich nicht den effect-
vollen Eindruck des Originals. Sie ist jedoch dem aufmerksamen Beschauer
genügend verständlich.
**) In der Originalphotographie, wo die beiden Büsten sich von einem
schwarzen Hintergründe abheben, tritt diese Differenz noch viel greller hervor.
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Distanzfehler im Portraitfach.
411
jedoch im Charakter der beiden Köpfe für den aufmerksamen Beob-
achter auffällige Differenzen auf. Man lege eine Linie oa an die|Tolle
der Figur. Diese steht bei II. horizontal, bei I. fällt sie lin|ks.
Flg. 12«.
ii. i.
Man sehe ferner das Postament P an. Die Ringe desselben
bildeD bei I. stark geneigte, bei II. nur ganz flache Ellipsen.
Man betrachte ferner den Armstumpf A A. In I. siebt man von
der Seitenfläche desselben fast gar nichts, in II. tritt diese sehr
deutlich hervor. Ebenso sieht man deutlich, dafs das Rückenpostament
bei u in II. weiter hervortritt, als in I. Der Kopf steckt bei II. mehr
zwischen den Schultern (man sehe den Halswinkel bei W"), bei
I. hebt er sich mehr heraus; die ganze Gestalt scheint daher in I.
den Kopf mehr in die Höhe zu recken. Bei II. erscheint der Kopf
beinahe etwas nach vorn geneigt. Und doch stand die Figur unbe-
weglich, die angewendeten Linsen waren frei von Verzeichnung, die
Sehrichtung und Höhe war bei beiden genau dieselbe, nichts war ver-
schieden als die Distanz.
Verfasser hat neben diesen beiden Köpfen noch zwei andere unter
genau gleichen Verhältnissen in 60 bis 80 Zoll Entfernung gemacht,
und legt man die so gewonnenen vier Köpfe neben einander, so sieht
man, wie mit wachsender Entfernung die Gestalt dicker, voller,
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412
Distanzfehler im Portraitfncb.
gedrungener wird, wie die Tolle sich mehr und mehr senkt, die
Ellipsen des Postaments flacher und flacher werden, die Brust an
Breite zunimmt und die Armstumpfe heraustreten.
Diese Differenzen treten sogar auf, wenn man bei Aufnahme des-
selben Kopfes in verschiedener Entfernung denselben Apparat
anwendet.
Verfasser nahm den Apollokopf mit einer Dallmeyer-Stereoskoplinse
in 5 und 10 Fufs Entfernung auf. Das letztere Bild wird natürlich nur
halb so grofs als das erstere. Unterschiede in der Zeichnung waren
bei der Kleinheit nicht merkbar, wurden aber augenblicklich sichtbar,
wenn man die kleinen Bildchen vergröfserte, und traten dann zwischen
den beiden Bildern genau dieselben Unterschiede auf, wie oben bei
unseren Illustrationen.
So sehen wir also bei verschiedener Distanz merklich
verschiedene Ansichten desselben Objects entstehen, gerade so wie
ein verschiedener Lichteinfall einem und demselben Portrait einen ganz
verschiedenen Charakter aufdrückt.
Viele werden einwenden, das seien alles nur Kleinigkeiten. Es
sei gleichgültig, ob der Apollo ein wenig dicker aussehe oder schlan-
ker. Für den Apollo mag es Manchem gleichgültig erscheinen (die
meisten Leute wissen gar nicht, wie er aussiebt); ganz anders ist es
aber in der Portraitphotographie, sobald es des Bestellers höchst-
eigene werthe Person gilt. Für diese ihre eigene ' Physiognomie
haben selbst künstlerisch ungebildete Leute ein entsetzlich scharfes
Auge. Die gröfsten Kleinigkeiten, ein Zug, eine Falte, eine Contour,
eine Haarlocke werden hier kritisirt; und solche Unterschiede, die
sie an den Apollobildern gar nicht bemerken, fallen ihnen bei ihrem
eigenen Conterfei nur zu sehr auf.
Es ist deshalb Sache des Photographen, auf die Wirkungen der
Distanz genau zu achten.
Dem mechanisch arbeitenden Photographen mag das freilich un-
bequem sein, der intelligente und strebsame Künstler wird aber daraus
Vortheile zu ziehen wissen. Er wird eine hagere Person nicht dadurch
noch hagerer machen, dafs er sie in kurzer Distanz photographirt,
ebensowenig eine dicke noch dicker durch Aufnahme in weiter Distanz.
Namentlich gilt dieses bei Aufnahme von Brustbildern und noch viel
mehr von grofsen Köpfen, wo man sich einerseits in sehr nahen Di-
stanzen bewegt, andererseits aber die Körperbreite fast der Höhe
der Figur (soweit sie im Bilde sichtbar ist) gleichkommt.
Bei stehenden Bildern in ganzer Figur, wo die Breite der letzteren
nur ein kleiner Bruchtheil der Länge ist, treten diese Distanzfehler
nicht so augenfällig hervor.
Nun wird vielleicht Mancher wissen wollen, welche Distanz ist
die beste? welche giebt das richtigste Bild?
Das richtet sich nach der Individualität, könnten wir sagen und
auf das eben erwähnte Beispiel von der dicken und dünnen Person
hinweisen, für welches sehr verschiedene Distanzen mafsgebend sind.
Im Allgemeinen empfehlen die Maler für Zeichnung eines Objectes
eine Distanz, die mindestens gleich ist der doppelten Länge dessel-
ben; für einen 5 Fufs hohen Menschen demnach circa 10 Fufs Ab-
stand, für ein Brustbild (halbe Körperlänge) circa 5 Fufs.
Der Maler hat jedoch hier gröfsere Freiheit, er kann zufügen,
weglassen und ändern , was er will. Sein Führer ist sein Kunst-
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Distanzfehler im Portraitfach.
413
gefühl. Dieses setzen wir auch beim Photographen als nothwendig
voraus. Die Optiker haben ihn mit Instrumenten verschiedener Brenn-
weite bedacht, um in verschiedener Entfernung gleich grofse Bilder
desselben Objectes machen zu können. Ein wohl ausgerüsteter Portrait-
photograph wird deshalb verschiedene Instrumente zur Disposition
haben müssen *).
Jedes ist gut, wenn es am richtigen Orte angewendet wird.
Und damit beantwortet sich die Frage: Welche Portraitappa-
rate liefern das richtigste Bild, name n tli ch wenn dasdamit
gefertigte Negativ zur Vergröfserung dienen soll?
Aus dem vorstehenden Capitel ist klar, dafs selbst ein ganz
richtig zeichnendes Objectiv in verschiedener Distanz verschiedene
Bilder giebt. Ich erhalte ein ganz anderes Bild, wenn ich mit einem
und demselben Objectiv in 5 Fufs oder in 10 Fufs Entfernung ein
Brustbild aufnehme. Bei kleinem Format fällt das nicht sehr auf.
Vergröfsere ich aber ein Bild auf Lebensgröfse , so treten diese Dif-
ferenzen ganz augenfällig für Jeden auf.
Nehmen wir an, das lebensgröfse Bild sei 5 Fufs hoch, so würde
es nach der oben gegebenen akademischen Regel zur Betrachtung
einen Standpunkt von 10 Fufs Entfernung erfordern.
Wenn aber das so hergestellte Bild in dieser Entfernung einen
lebenswahren Eindruck machen soll, so mufs auch das zur Herstellung
dieser Vergröfserung gebrauchte Negativ in dieser Entfernung aof-
genommen sein (gleichviel mit welchem Objectiv, wenn dieses nur
richtig und scharf zeichnet). Ist es bei kürzerer Entfernung gemacht,
so erscheint das lebensgröfse Bild unter den gegebenen Voraussetzun-
gen sichtlich unwahr.
Diese Verhältnisse richten sich aber nach der Natur der Gegen-
standes.
Nehmen wir als Beispiel einen kunstvoll geschnitzten Pocal. Man
pflegt solch einen Gegenstand beim Trinken und auch beim Betrachten
in die Hand zu nehmen, d. h. ihn in verhältnifsmäfsig sehr naher Di-
stanz (circa 2 Fufs) zu sehen. Ein wahres Bild eines solchen Pocals
wird man nur erhalten, wenn man bei der photographischen Aufnahme
eine ebenso kurze Distanz wählt, und die Richtigkeit dieser Angabe
tritt sehr augenfällig hervor, wenn man ein von solchem Pocal in
grofser Distanz aufgenommenes Bild vergröfsert. Die Unwahrheit der
letzteren zeigt sich sofort bei der Vergleichung mit dem Original, na-
mentlich wenn dieses eine grofse Breitenausdehnung im Verhältnifs zur
Länge hat. (Siehe oben S. 384.)
Anders als erhabene Körper verhalten sich Höhlungen.
Ist AB CD (Fig. 127) das Innere eines Kastens, so sehen wir die
Seitenwand AB von P aus viel mehr in der Verkürzung als von 0’ und N
aus, sie wird demnach unter gleichen Verhältnissen von nah und fern auf-
*) Für Aufnahme der jetzt eo beliebten grofsen Köpfe in Viaitformat z. B.
stehen demselben drei Nummern von genügender Lichtstärke (und auf diese kommt
es sehr an) zur Disposition, beispielweise:
X Portraitkopf von circa 24 Linien und 4 Zoll Brennweite in circa 6 Fufs Distanz,
1 - - - 30 - - 7 - - - - 7 -
1 - - - 36 - - 12 - - - 11 -
Für die Mehrzahl der Fälle mag der mittlere genügen.
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Distanzfehler im Portraitfach.
genommen, im ersten Falle im Verhältnifs zur Höhe breiter erscheinen.
Dieses Verhältnifs tritt z. B. bei einer perspectivischen Strafsen-
ansicht ein. Bei kurzer Distanz, also bei Aufnahme mit einem
Weitwinkel-Instrument, erscheinen die nahen Tbeile ungewöhnlich breit.
Gleiches tritt ein, wenn wir uns unter AC den Rumpf, unter CD den
Fig. 127.
£ ' -J /7
Schoofs oder die Füfse einer sitzenden Person denken. Der Schoofs er-
scheint alsdann im Verhältnifs zum Rumpf viel breiter. Ebenso ist es,
wenn C D die nach vorn gekehrten Füfse einer stehenden Person sind ;
diese erscheinen länger voniV'aus. Man denke sich endlich unter CD
den Teppich oder Fufsboden, dieser wird breiter, d. h. höher an-
steigend von N' aus erscheinen. Nimmt man daher von zwei ver-
schiedenen Standpunkten P und N' mit zwei Linsen ungleicher Brenn-
weite dieselbe Person auf, so dafs die Höhe des Körpers in beiden
Bildern dieselbe bleibt, so werden bei Aufnahmen in kurzer
Fig. 128. Fig. 129.
Distanz vorspringende Theile (Schoofs, Hände, Füfse) zu breit,
zurückgehende, wie Wangen, zu schmal erscheinen, der Fufsboden
oder Stuhlsessel zu stark ansteigen (Fig. 128). (Im Vergleich dazu sehe
man Bild Fig. 129, welches in weiter Distanz gemacht ist.) Denkt man
sich unter AB (Fig. 127) den Grundrifs einer Hausfront, oder eines
Fensters, so gewinnt dasselbe in Bildern gleicher Höhe, von P
und 0' aufgenommen, von 0' aus an Breite. Daher erscheinen bei
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Fehler durch grofses Gesichtsfeld.
415
Fig. 130.
breitem Gesichtsfelde und kurzer Distanz
Vordergrund, Fenster und Thüren in ähnlicher
Lage zu breit und daher gedrückt, wie es viele
Pantoskopaufnahmen zeigen. Daher kommt es,
dafs die Distanz des Apparats und die Breite
des Gesichtsfeldes solche bedeutende Rolle bei
der Aufnahme spielt und das Bild uns daher
mehr oder weniger wahr erscheint. Wie unter
solchen Umständen bei strenger Richtigkeit der
Perspective ganz abnorme Constructionsfiguren
sich ergeben können, zeigt beistchende Kugel-
aufnahme. Kugeln erscheinen uns immer
kreisförmig; liegen sie aber am Rand des
Gesichtsfeldes, d. h. schneiden die Strahlen
die ßildfläche unter sehr schiefem Winkel, so
wird ihre perspectivische Figur bei strenger ma-
thematischer Richtigkeit eine Ellipse (s. S. 388).
Nun wird man solche Constructionsfigur
nie für wahr halten können, das Auge ist ge-
wöhnt, eine Kugel als Kreis zu sehen, mag sie
liegen, wo sie will, und man kann es dem Maler
durchaus nicht verdenken, wenn er sie abwei-
chend von den Regeln der Perspective stets
als Kreis zeichnet. Der Photograph kann das
leider nicht. Er mufs sich an die Figur halten,
die sein nach mathematischen Principien con-
struirtes Instrument ihm liefert.
Verzerrungen wie bei den Kugeln treten
schon bei ganz unbedeutendem Gesichtsfeld ein.
Die Kugeln B und D begrenzen ein Gesichtsfeld
von nur 35°, dieKugeln A und E ein Gesichtsfeld
von 64,°. Ersterer Winkel ist bei Portraits, na-
mentlich bei Gruppenaufnahmen gar nicht
ungewöhnlich, letzterer bei Landschaften und
Architekturaufnahmen. Die Randfiguren
einer Gruppe werden daher bei kurzer Di-
stanz und breitem Gesichtsfeld leicht zu dick.
Man sehe die beiden Figuren 131 und 132,
es sind Randfiguren aus zwei Bildern des-
selben Reliefs in 3^Fnfs und 8}Fufs Distanz auf-
genommen. Der Kopf erscheint in Figur 132
herumgewendet, dick, der linke Fufs auswärts.
Man wähle daher bei Gruppen weite Di-
stanzen und setze dicke Personen nicht an den
Rand, oder sorge dafür, dafs sie dem Apparat
ein schmales Profil zukehren. Ueberhaupt
nehme man nur, wenn die natürlichen Verhält’
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416
Neigungsfehler.
nisse es nicht anders gestatten, zu einem grofsen Gesichtsfeld seine
Zuflucht.
Flg. 131.
Flg. 132.
Noch auf einen Punkt ist zu achten: auf die Höhe des Apparats
und dessen Richtung.
Die normale Lage des Apparats ist die Horizon tale, bei dieser
liegt der Augenpunkt, d. h. der Punkt, wo die Verlängerung der
Sehaxe die Bildebene schneidet, genau im Horizont, d. b. in der
Linie, die in weiter Ferne eine Wasserfläche abgrenzen würde.
Diese normale Lage wird aber von praktischen Photographen
höchstens bei Architekturaufnahmen eingehalten; geschieht es nicht,
so erscheinen die senkrechten Linien der Gebäude nicht senkrecht,
sondern schief, nämlich nach oben convergirend, wenn der Apparat nach
oben, und nach unten convergirend, wenn er nach unten gerichtet war*).
Solche Bilder erscheinen äufserst unschön. Bei Portraitaufnahmen
und bei Aufnahmen rein landschaftlicher Bilder weicht man jedoch von
der Horizontal-Stellung sehr oft ab. Der Augenpunkt fällt dann ent-
weder in den Boden oder in den Himmel. Man sieht dann auch genau wie
mit dem menschlichen Auge, im ersten Fall mehr vom Boden, im zweiten
mehr vom Himmel. Es kann dies unter Umständen von Vortheil sein.
Wir haben bei Baumalleen, wo wir einen übertriebenen Vordergrund
*) Die Erklärung ist leicht. Die von einer geraden Linie ausgehenden
Strahlen bilden im Kreuzungspunkt eine Ebene und diese schneidet die Bildtafel
wieder in einer geraden Linie. Denken wir uns eine Reihe Linien, welche der
Bildtafel parallel sind, so schneiden die davon ausgehenden Strahlenebenen nach
bekannten stereonietrischen Gesetzen die Bildtafel wieder in parallelen Linien. Steht
die Bildtafel jedoch schief, so werden die Dnrchschnittslinien convergend.
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Neigungsfehler. — Camerahöhe.
417
meiden und einen tiefen Einblick in das herrlicher Blattgewölbe erhalten
wollten, den Apparat nach oben gerichtet. Auch Bedford bat das
gethan. Das Zusammenlaufen von Baumstammrichtungen störte dabei
unwesentlich. Welchen Einflufs die Neigung des Apparats bei Por-
traitphotographieen ausübt, ersieht man am auffallendsten aus den
Aufnahmen einer Facebüste von demselben Standpunkt aus mit nach
unten, nach oben und geradeaus gerichtetem Apparat. Im erstem
Fall scheint der Kopf sich nach vorn zu neigen, wie bei einem alten
Manne, im zweiten Fall steht er soldatisch senkrecht, im dritten Fall
erscheint der Kopf zurückgeworfen, die Augen gen Himmel gerichtet.
Der Effect ist noch auffälliger bei antiken Statuen, diese sind
meistens für hohe Standpunkte berechnet und gearbeitet. Sie
müssen daher mit nach oben gerichtetem Apparat aufge-
nommen werden. Man stelle den Apparat so, dafs das Objectiv
in die Höhe des Fufspunktes der Figur kommt, die Entfernung
desselben ungefähr doppelt so grofs ist als die Höhe der Figur,
dann richte man den Apparat schief nach oben. Unschärfe kann man
hier durch Neigung der matten Scheibe corrigiren. Gleiches gilt für
Aufnahme von Statuetten. Für liegende Statuen (Endymyon,
Cleopatra, Königin Luise) mufs dagegen der Apparat nach unten
geneigt sein.
Von viel bedeutenderer Wirkung ist nun die Höhe des Appa-
rats über dem Boden. In dieser Hinsicht werden zahlreiche Fehler
begangen. Die normale Höhe für die Betrachtung ist die Höhe der
Augen über dem Fofsboden bei einer stehenden Eigur, d. i. ungefähr
4-J Fufs. Geht man weiter in die Höhe, so sieht man die Gegenstände
von oben (Vogelperspective), bückt man sich, so sieht man sie
von unten (Froschperspective). Für eine sitzende Figur darfauch
der Beobachter als sitzend angenommen werden, d. h. das Auge
resp. die Camera, circa 4 Fufs hoch. Man nimmt gewöhnlich den
Apparat in Kopfhöhe des Modells für sitzende Figuren und neigt ihn
nach vorn, ferner in Brusthöhe und horizontaler Stellung bei stehenden
Figuren, und kann im ersten Fall den Kopf des Modells mehr heben,
im zweiten Fall mehr senken, um Ober- und Untersichtsfehler aus-
zugleicben.
Steht der Apparat zu hoch, so erscheinen die Personen mehr
in der Vogelperspective. Man sieht eine gröfsere Partie des Scheitels
(resp. der Glatze), die Augen erscheinen gedrückter, der Hals ist
durch das Kinn verdeckt etc. Steht er zu tief, so nähert sich das Bild
der Froschperspective. Man sieht in die Nasenlöcher, in die Augen-
höhlen, unter das Kinn, die Stirn verkürzt sich.
Noch viel einflufsreicher ist die Rolle, welche die Höhe des Ap-
parats bei Landschaftsbildern spielt. Hier erklettert man zur Gewin-
nung eines passenden Standpunktes Häuser, ja Berge.
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RUndpunkthöhe bei Landschaften.
Pig. 133.
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Standpunkthöbe hei Landschaften.
419
Man beachte hierbei, dafs alle parallelen Horizontallinien, die
nicht der Bildtafel parallel sind, nach einem Punkt der Horizontes,
ihrem Vers ch wi ndungspn n k t, zusammenlaufen.
Da nun der Horizont in der Höhe des Augenpunkts, d. h. des
Apparats liegt, so wird auch der Boden um so mehr ansteigen, je
höher der Horizont rückt. Man sehe Fig. 133, 134, 135, wo der
Augenpunkt einerseits in normaler Höhe (Mannshöhe), andererseits in
Hüfthöhe (Fig. 134), endlich in doppelter Mannshöhe liegt (Fig. 135).
Im zweiten Bilde, wo der Horizont am tiefsten liegt, steigen die
Strafsenlinien sanft an, die Obertheile bilden dagegen stark geneigte,
wie man sagt, stürzende Linien. Man sehe die Ellipsen des Meilen-
steins in Fig. 133 und 134, ebenso die Fenster- und Treppenmauerlinien.
Der Meilenstein ragt in die Wolken.
Gehen wir in die erste Etage (Fig. 135), so steigen die Boden-
linien stärker an. die Fenster- uud Gesimslinien erscheinen we-
niger geneigt. Von solchem hohen Standpunkte aus erscheinen die
Gegenstände in der Tiefe, wie in der Vogelperspective. Menschen,
Laternen, Bäume sieht man in der Verkürzung, sie erscheinen daher
klein und gedrückt. Es macht einen nicht ganz natürlichen Eindruck,
über die Gegenstände wie Menschen, Meilensteine, die wir über den
Boden hervorragen zu sehen gewöhnt sind, den Boden ansteigen zu
sehen oder Linien von Gesimsen, die man sonst nach unten fallen sieht,
nach oben laufen zu sehen. Solche hohen Standpunkte sind daher für
Strafsenaufnahmen nur dann gerathen, wenn die starke Obersicht ander-
weitig Vortheil bringt.
Hierzu tritt noch ein Punkt. Die Gesimslinien einer perspecti-
vischen Gebäudeansicht stürzen bei normalem Standpunkt (Kopfhöhe)
des Auges um so bedeutender, je höher das Gebäude ist. Wir pflegen
daher eine Gebäude, eine Halle für um so höher zu halten, je stärker
stürzend diese Linien erscheinen.
Daher kommt es, dafs in den von hohen Standpunkten gemach-
ten Aufnahmen, wo diese Gesimslinicn sich der Horizontalen
nähern, an sich hohe Gebäude niedrig und gedrückt erscheinen,
d. h. ihre grofsartige Wirkung ganz verlieren.
Paul Veronese, der eine Prachthalle malte, wufste diese Wirkung
stark stürzender Simslinien wohl zu würdigen, er legte für diese
den Augenpunkt absichtlich tiefer als für den Fufsboden, um sie
noch steiler zu machen.
Er hat damit freilich den gelehrten Mathematikern vor den Kopf
gestofsen, an künstlerischer Wirkung aber entschieden gewonnen.
Schliefslich ist ein Bild nicht da, um ein mathematisches Problem
zu lösen oder ihm gerecht zu werden.
In engen Strafsen ist die Wahl des Standpunktes freilich oft so
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Anordnung.
aufserordentlich eingeschränkt, dafs man allem besseren Wollen zum
Trotz sich mit dem Unvollkommenen genügen lassen mufs*).
Anordnung.
Man hört oft im Leben den Gemeinplatz: „Malerische Unordnung“
und Manche folgern daraus, dafs jedes bunte Quodlibet von Gegen-
ständen malerisch sei. Wieviel Photographen dieser Ansicht huldigen,
wollen wir hier nicht untersuchen. Uns ist einer vorgekommen, der
in seine Landschaften zur „Hebung des Bildes“ alles Mögliche hinoiu-
sehleppt. Er liefs womöglich Holz anfahren, warf Steine und abge-
brochene Zacken in den Vordergrund, der Schubkarren zum Trans-
port der Apparate mufste natürlich auch herhalten, um das Bild zu
füllen, er wühlte sogar, wenn ihm nichts weiter zur Disposition stand,
die Erde im Vordergründe auf, blos um die Ansicht „malerisch“ zu
machen. Noch ärger machte er’s bei Portraits. Hier schleppte
er Vasen, Fufsbünke, Uhren, CarafFen, Bilderrahmen, Stühle etc.
zusammen, so dafs mau die Person dazwischen gar nicht mehr
herausfand.
Es gehört schon eine vorgeschrittene Kunstbildung dazu, um ein-
sehen zu lernen, dafs unordentl i ch und malerisch auch nicht ent-
fernt identische Begriffe sind. Es ist allerdings nicht malerisch, wenn
die Gegenstände im Bilde steif symmetrisch wie eine mathematische
Figur geordnet sind, z. B. die Heiligenbilder der ältesten Malerschulen,
inmitten die Gottesmutter, rechts sechs Apostel, links sechs Apostel,
aufmarschirt wie Liniensoldatcn, und nicht blos symmetrisch in Bezog
auf Standpunkt, sondern auch auf Haltung der Hände, Füfse und
Köpfe: die linke Seite des Bildes genau das Spiegelbild der rechten.
Die Kunst verlangt Freiheit, aber dennoch Ordnung, und diese
äufsert sich im Allgemeinen in einem ungezwungenen symmetri-
schen Arrangement. Der Mensch an sich ist eine symmetrische
Figur, d. h. wir können ihn in zwei Hälften theilen, wovon die linke
genau das Spiegelbild der rechten ist, z. B. ein Front machender Li-
niensoldat, der dasteht, die Beine zusammen, die Hände angezogen, den
Kopf senkrecht nach vorn gerichtet. Solche Stellung nimmt
*) Es giebt Aufnahmen des Treppenhauses im Museum von Berlin mit Weit-
winkellinsen. Man sieht auf ihnen das Dachgebälk von unten (in der Froscbper-
spective), die Statuen im Parterre von oben (in der Yogelperspective), doch das
Publicum ist zufrieden damit. Dasselbe ist ja glücklich, wenn es in einem Bilde
viel, recht viel Gegenstände auf einmal sieht; wie sie aussehen, ist ihm gleichgültig.
Aus dieser Sucht, viel, recht viel mit einem Blick zu Übersehen, geht wohl die Berge-
steigewutb hervor. Man ist entzückt Über die Brockenaussicht — die jeglicher
Schönheit baar ist, weil man von da oben sehr Vieles, wenn auch nicht viel Schönes,
mit einem Male tibersehen kann.
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Anordnung.
421
aberein Mensch nur zwangsweise an und sie erscheint unschön
schon deshalb, weil sie unnatürlich ist. Man betrachte einen frei-
stehenden Menschen (Fig. 136).
Selten pflegt er auf beiden
Beinen zu stehen wie ein Sol-
dat, sondern er ruht meist
auf einem, dem Standbein,
und läfst das andere spielen,
daher nenntman es das Spiel-
bein. Er läfst ebensowenig
beide Arme schlaff herunter-
hängen, sondern halt sie in
verschiedener Lage, und nicht
selten hat er Kopf und Rumpf
in verschiedener Richtung ge-
wendet und daher erscheint
er dann selbst in dem (an sich
bewegungslosen)Bilde be-
wegungsfähig, d. h. belebt,
während der symmetrische Li-
niensoldat uns steif und starr
erscheint, schon in Natur und
noch schrecklicher im Bilde.
Als Beispiel einer zwangs-
losen symmetrischen Anord-
nung diene nachfolgende
sitzende Figur (S. 422 Fig.
139). Dem linken Saum
des Rocks steht ( fast zu
st r eng symmetrisch) der
rechte gegenüber, dem linken
Ueberzieherkragen entspricht
(in abweichendem Faltenwurf)
der rechte. Der von links auf-
Les#ing nach Rietschel. steigenden Linie des einen
Arms entspricht die von rechts
aufsteigende des andern. Beide gipfeln im Kopf, der sich jedoch gleich
den Füfsen von dem symmetrischen Arrangement unabhängig darstellt.
Fig. IST. Fig. 138.
Wir machten eben auf die Symmetrie der Linien aufmerk-
sam; einer nach links fallenden Linie a entspricht eine nach rechts
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422
Anordnung.
fallende b (Fig. 137), solche Linien stützen sich gleichsam gegenseitig,
sie halten sich das Gleichgewicht. Besteht das Bild aus lauter
schiefen parallelen Linien (Fig. 138), so ist dieses Gleichgewicht nicht er-
füllt, und diesen Mangel fühlt der Beschauer sofort, wenn er sich auch
des Grundes nicht bewufst ist. Man sehe das nachfolgende Bild (Fig. 140).
ln dem Bilde laufen
eine Menge Mauptlinien
fast in derselben Richtung
( Menschenbeine , Stuhl-
beine , Oberarm , Rock-
kragen, Lehne), ohne dafs
eine einzige symmetrisch
entgegengesetzt laufende
Linie vorhanden wäre;
rechts ist leerer Raum,
während links eine Vase
und Tisch den Raum ver-
engen und das Auge von
der Hauptsache ablenken.
Dafs die monotonen und
ohne Noth parallelen Li-
nien in der Figur un-
schwer hätten vermieden
werden können, ist leicht
einzusehen. Man bilde
sich aber etwa nicht
ein, dafs durchaus alle parallel laufenden Linien an der
Figur aus dem Bilde heraus müssen; man lasse davon stehen,
was organisch nothwendig ist,
man vermehre aber die vorhandenen
nicht unnöthiger Weise, wie es der
Autor obigen Bildes gethan hat,
indem er beide Arme, beide
Beine, Stuhlbeine und Lehne oben-
ein in derselben Richtung laufen
liefs.
Nun zum Schlufs ein Profil-
Bildchen nach einer Skizze von
Paton (Fig. 141). Wie schön ist
hier das Gleichgewicht eingehalten;
die nach links fallenden Linien des
Gewandes finden ihren symmetri-
schen Gegensatz in den nach rechts
fallenden Linien der Arme. Der Strauch zur Rechten findet seinen
Fig. HO.
Fig. 139.
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Anordnung.
423
Gegensatz in den beiden Bäumen zur Linken, ein paar Gegenstände
rechts im Vordergründe scbliefsen sich mit der Figur ungezwungen
zusammen. Das Bischen Ge-
strüpp und der Hut unten
rechts sind gar nicht ohne
Bedeutung, sie bilden gleich-
sam die Fortsetzung der nach
rechts fallenden Linien der
Arme. Man decke erstere durch
ein Stück Papier zu und sofort
fehlt der Figur der Halt.
Streckte die Kleine ihr (unter-
geschlagenes) Füfschen nach
rechts aus, so würden sie nicht
nöthig sein.
Wir haben an diesen Bei-
spielen gezeigt, in welcher
W eise man derfreien Symmetrie
oder, wie man ebenso gut sagt, dem künstlerischen Gleichgewicht gerecht
werden kann. Hier steht es dem Künstler frei, Requisiten, Dra-
perieen zu Hülfe zu nehmen. Gin Stück nach rechts fallender
Draperie, z. B. über die Stuhllehne der Figur 140 gehängt, würde
dort der pyramidalen Anordnung gerecht werden. Gin beliebtes und
recht wohlfeiles Hülfsmittel, welches freilich dort die parallelen
Arme und Beine nicht wegschaffen , sondern nur den leeren Raum
füllen würde. Je weniger der Künstler solcher Sachen bedarf, desto
besser ist er daran. Dafs sie nicht unbedingt nothwendig sind, lehrt
das Portrait (Fig. 139) nach einem Bilde des rühmlicbst bekannten
C. von Jagemann in Wien trotz des unvollkommnen Holzschnitts. Gs
zeigt die symmetrische Anordnung bei aller Freiheit der Bewegung, ohne
Zuhülfenahme von Draperieen und Requisiten. Bei allen Arrange-
ments ist aber eins zu beachten: Gs mufs ungezwungen sein. Sobald
man dem Bilde anmerkt, dafs der Künstler mühsam Kleider und Falten
zurechtgezupft, Draperieen und Möbel zusammengeschleppt hat, um
dem Gleichgewicht der Linien gerecht zu werden, sobald die Glieder
und Stoffe gar mit Gewalt in eine Lage hineingequetscht worden sind,
die sie von Natur nie batten annehmen können, so erscheint das Ar-
rangement nur künstlich, nicht künstlerisch.
Das Portrait (Fig. 139) sowohl als die Skizze von Paton
(Fig. 141) zeigen eine auf breitester Basis ruhende Gestalt, die
nach oben bin sich verjüngt, gleich einer Pyramide. Diese
pyramidale Anordnung findet man in zahllosen Kunstwerken
wieder. Warum sagt diese unserem Gefühl am meisten zu? weil
die Pyramide von allen Körpern den festesten Stand hat. Und
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 28
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424
Anordnung von Groppen.
festen Stand verlangen wir von jeder Figur ä tout prix, na-
mentlich in der Photographie. Hierauf ist vor allem zu achten bei
stehenden Figuren, die sich der pyramidalen Form weniger leicht
fügen, daher desto leichter in Gefahr sind, im Bilde unsicher,
haltlos zu scheinen.
Diese pyramidale Anordnung findet man in der Kunst nicht
nur für einzelne Figuren, sondern noch viel bedeutungsvoller für
Gruppen angewendet. Wir geben hier eine Gruppe von Bendemann.
Wir sehen eine pyramidale Anordnung in der ganzen Gruppe und
diese grofse Pyramide löst sich wieder in mehrere kleine auf, so z. B.
rechts die Mutter mit ihrem Kinde, in der Mitte der schenkende Knabe,
Flg. 142.
der mit Kanne und Wasserstrahl sich in pyramidalem Umrifs zusam-
menfügt, so dafs die rechts fallenden Linien einen Gegensatz zu den
nach links fallenden bilden. Gleichen Umrifs zeigt der Flötenspieler.
Wie man sieht, dienen auch hier zuweilen Nebendinge (wie Geschirr)
zur Vollendung des pyramidalen Aufbaues. Je weniger man aber
solche künstliche Mittel nöthig hat, desto besser ist es. Schrecklich
werden solche Nebendinge, wenn sie zur Krönung der Pyramide
verwendet werden. Ich sah Jemand bei zwei sitzenden Figuren dadurch
die pyramidale Anordnung herstellen, dafs er hinter sie eine sich aller-
dings über ihre Köpfe pyramidal verjüngende Trittleiter setzte.
In der That machen zwei Figuren dem Photographen bei dem
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Anordnung von Gruppen.
425
Arrangement oft Schwierigkeiten, und auch der bildende Künstler
kommt zuweilen schwer darüber hinaus. Man betrachte die Schiller-
Göthe-Gruppe von Rietschel oder Luther -Melanchton von Schadow.
Noch gröfsere Schwierigkeiten macht eine Vielheit von Personen. So-
viel beachte man: die pyramidale Gruppirung mufs ungezwungen er-
scheinen; sie darf nie zur Schablone, zum spanischen Stiefel werden,
Fig. 143.
Abendmahl nach Lionardo da Vinci.
in welchen mit Gewalt jeglicher Gegenstand eingeschnürt wird. Es
giebt Gegenstände, die sich als Gruppe einer pyramidalen Anordnung
geradezu widersetzen. Als Beispiel wählen wir hier Lionardo’s
Abendmahl. Es würde schwer möglich sein, die dreizehn Personen
sitzend an der Tafel so zu ordnen, dafs die Gruppe sich pyramidal
verjüngt. Hier ist eine horizontale Anordnung nicht zu umgehen,
wenn man nicht den Tisch in der Verkürzung zeichnen wollte; sie liegt
in der Natur der Sache. Das Bild zeigt aber, in welcher Weise der
Künstler eine Vielheit von Personen übersichtlich macht Er verfährt
wie der Naturforscher. Letzterer theilt behufs der Uebersichtlichkeit
die Unzahl der Gegenstände in Gattungen und Arten ein , gleichsam
in kleinere Gruppen. Ebenso läfst der Künstler die dreizehn Perso-
nen in zwei Hauptgruppen zerfallen, sechs Jünger zur Rechten, sechs
zur Linken; jede der beiden Gruppen zerfällt wieder in zwei Abtheilun-
gen. Sämmtliche Abtheilungen aber stehen in harmonischem Zusammen-
hang, jede ordnet sich dem Gedanken des Bildes unter. In vollendet-
ster und ungezwungenster Weise gehorcht das Arrangement dem Ge-
setze der Symmetrie.
28*
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426
Anordnung von Gruppen.
Es giebt auch mustergültige Kunstwerke, in welchen der pyra-
midale Aufbau wohl möglich und dennoch absichtlich nicht beachtet
ist. Man sehe Thorwaldsen’s prachtvolles Relief, die Nacht. Mit
zwei schlummernden Kindern (Schlaf und Tod) schwebt die mohn-
bekränzte Erauengestalt zur Erde nieder. Nur mit Zwang wird man
hier eine pyramidale Anordnung herauserkennen. Die pyramidale Form
wäre aber hier überflüssig, ja unmotivirt, denn diese Gestalt ver-
langt keine Stabilität, wie sie im Wesen der Pyramide begründet
ist, sie steht ja nicht, sie schwebt.
Fig. 144.
Wir haben hier zum Theil Kunstwerke höchsten Ranges als
Beispiele gewählt, deren Gegenstände dem Gebiete des Erhabenen an-
gehören. Sie mögen als Muster dienen zur Erkenntnifs der Kunst-
regeln. Inwieweit letztere anwendbar sind für Gegenstände, die
dem wirklichen Leben entnommen sind, mögen hier einige
Beispiele, Mieris und seine Frau beim Frühstück (Fig. 145)
und eine musi kalische U n terh a 1 1 u ng nach Terburg (Fig. 146),
ferner ein Liebespärchen nach Metzu (Fig. 151) zeigen.
Hat der Photograph eine gröfsere Personenzahl zu stellen, so
wird er die horizontale und pyramidale Anordnung leicht vereinigen
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Anordnung von Gruppen.
427
Fig. 145.
Mieris und seine Frau.
Fig. 146.
Musikalische Unterhaltung nach Terburg.
können. Er theilt
die Vielheit, wie auf
Lionardo’s Bild, in
Einzelgruppen
(die jedoch nicht aus-
einanderfallen dür-
fen), und sucht in
jeder einzelnen der
pyramidalen Anord-
nunggerecht zu wer-
den. Es wird ihm
zwar schwer gelin-
gen, in dieser Weise
ein Kunstwerk zu
schaffen, die Men-
schen sind gar zu
unbildsam und unge-
lenkig, er wird aber
doch ein gefälligeres
Gruppenbild erzeu-
gen, als durch das
blofse steife Neben-
cinanderstellen der
Gestalten.
Freier ist die An-
ordnung in Land-
schaften. Schon oben
in der Patonskizze
(Fig. 141) sahen wir,
wie der Strauch rechts
seinen symmetrischen
Gegensatz in zwei
Bäumen links findet.
In gleicher Weise
mufs oft das ab-
sichtlich durch
einSchiff oderein
Boot belebte Meer
den massigen Felsen
das Gleichgewicht
halten (Fig. 147).
Ebenso glücklichwer-
den hier Wolken
zur Herstellung des
Gleichgewichts bei
Seestücken benutzt.
Staffage spielt eine
grofse Rolle. Oft
428
Anordnung in Landschaften.
helfen hier ganz einfache Sachen. Man sehe die nachfolgenden Figu-
ren, die wir Robinson verdanken (Fig. 148 und 149).
Die beiden
Holzschnitte stel-
1 len einen und
denselbenGegen-
stand vor und
stimmen mit ein-
ander vollkom-
men überein, bis
auf die schwar-
zen Stellen — das
Boot im Strome
und die Bank mit
dem Baum —
welche in dem
einen fehlen. In-
dem man beide
vergleicht, wird man sofort fühlen, welchen Werth die kleinen dun-
kdschwarzen Punkte in der untersten Spitze des Winkels haben, wel-
cher von den Perspectivlinien des Schlosses und dem Flusse gebildet
wird. In dem zweiten Bilde, wo das Boot und die Bank wegge-
lassen sind, scheint dem Schlosse der Boden unter den Füfsen zu feh-
Flg. 147.
Fig. 148.
len. Den Linien, welche nach einem entfernten Punkte hinlaufen,
scheint es an einer Vereinigung und Regulirung zu fehlen; die Ferne
tritt in den Vordergrund herein und die einzelnen Theile stehen nicht
im richtigen Verhältnifs zu einander. In Fig. 148, wo die schwarzen
Punkte vorhanden sind, nimmt jeder Theil seine richtige Stelle ein,
und man empfindet ein Gefühl der Vollständigkeit, welches Fig. 149
abgeht.
Wir rathen hier dem lernbegierigen Leser zum eifrigen Studium die
hervorragendsten Landschaftsbilder unserer grofsen Meister — Claude-
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Umrisse and Linien.
429
Lorrain, Schirmer, Leasing, Hildebrandt — an, in allen wird er inter-
essante Beispiele für das Gesagte wiederfinden.
Fig. 149.
Umrisse und Linien.
Vor Erfindung der Photographie waren als billige Portraits die
sogenannten Silhouetten sehr beliebt. Diese enthielten nichts als den
Umrifs der Gestalt, am meisten im Profil, alles Uebrige war leer
(wie der Staatsschatz des französischen Ministers Silhouette, von dem
die Bilder ihren Namen haben); trotz dieser Leere gefielen diese
Bilder, und welche bedeutende Wirkung sich damit erzielen läfst,
zeigen am sprechendsten die neuen Silhouetten von Konewka, der
in diesem Felde Entzückendes geleistet hat, so dafs man des Mangels an
Ausfüllung des Raumes bei seinen Figuren gar nicht inne wird. Aus diesem
Umstande geht klar hervor, welche wichtige Rolle der Umrifs der Figur
in einem Bilde spielt. Dieser Einflufs macht sich überall geltend,
nicht blos in der leeren Silhouette, sondern in jedem Bilde, sogar in
der Körperwelt, der Plastik.
Jeder denkende Künstler, der einen Gegenstand aufnehmen will,
pflegt zunächst den Umrifs desselben zu studiren. Er läfst das
Auge an den Umrifslinien entlang gleiten, er sucht zugleich das
Schöne in deren Bewegungen, er folgt den Abwechselungen der
schwächeren und stärkeren, längeren und kürzeren Aus- und Einbie-
gungen und der schwungvollen Verbindung derselben. Man studire
z. B. die Umrisse der Figuren der Rafaelischen Madonna Aldobran-
dini (Fig. 150), einer der herrlichsten Jugendarbeiten des grofsen Ur»
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430
Umrisse und Linien.
Fig. 150.
Madonna Aldobrandini von Rafael.
biners. Man lege neben dieses irgend ein ähnlich arrangirtes,
nach photographischen Begriffen wohlgelungenes Kinderbild und man
wird den ungeheuren Abstand herausfühlen.
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Umrisse und Linien.
431
Es sind aber nicht allein die Umrifslinien , welche im Bilde mit-
sprechen, sondern die sämmtlichen Contouren überhaupt, seien
sie gebildet in den Gliedern, Säumen, Falten, Geräthen, Gar-
dinen etc. etc. Wir haben schon oben (Fig. 140) darauf aufmerksam
gemacht, wie unangenehm parallele Linien wirken, ebenso rechtwin-
kelige Gliederstellungen, Kreuzungen (Sägebockbeine) und Knitterfalten.
In jedem künstlerisch schönen Bilde existirt eine wunderbare Art von
Linienharmonie, der auch eine Photographie theilweise gerecht werden
kann. Man betrachte das Bild nach Jagemann (Fig. 139). Die Kante des
innern Rockes schwingt sich von der rechten Hand nach oben, setzt sich in
der Linie des Halses fort, diese schwingt sich im Umrifs des Gesichts
und der Stirn auf der andern Seite nach unten, um in der Kante des-
selben Rocks zu verlaufen. Ebenso elegaut setzt sich die mit dem
kleinen Finger der buchhaltenden Hand beginnende Umrifslinie in der
Contour des Ueberrocks fort, steigt hinauf zum Halse, um auf der andern
Seite wieder abwärts zu steigen und in dem leise gekrümmten Zeigefinger
der linken Hand zu endigen, und fast freiwillig folgt das Auge der Rich-
tung dieses Fingers und setzt die geschwungene Linie fort, um in der
Buchkante und dem Daumen und der inneren Rockcontour wieder auf-
Fig. 151.
wärts zu steigen.
Man erkennt hier-
aus, wie mehrere
Umrifslinien unge-
künstelt zu einer
Hauptlinie zusam-
menfliefsen und
selbst das Haar
dem Schwünge der
Linien folgt.
Eie Liebespärchen von Metzu.
Wirmachenhier
noch aufmerksam
auf die Genrebil-
der von Terburg
(Fig. 146), Metzu
(Fig. 151) und
Mieris (Fig. 145).
In Fig. 146 z. B.
sehen wir die Um-
rifslinie des Rocks
der Dame sich in
den Falten des
Tischtuches fort-
setzen, zur Ecke
hin aufsteigen, in
432
Umrisse nnd Linien.
den rechten Arm des Ritters übergehen, über dessen Kopf in den
Umrifs der Hintergrundgestalt sich fortsetzen and an dieser allmäh-
lich auf die Dame zurückführen. Die hintere Figur des Terzetts würde
freilich in dem vorliegenden Holzschnitt für sich allein nicht einwand-
frei erscheinen. Es ist ein Fehler, wenn sich weder Arm noch
Bein im Umrifs löst, and wenn der Kopf zwischen den Schal-
tern steckt; solche Figur erscheint schlecht profilirt, es müfste
denn die Handlung die Stellung motiviren. Freilich kann aber auch
beim Suchen nach einer lebhaften Profilirung des Guten zu viel gesche-
hen und an der Stelle, wo durch eine möglichst einfache Profilirung Rübe
und Ernst auszusprechen wäre, durch ihre zn grofse Lebendigkeit der Li-
nien die Wirkung verfehlt werden. Hier braucht man nun nicht weit zu
soeben. - Es giebt Tausende von Portraitphotographieen, in welchen im
Gegensatz zu dem ruhigen Ernst eines alten Mannes die Umrifslinien
im unschönen Zickzack hin- und herlaufen. Ziemlich glücklich er-
scheint in seinem Umrifs das Jagemanu’sche Bild (Fig. 139), nur eines
wirkt störend, der hinter dem linken Arm hervorguckende Sessel
und die zu stark eingezogenen schwächlichen Schultern. Die belebten
Umrisse entsprechen hier vielleicht dem Charakter des Dargestellten; sie
würden aber z. B. für eine ältere Person schlecht passen. Etwas lebhaf-
tere Profilirung möchte man aber dem weiblichen Theil des Metzu-
schen Liebespärchens (Fig. 151) wünschen, obgleich dagegen eingewen-
det werden kann, dafs die Schöne sich den Liebkosungen gegenüber
spröde verhält und die ruhigen Umrifslinien vollkommen zu ihrer gleich-
gültigen Stimmung passen.
Es ist schwer, die Schönheit der Linien Jemandem klar zu machen.
Es ist Gefühlssache. Wir können hier nur aufmerksam machen auf
Meisterwerke ersten Ranges der Malerei und Bildnerkunst, z. B. auf
die Umrisse und Linien in der Madonna Rafaels (Fig. 150). Es
ist in diesen wunderbar weich geschwungenen hingehauebten Con-
touren eine so entzückende Harmonie, dafs alles sebaal und matt
dagegen erscheint, was die Photographie jemals „gestellt“ hat. An
solchen Werken mag der Kunstjünger sein Liniengefühl bilden.
Auch in den Landschaften spielen die Umrisse und Linien eine
bedeutende Rolle. Schon der Naturfreund gewöhnlichen Ranges un-
terscheidet zwischen eleganten und plumpen Umrissen an Bergen
und Bäumen. In architektonischen Bildern streben viele parallele
Linien einem Verschwindungspunkt zu; sie führen den Blick in weite
Ferne, und auch ohne solche Architekturlinien wird man in gut com-
ponirten Landschaften eine gewisse Harmonie in der Führung der
Linien herausfühlen, wie sie z. ß. in der geschwungenen Linie des in
weiter Ferne sich verlierenden Strandes und den Umrissen der Berge
(Fig. 147), die alle das Auge nach derselben Ferne führen, sich aus
spricht. Es fehlen die Wolken in jener Skizze. Wollte ein Künstler sie
einlegen, er müfste ihre Umrisse und Linien mit den vorhergenannten in
Harmonie setzen. Man sehe das Schlofs Windsor (Fig. 148 und 149).
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Gewänder und Draperieen.
433
Die nach rechts niedersteigende Linie der linken Wolkencontour bildet
hier einen Contrast gegen die nach links fallenden Umrisse der Ar-
chitekturansicht.
Gewänder und Draperieen.
Unser Klima nöthigt uns zum Schutz gegen Wind und Wetter
eine wärmende Umhüllung, Kleider anzulegen, deren Form einerseits
nach dem Geschlecht, der Nationalität, dem Alter sehr verschieden,
aufserdem mit dem persönlichen Geschmack, der Mode aufserordent-
lich wechselnd ist.
Im Allgemeinen bestehen die modernen Kleider aus zusammen-
genähten oder geknöpften sackartigen Stücken — Aermel, Hosen,
Weste, Rock, ganz im Gegensatz zu den Trachten des Alterthums,
die aus einfachen Stücken Zeug bestanden , welche malerisch umge-
worfen den Körper verhüllten. Jetzt verräth sich der Elegant durch
den dem neusten Modejournal entsprechenden Schnitt seiner Kleider;
zur Zeit der Blüthe Griechenlands suchte man seine Eleganz in der
Art, sich schön zu drapiren. Perikies war berühmt durch die Art,
seinen Mantel zu tragen.
Wir finden das antike Gewand in zahllosen antiken Statuen
wieder, und überall, selbst bei völliger Verhüllung, schimmern gleich-
sam die Formen des Körpers hindurch; Gestalt und Bewegung
der bedeckten Glieder ist im Gewand erkennbar. Dieses
im Alterthum überall festgehaltene Princip findet man auch in mo-
dernen Kunstwerken der ersten Meister wieder, und wo es nicht
beachtet ist, da wird das Kunstwerk selbst den Laien unbefriedigt
lassen. Unser Gefühl verlangt Motivirung. Warum ist hier eine
Fig. 15J. Vertiefung im Gewände? weil darunter
die Lücke zwischen Arm und Körper
sieb findet. Warum ist dort ein Höcker
im Gewand? weil sieb das Knie dort
befindet.
Man sehe beispielsweise die an und
für sich wundervolle Maria von H. v. Eyck
(Fig.152), in welcher das Gewand nicht die
geringste Andeutung von Fufs, Schenkel,
Knie enthält und man (wenigstens aus dem
Holzschnitt) nicht erkennt, ob die Gestalt
stebt oder kniet. Niemand wird solche
Gewandung schön finden.
Klarer schimmern die Formen des
Körpers durch die Gewandung der Ma-
donna des Fra Bartolommeo (Fig. 153). Man erkennt unschwer, dafs
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434
Gewänder und Draperieen.
das eine Bein kniet, das andere aufgestützt ist. Die Lage des Knies
ist ganz deutlich markirt, ja man beobachtet selbst die Lage des
Hackens beim linken Fufse. Aebnliches läfst sich am Arm bemerken.
Wie streng moderne Künstler dieses genaue Correspondiren des Ge-
Fig. 153.
wandes mit der Körperform beachten, erhellt aus der Technik der
Bildhauer, die zunächst eine Figur nackt modelliren, dann erst das
Gewand umlegen. Freilich machen manche modernen Trachten die
Anschmiegung des Gewandes an die Körperformen zur völligen Un-
möglichkeit, z. B. die Crinolin rocke.
Hier mufs sich der Künstler in die bestehenden Mode-Verhält-
nisse fügen. Sehr verkehrt wäre es, einer modernen Dame, die
nicht Schauspielerin ist, die Crinoline herunternöthigen zu wollen, um
durch passende Draperie der Unterkleidung die Stellungen der Beine,
Knieen etc. zu markiren.
Bei der Anordnung der Gewänder und Draperieen, soweit die
Mode nicht Schranken auferlegt, beachte man, dafs Gelenke
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Gewänder und Draperieen.
435
von Schulter, Ellenbogen, Hüfte, Knie, Fufs erkennbar bleiben, ebenso
aber auch die breiten Flächen: Brust, Schenkel etc. Auf letz-
teren nehmen sich Gewandvertiefunge n sehr unschön aus,
während dieselben sehr geeignet sind, Höhlungen, wie zwischen
Arm und Körper resp. zwischen den Beinen (siehe Figur 153) zu
markiren. *
Welche bedeutende Rolle das Gewand in dem mehr oder weniger
eleganten Flufs der Linien spielt, gebt aus den oben gegebenen Bei-
spielen hervor, und gar zu gern pflegen daher die Künstler mit Rücksicht
auf die sackartige unbildsame Form unserer modernen Kleider ein
Stück Zeug oder Mantel zu Hülfe nehmen, um die Figur malerisch
zu drapiren, und je steifer die Buchse ist, welche die Mode oder
der Dienst (Uniform) dem Modell aufnöthigt, desto entschuldbarer
erscheint der Künstler, der zu solchen immerhin künstlichen Mitteln
seine Zuflucht nimmt. So findet man bei Rauch’s Soldaten gewöhn-
lich den Mantel (Blücher, Scharnhorst, Gneisenau), dessen fliefsende
Falten zu den steifen Linien der Uniform angenehm contrastiren und
die Bewegung der Gestalt vortrefflich markiren. Photographen neh-
men noch lieber ihre Zuflucht zu solchen Hülfsmitteln und namentlich
ist es der Bildhauer Adam Salomon, der hier vielleicht zu weit geht
und den Herrschaften Draperieen aufnöthigt , von denen die moderne
Tracht nichts weifs. Glücklicher Weise geben hier Mantel, Havelock
(auch Plaid bei Studenten) oft willkommene Hülfsmittel an die Hand
und noch mehr Vortheil gewährt die Damenmode durch Beduinen.
Shawltücher, Schleier, nur dürfen solche Dinge nicht solchen Leuten
angepafst werden, denen solche Sachen absolut fremd sind, oder die
vielleicht gar dagegen protestiren.
Die Photographie hat nicht die Aufgabe, Bewegungen darzustellen,
ihre Aufgabe besteht in der Darstellung ruhiger Posen, dadurch
geht ihr ein wichtiges Hülfsmittel zur Markirung der Körperformen
verloren, wie es Künstler in den fliegenden Gewändern besitzen.
Man glaube jedoch nicht, dafs dieselben ihre Gewänder nach Belieben
frei herumflattern lassen dürfen, die Bewegung derselben mufs eben-
falls motivirt sein, d. h. aus natürlichen Verhältnissen erklärt werden
können. Es ist z. B. der Luftwid erstand beim Fluge, der das Gewand
bei der Thorwaldsen’schen Nacht (Fig. 144) nöthigt, sieb dem Körper au-
zuschmiegen, wodurch die Formen desselben auf das Schönste markirt
werden. Solche Motivirung verlangt man auch bei ruhigen Posen.
Byron nach Thorwaldsen (Fig. 154) hatte seinen Mantel über die
Schulter geworfen, so dafs er den rechten Theil des Körpers ganz
verhüllte; er senkte dann die Hand aufs Knie und dadurch rnotiviren
sieb die straff gezogenen, von der Schulter kommenden Falten und
die Vertiefung zwischen Arm und Schenkel, die die Körperformen deut-
lich erkennen lassen.
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436
Gewänder and Draperieen.
Nicht selten hilft man hier auf etwas künstliche Weise nach,
indem man das Gewand absichtlich in die Vertiefungen zwischen Ar-
men und Körper oder zwischen den Beinen hineinstopft, um diese zu
markiren; Letzteres mufs mit sehr grofser Vorsicht geschehen, wenn
es künstlerisch schön und nicht gewaltsam künstlich erscheinen soll.
Eine bedeutende Rolle bei der Drapirung spielt der Stoff des
Gewandes. Appretirtes Leinen giebt unangenehm steife knitterige
Palten, schwierig fügt sich auch die immer noch harte Seite, besser
Baumwolle, am weichsten und harmonischsten fliefsen Wollenstoffe.
Eine ebenso bedeutende Rolle als ihre Form und Fältelung spielt aber
bei dem Photographen der Glanz und die Farbe und die Dicke der
Gewänder. Für Maler sind die Farben und Glanzlichter willkommene
Objecte, um ihre Virtuosität zu zeigen; den Photographen bringen sie
oft genug durch ihre Widerspenstigkeit zur Verzweiflung, indem ihre
Farbe sich unwirksam oder zu wirksam erweist und der Glanz störende
weifse Flecke erzeugt. Salomon thut hier nicht so unrecht, wenn er,
ausgehend von dem Princip, dafs der Kopf am hellsten sein müsse,
helle Kleider, gegen die der Kopf dunkel erscheinen würde, durch
Draperieen zudeckt Salomon bedient sich mit Vorliebe der Sammet-
draperieen, d. h. nicht des sehwarzen ächten Sammets, der zu dunkel
zeichnet, sondern des violetten bräunlichen (auch rothen) Sammet-
manchesters. Dieser ordnet sich in weichen gerundeten Falten, auf deren
Erhöhung das Licht in mildem Scheine spielt. Ein Stück dunkler Tüll
oder Schleier, Gaze oder Kantentuch verrichten hier zur Dämpfung heller
Kleider ebenfalls gute Dienste und haben den Vortheil, durchsichtig
zu sein, so dafs das darunter liegende Kleid immer noch sichtbar
bleibt, während eine dunkle Draperie es ganz zudeckt.
Bei frei fliefsenden Gewändern und Draperieen achte man darauf,
dafs die glatt liegenden Theile, die Flächen, ebenso wie die er-
höhten und vertieften, die Falten, ruhig fliefsen und nicht durch
zahllose Knittern gestört sind, die sich nicht selten durch den Gebrauch
oder durch Zusammenlegen und Eindrücken in die Wäschschublade
bilden. Wir sahen ein Bild der Jachmann als Iphigenia, in welchem
das klassische Gewand trefflich geordnet war und welches dennoch
durch die zahllosen sich durchkreuzenden Knittern auf den Gewand-
flächen äufserst unruhig wirkte. Der Künstler (Maler, Bildhauer) läfst
solche Nebendinge weg und hat ein Recht dazu.
Die Falten setzen sieb gewöhnlich nicht geradlinig fort, sondern
erscheinen an den Umbiegungen des Körpers oder beim Aufstauchen
auf den Boden gebrochen. Diese Brüche sind sehr verschiedener
Natur: bald scharf eckig, bald mehr gerundet, bald flacher, bald
tiefer. Im Zickzack hin - und herlaufende scharfe Brüche erscheinen
unruhig und unschön (Fig. 152). Ebenso mannichfaltig erscheint
der Saum der Gewandung. Meistentbeils vorläuft derselbe bei
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Gewänder and Draperieen.
437
unseren modernen Costümen in monotone langweilige Linien, wie
z. B. der Saum unserer Röcke, die unten fast architektonisch steif
und horizontal abgeschnitten sind.
Noch schrecklicher erscheint der Frack mit seinem unmotivirten
rechtwinkligen Auscbnitt zu beiden Seiten.
Flg. 154.
Aber auch bei mehr drapirenden Gewändern wird dem Saum
nur wenig Beachtung geschenkt; die Künstler sind oft zufrieden, ein
paar malerische Faltenwürfe hergestellt zu haben, und achten gar nicht
auf die Linien des Randes. Welche Rolle diese spielen, lehrt ein
Blick auf den Saum des Gewandes von Thorwaldsens Nacht (Fig. 144),
der an den Füfsen belebt, in den obern Partien manriichfaltig ge-
schwungen erscheint und so zu einem reizenden Spiel der Linien Ver-
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Gewänder and Draperieen.
anlassung giebt. Wenn solche Belebungen des Saumes auch nur aus-
nahmsweise bei ruhigen Figuren möglich sind und namentlich bei
modernen Costümen Schwierigkeiten machen, so lehrt doch ein Blick
auf die Genrebilder von Mieris, Terburg (Fig. 145, 146), dafs man bei
aller Einfachheit doch Monotonie und Steifheit vermeiden kann.
Der lebendig geschwungene Saum von Byrons Mantel (Fig. 154) bildet
einen sehr wirksamen Gegensatz zu den etwas monotonen Linien der
Falten und des modernen Costümes.
Eine ganz besondere Sorte von Falten, die dem Photographen
viele Schwierigkeiten machen, sind die sogenannten Gewohnheits-
falten. Durch längeres Tragen bilden sich in den Arm- und Kniege-
lenken Ein- und Ausbiegungen des Gewandes, die auch beim Stehen
sichtbar bleiben. So offenbaren sich Kniee und Ellenbogen durch
charakteristische Beulen in der Gewandung, die selbst durch Ziehen
und Zupfen nicht verschwinden und die namentlich störend wirken,
wenn sie hinauf- oder herabrutschen und als Höcker, als Schenkel
oder als Schienbein hervortreten. Man achte darauf und suche diese
Gewohnheitsfalten durch Ordnen der Toilette dahin zu bringen, wohin
sie gehören, d. h. nach Knie und Ellenbogen, dort sind sie moti-
virt und stören nicht. Anders ist es, wenn absichtlich durch die
Verkehrung solcher Gewohnheitsfalten eine komische Wirkung beab-
sichtigt ist, wie auf zahlreichen Genrebildern, in denen man sie absicht-
lich betont. Wie moderne Costüme malerisch zu behandeln sind, das
lehren uns die Portraitbilder und Statuen unserer modernen Meister.
Man studire dieselben, wo man nur kann. Man achte auf Umrifslinien,
Flächen, Falten, Brüche und Säume. Nur dadurch wird man seinen
Blick für solche Sachen schärfen.
Eine ähnliche Behandlung als die Draperie verträgt auch das
Haar, d. h. nicht jene aus Chignons und andern Ungestalten aufge-
thürmten Wasserköpfe, sondern das frei fliefsende. Wir brechen
nicht über jede künstliche Locke den Stab. Mitunter bilden solche
ein sehr dankbares Object beim malerischen Arrangement. Das strähnig
herunterhängende Haar erscheint gleich einem durch Falten unbelebten
Stück Zeug. Schon die alten Bildhauer belebten es durch Wellenlinien.
Herrlich wirkt es, wenn es in edlen, schön geschwungenen Linien
den Kopf umwallt, auf die Schultern herabfällt und hier harmonisch
in den Linien der Gewanduug weiterfliefst. In schönster Harmonie
mit dem Haar kann ein Hut mit wallender Feder oder Schleier ver-
wendet werden. Die Portraitisten aller Zeiten haben davon Vortheil
zu ziehen gewufst.
Noch könnten wir hier sprechen über die Gewandung in der
Landschaft. Mau scherze nicht, denn was ist das Laubgewand
der Bäume anders als eine schöne Naturdraperie? nur legt sie der
Baum im Sommer an, die Menschen eher im Winter.
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Stellung und Standpunkt.
439
Auch hier verlangt das ästhetische Gefühl, dafs das Skelett der
Bäume, die Aeste, in den Formen der Gewandung merkbar hervor-
treten. Auch hier müssen die Erhöhungen und Vertiefungen in der
Form der Aestung motivirt sein, und hierin liegt der Unterschied
zwischen schönen und unschönen Bäumen. In ersteren erkennt man
im Umrifs des Laubes ihren innern Bau, auch wenn die Aestung nicht
sichtbar sein sollte, wunderbar heraus.
lieber Stellung und Standpunkt,
a) Das Arrangement von menschlichen Figuren.
Wir haben oben in dem Capitel Anordnung bereits betont, dafs bei
einer freistehenden menschlichen Figur vor allem der Schwerpunk t
gehalten werden mufs. Nun geht bei einer auf einem Fufse stehenden
Figur die Linie des Schwerpunktes gewöhnlich von der Halsgrube
senkrecht auf den (innern) Fufsknöchel des Standfufses. Fällt sie
aufserhalb desselben, so ist die Figur nicht genügend unterstützt und
bedarf zum festen Stand einer Anlehnung. Eine Stellung auf zwei
Füfsen wird der Künstler selbst bei einem Militair nur ungern wählen.
(Man sehe die zahlreichen Schadow’schen und Rauch’schen Portraitsta-
tuen von Soldaten.) Wenn aber ein Körper auf einem Beine ruht (z. B.
Fig. 136 S.421), das andere spielen läfst, so tritt die Hüfte auf der Stand-
beinseite vor und steht höher als die andere. Ebenso bemerkt man
leicht, dafs die Schulter über dem Standbein etwas tiefer steht als die an-
dere. Die Hüftenlinie und Schulterlinie erscheinen daher nicht mehr par-
allel. Die Künstler achten beim Malen wohl darauf, Photographen soll-
ten es noch vielmehr thun. Es giebt Personen, die eine Schulter tiefer
tragen als die andere, in Folge schlechter Haltung. Solche Personen lasse
man lieber nicht aufdem Fufse stehen, welcher auf der hängenden Achsel-
seite liegt. Der natürliche F ehler wird dann noch übertriebener erscheinen.
— Der Kopf erscheint lebendiger, wenn er eine andere Richtung hat als die
Brust. Die Augen folgen dem Kopf, z. B. ist dieser nach rechts gewen-
det, so mögen auch die Augen nach rechts blicken, falls sie nicht ge-
radeaus sehen. *In keinem Falle dürfen sie bei einem ruhigen Ausdruck
eine entgegengesetzte Bewegung machen, z. B. Kopf nach rechts, Augen
nach links gewendet. Durch ganz geringe Drehungen oder Ver-
rückungen des Kopfes einerseits, des Apparates anderer-
seits, kann derUmrifs der Linien, namentlich des Kopfes,
eine total andere werden. Die Wendung des Kopfes bleibt gewöhn-
lich dem Photographen überlassen und am liebsten läfst er ihn nach
der Schattenseite blicken. Künstler pflegen dagegen oft den Kopf
beim Portrait nach der Seite der höher stehenden Schulter hin wenden
zu lassen.
Das freie Bein, das Spielbein, ist in der Wahl seiner Stellung
nicht beschränkt. Es kann vortreten und zurücktreten. Wohl aber
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 29
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440
Stellung und Standpunkt, — Contraste.
richtet sich nach der Lage des Beines die Lage des entgegengesetzten
Armes. Beim Gehen merkt man, wie das linke Bein mit dem rechten
Arm in der Bewegung correspondirt. Es heben sich der rechte Arm
und der linke Fufs gleichzeitig und umgekehrt, um immer das Gleich-
gewicht innezuhalten. Ebenso ist es künstlerisch gerechtfertigt zur
Vermeidung von Parallelen, dafs der linke Arm und der rechte Fu£s
entgegengesetzte Bewegungen haben.
Fig. 155.
Pharisäer und Levit nach Rustici.
Geht der Oberschenkel des Spielbeins vor, der Unterschenkel
zurück, so läfst man gern auf der andern Seite den Oberarm zurück,
den Unterarm wieder Vorgehen (s. beifolg. Figur des Leviten). Ebenso
läfst man zur Vermeidung paralleler Bewegungen den einen Arm empor-
heben, wenn der andere hängt (s. beifolg. Figur des Pharisäers, ferner
Fig. 136). Kurz, die bei den Bewegungen (Gehen) sich aussprechenden
natürlichen Constraste zwischen beiden Beinen und Armen läfst man
auch bei ruhigen Figuren noch heraussehen und gerade dadurch er-
reicht der Künstler, dafs sie gleichsam belebt erscheinen. Künstler achten
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Behandlung der Hände.
441
Fig. 156.
hierbei auf das Kleinste, selbst auf die Position der Glieder. Sie
werden bei einem ausgestreckten Arme der Hand eine etwas andere
Richtung geben als dem Arm selbst, und auf die Hand selbst ver-
wenden sie die peinlichste Sorgfalt. Nach dem Kopf ist die
Hand der ausdrucksvollste und interessanteste Theil des menschlichen
Körpers. Freilich sind schöne Hände selten, sehr selten, und daher
wird ein Photograph nur zu häufig genöthigt sein, sie möglichst wenig
zu betonen. Noch häfslicher erscheinen aber die Hände durch ihre ungra-
ziöse Haltung. Man betrachte die Hände in den Portraits unserer ersten
Maler und Bildhauer. Jeder Finger der unbeschäftigten Hand ist darin
selbstständig und unterscheidet sich in seiner Bewegung von seinem
Nachbarfinger, während sie in vielen photographischen Portraits oft wie
zusammengeklebt nebeneinander liegen
(siehe die Figur einer haltenden und
gestützten Hand [Fig. 156], ferner die
Hände in dem Portrait Byrons S. 437).
Dafs der Zeigefinger unter den längeren
Fingern eine dominirende Rolle spielt,
wird man ebenfalls unschwer bei unsern
Meisterwerken erkennen.
Freilich wird es dem Photographen
schwer werden, den Leuten die Finger
auseinanderzureifsen.
Ein einfaches Mittel, steifen Fingern
eine etwas belebte Lage zu geben, besteht
darin, dafs man den Leuten eine Papierrolle in die Hand giebt. Die
Finger legen sich um diese, ähnlich der Lage der linken Hand des
Pharisäers (Fig. 155). Zieht man dann die Rolle leise heraus, oder
läfst sie fallen, so bleiben die Finger in einer leidlich graziösen Hal-
tung. Natürlich mufs man hier auf die Individualität Rücksicht neh-
men. Es wäre lächerlich, die schwieligen Hände eines Dienstmannes
oder einer Waschfrau so zurichten zu wollen. Die Lage der grei-
fenden und fassenden Hand ist natürlich durch den gegriffenen
Gegenstand bedingt. Man fafst einen leichten Gegenstand, z. B. ein
Buch, mehr spielend (Fig. 154), einen schweren (z. B. eine Lanze)
kräftig, aber auch hierbei greift der Zeigefinger nicht so fest zu als
die andern. Ein leichtes Buch so fest zu packen wie eine schwere
Waffe, erscheint komisch; eine Waffe aber so graziös anznfassen wie ein
Spielzeug, erscheint schwächlich. Alles, was hier von stehenden Fi-
guren gesagt ist, findet, ausgenommen die Natur der Unterstützung,
auch bei sitzenden seine Anwendung. Hier werden beide Beine zu
Spielbeinen, es existirt wegen der Unthätigkeit von Armen und Beinen
eine gröfsere Freiheit der Bewegung, also auch der Anordnung. Man
vermeide vor Allem parallele Stellungen beider Arme, resp.
29*
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442 Unterschiede des Alters and Geschlechts.
beider Beine, wovon Fig. 140 ein so abschreckendes Beispiel giebt.
Man sehe dagegen die Lage der Arme und Füfse in der Agrippina
(Fig. 157). ln der Kunst wird man nicht selten hier zu Abwei-
chungen von dieser Regel genöthigt sein, sobald durch lebhafte Bewe-
gungen körperliche und geistige Erregungen dargestellt werden sollen.
Fig. 157.
Mit solchen Darstellungen bat aber die Photographie nichts zu thun,
sie beschäftigt sich mit Darstellung ruhiger Objecte.
Noch machen wir aber aufmerksam auf die Unterschiede des Al-
ters und Geschlechtes. Kinder und Weiber sind anders construirt
wie Männer, sie stehen und gehen anders, Stand- und Spielbein
z. B. kennt das Kind nur im entwickelten Zustande , es steht sonst
mit beiden Beinen fest auf. Der männliche Körper ist härter,
sehniger, magerer; bei Kindern und Weibern sind die Weichtheile stärker
entwickelt. Man betrachte eine Kinderhand, die wie ein Polster aus-
sieht. Die grofse Ausdehnung des Kinderkopfes ist bekannt. Das
Oval des männlichen Kopfes ist unten breiter wie das weibliche,
das Auge steht bei Frauen ein wenig tiefer, ebenso das Ohr; die Nase
ist ein wenig kürzer, der Mund etwas kleiner. Natürlich finden sich
in dieser Durchschuittsregel zahllose Abweichungen, je nach der Race,
Individualität, Lebensart, Ausbildung durch Gymnastik etc. Man stelle
eine Frau, die sich durch schwere Handarbeit ihr Brod verdienen mufs,
neben eine hochgeborne nicbtsthuende Dame. Es giebt nicht zwei
Individuen, welche gleich wären, und der Photograph weifs das am
besten. Er versuche einmal irgend eine hübsche Stellung, die ihm
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Grnppenarrangements. — Klarheit.
443
bei einem Modell geglückt ist, genau ebenso mit einer zweiten
Figur zu wiederholen. Es geht nicht, und wird trotz aller Mühe stets
etwas anders, und wenn sich die beiden äufserlich noch so ähnlich
sehen sollten. Daher ist es, genau genommen, vom Uebel, Stellungs-
recepte geben zu wollen. Wir haben wiederholt das Jagemann’sche
Bild (Fig. 139) oben angeführt. Wir finden auf diesem Bilde die
Brust gegen die Schenkel nach links gewendet, dadurch wird Leb-
haftigkeit erreicht. Noch mehr wird diese gesteigert durch die Dre-
hung des dem Xylographen etwas steif gerathenen Kopfes, der noch
weiter gegen die Brust nach links gewendet ist. Die ganze Gestalt
bekommt dadurch fast eine zu hoch getriebene Lebendigkeit, die je-
doch vielleicht in diesem Falle dem Charakter des Originals
entspricht. Es wäre aber sehr thöricht, wenn man einer an-
dern ruhigeren Person eine gleich bewegte Stellung geben wollte.
Hier sind geringere Contraste vorzuziehen. Wenn ein steif kno-
chiger Alter seine beiden Schenkel parallel stellt, so entspricht das
nur seinem Naturell; auch würde bei ihm eine ruhige Kopfwendung
zu wählen sein.
Was für das Arrangement einzelner Figuren gilt, ist auch bei
Gruppen zu beachten, die ja aus einem Complex einzelner Fi-
guren bestehen. Nun tritt aber hier zu dem Arrangement jeder
Einzelfigur noch der Zusammenhang, der künstlerisch bergestellt
werden mufs, der Aufbau des Ganzen. Je mehr Personen hier in
Mitleidenschaft treten, desto schwieriger wird die Aufgabe und hierzu
tritt noch der bedenkliche Umstand, dafs neben den künstlerischen
Bedingungen auch noch die optischen erfüllt werden müssen, so dafs
alle Figuren genügend scharf auf der matten Scheibe und ohne Ver-
zerrungen erscheinen. Letzteres nöthigt zu einer kreisförmigen An-
ordnung, die concave Seite dem Objectiv zugekehrt. Alsdann er-
scheinen die Randfiguren scharf, indem das Bild jetzt eben wird.
Wie stark der Kreis nach einwärts gekrümmt sein mufs, hängt ganz
von der Natur des Objectivs ab, welches bald mehr, bald weniger
gewölbte Bilder liefert (siehe I. Theil S. 170). Wie man Gruppen
künstlerisch eintheilt, haben wir oben erörtert.
Man verlangt nun bei allen Bildern ohne Ansnabme Klarheit im
Arrangement.
Wenn bei Gruppenbildern die Hände auf den einzelnen Schultern
herumliegen (wie bei sehr beliebten Studentenbildern) und man nicht
sieht, wem diese Gliedmafsen eigentlich angehören; wenn ebenso Beine
in einer arrangirten Gruppe in wildem Knäuel durcheinandergrabbeln,
so ist die Anordnung unklar. Ebensolche Unklarheiten kommen auch
häufig bei einzelnen Figuren vor; wenn z. B. die Draperie von einer Hand
emporgenommen ist und dadurch charakteristische Falten entstehen, diese
haltende Hand aber selbst im Bilde nicht zu sehen ist, so ist die Darstel-
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444
Arrangement bei Landschaften.
lang unklar. Unklar ist es ferner, wenn ausdrucksvolle Theile verdeckt
sind. Man rügt es als einen Mangel der Kifs’schen Amazonengruppe,
dafs man die drei Köpfe der Amazone, des Pferdes und des Panthers von
keiner Seite zugleich sehen kann. Ebenso ist es ein Fehler, ein Glied
zu verdecken , welches eine charakteristische Thätigkeit entwickelt.
Wir kennen Bilder einer sein sollenden Briefschreiberin, worin die
schreibende Hand durch ein albernes überflüssiges Buch ganz ver-
decktist. Ebenso ist es unverantwortlich, wenn das Standbein, wel-
ches der Figur Halt giebt, durch ganz nebensächliche, unwichtige Dinge
ganz verdeckt oder unterbrochen ist, das stört sogar bei todten Sachen,
bei einem tragenden Tischfufs, einer Säule. Daraus folgt jedoch
keineswegs, dafs von allen Figuren die Beine partout sichtbar sein
müssen. Man sehe die figurenreichen Bilder von Rafael, z. B. die
Schule von Athen. Hier liegt das Decken der zurückstehenden, weni-
ger wichtigen Figuren durch vorstehende bedeutendere in der Natur
der Sache.
b) Arrangement bei Landschaften und Architekturen.
Bei Landschaften sind wir selten im Stande, das Object nach
unserm Belieben zu ordnen. Wohl aber können wir von demselben
Objecte aufserordentlich wechselnde Bilder erhalten mit Veränderung
des Standpunktes. Die Standpunktwahl ist die Hauptsache bei
La ndscbaftsaufn ahmen.
Wenn man eine unbekannte Gegend besucht, so ist es ganz un-
nütz, gleich beim ersten Male die Camera mitzunehmen. Wenn man
einen Gegenstand gewählt und sich überzeugt hat, dafs derselbe ein
gutes Bild geben wird, schenke man demselben seine ganze Aufmerk-
samkeit Man betrachte denselben, wie es ein Maler thun würde,
wenn er denselben malen will; man achte auf die beste Tageszeit
und besuche den Ort mehreremal des Tages, um zu sehen, in welcher
Weise die Veränderungen in der Stellung der Sonne Licht und Schatten
und Gestalt der Massen verändern. Sehr oft begehen die Photogra-
phen den Fehler, zu einer Tageszeit zu arbeiten, wo sie die Sonne
im Rücken, also die Scene in vollster Beleuchtung vor sich haben,
indem sie nicht bedenken, dafs sie nicht allein Licht, sondern auch
Schatten brauchen. Der Reiz der Beleuchtung hängt sehr von der
Ansicht ab. Dies mufs der Anfänger sehr beachten. Einige Gegen-
stände verlangen eine Seitenbeleuchtung, andere dagegen erscheinen
besser, wenn die Sonne hinter ihnen steht und die Ränder von den
Strahlen bestrichen werden. Nachdem man seinen Gegenstand ge-
wählt hat, wähle man den Gesichtspunkt; hierbei kann man die Ca-
mera schon mit sich führen. Man entferne alle Gegenstände, die mit
dem Charakter der Scene nicht in Einklang stehen, und schliefslich
sehe man zu, ob sich nicht noch an der schon guten Composition etwas
verbessern läfst. Man untersuche, ob zur Herstellung des Gleichgewichts
ein dunkler oder heller Punkt im Vordergründe vorhanden sein mufs.
Wenn man sich nun vollkommen überzeugt hat, dafs die Scene
ein gutes Bild abgeben wird, so gehe man an die Wahl der Chemi-
ealien, welche man eher als vollständig beherrschte Hülfsmittel, denn
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Standpunkt. 445
als wissenschaftliche Probleme ansehen mufs, mit denen man Experi-
mente machen will.
Bei einer malerischen Darstellung einer Natur-Scene giebt es viele
beachtenswerthe Einzelheiten, von denen zwar einige selbstverständlich
sind, welche aber dennoch — der Ordnung wegen — hier erwähnt
werden mögen.
Parallele Linien sind oft unangenehm. Wenn der Horizont von
einer geraden Linie begrenzt ist, so mufs der Mittelgrund oder der
Vordergrund wellenförmig sein. Dies wird leicht durch einen Stel-
lungswechsel erreicht, wie er nöthig ist, um eine perspectivische An-
sicht des Vordergrundes zu erhalten. Eine Bewegung von wenigen
Ellen verändert die Linien eines Bildes oft gänzlich.
Die Vorderansicht eines Gegenstandes ist selten so malerisch als
eine perspectivische. Fig. 158 ist einer Stereoskopen-Platte entnom-
’ men, jedoch etwas übertrieben, damit die Fehler besser ins Auge
fallen. Die parallelen Linien der beiden Thürme schneiden senkrecht
die Linien des Flusses, und der Elsenbusch nimmt eine hervorragende
Stellung im Mittelpunkte ein: Es hätte kein schlechteres Arrangement
gefunden werden können. Hätte man den Gesichtspunkt etwa 40
oder 50 Ellen weiter den Flufs hinauf gelegt, so hätte man die per-
spectivische Ansicht (Fig. 159) gewonnen, welche mit den gegebenen
Kunstregeln vollständig in Einklang steht. Gewisse Leute sagen: Da
der Künstler nicht gröfser ist, als der Schöpfer, so sollte er auch
nicht versuchen, die Natur zu verbessern oder auszuwählen. Von
beiden Standpunkten aus würde nun die Darstellung gleich treu sein,
wahrscheinlich aber würden jene Leute die Scene wie Fig. 158 dar-
stellen, während der Künstler Fig. 159 vorziehen würde.
Wie unangenehm auch der Eindruck von geraden Linien in einem
Bilde sei, wenn viele von ihnen parallel laufen, so sind doch einige
gerade Linien von grofsem Werthe, indem sie erstlich als Gegensatz
zu den gekrümmten Linien, zweitens aber durch das Gefühl der Fe-
stigkeit, welches sie hervorrufen, die Wirkung erhöhen. Zuweilen
bieten einige parallele Linien in der Ferne oder am Himmel einen
angenehmen Contrast zu den wellenförmigen des Vordergrundes und
der Scene. Die Linien eines Gebäudes auf einer Anhöhe oder durch
Bäume gesehen, verstärken stets die malerische Wirkung. Im Innern
einer Kirche oder eines Doms weckt der oft wiederholte Anblick der
geraden Säulen das Gefühl von Festigkeit und Feierlichkeit, welches
durch kein anderes Mittel hervorzurufen ist.
Wenn man ein Bild mitten durschschneidet, so darf die eine Hälfte
niemals das Spiegelbild der andern sein, Nähme man z. B. das Schiff
446
Standpunkt.
einer Kirche von der Mitte des Chores auf, so würde man ein solches
Bild erhalten. Die Wiederholung der zurückweichenden Pfeiler macht
den Eindruck der Grofsartigkeit, aber die genaue Wiederholung der-
selben Pfeiler auf der entgegengesetzten Seite würde monoton aus-
sehen. Dieselben Bemerkungen gelten für eine Unzahl anderer Fülle.
Fig. 160.
Ffg. 16t.
Eine Längenansicht von einer Baum-Allee, einem Flusse oder einer
Strafse, wie in Fig. 160 und Fig. 161, mufs, wenn es zu vermeiden
geht, nicht vom Mittelpunkte aufgenommen werden. Ein Vergleich
der Figuren 160 und 161 ergiebt den Unterschied der Resultate auf
den ersten Blick. Man wird auch bemerken , welchen unangenehmen
Eindruck es macht, dafs die Hauptfiguren: Mann, Karren und Kirche
in einer Linie hintereinander stehen. Sind jedoch die rechte und
linke Seite der Strafse sehr verschieden, so ist der Standpunkt in der
Mitte zulässig. (Man sehe Hildebrandt’s Strafse in San Francisco.)
Fi«. 161. Ein Bild mufs stets einen pas-
senden Abschlufs haben. So darf
man z. B. den Mittelpunkt einer
Wölbung nie ohne eine andere Stütze
als die Seite des Bildes lassen, wie
in Fig. 162; lieber schliefse man das
Bild mit einem der Pfeiler ab.
Die Phantasie des Beschauers
würde sich wahrscheinlich die feh-
lende Stütze hinzudenken, es ist aber immerhin besser, wenn man sie
im Bilde wirklich darstellt.
Oft ist man darüber in Zweifel, welche Lage dem Horizonte an-
zuweisen sei. Hier beherzige man die Regel, dafs die Horizontlinie
nie gleichweit vom oberen und vom unteren Rande des Bildes ent-
fernt sein darf, d. h. dafs die Fläche nicht gleichmäfsig in Himmel
und Erde getheilt sein darf. Die Natur des Gegenstandes mufs be-
stimmen, ob der Horizont unter oder über der Mittellinie liegen soll.
Der Vordergrund darf nie mit Gegenständen überfüllt sein, die die Auf-
merksamkeit von der Hauptsache abziehen. Ganz abscheulich sind
sich in diesen drängende Gaffer. Der Himmel macht den Photogra-
phen immer Schwierigkeiten. Selten findet man einen schönen und
passenden Himmel über einer Landschaft, obgleich die Darstellung
natürlicher Wolken weder mechanische noch chemische Schwierigkeiten
bietet. Hier bleibt dann nichts übrig, als einen passend gestimmten
Himmel abzuwarten und separat aufzunehmen und einzucopiren, oder
Charakteristik.
447
aber einen Himmel einznzeicbnen , sei es mit Bleistift oder Tasche,
auf Vor- oder Rückseite. (Siehe Remele, Handbuch der Landschafts-
photographie.*)
Charakteristik.
Schon za wiederholten Malen haben wir von charakteristischen
Zügen, Bewegungen, Gliedmafsen etc. gesprochen und der Leser wird
fragen: Was nennt man charakteristische Merkmale?
Wir nennen charakteristisch alle äufseren Merkmale, welche für eine
verstfindliche und wahre Darstellung nothwendig sind. So ist für
eine Briefschreiberin offenbar die schreibende Hand mit der Feder
charakteristisch, selbst wenn sie nicht schriebe, sondern vielleicht nach-
denklich emporgehoben wäre, und fehlerhaft und unverständlich würde
die Darstellung sein, wenn diese Hand verdeckt wäre, selbst wenn die
Figur von ganzen Ballen Papier und Colonnen von Tintefässern und
Streusandbüchsen umgeben wäre. Oft werden hier noch zur genaueren
Charakteristik fremde Merkmale beigegeben werden müssen. Wie
wollte man einen Trinker ohne Glas, einen Spieler ohne Würfel oder
Karten charakterisiren? Viele Leute glauben mit solchen Beiwerken
allein auskommen zu können. Man bildet junge Bacchantinnen ab mit
hochgehobenem, vielleicht gar überschäumendem Champagnerglas, aber
leider — das Gesicht ist kalt und trocken; man sieht es dem Modell
an, dafs es eben nur Modell ist, und seine Miene verräth, dafs der
Wein im Glase nichts ist als Weifsbier. Solche Darstellung ist nicht
nur unverständlich, sondern auch unwahr. Ein Frauenzimmer, was
die Hände faltet, ist noch kein betendes, wenn ihr Gesichtsausdruck
dem nicht entspricht; das gilt auch für gewöhnliche Portrait-Darstel-
lungen. Man sehe das photographische Portrait mit Oberlicht S. 397.
Die finsterblickenden Augen des Oberlichtkopfes und der aufgeworfene
verkniffene Mund sind unwahre Merkmale, denn sie charakterisiren
einen Gemütbszustand, den der Mann an sich nicht besitzt. Ebenso-
wenig ist der Charakter des Mannes durch die Vorder- und Seiten-
lichtbeleuchtung klar wiedergegeben. Ein grofser Künstler braucht
wenig zur Charakteristik, Photographen oft viel, zu viel. Das unter-
scheidet ja eben Kunst und Photographie, dafs der Künstler bei allen
Dingen eben nur die charakteristischen Tbeile hervorhebt, die übrigen
dämpft oder wegläfst; während der mechanisch arbeitende Photograph
alles mit gleicher Deutlichkeit bringt, auch die allergröfsten Neben-
sachen.
Nun hat jeder MeDsch seinen eigenen Charakter, d. h. seine eige-
nen Grundsätze des Handelns (manche haben auch gar keine). Manche
bandeln ohne alle Ueberlegung, ganz unbekümmert um die Folgen, leicht-
*) Berlin 1869. Verlag von R. Oppenheim.
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448
Handlang.
sinnig über alles, anch das Ernste, hinwegdenkend, alles von der besten
Seite nehmend (Optimisten); Andere sehen immer schwarz in die Zu-
kunft (Pessimisten).
Nun sollen wir einen Menschen durch das Bild in seinem wahren
Charakter wiedergeben, das kann auf zweierlei Weise geschehen. Ent-
weder stellen wir die Gestalt in statuarischer Ruhe dar (s. Fig. 136, S. 421)
oder in irgend einer Handlang. Man bat oft gesagt, der Portraitist
soll nicht Handlungen malen. Wahr, sehr wahr Wenn aber eine
Handlung in so wnchtiger Weise zur Charakterisirung der Person bei-
pig. 163. trägt, wie z. B. die Geberde
in Rietschel’s Luther (Fig. 163),
da schweigen unsere Einwfirfe
vor laoter Bewunderung. Es
ist doch, als ob dieser erzene
Mann , dieser Riesengeist,
einem Jeden sein «Hier stehe
ich, ich kann nicht anders,
Gott helfe mir, Amen“ ent-
gegendonnerte. Wenn Luther
hier als Heros göttlich grofs
vor uns steht, so ist diese Dar-
stellung berechtigt, selbst
wenn wir hören, dafs dieser
Mann nicht im Talar, son-
dern in seiner Mönchskutte und
mit Tonsur auf dem Reichs-
tage war, selbst wenn wir
hören , dafs er zu jener
Zeit so mager war, dafs man
ihm durch beide Backen pusten
konnte. Hätte Rietschel diese
Aeufserlichkeiten gemacht, so
hätten wir eben einen Ad-
gustinermönch erhalten , aber
keinen Luther. Rietschel ist
bei Darstellung des Luther
von der historischen Wirklich-
keit abgewichen, hat aber da*
durch an Charakter unendlich
viel gewonnen.
Lange ringen oft die Kunst-
Luther nach Rietschel. jer nach der charakteristischen
Darstellung einer historischen oder mythischen Figur. Jahrhunderte
lang mühen sie sich ab und vergeblich, bis ein von der Grofsheit seiner
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Einfluß der Umgebung.
449
Aufgabe durchdrungener gottbegeisterter Genius das ungeahnt Schwie-
rige in so zwingender und überzeugender Weise löst, dafs die Gestalt
zum Musterbilde, zum Ideal wird, das immer wieder nachgeahmt,
nachher typisch auftritt. So der Zeus und die Athene von Phydias,
der Hercules von Lysippus.
Es giebt wenig Menschen, deren Gesichtszüge klar und voll-
ständig ihren Charakter wiedergeben. Mit der Physiognomik sieht es
schlimm aus. Ich kenne Menschen, deren zusammengekniflfene Lip-
pen etwas Listiges, Boshaftes, deren kleine grüngefärbte Augen etwas
Falsches, Verstecktes vermuthen lassen, die sich dennoch als die
prächtigsten und die liebenswürdigsten Menschen mit untadelhaftem
Wandel offenbaren. Ebenso giebt es aber auch Menschen von so
edlem, offenem und biederem Antlitz, dafs sie auf den ersten Blick
für sich einnehmen und die dennoch die allergröfsten Schurken sind.
So laufen viele Menschen als lebendige Lügen durch die Welt und
leider auch in die Ateliers, um sich photographiren zu lassen. So
soll der Photograph ein Bild machen, welches nicht nur die äußer-
lichen Züge, sondern auch den Charakter darstellt, der oft mit der
äufseren Erscheinung auf das Heterogenste contrastirt. Man glaubt
nicht, was zur ganzen und vollen Erscheinung eines Menschen gehört.
Manche erscheinen uns hinreifsend bezaubernd, wenn sie sprechen, sin-
gen oder gesticuliren. Manche präsentiren sich nur vortheilhaft in Ge-
sellschaft, wo sie auf einen grofsen Kreis mit ihren Witzen wirken kön-
nen. Manche sind nur in Damengesellschaffen heiter und aufgeknöpft, an-
dere wieder nur unter Herren. Viele Leute erscheinen in der Stuben-
luft finster, verschlossen, sie strahlen aber vor Heiterkeit und Liebens-
würdigkeit, sobald sie ins Freie kommen. Der biedere Landmann
wieder fühlt sich gedrückt, „bekniffen“, wenn er den Parquetfufsboden
vornehmer Ateliers betritt; er ist glücklich in seiner Bauernstube.
Alle diese, für den äufseren Eindruck eines Menschen mitwirkenden
Umstände wirken auf das Aussehen. Das Portrait, und wenn es noch
so schön ist, giebt doch eben nur einen Extract von Menschen. Es
kann sprechend erscheinen (singend kaum), aber befriedigen wird
es nur theilweise, weil die Nebendinge, die das Original zu seiner
Wirkung nöthig hat, nicht darin mitwirken können. Gelingt das
den Künstlern nur schwer, die ihr Original kennen, wieviel schwe-
rer mufs es erst dem Photographen werden, der einen ihm wildfrem-
den Menschen aufnehmen soll , der oft mit dem nächsten Zuge in
20 Minuten abreisen will und in seinem ganzen Wesen eine Eile
verräth, dafs er als moderner Mercur mit Flügelsandalen sieb treff-
lich machen würde. Hierzu kommt noch der Umstand, dafs es
den meisten Leuten gar nicht um die treue Wiedergabe ihres Cha-
rakters zu thun ist. Der Spitzbube will als ehrlicher Mann auf
dem Bilde erscheinen, manche schlotternde Alte jung, kokett und
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Charakteristik.
elastisch ; das Dienstmädchen spielt im Atelier das feine Fräulein, die
Börgerstochter möchte Hofdame, der Strafsenkebrer Gentleman sein;
so dient ihnen ihr Bild znr Schmeichelei ihrer persönlichen Eitelkeit,
und damit die Leute gar recht fürnehm und ungewöhnlich erscheinen,
stecken sie sich in ihren (oft auch in fremden) Sonntagsstaat, der ihnen
oft so unbequem wie möglich sitzt, und üben sich am Spiegel zu Hause
unter Zuziehung von Papa, Mama, Frau oder Liebsten eine künstlerisch
unmögliche Pose ein. Selbst gebildete Leute haben solche Schrullen.
Thorwaldsen erzählt von Byron, der ihn zu einer Sitzung besuchte:
„Er setzte sich mir gegenüber, fing aber, als ich zu arbeiten begann,
sogleich an, eine ganz andere fremdartige Miene anzunehmen. — Ich
machte ihn darauf aufmerksam. — Das ist der wahre Ausdruck mei-
nes Gesichts, entgegnete Byron. So? sagte ich, und machte dann
sein Portrait ganz wie ich wollte. Alle Menschen erklärten meine
Büste für ausgezeichnet getroffen, Lord Byron aber rief aus: die Büste
gleicht mir durchaus nicht; ich sehe viel unglücklicher ans. Er wollte
nämlich um jene Zeit mit Gewalt unglücklich aussehen“, fügt Thorwald-
sen hinzu. Schlimmer ist der Photograph daran. Wenn Byron zu einem
Photographen gekommen wäre und er hätte seine unglückselige Miene
vor der Camera aufgesteckt. Was hätte der Photograph machen
wollen? Er ist leider vom Modell abhängig, und wieviel Modelle las-
sen ihn im entscheidenden Moment im Stich, oft nicht aus bösem Willen,
sondern aus Nervenschwäche? Viel liegt hier freilich auch am Benehmen
des Photographen, der es verstehen mufs, sein Publikum in liebenswür-
diger Weise zu beherrschen. Daher ist die Behandlung des Publikums
ein nicht unwichtiges Capitel der photographischen Aesthetik (s. u.).
Meistentheils hat es die Photographie mit der Darstellung ruhiger
Momente zu thun, seltener fafst sie ihr Object genreartig, d. h. in einer
harmlosen Thätigkeit begriffen, auf — sei es lesend, schreibend, ein
Bild betrachtend, rousicirend, Handwerker in Arbeit, Kinder spielend
etc. Bei Darstellung solcher Bewegungen kann natürlicher Weise nur
ein bestimmter Moment derselben festgehalten werden, und hier ist es
sehr wichtig zu erörtern, welcher? Hier hat man nicht nur Rücksicht
zu nehmen auf die künstlerische Anordnung (siehe S. 420), auf die
Silhouetten und Linienharmonie (S. 429) und Gewandung (S. 433).
Man nehme z. B. einen Schlägel schwingenden Schmidt oder Bildhauer
mit Meifsel. Er setzt den Meifsel an, schwingt den Hammer über den
Kopf und läfst ihn wuchtig auf den Meifsel niederfallen. Es würde nun
sehr schwächlich erscheinen, wenn man diesen letzten Moment, wo
Hammer und Meifsel sich berühren, abbiiden wollte. Viel lebendiger,
wahrer und verständlicher erscheint der hoch über den Kopf ge-
schwungene Hammer. Bei den allereinfachsten Bewegungen, selbst
beim Gehen beobachtet man ähnliche tiefeingreifende Unterschiede.
Nicht jede Phase ist gleich verständlich. Vielen sind gewifs schon
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Charakteristik.
451
Fi* 1S4.
jene gehenden Figuren auf Mo-
mentbildern aufgefallen, die das eine
Bein zum Ausschreiten nach vor-
wärts strecken. Obgleich diese Be-
wegung der Natur durchaus entspricht
und einen Theil der Gehbewegung
bildet, so erscheint sie dennoch
gänzlich uncharakteristisch, ja fast
komisch, sie macht eher den Ein-
druck eines Tanzpas oder eines
militairischen Exercitiums. Unser
Gehen ist eine ziemlich complicirte
Bewegung, so einfach sie scheint.
Wir schreiten aus, treten auf den
Vorgesetzten Fufs, zu gleicher Zeit
heben wir den hinteren Hacken,
geben uns mit den Zehen des hin-
teren Fufses einen Schub, der die
eigentliche Vorwärtsbewe-
gung veranlafst und dann erst
nehmen wir den hintern Fufs nach
vorn, um das Spiel zu wiederholen.
Von allen diesen verschiedenen Mo-
menten ist nun gerade jener am cha-
rakteristischsten, welcher die Vor-
•
wärtsbewegung veranlafst,
d. h. wo der hintere Fufs mit den
Zehen den Schub giebt, während
der vordere steht und den Körper
trägt. Und dieser Moment ist
es daher, den Künstler bei der Dar-
stellung gehender Figuren wählen.
Er ist einerseits der charakteristisch-
ste, andererseits gewährteraber nach
der abgebildetenFigurden festeste n
Stand. Man sehe Thorwaldsen’s
Alexanderzug (Fig. 164). Hier sind
eine Menge gehender Figuren abge-
bildet, und man sollte glauben, dafs
der Künstler, schon um Contraste zu
erhalten, verschiedene Momente der
Gehbewegung dargestellt haben
würde, und dennoch sehen wir alle
Figuren in dem Augenblick, wo sie
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452
Charakteristik.
den bintern Fufs aufzuheben im Begriffe sind. Aehnlichos zeigt Ko-
newka’s Scene aus Faust. Nur die beiden Soldaten haben dort, sehr cha-
rakteristisch für sie, nach vorn ausschreitende militairische Marschbe-
wegung. Feierliche Processionsbewegungen charnkterisiren sich noch
anders. In dem Festzuge des Parthenon-Frieses treten die weiblichen
Figuren mit beiden Füfsen auf. Man sieht, wie schwierig es ist, selbst
einfache Thätigkeiten im Bilde zu charakterisiren. Noch schlimmer
sieht es mit der charakteristischen Darstellung von Gemüthszustän-
den aus. Förster macht aufmerksam auf Bendemann’s trauernden
Jeremias (Fig. 165), welcher einen von tiefem Kummer Gebeugten dar-
Ftg. iss. stellen soll, aber dadurch,
dafs die Hand das Haupt
nicht stützt, sondern seit-
wärts schiebt, den Anstrich
eines Aergerlichen oder an
körperlichen Schmerzen
Leidenden erhält. Der-
selbe Autor weist treffend
darauf hin, wie unwahr
das Bild einer Betenden
erscheint, die den Kopf
nicht senkt, sondern steif
senkrecht hält und die
Hände nur leise mit den
Fingern in Berührung
bringt, statt sie zu falten. Solche Gestalten erinnern eher an jene
koketten Sünderinnen, die nicht selten in Kirchen sich Rendez-
vous geben, nnd denen man es ansieht, dafs sie mehr an ihre Um-
gebung denken als wie an den lieben Gott. Solche berechneten
Stellungen sind nun gerade bei Darstellung photographischer Genre-
bilder gewöhnlich. Die Modelle wissen ja, dafs sie mitwirken, und
recht schwierig ist es, ihnen das Affectirte in solchen Bewegungen zu
nehmen.
Am vorsichtigsten sei man hier mit Schauspielern und Schauspie-
lerinnen. Diese glauben gewöhnlich die Sache viel besser als der
Photograph zu verstehen, da sie ja „Künstler* sind und sich auf
schöne Stellungen und Bewegungen einstudirt haben; diese Leute
verstehen aber leider von bildender Kunst blutwenig, und wissen
nicht, dafs dasjenige, was auf der Bühne effectvoll erscheint, im Bilde
oft ganz abscheulich aussehen kann. Auf der Bühne ist viel zu ent-
schuldigen. Selbst eine wenig schöne Bewegung stört nicht, weil sie
rasch vorübergeht, schrecklich wird solche aber, wenn sie im
Bilde verewigt ist. Bilder von Mimen, die, um einen Handschuh
abzuziehen, mit dem Arm wuchtig ausholen, als zögen sie ein Riesen-
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Umgang mit dem Publikum.
453
Schwert ' aus der Scheide , erscheinen deshalb geradezu lächerlich.
Ebenso unschön erscheinen jene Gestalten, die viele Maler nach
lebenden Modellen zeichnen. Felswerfende Giganten, denen man (an
dem gänzlichen Mangel jeder Muskelanspannung) es ansieht, dafs das
Original keinen Stein, sondern ein leichtes Stück Holz zwischen den
Fäusten hatte.
Noch machen wir aufmerksam auf die Abhängigkeit des Gewan-
des von der Bewegung. Man sehe z. B. den Tubabläser in Thor-
waldseu’s Alexanderzug (Fig. 165). In Folge des Beharrungsvermögens
einerseits, des Luftwiderstandes andrerseits fliegt beim Gehen das
Gewand nach rückwärts. Aehnliches sieht man auch beim modernen
Costüm. Nichts sieht daher unwahrer aus, als wenn ein Photograph
(scheinbar) bewegte Figuren abbildet und das Gewand hängt schlaff
herab. Solche Bewegungen, die zu ihrer Charakteristik fliegende
Gewänder erfordern, eignen sich zur photographischen Darstellung
nicht. Will der Photograph .durchaus Phasen solcher Bewegungen
aufnehmen, so wähle er anliegende Kleidung. Daher das Todte, Starre,
welches in so vielen Photographieen nach Mimen und Tänzerinnen
sich findet, die. eine Action darstellen sollen.
Was man aber auch zur Charakteristik wählen möge, stets ver-
meide man das Unschöne. Die antiken Künstler haben nie eine Furie
gebildet, sagt Lessing, und das Medusenhaupt, dessen Anblick Alles in
Stein verwandelte, bildeten sie doch so ab, dafs der Kopf trotz aller
Furchtbarkeit noch schön erscheint.
Das Schöne lernt sich aber nicht wie das Einmaleins. Das na-
türliche Gefühl für dasselbe mufs vorbanden sein, das Studium kann es
nur ausbilden, nicht schaffen.
Es giebt Photographen genug, die von der Mutter Natur hier sehr
stiefmütterlich bedacht sind. Sie mögen wenigstens aus unsern An-
deutungen das lernen, was sie vermeiden sollen. Können sie nicht
selbstschaffend auftreten, so mögen sie sich gediegene Muster als Vor-
bild nehmen.
Der Umgang mit dem Publikum.
Viele Personen haben eine starke Abneigung gegen das Photo-
graphiren; man vergleicht es oft mit einem „Besuche beim Zahnarzt
oder Friseur“; Mancher befindet sich in der That lieber eine halbe
Stunde unter den Händen des Friseurs, als unter denen des Photo-
graphen. Nicht selten kommt es vor, dafs Jemand dem Drängen sei-
ner Freunde jahrelang widersteht und endlich in das photographische
Atelier wie zum Richtplatz geht. Andere wieder, und hierzu gehören
besonders die Damen, haben vielleicht keine so starke Abneigung,
sind aber furchtsam und nervös beim Eintritt in ein Glashaus und
befinden sich daher in einer Verfassung, die ein gutes Bild nicht ent-
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454
Umgang mit dem Publikum.
stehen läfst. Nervenschwäche beschränkt sich aber keineswegs nur
auf das schöne Geschlecht oder auf die Alten und Schwachen. Starke,
kräftige Männer haben oft plötzliche Anfälle vor der Camera. Junge,
tapfere Officiere, die ohne Zweifel ruhig gegen die Mündungen des
Geschützes anmarschiren würden, zittern vor der photographischen
Linse. Sie können oft ebensowenig stille stehen, als irgend ein Anderer.
Da diese Gefühle bei vielen Personen zu finden sind, so sollte
der Künstler bemüht sein, dieselben zu zerstreuen, und dem Kunden
die Sache angenehmer zu machen. Die wenigen einleitenden Bemer-
kungen beim Empfange eines Besuchers mufs der Photograph bestrebt
sein, in freundlicher Manier zu machen; er darf dabei weder in einen
allzu vertraulichen, noch in einen kriechenden, gezierten Ton verfal-
len, er mufs sich in der leichten und höflichen Weise eines Gentle-
mans bewegen. Während der Vorbereitungen ist dasselbe Verhalten
nothwendig, so dafs der Besucher vor allem, was ihn unangenehm
berühren könnte, bewahrt wird. Bei dieser Behandlung verlieren viele
Personen ihre Nervenschwäche, und statt dafs sie Widerwillen gegen
die Operation zeigen, finden sie Vergnügen daran; dieses zeigt sich
in dem gefälligen Ausdruck des Portraits und in der Haltung und
Rübe des Originals.
Eis ist sehr wahrscheinlich, dafs die Wichtigkeit eines solchen
freundlichen Benehmens der Beobachtung den Photographen entgangen
ist, und dafs sie sich selbst die Schuld zuzuschreiben haben, wenn
viele Personen sie nicht gern besuchen. Ein rauhes, heftiges, unhöf-
liches und aflfectirtes Benehmen ist unter unseren Collegen nicht sel-
ten zu finden. Viele Photographen rufen, wenn alles zum Exponiren
bereit ist, dem Sitzenden zu: „Blicken Sie auf jenen Punkt,
aber recht freundlich“. Es kann dies für das gute Aussehen
einer Dame durchaus nicht förderlich sein, denn es folgt daraus, dafs
sie bis zu dem Augenblicke nicht freundlich aussah, und nach
einer so höflichen Aufforderung wird sie sicherlich nicht besser aus-
sehen. „Nicht ganz so ernst“ wäre viel weniger verletzend. Es
kommt auch viel auf den Ton an, in dem man diese Worte spricht.
Es giebt noch einen anderen Gegenstand, welcher die Geduld
und die gute Laune des Photographen hart auf die Probe setzt —
das ist der Kopfhalter. Die Sitzenden verkennen ohne Ausnahme
diesen Gegenstand und lieben ihn nicht. Kopfhalter müssen aber sein
und indem man auf ihre Anwendung besteht, mufs man Takt, Festig-
keit und gute Laune zeigen. Gewöhnlich heifst es: „Es geht besser
ohne das Ding; es macht mich nur steif.“ Die beste Antwort hierauf
ist: „Sie werden sich ohne Zweifel steif fühlen, aber auf dem Bilde
nicht so aussehen.“ Man glaubt im Allgemeinen, sich bei Anwendung
des Halters mehr zu bewegen, als ohne denselben, und zwar aus fol-
gendem Grunde: Wenn der Kopf frei ist, so ist die Bewegung eine
unbewufste, man fühlt sie nicht; sobald aber die Stütze einen Wider-
stand leistet, wird man sich der Bewegung erst bewufst. Es wird gut
sein, dies zuweilen in wenigen Worten auseinanderzusetzen, wenn es
auch zuletzt langweilig wird.
Oft sehen die Sitzenden zu starr. Sobald man ihnen zuruft, sie
möchten auf einen bestimmten Punkt sehen, öffnen sie ihre Augen so
weit als möglich und zeigen einen so durchdringenden, starren Blick,
dafs man sogleich glaubt, sie sähen Gespenster. Es wird von guter
Wirkung sein, wenn man hiervor warnt und die zu Portraitirenden
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Umgang mit dem Publikum.
455
auffordert, ibr Auge auf einem bestimmten Punkt ruhen zu lassen.
Dies giebt nicht allein den Augen, sondern dem ganzen Gesicht einen
viel ruhigeren Ausdruck.
Zuweilen, und besonders bei langen Belichtungen, behalten die
Personen nicht den ursprünglich angenommenen Ausdruck bei, son-
dern gehen während der 30 bis 40 Secunden von einem freundlichen
Blick zu tiefer Melancholie über. Mancher Photograph öffnet die Linse
vor lachenden Seraphinen und schliefst sie vor gefallenen Engeln; man
mufs daher den Besucher vor einem Verändern des Ausdruckes war-
nen, welches namentlich in den Mundwinkeln stattfindet.
Die Leute bestehen häufig darauf, bei ungünstigem Wetter photo-
graphirt zu werden. Sie fordern einen „Versuch“, wenngleich der
Photograph weile, dafs ein Erfolg aufser dem Bereich der Möglichkeit
liegt, und dafs ein Versuch blofse Zeitverschwendung ist.
Der Photograph möge die Personen daran erinnern, dafs es nur
in ihrem Vortbeil geschieht, wenn man die Sitzung für günstigeres
Wetter aufschiebt, dafs es für sie nur Strapaze wäre, und ihn daher
kein selbstsüchtiges Motiv dazu veranlasse. Zuweilen bringen die
Leute einen Freund mit in das Atelier, der mit Hand anlegen und
ganz eigentlich den Künstler vertreten soll. Eine Dame z. B. bringt
einen jungen Mann, vielleicht einen Bruder oder Jemanden, der ihr
„noch näher“ stebt, mit sich, dessen Urtheil sie bei der Aufstellung
und dem Arrangement anruft. Der junge Freund fängt an, Rath-
schläge zu ertheilen, wie und wohin seine Schutzbefohlene blicken
soll; gewöhnlich iäfst er sie ihre Augen fest auf einen Punkt heften,
lange bevor der Photograph bereit ist. Ein solches Einmischen ist
für einen tüchtigen Photographen unerträglich, denn er fühlt, dafs
seine Gegenwart ignorirt, sein Platz usurpirt wird, und dafs man in
sein künstlerisches Gefühl und seine Geschicklichkeit kein Vertrauen setzt.
Man mufs seine Stellung fest behaupten und in ruhiger, höflicherWeise
erklären, dafsentweder derPhotograph oderderFreund sich zurückziehen
müsse. Eine Theilung der Arbeit könne nicht stattfinden, und wenn der
Herr die Arrangements zu treffen wünsche, so möge er es thun, in diesem
Falle aber könne der Photograph nicht für das Resultat einstehen.
Dies hat gewöhnlich die Wirkung, dafs sich der Eindringling, der
vielleicht gar nicht die Absicht hatte, lästig zu werden, zurückzieht.
Gelegentlich besteht auch wohl Jemand , der nicht von Freunden be-
gleitet ist, hartnäckig darauf, in einer Stellung aufgenommen zu wer-
den, die keineswegs anmuthig, dem Sitzenden aber „bequem“ ist. Die
Leute sind gewöhnlich der Meinung, dass alles Bequeme auch
schön sei, und werfen sich in den Stuhl, in eine Lage, die ihnen auf
der Photographie die Beine eines Elephanten und den Kopf eines
Zwerges geben würde. Wenn solche Personen hartnäckig sind, so
lasse man sie gewähren. Sie werden dasselbe nicht zum zweiten
Male versuchen.
Bei allen diesen Grillen und Einfällen, mit denen man im Atelier
tagtäglich zu kämpfen hat, ist es für den Photographen eine schwere
Aufgabe, seinen Gleichmuth zu bewahren. Und dennoch mufs er sich
sowohl um seiner selbst, als auch seiner Kunden willen bemühen, ihn
zu behalten. Es ist aber durchaus kein Wunder, wenn ihn die Ein-
fältigkeit seiner Clienten einmal in böse Laune bringt; denn es kom-
men oft sehr aufregende Vorfälle vor. Eine Dame sendet zum Bei-
spiel ihre Karten zurück, weil sie ibr nicht gefallen, aber durch alles
Vogel, Lehrbuch d. Photographie. 30
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456
Umgang mit dem Publikum.
Fragen Ififst sich der Grund nicht ausfindig machen. Nachdem man
endlich eine neue Aufnahme gewährt hat, erfährt man, dafs bei der
ersten das Kleid oder der Hut nicht so safsen, wie sie wünschte, oder
eine Locke nach hinten und nicht nach vorne fiel. Einer anderen
Schönen mifsfällt ihre Stellung, und sie setzt hinzu, dafs sie bei
einem zweiten Besuche ihren Mann mitbringen werde, der Controlle
wegen.
Eine andere unangenehme Klasse von Kunden sind diejenigen,
welche sich mit kleinen Hunden auf den Knieen oder grofsen an ihrer
Seite photographiren lassen; die schlimmsten aber sind die kleinen
Kinder. Diese kleinen Schreier werden gewöhnlich von Mama, Papa
und Amme begleitet, welche alle dem Photographen „helfen“. Die
Scenen, welche bei solchen Gelegenheiten im Atelier stattfinden, wären
belustigend, wenn man nicht darüber seine Geduld verlieren würde.
Sehr wichtig zur Erhaltung der guten Laune ist es, das Publikum
nicht unnöthig lange warten zu lassen. Warten ist in allen Fällen
langweilig, und hundert Bilder zeigen diese Langeweile, welche das
Modell stundenlang hat durchmachen müssen, nur zu deutlich.
Wer starken Zuspruch hat, timt daher gut, Tag und Stunde vor-
her mit dem Modell zu verabreden. Man sorge dann dafür, dafs
alles bereit ist. Wer erst anfängt, Entwickler oder gar Silberbad
zu machen, wenn Publikum bereits wartet, wird sich bald seine Kund-
schaft verderben.
Loescher und Petsch präpariren die Platte in dem Augenblick,
wo das Modell das Atelier betritt (die Fesstellung des gewünschten
Portraitgenre8 hat schon vorher bei Besprechung im Empfangszimmer
stattgefunden).
In den wenigen Minuten Gesprächs, die so vorhergehen, mufs
der Photograph sein Modell hinlänglich beobachtet haben und sich
über Stellung, Beleuchtung, Arrangement der Kleidung, Hintergrund
und Beiwerk klar geworden sein. Sofort mufs er mit aller Sicherheit
die Pose in Angriff nehmen, während ein Gehülfe inzwischen die
Camera placirt und die scharfe Einstellung vorbereitet. Erst wenn
die Platte da ist, passe man sanft den Kopfhalter der Person
an (nicht den Kopf dem Halter), überzeuge sich mit raschem Blick
über die richtige Beleuchtung, Umrifslinien, Faltenwurf, Anordnung,
dann arbeite man ohne Säumen los.
Störend ist jede dritte Person, Lärm in Nebenzimmern,
Hin- und Herlaufen etc.
Rücksichtslos ist es, die Person in den Kopfhalter gespannt auf
die Platte warten zu lassen, oder halbe Stunden lang an ihnen herum
zu arrangiren, gegebene Stellungen wiederholt zu ändern etc. Die
Personen merken dann, dafs der Photograph seiner Sache nicht ge-
wifs ist und verlieren das Vertrauen.
Sehr rasch mufs man bei Kindern verfahren, — das Arbeiten
mit diesen ist Glückssache. Man arbeite bei offnem Atelier mit sehr
lichtstarkem Apparat und suche die Aufmerksamkeit der Kinder durch
ein pfeifendes Spielzeug, einen singenden Holzvogel, einen künstlichen
Wauwauhund, den man plötzlich zeigt, zu fesseln, während ein Ge-
hülfe aufpafst und die Ohjectivkappe in der Hand hat, um dieselbe in
dem Augenblick zu öffnen, wo das Kleine auf einen Moment ruhig
erscheint.
Wer mit Kindern viel umgeht, lauscht ihnen bald ihre kleinen
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Vollfiguren, Kniestücke, Brustbilder. 457
Schrullen ab, er lernt sie behandeln, und indem er sich ihnen anbe-
quemt, fassen die Kinder bald eine Zuneigung, und gerne gehorchen
sie dann dem Winke des Künstlers. Daher kommt es, dafs Kinder-
freunde, wie Herr Petsch, so glückliche Kinderportraits erzielen.
Ausfüllung des Rahmens.
Formate, Beiwerke und Hintergründe.
In der photographischen Praxis haben sich gewisse Formate ein-
gebürgert, die vom Publikum immer wieder bestellt werden, und na-
mentlich ist es die Visi tenkart - Bildgröfse, 2} X 3J Zoll oder
57 Millimeter X 85 Millimeter; ferner das Cabinetformat, 100 Milli-
meter X 138 Millimeter. Beide Formate sind durch die Bildgröfse der
Linsen, die Einrichtungen der Camera’s bestimmt. Dem Photographen
bleibt die Aufgabe, diese Formate in passender Weise auszufüllen.
Als Disderi in Paris im Jahre 1858 die photographische Visiten-
karte erfand und damit der Photographie einen ungemeinen Impuls
gab, empfahl er das Portrait in ganzer Figur als das künstlerisch
am meisten gerechtfertigte insofern, als Figur und Haltung zur
Charakteristik eines Individuums nothwendig sind.
So wurde denn das Portrait in ganzer Figur zuerst von den
Photographen poussirt und nur in kleiner Zahl tauchten anfangs hier
und da Kniestücke und Brustbilder auf. Es dauerte jedoch nicht
lange, so bürgerten sich letztere immer mehr ein; sie gefielen dem
Publikum. Der Grund ist naheliegend. Ein Brustbild, in dem nur
Kopf und Brust sichtbar sind, kann nicht durch fehlerhafte Stellung
der Arme und Beine, nicht durch unschönes Arrangement von Bei-
werk verdorben werden, wie dies bei Portraits in ganzer Figur
gar zu oft der Fall ist; ihre Herstellung ist daher, was das ästhetische
Element anbetrifft, leichter und sicherer.
Hierzu kam noch ein Vortheil: die gröfsere Dimension und so-
mit das erkennbarere Hervortreten des charakteristischen Theiles am
Menschen, des Kopfes. Feine Details in den Zügen, die in dem
kleinen Bilde in ganzer Figur ohne Loupe kaum bemerkbar waren,
traten im Brustbilde kräftig markirt (manchmal zu kräftig) hervor.
Andererseits war freilich auch damit das stärkere Hervortreten
mancher individueller sowie der Beleuchtungsfehler verbunden,
die bei den kleinen Köpfen der Vollfiguren nicht so sichtbar sind und
die man erst später beseitigen lernte. Seitdem nun das neue Format
eingebürgert ist, sind damit von strebsamen Photographen mancherlei
Experimente, die sich den gröfseren oder geringeren Beifall des Publi-
kums erwarben, gemacht worden. Anfangs wagte man nur Köpfe
von | bis 1 Zoll Gröfse in diesem Format zu fertigen, an denen man
mehr oder weniger Brust sichtbar werden liefs (die Amerikaner
30*
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458
(jrofse Köpfe, abgetönte Bilder.
schnitten letztere ganz weg und machten aus den Brustbildern „Hals-
Stücke“). Bald aber steigerte man diese Kopfgröfse auf Dimensionen
von 1J bis 2 Zoll, wie es scheint, zuerst in England, denn die ersten
Karten der Art, welche in unseren Besitz gelangten, waren Portraits
von Boz.
Trotz mancher Bedenken, die sich gegen die Anwendung dieses
Formats geltend machen lassen, hat sich dasselbe immer mehr und mehr
Beifall verschafft. Es mufs jedoch bemerkt werden, dafs es sich we-
niger für Bürgerpublikum eignet als für die roccocoartig aufgeputzten
Köpfe der Bühnendamen etc. etc.
Es ist zweifellos, dafs die ungewöhnliche Kopfgröfse einen Reich-
thum der Details, Spangen, Ketten, Chignon, Locken und Löckchen
hervortreten läfst. Aber andererseits ist damit die Gefahr verknüpft,
dafs manche unerwünschte Details, Sommerflecken, Falten etc. in un-
angenehmer Weise im Bilde sichtbar werden. Die Damen der Bühne
haben jedoch hier kosmetische Mittel, um solche Fehler zu verdecken
und sie sind eigentlich als die Erfinderinnen einer dritten Art von
Retouche zu nennen, die man, als Gegensatz zu der Positiv-
retouche und Negativretouche, die man nach unserm Vorgänge
Originalretouche nennt, indem sie mit Schminke, poudre de riz etc.
an der Person selbst vollzogen wird und die jetzt in verschiedenen
Ateliers Berlins (nicht bios bei Damen der Bühne) mit sehr gutem
Erfolg angewendet wird.
Höchst wichtig ist nun bei diesen grofsen Köpfen eine sorgfältige
Beachtung der Beleuchtung. Zu diesem kommt nun noch die Ne-
gativretouche, die bei diesen Bildern aus naheliegenden Gründen öfter
nöthig wird, als bei Bildern in kleineren Dimensionen; von dem Aus-
flecken nicht zu reden.
Noch ein Moment kpmmt hier in Betracht, d. i. die Linse, mit
welcher das Bild aufgenommen werden soll. Ueber diesen Punkt sind
oben (Seite 413) Andeutungen gegeben.
Am bequemsten für den gewöhnlichen Photographen bleiben zweifels-
ohne die Brustbilder ohne Hintergrund, sogenannte abgetonte
Bilder (oder Vignetten). Beine fallen hier weg, meistentheils auch
die Hände. Er hat also mit der Lage dieser Extremitäten keine Noth.
Er achte auf Kopf und Brust (s. S. 439, 443), Oberarme, pyramidale An-
ordnung, Silhouette, Linien. Die Figur selbst wird gewöhnlich sitzend
aufgenommen, sie hält dann eher still als die leicht schwankenden,
stehenden Figuren. Man sorge dafür, dafs der Hintergrund genü-
gend contrastire, so dafs die Contouren der Person nicht mit dem-
selben zusammenfliefsen, sondern sich deutlich abheben: also für ein
schwarzes Haar ein etwas hellerer Hintergrund, für weifses Haar
ein dunklerer.*)
*) Es ist jedenfalls eigentümlich, dafs der schreiend weifse Hintergrund
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Rembr&ndteffecte — Hintergrund.
459
Neuerdings hat man statt der abgetonten weifsen Hintergründe
grane and sogar schwarze eingeführt (sogenannte Rembrandt’s). Herr
Karts in Newyork ist damit vorgegangen und wir haben Bilder von
ihm gesehen, die aller Beachtung werth sind und bei denen sich jene
neuerdings im Verein zur Förderung der Photographie mehrfach
erörterte Eigenartigkeit der Beleuchtung in effectvoller Weise kund-
giebt, bei der, der gewöhnlichen Schablone entgegen, fast das ganze
Gesicht in Halbschatten getaucht erscheint und der Blick, von der
sonst so allgemein üblichen und empfohlenen Anordnung abweichend,
sich nicht der Schatten-, sondern der Lichtseite zuwendet Es ist
diese Beleuchtungsweise auch von Herrn Milster und Petscb in Berlin
angewendet worden, jedoch mit hellerem Hintergrund und insofern
abweichend von den „Rembrandts“, über deren Aufnahme folgende
Skizze, die wir Herrn Grafshoff verdanken, Aufschlag giebt.
A ist der Apparat, P die Person, H der Hintergrund. Die Hand-
habung der Dach- und Seiten-Gardinen ist aus der Figur deutlich er-
sichtlich. Die Beleuchtung kann, wie Herr Grafshoff ausdrücklich her-
vorhebt, nicht für jeden Kopf dieselbe sein, je nach Bedarf werden
mehr oder weniger Gardinen geöffnet oder geschlossen und je nach
der entsprechenden Auffassung des Objects der Apparat bald mehr
links oder rechts gestellt, wie im Grundrifs (Fig. 167) angedeatet ist.
Für möglichst gründliche Auflichtung der Schatten mufs natürlich hier-
bei Sorge getragen werden (siehe S. 405).
PiS. 16«.
Man kann sagen, dafs die Natur nicht so schwarz sei,
als in den „Rembrandt’s“. Sehr wahr, sie ist aber ebensowenig so
weif8 wie in den abgetonten Bildern. Uebrigens hat der dunkelbraune
Fond als GemSldegrund schon in der antiken Malerei (Pompeji und
Born) eine grofse und in neuerer Zeit wieder mit Glück nachgeahmte
Rolle gespielt.
in aolchen abgetonten Bildern nicht unangenehm empfanden wird, wahrend man
sieh tonst Uber jedes weifse Glanzlichtfleckchen entsetzt, welches in Bildern
mit vollem Hintergründe za finden ist. Dieser Umstand kann nur dahin erklärt
werden, dafs der weifse Hintergrund in abgetonten Bildern von unserem ästhetischen
Urtheil nicht mehr als zum Bilde gehörig betrachtet wird. Er erscheint uns als
ein Stück der weifsen Papierunterlage, nicht als ein organischer Theil des Bildes.
Ganz anders bei Voll -Hintergründen, die Zeichnung haben und ganz ausdrücklich
prätendiren, zum Bilde zu gehören und die dann freilich als Bildbestandtbeil
empfanden und beurtheilt werden,
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460
Abschattirter Hintergrund.
Auch unsere Maler haben monotone halbdunkle Flächen als Hinter-
grund, ohne jegliche Zeichnung. Nur pflegen sie dieselben anders zu
behandeln wie die meisten Photographen. Sie erscheinen nämlich
ungleich hell; auf der Lichtseite der Person dunkel, auf der
Schattenseite hell, und dadurch hebt sich die Figur sehr plastisch
vom Hintergründe ab. Man kann solchen ungleich getonten Hintergrund
dadurch erhalten, dafs man durch ein im Bilde nicht sichtbares ver-
setzbares Architekturstück den Hintergrund beschattet. Man achte
dann, dafs der Schatten so fällt, dafs die Lichtseite des Modells sich
darauf projicirt, während der Hintergrund hinter der Schattenseite
des letzteren hell bleibt.
Adam Salomon stellt, um Gleiches zu erreichen, seinen Hinter-
grund schief. (S. Salomon’s Atelier Fig. 168.)
Fig. 169.
Endlich kann man den-
selben Zweck dadurch er-
reichen, dafs man neben
der Person P eine einzige
Gardine 00 aufzieht. Die
verschiedenen Punkte des
Hintergrundes H erschei-
nen alsdann ungleich hell,
b z. B., obgleich die Glas-
wand näher, dunkler als
a, wie aus den in der
Figur 169 angegebenen
Licbtwinkeln bervorgeht.
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Beiwerke — Möbeln.
461
Es ist daher leicht, durch passende Stellung des Apparats A den be-
wufsten Effect im Bilde zu erhalten. Natürlich ist zur Auflichtung
der Schatten für solchen Fall noch eine gute Quantität Vorderliebt
erforderlich.
Bei Brustbildern wird man selten nüthig haben, noch andere
Gegenstände als das Individuum, zur Füllung des Rahmens, selbst
wenn man den Hintergrund mitdrucken und nicht abtonen sollte, auf
das Bild zu bringen.
Anders ist es schon bei Kniestücken und Vollfiguren. Der
Körper sitzt, — also tritt zum Leichnam noch der Stuhl, — oder er
Stützt sich, hier ist ein Postameut nöthig, — oder er steht, das geht
nicht ohne Fufsboden. Nun steht man auch in solchen Fällen nicht
an, einen monotonen oder abgetonten Hintergrund zu nehmen, so dafs
die Sorge des Künstlers auf Stuhl, Fufsboden und Postament (Tisch)
allein beschränkt bleibt.
Hier ist eines zu beachten nöthig: die Nebendinge müssen sich künst-
lerisch mit der Figur zusammenordnen (siehe Anordnung, Um-
risse und Linien) und sie müssen sich, weil sie Nebendinge sind,
nnterordnen, d. h. sie dürfen weder in Form noch in Farbe her-
vorstechen.
Glanzlichter auf Möbel sind abscheulich, noch abscheulicher die
häfslichen Zickzacklinien der Möbel, die den angenehmen Flufs der
Linien stören. Schreiende Zeichnung in einem Fufsbodeuteppich oder
einer Gurdine ist entsetzlich.
Sind diese einfachen Sachen schon schwierig zu wählen, so wird
die Aufgabe noch complicirter, wenn das ganze Bild durch einen
Hintergrund mit passendem Möbelarrangement, architektonischen
oder landschaftlichen Prospect ausgefüllt werden soll. Man kann hier
mit wirklichen Objecten operiren, d. h. die Figur iti eine Laube,
ein Fenster oder an eine wirkliche Zimmerwand placiren , wo man
alles, was zum Bilde gehört, passend gewählt und hingestellt hat, oder
man greift hier zu einem gemalten Hintergründe. Deren giebt es
viele käuflich; die Mehrzahl jedoch taugt nichts.
Einer der auffallendsten Mängel in gewöhnlichen gemalten Hin-
tergründen ist die Anhäufung von vielerlei Dingen und die
Verschiedenheit der eingeführten Gegenstände; die Anzahl und Klein-
heit der Gegenstände, welche ihre weite Entfernung andeutet, während
die Schärfe und Körperlichkeit, mit der sie ausgemalt sind, ihnen
einen Platz unmittelbar hinter dem zu Portraitirenden anweist, und
die Perspective, die natürlich sofort falsch wird, wenn die Camera
nicht ihren Standpunkt im Augenpunkt des Bildes hat (siehe S. 40S).
Es ist vollkommen klar, dafs, wenn überhaupt natürliche Gegen-
stände im Hintergründe dargestellt werden, es unter denselben Um-
ständen geschehen sollte, wie bei der Hauptfigur des Bildes, und dafs
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462
Gemalte Hintergründe, Horizont.
für die Landschaft nicht ein anderer Augenpunkt sein sollte, als für
die Figur. Der Horizont, wenn er überhaupt dargestellt wird, sollte
der Linse gegenüber liegen. Es war eine Zeitlang in der Portrait-
malerei Mode, den Horizont so tief wie möglich zu legen ; die Figuren
ragten dann hoch in die Wolken und erschienen allerdings grofsartig.
Dennoch sieht solch ein Bild zu auffällig unwahr aus. Man sehe die
Bilder in Josty’s Conditorei in Berlin. Friedrich Wilhelm, lebensgrofs
im Sande stehend, in der Ferne Charlottenhof, nicht höher als bis
zum Knie des Königs reichend. Solche Ansicht wäre nur na-
turmöglich, wenn der Maler sich auf den Boden legt, oder wenn die
Figur auf einem Berge steht, der Beschauer unten. Reutlinger hat
einige hübsche Bilder, wo die Figuren in die Wolken ragen, ebenso
Robinson; die unbestimmten Wolkenformen heben die Figur, leicbt
kann man das helle Gesicht gegen eine dunkle Wolke, das dunkle
Haar gegen den hellen Himmel contrastiren lassen. Der Horizont
sollte aber nicht tiefer als in Hüfthöhe liegen.
Eine treu gezeichnete Landschaft, aber ohne viel Ausführung, und
die nichts enthält, was besonders die Aufmerksamkeit auf die Linear-
Perspective des Bildes lenkt, in der also Horizontallinien möglichst
vermieden sind, kann stets von Wirkung sein, und braucht, wenn sie
auch nicht absolut genau ist, doch keine handgreiflichen Fehler zu ent-
halten. Einige Hintergründe der Herren Graf und Reutlinger zeigen
dieses vortrefflich. Wer in dieser Hinsicht einen guten Hintergrund
erhalten will, wende sich an Hrn. v. Plessen, Decorationsmaler in Berlin.
Was nun die Beleuchtung des Hintergrundes anbetrifft, so
mag es schwierig sein, vollkommene Uebereinstimmung zwischen der
Beleuchtung des Sitzenden und der Beleuchtung der Gegenstände des
Hintergrundes herzustellen. Es ist erforderlich, bei den verschiedenen
Klassen der zu Portraitirenden, die Beleuchtung manchmal zu ändern ;
die einen erfordern mehr Oberlicht, die anderen seitliches Licht, und
wieder andere müssen von vorne beleuchtet werden, während die Be-
leuchtung des Hintergrundes schon feststeht.
Dies verursacht Schwierigkeiten; sind aber die Hintergründe ur-
sprünglich so gemalt, dafs sie zu der allgemeinen Beleuchtung des
Zimmers passen, und stechen Licht und Schatten nicht zu scharf ge-
gen einander ab, so können auffallende Fehler mit grofser Leichtigkeit
vermieden werden. Man nehme jedoch für landschaftliche Hinter-
gründe mehr Oberlichtbeleuchtung, die der freien atmosphärischen
besser entspricht; für Zimmerdecoration nehme man mehr Seitenlicbt,
entsprechend der Fensterbeleuchtung. Es würde natürlich unerträglich
sein, wenn der Sitzende von rechts her beleuchtet wird, während die
Beleuchtung auf dem gemalten Hintergründe von links geschieht.
Oft trifft man in Hintergründen wunderliche Gegenstände zusam-
men. Tapezirte Zimmer, nur durch eine Balustrade von einer felsigen
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Plastische Hintergrunddecorationeo.
463
Koste oder einer öden Haide getrennt; Damen in Ballkleidern mitten
unter düstern Felsen und unter stürmischem Himmel sitzend etc. etc.
— dies sind Thorheiten, die nur durch Gedankenlosigkeit, nicht ab-
sichtlich hervorgebracht sind, und die hier nur einer vorübergehenden
Verurtheilung bedürfen. Ebenso verdammens werth sind die Zusam-
mentragungen von gothischen, Renaissance- oder Roccocomöbeln. Hier
halte man auf Styl.
Noch machen wir auf eines aufmerksam, dafs eine wirkliche
plastische Decoration (sei es ein Pilaster, eine Leiste, ein aufgebäng-
tes Bild, eine Uhr), wenn sie in richtigen stumpfen Farben gewählt
wird, unendlich wirkungsvoller im Bilde erscheint als die geschick-
teste Malerei, der man stets die Pappe ansieht *). Loescher und Petsch
haben daher wirkliche und nicht gemalte Objecte der Art in den
Hintergrund eingeführt.
Freilich ist es in gröfsern Städten leicht möglich, sich gute Hinter-
gründe zu beschaffen, aber in den kleinen Städten hat es mehr
Schwierigkeiten. Der Photograph läfst sich nach irgend einem pho-
tographischen Muster, welches der Reisende einer betreffenden Hand-
lung ihm vorlegt, einen Hintergrund nach seinem Geschmack senden.
Das Muster sah sehr hübsch und wirkungsvoll aus, bei der Benutzung
aber wirkt alles anders. Was nun? Aendern ist schwer, also bleibt
es so, und fürchterliche Dinge kommen da zur Welt. Und doch liegt
dies hier nicht am Muster, sondern am Photographen. Das Muster
wurde jedenfalls unter ganz anderen Verhältnissen aufgenommen.
Sollten manche Stellen zu grell wirken, so empfiehlt Grafe hoff**)
Folgendes behufs der Hin tergrundretouche. Man nehme in einem
Leinwandballen etwas gelbbraune Farbe in Pulverform, z. B. Goldocker
oder Umbra, und überreibe damit die zu hell zeichnenden Stellen;
der gelbe Ton bewirkt ein dunkleres Zeichnen. Die zu dunkel kom-
menden Stellen überreibe man auf ähnliche Weise mit etwas Schlemm-
kreide. Auf diese Weise kann man sich sehr häufig helfen, und da-
durch, ohne Maler zu sein, bewirken, dafs zu unruhig zeichnende
Hintergründe viel bessere Effecte hervorbringen.
Zum Schlufs einige beachtenswerthe Winke von Herrn Kurtz
in Newyork:
„Oft findet man in einem Schaukasten von 18 — 20 Bildern auf
allen einen und denselben Hintergrund bei den verschiedensten Per-
sonen in den abweichendsten Costümen angewendet, so dafs man oft
schon an dem Hintergründe eines Bildes erkennen kann, aus wessen
Atelier es hervorgegangen ist. Dies ist, geradezu gesagt, die reine
Fabrikarbeit und dabei hat vielleicht auf 10 Bildern nur ein Hinter-
grund das richtige Mafs der Färbung, das heifst: nur in einem hob
*) Von der unrichtigen Perspective zu schweigen.
**) Siehe Photographische Mittheilungen 1868 No. 49.
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464
Färbung ries Hintergrundes.
Gesiebt und Figur sich durch den harmonischen Contrast ihrer beiden
Farbentöne ah. Dies gilt schon für glatte Hintergründe ohne Zeich-
nung, noch mehr aber für die Phantasiehintergründe.
Der Photograph mufs stets eingedenk sein, dafs er seine Effecte
durch total andere Mittel hervorbringen mufs als andere Künstler.
Daher thut man besser, das, was rechtlich der Photographie gehört,
gut auszuführen, als von Neuerungen, welche jeder künstlerischen
Richtung entbehren, etwas Gutes zu erwarten. Hat man einen
breiten Hintergrund und vor demselben noch viel Raum,
so stelle man denselben näher oder ferner und mache ihn
dadurch, wie es zu der Figur pafst, heller oder dunkler.
Die besten Phantasiehintergründe, die ich gesehen habe, kamen
von Paris. Die Figur hob sich gut gegen eine kräftig gemalte Park-
scene ab, welche auf der einen Seite einen schönen Lichteflfect besitzt,
der durch eine ausgezeichnet ausgeführte, obgleich wenig detaillirte
Buschpartie noch unterstützt wird; der Vordergrund pafst ganz hierzu;
er besteht aus natürlichen Pflanzen, Steinen etc.
Ein Bild, welches eine Dame in ganzer Figur darstellte, machte
den Eindruck, als ob der Hintergrund exprefs für die Figur gemalt
sei, so ausgezeichnet harmonirten beide miteinander, doch leider war
dies nur bei diesem Bilde allein der Fall. Bei einigen — es waren
im Ganzen 10 — 12 Bilder — war der Hintergrund zu dunkel, z. B.
bei einer weifs gekleideten Dame, bei andern zu flau. Doch kehren
wir zu der Betrachtung der einfachen Hintergründe für Kopf- und
Brustbilder zurück. Dafs man für alle Personen nicht ein und den-
selben Hintergrund anwenden kann, ist begreiflich. Es giebt hierüber
viele Regeln, doch ist es, genau genommen, Sache des Gefühls.
Für Kopf- und Brustbilder ist ein mittelgrauer Hintergrund von
wollenem Material ausreichend; man kann aus ihm nach Bedürfnifs
je nach dem Winkel, den er mit dem Lichte bildet, einen hellen oder
dunklen machen. Man erklärt oft Bilder nur wegen des Hintergrundes
für schlecht, weil dieser oft die Aehnlichkeit beeinträchtigt; setzt man
z. B. eine Blondine vor einen hellen Hintergrund und vignettirt wohl
noch gar beim Drucken, so wird, weil Blondinen und besonders das
blonde Haar derselben sich an und für sich schon dunkler photogra-
phiren und der helle Hintergrund dies noch mehr hervortreten läfst,
der Contrast noch stärker. Daher kommen denn auch Ausrufungen
wie: »Gar kein Gedanke von Ihrem schönen hellen Haar!“ »Sie sehen
ja fast wie eine Brünette aus“ etc. und sie haben völlig Recht. Alle
blonden Köpfe müssen gegen dunkle Hintergründe gestellt werden.
Soll das Papier vignettirt werden, so färbe man das Papier rings um
den Kopf so weit dunkel, dafs der Papierton gerade weggenommen wird;
hierdurch wird die Helligkeit des Kopfes erhalten, und man bekommt,
da alles Andere dunkler ist, durch geeigneten Contrast den Effect
einer Blondine. Dieselbe Regel findet im umgekehrten Falle auch
Anwendung. Man kann einem dunkeln, sonnverbrannten Herrn durch
einen kräftigen dunkeln Hintergrund ein ziemlich helles Aussehen ge-
ben, doch leidet stets hierunter die Aehnlichkeit und man thot besser,
einen hellen Hintergrund anzuwenden, da dieser sogleich ein brünettes
Aussehen erzeugt; noch mehr: der Hintergrund mufs dem Kopf von
allen Seiten Relief geben und nicht, wie man bei vielen Photographen
sieht, nur auf einer Seite.
Man denke sich die Lichtseite des Gesichtes einer Dame gut ab-
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Gekrümmte Hintergründe.
465
fehoben, während die Schattenseite und der Hintergrund dieselbe
ärbung haben, so fallen diese beide natürlich zusammen und das
ganze Bild taugt nichts, während es ganz gut geworden wäre, wenn
man den Hintergrund um einen halben Fufs vorgerückt hätte und ihm
so eine etwas hellere Färbung gegeben hätte. In der Natur hat das
Gesicht durch seine Farbe, die es von dem Hintergründe unterscheidet,
vollkommen genug Relief und dies ist der Vortheil, den der Portrait-
maler vor dem Photographen voraus hat. Wir Photographen haben
eine bestimmte Scala von Tinten, welche zwischen dem reinsten Weifs
(Papierton) und dem tiefsten Schwarz liegen ; der Maler hat hingegen
diese und noch bedeutend mehr, da er diese Tonungen mit jeder ein-
zelnen Farbe hervorrufen kann. So erscheint das Relief des Gesich-
tes gegen den Hintergrund auf der matten Glasscheibe vollkom-
men gut, während auf dem Negative beide zusammenfallen und nicht
von einander zu unterscheiden sind, wenn die Färbungen gleich sind.“
Herr Kurtz wendet aufser den flachen Hintergründen noch cy-
liudrisch gekrümmte an. Es ist klar, dafs solche unter passendem
Lichteinfall sich wie ein Cylinder abtonen, d. h. eine sanft verlaufene
Fläche, von hell in dunkel übergehend, zeigen werden. Denkt man
sich eine Person neben einem Fenster, so wird diese an der Fenster-
seite hell, auf der andern dunkel erscheinen ; denkt man sich hinter
die Person einen cylindrischen Hintergrund, der seine hohle Seite der
Person zuwendet, so wird dieser Hintergrund gerade umgekehrt abge-
tont erscheinen, d. h. an der Fensterseite dunkel, an der andern hell.
Herr Kurtz benutzt aufserdem in neuester Zeit einen nicht blos
cylindrisch, sondern schüsselförmig gekrümmten Hintergrund, eine
Art Hohlkugel. Diese wird, ebenso gestellt, wie oben der cylindrische,
eine Abtönung nach allen Seiten hin zeigen, nicht blos von rechts
nach links. Bei-
folgende Figur
zeigt diesen Hin-
tergrund und zu-
gleich den eigen-
thümlicben Reflec-
tirschim des Hrn.
Kurtz, ein einfa-
cher, mit weifsem
Papier bezogener
Holzrahmen mit
2 Flügeln Fx F2,
der zwischen die
Person nnd Ap-
parat gebracht
wird und durch
passende Drehung
von F' und F",
ferner durch Näher- und Fernerstellen die Auflichtung der Schatten
auf, das Vollkommenste ermöglicht. Das Postament P ist beweglich
and gestattet durch leichte Drehung die Wendung der Person, ohne
dafs diese deshalb aufzustehen braucht.
Ein für allemal beachte man Folgendes: Alles, was in das Bild
bineingetragen ist, Tischdecken, Gardinen, Möbel, mufs sich
Fiir. 170.
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466
Contrastwirkungen.
anterordnen, eg darf nicht stärker wirken als die Person. Es
mufs sich zusainmenordnen, d. h. die Umrisse and Linien des
Portraits and seines Costümes müssen mit den Umrissen and Linien
der oben angeführten Gegenstände za einem gefälligen Ganzen zu-
sammenfliefsen.
Je weniger man solche Nebendinge nöthig hat, desto besser ist
es. Der gemalte Hintergrund wird immer ein Nothbehelf bleiben.
Fehlerhaft ist es, wenn der Hintergrund, wie auf neueren Genre-
bildern, über der Fläche des Bildes einnimmt. Die Gröfse der Figur
mufs zu dem Raum im Bilde im gewissen Verhältnis stehen.
Man kann unter Umständen mit fabelhaft wenig Raum neben der
Figur auskommen, ohne dafs der Rahmen zu eng erscheint. Man sehe
Rafael’8 Madonna Sedia, welche drei Figuren im engsten runden
Rahmen zusammengedrängt enthält, ohne dafs dieses unangenehm
empfunden würde.
Wie eine zu kleine Figur auf einer grofsen leeren Karte wirkt,
sieht man am besten an Medaillonbildern, die man nicht selten mit
dem Visitenkartenapparat mit weiter Distanz aufnimmt; auf dem vollen
gedruckten Blatte erscheinen die Körper viel kleiner als wenn man
Kopf und Brust ausschneidet und für sich fafst.
Auch ist es bekannt, dafs eine stehende Figur schlanker erscheint,
wenn der Kopf oben nahe an den Rand des Bildes stöfst und rechts
und links viel breiter leerer Raum bleibt; umgekehrt erscheint die
Figur dicker, wenn viel Oberraum und wenig Seitenraum ge-
lassen ist.
Wie bedeutend Requisiten mitwirken können, erhellt aus der Mit-
theilung des Herrn Prümm.
Eine nur 4 Fufs grofse Dame beschwerte sich bei diesem, dafs
sie auf ihren Bildern immer so klein aussehe. Herr Prümm wufste
sich zu helfen,*) er stellte die Dame neben einen niedrigen Kinder-
tisch vor leerem Hintergrund, und photographirte Kniestück, Tisch
und Figur unten abgescbnitten. Gegen den kleinen Tisch erschien
das Dämchen wunderbar grofs und die Bestellerin war überglücklich
darüber. Solche Contraste helfen in vielen Fällen aufserordentlich.
Dasselbe, was wir in Bezug auf Unterordnung beim Hintergründe
gesagt haben, gilt auch noch in viel höherem Mafse bei dem Vorder-
grund. Es ist fehlerhaft, in denselben einen Teppich mit auffallen-
dem Muster und gar in grellheller Farbe zu legen. Solche »Dessins“
wirken namentlich häfslich, wenn ihre Figuren nicht mit denen des
Bildes Zusammengehen.
Ein in stumpfen Farben gehaltener Teppich mit möglichst ruhigem
Muster ist die einfachste Unterlage für Vollfiguren. Sehr oft wird der
*) Siehe Photogr. Mittheil. 1870, Januarheft.
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Schlafs.
467
einfache glanzlose Fufsboden oder ein Grasteppich noch besser wirken,
letzterer natürlich nur vor einem Parkhintergrund.
Schliefslich nmfs eine harmonische Verbindung zwischen Boden
und Hintergrund in Form und Farbe existiren. Wenn letzterer
vom Boden 1 Zoll entfernt schwebt und durch eine dicke schwarze
Kante im Bilde deutlich von ersterem getrennt ist, so merkt man
dem Bilde das Coulissenartige an. Eine simple Latte oder Borde ver-
richtet den Dienst der Ausfüllung des leeren Raumes ganz vortrefflich.
Dafs eine Figur auf einen meilenweit entfernt gedachten Landscbafts-
hintergrund nicht Schatten werfen darf, ist selbstverständlich. Eine
gewisse Entfernung der Person von der Hintergrundleinwand ist noth-
wendiges Erfordernis.
Doch nun zum Schlufs. Derselbe wird dem Lernbegierigen viel-
leicht zu früh kommen, dem Ungeduldigen zu spät.
Wir können hier nur Abrisse geben. Das Gebiet der Kunst ist
ebenso unabsehbar wie das Gebiet der Wissenschaft und Mancher
wird rufen: Zuviel — zuviel! Wie können wir praktischen Photo-
graphen auf alle diese Kleinigkeiten achten? Anordnung, Um-
risse, Gewand, Hintergrund, Requisiten, Perspective,
Stellung, Beleuchtung etc. etc. Das ist allerdings zuviel für den
Bequemen, für den Gedankenlosen, aber nicht für den Strebsamen.
In der Welt der Kunst haben selbst die gröfsten Meister ihre
höchsten Erfolge nur durch rastloses Studium, durch unsägliche Mühe und
Arbeit erreicht. Man sehe sich die Studienblätter Rafael’s an, sie
sind stumme und doch beredte Zeugen der colossalen Vorarbeiten,
welchen sich dieser gröfste Maler aller Zeiten unterzog, ehe er an die
Schöpfung der Disputa, der Schule von Athen, der Sybillen und an-
derer Meisterwerke ging. Und glücklich können wir uns schätzen,
dafs die Photographie nicht blos mechanisches Handwerk ist, sondern
auch in dieser Technik der intelligente und strebsame Künstler immer
den mechanischen Arbeiter überflügeln wird.
Möge demnach der Schüler nicht ermüden, sondern das Sokratische
Wort beherzigen:
Das Schöne ist schwer!
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Nachtrag.
I. Pliotochemie.
Tessie de Mothay's Druckverfahren (zu Seite 32).
Tessie exponirt eine Gelatinechromatschicht auf Kupfer unter
einem Negativ und wäscht sie in kaltem Wasser. Es wird dadurch
nicht etwa die unveränderte Gelatine weggenommen, sondern blos das
Chrom salz. Bei dieser Behandlung mit Wasser absorbirt die Gela-
tine Feuchtigkeit um so kräftiger, je weniger sie vom Lichte ver-
ändert worden ist, so dafs also die am stärksten vom Licht veränder-
ten Stellen gar kein Wasser zurückhalten, und die Halbtöne um so
weniger, je stärker sie belichtet worden sind.
Eine solche Schicht befindet sich demnach in demselben Zustande,
wie ein lithographischer Stein; geht man nämlich mit der Schwärze-
walze darüber, so wird die Schwärze um so kräftiger zurückgestofsen
werden, je feuchter die Schicht an den betreffenden Stellen ist; die
atrokuen und halbtrocknen Stellen werden dagegen die Schwärze fest-
halcen und im umgekehrten Verhältnisse ihres Feuchtigkeitsgehalts.
Auf diese Weise entsteht eine Tonabstufung in fetter Schwärze, und
läfst man die eingeschwärzte Schicht mit einem Bogen durch die
Presse gehen, so erhält man einen Abdruck mit allen Halbtönen.
Hinsichtlich Tessie’s Verfahren ist zu bemerken, dafs sein haupt-
sächlichster Fehler darin bestand, dafs die Gelatineschicht den Druck
nicht aushielt und schon nach 50 oder 70 Copieen herunterging. Die-
ses suchte Albert zu vermeiden durch eine Vorpräparation der Unter-
lage, und als solche nahm er nicht Metall, sondern Spiegelglas.
Albert’s Verfahren. (Lichtdruck.)
Eine ungefähr a Zoll dicke Spiegelplatte wird mit folgender Lö-
sung überzogen: Wasser 300 Theile, Albumin 150 Theile, Gelatine
15 Theile, rothes chromsaures Kali 8 Theile.
Man läfst trocknen und exponirt die Platte ungefähr zwei Stunden,
die Glasseite oben, dem Licht, indem man ein schwarzes Tuch da-
hinter legt. Die so belichtete Platte wird mit folgender Lösung über-
zogen: Gelatine 300 Theile, rothes chromsaures Kali 100 Theile,
Wasser 1800 Theile.
Die mit der Lösung überzogene, dann getrocknete Platte wird
unter einem Negativ exponirt, dann gewaschen und schliefslich wie
ein lithographischer Stein eingeschwärzt und gedruckt. Die Drucke
zeigen die schönsten Halbtöne.
Eine sehr wichtige Rolle dürfte das Drucken selbst spielen und
erfordert dieses sicherlich mancherlei Finessen und Vorsichtsmafs-
regoln, sowie grofse Routine.
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Nachtrag. — Optik.
469
II. Photographische Optik.
Ueber Lichtabsorption in feuchten und trocknen Platten
machte Ommeganck einige interessante Versuche. Zwei sensibilisirte
feuchte Platten wurden hinter einander gelegt und in derselben
Cassette exponirt. War das Collodion stark jodirt, so zeigte die
zweite Platte nur Spuren eines Bildes (von den durch die erste Platte
gegangenen Lichtstrahlen herrührend); war das Collodion schwach
jodirt, so war das Bild der hinteren Platte fast ebenso kräftig, als
das der vorderen. Bei Anwendung einer Trockenplatte war das Bild
auf der (feuchten) Hinterplatte sogar kräftiger. Ommeganck sieht in
dieser Lichtdurchlassung die Ursache der geringen Empfindlichkeit der
Trockenplatten und schlägt vor, undurchsichtige Gläser für dieselben
zu benutzen und die gewonnenen Negativhäute abzuziehen.
Ueber chemische Wirkung des rothen, gelben und grünen Lichtes.
Dafs rothes, gelbes und grünes Licht keineswegs chemisch un-
wirksam ist, geht am besten aus der Erzeugung farbiger Photographieen
hervor, in denen gerade diese Farben am ausdruckvollsten sind. Auch
hat J. Herschel bereits 1841 nacbgewiesen, dafs Eisensalze für rothe
und sogar ultrarothe Strahlen sehr wohl empfindlich sind.
Fluorsilber zeigt ferner nach Draper Empfindlichkeit gegen das
gelbe Licht. Derselbe Forscher hat gefunden, dafs die Zersetzung
der Kohlensäure durch grüne Pflanzenblätter keineswegs im blauen,
sondern vielmehr im gelben und grünen Licht erfolgt.
Tabelle der chemischen Intensitäten des blauen Himmels-
lichtes für Berlin an 12 verschiedenen Tagen des Jahres,
berechnet von K. Schwier (s. S. 142, 143).
1 Oh !
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21. Februar . . .
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29,12
26,03
21.65
14,07
2,77
22. März
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34,40
32,62
28,99
23,00
14,30
2,77
22. April
. 37,68
37,43
36,55
34,40
30,42
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2,77
22. Mai
. 38,26
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37,77
36,48
33,69
28,73
21,56
11,95
2,77
21. Juni
. 38,35
38,28
38,02
37,01
34,59
30,24
23,71
14,65
5,94
22. Juli
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39.19
37,77
36,48
33,69
28,73
21,56
11,95
2,77
22. August . . .
. 37,64)
37,41
36,48
34,29
30,24
23,80
14,76
2,77
23. September . .
. 34,95
34,40
32,62
28,99
23,00
14,30
2,77
22. October . . .
. 29,63
28,86
26.07
21.28
13,61
2,77
21. November . .
. 23,01
21,98
18,64
12,79
2,77
21. December . .
. 19,74:
18,64
15,43
9,21
HI. Praxis der Photographie.
Ueber die Reproduetion von Zeichnungen ohne Camera.
Von Mr. Walker (zu Seite 375).
Mr. L. E. Walker, der Vorsteher der photographischen Arbeiten
für die Schatzkammer-Abtheilung in Washington, welche grofsentheils
in der Reproduetion von architektonischen Plänen und Zeichnungen
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470
Reproduction von Zeichnungen ohne Camera.
besteben, wendet ein Verfahren an, Zeichnungen durch eine ArtNa-
turselbstd ruck zu copiren, doch lehnt er den Namen des Erfinders
von sich ab, aber unstreitig ist es das Verdienst Walker’s, das Ver-
fahren modificirt und sehr vervollkommnet zu haben. Er beschreibt
es folgendermafsen :
1. Die zu copirende Zeichnung mufs auf dünnem Papier
oder noch besser auf Paus-Leinen gemacht werden; man nehme mög-
lichst dunkle Schwärze oder andere Farben, die stark genug sind, um
keine wirksamen Strahlen durchzulassen. Man mache die Linien mög-
lichst scharf und mit einem Striche, damit sie nicht gebrochen er-
scheinen.
2. Herstellung der Negative. Man nehme gut gesalzenes,
glattes, stumpfes Papier (s. u.), silbere es und räuchere es 10 bis
15 Minuten in Ammoniak. Dann lege man in den Copirrahmen die
Zeichnung, das Bild nach oben, lege das sensitive Papier darüber, und
schliefse. Bei hellem Sonnenschein genügt eine Exposition von 1 j bis
2 Minuten für ein völlig ausgeprägtes Bild. Man exponire nicht zu
lange, da sonst die schwachen Linien zusammenlaufen und federig wer-
den. Man wasche das überflüssige Silber weg, tone schwach und
fixire wie jeden andern Druck; hierauf wasche man das Bild tüchtig
und hänge es so zum Trocknen auf, dafs es sich möglichst wenig
runzelt. Das Negativ ist dann fertig, schnell und wohlfeil, und fähig,
jede beliebige Zahl von Positiven zu liefern, die in jeder Beziehung
dem Original gleichkommen.
3. Herstellung der Positive. Man lege das Negativ mit
der Rückseite nach unten auf die Spiegelscheibe des Copirrahmens,
bringe den lichtempfindlichen Bogen darauf und exponire.
4. Salzung des Papiers. Man mache ein Bad aus 2,5 Gram-
men Salmiak und 2,5 bis 3 Grammen Gelatine auf 480 Gramme (heifses)
Wasser und tauche hier die Bogen 2 bis 3 Minuten ein, worauf man
sie in einem warmen Zimmer zum Trocknen aufhängt.
5. Se n s ibi li sir e n des Papiers. Man pinsele den Bogen mit
einer schwachsauren salpetersauren Silberoxydammoniaklösung 1 : 16,
trockne ordentlich und räuchere dann 15 Minuten in Ammon. [Silber-
oxydammonlösung stellt man dar, indem man zu einer Silberlösung
1 : 10 langsam und unter Umrühren Ammoniak tröpfelt, bis der zuerst
entstandene Niederschlag wieder aufgelöst ist. Dann setze man tropfen-
weise Salpetersäure zu, bis das Ganze sehr schwach sauer reagirt.]
6. Das Tonen, Fixiren und Waschen. Man füge zu 1750
Grammen Wasser 1 Gramm Goldchlorid und 1 Gramm Platinchlorid,
neutralisire mit kohlensaurem Baryt, schüttele es gut um und setze es
4 oder 5 Tage an einen warmen Ort, bis es zum Gebrauch fertig
ist. Dies ist die Vorrathlösung. Zwei oder 3 Stunden vor Gebrauch
füge man 1 Gramm neutrale Goldchloridlösung 1 : 16 auf jeden Albu-
minbogen zu, oder ungefähr -J- Gramm bei gewöhnlichem Papier. Das
Tonen führe Jeder nach seinem besonderen Geschmack aus.
Herr Walker hält dieses Tonbad für sehr sparsam, da man es
monatelang gebrauchen kann.
Wir haben den Procefs möglichst genau beschrieben, da er sehr
brauchbar ist. Ehe das Albuminpapier aufkam, benutzte man wohl
beim Verluste eines Negativs einen Papierdruck statt des Negativs
zur Vervielfältigung. Jetzt macht man ans der Noth eine Tugend,
doch in anderer Richtung.
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Verarbeitung der Silberrückstände.
471
Verarbeitung der Silberrückstände.
Von der grofsen Quantität Silber, welches die Photographen
namentlich beim Positi vprocefs in Arbeit nehmen, finden sich nach
Davanne ungefähr
a) 3 pCt. in dem fertigen Bilde wieder;
b ) 7 pCt. sind im festen Zustande enthalten in den Abtropfpapieren,
den Filtern, den Papierabschnitzeln und den Papierstücken, mit
welchen verspritzte und verschüttete Tropfen des Silberbades auf-
gewischt sind;
c) 50 bis 55 pCt. sind als Silbersalz aufgelöst in dem Waschwasser
der belichteten Papiere;
d) 30 bis 35 pCt. sind in das Fixirbad übergegangen;
e ) 5 pCt. höchstens sind in dem Fixir-Waschwasser der fertigen
Bilder enthalten.
Die Wiedergewinnung dieser Rückstände ist demnach ein Geld-
punkt von bedeutendem Werth.
Gewöhnlich sammeln Photographen die ersten Waschwässer ( c )
in einer Tonne und schlagen das aufgelöste Silbersalz durch Kochsalz
nieder. Man vermeide zu grofsen Ueberschufs desselben, indem sich
dann das Chlorsilber sehr langsam absetzt.
Nach 24 Stunden zieht man die klare Flüssigkeit vom Nieder-
schlage ab und sammelt von Neuem Silberwasser auf. Nach monate-
langer Wiederholung des Processes bringt man den Chlorsilberschlamm
auf ein Tnch, wäscht ihn mit Wasser aus und trocknet ihn.
Der aus dem Entwicklerablauf (Negativprocefs) nieder-
geschlagene Silberschlamm kann diesem Chlorsilber beigefügt
werden.
Zum Reduciren der trocknen Masse ist der Schmelzprocefs der
geeignetste.
Man erhitzt einen guten hessischen Tiegel im Windofen zur hellen
Rothgluth und trägt portionenweise folgendes völlig trocknes
Gemenge ein:
Cblorsilberrückstand 3 Theile,
wasserfreies kohlensaures Natron 1 — 1£
Es ist gut, den Tiegel vorher mit Kreide oder weifsem Thon
auszureiben.
Man schmilzt, nachdem alles eingetragen ist (es schäumt dabei
stark auf) , bis die Masse ruhig fliefst, dann läfst man erkalten , zer-
schlägt den Tiegel und nimmt den Silberkuchen heraus.
Liesegang empfiehlt Niederschlagen des Silbers mit oxalsaurem
Natron oder Kali als oxalsaures Silber, welches leichter wie Chlor-
silber reducirbar ist.
Fixirnatron wässer werden besonders gesammelt, am besten
in Töpfen von Steingut, so grofs, dafs sie die Waschwässer von zwei
Tagen, resp. die Fixirbäder und das erste Waschwasser nach dem
Fixiren von 4 bis 6 Tagen aufnehmen können. In jeden derselben
werden einige blank gescheuerte Kupferplatten ohne weitere Befestigung
gestellt, am besten zwei gröfsere sich gegenüberslehende, welche man
gegen die Wandung der Töpfe lehnt. Auf diese Platten setzt sich,
soweit sie in die eingegossenen Flüssigkeiten reichen , das metallische
Silber in 48 Stunden ab, welches man von Zeit zu Zeit mit einer
harten Bürste abreibt. Man kann den abgesetzten Niederschlag so-
Vogel, Lebrbucb d. Photographie. 31
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472
Verarbeitung der Silberrückstände.
gleich berausnebmen oder so lange darin lassen, bis man zu einer
Schmelzung genug zu haben glaubt. Jedenfalls mufs mau aber nach
dem Abbürsten das Pulver sich vollständig setzeu lassen.
Nach dem Herausnehraen wird es je nach der Menge durch Pa-
pier oder feine Leinewand filtrirt, und an der Luft oder auf einem
warmen Ofen getrocknet.
Dann mischt man:
100 Theile des ausgewaschenen und getrockneten Silberpulvers,
mit 50 - geschmolzenen und pulverisirten Borax,
25 - geschmolzenen und pulverisirten Salpeter.
Der Salpeter soll die beim Abbürsten abgeriebenen Kupfertheil-
chen oxydiren. Der Tiegel wird ungefähr ein Drittel mit der Mischung
gefüllt, und wenn nach dem Einträgen das Schäumen aufgehört hat,
giebt man noch 20 Minuten scharfes Feuer, lfifst den Tiegel erkalten
und zerschlägt ihn. Der erhaltene Metallklnmpen enthält noch ein
wenig Kupfer, welches aber keinen Schaden bringt, und kann nur zur
Herstellung von Silbersalz in Salpetersäure aufgelöst werden.
Silberhaltige Papiere werden gesammelt, auf einem geeig-
neten Heerd verbrannt, und die Asche auf einen Haufen zusammen-
gekehrt und zur vollständigen Verbrennung aller organischen Stoffe
noch eine Zeit lang der Hitze ausgesetzt.
Man macht dann ein Gemenge von
100 Theilen Asche,
50 - trocknem kohlensaurem Natron und
25 - Quarzsand.
Die Schmelzung geht leicht von Statten und man erhält eine Aus-
beute an Silber von 20 bis 60 pCt. der Asche, je nach der Zusammen-
setzung der Papiere.
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Nachtrag.
473
Ueber technische Fehler.
Die Zahl der Fehler im photographischen Procefs ist Legion.
Schuld derselben sind einerseits die Veränderlichkeit unserer Apparate
und Losungen, und über die dadurch hervorgerufenen Fehler ist in
den Capiteln über Wartung ausführlich gesprochen worden. [Wer
jene Capitel sorglich studirt hat und das Gelernte anzuwenden weifs,
wird zahlreichen Fehlern sofort zu begegnen wissen.] Andrerseits liegt
ein sehr grofser Theil an der Unachtsamkeit oder Ungeübtheit
des Operateurs.
Wer nicht bei jeder Arbeit mit der gröfsten Gewissenhaf-
tigkeit zu Werke geht, der wird Zeit seiner Praxis mit Fehlern zu
kämpfen haben. Gewisse Fehler, als unrichtige Stellung, mangelhafte
Beleuchtung und unrichtige Expositionszeit, werden jedem Anfänger
passiren, sie lassen sich uur durch lange Uebung vermeiden.
Die Fehler im Negativprocefs
machen sich meisten theils schon beim En t w ickel ungsprocefs
kennbar. Daher ist es dringend gerathen, eine Platte nicht eher
zu verstärken und fertig zu machen, als bis man sie nach
dem Entwickeln, Abspülen und Reinigen der Rückseite
auf das Genaueste auf etwa vorhandeneFehler geprüft hat.
Der Hauptfehler ist der Schleier*), d. i. ein allgemeiner Silber-
Niederschlag, der die ganze Platte, Licht wie Schatten, auch diejenigen
Theile, welche gar nicht dem Lichte ausgesetzt gewesen sind,
gleichmäfsig überdeckt. Die Ursachen desselben sind sehr vielfältiger
Natur: a) das sogenannte Dunkelzimmer läfst wirksames Licht ein (Ver-
fasser arbeitet nur bei gedämpftem Lampenlicht); 6) man hat die Platte
starkem Lampenlicht lange ausgesetzt; c) die Camera oder Cassette bat
Löcher (im letzteren Falle entstehen nur Flecke gegenüber den Oeff-
nungen); d) es fällt helles Licht ins Objectiv (letzteres passirt öfter, wenn
die Camera einer Gardinenöffnung, resp. dem hellen Himmel gegenüber-
steht, siehe S. 249, 250 und 378); e) das Collodion ist alkalisch, in
diesem Falle helfen einige Tropfen Jodtinctur dem Uebel ab; /) das
Silberbad ist alkalisch (s. S. 255), Abhülfe Säurezusatz (s. S. 285);
g) das Silberbad enthält organische Substanzen, in solchem
Falle ist gewöhnlich die Platte sehr unempfindlich, Abhfllfe: über-
mangansaures Kali (S. 285); Ä) das Bad enthält salpetrigsaures Silber
(s. S. 42 und 255). Die übrigen Fehler rangiren nach ihrem Ursprung.
Originalfehler.
Manche, dem Auge kaum merkbare gelbe Fleckchen im
Original (Sommersprossen, Eisenßecke auf Papier etc. etc.) offen-
baren sich in der Photographie in ganz auffallender Weise, und wer-
den zuweilen den Chemiealien zugeschrieben.
*) Wir nehmen die Specialbesprechung dieses Fehlers aus praktischen Rück-
sichten voraus.
31*
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474
Technische Fehler.
Putz- und Reinignngsfehler.
1) Silberglänzende Niederschläge zwischen Collodionhaut
und Glas (am besten von der Rückseite sichtbar) entstehen bei
schlecht gesäuerten (S. 260) oder alten, oft benutzten und nach-
lässig behandelten Platten (S. 281). Abhülfe: 12stündiges Beizen in
chromsaurer Kalilösung (S. 260). Sollte dieses Mittel fehlschlagen,
so sind solche Platten dennoch nach einer Vorpräparation mit
Eiweifs zu benutzen (S. 335).
2) Moosförmige Zeichnungen, namentlich von der unteren
Kante ausgehend. Unreine Cassetten (S. 247, 280).
3) Schmutzränder oder -Flecke, von den Kanten ausgehend
und sich mehr oder weniger weit in die Mitte erstreckend, rühren
von mangelhafter Reinigung der rauhen Plattenkanten her,
oder von deren nachträglicher Beschmutzung durch Aufstellen der ge-
putzten Platten auf schmutziger Unterlage (Tisch, Papier, Plattenhal-
ter, s. S. 283) oder durch Anfassen mit Schmutzfingern.
4) Putzstreifen offenbaren sich deutlich als solche durch Wie-
dergabe der Richtung der Putzbewegung selbst Ritzen im Glase
geben häufig Veranlassung zu Streifen, wenn Putzpulver darin sitzen
geblieben ist.
5) Helle, unrcgelmäfsige Punkte und kurze Striche rühren
von Staub und Holzfasern her, die beim Oeffnen der Cassette auf die
Platte fallen.
CoUodionfehler.
1) Die Platte kommt mit einem durchsichtigen, unempfind-
lichen Rande aus dem Bade; solcher rührt von zu spätem Ein-
tauchen nach dem Collodioniren her (S. 265).
2) Die Schicht ist mürbe und reifst leicht im Bade. Zu zeitiges
Eintauchen (S. 265); zu altes Collodion.
3) Die Schiebt ist ungleich dick — Folge des ungleichen Ueber-
zugs.
4) Flecke, die von der Fingerecke ausgehen (S. 265).
5) Dicke und dünne streifenartige Stellen — Folge von
Luftblasen, die erst am Schlüsse des Collodionirens geplatzt sind,
ebenso oft Folge ungleichen Trocknens durch Einflufs der Wärme der
Finger oder der Verdunstung von auf der Rückseite der Platte ge-
laufenem Collodion, auch Folge von altem Pyroxylin, welches sich
schlecht löst.
6) Diagonalstreifen, s. S. 265.
7) Kometenartige schwarze Flecke — Ursache: frischjodirtes,
noch wenig abgesetztes Collodion. Weifse und schwarze wurm-
oder 8chiangenförmige Linien kommen ebenfalls bei jungem,
wenig abgesetztem Collodion vor, namentlich bei Anwendung von
schwerlöslichen Kalisalzen; sie verschwinden nach dem Absetzenlassen
oder Filtriren.
8) Kreuzförmige Schraffirunge'n bilden sich leicht in starker
Kälte.
9) Schwarze uDregelmäfsige Flecke — Schmutz vom Halse der
Collodionflasche (S. 283).
10) Collodion, das anfangs trefflich arbeitet, giebt nach kurzer
Zeit mangelhafte Platten — Ursache: Verunreinigung beim Zurück-
fliefseu (s. S. 283).
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Nachtrag.
475
11) Unempfindlichkeit findet »ich bei altem, tief roth ge-
wordenem Collodion.
12) Die Collodionschicht haftet schlecht an der Platte — Ur-
sache: altes saures Bad oder schlecht geputzte Platten, altes Pyro-
xylin.
13) Schleier (s. o.).
Silberbadfehler.
1) Weifse Ein t auch» treif e n , theils horizontal geradlinig
(bei Cüvetten, S. 267), theils mannigfach gekrümmt (bei Schalen,
S. 269), und runde Eintauchflecke von Luftblasen (S. 269).
2) Schwarze Streifen in der Eintauchrichtung (namentlich bei
Cüvetten, doch auch beim Silbern in Schalen, die Schicht nach
unten (S. 269). — Ursache: zu kurze Silberung (S. 268), sehr
altes, mit organischen Substanzen beladenes Bad (S. 285).
3) Schwarze Streifen, vom Haken ausgehend — Ursache:
Guttaperchahaken (S. 267).
4) Angefressene Platten — Ursache: das Bad enthält kein
oder zu wenig Jodsilber (S. 255).
5) Auffällig durchsichtige, blafs erscheinende, unem-
pfindliche Platten bilden sich zuweilen in sehr starker Hitze — Ab-
hülfe: Abkühlung des Silberbades (S. 369).
6) Spiefse, Kreuze und Schwerter — Ursache: Gehalt an
schwefelsaurem Silber (S. 284) oder essigsaurem Silber (S. 255).
7) Die Platten erscheinen wie mit Mehl bestäubt —
Ursache : massenhafte Jodsilberausscheidungen in der Hitze (S. 287).
Hier hilft nur Filtration und starke Abkühlung.
8) Feine Löcher wie Nadelstiche — Abhülfe: Abkühlung, resp.
Restauration nach S. 287.
9) Schwarze Flecke, durch Druck auf die Collodionschicht
erzeugt, werden nicht selten durch Glashöcker auf der Cüvettenwand
oder den Scbalenboden veranlagt.
10) Unempfindlichkeit wird durch starken Säuregehalt ver-
anlafst, ebenso durch organische Substanzen (S. 285).
11) Graue grisseiige Flecke werden durch schlechtes Ab-
schäumen verursacht (S. 284).
12) Schleier (s. o.).
13) Flaue Bilder werden oft verursucht durch alte, wieder-
holt restaurirte Silberbäder (s. S. 287).
Expositionsfehler.
1) Unschärfe oder Doppelcontouren — Ursachen: un-
scharfe Einstellung, Wackeln des Objects, Erschütterung des Apparats
(S. 270).
2) Marmorartige Flecke und Trockenfehler, bei langen
Expositionen und in der Hitze, siehe S. 380, 381.
3) Hartes Bild: zu kurze Belichtung (S. 273); flaues Bild
entsteht manchmal durch Ueberbelichtung (S. 272), siehe auch oben.
4) Das Bild erscheint ungleich intensiv (ungleiche Beleuch-
tung, namentlich bei Zeichnungen, S. 377).
5) Schleierähnliche Flecke rühren von Reflexen bei Zeichnungen
her (S. 377).
6) Schleier durch Nebenlicht (s. o.).
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476
Technische Fehler.
Entwicklungsfehler.
1) Heller Schein an der Aufgufsseite (s. S. 271).
2) Krumme Linien — Entwicklungsstreifen (s. S. 271).
3) Die Schicht stöfst den Entwickler stark ab — in
solchen Fällen enthält der Entwickler entweder zu viel Alkohol (z. B.
bei frischen Bädern) oder zu wenig (z. B. bei alten Bädern (s. S. 256).
4) Dunkler Rand bei hellen Objecten an der Aufgufsseite
(im Positiv als Lichthof erscheinend) ist ein sehr allgemeiner Ent-
wickelungsfehler.
5) Schleier rühren zuweilen von zu starkem, zu heifsem oder
zu schwach saurem Entwickler her (s. o.).
6) Die meisten der obengenannten Fehler gewöhnlich beim Ent-
wickeln erst sichtbar, obgleich sie nicht Entwickelungsfehler sind!
Ver8tärkungsfehler.
1) Die Verstärkerlö sung wird abgestofsen und giebt. Flecke
(namentlich beim Verstärken mit Eisensalz, 8. S. 273).
2) Blasse Flecke bilden sich aus derselben Ursache, wenn
der Verstärker (gleichviel welcher) nicht über alle Stellen der Platte
gleichmäfsig fliefst.
3) Ein grauer körniger Niederschlag bildet sich, wenn man
den Ei sen v ers t ärk e r so lange wirken läfst, bis er trübe wird.
4) Bläuliche Niederschläge in den Schatten bilden sich
bei Mangel an Säure (S. 273) oder bei Anwendung alter Pyrogallus-
lösung (S. 288).
5) Dicke Stellen bilden sich, wenn der Verstärker immer an
ein und demselben Fleck aufgegossen wird, namentlich bei langer
Verstärkung.
Fixirfehler.
1) Die Platte ist grünlich oder bläulich, dies rührt beim Fi-
xiren von noch Eisensalz (Verstärker) haltigen Platten mit Cyan-
kalium her, und läfst sich durch vorheriges tüchtiges Waschen vermeiden.
2) Schwarze Streifen (meist nur in der Aufsicht erkennbar)
— Ursache: zu kalte oder zu dünne Fixage oder ungenügendes Ueber-
fliefsen derselben.
3) Dünne Stellen bilden sich beim Gebrauche zu starker Cyan-
kaliumlösung (S. 274).
Beim Trocknen erscheinende Fehler.
Die Schicht erscheint regenbogenfarbig und springt ab; dies pas-
sirt bei lange verstärkten und kurz belichteten Platten. Man kann
solche noch retten, wenn mau sie noch halbfeucht mit Lack überzieht,
trocken werden läfst und dann in der Wärme noch einmal lackirt.
Lackirfehler.
1) Auflösung der Schicht; 2) matt e Sc h ich t; 3)streifige
Schicht (s. S. 276.)
Wartungsfehler bei fertigen Negativen (s. 8, 309).
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Nachtrag.
477
Fehler im Positivprocefs.
Silberungsfehler.
1) Luftblasen (s. S. 300).
2) Das Papier stöfst das Silberbad ab; dies rührt von zu
starker Trockenheit der Eiweifsschicht her (s. S. 299).
3) Die Silberlösung bleibt beim Trocknen mitten im
Bogen in Tropfen hängen; dies wird zum Theil wie Fehler 2)
vermieden. Man kann auch die Tropfen durch Fliefspapier wegnehmen.
4) Das Papier wird stark oder zu schwach getrocknet; in solchem
Falle copirt es leicht flau oder ungleich (S. 301) oder ruinirt die Ne-
gative (S. 300).
5) Braunwerden des Bades (s. S. 313).
6) Grauer Schmutz vom mangelhaften Abschäumen (S. 299).
Copirfehler.
1) Das Bild erseheint flau, die Schatten matt, die hellen
Lichter trübe — Ursache: saures Silberbad oder altes oder
verdünntes Silberbad (S. 313), zu starkes oder zu schwaches Trock-
nen (s. o), zu dünne Negative, letztere copire man unter grünem
Glas oder lackire dieselben auf der Rückseite mit drachenbluthaltigem
rothen Negativlack (1 Theil Drachenblut, 200 Theile Lack).
2) Matte Lichter rühren zuweilen von öfterem Nachsehen bei offe-
nem Tageslicht her.
3) Gelbwerden von langem Copiren (s. S. 318).
4) Braune Streifen — Ursache: Fibrinreste in Eiweifs.
5) Die Copie ist theilweise unscharf — Ursache: schlechtes An-
liegen wegen mangelhafter Pressung, oder das Papier wird wellig.
Dies passirt, wenn Copirraum und Sensibilisirraum eine auffallend
verschiedene Temperatur haben. Abhülfe: Man lasse das Papier nach
dem Trocknen \ Stunde im Copirraum liegen, ehe man es einlegt.
Waschfehler.
1) Schwarze Niederschläge bilden sich durch schwefelhaltige
Substanzen im Wasser oder durch Fixirnatronreste in der Schalen-
wandung, namentlich bei Guttapercha-Schalen (s. S. 303).
2) Braun-schwarze Flecke bilden sich beim Anfassen mit
natronhaltigen Fingern.
Tonfehler.
1) Das Bild tont ungleich. Ursache: Mangel an Goldlösung,
ungenügendes Bewegen und Ueberfliefsen derselben, Zusammen-
kleben der Bilder beim Tonen, so dafs die Goldlösung nicht ein-
dringen kann, längeres Liegenlassen der Copieen vor dem Tonen.
2) Das Bild tont gar nicht. Ursache: a) Es finden sich Jod-
silber oder viel Säure oder viel fremde Metalle im Positivbade (siehe
aus Negativbädern hergestellte Positivbäder S. 287). Man dampfe
solches Bad (nach Entfernung des Jodsilbers durch vier- bis fünffache
Verdünnung) zur Trocknifs ab und schmelze gelinde längere Zeit.
Die Säure entweicht, die fremden Metallsalze zersetzen sich dabei
grofsentheils ; b ) das Waschwasser ist durch schwefelhaltige Substanzen
verunreinigt (s. o.); c) es fehlt Gold in der Lösung.
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478
Nachtrag.
3) Die Lichter färben sich, wenn man zu helles Tages-
licht beim Tonen verwendet.
Fixirfehler.
1) Es bilden sich Streifen in Folge ungleichmäfsigen Eintauchens
in der Fixirlösung, oder Flecke vom Aufspritzen derselben auf noch
nicht eingetauchte Bilder (s. S. 304).
2) Gelbliche Punkte (oft erst später auf den fertigen Bildern
sichtbar werdend). Ursache: Luftblasen im Papier; Abhölfe: tüch-
tiges Schütteln jedes einzelnen Blattes beim Einlegen in die Fixir-
lösung oder Abpinseln.
3) Das Fixirbad i st alt (s. S. 319).
4) Wolkenartige Flecke rühren von zu kurzem Fixiren her.
Waschfehler nach dem Eixiren.
1) Die Bilder bekommen Pocken (s. S. 312); 2) sie kleben
am Waschgefäfs aneinander oder an der Wandung und werden in
Folge dessen durch zurückbleibenden Natrongehalt rasch gelb (S. 305) ;
3) sie werden ungenügend gewaschen (S. 305) (Natronprobe).
Fehler beim Fertigmachen.
1) Gefahr beim Trocknen zwischen Fliefspapier (S. 306); Car-
tonfehler (S. 306); 2) Kleisterfehler (S. 307); 3) Satinirfehler
(S. 308).
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Sach- und Namenregister,
Ablösen der Pigmentdrucke 323.
Abnahme der Lichtstärke mit der Entfer-
nung bei Linsen nach dem Rande hin
I2L 229.
Abschäumen des Silberbades 263. 284.
Abstäuben der Platten 264.
Abschattirter Hintergrund 460.
Abstäuber 264.
Abtönen des Hintergrundes bei Positiven
301.
Abtropfenlassen der nassen Platten 268.
Abweichung, chromatische 166 — longi-
tudinale und transversale IAA — sphä-
rische IS 7.
Achromatisches Objectiv, einfaches 180 —
Prisma 168.
Adam Salomon, Draperieen 436 — Hin-
tergrund 4M — Oberlicht 236.
Aequivalentcollodion 264. 873.
Aesthetik, photographische 887.
Aether 6JL 76.
Aetzkali 80.
Aetzkalk 81.
Aetznatron ZJL 83.
Ablaufcollodion 283.
Albert’s Verfahren (Lichtdruck) 468.
Albumin 109.
Albuminate 111.
Albuminpapier 6. 114 — Coaguliren des-
selben mit Alkohol zum Pigmentdruck
332.
Aldehyd Th, 78.
Alkalien 80.
Alkalische Erden 87 — Goldbäder 296
— Positivbad 814.
Alkohol 6 h, 7h,
Alkolen 100.
Alte Platten, Putzen derselben 264.
Ameisensäure 79.
Ammon, kohlensaures 82*
Ammoniakräucherung fUr Papier 311. 318.
340.
Ammoniumplatinchlorid 64,
Anfressen der Bilder beim Lackiren 276.
Angewandte Photographie 374.
Anilindruck 2iL 32.
Anordnung, künstlerische 420 — von Grup-
pen 427 — in Landschaften 428.
Ansäuern des Entwicklers 266 — des
Silberbades 266. 286.
Ansetzen der Chemiealien 26Q — des
Collodions 261.
Antozon ZI,
Aplanat von Steinheil 190.
Aplanatische Linsen 169.
Apparate, photographische, Wartung der-
selben 279.
Apparat, optischer, Herrichtung desselben
239. 243 — zu Vergröfserungen 351.
bei künstlichem Licht 356.
Araeometer 314.
Arago 3,
Arbeiten, das photographische 238.
Archer 5 — Collodionprocefs fL 92.
Architekturen (Arrangement) 444.
Arrangement von menschlichen Figuren
489 — bei Gruppen 443 — bei Land-
schaften und Architekturen 444.
Arrowroot 93.
Arrowrootpapier 9JL 114.
Arsenigsaures Natron als Sensibilisator 64.
Asphaltbilder 3, 66,
Asser 2 — Photolithographie 62.
Astigmation 165.
Atelierbau 224.
Atelier, Dimensionen desselben 284 —
mit Nordfront 224 — mit Tunnel 224
— photographisches, an der KÖnigl.
Gewerbe- Akademie in Berlin 218 —
photographisches, von Rabending.
Monckhoven in Wien 222,
Atelierräume, Einrichtung derselben 217.
Atmosphärische Luft HL
Aufbewahrung des Pigmentpapieres 320
— des sensibilisirten Papieres 318.
Aufgiefsen des Entwicklers 272.
Aufhellung der Schatten 406.
Aufkleben der Papierbilder auf Carton
306 — der Pigmentbilder zum Ueber-
tragen 324 — des Pigmentpapieres 821.
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480
Sach- und Namenregister.
Aufnahme von Modellen , Ornamenten, I
8tatuen, Kunstgeräthen, Maschinen etc.
a«a. I
Aufstellung der Modelle, Ornamente, Sta- (
tuen, Kunstgeräthe, Maschinen etc. 888
— des Originals beim Reproduciren
375.
Aufziehen der Papierbilder auf Carton
306.
Augenblicksbilder 362. 858.
Augenblicksverschlufs. 364. 365.
Ausfüllung des Rahmens 45 7*
Ausschneiden der Papierbilder 855 —
der Pigmentbilder 324.
Baden, gewaschenes Silberpapier 818*
Barium 87.
Baryt 87*
Basen 25*
Becquerel Z — Wirkung der Spectralfar-
ben 122*
Behandlung der Glasplatten 255 — der
Hände 44 1.
Beiwerk bei Hintergründen 451. 451.
Beleuchtung bei Aufnahmen von Modellen,
Maschinen etc. 355 — bei Mikropho-
tographien 359 — der zu reproduci-
renden Objecte 511 — über Licht und
B. 394.
Belichtung des Pigmentpapieres 525 —
normale, zu kurze, zu lange 272.
Berlinerblaubilder 21. 22*
Berlin, chemische Intensität des blauen
Himraelslichts daselbst 469.
Bertsch, Mikrophotographie 358.
Beschreibung der photographischen Ob-
jective 179.
Bestimmung des Copirgrades durch Pho-
tometer 325.
Bewahrung nasser Platten bei langer Ex-
position 380.
Bild der Blende L28 — secundäres 178.
Bilderzeugung in Linsen 165.
Bildfeld 115* 158*
Bildgröfse 155*
Bildträger SKL
Bildwölbung 115*
Bingham, Zelt um den Apparat 25fL
Biot 3*
Bittermandelöl als Sensibilisator 55.
Blaues Glas zum Atelier 255 — Him-
melslicht, Intensität desselben 1 38*
Blauer Niederschlag beim Verstärken 225*
Blei und seine Verbindungen 55*
Bleibilder 55*
Bleiglätte 55*
Bleioxyd 65 — salpetersaures 55*
Bleisalze 55*
Bleisuboxyd 60.
Bleisuperoxyd 55*
Bleizucker 55*
Blende 157. 247 — Bild derselben 178.
Blutlaugensalz als Sensibilisator 55 —
gelbes 82 — mit Eisensalzen 25* 21
— rotlies 82*
Böttcher 5*
Bononischer Stein 12*
Borax 83.
Boraxbad 255*
Boussole 203.
Brandon, Panoramenapparat 202.
Braun , Augenblicksverschlufs 855 —
Momentbilder 867 — Panoramenbilder
254*
Braunwerden des Positivbades 291. 813.
Brechung des Lichtes 122* 148 — in
Linsen 161.
Brechungsindex 128* 148.
Brechungswinkel 123. 148.
Brechweinstein als Sensibilisator 54.
Breitenabweichung 158.
Brennpunkt 152*
Brennweite 162 — Messung derselben 195.
Brewster, Achromatisirung 155 — Ste-
reoskop 155*
Brom LL 72 — dessen Wirkung im Col-
lodion 155*
Bromammonium 154*
Bromcadmium 155*
Bromcalcium 155*
Bromkalinm 81*
Bromlithium 155*
Bromnatrium 85* 104.
Bromsalze im Collodion 253.
Brorasilber 5* 45*
Bromsilberpapier 55j
Bromzink 155*
Brustbilder 457.
Bürette 315.
Bunsen 12 — Photometer 118 — Pho-
tometrie 130.
Burchardt I*
Burnett Z* 81 — Uranbilder 85*
Busch 8 — Pantoskop 158 — Portrait-
objectiv 248 — Reisecamera 875 —
secundäres Bild 178 — Stereoskopca-
mera 361 — Tabellen Uber Portrmit-
linsendimensionen 184 — Universaltri-
plet 155*
Cabinetformat 457.
Calcium 81*
Calciumoxyd 82*
Calciumgoldcblorid 51*
Calomel 55*
Camera, doppelköpßge 852 — obscura
2* 147. 245 — Stereoskop- 851 —
Wartung derselben 225*
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Sach- und Namenregister.
481
Camerahöhe bei Landschaftsaufnahmen
ÜL
Camerapositive 350.
Cameravergröfeerung 349.
Carey Lea 2 2* 28 — Glasplattenreini-
gung 260 — Lichtempfindlichkeit 59* 52
— Quecksilberentwickler 58. 69 — So-
larisation 5 8 — Vermeidung von Flecken
auf Negativplatten 380« — Verstärkung
filr dicke Negative 381.
Carlevaris, künstliches Licht 354.
Carrd, haltbares Positivpapier 340.
Cartonschalen zum Silbern 288*
Carton zum Aufziehen der Papierbilder
und Verunreinigung desselben mit Na-
tron 306.
Casein 11Q.
Oassette 246 — Reinigen derselben 280.
Cellulose 92.
Centralblenden, lose 248*
Cerat zum Wachsen der Papierbilder 308.
Charakteristik 447.
Chemiealien, Ansetzen derselben 250 —
im Positivprocefs, Wartung derselben
309 — photographische, Wartung der-
selben 279.
Chemie, photographische 69*
Chemische Leuchtkraft L3 2 — Lichtein-
heit 132 — Lichtintensität, Messung
derselben 139 — Lichtwirkung 121 —
Meteorologie 122 — Photometrie 189
— Wirkungen der Farben 124 — Wir-
kung des rothen, gelben und grünen
Lichtes 469.
Cbininschrift 1 26.
Chlor 11* 11 — und Essigsäure 18 —
und Kohlenoxydgas im Licht 12 — und
Metalle 18 — und schwefligeÖä u re
im Licht 18.
Chlorammonium 82*
Chlorblei, Lichtempfindlichkeit 60*
Chlorcalcium 88*
Chlorgold 81 — und Silber 49*
Chlorgoldnatrium und Silber 49*
Chloriridium 84*
Chlorkalk 22* 88*
Chlorkalkbad 298*
Chlorkalium 81*
Chlorknallgas LZ* 22 181*
Chlornatrium 85*
Chlorpalladium 84*
Chlorplatin 84 — und Silber 49*
Chlorschwefelsäure 18*
Chlorsilber 2 8* 19* 44 — violettes 210.
Chlorsilbercollodion von Ost 341 von
Monckhoven 848*
Chlorsilberpapier 49* 59* 341.
Chlorsilberpapierzersetzung 45*
Chlorstrontium 88*
Chlorwasserstoffstiure 22 28*
Chondrin 112
Chromatische Abweichung 166.
Chrombilder 29 — durch Anilin, Eisen-
oxyd 39 — durch Blei, Silber, Queck-
silberoxydul 29 — durch Farbstoffe 29
— durch Gummi, Eiweifs, Gelatine 89
— durch Hervorrufung 81 — durch
Reliefdruck 82
Chrom säure 29.
Chromsaure Salze 2* 28 — Ammon 22
— Chromoxyd 28 — Kali 28* 28 —
Kali, neutrales 22 — Kali, saures 26
— Kaliammon 22 — Natron 22*
Chromsuperoxyd 28*
Chromverbindungen 28*
Chrysopras , Lichtempfindlichkeit dessel-
ben 18*
Citronensäure 85* 29 — Zersetzung der-
selben im Verstärker 288*
Citronensäurehaltiges Positivbad 318*
Citronensaures Eisenoxyd 22 — Eisenoxy-
dul 22 — Silberoxyd 44* 29*
Claudet 8 — Zelt um den Apparat 299*
Coaguliren des Eiweifspapieres durch Al-
kohol 881*
Coagulirung 111.
Collodion 94* 99 — Aequi valent- 254 —
Ansetzen desselben 251 — jodirtes 252
— nach Dr. Vogel 283 — Rothwerden
desselben 282 — von Gordon zu Trok-
kenplatten 385 — von Harnecker zu
Trockenplatten 838 — Wartung der-
selben 282.
Collodionfehler 474.
Collodionfilterflasche 254.
Collodioniren der Platten 264.
Collodionpapier )Obernetter) 842* 848 —
(Ost) 841*
Collodionverfahren 5*
Collodium s. Collodion.
Combinationen von Linsen L58*
Concavlinsen 150.
Condensation von Kampher und Wasser-
dampf im Licht 18*
Contrastwirkungen 488*
Contracte 440.
Convexlinsen 150.
Copiren 301 — mit abgetöntem Hinter-
grund 301 — unvollkommener Nega-
tive 3Q2 — von Stereoskopaufnahmen
366.
Copirfehler (Positiv) 477.
Copirgrad 301. 325. 328 — bei Kohle-
bildern 214.
Copirmethode, directe 146. 289 — mit
Entwicklung 842*
Copirprocefs 289* 299*
Copirrahmen 290.
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482
8ach- und Namenregister.
Copirraum 220.
Copirtiscb zu Reproductionen 376.
Copirverfahren, directes 289. 350 — in-
directes 289. 347. MS — mit Ent-
wicklung 289. 347. 348.
Croft, Jodcadmium 105.
Crookes, Reinigen de« Silberbades mit
übermangansaurem Kali 286.
Cüvette 266.
Cyankalium 8_L 258.
Cyankaliumlösung, Zersetzung ders. 288.
Cylindrische Daguerreotypplatte 201.
Dachgardinen 219.
Daguerre 3.
Daguerreotypie 4, 13.
Daguerreotypplatten , Solarisation dersel-
ben 57.
Dallmeyer8. 121 — Augenblicksverschlufs
364 — Drehblenden 248 — Land-
schaftslinse 181 — neues Portraitob-
jectiv mit Verschraubung 182 — Por-
traitobjectiv 184 — Rectilinearlinse 194
— Stereoskopcamera 362 — Tripel-
objectiv 173. 1.88 — Weitwinkellinse
188.
Dauer der Exposition 270.
Davanne 41 — Chlorsilberzersetzung 42L
48 — Goldbad 294 — Goldbad mit
Kreide 296 — Silberverbrauch im Po-
sitivprocefs 292.
Davy, Silhouettenbilder 2.
Depaquis 28,
Descartes, Gesetz 152.
Desinficiren durch Chlor 22.
Despratz, Harz-Trocken platten 338.
Destillirtes Wasser 74.
Dextrin 88.
Dialyse 110.
Diamant 12.
Dimensionen des Ateliers 234.
Directe Copirmethode 146. 289.
Directe Helligkeit 227.
Directes Copirverfahren 360. 389.
Directe Vergröfserung 351. 357.
Dispersion, totale 167.
Distanzfehler im Portraitfach 410.
Doppelcassette (Meagher) 373.
Doppelobjectiv 6,
Doppeltkohlensaures Natron 88.
Dove, Photometer 120.
Draper 125 — Photometrie 130. 212.
Draperieen 433.
Drehblenden 248.
Drehende Camera 28L
Drucken von Reproductionen 882.
Druckverfahren Tessins und Albert's 469.
Drummond, Kalklicht LL 354.
Puboscq, Lampe zu künstlichem Licht 35 5.
Dunkelkammer 217. 221.
Durchsichtige Körper 121.
Eierschalen, Phosphorescenz derselben 12.
Eigenschaften der Glasoberfläche 259.
Eigenschaften, photographische der Jodi-
rungssalze 107.
Einfache Linsen 150.
Einfaches photographisches Objectiv 180.
Einfallswinkel 123. 148.
Einfluf9 der Umgebung 449.
, Eingebrannte Bilder 24, 64,
Einlagebretter ftlr Cassetten 247.
Einlegen der Platte in die Cassette 268.
. Einrichtung der Atelierräume 217 — Ein-
richtung der Objective 248.
; Einstellen, scharfes 249.
Eintauchen der Platten in Cttvetten 267
— in Schalen 269.
Eisenbilder, Färben derselben 28.
Eisenchlorid 19, 21. 22,
Eisenchloridbilder 23.
Eisenchlorür 21. 22 — und Silbersalze 2iL
Eisenoxyd 18 — citronensaures 22 —
oxalsaures 21, 28 — schwefelsaures 21
— weinsaures 22.
Eisenoxydul, citronensaures 22 — essi|£-
saures 22 — oxalsaures 21 — schwe-
felsaures 2_L 288 — weinsaures 22.
Eisenoxydulammon , schwefelsaures , zum
Entwickler 256.
Eisensalze 7. 28.
Eisenvitriol 2_L 28fL
Eisessig 28, 256.
Eiweifs 68. 109.
Eiweifsbild 8L
Eiweifspapier 6, 114. 288.
Eiweifsplatten 8, 335 — zum Trocken-
procefs 835.
Eiweifspapier zu Pigmentdrucken 381.
Electrisches Licht 118.
Electromagnetismus zum Schütteln des
Waschapparates 306.
Elfenbein, Hauchbilder 18.
Empfindlichkeit des Pigmentpapi eres 326
— photochemische 51 — photographi-
sche, der Silberhaloidsalze 51.
England, Methode braunes Silberbad zu
entfärben 313 — Tonbad 297 —
Trockenplatten 388.
Englische Schwefelsäure 22,
Entwickeln der Pigmentbilder 822.
Entwickler 5JL 88. 98. 266 — bei Re-
productionen 380 — concentrirter 256
— für Gordon’s Gummitrockenprocefs
837 — für Hamecker’s Harztrocken-
procefs 338 — fllr Portraits und Land-
schaften 256 — Air Stichreproductio-
nen 286 — giefsen 221 — verdünn-
ter 286 — Wartung desselben 288.
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Sach- und Namenregister.
483
Entwicklung der Trockenplatten 387. 888
— des Bildes 4. 20, 23. 271.
Entwicklungsfehler 476.
Entwicklungsgang der Photographie 2*
Entwicklungspfannen zum Pigmentdruck-
verfahren 322.
Erscheinen des Bildes 272.
Erden, alkalische 81.
Essigäther UL
Essigsäure ZJL Zß — und Chlor UL
Essigsaures Bleioxyd 66 — Eisenoxydul
22 — Natron 78 — Natronbad 297 —
Silberoxyd 43, Z8.
Excursionen, photographische 368.
Exponiren 270.
Exposition bei Aufnahmen von Modellen,
Maschinen etc. 888 — bei Reproductio-
nen 379 — der Trockenplatten 337.
338 — lange 380.
Expositionsfehler4Z6 — zeit 57. 135.270.
Färben der Papierbilder s. Tonen — des
reducirten Eisenoxyduls 28.
Färbung des Chlorsilbers 80 — photo-
graphische 61,
•Falten 436 — Gewohnheits- 438.
Faraday 14.
Färbung des Hintergrundes 464.
Farbe 121.
Farben, natürliche, deren photographi-
sche Wiedergabe 210.
Farbenlehre Ul, 101,
Farbenpigmente , photographische Wir-
kungen derselben 125.
Farbenspectrum 123.
Farbenzerstreuung 166« 249.
Farbige Photographieen L
Fehler durch grofses Gesichtsfeld 415 —
technische 473 — ira Negativprocefs
473 — im Poaitivprocefs 477.
Ferrier, Momentbilder 367.
Fertigmachen der Papierbilder 808*
Feuchtigkeit, schädlicher Einflufs dersel-
ben auf Negative 310«
Fibrin 110.
Figuren, menschliche, Arrangement der-
selben 439.
Filterflasche für Collodien 254.
Filtrirpapier, Verunreinigungen desselben
284.
Fixage 258 — Wartung derselben 288.
Fixirbad 298 — Wartung derselben 319.
Fixiren der Bilder (L 268. 274 — der
Papierbilder 304 — der Trockenplat-
ten 337. 338.
Fixirfehler (Negativ) 47C — (Positiv)
478.
Fixirmittel 81. 82. 83. 87. 26ß,
Fixirnatron 88« 268.
Fixirnatronlösung, Zersetzung derselben
288. 298.
Fizeau fL Z — Tonung 63.
Flauheit der Negative 285.
Flecken auf Negativplatten 380 — moos-
förmige, durch Cassettenschmutz 247.
380.
Fluorescenz 104,
Flufsspath 12*
Focus 152.
Focusdifferenz 169. 880 — Messung der-
selben 360 — Vermeidung der Fehler
derselben bei mikrosk. Aufnahmen 360.
Formate 457.
Fox Talbot 4* 2* 146.
Fraunhofer, Linien im Spectrum 123.
Fremdes Licht in der Camera 249. 270.
Fry, Collodion 00*
Fuselöl 75.
Gährung 75.
Gaffield, Glas zum Atelier und Verände-
rungen des Glases im Licht 236.
Gaine, Pergamentisirung 08«
Gulläpfelgerbstoff 80.
Gallussäure 20« 80,
Ganze Figuren 467.
Gardinen 218. 236.
Gardinenconstruction von Loeseher und
Petsch 218, 236.
Gaudin 6,
Gebrannter Kalk 82«
Gebrannte Magnesia 88.
Gebrauch des Photometers von Dr. Vo-
gel 806*
Gebrauchte Platten, Putzen derselben 2 G4.
Gekrümmter Hintergrund 486,
Gelatine LH — und chromsaure Salze 1 12.
Gelbwerden der Papierbilder 200* 312,
Gemalter Hintergrund 462.
Geodäsie, photographische 201.
Geputzte Platten 281.
Gerben der Pigmentdrucke 323.
Gerbsäure 89.
Gerbsaures Bleioxyd 80 — Eisenoxyd 88.
Gerbstoff 80,
Geschichte der Photographie i,
Gesichtsfeld der Linsen 157. 176. 178. 192
— grofses; Fehler durch dasselbe 415.
Gewänder und Draperieen 433.
Gewaschene nasse Platten bei langer Ex-
position 381.
Gewerbe -Akademie, Königl. zu Berlin,
photographisches Atelier derselben 218.
Giefsen des Entwicklers 271 — grofser
Platten 266.
Girard, Chlorsilberzersetzung 46 — Gold-
bad 294 — Silberverbrauch im Posi-
| tivprocefs 292.
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484
Sach- and Namenregister.
Glättmaschinen für fertige Bilder 807.
Glas-Cüvetten 267.
Glas, Hauchbilder 15 — Lichtempllnd-
licbkeit desselben I A. UL 236 — rhei-
nisches 259 — Spiegel- 259 — zum
Atelierbau 255.
Glashaus 218. 228.
Glasoberfläche , Eigenschaften derselben
269.
Glasplatten als Bildträger 5. 255 — Be-
handlung und Reinigung derselben 260.
622 — Wartung derselben 251.
Glasschablonen zum Ausschneiden der Pa-
pierbilder 306.
Glas-Schalen 268.
Glaatrog (Cüvette) 255.
Glaubersalz 55.
Glutin UL2.
Glycocoll 1 12.
Goddart 6.
Gold und seine Verbindungen 6L
Goldbad 295 — alkalisches 296 — mit
Borax 296 — Chlorkalk- 255 — es-
sigsaures Natron- 292 — kohlensaures
Natron- 297 — Kreide- 295 — neu-
trales 296 — phosphorsaures Natron-
295 — Rhodan- 297 — saures 297 —
Wartung desselben 318.
Goldchloridbilder 207.
Goldchloridcalcium 6L
Goldchloridkalium KL 295.
Goldchloridnatrium 6L
Goldchlortlr 62.
Goldchlorümatrium 65.
Goldoxydkali 6L
Goldoxvdmagiiesia 5L
Goldoxydnatron 6L
Goldoxydul 62.
Goldpulver 36.
Goldsalze, Reduction derselben 62.
Goldverbrauch 295.
Gordon, Gummigallusprocefs 355.
Graphitsäure 66.
Grafshoff’s Lack für Negative 255 — Ne-
gativretouche 380 — Pigmentdruck auf
Eiweifspapier 331 — Rembrandts 159
— Hiutergrundretouche — Atelierre-
touche 236.
GrUne, Bleibilder 69 — Holzschnitfcpho-
tograpbie 207 — Kupferbilder 25 —
Porzellanbilder 15. 207 — Umwand-
lung der Silberbilder in Bilder anderer
Metalle und Verbindungen 207 — Zau-
berphotographieen 65.
Grubb, Landschaftslinse 182.
Gummigallusprocefs (Trockenplatten) 336.
Gummiren des Pigmentpapieres 32L
Gruppenarrangements 413.
Guttapercha-Cüvetten 267.
Guttapercbahaken zum Cüvettensilbern
267.
Guttapercha-Schalen zum Silbern 268.
Gyps 52.
Haarrisse an den Negativen 311.
Hadow, Pyroxylin 91.
Hände, Behandlung derselben 441.
Härten bei zu kurz belichteten Platteu 272.
Haken zum Eintauchen der Platten in Ctt-
vetten 267.
Halb bedeckte Schalen 269.
Halbton 1 18.
Halbtonzeichnnngen , Reproduction der-
selben 379.
Halogene 23.
Haloidsalze 2 h 22.
Haltbare Negativplatten 334.
Haltbare Positivpapiere 340.
Haltbarkeit der Collodien 106.
Haltbarkeit der Negative 310.
Handlung 448.
Handtuch, Giefsen grofser Platten auf
demselben 266.
Hardwich, Albuminpapier 114 — Brom-
kalium 108 — Jodcollodion 108 *
Jodkalium 152 — Papierpyroxylin
96. 92 — Silberverbrauch im Positiv-
procefs 292.
Harnecker, Harztrockenprocefs 338
Vergröfser ungen 351. 858.
Harrison, Kugelobjectiv 192.
Harz 95.
Harzpapier 111.
Harzseife (Papier) 114.
Harztrockenprocefs von Harnecker 338.
Hauchbilder 13.
Hauptschnitt (Linsen) 150.
Hausenbl&se 112.
Heizung im Atelier 237.
Heliographie 3. 2.
Helligkeit, directe 227.
Helligkeit im Atelier 225.
Herrichtung des aufzunehmenden Gegen-
standes 239 — des optischen Appara-
tes 239. 243.
Herschel fL 6 — Eisensalze nnd rothe
Strahlen 169 — Reduction durch Eisen-
oxydsalze 22 — Wirkung der Spec-
tralfarben 127.
Hervorrufer 59.
; Hervorrufungsprocefs 58.
Hervorrufung von Daguerreotypieen L 23.
Herzog, Zelteinrichtung 369.
Highley, Mikrophotographie 358.
Hintergründe 240. 457 — weifse 458 —
schwarze 459 — Abschattirung der 460
— gekrümmte 165 — gemalte 462 —
plastische 463.
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Sach- und Namenregister.
485
Hintergrund, Abtonen desselben beim Co-
piren 3Q1 — -Decorationen, plastische
468 — Retouche 468.
Hirsch, Silberverbrauch im Positivprocefs
293.
Höhe der Camera 417.
Höllenstein AL
Holzessig 7JL
Horizont 416. 462.
Holzgeist 76.
Hornsilber AA.
Hughes, gewaschene nasse Platten 381,
Hunt 53, 65.
Hyazinth, Lichtempfindlichkeit des UL
Hydratwasser TA.
Jabez Hughes, gewaschene nasse Platten
381.
Jacobsen, Reinigung des Silberbades mit
übermangansaurem Kali 286.
Jagemann, Portraits 280.
Jeanrenaud, Coaguliren des Eiweifsp&pie-
res mit Alkohol 332 — Pigmentdrucke
auf Eiweifspapier 331.
Indirectea Co pirv erfahren 289. 347. 318.
Indirecte Vergröfserung 356.
Insolationsgefäfs zur Photometrie 13L
Instrumente, optische 146.
Intensität der chemischen Wirkung des
Lichtes LZ — des blauen Himmelslich-
tes 183 — des Lichtes 117. 122. 211.
270 — optische L&iL
Intensitätscurve des Lichtes 128.
Jod LL 22 — absorbirende Körper als
Sensibilisatoren 5A,
Jodammonium 104.
Jodblei fiO.
Jodcadmium 105. .
Jodcalcium 105.
Jodiren 101. 262.
Jodirtes Collodion 252.
Jodirung 252.
Jodirungssalze 3L 1Q1. 252 — Wirkung
derselben 106.
Jodkalium 8U 102.
Jodkaliumlösung zum Silberprober 317.
Jodlithium 104.
Jodlösung und Silber AiL
Jodmetalle UL
Jodnatrium 85. LOA.
Jodquecksilber 52 — und Silber A3,
Jodsilber 6. 13. 38, 15 — Entfernung
desselben aus dem Silberbade 287 —
Lichtempfindlichkeit desselben AZ —
Löslichkeit desselben in Jodkalium AZ
— Löslichkeit desselben in Silberlösung
46. 255.
Jodsilberpapier 54L
jodsilberplatte 3.
Jodsilberplatten, trockene 884.
Jodstärkebilder 20.
Jodstärkeprobe auf unterschwefligsaures
Natron 205.
Jodwasserstoffsäure UL
Jodzink 106.
Johnson's verbesserter Pigmentdruckpro-
cefs 328.
Joutiert, Druckprocefs 3JL 146.
Iridium 63.
Iridiumbilder 208.
Iridiumchlorid 208.
Kali 80 — chromsaures 23 — kohlen-
saures 81 — salpetersaures 81.
Kaliumeisencyanid 23. 82.
KaliumeiBencyanUr 82.
Kaliumgoldchlorid 61.
Kaliumgoldcyanid 63.
KaliumgoldcyanUr 63.
Kaliumoxyd 80.
Kaliumplatinchlorid 6A.
Kaliumßilbercyanür 81 .
Kalk 82 — kohlensaurer 8Z — salpeter-
saurer 82, 88 — schwefelsaurer 82 —
unterschwefligsaurer 88.
Kalklicht ZU 351.
Kalkstein 82.
Kampher, Condensation seiner Dämpfe 1 3.
Kattunpyroxylin 96.
Kautschucklösung 321.
Kantschuckpapier 321.
Kautschuck und Schwefel UL
Kegelobjectiv 188.
Keilrahmen bei Hintergründen 240.
Kellner, Mikrophotographie 358.
Kew, chemische Lichtstärke daselbst 210.
212.
Kiehnholz, Färbung durch Licht UL
Kieselsäure 77.
Klarheit im Arrangement 443.
Kleister 93.
Knallsilber &iL
Kniestücke 457. 461.
Knorpelleim L12.
Kochsalz 85.
Kohlebilder 21, 33, 112, 21A. 319.
Kohlecopirverfahren 2,
Kohledruck 28,
Kohlenoxydgas und Chlor UL
Kohlensäure ZZ — zerlegt durch Licht
in den Pflanzen 67.
Kohlensaures Ammon 81 — Kali 81 —
Kalk 82 — Magnesia 88 — Natron
83 — Natronbad (Goldbad) 297 —
Silberoxyd 83 — Silberpapier 340.
Kohlenstoffsuperchlorid 18.
Kohlenstoffverbindungen 6A.
Kohlenwasserstoffgas, leichtes, u. Chlor 18.
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486
Sach- und Namenregister.
Köpfe, grofse im Visitformat 458.
Kopfhalter 241.
Kreide 82.
Kreidegoldbad 228,
Kreosot 111.
Krümmungshalbmesser der Linsen 152,
Kry stall wasser 74.
Künstliches Licht 118. 386 — zu Ver-
gröfseruugen 364.
Kugelobjectiv 174. 191.
Kunst der Photographie LL 387.
Kunstgeräthe, Aufnahme derselben 383,
Kupfer 25,
Kupferbilder £5. 209.
Kupferchlorid 25, 209.
Kupferchlorür 2 5. 209.
Kupferdruck, photographischer Z.
Kupfer (Hauchbilder) L»L
Kupferoxyd 18,
Kupfersalze 25.
Kupferstiche, Aufnahme derselben 375.
Kurtz’s Hintergründe 452, 464 — Re-
flector 465.
Laboratorium 221 — Vorbereitungsarbei-
ten in demselben 250,
Lack, Anfressen der Bilder durch densel-
ben 276 — für Negative 258 — für
Negative nach Grafshoff 258 — War-
tung desselben 288.
Lackiren 2 25 — auf der Rückseite 802.
Lackirfehler 476.
Lackmuspapier 22.
Lampe zum künstlichen Licht 356.
Landschaften, Entwickler dafür 252 —
Arrangement 444 — Standpunkthöhe
bei denselben 412,
Landschaftslinse 162. 180 — von Dall-
meyer 181 — von Grubb 182 — von
Voigtländer 182.
Landschaftsphotographie 141.
Latentwerden des Lichtes 14,
Lavendelöl 3. 68,
Lea 22, 28 — Glasplattenreinigung 280
— Lichtempfindlichkeit 50, 52 —
Quecksilber 58. 60 — Solarisation 58
— Vermeidung von Flecken auf Ne-
gativplatten 880 — Verstärkung für
dicke Negative 28L
Legray, Collodiumprofs 5_.
Leim HL
Leimung des Papiers 118,
Leinenpyroxylin 98.
Leinwandbleiche 64,
Lemercier Z — Photolithographie 6 Z.
Lerebours, Photolithographie 82,
Leth, Kohlebilder 38, 148,
Leuchtkraft, chemische 132 — optische 182.
Leuchtende Körper 117.
I Leucin 112,
| Levol, Bleioxyd 80,
Licht 111 — fremdes, in der Camera
249. 27Q. 378 — physikalische Wir-
kungen desselben 12 — Uber L. und
Beleuchtung 394 — Absorption in
feuchten und trocknen Platten 469 —
chemische Wirkung des rothen, gelben
und grünen 469.
Lichtdruck 468.
Lichteinheit 121 — chemische 182.
Lichtempfindlichkeit der Haloids&lze 4iL 50,
Lichtfleck 178.
Lichtintensität, chemische, Messung der-
selben 130. 210.
Lichtreflexe bei Oelgemälde-Reproductio-
nen 377.
Lichtstärke 117. 210 — der Linsen 1 7fi.
188,
Lichtvertheilung im Atelier 225.
Lichtwinkel (Atelierbau) 226.
Lichtwirkung, chemische 121 — bei ro-
them, gelbem und grünem Lichte 469-
Liesegang, Papierpyroxylin 98, 92,
Linearzeichnungen , Reproductionen der-
selben 379.
Linien, Gleichgewicht der 421 — und
Umrisse, in künstlerischer Hinsicht429.
Linsen 148 — einfache 1 50 — Gesichts-
feld derselben 176. 197 — Lichtstärke
derselben 176. 128 — photographische,
Wartung derselben 222 — zur Auf-
nahme von Modellen, Maschinen etc.
886.
Linsenbestimmungen 182.
Linsencombination 152.
Löcher in der Collodionschicht 47. 77.
284.
Loescher und Petsch, Gardinen 22Q —
plastische Decorationen 463 — Licht-
effecte 459 — Schattenschirm 408.
Löslichkeit der Jodirungssalze 107.
Lösungsmittel 78,
Longitudinale Abweichung 15g.
Lübke, Geschichte der Architektur 384 —
Geschichte der Plastik 884.
Luftdruck, Wirkung desselben auf die
Intensität 138.
Lussac, Silbermesser 314.
Magnesia 82 — gebrannte 88 — koblen-
saure 88.
Magnesium 87.
Magnesiumlicht 118.
Magnetisiren durch Licht 12,
Mahagoniholz, Dunkeln desselben durch
Licht 14,
Manganglas, Färbung desselben durch
Licht 14
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Sach- und Namenregister.
487
Marmor 8Z.
Marmorflecke 380.
Martens, Panoraraenapparat 28JL
Maschinen, Aufnahme derselben 883.
Masken beim Copiren 382.
Matte Scheibe der Camera 249.
Mattes Glas zum Atelierdach 236.
Maxinmm, photographisches 52.
Meagher, Copirrahmen mit Kautschuck-
bändern 291 — Doppelcassette 373 —
Reisecamera 372.
Meicke, Silberverbrauch im Positivprocefs
292.
Meillet, Gold 62.
Mercurammoninm 5iL
Messung der ehern. Lichtintensität 130.
Metalloide 69.
Metalloxyde ZiL
Metallverbindungen , Photochemie dersel-
ben L8.
Meteorologie, chemische 133.
Methylalkohol Z6.
Meynier, Rhodanammonium 87.
Mikrophotographie 358.
Modelle, Aufnahme derselben 383.
Möbel in Ateliers 461.
Mohr, haltbares Positivpapier 340.
Moll, Reisecamera 372.
Momentbilder 366.
Momentverschlufs 364. 865.
Monckhoven’s Apparat zu Vergröfserungen
356 — Atelier 222 — Reproduction
von Negativen mit Chlorsilbercollodion
346 — Solarisation 346 — Vergrö-
fserungen 351 — Vergröfserungen bei
künstlichem Licht 354.
Monochloressigsäure l_fL
Moosflecke 880.
Moosformige Flecken durch Cassetten-
schmutz 247.
Moser, Hauchbilder 13 — Solarisation
57 — Wirkung der Spectralfarben 180.
Mothay, Tessin de, künstliches Licht 354.
Müller, Wirkung der Spectralfarben 122.
Mungo Ponton 2.
Natron ZIL 83 — arsenigsaures, als Sen-
sibilisator 54 — borsaures 83 — es-
sigsaures 28 — kohlensaures 88 —
phosphorsaures 88 — salpetersaures 63
— unterschwefligsaures 6. 88. 258.
Natrontonbad 285. •
Natriumgoldchlorid 61.
Natriumoxyd ZJL 88.
Natriuraplatinchlorid 64.
Natürliche Farben auf photographischem
Wege 210.
Negative, schädlicher Einflufs der Feuch-
tigkeit auf dieselben 816 — Wartung
der fertigen 288. 309.
Vogel, Lehrbuch der Photographie.
Negatives Bild 4. 28.
Negativlack 258. 276 — nach GrafshoflF
258.
Negativplatten, haltbare sensible 333.
Negativprocefs 54. 92. 239. — Fehler im
473 — Reihenfolge der Operationen 2ZZ.
Negativretouche 380.
Negr£, Stahldruck 34. 66.
Neigungsfehler 416.
Nelkenöl als Sensibilisator 56.
Neutrale Goldbäder 296.
Neutrales Positivbad 313.
Neutralisation des Silberbades 285.
Nichtleuchtende Körper 117.
Nickel, Papierpyroxylin 96 — Silberver-
brauch im Positivprocefs 293.
Niederschlag, bläulicher, beim Verstärken
278.
Nidpce de St. Victor 5. Z — Eiweifsbild
91. 188 — Stahldrucke 68 — Uran-
bilder 35 — Versuche mit latentem
Licht 14.
Nidpce, Nicophore 2 — Asphaltbilder 8.
68 — Camera obscura 147.
Nordfrontatelier 224. 232.
Nordhäuser Schwefelsäure ZZ.
Norraalgoldlösung 296.
Oberlichtgardinen 219.
Obernetter, Collodionpapier 342. 348 —
Kohlebilder 33. 146 — Kupferbilder
28 — haltbares Positivpapier 340 —
Solarisation 58.
Objectiv, einfaches photographisches 180
— Einrichtung derselben 248 — pho-
tographische 179 — für Reproducti o-
nen 378.
Objectivprüfung 194.
OefFnung, relative der Linsen 177.
Oele im Lichte 68.
Oelgemälde, Aufnahme derselben 375 —
Expositionszeit bei Reproduction der-
selben 379.
j Operationen, photographische 262 — Ue-
bersicht und Reihenfolge der Operatio-
nen im Negativ- und Positivprocefs 277.
Operationsmethoden bei Reprodnctionen
380.
Optik, photographische 117 — Nachtrag
469.
Optische Instrumente 146 — Intensität
121. 133 — Leuchtkraft 132 — Ap-
parat, dessen Herrichtung 289. 248.
Organische Substanzen 64 — Substanzen
im Silberbade 287. 313.
Originalfehler 473.
Ornamente, Aufnahme derselben 383.
Orthoskop, Petzval’sches 178. 188.
i Osborne Z — Photolithographie 32.
32
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488
Sach- and Namenregister.
Osmium 63,
Ost, Chlorailbercollodion 341 — citronen-
säurehaltiges Positivbad 318 — Collo-
dionpapier 341 — haltbares Positiv-
papier 840.
Oxalsäure 63.
Oxalsaures Eisenoxyd 2L 23 — Eisen-
oxydammon 21 — Eisenoxydkali 21
— Eisenoxydnatron 21 — Eisenoxy-
dul 2_L
Oxydiren Z3±
Ozon 1 4. 17. 66. 7Q.
Ozonisirnng LL
Palladium 63,
Palladiumbilder 208.
Palladiumchlorid 208.
Panoratnenapparat 2ÜLL
Panotyp 289.
Pantoskop 174. 191.
Papier 113. 298 — Gelbwerden desselben
299. 312 — pockiges 299. 312 —
Räucherung desselben mit Ammoniak
311 — Sensibilisiren desselben 299 —
sensibilisirtes, Wartung desselben 318
— Wortung desselben 311 — Wirkung
auf Chlorsilber 12 — als Bildträger
90. 298 — durch Licht gefärbt lß —
zum Photometer 326.
Papierbilder 43.
Papierfaser als Sensibilisator 42.
Papierpyroxylin 96,
Park, chemische Lichtstärke daselbst 210.
212.
Paraffintränkung der Cassetten 280.
Pendelphotometer 143.
Pergamentisirnng 2JL
Periskop 169 — von Steinbeil 133..
Perspective 407.
Petzral, Doppelobjectiv 6. 182 — Ortho-
skop 173. 174.
Pfeilwurzel 93.
Pflanzenfaser 63. 92 — Lichtwirkung 6L
Phosgengas 18.
Phosphor, gelber, durch Licht roth LZ.
Phosphore9cenz 12. 121.
Phosphorsnures Natron 83 — Natronbad
236.
Phosphorwasserstoff am Licht 18.
Photochemie Lß. 207 — der Metallver-
bindungen L8 — der Nichtmetalle 12
— Nachtrag 468.
Photochemische Empfindlichkeit LL
Photogrammetrie 201. 203.
Photographie, angewandte 374/ — die
Kunst derselben 387 — eingebrannte
64 — des Unsichtbaren 126 — natür-
licher Farben 210 — und Wahrheit
388.
Photographische Aesthetik 387 — Appa-
rate und Chemiealien, Wartung dersel-
ben 279 — Camera 245 — Chemie
63 — Eigenschaften der Jodirungssalze
107 — Empfindlichkeit 33 — Excur-
sionen 368 — Färbung 31 — Geodä-
sie 231 — Linsen, Wartung derselben
279 — Maximum 3Z — Objective
179 — Objectiv, einfaches 180 —
Operationen 262 — Optik 117. 210
— Optik, Nachtrag 469 — Verände-
rung 33 — Verfahren, verschiedene 333
— Wirkungen der Farbenpigmente 125.
Photolithographie Z, 26. 31. 67, 112.
Photometer 118 — papier 326 — von
Bunsen 118 — von Dove 120 — von
Vogel 213, 323. 323.
Photometrie 117 — chemische 130.
Photoxylographie 207.
Physikalische Wirkungen der Farben 124
— der Jodirungssalze 136 — des Lich-
tes 12.
Phypson, Eisenbilder 23-
Pigmentbilder 319 — Copirgrad 214.
Pigmentdrucke auf Eiweifspapier 331.
Pigmentdruckprocefs 319 — Johnson’s
verbesserter 328.
Pigmentpapier 319 — Ablösen der Bilder
323 — Aufkleben desselben 32 1 —
Belichtung desselben 320 — Empfind-
lichkeit desselben 326 — Entwickeln
desselben 322 — Gerben der Bilder
323 — Gummi ren desselben 321 —
Sensibilisiren desselben 320 — Ueber-
tragen der Bilder 823 — Wässern des-
selben 322.
Pipette 316.
Plastische Hintergrund-Decorationen 463.
Platina 63.
Platinbilder 64. 2Q7,
Platinchlorid 237.
PlatinoTde 63.
Platinschwamm 3JL
Platinschwarz 36. 207.
Platten, Abstäuben derselben 264.
Plattenkasten 281. 310.
Plattenputzen 262.
Plattenputzzimmer 221.
Plattenreinigen ZfL 2 62.
Pockenbildung bei Papierbildern 299. 312.
Poitevin «7. Ü3 — Eisenbilder 23. 24 —
Photolithographie 31 — Tuschbilder 33,
Poliren der Platten mit Lederballen 263.
Ponton Z,
Porta, Camera obscura 2. 147.
Portraitfach, Distanzfehler in dems. 410.
Portraitobjectiv L62 — von Dalimeyer
184 — von Petzval 182 — von Voigt-
I länder 185.
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Sach- und Namenregister.
489
Portraits, Entwickler dafür 256.
Porzellanbilder 40, 207.
Porzellan-Cüvetten 267 — Schalen 268.
Positivbad 291 — citronensäurehaltiges
318 — zuckerhaltiges 318 — aus al-
ten Negativbädern 287 — Wartung des-
selben 313.
Positive mit der Camera 350,
Positives Bild 4,
Positivpapiere, sensible haltbare 333. 340.
Positivprocefs 5JL 9JL 289 — Fehler im
477 — Reihenfolge der Operationen 277.
Positivsilberbad s. Positivbad.
Pottasche 81.
Präservirung der Cassetten 280.
Praxis der Photographie LL 217 — der
Phot., Nachtrag 469 — des Silber-
druckes 299.
Pretzsch, Stahldruck 34,
Prisma 123. 149 — achromatisches 168.
Profilirung 432.
Protemstoffe 1 10.
Prüfung der Objective 194 — über Con-
trastwirkungen 466.
Prümm, Über Contrastwirkungen 466.
Publikum, Umgang mit 453.
Putzen alter Platten 204 — der Platten
262.
Putzfehler 474.
Putzrahmen 263.
Pyrogallussäure 77, 7JL 9JL 257.
Pyrogallussäure - Auflösung , alkoholische
257 — wässerige 257 — Zersetzung
derselben 288.
Pyropapier 96,
Pyroxylin 22, 94,
Quecksilber und seine Verbindungen 58-
Quecksilberchlorid 52 — und Silber 32,
208
Quecksilberchlorür 52,
Quecksilberjodidjodkalium 60,
Quecksilberjodür 52,
Quecksilberoxyd 18, 52 — salpeterlaures
59. 60.
Quecksilberoxydul 52 — salpetersaurcs
52 — salpetersaures, als Sensibilisator
54.
Quecksilbersalze 52,
Quetschhahnbürette 615,
Räucherung des Papiers mit Ammoniak
312- 318- 340.
Rahmen, Ausfüllung desselben 457,
Randstrahlen 157.
Rayons continuateurs 160,
Rayons excitateurs 130.
Reaction des Positivsilberbades 313.
Realgar, Lichtempfindlichkeit desselben 15.
Rectilinearlinse von Dalimeyer 194.
Reductionen der Metall Verbindungen 16,
Reduction der chromsauren Salze durch
Licht 26 — der Eisenoxydsalze durch
Licht 22 — der Goldsalze 62,
Reductionsmittel 88,
Reflectirschirm 406. 465.
Reihenfolge, Uebersicht und R. der Ope-
rationen im Negativ- und Positivpro-
cefs 277.
Reinigen der Atelierscheiben 236 — der
Glasplatten 260 — des Silberbades 284.
Reinigungsfehler 474.
Reisecamera (Meagher’s) 372.
Reisecüvette 373.
Relative Oeffnung der Linsen 177.
Reliefdruck 2. 26, 82,
Rembrandteffecte 459.
Remele, Augenblicksverschlufs 364 —
Ueberstreichen der Cassettenecken mit
Negativlack 280 — Zelteinrichtung 369.
Reproductionen, Stich-, Entwickler dafür
256.
Reproductionsgestell 376.
Reproductionsphotographie 375.
Reproduction von Negativen mit Chlor-
silbercollodion 345 — von Zeichnun-
gen ohne Camera 470.
Rctouche von Negativen 380 — von Re-
prodnctions-Originalen 375.
Retouchirlack 258.
Reutlinger’s Atelier 230.
Rheinisches Glas 259.
Rhodanammonium 86.
Rhodangoldbad 297.
Rhodankalium 82 — u. Eisenoxydsalze 21.
Rhodansilber 82,
Rives 113.
Rohcollodium 22, 252.
Robpapier 9_L 113.
Roscoe 17 — chemische Intensität 210
— Photometrie 130.
Rosten ZO,
Rothwerden des Collodions 282.
Rouch, Augenblicksschirm 365 — Dun-
kelzelt 368.
Russell Manners Gordon, Gummitrocken-
procefs 86, 335.
Säuren 76 — als Vermehrer der Empfind-
lichkeit 51.
Salomon’s Atelier 280.
Salpeter 81,
Salpeteräther ZU.
Salpetersäure 17 — am Licht 18 — prä-
parirte, zum Silberprober 317.
Salpetersaures Acthyloxyd 76 — Baryt
88 — Bleioxyd 60 ’ — Kali 81 —
Kalk 67. 86 — Natron 63 — Queck-
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490
Sach- und Namenregister.
8ilberoxyd 59. 69 — Quecksilberoxy-
dul 54. 55 — Silberoxyd 4_L 255 —
Urauoxyd Z8 — Unwoxydul 35.
Salpetrigsaures Silber 42.
Salzbildner 17_, 73.
Salze 76. 79.
Salzsäure LZ. ZZ. 78.
Salzung des Papiers 113.
Sammellinsen 15Q.
Satiniren der fertigen Bilder 307.
Satinirmaschiue 807.
Sauerstoff Z9.
Sauerstoffsäuren TL
Sauerstoffverbindungen TL
Sauerwerden alkoholischer Silberbäder ZiL
Saure Goldbäder 297.
Savce 55.
Scaraoni, Reproductionen 875.
Schablonen zum Ausschneiden der Pa-
pierbilder 306.
Schade, Waschapparat mit Eleetromagne-
tismus 305.
Schaeffner und Mohr, haltbares Positiv-
papier 340.
Schalen zum Silbern 268.
Scharfeinstellen 248.
Schatten, Aufhellung derselben 405.
Schattenschirm von Loescher und Petsch
403.
Scheele , Zersetzung des Chlorsilbers 45.
Scheibe, Visir- oder matte 249.
Schiebecassetten 247-.
Schiefsbaumwolle 5* ZiL 9JL 94.
Schleier bei Trockenplatten 337.
Schleierbildung 108. 254. 255. 285.
Schleiervorhänge 236.
Schmutzstreifen auf der Platte 271.
Schnaufs, Löslichkeit des Jodsilbers in
Silberlösungen 4fL
Schnellarbeiter (Linsen) 186.
Schnitzer, Kugelobjectiv 192.
Schön bein 50 — Pyroxylin 94.
Schönungsmethoden 45.
Schutz des Objectivs vor fremdem Licht
bei Reproductionen 378.
Schwarz, Vergröfserungen 351.
Schwefel und Kautschuck LÜL
Schwefelcyankaliurn 52.
Schwefelquecksilber 55.
Schwefelquecksilberbild 208.
Schwefelsäure ZZ.
Schwefelsaures Eisenoxyd 24 — Eisen-
oxydul 21. ZZ — .Eisenoxydulammon
zum Entwickler 256 — Kalk 82 —
Natron Z9.
Schwefelsilber 84^
Schwefeluran 35.
Schweflige Säure und Chlor UL
Scliwier’s Tabelle 469.
1 Secundäres Bild 178.
j Seebeck 125 — Photometrie 130 — Wir-
kung der Spectralfarben 126. 127.
| Seely UL
j Seitengardine 219.
1 Seitenlicht 225.
Selbstleuchtende Körper 117.
Seile, Umwandlung der Silberbilder 209
— Verstärkung 40.
I Senkspindeln 314.
i Sensibilatoren 49. 52. 334.
Sensibilisationsstreifen 266. 267.
Sensibilisiren der Platten 266 — der Plat-
ten in Ctlvetten 266 — der Platten in
Schalen 268 — des Papiers 299 —
des Pigmentpapieres 320.
; Sensibilisirtes Papier, Wartung desa. 318.
Sensible Negativplatten, haltbare 333. 334.
Shepard, Linsenprüfungen 182.
Silber 86 — Hauchbilder 18 — und Ei-
senchlorid 40 — und Jodlö8ung40 —
und Jodquecksilber 40 — und Queck-
silber 89.
Silberbad 42. 255. 266 — Abschäumen
und Reinigen desselben 284 — An-
säuern desselben 285 — Fehler 476 —
Neutralisation desselben 285 — Reini-
gung desselben 285 — Umarbeitung des-
selben 2ÄfL 287 — Unempfindlichkeit
desselben 285 — Wartung desselben
284 — zu Gordon’s Guramitrockenpro-
cefs335 — zu Hamecker’s Harztrocken-
procefs 338.
Silberbilder 290 — Umwandlung in Bil-
der anderer Metalle und Verbindungen
207.
Silberbromid 45.
SilberbromUr 45.
Silberchlorid 44.
Silberchlorür 44. .
Silberdruck, Praxis desselben 299.
Silberdruckprocefs 290.
j Silberhaken zum Sensibilisiren 267.
Silberhaloidsalze 44 — Einflufs der Säu-
ren 48 — Einflufs des salpetersauren Sil-
beroxyds 49 — Einflufs des Wassers 48
— Einflufs fremder Substanzen 48 —
i Einflufs von Salzen 49 — Lichtem-
pfindlichkeit 45.
Silberjodür 55.
| Silberlösung 2. 48 — zum Verstärken 257.
Silbermesser 314.
Silbern in Cüvetten 266 — in Schalen 268.
Silberoxyd UL 19. 41 — essigsaures 75
— kohlensaures 88 — salpetersaures
41. 255 — unterschwefligsaures 84.
Silberoxydul ü.
Silberpapier, gewaschenes 318 — kohlen-
saures 840.
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Sach- and Namenregister.
491
Silberprober nach Dr. Vogel 315.
Silberpulver 32 — Reactionen (leas. 38.
Silberrückstände 308 — Verarbeitung der-
selben 471.
Silbersalpeter 41* 255.
Silberungsfehler (Positiv) 477.
Silberverbindungen 4L.
Silberverbrauch im Positivprocefs 292.
Silhouettenbilder von Wedgewood und
Davy 2*
Simpson, haltbares Positivpapier 84 Q —
zuckerhaltiges Positivbad 318.
Solar-Camera 351.
Solarisation 56. 108. 346.
Sonnen des Silberbades 285. 318.
Sonnenhöhen 142.
Sonnenlicht, gespiegeltes, bei directen
Aufnahmen 886 — Wirkung desa. 137.
Sonnensegel 218.
Sphärische Abweichung 157 — Linsen 150.
Spectralanalyse 124.
Spectralfarben , Wirkung derselben auf
Salze 127.
Spectrum 123.
Spiegelglas 259.
Spiegelsilber 88*
Spüler, Silberverbrauch im Positivprocefs
282.
Spiritus UL
Sprünge in der Lackschicht fertiger Ne-
gative 809.
Spülwasser 18.
Stärkemehl 88 — papier 93 — zucker 9 8.
Staffeleien 242.
Stahldruck, photographischer 2* 83. 66.
Standlinie 288.
Standpunkt; Stellung und Standpunkt bei
menschlichen Figuren 418 — bei Land-
schaften und Architekturen 444.
Standpunkthöhe bei Landschaften 419.
Stafs, violettes Silberpulver 88*
Stativ 243,
Statuen, Aufnahme derselben 383.
Staubbilder 24.
Steinbach 118.
Steinheil 8. 169. 174 — Aplanat 190
— Periskop 193.
Stellagen 242.
Stellung der Linsen 159.
Stellung und Standpunkt 8. Standpunkt.
Stereoskop 199 — aufnahmen 381 — Ca-
mera 361. 882 — linsen, Dallmeyer-
sche lichtstarke 186.
Stichreproductionen, Entwickler dafür 288.
Stickoxyd 28.
Stiehm, Sprünge in der Lackschicht 809.
Strontian 82.
Strontium 82.
Studium der Photographie 9.
Substanzen, organische, im Silberbade
282. 288.
Suckow 58. 125.
Sutton, Collodium 100 — Tripletlinse 189.
Swan 81. 112 — Pigmentdruckprocefs 318
— Uebertragen der Pigmentdrucke 328.
Tabelle der chemiscben Lichtstärke für
Berlin 469.
Talbot, Stabldruck 88. 148 — Talbo-
typie 4. 2*
Tannin 88 — als Sensibilisator 58.
Taucher zum Cüvettensilbern 267.
Taupenot’sche Trockenplatten 834.
Technische Fehler s. Fehler.
Terpentinöl als Sensibilisator 58.
Tessi^ de Mothay, künstliches Licht 354
— Druckmethode 468.
Tetrathionsaures Natron 68.
Theodolith 2Q8.
Theorie der Photographie LL 12.
Thorpe, chemische Lichtstärke 212.
Thouret, Wirkungen der Jodirungssalze
108.
Tinte 88.
Tischlerleim 111.
Titrirapparat 48.
Titrirmethode 816.
Tonbad mit Gold 6. 288 — mit Platina64.
Tonen der Papierbilder 298. B08.
Tonfehler (Positiv) 477.
Tonung 40. 68. 82. 288. 808.
Toovey 2.
Topas, Lichteropfindlichkeit des 16.
Totalablenkung des Lichts 149.
Totale Dispersion 167.
Transparente Photograph ieen 209. 289.
Transparentpositive 345. 85Q.
Transversale Abweichung 158.
Traubenzucker 93.
Tri chloressigsäure 18.
Tripelobjectiv, Dallmeyer 178. 1B9.
Trockenflecke 880.
Trockenplatten 109. 834 — nach Abb^
Deapratz 888 — nach England 388 —
nach Harnecker 888 — nach Bussel
Manners Gordon 88. 885 nach Tau-
penot 334.
Trocknen der Trockenplattan 386. 838.
Tunnelatelier 224. 288.
Turnbullblau 28. 82.
Tuschphotographieen 38.
Uebermangansaures Kali zum Reinigen
des Silberbades 285. 818 — zum Ver-
stärken 209.
Uebersicht und Reihenfolge der Operatio-
nen im Negativ- und Positivprocefs 277.
Uebertragen des Bildes auf Porzellauplai-
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492
Sach* und Namenregister.
ten (Ost) 344 — der frgmentdrucke
323.
Ueb ertragene Bilder nach Ost 343.
Uebertragungspapier nach Ost 343.
Umarbeitung des Silberbades 233. 287.
Umgang mit dem Publikum 453.
Umgebung, Einflufs derselben 449.
Umrisse und Linien in künstlerischer Hin-
sicht 429.
Umwandlung der Silberbilder in Bilder
anderer Metalle und Verbindungen 207.
Unempfindlichkeit des Silberbades 286.
Unirersaltriplet von Busch IM*
Unterchlorige Saure 12.
Unterchlorigsaurer Kalk 33.
Unterchlorsfture am Licht UL
Untersalpetersaure liL 78.
Unterschiede des Alters und Geschlechtes
(Stellung) 442.
Unterschwefligsaures Goldoxydulnatron 113
— Natron 9. 3. 268 — Natron, Probe
darauf mit Jodstarke nach Vogel 306
— Natron, Wirkung auf Papierbilder
40 — Silberoxyd 84.
Unvollkommene Negative, Copiren der-
selben 3Q2.
Uranbilder äh. ÜL
Uranoxyd 3i_. 35 - salpetersaures 18.
Uranoxydnatron 33.
Uranoxydul 84 — salpetersaures 35.
Uranoxyduloxyd 35.
UranoxydulBalze 38.
Utensilien bei photographischen Excursio-
nen 318 — zum Positivprocefs, War-
tung derselben 309.
Ventilation im Atelier 237.
Veränderung, photographische 59.
Verarbeitung der SilberrUckstände 471.
Verbesserter Pigmentdruckprocels, von
Johnson 328.
Verbleichen UL 6 fL
Verbrauch an Gold im Positivprocefs 295
*— an Silber im Positivprocefs 292.
Vergröfserung, directe 3hl. 3 31 — indi-
recte 866 — in der Camera 349.
Vergröfserungen 348 — bei künstlichem
Licht 354.
Vergrßfserungsapparate 351.
Vergröfserungsphotographie 140. 348.
Vermeidung von Flecken auf Negativ-
platten 380.
Verschiefsen lfL 65.
Verstärken der Trockenplatten 337. 339
— nach dem Fixiren 275.
Verstärker 91L 256 — Wartung dessel-
ben 288.
Verstärkung 273 — mit Eisenoxydullö-
sung 267 — mit Pyrogallussäure 257 j
— mit Quecksilberchlorid 39. 59-
213.
Verstärkungsfehler 476 — Silberlösung
267.
Verunreinigungen des Filtrirpapiers 284 —
des Silberbades 284. 813.
Verwittern 74.
Verzeichnifs der Utensilien bei photogra-
phischen Excursionen 370.
Verzeichnung der Linsen 169.
Vignettebilder 301.
Vignettemaske 301-
Visirscheibe 249-,
Visitenkartencamera 241.
Vogel, Aequivalentcollodion 254 — Jod-
stärkeprobe auf unterschwefligsaures
Natron 805 — Mikrophotographie 368
— perspectivische Untersuchungen 407
— Photometer 213. 820. 825 — Prin-
cipien der Beleuchtung und Ateliercon-
struction 225 u. ff. — Silberprober 315
— Untersuchungen Uber Chlor-, Brom-
und Jodsilber 45 u. ff. — über Collo-
dion 253 — Über Focusdifferenz 360
— Uber Löslichkeit der Jodirungssalze
191 — über Objectivprüfungen 182.
133. 190. 194 — über Sensibilisatoren
69. 51. 53 — über Wirkung des Broms
im Collodion 108.
Voigtländer, Landschaftslinse 182 — Por-
I traitobjectiv 185.
I Vollfiguren 457.
Vorbereitung der Objecte und Aufstellung
(Modelle, Ornamente, Statuen, Kunst-
geräthe, Maschinen etc.) 383 — des
Aufnahmeobjecta 239 — des Originals
bei Reproductionen 313.
Vorbereitung« arbeiten 238 — beim Posi-
tivprocefs 291 — beim Negativprocefs
im Glasbause 239 — im Laborato-
rium 260.
Vorderblenden 161.
Vorderlicht 225»
Vorputzen der Platten mit Hauch 268.
Vorsetzstücke bei Hintergründen 2AL.
Vorsich tsmafsregeln beim Photographi-
ren 238.
Vulcanisiruug UL
Wachsbleiche 64.
Wachsen der Papierbilder 393.
Wachspapier hinter dem Prefsbausch 318.
Wässern der Pigmentdrucke 322 — der
| Silberdrucke 302. 806.
Wahrheit, Photographie und W. 388.
I Waidele, Hauchbilder 14.
i Walker, Reproduction von Zeichnungen
ohne Camera 470.
Walzen der Papierbilder 308.
Wartung der Cameras 219 — der ferti-
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Sach- und Namenregister.
493
gen Negative 288. 309 — der Fixage
288 — der Glasplatten 291 — der
Goldbäder 318 — der photographi-
schen Apparate und Chemiealien 279
— der photographischen Linsen 279
— der Utensilien und Chemiealien im
Positivprocefs 3Q9 — des Collodions
282 — des Entwicklers 288 — des
Fixirbades 319 — des Lacks 293 —
des Negativ -Silberbades 284 — des
Papiers 311 — des Positiv-Silberbades
313 — des sensibilisirten Papieres 318
— des Verstärkers 288.
Waschapparat 304.
Waschen der fixirten Papierbilder 3M —
— der unfix irten Papierbilder 302 —
der Trockenplatten 335. 338.
Waschzimmer 22Q.
Waschfehler (Positiv) 4 TL 478.
Wasser ZS — Condensation der Dämpfe
13. 19.
Wasserstoff 7_L
Wasserstoffsuperoxyd 71.
Wasserstoffverbindungen ZZ.
Waterhouse, Verstärkungsmethode für in-
tensive Platten 381.
Weathstone, Stereoskop 199.
Wedgewood, Silhouettenbilder 2.
Weinöl Zfi.
Weinsäure 19*
Weinsaures Eisenoxyd 2 2 — Eisenoxydul
22 — Silberoxyd 4A. 79.
Weitwinkellinse von Dallmeyer 192.
Wetter, ideales chemisches 143.
Wetzlar, Chlorsilberzersetzung 45.
Willard, Ebonitblenden 248.
Willis, Anilindruckprocefs 32. 146.
Wirkung, chemische, des rothen, gelben
und grünen Lichtes 469 — der Jodi-
rungssalze 106 — der Spectralfarben
auf Salze 12Z — des bewölkten Him-
mels 136 — des blauen Himmels 132
— des Sonnenlichtes 137 — physi-
kalische, der Jodirungssalze 106 —
physikalische, des Lichts 12.
Wittstein, Chlorsilberzersetzung A3.
Wöhler, Übei' lichtempfindl. Kupferoxydul
2k
Wölbung der Bildfläche 1 7Q.
Wolken, chemische Helligkeit derselben
136.
Woodbury, Reliefdruck 8» 32.
Wothly, Uranbilder 33,
Xvloidin 93. 94. 93.
Zauberphotographieen 69. 299.
Zeichnungen, Aufnahme derselben 375 —
ohne Camera 469.
Zeitdauer der Exposition 229.
Zeltarbeiten 368.
Zentmeyerlinse 169. 194.
Zerfallen der Realgarkrystalle durch Licht
13.
Zerfliefsen ZA.
Zersetzung der Goldbäder 29A — des
Positivbades 291.
Zersetzungen durch Licht 19 — durch
organische Substanzen 63,
Zerstreuungskreis 199.
Zerstreuungslinsen 199.
Zinnchlorür (Zinnsalz) als Sensibilisator 54.
Zöllner, Eisenbilder 2A,
Zucker 63.
Zuckerhaltiges Positivbad 319.
Zweifachkohlensaures Natron 83.
A W. Schade'« Buchdruckerei (L. Schade) io Berlin, Stallschrcibcratr. 1L
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Berichtigungen.
7
E.
17 ▼. 0.
17
a
19 v. 0.
36
n 1
24 v. 0.
50
»
2 ▼. u.
63
a
8 v. u.
63
•
15 v. 0.
66
»
6 v. u.
72
a
22 v. 0.
73
a
9 v. 0.
77
19 v. 0.
96
T»
22 v. 0.
102
*
26 v. 0.
103
n
2 v. u.
104
m
16 v. 0.
113
a
7 v. u.
128
*
6 v. u.
127
3 v. u.
139
8 ▼. 0.
140
a
22 v. 0.
153
Anmerk. Z.
153
a a
153
a a
154
a a
166
z.
22 v. 0.
162
a
1 7 v. 0.
163
a
9 v. 0.
164
a
18 v. u.
166
a
18 v. 0.
172
a
16 ▼. u.
184
a
28 v. 0.
187
a
1 v. u.
189
a
2 v. u.
200
a
22 v. 0.
224
a
14 v. 0.
224
a
18 v. 0.
225
a
16 v. u.
239
a
14 v. 0.
249
»
16 v. u.
268
a
15 v. u.
255
a
11 v. 0.
264
a
19 v. u.
266
a
6 v. 0.
269
a
23 v. 0.
271
a
20 v. u.
291
a
11 v. u.
371
a
21 v. 0.
475
a
21 v. u.
lies Becquerel statt Bequerel.
„ Salzbildner statt Salzbilder.
n Drusen statt Drüsen.
„ photographische statt graphische.
w Goldchlorür statt Goldchloriür.
„ 2H CI statt H CI.
„ wie eine gewöhnliche gravi rte statt von einer ge-
wöhnlichen gravirten.
„ unterchlorigen statt unterchlorigsauren Säure.
„ Salzbildner statt Salzbilder.
9 Nordhäuser statt Nordhauser.
* SOa statt 80.
„ absoluten statt absoluten.
„ Graham-Otto statt Graham, Otto.
„ Bromnatrium statt Jodnatrium.
„ in Rives bei Paris statt Rives in Paris.
„ Fraunhofer statt Frauenhofer.
n Becquerel statt Bequerel.
„ 27* statt 21.
* Petersburg statt Island.
15 v. 0. ist das (II) zu streichen und der folgenden Formel
1 1 1
— s=s — — — vorzusetzen.
a p «
aP _ aP
19 v, o. lies (III)
: n statt (III)
o — P
25 v. o.
8 v. o.
(» — 1) (r -t- r1) '
erlaubte Winkelöffnung statt Winkelöffnung,
lies im umgekehrten Verhältnifs statt ira Verhältnifs.
a / sUtt /.
„ weiter statt wieder.
» o'p -+- pf stat op -h pf.
„ Linse statt Axe.
„ diese eich statt diese.
„ 36 Linien statt ZolL
„ exist iren statt existirten.
n kleiner statt gröfser.
9 Brennweite statt Brennweiten,
füge hinzu: siehe Seite 235.
lies das äufsere Bild statt das Bild.
„ von vorn, von oben und etc. statt von oben und etc.
„ Vorsetz stücke statt Versatzstücke.
„ ein statt an.
„ seltsam wirkt statt seltsam ist.
„ Dennoch statt Demnach.
„ deshalb statt daskalb.
„ giefsen statt silbern.
n Man setzt die Platte senkrecht hinein; senkt sie etc.
ist das Wort nicht zu streichen,
lies ein statt 1.
fehlt der Schlufs der Klammer ).
lies dem statt den.
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Farbeniafel.
Neapel £elb.
Crapplack .
Vän Dyck Br.
Cobalt Bl.
Zinnober. Chromrotlr.
Terra de Sien.-.
Gr. Zinnober.
Indigo .
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K. H»h msM,
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tn ».i*ir i* 1 1» ,
liloirUfr
' l*rs«:>U'Olh
Photographie der nebenstehenden Farbentafel .
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