Globus
s. WV/
^\TY O/.
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Illustrierte
Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde
V'cnünii't mit den Zeitscliriffen „Has Ausland“ und „Aus allen Welfteileii“
Begründet 1862 von Karl Andree
Ueraos^egeben von
Kieliard Andre«* mul II. Singer
I > r e i n n d 11 e li t z i g s t e r Band
H r a u u a c li w p i g
Druck und Verlag »on Friedrich Viewe.g und Sohn
i9oa
r~
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Inhaltsverzeichnis des LXXXIII. Bandes.
AIIs:(‘iiii‘iiu‘s.
Zur AuMprai'hß frcimlßr I
Xampu .Sßni* und .Huk* '29i.
Hie Anffiuh^ Keoifra]ihiHcher Kur*
flchuDK in St>en Kolmiinlwirt-
Hcbftflli<‘he« Kuiiiitee •'140, Lßjruiijf
cinp« zweiten deutschen KnlieLs nneh
Nurdnmerika 3^4. Berliner (iesell- I
«chafi für Knlkunde 387. FMelien*
in)iAlt und Bevölkerung Kurupa« 338. .
Europa.
Oen(!«rkiand a. Östrrreicli*rn|rani.
Aii.'gmbungcin im Danewerk bei
I1>. Hnibfnfa, Beitrüge
xurKemitnia derti«fn der Lechthnler »
Mit Karlen *.^1. Blind. Kkiz* |
zeit aus elrnfs-lutlirintriscbeu Qk^um-
rien. Mit Abbild. 'i4. luv. Kobelt, \
Au* den Ablmndluiigeti de* deiltatdieii .
HeeHachereivereins fi.3. Neue Krsehei* |
nungeii in der Kntwirkelnng der jii- |
divhen Bevidkerung int IieuUrhen i
lUdcbe B5. Behren*. l>ie Wt-ser !
110. )V4. Bugiel, l*ülni»cbe Sagen |
Hua der l’rnviuz IVieen 137. l‘r-
ge'Hrbirbte Nonl«'e*tböhuipn* 147. \
Ihw« HitrbmiMjr Samnuu« bei St. Mi- |
cbael (Salzburg) 14«. Jiiger. Inn»- |
bnn-Jt, eine enlge*ohirbttirhe Bi- |
(rachtuiig 137. DieMebrliugsgehurten
im KViiiigreich Saehwu id3. Olx'r- |
huiuiuer iil>er die KntwicVelung der
Kartographie der Btivriscberi Alpen }
IHO. StatistiHche* au* den^Krei-M-n I
Thoru und Marienwerder 374. <ia- .
vazzi, Kiszeiupuren auf dem Vele- |
Idi 37A. l>ie hinnenlandiHclte Wnn- |
derung und ihre Kiu-kwirkung auf
<iie rmgangiwprai'he in Österreich '
376. Beitrüge zur pfiilzi)M.'ben Mund-
artfiu^chung 37«. Hnlbfiifa. Zwei ■
.Heen in dar MorHnunlnndm'hafl de* I
BodenMM* (Rohleinm* und l>og«r«»*e). j
Mit Karle 36H. Cohn* rutcrKiK'liun- j
gen über das IMankion d«* L>>'Mcntin '
30“. Köhnartige Hnicbeinung nlwr
Beriiii 334. Der Blautupf liei Blau-
beuern 340. Die Ln Teno-K|nrb-
griltK-r im \Vijrliend*erjn*phen rnlei-
land 336. Die angeblich falw-bo [
An**prm:bu von Düsburg. Suhi. Kim- i
feld 371. Di«- Iniiid Baitrum 373.
Dio Verbreitung der Bandwunnkrank- 1
beit in KI*al*'IaKhring«*ti 373. Kiii-
wickeluug*ge*ebk'hie d«-r Diiiii'u an
der Weütkfist« von Schle*uig 3S6.
Der rrsprung der Mar*c]iländereieii
im deutacben Nurdaoegebiet .367.
Bbanerugamenflura %’«n Ikdimen 366.
Die Ortsnamen Badnn* und die frühe-
ren BeH'aldangsverhfthniiue 386.
Schweiz, Skandinavien, DSneitiark
n. Orof^britaunlen. Ausgrabung
dt» Mugahügel* (irpsala) 10. Han-
sen , Veründerungen auf der Kart«
von .lütland 41. Vigström. tieUter-
und Oe«iwiistembcrglaulK! nun Västra
(Ji'dtigu und SkStie (Hcbwi-ileti) 43.
Blütner üUt die KnDtvhung der glar-
tieriMdieii Aljicuaeen 84. Die Dueiien-
grenze in Skandinavien loo. Hef*
über die Gewitter in der Schweiz
164. Siedelungzart in Italien IHU.
Krankrrirh, Spanien, Portngal und
Italien. Der Kinfluf» der 1‘yrenüen
auf die Tierwanderungen luO. Der
Wulkeiibrucb vom Septemlier 19o3
in Sizilien 344. Broniineran* Ver-
HMch einer Murphoiiieirie der pyru-
iiüi*cben Halbinsel 376.
Enrnpil.M-heK Knfslaud and die Hai*
kanballilnael. Hearliciteu* Mammut-
kuiK'hen von Kiew. Mil .\bbild. 36.
Götze, Kine neue steinzeitliche Sta-
tion in Serbien. Mit Abbildgn. 37.
Ib'itlerdurfer in Burslniid H4. Der
Moekaiier Dialekt IIH. l)ie Knd-
moriluen von WeifBrufsland 160.
Katzer, Da* l'opovu |»olje in der
Herct'guvina. Mit Abbild. 101. Wei-
tere Kntdeckuugen zur Vorgeschichte
Kieian 3u7. Struck, Die inacedoni-
scbeii Seen. Mit Karteu uud Abbild.
313. 33«. Cvijk’* .\tlu* der gruben
Seen der Bi»lkunbalbtnsid 344.
TKchiiluk. Kinige Krgebni*.*« der
Munimne\|>e«liti(m 346. Das Honie-
risrlici und das heutige Itluika 376.
übt>r die Siedeluiigen de.* {Mlkolitbi-
M'beii Menschen in Kiirslaixl 3‘J3.
Die .\utbru|KdogiH der KuinAiien ao7.
Wei fae II be rg. Kimlcrfreud und
-leid bei den Bi'idrussiscben Juden
31&. Die Verbreitung und Bekümpfuiig
der Ijepra in Ksltand 35S. Die Ge-
samtzahl der Kalmücken 3.V^. Kin
eigentüiulichiT Braueli in Bubland
.306. Kine pduiizcngeugmphi*ehe Ib*-
Schreibung de* Guuveini-iiienU Wla-
dimir S-*i6. Diu fnihern und gegeu-
«ärlige Verbreitung des Bilwr* im
ru**i«c)ten Reiche .356. Sc.hueiier.
Aland. Mit Abbild. 3.*>9. Kalv-hungen
V4in Anti>|Uitaten iu Kulslaud 373.
Italienische .\u*grubungon auf Kreta
373. iMr lj**we in Uriechend 38ö.
Asien.
Kleinasieii, Iran u. Arahlrn. Prof.
Sellin* Ausgrabungen iin Teil Tan*
nek (ralästina) 35. Der llilmend
und rtie Ijandschaft Siatan 52. Ki»r-
liers W'ariilernng von Dnniasku* nach
Djuf 8.H. Buge, Kleinasien als
Wiege der wis*eniichnfUichen Krd-
kunde I6&. 166. Ausgrabungen bei
Geser in l'ahlsiina 237. rräbiatori-
Bche* aus Tersivn 3U4. Mann, Ar-
chäologisches au* Brrsirn. Mit Ab-
tüld. 337.
Aslatbrhes Rufslnntl. Tolmat*cliew*
Kxpedition nach dem Kusnezkischen
Alatau 67. Klimatische Schwankun-
gen in Nordsibirien 176. Andrer,
Asiatisch-amerikanische Kolklore-Be-
ziehungen an der B(*ringBstraf*e 34.*>.
Dnini, der neue rufMisebe llaudels-
hafen am Stillen Uzeau 375. Krfor-
schling de* Karnbugns 339. Die
Mi'iglichkeit eines einstigen Zusani-
Uienbangis von Sachalin mit dem
Kesl lande 388.
niinr.4l.*rhrK Reich, Tibet, Japan
und Korea. Der neue ehin&*iache
Handelabafen Tsinhwangtau 36.
Karte von Stein* Uelsen iu Osttur-
kestan 51. Weihaiwei 51. Beli-
gattia Tibet reise 1738.30 66. l>er
ItaiiHurs und sein Gebiet 100. t'auip-
bidls Reise durch die Mongolei 147.
Diu Runiitinscln I6.'t. Stenz. Gene-
ral Tscban-t’chien . ein chinesischer
Kurwhungsruisender de* zweiUfH
Jahrhunderts 293. B. L. Jacks Wan-
derungen ini Norden von Tscbenglu
,3U6. Fedtsrhenkos Reise in den west-
lichen Tiens^'han 372. v. Kleist,
Die Kiseiilrithnbauteii in China 363.
Glet*cher«puren in .fiipiiu 387.
Vorder* und Hlnteiindleo, Indo*
nesifei. Weitere Rei*en der Herr«*n
Sarasin in Celeb*'-*. Von J*alu
nach ralopiM* 4'». Stevens. Die
Srliöpfung.-wage der Drang Temia
auf der llnlhiitsel Mahtka 47. Beob-
achtungen üWr i'eitdelotorungen in
Indien 146, Kanp, Uei^>n auf der
litsel Nias bei Sumatra. Mit Abbild.
149. 171. Bütimeyer, Die Niigala-
wedda* in Ceylon. Mit .\bbild. 3ul.
330 . -*Hl. Dfkpert, Ül«T einen der
BegrHbni*(dätze der Asche Buddha*.
Mit Abbild. 33.5. Iteiitschlaud* Kin-
dringen iu China 338. ist der
M«mnt Kverest mit dem Gaunsankar
identi*chf 375. P. und F. Sarasin.
402301
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VT
InhaltsverxeiohniR dos LXXXIII. Bandes.
Über (lieTcmla von Hiid-CVIebtw. Idit
AbbiM. 277. Reise der H«-rreu Br.
P. n. F. Sarasin in der siidi‘«tliehen
Halbinsel von Celebes 349. (ira-
matzka. Kaffen der Kbantti und
Siuffpbü (Aseam) 364.
Afrika.
AJIgenielnfS. Sintfgr, 1>ie deui<fhe
Afrikafor«cliUHK 197. (IradmensunK
in Afrika .HOd.
WordafHka nd die »»bar». l>as
XÜ5tau»urk von As»uwt>. Mit Ale
hitd. 7ö. Hr- Hagaltert Hchwnfelda
Bt‘i»e in den ^t^ypiisclten Sudan 11.'»» |
Maniuis di'^ Sri^'nzaeH Keinen in Ma -
rokko Ul'J. TlnUleckxin^: gn’fser go -
mnu.-rtjT RuiinMi im Tra~H7. .sisfhen '
Kmlan 291. rntersuehunL» du« ])?rhe- I
Iwrl Sprliun ilurrb Eutten Zabat 354.
lli.1 .luilfii der Mgab 354.
WestufHka« Singer. Zur Fe^tleynnp^
dor Ortungen Kameruns 224. Die llri-
U»n in Niiceria 258. Htriimiwdi* \S%ui -
derüngfu im RalilUDde jrtt». Kor»
sehungen der deut-»cheii R«miuw-
Twchadsee • Expo<litic>n 2~4. von
Sohkopp. Zwergviilker in Kameruii
284. I>as epani<<:be fleblet am Muni
2W. T<nfo mi
Klose, Das R(^a^^ari^o^^c■ Mit A!^
bild. 309. 341. Von tsebkopp. He-
Ugiö^e Anschammgen der Hakoko
(Kamerun) .1317
XqiaUrUlea ,%Trika und der Sttdan.
T>r. ViM»hyk.tw^ neue Heio' nach (M~
nfriV« U9, Mit>iün iie«< Vicumtv ilu
Hourg 147. 2^. Kdrster, Vom
Xynnsn sniii Victoria Kyanw 209.
Din Si h iffi.>iHi.v«»rhkltnissB auf dem
ol»erfii Xil 211, Die Ugamlalrnhn
'iVi. Radoliffes Karte der ytlproviiiZ
2'J7. Thome. Hii.' Götzen am Kili -
mandaebaro. Mit Abbild. 231. Der
vulkaniwhe Cbanikter des Meru-
herKPH. Erwiderung vi»n Brix För-
ster 244. Fiirwbmigen der deut-
schen Benno - Ts»diad*oe - Expe«l)tion
274. Abkonmien^ «berj die (Irenzc
zwi«M*hen dem kgypüscben Sudan
und .\be*sinipu 276. ViTnicssung
des Victoria Nyanna durch cngllerbe
TojKigraphen 289. Moisel» Karte
über die Verbreitung nutxlmrer
Bodenschätze in Deutsch -Ostafrika
292. Französische Forschungen im
Hchari • und Tsrhatiseegebiet 314.
Neue koiigtwtaatliche Fisenlwhnplilne
324. Förster. Ib-uiach-Ostafrika
19(H) bis Idiri .H5u. liic Mission Du-
chesne-Foiirnet 3.*»5. Förster, Bri-
tisch - Ostafrika und der VicU>rin
XMtnsa 37n.
8M«friki. Die Fi«<.hriiif»exi>Hlitio» 1
1 I>eut«ch-Siidw lyjiwfrika) 35. Oentz,
Sange der Hereros in I>>-ut.Hob-Snd -
westafnka 60. Oeutz, Kinige H«7I -
träce zur K«-iuitt>is der -indweftafri -
Itani^rhtoi YL>llei-n-hRftfii 1. Mit
Abbild. 2 »jT. Deutatih Siidw&stafrika
ini Jahre 1902 .S2n. Ein Hafen für
Transvaal S.S.'>. Die Kiinene-SaiiitH-si*
KxptHlition des Kolonialw’irt.srhnft-
liehen Komitee«. Mit Abbild. .378.
.kfVIkanische Inseln. K.artognipbie
Matlftgaskars 68. Dr. Voeltzkows
m'ue Reise nach ttstafrika 99. Bahn-
bau auf Madagaskar 196.
Aiiioi-ika.
HrlMwch» NordaimTika und Alaska.
A n il re»>, A->a^i»eh - atiierikatiwh'.-
Folklore-B»-ziehui>geii an der B«‘niig—
stralTiwy 245. D. Hanburvs weitem
Forachungen im nurtllirben Canada
JT:.. A. fl. HriA>k8' HeLie zum Alouot
Mc Kinli-v Forschungen im
Wrangellgobirge iu .\laska 354. Das
Klima Kanada-s 367.
Vereinigte SUaten. Wevgold. Das
indianische l.«i|erzidt im Kgl. Mii -
MOini f- Völki-rkutulf. IL-j-liu. Mit
Abb. und farbiger Tafel al« Simder-
lieiiage I. 164. Her Mf»*chUMH'l>«»eu-
M»hadel von Steuln-ttville it>liiol 19.
KnchniaU die Ueachichte de« HixsUe
si]ipideltas 132. Die New Yorker
Juden 219. Eine Neuaufnahme des
Canons des Colorado 227. Trwkene
und nasse Perioden in den Vereinigten
Staaten 292. Die Käfer Colorados ä'ui.
MexUo« Zentralnmeiika wnd West *
Indien. Sa n per. Mittel.-uiirnkäm -
Bi-li.- Wnffi-Ti im Himli rio'ii (ö-hrinu-bi-.
Mit Abbild. 53. Schott. B.-ot»ich -
tungen und Studien in den Revolu-
ttoDsgebif ten vtm Ibiniingo. iiiifti
timl ViTiwtuilR wkliri.iiil Ifitmr ini
Frühjahr Iftn-j unti-rtmmmeneii Keii»-.
Mit Ahtäld. 69- 83. Di e hU-liii-kanlß
und «iie letzten ül»erreBte der Ka-
rilwn auf Dominica 82- Happet,
Kille Rei«i- iiti..r den Isilimu^ vou
PniiamK. Mit .Vlibild. 247. Preufs.
X4iv humi*.- in det iuexikaiiiju".h,eii iiu-
ligion. Mit .\bbild. 253. 268. För -
ste ni a n n , Zusammt-uhang zw eier
InM-hriften Voll Palenque 2^1 . ÜIh.t
«tlA VeilVi..h..i> nn iImt Wiixl.» viinlltin .
tAiiiiilj iui .tnhre lUQ-J 3uK. Hin vub
kanischeu KriintiMneii auf den wi-»t -
iiiitinebpi. lim-lii 371,
SBdnmerlka. Hchott, Be<dnichtnngi-ti
und Studien in den Hevoiutioii»^ -
gebieteti von Domingo, Haiti mnl
Yetiezuebi WRLreiiil ciiici- iiii l'riih-
jnhr 1902 unternommenen Reise. Mit
Abbild. 69. 35. Sievers. I>ast«»biet
xwix’heii dein rcavnli und dem Ph-
cUitea-Pichis (Ostiieru), nach den
ReU..ii iby« l’rulr.» F. OuJiTU-l SnliL 73.
y»hgre ^^aybri^^hb.^H üWr di«; Krmnr
düng des lt4-i»enden Ouido B>gg}ani
82. l*ie H<’liikhtiM>g d«rs chili^sch -
argentinischen Orenzstreitea 1 15.
Kocb, Der Pamdie^gartiü» als
Ss'hnity.niotiv der Puyaguu-liuUaner.
Mit Abbild. 117. Heich u. Stegel-
m'atiii. Bi-i™den Imliäm-iTt dt-, t'ru-
bflinl»« iii.il Ki.vir«. 'Mir VUiiM lr;.i
Sievers. Zur Schreibw>ji«-e der Ort.-s -
und, SrnttmtnsnsTTien .in Smlgumnlu
ITIJ. Arlejiten fnr di»- Feitlegung
der Orenzc y.vk»]u-ii Bra=ilj.-!> tind
J’eru 179. ■\iiihroi'‘di'gi-chv» au» der
Klfrhnnl.hMllI'- (i'l’liiin K.ri«-Ti>iizii >
19i\. Hnuthnl. Di» Entsrhcidmig
im «rgentiniscb-clulenischen Orenz-
streit. Mit einer Kart«’ 199. K«n-
kins verunglückte Besteigung des
Aconcagua 227, Pn>fess<»r Dr. Iliins
MeyeiN Kt»r»chHT)g«rei*.p in die.\liden
KeuHdors 2tH'. Tbe«»lor Koi-h« ethme
graphische Siudienreis«- nach Bra-
silien 324. I'ii-o>iirgcs Reise im vene-
zidaniscln-n (luayana 3Ö5.
Australien ii. O/t-nnleii.
/oiiderN.vn. Die Erweiterung unserer
Kenntnisse von Nje*U-rländisch Neu
Oiiiuea II. Dh< tran«|ui«'itis(-hu Ka-
l>el 19. Spiele der Fingeb<jrcDcn son
Nord-yueenslond. Mit .\bbildg. 2«.
K a r u t z. Fngauo- po|.id<>. Malaü-
sche KinHüsse im BiMnarcknrchipel.
Mit Atdilld. 26. Kräuicr, Vulkani-
echer Au«bruch auf Sa%aii .M. Hills
Reine ins Innere von Westau^tmlien
68. V. Bnlow, Der vulkanische Aus-
bruch auf der Insel Savaii loa. Bau
der australischen Süd-Nordlmhn 132.
Seidel. Die deutstrhen Salomon-
inseln sonst und jetzt. Mit einer
Karte als Sonderbeilage 181. Diirre
iu Austruliun 196. Keincckes Karte
der Insel Savaii 211. Maurice« niid
Murrays Reise durch flen Austral-
kontinent 228. Krämer iila-r die Be-
deutung des Haiitpiginente l)ci den
Kikm«iani*ni 291. Kchurtz, Die Her-
kunft der .Moriori 325. Wuhliuinnns
Studienrei-M* nach SHtnoa .339. v»n
Bülow, Die Verwaltung der Tiarnl-
geuieinden in Deutscb-Haunai .373.
Pulargeblete ii. Ozenm-.
I>a« Testament de« Nonlisdfahrers
AndW-«» :tZi, Smith obftr ilnw Wr.
bultiiU der «rkti»i>I.An \t..Hti«itf..ofRiina
zur nntarktisi*hcn 52. lieologische
Ib-obachtmigeii und Vegotntton»'Ver -
I böhnioii! Mio PiiM.-oiiiii ImIhiiiI ilT.
Die Forachuog*reise der whw»H\i -
w.hcn Sü<I|i(>lnr»‘Xiieditiou nach .^lid -
^■rgien. Mit .Clibild. to3. Hutf-s-
aktioti für die deiitseln- SiidflHP-'
»-xi»i‘<Hti)u 116. Di»- ImsvI t'iriinsev
fl<land> 162. Dir P.-latv-xi>editioii
de-« Rinm Toll 179. 243. J. Ii.<_har-
rot« Fahrt nach Jitti Maven 211.
Andreriiji-«laille uml NupJeii.iki'yld-
driikniiil 212. Kn-t.s. Stmlii-u mi
iLfelleli M nii«.1uk5ii-rH für .bn> \i.nl.
ailnntisi-hen Ozean 223, .Myliiis
KrichstutM \V«^tirr-’iii1nnrb'xiH'di>i<in
•-'28, Will der scholti«nrlieii btulpolar-
cxpeilithm 244. Die ernten Erfolge
der engÜM-hen Sud|Kil:ireX|M-«lition
2i^- Mtonoini in .>>tor-F
Imlrn 267. !.«• h m a n n - F i Ihes. Is-
tlindiaebw KiiLli-rki-ümiT 273. Polar-
expeilitionen '269. Von der schwe -
»li^'h • rus>is«-heti tir»»ltne-«-.mig 289.
Die Hud|Milnre\|icdi(iotieit .139. I)ie
palä«.iuto|rtgisch«n Krgebniv*e der Kx-
podition Sverdrtips 3ö4. Die äui'ser-
sl<-ii («reuzeii du« Ai-ki-rUiun in doii
Polarhindein 3ae.
Hydrogrnpliio,
Mi‘lo»n>luglo.(»eoi>li.vsik.
Hnllifar«. ?iir k-miHii> it.-r
S.‘cii der lR-chtlmler Aliw». .Mit
Karten 21. t»ew itteri'h«'t«>gnu»hie 3r».
Frech olH-r das Klitmt der gisdogi -
acheii N'frgnnpenheit .M. Bs-it«-lli
ül»er den rr’Uirnng den Kolll|la»««^^
i 83. Krebs nls-r meteorologische H<wdi -
I w ass*Ti»r»»gnosen H.3. Alster liulden
iilwr den KmHuf» das HolienklimaH
I atif «lie ?.u«aitime.n»etzung des Blutes
84. Stirccher üt>er l.awinenablage-
rnngen imV Behrens. Die AVe«er
HO, _124. _ G reim,. it- r-
• >. hi.'lV. i. in (ira? 147. Ki.-b-« ot- f
I ♦.iT...is.-hi>ii i»roi-k U.-». WrP»_r«s
iilH-r d<-n .roten ScIhuh-- vom H.
Mai-y l!<ol I4i«, KefdiaebtnriLO'-n ot»t-r
Pendelst. »riingen in Indien 14**. M'ei -
tere« zur Dmcheni»et»-ontlogie 1«»H.
Hers oLtir die üewiUer_ir»_' ü f S- lm > i/-
lri4. Oreim, Ihe Abbildutig der Vor -
I bmifj'rltetuli.n. .NMiMdt’.Mtlniielt-ilif-Eüaii-
I y.o.^_..lT_J,7S Klitn-tlL-»cbe_Sclt\vau -
kungen in Nordsibirieii 179. Diim-
in Aii-itrRliri. Itjü. BlUliht;,- ul-.r"ntr
Witkunuswei-e der Wassefw irb>d iin
tUttfsezulfcia . ,,,Vk2iz.w;C,-..2,lI.w,—
hi.. i.iu.-r.im[iM-lo iL Se.^n■ Mil K li
InhaltSTorzeiohnii dea LXXXIII. Baudea.
Vll
t(>n uml AhKililg. ‘il.H. 23^. Kreba,
ft« d«*r nou»»« Mnnatxkftiif'
für «!*'« Xnrdntlaiitiifchoii Ozean 223.
I»iT Wulkeubruch vom Rp|>teml>er
1902 in Smiien 244. Cviji»» Ailn»
dor jfrofwm Kvrn der Bnlkftnhnlb*
244. Halbfara, Zwei Soi^» iti
der M«>r»nen)iuidw*hftft dea Bodetiaeea
IS'hleiiiH«!* und Tit-yeraee). Mit Kjirte
2!<rt. I>«T StHUlifHll vom 22. und 23.
Kt'lmmr 2«». Vim der •PbwwliaKh-
ru*ai«rben <lmdme»i)un;( 269. Trok-
ki*ne und nnxae l'eritKteii in den Ver-
eiiiijrt«^« Staaten 2^2. Ciradnie»uii{?
in Afriktt 3oß. luternationnler Bai*
lonaufsiioif vom d- Januar I9u3 307.
('ohiiH ('ntemuchunfren über dua
l’lanku.»« duH J^dwetitiii 307. Keller
iilK?r KWh» und Flut 3o7. Föhrmiiij?«*
Krarhuitiutiif üImt Ib-rlin 324. Er-
ft>r>M-(iUiiir dea K»rabuc<ta 339. Der
Blauto^tf lH‘i Blnubeureri 34u. Vel-
den üt»ei- kliniHtiM-he Kurt>rie 34u.
Du.a Klima Kanudna 337.
Geologie.
D.'i’ Mi..u-1.ii>.M>li.u.nMfli!k.G>l von
vülf tuhio) 19 Kriimvr, Vulkani -
■i.-li.T Aio.l»riifK niifSHVuii .^1_ Krt»«-ti
nta.T -Li» Klimti der if«.-olotf>i»elM-n
Ver;/fttigi-nhi-it ftl- rnHil«»tfi>trli>‘
idwtriiliiiigen und Ve)reUiü«iD«verbält-
iiiaan Von INMse.aHion iHlaiid 67. Blu-
iner iilter die EntatehuiiK der glar-
iieriM'ben Al]ieiiaeen 64. Bericht
üK>r die Ulctiiciionu'hwankuuKen des
Jahre» ISU'I lirt. v. Bülow. Der
vulkaniarhe Auühruch auf der Initei
Kiivaii ]o8. Nochmaln rlie («eschichte
dcH Mi««ia»i|>|>Khdtas 1.32. Das Hoch-
nuMir HaiinioiHi Iwi St. Michael (Salz-
hiirK) 143. Jüger, Innabruck, rlm*
e.rdgeM’hichtlichc Betruchtuiig 137.
Die Sjilzlairt-ratAUeii der Alpen 163.
Der l'ultgoiiboden 164. Die Knd-
nioniuen von WeUarufainnd 18u.
Kntaer, Daa 1 'o|i4>to {»uljc in der
llerci*govinn. Mit Abb. 191. linin-
lien ulier die Wirkinijr«wei'*e der
\Va<<Herwirhid im dk-fiteiiden Wasaer
211. Erklärung der alten Ktraiul-
linien 212. K. Snefs niter die Kin-
leiltiiig der heifHen Quellen 227. Der
vulkunische Charakter de» Meru*
larrg'*». Kraiderung von Bria For-
ater 244. üuvazzi. Ki«zeit*|»urcu
auf dem Velebit 27,'i. OImt dun Vr-
aprung der Klirren 290.
Kart** »Dht dio Verbreitung nutz-
bjiivr KcHieu-M'lmtzc in Ibuitach-Oat-
ftfrika 2Ö2. Cla*r diu Krdl»el>un an
der Küste von Ouateiimla 3o3. Der
Blautopf bid Bliiuheuren 340. Ihe
|>alHi>nto|o}rj«-heu Ergebnisse der Kx-
p<HliU'm Sverdrups 3:>4. Das Atlan-
tiaprohlem 33a. Die vulkaniaclmn
Eru|ittonan auf den \io<tiiidiHcheii
lii!««lii .371. Knlaickelungsgeschichu*
der Dünen an di*r WustkiUie von
Srhh*swig 36 h. (aieiNchurspureu in
Japan .187. Der Trsprung der Marsch-
lämlDreien iiti deuisidten Nordnee-
gobiet 367. Die Aft’iglichkeit eiutn
ein^tigun Zuiammenhatigs von Sacha-
lin mit dem Festlaude 366.
llofniibclies mul Zoo-
logisclics.
li'i 31ü.-.:hii-.-,:!.-Mi-_i:LiJLi; x<"L -Muu
tw;«Mito tutu«ii U«. 1 iit<-r»ucmm24»ri
iil«;r Go- ttlirmiiki h.-l \ >tm liit-di-mtr
RAugetlere 86. Smith über das Yer-
h.altin«
Ku-
beit.
Aus dnn Abhandlungen
du«
logischfi JleobftClitungen Und Vegie
land 6
7. Di« Hobe des Vogi-ldtiges
tuugen
68. Krebs QTter Kiitartuiic
von Blüten im Zusaninienhang
mit
nnonnalen Witteruiiirsverhliltnissen
im Früblint' und Sommer 1902 K+.
Diw Buchemrrenze in Hkandinasden
KK».
Der Einrtiir« der Fvr«näen
auf di<
c 'rierwaiidenitigeu 100.
Pa-
Inekv
lits-r die lamlesübliche
Ein-
teilung der lainiierfiiunen 115.
Ver-
breitung der Galaviasjirleri
116.
Oreim, Die Abbildung der vorherT'
.sehenden MTinde durch die I^lanxen-
welt 178. Verbreitung, SUuidorts-
ansprüche und Geschichte der echten
Kastanie 160. Das Ziel 160. Leh-
III a n n - F i I h 4^4 , Uhindische Futter-
krjiuter 273. Die frühere Verl>rei-
tung des Mufflons 27rt. Ein gehörn-
tes Et>ciluhufti«r aus Ägypten 292.
Die Käfer Colonulos 3.’>ri. Eine
pdanzengeographischo Beschreibung
des (tuuvcmeiuenui Wladimir 3.‘i6.
Die frühere uml gegenHkrlige Ver-
breitung des Bibers im ruitsischen
Ibdch 3ÖH. Die gengraphUebe Ver-
breitung der Seeotter und der Biiren-
roblie 367. Der Lowe in Griechenland
3M8. l’haneroguuivnHora von Böhmen
36H. The Ortsnamen Baden« und die
früheren Bewaldungsverhältnisse 366.
Urgcsclilclite.
Ein iiMFOi'-.-Ii' - S.iiunnbild
HUB rii.tn Urouyi.nlt.T l:'>. Du> korni.
fcfhi-n Totniuirm-ii Ui>il dio ilti-risidi«»
Be^olkrrung Korsikas Ift. Au«gm -
hinii^ des llok^ahügel» (|T]isn|?t) pj.
Au-«gr-.ibuiiireu im Danewerk Wi
Schloswiy 19. Kudtilf Martin üb«r
iifi> m-iililbLBrlit4ti tu 4li>r
Schwulz 2>i. i‘fof- Sellins Austrra -
huntren im Teil Taanuk ll*alS«tina')
:tJi- Dio iM-jtrlM-n.-li-ti Mnnmiutlnoi-h.-Ti
\«in Kiew. Mit Abbihlum:uii 3rt,
G<ity,»-, Kille tuMie ;«tfitl/eitliehf Sta -
ti«in in Serbien. Mit .\ld>i|dif. .H7.
Hranco über d«.a futoilen Mrna<-b^»
62. Krause. Kann Skandinavien
das Staiiiniland der Blonden und der
liidiigurmanun tein'l U'O. I>ur 13.
liiteniationah' ..ymevikunistenktmirrers
in Kuu York l.'tü, ki.i-Biiu-h.' T«iton.
umun 132. Hoernes, Das Cammtf
nien- Kim- antiohiiehe Stammform ih-r
neolithisfhe« Kultur We«i«reuf>em>.
Mit Abbildungen 139. Wolle-
mann. J»as Endo der .Nephrit -
frage’* 144. l'rgetichichte Xordwest. -
bohinens 147. Höfer, Die itid^
genuantsche Frage durch die
Archliotogie beantwortet UM. Much
ül>er dun prühistorischcn Bergbau in
den Alpe« 1 H 2 . Dio Herstdtujig
Vorgesc.JiicTUlirher i'liongefafse ili?
Broiiy«- und H uJlBtniUieit im uberL-ii
Donnutfau IH3. .\rttfannKil.jgt«ches
aus der EUThanlshohle tCltima Es-
la-rancn) l'JH. Weitere Entduckunyen
zur Vorgeyhiuhtc Kreta« 207, Aus -
grabmme« Iwi tti»tw»r in i*ala«tum
227. Dm frithere Vorbreiturip du«
■Miiniiiu. jTii. Sclimi.U, H.-rmniiii
illM.p 3ii. Ktumiii»...
:;eschi4'hle d«>s MeJWheti 26.*». Klit -
<lerkti«g grofser gemauerter Buinen
im franzflsischen Sudan ‘iW l. Dbpr
die Siedelungcn des palftolitbiscben
Metisfhen in Rufaland 292. WAbi -
stori«ches aus rersieu 304. Mann.
Archiiolttfische« au» Perslim. Mit
Abbild. 327. WiUer. Das Verhrei -
tuogszentrum der nordeuroiikischen
Ra>^ 3.3,3. Die La Tene-Flachgrtber
im W ürtteinl»ergischen Dpterland S.'iH.
Schmidt, neuer ihluvialer
H<-hadcltypa.sY .357. Ituiienischo Au» -
grabuDgeu auf Kreta .372. WiUit.
Ileitrag zur Urgeachichte dos Men -
when 3H2.
Anthropologie.
Die blauen Fh?cke tn der Kreuzgegend
der Xeugel~H»ri‘nen Iwi <Ien M<mtp)len
19. Odöntologischft Ergebnis«« für
die Atithropohyie 2o. Blind, Skiz -
zen aus elHafw-ltttbringischen OMUa-
viThälLiiiw dor S.-.>otflnlb..l»lt> uiol
diT t;o«.irhUliöht»n Iwi Hpn MgnB/->>^n
und de« Anthrotsiidcp 35. Bolks
knuiiologische rutcrsuchmigen hol-
lüntli-schcr Schädel H4. Wilser.
Antln-opologia suecica 92. Anthro»
>oIo|^iscb^ aus der Kberhanlsböhle
ritima E»i*erapzu) I*j 6. IVr rnter-
kiefer der Antbro|wmorpheii und des
Menschen 244. Hehinidt, Hermann
KlM*tscKs Thnnrlli"rilM»ir'‘ df»
geschichte de« Menachen 283. Krä -
mer üb«-‘r die Bedeutung des Haut-
pigment-« bei den Satuoanem 291.
Die .^l>^brolH^log^*^ d<.»r Humanen 3Q7.
Weinla-rg üiier die Ursachen der
Mebrliiig«gcburteri .WH. Gcechlecht
und Krankheit .324. Mati»>gkH ülwr
die Beziehungen des Hirtigewjcbts
und der Schadelkaiiäzit;it zur pvV -
chischen ThAtigkeit des Menschen
:t-2A_ llnt^iBebitsiH in ilAr 4V>fn> iW
KltoHi.<..n U'i nignnlii»hmn iirtri moih.
Iifdn»n Indivülunn .34 lL Drpl nwiiw
Fklle von l*scudohcnuaiihroditi»mus
Ijeim Menschen 340. Die Pygmäen
mul iiire avsteniatisrhe Stellung in-
nerhalb iln» Mensche«gw»c)ih*chts 35:>,
Schmidt. Ein neuer ^llhiviater
Schäileltypaa? 3i7. W User. Beitrag
zur llrgeachichte des Menache« Hs2.
Etliiiognipliic liebst
Volkskunde.
Weygoid, Da« indiani.4che Leiterzeit
im König]. Museum für Völkerkunde
zu Berlin. Mit einer farbigen Tafel
als SonderlMMlagf I. 164. Hör-
mann, I>er KrhcllcnlKigen der Her-
dentiere und ahttliche HoixgerAte 7.
Adaehi, Ouruch der KiiropKer 14.
Spiele dar Eingeborenen von Nord-
Queunsiand. Mit Abbild. So. Kn-
r u t z , Engano • Ihipolo. Malaii.sche
Einthisse itn Bisiiiarck-Arcfai|>el. Mit
Abbild. 26. Hörmann, Die Schel-
ten der Henlenticre. Mit Abbild.
30. Vigfltröm. Geister- und Ge-
s)iensCeral>erg]aul>«' au« Vüstra Giüiige
und Skäue (SchwiMlen) 4.H. Ste-
vens. Die Schöprung*-^ge der Drang
Temia auf der ilülbinsel Malnka 47.
Klapperbretter 52. 196. 291. 323,
Küpper. Mittclamehkanische Waf-
fen tm m<«lenien Gebrauche. Mit
Abbild. .'»3. Neue Erscheinungen in
der Knta ickeliiiig der Judiichcii B<-
TOlkerung im DeUUicheii Keirhe 65.
(■ e nt z , Sange der Herero» in Di-utxch-
VIII
InbaltaverseichiiiB des IjXXXIII. Bandet.
HndwfHtafnka flO. Bettlenlörfi^r in
KurnUtti«! 84. Für«! etua II n. ZM>i
Mayahivroglypboti. Mit Aiiliilil.
I>«rr M«i»kauer Dialekt litt. Koch.
Der Parailiesgarten nb< Schnitxmutiv
il**r Vaya((uä-lnilianer. Mit AbbiM.
117. Bugiel, Poluiache Hagen au^
«lerl'ruvinz i’osen l‘i7. Dur 13. iuter-
nationale Amerikniu*tenkongrer« in
New York I3n. Die babyloninch-
awyriftchün Schö|«fung*«agon 1
Keich uml Htegelinnnn. Bei ileii
Iniiiauerti dca Unibuuiba und Kn-
vira. Mit Abbild. I3.H. Uaap, Hei-
«eri auf der ltnwl Nia.« Ixd Sumatra.
Mil Abbild. 14d. 171. Peob, Die
epUche Vulktpoetie an dor Petscliora
1&6. Kenner. MuUa Ali Mahdi*
bajew über die Krankheiten der Kir*
gi<en Dtl. Aducbi ü1h.t da« Alter
der Hyphilin in Japan ltt‘J. Die
MehrlingAgcbiirten im Kouigndch
Sachsen löS. Hlevers«, Zur Sehreib-
weiae der DrU- und Stainnieittiainen
in Hiidainerika 170. Tiltowieruiig^n
Wi Frauen der Öffentlichen und ge-
heimen ProiiiituUon 178. Hiiti-
meyer. Die Nilgalaweddas in Cey-
lon tlOi. 'J2M. '.2GI. Die New Yorker
Juden 219. Thuine. Die Uidzen am
Kilimandscharo. Mit Abbild.
Totzner. Seoh-n- und Knlnuinnchcn*
glauix.! bei Deutschen, Slawen und
BalU-n 235. Andree, Asiaiisch-
amerikanischi- Folklore- Beziehungen
au der BeringstrafM* 245. Preufs.
Die Sünde iu der ine\iknui.<w*hen Ke-
ligion 253. 2rtd. Htatistiarhes aii.« den
KreDen Thurn und Marieuwerder
274. Die biiiDeuliindinche Wande-
rung und ihre Knckwjrkung auf die
Umgangssprache in Österreich 27d.
Beiträge xur pfülzisrheu Mundart-
forschung 276. P. und F. Ha rasin,
Olicr dieTuäla von Küd-Celelies. Mit
Ahbild. 277. Körsteinanu, Zus;im-
menhang zweier Iniw'hriften von Ihi-
leiHiue 2H|. von Kchkopp, Zwerg-
völker in Kamerun 284. Uoldziher,
DerHeelcuvogidim islamischen Vfdks-
glauben .HuI. C'hainberlain über die
indianischen Wörter in der englischen
Sprache Nonlamerikas 30«. Klose,
Das Bassarivolk. Mit Ahbildg. 3ou.
341. Welfscnberg, K tnderfreud
uml -leid Im ‘1 den siidrussisohcu Juden.
Mit .\hbild. 31.5. Hchurtz, Die
Herkunft der Moriuri 325. von
Hclikop]), Ileligiuse Anschauungen
der Bakoko iKameruu) 33]. llunkc.
Ballistische« über H<>geii und Pfeil.
.Mit Abbild. .34.5. 3U.5. Appenzeller
VoJksliiHler 34a. Die .tuileii der Oase
Mzab 354. l>ia Verbreitung und He-
kilinpfung der I^epra in Festland 35.5.
Die Pygmäen und ihre syoteinaliscbu
Stellung innerhalb des Monschen-
geschlechts 355. F.in altotiüinlicher
Brauch in Kur»land 350. (trn-
matzka. Sagen der Kliainii und
Hingidiu (A’.sniii) 304. Die Veruiil-
tung der I*andgemein<len in Deut»«ch-
SaiiMKt ST.H.
Hioij^riililiiccii. Xekro-
logc.
Dr. Anton Stuzln-rg + 52. Dr. Josef
ChavHiine + IVO. .lanu-s Olai.sher f
211. Wolkcnhaiier, Dr. Karl von
Scherzer+. Mit Porlnii 221*. (tiisiiiv
Kailde t 2S*i- Fninz von Schwarz f
•2KO. Dr. Heinrich Hi-huiiz t 3 <j7.
T)r. .htsef Knrensperger t 339. Gustav
Mvin«‘cke f 33B. Lerchis-l'uschkaitii
t 371. Paul du Chaillu f 371.
Karten und Plilne.
l>er Zürcher See 21. Der Spullcrsvc
22. Iler Formarinsee 22. Dirk-
Gerrits/- Archipel mit der srliwetli-
sehen Winterstation auf Rnow-Hill-
Land lu4. Die deub-chen Salomon-
inseln 1 :2tK>o0üo. Sonderbeilage zu
Nr. 12. Karte des chilenisch-argen-
tinischen Grenzgebietas 1 : lUOO<kuM>
200. Übersichtskärtchen der mace-
douiseben Seen 1 :750(K»0 214. Hpezial-
kärtchen der Seebecken von Petersko,
tlatrowo und Nimin I : 1200OU 218.
Ein Hilick ans der MohiuenlaadschaD
am Nordufer de« Btnlen^c«*« mit dein
Hchleinsee und Degerw«. 1:2.5QA0
286.
Abbildungen. I
Karopa. Frakturiertc» Keinur aus ■
einem mittelaUerlichcu HeiDhausc [
Lotbriiigens 24. Hteinzeillichc Fi- j
guren aus Serbien .38 bi« 41. Schädel *
aus elsars-lothriugiscben Beiiihäusem
102. Allneolithi«e}je Fliutwerkzeuge
au* der Provinz Verona l4o. Bei- j
galM-n eines altrieolithLschen Grniws |
von Breonio Wi Verona 140. Flint- i
Werkzeuge von t'anipigny 142. Skizze
zur Krlauterungder Spei* und Schluck-
thätigkeit der Ponore in einem Polj«
192. Das Po|K>vo |Kdje <II«-rccguvinal
iin S4jmmer 19.H. Iiu« Popovo {«dje
im Winter 193. Kurven der Schwan-
kungen des O»tro»o«ees 218. Kahn
iKinlmuml auf dem Ochrida-us» 239. |
.KinuletthaLfdtänder für Säuglinge i
(«üdrussiscUc Juden) 316. Kinder- I
Spielzeug bei den «ädrussisclieu Juden I
317 bi« 319 .Aussicht vom Badhaus- |
berge in Marielmmn (Aland) .3rt0. |
Der Fiirj'*UDd in Finstroni 3H1.
Hrhlorsriiiuen von Ka»rellho|in 3HI. 1
Kuineij der Fe<tung Boinarsund 363. |
Partie >mn Sei-bade auf Muckelu
3H2.
.islen* Adu Katiia, Ahm-ngiVt/c iNin«) j
150. Ucstell mit mitnulirlK-n und
weiliehen Abni-nliguren iNinsl ir<0. I
Sirahu, Wächtergötze (Niaal l5o, {
Hihara. Knüppelgötze (Nins) 1.51.
Aneinandergereihte Kiiüpprlg<'Hzcn ,
151. .\dnh»l‘o, D.^pjielzeUgengötze *
<Nia«) l.'»2. Waffen au« Nia» 152. |
15.3. Pri(!«tertrommeln (Nia«| 153. I
Dlii'geliänge, Bartbimii'ii (Nias) 153. 1
KriegHian/»>nnu»Siid-Nia«173. Kriegs- |
niesiHT aus Süd- Nias 174. Scheide
eine« Kriegsmes«ers aus Fadoro 174.
Kriegsme-iser aus Fndoro 174. Korb ,
an der Si*heide de« Kriegsniessers aus |
Fftdor»* 174. Ki»«-rner Hi-h« aus Snd-
Nia» 174. Kopf des Sud - Nia«>er«
Kochol.-m 175. Gott der Feste i Nias)
176. le.H!eraer Schuppen(Kin/er aus
llili Mataluo 177. Griff eines sehr
allen Kriegstnewrs au« Hili Mntnluo I
177. Korb mi >Kt .Scheide d«-» Kriegs- I
mi'MMer« aus Hili Mntuluo 177. Der
Danigalawetida Kairo mit ««-iiier Fa-
mili»! 2o2. Friiher bewohnte W««lda-
boblc in Nilgnia 203. Pon>mala nu<
Meunebedda iiu Jnlire IH9U 206. pi» ]
romola au« Henne|N*dda im .Inhre ,
](*U2 2U0. Der S.tkya Stupa mil den
.\U'gi*nlmng«-M de« Herrn pejtpe
(liiiddliriH (irabl 225. Der Sarkophag
Buddhas in der Hidile 325. Huiliibas *
Sarkophag 225. Die fünf Gefäfsc
de« Hdkya 226. Kiiule im
Humbinigarlen 226. KthuogmphUchu
Objekte der Xnturwctldas 263. Kin
Toäla 27b. Sicingeräte au« den
Höhlen der Toäla 279. Keule der
Toala 28u. Achäm«iiidi«cho Felseu-
grälier bei l«.S4\käwund 327. Moine
liih bei Bisetüu 32s. Haulenkapitäl
liei Bisetnn 326. Dorf Särmäj 329.
]>cr Uuiueubügcl vou sTiriiiäj mit
Slcinnmuer 329. Ornamentierter SUdu
au« i^rniitj 329. ilitrsiu; Die be-
hauene Felswand 329. Wasserbecken
bei ll^sin 330. Qala i Dizbär Iwi
Harsiu 330. Kiiulenkapitale und St4t-
lue bei Tät4 i Bustän 33o. Belief
.Investitur Schapiir« II." zu Taq i
Bu«läu 33Ü.
Afrika. Der Staudamin von Assuan
76. Aufmauem de« Staudunmic« von
Assuan 77. Südseite lies SUiiidnimne«
von Assuan 78. Die Kchifr«schk‘U«e
des Ktaudamme« von Assuan im Hau
78. Thor iu der HchiffHrtchlense von
A««uan 79. Scbiff««chieu.se im Damme
von .Aasiul 79. Der zuerst aufgeDm-
deiie Götze beim Häuptling Lesiu
f KiliiimndschAro) 231. G<">tzM aus der
Landschaft l'ru 231. («ölzen aus
Kilkisrho 232 bi« 2.34. 1‘fcilo und
Pfeilspitzen der BuHchleulo 297. Bo-
gen und Kticher der Buschleute 296.
Buschmauii vou Makaui l»ei GohabU
mil Jagdausrüstung 298. Haltung
der Hände l>eim Spanneu des Bogen«
(Ihisehleute) 29«. Oberes Knete eine«
St<K-ke« zum Spriiighnsenfaiigi Kirri
(Huschleulc) 298. WildM'blinge der
Knlaharibuschleiiio 299. Feuer-
zeug der Kala]mriliu«chleiiti- 299.
BuHi-Innamiweih, Feuer machend 299.
Buschmann mit WuHserHäcken und
Kirri 3uo. Töpfe der Buschlcuie und
Herenw :Ulo. Junger Buschniutin,
mit einem JngdI>og«‘n Musik machend
3iK>. Junger Bassarimnim 310. Bas-
Nvrijuiigfrau vou 15 bis 16 Jahnui
311. Kine BassarifamiHc iu Kore
312. Vorlmlle eine« Ma-isstrigehöfls
in Wodaiide 313. Ha^Ari.w.'hmieil
au« Nnparba 342. Baflseribäupiling
und Gemeinderat 343. Die Kubango
olk-rlintb Mnsxaca 378. Ilült«' in Ka-
vaiiga am Kulxmga 379. Iut l>iiign
uiit« rhalb t'hijija 379. Hiitte (mit
Schniizenden) um 1/mga 38o. Brücke
ül«-r den Ouiriri 38o. Stromschnelleii
d<w Kulei 3H1.
.loierlka. Das indianische l>oderzelt
im 5Iuseuin für Vrdkerkunde zu Ber-
lin aiiKgcbn-itei. Hoiulcrbcilagi- zu
Nr. 1. Die wichtigsten Röietxeich-
niing«‘n auf dem indianischen Ledi-r-
zelt zu Berlin 2. Da« Lt-di-rzelt dt-«
Berliner Museum» für Völkerkuude
in entsprecheuder Umgebung 3. Mos-
«luito-lndianeriunge. Vogel si'^hiersend
-'•4. Indiiinische Pfeile und Bögen 56.
58. Bngeiihaliung verschiedener mit-
telami-rikanischer Indiauerstämmu .57.
Dumiit-^o t'ity 7u. Slrafsetibild au«
Cnj) llaitien 7o. Blick auf ilie Stadl
(.'ap Huiiieii 71. I.a Gnain» 66.
Ibische der Hmnbuldtwoide am Gu-
alreriiir« Ik-i Uaraca« H6. (irup{^- \*mi
K onigspahiien l«‘i i'uracn« 87, Zucker
rx>)irpt!anzung auf der Planiaire Mn-
riura zwischen tlem Vnlendnwv und
der KMstencf>rdillere a*. Au« dem
Berulriüde v«.ii L«*« Tei|Ue« 88. Fufs-
Impften d*-s Gencnil.« Nircda« Holand«i
in t'iin'ipniio i Vi-nr/in-Inl 91. .Mavu-
hiernglypheii 9.5 bis 97. Tnliakpfeif«-ii
dby Googltj
I iilinlt 8 vArx<*ialiniii den liXXXlIf. Httnrle«.
tx
il<>r (‘hnci.>iD<UaiiKr 1 1 h \ti« |*^i. l)(»|rh«'
der KHM*hii)auH 137. Nun
rnnnnm ‘J4’«. Kingnnu zuin frnnx«'>-
Hiwpitn) in l'aimmi«
ColumlnniiiM'hr« Militär Am
(Kniinl vchi l^a-
tiaiiiä) -’M. iK-r itrofiw ('iilt'brnt'iii*
ürliiiitt (Kanal von i'nitam:i)
I>H»> Ta({ 08 zpich(>n .Hund*, itz-
ruintli. mit ludnem l^tron, «Umii
T' nie^gutt. und dmii d»*rn Ti«!»* v<m*-
fnlkmi-n SiiiidiT 1 AiiiiM'zikot 'Jtd*.
1)h« l*uli|U«^>‘fär<t in d«*r Hiiim^kMcln^n
SHmiiilmitf :!7n. I)»« Ki‘ilutiK*‘li^ari'
mit d<-in 0|)f**mu‘»s*‘'r im Uarhpn
( Alrmcxikot ‘.iTu. Die Ktd}{ö(tin Tou*
atlictm <Aliine.xikn) ’i71. Die Krd*
eottheit t Altmexiko) *.17*.),
Australien und Ozoanleii. Kaden-
Hjiiele der Kinifelxirenen v«»n Nord-
tiue<*n»lHnd ‘JO. Sin'i'rsiii/toi u.-srimfte,
t)i«> ttialnii«riieii P.ittllilf!* zeigen, aus
dem Di«inarck-Art'lii|>ei i’ti. u7.
Fulnrirebletc. Snn«'- Hill - Land mit
d(‘V Hcliwedi-tclien WiiiterMaiiim h>4.
Ide Mailiueht in der ('umlwrlaodbai
In.'i. Der iloränenfjord M’umlH.Tland-
bail D»5. Kegenerifreiider OletsctoT
der (’umlHTlandhai lOri. Tu!»«tkgm!*
tCuiiil>erlandlMii) It>n. Stje-Klefanten
tCiimlx'rlandlmi) 1*»7.
l'r^e^chirhte. Benrlteiteie Mammut-
kiiiK'heii vi>n Kiew :tö. Steinxcitüche
Punde nuii SiM'liieii ln« 41. Alt-
l«"•Uthi^n’lle Flintwerkzeuge au« der
l*r<ivinz Vemna 14o. Jk‘iirnlN‘n ein«**
aUu»*i>littu8chen Grat**» von Hrcsmi»
l»ei Verona l4o. Pliniwnrkzeuge v»m
Cntnpijfny 14J. Aehäinenidiitnln* F«l*
seiigrälK’i' Itei Isüakäwiiiul 5J7. Mo-
tndith Itei Di<*etün 3'iH. Sdulenka|>ita)
l*pi l)i««‘tiin 3‘JÄ. Itorf SÄrm.\) 3i5».
iN'r Hiiineiiliüget von Stirmivj mit
St«‘imiiauerAi9. Omaiiientierivr Stein
ati* Särmnj 329. Ilär«ia: Die Iw-
hauene_Fe|«waiul 329. \Va'*''erlwwken
l>pi llnrwin 33o. tjnla i Diz)>ur Iw'i
Hdrsiii .430. Saulenkaintiil" und Sia-
Ule Iwd T:ni i lln«tnn 4.Ho. Kelief
.Ii»ve<tiinr Sehnpiin« II.* zu Tn-j i
.3:10.
FtlinoirrH|»hiry Anthroptilogla und
Volkskunde. Dafl indianuehe
Zell im Mu^e'im für V-dkerkunde zu
llerlin ausgebnntet. SonderlMulage
zu Xr. I. Die wiihtigsteti K4itel-
zeichnuniren auf dem indinni«4'hen
Ltwlerzelt zu Berlin 2. Das I^ler-
zelt des Berliner Mnsenmn für Vivlker*
künde in «iiLnprveliendei- rinKabiing
3. SchelleulH'gen und SeheUfuikamfeu
9. 9. Külie mit ScbelleulH.>geii lu.
Fadeii«pielc der lIlngclMircnen vem 1
NorvI -Qiieenxland 2o. KrakinrierteN ;
Femur aus einem miindalterlirlien 1
Deinlmtlwe Lothringens 24. Kpeer*
spitzen und -iwliafte, die mMlaü-w'heii
Kindufs zeigen, aus dem Bisiimrek' I
Archij»el 2t). 27. Ty|w*ii v»»n Keliellen !
der Henlentiero .42. .'i3. Mo#i|iiilo-
IlidiaiMT, junge , Viigel si'hiefMMid f>4. ,
lniiianis«die Pfeile und Bt'ueu .%»). 58. ,
Hommhaltuiig versrliiedener iiiittel-
niiienkatiisi’lier itnliHitei-wtamme 37.
Muvahieri^glypliait 95 bis 97. Sebu-
del aun elsarw-lotliriiigHi'heu Bein-
hiiu>eni lo2. Dolche der KaM-hipauä
13*). Adit Sntiia, Aliii«-ng<dzu (Niast
i5u. tipsioil mit mätinüchen und
weiblichen AlitienligunMi (Xiu«) IS*>.
Siniha, \Vachi*^rg«»irt; (Ninsl 13*J. 1
Biliara, Kmip(>dgotze iSias) I.M I
.Vneinnndergereihte Knü|>peig<Vtzen‘
l.**l. Aduhoru. Dop|ielzeiigengi>Ue
(Sias) 132. Waffen ans Xias 152. i
1.5.*). l*rit“«h^rtrommehi tXias) ir>8.
olirgcdiilnge, Barihindeii (Xius) 153. |
Kriegslanzen atis Küd-Xias 173. j
Kriegsmesser aUs Süd-Xias 174, j
Scheide eine« Kriegsmessers nus Fa- j
duvo 174. Korb an <ler Scheide d<>s |
Kriegsmessersaus Fudon» 174 Kijwmcr |
Hehn nus Süd*Xia« J74, Kopf de* l
Süd - XiHwers Korlndet« 17,5. Gott |
der Feste rXias) 17d. I^wlenier j
Schn|i|ieti|K(ii7er aus Hili Mataluo I
177. Griff «‘iiies sehr ulteii Kriegs*
me»sers aus ilili Mnt.aluo 177. Korb
AU derS*'hpi'le des Kriegpme'MTs aus i
Hili Mat.'vliio ITT. I)«r D.anigatawndda i
Kaira mit seiner Funiilie 2i>2. Früher '
lw>wohiitu Wcddah'diie in Xilgnin 2**3.
I'oroiiinlti ati!< Heutndiedda im Jahre
I8l*u 2v)t>. l'oromaln au« Heniiebedda
im Jaiire 19U2 Der zuert>t auf- '
gefundene Gutz4 > Ihüiu li.tuptlitig
l<ewio < KilitimndM'haro) 23|. Götze I
aus der I.HndschAft l'ru S3|. Götzen
aus Kiboscho 232 bis 2.‘)4. Kahn !
iFinltAUiii) auf d*-m Oehridasee 239. i
K«hn*jgra|«hi*cbe Objekte der Xnliir- [
weddas2rt.3. DiisTngeszeiWien „Hund*, i
ii'/cuiiitii, mit Hehlern Paiisin, dom
Todusgott. und rh.'in dem TcnIo vor-
falluneii Sünder tAltme.viku) 2U9.
Das Pulquegpfäfs der Uilimeksc-hcn
Sammlung 270. Das F.rdiingeheucr
mit dein Opferm'-s«LT iiu Karhvn (All-
niexlko) 270. Die Knlg^diin Vouat-
licue lAltmexiko) 271. Die Krdgott- |
hi‘it t .\hmexiko) 272. KinTnila 278. ]
Sieinger.üte au* den Höhlen der
Ttmla 279. Keule der Tnala 280.
Pfeile und PfeilHpitzeii der Uu«<'h-
leute 297. Bogen und Köcher der
BuM.*hIeiito 298. Buschmann von Mii-
kam bciGoliabis mit JagtlatisrÜHtung
29H. Ilultuiigder llrinileIwiniS|ianiion
dos Bogen« < Buschlcute) 29 h. Olieres
Knile eine« Stockes zum 8pringbnH«u-
fang; Kirri (Bu«chloutet 298. Wild-
Mrhliiig« der Kalaharibiischleute 299.
Feiier/ong der Kalaharibuflchleuto
299. Bnschniamivnüb, Feuer mHoüenil
299. itiwhinHiin mit Wa*«er«i»eken
und Kirri 3*»o, Topfe der Bii«c)deute
und Hereros 300. Jungi-r Busch-
iiiann, mit einem Jagilhogen Musik
mapbeiid ^K)0. Junger IkiHHarünnnn
310. BasHarijungfraii von l*> bis lü j
Jahren 311. Kine Massarifümilie in
Kore 312, Vorhallo eini's Bassari- j
gelmfts in W'wIhU'I«* . 313, Amulett- i
haUbändor fürSäuglingc(südrussi«che l
Juden) 318. Kitiderspiidxeug (lei den '
südriissiiM'heii Juden 317 bi* .*<19. j
BasHari»«''hmie4i au« Xa|iarlM 342. (
B(UiHarih:iuptJing und Gemeiuilerat |
343. Pfeillänge in Centimeter üb«*r j
B«*genlänge in r«-ntimet4T 34.'». Pfeil j
schaftlange in (.Vntimeier üb» r Bogen* !
lange in t'euiimet*T :-i4.'». Pfeilgevsieht
in Gramm tilw-r Bogenlänge in ('»'nti-
iiii'ier 348. B«igeiig<-wicht in Kilo-
gramm üb*-r Bogeiiläng*- in Centi-
ineter 34t). Pfeilgewirht in Gramm
über Bogengeuicht in Kilogramm
348. i44-b»-iidige Kraft in Meter-
kilogramm üImt BogenUug.- in Kilo-
grainiii '<48. Gesebwindigkeit in
Meter üU-r B«*geiigewichl iti Kilo-
gramin 348. S|«aniiungskurve eito'S
s> inmetriHchen , leicht g«-krüuuuten
Hoiz-mhbogeiis (Xiligu) 388. S|Min-
ninigskurveii zweier Ms>minetri«ch<T.
zu-aimueiigesi-iztcr r**kurvjerb-r Holz
Iwigeii (Japan) 388. S^uiniiMiigskurveit
zweier synimeiriwlier, rekiirv ie|i‘T,
xusamniengeselxter Bog<-|l »tlR Holz,
Horn imd S«-line (TurktiiUin) .189. |
BIDliiKse. Karl von S<'her/er 229. I
Büclu'i'scliau.
.Vdi’ineit. Ibüträge zur Sifwleluiigs?***^
graphie des unteren MosidgeliietH 259.
Beranl, Le« Phiüiiriens et l'OdysjMÜ* 1
HH.
Biewk, Durch Indien ins ver«chlosHeiie
Land Xe(nil 18 .
Borrwlowskij, Karte durAIandsidiurei 1 1.'«.
Bn-iteiistein. ‘21 Jahre in Indien llt 19.5.
Hühler. Kielh(»ni und Jolly. Grundrif«
tk*r ind«mri«chen Phibdngie und Alter-
tumskunde. li>. lieft; Mrsiizin l.')l.
t'lozel und Villumur, Les coutuines in-
lUgeiie* de la t'i*to d’Ivnire 99.
de Cock und Terlinck. Kinderwpel en
Kinderlust in Zuid-Xederland 2.59.
t'iKik. Die erste Snd|K>lurnacbt 337.
tTivelUiri, Ateuni cimeU della cartu*
gmti» iiiedievale csiNtentl a Verona
287.
Ibw'kert. Gnimlziige der Handel«, und
Wrkehiw«g»^»graphie 388.
Itorpfeld, Troja und Ilion 114.
luive. Deut.sch-SüdwtMafrika 2U9.
Filchner. Fin Uitt filM>r die I*Hinir 288.
Fi'irstemami, Kommentar zur Madrider
Ma.vnhiindschrift .137.
Funke, .Vits Dciit«ch-BrasUicu 49.
GuSutundsMon, Islnnds Kultur ved Aar*
huiidrswUkiflet 19ov) 17.
(«üfsfeldt. Gruudziige der astrunmiiiHi'h-
giHigruphischeti OnslieHtimuiung auf
Foi'sohungsrpiseu 338.
Haas, lieM'hichte iles ChriHtentiimH in
Ju|Kin .34.
llaiMH*rt , Die neuen deutlichen Krwer*
hlitigeii in iUt Siidsce 19.5,
Heger, Alle Melalltiviiimeln au« Süd-
oHtasien 88.
Hei«-rli undOswhsli. l*rge«H*hiclite Gn»u-
liündetiH 147.
llelluolt. Weltgt'Hchichte It 49.
Kleelwirger. Vulk«kundUche-> an« Fim-Ii-
b»ch in der ITalz 385.
Koch. Die Guaiknnigrup|>e 113.
KoHHiiitm. Die indogermanisclH* Frage
.ArchaologiiH'h beantwortet 181.
KKlmer, Die Saninninsidn II 1, 195.
Kmhmer. Die Ib'-xielmngcn Rtir«lnnds
zu Persien 288 .
l^aach. Die Ursache und Bedeutung
der Knilwlten im Volkiiglauben und
Vülksbrauch Ja.
laulerlMigen. Kninprani.-r Märchen 18.
Lenschuu, ihus Wehknlatlneiz 353.
Leite, Diir-es-Sahiam 338.
Ludwig Amadeu« v<m Savoyen, Die
„htellii Pohire’ im Kinmeer 2o9.
.Maler, lleHearrhe« in the t't-ntnil Por-
tion of the Ufiumatsintla Vall*>y 2 * 8 .
Martin. Wandtafeln für den Unterricht
in der AnthrofNilogie, Kihnographie
und G**ographie 99.
Mein. L'HriireA 17.
X(‘dderich , WirtHchafi«geogruphi«che
VerhUUui.««e. .VusieileluiigH- und B«-
vt'dkeningHverteiluug im GHtfalLscheii
Hügel- und Tieflande 8l.
OlH*rhuium*T, Konstantinopel unWi Sul-
tim Soliman dem Gr*>rs**n 338.
t>p|Hd. Die Unumwulle nach Getschichle.
.Vnlmu. Vemrlwitung mol Handel 17.
Olt«». l*flan/er- und ■i»g. •rielten auf Su-
luatra 258.
l'eters. Im Goldlaud d**« AUertuiiis 33.
Pi«-pers, Mimicry. Selektion, Darwinis-
niu« .353.
lta<iih.'. I>i« Sammlungen d**« Kaiiknsi-
Hclo'fi Musi-uins. Ibind V: .Vrehä»*-
logie 30.5.
Kaizel, Die Kr«1e und »In» l.»''lw-ii II 131.
Ilen««*li, Vor»* Dab* «ig I jelde 49.
jigilized l y G^bgle
X
Inhaltflvertciehni» LXXXIII. Uundec.
lU*U"ch«*l. Volk^ktunUiobe Str**if*iin:«.*
Utl.
Rikli, Ifaitaniwlit* Ri>i!><*!<iut1it!u »uf cinvr
Krri]iliti)p«falirt durch Korsika 17.
Kuhrtuich. Vom KauknHUst zum Mittfl-
iiiwr 99 .
Sundrr. Dif Wandi^rlicutMrhrcck**!! iunl
ihre Rekaiiiljfuti^ in unsei-aii afri-
katiiM*heii Ki»lnnitH*n 14^.
Hartnri, IH<* K|>et»uiig d»*r Tnt<»u :b)5.
Si’liUfer, M«*C’bto«rfii in den AljJtM), Hpji- j
»ien. Kordrtfrik». Kalifoniien und |
Mexiko 18.
Hchfttix, WeHtafrika ti«i.
Schief«, Qm-r durch Mexiko 48.
Schütz. l>te 1.4>hre vtm dein Wesen mul
den Wnndernngen der magnetLichen
1*ole der Krd©
Schwalbe. Orundrif« der Mijiemlogie
und Owdfigif .W". |
Segoiix.v, Mar*|tiis de, Viiynge« an Mn-
roc giMi.
Seler, Oo^amineltc Abhundlungen xur
amerikanischen Spnieh- und Alter-
tumskunde Ihl. I
Siever«, VenexiielH und die deutschen
lutt.Te««eti H53.
Skeiit, Kahles iiud Fulk-Talv" frutn an
F!it«ieru Korent ll-i.
S]it*igade und Moisel, Undser deutscher
Koloiiinkatlas 99.
Stephuny. Iter nltt^te ileuii^che Wohn-
Ihiu und seine Kinrichtiiiur. II. 1kl.
303.
Ktratz, hie Kör]H-r(oniien in Kun«l und
Leben der Japaner r»(».
SundlaTir. Sv«;rig«* Imid <»ch folk 3?*.'».
l'nniUjpw, hie baralui und die Kulun-
diiw'ltQ Steppe iui Ik.Teich des Al-
taiischen Ik-zirks -.‘>8.
Virchow. .VuMtraliei- «t*>.
Wahner, has Simtienwendgeliirgi- 113.
Wehle und Mucke, Sprichwörter, sprich-
würtUche Rodcnsarien und Ausdrücke
der tiherlniisiixer Wenden '.^39.
Wilutzkv, Voi^eBchichte iIp« Utiebl«. I
50.
Zabel, hun h die Matidscliurci und Si-
birien :.'u8.
Ziiiimertnann, hie K<>l»tiin)iH>litjk der
Nifilerliinder
Mitarbeiter.
Adiiehi, IhinUiro, hr. ttied., Strafshurtr.
Andree. K.. Krof.. |tr. phil.. München.
Bnuilierg. hr. uic<i., IxK-kwiiz liei
hresden.
Mehrens. hr.. tiberlehrer. lirannschwcig.
Render, Ü.. hr.« <M«.*rbürvcrineister,
Breslau.
Uerkhan. t>.. SHiiiiät.srai. I>r. in«>d..
Bmuif»'h«eig,
lUinri. K.. hr. med.. Stnifshurg.
hoiichal. L.. hr. phil.. Mu--euinsa«i-
»teilt. Wien.
Dugiel, W.. hr. uieti.. l'uns.
V. Hulou'. W., >lata|MM» tSiivnih.
Bim’hner. L.. hr., München.
Kenner, K., St. Fcti*r«burg.
FoMtemaDn, K-, (tcheiiurai., Charlotten-
bürg.
Kiirster, Briv, tM»erMileu(nant a. 1>-,
)lüm*heu.
Krietlrich, Kmat, hr., Ih-ivatdt«ent,
Ivcipiig.
tlavnzzi, A.. Itr.. .Susak lei Kiuine-
iieiiiz, I^cutnant. Metz,
tfuldzilier. J., Kruf.. hr-, Bodn|>e«t.
Hölze, hr., Ltirt-ktorinliissistetii.
Berlin.
t*rnl>owäky, K., I>irekt«»r de< ziiolngi-
Hchen Harten», Breslau.
(frauiatzka, M. C„ Krau. München.
Hreiiii, H., I'rt'f.. lO*. phi].. hannstadi.
Hniither, S., l'tof., hr., Münriieii.
llalhfar», \\\, Vrof., hr. phil., Neuhnl-
deiishdien.
Hiium-ii. R-, hr., Oldesloe.
Hauihal. H.. Prof., hr.. La l’lata, Ar-
gentinieii.
Heinrich. Kntst. hr. mcd-. Ka»sel.
Höfer. I’., Prt»f. u. Olterlehivr, Wer-
nigermle.
llonimun. K., S’iirnltei-o.
I^^el•n^•s, .M., Prof., hr. phil.. Wien.
Hutter, Haupnnaiitt a. h.. Weilheim
in Ikiyerii.
Iimiiimuel. Haupininnn n. h., Kuger».
4föger, .L.„ Heueraldirektor. München.
Kntzer. Krhxlrich. l<and4!sgeuloge, hr-,
Saraji-w«.
V. Kleist. Olwrsth-'Ui rinnt n. h-, Steghi/.
Klose, ii.. Berlin.
Knbidt. W.. hr., Schnimheiin a. .M.
Kwh. Th'.*<)i|or. hr.. Berlin, z. /-i. Bra-
silien.
Köniicke, hr., tMnTlchr«r, Mnhiheim
n. Rh.
KoHsitiiin. H., Prof., hr., Ih-rlin.
Kramer. Augustin, Marinestalmarzi. hr.
me<i., kiel.
Krau.<*e. Krnst H. L.. StahKMrzt. hr. med..
Saarloiiis.
KrelH. Wilhelm. t.U»erlehryr. Mün«ier
im Kisaf».
ImM-li. Hicli-, hr., Ilorii (Niedor-Ostoi-
reu-h).
ledmuMin-Kilhe». .M.. Krüiilvin, Berlin.
l.chinann'NitM'hH. R., hr., las Ptala.
Argentinien.
Ia>ra>ti/en. Kiel.
Mann. Oskar, hr., unfKeiiMui in PiTsien.
Mehlis, Ih-nf., hr., NeiiMadi. Pfalz.
Meyer. B.. Heheinirat, hirektor d*-»
ethuogr. Museums, hreiulen.
Mover. Hnus, Prof., I)i , lAUpzig, r. Zt-
Keuador.
(.»Piwrt. ti.. Prof., Berlin.
Palloske, IL, Olierlehrer. irfsnde.shnt in
S(-hle«ioii.
Peeh, Tmugfitt, J^ipzig.
J^ieper, OlM.-rlehrer. hr., HuinUnneii.
Prenf», K.Tli., hr.. Steglitz bei Berlin.
Ranp, Hugo, Kuiistgiirtuer, Ih-ann-
»chweig.
Kanke, K. K.. hr«, Iniier-Ai'osa. tiniu-
biiinien.
ihitzel. Friedrich. hr. phil.,
Ijeipzig.
Ucich n. Ktogelmnnn. Knufleiito, Bra-
'•ilii-n.
Reinecko. hr.. Rodakti-ur. Rreslnii.
B«uh. K.. hr. phil, Bildiothekar.
Ilnilc a. H.
Rüge. Sophu». Gehoimrnt, Pnd., hr.
phil, Khitzsche l«i hresden.
Rutimcvi-r, I»r., ISszcnt, Ba«»*l.
Sapjier, Kurl, Prof-, l»r.. Tiibingi n.
SuiniHln. hl*. P. und hr. K., Basel z. Zl.
Mnca.xsi<r auf t Vlebe*.
V. Schkupi». KlH-rliar*1, B-rlin.
Schmidt, Kmll. Prof., hr., .lunn.
Kchsiener, H., Wien.
Bchott, HerhAfil, l)r., Humburg.
t Scliurtz, Heinrich, hr., 'BmiMT,
Neidet, II., Rektor. Berlin.
Biuver», W., Prof., hr.. (iiefseu.
Singer, li., Redakteur. Berlin.
V. d. SleineD. K-. Prof., hr., Berlin.
Htenz. H. M., i’., St. Wendel liei Snar-
hrncken.
Striirk, Adolf. SnNmik.
Tetzner. K.. Ohorh-lirer. hr.. la-ipzig.
TliileniuM, H., Prof., hr.. Breslau.
Thom'*. P.. .\|*osiol. Mit«ioTnir in Ki-
hrrscho fKilimamhclinn»).
Tschulok, S.. Zürich.
Vigströni, Ksn. Stot-khoUn.
Voigt. Krik. hr., Tumlm lud Ktru-khoUn.
WeihonWrg, S.. hr., KliaabsMhgnsd.
Weygohl, Kriodrich. Maler, I,(>ui<vilU>
tkentucks h
Wiher, Fiiiduig, hr, med.. lieidclU-rg.
Winter, A., lahmt in Kurland.
Wirilernit*. Moritz, Pr»»f.. hr., l’rag.
Wolketihauer. \V., Pix»f., hr.. Bremen.
Wtdlemnnn, A., ohcrkdirer, hr., Bniun-
srhtveig.
ZiiiiiiiiU'cr, ](., Pnd.. Ih., Ludsvigshisfen
M. Rh.
Ziumiermann, K. W. R., hr., I'r.’suii'
w'hweig.
Zondervan. Henry. OI.erlehn-r. Hr.»-
ningen.
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j«ti« der M*lerei«ii dureb Buebttalxm bvxeittbnat.
'4eii
Oben liuks
Völkerkiimli' v.\i licrlln au5;tr(‘breitet.
<‘ii Ihu Kat«ufi»ri^ dor Ki'>t<>l/eiohiiun(fnii int durch Zahlen.
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GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE
VEREINIOT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN: „DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
lIERAirSGEIiER: 1'rof. D«. R. ANDREE. VERLAG vos FRIEUR. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXXIU. Nr. i. BRAUNSCHWEIG. 1. Januar 1903.
N»ei»<lruck anr ('teralakttiifl vH da#
Das indianische Lederzelt
im Königlichen Museum für Völkerkunde zu Berlin.
VoQ Friedericb Weygold. Louiaville, Kentucky.
Mit einer farbigen Tafel ah Sonderboilage.
haa indianUcho lyederxelt ini Kgl. Museum für Völker-
kunde befindet sich seit dem .fahre 1640 in Berlin und
gehört zu den zahlreichen ethnographischen Gegeustüuden
älterer Zeit, welche ohne gendgundu Angaben über Iler*
kunft und ursprüngliche Verwendung in die europäischen
Sammlungen golangten. Der vorige Besitzer hatte das
Stück aus der Sammlung des Sekretärs der franzoaischeu
(reüandtachaft in Washington übeniommen und machte
darüber die Angabe, es sei eine j,Medizintant«*^ (frz.
tonte) und rühre von den „Medicme Indian:«'* her.
Die Figuren auf der Zeltdecke hielt er für die Dar-
stellung einer von drei Stämmen abguhultuneu Jagd.
Die Zeltilecke besteht aus gegerbter Itfißelhaut. IHe
flöhe des Zelter« bis zum Krtmzangspunki der Zeltstangen
beträgt 1,70 m, der Durchmesser au der Grundfläche
2,45 m. Die Form Ui die typische der leichten i/eder-
zelte der nordamerikanischen Prärie-fudiancr, während
die Gröfse auffalleud hinter derjenigen der gewöhnlichen
Wobmmgszelte zurückbleibt.
Iler beduub’nde ethnograpUischo Wert des Stuckes
beruht in erster Linie auf den zahlreichen (etwa lOO)
Figuren, mit denou die äufsere Fläche der Zeltdecke be-
deckt ist. Die Umrisse der gröf seren farbigen Darstel-
laugen auf der Rückseite, sowie die Figuren auf der
Thürklappe — eiu über ciu bufeissnförmig gekrümmtes
Holz gespannteK Leder — sind eiogebraunt, während
die Umrisse der kleineren Figuren anscheinend mit
einem spitzen Instrument eiugeritzt sind. Die Farben
grün, gelb und hellrot sind vermutlich einheimische Erd-
furbeu und mit Fett oder Leimwassur als Bindemittel
nufgetragen, während die braunroten Figuren rechts und
links vom Eingang und am oberen Teile des Zeltes den läu-
druck von RöU‘lz«*ichnuugeu machen und der bequemeren
Unterscheidung wegen im Folgenden als solche bezeich-
net werden sollen. Von den diesen Anf.‘«atz begleitenden
.Abbildungen stellt die farbige Tafel die ganze Fläche
der ausgebreiteteu Zeltdecke nebst der lliürklappe und
einigen Kiuz4)lheiten der erstereu Figur in vergröDerteiu
Mafsstabe dar. Seite 2 i»t der wichtigere Teil der Rötel-
Zeichnungen vergröfsertdargestelU, während die Original-
abbUduiig des Verfassers da» aufgoschlageuo Zelt Seite 3
mit entsprecheudor Umgebung zeigt. Die Büfieldecke
mit dem grolsen Sonneiiornament und die Adlerfeder-
baube bei den beiden ludianerfigiureu im Vordergründe
dieser Abbildung, sowie die AdJerfederhaube bei dem
Reiter im Fliniergrunde sind nach Exumpiaren imGrassi-
Musuiun in Leipzig gezeichnet.
(Hobu« LXXXill. Mr. 1.
Bezüglich der kün.Htlerisohen Form der Darstellungen
auf dem Zelte fällt zunächst schon bei flüchtiger Be-
trachtung auf, dals hier zwei gänzlich voneinander ver-
schiedene Künstlerhandschrifteu vertreten sind, woraus
der Verfasser mit Bestimmtheit auf die Urheberschaft
von mindesteu.H zwei Könstlom (im primitivsten Sinne
des Wortes), eiuos Malers und eines Zeichners, schlietseii
zu dürfen glanbt. Die grol-se farbige dekorative Komposition
auf der Rückseite des Zeltes (auf der farbigen Tafel durch
grotse Buebätaben A bis N liezeicbnet) mit ihrer ver-
bältnismäfsig sorgfältigen und sauberen Technik steht
io auffallendem Gegensatz zu den jeder dekorativen An-
ordnung baren, in der Ausführung ruhen und im wesent-
lichen einfarbigen Rötel/cicbnuugeu D- (Dt*^ letzteren
sind auf der Tafel durch die Zahlen 1 bis 39 bezeichnet)
Im übrigen zeigen die Figuren die für die ältere india-
nische Kunst typii'che Unfähigkeit, verschiedene An-
richten, z. B. Vorder- und Seitenansicht auseinander zu
halten, bezw. folgerichtig durchzufübreu. Die ProfiJ-
köpfu zeigen noch häuflg zwei .Augen, wie liei dem
grofsen BtUTel (K), dessen Hörner und Ohren die Vorder-
ansicht zeigen. Die Füfse sind noch oft durch die Fuf»-
spur ersetzt wie bei dem Büfiel und den Bären (Fig. 19
und 97). Bei dem Herd (I) ist ein Kompromifs gemacht
zwischen der Futhform und der Spur*).
Die alten indianiKcben Künstler zeichneten ebenso
wie unsere Kinder, nicht wie sie sahen, sondern wai«
sie wufsleu.
Bekanntlich diente nun die Zeicheakunnt bei den In-
dianern nicht nur zu rein objektiven Darsteilungon, son-
dern die Zeicbnuiigeu wurden durch besondere ideogra-
phische Be/iebungen der Figuren zu einander zu einer
je nach der Kulturstufe des Volkes mehr oder weniger
ausgebildetun BUdor.^ebrift Unter den Darsteliungeii
dieser Art bildeten wieder eine Kategorie die sogen,
mnemonischen Aufzeichnungen von Liedern und anderen
l berliefcrungen, bei dcucii die einzelnen Figuren den
allgemeinen Inhalt der einzelnen Strophen oder Sätze
anduuteten und so das Gedächtnis des Rezitierenden
unterstützten bezüglich eines vorher von ihm auswendig
’) Die Figuren 5, 20, 21. 32, 39, 34, 30, 3s uml der
Vogel tu der (.«rup)>e 36 zeigen zwar eine andere Farbe, ge-
höreu aber ihrer Btelluug und dem SlUe nach zum Werk
dea Zeichners.
*) Pfei-deftgur hei MaU^ry, nl^icture-writiug of the Aiut.-
ricau Indians'*. Tentb Annual Heptiri nf the Buri-au of
Lthnology, 16SB — 86, p. SOS.
1
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Fr. ^VeJg;üld: Dfti indianisohe Ledorzelt im K5ni(;liehon Miiaeam für Vdlkorkundo zu Burlin.
3
gelomtun Textes, ohne
jedoch einem Nicbtein-
f^eweihten irgend einen
.\nbah’>]>uukt zu tfebeu
bezüglich de-H Wort-
lautes «liüses Textes *).
Um eine solche mnemu*
nische Hilderschrift liaii-
dolt 08 sieb nach der
Ansicht des Verfassers
bei den Darstellungen
»uf dem Zelte, wenig*
stens bei derGrupjie der
Ur>telzeichnungen.
kann sich demnoeb in
dem Torliegenden .\uf-
sutz nur durum bandeln,
begründete Vermut un-
gen nufzustellen über
tien aUgemeinen lubult
tler l>aratelltingen und
daraus, soweit dies
möglich ist, Schlüsse zu
zieheu auf den Stamm,
welchem die Verfertiger
des Stückes angebörten,
sowie üWr die ursprüng-
liche Verwendung des
letzteren.
Die Hauptfigur in
der grofsen Farbigen
KompoHition auf der
Uückseite des Zeltes ist
di« grofse Pfeife (F),
«leren Stiel mit Tier
Flügeln — die Zahl vier
gilt als heilig mit llüek-
siebt auf die vier Hirn*
melsriclitungen — mit
zweimal je rier Daunen-
federn und sieben ab-
wechselnd grün und gelb
la'iualten Feldern ge-
schmückt ist Unten der
Pftiifeiikopf zeigt Form
und Farbe der typi-cben
t'atlinitköpfe vom soge-
iiaiiuteii heiligen Pfeifen-
Hteiiibruch im Fände der
Dakota. Die hier vor-
liegetide Form der ge-
Hügelteu l’feife findet
im Prinzip ihre Parallele
Ihm einer Figur in der
von Mullery mitgeteilten
Zensusliste des I)i<koüi*
b&iiptliugs *Red Cloiid,
welche dort als ,.I)«nner-
pfeifo“ , d. h. als eine
ITeife mit den Flügeln
des Donnervogels be-
zeichnet ist*}, ln unver-
kennbarer ideographi-
scher lleziehung zur
Figur flor Pfeif« steht
*) Siehe Muiler)r. «H).
cit., p. 2S1 ff.
Siehe Mallery, op.
cit., p. 4ea.
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Uas I.rdpnrU dr. Berliner Xnsrnnn. tdr Tmkerknnde In enleprechender irmirebanf.
Gcseichnrt T«n Kr. W«Tg<iW. ,
4
Fr. \Veyj?old: Daa indianiiieho hederselt im Königlichen Mmeum für Völkerkunde *n Herlin-
hier diejenige der kleinen grünen Sonne (B) über derselben,
heu Hauch der ersten Züge aus der Pfeife in die Richtung
der vier Himmelsgegenden» de« Zeniths oder der Sonne
zu blasen, oder die Pfeife selbst der Sonne darzubietoti
im Sinne eines Opfers oder Gebetes, war eine bei fast
allen Stämmen verbreitete Sitte, hati Gegen«täck zur
Figur der Sonne bildet diejenige des schwarzen IlüBel-
stieres unter der Pfeife (K). Ib»r Hüffol war bei den
sioiixatjtxnmen ^), speziell bei den Pakota, ein Symbol
der Erde, aus welcher er der Sage nach bervorgegangen
war. In der Gebeirnaprache der Medizinmänner der
Dakota wurde der Name de:« BüfTob (tatanka) auch ge-
braucht, um die Menschen zu bezeichnen, welche nach
dem 01aul>en vieler Stimme denselben Ursprung hatten.
Der grotse, helle Fleck auf der Seite des Tieres .soll
offenbar die heller gefärbte Stolle auf dem Felle de.s
Stieres darstcUeii. Recht« und link« von der Pfeife hind
zwei grofse mythologische Schlangen abgebildet. IKu
Figur links (K) stellt den nAlm der Klapperschlangen*^ dar.
da» Frhild dieser Tiergattung, vrelcdies, den zcMdbeisti»
sehen .Anschauungen der Prärioslänimo eiit«pre<’hend,
göttliches Ansehen genofs. Der aufKergewöhnlicbe ('ha-
rakter des Tieres ist ang<Hleiitet durch die Hörner, das
Symbol besonderer Äfacbt und Überlegenheit. Die trich-
terförmige Fortsetzung dos Schnauzeneiules «oll oKenbar
die breite Zunge de'* Tieres darstellen. The wellenförmige
Linie, welche vom Kopfende un^gcht, ist eine sogen.
Heiligkeitelinio („Wakan^linie). Mit dieser Linie wer-
den in der Bilderschrift der Siouxstämme wie auch in
der der Algonkins die Darstellungen von Tieren, Men-
schen und selbst von unl>e)ebten (iegenständen ansge-
staUet, welchen die FJgenschaft des Unerklärlichen, Über-
uatürlichen oder Heiligen ziikonimt*).
Dio Mitte dos Kopfes der grofscu Schlange ist al«
Hauptsitz dieser Kgenschaft noch besonder« mit einer
holcheii Linie bezeichnet, Kechts nul>en dom unteren
Fnde der grofsen Klapperschlange befindeu sich sehr
undeutliche, oingoritzie Konturnn einer kipineron, ge-
hörnten, el>o!ifall'< mit Klappern versehenen Schlange (N).
.Vufserdem sind Andeutungen von Fütsen oder Flossen
vorhamlen, welche ebenso wie der Leib des Tieres gelbe
Farbspuren zeigen. Ks ist die« ein wohl absichtlich un-
vollendet gehliebcne« Bild des grofsen WasM'iruugobmiors,
welches nach der Angabe der Dakota in Gestalt einer
riesigen gelben, gebörutcu und mit Fülsen versehenen
Klapperschlange die Seen und I'Tösse der Heimat jenes
.'Stammes bewohnte*). Ihr Anblick allein verur.sachti*
Erstarrung und Tod, Grund genug, auch hei dur .Abbil-
dung Vorsicht walten zu lassen.
Zwischen diesen Schlangen und der grotsen Pfeife i.^t
die Figur eine« Reitern mit einem grünen Schilde auf
einem grün und rot bemalten Pferde (H). wolclifiii rechts
von der Pfeife ein lediges, aber mit einem Zügel ver-
sobiicH Pferd (I) entspricht, über welchem ein grüner
Donnervogel Hcbwebt.
Diese letztere Griip{M‘ ist mit auffallender, judenfaUs
nicht zufälliger Verletzung der Symmetrie von der Pfeife
*) 7m den Khnixstämmen pobiVrvn ziiiiÄch»t dio Sioux
(sprich Su oder Siu) in ciigi-reiii Sinne f*der Dakota, ferner
die (tntaha. Maiidaneii, ilidatsa (Afönitari), Osatres, Mixsuuri
und mehrere andere weniger bedeutende Stamme. Vcrgl.
J. W. l‘Dw-el(. „In<linii I.inguixtic ('amitiex*. Annual Keport
nf tbe Itnreau «•£ KtbnoUnfV. lääfi — «e.
•) Sicln* Mallery, op. cii., p. 4ä*J ft. Ferner S. II. Riggs,
,.A Dnkota-Knglish Dicthuiary* unter dem Worte „wakan“.
in (len Contributinus lo N**rth American Kthni»h*gy, vo|, VII.
Ferner b*-i D. J. Brint<m , 'ITie >IvthB of the New Worhl,
p. «3.
*) Siehe Dor*ey. Telou Fidk • lore Notes. Journal of
American Folk-h»re, vol. II, i>. 186.
durch die Figur der grolsen grünen Schlange (0) ge-
trennt. Der Mythologie der Dakota zufolge werden
Donner und Blitz durch grofse Vögel hervorgehracht.
Dieser Itonnervögel, deren Naturvorbild im allgemeinen
der (itdd- mler Steinadler (aqnila cdirysaötos) ist, giebt
e« vier Arten, gelbe, grüne, rote und schwarze, welche
auf dem Zelt alle vertreten sind •*), wenn man die Farbe
der RötclzeichmiDgen im Gegennatz zur hellroten Farbe
de« Maler« al.s indifferent oder schwarz gelten Uf«L
Bei der Betrachtung der besprochenen Gruppe drangt
sieb unwillkürlich «in Vergleich auf zwischen dicter und
der Darntelluiig auf dem ersten Zyklu.**, welcher dem
merkwürdigen Kalender (winter count«) der Dakota in
der von Siallery“) mitgeteilten Fassttng de« Batti-ste
Good vorangestcUl i«t I>ort «(eben die Figuren einer
weifsen Büffelkuh, einer Pfeife und der Osten, welcher
dort durch eine« Ulanen Farbfleck angedentet i«t, in
gegenseitiger Beziehung, und zwar al« «ymlMdlsche Dar-
stellung der Pfeifenmythe*'*) der Dakota, welche den
Ursprung de« ehemaligen StaimneaheiligtuniK diese«
Volke« erzählt und den beiden von Mallery und J. 3foo-
ney**) mitgcleiltcn Fassungen zufolge etwa folgenden
luliuU hat: Zwei Männer der Dakota erblickten eine«
Tage« auf der Jag*! ein schöne« junges AVeib. Ihi es
nicht zu ihrem Stamme gehörte, Hcblng der eine Jäger
«einem Kameraden vor, sie zu töten. Obwohl dieser da-
gegen war, schickte sich jener an, seinem Vorschlag ent-
sprechend zu handeln. In diesem Augenblick löste da»
Weib von ihren Knöcheln und ihrem Ta?il)e Schlangen
und schwang dieselben über ihrem H.'iupte, worauf der
feindlich geMiunto Jäger plotzlirb verxcliwand (Fig. IV).
Hierauf w andte sie sich an den anderen Jäger, überreichte
ibm eine Pfeife alsSymlw)! des Frieden**, bezeichueie sich
«elbst alii die weifsu (heilige) Büffelkuh und machte ihn u. a.
besonders aufmerksam auf di« Beziehung der Pfeifu zum
ÖKtlichen (und westlichen) Himmel. Hierauf verschwand
das gebeininiHVoUe Weib, und man fand in der Nähe
eine grofse Büffelherde. Ein Zusaminenbung zwischen
der Darstellung des ßaUixie G(km 1 uud der hier vor-
liegenden Gruppe i«t nach der Ansicht des Verfassers
iiitTcrkennbar und dürfte so zu erklären «ein. dafs die
letztere Bezug hat auf eine ältere Kossung der er-
wähnten Mythe. Wenn da« Zelt mit »einem Eingang
nach Osten gerichtet wurde, wie das z. B. bei der .Auf-
stellung der Medizinhütten vieler ^'täiumc Sitte war, s«
wie» da« Muiulstürk dt-r Pfeife in die Richtung der
Morgensonne, ein Getlaiike, der durch die immerhin auf-
fallende grüne Farl>e der kleinen Sruine über der Pfeife
angedeutet erscheint, <la blau bezw. grün — die beiden
Farben gelbm lad vielen Stämmen als identiRcb *•) —
narb der Darstellung des Battiste (iood die Farbe des
0«teu« i«t. Ks würde dies eine weitere tlbereinstimmung
der beiden Ihirstellungen ergeben.
.Aufser den la'iden Kranichen (Abh. .A und Cl mit
den beiden Schlangen in oder vielmehr an denS^biiäbehi
und den beiden Hasen bei D gehören noi-b zu der far-
bigen Komposition die beiden gr*»t»en. mit .Adlerfedeni
bfihangenen grünen Schilde auf den Seilen de« Zelt«*«
(Abh. L und M). ln <k*r Äfitte ihrer Flftch«* zeigen die
") Im «ler tlestalt enUprecheu «lie hier v*irlie)fetnlo5 Fi-
(rim>n (bei I, P, O, 9 un«I .*19) allerdings nicht gennu den
Angaben von Ibirscy in A Study of Siouan Cult». Annual
H«>port of the Bureau of Kthmüogy, IHää— P‘t. p. 44J.
*) Mallery, op. cit., I’l. XXI.
*•) Mallery, op. cit., p. 290.
“) J. Mooney, The rtho»t.-dance Beliin'o»». Atniual Keport
t»f the Bureau of Kihnol'ury, IS92— II, p. lu 62 .
‘•) Vergl. auch Mif« Fletcber bei Dnrsey, A Study «>f
Siouaii t'iilui. Annual Report of the Bureau of Kthnology,
1889— iM), p. 530.
- Dy Cjoogle
6
Fr. N\r>y 2 Mtd: Dm inilianischp Lederzelt im Kdni(rlich«n Mnseum für Völk«rkuude zu Barlin.
Schiidv JuB Düd der S<mn<s im Gegensatz /.xi Fig. B, in
der eihfach’tten und gfwöhuliebBteu Form iiU roi« Scheibe
ohne Strahlen. Die hier Torliegende Form des Schildes
berührt sieh mit der des gn>fsen. aber moist au.n nieb*
reren konzentrischen Strahienkreiseu bestehenden .Somien-
omamuntus welches häufig auf den Dufteldecken der
PrArieaUmme gefunden wird. Den uinzeluen. meist
durch eme imeke in zwei Hälften geteilten .Strafden
dieses Soniienuruameiits liegt als Naturvorbild die Adler-
feder zu Grunde, wie u. a. aus einer vielleicht nicht gunz
richtig gefafsteu liemerkung de« I*rinzeii von \Vied her-
vorgeht. Hei der Beschreibung der grofsen, gehörnten
Adlerfederhanlmii X) der indianischen Krieger sagt er:
^Auf ihren Uisourubeu bezeichnen sie (die Mandanen)
dies« Fe^lermützen öfters durch das Bild einer Sonne
Ks hiefse wohl richtiger: «Auf den Bisonroben stellen
sie öfters die Sonne unter dem Bilde einer Federmfilzo
dar.*^ Auf alle Fälle geht auch aus dieser Bemerkung
des Prinzen hervor, dafs die Indianer sich die Strahlen
der Sonne als ebien Kranz von Adlerftslem dachten und
demgcmäfs dar&taliten. (Offenbar liegt das Smnensyiiibol
auch der hier vorliegeudeii Form des runden, mit .\dler-
fe<leni behangenen Schildes zu Grunde, el>enso wie Jener
anderen Form der groDeu Feilurbauben, bei der die
Federn gleichsam als Strablenkmaz den Kopf oder das
Gesicht des Kriegers umgehen eine Form, auf welche
die obige Bcmierkung des Priuzen in erster Linie iHkfst.
Hietlurch erklärt sich auch das fast immer im Prin-
zip gleiche Muster auf dem Stirnband dieser Hauben,
das Zickzack- oder Dreieckmotiv, welches deninacb
ebciisu wio die eiuzeluuit Federn der HuuIh« aln Sumien-
»trahl zu deuten wäre”). Die v<m der I.ängsachsc der
Foderstrahleii au den Schilden in stumjdem Winkel ub-
weiclicnden Zipfel erklären sich aus den kleinen Büscheln
von l’ferdehaareu, welche die Indianer an der Spitze,
besonders der als Kopfschmuck getragenen Adlerfedern,
anzubringen pflegen.
ln der gridsen ürupjx.* der Rötclzeichnungen links
vom Kingang ist Nr. 1 , an der Spitze des Zeltes ein
Stern, in einer für die ältere Kunst der Prärie^tämme
ungewöhnlichen Form. Der Stern in der ulten indiani-
schen Kunst zeigt in der Kegel nur vier Strahlen. In
der dckoniGvcn Kunst beruht die dort ungemein häu-
fige F brm des Sternes meist auf derjenigen des Kreises
mit acht Kadieii (wie hei Fig. 1 7 der Kötelzeichnungen **)].
Gewöhnlich werden vier der KreiBsegmente mit dunkle-
rer Farlte auRgeföUt, und es entsteht al.sdaim ein Stern
in Gest4ilt eines Malte»erkruuz4>s. Fig. 17 ist durch eine
Zickzacklinie, die hier vielleicht den Schweif euie^ Me-
teors darstellen soll, mit einen] geflügelten PhantAsie-
wesen verbunden. Kinige Stämme dauliteu sich gewisse
Sterne ab Tiere *^), und die Meteore im besonderen als
Raubtiere, welche sich auf ihre Reute stürzen *°). Kb
'*) Hiebe die Abbildung de* Verfa*s<*ni auf H. 3, Ferner
(len Rüderatlas xu .Maximilian, Prinr. von Wied, Keise nach
Kurdainerika, Tnb. 17, und bei Catlin, North American ln-
dians, vol. II, die farbige DarMellnug einer Itecke der Mau*
(lauen mit dem grorsen Honueuornament.
‘*) Siebe den Kelter auf der Abbildung des Verfasaem,
S. X Ferner Prinz Maximilian von Wied, op. eit., Tab. 13.
I'rinz Mazitniliaii von Wied, <>p. cit., Rd. II, S. 111.
'*) Vergl. die Abbildung de« Verfassers imd Prinz Maxi*
milian von W'ied, op. eil., Tab. 4B, Fig. 6.
*0 Vergl. hiermit die Zickzacklinie im Innern des Sonueti-
omameiiteB.
'*) Für diese uud diu andercu auf der Haupttafel fehlen-
den Zahlen vergleiche die gröfseren Abbildungen auf der Dar-
sUdluiig der wic.htigHten Rruelxeichnungvn. ‘i.
Vergl. Dorsey. Osa^e Traditions, Aunual Report (»f the
Rui'cau of Ktbnology, I8«4 — p. 3S4.
••) Vergl. J. Müonoy. op. cIt,, p. 6s2.
Glol.io. LXXXIII. Nr. 1.
Dtag hier eine ähnliche Vorstellung Vorgelegen haben.
Ftg. 2 ist ein kleines iNäugetier. deBseu Stellung in der
Regiou der llimmelsköriK^r nicht auffällt, wenn inan l>c-
rücksiebtigt, dafs sich die Dakota z. B. daK Abnehmen
des Mondea durch die Gefräfciigkeit himmlischer Nage-
tier« erklni'en. Fig. 3 und 4 sind DounerTugel mit ge*
BchioBscnen Scbnälteln. Die I.eiber zeigen das Herz mit
der sogen. Lcbeusliole, einer l■■or^^, w'elche sehr ver-
schieden gedeutet wird. Hier bezeichnet sie wohl nur
den mystischen, übernutürlieheo Charakter de.s Tieres i).
Fig. r» ist vielleicht eine Hüfl'elkiih^^) (gehörnter BiberV),
durch die mystische grüne Farbe als höheres Woaen ge-
kennzeichnet. Fig. 0 ist ein Menscheupaar, dessen my-
thischer Charakter durch '^eine st«dlung in der Luftregion
augedeutet i.st**). Auch Fig. 7, ein l*ferd, ist hier nicht
unmöglich, denn es gab z. B. auch Adlerpferde; vielleicht
gehört es über auch mit Grup|>e 11 in die Krdregion,
da der vordere Rand der Zeltdecke, ebenso wie der un-
ten^ dicBo Geltung zu haben scheint. Zu Gruppe 11,
welcher auf dem gegenüberliegendeu Runde der Zelt-
deckv Fig. 37, der Grizzlybär, entspricht, mag erwähnt
werden, dafs es bei den Dakota Medizimuanner gab,
welche gegen Heile und Gewehrkugeln gefeit waren.
Sie erlangten diese Kraft angeblich dadurch, dafs der
Geist eines (irizzlyltären in ihnen Wohnung uahm**).
Fig. 8 (bei den Röielzuichnung«>n) ist ein Kranich mit
einer toten Schlange im Schnabel und einer lebenden zu
seinen F'üTseu. Bei 9 ist ein Paar von Donnervögeln,
welche aus vollem Ilaltse brüllen (donnern). Fig. 10 ist
ein manler- oder fuchsahnliches Tier, und darüber ein
Kaninchen (?). Von besonderem Interesse ist Fig. 13
(bei den Ilötelzeichnungen).
Es ist dies eins d(<r ältesten und vurbreitetsteii Sym-
bole der indianischen Kunst K» fand sich bereits bei
den sogen. Mouudbuilders , wie bei den alten Mexi-
kanern, und ist auch den heutigen Indiauero der ver-
schifKlcnsten Stamme wohl bekanut. Bei den DukotA
spielte es unter dem Namen nFmane** eine grofse Rull«
bei gew issen reUgiö«-L'U Zercmonieeii *'^). Die Figur be-
steht im wesentlichen aus einem Kreuz mit gleich laugen
Armen. Dieser Teil ist ein Symbol der vier Winde oder
Himmelsrichtungen. Hierzu kommt noch ein (Quadrat
(bei einigen Stämmen ist es ein Kreis), zu welchem die
Arme des Kreuzes die meist über die Kcken hinaus ver-
längerten IHiigonalen bilden. Das (Quadrat ist ein Sym-
bol der Erde. Die den Sidten des Quadrates parallel
laufenden geraden Linien im Innern der Figur iiiögeu
hier vurschicdeQ« Erd- (Hier llimmclsrt'giouen IxHleuten,
wie «olcbe in der ^lythologie verschiedener Stämme er-
wähnt werden Di« beiden mit den Spitzen im Zen-
trum der Figur zusamincnstofseudeu, mit ?'arbe ausge-
füllten Dreiecke sind vermutlich Symbole von Zunith
und Nadir *'). Die Figur ist hier aufserdem Tcrvoll-
ständig! durch ein« .Vndeiitiing des nach ituliHni»cher
Vergl. auch die Figuren bei H. .\udree, .\lte Tniiumelu
indinniacher Medizinmämier. (llohus. ltd. 75, S. 14.
”) Vergl. Fig. JW und Dorscy. Hi»aau CuIm. p. b'AT.
“) Vergl. auch D'*raey, A Htudy of Siouan Cults, Aunual
Report of th« Ituroau of Ktlmology, iss^— ao, p. 5Z'i.
**) Dorwy, .\ Htudy of Siouan Cults. AnmtHl K*‘[>«>rr of
the Bureau of Kthuology. — 9u. p. CXVIII.
**) Vergl. UolmcB. .\rt iu Shell of the .\ucieut Amencau*.
Aunuui Rüijort of the ilureau of Kthnology. Is8ü—Hl, PI. 1.VIM
and PI. LI X, f«*mer C. Thomas Notes uu t 'ertoin Maya and Me*
xican ManuscripU. Annniil Report of the Rurrnit of Kili-
nol^y, IS81 — B'J, p. öl u. 6*i.
^ Dorsey, op. cit., p. 4il.
*^) Siehe die Figur bei IKirsoy, ()*age Traditions. .\uch
bei Mallery. (»p. cit., p.
”) Vei^l. Powell , On RegiineiitMlion. .Vmiual Report of
the Bureau of Kthnology, 1H9.^ — M, p. CXVIII.
2
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Kr. \Vejrgol4: r>as indianisrhe I.odorzelt >m Köuiglieben Museum für Völkerkunde zn Berlin.
4i
AuffuNisung die Erde umgulwnden Wassers in (it>r>talt
von licht Ottern [yj*®). Kerner zeigen die vier Enden
den Kreuzea Siiubole der vier TlimmelMdchtungen.
Dn dem VerfasKer binker keine ähnlichen Hjmboli-
sehen Oar»Udiungen der ein/eliieu Hitnuielsrichtungen
liekauni geworden sind, ko imifs er sinh bei der I)eu>
tiing dieser Figuren auf VerumtuDgeu beschränken,
welche er »war Bii begründen suchen wird, förderen
Kichiigkuit er sich jedoch keineswegb verbürgen kann.
l'nter dun vier Himiiiulsriehtimgeu galten bei dun
SiüUXKlÄmmen ■ der Osten und Westen vorzughweise aN [
heilig, (Hier, wie die Bnkuta nugten, „wakan*; offenbar j
wegen ihrer Beziehung zur auf> und uotergehenden |
Sonne. Oeinentsprucheml dürften die Iniideu mit der ,
oben besproebunen „Wakanlinie** vergebenen Enden des
Kreuze« den OKten bezw. den We^tun bezeichnen- Kim*
dritte „ Wakaniinie“ ist schwach geritzt erkennbar au
dem dem grofeen Sonnenscbilde zugewandten Arme des
Kr<MiZ4»s, welcher aulserdum viulluichi in Beziehung »U'ht
zu der langgestreckten spindelförmigen Kigur (12),
deren Hälften verschiedene Karhen zeigen und dureh
eine I.ücke getrennt «ind.
Es ist dies nach der .Vnaiuhi des Verfassers ein I''eder-
strahl aus dem oben erwähnten grolseii Sonnenornu*
ment ^®). IHese Kinler^lrahlen sind auf den Büffeldecken,
welche das grofso Sonnenornauieiit zeigen, häufig al«
selbatäudige Uandverzierung, meist paarig, angebracht.
Oie Kigur hat, ibrein Ursprung entsprechend, auf diu j
Sonue lh‘zug und dürfte duiiinacli hier den Süden be- |
zeichnen.
Von den beiden anderen zuerst erwähnten, mit der '
„MTaktmlinie“ verseheuen .\rmeii müNte soinit der nach ;
unten gerichtete .\nu ilen Osten und der obere den |
Westen darstelleii. Oie (tal>eluiig der westliclien «Wa-
kanlinie** endet einerHeits in der Kigur eines Tieres
(Eicbhöruchen?), andenu'Keit« in einer dreieckigen Figur,
welche ein Zelt dar.stelieii mag. Oie letztere Figur zeigt
«lie (^iiurlinien, welche in der iudiaiiiscbtm Bilderschrift '
tieii mystisch -mytliischen Tharakter der damit ausge>
Zeichneten Figur andeuteii Nach der .\nscliaiiuiig ^
einiger l'riiriestämuie steht im Westen das Haus der '
Sinne in Oestiilt eines prächtigen Zelte*>. Na<*h Westen
wandert auch eine ih-r drei, hezw. vier Sjelen iler ver-
storbenen Oakota. Ihr Weg führt dort üImu- einen
reitsenden Strom, dessen suhuialer Steg von eiiMT nnge-
lieuruii Schlange (Kig. UV) bewacht winl. Oer vierte
.ärm müfstu nach der hier entwickelten .\urra«sung den
Nonien bezeichnen. Oie Mythologie der Oakota nennt
zwar nu'iKt den Westen als die Heimat der Ibmnerwesen •
— mni ein ^olcbes dürfte hier die geflugelb* Kigur dar- :
!>te]leii — , doch wäre die hier vermiitlicb vorliegende ..
.VuriaHsuiig ebenso begründet, weiche den Oounervugel
dem Norden ziiweist, der ilimnielsgegeiid, aus welcher I
im l^iide der I>akota iin Frühjahr die ersten (iewitter >
kommen. IHe Figur, welclie dem redileii Flügel des •
Vogels beigegehen ist , mag einen Beutel <»der Sack he- |
zeichnen, aus dem Blitz und Wind (Hagel?) fahren.
Möglicherweise hat der Zeichner, wenn er wirklich dem
Stamme der Oakota augtdiörte, auch an den im Norden
woliiieuden Wettergott Hevoka oder Waziya geilacht.
**) Vergl. dia Figur der Otter t»ei Hrigmaii, The Mide-
uiwin or (irand MHÜcine Society of th« Ojibw;«\. Aumial
RßjHirt of ttie Bureau of Kihuoltigy. »a. p. y&3.
■") Hit' gewöhnliche Form der stilisierten Adlerfeiler zeigt
di<*s»* Bücke nicht. Ilagcgeii fehlt die letzten» zuweil*'H bei
d*'ii Sirahlen de« SoimemiriiainentÄ, Veryl. Fig. lä u. 33.
•*) Siehe nucli die Figur de» Zelt4-» h«•i iJorsey. A Study
of Sioiian Cult«, p. die Figur der Otter bei Hoffman,
op. cit., S. 25.S und S. li<7, Fig. Ö. Die Figuren In'i .\ndrev,
Op. cit. und di« vorliegende Kig. 35.
Fig. 15 ist ein Wulf oder Hund. Fig. 16 und 19 sind zwei
Bären. Bei den Oakota kommt der Kigeiinanie „Eiaemer
Irrizzlybar'^ vor®^), welcher offenbar auf ein mythische«
Tier Bezug hat. In dem Eisen erblickten diese Stäinme.
denen die Bearbeitung des Metalls ursprünglich fremd
war, eiueu Wsunders geheimnisvollen Stoff und bezetch-
neten dasselbe in der Bilderschrift durch die mystische
blaue (grüne) Farlie. Fig. 18 ist eiu Federstrabi, hier
durch da« olieii erwähnte Uaarbü«chel vervolUtändigt
Fig. 20 ist ein Fisch. Fig. 21 ist eine Schildkröte,
welche durch eine weitere Gattung von „Geisterlinien" ^*)
als mythisches Wesen gekennzeichnet i.nt. Kig. 22 ist
ein Kranich. Fig. 23 ist ein Fisch, unter der Krdregion
liefindlich. ebenso wie die Figuren liei 24, welche dem-
nach eine .\rt von Wühltieren (hpennophilua?) durstelleu
dürften. Fig. 25 sind zwei fliegende Vogel. Kig. 26
und 28 Kind zwei hühiierartige Vögel, vielleicht auch der
„lo<iii" o»ler Eistaucher. Fig. 27 ist der schwarze ame-
rikaui-cbe Bär (ursiis americaum»). Fig. 29 ist ein
grofser weifser Vogel — geih ist Ersatzfarhe für weil«,
ebenso wie grün für blau — mit schwarzen Flügeln und
eingezoL'enem Hals; e« ist vielleicht die Srhneegans
(anser hypi’iboreu», vielleicht auch der „white loon").
Oie Figuren bei 30 siud uiikemitlich. Fig. 31 ist
die Eibelle eine der hauffg.sten Formen, besonders in
der dekorativen Kun«t der Indianer. Fig. 32 i.«! eine
Schildkröte mit einem menschlichen, gehörnten Kopf.
Oie grofse Gruppe der Hötclzeiclinuugun zeigt elieusu
wie die farhigi! Gruppe auf der Bück«eite de» ZelG's
einen durchaus S4»]h>‘tiindigen Charakter und entspricht
unter den bisher wiedergej.rc‘hencn hier in Betracht knin-
meiiden OarstelluiigKii wohl am meisten der von llorsi'V
leider uuvuUstandig veröfteutlichten sogen. Krieg«-charte
der Kansa«**) und dürfte ebenso wie diese eine ume-
muniM'he .\iifzeichuung von Eiedern «ein, hei der jede
Figur, wie oben gesagt, den Inhalt eine!» Eieiles oder
Ver.ses amlcutet, ohne jeiloch einen .\ufschliifs über den
Wortlaut de««elbeu zu geb<'U. Ein gewis«er Plan in der
Anordnung der Figuren ist auch l»ei dieser Gruppe in-
Kofern unverkennbar, als die«elhc iiueb dem uralten zoo-
tliei»ti»cheQ Sobeuia in der Bcilienfolge von olien nach
unten Bildnisse und (ileichnisse (Symbole) dessen zeigt,
wa« oben im Himmel, uutcii auf Pxden und iiu Wasser
(iimO unter der Erde ist,
Oie Figuri'n der driltcii grofseu Region der Zelt-
fläche reclits vom F'.ingang siml verhältnisinftrsig sjüirlich
und auch von geringerem InteresHe als die oben be-
sprochenen (»nipjien. Auch liier i«t das Imi den anderen
Gruppen erkennbare Prinzip in der Verteilung der Fi-
giinm über die Zidtnache im we«entlicben gewahrt.
Oben an der Spitz« sind einzelne und paarige Feder-
«Irahluu (bei 33), oS^enhar mit Bezug auf die Sunne. Bei
34 .«ind zwei Pflunzi'iiformeii. Heilig w'aren den India-
nern unter «h'ii Pflanzen vornehmlich die (Vdor. Hei
mehreren stammen wurde um oberen Teil »ler ^feilizin-
hött« ein .\st angehraelit. angeblich, nin die bösen (ieister
fern zu ballen**). Fig. 35 ist ein Ooniiervogcl mit der
•*) iKirsey, A Study uf Siouan t'ult.s, p. 540.
•*) Siehe da« SMuneoomaiiK'iii auf der Heck« bei C'stlin
op. cit.
*^) Hie borsteiinrLigeit ,«pirit*Hn»-.«'‘ linden «ich häiing in
der BilderM'hrift. der Ujibway, iismentlich )>ei der Harstel-
lUDg de« uivthi«chen weif-ien Biiren. Sieh« Iloffnisn, op. rit.,
p. «;i9.
“) Sieh« Mallery, op. eil., ji.
•*) Horney. Mouniing and War Custom« of the Knona«.
in The American Naiitrali^t, vol. XIX, p. hsft, TI. XX. p. «7rt.
liermdlie in .\ Study of Siouan Aninial Ke|K>rt of tbe
Hurititu of Kthnology, Ikksi — l»n. p. 333.
'’ß Vergl. auch die tVder in der Lnfir*-i;inn l»ei HunH»y,
Osago Tradition«,.
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K. HöriiiaoEi: Der Schellenliogei» «lt<r Heriieiitiure und ähnliche iloixgeräte.
7
oben bei Hg. 13 beMprocbeiien Art Ton .^lIciHgkeite*
Ituien**. Fig. 36 ist ein grdnes (mythiKcheit) Säugetier,
vielleicht eine BüfTelkuh >*). Fig. 3H ist ein gelber
(=r weifner mler heiliger! Wapitibirvch. Hei (iruppe 39
i»t eti noch fraglich, solange aicb keine Analo^een finde?),
ob ilie Figur rl««» Vogels in Hezichuiig steht zu dein dar>
unter befiudlichen Men8eheii|mar.
Bei O ist ein grufKer roter Dtinnerrogel mit grünem
Leib. Hei D ist eine aiisobeitieud ubsichtliehe paarige
/usamtneuKtellung imgleiclmt*tiger Tiere, einer Schild-
kröte und einen Vogels, wie bei B eine (Milche von einer
Schildkröte (mit einer undeutlich gegabelten «Wakuu-
liuie**) und Schlaiigo, wofür »ich in der indinnixchen
Mythologie entsprechende Beispiele finden. Bei sind,
«lern KrdsymlMd auf der anderen Seite des Zelte» ent-
sprechend, zwei grüne Kreus^ Symbole der vier llim-
meihriclitiingen.
Cm den unteren Band des Zeltes zieht sich ein
Reiterfries. Auf einigen Pferden fehlt allerdings die
Figur de» Iteiter», vielleicht infolge zufüUigen Verwischeiis,
dem der untere Rand des Zeltes durch da» .\uflogen von
Baseiistücken und Steinen besonders stark auegesetzt
war. IHe Anzahl der Pferde betrügt auf jetler Seite sielien,
ebenso die .Anzahl der P'clder auf der groFson Pfeife.
Die Zahl sieben galt ebenso wie die Vier bei vielen
Stümiueii als heilig mit Rücksicht auf die sieben (vier) Ke-
gionen: Ost, West, Nord, Süd, Zcailh, Nadir und Zen-
trum. Eine besondere Rolle scheint diese Zahl bei den
Dakota, dem Volk dar sieben UatsfeutM', gespielt zu
haben, bei denen auch die Auzahi der Gentes innerhalb
luehrurer dor »ieben Stamme sieben betrug **).
**) Vergi. die Bemerkung Uber den „Büffel in der oberen
Welt“ bei Dorsey, Biouan Cults, p. 597.
**! Vergl. Dorsey. Hinuan C’ulu, p. 380.
**) Siehe IKirsey, Hiouan SociuIr>gy, Aunual Bep<»rt of tbe
Bureau <d Kthiiology. 18Ö3—S4. Vergl. auch D»irsey, Oitage
Tradition", p. 997.
Was nun zum Scblnfs die Frage nach der ursprüng-
lichen Verwundung des Zeltes und der Stammesangehörig-
keit »einer Verfertiger betrißt, so ergiebt sieb aus dcu
obigen .Ausführungen zunächst die Thatsacbe mit
Sicherheit, dafs es sich bui den Figuren auf dem Zelt
der Hauptsache nach nicht um pr«ifane, sondern um
mythologische Darstellungen handelt. Dieser Cm-
staud, wie die auffallend germge GrOtse des Stückes
spiicht gegen eine Verwendung dersell»en zu gewöhn-
lichen, d. h. Wohn uugsz wecken. Die sogen. Meiluinzelie,
an welche der eingangs erwähnte vorige Besitzer des
Stückes dachte, waren hei den Siouzsiammen wie hei
den .Algonkins (OJibwuy, Menomini u. s. w.) aufsergewühn-
lieh grulse Hütten, in welchen Tänze xind andere Zer4-
monieen von Zanliererverelneu mit oft erheblicher Mit-
gliederzahl abgehalten wurden.
In der farbigen Ilauptgruppe, welche jedenfull'« die
älteste und viulleicht die einzige ursprünglich geplante
Dekoration des Zelte» darstellt, herrscht das Bild einer
grofsnn, mit symbolischen Verzierungen ausgestatteten
Zuremonialpfeife vor, und zwar in etnum Zusammenhang,
welcher auffallend an die oben erwähnte Darstellung
der Pfeifeutuythe der Dakota erinnert. Ks ist de.Hbalb
die Vermutung begründet, dafs es sich hier um ein Zelt
bandelt, welches ehemals zur Aufbewahrung einer sogen.
boUigen Pfeife als StaiiimesbeUigtums eines der westlichen
Pr&rieatämme, wahr»cheinlich eines der weit verbreiteten
Siuuxstammc diente*^).
Auf alle Falle besitzt das Köuigl. Museum für Völ-
kerkunde in Berlin in diesem Stück eine der unifang-
reich»teo und inU^re^santesteu Onginaldarstellungen zur
Mythologie der we»tbcheu PrÄrie-Indianer.
Wrgl. die Abblildungvn ähulichor Zelte der Omaha
bei Doraey, Biouan Cult«, p. 4UH und 409. f«*mer über di«
heilige Ifelfe der .\rapabo. J. Moouey, op. cit., p. 960.
Der Schellenbogen der Herdentiere und ähnliche Heizgeräte.
Von K. llörmauii. Xüruberg.
ln vielen, namentlich gebirgigen Gegenden ist es
üblich, den Ilerdentiereu — Kühen, Schafen, Ziegen — •
ein Geläute umzuliAiigon, solange sie während der
Sommerzeit atif die Weide getrieben werden. Dieser
Gebrauch ist auch in den Bergen und Thälern des mitt-
leren ^'^uDki^cbcD Jura in Nurdbuyern zu Hause und
zum Teil auch vor dem Gebirge, im unteren Pegnitzthal
beispielsweise, bis in die Nähe Nürnbergs.
Das Geläute besteht au» Kiseiischellen. die vormitt«*]»!
zweier I^derstrupfen an einem hölzernen Gerät hängen,
da» in wechseludur Grofse und Breit« aus «’iiieiii Holzlireti
zugeiwhnitteii und bogenförmig gekrümmt ist (Abb. 8).
Die Hirten machen sich dies Geräte .«eibet und nennen
es ,,$chetlenhogeu‘'.
IHo verschiedenen Partieen des Schelienboguns tragen
Namen. Die Wölbung, mit welcher der Bogen dem
Nucken des Tieres aufliegt, heiDt das „Gewölbe'* und
ist zugleich die Stellu »einer gröCeteu Breite, die
zwischen 10 und 2f> cm schwankt. Nach den Enden zu
wird dor Ikigen um ein Genüge» schmäler, die Enden
»iod eiförmig oval. Zwischen dein Gewölbe und dem
unteren Knd« ist am Band dß.s Bogens beiderseits je ein
halbrunder Kinschuitt. Diese Einschnitte nennt man '
„die Obren“. Die Partie zwischen den Ohren und dem ,
Gewölbe heifst „der Ilalsteil“, <li«jeuige unterhalb j
der Ohren Backen“. I
Glohtu LXXXUl. Nr. 1.
Die Nuhellenbögeu tragen farbige Ornamente, welche
di« Hirten ebeiifall» stdbst herstclieii. Prof. Ranke bat
zuerst auf diese iiitoi‘e«»HUie Volkskunst aufmerksam
gemacht *) und mit mn so greiserer Wahrsebeiolicbkeit
die Vemiutung, dat» sie der »lavUclien Volkskunst ver-
wandt »ei, au»ge»procheu, als auch die Bevölkerung in
Nordbayem ehemal» stark mit Slaven durrb.setzt war.
IH« Hirten unterscheiden verschiedene Arten ihrer
Oniameiit« mit NaTneii und verHichern, dat» jede .\ri
während einer gewissen Zeit in Mode gewesen »ui. Die
Untersuchung der Ornamente hat da» auch bestätigt.
Ihre höchst« .\ii»bildung, ihre Hluti'zeit, hatten die liirten-
oruameiite in den fünfziger oder sechziger Jubrtm de»
vorigen JahrliunderU erreicht. Siutdem »ind »ie lH>»tän-
dig im Rückgang begriffen, sowohl wa> da» Verbrei-
tiiugsgi'biet anhelangt, als auch die Sorgfalt, welche auf
ihre Hersts-llung verwendet wird.
Der weiUiu» gröf»te Teil aller Hirtenornuuiente uiii-
fafst gegenständliche 1 Darstellungen. W' a» daran < >rnaiiient
zu nennen i»i, »ind uuHschliefslicb Pfianzetiuntamente:
vereinzelt »ind auch Figuren, etwa» häufiger wappi'n-
artige Embleme, aus dem Werkzeug der DorHiaudwerker
' au.sgewäblt, in di« stets »ehr einfachen KompoeitioiuMi
*) Rauke, Zur twjer. Vulkxkuud«; a. Midelfriiiik. Onia-
' mente, S. 51 der Bcitr. x. .\nthiMp. u- liRvemii,
I »i. Ti.
2 *
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K. Il»riiiiinn. l>f>r .Scht'|]enK«>g4'ii ilt'r uud »ht3Ürlie llol/gcrate.
lutt L*inbc/üguu. AUe Art«i> (Uei>i'r lbii>ivlliiiig«iii dutieivii j voruiiifncbt . r>o nur zw(ü .scbräg^p, i*icb kruuzcmir*
nufi jüngerer Zeit Ibe ältere Hirteuormtnjentik kennt i gerade liiuieu vorbiuidon sind ( Abb. 4), die bei uaderen
mir geoiuetrircbe lüu'rttcdlungen, d<H:h eind Srbelletibögeii ' Kxeui]ditren h]h ein reines A n d re ii nk rr? u z erkenntlicli
dieser Art selten anzutrefleii. I»er KiitwickeluiigsgHng werden (Abb. bk l»ie letztere Art ist ullerdings «ebr
der IlirtenoriiHiaentik siebt »lsi> im Kiiiklntig mit den selten, denn sie int selnm sehr alt, al>er die daraus ber^
orgiuiischeii Kutwickidiingsgesetzeii der jillgeniuincti Or* vurgegangunen l'uibildungoD sind in ganz Nurdlmyurn
miuentik, für welrho .lie anrh insofern zu interessanten ancb dort, wo schon längst <lie Bögen, wie in der uiittel-
ViTgleicbeti Atilata giebt, als die verschiedenen Arten kriiiikisehen Kbcmo, aufser (tebrancrh gesetzt sind, als die
grnfstenteils durch allmähliche l'mfuruiung des Vorbau* nahezu allein benschenden Backeudekorutionen so all-
«Icueii auseinander bervorgi'gangen siml. geiuein Terbivitet gewesen, Huts auch an der ebeiiials
Zum Beweis greife ieb den HauptbcBtandteil ihrer entsprechend gröfBeren Ausdehnung der reinen AudreriB-
Pnanzenomaincote, die lilüteiifnrin der r«ipe, in der kreuze kein Zweifel besteht.
auf Scliellenbögeii hiinfigfeUm Form heraiiH (Abb. 1 1. I>ie Bio Kntwickelung vorn .\ndreaskrenz zur Tulpe ist
Tul|>e ist überbanpt ein I.ieblingsbild der dentsclien idlenlings uiebt ganz so programmgemäts vor sieb ge-
Volkskunst , das Belno \N erbschätzung der Tnlpenlieb- gangen, und aurb Her Nachweis dieses V^organges ist
habfrei der zweiten Hälfte des 17. .lahrliiindurts ver* niebt ganz ho einfach, als es nach obiger Barstulliing
«lunkl, als die Tulpinizwielieln unter wahnsinnigen Preisen ; vielleicht den Anschein hat. Aufsenlem giebt cs auch
von Holland aus in die Wflt gingun. In die Volkskunst Tnl{»en von anderer und ganz versi-hicdener Herkunft,
fand <lie luljK? verhältnisinäfsig ball! Hingang, der Hirten* Aber auf Abuliclie Weise wurden auch andere und W-
urnameiitik gebrut sie jedoch »T.st seit »-twa der ersten mukIpis die geometri-clien iCinzelhgiircn der ältesten
llälhe des 19. .lahrhiindert.H an. fn der Weise, wie hier I>ekürations»tufe nach und naclj in gegenständliche Bar*
wiedergogebeu, ist sic hier und da als grof.ses Hanptbild | steUungeu übergeführt. Bei den Kreisfiguren f.Abb. 7)
auf Schellenl>r^eTi angebracht, meist aber tritt sie als | war«m ilie Veränderungen weniger bedeutend, sie wurden
Steilgelblüte der NolMUidckorationen auf. fast unverändert oder einfach halbiert als Bluiuon un
In eitlem dieser Art der Pflanzciionniineule umuittulbar einer archfiistisch rohen l'flanzenornameiitik verwendet,
vorauBgegungenen geometri.schen Schcllenbogenstü hat die er*t iin I.aufe des 19. .labrhunderts vollendetere
ilie Tulpe einen formverwiuidten Vorgänger in einer , Formen aimahtu.
eln-ns« häufigen geoiii e t r i sch e ti Figur (Abb. *J), In Thüringen und dem Harz finden sich zum gleichen
deren t^btaaelznng in gegenständliche Burstellungsweise I Zweck des SchellentrageiiH Holzgeräto von Btwa.s anderer
eben dieTnI|>e ist. .\ber uucli diese Figur war nicht als I und iiielirfauli wechselnder Form und uiit anderem Namen.
I'ertiifca von Anfang au vorhanden und ist ainli niclit Man nennt sie „Schellenbügel“ niid „Kaufen“ oder
entlehnt. Sie wurde in fler unb'ren l’aiiie di-s Bogmis, „Kamfen“. .Sie halien einen Imdeiiteni! Kchmäleren Hiils-
anf dem Backen unter <leiu Kinflnfs der eiförmig ovaleu teil als der Schellctibogeii und einen Backeu, dessen
Form demselben während langer Zeiträume herangiduldet, (restalt zwischen runder, hufeisenförmiger und ovaler
und mat uU sie die liier wiedei gegebene .\usprilgung Form wecliselt. die biswoileii ain h iler des gleichen Teiles
erlangt hatte, war sie auf den Halsteil verpflanzt worden am Schellenbogen entspricht (Abb. 9). iVrr llu’sieil ist
und beseitigte hier eine älteix* Itarstelluiigsurt von eben* niclit imuM>r ornauieuiiert, und wenn eres Ut, so si-lieint
falls geoiiietrisclier Bescbaflenheit. seine Bekoration doch weit weniger charaktcristiei h und
Bie llidnteile waren bis dahin die Träger einer von gUdidiförmig als diejenige in Nt>rdbayeru zu sfiu, die
der ib’s Blicken« siiliHtisch ganz gesonderten ttrnanientik l>c'timmten ornomeiitaleii Stilgesetzen folgt. Bus kann
gewesfii, webHio atcii in tapetirinirtig uiii/eordneten l.inii'ii* I aber auch lUNngelhafte Beobai'filiing suiii, denn die Bügel*
Mpielcii bewegte. Bas Muster, welches au^ dieser An* uiiterMichuug konnte nicht in «O ausgedeliDtem Mafsc
Ordnung ent.steht, ist einer textilen 'Technik, dem Stricken, »tattfinilon wie iliejenige d«tr .*schellenbögen.
entnuuiineii . so ilafs der HalBleil wie mit einem wuit* Bagogcii sirnl die Backen des ItügeU allgemein und
masohigen Netz grober Schnüre, auf farhigem Unter- zuweilen sehr reich mit geometrischen Motiven ge-
tri'und, überzogen erscheint (Abb. ti). .\uf dem Bucken schmückt, die in Kerbschnitl ausgeführt und farbig
hat diese (iruppe von < »niaineiiteu den Vorgänger der bemalt sind. Ks Iierrscht grofse Mumiigfaltigkeit unter
Abb. 2 in Cbergangsvariutioneti , aus denen ereichtlicli den Biickemlekoratiouen, sowtdil wan die .Motive als anrli
ist, Jafs die urspiÜuglicbe VerunluHsnug der Figur eine die K»niH)osition anbelangt. .\bcr eine gixilse (Jruppe
ganz allgenieine Tan fass n ngsli n ie war, die in einiger unterscheidet «ich ganz bestimmt, sie verwendet mehr
Kiitfernuiig vom Aufseurnud den Backen umzieht (Abb. 3b <ider weniger ausscblielslicb das Andreaskreuz als
Kine uinlere (imp|K* von ttrnamenten des Halsteiles einzige Bekoration. Ks ist dies ein auffnllender Anklaug
weist statt der taje-lfinirtig «ich fortziehcndcu Stritrk* ati «las älteste nordbayeriselu' Motiv.
»Ulster nur g«*onietriHche Kinzelfiguren auf, Kreise mit ver- Bie Fntersuclnnig der llolzgeräte stellte solche .\n*
schiedt'inni l'uUuiigon (Abb. 7). K« sind das lii«' ältesten klänge aber auch an diesen fest. Ban.-ich Hind die itord*
B«^korationen auf ''chellenlNtgen. iint«?r d«*neu oder hInWr bayei-ise)jcn Ihigcn Tbfiriiigcr Bügel einer gewissen Form
»lenen J«i»'b iiicbls ainbTcs undir nui-bwei-«?ii Infijt. .\nch mit verbi'«‘it«*rtem Ilalsteil ( Abb. 1 2). Biesor \*«Tbreiteruug
bei dicBcii (tniain«‘nten ist die Kinfassnng auf dein Backen verdtinken die Ohren, «las nie fehleinle l'lmruhtcristikuin
iinzutreffen wde Ihm d«Mi vorigen, aber lüiufig noch w«“it«'r [ des nor»ll>i»yrisclu-« Bogen*, welclu's «lie Sonderiitellung
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K. llörnianD: I>ur Scbüllonhotfcn dor Herdentiere und ähiiliebe llolzgerate.
de« Backen:« TerurKAcht-, ihre blntstebung. ]>er Scbelleu-
hogen mula daher Jünger Mein, aU der Scbellenbögel int,
der in einer beiden Crebieten ehemalM gemeinsamen Form
und mit der gleichen Aüdreaekreuxdfknration eiii^lmalH
in ganz Milte]dellt^cbUud zu IIau:<e war> Diese alt-
tliQringische «»der initieldeiUscbe Stammform beider
Bogen> und l)ekoraiiunsarten batte ein Verbreitung^*
grbiet Toiu Harz durch Thüringen bis in die Nähe der
lK>iiau \iud Tum SpeHsart bis zum Fichtelgebirge und
weit in die südliche Oberpfalz»
Die geographische Verteilung der Ältesten Motive
den nonlbajerischen llirtenornamentes giebt folgendes
Bild: Andreaskreuze durch den Harz und Thüringen
nach Nonlbaj'eru bis nahe zur Donau; Kreisfigureii
(Abb. 7) mit Andreaskreuzen zusammen nur in Nord*
bayerii , vurzugKweiNO iin Jura; Kreisfigureii allein ohne
Andreaskreuze, ein minimaler Bestand von Schellenlaigen
in der Nähe des Fichtelgebirgen. Die Frage nacb der
Herkunft dieser alten Mrdive beantwortet aicb nun
leichter. IHe Andreaskreuze sind deutsch, dafür bürgt
ihr genchloaeeues und allgemeines .\uftreteii in dem aus-
gedehnten mitteldeutschen Gebiet, in welchem sie über-
dien auch in anderer Anwendung häufig sind, z. B. Ihmiii
Hausbau.
Die KreinÜgureii .sind als lunzelvorkommnisse zwar
Scliellenhügen und Sei
ü
geHesseuo I>ekoratioD oder Zeiebnuug trug, da» douUobe
Andreaakreuz nämlich. Dieses mufs demnach schon vor
dem 8. mler 7. Jahrhundert aufgekoiuuieu sein.
Nach der »Bavaria“ *) ist der ehemalige Grundstock
der Bevölkerung Nordhayerns von Thüringer .\likuiift,
ein NiiHlenichlug aus der Zeit des grufeeu Thüringer
Heiches, welches vom 5. bis zum 6. Jahrhundert he*
stniideu und vom Harz bis zur Donau gereicht hat. Die
geographische Verteilung der Scbellenliugen und -bügel
zusammen, d. h. das (xobiet der ehemaligen alttbürin-
gischen Bogonslammforut, «ntapricht noch Jetzt ziemlich
genau den Grenzen des alttliüringischen Iteiches. Wenn
hImo ehemals eine einheitliche Form der Hulzgeräte, ein'
beitlicb« Dekoration, deren wichtigsb* das .\iidrea.skreu/.
war, in diesem ganzen Gebiet bestanden haben, so kann
auch nur eine einheitliche Bevölkerung im Besitz der-
selben gewesen sein. Kine solche war aber nach dem
6. Jahrhundert, nach dem Zusammenbruch des thflriu-
gischen Reiches in Mitteldeutschland niemals wieder vor-
handen. Ks i.st daher die .\nnahme gerechtfertigt, <lafs
im 5. und 6. Jahrhundert in Mittuldeutschlaud die Herden
auf der Weide halb, d. h. nur auf dem Backen, dekorierte
Hidzgerate , die oben nachgewiesenu alttbüriugiseho
Stammform der jetzigeu mitteldeutschen Geräte, trugen.
F.in in gleicher Form gebogenes Ilolzbrett halien die
von vielen Orten her bekannt, al>er auf geschlossenem
Verbreitungsgebiet sind sie häufig nur im slavischeii,
inabe-sonderH im benachbarten böhmisch -mährischen
Formenschatz. Die Kreise der Hirtenomamentik sind
also slavizob.
Ks ist hier nicht der Raum, die verwhUMleiieu
Möglichkeiten durohzusprechen, wann die Dekorationen
in dieser Verteilung — deutsch der Backen, .slavisch der
Halsteil — auf die SchelleniMigen gekommen sind. lU
»ei deshalb nur die wahrscheinlichste hier erwähnt, der
auch Ranke schon gedacht hat, dafs die sfavischen (Orna-
mente ein Besitz der eheniaU slavi*chen Bev«dkerungs-
teile in Nordbayern waren und mit diesen dahin ge-
kommen sind, was im 7. und 8. Jahrhundert geschehen
Ut. K» braucht nun durchaus nicht die erste oder «ine
tler ersten Sorgen ilieser Kiiiwnnderer gewesen zu »eiu,
ihre Ih'korarionen <ider Zeichen auf Srhellünb»»gen zu
setzen; wie lange Zeit darüla^r biugegangeii ist, bis e»
geschah, ist ziemlich gluichgültig, der blavisehe Formen-
schatz hielt sich eben länger als ihr Volkstum. Dafs
aber die Itekorationen selbst auf «ehr frühe Zeit zurück-
weisen, kann man doraiy» schliefsen , dafs nur die primi-
tivsten, sozu.sagen prähistorischen Zeulien anzutreffeu sind.
Ks entsteht mm die Frage; Warum haben sich die
slavi»ehen Zeichen nicht auch auf dijm Backen — von tier
erwähnten kleinen Gruppe beim Fichtelgebirge abge-
sehen — sondeni nur auf den» Halsteil angc'iedeltV Kin-
fach darum nicht, weil der Backen schon eine allein-
I ehenfalls »Sch4dleulK»gen‘* genannten, ehemals häufigen.
I Jetzt nuhi^U ganz verschwundenen Geräte des gleichen
Zweckes in Tirol. Doch habon sie eine andere, für jetzt
I nicht weiter interessierende Dek<»ratiou und eine teil-
I weise andere ScheUeiibefestigting. Ihr Hauptmerkmal
^ aber ist, dat» sie backenlo'i sind, d. h. das Ilolzbrett ist
I vom Gewölbe bis an die Kiiden gleich breit und ohne
Kinschnitte oder Ohren (Abb. 10). Gleiche Bögen finden
sich aber auch bei der bajiivariKchen Bevölkerung der
östlichen Oberpfalz, an der IVripberie des Verbreilungs-
* gebiete» der erstbeschriebenon Itögen (-M)b. 8) allerdings
; nicht häufig. Zwischen der Oberpfalz und Tirol, aus
1 Südbnjern, sind keine Uolzgerflte bekannt, .\lleiu ea ist
' Inilzdem möglich, duts die Imjuvarische Bevölkerung
zwischen der Donau uud den Alpen das Gerat ehemals
auch in Benutzung hatte, uIkt weil die Art der Vieh-
haltung gegen früher sich geändert hat, ist es dort iiuf»cr
(iehraiich gekumincii, wie du» beisjtielswfise in der mittel-
fränkischen Kl>eue etwa seit dem Jahr |840 auch der
Fall ist. Die Bögen tlieser .\rt kann man bajuvurische
und südbayorisebe nennen.
Ich habe obeu crwälint, dafs die Scholleiibugel in
Thüringen iukIi einen zweiten Naiucii tragen: .Kaufen“.
I im Harz lautet da« Wort »Kainlen“. Die ItiMleutuiig
des Worte» ist ganz unlH‘kannt. weder im mittel-. Hoch
} *) Bavni-iH. laiud>s. uml Volkskunde de» Kuuigretchs
Bayer«, a. Bd, K IIUM.
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10
K. ilurmunii: Uit Srhetlonhoifon der lleiiltMitiert- und iliiilirhH HoIxKerüt«*.
im a!thorhdenti»ch«*n Wortschatz iat es auffindbar. I>a-
tfotfou iwl seine Erklärung unter ZuhAlfenahnie des Kutf*
lischen nin^Hcb. I>as Stnmiuwort ..kam** ixt ein rer*
alteter englischer Ausdruck für „gebogen, gekrümmt,
Tenlreht“. Ideselbe Bedeutung hat der PruviuzialiMuus
cambering; camber bedeutet «ein bogenförmig Husge-
baues Stück Bauholz*, auch den gekrümmten Kstzen-
Inickel. Manach wftre die Boduiiitiug wohl auch im
Albloutschen iliejenige eines gebogenen, gekrümmten
Stückes Holz gewesen, was Tollkuumien zutreffend ist;
der Name tind mit ihm die Geräte dieses Namens würden
also weit in die germanische Vorzeit zurückreichen, und
dafür sprechen auch andere I’maUlmlv.
lH«r gleiche Name für Geräte desselben Zweckes
findet sich nämlich auch in der Schweiz; er lautet dort
allerdings «Kämfeii*', aber es ist unverkennbar da.s««ll»u
Wort. In Siidtirol, wahrscheinlich soweit es alenmnni.sch
bevölkert ist, lautet der entsprechende Aiiädrurk «Katu-
Hie .Schweizer Kämfen sind zum Teil «ehr reich
bei denen sie fast störend, wenigstens uncrklärlioh er-
scheinen. Pie auswärts gerichtete Stellung der b'ndeii
im Zusammenhalt mit dem gleichen Namen machen die
Peutung zulässig, dafs auch die Kämfenform keine zu-
fällige udiT spät ent.^tandene , sondern alt ist und dafs
mit dem Namen einst auch die p't>rni in Thüringen hei-
misch war. Pas könnte jedoch nur vor dem 5. .lahr-
bundert gewesen «ein. Es würde dies in die Zeit xiirück-
leiten, als das Suebenvolk, die nachmaligen .\lemannen,
seine Wanderungen noch nicht augetreten hatte. Pie
Annahme gewinnt dadurch ati Wahrscheinlichkeit, dafs
der suehi!>che Stamm, der vom 3. Jahrhundert an nach
der oberen Potiau auswanderte, die semnoniachen Jii-
thungen, ihre alten Wnlmsitze zwischen hübe und Havel,
also in di*r Nähe des Harzes hatten*), wo die Aussprache
des Wortes noch jetzt Kamfen lautet. Mit der .Aus-
wanderung dieses Volkes gelangten Name und Geräte
nach Süden, alwr der Name und in den Schafkamfen auch
eine .Andeutung der alten Form erhielten sich im Nonien
Kühe mit Srhellenbogen. Gegend von Hersbrark.
dekorierte Holzgeräte. Abgesehen davon unt<>rscheiden
sie sich von den bajuvarischen und allen anderen da-
durch, dafs sie nach auswärts gerichtete Endeu liabeu
(Abb. 11).
Gerate mit diesem Merkmal und von nachweislich
holiem .Alter — 100 und mehr Jahre alt — finden sich
vereinzelt auch in anderen Gegenden, so z. ß. in Sans-
pareil in der Fränkischen Schweiz, in Netihamiiier iiu
Spesfvart. Wahrscheinlicl« sind sie gelegentlich mit
Schweizer A’ieh. welches jj» vielfach zu Züchtungszweckeu
ciiigeführt wurde, nti die betn^ffeuden Ort« gelangt.
Stiche gelegentlichen Übertragungen genügen indessen
nicht, um ein so uulH’kannles und auffallendes Wort
wie Kämfen oder Kiimrca In Gegenden zu verpffunzen,
die für ähnliche Geräte schon eingebürgerte Namen haben.
Auf diese Weitte kann also die Kenntnis des Namens
nicht nach Thüringen und dem Harz gelangt "Utu. Pa-
von, dafs sich im W<^ten zwi*^chen Thüringen und der
Schweiz die gleicben Geräte mit demselben Namen vt)r-
finden, ist auch nicht ilie Hede, im unteren Rheinthal
giebl es überhaupt nichts dergleichen, und im Schwarz-
wald hat man wie in den Vogesen seit alters IGemeii,
um die Schellen uuzuhängen. Alter wenn auch irgeml
ein Zusammenhang jemals bestanden hätte, so bliebe rirtclj
«lie Formver-rbieiienheit der Geräte in beiden Gebieten
unerklärt, die nicht erst kürzlich entstamlen sein kann,
da die jetzige thüringische Form bis ins ß. mier 5. Jahr-
hundert zurückgeführt werden nmfs.
Nach auswärts gerichtete Enden in SchellenlMlgen
sind auch in Thüringen nicht ganz unbekaiint, aber nicht
Ikü Kuh-, Honderu an den weit kleineren >cliHfkaiifen,
deshalh, weil Telle des Volkes zurückgeblieben sind. —
Pi« v<iii der Zeit de« thüringischen Reiches im 5. Jahr-
hundert an in ganz Mitteldeutschland vorbaiideneu
Geräte müssen in ihrer unteren Partie schon eine Ver-
hreitenmg, einen Racken gebuht haben, weil da« .Andrea«-
kreuzzeiclien darauf untergebraebt war. Piese Verbreite-
rung ist nicht an der Kamfen-, «ondern an der
Bogeiiform vor «ich gegangen. Eine solche Annahme
hat aW zur Voraussetzung, dafs solche Geräte zwischen
dem 3. und f). Jahrhundert in Mitteldeutechland vor-
handen waren, au demm die Veräiiflerung vor «ich geben
konnte. Zti jener Zelt ssGcn Hermunduren und diesen
verwandte .Mark«»maiinen, die iM'karmtlich in späteren
Wohnsitzen Bajiivartui genannt wurden, in dicHen Gegen-
den. hic .Annahme, «lufs «iu schon zu jener Zeit im
Be-itz dcH «Schelleubtigcns“ , den ich <ibon als bajiivari-
«chen beschrieben habe, gewesen sind, ist in hvp<jtbetischer
AVeise zulässig.
Es würden sich also für da» alte Peutachland zwei
Terechiedene llo]zhogentTi>en ergeben, die Kamfen- und
die Bogenform. Krater« ist fast utiv«Täridert in der
Schweiz, letztere fast unverändert in Nordtirol und in
reilen der Oberpfniz bi« zur Gegenwart mler wenigsten«
bi.s in die jüngste Vergangenheit erhalten geblieben.
Au« dem Bogen ging die altibüringische Form mit
einem Backen und aus dieser die jetzigen Sehellenbügel
in Thüringen -Harz und die Schellenbögen in Nord-
bayom hervor.
*) V. Krckerl, Wnmierungen umi Sic(|>>)uni;en der geruiHiii-
«cheti Klamme in MiUcIvuropa. Herliii h»oi. Karte VIII.
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Henri Zondervitu: r>ie Krweitarunfr nnoorer Kemitninao von Niederiäadisoh Neu-(iuinua.
11
Mnu braucht die Wahr^chemliobkcit der zu begründen I
Tersiichten llypotheae nicht in Abrede zu stellen, aber .
OK muf.^ zugegeben worden, dafn keine thateärhlirhoo
Ik'weiae dafür Torkaudeii aind und auch uieiiiale mehr |
zum Vurechein kommen können, denn lloiz iat ein ko j
vergkuglichea Material, dat» kelno Huffnung beatebt, Ge- .
räto auH ao alter Zeit |emalK noch anfzufinden. Und
dr>ch lüfKi »ich efn wenn auch indirtfkter NachwetH führen,
iiUiuUch verittiiteUt der Schellen. In einem folgenden |
Artikel aoUen daher auch die Schellen kurz beeprochvu
werden.
Da» Manuekript für eine grölHero Verüffontlichung,
die ulloH l‘jnHchli«gige erschöpfend behandelt und he-
aondera auch die Grundlagen für die hier zum Teil
uhiio Molch» wiederg»g»l>oiien llyputheBou nachwoi»t, int
fertiggextellt unter dem Titel: ,I>er Schellenbogeii. Küie
Monographie der lliriengeräte de» FränkiKchen JiiraH untl
anderer (»egenden.“
Die Erweiterung unserer Kenntnisse von Niederländisch Neu -Guinea.
Von Henri ZouderTan. Groningen.
Hoi keiner der gröfseron niederländiKchen Inseln int
unser ^Vi«>a»u bis heute so lückenbaft und lieschrankt
geblieben al« bei Neu -Guinea. Trotz der zahlreichen
Keinen von nioderländtMcheu und fremden Forschern
Uugt das unbetretene Gebiet schon an, sobald man sich
ein oder zwei Tagereiaen von der Küste entfernt, hat.
Hin« Karte dieser Insel, welche nur wigseuschaftlich ver-
bürgte ’rbatsachen bringen würde, würde sich als ein
riesiger weilser, von einem schinalcu bunten Saum um-
gebeuor Flecken darstellen und die einzelnen Linien,
welche bekannte MufsteiJe oder Keiserouten im Innern
augel>on, würden nur wenig dazu l>eitragi‘i). die Ein-
förmigkeit diese.» Fleckens zu unterbrechen. Ks ist da-
her eine erfreuliche Erscheinung, dals die niederländische
Regierung, allerdings aus politischen Rücksichten, vor
einigen Jahren beschlossen hat, diesem östlichen, austra-
li.'ichen Teil ihres Kuloi]ialrviche<j gröfsercs Interesse zu
widmen. l>urch Anstellung von Reauiten daselbst wird
sich auch in wissenschaftlicher und wirtwjhafllicher Hin-
sicht das Hunkul allmählich lichten, ja zu einem kleinen
Teil bat solches bereits stattgefunden, Nach einem in
der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderte verfehlten
Versuch, die Insel tfaataachlich in Resitz zu nehmen, hat
es mehr als ein halbes Jahrhundert gedauert, bis der
zweite Versuch gemacht wurde, welcher «ehr wahrecheiu-
lich ein besseres Ergebnis verspricht.
An der Südkuste sind zu beiden Seiten der nieiler-
iäodbich-englischen Grenzscheide die Tugereetämme Mefs-
hafl , deren rogelmäfMig wiederkehreude Haubzüge die
Nachbarstämme in fortwährendem Schrecken halten *)•
Nicht nur ertönen wiederholt Klagen bet der niederlän-
dischen Regierung über von ihnen verübte .Angriffe in
dem niederlämliscfaen (lebiei, so z. R. im August 189(i
auf ein englisches Schiff, 1898 auf den auf der Thtjrxday-
insel ansässigen deutschen Kaufmann ('. W. Dammköhler
und 1901 auf den lüigländer G. \V. Pim und di»
Deutschen Damiuköbler und P. Hreuer, wobei letzterer
den Tod fand, während die beiden crHU*ren verwundet
und ganz ausgeraubt wurden ^), sondern die nie<ier!&n-
diseben Tugerea untemahnjen auch fortwährend Raub-
züge in da.« cngUtMshe (»ebiet. Auf einer Heisedes uieder-
Iftndisrh-indischen Dampfer» „Generaal Pel“ wunlen am
27. Dezemlwr 1899 in 8" 36' .»udl. Hr. und 140*^ 12^ö«tl. L.,
also ganz nahe hei dur Grenzlinie, ein Offizier und zwei
') Her Namo .Tugera* ist in dem niederländischen Küsten-
teile bekannt und (MNieutet in der Kpracho d«>s etiglUchen
(ietaets ,Mesw>rträ:;er‘‘. ItersidlMr rtilirt von eitiem zum Kopf,
»beclilngen tid*limrnten M**hmt her, welcliu# die Tujr‘*re an
einem Bindfaden la-feMtigt um den Kais trauen. «Tugare''
ist daher eigentlich «in Hpitznatue, ebennu wie „Papua“, was
.Sklave“ bedeutet. Kolotuaal Veralai; Anhamr A. S. 2.
•) Aunual Report on British New-duinea Ist*?— I89W;
Koiimiaal Verslag 1901, Anhang A, H. 2fT.
Maschinisten, welche sich ans I.And begehen und zu weit
in iias Inner» gewagt hatten, gefangvu gonommuu, er-
mordet und aufgefrassen ’),
Schon 1893 wurde von einem uie<lcrländiHchen .\um-
schufs geuiiu der Punkt fastgelegt, wo die Südküste von
dem 141. Meridian von Gr. geschnitten wird, um dadurch
in Zukunft foststelleu zu können, ob die Räuber auf
niederländi.»cbeai oder engliscbem Gebiet sefHhaft waren.
K-h wurde beHtimmt, dafs die (irenzc von dem Aleridiaii
der Mündung du« Bensl>acbffus»es in 141*^ 1' 47,9" östl. L.
nordwärts laufen sollte, bis an den Klynuf» und weiter
diesen Flufs entlang, bis der genannte Meridian den
FluD zum zweiten Mal» schneidet^).
IKe Art und Weiae, wie die niederländische Ragiormig
ihre Autorität an den Küsten Neu-Guinaos aufrecht zu
erhalten suchte, indem nie nämlich diuselben dann und
wann von einem Kriegsschiffe befahren lief«, zeigt» zieh
als durchaus ungenügend und so wurde 1898 bescblosBeD,
zwei Henmte (KontroUoure) dorthin zu schicken. Jeder
bekam eiuc Abteilung aogenaunter Polizeisoldaten, sowie
»inen kleinen Dampfer zu seiner Verfügung, während
später in jedem Teil ein Assiatent-Kontrolleur angcBtetlt
wurde. !>er Beamte der „.Vfdeeling Noord Niauw-Gninea“
I erhielt Monukwari (Landacbafi Doreh) ala -Standort, wulche
; Stelle in Übereinstimmung mit den dort jahrelang tbäti-
\ gen Missionaren ausgewählt wurde; derjenige der Ab-
■ ieilung „West- en Zuid-Nieiiw -Guinea“ Fak-Fak (I^aud-
echaft K.tpaur) an der Westküste *’). Weil «ich heraus-
stellte, dafs in dieser Weis« den Raubzügeu der Tugores
nicht Einhalt gethan werden konnte, wurde im Januar
1902 eine selbständige dritte Abteilung „Zuid-Nieuw-
Guinea“ gebildet, weicbe sich von Kap 8teenboom bis
au die Mündung des ifensbachflusKea erstrekt, mit
Meraukf als Sitz des Regiernngsbeainten (AssiBtent-
Resideut), sowie einer Ih^satzung von 4 Offizienm und
160 S4»ldaten*>.
Di» fortwährenden Reisen der Heantten. welche mög-
lichst danach atrebteii, mit dou Küsteiibcwohncm in
näher» Berührung zu kommen, haben dazu beigetragen,
die dortige politische und wirtschaftliche I^ge zu ver-
bes8»ni und auch unser» Kenntnisse dieser Gegumlen
ein wenig zu bereichern. In letzterer Hinsicht ist es zu
bedauern, <lafK für die g<H>graphisch» .\u»bildung der
Beamten vouRegieruugK wegen nicht mehr Sorg» getragen
wird, denn jetzt beschränken sich die Mitteilungen in
den umtlichuQ Berichten mir zu oft auf die Erwähnung
*) Kiiieti ausführlichen, rem dum B4>»mU*ti in Kak Kak
aufgHstellien B*-*richr ülwr di© späieren N.ichspüningcn. «Ins
1,0« dieser Unglücklich«!) lK*ir»ffend, hracht» der Javiwh«’
L*ourant‘vom I. -fmii 1900.
*) Tijdechr. V. h. Ki>n. \©d. Aar«lr. Ocn. löOI, S. Say.
Kidnuiaal Verslag 8. 23.
•) Kbend. 1902, 8. 8.
1 , Goo
12
Henri /uii'lervn ii: IHi* Kr\»c‘itnrutif! iinserfr KciintttiB«e von N iederlätidiflch Nvu-H uiiiea.
der Namen vuq l4iml>‘('hHrtea, Dörfern. Flußmündungen
und Vulkii^täinnien.
A)p* eri^te Aufgabe haben dieUeamteu dafür zu Horgeii.
daß die fortwährenden Fehden unter den Kingelioreueii.
»owie ilie uuaui!ge»etzte gegeuüeitige Heraubung aufhört.
Kn IuS’>eu üich jetzt xrlimi in die«er Ueziehiiug nn nielire-
ren Stellen erfreuliche Fortschritte Terzeiebnen. So lieifst
e» von der Wcstkünte ^): Iho früher verlaNnoneu Küsten-
dörfer wenlen jetzt allmäblich mehr bevölkert und in
dereu Nahe Äcker angelegt, währt>nd die vordtMii auf
der liistel Tubi Sernn unansnigeu Kuufleute alle nach
Fak-Fiik überBiedelteii. /war wird hh ni»ch Iäng*‘re /.eit
dauern und viel AuBtrenguug orfurdurit, biH allerorten
Uuhe und Frieden herrachen wird, abi>r eine Zunahme
der Wohlfahrt bt jetzt schon <la und dort sichthar.
Neue IWrfer «nt.-teben. die tiärten werden sorgfältiger
W&rbeitet, die Zahl der größeren .'•chifFo nimmt zu. .Auch
au der Nordküste, a'o bia dabin Kriegs- und llaubsüg«*
an der Tagesordnung waren, ist manches Iwsser ge-
worden, trotzdem die Hestrebungeii derHeamteu dadurch,
dafs es keine einflußreichen näujiUinge zu ihrer Unter-
stützung giebt, Mehr erschwert werden. Dennoch ist
man hier schon so weit gekommen, daß die F.ingehoreneii
sich über erlittenes 1‘nrccht oder bei entarheidenden
Fragen hülfusucheud an den Iki^amten wenden. llier
ist di« Uegiernng jetzt auch ini stände, Krkiindigungeii
einzuzieheii über die Verhüliuisse doa Hiuterluude», wo
die Itevölkenmg noch auf sehr tiefer Kulturstufe steht,
llesuuderi« in der Gegend östlich des Maccluergolfe» sind
Mordzäga an der Tagesordnung und ebenso ist die He-
Tülkentng des Arfakgebirges in ewiger Fehde begriffen *>.
Noch weit schlimmer sieht es an der Südküste uns, wo
di« Tu^>rvs sogar einen Angriff auf die niederUndisclu-
Niedcrlassnng versuchten, jedoch ziirückgeschlageti wur-
den, nachher aber noch manche ^fordthut an Personen
verübtem, welche sich aulserhalb <l«r Itrahßperr« des
Militärlagers wagten. Dabei wüteten Kraukbeituu, be-
sonders Bern -Harri und FieWr fürchterlich unter den
Arbeitern sow'obl aß unter den Soldaten, so daß in den
Niederlanden zu wiederholten ^^alcll Siinimen laut
wurtlen, die Niederlassung an der Sfldküste entweder
aufzuheben oder wenig.-teus nach einer amleren Stelle
zu verlegen.
In der aUerletzten Zelt scheint aber, wie aus den
jüngst erschieneueu HegierungBheriebteu und den insel-
imUHcheD Zeitungen bervurgeht, sowohl ge»undheitlich
aß auch was das Betragen der FJogelmreiien angelit,
eine merkliche Benserung eingetreten zu sein. Min austra-
lischea Handelshaus errichtete nämlich in Merauk« einen
Tuko (Bazar) und ließ datiellist ein Schiff zurück, um je
noch Ißdarf Waren von «ler Thursday-Iusel zu holen '”*).
Ks hat Bich dort ein fester Markt entwickelt, wo von
den I’npnas 1‘isong, Kokosnüsse, Vögel, Schweine, Kän-
guru» und Fische gegen Messer und Äxte vertauacht
werden. Ohne die geringste .Aiig^t und Scheu verk4dircii
»tie Kingebiirenen hitu’ mit den H*>wohnerii der Nieder-
lassung.
Voll den Heben der Beamten sind zu erwähnen
ersten» diejonige im August 1H5BI von Fak-Fak nach
den I Dörfern an den Golf vouBeruuw und an den Ißtoui-
GoU (Mac riuer). .Vn diesen ladden Baien wohnen Ttm
Kap Uunmkaiii an die Stamme Berauw, Ihuitoiii, .\jer
Karanas. Sekar, Sopi uml Onin. hu Juni und November-
Dezember lÖlMt wurden Helsen in südlicher Hiebtung
unteriioinmen. Von Kn)) Bnik bis Ka{> Kntumin i-t die
Küste hoch und »teil und gänzlich unbewohnt. Sie ent-
*) Koloiiiiial Versink luoo und isol.
") Kßoitl. lWO'J, K.
*) Kliend. a. »n.
hält zwei gute Fluchthäfen, von denen einer bei Kap
Wap in der Nähe Kap Katumins aß ZwischenstaGon
sehr geeignet ist. Bis K»|* Bum bleibt die Küste steil;
sie ist schlecht bevölkert als Folge der früheren Haub-
züge dorthin; das Innere ist etwas mehr bewohnt. An
der Nurdküste fand Juni IsflO eine Heise bis an die
niederläudiscb- deutsch« Grenze statt. Auch befuhr in
diesem Jahre der Dumpfer „Generaal iVl“ die Südküste
bis zur (Treiizscbeide, wobei sich der oben erwähnte
traurig« ZwisidiHnfall eruignetc.
Im Jahre IKUO wunle die Küste von Fak-Fak nord-
wärts bis in die Gegend von Sipatnaiiam, östlich der Insel
Bniu Putih befahren und einu wichUge Keise der Süd-
kfiste entlang bi» zur Thiirsday-Insel fand statt, wo Bi-
spreirhungen mit dem Stattbalter von Britisch Neu-Guiuen
und dem Gouverneur der Torre* -Struits behuß Maß-
regeßrgreifung gegen die Hauhzüge der Tiigeres gepflogen
wurden. Bei dieser Heise wurden Verbindungen mit
dem Tiiiiowakastamm angeknüpft, welcher zwischen Ka{>
Biiru und Kap St4H>nbuom wohnt und wo in nordwot-
südösllicher Hiebtung an den gleichnamigen Flüssen die
I^indscliafteD Buru, Nnpuk«, Potawai, Katya, Kottegak,
Aidua, I’mar, Jeruwe. Taukejuk, Nojayak, Jerak, Pejok-
wak, Paiirauke. Fwaiidyak, Kipiak, Mn)>arak, Akurak.
Wamokak, l'tauata, Mu{M>roke und Wauokak gelegen
sind. Vt>n Kap Steeuboom bis Providciitiaalbaiik wohnt
der Tiniekauwestanitu, in dessen Gebiet von Nordwest
nach Südost au den Flüs-en gleichen Namens die Lnud-
Hchaften Kamoroknk, Paripyak, l)iirowyak. Bigowyak,
Mimikak, Wanyak, Attuku, Nuwerepi und luyak auge-
troffen wertb'ti. Attoka gegenüber liegt die lusel Puridi.
weiter östlich um l'marflnfs die Landschaft Uniar. Der
Torostamm hat sich an beiden Seiten iler niederländisch-
hritisi'hen Grenze angesicdelt. Die Südküste ßt reich
an geschätzten Holzarten, sowie an Kokoiinüsseu. Massooi
und Paradiesvögeln, das benachbarte Meer an Perlmutter-
austem, Perlen und Tri)mng. Daher wurde die nieder-
ländisch-indische Hegiening schon verschiedontlicb von
australischen linndieni und Perlffschern darum ange-
gangen. »ich dort niederlasaen zu dürfen. Auch von
.Missionaren der Thursday- lusel wurde an sie das An-
suchen gerii-hlet, unter den F.ingelM>reuen ihre Thätigkeit
aiisülven zu dürfen. I>ie Bevrdkerung ist, wie schon er-
wähnt, durch ihre Raub- und KriegsMicht weit unil breit
bekannt und gefün'htet. Dats ee ihr andererseits an
Begabung nicht fehlt, beweist »i« dadurch, daß z. B.
die Fferbewohner des unteren Meraukeflusses große
\\ aKserbehälter aiilcgen, welche klare», gute» Triiik-
wasser enthalten, du das Flufswasser brackiseh ist; sie
verbinden ihre Itörfwr durch zwei Meter breite, gut iinter-
haUciie Wege, legen um die Wohnungen hohe Zaiiii« an,
sind gut« Ack«rhauer, her«iten große Mengen Sago,
züchten mit Vorliebe Blumen . schmfickei) die Pfeiler
ihrer Häuser, ihre Boote, Waffen, Geräte, .SihumckHacheii,
ja fast joden (tegoustand mit zierlicher Si'hniizarbeit,
liefern vorzügliche» Fleirhtwerk und Seile und verstehen
es, mehrere Farlum geschmackvoll anzuwendeu. Aller-
dings heißt e» auch von ihnen: ..Kein Volksstanim Neu-
Guineas ist .mi bildiiugsfähig wie di« Kiugeborem-u dieser
Strecke der Südkißte
Von den zahlreichmi Flüssen der Südküsle wurden
zwei erforscht und kartiert, nämlich der .\mherauke und
der Merauke. An der Ainl)«raukt‘mündung liegt da»
Dorf Kuinlieke. «lesseu Bevölkerung sich anfang» aß
»ehr fi‘ie<l liebend und zugänglich, nachher nluT aß frech
iintl diebiNch kennzeiebnete. Ik>r Fluß itt bß 25 Meilen
von der Mündung gut schiffbar und hat hohe Ufer,
'*> Koloniaal Verklag 190I, Beilage A. S. 14.
L : i rr. by Google
13
Henri /.«nxh^rvau: IHe KrvreitHruiijr utificrvr Kenittiiiiiac vi»n NiederländiBoh Nou^Ti uinra.
welche etark bevölkort tiiiid. Der lloileu i«>^t mi»
KchichM-eoi UiniisKtein undScbiefer ziiMninmeiif^eeetzt mul
i«n vielen StMleii wit hohen («rashAukim IxHieckt, welche
in gri^i>erer Kntfenmnjf von der Kiii>te umfanj'reicher
und mit Kokfx>nuTNW*nldun^en bedeckt Hiiid, zwhtclu'tt
welchen die Dörfer liuffen. Der Merauke oder Mrouke
wurde 40 Meilen und UIOl von neuem bis an neine
Quelle befahren. Au» dem errfen Hericht erfuhren wir,
dafs es ein schöner, breiter und tiefer Klufs Ist. dessen
Ufer nn der Munduoi;; 3 m koch niixl. .\uch hier
tret^'U ausj^edehnte . fruchtbare (ira8{)!ateuiis auf. mit
KokosiiufswnldiiDgen bedeckt und <lirht bevölkert, l-lrst
20 Meilen von der Kü»le enthalt der Flufs hUl»e!>, tnuk-
Imres WasMer. Die Bewohner zeigten sieb als sehr feind*
aelilf und machten es zum Schlüsse nöti^, das Itorf
Kajukurike »iiuimscberu. Kbensu wie bei dem Ambe*
ranke ist die Landschaft reich au vielen brüten Nipah-.
Hainbus*, Nibun^- und andertui Holzarten. Bei der Fahrt
auf dem Meraiike im April 1901 drang der Marine*
leutnaiit Hrust bi» 7*20' 17" Midi. Br. und 14Ü"49'33"
iNitl. L. vor, wo die Schi&barkeii auch für Schalupjien
ihr Knde erreicht")* Der Flufs entsteht hier au» der
Abwät-Kerung eines auHgedohnten Moraatwaldes und bildet
aiifung» einen unlmleutcuden Bach, welcher sich in 7*
26' 17" zu einem kleinen See erweitert, von etwa -10 m
Durchnio!v'*er und ganz von undurchdringlichem Wald
eingefufst. Weiter abwärt» erhält der Merauke bald 10
bis 15 Ul Breite und 5 bis 6 m Tiefe. Die zahlreichen
in dem Flufs wachsenden, sowie die vielen treibenden
toten Baumstämme er»chweren aber überall die Schifl-
burkeit in hohetu Mafse, was durch die zähen Rotang-
uiid Schlingpflanzen noch verschlimmert wird. Die Ufer
hleiben lange Zeit niedrig und sind au mancher Stelle
üherschwemiut, der Fluf» strömt grÖtstenteUs durch eine
monotone Morastiandsrhaft in Kordsädrichtung mit vielen
scharfun Biegungen. Soguuaniite nGrasbänke** sind zahl*
reich, werden nach schwerem Hegen oft losgerissen und
stromabwari» geführt. Da» lltuhirlaud liegt höher und
ist bevölkert. In 6*1' 12" fällt ein Xebenfliif» in die
Merauke. Durselbo wurde bis au die britisebe Grenz«
befahren, hat ein« oft westlich« Hiebtung, eine mittler«
Tief« von 9 bis 10 m, an der Grenze 30 m Breite und
dunsellHUi Habitus wie der Uauptstrom. Von hier an
ändert letztoror abar deinen ('harnkter, indem die Ufer
hoher werden und die Morastlaiidschaft verschwindet;
hingegen giobt es zahlreich« (iraKbäiike und besonder»
nah« der Küste kommen überschwemmte Strecken viel*
fach vor; vermutlich infolge täglicher Überschwemmungen
de» Meere». Der FiuTs wendet sich nach südwcatlicher
und westlicher Uichtuiig, bat eine wechselnde Tiefe, in
der Nähe der Mündung bi» 500 m Breite und gut be*
völkerte Ufer. Die Bewohner stimineii mit denen der
KüHte überein.
In geriugur F.ntformmg von der .Nlünduiig der Merauke
fliefst die Selerika in da» Meer. .\n ihrer Mündung Hegt
das Dorf gleichen N'amun». (iui unterhaltene Wege,
welche auch für Pferde gangbar sind, zumal über diu
Wa»s«rläuf(> Brucken errichtet sind, führen von hier in
du» Innere, welche» gut bevölkert ist. Das»ell>e gilt auch
von der Gegend zwischen KapWenerik« und dem Java-
flufs, obwohl »ich am Kü»teu»uum »elhnt keine Dörfer
befinden, ln der Nähe dea .laviiflu»»«» i»t die Knete
stark mit Hhixophoren ImwachHuii und keine Spur eine»
festen Boden» zu »eben ").
Auf einer Reis« nach dem Golf von Beraitw im
August 1901 wtmlcii dio an der Südkäste derselheti
•D Ti.i«l»chrift v. h. Kon. Ned. Aardr. Oen- 1002, K. ff.
I>« Krouke rivier (mit Karte).
'*> Tijdschrift v. h. .\an1r. Oen. llHtl, S.5öt,l.c.
liegenden Dörfer Uumbati, Patipi, Sekar, Wertuwar und
Aerguui, sodann an dem anderen Ufer die l.aiidscbaft
Bim besucht. Wie schlimm die Verhältuisec hier noch
sind, geht um besten daraus hervor, daf» «» am Birafluf»
nicht eine Niederlassung giebt: denn aus Furcht vor den
; ewigen Überfällen bat die Bevölkerung ihre Fkirfer an
den Nelwnflüssen gebaut, welche nur für klein« Nachen
schiffbar sind. Duui»ell>en Zustande bifgegnoi man au dur
ganzen Södw'estküste bi.» an die IMHangbai.
.\n dur N(»rdküsto wurden 1901 und 1902 mehrere
Fahrten in der Geelvinkbat ausgidührt, viele der dortigen
Inseln besucht und di« Küsi« bis an die deutsche Grenze
befahren, wahrend da» KriegssohilT „('eram'^ die Küste
der Ilumbflldthai (Juli - September 1901) aufnahm und
die loige de» Meridians 141* ö»tl. L. genau bestimmte,
wobei auch der Tamifluf» und der Santanisee erforscht
wurden. Im September 1901 machte der Regienings*
boumtc innerbalb sieben Tage «ine t^berhindreise von
Karwan an der Geelvinkbsi bi» au den Mac Huergolf
und zurück ' *).
Die »fM?beii erwähnt« Erfui-schung de» Santanisees ge-
‘ schab (August 1901) von Jautefa, der tnntireu Bucht der
Humboldtbai. aus"). .\uf der Heise dorthin wurden
als Lastträger l*apuafrauou benutzt, welch« 50 Pfund
auf dem Kücken trugen in einem Sack, dessen Schnür«
um di« Stirn geschluugon waren. T«ilweiMs waren diese
Frauen ohne jede Kleiduug,t«ihi trugen sie einen Lenden*
gürtel. jedoch auf ihre Frisur batten si« alle Sorgfalt
angewandt ‘‘)-
Der See hat eine sehr unregelinäfsige Gestalt nnd ist
ganz von bewaldebm, 150 bis 300ui hoben Hügeln ein*
geschloKseu. Da» Uferhiud ist da und dort schlammig
und trägt alsdann Sag<jwä)der. Der See dehnt »ich in
OHtwetiilicher Hichiuug au» , ist etwa 10 Seemeilen lang,
im Mittel 25 m tief und wird von dem Djafnri ent-
wässert, dessen Ursprimg am «Vstlicbim Knde bei dem
Dorfe Poceh liegt. 1 >ih an dem S«e gelegenen IWrfer
sind: Poi^b, Ajapa, Asse«, Netiar, Ifnar, Poejub. Jube,
Assöe. Abuar. ^imboro. Ifaar farengkoug, Lesur. .lachoute
und Dojob. Die Bewohner sind von kleinerer Statur als
an der HumlmMtlmi, scheinen friedliebend und tüchtige
.\ckerbauer zu sein und legen grofsu (rärten an. .(«der
Buwohner hat »ein Boot, nlfa** geheifsen, nur einer Person
Kaum bietend-, ilaneben giebt e» aber auch „Franenboote“
(Kahig), welch« bis für 12 ]*ersonun geeignet sind. Nur
verheiratete Frauen tragen einen Schamgürtel, dun un-
verheirateten ist er untersagt. Das Haar wird n>t ge-
färbt und mit Federn geschmückt, da» Gericht teilweise
aogeschwärzt, während bunte nnd scharf rieebende Blätter,
welche auf dum Röcken, dun .\nu- und Buiuringen be*
fusGgt werden, den Schmuck vollenden. Als WaflVn
dienen Pfeil nnd Bogen und Dolche, während lang« höl*
zerue Speere wahrscheinlich nur bei der «Tagd Verwendung
I finden. Die Waffen zeigen oft schön« Schnitzarbeit.
J Auch Schweinezucht und Fischrmig wurden butriehen.
Die Wohnungen »tehen auf Pfählen, sind groI». iilmr
dunkel, das Dach reicht bi» auf den Boden. Nur in Haar
giebt es einen Teiu|>el von ähnlicher Form als an der
llumlmldtbai. hingegun in jedem Dorf eine oder mehrere
Wohnungen zum nächtlichen Aufenthalt der Jüngling«,
zum Abhalten von Versammlungen und Aufenthaltsort
Koloiiiaal Vemlag Ittoz. S. 6ä.
‘*) Man vurgleirhu über die»«n Kuq auch die Mittuilungun
des Missionars G. L. Kink in dur Tijd«c-hrift v. h. Kon. NVd.
Aardr. Gen. K. Ü25 ff., und Inder 'J‘iid*«‘hrift v.h.Katnv.
(;cn.. Bd. XXXIX. S. UH ff.
*^) Tijdsrhrifi v. h. Kim. Nud. Aardr. Gun. n»Q2, S.
Hut Kiiiitaniinuur. Ilui (‘y«*lo<)p 2 uWr^fu. Ii.* Wilhulmina-of
Tami rivier.
„ jiiircd by Google
14
llr. Buiitan» Ad«chi:
T»u Frtfuiflen. Auch finden wir dort Häuptliugfe, deren
Autorität gröftmr iNt als an andereu Orten Neu-tTuineuii.
Oie Henteigimg den fi670m hohen Gipfels Oafonto
oder Oafousero duit Cycloopgebirge» erfolgte bei schlechter
WiUäriiitg, so duf.*> keine Aussicht Di«>glich war. Dennoch
scheint es festaustobun, dafs «» in die-«em Teile der luael
kein i^ntrulgehirge giebt. Hingegen gelang es, roii dem
Snntanise«« aus dem Djafuri entlang in den Tuini- oder
WiJhL‘tu]iiiuflufs au gelangen und auf dem letzteren die
Kü^te zu erreichen. Ks ergab sich dabei, daf» der Tami
nur für die Boot« mit uiuhuinuscher Mauusebaft schiff«
bar ist.
CTber die ArFu oder .\rfusi, welche im Hiuterlund der
kleinen (teelviukbai und der Boropeiibai an Neu*(iuineaH
Xordkiiste wohnen, machte der Missionar Mnuleuburgh
nähere Mitteilungen Sie leben in der Umgegend des
200 m hohenftunung Blangan und Ntiuiiiien ihrem Xuraeren
nach mit den ArFaks überein, sind nur kleiner, äugst«
lieber und unkultivierter. Ihr Name rührt wahrschein-
lich von nHalifuru*^ (Bergbewohner) her. .\n Körper«
schmutz und Hautausschlngen überbieteti sie wohl jeden
anderen Stamiu dieser Insel. Ihr Haar tragen sie in kleinen
Locken als Kränze um den Kopf, von Kleidern tragen sie
nur einen Lendengürfel. Die Wohnungen sind auf hohen
Pfählen gebaut und der i«äuge nach iuzweiTeilegetailtreine
Abteilung für die Männer, die andere für die Frauen. So-
gar die Mahlzeiten werden uiebt gemeinsam eingenommen.
Der mehr intime Verkehr der beiden Geschlucbier findet
**) Tijdschrifi V. h. Ko«. Ned. Asnlr. den. 1»02. S. l63ff.
(reruob der Kurupier.
I
mir iiii Walde statt Kine KlieschlieFsung wird voll-
zogen, nachdem Mann und Frau einige Zeit zusammen-
gelebt habun und ein Kind geboren ist. Die Hoebzeits-
feierlicb keilen dauern im allgemeinen einen Monat. .\U
Liebliiigstiare gelteu die Schweine, welche innncliiual
von den Frauen ernährt werden, ladchen werden in
sitzender Haltung geräuchert und getrocknet, »odanii in
einem ausgebrannten Baumstamm aufbewahrt. Kang-
unterachiede giebt es nicht bei den Bewohnern; man hat
weder Häuptlinge noch Sklaven. Diu Bevölkerung übt
einen sehr primitiven Ackerbau aus und lebt hau^dsäch-
licb von Sago. .\1» Waffen dienen ihnen Speure, sowie
l^fuU und Bogen, lin Kriege verlegen sie sich Vorzugs«
weise auf Meuchelmord. Geschieht ein Kriegsziig aus
Uachc. so versucht man einen Kopf zu erbeuten, bei der
Heimkehr wird um densellwii zuhn Tage und Näcbte ge«
tanzt und gesungen.
lane bedeutende Krweitening unserer Kenntnisse
Neu-Guiuea.'« ist zu erwarten von der wissenschaftlichen
Forschungsreise noch der Humboldibai, welche augeii-
bUcklicb von der „Maat-«chsppij ter bevordenog van hcl
Natmirkundig oiiderzf>ek der Nuderlandsche Koloni^u**
vorbereitet wird. Sie m> 11 im Jahr 1903 zur Ausführung
kominen. Die niederländische Regierung hat 10000
Gulden dafür besliiumt. der Geologe Prof. ILWichmann
in Utrecht die wi><Henscha{tlichu Führung übernommen.
F.r wird von Dr. vau de Saude als Arzt und Herrn de
Beaufort als Zoologen begleitet werden , während sich
H. A. Jiorentz als Zoologe auf eigene Kosten der
dition angescblossen iiah
Geruch der Europäer.
V'oD i^r. Buntnro Adachi (aus Japan). Strafshuiy.
Über den Negergeruch hat man schon oft gesprochen,
von dem Geruch dcrEun»päcr dagegen ist bis jetzt kaum
die Rede gewesen. Auf das Wenige, was hierüber au-
gemerkt wurde *>, werde ich keinen Bezug nobmen, mich
ganz kurz fasHtm und iiiicb lediglich auf meine eigenen
Krfabrungun als Nichtuurupäer buschräiikeii.
Der Europäergeruch ist in Japan allgemein Wkanut *).
Für die Japaner ist der Geruch der Kuropaer sehr anf-
falluud, besonderst derder Kiinijkäerimieu. Er ist stochend
und ranzig, nach Individuen aber vursebiedou, bald süfs-
lieh, bald bitter. Oft ist der Geruch so stark, dafs er
das ganze Zimmer erfüllt. Der Geruch steht in engem
ZusHininenlmug mit dem Alter. Kinder und Greise riechen
nicht oder weniger als l^iit« im kräftigen Alter. Muu
könnte glauben, dafs die Europäer von ihrem eigenen
Geruch nichts wissen, oder ihn doch weniger empfinden
als die Ja[>aner. So viel aber ist gewifs, dafs die hiurupäcr
*) Ami ree. Vnlkeru'erucli- Korrwsp.-Klatt dur deutschen
f. Aiiihr., Kthn. u. t'rg. 187B, Xr. r>; und Ktboo-
grapbiwehe l'amlleleu und Vergleiche. Neue Folge 1839. —
('loi|uet, Osphre<)iologtH (aus dem Franzimschon übersetzt,
ls-24). «>- (ialopin. Lo parfum de la femme et le sensolfaetif
«lans Tamour 1839. — Kiigen, Bi« *exu**llo Uspbr«wiologi«
1900. — -laeger, Kutdeckun>' der 8«wle. Ibl. I ii. II. I3H4
und 133&. — Kreiill, Die SchwutrsHekreiion (l'liveiutiitfie der
Haut) in Mraceka Handbuch der Hautkrankheiten, Z. Abt.,
I9U1. — Montn. lies odeurn du corp« humain 1883. —
Tör&k, Krankheit der SchweifHdrüiiuu iu Mraeek« UandUueh
der Hautkrankheiten. 9. Abt., 1901. — Untrudileu Pields
of Aothropology. By a Kreuch Anny-Siirgeou. Pari». Kecond
Edit. Vol. I. ('bapterll, J398. — Zwaardemakor. Die
J*hy«ioIogiv de» Geruchs. (Übereetzt von Junker v. Isitigegg
1895.)
D Ais*r noch nie wiMeuscbaftlich behandelt.
I nicht wissen, dufs ihr Geruch ibiieu eigentümlich ist, und
I ebenso gewifs, dafs sie ihn nicht sonderlich beachten,
i Ja es sollen im allgemeinen die Männer den Geruch der
; Frauen (und umgekehrt) mehr angenehm fühlen. Inter-
I essaut ist auch, daD betreffs europäischer Weiber für
I Japaner diu (icruchsumpfiiuiung mit der Zeit sichänderL
[ Diu uietsleii Japaner, die längere Zeit in Eumpa bleiben,
} finden den Geruch der F.uro{)äurinnen anfangs sehr
widerlich, nach Motmteu aber nicht mehr, endlich »ft
sogar mehr angenehm und wollüstige Vorstellungen her-
vorrnfend. — Zugleich auch wt ihnen der Geruch der
Muituer nicht mehr so auffallend. — I^r Geruch stebt
zweifellos mit der Gescblecbtethätigkeit in Zusaoimen-
hang.
Der Geruch kommt fast aiisNcbliefslicb aus der Achsel-
grube und ist da so bcharrücb, dafs er — selbst bei
' nicht so stark riechenden liidividuen — vermittelst .Seife
nicht ganz zu entfornen ist und in wenigen 'Minuten
nach dem gründlichsten Wa.scheii wieder ziemlich stark
hervortritt. Der Riechstoff des Sebweitses muts also
schon aus den .\chseldrÜ9on stummen. Auf die Ansicht,
I dafs der .\cbselgerucb der Europäer mit der Geschlechts-
j thätigkeit in Beziehung steht, könnte mau eventuell ge-
I bracht werden bei Erinnerung der Thatsachu, dafs bei
verschiedenen Wirbeltieren während der Paarungszeit
die Funktion der Riechdrüsen sich «teigert
Was für Geruch die gelben Rassen haben, ist diesen
selbst nicht bekannt, und auch ich konnte hui ihnen
nicht einen allgemeinen Geruch finden *) wie bei 1‘mropäcrn
*) Man , l’hincsea riechen. Dieser Geruch ist aber
nicht Körpergeruch , sonilem röhrt niebr her von der l'n*
, reinlichkeit.
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A. Lormixeu: Kin nordisches So
<Hlor Negern. AllenUiign kommt aui'U Uei .Ia|»:iiiern,
aller nur h«>rbst -•‘eiten und nieUt bei Krauen ^Voki-
shiu“ oder mit |K>puUrem \^ nrt „Waki-kusa“ (Achsel»
grubenge'tank) vor. der dem Kurupftergernch gleich ist.
Nach chinnsiiirhen in<Hli3dni'‘cben Ilüchern kommt dieser
Geruch auch bei rhineseii selten vor. Kin Japaner, der
»Yoki-shiti“ an »ich hat, i?»t niilitärfiBi ‘*). Und eine mit
diesem (iuruck behaftete Japanerin ist wogen der Schwie-
rigkeit der Heirat häufig unglücklich, llotonen aber
will ich, dals nach der Heirat der Geruch iniiorhalb der
Klie nicht mehr vimiigeiiehm gefühlt zu wenlen scheint.
Ja es ist sehr möglich, dufs die Hoteiligtt'ii, wie man
vielleicht auch vermuUui wird, heimlich den Geruch
„geniefseij**, obsebon ich noch keinen nirheren Beweis zu
Gunsten dieser Anuuhme augelMUi kann. Für gt‘wöhu-
lich riecht die Achselgrube de-n JapanerH gar
uiclit. weder für Japaner noch für Kurojiüer,
selbst bei lang veriinchlAsHigter Heinigung
n i ch t.
Kf xcbeiiit mir, dafs Kuropüer starker schwitzen als
.fn|>aiier; l>ei jenen l>emerko i(h die Kleidiing>isiücko
unterm Arme sehr stark durchge^obwitzt, was mau bei
Japanern i'elteuer triffb JedenfalU i-vt ei« eine unbe-
streitburiMind anffallende Tlmtsnche, daf«« die Schwoifs-
drü-HOii der Kuropaer viel gröfser ^ind als di«
der Japaner, l>ei welch letzteren man die IlrÜM*U
inakro>kopi».i'h nicht findon kann*). Man darf über iiicbt
allein v<»n .•‘türkerem Schwitzm« den (tenich des Knro|iäeni
ubleiteii wollen; stark M'liwilzendo Ja|ianer haben ge-
wöhnlich auch keine riechend** (»rnbe.
Bezrigli**!) mikro-kopincliur rnterMicbungtm der Achi^el-
drü»**n mufs tob i'iiiMweileii auf »pftter verweifen. Worauf
cs mir hier niikaiu. war — als im tiegon^atz zu
den Japanern — hervorzuh**lH»ii, ilafi» «üe Srlivveifs-
drüsen <ler Acb^ellnihle Ik'I den Kumi»nern gröNcr sind
und daff die (inibu riecht.
*) All einen m* ho«-hgnulia*‘n (ieruch, wie ich in Kuropa
jeden Tag zu iieobaehten (relegcuheit hats*. kann ich inicti
i*ei Japanern nur in einigon Kiillcn *Timi**ni.
Jtei .\>ki'«hiu“ in »i'hwächerem tlraii« natürlich nicht.
.\iicli K**gunei «aifte mir, dafs er *h'n*eH*eu t‘uter«ehied
tiemcrkt habe.
Ein norilische« Soniienhild aus dem Bronzealter.
Von A. Lureozen. Kiel.
Kin pHiiu'onder latndmann machte vor etwa drei M'^naten
aufTrundholm Moor in ilcr Od«'M.nrile. dom nordwostlichen
Ausläuf'-r Seelands, einen Fund von aur*ierordenllich«*ni archihe
logische» InteresM*, der nainenilich von hesonderor liodoutung
für den vorgeHchiithtlichen Kultur de« Niirdens ist. Der Fund
Itentcht aus einer einseitiir vergiildoten bronzenen Sonnen-
sclieibe und einem llronzopf erde. Vielehe i*eido auf dem
rntorgostelle eines sechsraderi gen Wagens stehen.
In d**r kurzon Zeit ist «'s gohmgr». «lie «•inzeinen Teile wieder
h«r/.uste]len und aiieinnnder zu fitgen, so dafs das tlaiize
nunmehr zur Aufstellung in der vorgeschichtlichen .\hieilung
«Ic» düiiWhen Nationalmuseums bereit ist und eine Veri'ffent*
Jichung über d*-n Fund in naher Aussicht steht.
Btier uineu v«jm Direktor >*rof. Sophus Müller am
liJ. Noveiubi*r in der k«inigl. uor«lisch**n Altcrtumsgasellschaft
gehaltenen Vortrag i**i ein lk*vicbt in der Nntionaltidende
('.^4. Novl.r. lUU'ii erstattet, den der Vorirajrendu an FrAuleiu
J‘r»f. •). Me«t*irf in Kiel öliersendet hat und welcher von
d**rcn Suite froundlichst für einen Bericht iin ,,<tlnhus“ zur
Verfügung gestellt wurde.
Danach initstammt da** Sotinctibild von Trundholm dem
Alteren nonliscUen Bronzealtor (etwa lOoo v. (Iir.). In jeder
Beziehung dem skandinavischen KulturkreisH angehi>rig. ist
OS unzweifelhaft nm'diwhe Artieit, was auch aus iler raib.
kreiR- und 8piraIf*>nuigeD Oniami-niik der einzelnen Stücke
herv**rgebl. Ks ist zu iioi<icn Seiten L'rwidbt uml winl durch
zwei l'J.vtfcn gvbil*l*.*t. welche durch eiiini breiten, ange.
gosseneii Kähmen vcrliuixien sind. Die eine Seiti; ist mit
nnenbild bub dem Dronzeulter. 15
' einer (toldplatte belegt, welch« in die Ornamentik hinein-
geprefst ist. Besonders überraschend ist lUe Figur des ITerdes.
Bisher galt es als feststehend, dafs derartig«* runde, figürliche
Arbeiten dem Bismzealter fremd seien ; thatsächlicb ist aber
das Pferd das schönst« Stück in seiner Art. selbst mit ent-
sproch«*nden St.iick«*n aus «i*-n klassischen iJinderD verglich**u.
, l4?hwjcrig«T ist di« Beantwortung «1er Frage nach der archAte
logischen Bedeutung des (ianzen. Mag man auch sclmell
darülier ini klaren m.dn. daf« es ein thmnenbild ist, «o wird
. es doch .«'hwer, Beweisroomento zu tlnden, weil das Stück
einzig in seiner Art ist und Vergleichsmaterial fehlt. Zwar
wird die S«»nne au«*h in Ägypten, (‘halditn, .\ss\rien. jas*«gar
in Mvkena in (iestalt ein«r Scheilie al^gehiMet. »brr kein
derartiges rttück zeigt die gewöhnliche OniHineiitik des Ite-
treffiuideit Zeitalters, wie dies bei «lern dAiiischt-n der Fall ist.
Dafs die Hcheilie mit OoM bekleidet , wird, ist sehr natürlich,
und dic-er rmstand ist auch aus Ägypten Is'kannt: in der
Kegel ist die S«»nnen««*heilie *l«»rt jedtwh nicht oniauieiitiert.
zuweilen hat sie ate r Sirnhleii. In Assyrien trügt dii>Hcheü>e
Bild«-]' un>l kann .Anne als Strahlen halten. In ««iner mykeni-
schen Darstellung ist sie mit Strahlen bed«*ckl. Keim* <li**sur
Darsicllimgen «-iit^prichi jed(s*h ganz der (liinisohKit. Nur
ein einziger Fund lüfst sich mit <li«*MT vergleichen. Von den
aus etwa 1 *H)uv. (’hr. stuiimiendcn Urälwrn bei Bologna sind
einige Steinsäul**n iM-kiiiint, welche «*l>en S4*niienbilder tragen.
Au« ilnrs*'lli«n («egend kennt iimii Ähnliche Soiineiihihlcr mit
Strahlen. Diest-r (‘mstaml wird von um tto gr<ifsi*n*r Be-
deiitung, wenn mau erwiigt. dafs gera*!« in deraelliei) tilgend
Broiizearheiten mit ähnlichiT tlrnannuitik wi» di« diiniM'he
gefunden sin«l. Sowohl das Pfenl als «las Sonni'iihild stehen
auf d*un Wagen; «las l’fcrtl hat die Sonne an einem Bainle
hinter sich her g«*iitog«n. das von einer n«o am Kande der
Sonne nach einer th*e :«n «icr Vi>nlerhrust iles Pfenl«*s führte.
Ihks Pfer«ieg«*w'hiri* ist durch Ortiauiente angedeuiet. Di<n«
•‘Himert zwar an «len Sonnengott, der in seinem mit l'fenlun
bespannten Wagen üls>r den llimm«'! fahrt; hier ist j«shtcb
w<Ml*‘r Sonnengott noch Wagen vorhanden. Die Vorst**liung
von dem fabrcntl«-ii Sonnetigtriie ist iihrigcns nicht alt. Homer
kennt, sie nicht; zum «Tso-nmal tritt sie In ilcn Hymnen und
auf Vas«-ii mit schwarzen ^Figuren auf ruteiii t«ruiide v«m
etwa 70U V. t'hr. auf. In Agvpten (*rschaint di*> Sonn« nie-
mals in einem Wagen, stets in einem B«.K>t«*. ln den in*iischon
VtMloii i«t zwar oft von ü**iu fahrenden Sonnengott«* die BMe,
- aber attch hier •-rscheini die .Annahme nicht n<>lwmidig. dafs
die Voi>t*‘llung hIUt al- dinjenigi* aus t«ri«»chvulnnd sei. —
Si» winl «las dänisch« Sonneiildld da« Ülu*3it«, iimi es kann
nicht iii.« Ausstrahlung klasaisclier Vopit*'llutigen isürnchtet
werden: eher liegt die Sach«* »o. dafs «Irn v«jH entwick«*li«n
Vorstellung* n aiuler**, einfachere Versuch«, dielk-uegung «ier
Soune zu erklären, vorau.>g«*gangen sin*l. und inati hat zu
•lieseiii Zweck«« HU d»s Pfenl angekniipft. dfo* ImssIo und edelste
Haustier, welc}i*>s man damals haU«. Di*' Orimmeiitik deutet
zwar Pferd«*geiH'hirr au: inan ist jedoch zu dem Krg*'hnis
. gekommen, ein« am Knmle dus Sonnenbildes. ein«» aiMien*
an der Vtmlerlirust des lTerd*r« anxui*riug«-ii umi beide liurch
I ein Zugband zu vcrliin«!«-». Wahnw'h**inhch w-ir*l sich ciuniAl
■ zeigen, dafs «l«Tartige V«srsu**h«*, *li« B»-weguiig «1er S**niie zu
erklären, überull in Kuropa in wexontlioh ül>erein«iimincndur
AVfti*«' gemacht sind.
{ Auf ll« l|nri«tniugiü‘leirM*n koinim u, oft Kreisknmze und
Ähnlich«* Figuren vor, w*;lc|i« man al« Cb«.*rreste«*im*s Sonneii-
kult.iis gedeutet und mit dem Nam**n Ka<lkr«*uxe 1>cl«*gt hat.
Diesu-r Sumienkultn« wird ins Steimiiter verlegt, uud hiutcr
der angeführten Deutung <ler Kadkreuze verhirgt sich der
UtMiauke an «Ion fuhreinlen Sonnemgott. Beides ist nicht
richtig. Weiiu sie auch ein paarmal an der nach Sudan
gerii:ht«*ten S«*ito d«*r Stein** in «ünem Kiexenls-tt gefunden
sind, so schliefst dies doch nicht au«, dafs sie *-rst im Bronze-
alter eiir.«taii«len sind. ThatsÄchlich zeigt ein Vergleich mit
den schwedischen HeUoristniDgs.«t«itien. an denen dio Sonne
in vielen verschi«'donen Weisen (aU V*'rtiefungeii, Kr>-ise mit
Strahlen. Kruiskri*u/e) durg«*«teltt ist, dafs es Bilderder eigent-
lichen S*<nn«Jii«ch*>ilw sind.
Itafs Sonne und Pferd auf einen Wagen gestellt «ind.
»•rursacht gewisHe Kchwierigkeit4*n. Viel hat «1«ir 4iv>ianke
für sich, daf« das Bild b**WQglich mnn müsse, da «lic Sonne
sich ja auch lMt>wegc. Auch au«!«*re tM-g«*nstHnde au.« dem
I Br«inz«»Iter »iml auf Ki'ulem angebracht, «<► aus Danomark
' ^***‘ grofs«.^ Kessi‘1wag«‘n v«ui SkaH**rup, und im ribrig«*n Kuro|uv
hat man ein** ganze Kidh«* ähiili«’her Fiimle giuunrht. .Auch
> in «piitorer vorgcsi'hichtlichcr Zeit wurden tiebraiiehsgogon-
stand« oft auf Kad«*rii aug«*brachi. J<*«l>H-h kennt iimn au«
Nordeuropa ein*' Keibe von Aiif«tellungeu auf primiiiveii
Wagen, welch** nur sakrah* Be«leutung h»lM*ii köniieti. Tiere
und M**nschen griippii>reu sich uni «ino grCif-'r«* Figur, inut-
ntafslichcrweis« einen G**tt. .Auch in Krami*>n in Th«>«s:ih**n
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IG
Hie kornisoben Totcnurimn und die ibpritcbe Hevolkerung Koraikas.
wunie »*m (löuerbild *u gowijwca Zeiten »nf einoin Wagen
imibefgefiibren. Zu Zeiten der T)ikrr« dienten die.to Fahrten
der Hegt'iibiweliwbruDg. liii flaiomoninctien Tem]iel batte mau
goldene (sefAfH«, welche auf Häderii ruhten, und Tacitux er-
zählt, wie Nerthuü. die Göttin der Uonnnnen. durchs l^aud
fuhr. K<i kaun es auch mit dum Sonm-nhilde gewesen sein.
Um uirksam sein zu kOnuen, luufste es lieweglich sein. Mau
kann sich vorslelleii, dafs der kleine Wagen vnn Truudlndin
eine verkleinerte Nuchhildung de« gnifsen I'ruzessionswagens
sein sollte, und die^ wäre jetlenfnlbi eine anspm'hende Mög-
lichkeit. Mit IlezuK auf die Fahrt der Götterbilder wäre
noch an die Itnndfahrt der Göttin Freyr in Schwellen zu
eriununi. und die n'>mische .grofse Mutter'* war ebenfalls zu
Wagen, .ledoch liegt all di4>ses zeitlich und räumlich zu fern,
als dai's uiAi) vun <la aus einen Schlufs in llezug auf den
Sonnenwagen von Trundholm ziehen könnte. Dal's er alter
ein Kultusbild dnrstellt, kann nicht bezweifelt werden. Durch
ihu urht^lten die Hypothesen über den SimuenkuItUH im nörd-
lichen Kuropa festen Uorlen unter den Fnlken. i'lierhnupt
wird es immer wahns'heinlicher. dafs die älteste Heligiosität
KaturgOttem in der Forui v<in Gegenständen diente. Der
Sftiiuendieust im Korden mufs ein Glied der Kultursuumie
will, welche der Kor«b‘u im Br«mzealter aus dem Kodon
empflng. Möglioherwei^ sind gleichzeitig voll entwickelte
Göttergestalten vorhanden gowcjien. Jedenfalls Iwgegneii wir
solchen um die Zeit, da die neue Kulturstri>raung zur Ibinier-
zeit nlter den Koriteu bemubricht, und auf dem Silbergefäfse
von Gundcstnip sind diese gaüfen »mischen Giitter abgcbildct.
Krst gegen «len Abschlufs der vorgeschicbllicbuu Zeit treten
tlie imrdiscliuD Gö|torg<-slaltcn auf, welch«» wir aus dm
schriftlichen tjuelten kennen. Da fährt die Sonne iui \Vngen
über den Uiuimel, elienMi Wfie der rCmiischc Gott, aber von
einem Sonucnknltus ist nicht länger die Ke<le.
Die küralachen Totennrnon und die Iberlürhe
Herdlkerung Korsikas.
Die w ichtigsten archäologischen Fundgegenstände Korsikas
sind Totenuruen, die mau an verschiedenen Stellen der Insel
entdeckt hat.
Schon Filippini. ein korsiwher Scliriftstcller des lä. Jahr-
hunderts. herichtet, dafs läbS liei Herstellung der Festungs-
werke von St. Floreut liei Bastiu eine grufse Zahl von Thou-
uruen in einer Tiefe von nngefähr 15cm gefunden wurden:
sie waren genügend grofs. um einen Menschen zu fassen,
und hermetisch vctM-hlossm: in der That enthielten sie auch
MenschenkniM'hen. und lateinische Inschriften auf einlgeu
sollen von einer gn>rsen Schlacht lu-richtet haben, in der
Tausende von Kriugern unigekouimeii M-ien.
Jacobi un«l ltobi«)uet erwähnen lK;t5 solche Skelettumen
aus der <b»g«‘nd von Ajarcio. .Merimee (Iö4ü), andere in Wein-
bergen bei Kt. Jwiii {Aj«coio)au*gegraWne, in denen sich neben
iiieiir iKler Weniger erhaltenen Skelettuu noch Kupfer' und
Sillierriiige fanden. 11**1 Sarteno wurden lti74 sog**naunte
,Sart*ophages en terre cuite* iiusgegralK*n. wi-Ichn wohl etien-
falN nichts anderes als Skelettumen waren, und 1 hu 4 in
Villa di-Fara*«» bei Calvi (im Kordwesten der Insel) eine Urne
mit einem Meu<*cbetiskeU*tt . l«i der aufscrdeui uoi*h eine
Sleiiia.xi go-fniideti wurd«*. Alle vorhatidcnou Kachrichten ülx'r
«liew kor!>i!H-heii Totenuriien bat in einem kritischen BerichP;
jutzt l>r. A. Hloch ((‘or»e pri'-bistoriqn«*, DuUeliu» d<‘ la «ociet^
d’Anthr>*p«>logie 1U0*2. p. 344 ff.) zusammengefafst , dem wir
hier folgen. l>er neuest** Fuuil wunle lavü von ('b. Ferton
Itei Domfari«» gotnarht. also ganz im Süden der Insel. Es
hiiiideli üicl) um ein«) lang«, ein Menschenskelett enthaltende
ri-iM*, die erste, die sinnt dem Skelett erhalten blieb. Die
Urne, deren Abbililung wir hior wi«**lergel»en, lag horizontal
im Humus in einer Tiefe von 30 hin 40cni.
l>ie Kkeb'ttteile fanden sich alle am Grunde der T'nie.
ganz am Ende der noch am lN!9ten <*rhalteue, sagittal in zwei
Hälften zerfnlIom)S<-hä<1cl. aufsardem llumeru«teilc. Schlüsael-
la*inu. Wirh»*|. V*»«» den Beinen fand sich mir i*in Geleuk-
ku]if des Femur. .Aus dem Krbaltungszustaud der Knochen
liefse sich wohl darauf schliers«‘n, dafs der l^eichuuni in aus-
gestreckter Laue, den Kopf nach dem Grund, die B«ine nach
ölen iu der zu diesem Zwecke an ihrem oliereii Teile nuf-
ges*‘hl»g«m«ti Um«* iH'graben wtirden war. Itie l.änge der
Urne lieirug Im. ihr gK>f«ter Quenlurcbmesser 47cm, ihr
kleinster iMirrhriieswr 37 cm; am Grund«* läuft <Ue Urne in
eine fast cylindrische Spitze von 1 1 cm aus. der«*ii Durch-
juti<»ser am Grunde 5. am freien Knde .3,05 cm iHöntgt. Wie
schon erwähnt, war der ober«' Teil der Unie in Kttti-ke zer-
lir<H-hen, M> dafs über seine Form nichts Genaues angegeben
wcnlen kann. Nach einem noch vorhandenen Kente zu
8chli«*fw*n. waren ursprünglich ein oder zwei Henkel vor-
handen; di<* Urne gleicht also, abgesehen v«iu ihn‘in viel
weiteren Halsteile, suhr einer grofsen riünischeu Amphora,
wie sie zur .AuflaiW'nhning von Wein. Honig u. s. w. Verwen-
dung fanden. Die Dicke der Wand schwankt zwischen 5 und
an den meisten Steilen beträgt sie unuofnhr lern.
Di« Masse ist gewöhnlicher Töpferlehm; kreisförmig«) Streifen
darauf üouten ihre Herstellung auf d«*r Töpferscheibe an ;
sie ist gut gebrannt, hart. j«**l4K*h nicht spröde, unglasiert,
gmnat- bis zinnob»*rn>t.
In Korsika gab ex n]**o eine Z«Mt. in dev die Toteu in lie*
sonderen Unum liegraWii wurden, eine llcgräbuisCorm, die
sicherlich nicht ri'imischen Ursprungs i*l — trotz der oben
erwähnten zweifelhaften lateinim-hi'ii lns**hrift auf «*inig«*n
Urnen — denn schon Dimlorus v»»n Sizilien beschreibt sie
als oigcntüinlich ausschltefslich für <Ue Bewohner der Balearen,
woraus fidgt, dafs sch«<n zu seiner Zeit (1. Jahrhundert v. Uhr.)
in Korsika dieser Brauch vers**hwunden war.
Heute wissen wir nu« archibilogischen Funden, dafs auch
andere Völker des Altertums di«*se Begräbni«forin kannteu :
BO fanden sieh in C'haldäa nach Troyon 5öctn hohe Urnen,
die Skelette in zusainmengekrümmter Stellung enthielten,
aodero von So cm bi« l,8Üm Höh«* in Tiiya (nach Calvert)
und dem thrakischeu Uhersonos. ebenfalls mit vullNtandigeii
Skdetleii; erst notienling«, Oktober IttOl, ontdeckte A. Gaudin
in Yortnn im alf«*ii Myslon grufse Urnen mit Mcnschen-
knochtm und LeicbeiilieigalieD. Aus dem Südosten von Spa-
nien keimt man aus den Ausgmbuug«.‘u der Hnider Siret
ebenfalls zahlreiche Toteuumeu. die eine gew im»e Ähnlichkeit
mit den von K<*rsika beschriebenen nufweisen, gr«»fj*e und
kleine für Erwachsene und Kimler; die gröfstun darunter
hatten «in« Ilöh«r von 0,80 bis i,0&m; an den Skeletten waren
die Knie«* gegen da« Kinn hinaufgezogeii.
In Sardinien hat iiiaii gleiche Urnen bislang noch Dicht
gefunden, wohl aber im Konleu Afrikas, in Algier und Tunis,
in Biskm, Htora (Provinz Uoustantiii«*) und Uberaga (bei
Algier) Kicht zu verwechseln sind di«j*e Skwletiurnen, in
deuuD «lie Knochen vollsläudtg «>bne jode Anzeichen einer
Verbrennung nufgt'fun«b*n wenlen, uiit jemn allenthallHii
schon ausgegrala*nei) .A.schcuumen , di« zum Teil elH-nfalls
noch Skelettteüe enthalten, aber immer mit deutlichen Spuren
der Kinw'irkung de« Feuers. Wir kennen also eine lleihv
beimcblMii't«*r Fuud*^tclt«n von Skelettumen: Kor«ika. die
Balearen. Hüd"|>ani«;n und Kordafrika.
In«l«.-u) Dr. Blot'h noch die antiken und heutigen anthro-
pob»gis**hcii und ethnographischen Verhältnia»« Korsikas über-
schaut und mit den vorgoschichtllchen. unter denen di<»e
Urnen eine herv<irragend« Bolle s|iiclen, vergleicht, kommt
er Bchliefslich zu der Frage, welch«« A'olk die ursprünglichen
Bewohner gew-t*«**n. dem auch die Urnen zuzutchreibeu sind.
Kr antwortet: Nicht« ander»« ergieht «ich, als daf« die ersten
Bewtdiner von Korsika verwandt mit den Iberern warent
Die vorgi'whichtlichen Skelettunicn der Korsen sind dle-
oeiben wie die der llwrer. Im AU>‘r(uiii war «li«* (ä»uvade bei
den Korsen ebenso gebräiichtich wie Im*I den Ibtirerii, trugen
die Einwohner Kopfzier und Fursbokleidutig der Ilierer und
hattou noch einige canlabrische W>*rter in ihrer Sprache zur
Zeit Konecas, und «chliefslich sind die modernen Korsen iu
der (rWr/abi d4dich«>rephai wie die Spanier. Aufs^'nleni soll
es uncli d»!u Furschungeii des l^rinzcu L. L. Ibmapatie (1877)
noch 14 Ortsnamen in Korsika geben, di« anscheinend m der
busklschen Sprache die gleich«*ri sind, s«> z. B. Mut«dn. wo «lie
I>rahislorischo Stadt dun*h M- .Miilaspina enüleckt wurde. An-
scheinen«! war la*i den neolithis**h«n Kursen die Bestattung
d«*r Tt»l«*n in Union nicht gebräurhlich. genau wie im Süd-
«Mten Spani«*ns. wo von drei aufeinander ff>lg«*nden prähistori-
schen Kulturstufen ln der ersten (neolithi«i*bvn) gar keine
Urnen, iu der zweiten, der Ül«ergang"p«.Tio«le von der Stein-
zeit zur 3letallz«*it. nur Aschenunicii uinl erst in iler «Iritten.
dem M«*taIlzeitÄlicr, die Slcktturnt'n verwandt wurdet) , wie
die Brüder 8ir>*t na«'hgew'i«**oii liuts-u.
Korsika ist alw) von dun Iliurern )s-sie«lelt worden, jenem
Volkssianime . der. ursprünglich iu Kordafrika aiisaasig, all-
mälilicb nicht nur S|innit*u, sondern weiterhin auch Sardinien.
Korsika, (iaüien überttutete.
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Büeberiohaa.
17
Bflcherschau.
VhI()t iRUiida Kultur v«il Aurbuud- {
rednkiftet 1900. med en I n i1 l«d n 1 ng om IrIau«!»
Nntur Af Th. Thorc>dd««t), KitjieuhagAii 1903.
Wir ]>4*uUiAh4^n he*>itxrii eine ganze Kethe Tun Werken :
«i\»er UInnd, darunter einige >on hieiltendein Werte. Al*er ,
sie alle wnd vi>n Niohti^^liindoni gt*i»chrifl»en, die im lK-«ton i
Fall« einige Wochen «»der Moimie auf lolnnd zugcbmcht
haben, «fahrend e« unn an der Cberoetzung eino* von einem j
einheimiHchen Verfewer gcotdirieltenen Werke* iil>er jene« j
Iwtnd leider noch immer fehlt. Bo würde denn eine Uber- I
tragung de* oben genannten trefflichen Werke«, da« von rwei i
der oraten Kenner ihrer iRiäniliwben Heimst Terfafst worden '
int, eine von jedem, der auf diesem Gebiete arbeitet, schwor j
em|tfundrne Liicke auafülieii. lH»ui Werke, da* mit lOfa Jht*
derti geflchmückt i«t, wie sie in sidcher Fülle und Güte kein i
andere« W'erk ober Island bietet, gebt eine von Th. Tbor<Mhl»en, j
dem beröhmten Verfatser der .Gewchiehte der i«lilndi«chen ,
Oeogniphie* (öbenetzt von Angunt Gebhardt, l/eipxig 1897)
und Erforweher dos unbekannten Innern l*landa, geschriebene
Schilderung der iRlfandinrhcn Natur al« Kinleitnng sorau«.
l>a* oigentllcbc Werk, da« den Drizenten an der Unisersitftt
XU Ko|)enhagen Vall>T Gu^iindsaon, Mitglied de« isliindi-
Mchen I^andtage«, tum Yerfs«««r hat, umfafnt %'on 8. 15 bi«
124 eine Ihirstellung der i*lAndi«ch«n Kulturzustftnde hiii
A nfänge de« 20. .lahrhunderi«. THo Titel der ver«ebid<1enen
Ahnchnitte, die wir hier folgen lassen . gel»en einen llogriR
von dem reichen Inhalte: 1. Die Bevölkerung und Züge aus
ihrem tAglicheu Leben. 2. Da« politische liCben und «eine
Organe. 3. Das AuHt!Arung«we«en. 4. Litteratur und Kunst.
5. Da« praktische Ijoben (ökonumiiiche, Erwerbs- und Verkehrs-
verhAlltiiMo). fl. Gesundheitliche und W'ohlfahrtaemrich- ,
tungen. — Die statistischen Angal»on de* Buche« beruhen |
meist auf den amtlichen TalMsIlen, die alljährlich al« Boitnge ,
zur aBegierungszeitung für Island* (Btjörnarti^indi f.vrir Is-
land) erscheinen. Zum Schlüsse folgen auf B. 125 bi* Itio
Froli^n aus der diehteriscUen und prosaischen Litteratur dos
heutigen Islands, die bekanntlich von einem in Anbetracht
iler Kleinheit des Volkes crBiaunlichen Beichtum ist; die
Auswahl der prosaischen Htiicke ist unter dem «obr em-
pfehlenswerten Gesichtspunkte getruffen wonlen, daCs sie
einen Einblick in das inländische Volkslelien ennüglicht. Wir
können diesem Werke, dessen Verdfrentllehuug — ein Bttwei«
für seine Go«]icgenhcit — durch t*uCer«tntzungeu Mütens des
Carlsbcrgfimd« und des aAussebusse« für die Hebung der
VfdksaufklArung* gesichert wurde, und das, wie es heifst,
demnächst ins Englische übertragen worden wird, nur den
l»!*len Erfolg und — einen deutschen Überaclzor wünschen.
Ilr. M. Rtkli: Botanische Keisesludien auf einer Früh-
lingsfabrt durch Korsika. 140B. Mit 29 Ixiidscliafc«-
und Vegetationslnidem, grOfstenteils nach ph'>tograpbi«chen
Aufnahmen von Dr. G. Kenn in Basel. Zürich. Fiisi und I
B.*er, 190.1.
Mancher, der Korsika Itendn hat, wird beim DurclitdAltem
diese« Küche« mit mir aiisrufen: Hütte es mich doch damals
auf meinen Wanderungen in der Macchia, am Sec«trand <ider
im Schatten der Buchen- und l*inus Ijincio-Willder der korsi- I
<<heii Berge begleitet! Jtslenfalls wenle ich Rikli* Botatiis<-he
Keisestudieii nicht zurücklassen, wenn mir je noch einmal
vergönnt «ein «oUte, den korsischen Strand zu betreten. Die
neuen Pflanzeoarton und Vegetationsforraen brauchen, tun
rocht, verstanden x« werden, einen kundigen Führer. Der fehlte
hi* jeläti. K» ist dankenswert . daf* der junge Züricher Botani-
ker, dem wir schon eitiige hülsM-he gi'ogmphisch-touristiwhe
Keiseberichte iiber Korsika verdanken, au* «einen Tagohücheni
und Herbarien da« zusamiiieiigestellt hat. wa« von Interesse
für den Botaniker, aber auch für don G«^>grBpben untl int
allgemeinen für jeden Naturfreund .«ein muf«. Bikli i«t ein
fleifsiger JfaMdtachier. hat Hjim für Landschaft und Men‘<'he»i
und ist in der sehr zen»t reuten botanischen iiitteratur ül»crKf»r-
*ika wohl bewandert. Er sendet eine g*ngraphisch-gci»|«tgi«ch-
latidHchaftliche Hchilderiing der Inse) %orau*. l»-«pricht dann
die allgeiiieitieii t'lmrakter/iige der ktirsiwhen Flum, lK}-**nderH
die MaKMHthaftigkeit mancher .\rteii, die selbst dem Laien
lUiffallt, nnd die Spuren der Kinwirkung des ircH^keneii Kli
mas. Dann schildert er die immergrüne Busch- und Niciter-
waldvegetation der Macchia, die Felseiiheiden , die Strand-
vegetation, die Kulturen, die Gebirgswälder und die alpine
Flora des korsischen Hochgebirge*. Zum Schluf'« giebt er
ein zivniUch gutes LiUcniturverzeichnl«, /.u dem, ich mir er-
laube rwoi NBchtrfag4- zu geben: I. Nuiition, Etüde <Mir lu
Constitution g«ktlogi(|ue de ia Corse. Mit einer sehr «k-höneu
ganlogischen Karte in l : 320000. i*aris 1397. 2. Katzel, I.a
('onut, f'.tude nnlhro|KigAogrnpbii|U«. Annales de (*<^»g^Bphic
1899. Iias ertt^^re entliAlt die einzige gennue goulogische Be-
schreibung Korsika« mit sehr wcKvollen g«y*graph(8ch<‘n Be-
merkungen, das andere enthält .\iigat»en iil»er deu ctrogra-
phischeu Bau und die Küste, Iwsonders die Rias W'eaitkorsika«.
Uikli* Buch criuuort in manchen Be/iehungen an Btran-
burgcrsBuch über die Riviera; wenn es auch nicht an Glanz
der KchiMertingi-n mit demselben wetteifern kann , Wrilhrt
es uns dafür wohltliuetid durch diu grof«e Liebe, mit der der
Verfasser seinem Bi«»ff gegenUtiersteht, und den Mangel jeg-
lichen WtinM*hes zu gifanzen; wir wandern gern mit dem
sachlichen und hevcheidenen 31ann. Die l’tlanxenUsieii «ind
manchmal etwas tPN'ken, aber lehmdch. Einige Illustrationen
sind wirklich neu und lehrreich, schön ist der Lariciowaid
von Alton«, aber uin komischer Mifs^riff ist die Einfügung
der Karikatur de* löwenahnlicben Felsens von Roccapina,
den vor einigen Jahren ein Zdehuer da* Tour du M>>D<ie mit
grimmem Ijöwenantlitz nnd domlichen Taixco abgez^dcbnei.
wie er in der Natur durchaus nicht ist.
Leipzig. Friedrich Katzel.
B. Mein: L'Kritrea delle «ue origini a tutto Hanno
1901. Milano, Ulrico Hoejdi, 1902. Preis 2 Lire.
Der A'erfasser, ein italiemwlier KommissariaL«of6zier, hat
|>erHitN eine Geschichte der Bchiacht bei Adua, die 1901 in
dritter Auflage erachieu und ein La Colonia Eritrea betitelte«
Werk veröffentlicht (beide bei Battci in Fnmia), von dem
auch schon eine zweite Auflage vorliegt. Das angezeigte
W'erkchen ist nur ein Auszug der letztangefnbrten Schrift
und wie jene sachlich , knap}* und übersichtlich goerlwitet ;
es bildet ein BAudehon von Ifl.t Beiten in der tiekannten
j Bammlung von .Mnnuali Hoepti“. Der Krieg mit Alieasinien
und insbe«onder« die Schlacht bei Adua sind etwas ausfiihr-
lieber iM'haudelt; was dav«*r und dahinter liegt, um so Süch-
tiger und abgerineener. Dem Verfasser soll damit kein Vor-
wurf gemacht worden , nennt er doch sellwt sein Büchlein
eine zusamroengedrängt« Chronik..
In einem Anhang werden in knappster F<imi geboten :
1. Geographische und statistische Notiien ülwr Er>thräa;
2. rharnkter nnd Bitten der Bevölkerung Krythhias; 3. da*
Benadirgebiet; 4. die Reisen des Hauptnmnns Vittorio Bott^go,
alle* gleichem in nuce.
Eine i’fwrsichtskarte und ein Plan der Bchiacht bei
Adua sind beigegelwn, die den Anforderungen geuügen.
Prof. Dr. Oppeli Die Baumwolle uacb Geschichte.
Anbau. Verarbeitung and Handel, sowie nach ihrer
Stellung im Volksleben und in der Btaatswirtschaft.
745 Seiten. Mit 23fl Karton und Abbildungen. 1/oipzig,
Duncker und ilumblot, 1902. Preis ?0 Mk.
Die F.ngiAtider halten «-in Wort coitim is klug, und in
der *I*hat ist da« er«io IVxtilprodukt der Enie nach Zahl d«-r
Fabriken und Arbeiter wobi dazu angethan. diese stolze Be-
zeichnung zu verdienen. Ober 100 Millionen Bnuinwoll-
xpindeln sind iet/.! in Thfatigkvit, darunter fl'/t Millionen ini
Deutschen Reich, dn« unter den Raumwollo verarbeitenden
liiiiiderii an dritter Stelle «teilt. Die Gesamtorzengung vjin
Baumwolle ist jetzt jjtbriich auf 3<u>0 Millionen Kilogramm
gestiegen, wovon da* Deutsche Reich durchschnittlich für
nlH-r 20U Millionen Mark iM-zieht — nmii erwAge diene ge-
waltige Suiuiue. mit der wir dem Auslände, zuerst den Ver-
' einigten Staaten, tributpflichtig sind, und man kann die
Wichtigkeit der Baumwolle, deren ein je«ler vom Säugling
bis zum Greise bedarf, danach cmieosen.
Der llauptverkchr mit Rohlmumw»»lle für DeiitKchland
g6.<«’hieht üts-r Brüiiieti (1900 üt«er 1'/^ Millionen Üallen), und
hier ist auch hu« kleiticn .\nfangeii die Bremer Baumwoll-
Itörse «nlsianden, die den grorseii nationalen Bauinwolluiarkt
' für dn* Deutsche Reich «larxtellt, und der das hohe Venlirnst
! zukoinmt , an« im Bezug der Baumwolle wirtschaftlich vom
I .\iislniido unabhAngig gemacht zu habv-ii. Auch das vorlie-
I gi-ude grofse Werk ist im Aufträge di«-*er RTVrse \«rfafst
' u*u'den, und die Wahl de.« iV-arlteiier« ist «ine durchau«
I glücklicho gewesen, linnri Prof. Op|>ei war seit längerer Zeit
!«ch<m durch wirl«cliafLsgei>t.'raphii»che Arlnjiten vorteilhaft
I bekannt und durvb <-iiie Bereisung der Vereinigten Staaten.
' des llauptbauinw«i]|laiides, gut vorlM-reitet. Allerdings gc-
I hörte Mut dazu, wenn ein uinzelnor «ich an eine solche
I Riesenaufgal>e, wie die Schilderung der Baumwolle in allen
r
Ifi Bdouertehau.
ihren Terschiedenen Beziehungen, wagte, und auch kein ein*
zelner BourtoUer kann dem vielseitigen Werke gerecht wer*
den; alier nach dem Kimlrueke, welchen der Berichtenttatter
gewonnen bat, handelt e« »ich um eine tüchtig« Arbeit. Kine
»ehr grofü« Litiemttir, die auf 2ü Beiten aufgfführl wird, i«t
l’enutxt «’orden, dm'h ntuuen wir uim hier auf den VerfaMer
verlaüten. der die Quellen nur flumniarificb anfiihrt, wahrend
wir oft im einzelnen gern Ikdege und Nachweine fhr man-
ches Gesagte gewünscht hrtttcii. Iho Karten sind lehrreich
und fibereichtiich . führend im Itilderschuiuck (namentlich
liaumwoUtrachteii meist nach Iwkunuten Holzscbuitteu)
manches entbehrlich erscheint. .Tedenfnll-t gebührt I'rof. 0|»|iel
Dank, data er den gewaltigen Stoff in einem Rviule wuhl-
gegUedert und mit gutem Kegistcr versehen uns vorgnfiihH hat.
Ks erübrigt nur newh. da wir hier auf Kinzelhoitcn nicht
eingeheii künnen. den Inhalt kurz aufzufühnui. Kr behan-
delt die Geschichte, Ibitanik, den Anbau und die Kmte der
HaumwoIIc, die Beschaffenhott der Faser, ilen Handel mit
RohiHaumwolle, die VerarWItung und den Handel mit Fabri-
katen, die Baumwolle im Völkerlehen und ln der StaaLMwirl-
schaft. Daran whlief>>t sich der lätid«‘rkundIicho Teil, in
welchem natargemüfs die Vereinigten Staaten den breitesten
Baum einnehmen. l>as Studium des anregenden Werkes
hinterlafot am SchluiMHi die Überzeugung, d.af* einer der ge-
waltigsten Zweige der Weltwirtschaft hi>T in gründlicher
Weise behandelt wunle und dufs alle, dio mit (1er Hnumwidb*
in irgend einer Weise be«(\h&fttgt sind, gut thun wenlen,
sich eingehend mit dem Buche au befassen. v. C.
Dr* Kalmand Schilfert llochtuuren in den Alpen, Spa-
nien. Kordafrika, Kalifornien und Slexiko. .Mit
photographischen Abbildungen und 7 Fart>endriick''n.
176 Seiten. Leipzig, .1. Weber, 190». Breis 10 Mk.
Der Heiz dieses Buches ist ein mannigfniliger. Der Text
ist im beiten Sinne gemcinverst&DdUch und zeigt meistens
ein« gute Kenntnis der verschiedenen vom Verfahr bereisten
Länder. Hauptsache sind ihm seine mit grofser Gewamlibeit
durchg«?führtcn , oft sehr »chw’ierigen Bergbesteigungen, die
er alter nicht Mofs unternimmt, um sagen zu können, «len
oder den uubezwungenen Gipffl halte ich zuerst erstieguu.
sondern die Freud« am NaiurgenuTs treibt ihn hiMnnf. urnl
in der von Menscheu unberührten KinsarnkKit fühlt er sich
gehoben, und er wcilk dieses Gefühl auch anderen zu ver-
mitteln. Der Hauptraiz des prächtig ausgestatteteu. auf dem
schwersten Papier schön gedruckten Werkes liegt al**T iit
seinen Abbildungen. Die vortr»'fflich nu«gefübrion Aijunndl-
drucke des Pop(tkate|>etl, des Ixiacvibuail , der Ruinen von
Xocbicaico, der Tempelpyramide von Tepoztlau in Mexiko,
des Kraters des (trizaba sind geographisch wertvoll; dazu
geselleu »ch noch zahlreiche landschaftliche und ethnogra-
phische Autotypioen aus den im Titel genannten Landern.
Sicht alles ist in dem Werke dem Berg>(K>rt gewiilmut; auch
in den Klieuvii wufste der ««iigurciste Verfa.sser vortn-fflicb
zu IxMjbachten und zu photographieren: das Ganze ist eine
eigenartig« Bureichenmg der neuen. *o stark attschwellendoii
HeiseliUcratur.
Dr. Kurt Boet'ki Durch Indien ins ver«chlos«eue
Land Nepal. Kthimgraphist.'ho un<l photogmphisrhr
Studienblatter. Mit 36 Separatbilderu. einem I'anonuua
und 24 m Abbildungen im Texte nach photi>graphischen
.\ufnaliiiicn des Verfassers. ,HI9 Seiten. Loipzig. Ferdi-
nand Hin n. Sohn. Preis in Mk.
Dr. Kurt Bta-ck hat «ich vor oinigeti .lahrou durch seine
, Indischen Gletscherfahrten* votieilhafi als Heiseschrifistellcr
eingefiihrt. Kr hat aber nicht nur Inctien nach der S«*ite
seiner grofsartigen Gobirgswelt studiert, sondern auf uieiler-
Imlteii Keisen mit dor verschiedenartigen Meiischenwelt sich
innig vortrant gotnacht, Die GalH* einer foseeluden, leichten
und Motten Krziihlung «loht ihm zu GcIxUr . und dailurch,
dafs er seine vielfachen iiersi'inlichAn Alienit-uer eininix'bt.
gestaltet sich das ganze Ruch zu oiner sehr untorhaltcndcn
Ix’ktiire. Man verlange hier nicht ein tieferes Kingehen in die
iiiannigfachcu Sitten un<i ethnographischen Probleme Indiens,
wiewohl diese gestreift werden. Kin« aber hat Dkock« Werk
vor anderen imli«i'hcn Ilcisebeschreibungen voraus; er hat
nämlich, als Künstler ln soineni Fache, das iudi«che lA*l>en
in seinen Photogrsphicen anschaulicher und vtalfkltiger mit
der f'amcrB f«>stg«mRgt‘it als irgend jemand vor ihm. Die
Bauten und Landschaften halwii wir ja auch andorweitig oft
genug dargestelU gefallen; was alter neu ist, da« Kind die zahl
reichen Bilder, di« uns die Indier in all ihren Letsrnsaufse*
ruugen vor Augen fuhren. Das sehr schon aURg*‘siatt«(c
Werk gipfolt in einem Besuche des Königreichs Nepal, das,
halb so grofs wie Preufsen . sich am Südfufse de« Himal-aja
hin erstreckt und uoch s» gut wie verachloMien , in seinem
westlichen Teile auch noch fast unliekannt iiu I^r
engliache KinMufs ist dort auch heut« noch ein s»>hr
Iteechrftnkrer. F.« gelang dem Verfaswr, die Kriaubnis zum
Kintritt zu erhallen und er war damals der einzig** Europäer
in dem Lande. Bi« zur Hauptstadt Katmandu und an den
Fufs des höchsten Berges der Krde (Moutit Kvamst) drang
Dr. Hoeck vor. und mit dem UiichsilM'fehlemien der nc|>ali-
seben Armee hatte er G<*«präche auch ülier Deutschland,
aus denen hervorging, dafs englische Verleumdungen nlier
unser Volk bi» dorthin ilimn Weg genommen liaben. Boeck
bietei uns die lie«ien Ansichten au» Neiutl, di« biHhar vor-
öffcntlicht wunlen, iiaiiienTlich der gnifsairtigen Tempul
bauieii , und schon darum liehält da« schön« Werk cinvn
bleibenden Wert.
Berlin. Dr. A. Heng stak«. *
Wilhelm Ledcrbogeii: Kameruner Märchen. Berliti.
Deutscher Kolunialverlag (G. Mcinecke).
Bin MoQschenaUer ist darüber vergangen, seit Dr. Bleek,
ein dentsehftr Gelehrter in der Kapstadt, sein klein«« Werk
,B«>im-H'ke Fuchs in Afrika* (Weimar Ib70) v«röffeutiicht«
und damit den Anfang uiachte zu der langen Reih« von
Kchriften üb*>r die afrikanische VolksliUeratur, wie mau
wohl sagen darf. B«i allen Negervölkerri wenlen Falsda und
Märchen erzählt, denen jung und alt lau-*<'ht, genau «o aie
l>ei tins. nur «iafs die Tiore darin ein« hervorragender« Rollo
spielen als liei uu«. Aber aueb die»** afrikuiiisrhen Märchen leh-
ren Moral, «iezeigon uns die f.ist und Schlaiilieit der Tier«, niid
an dieStoll« unser«« Keinet’ko, Fuchs iriit.die Hohildkrüto. Die
vorliegvuden Märchen, die der Verfasser, früher Iieliiw in
Katuonin. aus dem Vulksuitimlc selbst sammelt« und über-
setzt«. Ixrwpisen. wie hoch dor Mutterwitz bei doo Kamerunoni
tu Achtung Stuhl, und ülM-rraschen durch manche eipruttiui-
liehe Krklainug von Naturereignissen. Von den 53 miige*
loilteii Märchen handeln dio meisten von Tieren, nur «ine
kleine Zahl v<in ^Icnschen, und mancher darin vorkotumendo
Hichtorspruch zeugt von W’eishoit. wie z. B. die Klage des
Ki ug«’s gingen da« Waseor. in welcher eins «lom anderen vor-
geworfen halto, c« sei unnütz. I)*t Richter gab dem Kruge
uiins'ht; wäre da.« Wasser nicht vor ihm dagewcsao, »o
würde er nicht gekauft worden soin^
Dr. Kirhard Lascht Iho t'rsacbe und Bedeutung *ier
Krdbebcii itti Volksglauben und Vulksbrauch.
(S.-A. aut d»-m .Archiv fiir Ueligioiisw-ia«*tisrhHft, V. Bd„
Heft 3 und 4.) 1902.
Mit der von dem Verfasser gewöhtiien Gründlichkeit und
aulseritrdeiiiMi'liQii Qiiellenkenntnia Itehandelf di« vorliegende
Arts'it di«* vcr«c)üedeueu Fi*rmeu des Rrdlielwuglauhans nach
folgender Kinteiliiiig: I. Da» Krdbeben wird Dänrnneu, Gi>t-
tern, Heroen, Rioeii zugWM'hrielsm; 2, ausgehend von der
Vorstellung, dafs dii*se Knlbobriierrogcr in oder unter der
Krde hausen, entsteht die Vurstelliing \oin .Krdeutiügor“
(di« demnach nicht mit dem KrdlMiWnglnulien sich decken
kann, wie Tylor moiiitj. und zwar fungieren als S4i|che aiirsi*r
«len gcjmnnten W«s«n Tiere: K**hildkri*te . Fiwh, S<'lilnng**.
Klwr. Stier. AnhnngsweiM; wer»t**n kurz noch die Ahwehr-
iiiafsregi-hi lh-spj-*H*hen. I>er Verfa«s**r führt die verscliie*!«*-
uen Sagen nn«l Meiiiungeti \on der rrsache de» ErdWbeiis
iui Gegensatz zu Tylor, der Myihologt^ionmg und roh«
wi«»en«cha£ÜichcT]n'orisieiuiignls kb-menti* l»?trachie», allein
auf das KaiisallMHlhrfni» zuriick. Was der .Arbeit iM-soudm-n
W«*rt \orb-iht. i<i di« gewjssenhafii- Verwertung der leider
soii«t so venuichlAssjgten holländischen I.ittsratiir nl>er das
an wichtig*‘ii Thaiszchun für all« ähnlichen rntersuchungen
so nbori'L’iehe iudonflsi<-ti.
Wien. Dr. L. Hoiichal.
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Kleine Kachriobten.
Kleine Nacbnchten.
Abdrock tmr lait QuellBiiAB^be
— Ktockhoim, 2ä. Nov. 190!2. Ausgrabun»; des I
Hogahügcls. Kin hochwichtiger Kund au» al^^^nunni»cher
Vonceit wurde kürzlich in den an prähiBtorischen UrabiuHleu |
reichen Umgebungen UpiiaiA» un« Licht gefördert. Auf
VeranlaasuDg de» Erbffirsten Gustav Adutf von Schonen I
waren in einen] der grör«tein Hüg<elgräT>er auf der Migenanntcn !
HogHhübc Nachgrabungen verai»>talt«t wunlHi», zu denen
mehrere namhafte Aiiertumtfomcher Schweden» hinzugezogeii
waren. Nach mehrwöchigen Vorarbeiten glückte es am (
18. Not. 190:1, bis zur eigentlichen GraU^ammer vurzudringen.
Schon vorher hatte mau einige kleinere Gugenständ« !iuf> |
gefunden . u. a. eine dem jüngeren Kiaenaiter angehüreude
l*f«ibpitze und eine alte Kalkpfuife, welch letztere augon- [
Bcheinlich nm dun v<ir mehreren hundert Jahren vmi dem :
alten Lautlushauptuiann v. GilideiiU^rg in l*(>»Ala an gleicher
Stelle vetiMi«taUeten Nachgrabungen herrührte. Ks lag somit |
inmicrhiu die M^Uchkeit v<ir, dafs die Grabkamtuer anlärnlich
Jener hltercn Ausgrabungen wehr oder weniger in Mitleideii- |
sebnft gezogen war und einen Teil ihres wertvollen Inhalte« I
hatte hergeben müssen, ülückiicborwei»« xteilU; sich heraus,
dafs diese Befürchtungen unbegründet waren. IHc eigent-
liche Grabkamnicr U-stand, wie b«i zahlreichen uordgerma-
titschen HAiiptliugs- und FürstengrAliorn, teils aus übereinander >
geaohichteten Stein}datteu und Bh'ckeu , teils aus einem
kuustTull zusawmeugefügteii KichenbuUwerk. welch letzteres
sich dank der günstigen Beschaffenheit dea umgebenden Krd-
reiches zum gröfsteu Teile wuhlerhaltcu zeigte. Nachdem
man die ursprnngbehe Logo des Bollw erkes durch Messungen
und photographische Aufnahmen fcst.gestcllt hatte, wurde
di« Grwbkaminer geöffnet. l>«*r Inhalt Wttand aus kleineren
Mciigett verkohlter Kut*chenreste , ferner einer aus Gold ge-
fertigten, mit den übUcheu kuuzcutrLscheii Ziorünico ter*
seheneik Hbula . wie sie die alten Gonuanen bekanntlich als
Kleiderverschlufs auf der Brust trugen, und »chlicrstich einem
prichtig erhalb’ucn Bronzemshwort mit rundet« SchuUsrande
und kunstroUcr, au« Hom gefertigter Heftctiilage. Aus der '
gunzen Bcschnffenhcit d«^ Gnthfundes liefB sich der sichere i
Kchlufs ziehen . dafs die Anlage der BtAttc noch bis in die |
Quurtar|>enode des schwedw'.hen Brunzeallers (lOtK) v. Chr.) *
zurückdatiert werden mufs, eine Fe.<(t«teilu»g, die bei den
schweilischeu Archaolngen keine genüge Ülierrnsehung her-
vornef, danach einer alUtn un«! durch maticherhd historische |
übcrliefrningen lieaiiulgtiut .'\imaluae das Uogagrab die
ülfcrrenUi des sagenhaften Königs Björn, der um (Ibh Jahr
80 U II. Chr. also volle 180o Jahre später als der wirkliche
Träger der anfg>Tmideiicu Bronzcrüstuiig — regierte, bergen
sollte. Da es auigfschlosaeii erscheint, daf« es sich hierlwi
um eine mirsverstätidliche Auslegung der hist<trischcu Quellen-
angaben haudelt, so neigt man der Annahiue zu, dafs der
Uogabügel aufser dem Jetzt geöffneten Grabmale jt^enfall«
noch Dielirere andere, aus vcrBclLiedciicn Zeitaltern herrühreude
Gräber euthiUt. Ob «ich unter diesen letzteren der Begrilbuls-
ort des alten Vikitigerheldeu Björn jetzt noch ausfindig
machen iassett wird, erscheint indestteu ziemlich fragwönlig,
da, wie erwähnt, bestimmte Kunde darüber vorliogt, dafs
schon vor mehreren hundert Jahren an gleicher Ktelle von
arrhäoic^gisch interessierten oder beutelustigen Adelsherrcn
Nachforschungen vorgenommeri worden sind , l>ei denen das
verliäliuismftrsig junge Grabmal König Björns jcdenfalU iu
erster Heihe in Tribut gesetzt sein dürfte. Trotz diiwer un- [
günstigen Bachlagc hat der Krbfürst Gustaf Adolf auf Vor* >
schlag des berühmten Archäidugeu Krufesaor« Montelius an* I
geonliiet, dafs die Ausgrabuugsnrbeiten einstweilen noch in I
v«*rscbiedenen lüchtungen fortgesetzt werden, dumil alle |
Oberreate aus der alteren Vikiiigcr/eit gewis-teubaft zu Tage |
gef«»rilert weiden. Ähnliche Grabfunde, wie die jetzt Imi I
Hoga zu Tage geförderten, wurden übrigens vor einiger Zeit ,
auch in Vettholma angetj'offen, doch handelte es sich dort i
um Pundstöcke von minder charakterisUacher Bedeutung und {
archäologi«chor Beziehung. £. Voigt. |
~ Der Moschusochsenschädel von Steubenville 1
(Ohio). Auf der Versammlung der AroericanAasociation for |
the Advatice of Science, die im Juli in IHttaburgh stattfand,
wurde von S. iluston ein Bruchstück eines Moschusochsuu-
M'ibadcls gezeigt . der kurz vorher in der Nähe von SteulM*n-
ville in Ohio fm Thal de» Ohiufluascs gefnmien worden war.
Huston hat dann dun Schädel au J. L. Hatcher vom t'arnegie-
museum geaandt, und dieser veröffentlicht in der .Science*'
Nummer vom 81. Oktober 190*2 Huston» Pundbericht und da»
Krgebni« seiner eigenen X'ntersuchung. Die Fundstelle liegt
am Ostabhang des Ubiotbale» oliurhalb der höchsten Wasser-
werke und zwar au einer glazialen Terrasse; da« Mnt>>riaj,
in dem der Schädel lag, ist Kies uud Saud und rührt zum
kleineren Teil von dem Gestein iu der Nähe, zum giörserun
T*‘ii von dem Granit im Nonleu der grofseu S«eu her. Kr*
halten war die ganze Gohiruböhle, die auch mit lUesem
Material ausgefüilt war. Hatcher erklärt, ur habe kein Be-
denken , den Schädel dem Ovibos cavifroiis zuzuschreiben.
Interessant sei er namentlich deshalb, weil er ein neues
Beweisstück für die faunistiachen Veränderungen wäre, die
in dem ganzen Gebiete wahrend der Eiszeit vor sich gegangen
sind. Kehle Beste jenes Tieres sind bisher an folgenden
Stellen gefunden wonlen : bol Fori Oibrnm im ludiancrterri-
lorium, iu den (üounties HU Ismis, New Madrid und ßanfön
in Missouri, in der Trumbull ('oanty in Ohio, bei Big Bonn
Lick iu Kentucky , au zwei verschiedenen Stellen Pennsyl-
vauieus und bei Council Bluffs in Iowa entweder in
glazialen Ablagerungen oder in solchen, die sonst irgendwie
mit der Eiszeit in Ikiziehung «tehen. Da mau, sagt llatcher,
nicht gut aiiuehmen kann , dafs der M«m'hus<.>eh<« in jener
Zeit klimatische Verhäliniw vorzi^, die sehr verschieden
von denen aiud , unter denen er jetzt lebt, so mufs man
»chliefsen. dafs er mit dem vorrQckenden Ki»e nach Hüdeii
wunderte bis zu einer Linie, die drei laler vier Grad über
der Hüdgrenze de« Eises hiuauslag.
— Die Ausgrabungen im Dauewerk bei Kehleswig
sind im Jahre l9ui von Friedrich Knorr fortgesetzt
worden. Bestätigt wird dadurch abermals, dafs ea am
Selker Noor die einst berühmte untergegangene oordi-sche
HaudelssUndt Uaithabu umachl<.>«8eu hat. \Vi« jetzt die Mit-
teiluDgeu du« Anthropologischen Vereins für Schleewig-ilolstein
(tieft 15, Kiel 190'j) beriebteti , sind im ganzen durch die
Grabungen ülier 30U0 Fundsachen zu Tage gefördert und in
da» Kieler MuM*um gebracht worden. Auf«er grofiteu Mengen
von Knochen, bearlieitetem Hirschgeweih, Schlacken, Hau«-
bew'urf, durchlöcherten Thunkugeln, Pragmenteu von Mühl-
steinen uud Lava (vom Hhein), Schleifsteinen, GefäCsscherhen
wurden kleine Geräte und einige Waffen gehoben. Es fanden
sich ini Schutt Knochen, Schleifsteine, ScUmclzticgvI für
Bruuz'!, Gnfsfurtneii aus Speckstein für Sllberlnitreu ; an
Ki«engerät Scheren, Nadeln, Messer, Bohrer, Meirsel.
Sicheln u«w. Au Waffen gut erhaltene Speer- und Pfeilspitzen,
eiu Schaertgriff. Dazu auch Bronzebarren , Beecblagstüeke,
Pinzetten und «in Ortband aus Bruuz«, Hniemou und Nadeln
auH Knochen, Spinnwirtel, Perlen, nultearlieil^tor Bernstein.
— Diese Pundstücke würdeu auf die Zeit vi«nl0. bis 12. Jahr-
hundert führen und auf einen aoi^edehnteii Handel von
Uaithabu «chliefsen lassen, worauf auch die I>avamüh)ei> au»
rheinischer Lava , Ktchachaufeln au.« Schwülen und Speck-
st«-ingonif«e hiuweiran.
— Ib*«»fe»snr Baelz in Tokyo, der seit 2»]Jahr»*« .«ich mit
der Beobachtung und wisaenscliaftlicben Deutung der blauen
Klecken in der Kreuzgegend der Neugeborenen bei
Mongolen bew^häfligt hat, worüber »ich allmählich eine
grufse Litt«ratur und der Nachweis dieser Flecken auch bei
den N«ug*.‘bor«ncn anderer Kasmm entwickelt« (zuletzt Ten
Knto im Globus, Bd. 81, Nr. 15), hat jetzt die Sach« noch
weit.er verfolgt und gezeigt, ilafs diese blauen Klecken
das feinst« Ueagens für die Unterscheidung der
weifsen Kns.se von allen übrigen Kassen abgeben.
(Intcnistioualea Zentralblatt für Authropologie 190:;, H. 329.)
Es gelang ihm, die«e blauen Flocken auch bei deu Neu-
geborenen südamurikaiiischHr Indianer uachztiweisen. wo sie,
in Brasilien, Geui|>apu heif««n. nach dem blauwcbwarzfärlwndeu
Safte der Geuipapalme. Beimischung indianischen Blutes
bei WeiCwn äufsert sieb lUK’b in der Wiederkehr der blauen
Flecken btd späteren Nachkommen. Bei einem Weifsen aber
sind sie nie beobachtet worden und sie sind daher als .ein
«inineiit wichtiges raa»eDdiagno«ti«ches Merkmal* HufzitftuMen.
— Das trauspazif ische Kabel, an dem die eugiieche
Telegraph Cönstruction and Maintenance Company »eit zwei
Jahren Imul«, ist mit Vidlcndung de« letzten IVilstnckes
Quoenslund — NeUM*vIaiul m den letzten Tilgen de« Oktolmr
fertig geworden. 1b*r Kau ging Uber folgend« Stationen;
Vancx>uv«r — Fanriiiigins«] S84ö km, Faoiiingitis«! — Fidschi
3490 km, Fidschi -Norfolkinsel 1630km, Norfolkinsel— Moreton-
bai (Queensland) 145okni und Moretonbai — Neuseeland 820 km;
daa Kabel ist also 13235 km lang. Die Kosten betragen
2i> Kleine N
2 MiUirtncu Pfund. IMpesfiben , die au« Anlaf« der Fertig-
«tellung nach London gfuandt wurden , kamen dort auf d«'m
neuen Entliehen Wege in 10 Htuudeu 25 Uinuteu, auf dem
wectlieben Wege in 13 Btundcu 90 Minuten an. JCin Katiel'
Strang umspannt nunmehr die ganze Krde.
— Auf dem 13. Kuugref» der »ehweizerischen geogra-
phiHcbvD «lesellscbaften in Zurieh im September 1902 sprach
l*rofe««i>r Rudolf Martin über den iieolithischeu
Menschen in der Bchweiz. Die besterbaltencn Schädel
und Knochen dieses Menschen stammen vom («runde der Seen,
aus TorfmcMreti und Hohlen. IHe frühesten aufgofundetieu
Reste sind poetglazial» ncolithiseh und stammen haupts&chlich
au« Ffahi(«uten. Kincr der b*'«(urhAlteuon Sc.bkdoi Ut erst
kürzlich dem Egolzwyler Moor enihobeti worden. I>aun
grlnsn auch Kühlen und FoUwohnungen , wie Dnchsenbnhl
und Schw’etzembild, gute Aiislieutc. Am wichtigsten alter für
die Frage nach der Physis der Sleinzoitnieuscheu in der
Schweiz sind die Ura^dtten geworden, so vor allem
Chamblandes bei Lausanue und Ulis bei Brig im Wallis.
Diese Otüber sind Kifllengrttber aus Steinplatten von nur
1,2 m lAngo und 0,8 ni Breite; die Leichen wurden darin in
huckender »der kaueruder Stellung Iteigew^ut UewOhnlich
enthalten diese Steinkisten zwei Skelette, deren eiue.s regel-
mkfsig einem Manne, deren andere« einer Frau gehört Das
l&fst die Vermutung zu, ilaf« dort einst die Sitte hcrnichte,
dafs die Uattiu dem Manne in den Tod folgen mufste. Aus
den spärlichen Grabbeigaben geht mit gröuter Wahrsebein* <
Uehkeit hervor, dafs diese Orübur ein Alter von miudetsiens
4004) Jahren bfäsiUeu. W'io sah der neolilhische Mensch aus?
Die Berechnung von VerhAItriiszahlen aus Lftnge, Breito und
Ohrhbhe der Schädel eiyiebt eine leichte Orthodolichuce-
phalie, d. h. die Schidel sind relativ lang und rnäfsig hoch-
Als mittlere Korporgrüfse tlndvn wir für den Mann 1,00 m, für
die Frau 1,43 m, also kieinwüchsige Leute. Auf Grund von
Pfahlbausciiädeln nahm man bi«ber an . dafs in der reinen
Steinzeit der Schweiz nur Ropräwmtantcn einer brachycephalen
Rasse vorkämen ; neuere Funde lehren, dafs neben den Hund-
köpfen auch schon ein kleingewiichsener dolicbocepbaler
Typus erscheint.
— VonWalkoff rühren einig« oduntologisehe Krgeb-
nisse für die Anthropologie her (Österr.-ungar. Viertel-
jahrsebr f. Zahnheilkde. 18. Jahrg. 1002). Verfasser müchtc
nach seinen anthropologischen und histologischen Diiter-
«uchungen die Behauptung energisch vertroten, daf'< die
diluvialen Vorfahren in Bezug auf Kiefer und Zähne auf der
Hohe der Ausbildung standen, während wir uns bereits seit
lange auf dem alMleigcndou Aste der Kniwickelung befinden.
Man boharrt allerdings noch vielfach l>ei der althergebrachten
Atitichi, daf« der Mensch das in jeiler W'eise höchst organi-
sierte Wesen sei. Für die Kiefer und Zähne des heutigen
Menschen ist eine sulche Annahme keineswegs aufr*M;ht zu
erhalten. Die sichtbar mang<-ihafte Stellung , Form und
äufserat mangelhafte Struktur der Zähne, das Mifsverhältnis
XU den Kiefern anOrnfse und viele andere Fehler und Krank-
heiten sind zu eklatant, als daf« man von den Kiefern und
Zähnen der heutigen Heuscheu als höchst organisierten
Formen sprechen kann. Verfusaer möchte gerade da« («egen-
teil anwprechen. Die weitaus meisten Kiefer und /ahne der
heutigen Menschen, ganz Iwaouders aber der Kulturvölker,
zeigen eine derartig verbreitete pnthob^ische Bildung, dafs
man von einer ullgemeitien Degeneration jener Organe sprechen
kann. Die diluvialen Vorfahren des Menschen hatten dagegen
iti Bozug auf den inneren und ftufseren Bau weit bessere und
deshalb auch funktioneil weit mehr leistende Kiefer uud Zähne.
Kt waren das nicht etwa Excefsbildungen« wnderu Organe
von höchster spezifischer Leistungsfähigkeit und bester funktio-
neller An|>assung. Nicht die Kiefer und Zähne jener Vor-
fahren, sondern unsere heutigen «ind pathoK»giscb veranlagt.
— Waller K. Roth in BrLiliane hat iu North (^ucenslaud
Ktiiography Bulletin No. 4, 1002 eine Abhandlung. Games,
H{>orts , Amüsement« veröffentlicht , in welcher er wertvolle
lleiträg« zu dem jüngsten B«>ndergvbiet der Kthnographie
bringt, dossen Bedeutung lange verkannt und eiwl in neue.ster
Zeit gewürdigt wurde, es »iml die Spiele und Verwaodtes.
Dalwi steht nicht einmal notwendig das psychologische
Inlerdsse im Vordergrund ; das Spiel bewahrt nicht selten
die Abbilder alter Ger-tle auf oder enthält noch die Heate
verschwundener Gebn'iurliu, so daf« seine Krfomchuug un-
mittelbar der Kthnographiu dient. Fruilicb ist ciue zuNamm*m-
fa«sende DaraUdluiig nicht m*~>glicb; noch für längere Zeit
müssen di« Kinzeldarstellungen henwehen. Zu den letzteren
gehört di« an Abbildnngeu reiche Abhandlung des Verfassers,
•ohriohten.
die sich auf Nord-Queensland beschränkt. Von dem Reichtum
an Bpieleii giebt schon seine Einteilung des Materiale« einen
Begriff; eruntervcheidet; 1. imaginative Spiele (Erzählungen),
2. realistische (Spielzeug, Pfianzeii, Kunsirauchen), 3. imitative
(Zeichnen. Malen, Nachahmung natürlicher Objekte und
Krscheinungen durch Bewegungen u. s. w.), 4. Unterschoidung«-
«piete (Suchen, Raten). 3. Kainpfspiele, 8. Treilwpiule (Ball,
S{»««r), 7. .exuitative Spiele*, die wie Tanz uud Gesang wuhl
hauptsächlich die rhythmischen Spiele umfassen. Bermerkens-
wert Ist z. B. die Verwendung einer Bchnur beim 8|)eerwurf,
wie sie in Keu-ralodonioti und den Neu-Hebriden üblich war
uud von lladdon neuerdings aus Britisch Neu -Guinea be-
schrieben wui-de. Von Interesse sind auch die vielfachen
Schnur- und Fadenspiele, l>ei welchen t. H. ritzende, stehende,
fliegende Vögel durch eine vei-Rchiungene Schnur dargesb^Ut
wenlen. Eine iknzahl der letzteren haben wir hier nach
Nr. 1711 der Nature abgcbildet. Vielleicht werden gerade
di««c Schnunpirle einmal wertvoll werden in Verbindung
mit Fragen der Ornamentik '). Während meines leider sehr
Padmaplele der Eingeborenen von Nord*Qaeensland
mit beigegebenen Figuren der dargestcllten T5gel.
kurzen .kufenthaltes auf Yale Island an der Kiidkfist« von
Britisch Neu- Guinea sah ich Kinder mit dem bpiele be-
schäftigt, e« wurden I'apageion oder Tauben dargest«llt.
Vielleicht besteht ein Parallclismus zw*isch«n der Reduktion
de« Vorbildes auf die verschlungen« 8chuur oder den ge-
brochenen Strich , au« dem «ich willkommene Erläuterungen
SU mancher Ornamente ergeta-n köuneti. iMm Europäer «ind
iMudo nicht immer leicht verständlich ; es kann aber ver-
mutet werden, daf« der Eingelxirene bei seiner Schnitzarbeit
durch die Sohurspiela in einer bc*timmton Richtung beein-
fiufst wird ; da« Ergelmi« braucht dann nicht eimoal mit
demj4-nigen nbereinzustinimcti, da« au« der rein goomctrischen
Reduktion des Vorbildv-s hervitrgehu U. Thllenlua
*) Die Ksiienspiele haben »eit längerer Zeit die Aufenerksamkeit
«1er Ethnogrspbeo em-gl, ««hun wegen ihrer eigrurtigen Verbreitung,
worüber K. AnJree (litliuograph. I'sraltelen, Neue Folge, 1889.
S, 96 0',) handelt. Von den melatici.iM'b(n Inseln berichlei Uber
die«c Spiele Codrington (The Melanedans, 1B91, p. 341), von den
Etkitnooi Bm> (Mitl. Aothropol. Ge«. Wien 1B88, S, 85), von den
Karays in Innerbrasilieo Kbrenreicl« ( VerotTentl. <1. Mu>. f. Völker-
kunde In lierl’B, II. S. 90, 1891). Di« lUnptTei-iireituog dci Spiele»
hegt, wie Andree nschwie« , bei den milnio-polynettacben Völkern.
Verantworü. Redakteur: Prof. Dr. R. Andree, Braunsehweig, Fallerslcberthor-iVoineBafde 13. Druck: Frie«lr. Viewef u. 8«ha. Uraun»«bweif .
Dig'tized , Google
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR L.^NDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT KIT DEN ZEITSCHRIFTEN: „DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
HERAIISOEBKK: P«of. Du. R. ANDREE. VERLAG von FRIEDR. VIF.WEO & SOHN.
Bd. LXXXIII. Nr. a.
BRAUNSCHWEIG.
8. Januar 1903.
Nadidrvck aur nach Ctwiwlakuoft mt dor VarlK^hiuwllunfl
Beiträge zur Kenntnis der Seen der Lechthaler Alpen.
Vou Wilbelm Halbfafa.
Im (iebiet dea <>b«)rKt«n liecbthnleH f^iebt es drei llnuptt?
lluchheen Tun tiiiiij^er (irotNe: der /ürHchernep, Spullert«- nebi«
»oe und Formarinsee. fieii zuerst |reuuunti‘ii» den höchst- Schvrftc
gelegenen unter ihnen, entwüa.sert der l>ei hach in den til>er ui
IamIi uiumiindeadu Zürscbbttch , der Spullerosee wird au dnsi
durch deu Sprenzbacb zur AWeuz im S'ornrlber^chen mittels
KioNterthnl entw&ssert, während der ForOTarinsee ohne Meter i
oberflächlichen Abflufs ist, wohl aber uuterirdii!>che Ab- ' l'iitersi
flnnse wahrscheinlich gleichfalls ine KliMtertfaal besitzt. Mitteili
Ül>er die TiefouTorhälitihtite aller drei Seen war mir bia währt
dahin iiicbt» l^ekannt geworden, und sicherlich exi»tiereii Xählnni
auch in der Litteratur keine Hicberen Angaben hierüber, auf der
ich beschlofs daher auläfalicb
meines heurigen Sommer- » 90 . , . y y
aufeuthaltem am Hr>densee, sie
auNZiiloten. Da ich Torher in
Krfahrung gebracht hiitte.dafi«
Hukuiueiu der drei Seen Fahr-
zeuge Torhandeu siud . so
wandte ich mich an den Zen-
tralansscburK des lleutscheu '*
und t.leterreicbischen Alpen- . » 1 ^
rerein» mit der Ritt«, mir du» /« 7 /
dem Verein zugehörige trag- \ V
bare<>sgoo<lboot zur Verfügung ^
zu stellen. Für die Rcreit-
Willigkeit, mit der er meiner /^ * « / s
Ritt« Folg« leiKtetc, »prcche ( **
ich dem Vereine meinen Ter- ^
bindlichsten Rank au», ebenso
Herrn Prof. Rr. Kberhard Der ZUrschersee.
Fugger in Salzburg, welcher
den Trnn»|K>rl ruii Salzburg aus besorgt hatte. Rer gelotet,
Tnin»{H>rt «les Roote» Ton der .\rlborgbahu»t4itioii I^aiigen genau
am« über Stuben, Zürseb, /ürseher-<ee. l/cch, Zug, Spullers- suches
»ee. TaniiiegfT, Furmariuseu nach der Station Rulaas Roduiin
geschah durch zwei Träger, welche »11 der zuHamiiieii fludet ^
llaupUtärke ist die leichte Zusammensetzbarkeit und
aebi« leichte Beweglichkeit auf dem Wasser; »eine
Schwäche ist sein geringer Widerstand dem Wind gegen-
tilier und die Uiimöglichkeit, eine grofsere [.otmasebine
au dasselbe Wfestigen zu können. Raa Loten geschah
mittels eine» einfachen Kurl>elapparates mit einer in
Meter eingeteilten Schnur, der sich liereit« liei meinen
rntorsuebuogou m den Pommersoben Seen (Petermaiins
Mitteilungen, Krgänziingabeft 136, S. 5) durchaus be-
währt hati«>; die Fixierung der geloteten Stellen durch
Zählung der Rndersehlägo und Kinpeilung in Fixpunkte
auf dem Lande, wobei der nicht zuin Rudern Tcrwendetu
Träger hülfreirhe Rieuste
«y ofw leistete. Rie Temperaturheob-
achtungen wurden aiis-
yT I niihmslus mit einem Fmkehr-
/ yN l tbcrniometer Kgerscher Kun-
// *■ * \ \ atruktion vorgenommen.
^ 9 • \ I Rer Zflrseherseo, der
*^9 I i I höchstgelegene der drei Seen
^ ! I ** '****’ ““
e Hälfte
^ I 1 I einer zwar mürben, aber
I j immerbiu noch 10 bi» 15cm
^ dicken Kisdeke bedeckt; die-
j. selbe zu durchbrechen gelang
^ nicht, auch erschien es nicht
goraton, sich mit dem Boot
den scharfen Fasrändern zu
* iiäheru , da eie leicht orateres
’heraee. verletzen konnten; es wurde
also nur an einigen Stellen
gelotet, und eine »yKteiuatbehe .Vuslotung wurde er»t
genau 14 Tage »pater gelegentlich eines zweiten Re-
suches Torgenoiuuien. Wie di« Tiefenkarte zeigt, ist das
Rocluiirelier des Sees ein einfaches: »eine tiefste Stelle Ih;-
fludet ^ich ziemlich genau in der Mitte, dort, wo er am
etwa 45 Kilo »cbweren La»t tüchtig zu tragen hatten, | lireiteston ist; dort stürzen »eine Ffer auch am steilMten
zumal bei den teilweise steilen und schlechten Wegen.
FJgentlicb »ind solche schweren Lasten auf die Rauer
geeigneter durch MiiU zu Iiefördem, da es aber in jener
(icbirgsgegeiul au solchen gänzlich fehlte und auch
ITerd« auf mehr»*re Tage nicht zu bekommen waren,
mufsi«‘ man schon notgedrungen zu eiucui uienschliehen
Beförderungsmittel greifen. Ras (IsgoodlKiot, von dem
ich eine kurze Ib'schreihung in der l'mschau gcgol>cn
habe, hat »ich niirscronientlirh gut bewährt und kann
für alle ähnlichen Fäll« .»ehr empfohlen wenleii; seine
Globus LXXXIII Nr. 2.
in die Tiefe ab. Nach 4lem im Norden gelegenen .\uk-
flufs zu lind in der Westecke, wo die Nische in den
Felswänden am deutlichsten ausgeprägt i.st, ist der See
am flachsten; an der zweiten Stelle Tcrlierl er durch
herahstürzendes Terrain mehr und mehr an Termin und
ist noch seichter als an dem entgegensetzten Knde. Rer
mit einem geringen, ziemlich bell gefärbten Siblaium
bedeckt« Boden ist anstehender Fel», der See selb-nt ein
au.sgesprochencr Zirktissce, wie dii* meisten v«m Fugg«‘r
im Sitlzbiirgiscliun ausgelotcten iloebseeu, und die l>eiden ^
3 '
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22
Wilhelm Hnlhfeirt: Iteitrü^o 7ur Kcnotni)« dvr Seen der I.eohthalor AIppn.
nod^ren Hochneen in den Leehthftler Alpen auch. Üljer
die Temperatur' und diu iKircbHioLtigkeit.sverbAltnisae
9. Tftbelle II, S. 23.
Der SpullersHcu nicht in »u romuniisehor
Auch der Spullerssee ist ein natürliches echtes Fels-
bocken.
Die IkMlenknitfiguration ist, wie die Tiefenkarte aeigt,
«ine sehr einfache; der Boden fallt jedoch jetxt an der
hlinsamkoit wie der Zürschorseo, fünf Minutuu von i«oi-
iiom nördlichen Ufer untfomt befindet sich Tielniehr die
grofse zu Dnlnas gehörige Spu]lursalp<^ Auch s^tünteu
die ihn eiuschliefseiidon Ih'rgc lauge niolit so steil nb wie
dort. An seinem Nord-
ufor, oben dort, wo
die Alpe liegt, sehen
wir eine gauz oltone
FlSche, welche etwa
halb so grofs w'ie der
See selbst ist; es er-
scheint sehr wahr-
scheinlich, dafs diu
Kbene in früherer
Zeit gloichfulls Tom
See bedeckt gewesen
ist, welcher vor etwa
20 Jahren durch die
Sprengung von Füllen
um etwa ’/j m ge-
soiikt wurde. Nuhun
dom starken Abflnts
he^it'/.t dur SpulhTs-
soe zahlreiche kleine
Zuflüsse, welche dafür
sorgen, dafn sein
Wasseifttand ziemlicli
gloichuiäfnig bleibt,
vremigätena nach der
Aussage eines Sen-
nen, <ler in dortiger
Gegend schon 30
•fahre hindurch wah-
rend de* Sommer.*
thätig war.
Der Fonuarliisee.
Nordüeite steiler ab, als an der dum B«rg zugukehrtun
Südseite, was unzweifelhaft mit der einstigen Ausdehnung
des Sees zu^ammcuhängt. Nimmt man dieeo hinzu, so
ist die Böschung am steileren Südufer ganz bedeutend
gröfser. Die Isobatke
15 m umfafst noch
beinahe 40lVoz. der
Gesnmtnberflächeund
sie verbreitet sich
über einen durchaus
ebenen Soeboden. Die
Sennen, denen ich
das Resultat meiner
Messungen mitteüte,
waren sehr erstaunt
über die Regclmfttsig-
keii des Seebodens,
den sie für sehr un-
eben gehalten liatien,
nur in der äuf*oi>ten
WoHtecke, inmitten
L’iuus flacheren Gu-
l»ietes, befindet sich
«•iuo luchartigo Ver-
tiefung, dort ragt
auch ein grotner Fels
aus dem Wasiur em-
por, der vermutlich
aber nicht in situ
gewachRcn , sondern
vou üben hurnbge-
stürzt ist.
Der Formariii-
soe ist von den drei
Seen wolil «Icrjnnige,
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Wilhelm llalbfafs: lloitrige zur KeaDtoiz dtr Se<*u der Leehihalur Alpou.
23
vrelcher am meiateu ?on den Touriztau aufgoaucht wird,
denn nur 20 Minuten Ton ihm entfernt befindet «ich die
Kreibui^er Hütte der Al|)euvereinfl »Sektion Freiburg,
welche auch mir ala Stützpunkt bei meinen Arbeiten ge-
dient hat.
Kr iat kleiner ula der SpuUei^aee , aber nicht uner-
heblich tiefer. Zur Zeit meiner Medanitgen war neine i
Maxitnaltiefe nahezu 28 tu, doch berichteit* der mich be- j
gleitende Führer Gautuer am Halttax, der ihn seit lau- '
gern kennt, daft« er Hchon bU zu einem !*unkt an einem
Febeii gestanden bat. dessen Höhe ich zu etwa 4 m über |
dem augenblicklichen Spiegel roafi«, so dafs er also bei
Hochwasser eine Tiefe bis 32 m erreichen kann. Wie i
ich schon oben hervorhob, ist der Forrnarinsee ohne
oberflächlichen Abflufs, besitzt aber zahlreiche nicht un-
bedeutende Zuflüsse, vieiloicht auch noch uiiterirdiHche
Zuspeisungen, so dafs, wenn man annimnit. dafs die
unterirdischen Abflüsse sich zu Zeiten verstopfen, ein
häufiges Schwanken des Niveaus sehr erklärlich und |ene ^
Angabe von Gantner grofse Wabrscheinlichkeit für sich ;
hat. Ks dürfte sich lohnen, wenn die Alpenrereins-Sektion i
Freiburg ein Pegel am S«e aufatellen würde.
IHe Auslotimg des Furmarinsees ergab, dafs dieser
Soc ein nicht ganz so einfach gegliedertes Becken he-
sitzt wie die andertm btddenSnen. Zwar liegt der tiefste
Punkt des Sees ziemlich in der Mitte, doch erfährt die i
Isubate von 15 m südlich von der tiefsten Gegend des
Seen eine nicht unbedeutende Einschnürung, namentlich ;
am Ostufer des Sees, wo sich oiTenbsr eine mächtige j
Felsenbauk bis tief unter die Oberfläche des Sees hinein- !
schiebt und eine gleicbiiiäfsige Böschung des Seerandes I
hindert
Fnweit des grölsten Einflusses in der Nordwestecke
liegt etwa 5 m vom lifer entfernt ein mafsig grofser |
Felsblock, der von restcui Lund durch eine 1 ni tiefe j
lintiefe getrennt ist Sonstige lochartige Vertiefungen sind |
mir nirgends aufgeNtotseii, es ist alier nicht auMgeschlosHen,
wenn auch nicht gerade walirscheiidioh, duts sich im
nordöstlichen Teile »les Sees, wo eigentliche I,otungen
nicht mehr stattfinden konnten, weil zunvhmouder Wind ;
die Fortführung der .\rbciteu verhindert«, solche finden |
werden, (iauz hervorragend Iwi diesem See ist seine
Hurchsiehtigkeit, erst in 9 m Tiefe ent'^obw’and die Li-
burnausche Scheibt? dem Auge, und wunderbar klar
spiegelten sich im Wasser die Fölsen und Berge seiner'
riugehung, lH?sondcrs die Roiwuud, di« am meisten von j
der Freiburger Hütte aus bestiegene BergapitM.
Vergleicht man di« Tiefenkarten der drei Seen mit
denjenigen anderer Zirkusseeu, z. B, des Feldsees im
Schwarzwald (s. Peten«. Mitteil. 1898, Heft 11), so fällt
»«fort die Ungleichmäfsigkcit des dort durch den S«»e
gelegten Profil» auf; beim Feldsee, der durch eine Moräne
gestaut ist, Hegt dio grötste Tiefe weit näher der Fels- |
nischu als dem Ausfluü, derselbe l'niKtand kehrt unter '
kleineren Verhältnissen beim Glaswaldsee wieder. Bei
den natärlicheu Felsbecken der l^hthuler Alpen ist
der Botlen mehr irichterföraig, und die tiefste Stelle
liegt in der Mitte oder nahezu in der Mitte. IHe Tiefen-
kurte des Spuliersu« lalst wohl am deutlichsten erkennen,
daf» die Anschauung Fugger» {Mitt. d. Geogr. Ges. in
Wien 1896, S. 638), der den normalen Felssee als
Unterbrechung in der Auswaschung eines Thules, den
Sec also als ein« geiitört« Thalhildung aiisieht, das Ki<‘b-
tige tnflt.
HieTemperaturmeusungen zeigen, daf» der Zfirscher-
see am 15. Juli noch sirutificalloQ inverse besafs, 14 Tage
später jedoch normal« Wärmeschichtung, immerhin war
sein Wiuuer sehr erheblich kälter aU da» der beiden
anderen Seen, im Forrnarinsee war das Bodenwasser
noch unter der Temperatur der grOfsten Hicbtigkeit.
Noch iuteres!*anter« ^sultate ergaben sich aus den
Durchsichtigkeitsbestimmungen; während der Forroarin-
see aufserordentlich klares Wasser besitzt, sind der
SpuUerssee und der Zürschersee weit umlurcbstcbtigur,
obwohl ihre Temperatur tiefer Hegt. Obwohl ich kei-
nerlei planktologi^che Untenmehungen vomahm, kann
ich doch die Meinung auflsprechen, dafs dieser gewaltige
Unterschied in der Durchsichtigkeit keineswegs auf
gröt»er«m oder geringerem Gehalt an Organismen beruht,
Mondem auf der verschiedenen Speisung der Seen. Wäh-
rend die nächste Umgegend des Forznariiisces keine
Schnoefelder mehr aufwies, wurden der SpuHerssee, be-
sonders aber der Zürschersco reichlich mit direktem
SchneewaMser gespeist, wodurch sich die auffällige Trü-
bung ihre» Wassers einfach erklärt.
Tabelle II.
1 ' 1
Ziimcher**»*
Hpuller***"« 1
Kiinwarin*
see
Batiiin der Keob- j
15. VII.
29.VI1.
I6.V11.
1 I7.V1I.
achtuDg . . . . 1
Temperatur der
3 p.
1 3 p.
I 11a.
9a.
Luft
Toinpcrutiir de* 1
Wassers an der \
Uf*
1 III*
11—14“
1
Olierflächft . . . '
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1 1
! 13"
Temp. in 1 m Tiefe
1 — ,
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11,4*
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* B *' f» n
Tiefe, in welcher
die läbuniausrbe
Kcheilw d. Au);e |
!
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1 3,U*
entschwindet . . |
1 1 III
i im
j 9 in
Tabelle I.
Karne des Sees
? Hohe iUwr
1, dom Meere
t m
Areal
lia
(iröfste 'Mittlere ,
1 Tiefe
1 ni ''
Volumen
cbm
r
' Mittl.re riiifaog
Itmcliliiu:
, km
Zithl der Lutun^cen
überhaupt . pro hs
Ziimchenwc
. 1 213»
4.4
1 15 ! 7,1
315 OUO
! 11.5' 1 1.0
86 1
19
Hpullersaco
1750
1H.4
! 19 11.3 '
2 OHO OUO
1 7,8" 1 , 9 :.
90 '
5
Formarinsoe
. ISüt)
15.2
2H 1.3,5 '
2 050 ÜOO
1 10.4- 1 1,5
140 i
9
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K. Itlind: SkixTu-ii »u« cliafi-lotbriotriieheii (^sKusrieu.
Skizzen aus elsafs- lothringischen Ossuarien.
Von Ih*. nietl. K. I
I. Kr aktn r iertes Komur aun einem mi ttel n 1 1 er-
lichen Heinhaiise Lothrin^enK.
Zu einer Zeit, wo die niirni'fpe ungeahnte Krfol^e
7eiti;^ und vertrauensTol] ihrer vreitereii hlntwickelun^
ent^e^enblickeu darf, richtet eich der Blick mir noch
selten rückwärts auf deren entlegenste Anfänge. Kiid
dr»rli hallen Kufällige Kunde einzelner KmK*henprii|Nirnte
uns gi'rudo über die Khirurgie der alleralWsten /eiten
wertvolle und ilberraschende Aufklärungen gchrHcht ; sie
beweisen, dnfs echou daiuule nicht nur langdauermle knn>
«ervative Beliaiidliingsmelhodcn chirurgischer Knochnn-
erkrunkungcti. souderii auch 0|icrationcn eingreifendster
Art erfidgreich ausgefflhrt wurden.
Aus derartigen Kunden hat sieb inustiikarlig eine
Skizze der npf^hUtoriscljen ('birurgie <!er Steinzeit“ zii-
saminensetzen lassen M. Ks ergieht sich zunächst aus
den eheusu interessanten wie geistreichen Arheiten von
Pruuieres. IltNM'a u. a. dafs si-hon zur Steinzeit trotz
der tcrhnischeii Schwierigkeiten infolge der riizuläiig-
Hi'hkeit der SilexgerSte die Schäde)tre{>anntion eine weit-
verbreitete und um I.s>bendcn vielfach mit Krfolg auageübte
Operation war. fanden sich doch sowohl in Kraukreich.
Ihihinen u. s. w. aU in nordamerikanischen und alt-
peruanischen ürahstätton Schädel mit Trepauations-
offiiungeii. bei denen die anatomische Beschaffenheit des
Kandes nicht bezweifeln läfst » dafs sie längere Zeit vor
dem Tode des iictrcffenden Individuums angelegt waren.
Auch eine rnterschenkelfraktur, denm lleilnngsresul-
tut wohl jeden imKlemeu t'birurgen zufriedenctolleu
würde’), fand sich in einem Steinzeitgrabe, ferner eine
unter konservativer Behandlung in recht winkehge^r Ver-
steifung (also der gtiiistigsten Stellung) ausgeheilte chro-
nisch-eiterige Kntzunduug des Kufsgelenks mit Nekrose
am unteren Schienbeiiiende — ein Kall, der hmgtlauermle
Kühe, viel Zeit und (reduld erfordert haben mufs.
Im entgegeiigeMü zten Sinne sprechen dagegen z. B.
die ultägyptiKrhen Skelettfuiide *) jener ältesten, lieim
l'vramtdeiibau verunglückten ^rnfallverletzteii“ , neben
deren (..eichen das ahgeschlageiie Ikdii, der nhgeschlagene
Arm bestattet waren, ohne dafs sich an den Knoeben-
stümpfen irgend welche Zeichen eines llcilungspruzesses
fanden — ein Beweis für die tlhimincht der damaligen
t'birurgie, die den raschen Totl unch solchen Verletzungen
nicht uufzuhnlteii vermochte.
So sind einzelne solcher Kunde für die betrefifende
K}Nicho bisweilen von cburakteristischer Bedeutung, lob
bin nun gelegejitlicli der autbro|MdotfiRcbeii Burch-
forscbiing der elsafs -Inthringischeu Beinhüuscr. deren
Ki-gehiiis ich in früheren Arbeiten niedergolegt habe * u. *),
in den Besitz eines Kuocbenstückes gelangt, das in tlieseiu
Sinne ebenfalls einiges luteres-*«« iH^aiisprucben dürfte:
dasselbe fand sich neben vielen Hunderten von Si-hädeln
in dem uiitteluJterlichcu luthriiigischeu Beinhause von
Seh<>rbuch , über das ich seiner Zeit ^) folgende.-« schrieb :
*) TiUniann«. l'l»er prähistorische t'hirurgie. l«aTigeub«>eks
Aich. f. klin. t'hir., Jkl. ‘J». Ikm:».
*) Bull, «t« la ^s*. «l'Afiilmjpot. «)«• l’ari«. 1«74 u. ff.
■) V. Ocf»-|f, Agypt. Medizin der Pvrauildeiizeit. Neu-
tiiirjrer-Pagels Hamlli. il. tieach. d. Med.
*) Blind. IHü Schodelforraen der el4äasi>.clien Uevi>lkeriing
in alter und neuer Zeit. Kine authro|s>|.-hist. Studie ülwr
7ou Schädel aus den t-Uäss. t^suarien. Beitr. z. Aiitliro|sil.
Kls.-Lothr., ltd. I. lieft I,
Blind , Ihr Srhädclfornieu iiu SchtirUicher Beinhiiuse.
I>i«*<e|li«ti Beitrage, lid. I, Hefl X
I i nd - Strafsburg.
,.Iu Scborbacli (S-horjiocb 1210, Schorjiarhp 1,'102,
Xofpach 1.31.'», Seborputb 1.544, Scherbacb 1771), das
4 km nördlich von Bitsch in einem abgelegenen Seiteii-
tbälcheii der iiönllicben Vogesen liegt, hat sich von der
alten, der .Vhtei Stürzclhrouu gehörigen Kirche mir «ler
Turm erlmlteu, ein romanischer Bau des 12. .lahrhumlerts.
An der AiifsenMUte des umderncu Laiigsi-biffes trägt ein
Stein fulgundv Inschrift;
»Anno ah. inc. Dom. M. XBIII. dedic. est. her.
pt-i'lesia. Vin. i(L sepb a venenibiU Teotwino apostolici.
legato, in honure. S, Marie. S. crucU. S. itemigii. «pis.
S. Baurentii mar. liCiMieguni m. S, Viiieeutii m. Herardü.
tierhardü. lüldulfi. epis. Leoni» Vill.
Die Paläographie deratdbeii entspricht dem 12. Jahr-
hundert. Neben der Kiixhe steht das Bemhatis. der
einzige romanische Ban dieser Art, welcher wenigsten«
im »üdwe«tlichen Ihsutschland erhalten ist und JedeufHlls
eine» der interesnaiitasleii Kxemplar«^ von Ossuarien ’).
KrnusD, der ihm eine auHführliciie BeM'hreihnng widmet,
versetzt danselW ehcufalU in die Zeit des in der Inschrift
erwähnten Tbeotw'in, der 1133 zum Kanlinat erhoben, als
1/egat des ajwstolischen Stuhles in lluutscbland wirkte
und 1138 Kaiser Konrad III. zu .Vachen krönte.“
Ihm ollenliar wie die Schädel aus dem benacbbarteii
Krimibofe stammende Präparat blickt daher unter Um-
ständen auf ein äufserst beträchtlicfauH Alter zurück.
MHdizinisclies Interesse bietet e# nun insofern, al» es
einem Bruch de» rechten Oberacheokelknocheus dicht
nnterhaib dcHseu Mitte entspricht, der genau in der
Stellung verheilt ist, wie »io Wi -\usachluf» jeder thera-
peutischen Kinwirkung den Naturgesotzcii entsprechend
zustande kommen mufs, bezw. wie die ohne liewiebtszug-
verband im einfachen, unzui-ctcbeiiden Fixationsverbaml
(Schienen-, Uipaverband u. s. w.) zu erfolgen pfl egt.
Infolge de» elaHti.schon Zugi>» der kräftigi'U Ober-
scbenkolinu.skeln muf» u» zunächst, wenn derselbe nicht
künstlich durch eiitaprecheudeii ttegengewichtszug auf-
gehuWii wird, durch Ver.Hchiehuiig der Knocbenbruch*
Stücke in der Uiugsachse zu starker Verkürzung des
Femur kommen, die im vorliegenden Kalle sogar das
Imträchtliche Mafs von 12 cm erreichte; ferner bilden die
Brucbstilcke infolge des Zuges der einzelnen .Mu.skel-
gruppeii au den KrMwhenbrucbstückeii in der Hegel einen
nach vorne offenen stumpfen Winkel, wie er auch hier
(». .Mtb. 2) besteht, und endlich dreht »ich in der Hückeii-
lage da» untere Bruchstück (hezw. das ganze Bein von
der Bruchstelle ab) infolge der Schwere des Ktifsee und
dessen Neigung, nach aufsen zu fallen, stark auswärts,
SU dafs iiu Vorliegenden Falle l>ei der Betrachtung von
vorn (». .\hl). 1) das Kiiiet'iide des Ketnur mit den Olier-
scheiikelkoiidylcn fast im Profil statt en face erscheint.
Die Beschaffenheit der mächtigen kallöscn KniM'heii-
wucherung, welche die la-iden Kiimdieustücke auf eine
liänge von 17,5 eiii hin vereinigt, mit ihren Kmmheii-
kanten, mit ihren durch uachtrnglichen Knocheuschwuiul
bedingten Auskeliliiugeu, Durcbbohruiigcn u. s. w. läfst
mit Be.stimmUieit aussagen. daf« das verletzte Individuum
*) .\niio at» iiieiiruntionc doTniiiica MCXI.III. öoilicata est
bat*«' it-clusia VIII. ithis septt-mliria n vt-nerahili Teolwim>
npiwtotici ^•<;ato in liunore S. .Mariae, S. ernris, K. Kemigii
eiiiscopi, 8. biiureiitii mnrtyri«, S. L**o(jegMrii martvris.
H. ViaceiiUi mai'I.iris, Ib-ranlii. Gerhardii, HilJulH episctipo
rum. lieoiii« VIII. pnpae.
Kraus. Kunst uml Altertum in Kl«nrs-U'>ihriugeu.
jy Google
K. lUiml: ^»ktxxp»
iiMch ilrni Knocliuiibnirli iiocli /pit, ialireliuiff
lebt baWn uiuf!*.
\Vt‘lt‘he Hebandlung alior inug /eu|;oti ver>
ffaiigenpr JAhrhunilprb* 21t t<Ml guwcinlt*n som? Wtir
in jener entlegenen (iegeiid der waldbedeckten llerr>>cbaft
MilHL'h • ZweibrUrkeu , xu eiiier /eit. deren rnMliikte mit
Iteeht u]j* „die böehste Potenz der Sterilitiit“ bezeiehnel
worden »>ind *), eine ganz iimretiügende ftrztlirlie Tlterapie
— ein einfheber fixierender Verband, der »lie Ibdlung^-
vorgÄiige der Natur in keiner WeUe zu beeiuflu>*-en ver-
inoehte — , war es nur jene niyhti>*ehe (teliHndlungs*
metbiHle, die auch beutt‘ in niinirbeu iibgelegiaien
Femur*
AUb. 1 von vorn. Abb. von aufüeii.
OrtKchaftau lAitbringoiiN noch nicht au**geit>ttet i«t?
My^tiijcbe /eichen und mystische Sprftcb«, die, wie ch iin
gennanittchun „Merseburger •'N‘gen" heilst. „Bein zu Bein,
Blut zu Blut, trlieil ZU tilied“' frtgeu s«dlen uml die als
Cberreste iirurlscher Medizin du» gröfsto elbiudogi»ehe
Interesse waebriifen, lautet tloeh schon eine derartige
Formel im aanskritUcheii Atharvareda^):
Zusammen sei mit Mark dein Mark.
ZuMimmen »ei mit (ilied dein {tiie<l,
/iisainiiien waeiis dein alte» Fleisch
l'nd aneh der Krim-hen wach« da/til
II. Inschriften elsnfs - lotli riiigixcher Ossuii ri eo.
Die Sitte, Oasuarleii anzulegen, d. h. die auf freiem
Fehle gefundenen oder auf Begrähnisplützeu zufüllig
oder absichtlich wieiler ansgograbciion Skelettreste unter
besonderer Berücksichtigung und Sehonung «ler Sdiildel
■) Pagel, (iesch. der Heilktle- int Mittelalter. Neuburger*
Iblgelt liandl». d. l*e«*l». d. Med. lUol.
*1 Bloch, liidisrhe X»*ubnrger • l*asfU llnndb.
d. ttasch. d. Me*l. It*01.
■loLliringisoheti Ossuarien. 26
in oft sehr gruTser /iiLl aufzuspeichern, läfsl sieb bis auf
Urzeiten ziiruckverfolgeii. Schon zur Steinzeit Ist sie
iiachwi’isbur und ohn** sonstige zugehörige Skelettteile
sind zjihlreicbe Schüdol in ucolithischeu (rniborhöhlen
geborgen worden, wie es Funde aus Belgien, Frankreich.
Deiitsehlaud und Spuiiicn durtbun
Im Mittelalter ist die Sitte elietifulls Weit verbreitet
und viel gtu1l»t, überall oiit>tehen Beinhüiiser mit vielen
Taii.senden von Srbädeln und s{H>ziell im l'Jsafs lassen
sich dieselben von <ler Schweizer (»renze bis Weifsenburg,
nnderersuits bis tief nach Lothringen hinein verfolgen,
wenn luich heute der gnifste Teil dieser Moiiuinente be>
diiuerlicberweise verschwunden i«t. Die uiM*b erhaltenen
(ts.siiarien — einige dersellien sind seit meiner l’liter-
siiehiiiig bereits Neubiuiteii ziim Opfer gefallen, die anderen
einem sicheren Untergänge geweiht — ,die ich zum liogeu-
mIjiim! einer 189S erschienenen nnthro]M)lr>giKrlieii Studie
mnt'lien konnte“), liegen meist innerhalb von Friedhöfen
( Lup.xtein, /iibern, Kpfig, Schan'aclibergheim, Srhorharh)
mlcr doch auf dem Ihaleii ehemaliger Begnibnisplatze
tKaywershergl, deren Beste sie Hiifuahmcu, zum Teil auch
bilden sie wie die Meywihrer Kapelle hei Ammersebweyer.
die SL SebaNtianska{»elle bei Dainbach die einzigen Bimste
längst verschwundener Ortsclmften. Auch architektonisch
»ind die Beiiibüuser von gröfstem lntore«se. sind doch
gotische und nmmiiisehe, Barock' und Benaissanco'
bauten vertreten; überall hat sich ferner die Sage dieser
nierkwünUgen Altertümer bemächtigt, irrtümlicherweise
die Schädel bald auf die Fiiifälle der Kugellender (13l>r)
iiihI I37r> “)J oder der Armagnacs (1444), bald auf die
fürcittcrlicheu Metzeleien des BatiernkriegeH (1.525) osler
auf die Schlachten de.« 30jährigen Krieges zurückführend:
d.tch ieh mufs mir ver«ag<*n, hier auf alle diese »oniifser-
ordentiieh iiiteiv.s.sniii«‘ii Verhältnisse einzugehen, um so
mehr, als sie ticgeiistuml einer gröfseren Arbeit in Bild
unil ^^'ort wenlen sollen.
liier sei nur auf Grund der Inschriften mehrerer
“«»uarieii darauf hingewiesen. in wie eigenartigem unil
zugieieli vcrKchiedeiiartigem Sinne diese mächtigen und
mit ihren bi» ül>er lOOOU Schädeln in der That im|K)'
sanO'ii „mcuieiito mori** die Volkspbaiitasie beeinflussen.
Da istes bald nur der Imdaucnide Wehruf über die grofse
/abl der In einer (iriift vereinigten tipfer des uuerbitt'
liehen Tode», dem wir iti der Inschrift des Ossimrs in der
kürzlich abgebrochenen gotischen Kirche von Scher»
Weiler begegnen :
.Ist nicht eine sonder«* Klag
Drevst'heii Tnitsoiid hi einem Gnibf*
In Kaysersberg batte oflenbar mehr das tiefühl der
I alles gleichiiiach(*u«lcn Majestät de.n Todes vorgeherrscht,
I begleitet von einer gewissen Befrti'digung, «Infs dieser
, T(h 1 keinen Unterschied kennt und wenigstens mi Grabi*
' hoch und nietlrig, arm uml r«<'icb friedlich nebeneinander
bettet; die liiMclirirt des Beinbau«es, dessen Kiiigang die
.lahreszahl 1463 trägt, lautet:
,Si* ivt'# rorlit.
Da Hegt der Meister bri sein«*ni Knecht.“
Wie eine Wanmng. ein „mementu muri*^ klingt endlich
der Spruch eines Iothringi.«chen Beinhause.*«:
.l.ietH* liriiilei* uml Hi-liwnsterii,
Wir waren uo,*h ge-.tent
Htark null g«‘suittl wie ihr:
O «'ht. morgen »ei«l ihr wie wir — *
‘•) Kraipont. Is?« N«*ii|ithli|ue« de la Men«e. Bruxelic« lüt«'.
**) Blind, hs*. «*it.. Ueft I uml 3 der „Beitr. z. AntlirMjs,|.
Klsars teithringcns“, K«!. I.
*') Bltii‘l, Das Massciiirrab von Thunicnim. KNässische
Sehlarlnfeldresle .lU« der Z«*it der . Kiig«‘llBinler* - Kinfalle
Diesellieii IHinlge (in Vorls*reiTnug liogriff* in*s
HefH.
ülul<uv l.XXXIII. Nr.
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|)r. Kicliarti Kurutz;
(lerMpUic Gefianke, man ja auch büukI häufiger »nt
(rrAbe^inxrhriftpii iH'gugnpt uud ilrti ich in etwas anderer
Form emt kilrr.lich auf einem (irabstein des llrrni
du Terrier von liirrkwuld in der Kirchhofstiiaiier zu
OlM'rschäfTolsbeim iKlsafs) laa:
.Swh Hilt«*r Crnuta »ux-h Helm ntK’h Stal*
Hat itiicli errett v(»m («rab.
Retleack« n Lft^er bitt für mich
Was mir heuth gwbebii. trifft morjfer» «lieh.*
Und dieser Eindruck des Todes in den dunkeln uud
moderigen Totengewölben ist inmitten der blühenden
und grünenden Fluren ein tiui so tieferer; katiiu al>er
verlassen wir in Kaysersberg die stille Gruft, da winkt
auch Hcbon auf der sonnigen Stralae mit den rrdundlichen
mittelalterlichen tieluiudeti und den schlanken Festuugs*
türmen der zierliche Stadtbrunneii mit der köstlichen,
weinfrohen Inschrift :
,l»ritick»lu was»T in «b'iin Krago«
VIht I>i«L'1i es kalt iliti Mng*ni
l>ritik mnsj|r alten siilailn Wein
Ruth icb vn he« mich uaacr sein.*
(Forts, folut.)
V
Engano-Popolo.
MalaiisHit' KiiinUssii ini Hisiiiürck- Archipel.
Von l*r. Hicliard Karutz. I<fll»e<*k.
Die Speere von der Insel Enganu, westlich Sumatras. I
sind .seit langem in hoU&udiselit>ii Museen Hownhl wie in !
deutschen vertreten, wenn auch ihr« Zahl einige Dutzend
nicht ühersebreiien dürfte. Ik^kannt sind daher ihre
innerhalb einer kleineren Variationsbreite wechselnden,
im ganzen immer cbarakterisUschen Formen, über weniger
scheint bislang ihre überraschende Ähnlichkeit mit ge* j
wissen Waffen aus Popolo (Maity) die Aufmerksamkeit [
Her Ethnographen erregt zu haben. Um die.ses von ‘
der bisherigen Popolo-Eitteratur Versäumte nachznholen,
und um zur weiteren einschlägigen Untersuchung der in ;
den Sammlungen liegenden Stücke, eventuell zu einer
vergleichenden Arbeit Ql>er die Entwickelung ihrer Kon-
struktion anzuregen, die gewifs lohnen würde, veröffeiiG
liehe ich hier die folgenden vier Exemplare, die das
Mnsenru für Völkerkunde in Lübeck voriges Jahr durch
Herrn C. M. Pleyte aus der Sammlung des vi»rstc»rbenen
Kolonel ran Sypestein erworben hat.
Ich gehe ZunHehnt die lleschreihung der Sp<>ern, um
iiMchber an sie einige kurze llemerkiingen zu kuüpfen.
.\bb. l: S|M»erspitae (Katalog Nr. 3091,
der Schaft fehlt). Sie hestebt aus d<-r
eigentlichen Spitze, einem Mittelstück !
und einer aus gefluckieneii Schnüren uud
darüber gesebmierttu' llarzmasse gehil-
det4‘U Hülse, die Mittclstück und Schaft
vonleiii verband, un*l aus der »1er letztere
lierausgefallen ist. Das Mittelstück bildet
ein 11 cm langer, 1* ,cm breiter, platter,
mit einem llolzfutter aiisgefülltcr Köhren* .
knni'lieii. der ainlen zwei gegeiiüherliegen*
den Kanten mit je drei Längsschlitzen
zur .Aufiiabiiie eiserner, zweischneidiger
Zaektü» von der Fi>riii etwa eines Vogiäl-
schimliols versehen ist, die mit ihn^r Dasis
in dem genannten Holzfutter stecken, in
situ imponieren die zwei entsprucbeiideti
Zacken beider Seiten alaein einzige» niond- ;
sicbelförmiges Stück. Das ol>ere Ende
«les Kuoebeus hat man versucht zur Auf- i
nähme des Stieles einer breiten sagitialen
Spitze im Lungsdurchme.sser zu spalten. Ih>i dem Ver-
such ist die eine Hälfte ahgesprinigen, und man hat das
fehlende Stück durch ein llolzplättcheu ersetzt, das nun
mittels Dastumschiiflrung an das stehen gebliebene Kno-
■'hcuetide gepreCst ist, so dafs eine Scheide entsteht, di«*
den Stiel der S]»itze aufnimmt. Diese UniKchnürung ist
wh* jene der Srhaftmittelstürkv«*rhindung mit Harz*
hiasse ülmrdeckt und gi?<licbtet.
.Xlih. 1.
*/< I'«» Or.
Abb. 2 : Speer (Katalog Nr. 3092). -Sein ««herer Teil
bat eine ähnliche ZiisammenHetziing wie die eben be-
schriebene Speerspitze: er hoteht aus einem platten
Rt'ibrenknocben als Mittelstück, desacn Schmalseiten je-
doch nur je zweimal zur Aufnahme der analogen Kisen-
zaokcii durchbohrt sind, der mit Harz gedichteten
St'IinuruniwickeluDg, die ihn mit dem Sebaft verbindet,
und einem in du* obere Ende ««ingelasmmen scharframligeti
Eisen von der Form eines nnregelmäfsigen Vierecks,
dessen Sciicnkunteu gerade laufen, während die obere
leh'bt konvex, die untere stärker konkav geschnitten ist,
und dessen Fläche zwei rund ausgeschlageno Durch-
lochungen zeigt. Die Sicherung dieses Endstücks ge-
scliiehl nicht durch Hastuim^cbnürung, aondem durch ein
heruiug«*schiniedetes breites Fiscnhand. Der schlanke,
spitz anslaufende Schaft ist ISOcm lang. aii.s leichtem,
hellbraiiiieiu Holz gut gearbeitet und mit einem eilige*
ritzten Ornament verziert, das Streifen von doppelreihig
angcfirdueten /ickzacklinien bildet. Einer dieser Streifen,
die teil» gerade, in der l.äiig»8chse de» Schaftes, laufen,
teil» ihn in halber Spirale umziehen, zeigt eine etwas
andere Form, insofern er aus einer einzigen Zickzack-
linie besteht, in deren nach unten ofienen Winkeln je
eine oder mehrere kurze Strichelungen eingefügt sind
(Abb. 2a). (ianz oben am Sebaft »iebt man drei isolierte
/eichen von der in .\bb. 2a sicbt))Bien Gestalt.
Ahb. 3: SpciT (Katalog Nr. 3093). Der 174 cm lange
Schaft ist aus demselben Holz und von derselben Form
wie bei Nr. 3092. Auch das Ornament ist dasselbe, nur
bildet e.s eine unniiterbrochene, nicht in Streifen geteilte
Zickzacklinie, die in halber SpirniwinJiing den Schaft
umzieht, im olierslen Abschnitt dreireihig, weiter unten
zweireihig und auf dem bei weitem gr«'dsten 'IVil ein-
reihig ist, während sie auf dem vorigen S|»ecr durchweg
zweireihig war. Da.s 12 cm lange Mittelstück ist von
«1er gleichen Form wie der Knticbeii der vorigen Numiuern,
aber uns Holz, 2 cm breit, ^((rm dick und an den Schmal-
seiten mit je drei in «1er Längsrichtung liegenden Aus-
schnitten zur Aufnahme von eisernen Zacken versehen;
»eine Verbindung mit «lern Schaft wird, soweit sb'htbar,
durch eine breite Ei»enband«pirale bergeslellt, deren
Enden durch «•ingej'cblagene Stifte befestigt, uud deren
Lücken am oberen und unteren Kunde ausgepicht sind.
Ob das MitteGtück aufserdem noch in einem Schlitz de»
Schaftes «tei'kt. ist ohne Zerstöirnng «ies .'stücke» nicht
zu sagen. Eine Tour der .Spirale ist an zwei gegenüber-
liegenden Stellen von Nägi-lu durchbohrt, die mit ihren
Spitzen 2', cm weit ab Widi*rhaken nach unten v«ir-
rogen. Ein dritter, Fast 3 cm weit v«in*teheDder Nngel
Di5,;,..w Dy LiOOgU
I)i‘. Ui<‘li»ril Ki«riit/;
tritt unterhalb d**K KiHenhiindcfi nucL unten lierauK. I>a»
obere Kiide des MitUdstAckes ist in der der Kbeiie der
Zacken parallelen Lfin^'^richliin^ gespnlten, um eine
Spitze iiufziinehmeti, die hier verloren ^fe^autfen ist, viel-
leicht ul>er diesellH; Form hatte wie Ahb. 1. Gefiebert
war diese Verbindung durch ein berntiigidegt«'s 2 ein
*7
über die Kante gebogen und auf derselben Seite in .«echs
parallel nach uuUm gerichtete, 2cm lange Widerhaken
aufgelöst ist, die einzeln genau den Zacken der bisher
Abb. b.
Aliti.
Zelrbiinng de» Scharte».
breites Kiseiibaiid, <1 hh in gleicber
Weise wie jene Spiraleiitour von zwei
»eitlich lierHiissteheiiden , gegenüber-
geslellteu Niigeln als Widerhaken
riurobbohrt ist.
Abb. 4: Speer (Katjilog Nr. 36K4).
Iter l(i2cin lange Schaft ist den vo-
rigen gleich, mir etwas dunkler ge-
lieizt, mit demselben (h'naiuent der
zwei- l>ezw. dreireihigen Zickzacklinie
binleckt. Aufftcrdeui aber zeigt <)ns
obere Kiide die cigentüniliclie Verzii-rnng, die .\bb. 4a
zeigt: drei erlmben geschnitzte, kurze, »piergcKtellt <lcn
halben Schjiftuinfang ileckeinb- Zickzackstn-ifeii, <lie seit-
lich in eine Sj)irale auslanfen. deren Kndpnnkt durch
ein kh'iiies einge-chlagene« Kiseiistifti’lu-ii lK*tuiil ist. i
has oliere >cliafu*inle ist zur Anfnaliiue der Fisc-nspitze
geschlitzt, ilie, v«>n der Form etwa einer .\|esserklinge,
2 cm breit, 16cin lang, am Knde schwach hakenförmig
Abb. '
lM*srhricbcnen Stücke gleich gestaltet sind. IHe Siclie-
ruiig tier S[»itze g«*scbieht durch eine Ndimirumwickelutig,
unter deren uiitei'em Rande ein Nagel 3*/, cm weit ab
Widerhaken hervortritt.
So weit tlas Material ,
unseres .Museums. Zur
Musreicheiideii ethiiugra-
phischeii Wünligungdie^er
sehr merkwürdigen tm-
gano.s|>eere liedürfte e»
nun allerdings einer be-
(•uiidereii, auf weit gröfse-
reii Grundlagen ruhenden
.Arbeit, die sieb mit <ler
hhitwickelung der For-
men. mit den Hczichuiigen
zu sonstigen Vorkomm-
nissen Imlicns und Indo-
nesien», mit deu bisher
bekannt gewordenpn mbr
n«>ch aufzusuclietideii
Resten tlei Voi eiserizcit zu
.\t>b. 4a.
Ornanieut des Schalles.
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hl', liii'liaitl Kiiiiit/.
bottcbAftigi'ii buben wlirde. liier murü ich mich iluber
mit nur einigen kurzen Anfubnin^eii beß^iiüf^n.
Ks iiiitt'riiejft kmnem /weife). (Inffi c» auf Kii|;unu '
eine St<>in> bezw. Holzzeit ^e^ebeii bat, iiml ibiN ihr erst
vor TerbnltnituiäfFiiff kurzer Zeit ibireb die hjnrübrniiif
de» KiM;i)M ein Knde ^unicbt worden ItuMtinn
macht die Hemerkmi^ «Vor Kinfflhreing den Kifcnw
i;i*briui('bie iimii unf Kii^uuo Lanzen mit fcuerLrebiirleter
Holzspitze“ ; Uoaenberj; bildet einen <leti uns*erijreTi
Hbnlicheii Speer ab und sn^d duzii^): „l>ie Spitzen der
Lanzen nnd der unter denselben befindliche «licke Wulst
sind Ton dünnem KiNeti verfertigt, welches <)ie lliindets*
leiife in der Form Tun t?<*wöbii]ielien Messern nach
Kii^funo brin^'cn. Uu den liewtdinern, welche T<ir ffur
nicht Innrer Zeit nuch in «ler Stein|M>rnKlu lebten, die
Schmiedekunst fremd ist, hu verfertigen sie diese Teile
mit ^rufsem (ie'cliick nmt livwuiidurun);swürdiv'er<tedubl
durch Klopfen unil Feilen auf kaltelii Weifo.“ Ifei
liiglioli beifst in der IWsprechuiig der von Modig-
liani mitgebrachten Sanmilungen von den Kngatio-
Kpeereh“^): ,.F»»rmerly tbey wer« tippial with hone,
Oawfunl savfi, tbat tbe sp4.‘ar points uf the Kngano
natives were of fishbone. and indeed one Tery old one
collected by Modigliani 1ms a singulär foreshaft (|>erbaps
the original point) nmde with tbe ii|>icul por(ii>n of tlie
ramtis of a holpbin'» lua*er jaw with tbe teeüi attaeluNl,
to this has beeil faHtened an irou b]a<le of tlie iisual bar*
bed typ«*.“ Von Steinwerkzeugen beifst es hier weiter:
|iestle made of coral-rock and verv siniilar to jioine
I have s<*eii front tbe Camline (Hnk) and Hawuiian isliiiids
ia yet uaed at Kngaiiu. An iron aze is imw iiswi by
iheat* islanderK. it is ralled bnrlu, nnd ia baftM in true
Mikntiicsian style recalling tbe slu'l) (Tridtirnn) adze-azes
of Palnii an rahm and also tbe stuiie • bbtd«‘<l ■ lHeliela<«
of Kenrpumi on tbe S. K. c«ia»t r>f Neii-4tiiinea: the iron
blade is iHMind witb mtang to a sort of fore-sbaft . . .
.Man darf annelituen, dafs spätere Forschungen auf
Kngano rioeb mehr lleweisstucke für die metallhise /eit
und noch m«‘br LlrnFgaiigsrormeii zu i Ngo fördern werden,
aus denen di« nrsprtlinglicbeti Vorbilder für die Werke
der Kiseii|M*riodo zu erkennen sind. Im besonderen mag
«las für unser«* eigentUiiilieiu-n Speere gellun, nneh dein
heute llekannteii alH>r kann nmn sich den tintig «ler Knt-
vtickelung wohl so vorstellcii, «lufs di«> Kngaiioleute früher
mit Zähnen und scharfen Kn«icbenstüeken )H*wehrte S|M*rre
batten, dafs aie dietn* Zähne nach Kinführiing des Kisens
einzeln in dem neuen Material naclibildt>t«*n, dufs sie end-
lich b'rnten, die Klinge mit den Widerhaken ans einem
Stuck zu formen und damit die höchste Stufe dieser
KntwickeluiigsiTihe zu b«'treten, Sanitlitdie Sjteer«*. die
Modigliani iiiitg<*bracbt Imt 0* '*>n<l mit eint*r Ausnahme,
«iereii Material Kupfer i-t, ans Kisen und bilden zwei
Tv|k*ii, einen selteneren mit messerfönnigem lllait und
einen hanfigereM, „harpooii * like am) cut in big barbs,
iisually twt» on each side“. Her letztere Tvpus i^t d«T
gewohnlicbe bei «len WurfsjK*«‘ren. und bei ihm wierb*nini
scheint die aus einem Stfiek geformt«* Klinge — «Ije sitiiter«*
Form — vi«‘l häufiger zu «ein nU «lie ältere mit ge-
tr«‘nnteii MitteUtück«*n uii«) /Jthiien. nach .\rt unserer
ilrei erstell Kxeinphire. W«*uigstens habe ich in «len
Museen «li«‘sen Kimlnick lH>koimncii, da» Verhältnis läfst
-i«*h aber zahleniimfslg s*>hr leicht feststellen.
*) ,Sumaim und Naclih«i‘s«*hafi“, n«'is«H*rg«*t*nlsi«e uialStu
dien. Ibriiii
*) ,1’cr -Mnlaiis«du* An*hi|H*l‘, H. 5uH.
t»igledi. ,N'*t«-s on «h»* t:ih«'*gn«|»hienl oJleciiiuiH f«ir-
ineii hv lir. K. M«s)igliiini* . Iiilerit. .\rchiv f. Ktlumgraphie,
IM. vi. K. i;m.
*) U»\ «01.. K. i:m.
CWr das Ornament des Schaftes will ich kurz be-
merken, dafs UH in der Hauptsache, dun mehrreihigen
/ii’kzacklinien, demjenigen der „Keule als Waffe der
Frauen von Kugami“ entspricht, die von Schmeltz im
j Intern. Archiv f. Kthn«»graphje, Hd. VI, S. til. be»chriebeu
und abgebildet worden ist. Ob die Figur am oberen
Schafteiule des vierten SjM»«*res (.\bb. 4a) ein Augen-
Xiisun - ttrnainent , also ein stilisiertes Gesicht, das an
Itayakrormen erinnert, sein h«>] 1, mufs durch weitere Ver-
gleiehBobjekte entschieden wcrd«*n. Hinsichtlich der
Vi'rweiidung erinnere ich an Ratzel» Hemerkung ):
„Hi«< Lanze tritt in «ler R«*wafYuung «ler Malaien zurück.
Sie ist hniiptsncblich Jagd- und /icrwaft'e, letztei*es ua-
luentlich unf Java“, die auch für iinsere S|H*ere zutreffen
dürfte. Sekundär und zufällig ist natürlich diu von
Motligliani gPHeheno .\rt des Gebrauche», bei der die
Sperre an di*n Widerhaken aufgeliängt wurden, „<la sie
wegen de» schlanken, spitz nuslaufouden Sefaafto» nicht
auf den ItiHleii gi'stcllt werden ktmuten“.
Am interessantesten an den lieschriebeiien Kngano-
s|M*eren ist jedoch ihre .Ähnlichkeit mit gewisHeti /ahn-
Waffen aus f’<»pol<», wie sie durch v. Luschan, Meyer,
Farkinson, Fartington, Wohlh«>ld und mich ver-
i'iffeiitlicht worden siml^) Hiese /ahnwaff«*!! verteilen
sich, s«>w<dt bisher bekannt, auf zwei Tyjien, solche mit
llaifiscbzähnen — das häufiger«* Vorkommnis — und
solche mit zahiiforiiiigen Zacken aus SchU«lkrot, die nur
in wtuiigeii Kxemplaren bisher zu uns gekommen sind.
Hi«* erstcre .\rt wurde auch zuerst be«>bacht«*t. und ihre
fast viilllg«« l'bereinstimniuiig mit d«oi bekannteii Arlieitcii
der (iillH*rtiii8u)uner gab natürlich sofort .^ulafs, Rc>
zi«‘hungen der Fo(MiI«>hewohiier zu den Mikn>ne«ieru
auzun«*htuen. 1)1«* spätere FnierHUchung der Omam«*ntik
hat die.oe .\miahme iinturatützt. Ob fi^eilich diene Re-
I Ziehungen in einer «lirekten llesie<le)uiig 1 'u{k>Ioh «lurch
Mikronesier oilor nur in KuItureinBüssen lH*statiden, die
später in einer uns unbekannt«*n Weise durch regel-
uiäfsige Handelsverbindungen «Hier gelegentlicbe» Ver-
i s«*hlngenw«*nlen wn«i Aiitreilien von Rooteii die Insel
getroffen, iiiufH immer noch iinentsehitHlmi bleiWn, zumal
' sich gezeigt hat, dufs auf die Foriiienhildung de»Fo]>olo-
kiilturbcsitzes noch andere al» mikroneaisclie Klemente
I cingewirkt haben Ich konnte darauf aufmerksam
I nuichun'), dafs t>rnatneiitmi>tive von Keulen nnd Speeren
Fo|h«]os auf |>olyue»ischen Tapamatten wiedtirkehren, daf«
also R«>iiiini.scenzen an eine jMilynesiache oder mit den
: FulyimsiiTU geiueinsaiu«* Heimat oder ein s]»äteres Hinzii-
treti'n |Hdynesi»«-]i«*r F<iriiieii zu der Fo)M>lokuitur neben
• <l«*r ClH'rniihm«^ mikroiiesi.s«'hei- Art zu lH.*U]erk«*n seien.
Na«‘h Sfulosten sriieineii auch gewiss« .Ähnlichkeiten mit
«len TaltiiwieruiigflniustiTii der Frauen auf d«*n Laugh-
laiidiDscln zu weisen, die Thileiiiu» in<lieser Zeitschrift
(Ikl. J^l. S. O» 17) VMriiflentlicht hat.
i I)4ml)i«'lier noch als die.s«* R<‘zi«*huiigeii zum tlNteii
wurden diejenigen zum West«*n durch die Hinweise
FHrkins««ns auf d«*ii Mahiiisehen Arehijwl. (iestützt
auf die Thnt'4U’he, dafs .„alljährlleli Ikiot«* von Temate
: noch bis über ^fatly binausg«>hcn“ '), liafs er auf der Insel
I Hertraiid (Nonlktiste v«*n N«*n -Guinea) Kingeboreiie ge-
troffiM Imtle, die mulnÜHeh sprnehen, uii«! v«m dt*nen
einer iiiTernate selbst gewesen war. «laf« dieser V«*rk«*br
seil .luhrhuiuit'rteii zu lH*Ht«>hen selii«*n, f«»Ig«*rte Farkin-
soll Ulis «ler .Umlicbk«’it gewiseer lang«*r llolzschwerter
') ■V«ilk«*rkun«b*‘. II, S. 4««:J.
I *) liitertial- .\r«.’h. f. Kthimgrnphie. Ikl. H. 9, II, 1?. IS.
I .Weilers B**m«'rkuiig« II zur KtbiHigraphie *I«t Mall%
. iiisel*. (rii«*rnat. .Vn'h. f. Ktltn««gni|>tiie. IUI, K-l.
* *) Intern. .\r«'fi. f. Kihii'*jrr.. Ii«l. S. vM's
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Pr. Iticliiirtl KuratK: Ki<(fnun>Po|ioln.
mit maluiifU'huD KineiiwafTen ’), daf« jene aun der Nach*
Hl)uutn)f der ietxiereii entstanden seien, t. Luachau
trat ihm s|jäter l>ei, indem er die Vorbilder in chinoai-
st-ben. ja|>aiiiMcben oder luulaiiscben iVankwaf^en suchte
Haixen jCflaubte in den eif^imrttgeti Ildteu au» Panda*
nusblatterii AnkUuge an den Osten den Malaiischen
Archipele, z. R Timor, zu erkeuueu.
Hierher gehören mm meines Krachteiia auch die
khiganOKpecre. Wie schon genagt, wurden iiaWri den
mit echten HaifischzÄhiieu l>ewehrten Waffen uuhPojwIo
in geringerer .Vtizahl auch solche bekannt, die in zwei
gegenübcrgcstellUm Heihen mit zabimrtigrti Sebüdkrut-
zacken besetzt waren. Abb. R zeigt eines niiscrer Kxem*
plnro im Püliecker MuH4.<um für Vrdkerkunde. .Man war
atifaiig« geneigt, sie wegen ihrer oberßftchlu'hen Ähnlich-
keit mit den (iilherts|ieeren ehenfallH dem inikronesiKchen
Kulturkreise anzugliedem und als Umwandlung der Zahu-
waffen zu betrachten. So sagt Par k i n #on '♦): „IHe
orwühiiteu neuen Speere aus Purour (eben die mit Schild-
krotzneken) sind gewisaermalsen eine Modifizierung der
mit Ilnifinchzahnen bewehrten S|»eere aus Maity'*, um
freilich binzuzufügeu; ^rutemchiede sind jedoch so
vielfache vorhanden, dafs diese Waffen als bisher unhe-
kaniit angesehen werden könueu.** Ich habe früher |
gleichfalls geglaubt, dafs hier die nrsprüngUcheit Zähue. I
weil nicht erhaltUrh, durch öhnlicbe Spitzen von Schild- |
krot ersetzt worden seien.
Indessen sprach doch manches gegen diese .Auf-
fassung. Schuu Parkinsou macht diu gelegentliche
Bemerkung, dafs auf allen ihm bekaiiiitcu Kxeinplaren
eine Befestigung raitttds Schnüre wie l)ei den llaifisch-
fUihnwaffen nicht erkeunbar seien **), und ich uiufa sagen,
dafs mir diese Verschiedenheit stets aufgefallen ist, und
data sic ntir als ein nicht aus der Welt zu schaffender
Beweis gegen die Kiitwickelung im obigen Sinne gilt
Pi« Pu|Kiloleute sind ganz ausgezeichnete Nachbildncr
fremder Formen. Ih»s zeigen die langen hcllubarden-
artigen llolzschwert-er mit asiatischem .Vnkliiiig, das zeigt
ferner folgende Beiucrktiug Parkinsons'*!: „Nachdem
seit wenigen Jahren europäische F.isengernte auch hier
eingeführt wurden, worden diusuüien heroits sehr genau
in llulz nachgeahmt So wurden mir geratle und ge-
]H»genv BuscbmoK«er aus Holz, ebenso .\xte mit Stiel aus
tleuiaelben Material aiigelmten. Beide waren den Origi-
nalen genau nachgeahmt, und auch kleine Details nicht
vergx'ssfin worden.**
Ks ist daher nicht erfindlich, warum man an unseren
Waffen die Haifischzabue durch Scbildkrotzackuu ersetzt
haben sollte, t*hne die Schimrbefestigung mit zu (iher-
neliaien. Schon die einfache Nachahmung hätte auf
diese nicht verzichtet, aber auch die Pauerhafligkeit und
Haltbarkeit dieser .Art der Befestigung inufste ein Mo-
ment für ihre Beilndmliuiig sein. Weiterhin K]>racheii
gegen den ungenonmieiien I^ntwicke!ung^gnng die geringe
Zahl der Zacken, die grutsen .Ahstäude zwtachcii ihnen
und ihre immerhin abweichenden Formen, A'ersrhieden-
heiten, die eine Nachahmungsfühigkeit von der Kraft der
Pu|K»]okunst nicht hätte anfkommen lassen.
.Vlies das zusammen legte die Hoffnung nahe, dafs
sich auch für die Schüdkrotzackeiiwaffen Vorbilder in
älteren KuHnrkreisen finden wfmieii, wie sie für die
Ilolzschwerter und für die S|)cer» mit Haifischzähnen
bereits erkannt waren, und diese Hoffnung scheint mir
I durch die Enganospeere verwirklicht zu sein. Ich glaub«
in der That, dafs sie die unmittelbaren Modelle für unsere
PojMi]i*wuffcri gewesen wind: di« Form der einzelner»
j Zacke stimmt mit mathematischer Genauigkeit mit der-
I jeuigen der eiserueu Widerhaken fll>or**in •— erst in wei-
I terer Eiitwickelung werden |e zwei gegenöborsteheude
j Za«'ken zu einem einzigen ninndsichelförmigen Stück
vereinigt — , die .Ausschnitt« des Schafte», in denen die
Basis der Zacken lagert, die Befestigung in ihnen, die
vreiten Abstände zwischen ihnen, die Ahsetzung des
zarkentragendeii Teiles gegen den übrigen Schaft als
Rust des MittelstQckew an den Kiscni»})eeren, alles das
wird beim Vergleichen der Kiigatio- und der Po|Kdo-
wtAck« von der Chereinstimmiing ülierzeugen,
Fragen wir mm, wie diese riarreinstimmung zu er-
klären ist, so wird man zuvorderst von einer zufälligen
Ähnlichkeit aelhstäiidig entKtandener Formen abschen
können. bU Pt zu unwahrscheiulicfa, dafs zwei verschie-
dene Stellen so analoge Produkte der Technik selbst
urrtcr verwandten Maierialbedingungen liefern sollten.
Eine Ülwrführung von Popolowaffen nach Engano mit
dort nachfolgender Umbildung widerspräche allen unseren
Kenntnissen von dem Gange der Völker- und Kultur-
»tn")mnngcn in Indonesien und der Sfidsee, es bleibt alao
nur der umgekehrte M’^eg von Erigauo nach Popolo als
der einzige übrig, den die Speerf<irm genommen liaUen
kann.
Pnf» dieser Weg möglich war, unterliegt keinem
Zwtnful. Modigliani erzählt, daf» vor ungefähr fünfzig
Jahren biiginesiwcbe Hämller die SyphUi.*« auf Engano
eingeführt haben sollen*'*); Bastian berichtet, dafs im
Jahre 1863 auf Kngam» durch liugiiiesen Sklaven ge-
raubt wurden, und von deren Sprache Wort« in der
Sprache der niederen Bevölkerung Kitganu» enthalten
sind, und ferner, dafs Malaien von (’elebes an die Palau
angetrichmi sind Von den Erfahrungen Parkinsons
war bereist die Rede. Nach den Untersuchungen von
Thilenius'*) ist hier)»ei die Wirkung des äquati^rialen
Gegenstromes in erster Linie zu berücksichtigen . der
an» der Celebe»soe zum Südrande der Karolinen läuft,
und aus dem zu Zeiten ungünstigt*r Windverhilthissc
wehr wohl R«>te nach Süden berausgetriel>en werden
komiteu, wobei eich an erstmalige zufällige Fahrten
spätere absichtliche und horechnete al» dauernde Handels-
verbindungen anschlossen. .Auch die Köstenfahri um
Xeu-Guinea hemm mag Malaien nach Popolo geführt
haben, iedenfalls ist die Strecke von Engano nach Popdo,
wenn auch indirekt und mit Zeitunterhrechiingen, häufig
thatsächlich xurückgelegt worden. Ik»r Transport von
Fhiganuspeeren nach Popdo rückt daher ohne weiteres
in den Bereich der Möglichkeit. Halten wir es nun zwar
für ausgemacht, dafs Spt>ore von Engano die Vorbilder
für di« Si’hildkrotznckenwaffen der l’opidoleub- abgegeben
bal>en, so bleibt noch die Frage offen, <»b das zur Zeit
der Steinpericxle Engano» der Fall gewesen ist oder nach
der Kinfülirung de» Eisens. Wir haben gehört, dafs an
den Engattosjtceren erst in jüngerer Zeit das Eisen ihr
ur-prüngliebes primitives Material verdrängt bat Es
wäre denkbar, dafs alle Knganospeert« nach Po|K)io ge-
kommen sind, und dafs wir in den Waffen dieser Insel
die Form der ersteren im Original oder iiachgeahmt
wiederfinden. Es bleibt dann sogar unix'uummen,
Parkinson beiznpflichten wenn er sagt •'): „Pie Miilty-
•) Intern. Arch. f. Fthnour., IW. P. 8. lS»ä.
'•) «lobas, Bd. 7H. H. 73.
*') Anfhistiiobaf^nversaimiilung in Piitwek isa7.
*') Intern. An*li. f. Ktlinngr., IW. H. S. 'iini.
‘^> KlK-iWa, B(l. fl. K.
'*) Olobus. loc. eit.
•P \4>r. eil.. R I*>».
I '") Iss*, eil., S. i:tl.
„Kthiingniphische I*w*udonior|tho)ieii in diT >«ii«l<»*»**.
I tilobus 81, Nr. 8, und .Kthnoitrapliisehe Krcebtiiss»- mi' M*»-
lnnesi**ii*. Nova Acta, Abh. d. Kais. Carol. Halle
I •") Olobiis, b*r. eit-, S. 78,
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30
K. Ilcirtuami: l>t» Schelh'ii «1er llcrdviitieri'.
und Durourleut« gebüreu unxweifeUiart dem tnaUio*
}H>lYnei*iMcben Stamme an und K^^böron möglicborweiae
zu den ui>)>rünglicbt‘a »»iatUcben AuHUiiiidereni. weiche
nach Oaten vordringend nich hier niederlietaen und mit
den inoiAuei«ii!icbi‘ii Nachbnni nieninlM iu VerlMiidutig
traten.“
Oder aber man nimmt an, dat?* KiiganoM|>cer(? vou
der hier beschriebenen Art, alm» Stücke der — jungen —
Kiseuzeit, nncb I'o{>ulo Ter^rhlejipt und toii de^Heii Kin*
gelmreiien im >Uterial ihre.« Iniiides uiüglichat getreu
nachgeahmt worden nind. In die.Hom Falle hftUeii wir
einen iiitereaaanten Kreislauf de» Materiales; AufKngani»
sin<l l^inzen^pitzeii aus Knochen und Zähnen «»rigiiiell.
diu Kinfuhr des Kiseiis bedingt ihre Her»lelluiig mit dem
neuen MetAll unter Heibehnltung der Form, die neuen
S|teere kummeu dann zu Menschen, die n«.Krh in der
Steinzeit leben und das ihnen unerreichbare Kisen elien-
falls unter Beibehaltung der Form wieder durch die
ur«prilnglichen Stoffe ersetzen und so ganz oder annähernd
ZU den Ausgangsivpen zurückkehren. I>te Besiedelung
iVpolos bat dann ebenso gut wie von Westen her, durch
den äquatorialen (i<>genstrum (Thileniiis) ron Osten hur,
von den (iilbertinseln etwa, erfolgen können, und die
inalaiiNclieii VorbiMer der Wafien mögen durch s|iätere
zufällige und uufruiwillige Besucher aus der CelebosKee
nach Popolo gekommen sein. Welcher der beiden Mmli
! den Thataacbeii entspricht, mufs vorläufig unentschieden
I bleiben. Vielleicht wird die Frage später sehr einfach
durch Funde von eisenien S|>eeren oder einzelnen eisernen
! Widerhaken auf Popolu gelöst worden.
Die Schellen der Herdentiere.
Von K. Hör mann. Nrtrnberg.
Fin Turausgegnngener Artikel liesehäftigie sich mit
den hölz4U*ncu üeriiteii, welche unter dem Namen von
Schuliunbögen, -bfigeln. Kaufen. Kämfcii in Mitbddeutsrb*
iaud und den deutsch l>esiedeltcu Älpenlnnderu zuui
Teil noch in Gehratich sind und in noch nicht featge-
stellten Formen auch tn uutserdeutscheu Landern ueln'n
den oder anstatt der im allgemeinen häufigeren Leder*
riemen l>eiiutzt werden, um den Tieren während des
Sommors auf der Weide Schellen anziilegon.
I>en Namen „Schelle“ führen mindestens dreierlei
verschiedene Instrumente, von denen nur eins aus.scbliefs*
lieh als Viehschelle für weidende Tiere verwentlc! winl,
wühroml die anderen beiden in der Hauptsarfae anderen
/wecken dienen. Das Folgende wird sich daher auf die
eigentlichen Vtehscbellen beschränken und die anderen
nur einrähucn, um die riiterschiwle festzustellen.
Das allgemeinste und bestbekaiiiit«' lustruuieui ist
die Glocke. Ihr baupUächlicbetes Bestimiinmgsmerk*
mul ist die Herstellung durch Guts. Die fürs Vieh
bestimmten Glocken buben nnscheinend tratlitionell ent-
weder einen elliptiscbcn oder einen rechteckigen tjuer*
schnitt, was auch an den bis jetzt bekannten autikeu
Bronzegluckeu zu beobachten ist. l>as andere Instru-
ment ist die kugelig-runde Schelle, wie sie Z. B. an
Narrenkappen oder als Schellengeläute am Pferdegeschirr
üblich ist. Sie giebt den meisten Anlafs zu Irrtiimern,
denn sie ist ohne allgemein bekannten Namen. Vjf
cnipfichlt sich daher, die diaicktischo Bezeichnung
«Bollern“ zu verallgemeinern, unter welcliem sie bei
den mittelfrAnkis4 ben Bauern bekannt sind M. Das
dritte Insü'umeni, die eigentliche Viobsclielle, trägt
fa»t slet.s nur das Weidevieb, nnd gelegentlich tnigen
auch die Karawanen fuhrembm Tiere, die xogen. Weg-
weiser. Schellen in Ländern, wo Schellen üblich sind.
Doch hat nmii dazu häufiger Glt>cken von liesiiinmter
Form.
Die Schellen sind ülkerall von gleicher llerstellungs-
ui't, die sie cben«u sehr von den Boilern als von den
tilockcn uiiter'>cheidet. Das Mat«>rial ist entweder Kisen
4»der Kiseii-, .'fi*s8iiig-, Ktipfer • Blee li. Bronzcschelloii
') Orimms lil•ut>«ehuH WörtL-rbueb kennt «itu* nlicriicuischo
Ito^cichnung .Bolle*, weiche vielleicht auf liie Hor*ti-lhings-
weisc HDspiep , ab**r zu vi^lOcutig ist, um sHchdioitiich zu
«ein. Her N'nnie Bolteni. ü»s (ieklapper der lii«Lniinente
keimteirhucnd . ist daher xorzaziehen. (ianx zu verwerfeti
ist die he/eifhnuiig nitndn* in Mevet» KoiixersaTions-
Lexikoii unter ,S<*he||e*.
sind bis jetzt noch nicht ziiiii Vorschein gekoiumeu, was
so benannt wird, bat sich immer als GliH’ke, d. h. als
gegossen herausgestelll. Die Schellen werden vielleicht
überall in ländlichen Kleinltetrieben bergestellt. Der in
doppelter Höbe der gewünschten Schelle zugesehnittene
Blechstreifen wird in der Mitte abgehogeti, gefalzt, der
Falz bildet den Kücken. Die Seiten sind hei den eisernen
Schellen verschweifst , bei den Kisenblecbschellen ver-
nietet. F.M giebt auch auf amleru Art hergestellte schcl-
Icnartige Instrumente, die an Ort und Stelle meist einen
eigenen Namen haben, der sie von den Schellen unter-
scheidet. Solche Namen sollten jederzeit beibebalteii
werden.
.Mle hia jetzt bekannten Schellenarten sind auf zwei
/uschnittfonnen des Metall- oder Biechstreifens vor der
Verarbeitung zurückzuführen. Typus I giebt glocken-
förmige, d. b. von oben nach unten weiter werdende
Schellen. Typus II bildet Schellen, die vou oben nach
unten enger werden. .Schlauchartige,
H d. h. von oben nach unten gleich weite
Schellen sind bi«ber nur in einer Art
(a. die t'bergangsform der Tabelle) be-
kannt, welche zur Aufstellung eines l>o-
sonderen Typus nicht berechtigt. Jeder
Typ». I. Typus kann in dreierlei G att u u gen ’^>***** '*•
Vorkommen , welche durch das Ver-
hältni-s der Hübe zum breitesten Durchmesser bestiiumt
wenleii; a) nivdriger als breit; h) ebenso hoch als
breit; c) höher als breit. f)ie Gattungen unter-
scheiden sich in lokale .Arten, und diese umfassen
Schellen der vor.-tchiedensten Grüfsen. Di« Gröfse «ler
Sdiellen ist für die Bestimmung unwcMentlic-li. ln den
iiHchfulgciidcn Tabellen ist zuin besseren Vergleich der
Gattun§^iinterschiede für alle darge«te)lteu S'bellcii ein
breitester Durebmnsser von durchweg gleicher Breite zu
Grunde gelegt und danach das Ibihcriverhällnis jeder
.Schelle koiislniiert.
IH« Kinzelbestandteile der Scbi-Ileii haben ebonfalls
Wert für die rntersiicbung, da sie Vergleichsnicrkmalu
bieten. So ist beispielsweise der Klöp|>el nicht immer
din'kt, sondern mitunter vermittelst einer Lederscbleife
im Innern iler Subellc liefestigt. Zuweilen ist der Klöp-
p4*I ein glattes, unten etwa 1 qcm dickes Eisenstäbchen,
andere Male ein nagcläbnlicbcr Stift mit Hngc‘*chmied<^
tem Knopf u. dgl. Die Schelle wir«! dem Tiere so iim-
gehängt, dafs d»*r Klöppel beim .Anschlägen stet.« nach
den zwei sich uäcli-( gegeuülH'rstehendcii *si lielleiirHiidern.
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K. llürniutiti; IMr Schollou ili-r ÜHr«l€!iiti<4re.
Sl
iiHcb dt*r Si'biimlacbMf der Schelle, 8chwin>ft. Itenondere
venlieiit der üalgeii, d. h. die Aiibüiij^e-
schleife. An der die Schtdle Kr it«t tit der Hegel
durch iien Unckeii der Schelle ge»to[t«en. der fiufsere
(tulgen trägt die Schelle, der innere den Klöp}sel. Murieb'
mul int der äiifMore Galgen auFgenietet; HiifAprer und
innen^r Galgen sind danr> zwei getreuiite Teile.
In der Hegel int der (ralgen in der Kängenachne de»
ScbelleurQckeiin eiugewtzt. dal>ei mutn die Schelle no he<
Fertigt nein, dat'« nie nach der Querachse nchwiiigeii und
anschlageu kann. liet der livlAndiacheu Schelle ist dien
dadurch erreicht, dafs der Galgen <|uer zur Lüngenachse
de» Hückeu» gestellt int. I>en WechneluK in dieser Hin-
»icht henondei*« vcnhlchtig sind die nur »ufgenietettrn
(tnlgen. l>er (lulgen int entweder aus einem glatten
Kinenntift (u) oder aus einem Kiscuband geluigen, das
l»eiin HAcken und im Innern der Schelle in die stiftfonu
b
ülnrgeht (Abi). ()). Heble Miiterialieii koumicn srhun
I)ei den antiken Schellen der Saalhurg tiHheueiimnder Tor.
Hie GeHtalt den äutnereu (ialgctie richtet sich nach
der Hefentigungsart und nach dem .Material, au welchem
die Schelle getragen wird. Hin jetzt sind viererlei For>
tuen äufecrer (ialgeii hckaniit, aber die dazu gehürende
Tragart i»t nicht von jeder bestimmt ermittelt. Halb-
runde Galgen, kurz, sind Üblich, wenn ilia Schelle au
einem Holz- oder Kinenstah wler au einem Ring getragen
wird; langgestreckt und Rach, wenn sie an einem Hieineii
«ider ähnlichem flachbreiteii Gegeustand gleitet oder der
Galgen durch einen Schlitz des Kietumts ge.«teckt und
mit uutergelegtein Lederpolstcr am Hieiueii festgenäht
ist. .So Ußfeatigte Schellen sind nicht ahuehmbur.
Hachfursuige Galgen werden an Ilolzstegen oder
Kisenstäl)on getragen. Rechteckige Galgen sind 1 h*!
Glocken bAuHg, kommen aber auch l>ei Schallen vor;
sie sind wahrscheinlich nur für Hietncn bestimmt. Kreia-
ruiidu Galgen aiiul mir bei Glocken bekannt, xiu
wenlen durch einen Schlitz ini Riemen gesteckt, ein
«jucrgelegter Kiscustift verhindert da» Hurehgleiteu.
.\utserdein gieht e» noch den aus einem der vorigen,
wahrscheinlich dein rechteckigen, uutetundenen ge-
knickten Galgen — »iehe Thüringer und Jura-Schulleii
— , der an zwei l.,ederstrupfi‘n hangt.
K» ist einleuchtend, dafs die Kenntnis der Gestalt
des äufseren Galgens erlaubt, die Tragweise, falls sie
überhaupt mit Sicherheit ermittelt ist, auch diimt zu
hesiiiinnen, wenn da» Traggerftt, der Schellenrieiuen oder
Schelleiihogen u.s.w., aelbst fehlt. Tnd das winl immer
der Kall sein hei Schellen aus früheren Zeit^ieriodeu. die
z. H. hei Ausgrabungen gefunden werden. .\uf diese
.\rt kann man selbst vorgeschichtliche Trugweisun und
Truggvräte mit ziemlicher Sicherheit rekonstruieren, über
w'elche man ohne dieses nie etwas erfahren würde. IHe
derzeit noch mangelhafte Keiiutni» de» einschlägigen
.Materials macht allerdings Xunlckhaltung hei solcher
indirekten HeweiNfUbrung zur Pflicht, deuti die , Schel-
lenkunde'* ist erst im Kiitstehen begriffen, /u den bis-
her auf diesem Gehiett* und auf dem der Trtiggcrate-
Uiitersuchungen erzielten Kesultaten hat eine grofseZabi
von Behörden und .Mitarhoitern in verschiedenen I.äodem
Kuropas in dankenswertester Weise heigetragen und
werden der Sache hoReutlirh auch fcriierhiu ihre riiter-
stützung gewahren.
Bis jetzt sind Sobelleu von folgender Herkunft be-
kannt; antike Schellon von der Ausgrabung bei der
Saalbnrg, welche als römische« Kastell unil Niederlassung
wahrend der Jahre 70 bis 203 n. (*hr. bei Homburg vor
<ler Höhe bestand. Krfihhistoriscbe oder mittel-
j alterliche Schellen aus MUtelfrankeii , gefunden bei
; Ausgnibutigcti. Neuzeitliche Schellen au» Skaiidi«
navien, Livland, Thüringen, Bayern, dem Schwarzwald,
der Schweiz, den Pyrenäen. Bosnien, <M- und West-
afrika. Schellenfurmigu Instrumente birgt .Afrika in
grofscr Zahl. Hie Verteilung der Schellenarten nach
Gattung und Typus ergieht sich aus der ZuHammeustellung
auf Seite .32 und 33 (s. die beiden umstehenden Ta-
bellen).
Wie hierauN ersichtlich, ist der Typus 1 seit dem
Altertum vertreten, wÄlirend der Typus II bi» jetzt mir
an neuzeitlichen .\rten Itekannt i»t. Krsterer ist nach
der gegenwärtigen Kenutiii» auf die nördlichen, letz-
tci'er auf die südlichen Arten ix'schränkt. IHe Jura-
schellen gehören beiden Typen an und vermitteln auch
in einer bc»H)ndercn Ühergang»form zwischen beiden.
Hie antiken und die ufrikauisehen Scbelleu sind von
Schmiedeeisen, alle anderen von Blech. Was das Vor-
hältni» der Höhe zur Breite unhelangt, mi ist die
Gattung (I in Kuropa nur für das Altertum und «lie
frübhistorischo Zeit konstatioi’t; die Hudeutung der afri-
kanischen -\rten, welche eluuifalls hierher gehören, für
europäische Vergleiche lafst »ich nicht erkennen. Hie
Gattung h, ebenso hoch als breit, schliefst bislang nur
neuzeitlich europäische Schellen in sirh. wobei e» un-
entschieden bleil>eii uiuls, wie weit nach rückwärts der
Ih'griff ^neuzeitlich'* auszudehnen ist. Hie Gattung c
ist dauernd, seit der Romorzint, iu Mitteldeutschland
heimisch. Hie verMchiedene« Arten der Gattuug zeigen,
dat» wühi'cud diese» Zeiträume» verschiedene .Änderungen
an ihr vor »ich gegangen sind. Hmge, die ulten .\rten,
haben rechteckige Galgen, eine Form, welche eine an-
dere als die bis zur Gegenwart an zwei Letlcmirupfen
übliche Tragart und der geknirkto Galgen vorau»»eizt.
Ks hat also einstmals eine .Änderung der Tragweise und
infolge dessen auch de» Traggeräte» in Mittcldeiitechland
atattgefumieu, wie dies In dem .\i'iikel „Her S^'hellen-
bogeu“ 1 mm der l’ntersuchung der Holzbögeu als wahr-
scheinlich angenommen wurde. Inwieweit beide Vor-
gänge gleichzeitig waren, und oh die Änderung der
Geräte nicht einen Schellenwechnel überhaupt, von Gat-
tung la zu Ic, zur VeraulaKsuug hat, ist fraglich.
Hio Chereinstimmuiig der Harz-Thüringer Schelleuart
mit den Juraart<Mi ist augenscheinlicher als diejenige det-
HoIz)»ogcngeräte in lM»iden Gebieten. Wähi'eiid aber Thü-
ringen nur eine Scbellenart, und zwar von gleicher Form
wie die antike besitzt. gieh( es im Fränkischen Jura
dreierlei Arhui , von denen nur eine dem antiken und
niedlichen Typus I angehört, während die Widen an-
deren «lern südlichen Typu» II hitmeigen und zngebOren.
Hie Jurasclielleu lassen demnach in interessanter Weise
I einen starken südlichen hlinfluf» erkennen, der auch an
. den Iiolzl)ög^« >tu Jura nachzuweisen war. Ihe Unter-
suchung der Si'helIeD bestätigt also die Ki^ehniHse der
Schelleiibogeu-rnterauchuug.
.Anstelle de» antiken ScbniiedeeiHens wurde in histo-
rischer Zeit gewalzte» Kiseiiblech zur Schelienfabrikutioii
verwendet, welches man schon iin Mittelalter mit einem
andersmetalligen, kupfernen oder luessingenen Fl)ei'ziur
zu hediwken verstand, der durch ein primitive», alter-
tümliche» Verfuhren erzielt winl. Fast alle deiitsrheii
Schellen und die livländiscbe Art halMui <liescii Fberzug.
K» ist bisher littorari-rh unhekamit . dut» die Technik,
Kisen mit nudercii iiiiedleu Metnllrii zu nlHT/ieheii, »choii
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32
K. Ilnrmttiin: I>ir Schollen der Herdentiere.
Von oben nach iintoii ^locrkeDförmifc weiter nerdende Sehollen.
Typ UH 1.
Gattung
Itls jetzt b*>kanute Arten
Vonlero
Ansicht
Seitliche
Atwichl
l’nterer
Selielleiil-fiml
Galgen
a«
1. Antike EisenscUelle von der Saattiurg, inhgeteilt
durch Kgl. Reg.' Baumeister H. Joeobi. Mit )>eitlicbpn
Hchweirsnahteri.
2. Trühgearhichtlirhe Schelle, gefunden liei einer Aus*
grahung am Lindenbttht (Uertibrack). An den Heilen
vernietet. Ber Galgen hat die Bandfonn.
i
m
1
1
A IlHIlil ')
1. Hkandinavische Schelle; nach einer Pkotogra]ihie
vom NordUka Muse<‘t in Stockholm. Galgen auf-
genietet. An den Seiten vernietet.
1
1 1
1 1
2. LivlAndiache Schelle. An den Seiten vernietet. Stark
viTmemüngt. IVr (ialgen bai die Bandfonu , »lebt
aber i|Uer zum Schellenrhcken.
A
1
1
1
-
A »
1. .Antike KiAea^chelle von der Saalburg, mitgeteilt
durch Königl. Reg Baumeister H. Jacotri. Mit seit*
liehen Sehweirsnähten.
1
1
1
1 •
**?' Slift
e»
2. Krühgeschirhiliche oder mitudalterliche Schelle, ge-
funden bei einer Ausgrabung in der Knhlneh (Nürn
1 lierg). An ileii Seiten vomietet. Verkupfert. i
1
1
I
1
1
^ Stifl
Ji. Thüringer Schelle. .\n den Seiu-ii vemiutul. V«r
iiiessingt.
M
i
' •
^ Stift
4 . Jiiraaehelle aus dem Fränkischen Jura (Kordbayerii).
An den Sciteu veruiele». Venm-ssiniri (ruwcileti ver-
kiipfeiil- Jetzt fast ganz aufser Gebraiieh.
1
1
•
Sliri
rbprKang.Hforni zwiseheii
Typus 1 und
II.
c.
4. Jurasehelle aus dem Fränkischen Jura (Nordlnvern).
.Au den Seiten vernietet. VerineMingt (zuweilen
verkupfert ).
1 1
1
1
•
Stift
im Mittttldher mler noch früher in Ihmticlilaud Aiiweu*
duuK fnnd. Verkupfern von Kinen und Stahl iui ande-
rem Zweck, z. H. ul» VorhereituuK zum Verkühlen ist
seit IÜU3 hekiuint. Dah Venuessinjten aber soll erst
1S41 in Kn^land erfunden worden »ein. Kh wäre wichtig,
zu erfahren, i>h auch in anderen Landern das Veruiessin^u
der Schellen seit nlter Zeit fiblirb ist.
hls kann mir Zufall »ein, dafs bis jetzt keine anderen
als neiizeitlichu Schellen vom Typus II bekannt sind, die
alle deo> Süden anjfebören; denn diu .\rten der Gat-
tung 11b zeigen eine ebeuso nahe Verwandtschaft unter
sich wie die Arten der Gattung le, die sich 17 bis 13
Jahrhunderte zurückTerfolgeu lassen.
Man wird vieUeicht daran zweifeln, ob die Merkmale
fler Arten so konstant sind, dafs sie Schlüsse für die
Veriipuigenheit erlauben. Von kleinen Schwankungen
abgusebuu, ist jedueh die Herstelluug dieser so plump
HUsseheiideii lustrumente eine sehr sorgfältige uud war
es auch früher schon. An der kleinsten bokuiiuteu
Schelle z. II., aus frühgeschichtlicher Zeit Htammend.
32 uiiii h<u'h. sind die Merkmale der Form, des Galgens,
des Klöp|>els exakt zum Ansdrnok gebracht. Von der
Sehellenforschnng sind daher wichtige Aufschlüsse zu
urwartun, wenn erst reichlicheres Material vorharideu
sein wird. Wie schon jetzt die ethmigraphischLMi Ver-
schiebungen und Verhaltiiissu einer fernen Vergtingon-
beit für einzelne Teile I>eutschlamls in den Soludlontrag-
geHtellmi und den Schellen wiedererkaimt werden konnten,
so dürft« die Sehelleiiforscbuug auch für aufaerdeutsebu
lüiider nicht ergebnislos bleiben. LeidiT sind in vielen
Uegeudeu, selbst auf der in alten (Tehrftncheii so kon-
servativen Halkanhalbinset z. 11., mehr noch in Spanien,
Frankreich. Holland und den nünlUchen Ländern die
Geräte nebst den Schellen schon sehr selten geworden.
o<ler überhaupt uur uoch bei alten Leuten zu erfragen.
M<'>rhU' daher das Sammelu von Tbatsachen und Kr-
kundigungeii bald und energi>eh in .\ngriQ geiiouiinen
werdeu!
') Nach ib'i) Ab)Ml<liiri<,'«Mi in .IncoUi , l>a« Rtiiiierknsiell
Snnllinrg. Tnf. XXXVl, Kr. 1 uim) Nr. 'J. lieHiuen die antiken
Sehelleitarteii ilieH,‘r UiiflUltg zweierlei Onlgeiiforuieü.
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Bächorschau.
23
Von oIm'o nAf'h iintou fn^^er w«rdf>nile HcliHloii.
TypuH II.
Gattung Bis jetzt bekannt« Arten
y
Vonlere
Ansicht
! Seitliche rnterer
Anaieht Kchellenrand
i
Galgen
1
[ Jumschelle aus dem Krhnkischen Jura (Nonlbayern).
^ An den Heiten vernietet. Vernu'iBitigt («nwcilen
1 ; verkupfert).
W
1
' 1. Allgäuer St'helle. An den Keilen vernietet. Ver-
measingt.
m
' » 1 -
t
1
! Baud
a. Schwarrwaldsrltelle. Nach der Abbildung: Klgiir 93,
„Alte Kuhglocke* (richtiger -schelle) in Lndw. NVii-
raann. l>er Hi'hwarzwald. Der innere Galgen ist
nicht ersichtlich.
1
•
1
\
• , -
1
1
Hand
h. i rt. Sebweizor Ki-helle (Treichel). Nach Zeichnungen
1 von J.Aegler, Lehrer in Wohlan, Kanton Bern. Der
innere Galgen ist nicht ersichtlich.
#
• 1 -
^ ?
1
4. Pyrenftenschelle. Nach einer vorläudgen Mitteilung
von Dr. I». Laloy-Bordwiiix. Von Kupfer.
o
» ! f
1
' A. IhMnische Schelle. Mitgeieilt von D. (’iro Truhelka
' (Sarajewo). Der Galgen ist niifgenietet.
■ 1
• 1 -
( ■ Band
‘ Kammersteiner Hi-helle (Mitteifranken). An den Seiten
vomiotet.
m
1 1 -
1 Ghu« Galgen
.\frikani«che St'hellen aus der Sammlung des v«r-
^ stiorbenen LeiMiiniits Siadelhauer, initgeieUi durch
Alois Keiler u. Komp. (München). An ilen Seiten
S4-hweifsnähle.
1
i
m \
1
• 1 ♦
tihne Galgen
Bficherschau.
Carl Pelnri«: Im <!*•!• Aiti^rtuniit. Kum’Iiuiijr**»
xwiiH*h»*n SMiubeni und Sahi. XVI und 4 uh SHiiHii, eiwa
loti Aldiildun^ren und xw**! Kanen. München. J. K. l«eh-
nmnn. lIMcj. Fnds 14 Mk.
I>r. Karl Petent' Huch nlier ftcinc beiden ȟdiMtAfrikaiii*
Hclien Keinen liegt mm endlich in einer engliHidieii und deui-
»rlien Au'igabe vur; du« ttrigiiiul wheiMt ln eMgli»cher Spruche
gpschrieltcn. und die deutsche Ain«gal>e eine nicht vnn Peter«
«elliKt lN>M>rgte riM*ntei7ung iIhvoii xii sein. Oer Inhalt ist
bunt und uird vor allem den Geographen enttäuitchen. Zu-
näclixt U'enlen KejMeerletmiMe mitgeteilt, wobei die lieiden
rnliTtodmiungen von 1HO0 und 19nl xuaauunengeworfen «ind;
dann kommen die lieiden Kapitel übt*r die Ophir- und die
Piintfrage. und hierauf fcdgeii »irder Keiiiexkizxeu und
Bchliel'itlich wirtxehaftxgeogrnphiwhe Kr«»rterungen und Mit-
teilungen. V«*n den Karten i«! die eine die lielixlext'he. «lie
Peter« wh*m IttB.'» veri)flentliclii hatte, und auf deren Tr-
«prung er in/wUchen mui S. Kuge nufmerk.Hani gemacht wur-
den i«tt di« andere ist ein dürftigen Clier«>ic1it«biatr. das nicht ein-
mal für die liektüre des Buches ausivicht. Wir btHlaueni es.
dalV Peter« es nicht für niitig gehalten hat mler nicht im
Ntande gewesen ist. «einelhniten aufzunehmen; denn sie ver-
laufen zw-inchen Samliesi und l'uitali in einem nur wenig
isler gar nicht bekannten Gebiet. Bie illustrative AuoxtMl-
tung «teht auf einem whr nieilrigen N'iv<*au. denn die zahl-
losen llarstellungeu von Jagd-, ^'i«e- und I.agei-ozeiien sind
nlicnfallx nur für ein <jUHnnnerle«eptiblikuni vun Intereaae.
Abbildungen von den durch Peter« aufgefundenen Ktiiiien
fehlen faxt ganz, und die wirklich bmnchlmren nrcUrodogischeii
lllUHtmtiinien \r.. K. SimlMibvel lieireffen Gebiete, in die
Peter« gar nicht gekommen ist. llreimal wird IVter«* Pov-
i trät geb«rteu. Da« Huch ist übrigens im landläutigen Sinne
ganz interesBAUt, und das vuUstkndig uuabhüngigo rrteil ile«
Verfn-wa-rs über KlKaJcsien und die portugiesischen Besitxungen
cixdieint uu» ItRachteiiMWerl.
Her Befcrrnt kann «ich mit Rücksicht auf den Raum
hier nur mit den Arc1utob>gi>M.dien Teilen de« Werke« le-schaf-
tigen. die wohl auch nach Peter«* Ansicht die wichtigsten
sind. Peters' Kntdeckungcn auf diesem (»ebieie sind verhiili-
nUuiäfsig dürftig: «r hat die Puraruinen. die offenlMii- viel
älter als die von Sinilmbve sind, und die anscheinend antiken
Kupferminen bei Meleetter anfgefiinden , da« ist hu ziemlich
alle«, und «) entfällt die Hanpuhätigkeit Peters’ zur Atif-
klärniig nrrhäob»giwh-geschichllic|ier Kragen auf <lie Arla-it
am Kiudierilwh. ilie er doch «o nlwprechend Nmrteih. Wir
erkennen heute an. dal« Peters «ich um die lä'eiuiig der
Ophirfmge Verilienste erworlien hat. J>er Referent Ui mit
P••te^>* eler Ansicht, ilaf« .ie*le Thwwie, die Ophir anderwärt.«
als in Küdostafrik» «ucht. nicht mehr zu halten ist. und er
glaubt auch mit Peter«, dal« die von Schweinfurth »l*et**r-
niHiins Mittoilungeii I90'J. Liit.-Ber. Nr. acceptieiie Mei-
nung Kinne«, ttphir sei nicht diettold pnsduziereiiile. «ondcrn
die Oobl Verteilende Htelle und lüge an der «riiiarabi-M'heti
Kn«ti>, eine ganz unnötige Koniplizierung d(>« itphirpivdilenix
bedeutet und an« gewicjitigen Oründen alxzuweisen ist. lüe
Juden waren nicht in der l^ge, atdchc Schätz«, wie ai« &>a-
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34
Büchur8ch»ii.
loni» <)urvh w*iu(‘ un<( iliraiuH <»rhi«U. iri I»di»*n «.Kl(fr
SnilHnibi«'ii zu kniif»*n ««1»^ mil (t»-ti,-aU zu nHhm»'ii. IVt«’rii
hat «le«ball) rwlit , wenn er ln•‘iMt, mun müitii** »ich iiarli
••itieni t>UKtunp<fäbigen uunM-beu. bnvi>r mau
••ntiM'heideniie SehUW-e zur 0|»hirfni;fe ziehen «liirfe, und ein
Mdi'beM Miuenvrf'biet Uge elH'ii nur in SiiiloMafrikn. Kr hm
(Inriii Ml »ehr recht, daf-» wir l•tylm>l«l|;i«•chet 1 und
Hthn<>ifra|>hiM'hen ,Bew»*i-.mittcl* ali K|delerfi«*n nicht weiter
211 beriihmi hraurbeu un<l «ic glatt atdehnen kimnen. Sprä-
chet» wir v»»n einem Vi*rdien>it l’«*t«rs’, ao dürfen wir niider-
üeita nicht verg«>««eii, daft nicht er dn» entM.’hi’idcndH Material
zuKiinuncngeliracht bat. sundern dafi) dnii durch Schlichter,
llcnt. \Vil|i»ughhy, Hall und N«'nl gewnniM'U worlcn i*i. Sa-
nieritlich niiid c'« Hall und Ncai. «Iii> uii« in ihrem urischätz-
Imnui Huche (.Tin* Atictcni ItuiiH nf Uhixh'^ia' , l^ondon
ernt eine rechte Vorstellung von dem uni^eheiireii I'in-
faii^ und der enlrückenden Retclthaltigkeii des «iidir*i»fri-
kaiiischen Ruiiit‘ngebiet*i vermittelt balieti, und nnf diesiT
Veröffentlichung konnte l’eten* l»ereii« fufsen. Ikigegen
«cheiut da^ Keanesche Buch („The Gold «>f Ophir''. London
tüut) ihm teilweiii« da.i Konzept verilorlnm zu ha)>en; denn
er erkennt gelegentlich an. daf« utyiiiologiiiche und philo-
l«^i«che Ik'weismittcl ziemlich nulwü^ächlich wären, schätzt
«ie atH*r ihntaächlieh m.‘hr hoch ein. Im Ihinzip mag die
Ophirfnig« nun vielleicht gelimt sein, wichtige Nel>enfrag«n
hleihen aber noch dunkel- So die Ir'nige, oh «s sich in Mn*
nika, Inyanga, Maschona u. s. w. unt ein a!t«emiti»ches Sie-
delungs- und KnhiniHatiouagt'hiet, oder ala-r nur um ein Ans-
boutungsgebiet handelt, l'eters scheint aji ein Kolonisations-
gehiet nicht zu glauben ; allem di« grofse Zahl der Ihtuw erke,
die nicht der Minenarbeit und ihrem Schutz godient hab«m
können (die Terrassen' und Tompidaulagen) . widerspricht
doch dies«7r Aimahuie- Dunkel ist auch das Alter der klte-
sten Roste. Dr. Schlichter hat für den Bau des Tempels in
Simbabye das Jahr 1100 lierausgerechnetj alier e* giebt
offenbar viel ältere, primitivere Bauwerke, und die Kidoni-
satioD reicht jedenfalls bis tief in zweite Jahrtausend zurück.
Hall und Neal (a. a. 0., S. 23 und eoust) meinen, dafs we-
nigstens zwei (1er Bauwerk« um 2000 v.t'hr. entstanden sein
lUU9»eU.
ln einem nur kurzen Kapitel behandelt Peters die Punt-
frage. Ägyptische Verbindungen mit Hüdostafrika sind »chon
vor Peters und auch V(»r Brngsch vermutet worden, (lewlsae
Figuren, z. B. die öfter, zuletzt bei Hall und Soal H. 142
und 144 abgebüdotcu Vogelbildcr aus Seifenstein, wurden
als „ilgyptiscii” Hngespruchuii, der Missionar C'rawfonl wollte
s<ignr Vor ein paur Jahrou zwischen Tanganika und Lunpulu
eine ägy|>Usche Hphinz entdeckt haben! Solclie Anklänge
lioskAgen als^r nicht viel, denn die semitische Kunst, vi»r
allem die nicht sehr Bchöpferische phonizisch«, ist gerade um
die Zeit der grofsen Punifabrt (um 1500) von der .ägyptischen
stark boointlurst gewesen. Peters folgt in der Puntfrage der
hier nicht sehr sicheren Führung l>r. Kduard Glasers. Da-
nach sei Punl für die Ägypter der ganze, über die Küsten
des Indischen Ozoans reichend» Kultur- und Kindufskreis der
SemiUMi geweson, nicht nur die sQdlichon Küsb-n des Roten
Meeres «slcr die Küsten des Uolfs von Ad»n. deshalb hätten
sich auch nicht notwendigerweise alle die in den Imwbrifteri
erwähnten ägyptischen Puntfahrten nach ein und dein.<*ellK'U
Gebiet zu richten brauchen. Jedenfalls könne die unter
der Königin llatachepsut untemominene Puntfahrt — mit
dieser Iwschäftigt sich Peters — nur nach Küdostafrika ge-
gangen sein. iVlf'rs legt seiner Beweisführung die Inschriften
utnl bildlichen Darstiellungeu im Tempel Ih-ir-el-Bahri bei
Theben nach der Brugschschen Ül»ertrnguug und Kriäutening
zu Gruinle und fuhrt etwa folgendes aus: Nur in Smlost-
afrika könnten so viel Gold, Kupfer und Kdelsteine vorhanden
und erreichbar gewesen aoin, als die Puntfahrer heiuigi-bracht
hätten; in dem fraglichen Gebiet ent<leckt4> Biischiitanus-
ZL-ichmmgen älinelten ägypGschen. die Bewohner jener Pont-
gegond hätten also mit den Ägyptern in Verbindung ge-
standen, von ihnen gelernt ; die Hottentotten seien jedenfalls
Bastarde aus Ägyptern und Bu«chuiunuum , und die llotten-
lotleiiHpnn'he sei nach la'psiiis mit der ägy [»tischen verwandt;
Ik-grabnisart , Mond- und Skarnlüenverchrung seien bei den |
Hutteiitotteii sowie l*el <lcn Ägypten» iilwreinstitnim'iid :
»-‘ndlich Is^weisH die rscbebtiügtir, die Hatsche|i»>nts Bruder
und Nachfolger Thutni<»sis III. darsUdlt, dafs d»>rt, wo sie
gefunden, näiulich ,unier 17* sü<ll. Br. und l>stl. L.“. ein
ägypU*(*her (iuuveriteur residiert hal»«, dem sie ins Grab
gelegt sei. Zum Ülierflufs wären auch etymoh>gi«chu .\n-
klänge lH*nchtenswert. Die Ktyniologi« kann auch hier aus
dem S|>iel bl«il)eu: ira übrigen erlautien wir uns folgende
H»‘iiierkutig»;u: l>ie Buschmamiszeichnungeu . deren Kopi»*u
IVters von einem Bewohner l'nitalis erhielt, unterscheiden
sich in nichts von den schon liekannten und sehen nicht
mehr ägyptisch aus al.« alle anderen, .kiif Beziehungen der
BuschmänmT und HottentottAii zu deu Ägyptern der Kegada-
zeit ist schon von verschiedenen Sidten aufmerksam gemacht
Worden: unter den lUHdithischen Ägyptern herrschte kleine
Körfiergestalt vor. und Messung*‘ii ati Bchädcln aus »lor
Negadagralwtätte haUm keine Übereinstimmung mit den
Ägypiom der Pharaonenzeit ergehen, und Hinweise auf die
Hottentulteu Und Uuschmännor vuranlafst; auch zeigen Ne-
gadatlgureii FettsteirsigkeiU Di»*ac hier berührten Fragen
ruhen alter noch ganz im liutikeln, und für ihre B<-nntw«tr-
tung müfaten viel frühere Peritsieo der ufrikaniacben Völker-
goachichte faerangez^nfeh werden ,ala die Zeit der Puntfahrt
unter Hatschcp«>ut. Von diesen Ägyptern haben die Hiidost-
afrikauer jedenfalls nicht.s gelernt. Damit fällt auch Peters'
Bastardtheorie in sich zuwimmen. Auch di« übrigen Ankiänge
liernlireii viel weiter entlegene, dunkle Zeite|MX'hen. Die
l’schebtiügur ist nach Fliuders Potria echt, sIht ma^n kennt
die Stell« nicht, wo sie gefuinlen; sie kann durch einen Zu-
fall venH'hie[»pi w«»rden sein. Nimmt man alier wirklich an,
dufs im Innern, bt*i Tet«*, ein ägyptischer G»»uvemetir ge-
aeaaen hat, »o mufs man fest«‘re l^/iehutigen der Ägypter
zu j»-nen Gebieleu^^voraussvtzcn urnl sich fnigeti, wi»her es
k«>mnie, daf* die Ägypter nicht zahlreichere und ileuflichere
S[»uren ihrer AiiweHenheit zurückgelaasnii haWn als diese
Figur. XS'anim beaitzen wir solche Spuren von den Semiten
und nicht von den Ägyptern, die doch auch ein {siar Jahr-
hunderte aus Punt Gold geholt haben? .Vui der Deir-el-
Bahriiuschrifl und den Bildcni geht ferner hervor, dafs diu
Leute, mit »lenen di« i'untfahrer in Ik’rührung kamen, in
Pfahlluiuhütten wohnten und einen Vorgang, w-ic die Lau-
«hing Fremder lu grofsen Schiffeti, noch nicht gesehen hätten,
ülwr lieides g»ht P»*tcn« liinwug. Wir abt.T meinen, die lasute
konnten sich d«W‘h kaum wumlcrn. wenn sie wirklich an der
stidoscafiikaniacheii Küste safsan; denn densellMiii Weg hattun
ja auch die Semiten genoumieu, ebenfalls fremdartige Men-
schen mit grofsen Schiffen. Pet»M w»gt, man nenne ihm ein
l>and an der »jden arabischen oder Koinalküste. auf das die
Beschreibung der Inschrift [»asae. das solche RHichiümer
lierg<‘. Darauf ist zu erwidern, dafs die Angalien der In-
schrift und der bildlichen Darstidluugen üliertrieben sein
ilürftcn. Die ägyptisch»* Gescbichuchrelbung ist, soweit sie
sich in solchen Denkiualem äufoert, eine rein hutische. d. h.
sie ist ganz einseitig zumBuhino »les Herrschers ausgestaltot ;
sie tragt stark auf, macht aus Mück«m Klefanb-n. Di« D»*ir-
el-Bahriinschrifc giebt viele liätMd auf. die wir ul»«ns«> wenig
lösen können, wie si» Peters gelöst hat. und es ist nur eine
Vermutung, wenn wir ineimm, dafs sie Dinge durcheinander
wirft und vereinigt, die sich gar nicht auf eine einzige Kx-
[KHÜlion liezogen halKüi. Ist e.s so ganz sicher, dafs da nur
Sec-Kx|»editi»>nei» hiiieinverwebt sind Kann man nicht an
Nilfahrteo denken? Wio hale.-n di«» Ägypter als scblM-ht«
Seeleute d«m Weg zur Sambcsimündung und weiter ge-
funden? Wie kommt es, d.af« sie darüber mit den Semiten
nicht in Kondikt geraten sind? Das schwierige Problem
läfst sieb mit den Hnlfsmitteln, ül»er die Peters verfügt, nicht
lösen, und so intereSHaiit uns das kleine Kapitel nLus Ziel
iler Puntfahrten“ in seinem Buch erschienen ist, überzeugt
hat er uns mit «einer Puuttheorie nicht , trotzdem »-r sich
auf »»inen Forscher wie Glaser la^riifen kann. H. Hinger.
Pfarrer Hnns Haas: Geschichte des rhristentums in
Japan. 1. Krsi»» Kiuführung des t'lirisrentuins in .Tapati
durch Franz Xavjer. (Suppleiiiffnt der ^Miiieiluiigen“ der
lieutschen Gesidischaft für Natur- pnd V<dkerkuiide Ost-
asien«.) 3ül Ki'itcn. Tirkyo 1902.
D»*r evangelische, in T«»ky«» lel»en»l»* Verfasser hat hier
mit iiiustcrhaftor Gründlichkeit «in Werk g«‘liufert., das na-
mentlich auch l»»-i Katholiken weg»‘n wiioT l'n|>aiieilichkeit.
und Weil dem Kinfiihrcr de« rhristenlunin, Franz Xavier. im
b'Vhstvn Mafs«' Ger*ic>iiigk»it »i«lerfHhrl, eine gut»- Aufnahino
finden wird. Ja. man kann sHgen. Hua« siollt Franz Xavier
als sein»n l.ieblingshelden hinl Z»ütgeii«>S'<i»(*li<' japanische
tjuelleii zur Geschii-hie de« riiristetitnms ••teli.-n nur sehr
s|»ärlirh zu Gelsue. »ienn die japnni.srhe ln>|ui«in«»n hat, als
die Tokugawaregierung den Ifa-chlufi» gefafst Imttc, die
I freKHl»'. als «tantsgefährlich erkannte Religion mit Stumpf
und Siii'l auszurotteii. ülieran« gründliidi aufgeräumt. Der
Vt-rfas-or halt«- daher in »lieseiti ersten Teile we**entlich nach
«len Bori»'liten v.«n .^U•ndlälld••rn zn arU-iten , wiewohl ihm
sein Aufeiitbalt im Laielo Iwi d»T R••nr^cilullg der ganzen
Verhähni«*.»- gruT-«» Dienste b-ist«*tc. VnrtfcPnich ist auch in
den er«t»'it KaptteJn die Ki(f»iei'kung'ge«<'hicht«‘ Japans V4*ii
Mar>»o Polo an l»ehniiilelt.
Kleine Kachricfatcu.
Kleine Nachrichten.
Abdrai-k tiut mit Qaelli'D.Air.M ipMt.ttet.
— Da« TeHtament dv* Nordpolfahrer« Andrtle
ul vnt jetal Itekannt geworden- Da« 8cbrift«töck int vom
m. Mai 1K97 mithin etwa 2'/^ Monate vor dem Unglück*
liehen Aufstiege von der Adventhai auf ftpiubortrvn — da-
tiert und hat folgenden kurzen Inhalt: .Ich Kalomon
August Andr4e verfüge hiermit nU meinen letzten Willen,
dar« meine gesamte Hinterlassenschaft mit vollem BesiUrecht
an meinen Bnider, Kapitän zur Hoe Krntt Wilhelm Aiidree,
übergehe, indem ich zugleich den Wunsch ausHpreche, dafs
das Krlw) von ihm in Übereinstimmung mit den speziellen
Abrichten nutzbar gemacht werde, di« ihm mündlich von
mir zur Kenntnis gebracht worden sind oder möglichen*
falles zukünftig noch Itekaniit gegelien weiten. Mit
Rücksicht hierauf soll meinem Bruder die alleinig«* Befugnis
zustchen, alle zur Regulierung und Liquidierung meiner
Hinterlasaeoschaft g«*«iguei erscheinenden tiebritte vorzuueh-
meu 8. A- Andrt'e, Ob«ring«mi<'ur des Königl- Patent- und
Registcrwcrkca.“
2!wischen den Zeilen des Testaments läfst sich uu«chw'«*r
hcrauslesen, dafs die getrnff'erie mündlich« Verabredung in
Andrtles eigenen Augen kaum mehr als einen provisoriacheii
Charakter hatto. l>or kühne Kntdeckungsfahrer war von dem
glücklichen Verlauf« seiner Ballonreii*« so unerschütterlich
überzeugt., dafs es ihm gar nicht in den Kinn kam. nähere
Bestinmiungeii Über seine ziemlich umfangreiche Hinterlassen-
schaft zu trefTeu. Kr !>egnügi« sich vielmehr damit, seinem
Bruder die summarische Vollmacht zu geben, im Falle eines
ungünstigen Krgelmisses »eine gesamte Hab« zu gleichen
Teilen an die gesetzlich erbberechtigten Mitglieder der
Andreesclien Familie zu verteilen. Da inzwischen fast fünf
.lahre verflossen sind, , ohne dafs die Kunde von der glück-
lichen Bergung der •Omen” -Fahrer eingetroffen wäre, hat
Direktor Andrt^e das Kmueben an di« Behörden gorichtet,
«einen veraehutlenen Bruder als gesetzlich verstttrben zu
erklären. Dafs diesem Krsuchen von zuständiger 8eite Rech-
nung getragen werden wird, dürfte kaum in Zweifel zu ziehen
«ein, denn auch di« schwedische K^ierung hat schon durch
offlzielle Streichung der AndrfMiseben Stelle am Kgl. Patent*
amte in Ktockholm ihre Ülicrreuguug zu erkennen gegeben,
dafs sie den kühnen Ballimfabrur für verschollen hält. K. V.
*» Die Fischflnfsexpedition (Deutsch • Kü d w «st-
uf r i k a). Kin wisaenscbaftlich wirtwhaftlicbes Unternehmen
von grofser Üedeutang ist vom kolonialwirtschaftlklten
Komitee vurbereitot worden, eine Kxpmlition zur Untersuchung
dfs Fischflussos. dessen heut« ungenutzt abfllefsend© Waswr-
mengen man der Kutwickelung dea deutsoh-südweeUfrika-
niacben Schutzgebiete« durch Anlage eines gescbltusiüieu
Netzes von Stauanlagen dienstbar machen will. Als Auf-
galM*n d«r Kxpedilion. für die ÖO 000 Mk. aus der Wohlfahrt«-
loiu-he bewilligt sind und deren I>eituug der Ingenieur
Alexander Kuhn übernommen hat, werden bezeichnet; die
Herstellung einer *geographi«cb orientierten" Karte des ge*
samten Kischflofsgebieies in 1 : lOOOOü mit l>ar«t»*llDDg der
liodeuplaslik ; die Aufnahme einer Anzahl von Lag<q>tiinen
für tStauwerke mit Pnqekten und Kosteuvtiranscblllgen ; An-
regung und Anleitung der Farmen, (fes«llsi*haft«u und latkal-
lieliönlen im Fischflufsgebiet zur unmittelbaren luangrilT'
nähme von Staudämmeu und fortgesetzte Förderung solcher
(.'ntcmohmungeti durch Rat und 1'hat. Ferner hat di«K.x|»e-
ditioD, der eine Ktudieiireiin» in Britisch-Küdufrikn vorangehen
soll, geologische Forschungen, lH»tanjsche Katnmlungan
(namentlich von Weidegräsern) und mete»>rologi»che Jlc-ole
Hi'htungen Aus/uführen. Der Plan l>e«agt daun weiter: durch
das Zusammenwirken vieler Sammelbecken soll der Abflufs-
Vorgang des jetzt zur Regeureit ungenutzt ahfliefsenden
Wasser» verz*»g»Tt und der Allgemeinheit nut/lmr gemacht
werden. Das in tlen tjn«llgebi«tcii dun-h Stauweiher ge-
wonnene Niedom‘hbig«wa«»er »nit ausscbliefslich zur Hettiing
der Viehzucht (FulU-r- und 'Wiesenliau) Verwendung fliiden.
Durch (las Zurürkhaiten einer gröfseron Menge von Wasser
im liande wird sich auch das Klima ändern, und es ist
sicher aiizuuehnien , dafs eine vermehrte Verdunstung auch
verstärkte NioderscblHge zur Folge hMlH*n winl. Die
Hmnunerung der Abwässer der lHinlwlrt»chafilichi-i» Beiriet'C
(nach Bewässerung der Wieacn und Haate 0 an vielen Kinzet-
berkeri nach AusIkiu des ganzen Systems, der freilich einen
Zeitraum von 20 und mehr Jahren umfassen winl. dürfte
im Stande sein, ein schmales Rinnaal im FiHchHurslM'tt zu
erzeugen, da;« ständig oder doch den gröfsten Teil des
•Tahres über Wasser führen wird. Dadurch wird der
Fischfiufs zur l«l*cn*i»endendcn Arterie de« ganzen Süden»
werden. Die Ausreise der Kxf»«dition soll am 31. Januar HK)3
erfolgen. (Vers, de« Arljeitsaussch. des kol. - wirtsch. Kom.
vom 30. Ukt. hHi2.)
— Die Oröfsenverhältnisso der Bcbädelhöhle tind
der 0 «sichtshöhen boi den Menschen und den An-
thropoiden untersuchte Alfred Jacob! (Inaug.-IHss. Leijh
zlg IMlX Nach seinen Knrachungen giebt Mantegazzas
Verfahren der Orbitalmessung um 4,5 ccm zu geringe Resultate.
Der Orbitalraum ist im allgemeinen bet de» höheren Ka.\«en
kleiner, der Index cephalo orbitaiis gröfser als liei den nie-
deren Rasaeu. Die doUchocephalen Bchädel haben geräumige
Augenhöhlen und einen grukeren Index cephaloorbitaiis aU
die brachycepbalen Schädel. Die Differenz zwischen d«r
Orbitalka}tazitftt des Mannes und de» Wribes ist eine sehr
verschiedene (im Mittel 7,3 ecm). Auf einer je höheren Kul-
turstufe ein Volk sich beflndet, desto geringer ist im ullgu-
meinen der l'uterschied zwiachen der OrbUalkapazität beider
Oeachlechtor. Der Index cephalo-orbitalis ist beim Wejlie etwa
1,2 Kinheiten höher als Iteim Manne. Unter den Anihivt--
poidon sWhl der Trogb»d>lc« niger in der Kapazität wie jm
Index den uiMeren Rassen der Meu»chen am nächsten. Mir
funebniender Körpergri^fse der Anthropoiden nimmt die Or-
bitalkapazität bedeutend zu, der Index cephaio-orbitaiis ab.
Mautegazzas Messung der fossae nasales giebt ebenfalls zu
geringe Resultate. Di« Ausdehnung der Nasenhöhlen winl
durch iStenoeo oder Ausweitung dos Rinas maxillaris beein-
flußt Die Kapazität der fossau nasales nimmt im allge-
meinen bei den Kulturvölkern ab, bei den Naturvölkern zu.
Der Index cephalo-nasalis zeigt ein umgekehrte« Verhalteu.
Der Mann bat 15 ccm grftfsere Natcnböhlon als da« Weib,
alter einen um zwei Kinheiten geringeren Index cephaln-
nasaiis. Kine kuliische Messung der Mundhöhle ist. aus-
führbar and von Bedeutung für Rasfleuuuterscbiede. Hie ge-
stattet die Festatclluug eiues Index cephalo-fncialu, ebenso
eines Index oni-cephalicii» und eines oro-iia«alis. Die Mund-
höhle ist beim Manne 15 ccm gröfaer als Iwim Weibe. Krstc-
rer hat einen um eine Einheit kleineren Iudex oro-c«phalicus
als da.« Weib. Auf einer je höheren Kulturstufe tdii Vidk
steht, desto gröfser ist der ludox oro-cephalis. Der weibliche
Schinqianse nähert sich In der Mundhöhlenkapazilät und im
Index oro-cepbalicns dem Menschen am nächsten.
~ ln den •(•emeinnntzigen Blättern für He«^ri und
Nassau* 1902, Nr. 9 bis II. hat Dr. Kobelt bemerkenswetie
Worte über Gewittergeographie geliefert. Von seinen
eigenen Beobachtungen in »einem Wohnort 8cbw-anheim aus-
gehend, kommt er daljci zu Vnrxchlägtm üljer eine neue Art
der OrgauiMitioti derOew-icterlieobAcbtungeu uud derGesiebts-
punkte für die Verarlteitung derscllicii, die von der heute
iiei den tiieteorxdogischen Zentralen üblichen zum Teil al>-
weiebt. Ihifs dieaell« gewiß geeignet wäre, wertvolle Anf-
schlüsae nicht nur über die Zugrichtungeu der Gewitter, son-
dern über die Mechanik der*elt>cn ülierhaupt zu liefern, wird
«►fort klar, daß alajr dl« Vorschläge verwirklicht werden
können, i«t fraglich. Erstens dürfte «« schwor fallen, die
gröfsere Zahl v<m Leuten zu finden, die mit Verständnis be-
obachten, andererseit« dürfte aber auch den meteoroIogUeheii
Z^uitralen. die mit anderen Arbeiten schon überlastet sind,
di«' Zeit fehlen, ein derartig ausgedehnte« Mnt4>rial, wie es
nach Krfiillung der ersten Bt-dingung voraussichtlich ein-
laufeii würde, 1» geeigneter Weise zu sichten und zu be-
arbeiten. Diejenigen aber, web'he sieh für die in lie«!«'
stehende Nattin-rscbeinuiig interessieren, nnögen hienlurcb
auf den Aufsatz nufmerk^m gemacht werden , aU ein Bei-
spiel, wie man b*Kdiachtcii und auch in kleinem Kreis«
Beiträge zum Wcitorlmu «l«*r WisacuscUiift sammeln kann.
— Prof. Sellins Ausgrabungen im Teil Taannek
(Palästina). Mit Cnterstützung <l«r Wiener Akatlunii** der
Wissenschaften und einiger Priratleiit«* hat Prof. Dr. Sellin
aus Wien iin Frühjahr uml Sommer 19U2 in Paliistiim sehr
ergehnj«reiche Au«grabimgen v«iniehm*'n können. Der Teil
Taannek liegt in der KU-rie von Megidd«». er ist die Stätte
<ic» ulten biblischen Taciimch. das einstigen Sitze« vim-s
ksiiiiiaiiitischen Königs nnd «|>ätfTen Sitze« eine« i«rneliii«<'bet»
Gouverneurs. Wie Sellin in der „Ki»Iu, Ztg.” la'richtet. I«.*
gHiiu«n die Arbeiteu am 10. März und dau'-rten fünf MouuUn
Kieme Nachrichten.
V
:t6
Hie k^eti au» dem Bcbutt an drei verscUieil<*nen 8teH»<ii de«
MuküIk drei »ach AnJaee und liuuArt gut erhaliene nunje»
»MH kauaauitiiu'her, iiaiiunoui)H’)i('r und au« •ipftti!tr»elili*cher
Zi'il frei : ebenso ein arabix’he« Hehlof«. (iefuiiden wurden j
Topfe, Lam|»en, Waffen. M)UHti}(e (ierüte, auch eini}^ Hkara- j
Ivivii. Ilmter der einen Bur>r har|{ ein ^>rHes Leirhenfeld j
Qiwa 2 ( 0 , in Knifaen Kritiken twiKosetzte KindiTleirhen. Aurh ;
un-hrere KuIUtÄtten wurden nuft^BÜeckt: ein kanaanilisrher |
KeUaltar, zwei Libatiunaaitulen au« israelitincher Zeit und eine '
formlirh« Htrafoe von Kultiiäulen. In vielun lYivathiiu«>rn ^
fanden sich Bilder der kunaaniliHchen Astarte, daneben auch
Ai;v ptisrhe „(•Otze»'*. 1>a« Hautgcrtit )>ezeug:t« eine tiefgehende
phiinizisrhe, t>|ikter griechische Heniritiusaung. l'nmittelbar
unter vielen Hkuicem war ein Toter ItestatU-t. ln einer
Schicht von I^hmhausern, I bis "i m unter der ioraelitiHchcn
Burg, wurde itoiiann ein schwarzer Hicgelrvlinder gefunden,
der aufser zwei Giitierbildem eine babyloniai'he und eine
ägy ptische Inschrift trug; er staimnieiwa aus dein Jahre i'OOO
V. rhr. — «uine neue Bestätigung dafür, dafs l'alästina,
ehe die Israeliten ins Lan«l kamen, bereits vull<
siAndig mit ägyptischer und babylonischer Kultur
durchsetzt war“. l>«iuailch»t stiefs Sellin ui unter der
UberHitche im Süden auf viele Bruchstrioku von getliigelten
Tierleiberu. von Mensrhrn- und leVwen köpfen aus dickem,
hartem Thon. I>ie Zusammenseuung ergab einen ganz eigen-
artigen lUtucheritttar: an zwei Seiten waren reliefartig je
drei (.’herubtni und zwei Ldwen herau^gearbeiiet , auf der
Vorderseite der Lebeunlaium unigelinn von zwei SteinU'icken,
auf einer Seitenwand ein Mensch, der eine Schlange würgt,
Kellin meint, man batic hier zum enden Mal ein Kultgvrrat
gefunden, auf dem wahrftcheiniieh dem Jehova Opfer dar*
gebracht wonten seien; zum «rstun Mnl eines der s» oft im
allen Teatameui genannten Hörner des Alurs im Original,
zum ersten Mal auch eiue Darstellung, aus der man ent-
nehmen konnte, wie die spateren Israeliten sieb diet'berubime
vorgestelit heben: Hen«4-henkopf , laiweuleib. Flügel. Vor
allem aber lege der Altar von neuem dafür Zeugnis ab. wie
die Mythen der umwohnenden Völker auf Israid eiugewirkt
hat>eii. Heilin weist zum Hrhlufs darauf hin, wie lohnend
solrha Forschungen gersule in PaliUtina wiiren , und fonlert <
auch duutHckc wiss«n«rhaft licke Kreise zur Ileieiligiing auf. !
— - Vergleicbenit* anatomische l'utersurbungou itber
die Ohrmuachel v ersc hied en er Hüugeiiere ftihnni
Job. Kchmidt (Inaug.*lMss. ladpzig 1M>2) zu dem Hatz, üaf» :
sich die am nämlichen Urgnii des MHnst'heii festgesteliten |
anutomiseben Merkmale in ihren Kinzelbeitvn mehr oder |
minder deutlich erkennen laseen. Die Ohrmuschel des Men- '
sehen ist als ein rudimentäres Organ aufzufaaseu; die starke
Kinruiluug der Helix wie diu geringe Ausdehnung der Foasa
«raphoiilea ist eiue Folge der Verkieiuerung der Muschel.
Dae Tuburrulum Darwini homims ist mit der Hpiize de*
tierischen Ohres identisch. Die Incisurae Haiit<»rini hmiiinis
eiitsprechun den tiefen Kinschiiitten zwischen den Fortskizeii
des aboraleii Kaudus, weiche den Tubus mit bilden helfen. '
MtW'ie der völligen Trennung zwischen letzterem und dem j
Kiugknor|Mil des Tivruhres. Die Hpina helicis kommt auch
t>ei den verschuKloncii Tierarten vor; sie ist- als ein s|H»zift-
scher V<irsprung des oralen Uundos Ixuw. als rudimeotäre«
( rus helicis laterale aufzufassen. Ibis Heutnium üarTiere ist
ein Krganzuiigsknor}>el für den komplizierten Bewegungs-
Hpparat der Muschel; es fehlt dem Menschen infolge der
starken Keduktiim der Kopfuhniiusrhaln. Ihis Ohrläppchen
ist kein dem Menschen ausscbU>Ts|ich zugohörigun Uobildo.
Die Plicae Huririilares des Tierohres wenlen liuitti Mensrhen
nicht iHNihaehtet ; kommen Wi Ivtzterutu falt<>imriige Gebilde
vor, dann handelt <*s sich um .\luiomiiiiiten, welche in der
Kegel die Anthelix betreffen. Die (‘anideti wie Fehden ver-
fügen ülier ein besonderes Anhangsorgan (Hauttasche) des
Margo abvtralis. welche den anderen 1'ieren und dem Men-
schen mangelt.
— Der neue chinesische HaiideUhafen Tsin*
hwangtau. Am lö. Dezember DKil ist der an der West-
küste der Hai von I«iautuug (40* iii>rdl. Br.) gelegene H.vfen I
Tsinhwangtau dem Handel ge^'iffnet witrden, vornehmlich zu ■
dem Zweck, rugelmarsige l'o«>t\erlijndungen ülicr See mit dem ’
Süden zu sichern. Nach BsTichten des /ollamts in Tientsin
sind die Hoffnungen, die man auf den neuen Hafuu gesetzt
hatte, nicht geläu«clit worden- Ttie ilafeiiarlieiten sind noch
nicht vollendet. d<M*h durfte der aui'sere Wellonbraidier mit
Ablauf des Jahn*» MHJ*.! s>> weit fertig «ein, dais hiuier ihm
jederzeit zehn Dampfer Si'hiiiz tindeii können: diese .Mule
soll auch zu liöschungszweckeu dienen uud erhält darum
eine Ih'eite von IHm und vier (teleise. Ks wird erwartet.
dnlV der nuue Hafeu den Verkehr mit schweren <*ntem nach
dem Korden tliiuas an sich ziehen winl, b«>»unders den mit
Kohle, auch dafs er vielleicht rin Industriezentrum ersten
Range« für Kisent«ahnmaterial werden wird. Die Befürchtung,
dafs Tsinhwangtau dem Hand»! Tientsins Abbruch tbun wird,
dürft« sich vorläuHg nicht erfüllen; denn der ueue Hafen
hat eiu eigenes grofses llintorisind bis zur Onvfs^n Mauer.
— > Die bearbeiteten Mainmutknochen von Kiew.
Wieilerholt ist im Ulobus auf die Feststellung des palänii*
thischen Menschen in der rkraine hingewiesen worden,
dessen Nachlafs V. Chvoika liei Auf^rabungeu in der
St. Cyrillstrafse zu Kiew aufgefunden hat. In etwa ‘JOm
Tiefe wurde unter mächtigen leiffi- und Sandschichb<n in
einer grünlichgrauen SandiU'hicht , die auf blauen tertiären
Thotien lagerte, uiiie ganz gewaltige Menge von Mammut*
ktiocheii untennischt mit Holzkuhlou. kalzinierten Kms'hen
und zugeai'hlagenen Feuersteinen von der paläolithiMcben Form,
welche die Franzosen type mngdalcDien nennen , gefunden,
(’hvoika hat «eine Ausgrabungen nn der l^treffenden Stelle
fortgesetzt und ist so glücklich gewe»en, dort auch vim
Menscheiihaud iH'arlKÜtete Maiiiinutitofszälnie aufzuffnden,
worüWr die mit drei Tafeln ausgestaitele Arlieit von
Tli. Volkov (Magilaloiiske Mai»t4'rsiw o na rkminij in den
Schriften der Scltewischenki»gesells(’hafi , Ik!. 4ti, 1/emWrg
nähere Auskunft giebi. Der eine Maiumutzabu ist
Roarbeiti't« MammutkiiiH'hen vniilKtew.
beinahe ganz mit Kinritzungen Iwdeckt, die von MHii«-lien-
hand herrnhren mnssen . aber vollkommen unveratäiidlirli
sind; vielleicht kann miin einen Vogolkupf in dar einen
Zeichnung erkonnen T Die amlercn gei»metrischen Linien.
Zickzacke, Zahiisrhiiitte . Parallelen sind nur insofern von
lielaiig, als es Volkov gelungen ist. deren sehr nuffallende
('lM*reiiistimnimiu mit franziwischen paläolithischen Knmdien-
riuungen (Tv|<e magdalenieu) uachzuweisen , wie sie l»ei
Mortillet, Piette, itircMl u. n. aligubildct sind. Während als*r
diese |wlaolithis<*h>‘ii Fuudi* Friiiikr*nchs stets mit dem Kenntier
vergKselInchaftet sitnl , fehlt das letztere in den grof«cii
KnuclienablsgeriingHn von Kiew und iilK>rhaupi in der l'kraitie
vollständig. Die verwandten Knncheiilager von Neu .klexan-
drowvk. ilontzi, Koslenki zeigen iiiasaenhaft das Maitimui.
l«läo|ithisch zugeschlageiie Feuersteine — aber keine Spur
Vom Renntivr. Wie in Italini und Spanien fehlt es auch hier.
Dalier in Fninkreicti «lic tiravierkunst vorzugsweise die dort
h tuHgen Ketintierknochen und Geweihe lienntjri«., «ährend in
der rkmine das MuinniiitelfenlM*iii fnr die frnh<‘Kten Kunst-
versuche benutzt wuiile.
Vera»t«<ull. Kedsktcur: l'ref. Dr. K. Audicr, Brsunsthwrig, K«l!<T»leberl]ior*Pronieiitulc IX *— Dru<k; Kritslr. VIewrg ii. 8»hn, Rrsuasi liwctg.
iy GoogU
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FOk LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE
VEREINIGT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN: „DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
HER AI'SGEBF.R: Pkop. D«. R. ANDRER. VERT.AO von FRIEDR. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXXIH. Nr. 3. BRAUNSCHWEIG. 15. Januar 1903.
aMf bm 4) ('bcrvinkutiA mit dw V*rl« 4 rtii«t»lluMjr
Eine neue steinzeitliche Station in Serbien.
Vom I>r. A. tlfit*«. Derliii.
St.‘it4l<>m vor mmuH'br elf Jubreii 7.mu «rxtenuial uuf ,
die Verbreitung der Htindkeraiuik und ihre Ib'deutuiig
al.« Merkiiiul einer Kiiltureinheit aurmerküiim gomacbt
und dub«>i Mcbon auub die etbnologiucbo Seite der Finge
ge.Htreilt wurde, hat Mcb die Fornchiing mit Kifer dieser
(ini|ipi> ziigewandl, und VerfaFiner hat die P'reude, zu auhen,
wie seine danmli gegelietie Anregung weite Kreis« ge-
zogen liat und wie jetzt l’rübistonker und Arcbäologon
in getueiiisauier Arbeit dum gleicben Ziele zuntreWti.
Iter springende Funkt de.s Problem» Hegt ja in der Kigen-
schuft der Haiidkenimik ul» IHndegliud zwischen der
uiitteleuropilischen Steinzeit und den alten Kulturen im
öotliehen Mitteliueergeldet; nainentlicb gilt e» jetzt, eine
gute Verbindung mit Trujn herzu»telleu. Hier ist ja
das Vorbaudenseiii von IhtndkerMUilk »ch«>ii länger be-
kannt, aber über ihre Klnordnuug in die vielen Schichten
de» Hurglirtgel» berrsfbto n«M'h in weiten Kreisen Un-
sirherheit. Fr>>t durch die beiden letzten uagrabungun
in Troju und die dadureli eriiiogUebte Neubearbeitung
der Scblienmnn- Sammlung durch II. Schmidt mid dem
\’erfiis»er i^l die Stellung der dortigen Hamlkeramik ge-
siehert wiirden, vor allem kennt man auch die allgemeinen
kulturellen VerbalinUse bettser. Hier in Troja liegt aber
der Schlüssel für da» Problem der Handkeramik, liier
»töfst Oecident und Orient zusammen, hier liegegnet »ich
die Unndkernniik mit asiatiiicheu Kulturen, von hier
laufen die Faden einerseit.» über da» Halkan- und Donau-
gebiet nach Mitteleurojia, umlerersoit» ülK*r Vorderasieii
nach Oateii und Süden.
Die Verbindung mit Mitteleuropa i»t leider immer
noch reclit lückenhaft und deslialb i«t jetler einscbldgige
l-'und im Ibilkan- und unteren Dunnugtdiiet von Wichtig-
keit. Kürzlich ist min eine neue Fuiid»telle eubleckt
wonirn, welche bi»lim' nur in geringem Umfang uuter-
»ueht ist, aller doch schon recht bedeutsame Funde
geliefert hat und der bekannten Station von Hutiiitr »ich
elHmbfiiiig an die Seite zu »teilen verBpricht, Ka i»t die
Station von Jublauicu in S*rbien, üIkt welche Dr. Va»»it»,
Kustos am Nationalmuseum zu Ilelgrud, in einer reich
iilu»triert4‘ti Abhandlung iMTichtet ')• IHc Fundstelle ist
ein Hügel von 35 bi» 40 hu Ausdehnung, wovon bisher I
nur Mli|tn iintei sucht wunleu. IHe Mächtigkeit «ler
ulten Kulturschicht schwankt zwischun 1,80 in und 0,30 in.
Zunächst stief» man beim Ausgraben auf die als llfitten-
') Vuxflits, Die ii*sililhi<H'he Station .lablaiiic« bei MlsIJii-
lii/je in SeriMoii. Mit AbltHd. (SomleralMlruek uuk «lem
Archiv f. .tnthmpol. XXVII.) Itruunsrliweig, Krieür. Vieweg
u. Sohn, 1 »'.I 2 . 4 * 6 » Seilen.
Gl«l>us LXXXill. Nr, 3.
reste bekannten gebrannten I.ebiuklumpen, von denen
ein Stück an der geglätteten Seite eine dünne Schicht
eine» weifsen Überzuges zeigL Die Wände waren al»o
ofieubttr getüncht, wie e» ja auch in der neolithiseben
.\iisiedeliiiig von Grofsgartach bei Ilcilbronn der Full
ist, übrigen» wunle auch bei den letzten Ausgrabungen
in Troja an llaiire-Hten der zweiten Ansiedelung weifse
Tünch« beobachtet. Unter den llüttHiiresten kamen Ge-
fäfsMcherlHm, Knoclieu, Steinvrerkzeuge, Tbonfiguren u. a.
zum Vorschein, und unter di(>sen lagiui die Feuerstellen
mit Mühlsteinen und anderen gröfscreu Steinen. I nter
dieser ersten Schicht folgt eine zweite au» Asche und
gellier Krde mit Gefur»»cherl>oD. Trotzdem die Keramik
beider Schichten vuueinaiider verschieden sein »oll, indem
»ie in der unteren Schicht feiner, in der oberen roher
uusgefübrl ist, hat Vassits bei der liesebreibung der
Funde auf dieses für die Chronologie bedeutsame Moment
leider keine Kück<*icht geiiuiiimen; mau darf aber wohl
die Krwartung au.ssprechen, daf» dies l>ei einer Ileurbei-
tung künftiger Ausgrabungen an dieser Stelle, die buneiit-
lich nicht hinge auf sich warten lassen, uachgtdiuit wird.
Wo» die Funde von Jahlanica aiiszeichnet, ist ihr
grofser Reichtum un figürlichen Dursteiluugeii. Nicht
weniger oIh 83 kleine Thoustutuetteii und Hrucb»tücke
von »oicben wunlun auf dem kleinen bisher untersuchten
Raume gefunden, während diu Station von Hut mir bi»
zum Jahre 183b nur 72 solcher Figuren geliefert hatte.
Sie sind ziemlich roh gebildet und teilwei.se mit einge-
ritzten Zeichnungen veraeben; an manchen Stücken »iud
S]mren einer roten Ikimalung erkennbar. VassiU unter-
scheidet bei den menschlichen Figuren — soweit das
Giiflcblocht erkennbar ist, durchgängig weibliche — »olche
mit einer vogelkopfuKigeii Itilduug de> (tt^siehU (.\bli. l,
2 u. .3) und einen fortgeschrittenen Typu» (.\bb. 4); da-
neben giebt es uoeh Figuren, die keiner der beiden
Gru)>]MUi ziigutcUt werden können, wie Abb. 5.
ln der ersten Grupp« »ind einige Kxumplare »itzend
und halb liegend in rober Weise dargeetelli. und zwar
kommen die.Ne nur in der oberen Schicht bis zu 1 lu Tieb*
vor; die übrigen Figuren »tulicn aufreebt auf dem »tein|iel-
art’gen Unterteil. Unter den fortgescliritteiicii Typim
befindet sich ein Fragment, dessen Kopfbildmig eine
auffallende Ähnlichkeit mit den Manuorfiguren von
Naxn» und .\morgo» bat. Im übrigen zeigen die Köpfe
I eine andere Ausprägung, iiameutlicli tritt die starke Hc-
tonung der .\ ug»*n hervor, welche durch einen eingerit ztiui
Hulbkrei» (Hier ein Dreieck umrandet und zuweilen
plastisch dargestellt sind.
6
r
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Dr. A. GMxe: Kine neue steinxeitliche Station in Serbien.
Abb. tf.
Abu 5.
Abb.
Digitized by
Dr A. (iötte: Kiue neue stcinseitÜche Station in Serbien.
Auch dio Frafftnente, die sich manffeN eines Kopfes | in den Arnistiinipfen. an den lläfien und in Monkrochtur
nicht in die beiden Gru|>|M.*n einordnau taN?<eii, xei|feit Riehtunff an einer Querleiste »u Hinterkopfe durch den
genu|K des Intere.ssantan, namentlich hinHichtlicb dar noch weichen Thon diirchjfestochen sind. VaasiU var-
Aiisgt'Htultung der unteren KbrjHtrhHlfte. So nmtet der | mutet wohl mit Hecht, dafs sie zur AufimbmeATon
Ahh. 7. Abu. 9.
Torso (Abb. 6) mit der dezent modellierten (iosftfspurtie,
den Aii((adeuteteri Ileinen und namentlich dem eiKautniii-
licheti Knick in der Taille f^aiiz wie die Karikatur einer
lientigen MiHledame an.
IHa Künstler Ton .Inblnnicn bej;nü|fteii sich nicht mit
«ler rein plANttHcheii Itarstelluiiif ihrer Fitfürclien. sniiderii
suchten sie diindi weitere /iithaten AiiMZU‘*chinückeii.
Hu ist xiinilch'-t «üe rote Ffirliun^ der t tlierfliiclie zu
nennen, Ton der ziemlich oft Uherreste noch vorhanden
Abk
sind. Ferner hat man nach iH'kuniiter neolithischer
Weise ein^csehnitteiie nnd ein}((tritzte Linien Hii}^>bntcht
iiiiil mit weifser Mass«* aus^efüilt. Kitrentfimlich sind
kleine 1 /jeher, die in horizontah>r Richtung in der (fegend
der Ohren, seitlich um Kopfe (an der Kopfbedeckung?), i
FiMlerii, llluiueu iiiiil ähnlichen schmückenden Zuthatoii
lie.stitnnit waren.
hie eingetiefteii Ltiiien dienen teiU zttr Hez«>ichiiung
von K«»rpej*teilen, wie der .tilgen, der »agittnlen Rttckeii-
und lianchlinie mit dem durch eiiiori Ktn.stich dargesteliteii
Nabel, teils zur .\ndeiitung der Kleiduhtf. .Mini eraieht
hieraus, dafs der Oberkörjier nackt diugestellt ist, wäh>
rend <lio l.<‘tiden mit je einem Schurz an der V'oriler*
und Rückseite la'deckt sind; der Schurz gebt iiämlicb
nicht herum, Hondern ist an den .Seiten häufig unter'
brochen, auch ist die vordere iiitd hiutere Hälfte imusteiia
TcrsebuNleii treziuchnet. hie genannten IVtaiia sinil an
Alik 10.
eler als Ihuspiei niisgewählten Fig. 7 sielilbar; dii-ses
Stück hat aber eine in .lablanicu nur einmal vorkoinmeiide
Kigentünilichkeit, nämlich ilie har.stelliing der Vulva,
wouigstetiH aieht Vassita das kleine hreieck zu lachen
Nabel iinil Schurz aln solche an. Hierbei ist nur iiuf*
fällig, dafs sie über dum Schurz angebracht ist.
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40
Dr. A. Gotzti. Kino neae ntuinzoitlieho Station in Surhien.
l)io ItoklL<iiluri^ dvr Figuren Ton Jnl»lAiiicH mit einem
einfachen Seburz {n>'ht- AnlafH zu einigen Uenierkungen,
welche Vas^it.'i' vortruBliehe Ucschreilnmg ergAnzen und
einen lUuwci« auf die N«tur der dargestellten Figuren
geben mögen. Itei den kiinnitischeii VerhältniaNen Ser>
biens — e» Hegt kein Grund zu der Annahme vor, dnfK »iv
zur jiiiigereii Steinzeit wesentlich niidera gewesen »ind —
i^t ein kurzer Seburz nU einzigea Kleidungantüek nicht
wahrBchuinlicb, und die Hewobner von Jublanien wenlen
sieh wohl in anderer Weise gegen die rnbilden der
nbcr völlig unbekleidet dargestellt «ind. IHe nlhidebuM**^
der eypriacfaen Figuren, die bAiifig in der Form eines
hreiei^ks erscheint, ist nicht eine neue Ziitbat, sondem
die Umwandlung eines Körfierteilu» der IsturBguren. K**
ist nicht etwa ein Symbol für den weiblicb«*n Gesehlecht»-
teil sehlechtliin, vielmebr gebt es uiiT die als Itreieck
Witterung gcacbützt Imlien. Wenn aber die laiidesfib*
liehe Ib’kleidung nicht der Schurz war, wie kamen sie
dazu, ihre Thonfigürchen so auszustattenV Vor der lle-
antwortung dieser Frage sei auf einen anderen Funkt
uurmerksHUi gemacht. Iin ganzen llereicliu der Hand-
kerainik zeigt sich die Neigung zu plastischen figürlichen
Ihirstellungen, sie ist aber !ui Norden und Westen des
Vorbreituiigsgebietes sehr schwach und gewinnt nur iiu
Südosten an Intensität. Namentlich sind ea die Ibir-
Stellungen menschlicher Figuren, die fast nusschlicfsHcb
auf das letztere Gebiet beschränkt sind. F.s liegt nun
nabe, diese Krsebeinung auf eine von aufsen kommende
Finwirkung zurOckzufübren, und du bietet sieb unge-
zwungen dia benachbarte Kultur des ägnisrlieii utiil des
östlichen Mittelmeergebietes dar. welche vermöge ihrer
höheren Kntwickeliiiigs<.tufe wohl im stände war, in
geistiger und materieller lb>ziehuiig die neolitbisrben
Völker <ler Ilaiidkcnituik zu b<H>influssen. Hier fimleu
wir nun auch die Vorbilder für die Figuren iler südilst-
lichen Bandkeramik. Vuasits hui schon eine seiner Fi-
guren bezügiic'h der Kopfbildung mit den MariiiorBgnren
von Naxos und Amorgos verglieben. Und den Typus
der nackten, mit einem Stduirz bekleideten weiblichen
Figuren treffen wir in den cyprisebeu Idolen wieder au.
die mit ihrer badehosenartigen Bekleidung, den ge-
sehlosseneu Ib'inon. dem Hals- und Ohrsohmuck die
llauptmerkumle der Figiimi von dablanira zeigen. IHesc
cyprischen Idole sind eine formelle Weiterbildung der
vonlerasiatiseheii Istarbilder. welche elH*nso gchcbinückl.
darge.stelltu unterste Fartie des Biiinjdos zurück, in der
Weise, dafs die beiden Seiten die Lcisteiifalten bezeichnen.
Mull kaun das an tb*m bekannten Bleiidol von Troja sehr
schön sehen, freilieh nicht an den bisbiTitfen Abbildungeu.
weiche durchgängig die hier in Betracht koininemleii
Uetails unrichtig wiedergeben *). Hier siml nämlich an
A»>b. l:s.
der iintervu Spitze des Dreiecks die Dalueii »•elbst ange-
deutet, das Dreieck kann also nicht <liis Symlxd für die
Vulva sein, sondern stellt etu'n die unterste Bninpfpartio
dar. WH» auch im übrigen aus den Fro]Hirtioiien der Blei-
figur ersichtlich ist.
’) Kine gr*UHU*' Und zuverlässige .Xbhildnng l>otin<let sieh
in dem jeizt erscheinetideii Hurhe ,'l'rnja und lliou“, B»*t-
läge 44. l'‘ig.
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Prof. K. Hauten; Vereiiderungou auf der Karte von Jütland.
41
Man sieht aUo einen formellen ÜlMsrgaug von dun
iiuekteii Ixtarfigiireu su den cypriMcheu lladehoseuidoleu
und von dienen /u den Kiguren von Juldanica, und man
<l»rf wohl iuinuhmi'U, dufs mit der Form auch die Ile*
deutuug der Figur hbernegangen ist, wenigstens in dem
allifeineineii Sinn als Idol, als I Darstellung einer Gottheit.
l>ie grofse Menge der in Jabiuuica gefundenen Figuren
braucht dieser Auffassung nicht zu widersprechen, hat
mau dtich auch in Troja grofse Mengen der bekannten
kleinen Murmoridole gefunden.
l>ie Th&tigkeit der M«>delleure v«m Jablanica hat .‘•ich
nicht in der iDarstellung menschlicher Figuren erschöpft,
sic erstreckte sich auch auf diu Xachbildung von Tieren,
als auch in feinerer Ausfilhrung von Butmir, Troja und
Mitteleuropa (Abb. 13); zu dieser Grup)»e würde wohl
auch der Futsbecher (.\hb. 14) zu rechnen sein. Anderer*
seits treten aber Formen und Techniken auf, welche
.sonst der Bundkeramik fremd sind und zum Teil ihre
Analogieeu in Troja und Phrygien haben, wie die von
Vassits unter Abb. 112 wiedurgegelienen scharfkantig pro*
filierten trefntse mit tiUttestricheii in Intervallen, das
Heukelgefäfs Ahb. 15 u. n. Xamentlich ist es der Ho*
brauch der hrebscheibu , welcher in der europAisobeii
Itaiidkeramik ganz fehlt Sind cs zwei gleicfaalterige
Gruppuu von rersebiedener Herkunft, die sich in Ja*
blanicu gemischt habuu oder sind hier versebtedeue Zeit*
Abb. 14.
Gefätseii und auduruu GegenstAudeii. Hiu Tiere, an*
scheinend sämtlich Ochstrn oder Kühe (mit .\usiiiihme
eines aus Stein gearbeiteten Vogclko]>rcs), erinnern in
ihrer rohun Ausführung und ihren geringen Ihuieii.siouvu
au dio Figuren vou Pilin uml Troja (Ahb. H); die Mo*
dullu vou Gufäfsen sind ubeufallH sehr klein und ruh
ausgefühil (Ahb. U), so duf« sie den Typus nur ganz im
allgeuiuiuen erkennen lo«.<ien. Ferner kommen uigeDtüiu-
licbu Gebilde mit zwei bornurtigun Auswüchsen (Abb. 10),
ein kleiner vierUnuiger Schemel, in welchem Vussits
einen Cutursatz für eine Figur vermutet, ein Breifufs,
kleine Kugel iiud einige thönertie Gegenstände in Form
der uiarniuruun Stubkuäufe aus Troja vor (Abb. II).
Merkwürdigerweise wurde nur ein geformter Thonwirtel
gefunden, dafür aber eine Anzahl durchbohrter runder
GefäfsNcherlien, ferner einige Wehstuhlgewicbto uml eine
grofse .Vuzabl runder Tlumkugeln von durchschnittlich
5 cm llurchmesser, deren Zweck nicht recht crHicbtlich
ist; möglich, dats sie nach Va-^sit-n als .'‘•chleuderge»cho.‘«8o
dienten.
IHe Keramik bat keinen einheitlichen Charukter.
Kiiierseiis ist diu typische Bundkeramik vertreten und
zwar sowohl in der gröberen Technik von Tordos (Abb. 12)
p<*riotlen vertre-
ten V Kille sichert*
Aütwüil wird
diirclt <]us relativ
noch spärliche
Funilmaterial er- .\bh. 15.
Schwert, und dt>ob
wäre UH wichtig, gerade an diesem von di'Ui mittelländi-
schen Kulturgebietc zieiulich entfernten Orte die Yerhäll-
nisse klar und sicher festzulegeii. |Die Beoelmfieubeit
der Fiiudsti'Ile Ti>rspriuht ju nach dem, was Vussits dar-
über bereits inUgeteilt hat, 1h*i einer schieUtweisen l iiter-
Huchuug in gröfserem Kmfaugu gute Besultate in chrono-
logischer Hinsicht.
Bie Station von .fablanira scheint also berufen zu
sein, bei der Krörh'ruiig der neolithischen Verhältnisse
in Zukunft eine wichtig« Holle zu spielen; Vassits bat
sicli eiu grofses Verdienst erworben, dals er ihre Wichtig-
keit sofort erkannt und dann uucli nicht gezögert hat,
dio Vorläufigen Kigebiii.sse zu veröEfentlicheii. Mit der
Ilufiuuug auf eine recht baldige Uutersucliung der ganzen
Fundstelle sei der Wuuscli eine» guten Krfolges v**r-
buiiden.
Veränderangen auf der Karte von Jütland.
Von Prof. H, Hausen. Oldesloe.
Die Zunahme der Bevölkerung, dio höheron An-
sprüche, diu an das Kebuii gestellt werden, kurz, <ler
äiifsere Zwang hat ohne Frag« am meisten dazu go*
trieben, die Fläch*' des Kultnrhtsleiis möglichst zu ver-
gndserii und auch das tuimiur günstig« Land künstlich
zu iM'SMorem umzugeatalteu. Bjiiielam spielt Iwi zivili-
sierten Völkern auch ein hleiiles .Moment mit: es ist
etwas Unwürdige’*, wenn mau aiiKchuincnd ertragloses
IjUiuI immer tälland bhnbeii läfst; man innrs, auch wenn
die Krfolge zwcifellmrt sind, de>*svn I rbarmachung in
jeder Weise fordern. iDie Heitlekulturge'ellschafl**n vur-
ilunkeu mehr dem letzt«‘reii rtu**taiide als dem ersteren
G ^
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Ulol’us LXXXlii. Nr. J.
Prof. II. Hansen: Veränderungen auf der Karte von Jütland.
iÜ
tLr Eiitetelieti. Ilervornigend Ut in diesem Gebiete, wae
in ujQi»t<rem nördlichMi) NachbarHtaate geleistet ist; nicht
nur sind aungeduhute Heidegebicte uufgefonttut — in
Sildwestjütlaiid sind fast 50 (Jiiadratmeilen während des
19. Jahrhunderts in Kultur genommen — es sind auch
zahlreiche Seen und Meeresbuchten, deren Ertrug höchst
unl»eileuteud war, durch Trockenlegungen zu Kulturland
geworden. I)adurch hat sich du» kartographische
sehen mancher Teile nicht uiJWeseutlich geändert Im
04. Hunde des „Globus**, 366 F. habe ich die grötste
Trockenlegung, die des l,aiumeFjordcs auf der Insel See*
luud, besprochen, liecht erheblich sind uueb die Arlieiten
uuf der Halbinsel JütlHiid gewesen; auf deutschen
Atlauicn sind zum Teil noch bis in die neueste Zeit
Seen rerzeichnei gehlitdK'U, die seit Jahren nicht niclu*
vorhanden waren. Ein Hericht über die Imleuttuidsten,
meist uncli auf kluiiiereu Karten au verfolgenden Melio*
rationell, die einen rühmlichen Heweis von der Huhrig*
keit der Hänen geben, wird daher wilikommun s«>in.
her Sjörriugsee iu der Hundborg-Harde im nord-
westlichen Jütland, 5km westlich von Thisted, dehnte
sich Tun der KiscnbahnstaÜoii Njörrtng bis au die hier
fast 7kui breiten hüuen aus, etwa 8km laug bei einer
Hrcite von 1 bis l*/|kui. Kr ist wie mehrere benueb*
barte Seen l•ut^tundeIl durch die hüneu, die den Tbälerti
den Weg in das Meer Ters|>errten und aus ihnen S*en
machten. Als Beweis für einen ebemais nie<lrigeren
Wasserstaud dient, dafs östlich von Hosvang an einer
Stelle, wo das Wasser fast 2* m tief gewesen war, eine
vorhistorische Begräbnisstätte Hufgefuuden wurde. Hei
der Austrocknung wurde der Wasserstand um 17 bis
18 Fufs gesenkt; die frühere absolut« Höhe des Spiegels
inufs etwa 50 Fuls betragen haben, da bei der Landes-
vermeH.siing der Sehlammbodcn 32 bis 33Fnfs eiTeichte.
Trotz der Kahu des Meeres ging der alte Abnufs nicht
durch die Dünen, sondern südwärts durch eineBeihe von
Strnudseen in den westlichen Teil des Biimfjordes. 1858
wurden von Kapit&n Jagd die Vurhandlungou mit den
.\uliegeru des Soes über eine Austrocknung auf gemein-
same Kosten eröffnet, aber die meisten scheuten aus
Furcht vor der Höbe der Kosten zurück und übertrugen
dem Kapitän Jagd ihr Anrecht au den See ohne Ent-
achädiguug. So wurde Jagd Eigentümer des ganzen
Areals von etwa 1550 Tonnen (ä 0,552 ha). Im Früh-
jahr 1859 wurde die Wassermühle Fadderslnll aufgekauft
und iiiedorgeiegt und ein neuer Kanal zwischen Mühle
und See gegraben; am 12. August 1860 konnte dem
Wasser durch den Kanal Abfluh gegeben werden. Zwar
war der Kanal noch nicht fertig, doch wollte man einen
Teil des SeoH trocken legen, um das Besäen zu beginnen.
Im Sommer IH61 wurde der Kanal fertig, 1H62 der Hof
Egebruk^!*ande gebaut, 1862 und 1864 Kabs(4ill und
Meiercigebäude auf Kosvang; 1862 war der westliche
Teil des Se**8 mit Grai^sameii besät. Aber noch 1803
w’ar ein grofser Teil mit Wasser bedeckt, da man sich
nur mit gror.son Schwierigkeiten durch die halbflilssigen
Schlammmassen hindiircbarbeiten konnte; eiu luteriius-
kanal schallte nach und nach so viel Wasser fort, dafs
der Hauptkanal durch die breiteHteü Schlammmassen
fortgesetzt werden konnte und der See bis auf 50 Tonnen
vom Wasser entblöfst wurde. 1866 verkaufte Jagd den
See adfver Kgebuksholm mit 200 Tuiineu. die er für
160 OOü Kronen behielt, für die Kosten an Hasuiussen
in ttdense; nach dessen Tode kamen sie für 770000 Kronen
an die IHskoiitokasse iu Odeiise, die die .Aktii'Ugescilschaft
Sjörring*ee bildete. RaMijusHen hatte 1868 bis lt<b9 den
Hauptkanal vertiefen lassen und den ganzen St^e geleert
(80000 Kronen ('nkuatetu); der Kanal wurde io zwei
Arme geteilt, ein Arm nördlich in den Ladegaardavig
geleitet, einer nach Süden, um da» Wasser desSperring-
see» Bufzunehmeu, der dann auch 1876 bi» 1877 durch
diesen Kanal ausgetrocknet wurde. Nördlich vom
Sjörringaee liegt der kleine Vangsce, ohuo sichtbaren
AbHula. Man Huchte ihn zu verkleinern durch Bohrung
von Löchern in dun Kalkuutergruiid, doch 8<tg t>ieh alle»
voll von Schlamm. Auf der nördlichen Seite des Sjörring-
see» brachen inzwischen mäebiigo ijuelien hervor, die
jedenfalls vom Vangj^ee berrührten, sie haben aber keine
dauernde Störung veranlalst. ln regenreichen Sommern,
wie 1888 und besonders 1H91 und 1892, entstanden
Übersebwemmungeu, die man durch Mühlen zu beseitigeu
suchte. Eine weitere Vertiefung du» Kana]» ist an der
Höhe der Konten gescheitert. — Der grofse Heichtum
des Schlamme» au Kalk war t’rsachu der übcrra.scbend
grolticn Fruchtbarkeit, die allerdings später bald abuabm,
so doft) Düngung nötig wurde. Von den 1300 Tonnen
des Hofe» Ko»vang waren 800 Tonnen Thon und
500 Tonnen „StrandlKHlen“, letzten*r von sehr geiuischtur
BeschiiKunbeit, vom sieif^^teu Mergel bU zum Flugsand.
Etwa 10 Tonnen sind mit Laub- und Nadelholz bepflanzt,
da» im Verhältnis zmii Klima gut gedeiht. — Der l, utor*
grund enthält Torferdu, was mehrfach Senkungen zur
Folg» gehabt hat.
Von gutem Erfolg gekrönt gewesen ist auch die
Austrocknung de» Tissing-Vig laji Glomstnip im Süd-
westun der Insel Mors und de.» kleinen Huudsue.» bei
Seier»lev im Norden Jer^elbon Insel, während der Vur-
Huch, den Orurn- iiiul Flndu»ee (eben nördlich von dum
Aggerkaiial) kein so erfreuliche» Ergebnis hatte.
Verschwunden ist auch der Garbuseo, der nördiiehstt'
in Jütland, westlich von der Eisenbahn Fredurikshavn —
Skageu. Sein Abfliils ins Kattegat ist soii 1885 von
2 Fufs auf 12 F'uf» vertieft , eine mühsame Arbeit iu
losem Fiiigsandu; dadurch wurden etwa 400 Tonnen
fruchtbaren SeblammlKideus guwonueii; die Sanddünen
haben keinen .Schaden gebracht , was man früher Im*-
fürchtet(>.
»hebbeh verfiudert ist da» Aussehen des iiönlliebsten
Teile» des LiiniQordes. I>er Fjord näherte sich mit dem
Busen Hau-Veile der Jauimerbucht bis auf ungefähr
4 km ; der Insel Mors gegenüber ragte eine lauge Halb-
insel, Hatiuä», weit in den Fjord hinein, westlich be-
grenzt von dem Busen Vuilö»*Veile. Sf>wohl westlich
wie östlich von Hunnä» hat mau bedeutende Trockeu-
lüguiigen vorgenoniinen. Die Trockenlegung des öst-
ticbeii Busens, Bvgholm« und Han -Veile, wurde 1866
von einer englischen AktieugescUsebaft begonnen durch
.Inlegiing eine» llauptdainmcs von Oslö» nach (ijottrup-
Holm von etwa 6 km Länge, er war unten 27 m breit,
dir Höhe über dem Wasser Iwtrug 2,2 m. I>a er meisten»
aus Sand bestand, brach er schon vor der Fertigstellung,
wurde indes 1867 fertig, und TrenhuUu, ein Ilauptaktiouär,
der da» ganz« Werk übernahm , lief» gewaltige Pump-
werke uuffübren und begann da» AuHpumpen; in dem
tieferen Teile de» Han-Veile erbaute er eine grolse Wind-
uiüblu ziuu .Xusmahlen des Wasser». Iter westliche und
Dordwestliclie Teil, etwa die Hälfte de» ganzen sich auf
fast 550C Tonnen belaufenden Areal», bestand au» Lehm-
boden tHler war mit einer dünnen Schicht Nand bedeckt,
der Rest war Sund, vermischt mit MiischeUchab-n. 1870
und 1871 wuixlen die Uingkanäle und Dämme rund um
da» neue Lund, die Schien»«!) und Abzngskanäle fertig-
geHtcdlt und der Boden mit Süf'-was»«r überrieselt, da»
man aus dem iimliegemlen Lande in dem Kanal auf der
Ost «eite gesammelt hatte, um da» Salz au» dem Boden
hurausziiscbaffeu. Bi» Ende 1873 ging alle» günstig
weiter, aber bald nach Neujahr 1874 rif» eine Sturmflut
den Damm fu«t ganz weg und zerBtört« auch die Wiud-
Fva VifTütröm: Geister' nnd Geipesttaraber^Unb« aus V&atra GÖidk^ Skaoe (SehvadeaX
45
miihlv. 1875 he^nnen neue Unternebiuor sich an
Hiß Sache zu machen , Tltomn» an<l Andrew LiviDf?rttono
I^earmouth ; ein neuer, haltbarer I)nmm mit Srhleiiße
wurde aufgeführt, eine grutwe Mühle mH Turbinen er-
baut und 1878 die Aiiapumpunp mit grofsen Danipf-
pam{)en, die in einer Minute 14000 KubikfulH l>ewältigteu.
begonnen. Ihirch einen Damm von etwa 3,2 km Länge,
von HannäN nach TborupHolm, wurde der südliche Teil
(2000 Tonnen) von dem uonilichcn abgetremii und
zuerst mehrere Jahre hegröiit und gegni.Ht. Nach Fertig-
stellung dluser Arl>eit machte umn eich an die Trocken-
legung des Busens weltlich von HanuA», de»* Tüiuiuerby-
Fjordes und der Veiler von Veslös und Arup. Der
liauptdamm geht von Hovsor über die Inael liovsor-Hutii
nach Aruplund; Ringkanäle wurden gegrtihen und der
Busen leer gepumpt kta auf einen See iin TotnmerbTrpwd,
der jetzt zur SüfswnsBerfischerei benutzt winl. Das ge-
wonnene Gebiet giebt eine reiche Menge Heu und vor-
treHlicbv Weide; ein Ackerhof i»t angelegt und ein Teil
des Landes um den Hof schon mehrere Jahre als Acker-
liind benutzt, der Krtrag, besonders an Hafer und Hülsen-
früchien, war üppig. Die Koafen sind sehr bedeutend
gewesen, des Krgebnis ist daher noch nicht ganz zufrieden-
stellend, doch ist eine beascrn Zukunft zu hoffen. Wert-
voll ist der Reichtum an Wiesen und Weiden, die ge-
wonnen simL Das Areal beider Busen betrügt etwa
11000 Tonnen.
Der Tastuinaee, nabe bei der .'^tjsdt Skive, nurdweat-
lich von Viborg, ist in den Jahren 1868 bis 1871 trocken
gelegt und bat etwa 1000 Tonnen nutzbares liand ge-
liefert. Windmühlen und Dampfinaschineu bringen das
Wasser in den Ringkaual, der ihn einschliefst. Anfangs
wurde nur Gras gebaut; als der Boden fester wurde,
teilte man ihn in Fennen TKoppelu); seit dem 9. .Tahr-
zehut begauti das PflÖg»*n uinl die Uesäung mit Sommer-,
später auch mit Winterfrucht. 1872 wurde ein Hof,
Süvang, aufgeführt und auch noch die erforderlichen
Nobeugehände, Viehställe, Arbeiterhäuser ti. s. w.
Fine weitere grofsc Trockenlegung galt dem Koliiid-
Kund. IHeser erstreckt«« sich in Vorzeiten wahrscheinlich
als tremiiUMler Sund vom Kattegat durch den östlichen
Vorsprung Jütlands hi« zum Gnindfj(»rd und Itanders-
fjord. Durch Hebung tlos Land(^« wurde der westliche
Teil, der jetzt Moore und Sümpfe enthält, trocken, im
Osten blieb nur ein achmaler Ausflufs, die Grenmi. Dor
übrig gebliobonc Koliudsund, 2*,'* Meilen lang, V«
3Ieile breit, umfafst© 4300 Tonnen. Der ,\bHufH war
nicht genügend, und oft gab es Klagen über Übi^r-
scbweiniuuDgeu. 1855 wurde eine Vertiefung der .Au
vorgeschWgen , al>«r die Kigentümer des angrenzenden
ftodens konnten sich nicht eiuiguii. 1872 bildet© sich
ein© Aktiengesellschaft, die die gröfiwre westliche Hälfte
trocken legen wollte und Vcrtiitgu luil den Aiiliegerti
schloff«, dafs dies© auf je 100 FJlen Seegrenz« ! bi»
l’ j Tonnen Land vom See erhielten. Der Plan ging
dahin, vonTannerup nach Ginnerup durch den See einen
Dumm zu legen und um die Wcsthalftc einen Kanal zu
bauen, der die zufUcfseiulni Wasser nufnehinen sollte.
Sebwierigketten l>eiro Dammhau und die Notwendigkeit,
den ganzen Seespiegid zu »enkon, Führten zu der Kr-
Wöiterung dos Plaues, dats «ier ganze See auf einmal
vorgenommen wurde. IHe Seitenkanäle wunlen bi»
(Trcnaa auKgcdchut und ini Sommer 1873 die tireima
reguliert. IHe» hatte ein Sinken de» SeespiegeU am
2 Fuf» zur Folge; am 3. Mai 1874 begann die Aus-
pumpung und im Oktober war der gröl»te Teil de» Sees
trocken. Al>er am 16. .Innuar 1875 brach der Damm
de» Sadkanal», der auf losen Sebiehten ruhte, nnd das
I^audwHBser stieg bis auf Fuf» unter dor alten nonnalen
Hübe. Die Deiche wurden nun sicherer gebaut, im
Juni 1875 hatte man den Stand vom Oktolx'r 1874
wre«ler erreicht. Im Januar 1877 droht© bei plötzlich
uintretondem, starkem Tauwetter ein neuer Durchbruch ;
man »tach den Deich an einer günstig«:u Stelle durch
und schützt© »ich dadurch vor dem Auf»er»t©n. Im
Mai 1877 war alle» wnalor in Ordnung, der Südkaiml
verbreitert, die Deiche verstärkt. Gleichzeitig hatte man
mit der .Auftoiliirig de» Botleu» begonnen, Gräben gezogen,
Weg© angelegt u. s. w. IHe Strandkaut©, die ilen An-
liegen; zußel, ist zum Teil sandig und steiiiicht, enthält
al>er auch guten Buden; die Mitte hat fast durchweg
guten Boden, eine geringe Strecke ist .»andig, Flugsand
nur ein kleiner Teil. Die Krträg© an Heu waren zum
Teil »ehr gut; dann wurtle auch Korn geliaiit, W'eizen,
Gerste, Hafer. Die Gesamtkosten beliefen »ich auf
2415000 Kronen, dafür waren 2563 Tonnen gewonnen,
HO dnfs die Tonn© durehschniftlicb auf 950 Kronen zu
»tehen kam. 1HH4 wurde ein Teil verkauft, A'edö für
315000 Kronen; jetzt sind dort sechs Paebtböfe mit
100 bi» 300 Tonnen und 20 kleinere; den Rest betreibt
die Akliengesellscbiift. Anfang» war die Krnte grofsartig:
20 faltig© Gerste, 30- bis 36FäItiger Hafer, 20- bis SOfältiger
AVeizeu. Nach und nach zeigt© Hieb viel Unkraut, der
Krtrag sank und die hohen PacUtpreis« mufsten zunlck-
geben. Wenn auch du» angelegte Kapital sich nur inäfi^ig
verzinst — die Kosten waren sehr hoch — , so ist di©
Trockenlegung für die Umgegend von hohem Werte
schon wegen der Wiesen und Weiden.
THesegröfseren Trockenlegungen sind auch auf Karten
kleineren Mnfs»tal>cs erkenuhar; es fehlen aber beispiels-
weise die des Garbost«©» und des Koliiidsundes auf dem
gr*)F»en Schulatla« von Diercke und (iaebler, S. 104.
Kleinere Eindämutungeii haben auch anderswo statl-
gefuiiden, so südlich von .Aarho» 800 bi» 400 Tonnen des
Bilsen» Norsniinde. 1870 wollte ein© Aktiengesellschaft
das ganz© Nor eindäminen, doch war der Boden zu sandig;
e» Kchlnnimt aber allmählich von selbst zu. Ferner ist
1884 tlie Bucht llaabet auf der Ont»cite der Halbinsel
Zwischen Htirxen»- und Veilefjord durch einen Damm
gt^»vhlo»s©u (99 ha), al>er nicht gegen t^berschwmniuungen
durch da.» Biimenwas.ser gesichert; am Koldingfjord ist
©in Teil de» Eitang- Yig, etwa 60 Tonnen, trocken gelegt,
endlich auch Teile de» flachen Stadüfjordes bei Ring-
Igöbing.
Oeiüter- and (lespenHieraborglaabo
aiiH VAstra Gdinge und SkAne (.Schweden).
(>©$iimtrielt v«m Eva Vigström.
Wiu lebendig in den im Tit<d genannten I^andschafti'n
der Geister- und (iespensteraberglauben noch iirt, er-
kennt mau aus den iiachfolgundim Mitteilungen, die alle
in der (ivgeuwart gesammelt wurden.
Im westlichen Göinge wirr! noch oft hoiiizutago eine
Hasche Uranntwein in den Sarg eines Trinkers gelegt;
viele Männer bitten darum auf «lern SterWbDtte. Frautui,
diu während der Schwangerschaft sterben, bekommen
Kinderzeug und ©ine Schere mit in den Sarg. Das Kind
mufs |edcnfalls noch gelioren werden, und guschiuht dies
nicht zu Lebzeiten, so geschieht es, währemi der Sarg
durch dfiii Fricslhof getragen wird; daher die alt« Sitte,
den Sarjf für einen Augenblick niederzusotzen. Viele
älter© Personen bestimmen, dnf» ihnen nach dem Tod©
hlrd» ein« f.eibbinde umgolcgt w©nle, denn znm jüngsten
Guricht dürfe man nicht viel anbaben.
ln Sandhjr etarb di« Sciiwiegeriuutter der Hanna
SvüH-I’erM. .Auf dem Totenbett« hatte di© Schwieger«
L,ä:tized by Google
44 Kvn V'i|{ström: (ieiiter* uitd <te 8 petiiti‘ralier| 2 lftulie »u» Väatra (I6inxe iin>i Sknno (Sobwoden).
mutti’r ;ri>b»lirti, die beiden S«hwiegertochtor möchten
tticb imcii (len Tun ihr getuachtmi Uerttiinmmigeii in die
l'lrbachart teilen. Hanna erfüllte den M'iinsch der
Scbwiegermiitterf behielt alH>r einen Wuherkamm zn>
rück, der für die Schwiigeriu bestimmt war. Kaum war
dieM'H ge.Hcbeben. alt« nirh nai'litn auf dem UtMleii ein
sidcber Lärm erhob, als wurde dort alleii kurz und klein
geKchlagen. Man stellte Vennutnniren über die l riMiche
den Spuks iiuf, iitni da kam llunnaH Mann auf den Le-
dankeii. ob wohl alle Wünsche tler verRl<»rben«n Mutier
erfüllt worden wÄren. .\1» er dann vom ZurflnklHdialten
doB Kammes erfuhr, drang er darauf, daf.*» lÜeser der
Schwäijerin atiBtfeliefert werde; nun war wieder Kriisle
und Hnhe ini Hause.
In Hulingslöf wnliute ein alter, unverheirateter Son-
derling. Kr baute sirli ein Hans, richtete dasselbe
uIht »o unpraktiaeh ein, dafo derjenige, welcher es nach
iM>in(mi Tmle gekauft hatte, es so nielit bewol)n<‘n konnte.
Her neue Hesit/er be(/ann dieses Haufl iiaeh seiiioiu tii^
Schmack uuizubuiien; iiIm.t uiiii <Mi|stand in dem Hause
ein arger Lürm, und das lose Ibuiniatcriad wurde stet«
he-cliädigt gefunden. Her Kigentümer nuifnt4> iiibdge-
desseii den ( ndmu uurueheii, und au Mteht denn das (»n-
bäiide n«>ch heutzutage unvollendet da.
In Hnlingslöf sind viele Leute ermordet worden,
deren lantus tie-chrei man oft noch hören kann.
In der Nähe der Kiseiibahiistation geht dort eine
Krau schim so lungu um. dnfs man gar nicht mehr weifs,
wer sie zu Lehxeiten gewesen. Kin Sniimied sah sie
eines .\bends und rief sie nn, weil er UDeiiite, sin sei diu
Kran des Naehhar«. Sie äffte ihn» wohl iiaeh, antwortet«
jiMl«H:h nichts.
Hrei Horrmädcheti kamen eines .\hends von einem
Tanzvergnügen heim, als -ic plötzlich zu ihren KüNen
einen Igel heinerkteii. Kaum hatte die eine ihn mit
der Knfsspitze berührt, als da-- Tierchen zu leuchten
und zu fljiuimeti iH'ganii. 'I'ags darauf erfuhren die
Mädchen, dafs die Jungfer l’arnla in die-er lie-fall nin-
glngo.
Ilan.s Sveii-son diente bei einem Afamie, d«-m mun
naebsagte, er liulm seine erste Kran ermonlet, nni eine
ander«' zu heiraten. Hie-er Mann lö-cdite seitdem nie
nnclits sein I.ichi aus, iiiid sah man tlnrchs Fenster in»
/immer, hemerkle iimii tielmn seinem Hette ein /weites
Licht mit Weifsein Schein. Ha« war sein«' er-te Frau.
— Nach den» Tisle fand «1er .Mann auch keine Uuh«j;
oft nieget» nachts <lic 'Ihürei» auf, und es gieht einen
Ilölletilarin.
In t)r«'t4irp veniinunt mau oft merkwürdige Laute.
Haid gleicht «las (ieräusch «ciinnuheiideu fbi—cii, hald
knistert es wie Feii«>r. -ohald der Knecht da- Heu mit
der lialH'l herühti. Man erfuhr schliefslirh, e» sei der
(•eist eine- früheren Jäger-, «1er Freischütze gewesen
und «leshalb keine Hube gefniideti.
liei-ter zeigen sich in versrhie«b'uartig‘t«T li«'stnlt;
oft Rrsch«‘inen sie bhif- al- Feuer und Flammen. Nil»
Petlersson will einen solehen l«ei-st aus einem Schom-
-leii» ImlH'ii empor-t«‘igen sehen, der ihm sogar ein
Stück NVegs gelnncbtet batte. Hnbei behauptete er, -ehr
wohl einen Feiiermeleor am llinnne] voi» einen» flammen-
«len («eiste unterschei«b‘ii y.u k<üiu«m.
Hie von einem Tanzvergnügen heimki^lirende Jugend
tiUi* (iidiigc la'gegnet«« solch einem (iei-t. .la'iichte uns
heim, wir bezahlen dir» mit einem Schilling“, sagte «in
junger Mann. Her («eist that, wie ihm gelieif-eii, diwh
als <Ier Knceht ins Haus gehen wollte, ohne zu lo'zahlen,
erkrankte er auf der Stelle. ,\n«ter«' Ihir-cben warfen
dein (»eiste das (ield-lOck hin, docl» c- entstaitd ein
Höllenlärm in» Hufe, bis der (»«ist daa («cldsluck g«-
fuiideu.
Wbh V««rs(«»rli«me mit (icid anfangeii, i-t nicht zu
liegreifen. Ha war der Ni-'<e, der iuh'I» lang«! nach
seinem Tiale j«<de Nacht bei -einem (ieldkii-teu stand,
füll Mädchen wetbU«« mit einem SchithiniMdier unt ein
Paar .Scliube, sie wcnlu nachts zu Nisse gehen und ihn
nin (»eld bitten. Sie fnml Ni-s« nmdi Ihüiii (ieldka-ten.
Nis-e sagte: „Nimm mich auf den Hüekei» ninl trag
luieh, wohin ich dir -agen wenle, ich werde dir'« hthnen.“
„Wie viel giebat du mirV“ fragt.« daa Mftdcbeii. „Wie
vii'l verlangst du?“ fragte der («eiat- „lausend Thaler“,
antwortete «las Mä<lclieit. Her Gei.-t ver-pracb ihr die-
selben; sie nahm ihn auf den Krieken ni»«l trug ihn auf
seinen Wnnseb bin zu einem Stein um Wegrande. Hier
setzte sie ihn nieder, und er machte sieh uu dem Steine
zu schaffen. Nach«lem J»i«^ wieder ein Stück W«*g« ge-
gangen, begegm^te ihnen ein Leiiebtgeist, mit «lern wollte
siel) Nisse ein wenig unterhalten. Hie nächste Hegeguung
war ein Hund mit g1üben«len .\iigen. Mit demselben
re«let« Ni-sse auch, «bis Mädchen verlor JotbM'h ni«ht «len
Mut. soud«'ni trug U»n an den nnfuugs bestimmten Ort.
HieHes war ein kl«ii)«a Hiiiih mit einen» Hiichfeuster;
.Nisse bat das Mädchen, sieb so zu stellen, daf« er da-
Huebfen-ter eiTeieben könnte, .\l.sdauti sollte sie in«
Hau» gehen und das drinnen wohinmde Weib bitten, »ie
m«')ge .Nisse verzeihen und ihm den Kintritt in« Hach-
»(nla^hen gewähivn. .Vueh diesen Wun««di erfüllte da-
Mädchen den» (»ei-te, brachte ihn «laranf zum Friedhof
nml eilte a]s«ian!i nach Hause. Hem Schuhmacher er-
zählte sie nichts von alleticin. bevor sie bei Soummauf-
gang den Schatz unt*T «lern .Steine an» W«'ge geholaMi.
Nun hatte ate dii« iauseml l'lialrr und dazu ein Paar
Schuhe, Her Schuhmacher wollte -loh nun auch in Ni-scs
I Heilst stellen, aller d«u* ward nie mehr go-eh«ii.
Manche Menschen, die eine allzu grofs« LieiH* zu
»hroin (««'ble g«haht. lH>gralN-n mit «b'U»-«'lben ein hdieii-
des Tier, wtdcljes den Schatz lM'wa«*hen Holl. Lliuual
sollte die giTUuhte Kri«*gska-n' Karls .\I. gesucht wer-
den, F.in kluger Mann faml die SUdle am See. IHt
P latz wurde abgi'grenzt, und die Nachgruhiing begann
nin Mitternacht. Sie stiid-en «i'lion mit d«Mi Spaten auf
das Gewölbe, als jilöizlicli ein grofse«, weifse« Pfenl
durch dasselbe hiiidurchritt und dann v«r-chwan«l. .Us
«b'r .\lte sl«h vom Schreck erholt, wur»t»‘ er, daf« alle
Müh«* viTgelieiis g«'W«'sen; das Tiit hat di«* Macht, den
Schutz um n«‘ni) Klleii im Umkrei-e zu v«>rsetz«'n. Ha
er di« Himmelsrichtung nicht wnf-tc, verzichtete er auf
widtere Nachgrabungen.
Manche vergrabene Schätze werden von Hühnern
hewacht.
lu Snialaml ermittelt«*!» Schatzgräber die Sl«dle eine»
Sjirge«, d«‘V mit den »cb«in»tci» Kostbarkeiten gefüllt war.
Voller Habsucht und Gier gruben «ie im S« bweif-e ihi-«'»
Angesichts. Hoib kaum wunle der Sarg »it.'ihtbar, als
das den ''arg bewachende Hubti einen Schrei aiisstii’f«.
Hie Männer erschraken, sahen auf, und da deticlitc ihnen,
als stünde ihr Han» in Flammten. Sie eiit« n beim, aber
das Haus war iinver-ebrt, und als sic sieh v«»n ihrem
Irrtuu) üloTzeugt hatten, k**bi't»‘n si«* zu ihrer .Vrlndt
zurück, «loch siche ila, «ler Siirg war verschwunden.
In Göinge lebte eine reich«- Ilaueri»locht«-r, «lie ihren
Heiebtuiu nicht mit einem Maim«^ teilen wollte und d««s-
hjilb unverehelicht Idieb. .\1 h sie sehoii in die Jahre ge*
k«immen. h«'iratete der Hnnler ein .Mädchen, das in
»ehleehtcm Hufe -tainl. HariiU-r Hrg«rle «ich die
Schwe«ter und -i-hwor, si«' wiinle dem Hruder nicht«
T«jrerb«m, Sie b«'stin»uite ihr («eld zu i'iner Kirchen-
glocke, die jetloch nur hei «liT Uestattiuig alter Jung-
Digitized by Guogle
Woitore Reiten der Herren Saratin in Celebes.
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flauen läuten huUIv. l>amuf ging aber die (ieineinde
nicht ein, worauf »ie l>e»itiminte, dafs ihre Wertpujjiero
in ihren Sar^ werden snlUen, wh!< auch geMchab.
l)er Hnider wollte den Tuttnigräher bewegen, den Sarg
zu öffnen un«I die Wertpapiere heraii-<zunebnien. Hoch
als der Pfarrer das erfuhr, gestattete er es nicht, wahr-
seheinlirb, damit <lie Verstorbene nicht unurehen sollt«.
Manehu .Menschen gehen um, ohne dafs man den
ttriiiid erfahren kann, und w'eehselu iiucb ihre (lestalt.
•S> zeigte sich z. H. der Rittmeister aus Vidtskön« in
(•«»talt einer Magd, mit einem Krug in der Hand.
.\ndere Verstorbene zeigen sich, um Lebende zu
warnen, tnler ihnen Unheil zu Terkftnden. So war es
z. ß. nicht glQckTurheifxtmd, dem mit seinen schwarzen
Rossen dahinjagendeu Pfarrer von Vidtsköflc zu 1 h>-
gegnen. Per Svensson begegnete ihm, als er genide
über den Teich und <len nahlznun dabinfidir. Per war
HO verwegen, sich umziiHeben. d»>ch du» bekam ihm nicht
gut, denn er konnte den Kopf nicht wieiler zurück*
wenden, und es gelang einem alten Weihe nur mit
grofcer Mühe, ihn von ilieser Verrenkung zu heilen.
Jemand, der wohl bis zum jüngsten trericht umgehen
wird, ist <ler SchuhniHcher von Jerusalem. Vor einiger
Züit kam er in einen Rauenibof und Wttelte um ßroL
Kr sah wie ein sich bew’egcnder Scliutien aus; das ihm
gertdchte ßrot verschwand in »einen Händen, <)och man
sah nicht, dafn er dasHelbe verzehrte.
Tcsb-Hfillle werden oft von Verstorbenen angeküiidigt.
ln IlAstveda ist die Familie des Nil» Per»ka so un diene
VorbcrsHgiing gvwöbnt, diifH »ie »tets auf den Todenfa)]
in der Familie vorliendtet »ind.
.Vnsteckende Krankheiten haben auch iliro Vorzeichen,
dieses weifs man von der Peatzeit her. Sie zeigte »ich
damals in (iestalt eines Mannes und einer Frau. Kr
führte eine Sclianfel und sic einen Ib'seii mit sich. Selian*
feite er in einem Hanse, ho starben nicht alle Kinwohiier
darin, fegte sie aber iiaeli, so blieb niemand am I,ebeii.
In einer Nacht kam dieses Paar in eine Stube, in wel-
cher ein I'^e|wiur mit MÜtieni einzigen Kinde zu Rette
Ing. .Als die MutWr die Frau mit dem ltes<m Ihj-
nierktti. versteckte «ie das Kind zwischen sich und «lein
Manne. Hie Pc»t liernlirt« Vater und Mutter. In ihrer
Angst rief die Mutter: „In Jesu Namen, hier ist nie-
inantl mehr.** Hie Pest glaubte ilir; das Kind blieb am
Leben lind beerbte das ganze meusehenleer« Ihirf.
Will nuin verhindern. daN der tJeist Verstorbener
Wiederkehr«, giefse man sofort das Wasser an.s, w<irin
die Lelehü gewasebeii.
Will man nachts v<m ßegegnungen mit (leistern ver-
schont bleiben, so gidu; man stets auf der rechten Seite
des Weges und lass« ilmen die linke.
(übersetzt aus: Meddelanden Tran Samfnndut för
Nonliska Museirti fntmjaiide. von S. y. Waden-
stjerna.)
Weitere Reisen der Herren Sarasin in Celebes.
Von Palu nach Paloppo.
Hi« Herren Pani und Fritz Sarasin berichteten 1
Herrn A. 11. Muyer aus MakasHur vom 3. Novumber I
das Folgende : '
„Sic werden wohl auch aus den/eilunguti utwusvon i
unseren Schicksalen erfahren haben, die uns auf der
letzten Reine begegmd iiind. Nun, die Hanpivache ist,
dafs alles schliefslicb gut abgtdaufen und di« Reize wirk- \
lieb iiuageführt werden konnte. .Am 3. Oktober sind wir *
in Paloppo cingotroffen und am 20. in Makuzear. |
Aber ohne die grofsartige Hülfe des tfonverneiir** I
V. Hoevell, der, aobald er unseren ß(>richt erhalten |
hatte, mit Truppen nach der Paliibai aufbrncli, wären .
wir nicht durchgekommen und hätten uns mit dem Be-
suche dos Liuduseus zufriuduu geben müssen, war [
eine lange Reise, wir sind .3* -j Monate weggewesen. Mit
den KrgebniHHcn haben wir allen (.rund zufrieden zu |
sein. Geographisch da» schönste ist vielleicht die Knt-
decknng eines grofsen FlufsR.VKtems, des Koro, welches
einen mächtigen Teil des westlicbeii /entralcelebes
entwässert, und dann eines GebirgPH, das wir für das
höchste der Inset bis jetzt nnaebeu muchteu, des Ko-
rüuwc (dieNaniena&bnlichkeit ist zufällig), nach unserer
Schätzung 3500 m erreichend. Ha» durchreiste Gebiet •
ist überaus gebirgig. In etwa vier Wochen gedenken
wir uns wieder nufzumacben. Unser nächstes /.iel ist '
liainontjong mit seinen To .Ala*), welche nun gründ-
lich untersucht w'erden millen. . . . GeHimdheitlich geht
es uns sehr gut.“ Zugleich melden die ansdaiiernden
und crfolgnucben Forscher, dafs sie im Ik‘griffe stehen,
ihr« Reiseauahente an Säugetieren und Vögeln an da«
Dresdener Museum ubzusenden.
Zugloicb traf der -MakanfHarsche Courant“ vom 5. No-
*) Hi«he Globus, ]li]. 82, K. 28, 1902. In der Öltcrsrhrifl
ftebt dort irrig Tola Ala statt To .Ala (To s= Merutchi.
vcmlMir bei Hmrru A. ß. Meyer ein mit «luer ausfülir-
licberen vorlRnfigen Schilderung der Rciseerlebni»««. Wir
geben diesen intcreasaiitim llcricbt , der auf direkten
Mitteilungen der Herren Sarasin l>emht, im folgendou
in der Übersetzung wieder:
.Am 5. Juli brachte uns der (Touverneiir von Celehe.«
nach Pal II.
Her Zweck unserer Reise war, von hier aus Zentral-
celebos an der breitesten Stelle von Norden nach Süden
zu durchi|Ueren , um, im Anschlüsse an unsere frühere
Heise vom Golf vonßoui über den Possosoo nach dem
Golf von Tomini, eine Kinsicht in die geographischen,
natiirhistoriMchen und othnologieclnui A'erhAltnisse dieses
uubeknnuten Teiles der Insel zu gewinnen» .Us politi-
scher Begleiter war uns Herr W. H. ßrugman und
anfserdem für den ersten T(*il der Reise noch der Ge-
schRftsführer von Honggala. Herr W. II. Niel«, mitge-
gclieii wurden.
Bei unserer Ankunft in Palu machten die Fürsten
von Puln und Tawneli dem tiouvmicur an Bord ihre
Aufwartung und verspracheu, un.»ere Reise, soweit es in
ihrer .Macht stAmle, zu unterstützen. Her Fürst von
Tawaäli hol sich sogar an, tius persönlioh zu Insgleiten
lind für Träger zu sorgen.
in der 'Phat glückte ck uns, uugufubr ^0 Träger zu
crbalteu, so dafs wir, mit utf'cren 40 Makassnren, über
120 Mann zu befehlen hatten, eine Zahl, die zum Trans-
{Hirtiercn der IrclNmsmiltcl für eine so weile Rei«e nötig
erschien.
.Am 11. Juli begaben wir uns auf den Weg. Beim
Hiirchzug« durch die Hauptstadt des Fürstentums Sigi,
einu Tagereise von Palu ins Innere, besuchten air, da
der ulte Fürst sich iiiipRfslich gciueldet hatte, seinen
Schwiegersohn und Vertreter, Tome Hompo. Auch
dieanr versprach, sein B«Hte.<i zu timn, um un« zu helfen.
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4<> nettere Keiaen der Herren Ssraein in Cetebea.
Die von ihto mitß:egel)eneti Bt^leiter blieben aber bereits»
nach Kwet Ta^en zurück. I>a.*« üchone, breite, dicht*
iNjTölkcrte und durch hohe Hergrackeii ettigcHchlunxcm*
Puluthal ut »eben durch die Schilderungen der Herren
Kruijt und .\driaui bekannt geworden, die 1897 aU
die ernten KurofMter bis< Kulawi vordran^n und toq
da aui4 den I^iiidiisee benuefaten, die aber ihre beab-
sichtige Heise Ytm Lin du direkt unch Mapane auf-
gobeu luufsbm, weil von Si^i ein >;eheimer Gegenbefehl
icekommen war.
Am dritten Taffe von Palu erreichten wir den kleinen
Ort Pttkuli, wo «us einer dicht bewachsenen Schlucht
der Gumbaaaflufst ins* l^aluthn] herabeturzt und sieb
mit dum Mia ztim Paluflusso vureinifft* Von hieraus
wird das Terrain liüffelig, waldreich und dünn bevölkert.
Am fünften Taffe verliefs un» der l*‘ür»t von Tawacli,
ohne .Abschied zu nuhuicn, und am •^}chsten kanten wir
nach Kuiawi, einer reich Isebaiiten FT)ene mit arbdneii
Heiafeldem, ungefAhr 500 m ülier dem Meeres*spi(>j;el.
Unsere .Ankunft verursiu-hU» ffrofse Aufreffunff. Das
«rate, was wir bssrten, war. dafs wir nach Palu zurück
müfsti'n, denn man hatte berichtet, dafa wir frekomincn
wären, um ihre Büßel zu schiefMen. .Allein iiimii boruhiffte
bieh bald, und allmählich entwickelte sich Nelbst ein
freundschaftliches Verhältnis zwi«cbcn uns und den He-
wohnenj Kulawis, MSuncr, Frauen und Kinder kamen
in grofsen Scharen herbei und liefseii sich in ihren farl^en-
reicbeii Trachten auch gern photographieren.
l>ie Kiilawier sind ein TuradjaHtanim mit beson-
dors feinen (iesichUzügcu; allein, wie wir später horten,
sind sie wegen ihrer vielfältigen Sircifzüge in der ganzen
Umgegend stehr gefürchtet.
In der zweiten Nacht in Kuluwi desertierten nielir
als 50 unserer Träger von Tawaäli, was uns um so
mehr auffie], als sio am folgenden Morgen di« Hezahlung
für den ersten Teil der Reise erbeten sollten. Nur
25 Tawadlier blieben zurück, allein wir hofften, in Ku-
iawi selbst unseren Verlust witulor ersetzen zu können.
Von Kuiawi besuchten wir mit unseren luakaKsari-
sehen Uegieitern — die 25 Tawaelier weigerten sich
iiiUzugehuu — " den Sov von Lindu. Kr »t zwar im
V'erhältniR zu den grotsen Recken von Pt>sso o<ler
Towutt klein, vielleicht nur Hkm lang, aber sehr schön
und an der tlstHeite von einem hohen (tcbirge, dem
Ngilalaki, begrenzt. Kr Hegt ungefähr lUOO in Ober
dem Moeresspiegel und wird einmal ein Luftkurort ersten
Hanges werden. Hie Krforsebung des S«i's und seiner
Tierwelt hielt uns einige Tage geschäftig. Die gröfste
Tiefe hi'stimiiiteii wir mit 65 ui. Wir bifsucbteii auch
die kleine Insel, die als Regräbnisplatz tüciit. Unter
den llütixem, die nur bei F'esicii bewohnt weHeti und,
aUwirda waren. U'er standen, sahen wir tiichren* hölzerne
Särge stehen. I)prjenige eines Fürsten war iH'sonder»
schön geschnitzt« an der einen Seite in einen Itöffel, an
der andei-en in einen Hraehenkopf aiislaufend und mit
vielen Menschenskalpstuckrhen verziert, die mit Rainhun-
nägeln daran iHsfesligt waren.
.Vis wir nach Kuiawi zurückkumen. fanden a'ir diu
Stimmung aehr zu unsoren rngunsteii verändert.. Trä-
ger wanui unmöglich zu haben, und als wir unter Zurück-
lassung von nllem, wa.s einigermnf.sen zu entWIiren war,
weitiT ziehen widlten. erklärten die Führer, die uns von
Palu hergebracht Imlten, data sie es nicht wugtuii, weiter
zu gehen. .Vndere Helsen su'h wegen Krankheit ent-
schuldigen. her Häuptling von Kuluwi weigerte sich
eiitscLicilen. uns zu helfen, und als wir nach demtiniude
fragten, machte «r die tiewte d»*s lla]snh>ichDeidens und
Migto nichts als: Sigi. Wuh Mdlteii wir nun thiiii? Ohne
Führer in ein unbekanntes Land cinzudringeD, war uumög*
lieh. Nach reiflicher Üherlegnng heschlmtsen wir, nach
Sakedi zurtickzukehron, einen sicheren Ort drei Tage-
rt'iaen vor K uluwi, um von dort dun Gouverneur von
(Viehes zu benachrichtigen und ihm anheimzugeheu, was
zu thiin sei. Fnseres Kraebtens uiiteriag cs nicht dem
mindesten Zweifel, dafs dies alles von .Anfang an ein
abgekartetes Spie] gewesen, und dafs das Zurückbleiben
des Regleiters von Sigi, daun des Fürsten von Ta waöli,
eines Neffen des FilrKtcn von Sigi, ferner das l»e.sor-
tieren der Träger, die Weigerung unnoror Führer, weiter
zu gehen, endlich die mehr otler weniger feindliche
Haltung von Kuiawi nur eine Folge von IMehlen
höheren Ortes war.
Was fidgte, int bekannt. Ikw (iouveriieur cr-schien
mit einer Streitmacht vor Palu, die Fürnten sprachen
alle ihr Bedauern über das ,,Mirsverständais*‘ auK und
versprat’heti. ihr Reatoa zum Gelingen unserer Heise zu
thun. r»as Vei-b]eil>en der Truppen in Palu sorgte
dafür, dafs dieses Versprechen auch gtdialten wurdu.
.Am 28. August brachen wir aufs iioue auf: diesmal
mit 120 Makassaren und einem grofsen Gefolge von
füratlicben Würdenträgern. Ilauptniaim Kugelen hatte
die Freundliebkeit. uns mit einer TrupiienahteUiing noch
zwei Tagereifteii landeinwärts zu geleiten. Nach einer
Woche waren wir witaler in Kuiawi. IHe Kuluwicr
schienen durch unsere Rückkehr -sehr erschreckt, niemand
kam in unser I>ag«r, wie es früher geacheheu war, sie
naUmon kein« Geschenk« und boten uns nichts zu kaufen
an. Naclits hielten ate uns durch unaufltörHchea Schlagen
von grofsen Lohotroiniiieln in S|Ninming.
Arn folgenden Tage zogen wir durch hügeliges, gut
behautes und schönes I>and weiter und kamen bald an
diu Wassurürheide, die das Gebiet des Paluflussea von
demjenigen eines viel uiäcbtigereii Strome», des Koro,
trennt. Zwei Tage folgten wir einem Neljenffusae des
Koro und erreichten hei dem Itorfe Giuipu den Haupt-
fliif-s »elb-t. Wir waren uheirascbt von der Gnifse und
Tiefe tliese» Strrmies, 80 fern der Makas.><ar»trÄrHe. IHe
Mündung !>ei Lariang (nach Bugischer Bezeichnung)
ist schon lauge auf den Karlen verzeichnet, der Flufs
aelbst aber war noch ganz unWkannt.
Von Gimpu an wurde die HeiM' s<*br sehwieHg. Her
Weg filhrte mehrere Tagereisen dem rechten l'fer de»
Koro entlang, einmal uIht die Hteilen Gehängu hoch
Über dem FIusm\ dann wunler über Felshlöcko im tluls-
hetto seihst. I>ie Gegend war ao gut wie unbewohnt.
Kleine Niederlassungen, To])ipikoro, konnte muii um
amiereii Ffer liegen •*«*hen. Als wir unsere Schritte vom
Korutha) ülM»r einen ziemlich hohen Bergrücken nach
Osten lenkten, kaiiicn wir an einen sehr starken Noben-
flufs. der selbst wle<ler aus zwei kräftigtm Flüssen ent-
steht. Wir folgten einem der letzteren, dem Malei, und
erreichten am sechsten Tage von Gimpu die Landschaft
Bada, eine eigenartige llocliehcne mitten im Gebirge,
etwa 800 ni über dem Meeresspiegel, wahrselieiiilich eine
lokale .Senkung. Seit zwei Jahren kommen iii dieser
Gegend viele KrdhelM*n vor. Hiiigsum zeigten ilie Berge
zahlreiche helle Flecke, <lie aus Knlrutseliuiigeu ent-
standen sind.
.Auf dor Hochebene liegen viele iK'irfer, die gr‘"»fseren
wegen der steten Kriege von Krdwiilleii, die mit Bambus
iM’pflaiizt sind, umgehen. IHe To-Badaa erkennen die
t »berherrscbafl dreier Fürsten an: Sigi. Palu und
Luwu. Hier trafen wir zu unserer Freude den R<*gie-
ruiigsmissionar .Vchtnat an, der uns von Paloppo mit
einem Transport von Lubeiiamittuln entgegengnwuiHt war.
Kr batte .|0 Tage in Bada unter grtdeun Kutbehruiigen
und vurschiedene Male mit dem 'l’ode liedroht auf uns
gewartet.
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Hrolf Vaughiia Stevviit; lUo Sehupfangsfiago der ^rang Temia auf dar Halbinsal Mal&ka.
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Wir aelhst wiirtlen Ton derlievölkeruiifr gut empfangon.
Hunderte uu» aiiun Durfeni der Umgegend »trumteii in
feetlicber Kleidung herbei und braebteu slx Freum)^chaftH>
Zeichen kleine l’Äckchen lieia, Fier und Uauaiien mit.
1^0 Kleidung der Frnueu war hucb»<t auffallend. Mit
ihren weiten, in lireiten Falten bis auf den Huden reichen^
den rnterrücken nu» Kiudeii.HtolT, ihrt^n auM farbigen |
Stoffen mit gafälligeit Mustern gefertigten Miedern, ihrem '
reichen Schmuck au IlaUbandern, Aruibauderu, Obrritigeu,
mit Hüitchein roter Federn im Haar, (Ins ein farbige« I
Kopfbaud umschlaug, üriunerteu sie gevrtHsermafsen an
die Trachten der Kokoknzeit. Dui« Gesicht und die
Hunde verzieren aic mit Uinieii und Punkten au» achwar*
Xem, wublriocheitdem Harz. Auch junge Mäuiiur pflegen
das zu thnn. Hiese ti*agen noch den Tjidako (Leuden>
tuch), andere aber Hosen nach Imgischem Schnitt. IHe
Kopftücher und Sirihtasclien sind aus reich bemaltem ^
Hindenstoff. Die iui Lande selbst geschmiedeten Schwer^ !
ter und Lünzen zeichnen sich durch ihre vollendete
Arbeit aus.
Nach einigen Tagen Aufenthaltes .setzten wir die
Heise nach dem Süden fort. Zuerst bekiummeu wir vier
Tage lang das waldreiche Topupiigebirge von utige-
fahr 1900 m Höhe, worauf wir wiederum eine offene
Hochebene erreichten, diu Landschaft Leboni, die Ix^roits
auaschlierslich unter der Herrschaft von Luwu ateUL
Auch hier sind die Dörfer befestigt. Der Kinpfung war
vortrefflich. In einer öffentlichen Veraummlting wurde
der „Koiupania“ (der niederländischen Hegicrung) öffent*
lieh Treue geschworen, in der Thal ein auffallendes Kr-
eignis in einem Lande, das lubher von keinem Kurt>pAer
besucht worden ist. Iiu Lobo (Geisterhanae) hingen
Menschouächudel, und zahlreiche Skalpstücke schmückten •
die Köpfe zweier roher Hol/.figuren, die die Stnmmes-
vorfahron darstellten. Die Pfeiler im Lohn zeigten, wie j
auch in Lindu und anderen Orten, frische Dlutspureu. {
Hier herrscht n&mlich die Gewohnheit., bei verschitMleuen |
Gelegonboiten Kriegsgefangene und Sklaven zu schlachten.
Mun geniefst davon ein kleine« Stückchen Gehirn oder
Fleisch und etwas lUnt. Das soll im Kampfe tapfer machen. |
Die Nächte in Leboni waren auffallend kalt. Das
Thermometer sauk bis 11* (\, und doch Hegt die Hoch-
ebene im Durchschnitt nicht über 1000 m. Der grofse
Flufs, der sie durchsehneidet, gehört immer noch zum
Gebiete des Koro.
Im Süden von Leboni trafen wir wieder auf ein
Hochgebirge, dessen höchster Gipfel Takala heilst.
Mehrere Tage verweilten wir auf Höben zwischen 1500
und 2000 m. Kino sehr reiche Flora und eine eigen-
artige Vogelwelt entschädigten uns für die Mühselig-
f keilen, die wir hier zu ertragen hatten. Am vierten
Tage nach unserer Abreise von Leboni gewahrten wir
zu unserer Überraschung nach Osten ein gewaltiges Ge-
birge, Korouwe genannt, unserer .-Vnsiebt nach da»
höchste, das wir bis jetzt in ('clebe.s sahen und des-
sen Hobo wir auf 3500 m schätzten. Ks sl€*ht in Ver-
bindung mil dem Nordramie des Tambokogebirges.
Dur Weg führte nun stetig hergah ins Thal des Ba-
liaeeflussGH, der bereits in den Golf von Boni strömt,
und am achten Tage erreichten wir den grofsen Ort
Manuuiba, nur noch 50 ni über dem Meeresspiegel. Grotse
llächen sind hier mit gut hewä.sserten Heisfeldern be-
deckt, die auch in diesem trockenen Jahr eine gute Krnte
geliefert hatten. Unsere .\nkuiift wurde mit Kriegstänzen
und dem Scblachteu von Büffeln gefeiert.
über WaiLunia, eiuem früher blühenden, jetzt ver-
fallenen Orte, erreichten wir vier Tage später unser
l'aidziel Puloppo, wo wir am 3. Oktober unkamen.
Wir können noch luilteilen, dats unsere ethnographi-
schen, zoologischen, botaniseben und geologischen Samm-
hitigen von dieser Reise vieles Intere-nsante erbalteu, und
forner, dafa die Lage einer grorseuZahJ von Orten astro-
nomisch bestimmt und ihre Höhe mit dem Siudethonno-
lueter gemessen wurde, «wodurch das bis jetzt nur fiktiv««
Kartenbild vom westlichen ^^ntralcelebes ansehnlich ab-
geäudert werdeu wird.
Am 20. 0ktolM«r brachte uns das Dampfschiff der
Paketfahrtgesellschaft nach 3'/yiiiouatlicher Abwesen-
heit wohlbehalten in Makassar ans Land.
Die Schöpfungssage der Drang Temia auf der Halbinsel Maläka').
Xna den. Maiinskripten von Hrolf Vaughan Stevens übersetzt
von IL W. Williams.
Auiiierkung. In Bil. 69, Nr. 8 u. 9 des Globus ist i
diese Schöpfungsgeschichte von H. Jansen schon erwähnt '
und zum Teil wiedergegeheu w*orden. Seines besonderen
Interesse« wegen ist eine Übersetzung de« vollen Originals
hiermit gegeben in der Hoffnung, dnls die VcröffeutHchuug
dazu beitragen wird, einige dunkle Punkte in der Ge-
schichte der wilden Stämme von Maläka aufzuklaren.
Bevor die Sonne gemacht worden war, war die Fxde
wie ein auf dem Botlen liegende!* Brett, worunter Hundert-
füfsler, Skorpione und -\mei«en in einer faulenden Ma«««
wimmelten. Dh>eie Tiere *>ind duii litiutuH ähnlich, welche |
damals im Dunkel lebten. In einem Loche unter dem >
') Vielleicht liegt in diesem Namen eine dunkle Krimieriiug
au den indiwben N:'tga, die Schlange, die die Knie trägt, vor.
iJer Xaguinytbu» i«t, iu v«*r«chi*«h'neii tiextalteti, fm«i nl>erall '
im Archi|H.‘l zu trt«freii. dt« I.]iutverw]iiidtuug Naga* t
Naing (vielleicht Neiig zu «ii'hreibt«n. dn Steven«' Orthographie
etwas unsicher UM nicht uiunogHch iüt, l>eweiAt di« Korm
nang, die das Wort in deu Kei*lnseln ang«mommeD hat.
Hiermit aber ist nicht gemeint, daf« irgend eine Verwaudt-
icbaft zwischen Kei-iusulaneni und Temia ülwrhaupt wahr'
scheinlich ist. Amu. des Übers.
Brett wohnte Naing, während Snm-mor hoch oben über
dem Brett seine Wohnung batte.
Macebmal stieg Sam-mor nieder (auf das Brett hin-
auf), um xpazieren zu gehen. Du dieses aber dem Nuing
nicht angenehm war, befahl er den HaDtu«, die Füfse
Sum-mors zu »techeu und zu beifiieu (wie die AmeiHen
es noch thun, wenn wir auf sie treten).
Kines Tage» wurde Sam-mor darüber sehr böi«e und
hob da» Brett auf, um Naing zu fassen. Darauf fochten
die betdea und verbuchten einander zu töten. Sam-mor
gewann die Oberhand, Naing lief fort, stieg in da« Loch
hinab und verbarg sich. Da Sam-mor wuDte, dats Naing
da« Licht nicht ertragen k<*nnte, entschlof!« er sich, ihn
imIo>eh« zu behalten. Während des Kampfes nun hatten
die beiden grotse Stücke au« der Krde herau.<*geri»seu, um
diene aufeinander zu werfen (daher «taminen die Hügel
und diu Berge, <lie wir jetzt auf der Krdo sehen). Sam-
luor also suchto die grölsteo Felsen, die zu finden waren,
und häufte sie auf da» lo)ch, um zu verhindern. daD
Naing herauskam. Dann ging Sam-mur nach seinem
Wohnorte, nahm daraus etwa» Feuer, und nachdem er
--J' Guogle
48
llrolf VftDghan Stevens: I)ie SohöpfungsBage
mit Keinen Händen xii einem Ball gerieben battv, |
kehrte er iiacli dem Kumpfpliitze zurück. Bar> Brett
warf er buch iu die huft beriiuf mit dem Btdehie, dort
zu bleiben, und dem Fetierball (der Sonne nämlich) g»b
er dun Auftrag, das mit dem Berge l)edeckte I^>eh zu
Imliütei), diiUiitNaing nicht mehr heruuskamv. Beswegeri
geht die Sinne immer um ilen Berg herum, indem sie
alle Seiten heliütet. t)bgleicb Naing <ift versucht hat,
die Berge vi>n der Mündung des liouiies wegzuscbiebeii,
«obald er sie ein wenig Hut'gebulHUi hat, utufs ei' sie doch
i^ieder fallen laKsuu — wegen seiner I nfähigkeit, das
Licht zu ertragen.
Nun erfuhr die Sumu*, dafs Naing dioMes auf der Seite l
de» Berge», wo hie selbst nicht war, that. Sam*mor aber
war nach hciiiem Wohnorte zurückgekebrt , und du die |
Sonne ihre Wache nicht unterbrechen konnte, um bei
Sain-mor Bat zu holen, au /.hndete hie ein Feuer an am '
Orte, w'u Naing «eine > i'rsucht* machte, herauszukomineii.
Barauf setzte »ie ihren üang fort.
J(Nte-mal, wenn die Sonne vorbeigegaitgeii ist, steckt '
Naing seinen .\rm aus der Hohle heraii.n und versucht ,
das Feuer mit Krde zu hedeekeu. Wenn es (der Mond 1
näuilicb) im Laufe seiner Bewegungen vor dem leuche
erscheint, wirft Naing darauf eine llandvoll Knie, bis er '
am Kndo das Feuer gän/Iieh au-löscht und di« S»mue '
Doch eins anzüudeii muls. |
Die Sterne »ind «He heifse A-ehe, di« vom Feuer aus»
g«*streut w'inl, pnleMiial, wenn Naing eine Haudvoll l’inle
darauf wirft. Diese .\^schc bewegt sich nach dem Brette
hinauf, wo «ie hreuiu'iul bleibt. Die von der Asche
heruusgeworfeiien Funken »in«l die Stei'Dschnu|ipeii.
Manchmal hat man gesehen, dats Naing einen Feuerstock
aus dem Munrle herauszug.
Seitdem ist es immer so g«‘sclM*hen. Al.s Sam-inor
das Brett in die Luft warf, bildete ea den Himiin'l da
oben uml wir sehen den unteren 'J'eil.
Auf der Olierseile dieses Bretteh ist der Ort, wu «lie
guten Stnden bitigeheu tder HiuiiiieD, nli4‘r wu« «lus fUr i
ein Ort ist oder was «lie Scchui dort thiin, weifs man t
nicht, nur, dafs es dort W'eder Ib'irat noch tiehurt, weder !
Tod noch irgeud eine Vm'ändi'rung giidit. Was jemand [
auch wünscht, «las hat er dort.
Der Ort Sam -mors liegt weit ttWr dieser Oberseite
der Welt.
Da Naing aus dem Loche nicht herauskommen konnte,
grub er am Boden ein« grofse Hiihle für sich und fi’tr
seine Hautu». Währuml d«.>s zwisch«oi Sam»mor uml
Naing gefochtenen Kampfes waren dic»e ilantns er»
hchmcken fortgclaufen. Kinige liefen in das L«jcIi hinab
uikI blielioii dort mit Naing eingesperrt. Die imüsten
aber verbargen sieh iiinter «len v«iu den beiden Kämpfern
niifeinautlcr geworfenen Hügeln, sind desw«‘gen von Naing
ausgeschlossen und wohmui jetzt in demsellieu Ort, wo
«lii^ .Meii*-rheii wohnen.
(Darauf folgt die üe.-ebielile «1er Srln'ipfung «les
Menschen.)
Du Naing bemerkt«', «lafs er dunih die strenge Hut
«ler Sonne un«l «les Mondes verhindert wurtl«, selhat
heniuszukoninien, suchte er «tiese zu Überwinden vor»
mittels der Hantus die lieiiii /.udeckeii «les l/oche» durch
«len aufgeh'gteli Berg dntufseii blieben. Diesi-s aber
niifsbitig, ila die Hantus nicht stark genug waren. Su
<«'buf Naing druufseu ('itie grof>e Anzahl llantus (wie
die** geschah, konnten «He Ti ntiu nicht erkiüren), welche
e> aber ebenso wenig fertig brachten, den Machsamen
(iung d<*r Si>nin; und des Miiiuie.H zu heminen.
Darauf befahl Naing stiuitlicheii «Iraufxm wohnemh'ii
iianta**, den BiM'g von Heinein Gefänguisorle aiif/uhebi-u,
«lamil «T iiaehtH h«>niuskonim<‘n konnte, um, trenn mög-
iler Orsug Temia auf der HalhinBol MalAka.
lieh, «lie Sonne zu zeruGiren. Alle Hantus vereicigtou
danach ihreKr&Fte, und mit Hülfe der unten Wühueuden
Huutus und de» Naing hoben sie den Berg ein wenig
nach oben auf und »chüttelten ihn. Ala aber Sum»m«ir
das Scliütt4'ln des Berges verspürte, kam er zurück, um
zu sehen, wu» sich ereignete. .\1» ihn die Hantu» sahuu,
liefen sie gleich fort und verbargen sich in Felsen, Bäu-
men und Flüssen. Daher kommt es, dafs der Wald
ulH'rall Toll Hantus ist, uml jeder Baum, ]e<ier FeU, jeder
Flufs seinen eigenen Hantus hat. Sämtliche Hauius aber
entflohen von dem Berge, wo Sain*m<fr stand, l’m zu
verbiialern, dafs die Haiituti ihren Wrauuh wiederholten,
eiitschlofB «ich Sam-uior. Menschen zu mu«'heu, M'ulche
gegen die Haiitus kämpfen sollten. Kr nahm also einige
Funken vom Sonneufeuer (Sterne), die Naing durch die
aufgeworfene Krde vom M«>nde aligebrocheu hatte, und
machte daraus sieben Menschen. Darauf .alNar besann
«>r sich, dafs das Feuer nie sterben würde, au »teilte er
die sieben .Meu-eheit hin und machte sie nachher zu den
sielieii Führern o«ler Boten, welche den guten Seelen duii
Weg nach dt*m Himmel zeigen. Dana nahm er aiebeu
Blatt«*!*, die in der Nahe wuehsen. und iimchte daraus
Meus«'hen, welchen er befahl, auf dem Berge zu wohueu
uml zu verhüten, «lat« «lie Haiitu« den Berg wieder Im?»
wegen würden. Naing aber fuhr fort die .\nzahl der
Haiitii» zu veriuehreti, bis us den siebeu Meiiscbeii Uh*
luoglicb wurde, mit der Gesamtheit zu kämpfen. Auf
ihre Bitte kam Sam-mor wieder, stellte sie hin und machte
sie nachher zu Boten, «He die bü««‘U Seelen in die Holle
fUbl'eii ««illteii (weil die ans Blättern gemachten Meiiseheii
nach einer gewis»en /eit »tarb(>u, wie die Blätter, au«
«lenen »ie geumeht worden waren).
Dann ging Sam-xnor nach seinem Ort zurüek und
bracht« daran« einen Mann und ein Weib (von welcbeui
Material, weifs niemand) und st*tzte sie auf den Berg, um
ilin zu behüti'ii. Dieses l'mir hatt«* hei einer (iebiirt drei
Nflhne und «Irei luchter. Als die Kinder erwuchsen
waren, verlangten sie Namen: so nahm «ler älteste S«i|in
«len Namen (uml «las Zeichen) «*ines Blattes, «ler zweit«
ih'iijenigeii idues Sterns, der dritte deiijriiigeii einer
Amei-e an. Jeder heinilete eine Sghw«!ster.
Du der Sohn, der den lUattimmen augenouimen halte,
der ält«>ste war, war er Häuptling über die anderen.
Daher sind nlli'Temia Butins (Hnujttlinge) v«im Blatt-clan.
D(tr zweite, «l«*r das >tern/.«ucbeii augemiuiuien hatte,
war in allem sehr geschickt und wunle zu einem /auliert*r.
So sind alle Tetuiu Zauht'rer von diesvni Totem.
IkM* «Iritte S«i)in , der «len Namen diu* .Vuieiso hatte,
w ar «ler Vater der gewöhnlichen Menschen. Ihe Aiiieiseii-
fnmilien sind immer zahlreicher und fruclitharer gewesen
wie irgeud eine von den beiden anderen.
Die Familien «ler drei Siihne und ihrer Fr»«ien ver-
mehrten sich sehr rasch, »o dtifs sie mit llülf«s der dem
j zweiten Sohne von der >oiiue, dem Mumie, «len Sternen
und von Sam-imir s«*lhst gt'geheneii Sprüche und /juilier
I «lie Hantus iiur:li ihren Verstecken zurücktrieben.
(Du der ei^t«^ Mensch durch Sum-iu«>r auf den Berg
gesetzt wur«le, ziehen die Teiniu immer vor, auf «len
Bergen zu wohneu.)
Als Naing entdeckte, dafs der Mensch den durch
>aui-inor auf ihn aufgelegten Berg hewa«'h(« und dafs
er seih't nicht htTUuskommen kounle, so versuchte er
I durch einige ander«*, im grof-eu Kampfe au» der flachen
I Knie h«*rausgp.Hl«if8«>iien und hennisg«’riss«*nen Berge sich
einen Weg nach ub(‘ii zu bahnen. Diese Versuche haben
es veriirsuchl, dafs so viele B«-rge in si«h grof»c Ib'dilen
haben.
Da di«' .MenM'lit'U nicht genügten, um alle «liese
B«*rge zu bewaclien, .«lo brnclite Sum-imir n«icb «*iuige
^ by Google
Küohertiohfiu.
4!>
Mitmior uucl \Veilx*r uii«« ituinuiu Orte um) eie hu
vüi>iolii«M)eDe später gokomiiit^nen MoiiKcheii
Wiin*n HH l‘'(»rin mit) Ann^ben andere wie die zu-
erst ^'inufbteii Temia und daher Icouiait «k« dafs e« iu
der Welt verBrliiedene Men»clietmu»»<eu giebt.
« «
•r
Die sieben aus Dinttern gemachten Meiisrlieii wachten
zuerst »ehr sur^rftlti^^, alior iiu Laufe d<‘r /eit wurden
sie es müde, immerfort wachen und beruniWHiideln zu
müssen, so uchliefen sie ein. Da» entdeckten bald die
Huiitus um) scblicbuii, hinter den Hüuiuen und ini rnter-
holz verhorifeii, wieiler sehr nahe unden Bei*g lieran und
fin^fen an ihn we^ztischiehen. Nachdem einige von ihnen
gcM'heu hatten, dafs die sivtivn Hüter scbliufeü, teilten
sie sich in sie)teii Parteien, um sie anzngreifen nntl ge-
fangen zu nehmen. Die in den angreifemlen Haufen
«ich lii>Rndenden llantuM vi>rkleit)cten eich in Tier- «Hier
Iiisektenfurineii — für jesle Partei eine la-stimiiite Kunu.
I IHu l*'ormen waren nämlich folgende: 'lausemlfürHler,
, Schlangen , Ameisen, Tiger. Ulutegel und Afoskitos.
I IHe«ie kämpften mit den sieben .Männeni. und es war
der l«ärui dieses Kampfes uml der HuntUH. welche yer-
I »uebten, den Derg iiMHierzuwerfen, der Snm-mor wieder
i auf den Schauplatz brachte. Kr trieb die llaiitiis Furt
: und verurteilte die siclieii Hüter. aD Führer für die im
I Ilunkeln nach N^nek (der Hölle) gehenden Seelen zu
■ dienen.
Bflehersebau.
Alfred Funke: Ans PetMsch-Jtrasilieu. Bihler aus dem
l^beu 'ler Deutsrhen im Staate Itio Orande do Sul. Mit
zahlreirhen AbWildungeu und einer Karte. I^eiinig. It. O.
Teubuer, 19i>Z. I'rei< 7 Mk.
In m*hr erfreulicher Weise hat sich im Ib imatlande das
liitei-i>s.4n an den lieutudinn Südhnisiliens gestei^'ert, die dort
unter |Hirtugieinsrh »der italienisch retlendeu Nachbarn (reu
ihr Volk.«tum ttowahrt haben und in j«sler RexUdmng ge*
«leiben. Uenu’utsprwdiend ist auch neuertlings die Xiitteratur
ülier Deiitscb'ltnisilien. wie man kurz sagen kann, iin Auf-
schw-unge begriffen. Kigeuniiig unter den zahlreichen Werken
i»t das v«irliegende. «leasen Verfasser lange in Itio Grande d»
Sul lebte und dtaii «diie guh*. Mftitsig<‘ Feder zu Gebote atcht.
K«‘in H)>iemati«cli«s Buch, sondern bunte Iteisewhihleruugcn
nach .Art guter Fouillcious. die aber Land und V«>lk in gi.--
treiicii Bildeni an uns vurälterziehen in.<t««*n.
Ifaiis F» llcliiiult: Weltgeschichte. Zweiter Hand: Ost-
asien umi Ozeanien, der Indische Ozean. Von 31. v. Hrandt,
l)r. II. Schurtz. I'rof. K. Weute und Pn>f. K. Schmidt.
Mit 10 Karten, ä Farbemlrucktafrln und 1*> schwarzen
Ueilagi'ti. Leipzig und Wien. Hi bli« «graphisches Institut.
190J.
Kin llauptieil dies«« Handes. .Australien und Ozeanien
von Prt>f. Weule. ist im Globus, Bd. ä'J, S. lüti vuii 1'rof.
1’hih‘nius ausführlich tM^sprochen wunlen. Auch die übrigen
Atischiiitte des Bandes beschäftigen sich mit aufsereuropäi-
schen Ijändcni und *iind im gmfsen kulturhistorisch-ethno-
graphischen Stile geschriel>en , «ler das eigenartige und von
der gewöhnlichen Ginichtsschablone abweichende Werk aus-
zeichnet. M. v. Brandt, der eh«-inalige deutsche Gesandte
iu Peking, einer der iHrsteii Kvimer OstHsiviis, hat l'hina.
Ja|»ao Uiui Korea la'bamlelt. eine aus dem Vollen g«-schöpfte
lichtv«dte IhirsieJIung, «lie mit einer Warnung achliefst. aus
der (b’geDwart auf die Zukunft achliafseii zu wollen. Bio
twhwierige Ge«t‘hich(e HiH*hasiens und Sibtnens hat in Hein-
rich Schurtz ihren sachkundigen Bc'arbeiter gefunden, dem
auch die Aufgabe zuHel, Imlonesien und die Austireituiig der
Malaien zu lN*handeln. Prof. Kniil Schmidt endlich, der
durch >>eine sch'hten uml griindlichen Werke iilter Indien
tiekannt ist. bat dif-sos Land und seine Völker io luoistcrhaft
klarer Wei*e geschihlert. Wicw'«ihl »o verschic^knic Kräfte
an di**som einen Baude uiiiwirkten , macht er doch einen
einheitli«*hcn Kindruck. Von allzu reichem Bih1er<chmuck
ist ahgesehen; es stml vergleichsweise wenige, als-r Vi»rziig-
lieh ausgofiihrte und zum nähereii A'erstandiiis dienende Tafeln
lieig«‘gel>en. v. C.
Br. W. Nrhiefs: tju er durch Mexiko vom Atlantischen
zum Stiltrii O/ean. Mit Id Lichtdrucklafelri uml ziihl-
roich«'n Textbilderii- I2H4 SeiieM. BerNn, Dietrich Heiiner
(Kmsi V«disen), 19Ü'2. Pr**is gebunden H Mark.
Der Verfasaer ist ein Schweizer Ar/t, welcher, begleitet
v«m s«-ii)em Bruder, im Winter ieyy/l»i’0 diese mexikani-
sche Reise unternommen hat, auf «ler er. bs^waffnet mit seinem
photographischen .Xpparate. zahlreiche Ty|>eu und namentlich
gute LandschaftsbiUler aufgem'inmcn hat. Kr ist «on Texas
aus in das Land eingi'trcbm, auf den längeren Htri^’ken f«dgte
erden ich«m ziemlich aiisgodchntcn Kiscnlmhncn. iu« Sml-
westen aber und in der Sit-rra Madre ixt er »uf munchem
schwierigen Wege «lurch die weniger iH'kaimten und )M*iu«'hten
Gegenden geritten. So lernt« er im Fluge Mexiko v«m Sjui
Blas am Stillen tizeaii bis Vera t’ruz Hin Atlantj«f.ben k«>nnen
und aufserdoui die ganre Mitte längs der Ki.M>nbahn von
der llauptsiatit bis zum Uio Grunde itn Norden. Was «‘r in
anziehonder Kchihh-rung un* tiieiel. kann nicht den Aii!>j»rucli
Hilf wisseii*«*hufUiehv 1'iefc mler Neuheit erheben; es ist alter
(nilzdeiji lehrreich, zeigt uns eine gute H«‘otK(chtung umi
winl deji, der schnell einen l'lsuitlick nlierdns heutige Mexiko
gewinnen will, gut unterrichten , wozu die guten J.icht-
drucke nicht wenig heUmg«'n. Auch «due Besteigung des
Popocatepetl fehlt nicht, samt der Grupp« der auf s4Miior
Spitz» plnit«>graphiert«‘n Keisenden. v. C.
Renarh : Yorc Dale og Fjelde. Hvoriedes fonnen af
Norges overriade er damiet. (S«md«rdruck aus «Naturen*,
Sr. 1 bis 5, It«u2. Bergen. J»hn Griegs Ihigtrykkeri,
In dieser Schrift fafst der bekannt«- norwegische Geolog«
die Krgehniss«* d«r ncueston Fiirsrhungen ft1»or die Über-
Hächengestaltung Norwogi-ns /usauiinen- Nach eim-r längeren
Kinlcitung führt er mit Hülfe einer grofso» Zahl %’on Ab-
bildungen den Niwhweis, dafs bei dle-st-r «las Hiersende Wasser
dun gröfsten, das Kis einen weit p-ringi-n-n .Anteil gehabt
halte. Als bestuiders lehrreiches Beispiel für jene Wirkung
des Wassers dient ihm das seit IKU3 in widchem Gestein ent-
standene neue p’lufsbctt iiii Vaerdalcii, «la« nach einem Jahre
iMtch be<iuem mit einem lk«>t« üls-rschritten werden konnte
uml drei Jahre s{>ät«r ein ti«-f««, scharf eingcrissenes Thal
bildete, das auf einer Luftfahr« nls-r«|ucrt wirrl. Weit lang-
samer. alwr freilich iiiil gröfsercin N/*chdru«:k arbeitet l»ei
«ler ThalbiUlung das Kis, das in Norwegen sehr häuHg
«hängende^ Heiti-nthiller gt-bihU-t hat. Bcsniidere Aufmerk-
samkeit wendet Beust-^h «iim .llan>el?emn' zu, d. fa. jenen
schwai'h welligen Kl>«nen, «lie dadurch eiitatanden, dafs die
zehrenden Kräfte durch viel« Jahrtausende auf ein llix’hland
' eingewirkt hal>en. so «l.afs d«-<s«n 4MK.-rtlftche fast gleiche lli'diu
mit dem McTcsspiegel erhielt: er fühii einige tyjdwhc Bei-
spiele von solchen, wiu 'ou Momtdnok'«. jenen Resten eines
höheren Berglund«‘s, an. die w*-geri ihres festen Gesteins nicht
habi-n g«s-bn«‘t wenlen k«'^iineii. (•eradohiiisicbtlich der Oher-
lläcbcnf«»rtn ih‘s Ilocbgebirgcs giebt es nitch eine Menge v«in
iingi-lösien Kragen. Be/üglii'b der Fjord« mit ihren vielen
Vi-rzwidgungen hebt Heusch die N««twcndigktdt hervor, j*‘den
F)i>rdarm und jedes Thal zu messen und zu untersiii’hen.
wenn auch so viel jetzt f«-ststeh**. dafs z. B. «h-r K«»gncfJor«l
ein v«m einem grofafii Fluss«- und seinen Ziirtü's«‘n uusg«-
graboucs Thalsysiem sei, dessen (icf«-rc ’lVile v«im Meere mis
gefüllt uml w* XU Fj«>nl«-ti wunlen. B«-tr«*ffs «ler Fntstehiing
«los rbristianiafjonls ist Keiiscb g»-g«mil»«-r Bri'gger, d«rdi»-sen
bnuptsächlicli in «lor F.iszuii dun'h tiletsclier entsiand«-ti seiu
läfst, der .\nsii*ht, dafs auch hier in erster Linie das llirrsi-nd«.
W»ss4-r den Thälern ihre Richtung gegetien hat, währeml
das Kis nur vorher •*c1uhi vorhandene Thäler uingcsraliole.
Die auffällige Thatsache der ,Krz» ungetien" Thnb-r, d. 1«.
ssdeher, «lln ilas woicho Gest«*iii v««rlas)i»-n und il«r«*h festen
Gnuiit g«-hon, erklärt U«.'usch durch ilic Ammhtn». dafs au
jenen Sielh-n urspninglich weit-he Kedtmentc \orIiun«b-n ge-
*■«.»««11 Wien, nach «lereu W«-gzebrung die KlüsAe «li« in dies*T
vorhanib- 11 « Richtung iH-iWhalten hätten. Kr halt cs für
' miiglich, dafs dius«-«« ver.si'hwundene (•«-stein der jüngeren
I Krt-hle angehort haln-. wm« auch durch •-inige Fund«* »uj«n«.*u
Kiisten w.ahrwhidulich gemacht wird, di« also nicht, wie dir
.1™ t-y Google
Bücheraolittu.
»J
binb^r vf>rhreit«te Aiinahiiif* iit. von Sriionen mni Dänt^mark
mit Kicil>ergeii dorthin K*^fnhrt zu sfin braut^hon. Bei der
Bildung der Uotiendale (Kahre in den Attien (feuannt) haben
ncherüclt Kis und KrofU aine Krofae Bolle (;uiiiiielt, wenn auvh
der Vur{;auK noch eingeheader L*nter*(Uehuni; bedarf. Auch
hhuicUUich der iülduni; der der norwo^isrhun Kiiate \orfre-
lagerten kouiinentalen l'Inttform macht HcuktIi auf eine Reihe
von Kchwierigen I*ri>blfliiien nufiuerkxniii.
H ichard FalleKke.
Br« i'. H. Stratz: lUe Kürperrurruen in Kun«l und
Lelien d«'r da|iiiiivr. Mit I TJ in den Text gotlruekiuti
Atibildungcn und 4 farbieett Tafeln. Siuitgart. Verliig
von F. Knke. IWO'J.
Alle:«. Ha« uiim M)ii ziistilndiifer Seile ülH-r Jiijmn zukoimnt.
)>ean^|>nieht liilereinte. niiid d«>eh die Bewohner di«'^C4 Ixind«*«
ein h«>c]il>egatite!i Volk mit be><omiera entuiekelteiu Kuiii^t-
gefühl und mehr eiu(>fftngliclt fi'ir die Kultur do'< WeiUuti«
als alle übrigen Völker. Aun die«>m Orunde nehmen wir
daa hier nngezeigte Werk mit Itusondorer Belichtung zur
iiand; der Vcrfa«»er iat iin« ja achon la’kannt durch aidne
Werk«: „l>ie ISchönheit de« weildichen K«ir|»er** und ,I»io
RH-tHenachönbeit dun ^Veilu■l<*. fti vorliegender Arlieit xtützt
er Mvh hauiitzkchlieh auf Ibtlz, U«ren eigene Beidoiehtungon.
benutzt und bietet uiia Phoiogrnpbietm und Kuii'twerke, die
zum gröfsten Teile inK*h nicht verviffentücht find.
Mit Balz bält der Vorfaa«er die daitaner für ein tietniacli
von Aino und Mongolen. Zur hVfltatcIlung dea RasientypUfi
iHiriicksichtigt er. auf tiriiud fmiider und e»g»‘ner Buolmch-
turigeti, in er«ter lanie da« \V«db, da« die Tta-oMmmerkmale
in l iel reinerer F«»rin erkennon ln».' 0 'ii mdl. ln*«halb «chibleii
der Vorfaaser mit Vorliebi* den Körjier deaWenma, wie aueii
di« tiieiateu .Abbildungen daa imckte Weib wietlergulten. Bei
der .Vngab« der kör{a‘rliehen KigtuiM’barien der Japaner
richtet aich der Verfaafer wiederum nach Balz.
Bieao körperlichen KigeuRchaften aind die der mongoti-
Rchen Uiim*: Kopf gri'>f*er, Arme und Beine kürzer ini Ver-
hältni« zur Lünge der WirtadiiHUle iiaeh euro|Mifchern Mafa-
rtal», tyUjrklofcr br»*iter und kürzer, breite N'aioj. weiter Ate
«Uiixl xwiw'lien den Augen, MÜtlich vom utmren Na-^enrnrlom
iilter den inneren .Augonuinkel xjeh bin/iehemte Falleiibitdung
(.logen. Mongolenfalte), Vortroten iler \a.>eninundgeg«nd Und
der nach aufaen getichohenen Jochbein« (inongoliacher Ile*
sichtiitypu«).
Referent vermifat die AngalK! über dio livetaltung tle»
harten liaiimena. <ier bei Mämieni iDUtal bruit und wanig
gewölM. «ein dürfte, und die Form der Zahntaigen. di« bei
Männern *cln»n geruiidol- zu *ein pflegt. — Wie achoti oben
erwähnt, Kind die urxprnnglicheii Klernente der jnpaniM'hen
Miachung ein ueii’ae« (.Viiio) und ein gellieH (von ('hinn ein-
gewaiiderteH). .Vus die-o'r Mischung la«s«n »ich \«nu'hie4]uiio
Ty|ien heraufhebmi, welch« Wido Klemeiite in »ich tragRii.
So untonclieidet Balz einen feinen und «inen grolHtn Typu»
und betrachtet den mittleren Typu» al» eine weiter« Miachung
zwi«chen dienen t»«id>m.
]>er lliiuptuntenM'hivii lM*Ri«ht darin, dnfa <lai> (ieaieht beim
feineren Typua Rchiiml und lang, beim gn>lH*n breit und kurz,
dor Kör|N.*r Wint feinen Typu« »chlnnk »md zierlich. Wim
grollen plump und unlertei/.t i«t.
Wir können, «ngt Siratz, di« »cUöne Uihlung ib-a tienicht»,
\«m Nacken. S-hultern und .\rmen aU da» «igentMcbe naine
nalu S.-hoiiheil.»izeicbi-n «1er Japniierin l*«'trai'lileü. desgleichen
sehr ■ch«'<n« lläint« und klein« Fnffe, dazu ciao »ammetanign
zarte, matt wejr»g4>llH' Haut; als Fehler dngegen einen zu
grolWn Kopf, zu »clmiale llnften, zu kurze Beine, Verdickung
der Knörh«;l. hurrülin-nd vom Siiz.<*n auf iti'iii IbHien.
Nach diu««Mi die Ki‘ir|H'rforni der .fapaner Wtn'fTendeii
KriTterungen befprieht der Verfa-<s«-r in einem folg»*nii«n
.UHchniltrt dun Ja|»«iiiscln-«i S*dimiheiLaWgriff und *li« K«i#me-
tik. Hier kommt er zu dem Schhissu. ilHfs di« landlautlge
Aurfassiiiig menschlicher S4-honlieit in Japan sich ans der
Beurteilung iler lietiiclitaziigK. der Haltung und der Klculnng
zusamnicn.setzt, tH>i der Frau s«iwohl als beim Maiino. Ibinii
bi-s|»richt er die 31itt«l, uolcho l>»*»ondcr« die Frauen an-
Heuden. um ihn.’ kiü-|M>rliclicD Vorz.ng«‘ mi'igÜchst gut zur
Geltung zu bringen undkün-sllich zu erhöhen. Dioso W.st«h«n
in idglichen Uit«l<’rn, sorgfältiger BeliaiHltung ilc.s KopfliHitr«»
und der /.ihn«. Wcifsschminken uipl einer Ib^kleidung. welche
durdi di« langen , >on olatn nach untoti laiifonilen Gowaml*
liiiien di« rnterlang« «1er Bein« dein Blick entzieht iiikI tien
ganz«’ti Kör|M*r ui>hlproportioniert«r und griifser cracheinun
lüfst. Nirg»-n<ls wird dein Körper tiewalt angethnn und die
Gesundheit auf Ko«ten do* Whimhehsliegrifl*’« gcacihadigu
Was dio Natur Schon»>s bietet, winl in künstlerischer Wels«
hervorgehubeii, was sie vorsagt hat, in gleicher Weis« vor*
borgen, d«T Gcsninteindruck ist «in hamomischcr.
ln einem » eiteren AWhnitte; ,lHts Nackt« ini täglichen
Leben* kommt der Verfanmr auf Grund angeführter Booh*
aehtiingi-n und TV’ispiete zu dein Vblusse, daf» trotz einem
feinen. aufMtrordcntlich hoidi entwickelten Kun»tg«fühl .sich
der Ja|>aner dem nackten inen«chlich«n Körper gegemiher
den StandpunI t Nnturinen.schen Tiewabrt hat und daf«
er die klassische hellenische .Auffassung von d«r Schönheit
dos Nackt«-!! nii-ht kennt uml nicht versteht. l‘nd w-ie im
lj«ben, Ml i-t «s auch iu der Kunst, di« der Verfasser in
einem folgouden Abs«-hnitte bi'spricht.
.Auchuir*. sagt er zum Sehhifs. «können unendlich vivl
von «b’n Japanern lernen, und wenn aui’h unsere Kultur in
inain-lier Bezi!*himg «Ue ihrige »lil üIst|io|i hat. wenn wir
auch geistige StdiiUze «ii-r Wissenschaft und Itidualrie
W«itz!in, di« iiinen fivinil so liaWn sie dos'li ihrerseit.s
die nllgemeiii iiM’iiM'hlicli« Naturseide in viel reinerer Form
hewalirl Und ihren da« ladien veris|e|nd«n Kiinstainn zu einer
Höhe entwickelt, zu der uii- es trotz reicherer Mittel seit der
klassischen Zeit der alten llulleiten mich nicht wieder go-
brarht hnWu.*
Ks ist ein oigi’nartigin Werk, das hier vorliegt, dicüWT-
wältigeiid zahlreichen .AbbiMuiigeii nackter weiblicher Ga*
stallen berechtigen, <«* zu Itozeichncti. Mißlich, ilafs dem
Vcrfa-<»er es niclii gelang, einige nackte männliche Köi-|>er-
gO'talien. welch« d«iiTypuH de« Aino gogenülHir ileiu mongo*
lisrhen Typus zeigen, in .sein Werk aufzuiiehinen. ]>«r An-
ihro|iolog*‘ mufs ili«» tiedauern, liesgleicheii iler Künstler, der
»eine Wissema^haft doch nicht allein am Studium weiblicher
Schoiiheileii Wreichorn will
Oafs flio Zahl der Abbiidungen durch ueibltcbu nackte
Gestalten, badeinl. «•hlufcnil, Tojlett« mHcliend, noch r**lch-
lieber anscliwillt, giebt ibuii Werke dun Anschein, als «di «w
nufscr Sach- umi Knnstverstiiiidigen auch atnlcr« Kruis« an*
xtehm «idl.
Brau lisch weig. Oswald Berkhan.
Piial Wilntzky; Vorgeschichte du» Rechts. 1. Mann
iirui Weib, die KhcvurfaMiungen. Seiten. Brosiau,
K. Trewi*mli, Itfu.'t.
IM« nicht gerade unlwsleuienile Litteratur i'iWr di« Fr-
geschichte und Kntetehung der Familie erhiilt durch <la.>>
Vorliegende Werk einen Zuwachs, w«*lcber sich allerdings
durch gemeinverstiindliche Behamilung iles Stoffes und
diefsende Sprache vor manchen einsctilägigen Werken (naiiient-
licli vor iericn l'usts) vorteilhaft ans/uichiiet und daher dum
gnifaen l’ublikum zur Orientierung üIht die ini Buchi* U-
handelten Fragen licstens empfidilen wonlen kann. l>i*m
FachiiiHiiii (uid der Wisacnschnft wiril aU-r darin kaum etwa»
Neue» geboten; Verfa».wr leimt sich dun:hw**g «tig an »eine
Vorgänger auf diesem Gebiete an. deren Schriften ja auch
das Maierial fiir »eine Induktionen liefern. IM« ursprüng-
lichen Ouullun wcnlen hingegen nur in den seltensten Fällen
heraiigezoguu.
Auch wird ni»n des Verfasser» Ansichten üWr den ge-
»ell»chaftlich«n rr/usimid. widchu er mit dem Begriffe Hu-
tarisniii» znsmnmenfalst . kniiin tieistinimun können, und e«
«r»chijint iin» »ogur geuiigt und «lern .Vnwben du» FkcIk*»
iiltlriiglicb, derartig «'iiwach iMtgrimilüte Hy[»>ihesen in einem
«nt.v'hieden mehr für linn Lilien beris-hneteri Buche \or/.u-
trageii. Hhs i!<t für die Gegner der Wi.s.scnw*.haft nur Wasser
auf ihre Mühle! l.'brigeiis ist ilic Theorie von der urs]irüng-
licheij rronnskuität . wie sie Morgan und Rost aufgestellt
hatten, von Westermarck in seiner vorzügli«’hen „rrgeschichte
dor Kilo*’ gründlich widerlegt Horden, und nur Köhler aneln
hat «liese liidire wieder nufg«-wannl, ohne j«d«*ch neue Baweis-
mittel zu erbringen.
ln der 'llint l>o«itzeu uir fiir den primitiven Hutürisiniis
(Frauen - Kommnnisiiius, Pn>ini»Luitiit^ fu.-it keine amleren
Zniignis.*« »1» eine .Anzahl Steilen 1>«i SchrifLstellern des
Altertums, welch« uohl als »ehr wenig liuweiskraftig ange-
»ehun werden inuaM'ii. l'nd geiitdu di« Institution. Vielehe
Wilutzky nm Post. Köhler u. a. als sicheres Residuum der
Koinmnnnl«he betrachtet, die frei« Liebe der jungen Leute
vor der Kli«. Imi Schiirtz in »«irn-in neuesten Buche (Alters-
klassen und Mämierbnn<le) iin» in ganz and«r«in Lichte ge-
zeigt. Pli«rhaupt kann da», was Scburlz auf S. 173 bi» 179
»eine» Ruche» von der bisher li«liebt* n Buweisfiihrung über
Proiiii.skuiüit und Grupp«-neh«‘ sagt, mit Fug und Ib-i-ht auch
von Wilutzky» Buch gehen, na» nicht wunder nimmt, d»
Köhler iu dieser llinHicht sein la’hrmei.iter und Führer ist.
Kigeiitiimlich brrühren auch in d«m vorliegenden Buche
gewi»>-e moralisierende Reitexiuneii . welche in der Verberr-
Itchuiigdcr elielichen Institutionen der modernen Kulturvölker
gipfeln, ln einem elhm.dugiscben Werke, welche» doch die
rechtlichen und •o/ialeii Kinrichtungon von Völkern aller Kul-
V .1 H l.^lr
Kleine Nachrichten.
51
iun>iufen zu untersuchen uiid zu erklären hat , aind solche
AuKsprüche ühel angebracht. Wührend man zu Kousseaus
Zeiti'ii im Wilden das Ideal erblickte, ist die angebliche
Hübe unserer heutigen VtdlkuUur gewimen <Teiat«m derart
zu Kopfe gestiegen, dufs sic sich hir bi'ruchligt erachten,
ül«r die Mizinlen Kinrichtungcri von niedriger «tehenden
Völkern, die zu verstehen wir erst atigefangun halten, glatt
weg abzuurteilen. Hoffentlich denken nicht alle juristisch >
vorgebildcten Beamten in IVuLsrhlands Knionieon gleich hart
von den sozialen Institutionen der von ihnen regierten Vblker!
: Titd jene, die es thun und demeutapreehHid auch handeln,
I tragen nicht zum geringsten Brhuld an dem Mifsgeschick,
I weiches Ikmtschlnnd (und viele andere Kolonialmächte) am
Beginne seiner Koloniallaufbahn zu wiederholten Malen ge-
troffen und gehemmt hat.
Hom I>r. Bichard Lasch.
Kleine Nachrichten.
Abtlnick Dar lait QmeUcasnasb* ae&UiUet.
— Vulkanischer .\ushruch auf Savai^i (Samoa).
Bio „Sauiuanistdie /ettutig* vom i’2. Nnvemlter bringt Näheres
über die jüngsten Vorgiinge auf Savari. lH>r Amtmann
Williains meldete von Matautu am 7. Novem1»er 13 Krd-
WWiistolsc, wovon zwei heftigere, hnuprsüchlich zwiaclicn
1 und 4 Uhr morgens. Am a. abends 8 l'hr wurden zwei
leichte und du heftig»*r Stofs verspürt. Di« Wirkungen des
KrdljebenH wart'ii, dafs die Hleinkirchu in l'aia, einem Inland-
Sprengel von Hafune, zusamineiiHel und diu von Sa sinn
starke Bisse erhielt. Am 8. N«ivoiiil»er gelang cs ilcm zur
Zeit auf Samoa zwecks erdmagnetischer Studien b>*fltidlichen
Astnuioinon Dr. Tetens. bis auf etwa I km au den Krater
heranzukoiiiiii^n. Kr marschiert« am d. von Kasina aus
mit sechs Saiiioanem und einem IteutMhen ab«uds über
liCtui, das verlasstm war, nach dem Intanrldorf Aopo, wo
aufser dem Urtsvorstehur sich noch tioun King>dH»rcne
befanden, wahrend die Übrige Bevölkerung nach dur Küste
getlohen war. Nachm '2 Uhr (am 7. Nov.) erfolgt« hier ein
sehr heftiger Krüstofs, durch den Dr. Tetenz aus dein
Hchlnfv geweckt wurde. Wegen ausgedehnten Frühstücks
liegann erst um 11 l'hr vormittags der Weitermarsch. I>a
die Ao|Kdeute sich an«chhtssen. bt'stand die nuilnga nun aus
17 IViwoneti . imciidem einer von Sasina wieder umgekehrt
war. Der Marsch ging erst südöstlich, dann südlich; auf
einem Moi genannten Blatze wurde in 700 m Hrdie Regens
halber nach dreistündigem 3larsche Halt gemacht und üi»er-
naebtet.
Am 8. November früh ü l'hr ging es weiter. Nach
l'/t Btundon wurde südlich ein liastpiatz Mat^iga in rj<H> ni
erreicht, dann bald darauf iu 13>H) tu südwestlich l'alnpaialou.
Darauf ging «w '/, Stunde siidlich auf einem tirat entlang,
an dessen tt*ls«ile zwei crb»schcne Kniierlxvken sich
befanden. Um »‘/i Uhr wunl« der v<m Osten uacti Westen
streichentle Kamm erreicht, welchen die Samoancr Mangatu
buuaanleu. Hier wurde ulsttald in südsüilwestlicher Uirblung
um Abhänge von oinem MangHafi genannten und elua
ükm entfernten, vielleicht &0 bis lou m höher liiuaufragenden
Berg Rauch und Dampf ausgemacht. Die Kraterölfnung
hatte ct«'a 100 tu im Ihirchmiwer; andauernd dogeii rot-
glühende Steine «iwas über den Baud hinaus oder zurück
ins Innere. Der Krater liegt in l4aoiu ll«>he. Naher als
auf 1000 m Kntfernung hemnzuki»mtiien war Dicht möglich.
Die UrwiiUH’oiume in dnr Nilhe des Kraters waren versengt.
Aus den Beobachtungen geht hervor, dafs, wie anzii-
uehnien war, der Krater zu denen gnhl>rt, welchen das nörd-
liche I<avafeld /wischen Aopo und Asau vor nicht allzu
langer Zeit seine Kiitstchung verdankt, welches bUIaiig das
jüngste Zeichen vulkanischer lliätigkeit auf Hamoa war.
Von diesem unt>ewach«eiien Feld« au«, welches an der
AopoMcite noch ganz junge Bbarklava zeigt, siebt mau deu
ostwestlieb streichenden (ieliirgskamin mit s^-ineu zahlreichen
liarMitkren Kratern st'hi'ui vor sich liegen. Dieser Kamm
heifsi auch Maiignloa .der lange Borg*, wie sein grl'ifserer
Vetter auf Hawaii. Bi« jetzt war ein Verlust an Meu*chen-
lelien auf Samoa nicht zu Is'klageo; auch ist der Schaden
sehr gering. Dr. Augustin Krämer.
— Karte von Steius Kaisen in Osttiirkestan.
Dr. M. A. Steins Vi>rtrag vom 10. •Iimi itH);; ^ur der I.cui-
doner g«‘ 0 graphi»chen (iesellschnfi ülier sein« Forschungen
in Ostturkestan ist im I>ezeinl>erheD 1002 des .tieogr. douni."
erschienen. Über Kteius archäologische Krgelmisse. die «r
schon 1001 iu seinem ,l’reliminarv Kcp<irt* kurz zusammen
gestellt hatte, ist im .Gb»bus“ (lid. Kl, 8. 203) eingehender
berichtet worden; hier s»d nur einiges iit»er w*ine Karte
bemerkt, die vim der indischen I^nndesaufnahine in I:7rtuö0o
Veröffentlicht wurden ist, uml von der ein guter Auszug in
l:1500iHMj das erwähnte Vortragsreferat begleitet. Htein
reiste im Aufträge der indischen Regierung, die ihm den
Banditen S— K— für die topographischen Arbeiten mitgab.
Auf ilessen Mefstihcbaufnahinon . astronomischen Bcolnach*
tmigen und Triniigtiliorungen lieruht die Karte. Viel unbe-
kaiinb's Gebiet «rschlofs die Kxpeilitiori nicht, aber Krgänzuiigen
hat das Karteubild trotzdem durch sie erfahren. Im Westen
zwischen d«m 37. Breitengrad ülier den Mustagata bis nach
Kaschgar decken sich Steins Routen mit denen Sven Hedins
und anderer; das eingehende topographische Bild ist alwr
trotzdem willkommen, da lledius .\ufnabmen aus diesem
Teil seines Reisegebiet«.*« bisher nur in einer dürftigen Kkizze
vorUegen. Schon öfter licgungeii und auch gut darg«*stellt
ist Steins Weg durch die Oasenreihe im Süden der Hand-
wüste. Von Kaschgar ülier •larkand. Kh<itan, Kerija und Rija
Ids zum Anderebett. Sein Weg zwischen Khotan durch die
Wüste nach den von Hedin entdeckten Huin«nstätten deckt sich
mit dem des scbwtfslischeii Forschers, dagegen hat S— H—
«len Kcrijalauf zwischen K«*rija und Kouchk«>r-agil als «*rster
NUfgcDoinmcn , elamso einig«* Wüstcnteile mit neu auf-
gefundeiien Ruinen nönllich und in der Nähe de.« Wegestü«>ks
Khotan — Kerija. lin (tsten folgte Ktein auf einem Abstecher
nördlich von Nija den Spuren Dutreuil de Rhins von 1841;
er kam al^er noch ein Htück nördlicher, bis ülier den
38. Bruitengra«! hinaus, wo an einer v««n de Ubitis verzeicb-
ncten .alten Htrafso* Ruinen liegen. Östlich davon wurde
bis zum Andere «*ine neue Rout« verfolgt. Südlich der
Linie Khotan — Kerija endlich drang die Bteinsche KzpiHlition
bis zu den Abhängen der Kwenluiiketten und ins Quellgebiet
des Flusses von Khotan vor und ergänzte und berichtigte
die hiHherig«n Karten . die vorzugsweise auf J'rschewalski
zurückgeben, nicht unerheblich, bestmders im Osteu. — l>i«
Ruinenstätten, im ganzen 21, sind auf der Kart«* rot hc
zeichnet mi«l zum gr«trs«m Teil auch benannt.
— In der .Zeitschr. der (b-sellsch. für Krdk. zu Berlin*
(ltHV2. Heile iH2) veröffentlicht Fr. Frech s«.*hr interessante
Studien ülw*r da» Klima der gool«»gii‘ohcn Vergangen-
h«'i(, in denen er in streng folgorichl.igiT Weis« durch alle
gimltigischen Ären den engen Zusammenhang zwischen dem
Klima und dem Kohlensäuregelmlt der Atuios])häre uach-
zuweisen sucht. Im Ans^'hlufs an Arrheuius sieht er in einer
Zunahme de« Kohlensäuregohaltes der Luft die ph^'sikalische
Krklärung für die wärmeren Kliniate, in einer Abnahme des'
scllien für die Kntstchiing kälterer Zeiten, bis zu dvn söge-
tianoti-n >'.isz«it«‘n. Da nun die K«ihleiisäiirv haiipUichlich
durch «»rganischc und ch«'iiii«rh(* Bnuu*«« verbraucht wird,
bilden vulkanisch« Kshalntioncu die einzige Krsatu)uelle für
diese Verluste. ]*Is nnirs sich also «leiiigein.'krs auch ein inniger
Zitsamtneiihang zwischen der eruptiven Thätigkeit uud den
geologisclien Klimaten ergehen, indem einem Maximum der
Kruiitiomm ein« deutlich wahrnehmluirc Hteigerung, einer
Abnalim« <ler Kruplionsthätigkeit ein Kinken der Tcmp**ratur
«iitsprwbrn mnfs«, das zweimal — am Kmle der palilozoiseJicn
Ara Und Im .knfang der gi>«il<igiach«n Gegenwart • , so stark
war, dafs es zu einer sogenannten Kiszeit führte. Hierdurch
wurden natürlich nur dl« klimatischen Verhältnisse der Krde
al« (intizes lM.N*int1ufst . während für die Gestaltung im ein-
zelnen die vei‘srhi«.)dci)artige Verteilung von J>and und Meer
iiihI di«' dadurch lH>ding1o yerändening in den Richtungen
der Wiml- und Muerosströniungen verantwortlich gciuacht
wird. Grra.
— Weihaiwei, die englische .Bachtung* an der Nurd-
köst« von Kclinntung, zählt nach engli«rhon Kokmialberichtcn
123 7.Ö0 Kinw'ohurr in .330 D«»rf«rn. Di« Ausnutzung des
anbaufähigen IttHicns an «len lüTgabhiingcn geschieht mit
d«.*r iH'kaiinten chinesischen InU-nsiUit. S«jweit die Bew<«bner
hiorilurrh iii«*ht in Ansjirurh gonoimiicn wcrticii, fertigen sie
Taue, einige Kahm* um! Is«irl«eiten St^dne. «bvh ist di»-«.*
Industrie von geringer Bt*deutung. Ks wird auch «twas Fisch-
fang beG'iehen, deasen Krtrag, so ziemlich die. einzige Kxpori-
Ware, nach Hüdchinn geht. Der Hafen, der von der Bai und
der Insel Liukuug gebildet wird, ist vortrefflich, und riol-
leicht nirgends in China können Handel»- und Kriegsscliiff«
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KI«ioe Nftehrichten.
pbt nahe <34>ni l'fer Attkern wie hier; trotzticni aber ii>t Wri-
haiwvi weni^' eiitwickulimv'<*fahi^' , «in «'in ^cUieuvnwu^ in«
Inuere fehlt iitul «Ih* im Bau lH*k;nlTstH’ «leiitKrhe Schiiiituii);*
buhlt «Ira HniMiul tmch Kinutachnu lenken rriiir». Si lieriihren
denn auch <lie ^(i'OtWn lhiin|if*;i'ltni«‘n Weihniuei nivht, mmi-
dem i;ehen diiekt itaeh THcliifu, mit dein die kleineren
Ihim|tfer einer HUbvenii<>nierten Ijinie den Verkehr aufreeht
erhalten. lM<r I’laii, Weihaiwei, detHen Forts im r1iioe<iHob-
ja|utni.«chun Krit-Ke zerst^irt wunleii sind, wit>4ier zu la'festioen,
liesteht nicht, vielmehr mtll es nur als SchifTs^Utio» zweiten
Uaui^es dienen, sowie als Sauatoriuiii für das enulische
asiatische («eschwader. An der S|dtze des (.iehiutes steht ein
britischer Kotuiiiimar, wühreml die Verwaltung dor Stadt und
der iMVrfer in den ilUnden chinesischer Beamten ruht; der
Kommissar verfolgt dalasi die Politik, sich iiiclit unnötig in
die ehiiiHsiscbe Verwaltung einziimiiU'hHii. Kin (iericlitshof
ist für {'ivil- und Strafsachen eingerichtet, neriifung tiiidot
nach Hongkong statt.
— Chor das VerhAlinis der arktischen l'l<*llu«-
kenfauna zu der antarktischen hat sich der bi'kannte
MalHkoz^Hthige des Hriiish Muneuiti. Fdgar A. Smith, in
seiner Festreile tiei der f'lieritahiue des Vorsitzes tlor .Malacie
logical Society ««f KiiglHiid geiufsoit. Kr lia> die MnlliiBketi
aus der Auslieute des < 'hallenger, welche von Watsou für
identisch mit nordischen Arten erklärt wurden, in Verbindung
mit Watson n<»cb einmal cingohend geprüft. Ks «ind 11 Arten,
Welche WhIsoii fiir identisch erklärt hat. Havon sclici«it>t
zunächst die |>olagisehe dnuthina rotnntlnia au«, die von den
Wellen überallhin gelragen wird. S>rh« weitere Arten ((«he
iiius uiteus. Kellia suborhicularis, Homr«ii>gyra atoiiius, Natica
groenlandica, Adusnmiia riaiHÜde« und l)oris lulH'rriilata)
haben sich aU falsch lH>stimnit erwiesen. Von d<*n vier übri-
gen ist un«i*re gemeine Miesmuschel (Myiilus «mIuIis) nicht
bl'ifs arktisch, somleni dun-h alle Meere \erbreitet. Hie drei
anderen (l'iiuclurella noachina, Itentaliuin kepm und Marga-
rita inruiidibnium) sind weit \urbrciiete. auch im Ticfwnaser
der Tro|M*n \t>rkouimende Ain-n. durchaus nicht auf Arktis
und Antarktis beHtdivankt.
Letztere« gilt auch imi ganz geringen Ausnahmen für
alle die Uattuiigen. welche den arktischen und aniarktis«'hen
(«ewHsaern geiueiiisam siinl. Hier wäre hervorsnihelitm ge-
wesen, dafs wir von der antarktisi-heii Fauna überhaupt n«H*h
uicht die geringste Kenntnis halten. l>ie Kx|>ediTion des
rhallcnger hat duu südliclion Polarkrt-is nirgends ülN>rschritt«n.
Wus der arktischen Fauna zum Vergleich gegeniiWr gi**ti*llt
winl. kommt au« Hreiion, welche der ii inilichcn gemärsigten
eni-precheu und ihiw Molluskenfauna wenigsiens teil-
wei**- aus subtm|iiNoheii und tropischen t*«biuiun urhalinM
halten. Kerguelen. Kap H<ii-n ii. s. w. liegen unter dem bo.
ilreitengradi*. V>>n iliessuu Stamlpunkr«- inis hedarf die Frage
nach der Jlealeutung der dein Norden und dem Siiduii ge-
meinsamen. in den Küstrngew Essern «1er Trttpen fehlemlen
t«attung«-n einer gründlich«-ii Hevision. «lie man freilich wird
Hiifschielit-n müssen, bi* «lie Gaurs und die anderen ForM-buiigs-
schiffe glücklirli h«*iiiigckuhri sin«l. K«»belt.
— Am 1. Dezemlier ivtcj starb lu Goteuburg der sebwe-
diai'he Z<s«logH Hr. Anton Htuxberg. Intendant am
d'trtigen ^Ütiseum und in gei>grapliisch«*u Kreisen als einer
«ler tüchtigsten Teilmdmier an mehreren Nurtlenski<.ild«chen
l'olare.\p(Hlitionen bekannt. Im .lahr«- 1K75 Itagleiteie er
Nortleiiskiüld nach Nowaja Semija, ia~d zum Karischeti
Meer uuil denissei und l>7S/79 auf «ler berühmten Vega-
Kv|<e«iiii«>n. IWi allen diusen Heisen war der Verstorbene
als //s*l«ige ihatig. Im -labr'.! Ih» 7 fnlirte er auf Kneten
«ies Grorskaufmanii« Jamos llicks<tn eine Studienreise nach
der Kpni um] dem Kaukasus aus. Stu.vlterg war Mitglicnl
mehrerer gelehrter tiesellH-hafti-ti und man verdankte ihm
eiHcgrofs«- Zahl von Ahharnliungen und Werke meist {»opulär-
wissenschaftlicher .\rt auf zoohigisi'lieiu Gebiete. W. W.
Der lliliitend un«l die Landschaft Sistan. ln
einem Aufsatz »Th«' G»*ogmphy «-f Southern k‘ersia a«
affectiiig its ll^sl■»^y* (Si-^ift. (5e«'gr. Mag,, lH*zemlx»r D»02)
bespricht Majnr I’. M. Ky kt-s. der vortreffliche Kenner
l'«r«ien», die Voränderun^i-n «le« lliliii«'iidbclfc* und die da-
durch liervorg«-riifeneii Anih‘rniig«-ri in Verhältnis!M-ii «ler
Ijiiidsidiall Sistan. Du.« teilweise «ehr rnichlbarc Sisian
nmfafst in der Hauptsache das Delta de« in den gleich-
namigen See mundenden Hilmemltlusses; e« wur«le durch das
.kufll'ockneii des See« infolge der V> •luineiiahnahmc de.s Flu-our«
iiml vielleicht auch «iiircb die Ausnutzung des Wassern für
/wecke «ler Kultivierung gebildet. Im Sudo->ten von Sistan liegt
das Gaud-i'/irra, eine Bodenvertiefung, dio durch den ni
breitou un<l mit bis zu tOm b«»beii Häu«leni oiiigofafsteu Schela
mit dem Seo in Verbindung steht. Das ganze G»ud ist wenig-
stens IKOkui lang lind eiwa frukiii breit und scheint da« alte
Flufabett des Hilinend zu sein. Heute birgt da« <2aud nur
an «ler tiefsten Stelle einen Sumpf, und auch Im Frühjahr
ist n«>ch nicht der zehnte Teil seine« Areals mit Wasser
l>e«]i»ckt. Im 14. .iahrhundert regulierte ein östlich des beute
verlassenen Hauwlar liegender Damm, der Banil'i-Ku«taiti.
den llilmeml in der Weise, daf« ein tiefer Kanal, der llu<l-i-
Uausdar, sich nach We*len abzweigie un<l die frucbilmre
Klicne vt>n Haiisdar l>ewässerte, wiihreu'l der llauptsirom
al« Bml-i-Nasru n<>r«lwärt« ffofs, vtirWi an den grofsen, heute
verlassenen Städten Behahrisbm und ^üihnlan. Gegen
Knd«‘ «h-s 14. Jahrhunderts znrsl4''>rte Timur den Damm, und
die Hausdarelmue wurde eine waaserloae Wüste; aber auch
der Hihm-nd selliet wurde in .Mitleidenschaft geztkgeu, un«l
er schuf sich neben dom Bud-i-Nanru weiter nördlich einen
‘ anderen nach Westen gehenden Ami, den Kud-i-SiKtan, der
da« bi« dahin nicht liewohnte Gebiet v«m Sehkuha liowä-ssorte.
Bi« zuni Beginn des 19. Jahrhundert« scln-inon weitere
.\nderung«-u nicht «tattgefunden zu hab«*u; «lami bildete sich
da« WasAur iui Gsten de« lluil-t-Na«ru einen iii'Ueii Kanal,
«loii von Nad-iAli. Dmlurch «Irohte der unter Kultur
stehendu l'eil trocken zu werden , und deshalb schnitt man
mit vieler Mühe den Kud-i-Sistan nordlicli v«»n Sehkuha ab.
1S9Ü endlich b<-gann der Hilmend auch «len Nad-i-Alikanal
zu verlassen und sich zwischen ihm und «lern Itml i-Nasni n<K*b
ein Bett zu eiS'iffnen: Si> entstand der heute al« Bud i-rerian
heknnnte Arm, ein schöner, wasserreicher Flufs nach Hykos, der
ihn IHOV kreuzte. Die allen Ix-ulo von Sistan m«-intüii joilorh,
dafs der Hilim>ud w«*hl wieder «ich dem Bud-i-NH«ru zuwemlen
wurde, uini in «ler Thal h«'>rto man Anfang Noveinlter v. .1.
von Gr«'iiz«ireiiigkeiieii zwischen Porsien und Afghanistan,
die infolge Veränderungen im FlufslH tt dc.s Hilmend aus
gobrorhen s«ion. Dii-se Streitigkeiten liefst-n «ich freilich
auch dadurch erklären, daf« in Nasn-tahad, der Hauptstadt
Sistaus. nelien dem russischen Konsul jetzt auch ein «‘Ug-
li«cher Vertreter residiert, und dadurch wird «las Verständnis
«ler Asiaten für Gn'nzstreitigkeiU-D «>ft »«^hr geschärft. Dundi
Sislaii führt ührigens die 189«! erviffneie ,Kngli«cbe Handtüs-
strafso" von t^iietta nach M***ched. (Clwr die erwähnten
Veniitdorungeii vergl. auch Syk**« Aufsatz ,A f«*urth Jimrney
ln Persia* iiu .«««xigr. J«uim.* für Februar iyO;i, wo S. 144/145
einige inlen-sMinle Kärtchen darnl«er mitgi-ieilt sind.)
— Das Klapperbreit in W es t preu f«e n. Ihi« von
Horm Prof*-«Mjr l)r. Andrea l»ewhrielten«* Klapiterbreli.
de«<en Vorkommen Herr Dr. Kafsner in 1hl. h^, Nr. «u
de« (il«>bus auch für Bulgarien feststtdlen k«iiiiile, erinneri
mich an ähnliche Geräte in meiner A«l<»piivheitiint Wost-
prousfen. Auf d«'m gräflich Gr«>l>en««'lieii Majorat*gutn Neii-
tli>rfcheii la*i Marieriwvnler war «eit Menschi'iigodenkeii ein
.K]»p|tei'breU* im Gebmuch. fN war an einem »ehr schönen.
I IioIm-ii und kmftigen Aliornliaimi Miigebracht, d«-r allgemein
der .KlapfH^rlNium* hiefs. Das Brett, eine starke, von Alter
I und Wetter gebniunte Kichenlwtble, eine Klle uii«i darüber
lang und mohr al« halb s>> breit, hing mit Stricken un zwni
I f«-«len Ai'iiien, dio am Klapia-rhauin angenagi-lt waren, ln
' den Winkeln zwischen Baum und Anm-ii wurden die liitnutier-
I artig«-n. kurz.-«tielig«-n Schlägel eing«'!klemiut. K«>jif nueh «»Imn,
Stiel nach unten. Zu den Artieitspiiusen und iia«'hher zum
Wietlerlwgiriii «ler Arlvelt ging «las ,Klap}H*rmäilc|jen' , eine
Di«Mistmagd des .Hofmanue«'' miur .kufM-lier«, an da« Brett
iiihI Imarlieiteie f% wirlwlnd im gleichinärsig>-n Takte mit
den Schlägeln. Di«-«e Fertigkeit inufste, wie «la« Tn>minvlu.
QiNt gelernt werden. Der Buf er»ehull nicht blof« durch das
ganze Dorf, ««»iiderii auch weit hinaus iu Garten und Fehl.
Iia« Brett war für rnbefugie streng verUiten; »dlwt wir
muiwillig«-ii Buben halten »eUeu iii«*hr al« «'inen hciiidii-hen
Streich dagegen gewagt. K« diente aursnrd«'tii, in eigentüm-
licher W«-!«} augivchlagen, al« FeueniieMcr. Lei«ler vermag
ich nicht zu »ugen. ob das alte Breil uoch im Gt-bniuch ist.
Ich lial«- sein**'glei*dion in tlou sech/iger Jahren mehrfach
auf den Vorwerk«.-!! v«>n NHiidi>rf«dieii un<i auf aiuleren Güb-rn
gesehen. Violh-icht llmlen «ich Leser, z. B. «lor I!«-rr Pfarrer
in Gi'ors-Tnniinau. Krt-is Marienwenler, die Weitere« dazu
I Iteriehion k«inneti. liesonders iiK-r «lie Form, Holzart, Auf-
I hängung, Atrsrhlag un«l heutige Verbr**itiing de« ^Klapper-
I breite«-, (i'ber die weite Verbruituiig de« K l!ip|«*rlirett*-* ist
1 zu vorwfison auf .Vndree, Braunscliu. Vi»lk»kuud«.-, zweit«!
.\uflag»-. S, .Vntnerkung. w.» «lie Litteratur zusjimnien-
I ge«t« Ilt ist.)
I Borlin. H. S«-iUeI.
V'ri4UiM<Mll. Ue«l.ikteiir : i‘rct. I)r. R. Aiidrce, Hrauaschweig, F«llenl«berthar-Pri>m<-nade IJ. — Drurk: Fnrslr. Vieweg u. S«Iib, Brauio>t.)iwcig.
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIET FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN; ..DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
HER AÜSGEBEK: Prok. D«. R. ANDKEE. VERLAG vo» KRIEÜR. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXXHI. Nr. 4.
BRAUNSCHWEI G.
Ka«tiilrurk nur unvb Cb*r«lakanft mit <l«r V«rUff>iumiJ}uuit Kr«tatt«(.
22. Januar 1903.
Mitteiamerikanische Waffen itn modernen Gebrauche.
Vun Karl Sapper. TAbin^en.
Von all tlnni da'i die miUttiauiorikantHchen
indiuutn* vor Ankunft der Spanier iui Kampfe ge^eu
Meiisrhui) und Tiere, wie die Appi^e Vegetation,
bei Krie;i;, Jatfd und Rodung zu vurw'eudeii pflegten, iat
der allergröf-tu Teil g&iizUcb von der Uüdflücbe ver-
^ebwuudeii: dia alten Stein- und llidzinatriiiiiente sind
Von den WafTou und Kiseugeräten der Neuzeit vcrdrAiigt
worden, din in stolzem Siageiizui? auch in die entlegeu-
stuii (regenden vorgetirungen sind und in kürzester
Frist die altebrwürdigen Überreste dea ubctuuligeti Kultur*
ziistaiides vollends zum Varscbwindoii zu bringen drohen.
S<» kannten die (tuatusus in ('ostariea vor eiiu'iii halben
Juhrbundert uocli kein hUseu, und selbst vor drei Jubr-
zebiiten bedienten sie sich noch in Jagd und Krieg aus-
scbliefslicb ihrer Bi»gtm und Pfeile, ihrer Schlingen und
Fallgrulten, bei der Rodung ihrer alten Keuersteinäxte
und ilo|z^<cbwcrter; jetzt aber fängt das fiewubr auch
bei ihnen an »ich einzubürgern , <lie Stablaxt und das
IbisebinesMT sind ailgemeiu gebräucblicb geworden, und
die alten llolz.-'cbwerter dienen heutzutage nur noch als
^äe«tangeu bei der Maissaat, weshall» man sie auch der
seitliclicii Schneide bereits beruubl bat. Wenn so seihst
in entlegenen Landstrichen die alten Waffen und Geräte
selten zu werden beginnen, so ist in den leichter zugänglicfaHti
und stärker besiedelten Gebieten Mittelainerikas davon
ülN'rhaupt fast nichts mehr zu sehen; nur der Landmann
wühlt lieim Pflügen oder Uackou noch vielfach Pfcil-
und l«anzenspitz4>ii u. dgl. IHiige auf; die steinernen
Kopfringu alter Keulen sieht man oft noch als Kinder-
spielzeug, oder sie dienen zuui Aubindeu von Ilühuerii
auf manchen Indianergeliofteii; die alten Steinlwile sind
aber zum Gl&ttwerkzeug in den Hündeu der modernen mit-
telainerikauiscbeii Männer gewonleu und finden unmeiit-
licli l>ei der Herstellung der Kaffeetrockenplätze (Patios)
vielfache Verwendung. Hei Aufständen erinnern sich
die Indianer, so weit sie nicht mit Gewehren versehen
sind, noch manchmal ihrer alten Waffen, wie z. H. nach
Rockst robs Mitteilungen die Fbujes im Jahre 1885 die
Garnison von Nenton in Guatemala mit ziigeschärften
und augekoblleu Stangen angriffeii, genau so, wie zur
Zeit der (’oiujuista, a)ii »cblesibt bewaffnete Imliuner-
scharen den S|)aniuni oft mit „varas tostadas^ zu fAeiW
zu gehen versucht batten.
In ständigem praktischen Gebrauch haben sich von
iill den ulten ÄVaSeu nur noch die Blasrohr«*, die Bügen
und Pfeile, sowie die Fisebspeere in einigen wenigen
Gebieten erhalten, und ihrer soll in den folgenden Zeilen
kui'Z gedacht sein. Blasrohre finden sieh bei den
tilobiu L.XXXI1I. Nr. 4.
wenig kultivierten Iiidianerstämmen von Costarica *)
und Puuutuü, sowie bei den viel hoher stehenden, zur
Mttyavülkerfamilie gehörenden Stämme der Altos und
der AUa Verupaz in der Republik Guatemahi. Kiii
wesentlicher Futerachied zwischen den Blasrohren des
Südens und Nordens scheint nicht zu bestehen. Hei
den Kekuhi'Iiidianeru der Alta Venipuz ist das Bhisrohr
ein einfache^ Holzrohr, das nahe dem einen Kode zur
tlrleichtorung des Zielens einen kugelfürmigeu , durch
ein Quar^stückcheii oder eine Bohne gekrönten Auf-
satz aus Wachs trügt. Dieser .Viifsatz heilst im Kekchi
xulum oder couacup, das Blasrohr selbst puh che
(t=; Ilolzrobr, im Gegeiieatz zur Flinte, pub ch'ieh r=
FJ.senrobr). AU Geschosse «tieneii l.ehmkugeln (sep),
die auf dem RiUtteller überm Feuer an der (Oberfläche
etwas gehärtet sind. Jeder Blasrobrschätze trägt einen
Vorrat diew^r l./ehmkugelu in einer eiiggefli»chteneu
Tasche (aulep); daran hängt ein «inseitig offener Kno-
chen (soche)l eines Trutliahiis oder Huhns, der dazu
dient, den Lehmkugeln genaue Rundung und das fürs
Blasnibr passend« genaue Kaliber zu verleiben. Wenn
sieb zwei Blnsruhrschützen bugeguen und begrüfs«n, so
pflegen sie jeder einen Blick in das Blasrohr des andern
zu thuii, um zu shIiud, ob der Lauf schön gerudu und
auch sonst tadellos wi. Die llauptverwendung findet
das Blasrohr bei der Jagd auf kleinere Vögel; die Ge-
scbicklicbkeit der Schützen und die Kraft des Geschosses
sind recht bemerkeiisweri; manchmal sollen den Vögeln
die Knochen durch di« Lehnikngeln zerbrochen werden,
(ielegeutlich werden aber auch andere kleine Tiere mit
dem Blasrohr getötet, und ich habe e» in den .Vlt<i-(’u-
chiiuiutaues .selbst mit nugesehou, wie ein geschickter
Indianer einer Schlange mit einem Schustie seines Blas-
rohres den Kopf zerschmetterte und dann lachend seines
Wegi-» Kiug.
Während das Blasrohr sich noch bei manebnn hoch-
stehenden ludianerstämmen «rhalteti hat, sind Bögen
und Pfeile nur noch hei tieferstehenJeu Völkeni iiu
praktischen Jagdgehrauch. Gelegentlich erobern sie
sich auch wohl vurühergohond wieder ein kleines Gebiet,
wie gegenwärtig im östlichen Nicaragua zu beobachten
ist, wo sogar l^liscbling« sich an ihren Gubraiicb ge-
wöhnt haben; aber es ist nicht zu Wzweifeln, dafs schliefs-
lichdoch auch hier da.-* Gewehr allein das Feld behaupten
wird und dufs Bögeu und Pfeile auch hier höchstens
liu Berliner Museum für Völkerkunde Ündet sich ein
filaarohr der Brikrl* Indianer.
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54
Karl Sa]ipor: MiUelMnivrikaiti>tülio Waffen im nHidernun («ebrauche.
wie vieUacU iiiiderwürte in Mittelniiierika — aU Kinder*
bpielzeui; am<daiiern werden. Vor zwei Juhrwhutun bnt
O. Stoll bei den Cftkcbitjuele» von S. Juan SucHlepeqiiez
noch zuweilen Pfeile mit Ki^eiihpitzen •) nebet Högen
lwobachtet; iu^wi^rlu■ll »ind dieHellien uIhm*. wie ei*
^«cbeim. {fkuzUch nufHer Qebrauch tfekouimen. (te^eu-
wArti^ Ntnd Hö^en und Pfeile al^ •la^dwuffeii im nörd*
lichon Miltolamoriku nur noch üblich bei den weiii^f
zahlreichen I^CHiiduiieii <leH ü^tlicheii (’hia|)a!< und nörd-
lichen Guatemala, Kowie Imi den [<encaa im afidweatlichen
Honduras. lui üüdlicheu Mittelamerika ist der Gebrauch
dieaer Ja^dwafTeu au.N*
ffmlehnter, da er sich
noch bei aUcii Indianer-
stAminen von Pamiinä
und CoMtaricu findet,
sowie bei den StAmmen
des öNtlicben Nicnraj^nu.
Im usllichon Iluuduras
daj;eK«n benutzen zur
Zeit nur noch die Su-
mo», Mu!M{uitoi4 und
Payns diese Waffen,
während diu Jicai|uea
sie seit ungefähr zwei
Jahrzehnten auf|(e)rel>en
haben. Das allmähliohu
Vordringen der Gewehre
hat zur Polare gebubt,
dafs die Itugen und
Pfeile bei den südlichen
Stämmen Mit telu meri-
kan mit immer gerin-
gerer S<»rgfalt unge-
fertigt wei den, wie schon
ein Vergleich der von
l>r. HuvaUiua I8H2^)
und von mir 1899^)
gesamiuelbtn Mribri-
pfeile ergiebt ; die Folge
davon i^t natürlich, dafs
die Treffsicherhüil eben-
falls ubniinnit, weshalb
sich denn diene Indianer
immer mehr den siche-
roren Gewehnui zuwen-
den. .Angesichts dieser
Umstände darf man er-
warten, dafs die Ver-
wendung von Hogeii und
Pfeilen für Jagdzwecke
in den Hüdlirhen Län-
dern Mitlelumerikas in
absehbarer Zeit auf-
hören wird, während
wohl das Fischen mit
Pfeilen sich noch länger erhalten dürfte. Bei den liUcan-
duuvn ilürfte dagegen der iugdmafsige Gebrauch von
Bögen uikI Pfutluii für längere Zeit g«'sichurt sein, da
ilieselhen sie dem Gewehre vorzieheii, weil sein Lärm
das Wild verscheuche. Bei den Lacanilunen wird aln^r
auch noch viele Sorgfalt auf IlerstulUiug ihrer WaHen
verwendet, iiinl daher ist auch die Treffsicherheit dieser
*) Abi;ebU<iet in Htolls Ktlinolo^ie <lvr liKlinnersiümiiie
von ttuatumala (Int'-niationale^ Archiv, lieiden issa). Tat. 2,
Nr. 25 untl 2ä.
V Ini Mu.<ieuni für Völkerkunde zu lierlin )>elliidlir1i.
*) liii Stuttgarter Museum tieittullleh.
I.eute sehr groI», wie mir von vielen genauen Konueni
derselben versichert worden ist.
Her grofse ethnologische Gegensatz zwischen den
Stämmen des nördlichen und des südlichen MittelamerikM
tritt auch bei ileii Ikigen und Pfeilen derselben deutlich
zu Tage. 1/eider ist alter das Material, das ich zu stu-
iliercn Gtdegeitheil hatte'), nicht in jeder Hinsicht voll-
stäudig gewesen, so dafs eine erschöpfende t'harakte-
ristik nicht in allen Fällen möglich war. Ks gilt dies
namentlich von den Ikigeii, da hier vielfach die Sehne
fehlt oder erst nachträglich angebracht worden ist, ao
dafs die richtige Be-
festigungsart nicht zu
erkeoiien ist. .Auch über
die Handhabung der
Bögen und Pfeile ver-
mag ich nicht genaue
Auskunft zn geben,
denn wenn ich auch
I«acandonen, Mosijuitos
und Sumos^ <'hiri|M>-
und Bribri - Indianer
habe si^biefseii sehen, so
gunOgen meine .Auf-
zeichnungeu doch nicht,
nui die Stellung der
Hände und Finger ge-
nau auzugelieii. ln
der hier nach einer
Phutographm von Hei-
land wiedergegelienen
Abbildung eines Mos-
«luitokuaheu , welcher
V'ögel schiefst, erkennt
man nltur die bei di<>sen
Indianern übliche Haud-
hnhnng von Bogen und
PfeU.
IHe mittelamerika-
nisehen Bögen stim-
lueii insofern unterein-
ander überein, dafs sie
ausnahmslos einfach
sind ; zusammengesetzte
Bögen kommen weder
in Mittelamerika , noch
auch im l»enach1>arteii
Mexiko vor, ko weit
<liu historischen Nach-
richten und die alten
bildlirlieii Ihirstellnn-
gen einen Schlufs er-
lauben. Ihe meisten
Krieger auf den mexi-
kaiiiocbeii Bilderband-
Hchriften hal»en ein-
faehe, gelH»gene Bögen (Taf. 11, Ahb. 1 u. 2), woniuf mich
Herr Prof. f^l. Seler freiindlicberwei-<c aufmerksam ge-
macht hat ; seltener sind die Ik'tgen eingebogeti, wie auf dem
Lieiizo do Tlaxcula 35 u. 55 iTaf. II, Abb, 3 u. 41. Am
meisten siebt noch .Vbb. 4 nach einem zusammengesetzten
*) irti hat»* aiir«ur eii.'viiem Muleritil (lasjenige dar Mti-
s«‘eii Voll lajiprig, Ibrrlin, Hiiiiilturg. Lülss'k. HrHtinMÜiweiif
und SiiiitL'nri ls:uut/t und bin dun I<ot1erii der genannten
Mu.«een für ihr freumlHcbea Knti'egunk<iiiiinfn tier/Urhen
Ibink sctiuldig. Ik'Similers diiiiku icli über lueiiiem liela'n
Kreunde Hr. K. Weule für die Lieta*u«wiinligkeii. mit
der er «ich zur Zeichnung der beigegeheuun Tafel verstand,
und iVtif. Kd. Seiur. der mir eine Huihe l’aus**n nach azteki-
sehen Handschriften zur Verfügung »teilte.
Mo^qulto-üidiaiierjuttf«, A'Ögel 8rhler«eud.
Aufnahme von H. Heilaoil.
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Karl Sa|ipur: Mittelamarikauiiich
nu!«, (loch mnrbt Seler tlnranf aufmerksam, Hafs
e» sich wahnHcheinlich nur um eiuou etwas eiu^edrückteii
Ikj^eti mit einer Art ScbntxleKler handelt, wie solches
lu'i kiilifonÜHchfn Unsren in ähnlicher Weitw? Torkomiut.
Kinf?e<lriickto H6|;uu kommen auch noch im
nördlichen Mexiko vor, ho hei den Ya<|ui (Nr. 29 der
Taf. h. r>hne dafs jedoch alle liU>j;en dieses Stammes der*
urtifte Form Ijesktsetii Tielmehr dürfte sie nur dann und
wann in Ermangelung heawrer Stücke jfenominen wer-
den, <ienn im nördlichen Mexiko ist Hchön gewachsenes
HoU cl>eu selten, weshalb auch andei*e Böi;en aus jener
(ie^eiid keiiiesweifs durch schöne Gestalt unFztirallen
pflegen, wie der kiiotcnreiche Bogen 23B2a des Lübecker
Mu'>eums (Taf. II, Abb. 5), oder die beiden Bögen 242 u. i
243 der Seri-lndianer im Hamburger Miis4*um. Von letz- I
teren ist 242 ästig, schwach gebogen, 243 al>er ziemlich
sorgfältig geglättet. Itemeiusam ist allen von mir unter- |
stiebten nordamerikauischeii Bögen eine Hinneigung zum i
länglich viereckigen yncri>chnitt, vielfach allerdings mit j
Abrundung gegen die Aufsenseite hin (Nr. 18h, 24a).
Die Bögmi vnrjüiigen sich nach aiifseii hin; bei den Seri*
iKigifii ist aber auch die Mitte /um Zweck l>et|uemH]i
Haltens verjüngt ((Querschnitt Nr. 18c). Din Sehnen
bestehen (mit Ausnahme des Berliner Yacjuilmgens, der
eine gedrehte riersehne liesitzt) überall aus gedrehter
I^anzeiifaser, aber di« Befestigung ist recht verschieden:
hei den Seribögen findet sich beiderseits am Kode eine
fldche Kinkerbung, in di« auf einer Seite eine einfache
Schlinge «ingeffigt wird (Nr. 18a), während am anderen
Kndc übeufalD eine Schlinge angebracht ist, daneben
aber mehrfache Uniwickeluiig stattfindet (Nr. lÜa von
vorn, Iftb von der Seite). Bei Ib»gen 2362a iles Lü-
becker Museums wirtl der Überschufs der Sehne au liei-
«len Knden «lurch ümwickelnug geborgen. Der Yaqui-
bogen Nr. 164 des Braunsebweiger Museums zeigt auf
einem Kn<le eine Bach« Kerlie und eine einfache Schlinge
«ler Sehne <Nr. 24 der 'l'afel); auf dem anderen Knde ist
eine ciiiMÜtige tiefe Kerbe angebracht: die Sobue iat
hier mehrfach henimgcwickelt (Nr. 2.'>) und läuft in
uiueu etwa 20 cm lang«n, schmalen I^'derstreifen aus.
Dagegen ist «lur Yatjuibogen zu Berlin an beiden Seiten
einfach abgesetzt und besitzt an einem Kn<le ein« ein-
fache Si'hlinge mit durchgcschobeneiu Knopf (Nr. 23 der
1'afol), am anderen Knde eine rohe, knofifartige Uuiwirke-
lung. Die I>äiJg(‘ dieses Bogens beträgt 139 cm, wäh-
rend der braunschweigische Yaqniho^n l.’>2cm lang ist.
Bogen 2362a in Lübeck ist 120 cm lang, dio beiden
Seribögen in Hamburg 152 und IGlem.
Gegenüber den iiorduiexikaniwben B»»g«ui sind die
{»acamionenbögen ungtunein sorgfältig gearbeitet. Sie
stehen au kunistvoller Glättung uiirl .ViismrHlelliernug
zwar weit hinter den sch<>neii SurinamlM>geii zurück, umcheu
al»er mit ihrer einfachen, geraden stabform, die nach
aufsen hin sieh verjüngt, und dem kreisrunden Quer-
schnitt einen sehr freundlichen Kimlruck. Hin Bogen,
den ich einem Lacandunen am Pethasee in (’hiapas j>er-
sönlich abgeuommeii habe, zeigt eine läingu von 182 cm
bei einem Durchmesser von 2,2 cm in d«^r Mitte und 0,4
um Knde. Die LacandonenlMigen im Berliner Museum,
die ich vom Usnmncinta her geHummcU habe, halMui da-
gegen nur eine Länge von 164 und 144 rni, die beiden
viui Fr. Sarg gesummeUen Bögen im ladpziger Museum
sind 146 cm lang, in der Mitte 2 ein he/w. 1,8 cm dick,
an den Knden 0,9. Sj« siinl nicht sorgfältig geglättet
und w<ihl nur für den Gebrauch von Kindern bereidiiict
gewesen, denn es sollen di«* Ib'tgeii bei d«^n Laraiidonen
all !.uiigc genau der Körperhöhe durBe.sitzcr eubsprei^hen.
So weit die Ik'igen noch die ursprünglicbe Sebnenbefc-sti-
giing zeigen, kann mau sehen, «lafs in einer Krstr«i:kung
le Waffen im nioderneu Gebrauche. ö.*>
von mehreren reniiroetern gegen das Pmde des Bogens
hin eine enge f liuwickelung von gepichtem Faden vor-
handen int, die sich am äufsersien Rand zu einem Wulst
verdickt und damit ein Widerlager gegen tlie einfach«
Schlinge der Sehne bildet (Nr. 15 der Tafel I).
Zu dem kreisrunden (Querschuiti der I^jicandouen-
bögen (Nr. 15a) steht der länglich viereckige Querschnitt
«1er Lenca-, Mosquito-, Sumo- und (riiatu-sobögen ini
Gegensatz. I>or von Herrn Wittkugel gesammelt« B<»g«‘n
der I.eucas besteht aus Pulmeuholz mit noch deutlichen
InternrMlieii auf der Innenseite, ist 153 cm lang und
leicht gebogen ( Wölbungshöhe in der Mitte 4 cot; Nr. lu
der Tafel), In der Mitte des Bogens sind die Dimen-
sionen des Querschnitts .3 zu 2 cm, gegen das Knde hin
2.3 zu 0,8 cm. Auf einer Seit« endi)^ der ibigen mit
einem kurzen .äbaatz, der eine Schlinge der Sehne auf-
nimmt (Nr. Ic), auf der Hiideren mit einem längeren
.Absatz, an dem die verstellbaro Schling« des anderen
Si'hnenendps liefestigt wird (Nr. 1 h). Ähnlich dürfte
auch der (l>ereits aufser Gebrauch gekumoieue) Bogen
der .Iira«|ueH gewe.sim Hein, der elmnfalls einen Tierockigeii
Iturchsclinitt gehabt und eine Länge von der Höbe der
Schulter der Besitzer gehabt haben «oll. Der Bogen d«*r
Payas ist nach Mitteilungen von Don Gregorio Duarto
ein gerader, nach beulen .Seiten hin sich verjüngender
Stab von 3 bis .5 Fufa l^nge; über den Querschnitt und
die Art der Befestigung dur aus Bromeliaceenfascrn ge-
drehten Sehne konnte ich keine genauere Nachricht er-
halten. Die Bögen der Sumos und Mosquit«>s sind von
länglich viereckigem Querschnitt; der von mir gesam-
melte, im Stuttgarter Museum befindliche Siimol>ogen
zeigt durchwtig einen Querschnitt von etwa 2,7 zu
0,6 cm; seine iJinge lieträgt 160 cm; er endigt beider-
seits in schmalen Absfitzeu, di« zur B«festigung der ein-
fach gedrehten, aus Burillofasern bestehenden Sehne die-
nen. Auf der einen Seite ist eine dauernde, zweifach
geknüpfte Schling« mit zerfasei-tem Kode (Nr. 12) an-
gebracht, am anderen bjulc befimlet sieb eine verstell-
Imre L>op)>elschlinge (Nr. 13), es int jedoch nicht ganz
sicher, ob dies die originale Hefesttgungvweise ist.
Die Bögen der Giiatuso-Indiauer, die ich messun
konnte, schwankten in der Länge zwischen 125 und
140 cm. Iksr von mir gesamniülte Bogen dos Stuttgarter
Museums ist 126 cm lang, von länglich viereckigem
Querschnitt, mit jäh verjüngten (mden, an denen die
aus Burillobast *') hergestellten Sehnen befestigt sind;
Originalbefestigiing nicht bekannt, da die Sehne verioren
gegangen ist; Mnturial des Bogans: Holz der Pejivalle-
palme. Au« dcinselben Material besteht auch der Bogen
der Chirip>- und Bribri-Indianer; jedoch ist hier der
Querschnitt rundlich mler oval, am Kode p]«jtzlich zuge*
«ohärft (Nr. 6 b un«l 7 a). Die drei mir vorliegemleii
Bögen sind 147 bt*zw. 168 bezw. 174 cm laug, «labei
fast gerade; Sehne durch einfache Schlinge l^efestigt
(Nr. 6b), gebildet je aus der aufgel«5steu halben Sehne.
Gegeuül>er der r«*lativen Kinförmigkeit d«*r mittel-
amerikani«ichen Bögmi läfst sich bei den Pfeilen eine
etwas gröUere Mannigfaltigkeit featstellen. und zwar
Ztdgt sich hier wieder «ehr deutlich der Gegensatz zwi-
schen d(ui Stämmen des nönlUcben und sü«nichen Mittel-
nmerika: Du Norden sind dio Pfeile lM*fii*dert, im Süden
fehlt die Fieclerung alleiithallieu; auch ist hier keine
anilere .\rt von Plugsicbening angewandt. Daf« die
I'feile «ler ,Ii«-aques Imfiedcrt waren, ist nur durch münd-
liche Mitteilungen ]>ekauut geworden; es wunie auch
mir geaagt, dnts zwei Fwlern angebracht waren: über
•) Itohmatonal timl goilrtüiie SptmUn* v«m HnrillolKist
-ind im Htuitgurter Mtiseiiiii nudaiwahrl.
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Karl SÄppt-r; Mitteinmct'ikttuiiLülit! iiti moilvriicu (lebrauclip.
die Art clnr li^de^tigun^ könnt«' man mir al>or kciuu
Auxkunrt tfcbbti. Bei (ii>n Laiaudummpfcilen (Nr. 17, i
17c) sind ebenfalls zwei Fede>‘ii zur niigHi<'lienint' nahe i
dem hinteren Knde angohrai'ht, und zwar in der Weitie, |
dufs der Kiel mir>seu liegt und die Feder dem Schaft |
platt anliegt; infolgedessen werden die einzelnen l*e<ler-
flllgel abständig, und es ent>t4>i)t zwiseben ihnen ein
grolser Lnftrauui (Nr. 17c), so daN die Wirkung bei
der liUltzerteiluiig äbnlieh sein nnirs, wie l>ei radial uIh
elu'nfalU durch Uinwickeliing ftrstgehuUeue , halbierte
Federn, und zwar zeigen alle Pfeile dioes (ttdneles, «lie
siiherer ll«M'knnft sind, «Irei Federn (Nr. 2C ii. 2ßa tier
'Pafel un«l Abb. fif, und dieselbe Krsfhuiimtjg beübuehtet
mau iimb freuiulliclier Mitteilung von Otis T. Mason uueb
an den im Nationalnniseum von \Vu^hingt<)n v«irban<lenen
Pbrileii der (\inis von Nayant in Mexiko: es ist dies die
Uefiederuiigsart, <lie auch iu den Vereinigten Staaten,
namentlich in Kalifornien, fiberwiegt und an der West-
Tafel ITl.
Ahli. 5. Bogen. yiVmker Muspimi — Al*b. 6. Nürdllche.« Hfexlko. \hh. 7, Mexico -TeuuehtltUn. — a. U^him»
de TliUfuI» 1*. — b. I.ienzo Je TIhi«1ji 15. — c. l.inur. Je TU\:iln '24. — Alili, X. Tepeyami', l.iewu de Tlax«.«!» ^4. — AW*. 0.
Warfspeer-l’lUlloiloehtlN. Cwl** Teil. l:em. 2b. — Abb. Uk a., b., e. SiWen y. — d. Code« S*Jdn« 7.
"lehenden, halbierten F«'d«'rn. !)»> Fiule der FtMleni
ist durch l niwi«‘ke]uiig mit dünnem Fadon festgebolten,
«W gespaltene Kiel d«vs vorderen Kttdes ist uiiigebogen
und ebenfalls duroli l'mwick«'lung fcstgehHlieri iN’r. 17d).
eine lh;festigung-art, die Weide iiUgcIfiedening nennt ’K
Idese Art der Fiederung srheiut im uordlicluMi Mexiko
bereits v«il|st«ndig zu fehlen, denn di«- Pfeile jenes (»c-
biete» im Berliner, Ihuunscbwciger, lluinburger «inl bü-
be«'kerMiis.jum zeig«-n ausschlieNlieh rudiul auge«)rdnote,
') Weide, Ib-r afrikanische l'fei). I<oipzig IsVd. t>. 30.
küst«' Nordami^rikas w«'ii nach dem Nonl«*n hin verlmütei
ist, wie ein Blick in .Nlnsoiis „Northamericun bows, ar-
rows an<l «|iiivers“ (Smiths«tiiian Ui |Kirt , |S9.')I) zeigt.
Nur «'ii» eiuzjg«>r kJ«-iner Pfeil des Haiubiirger Museums,
tliT xieh offeuhar in das Büiub ) «1er S*-ripfeiJ«- verirrt
! hat und dessen Herkunft daher iii«*ht mit Birstimmtheit
unzngeben ixt, zeigt zw«*i gi'geustilndige, ra«liul unge-
Mr«ln«-(e Feden‘ht*n. Builial angeordneie Federn Zeigen
j auch die meist»>n PfcilnbbüduntWüi der mexikunischen
Büderhand-chriftitii, p-durU »iiul di«‘ Abbilduugun zu
I scheinatiseh gehalten, als «laN sich xagen liefse, ob zwei
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Karl .Sn p per: Mitteln mcriknuitch'
wl»»r drei Federn niigebmehl waren (Taf. III, Abi». 7 u. S).
Neben der Rttdinlstellung der Federn kommt aber auch
die Flacbetellunj; Tor, wie der unterste Pfeil den Lienzo
i)e Tlnxciiia (Abb. 8 ) anzudeuten M*keint. Alle I’feile
«len Hildlichen Mittelamerikn, einschlier:«-lich durjeuig<*n
der lloruMjues und Guaiinies, Hind da^e^en uiibefttHiert.
und Aueh aua dem uördlicbeti Südamerika ist eine Reibe
unltefiedertiT Pfeile au« Temchiedenen Ge^endeti be-
kannt ; wo aber die Grenze di« lH*ne<lerieii Pfeil«
des SüdeuH Wgfinnt, da» Ufnt aicb Torl&ufi^ noch nicht
aiiffeben; e» sieht aber zu hoRen, dufs Ilerriuuun Merer,
der 1896 „Bokoii und Pfeil in Zontralameriku“ bear-
lM>itet hatte, in absehbarer Zeit dies« int«re 9 t>ant« Fro^e
lüsen wird.
Wie in der HeRerlerun^, vo la^Kteht auch in Bexu^
auf di« Kerbe ein grofser GegeiiKata zwischen dein Süden
und Xonbm Mitudauierikns; die unbefiederten Pfeile von
Nicaragua, ('ostarica und Patintna liesitzen keine Kerlie.
wähnutd die befiederten Pfeile des Nortleus alle eine
mehr oder weniger tief« Keriw besitzen, in die dieStfhne
aufgenommen wird (Abb. 6 und Nr. 17, 17c, 21. 26, 27
der Tafel). Gewissermafsen den Übei^aug zwiscben den
nördlichen mid sQdlirheu Pfeilen bilden «lie federlosen
l.eneapfetle , die «ine flacbe Plinkerbung zeigen und
obeiisu wie die Pfeile der benachbarten Jii-a 4 {ue.s in vieler
Hinsicht eine gewisse Sonderstellung in Mittelamenka
einnebmen. Ob di« Jicaquepfeile eine Kerbe lH>safsen
oder nicht, konnte ich nicht mehr in Krfabrnng bringen,
als ich mtnii 1H98 und 1900 im Jicaquegebiet btdand.
In Bezug auf die Zusammensetzung befinden sich die
meisten inittelHmerikauierben und nonbnexikanisehen
Pfeil« in einer gewissen übereiustimtuuug, insofern rin
iloUschuft, der die Spitze trägt, oder in seinem vorderen
Teile bildet, in ein Kohr liineingesteckt und durcti Um*
Wickelung befestigt zu sein pflegt. .\uch das hintere
Knde de« Kohrschaftes ist durch Umwirkeluug, bei den
GuatusftpFeilen sogar durch einen richtigen, um Fmle
verdeckten Knäuel gegen .\ussplltt«rn. Zerdrücken und
sonstige Bttsebädigung gesichert. Statt der knotigen
«iulieimischen Bohre wertlen jetzt gewöhnlich kuotenlose
Blfltenstengel des Zuckerrohres genommen.
ln den Oimeiisiouen schwanken die Pfeile alter aufser-
onlentlich; di« von mir gemesse'iieu Giialusopfeile hatten
als Kxtreme 218 und 24Hcm liäugc, die Bribrijagdpfeile
129 und 155 cm, während ein Fisebpfeil der (hiripo*
iudianer 213 cm mafs. Die der von mir ge-
messenen Suiuopfeile waren 181 und 204 cm. Hie Pfeile
der dieaijues sollen dagegen nur etwa 60cm lang ge-
wesen sein, und dl« I<encapfeile, die ich kenne, schwan-
ken ebenfalls nur zwischen 59 und 6 Hcm Tango , wäli-
reiid <üe von Herrn Sarg gesammelten Tacandonenpfeile
des 1 , 1 ‘ipziger Miisonms wieder zwischen 116 und 129cm
scliwnnkoit, die von mir gesammelten Pfeile der Tacan-
doiieii des Usumaciiita in Berlin zwischen 130 und 139,
die I.acnndonenpfeih' von Petha {('hiu)»Msl zwischen 143
und 147. Hagegen haben <iie Yaquipfeile in Berlin mnl
Bruiinschweig 82 und 92 cm als Kxtrt>me, die Seripfeile
(Katalog Nr. 250) in Hamburg 90 und 9.3 cm. Hie
anderen nordmexikanischen Pfeile in Hamburg 8 l und
87 cm, iti l.ülH’ck (Nr. 113, 114, 115) 82 und h 8 cm.
.\l>er es sind nicht nur die (Tcsanildimensiitnen aufser-
(»nientlich verschieden, son 4 tern auch das I.aiigeiiverhdll-
nis zwischen Kohr uinl Ilolzscluift: die Bohre der Gua-
tusupfeile erreichen P /4 bis 2 m iJiiige, die Hulzsclmfte
über * in, und da die (rc-iiuitläiige dieser Pfeile im W aldes-
dickicht allzu UulN‘i|Ueiii zu tragen wäre, so nebmen die
Gimtiisns auch di<> l»eiden Bestaiidtcile ihrer Pfeile ge-
trennt inii und setzen sie erst uiiniittell>ai' vor den» (hv
liraucli zusunniieii. Hie schon we-entlich kiirzeivu Pfeile
Waffen im modernen Gebrauoh«. 5U
der Briliri- und GuHimi-lndianer werden dagegen für
den Transport nicht mehr auseinander genommen, son-
dern sind stets schnfsfertig. Bei den Jagdpfeilen der
Bribris und Guaimis ist <!er Bohrschaft noch 90 bis
120 cm lang (bet einem P'iäcbpfeil »ogar 123 cm), Imu
den StimopFeilen 83 bis 110 cm. Hie llolzeinsätze sind
von ansehnlicher Länge und werden mehr mler weniger
tief ins Bohr hinoinges<'bol»eu und durch rmwickclimg
feslgehalten. Hie Ibdirschafte bei den Lacandooenpfeilen
des lAÜpzigor Museums sind 65 bi» 85 cm hing, di« des
Berliner Museums 85 bis 88 cm lang, die von Petha 84
bis 96 cm. Hur Holzeinsatz ragt bei letzteren um 46
bis 50 cm hervor und ist auch l>ei den übrigen Lacan-
donenpfeilen von entspreebender Länge, llagegen ist
der lioLzeinsutz bei mHUchen Lenrapfeilen so kurz, dals
er überhaupt nicht aus dem Bofir hervorragt, wie bei
dem .lagdpfeil (Nr. 3 der Tafel), während bei <len Vogel-
pfeileu der 1/encas (Nr. 2b), el^enso wie bei denen d«r
l^candonen (Nr. 16) nur der Holzknnpf aus dem Bohre
hervorsrhaut. Ganz ähnlich wie di« r<encapfeile müssen
nach einer brieflichen Mitteilung von Hon Gregorio Hn-
nrte auch die Pfeile der Payas konstruiert gewusen sein,
mit eingelassenen Ilolzpflörken an lieiden Seiten; ein
Unterhchied ist nur insofern festzustollen, als die Länge
der Payapfeile 3 bi« 5 P'ut» beträgt und die I'orm <1«^
Holzkmtpfes der Vugidpfeile (chijKites) mehr mit der der
Lacandoiien-Viigelpfeile übereiiistimmt, soweit eine rohe
Zeichnung Huartt's hierüber überhaupt Aufschlufs giebt:
statt einer scharfen Kaute in der Mitto des Knopfes
findet sich hier aber eine kugelige Kundung.
Sehr grofse l’nt«rschictle zeigen nun die einzetneu
iTeile in Bezug auf ihr« Spitzen, die teils durrb die be-
sonder« Form des Holzeinsatzcs, teil« durch eingefügte
nnd festgebundene Frcmdkör|K‘r gebildet werden. Hi«
gröfste Übereinstimmung zeigt sich hier noch bei den
Fischpfeilnn, indem ülierall, wi» bei mittelnmerikanisrhen
ludianer-tämmen solch« Pfeile Vorkommen, einfache,
runde, vom zugespitzte Holzscbäfte ins Kohr eingefügt
werden, so l>ei den Bribri. den Guatiisos, den Sumo« und
Moequitos, sowie d«n l^tcandunen, nur mit dem Unter-
schied, dnfs bei den Lacanduuen die Zuschärfung ganz
allmählich erfolgt, bei den südlicheren Stämmen aber
ziemlich plötzlich (Nr. 14a). Ziemlich grofse ÜlH*rein-
stimmung herrscht auch noch in Bezug auf die V<igel-
pfeil« — die übrigens nicht nur zur Jagd auf Vögel,
sondern auch auf sonstige kleine Tierchen verwendet
wenlen, und bei den Payas ntwh dazu dienen, Pfeile, die
sich mit ihrer Fisenspitzc in Baumzweige festgernnnt
haben, dadurch wieder loszumnchen, dafs man in ge-
ringer Fntfemung davon mit dem Vogelpfei) auf den
Ast schiefst und ihn so tücbtig erschüttert. Di« Form
der Spitz«’ der Vogelpfeihi erkennt man aus Nr. 16, 2b
nnd .5 der Tafel I.
Für die .Iag«l auf anderes Wild werden Pfeile ver-
wendet, die ein« leist ungsfähig«>re Spitze Wsitzen, und
zwar lassen die Uicandoneii eine F»‘uerstein»pitBe. di«
sie mit einem llirschlioriibeil zure<:ht geschlagen haben,
in einen Schlitz des llolzsehafte« ein und binden sie «lann
fest (Nr. 17 und 17a der Taf«*l). Wenn nun eine Feuer-
steinspitz« sich im Holz fcstreuiit, so bleibt der Pfeil
stecken; aWr beim Versuch, die Spitze berHuszuziehen,
bricht sie ab, und der I wicundone «pUtteri nun mit seinem
Bu«chni«-sser am Stumpf Splitterrbeu um Splitterchen ab,
bi.H wieder eine Pfeilspitz«’, freilich weil kleineren Format«
daraus tfewurden ist. Ht ein gröfseres Wild nur ange-
schosseii, HO streift es bei der Flucht meist den Pfeil
ab, wobei die Feuersteinspitze gewöhnlich iui f.eib des
Tieres bbdbt. Hie spitz«*nloseii Pfeile werden nun v«m
den l.acau 4 ioiien wieder gesammelt und «liirch .\ufbiudcn
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r.0
Karl Sapper: Mittölamerikaniicbe ^VHffen im modernen Oebranehe.
einer neuen SpiUe TerroUcitändi^ denn Sebaft und Hohr
iQÜHsen monatelnug: im Ilaiieh der Hütto lagern» um
gegen Angriffe von Wflrniern sicher zu sein, und darum
sind die bereit« zur Verwendung gelangten T’feilteile
immerhin ein wertvoller Besitz. — Neuerdings wird
dann und waun auch Spiegelglas statt Feuerstein zu
Pfeilspitzen verarbeitet. Vor der Ankunft der Spanier
war in weiten Gebieten MittelamerikaH und Mexikos Ob-
sidian das Spitzenmaterial gewesen , und in manchen
Gebieten, wie in der Alta Verapaz, lassen sich noch die
ehemaligen Verbreituiigsgrenzei) der Feuerstein- und der
Obsidianspitzen ziemlich genau featstellen. Bei den njir
bekannten Pfeilen der nordmexikanischen Stamme im
Hamburger und Lübecker Museum sind ebenfalls Pfeil-
spitzen aus Feuerstein, Jaspis, Gla« oder anderem üe-
steinsmaterial üblich, teils mit sintlichen Kiuschuitten
zur Erleichterung des Festbiiidenn (Nr. 20 und 20 a der
Tafel), teils ohne dieselben. 1 dagegen fehlen Steiuspitzen
volistandig bei den Yaquipfeilen, vielmehr Iftuft hier
einfach der Holzeimsatz in eine rohe rundliche oder in
eine acharf «hgesetzte, drei- t>dor vierkantige Spitze aus
(Nr. 27 der Tafel). Hie Auafühj'ung der YaquipfeU-
epitze iat so plump, dafs man an ihrer Wirksamkeit
zweifeln milfste, wouu nicht mitgeieilt wäre, dals sie
l|ergiftet »ind. lu Mittelamerika ist Vergiftung nicht
üblich, und erst lenseits* de« Isthmu» von Panama be-
ginnt wieder das Gebiet vergifteter Pfeile.
Ähnlich wie die Yaquipfeile müssen auch die Jicaque-
pfüHe beschaffen gewesen sein , denn es wurde mir be-
richtet, dafs sie eine llolzspitze besafseu, die nach dem
vorderen Ende plötzlich verdickt war und dann in eine
Spitze ausliuf. Mit dt-u Jicaquos l^eginut das Gebiet der
Holzspitzen in Mittelamerika: alle St&mmc der Ostab-
dacbiing von Nicaragua, <’ostArica und Panama scheinen
urMpr&nglich ain»sehJiefsltch Holzspitzou besessen zu
haben, die natürlich ans sehr hartem Material bestanden
(und zwar aus dem Holz dur Pejavallepalme, wfthrond
die Jicaqtiespitzen aus Lnncetilloholz hergestellt waren).
IHe Holzspitzen sind teils rund (Sumos, Mosquitos, Gua-
tiisotf), teils drei- oder vierkantig (Stämme von Tala-
matica und Panaiu4) und werden, wie ich mich pers5n-
lich überzeugen konnte, nach dem Gebrauch eventuell
immer wit5der frisch geepitzt, wobei da« Buschmesaer
wie ein Hobel benutzt wird. I>a Affen die glatten Pfeile
wieder aus ihrem Leibe herauazuziehen vermögen, so
werden gegen aie vielfach Pfeile angewendet, an denen
Widerhaken in einer (Nr. 9) oder mehreren Keihen
(Nr. 8 der Tafel) angebracht sind, und dlcaulbe Methode
ist auch bei den I.acandniien üblich. Ha Obrigeos viu-
fachu ffidzspitzen gegen grofses Wild nur geringe Wir-
kung au«zuüben vermögen, so bat man nachträglich
vitdfach begonnen, für diesen Zweck die Ilolzspitzeu
<lurch Kiiisetzen einer zurechtgufeilten Eisen- oder Stahl-
spitze zu veiü<tdrkeii (z. B. Nr. 10 der Tafel) und auch
die nordtnßxikaniachen Stämme (Seri) haben zuweilen
ihre Steiuspitze durch ein« F-isenapitz« eraetzt, wahrend
«lie Lacaudonuu bisher «teU ihren Steinspitzen treu ge-
blitjben sind. Oie Jagilpfeile der Lenca« und der Payna
be-tehen (uutser «lern Kohraehaft mit hinten eingesetztem
IfolzpRnck) aus einer gefeilten Stafüspitze, die in einen
vorn eingiisetzten Holzpflock eingelassen ist (Nr. 3 der
'rafeli. hon Oregr)rio huarte, der jahrelang Schulmeister
in dem Payadorfe ('uliui (I)ulre Nombru) gewesen ist
und die Payas daher genau kennt, teilt mir aber brief-
lich mit, dafs die Puyus statt eisunier auch Ikunspitzen
verwenden, hie Pfeile der hondureuischeii Indianer-
stamme zeigen ja überhaupt sowohl gegenülM*r ihren
mirdlichen aU gegenüber ihren südlichen Nachbarn
manche merkwünlige Eigentümlichkeit.
Verzierung der Pfeile kommt zur Zeit in l^littel-
limerika nirgend« mehr vor; dagegen zeigen manche
nordmexikanische Pfoile (Seri) höbstho Bemalung mit
verschimlHoeu Farben, besonders in der Gegend der Be-
fiederung (Nr. 21 der Tafel), und «s dürft« jeder Be-
sitzer o<ier jede Familie immer das gleich« Muster wäh-
len; wenigstens zeigen die Samnilungsexemplare vielfach
genau dieselbe Bemalung.
Köcher scheinen in Zentralaracrika gegenwärtig nur
noch bei den l^ncas üblich zu sein: ea sind rohe Leder-
köcher mit einer Lederschleife zmn Tragen, hie Jica-
ques steckten dagegen ihre Pfeile von oben und rück-
wärtB in den Gürtel ihres Gewandes und trugeu sie no,
die Befiederung nach oben gerichtet, auf dem Rücken,
hie Guatusos nehmen ihre Riesenpfeilo auseinander und
tragen sie bei der Jagd in der Hand. IHe Talamiiuca-
ludiaiier (Cbiripoiind Bribri) haben die Länge ihrer Jagd-
pfed« ') reduziert uml brauchen sie daher beim Wandern
nicht auseinander zu nehmen, sondern tragen sie mit
dem Bogen zusammen als ein offenes Bündel auf der
Schulter o<ler unter dem Arm. IHe Lacandonen, die
ihren Pfeilen überhaupt weit gröfaer© Sorgfalt widmen,
nrabüllen ihr Pfeilbündel bei dem Wege durch den Wald
mit einem etwas längeren, weichen und ziemlich breiten
Rindenstück, das die Pfeile vollständig bedeckt und also
eine Art Köcher vorstelll. Ich hatte eine solche Kindeo-
hiÜle den ans Berliner Musoura geschickten Lucandoueu-
pfeUen beigegeben, jedoch ist dieselbe nicht aufbewahrt
worden».
Aufser Bogen und Pfeilen waren früher bei Jagd und
Krieg vielfach auch W'urfspeere gebräuchlich, die teils
direkt mit der Hand geschleudert, teils durch ein Wurf-
brett entsandt wunlen. Sind solche Wurfbretter in
Mexiko noch jetzt an einzelnen Stellen in Gebrauch *■),
so waren sie früher auch in /entralamerika üblich, wie
ja Seler erat kürzlich tJberreste davon in ('haculä (Gua-
temala) gefunden hat •*). (fegenwärtig sind dagegen in
Mittulamerika nur noch bei den Sumos und M^niquitos
Wurfspeere in Gebrauch; sie worden unmittelbar mit
der Hand geschleudert und dienen nur zum Fischen.
Zwei solcher Fischspoere habe ich vom Rio Bocay in
Nicaragua nach Stuttgart gebracht. Sie sind genau so
gebaut wie lܫ .Sumopfeile (Nr. 14 der Tafel), nur ist
der Hartholzeiosatz wesentlich langer: die beiden Fisch-
speere sind 305 hezw, 327 cm laug, der R«>hrstengcl 126
Imjz. 140 cm. Pie grötste Dicke des Holzschaftes beträgt
0. 9 l>ezw. 1 cm. Bei der selbst für Bootfabrten unbe-
quemen Länge der Fischspeere ist es begreiflich, dafs
sie häufig uiisciiiander genommen werden. Bei dem
längeren Fisebspeor in Stuttgart kann man beobachten,
dafs der Holzeinsatz allein 213 cm lang ist und 25 cm
tief in das Rohr hineiugesrboben ist. Eine Befiedening
fehlt natürlich hier; es ist aber auf aztukiseben Bilder-
handschriften trotz der schematischen Zeichnung deut-
lich kenntlich, dafs manch« der mexikanischen Wurf-
speere eine Fiugsicheruug besafsen (Taf. III, Abb.9); auch
erkennt man leicht, dafs md>en hakenbesetzieu Holz-
spitzen auch Steinspitzen in Gebrauch waren, und ('od.
Seiden 9 (Taf. HI, .\bb. 10) zeigt auch, dafs die Befesti-
gung derselben offenbar gleich war wi« bei den Seris noch
heutzutage. Dafs auch die MaterialverachicHlenheit der
1. anzen- und Speeropitzen (besoudom Feuerstein und
Obsidian) in gleicher Weise sich in verschiedenen Ge-
bieten geltend macht, wi« bei den Pfedlspitzen, wissen
wir BUR .\usgrahungen.
*) Bi© Fischpfeile derselhon sind ebenfallü sehr lang.
•> fllobu«. B<1. 7«. S. 2<W.
R«ler, Die allen Ansiedelungen vuii C^aculä, 8. I6H.
Berlin 1901 .
J Google
Karl Sapper; Mittelamerikaniaehe Waffrn im moderiH^ii ftehrauehe.
«I
Überblicken wir das bisher Gesagte, so crgiebt «ich,
ilats in Mittelmuerika ron den alten Waffen nur noch
recht wenig im modernen Gebrauch sind, und dal»
eigentlich nur den Högen und Pfeilen eine etwa« weitere
Verbreitung zukommt, b^s zeigt »ich hier eine xierulic-h
einheitliche Gestaltung der Högen, aber recht verpcbiedene
Kutwickeluiig der Pfeilformen, »md zwar stehen hier die
Pfeile der zum Mayavolk gehörigen I^candoncn im
schroffen Gegensatz zu den unter -«ich ziemlich einheit-
lichen Pfeilen der uicaraguanischen, costaricaniseben und
(»anamäni-schen Stämme, wahrend di« Pfeile der houdii-
rerdschen Indianer wieder eine gewisse Sonderstellung
einnebroen. Obgleich die durchaus verschiedene Art der
HeGcylerutig ©ine weife Kluft zwischen den Pfeilen der
Lacaiidoneu und der uordmexikanischen Stämme klaffen
läfst, so ist doi'h die Verwendung von Steinspitzen und
Kerben in beiden Gebieten zu beobachten und bringt
die Lacandoneii in nah© ethnologische Beziehung zum
beiiachbarten Nordamerika, während die langen fioder-
losen und kcrbloseii Pfeile des aüdlichen Mittelamerika
entschieden auf benachbarte Gebiete Sfidamsrikas hin-
deuten, die kleinen Pfeile der hondurcniscbeu Stämme
aber durch ihren eigenartigen Hau (Holzpflock im Bohr-
schaft bei Pencas und !*aya«) auffalleu und nur durch
den Mangel an Beffoderung sich den Pfeilen der süd-
lichen Stämme etwas nähern. Anderseits neigen aber
die sonst nicht näher bekannten Pfeile der Jicaque«
durch den Besitz von zwei Flugfedern am Kiide nach
dem Typus der I.acandonenpfeile hin, wälireud di© Holz-
spitz© eher nach den Büdliehen Pfeilen hinweist, die
.Ausgestaltung dieser Holzspitze aber offenbar ganz
eigenartig war und wieder durch KuUehuung von den
Mayas nach den südlichen Stämmen erklärt werden kann.
Es besteht hier etwa divs«elbe Verhältnis wie bei den
archäologischen Funden der Jicaquegebiete **)•
nämlich neben vielem Eigenartigen doch entschieden
noch Entlehnungen ans dem Mayakulturkreis verkommen.
Es zeigt überhaupt di© Betrachtung de© mittelamerika-
«chen Pfeils beroits die ganz© ethnologische (»ruppierutig
des Gcbieia, denn dor Verbreitung der Hauptpfeil ty|»en
entspricht auch di© Verteilung der wichtigsten Kultur-
kreise, und es stimmt damit zugleich auch beinahe die
Verteilung der Sprachen überein; die einzige Aunnahme
bilden hier die Sumo» und Moaquitos, die in Bezug auf
ihre Pfeile und sonstigen Kiiliurbesitz den südlicheren
Stammen »ehr nahe stehen, Bogen und Pfeil sogar aus
genau demselben Material herstellen wie jene, aber
sprachlich nach den freilich ri^ht mangelhaften bisheri-
gen rntersuchungen zur Gruppe der isolierten Stämme
des mittleren Zmitndamerika gerechnet werden müssen.
Nun inufs man freilich annehmeti, dafs di© Mosquitoi
sich erst spät in Nicaragua festgesetzt haben und d«Is
sic ihren Kulturbesitz zum Teil den Sumos entlehnten,
und e.H handelt »ich also nur noch um die Fraget», wie es
kommt, dafs die Sumos in ihrum Kulturbesitz den süd-
lichen Stämmen so nahe «tebeu — eine Frag©, di« vor-
läufig noch nicht gelöst wenlen kann.
Scheu wir von den kleineren Uuterschietlun der mittel-
amerikanischen Pfeile ab, -so bemerken wir aufaer der
höchst auffallenden VerKcbiedenheit in den Grofsenverbält-
itissen haupt’'ächlich «inen grofsen Gegensatz ; Beffederung
im Norden, Mangel einer solchen im Süden, und e«
knüpfen sich au tUese Beobachtungen manch© Fragen
von allgemeinem Interesse, über die Technik des Bogen-
schiefsens überhaupt. Seitdem Weul© in seinem fl.Afri-
kantscheu Pfeü“ mit genialem Griff diese wichtig© Frage
“) Verhandlungen der Berliner Anthropedogisrhen (iwll-
•T.haft. te. März 1898.
aufgeworfen hat, kann man si© in einer Pfeihirbeit nicht
mehr ganz übergeben, und sie «oll auch hier kurz ge-
streift werden, obglsich wir uns auf einem geographisch
»ehr engen und an Pfeilformen sehr armen Gebiet Ih;-
wegen.
Weide sagt (a. a. 0., S.6 I, dafs der PfeiJ nach lünge,
Form und Gewicht dein Bogen cnteprechen mü»«e, um
ein« gewisse Treffsicherheit zu gewährleisten, und darin
wird man ihm wohl allseitig ]^>cht geben. Allerdings
scheinen die zentralamerlkanischeu Verhältnisse bei ob<*r-
flächlichur Betrachtung dagegen zu sprechen, denu hier
gehören gerade zu deu gröfsten Pfcücn (2,25 bi.» 2,'> m
lang!) die kleinsten Bögen (125 bi« 140 cm) — Gua-
tusos — , während zu den kleinsten Pfeilen (,59 bis
08 cm) wesentUrh gröfsere Bögen gehören (153 cm) —
Lencas — , und zu den gröfsten Bögen (Eacandonen bis
182 cm) nur niälsig lange Pfeile (143 bi« 147 cm). Allein
der Widerspruch ist nur ©in scheinbarer, denn die I*ängc
dev Bogens an sieb ist nicht da« Entscheidende, sondern
der Bau des Bogens und die Beschaffenheit de« MatcriHls,
besonders dos Holzes: ein zusammengcHetzter aaiatischer
Bogen von der Länge der I^ucabögen würde freilich
«in© viel zu grofse Spanntiefe ergeben, als dafs man mit
ihm di« kleinen Lencapfeüe absi-hloudom könnte, da«
zäh«, schwer biegsame Palinenholz der einfacbon Ijenca-
bögen entwickelt aber auch «chun hei kleiner Spanntiof©
eine hinreichende Scbleuderkraft, Au« d6msell>cu Grunde
genügen auch die kurzen Guatusobögen für ihre enorm
langen Pfeilu, die zu den gröfsten dor ganzen Erd« ge-
hören.
Wenn also im Gröfsenverbältnis zwischen Bogen und
Pfeil eine äufserliche Übereinstimmung keinesweg» un-
bedingt erforderlicli ist, so hat Weul© doch unbedingt
Recht, Wenn er «agt, dafs di© zu einem bestimmten Bogen
gehörigen Pfeil© unter sieb möglichst genau überein-
stimmen müssen. Ide Schwierigkeit besteht freilich,
dafs man bei dem in Sammlungen befindlichen Material
gewöhnlich nicht weife, ob di© vorhandenen lYeile von
einem Besitzer und Verfertiger, oder von mehreren ab-
Htamraen, und schon darum ist es schwer, nach Miiseum«-
material allein eine endgültige Eutecheidung über tech-
nische Fragen fällen zu wollen, di« bei Bogen nnd Pfeil
Huftaucheu; uancbmal findet man freilich unter dem
Pfeilmaterial eines MuHeuma für «in bestimmtes Gebiet
ganz aufserordentlicho Übereinstimmung, und Weule
nennt einige frappante Beispiele au« Afrika; in solchen
Fällen darf man wohl annehmen, dafs di« gesammelten
Pfeil« einst die Geschosse eines Mannes gewesen waren,
während im entgegengesetzten Full die Möglichkeit
bleibt, dafs die Ungloirbartigkeit davon berrührt, daf»
die verschiedenartigen Meile auch von verschiiMienüu
Besitzern stammten. 1 fieser Full tritt z. B. ein bei den
von mir gesammelten Pfeilen au« Costarica und Nica-
ragua, während die von mir in Petha gegaramelten La-
caudoneupfeUe au« drin thatsächlichcn Gebrauch des Be-
eitzers unmittelbar auf mich übergingeu. Auch die
Lacandonenpfeilc de« Berliner Museums stammen von
einem Verfertiger her — Chapin am Rio Lacantun — ;
sie stimmen untereinander noch besser überein, aU die
von Petha, die vielfiich beschädigt sind und daher nicht
«o recht untereinander verglichen werden dürfen. Recht
zufriedenstellend ist auch diu übereinstinimunK der La-
cnudoneiipfeile de« leipziger Museums untereinander;
dagegen sind die genannten drei Gruppen von Lacan-
dunenpfeilen gegenseitig stark verschttHlen in Bezug auf
die Ifimeijsionen; stet« jedmdi bleiWo di« Pfeile in gleich-
artigem Verhältnis zum zugehörigen Bogen: di« Pfeile
und Bötreii von Leipzig «ind um kleinsten. di<> von Petlm
diH gröfsten, di« Berliner halten «ich in der Mitt*-. B»-
H2
Karl Sn|>{»ei'; MittelmncriktiDiBche Waffen im nutdcrncii («obrauobc.
merkenswert isi aber aoch, dat» der Schwerpunkt eine
zieuiliob gieichfßmiige l^ge hei allen Pfeilen Imibehält,
und eH Hcheint mir, data die« (ileicbb)oiben der Schwer»
punkUlage noch wichtiger w&re, als dat^ gleichförmige
Gewicht der Pfeile, auf das Weule hauptsächlich Wert
legi. In der Thut ist bei den von mir untersuchten
Pfeilen auch die Konstanr. der SchwerpunktsUge stärker
ausgesprochen, als die des Gewichts: giebt man zur Ile»
Stimmung derselben das Prozeutverbältnis der Gesamt-
länge nnd des Pfeüabachnitts vom Schweqiunkt bis zur
Spitze an, so Bndet man folgende Schwankungen (siehe
TabuUe 1):
Tabelle 1.
OesainilAuge
ächw ■•rpunk Ulagu
Proa
(iewicht
a Lacandunenpfeüe
31 LacBiidoneDpfeile
6 Ijacandouenpfeile
Von Petba
(Berliner Iduneum)
(Leipziger Muiteuiu) ......
147 bis 143
11«, 5. 12a
HK.a bis 47.6 i
, 43, .3
36.6 , 4.1,4
3U bin 44
32 „ 38
30 , 41
IHe fttr Affen berechuetcu l*feUe mit Widerhaken I sind die VogtdpfeUe und FisehpfeUe meist leichter als
haben einen etwas schwereren ^olzeiD^atz und weichen j der Durchschnitt, die Scbwerpunktalage bleibt aber wenig
also etwas Ton den übrigen Jagdpfeilcn ab; dagegen i verändert (Tabelle 11):
Tabelle 11.
Länge
St*hwerpunkUlage
(lewicbt
Trac.
li
2 Affenpfeile des Berliner Museums
133 und 137
36,r> bis 3«,1
19 und 44
1 VogelpfeÜ • • ,
13b, 5
.38
31
1 Fischpfeil , h •
134
41
3.5,5
1 Pischpfeil von IVtha i
131
40.,'i
3.H
2 Fischpfeilo des Loipxiger Musoums '
131,3 und 134
4S.8 und 43.1
33 und 35
Da die Scbwerpunktilage ziemlich gleich bleibt, muts |
auch die Flugkurve gleichartig bleiben, was für die j
Treffsicherheit sehr wichtig ist. Fürs Fischen kommt
diese Flugkurve allerdings nicht in Iletracht. da nur ans |
nächster Nähe auf Fische geschossen werden kann. |
Wenn schon bei den befiederten Pacaiidonenpfeilen |
der Schwerpunkt ziemlich weit nach vom gerückt ist, i
so mufs dies besonders auch bei den Pfeilen der süd» |
liehen Stämme der Fall sein, da diese der Flugsicherung
entbehren und offenbar mir durch die Verlegung des
Schwerpunkts nach vorn der gerade, sichere Hug er-
möglicht wird. Schon Weule bat (a. a. 0., S. 24) auf
diese SchwerpimkUlage der ftederlo^en I*feile aufmerksam
gemacht. Kiuige Zahlen aus dem südlirhen Mittidamerika
führen sie uns ebenfalls vor Augen (Tabelle 111).
Tabelle III.
Üesanit längt*
L Schworpuuktxlage
1
i*wicht
II
5 LencApfeile
59 bis
68
19.4 bis
27
26,.5
' bis
45
3 Knmopfoile
181 ,
304
34,7 ,
40,4
75
9H
2 Bamuflschspenre
305 ,
397,5
e .
45,6
144
180
3 Guatusopfeiio
218,5 ,
248
2H.I ,
40,9
«2
103
10 Bribripfi'ile (189U gtKammKit)
140.5 .
1.58
12.2 .
42,4
52
72
1 Bribrifisebpfeil (18tf9 gesammelt)
213
39
»H
1 Bribrivogeipfeil (Berlin)
139
35,2
62
l Bribrija^pfeil mit drei Hakenreifen
1.50
38
45
1 Bribrijagdpfiul mit Bisunspitze
129
35,3
t
Sind auch hier die Verschie<lenheiten in der Schwer-
pouktslage recht ausehnUoh, su sind sie doch stets we-
sentlich geringer als die GewriohtsunterHcbiede, und
imnu>r sind sie ziemlich weit vorgerückt. Bemerkona-
wert ist auch, dafs die SchwerpuiikUlage bei den Fisch-
Hpeeren der Sumos fast mit der der Pfeile rtbereinstimmt,
wie oben zn ersehen ist, so dafs das Anbringen des
Rohrschaftes lediglich dazu dienen mag, den Schwer-
punkt nach vom zu rücken nnd damit eine gewisse
Fhigsicbcruug zu erzielen.
Du jefloch auch die befiederten I.acandoiienpfeile den
Stdiwerpunkt ziemlich weit nach vorn gerückt ha1>en, so
laf>t sich auf «leiii niittelamerikanischen (iebiet die inter-
essante Frage nicht entscheiden, ob überlmiipt die Ver-
legung des Schwerpunkts nach vorn für die fiederlosen
Pfeile ein durcbiius weseiitlicheH ^fonient sei, und ob
dies nicht überhaupt für alle Pfeile, also mich die 1 h<-
fieilei'teii, g«*ltH. Fm eine festere tirundlage für Beunt-
wortung dieser Frage zu gewinnen, habe ich daher noch
eine Reibe anderer Pfeile aus vcr-cbiedeneii Gebieten
daraufhin iinti’r-ucht und folgende Resnltnte erhalten
(siebe Tala-dle IN', S. 6H);
Überblickt man diese Piste, eo erkennt man, dafs in
der Tbat diu fietlerlosuu Pfeile iui allgemeinen den
Sebwerpunkt etwas weiter nach vorn haben als die be-
fiederten, die ihn manchmal hi« in die Mitte oder sogar
auf die hintere Hälfte von ncken können. Die verhält-
iiismätsig grofseii Scbwerpunktsschwaiikmigen rühren
b'ils davon her, dafs die Pfeile elnm von verscbit'dmion
Besitzern berrührcu , die sich je an eine be.sondure
Scbwerpunktslage gewi'ihnt halnm, zum Teil hängen rie
aber auch mit dem Spitzenmaterial zusammen; Holz-
spitzen, die narb dem Gebrauch immer neu gespitzt wer-
den müssen, bringen eine allmähliche Verrückung des
Schwerpunkts zu stände, <la tler Holzciusatz aus härterem
und schwererem Material ist als der Bohrschaft; ander-
»eitM erfolgt alH,>r bei Verweiidimg von Stein- und Glas-
spitzen eine plötzliche, freilich nicht sehr grofHu, Ver-
schiebung des Schwerpunkts, wenn ilie Spitze abbricht
und aUN ihren Re.-ten eine neue, kleinern zun^chtgeatutzt
wird, während Hein- oder gar Ki«enspiizch der Abnutzung
viel weniger unterliegen und daher noch die Schwer-
piinktslage lange konstant erhalten können.
T>ie groftfe, itllgemeiiu' Frage, welchcu Kiiifltifs die
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I>r. NV. Kdlii'it: Aus tl«ii A l))itii]dhin}ef ii des deutsclifii Soefixohereiverehis. (U)
liefimlerutiK; und der Maii^d dorf-eUwsu auf den Klug ! uthnograpliischan dar LAaung nAher gebracht
dar uU'QImmi, habuii uir auf mitWlainerikaiii»cbem wanlen können; eine eiakte Lösung ixt jedorh nur durch
Gebiet weder bjaen, noch auch weHentlicb fördcnt köii- : da“ Kxperiment iii«>glich — und ich nHVht» diuM als ein
neu; Me wird erst nach langer, gtaluldigur lbsi»bacbtuug ! iuteresKautex ballixtisclie’» iVcddeUi der Iteaobtung |Üii*
des i’feilpflugs und aorgffiltiger iMirchmuaterung de«« j gerer Mathematiker oder Physiker aiiempfehlen.
Tsiielle IV. ' li»ountm«K« ' HohwerpunkWagi! Gewicht
Pro«- g
a) Befiederte Tfuile:
13 Yaifuipfeile (Berlin)
8h
bis
1
08 (
38
bis
40 1
30
bis
46
7 Yaquipfeile (BraunschweigJ
; 82.5
.
88
39.0
46,1 I
nabe
50
6 Meripfeiie (Hamburg)
1 00,5
9.) 1
38.9
43,1
32
bis
35
5 ITeiie aus Nordmexiko (Lübeck^
1 0,3
88.8 .
46,0
49.9 1
20
,
30
54 Pfeile der Wakamba mit Kisenspitze (Leipzig)
17 Iftülc der Wakamba mit HoDspitxc (Zsdpzig) .
58.S
71,3 '
48.8
51.H
12,5
87,5
«3
68,5
52.8
54,2
13.5
18,5
8 Usindjapfeilu mit Kiüonspitzc (^*ipzig) ....
78
.
85
33,1
S»,2
36
58
b) Unbeti«>derte Ifeilo:
10 Pfeile vom Rio Ns|m» mit BeinspiUu (Leipzig) .
i
206
813,5 i
37,9
39,8
148
185
5 Pfeile vom Rio Napo mit Holzwiderhuken . .
150
221
35,7
41,9 '
69.5
„
1H4
72 Barbapteile — Afrika — mit vergifteter Eis«‘us]
piU«^ (l«eipzig)
40.5
,
44.6 1
35,9
.
31,9
10
,
19
10 i*feile von den Salomonsiiutelu mit Hol^pit/en 1
[Leipzig) . . .
128,5
•
167 j
36,5
-
4rt,8
30
■
108
Ans den Abhandlnngren de» dentschen SeeflschereirereiBs.
l>ie Thätigkott de« deutschen HeeUacberuivereiiu, die eine
iuiuii'r weitere Auttlehnuug gewinnt, bescheukt fast alijkbr-
licb di« wUsooiichaftiicha Welt mit einem Ban«i«.‘ Abhaud-
luuK«ii, der nicht nur nach der praktischen Seite hin fdrder
lieh wirk«'ti, Mindern auch Terschiedenv Wiseensgobiet«, wie
die Hydrographie und Zoologie, durch vorzQglicbe Arlieiteti
bereichern. Jetzt liege» wi^er zwei Bünde vor, über die
im nachstehenden berichtet wei-de» »ull ').
Her erste Abschnitt des ü. Bande« behandelt die Kischerei
auf den J>ir»cb und die audoreu wichtigeren Arten, mit Aus
nahm« des HeriuK», dem dar zweite Absohnitt gewidmet ist,
und der WalUcre und der Auxieru, «lereu Fang mau nicht
eigeuUicli als Fischerei liezeichneu kann. Iten AuJtang macht,
w ie billig, die lK>r*chdecherei an den l^ifoteu, welch« zu allen
Zeiten bei der iiorwegiu-heii ScetWeherei in erster Linie ge-
standen hat, Bowithl was den Beichtum des Fanges als was
seine tiMcherheit betrifft, ln letzterer Hinsicht haben freilich
die Jahr« lavv und IIKIO den alt4«n Olaubcn l>e«leDkltch er-
schüttert: gegenüber 3&,fl bis 46,5 Hilltoiien Ftscheu iu den
vorhergehenden Jaiiren ergab nur noch 15 MitUoneu,
ItfUO gar nur sV, HUU»uen Stück, ohne daik mau eine be-
stimmte l'rsachc dafür angeben könnte. Hie Iturschtischerei
an den Lofoten ist bekanntlich im wesentlichen Winter-
ftseberei; sie beginnt schon im Uezember, erreicht ihren
Höhepunkt im Januar und Februar und nimmt im M&n
langsam ab. Früher galt der 14. April als Ku>ltcrmin und
gleichzeitig als Anfang «1er Fischerei au P'imnarkeii; jetzt
bleibeu viele Fischer im Westfjord — - der Meerenge zwianhen
den Lüfiden und Norwegen bis der Telegraph ihneu die
Ankunft der Fischschwknue auf den nördlicheren Fisch-
grümlen mehlet I>er Telegraph ist für <lie norwegische
Fischerei ülierhaupt «in ganz unentbehrliches Hülfsmittel
gewortleu, uud dio Regierung hat ihr Bestes guthaii, um alle
den Fischfang betreffenden Nachrichten so rasch wio irg«md
imiglich zur allgemeinen Kenntnis zu bringeu. Hie Vögte
und Aintmünner der verschiedenen Bezirke sammeln alle auf
die Fischerei bezüglichen Nachrichten und üliermitteln sie
miudtwtcns «iuiual wöchentlich — in der tlaisuD auch öfter —
an bestimmte ZeutmbteUun. von denen sie umgehend au alle
TelHgraphcnilmtcr weiter gegeben werden uud zwar zur »o-
furiigen V«itrr>ffentlichung. Atu wichtigsten iitt das natürlich
für (len ,Süd*. deu Heriug. d«-s»en itchwüruie bald hier, bald
dort iu liesuiider» grofser Menge aufireten; alwr auch beim
Horschfang kann viel Ueld gespart werden, wenn die Fischer
nicht eher auazulaufen brauchen, als bis sichere Nachrichten
iilier das Eintreffen der Fische da sind.
Jm Weslfjord wurden am 16. März IbdS beinahe 30000
*) Ablundlungeo des Deutschen SeclucherelTer«ln>. Band 0 :
Hie JteettM'herei Norwegcai. Von Bäcker, Hclncke u&d Renkliig.
Mit 110 Tsfela In Lichtdruck und zablrekhen AbMIilungen in Text.
Hrrlio, (>tt<v 8s11e, 190l. Frei.« 8 Mark. Band 7: IHe Ostsee-
Kspeüilion 1001. Von lleUnch. lleitisrh, Apstein und Sebiemrns.
Mit Karten, Tabellen and Abbildungen. Berlin, Otto Salle, 10O*J.
Freia 8 klsrk.
Fi<w;her gezählt , deren Heimat sich l&ngs der ni.n'wcgiacheii
Küste über acht volle Breitegrad«.* erstreckt. Zu Ihrer Briauf-
stchiigung «ntseiuM die Kugierung neun Beamte mit 27 Huter-
bcamten, aufserdeiu sieben Ärzte, die bei der angestrangten
gefahrvollen ThAtigkeit ln dem rauben Winterwetter mehr
wie genug zu thun tinden. Die Fischer wohnen narzum Teil
auf ihren Schiffen; die meisten suchen Unterkunft amskrande.
wo die Landbesitzer eigene HolzhAusehen (Kirrboder) zum
Vormicten au sie errichtet haben. l>ae kleine Hörfeben
Uenningsvacr mit 6« Kiuwohncnk bat z. B. Unterkunfu-
rüume für etwa 4O00 Fischer, und diese reichen nicht immer
aus. Zu den Fischern kommen die nötigen Handwerker,
auch allerhand fahrendes Volk, und bauptadi hlich die Fiach-
kkufer, die Handelsherren aus Bergen, au« Kristiansuud. al>er
auch aus Hrontheim und Aaleiiorg. in 1S98 mit 554 Fahp
zeugen, die eiue Besatzung von 2549 Mann hat4en. t(cä<cht
wira mit Netzen, Langleinco und Handaitgeln; als Kreier für
di« Angeln dienen Heringe, Tintendsche und Hiesinuscheln.
Vm die Mitte des April liegiimen die Scharen der Fischer
sich zu lichten; sie gehen nordwärts zum Fang dee Lodde-
dorsches. Um diese Zeit kemunt nAmlich die Lixlde, der
nordische Btint l^MoUutus villosua), in Bchareu zum l,aiclien
an die Küste und mit ihm sein grimuiigtrtcr Verfolger, der
ikirscb, den hier alxo nicht der Fortpdatuungslrieb, sondern
die leicht /u erlangende Nahrung in den Bereich des
jwhen führt. Der Norweger läfst es sich freilich nicht auit-
red«n, daCi es die Walüsche sind, welche die beiden Kisi-:harten
au die Küste treiben. Hie Fischerei ist hier wasenUirh Angcil-
Üscherei, die in Netzen gefangene Lodde mufs den KMer
liefern; die Zahl der Fischer beläuft mch manchmal auf
2U000, der Fang dauert bis Ende Mai o«ler Anfang Juni.
Uieichzeitig mit dem L'fotenfang findet eine nicht un-
wichtige Horschtlscherei weiter südlich bei Ktoreggeu statt,
w«> der KosUandssoeke] Norwegens ebenfalls weit nach Westen
v«irspringt, aber ohne Inseln zu tragen, wie an den Lrjfoten.
Diese Bänke wenlcn hauptsächlich von einer an der benach-
barten Küste Hnsäiwigen Fisefaeroibevölkerung ausg**beutet,
welche auch im Hommer einen »ehr eiotrtglielien Fiwhfung
betreibt. Kristiansund und Aatesund sind die Hauptorte; sie
verwenden auch Dampfer un<! gröfsere Fischerfahrzeuge.
Vom Klima mehr begünstigt, halmu sie in den letzten Jahren
•inen erheblichen Aufschwung genommen und z. B. in 1808
etwa 0'/« Millionen l>orac.he gefangen.
Von den Dorschen wird vor allen Dingen die l^ber auf
Leherthran verarbeitet; in 1898 waren dazu 110 Dampfappa-
rate im Dang, aber ein guter Teil, und zwar genuir die
feinsten Borten, wird gewonnen, indem mau die Lebern in
Fässer schichtet und dort sich M:lbet überläfsL Das Fleisch
wird noch in alter Weise zu Klipptlach und Htuckfisch rer-
arlieitei. Die Köpfe gelten, getrocknet und gemahlen, einen
geschälzten Ouano, der Bogen wird in gn>fs«n <Juantität«n
(4UO00 bis döOOu hl) gesalzen nach den Mittelmcerlandern au»-
geführt, wo er als Ki'ider beim Hardinenfang dient, die
ächwimmblusen werden teils zu Kischleim verarbeitet, teils
geben sie als Uelaiine nach den Mittelmeerlandem, nach
Weslindieii uud selbst nach China: endlich geben die Zungen,
getalzon und getrocknet, einen wichiigeti Ausfuhrartikel nach
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G-l
hr. \V. KoUelt: Aua <leii AljbHiidlutiK«n des dt^utsehen Seefisclieri'ivereiiiH.
Hpa.ni*^» wo nie als r>eUkateme gelten. T*nbenutxt bleibt fant
iiirhu v<nu Oorscb.
(vegeniil^r d^m Ik>mch kouiDien die anderen SpeiseÜscUe,
der Hei (ifadus carbonarius). der Kcbellflficb (Hvse, Gadus
aeglednus) und die Platttiscbe fiir den (bcpttri viel weniger
zur Geltung. l>ocb ist bcsundeni an den oben erwäbnteu
UäukL'U von Htoreggen der HonmierfaDg mit Angeln von Be-
deutung; für Hcblvppuet/e i<(t die HHlenU^scfaaffenheit xu
ungünstig. Oefangeu w»;rden Itetnrnder?« der Leng (Lote
luolva), der Heilbutt (HipfKigUuHius vulgaris) und die Brosme
(Bt^mmius biMsme). l>ie Aalesunder t'isober gehen üV>rigens
auch über die tiefe Rinne der Xordsee hinaus auf das groCie
Plateau. Der Pang gebt meistens in £is uach Kngland. Von
einiger Bedeutung ist aufserdem ün Huden noch der Fang
der Makrele, des i^ch.ses und der Meerforclle, und Htavanger
verarbeitet viel Öprutt (Brisling) zu Konserven.
Nur die Ueringsfiwherei stellt sich dem Ibtrschfang eben-
bürüg zur fteite. ,I>ie norwegiseben Horingsiftsclicrejen sind
der besi>»dereti Natur des lAitdea entsprechend in jeder Be-
ziehung so eigenartig, dnfs sie sich mit keiner anderen der
furopAischen Heringsfisebereien vergleichen lassen, ln einem
entschiedenen Gegensatz stehen sie vor allem zu der schotti-
schen und besonders zu der holländischen und deutschen
Fischerei in der Nordsee. Hind diese alle, namentlich die
letzteren, als eine Hochseefischerei auf mehr oder weniger
laicbreife Hcrb<theringc anzusebeu, so handelt es «ioh in
Norwegen um eine Kiistenfischerci im strengsten Binne des
Wortes, und im weaentlichen um einen Hering, deasen Laich-
zeit in den Winter und in die ersten Frübjäbrsroonate fällt,
der aber nicht nur um dies« Zeit, um zu laichen, die KCut«
aufsucht, sondern auch zu anderen Zeiten de« Jahres, na-
mentlich in der zweiten Hälfte desselben, von Juli bis No-
vember, iu grofseu Scharen in Landnähe zu kommen pfiegt.
Ha er als winterlaichendcr Hering gerade um die letztge-
nannt« Zeit im besten Km&hrungszustaudo ist und auch die
innersten Winkel der tief uiuHcbneidetiden Fjorde aufsurht,
so liegen die FangverhiUtiü*«« hier iu Norwegen wohl günstiger
als in irgend einem ande.ren Lande, insbesondere soweit der
Fang fetter und daher wertvoller Fische in Betracht kommt.
Es kommt noch hinzu, dafs der Hering der norwegischen
Westküste grOfser ist, als alle anderen europäischen Lokal-
f«>rmen des Herings, wa« besonders deshalb ins Gewicht fällt,
weil damit auch seine jüngeren, halbwüchsigen Altenwtadien
immer noch eine wertvolle Ware bilden.*
Hie norwegischen Fischer unterscheiden sufser dem Bris
ling (Sprotte, Ciupea sprottus) fünf verschiedene Heringe.
Hie moderne Zoologie sieht in ihnen nur Kassen und Alters-
stufen de* gemeiucu Ilehngs (Clupea harengus), unterscheidet
aber zwei gut verscbiciieno Lokalrassen, den Winterhoring
des Hkageraks oder OsUaudshehng. der üu Hkagerak heimata-
l)er©cbtigt ist, und den Frühjahrshonng der Wi-stküstc, zu
dem der Vaaraitd, der Htorsild, der Fedsild und zürn
gnifsen Teile auch der kleine Hmaasild gebären. Hie sind
beide von dum schottischen Hering vollständig verschieden
und es ist völlig ausgeschlnasen, dafs die grofsen Hchwan-
kuugen im Ertrag der Ueringsfischerei von Wanderungen der
Fisebsarhwärm« von einem Gestade der Nordsee zum anderen
herrirhren. Her norwegische Heriug ist ausschliefslich ein
Bewohner der Flachscc bis zu 300 in Tiefe, und er kann in
den Fjorden selbst vom Lande aus mit Netzen gutengen
werden. Er ist aber iu seinen Wanderungen uiiberocheubar
und launenhaft, der Ertrag der Fischerei schwankend und
unsicher. Hie Hildeperiotleii, in denen der Fisch iu rnmasseu ;
erscheint, wechseln mit Hepre^ionen , manchmal von langer \
Hauer. Bis Iä71 liufertu der Vaaraiid die Hauptmasse des
Fanges, von |i$75 bis in die letzteu Jahre blieb er beinahe
vollständig aus. IHt Htorsild, im 18. Jahrhundert der wichtigste
Hering, mied die norwegische Küste von I75ä bis 1881, kam
dann wieder von 1H61 bis IR74. wo manchmal über 800000
Tonneu gefaugen wurden, und versebwaud wieder bis 1805.
Die neueren I'nterauchungeu machen et wabrschetnUch, dafs
in den schlechten Zeiten die Heringsxchwärm« einfach weiter
draursen blieben und nur für die Küstenfiacherei unerreichbar
sind, denn die llochseetlscherei in der Nordsee kennt solebe
kolossale Hchwankungen nicht. I<okale Amlerungen in den
I^aicfapIäUcn habon liei der vorzüglichen Organisation des
teleuruphischeii Nachrichtendienstes keine B«<lentuug mehr
für den .\usfall des Ucsamtfanges.
Gegenwärtig , wo VaarsUd und Htorsild den Küsten fern
bleiben, ist der Somuierfang dev Fodsiids der weitaus wich-
tigste. Er bearbaftigte von 187i» bis IH97 durchschnittlich
sä WO Fischer und brachte «inen jährlichen Ertrag von
7'wiOOO hl Heringen. Sein Fang beginnt im Juli; erbat seine
gröfste Bedeutung erst erlangt durch den Telegraphen, welcher
das Kintruffeu grofaer Schw'ärme alsbald meldet, und dur«'.h
den Dampf, der es dem Fiac.ber möglich macht, die günstigeu
Stellen ra.sch zu erreichen. Zu einem Notbrug, d. h. einem
vollständigen Notzbetrieb, gehdrt jetzt ein Dampfer, der die
eigentlichen Fischurfabrzeugv mit Zubehör rasch von einem
Fiscbgnmdo auf den andereu bringt- Der Betrieb eines
solchen Notbrug ist meistens ein genosHenschafUiehcr, V>ei dem
alle TeilueUmer an düm Ertrag lH$teiligt sind. Man sucht
mit dem grofscQ Hperrnetz (Hturnot) einen Heritigsschwarm
einxuscbliefsen, drängt ihn dann Jaitgsam an günstige Stellen
der Küste und läfst ihn hier ein paar Tage im Netz steheo,
bis die Fische die aufgenommene Nahrung (Aatz) verdaut
und sich Husgeleert haben. Hann wird der ^hwann durch
kleinere Netze in Abteilungen gesondert und eine nach der
anderen ausgeftscht. Im Jahre 1897 wurde im Eidsfjord bei
Vesteraalen ein tkhwarm ringekreist, der 4A4000hl zubr-
ruiteter Handelsware ergab. Her Wert des Fangos schwankt«
in den neunziger Jahren zwischen SA91000 Kronen in 1895
und 885000 Kronen in löOß. Von dem Somim-rhering geht
ein guter Teil nach Deutschlaiid.
Her Vaaraiid, der nach zwanzigjähriger Pause jetzt wieder
häufiger erscheint, wird au Südnorwegen im Januar und Fe-
bruar gefangen, mit kleineren Netzen und auch von Fischerei -
genosseuBchaften. In 18<>9 ergab sein Fang noch 950000hl.
iu 1878 war «r gleich Null. Her Htorsild bleibt durchschnitt-
lich weitor draufseu als die andorcu Können; sein Wioder-
auftreten wird wahrscheinlich die Veranlassung zur Einfüh-
ruug dor llix;hsoefischerdi mit Treibnetzen gelien, xu welcher
die Regierung erhebliche HuU%entioneu bewilligt hat. Man
hat jetzt schon gelernt, den Htorsild auch weiter draufsen zu
finden und zu fangen.
In den letzten 35 Jahren führte Norwegen durchschnitt-
lich 300 Millionen Kil'^gramm Fischcreiprodukte aus im Werte
von 51 Millionen Ueic^mark; davon entfallen 69 Frox. auf
don Dorsch, 39,8 Proz. auf den Hering, 4,5 auf audere
Fischarten. Hio Ausfuhr frischer Heringe begann in den
achtziger Jahren und ül)ersteigt jetzt eine Million Mark.
Zu dem eigeutlicheu Fischfang ist in den letzten Jahr-
zehnten ahi neuer Industriezweig die Jagd auf die Waltiere
getreten, welcher Ih’ofensoi' Henking ein sehr iDieresiante.s
Kapitel widmet. Es rind nach der mit Abbildungen be-
gleiteten Aufzähluug etwa 15 Arten, die Delphine mitgcrechnet,
welche von den au günstigen Küstenpunkten gelegenen Hta-
tionen mit Dampfern gejagt und mit Granatkanonen erlegt
werden. Hie Entwickelung der WaJjagd ist eng verbunden
mit dem Nemcn Hvend Foyn; ein gute« Porträt desaelbeu
ziert die Abhandlung. Mit dem Harpunengeschütz können
jetzt sämLliche Arteu gejagt vtvrdeu; wichtig sind nur): der
Blauwal (Balaetmptcra slbtaidi Gray), der Finwal (B. mus-
culos Comp.), der Buckelwal (Megaptera Iniops Fahr.) und
der Heiwal (Balaenoptera borealis Lesson). Am wichtigsten
ist der Finwal, obwohl der Blauwal an sich wertvoller ist;
es wurden alier von 1876 bis 1899 zusammen 7016 Finwale
erbeutet, an Blauwalen dagegen von 1868 bis 1899 nur 1748.
Hie erlegten Wale werden zu den Htationen geschleppt und
dort verarbeitet. Es werden an den meisten Htationeii nicht
nur Thrau und Borten gewonnen, auch das Fleisch wird zu
Ouano verarlsjitet, hier und da »ognr die Knochen. Aufser-
dem werden für die immer häufiger Norwegen Itesuchendeu
Touriideu Htbeke aus den Kiefuniknocheii angefertigt, die
allerdings im .Anfang einen üblen Geruch haben. Hie nor-
wegischen Waljäger dehnen übrigeus ihr Jagdgebiet immer
weiter aus und haben neuerdings auch Stationen auf den
Farder angelegt. Hie Ausbeute beläuft sich jetzt schon auf
etwa eine Million Kronen jährlich.
Cnbedeutrnd im Vergleich zu den vorgenannten Indu-
strieen ist der norwegischo Austurufaug. An Vemucheu mit
künstlicher Au^ternzucht hat man es in Südnorwegen ja
nicht fohlen la.HM»n , alwr motstens ist Geld daboi verloren
wunlen. Einigen Erfolg hat mau auf der Inael Tysnaes er-
zielt, in einem Küstoiiteiche, wo stifses Wasser in einer dünnen
Schicht über das Meerwaaser binflief^t und das Salzwassar
sich im Honuuer bis zu 26 bis 37* C. erhitzt'), wahrend die
Temperatur des Säfswass*'rs nicht über 16* gebt, setzt die
Auster sehr reichliche Brut ab; sie wird in Bündeln von
Birkenreisem aufgefangen und dünn in reinem Heewasser
weiter kultiviert. Ibicb sind auch hier die fiuanzielien Resul-
tate nicht allzu günstig.
Ülter den 7. Iland können wir «ns kürxer fa«m*n, obwohl
sein Inhalt eine erheblich gri>r«er« praktiiiche Beti«utuiig
*) Diese F.rs4'h«iDUBg wird von Rasch aut di« G&ruog organt*
«eher SobsUoern zurOckgHiihrt. Meines WiMirits hat eise gani
analoge Kracheinung io mit Hüfswasser Ixslsckten SalttHehen eines
unganacheo KaJes, detaeu Name mir aber entfallen ist, eine attfa«r*t
einfache Erklärung in dem vfrsehiedeoen Verbaltro des sör»en und
des salzigt-Q Wassers gegenüber der Wirme der rinfallendee Hnaoen*
strahlen gefunden.
f)r. Z.: Nftuc Krtclioiuuii{r«n in f]«>r Ktitwickehiuj^ (it>r indischen Berjilkoruiig im Deutschen Keiolio. 4i5
für die deutsche i^flscliervi hat. Kr enth&It diedetMillierten
Mericht« über eine Kxpe<Htion, welche der dfaitsche Bce-
dscliercirerein im Jahre IWi *ur Krforschun^ der Fisch-
griindt- der Ostsee an.inandU*. Von ihrem Krfolg hing e* ah,
ob eine HochseeSacberei in gn>tserem MafKRtal« versucht
werden »olite. I>ie Resultate sind aber nicht «ehr ormutigend j
gewesen. Res^mders hatlieh von der Linie Rügen— twbonen |
erwiesen sich Fauna und Flora ungemein eintönig und arm, |
dabei der Iksien für die Fischerei mit Schieppnetyoti so un-
geeignet wie möglich. Auch an Htellen, wo von t^berdschung
keine Rede sein konnte, waren HpeiaeHsche selten und meist
klein. Wostlich der gauanuten Linie bessern «ich allerdings
die Verliiiltiiisse, e* ist eine lohnende Fischerei möglich, doch
ist die Fischfamin nirgends so reich, dafs ein Rctrieb im
grofsen mit Dampf lohnen würde. Ibo günstigsten Verhält-
nisse fanden sich in den KüstengcwAsserti und auf den schon
seit alter Zeit rogelmäfsig hetischten küstennahen BAnken.
Durch die Verwendung von etwas gr(>fs«ren, seetüchtigeren, '
mit einem Motor ver^benen Fahr2augen würde «ich der Kr-
trag hier erheblich steigern lassen. Von zooge<'graphisch«m *
Irilerossc ist das völlige Fehlen des Aals und aoiner sämt-
lichen Kntwickolungssiufen sowohl in den Fungeti als auch
im Mageninhalt der gofangonen Fische. Von Süfswasacr-
Hschen wurde überhaupt nur der drotstacheligu Ktichllng
(tiaster'Mteus acultatus L.) angetruffen- Dr. W, Kobelt
Neue Rrarhflnungen in der Knlnlckelnng der JUdUrken I
Devölkening Im Deutschen Reiche.
ln Heft 3 und lieft d des 23. Randes der dritten Folge
der Hildebrand -t’onradtchen Jahrbücher für Nationaiökono
niie und Statistik, 8. 874 ff. und S. 760 ff., giebt Arthur Buppin
eine statistische Darstellung über .die sozialen V’crhkltnisRe
der .luden in Preufson und in Iteutschland“ , in welcher er
wichtige neue Krschoinnngen in der Kntwickalung der jüdi-
sebeu Bevölkerung rablenmarsig uacliweiat und in ihren TTr-
sachen naher zu ergründen sucht. Von der rund T'/t^iRioucn
iMtragenden jiidiachen Bevölkerung clcr Krdc entfallen auf
das iK'Utacho Reich 570OU0. Der Anteil der Juden an der
Oesamtbevölkerung des Deutscltan Reiches ist in dem Zeit*
absebnitt 1871,00 von 12, & pro Mille auf 11,5 pro Mille zu-
rück gegan gen; in l'rvufsen zeigt ucli dieser Rückgang
seil lUM in ständiger und verstärkter Weise, 1860 macliten
die -luden I3.S pro Millo der Bevölkerung aus. luOO nur noch
1 1.4 pro Mille. I
Bezüglich der Isabeiisfähigkeii zeigt sich zunächst l>ei den
von jüdischen Kltem tieborenen ein nicht unerheblich giinsti- ■
gare« Veriikltnis als bei den aus christlichen Khen Oetaironcn. j
Auf loou eheliche tteburten von jüdischen Kltem entfallen
in Preufacn nur 32,07 Totgelmrene. während bei 1000 solchen
(leburton von christlichen Kltem 35,64 Totgebnrene gezählt
werden, was mit der durchschnittlich bosscron sozialen l^age
der Judou zUNatmuenhängt.
Kin auffallend grofser Rückgang tritt dann alter in der
jüdischen Ueburteuzif fer io Krscheiuuug. Nach dem '
Durchschnitt aus den Jahren lK2o bis 1H6Ü kommen in
l'reufsen auf lüOö Juden noch 97,20 Oeburteu, im -Jahrfünft
I67a ö2 ist divee Zahl auf 30,82 hitiabgegangen, in dem Jahr-
fünft I6e6i*2 auf 24.54 und endlich in dem -lahrfünft 1803. v*7
auf 22,25. Dagegen entilelen auf lOOOrhnsten 1878, H2 .Hy,52
un>l IN03 07 38,15 (ieburten, so dafs also Itel ihnen die De-
burtenzil¥**r jetzt nicht weit hinter dem D<>p|M>iltnn der bei
den Juden zurückbleibt. Wir haben hier eine Thataache von
gri'ifstei- Bedeutung, die auch für die Zukunft dee deutschen
•ludentums von ontscheidendetii KinHufs sein wird. .Die
innersten (iriinde dieses ülieraus auffälligen OeburteDriiek-
ganges lassen «ich mit völliger Michvrheii ontiirlich nicht
er*chlief««n: sie sind vielleicht am eraien noch auf den im
in. Jahrhundert stark gewachsenen Wuhlsiand der jüdischen
ReviVlkorung zuruckzufiihreii, der ja, wie das Btfispiel Frank-
reichs zeigte, das Zwcikindei‘S3'stem oder zum mindesten eine
Kinschränkung der Kinderzahl zur Folge hat.* Wahrend |
noch nach Milte vorigen Jahrhunderts jüdische Khen mit
12,15 und mehr Kindern durchaus keine Seltenheit waren, I
•ind sic heute fast gänzlich verschwunden. iMc Hetoiligung I
der jüdischen Khepaare an UKK> GeburtHo ist in Preitfsen in I
den 17 J»hn-n 1882 , ganz rapide von ü,V>8 im Jahrfünft ,
Is7a a2 auf 6,15 im Jahrfünft 1HH5 yn gesunken. Hiormit |
ist auch di<‘ Ursach«* für den Hiickgang des .Anteils der Juden '
an dur (i*r>iitntbev4dkennig gegeWn. ]
Noch ungünstiger wüi^e sich al>er da.« Verhältnis zeigen, |
wenn nicht durch die .sehr günstige KterbezifTer der -Juden |
ein gewisser Ausgleich herlwigeführt würde. Die Zahl der
iin Alter über 15 Jahr vervtorbeucn Juden hat «ich von
.H47S im Jahre 1677 auf 4.S74 im -fahr© 1890 (für Preufsen)
erhöht, wa« wesentlich mit auf dio Zunahme der abmduten
Zahl der Juden in dem fragUclien Zeiträume zurücJtznfnhren
ist. .Andererseits hat sich aber die Zahl der im Alter unter
15 Jahr ventorbenen Juden — hierbei kommen in erster
Linie dio Käugiinge in Frage — von 2850 iin Jahre 1877 auf
1260 im Jahre 1899, alaif um mehr al« di© Hälfte vermindert.
Die Sterbeziffer der Juden war im Jahrfünft 187a «2 mit
17,53 pro Mille schon erheblich günstiger als die dert’hrislen
zu 25,23 pro Mille, aie ist al>ur iui Jahrfünft 1693.07 mtch
bis auf 14,73 pro Mille (dio der Christen auf 21,28 prxi Mille)
herahgesunken, avine Zahl, die als MortalitäUzifTcr der Gesamt -
lievölkerung heut« von koinem Staate der Welt errvicht wird
und al« Ideal der Hygiene angestreht wenlen könnte*.
Das Krgehuis aus der Zusanmienziohung der Geburt«* und
8tArlN'fäl|e, also hier der ül«rschufs der Geburten ülter die
8ierliefälle, erweist sich wiederum für die jüdische Bevölke-
rung nicht günstig, denn dieser ülKCrschufs ist im Abnehnn-n
liegriffen, w.Ahrend h«i der christlichen Bevölkerung das um-
gekehrte Verhältnis stattHndet. Im Jahrfünft 1678..62 twtnig
der Oberschufs hoi den Juden ms'h 12.79 pro Mille, er ist
daun alarr im Jahrfünft 189.3 97 bis auf 7,52 proätili« zurück-
gegang«*n; anderrnHÜts ist er bei den tHiristen von 14,29 pr<»
Mille in den Jahren 1876/82 bis auf 16,31 pro Mille in den
-Tahren 1693/97 angowachsen.
Seit den mehenziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ist
auch die Anzahl der jüdischen Kheschliersungen in ihntm
Verhältnis zu den christlichen Khe*chlief«uugen in l>eachtens-
werter Weis« zurnckgegangen: während in dem Jahr-
fünft 187.V'T9 in Proufsou auf 1000 christliche Kheachliefkungcn
11,42 jüdiachr «nttleicn, stellt sich im Jahrfünft 1895,99 dies«
AVrhältnUzahl nur auf 9,49. Im letzten Viertel de« 19. Jahr-
hunderts liMbeii sich übrigens die Mischehen der Juden
mit Christen ganz wesentlich vermehrt mid zwar nament-
lich die jüdisch- christlichen Mischehen (Jude mit tliristin'.
Im Jahro 1875 wurden in Preur»on 156 christlich -jüdisch«
und 121 jüdisch-christliche Mischehen eingegangeu, im Jahr«
1899 sind diese .Mischehen aber auf 212 und 271 angewachsen;
während am 1. D«zemlior 1885 in ganz Preufsen 1011 Christ-
lioh-jüdiaclie und lUHi jüdisch-christliche Miscli«hen bestanden,
wunien zehn Jahre sfiäter (1695) l>«roits 1.530 und 1757 der-
selben gezählt Itomentsprochnnd ist die Zunahme der Misch-
ehen eine ganz erheblich «-tärkere als die der rein jüdiscb«n
Khen ; für di« Rassvnvonnischung ist damit «in sehr h«-
deuteiiclor FortachrUt zu vurzeichnen. Die Mischehen thun
clal>ei alter w«N«nUicli dem Judentum wti-derum Abbruch.
,Die aus den Mischehen hervorgehenden Kinder w-erdeu nicht,
wie es das natürliche Verhältnis erheischen wurde, je zur
Hälfte Juden und Christen , «mdeni das Übergewicht der
christlichen Bevölkerung zeigt sich darin, dafs nie mit
zoDtripetalor KraD di« Kinder aun Mischehen an «ich xieht
und nur wenig« dem Judentum xurückläfst. Von allen im
Haushalt« ihrer Kltent IclH-nden Kindern aus Mischehen (in
Preufseu im Jahre 1895) wurden 75,5.8 Pr«>z. in der christ-
lichen Religion erzogen und nur 34,47 Proz. in der jüdischen;
dazu kommt aber, dafs bei letzteren vielfach noch tütcrtritiK
zum Christentum nach erlangter VoUjnhrigkeit statttimlen.
Bnzüglich der GeburtenbätiÜgkcii und der Vitalität stehen
die Mischehen keineswegs, wie e« vielfach behauptet winl,
ungünstiger da wie die sonstigen Khen.*
Gleichwie nach dem Krw«u-bsM>«n di« Juden fast aus-
schliefslich in Handel und Industrie, den hauptsächlich städti-
schen Krwerhszwt’igen (und hierin wiederum vorwiegender
in der Is'sseren sozialen Htellung, denn während iiu Handel
Ihü den Cliriston die Sellwtändigeu um etwa die Hälfte der
AnguslelUeit und Ar)>eit«r nusinachen, bilden bei den Juden
di« SeBmiändigen die Mdirhoit. dio Angestellten und Arbeiter
k«uunien niii* auf etwa fünf Sieheiiiid d«rson>enl, vertreten
sind, haben die -ludett ihren Kit/ auch vorherrschend
in den Städten. So lebten um 2. Ilezemher 1695 von den
gesamten Juden im l>eutBi'hori Reiche 43,46 Pn>z. in den
Hiädten mit mehr al« SuüCH) Kinw<ihnem, wogegen in der
christlichen Bevölkerung die in die«en Städtoti iKÜH-ndcn nur
auf 17,92Proz. kamen; für Prtmfson vorwehärft »ich dieser
(legKiisatz noch. ilic. fraglichen V«rh:tltni«zahlmi hermdtrien
sich hier auf 47,97 I*roz. und 17,37 Pn«z. , Der Zug nach den
htadten hat sich, wie er in dir ganzen deutschen Bevölke-
rung in den letzten Jahrzehnten zu konstatieren ist, hei den
Juden in lK>s<ind<3rs starkem Mafsc geregt: am 1. Dezember
1871 lebten in Preiifaen er«t 31,85 Pr«»z., am 2. llezerulwr l**!*.''
al>or 57,a.i Pro/, nller -luduii in den Sitwlten mit ülwr 2oom»
KinwnhiiertC* Dr. Z.
BüohurRohnu.
Bflcherschau.
Kran/. H<*fcr: Alt«* MctHlltroinmelu au.« Hüdusta^ieii.
Mit l'titerstät7.uii^ der (io««lIi(chaft rur Fordenintr d<rot*
«ober Wisaeu*K:biift , Kmiül und l>itteratur in iü'ihfnen.
Xpbst einem Bande mit 4S Tafel«. Loipzii;. Karl W,
llinrwmann, 190'J. Preis (gebunden lOO Mk.
Aligesehi'D von den vor wenig'«« Jahr«*n erst bekannt
gewonlenen Bnmzen au« Bunin in W«:«lafhkn hat kein Gegen*
stand BUS die«em Metall in der letxten Zeit die Ktbnographen
so eingehend lieachAftigt wie die alten .Rronrepauken* oder
1‘ruimneln, von denen im vorliegenden Prarhtwerke dio liede
ist. U«i viel auch Berufene, wie A. B. Mever, Fojr, de (iroot
und lindere daiHiber schon geachriebeu halien, so ist doch
iKK'h nicht das letzte Vr'ort gesprochen, und es hpifst noch
itniner adhuc «uh judice lis «st. uaioeiitlich wenn es sich um
da« rnprungsgehiei dieser Trommeln handelt. Kmt Mut
.'0 Jahren treten sie in Kuropu in die Wissenschaft ein; uian
wofste nicht, »as man mit den eilten liekamit gewordenen
K.teni|'laren aufangen sollt«, diu man fiir (iAfsrae hielt, bis
man ihren Zweck erkannte. Bie Fort«, vor allem die Orna-
mente, forderten xum Studium auf, und Klhnographeit wie
Kinologen begannen sich damit zu lieschäftigen, so dafs eine
kleine Litteratur darüber auwuchs, aus der vor allem da«
grofe Werk von A. B. Mayor und W. Foy, .BronzeiMiuken
au« Kudoatasien” (Dresden 1497) und die Arbeit von deUnnit,
.Antieke Ketaltromnien in don Oostindischen Archiiwl“
(Amsterdam 1894) hervorragten.
Seit jenen VcröffontUchung«*« siml diu anfangs in unse-
ren Museeu iH;hr spiirlicb vertretenen Trommeln zu einer
stattlichen Anzahl angawachsen , di« in ihren Ornainenten
nvuo Stiktziiunkte ftlr die Beurteilung der Herkunft boten.
Die weite gec^raphisch« Verbreitung, welche dieaun alten
Tnimmehi zukommt, von China an durch den ustindiseben
Archipel, führte liezüglirli der Herkunft zu verschiedenen
Mutmafsungen; die Deutung der Ornamente verursachtv
Schwierigkeiten, und Fragen mannigfacher Art, di« sich an
die Trimimcln knüpft««, waren zu Kiseti. Da ist e« denn
mit Dank auzuurkennen, dafs als Krwuiterutiir unserer his-
herigru Kenntnisse der venliente Leiter des Wiener ethno-
irraphi«ehen Museums, Franz Heger, mit Bieuentleifs und
Kcharfsinn sich nochmals, wenn auch nicht ahechliofseud.
der Sache in dem vorliegenden Werke bemächtigt hat. Kr
gelangte bezUgÜch der Herkunftsfragon, um diese vorweg zu
nehmen, zu dem Krgobnis, „dafs der Crspning dieser Troni-
meln bei dun l.^bewohnern dos heutigen südlichen China
(Miaotse, IjoIo. Kchan u. ». w.) zu suchen «el*-
Bis zum Jahre 1897 waren yj dieser 'rniimnoln liekamit
uinl durch A. B. Meyer bi'schriehen; Hftg«r gelang es, ll-l
Weitere Stück« aufzuünden und wissenschaftlich zu lie-
«chro.ü>en, so dafs heute über 190 Stuck die Grundlage für
die Kenntnis dieser in gleicher Weise für die Altertumskunde
Küdostasiuns , die Kunstguschichte und Ornamentik bedeut-
samen Trommeln bilden. Die Trommeln sind von Kalgnn
in der Mongolei als nOnllichstem Punkte über ganz China.
Hiuterimlieii , den ostindisrhen Archii>el bis nahezu Neu-
Guinea verbreitet und zerfallen, nach Heger, in vier gut ge-
«chii*<lene Haupttyfiun, zwisclien denen allerdings auch ('iMr-
gangsfiirniAii l^*«tehen. Dünne« Metallblecli von 1 bis 8 mm
Srftrk« bildet d«*ii Stoff der Trommeln, die oben eine kreis-
runde Platte haben, die auf einem unten offenen Cylinder
aufsitzt, d**r durch horizontale Leisten in Zonen zerlegt und
oniamuntiert ist; am Cylinder mindesten« vier Henkel, Alle
Trommeln sind !«amt den Henkeln, Ornarueiiten, Ittdiefvurzie-
runguti und plastlsehun Figuren iiniuer au« eiiiuni Stück gc-
goMsun. Diu ist Nur«c.hiutlen, aber iui ZiHainmeiihnngv
stellend mit den einzelnen Typen; die grüfste bisher bekatini
geworden« Trommel hat eine Hübe von 9i’o mm und einuti
Durchmesser der Platte von 1290 mm: die kleinste 19t nun
Hohe. 3IHinm Plattendnrchinesaer. ZwiKhen die^ii beiden
Kxtnnnen stehen die übrigen. Das ttowicht schwankt zwi-
schen i'J und 12^ kg. Die chemische Zusammensetzung an-
liulnngi-nd, ist ein starker Bleigebalt (bi« 2*t Pruz.) hervoi
zulieliun; Hiiuptiuetall ist das Kupfer, und Zirm kommt erst
in dritter Linie, so daf» Heger den Ausilruck .Bronze* für
diese tiegensiande verwirft und sie ah «.Muialltisunnieln'’
l•ezeichnet. Kingelo-nd wird diu technische Herstellung dicker
feiiiwaiidigen 4fuf'n<tiicko erörtert, di« von Fm'bluuteii ai«
ejni' Tcdlendete. du« Intercssu einu* jeden Kunstgiehej-s er-
regende geschildert winl. Killen Imdeiilenden 'IVil de« Werke«
nimmt uiidlieh di« uiigemem sorgf.Miig geführte l'ntursuchung
üliur die Omnnioute der 'l'roniineln in Anspruch. Der plusii-
N'he S*’liinuek. die Itelief- und ein/e|t»en Verzierungen «urdeu
eingehend gewürdigt und srhliersUch das Krgubiiis gswouneti'
Die Haiiptzonen der Trommeln enthielten ursprünglich Dar-
«tollungen bustimmter. wahrscheinlich festlicher Gelegenheiten
aus dem l^ben der von den Chinesen unter der allgemeinen
Bezeichnung asüdliche Rarhuren* zusammeugefursten ViMker.
Aus dieseu szenischen Darstellungen siud durch allmähliche
Ktilisierung Omainente geworden . die in unvcratAndliche
Formen ül»ergeführt oder durch fremde neue Muster ersetzt
wurden. Hchlicfslich wird Alter und Herkunft heHprochen.
Hier Iftfat Heger den Kinologen da« Wort, deren Urteile und
(JneUennachweise (besonders de Groot) er anführt. Sach
chinesischen Nachrichten sind diese Metalltrommuln schon
im Beginn unserer Zeitrechnung verfertigt worden, in den
südlichen Provinzen, wo die von den Chinesen ülierw iindeneii
,Man«* wohnen, welche dio Trummuln beim Gotieedienst ge-
brauchten und um das Volk iin Kriegsfall zu den Waffen
Eil rufen. Man bewahrte sie in den Wohnungen der Häupt-
linge auf und in boddhlstiacheii Klnstertemi*eln zum Kufen
der Brüder zum Gebet. Oft gab man sie den Grufsen mit
in das Grab; stets waren es (iegetiibkitde von hohem W'ert«,
auf deren Besitz sehr viel gehalten wurde. Kin ausfülir-
lieber« Litieraturverzuichnis schließit das Imdeutsame Werk
Hegers, das. wenn auch nicht ahsehliefsend, doch die Hachu
wesentlich iHrdort und als ein w ichtiger Beitrag zur Archäo-
logie und KuustgoschiebU* Ostasiens stets von blcibuudum
Werto sein wird.
Prof. Dr. Rudolf Yirrhow: Australier. 20 Hlmngiwphi-
9chu und anthropologisch« Tafultt. (Journal des Museum-
Oodelfrov, Heft lü.j Hamburg, I.. Fri«derichseu k t^*.,
1902.
Kin unvuliendutes Werk, da« fast nur au« kostbaren
Tafeln besteht iiud ohne Text in di« Welt geht . mit «ineni
sehr pietätvoll gehaltenen Vorworte di>s lledakh'um d««
grofsen , eingegangenen Journals des Mii«4*uros Godeffroy,
Dr. Ludwig FriederiehM-n , dem man atarr diu Horg«n nn-
merkt . welche tr 27 .Jahre lang um diuse* WVrk getragen
hat. Denn an lange ist us her. diif« Virchow diese letriun
20 Tafeln drucken Hufs, ohne dafs «r jemals dazu kam, den
Text zu scbreilieu, trotz vieler Anläufe dazu. Da Virrhuw
auch diu Bi-arheitung durch «inen anderen Fachmann ab-
lehnte, ao ist es nur zu billigen und mit Freud« zu Iw-
grüfseu, dafs FriiMlHrichsen nach d«s Meisters Tode die Tafeln
allein vprOffeutlieht«, die «cnist ungenutzt geblieben sein
würden. Cnd er verdient dafür den Dank der Anthr(»iH>lcigeD
und Ethnographen.
Ks handelt sich um Kkulettc. Schädel und uthnographi-
sehe Gugen«tändc. welche in Queen*land gesammelt wunJun,
ehemals einen Teil des lienihmten Museum« Goileffroy in
Hamburg hilduten und sich jetzt im Isuipziger Mu*«uin für
Volkerkund« N'ilnden. Die Abbildungen sind nach dem
Standpunkte damaliger graphischer Technik — nehr schim
ausgefallen. Ganz ohne Erläuterung sind indessen di«>s«
Tafeln nicht geblieben. Die Schädel, Skelette und ethno-
graphischen Gegenstände sind nämlich in ilum liekannteii,
1881 erM-hienenun Katologu du« Museums Godeffroy von
Sehmultz und Krause lKiig«*r «Hier kürzer erwähnt, und Dr.
FrieduricliMjn ha» in dankenswurtor Weise alle« au« jeio-m
KHtali>g>- itiisgezogon und den Tafeln beigugubuii, was sich auf die
durgusti-lUen Gcgun-*iände bezieht. Fp-ilioh l«t in 27 Jahren die
.\nt)ir«>|:<iIogi« und Kthnographi« w-«-«-nllicli fr»rtg«-u*hriirun, und
manches Gesagte erscJieint heute in anderem Tüchte. Al>er u«
liandelt sich um <len Stand vr>m Jahre IH76, in dem Virchow
den Text «chreilien wollte! So int Friederich^en* gewählter
Ausweg nur zu begrüfsen, und da« Tafelwerk wird, wenn
auch «pät'T Neubearbeitungen «intreien sollten, doch einen
bleibenden Wert flir Antliro|K>li^e und Fltliimgraphie .Austra-
lien« iHjhaupUm.
UieUard Androu
Moritz Schanzt Wustafrika. 415 Suiten. Berlin, Wilhelm
Küs.seri>tr, I9l'S.
. Wie in meinem jüngsten Buche «Ost- und KÜdafrika« ge-
denke ich auch im vorliegenden Werke '•Westafrika- dem I«e»<‘r
in gedrängter Form eine allgemeine l'liersicht ülier die darin
iH'spruchenen Ijänder zu gelam und dabei in mbglichst oh-
jektivvr Weise beeonders dio Geschichte der Koloni-
sation, dio Kiiirichtiing der Verwaltungen und die
wlrtscliaftlichon Verhältnisse zu lierücksichtigen.*
Mit diuaett W>>rtun Iw^gitiut dor Vurfasser das einleitende
Kapitel diunus suiiteü neuesten Wurkus (des verdienten Heise-
Kleine Naobrichtoo.
H7
und KoiimiAlAehriftHtoll^n); nod j«der. der wi »ufmerkaam
ffcieMo hat, wird am BehloDi hin«ufd{^n mÖMcn: diea« Ab-
«icht Ut meist gelöst worden. (HUeklieh und Oberacbau ge-
während ist der Aufbau des Werke». Naeb einem aligenieinen
Cberblick aber die geKbichtlkheii, ireogrupbischen. etbni»-
graphischan. komnierziellea u. a. w. VerbAltiuw« Westafrika«
librrhftupt folgt lietraehtung der einxelnen Landstriche i
gruppeDWeine imch den derzeitigen ltesit/iua«*)iieii zusammen-
gefafsL In jeder dieser i*rup|>en werden di« einzelnen <le-
biet« haupUAchlieh nach den in daii ziüerten Kingangsworten
betuiilau Ktchtungen knapp und kurz, aber nichts desto we-
niger eingehend durchbesprochen. Wohlthuend wirkt lUe vor-
nehme objektive Huhe.
Gerade aber, weil sich das Werk w» vorteilhaft von an-
deren Schriften »ogen. Welireisender nuterwheidet und ihm
hoher Wert und innere Bedeutung innewohnt, nnVhte ich |
wuusrhcD, dafs es auch in rein wissenschaftlicher Hin- |
sieht cl«u*u durchweg einwandfrei wäre, ln dieser Richtung j
sind verschiedene, wenn auch nicht gerade wesentliche Un- >
genauigkeiU'ti unterlaufen. So sind z. H. die Grenzen des 1
Sudan d(M*b nicht mit aiaer »ulcheo Besthmnthoit festzulegeii. '
wie die« auf R 4 in dem Giwamthbcrblick geschah (vgl. hierzu Pas-
saiges Adaiiiau». S. HA9). Die in gleichem Kapitel S. 8 u. f. ge-
gebene Hoderige«taltung ist doch recht Hllgemciu gehalten.
I'nter den hydsigrapliischeti AngnlH-n K. d u. f. ist für den
an der Kainernuküste mündenden Saimga mler Ix>mllurs als
Name, wohl aus Versehen, der seiner einen Mündung: Kongo
(die andere heifst Kenga) aufgeführt. Bei dieser Geleji^nheit
sei gleich erwähnt, dals der C'am|>odur8 nach den neuesten
frmizosiHcfacn (und deutschen) Forschungen durchaus nicht
mehr als „unlfodeutcnder Küsttinduf**. wie er B. S4 noch ge- I
riannt Ist. aiigesprocbeu w-erdeu darf, sondeni ein atisgedehn- i
tea HtnmigebU't zu bilden scheint-. Hei Besprechung des 1
Klimas u. s. w. (8. » u. f.) sind die geschilderten meteoro-
logischen Verhältnisse xuni Teil zu eng l>egrenzt, zum Teil
sind Landstriche /u.-gimmengerafst. die ganz verschiedenen
ineteoroiogiwhen Bedingungen unierworft^n sind; der ineteo-
nilogiscfae Aquauw. der gerade die GuineAgchiete so K’harf
scheidet, fand nicht genügende Beachtung; wie auch der
Wännei<|uator nicht auf 5° nördl. Br., wndern weit nörd-
licher li^t. Kndlich sei mich eine geographiache Furiebtig-
keil lierichtigt: der Mendif Ut nicht m h<H3h, wie
S. 8*24 angegelten. »otidem nur ,KK) bis 400 m. In ctlitiogra-
phiM-her Hinsicht Ut mir ein Ratz 8. 185 iinversUindlich: Iwi |
der Besprechung ilnr KingeUircnen in Französisch Kongo
heifst es: Diese (die Kingelxirerien) sind teils <*chUt Neger,
weist alter Bantu'f bei der gleichen Gelegenheit ist von zwei
Uantustämmen die Rede: den Fan und M(Mingwe; iw sind
die« nicht zwei verschiedene Ktäiume, sondern zwei verschiedene
Namen für ein und denselben Ktannn (neltenliei Wmerkt
nicht Mpongwe. sondern Mimiigwe).
Auch ein paar gawhichtliche Unrichtigkuiten sind zu ver-
Itassern; B. ist von einer K\|>edit)un Tappenbecks Uüdi bis
iaa9 im Aufträge der .Afrikanischen GttselUchaft* die Rede
— Tap|>enlieck war in diesien -Inhreti mit Hnuiitmanii Kund
im deutschen Reichsdienst, in Kaniorun thätig; d«r auf 8 . *288
unter den ersten Kamerunforschern aufgeführte Naniu .Hornig*
ist wohl ein Schreibversehen; damn auscliiiefsend sind l»ei
Aufzählung der Krfolge der l>r. Grunersrhen t»zw. der Dr.
l'assarge-Kxp'.-dition in Togo bezw. Kamerun wnhl die der
ersierrn. nicht «Iwr auch die der letzteren genannt, was —
wi« die Stelle lautet - zu Mifsverständnis Vemnlassurig gelwn
kann. Sa«*hlich nioc-ht« ich hierzu t^emerkon. dafs die laii-
stungeu der Zintgraffachcii und Morgensche», sowie der Kling-
sehen u. s. w. aiutlicheu Kx^HHÜtion doch wie bisher zu
gering eingeschätn sind; ohne deren vrwberHiteude Aufklärung
und Krschlieftung hätten die nachfolgenden privaten Fnier-
nebuieti d<>« Kauieruu- liezw. Togo-Koinitee« wohl nicht da»
erreicht, was ihnen tbatsäc-hlich gelungen ist.
Derartige kleinere Ungenauigkeiicn. von denen ich di<*
Wesentlichsten — iin Inieresaa? de« Werkes — anfgnftihrt
habe, thun seinem Gesainiwerte nicht den geringsi«-n Kintrag.
Kinnial sind sie an sich ja nicht schwer ins Gewicht fallend,
und dann ItetrefTen sie nicht die Haupttendenz des Buches:
l'nterweisung über die kolonialpuUtischen und kolonialwirt-
schafUkheu V'erhällnitM« Westafrikaa — und darin liegt ja
der Hauptz«‘eok «eine« Buches. Und dieser ist nach meiner
Überzeugung erreicht: o« ist ein w'ertvulle«, unentbebrlirhes
Hnndbuch für jeden, der in irgend einer Thätigkeit an
Afrikas Westküste sich beihtdet oder binausgeht, wie nicht
minder für jeden, der sich zu Hau»- üt>er alle Verhältnisse
dort ilmufsen unterrichten will. Und niM^h etwas: gerade
aus den geschichtlichen Kapiteln die*m Baches, aus dem ge-
schilderten Kiitwickelungs- und Werdegang der verschiedenen
Koiouieeii verechiedaoer europäischer Btaateu kann man er-
sehen und lernen, wie man'« machen und wie mau’s nicht
machen soll.
Hinsichtlich der Aussttiuung hätte ich nur einen Wnn*ch:
Hoignbe einer Üliersichiskarte.
Hutter.
Kleine Nachrichten.
AMrark nur oiU Qui^nc-uautiube
~ Tolniatscbews Kxpedition nach dem Kusiiezki-
scheu AlaCau an der Grenze der sibirischen Regierungs-
bezirke Tomsk und Irkutsk im 8"mtner Hmi'j verlief nach
dem Vorträge de« Bvisenden in der Petersburger ge <grapbi«chen
Oc*cll*cJuifi v.-m 18. NovcmlHsr im ganzen günstig. Das
untersuchte Gebiet hibb-t di<‘ Wasserscheide zwischen dem
Flufsliccken de« Ol> und des -leniMci und steigt von Westen
im grufM*M und ganzen allinählicli an, fällt alter nach Osten
in jähen AlHinrxeii Itciimhe senkrecht ab. Fis i:<r vollkumtiien
uiibewobiit und liereiiet daher dem Forscher groi'He Bchwierig-
keiten. Zum Aa.*igangs- und Ausriistungspunkt war die Btadt
Kusnezk gewählt worden, weit hier alles Fkfoixlerlirhe zu
liedeutend billigeren Preisen zu haben war, als an der Ost-
seite im Regierungsbezirk Joiiisseisk. Von Kiimexk aus folgte
<lie F.xpedition zunächst dem Lauf des Flusse« Tom bis zum
Dorfe Pialkanieschek und tring dort an den Ftufs Naxa« üb<T, wo
»ich einer der si:höttsten U-cslernwälder l»elindet. Hier wurde
die Grenze zwiachen den unlerkarbontiichen .\biagerungen
und dem oberilevnnischeu rillen Sandstein übersebritten und
weiter ging es längs dem Bergrücken Tulun-syrt, der sich
etwa 8(M) bis 90i> in Aber dem Meeretsspiegel erhebt und mit
Nadelholz, vorwiegend Fichteu und vetvinzelteu Uedem,
bewachsen ist. — Die Seenforschungen des Rednern hatten
keine umfassenden iimnologischen l’ntvrsuchungen zum
Zweck, sondern tj>ezi«U geologisch morphologisch« und s«>llteti
die Gestaltung der Seeliecken im ZtisHmiiierihang mit der
Orsigmphie der ganzen Gegend zu ergründen suchen- Zn
dem Behnfe wurde jeder einzelne 8ee sorgfältig vemiHsaeii
und eine Karle entworfen, die sich auf zwei Basislinien
stützte. Alt manchen Orlen lagen inohrei'e Seen in nnmittcl-
barer Nähe voiieinand«i', aber staffelbirmig in venechkden
bohent Niveau, und die Gewässer der li-dtercn ergossen sich
in male.ri»chen Wasserfällen in die tiefer liegenden, lin
ganzen hat er 18 Scoii erblickt., und t‘2 von ihnen unter-
sucht. die bisher noch auf keiner Karte verzeichnet waren.
Von gixkfMmi Inteis'sse war auch, was der Retlner von den
Glacialgebiidcn iMirichteio, die er an einer Menge von Ses*ti
hat fest.stvilcn können. Moränen sind vielfach vorUatiden.
elieniot rundlich ahgeiw'hlifTene Fel«en mit den charakteristi-
schen parallelen KriUen.
— Geolrygische BeobachtUDgen von K. Philippi und eine
Schilderung der Vegetationsvcrhältiiis*« von Kroil Werth von
Pofsession- Island Hilden wir in den Veri'ifT. d. Inst, f,
Moorevkimde, Heft tl, ltM)'2. i>as Kitand Iwul sich au« Hach
gelagerten Stri'imen liasaltisc.her l«ava auf, welche mit Bänken
von gnÜMMti, vulkanischem Agglomerat wachiellagern. Spuren
einer Gletscherwirkung vermochte J’hiüppi nirgend« wahr/u-
nehmen, ebenso wenig FlnCsschotter. Iter Hache Kegel des
Hauptgipfels stellt wohl zweifellm die ursprünL'liclie 01»er-
Häche des Stratovulkans dar. Gcnaner« Forschungen liofwMi
sich nicht nnstellen, da der Aufonihnli an I^irxl nur *-twn
drei Stunden Iwtrug. Immerhin konnte Werth die Zahl der
BlütenpHanzen , von denen durch die Uhalleng*‘r- Kxpedition
fünf Iwkannt geworden waren, auf das Dreifache erhöben,
welche «ämtlich anch auf Kergueleuland vi>rkommen, zum
Teil auch Von den Marion- und llmrdinscln voriiegen. Die
eigentüiulicben V«rbäUui«»e dieser siibantarktischen Insel-
grup|>en mit ihren heftigen Winden und drin wiederholt
hervorgeholainen fast gänzlichen Mangel an Hugfähig«Mi ln-
, sekti-u liefsen urwarteu. dafs ilie««dben auch in eigenartiger
Weise sich in den Bestänbiiiigseinnchuingen der Blüten-
pHanren dieser In«eln wi*-«lerspiegt*lii. Meikwürdigerwel«»»
zeigt nufser den Gräsern uiul w'ohl auch .limeus keine der
Kleiuc Nachi'icbtttii.
iMiUetipnnuxeti nu*gMiiror}ien« AtipMRUiig nn Windl^fttAubuii)?, |
i«i durch den Blütfimiochaiiiomu« xuiiiichnt Kreuz ;
lw«tüubuiig Itegünaiigt, tx*i nu»hImlw<indHm iMsektfOjbeaucb ;
nWr in ver»chieileuer Weiü« spontane SeDwtbeatiiubiiug uu»g'
lieh geniAcht. Vegetative Vermehrung ist daneben i<ei d«‘ii •
meisten Prtnnzen der laset durch Ausliiuferbildung zu Hnden.
Jedenfalls ist die 1^'rage nach der Herkunft der Flora cler
Inseln noch unbeautwoHot, wenn sie auch uusgesprnchrne Be-
ziehungen zum südlichsten Hiidamerika zweifellm »ufweist.
Auch der Zuoiugc konnte eine licibe von TlMreh feststellMu,
worunter einige Insekten sich Iwtlnden, welche den laniach-
barten Kerguelen scheinbar fehlen.
— Hills Keise ins Innere von W estHUStralien* ^
iiii aAdelaide Obeerver** vum 4. Oktober finden sich einige
Kinzelheiten ülier eine Kei«4>, die im Auftrag« eines Hyndi*
kates H. W, Hill im Jahre 1900 in die Kastern Bivisioti
Westaustraliens unts'rnommen batte. Hauptzweck war, in
der Uegeud der Uebirgskottvn, die zwischen 'J4* und ä7* s. Br.
die groffie australische Wüste unterbrechen, naidi Krzeu zu
pr«s>p«‘ktiereu. DicUeuU* führte vom Wellsset* in ostnbrdlicher
Kichtung über das Vmi Treueplat«utu und die Warburton-,
Httrrowr* und Rawlinsonkette über die südaustralische ttrenze
nach der iVtermanukette. Wie Maurice, der doaseilie Uebiet
vi»n der Södküste erreicht hat , ist auch llili der festeu ]
Überzeugung, dafs ein Teil des erforschten lindes («old {
führt, kr meint auch, dafs in der Hegend artesisches und
subartesisches Wasser vorhanden ist , so dafs nicht nur die
Kinrichtung eine* Wcgi^s zwiwch«n West- und tSüdaustralicn
etwa unter dem «6. rarnllel möglich wAr«^, s<»ndorn auch
der Bau der transaustralis4'.heu Bahn. Bafs periodischer
Bugen, der manchmal sogar den Charakter von Oi'uiaen aii-
uiinmt, in der Nachbarschaft der erwähnten («ehirge füllt, !
wirtl nach Uill von der grofseu Zahl der t'reeks erwiesen, -
die strahlenförmig von ihnen ausgehen; allerdings scheint j
dann das Wasser nach wenigen Kilometern unter dem Sande ;
zu verschwinden und seinen W«^ südwüi'ts zum Meere in I
unterirdischeTi Kanüluu zu suchen. Inmitten der mit Hund
und Hpinifezgrus Iwdockteii kVüste fand Hill Wasser iu rvicb-
licher Menge, nachdem er durch diu unter dem bando lieg«-nde
zersetzte gneisahulicbe Gestein ein Ixtch von 5 bis h im
gegraben hatte.
— Für die Kartographie Madagaskars liabfu die
FranztHten seit dem Jahr«; aufserordentlich viel geleistet.
Kine Skizze, die General Gallienis Aufsatz .Les travaux |
gfVigrapbiqucs ü Madagawar* in «lai Oüogr.* vom NuvembiT '
Iwigefiigt ist, vcmuac.baulicbt das Triangulationsuctz,
mit dem die Inael iu deu Jahren IKldt — 11H)1 überzogen !
worden ist. Kino Dreieck.skelte geht vou NonI nach Küd
über gan/. Madag:iskar, von IhAgo-Kuurex nach Fort. Dauphin-
Von ihr zwvigeti zieh ostwärts Ketten von Tanaiiartvo nach
Tamatave und Aiulevorant« und von Fiaiianiiitsoa naob
Maiiaujary (Ostküste) ab. Jener grofsen Kette partillel lauft
itu Westen eine kürzere von Majunga nach Tulear; an drei
btellon steht sie mit der üstlichon in Verbindung, aufaerdem
sendet sie uoc)i drei Ahaw'eigungcn an die Ostküste und eine
vierte tief in den Büsiwesten hinein. SclIietverständUch
geben zahlreiche astroiioiiii«che Fizpuukte diesem Netze Halt.
IK9H bt'gann man mit der Bearbeitung einheitlicher Kurten.
1S99/ll>tK> erschien zunächst eine Madsigaskurkart« iu
I : I &UUÜUU in 2t) Blattern, die auf der Purii»er Weltaus-
stellung /u sehen war. Ferner w'urde von eine
Karte in 1:2 &uO<tOO und eine andere in 1 : 1 uuo Oou heraus- :
gegeben, und gleichzeitig begann man mit der Beurlwituug |
einer Kurt« in l:M)OuOO, die fast fertig ist und nächstens
vollständig verOffentlicbt sein wird. Knolich ist man an die |
Herstellung von Blättern in I : 200 OOu herangegangen , von
duuou mehrere bereits vortiegcii. Nebenher werden i'liine
grtifsen Mafssiubes vou den grüfsten Htädu-u und Karten
iilHT die wichtigsten Verkehrswege hemusgegelwn. Bemerkens- ,
wort ist, dttfs nicht nur dk* Zeichiiurig, Mmdcni auch der |
Druck aller Karten in der Ktdoitie sellmt itewirkt winl, un<l j
dafs dazu eiti I'ersttnal aus KingelH>renen herangezogen <
wtirden ist, die für diese ArlieitMii ganz erstaunliche Fähig-
keiten zeigen. Gallit^ni meint mit Bocht, daN nicht nur tli«- i
Geographen mit dem Stande der Kartographie Madagaskar!«
zufri(‘d(*n sein können, sondern dafs auch für wirtsehaftliche
Zwi-cku aller Art ausreichen«ie Grundlagen oder Orient ioruugs-
inilt«*l vorhanden sind. Mit der deulAcben K<.donialkarto-
graphie. so technisch schone und wissenschaftlich hochstehetnic
N'uniffentlirhuiigeti sii> liefert, ist es lehler noch lange nicht
so weil. Dumi bei uns ist das Geld für s«>lche Zwecke immer
n«'>ch st-hr knapp.
— über ein Gßtzenopfer der heidnischen Tschu-
waschen, das im Herbst I902 iin ru«si!«chen Gouvumement
Kasan statigefumlen hat, l>erichtet d«tr Kasunski Telegmf
naebstuhundes: Vor einigen W>«chen wurde von den heid-
nischen l'rivstern der Beh-hl erteilt, iu dem v«»n Titchuw'aschen
bewohnten D«>rf«^ Ach|>erdino. Wolost Mamajewka, Butter,
Milch, Kalz und Graupen einzuaammeln, um den Gbtzen mit
diesen P^Mlukten ein Opfer darzubringen, damit diese diu
verschmachtende Krd« mit Hegen en|uicken. Als von der
Bt'vidkerung verschiedene S]iendeu in gvuiigeuder Mengo zu-
stuiimcngetragen worden waren , versnmmclU'n »ich die
Bewohner des Dorfes auf einem Felda. l>ort wurtio eine
auf die Anordnung eines heldniscbaii Pri<.>sten gefangene
Schwalbe mit folgundau Worten fiiegan gvlaseen: , Schwalbe,
vernimm unseren Befehl, schwinge dich zu Gott und sage
ihm. dafs er Kegen sende; wird dir nicht geglaubt, so teile
mit, dafs du gesalht bist.* Nachdem die Schwalbe fort-
gurtogen war, wurde am Baude eine» Sumpfes ein üpfermahl
ntig«:Hchtut, während dessen die Tschuwaschen laute Gebete
v«rrichu-ien und ihren orthodoxen Dorfgenossen versicherten,
diifs sie HS tiur Ihnen, den Tschuwaschen, zu verdanken
hätten, wenn sich Kegen einstoll«. Zufällig g(»fi «s am
nächsten Tage in HtrC^mun, und es erscheint b^reiflich, «laN
die Tschuwasebeu durch diese« lireignis in ihrem Aber-
glauben bestärkt wurden.
— IIbI i trat tis Tibclrelse 173H Sl». In der Mo/.zo-
Borgeth-Biblj«itliuk in Macomia findet sich «in Bericht über
ein«- K**b«e nach TilHrt, die 1733, :)9 von einem Kapuziner-
uiissionar nauiens ('as.siAii«* Beligatti ausgefübrt wollen ist;
Bcligatti weilte bis l“M im Ijande und Ut der Verfasst-r
eines „Alphabetum Til>etauum'‘ und anderer SchriDen. Der
erste B.and seines Keisetagebuebs ist nun mit einigen Kür
Zungen von Prof. Alberto Magtiaghi in der „Rivista Ge«)grafic-a
Italiana* Bd. VIII u. IX veri'iffeiitlicht wordeu. Ks beschreibt
Üelligattis Seefahrt zur Gangesmündung, diu Reise durch da«
nördliche Indien nach Nepal, «lie SlädU-, die er dort besuchte,
und die Sitten, die er kunueii lernte, «>wie seine Ankunft
in Kuti an der tibetanischen (»rciizc. Beligattis Weg üljer
«fen Pnfs Timgla (inirdüstlich von Katuiandu), durch das
Dingrilhal, ülwr Gyangtac und am See Vaudoktscho vorbei
und der Flmpfang dureb dun König sind in grüCsurer Aus-
führlichkeit behnndult und dos Volk und seine Gebräuche
ni't einem Detail geschildert, das iu den Schriften der alten
Missioiinre nicht gewbhulich ist. Am Schlufs des ersten
Bandes verspricht Beligatti, «r w«dle im nächsten eine voll-
Btiiudige Beschreibung der Tibetaner und ihre« I>andcs sowie
von Nepal geben, leider aber ist «las klanuskript verloren
gegangen. Doch lindun sich einig« ergftuzentic Mitteilungen
in Beiigattis Lob<-n*lH-!««.*hr«ibung, di« vt»n lu-inem Bcgl«*iter
(■ius«>ppu Berniiii v»-rfnNt tsl. lVmurk«iiisWKrt erscheint, «laN
die Sitten d«-r TjlteUmer sich seit jener Zeit wenig geändert
hals-n, und dafs viele von B«ligattis Bt^obachtungun von Hur
und andt-reruii späteren Reisenden bestätigt worden sind.
— Fr. V. Lucanus kommt in soineru Vorträge über die
Hobe des Vogelzuges auf Grund aeronautischer
Beobachtungen (Verhdl. des 5. intern. Zoologuukongrvssus.
B«irUn I901/Ü2) zu dem Krgebiiis, daN im aJlgemeineu di«
Grenze der V«>g«l bereit» in vmur rolatjven Hoho von 4i»0 m
überschritten w'i. Kine gnd's«-HHt«nhvit ist wenn noch iil>er
4UOtn r«‘((«ti>Qr HOhe Vrtgel auf Ballonfahrten angetmfTan
w’crilen. Mit in di«‘ Lüflt^ guuomntuti« und «lort losgelassene
Vt'igel riiegen l»ei klamn Wetter «lirekt zur Krd« hcmleiier:
nur ein über den Widkeii freigclassetier Hänfling wuNie sich
xuaä«'h.st im Wolkenmecr nicht xurecht xu fintlen; eine plötz-
lich Mh‘htbar werdende Wolkemiffnung benutzte, er dann sofort,
um zur Knie zurückzukehreu. Die Vogel scheiDen zu ihn-r
Mi'iuutierung d«s freien iltrerbln-kes über die Krde zu bisdiirfen.
Ko kann also nicht ein uns uoltekanutes instinktives Ab-
niessungsvermitgeii M»in, was die Vögel auf ihren Wanderungen
leitet, sondern dn-Fulbun werden sich auf ihren Wanderungen
mwh der Ge«taltimg iler Kr>tid>crfiäche orientieren, ln
iiu.-teori»logisi’h«*r Hinsicht wini «laher die Bewölkung ein
wichtiges M«mient bikloii, wtdclies diu Hube des Vogultluges
)M‘uint!uNi. Di«;oi}s spriclit dagegen, dafs die Zugstrafsen iu
boherun R«-gionon Hegen. Denn je Inthcr «lio Vögel fiiege»
würden, um au «-hur würden sie in die liHgc kommen, üiwr
Wolken fii'-gun zu müssen. Kolche W«ilkensohichluu würden
alter daiin die Vogel zwingen, wieder tiefer hinabxiigelien,
um noch die Knie erkunnen zu können. Kiii häufiger Wechsel
iu «ler H«>be ihres Fluues würde alx-r nur eine unnütze Zeit-
und Kraftvcrschwemlung Is-deuten. welche die Natur stets
v«;niieidet.
V'rmnlwortl, Kedskicur: Fiüf. Dr. K. Aiidree, Brstiiisi-hwelg. Fallentlrbc-rtbor-l'rumcuade l.t. Btuik: Frinlr. Vjrwrp« u, Sühn, Brnunx-hwetg.
GLOBUS.
ILLÜSTRIERTH ZEITSCHRIFT FOR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE
VEREINIGT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN; ,J)AS AUSLAND" UND ,JIUS ALLEN WELTTEILEN".
HER AIISOEBF.R: Pnor. D«. R. ANDREE. >?}«■ VERLAG VON FRIEDR. VIF.WEG * SOHN.
Bd. LXXXni. Nr. 5. BRAUNSCHWEIG. 29. Januar 1903.
Naelxl/ucli mmf Mrii nf( der VerlaitetiModluiig geetAUet.
Beobachtungen und Studien in den Revolutionsgebieten
von Domingo, Haiti und Venezuela während einer im Frühjahr 1902
unternommenen Reise.
Von I>r. (rorbard Schott* Hamburg«
(Hieran B Abbilduugen nach Originalphotographieen dea Verfassers.)
I.
ln gröfseren /eitperioden wechseln die Scbauplfttze
der bxdu, auf die sich das llauptintereese geographischer
Kreise jeweils konzentriert. Jetzt, seit etwa einem Jahre,
richten sich die Hlicke sowohl der Kaebgeographen als
auch all dor]euigea, welche au deu Kulturfortschritten,
an Handel und Verkehr in fremden lA&ndem irgendwie
beteiligt sind, Torwiegend nach Westindien. Für die
geographische Welt ist der gewaltige Ausbruch der
Vulkane auf Martinique und St. Vincent ein hochbedeut"
»ames Ereignis^); in weiten Handels- und Industrie-
kreisen gerade Deutschlands werden andererseits die
Hevolutioncu von Haiti, Venezuela, Kolumbien u. s. w.
mit man darf sagen Horgenroller Aufmerksamkeit ver-
folgt. Ks war dem Verfasser, dank dem Kiitgegen-
kommen des Keichs- Marineamtes und der Hamburg-
Aiuerika-Linie, vergönnt, im Frühjahr vorigen Jahres eine
Studienreise nach WesCiudieu auszuführen, welche ihn in
schneller Folge hintereinander, aber noch unter günstig-
sten Umstünden, über St. Thomas nach verschiedenen
Plätzen von Puerto Rico, Santo Domingo, Haiti, Venezuela
und Trinidad gebracht hat. Im Vergleich mit früheren in
verschiedenen Teilen der Erde gewouueiuiu Anschauungen
ist dabei dem Verfasser sozusagen eine ganz neue Welt
aufgeguugen, uud es aei hiervon einiges berichtet, zumal
die Revolution in Domingo in ihrem Ende, diejenige von
Veuezuela mitten in ihrem Verlaufe und die Revolution
von Haiti in ihren Anfängen beobachtet werden konnte.
') Die durch den Verein für Krdkunde zu Leipzig erfolgte
Kn1»endung eine« solch* hervorragenden Hachkenner« «de
Prof. 8apper nach WoNtindiuu zum Studium der dortigen
vulkanischen Ausbrüche und Krdbeben ist dafür BeWei*
genug; lK*kaimUich haben auch Fraukreieb, Kugtand und Nord-
amerika wisNennchaftliche Expeditionen entsandt. — Der Ver*
fatner dieser Zeilen ist nur setdis Tage nach dem Untergänge
St. PterreN in etwa SüOkm Entfernung westlich von Marti-
nuiue auf der Reise zwischen Port of Spain und 8t. Thomas
entlang gefahren, konnte aber aus inneren und äufsercu
Gründen diesen Vorgängen leider keine weitere Aufmerksam-
keit widmen, über die im Mai v. J. im Karibischen Meere
beubaebteten und als Folg« der ErupUoneu zu deutenden
auffäUtgen AbenddämmeroDgen vergl. man u. a. Annalen der
Hydrographie 1902, R. 430, 43ß und ^tenn. Qoograph. Mitteü.
1902, Juniheft.
Dats bei einem so vorübergehenden Aufenthalte, wi«
dem]ouigun des Verfassers, die Schilderungen subjektiv
gefärbt sein müssen, dats sie mit den Ergebnissen der
durch viele Monate hindurch fortgeseizieii und wieder-
holteu Forschungsreisen von Prof. Siever« u. a. m.
Dicht verglichen werden dürfen, ist selb.^tverständlioh.
1. Domingo.
Was zuerst die Kreolenrepuhlik Santo Domingo
an der Süd- uud Ostküst« Haitis oder llispaniola.s an-
langt, so ist sie von deu drei KepubUken augenblicklich
bei weitem die erträglichste; sie hat sogar eine ver-
hältnismäßig lauge Periode der Ruhe uud Jlntwickelung
hinter sieb, und die jüngste Revolution im April 1902
kam so plötzlich und verlief so schuell, daß nachhaltige
Schädigung kaum in Fn^e steht Ke war die reine
Komöilie. Präsident Jimenea, der früher in Hamburg
längere Zeit bebufs kaufmänuiseber Ausbildung tbatig
gewesen war, wurde von zwei (ieneralen, Horacio Vasquez
uud Kamöu Cäoeres, um 1. Mai fortgejagt, einen Tag
nach des Verfassers Abreise von Domingo City. Schon
in Sau Pedro de Macoris im Osten von Domingo City
lief in den letzten Tagen des April jedermann bis herab
zu den 14- bis 15 jährigen Bengeln mit Gewehren und
Messern, und in der Hauptstadt kuuute man am 30. den
Kanonendonner hören, als die Aufständischen den Über-
gang über den Ozamaflufs erzwangen, zwei Stunden
Weges entfernt. Viele Geschäfte waren geschloi^sen, die
Straßen fast ausgestorben; jüngere männliche Personen
hielten sich aus Furcht, geprefst zu werden, versteckt.
Jimenea hatte nur etwa 700 Mann Soldaten zur Ver-
fügung uud hatte keine Zeit gefunden, aus den größeren
MÜitärposten die Leute heranzuzieben — unser Dampfer
„Croatia“ sollte dies noch in letzter Stunde thiin, aber
die Sache zerschlug sich — , zum allgemeinen Glück;
denn damit vollzog nich das Ende der Umwälzung
vergleichNWotHe friedlich uud unblutig. Immerhin erhielt
man hier den ersten Vorgeschmack von der Unruhe,
Aufregung und lahmenden, demoralisierenden Wirkung
solcher Gewaltstreiche.
_ igilized by Goo^Ic
G)«Ui« l.XXXIIt. Nr. b.
70
8cliott: |{r4>1)avhtuDft«;u ü. Stndien in den Hevr>lutionfl(r6^>ict^n vr»n r>r»D)ingo. Haiti ti. Veneauela.
Abb. 1. Domlnfo CItj. Ha» Fort mit dem t'ulDinbaKtiimi, Tom Ozamaflafit
flOH geneheD.
[>ie (leutticbiru lutcrei^scu hiud im Staate Huiitiugo,
vurglirhen mit denen in Haiti und Venezuela, nn> un-
bedeutend.sten. Un» llau|jige>«chäft konzentriert :<ich,
Nebr zum Scbudeu de» Imudea — wie überall, wo die
Hlüte eines Staate» oder einer Kolooiu von einem
l’MKlukte abhängig geworden ist — , auf oiii iVodukt»
auf <len Hobrzucker, de»»en Au»fubi* ausscblierxliob
nach New York mittel» einer <iirekien amerikanischen
Hampferlinio erfolgt. Naob Heutschlund kamen im
Jubru L90I mir für 6 MiHioneu Mark (ülter, nämlicb
etw^is Kaffee (ÜOOOQO Mk.), Kakao (2,2 Millionen Mark)
u. a. Ul.; <ler ganze Wareiiuuniatz mit Heutacbland (IiU'
unii Kxport gerechnet) belief »ich auf die relativ gering-
fügige Summe von rund 10 Millionen Mark. Aber der
üandel ist, dies i«t du" M’icbtige, im eiitscbiedeneii Auf-
schwiinge begrifTen, indem er in den letzten fünf Jahren
um 2T) l'roz. gri'dser geworden ist; dagegen hat der
Handel sowohl mit Haiti wie mit Venezuela infolge
der noch zu hoschreibendeu Mifs*
wirtiH'haft in Jenen Kepiiblikeii
abgenoiiiiiien. Hier in Homingo
ist die Situation noch leidlich
gut, was nicht zuletzt darauf
zurückzufnhren ist. dafs hier die
Kreolen, abo die im Lande ge-
borenen Nachkömmlinge der seit
des t'olumbus' /eiten eiiigewau-
derten Spuiiicr, <üe lierrsrhende
Klasse bilden und niebt etwa,
wie in dem Nachbarraubstaato
Haiti, die sogeiiauiiten „freien**
N’eg'er. I nter den clominikuni-
sehen Kreolen trifft man hoch-
gebildete I^i’Ute, welche z. H.
ffiefseiid deutsch sprechtm und
ein aufrichtiges, iiefergehendes
Interesse für die Krinnerung.»-
denkniäler an di« greif»»» Vergan-
genheit und für die Hlüte des
Imndes in der Zukunft bekunden.
Hie alten hist4>riBcheu Kriiiue-
riingeii Idlden ül>erhaupt für den
Fr»*m<len den Hanptanziehungs-
puukt in Homingo ('ity. .\uf der
Ileedo weit dniufseii fällt schon
der sogenannte ('ohimbuKturm
(Abb. 1) in das .\uge, innerhalb
eines Forts am rechten l'fer des
Ozuiuaffusses von dem l'mtdecker
der neuen M’elt selbst an der
Stelle erbaut, wo der Flufa sich
in das Meer ergiefst, und wo west-
lich und östlich von der ISIünduiig
die meist schwere Brandung an
dem unterhöhlten, hohen, porösen
Katkhteinge.stade jede Imnduug
grölsurcr Menscheninassen iin-
milglieh macht. Seiner Zeit hat
daher dies ( olumbusfort den Zu-
gang zur Stadt von der Seeseitc
vollkommen beherrscht. AVie
wundelbur gerade hier des
Schicksals I^iune gespitdt hat, ist
bekannt: 1498 war die Stadt
Homingo von ColumbuB auf
»einer dritten Reise, sechs Jahre
nach der Kiitdockung der Insel,
gegründet worden, und zwei
Jahre später, 1500, wurde Co-
lumhiis, ob.schou .Vdiniral und königlicher S(atthalt4*r. vom
»panischen Kommissur Bol>adilln in eben diesem Turm
für mehrere Monate gefangen gesetzt. Von 1502bi»15Ü9
bat der zweite Statthalter Hispaniolas, Nicolas Ovando, in
Homingo geberrachi. A'ou 1509 bis l:’>14 hielt Hiego
(’olumhus, der älteste Sohn des Kntdeckers. unter hält-
faltung liesonders grofseu Glanzes und Aufwandes Hof;
eine mächtige Kuine »uinea INtlnsten mit schönen Thoren
steht noch in unmittelbarer Nähe der Laadungsatelle am
Flusse. ln diesen Jahren 1508 bi» 1538 entstanden
auch die grofsen Kirchen, die Kathedrale; eine noch in
Ruinen herrliche Itominikanerkirche im nördlichen Stadt-
teil ist l.'<42 durch ein Krdbeben zerstört worden. -Auf
den unendlichen Streit, ob die in pomjHiser Umrahmung
nuf Onyxsäuien aufgestuilte Kisenkiste in der Kathedrale
wirklich je die (iebeinc des grofsen (’olumbus enthalten
hat oder noch enthält, lohnt es nicht eiiizugeben.
Hio gornd(»zu gewaltige, ma.sBive Stadtmauer ist an
Abb. 2. Strafsenhilil an» Kap Haitlen.
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Schott: BeobaohtoagAQ a. Studteo io deo Rcrolutioncgabietcn ron Domingo, Haiti n. Venexiiela. 71
duQ luuütcD Stellen Buhr wob) erhalten; die Stadt macht
in den meisten Teilen dnrchaua den Kindruck einer
Holiden, HpaniMchen Stadl; diu IläuHpr, ganz aus Steinen
erbaut, sind meist in ordentlichem ZuHtaude, der Gegon-
aatz zu den Tausenden von Trümmersttttten in den
baitianiacben Platzen und auch zu den elenden Lehm*
lidtten einea grofseu Teiles der veuezoianiacbeii Me-
Tölkerung ist ein gewaltiger. Darüber mufa mau
natürlich biuwegaehen, data die aufgudunseiien Kadaver
von krepierten Hunden auf der Strafe im Sunueiibruiide
liegen bleiben, und über den Kleischmarkt gelie man
lieber auch nicht, wenn man sich den Appetit nicht I
verderben will. ,
Allüberall, trotz den muderneii Leuebtturmea, einer I
teilweiaen elektrischen Strafsenbeloiichtuiig, führen die l
alt^paniscben Krinnerungen eine eindringliche Sprache |
von der V'ergänglichkeit aller Macht. Im ('olumbusfort
an der Stelle, wo man die schönste .\uBBicht hat, nach
Westen auf die Sta<jt, nach Süden auf die Karibische
S«o, nach Osten über den Klufa und über diu nickenden
Wipfel eines KokospalmwaldcH hinweg auf die Zucker-
plantagen, liegen Dutzende von
mächtigen, aber ganz vorrosteteu
Schiffsknnonenrohren ältesten Da-
tums: wenn sie erzählen konnten!
Während die kleine Revolution
in Domingo u]h reine Komörlin mit
Fug und Hecht noch bezeichnet
werden konnte, liegen in Haiti
die Dinge wesentlich »rnater. Hier
wird eine Trugikomüdiu, diu
offenbar noch nicht ganz zu Knde
ist, aufgefuhrt; um sic zu ver-
stehen. mufs mau die hhiUtehung
<ler Xegerrepublik kurz be-
trachten.
2. IluitL
Die beiden Republiken l>o-
mingo und Haiti halben nur wenig
gemoinsiim; durch Tradition, Re-
vülkeruDg, Sprache und llildung
sind vieluiehr fast unüberbrück-
bnn* Gegensätze gesebuffeu. Reich-
lich hundert Jahre lang, von
rund 1500 bis U>00, war die
ganze Insel liispaniola in dem
alleinigen Ilesitze Spaniens; aber sie wurde bald gegen-
über anderen Kulonieen gänzlich vernuchlflsaigt, verwahr-
lost und aiitBer acht gelassen. So konnte es ge-
.scheben , daffl seit 1630 die Franzosen sich im ganzem
westlichen Teil der Insel feaUutzten, und flchlielslich eine
blühende Kolonie Frankreichs entstand, diu 1597 von
S|Minien anerkannt werden mulste. Rund 100 Jahre
dauerte wiciler die Blüte dieses frauz/isischeu lluiti, von
1700 bis IHÜO; aber freilich beruhte sio ausachliefsllch
auf der Grundlage rücksicbtsluscster Negersklaverei.
.\uf den grotseu Zuckerplantagen verfügten die Herren j
unangefochten über T«>d und Leben der Sklaven; sie
lebten seihst auf dun üppigsten VUleusitzen in raffiniertem
Luxus, während die Sklaven kaum hatten, ihre Blötse
zu bedecken; dies iat die Zeit, für welche Haiti in Kurupu
ala das Kden Frankreichs geschildert wini. (’ni 1790
zählte mnn im franzrotischeii Teil eine hallte Million
Negerskbiveu, im dominiktmischen. ul^o spanischen Teil
der Insch der kümmerlich exiatierte. imr etwa 15000.
Die französische Revolution brachte auch auf Haiti
den l'msturz; diu geknechteten Schwarzen erhoben sich |
und nacb gran»<umeu Kämpfen wurde 1H04 die rniib- |
I hängigkeit und Herrschaft der schwarzen Hasae pro-
) kininiert. Die Weifsen, von jeher in der Minderzahl,
waren ermordet oder geflohen, die indianische l'r-
hevölkeriing war ja schon seit über 200 Jahren so gut
wie uufgeriebeu. So erklärt »ich das Vorhamlertsein
einer Republik, die fast ausscbliefslich von den Nach-
kommen früherer afrikanischer Neger bewohnt und be-
herrscht winl. Diifa diu Kreolen in der Xacbbarrepnblik
Domingo hD Nachkommen der Spanier nirhta von der
Negerbande in Haiti wis.sen wollen, ist verständlich; in
Domingo wird nur apatiiacb gesprochen, in Haiti ein
verdorbenes Französisch. Der rnahbängigkeitskrieg von
Haiti hat Güter im Werte von Hunderten von Millionen
vernichtet, Haiti wurde eine Wüstenei und hat »ich
unter der I^tterwirtachnft der Neger nie wieder erholt,
auch heute tiiich 100 .fahren iMH'h nicht; es gerät viel-
mehr immer tiefer in den Sumpf kultureller, moralischer
I Verkommenheit. llaarHträuhende Mitteilungen hierüber,
I diu leider Gottes wahr und tiiclii einmal übertrieben
sind, werden jetzt ans Anlafs iler neuen Revolution viel-
I fach von den Tageszeitungen gebracht.
Dem bisherigen Präsidenten Theresias Simon Sani
war der Boden Haitis zu heif» gewordeu: obscliuii seine
Amt'<zeit noch nicht abgelaufcii war, verliefs er, wenige
Tage vor des Wrla.sser» Ankunft in Haiti, auf dem
französischen l*ostdampfer das I,Jiml und hat sich nach
Paris begebeu. Beinah© wäre er und da» Geld, da» er
zweifellos hat mitgehen heifsen, eine Beute des Ozeans
gewonieii, da der Ihiuipfur in einem westindischen Orkan
dem Untergang nahe gekommen int. Unmittelbar da-
nach, nl.Ho etwa um die Mitte Mai. hegiinnen verschiedene
Geimralu um den erledigten Präsideiitun|He>tcn »ich zu
raufen; der .Vusgang kann uns, soweit die Persönlich-
keiten als .»olche in Frage kommen, vollkomnieti gleich-
gültig »ein. ln Kap Haitien, dein bedeutendsten Handels-
platz der Republik nach der Hauptstadt Port au Princu,
kamen Knde Mai <lie ersten Unruhen vor; Morde, will-
kürliche Krscbiefsuiigen waren an der Tagesordnung,
ln Fort Liberte t»o nmgetauft au» Fort Dauphin -eit
der „Befreiung“), wo Verfasser sich am längsten auf-
gehalten hat, blich damals noch alles friedlich, wenn-
schon uralte Kanonen mitlun auf die Striifsen geschafl't
wurden und der Kuropaer abend» von den vaga-
"nr—
Abb. 3. Blick auf die Stadt Kap Haltien von dem Ankerplatz aus.
r
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Sehott: Beoba4htung«it u. Studien iu den KovolutiuiiiK«bi«teD von Oomingo, Haiti u. Venuzuol».
bondierenden Soldaten belftstigt wurde. — Charakte-
ristisch für die haitiaoizcben Plfitze iat der geradezu
unsagbare Zuntaiid der H&uaer; mau siebt foat ebenso
viele Rainen wie bewohnte Häuser in den Straften. Kap
Haitien ist nun allerdings 1842^ genau am Tage de»
grofsen Hamburger Brandes, durch ein Krdbebeu zerstört
worden, wobei etwa 1000 Menschen ihr I^Wn ein-
büCsteii; aber auch anderwärts, wo kein solch ele-
mentares Kreignis Trümmer geschaffen hat, wechseln in
<len öden Strafaenreihen Ruinen überall ab mit elenden
Holzbaracken. T>er haitianische Neger ist viel zu faul,
ein Haus auszubessem*, daher sind die alten französischen
Steinbauteu überall, soweit sie nicht im Befruiungakriege
zerstört und verbranut wurden, im Laufe der Zeit ver-
fallen, verlassen, und „des HimmeU Wolken schauen hoch
hinein^. Unkraut-, tropische Schlingpflanzen, Bananen-
gebüsch, hier und da eine Kokospalme verdecken den
schlimmsten Teil der Schuttmassen mitleidsvoll (.\bb. 2K
Das Pflaster ist ebenso entsctzliuh wo es überhaupt
vorhanden ist — , wie der auf ihm Hegende Schmutz
grofs ist; selbst in einem Platz wie Furt Liberty, einem
bedeutenden Ausfuhrort für Blauholz, giebt en keine
Strafseubeleiicbtung, und abends liegen gegebenenfalls
Neger, Hunde und Schweine neben- und durcheinander
an der Strafse. Liherte, mit zahlreichen alten, aber
natürlich zerfallenen Befestigungen, ist an einer grofsen
Lagune gelegen, welche Hunderte von Schiffen auf-
nehmen könnte und jedenfalls nächst der grofsen Samanä-
bttcht den prachtvollsten Naturhafen der In'iel bildet,
w'enn auch der Zugang zur liagime infolge vorgelagerter
Korallenriffe recht eng und nicht ungefährlich ist. Kap
Haitien liegt malerisch am Abhänge hoher (lebirge,
ehenfalls an der Nordküste (Abb. 3). Hier in die.sen
Gegenden mufs auch Isabclla gestanden haben, die erste
von Uolunibus gegründete Hauptstadt Hispaniolas, welche
aber wegen Fieber bald verlas-seii werden moTste und
durch Homingo 1498 ersetzt wurde.
Das Land ist, wenn es auch noch wieder ent-
wickelungsfähig sein mag. heutzutage nicht solch
Paradies durch natürliche Vegetation oder Bebauung,
wie man nach den Schilderungen früherer Zeiten er-
warten könnte. Ungeheure Strecken liegen brach; wir
sind stundenweit geritten, ohne etwiu« andere« als dürre,
tuimuvenartige Gevtränefaer, Agaven und Kakteen zu
treffen. Der poröse Kalkstein, aus dem die Insel zu fünf
.\chtel besteht, verlangt sorgfältige Bewässerung und Pflege
der Ackerkrutiio; <lavon ist aber nicht die Rede. Hin
Plantagenland wie Java, Sumatra u. s. w. ist die Insel
im cniremteHten nicht. In der feuchten Zone der Küsten-
striche winl Zuckerrohr gebaut, abfn* unvollkommen
ausgeuntzt; in den trockenen bJjenen überwiegen die
Akazien, Kakteen, hier wird etwas Baumwolle gepflanzt
und Blauholz geschlagen. In den höheren Tbälcrn mit
gemäCsigter Temperatur findet man Kaffee, aber seine
Aufbereitung ist meistens sehr schlecht, »o dafs die
Qualität fast alles zu wünschen übrig lAfst. ist eben
alle» ohne .\u»nahme verwahrIo»t. Dazt» kommt, dals
der haitianische Neger immer iu einzeln stehenden, weit
verstreuten Hütten a\if dem Lande lebt; von den paar
>tädten abgcMehou, giebt es kaum irgendwelche ge-
schlossenen Dörfer. Die oinzcluo Familie lebt stumpf-
sinnig mit ihrem halbverhungerten Vieh zusammen in
den Tag hinein; eine wenn auch mäfsige .\rl>eitsteUang.
wie sie aebun durch kleine Gemeinden gewährleistet wird,
fehlt im grötsten Teile de» Lande» völlig. Damit ent-
fällt auch jeder Wegebau; kurzum, alles macht einen
öden, traurigen Eindruck.
Setzt man den Handelsumsatz, den Deotsohland
1897, also vor fünf Jahren, mit Haiti hatte =r 100, so
beträgt er heute nur noch 42 Proz.; dies ist der
sprechendste Beweis für den unerhörten Rückgang aller
Verhältnisse. Dabei ist nicht utwu nur unser HandeU-
auteü ul» solcher gesunken, im üef^uteil, Deutschland
»teht an der ersten Stelle unter allen mit dieser Neger-
republik in Handelsverkehr befindlichen Nationen. l)er
Rückgang ist eben infolge der unbeschreiblichen Mil-s-
wirtsebaft ein allgemeiner. Unsere Interessen werden,
soweit der Wert des Im- und Exportes iu Frage kommt,
11 MUlionen Mark augenblicklich nicht übersobreitöu;
davon kommen 9 Millionen auf Einfuhr, nur etwa
l Million auf die Ausfuhr, was für den niedrigen KuUur-
zuHtand des Lundes »ehr charakteristisch ist. Wieviel
deutsches Kapital aufserdein im Lande angelegt ist, ent-
zieht sich der Kenntnis dos Vei^fasser»; »ehr erbublichc
Summen werden es wohl nicht sein.
SelbHtverstämllich wird der deutsche Kaufmann dort
von dem Deutschen Reich uach wie vor energisch zu
schützen sein, wenn es gilt, Willkürakten oder Drücke-
bergoreion der Neger entgegenzutreton; es ist dies ja
auch wiederholt, so 1872, 1896 und kürzlich wieiler
im vorigen Jahre, geschehen. Im übrigen, möchte man
glauben, kann Haiti samt Domingo, also die ganze
Insel, dentseberseiU getrost ihrem Schicksale überlassen
bleiben. Heute, da Kuba in absehbarer Zeit auch formell
in aiucrikanisehem Besitz »ein wird, Puerto Rico bereit»
in faktischem Besitz der Vereinigten Staaten ist, kann
ja darüber, w'vm llispaniola einst zufälit, ein Zweifel
nicht mehr bestehen, auch ohne die jüngsten Reden de»
amerikanischen PrAsidenteu. Noch vor 10 bis 12 Jahren
wäre es vielleicht möglich gewesen, gclf^entlich der
Flottendemonstrationeu eiueu Hafen dauernd zu besetzen;
die wundervolle Saroanäbai an der Ostkäste Domingos
ist wiederholt dazu ausersehen gewesen und hätte mit
einem Schlage unserer gesamten Position in We»liudieu
ein underu» .\ussehen gegeben. I.eidor ist es nicht
80 weit gekommen, und die Sache ist nicht mehr imch-
zubolen.
In gauz wesentlichen Punkten venicbie<ien von den
bisher skizzierten Verhältuissen liegen die Dinge in
Venezuela. Hier sind die kultureilen und natürlichen Be-
dingungen andere, hier sind geradezu gewaltige deutsche
Kapitalien (etwa 200 Mill. Mark nach niedriger Schätzung)
angelegt, hier, auf dem Küdamerikauischen Festlande,
liegt endlich auch die politische Situation etwas ander-
als auf den grofsen Aiitilleu. Die revolutionären Vor-
gänge in Venezuela erheischen weitgehende Beachtung.
Die behufs Scbuldeueiutreibung von Deuti<«hland uud
Plngltimi erklärte Blockade der Kü-«teu hat von neuem
da-s Augenmerk der gu»ainten politischen Welt auf den
Orinocostaat hingeleukt.
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l*rof. W. Siever«: Dua Gebiet zwiechen dem ticeyali und dem Paohitea-Picbi« (Oatperu).
78
Das Gebiet zwischen dem Ucayali und dem Pachitea-Pichis (Ostperü).
Nach (len Reisen des l’ailre Fr. Gabriel 8ala dargestellt
von Prof. W. SiererK. (rtelNen.
Auch in Peru hat» namentlich nach Gründung? der
Geo^ifraphischon GeatdUchaft iu Lima» die Ilitufiifkeit an
Ucinen der Peruaner in unbekamitere (iebietc ihre» Lau-
de» sugenommen und die Hegieruiig »cbeint ebenfallü
ncuerdiiig» elwa» uiuhr für diuM« i^wecke ulirigzu babe».
I^eider gelangen Berichte nicht Ton allen derartigen Keinen
nach Kuropa und manch wertTolle Nachricht Aber Peru
mag daher für un» verlureu gehen. So i»! auch er»t Tor
kurzem der Bericht eine» Pater» der Barfüfser (PeecalzoK)
TOD Lima über eine 1896 97 iro Aufträge dur Kegierung
Peru» Dueb dem Gebiet zwischen Ucayali und Pachltea-
Piebi» gemachte Kej»e nach Kuropa gekommen, aus
dti»»vn wertvollen Angaben hier einige Mitteilungen ge-
macht werden wllen.
Per Pater Fray Gabriel Sala erhielt im Oktober 1896
den Auftrag, eine (Expedition zur KrforMhuiig des besten
Wege» zwiHchen dem Thal von (lianchamayo und einem
am Alto Ucayali aufzuKUchemlen Hufen zu letten. Kr
empfing zu dieeent Zweck 1000 Sole.» und legte die Keine
in der Zeit vom 12. Novemlier 1896 bi» zum 28. März
1897 zurück. Von Sau Luia de Sbuaru nahe der Mün-
dung de» Paucartambo in den Pereiie (etwa 10® 20' »üd-
lich und 7&®20' westlich) zog er über da» Gebirge nach
dem Rio Azupizn und diesen abwüid» bi» zum Puerto
Bennudez am Rio ISchi» (etwa 10®20' »üdlich und 74®50' ’
wotftlich). Dann fuhr er in Booten dein Piebia und I
Pachitea, «lowie den Bajo Ucayali hinab bi» Macinea (etwa [
8^30' Büdlioh und 74® 10' westlich), weiter den Ucayali [
aufwürt» bi» (.'hieotaa (etwa 10*23' «üdiieb und 74® [
westlich) und marschierte nun iu 34 Tagen in west»fid- |
westlicher Richtung über den Gran Pajonal, die (irufse ,
Savanne, nach Sau Luis de Sbuaro zurück.
Der dariil»er erschienene Reisebericht') ist 198 Seiten
stark. Kr zerfällt iu einen gröFHeron, die Schilderung
der Reise und einen kleineren, allgemeine zusammen- }
fassende Bemerkungen enthaltenden Teil und enthält
viele, zum Teil sehr primitive, al>er doch auechtuiHohe
Abbildungen und eine rohe Karte, sowie einige Profü-
tafeln des zurfickgelegten Wege». Der Bericht ist »cbltchi
und eiufach und daher glaubwürdig gesobriei>eii. Was
für die Geographie darin Beiuerken»werte* entbaltffn
Ut, ziehe ich im folgenden aim.
Flüsse. Der Rio Piohis kann von San Luis de
Shnaro au» zur Zeit nur auf einem beschwerlichen NV ege
über die Cordülere erreicht werden, der in I700m Hohe
den Pats von t*bunea ropabu ul»ersteigt. liier legte
1896, 97 der Ingeuieur Grana eine faUrbure Strnfse au.
Wie weit diese geführt wonlen ist, gebt au» dem Bericht
nicht genau hervor. Man gelangt zunächst zum Ober-
lauf de» Palcazu und dunu über einen zweiten 1700 m
hohen Pafs zum Azupizii, einem Quellfiusse des Piebis.
Kurz vor dem Puerto Benuudez geht dem Piebis von
Südosteii «in zweiter Mazarate(|iii, an
dem der bekannte Puerto 'l'ucker liegt, deu Admiral
Tucker in den siebziger Jubren des 19. Jabrhiitidert«
fand. Von Puerto Bermudez an iat der Pichis sclnfTlmr,
zur Ib'genzeit sogar noch etwa» weiter aufwärts bis
Aotaiui oder QuiutoHoqui vor dem ZiisainiiienflufH des
Azupizü und Mazarateqiii.
') Apuntos do Viajs del K. I*. Fr. Gabriel Haia. Kx|»he
rucinii (Je h« IU(m Piebi», l*Mchiloa y Alto l'cayali y ile In
Region dcl Gran INijonal. Lima KtU7.
Ulobo« LX.XXUl. Nr. b.
Der Pichis empfängt dann von Südasten den .\na-
«piiali und den Aporo(|uiali. Dieser letztere kann von
Kunoos und Balsas bis nahe an seine Quellen im später
zu erwähnenden Gran Pajonal liefuhrcn werden. Unter-
halb der Mündung des A{K)r«qniaU liegt der Zusainmen-
fluTs des PieUis und Palcazu. Hier bat sieh um linken
Ufer des Palcazu die C'olonia Ambiiia am Puerto Pieroia
gebildut. Aufser Peruanern kommen auch Detiiscbe vom
Mairo und ('huchurras häufiger hierher, besonders an
der Mündung de» Pozuzu in den Palcazu. Am Pozuzu
liegt bekanntlich die oft erwähnte deutsche Kolonie des
Tiroler Pfarrer.» Kgg. Auch Leute aus Huäuuoo am
uboren Huallagu haben um Mairo eine Ansiedelung ge-
bildet.
Weiter unten am Pachitea, welchen Namen der Huts
Picbi» nach der Vereinigung mit dem Palcazu annimmt,
liegt die .Ansiedelung des Pauliuo Rengife und von Lopez;
1896 waren viele Kautschuksammler dort tbätig, am
Abujao allein etwa 1000. Aulserdem befindet sich eine
lJ4^gua oberhalb der genannten Ansiedelung der Platz
Lus Banu». Au der Mündung de» Puchitea in den Ucayali
erhoben »ich int 18. Jahrhundert Mis»iou»gebäude von
La Flur del Ucayali, von ihnen ist jedoch zur Zeit keine
Spur mehr vurhatideii. Fier Ucayali wird jetzt von der
Mündung de» Pachitea ab in den Bajo Ucayali oder
utiieren und den .Vlto Ucayali oder oberen Kluf» unter-
schieden. I)er Strom ist trotz seiner Breite für die Schiff-
fahrt wenig geeignet, weil eraufKorordentlich Rchwauken-
den Wasserstaud bat; daher ist er für tiefgebeude .Schiffe
selbst in der Zeit de» lIocbwas.serH nur schwer und nicht
ohne Gefahr zu befahren, ih'r bekannte Erforweher des
oberen Ucayali. Carlos Firtnin Fiscarrald (gest. 1898),
' bestellte daher in Europa besonders gebaute Dampfer
für die FlufMcbirfahrt. Bald findet mati 6 bruzadu» Wasser,
bald nur eine, und da» wechselt oft ini Laufe von 24 Stun-
den. sind also rasch verlaufende plötzliche Schwel-
luiigen bei Hochfluten vorbundeii. Nach Sala Ui der
Ucayali vom Cuiuaria (9®4r/ südlich) an eine contiuua
oorrcutada, 1»e»tän<Uge Strömung, und enthiiit auch viele
Inseln und Banke, sowio Treibholz in grofser Menge.
Außerdem kommen nachmittags gefährlicbu Wiriwdwinde
hinzu, so daU sogar die Dampfer daun die Mitte des
Ftiisses vermeidHii. Am unteren Orinoco lernte ich ähn-
liche Wiiidstßfse unter dem Namen Uhubasco kennen.
Am Ucayali wächst massenhaft die caüa de Guaya-
quil, das Guayaquil -.^cliiifrohr, oft von 10cm Durch-
inosser und mit Euiferuungc» von 50 cm von Knoten
zu Kmiton. Ifie Indiiiner lienutzen e» zur Herstellung
von Speeren utid Lanzen. AuUerdum aber sind die durch
die häufigen Nacliflnteii mit Schlick gedüngten Ufer des
Flusses sehr brauchbar zu IHauzungen, namentlich von
lUnuiien.
Die Entfernungen auf den Flüssen sind etwa
folgende: Vom ]^ierto Uermudez am Pichi» bi» zum
Puerto Pieroia in Bai»»» drei, in Kanoe» zwei, in
Lauchas ein Tag; vom Puerto Pieroia bis MacUea fünf,
in Kanoe» vier, in Laucha» aiidertbalh Tage. Von Macisea
den Ucayali aufwärts ln» niicot»a (etwa 4 km unterhalb
der Viielta del Diablo) in Kam»*» zwölf bi» fünfzehn, mit
Dampfern »ech» bi» acht Tage. >ala berichtet auch einiges
über die Möglichkeit, vom obermi Ucayali zum Miulre de
Dios zu gelangen (siebe Geogr. Jahrb. XXII, S. 376 77).
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Prof. W. Sievera: Daa Gebiet swiachen dem Uoayali und dem Paohitea-Pioliia (Oatperü).
Vüu dem später Ton Viellerobe ala Basis benutzten
Miiihafrua oder Mi^bahuA, einem Zufluss« des Ucayali,
braucht luun ^«t ueuu Tag»\ um niitlioob^n an di« Trag-
stelle zu kommen. Diese ist vier Stunden laug und
20 m boeb. Dann »ebifit man »ich auf dem Cachpajal
(nach Viollerobe ('aspaiali) zum Manu «in, anfangs einer
Quebrada, dann nach fünf Tagen einem bedeutenden
Fiiisec von einer Breite bis zu 2 Cuadraa, etwa 250 ni.
Man braucht neun Tage, um bis zum ^radru de I>ioa zu
kommen, und auf diesem noch secb« weitere bis zur eilten
bolivianiscbeii Barrnca, Carmu, des Nicola« Suarez und
Jeaua Koca. Weiter sind noch zwölf Tage bis zur ersten
„('achuela“ (Stromschnelle, wohl aus dem portugiesi.schen
(’aeboeiru abgeleitet), Namens b^piTauzu, zurückzulegen,
also rund 10 Tage von Misbagua bU zu diesem Punkte
lind das auch noch flufi^abwärts. Umgekehrt wird die
P'ahrt noch bedeutend lüiigcru Zeit in Anspruch nubmen.
Das Gubirgslaiid zwischen dem (Jcaynli und i
dem Bereue bei San Luis und der (irun Pajona). '
Zieht man toii Chicotsa gegen den Grau Pa|umil, m>
benutzt man am besten das Thal des ('hicotsa und Cat-
singari zum Aufstieg. Die Quellen dieser Bäche liegen
noch nahe dom Ucayali, kaum 15 km vom Flusse, alter
bereit« in 1500 m Höhe. l)as Land ist hier etwa 350 m
hoch, kiesig und trocken, sandig und gelbbraun gefärbt;
diu Berge sind sehr steil und bestehen aus weichem Sand-
stein. ln 800 m Höhe liegt die Casa Marino am Rio
CaUingari. Von hier bis zutn Gran Pajoiial dehnt sich
ein überaus trockenes, waBseranne« Land au«. Kb be-
steht aus 1500 bi« IdOOm hohen Ketten aus weir«em
Sundstein, es scheint mir jedoch wahrscheinlicher, dafs
hier Kalkstein vorherrBcht, da Sula von grofseu Schlünden,
in denen «ich das Wasser sammelt, von versiegenden
FlÜBBun, Trockenbutten und unterirdischen Wasserl&ufen
rodet. Wuhrflcbulnlicb sind alle die genannten Erschei-
nungen nichts anderes als Karstphänomene. IH« Vege-
tation besteht meisten« au« (iebüseb, Baume fehlen, die
Tierwelt tritt ganz zurück und Indianer giebt ex «o gut
wiu nicht. Immerhin giebt es Yuca- und AnaiiaspBan-
zungen und Sala hält das Land für geeignet zum Wein-
bau. Durch das trockene I^nd ziehen norxlwärt<i der
Rio Perdido und das grofKc Trockuubeit de« Rio Marina«
(1200 m). ln 1600 m Höhe liegt die Casa Fiuiruri.
Der Grau Pojonal ist eine 1500 m hohe, hügelig«
bis wellige Eben« von 25 km Durcbme«ser zwischen 2tK)<)
bis 2500 m hohen Gebirgen. Der lÜKlen ist vielfach
aumprtg, also vermutlich da« Becken eines alten Gebirgs-
sees, der, wie e« «cheiut, uach Norden entwä««ert wurden
i«t. Wenigsten« liegen am nordwestlicbcii Ende de« Gran
Pajoual die Spiegel der Quellbächu dea Apuroquiali und
pHirini in lOOÜm Hübe. Die Vegetation besteht vor-
wiegend aus Gra.« und erinnert mit ihren Gamelotales
.“ehr an die Gegend zwischen (’banchaiuayo und dom Cerro
de la Snl. Früher war der Pajonai da« Durchzugsland
für Expeditionen, diu Salz vom Cerro de laSnl nachdem
l'cayaii brachten; heute kauft man da« Salz von den
Dampfern auf dem Ucayali. Daher beginnen di« zahi-
reiclien. den Pajoiml kreuzenden Wege zu verschwinden,
die Zahl der Bewohner nimmt ab und Salz ist kaum noch
vorbanden, l' ürdic Zukunft könute aber der Grau Pajonai
Vieh nach dem Ucayali und (jbaiichamayo liefern, zumal
da der Aparoqui^i bi« weit aufwärt.« scbiflbar ist. Von
den im 18. .lahrhunderi auf dem Grau Pajoual vorhan-
denen Mi^HÜinaren fand Sula keine .'“pur mehr.
Zwischen dem Gran Pujonal und dem Perenc liegt
eio sehr schwierig zu kreuzende« Gebirgsland, dessen
Höhen 1500 bi« 2000. de.-^«en Tbäler 1200 bi« läOOiu
erivicben. IHe Uasa Luca« zwischen Pairini und Aporo-
quiali liegt 170U, Capiroinaclii auf der Höbe 17U0, da«
Haus Mazaratequi 1600, mehrere Übergangsstellen über
die Höhen 1800m hoch, während die Flutsbetien des
L'niperiali 1*100, de« Mazaratequi 1220, de« Quimari
1400, des Auaquiari 1300 m Höhe erreicbeu. IHe nach
Sala wenigstens am Rio Muzaratequi aus horizontal ge-
lagertem Sandstein bestehenden Berge «ollen im äufsersten
Fall 2100 m Höhe erreichen und zahlraicbu Wasserfälle
tragen. Ihre Gehänge sind meisten« sehr steil, ihre Be-
steigung sehr schwierig.
Gegen den Perene zu werden die Höhen geringer,
die Pafsühergänge fallen auf 1400, die Thal.*u)blen auf
1200 bis 1000 m. Dur Rio AoUiui oder Antes hat
1100, der Shuasi 1200, der Huaebuiigari 1100, die Rio«
Uuatrero und .^lueTriant 1100 m, die Qiiebrada Yuri-
maqui lUOÜm, der Rio Perene am ZusummcDfluN mit
dem l'biriqui nur 7O0m Höhe. Die Breite der Flüsse,
die zuui Perene laufen, beträgt meist 40 bis 50, ihrel'iefe
* 2 bi« IVj m. Bi« zuui Rio .Sotsbini trifft man noch
immer Kampa- Indianer, je<loch frie<iliche, ange«iedelte.
Hier liegt die schöne, vielleuht Kautschuk enthalteudo
Pampa Ileruiüsa und hier sinkt das Flufsbett desSotshini
auf 700 in herab. Dagegim ist die Höbe de« Pajonai
de Metraro nabe San Luis de Sbiiaro 18U0 m, die Höbe
diese.« Orte.« selbst ist nicht angegeben.
Kl i m a. Da« Klima de« Ücayali- Picbi« -Pacbitca-
Gebiete« ist wenig bekannt. Man besitzt nur einige
Beulmchtuiigen von Chanchaniayo (von Gibbon) und von
Iquito«. Danach bustebi in Chanchamayo überhaupt
keine wirkliche Trockenzeit, sondern nur eine Ab-
scbwächung der Begenzeit in den lilunateu Juni bis Ok-
tober, also Niederschläge in allen Monaten. In Iquito«
fallen solche ebenfalls in allen Monaten mit zwei Maximi«
im März und Dezember, und Abscbwäcbimg der Regen-
zeit vom Juni bi« ftktol>er mit je unter 200 mm. Karl
ScbichUd*) giebt eine Kurve für den Gong der Jahres-
zeiten am Ucayali, wonach der Mai das Maximum der
Ri'geninenge bezeichnet, der Oktober das .Minimum, wäh-
rend ferner eine zweite Verringerung im Dezember- Januar
■Htattfiiidet Ihimit scheinen die kurzen, über fast für
jeden Reisetag initgeteilten Benbachtungen Salas über-
einzustimmeu. Der RiHseude hielt sich gerade in der
zweiten Dezemberhälfb“, vom 12. bis 31. Dezember 1896,
in Maci«ea am Ucayali auf und berichtet hier von dem
ihm sehr auffallenden Verauo, der so stark sei. als ob
man sich im Juli oder .Xiigust, also in den trockensten
Monaten des Thules von Chauebamayo, befiude. Tag und
Nacht waren gleicbmäfsig klar und hell, aber der Hufs
trotzdem hoch, woraus er mit Recht auf Ni('dcr«chläge
im gebirgigen Qtieilgebiete <!es Ucayali schliefst. Die
.\bschwüchung der Regenzeit im Dezetnlier gilt also
offenbar auch fürMacisea (8‘ südlich) und hat vorau»-
sichtlicfa dieselben Frsaoben wie in Sarayucu; meine«
Erachtens liegen diese in dem Auffangen der Niwler-
.“cblüge durch die im Osten vorgelagerten .\udes Cono-
tuaua«, dein mälsig hoben Höhenzug zwischen dem Ucayali
einerseits und dcua Yacarana und Jurua anderseits.
Vergleicht man dazu die Notiz Sala«. daf« die Flüsse
de« in Rede stehemlHntiebiete«, insbesondere wohl Piebis-
Paebitea und ihre Nuebbum, oft im Juni, Juli und No-
vember fast trocken Jagen und der Schiffahrt dann die
griifsten Hindenu«se berpit«*ten, so kommt man für diese
Gebiete zu einer Zweiteilung der Regenzeit, die
somit in die Monate Dezember bi« Mai und .\ugust bis
Oktober fiele. Diese Einteilung würde freilich der Kurve
Schichtel« für den Feayali durchaus widersprechen und
aucli der Angabe Salu«, wonach er am 23. November
«üdlieh de« ('bivis am Piohis Regen batte, doch ist zu
*) bchichtel, Der Amazoneuitrom, Strafjiburg 1893.
I*rof. W. Sievers: Dns Gebiet xwischen dem
beachtent (la[ü letzterer Ort boreit» um Gebfin^^e der
Cordillere, nicht allzu «reit von Cbaiichumayo, uli>o nalu*
dem Gebiet mit Hegen in allen Monafen^Uegt. Auch die
Temperatur lug in Macisea uach Sala niedrig, nftmlich
nur 25“ K. = 30® G,, nach unKeror Meinung demnach
keinuKWcgH niedrig, und der Reiuendu klagt auch aonst
über die unertrftgUche Hitze im Ucajalithale.
Je weiter »ich nnn Sabi im Januar vom unteren nach
dem oberen Ucayali bewegte, um ao «tftrker wurden diu
Regen. Schon am 6. und 7. Januar fielen Regen in
Puutijau nördlich Tahuarapa (etwa 10® 25' nüdltch) und
der Fluts war fortgesetzt hoch. Kbenfalli» batte er vom
1. bis 25. Januar täglich Regenschauer in der Gegend
von t'hicoUa, aufi^er am 19., au dem kaum Nebel auf-
traten. IHese Nebel sind überhaupt bezeichnend für
alle Flüase dieser Gegond; aie sind hüuCg ao dicht, dafs
es sich nicht empfiehlt, den Lagerplatz zu verlassen,
bevor sie sich beben. Vom 27. bis 31. Januar hatte
•Sala abermals strömenden Kegen und dieser setzte sich
auch bis in den Februar fort. Auf dem Marsche von
Ucajali nach dum Gran Pajoual wurde Sala am 24. Fe-
bruar und am 2. und 4. März durch Hegen belästigt, in
Hüben von 200, 800 und 1600 m, also ofieubar am Auf-
stiege zu der ersten höheren Gebirgskette westlich des
Gcajali. Nach Ülierschreitung dieser gulangto er dagegen
am 5. bis 6. März beim Abstieg vom Gebirge zum Gran
Paional augenscheinlich in den Rogenschatten, in ganz
wasserarmes I>and mit Trockenbetteu. Hio im Mürz
fallenden Regen sind also wahrscheinlich Steigungsregen
hei Passat. Dafür »{U'icht auch, daG Sala beim Aufstieg
vom Gran Pajomd auf die diesen im Westen begrenzen-
den Herge nahe dem Quellfius.'ie de» Picbi.'i, Mazurat4M]ui,
wieder am 11., 14. um! 15. 31ärz in 1300 bis IHOOiu
Höhe >»chwere RegengUs.^e erlebte. Auf dem Rest des
Weges, also nach Olierquoruiig der Wasserscheide gegen
den Pureuö, werden dagegen wieder aufaer am 25, März
keine Niederschläge mehr erwähnt, suiiduru im Gegenteil
beim Ubiriqui, nahe dem Peruue, klare-s, trockenes Wetter.
Indianer. Übur dio Indiauer des Pichis, Pachitca
und Ucajali sind die Bemorkuugen Salami spärlicher, aU
man hätte erwarten sollen. Am Paebitea sitzen viele
Kaschibo, luisondcrs an den Quebradas Sbeboja und
Suugarojacu, sowie an den Quellen des Aguaitia und
Pisqui, /iiflüsspn des Ucajali. Sie guhun ganz nackt und
bedecken nur den After mit Haumrinde in Korbform.
Ihre Rogen nnd Pfeile sind plump, letztere halwn auch
keine Federn um oberen Pinde.
In Macisea lernte Sala die Konibo kennen. Es
waren etwa drcitidg Personen, die für ihre Kinder die
Taufe bogohrtuu. Die P'rauen trugen am Halse viele
.'^Ubermünzen, meist braaUisebu und peruanische, die
Schädel der Kinder zeigten die künstliche Deformation
mittels Bretterauflagc. Geradlinige Figuren bilden die
Stammeaahzeiebun, und diese P'iguren kehren auch bei
allen ihreu Gerätschaften, Töpfen, Schüssuln, Tullern,
Kanoes und Rudern wieder. Der Häuptling Antonio
trug eine weifso Hose und einen schwarzen Itock. ,Vuch
in der Casa Kranquini am Ucajali (etwa unter 10® süd-
lich) fand Sala druifaig Konibo als Arbeiter derWeifsen.
In Chicotsa begegnete er füuf Kanoes mit Schipibo
oder Ghipivo, welche Kautschuk für Cumaria f9” 30'
südlich) geladen hatten. Sie waren alle am ganzen
Körper bemalt, die Frauen mi-br als die Minner, uament-
lieh im Gesiebt, an Brust, Gürtel, Rücken nnd Beinen,
und zwar in derselben sjminutrischeu Weise wie die
Konibo und Kaschibo. Kleiduug irgend welcher Art
tragen sie überhaupt für gewöhnlich nicht, doch pfiugeu
die Erwachsenen sieb in Gegenwart der Weifsen mit
Duckuu und Tüchern zu behängen. .Vueh sie ül»en die
t'eajali und dem Paehitea-Piebis fOitperüV 7 ^
l>efonnation des Schädels Wi Neugelmreneii : unter eine
.\rt Strohkamm, den sie mit Biudfaden zu halUm suchen,
legen sie ein baumwollenes Kissen, darüber eine Binde;
so drückHi sie den weichen Schädel ziemlich schmerzlos
zurück und geben ihm die Form eines Kegels. Als Grund
für diese Sitte gel>en sie an , dafs auf diese Weise das
Haar nicht in das Gesicht hinge.
IHe Kampa de« Gran Pajonal geben fast ganz nackt
und sind rot Ixmialt. Sie sind stark bewaffnet, meist
mit Pfeilen und Bugen; über ihre Sitten wird wenig mit-
geteilt, doch giebt Sala .^prachprubon und beschreibt
ausführlicher ilire lärmenden und drohenden Begrülsungs-
zeremonieen. Ihre Zahl ist gering, ihre Wohnart zer-
streute Hütten zwischen PHaiizungen; infolge des I’m-
standus, dafs der Gran Pajonal nicht mehr Durchgangs-
grbiet für die vom Ucajali kommenden, .Salz holenden
Karawanen ist, nimmt ihre Zahl rasch ab.
Wirtschaftliches, ln den wenigen Ansiedelungen
am Ucajali baut man namentlich Bauanen, die auf dem
vom Flusse überschwemmten, mit Schlick bedeckten
Niederungen vorzüglich gedeihen, autsurdem Yuka, Mai«,
Bohnen und Zucker. .Vus letzterem zieht man Brannt-
wein, Agnardiente und hält überdies Vieh. Während der
Überschwemmungen kommen die Tiere de« M'aldes, na-
mentlich Hirsche und Waldhühner an die Ansiedelungen.
Der Wald liefert Holz für die l>ampfer, vor allem aber
Kautn;cbuk. Der K n u t sc h n k ba ndel war bereite
1096 97 ül>erall in Blüte. Am Mairo, PichU, Paohitea
und den benachbarten Zuflüssen safsen überall Kuut-
«cbukMummler, und manche neue Posten entstanden auf
diese Weise, wie der von Paulino Ueiigife am Paebitea
bei Baüo«. Am Abujao waren 1000 Arbeiter mit dem
Sammeln d«*a Kautschuks beschäftigt Viele Indianer
wurden dazu verwendet, an der Uasa P'ranquini am
Ucajali z. B. fünf Kanous mit Schipibos. Die arrolia
(ll*;, kg) Kautschuk galt ilamaD in Iqiiitos 20 Soles =
10 Mark. In Iquitos ist das Ij«beh sehr teuer und schlecht
ist für die Tafel gesorgt, am oberen Ucajali «iml [.eben«-
inittul weniger schwer zu erlangen, aber die Preise
sind hier noch höher. P)ine Arroba Fett kostete, den
peruanischen Sul zu 2Mk. gerochnut, 30, 50 kg Mehl 36,
4.5 kg (2 Quintal) Bohuen 2Ü, die Arrolm. Reis 36, ein
Brut von 30 kg 10, din Plasche Aguardientu etwa 1, die
Flasche Rotwein 1*’,, die P'lnBchu Uognac in Mi"chahua 0,
45 kg (1 Quintal) Kaffee in Iquitos 40 Mark. Für ein
Paar Stiefel liezahlte mau 30, für eine Hose 6, für ein
fuincs Hemd 10, für ein einfaches 3 Mark. Kino zwei-
läufige FHute erstand tmm für 80, eine einläufige für
40, Pulver das Pfund für 6. Munition das Pfund für
eine WiiicbesterbüchKc aber kostet« 100, 100 Patruiieii
dazu 12 Mark. In Iquitos batte dio Arroba Salz einen
Wert von 8, am oberon Ucajali von 14 Mark. Auf dom
FiscarrahDchen Dampfer „Bermmlcz*' betrug derPassage-
prois für den Tag 10. Mark in erster, 5 in zweiter Klasse.
Ganz besonders bedenklich sind aber die Folgen des
Kautschiikhaiidels. Zwangsweise Wegführung der In-
dianer, Transport Gefangener in Ketten, das Verspielen
von Dienstbot«n, rücksichtslose Verdrängnng de« einen
durch den anderen, Mord, Totschlag und Raub sind nn
der Tagesordnung und von irgend welcher Verfolgung
der Verbrecher ist keine Rede. Diese schauerlichen Zu-
stäudu finden denn auch ihre Ik-atutiguug ln der neuer-
dings mehrfach gemeldeten Auflehnung der Indianer
gegen ihre Peiniger, die Kautschuksanimier.
Ansiedelungen. IHe Zahl der .Ansiedelungen ist
gering. Meist sind es nur Kiuzelhütteu zwischen Banaiien-
pfianzungen oder Niederlassungen der Kautschuksammler,
wie der Posten von Paiilino Rungife um Pachitea, oder
7ß
Da» Nilatauvrerk %'on A»*uan.
die Cava FerDando FraiH|iiini in ('umaria am Ucajali,
oder der Hafen (’hi«ea des Kmilio Va^tquez am Ucayali^
beide mit Trapicbee, endlich Chicotaa de« Francisco
Asequi am Ucayali nnd dieColonin Amhina am Pachitea-
Palcazu. Auf einer Insel unterhalb der Mümlun|< des
Paebitua in den Ucayali liefen einif^e Hütten der Konibo,
weiter abwärtn Anaiedelunjren der Kaschilioyaiio. (’a-
aerioa, gröfsere Anaamtulungen von Häum;rn, «iiid selten;
dahin gehören die ('olonia Ambina am /ueammennuase
von Piebia und Palcaxu zum Pachitaa, Ilaüos am Pachitea,
Santa Maria und da« 15 m hoch über dem Ucayali ge>
legene Maciaea. Zwineben dem Ucayali und dem Hrun
Pajonal l^estehen nur auf der kurzen Strecke bU zum
('aUingari Ansiedelungen, dann folgt in wasserarmem
I«ande auf eine lauge Strecke ein fast menschenieere«
Oebiet ohne Pflanzung noch Hütte, ^a selbst ohuu Tiere
des Walde«. Im Pajonal selbst giebt es nur Hütten oder
llüttengruppen inmitten von Pflanzungen von Main, Gran,
Quillu 1111(1 Farnen; viele der Häuser und Pflanzungen
sind aber wegqp des Kückgange« der iievölkerungszahl
verlassen. Zwischen dem Pajonal und dem Perene ist
die Besiedelung wieder geringer, ausgenommen auf der
Höhe Ton Impiiriheni, die ihr Wasser zum AnaquiaU-
Piebis sendet, um! in einigen Th&ioni der zum Perene
laufenden kleinen nördlichen Zuflüsse, wie des Aiiapiari;
auch auf der aussichtsreichen Höhe von .\purinquiohue
finden sich Häuser, dann aber erst wieder am Yurina*
quiflusBü im Pajonal de Metraro. Hier waren 1897
die Häiim*r englischer Kolonisten von den Indianern
ausgerunbt und verbrannt, diu Bewohner selbst getötet
wonlen. Schon auf dem Gran Pajonal hörte Sala von
den Kampa, dafs der Heros Amachegua den Imlianem
zur Hülfe berniedurgestiegeu sei und dats diese bei
Cbancbamayo mit den Weifsen im Kampfe lägen.
Das Nilstauwerk von Assuan.
Am 10. Dezember 1902 ist eines der gewaltigsten
Kulturwerke, da« die moderne Technik gescbaJluu hat,
seiner Bestimmung übergeben worden ; denn an jenem |
Tage fügte die Herzogin von Uonnaught in Gegenwart i
des Kbedive, des diplomatischen Korps und einer grofseu |
Zahl geladener und ungeladener tiaste den letzten Stein- |
[ werke sind noch zu vervollstindigen, aber die ganze
Kinrichtung steht bereit» so fest geschlossen da, dafs sie
sofort ihru Aufgalie erfüllen kann und erfüllen wird;
wir glauben daher, ihr hier einige Bemerkungen widmen
zu sollen.
Nach menschlichem Krmusseii wird wohl keine Technik
Abh. 1. Der Staudamm von Assnan) IS Monate vor seiner Totlendang.
Oie Photographie Ut wältrcD'1 der SonoeniiaKtemira vom 11. November 1901 uufgeiiommen.
block in den riesigen Damm, den die ägyptische Kegie-
rung oberhalb der Stadt Assuan nnd im .\ugesicht der
Tempel von Pbilä quer durch den ersten Katarakt des
alten Vater KU hat führen lassen. Ks ist ein Bau fast
so riesig und imponierend vielleicht wie die stolzusien
Denkmäler aus grauer Hgypti«cher Vorzeit, die Pyramiden,
aber seine Bedeutung liegt natürlich auf einem ganz
anderen Gebiet: es ist oin Werk grofsartigster, prakti-
scher Uaudeskultur, ein Werk, das seinen Segen bis in
alle Kanäle und Wassergräben, bis in jedes Kildörfcheii
hinein ausstrahlen lassen wtni. Die« und jenes ist noch
an dem Staudamm von .Aesuati zu thun, einzelne Keben-
der Welt je im »taiide sein, diu wüsten sandigen oder
steinigen Teile .Ägyptens in fruchtbare Ackerfeldur zu
verwandeln; allein darauf kommt e» auch nicht an. Kr-
wünsrbt und erreichbar ist nur, dafs der schmale Streifen
kulturfähigeii Landes zu iH^iden Seiten des Stromu«, dafs
seine .-Vuswuituugeii und das Delta produktiver werden,
als sie es heute mangels einer stets ausreichenden Wasser-
meugu sind, dafs also der von den regelmäfsigen Über-
Bchwemuiungon abgesclztu bufruchtuude Nilschlamm
ulierali dort zur Verfügung steht, wo er Gutes stiften
kuuute. Bisher war das nicht der Fall trotz mancher
kostspieligen .-Inlagen. Im .Altertum sind Reservoirs und
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!)•■ Nilstaawerk von Aibubd.
TJ
SobleiiHenwerke vorhanden gewesen, die uit HiÜfe des
in der heutigen IjandsrhaFt Kayuin Hegenden MörtHaeeii
Unterägypteii ausgiebig bewässerten, und nach einer He>
rechnung, die eich freilich schwer narhprüfen lAfst, soll
man dort 1 1 800 Millionen Kubikmeter Waseer, also fast
»wölfniHl mehr als heute bei Assuan, haben aiifspeicbern
breite durcheetsenden Standamm, sondern an ein System
von kleineren Dftmmen zwischen denl'furn und den dort
im Strome liegenden vier FebeninBeln. Vier Jahre hin-
durch währten die Vorstudien und blrwägiingen, ohne
dafs merkwQrdigurweise Zeit und Geld für eine gründ-
liche rnterauchung der FeUart des Fliirshottes übrig
Abb. 2. Anfmauern des Staudaumes von Assuan.
kömieu; jedenfalls aber besteht dieses Wunderwerk der
alten ägyptischen Ingenieure schon lange nicht mehr.
Der grutsartigste flau ans jüngeren Tagen ist der unter
Mehemed Ali von fraiizösiachen Tu<rbnikern errichtete
Ihimm, der am Scheitel des Deltas quer durch die Arme
von Rosetta und Damietta geht, at>er er kommt nur einem
Teile Unierägyptens zu gute. Das neue Werk jedoch
bat die Aufgabe, die Landeskultur auch Oberägj’ptens,
MittolägypienK mit dem Fayum und ganz rnterftgyplens
zu beben, die Uewässomugsarbeit zu erleichtern und zu
TerbilHgeii; und auch die Nilncbiffahrt, die um ersten
Katarakt gewöhnlich eine iiubesiegUcbe Schranke fand,
soll von ihm profitieren. Ileschlounigt wurde die Aus-
führung des Projektes durch die Krkenntnis, dafs die
Cl»erscbwemmung>höhe des NUs im Laufe der letzten
Jahre infolge einer in ganz Ostafrika herrschenden Dürre-
periode langsam, aber stetig immer weiter zurückging
und somit eine Wolke ernster Gefahr heraufzu/.iuben
schien. Wie eine Bestätigung der Ansicht, dafs es höchste
Zeit war, nimmt sich die Krscheinung aus, dafs gerade
im letzten Jahre die Überscbwemiiiung sehr schlecht war.
Der erste, der auf den Gedanken kam, durch einen
Staudnmni oberhalb Assuan eine radikale Änderung in
den seitherigen, nicht befriodigeuden Vorb&Utiissen herbei-
zufQbreu, war — wie wir einem Aufsatz« des Ingenieurs
Sir Benjamin Baker im „T.uudon Miigazine** entneh-
men D — der bekannte Sir Samuel White Baker, und
was dieser vor vierzig Jahren im Auge hatte, das iM jetzt
genau an der von ihm genannten Stelle aiisgefübrt wor-
den; denn sie bezeichnet« auch Willcocks, der (’hef-
ingenieur der ägyptUebou Regierung, auf Grund einer
vor nun neun Jahren unternommenen Studienreise bis
noch Wadi Haifa hinauf als die geeignetste, und das
luiernatiouale Komitee schlofs sich seiner .\uschauung
1894 an. Allerdings dachte Willcocks damals nicht an
einen einhoitlicbeii, die ganze sehr l>eträcbtliche Fluts-
'I l'osere Abbildungen sind diesem Aufsatz elwufalls ent-
Donunen.
gewesen wäre, und dieser Umstand führte nachher beim
Hau zu sehr unangenehmen und kostspieligen Cber-
rasnhiingen; es stellte sich nämlich heran», dafs derFeU
an mehreren Stellen bis zu betriiebt lieber Tiefe n^>uge-
sund“, d. h. brüchig ist, weshalb man genötigt war, die
Fundamente hier und da bis zu 12 m tiefer zu legen,
als mau es ursprünglich für erforderlich gehalteu hatte.
Da die Dicke des Dammes au der Basis beinahe 30 m
beträgt, so lätst sich leicht ermessen, welch riesige
Quantitäten von Granitmauerwerk schliefslich mehr ge-
braucht wurden. LordCromer, den man darauf aufmerk-
sam gemacht hatte, entschied jedoch, dafs der Damm
gebaut werden müsse, ganz gleich, wieviel Zeit und Geld
er koste. Im Februar 1898 sohlofs die Ägyptische Re-
gierung mit der Firma Sir John Aird u. t'o. den Bau-
kontrakt und mit der Firma Ransomes und Rapier den
Vertrag über die Klsenkunsiruktionen ; danach sollt«
der Staudamm von Assuan Knde 1903 fertig, d. b. be-
nutzbar sein und zwei Millionen Pfd. Sterl. kosten mit
Einschlufs der Schiffsschleuse und der Arbeiten zur
Sicherung der Denkmäler von Philä. In Wirklichkeit
haben sieb die Konten auf 3340000 Pfd. Sterl. belaufen,
der Damm selbst aber wurde ein volles Jahr früher fertig,
als vertrugsmAfsig bedingt war. (Abb. 1.)
Die Firma John .äird u.CV machte sich nach Unter-
zeichnung des Kontrakts sofort ans Werk uu<l begann
damit, in der Nähe der Baustelle ArbeiterbAuser, Bureaus,
liäden, Lazarette, Kisenbahnen, Muscbinensrhuppuii und
Ähnliches herzuricht«ii, und noch vorSchlufs des Jahres
1898 waren Tausende von Kingeboreneii und Hunderte
von italienischen Grauitmauruni in Tbätigkeit; am
12. Februar 1899 legte der Herzog von t'onnaught den
sogen. Gruudsteiu. Ks kam Inti der Arbeit zunächst
darauf an, die Gewalt der Katarakte zu brechen, die
zwischen den Stromiuseln brausten. Man legte zu diesem
Zweck provisorische WAlle aus Bruchsteinen durch drei
iler Flufsarme, indem mau schwere Blöcke, oft solche bis
zu 12 Tonnen Gewicht, versenkte; so war der erste Arm
am 17. Mai 1899 durch einen solchen Steinwall ge-
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78
Das Kilitenwerlc von Aainan.
getichnittene St«ine yorweudet Mai> mufate
sich daboi aoitweUe sehr beeilen , um vor
dem Steigen des Nil» zurechtxukummeu« und
»o wurden oft bi» xu 3600 Tonnen Mauer*
werk an einem Tage fertiggeKtellt Ktwa
1 1 000 Arbeiter wurden im Maximum be-
»cbftftigt, darunter 1000 europäische
Maurer imd andere Werkleute.
Wie erwähnt, waren gleichzeitig rer*
»chiedene andere .\rbeiten auszuführen,
unter anderem der Schutz der Insel Pbilä
XU bewirken. Wenn von Dezember bin
Mai da» von dem Dumm gebildete Reser-
voir g<‘lüllt ixt, wird Philä stellenweise
überflutet werden. Die dortigen, aus ver-
schiedenen Kpooben der ägyptischen Vorzeit
Htammenden Hauten aber, von denen
einige sehr gut erhalten sind, und die das
Ziel zahlloser Touristen bilden, stehen zum
Teil auf losem, schlammigem und sandigem
Untergrund, der, wenn er sich mit Wasser
vollgesogen bat, sich senken und die
Ruinen gefährden würde. Daher sind alte
wichtigen Bauwerke, darunter das be-
kannte Lager Pharaus, entwiKler auf Stabl-
Ahh. 3. SIdselte des 8taudamnies von Assnaa.
RecKls itas RcM*rroir.
schlossen. Die Tiefe betrug dort etwa 9 in und die
Stromgesefawindigkeit 24 km in der Stunde, ln einem
anderen Falle half mau sich, indem man gleich ganze
Kisenbahnwaggous mit Steinblöcken, diu durch Stahltaue
miteinander verbunden waren, in den Katarakt stürzte.
Es trat nun aber Hochwasser ein, und die .\rbeiten
mulsten für dessen Dauer unterbrochen werdcu — auch
eine abnorme Schwierigkeit, die sich dann auch noch
wiederholte. Im November 1899 nahm man sie wieder
auf, und man dämmte
jetzt im ruhigen Wasser
oberhalb des ßruchstein-
walles mit Sandsäcken
und tüudeichuugon au«
Kies» die Stellen für die
Fundamente des eiguiii-
lichen Dnniiues ab und
pumpte sie aus. Das war,
wie Baker sagt, eine auf-
regende Zeit; denn rann
konnte uicht wissen . ob
es gelingen würde, das
Bett trocken zu legen,
und ob das Wasser nicht
durch die Spalten im
Fels wieder hineinstür-
zeu und die .Arbeit zer-
stören würde. Man stellte
mm deshalb für oitieii
engen Kanal 24 Stück
zwölfzöllige Zentrifugal-
pumpeu in Bereitschaft.
Ksging aller alles besser,
als man iHdürchtet batte,
es konnte gemauert wer-
den, und der Bau uabiii
oineti ocbnellen Fort-
gang. (.\bb. 2.) Im In-
nuru wurden Bruch-
steine gelegt, für die
äuf.seren Teile dagegen Abb. 4. Die SchilTsschlenfte des Dammes von Assnan im Bau.
träger gebracht oder bis auf den Fel» unter-
mauert worden. Das war natürlich bei der
Gebrechlichkeit der Bauwerke, der Brüchig-
keit des Gesteins und der Unsicherheit des Sandbodens
eine aufsorordeotlich schwere und gefahrvolle Aufgabe,
und obwohl sie gelang, bleibt es trotzdem fraglich, ob
die .Arbeit viel geholfen haben wird. Übrigens war der
Damm zunächst um ein paar Meter höher projektiert,
und nur auf den F.inspriicb der gelehrten Welt verstand
man sich dazu, ihn niedriger zu halten, damit die Insel
nicht ganz überflutet und die Ruinen rettungslos zerstört
würden. Man verzichtete damit auf 2* ’j Millionen Kubik-
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Dm Nilttauwerk von Aisaan.
79
Abb. 5. Thor in der 8chifTi»scklea»e von Aii&uaa.
meter Sümwastsor^ abor uh aiud doch noch iminur über
1000 Millionen Kubikmeter, die man wird aufspeiebum
kdnneu.
Der Damm bst iu :<cuier heutigen Gestalt (Abb. 3) von
Ufer zu Ufer 1962 m lang, 30 m hoch (von den Fuuda'
uienteu aus gerechnet etwa 40 m), oben 7, unten 27 m
breü. Dax Gesamtgewicht des Mauerwerks wird auf aber
1 Million Tonnen geschfitzt; zum Ver-
gleich tsei bemerkt, dals das Stein-
gewicht der Cheopspynimide 7 Mill.
Tonnen beträgt — aber die alten
Itaumebster brauchten für sie auch
viel mehr als fünf Jahre. I>er Hohen*
unterschied des Wassers o1>erhalb und
unterhalb des Dammea bemifst sich
auf 20 m. Zur Hegulierung des Ab-
Russes dienen 140 untere und 40
obere Scbleusentboru von je 7 X 2
bezw. 3,5 X 2 m Ausdehnung; 130
davon sind nach dem Sioiiev - Roller-
aystem gebaut« Durch alle Schleusen
zusammen können 47 5 000 cbm Wa-<ser
io der Sekunde laufen.
Am Wpstufer des Nils ist der Damm
durch eine Scbiffsscbleiise (Abb. 4)
unterbrochen, die auch von gröfseren
Dampfern benutzt werden kann und
ihnen den Weg bis Wadi Haifa (zweiter
Katarakt) eröRnet. Die Schleuse ver-
lauft rechtwiukelig zum Damm und
Hem Ufer jiaralle] und ist durch fünf
Schlenseuthoru in vier Schleusenkasten geteilt. Die
Schleusentbore (.\bb. 5) sind 9,7 m breit und bis zu
20 m hoch. Die Konstruktion weicht von der üblichen
ganz ah, wie aus der .Vbbildiing hurvorgeht.
Wenn der Flufs im Steigen begriffen ist, werden alle
Schleusen des Dammes offen gehalten, und das rote, dicke
Wasser kann ungehindert hindurch, ohne dats der be-
’ fruchtende Schlamm abgelagert wird. Nach dem Schwel-
I len, sobald das Wasser klar geworden und die durch-
I gehende Wassermenge bis auf 2000 cbm in der Sekunde
I gefallen ist, worden die Schleusentbore fast alle ge-
schlossen, so dafs zwischen l>ezeiiiber und Mürz das
Iteservuir allniäblich gefüllt wird. Zwischen Mai und
Juli werden sie wieder geöffnet, ]e nach dem Staude des
Nils und <len Bedürfnissen des (rotrHide1>aues. Der Hoden-
wert des Gebietes, dem die Anlage zu gute kommt, soll
sich dadtirch um 400 bis 600 Millionen Mark — matirbe
sprechen gar von der dop|)eitun Summe! — vergröfsem.
Jedenfalls unterliegt es keinem Zweifel, dafs das Hau-
kapital sich geradezu glanzeud verzinsen wird.
Über die sonstigen Finrichtungeii, zu denen der Damm
von Assuan uutigit', sei folgendes In^merkt: der erwähnte
alte Diiiinn im Delta ist durch besondere Hülfswebre
verstärkt wurden, damit dort der Wasserdruck etwas
gemindert wird. Diese.-* Werk wurde in drei Jahren —
mit dun Unterbrechungun zur ilochwasserzeit — mit
einem Kostenaufwand von üOOÜOO Pfd. Storl. von dem
Major Hruwu, dem Geuerulinspektor für die Hewässerung
UnterägypteiiH, ausgeführt, der daWi manche neuen und
für den Techniker interessanten Methoden zur Anwen-
dung brachte. Das wichtigste Werk jedoch, das eiuu
grötstmöglicbe Ausnutzung des bei .Assuan aufgespeicher-
ten Wassers gewährleisten soll, ist der hei Assiut (Siut),
560 km unterhalb .Assuan, quer durch den Nil gelegte
Steindamm, der im Winter 1898 von John Aird u. Co.
begonnen und im Frühjahr 1902 vollendet wurde. Kr
zeigt kleiuure Dimensionen als der Damm von .Abbuiiu,
ist 838 m lang und l2,Öm hoch und enthält lll ge-
wölbte Schleuseuthore von 4,9 X 1,2 m Ausdehnung, die
nach Bedarf ge^chlossuu worden köuuou. SpeziuU hat
diese Anlage den Zweck, die Hewässerung Mittelägyptens
und des Fayums zu verbessern und utwa 121 000 bu neues
liznd kiilturfähig zu machen, indem sie dem etwas ober-
halb abgeheudeu ibrahimkunal iiielir Wasser zuführt
Der eigeuiliohe Damm ruht auf einer 26 in breiten und
Abb. i(. Schiffsschleuse im Hanniie von .AssInt
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80
(T.eult: Singe der Harerui in Deiitsah-Südwestafrika.
3 m dicken Dnttfonu au:^ Mauerwurk, diu wiiKier einem
IWt AUH ^uDieiMenien Pfählen aufgesetzi i«it. Die^c
Pfahle sind In den Sand des FlufshetteM 0 m tief eilige-
Henkt, Hchliefsen somit da« WaKHer yöllig ah und hindern
es daran, das Maurrwerk zu unterminieren. Der Knision
dus Flutsbettes begegnet in»ii durch 20 m lange »ironmuf
geführte St«*in|)Ackungeii mit Lehmschiag. Der Bau ging
hier in der Weise vor »ich, dafs man dae Stück des Fluts-
IwtteN, das während der Saison bearbeitet werden sollte,
durch Dämme aus Frde und Sandsäcken pinstännte und
mit einer liutturie von 17 ^wulfzTiIHgen Zentrifugal*
maschinen das Wasser auspumpte und fernhielk Si«
hfttb'u auHgereicht, eine Stadt von zwei Millionen Kiii*
wobneri) mit Wasser su versorgen. Da der Sand stets
nachzuxtürzpn drohte und ül>er lOOO (Quellen im Fliils*
bette aufbracheu, mutste man mit fieberhafter Kilo und
mit allen irgend verfügbaren Kräft4>n arbeiten; durch*
Nchnittlicb waren im Mai und Juni 1900 täglich 13OO0
Arbeiter beschäftigt, und Millionen Saudsäcke wur-
den verbraucht. Auch hier ist an der Westseite eine
Schiffsschleuse angelegt (Abh. 6). Der Ihrahimkanal
selbst erhielt einen neuen Regulator mit neun Bugen
und Schleusen.
Noch war das Stauwerk von AnKUaii nicht vollendet,
als die ägyptiHchu Regierung bereits noch weitere Dämme
projektierte; sie will solche auch zwischen CbartuiD und
As.simn anlegeu, um den Bauiuwollenhau in die Hube zu
bringen, für den bis nach Cbartum hinauf ein geeignetes
Feld vorhanden sein soll, l'iid noch mehr: man hat
berechnet, data für ganz Ägypten, den Sudan einge*
schlossen, 3U 10 Milliuncu Kubikmeter Wasser mehr nötig
wären. 1000 Millionen Kubikmeter liefert das Stauwerk
von .Assuan; für den Rest will mau die NU>*een, den
Viktoria-Xyiuisa, den .Mbert-Nyansa und den Tsanasee,
beranziebeii. Ülior das Wie gehen die Ansichten der
Ingenieure noch auseinander; aber goütanwird in aWeh*
barer Zeit wohl doch etwas werden. Hai sich doch Kug*
land in ijeinem Mitte Dezemlwr vorüIFentüchteu Grenz*
vertrage mit Mentdik aiisbedungeii, dafs dieser im
TsanaaiH] keine Hauten ansführen lassen darf, die die
UewäsMjruiig ÄgyptenM beeinträchtigen könnten; der See
ist also gewissermaff^eu unter englische KuntruUe gestellt.
Man niufs für die Tbatkraft und die Freudigkeit der
Kngläiider, Kapital in ihre Besitzungen zu werfen, wirk*
lieh Bewunderung hegun; so leicht macht es ihnen keiner
nach!
Sängt* der Uereros in Deiitftoh-SndwrHtafrika.
Voll Lcutimnt a. D. Gentz.
Die Dichtkunst der Hereros ist eine ziemlich priini*
tive, howolil, was den Inhalt als auch die Form ihrer
(iesauge betrißt. Die Melodie ist die Hauptsache.
Aber auch diese ist, obgleich wohlklingend, doch ein*
förmig und sich häufig wiederholeud.
Ks liegt weder ein besonders liufer Sinn, noch ein
hohur pocti>>cb(T Wert in dieNen Gesängen, welche die
alltäglichsten Dinge behandeln: Szenen von der Jagd,
aus der Häuslichkeit und dem täglichen Leben und alles,
was dein llerer«> merkwürdig oder auffällig erscheint.
|l;;Kunder.>i alle F.inricbtiingen der Dcutecbcu und diese
liitzlpreu selbst: Wie die Soldaten reiten und in den
Oorlog (Krieg) ziehen, und von dem „grofstm Bohr“ (Ka-
none), das sie n^pr^'t^ben'* Ihsncd; wie der Missionar ge-
kommen ist und was er erzählt bat; von iler Kisenbahn,
vom Klavier, dem „grofsen Ka^tou, auf den die Weifsen
mit den Händen schlagen und Mic^ik machen*^ u. s. w.
lH*r Vorsänger, gewidnilich ein junger Bursche, singt
eine Strophe vor, und der aus Weibern und Kindern
bestehende (’hor singt dieselbe, nach dem Rhythmus des
Gesanges mit den IläuduR klatschend, nach, zweimal,
dreimal, oft zehnmal hintereinander, je nachdem sie dem
Inhalt derselben einen besonderen Nachdruck verleiben
wollen oder über densellien Freude oder Schadenfreude
empßuden, oder aber auch wohl der Vorsänger Zeit
braucht, sich eine neue Strophe zurechtzulegen. E» hao*
delt sich dabei scheinbar nicht um einen festen Wort-
laut, noch wouiger um eine bestimmte Reihenfolge der
einzelnen Strophen. Gewöhnlich ßiebt der Vorsänger
auch einige improvisierte Stropheu zu Khren des weifsen
Zuhörers ein. Für einige Platten Tabak sin^n nie be*
reitwilligHt, soviel man hören will, und man hat genü-
gend Zeit, sieh den Inhalt einer Strophe während der
häufigen Wiederholimg derselbim von einem der hollän-
disch sprechenden Kingeborcueu übersetzen zu lassen.
Ich will versueben, liier den Inhalt einiger solcher von
mir gehörter Gesinge als Beispiele wiedenBiigeben.
Vom Bur Oainbende^).
«Oamdwnde, beude, bende, Oam-bende, bsmle* — l#-
ginnt der VurȊDger*).
,,Oam-beude, bende, beude, Onm-liende. bende* — fällt
der Chor ein, die Strophe mehrmals wiederholend.
«Oam-bende ist domm, Oam-Iieiide ist duumi.* — Fp>h-
lockeiid fällt der Chor ein und wiederholt die Strophe scchs-
blA siebenmal.
,Oamd>ende ist üuimn, er hat seine Rinder vorecheukt*
— Onm>beiide kommt geritten und will seine Rinder wieder
hallen.
,l>u hast mir die Rinder sellwt geHCfaenkt* — sagt Sa-
ronna.
.Aber es sind meine Rinder’ •— «gt Oam-bende,
,Ks sind schon muiuor Mutter Rinder gewesen.*
•OaiU'bvnde ist dumm. Oam-bende ist dumm, Uam*bende
ist dumm.*
Oam-Wnde reitet nach Gobalna
Der Loutuaiit”) a1>or sagt:
.Solch dummen Rur halte ich noch nie gesehen.*
Oam-beude sagt:
.Wenn das so ist, wäre es schon liesser, wenn ich gleich
tot wäre.*
.Oani'bende ist dumm, t)am*bende ist dumm.’
II.
Die Deutschen reiteu nach Jomldnde*).
Sic reiten ununterbrochen, ohne zu schlafen.
Kin Hohr (Gewehr) halten sie mit und an der Seite ein
langes Messer (KalHÜ, Seitengewehr).
Auf dem Kopf trogen sic kleine Kappen (Militärmützeul.
Sie reiten schnell und <>hue zu schlafen die ganze Nacht
hindurch.
Weit ab in dem anderen Land haben sie Krieg gemacht
mit den Hottentotten.
Hie haben das «grofse Rohr* sprechen lassen und viele
Ho<teut4ttteii totgemaeht.
Hie buben die IIi>ttentotten in die Flucht gejagt und laut
gejubelt und llurm geschrieen.
’) £iu Bur, den die KingelMiroiien. die Jedem Eur<»pner,
den sie kennen lernen, auch sofort einen Nomon beih*g«m,
.Oam-Iiemle* getauft halten — seinen wirklichen Kamen will
ich verachweigen , hnti«. als er von einem der gmCsen
Stores in Windboek gepfändet werden wdlte. all sein Vieh,
seinen einzigen Benitz, einem Hereroweib Namens Haronna
.gcerhenkt’ unter der Bt^dingung, dafs sie nach Beendigung
des Prozesses ihm dasselbe zurnckgeben sollte. Als der Bur
jedoch später kam und win Vieh zurtickforderte, verweigerte
das schlaue Weib die Rnckgutte unter der Begründung, dafs
sie ein Üetwhenk nicht zuriickzugvlwn brauche, wenn sie nicht
wolle.
*) Ich gebt* in möglichst treuer Übersetzung den W'ori'
laut so wied**r, nie ihn mir mein Indnieisrh, eine ilerero-
frau, in das Hullandische üliertrug.
■) I>er DistrikU'hef.
*) Rielfontijti U*i Gobabin.
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Buob«r*ohftu.
81
Danu lind «ie wivder zurack{;eritt«D nach Wmdbo«k und
•ind nun hierher gekommen.
Bie sind früher nicht geweeen, der Herrgott hat «le geeaudt-
Bie koDimen daher, wo der Mond ist.
f)* «ind noch viel mehr dort, nn kommen immer neue.
l>ie deuUeben (Soldaten) drillen, wie kleine Kinder
spielen.
Wir haben noch nie gesehen ,'dahi grufse Menschen epie*
len wie Kinder.
Sie bleiben nicht auf dem Wege, sondern laufen ins
Feld und auf die Hohen ^).
Wenn eie zu Ende gerillt haben, dann sagt einer:
.Der hat’i schlecht gemacht, der wird eingesperrt.*
m.
Der Bulle geht hemm und bespringt alle seine Kühe.
Die lieute streiten sich; die einen sagen:
.Unser Bulle bespringt mehr."
*) Beim Exerzieren und Felddienstübeu.
Die anderen meinen, ihr Bulle bespringt mehr.
Die Deutschen haben einen Bullen über das grobe Wasser
gebracht *).
Kr läuft auch herum und bespringt die Kühe.
Aber er kann nicht schün schreien, seine Kehle ist zu.
Und seine Hbmer sind klein und nach vom gebogen
wie bei einem Behafbock.
Die Bonne ist unter, und der Bulle hat alle seine Kühe
besprungen.
Von der Kisenhahn singen aie, dafs die DeuUeheu
einen Weg gemacht haben und mit hasensobienen 1>e*
legt, auf denen die „Fäsenbahn“ läuft. — Sie läuft über
alle Berge. — Au ihren beiden Seiten »Wist eie Waaser
heraus. ~ Wenn sie an einen Ort kommt, schreit sie laut.
— Sie läuft furchtbar schnell und fällt doch nie um.
— Und jeder fragt: , Wohin läuft sie?“
*) Simmenthaler Bullen zur Verbesserung der Zucht.
Bficherschau.
Dr. Wllhelui Nedderichi Wirtsebaftsgeographische
Verhältnisse, Ansiedelungen und Bevölkerungs-
verteilung imOstfäiischen Hügel- und Tiefland e.
(Heft S des 14. Bei des der Forschungen zur deutschen
Landes- und Volkskunde.) Stuttgart, J. Kngelhom, 1902.
Derartige B<)n(ler<larsU>Uungea rinzolner geographischer
Abeohnitte, die im wesentlichen auf unmittelbarer Erkundung
und eigener Anschauung beruhen, müssten wir mit Freud«
begrülVen, da sie da» Intt^rease für die VerhältnUse des Vater-
landes erwecken. Auch bezüglich der vorliegenden Arbeit,
die zweifellos mit Sachkenntnis und anerkennenswertem Fleifs
verfafst ist, wird dieses in erster Linie der Fall sein, wenu-
gleich wir zu manchen Einzelheiten unser Einverständnis
nicht erklären können. Die allgomein« Anordnung des Gan-
zen ist als zweekmäfsig zu billigen. Nachdem in der Ein-
leitung die Begrenzung des Gebietes vnrgenommen, wird eine
Übersicht der geologischen und geograpbUeheit Verhältnisse
und eine nähere Darstellung der wirtschaftsgeograpbischen
Verhältnisse und der Bevölkerungsverteilung gegeben, sowie
die Zusammensetzung und die Verteilung der Bevölkerung in
den einzelnen Landsebafteo näher ktargclegt, wobei das ost-
fälische Hügellaud und das Tiefland auseinander gehalten, in
ersterem aber sodann neun, im zweiten drei geographisch
ekennzeiebnete Gebietsahschnitte unterachieden werden. .\uf
iese Weise werden wir zunächst Uber die allgemeinen viel-
seitigen Verhältnisse des Gebiets zusammenhängend unter-
richtet und danach wird uns «ine Bebilderung der einzelnen
Landschaften des Gebiets vorgoffihrt, in welcher der Verfasser
nicht nur jode einzelne Landschaft, sondern ebernnäfsig auch i
jnJe einzelne BiHloIung in derselben im speziellen charakte-
risiert und dabei die KrTungenschaften seiner unifasseDden
rntersuebuogen au Ort und Stelle aufs beste verwertet.
Die Aufrollung des Ganzen ist durchaus zu billigen, nicht
SU aber verschiedene, zum Teil auch wichtige Einzelheiten.
Dahin gehören die Boroebnungen über die Bevölkerungs-
dichte für di« verschiedvnou in Frage kunimcndeu geologi-
schen Formationen, welche in dem Alwchnltt über die Be-
völkemiigsverteilung und zum Teil auch in dem speziellen
Teil bei den einzelnen Landsclfaften vorgenommen sind.
Wie nicht zu verkennen, wurden diese Berechnungen mit
gtvfser Mühe und Borgfalt durchgefiihrt, ihr Ergebnis kann
jedoch als ein zutreffendes und zu weiteren Bchlüssen be-
rechtigendes nicht angesehen werden, weil aus prinzipiellen
Mängeln in den nachgewiesenen Zahlendaten der in Frage
gezogne Kintlafs nicht rein oder auch nur annähernd rein
zur Erscheinung kommen kann und daneben auch dem Zu-
fall ein vielfach ausschlaggebender Bpietraum bleibt; auf
dieao'Frnge näher «inzugeben, würde uns hier zu weit führen, i
wir behalu*n uns dieses für eine lieeondere Arbidt vor. Ferner
berechnet der Verfasser in dem speziellen Teil vielfach für
die einzelnen Ortschaften auf Grund der Angaben, welche
er über die Arbeiten in d(*n verschiedenen gröfsereii <a!or
auch kleineren Ktablisaeinents, namentlinh industriellen, ein-
gez4igen hat, das nähere Frozentverhaltnii der Industrie-
laivölkcnmg, der landwirtschaftlichen Bcvolkening u. s. w. j
nach einem allgenieiaen scUeinatischcn Grundsatz, ohne dabei j
die sonstigen Verhältnisse der Ortschaft näher in Hechnuug j
zu /Iahen. Eine Beih«! dieser Berechnungen wjhl jedem, der
die wirklichen Verhältnisse der einzelnen Ortschaften näher
kennt, sofort aD nicht zutreffend in die Augen fallen, and
dadurch müssen die erzielten Ergebnisse im allgemeinen die
Zuverlässigkeit und damit ihren Wert verlieren; prinzipiell
ist dahin zu bemerken, wie einerseits derartige meist nur
ungefähre Angaben doch wenig geeignet erMcheinen, Berech-
nungen der fraglichen Art zu Grunde gelegt zu werden, und
anderseits der Grundsatz der Barechnung sich nur bei gri^fse-
rou Znhlenmassen, bezüglich deren die nötige Ausgleichung
gegebou sein kann, anwendbar eru'eist. AU ein besonders
krassas Beispiel, welches aber keineswegs vereinzelt dasteht,
heben wir nur heraus, dab B. 113 die beiden Ortschaften
Linse und Westerbrak als reine Hteinbrecherdörfer mit 100
Proz. Bteinbruchsarbeitera bezeichnet sind, während Linse
bei einer Einwohnerschaft von 192 Köpfen eine Feldmark
von 243 ha 'mit ö grofseu Bauernbesitzungen (20 bis 100 ha),
li mittlervn Bauern^itzungeo (& bis 20 ha), Skieinen Bauern-
besitzongen (2 bis 5 ha) und 0 Parzellenbesitzuogen (20 a bis
2 ha) aufzoweisen hat, Westerbrak bei einer Einwohner^haft
von 176 Köpfen aber eine Feldmark von 455 ha mit einem
Grofsgrundl^itz (über 100 hn, Rittergut), 4 mittleren, S kei-
nen Bauernberitzungen und 9 ParzvUeubesiUungen ; bei der
Volkszählung 1900 machten die Besitzer der vorbezeiebneten
Biellen von mehr oder gegen 1 ha nebst den beamteten Per-
sonen unter Zurechnung lediglich der mit ihnen zu einer
Wohn- und hauxwirtschaftlichen Gemeinschaft vereinigten
\ Personen in Linse 134 oder 57,6 Proz. der Gesamtbevölkcrung
und in Westerbrak 61 oder «33 Proz. der Gesamtbevölkerang
aus, wobei aber die laudwirtsebaftUeben Tagelöhner mit
ihren Familien . die in Westerbrak des Rittergutes w^n
! stärker in Frage kommen, anfser Betracht gelassen und, die
‘ angeblich ausachlteUliche Bteinbrecherbevölkerung ist damit
wohl genügend beleuchtet. Neben dem Vorbezeichneten Ün-
. den sich dann aber iin einzelnen, sowohl was allgemeine Be-
I trachtungen und Bchlüase, als was Bpezialangaben aolangt,
mancherlei Ungenauigkaiten und Unrichtigkeiten. Zu ersteren
‘ rechnen wir die Behauptung 8- 16, dafs in den achtziger
Jahren des 19. Jahrhunderui d«r Zuckerrübenbau in gröfse-
rem Mafsstabe für das fragliche Gebiet begonnen habe; von
den jetzt 75 Zuckerfabriken der Prorinz Hannover (43) und
des Herzogtums Braunschw-eig (3‘i) bestanden 1377/76 bereits
56 (27 bezw. 29) und in den Regierungsbezirken Hannover
und Hitdesbeim, sowie den braunschweigischen Kreisen Braun-
schweig, Wolfenbüttel, Onndersfaeiin und Holzminden wurden
1678 insgesamt bereits 22530ha Zuckerrütien angebaut, wel-
cher .\nbau sich allerdings 1383 auf 37 303 ha und 1900 auf
5U726ha erhöht hat; es ist mithin im fraglichen Gebiet der
Zuckerrübenanbau schon in den siebziger Jahren und früher
in einem gröfseren Mafsstab>.‘ betrieben worden, wenn er auch
später immer noch ejoon weiteren Aufschwung genommen
hat. Dnfs die östlichen l^vin/en stellenweise ebenso dicht
bevölkert sein sollen wie das in Betracht gezc^ene Gebiet
‘ (6. 17), erscheint gleicherweise aU eine sehr fragwürdige Be-
hauptung , wenn mau berücksichtigt, dafs die Bevölkcnmgs
dichte de« letzterun einschliorslicb der gröfseren Btädte auf
187, ohne solche auf 61 Einwohner für 1 qkm vom Verfa»ser
berechnet wird, während sich die Einwohnerzahl für 1 qkm
nur in einem der ,35 Kreise der 1*rovinz Ostpreufsen (Stadt-
62
Kleiue Naohriobten.
krtfia« aufaer Itetracht i;aIaMeu; Bevolkeniiij^abl etDAcbliera-
lieh der i^fseren StüUit«) auf über 80 bta 100) erbebt,
desgleichen nur in vier Kretiien der ^5 der Provinz ^Ve8t•
preuf^cn tMaximtim eiirafi über 100), de«gleicb«Q in einem
Kreinv der VH der Prtjvinz Pommern (80 bi* öO) und in fünf
KreiMMt der 40 der Provinz Poaen (Mazimum etwaa iU>erl2o).
Aue den zahlreichen unrichtigen Spezialangalten sei nur noch
einiges hervorgehohen. Wenden, Weudeasen und Wendhauseu
welche B. 92 als am linkon Okerufer angegeben wenleu, Ue*
gen östlich am rechten Ufer der Oker und gehören überhaupt
nicht mehr zu dom in Betracht gezogenen OeldoL B. 98 nind
als itu Jahre 1H04 eröffnet die Bahnen Braunschweig— Meine—
Iscobnttel und Bruunschwalg — Gifhorn angeführt; es bandelt <
«ich hier aber um ein and dieaolbe Bahnlinie Braunechweii; —
Meine — Isenbüttel — Gij^orn; 180.'* ist nicht eine Linie Braun*
9chweig; -Helmstedt-'Öbisfelde, aondeni nur eine Linie Helm-
stedt— Obisfeldc eröffnet; die genannten Bahnen berühren
übrigens das in k'iage stehende Gebiet gar nicht. l>afs in
Gandersheim 14 Pruz. der Qe^mtbvvöikorung in dorOigarren-
fahrikation ihren Krworbszweig hnlnui (B. 81), ist unrichtig;
es besteht dort eine Kilialhibrik, welche 4S ArWUer l>o*
sehäftigt, daneben giebt es ouoh einige kleine Betri'^bo, die
mit zwei bis drei Gehfilfon arbeiten; vielleicht liegt eine
Verwechslung mit Seesen vor. Oer Tabakbau in der Mähe
Von Gandersheim ist keineswegs j.axusbau (H. 81), sondern
regelrochtcr Krtragsaubau; die Anbauer bepHauzen aber mit
Biieksiebt auf die Steuer, um der weniger Weiterungen bie-
tenden Plächensteuer zu unterliegen, lediglich kleinere Par-
zellen. Oafs .viele* Handwerker, Kaiifleuti* und Beamte in
der Stadt liraunschweig einen Spargolanbau auf Pnchtland
als Nclnjiierwerb botreiKm (8. 188), i»*!. unrichtig, es dürft«
solches Wohl nur verrinzeli ausnahmsw'eise verkommen; oio
Spargelanliau von 15 bis 20 Morgen, der als DurchschniU
hingestellt wird, ist schon ein gröfserer. der gewöhiilieb«
Anbau der Pächter und kleineren Besitzer vollzieht sich in
Parzellen von 4 bis 5 Morgen. Eine Zuckerfabrik Osterlinde
(B. 187) giebt es nicht, gemeint ist die Zuckerfabrik Burg-
dorf. welche aber auch auf Bui^orfer Feldmark li^L Diese
Aufzählung van Ungenauigkeiten. welche wir vielleicht noch
wesenUich erweitern könnten. Ufst aber mit Deutlichkeit
ersehen, wie schwer et ist, auch ein verhkliuiHmäftig doch
immer noch basebranktere.« Gebiet selbst auf Grund eigener
Anschauung und unmittelbarer Ermiuelungeii wirtschaftsgeo-
graphisch darzusteUcn. Kt ist nach Mafsgabe der Gesaiut-
arbeit nicht zu bezweifeln , dafs der Verfasser mit grofsem
Fleifs und i!>orgfaU verfahren itt, trotzdem konnten ihm aber
zahlreiche Irrtumer unterlaufen. W«»entlich ist dievwi in
der allgemeinen Behwierigkeit derartiger Darstellungoo, die
eine grobe Viebeitigkeit vorauasetzen, liegntndet und daher
mehr der Arbeit an sich als dem Verfasser /.u/.ureebnen.
Brauufchweig. Dr. F. W. B. Zimmermann.
Kleine Nachrichten.
Abdrack nur siH QusU«assir«l>* zo'tsutl.
— Die Schicksale und die letzten Überreste der
Karibon auf der Antil loninsel Dominica werden von
dem Verwalter Hiwkcth Bell in einem amtlJchen Kolonial-
berichte geschildert. Man welb, wie Knghiuder, Franxoten
und Spanier gleichtnäbig »ich an der Vernichtniig der InM-l-
kariben beteiligten und wie diese rasch au Zahl almahmen.
Im Jahre 1748 wunie Dominica diesen Indianern als neutraler
Boilon überw'iwen, aber schon 15 Jahro tpnU'r nahmen die
Kngiümler diulnsvl für sich und ülwrlieboii den Kariben «ine
292 Acre* grofs« Beaervaiion. Der ganze Btanim toll 1791
mK?h aus 20 bis 90 Familien bestanden haben; der Geschmack
für Menschendeisrh war alter damals ihnen schon »bbandi*n
gekommen. Seitdem hat sich ihre Zahl nicht vermindert ;
noch etwa 400 nennen sich Kariben. doch glaubt Bell, dafs
höchstens 120 reinblüGg sind. Bo stehen sie ab die letzten
echten Westimlier noch da. denn die augon. Kariben vrm
8t. Viiicwnt sind Mischlinge mit vttrhcrrschendetn Negrrblute.
schon 1700 ab .schwarze Kariben" bezeichnet, gegenülwr
den .roten* von Dominica und Guadeloupe. Nach ^11 zeigen
die marh vorhandenen reinblütigen Kariben .unzweifHlhaft
monguloiden Typus und ein Karibenkiod kann von einem
chinesischen oder tatarischen Kinde kaum unierschieden
wardon". was keineswegs anffäÜt, wenn man weifs, wie häufig
der muogolotde Typus unter dun ludinncni vorkoinint, so
dafs daraufiliin Oskar Petchel die .\merikaner zu seiner Grupjt«
der .mongolenkhnlichen Völker* rechnete. Das Haar der
domiiiikniiisrhen Kariben ist sttwff, grob, schön blauschwarx;
ihre Hauthirbo braun bis rötlich^olb. Die Hprache ist er-
l<HM‘hen. Bich selbst nennen sie .Kreib“ («ngiisrhe Schreibart
Üribe, ndmend auf scribe). Hin sind Fischer, bauen gute
Kanne* und fertigen wasMinlichte Körbe, aucli treilwn sie
etwas Liuidbau und Viehzucht. Mischehen mit Negern neh-
men XU, in denen schliefslicli in kurzer Zeit diese letztun
Kariben aufgegaugen sein werden.
— Nähere Nachrichten über die Krmordun(^ des
verdienten italienischen Ueisenden Guido Boggiani,
dessen Biographie der Globus, Bd. 82, 8. 358, brachte, gehen
uns in dem nachstehenden Briefe au.v Ln Plata zu : Nach-
dem der F(»rscher seit Ulngerer Zeit verachollen war, fürchtet«
man nm sein Lelicn und in Asuncion bildete sich eine Kom-
tni«ion, um ihn aufsuchen zu lassen. Beauftragt damit
wurde (wir richten uns im folgenden nach einem Artikel der
Tageszeitung .l^a Prensa* von Buenos Aires vom 28. November)
Herr Jose F. Cancio, ein Spanier, gut bekannt auf dem zu
liureisrtidcn Gebiete. Am 28. Juli reiste er von Asunciun an
Bord de* Ihuupfers «Lalo* ab, begleitet ^on zehn Mann, diu
mit H^ierungswaffen au«gerü.4tet «*aren. In M8t)aoos. \on
wo die eigentliche Kxpnditicm ausgehen sollte, (•rwies«'ii sich
die Waffun als unbrauchbar, die Besitzer der Farm, die i
Herren ('asado. stellten aber andere zur Verfügung, und so I
brach denn die Kxiwdition am II. August auf, (’anrio mit <
«cinon 10 Manu, 12 31aultieren und 14 Herden. Am 24. Bep-
tember gelangten sie zu den Chamococos, donm Kazike-Toruk
den Weitermarsch hindern «alcr nur gegen B«'/ablung eiues
Tributs gestatten wollte, ('nncio lud ihn zu einer Be-
sprechung ein. nahm ihn, obwohl er von etlichen 2i) Indianern
liegleitct W’ar, gefangen und drr»hta ihm mit dem Tode, wenn
er ülM-r das Hchicksal Bitggianis nichts aussageu würde. Da
dies nicht geschah, lief* Cancio die drei Chatnocucos, die
iKirtugiesisch sprachen, gefangen nubmen; der Venlncht war
(»ugründot, als die Führer Bnggianis elienfalls Portugiesisch
verstanden. Nachdem die Kx|>edition liereits l.% Tage die
t'hamocociM verlassen hatte, cDtwischttm zwei der miige-
führten Gufaugenen. Der dritte, Luciono, wurde einer Bchein*
füsilierung unterworfen, und erzählte anfangs, die benach-
Imrtun (.'»romonis hstteu B«.>ggiani ermordet, gestand dann
aller den Mord ein, und in der That fand die Expedition die
von den Kaubticren zerHcischten Reste Boggiani» (der Kopf
kenntlich an Goldploinbun des Gebisses), sowie di« eine« Be-
gleiters, bekannt unter dem Bpitznamen Gavilan, ferner den
photographischen Apparat und andere Hütchen. Der Tod
Boggiauis wie seines Begleiters war durch Hiebe auf den
Kopf erfolgt. -ledenfalls wollte muii ihn beraulwa. — Am
4. November langte die Expedition in Medanns wieder an
und am 14. schiffte sie sich auf dem «Poea^las* nach Asun-
cion ein, Wf> sie am 17. November den Mörder Luclouo den
paraguayischen Behörden ülierweisen konnte. — Ko weit der
Zeitungsartikel. Genauerea über die Ermittelung des Mörders
sowie die AiiCHndung der Ucsta des unglücklichen Forschers
werden wohl »iiätere Berichte bringen. — Bekanntlich hat
schon vor einiger Zeit Boggianis ^mmlung das Berliner
Königlich« Miisoum Dir Völkerkunde erworben; wune groftw
phoiogruphische Hatmnlung vurschie<lcner Indianertypen,
mindestens 50 Platten, wollte Boggiani in den Annalen des
La Flata-Museums publizieren, doch war dieses damals leider
nicht möglich. Glücklicherweise befinden sich die Platten in
sicherem Gewahrsam und können so der Wissenschaft gerettet
werden.
Lh Flat«. U. Lehmann-Nitsche.
— W. Braiico macht in .seinem Vortrag« über den
fossilen 51 en sehen (Verhandl. des 5. iiiteriiaC. Zoologen-
kongresses zu BitHu 1901, .02) den Voi'schlag, den Schleier
etwas mehr zu liifteu, der über dem Grade der Verwandt-
schaft von Mansch und Menschenaffen liegt. Einmal schlägt
er Einimpfung wdchi-r Krankheiten vor, di« spezifisch mensch-
lich sind, auf Menschenaffen , danu will er künstliche
Kreuzungen zwischen Mensch und Meusclienaffon durcH
künstliche Befruchtung eines Anihropoinorphenwetbchcnn
vi>rgenonimeu wissen. Wie beider Blut vollkommen gleiclt
ist, werden sich da auch Eizelle und 8|>erma ganz identimG)
verhalten? Aua l‘f«r<l und Esel, Hund und Wolf, Hase uud
Kaninch'ui erhält man Bastarde. Gilt Gleiches auch vom
Kleine Naobriohten.
es
Men»cb und Menschenaffen? Kr/ähiun^en in Afrika be-
richten freilich vom Itanb der NugoriDneii durch Gorillas
dofhisl von Bwianlf n higher ulchU bekannt jjeworden; darauf
ntH‘r ki>mmt es allein an. Wenn aller selbst niirh heute eine
fruchtbare Kreiixunit zwischen Mensch und MennchenafTcn
nicht mehr inti|(lich ist , so mut« es doch einst eine Zeit ge-
geben haben, in welcher sie m«>Klich war. 8«mit crifähe sich
vielleicht für den heifs umstrittenen rUhecunthropus aus Java
v»m Kugen Gubuis noch eine vierte I*cutiing: Jenes rätsel-
hafte Wesen der Vorzeit, es wärt' vielleicht nicht Mensch
noch Affe, auch nicht das Bindegliesl zwischen Affe und
Mensch, es wäre vielleicht ein Bnsrard aus einem jung-
tertiären Menschen und M»>ns<‘henaffen, ein Mischling also
aus jener Zeit, in welcher Mensch und 3Ienscheuaff« sich
noch näher standen als in der (tcgsmwart.
— BertelU über den Vrsprung des Kompaasus.
Pater T. Bertelli , der sich seit Uuger als einem Men.schen-
alter mit der Krage nach dem l'rsprung dos Kom{>asaes
beschäftigt und über seine Ktudivn vielfach in italio-
niscbeii wisaenschaftlichcn Zeitschriften l>erichtot hat , war
zu folgenden hchlüsiwu gekummen: Weder in griechischen
und latoiniw’hon , noch in anderen Schriften bis zum
10. •lahrlmiidert n. ('hr. dndet sich irgend eine Anspielung
ttlier die Richtkraft des Magnets; diese Kraft war innerhalb
der christlichen Zeitrechnung einigen chinesischoD und
japanischen Alechanikern bi^kannt; der erste rohe Kompafs.
eine Rchwinimoudo Nadel, wurde ins Mittolmcer um das
10. Jahrhundert durch Burger von AnmlÜ eingeführt, die
ihn daun erheblich verbesserten und ihn unter den italie-
nischen Seeleuten verbreiteten; viel s|>äter erst war der
Kompafs bei den Aral>en) in Gebrauch, die durch die
Italiener davon Kenntnis erhielten. l>ie Namen derer, die
den Kompafs eiuführten und verbe»iert«n, sind nach Bertelli
alle unbokiinnt geblieben, und die aus der zweiten iliilfto
des 10. Jahrhuudertis herrührende Ül)erlieferung , dafs ein
gewiKser Flavlo oder Giovanni tiioi» (Goia oder (iioa) der
eigentliche Krilnder war, ist vhllig tmglaubwürdig. Iheae
Anschauungen wurden von den meisten Fachleuten auch
auf»erhalb Italiens geteilt, bis auf dem Geograpbeuk<ingrefs
in Florenz von It^O^ Oberst Antonio Botto die Ansicht des
Abbd Abondio Collina verf<)cht, die dahin ging, dafs der
Kompafs nicht chinesischen Ursprung*, «Mindern von den
Ainslßaiioni erfunden und vervollkoummet worden eei. die
sich dabei auf die schon den Griechen und Kornern eigen
gewesene Kenntnis von den Kig^nschaften des Magnetes
gestiitzt hätten, ln der nUiv. («cogr. Itnl.* für 1902 erwidert
nun Bertelli auf dii-^o Kritik. Kr hält seine Meinung auf-
recht, dafi di« Polarität der Nadel vor dom 10. Jahrhundert
unbekannt war, und sucht zu beweisen, daf* die ('bin«*sen
.Hüdzeigor'^ liesafscii, die nusschlicfHlivh für Reimm des
Kaisers Verwendung fanden, und dafs ein [uiar ehinesi.sc.hc
und japanische Hchiffe nach der schw-immenden Nadel
gesteuert wurden. Biesee primitive Instrument wmrdc im
UcteD gebraucht und, nach Verliesserungen durch die Amal
tianer, an der afriknni'scheD Küste; In den norduuroieiierhen
Me*>ron bis ins 17. Jahrhundert. I>ie lutzte VorbooM-rung,
fine Kompnf!<schoibe. die sich mit der Nadel bewegt, wurtlc
gegen Kmle des 13. Jahrhunderts eingefUhrt.
— In der getvph.vsikalitcben Abteilung der deutschen Nalur-
fiirschervemammlung zu Karlslmd ( 10 U 2 ) sprach Wilhelm
Krebs über meteorologische II och w»ss er Prognosen
und Hiidoro in da* Ochiel der Fernprognose einzu-
rechnende Gugensliinde. Dieser Vortrag schlofs sich
an den auf der Naturforschorversammlung zu München 1990
gehaltenen über die meteondogischun Ursachen der Huch- .
wasserkata.strophen in den mitteleuropäischen Gebirgsiämicni,
der m Bd. 90 des .(tlobus" H. .t27 auszugsweise wieilci^gelieu *),
und unter den Arbeiten .Aus dom Archiv der dcuLschen bee-
wartc" 1000 als Nr. 0 vollständig abgednirkt ist. Der Hotiimer
1902 ergab cim-n HondHrfall dieser Art von Hochwasaern,
deren Krklärung in schweren und anhaltenden Kegonfälien
infolge Interferenz von Luftdruckdepressionoo oticr -Uimieu
vemchie^lener Herkunft gefunden wurde. Jener Sondcrfall
lietraf grufsstädtiecho Gebiete, besonder* am 14. April 1902
Berlin, und Uefs Beteiligung de« vor »Ilern »m Montag-
morgen. inftdgo der Anheixung hMUslirher und industrieller
Fem-rungsanlagen, aufstcigemleii I.uftsiroms an solcher Intir-
’) An dieser Stelle sei ein in dem Referat enthaltener
T»r«ckfehtHr berichtigt. Die Treffricherhoit der Hochwasser-
Prognosen, die von Krebs in wöchentlichen WeUnrberichten
nach Wifi vor durch das Hamburger Fremdenblatt verbffent-
Ucht werden, betrug »chon Kode 1999, nach 2Vi jähriger
Praxis, 90 und nicht 20 Proz. (A. a. O., Z. 12 v. u.)
I ferenx erkennen. Sturmtlutpr<>gno»f>ii fürdie deutschen Küsten
erfuhren in dejuwllion Jahre 1902 zwar Lrefflicho Bestätigung,
können b>‘i der Kompliziertheit der dabei in Rücksicht zu
ziehenden Luftdruck- und Windanderungeu aber nur »1* Ge-
l'-genhwitserzeugni.'eMi gelten. (.ärchenhoKls .Wellall" I90L02,
H. 2ü4 bis 209.) Ihnen reihen sich in die«>er Hinsicht noch
I Fernprognijsen an, die von dar Verlegung barometrischer
31axima, von Beobachtuugen halobildender Kiswolken, ihrer
Bewegung und SchmeUung (A. a. O., K. 2*9 bis 293), von
Kisverhilinissen und .MoererQlrÖmungen im Atlantik, von
Luftiransp*»ri durch (\vkloneu und von Wogcnbildungcu im
Lufimeere ausg«-hfiii. AU« diese Fernprognoften sind wogen
der geringen, ülier eine Dekade selten hinausreichemicn l>Huer
ihrer Geltung als metoorulogische von den weiterrfüchenden
klimntjulogisclum Fernprognosen zu unterscheiden. Die süd-
ufrikatitsrheD Metcoroli^cn Hulchiiis (Knvsna) und Mel-
drum (Mauritius) sind die älteren wisscnschafüicbcn Ver-
treter solcher klimatologischen Fernprognoaen. Auf Grund
der alljährlich ffistgwtelUen Relativ/ahlen von Konm-ofl<s'ken.
die in 10 bis 12 jährigen IVrioden wechseln, schlo«»ni sie auf
trockene oder regenreiche und stürmische Jahre. Brückner
stellte seit 1*K7 aus Witterung*-, WaMcrslands- und Krnte-
berichten seine etwa 35 jährige Periode fest, die neuerdings
von Lockyer durch Untersuichungen über die Art der Zu-
und Abtiahnie jener IleUtivzHhleu mit den t^tuifindeckeii in
Beziehung gesetzt ist. Krebs selbst maf* den Krgfibniaseii
der statistischen Untersuchungen Brückners von vurnlierein
Bedeutung nur für die eiiropäisclion , besonders mittei-
eurupaischen Breiten t*ei. aus denen Brückner iiu wesent-
lichen auch »ein Material Imimgen hat. ln diasfiin Blick
vermochte Krebs sie ebetifalla mit den KrgebnisMui einer
Untersuchungen Einklang zu setzen, die er 1991 dom Reichs-
amt de* Innern zur Verfügung gostclit und in der Folge
noch nicht veröffentlicht halte. Die von ihm für Fern-
pn^iusen auf asiatischen und eun>|iäiachen Gebieten ach<in
mit Erfolg verwafidten WittfirungsvcHegungen aus niederen
nach höheren Breiten verlaufen mit einer Geschwindigkeit
von durchschnittlich 3,2 Breitengraden im Jahre. Vollzieht
sich dieses lang.suin« Pulsieren der Erdatmosphäre gletch-
mäfsig durch alle Breiten. *«» wird cs die ganze Erde in
90:3.2 alwi in 17,3 Jahre» Iietroffon haben. Das ist aber
fast genait die Hnifte eine« Brilcknerschcn Cyklus.
— A. Fordera Wanderung von Damaskus nach
Djof. Noch längerer Pause hat wieder einmal ein Europäer,
der Reverend A. Fortler aus Jerusalem, die am nördlichen
Rande der Nefud liegende Oase Djof besucht. Die ein-
gehendste Beschreibung des Itjof hat Palgrave in seinem
klas«isch«n Buche gegeben, der es aber direkt von Osten her
erreichte; weitere Mitteilungen vonlanken wir I*'rau Blunt
und Professor Kuting. auch Baren Noble hat einige Notizen
geliefert. Die zuletzt gi-nannten drei Reiacndcn kamen von
Damaskus. Forder bfischreibt seine Reise, die bin und zurück
S'/f M«'tmte in Anspruch nahm, im .Googr. Journ.* für
iHizeiulier 1902. vergifst aber zu sagen, wann er sie ausgefnhrt
hat. Die Htrafs« ist genau fN> unsicher, wie zu Noldc* Zeit;
die 10UO Kamele zählende Karawane, mit der Foriler bis
Kaf reiste , wurde zum Schutz gegen die Räuber von 20u
bewaffneten Keltern begleitet und docli angegriffen, und die
klein« RcGegeHellschaft, in deren Gefolge Fürder nach Djof
kam, verlor bei einem anderen überfall zwei Leute. Bei
Kaf bestieg Forder einen Toll, einen Hügel mit gut orhaltvnon
Ruinen von Festungswerken und Cisternen. Einen Miniero»
Teil snh dur Reisende bei Ithera (wohl E^tsery unserer
Karten), den er jedoch nicht besuchen durfte; er giebt davon
«ln« intervasaute Photographie und bemerkt, dafs «d>en eben-
falls Mwuerwerk zu sehen war. Au einem alten Tbore in
Ithera fand E'ordor «ine Inschrift, deren Btichstaben ihm
nabathäische zu sein schienen, ln der Nähe dee Ortes liegen
zahlreiche salzigo t^uellen, die ausgel>«ut«t und deran E'.r-
zeugnisse von Karawanen au* Itamaskus, Bagdad und Mekka
geholt wordfiii. Djof soll nach E'order 4o0üo Einwohner
zählen, wie der vom Sultan von Neilsch«! eingesetzte Gouver-
neur mitteilte; er meinte ala.-r wohl dio ganz« t>asc, und
dann würde dieso Zahl mit der von Palgnive nngegoheneii
stimmen. Nulde gtebt für die Stadt louou hU I2OO0 an.
Zaliluiittel ist in Djof der Maria-Therasienthalcr, der dort
,Kchu«chi* heifst- Gartenerzeuguisai' sind in Olierdurs vor-
hand«n. E'Udsch alier müssen die Bewohner von dou Notnadun
kaufen, und im übrigen sind sie auf Händler aus Bagdad,
Mekka und Diunaskus angewiesen; Brot ist ein s«hr ntrer
Artikel. l>ie Woitcrrei«o nach Ha>l ♦•rschien E'order nicht
ratsam, da der Sultan mit dem Scheik von Kuweit im Kriege
lag und von der Hauptstadt abwewend war; er kehrte «lao
auf demselben Wege, den er gekummen, nach Damaskus
zurück.
84
Kleine Neohriehteo.
Über Kntertuiig von Blüten in ZusAinmenbang
mit anvmslen WitterungsTerhültniBsen im Frühling
und tiomiuer 1902 iH^richu-te Krebs auf der deutschen
NaturforscberverRaiimihmg zu Karlftbad 1902. Dieser Vortrag
knüpfte an einen früher gehaltenen an. Die Aachener Ver-
sammlung 1900 halt« dem Redner Uelegenheit gegeben,
Winden (Ccmvolvulus urveusis) au« Barr im Klsafs vorzu-
legen, deren Blüten durch Dialyee au* der gewöhnlichen
Trichterform in eine UUenartige Bternform übergefdlirt waren.
Di« Fache hit iucte<.*rologii«chM Intervfute deshalb, weil die
örtlichen und zeitlichen VerhiUtnisae, mvtoorologiechcn An-
tchanungen entsprechend, auf die tK'-sondere Wirkung eine« Mai-
frnetc« deuteten . der die Heben in der Barrer Ücgvnd ge-
schüdigt hatte. (Verhaudluiigeu der (tescllachafi deutscher
Naturforscher und Ärzte zu Aachen 1900. U. Teil, 1. Uälftv.
Leipzig liHJl. 8. 50 bis 51.) Die Diatjae kommt auf eine
Kntwickeinmrsheminung hinaus, da die Windenblüten ur-
sprünglich mit fünf Blattansätzen für die Krone angelegt
werden. Die Wirkung einer Hiiomalen Teiui^raturerniedri-
gung zur Zeit dieser ersten Anlage ist a]s«i leicht verständ-
lich. Das Jahr 1901 brachte keine Frostschäden ini Früh-
eommer und liefs thaisAchlich auch im Barrer Oebiet die
Dialyse hü Winden der gleichen Hleile vermissen. Durch
(«chweren N»chtfn>«i in der verhftngnisreichen Hiininelfabrts-
woche 1902 wurde die Erwartung dc.^sclbvu Eulatiutigs-
vorganges crwt-ckt und durch den Erfolg bestätigt. ])ia-
lytisch« Wiudeu, dieses Mal auch in verschiedenen Stadien
der Entartung, fanden sich an dersclbeu und auch au ähnlich
gelegenen Stellen der Barrer Weinberge. Kurze Feuilletons
in der uord* und südwestdeutscheu l’resse, die das etwa noch
vorhandene Beobcichtungamaterinl zusammentroibou sollten,
hatten das bemerkenswert« Ergebnis, dafs aus beiden Uebieten
Beobachtungen über Dialyse, Verkümmerung und Vergrünung
von Blütenanlagen verschiedener nndereu Ptlanzeii, wie l’etu-
uia, I/onicera, Kchiuui u. a., «ingiugeii, die aber dem all-
gemein kühlen, trüben, über doch nicht niederM-hlagareichen
Weller der 8ouimerm»nate zugescUrielK-ii werden luursteu.
Der enge ZusAinmenhaug solcher sonst KultivatioiMeinilüssen
zugeschrlebeneii Hemmungsbildungeu mit anomalen, nicht
allein durch niedere Tem|M<ratur. »ondem auch durch
neblige Trübung der Atmosphäre au die Arktis eriunenulen
WittcrungHVL-rhHltniwM lag aber zu Tage. Die Vergrünung
liefs, im Blick auf das Gesetz phyttiolugischer Zweckmäisig-
keit, einen dem WärmenjBügel gleichgerichteten KiuÜuf« des
Ijlchtmangels erkennen, Alan kauu sie geradezu als Folge
und Korrektiv der Lichtarmut auffas.seu. Inwieferu au diceer
eigenartigen trockenen Trübung der Atmosphäre die mittel'
amerikanischen und südustasiatischen Vulkanausbrüche iiiit-
gewirkt haben, ist eine offene Frage. Jedeufalls lasseu die
»eit Juli beobachteten sehr intensiven Purpurlicbter der
Nachdämmerung auf Kuhwelten feinen Ftauhes in l>esondei‘s
holiei) Fehiebteu der Atmosphäre schliefsen. Au* den tieferen
kann der dorthin gelangte Htaiib duiH'h die Kondeii<a(iou der
atmoApharischen Feuchtigkeit zu Neb«l und Niet1erscbl)^'
Bchou herabgezogen worden sein.
*— BettlerdArf er in Rufsiand. In der angesehenen
russischen Zeitung .Nowoje Wrciuja“ Nr. 9594 vom 18. No-
vember 1902 sind die tTiiiersuchungen des Pr. Zbankow
über die Wandergewerbe io Unrslaud ut>gedruckt und zu
diesen gehört auch die Bettelei. Fhi Wtteln in ArteNeu oder
ganzen Dörfern die Bauern vieler Gouvemoroents. Im
WereUker Kreis© heifken striche Belilrr ,8chuwaliki‘ und im
Ssudogodsker Kreise .Odojewzy“. ,Di« hauptaäohliche, «chSd-
liche Seite dieser Wanderung ist. daf* die Leichtigkeit und
sogar der ÜberHufs des •VejHÜeustes- zu groftwr Trunksucht
und Liederlichkeit führt. Denn von der Wanderung heim-
gekehrt, veranstalten diese Annen zu Hause fortlaufende
Fastlichkeiten mit den unverschämtesten Gelagen. Das alles
erweist einen nicht wünschenswerten Kinflufs auf die Tin-
wohnenden und «uf die Bettler selbst. Ik-nn »eia Mädchen
au* guter Familie heiratet einen Bettler . der nur schlecht
bettelt, nicht*; und ein Mädchen der Odojewzy, das sogar
in eine reiche Familie und in ein nicht bettelndes Dorf hin-
cinbeiratet, fährt trotzdem zu betteln fort, tn>U aller Lieb-
kosungen, Drx'hungen und Frügel von Feiten des Mannes
und der Familie. 8o grofk ist die Macht der Gewohnheit
sowohl an diesem traurigen rinherzieben, als auch an seinen
anderen Aussichten. Mau mufs noch eine traurige and
schrecklich« Erscheinung dieses Wandergewerbes vernjerken:
die umhcrziehendeii , professionellen BotGer stehlen Kinder
und vcntüuuiieln sie auf die furchtbarste Weise, um das
Mitleid des Publikums zu erregen ; sie stechen ihnen die
Augen aus, verrenken ihnen die Hände und Füf»C, bringen
ihnen Wunden und Geschwüre bei u. s. w. Alles dies ist
nur möglich bei der Wauderbettclei, da die am Ort bleibenden
Bettler sich vor den Augen ihrer Mitbewohner zu solchen
Bchoufslichkeiten nicht entachlicfscn.* Bo weit Pr. Zbtiukow.
Pie ,Now. Wr.* fügt seinen Ausführungen hinzu: Pie
bcttolmlen Dörfer sind hu Ort und Ftelle »ehr gut bekannt;
der Auszug auf Bettelei geschieht nicht heimlich; alle Bettler
holen sich einen Pafs.
— L. Bulk kommt in seinen kraiilologischen Unter-
suchungen holländischer Hcfaadel (Zeitschr. f. Morph.
und Anthrop-, Bd. 5. 1902) zu dem Schlufssatze, dafs den
mitgeteitteii ^Ziehungen zwischen absoluten Mafsen und
Indici-s, wie jenen zwischen Indice* und Schädelfomien und
Kapazität nur ein relativer Wert beizulcgi-n ist. Penn man
darf nicht veigt-sseti, dafs aufsor jenen Fonnerscheinuugen.
die sich in inathematiiwher Weise zum Ausdruck bringen
lassen, doch Immer eine Schüdelgruppe, in einer iKistiromten
Uogeud gesammelt, noch ein eigentümliches Gepräge bwitzt,
einen Merknialenkuuiplex , welcher sich nicht in einfacher
Weise durch Zahlen oder RcUtiouen andeuten läfit. Und
«elljstverständlich, dafs dieser, insoweit auch mehr lokalisierte
Wölbungen der Himka]tsel dazu gehöre», seinen FlinHufs auf
di« Kapazität der einzeluen Bchädd und der SchädelgrupiM-n
geltend macht. Es ist gewifs erwunwbt, f’iitersuchungen,
wie sie von Holk an holländischen Bchädelu vorgenummen
sind, anzustellen an einer Schädelgruppe aus irgend einer
anderen Gcg*-*nd. um liebsten an einer solchen mit ülierwiegend
brachyccpbaler Bevölkerung, aber, um das Richtig*.- und End-
gültig« kennen zu lernen, braucht man mehr Angaben zur
Vergleichung, Kontmllieruiig w ie Ausfüllung des noch Lücken-
haften.
— Baniuel Blunier giebt (Phil. Piss, von Basel 1902)
Beiträge zur Entstehung der glarneriscnen Alpen-
aeen, die eng mit der eiszeitlichen Vergletscherung verknüpft
ist. Die Seen de« Gernesitgebirges liegen meistens in kahr-
ähnlichen Uühlfonnen. Ihre Becken ei«d teil« Felsbocken,
entstanden durch eine lokal stärker abscbleifende Wirkung
des t1ief->enden Kises, teils gemischten Ursprungs, d. h. de
liegen nur zu einem Teil in anstehendem Fels, zu einem
andei'en aber in glazialen oder Huviuglazialeo Aufschüttungen.
Pie Seen de« Kalk- und rk-hiefergebirges sind Polinenseen,
welche ihr« KuUtehmig in erster Linie der chemischen und
mechanischen Emsion des nach Spalten untcrinlisch ab-
rtiffiwmlen Wassers und in zweiter Linie der alwchleifendon.
transportierenden und ablagcrudou Wirkung einer abetmaligen
Gletscher- ro#p. Fimablagcruug verdanken. Dieser zweite
Faktor hat bewirkt, dafs viele iHdineo»«)*-» eine äufscre Ähn-
lichkeit mit wirklichen Kahmcon Rufwdsen; man könnte sie
deshalb als Pseudo-Kahrseen bezoichnen. Aus der vertikalen
Verbreitung der wirklichen und l*seudt»-Kahraeen, sowie der
Kahre ohne Feen kann ein HchJufs auf die I*age der eiszeit-
lichen Schneegrenze in den Olurner Alpen ge/t»gen werden.
Wir kommen zu einer Kehneogrenzhöhe von I8u0 bis 1500 m,
während die maximale Kisstromhüb« de« Liuthgleuchers im
Glarner Hinterland U«ö bi« 1500 m l»etrug.
— Über den Flinfluf« des Höhenklimas auf die Zu-
sammensetzung des Blutes teilt E. Abderhaiden(Med.
Di)U». Bn.*el 1902) mit: Pie beim Übergang von einem tiefer
gfU-gmen Urt« (Basel) zu einem höher gelegenen (8t. Moriir.)
beoUtchtei« Zunahni« der Zahl der roten Blutkörperchen und
der Hämoglubirimengc ist im wesentlichen eine relative und
keine abwjlutc, d. h, sie eulspricbt keiner Neubildung von
roten Blutkörperchen und von Hämoglobin. Pie b«im Über-
gang von einem höher gi>lngenen Orte (Ht. M>>riix) zu dent
tiefer gelegenen Basel beobachtete Abnahme der Zahl der
roten Blutkörperchen wie d«r Hämoglobiumooge istebenfalD
eine relative und keine absolute, d. h. der Oesamtbeetand an
roten Blutkörperchen und an Hämoglobin bloibt unverändert.
Auch die folgenden Besultafe sprechen — wenn auch unbe-
dingt — gegen eine wirklich« Vermehrung resp. Abnahme
der Zahl der ntten Blutköri>erchen und des Hämoglobins;
1. Pas rapide Ansteigen der Zahl der roten Blutkörperchen
and dc4i Hämoglobins bei der Ankunft in 8t. Moritz; 2. das
Fehlen jeglicher und auf eine vermehrte Neubildung bin-
deutender Formelemeijle — kernbaltige rote Blutkörper-
chen u. s. wr. — . ebenso das Fehlen jeglicher, auf einen ver-
mehrtftn Untergang hinweisender Pro*iukte, wie Schatten und
dergleichen; M, di« l«eim Abfall der Blutkörperchenzahl und
der Hämogtobinabnahnie vermifste intensivere Eisenrenktion
in den Geweben, al« Ausdruck einer stattgehabteo vermehrten
Blutkörpercheuzeretörung.
Vcrsiiiworti. Kedskteur: l*Tof. Pr. K. Andrt«, Braaasehweig, Pallcrslcberthar-I'itimmsilr 13. — Drark; Kriedr. Vlewcg o. Sohn, Brsonschweig.
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
yEREnncT hit den Zeitschriften: „das aosland“ und „aus allen Weltteilen“.
HERAUSGEBER: PRor. Dr. R. ANDREE. VERLAG vom FRIEDR. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXXIII. Nr. 6. BRAUNSCHWEIG. 5. Februar 1903.
ÜRichJracIi nur tuwh (7ber«inkimrt aill der VerU^fihAadlang gntotteL
Beobachtungen und Studien in den Revolutionsgebieten
von Domingo, Haiti und Venezuela während einer im Frühjahr 1902
unternommenen Reise.
Von Dr. Gerhard Schott. Hamburg.
(iÜencu D AbbildunKfn nach OriKinalphotographii^n d<» VerfassiTft.)
II.
Venezuela.
Venezuela reicht alu |iolitiachei» Gebilde bekanntlich
weit nach Süden bis über den Orinoko binaua, aber die
Territorien »üdlich von dici»eu] Strom, zumal an duaeen
OlN^rlauf, kommen für unsere llandel»l>eziebuugen sowie
für die kulturelle Bedeutung Vimezuelaa vorläufig nur
K«br wenig in Betracht. Das gesamte Interesse und auch
die revolutionären Bewegungen konzentrieren sieb in
dem sogimaiinteu BuodcNdistrikt mit der UauptKtadi ('a-
räcas, ferner in dem Staate Carabobo mit der Haupt-
stadt Valencia; hier oder bei Carnuas, den zwei wichtig-
sten Städten des Bandes, fällt gewöhnlich die kintscheidung
über Erfolg oder Niebterfolg einer Hevolutiou. Ferner
spielt der Staat Bermiidez im Orient eine Rolle mit den
Plätzen Barcelona, Cunianä, Carnpano; der letztgenannt«
Staat wird diesmal von der Kevolutiou ganz besonders
mitgenommen, wie wir noch sehen wcnlen.
Itas Zeutralgcbiut um (.'aräens — Valencia, der Sitz
der venezolaniHcheii Kultur und Bildung, hat iii den
zwei Hilfen Ba Guaira und Puerto Cabello seine .\us-
gangspforten und adrd durch die drei hUseubahulinien
Ba (iumira — (!aracas, Puerto t’abello — Valencia un«! die
Verbinduugaliiiie Valencia— -raricas gut dem Verkehr
erschlossen; es hat damit einen Kies4mvorsprniig vor
allen anderen Teilen des Bandes. Diu Kisenbalineii sind
um HO wichtiger, aD durch die Küstenkordillere ein zu-
nächst unüberwindlich eracheinendes Verkehrshindernis
nach dem Innern guschufieii ist. Wer vor Ba Guaira
(Abb. 4) geankert und die ohne jede« Vorland unmittel-
bar aus dem Meere bis in die Wolken hinein sUdl uiu-
{wrragendeii Berge, ein archäisches, aus Glimmerschiefer
und Gneis bestehendes Gebirge, gesehen hat, der weifs,
wie merkwUnlig abgelegen und unzugänglich t'urucas in
einem lli>chthale über OÜO in hoch hinter der Kordillere,
hinter der Wasserscheide, gelegen ist. Gerade hier er-
reicht die Kordillere ihre höchsten Erhebungen, so in
der berühmten, von Humboldt bestiegenen Silta de Ca-
räcEH, welche mit auiiähenid J7U0 m absoluter und
1800 m relativer Höht» über dem Guairetlial den irnjio-
nierenden Abschluts der nördJtcbeu (fubirgsumwallung
von (aracas bildet. Nur 9 km in der Luftlinie i.st (’a-
rncas von La Guaira entfernt, aber die Bahn mufs, um
allin&hlicb die Höhe zu guwimieu, 36 km in dun unglaub-
lichsten ÄViudungeii abfabren; es dürfte wenig Berg-
bahnen auf der Welt geben, welche älmlich kühne .An-
lage zeigen, wenn auch eben diese Anlage in techmschur
llinsicbt vielfach mangelhaft sein mag. (Jni »charfe
Felsenkunteu herum, über tiefe Scbluchtuu, in denen die
tropische Vegetation wuchert, hinweg, an Felswänden
entlang, die (k> steil neben dem Wagen in ungeheure
.'Vbgründe abfalleii, dats der .Atem einem beim Hinab-
Kchaueti stockt, geht es aufwärts. Bange /eit bleibt der
Blick auf das Meer frei in einem herrlichen Pauorama;
Kcblietslich sind wir mitten drin iui Hochgebirge. Wol-
kenfetzen fUegcii um uns, drohend nahe ragen von allen
Seiten die Häupter der Berge. Von Bodenkultur ist in
diesem Felsenlabyrintb nur wenig die iiede; vielfach
fehlt sogar natürliche Vegetation.
Anders gestaltet sich der .Anblick, wenn wir in den
gesegneten Landstrichen hinter der Küstenkordillere,
zwi.schen CaräcaH und Valencia, reisen, in den Thälem
des (fuains des Tuy, des Aragua und an den Ufern des
Valeiiciasees, Fast überall zwar erblickt man im Norden
nahebei die langgezogeue Kette der eben erwähnten
KüsteukordiUere; besonders grofsartig ist ihr Anblick
vom V’aleiicia.Hee aus, widl mau dort nur mehr etwa
400 m über dem Meeresspiegel sich befindet, und daher
die relative Erhebung durchKohnittlich fast liedeutender
ist als bei (’aräcas. Im Süden, in ziemlich liedeuteiiden
Fernen, scblieUt eine ununterbrochene Reihe von Berg-
gipfeln, die lunenkoniillere, den Horizont in dieser Rich-
tung auch ab. .Aber rund um uns haben wir blühende
Mai.-«-, /nckerrohr- und Bauinwollenfelder, an den Flüs.-M<n
die im Wind» sich wiegenden Büsche der Salix Hum-
boldtiuiia (.Abb. 5), einzelne hocbragfiid«* KönigNpalmeii
(.Abb. 6), Bananen u. s. w. .An den Berggehängeu wer-
den wir die KaHeepluutagun gewahr, uiul da, wo das
I.4ind noch nicht vom Ackerbau in Besitz genommen int,
erstrecken sieh, von natürlichen Zäunen und IB-ckeii
umgeben, grofse Viehweiden, Kraals für Pfenl«, .Maul-
tiere, Rindvieh, die s<igenaimteu Potreros. In. der klaren
Ihdeuchtuiig durch eine strahlende Tropensotme machen
diene Ilochthäler einen entzückenden Eindruck; alles
11
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Ülotu» LX.SXUJ. Nr. 0.
Schott: Beob»chtuuKen u. Stadien in den Hovolutionogebieten von lUimin^o, Haiti u. Yenezufia.
Abb. 4. La Gaaira. Rllrk Yom Hafen auf die ller^e der KUMeukurdlllere.
([)ie uberra Teil« der Ivtilvrcn >111(1 In Wolken gehüllt.) Aut K«i ein venefolniiikchri KiicgtorhilT.
flckeiiit Ordiiuuf;, AVolilntaiid, /nfriedeiiheit zu atmen,
allch niuiiHchlic'her Thätigkeit zu bczeuf^eii.
Als typisches Heispie) für einen tnjpi)H::hen (irofs*
betrieb in Venezuela nel das einer deutschen Dantatfeii*
geneUnchaft gehörende Mariiiru am Nurdufer des Vulcu-
eiasees angeführt, wo Verfasser mehrere Tav»e sich anf-
gehaltcn hat. Ha ist dies eine (iegund, in der Alexander
T. Iluiubohlt gereist ist, er beschreibt die am Fiifse des
Südh&uges der Küstenkordillere befindlichen heifsen
Quellen, welche in nächater Nähe dor I*fiauzung Hegen;
hier hat auch Dr. Preuts, der Leiter des botanischen
(larients von Kamerun, auf »einer amerikHiiiseheu Kxpe-
ditiun vor drei Jahren Studien gemacht. l>as (tfddrgs*
panoraina ist hier besonders grotsartig. Unzweifelhaft be«
findet man sich auf altem Seebudeu, wie die noch zahlreich
in den] alluTtalen rntergriind sichtbaren Hrucbstüeko
weitser Muscheln beweisen. Abb. 7 ist als ebarakteri*
stisches Laud(«chaftsbild der Um-
gegend Ton Mariara entnommen.
Übrigen» ist die Verbindung
zwischen Caracas und den) Staate
(‘arabolio (Valencia) nicht hu ein-
fach. wie es nach dem Gesagten
Tielleicht scheinen keinnte. Man
kann nickt einfach am Südabhang
«ler „curdillera co.stanera"
entlang fahren; es schiebt sicli
vielmehr zwiH;hen Caracas und
La Victoria (da gelegen, wo man
das Niveau des früher beileutend
uusgedebuturen Valenciasee» er-
reicht) ein mit der Krtsten-
kordillere nur lose verbundenes
liebliches, alH*r ungemein wirres,
wenn auch nicht aiisgeilelintes
Hergland ein, eine Art IhTg-
knoten. Ks »ind die Altos von
Lo» Teijue.H, welche in einigen
(lipfeln bis 170U m aufrageu
(Abb. H). Lies Hergland bat den
KisenbahnlMui zu einem so müh-
seligen und koHtspieligeü ge-
luaclit, <lafti ein Werk entstunden Abb.
ist, welche» die Hahn ronCarn<'a»
nach Lu Ouuiru zwar nicht uu
Kühnheit, aber hinsichtlich der
geleihteteii Arbeit noch liei weitem
Abertriflt. H6 Tunnel und mehr
als 1!>0 Viudnkte, zum Teil von
gewultigen Abinessungeu , drüu-
gen .sich auf einer nur T>0 km
langen .'strecke ztisuiunieii *) —
die ganze Bahnlinie Valt-ncia hat
ISO km — ; nichts Ähnliches
hüben wir in heutscblnnd, und
auch die lierühmten .\]|H‘nbahnen
können kaum einen Vergleich mit
diesem Werke, dus ausschlieN-
lieh von <leutschi-n Ingenieuren
unter cleiikbar gröfsten Schwie-
rigkeiten ini tropischen Soimeii-
bratid gebaut wurden i.st, iius-
balten. In dem Tunnel von Coro-
zal winl eine Spc'höhe von 1227 m
erreicht. Infolge der lundachuft-
lichen Keize ihn^r Umgebung
und der Stdieiiswurdigkeit der go-
railezn genialen Überwindung der
Terrainfurmen würde diese Hahn-
strecke «ler Mittelpunkt der touristischen Heisen werden,
wenn sie statt in .Sudaiiierika in Xentraleuropa läge,
liier gilt wirklich: man mufs selbst gesehen bal>en,
heHchreiben läfst sich die imponierende Wirkung des
tiesamtbUde» nicht.
Aurli sonst sind eine Ibuhe gut angelegter und gut
iinterhalGuier FahrstratHeu in diesem kultiviertesten Teile
Venezuelas vorhanden. IKe Häfen weUen Schulzbauten,
Leuchtfeuer auf. I>iu Stätlie sind zum Teil elektrisch
lieleucLtct; StratHcnbahnen, von Maultieren gezogen, ver-
mitteln den Verkehr innerhalb derselben. IHe Häuser
sind solid gebaut und urdvnÜicb unterhalUm, die Fin-
wohnerzithl nimmt zu; kurzum, dieser zentrale Teil i.st
*) Hins rharukieristische Abtüldung von licri Viailukteu
und Tuimelii di«*scr lloliiiliriic hiil der „(ilnhiis* tri Hand H4i.
S. ’iH4 getirarlil.
Bei Caracaa. BUsche der lluiiibuldtweide am Gualrefluf»«
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Schott: Boohftehtungcn n. Stndifii in den Rerolntionegebirten von Domingo. H«iti u. Veaeznela. 67
Abli. e. Ilel rArAca.H« (t(a|i|»e von Königspalmen (Oreuduxa).
ein Land, da« an sich je<!em gefallen wird und entMsbie-
dem* Fortschritte zeigt.
Im Oüten, dem Staate Hcrnuidez, liegen die VerhÄlt-
iiiaRe ziemlich anders. Auf mehr oder weniger offencu
Rvttden uuifs man ankern. Die Städte erncheinen ver-
wahrlost und sind im Rückgang begriffen; vielfach sieht
mau Ruüieii mitten an den Siratsen der Stadt, wie in
Haiti, und was heil ist, ist so nüchtern, öde un<l schmuck-
lofl wie nur irgend möglich. Von Kiseubtilmen oder
Fuhrstrafsen ist keine Rede; nur balsbr4n herische Saum-
pfade durchziehen das I^ud. Diu Revölkerutig lebt
durchweg ärmlich und kennt keinerlei feineren Lolteiis-
genuts. Diese Schilderung gilt sowohl von ('arn|mno,
dum ndativ bedeutendsten Hniidelsplutzn jetzt an der
Nordostküste, als auch von dem durch Huinholdt b«*-
sonders bekannt gewonletien t'iimana, von Rarrelona
und anderen Orten. IHe Küsteii-
kordillere zieht auch hier noch
in Hchönen und meist sogar recht
üppig bewaMoten Rergkuppeii
entlang; es ist auch hier nw^h
das stark gefaltete archäische
tiebirge wie bei t'aräeas, doch
hat die ilöbu der Katuiiilinie er-
heblich ahgenoinmeii.
Hesouderes Interesse dürfen
die reichen Schwefelerzlager
von rhaguaraiiins in Aiisprucli,
welche in einer Meereshrdie von
2.'’>0 bis -l‘iO m und 17 km im
Süden v<m rarü|auio zu Tage
liegen. Die Konzession für den
Abhau *hat eine deutsche, mit
etwa 8 Millionen Mark arbei-
t4*mle A kt iengcsellscbart , deren
Sitz in Köln ist, erworlmn. Die
Hauptmasse des Schwefels liegt
in schwarzem Schiefer un<l ist
wahrscheinlich ein Zersptziings*
pro<lukt defl in den Schiefern
reichlich vorhaudeuon Schwefel-
kieses. AnderwÄrts, z. H. am .\hh.
Vesuv, tritt ja Schwefel auch als
Suhlimatiun von vulkanischen
Kxlialationen auf, doch ist diea
hier nur in geringem Mafse
der Fall, indem einige Solfa-
taren. heifse Sehwefehpiellen,
vorlmudeii sind. Mit Vulkanis-
mus haben die Scbwufellager
von Chaguammus im übrigen
niehts zu thun, wie denn über-
haupt in Venezuela vulkanische
KrsebeinuugeD eine sehr unter-
geordnete Rull« »piclun. Die
Schwefelerze sind im Tagebau
gewinnbar. ihre durchschnittliche
Mächtigkeit beträgt 2 m, ihr
durchschnittlicher Oehalt au
.Schwefel ist zu 65 Proz. ermit-
telt worden. IHe» i»t ein unge-
mein hoher Prozentsatz, <lu man
in den berühmten oder viel-
mehr berüchtigten Schwofelherg-
werken Siziliens jetzt F.r/.e von
mir 1.5 bis 30 Rroz. Oehalt nh-
baut. Das Arual, auf welchem
der Schwefel sozusagen mit Hän-
den greifbar ist, umfafst 12 ha;
ea ist «in« Produktion von 30000 Tons jährlich geplant,
di« in cl«r Hauptsache nach New York verschifft wcnlcn
soll. Da Sizilien allein jährlich fast 500000 Tons pro-
duziert, so wird dieiie NeiiprrMluktion verhältnisinäfsig
gering sein. Kino sehr solide DrahtseUbahn ist bis zur
Ku.Mte hin bereits fertiggestellt, der Retrieb kann unter
den günstigsten Tmständen sofort eröffnet werden, so-
bald nur erst Ruhe im Lande eingetreten sein wird:
aber gerade hier wogen ja seit April v. J. ununterbrochen
die Fluten der Revolution hin und her.
Was die sonstigen I3o<lenprodiikt« der vom Yer-
faaser Iwtrotcnen und im vorstehenden kurz geschilder-
ten venezolanischen Staaten anbelangt . so handelt es
sich in erster Linie um Krzeugniste dos .\ckur- und
Plantagenbaues, und man miifs unterscheiden zwischen
Prmlukton, die im Ijande selbst verbraucht werden, und
Auf der Plantage Xarlara zwUchen dem Valencla**eo und der
KBstenkordlllere: eine Zackerrohrpflanzutig,
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Schott; ßeobaehtuDjreii u. Studien in ileu Kovoluiioniigebieten von l>nniitigo, Haiti u Venezaela
inolcheD, die exportiert werden und daher Gegenetand
deM llandoiri der anH&»»igen Europäer ttind. Zu deu
eratcren gehört der Main und daa Zuckerrohr, ?.n den
letzteren iler Kaffee und Kakao. Die Maisomie wurde
im Jahre 1894 nachAuxweia des letzten yenezolanischen
Statistiachen Jahrbuches (('aracaa I89ß’)] auf 4 Mill.
Z<mtner gcMhätzt; Mais bildet das Torwiegende Hrot-
Bchen Kaffees wächst in der Höheurugion von 600 bla
ir>00iu, in der .sogenannten terra teoiplada, meidet
also sowohl die ganz heir.son Küstenstriche als diu Hoeh*
gebirge. Hobe Schattenbäume werden immer gepflanzt,
so dats man von einer Kaffeeplantage, die man von
einem Herge aus sicht, nur dun hochstämmigen Wald
der ScbaUenf)äume erblickt Manche Kaffeedistrikte
getreide der Venezolaner. An Hohi*7.iicker wurden in | hinter der Küstenkordillere leiden zeitweise aufsorordent-
- ■ ■ T»l_ n f\ 4 .. ^ J ^ k . — ) ^ 1.^1. . . V. .. In... ..1. W.4 1 ^ U A « .J . M t. a Ct
demselben Jahre 900000 Ztr. produziert; das Zucker-
rohr wird in ziemlich primitiven Pressen , die nur 60
bis 70 Proz. des Saftes gewinnen lu.ssen, gebracht, und
das Produkt sehr schlecht raffiniert, so duD man selbst
in den besten Familien nur einen hellbraunen Zucker
verwendet. Die F.iufuhr weiCeeu, europäischen Zuckers
ist durch geradezu riesige Einfuhrzölle ganz unterbunden. I Ecuador.
Unter den Exportarti-
keln nimmt der Kaffee
die weitaus erste Stelle
ein; für die grcifse Mehr-
zahl der in Veoeznela an-
sässigen europäischen
Häuser ist der Kaffeepreis
das A und 0 des Geschäftes.
Die Schwankungen in der
Menge und im Preise des
KaSees sind hier gröfser
als bei irgend einem an-
deren Produkt«: im all-
gemeinen sind Menge und
Preis im letzten Jahrzehnt
hnrahgegangen. Für 1894
wird eine Prtxluktion von
2,3 Millionen Zentner an-
gegeben, (Ar die jüngste
Zeit nur eine solche von
1,5 Millionen Zentner; der
Preis des Zentners Kaffee
war 1894 durchschnittlich
60 Mk. in Venezuela selbst,
ist neuerdings aber, und
zwar einschliefslich des Ex-
portzolles und der trans-
uzeanischen Fracht, auf
etwa 50 Mk. gefallen, so
dafn der Zentner in Vene-
zuela selbst jetzt noch viel
weniger als .'lO Mk. bringt.
IHeser Rückgang im Kaffeo-
preise ist allerdings niebt
eine speziell vuntrzolunische
Thatsache. da durch die
nllgumeine Überproduktion
lieh unter Dürre und Regenlosigkeit. 1784 ist die Kaffee-
kultur in Venezuela eiugeführt worden.
I>er Kakao ist das l>esta und borübmteste Produkt
von Venezuela; der venezolanische Kakao erzielt den
höchsten Ihirchschnittspreis auf dem Weltmarkt, über-
trifft darin also noch das hauptsächlichste Kakaoland
Iteutschland führt« in dem Jahre 1901 für
rund 7 Millionen Mark
Abk H. Aus dem Menrlande von Eos Teiiues an der
deutschen Eisenbahn Caricas-Yalencla.
in allen Teilen der Erde der Weltmarktpreis für Kaffee
gewaltig borahgegnngen ist. Deutschland importiertu 19Ü1
für rund 5 MUIiouun Mark V’enezuela-Kaffee; zum Ver-
gleich sei erwähnt, dafs wir aus Hrasilien für 70 Millionen,
aus Guatemala für 25 Milliuuun, aus HoUüiidisch-Indien
für 16 Millirmen Mark Kaffee importierten. Ilin.Hichtlirh
der Qualität ist der hrasilianiscbu Kaffuu am niedrigsten
liuwertut , der Guatumnla-Kaffee dank der vorzüglichen
Pflege nnd .Vufhereitnng, die er in Guatemala gerade
auf dun deutschen Rusitzungcu daselbst riiidut, am höch-
sten. Nach dem Erteile Sachverständiger könnte Vene-
zuela ganz zweifellos ein erstklassiges Produkt liefern;
aber die Rehandluug des Kaffees sowohl in der Plantage
wie nach der Ernte weist uiihe.streitl»are und erbuhlichu
Mängel auf. Der weitaus grulsiu Teil des vuuezolaiii-
H*-it l0Va ist kein Jwhriiucli «ietler umchieueit.
Kakao aus Ecuador und
für 1550000 Mk. Kakao
aus Venezuela ein; die
Ernte in Venezuela ist auf
25ÜOIK) Ztr., der Export
auf rund 200000 Ztr. zu
schätzen. Der Kakao ist
so recht ein Produkt der
brütenden Troijensouue, er
verlangt andauernde Hitze
und zugleich Feuchtigkeit
und wächst daher fast nur
inderterra caliente. Der
best« Kakao wächst in den
kleinen engen Hergschluch-
teu und Ikirgtbälem , die
sich zwischen En Guaira
und Puerto Eubena nach
Norden, nach dum Karai-
htschen Meere zu öffnen.
V(»m Meeresspiegel bis etwa
lOü oder 200 m Meeres-
hube. Okumare, Sau hlste-
ban, Ehoroni vi. s. w. sind
durch ihre Kakauplantagcn
berühmte Orte. Hier wächst
die geschätzteste, die
Eriullo-Variotäi, im Han-
del als „cacao de la
costa** bekannt; sie ist ge-
kennzeichnet durch die
stark geriefte, unrcgel«
mäfsige Form der h'rücbte
und bringt etwa 130 Mk.
pro/,eninorscbouanOrt und
Stelle. Im Orient, mit dem
AuHfuhrhafen Eanipano. wird auch viel Kakao produziort,
doch ist die ('ariipuno-f'arietät bedeutend schlechter, an
sich schon und iiifulgo muiigolhafiur Ruhandlung — wie
ja alles im Osten mntigelhaft ist — minderwurtig; sie
bringt nur 40 bis 50 Mk. für den Zentner. — .Auch der
Kakao wird stets unter Schattuubäumun gepflanzt; der
Kakaohaum gieht erst nach sieben bis neun Jahren eine
volle Ernte, aber dafür besteht auch das Sprichwort zu
Hecht: „Kakao ist Gold, Kaffee ist Silber.“
Iiu allgt'inuinun luidot fler .\ckur- und Plantagenbau
Venezuelas unter ziemlich schlechten .A rhoiterverhält-
nissen; nicht hlotH in unseren deutschen Kolonieeo, wio
z. 11. in Kamerun, ist diu .Arheiturfragu eine crux.
Auf einem .Areal, das so grofs ist wie Deutschland und
Frankreich zusaninieugeuummon, leben nur 2,5 Millionen
Menschen. Der Arl>eitermaugel wird noch dadurch vur>
schärft, dafs in Friedens- wie besonders in Revolutioos-
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Schott: Beobaohtnogeo u. Studien in den Hevolutionsgebieten von Domingo, Haiti o. Veneznela. 89
Zeiten die niftniilicho BeTölkermig zum Militiir geprefst |
wird. In uonibigen Zeitläuften yorRieckeii »ich die *
Mänuur, und diu enttu besorgte Frage auf deu riuntageu )
früh Morgens ist dann nach der Zidd der zur Arbeit er- 1
Nchienenen Männer. !
Als ein bedeutsamer Faktor in der Warteebätzung I
Veneziiabui mnfs endlich auch die uiuheimiKcho Vieh* |
Zucht gelten. Hierüber liegen zwei sebr Terecbiedene
»tatistiHcbe Krhebttngen yor; die erste findet sich in dem
amtlichen Jahrbuch Venezuelas fflr das Jahr 1894 und
giebt den Viehstond folgendermatsen an:
Uiiidviifh ....
Z.3
5fill.
Stück
Schafe, Ziegen
1,*
,
Sebwuinu ....
1.«
Pfi’ide
o,Z
Maiiltii’t'e . . .
Ü.Ui» „
K**’l
0,4
-
6,8
Mül.
Stück.
Diu andere Zohloureih« stammt von Dr. Preiifs^):
Itindvi.h ....
8,5
Mill.
Stück
Krhafe, Ziugeii
5,5
Schweine ....
■J.Ü
Pferde .....
0,4
Mauiticru . . .
0.3
»el
0,8
17,5
Mill.
Stück.
Selbst wenn mau eine
erhebliche
Zunahme des Vieh-
bestandes seit 1894 aunehmeii
will
ohschun sie nicht
wahr.’icheinlich ist, so ist
doch
eine
Differenz von ülK*r
11 Millionen Tieren sicherlich unrichtig und mufs auf i
irgend einem Irrtum beruhen. Vermutlich haben sieb |
in die hohen Zahlen von Preiifa Fehler eingeschlicheii,
da das atutliche statistische Juhrlmcli suwieso das Ue>
.‘itreben schon zeigt, alles inügUchst günstig darzustellcu.
Trotzdem ist auf alle Fälle, wenn man bedenkt, dafs die
Zahl der in Vetiezueln lehcudeii Menschen auf nur
2,.^ Millionen geschätzt wird, der Viehreichtnoi ein sehr
grofsur; er konnte aber für die Zwecke des Kxp)rteN
nach Nordamerika bedeutend noch gesteigert werden,
ln Mariara wird be<leutender Wert auf die Viehzucht ■
gdegt. i
IHt Wert der Ausfuhr aller yenezolanischen Pro- -
dukte aus den zwei grofsten lläfeu, LaGuaira und Puerto
Fabello, wird im Durcbscbnltt der Jahre 1881* bis 1894 auf '
75 Millionen Mark iährlicb, der Wert der Einfuhr da- I
selbst auf fiO Millionen Mark angegeben. Der detitsche |
Handel mit ganz Venezuela betrug im Jahre 1901 rund |
18 Millionen, er war Anfang der neunziger Jahre um
etwa 10 Millionen Mark grdtser. ln den letzten fünf
Jahren zeigt eben, dank den ewigen Ib^yolutionen und dank
s|>eziell der Mifswirisebaft Castrus, der vuuezolaniache
Handel trotz der ungeheuren nntdrlichen Reichtümer des
Landes eine absteigende Tendenz; der prozentischa Han-
delsanteil Deutschlands hat sich aber nicht vermindert,
sondern erhöht.
Für uns Deutschen sind mit den 18 Millionen Mark
llaudelswert unsere Interessen io Venezuela aber noch
nicht erschöpft. Eine Sonderstellung und besondere
Bimcbiung yordieneu die in der »(irofseu Veuozuela*
bahn“ angelegten 70 Millionen Mark deutoeben Kapi-
tabi. Kinigu geogniphiscbo und teebnisebo banxelhcitun
über dies bedeutende Unternehmen wurden schon oben^)
in anderem Zusamroeiihauge erwähnt. l>ic Finanzierung
des Unternobmeuä ist bekanntlich gemeinsam durch diu
Diskouto-Oesellschaft in Berlin und die Norddeutsche
Bank in Hamburg erfolgt, und die Nichtzahlung uiuer
TOD der yenezolaniscben Kegierung übernommenen Zius-
garantie sowie weiterhin wiedurholto direkte Schädi-
gungen des Bahnbetriebes bilden einen erbebücben Teil
unticrer {>olitischen Differenzen mit Venezuela. Gerade
diu deutsche Bahn rentiert sich leider schlecht oder viel-
mehr nicht, obschon die Unterhaltungskosten, zumal da«
Reitaraturpokontu , bei der Vorzüglichkeit der Anlage
relativ viel geringer sind als bei den in ziemlich schlech-
tem Stande befindlichen zwei kleinen englischen An-
süUlufababnen nach Puerto ('abello bezw. nach LaGuaim.
Es fehlt der deutschen Bahn vor allem an einem nur irgend
genügenden Güterverkehr; während diu englische Schmul-
sfiiirbahn Uaräcas — La Guaira im Jahre 1901 auf 1 km
1,6 Millionen Kilogramm (»Qiur kuforderte, kamen auf
1 km der deutschen Balm nur 140000 kg. Zum Teil ist
diese Beschäftigungslosigkeit kaum heilbar, wenigstens
nicht in absehbarer Zeit, da ein la'trächtUcher Teil der
Strecke in kulturlosem Berglandu liegt; zuin Teil dürfte
ihr abzubulfun sein, wenn es gelingt, die engli^^cbu La
Guaira-Bahn auzukaufen und auf dieselbe Geleisbreite
mit der deutschen zu bringen. Wie diu Dinge jetzt
liegen, müssen die Güter in Caracas umgeladeu werden:
da ziehen es viele Verfrachter des Inueni vor, ihre Maul-
tierkaruwanen, diu sie doch bb zur Station der deut-
schen Bahn in Gang setzen inüfsten, gleich bis Caracas
an die englische Station laufen zu laHMeR. — Die Sta-
tistik über iliu Butriebseinunhuien für das letzte Jahr
(1901) ergiebt für alle drei Bahnen folgendeH:
Eisenbahn Länge
I)
i km
Bcfritz
PerBimenverkchr
Passagiere Bolivar*)
Güterverkehr
Kilngramm BoUvar*)
Qesamt-
uinnahme i
in Bolivar*)
Abnahme
der Kin-
»abmen
seit 1895
Canicas — Valencia HO |
Ituaira — (.'aräcas 38 I
Valunoia — Puerto Cabtdlo . . . ' 54
deutsch
1 engl,
»•iigi.
120 00<l !
47 000
20 ooo :
780 000
547 000
132 000
35,5 Mill. ' 958 000
tW.b ^ I 554 000
15,4 , 640 000
1 738 0(MJ
1 881 000
763 000 1
5 Pn*z.
S9 ,
46 „
Obwohl also die deutsche Bahn fast fünfmal länger
ist als <liu La Guaira — t'aracHN-nahn, hat sie doch eine
geriiigoru Qesamteinnahmo aU diese zu verzeichnen,
übrigens geheu die Kiunalimcn alh^ Bahnen seit 189b
fast ständig zurück eine natürliche Folge der Kevo-
liitionen — und e» ist ein Lichtblick in den traurigen
Verhältnissen, dafn der allgemeine Bürkgang weitaus arn
wenigsten diu deutschu Buhn betrifft, liu Jahre iNS.b
nahm die deuthche Bahn 1,824 Millionen BoUvar ein,
*) Kxpoditiuu nach Zentral- und Südamerika (Kolonial-
wirtmhaft-l. Kouuteo). Berlin s. att.
die Lu Guairu-Bahn 2,666 Millionen BoHvur, diu Puerto
('abello-Bahn 1,428 Millionen Bolivar, so dab die Miit
1895 bi’« 190! zu Tage gi-trebme VrnninderuDg airh
auf 5 Proz., bezw. 29 Proz., bezw. 46 Proz. berechnet!
Zu den uatürlirben Keichtümern, zu der Schönheit
und Fruchtbarkeit der gröbteii Teile des Lande» stehen
in schneidendem GegeriHatze die ül*er die Mafien elen-
den politischen Zustande, verschuldet nicht durch
äut»«re Feinde, sondern lediglich durch die Venezi*lam*r
s. H. 8«. *
*) I H«ilivur •= 0,8 Mk.
Globus LXXXill. Nr. 8.
r *•
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M) So)iott: I{eubaohtQDgr«D u. Stadien in den Hevoiatious^ebieten von I>umingo, Hüiti u. VeueEuel».
reibet. AVa« fdr Leute !*ind eigentlich die VeueKoiarier,
die ohne Uevniultomni, ohne Kämpfe gegeneinander ihr
I^beu nicht hiiibringi'n xu können M^heiiieu? IHeVene*
acdaner weihet bilden »ich wohl ein oder verwuchen
wenigHteiifl andere glanhon zu machen, daf» «ie heut«
eine homogene Kation darstellen. i>ayon iwt aber nicht
die Kedu, schon die ungemein grurse Rasacnmischung
Terhietet dies. Heu Grundstock der llovölkeriing machen
wohl di« Kreolen aus, also die itn Land« gelM>renen Narh-
kuiuineii der früheren spanischen KroWrer und Kiuwari-
derer, wie ja auch Spanisch die einzige und allgemeine
l^andeaspracho ist; die Kreulou mögen 25 i'roz. der Ge-
saiutlhjvölkerung bilden. I>azu kommen U Proz. reine, |
vorwiegend in den ganz heifsen Küstenstrichen leidend«
Neger; etwa lü I^z. haben noch iudianisehi’s Blut in
den Adern, (•ind also, wenn sie auch nicht reinen Blutes
sind, auf dt« alt« rrltevölkerung zurückzuführen; ferner
rechne man l bis l,f> IVoz. Weifse. Der Rest aber,
mehr als h.'i Broz., besteht aus einer Mischrasse, in der
Krooleii, Neger, Weifse u. h. w. zu Mestizen, Mulatten
geworden sind; dies« witslermn haben sich in allen denk-
baren Vurietiteii im Laufe der (fenerationeu vermengt.
Dafs ein solches Volk keine gemeiiisaiue nationale Idee
beherboi^en kann, «ine Idee, die es ihm möglich macht,
die Kinzelleidenschaft und «Ins Kinzelintereswe dem AU-
genieinwohl unterzunrdium, liegt auf der Band und ist
um KO weniger verwunderlich, wenn man aufserdem den
sehr ikiedrigen Hiidungsstand der Bevölkerung 1>ede)ikt.
Nach dom eigoueu Zugeständnis der venezolanischen Re-
gierung konnten von den 2’ | Millionen Kinwohnern des
.lahres 1^94 2 Milltonun w'cder schreiben noch lesen!
Dies ist also ein Land, das es durchaus verdient, von
einer höher kultivierten Kasse lieherrscht zu werden, zu
seinem eigenen Wohl.
Was die im Lande ansässigen Weifsen hetriflt, so
liegen, wiederum für ld94, fulgtuidc amtliche Angabtm
vor:
Nordamerikaner nur ......
Kpunicr l4uou
Kniiizuio’n 2 .'■lOo
Jnrutsclu* I «MIO
Italiener ;i 2 no
KhglaiiUer a 150
lioUätirler ,H «no
rund . . 30 0(Hi
= 1,2 Proz. der Gesamtbevijlkening.
Gesetzt, diese statistieche Aufstellung sei mir einiger-
mafsen richtig, so fällt zunächst di« ungemeiu DiHlrig«
.Vnzalil der im Lunde wohnenden Nurdiiiuurikancr auf;
in der lliiit kommt letzteren, so sehr sie sich gebärden,
keine thataächliche Kollo im Handel und Wandei zu;
dies wollen wir uns fiir die polltischoSchlursbetruchtung
wohl merken. Unter den 14000 Spaniein und den
H200 Italienern diirrt4‘ii viele kleine Landwirte und
Handwerker sein, welche ihre ursjirünglicht* Staat>Hngu-
hörigkeit längst verloren bozw. aufgegebeii haben. Ks
ist auch nicht so selir die absolute Zahl als vielimdir
der Umstand .\usschlag geliend, welches Kieinent die be-
ireOeiideii Weifsen itu Lande darKtelleii: und da kann
es einem Zweifel nicht unterliegen und ist allseitig an-
erkannt. dafs die Deutschen di« weitaus erste
Stellung unter den Kuropaern einnebmeii, iu
jeder Beziehung und im ganzen Lande. Nicht
hiofs im Grofsliaiide] uherwiegt das Dcutachtum, auch
als Ingenieure, Techniker, Ärzte ii. s. w. vertreUui Deut-
sche iu hervorrugemlstem Mafse Bildung und Intelligenz.
. - — Wie schon obenerwähnt wurde, darf man dietiesamt-
: :böhe des in Venezuela arbeitenden deutschen Kapitals
'-auf reichlich 200 Milliuneu Mark schätzen. Dieser Um- i
stand und die Tbatsache, dafs Vunezueta der uns um
uächsU'ii gelegene grüfsere Staat Südamerikas ist, ver-
langen. dafs wir die Hevolutiouen daselbst mit ganz an-
deren .\ugen bebrachteii als dio Kevolutiunen in Ikuumgo
oder gar in Haiti.
Seit 1886 haben die Bürgurkrioge iu Venezuela fast
niemala aufgohört. 1899 vertrieb der jetzige Präsident
t'astro in einer verbaltiitsoiäraig kurzen Kevulution sei-
nen Vurgänger .Vudrade. Was alles hat man damal»*
von Castro und seinen guten Vorhätzen erwartet, und
wie furchtbar ist mau enttäuscht worden! Skrupelloser,
zügelloser wie Castro hui kaum ein anderer Präsident
gelebt, in der schaiiiloaesteii Weise den Staat systema-
tisch hoHiuhlen, die Vertreter der europäischen Kultur-
staaten beleidigt und io jeder Beziehung die .■Mlüreu
eines Diktators angenommen. Seit Dezembci 1901 hat
deshalb M. A. Mato-*, einer der ersten Uinanzleute und
einer der gehildet.'iten Venezolaner, dem Kcgiiueiit (‘astro«
den Krieg erklärt; seit April 1902 sind die Kämjife
richtig in Flufs gekommen, aber es scheint diesmal die
«Revuluciön Lihertadora’* zum Fluche des Landes
ganz besonders langsame Fortschritte zu machen, so daL
uugenhlicklich (November 1902) trotz mier gerade wegen
angeblicher Siege Castros das hmd« nicht ahzusehen und
sogar zweifelhaft ist, in welcher Weise die Kntscheidung
fallen wird.
Den hisberigen Verlauf der Kämpfe in den verschie-
denen Lumlcsteilen näher zu l^eschndhen, hatte kein all-
gemeineres lnt«reH^e; es genügen folgende Angaben. In
den meisten Fällen erfolgt die erst« Fa-behung in den
Llauosdistrikten; die Revoluiiou greift dünn niirdwärts
durch, oft in den Staat Caralxjho am Valeiiciaaee, also
in die Mitte des l.umles hinein, von wo der letzte .S:hlag
auf die Hauptstadt Carücas geführt wird. Diesmal ging
die Kevidution auch von den Llanot.g(ddeten , aber den
östlichen Goguiiden hei Muturin, aus, und dem Insurgenteu-
general Nicola» Holandu gelang e», durch die Schlachten
hei Guanagunun am 22. April und hei Curupäuo am
29. April und 6. Mai fast den ganzen Orient iu seine (Ge-
walt zu bringen. Wenige Tage nach dem 6. Mai war
der Verfasser in Carupano W den Kuvulutionären. Seit-
dem ist in Coro, in Barcelona, in Ciudad Ik>livar am
Orinoko, ja auch in La tiuuira, der Hafenstadt von Ca-
racas, gekämpft worden. Ende Oktober fanden sudiiun
die blutigen, iagtdang »udauernden Kämpfe bei l,a Vic-
toria iu der Näh« vom Valeuciaae« statt, in denen
Castro sieh den Sieg zugesehrie1>eu hat.
Was die allgemein militärische Seit« dieser Revolution
und aller Temizolauiscben Kevolutionou bet rillt, so stehen
der jeweiligen Regierung in Caräca.M leidlich gedrillte,
nach französiarhem iNfuster bekleidet« reguläre Triip|>en
zur Verfügung; ihr« Zahl reicht aber im KriegHfell bei
weitem nicht nua und wird durch skrujiellosestes Presi-eu
der männlichen Bevölkerung vergröfsert, Pliue dem
äufsi*reii Anblick nach gänzlich unmilitäriacbe Rotte
stellen die Heerhaufeii der Revolution dar; hiervon mag
eine der in ('arupauo am 12. Mai aufgcnouimenen Ori-
ginal])huiogra] fiieeii (Ahb. 9> ein« Vorstellung ge-
währen. Berufssoldaten sind ülwrhsupt nicht darunter;
auch die aogenuunten ^General«** und „Obersten* sind
in normalen Zeiten kleine Haziendenbesitzer caler Kauf-
leuto, Handwerker u. dergl. Das einzige Alizeiclien und
Kennzeichen der Revolutionäre ist diesmal «in breites,
weifses Hutband, welches die schwarze Inschrift „Viva
el general Nicolas Rolando* »sler „viva el Guerra“
trägt Rolando. früher Kaufiuann, i.st ein oRenhar
recht iH'fiihigter, augenblicklich sicher der tüchtigste
Anführer. Rolando hat durch die spartanische Kinfach-
heit und diibei .Vnständigkeit suiner auLeren Kmchtdiuiug
Schott: ßcobcohtonfrcn u. Stadien in den ReTolntioDagehieten von Dotnint^o, Haiti u. Venesnela. 91
und I^bcnswei^u, durch .sein ruhiffe» und freundlichcD
WoMn einen vor«Af;licheti Kiudnu'k auf una gemacht.
Auch t>cin ArtillurieuberHt, Manuel ('innero^ aus Ciudad
Bolivar am (h'itioko, Ixt eine xympailiiaehe, elnxtiaohe
Krttcheimmg.
Die Muuiixchaftuu, um eine grorso, weifse Fuhne ge-
schart, gehen ganx nach ihrem Belieben in mehr oder
weniger vollxt&ndigur Bekleidung; xutu Teil sind es
IjCtite, die l>ei glOckliohem Ausgang der Itrvolution ihrer
Belohnung in irgend einer Art sicher sind, zum weitaus
gröCsten Teil aber sind sie an der Suche in keiner Weise
interessiert, .nondern durch die militArische Lage der he-
treffenileii ProTinx einfach gezwungen, mitzuthun. Trotz
elendester Bewaffnung und Cnkenntuis im Schiefsen
schlagen sich nach den fibereinstimiiienden Beriebtuu
alle Munui*cliaft4ui auf das tapferste, und xwur utiob die
g«)|>refsten I«oute sowohl der Regierung wie die der
Revolution. In den Kfimpfen um und in ('nrüpuno, we-
nige Tage vor dem .\ufuntbalt des Verfassers daselbst,
waren nach zuverlässigen Angaben 700 bis ROO Mann
als Gesamtverlust auf beiden Seiten zu rechnen; die
Leute hielten Stand bis zur letzten Patrone. Am be-
daaeniBwerieBtcu siud die Verwundeten. Von luizarett-
cinriobtungen, Ambulanzen ist kaum eine Spur vorhan-
den. IHe Verwundeten, zumal die der Gegenpartei,
bleiben liegen, wo sic fallen; kein Mensch kümmert sich
um sie, und so sterben sie eines geradezu fürcbterlicben
Todes, indem sic unter den .Strahleu der erbarmungs-
losen Tropensonne verschmachten und von deti Moskitos,
Fliegen und Aasgeiern zunächst an den Augen aiige-
fressen werden. In diesen Kämpfen kommen Greuel
vor, die denen des letzten südafrikanischen Kri<‘ges
sicherlich uichtx nachgel>en.
lin t*aufe der Monate gewinnt die Katnpfusweise auf
beiden Seiten natürlicherweise an Schärfe und Roheit;
die RegicruDgs|>artei bat sich nicht gescheut, am 6. Mai
die offene Stadt rarüpatio zu boiubanlicrun, wobei fast
nur Frauen und Kinder umkamen, du die Rcvolutions-
I truppen vorher geschützte Stellungen eingenommen
hatten. Der deutsche Dampfer „('rualia**, mit welchem
I der Verfasser t'arüpano am 13. besuchte, wurde daher
von Flüchtlingeu aus allen Kreisen der auf das hüohste
geängstigten Bevölkerung förmlich gealQrmt und konnte
in Abwesenheit eines europäischen Kriegsschiffes sich
der Aufgabe nicht entziehen, diese I^uto, die all ihr
Hab und Gut im Stieb liefnen, nach Trinidad in Sicher-
heit zu bringen.
Es wäre min ein durch nichts gerechtfertigter Opti*
mismus, auzuuehmeu, dafs Matos, falls ihm die fVäsideiit-
sehaft wirklich noch Zufällen sollte, der wahre Befreier
des Landes werdeu wird; er wird zunächst danach
trachten, seine für die Revolution gemachten persönlichen
.Ausgaben, welche 1 Million Mark bereits weit über-
schreiten dürften, irgendwie, und zwar mit landesüblichen
ungeheuren Zinsen, wieder zu gewinnen. Nach unseren
Begriffen moralisch einwandfreie Präsidenten hat es in
Venezuela überhaupt nicht gegeben, Guxman Bianco, den
man inmierliin zu den guten Präsidenten zählen mag,
nicht ausgenommen. Das Gewebe bleibt immer dasselbe,
e.s kommt nur eine andere Nummer an die Reihe. Aufser-
deiii scheint diesmal nach verschicHleuuu Anzeichen die
Gefalir grofs, dafs, wenn erst ('astni verjagt ist, dein
Matos, da er selbst kein Kriogsmatin und Heerführer
ist. der Präsidentenstulil von seinen Generalen streitig
gemacht werden wird; möglicherweise schliefst sich also
an die Revolution ein Kampf der Revolutionäre nnter-
einaiider unmittelbar an: kurzum, die .\u<!>ivhten -iiid
auf lodeu Fall uusngbar traurige und jämmerliche: die
Kniten auf den Kaffee- und Kakaoplaniagen verkommen
aus Mangel au Arbitern, der Fxport und Import stockt
vollständig; schon sind, da l^adung fehlt, zahlreiche
Dampferuz]>editiuneu nach Venezuela ausgefallen. Der
Schaden wächst in das Uie^enhafte.
Simon Bolivar, der iiii .\nfangdex vorigen Jahrhunderts
die spanische Vorherrschaft in Südamerika zertrümmerte,
iudeui er das heutige hlcuatlor, Kolumbien und Venezuela in
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T.udwig WUaer: Anthropologie snaoioa.
iYi
20jiihngem Kriagu kaniit-o MHinoTiandslanto uimI
hat vor K*iuem Todo, allerdings untar dem Kiiidruck<> dor
▼on Seiten des Landes ihm gezeigten ('ndaukharkeit, die
nachstehende bittere ('harakteriatik der Zustände und
tröbe ZukunftsToraussage gegeben: ^Uei uns zu Lande
horrscht weder Voi*trauen zwischen den einzelnen Leuten
noch zwiacheu den verschiedenen Stämmen. Unseru
Verträge sind wertloses Papier, unsere Konst itutiou ist
Terletzbar. unsere Wahlen arten in Küiupta atis, unsere
Freiheit ist Anarchie und unser Leben eine Qual. Vene-
zuela ist nicht zu boherrschen . . . .feiio, welche der He-
volution gi'dicut hohen, hahen im Meere gepflügt. I>ns
einzige Vernünftige, was mau hier Ihun kann, ist aus-
ziiwandern; denn unsere Länder fallen uufuhlhar in die
(iewalt der geaetzloaen Massen, welche sie künrtigbiu
mit der ganzen Grausamkeit mtd Gefdifsigkeit kleiner
Tyrannen auslieutcu werden. IHe Kuropäer werden es
nicht so schatzen-wurt Rüden, dafs sie dies Land in ihren
Besitz nehmen würden. Wenn es möglich wan% dafs
ein Teil der Welt in seinen Urzustand zurückkehren
künnte, so wflnle dies zweifellos mit uuserciii Lande der
Fall sein,“
So weit die Prophezeiung Bolivars aus dmn .fahre
1880, die zu einem grofseu Teil bereits eingetruffen ist.
Dafs wir Deut-seben mit Venezuela keinen Kruberuugs*
krieg anfangen können, wie es manche Ileilssporue wohl
mochten, dafs wir überhaupt das militariHcbc Eingreifen
Att Laiiil vermeiden müssen, ist «leinjenigen. der p'uee
tropischen Lundes und Volkes Natur kennt, klar, und
der Verfasser weifs, dafs auch unsere bi'sten Vertreter,
die Kaufloute , kein bewalTnetes Eingreifen wOnsebon :
wir würden ja vor einer ähnlichen, schier unlösbaren ^
Aufgabe stehen wie England gegenüber den Ilurenstaabm.
.\uch hat gerade der Ifefreinngükainpf der südamerikani-
schen Hepubliken gezeigt, dato das damals doeh immer-
hin no<*h sehr niacbtigo Spanien von Europa aus dom
Aufstande uiclil gewachsen war. Ein kürzlich gemachter
Vorschlag scheint unseren Interc.H^en zu geuügei»; wir
müssen unsere flnanziellc Oberherrschaft in Venezuela
in irgond welcher Weise dauernd und in staatsrechtlicher
Fonu so festlegen, dafs, ähnlich wie in Ägypten, eine
Kontrolle über die Haupteiiuiabmeu des Landes durch
eine euro|>ttischu Finatizkomuassioii ausgeübt wird,
welche im übrigen den Staut Venezuela ab {K>litisches
Gebilde unberührt lÄLt — Nur eine Entwickelung
müssen wir bereit sein selbst mit Waffengewalt zu ver-
hiudern, näiulich dun Übergang Vonezuelas in den Be-
sitz der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Wir
sehen, dafs augenblicklich die l'iiitod States noch
keine wirtschaftlich bi'^ieutende Stellung im I.ande ein-
nehtiiou, aber das riesenhafte Auachwelleii der |Hditiscben
Ansprüche derselben läfst ein Obergreifen der .Monroe-
doktrin auch auf .Südamerika möglich erscheinen. l>eutsch-
laiid und allu anderen mit Südamerika in Verkehr stehen-
den uuro|mtaclien Länder haben ein Lebensintercsae
daran, zu verhindern, dafs auch Südamerika eine Kolonie
der Vereinigten Staaten wird — die Gndsen Antillen
mögen ihnen zufalleii, daran ist nicht« mehr zu ändern — ;
die Frago alier, ob Südamerika, ein ganzer Erdteil,
europäischem Einflüsse erhalten und enropäischera Han-
del geöffnet bhuht, oder ob auch Südamerika den Ver-
einigten StimtiMi zuffillt und damit diu W>sthemi8pfaAre
eine .^hier er<lrückendo Übermuebt überEurope» gewinnt,
die Frage winl jedenfalls in der Hanpisache durch das
I Schicksal Venezuela.s entschieden werden; hic Hhodtis,
hic salta.
Anthropologia suecica.
Vou I)r. Ludwig Wilser.
Als wir vor 18 Jahriui in Karlsruhe mit der Unter- •
Huchung Ivadischcr Soldaten und W4dirpflichtigen *) Im- ‘
gnrinen, gaben wir uns der Hoffnung hin, unser Beispiel '
würde im In- und .Vuslaiidc Nachahiunng flnden und I
damit eiueu Überblick über die Verbreitung der Hussen
und die Zusamniciisctzutig der Völker eriiMiglicbeii. Leider
aber ist gerade in HeutBchland, da solche Erbehungen
ulierdingH sehr mühsam sind, grof^e llingehung und
Opferwilligkeit erfordern und meist nicht die gebührende
Anerktmnung finden, mit Ausnahiue einiger örtlich hn-
»chrüiikter .\ufuahtnen ’), seitdem so gut wie nichts mehr
geschehen. Im Ausland dagegen war man nicht müfsig.
und di« Wissenschaft verfügt jetzt über die Ergebnisse
wertvoller und umfangreicher Untersuchungen aus den
mei'<ten Nachbarländern, so be.sonder» (Vterreich (Weis-
buch), Italien (Livi), S|mnien (Olöriz und Araiizudi),
Frnnkri‘ich (('ollignon), England (Beddoe), Norwegen
(.\rho), Hufsland (Zogrof und Bogdanow), Kinulnnd
( \\ Os terlu nd ). Erfreiilicherweiso ist durch die vor
kurzem erschienene Anthropologin suecica^), ein praclit-
') Die Ergelmisna der auf eine Iteihe von Jahreu »ich
vrstrockeiiduri Knf4*rsuchuiig<'n «!nd niedergeh^t in Aitim<>us
Werk »/.ur Ant)iiv{»<.>logie der Itadcrier*. •li.'iia, (i. Ki«rher.
1HH9.
') Ko die ('titcrxucbmig der Kchulkimler im tUierwint
ileiibromi durch meinen Freund Kebliz, bei der ich mich
auch in einigen Uörfern beteiligt halte- lierieht auf der |
Anthro(sdogunveniHmmluug in Lindau 1S99. |
•) Anlliru|silogia suecica. Ib-iträge zur Anthru]>oIogi« der j
Schweden. Mit l.^o Tabellen, 14 Karten uud 7 Pr>»|sü‘tio]]8- !
voll ausgestattetes Werk von hervorragender wissen-
schaftlicher Bedeutung, da« seinen Herausgebern, den
Professoren Ketzins in Stockholm uud Fürst in Lund,
alte Ehre mat'bt, die noch übrig geblielmno Lücke aus-
gefüllt, der Ring geschlo.ssen. Sj^hon 1885 waren wir
j ül)ci‘ 20 ugt, dafs Schweden unter allen europäischen Län-
dern eine Sunderstellung eiimehtue und seine Bevölkerung
I sich durch auffallende Reinheit der Ha-se auszeichnen
I müsse; .\miuou und ich hatten daher dio .\hsiclit, eine
SrtinnnuTeisu* nach dem Noreb-n zu tiiiternehiuen und zum
Vergleich mit unseren badischen einige sebwedbehe
Truppenteile zu untersiu’hen. Äufscre Gründe verhinder-
ten die .Ausführung diesca schönen Plane-s, wir dürfen
miH «her schmeicheln, daf« das grofsartige schwedische
riitttriiehinen durch unser Vorgehen beeinfluNt war, dafs
dasselbe unser« Vomussetziingeu im vollsten Mafse be-
stätigt bat.
Her geistige Urheber und. dürfen wir liinzufügan, auch
der werktbiitige l'nterstützer des ganzen rnteruobnicns ist
Prof. Gustav Ketzins in Si«4okhulm, der Sohn von
.Anders Krtziua, der es als Ehrenpflicht betrachtet,
das von Meinem Vater begonnene Werk der Kaazeu-
forsohung für sein Vati'rland zu Eud« zu führen. Has
vor einigen Jahreu ersoliieuenu, ebenso prachtvoll aiis-
gestnttet« und dim'^h seine wohlgelungenen Ahhildungen
nicht minder wertvoll« Werk über die sehwedischeu Vor-
tafehi in Farbendruck, vielen Kursen und anderen lllu-
straiioneu. Peutsch« .Ausgabt*. 8iwkh>>lni'
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[<nd«ig Wilsflr: Anthropolngift sneoici».
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zettRchllilel *) liUdei den er.Hteii Teil und wird nun er*
gÄnzt durch die itnlhropoiogtHrh«' UiiterKUcl<mig der
lel>end»*n HeTölkeriiiig; denn fftr Retzius war e» tun
iienrhäuiender GtMlanke. datx Kein Vaterland, „ohwohl die
eigentliche Wiege der HrfoiNchuiig der eurupHiaehen
Hil^^vIK'ba^Hktere, wie der incMieriieii Anthropologie über-
haupt**, doch 211 den in dieser lüniiicht noch am wenig-
KtcQ genau unterHUchten lüudont gehörte. Snhon in
den .fahren 18()2 63 hattu er den IMan einer umfatiiMni-
dun Krhehiing gefat^t, aber dem Nachfolger seinen Vatei'e,
dem Kreiherrn V. l>üben, dien Gebiut übfrfa.H<*en und »irh ■
Huderen wichtigen Arladten seiner FachwiKMetieehnft. der |
meiiHrbltchen Anatomie, zugewmidet. Nachdem Ilerr ^
▼.Trüben 1892 gestorben war, ohne etwas AbKcldiefKon* i
de» erreicht, busunderH auch t»hne «seine lietrofienden
Arl>eiten veriiffenlUcht zu haben, erschien e« um ko not-
wendiger, die Aufgaben der acbwe<UKchen Anthropoh»gie
atifs uune thatkrftftig in Augriü zu nebiueii, W'enn man
Hieb auch in einem l^iide, wo der nWissenKchaftlicbun
Arbuiter auf jeilein Gebiet^* nur wenige sind, «lie bo-
dmUendi* AuMtebumig des Landen aber derartig .«tatisti-
Kcheii Krliebungeu ruebt groffu SchwierigkuiU'n Inetet*,
mehr als einmal bedenkt, „bevor luan eine solche Arbeit '
in Gang setzt**. Aber erst im .fulmt 1H96 kam es dazu,
dals die Schwedisclie Gesellschaft fftr Autbropologiu und
Geogrupbiu Ketzins und Haltkrantz, der kurz vorher
die militäri«ch«*u Aufzeichnungen tther die Körpergröfse
der Wehrpnichtigen für anthro|>olng]scbe Zwecke bear-
beitet hatte, mit dt'i- Vorlage von VorschlÄgen für eint?
gröfsere VoIkHiiutersuchung iMaiiftragte. Ga aber von
der Regierung die ei-forderlichuu Mittel nicht zu erlangen
waren, dem einen der Beanftragten niieb die nötige Zeit
fehlt«*, mufste «lio Sache verschoben werden. Endlich
im Oktob«*r des gleichen Jahres, bei der Feier des 100. tie-
burtatages von Anders RetziuK,hnh desstm Sohn aufs
neue die grotse Bedeutung dos geplanten Unternehmung
hervor und stellte zugleich 3000 Kronen fftr diu«un Zweck
zur Verfügung. Die Regierung gewahrte, wenn auch
keine Geldmittel, so doch die ]->Iaiibiiis zum Vorneiimen
der Fntt'rsuchungen. Nun kam endlich l.i*hen in die
Sach«, und iiu Frühling «los .Jahres 1897 wurde von
einem ganzen Stahe von Profe-^HOren . Doktoren mul
Kandidaten unter grofsem Entgegenkommen derniilitftri-
achen Beh«irdon mit der Untersuchung der hei den ver-
achie4leneii Ftegimentern eingestellten 21jährigen Mann-
K<dmften der I.andwehr (beväring) begonnen. In dieK«*in
Jahre wurden in den Standorten der einzelnen Regi-
menter 22708, im folgundon, 1898, dazu 229HÜ Mann
untersucht, zusammen also 45688. Von diesen mufsteu
aus ver^chiwleneM (»runden ungefähr 700 ausgeschieden
werden, so dafs als Grundlage der iU^rechnungeii 41900
Manu blielH*n, d. h. 1,81 Proz. der lUHunlichtm, 0,88 Proz.
der gesamten, rund 5 I (K)OQO Seelen liuiragt'ndcn llevölke-
rmig von Schweden. Da nur 2ljfthrigu und «lienst-
taugliche, nlüio iiiiudcstens 157 cm grofse Leute unter-
sucht wtmieii . ist der StoR ein etwas anderer als
beiHpielsweise unser badischer, was nicht ohne EinRufs
auf die Diircbschnittsgröts«« hleilran kann, da diese «birch
Mindermätsigu solbstvurst&ndlick herunt<«rgc<lrürkt wird.
Aufgeuouiint'u wurde: l. Geburtsort, auch der F.lttirn,
2. Gröfse (stehend, sitzund), 3. Armbreite, 4. Kopf (Läng«,
Breite), 5. Geeicht (oval, rund), 6. .Vugen (blau, grau,
meliert, braun), 7. llanre (gelb, cendr^, braun, schwarz,
rot), 8. Autsergew«'>hnlichus als Bemerkungen. Die Kopf-
mafHu sind mit dem Stangenzirkol gmurnimmi, <Hn f,änge
nicht in der Horizontalen. Das Gesicht wurde nur in
*) Crnuia meeica aiilii|ua. Dt'Utsche Atii^'abe. Stockholm
It^OO.
zwei l,andscbaften, Ihilame und VAstmaulaiuI, gemessen,
K«m»t geschätzt. BUne und graue Augen wurden späbT
uIk helle, gelbe und asebfarheno Haare als blonde zu-
Hanmiengeruchnet, sodafs die schwedischen und Imdisehen
Farbonkltissen fast gleich werden und damit der Ver-
gleiehswert noch mehr steigt, „weil da« Alter der Unter-
suchten dassolhe oder iHÜuabe dassulbe ist“. Diu Wehr-
pflichtigen wurden so auf die LnDdschnfti'n verteilt, dnls,
w«-nn S«)bn und beide F.ltern oder doch ein Elternteil in
einer Landscliaft gehören waren, der Maiiii zu dieser,
wenn beide tllturn in einer Htidcren, d«*r Sohn auch zu
«b*r der KUern, w«?iiii die Kltem in verschiedenen, der
Sohn zu dur des Vater» gerechnet wurde.
•An der Um- und .\usr«»climiug hal>en sich, bezeichnend
für iionlische Verhältnisse, nit-^ht weniger als fünf Ihimen
iH'tciltgi. Iiu übrigen haben di«^ Herausgeber di« Bear-
Wiiung so unter sich geteilt, dnfs Rutzlns diu Malse,
Fftrat diu Furbeti übernahm. IHu Kosten des ganzen
Unternehmens, die «Ich, obwohl eüizelm* Untursucher auf
Reisekostcncii tst'^hädigung verzichteten , mit dem ! >ruck
der nll««rdings iuj«*der üinHirbt umstergültigon Veiöffent-
lichung auf 15500 Kronen, d. )i. rund 174 10 Mark, be-
liefen, hat Retzi US in hochherziger Weis«* allein b««sirittun.
In den Staaten, die so grofw! Summen für wissenschaft-
liche, oft recht feruliegeinle Zwecke aufweiideu, Kcbuiiit
man iimnur n«H*h den Wert solcher 4bitersiicliungen der
Bev«’>lkerung, auf deren Steuerkraft und Wehrfähigkeit
di»ch die ganze Macht des Staates burnht, zu gering
einzuschätzuu. ln jeilem Falle haben Uetzius und seine
Mitarbeiter nicht nur ihrem Vab'rlumle, sondern auch
der \Visseuschaft einen misoluitzbaruu Dienst geleistet,
„Ein Blick auf «lie Vorgeschichte und die Geschieht«*
Schwedens“ leitet das Werk ein. Mit Recht winl hier
von Ketzins hervorgehobeii , dafs das L.*ind nach der
Eissehmelz«* suiiie ersten Kinwamlerer über die «lüuischeii
Inseln urbalten hat. dafs die sftdlichuu Lun<ls<*Imften
>cboueu, Halland. \N estgotlaml, Bohusiän in ältester Zeit
am dichtesten hevölk«*rt war«‘ii. Hi«*r war d«*r Haiiptsitz
d«*r nordischen Steinzcitkultur, und erat während dea
Br«inzc- und KiHenalterH „drangen die .tnaiedler iinmur
mehr nach den ö«tlich(*n und nördlichen Gegenden dus
Landes vor, und diu Verbiiiduug«*n mit den itingebenduii
Ländern über da.s M«*er wunlen allmählich zahlivicher.“
Wenn auch, wie z. B. die Funde .skandiiuiviKcher Waffen
und Werkzeuge In Fimilaiid z«*igen, von der Steinzeit
an diu .\u«wundurungen überwogen hab«ui, so la.ssun sich
doch aus durOeschiehte, abgeseh«*!) vom Handelaverkcdir,
einig«' Beispiele fftr Kinwanduniug fremder Bestandteile
aiifrihren; so Kind ini 16. und 17. Jahrhundert duivb
mehrere Könige in den dnnnlx'Völkerten WaldiandHchaften
des Nordens zahlreiche Finnen nngesiedelt worden, und
zniii Bi'triub der Eisenwerke in Ostgotland und Uppland
kamen zu gleicher Zeit viele wclsche Niederländer,
Wallonen, ins Land. Infolge de« dreißigjährigen Krieges
brachten die schwedischen Truppen, die ho lang«* im
j Ausland« gedient hatten, fremde Fratnm und Offizi«?re
mit heim, so daß die Mehrzahl „der Edelleute nicht von
' Hchwe<lit(cher, Hondern von ausländischer Herkunft“ isb
, Auch der zunchuieude Hände) bewog manch«* Familie,
)M>sonder» deutsche und holländische, «laruiiter auch judi-
sches Blut, zur dauerndun Ansiedelung in Schweden.
Allen das konnte Nclbutverständlick nicht ohne Kinfliits
auf die ZusammenHetzung der [h*v«>lkerung bleilwn. Im
ganzen aber ülH'rwicgt, wenn auch selhsiverständlich in
letzter Zeit Handel und Industrie sich mächtig untwicki'It
I haben, doch immer noch die auch in Ih'ZUg auf Rein-
! baltung der Rasse konservative BauernlH'Völkernng.
I Noch heute lol»t üb«*r die Hälfte (56 Proz.) des schwedi-
! sehen Volke» von der I,andwirtscl)Hft und Fischerei, und
n
Ludwitr WiUer: AnthropoIof^U aaeoiea.
auch unter <len Arbcitöm Ix’hndcn aich -40000 Hola-
hauer, deren Lehent^weiae der bäuerlichen ziemlich ähn>
lieh seil) wird.
Wenn man die VorzeitHchädel mit denen der heutigen
lioTölkerunf^ vergleicht, so wird ee „in hohem Grude wiihr-
«icheinlich, daf» die doliebocephale Bevölkerung, welche
in den prähi^ioriachen /aMtaltern da>< jetzige Mcbwedische
l.wnd bewohnte, von eben derRtdl>en hochwüchaigeii, hell-
haarigen. blauäugigen und liuigköpßgen war**, der
noch jetzt die >Iehrz4dd der Kiiiwohner nngehört, daf»
diese llna»e, der „echt germanische Stamm“, auch „nord-
earo])äi9cbe arisch -germanische Stamm“ (am besten ge-
hrauchen wir die naturwUsetiNchaftliche Be/.eichnuug
liomu euru|»aeiiM Linn^) früher „tief(‘r hinab in Kumpn
gewohnt hat, zeigen die Reihengraber ini Hüdlicben
Ik‘utscbiand“. Alles deutet durniif bin. dafs die skan-
dinaviseben Vrdker sich am wenigsten mit fnmidetn Blute
verniiscbt und „mithin den germanischen Tjr|ins »ui
reintstvii b<'W’tihrt haben“, (de rrbeimut des geriiiaiiiseben
Stammes ist für Retzius noch ,.von Dunkel umhüllt“;
dafs man sie aber dasnrht, wo die Rasse sich am reinsten
erhalten hat, findet er „erklärlich und iiatürlieh“. Brief-
lich hat mir der Verfasser mitgeteilt, dafs er bedaure,
meine Ansicht, als er schon vor einigen .fahren diese
Kinleitung sehrieh, noch niehi gekamit zu halH’ii. Nach
dieser ist, wie ich scbuii wiederh<dt ausgesprochen, ueradc
die schwedische Volksuntersuchung, die über da« Ver-
breitungszentrum der Tionleuro|mischen Rasse keinen
Zweifel mehr liifst, für «üe Frage nach der i'rbeiinat der
Germanen und ihrer Verwandten ausschlaggebend.
Gehen w'ir nun etw’as näher auf die Kinzclheiteu ein.
so haben wir zunächst den Wuchs zu beachten. .Aus-
ländische Anthropologen, Baxter. Gould. Beddoe,
Bolliiiger, haben früher die durtdischnittliche Grofse
der Seliweden auf 170em angegeben, Arb<» hat aus alten
militiirischeu Tabellen berechnet , dafs die schwediacben
Wclirpnichtigcn, infolge besserer Lebensvcrhältiiisse. wie
er glaubt, in einem Zeiträume von 30 Jahren (1K4U bis
1870) um 0,06 Kufs, «1. b. 1 8 mm, grofser gewor«len «eien
(169 bezw. 171 cm). Dies stimmt mit misereu badischen
Beobachtungen überein; aiirh Ammon hat ausgerechnet,
dafs diu Welirpniclitigen seit IH40 etwas gröfscr ge-
worden sind, hält dies, und wohl mit Recht, mehr für
eine Wnchstunisbeschleuiiigung als eine wirkliche Grt'tfsfii-
zunahroe. Die er.ste umfassende Berechnung der Körper-
gröfso Kchwti^ltHchcr Wehrpflichtiger hat lliiltkrantz
aiigestellt und 1896 im Ymor, 1897 in der scliwcdischen
militArkrztlichcu Zidtsebrift verüfTentllcht. Aus den
Listen, die seit 18.H7 jährlich au das Laiidw'ehrkoiumundo
eingi^scbickt wcnlen, ermittelte er für 232 367 junge I.eute
von 21 .lahrun, d. h. ungefähr ein Zehnte] (in« Text steht
irrtünilicb ein Fünftel) der gesamten inänniiciten Be-
völkerung, eine DurchschnittsgrofHc vim 169,.*» cm. Die
neueste Untersuchung 1ml eine noch höhere Mittel/ahl,
170,8 cm ergel»en; die gröfsten Leute mit 172,7cm hat
die Insel (totlaiid, die kltdnsten mit 169,0cm La]>pland
gestellt, was durch ilie Nachbarschaft der Lappen und
Finnen erklärt werden kann. Ihigegoii ist es nicht ganz
klar, was dem niebt iinerliebliclieu I nterscliie«] von 1,3 rtn
/wischen der Ilultkrautzschen IkriK^hmmg und der
rntersuchmig der Jahre 1897 98 zu Grunde Hegt. Wenn
ni.'in bmleiikt, dafs hei der nordischen Baase das Wachs-
tum mit 21 .fuhren noch nielit abgeschlosHen ist. so er-
scheint ein Zuschlag von l cm als nicht zu hmdi. Jcflen-
falla gehören die Schweden mit 170,8 fhirchscbiiltlsgrörse
(für das weibliche Ge*chlecht hat Foraberg. allerdings
aus kleinen Zahlen, 160cm bnn*chnett zu den höchst-
gewach-senen Völkern iler Krfl«; 170 cm und darüber
meKSuii drei Fünftel der schwediscbeti Männer. Kh int
lehrreich, damit die Diircbachnittsaablen aux anderen
lindern zu vergleiehen : Norwegen 169,7, Dänemark
und 5M;hlefiwig 169,2, Schottland 170,8, blngland und Ir-
land 169, Finnlan<l für die S«;hwt»den 168,4. für die
Finnen 166,9, hJsafs - luithringon 166,6. Württemberg
165,0, Baden 165,2, Frunkreich 164,9, Italien 164,5,
Rufsland 164,2, Schweiz 163,6. Wenn auch diese Zahlen
keinesweg« auf gleichartigen Unterfiuchnngen l>eruhen,
so ISfui sich doch deutlich erkennen, dafs im allgemeinen
die Gri'dse ahnimmt, je weiter mau »ich von der Mkuu-
diuavischen llalhin>od entfernt. Leider hat man früher
auf die Messung der laugen Knochen aus vorgeschicht-
lichen Gröbern wenig Wert gelegt, aus den wenigen, z, B.
von Guldberg angestellten rntersuchiingen Hcheint aber
hervorzugeben, daf.s dort die Kftrpergröfse seit den ältesten
Zeiten ungefähr die gleiche gebliehen ist.
Ide Mittelzahl Für die Heinlänge ist 80,5 cm, für die
Armbreite 17B,.5cm, d. h. etwas mehr als die Leibes-
längu; diu Schweden sind also ziemlich langbeinig und
laugarmig, und die Grofsteu, so besonders die Gotlinder,
haben auch die längsten Gliedinatsen.
in Bezug auf die als Rnssenmerkmnl so wichtige
Schädelgehtalt Imt sich heniuKgeNtuIlt, dafs die Schwe<icu
noch langköpfiger sind, als man früher aunahm. Wäh-
rend nämlich der ältere Retzius und v. I>übeu der
neuxuitlichen Bevidkerung einen Schädelindex von unge-
fähr 77, .5 zugeschriebeii , hat die grofse UnterRUchung
einen durchschnittUchen Kopfindex von nur 77,8 ergeWn.
Nach Broca zieht Retzius, um den Schädelindex zu
erhalten, zwei Kinlieitcn ab, giebt aber zu, daD ungefähr
1,8 das Richtige wäre. Deuiuacb nimmt Schweden mit
einem Schädelindex von ungefähr 76 im Mittel und
8" Proz. Langköpfeii (mit Index unter 80), darunter
.1*1 Proz. echte Dolichocephale (Index unter 7.5), unter
den eiiropäi*>chen l,äiidern eine elM»n Bolchi* Sonderstellung
ein wie hinHichtlicli der Kör]M*rgröfse. Am uichsten
kommen ihm auch hierin wieder die Nachbarländer Nor-
wegen und I)Hncmurk mit einem Kopfindex von 78 bis
79, Phigland 78. Spanien 78,2, Dstsej^provinzen 78.5,
Italien 82,7, Österndch Ö2,5. schwedisch Finnland ühn-
lieb, gegen Osten steigend, Belgien 80,.'». Luxemburg
83, Biideu m 3,6, Frankreich 8,3,6, Polen 81,4, Tirol 84.7.
Rtifsland 8.5,2, Ikisuieii 85,7, Bölimeu 86,3, Rumäniuii
86,2, Inm‘rasieu 87. Auch hier zeigt cs sich, dafs die
Kopfe um (M) runder werden, je weiter wir uns von
Schweden, hesondem nach Osten zu, entfernen; dabei ist
aller zu Imacbten. dafs der Untcrachied zwischen Kopf-
und Schädelindex um so grofser winl, je länglicher der
Kopf ist, und dafs in den sfld- und westeuropäischen
Landern, Italien, Spanien, Frankreich, Pingland, nicht
nur eine, sondern zwei laiigköpfige Ba-seu (Homo euro-
jMieus und II. luediterranenB) an der Zusammensetzung
der Völker b^'teiligt sind. Hin Gesetz, das wir in Baden
gefunden, hat sich auch in Schweden bestätigt: Gröfsr
und Lungköpfigkeit vurerlK'u sieh zusammen, aber nicht
weil sie notwendig verbunden .'«ein müssen, sondern als
Merkmale der gleichen Rnsite. Seit der Völkerwande-
rungszeit hat sich in B.'ideti der Index um nahezu zehn
Kinheitcn, in .Schweden dagegen seit der Steinzeit kaum
um eine Kinheit erhiihL
l>us Gesicht wurde, wie schon erwähnt, nur in zwei
L«nd>i^haften geine-'Uen, sonst nur geschätzt, was wenig
zuverliisHig ist. Im allgemeinen scludnen die schmalen
Gesichter bedeutend in der .Mehrzahl zu sein, diebreiten
nur in einzeliicu Gegenden bruifiger vorzukummmi.
Gehen wir mm zu den v»»n Profeimor Fürst bearbeite-
ten Farben über, so erscheint das srhwcdiaehe als das
bellhte aller Völker: braune Haut kommt .so gut wie gar
nicht, schwarzes Haar nur bei 361 Mann, 0.8Pr«.iz., vor,
K. Köritenittiiu: Zwei Mh jahittro^lyphen.
«5
nithezu drei Viertel der gnn£<«u ßevolkeruni; haben helle
Augeu und lichte» Haar. Itote Haare hntteo 1042 Mann,
d. h. 2,3 Proz.; der echw<Mlisrh« Torecher j^laubt sie den
Illonden zurechnen zu mQssen, ich halte sie immer für
ein Mischliuiu'suierktual. Sicher ist, dafs sie sich sehr
leicht 7ererheii. so dafg „grofse Geschlechter'* run Hot*
hnarigeu lieoba<;btet wonlen und manche Gegenden l»e>
sonders reich an !«olchen sind.
Wie schon die grolse, vor 20 «Tabren von der I>eut-
scheu AuÜiropulogischeu Geselldcbaft veranbOtlteie und
iHjinabe sieben Millionen Kinder umfassende Schuluuler'
suchung «rgebGQ hat, nehmen auch die hellen Farben von
Norden nach Süden zu ab. Kinder köimon jedoch mit
klrwachsenen nicht ohne weiteres verglichen werden , da
Haare und Augen mit zunehmendum Alter nachdunkeln.
Ks ist aber gerade ein Merkmal der nordischen Kasse,
dafs diese Krscheiimng s{>äter und in geringerem Mafse
eintritt. Viele Schweden haWn bi?« ins bobv Alter gedbe
Haare, die dann unmittelbar die weifae (ireiiomfarbe an-
nebuien.
Von grofser Wichtigkeit »ind <lie von beiden lleraus-
gL‘beni bearbeiteten Wecbselbuziohungen der einzelnen
liassHiimerkmalc. Nicht nur hinsichtlich der Laugköpfig-
keit (die Schwedon haben die „sehr bedeutende'* durch*
scbmttUcbe Kopflänge von 19,29 cm, und durch die Mitte
des l4indes , läuft ein breites Kand von »ehr stark ver-
breitetor Dulicbucepbalie**), sondern auch durch diu bellen
Farben nebmen «die Hkandinavischen I.ADder und he*
sonders die skandinavische liulhinsel* (l)iinemark ist
etwas dunkler) eine Sonderstellung ein und bilden nuiu
helläugigcH und blondhaariguR Zentrum**, von dem diese
Merkmale nrmiialw'ftrts nach verschiedenen Hiebtunguu
hin“ abnehmen. V«>n ganz besonderer Bedeutung int die
Vereinigung aller Merkmale, echter Holichocephalie (ln*
dex hin 74), hohen Wuchses (170cm und darüber) und
heller Farben (lichter Haare und heller Augen), der
„germanischen Ka-'^se“, d. h. des Homo eurupucus Linnc.
Mehr als der zehnte Teil de» schwedischen Volkes ge-
hr»rt noch dieser völlig reinen Kasse an: „ciu höheres
l'rozent kann wohl nunmelir kein anderes von den ger*
manischen Lfindern (wir dürfen bin/.nfQgen: fiberbanpi
kein Fand) aufweisen“. Stellen wir die gleichen An*
forderuiigen, k» haben wir in Uaden, die wir uns doch
auch rühmen, von (iermamtn abzustammen, solcher Idente
nur Proz., d. h. unter 200 Menschen einen einzigen!
Die diese VurhHltnisüe sehr schon veranschaulichende
Karte \HI läfst deutlich erkennen, dals sich die reine
Russe „im inneren Lande nach der neirwegisebeu Grenze
bin, im Gegensätze zu dem Küstonlande, gegen Aufsere
l'linmiHchiing am besten bewahrt hat“.
Diese Ergebnisse sind von der grtdsten Bedeutung
für di« Völkerkunde, und wir durfeii den MiturbvitBrn
an dem grofsartigen. nun glücklich zu Knde geführten
Ciiternohniei), den Iwideu Ileruusgeberii der in ihrer
prachtvollen Ausstattung, durch ihr« auschaiilicbcn
Karten, Farbenkreise. Kurven, Tabellen wahrhaft muster*
gültigen Veröffentlichung, ihrem Vaterlande wie allen
üermaiieu und der Wissenschaft üburliunpt uiiHero wobl*
berechtigten Glückwünsche aussprerhen, dafs mimncbr
„das schwedische Vi»lk, als Ganzes betrachtet, zu den in
anthnipologischer Hinsicht am eingehendsten unter-
suchten und bekanntesten Völkern der l'^de“ gehört.
.Möchte dieser Erfolg zur Nuebeiferuug ausponicn, be-
sonders in dun Nacbbarblndern, zu denen ja auch die
nördliche Hälft«' unaercB deutschen Vaterlandes gere<d)net
I werden tuiifa. Etwas Neues kann zwar nicht mehr lioraus-
j kommen, wohl alier wird durch wiederholte Bestötigang
I das bisher Erreichte an Wert gewinnen.
Noch eine Bemerkung »ei nur zum Schluss« gestattet,
i Als echter Naturforscher aprudii »ich Ketzius, wie schon
j nngedmitet, eehr vorsichtig und zurücklinltend au» über
die Be«Ieuiuug dieser anthropologischen Liitersnchung
* für di« Frag« nach der Herkunft der Germanen und der
mit ihnen mehr «>d«r weniger nah verwandten Arier oder
Indogermaiieu. Wir dürfen meines Krachten», ohne den
Boden strengster Wissenschaftlichkeit zu verlassen, wohl
etwas weiter gehen. Das Aiisstrablungsxeiitrnm der
nordeuropAischen Kasse ist ohne Zweifel gefunden; das
»cliwcdisehe Volk, da» einzige unter allen Ariern, da»
»eit der Steinzeit weder »eine Wohnsitze, noch »uine B<^>
»ebaffenheit geändert hat, bewohnt dieses Zeatrum. Wäre
seine Heimat nicht zugleich die Urheimat aller stamm-
verwandten Völker, »o müfsten wir annehmen, dafs das
V'urbreituugszeutrum der indogernianischeii Sprache ein
anderes »ei al» das der nordeuropAischen Kasse, daf» die
Schweden einmal während ihrer Vorgeschichte die Sprache
gewechselt haben, was beides im höchsten Mafsc un-
wahrscheinlich ist.
Zwei Mayahteroglyphen.
Von K. Förslemaun.
Die Ik'truchtung beider Sebriftzeichen beiüchiänke |
ich hier wieder nach meiner gewöhnlichen Art wesent- >
lieh auf den Drcs4leii8is, um hier einen möglichst fest«>n
Stützpunkt für weitere Forschting zti schaffen und nicht
zu viel Verwirrende» durcheinander zu mischen. Das
erste dieser Ziücben erscheint, von Nels'iisaclieii ahgo-
sebeii, immer in derselben Form, du» zw«it<- zeigt einig«
Varianten:
CD CD CD a
2m. 2 b. 2c. 2d.
.Man hat bisher das /eichen 1 als den Kauz cHler
Tutenvugel gedeutet, in 2 aller den mythischen Vogel
.Moaii gchelieu und damit richtig erkumit, daf» beide
nahe zu einander gehören. Ich glaube, da.» Folgende
wird zeigen, daf» beide, wenn aucli nicht ihrem Ur-
sprnnge, so doch ihrer Anschauung nach gleich bedeutend
sind.
Das Zeichen 1 scheint einen dop|K>lt«n Flug zu be-
deuten, entweder einen nach oben und einen uueb nuten
gerichteten «Hier «inen sich imhemdeu und einen »ich
entfernenden. Da-s Suffix mag Vogelfedrrn andcuten,
das PrÄfix ist ein iwhr allgemeines vor den verschieden-
st«>n Zeichen.
Die Hieroglyphe 2 zeigt auch einen Vogelflug, ge-
richtet uaeli verschietienen Kichtungen. Itooh glaulie
ich nicht, «lafs dies diu ursprüngliche Beduiituiig war.
Sie ist am meisten ähnlich <lem Zeichen des dreizehnten
Tage« cibx
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il6 K. Förstemanu:
Nun Moll zur Ktbno^rapbin der Ut*|)iil>lik Gna-
teinala (1 h 84), »»ib 4Kler j*ip bwleut«* im Quekohi-, I*o-
kt»molii*, (^uiche>, r|>iui(t>ca*, Ixil* und .\^utit**rHdial«'ki
(l4>ii Hauch, während iVre/ im l>iccionario dellu Iciif^uH
Maya (lM66 bin 1871) dom WorU* cib <Hb IhMlculmi^
Tun Kcrz«' uilor Idcki giebt. XN'tmn wir alni cib an Go*
fäl>eii abKcbildct M'beii, z. B. hrci>(lciitfb< 29a, 29c, 3öu,
>*o dontct diiM nur kochemlou, ruitchoiulcn liihult.
Auch imLcr di*n 7.watizi^ngi;;on l'oriu4len, don l'inul, j
lu'fimlot ’iich (‘iiic, di«' noinito (Chon), woIrliH oin<ui luif* i
flio^'olidoii Vogol darz(i^t«'lh-ii achcint:
l.’hen «n'strockt Hirh Yom 23. r>«'/.«'mbi*r bi« 11. Ja-
nuar; sind hior untor dem lUld«-! do» aufQii'gciidon VogoU
die r.iinehmcudeii Tage gemeint?
Ba« Geinoinsainti dur BegrifTo Kitiich und Vog«;! liegt
aber im .\uf«toigoii. Wenn mm ein V«dk einem Vogel
göttliobe Khro oi wi«*s, so war ein Hüm'berwork da» »in-
uighto Opfer für ihn.
Kinoii sulchen Torgöttorteii Vogel halten aber di(«
Mayas in ibroui Moun, und da» rituelle Haueborn mit
iiiigeziimb'toiii Kopal war ilmen mit «len .\ztoken geimMU-
»am; der Kopnlbeutel gilt al» ritueller Scbiuiick.
I>resdoii»is lUa sehen wir eine menschliche Guotnlt
mit M«iankopf abgebiidet; die erst« und zweite der Hie*
ruglypbon sind ein gewöhnlicbe» M«>anzeicben mit ihrem
Betoruiinativ, die dritte aber unsere Hieroglyphe 1.
Biesclbe Verbindung vun Bild und Sebriftzeiehen er-
»cheiiit in 11a.
Auf Blatt 19 c und 20o trägt ]<« eine Frau auf dum
Rüük«m eine Gestalt, deren Kopf ans <loui /eichen 1 be-
steht, judeufatln ein«' Gottlioii. In beiden Fällen ist
dieser Kopf mit einem Krnuzu Tun kleinen Strichen um-
geben, die sehr an die sonstigen Bihlor iiimI Hieroglyphen
dfl» Moan erinnern.
Auf Blatt 20a «lagegeii sehen wir eine Frau eine
eben solche Oestnlt auf den Humlen tragen.
Als Opfer dagegen fiixleii wir du» Zeichen 2 a auf
Blatt 4c bi» 5c Tiermnl in den Händen Ton vier ver-
Ncbiedeuen Göttern (dem D, D, dem pingen Gott und A)
und darülior unter den Hieroglyphen Tiernml dasselho
Zeichen.
Sehr merkwünlig ist die luilUer« Griip|ie des Blattes
7c. Kino inonschliihe Figur mit MuHuk«>pf (wie auf
10a) hält das Zeichen 1 in der Hand. Von den vier
zugehörigen Hieroglyphen ist die zweite ein bekanntes
Zeichoü «le» Moan. «lio «Iritto deSHcn l>eteriniimtiT, da-
gegen sowohl «lie erste als vierte unser Zeichen l,
das also einmal d«^n Gott, einmal das Opfer bfnlentot
•in«! au »lessen Stelle bes^er eiitmal das Zeichen 2 ge-
8tand«*n hätte. Naher treten wir dom Wesen unserer
beiden Z«*ichon, wenn wir die Bedeutung des Moan
weiter urwfigeii.
lin Bande G5 de» Globus, S. 24G habe ich iiu .Iahte
1894 wuhrHrheinlich zu machen gesucht, dafs mit dem |
.Moan auch die Blejadim gemeint »eien und «Inf» er sich j
wesentlich auf den 13. der 28 tägigen Momimonaio «ine«
mit dem Wiederurscheiuen der Bh'jadon beginnenden
Hituuliuhre» bezieht, wodurch sich auch di« gewöhnlich«
Zwei Mayabieroglyphen.
V»*rbindung »einer Hieroglyphe mit der Zahl 13 er-
klär««.
Nun blicken wir auf Blatt 24 dos Hresdonais, welcboe
sich w‘c.seutlii'h damit beschäftigt, das Vetiusjahr mit «iom
Suiiueujahr in Kinklung zu setzen. Hior sehen wir in
der ersten Knluume an nemiter Stelle das Voiiiiszeichen.
an zehnter aber unser Zeichen 2; das mufs also hier
den Abschliifs de» Souiieuiahres bedeuten.
lläufig«'i' aber als da» .\ufhöreti des Jahre», gewisser-
nmr»4m »ein Forlfliogen, iH'zeichiiet dieser Vogel da»
, FortfUegeii des Lehens, d«‘ii T«h 1, und deshalb sehen wir
I ihu be^oiiilers mit den Todesguttlieitcn .V und F ver-
biiiiden. Schon der erste Teil des Hresdensi» bis Blatt
14 Zeigt «ifter» di« Bezit'huiig zwisehen dem Zeichen 1
und dem TiMl«.*sgolt A.
Auf Blatt 5 h erscheint 1 liei dem Bilde des A iin«l
»einer Hieroglyphe, Blatt 5c desgleichen, Blatt 8n iiud
9 c elieuso. Besgluicheii auch beim zweiUm BiMe T4UI
lOu, während wir beim ersten diu Beziehung t«>d 1 zum
Moaii schon erwähnt haben. .Auch Blatt Ha im dritten
Bilde buben wir 1 mit .V, im ei'sten sahen wir 1 mit
dem Moan. Und Blatt 12b i»t sogar zweimal das Zei-
chen 1 mit A Torhunden.
.\uch «lor etwas »eltenore Todesgott F Terbiudot sicli
mit unserem Zeichun. S« auf Blatt Gc sogar zweimal,
auf Blutt 8c einutul desgleichen, wo im Bilde F das Zei-
ulieii 1 Anscheinend in einem Hause niedurlegt. Und in
lüc ist da» Bild des F sowohl mit »einer Hieroglyphe
als mit dem Zeichen 1 vereint, in 14b erscheinen beide
Hicr««glyphen miteinander v«'reinigt.
Statt «lor (lötter A und F zeigen »ich auch andere
Gestalten hei dein /«'icbeii 1, so auf Blatt 13c ein
suhwiirzgenecktes Tier und iiiif 11c, wenn auch kein
Bild, das hior nicht Platz hattu, so doch diu Hieroglyphe
eines Geiers, wobei ich bemerke, daf» die» auf den Tag
13 trifft.
Was en heifsen soll, daN in 4a unser Zeichen mit
d«!r Gottheit II, in 11c »ogar mit dem Sonnengott G
verbnodon ist, entziuht »ich inuiner Beuiieilung, ebenso
«lie Verbindungen in 5a (vb'lleicht F), in 7b, wo im
Bilde uiu Vogul, aber ketii Moun urscheint, und in
Blatt 3 beim Menschenopfer.
Ha» Zeichen 2 ist in diesem Abschnitte uiihekauDt.
Ganz ander» i»t das ^'erhalten beider Hieroglyphen
in der Frauenabbüliing Blatt 15 bi» 23, wo je«lenfall»
die Gcfftlirttn bni der Geburt für Mutter und Kin«l zum
Au»<lruck kommen und danuhen w'ohl Opfer nötig sind.
Hier wechseln beide Sohriftzuichen mituinandur ab.
ln Blatt 15 b stiürzt eine mit dem Todeszeichen ver-
sehene Frau von oben herab, und darüber ist sowohl die
l(i«Tt>glyphe des .\ als das Zeichen l zu sehen.
Blatt IGii trägt die Frau dun .\ auf dem Bücken,
wahren«! da» Zeichen 1 unt4«r den Hieroglyphen er-
scheint. Oie drei Bilder Ton IGc stellen drei Frauen
dar, d«.'ren ]edc einen Vogel auf dum Rücken trägt, von
denen der erste ein Moan ist, der au«4i al» Hieroglyphe
erscheint, l'nd in jeder der drei Zeicheugruppuu finden
wir I, in der ersten und «IritUm aber aufsciMem noch 2.
Oas Tonalamatl von IGc greift ii««ch mit drei liiero-
glyphengrup|H'U auf 17 c hinüber, zu denen aber die Bil-
der f«'hl«'H. Oie erste dieser Grup}Hui zeigt da» Zei-
chen 1, aber mit ung«}wöhulichein Präfix und Suffix in
Beziehung zu dem Zeichen «le» I'leileruiausgotte», die
zw«‘ite unsere 2 in Verhiiidiing mit dem Geier, diu dritte
2 v«;rbund«m mit d«'m Hunde. Wir werden in 17h ganz
Ahulicht;» sehuii.
Blatt 17 a erblicken wir wied«)r den Gott F mit der
Uicroglyphti l.
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£. Körstemanu: Zwei Mayabieroglyphen.
97
Em ful^t TOii ßlatt 17h hi« IHh ein Ht^cbsh^üiir«*«
Tonalamatl, rou dem nbur der Ewoite und dritte Teil
der lUlder eDtbehrea. Alle «ecbn Teile bähen das Zei-
chen 2, teils 2a, teils 2b, im ernten mit dem Fledermnu»-
jfott, iui 7weiten mit dem »rbwarxen Gott, im dritten
mit dem Hunde oder HliUtiere, im vierten mit A, im
fünftem vielleicht mit I), im «eebsten mit den) M<»an ver-
bunden. Has vierte und «echette zeigen auch den A und
den Monn auf dum RUckeu von ?' rauen, das «echste dazu
auch das Zeichen 1.
Von 17e bia 18c reicht wieder ein Tcmalamatl, drei-
teilig mit drei Hüdern. Nur die dritte Gruppe z<‘igt
uiiacro Zeichen, und zwar iHude zusammen, das erste
auch mit dem Körper de« A daruDtcr auf dem Hüeken
einer Frau.
Kn folgt Blatt 19c, wo wir wieder auf dem Bücken
der Frau das Zeichen l. unter den Ilieroglyphejj aber
die de« Gotte« F sehen, in der Fortsetzung auf Blatt 20
wieder 1 auf dem Rücken der Frau, dazu die lÜern-
glypho von A.
Blatt 21b erscheint die Hieroglyphe 1 nel>en der
des Hundes, der darunter auch als BUd dargestellt ist.
F.ndlicb auf 22c zweimal die Hieroglyphe l , l^eide
Male unter der des A. Hamit ist die Frnuenahteiliing
gescklosaen.
Über das einmalige Vorkommen der Hieroglyphe 2
auf Blatt 24 habe ich schon gesprochen.
Auf den folgenden Blrittorn tritt nun eine sehr merk-
würdige Krscheiiumg oin; soweit sie nicht zerstört
sind, enthalten weder Blatt 2o bis 28, die vom Jahres-
wechsel handeln, noch Blatt 29 bis 45, in denen weaent-
lieh der Gott B in seinen verschie^lenen sehr weltlicheu
TbStigkeiten dargestellt ist-, irgendwo eins unserer beiden
Zeichen, ebenso wenig eine Abbildung des Moan oder
eine der auf ihn liezügHchen Hieroglyjthen.
Die einzige Ausnahme findun wir auf Blatt 89c, wo
die eine der vier Hiuroglyphen der ersten Gruppe au«
vier Teilen besteht:
l 2
8 4
Hiervon erscheinen 2 und 3 bis ^etzt nur als un-
wesentliche Ncbenzeicbeu, 4 dagegen ist unser Zeichen
2v, 1 aber Hcbeint, wie ich naimmilich aus dem unteren
rechten Teile der Bl&tter 46 bis 50 schliefse, auf dio
Ilauer von 73 Tagen zu gehen, die sowohl den fünften
Teil des Sonnenjahres. als den achten des Vemisjahres
bilden. IHe Ilieroglj'phe steht bei dem 235. Tage eines
Tonalamatl, könnte niöglicherweiso also mit dem Ablauf
von 3.73 Tagen, dem rntorsebiede zwischen Venus-
und Sounenjahr, in Yurbiiidung «tebeu.
Nun kommen wir zu den Blattern 4G bis 50, auf
welchen die beiden letztgenannten Jahre zu einander in
Beziehung gesetzt werden. .\uf der linken Seite sehen
wir die Hieroglyphen von 20 gnitsenteils noch unbe-
kitiiuteu Göttern, die sich in den Zoitrauui von 2920
Tagen teilen. Und gerade die Hieroglyphe des ersten
dieser Götter besteht aus zwei üWeinander gezeichneten
Teilen , deren unterer nichts anderes ist als unser Zei-
chen 2d, während der obere, welcher sich übrigens auf
der rechten Seit« der Blätter tiiehi'Fach wiederliolt, noch
ganz unbekniint bleibt. IHese Gottheit regiert üiH<tr
236 Tage; cs mag Zufall sein, dafa wir an die dien er-
wähnte 235 erinnurt werden.
Kine wahre Fundgrube für unsere beiden Zeichen ist
dagegen die rechte Seite dieser fünf Blätter mit ihren je
drei Hieroglypboiigruppen , von denen jcdenfallH ziienit
die halb zoratörte obere, daun die mittlere, zuletzt dio
uutere über die fünf Blätter hinweg zu lesen ist
l>as Zeichen l finden wir in den oberen Gruppen
trotz der Zerstörung noch auf den Blattern 47, 49, 50.
in den mittleren auf 47, 48, 49, auf 50 sogar zweimal,
in den unteren auf 46, auf 47 zweimal, auf 49 einmal,
auf 50 wieder zweimal, im ganzen vierzebnmal Und
dazu könnten noch «in paar Fälle gehören, wo vielleicht
die ähnlich« Hieroglyphe des Mondes statt der unseren
guzeichnet ist
Bas Zeichen 2 dagegen erscheint immer iu der F'orm
2a und stet« mit deiiistdben Präfix und Suffix wie 1 in
den oberen Grupjien von 48 und .50, in den initiieren
von 40, 48, 49 iiml 50, in den unteren von 46 und 50.
zusnnimen achtmal.
Bh der Inhalt hier -ein astronomischer ist, »o wcnleu
wir hier weniger an Götter oder Opfer als au Zeiträume
denken, worauf uns auch schon das verwandte Blatt 24
(siebe oben) hinwies. Noch liegt das tiefere Verständnis
in tiefem llunkel verhüllt, doch will ich hier wenigstens
die Kmltage der acht Sonuenjuhre hersetzen und dar-
unter die Kndtage der fünf Venusjahre verzeichnen, in
die jene acht Zeiträume fallen:
365 730 1095 1460 1825 2190 2555 2920
584 11 GH 17.52 2336 2920
ln der grofsau Abteilung Blatt 51 bis 5H, w'elchu die
69teilige, nach meiner Ansicht auf die Mund- und Mer-
kurbahn K’izügliche und durch nenn bildliche Barstel-
luugeu unterbrochene Reihe enthält, finden wir das
Zeichen 2 gar nicht, 1 dagegen, alier mit dem bekaimteu
blattförmigen Präfix versiihcn, über dem sielienten. astro-
nomische Zeichen enthalteudeii Bilde mcImiu «tehen an-
deren gleiuhfalls noch nicht verständlichen Hieroglyphen.
Auf Blatt 58 stehen rechts zwei Kolumnen mit 17
Hieroglyphen, die sich auf die Marsbahn zu beziehen,
und von denen 15 auf je 52 Tage bezüglich erscheinen.
vUs fünftes unter den 15 erscheint unsere Hieroglyphe I.
Auch hier deutet sie auf «inen Abschlufs, diesmal al>er
auf den eines Tonalamatl von 5.52 = 260 Tagen.
16e nun folgenden Blätter, die eine grofse in die
achtSchlangenznlilen auslaufende und mit manchen Hie-
roglyphen versehene Keilio enthalten, entbehren völlig
unsere lieiden Zeichen. Zunächst erscheint daKseli)« erst
wie^ler auf BUtt 6.5a in der zweiten Gruppe, ohne Zwi*
Hchenraum verbunden mit ilem Zeicheu des siebenten
Tage« oc. Nach meiner .\nsicht liegt hier der 115. Tag
dieses Abschnitts, also der Abscliluffl eines Merkurjahres,
und dicht daneben sehen wir auch die von mir als Mer-
kur angesehene kauenide Person. Sonst erscheint kciiis
von (leiden Zeichen in diesem Ah%ehiiitt, und auch die
wiederum in eine Schlange Auslaufenden folgenden Blät-
ter entlwbren sie.
Und als wollte die Ilandscbrift gerade an ihrem
Schlufs die Zusammengehörigkeit iHuder Zeichen lie-
weisen, schafft sie für ihre letzten Blätter das zu-
sammengesetzte Zoichen:
Wir fiiubm es auf Blatt 73 oben an einer .Stelle, die
sich auf den Tag der Reihe 11,54 -=- 594 bezieht und
vielleicht nicht zufällig nahe mit dem Veiiusjnlir von
584 'Pagen zusHmroeiifälic.
Kndlich aber ist noch das iu 28 'Peile von je 1 .3 Tagen
zerlegt« rituell« Jahr ins Auge zu fassen, welches sich
Uber das mittleru und untere Brittcl von Blatt 71 bis 73
erstreckt. Ich lese erst von 7 1 dio mittler« und uiituru
Abteilung, daun von 72, zuletzt von 73. Jeder dieser
by .^oogie
9B
Büoheriobnu.
28 Teilt* wird durch eine Gruppe vou drei Hieroglyphen
dargv>>telit , und uchtmal fiiidt-u wir unter die»en 3.28
Hieru^flyphen eine dur beiden hier btf»pn>cheDeu, niemalH
an or«t(^r, dreimul an Kweitert füiifuinl aii dritter Stelle,
in der neunten Gruppe sojfar an zweiter tiiitl dritter.
Die oben (teseicbueto, uiih den Xeichon 1 und 2 zu-
s‘ttiiimeuge«etzte Mim-oglyphe zeigt »ich xu«r»l Itlatt 72b
i?i der neunten Oruppt*, dünn 72e in dor 13., 7.3c in
der 26., während 73b in der 12. nur du» Zeichen 1 zu
Kühen i»l, da» Zeichen 2 davor aber zerntört zu »ein
»cheinL Dagegen 72c in der 14. Gruppe haben wir nur
da» Zeichen 1.
In den drei anderen Fällun erKcheinen aiirfalleiide
Vcrbinduugtm. In der zweiten Gnippe, welche aber
durcb VeiMebcii de» Schreiber« an erster Stelle stebt,
Blatt 7ll» hot da» Zeichen 2 die Hieroglyphe yax vor
»ich, der man die Bedeutung von Kraft, Stärke Wilegt.
Zu Gruppe 9, wo da» untere Zeichen die untere Ver-
bindung zeigt (Blutt 72b), izi d»» mittlere da» Zeicbeit
l verbunden mit der kauernden Ber^uii, in der ich den
I Merkur »ehe, und da» trifft auf den 117. Tug, kurz nach
[ Ablauf der 115 Tage der Merkur^babii. HndUeb
} Blatt 72c in der 17. Gruppe erKcheint da» Zeichen 1
^ und damit verbunden daejeuige de« .fahre« von 360 Tagen,
; doHHen Zweck an dieser Stelle ich noch nicht ergründet
; habe.
Bücherschau.
Victor Bcrardl I.es Ph^nici**!)» el rtJdy»see I. VII,
r>9l, 8*. l*uriK, A. Colin, 1802. 'Jfi Kranes.
Herr V. hat lyOI uud IU<i2 in vielen .\rtikelu
der Annales de geogmpUie, der Kevue Arch^>logi<|Ue und der
Itevue liiiitori<|ue die Kr.i^en behandelt, ileren L>>»ung, wie
er Kie sich denkt, in Buchform zusaiimiengefarKt er nuiunehr
veröffentlicht. Hier ti«M?häfiigen wir un» tnit dem tiU jetxr
erschienenen erston Bande.
Die Vülle von lingnietiKcheii, ge«^m|ihiHcben und to|He
graphiM<heti Kinzelheitvu und die inannigfaliigvloti DigreuMniDCn
de« unzweifelhaft gcIehrU’n Vurfa»(>er« niuchen die T^ektilre
de» breit angelegten Buchs )M‘lbst für einen mit der Iii«ei-
Hur des östlichen MittelmeerlM*cken» Vertrauten nicht leicht.
.\Uerding« ist du« Werk in sehr elegantem Französiach
gc«i'hriet>eu und zinkographtHche Iteprodukliunen von Au»-
ec-hnitten au« Seekarten meist der frauzösisebeu Marine, deren
photogmphiiM'be BtHluktion nicht »eiten der I^eaerliehkeit der
KarteiiNchrift übel mitgenpielt hat, Blichen das VerAtäudniii
zu vrloichtern.
V. Bt*rar<l Bucht zwei Aufstellungen zu t>ew-eisen; 1. dafü
die Phuiuiker eine gi^'ifse Anzahl HaUpuiikte für ihn* Handels-
fahrUm an den Kiiston und in den Binnenländern des
östlichen Becken» des Mittelmo<*rs und in den libyschen und
ilierucheii Meeren in vorhoinerischer Zeit hutteu, deren
Spuren nur mehr in einzelnen Kaiuon nachzuweison »ind, und
2. dafs die Odysaee das direkteste Htterari«ehe ZeiigniN für
diese phoinikischen Xic<lerlaMuiigeii ist. Dur erate Satz ist
so ziemlich, wenig»UmH was die Oestado betrifft, von tnehri'ren
Vorgängern: Bochart, Mover«, tiroppe, Olshuuson, OIht-
bummer u. a. für einzelne Landstricho «Hier auch für gruffie
(lebiote verf(H:hton worden und wird iin Prinzip kaum
enisthaft bestritten werden kömieti. Kicher ist, dafs die
Odyssee das älteste griechische litterarischv Denkmal ist,
in dem un« von den Hamlolsfahrteu und dem llanilelsgebnreii
der Phoiniker Kunde wird.
Das erste Buch handelt cinieitungswdsc von der To[mi-
logiu (d. 1i. der genauen topographischen Wiinligung der
Ortsinge und sämtlicher Aoeidentieu der in Ihüracht zu
ziehenden KrdrAumo) und Toponymio. Wir vennissen zu
Anfang eine Darb'gung, wie sich der Verfasser grundsätzlich
zur hoinerisrhßu Frage, insbesondere zu dor Hemuaschälung
von ,8chicht«n“ verschiedunen Alfers in den hfmierischeu
Geilichten stellt. Wohl aber gicbl er am (^‘hlufs de» ersten
Bundes fK. .'>85 f.) kuri'e .kndeunmgen. Nach lA*suug friihetx-r
Artwiten des Verfaasi.-r» und wiiieM Buche« halte ich den
Kindruck gewvimien, dafs er itiindoatens die Oilyss«-» als ein
einheitliches, zu einer und dersellten Zeit (nach Bt'-ranl um
n5u) verftifstes und später reiligiortes Gedicht auffafsi und
die Belegstellen damu.« dementsprechend verwertet, l^as zweite
Huch (Telemacfaeia) lM>handclt vorzugsweise die homerische
To|K>graphie der Peloponne« (insliesttndcri* Pylos und Pherai),
da« dritte Buch (Kaly|iso überschrielH-n) Schiffahrt und Schiffe
in ileti homerischen (hiüchten und Spuren phoinikischer Kin-
wirkutigeii auf Milielgriet'henland, inbesonderu Boi<>tien, eiid*
lieh die Topographie de« noriiwestlichsten Libyens und die
Insel dor Knlyp»«'. die er in dom Kilaud Perejil ^das «paui»che
W'«»rt betlenlei Peten)tliti««'l) am M'ou aux Singes sucht.
Das vierte Buch lioscbäftigt sich mit der Schiffahrt der
Pboiiiiker. der Insel Kyrie, dem SkIn\eubHudel uuil »«mstigem j
Handelsierkohr. mit Industrie und Kuiistgowertw iler Zeit,
deren Verhältnisse die homorischen Gedichte schildern, dann
mit den sogen, heiligen Zahlen (sieben u. a.). Im fünften i
Buch (N'ausikaa betitelt) liehiindelt er Korfu, die Stadt de«
Alkinor>«, die Herr IbTard am thdf von l'nlnokastniza am
Nordwesteu der Insel atiseUl, und die Phaieken. l«t gegen
die zw<-i oben berausgeschäUen Hauptthesen, die das gaiizo
Buch hindurch verfochten werden, wenig Wesentliches ein-
zuwendeu, so werden um so mehr die linguistischen und
philobigischeii Aufstellungen (Katze wie S. 28 tnf.; ,Koiu»,
i'ouces, liabitude.«, couception, thiioriea, rodyasöt- ue semble i>as
groeiiuo*) zn Anfechtungen Aniafs gelten. Kln Kiugohen
darauf an dieser Kteiln ist kaum angebracht und wUi^e zu
weit führen. Bemerkt sei nur, dafs der Name A»typulmia au«
linguistischen und b>)«>graphi>»'hen Gründen wohl in keiner
Weise als ,allc Stadt* erklärt werden darf, »ondom nur,
wie schon im Buch angeführt worden ist, als .Niederung'^
(mit Bochart und 11. Kioport).
Am wahiwcheiulichsten vou den topographischen Identiff'
zierungen ist die schon Itekanute: bomerisrheH Py|o«=: Knmikön
und die von Pherai. Die übrigen sind alle anfechtbar; am
meisten die vi>n Ogygia = Grotte von Perejil. Wenn man sich
wirklich auf den lk>den stellt, dafs dem Dichter de« Al>-
schnittes ülter den Aufenthalt des ()<dys.seus bei Knlypao
in der Tliat vorhandene (irilichkeiten vor .Vugen geschwebt
haben, »o niuf« man f*‘«ihnlten, daf« wes4miiiehe Kigt'U-
schuften: Wiesen. Wasser u. s. w.. dem Kiland Pen*jil fehlen.
Kine Polemik würde zu weit führen. Mao müfst« eben
selbst ein Buch schreiben, um das Anfechtbare zu wider-
legen.
K» werden viele B«>ricbte englischer und franrösischer
Beisender auch früherer Jahrhunderte und nameiitUch Ab-
schnitte au« den Scgelvorscbriften der französischen Marine
in extenan nngefühii. I,etxtere leider ohne Kritik. Dies«
S^elvorachriften stimmen ini w««uiitlirbeQ mit denen der
englischen Marine (Mediterranean lilot) überein. Hier wären
unltedingt die Segelvorschriften de« Nikolaos Kotzowilli«
(.Vröc Atlieii 1NV8), die freilich auch,
was das Nautische l>erriiTt, auf die englischen ziirückgehen,
XU Ituto zu ziehen gew'*>»en. Diese geWii die Namen fast
immer richtig, die englischen und franzosisehen al>er geben sie
nicht «eltun verderbt, ja für Griei'hen unverständlich. Nehmen
wir iils Ik'ispiul nur den Alsu'hnitt üle-r die lns<d Ainorgi'is
fB»’'rar«l. K. aus ilem frauz. Hegelhandb. ss MtslitciT.
Pilot. IV, 85 f. - - 48 ff.). Den Hafen Kofnaoin
(Knrn.vai'A») nemicu die ersteren W»''#»' (übrigens bedeutet
der Name keinen Hafen mit grofscr Keetiefo. «ondem einen
weit und eng in« I.<and ciDgrcifeiiden Golf), die Insel StxQPfui
liei Amorgo« nennen sie Nikiterio (das Vorgebirge Svdotoc
Prosino (f/psatro') u. s. f. MindoHtens hiittcn die von den
Griechen seit langer Zeit gebrauchten Namen in Klnimnem
beigesetzt werden «ollon.
Mein« Kracliten« reichen die in den homerischen <»e-
dichten gegeU-nen io|«egraphlschon AnhultK|Minkte nur selten
HU«, um mit Bestimmtheit «tiu>‘u,xu können: hier halion wir
die in dur Dichtung gemeinto (trtliclikeii. du* breit
wngeb-gte Buch, mit «einen S«'hil<leruugen, die auf eigenen An-
scliauungeu und gniiauen Mitteilungen zuverlässiger Freunde
gogründei sind, giubt anzielo-nde Bilder aus dem östlichen
MUtnlmeerb«H:ken und von einigen Teilen des Atlasnurd-
libfall«. Ibe ileraiixiehung von Verhältnissen, wie wir sie aus
der gn>fsen Zeit frunkischer Se>-rahrt«u iin Mittelmeer au«
dun Werken älterer Kei.n-nder kennon. i«t vcrdieustlich, wird
»t)er auch in deuWhen Werken, in«busondere seit Ludwig
Kofs, fa>t immer geübt. ]i. Bürohnur.
— . d b>
Kleine KaohrichteD.
99
Orufner devUcher KoloaUUtlas. lionrlwitet von Paul
Spri^ndu und Max MoisvL von der
KulonialabteiluuK dt« Auswärtigen Amts. Liefernng 2.
Ueriin, Iliotrich Ueimer (Krn»t Vuh»en), Preis 3 Mk.
ZwiarhtMi dein Krachninpn der I. Lieferung diem*« kolo-
nialen Kartenwerke!«, die iiii HO. Kunde des .tlloluis*, K.
hesproctien wurde, und der Au-t^gnbe der 2. Lieferung. Anfang
Januar lOiKl, liegen etwa l.t Mmmte; hislier ist es also mit
dem Atlas rerht iangtaiii vorgegnngen. Ks lag da» zum Teil
am Mangel an («eldmiiielii, zum Teil aurh um Ktihk'ii uiuer
aiisreirlieiKlen Zahl Zeldiner; diu letzteren sollen jetzt henm-
gtr/ogen u'orden sein, und m> darf man wohl darauf reehaeii,
ilurM die Liefeningcu künftig einander schneller folguti
wenlüii. Die vorliegende 'l. Lieferung eatliült zwei Hlätter
Iteutsrh-NeiiguineH 7iuit Ihsumrckarchipel) in l:2ii00no und
auf einem liiatt Darstellungen der Marianen und Marshall-
inselu in 1 : dOOoiMiU. Kinzelne («ehietc davon, wie die
AstrolalM'bAi, der Kordosten der (tazullenhalbinsel. Sai|Hii>
und Tinian, linden wir auf Kartous in grtirsemi MarM«tdlH!ii
gezeichnet. Die technische Ausführung auch dieser Blätter
läfst nichts zu wünschen übrig, sie siml aurserordentltch
schön, klar und iibersiehilich; aller auch inhatilich und
wissenschaftlich stehen sie durclmus auf der Höhe, ln dios«‘r
B<'ziehtiiig macht es heute unseren Kohmialkarlograplien so
leicht niemand nach, wenn uns auch in der .Kixigkeii*
anders« KoltmiulsTilker auf diesem Oebieto ,i\ber* sind, weil
sie sich nicht, so sparsam zeigen. Cbrig<«ns winl man beim
Ketrarhteii der ersten liehlen KlaUer Hnden, dufs nicht nur
unsere KeiiuCniB vom Innern Neuguineas und der gröfseren
Inseln nach wie vor niM’h sehr dürftig ist, Miridem daJ's auch
kleine Inseln noch nicht mit genrtgimder Sicherheit auf
Uiiaeren Karten umrisson sind. Immurhiu ist heute wenigstuus
die Nordkuste von Neumocklenburg ausreichend und
darin liegt der wesentlichste Fortschritt gegenüber den älteren
Itar^tellungeu, z. B. von Langhaus. Bei dem Üewirr der Kamen
für die Inseln und sonstigen geographischen Objekte war es
für die IVarbeiter je<lenfalls nicht leicht, tiei der Auswahl
das Kichtige zu tra'ffeii ; indes!«u ist hier kaum etwas zu
eriunem. ^Vo einheimische Bezeichnungen zu ennitteln
gewesen sind, hat man erfreulicherweise diese alleti anderen
Vorgezogen.
Paul Rohrhach 1 Vom Kaukasus zum Mittelmeer.
Kiue ilochzeita- und Btudivnreizu durch Armuuien. '2Y4 B.
mit 42 Abbild. Leipzig, B. (i. Teubner 1903. Preis 5 Mk.
Das Buch schildert die Hochzeitsreise des Verfassers
durch da.s russische und türkische Aniienieu und die Gebirgs*
laudachaften bis an die Küdkitste Kleinasieos. Die grofium
Armciiienuorde der Jahre 1803 bis 1897 waren unmittcUHir
vorhergegangen; der ganze verwüstete Zustand des Landes
nud der Bevölkerung enthüllten sich io einem schreeklicben,
wochcnlaiigL-n Panursma den Blicken der beiden Beisenden.
Neben diasen unmitteibar aktuellen Kindriicken ergiebt sich,
nufgereiht an dem fortschreitenden Faden der B^ise, eine
maunigfaltige Folge von fiersönlichcD Krlebnissen, |Kditischen,
kulturgeschichtlichen und ethnographischen Beotechtungen
aus der bunten Vülkorwelt jener Gebiete. Die landschaft-
liche Bchildemng und die Bezugnahme auf die historische
Vergangeiihoic bilden Hintergrund und Kähmen. Zur Ver-
anm'haulichung des D»rgestellt«ii trageu die Bilder von Volks-
typen und I^and-chafteu weaenlüch Ijei. Auch der Kenner
Xeiiophons wie der für dcutaohu WitischnfGiKdltik im Orient
Intersnsierte hiidel in dem Werke wertvolle Nachrichten.
Prof. Or. Rudolf Martin: Wandtafeln für den Unter-
richt in der Anthropologie, Kihnographie und
Geographie. Zürich. Artistisches Inst. Oroll Füfsli, 1902.
Von dieaem neuen, grof* angelegten Uutemehiiien liegen
zwei l'n>betafeln vor im Forinat von 8H X HS cm, die schön
in Farbendruck hergwstel|t«m Rassentypen eine* Grofsrusseu
und eine* Kskimo, beide nach Phoiographicen vorgrofsert
und mit einem erläuturnden Text uus der sachkundigen
Feder des Züricher Professor* der Anthropologie versehen;
nur das liesto Quellemuaturial liegt diesem für den .\n-
schauungsunterrieht liesliiiimte Lehrmittel zu Grunde, das
nolxtn z'Hilogischen und botanischen Wniidtafein sich seinen
Platz in der Schute erolwru wird. fLs wird eine kleine Aus-
gabe von H Tafeln zum J'reise von 28 Mark und eine grüfscre
von 24 Tafoln zun] Preise von 84 .Mark abgegeben. .Imlen-
falls wird das schöne Werk dazu lieitragen. auch die I.ehre
vom Menschen und seinen Hassen volkstümlicher zu machen,
als es bisher noch der Fall war. Dr. Sengstake.
Clozel et Vlllaiiiur: Les coiitumv* ituligi-nes du la Cöte
d'lvoirc. Avec Uno carte ethn«igraphi>|ue. Paris, Cballa-
mul. IWi.
Kin für die Völkerkunde, insliesondere die Kecbt*an«chau-
ungun der Naturvölker werividles, iiihaltreiches Work, das,
wie die MeraUKgebur, Gutiermlsekrctitr und OI>urrichter in
Bingerville, hoffen, wer ,in Frankreich (wir fügen hinzu:
auch in andereu Lünderu) sich ernstlich mit afrikanischer
Boziolc^iu und Ki1tn<igraphte bowhüfUgt, wer über die wichti-
gen Fragen des Verhaltens gegenüber den Kingeborenen der
Kohiiiieen und der Behandlung derselben uachdenkt, mit Teil-
nahme lesen wird*. Der Inhalt besteht im wesentlichen aus
den Antworten auf ein im Mürz I9ul vom Htaltlialter der
Klfcnbeinküste an setue l'nterbeamten erlassenes Rundschrei-
ben. Die zwei Mtllhiueu eingeborener Bewohner der frau-
zoedschen KIfenboinküst« gehören nicht der gleichen KaRse
an und haVn verschieilene Hprachen uitd Kitten. Vier Haupt-
bestandteile law>eii sich unterscheiden: Agni (AaehantJ,
ätKluiMj), Maiule (400000, Ua.4s« vom Kenegal), Lagunen*
bevölkerung (Mischiiuge verschietleuer Rassen uud Yiilkor,
40UU0U) und Kruleute (Crewnien, Hchiffslieaauung, 4UOOOO).
Kic alle «ind in viele kleine Yölkchen gespalten u?td müssen
teil* als Urbt«wohiier angesehen werden, teils alsEinwunderer,
die vor längerer mler kürzerer Zeit au* dem nHtöf<^rland*.
wie die fraiizösischen Verfasser schreilam, gekommen sind.
Die Mnndc sind Mo>mmino>laner, die übrigen Fetischaiibeter.
ihre Hilten xiud zwar im einzelnen verschieden, im grufsen
und ganzen aller doch übercitistimmeud, manchmal au Alt-
euru{>itim.’heM erimiemd. Alle* Iwrubt auf der Familie, dem
gemeinsamen Grundbesitz und dem Mutterrecht. Die Strafe
soll weniger eine Züchtigung der übelthiUer als eine Knt-
schSdigUng der Benachteiligten sein; daher kann selbst die
Todesstrafe in den meisten Fällen durch eine tioldzablung,
eine Art Wergeid, al^löat werden. üott««gerichte sind ge-
bräuchlich. Sklaverei besteht, alier in milder Form. Bei Erb-
schaften gilt nachstehende Reihenfolge: 1. leibliche Brüder
oiier Schwestern nach der Erstgeburt; 2. HlUme oder Töchter
leiblicher Hchwasteru: 9. leibliche Brüder oder Schwestern
der Mutter; 4. Söhne oder Töchter von Schwejiteni der Mutter;
5. Stiefgeschwister; 6. Böb)i« und Töchter; 7. Söhne und
Töchter vü« Brüdern; 8. i»i>n*tige Verwatidt«. ln Bezug auf
MMistigo Einxelheitoti !«ei auf da* gehaltvolle Bucli eellmi. ver-
wiesen. I*. W.
Kleine Nachrichten.
Abdnu'k otir mit tpielkaang»]« gcvUttcl.
— Dr. Voeltzkow* neue Heise nach Ontafrika. Kino
neue, natura jssensehaftiiehen Zwecken gtiwidinete Reis« nach
Oxtafrika hat im Januar d. -I. Dr. Voeltzkow angetreten,
Und zwar auf Kosten dor Ifeckmami-Wenlzcl-Htifiung. Wie
Voeltzkow im Noteinbi-r v. .1. iti der .I.<oo]>o|diiia' miUeilte,
wünscht or in erster I.inio eine rntersuehung der Zusammen-
setzung und des Aufbaues der Riffe au der oslafrikanischeii
Küste zwischen dem 3. und dem 25. Omd südl. Br. vorzu-
nehmen, will alwr auch aoderu Fntgeu in den Bereich suiner
Forschuugen ziehen, ln seiner früheren Arbeit über den
Auflmu und die Entstehung der Aldabrain«oln hatte Vi>oltzkow
näher dai^elegt, dafs neb für jeiio Inselgruppe eine Zu-
aammensetzuug de* KiffkaUes aus deu Beeten kleiuster
T.elwwcson ergeben habe, so dafs man hier eine mächtige
I Kalkliank vor sich hätte, die ohne Beteiligung von Korallen
I gi'bihlet sei. Die iluf««re Ähnlichkeit des .Mdahmriffes mit
I den frülier von Voeltzkow beRUchten Riffen an der Witu-
I kiisie, auf Sunsilmr und Madagaskar, führte deu Forscher
I zu der VernuKung, daf* man es vielleicht im ganzen Bereich
. de* W)«üichen Imliachen Ozean* im wesentlichen mit einer
: einheiilichcti Bildung grofser Bänke homogtujcn Kalkes durch
I die Tlintigkeit mikroskopischer Organismen zu thun halten
konnte, und dafs i-nt durch eine spätere Ül>errindung jener
I Banke durch Korallen während dos Kmporsteigous nunmehr
I Korallenriffe vurgetäuscht werdcu. Bestätigt sich diese Ver-
' luutuug einer einheitlichen Bildung für da* ganze ültcr
20 Breitengrade reichend« Gebiet, so würde das eine Änderung
* unserer .\nschauung ülier die Entstehung der Riffe jener
100
Kleine Nftohrichten.
Geltenden biHljn|tQn; miui liiitt*« dfton keine Kenkmig vor
■ich, Kondern wäre gtimdt^zu g*^KWungen. eine Hebung der
Rfuik Ma in den Bereich der rüTbildendeu Korallen anKU*
iiehtiien. Hie Kei^e aull IV« bu 'i Jahre dauern und in
ft»lgende Gebiete fuhren: Wituin^oln, >iaufiibHr, Haha, J'embu,
Comoren, 31adagafikar (hier will Voolukow auch die grrifsen
been de« innorrn H<Hr]tp)Hteaui« und die Wiixten doM Buden«
uuten<U(')ieu), In«eln iin Kanal von Mozambique, (iiorioau
und Maiiritju«.
— Die Uuchengrenzo in Kkandinavieu. Der «rhwe-
dische Pdanzengt'K'graph Alb. Siisaon lieferte eine Anzahl
Arbeiten ülx*r die VegeUiion «eine» VnUTlundeB, denen wir
folgend** auch für Aiithro|K>|og«n und Linguisten interewante
Anga1>cn cntnohuien. Die Buche l»t allgemein verbreitet an
der Weatkuxte bis TosMene und Quille in Bohu« . an der
OxtkDste fast bU Kuliunr. Zerstreute Standorte finden sich
an der Wttstküste bis üTier die Baudesgreiixe hinaus narb
Kristianaand in Norwegen, ein einzelner Htaudort noch
nördlich von Bergen. An der Ostkiistv kommt die Huche
zerstreut bis Sanet Anna unweit Uingarum in tistgotland
vor, im Binnenlandu bis Vndeiiä« und Kuaasa nonllich von
Muriesia<) atu Weiter Be«*, lije vorgeseholH'nen (Standorte
liegen nicht besuudera gescbfitzt, wuidern sind zum Teil den
Nord- und (.tstwinden ausgwetz». Gepflanzte Buchen g«*
deihen noch ül>er Upsala hinau« , bi« Hü" 2^'. wo sie nicht
nur V4*getieren, sondern keitiifähige Hamen reifen. Itetmiach
hat die Buche ihre klimatische Grenze io Schweden nicht
erreicht. Wie diese in den mitieleart^puUchen Gebirgen
höher liegt als di« Kichengrenze, so liegt sie in Bkandinavieu
wahrsebeiulich nordwärts von derselben. Di« Kichengreuz«
liegt au der Ostsee au der ^lündung der I^usno Hlf, tiu
JUunenlaiide steneuw.-ei«e schon bei 59", stelteuwoim ül»er
HU" nörtll. Kr. Die relativ geringe Verbreitung der Buche
in Bknnditiavien ist darauf xurückzufithren, dafs dies« Baum-
art erst spät «ingeWHudert ist und sich w'egeu der Schwer*
bewegliclikeit ihrer Früchte nur langsam ausbreitet. Die
Bichel ist der Verschleppung anscheinend bcs«er angepafst
alt die Biuhel. Brust H. L. Kraus».
— Wie er»t jetzt l«katmt wird, ist atti 7. Dezember v. J.
der zur Zeit in geographischeii Kreisen woblbekanute öster*
raichischp tic<q(raph Dr. Jotef Cfaavanne in Buenos-Aires
in Argentinien im &7. Lebensjahr« gestorben. Geboren am
7. August IK4H zu Graz, studiert« tihavanno ln I^rag und
Üraz. ben-wte D*67 bis 1 m 69 di« rnhm. Mexiko, Wrstindlen
und Noniafrika, war dann an der Meteoi^thigischen Keich»*
austalt in Wien thätig und redigierte von 1H7& an einige
Zeit die .Mitteilungen der treographi-schen tiesellschaft" in
Wien. Nach Arendts Tode l>*Hl führte er auch kurze Zeit
di« lledaktion der .D. Utindschau für Geogr. und Htatistik*.
Im Februar IHM ging t'havanno im .\ufirag« dot Brnsscier
Ge«*gniphi»ch«ii Instituts nach dem Kongo, tmi hier to|*o*
graphiM'bß AufnahuiHii zu machen (vurgl. 1‘etennnmts Milt.
und ditnn wandert« er iHj*« plötzlich nach Büd-
aiuvriku ans und trat in Buenos-Aires als Beaniter in das
dortige htdrograjihivhe Amt «in: seitdem h*»rt« man nichts
mehr von ihm. C'liatann« hat eine Beihe ganz wertvoller
Arbeiten geliefert, gouannt seien nur: .Die T«ui|>eraturv«r-
hältnisso Von nstorroich-rngHrn" (Wien 1 h 71); ,Dio Baliara“
(IH7H): .Afrika im Lichte unserer Tage* (IHhl); .Die mittlere
H<'di« .Afrikas* (IHUl): .Afrikas Hlrtnn« und Flüsse' (iKür-i):
.iteiaen utid Forschungen im alten und neueu Kongostaat'
in den Jahren IHM und 1 hH5 (1hH 7): .rhysikal.-statist. Hand-
atlas von Osterreich'Ungam“ (1 hh 4 bis 1 kj!I'). Auch besorgte
i'havanno di« 7. Auflago v«*n Batbis .Allgcmoiiier Krd-
iMJschreibimg" (IhHhsi) und v«r«>W'eniliclito di« zur Zeit
vortrefflicb« Thysikal. Wandkart« von Afrika. W. W.
— Den Binflufs der Fyronäen auf die Tierwan«i«*
rungen zwisrhon Frankruich und Spanien »childert K. F.
BcharfT (Verhaiidl. d. inleni. 5. Zootogenkongn^sses luül 0‘J).
Jedenfalls veniienen die Hauptsätze Beaebtung. wonach, o^
gleich *lie Fyrenilen ilor Tierv**rbn‘itiing zwischen *lon ge-
dachten iJindern «in Hindernis in den Weg st-t/cn. dieselt«en
dennoch auf «1er Ost* und WesGeit« leicht umgangen worden
sind. Di« älteren weitverbreiteten .Arten diirfieii wolil meislens
über den tiebirgskamni gewandert S4*iii, wuIhü als wahrscliein-
Ik'h anzunehmen ist, dafs dies« Wanderung in der Hegel v*>r
der Biszoit stattgefuuden hat. liu i'inzelxien führt Verfasser {
aus. dafs sich Iteispielsweim* «iie p>rcnänK*he Wtldzii*ge nicht 1
nur in diesem Gebirge, sondern auch in Z<-utral- und Süd- |
Spanien wie in Poriiignl tliide; «ler nit*-lisie Verwandle ist di«
Ziege des östlichen Kaukasus. Die Büsat-liuaus ist auf das '
pyrenäische Gebiet im weiteren Sinne beschränkt; nächster
Verw andter ebenfalls in Osteuropa. Die Gemse hat von Osten
die Berg*) iiberKhritb’u und bewohnt die ganz*- canlahnsch«
Kette. Murmeltier. Hchnechaso und l'arna«sius Apollo er-
imiem an di« Alpen. Wir kennen keine mir im pyrenäücheu
Gebiete elnlieimiarhen Reptilien. l>er Fyrenäenmolch hat
wisier Verwandte in Spanien noch in Frankreich; er gehurt
mit koniikanifichen und sardinischan Molchen in eine Hippe.
Molge mamiorata und paluiata scheinen die L'yienäen erst
vor verhäUnismäfsig kurror Zeit überschritten zu haben. Von
den Froecharten gelangten einige über da* trennende Ge-
birge, andere nur bis an den Fufs dt-»e1U‘U. Die meisten
der weit verbreiteten «'•stllcheti Mollusken drangen nur bU an
den Fufa der Byreiiäen vor, nur ciuzelne wenige hiibeu ueb
auf spanischem Gebiet eingebürgert.
— Der ilanflurs und aein Gebiet. Das Land, welche»
der Han, der in der Nähe von liankou mundende grofse
Neltenfluis des Jaugtsekiang, zwis4-hen Hsiangjang uml
Kanktiu durchzieht, proiluziert, wie eat in einem amtlichen
englischen Bericht heifst, viel Getreide, das dreimal geerntet
wird. Zumeist ist es Weizen und Gerste. Bine grofse Menu«
des überschüssigen Getreides aus diesem Teil Hupet kotnuit
in Hankou auf den Markt. Die Gebiet« olterhalb Hsiongjang
produzieren Hcsani in »K*dcut«n*len OujintiUlten; Reis wäcbBi
dagt^cn wenig aui'ser Itei liankou und oberhalb Nganlit.
Neben tletrenle »ind Baumwolle, Heide, Kaoliang (zur Wein-
destiilatitm) uml Bohnen die Haupterzeug niue. Für die
Lebhaftigkeit des Verkehr« auf dem Flusse spricht der Um-
stand, dafs die Likinst.'stiouen täglich von etwra 300 Dschunken
passiert w-civl«n. Aufwärts bis Ngaulu giobt es HtA*ito von
Be«luutung nicht, ilsiangjaug, das HOOkm oberhalb Hnuknu
liegt, ist ein wichtiger riati; auch Lauhvikou, weiter 4*ls9r-
halb und »n der Grenze mit Hunan, hat einige Bedeutung
und empfängt v«iu liankou BauiiiwoHeugarn , Htückgüter,
fremde Oie uml Zucker zum weiteren Al^tz, während es
Sesam und Bohnen binuntersandet , wozu deutsche und eng-
liKhe Kaufleute in Uankou gemietete Dschunken hinauf-
scbicken. Für Dampfer ist der Hsnflufa nicht fahrbar, und
auch für l>schuuken etwas unsicher. Der fmnde Handel
auf dem Flusse ist im Vergleich zutn chinesischen recht
bedi-ulungsliMs. und er win! c» bleiben, solang** nur der Flufa
als VerkehrKstrarse in Betracht kommt. Wie schon erwähnt,
liegen gröfsere Städte unterhalb Hsiaugjang nicht, und
solche können sich auch »cbi>n deshalb nicht bilden, weil
die Clwrschw«mtnimgeu zu gefährlich sind und der llan
seinen Lauf in aufserurdentlich kurzer Zeit zu ändern pflegt,
so dnfs Htivite. di« cheniais am Ufer lagen, mehrere Kilo-
meter landi-inwärta versot/c worden sind, Das ist z. B. Wi
Nganln der Fall gewesen. Der gewunden« und unbeständige
^uf des Han und die im Sommer einti-t-ieiulen verheerenden
Überschwemmungen werden seine Bedeutung als HandeU-
strafs« immer auf einem niedrigen Niveau halten.
— I>ie La w i uenabiagerungen will F. W. Hpreeber
(Jahrb. d. Schweiz. Al(M‘nklub, 37. Jahrg., 1902) nach der Art
ihres Materials und der Dauer ihre» IV-«teheu» in fidgeude
Klassen einteÜMi: I. %'orübergehendt< Alluviooen, deren Ma-
terial Itastebt aus a) gewohulichetu. feinkörnigem, aus Schnee-
krystallen «»ier Teilen von solchen bestehendem Hchne«.
llierhor gehört di« Mehrzahl d«r rezenten Grund - und
Btanblawiiicnablagcrungcu, ausgenommen die h'im- un<i
GleLscherlawinen. b) Gewithii liebem Schuoe. der aicb alter
allmählich in kirn verwandelt hat. Hierher geh^'ren «lie
I«awinenHlIuvionen in der Näh« der Schnwgrcnze, oder an
geticUützten Stellen tiefnier Thalrugionen. ausgenommen die
obigen und die vereisten, e) klnischnee, hcrrühnftid von
Firnlawiuen, die in 'Thalregionen unterhalb der Kchneegrenzo
i]i«*lerxcf«hn‘ti sind und dort gänzlich abschuielzen. dj Glet-
when-is, herrührend von Gletscherlawineu. 2. Di« zweite
Atäeilung bilden dnuemd*- Alluvioncn, den-n Material besteht
aus a) g«wohnli*-liem Schnee, «ler allmählich in Firn ülior-
gcht und durch AbM-hinelzung *Kler Verdunstung in loco »ich
entfernt, aber vor gänzlicher Kutferuung durch anderes «r-
neuert winl (\erflrnte Ailuvionen). 1>) Gew-öhnli hem Sehne«,
der siH'cessivo- in Firn und Bis übergegaiigen ist (vereist«
AlluvioiM'ii). c) Kim, der als solcher sich wie derjenige in 2a
Verhält (Firiialliivioncn). d) Fini. der ailinäblich in Bis
iilwiVehi (ven-iste FirnalJuvitmun). e) G|*-tst’h«r«is (Gletscher-
lawiiienaUuvhineii). Das in der Alluvion vorhanden« nr-
«prünglich« tnler dur*-h M«(atm»rphose »u.s Schn**« taier Firn
eutsiandoin- Bis «ler unter 2c, d, e angcgelienen Arten kann
entw'eitur »tationär bli-ilK'o (Mier sich furlbewegeu, sei als
«•igener s**ll«län*ligBr Gletscb**r. »ei es als Teil «ities «dchen.
Vrruntwiirtl. Kedsbtsur: l'ruf. Dr. K. Andre«, Braun«* hwelg, FnllerslelK'rthor-Fruuiruad« 13. — Dru*'k; Frirdr. Virwrg u. Huhn, Brauusi-hireig.
GLOBUS.
ILLÜSTKlliRTH ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- und VÖLKERKUNDE
VEREIHIGT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN: ,J)AS ADSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
HERAUSGEBER: Pkop. D«. R. ANPREE. VERLAG von FRIEPR. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXXIH. Nr. 7. BRAUNSCHWEIG. 19. Februar 1903.
Nachdruck oar luuh Cbcrviakui-fl mit der Verianah&ntlluBg gestaUat.
Skizzen aus elsafs-lothringischen Ossuarien.
Von l)r. nied. K. Hliml-Strar«burjf.
(FortMtzung.)
111. WisaoiiiichuftltchuM Krgobnia dor autbrofio-
metrischen Ihii'chfora c h ii itg der eläuta>lotb-
ringiachen Ileinbftuaer.
Kiitaprerheiid miiijer reichen geschichtlichen Ver*
gangciihcit — die Spuren dea Meuachen reichen bin zur
I hluviulzeii zurück — biutet das hllüHra auch vom »uthro-
{M>h)gi^ch - historiaehen Standpunkte uua weitgehmidatcM
IiitercKKe dar: aeit uralter Zeit bildete «.•» die Ileeretralso,
wu V%Älker iiiannigfacfahter Art in ilerühning treten
Riiir»teii, wfthruitd ea andererseits ein Streitgebiet war
mul blieb, wu nich die verbchieilenartigsten Stüratne und
IlaMcn iu der HerrtMshafi ablüaten und Tcruiiachen iiiufNten.
Wir müssen unx unter Uiuweii« auf frühere Schilde^
ruugpQ *)i *) versagen, hier auf die anthro{»o]ugische tie>
schichte des hllsasses zur älteren und jüngeren Steinzeit,
die durch neueste Funde eine wesentliche Bereicherung
erfahren wirtl ^), auf diejenige der Brunze', HuUatait*
und l.a-T(‘ue«Periode einziigeheu. Jedeufalls ist — ab-
gesehen vuu den paläolithischeii und neolithischen Ver-
tretern der Cro-Magmm-HaKge, neben welcher der
Furfooztypu.H nur bei einer verschwindend kleinen Grup|ie
aiiftritt — die neuere eiaässische Bevölkerung aus zwei
verschiedenen Kompunenten horvurgcgimgeu: eiuoiul ist
cs jenes Volk, das seine Toten in den Tuomli bestattete
und das, wenn nicht als identisch, so doch als aufs
nächste verwandt mit den Kelten, den vorrömtschen
Bewohnern des mittleren Frankreich, betrachtet wird;
diese Vertreter der kurzköpßgen ,,a]pinen Rasse^ mochten
allerdings in den Städten durch römisches Blut, auf dem
Laude durch schon vor l’äsars Zeiten «ingodrungene
germanische Lleinoiite (Trilmker) biaMnUufst sein, so dids
die rein gebliebene Bevölkerung im wesentlicben auf die
gebirgigen Teile des Landes beschränkt blieb. Baiiebua
kuiiimen als zweiter Hftupifaktor infolge der verschiedenen
Fremden Invasionen rein germanische, langachädelige
Klemeute in Betracht, die Ailemannen und im Norden
des lindes die Franken.
Auffallend blieb es aber, daU die heutige elstUsiscbe
Bevrdki'rmig trotz dieser Beimengung langscbädeliger
Klementu sogar kurzköpfiger ist als die einstige gallo-
romisehe Bevölkerung stdbst, soweit sie uns aus Grab-
') Sehwaihe, HevölkeruugsverhähiiiNM», in nBai Keichs-
laiid Klsafs- IjiUbriogen*.
*) Blind. Um», cit.
*) Kin SieiMzeitgrälierfHld t»ei Krstein. ^Strafsh. PcMf' v<im
•iO. April IW2.
Globua LXXXTII. Nr. 7.
fanden bekannt wurde. Aber letztere stammen atis-
Rchüefslich aus den stark rönuM'h beeiiinurst«n Städten
her und dürften daher wohl nicht ohne weiteres einen
Schlufs auf die physUcho Be-Hchafifenheit der hreitereii
Bevölkerungsschichten zulasseu, weder auf die mehr
germanisebe Flemente umfassende Bevölkerung des Rachen
Landes noch auf die am reinsten geblielienen Bewohner
des Gebirge.H.
Im Hinblick auf diese Lücke war das Afaterial der
Beinbäuser von doppeltem Worte, seine Bearbeitung um
so dringender gelioten, als es bis ins späte Mittelalter
zurflekführend die Kluft zwischen alter und neuer Zeit
in befriedigendster Wei<io ülierbrfickt, da die geographische
Lage der Beinbäuser und die Verkebrsvorhältnisse der
Zeit, welche die Ossuarien entstehen sah, für die lUdn-
heii des Materials bürgen: dasselbe ist Ausscliliefslich
aus Besten der ländlichen Bevölkerung am Fufse oder
in Thälern dor Vogesen zusammengesetzt.
Ihn (itiigohcnder Unten<uchung v<m 700 Schädeln aus
den Beiuhäuscru von Zaberti, Lupstein, Schurrachberg-
heim, Kpfig, l>ambach (('nterelsafs), von Kaysersberg
und Ammerschweyer (Oberelaafs) ergab es sich, dafs <Ue
Schädelgestaltiing durchweg derp*nigen rein alpiner,
„keltischer“ Volksgruppen, z. B. der Bretagne, Auvergne,
Savoyen, Grauhfluden u. k. w., entspricht, liegt doch iler
Durchschnitt*) des Schädeliiidcx bei 85, also laTeits
innerhalb der Grenzen der Hyperbruchycephalie ! Im
Mittel betrug er als Maximum 84,3 bezw. 84,2 inAmmcr-
schweyer und Zabem, als Minimum 82,0 in Lupstein.
Ül»erall waren es den absoluten Mafsett nach grctfse, kurz,
breit und hoch gebaute, teilweise direkt als „kubisch**
zu bezeichnende Kranieii (s. Abb. 1. u. 2) mit flncbeiii.
fast senkrecht abfallendem Hinterhaupt, hohem Gesicht
mit breiter, nur wenig hoher Nasen- und runder Augen-
höhlenöffnuug kurz, mit allen für den alpinen Uasstm*
Charakter typischen F.igunschaften; in verschwindend
kleiner Anzahl nur fanden sich fremde, lluch- und lang-
Hchädelige Formen mit stark vorKpringendem, pyramiden-
artig facettiertem Hinterhaupt (e. Abb. 3), wie es sich
bt>i den Fmiikeiischädeln feststellen läTst; in etwas häu-
figerem Verhältiüsso endlich traten Mischfurmen auf
(s. .Abh. 4), die bei noch uusgesproebener Brachycepbalie
rein alpinen Bau, aber doch ein uhrglasartig gf;wölbtes
Hinterhauptsbein als einzige .Abweichung vom ty]>iscben
Ra.ssenschHdol aufweisen. So umfafste die Gruppe der
Bei graphiM'her DHrstt'Ilung.
14
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K. Blind: Skixzon am olsar8*I«>thrin|{iseheii Osauarien.
llrnoliyc«*phali»' 8 i.r»n d**r M<*iMK*pphnH«< 13,71 Proz.,
tlnr I)()]icboc4*phalio nur 1,70 iVuz. dur SchiUlul!
f)i<>Hpa Kr^bni» Ufst .«ich dahin zuf'nnim<»nfna«4>n, daf»
hchon im «pnU'rcn Mitielaltcr am Baude der Vo^uacti
eine il1>erwieffen«l knrxköpfifp* lleTölkerun^ von alpinem
Ka»«encliarakter aafH — > und weit iiithur al» die vage
im Klaafa aeit der Zeit, in welche die (irQnduug der
0«auarieu fkllt, aiifHerurdentlich rein erhalten — erreicht
doch der llurchachnitUindex noch heute 80,8 Hei Männern
und 81,4 Hei rrnueti ^). Port, wo die Vermischung mit
frentden Klomeuten diu gröfati» Intensität erreichen intiTüte,
in der Stadt, sinkt der Iudex, wie meine an-joUäasiachen
Abb. I. Hchüdrl ans dem IlcInhaiiHe ron /ahrrn. — Abli. i. Kinderschädel ans dem Heinhause von Zähem. —
Abb. Schädel aas dem Heinhause von llaitibacli. — AM*. 4. Schädel au« dem Heinhause von Kpfig (Ti>iciikai<rll«-
St. 3il;iiK*rethi*). — Abli. h. MlkrorephalcBscliiUlel ans dem Heiahanse ton Kaysershenr. — Abb. tta u. «ib. Hydro*
cephalenschädel aus d«‘iii Helnhausr von Schorbach (Uahr.). — Abb. 7a u. 7b. Sphenucephnlenschädel ans dem
Helahause von H
Vermiitting einer aus iinHekannten Gründen stets ziineh*
mendeii Brachyceplmlii' liegt doch niittT diesen rinständen
die .\uuahme, dafs aurli schon zu gnllu’römi«4'her Zeit
die von fremden Heiiiiischtingeii ver«chi»iit gH)dielH>rie
l>reilere Bevidkermigsscbicht um und im tiebirge ähuliehe
Beschaffenheit, kelti^^ch^alpinen lypus darhnt.
Trotz aller Beimi«chuitgen hat sich die Bracliycephalie
chorhach (Uthr.).
Kommilitonen der Strafshiirger Universität vorgenom*
menen Untersuchungen ergalien, bis auf 81,0. um für
da« flache Land auf 82.3, für die gebirgigen Kantone
auf anzll^tl■igeIl und endlich udt 87,5 (Uollignon)
«ein Musituiim in den reinsten Besten jener uralten
•) SehwaMte, lue. cM.
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101
Die Forsohungiireise der «oliwedi^ohen Südpolexpedition nach Süd georgien.
VogenenboYölkernng xu erreichen, deren »chwanshaarige,
dunkeläugige, klein gebaute Vertreter mitdem eigentüm-
lichen, fremdartigen Patins eine dem l'ntergang geweiht«
fremde Kolonie in der eigenun Hoiiuat bilden.
IV. raihol ogische Schädciformeii.
Rs hat gewit» nicht an tochniaclien Schwierigkeiten
und HindernifiMen aller Art gefehlt, an denen die Diirch-
furMchung der lUdnhäuRer gar maiicheR Mal zu scheitern
drohte, hin endlich ein wiHMeunohaftlichei« hlrgehui'« ge-
sichert war ein ganzi's Kapitel von Leid und Lunt
einen Anthro{>o!ogeii. War z. il. in Kayserslierg die
VnterRUchung nur dadurch erachwert, data da« IteinhnuM
zugleich einen vielbeMUchten AndachtMori bildet und dulü
auH den meterhohen, kunstvoll und fest gefügten Knochuu-
pyrainiden einzeinu Schädel nur mit allergrufsitfr Mühe
iierausgozogen worden konnten, w'ubrend doch ledeR mi-
liuhsame Aufsehen dringend vermie<Ien werden niufst«,
so blieb in anderen Ortschaften di« iman^nehme Krfah-
ruog nicht aus, dafs ein längerer und erfolgreicher lie- <
such im BeiidmuiMi überhaupt nur \ml>eaierkt, bUweilen
nur hei Nacht und Nobel möglich war; in Znberii ar-
iK'iteto ich mehreru Tage hindurch auf einem vcrnioilern-
deu Sarge neben einem uralten Taufstein bei düsterem
Kerzenlicht in einer Krypta mit vielen Tausenden boch-
aufgetürmter, prächtig gebleichter Schädel, wohin als
einzig« OB'nnng nur ein engstes T^örtchen nach einer
Klet^rpartie über des Sakristaiis Wein- und Kartoffel-
vorrute führt ; in Schorbach lag mein« Arbeitsstätte
auf einem Querlmlken dicht unterhalb de» UeiiihausdacheM,
auf dem die glühenden Sounensirablen mit prasselmlem
(iewitterregen ahwecbselten, während Schädel für Schädel
mühsam an einem llakeu bis zum luftigen !>ahuratorium
emp>rgezogeu werden mufste, bald wieder war es ein
Kaum, dessen geringe Hohe nicht einmal das Knieeu ge-
stattete und in den ich mich nur mühsHin iltirch ein
engstes Fensterchen hineinurhBiten konnte, . . .
I>och ich darf auf diese technischen Schwierigkeiten
niclii weiter eingehou, ich mütste ja verraten, wie ich
mit einem für die Sammlung geretteten seltenen Kxeni-
plare l>ei Wind und Wetter durch die lierge wandert«,
wie ich kilometerweite Nachttuärsche nicht scheuen durfte,
um der angedrofateii KoutroUieruug muiiiur Reisetasche
zu entgehen. Ich durfte damals wohl schreiben, dats
„nur derjenige die lledeutung solcher ungünstigen Ver-
hältnisse richtig zu schätzen W'eifs, der tagelang
Aber den Grahstein in der Sonnenhitze des Ib>rfklrch-
bofes oder den morschen Uetstuhl in feucbtdunkelem
Grahgcwrdbe geneigt Hundert« der feinen Messungen
Uli siauhbedcckten, zerfallenden Schndeln vorgenoinmen
und eigenhändig in die Zählkarten eingetragen bat . .
Denn sollte die unthroiMimetrische l)iiU*raucbuiig des
so nngeheiier reiclum Schädelniaterials «ine thaiauchlich {
brauchbare Statistik, cinwundsfrei« Mittelwert« und ein
klares Hild des mittelaiterlicheu ßevolkcrungRtypns iiefom,
so mufsto unbedingt eine möglicliHt grots« .Anzahl von
S^rhädein untersucht werden, nicht nur, um unvermeid-
liche Variationen innerhalb des Hassenoharukters selbst
uuszugleicbmi, sondern vor allem auch, um den hlinOufs
fremder Bciiniscfaungea, eventuell aber auch pathologi-
scher Kcftinde auszumerzen. Direkt krankhaft verändert«
.Schädel wurden selbstverständlich von vornherein aus-
gBM'rhlossen ; und dafs sic keineswegs zu den Selten-
heitun gehörten und eine nur wenig Nummern uuifasbeude
Statistik wesentlich zu beeinfliisAmi im stände gewesen
wären, miigeu folgende drei pathologischen Tyju'n be-
weisen :
1. MikrocepbaleiiKchädel aus dem Kuysenthorger Hein-
Itause (.Abb. 5).
Infolge verfrühter Verknöcherung der das Wachstum
ermöglichenden Schädelnähte L^t die Schädelkapsel hoch-
gradig in der Grufsonentwickeiung zurückgeblielien
(Umfang 444 min) und zeigt gleichniärstg gerundeten,
kugtdartigen Dan, woliei jedoch die Höhe gräfser ist als
die Breite (II t B = 106,9 : 100), Zu dieser Sciiädel-
kapsel steht die Gröfa« des Gerichte.H in unffullendem
Mifsverhältnis, auch fällt das affemartig TorApringendu
Profil auf; abnorme I<ago des NusenansatzeN, Abnormi-
täten des Baues der .Augenhöhlen, Asymmetrie ii. s. w.
vervollständigen den durchaus pttthoiogischvii lUdund.
2. Hydrocephaleusehädcl aus dem Schorbacher Bein-
hause (.Abh. 6 a und b).
Dieser Schädel zeigt das umgekehrte Gröfsenmifsver-
hältnis zwischen Gesichisskelett und Schädelkapsel;
letzter« zeigt nämlich kolossal«, wob) auf in der Jugend
durchgemachle „Wnsscrkopf^-Bihlung zuriickxnführende
Grofseu-, besonders Breiteuentfaliung, so dafs In Vonler-
ausicht (Abb. 6a) ausgedebiitß seitiieh« Schädelpartieen
sichtbar wenlen. Horizontalumfang 545 uim, Ind. 93,8.
.Auch an diesem Schade] besteht OhrigenK ausgesprochene
.Asyiniuctriu zu Unguusten der Unken Schädelhälft«.
3. Sphtmocephalenschädel aus dem Schorbacher Bein-
hause (.Ahh. 7 a und h).
Infolge von frühzeitiger isolierter Verknöch«rung der
das Breitcnaacbstum erinöglichendeii Pfeilnaht erfolgte
nur noch Längenwachstum, es kam zu einem auffallen-
den Mit sverhältnis zwischen Länge und Breite (Index 69)
unter gleichzeitiger Bildung einer kaninmrtigen I.eisU«
(„Keilschädel“) längs de.H einstigen Verlaufes der l'feil-
imht, wie sie Iku der RückunKicht (.Ahh. 7b) zum Aus-
druck kommt.
Solche pathologisch <leformi«rt«n Schädel weichen
natürlich bald nach der cimm, Imid nach der anderen
Richtung vom typischen Kassenchaniktur ah und können
daher hei der Aufstellung eine» solchen keine Berfick-
{ sicliligung beanspruchen.
Die Forschungsreise der schwedischen Südpolexpedition
nach Südgeorgien').
Nachdem der «Antarclic** von seiner ersten Sommer-
fahrt., die die Krforachung des Dirk-Gerritsz-I<amles zum
Ziele hatte, am 26. März 1902 mich Poi't Stanley auf
den FulklunrUuseln zurück gekehrt war, ülioriinhtu an
Htdllü des eigentlichen Leiters der gesamten Forschnngs-
reise. des iKizenten O, Nordenskjöld , der zur Uher-
') Nach «lern Bericht« von .1. (i. Antlni'ssoii, P«>rt Ktaiiley.
den ia. .)uti 19m;. im A'nier lfMr>, Hoft .*<.
Winterung auf Siiow-Hill-Land im Dirk-(territHZ-Archi{)ei
zurückgehliehen war, der Dozent J. G. AndersMin die
einstweilige Leitung. Dieser war bereits am 21. Februar
Hilf den Falklandinseln eingefrofien . hatte sofort eine
Forschungsreise nach dem weHtlichen Teile der Itisel-
grup|M* angi'treten und »elilofs »ich am 29. März den
übrigen an. F.r traf nun unverzüglich di« V«>rherei-
tiiiigen zur Krlediguiig der ihm von Norden^kjöld für
den Winter (.April bis Sejüeniher) gestellten .Aufgaben,
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104
Die Poraehungareiev der achwediaoben Südpolexpedition uaeb Südgeorgien.
S7m ff- S7* fS’ ÄJe'
DIrk*(teiTit»x-.trrhlpel mit der WiBten«lat{on aaf Knuw-lllll>I.fttid.
nfiinlirb Südguorgien, die Falklandinseln und das Keuer-
laiid zwecks Ausführung naturwisacnacbaftlicher Arbeiten
7.11 beMiirbeii. I>cr wisscuscbaftliehe Stab bestand wiibrend
dieser Zeit aii.H folgenden Personen: .1. G. Anderitiwm als
Geologe , Dr. A. Obliu und Kandidat K. A. Andersson
ala Zoologen, Kandidat Skottsberg als liotaniker,
laHitnniit S. .\. Ihiiw als Kartograph, Meteorologe und
Hydrograph.
Die ül>errnbri nach Südgeorgien dauerte vom 11. bis
22. .\pril; der „Antari-tic** steuert« zunärbst an einem
Teile der Xordustküate eiitlimg, um euieti vorläufigen
lM)erbliek zu gewinnen, und lief daun in die Cumlierlami*
bai ein. Du» Land war noch ziemlich scbiicefrei, und
der erste Ausllug an lutnd am 23. .\pril war von
ruhigem, soimigeiu Wetter begünstigt. In Erfüllung
eitle» Wiinsclien de» .-VduiimlitAtHrats Dr. t>. Neumayer
fand aUdann ein Desuch der deutschen .'Station in der
Huynlbai »tatt, um ihren gegenwärtigen Zustand fest-
zuslellcn. Obgleich das Sebiflf scboti am 27. in diese
Dai einlief, konnte doch infolge von amlnuenideui
Schnca'sturTD erst am 29. di« Verbindung mit dem lainde
hergestelll werden. Das Haus war in leidlich gutem
Zustande und enthielt einige Vegetahilien , die teilweise
noch brauchbar waren, wahrend dagegen die astro-
iioinischei) und magnetischen Observatorien zum grofsen
Teile durch Sturm xenttort waren. Der nahe gelegen«
Krokisiusherg wurde von Skottsherg zur .Ablesung der
von der deutschen Kundfahrt 1883 zarflckgelasseneii
Maximum -Thmmioinetcr bestiegen,
aber diu Instrument« waren zer>
stört. .\m 1. Mai liefseti sich .1. G.
AmlerHsoii, Düse und Skottsherg
nebst einem .Arbeiter in dert'umber-
iaiidlMii an das l.and setzen, wo-
sell»st auf der Heede zwischen den
Widen Fpirdarmen «in ausgezeich-
neter HooGiafen war, W&hreiid der
«Antarctic'* zur Ausführung zoolo-
gi'icber Arbeiten bis zuin 12. Mai
riuf dem Meere kreuzte, l>er .\um-
fiug war im ganzen vom Wetter
»■ehr hegniistigt. nur an zwei Tagen machte ein schwerer
SchiiecHturm alle .\rhciten unmöglich. Auf .Märacben und
Do(»tra]irteii wurde der Fjonl zum gröfsten Teile atifge-
iiomiiieii, sowie hirdogisrhe rntersuchuiigen und Studien
über das Gestein und die früheren
Vergleischerungflii betrieben, die eine
nicht geringe .\usbeute ergaben. Wäh-
rend dieser Zeit liatte der „.\utareiic**
die Bay of Islea, die Possessionhai
und eine fast südöstlich von dieser
belegen«, auf dun Karten nicht näher
augeguhene Bucht besucht, di>ch wur-
den die Arbeiten durch fast uii-
nufhörliche Schneestürme »ehr er-
schwert. Alsdann blieb der
urclic“ die ganze übrige Zeit, die
man auf SQdgeorgian zuhmrhte, d. h.
vom 14. Mai bis zum 14. Juni, in
einem ausgezeichneten, wohl ge-
schützten Hafen im Innern des süd-
lichen Fjordnrm^, doch so, dafs «r
während de» Tages zur Vornahme
von Lotungen und zoologischen Ar-
beiten öfter auf den Fjord hinaus-
fuhr. In den beiden ersten Wochen,
vom 14. bis 26. Mai, war das Wetter
ruhig und sonnig; der Schnee srhmolr.
zum grofsen Teile fort, die Tem)K*-
ratur stand oft mehrere (rrade über dem Nullpunkte,
und da» l,and batte ein fast sommerliches Aussehen. In
dieser Zeit wurde auch der Best des zu erforschenden
Gebietes aufgouommcD, die geologischen Arbeiten er-
folgten unter den günstigsten l’niRtAnden, und Z<K)lugeu
und Botaniker waren Ruifsig an der Arbeit. .Am 27. Mai
wurde das I.and von einer etwa 0.2 m hohen Schnee-
decke überzogen, und vom 5. hi» 12. Juni erhöhten fast
uuuutcrbruchene, heftige Sebneestürme diese bis auf 1 m.
.Am l.ö. .luni verliefs das Schiff die rumherlaudbai und
stellte vermittelst einer Kette von Lotungen die Tiefe
und Breite der Kfisteiibank fest. Die Kückfiihrt führte
infolge heftigen Sturmes in einem weiten Bogen bis zu
48** 27' südl. Br., w«> eine neue, nördlichere Lutungsreihp
aufgemunnien und Tiefen bis zu &997 m festgestellt
wimlen. Tiefseefischungeii hatten reichen l'^folg. .Am
4. Juli war der „Antarctic“ wieder in Port Stanley.
Do nur ein Teil des antarktischen Winter» für Süd-
georgien zur Verfügung stand, so hatte man von vorn-
Itendn beschlossen, die Forschungen auf die klimatisch
mehr begünstigte Nordostküste zu liosehrnnken, und hier
wurde diu ('iimherlaiidbui ausgewäblt, weil sie nach
älteren Karten eine der gröfsten Buchten von Südgeorgieii
ist und besonders verlockend für imturwi»senschaftliche
rntersuchiingeii erschien. Düse fertigte eine Karte im
Mafaatabe von 1:100000 an, nach der die Mündung
der Cumhcrlandhai eine Breite von lOkni hat. Di<>se
teilt »ich im Innern in zwei Arme, von denen der we»t-
Abt). -l. Snow-Illll-Laud mit der Wlntcntatloa an der durcK Striche
angegebenen Stelle.
I liehe 16 km lang und 7 km breit, der südliche 15 km
1 lang und 6 km breit ist. Jener hat zwei kleinere Suilen-
I arme, dieser einen gndsereii von 7km l.änge. IHesc
I «irei Seitenarme sind, wie noch näher ausgeführl werden
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I>ic Fi>rschua};«r«ifte «lor »ohwodisvhvn Su<lpoIex|>e«litio]i nach ändjceurffinu.
105
TcUu der Bai uiüudeu Hechs (Bet*
hcber. Abgesehen von (lie:ieo weist
ihn* rmf^biiiiff eine Anziihl Thal*
(/letMcber, sowie uuf den Abhängou
und Kiimmen d«?h (tebirgeN ein« Meng«
Huiigegleti‘cber auf. ÜberuU niiduii
»ieb S|Hiron einer ein^tigeu» weit um*
fu'i’temleren Vergletscherung. Pie «li*
geruudeteii Formen der niedrigeren
Höhen und di« mächtigen Muränen
in den ThAleru mit ••chöneii Gesteins*
srlirammen sprechen ein« lieredte
Spriiche. Wuhraeheinlich war die
riiiniHU'landbai r.nr /eit der stärk-
sten Vergletscherung von mächtigen
I'lis.Htrömen volUtündig nusgefUllt,
die. ini äufseren Teile d«r Hai ver-
einigt, unabhängig von den Hoden*
verlm)tnis*i!u die Mündung über*
sehritteu und mit einer überhän*
gunflen /unge ins Meer vorsprangen,
deren Luge durch di« gegenwärtig«
Kiisteiibank, welche 13ü m über der
Fjurdritinu liegt , beHtimmt sein
dürfte. Zu der dumuligen Zeit war
das Fund fast vollständig von Glet-
schern bedeckt, und nur die höheren (iabirgskämme,
welch« ebenfalls zum grofseu Teil von Hängegletschern
bedeckt waren, erhoben sich als Glulscherscbeideti und
Nnnutakks ans der zusammenhängenden Ktsdecke. Autser
dieser fast völligen Vereisung des I,uudes läfst sich auch
eine jüngere, weit weniger umfangreiche wahrueliiiieii.
di« iiide«s«n ül>eraus |irnchtige Knd- und Seitenmoränen
liinterlnssen hat Piesu lafst sich am besten an einem
NelH*iiannu des südlichen Fjonlarmes studieren, der des-
halb den Namen Moräneiifiurd erhielt. In diesen mömlen
jetzt nur zwei kleinere Kissiroin«, aber vor seiner
Mümtung liegt in Form eine*' Bogens ein gewaltiger
KudinurtinenwulJ , der au den Seiten sich bis zu 43 m
über das Meer erhebt und in der Mitte eine beinahe
blursgelcgtu Scbrutike bildet, die den Muräueufjord
gegen den Hanptfjord ubgreuzt. Pa der Moräneiifjonl
wenigstens 143 m tief ist, niufs die wirkliche Hübe des
Moränenwalles auf etwa 200 lu geschätzt werden. Zu
beiden Seiten des Moränenfjords liegen prachtvidlu, nach
aiifsen glcichniäf^ig sich HeiikuiiduSuitenmoränenteiTHSseii,
gewesen sein kann, da dieser int
April 1002 in»ch ein Stück über »lio
äufserste von den Peutscbeli beob-
achtete Grenze hinnusreiebte.
Kille Cbersicht über die geolo- •
soll, besuiidei's bemerkenswert wegen ihrer geologischen
Gleticberverhältiiisse. Anfser der genannten Karte, die
die Hai nebst dem umliegenden Laudgebieic, d. b. eine
Fläche von 700 bis HOO (Quadratkilometer umfafst, hat
Puse noch weitere im Mafsstahe von 1:50000 von
einigen Teilen angefertigt, die geologi'<ch oingeheuder
untersucht wurden. Tiefenlotungen wurden innerhalb
lier Hai und vor ihrer Mündung gegen 40 uusgefuhrt;
dies« zeigen, dafs <lie Huuptrinnt* eine Tiefe von 250 bis
.'HO m hat und nach aiifseu von einer Küstenbank be-
grenzt wird, die 177 bis 179 m tief liegt und nach der
Tiefsei* zn mit einem H70 ui hohen Abhang sich senkt.
Von dem Hafen des «Aiitarctic^ iin .Südarine der ('umher- ^
landhai, der ausgehib^t wnnle, fertigt« man eine KarU* ,
im Mafsstubo von 1 : 10001) an. Während des Aufent-
halte* in «ler Ibtyalhai wurde iler in* Meer vorspriugeinle
Teil des Hofsgletschers gemesMui und festgestellt, <la(s
das von den deiUscheii Forschern nachgewieseno Zurück-
weichen des (iletschers um 800 bis 900 m (vom .\ugust |
1882 bis .\ugust lH83j nur vnrübergehenih*r Natur |
Atib. 3. IHe Maihucht In der ( Hiiiberlaudhal ; an den niedrigen Stellen
überall ult Tissukgrns bedeckt.
giseben Verhältnisse kann erst nach
mikroskopischer Untersuchung iler
reichen Sainiulung von (ie*teins-
prohen erfolgen, •'chon jetzt kann
indessen erwähnt werden, dafs eine
«chönu Faltung, ilereii Kichtung mit
der iJiiigsrichtmig von Siblgeoruien
heinahezusummenfällt.imchgewiescn
und dufs in einem (iesleiu (wahr-
scheinlich einem Kruptivlnni «ine
.Muschel • Versteinerung gefmnleu
wurde, <ii« nach niiherer Unter-
suchung zur Hestimmurig des .\1*
lers jener Fonuntion geeignet sein
ilürftt*.
Für ülüt«chers(ndi«ii bietet die
Cuiuberlaiidbai ein überaus dniik-
Imres Feld, ln die v«‘rschie«leneu
Alih. Hrr Moränriirjonl (( iimberlamihal) mit den zwei rltiamler
xarenaniKen SiiK/en der Kndmorilneii« zwischen Ihnen ein« fast
blorsgeleft« Schranke.
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Globus LXXXIII. Sr. 7.
14
|)ic‘ Forsch ung»ri;i«e der «chwedischeu Südpolexpedition nach Sii<lgOorgicn.
KMi
Abb. b. Kegenrrlerftider (aletsclier der i umherUndbal; «{oer Uber
dem Wasser liegen die drei alten Muränen.
deren hüt*h>^(e noch im AuI>ter^>ten Teile des Fjords 101 m
üliur dum Meeresspiegel liegt Aus den angegebenen Zahlen
lafüt sich HchliefMen, dafo die Kisma^iHe. die einst dieses
Fjordthai füllte, im änfseren Teile ungefähr 2')0 m m&chtig
war, während zu gleicher Zeit seine Ausdehnung in die
l.Ange 7 km butrug. Das Aussehen aller der geschilderten
Knd- und Seiteuuuir&iieu macht es wahrscheinlich, dals
sie eher auf eine spätere Zunahme der Vergletscherung
7cm Südgei»rgien als auf einen bloNen Stillstand im
Zurückweicben der älteren, grofsen Vereisung zurück-
znfnhren sind. .Ähnliche Wahrnehmungen wurden auch
im westlichen Arme der Cumburlandbai gemacht, wo
zwei kleinere Nebenarme ebenfalls durch Kndmoräneu'
walle ubgeschloHseu werden.
In botanischer Ileziehiing war die Jahreszeit natür*
lieh nicht hcHcmders getdgnet, doch wunleii 13 Phanero>
gainen beobachtet, die die deutschen F<»r»eher aus Koyal*
bai angeführt liubeti, und aufserdein zwei neue. Von
Kryptogamen wurden umfangreiche Sammhiugen aiige^
legt. Auch das ftiirsere Bild der Pnanzenwelt und die
biologischen VerhältniHM! wurden studiert, und liesonders
bemerkenswerte Standorte und bezeiebuende BHanzeii
wurden jibotograpbiert. Bie Meeresa)g<m wurden unter-
sucht, indem man einerseits Strand-
formen wimmelte, andorerseita Algen
mit Netzen fischte, bis zu lii Malen
in Terschtwlenen Tiefen von 0,5 bi»
lOOm. Bit' zoohtgiNcheii .\r)K'iten
bestanden in Tiefen- und Pliinktoii-
fiKcherei in fünf gnifsercii und klei-
neren Binnenseen des Gebietes, im
SHiiimeln der ziemlich einförmigen
lusekteiifnuna und im Konservieren
von Vogelbälgeii. .Vutsurdem wur-
den von cluit in der Cumberlaiidbai
büiifitfen Seeleopiirdeii und S*e-
Klefanten Felle von verschiwlenen
Altersstufen, Skelette und Kmbryos
gesammelt. Weit iinifinigreicber war
das Krgebni.s der zcMtlogisuhen .\r-
beiteii auf dem .Meere. Wulm'nd der
Fahrten zwischen den Falkluiitl-
inselii und Stidgeorgieu sowie 1 m>-
sonders in den Buchten dieser Ini^l-
gruppe sind 2.*> Tiefseefischzüg«
in Tiefen zwischen 1 und 310 m
ausgefülirt. Verschiedene von diesen
ergaben eine ungewöhnlich reiche
Ausbeuteeincr an Arten und FUnzel-
wesen reichen, besonder» üppig aus-
gebildeten TierwolL Bie Zeit
der ('berfahrt nach Südgeorgien war
bauptsilchlich riauktouarbeilen ge-
widmet. Ahgesebeii von dem regel-
inftfsiguti Fischen an der Ober-
(läcbe wurden sieben KeihentiefcMi-
züge mit einem Feinmaschigen
Netz hi» zu einer Tiefe von 500 ui
ausgeführt. Auch drei senkrechte
Tiefenzüge in einer gröfseren Tiefe
(2(t00 bis 2700 Ul) fanden statt,
teils mit einem kleinen feiit-
inascfaigen Netz, teil» mit einem
solchen von .Mittelgröfse und einer
Maschenweite vou luim, sowie ili
Verbindung mit den letztgeuauDten
Netzen, mit einem Netze von 3,2 m
Burchiuesscr au der t^nnng und
l ccm Maschenweite. So erhielt
man reiche Sammlungen von Tiefseetierformen: eigen-
tümliche Fische, prachtvidle .Medusen, seltsame Krusta-
ceen u. ». w. Von einer gröfscruu Anzahl vou Tiefsoe-
und llanktonformen mit vurwickulter oder weniger
haltbarer Färbung bat Skottsberg naturgetreue Ahbil*
diingeii uacb dem I.eben aiigcfurtigt.
.Vuf dem Gebiete der Meereskunde .sind wichtige
Knbleckuugeii gemacht wunleu, und zwar in der bisher
durch keine Tiefenlotung erforschten Gegend zwischen
den Falklandinseln im Westen, der Bouvetiiisel im (bten
und dem 40* südl. Br. im Norden. Nach der Annahme
von Hans Reiter bietet sich hier ein auffälliges tiegeii-
stück zu dum Bogen, den die Cordilleren über die An-
tillen iK'Scbreiben , indem hier im sfidlicben Teile des
.Ulantischen t tzenns ein gleicher Bogen sich zu erstrecken
scheint über das Feuerland, die Statenin»el, die Burd-
wookluink, Shagrocks, Südgeorgien, die Südsandwiuh-
insein, Sadurkneyin»eln, Südshetlundiuseln und die Birk
Gerritszgnippe. Zur ßestäligiiiig dieser Annahme ist
indessen eine geoioglscbe Krfor'<chuiig der gunannten
Inselgruppen, sowie Tiefenlotungeri in ihrer l ingebuiig
und zwischen ihnen erforderlich. Bazu haben ilie
„Antarctic'^-ForBcher den er»t4'ii Beitrag geleistet, ln
Abb. a. Tussokgras, 1.0 m hoch. CamberlaiHlhni. Mai BMt2.
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IMc F4irtclianf(Drei«e d«r «tih wedisohen Smljiolexpodition n»ch S<i<lKC«>ri;ien.
107
Abb. 7. See*Elef»til) alte» Männchen (l'unberUndbal).
genwl«*r Linie awiHchen den Falklnndinrteln und Sbnf;*
rocke wurden folgende T^itungen auegofübri;
r>J* 7' siidl. Ib-.. :*5"4i>' wrtH. L. , . . UJOiii
•Vi*47' . . 51*3»»' , .... >50111 ,
:»3« rt' . , 47* 7' , .... SrtSiHn ,
IHese drei Tiefen, obgleich nn sich recht beachten.«»-
wert, liegen nmllirh von der Linie Ilurdwtmkbank und
Sbagrocke und haben deehnlb mit der Torliegendun Frage
unmittelbar niebta zu thuu. .\utaerordentlich wichtig
tat dagegen eine Lotung genau in der Mitte zwiacben
Shagrock» un»! Sftdgeorgien auf 53'^ 4H' hüdl. Ilr. und
40^ 57' wet«tl. L., die eine Tiefe T»jn 3380 m ergab und
Homii heweiat, dafa hier keine Gruiidbaiik vurbutidcn iat.
Uaa iat indeaaen an aich kein
(iegenbeweis gegen die .Annahme
von ileitcr, da ein uraprünglicb
ununterbrochener Faltungübogeii
durcli apAtere Verachiebungen
zeratQckt worden aein kann. Ibe
Ileobachtung einer auageprAgten
(rebirg^faltung auf Sfidgeorgien
nebst dem Funde einer Verateine-
riing daaulbst wird dereinai ihren
Platz in der Erörterung der Heiter*
acheu Hy|M>tbeae erhalten. Auf der
Rückfahrt fand man nordweatüch
von Südge<irgien überraschend
grsifse Tiefen, nämlich auf 50° 5 H*
aüdl. Hr. und 3K° 54' weatl. L.
4704 III, Tielleicht eine nicht ganz
genaue Ziffer, da es nicht völlig
sicher feststand, ob der Itodeii er-
reicht war, sowie auf 48° 27'sQdi. Rr.
und 42° lt>' westl. 5997 m. Iiu
Zusntmuenhange mit den dreizehn
Tieboilotungen auf hoher See sind
nun mehr mW weniger vollständige
Reihen von Tiefseewärmegraden
und WuBserprubeii gonommort wor-
den. Ihe eigenartigen Tiefenver*
bältnisse im Morftnenfjord sind
oben bewlirielten worden. Der
Hau]>tfjord ist 250, der Moränen-
fjord mindeHtens 14H in tief, winl
alter v(»u jenem durch oinoii Knd*
inoränenwatl abgesperrt, der an
Keiner tiefsten Stelle nur iingefAlir
10 m tief unter der Oberfläche des
Fjords liegt. Kigentümlich sind
die WärmcTerhältniKKe des AVasKers.
Während in dem llaiiptrjord in
250 m Tiefe * Llö** (’. und in
108 in Tiefe mitten vor der Moränen-
sebranke 1,55° ('. heiTHchten,
hatte «1er Moränenfjord in einer
Tiefe von 14>< in — 0,35® das
Wasser dieses abgeK|)errten Fjords
w'ar also offenbar durch die zwei
in ihn mündenden Gletscher ab*
gekühlt. In dieser kalten Fjord*
höhle fand man mittels Fischens
in einer Tiefe von lUÜ bis I4H m
in einer nicht geringen .Anzahl
Tierformen, die einmal für die Tier-
ge«>grapbie von Redeutung werden dürften. Erwähnens-
wert ist es noch, dafs wöhrenil der Fahrt nach Süd*
georgien nicht ein einziger arktischer Eisberg wahr-
genommen wurde.
Nach einer spaiei'en Mitteilung vom 17. .August 1902
arbeiteten die Forscher voiu 18. .luli bis zum 13. August
in der Gegend von Port l^ouis auf den F'alklandiuscln
und uiufNtu Dozent Obüti infolge eines l.iingeuleidcus
nach Europa zurückkchrpii. TWr die Forschungen auf
den FalklandinKelii wird ein liesondurur Rericht er*
scheinen.
Abb. S. 8ee-Elefant) Junges MUimchen (( umbrrlamlhai).
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W. w Hülow; I>ur v ulkunisch«* Atixbruch uiif <lt>r Iiitol Suvaii (|)«iit8oh'Sumoa'l.
Der vulkanische Ausbruch auf der Insel Savaii (Deutsch-Samoa).
Hc'obiu'httit V(i
Mii1iipt»o, 30. (ikiubür 1Ö02.
.Am 20. (1. Mta. rantb'ii mi'brm'e (rrt'if^-cnt iiud kleineru
Knlnlöt^o vtfttt, über die in uarhwtehender Tabelle, soweit
Wobachtet, daajenijfe antfe^elam ist, wa>< ohne Iii»tru-
mente und ((onu^mide VorkenntnisHc beubaelitct werden
konnte.
Ks weht4* Sttdont|iaesut und dus Mwr blieb vor
und nach den Krdsb>(»en unverändert- liie scheinbare
ISichtun); der Krdwelle war von Südeu naeb Norden.
Ileobaelitungspunkt war eine kleine Auhohc auf der
Nordseite der Innel Savaii, /.wischen t|en llörferii Snriino
und SaFotu f^elegen :
Oaiura ‘Jaguiereii Stark«; Zeinlaiifr
29. Okl. 1902 r»h 40"» |t. m. sehr stark ;t0 K«'kutuleii
, , , S,45,,, M-|ia:keh»'r 2
, , , "«45,,, solir scliwjieli 1 ,
, , . 11.47 1
HO. „ , 12, 20„h. • sUirk 2 ,
31. Oktoltcr.
.Vm gestrigen Tage machten sieh viele aehwäcbere
und ein stärkerer Krdstofs bemerkbar — der letztere
zwiscben 0 und 10 I hr vormittags. .\m Abend btv
merkte mnu eine schwarze Itaucbsäule aus dom Mittel'
gebirge, dem Tuasivi, aufateigen. Iler luaHivi besteht
auH einem Komplexe von mehreren, mehr oder weniger
parallel von Osten nach Westen laufenden Gebirgsketten,
die unregeimäfsig durch (^uerriegel verbunden sind,
zwischen denen sieh vielfach einzelne Dergkegel erhebeii.
.Alle diese llerge sind vnlkauiHcben rrsprunges. Viele
sind mit mehr oder weniger gut erhidteueti Kratern vor*
sehen, von denen einige mit Tagewasser caler Quell-
wusiH>r gefüllt stinl.
Hei llunkelwerdeii erschien an Stelle der Kaucbsäule
eine Feuernnule.
Die bestürzt« Bevölkerung brachte Alte, Kranke,
Schwache und Kinder in den östlicher gelegenen Ort*
schäften unter. Nietuiind schlief wälirend der Nacht.
l>er Äusbrüchsherd scheint gerade südlich von Safime
zu liegen und zwar auf der der Küste zunächst gelegenen
Burgketie. Der Berg wird von den Kingeborenen al»
Miiuga maji = Steinl>erg oder Mauga um ^ leuchtender,
weifsur oder mter Berg bezeichnet, doch ist der Name
des Berges dem Gedächtnissfi der Bevölkerung fast ent*
Mcbwunduii. Dalu der mit elueui Kratersee versehene,
seiner Zeit von Ib'inecke besurhte l*ainä (nicht wie
fäUchlich geschrieben wird l’aiir-i) auagobruchen sei, hat
sich nicht bestätigt.
Heilte morgen konnte ich deutlich wenig'^tuiis zwei
verschiedene FeuerschlOnde unterscheiden , die in ge*
riiigvr Kutfernung voneinander liegen. Diu auf dem
Gebirge liängemton itauchwulkeii verhinderten klare Ans*
sicht. Kingebnivne behaupten, drei bis fünf Aiisbrnrhs-
steilen nrkauni zu haben, die sämtlich westlich von
SaFunu lägen.
I. November.
Die vulkani^cliu Thätigk«dt scheint im Znnehnien
la'grifFen zu sein, .\bends schien die Kuuersaule etwa
1(K) Kufs hoch zu sein, während die Höhe der dieselbe
W. V. Büluw.
mngebunden, wie Feuer leuchtenden Bauclisäule etwa
30O Fnfs ge.sohätzt wurde.
bavastnömo haben aidi, soweit bis jetzt hekaimt,
nicht ergossen, sicherlich nicht nach der Nordküste zu.
1'^ steht fest, dafs zwei Vulkane in 'l*hutigkcit sind,
die abwechselnd zu arbeiten scheinen.
Während der eine nur geringe Thätigkuit unlwickett.
stöfst dor andere grofse, gelbe, rote, weifse oder
schwarze UnuchwidUeii ans. In dieser Weise wechseln
sio all. Der Wind weht aus südlicher Uichtung, so dafs
das Brausen, Bollen, Donnern und Krachen nach der
Küste hernhurschallt. Infulgt^ dieses Getöses, in V’cr*
bihdung mit den Berichten, welcbe gerade jetzt zufällig
in dem in samoanis«-ln>r Sprache durch dio .Missionan'
der Lundoner Mission veröffentlichten Missiniisblatl übi^r
«lie Vorgänge auf Martiulipte bekannt werden, wandern
diu Kingeborenen aus den den N ulkanen zunächst ge*
legeneii Ortschafbui am«. Nur einige wenige, mehr be-
sorgte Kingeborenu blieben zur Bewachung der Häuser
zurück.
2. November.
Heute konnte man am Morgen aufser den lieiduii
bereits konstatierton auch iuK*h einen dritten, an der
Westseite der Insel Savaü gelegenen Berg erkennen, dm-
al»er nur schwache Uauchwolken ausstiets. NachmittagH
waren diese Rauchwolken nicht mehr sichtbar. Der Berg
schien südlich von dem Dtirfe .VKaii (welches übiigcns
auf verscbuHlencn Karten hartnäckig fälschlich .A»aiia
genannt wird) zu liegen. Nachmittags setzten Gewitter
ein, diu «ich an den Krnterbcrgen his gegen Morgen-
grauen aufhieiteu.
Bei Kintreten der DuiikelbeiC komitu man feBtMtelIrn,
dafs die l>ciden zuerst tbättgen V'ulknue zu einem
Vulkane sich vereinigt hatten. Die Thätigkeit dersellM?n
schien iiu /.uiiebmeti begriffen zu seiu. ,
3. November.
Heute war der Vulkan um Tage in Wolken gehüllt.
Am .\hund stellte sich heraus, dafa die FeUeraäiili-
zuaiiuimeitgi-siiuken, das Feuerbecken dagegen erweitert
war. tlffenbar hat »ich eine gn>r»e I*avainnsse nach
der Südseite ergusücn. F.iuc kleine Feuer^telle unterhalb
dea Vulkaiies, welche übrigens schon am Abend des
2. Nuvember sichtbur war, zeigt keine besondere Thatig*
keit.
4. November.
Die Fcuurffäche des Viilkuniw gleicht einem Kirr*
kiicben. Die Flamme steigt nur selten zu bedeutender
Ib»he auf. Die Gefahr für die Dörfer der Nordseite der
Insul Savaii scheint vorüber zu sein. Weitere Bericht*
er-«tattmig halte ich für« er«U‘ nicht für erforderlich.
Ich komme nun zu ineitieii ethnologischen Bc*
«ihachtungen.
Wer jemals die Gelegenheit gehabt hat, den .\us-
bruch eines Vulkanes oder «len Wiederausbnieh eines
längst erloschenen Vulkanes zu beobachten, der wird es
sich erklären können, wiu es kommt, daN alle Natur-
völker den Gott des Feuers [M-rsonifizieren.
Man stell« sich nur vor; Zuerst das gewaltige und
iiu Höhepunkte ruckweise Huticln iler in Geburtswehen
li -genden Krde. Iiitnn entstuiut unter Donner und Dlitz
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Kraiifio: Kano Sknnilttia%‘ien due Stnrnmland der RIonilen und «1er liidti^erntAnen soiiiT
eine schwarze Uauchwolice dem Gipfel einoe Berge«,
die znm lUmiiie) nufHcbwobt. Ihr folgt die Feiiereiule,
T(»r wtdehe sirh, KuJisHen nicht unähnlich, hellere und
dunklere, d«h«i auch Terscliiedtm gefärbte Bnuchwulken
Kcbieht'n, die die pbunlu«tiMcbat«‘n Gcutulten bilden.
Der KingelKUoue erkennt in dieeeii Rauebgebilden
allerlei ülK^riitlisebe, geheiiuoiBVolle Weiten, die zum
lliumel nuffteigen oder auch aieh vom Himmel zur Krdo
zu Kenkeu scheinen.
Seine längst noch iiicbl verge.ssenen G«>tter kommen
lH*i der Oberflächlichkett aeiuer Buktdiruug zum ('hri.Ht«‘n-
tuui, Inii der Beobaebtung dieiier ungewohnten Nutuf'
ereigiiis^e ihm in Kriimeruug und in soineiit (todimkeii-
gange entsb'ht eit> Wirrwari der den MUi‘ion8fr(‘undeti
kaum Freude bereiten dürfte.
Am Morgen des erNten vulkanischen .\nsbrucbes
erklärte ein eingeborener kutholischer Religioiislehrer
hIIpii F.rnstes, dafs er einen Aitu *diie weifse
Wolke*^ habe vom Himmel hernitrder und in den Krater
fahren sehen. Kin wealeyanischer eingeborener „Pastor“
des IktrfcK Asuu, ln dt^m die HuiiptUiige Tufuga un«l
Masoe regieren, kanzelte den Weltenregierer etwa
folgpiidermafsen ab:
0 Gi»tt! l>u liebst das Feuer des Berges! Du hast
aber kein Krbarmen mit Tufugu und Masoc.
Weifst du denn nicht, dufs sie dich lK*singen? Wer
wird dir i^blieder singen, wenn sie nicht mehr sind?
( Offenbar schwebte ula höchstes Wesen diesem geist-
lichen Hirten mehr der G«(tt Tagaloa der Samoaner als
der Gott «ler Missionare vor.
Und ein Kircheninttglhul der I/f»ndouer Mission in
dem Dorfe Matmse, auf der Xordseite der Insel Savaii,
a|K)»iropbierte das Krdbebeu, welches er personifizierte,
gerade in dem Momente, als ein kräftiger Krdstols sein
Haus rfiltelte: Nimm doch das Haus, wenn du es durch-
aus za haben wünschest, aber Infs mich in Bube.
Die IVi^onifikation de« h>«U>ebeD» und des unter*
irdischen Feuers, Mafuie bei den SRuioauern, Maui in
Tonga, Hawaii, deu Marquesas Inm^lu, Manihiki, Kaeatea.
Niiie (Savage Island) und Maoriland. in letzterem wird
eine Vorfahrin des Maui auch Mahniku genannt (Tregear,
MH4iri*('«jmparative Dictioitary), Mafuik«', weiblich, auf
den Bowditehinsidn. Mahuie in Tahiti, Maiiike, weiblich,
in Mangan'wo, Mauiki in ^faugaia (Herveygnippe) ist,
wie in der alten Welt, «o auch in Polynesien ganz all-
(femein.
Und in der That wird keiner, der den Wiederaus*
bruch eines seit undenklichen /eiten erloschcmm Vul*
lOÜ
kanes in einem Lande miterlebt bat, in welchem eine
solche Nnturorschoinung der jetzt lebenden Bevölkorung
unbekannt war, sich dem inächGgru Kindrucku ver-
schlndseu ki^unen . den ein «ulchcs Kreignis auf die
Phantasie, die Nerven und das körperliche und geistige
Wuhlbefiiideii ausübt.
Ttafs nicht die Nerven aller gleich widerstandsfähig
sind, ist ja natürlich. Iiu ganzen muts man den
Snmoaneru aber doch da« Zeugnis aiisstelleii , dafs sie
die verschiedenen vulkanischen .\usbrüclie verhältiiis-
nmfsig ruhig über sich halxoi ergeben lassen, /war
verliüfsen sie die lK»rfer, die sie für bedroht hielten,
kehrten ab«‘r bei 'Jage in ihre Pnanzungen zurück, um
Nahrungsmittel zu holen. Iiitenrnsant war es, dafs nach
dem eisten Ausbruche des ^'ulkam's die meisten hlin*
goborencu ül>er Mageiibeschwerden, Verstopfung oder
Durchfall und Mangel an Ktslust klagten, also über
Beschwerden, die hei jungen S<»ldaten bei dem Kintnitu
in das ernte Geft>cht sich einzustellen pflegen. — Die
.Vufregung wirkt auf die Mageuiierveii.
2,'). November.
Seit dem ersten .\iisbrucbe des Vulkuiies bat eine
bestimmt erkennbare Kit'iffnung neuer Vulkane un-
scheinoiid nicht Ktatlgefunden. Fine tiefe, lauggezogene
Versenkung — *To“ — , wahrscheinlich die Hinter-
lassenschaft eines zusummciigebruchoiien Vulkane«, scheint
die Aiisbrochsstelle zu sein, in der sich von Zeit zu Zeit
neue Öffnungen, neue Feaerschlünde zu bilden scheinen.
Ibe Ausbruchsst«dle i«t weit entfernt — 12 bis 15
engl. Meilüii — Tim menschlichen Wohnungen und be-
hautem Laude.
Kine Gefahr für Menschen scheint also für jetzt »u
gut wie ausgesrhlossen, besonders auch dexhalb, well
tiefe, durch Bergketten und Hügelketten umsäumtc
Thäler zwischen dimi Kulturlande und dem V’^nlkaiic
liegen.
Die letzten heftigen Krdstötac fanden um 21. d. Mts.
statt.
.\iigeiibUcklich verhält sieb der Vulkan zw*ar ver*
haltnismüfsig ruhig; oh es aber rntsam ist, schon jetzt
die Kingeborcuen zur Kückkehr in ihre iKirfer zu ver-
anlassen, bleibt für« erste w'ohl noch uueuGchiedeu, da
die jetzige scheinbare Hube sich doch wohl erst als
dauernd erweisen mufs.
Beilauerlich wäre cs, wenn diese Natnrereigiiissr
eiucn iiuchhalug schädlichen Kinflufs auf die in guter
Kiitw’ickcliiug begriffene jnugo Kolonie uusühnti soiltun.
Kann Sknndinavirn das Staiiiinlauil der Klonderi
und der Iiidogermanon seiiif
Von Krnat H. L. Krause. Saarlouis.
Während der Diluvialzeit lebte in Mtiteleurupa eine
eigentümliche Menscheitform , kruiumlxdnige Wesen mit
starken .Vugeuhrauenwfllsten , bekannt als Neaiidorthal-
rasse oder Homo primigenius. Diese Menschen waren
Träger jener eigentümlichen Kultur, welche wir die
paläolithische nennen. Ks mag dabinstehen, ob sie
während der eigentlichen Kiszeiteu im heutigen Deutsch-
land ansässig waren, oder oh sie immer nur im Siimmer
als Nomaden zu den m'mllichen Feldern gezogen kamen.
tJedeafall« sind diese Stämme mib>amt ihrer Kultur
spätt'.stens bald nach dem Kndu der letzten Kiszoit aus
.Mitteleuropa verschwunden.
Die Süiiwestgrenze des letzten Inlandeise« verlief
durch Schleswig-Holütein, Mecklenburg und Pommern.
i .\]s das Kis sich zurQckzog, i.«t der damalige Mensch
ihm nicht gefolgt, nirgends finden sich Spuren {>aläo*
! lithincher Kultur im (iebiete der jüngsten (tlHzialmoräiie.
I Und auch in Mittel- und Süddeutschland kennen wir
j keine )>oHtg!azia]en Geräte diese« Kulturkreises. Nach-
: dem auch Süd^kandinavien eisfrei geworden war, bewuchs
I das Laud zunächst mit Zwergsträuch«‘rn und Stauden
von solchen Arten, die wir jetzt in deu iiiH’hgehirgen
; und auf der arktischen Tundra sehen. langsam und
allmählich traten höhere lÜrkenKträncher, dann baum-
artige Birken und ]'^{ien auf. Noch «päter l>edeckto
sich das Land für eine «ehr lange Zeit mit Kiefer-
wählern. Aber Menschen waren noch nicht eingewandert.
Dann kam eiue Zeit der Srukung des l^andes; .lütland
und Südskandinavicu h'isten sich ganz allmählich in
lnselgrup|>en auf. ]>amals war das Klima vielleicht um
zwei Grad wärmer als jetzt, ln die Wälder der heutigen
Ontseeländer drang dumaU die Kiche ein. Und nach
„ ■ - i by Coogie
110
I>r. llehrens: IMe Weecr.
(l«r Klebe kamen Menacben, Träj^er einer neoUthiftoben
Kultur. Es ist nicht unwahrncheinlich, dafs diese iltesteu
Hewtihner Skandinaviens die Vorfahren der heutigen
Ktnwobuer desselben Landes, dafs sie hochgewachsen,
langscliidelig, blond und blauäugig waren. Bis aiim
Beginne der Bronzezeit erstreckt sich der Kkandinavisehe
Kulturkrois auch über die südwestUcho OsiNeeküstc. Die
binuunlandischc Kultur des heutigen DeutschlandH war
abnlich, aber doch unterscheidbar. Dann aber drang
diese flüdlichere Kultur an die Ostsee Tor; Mecklenburg
verlor seinen Zusamnienbang mit Skandinavien und
wurde ein doutacbes l^nd. Wabi^cbeiitlich sind diese
alten Hewobnor Deutschlands nicht 1>etHicbtlicb vor*
schieden von den alten Skandinaviern gewesen.
Woher kamen nun diese Völker? Zuweilen klingt
aus neueren Arbeiten etwas heraus wie eine Hypothese,
dafs die blonde langsehAdeligo MenschenraRse in Skaiidi''
uaviun entaiiioden sei. Das ist naturwissenschaftlich
nicht denkbar, weil cs gänzlich ohne Analogie dustinde.
Alle Tier- und Dflanzenarten , welche in Skandinavien
vorkommcR) und dort zum Teil viel vor dem Menschen
triugewBiidort sind, finden sich nicht nur auf dieser
Halbinsel, sondeni auch in anderen Teilen Kuro|ia». und
zwar lehrt diu Pulaontol(»gie, dats sie ihre atiDerskandi-
navischen Wohngebiete nicht erst von dort aii.s erobert
haben. I'anzelne Kormen sind Skandinavien eigentum-
lieh, aber das sind Hybride oder .\bköujinUngu von
Hybriden cK^er geringfögige Änderungen einzelner .\rten.
So kann auch der skandinavische Mensch einzelne K4gen-
•■irhaften und Merkmale in seiner neuen Heimat ange-
nommen haben, aber es ist undenkbar, claf^ er sich in
der geologisch sehr kurzen Zeit, welche seit seiner Kiii-
wanderuiig vergangen ist, aus einer der anderen uns
1>ekai)nten (irundformen der Menschheit entwickelt habe.
Die l.Txkandinarier mö^ixen schon al« Europäer im
anthro|N>b>gischen Sinne (Homo europaeus) in ihre Wohn-
sitze eingezogen sein. Wenn man aus den Heer-HtrafNen
der Tier- und l^flauzcnarten auf die der Munseben
RchliefHcu darf, dann war die eiszeitliche Heimat dieser
alten MenKchenart wahrscheinlich au dun Gestaden des
westlichen Mittelmeeres und iiu nordwestlichen Afrika.
Wo bliebim die Neandertbaler? Nordwärts folgten sie
dem Eise nicht. Aus Mitteleuropa vursehwimleii ihre
Spuren, sobald die eiszeitlichen Felder mit Wald be-
wachsen. Wenn die l’alAolithiker sieb irgendwo balten
konnten, so war es in den Gehirgen oder in dun Step|)6n-
gebiutun Südosteuro|>as. Hier haben sie vielleicht in
geringerer Zahl gehaust, bis sie von jüngeren Einwan-
derern aufgerielHUt wurden. Der Homo primiguniu.s
gehört wie Mammut und andere diluviale Säugetiere der
Vorwelt an.
Wie verhalten sich nun die Skandinavier (Hier die
Germanen überhaupt zu den ihnen sprachvurwandtuii
und zun) Teil körperlich ähnlichen .\siatcu und Süd-
eurupäern? Ludw. Wilser meint, die indogermauisehe
Ursprache sei die .Spra«*he der Urbewohner Skandinaviens
gewesen und durch Eroberer verbreitet. Do« ist nicht
ganz wnlirscheinlich. In goRchichtlicher Zeit haben reine
Germanen ihre Sprache den unterworfonen \*ölkerii nie
aufguzwungen. Frankreich und Kufslnnd tragen ihre
j I.niide!*naroen nach germanischen Stämmen, aber die
Sprache dieser Länder ist nicht germanisch. 1'^ kommt
hinzu, dats gerade die germanischen Sprachen sich von
den anderen itidogennanischen durch I^iutverschiebiingen
uiitur<ebeideii. Diu jüngeren Lautverschiebungen der
Büttel- und 01»erdeutHcben lassen eich ziemlich sicher auf
Einwirkung stamuirremder FJemente zurückführun. Von
den Ursachen der Alteren gcmeingermaDischen Ver-
schiebung wissen wir nichts. Man darf vermuten, dafs
diu alten indogenuuniseben Sprachen aus Provinzial-
und Kolon ialdiaiek tun eines vorgeschichtlichen Reiches
in ähnlicher Weise hervorgegangen sind wie die roma-
nischen Sprachen aus dem Lateinischen und die eng-
lischen Koh)iiiaidialuktu aus dom Kiigtiacbeii. Vielleicht
existierte irgctidwuuii in neulithischcr Zeit iui europäisch-
asiatischen Grenzgebiet« ein solche» Reich, in welchem
die Herren reine oder wenig gemischte Skandinavier,
die Unterthanen mit skandinavischem Blute durchsetzte
Abkömniliuge von dunkelhaarigen Kurxköpfen waren,
und die Sprache dieses Reiches, zu der die Unterthanen
das meist« beitrugen, war das Urindogermanisebe. welches
sich dann rückwärts auch in die Heimat der Herren-
gescblecbter verbreitete. Dafs Mischlinge des Homo
etiro|>aeus das Zeug dazu liahen, anderen Völkern ihre
Sprache aufzuzwingen , das lehrt uns die Geschichte des
Lateinischen, Englischen und Rnssisrhen.
Die Weser.
Piine Iiyili-Dgrapliisclie DaMcllung uuf (!nmd ile» von (Icni iireufsiscluMi W'asscr-
iiusschnstio li<‘raiisgegel)i'iien Wosin’-Kiiis- Werkes').
Von Dr. Behren
Die Weser entsteht aus dem ZuHammetifiuRse zweier
gnifssTer (^uellflüh««, Werra und Fulda, die zusammen
ein Nicderschlagxgebiet von 12*f(>0<|km entwäRsern; da-
von entfallen auf das Gebiet der Fulda i>9ö.~>«jkui und
*) W«*ser unü Km», ihre Stn«mgcl«lpi** umi ihn* wicbti}r*teu
Nelwulliisse. Kine h><li-i>in*apbiM’l«e . WRS8*»rwirt*M*haftlicbo
und waoM'mvhtliche ilarsii'lltintr- Ln Auftmy:»' ücs preufsi-
»cheii WjwprausschiisBfH liprHU»gei;ctM.*ii vtrn 11. Keller.
Berlin, Veriaif von l>ietricli Keinmr (Kni»i VmUkuu), )9ot.
B<l. 1; J*tri»niKel*iete umi tiewii«ser. läl. II; ijneil- und NelHtn
rtuwe iler Weser (ohne .\ller). IM. 111. IMe Wejnr von
Müinlön bi» Geestetiiünde. Ifcl. IV; i»ie Aller und die Kmir.
Tatsdlenhiind : Ktmistische THlsjUen. Mi*tci»r»d*igi!»clie 'l’iils'Uen,
llydr*>i:raplu«clie l'alsdlen, \V:isserwirtM-h:tfUiclie Tal-llen.
Atlas mit :>4 Kiirtenlwilngen.
H. Brauiiscbweig.
I.
I nur .'t.’tOö 4|km auf das der W’em». Obgleich hiernach
j die crstcre mit ihren ZiiflnsKeu den gröfseren Teil des
I Gebietes abwässert und bei llorbwasRur auch den Haupt-
j anteil der Wassermassen liefert, kann man sowohl dem
I Namen als auch ihrer Natur im übrigen nach die W'erra
al.s den t^tjellflufs der Weser anseben.
. D«*r Hiiupit|uellbarh der Werra, die Tntcketie Wemi,
ent.springt in “Stirn Höhe in dem silnrischen .Schiefer-
I gehirge des Thftringerwaldes; Iwld hinterher vereinigt
sich mit ihr ein zweiter t^uellhach, die Nasse WVrra. Das
Gefällo de.H (^iiellbaclies beträgt bei 14,7 kni |,auflänge
24,9 pro Mille (I : IO), in xlcr übrigen noch 121,3 km
langen Strex'ke de» OberluiifM. der bei Ileimhold.HliauHen
endet, alM.T nur I,tl2 pro Mille (1 : Ö19)- IHe Entwicko-
Digi;:rcc! by Google
l>r. liohrdDs; liic W»-fier.
m
lunjf de« in d^r <^uellstrp«ke betrügt 22,s’i l’roji.,
nimmt über in der unU'rhulb gelegent^n Strt<cko auf
49, M IVoz. zu. Der t^iiellbach flieDt Ül>er markig grobe»,
vrirwiegeini aiin Kalk»t«in ItestehendeH Gerolie, auH
dessen Verwitlerung»erzeugni«»en die l'fer aufgebant
sind. Weiterhin bilden Gesteine de» Huntsandsteiu» und
Musebeikalks die l’fer, die indessen fast überall aus
»andig'lehmigent, mit Schotter gemengtem Hoden bestehen,
während sieh auf der Sohle Sebottur. Kie», Saud und
Schlick findet In der unteren Streeko de« Oberlauf» b«-
»ttihcii die I'fer aus lockerem, mit Kiu» durrbeetztem,
sandigem Lehmboden, wogegen auf der Soble Sand und
Schlick, <}anebeii aber auch KieKbünke Torbandeu sind.
Die mittleren Schwankungen de» Wasserspiegels betragen
innerhalb dieser Strwken 2,2 bis 2,ü m.
Da» S'icderi-cblagHgebiet unifnFst für den ganzen Ober- |
lauf eine Fläche von 276(D|km. Ibe von rechts ein* I
mündenden Seitenl>Äche fliefsen in südwestlicher Hieb- I
tung vom rimringerwalde; sie kommen mit starkem I
Gefälle beral» und vcrun»aeben nach »lärkeron Kegenfällen I
nachteilige Überschwemmungen. Die Ilachufer »ind meist *
»teil geböscht und die Sohle ist fs»t fiborall mit Kie»
und Gerölle, in den unteren Strecken auch mit Sand
bedeckt. Auf der linken Seite der Werra ist da» NieJer-
»chlagsgebiet bis in die Gegend von Meiningen nur
schmal, do.thalb sind die ihr zuerst zuflieDendeu Buche
nur »ehr unbedeutend. F.rst von dort wo dieW’erra in
grofHein Bogen die Vorbergo der Rhim umfilefst werden
die ZuflQ»»« gröt»er. Hier empfängt sie die beiden
größeren Xelxmguwäs»er, dio Fulda und Flster. Beide
besitzen ein ziemlich starkes Gefälle; dasjenige der I lster,
das hei einer Lauflange von 57.7 km 9,22 pro Mille be-
trägt, wir«! zum Betriebe vieler Mubleu HU»geuiitzt, ver-
ursaebi aber bei plötzlicher Schneeschmelze und .ntarken
Regengüssen ein schnelles Zusammeiistn'tmfii der Wasser-
müssen. Die l'Lter entspringt auf dem Nordabhange
des Heidelvteins und hat nur kleine ZiinüMse.
l>er Mittellauf der W'erra beginnt bei Heimbolds-
hauseii. Das in Schichten de» Buntxamlsteins eingenagte
Thal besitzt bi» zur Ilör»e]müiidimg »anft gerundete
Tbntwände von geringer Höhe und hat in der 'Hialsohle
roeist eine BreiU* von diH)m bis 1,2 km. Die Ufer de»
FiuRses bestehen hier meist aus sumligein Lehmboden,
während die Sohle aus Sand und Kies zusammengesetzt
ist. Von Ilürschel ab hat da» hier beginnende und bis
zum Kude des Mittellaufs oberhalb 'I’reffurt reichende
Durchbrucbsthal zwischen den »teil bis durchschnittlich
!.'»() m ansteigeiiden Muscfaelkalkwäiiden selten eine
griVfaere Sobiciibndte als 800 bis 100 lu. In dieser
.'^trecke fimlen sich auf der Sohle Ablagerungen von Sand- '
steingru» und gn^sun Sand, wie auch von Geröllen un«l
Schotter in gnTserem l iufauge. Da» (iefälle in dieser
75,2 km langen Mrecke von HeirulMiIdshau^en bis Treffurt
beträgt nur 0,572 pro Mille (1 : 1750). Die Flufccnt-
wickelung erlangt dagegen im VerhnltniH zur Luftlinie
<leii ganz beträchtlichen Wert von 10H,9 I‘roz., die aller-
dings hauptsächlich durch <ien vielgekrümmteo Verlauf
de» Thaies bedingt wird, während die 1'jitwicke.lnng des
Iiaufca tm Thaie nur 19 Broz. beträgt. Die Wusserstand»-
Hcltwnnkungeu des Mittellaufs sind nicht wesentlich ver-
schieden von denen des Oberlaufs; sie betragen liei
Heimboldshuusen im Mittel etwa 2,.'i m,
Den gröfsten Zuwachs erhält das Nie<lerscbUg»gebiet ,
der Werra im .\!ittcllaufc durch die Ibimel, die das Kin-
ziigsgebiet um mehr al» 21 l’roz. Vermehrt. Diese nimmt
die von der Xordostseite ries 'I*hüringerwatden kommcu- I
<U‘ii Wasserläufc auf der linken Seite auf. Von rechts I
münden nur einzelne ganz unWdciitende Bäche iinmittcl- I
bar in die ilorsel. da hier die Nesse, deren N U'<ler'‘cLlag»- !
gebiet mehr als die Hälfte de» ganzen Ilönmlgebietes
umfafst, alle gröf.sercn Seiteugewässer aufiiimmt und der
Horsel zuleitet. Die oberhalb und unterhalb der Hörsel-
münduug der Weira zuflielsendeii Bäche sind durch-
gehends ziemlich uiibtHleutend.
Bei Beginn des Unterlauf« erweitert ^ich da» 'Uhal
»chnell und geht in eine etwa 2,4 km breite Niederung
tibcr, die nur voriilKTgohond boi VVannfriwl eingeengt
wird. Indessen eutelehen au verschiedenen Stullen, an
denen der Fluf» »ich mit tiefen Stofskurveu in das ihn
um 2<H) bis SiHIm überragende Berglund cingeuagi hat,
enge, schluchtaiiige Thalstrecken. Wie in der untersten
Strecke des Mittellauf», finden sich auch um Anfänge des
Unterlaufs zahlreiche ^cbotterbänke auf der .S>hle des
Flufülaiifs vor. Die Ufer bestehen in ihren unteren
Schichten aus Gerölle und Kie», in ihren oberen Teilen
UUH mehr <Hler mtndor »chwerem Lehm. Das Gefälle de»
H2 km Inngen (‘nteriaufs beträgt 0,7(t7 proMilIe(l ; 1410)*
Die Kntwickelung de» Flufsiuufs ist noch zieinjich 1 k-
trächtlich, da sie einen W'ert von 54,7 Pn>z. besitzt. Die
Sdiwaukungeii de» Wasserstande» betragen im Mittel
2,1 bis 2,7 II). Die Zunusse sind nicht unbeileutend.
Der grötste ist die Wehru, die in 641 in 1 {<>Ll' am
hoben IlirschlHTg entspringt und al» bedeutendsten 7a\-
flufs die Sontra aiifuimmi.
Für den ganzen 208,2 km langen Flufslnuf der Werra
ergioi>t sich im Durchschnitt ein Gcfällu von 2,26 pro
.Mille (I : 442), Die Kntwickelung des ganzen Werra-
laiif» »tfligt auf 112, .5 Proz.
Der zweite t^nelinufs der Weser, die Fulda, entsteht
an der Hohen Rhön durch dio Vereinigung mehrerer
kleiner Bäche, von denen der Hauptqiiellbach (iui Fulda-
brunnen) bi» H45 m hinauf reicht. In ihrer ganzen
Länge ist dio Fuidu, mit .\usnahtne dos geräumigen
ThalkeggeU bei Kassel, mehr oder weniger tief in den
Buntsandstein der von ihr tlurchfiosseueii Burg- und
Hügelzügu eiagesehuitten. IHe Tbalwände, die teil»
sanfte, teils Hchmffe Hänge aufweisen, nelimen nufsab-
wärt» im allgemuiiten an Höbe zu und steigen in dem
engen Thale der untersten Stm'ke bi.s zu lH()m auf. In
den /.ahlreirben Scbleifeu, die darauf binweisen, dafs es
sieb um ein Krosioasthal handelt, sind die einspringenden
’l'halwände meist steil, die vurspringenden aber mcLt
flach guböftcht. IHe Breite de» rhales vergnifsert sich
in der bi» Uersfeld roichenden Strecke de« OlHu laufh bis
auf etwa 1 bl» 1,2 km, abgesehen von einzelnen Win-
dungen, in denen di« Breite zwischen 200 und 500m
wech.»elt. lin Mittelläufe, der bi» zur Kdcr reicht, wie
auch in der obersten Strecke des Unterlauf« bis Kassel
I hin ändert sich die Breite wiederholt zwischen 40U m
und 1,2 km. Bei K&Mfml l>e»it/.t die iin Thale eingebettet«
.Klluvialiiicderung eine Breite von 2 bi» 3 km. Gleich
unterhalb tritt die Fulda in ein Kngtbal, das »chlietsUch
in den 1km breiten Mündener Thalke».»«] fibergeht. Da»
Bett l>e»teht am i^utdlbach« meist aus Lehm, wiibreud
sieb am Oberläufe feiner und grober Sand, doch auch
öfter Kies vorfindet. Flulaabwärt» iiburwiegt mehr um!
mehr dor Sand, doch kommen noch mehrfach Kies-
banke vor.
Die Wa«»urRtand»»chwaiikungen gewinnen an der
Fulda fluNabwärt» stetig au Gröfse. Der Fntursebie«!
zwischen dem niedrigsten und höchsten N\ asserstaude
beträgt am (^uellbacht* etwa 1,6 bi» 2,0m, im Oberläufe
2,.’) bi» 3,Xm und am Mittel- »md Futerlaufe oberhalb
de» Kugthalea 3,0 bi« 4,2 m, in dem Kngthale selbst 5,0
bi» .'>,5iii. An der Weser erreicht er die (Iröfse von ^,5 m.
Do» Gefälle lieträgt auf der 38,0 km laugen Quell-
»trcck« 1»,2 pro Mille (1 : ö.'i), am t>6.1 km langen Olmr-
laiife pro ^lille (| : 1120), um 73.7 km langen
112 l>r. Bchfuiis
Mittelläufe U,7(iU pro Millu (1 : 1820) uuil aiu t4,7 km
lanj/en {'nt4>rl»tife 0,837 pi'o Millo (l : Kk be-
initft au der ifunvaut Fulda, din einen Lauf von :
ffenanit 217,5 km Länf?e besitzt, durchschnittlich 3,39 pro
MlUe (1 : 295).
Trotz Heines iiu all^'euieiueu uucli Norden gerichteten
lainfes erreicht die Kntwickelung de* Flu*«eK wegen
«einer vielen »chleifeuartigen Windungett den reelii be*
deutenden Wert von tit»,7 Proz. hui t^iiellbaebo, von
09,5 Proz. am Obrrluuru, vim 7 1,4 Proz. am Mittelläufe
und von 00,s Proz. am riiterlaufe. Ffir deu ganzen
FIuMauf Hleigt er sogar auf 105,2 Proz.; davon entfallt
aber der gröfste Teil auf die I jtiwickelung des stark
gewundenen Thaies, die 09 Pro/., betrügt, wahrend die
Kiitwicktdung des Laufes ini ‘l'hale allerdings auch noch
eine (iröTse von 22 Proz. hat.
lOe Fiiede, ein Seitenhach. der sein Wasser aus einer
Aii/4thl vom Khdugebirge und vom Vogelsberge, buupi>
sächlich aber von dem beide trebirge verbindenden Lnini*
rücken konuueuder kleiner Gewässer .sammelt, hat ein
gröfnere* Niederschlagsgebiet als das t^uellgebiet des
ilauptlaufs. Ks treten dann eine Anzahl kleiner Ge^
WHJtser hinzu, die vom Vogeisherge kommen. Der Über-
lauf des Flusses geht bU zur Humiomündung. I>ie Hanne, -
der bedeutendste Zuflufs des Oberlaufes, entspringt auf
der Hhön in 4(i0ni Höbe.
I>or Mittellauf hat keine gröfseren Seitenbäche.
Durch den Hiuzutritt der Kdcr am Degimi des
Uiiterlaufs vergröfsert sich das hier 3007 qkm grotse
Gebiet um 3357 qkm. Diu Kder besitzt demnach ein
grötseres Niederschlagsgebiet al* die Fulda bis zur Kder-
müudung. Von dem 3.857 <|km gmfKen Kdergebiete ent-
fällt dabei eine nächc* von 1291 qkm auf das Gebiet der
Schwalm.
Die Kder entspringt am Kderkopfe im Pothaargebirge.
Da» Thal, da« sie durchfliefst, ist im allgemeinen tief
eingesebnitten. .Vn der von übs'r 100 m hohen lk*rgen
eingefafhten hiderpforte verengt c* sich von 1 ,5 km auf
OSO III. Unterhalb derselben beginnt das an den engsten
Stellen nur löüm, an dun weltostun Stellen .500 bia
600 m bridte Kro»ionsthal , in dem die I'Mer mit zwei
grotsen Schleifen zur Fulda fliotst. Ihr Gefällu und ihre
Kniwickelung sind auf diesem Wege ziemlioh grofs; das
orstere beträgt diirchschnittlicb 2,70 pro Mille (l : 370),
wahrend die Kotwickelung des Flufslauf* S9,S Proz. Imj-
trägt. Vom Kücken des Scliiefergebirges und vom Hunt-
Kandsteiiigebirge erhält die F^ler nur ganz imbedeutendc
Hache, die Zuflüsse auf der linken Seite sind ansehnliclter,
namentlich kommen von der Wiiiterberger Hochfläche
eine gröfsere .Viiznhl von kleiuuu Wassurlftufun.
iKsr gröfsle Nebenflufs der Kder, die Schwalm, <lie
dem Cnterlaufe von rechts her ziiflicDt, entspringt am
V'oguUberge in einerüruppe von (^uullen, die im Sommer
versiegen und w'euig zur Speisung des Wassurlauf« Imi-
tragen. Die Seitengewäsger sind im allgeiueinun recht
uubvileiitend. Da» Gefälle erreicht für den ganzen
Wasserlauf eine (irof*e von diircIiRciiuittlich 2,70 pro
Mille (1 : 371).
Iin rnturliiijf nimmt die Fulda nur noch zwei gröfsere
Seitenliäehe auf.
I>H» Gebiet der oberen Weser miifafst die Kinze]-
gubietc der von der Vereiiiigimg der iHÜdeii ()ucUflüs«e
bi** zur WcHcrsoharte (f'orla \Ve;-tpbalica) bin einiuünden-
den gröfseren und kleineren Zuflüsse. Ks liegt zmn
größten Teilv iioeh im hessi*-ehen Herg- und HüguÜund«’.
zum kleineren Teile im niedersäch-isehen lU*rg- und
llügidlande. Die Grofse dieses ticbiele<i beträgt im ganzen
(!713qkin, wovon auf die beiden bedeutendsten NelM*n-
nn^se des AlischuitteH. tlh» Dieniel und die Werre. 1762
Die Wpjut.
und 1490 qkm entfallen. Die st romantwickelung beträgt
auf der 199,6 km laugen Stiveke im Verhältui» zur Luft-
linie S6,0 Proz., ist alter in einzelnen kürzeren Strecken
noch gröfser, so namentlich unterhalb Vcithciui, wo »ie
auf 212,0 Proz. auwäcli«t. I>er gröfste T»‘il der Kiit-
w’ickulung fällt <lalM>i auf die Thalkrümmnngen. Scitroffe
RicbtuiigHündemiigen kommun niclit nur in weitmmholeii-
den .Schlüifen, sondern auch in kflrzer«'n Hiegungen vor;
indessen gehen hierbei diu HHlbme».ser dar Stromkrüiii-
inung selten unter 200 in hinunter. Strouispaltungen
kttnimeii nnr an wenigen Stellen vor und »ind hier inuiHt
durch .Vldaguriingen schwerer Geschiebe untstauduii.
.\uch die Strum«i>altuug l>ei Hameln ist wabrsebeinlieli
durch die Schuttablagening der Hamei verursacht.
Das Gefälle des Strome« wechselt auf längeren Strecken
zwischen 0,493 (l : 20S0) und 0,.809 (I : 32321. Im
allgemeinen nimmt es stromabwärts ab und lieträgt im
Durchschnitt für die ganze Strecke der oberen Weser
0,387 (l : 2584) bei Mittelwassurhöhu. .Auf kürzeruu
Strecken sind die Gefu)lsuuter«uhiede oft recht erbeblicb ;
beispielsweise finden sich in der mittleren Strecke wieder-
holt Stellen, au denen das Gefälle bis über 0,6 pro Milie
anw&ebst, während e» l>ei der Mindciier Hrficke sogar bis
auf 1,16 pro Mille steigt; anderersHit* nimmt es oberhalb
de» Hamcluer Wehre« bl* zu 0,023 pro Mille ab.
Da« Strointiial iat an der edieren We*er überall von
dtMitlich ausgeprägten Thalwändeii begrenzt. OrofHure
Lücken sind an der WerremOnilung, an dem Hulzmindener
Kinschnitte und an der ilatnelncr Senke vorhanden.
Da« Tliai liegt von Münden bis über die Dieuiel-
mündung hinaus ganz innerfaalb des hessischen Hunt-
sand.»tcingebirge«; unterhalb der Diemetmündung ist da»
Thal auf der Grenze der Huntsandateinformatiuueu des
recht« gelegenen Solling und dem Muscbelkalke de» link«
liegenden Höxterscheu Hügellande* einge«chnitteii; bi«
zur Kinmermünciung bt^fiiidet sich da« Thal meint inm-r-
balb des Musclndkalke», wähnuid e« weiter unterhalb bi«
Ilessüch-Oldendorf bin den .Ausläufer de« Keupergebirges
durcliRchneidet und uuierhaJb auf der Grenze zwischen
dem link« liegenden Kcup<.T und dem Jura der Wc«er-
gebirgskette verläuft. .Auf diesen gebirgsbUdenden Ge-
steinen sind nufser alluvialen auch diluviale Auflage-
rungen vorhanden. Im allgemeinen ist ein breites und
flache» Thal vorhanden, nur oberhalb «ler Diemclmündung
und zwischen der For*tl>ach- und Kmmermünduug han-
delt e* »ich um ein tief elngeschnitteiie* Krosionsthal.
Die Breite de* Stromes zwischen den rferrätidorn
ergiebt «ich im Mittel für die Strecke bi« Karlshafeii zu
etwa 100 in, von ila bi« zur Kmnierinündung zu etwa
120 bis 130 m und weiter unterhalb zu ungefähr 130 bis
140 ni. Bezüglich der t'berschwtunmimgsgefabr bestehen
an der oberen We-er »ehr günstige VerhältnifiMe, da Ja*
mittlere Hochwasser iiii gr^ifsen Durchschnitte nur um
0,5 m höher ist als die ('ferburdeti.
Die Sohle de« Stromes l>esteht fast durchweg aus fest-
gelagertem Schotter mul Kies. Die Ffer bestehen in den
oberen Strecken au« suudigeui Lebiu, von Herstellc ab
HU« fettem I,irhiiibodeu, dessi'ii Cntergrund teilweise ans
'l'hon umi .Mergel, teilweise au« Kies und Gerölle gebildet
ist. An den uiiter«'’ii Strecken bat der Strom wieder fast
überall aus tbonigem, seltener sandigem o<ler kiesigem
Leimte be.stebemla Cfer.
Mit .Ausnahme der beiilen gröfseren bereit» oben ge-
nannten Nübenflüsse. iler Diemel und der Werre, hamlelt
e» sieb am I.iiufe «ler olwreii We«t;r nur um Verhältnis-
mäNig kleine Wasserläufe. V<m Münden bi» ziirWeser-
sebarte liegt auf der recliten Suite ilu« Strome« die Wn«*ei'-
scheide mir in geringer Kntfernuiig von ihm, so dafs die
auf dieser Seite zufliel!>emleu WasserläuFc nur geringe
Rüoheraohaii.
113
I.«üD|^ü oniwickelti, wühreiid sich ila« Gobiot iiuf dor
linken S«-ite »ehr Tiel welUr aiü^duhnt und daher auch
Hat* zur Kiitwicknlun^ jfrot»o!*er SdtenzuflClKBe frt*i Ufwl.
Die auf der Wiuterber^r lIockflAche enUprioji^Htidc
Dietnel durchflierNt in ihrer Quellatret'ke ein enges, von
Kteileu Ih'rgon begrciiztuB Thal, das bei llocbwasBer fast
in ganzer Hraite überttchwemint wird. Itei Scherfede
gebt dieses Thal in eine 1 bis 2 kiu breite Niederung
über. Weiter fluisabwärts» TcrÄndert die ThalHohle nielir-
fach ihre llreitc, imlom sie sich »ehr stark zusammonKieht
oder zn au»ehnlicher Druite erweitert. Der 1Ü4.9 kui
lange Klufsiauf erreicht im Verhältnis zu der nur 69,3 km
betragenden Luftlinie eine Eutwickidting von 31,4 Proz..
während in der untersten stark gewundenen Strecke die
Kntwirkeluiig sugar bis auf lQb,6 Pn)z. steigt. Dhh Ge-
fälle, das in der obersten Strecke 14,3 pru Mille (1 ; 70)
l>oträgt, Terminderi sich zwar nach der Mündimg zu,
doch ist es f(ir den ganzen Flufslauf iiu I>urch»chnitt
noch immer 5,52praMill« (1 : 181). In dor (^uellstrecke
ist die Sohle dos Fiursbuttes mit sehr grobem Schotter
liedeckt, der flufaabwärts an GWifse erheblich ahnimmt.
The Werre mündet, kurz l>eTOr der Ilauptstrom die
Wesprscharte erreioht, von links ein. Ihr grötsterNeben-
flufs ist die Klse. Die vom Teiitohurg«''rwaldt! herab-
koiuineiideii Wazserl&afe vermögen keine grofse Länge
zu oiitwickelu, da sie schon nucb etuem verhältnismäfMig
kurzen Laufe abgefangi'n werden. Noch kleiner sind die
Iläcbe, die von Norden her in die Werre und Klse mün-
den, da hier die WasserHcheide ganz nahe an beide Flufs-
länfe heranrückt, Kiwa.« gröfsereii Itauni zur ICntwicke-
lung eine« Wasserlauf« bietet nur du« südustJicbe Gebiet,
aus der die Hega der Werre zulliefsti Das Flufsbett der
Werre ist überall so tief in das Tbalgelände einge«chiiitten,
duf.H kleinere IlcM;hwas«er ohne Ausuferung verlaufen.
Die Ffer besteheu meint aus mehr <Mler weniger sandigem,
biimosent Lehme, der auf sandigem culer kiesigem Unter-
gründe ruht. Die Sohle ist meist mit Sand, Btelleiiweise
auch mit Kiu« bedeckt. Eie Entwickelung des Flufsluufs
Ist wegi-^n der erheblichen Kichtungsänderung an d«*r
Kiniiiündung der Klse für 4leii ganzen Was'>erlauf nicht
linheträchtlich, da sie bei 69.4 km Lauflange und mir
37,3 km Länge der Imftlinie 86,1 Proz. erreicht, ln den
einzelnen kleinen Abscbnitten ist dagegen, abgesehen von
den olniren Strecken, die l’ntwirkelnng nicht sehr be-
deutend. .\ueb das Gefälle ist nur in <len olmreii Teilen
«turker, ormäfsigt sieh alier in der Näbe der Mündung
auf 0,630 pro Mille (1 : l.'>90).
Auf der rechten Seile der Weser können »ich wegen
der geringen llreite des NicderRchIngsgebiet«!» nur kleinere
Wasserläufe entwickeln.
Bficherschau.
Fiiblex Si Kolk'Talas fr«Mii au Kastern Kore«t rollec*
te«l aiul Translnted by Walter Skeat« lllustraCeil b>
K. If. Towusentl. (‘jimbri«lire. Ai tlie rnivemiiv Vref*.
1901. H.
\V. Skeat, der uns in seinem grofxen Werke „Malay
Magic* (Londim I9u0) in sn vortrelfliclier Weise die volks-
tümliche Religion der Malaien von Malakka gescbildert hat,
gicU uns hier eine kleine vtuswahl von Fnlxilii und Märchen,
di« er im Jahre 1K90 au« ileiii Munde malaiischer Kauern
sellwi gesammelt. Die iiieisteii deraelWn sind Tierfulielii, in
denen eine .trt Antilope, von Kkeat ,inousedeer* geiiaiiiit, die
KoUe dpH Heinecke Fuchs spielt. Die Gescliiciiten sind fast
alle humoristifich. Kinige derselben nind alte Kekauiite. die
in anderen Märchen- und Fab«l«ammluugen wiederkehren.
So «Tlie Felican's PunishmenP (8. laf.). l)«r Pelikan Undon
liieiet »ich dem Fisch Kuan an, ihn und «eine ganze Familie
in einen underen Teich zu tragen. Kr tritgt die Fische fort
und frifst sie auf. Al.s kein Fisch mehr übrig ist. sucht er
auch den Kreits Ketam zu laurügen, der sieht alter die Spuren
der gotöt4‘t«n Fische und erwürgt den Pelikan mit «•unen
Scheren. Die Geschichte ixt identiscli mit dem buddhisti-
sehen Baka-Jätnka (FatisliAII. Jätakux Nr. .'t3), wi» der Krani<'li
die RoMe des Pelikans spielt (vergl. auch Benfey. Pantacha-
tantra I, 1T4 ff.). An die bekannte Geschichte von der un*
dankbaren Schlange, die ihren Krretter tüten will, erinnert
die Fabel „The Tiger gvts liLs deaerts* (S. ZO f.): Kin Tiger
wird in einer Falle gefangen. Ein mitleidiger Munsch Iwfrelt
ihn, <la der Tiger verspricht, ihm uirhts zu thun. Kaum ist
der Tiger befreit, si» will er sich auf den Mami stürzen.
Dieser veranlafst ihn zu warten, bis er einen SirhiedsHcbter
gefragt, wie es rieb damit verhalte. Kr fragt die Strafse:
„Ist e« recht, Gates mit liüseni zu vergelten'* Die Ktnirxc
antwortet: „Ich thue den Menxchen Gutes, «ie alter thun mir
Ohles, imlciii sie mich verunreinigen.' Sie konimnii zu einem
Kaum, welcher sagt: „leb thue den Menschen Gutes, sie alter
sehneideii mir die .\ste ab und fällen mich sttgar.* Kndlieb f
kommen sie zum Mouiedter. welches die Iwiden bis zur FhIIc
führt, mn die Sache genau zu untersuchen. Der Tiger mufs '
in die Falle xteigou und Hodet hier «einen To<l- JJekrtniit ist
auch die Fultel ,Thc T)g»T hiuI the Slutdow“ (8. yn f.): Die
Tiere fürchten sich vor dem Tiger. Das Moustsieer schlägt
ihm vor, es wolle ihm jerien Tag ein Tier bringen, um ihm
die Mühe zu ersparen, erst ein Tier jagen zu müssen. Am
nächsten Tage bringt es ihm ein ganz kleines Kichhömehen
lind sagt: ,lch konnte dir kein gr5r«urox Tier bringen, denn
der Weg war vt*n einem fetten alten Tiger versiierrt. der
mitten auf der Strurxe sitzt.' Da ruft der Tiger: „Koinint,
wir widieii ihn verjagen!* Sie fohnui ihn zu oiiiein Waxaer.
zeigen ihm sein Spiegelhild, und da« Mou»Mlcor «agt : „Sieh,
hier Ist der fette alte Tiger, den wir gesehen.“ Der Tiger
springt in« Wasser und ertrinkt. Diettellte G«*chie)ite wird
im Pantschatantra z. K. vom Löwen und lla»en erzählt (vgl.
Itenfey, Pantschatantra I, 179 ff.). Diese Beispiele dürften
genügen, um zu zeigen, wie wertvoll die von Kkeat gtwaiii-
meltuii Krz&hlungen für die vergleichende Märchvnkuntie
sind. Z» liedaiium ist nur. daf« Kkeat, dem ohne ItSweifel
mehr zur Verfügung stand, urs in diesem Bändclien nur so
wenige Pn>ben malaiiw'her Faheldiehtung gegeben hat. und
es wäre nur zu wünschen, dafs ersieh im Interesse der Wissen-
schaft zu einer weiteren Gabe entsehliefsen müchte.
Pmg. M. Winternitz.
Theodor Kocht Die («uaikurugruppe. Mit zwei Kurten.
PiMHeiten. (Homierdnick au« Bd. .3ri der Mitteilmigrn der
Antht*up«dogi»chen tt«<tMrllM’haft in Wien.) ltHi'2.
Der Verfasser, welcher mit der K.v|>edition Hemnnnii
Meyer im Innern Küdamerika« war. hat die Ktämme d<^
rha<M> zu «einem besonderen Studium giunacht und darülwr
schon vvrxchiiHlene gediegene Abbandliingeii veh^ffentlichi.
denen sich die vorlicgcinlo anxchli*Tst Den GlobiisIe«erii
ist aus Hand m| wohl uik'Ii die reich mit Ahbildimgon ver-
sehene ArUdt Kt«:hs ül>«r die Guaikuni-otämme in der Kr-
imieruitg, in welcher ilieae (liesonders die Toln u. Kndimki)
nach dorotbnograhpiscbeii Seile ausführlich ta-bundeli wunleti.
Die vorlicgonde gn'ifsere Ahhainllung ist nun eine Krgunzung
und Krweiterung jener. Iwi der uiiim'ntlich die sprachliclien
VerhäUnlx'o Wriieksiehtigt wenlen. Reiche W«u'terventeich-
nisst! nach allen sorgfältig liermt/ten Quellen und eigenen
Aufzeichnungen, sowie grammatische Skizzen, vergicicheinle
8prachUilwllen (i^ahlwürter) imichen die Abhandlung zu einer
x«hr wertvolb-n und für die Kenntnis d*T Kthiiifgraphi«* Hml-
amerikas iinentlM)hrlichen.
Dr. Fr. Wfihiier! I>as Konnwondgoblrge im riiier-
Innthal. Kin Typus alpinen Gehirgxhauit«. 1. Teil.
Mil 9*t Ahbildiiiip-ti, 19 Licbtdnickiafeln timl einer g«se
logischen ÜbemichLskarte. liwip/ig u. Wien, Fr. Ih*nticke.
1903.
Die eiiigeheade Mon<n:raphic de« Soimwendgehirge.s. von
dor der erste, reich uuxgifsUtlcle Kami vorliegt, dürfte eine
vxllsutridigc rniwalzting in unseren .\n.riehU‘n von dem .\uf-
Imu iliewr Grupiie der nürdlichen Kalkalgun hcrvorrufeii-
Früher hielt man diesellie für nulV-rorduntlieli einfach
giäbnut, wie dies in den Zitaten öfter *u Tage tritt, w*'|chc
in der das Knch einh-iiemb-n , mit ausführlichen kriiixcheit
114
Buchtrschau.
Hemerkungun ver»<?hmmi Oliomirlit «ior Litteratur gex«k>en
«n<l. Tm tU>n Bau aufziiklilroii, hat sich der VerfaHner vor
allem bemüht, durch vietjtthrlgc i*4iUhmtnUigiache AufüMmn)-
longen, sowie genaue i>ein>gr»|jhwche r«tersucbung der vor-
kuinmeiiiien Sedhneatgcsteiue die notwendigen rnterlagen für
die (iliMlerung deiwelltou zu schaffen. IHc wichtigsten KeKiiiuitc
sind eiuesteÜH in einer stratigrHphisclien üliersicht nicdergelegt,
welche die vorkotnmenden (M>«teine (Werfener Schichte» bis
Oosauschichten aufwärts) kui-z charnktarieiert , andererariU
in einem hesimderau Knpitoi über die IhslMkatioasbreccien.
die im Sunnwendgebirge stratigraphisch wie tektouiscit von
Iar«oiid«rer Wichtigkeit sind. Weiterhin sei hieraus noch
hervorgehulten, dafs es l>ei der Tutersuchung der Kscieaver-
hälliiixs« gelang, die koraliogene Kntstehung der «ugouannUrn
UifTknlke zu erkennen (— iiachsteinkalk früherer Aut.), so*
wie das Auftreten von Kadiidarieugesteiueii nachzuweisfn,
deren Vorkommen mitten in den tiesteinen der Kalkalgen
natririich für die historische (Icologie der (Irup^ie von gröfster
Lksleutuiig ist. !ii Htnem zusainmenrasttetideu Abachiiitt iilwr
die Urograjdiie und Tektonik giebc der Verfasaor eine kurz-
ginlräogte t'lKTsicht über seine Ansicht v«>m Ikm der Uruppe,
aus der folgendes mitgeteüt we^len stdi. AU riiigrenzuiig
wird iui (Ut4*n die Rrandenburger Ache, im Huden das Inn-
thal, im Suüwostcn und Wesuni der Achensoe, und ini Norden
die über das Kogljoch fuhrt'iidn Kinseuknng angenommen.
lUn Pufs des so uingrunzten Oebietes nimmt haupts;ichlich
der llaiiptdoiomit ein, der mit ziemlich steilen Wituden ale
bricht , nur am Hildosleck des Achensee# Anden sich auch
andere üeitoine. Im Norden fklit der ln>h»mit südwiirta.
seine Wände erheben sich dort bis etwa SüOtim. daun folgt
eine Kinsenkung. die den Kbssener Kchichteii entspricht, Ül>er
der sich von neuem schroffe Kalkwände des eigentlichen
(iipfelgebirges erheben, die pbenfalls südfallendeu jüngeren
(«esteinen (olierrhätisph-liasiscben Hiffkalk — Agtycbeukalk)
angehüre». lU im Kndteil die obere Urenze des Haupt-
dolnnuta viel nietlriger liegt (bei 1300 bis 1400 m), so schien
dt«s tianze eine u^hr einfach gehauce südwärts uinfaliende
Sclndlc. Verfa-Hser Itehauptet nun dem geirenüber, dafs der
Uau nicht *o einfach sei, sondern dafs der Uauptdolumit
seine grofite Mächtigkeit und htihe Kantenlage im Norden
.\ufschiehuiigen von Süden her verdanke. Hafs solche Ober-
s4*hiobungen von Süden her im ganzen tlebirgsstork etwas
ganz Uewobnliches sind, hat er in den leichter stratigraphisch
zu gliedernden und deshalh leichter zu erkennenden Uipfel-
gebiet«» uachznwAistm versucht, und dieser Nachweis ist
ihm, s«>weit Heferent lieurteiWn kann, der das tielriet leider
nicht aus |M-rai>nlicher Anschauung kennt, vollständig ge-
lungen, indem er dort eine mit inialellartiger Kegsdniärsigkeit,
Sclninheit und Tteutüchkeit auftrstende Hchiippenstruktur
aufgi'fuiiden hat Die Aufklärung wunle in dem x'orliogenden
(iebiot durch die Kahlheit der Gehänge wesentlich brgimstigt,
und »u gelang es, im Ostteil desselben vier (bis sechs) ülwr-
eiuander geseiii»beiie Mmssp» v<m Hiffkalk zu unierscheidpn
und durch einen grofKen Teil de* Gebirges zu verfolgen.
Ihe Iteschreibung dieser Verhältnisse itn einzelnen nimmt
«len gröfstun Teil dns Werkes ein. Hie winl im vurliogenden
Katid nur für de» Astiieheu und südlirhe» Teil der Grupp«,
die liiuge des Haiderjoehs, des ilofait und eigentlichen Honu-
wendjochs im engeren Hinn durchgofiihrt und in ausge-
zeichneter Waise erläutert dun*h vorzüglich wiwlergegebeiie
rhotugraphieen, die zum Teil zu Panoramen der in Betracht
k<H»mend«n Züge xereinigi sind, zutu 'i'eil Kmzelbilder be-
sonders interessnnlei' Stellen gelwn. l>ie beigegeltene geo-
lr»gib4*he Karte i*it nur in grofacii Ziigeu gehalten und stdl
iin /weiten Hund tiurch eine genauere ersetzt werden, für
die bis ji't/t noch die pass4>nde (‘nterlage fehlte.
Prof. |)r. Greim.
^\ilhi‘lni IMirpreltl« Troja und Ilion. Krgebnisso der
.\usgrnbumr>*n in «len v«irhisu>ri«chen und historist-hen
Schichten von Ilion laTO bi« iaj»4. ITiter Mitwirkung von
A. ürückner, II. v. Kritz»*. A. G«Hze. H. H<*hiniiU. W. Wil-
Iterg, H. Winnefeld, ü,'i2 Seiton mit 471 Abbiblungen itn
Text, »ip Heilugen. H Tafeln. Athen, Hock und Harth, lüU‘2.
Ihks dem deutschen Kaiser gewiilmelo Werk kann nU
eine für «lie (?egeiiwart al>«chlier!wnde Arlieit g«dten üla*r
alles, was «»dt Schlieiiiahiis Ausgrnbungeti üla-r «las vor-
geS4-hi«'btlicb»' uiiil ge««‘biclitlicbe Ilion erforscbl und la*kaniit
wurilo. K« ist eine mit echt «i»-uls«‘iier Gründlichkeit und
tb’lehrsauikeit »lurchgefiihrte Zusaiiiiiienfassung um)
Hevision de« Von Srhlioumiiii und seinen Na«'hfolgerii auf
Tn'juH Tniuiim'i^tiino geleisteten, eine klnr«*, m^•1h^sli^«•ll
inu'terliufte, alb-s lierück>ii»-htig»-tiile Huxtdireibung. w«-l»di'*r
nii-ht tiiir »b-r Fai-hiMiiiin, «uiderti nuch je»b*r lüdicT Gebildete
ohm» Schsx i«trigk»'it«'n zu bilg'-n x«.»nimg. I’iiil wie w..|il »li«*
/:tbl ilvr Mitnrladter. di<> l^irpfeM die ilHini reh'liten, ein«>
nicbi geringe ist, erscheint das Ganz«* doch aus «inetn
harimtiiischen Gusse und oliiie lieinerkhare Widera{irüche, in
eluor Haelte, in dar sonst die Meinungen .so stark aufeitiaiid*>r
plaizeti.
Die Hnuptarl»eit ftel Kehlienuitins uiteni Mitarbeiter
Dr. Wilhelm Dorpfehl zu; seine Gehülfen sind mit eiri«r
AuciihIiuic (dem Numisiiintiker) sämtlich au Ort und Ktelle
Itei den Ausgrabungen l»eteiligi gewesen, was \on h<iheni
Wert lad der Heurteilung der früher «»ft zweifelhaften
Hchiehteuf*dge und den damit xusaomicnhängemlen Fragen
war. Wfthreml iKirpfeld selbst di« Geschichte der Aus-
grabungen und die vcrsrhiv<ieuen aufeinander fidgen«}en H»u-
werke bi« in «la« Licht der Geschichte beschriel«?n hat .
übernahm llulau't Hchmidi den wichtigen Teil der Keramik,
Alfred Gütze die Beacbi-eilmug »ler übrigen prähittbirisebcn
Funde, Winnefeld laihnndelte die Skulpturen untl Grabhügel,
Hrnckner die Inschriften, II. v. Fritze di« Münzen Ilions.
Die Gt^hichte Trojas schrieb wietier A. Hrückiier, während
zum Schlüsse IMrpfeld das homerisch« Tmja im Zusammen-
hänge mit den Ausgrabungen in der Lamlschaft schildert.
Wenn man bedenkt, dafs noch lUe» die Phantasieeu eiiias
gewissfut £rii«t Hiittcher emsi« Beachtung fanden, dafs das.
was Schllmtmun ausgegrale-n habe. nt«maU Troja -Ilion,
wmilem ein grofscr Leichtuiverhrenuungaapparat gewesen sei.
und dieser oigentlich nicht ernst zu n*•hn^enrte Mann »«ar
nach Tn»ja zur H«si<-htiguiig il«r Fmidstäiie eingeladeii
wurde, kann man sich ütH*r die Klärung, die heute Platz
gegriffen hat, nur fnuien. Ks ist jetzt gelungen, »lie v«r-
schii*denen Schichten und ihre Zeitdauer festzulegeti . uml
nach D<>rpfeld« rnters»ichuiigon gestaitet sich die F«dge wie
nach«teh>uid ;
Ansiedelung. l’ngefilUre Zeitdauer:
1. rralt« Ansie«lelu»g 30u0-«-2.%iK) vor (-hr.
2. PrähUtorivhe Hurg 25uO — 20iH) , ,
3.*— .'i. Drei pj-ähutoriMdie Dörfer . . . 2ouo — liOO , ,
fi. Das homerische Troja HKȟ ,
7. ZweivorgriechischeAusioilelungen 1000— 700 , ,
M. Da« griechische Ilion 7oO — 0 , ,
9. Akro()oUs des rOmiwehen Ilion . o— 000 imeli ,
F« gewährt eine eigene Hefriedigung, wenn man sich
durch die klare Auseinandersetzung des Archäologen iiml
An'hitekton Dbrpfeid dur«-hg«arla‘li>*t hat — es sind 220 Seiten
mit vielen lehrreichen .\bbildmigen — und schliefslit'h zu »lur
t'b«‘r/eugung gelangt, daf# all« neun Schichten reinlic)i und
gut liestimmt sind. Dann kommen die zwei Prähiatoriker
/um Worte. Wahrxnnl Sch)i«'iiiaun noch die kerami«chcn
Krzeugnisse der verschiedenen pSuidte* «üiizqIu Itehandelf«,
fufst H. Kchutitit alle riterreste der zweiten bi« fünften
Schiebt zusHmmeii, vor denen noch die uralte erste, über
denen jene vom homorischan bi« zum röminchen Tr»»jn liegen.
Dal« di« Töpferscheibe in der erstoo uraiten Ausiwiebmg
«chon IwDUtzt worden s«i. wie Kchliemaiin nach eiurelneii
Stücken aimahnt, k^>nnt« Schmidt mit Fug und Hecht zurück-
weisen. Die Keramik jener Schicht ist eine «cht prä-
hisbirische, wenn auch eine vorgeschrittene. Sie wiril, wie
auch 1*ei den fitlgenden Schichten, jetleumiai nach Technik,
Fonuen und ttrimmentik behaudelt. Fiufache geometriach«
Midivn zim) in der Ornamentik dieser ältesten Keramik
iiiHisgelien'l, Liucarverzierung herrscht vor. Die durch
S<>hlieiuaim bekannt gewordenen und su oft abgebildetea
aGesichtsvaftcn* wenlen jetzt, ihrer Formeneigentümlich-
keiten halber, hU „metiMdiengeslaUige* be/eiebnet. Syste-
matisch zergliedert s«*hreitet in de» 70 von liultert SchmitU
verfafHten Seiten die gewaltig«, furmverwdiietlen« Fülle der
Keramik au uns in Htld und Wort vorüls-r, um mit eiuem
Anhänge ül««r di« Pirhoi, jene gewaltigen «chlnuclt- oder
hinnmfürmigen Krüge, zu w|ili«riien, diu aicher als Vornxts-
gef.äfse erkannt wurden, w-i« in ibiiun iThulienc Rest« be-
weisftii. Auch wurden aie in Räumen gofuntleii, die man als
Küchen- »Hier Wirütcbarisräuinu »b'Uteti inurm
Dit- übrigen zahlndchdi präbislonschen Funde haben in
A. (ii>tze einen h'Tv»UTag**nd aachkuitdigcn He»rl*eiter g«-
fumluii, der allcnling« bezüglich der Zcitbeetiuiiming der
Gagenstütiile vielfach v»>u Schiivmanns Deutungen abweichen
miilHte, jetzt aller (soweit mt'iglich) eine sichere ZunH'hnuug
der 0»*guiistäu(l»‘ zu den einzelnen Perioden aufatellen konnte.
Kr iHjImtidelt »lie KJeiugorätti aus Metall, Stein, Kooebeii
Uinl Th<iii; di«> er'‘te. älteste St'hicht gesondert, die zweite
bi« fünft« zusamiiienfasiiond. leider ist die erste am wenigsten
i'rforscht und die mei«t »ehr beHchadiglen Steinhämuicr ge-
«tnitcn keine typologisch« Kinleilung, so dafs Gütze «ich auf
technische lieRchreihiiiig, lielmtKlIung der 1k>hrltW'h«r u. durgl.
iHHchniiiken tiiufstu; von Metall koimncn nur kleine Messi-r
HU« Kiipf> v («»der Hisiu/e) eigener Art, in Betmehl, vielleicht
au«‘h einige KniH-)»>-i»gi*ri»te — <hi« ist allu«, was wir von der
Klein« Nachrichten.
115
KuMiir der erxtcn, älieirteu Kchirht n«b«ii den
negenAtänden kennen. Bei den darüber liegenden Bchirhten
2 h(K S kommen zunü^hst die liwkamtteii ,Hchatzfuinio' mit
dem berühmten «Hehatz de* Ih'iamm* in Betracht, eine ganze
.\nzabl, deren Zu.*amineiu>et/ung und Ik^leiilung aWr «ehr
verwhie<len i*t. Viele, wesentlich au* HchmuckiMu-hen he
»teilend, wenien «l« TreHon» reicher Krauen gedeutet; andere,
li«i denen auch Waffen gefunden wuttleu. sind wtihl Kninilien-
«chÄtjce gvwceeii. Was die einzelnen Gegenstände aua Metall
IwtrilTi, M* liHtideU cs »ich nel>en dem Hchmuek, den ^Waffen,
dem Werkzeug. Hausgerät u. *. w, um »Geld*, jene Tausch-
mittel in OestAll von Flachkelteii. die Götze zuerst im Globus
Ikl. 71, H. 217 tiescliriuben und aligebildct hat. Gold. Klektron.
Stiller sind die verwendeten Metalle; eine Kupferzeit ist für
die erste Schicht nicht erweisbar; es tritt von der zweiten
an gleich die Hrunze auf. l'nter den Steingeräten der in
Rede stehenden Schichten fallen namentlich .Axthämmer von
einer Grörs«, Feinheit der Ausführung und Schönheit des
Material* {auch Lapis lazuli) auf, wie sie ähnlich ander-
weitig kaum gefunden w'urflen. Neben ihnen rohere, einfachere
Korniaii. 3Ie^w>r aus Feuerstein, ganz ühereinstimuiend mit
den deutschen. Die ft*chate Scliicht und den Biginn der
»ielienten rechnet Götze dann der inykenischen Kulturticriode
zu ; 6* folgen dann weniger ergiebige Si'hiehtun, die !«chou
mit den Ältere« I’eri«Hlcn der Mctatlzeit Südosteuropas zu-
»animeiifallen.
Damit wäre die Anzeige des Werkes, suw-eit diese* in
den Kähmen des Globus fRllt und der knappe Kaum ea
gevtattet — leider zu kurz! — , erledigt, denn die folgenden
Abschnitte über MarmorbiUlwerk«, Inschriften. .Mütuen, die
Geschichte Trojas entziehen aich unserer Zuständigkeit.
K. Rerger.
Borudowskij : Karte der Mandschurei mit alphabeti-
schem VerzeicImiH der auf ihr vcrzeiclineten Namen.
St. l’etershurg IbOl. Verlag der Kanzlei des Finanz-
ministerium-'«. B“. 3.H K. timi Karte (72,.'i X Öü cm). In
russischer Spracht*.
Diese Kart«, im Maf.«*iiab von BO Werst auf einen russi-
schen '/a>\\, wurde zuerst IB07 hurau-'gegeben . als noch die
Nat‘brichteu ülier die MaudHchun-i aehr spärlich waren. Kino
zweite Ausgalie erschien Ih 90 und war schon vollständiger.
Heib'utend auder* wurde es aber noch l)oi der jetzt vorliegen-
den dritten Ausgabe, inzwischen war eine Heih« gelehrter
Expeditionen in die Mandschurei gemacht wonlen; v» lagen
die eistüiltahntechnischen und ge«dogi«chen Kntersachiing«*M
I der Ingenieur« der chinesiM>h«ii Osllwhn vor, ferner viele
instrumentale Aufnalimcn und astronomische Ke^timmiingi-u,
endlich hatten di« intlitArischeii Kxpeditioneii und Kekognos-
zi«rungeii dos lAiide* infolge des It>>.xerAufstand(>s statige-
funclen. Alle» das hat viel Lieht iu das alte Material ge
bracht, sowi« diu Kenntnis d*-« I^nih-s in joib-r Keziehung
orweitert. Diese geaamten, nach dem Jahre lagti erw-hieiienen
und vom Verfasser liemitzten Materialiou sind in einem Vur-
eeichiiis zusammengestellt, das drei Hi'ilun des Texte* ein-
nimmt. Alwr aufserdem sind noch viele ungi-druckte Ma-
terialien BUS dem FinanzniiDisterium und Imndschriftliche
Karten der ÜfHziere der Hchutztrup|ie der chinesischen Ost-
Imhu la'nutzt wordfii. Das ganz« reiche Material liefs sich
bei dem Mafsstabe iler Karte nur mit Auswahl verwenden.
l)er Wirklichkeit ziemlich nahe kommen nach der Versiche-
rung de* Verfassers die Angaben der liewohnten Orte und
Verkehrswege, die Lage der einzelnen Gebirgszüge und
-ma&.*ive hätte dagegen nur annähernd angegelten werden
kötineti. Bezüglich der Nachbarländer reicht die Kurt«; bi»
i Söul, T«'hifu, Teking, Tschita, (’haliarowsk, Wladiwostok und
I meist Qtich etwas darülier hinaus. Das russisch« KHchtgebiet
i Kwan-tung ist aur»er der Haaptkarte auch noch auf einer
Nelienknrlo, im Mafwital»- von 20 Werst auf den Zt>ll, dar-
I gi-»ietU. Fünf ander« Nebonkarlon enthalten Kläne der Htädte
I B4mIuiiu (Po tu-tio), Giriu (Kirin), Miigdcn, Ningut» und Zizi-
I kar. Die Tmnsskription der chinesischen Namen i*t die in
j Kiifsland übliche, nach der nöriliichen. Pekinger Aussprache.
Das alpbabetische Ortsverzeichnis weist auch synonyme Ih-
nenuungen auf, die nicht auf der Karl« »tehen. Hei einer
Anzahl Orte auf dem Verzeichnis ist deren geographische
Brett« und l^äiige angegelieii unter Nennung der Quelle, t|er
die Zahlen entnommen sind: e* sind «lies diel’unkte, die liui
der Bearlieitung der Karle al* Grundlage gedient halten.
T. Pech-
Kleine Nachrichten.
Abdruck nur mit QMllsBsn(tnb< gmUttet
— Dr. Dagobert Hc1io«ufelds Keise in den ägyp-
tischen Kudan. ülior di««o schreibt uns der Reisende aus
Kain», 10. Januar:
„Xu einer cingehonden wissenschaftlichen Vurliereitung
auf die«« lieiae bin ich erst gelangt durch das litterarische
Material, welches hier sich mir darbtit. Die Bildiothek des
rhiHliv« wtmh: täglich hevueht; Graf Gleichen, der Ghef der
.'Vbteilung des Gcneralstabes für den Kudan, hatte die Ge-
fälligkeit, mir Berichte und Karten Alter die cnglisch-Ägyp-
lischo Intm^Äsensphäre zur Wi-fügung zu stellen und mir
schriftUch« Kmpfehlungen an sämtliche Mudire der dortigen
Hauptstalionen zu geben. Für Krythräa «teilte mir der
italienisch« Gesandte Mar({uis Balw'ago ein warmes Kmpfeh-
hmgS'cchreilH.'n an den Genemlgouverneur Martini au*. Den
14. Januar r«i»o ich nach Maviaua. Hier werden La.*t- wl«
Kciiiier« nebst den erforderlichen Kogleitmamiflchaften an-
geworWn. Es geht <lann übor Saati, Asmara. ('hereti nach
Kassain. Von ilort über Gedärcf uml .'Vbu-Harnis nach dem
Rlau«n Nil. Je nach dem Wasserstandc entweder zu Schiff,
(Ml«r mit Karawane nach (’hartum und TTm-«d-Duriiian.
Dann den Weifaen Nil hinauf nach Fam-hoda. Ich mach«
e« von den Umständen und von dem Intereasanteii. was sich
auf den einzelnen Plätzen mir darbietet, abhängig, wie lange
ich Verweile, Professor Schweinfurth war gleichfalls hier in
Kain». Er hat mich mit sehr wünschenswerten Katwlilägcn
für meine Ausrüstung unteratritzi."
— Di« Schlichtung de« chileoisch-argenliniaehon
Orenzstroites. Da* romanische .\iuerika ist das kla*
siach« Land der {«renzstreitigkeiten . und di« Widerseitigen
Ansprüche benachbarter Kepuhliken sind zum Teil so ge-
waltig. dafs bei ganz einseitigor Erfüllung dieser Ansprüche
der Nachliarstaai di« Hälfte seines Terriluriums einl'Afsen
würde. Kchlimm sind di<««* KontrovenM-n in der Kegel nicht,
sie machen nur den Karr<»grapheii Kopfzerbrechen; eine
aller i.*t irnrnnr recht liedenklich gewesen; di« zwischen Chile
nnd .\rgetitinien. Der Gn*nzstreit zwischen diesen am
weitesten fortgeNchritt>‘n''D »üilamerikaniachen HepuNlken ist
mindestens 50 Jahre alt, und alle zwei bi* drei Jahre w^urd«
er aknt. man hört« dann von Küstungen auf iHiiden Seiten
und der Unvermeidlichkeit «ine» Kriege*. !).■** war auch
wieder vor Jahresfrist der Fall, und damals .schien e* wirk-
lich nicht- l»«im Säb«lnt-*«eln bleilien zu w<»||en. Hs gelang
jedt^ch England, da» viel Kapital in den beiden Kejiublikeii
Kiigel»*gt uml einen Kri«^ zwisehcn ihnen mehr zu fürcliien
bat als sie scKarr, auch diesmiil. die Gemüter zu iH-schwich-
tigen und, was die Hauptsache, sie zu einer ondlirheti Pliiiigutig
zu bewegen. König Eduard VII. sollte Si-hiedsrichter *oin,
und eine Kommission mit Oberst H. H. Ifoldieh an der Sjijtze
Unterlagen und Vi»rschlÄge dazu liefern. FMuanl VII. hat
die Vorschläge dor Kommission zum Urteil erhoK-ti, und da*
beunruhigende Moment ist damit jetzt hoffentlich au» der
Well geschafft. Natürlich liÄlt der Rchiwlsspruch die g<d«leiic
Mitte zwischen den Ansprüchen beider llopiibliki-n, doch «*»,
daCs di« strittigen Teil« des Nordens in der liHnptsarhe
Argentinitm . di« de* Südens f'hil« zuge»prochvii sind. Im
ganzen bat wohl Uliil« an Gebiet etwas gi-wonnen (zwischen
45 und 4ä* südl. Kr.), abt-r iu den dort wirisc-haftlich wenig
wichtigen Anden. Die welsch« Kolonie des » 1 ü. Oktolwr*
(43* sAdl. Kr.) ist mit den Thälern von Nuevo und t'holila
Argentinien zugefallon; dieses Gebiet verspricht viel für
Weiden und Ackerbau. Demgegenüber gewinnt t'hile viel
Waldland und Wolle pn»du/.ienmdp8 Hochland. Die Haupt-
flache liei der Schlichtung des Htreites ist jedenfnIL*. daf* nun
jeder der Nachltarn genau weifs, was ihm g<‘hört , uml sich
ungestört an die Entwickelung seines Gehieb-s heramnachen
kann. Eine Kartenskizze mit der netian Grenzlinie flmlot
sich im Januarheft des „(loogr. Joum.“.
~ Palaoky polemiaiert (VerhdI. d.doutseb. z<m>I. Ges.,
13. Vers., ibu3) gegen die gegenwärtig noch landes-
übliche Kiuteiliing der I<h nder f a u neu , welche von
Sclater und Wallacc hcrrühri, aber bt-reit« lange nicht mehr
dem heutigen /ttstande der Wissenschaft entspricht. K» giebt
«Iten keine glcichukäfsigeTi Grenzen einzelner Faunen, welche
für alle Tierklasscn geltend wän*n. .^m wenigsten laugen
Kieiiio Naohrichten.
iir>
liifnu ili«« tiuiorn|^n«*n ttn>l K|uii oiitwickelien
Sanjratien*. Kio« Tl4*rklH'(«v ••niwickvltv sich
nach ileu Verhältnisse», welche sie U>i ihrem Kntstuhoii vor-
fftiul. Wenn auch <li*> Geolugie uicht alle Uätset Kiseiikann,
HO iiit sie (loch im siande, es liei den meiste» zu thun. Im
Kpifseu und Konzen ist die vorteitiära Verbraitani; der Tiere
weni^ wicbti};. Allerdings kOuuteu neue Funde diesen Satz
noch etwas ändern. Al>er nach d<-n> hisherigen Stande sind
nur einige Kemaiionzeii wie Kaie, Oanuiden, Uatteria, ('era-
icMles u. «. w. erwähnenswert. Pas Tertiär ist di« K|Hirhe
der Kauijenhildung. Wenn Australiaii an dem Fortschritte
keinen Anteil mehr halte (aufser Srhlangen , Nagern und
Floderuniusen), Nenseelaiid uur die Fledeniiaiise und Fische,
so ist diese« ein negatives Krgehni«; e* }>uweisi uur, dafs die
Kntwickvluiig kein allgemeines, sondern ein lokalisiertus Kr-
cignis war. Khunso fehlt cs an Pai.«‘n iiWr das Alter der
Vi'igel iibcrhuu|it, besonders aber der Wasser und Meeres-
viVgnl. l>io hchildkndcn sind sicher tut Ausstcrlwu l»egriffen.
Pie Kiderhsen sind gänzlich aberrant. els»n«o i«t di© Ver-
breitung der S(‘hl.'ing»'n abnorm. Ikd den Fischen zeigt sich
uine grofsere Ähnlichkeit in der Ti«fsi‘(*. Hei den Vögeln
giebt es keine iiearktische Region, am schärfsten sind Asien
wüstlich iiml östlich des Uimaliiya g(*schiedeii. Pie bereits
von Zittel aufgestellten drei Regionen, Australien. Hüdainerika
und Kurasieu, als surcessive Schopfuugszeiitren bleilten das
Pest«, was man bisher weifs.
— Verbreitung der tlahixlasarten. Aus den de-
WHSM-rii im ftiifsersteii SUden Amerikas, auf Neuseeland.
Tasmanien und im siidlirhsleu Australien, war einn furellen-
ähnliche Fischgnttimg. die (talaxias. bekannt, deren Vertn-tor
man vor einigoii fahren auch im südlirhsten Afrika, in
einem süfseu Gewässer Iwi Kapstadt, vorfand. und in dem
Vorkommen dieser Fischgattuug in allen am weit*>st<'n gegeu
den 8(id|n>l vorgescht»benen l^ndnmst-eii sah man vielfach
einen Hevreis dafür, dafs einmal ein grofiwr autarktischer
K«»itiueiit existiert halwn iniissH. Iiii (iegeusatz zu der
M^-inung, dafs «a sich hier nur um Siifswass«rt1s(*he handle,
hatte G. A. }k>ulenger in seinem Huch „Lm pois>iims du
Imssin du Congo' l>einei'kt, daTs nicht alle Arten derGalaxia«
auf Süfswassei- tw^chräiikt seien, und dafs die Thatsache, dafs
eiuigu sowohl in den Flüaseii wie im Meere lebten, gemigi«.
mii die nU.-«olbHrie Vi-rieilung der üntUiug zu erklären.
Iloulonger kommt in der «Nature* vom 'i<. Novciutwr v. J.
uochiiials auf die Angologonheit zuriiek und erinnert daran,
ilafs F. K. 4'larke in Neuseeinnd mit H. Vullentin auf den
Falklandinseln gefunden hätten, dafs die Galaxias attenuatus
auch in der 8ee lebt; in NeuwH.'laud zieht sie zeitweise zum
Meere hinunter, wo sie von Januar bis Marz laicht, ln
Clieieinstimmimg mit dicker Gewidtnlieit halH* diese .\rt
einen viel grofseren V^rbreitungskreis als die anderen Arten.
Ferner inaebt Houb-uger noch auf eine in den «Ti-ansHCtions*
des „New- /^alanil Institute" (XXXIV, S. 11M4) von F. W. HuMon
l>«M*lii'iela*ne Art, Gallaxias boHansi, Kiifmerksam , die im
Januar lUül liei den Aiicklnndinselti gcfundeti w<>rd>-n ist.
kr meint dann zum Schlufs, mnii werde nun hofTcnilich zu
der Kinsicht komiueii, dafs diu Familie der tialaxiiden nicht
durchaus auf süfse Gewässer be'<chrankt mji.
— Hülfsakliun für die deutsche Sfidiiolar-
etpe<liijoii. Von den I>enksrhriften . di« dum Ktat des
Rcichsamls dos Innern fnr Udgefitgt sind, handelt eine
von der dout.'when .Siid|>«;|»rexpsslition. Hs wird darin zu-
nächst um XMcljtmwilligung von •JO.M.ai Mk. für Mehrkosten
ersucht, die dadurch uiitstamiun sind, dafs der Aufbruch der
„Guufs* von de« Kerguelun «ich um sechs Wwhen verziigt-rt
hat. Aufserdeni alter wird der Reichstag um s«Mne Kiu-
willigiirig da/u ursiicht, dafs für den Fnll . dai’s bis zum
I. Juni d. J, keine Nachricht von der Kxpeiliiion cingeht.
das Reiclisanit ein llülfssi-liifl ausrüMen und alr*endeii darf.
Hie Kosten durften die der englischen llUlfMtx|M-dtlion
(4s.'i0ü0 3Ik.) zum mindesten err**ichen. lb«.griiMdei wiril diu
Forderung wie folgt: Pii* cnieiit lH*fragien rmuiischen und
w jsseiischaftlichen SuchvorstHiidigen" seien «iiumiiehr ein-
stiimnig* 'lei* (riwrz»‘ugung, dafs angesichts t|er uul'serordeut-
lichen Schwierigkeiten und ttefabren. denen die duutwlie
Kx{M**1itioii Imm ilinmi Vordringen in x‘üilig uniH-kannte Ite-
l*iete Is-gegne. »u«! ,l».r l'nniögliehkeit s*'ustigcr Hülfe Wi
eim-m « lunigeii l'nfall der .(laiifs* schon dann eine Jlülfs-
exptsUtjoii vorlwrcitet Werden müs>e, wenn bis zum 1. Juni
kein« Nachricht eiiigetr«>fTen sein Millte. Auch der
heiter. Von Prygahki, haU* von de» Kerguelen aus ciuc
solche Mafsnahiue laifürw ortet . allurditigK daliej iN.iotil, daf«
es sich nur um ein äufsersies Mufs der Vorsicht handele,
da er ja für eine zweit« ülierwiiiterung ausgerüstet, und
mit «iner «»Ichen auch sonst von vornherein gerechnet
worden sei. Hishcr lag bokanntlich im l'lane, eine Hnlfs-
«xiailttiou erst daun auszuseuden, wenu bis zum Fiuhjahr
1904 keine Nachricht eing<^ngen wäre. Zur Änderung
die««rs Flanes scheint das Vorgehen der Kiighinder die Ver-
anlassung gegelieii ZU haben, die ein HüIfaSi'hilT lH*r«^iiii ini
vorigen hotumer al>geschickt hHlwii, da sie zu enistcn IW-
sorgnisseii um ihre «Discovery* Grund zu halvn glaubten.
Man kann es mir billigen, dafs unser Kcichsatni des Imierti
dem Heispiei der Kngländer folgen will; denn ilie (|eut<cho
Kx|w-diiion sieht sicli ungleich grüf*«rcii Schwierigkeiten
gegeuiilsT iiN dic oiiglische, dcrcn U|K‘r«lion«basi» tlie gut
liekaniiie und b-iebt erreichbar«* Küste von Victorialaod ist.
Pas Ziel der deutschen rntenichmiing ala-r ist Termination-
land. ala‘r •*« ist keineswegs sicher, dafs db>scs wirklich exi-
stiert . und cs ist uiigewifs, wohin sie »ich scbliefslich ge*
wariill hat, wenn jenes l’ularlanti in der ITiat nicht vorhanden
ist fsier nicht zu erreichen war. Per Reichstag, so darf
man hoffen, wird der Regierung freie Hand lassen, und wir
sind dann eine enuite Sorge lo». Sg.
— Per Moskauer Dialekt gilt lx?kamitlich für den
liuiipt und typischen Dialekt aller grofsrussischen Gebiete.
Mail nimmt ihn als Ausgangspunkt 1>ci der Krforschuiig der
grursru«*i>chen Dialekte und die Kthiiographcu legen ihn
ihren rntcrsuchungen über di« Sprache des rutaischen VoIkiMi
zu Grunde. Allein beruht die»e Meinung wirklich auf Wahr-
heit« Gehiirt der Moskauer Dialekt, wie allgemein ange-
nommen w'ir*l, thatsächlich zu der südlichen gi’ufsrussischeii
Dialekigrup|M*« I'in der Sache auf de« Grund zu kommen,
hat N. W. W'olkow Forsi-huugcn und Reisen in und iini
Mmkau, sowie in den angrctizcmleii Gouveniemcnts gemacht
und dabei alle Nuancen der örGichun Sprechweise genau
beoliachtei. Zu dem gleichen Zwecke hat er auch ein»*
Menge aller ruxsiacher rrkuuilen und anderer liandschriftcii
durchforscht. Auf Grund v«>n alledem ist er zu folgrmleti
Schlüsst-n gekommen; Per Moekauer Dialekt kann nicht als
der Haupt- und typisch« Vertreter der grorsruasiachen Dia-
lekte gelten: er kann als kein voll bcHttniintar. reiner Dialekt
mit scharf ausgeprägten Eigenschapen anerkannt werden.
Das .A- sagen* (d. i. die Ausaprach*« d<»s o in utiladontcr
Silbt! als u) in »lern Mt«kau*>r Dialekt erweist sich als
unerträglich. Man darf anuelunen. dafs auch dort ursprüng-
lich o gesprochen worden ist, wenn auch vielleicht weniger
scharf aU in den Gonveriicnienis W'ladiiiiir und Jaroslawl.
Das .A-sageii" de« Moskauer Dialekts Ist aus den Gouvt^rn«*-
meiits Kjasati, Tschpmig»>w. Smolensk gekoniiiimi. Ini Gou-
vernement Moskau i«t «s fast üiwrall v»»n venu-hiedenor Stärke
und Reinheit; es ist stärker in den südlichen Kreisen, la*-
deutend schwacher in den nördlichen. Pie uralten Mund-
arten Moskaus sind uicht südruasis4-h , sondern nordni«si«ch.
und in alter Zeit hat Moskau zweifellos im Zentrum eines
nur Bchwaeh gefärbten ,A sagen»* gelegen. (Aus einem V<»r-
trage Widkuws in der ethnographischen Alaeilung der russi-
schen Go"gi'aphischeii GeH(*llHchaft am II. |24.| Oktober 1902.)
— In diT «blich«*n Weis»- erstatten Finslcrw alder und
Muret wi«-»ier Itcricht über die Gletscherschwan-
kungen iin Jahr« 1901. (Ia»s vanations periodi<|ue< des
glacicrs, Vll*ev rapport.) l>erseR)e enthält diesmal S|wzinl-
berichte au« den Schweizer Alia-n, den (Mtalpen, den itali«-
nischen und französischen Alpcu, vi>n den skandinavischen
Liimlcrn nur aus Schweden, von den t’olarländom werden
besonder» genaue Hericht« aus Grünlund für die nächsten
Jahr« in .\u««icht gestHllr, Rur«laijd hat einen ausführlichen
Ib-rirhi ulicr den Kaukasus, einige iilier Nt>w-aja St-uilja
gesendet, den Kcliliif» macht der Hericht aus den Vereiuigten
Staaten von Amerika. Fast ülK-rall berichten die lfes>b*
achter von einem bedeutenden Gl«ti*cher«chwiniien, «las nur
v»iii ganz Wenigen AusiiKhmon — ilarunt»-r der lickaimt«
Pevdoraki Glelacher im Kaukasus — iiiiterbr»K-hen wird
und in den itauphim'-« Alpen *o stark ist, „dafs »lort in ab-
s»-hbar»-r Zeit das volNtäinlige V»T«cbwind»-n einiger kleiner
(«lotscbcr KU erwarten st*-ht. Intere««ant dürft« **s im*c 1 i
Sein, «lafs in d»-r Gieiseberbai in Alaska ein Krdbelien mii«
solche Menge KNberge abgebrochen hatte, daf* e« d»-n
Painpretii «inen ganx*-n Siiinn«i' lang iinmöglich war, den
umristisch zur Zeit viell-esiichien Muirgleischer airzulaufen.
Kinzclno d».-r Herieht»- sind mit einer Hibliographie der be-
treftV-ndeti tiebi'-le fnr das Ib-rieblsjahr versehe«. Greim.
Veruatwurtl. Redakteur: Frof. Dr. R. Andrer, Hrauas<hwcig, Fallersleberthofi'romeaade 13. ■*> Druck: Krirdr. Vieweg o. Soba, HrAuaschweig.
GLOBUS.
ILLUSTRIKRTH ZI- ITSCIIRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN: „DAS AUSLAND" UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
UERAUSGEHEK: Prof. D«. R. ANüREE. VERLAG vos ERIEDR. VIEWEG * SOHN.
Bd. LXXXm. Nr. 8. BRAUNSCHWEIG. 26. Februar 1903.
Narlnlnirk n>ir mmtIi rbrrcrinkiiiift mit iJtw Vrrlatr*)i>UMlliiiig
Der Paradiesgarten als Schnitzmotiv der Payaguä-Indianer.
Vtm (>r. Tlieixlor Ko(*li.
ilt*m obi^fti Titel voröHeiitlichto Herr Prof,
hr. Karl v. d. in Itnud II (1901), Heft 2, S. 009.
de?« Nutizlduttek^ eine iHdan^reiclie <
Studie über Srhtiit/.ornnniPiite auf Tnlmkpfeifen der ^
Puya^tiM-lndiHiier, die uniuittellmr eliri^tlichein KinRuf^
iüre KiitHteliiiu^ vertlaiikeri. Imiidelte sieb tau tlrei i
«^n>r»iere Metliziiipfeifen und eine • kleinere tiehraiiehs*«
pfeife, die In ihrem Sebiiitzvrerk Szvueii au» dem ult' '
teMtumeiitlicUen PanidieN auf iiidiAni.Ncbe \Vpii>e xii^estiitzt .
*eii»en.
In/.wischen haben »icb lutcb drei weitere Kxeuiplure I
üliiilit'her .\rt uefuiideii, die nicht iinweMentlicIi zur Kr>
i/ünzunt derSteinenHclieii Erkluniuff lM*itnigen und iieiu?
tii'üiclit »punkte ei-öfTiien. >
Wie ich bereit» an amlert-r Stelle betont liaW’). Imt
die binuiäbri|;e llen'sehuft der Je>iuiten auf die Indianer- I
»titimue der Paratfuay-C'fer und de» ('haeu einen be* '
deutenden KinRuf» aiiA^eübt, der nicht uiiter»chfitzt wer- I
di'ti darf, /ei^t »ich dieser KinRiif» »chnn in den an |
italieiii»che ltenni»»nnce erimierndeii Aral»e»keu der Ge-
füf»mn»tur bei einzelnen Stäumien, wie den Kndiu(^>. I
den Tereiio-tinaiiÄ, den Ma»koi-.stnmuieti und den Payu* j
tfuii Melbnt, ?M) buben wir e» hier mit R^rürlichen l>an«te|-
Innifen zu thiui, die rein chri»iliche MutiTc in iiidiaiii- )
»chein Gewand behandeln, und deren Ib*dentiin>f , wie
wir .»eben werden, den Künstlern »elbst im Kaufe der
/eit, zmuul uauli Vertreibuni; ihrer Lehrer, iiuverständ« !
lieh (/ewonleii ist. .bHienfiillH balH*n die modernen Paya- ^
;/MÜ vom ('hri>tentniu keine Almiintf, und iliene Pfeifen i
wurdmi und werden wohl noch heute von den /anber- i
ilr/teii lud ihren Uc'^chwörungen trcbrauclii.
Hei der ^eriiiifeii Verbreitung' de» „KthDulo^i»chen j
Xotizblatte»'* halte ich e» für an^uine.i»en, hier eine zn-
»ammeiifn.»»cnde I>ur»teUuu^ der bisher bekannteu Pfei-
fen zu (fehen, um diese wichtitre Knbleckumr Karl T. d.
Steinen' eiiimii gröfseren Le-erkrei.» zu übermitteln und
vielleicht auf noch in anderen Saniuilum^ou vorbuudene
iihiilicbe Stücke aufmerksam zu machmi. >
IHe Payagui'i-Indiutier, von deiieu alle die»« ITeifeu '
'tumnien, waren von den eraten /eiten «ler Kntdeckung
an al» kühne und rüuberi»cli<* Flufspiraten gefürchtet.
Nach jabrhnndertelangeD, blutigen Kümpfen gelang e»
endlich iui Jahre 1740 dem Statthalter von Paraguay,
Kaphael de la Moueda, die südliche Abteilung de» Stum-
me», die »ogen. THknnbii, in A»iincion anzu»iedelii, der
’> (OobuH, Pil. at. s. 4.1.
(iUliu I.XXXIII. Nr. 8 .
.»ich im JaIii'c 1790 aiicli die nördliche Horde, die Sari-
gue, an»chlof» *).
Noch zur /eit Azara» auf 1000 Seelen geschätzt,
fri.oten die Payagun beute, auf 40 bi» T>0 fndividueu zu-
»ummengeschiuolzeii, in deui Hafenviertel der jtaraguay-
Kcbeii IlHiijitstadt durch den Hamlel mit Thonge»cliirr,
Kedurarheiten u. a. ein kümmerlicbeK haaein.
.SfimtUclie Pfetfeii sind au« »cbwereni, hellhratineni
Iloiz cylindrisch gearbeitet und der I>&oge nach ilnrcb-
bohrt, lui QuorxeUnitt de» einen Knde» lioRiidet »ich
eine trichterförmige Vertiefung zur Aufnahme de» Tabak»,
um anderen Knde ist da» kurze .Miiiidhtiick in der I^Ang»-
arbee entweder au» di‘iii»tdlfeu Holz pRockaiiig Ang(^-
»clinitzt (Hier besteht in einem einge»cliohenen Ihimbu»-
mler Holzrüilircheii , da» Ihö einigen Kxemplaren aiisgi»
fallen ist.
l>ie»c uigeutUuilichc Pfeifenform ist typisch für die
('haco-Stönime und kommt meine» ÄVisseus in keinem
anderen (ielnete .Südamerika» vor. Hur Jexuitenpater
Florian llnucke beschreibt nm dn> Mitte de» IS. Jahr-
hnndeHs die Tabakpfeifen der Mokovi als hohle Kegel
aus Holz oder Thon, die an dem weiteren Knde mit
Tabak gefüllt wurden, oder als ein .Stück Rohr, etwa
fingerinng, du» an dem einen Knde gerade, an dein an-
dern, wo der Tabak zu liegen kommt, schräg ahgeschnitteii
wunle'). Ha» .Museum für Völkerkunde zu Iterlin Ih*-
»itzt solche rohrenurtigen Pfeifen von dun Tochiriguuuu,
Toba, Kadiuuo und Tereiio ich hier itn Vergleich
mit Pavaguii-Pfeifeu abbilde (Abb. 1). Ich halte diese
Form für »pezifixch indianisch, zumal »ie »ich stet» neben
seitlich gestielten Pfeifen findet, die also mit Köpfen
versehen und wohl erHt unter dem Kitifluf» der KuropScr
eat»taudeu sind. Siu mag au» der ('igarre, der von den
ersten Kutdeckeru nngestauntvn nRaiiclirolle** der ȟd-
amerikanischen l*ang<dH>renen, hervorgegaiigen »ein, die
z. 11. noch bei den iinlH’rührteii Stäuimen de» Sehingü
al» einzige und ur»prünglirh»te .\rt de» Tabukgenu»!-e»
beobaehtt.*! wurde, iiiul kann gewi»»erRiHfHen ul» „fe^te»
Heckblatt“* angesehen werden, du» der Indianer «tet»
zum sofortigen und hfapiemen Gehraneh bereit hntte.
*) Felix de Axara, Voyage» dun* r.Vmeri*pie M*ridio-
iinle. ITSi— Ibul. Hd. II, p. Pnri» IMOV.
*) A. Kobler. H. J., Puter Kloriaii Baiicke, ein 4e«ntt in
I’araguay (174^* bis Ilrtrt). S. 191. Kegenaburg l»7ü.
Dies« t»-iden letztvren Stämme wohnten frither elieii-
falU im Chac»; jetzt «»»tlich vom Itto Parngn»> bei Miiundn
und »fidlich dnvon.
I.'»
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I)r. Theodor Koch: IVor TnrHdies^Mrten als Snhaitzmotiv der i*ayaguü>IudiaDer.
na
T^io meidteo der hier zu beHch reihenden Pfeifen haben
eine bedeutende LAnge. Ks aiml Medizinpfeifrn, die
von den ZauherArzteu bei ihren Krankeiikiiren und lie>
Hchwöningen gebrauoht wurden. Scliun Azarn (Knde
des 18. Jahrhunderts) »childert die ärztlichen Tabak*
pfeifen der Payaguä als fufslange, faustdicke, der Ijänge
nach durchbohrte Stäbe*). Demersay (um die Mitte dc!«
vorigen Jahrhunderts) giebt die goiiuue Dcscbreibung
einer Uescbwörung bei den Payuguä. wol>ei der /nuber*
arzt in der rechten Hand eine Kürbisklapjier hielt, in
der linken „iin loug tube du boU dur qiie j'eus (|tiel*
i|ue peine ä ruconnaitre pour iine pipe“ ^). Kr
fährt dann fort: «Fnite de Iwi« dur et jw^ant, coite pipe
nes des ancdtrus,. etc. et que les premiers navigateurs
prirent pour dos torches ').“
Es freut mich, daN der fi'anzösische Reifende hier
ufifonbar dieselbe .\n«*ioht vertritt, die ich ausgesprochen
und verfochten hatte, ehe ich seine Notiz kannte, die
Ansicht von der Entstehung dieser röhreuartigen Pfeifen
aus der Cigarre.
Nach handschriftlichen .Xuf/eicbnuiigen des Sammlers
Kohde, der 1883 im .\uftrag des Berliner Museums für
Völkerkunde diu Payagua besuchte, besitzt der Kazike
als Zoichen «einer Würde einen schön ge«rhnitzt<«n Mock
und eine groNe Pfeife. (.\hh. 2 nach einer Z4>ichniing
Rohdes.) Kohde bot dem Häuptling eine ansehnliche
Abb. I. Tabakpfeifen der Chaco* Indianer.
n. Tereno, V B. K Kadlu«*o, VB. 1157; c. Toba, VC. 2174; <). Tschirigunno. VA. 11944»; e. IVbiriguuno. VA. 11944^;
f. Kariiu^, VB. llrtO; g. Payagua, VC. P.'lft; h. l*n,viigiiä. VC.
ent couvorto du grecque« rdguliores, gravee« aupornciulle*
ment, uvec unu a?t^z grando pi'rfuctiou. Longuu de
r>0 contim6tres, eile eat ornee de clous doroa et perc4e
d'un conduit evase par un bout et termine par un hec
k Tautre. On rutrouve cot instrument chez d'autres na-
tion« voisinea, chez les Tobua ot loa Matacus dos Imrds
du Pilcomayu. II donno uiie idde de cos änormos
cigaru« fait« uvue lu feuille ruulee du palmier ot
Io »petun», lesquela jouaient un grand rüle au
Bräail dana lua cörömoniea dea Tupinambas, cbez
los Caralbe« des Antillea, toutos les foi« (ju'il fal*
lait d^cider de la paix ou de la gnerru, evoquer len mä-
Azara, a. a. 0., Bd. II, p. 13d.
Alfred Bemersay. iliatoire physique, ecouoniique
et polithine du Paraguay. Bd. 1. p. .308. Paris 18A0.
Summe dafür, doch dieser antwortete Uim, die Sachen
freien «ehr ult und vererbten «ich von Häupt>
liug auf Häuptling. Wünle er sie fortgeUm, m>
würden seine Leute ihn töten.
Zu den von Karl v. d. Steinen behandelten vier
Pfeifen, drei Medizinpfeifen (A, B, C) und einer ge-
wöhnlichen Gebrauchspfeife (|1) sind nunmehr drei wei-
tere Stücke hinztigekommeii , zwei Medizinpfeifen, die
eine (K) in der ethnographischen Sammlung des städti-
schen Museum« zu Braunschweig, diu andere (F) im k. k.
natiirhiatorischeii Hofmusoum zu Wien und eine (ie-
brauchspfeife (G) im Museum für Völkerkunde zu Berlin,
ein GuHchenk des Herrn I>aiidsc)iaft«malera Karl Uenike
Alfred Benieriuiy, IMstoihi phydiiue, <^<>noiiih|ue
et poHÜque du l'araguay. Bd. I, p. 370. I^n« I8ä0.
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I>r. Thvo«inr Kooh: Dur Parudics|(urten ala Scbüitzmotiv <]or l’uyHgun-Indianur.
i« Stvglilz, <l<*r mehrerp .labre lang Studien halber Sild-
litiiurika, bosoudera Paraguay, bereiste.
Zwei der im „Etbiiologiscben Noti/blnlt“ beschrie-
benen Pfeifen A (Ijiv.-Nr. V(\ 28? und B (luv.-Nr. VC.
Uit
Den geistreichen Ausfübrnngen Steinen.n, die eiuu
einwandfreie Deutung tnUssen. entnohme ich folgendes:
Auf A (Abb. 3) erbebt sich nl!» hohe Caranday-Pulmu
der Baum der Erkenntnis mit zwei oTalen Krdrbten.
Al»»>. J.
Tabakpfeife II der Payagud lult eingelegten StDckehen 8plege1. Schnitzcrri: Ti> re de» PurMdteseK
llöO) Stullen lange ('ylinder dar: A länger und dünner, i
44.ncm lang» 4 cui Durchoi., — B kürzer und dicker, .
30 cm laug und 1 cm Durcbm. !)ie kleine l’feife ('
iInv.‘Nr. VC. 29) ist flacb und rund, nur 10cm lang
und mitst 3.5 und 5,n cm im Querschnitt. Bei ist das
2 cm lange Mundstück pfluckartig ungescliiiitxt: bei B
)»usteht US in einem eiuge-
scbobenen Bambusrohr und
mifst 4,7 cm in der Lünge.
Bei C fehlt das Mundstück.
ist an den beiden
Kudeu mit einem Kranz
Tun platten Messingnägeln
verziert. Fiuu Anzahl Nügel
sind auch Terteilt. über »lie
Schnitzerei. B zeigt da-
gegen in regelloeer Ver-
teilung über dem lylinder-
luantel 14 eingelegte, recht-
eckige Stückchen Spiegul.
FigüilichesSchiiitzwerk,
.Menschen und Tiere be-
kannter .\rt neben ge-
nchwAiizten Menschen und
fal>elbaften Schlangen und
Baume darstellend, be-
dei'kt die Pteifen und hebt
sich Tun dum belJbrauueii
Dnindu sehr scharf ab,
wthl die festen und tiefen
Schnitte durchgftngig mit
vreifsem Thun ausgufüllt
!«iDd.
Die Wiedergabe Tim
Bäumen inufstc dem mit
der btlflenfleii Kunst «ler
Indianer Vertrauten »ofurt
als dem Indianer fremd
auffallen und brncble zu-
erst Karl T. d. Steinen auf
den (feilankeii, dafs diese
Schnitzereien unter euro-
{mischein Kiuflufs eiitstan-
»len suiüu. Bei nÄbeier
IhUrarhtiiiig und nach ein-
gehender Vergleichung ilur
Stücke untereinander ge-
lungtf er zur Cberzeu-
guog, „dafs auf den Pfeifen
das alttestamentlichu Para-
dies . dargostellt sei- aller-
dings in einer un- etwas
seltsam berührenden Art
und Weise“.
Hechts sitzt Ktb; sie greift mit der linken, roll eus-
gespreiztun Hand in der Richtung der P'ruebt. während
sie die rechte esspud zum Mund führt. .4uch zwei I.u-
gUHtie wollen diu Früchte Terzehren. Wir bemerken
andere Tiere des Paradieses; über den Leguanen links
iin Gipfel der Palme einen KletteraHeu mit Kiugelschwanz,
recht.« der Palme entlang
einen stattlichen llirech.
I'nter den Leguanen links
erstreckt wich noch länger
als der Hirsch ein rieüiger
Skorpion.
Vor allem aber sorg-
fältig behandelt ist die Ge-
stalt der Schlange, die
den ganzen t'ylinder von
ol>en bis unten in Win-
dungen durchzieht. Sie
ist deutlich als Fabelwesen
iiufgufafst. Der Kopf mit
der Torgustreckten Zunge
trägt einen Busch Ton
Federn oder dergl. — der
fiuib ist mit uiuum wechseln-
den Rauten- und Zick-
/ackmusipr bedeckt und
läuft in uinu gCHpaltoue
SchwunzHosee aus; oben
unter dem Kopf schon wir
einen .\rm mit drei Klnuen-
nngern und eymmutrisch
dazu einen stark gefieder-
ten FlQgul. Ein hochbei-
niger Vogp-l mit gebolieiiem
Flügel und langem Schiiahel
hackt auf das l'iigetüm
lüh. Kr erinnert im Ha-
bitus an Dolichücephalus
cristatuH, der nach Dobriz-
liofter') -ein gctfchworunur
Feind aller Schlangen“ isf.
.\ls Gegenstück scheu wir
auf der amleren Seite de>
Schlungenküpfes ciuett lang-
halsigen und itiicli sehr
•) M. l»ot»rizhoff er.
liu«rhichl< tier .\hi|s»ncr, .tu«
dem I.Mi»*iiii«chun von A. Kruil,
bd. I . S. 4.'<W. Wien 17 h:j.
.Der Huri«, ein Vogu) in
der (iri'l’w. eines t*torcli**j<, »»t
t*iu gusenw ■>ruiier K*-iud :itler
Helilniigen , er Uriiigt nie mit.
dem Schiinhul um und frif»t
*iu.‘
Ai>h. X Tabakpfeife A der Payagui.
Mit Mi*ssuigrii«K^cl«i ts'!M*hlagcn. Aufg*'rnllte Sdmitzurei; tini
jfst vom Munin im l'urudies.
r~
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Alrli.
AM., 4. TiilnikpMfi. r Iler l*«5»iruii. .\nri!.-i..lii.
M lilill^.rri: il-r K«». AM.. .•.. Trink-
liMfi- B iliT Pnjaitn« iiill i-lnifeli'irten MUckrhi'ii
SpIrKi-l. Aiif;;.T..IIi.- S..linil/.-r..r Tl.Tr .1... I'imi.li.’».-.
Ai.l.. In II. h. Tiilinkiifelfi. K iliT Pufnini«. M« .M..nMi.f
..:il!..|M IIII.I Mii.-l..-li.’li !4|.i..i;..| i.l-li.-rl. AurpmlU.
S..hi.ill...i..i: ■l'.iir..|-|...>liill..|i. rnllii.'. I•l.rnlll.■'ll.■l■■■.
AM.. ►. Tulnkprelfi" B ller |•|^)Il|CUH. Aiiri;..r..ll'
(.,.|.i.ilzn|...i: M lilHliu... Ilinn-h. Ai....|--tilinr iiM'-r
— AM.. P. T«h»kpri.irr li iliT |•«)«ln^«. A.irf.i<.n'.-
s..|iiiil/..tnl; lluiimi-. ri.-r.-. V..rf»ll .l.-» .Al..ti'- '..n l>
(,', 0 . 1 .-!
Iir. Tbendt>r Kooli: Der ParedteBgarteo als Sehuitxmutiv der Fttjtgua'ludiauer.
121
InugitchiiftbeUgeu StrauD, desMeti IdeiititAt durch duu
Vergleich mit den anderen Pfeifen »ioher wird.
Dam Merkwürdigste ist die Darstellung GuttVaterM
über dem Baum. Die im Kreise rechtwinklig gebeugten
Beine sind weit nach aufsen
gestellt; in der linken Hand
hAlt er eine über den Arm
herabbängende Schlange hoch
em|>or, mit der rechten Hand
schwingt er eine zweite
Schlange Aber dem Haupt;
Gutt Vater ist der grofse
Zauberer. Dubrishuffer*)
sagt: »Zauberer" künneii
(nach dem Glauben der Abi*
pon) alle Gattungen Schlan-
gen uidieschüdigt in die Hand
nehtoen'*.
Auf der kleinen Pfeife t'
(Abb. 4), die an dieM*r
Stolle zum Vergleicb beran-
zuziohen ist. sehen wir das-
selbe Motiv in schönerer und
nwh verstÄndlicherer Auf-
fassung. Gott Vater tanzt
und springt wild umher und
wirbelt zwei Schlangen durch
die Luft, während eine
dritte am Bo<leii liegt und
Anscheinend eine rierU^ sich
über der nebenstehenden
(trup}H) windet. liier er-
kennen wir deutlich den Akt,
auf den sich die Aufregung
des Zauberers bezieht und
die ihrer auch wohl wert
ist: Kva ist soeben ge-
schaffen. Sie springt lustig
empor von dem schliiff
zurückliogoudcn Adam, der
nebst <ler ganzen Situation
durch vier scharf geschnit-
tene. die zugekohrte Seit«
diirchHelzende Rippen mit
Sicherheit orkminhur wird.
In der Lücke zwischen Gott
Vater und Adam steht ein
.straufs als ReprAaentant
der I*aradiestiere, ähnlich
wie in A.
Kn fragt sich, wie die
übrigen Figuren auf der
Pfeife A zu deuten sind.
Die geschwänzte Menschen-
gestalt mit dem Hirtonstab
in der Rechten kann, nach
der langen, spitzen Zickzack-
linie zu urteilun , in die sich
sein linker, hoch geschwuu-
genor .\nu verlängert, nur der
('herubiui mit dem flam-
uieudeu Schwerte sein.
In dem kleinen Raum unter dem pHliiibaum und tu
dem halh<>n Mafsstabe der übrigen Figuren steht, die
Hände auf der Brust zutfniuinengeiegt, das Gesicht von
einem strahlenden Fe<ierdiadem umgeben, mit einer Art
Mantel Iwbungeu, eine luensrhliche tiestalt, die man
wohl als ChristuK auzusprechou hat, der immer mit
reichem Schmuck von den Indiuuern aufgefafsi wird.
So bliobu für Adam nur die traurige Toufolsgestalt
oberhalb der Eva übrig, die einen Schwanz mit einer
Pfeilspitze trägt, mit den
beiden dreifingerigen K lauen
zum Herrgott hinaiifgreift
und mit weit offeuem Muutl
oder Maul zu ihm zu Npre-
dien scbeiiiL Der Adam ist
Mit
Atüi. Oh u. «tb.
Taliakpfelfe E der Pa;aguu.
ingelegteii Stückchen Spiegel. AufgeroUte
Si'linitzerei : l’araüie» ■ DarsteUung.
also jedenfalls eine lebuiidige Illnstratiou zu dem Bericht
Ihdirizboffers >•), „dafs die Abi|KHier den Teufel für
ihren Grofsvater halten", und „nicht biofn tli« .\biponer,
sondern auch die benaebbarten Moktdüs, Yupitabikas,
Tubas, (^uaikurits und ander«* iHjritteno Nalnmen in
•) Dobrizhoffer. a. a. O., II. Ml. **) Ih»brizh«*ffer. a. a. O.. !l, 112. U«.
Globus LXXXili. Nr. ».
rv by
122
l>r. Th«oilor Koch: llt'r Paradieng»rteii alt Scbnitznintiv der Payagua-Iiidlauer.
('bucu i'Ulnnen «ich, Enkel de« Teufeln xti Bein“. — Gott
Vater, K?a und der Adam der Xlauherexene haben
keinen Schwanz. Sehr deutlich int mit diesem Schruuck-
itthck wieder die einzitfu Figur der Pfeife H auBge-
.ntattet. hört ist der Schwanz nm Knde aungozackt und
tritt auB dem Mund die Zunge herror. beideei wie bei
(ler PuradifMBchlunge ruu A.
hie Pfeife ll (Abb. 5) iat orheblich roher in der
küiiHtleriHchen Arbeit. Auch der Verfall de» Motiv« i»t
ersichtlich. Wäre »ie allein erhalten, so hätte mau das
Paradies wohl kaum erkennen können. Hier wird nur
noch eine lose Andeutung von Tieren de» Paradieses
geboten, und int die geschwänzte Meuschenfigur unklar,
bleibt aber die ileziehung auf das Paradies docli sicher
dnrch den Palmbauin und eine grofse dämonische Feder-
Si'hlange mit guspuUcuem Schwänzende. IHe Tiere sind;
neben der PHlnm oben Rochen und Strauls, darunter ein*
ander die ßeiiie zukebrend .Ameisenbär und Jaguar (a);
unter diesen ein zweiter Stniufs, desBen steifen ßeinen
|b drei Zehen zugoteilt sind, i»nd noch zwei Säugetiere,
eins (b) mit einem abwärts geboffenen Fuchsschwanz,
das andere (c) wie eine Katze, abor kleiner als der Ja*
guar.
.Auch boi der Pfeife H (.Abb. 2) beschränkt sich die
hiirstelluug, soweit sie auf der Zeichnung sichtbar ist,
auf Tiere. Wir erkennen: Tapir, Alligator, -Scblange,
Schildkröte und Vogel.
hie künstlerisch und technisch besseren Pfeifen A
und (' gehen auf den früheren .MiniBterresideaten Herrn
V. Gülich und das Jahr 1864 zurück, die Pfeife ß ist
1883 von dem Sammler Rohde erworb«*n wonlen.
I>ie ßraunsohweiger Pfeife K (Abb. Ga u. b) lat leider
Fragment. Vom oberen Teil ist ein beträcbtlicheH Stück
abgebrwhen; auch M>nt(t zeigt «ie vi<de schadhafte
Stellen, die mit »‘chwurzom Wachs verklebt sind. Aus
»chwerum, diinkulbrauuem Holz, cylindrisch wie \ und
ß, uiifst Bto jetzt in der Länge 23 cm; der !>urchmesser
l>cträgt 4 cm. Pas Mundstück besteht in einem 2 cm
langen, eingelassenen Holzröhrchen. Vereinzelte, uiiige*
legte Spiegelstftckchen dienen als Schmuck. I>as die
Mantelfläche VxHleckende Sebnitzwerk, das durch Aus*
füilung der Kinschnittc mit weifsem Thon verhältnis-
mät»ig deutlich hervurtritt, hat durch die Rettchädigiing
der J^feife sehr gelitten, doch lassen «ich die haupteuch-
licfasten Paradieatiere erkennen. IHe Ausführung der
ßilder ist ziemlich roh. .Am st)rgfältigsten ist noch die
(instalt der grofseu ParadiosBc-hlange behandelt , die au-
ouheinund den ('ylindcr in seiner ganzen l,änge schräg
durchzog. I.eiiler fehlt der Kopf. Hie llautzeicbnung
i‘rinnert in ihren Hauten*, Strich* und PiiuktrmiHtern
sehr an die Zeichnung der Schlange von A, wie über*
haupt die ßraunschweiger Pfeife zur Pfeife A die meisten
ßeziehuiigeii bat, wenn sie .sich auch mit dieser in ße*
ziig auf Feinheit der .Arbeit nicht im entferntexten ver-
gleichen läT-t.
Von (lott Vater, dem «grofsen Zauberer“ auf A, der
dort furchtlos mit zwei Schlangen operiert, scheint hier
nur noch ein Arm übrig geblieben zu M>in, dessen drei*
fiugerige Hand nach einer Schlange fufst, wahrend eine
zweite mit gespaltenem Schwanzende «ich daneben win-
det. Das rechts V4m der ersten Schlange liefindUrhe
Gebilde, du« man auf den ersten ßlick für einen auf
kindliche Weise gezeichneten Vogelkopf halten könnte,
möchte ich nach einem Vergleich mit den Pfeifen ß und
F als Kochen anspreeben. WeibT unten links vom
Schwanz der ParadiesBchlange erkennen wir indem bein-
lf*sen Tier mit Vogelleib an der Fleckeiizeichnung des
Fellus nur schwer einen Jaguar.
IHe oberen Figuren sind durch den Bruch unvoll-
ständig und nicht zu identiHzioren. Wir sehen da ati*
scheinend einen gekrümmten Tierschwanz, zwei mensch-
liche Fülse von einem Spiegeistück uhgeseizt und einen
bekleideten, menschlichen Rumpf mit nach einer Seite
gelw)genen, langen, fufHloseii ßeineu, Rechts davon,
unterhalb der UruchBtelle. finden sich zwei mit zahl-
reichen runden Flecken besah* Tiorgestalten, von denun
die linke mit langem Schwanz und langem Schnabel
wohl als Vogel zu deuten ist, während die rechte, weitii
sie auch Vogelgeetalt hat, nach den zwei spitzen Ohren
zu HchliefKcii, analog dem Jaguar offenbar einen Vier-
füfsler vorsteUeu hoII. Heiden fehlen die ßciDc. Ein
Palmhauiii ist nirgends zu entdecken, doch üt es nicht
unmöglich, dafs eine solche harxteilung ursprünglich
wirklich vorhanden war, aber den mannigfachen Zer-
störungen zum Opfer gefallen ist, zumal an dem breiten
Wachspflaster Schnitzereien zum Vorschein kommen, die
beute nicht mehr zu erklären sind.
Wenn nun auch die Pfeife bei ihrer starken ßeschü-
diguiig eine klare Pentung Ihrer Bildwerke nicht mehr
znläfst und in ihrer rohen Ausführung bei weitem uicht
an die schon bcschriebimen Pfeifen heranreiclit, bo bleibt
diMsh die RHziehniig zum Parudiesgarten ersichtlich. Ja
die Pfeife K kann als interessaute.s Beispiel dafür gelten,
wie der iudiauitM^hc Künstler ein von ihm unverstandenes
^fotiv der Vorfahnui — denn die ßraunschweiger Pfeife
i.st sicher erheblich jünger als die Berliner Pfeifen —
nnvollkommeri nachahmte und die eiuzelneu Figuren
<aler auch nur Teile davon nebeneinander setzte, ohne
ihre ßeziehungen zu einander und zum Gesamthihl zu
ahnen.
Pie Wiener Pfeife F (.Abb. 7a u. h), von der Herr
Pr. Hein in den Mitteilungen der .Anthropologischen Ge-
sellschaft in Wien (ßd. XXXI, S. 128 129, 1901) eine
kurze Anzeige gebracht hat, befand sich ursprünglich in
der kaiserlichen Schatzkammer und wunle im Jahr 1880
aus der Ambraser Sutnmiung Ql>ernon)inen (liiv.-Nn
10444). Im Inventar der Ambraser Sammlung war sie
unter Nr. 36h der Gruppe XVI mit der Herkunftsangala*
„Nordamerika** eiiigereiht.
Sie ist ans schwerem, dunkelbraunem Holz gearbeitet
und stimmt in der Form um meixteu mit der Pfeife A
überein. Pie Länge l>eträgt 54,5 cm. der Purchmesser
an Ijeideu Fmden 3,1, in der Mitte 3,5 cm. Kin 1 cm
langes Mundstück aus lichtbruunem Holz ist am einen
Ende eingekittet.
IHe Mantelfläche ist wie bei den bisher behandelten
Pfeifen mit schwach erhalH-nem Schnitzwerk verziert,
das sich infolge der Einreibung des Untergrundes mit
weitsem Thon scharf hervurheht. iHirch Einschnitte
sind an Iteiden Enden je vier abscliliefHende Bänder ent-
standen, die zum Teil mit ornamentalem Sebmuck ver-
sehen und — besonders die um unteren Knde — reich
mit Messingnägeln verziert sind. Auch der figürlichen
Schnitzerei dienen eingescblageiie Messingiiagel und ein*
gekittete SpiegelRcheibchen, die teilweise “chon Wschä-
digt sind, als Schmuck.
Bei dem Bildwerk, du« ('ine hohe kütiflileriscbe Yoll-
eudiiug zeigt, fällt vor allem, im Gegensatz zu den an-
deren Itekannten ITeifeii, das gänzliche Fehlen der
Schlange auf, die besoiiderR auf den Pfeifen A und K
durch ihre sorgfältige Ausführung sofort als die Haupt-
sache hervor-licht Dagegen sehen wir in der Mitte
den typischen Palmbaum — oder hier vielleicht, der Ge-
stalt nach zu urteilen, eine Banane — mit Widerseits
herabbäugendon Früchten, den Baum der Erkenntnis,
und ebenso int das andere Getier des Paradiestrs
rerhälinisniäfsig gut vertreten, worin die Parstellmig
I^r. Th«*odur Kneh: f>or i’»r»dii^»^urten al« Schiiitffniotiv der I’aysfriii- Indianer.
123
»ich !<ebr der auf l'fuifc B nähert. Wir erkeniicti hier
in trefflicher Ant«führun)? den Jaguar, kenntlich au
der King* und Strichzeichnung Heiner Felle» und an
meinen kiigelfürmigeu I>a» Maul i»t geöffnet
und läfiit die ^«pitzen, flet-ncheuden Zähne »eben. Zur
Kcchteii befinden »ich zwei Vugelgotrtult«n, die ein*
ainler die Heine zukehren. IHe liiika mit aiiffullcnd
langem ilalN und Schnul>el, kurzem, »teif in die Höhe
gerichtetem Schwanz und rundem Leib könnte aH eine
Art Storch gelten, wozu freilich die kurzen, zweizeiligen
Heine nicht recht pUMveti wuUen. Hie re^^hte, nu deren
langen, geknickten Heine» wir je drei Zehen zidilen,
»teilt ihrem ganzen lUhitu» nach einen Strauf» vor. Her
Terhältui<<iuif»tg dicke, runde, mit wallenden Federn be-
deckte Leib, di© iriereckige Fon« de» zum Flattern er-
hobenen, kurzen hlugele liiH»eii an dic:<er I^utung keinen
Zweifel. Ähnlichen Vogelgewtalton hegegneten wir liereitt»
auf den Pfeifen und H, während (' einen StrHufa al»
einzige© Tier zeigt.
l’nterhalb de» Strauf»«» auf Pfeife F bemerken wir
eiiirii Vierfüts*ler, den wir auf den nreton Hlick al» Pferd
anwprechen nidxaen. Hufe, Mäbiie und Schweif sind deut-
lich erkennbar. Hippen und Hückgrat »ind durch Kin-
«chnitte angegeben. Kiuechnitte an Kopf und Hai»
deuten wohl die Zäumung an. Link.» und recht» Tun
dem Palm»taoim fimlen »ich ein Itochen und ein kleiner
Vogel, der mit erhobenem Fldgel zu »ebwirren scheint
und Tiellmcht einen Kolibri darstellen soll, tlr »ebuint
auf eine noch näher zu beschretbondeGextalt einzupicken.
Weiter unten sehen wir einen anderen kleinen Vogel mit
langen Heiuen. KonzentrUche Krei»u, Winkel* und
Strichomameate »ind nur zur FUlluug da und haben
weiter keine Hedeiitung.
Ihi» MerkwilnligHte der ganzen Harstellung sind diu
vier Teufel.Hgestalten, die al» solche durch jo vier Hörner
und den in eine Pfeilspitze auslaufenden Schwan» deut-
lich gekennzeichnet sind. IHe beiden oberen sind hinter-
einander angebracht und zwar ao, daf» die linke mit
weit offenem Maul um Hülfe schreiend vor der rechten
zu fliehen .scheint, w’ährend die beiden unteren einander
»cUrÄg gegenüber stehen. Bei dreien »ieht man hinter
dem geöffneten Maul di© spitzen, ffetscheuden Z&hue, bei
einer tritt aus dem Maul die Zunge mit Pfell.»pitz«nde
hervor. Kinschniti« uni den Hai» können bei allen vier
(testaiten als bandartiger .'Schmuck gelten; eine Kette
■•eheint die Brust des rechten der beiden oberen Teufal
zu schmöcken. Hände und Ftkf.se sind, soweit der Künstler
die Zehen iint«;rschicden but, alsdreifingerige, spitze Klauen
dargostellt. Bemerkenswert sind die KlumpfQf:*© der
rechten olwren und rerhtou untureu Figur.
IHe beiden unteren Gestalten stehen offenbar in feind-
seliger Beziehung zu einander. IHe Unke scheint, dem
weit offenen .Mau! und den aufgeworfenen Lippen nach
zu »chliidsen, laut zu schreien und ängstlich mit den
Hfineu zu strampeln. Wie liel dem .\dara auf Pfeife C
sind auch bei ihr die Kippen deutlich erkennbar. IHe
linke Hand, anscheinend zur Faust geballt oder mit einem
banimer- oder axtahnlicben M'erkzeug bewehrt, hst wie
zur Abwehr erhoben gegen die ihr schräg gegenüber, bei-
nahe über ihr stehende Gestalt, IHeser in »einem Aua-
seben wüsteste Teufel hält in der linken Faust zum Schla-
gen bereit ein Instrument, das ich als eine zweiteilige,
in dicke Knoten aungehende (teilsei deuten mucbie. Seine
KlIenlMigen »ind mit scharfen Krallen versehen, wie
die fiedermauBähnlieben Flügel unserer alten Teufels-
bilder.
Wie ist nun di»* dargeetellte Szene zu erklären? Wir
sehen auf dein Bildwerk zwei feindliche Parteien: zwei
teufelartige Gestalten werden von zwei anderen verfolgt
und bedroht. Die ersteren haben, wenn sie auch aU
Teufel dargestellt stad, doch weitaus menschlichere Züge
als Uu'e Gegner, die mit allen cburakteriatischen .Attri-
buten der HöUenbewohner ausgcgtattel sind. Sic sind
auch trotz ihres befremdenden Äufaeren als Menscb»*n
aufziifas.sen. F^r^clieint nicht auch der Adam auf Pfeife
\ in Toufelsgestalt? Tragen nicht auch der Cherubim
in A und di© Mcnscheiifigur in B einen Schwanz?
Ich möchte aumdiiiien, daf» allen diesen Darstellung»*!!
ouf den Medizinpfeifen der Payagua wirkliche Bilder als
Vorlagen gedient haben, die die Missionare den Indianern
tu der Kirche und im rnterriebt voi-Tührten, um möglichst
anNchaiilich auf die Sinne ihrer IUegebcfohhmen zu wir-
ken, Mittel, die die katholische Kirche noch heut«, be-
sonder» in wenig von der Kultur berührten Gegenden
unsere» Vaterland«», anwendet. Die Indianer ahmten in
naiver Webe diese Bilder nach und brachten »ie auf ihr»*n
Medizinpfeifen an, weil »ie sich von ihnen natürlich eine
ganz besonders stark« Wirkung ver>«pracben.
So sehen wir auf der Wiener Pfuifo (F) die (juat»*ti
und Scbrtfcken de» Unglaulien» realistisch dargestellt.
Die Ungläubigen, in den .\ug»?n der Missionare „Söhne
de» Toufobi**, treten al» »oirbe .»elbst in Teufelegeslolt
auf un»i werden von wirklichen Teufeln verfolgt und ge-
martert. Der Paradiesgarten ist von dem iiidinnischen
Künstler guwissenuafson nur als Staffage, als fkekoratioii
verwendet, wie ja auch die Haupt[H.*rsun darin, die Schlange,
hier fehlt.
JedenfaU.'i aber haben wir es bei F mit «iii»*m durch*
au» christlichen Motiv zu thuii, das dem Ursprung und
der ßodoutuug nach eng verwandt ist mit den Dar-
stellungen, welche bereit» beschrielien sind auf den an-
deren Pfeifen.
IHe vierte der von Karl v, d. Steinen behandi^lteii
Pfeifen gehört der Rohdeschen Sammlung im Berliner
Museum für Völkerkunde an und ist eine klein»*, ge-
wöhnliche GebrauchRpfeife I) (Inv.-Kr. V(*. 936; .\bb. 8)
von cylindrisoher Form, Gern lang uml 2,5 cm Durcimi.
mit einem 1,9cm langen, angt‘»clinitzteii .Mundstück.
Fine bildlich« Dar-tellung ist in feinen IJuieu ringHum
einge»chnitten und oben und unten durch ein ornamen-
tales Hundband abgeschlossen. Kine hohe Fiederpaltne
und zwei kleinere Fächerpalmcu stehen iu einigen Ab*
»tänden; unten spazieren auf di« llaiiptpalme zu von
der einen Seite ein Ameiseubär, von der anderen Seite
ein Hir»ch. Alle» die» steht untereinander in richtigem
Verhältnis. Aber eine mächtige Schlange, deren Schwanz
neben dem Palmbaum senkrecht bi» zu Boden bängt,
und di« sich mit ihrem I.osib huch über eine Fäcberpalme
hinillierwölht, schnappt mit geöffnetem Maul nach dutu
Hirach herunter. Immer sind also noch di»j Be.wtaiidteü«
de» Paradie»mutiv» erhalten, aber »ie »ind schon zu
ueiieni Sinn verwenilet.
Die Ocnike«che I’feife (G) üu Berliner Museum für
Völkerkunde (Inv.-Nr. VC. 2360a; .Vbb, 9) iat ebenfall»
ein« gewöhnlich« Gebrauebspfeife au.» dunkelbraunem,
schwerem Holz cyUndrisob gearbeitet, .'V cm lang bei
2,7 cm Durchm. Da» Mundstück fehlt. IHe Kinschuitte
du» diu Mantclffachu bedeckenden, ^chwacb erhabenen
Bildwerke» »ind mit w«if»«ni Thon eingenebeu. l)a.»
unten abscbliefsuude Rundband ist ebenso ornamentiert
wie auf Pfeif« D.
Die Darstellung zeigt deutlich den Verfall de» Motivs
auf Pfeife I), die off«*nbar G al» Vorbild gedient hat.
Statt der Fiederpaiiiie »eben wir hier einen vielverästel-
Uui Baum, auf den von der rechten Seite «in fuchsartigea
Tier mit buschigem Schwanz zurennt, während ihn zur
Linken «in tr«flli»*h gez»*icbuet«r Uir»»‘h v«rl&f*>t. IHe
124
Pr. Hehrens: Pi« We»«r.
eilt« FAcberpalnie ist, wenn auch aJ« «olche kauni kenut'
lieh, noch vorhnnrien, von der anderen dn^^Hi^cn ist nur
ein (trABbüsrhe) übrig geblieben. Die Schlange int 2 U
einem rein ornamentabni Band gewurdeii, dax sieb in
«teiler Wölbung über der FAcberp&line hinzieht. Beide
F.itden wind breit auxeinaudergubogeti, eine Krinoeruti^
an dax geöffnete Maul der Schlange auf P, da« eich hier
' verdoppelt hat. VoUend« unverntanden eracheint die
Wiederholung dies»«* Schlangenhandes in umgekehrter
' I.age am uberun Rund der l'fetfe.
Die Weser.
Eine liy<lrograi)tuiiclie Darstellung auf Grund des von dein )ireufsisclien Wasser-
ausschuRse lierausgegebenim Weser-Kins- Werkes.
Von Pr. Behrens. Branuschweig.
II. (Schluts.)
Da« Gebiet der mittloren Wetier umfatst das KinzugN'
gebiet aller SeitenzuRüHM der Weser, die zwischen der |
Weaereeharte und der .Vllermündung binzutreten. . £«
besitzt eine (rrundrifsHüche von 3l3H<{kin, die fast vnll-
stlndig dem Fluchlaude angehört. Nur im Süden wird
es von grölseren Krbebungen begrenzt, und zwar östlich
der Weser durch die Weserkette und westlich de« Stn)ines
durch das Wiehengnbirge; davor breitet sich im Osten
das Aller-We«er>Fiacblaod aus, in dem nur einzelne ge>
ringe F.rhehungen vorhanden sind, und im Westen die
Minden-IHiipholzer Ebene, die im Norden durch die nord-
westdeutsche Bodenscbwelle abgeschloNMen wird.
Per Strom besitzt auf dieser Strecke eine sehr starke
Kntwiekelung, die bet 12H,3km Fauflfinge und 79,Hkiu
Entfernung in der Luftlinie ÖO.H Proz, lietr>. Noch
stärker ist diese Entwickelung auf der Streck« unterhalb
der Mündung der Grolsen Aue, wfibrtMid sie iu der ober-
sten Strecke auf 1 4,6 Proz. sinkt. In dem Matse, wie di«
Entwickelung zunimmt, vermindert sich andeivrseits das
Gefälle. Teilt man den I^auf des Stromes in zwei Ab-
schnitte ol>«r- und unterhalb der Auemündiing, so bat
die ober« Strecke ein durchKchnittUcbe« Gefälle von
0.273 pro Mille (1:3665), die unten» ein solches von
0,IM9 pro Mille (1:5303).
h4ne ausgeprägte Thalbildung findet «ich an der
mittleren Weser nur auf der obersten Streck« bis unter-
halb Ovenstädt; dann verRncht «ich da« Thal, indem es |
»ich nach beiden Seiten zu weiten hlbenen nnsdehnt.
Erst unterhalb Liebemtu macht «ich durch da« ileran-
treten der nordwestdeiitscben Brnlen schwelle eine schärfere
Begrenzung des 'l'hales bemerkbar. l>er Boden inner-
halb derThalHirecke bis Ovenstädt besteht fast durchweg
au« Lehm, der «ich auch weiter unterhalb vielfach findet.
I nter den nicht unter 1,5 ui mächtigen Lehmschichten
ist feinsandiger Grand vorhanden. THo Stronisohle ist
meist mit wandernden Geschieben befleckt. Eine be-
deutend« .Anhäufung von Geschieben bilden di« Liel>e*
nauer Steine, mehrere au« grobem tieschieb« be«tt>heude
Riff«.
Pa auf der rechten Seite der Weser die Wasaerscheide
uur io geringer Entfernung vom Strome binzieht, so
können aich hier nur wenige gröUere Bäche entwickeln.
IHe Itilckehurger Aue entspringt auf der kleinen lioch-
Räch« zwischen dem Wesergehirge und dem Grofsen
Süntel ln etwa 270 m Höbe. Ihr Gefälle beträgt auf
ihn>m 45,5 km langen Lauf im Mitte) 4,18 pro Mille
(1 : 193). Nach starken RegengösHen und bei plötzlicher
Srhneeschmelze fliefscii die WusseriuaHsen «ehr «cbnell
aus den oberen Strecken ab und Qber«chwenim«n da«
Thal in den gefällsarmeii Strecken. Per Meerbach
(Meerhecke) Riefst aus dem .31,0 qkm grofsen Steinhmler
Meere ab und durchzieht eine breite, bruchige und moorige
Niederung; er mündet l»ei Nienburg in die Weser.
.Auf der linken .Seite des Stromes, wo da« Nieder-
«cklagsgebiet viel ausgedehnter i«t, findet sich der einzige
grotsere ZuRuf« der mittleren Weser, die Gn>fse .Aue, die
ein NiiHlerschlagagebiet von 1441 qkiu besitzt. Pas Ge-
fälle der Grofsen Aue ist ziemlich stark. Pa« Thal des
Wa««erlaufs i«t im allgetueiiien ziemlich breit und (lach,
«tellenweiae ganz oder nahezu versumpft. Pa« Bett der
.Aue ist in das Thal mir wenig emgeschnitten, näher nach
der Mündung zu nagt sich der WasNerlauf indessen mehr
und mehr ein. IHe Sohle de« Bettes besteht meist au»
feinem. Ntellonwei«« moorigem Sand«.
PasGebiet der .Aller gehört in «einem südlichen Teile
dem Gebirge, iu seinem nördlichen Teile dem Flachlaiule
au. Pa« ganze Allergebiet umfafst eine Fläche von
15 504 qkm. davon entfallen auf die beiden gröfsten /.u-
Rüsse der Aller, nämlich die Oker und die 1/cine, 1902
und 6.512 qkm. während der gröfste NebenRufs der Leine,
die Innerste, dieser ein Gebiet von 1235 qkm zubriiigt,
Pie auf Helmstedter Höhem in F.ggenstedt cut-
springeude Aller durchRiefst auf ihrer ol>erst«n, im
allgemeinen uordnorfiwestlich gerichteten Strecke die Aus-
läufer der Harzer Vorberge, tritt dann aber bei öbis-
felde vollständig in da« Flachland ein, indem sie hier
noch Nordwosten um«chwenkt und nunmehr ohne wesent-
liche Änderung dieser IGchtung der Weser zuRiefst. di«
sic unterhalb Verden erreicht.
Trutz dieser einfachen Orundrif«go«taltimg ist die
Fmtwickeiung de« Flufslaufs nicht unb(^deutend; sie be-
trägt Für den ganzen 262,9 km hingen Flut« bei einer
Fntferriiing zwifcbon (Quelle und Mündung in der Luft-
linie von 171,0 km .53,7 Proz., während sie an dem .56,1 km
langen Oberlauf, der bis zum Eintritt in den Pröuiliiig
bei der I i rafliorstor Schleuso reicht, 30,5 Proz., in dem
89.6 km langen, hi« Celle reichenden Mittelläufe 41,8 Proz.
und in dem 11 7,2 km langen Unterlaufe 64,4 Proz. be-
trägt. Diese recht beträchtliche Eiitwickelung, nament-
lich des Unterlauf«, ist auf die vielfachen grötseren und
kleineren Biegungen, die der Fluf« macht, zurückzuführen.
HlnHiohilich de« Gefälle« der Aller kann man drei
verschiedene Strecken unterschuiden, di« in «ich ziomlicb
gleich bleiliemles Gefälle behalten, gugetuunander aber
recht verschiedenartig sind. Pie erste Strecke umfafst
nur die (juell«trecke. die ein PurchschaitisgefäUe von
18,3 pro Mille (1 : 54, .5) hat, die zweite Strecke den
übrigen Teil dos Oberlauf« mit einem Purchschnitta-
gefülle von 1,42 pro Mille (1 : 707) und di« dritte den
Mittel- und Unterlauf mit einem Purchschnittsgefälle
von 0,234 pro Mill« (1 : 4280b Unt4*rba|b der Oker-
niündung zeigt sich eine gröfscre Abweichung von dem
d by ^
Pr. Bohruiit; Pio Weaer.
125
PurchHchuittMiKefilUo. da e« !<ich hier auf 0^374 (1 : 26HO)
«teigfirt.
Dan 'rba) der Aller ist mir an Lbrem Überläufe euger;
doch Hiud auch liier die Thalwünde im nllgeiiieiuen nicht
Kt4«il gebÖM'bt. Nach Kintritt den l'luxeee in daa Flach-
luiid breitet Hieb dan Thal weit au^. Im Norden wird
ea durch die Fünehurger Heide hegrenxt. Nur au
wenigen Stellen tn*teu uinaelno Aunläufer bis hurt an
den Fliif»> heran und bildun daun uted abfallende Huch-
iifer; meiut ziehen «lich dagegen am Fuf.«e der Heide buh-
gedehnte Moor© hin. Im Mittel- und Fnterlauf© werden
die lifer vielfach von dünenai'tigen, sandigen Erhebungen
begleitet.
Phh Hett der Aller iit in ihrem Oberläufe in leichten :
l/chni* oder Sandboden tting•^chuit(cll ; die Sohle dee Hettes
liesteht hier meFt uuu Sand. Nach dem Einii'iti de»;
FIuKBe« in den l^römling durchschueidot er Mourhodeu,
doch findet mau auch hier auf der Suhle Saud. Weiter
nnterhalh, wo der Thnlboden sandig wird, bestehen Sohle
und l'fer mei«t aus Saud, doch ist auch Kies vorhanden.
In der Nihe der Mündung wini da» Bett an zwei
Stellen von Ortateiuhänken durchquert.
Pie Zuflüsiiie des Oberlauf.» sind, da hier daa Nieder-
schlagsgehiet zu hehlen Seiten des Waaserlaufa Verhältnis*
mittsig schmal iai, ziemlich uuhedeuUmd. Xueh dem
Eintritt in den Prbmling nimmt die Aller eine Anzuhl
von' kleineren Wasaeriaufeii auf. die von den aüdlicben
Höben kommen. Nördlich zieht die Wasserscheide ao
nahe am Flusae entlang, dal» hier kein nennenswerter
Wassorlauf entetehen kann. Ent weiter in der Lüne-
burger Heide iat Gelegenheit zur Entwickelung gröfaerer
Wasseriäufe gegeben. lK>r grötstc nördlich einmüudende
Seiteuzufiiits der mittleren Aller int die Lachte.
Pi« bei Müden einmüudende Oker bringt zu deui bi»
<lahin IhSlqkm groPen Gebiete der Aller einen Zuwach»
von 1902 qkm; sie ül»ertrüTt also den Hauptlauf nicht
unerheblich an Fläche. Ihr Gebiet reicht zudem bU in
die höchaten Teile de« regenreichen llarzo.s hinauf, uo
daf» ihre Waeserma^seu einen wesentlichen EinFluru auf
di© Waöserfilhrung der unterhalb ihrer Mündung ge-
legenen Alleretrecke nuȟht.
.\1» eigentlicher (juellbach der Oker kann die Grofae
Oker angesehen werden, die am Fufsu des Bruchherges
im Oberharze in 839 m Hohe entsteht. Indesoon wird
dieser Quelllmrh »ehr bald durch den Pammgraben ab*
gefangen, der das WasHser einer gröfseren Zahl vun
Sammelteicheu, dio im Gebiete der Innerste liegen, für
den Bergwerks- und lliittenbetrieb zuführt Pie Grotse
Oker vermag daher nur hei stärkeren Hegonfällen Wasser
an die unterhalb gelegenen Strecken abzugelien.
Pu die Oker schon in ihrer Hurzstrecke dio Nord»
riebtuug aufnimmt, ho ist ihre Entwickelung trotz vieler
kleinerer und grutserer Biegungen nicht gerade »ehr er-
heblich. In dem bi» zur hlckerbachmündung reichenden
Oberlaufe, der eine Länge von 42,1 km hat, Iwträgt sie
40,8 Proz. der Länge der Luftlinie, im .52,9 km langen, bi.»
zur Schunterroündung reichenden Miticllaufe 52,4 Proz.,
im 30,2 km langen Futerlaufe 45,2 Pruz. und für den
ganzen 125,2 km laugen Lauf der ttker 49,9 Proz.
Aiifserordentlioh stark ist das Gefälle de» hlusses im
Oberlaufe, das hier auf der Strecke bi» zum Austritt aus
dem Harze im Purcbechnitt 31,0 pro Mille (1 : 32) be-
trägt; noch stärker ist ©» aber in einzelnen kürzeren
Strecken, wo es bi» nahezu auf MQ pro Mille Mteigt. .\uch
in deui Vorlamie den Harzes ist ea zunächst noch immer
recht beträchtlich, vermindert aich aber später erheblich,
.so duts es im Mittet- und Unterlaufe nur noch eine GrotH©
von 0,491 und 0,4ÖI pro Mille hat. j
Im Harze ist da» ttkerthal schmal und von steilen .
Wunden eingefurst; dabei iiimmi die Tiefe nach dem
Harzratidu zu, so duls di© Thalsohle hier atelleiiwidse
bis zu 400 Ul unter den heiiachbartcii Ku)q>vn liegt.
Nach dem Austritt aus dem Harze erweiU’rt »ich das
Thal sofort erheblich und flacht »ich auch ganz ht^deutend
aus. IHe Sihle i«t hier mit SchotteriiinsRen bedeckt.
Weiterhin in den Harzer Vorbergen weitet sich du« Thal
mehr und mehr uua und geht bald unterhalb Bruun-
Hchweig völlig in diu Kbime über. Pa» Flufaliett ist
dabei im Harze meist in das feste Gestein eingesebnitten
und mit gröberem (ierölle überaät. In der folgenden
flacheren Strecke liegt das Bett durchgehends in Schotter-
ablagerungen, in denen es sich vielfach verzweigt, auch
1 mancherlei Veränderungen ausgesetzt ist. Bald unter-
halb Vienenburg Itewegt »ich der Flufs in atifgeschwemni-
tem Bmlen. Samlahlagerungen kotiiineii aber erst tu der
untersten Strecke des Flusses vor.
IHe meisten der aus dem Harze stammenden SeiUn-
gewässer, unter denen besonders die Uadau, die Ecker
und die Ilse zu nennen sind, kommen ebenfalls mit starkem
Gefälle aus dem Gebirge und bringen in <la» nrimittelbiir
am Harzftilse gelegene Vorland grnfseru Geröllmassen
mit. Pns gröfst© dieser Wassuriäufe , die Ilse, die ein
Nicderschlagsgubiet von 2H3 i|km besitzt, mündet erst
weit unterhalb, nachdem die Oker schon lauge da» Ge-
birge verlassen hat, ein. In der unterhalb der llse-
mündung liegenden Strecke mündet zunächst nur eine
Reihe uiihedeutender Seitenzuflüsse in di« Oker ein. Erst
liei Beginn des Unterlauf» tritt die Schunter mit einem
Nii«dorBchlagsgehiet von (i03 qkm hinzu, die aufdortht-
seito des Elm, »ödwe.stlich von Rubku enUpnngt.
Per unteren Aller Riefst von der Lüneburger Heide
eine gau/e Auzahl gröfserer Waseerläufe zu. Pie wichti-
geren unter diesen sind die Ortze mit 077 qkm, die
MeiPe mit 339qkm und die Böhme mit ni2qkm Nieder-
schlagsgehiet. Pie hintwickulung dp» 60,0 km langen
Laufe» der Ortze betragt 43,2 Proz., da» durehKchnitt-
liehe G. fiille 0,80 qro MiUe (1 : 1250).
Auf der linken Seite iiifindet gleich bei Beginn der
unteren Aller dieFuhse, ein nicht unbeileuteiider /uflufs,
in den Hauptlauf. Pas Gebiet der .-Mler erhält dadureb
einen Zuwachs von 1257 qkm, aPo von mehr als einem
Vierlol der bisherigen Fläche. Ba die F^uhso fast ilurch-
geheuds flaches Gtdiiet entwässert, so ist ihre Einwirkung
auf den .\hflufsYurgang der Aller trotz ihrer GröPe nicht
Wdeutend. !>er FluPlauf zeigt im einzelnen die Eigen-
tümlichkeit, daf.H er au.» einzelnen Strecken zusammen-
gesetzt ist, die vorwiegend nach Nordwest und nach
Nordnordost gerichtet sind. Pa» Thal der F uhse ist sehr
wenig auHgeprägt und in ihren tiefsten Teilen meist mit
Wiesen be<loekt. Daa (tefalle Pt nur in den ohemi
Strecken, wo es durchüchnittlich 1,35 pro Mille (1 ; 742)
beträgt, etwa» kräftiger, nimmt iw den unteren Streckoii
alter auf 0,537 (I : 1860) ah.
Per grötste ZufluP der Aller, die Leine, besitzt ein
Xioderachlagsgebiet von 6512 qkm. Pie Breite des Leine-
gehiotfl ist im Hllgemeineu ziemlich klein, nur im niUtlere'ti
Teile int die Breite grofser. Abgesehen von der Rhuuie
und der Innerste sind daher die Seitengewäsoer nicht
»ehr bedeutend.
IHe (Quelle der Leine liegt auf dum Eichsfcld« hei
I>einef©]de in einer Höbe von 340 m. Viele kleinere
Schleifen und Krümmungen und einige grolse Biegungen
verlängern den Wasserlauf erheblich. Pie Entwickelung
für den ganzen FliiPlauf beträgt Imi einer Laufläuge von
279,4 km 75,9 Proz., während sie in der oliersteii drucke
von dert^uellu bi» zur Biegung bei .\reDshausen 24 Pmz.
I und in der untcr»ten Strecke uiiterhaUi der -Vue-
, mündttng 90,1 iVoz. iKdrägt. Pa» Gefälle nimmt dubei
12 «
l>r. HehrHna: I)ip Weipr.
im allgemeiiuni ziemlich rvgeluäfHig al>, da w ^icb auf
der 79,2 km langen Strecke von der (Quelle bi« zur
Ubuiueuiilmiimg, al«o iin Oberlaufe auf 2,00 pro Mtlie
(1 ; 3*11), in der folgenden 107,1 km laugen Strecke des
Mittellaufs bis zur Ihmemtlnduug niif 0 ,'iBh pro Mille
(1 : 1760) uml in der 92,8 kut Iniigen Strecke des UiiWr«
lauf« nur noch «tif 0,'2H0 pro Sülle (I : 3r»70) belSuft.
In der o)»ersten Strecke der I.eine bU Arenshaumen |
bin ist das Thal zwar nicht breit, besitzt aber ziemlich I
flache Tbalwönde. Von Ären«hausen ab tritt der Flufs !
sodann in die weit« Göttinger Sänke, die in ihrer Sohle
/war zienilicli breit ist, aber durch diu ThalwAnde recht
scharf l>egrenzt wird. I'ntcrhulh <ler Rhume zieht eich
das l'hnl an TcrschiiHlunen Stellen etwa^ zueamtuen, an
dou engsten Stellen auf 300 ui. Nach Norden hin er-
weitert es sich dann wieder und geht Hchliefslirh in die
Kbeau über.
l>es Rett ist im allgemeinen nicht sehr tief in die
Thalsnble eingeschniiten, erst von der lunerstcmundung
ab bat es höhere* Cfer. Die Tfer bestehcji hier wie auch
weiter unterhalb aus aufgeschwemintem Hoden.
Das Niederachlagsgebiei der unmittelbar zur Leine
entwässernden Wa^serläufe ist an der oberen Strecke
ziemlich klein. Hi.s zur Kinmutidung der Hhnme, also
im Oberläufe, erlangt daher die Leine auch erst ein
Niederschlagsgebiet von 993 qkm. l)ie RLuuie, diu hierzu
eine it(d>ietsflächu von 1175 qkm htuzufügt, ülH!rtriflt
demnach mit ihrem Gebiete daa bis hierher reichende
Leinegubiet ganz erheblich an Fläche. .Vufserdem besitzt
die Rhuine sehr reichliche Speisung aus ihrer Quelle und
durch die vom Harze kommenden Seiteugewässer, so dafs
ihre Wassenuassen in dem .Ahflulsvorgange der Leine
eine nicht unwesuntliche Rolle tipielen.
Die Ouello der Rhume liegt in einer Soitentschlucht
des Rüteiibergs bei Hhum'*priiige in 160 m IlÖhu. Die
Kiltwickelung de» Flusses ist wegen der vielen gröfseren
und kleineren Krümmungen nicht unerheblich; sie l>eträgt
für den ganzen F lnfs 1>ei 42,7 km I>änge 42,8 Hroz. Das
Gefälle, da» sich im ganzen durchschnittlich auf 1,17 pro
Mille beläuft, ist dagegen nicht sehr bedeutend. Die
bedfuttiudiütuu Zuflüsse der Rhume sind die Oder und
Söse, diu mit sehr starkem üefäUe aus dem Harze kommen.
Von dou zuiu Mittelläufe der Leim* gehörigen Zu-
flüssen hat gröfsere Uedeiitnng nur die auf der Hoch-
fläche des Solling» entspringende llnie. .Sie erreicht die
Leine unterhalb Kinb<s:k. Ihr Gefälle i»t recht betracht«
lieh und steigt im SuUtng sogar bi» auf 25 pro Mille.
Dor gnifste ZufluU zur Leine, die Innerste, hat ihre
(Quelle im südwestlichen Teile des OherliArzeH in der Nähe
von Klaiisthul. Ihr Gefälle ist innerhalb des Harze» sehr
stark, da es von ilirer (Quelle bis znni .Austritt ans dem
Gebirge 12,7 pro Mille (l : 78) beträgt« Hei Langels-
heim tritt diu luuurste in den Salzgau ein. <leti sie durch
ila** Kugthal bei HaddeckeustiHlt wieder verläfst. Auf
dieser Strecke ennätstgi sich ihr (iefälle auf 3,07 pro
Mille (1 : 326). Der gröfste Zuflnls ist hier die Nette.
Auf der untersten Strecke von Hildesheim ah vermindert
»ich da» (iefälle noch weiter bi« auf 0,929 (I : 1080).
Die hier eiumündenden Neherihäche sind dnrcliweg von
keiner grotsen Ihsleutung.
Unterhalb der KiumOndiiug der lnnei‘»te in die Leine
bleibt zur Kiitwickelung von Wasserläufun nur Kaum in
dem (iebiüte südwostlicb von Hannover, daa fast ganz
durch die Sachseiihageiier Aue und ihre Nebeiihacbe
eulwäs'crt winl. Das Niederschlagsgebiet ist 597 qkm
grota.
Zum unteren Wesergebiete gehören die (iebiete aller
derieiiigen Wasserläufe, die unterhalb der .Allermündung
in die Weser oiuwündeu. Da» ganze Gebiet umfalst
eine Fläche von 7643 qkm. wovon allein auf die lluute
2592 qkm und auf die l.<e8iim 2047 qkm »ntfalleu, ferner
bat noch <)ie Gebtum ein (iebiet von 912 (}km. Üsilicb
der Weser liegt ein grofser Teil de» Gebiete» in dor
Lüneburger Heide, westlich der Weser auf der nordweat-
deutschen Hüdeu»chwelle. Der Lauf der Weser wird
innerhalb dieaes Abschnittes wesentlich vorgczeichuot
durch da« rechtsseitige Höhenland der Lüneburger Heide,
die »ich als Goestrücken mehrfach bi« an den Siroui
hcrunzieht und ihn auf längeren Strecken begleitet. Von
(fec.'tteiilünde ab fliefst der Strom in einem durch die
Wirkung von Khb« und Flut mächtig erweiterten Hette
durch da» Wattenmeer als .Aulseiiweaer nach Nordwesteii
in da» freie Meer hinaus.
IHe I.aufeDtwickeluDg de« Strome« von tler .Aller-
mündung ab ist beträchtlich geringer al» in der vorher-
gehenden Strecke de» Flachlandes; aie erlangt iu der
unteren Weser hi» zur bremischen Grenze, wo ungefähr
da» Tidegebiet beginnt, nur noch einen Wert von 45,7 Pro»,
und «iukt dann bis Klsfleth auf den Wert von 8,3 Proat.
und von Klsfleth ab auf 5 Proz, Die Krümmungsverhält-
iiisse sind in dem oberen Abschnitte bi» znr Tidestre<^kt•
nicht weseutlich ander» al« an dem oberhalb gelegenen
l^infe des Stromes; im Tidegobicte flndeu «ich dagegen
nur an einzelnen Stellen oberhalb Hremen Stromkrüm-
mungen mit etwa 400 ni Halbmesser, wahrend unierhal!»
Bremen die Halbmeaser nicht unter 1000 in btnabgehen.
Während da» Gefälle für die ganze mittlere ÄW«eir
bei Mittelwasser im Durchschnitt 0,230 pro MUle (I : f 348)
beträgt, sinkt ea an der unteren We.-er qlwrhalb de«
Tidegehiets bi» auf durehschnittlicb 0,188 pro Milb*
(1 : 5308). In der Tidestrt’cke ist das Gefälle infolge
des noch nicht völlig vollendeten .AuHbunea des Bette.«
noch in fortwährender Umge«taltung begriffen. Die er-
inittelten Wert« haben daher auch nur vorübergehenden
Wert.
Die Stromufer liegen unterhalb der Allennündung
meist vor jungen Anschwemmungen aus feinem Sande,
während die höheren, älteren Ufer gcwülmlich an« mittel-
«ebwerem Lehme, der auf Sand ruht, bestehen.
Der weitaus grölst« Nebeiifluf« der uiiten*n Weser,
die Hunte, entsteht auf der Südseite de» Huuptzuges de»
Wielieugebirgi*» au» tnohrereii <)iie]ibScben und durch-
bricht diese» in einem engen, scliluchtartigen Tbale. Sit*
fliefst dann dem Dümmereee zu, aus dem sie auf .seiner
Nord- und Ostseite mit mehreren .Annen austritt, die
sich nach und nach wieder vertnnigun, so daf» der Flut»
nördlich von Diepholz wieder in einem einheitlichen Bette
fliefst. Kr erreicht die W'e«er bei KLfleth.
Die Flufsontwickelung an der Hunte i«t im allgemeiuetj
ziemlich grofs; sie beträgt für die Strecke von der (Quelle
bis zum I^ümmersee 70,1 Proz. und in der darauffolgen-
den Streck« bU Oldenburg 65,5 Proz. Verhaltnismafsig
gering ist sie dagegen unterhalb Oldenburg, wo sie nur
18,H Proz. beträgt. IH« groLe Kiitwickelung de« Flusse?«
ist auf beträchtliche Abweichungen de« Laufes von der
Luftlinie zuröckztifnhn'ii, nur innerhalb der Strecke, in
der die Hunte die uuniwestdeutsch« BodeiiHchwelle durch-
bricht, beruht die starke Kutwickelung auf der Bildung
von vielen Schleifen. Da« (iefälle des Flu»»«» ist nur in
der oberHten Strecke von einiger Bedeutung, e« beträgt
nämlich 7.96 pro .Mille oder 1 : 126, bald nach dem Aus-
tritt des Flusse» au» dein W iehengebirgo sinkt es erheb-
lich und besitzt olierhalh und unterhalb de» Dümmeraee»
nur noch die (iröfse von 0,100 pro Mille und 0,194 pro
Mille; weiterhin nimmt e» zwar wioder zu, sinkt aber in
der Tidestrecke des Flusse« unterhalb Oldenburg auf
0,0,31 pro Müle (1 ; 29600). l^a» Thai der Hunte ist
iu der (jucUstrecke ziemlich eng uud »teilwaudig und
I>r. W. Ttugiel; Polnisohe Sftgsn anii der Provinz Posen. 127
nimiut beim Ihirchbrnche durch da» WieUcuKobirgc | steht au« dem Zu!^ammt•nlllU>se der Wtlmme uud der
schluchtnrtige (iet>t4iU an. I>er Flufs RiefHt dann durch f Hamme. Hie erNtere eiitwisRert Ton dem im ganzen
ganz uftcnei^ (»eliude; uur, wo es die nordurostdeutMchc [ 2047 i|km grot^iou Niederscblagi»gebtete eine Fiftohe von
Hodou!>cbwelle durchbricht, treten die 'I*balwftnde stellen- , 1572 i(km uud entspringt auf dem UCIckeu der Lüiic-
weise hart bis un den FIuFh heniii. . burger Heide in der Nähe de» ^Vilsede^ Herges in 84 ni
IHe bei V'egexack in dieWe^er mündende Lesum eui' Höbe.
Polnische Sagen aus der Provinz Posen.
Von Dt. W, HugieL Paris.
Hie Provinz Posen wurde bisher von polnischen
Folkloristen weniger als die anderen Teile Polens unter-
sucht Desto willkommener scheint uns eine Schrift die
von der Redaktion des in Posen erscheiueiidea „Dziennik
Poznaüski'* unternommen wurde uud deren erster Band H
uns Torliegt. ist dies der Versuch, eine Liste polni-
scher Flurnanion aus der Provinz Posen zu geben. Über
hundert Mitarbeiter halben am genatmten Buche mitge-
wirkt uud mehr als 550 Ortschaften sind darin vertreten.
Die Arbeit wird fortgeführt werden, denn die Redaktion
verspricht un» einen zweiten Baud.
Diu erwähnte Schrift ist in mehr als einer Beziehung
belangreich. Sie gewährt vor allem Kinblick in die
Formung der volkstöuilicberi Ortsnamen. Was uns al>ur
Itesondurs darin aiigcht, ist die ziemlich beträcbtlirhe
Anzahl der dort zum erstenmal veröffentiichten Sagen.
IHeselhen sind mustergültig tuedurgeschrieben: ktmpp,
aller Ausschweifungen bar. Wertvoll ist auch der Um-
stand, dats sie aus der letzten Zeit k(»mniuii. Sie zeigen
uns auf diese Art den gugunwärtigen Zustand des Volks-
glaiil>eu.s in Preiilsisoh-Polen.
Am zahlreichsten schweben die Volkvsagen um Seen
und Teiche. Beinuhe jeder grötsere Se« birgt in seinem
Schofse ein versunkenes Dorf, eine vcrauiik^'ne Kirche
(»der weuigstuns ein versunkenes Glockenpaar. Jm Dorfe
Ohm sieht man am Orunde de» dort b(»findlichen Sees
Swietne (Swentysee) ein versunkene» Dorf; (ilockeii er-
tönen iiu» di'mseibuu. IiiGultowy gab e» einst einen See,
welcher heute schon ausgetrocknet ist; die Sage über
von dem darin versunkenen Dorfe bat sich hi» heut«
erhalten. Auf dem See von Malpino sieht mau eino
kleine InseL an ihrem Runde »tand eine Kirche, welche
plötzlich von den Wellen verschlungen wurde- Ka er-
tönen In» jetzt Glocken au» dem Seegruude.
.\hnlicbe Sagen beziehen sich auf den See Luhosz in
Ijgöw, auf dm See in Grodrisko und auf den Kocielek-
»ee in Wierzhno. Die Glocken der in den Wellen de»
lutztereu begrubeiicn Kirche erklingen nur alle 25 .fahre.
Auch am Grande de» Plulasia;» in Wluseiejewki befindet
«ich eine Kirche samt Friedhof. Nur entstand hier der
See erst, nachdem die l»eiden von der Krdo verschlangen
wurden.
Der Flufs Ohm bei Konten verschlang ebonfallK ein-
mal ein Dorf. Au» der Stelle, wo da» Dorf »ich befand
(die Stelle heifst »Itominikanergrul»«“), ertönen alle .lahre
nm das Fronleichnamsfest Glocken.
Der Volksglaube an Wassernixen existiert bei den
Polen, doch finden wir in unserem Buche nur einen
einzigen Beitrag zu deiiiselhun. Kr bezieht »ich eben
auf (len Hutasoe. Wie der Gewährsmann. Herr Niego-
lowski, l>ei'ichtef, „haben die Wassomixen in dii‘ Wellen
diese» See» vieb; 1.4‘Ute verlockt**.
Wobl aber enthalten die Seen ander» Wunderdinge.
So z. B. taucht von Z(dt zn Zeit au» dem Kobienio
') Wielkopolskie narwy (KÜne. l’iMen IVOl.
I in Nowicc ein Kalb empor und ruft „Mama!** Wenn
aber ein vorübergehende» Me[i»rhenkind das Kalb für
I ein ersaufendes Tier nimmt uud »ich anschickt, <la»HeIli«
au» dem Sec ZU zi»dien, so cirscheiiien auf d(?r VV'eUen-
obcrflucht' riesige Hechte und zirrreifsen den WaghuU in
Stücke. Solches traurige Los ist einer Bauernfrau zu
teil geworden.
I Vor Zeiten kamen die genannten Hechte (oft sogar
ohne jedweden Grund) au» dom See, »chlüpfteu auf d(ai
. Krdbodon und üb(>rfiuluD die vorübergehenden Fufsgänger.
I Kin anderer See, oder eigentlich Teich, „Mnich“ (der
Münch) genannt (Dorf Snicciska) beherliergt in »einen
I Wellen einen (wahrscheinlich hülsenden) Mönch, welcher
' jede Nacht aus d((n GowriBsem auf einem Rof-s eni{H>r-
stuigt und dann den Weg entlang reitet.
I Der Teich Karwiniec in Lagowo b«t „unlängst** eine
andere Kigentümliclikeit. ln seiner Mitte befand »ich
' eine mit Buschwerk uiidKrIen l»ewachseue schwiiuiuende
Insel, die je nach dem WindKtofs sich bald hin, bald
. kor bewegte. K» ist die» eine Parallele füi* die »chwim-
' menden Inseln, deren einige schon z. B. Straho in seinen
‘ ober Gallien handelnden Kapiteln nennt.
. Von demselben Teiche erzählt man. daf» «r in unter-
' irdischer Verbindung mit dem vier Meilen davon ent-
i fumien So« von Osieczno steht. Es fielen einst zwei
Ochsen hinein; »ie kamen lebendig und gesund auf der
OherflSche des Osiocznasees zum Vorschein.
In der Nähe von Schroda befand »ich zur Zeit der
> Republik Polen ein ziemlich grofser Se», S/Jacheiu (lii»»
• Schlachtzin) geuaunt. HeuU^* erstrecken »ich auf de«seii
Stelle prächtige Wiesengründi*. .Vn da» .\blassen diese.»
; S«ee knöpft sich folgende Volkserzähluug :
: Vor vielen Jahren wohnte in I*ierzchno ein« ruichu
' GutsheMitzerin. Kiitmal Itegab siu »ich zu Kahn nach
! der Kirche im iiuheu lk>rf Nietrzanow. Während der
; Überfahrt geschah ea, daC» ihr kleinu» TöchtcTlciii sich
! zu »ehr aus ihmt Kahn TorDÜbtrbeugie und infolge dessen
j ins Was.ser fiel. Vergehens durchsuchte man dun ganzen
I Sue, dur Korju-r wurdo nicht gefunden. Da ordnete
I die verzweifelte Mutter da» Ah]m«»en de» Sees an, „um
auf dies(> Art der ertrunkenen Tochter otu ihrer würdiges
Begräbni» zu veranstalten“.
[ Um bei den Gewä».»em zu hleilHm, will ich mehrere
I auf Quellen bezügliche Kiiizelheiten bervorheben.
I Auf dem Sankt Martinsberge in der Nähe der Stadl
Sulmierzyce befindet »ich ein Quell, desHcii Wasser hei-
i lende Figenschiiften be»itzt. Kinst fiehui in d(>n»elben
i die Glocken der nahen, jetzt nicht mehr «xistiureiKbui
' Sankt Martiiiskircbe. Si« blieWn d(Jrt lange liegen.
Kinnial trank ein .Mädchen au» geuanniem Quell Wasser;
I sis trank aber, ohne »icb vorher zu bekreuzen. Da
hängteii smb die Glocken an ihre Haan*.
Die Gewähr»mHiiner dieser Leg«‘nde, II. II. Gihasiewicz
und J. l,audowi('z, sagten uns leider nicht, was mit den
Glocken und dem Mädchen nachher guschah. lud«*** ist
die Vidkeerzahlting gewif» iiiebt »o fragmentarisch.
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I>r. W. ßagisl: PolniseliH Sskcd aut dor Provinz PoaoQ.
\2f^
Fine heilsame i^nelle giebt ea noch in RtistKtin i IWzyna*
quelle). Das Volk ans der l'mgebung binliviit «ich dos
UnczyDawA^aers ImsuiiderK bei AugenkrunkheiUm. Fine
wjirmea, ini \Vint<»r nie zufriereiideü Wasser ffthreiido
(Quelle (in Ofltniwo, nab« am Gopiusee) wird ^HAllentbor“
genannt. THoser Name ist gewifs der WiedorkUng de»
im Mittelalter verbreiteten ülauhous, die Holle befinde
sich im Kniinneren. Gab'e irgendwo einen warmen
WiiKMerlanf» so kam ihm »eine Warme von der Xshe
der Ilrdle.
Hinein anderen VolkflgUubeu begegnen wir in einer
Siige, welche sich anf dio Wie?oj ^Zdroje“ („Quellen“) in
Morcink4»wo btizieht. Mau erzählt, da(» vor Zeiten dort,
wo sich diu gouunnte Wiese befindet, ein fiberreicher
Wasserquell sprudelte. Kine solche Menge Wasser ent-
quoll deiuselbcD, dafs der GutHlH>«itzer schliersHch darin
„eine ei.seme l'hrtr vernenkte, damit ihm die Wellen die
ninherliegenden Ftdder nicht übcrschwumuteu“.
Interessant ist hier erstelle das Versenken der Thfir.
Her Quell soll luilgchalten, geschlossen wurden, zwischen
diesem Vorhaben und der Thfir besteht also ein magischer
Zusammenhang. Zweitens i»t der Umstand, dafs die
Thür eisern ist, ebenfalls hervorzuheben, denn das Eisen
wirkt, wie manche Volkssitte e« beweist, liezwingend
auf die dunklen, gebeiiuen Mächte. Nun nnterliej^ es
keinem Zweifel, «lute das gennunte Versunken auf die
iotzteren ubgezlelt war.
Die zahlreichsten Sagen beziehen sich auf die spuken-
den Geister. Wie überall findet man auch ini EVsen-
schen verschiedene Kategorieen derselben. V^s sind die»
bald Irrlichter, welche einen au» dem Wege führen
(die Ufer de» See» Wielkio liei Dolsk. mehrere Felder bei
Uustx'in), bald schwarze Hunde, weiche nacht» auf den
Wegen uiuhcrlungeru und den Vorftbergehenden Si'hrocken
uiiiflörsen (Tiefweg bei Dolsk), bald schwarze Herdeu,
die auf einmal um die Mittagsstunde erscheinen (Felder
Gory, Kierzki und 1‘odchlebowo l>ei Uuswin). Oder es
handelt »ich um unbestimmte Mächte, von denen es kurz-
weg ohne nähere Krklärungun heilst: K-s spukt! „Es
spukt“ in der Hühle Stiirkowiec Itei Debno, auf dem Felde
Kobyle liei Pierzchno, in der Umgegend des Grabens
Koterba in Ki'elkowo, auf dem Kreuzwege Pr/ybolowka,
wo die Grenzen von vier Di'irfern sich burüUrcii. Ein
Fuhrmann wird nachts gerne einen lang«ui Umweg
imu'hen, um nur nicht über die Przybolowkabrüoke zu
fahren.
.\uderiiorts ist es der Toufel in höchst eigener l’er-
»on, der zu spuken geruht, .tui „Schweilenwall“ in
Hoszki sah niHii vor Zeiten »llo Nächte eine mit vier
Hapj>cn Iwspannte Karosse, auf deren Rock der Ttuifel
saf.s. Kr hatte einen Dreispitz auf dem Kopfe und spie
Funken. Ibu Pferde schnoben ebenfalls Feuer. Ihr Herr
trieb sic eifrig an, schrie in einem fort hau!, hau! und
die Karosse »miste so »ebueil tlaliiti, dnfs die Räume sirli
wie vor einem Windstof» beugten.
Die Spukgebter von Jankowo gehören zur Kutugorie
der vom Teufel noch nicht verdrängten Volksdfinionen.
Am \V,>ide]ilatz«« Ostrowki erschien dort oft „ein Ihiwr“
mit den am HinterteUe z«>rschlitzten Hosen. F)r näherte
sicli den von Hirten angezündeten F’eueni und rief:
MKilthebeii, Mariochen, ihr »ollts't Srhuhe tragen!“, wor-
auf ihn die Hirten neckten: „Ihr habt keine Nasenha'her.“
Du zeigte er ihnen den hinteren K<irfH*rtt*il und versetzte:
„.la, aber hier hal>e ich Iv«H*her.“
Anständiger und »chweigsumer wureiii anderer Spuk
aus der l.'nigegend von .lunkowo. Die.scr butte einen
iint und einen FVaek an. FIr iiiiUerte sich ebenfalls den
brennenden llerdfeiiern, wärmte »ich daran und pflegte
dann iimlierwaehsende Sträuche auRZiinnfseii. Sonst sah I
man ihn die Raine autlung roit4*u, in dieaem Falle bi»<-
gleiteten ihn vier Hunde.
.\ndere ^pukgeisb'r »iiid menachlioheii Ursprtuiga.
So z. R. spuken in Pogoraela um den Ort, wo einst eiii
Galgen stand,, die Seelen der armen Aufgeknüpften. Auf
dem Moraste Zörawiee WloRcie]«*wki ist dieselbe Rollt»
den Seelen der in denselben nach einem Kircbi-nr.aub
veraunkenen Diebe zugefulleii. In Jankowo Zalesne
spukt der Gutsbeflitzer Karliöski, welcher im Jahre 1780
eiut'ii Streit um F'oldgrctizen zwUchon Jankowo luid Pt>-
grzybowo unschürte. Der Streit artete in eine Schlägen»!
»US, wobei einer der Jankuwer Lnndleutc seia Leben
einhüfste.
Weil Karlinski mittelbar der Frlieber des blutigen
Streites war, »o spukt er nun auf einem Rappn die
Raine entlang. Soa-ohl er als »ein Rota speien F'euer.
„F^ i»t nicht lange her, duf» K. Duczuia, »in mx'h leben-
der Lnndmanu, dem toten Kitrliiiaki iui Pogrzybuwowaldet
begegnete.“
Rüf.sonder Gei»t iat wahrscheinlich der feuerspeiende
Hund, der in Rzct:zyca am Hügel „Poganskie groby“
(Ueideiigniber) um Mitternacht »pukt. Denn wie man
erzählt, ist an dieser .SteUe ein IlocbzeiUzug in die Krdo
venmiikou. Gewits geschah die» nicht ohne Grund, und
allem .\nscheinc nach ist ca der Bcliuldigate unter allen
Veraunkenen, der jetzt in genannter Gestalt erscheint.
In die Krdo versank auch die Kirche in Dobrojewo.
Am Karfreitag eKöuen aus dem F'rdengrund deren
Glocken. Der Ort, wo die» geachehen ist, führt den
Namen „IVzepadln gora“ (vorsunkeuer Berg).
I nter den anderen Sagen ist zunfichet eine auf die
Schätze E>ezüglicbe hervorzuheben.
In Suleucin giebt es auf den Wiesen hier und da
ziemlich tiefe Vertiefungen. Von einer derselben erzählt
man : Vor Zeiten bildete die Wiese mit der genannten
Vertiefung einen Teil de» Dunoj, eines Nelmnarme» dos
F'luffses WaHe. Flinmal, als der Krieg »usbrach, ver-
senkte auf dieser Sudle ein Magnat eine eiserne Guldkiste.
F> fiel bald in der Schlacht und »llea Suchen »einer F>ben
nach der Kiste war vergeblich. ICndlioh wandte «ich der
Gutsbesitzer von Sulencin an deu Pfarrer eines der be-
nachbarten Dörfer; die beiden be»chloa»«n, zu Gelwteu
und LiUineien Zuflucht zu nehmen. l)er Pfarrer kam
heran, l>e»prengte mit geweihtem Wasser deu Flut» am
Ort, wo nach derVolkssage die Geldkiste versoiikt wurde,
und verrichtete die nötigen Gebete. In der That w urden die
Zeremoniees mit F)rfo!g gekrönt: die Kiste tauchte aus
dem WttB^'ergrund hervor. Sie schwamm dem Ufer zu
und man war »ubon nahe daran, ihrer habhaft zu werden,
als Ewiscbon dem Pfarrer und dem Gutabesitzer ein Streit
entstand, ein wie grofser Teil der Kirche Zufällen solle. T>a
die Streitenden einander nicht nachgeben wollten, so
versank die Kiste abermids und niemals sah man «ie
wieder. Nach und nach zog sich auch der FluCs von
dieser SteUe zurück und jetzt liegt die Kiste »o tief im
Hoden, duf» man »ie nie heraiiezichen wird.
Bekanntlich verbleibt narb der Volkssage da» im
Boden aufgt-bobenc Geld nicht immer in »einem Versteck.
Kinmal oder mehrmals jährlich bringt e» sein gewöhn-
licher Kigentiimer, der Teufel, auf die Fli'doberfläcbe,
um es zu trocknen. Sn war es am Hügel Swiete in
Strzemkowo.
Der Teufel, welcher, wie wir o» gesuhen haben, »eine
Tbäti^keit in Pomui bald nacht», bald bei Tage entfalteL
konnte nicht umhin, hier und da »eine Futssjiur zu
hinterlasi«eu. Von ihm gekuiinzeichiiet i»t der „Teufeb-
»tein** in Kozmin. Man -ieht darauf deutliche Hahnfols-
»puren. Dabei miif» ich daran erinnern, dafsnnch dem
l>r. W. Su
VolkK>flaubeu der Teufel^ifuri^ liaujUnAchlich
die obi^e Knriu be.‘<itzt.
Ikdzebulis Ueifer^helferinnen, die Hexen, »ind eben-
billii nicht unbekannt. Fin Ilüge] beim Horfe Male
.leziury, fiFy.-ia gdra** (kahler Ik>rg) genannt, gilt alt«
ein-Htiger Schauplatz ihrer /tK^animenkdiifte.
In Horuchowo weiftt ein Feld auf einer zieiiilich weiten
Strecke (ß Morgen) ziegelrote Thonerde auf; iiaeli der
Vulki<>ugt‘ kommt diei>e Färbung mVoh) Blute der auf
«iiesein Feld«tflck Terbranuten Hexen“.
ln l’rzedhfirowowalde befindet eich ein Ort Rubryrzka
geiiHiiiit. auf den jeder Vorflbergehende bif* heute einen
dürren Aat hinwirft. Man behauptet, eine Hexe aei an
dieser Stelle getütet wonlen. Also derselbe Brauch, wie
in Nordileut!schlau<l das Anfwerfen der Bei!»ighaufen iiu
Murd*itelleii (, toter Mann“).
Hat« l>orf WtoHciejewki, welclie» in folklon^tit^:her
Beziehung von Herrn Niegolua>ki recht gut untersucht
wimle, besitzt eine Wiese, welche „Kobaczywa“ ({rewürm-
wiese) heilsl und aus dem (>mnde inU'ressant ist, dafs
,.,hier eiust SchlHiigeii- und Natteritkönig** hauston“.
lut iK^rfo Mechlin l>efindet sich ein Feldstück, uu das
sich unserer .Vnsiebt eine Mürchenreuiinisceiiz knüpft.
Fj) heilst „Trumna-gdra“ (Sargherg) und bildete einst
einen Teil des hier nachher goIicht4‘t4'n Waldes. In dieser
Waldzeit also soll hier „ein glAsenier Sarg zwischen
lieh Bäumen gehangen Kein“. Ha in Bolen das Märchen
von Siieen'ittelieu, Tou der auf die Schönheit ihrer Stief-
tochter eiferfüchtigen Stiefmutter (worauf dann der Er-
iiiordtmgsversuch des jungen Kindes, ilir Aufenthalt im
NValde zwischen HAubem, ihr Verfallen in den Todes-
schlaf infolge des Verachluckens des ihr von der als
Bettlerio verkleideten Stiefmutter geschenkten vergifteten
.Vpfels uikI KchiiefsUch das Niederlegeii dorKelbeii in einen
gUsernen Sarg, welcher hierauf zwischen den Baumen
aufgehängt wird, bi» ein jagender Prinz densellien
wuhrniiunit uuil das Mädchen wieder zum Leben bringt)
allgemein bekannt ist, so glaube icb. dafs zwischen dom-
seligen und dem Namen des Feldstückes ein Zusauitiicn-
haug Imoteht. P^s ist aber nicht ausgeschlosKcn, dals
dieMtr Benennung irgend welche reelle ThatsSaeho zu
tiruiule liegt.
i> wären noch mehrere Sagen, welche sich auf ge-
M'hichilichf l*ursöniichkeiteii iH'ziuheti oder auf ge-
ecbichtli eher Grundlage lH5ruhen. hervorzuhebeii.
Auf Sankt Adalbert, welcher in Polen immer einer
grofsen Vorebrung »ich erfreute, iH'zieheii sich mehrere
Sagen. In Kakujadj zeigt man einen Stein, welcher
Spuren von F'ursntapfcn trägt. PN kommt die» daher, weil
auf dieseui Stein Sankt Adalbert »taml. als er hier predigte.
In Swi»;tc giebt es einen kleinen See „.leziorko Swi^^te“
(Heiligensee). In denselben warf der heilige Adalbert
die Standbilder der örtlichen heidnischen Götter. Her-
gleiclitMi Standbilder wurden von ihm auch in den
Betscher See Tersenkt. .^ufscidem versenkte er in den-
selben den beidniscbeii Tempel (.bi- heute sicht uiaii
am S*egrunde versenkte SteinRiesen“). Hierauf gründet«
er hier eine chrisiljrhe Kirche und stiefa in den Basen
vor ilerselbeii sellieu Stock. Her Stock entfaltete sich zu
einer l.iiideiistaude, welche mit den Jalireii einen stiitt-
licbeii Baum ergab. Man nannte .sie .die heilige Linile'^.
>ie bestand bis 187."». wo sie vi»n einem Sturme uiuge-
werfen wurde. AU Napoleon 1. liei Betsche v<irüberritl,
hielt er bei der T.iiide Stand und drei Orfiziere, <lie von
den Pferden stiegen, konnten den Baniustanim kaum
unifas-eu.
Tn Marciiikowo lebt bis heute die Krinueriing an die
liier iui .fahre 1227 verübte Kruiordung dc> Königs
Leszek dea Weif-en von seinem Fi-inde Swiato|H'lk. Man
gen uuK der Provinz Poson. I21>
zeigt dort «Ion Teich ^Peiek“, wo ein S-hwitzbad sieb
befand, in dem I«e»z«‘k kurz vor seiueui Tode einige
Stunden verbrachte, ln der Nähe aber befindet s«di der
„Leazekherg“. wo Leszek seinen Mördern erlag.
Hie Schweden, welidie im 17. Jahrhundert «ich so
blutig ins GedächtniH der ]H>Inischen Nation eingi>schrieben
haben, wurden vom Volke in Poaen bis jetzt nicht ver-
gCNHcn. In wenigstens zwanzig Ortschaften iH-geguei
iiian „schwwlischeu Wällen“, „Schwedeiihflgeln“, „Schwe-
dengrälMUi“ n. w. Puii Bergliügid bei liewice beifst
„Königsberg*', weil dort der Sage nach Karl XII. einst
gefrühstiickt hat.
.Ander« Sagen beziehen sich auf örtliche Ereig-
nisse. So heilst in Wielkic Jeziory ein Teil des Walde-
„schwarze Müllerin“, weil dort ein Stein sich liefindet,
der zum Andenken an eine dnscllist hingerichtetc
„schwarze Müllerin“ eniithtet wurde. Kiu PVldstück in
Scclcc heifst „Hrciinstätte“ tSpalnik): es stan<i dort die
Hütte eine.s P’örstcr«, welclier seine PVau ermordete und
dann, um den .Moni zu verheimlichen, .sein Wohnhaus
aiizöndete.
In Michy giebt es iiu Walde eine ziemlich grofsc
Vertiefung. Sie heilst „Fraueugrube“. Her Sag« nach
verbarg sich in dieser Griilie zur Kriegszeit die benach-
barte (iiitsbositzerin und zwei alte lünsÜHller brachten
ihr Nahrung. Man behauptet, dies«» Grube sbdie ver-
mittelst zweier unterirdischer Gänge mit anderen unter-
irdischen Verstecken in Verbiiuluug.
Ik>r Name iles Dorfes A'hudopsioe(Hürrhnnd) bat zur
folgenden Sag« .Aiilafs gegeben: llas genannte Dorf ge-
hört« einem reichen GntslM-sitzer, der zugleich ein eifriger
Weidmann war. Einmal kam ihm die Lust an, dreien
unter seinen Liehliugshundon neue Nacnen zu geljcn.
P'.r ruft also den llundeverwalter zu sich und sagt ihm:
„Höre du, du wir«t dicMUi drei llimdeu neue Namen
gellen, die sollen »her derart sein, daN ich sie nicht er-
raten kann.“ Ik*r Verwalter weigerte sich, aber der
Herr antwortete: „Hu muNtl“ und verreiste darauf. Ein
Jahr nachher kommt er zurück tin<l läfst sich ilie Duiule
zeigon. Her Verwalter führt nie hervor: die Namen sind
schon ningeäiidert wonlen, so sagt er. Nun bebt der
Herr an die Hunde zu rufen. PN ucriiil allerlei Namen,
die Hunde regen sich nicht von der Stelle. Endlich ver-
zichtete er auf den Gewinn der Sache uiiil bat den Ver-
walter. die Namen zu nennen. Her Verwalter kratzte
sich den Kopf und rief dann: Sollte!
Iter erste Hund lief sogleich auf ihn zu.
Her andere Ilnnd hiefs: „Wollte niclitl**, der dritte
„Mufsle!“
Her Gutsbesitzer, entzückt über di« Erfindungsgabe
.seines Verwalters, scheuktu ihm das genannte Dorf, als
einzige Pflicht wurde ihm die l'Nnahrung einer Kopjad
Hunde nuferlegt. Das Dorf bmchto aber mir wenige
EinkOnfb*. denn als zwei Jahre nachher der Magnat dort
wieder einkehrte, fand er die Hund« entsetzlich ahge-
magert. Na. wenn diese- lK>rf sogar ein paar Hunde
nicht eniöhrmi kann, so heifse es Hürrhund iChiido]»-
Rice), sagte er.
Obwohl da.s |Hdtii-che Volk selir religiös ist, au kennten
doch die Mitarbeiter diT „ Wielkopolskie nukwy |M)liie'*
blofs wenige religiöse Sügen aufliringeii.
pjne davon bezieht -ich auf einen Streif /wUcbeii
den Plinwoliiicni von Aförka und Btalzywiew. In der
Mitte des Weges zwischen diesen zw'et Ihirferu befand
sich ein «Iritle- Dorf. Diese- bruuiite nieder, blofs da-
in der Kirrlie aufgehänute .Ahirieiibilil wurde gerettet.
Hie Einwohner der oben erwälintcn zwei iNirfer -tritlei»
»ich darüber, wem <las Bild angeboren solle. Iien Zwist
.«cblichtete d»*r Pfarrer: ent-cliied, daf- da- Bild jenen
^oogle
13>»
Per I 'K interuationale AnicrikaDistoiikongrefs iii New York.
Parfe 2ttftt)teu solle, dealen Kiuvi'ohDer nui 0»terte>ge
nach der Vers}M'i‘*nng des Fruh*itück« t>ich zuornt auf dem
Platze, wo die uhguhrannte Kirche einst ••taud, eiufindet.
Kin Paiidinaun aii’> M«'»rko trug den 8ieg davon.
Fane andere rcligiö^^e Sage knöpft sich um» Feld
„Kataruynki'* bei K'ur 2 ew. Bia I7ö3 stand dort eine
Kirche, in welcher ein St. Katburinenbild hing, dasWuii-'
iler wirkte. Piesen Bild war dort aus diesem Grunde
aufgehüngl wurden, weil die heilige Katharina jieraönlich
einen Fuhrmann, dessou NVageii in einem benachbarten
Morast stecken geblieben war, samt Fuhrwerk tmd
Pfeidou rettete.
Schliefslich inüsMm wir noch Innznfftgen , dafs an
jnehreren Orten, wo v orgese h ic li lUche lU-grihnia-
statieii sich la'fmdeu oder wo prähistorische Funde ge*
niaebt wurden, das Volk ad hoc Sagen geschaffen hat.
Haid erzählt oe, dufs in der Nähe eine Räuberhöhle be-
stand und dafs di<‘ Räuber am angegebenen Ort ihre
Opfer l>egruh*m, bald erdichtete cs in Bezug auf die Funde
dieselben Sagen, welche sich auf Schätze beziehen: es
sei da auch Geld vergruben, der Teufel bewahre e» und
trockne es von Zeit zu Zeit.
Solche zwei Sagen bestehen zuui Beispiel gleichzeitig
nebeneinander in Strzemkowo.
Brr 1^ Internationale .tmerlkanlHtenkuiigrers
In New York.
in den Tagen vorn :!0. lös 'iS. OklotHT v. J. hieli der
internaiiitnale AnierikaDiHtenkoturrers in New Y'urk seine
lü. Versammlung ut>- Verfügen «Ue Amerikaner selbst auch
vielleicht noch niolit üli«r die gröfite Zahl der führenden
Oeisier auf allen (iebietea dieser ^Visseuschaft vom vierten
Krdteil. 00 stellen sie doch von dahr zu Jahr eine immer
wachsende Reibe erfolgreicher Männer in deren Bienst. hoWn
immer mehr von deren Schätzen; und *0 konnte der Vcrtreler
der Herliner l’niversität . I*rof. Karl von den Steinen, als er
in der ieUien Sitzung der dortigeu <ieselL<>chaft für Krdkunde
über den Kongrefs berichtete, von diesem mit Hecht sagen:
Bas tiedeutungsvnllste Ergebnis des ungemein lehrreichen
K<»ngresi*e* sei die Erkenntnis, dafs die ^it vorüber sei, in
der die amerikanischen Amerikanisten nach Kuro|Hi gekommen
wären, um hier zu lernen: wenn wir nicht sofort alle Kräfb'
einstttzteii, nicht Itald zehnmal Mt grofse Mittel wie hishor zu
iiifthodischer Arbeit in .\merika anlegten, an würden unsere
Hammlnngen, in denen ganze Kulturen auch nicht mit einem
Stück vertreten seien, ihren Zweck, amerikanische Ktudieu
XU ermöglichen, nicht mehr erfüllen können.
Vertreten waren auf dein Kongref«, wie wir H. t'ham*
l^erlains lU*richt im , Science'* vuin 5. Bezenibs-r entnehmen.
%'or allem natürlich die Nordamerikanar und Mexikaner,
furtmr die /.ontralamerikanis4*hen Kepubiikcii, aus Südamerika
«lagegen nur .\rgentinien, l'rugua.v und Paraguav, sei es
durt'h offizielle iielegierte der Regierungen, sei es durch
Mitgli«Hli>r wissunschafilicher Institut« laler rrivafe. .\us
Europa waren einige Knirtändcr. Schweden, Italiener und
Bcutsclie ersi'litenan ; die letztertoi waren von den Steinen
und Seler, dieser als Vertreter der deutachen Hegivrung.
SeltAtversiandlich war auch der llurzi.^ von Louttat zugegen,
ticr verdienstliche Korderi'r der amerikaiiiachen Wissenschaft.
An allen s«ctis Tagen wurden Vorträge gidmllen , iin
ganzen "0 bi» HO. Angesichts dieaer riesigen Zahl war
die Sprechzeit der Redner auf 20 Minuten betne»«en. doch
knöpften «ich an viele der Vorträge BiskussioiiHii. Es ist also
lün gewaltige.« Arbeitspfusum twwältigt worden, und inner-
h.vlb desselben kam jeder Zweig zu seinem Hecht. Viel von
dem, was vorgetragen wurd4-, war zwar au» der jung^tcu
Litteratur bekannt, aber lu'hr viel« Thai«ach«'ti und OedHuken
truU‘11 hier zum «•rstemnal vor die öfTeiittichkeit. Aiuh-re
Eoiwi'liungsergcbrilsse wurden in besonderen geilruckteii Ar-
Itoiteii dem Kongrefs ütierreicbt. Als eine hervorstechouda
und jedHiifalJs »ehr erfreuliche Eigenart der diesmaligen
Tagung tKzeichnet Chamberlain den l'mstaud, dafs Qualität
uuQ wissenschaftlicher Wert der Vorträge höher standen aU
auf manchen der fräheran Tagungen, dafs mehr wirkliches
festes Wissen sich l»einorktMr machte, und dafs die Zahl
wilder Thonrieen und dilettantenhaftor Ideen gegen früher
erheblich abgenommen hatte. Bafs es auch an »idchen nicht
fehlen konnte, ist nahezu selbstverständlich.
.\uB der Knlle d«4 Uebutenen können wir hier uurwenig^v
hervorheben. Professor t'ulin sprach iilter die Hthtiischo
Bedeutung der HpieJe mit Bezug auf di« Kulturen
der alten und neuen Well; er meinte, auf Orund des
heute vorliegenden Miiteriabi sei mau genötigt , an eine
«ht'iiuiligo und lang anhaltende Wechseltiexiebuug zwischen
Amerika und Asien zu denken, dergestalt, dafs <h'r EinAufs
von Amerika aus- und auf Asien und die paziAschvn Inseln
nborgegangon sei. Ein Vortrag über di« PHtroglyphen von
Smiths Ferry, den Pr. Holland hielt, führt« zu einer
Biskuastou über di« Be«hmtuiig wdehcr .ScbrifUeicben*.
Br. Holland wlhst hielt sie für Erzeugnisse müfsigen Zeit-
vertreihs^^ von Fi.«chem und Jägern ; Br. AiubruwUi verwi«s
auf die Ähnlichkeit zwischen den Bilderscbriftzeichen Argen-
tiniens und des l’ueblogebiets (vergl. weiter unten).
Ül)er den A 1 g<in k i n spr achsc h a t z trug Br. A. V.
l' h n in be r la i n vor. Er erläutotie di« wett« Verbreitung
dieser .amcrindiHchen* Kamili« und ihren Kinflufs auf anderen
8pr»chlM>r«itz; hierher gehört auch der Kintlufs der Algonkiu-
dialekt« auf das geH|iroch«ne und geschriebene Englisch
Amerikits (ül>er läu Worie). L>er Redner befürwortete ein
eingehendes Studium der Algonkinspracheu. Br. Ambrosetii
vom argentinischen Natiimalmuseutn besprach die Archäo-
logie der Ca lcha<{ uigegcnd , deren Alu*rlöm«r dem
BesitX'tHrid der l’uebloindiaucr Arizona.« und Neumexikoe
glichen- In der Blskusadou darüber Iiemerkte X>r. Uhl«,
dafs diese Ähulichkeiten mehr zufällig wären und kein Bc-
wel» ethnischer Verwandtschaft. Wie vorher von t'hainbcriain,
BO wurde auch bei einer s|Htteren (tclegenheit das neu« von
den Anthmpolc^n in Washington erfundene Wort ,Ame-
rind* gebraucht, was Uelegenheil zu einer lebhaften Aus-
einandersetzung gab. Br. lli*as nannte das Wort — • unseres
Krachten« auch mit Recht — «in .Monstrum*, und die übrigen
Kndnar brachten ihm ebenfalls wenig Etel« eiitg«^n. Zu
dem von t'uHu auge-V'hlagenen Thema gehört auch Rogoras
Vortrag Ü1a>r die Folklore des nordöstlichen Sibirien;
er war jodcnfalls einer der wertvollsten und intoresaantesten
der Tagung. Der Jledncr verwies auf di« in vielen Fällen
zu 't'age treteiMio Ähnlichkeit und Identität, die im allge-
meinen wie ein Iviail zwischon den Legenden und Mytbeu
Nortlostsihirieus und Nordweatamerikas herrsche; sie bezeugte
zweifellos eine lange Wechselbtiziehuiig und einen Oedankeii*
austausch zwischen den lieidcu Kontinenten und wahntcheio'
lieb auch Usssenbexiehungeu <t«r Hauptvölker jenen Kreises.
Her Mexikaner Chnvero Itebaiideite u. a. den Pnlcn«|UQ-
kalonder und schlt>fs damit, dafs detuteii Tugezeichen die-
s«ll<eri wie die <l«s MnvnkalQmliT» wären. Ikikauntlich ist
das Vorkommen »«tgenannter Zwerge in Amerika bisher nicht
festgestellt, van Pauhuys tiesprach das angeblich« Vor-
handensein solcher Zwerge in Französisch-rtuayana.
worauf l*rof. von den Steinen äufw'rt«, dafs die liswei*«
dafi'ir noch koinoswegs iilterxeugcml seien.
F.in beMiiid«r«r Tag war der inox i k uni sch en Alter-
luinskund« gewidmet, und zwar las zunächst Prof. Beier
über die .Bilder- und Hieroglyphenschriften Mexikos
und Zentralamerikas*; für licMmdera intcresaant und
wichtig erklärt« or die Mayaiiien>glyph«ri. Batres berichtet«
j ülier seine Erforschung des 3lontc Alban, der, dem fha-
^ rakUT der dortigen Funde nach zu tiiiailen, eine Stell« zap<«
tekiM’h-timyanischer R«rUhrung s«i. Ferner besprach er <li«
Ausgrabungen in der KscalerillasBirafse in Mexiko,
I die zur Entdeckung der unter den Trümmern der spni«n-n
- satanischen Stadt vergrabenen Resten der alten azickisehen
Stadt geführt balwn Bann hielt. Prof. Keler einen Vor-
I trag iilM-r alt tu« \ ikanische rcligiöe« Biclitkunst. Auch
I zwei Bamen kamen an di«s«in Tag« xutn Wort. K«t meint«
I Frau Nuttall in ihrer ,.\nr«gung für Ma> agelehrte*.
dafs die klaasitl/iurenden Hufrixe von Numeralien vielleicht
I in liierogl5Th«n«chriftau gefunden werden ktinnlen.
! Bie nichste Tagung ilcs Kongresses Hndet 194)4 .huU,
und zwar auf «in« von l'n'f. von <1cn KtWrieii überbrachte
I Kinladuiig in Stuttgart. Bas Koiiiitt*e Iiosteht aus dem
(irafeii I.itid«n (Voiaitzeiiden der rieaeUarhaft für ll.indels-
I geographie in Stuttgart), Prof. \oii d«n Steinen und Prof. Stder-
Hüeh crichmu.
131
Bücherschau.
l*rof. Dr* Frlt'drirh Katxel« Die Krde uud <1 hh Lei«». Kih<>
yHrKleichi'ixif Knlkumk*. Zweiter Band. Mit Ab-
büduuifen und Knrtun im Text, 1*2 KftrienWUn)^» uiitl
'2.t l'nfeln. HiUli«igraphiüc.heA Instiiut. 19uV.
Bai der heute iti clfu meisten AVtjuteuBcktiftKti harmdiemlaii
S|>ezinlMtoruu;^ der Arbuiteu wird^ die Znbt jener Delehrten
immer geringer, die einen vollen Ülwrblick über l>eniM:bbarto
WiMfuisgebiete Ijeaitxeu. Zu diesen wenigen gehört Krie^Irieh
Hatzel, der auf dem Debiete der Krdkund»* und der Völker-
kunde gleichmüfitig zu U«u«> ist und nnmit iiiieh im stmide ;
war. ein Werk uia da« vorlii^nde in harmonischer Weise j
zu schnfTen. Die Krde und das Leben! Da« im vctriiehinüten ’
Sinne geuieioveiNtäudlicb gescbrielieue Werk enthalt eine ^
riesenhafte Menge gut verarbeiteter und gegliederter That-
Sachen. Der vorliegende zweite Baud lM*schreibt iin An- j
«chlusse an die fe^te Krdriude, die den ertten Band fiillt,
die Wasser- und die T.ufthulle, um •iann den hiidogiM-han j
und ai]thro}M>graphi*('han Teil als Krönung de« Werkes am <
Schlüsse zu l>ehandnln. Wir Iwsit/en jotzt in KatzeU Werk !
die neuttsce zusamnicu fassende Kuudo dessen, was über uu«ere ,
Krde uud dn« lieben auf ihr die WiiwuiiKchaft bisher ei'kundet |
hat. Die Ausstattung ist eine »ehr reiche mit schönen Tafeln j
und Karten. I
(iruiidrifs der indo - arischen PhiloloL'ie und Alter-
tumskunde, begründet von («eorg Bllhlery fortgesetzt
von F. Klelhorn. S. Band, 10 . Heft; Medizin, viui ellliH«
Julljr. Strafsburg. Karl d. Trubner, 1901. I40S.
KbeuHi mustergültig wie d'issclben Verfassers ,Uocht und j
Sitte“ (Grundrifs U. s, vergl- Globus, Bd. 7o. S. ‘27») ist auch I
die vorÜegeniie, durch ihr« Übersirlitlichkeil und Vidlntundig- j
keit gleich ausgezeichnete Darstellung der indisclien Medizin. i
Iter erste AliechniU Itehandell die medizinische Litte* i
ratnr der Inder und verfolgt dieselbe von der neuesten
Zeit bis zurück zu ihren ersten Anfängen in den Be«cbwö- j
ruogsfoniioln des Atharvavoda und den Zaubcrrilen des i
Kausikasutra. \S^io auf fa«t allnn Wisxfusgaldeten, haben di« |
Inder auch auf dem der Moilizin von den dlteicten Zeiten his
auf den heutigen Tag eine reg« ]ittaran«chc Thatigkeit ent-
faltet. N«ich beute werden Sanskritwerke über Medizin ver* i
fafst, und auch die älteren medi/inischeu Werke werden
immer wieder neu gedruckt und in neuindische Sprachen i
ülkcrsetzt, wn« beweist, dafs sie gelesen, studiert und benutzt
Werden. Auf die durch engUschc rottege« und Spitäler ein-
geführte europ.iiHche .Medizin wird in dicMui Werken nur
selten Kücksicht genommen. Vielmehr werden die traditio-
nellen medizinischen Lehren der alten Z*dt immer wieder !
von neuem erörtert. S«* sagt -Kdl.v vt*n dem iwä7 verfafsten
Werk Ä.vurvedavijuHiia des Binoil Lai Ken, dafs es ,ini weKont*
liehen schon vor D>u0 .lahren ebiutso aligefafst »ein konnte*.
Hingegen lassen sich gri(>cbi9che Kinflüsse in der indi-chmi
Medizin ebenso wie in der Astronomie nachweisen. Auch
{»eniische uud arHbischc KitiHüs«« machen sich seit dem elften
•lahrhuiidert lieiiierkbar. Auf »io ist immentlich die Kin-
fiihrung de» Quecksilliers als einfui rniversalhcilmittel« und
die Verwendung des Opiums zurück/ufiihren. Aiidcrcrueit)*
sind indische Werke filx-r Medizin auch vielfach ins Persische
und Arabische übersetzt worden. Die tibetische Medizin i»t
ganz und gar von der indischen abhängig. Dies ist nameat
lieh dem KinHufs der Buddhisten, die sich gerade mit der
medizlnisichHi VriseenscUaft viel U'schüftigt haben, xuzu*
schreilten. Schon in den heiligen Sidinften de» Buddliismua
.spielt ja der sagenhafte Arzt Jivaka eine hervorragende Bolle.
Auch die vor wenigen Jahren in Kashgar gefunden« Bower*
handschrift. deren Inhalt m»iizini«ch ist, rührt von Buddhisten
her. Dies« aibr Handschrift ist »uhr wichtig, da nie uns den
Zustand der indi«ch«n Me^Hzin iui fünften Jalirhundert nach
t'hhsto deutlich vor Augen führL Als die ältesten und be-
rüUmt««ten medizinischen Schriftatidler ragen ('tiraka, Susruta
und Vagbhaia hervor, der«n Werken Jotly ein« eingehende
Besprechung widmet.
Der zweite Abechiiitt handeli von den Ärzten uud der
Therapio. Kr behandelt die Ausbildung, soziale Stellung
und Tbatigkuit, der Arzt«*. Interessant, ist, dafs schon in
alter Zeit die Ärzte, um sie von den KurpfuBchom zu unter'
■olieiden, die Krlaubnis d«a Königs zur Ausübung ihre« Ib**
rufes halten mufsten. Bezeichnend für di« WrhAlttii.«M* au
den indiachen Kiirstenhöfen ist es, dafs die Ilofärzt« eine
hervorragende Stellung oiuuehmen, und dafs sin inalwAoudere
di« königliche Küche zu überwachen und den Fürsten vor
Vergiftung zu schützen hatt«^n. In die Therapie auch der
wisseiischaftlirhen Werke ragt vielfach noch «Ue uralte Volks-
medizin hinein. Bei der Prognose spielt der (llaulte an Omina
und an die Bedeutung der Träum« ein« nicht geringe Rolle.
I'ntcr den Heilmitteln nehmen die Püanzen den ersten Hang
ein. So nennt Siisrula i'ilier 7Qn ptlanzlichc Heilmittel. Puter
den aiilnialischeii Huilmittelii Hndm wir llouig. Milch, Galle.
Feth Mark, Ficlzch, Kot, rrin. Haut, Banieii, Knochen. Seh-
nen, Horner, Klauen, Haare und GallenHlein de» llind«-« auf-
gez&hlt. Uperatiouen werden durch GelMite und religirHie
Zeremonieen eingeleitet. Grofscs Gewicht wird auf die Kr-
nährung gelegt, und e» heifst, daf« ein verständiger Arzt li«i
allen Krankheiten /imävhst auf die Ki-getung der Verdauung
und dann erst auf die eigentlirhe Heilung zu selten hat. Der
Fleischgenufs, der in den religü^n (feneubürhern untersagt
ist . wird in den medizinischen Werken auf gewisse Ti«r«
(beeonders Wildbret and Vögel) eingeschränkt. Auch der
Gennfs geistiger («etränke, der nach den Holigionsvorzehriften
aD Todsünde verpTmt i«t, wird in den medizinischen Werken
unter Vm«täiiden empfohlen, «i besonders zum Zwecke der
Narkose Imi 0|iarationen. Di« hygienischen Vorschriften der
Ärzte decken sich gröfstenteÜB mit den religii'»seii Vorschriften
<i«r Kitual* und Gesetzbücher.
Der dritte Abschnitt handelt nliur die tlivoretiichen
A ii»e)iau u ngoti. «Wie ein roter Faden zieht, sich durch
die ganze Medizin die Ijtihre von den drei tiriindsäften d<*«
mensi'hlichea Körpers : Wind, Galle und Ki-hieim.“ IM« Patho-
logie lieschäftigt sich mit diesen drei Grundsafteu und dem
Blut, auf deren Störung alles Kranksein beruhL Krankheiten,
deren Kntstchung nicht ersichtlich ist. und welche den üb-
lichen HeilmethcMlen widerstehen, gellen al« die Folgen einer
in einem früheren Dasein vollbrachten bösen Thal und müSM'ti
dundi Bufsen geheilt werden. Ks gtebt sogar umfangreiche
medizinische Werke, weiche die Krankheiten vom Staudponkt
der Si'elenwanderungs* und WiedervergeltuugsleUre beschrei-
ben und die entsprechenden BufHcn , Opfer uud t^pfergalMui
lehren. Soucheu werden al« Strafen für Ugangene Sumleii
von den Göttern verhängt oder entstehHn durch den Kiiirtuf«
der Gestirn«, wohl auch durch Ausdünstung giftig«r Ptlanzon
und dergleichen. Man inufs si« durch Sühnzerenionieen l»e-
kämpfen oder die verseuchten Gegenden verlassen.
Der vierte Abschnitt üb«r Kntwickelungslehre und
Gynäkologie ist voll von ethnologisch hochinteressniiteu
Details über Menstruation uud F<trtpt1anzung, Schwunger-
schaff. Geburt uud W'ochenliett, Pilege und Kriiährung des
Neugelmn-nen u. «. w. Hier sind Volksglaube und Vidks-
bratich tief in die medizinische Wissenschaft ttingedrungeu,
uud die iriHdizinischcn Werk« ergänzen hier vielfach die Ritual-
büchor. läympaihisch ia-rührt «s uns. dafs die indischen Ärzte
sich nicht nur um die Krankheiten, sondeni auch um die
Kr/iehung der Kinder kümmern. „Di« Spialsachen de« kleinen
Knab*-n »ollen bunt, Geräitsch macbend und unterhaltend
sein, sie dürfen nicht schwer sein, eine scharfe Spitze halten,
in den Mund des Kindes dringen, sein lieben gerahrden oder
es erschrecken. Cu-rhaiipt mufs man sich hüten, ein Kind
zu erselirecken. oder ihm mit Dämonen zu drohen, auch
wenn «s ungehorsam ist . weint «»der ni«*ht essen will , weil
sich si»nst di« graha, die gefnrehieien Krankheitsdämoimn
de» Kindes, seiner bemächtigen würden. So darf man ein
Kind auch nicht plötzlich wecken oder es heftig bewegen,
lim nicht die GnindsUfte dos Körpers zu st<>ren uud die natür-
lichen Ausecheidungen zu hemmen, mufs es vielmehr in
hundertfacher Weise zu erfreuen suchen, l’m einer Ver-
kruRinxung des Kückens vorzubeugeu, lasse man es nicht
immer auf dem Boden sitzen. Man hüte es auch vor|Wind,
Soime, Blitz, Kegen, dem Schatten eines Hauw-s, l»i1»en Pla-
neten, Dämonen und anderen Fährlichkeiten und lasse es
Amulette tragen.*
Die folgenden Abschnitte Ifiinf bis acht) behandeln der
Reihe nach die inneren und di« äufseren Kratikbciton, die
Krankheiten dos Kopfe*, di« NVrv«ii- und Gcisteskraiikhpiten
und die Tozikologi«, mit den entsprechenden Heilmethoden.
Der GlauD- an die Verursachung der Krankheiten durch
Dämonen und an das Rasessensein tritt namentlich Ih-i den
Kinderkrankheiten, Iwim Fieber, lad den Pocken und )>ei den
Geiift<‘skrankheit«n stark in den Vorilcrgrimd. I’iid iiel>«n
Salljcii und anderen Heilmitteln empfchh-n auch die Äntle
Opfer, Gebet«; und Siihnzcreiiioiiioen.
Wenn ich der Bus|tre<'hung dieser ganz vortrefflichen
Arlteit etwas mehr Raum widmete, s<> geschah es nur dos
halb, weil wenige nach cl>‘m Titel derselben vermuten wnnlen.
wieviel Wertvolles und Interc-santes nicht bh'f» für die Ge
schichte der Medizin und die indische Altertumskunde, s«ti
dem auch für die Klhnologie darinnen sb^'kt.
Prag. M- Winiernitz.
132
Kleine Naehrichteu.
Kleine Nachrichten.
— Iiio b»l>y loiiiich • asdvrisclien HcliöpfunK*-
Im vfr^Htiffenen Jahn* erM'liien in I.<in'i<>n •'in
\Vt*rk ,The Soven Tatilf'i» of Crenticm*, in dt-ia ilt-r ll«rau!i-
ir«>ber. U W. Kiii^ vom MUHoum, das ktrifcbni»
!>QiM«r Sliiilion iiWr eine R«ihf> von Kfilwhrifttt'Xlon nieiler*
);ciu^ hut. Kr liut di« B('h»u %on Sir H«iiry Knwlinaon
ifRfundvtion iMH’lt unvollHüiitdit;i'ti K<*UiH’lirif(lH‘rir1i(H iiber di«
SrhiVpfuuK durch «in« whr grof"e Zjihl nndcror Toxie liier-
iilwr er>;uuzt und damit uiu , eiiihoiiltrb«!«
tianzea g*-schalf«n. Texte und Cbt-rw-fauritfcn «ind ü1k*i-
•lichllich zUAauimcDKoittollt. Kn «ri'ioht «ich darnu!«, dnik da»
urufae 1iahyloni»cho SchdpfuiiKak;e<lt(dit in Biedton Sektionen
iHl«r Tafeln mit zuMvmnien Ht»4 Ztnlcii K>’t«ilt war. wobei
ofTenbar je<l« Tnfvl dio Eruebni«RH eines Scböpfuni^tüK«*
)>«.H(-hren»«n üoMte. JHeite Kintcilun)^ ist jedenfalls vorbäitnis'
iniir^iir späten L>utuius (die iiltusten Kopien, di« wir besitzen.
)iütmui»‘n aus der Zeit AMurbanipals . ägn bis v. t’hr.l.
di« originale Funu alter dev babyluniscben uitil as9yri*icben
Schopf un|{xgeM'liiclite i-t xweifeilo« \ i«|« Tausend «labre alt. üb
sie hei den Akkadiern oder l>ei «ineiii anderen nicht semi-
liiH'heii Volk eiitsiandun ist, üvfst sieh heute noch nicht sa^en.
i'S ist indesaen sehr wahrscheinlich . dafs di« seuiitiachen
Itabyhmier sie nicht erfuudeit, M>ndera nur enilchnt haben.
Ibf er>t«n vier Tafeln erithalien di« «r«te Woltschitpfunj'. ■*»«
Uyiniicii mit «ieni Anfang' hIIhv ÜiiiK«. als Apsu und Tiaiimi
Waworgottheiion und das typisch« rhaos waren, und fiibren
bi« auf .Marduk. der Tiaiimt Iwkümpft und ihm den (ianius
macht. Dann koiiimou wir zur Wdtschopfuni; Maniuks: es
w'in) dort am Hchluis <ler vierten Tafel erzählt, tlafa die eine
Korpi-rhalfttr 'riaiuats eine Decke für den lliinniHl bihleie,
und dafs Marduk di« j^ixifse Dreiheit Aitu, Bet und Kn schuf,
diu darin w-ohneu ««dlie. Auf der fuuft«o Tafel hören wir
Von dor BiTestigUiig der Konstellalionen des Tierkreises, von
der tirimihiti); du» .fahros, un<l ausebeinen«! enthält dieser
Teil auch deu Hericlil üb*>r die Schöpfung der l’ihinzenwult.
Die sechste Tuf«! erzählt di« üeschicht« von der Krschaffmig
des Menschen, den Marduk wrahrscheinlieh in di« Welt ge-
setzt hat. sowohl um die üötter zu »trafen, als auch um
eine Kreatur zu haben, die ihn jederzoit verehren würde.
Marduk — «ater auch Bel ^ wies Ka an, ihm das Haupt alv
Zuschlägen, und ans dem Blute das aus »einem Knr|ier llofa,
wur<ie der Mensch gebildet. Kr gebraucht dazu attch . Knochen“,
die er »ich uchaffen will. Vi*n Beclautung ist dalMM, dafs da»
itHsyrUt^he Wort für Kiua'hen „issinitu“ heifst, und dafs es
das genaue .\<|uivalent de» hehräischen ^esour Knochen
— ist. das tiouesis II, 23 in Verbindung mit dum Ikrichf
iilter dio Krsohaffung de.s Menm-hen vurkommt. Die Kr-
»«'halTung des Menschen war der hchlufsakt der Hchöpfuiig.
und als der erledigt war, venuiinmelt<-n sich die (töttvr mit
Marduk (der die Knthauptung also iiberlebt hatiu!) an der
Spii/e in I'iiAidiukkittnku und saugen ihm J.<obhyinnen; diese
mit fünfzig .\nre«)en au den Outt bilden den Inhalt der
letzten, der siulN-nteti Tafel. — Die Barallelen zwiaidien
*r<-ilun divsor Schöpfungssage und der ttenusi» Itewuiseii iilwr
jeilfii Zweifel, dai's die Juden uin« grofn« .Meng« ihrer reli-
giöyrii Tatteralur von ihren Verwandten, den Bahyhmiern,
unlU'htit h.ibcn, und daf^ die Vorstellung von den sieb<-n
Soln'.pfungstjigen lange vor den Tagen .\brahanis ontslanden tsL
— N uchntais d te üeschirht e des >I ississippideltas.
Im HO. Itando de» .itlobus“. S. 34.%, wurde unter der Über-
M-hrift ./ur tieschichte des Mis-isdppidehas*^ ein Auszug aus
einetn Aufsat/o W. l'phams iin .American tiwhigisi“ ge-
geben. Kin anderer Auszug aus die'a*m .\ufMttz ist amdi
«itu'ch die ^«itungun geg.'viigcn , mid gegen d«ss4.-n .Kogalien
wendet sich Sophus Kug« in einem kleinen .\rtikel im
,Dr»*jMl. An/." vom ü. SovHml*er v. J Soweit dieser Artikel
gleichzeitig die «i lo|iu.»nottx laTicbtigt und ergäii/l, isei folgen-
«le» daraus miti;etuill: Watds4>eiiiüllers Woltkarl*» i«t mich
nicht verutfenilicht; es katn aho nur .«ein ülohus in B'-trarht:
auf «li'-M-m hIkt. der aus ü«m 'lahro i.%07 »rammt, kann von
enier /«iehuung d«« Missjssippirielta« nicht di« Ib-de sein.
D.'iiin . V«.-s|uicci hat auf seiner |{«i«e von I4U7 bi« |4 ><h da«
Deitu mcht g>-fohuii. nt>erhaupt nie einen Küstoiiteil de» nord
aitn-rikaniwhcn Kestliiiides zu («««ieht bekiuninun. weshalb
ihn rphiim nicht als GewahrHiimnii in ,\nspruch nrhmuii
durfte, Kmllich ist dio .\nga)»o rphaiiis irrik'. dal» diu erste
gute Karte do-s Delta« von fox« (1722/ herrühri. wir Itesilzen
violmehr «ine ««hr doiitlich« Darstellung dessellH'ii srdinn in
einer Kiide d«« 17. Jahrhunderts vorli«g**ndcn franz«'rti»cb«n
M.Hmiskrtptkart« . di« auf lie la Halle und d'lliervUle zurück
gehl utid 1HU3 in Bari» in der Marcelschcn Kaminluug. ID'-
priMliiction de rnrtes ot du gloltu» rehitifs u ln d'-couverte d«
i'.Vmerii|ue du XVle au Wille »i*'c|e“ veri'ffenUicht word»*n
isu Aus dum Inhalt dieacr Karte ergieht sich auch, dafs di«*
Hi'hliiaso, die Tphain au» vor de la Halle gestchriebeueu Ib*-
Hchten übor dcu Zustand de« Deltas gezogen hat, irrig sind.
— Bau der australischen SiUl-Nordbahn. Mit der
Weiterführung der Bahn Adelaide- 0»dnadatta «|U«r durch
den Koutineiit zur Sordküste scheint e» jetzt Kmst werden
zu »ollen, nachdem der üouvertietir dem Barlauieiil Süti-
australien» «inun (iesetzentwurf darülw>r vurgelegt hat. Der
nördliche Kndpuiikt der Bahn »ull Bort Darwin sein, und da
Itereita eine Linie Burt Darwin’— Biue Creek vorhanden int,
hieiht mtch ila» «twa UtOo km lauge Stück Oodnadatta-Piu«*
Creek au»/ulwucn; di« ganr« Olierlandbsvhn Adelaide- Bort
Darwin winl denmacli eine T.ange von gegen S2o0 km halten.
Den Bau und Betrieb »oll eine (««»onsebuft übernehmen, zu
deren Bildung ini In- und Auslaudu aufgi^fordert werden
wird; iiU Äi|uivalont giebt die Kogieruug l4in>l von im ganzen
etwa 3öü000<|kin zu landen Seiten der Bahn hör, sie Itehalt
»ich jedoch das Kocht vor, die»'-» Land und di« Bahn »ell»»t
wieder zurückzukaufen. während die (iesellschaft da« n«>rd-
lieh«, l>ereita fertige Endstück Bort l»nrwiu— Blno Cr»jek
erwerben darf. Dio Spurweite soll l.oa.S m t>vtrag«ii, wficheni-
lich wenigstens /wcimal soll ein Zug abgelasnen wenlen, der
32km in der Stunde zuriickzulegen hat: spätestens in acht
Jahren miifs di« Bahn l•«tri«lHlfähig sein.
— Zu dun korsischoii Totenurnen. Kin NachbarlHiid
Korsikas, da» zudem die Verbindung nach Südwesten zu
mit dom alten Iberieti herstclU. bildet die Jns«lgrup|>c <l«r
Balearon. Vom Üraligebrauche ilirer Crbewobiier macht
nun dor griechische Btdyhistur DiiKlorus Siciilus'} eine Mit-
teilung, die «ehr an ilie von Kur«)ka angeführte erinnert,
die ini h 3. Bunde il«s .tilobus“ , Nr. l. Seit« 16 nach Dr,
A. Bloch«: Corae pr«dii«iorii|ue l>«Mpiochen i»t. Dio Stell«
Ih* 1 Diodi>r: hibUothee« hisiurica, lih. V, cap. IS. w«> er von
den Balearen ausführlich spricht, lautet folgcndermafM-n
(«X reewnsione L. Dindorrti. v«»|. 11, p. 22, ift, 2 — 3):
.Kincu eigcntiimlirheii und völlig — istdiert von dem
iiii.srignu — ahweichriiden (iehrauch halM-ii «i« in Bezug auf
das Toieiibegräbnir«. Mit Hölzern /orklopfni sie ili« Glieder
lies Lcichnnni«, werfen *i« dnnn in «in gi'ofsc» tiefüfs (iiy/ih>r
I* }'}'«»; ict/ieve« l>oi Homer Gefüfs zu Milch, Wem und
Bdsovorrnieu) und legen eine gn»fso Anzahl von
Sfcincti darauf.“ Au» «lioser unla^zwoifclhanm Su-Uo g«ht
folgende* hervor:
1. Dieser loibrauch dar BHlearenlmwohncr. di« nach 17,3
niK-h Höhlen l'ew-«ihiit«n und in utisgcgrnboiieii unleriflischen
Widmungen »ich nufhi«lt<-u, stobt nach des tirierhon Ansicht
einzig da.
2. Auf dio‘«r Toienurne erhob sich ein Kteinhügel, Tu-
mulu«.
3. Nach der genngon Kntfernung vom Ibererland
(ByreimenhulbinscI) waren dieso Crlatwohnar wohl gIcirhfalU
I berer.
Iin übrigen ist zu Uizweifeln . ilal* in Korsika die
u li z«r» t üc k tc II lieichen in di« imuiorhin ongr Thonurne
hlneiiigescholwii wi»rd«n seien (v«rgl. ttlobus, u. a. U,). Viel-
mehr ist anzuni'hmen. «laf«, wie ItÜHlor buschreibt, die «in-
zidm'ti Glieder zuerst zerschlagen oder abgeschni'ten und «o
zerstückt pideiiicl«! in die Cnie bin«ingcw>irfeii wurden. Di«
l>ot reffenden Hügel. <H« zunächst als zum Schutze gegen Kaub
liero hergoKtollt zu denken sind, hat wohl Zeit und Kultur ver-
nichtut. ohjei|ochdi««er, möglicherweise intportiertnticbrauch
als Beweis iberischen fJrsprungH ftir die m»n»t als T<tgurer
angesprochenen Altknrsen gelten kann, bloibt «in« anderu
Krage, die hier nicht lt«antwort«i wertlcii auH. Mehü».
hic jiihkerer Zfil.-cno»«e von C. .hilins Csroir, «Icr tiir «eine
lhiiv*-r«nl!:«-»Gii. Im« ilterr üaeifcn, «»» Kpboros, Kteds», Tiiuscu»,
•link Mu*«< lirii-b. \V«dd niif er«icrcn, c|acn Zeitgeooswo Je»
Deint>«<fieiirs, gebt die |t*le«rcn«>-hililerun2 zurück; vergl. H. Beter'
l.>-\ik»u der iie«ildci<lp «U-s Allerlums. S. 1&2 u 166-
Versiitwortl. Itedskteiir: l’r«f- Dr. II Andre», Braunsebwrig, F:iller*lcl>ertKor*Brf>inpna.ie 13. — Druck.’ Knedr. Vieweg u, Sohn, Brauio.chw«ig.
GLOBUS.
ILLUSTKIliRTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE
VEREINIGT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN; ,4) AS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
HERAHSdEBKR: I'noF, D«. R. ANDREE. VERLAG von FRIEDR. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXXIII. Nr. 9. BRAUNSCHWEIG. 5. März 1903.
Ka«1wLntck onr &ach Üb«r*inkuofl mH der ItMlMttet.
Bei den Indianern des Urubamba und des Envira.
Von Alfred Reich nud Felix StetfeliuAiin.
Mit einem Be}(leitvrort
l)ie beiden Herren Alfred Reich uuü Gerft und Felix
Siegelniaim aus HaDibtirg, denen dai« Berliner Völker^
museum eine Auxubl seltener Objekte xerdniikt, haben auf
meine VeranlaH.Hung den folgatidcn kurzen Beitrag fAr
duti „Globtifl'* niedergeschrieben. Sie haben aU Kaul-
leiite Gogeiideu l>erei8t, vuu denen nur wenig zuverlasiige
Kunde zu unn gelangt, die ▼ou hohem etliuogniphUu'hen
Interesse sind, und die infolge d«K Kaut^cbukbandels
heute die sch werkten Umw&lzuugen erfahren, ,\un {>erua-
uiochen Arbeitern zu.Hainmengeaetzte Truppen 'ron Cau-
cheru« dringen zu den entlegeiiHten Flünaen Tor und
treiben während ihre» mehrmonatiiebon Aufenihulta die
ärgste Kaubwirtecbaft, indem eie die KfimtlicheD Saft>
bäume (Caktilloa) fällen. Wie es dabei den kleinen
indianer.Htäiuinen ergeht, kann mau sieh unschwer vor-
stellen. I>aa grutse Intereese für dan |>eriianiHch*hrafii*
likcb-lHdivi»chH ttrenzgebiet liegt ▼ornehuiliclt iu den
voraut*zu»etzendeu und in manchen Zügen auch nach-
weisbaren Beziehungen der vuden kleinen kulturarmen
Stämme un den ZuflüHken des oberen Amazonaa zu dem
alten Inkareich.
Man kann die grftfse Bedeutung der Tbataache nicht
verkennen, dafs die Kampa «nler Anti im (jiiellgebiet
des Uinyali und, wenn auch am Abhang der Anden, so
diM'h in unmittethariir Narliharüchaft von (Tizco einen
Nu-Aruukstnnm darsteUen, d. h. der Sprachgnippe zu«
zurechiien sind, die sich von dort aua nordöetliuh bis
auf diu Kleineu Aniilleii urstreckt bat und als die vor
den Karaiben unsäs-sige Urbevölkerung «lieser Inseln
gilt. lUe Spraebe der Kampa, <lie sich selbst Matschi«
ganga nennen, iat von I.iicien .\<iam’> nach einem
älteren spauiccheii Manuskript bearbeitet wurden. Ks
giebt Aiifserdem eine Anzahl Wärterlisteu , von denen
ieli aiifübr« die vom (trafen ('aHtelnau *), von P, Marcoy >),
voll Cb. Wiener*) und vom Franziskaner Cartlus'').
I>ie von Reieb lN>sncbt«n Kuiiibo, von denen sich
an verscbicdeiieu Stellen Nie<ierlassungen finden, gehören
der Panogriippe an, deren bekannteste Vertreter atu
Ueavali wohnten und noch wohnen, deren Gebiet aber
') Lurieu Adam. Arte de la leiigua lndi«i«i Anti« «> ('am*
pa«. J'aris IttäU.
*) C'nstfdiinu, Kx(H'‘dition dans 1<4 (lartiea reiitrales de
I'AiiienijUe de Kud. T. V. Paris 18ä0— <11.
'*) Paul Marroy, Tour <iu Monde |a<u. II,
t'liarlc-s Wiener, Peroii et Ikdivie. p. .Irto, 7an. Paris
ISBu.
*) H. P. Fr. .Ins4‘ rnrdit.s, Tjas Misiones fraiieisenna«, len-
gua de liH MaeUigangas, p. -l:!'». baivel<<iia 18 hb.
Otebu« LXXXIII. .Nr. 9 .
von Karl v. d. Steinen.
über die t^iieilflüsse mebrt^rer südlicher Tributäre des Ama-
zonas bis zum Madeira reicht '■).
Zu eben diesen Pano aiod auch dio dem Kthnographen
neuen Stäiniiie der Jaiiiinaua und der Kasobinaua
des Rio F.nvira, bei denen Stegelmann Wörter gesammelt
hat, zu rechnen. Während der Ucayuli eine alte Mir«
sionsgeschichte hat und einen heute viel benutzten Ver-
bindungsweg von Peru zum Amazonas darntellt, ist uns
der Envira (portugiesisch Kmhira) noch recht unl>e-
kaunt. Stegeimann ist der .Ansicht, dafa die kartogra-
phische Harstelluug dieses QueUfltisses des Junta bisher
, verfehlt ist Nach seiner Auffaasung ist dieser Kuvira,
der von rcehts den Riusinhu, den Jamiuaua tintl den
I Junipari, von links denTarauaca aufnimmt, der Haupt-
, nubenHufs des oberen .furua und bat bisher zu Unrecht
für kleiner als der Taranaca und als dessen Nebenfiufs
gegolten. Kr teilt mir ül>er die Geographie der Indianer
das F'olgeiide mit. Während zwischen dem Kuvira und
«lern Tarauaca sich Kulino finden, wohnen im obersten
(Jueligidiiet des pjivira Pakannua oder Bolchindianer
und Kapanaua oder Kichhörnchenindianer. Alsdann
leben ■ anf grofsem Gebiet am rechteu Ufer des Fjivirn
die Kascbiuuua oder Fledermausiudianer und Schah-
nindaua’) (Hiosinho), ferner diu Jatuinaua cxler
Mäuueriiidlanur (um Flusse gleichun Namens) bis fast
zum Juru]>an, endlich die 'rauare (zwischen HioKinho
und Jamiuaua), von denen uus Stegeimauii speziell be-
richtet, und iu der Nähe der Mündung des Jamiuaua
auf dem linken Ufer dos Kuvira vin kleiner nriühaariger“
Stamm, die (,'oto oder roten BrQllnRen.
IKe von den beiden Verfassern mitgebrachton Wörter-
Hsten sind keineswegs Mystumatisch augeb'gt, aber unter
den gegenwärtigen Umständen immerhin wertvoll. Ich
balle die Wörter iu dur öbliobeu W eise geordnet und
verweise für genauere Vergleiche auf die olmn zitierten
Werke.
Kill kleiner Beitrag wird noch für die Piro (oder
('hoiita<|uin>) geliefert, die an dem (Juillabainba «lor Kar-
; teil, dom Urubamba ulto dur Reisenden, mdwu den Kampa
und auch am unteren L'cayaii, hier neben Kuuibo woh-
nen. Hie Aufnabme erfolgte unfern der Mischagua*
i mündung ahwärU der Strom.Mjhnellen vonTonqiiini oder
* *) Kitnul de Iu OrA«st*rie, l>o la famille liitgiiiNnt|no Pan».
Pitri« lese.
' ') Kii» .Schahnintoyncu* lliuM zwivhvn dem II. uml
l'i. (trnde KÜdl. Itr. als .('»iiinivertente* der Piiru«4iiuUen
. zuiti Muiiu, der von her in den Madru du l>io« iiiihidot.
17
m
KrtI V. d. StviDcu: Hei de» ln»li»nern dot rrabemb« uad dee Knvira.
Mniiii«|ne. IHe Wörter för Tapir, 2 uud 3 )a«'<cu !<ich
mit. dt*mm det» Nu-Arujik«tumnu‘ts der JumanA (vjrl. Mar-
tiua, WurterftHmmiung ItraHÜianiKcher Spmcht>n, Ixtipxig
1867, S. 250) Türglüichen.
I6e Abbildung auf St^ite 136 Htallteim' Neiibeic für dt»H
Herliner Muäftim, mit AReiipulz »ud Keiiern geKchmdckte
Hambutidolcbe der KAscbinaiia („paka**) dar. l»«r
nackte (oder in eine Hlätterackeide goi^teckte) I>ülch wirrl
durch die Fe>deiii btsleckt. (m Augenblick, wenn er
emporgeriHsen wird, fliegen die Federn in diu Hube, und
diu mit Harzuiuiüteiti verzierte UambuHkllnge wird ent«
blbtHt. Karl v. d. Steinen.
Alfred Keieti: Dio Kniiipfl und die Kiinib<i
des rriihninbn.
Meine UeiNu i|uur durch Südamerikn vom i'azifiMcbeii
zum AtlautUcheu Ozean via l'uzco — U^umbarii - IJcttyali
— Amazonen!*»!*«»! brachte mich mit verMihiedene» India-
ner»tämmuti in Üerührung, über deren Gebrauebe ich
vrlibrend meines moDatelangen .\ufentbultes bei einigen
oberflächliciie Ucul>achtungen zu machen Gelegenheit
hatte.
Atu oberen I rubuntba gelangte icb zuerst zn den
Kampa, deren MAuner mir im allgemeinen durch kraf*
tige Konstitution, entwickelte Intelligenz. t«owi« durch
einnelimeiidei» Autverr gufieluu. Unter den Knmpafraueti
atiefn icii «dtenfallM auf einzelne achiine und e<lle Typen,
unmutige, zurte Gestalten mit sanften (inzelleiiaugun.
Männer wie Frauen tragen ein langet«, sm’kartigez
Gewand, das hi** unter die Knie reicht (Kunchma ge>
nanut), aus He!b!*tgea{Hiunenen Hauniwullfltden verfertigt
und mit einer Frucht atHchietu (Hixa Orellaim) rot-
braun gefärbt. Bei den Männern hat dieser Sack ein
vertikales Kopfloch auf Brust und Kücken, bei den
Frauen ein boriznutalee von Schulter zu Schulter. Dar-
über hängen sie breite, mehrfarbige Schnüre aus den
Samen gewisser Früchte , u. a. einer halb purpurroten,
halb weifseii Hoiine, buairöro genannt, am Hals tragen
sie Amulette aus Muscheln. Knochen uud Aflenzähneii
und am Handgelenk schmale Armbänder aus HaumwoH-
geWubu.
Die Häuptlinge tragen Itesonders breite Bru-stbehäiige,
an denen noch ciao ganze Kollektion gvtn>ckneter Tu-
euus, FapAgeieit u. s. w. baumelt, und um die Stirn ein
Diadem aus Wurzelrinde, mit zwei gleichfarbigen Fudern
am hiutcrtui Teile geschmückt.
Hordenweise wohnen die Kampa zusauimen in kleinen
l)0rfcheu von acht bis zwölf Ilüttun. immer versteckt
und in einiger F.Dtfernung vom llauptstrom.
Mir fiel der Bau der Hütten auf. lk*r gröfste Teil
war geräumig, luftig, nach allen Seiten offen und diente
tags über zutu Aufenthalt. Nachts zogen sie sich in eine
runde Hütte ziiriick, deren Wand sus eisenfesteu l'ulm-
holzplatten (t'hontn) gefertigt war, von kaum 1 m Höhe
und darauf erhob ^ich ein nach der Mitte spitz zugi-heii-
des Dach von ziemlich j«olider Bauart. Als Kiiigang war
eine 0,5 m hohe ttflfmnig froigelusseii, nur auf dem Hauche
kriechend gelaugte man in die dunkle uinl dumpfige
Nuchthütt«. Auf mein Hefragen, weshalb sie nachts ihre
Dufthiltten gegtui diese dumpfe iVlmusimg vertauschten,
machte man mir deutlich, <ler Jaguare wegen. Bis da-
hin halte icb immer im Freien kampiert, die nächste
Nacht gesellte ich mich indes zu den Kampa.
/um Fischfang besitzen diese Indianer «ine stark
nai'k<itisciic Kigeiisciiiift b(*«ilzemle Wurzel, Barbosco g<-
iianiit. Mit Steinen geklopft, wird diesellH* an geeig-
iieli'r Stelle ins Wasser geworfon. Im Nu niiuml ilieses |
«ine milchig« Farl>« an, und l>edeckt sich die Oberfläche
j mit Huiidurien von F’ischen, <lie teilweise sofort tot, teil-
I weise nur betäubt obenauf treiben.
Hin wenig »ppotitrcizeiideH Gebräu, das man mir dort
^ kredenzte, „ m asch ato wird hum gekauten Maniok*
wurzeln (Yucca) bereitet und spielt bei den Festlich*
kuiton der Minguborenen eine Hauptroll«.
Von den im Kreise um ein grofses irdene« Gefäfs
sitzenden Jndiunurwoiben) winl die Maniokwurzel ge-
kaut und in den Topf gespieun. Weiiu das erforderliche
Quantum fertig i«t, »o ilberlätst man das Mu« der Gä-
rung, bis es die genügend beinuschuudun Kigeiischaften
besitzt. Wenn man auch noch »o grofsen N' iderwillen
gegen aoich Gebräu hat, «o wür<ien sieb die GastgeWr
höchlichst beleidigt fühlen, wollt« man die Kalabasse
(paniüco), in dur diuN^r Trank von Mund zu Mund gebt,
BUsKchlagen.
Während meines Aufenthaltes starb ein junger
Kampa; er wurde im Kinbaiiiu flufsabwärt« gebraclit
nncii einer Waldstelle, unter einen grofsen, schattigen
Baum gelegt und einfach dort gelassen, um, wie mir
mein s]urnisch r.adebrechender Kumpajunge mitteilt«, von
Aasgeiern und wilden Tieren gefressen zu werden.
Bei den Kunibo am unteren rrubambaflusse hielt
ich mich auch etwa einen Monat auf und hatte Gelegen-
heit, einige recht eigenartig« Gebräuche kennen zu
lernen.
Sie sind viel weniger schön ala die Kampa; der ungün-
stige F.indruck wird noch erhöht durch die Gewohnheit,
diu straffen Haare wie eine Mähne auf den Schultern han-
gend zu tragen und über die Stirn dicht über den .\ugeii
verschnitten. U«terlipj>e und Nasenwand wertleu durch-
Imbrt und durch erster« ein Ilolzstäbchen gesteckt, «bis
bi« ans Kinn herabreicht. Die Nasenwand wird mit
einem Faden durchzogen, au dem ein silbernes l*lättcht*n
o«]«r etwas Ähnliche« hangt.
Kigeut ümlich ist die Stirn- mler Scbä<lelbilduug d«*r
KunilH). Die Stirn ist hoch und vollständig nach hinten
abgeflaebt, der Hintorkopf aber nach vorn zu, «o dafü
der Schädel Mitraform zeigt. Das wird künstlich er-
wirkt, indem der zart« Kopf des n«ug«(>ot^uen Kind«*«
etwa acht Tage laug uiiiteU Kissen und Holztafeln in
die«« Form fest eingeprefst, geschindelt winl.
l'Une weitere Kiguntümlicbkeit dieses Staiumu« i«t «li«
Boschneidung trirkumcisiuu) der Mädchen.
Sobald ein soiches die Uuifc erlangt, wird eine grotse
Festlichkeit veranstaltet, bei der der erwähnte .Maschato
eine Hauptroll« spielt. Nachdem das Mädchen durch reich-
lichen GeuufH des gegorenen Manioksaftos bis zur Sinn-
losigkeit trunken gemacht ist, beginnt di« Operation.
.Auf drei I’fäblen au« palo do balsa wird es ausgestreekt
und im Beiaein der ganzen to1>enden Gesellschaft tini-
sehneidet ein alte«, erfahrenes Weib mit eiuem Messer
aus wildem Bambu«, aus dem auch die Ffeilgpitzen ge-
fertigt sind, ringsum den Introitus vaginae und trennt
dns .liuigfenihäutchen von den Suhaiuiippeii los; und
damit wird die Klitoris vollständig freigelegt.
Die ulte /utiWriii bestreicht di« blutenden Teile mit
medizinalen Kräutern und führt nach )*iner Weile einen
Peiii«. aus liehm geformt und etwas augefuuebtet, in <li«
Srheirle der Jungfrau ein, und zwar soll dieses I/ehiii-
werk dem (»lied« des Verlobten genmi entspriH'ben. Ihi«
mit ist das Mädciieii für die Verheiratung vorbereitet
und kann ihrem Geiuahl aiisgeliefert werden.
Junge KnnilK) sah ich, ili« den Schädel voller langer
tiefer Narben hatten, um die so uiuiichor Student sie
hätte beneiden können. Mit Stolz und äufserster Be-
friedigung erklärte mir einer der ib'iiarbteii. dafs sie
Ih*) ihren .Masi IiHtogelagen , jedenfalls wenn in vorge-
Kurl V. d. Steinen: Bei den linniinerii dee Urubeinba und des Kuvira.
136
rürkteni Stadium, sich ^ej^nseiti/;; packeu und sich
njfVgliidist viel Schmtte iu die Kopfhaut beixubrüigeii
suoben. Also auch eine Art Meusur! Tout coinme chez
nuus! I>asu bedienen sie sich oinee kur}*^u, utwa 6 cm
langen, gebogenen KiseiioieHserH mit IlulzgriiT («wi'
Kcheti*^), dn-s sie an Inngeiii Uande auf dem Rücken hän-
gen buben, stets fertig zum Gebrauch.
Kinen eigennrtigen mosikalischen Genof» bereitete
mir eines Abends ein junger Kiinibu. Auf einem aus
biegsumem UuIsm; gemnehten Rogen, mit einer Sehne von
etwa 30 cm Länge bespuunt, strich er mit einem (einen
Holzstäbchen auf und ab nach Art eines Violinbogens.
Habei nahm er das eine Ende des lk>geng zwischen die
Zähne, das andere hielt er mit der Unken Hand, mit der
auch gleichzeitig die einzige Saite ribrierte. Sanfte,
weiche Tüne wuIste er diesem doch so oinfachen Instrn-
mouto zu entlocken, die sich zwar nur iu wenig Noten
bewegten, aber wieder eo ganz im Flinklang sUtudeu
mit dem dästern Urwaldlebeu und wie eine leise, dumpfe
Klage erklangen.
Wßrterlisten (Ausapraohe deutsch).
A Ka
Kampa'Indiauer inatevhi-
ganga
Weib tjiuBiii
Knabe iUchuri
Sonne, Tag burieut«
Stein uiapi
Gold pari
Kuder kmnarims
Musikinstrument, Flöte soga*
riuteche
Bogen piamentsi
Affe koniainau
grauer Affe kumaiiinrg
Wildschwein sluUili
thite katari
Eier tauB
Schlange umserougi
Baum intschato
Kinde ischaniairo
Pi
Kopf bichihuay
Weib sritscho, sriUrhone
Hut saibuptptie
Kuder «arhuehnpi
bemalte KalelMiwe kurvädo
kleiner <*ebwarzer Affe
iittrhira
Tapir Schema
Kiscb pusiiacheko
K u
Kopf niapu
Auge hainweru
Zunge haiiH
Lip|>en. Kacben baiigtHcha
Ohr hampaweki
Hand, Fiifs baniwkä
Fufs bamtai
Sch«'BMZ hamhitiH
Sonne huari
Mond uare
Wsawr bonegg
Haus schnils»
Itett aatscb
Hut maiti
gewebter Rentei |dnrlut
pa.
< ’boutatMilmi’ kamur»
HuiiiiDe {Ariente
Bund Bananen piebito
Cbicha ans Maiidioka schiär,
noasiri
Kautschuk kapi
Sammalgcfäfi aus Siaronari^br
kapil
Gunmii kumori, kimorit
Banmwacb« t<ineri
gut kametiiii
schlecht tire kametini
dort uka
ja aha
wie heifst? tata oida
hast du1 autitu%'iru
komm her taina kario
geben wir schami
adieu noteita
ro.
Mandioka tscbiuieka
t'hicha aus Alandioka kiiyn
Zuckerrohr putsebakseri
nein, giebt nicht maleach«
1 «ape
2 epi
3 inapa
4 epsebku schamkuhue
& oder 6 satitepja
kibo.
Talwkspfeife schinilabu
Schnaps i«ua
gemalte Kalebasse kindsrba
Kanu nunti
Kuder wiuti
Jaguar Ino
Jtaumstamin dasha
Holz kam
Zuckerrohr srbrabi
Haiiano purauln
Talmk rumwe
wie heifst? bauri
es giebl. yama
giulu nirhl yntMereke
Felix StegeliUAiin: IMe ludiaiier des Rio
Fnvlra.
Der Rio FLiTira (Kiufaira) und der Rio Titrauaca
hildou Tereiiit den grörKtcii NobenHub des .lurua, jene«
südlichen VAsallfU des Amazuuenstrumea, der aus der
äufserstcD Westocke des lKiliTi8cb-brusilisoh-peruaniRi*hen
Grenzgebiets hervorkommt. IHe Kartographie der bei-
den QuellSüsse erMcheint mir noch mangelhaft. Auf aih'ii
Karten siebt der Tarauaca bei weitem gröfsar aus ab
der Fhivira , während thatsächlich da« Umgekehrte der
F'aU ist. F>sterer ist vier Tagereisen hinauf sebifihar,
letzterer sechs bis siel>en.
Vom oberen Knvira gelangte ich in wenigen Stunden
zum Rio llrou, unweit seiner Mündung in den eigent-
lichen tjuetlflufs des Jnrua, ohne auch nur eine Spur
von dem zwischen Jurua und ICnvira liegenden Tarauaca
gefunden zu halten, wau, nach der Karte zu urteilen, |a
ganz unmöglich erschoini.
Während der letzten Jahre herrschte in dicHeit Ge-
genden schon ein lebhafter Gummihandel. Jedoch am
Alto Knvira, wohin ich vor drei Jahren mit peruanischen
('aucheroR zum erstenmal vordraug, waren die dort an-
sässigen IndianerstSinme noch nicht mit den räuberischen
und wethergierigen Caucherohordeii iu feindliche Re-
rührung gekommen; sie nahmen uns ül»erall mit ihrer
kindlich-naiven, manchmal wohl auch etwas ängstlich
zurückhaltenden F'reundlichkeit auf und Loten uns au,
worüber sie verfügen konnteo.
Dem Namen nach lernte ich versehiudeno Stämme
unterscheiden, nämlich: Jaminaua, Kaschiuaua,
Tauare, Schahniiidaua, Kunibo und andere, die
mir alle spraohlicb zu derselben Gruppe zu ge-
hören schienen. Die beiden l>edeutendsteii sind die
JaiuinauH und Kaschiuaua. Ich will hier eiuiges Kähei'e
niier die Tauare mitteileu, die ich zuerst kennen
lemU'.
Wäbruiid unsere kleine Lancha mit Mühe gegen die
Strömung des oberen Knvira ankäntpfte, erblickten wir
eines Morgens plötzlich am F’lutanfer eine nackte braune
Gestalt mit Maishüschein in den Händen und heftig ge-
stikulierend und winkend. Raid erschienen auch meh-
rere, Hämtlich Winalt und nur mit einer Hüftschnur be-
kleidet. Wir unhiiien sie an Bord und beschenkten sie
mit einigen werilosen Kleinigkeiten, worüber sie sich
königlich freuten, besonders der Hriuplling, der ein bun-
tes Kattunhemd erhalten hatte und ungemein stolz dar-
auf war.
An einer geeigneten Stelle landeten wir und folgten
ihnen nach ihrem Dorf. Der Weg dauert« wohl drei
Stunden und ging oft durch das Rett eines kleinen
Raches, so <lafs wir ganze Strecken bis au die Hüfteu
im Wasser waten mufsten.
Unterwegs fragte ich durch /eichen meine RegleiU*r,
ob es noch weit bis zu ihrer Ansieslelung »ei, worauf
sie mir an den Ftugem bis 4 vorzfthlteii. Später be-
griff ich auch, was sie damit meinten: wir kauion näin-
j lieh au vier kleinen, offenen Hütten vorbei, die in reget-
mätsigen /wischenräuinen von * « Stunden entfernt
standen und, wie mir »cbieii, als Stadoneii lH>i ihren
Jagden benutzt werden.
Als wir in die Nähe der .Vnsiedelung gelangten, wur-
den wir durch ein langgezogeues Uuh! meiner Begleiter
angemelciet. ftas Dorf selbst bestand aus fünf geräiimi-
I gen, mit Palmstroh bedeckten Häusern, deren Dächer
I ganz bis auf die Flrdu reichten , wlbretid sich an den
I beiden Seiten »ohmale Eingänge befanden, die des Nachts
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m
Kurl V. d. äteinen: Hoi doo ludiftiiern de« Urubrnnliii und de« Knvirn.
durch Mdtton TorRcblo>«Ken wunleu. An den Tiulon
(juerbtilkon biiiK<-Mi llHufreinatton und darunter WArei»
liocb die Hetite von Feuern zu Nohon, die kio den Nackt«
zur Vertreibunjr dor MuskitoH zu uiiterbaltuu pno^eii.
Ich weifH nicht, ob daher auch die vielen Brandwunden
berr&hren, deren Narben ich fa«t bei alloii Indianer*
kindern »ab.
An den Wänden waren in Manushöhe Kurbe aiiffo*
bracht, in denen »io ihre täftUohen (Torätachaften, Baum-
wolle, «owie Waldfrüchte aufbewahrton. Ba» I)orf be*
laiid «ich iiimitten einer «uhr bedeutenden .An|)flanzunK>
Ich «ab dort Mandioka, Maiuako, Bananen von j^anz
auleeninlentlicher Grdlse, ver«chiedeu[urbi^en, »chüneii
Al« WafTen benutzen «ie Pfeilo, Lanzen, Keulen und
Bolchc (vf(l. Abb.: I^olcheder Kancbinaua), welch letalere
«io an einer um den Kopf j^ebunilenen Schnur tragen.
Auch traf ich bei dio«eiu Stamm ^rot«o, mit Tapirfell
nberzo>;ene Schilde, wa« ich «päter Itei keinem anderen
Stamm bemerkte.
Jeder Mann verfüjyte über eine oder mehrere Stein-
äxte, die «ie nach ihrer ei^renen Angabe «ehr weit her
tfeholt haben mQ««en, da ich im ganzen Kuviragebiet
nienial« harte« Gentein traf.
/ur Krzeugung de« Feuer« bedienten «ick die Tauare
einer Art Feuerbohrer, eine« dünnen Bohre», welche« auf
einem flachen Stück Holz, in dem «ich kleine Vertipfiiiigeii
Dolche der Ka«chiaauä.
Musrum dir VSlkcrkuadr, Hrrliu.
Abh. la, Ib, le KonvriP Seite der
Abb. ‘Ja, 2b, 2c. Kookeee Seite der
Kliwgr.
Mai«, Krdnn»«e (mani), rriichttrageude Pulnibäume, «pa-
ni«cheii iTefler (zuui Schnupfen), «owie Baumwolle.
An llau»ti4Tcu henierkte ich kleine, zottige Hunde
von ab«chreckender Häßlichkeit, verschiedene* Waldvögel
(ci'AX, penelope), Papageien, Arara«, «owie einen jungen,
gefleckten Tapir.
Manche von den Indianern waren von oben hi« unten
bemalt, alle hatten von den Mundwinkeln bi« zu den
Ohrläppchen einen hiaueii Strich ul» Stanimesnhzeiohen
tätowiert. Bie Männer hatten auf«er der dort filierali
üblichen Ilüftschnur noch Arm- und Ilals.-chniuck au» später wieder zufällig in dasselbe Borf der
Affenzähnen und kleinen Waldbeeren, die Weilier trugen Thuhi^ kam, fand irh die Hütten zwar vorU«»pii, doch
«elbetgewebte baumwuIlenH Schurze und hatten vielfach darinnen war eine große Menge Mai« fein säuberlich bis
au der durchlwhrten Noseintcheidewaiid lialbnioiidförmige, Manii-hidie aiifgesrhichlet.
silberne Plättchen hängen. Als Getränk hraiteii die Tauare eine .'\rl Bier an«
Bei einigen Männern entdeckte ich auch ganz hübsche | Mandioka und Bananen, das in großen, unten spitz zu-
Federkronen, «owie Armringe aus Bast, in welchen sie laufenden Töpfen aufhewahrt wird. IHese« Bier (kais*
kleinere Oegeustäiide mit Blättern umhüllt aiifbewahreii. | «üma) dient auch öfter als Tauschwittel, wenn «io iinter-
hefinden, hin und her gequirlt wird. Bic «o entstehen-
den Funken «'erden dann mit Baumwolle oder Zunder
Hufgefanguu.
Mit .\uKnahme der WusserRchildkröte und de« Tapir
geiiiefseit <ü« Tauare alles Wild, wa» in jener Gegend
vorkummt.
Ben Fischfang hetn'iben sie mit Speeren und Pfeilen
sowie mit Gift (kataiia), da »ic den Gebrauch der .Angel
nicht kennen.
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Kui‘t V. d. Steiuou: Itai iloii IndtftDeru ilo» rruitsTuha and des Knvira.
!37
eiuauder eiiitfefatigene liidianerkinder der benacbbai'ten
Stflmme rerknufeu. |
iu der Töpferei sind <üe Jaminaim riel weiter als
alle übrigen. Krxtoro fertigen echon gniix H«id>or gear>
beitete, bemalte Töpfe an, während die anderen noch
nicht über die einfach.steu Können hinauHf^kommen sind.
\Venti sich die Tanarö uuf der Klucht beümleii, so
suchen sie entweder ihre Spur zu verdecken, indem sie
dem I^ufe eines Haches foigen, (uler sie legen ITeilspitzeu
und Hörnen auf ihre Spuren, die sie sorgf<ig mit |
trockenem Laubwerk zudecken, um so ihre Verfolger •
iiiurschuiifAbig zu machen.
Die von den Indianern gefÜrchtetHte Krankheit ist ;
der Husten, welcher manchmal seuebenartig auftritt und j
viele dabinrafft.
Ihre Toten pflegen sie zu verbrennen. IHe Asche ;
wird dann in tdticm bohlen Rohre aufbewahrt und bei j
itnler Mahlzeit etwas davon verzehrt. Sie behaupten, j
dafs diu Seelen ihrer Verstorbenen Hufsaufwärts gen i
lliinmet zögen, wfthrend in der Richtung flufsah-
wärts die Oefilde der Caucheros seien. I)ieser Glaube
ist ja leicht zu erkläruu, du die Weilseu im oberen Ama>
zonasgehiet stets vom ilauptHtroui her in die Indianer*
gebiete vorgedruiigeu sind.
Am linken Flnfsufer des oberen Knvira traf ich übri-
gens auch auf einen Indiaiierstamm von ganz uufser-
gewöhnlichem Aussuhun, u&mlicb rötlicher Haut und
ganz hellroten Haaren, wie man sie in Deutschland
Diuuchmal bei .luden triflt. Wir batten von diesem
Stamm auch einige eingefangene Indianerkiuder, welche
ihrt«s roten Haares wegen von den übrigen stets „(’oto*
(Brüllaffe) genannt wurden.
Als ich am Anfang dieses .lahres mit den sämtlichen
Cnucberos den oberen Knvira w'iedor verliefs, um iiu
Htiriis Arbeit zu suchen, hatte sich dort das Bild schon
ganz wesentlich geäntlert: Die meisten Indiaiierstämme
waren mit den Weifsen in Feindschaft, von diesen aus
ihren Dörfern vertrieben und dezimiert. An die Stelle
sorglosen Nnturlebeus ist ein erbitterter Kzisteuzkainpf
getreten. Wer dabei der unterliegende und in nicht
ferner Zeit vom Kidbodeu verschwindendu Teil sein
wird, ist klar. Sj»che der Forschung wiixl es daher sein,
zu den noch nicht durch Berübrung mit den Weifsen
verilorbeiieii Imlianerstämmen zu dringen, ehe es zu
spät ist.
Wörterlisten (Aussprache deutsch. Anlauteiides h
stark aspiriert).
K u 9c h i I) n u a ( KliilentiauMiiiliarier).
Körperteile.
Kopf liuiiuina, inäp>»
Haar hu<>
Aug«‘ hiiero
Ohr pnliuinkl, piWl«rhii
Niise rilki
Muiiii kecUä
Zahn cheitu
}^tuiurrtsu*t kandi
Kiuii keshs
Hals t««hu
Brust tjtcliiitschi
Bauch p'<kii
Penis hiaschki
Scheid« tsistu
Kteifs tishi'i
Hand makil, uuniild
Finger inanghul
Knie rantongi»
Für« tal
Htatid, Familie,
t.'aiicherii nä
Indianer iiähna
Frau schandü i
Mädchen iiirahtio j
Vater epa
.Mutter (‘•hUA, liiin
Brnder tM'.hnmhl
Schwester himndi
Natur. '
Himmel nai
Kegen manw'hntiaip, hui
M'asxer ynmhi, huakumä, |
clmiidü
Flurs haiidapaketä I
Bnch, hcnschapitshkn !
Wasserfall punnnai ,
kleiner Wasserfall ptjrtjjsiro
Brde mUibü
Haudbank mispü
Aupflanzung chuni
Weg huai
Feuer Uchii
Tracht.
Kopfschmuck mayati
Mütze tin'iko
Hemd, weililicher S«'hurx
huaiachi
Knopf knt4i
PetUHMhuur achindacheti
Haut, Gerät, Waffen.
Haus hipäss
Pach tap»
Hängematte kriti
Steinaxt inaschasch, n'>ha.
brui
Topf kantorilHi, mnnkn
Si'hale aechakä
Schnur ileM’huit
BtHti »chaschuiki
Bogen piyakänti
Pfeil piyä
Harona (stachliges Rohr, aus
dem Pfeilspitzen ii. w.
geartieiiet werden) |Ht-
knü
lAnre |mkati
Dolch (aus domseibon Kohr
wie pakatä) latka
Tiere, Pflanzen.
AITe (niHgimiiA) imo
, (weifser) huakä
Fledermaus kast'liia
Ta])ir Ä
Wildschwein yä
Huhn takarii
PavH (Vogel) kosehö
Baum hiihui
Manilioka ät/a
geolitete Maiidioka inuyiina
ätza
lianan«' maiiiä
t'aiiua braba (Kolir) hiiakata
Kanlsehlik huii
Tabak kernmiM»
Verba, Sätze u. *. w.
essen imka
trinken halnki
kacken kui
ich werde nehineii kerurnria
giob mir dsre
uillst du t aiaiuai
geh«. lalVt nnti geben kai
er geht schon kainmgi'i
iafst uns nach oben geben
ralxike kaikai
icb werde töten maoebtine
kaiuniba
bring mir Maudioku iim liizji
viel yamtai.
J am 1 iiä II a (MiinnerindiaDer).
Su hsta ntiva.
(’auehero kuraeburiri
Indianer imbtia
Mäuner iami
Frau sehiiiulo
Vater «^pA
Mutter ehuH
Bruder tscbainbi
Sohn tsohinaki
Kegen chuliui
Wasser huaka
Flufs huakaa
Harb paschkü
.Anpflanzung tsehakasrhüni
K leid angsst fick aus Bast (Fa-
«611)). das um den le^ib
gewickelt wird tindl
Frauenschurz huatsrhi
Haut scbiihuo
Hängematte paiii
Steinaxt hnii
Feuerzeug tsisHiti
Kanun cbulyli
Flinte iu>'>ti
Affe »chindo
Tapir ahmt
WildHchwein iahiia
Ariira tsobu (nasal), knndo
Fisch chiapä
Schildkröte ischakapä
WaldschihlkrOte schätmi
H»lz ’bt
Maiidiokn ätxa
Mais ürbiki
Banane mauia
Kautschuk kuntya
Adjectiva, Pronomiuit,
Verba u. a. w.
weifs schtlkö
klein pisrhtH
grof« *bibua|ins<'buiräti
nii'bl» wert tsudiaka
fern ii'huhui
schwanger piWtu
ich i
du miki
woV chani
viel ehichä
ja hiibu
mdn ma
ich gehe kanukaiu
du gehst mikai
dti heifst keoabui
töten miariti tiriibiiöke
er stirlu mabuii
rer^tofsen isohaka)iiii
wo Ut der Weg faatukömo
hüai
willst du Wasser? huaka
hui(NiirH
VS Bist du Mai«? schiki hui*
]Hii
b««üle dich! kuschschui , kii*
schahtiiairi
bring mir Wasser huaka
haiahahui
wo ist dein Han«? chatiiko
mo M'bühuo
roste mir Manditikn! itra*
si'huita
riNtte mir Ihtnanen! nnmia-
schuita
wie beiist du? ebaihiiirnmi
w«i ist deine Frau? cluitiiko*
im» miahui
wie ist dein Name? chaua-
kümo miki
wo gehst du hin? huniko mi*
kai
Zahlen,
t hiiistj
'i rhähiii
.t mä|)o
4 in.'tp.'UiakutM'ha
iiiHpanakuisflikutM'lia
7 panuo
10 pnmuri
ir>. 20 u. s. u. hnihitsi
Globus LXXXIII. Nr. 9.
IS
r
Digitized by Google
188
Kskimuiiiuaik.
t^8ktinoiiiu8ik. !
In vor»fhit«len«n Berichten von Grönlftndforsrhenj ist !
der hübschen Stimme luul des feinen musikalischen fie- |
hör» der Eskimos gedacht, doch hatte »ich bisher kein
einziger Forscher der Mühe unti»rzugcii, diu gehürtm
l.ieder in Noten zu setzen und dun dazugeh5rigen ge-
nauen Bugleittuxt wiederzugeben. IH'U ersten ciugehen-
dun Beitrag zur Kunutnis dur Eskimoiuusik verdanken
wir I>r. Robert Stein, einem geborenen Schlesier aus
Rengersdorf, der im Jahre 1897 an der Nordgrönlaud-
Expedition des I^utnnnta Pear; tuilnahm und in den Jahren
1899 bis 1901 selbst eine Kxpo^iitiun nach Kliesmeru-
land leitete. Aua seitium iu dem Sammelwerke «The
white World**, New York 1902, voröffeiitlichten Aufsatz
„b^kinio Musiu“ eutuehmen wir die folgende Schilderung:
Sir John Roos (1S18) war der erste, der einen Kakiuio-
gelang eines StAium es nördlich vrmi CajmYork erwähnte,
eine .\rt Tanz mit begleitendem ('horgesang, in wtdeheiu '
zunächst ein Säuger zehn Miuutuu die W'orte RAmna*
ayah** sang, worauf ein zweiter als ('horsänger mit den
Worten „hejar, hujar** eiufiel und schiietHÜch beide zu-
samineo in sihrilleoi Tone nWihi, wihi“ schrieen. I nter
GeNichtsverzerrimgen und .Aitgenverdruhuiigun gaben sie
dabei die gleichen K<ir])er' und Oliedurbewcguogen zum
besten, wie man sie aus dun Tänzen tnauchur wilden
Völkerschufteu kennt. Zuletzt näherten sich die zwei
Tänzer, bis sich ihre Nasen berührten, und bra<*hen dann
iu ein wildes Gelächter aus, womit <las Schauspi4)l sein
Ende erreicht hatte.
•\uch Kane, der denselben Slainin lHö3 bis lH5ö be-
suchte, buaehruiht einen ähnlichen Gesang, doch I>ckoiii!nt
luii» emo richtige Voratellung erst aus der Scblldening
Steins, der sinh den Gesang von einigen die Station Fort
Magnesia besuchenden Kskiiiios im Jahre 1900 vurführen
liefs. FunSänger tritt auf mit einer „keillauu** genannten
Trommel in der linken liaud, die er von unten mit einem
aus einer Walrofsrippe gefertigten Tronimelschligel
(katna) schlägt Zu ihrer Ikgleitnng singt er, den
Körper nach vorn geneigt und seitlich wiegend, mit ge-
schlossenen Augen, die fulgeiidu Weise, w ahrend diu übrige
Gesellschaft in tieferer Tonlage mitsingt. Am Ende
nähert sich ihm ein zweiter, beugt sich über ihn, wobei
er zwischen den Fingern seiner beiden Ilfinde einen
kurzen Stock senkrecht hält, dicht über dem Kopfe des
ersten, und beschreibt daun mit dem oberen Ende des
Stockes einen Kreis, wobei beide in höherer Tonlage
„we! wo!“ rufen, und dann zuletzt in ein Gelächter aus-
breohen. Dann tauschen die beiden die Hollen, der
zweite nimmt diu Trommel und wird Vorsänger, nach
ihm folgt ein anderes Paar und so fort.
Diuse Trommel war das einzige in dem ia^refTcndeu
Stamme gebrnuchliche Musikinstrument; sie ist etwa
l Fiifs (engl.) lang und ö bis 9 Zoll breit, und besteht
aus einer dünngeHchniltunen und dünn in elliptische Form
gebrachten Walnif8rip|H'(Katiigwia), über die alHTrommel-
baiid eine die Milz des Walrosses umgebende Haut (iiiapsii)
oder in Ermangelung dieser zu:<»mtueDgeiiäbteSecbuuds-
dirme gespannt sind. Der llandgrill (pablua) ist aus
Knochen oder Mfenlwiii gjdertigt. Durch einen dünnen
Seehmnisdarm (isidiuia), der in einer längs dem Aufsen-
rand der Rippe aiigobrachteii Rinne (kitnrota) verlauft,
wird die Trommclhaut struR gespannt. Eine Anzahl von
Vertiefungen (imihaiiserwiaK uiiterfaall* der Kliiiio ringsum k
angebracht, soll nuch Meinung der F.ekinios zur Modu- j
latii>u des Tones dienen. Der ('horgesang ist bei .Mit-
wirkung einer gröfseren Anzahl recht pRektvoM und die
Figur des Vorsängers, dem unter den wiegenden Körper- 1
l>ewegnngen die langen schwarzen Tlaar«* um dus in >
höchster Erregung gesjAinnte Gesicht fliegen, trägt nicht
wenig dazu bei. Mit diesem Cborgesang, hei dem tihri-
geus Stein nichts von den von Uols angeführten Zwei-
deutigkeiten feststelien konnte, vertreiben sich die
Eskimos die Langeweile: wenn der Sturmwind um tlie
Schneehütte heult, wenn es nicht« zu tbun giebt oder
bei Verfertigung irgend eines Hausgerätes summen »ie
ihr „haya-ya-ya“ vor sich hin — stundenlang.
Mit dem Phonographen ntirgenomiDen.
, • » I , , * , I # P' S
; , - I \ ^
Ha-ya ya J’h ya ya ya ya ya ha-ya ya ya yn
«/
va vn vji vn h«-vn va va na Im - vn va vn vn
ha-ya yn ya y« ha-ya ya ya ya Iih-vh vh vh y«
'Tv 'T'
4 5 ' : u I ^ ^ , p * I “ - ^ 1 , 1
«««««|«< -P| _»_» * ’ •
r -
ha-ya ya ya ya lu»-ya yu ya ya Im-ya ya ya ya
» » • ' *>» » » I* » •'
ha-VH va va va ha-va va ya vh ha-va va vu va
iT - ' / I.
yn ya ya ya Iih-vh ya y.n ya ya ya ya y«
liH*yn ya ya yn ha-ya yn ya ya ha-ya ya ya ya
1“ 4 ' i ' H ; i ■: r H ' ^ T: '
I
hu-ya ya ya yn ha-ya ya ya ya ha-ya ya ya ya
4 ' ; ' ^
• I Ä .
f ♦
ha ya ya ya ya ya ya ya ya ha-ya ya ya ya
// ; , iU; iirl
ya ya ya ya ha-vii ya ya ya ha-ya ya ya ya
P *
SS.'
# # #
•P ✓ -
ha-ya ya ya ya ha-ya ya ya ya hn-ya ya yn ya
p I ^ p
0 0 0 ^ ^
?■ ^ ' '
ya Va ya we we.
.\iifser dii'sem Fhurgesang gelang es Stein, niK-h einige
dreifsig kleine, zum Teil recht ansprechende Liedchen
uufzuaclireihHu. Ein Teil davon ist nach den gewöhii-
liehstcn l’olarlieren benannt. So giebt e» ein Lied de»
Bären, des Fuchses, Hasen, SchneehnhuK, das Gerfalken,
UalH^n, Krnbbeniauchers, der Kismöwe, Schneeammer und
andere mehr, Die'*e Lieder weiden alle in cinom charak-
teristischen sunimenden Ton gesungi>n, so dufs sie sidion
auf HO Fufs kaum mehr gehört werden, ein lauteres
Singen wird von den Kakimos sofort als „nicht echt“
gerügt.
Prof. I)r. M. Iloernet; Das ('KiniiiKnieii.
\m
Zunichei Ut dabei heryorzubeben , dafH die Lieder
nicht etwa die Stimme, den (iesan^ des betreffeiiden
TiereM wiedergel^en »ollen, »ondern sie sind die den
Tieren in den Mund gelegten Ilerzei)«ergü8se über ihre !
l'ingebung, z, 11. des S<?hneeatntuers ül»er die Srhleclitig'
keit der Kskimojugend, die ihm mit allerhand Fallen und
Schlbigeii nach dem Ijeben tmcrUtel, de« jungen Krabben*
taucher» über ihren büseit Feind, die Kitmuwe, die den
Sommer über alte und junge Taucher vursehlingt. Leider ’
kann Stein selber den Sinn der übrigen GesAiige nicht ^
angeben, nur wenige Worte konnte er in den einzelnen
Liedern übersetaen. Damit kommen wir zu dem merk-
würdigsten Punkt, dat.t nfimlicb die Kakimoe ihm eigenen
Lieder nicht verstehen! Die Sprache der Lieder ist die ’
altertümliche der Vorfahren, die .sich eben nur iin Ided '
und wohl auch in ihren oft eine Stunde lang andauern- ,
den religiö-entienängeu erhalten hat. ÄriHcbeinend unter- '
scheidet eich diese arebaiaebe Sprache nicht so sehr von
der gewobnlicben I mgangsHprache, dafs sie nicht unter
Heranziehung anderer Kskimodislekte konnte interpretiert ’
werden. Welche Menge interessanter Aufschlüsse über !
du« Geistesleben und die Geschichte dieser sicher mit :
l'nrecht so oft zu den „Wilden^^ gezählten Völkentebaften
liefse sich wohl aus einer genaueren Krforsebung dieser
altertümlichen Liedcrspracho erwarten? Natürlich hiideii
»ich auch unter den Fskiinoe be^^onders begabte Sänger j
neben anderen, die auch nicht ein einzige» der Lieder
Torzutrageu vermögen, alwr sämtlich kannten siedle Lie-
der und so oft auch der Versuch gemacht wurde, immer
«'urdc der gleiche Name genannt, wenn ein Tierlied zur
Probe von di>m Forscher angestüumt wurde.
Wo wir sangesfrohe Menschen ant reffen, sind wir, ud< 1
sicher mit einiger ßereebtigung, sofort geneigt, ihren
Kzistenzkampf als nicht gar schwer und hart zu be* .
trachten; dürfen wir auch vom leichtlebigen l<^kimu |
reden, wenn wir sehen, wie er unter den härtesten Lebeiis-
Imdiugungen ständig den Hungertod vor Augen, im
ersten Moment der Krleicbtorung sofort sein Liedchen
anstimrat!? Und so arm die Kskimos überhaupt sind,
auch ihre besonders begabten Sänger teilen das gewöhn-
liche Ix>e de» Museusobnes. In recht launiger Weise
erzählt uns Stein, wie gerade »ein ergiebigster Sänger,
dem er da» meiste »einer musikalischen F.rriingenschaften
verdankte, nichts weiter beaafs als die Kleider auf seinem
l^eibe, einen kleinen Zi>rbrochenen Schlitten und eine
Hoizbüchse mit allerhand Spielzeug, die er von einem
Weifaen erhalten, nichtsdestoweniger aber ständig nach
Hymen» Freuden »cbmachtete, allerdings vorerst mit
wenig .\ussicht auf Krfolg!
Das Verdienst Steins wird sicher der Anerkennung
nicht ermangeln, die Schwierigkeiten bei der sprach-
lichen und musikuliscben Aufnahme von derartigen Lie-
dern sind ganz bedeutend; e» dürfte wohl heute sicherlich
keine übertriebene Forderung mehr sein, dafs der For-
scher auf seiner Kxpedition über einen guten Phono-
graphen verfügt lind somit wenigatens bis zu einem ge-
wissen Graulo in Stand gesetzt winl, das Gehörte in
unanfechtbarer Weise wiederzugeben.
Wir lassen hier noch einige der dnreb Dr. Stein anf-
gezciehneten Kskimolieder folgen, welche steh auf Tiere
beziehen und einen guUm Begriff von der Art ihrer
Musik geben.
Kopainu (HrhaeeaMiner),
Von I^i«. Kii|> Vork.
• * i t t t
^ i
• i' i' ,
Ai*uiktiing*nii*ii'su-gön, Ai-taktuQ)f*mi'ii-tiu>{rön.
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le - le - ,
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kok-tai'*lu - ta ke • meng - um • ti > gön
Tndlua (Rabe).
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Vmi Kiiwientrw».
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.\n - üIh h|i - U( nk • in • ni • die - uia nia-
geh fort auch whlecht-
iitHiigi • (Uh - iiia
ri Heilender
i - II ye I - a yc ya knmg-
(kräclixHii)
Nanu (Bär).
Von AkatimgwH.
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im • nu na • mi
Das Campignien.
Kine »ngeblicho Stiiinrnfonii dor neolithisclit'ii Kultur Westeuropus.
Von Prof. Dr.
Daa (’ampignien, welches zuerst Philipp Salmon als I
eine seiner drei iieolithischen Stufen Westeuropas auf- I
stullle, gilt heute ziemlich allgemein, wenigstens in \
Frankreich, als Übergangsstufe von der älteren zur
jüngeren Steinzeit. Ks galt als solche, schon bevor
Piette io südfranzösischen Mühlen, namentlich io Mo»
dWzi), sein «Asylien^ und sein „Arisien** entdeckte und
als Mittelglieder zwischen das Magdalcnien oder die
jüngst«^ paiäolitbische Stofe and das Zeitalter der ge- ,
glätUden Steinwerkzeuge (sein „Pi'dccyque**) eiimcbob. i
M. Hoernes.
Durch diese von den Franzosen mit ßegeistening auf-
genommene und als endgültige Vernichtung des Hiatus
liegrülste Kntdeckung ist die Bedeutung des Cainpig-
nien allcrditigN wieder etwas eingeengt, nämlich auf
Nordfrankreich beschränkt worden. Neue Kntdeckungen
haben vor den älteren zumal ihre Neuheit voraus. Allein
bei unbefangener Ikitrachiuiig miifs man dem (’arnpig-
nien abbnld wieder den Vorzug ausgedohutcrer Ver-
breitung vor dum „Asylien“ und dem „.\risien“ eiji-
rauiiien. Aufser Frankreich haben nämlich niicli ftaUen
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U<i
l'rof Pr. M. Iloerne»; Pa* ( anipig«ien.
und iHlnemnrk daran bofstimmten .\nteil, und Sahnon
wnlllf eB auch iu Ik^lgien und IPifslaud (Bologoi^ am
Wrtldai) wiwlorfinden. Mit dem „Asylien“ hat es keinen
einRigeii der borvoretecbenden /ügo gemein, kis kennt
keine beiuniteii Kiesel, keine HirKchborafaarpunpit, keine
ntuelle TotenbestAttmig; »ein« obnrakteristixehen Merk-
male sind, wie wir gleich schon werden» durchaiiH
andere, und wenn eine der alten Kulturphasen den llnng i
einer Zwischenatufe zwischen ftlterer und jüngerer Stein- I
zeit in AiiKpruch nebiuen darf, »o ist e» diese. War [
-de aber, wie die Franzosen von ihr uud vun den I*iette-
Hchen Zwischenstufen annehmen, mehr als diesV War i
sie eine wirkliche Stamnifonn der ncolithischen Kultur, |
eine notwendige Vnraussetzuug, ohne welche diese i
wenigstens auf bentimmtcm Gebiet und auf bestimmte
I.
aber im östlichen Oberitalien und, wie die Funde Hin
Gangano wahrRoheinlicb machen, auch iui östlichen l iiter-
italien eine Kulturstufe, welche dort, wo sie genHuer
untersucht wenlei» konnte, als eine höchst merkwürdige
Mischung palaoUthischer und neoUthischer Ty|»«n er-
scheint. In Rivole Veronoae am Ktsch sind e« abris
SOUS röche (Lagerplätze unter schützenden FeUwäuden),
deren Steinwerkzeugo sich einerseits an das (’liell«‘en
aiischliefsan (Abh. 1 u. 2), andererseits in gnitser Zahl
Solutn'-Hlattformtm zeigen (Abb. 3). Aufserdcm fanden
sich, aber nur in einer der jüngeren Stationen (Spia^zo),
nicht in der ältesten (K*'*gano), verschiedene Flintpfeü-
spitzenformen: mit ausgeschnittener Basis, mit Sebaft-
zuiigc. mit solcher und Widerliakeu. von rhombisobor
Gestalt; endlich sogar zwei |K>lierte Steinbeil« uud eiiiigc
Topfseberben. Ibe Fauna besteht ans teil« ge«Ähmt.oD,
teils wiblen Tieren der geologischen Gegenwart. —
Andere abris aous röche und Höhlen au und in den
MontI Lessiui iui Norden der Provinz. Verona sind die
bekannten Stationen von Breoiiio, von deren wnnder-
Abh. 7 bis t4. Beigaben eines altnro-
Ihkischen Grabe« von Breonio bei Yeroiiiu
Nsch I.. Pi|(nrini.
Altiieolithische Fllntwerkxeage aas der Provinz Teronii.
.Xbb. 1 tiis 3 Kivo]«'; Abb. 4 bis 0, l.'V n. Irt Breonio.
Nsi-b L. Picorini.
Weis«* nicht hätte eubteheii können? Da« ist die Frage,
die wir im Folgenden zu beantworten suchen wollen.
Die Betrachtung der t'aiupignten wird nm zwe«'k-
u)ä[sig«t«n T4tn Italien ansgehen, wo «oelMui, aus Anlat»
einschlägiger Funde am Gnngano (t’apitanata, im alten
.Apulien) Pigurini D We«en und Genei«i** dieser Stuf© für
die A]»enninbalbinsel untersucht LaL Bekimntlich um-
fafst die paläolithische Industrie Italiens nur du« Chelleen
und das Mousterien. Dagegen fehlen rlie jüngeren
paläolithiKclien Kulturstufen Frankreichs, das Sohitreen
und das Magdalcnicn . hier völlig, wenn man von den
hart au der französischen Grenz«« liegenden ,.Hoten
Grotten“ bei Meut»me absieht. Da« rätselhaft« „Asylieii“
l’iettes erscheint auch nur in diuscu Grutbui und sonst
nicht weiter nach Süden und Osten. Nun fimlet sich
*) (‘«ntinuazione üella nivilt.-« palcoliticit iieU' etu iie<>]ilica.
Bull, paletn. Ital. XXVllI, ld02. p. 15«.
liehen und mindestens stark verdächtigen Feuerstein-
aiiefttkten. welche nach Mr»rtill«t u. a. luodcriu'
Fälschungen, naeb Pigorini zwar echte ArlHMton, aber
aiiH liistorisch(>r Zeit sind, hier nicht die Rode s«'in soll.
Das abri sous roch« vtui St*alucoe ergab aus starker und
unverdächtiger Fundscbichtc Feuersteinwerkzeuge, <Ue
sieb einerseits (.Abb. 4) an das rhelh^n, andererHeit.«
(Abb. 5) an da« Soliitrcen anschlielsen, ferner Beile wie
Abb. ß, ein Typus, der auch am Gangam* und in Rivole
rorkummt, endlich drei |K)lierte Steinbeile und zahlreiche
Tupfselierben. Iu «üiieiii der Gräber dieser Station
(Abb. 7 bis 11) gab es ein lialbneolithisches Heil von
dem ('anipignytypuR, «len di« FraiizoNen ».bacbe« dites
pn-pan-es pour le p<ilissug«, mais avant servi saus «‘*tre
poUe.^“ nennen, eine Iduttförmige Solutn^spitze, vier
ander« Flintspitzen. darunter 2 Pfeilspitzen mit Schaft-
zunge (eine ausg«sprocb«‘n neolithischc Form), einen
llirschhornpfnem und eine .\n/nhl zylindrischer Perlen
au« weilsein Kalkstein. Weitere Illustrationen dieBor
Knlturstiife lifderten ein ]>aar kleine Höhlen l>ei Breonio.
In ('övo)o deH'Orso fand sich ein aiisgesprochetierCbelies-
keil (.Abb. 15) und im t ov«>lo «iel Salddou ein ebenso
Trof. I>r. M. iltiariies; Dan <’Bm|>3(rQien.
NI
lypi»cher „trancbet“ oder „skiTeispalt^T“ (Abb. 16) d«i*
frau%ÖHimrh(‘ii bezw. di>r diiuiHcheu Kjükkeii'
uiiabUii^cnitufc,
An dieaa Tbatsachan kuüjdt Pi^uriiii eine Beibe yon
Foltfeniij^mi, widobeu man zui» Teil ohne vreitereK iH'i*
]tflicliten kann, die aber zum amlereii Teile *>o weit
flehen, dAf.<) es uiniffe Mühe kostet, Kich mit ihnen aus«
i*inamlerzim'<tz(tii. IbeMe Mühe wollen wir uns nicht
verdriefsen lasHeii.
Mit Tolleu) Hechte vergleicht er die Funde von Rivule
und llreoiiio mit den Kracheinun^en des (‘am}>ifrnien und
der aU*‘8ten Kjökkenmöddinger Itünenmrks. Für ihn stam-
men June italienischen Funde aus dem Beffiiin der jüugeren
Steinzeit, aber nicht von den ei^rentiichen ncolithiHchmi
StHmmen (welche nicht Hbris suu« röche, sondern capauue
— Hütten — bewohnten und nicht geschlagene hliiitäxte,
Noiidem polierte Grünateiubeile lusnutzten)« sondern von
Xachkoiumcii der palfiolithischoii Bevölkerung,
A u( hoch t hon en , welche durch Berührung mit
jenen eiiiigus ueuliihische Kulturgut erhalten
hütten. Für ihn gieht es also in dieser Zeit eine
Doppelbevölkerung Itulieue; ein altoinhei-
misches, paläolithischea und ein neues, ueo-
litbiBches Klemout. Ganz mit liecht führt Figuriiii
auch die sugenaiintcD Solutr(Hj}>eu von Rivole und Broonio
— sie sind kürzer und gedrungener als die echten fran*
zösiachun pointca-a-fuuUlu-de'laurier — auf einu jaugeru
Kntwickelung des t’helleetypus zurück, .'^ie stehen that-
sächlich dem Achcuiccn, in welchem die Franzosen eine
«olche Entwickelung in ihrer Heimat erblicken, sehr
nabe, ^chon längst, lauge ehe mir Figorinia Arbeit zu
Gesichte kam, konnte ich nicht umhin, in den feineren
.Arbeiten des Acheulecn Vorboten der gröberen Isirbeer-
blutiapitzen der Solutre-Stufe zu erkennen. Hält mau sich
gläubig an Moriillets System, so wagt man kaum zu ver-
muten, dals sich die InduRtrie von St. Acheul zu der von
Süluire oder Laugerie baute entwickelt habe; denn da-
zwischen Hegt angtddich die grofse Eiszeit mit den For-
men dea Mortületachen Mouaterien. Dennoch scheint jene
Entwickelung auch auf dem Ibaien Frankreichs so vor
sich gegangen zu sein, und die Vermutung verliert alles
Gewagte, wenn man, wie uns die Funde auf Schritt und
Tritt naholegen, t'hclleen und MousUVien zu einer Stufe,
dem riiell4*o-Moustcrieii, zusammenzicht. ln Itnlioii voll-
zog xioh daraelbe PrttzeTs wahmcheinlich erst in jüngerer
Zeit. Das (’holleo-Moustcncu dauerte hier länger als in
FiTtnkreich und das SolutnVn oder, besser gesagt, das
.\rheul4M‘ii avancii berührte sich bereits mit (von auswärts
kommcudi'n) neolitliUcheii Einflüssen. Ein Magdaleiiien,
d. h. eine Benntierzeit mit tr|)iKch nordischen Kultur-
Charakteren, bat es in liiilieii nie gegeben. Das steht
vollkommen fest.
Bis hierher kann man also Pigorini ohne woitei^s
beipflichten. Dagegen winl man sehr stutzig, wenn er
nunmehr weiter geht und das Sdninnm nicht nur in
Italien, sondern auch in Eraiiknüch in die neolithisehc
J^eriode setzt utul wenn er für Frankreich folgerichtig
auch das noch jüngere Magdalenien als ne<dithische Phase
l»ctrnchiet. Die Krmiticrzeit neolithisch!? Convinto
«juindi, sagt er loc. cit. S. 105. Anin. 19: ^('ume suno,
delia contemporaiieita di quest' ultima (la uiviltä "inagdu-
lenieiiue«)cou laciviltä neolilicu, e iiutiirale, che la »inag-
dalenienne» non sin, per me, ]Mileoliticn.^ Er sagt dies,
obwohl er weiTs, dnfs er sich damit in den vollkommen-
sten NVidet-xpruch zu allen europäischen IVähistorikern
setzt. Die Erklärung für diesen Ahfall kann ich nur
darin sehen, linfs i'tgoriiii das mitteleuro|iäisohe Mngda-
ienien, eben weil es in Italien fehlt, doch nicht genügend
kennt. Nur so begreift man, dafs er diese iu einheit-
lichster .tuspräguiig von Sjtaiiieii bis Biirsland verbr«dt4>tc
Stufe «tanto iiiiiitato nel eontinente“ fimlen und an-
nehmen kann, „che si tratti sollanlo di una iuciirsi-
oiie di po]iolnzioni artiche. spintesi fino alle Alpi e ai
Pironoi, quando teinporanci! condizioui di rlima b> n>n-
seiitiroiio, e riliratesi dappoi al mutarsi di (|Uellc condi-
zioni*. Er fügt hinzu: „E ritengo, che la inrnrsione
sia avveuuta «luaiido aimetiu uet stid dell'Eunqm giä
era stata iiuportata la civUtä neiditira.“ (Vergl. luc. cit.
S. IH2.)
Man erschrickt förmlich, wenn man dies lie^tt. Allein
die extreme HiHs])hemie verliert ihre Schreikon, wenn
mau die P'rageu: was ist pa 1 ä <»lit li i sc h? — was
nenlithiscliV einmal tiefer fafst, und dazu hauptsäch-
lich halle ich hier die Feder augesetzt. Diese Fragen
lassen sich für das gesamte Euriqia nicht in einem
.Atem lieantworten, und sie werden noch komplizierter,
wenn man auch die henacliburteii Kontinente der alten
Welt mit berücksichtigt. Wenn man die netditbische
Kultur mit ihren Haustieren und Kulturpfliiuzen, ilmrr
Keramik und ihren geglätteten Steinwerkzeugen, für
Mitteleuropa wenigstens (woran ich nicht zweiRo und
was mir gerade ilie angeblichen rhergangserscheinungeii
beweisen) auswärtigen Ursprunges ist, so uutfs sie anders-
wo höheren Atters sein. Auch ist sie niebt durch die
Luft, über die Bandgebiete Europas hinweg, in das Herz
unseres Weltteils eingedrungen. Es mufs also notwiiiidig
eine Zeit gegeben haben, in welcher etwa Westasien
und Nordafrika schon neolithisch, Kuro{>u aber noch
paläolithiscb gewesen ist. Vermutlich gab e.s dann auch
eine /eit, in welcher Sudeuropa schon neolithisch, Mittel-
europa aber noch paläolithiscb war. War dies iu der
Periode der Fall, welche wir nöMlich der Alpen Magda-
leition nennen, dann ist es nur ein leerer Wortstreit,
wenn Pigorini diese Zeit Überhaupt mmlithisch nennen
will, während wir Imi dem Namen „paläolithiscb ** bleiben.
Ebenso steht es mit den landläufigen geologisch-
puläontologischen Bezeichnungen. Wurden die ältesten
ueolithischen Haustiere (Rind, Schaf, Schwein. Hund) als
gezähmte Begleiter des Menschen von diosem in Kurojm
eiugefülirt, so müssen sie irgendwo, vermuUicb unter
«ndereij klinmtischcn Verhältnissen, domestiziert wortlen
sein, und diese Zeit iet für jenes derzeit noch nicht näher
bekannte Gebiet geologische (iegenwart, für Europa aber
noch IHluvialzeit, möglicherweise „Benntierzeit** osler gar
noch „Mammutzeit**. Nach aller Wahrscbeinlicbkeit gab
es auch eine Periode, während welcher man in SAd-
europa, uamenllich in Italien un<l auf der Balkankalb-
insel, wo dos Mammut zu mindest höchst selten war
und das Henntier ganz fehlte, schon Rinder, Schafe
und Schweine züchtete, in Mitteleuropa aber noch das
Benntier und den Auerochsen jagte. IHese i’eriode ist
für Südeuropa gcologiaohe Gegeiiw'art, für Mitteleuropa
Diluvialzeit. Ut das nicht einleuchtend , und hängt es
nicht rein vom persönlichen Standpunkt und Ikdieben
ab, welcher Bezeichnung man den Vorzug giebt. wenn
man nur eine anwenden will? Für Pigorini, als Italienur,
ist <las mitteleuropäische Magdub'uicu neoUthiecb und
geologische Gegenwart; mit gleichem Ib’cbt oder Fn-
renbt kann eiu französischer oder deutsclier Prähisto-
riker das Bivolien oder Breonien itaiiens paläolithisnh
und diluvial nennen; denn IMgoriui selbst «etzt es in
eine Zeit, iu der auf mitteleuropäiscbem Buden noch das
Ronutier weidete.
Aber nicht um Worte und Namen hntidelt es sieb in
der Wissenschaft, s^^ndem um Thatsachen und deren
richtigen Begriff. Thatsache ist mm. dafs man in <d>er-
italieii eine Kuliiirntufe naebgea lesen hat, welche sieb
einerHeits an eine altere diluviale Kntwirkeliingspbu-e.
142
rmf. I>r. M, llourn«!
I
Andorereeits an daB ('aaipignion Frankroichs un<t I>Ane* '
uarks ADKofaUef?<t. lu Fruukraich düm ('An)|iif(ni<>n
alle von MortUlet aiifgeBtelltou Kuliurp^riiKltm, von |
Chell»^n hi« xum Tourassion (Piott«« Asvlieii), doren V'er- '
bältniN iintereinandor hier nicht erörtert werden soll,
▼onutB. I»ie Stafe von Kivole-Breonio fällt aliw» seitlich i
swiflchen das Ende der ('belleen in Italien und das des
('uuipiguien in Frankreich — ein sehr weiter Zeitraum
und zudem ein sehr uiilM<stiinmt«r, da wir nicht wissen, ,
mit welchem l’unktc der Entwickelung Frankreichs das I
Ende des (’belleen in Italien zuNammenfällt.
Wenden wir uus nun dem ('umpignieu Frankreichs
zu *), welcbps neben mancher schönen Eigenschaft den
grofspu Fehler besitzt, dati* es in Piettes Sysloin absolut '
nicht palst, hat nicht das iniodeste gemein mit dem
„Asylien“, dem „Arisien“ und natürlich auch nichts mit
dem |,Ptdecy<iue“. I>aber bleibt nichts übrig, als hiizu-
nehmen. dafs sich io andui'en Gegenden Frankreichs der
Fbergang auf andere \S’eisH vollzogen hal>e als im
: Uai r am pignicii.
sie in unnötiger Weise die geuetisebe Verknüpfung
wirklich gleichartiger Erscheinungen in weil auseumuder
liegomlen (JebiHten. IH<* Entwickelung in Xord- und
Südfrankreich «oll ganz verschieden verlaufen sein; aber
in Obt;ritalien und Nordfninkreich zeigt sie nahe ver*
wundtc Züge, und zwischen diesen beiden Eftndeiräunum
liegt Südfrankreich mit seiner abweichenden Kuiturhubn.
Mau möchte aniiehmcn, dafs das rampignien, welches
iu Italien sicher älter ist als in Frankreich, aus jeueu)
lande nach diesem traiisgredirte: aber das scheint aus*
geschlossen, wenn man mit ('apitaii das südfranzösisicfae
.\riaien als gleichzeitige und gleichwertige I’l>ergaiig.‘(-
stuf« gelten Ulst. IHe beiden facies locaux sind zu
verschiodon. Nach den franzositichen Prähistorikern war
im Arisieu wie im Campignien die Zeugung^tkraft vor-
hauden, welche es brauchte, um die neolitbische Ktiltur
von innen heraus, in situ, ans Licht zu treiben. Ich
glaube das we<ler von der einen noch von der anderen
Stufe. Vom Arision, das eher eine Periode des Kultur-
III. Alib. 17 lii« *il.
IV. Abb. bis y4.
FUntworkzeuge von rmiipigiiy.
.Vbb. 17 l>U «l- Altert' T.V|t**u (Schaber iitid Kpitztui). Nach I,. ('aftiiND. — Abi». Ti bis *J4. Jüngere
Typen (pic und iraut'betsV Nacli I.. Cs|>iUn.
Süden (Capitan, loc. cit. S. 207, 213): ein gefähr-
lirhitH Prinzip; denn cs präjudiziert der Atiffn^Rung
dieitH« (^berganges als eines Prozesse;*, der sich in «in-
Zeinen lokalen Gruppen sclh.ttändig Vollzügen und trotz
der VerRchiedonheit der (-bergangHerscheinungen zu
einem ül>eral) gleichen Ergebniaiie, dem PelMj<{iie Piettes,
den Robenhausion MortilletB, geführt habe.
IHofl ist in der Tbnt die .\uffassuiig der führenden
Prähistorikor Frankreichs. Allein bei dieser einfachen
Konstatierung rein lokaler rbergangsphänoincne von an-
geblicher Gleichzeitigkeit, aber typUcher Verschiedenheit
hieibt zunächst die Frage <»ffeu, welche derselben denn
nun die eigentlichen Staniin- und Mutterformen der neo-
lithisrhtm Kultur gewesen sind, und fenier erschwert
*) Pb. Sabiioii, d'Ault du Mcsnil, <'H|tiUiD, (’arnpignien.
Fitunie «i'un fond de cnliiin«- nu Cauijtigny, coui. de Itlangy-
«ur* Breslf (Stüne lufer.). bev. iin>n». de r»'c. d'anthr. VIII,
IN9S, p. SS.'t. — L. l'npitati, Passage du |tateolitbic|ije au n^o-
lithique. Ltude. a ce poiut de vue. de« induatries du ('am-
|iigDV. nu C-'ainp de Catenoy, de PVonne et du Unuid Pres*
xigny. Cougr. inten», pr^hist. XII. 1 $Hh>. 2(Mt.— Die erst*
genannte Arbeit ist eine Studie nu grand detail, die zweite
i-in zusammeikfassender PltHrblick.
rückgauges ist, welche den im Asylien vorhandenen |
Anbätzeii zum Feldbau und zur Obstbauaizucbt ein
finde bendtcU*, gedenkeich an anderer Stelle zu sprechen.
Aber auch das Caiupignien konnte die neolithisebe
Kultur nicht aus sich selbst erzeugen: auch diese facies
ist iu ihrer llcdeiituiig überschätzt worden.
Die Zeitstellung der Formen von t’ampigny ist durch
d'Ault du Mesnils Uuicrsuchnngen im Sonnnebecken
I ennittelt. Hier lagert über dem Schotter der Perioden
von riiolles und SU Acheul ein l.*>fs mit jüngeren, al>er
noch rein paiaolithischen Kinseblüssen und darüber ein
I/ctten, in dem teils ni>oh ältere Steiuwerkzeuglypoi».
teil.« schon neue, geschlagene Formen — plumpe traucheU
und grofsc pics aber noch keine pidierten Heile vor-
^ kotmueu. Nach oben hin verfeinert «ich dies« Industrie.
und es erscheint Poliening der Schneiden oder der ganzen
^ Flächen an Meisseln und Ih-ilen. Die Funde aus der
berühmten Wohngrube von Campigny eutsprechen den
' Formen aus dem unteren (.eiten an der Somme (vor der
letztgeduchten Verfeinerung). Kein geschliffenes Stück
war darunUtr. Die altertöiniicheii Typen (vergl. Abb. 17
bi« 21) zeigen vollküiiiuietie ( bereiiistiiiiuiung mit wirk-
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I*r»f. l)r. M. ilocrrie«: hat < utn)ti}(uieo.
U.H
lieb palüoIitbUcLen Kxeiuplurim: nian ai»ht da don
Mountierj^chober, deu Solutr»*-l>uppel8cbaber, den btiria
und ander« Furmen des» Mag<IaKnien, ln ihrer Ge^ell-
Hcbaft erscheinen aber die schon genannten neuen Foruteu
(vergJ. Ahb. 2i bis 24); «ahlreiche tranchets (die skive-
spaiter der Ibinen) und picB, d. h. grob zugehauene,
nucieusfitruiige Stütsel oder Schlägel unt abgestofseueii
oder stumpf zugehnuenen Kudun. Zahlreiche Topf*
Scherben stuunuon teils von gröberen, teils von feineren
(iefäfiH^u, und letztere trugen zum Teil cingerissene
Orttamenie; gegitterte Dreiecke und Schachbrettfeldcr,
rohe Zickzacklinien u. dergl. (I*e t ampignien, loc. cit.,
S. 403 Fig. H7 — 90.) Es sind rohe bandkerumische
Muster, die auch ihr Wort für die Tielbestrittene iViorität
der neolitbisuhen llraiulkeramik uiiilegcn. Kin Oefäfs*
Scherben enthielt den Abdruck eines (ierstunkurnH; auch
Miilsteine (loc. cit.. Fig. 00 f.) scheinen auf den Feldbau
hinzudeuten. Die Fauua enthielt Kind, Pferd und
Hirsch, wovon höt^bsteus ersteres gezähmt war, die Flora
Ksche und Kiche. Wir »ind also in voller geologischer
(iegenwart, aber noch nicht iin Zeitalter der tfeschliffenen
Steiiiwerkzt'UgM (w4>nigstens für dioKo Gegend). Rein
neolithiHche Altertümer fanden sich erst in der Deck-
schicht, welche die alte llerdgrube überlagert und aus
jüngerer Zeit stammt.
Aulser t'ampignv selbst kannte Salmon schon 1891
— die Aufstellung des Campignien reicht bis 1885
zurück — folgende Fundort« und Fundgebiet« dieser
Stufe iti Nordfrankreich: Vaudeiirs und die Basis der
llöhlciiKchichten von Kerraont (Yonne), ChampignoUes
(tbse), ('oiiimercy (Mcurthe*et-Muselle) und die ganze »
Gegend der Othe (Aube*et* Yonne)- t'apituii stellt neben
(aiupiguj zunächst die llerdgrubeu des ('amp de Catenoy
bei Clermout (Oise) mit ganz älinlicher, nur etwas ver*
feiiierter Steinmamifaktur. dann di« analogen Fund-
Htelleii von Villejuif l>ei Pains. Etwas nbweii'hcml findet
er die Kntwickclung un der Vumie und in Grand Pren-
signy. Hier gehen den ptdierten Steinbeilen Hogenamite
cbHUches de hache polie voraus, vermeintliche Halb-
fabrikate, welch« jedoch nicht zur Fertigstellung durch
Policrung hcBtimmt gewesen, sondern so, wie siu sind,
gebraucht worden seien, ln die Kinzelheiteu kann hier
nicht eiugegangun werden; genug: Capitan findet von
Mas d’Azi) au den Pyrenäen bis Grand Pressigny über-
all Konvergenz zur rieolithischen Industrie, wiewohl „le
{Nks^age du ]>aleoiitbi(]ue au neolithi«|iie aii et« difterent
aux diveixes regiuns**.
Aus den kritischen Bemerkungen, welehc einige
Kcnnar nordfranzosiseber Steiuzeilfundscbichten nn Capi-
tans Referat über das Campignieu auf dem l'sriser
Kongresj-e knüpften (loc. cit. S. 125 fl.), scheint jedoch
hervor/ugehen, daf« es nicht ganz leicht ist das Campig-
nieii und die K]KN|Ii« de ia pierr« {Kilie Überall ausein-
ander zu halttui und die Typen der ersteren als die
äliuren zu erkennen. Nach .’Kbbc Breuil findet man in
ileij ueuliUiiN-’heu Stationen der Departements .äisne und
Oii'C das t'ampiguieu zuweilen rein, zuweilen gemischt
mit |X)lierten Steinbeilen und sogar mit imliurten trau*
cheta. In anderen ist da« verfeinerte (‘ampignieu von
Eatenoy Iwgleitet von polierten Steinsachen und ver-
schieden guformten neolithischeii Pfeilspitzen (wie in
Rivole und Breooiu). Culün fand in den llerdgniben
von Villejuif ]H>lturte Steiulmile, und Foujii will über-
haupt keinen Ehtei^chied zwischen den Induatrieen von
Eaiiipigay und t'atenoy einerseits und den von ihm in
Nordfrankreich untersuchten rein neolilhischen Stationen
andererseits anerkennen. Noch ein Schritt, und man
gelaugt dahin, statt «iner Stufe von Eampigny nur
nfwh Typen von Fumpigiiy gelten zu lansen, wie es
Murtillei mit den Zeugnissen für seine paläolithischeii
Perioden im Museum von Saint-Germaiu widerfahren ist
Was folgt nun aus alledemV Statt, einem Zuge der
Zeit nachgebend, ohn«> weiteres jede schwankende Er-
scheinung als Zeugnis eines an Ort und Stelle, ohne
uufscre fanwirkung, vor Mich gugangeuon FortechritteH
von der ]»alä<ilithbchvu zur Deolithisebeu Industrie zu
proklamieren, hätte mau vielleicht lieber fraguu sollen:
Wie mufst« eine von uufnen kommende, in übermächtiger
Kulturbeglcituug auftreteiide, roin Doolithiscbe Stein-
indiistrie auf die Arbeit der einheimischen Bevölkerung
«inwirken, welche noch ganz in der paläolithiseben
Technik befangen war? l.'ud die .\ntwort hätte lauten
mütisen: So und nicht audertt. Mit audei'eu Worten:
ich sehe in den sogenannten I bergangserscheinungen
Oberitalieus. Süd- und Noriifrankreich?* die Uinterlassen-
»chftft eine.s alteinbeiini.schen l'Jemente». welches unter
dem Kinfluts einer hemndringenden neuen Kultur halb
noch im alten, halb schon in einem neuen Stil lebt
und arbeitet. I)iese Nlensuhen sind nicht so wichtig,
als man glaubt: denn sie erzeugen nicht die iieolithische
Kultur, sie nähern sich ihr nur und gehen allmählich in
Ihr auf. .Sie werden in die neue Kultur bineinguzogen,
sie münden iu ihr. Sie gehen nicht an der Spitz« einer
hjitwickelung einher, sondern folgen ihr langsam nach,
ganz wie man «s von primitiven Leuten erwurien muts,
die, im Lande sitzen bleibend, eine Umwälzung über »ich
ergehen lassen.
Diu „haches ditea pre]mrees ]K>ur Ic ]MjliK»iige, et
ayaut aervi «aus ctre polles“ mögen iu Frankreich
1 imiuerliin nicht (wofür man sie im Norden beharrlich
nimmt) Halbfabrikate, 8<indern fertige Werkzeuge «ein.
Aber sie sind in meinen .Augen nicht verbelfsonde Vor-
läufer, Hondern eher rohe Narhahmnngeti der pdierteii
SteinlH-'ile. Ebenso die .Hclteneti „haches tri*» Hommai-
remunt iMilieo**. Die Ty|>en des tranchet und de» pio
scheinen dagegen unabhängig von fremden Einflüssen
«ntetanden zu sein. T)as Vorkommen des tranchet in
Italien, Nordfrankreich und Dänemark deutet auf einen
gcmeinsamcii Grundziig der autoebthonen Kultur iu diesen
Ländern, welche bestimmt war, einer übermächtig von
aufseu ciudriugunden Fremdkultur zu friiegen oder «ich
zu assimilieren.
Viellei<-bt sind Teile jenes olteinheimiK’hen b^emente»,
eben vor dieser übermächtigen Fremdkultur und ihn-ii
Trägern, aus Westeuropa nach Osten zuröckgewicbcii
und habuii an den Küsten der 0«t»ce die Krschebiung
der Kjökkenmöddinger ins l.reben gerufen, al« 31eu»ihen,
welche zwar die Töpferei, nicht aber Feldbau und Vieh-
zucht nngenf*mu3«n hatten. Doch die« ist pure Ver-
mutung, auf die ich keinen gröT«eren Wert legen möchte.
Den alten Hiatus will ich insofern demnach aU über-
brückt gelten lassen, ol» für einige Gebiete Ibdicus und
Frankreichs Kontinuität der Besiwlulung von der älteren
bi» in den Beginn der neuerei» Steinzeit erwiesen ist. Für
durchaus unerwiesen halte ich dagegen di« jetzt .mj
häufig, unter allgemeiut'!- Akklamation, aultretende An-
nahme, daf« die Fortschritte, welche ileti YerhältuiHmäfsig
NO iiuposantcu Rau der neolitbiscbeii Kultur begründeten
— Feldbau, Viehzucht. Iler.Htelluug geschliflener Steiu-
werkzouge, Töpferei u.».w. u. ». w. — , in \\ esteurojwi,
speziell in Frankreich, unabhängig von aufHen, durch
di« Rlteinh«imi.Hch« Bevölkerung errungen und auKge-
bildat worden seien. Du.« ist nicht ganz auage.tchlusseii,
alwr es ist auch, wie gesagt, durch nicht« bewiemni und
au sich wenig wahrscheinlich.
Fm das ('ampigtnon auf seinen wahren, vrissenschnft-
licben Wert zunickzuführen, genügt e», «chlietslich «inen
Blick auf Dänemark zu werfen. Es ist bisher noch
144
I>r. A. Wollöjuun«: Du*
Ternünftigfn Mt^nM-hen «'Uigefaürn, die Kjokkon-
iumMiu(^rrf(ufe. d. b. eben du» <'Hii>pigmeu DuncmiU'kH,
zur Stammform od«*r n(»twc'ndig(>n V4)ram*«et«iing der I
Kulturstufe der nonliuchun Steiukatumergriber ku Mtein-
|m*Id. Niemaud i*t auf den abxurden (tedauken TerfHlleD,
diese hnlin Kultur aut« jener, im Lunde uelbiit. unabhängig
vor AuCacren Kiiiflilasen und einem anderen Bevölkerung!«*
elemente »«ich eiitwiikeln zu launen. Steenstrup war
iiiciit u(i übel lH*raten, al» er ladde Grup|H'n für gleich- |
zeitige HiuterlASMeii*chHrtei> kulturell differenzierter i'Ue-
nieiite nahm. Denn die neui^iteii Dnteruuchungen haben
tbatxächbch gezeigt, dnfci die Kjökkenmöddinger mit ihren
jüngeren Sdu«hten in di«* Zeit der Steinkaniinergräher.
der ilaiiHtiere und pulierten Werkzeuge binöbergreifen,
wenn auch der lU'-giun «lieM«?r Wohn- und Lebeunweise I
viel weiter zurückreicht. I
Steht e» itt Frnnkreii'h etwa wesentlich anders? Hier I
wie d«»rt hnl>ei) wir eine ältere /eit, die sich von der |
paläolithischen Ara durch gewisse Fortschritte neue,
ge-chlftgeiie Werkzeugfuriuen, etwiiM Töpferei — abhebt
Knde d«:r Nephritfrago.
un<l auf gröfsere Sdshuftigkcil deutet. Aber diese /e*U
kennt noch keine geschliffenen Steinwerkzeugo, keine
rituelle Totenbestattung, und die Spuren de» Pflntizon-
baues fehlen ganz loler sind minimal. .\u Haustieren
besitzen die Nordländer noch Di«*bts als den Hund,
während in ituHen aiehur, in Frankreich vielleicht schon
das Kind gezüchtet ward. Ihtnn macht »ich el>en bei
«lerselben Bevölkerung im Süden, Westen und Nortleii
Kurtrpa* der Kiunuts einer jüngeren /eil und einer
anderen Kultur in langsam steigendem Mafse geltend.
Polierte Steinwerkzeuge, gescblageiie Pfcil»pitzeu gesellen
sieb zu den verfeinerten Ärlieiteii im älteren Stil. So
bat e* Pigorini für Italien, so die Verfasser des grofsen
Werkes ulwr die .^ffald^dynger für Dänemark aufgefaBt.
Ks i»t abnolut nicht einzuseben, warum mau die g]ei«'beii
Verbältnisse in Frankreich nnder» deuten siill, warum
»ie gerade dort al» )icbtr<prühetMler Kontakt zwisclx'ii
älterer und jüngerer Steinzeit, als /eugni»*'e für «len
weNteuro|i&ischen t‘r»prung der lUMdithiseheii Kultur an-
ge»eh«‘U werden »ollen.
Das Fiidf der MNrphrilfrago**.
Von Dr. A. Wollemuuu in Bmuuschwoig.
N«‘!phrit und Jadeit gehören zu denjenigen Mineralien
resp. FelHorten, welche Ivei vielen Völkern eine ausge- '
dehnte Aiiwetxluug gefunden bulieti und deKhalh in i
ethnogi’aphi^rbjT lliu»i«dit von hervorragend«»m IMange j
»iml. Mau hat aus di«*»en (testoineii, besonder» in .Asien,
F.uropa, .Amerika und N«‘U»eeland, Beile, Schiuuckgeg«*n-
Ntäude, Amulette und andere Gerätschaften bergf'^tellt.
I>ie meisten derartigen GegeiiKtände rühren au» prä-
hi»toriiirher /eit her und find«*n Mich vorwiegend in
Gräbern un«l Pfahlbauten, doch »ind auch heute noch bei
wilileii und Migar bei zivilisierten Völkern Nephrit- tiiid
Jiuicitgeräte im Gebrauch. IHe beiden genannten Gesteine
z»‘ichneu »ich durch grofse Härte und schöne Farbe uu».
Der Nephrit gilt nl» ein Glied der varielätenreichen
Familie der Hornldende^chiefer und ist besonder» der
als .Aktinolith oder Strahlstein bezeichuet<>n .Vbart der
Hornblende ulinlich; »eine Farbe Ut lanchgrün, gelblich-
grün oder mehr graugrün. Der »maragd- bis bläulich-
grüne Jadeit i»t «lagegeii dem Augit verwandt; seine
ul» t'hlor«iiuelunit iH'zuiebiiete .\l»art i»t dimkelgrün bi»
fast schwarz.
Noch vor kurzer /eit kannte man Fundorte für
Jadeit nur in A»ieii; für Nephrit ubuiidort und uufner-
dem an der We»t»eite der Südin.^el von Neu>eelaml. K»
erschien deshalb rätoi lbaft, woher die AMlkcr .Amerika»
und Luropas da» Bohiimterin] zu den zahlreiclien vi»ii
iliui ‘11 beiiutzt«-u N’«*|>hrit- uud Jaduitgerätsebafteu erhalten
hnheii konnten. Ihiher »teilte man die Hypothese auf,
die aus die»<>n Gesteinen angefertigteii, in Amerika ge-
fnixieiieii (iegeii»tände »eien bei Gelegenheit der Be-
»it^deiuiig Amerika» von .V»ieti au» nach dort gelangt,
währeml diu in Kuropu gefundenen Nejdirit- und Jadeit-
gerate «liirch die Völkerwanderung «aler durch alte
lliindelii Verbindungen zwischen beiden Krdteilen aus
A»i«*i> noch Kuropa gebracht sein »ollteu. Ihese Hy, lO-
the»e wurde besonders von Pr«ife»sor Heinrich Fischer ‘)
in Freihurg in Bad(*ii begründet und fiiini auch bei
aiid«*ren namhafteu Forsch«*rn auf dem Gebiete der Vor-
gescbi«‘litu und Volktirkiinde Anklang während andere
*) Nephrit iiiel nach ihren iiiinemli»ui«chen Kigen-
»ehufl«-ti , »«wie iiAeli ihrer urgewhichtlicheu und ethno-
gnt|ilii‘icl]«*n Ktxh'iituiig. Stuttgart Is75.
’f Nach Ijinilfntchinil und SidiHi«fniuit»itn *«ll<*ii die Rö<
liier «lie griUVn .Indeiltlnehlarile au» Itaijeti nach Dcutn-h-
Gelehrte von vornherein eine sohhe Verschleppung von
Gesteinen oder fertigen Gerätschafluu über Knlteile uud
Ozeane für höchst miwahrscbeinlieb hielten. I nter diesen
letzter«ui For»ch<;rii nimmt ohne /w«nfei .Adolf Iteruhnrd
Meyer, der Direktor des Dresdener etbixtgraphischen
Museums, die erste Stelle ein. F.r ist in seinen Werken,
> Schriften uuit Vorträgen für die .Autochthonie dtu
I Kohtuateriab) zu den in den verschiedenen Krdteilen ge-
fundenen Nephrit- und Jadeitgeguriständen ciiigetreten.
Während MeVer in »einen älteren Schriften mehr auf
Grund allgemeiner Krörteningen d**r .Knsitdit Fi.schei*»
entgegentritt, konnte er bald mit dem Fortsebreiteu der
mitierulogischeii Wissenschaften auf Grund neuer For-
! scliungsergebnisse über die Verbreitung des Nephrit»
und Jaduits mit mehr i>u»iliveii Thatsuchen gegen die
Fisclterscbe ImjmrthyjKithese zu Felde ziehen.
Der Kapitän J. H. Jacohseii brachte Itohnephrit au»
.Alaska mit, welcher dort anstehend gufun<hm wird und
von den Kingeborenen zti zahlreichen Gegenständen ver-
arbeitet ist *). In F.uro}ia w'urdeii Nophritgeschiehe in
den Ostalpen ini Sannthale bei St. Peter und im Mur-
tbale hei Graz entdeckt^).
In der Schweiz fanden die Herruu Beck aus Neu-
chätel und Mes.sikomiuer au» Wetzikon je ein Jadeit-
geschiebe am Keueuburger Se«*: aulserdem entdeckte
mau ein nXcpbritatelier** bei Maurach, wo ausgesägte
Heile und lö4 .Stücke Bearbeitiiugsabfälle gefunden
wurden**). Jadeit fand »ich anstehend am Monte Viso
in Italien^). Auch in Deutechland batte nmn »chon
früher Bobiiephrit als Gusebiehe in Diluviolablugeruiigen
nachgewiesen. Hin Nephrithlock wunlc bei Schwem»al
laiiit iiiitgcliracht uiul l»!i gHai»»uo /•Tomonieti gubrauclit
hallen.
*) Jaileit- und Nephritubjekte. A. Amerika und Kuropa.
J<eipzig iaä‘i. lüi* Nephritfrage kein eihtudogiachu» rroblem.
iturlin 1883. Kin weiterer Ih*itrag zur „Sepbriäriige". Vertrag,
gehalten am i&. April 1884 in der Anthropologischen
Schaft in Wien.
*) M«\ver. Üb«T Sepbrit und ähnlich« Material at«»
Alaska, ‘il. Jahn*»beri«’bl d«.*» Vurciu* fur Krdkutido zu
])ra5<{eii (ls»4>.
D Meyer, Kin ltohiie|ihritftt>id in Htotermark. Ausland,
•lahrg.tng 1883. Nr. 27. -- Meyer, Kin zweiter Hohnepbrit'
fand in Steiermark. Mitteilungen der .Aiitbro|Kdogiachen
tieKetlschafr in Wien, *Pabrgaog 1893.
U, Ainlnw, J>*r gegenwärtige Stand der Nophritfmgu.
.AiKhirul, Jahrgang Nr. 5.
') Daiiiour, HuMetiii de la ««c. min. 18 k 4 . 4 . |«t|.
Digitized by Google
(troim: IHo WuttomukiL'fBkunft-rpiiz in (iraz.
U6
(uonllich v<m Dül>eu, dieses luiitllich tou KiKnihiirijf)
funden, welchpr nach Krcithaii^d '') aua einer die liraitn*
kohle überlagernden dilnvialeu Gerüll^chtchi Htumuit.
HbenfallH aua dem IHluviuni rühren ein l>ei Potadam
mul ein bei l^eipzig ^'efundener Kephritbluck her; tia der
letztere 7ti Pfund wog, ao irt ei* t>elbü<tver»tkndlicb un-
denkbar , dafa wandernde Völker ihn nach Leipzig
geaühloppt haben. Nach ('redner'^) «liegen Bäuitlicbe
drei Nephritfunde in einer Z<»ne, welche der Tninsport-
richtung dos DiliiYmluiiiterial« tou Schwcnlen durch datf
liorddeutHclie Tiefland bin nach dem Hügel* und Hcrg*
lande SacbMenn genau eutapricht^, wexhaJb gemmnter
For&eber anuimmt. dtd^ die drei erwähnten Nephritblücke
aiiH Skandinavien durch hjs an ihren Ort trans|»ortiert
sind, ebeitio wie bekanntlich die Heiumt zahlloi«ur anderer
Ge-*‘chiebe der norddeutachen Tiefebene ohne joden Zweifel
Skandinavien iat» Ihi, wit* eben erörtert, ditwe früher
in lh‘ut'ichland gefundenen NephriiiuaHsen nur loio,
errati-tche Ithlcke waren, ho war für di« «Nephritfrage**
vüu grotner Bedeutung, dafa durch Traube auch an-
htebender Nephrit in PeutHchland nachgewi«i<en wurde;
derai'lhe fand in Schlesien im Sorpeutiu dea Zobten-
gebirges hei Jordanemühl Nephrit in schmalen Bindern
uikI grötaeren Hiulag^'ruiigirn anatebond. Burch dieae
Kiitdeckiing int die lii]porthv|iotheee Fiochern für Beutseb*
lauci vullütäiuUg hinfaliig geworden, zumal da UereitK
ein trrfiNof* durchlmhrtea S«rj>entinh«il mit Nophrit-
einaprengung von dem nur zwei Meilen von .lordana*
uiühl eutfenit golegenuQ Gniebwitz in Schlesien bekannt
geworden und nach Arzruni aus einem Material ver*
fertigt ist, welchem mit dem Gestein von Jurdanamühl
in allen i'baraktereii übereinstiinmt 'B.
Vor kurzem ini nun eine für uiiJteran tirgeustaud
äufserH; wichtige Arbeit v<m A. Bmlmer-Itader '*) in
Zürich erschienen , welche lH>titelt ist; «Petrographische
Pniersuchiingen von Steinwerkzeugeii und ihrer Uoh-
materialien aus achwuizcriHcheu PfahibauHtiiten“ , in
welcher für viele in der Schweiz gefundene Steingeröte
auf Grund »ehr sorgfältiger itnd gründlicher (luter-
Huchungen nachgewieHeu wird, dafs sie aua autoebthonem
Material atigufortigt aiud. iHe von Bodtuer'lhnler unter*
Huchten Steinwerkzeuge Htamuieu aim den Pfahlbauten
^ vom Zugersee, BielerMH*, Neiienbiirgersee, MiirtnerHee,
Bodeiioee und ZürichsiM*; zuiu Vergleich wurde in der
Si;hweiz und anderen I Ändern aiiHtehendes und au» den
Schw'eizerGletscliomblagerungen stamnteoiles Hohiuateria]
«ingebend untersucht.. l)as gesamte uuterHUchte Material
wird eiugctuUt in:
1. Dichte Nephrite.
2. Bichte Jadeit«.
3. ('hlorumelauile, |n<loitführimdi> iVruxoiiite,
Kklr>gite, f*yr<»xengneifle,
4. Peridot ite, Ser|Hmtiiie.
r>. Saussuritgabhri»«, Saussiirite.
Für unsere Betrachtungen kommen besonder» die
drei ersten Irrupfwi) in Frage. Am »ichi'rHton ist der
Bowuis für die Autochthoiiie der Nephritwerkzeuge er-
hi'Hcht. [>er Autor seihst sagt hierüber a. a. O, S. 173:
«Aus allen diesen rntersucliungen und Berichten dürfte
zur Kvidenz hervorgeljen, dafs die Nephrite der
") Fischer, Nephrit und .Indcit. S. Wli.
*) Über die llerkniift der iiorddentjMdii-n Nephrite.
Ki*m*«|s»ndemhlHtt iler ih-utsehen .Vnthrop«di*iri*i-heri lb>scH-
«rhafl, 14. .lahrgang. Nr. 4. April 1883.
Neu«-« Jahrlmch für Mineralogie, Oeologie und 1‘alä-
ontulogie. ß«ilRi;ebHTi<i 3. 1885, ti. 4r2.
*’) Zt-Hchr. f. Kthn, 18M. Verb. ‘J84, Fig. I und ‘i8.S, Auni. 1.
Neues .lahrhuch für Mineralogie, (ir'ditgie und Palä-
ontologie. Heilagetuuid Id, 1UU.H, S. li>8.
Stationen am ZugcrMCe im Gotthardgebiete an*
stehend sind, von wo sie dtmh Gletscher und Fliifs*
iranH|)ort in diu Gegend von Zug gelaugitui. Fa>t ubt'itao
sicher darf aus diesen Miiteilungun auch auf die Her-
kunft der Nephrite vom Bider- und Neuenbtirgerseu
ans den Walliseraliwn geschlossen werden.“ Jadeib'
sind zwar in der Schweiz nm-h nicht anstehend gefundun.
Interessant nat aber, dafs uiii Jadeitbeil von der Hau-
Hchanze in Zürich fast genau dieselbe chemische Zii-
sammeiiNetzang zeigt wie der oben erwähnte, am Monte
uDsteheiide Jadeit, ln den Schweizer A}(>en .stehen
dieselben Gestein« an, welche die Jadeite von OlHU'birma
begleiten, und in <!en Gluisebentblageruiigen dei' west-
whweizerischen Seen sind sogar jadeithultige Fclsarton
gefundun. Bus Maturial der meisten Si-hweizcr ('hloni-
lueianitbeile hat grofse Ähnlichkeit mit \m Onchy am
GenfurH«« gefundenen Flufs* und Gletschergeschieboii.
mit .\u8iiahmc des als rhloronieUuitl>eiIfmginent Nr. Öl
vom Bielersee bezeickueten Stückes , welch«^» gewissen
Koukretionun in Graniten und Syeniten ähnlich ist
Nach Betruühtung aller dieser ThutBacbeu dürfen wir
wohl behaupten, dafs von einer «Nephritfrage“ nicht
mehr die Itude sein kann, sondurn dafs die Import*
by]Mtthe8e Fi-schers vollständig beseitigt und di« besonders
von B. Meyer vertretene .tnnahmo der Autoi'htlioiiie
dos Koliuiatermls für die aus Nephrit, Jadeit und (’hloro*
inelanit hergestellten GerätschafGui durch die neueren
Forschungei] giäuzeiul bestätigt ist.
Oie WetterarhlerskonfercBZ in Graz.
Durch das k. k. AekerbauminiMerium in Wien war auf
den Juli I9i»? eine tuteniationale Kx)iertetik(>nfur«nz nach
Graz «itil«rufou wonleii, welche «ich mit dem im Vonler*
gründe tles lulereHsw* Rtehendeu WelterHcbiersen besehäftigim
flollte. Über di« Verhandlungen derselben lit^gi jsist «urte
offizielle I’ubtikaCiou (Jahrbücher der k. k. /eutnilnnsUiU für
Meteuruktgie und Krdmagnetisiuus, Neue Folge, 39. Band)
vor, die die Ergctmii«« dersellien zu ülierhlicliien gestattet.
Kingvladeu zu der Konferenz war eine Anzahl öster-
reichiitcher und auswärtiger Meteorologen, «c>wie Vorstände
von iHiidwirtschaftücbeti Schulen, von staatUcheti grOfscren
WeinbaugiiterD, sowie Is>ute, die rieh schon «onst prak-
I tisch «»der theoreliHch mit dem WeHcrsrhicfsen lie.whaftigt
hatten, das bekanntlich den Zweck hals-n voll, die Gebiete,
in doTum g«*ch<ies«n wird, «ladureb vi>r dem Hagel zu
schiUzeit. F.S war hI«> kuiii allgemeiner Kougrerx, wie die
italieniachKn, zu dem jedermHDn Zutritt hat. und >-m Mdli«
auch keiner sein, da «olche mit den üblichsti Erzählungen
und Beachruibuugeri vi>n dun .Erfolgi-n* des Schiefnens schon
bis zur riM.TSättiguug %orhanden waren, sondern es sollte
eine strenge und grimdliche KrOrturung aller Momente, welche
für und gegen da» Wetteriichiersen in Betracht kommen, ge*
währkdstet wenlen. Dafs «ine solche Konferenz gera*le nach
Graz eingeladen wurde, lug sehr nahe, da sich von dort
aus die Möglichkeit b»t. den \Vi*Uer»chi«fsver»uchBplatz zu
St. Kiithandn u. d. Liimuing und dn» Wotterschiersgebiet
vuu Windisch' Fei^iriix zu besuchen. Ersterer, der Fintiu
Karl Greinilz Steffen gehörig, nimmt alter insofern eine
wichtige Stelle in den neuer«u Wutterschiffsvcnaichen «in,
als di>r< in njnrtematischer Weise die viTsrhiwIenen Arten ton
WottunH'liieriiappnrHton durchg«*prüft und untersncbi wurslen,
• während von ih’in Windisch-Fcislritzer Gebiet Überhaupt, die
j neuere Itewegimg für ihm WeTtei-srhiersun, dio «ich nn den
I Namen des Borgerineisters von Windjwb- Feistritz, Albert
Siiger, knüpft, sozusagen ausgogHtig»-n ist. riii die Be
raiungen der Konferviix in die richiigen Woge zu leiten,
• hntt*' das .\ckerlmuminisluriutii dersollieii die Widen Fragen
vorgek'gi: Dt das Wi'i!er-«obief«»*n wirks.*m »sler ni»‘ht» und,
Wenr> duriilier «Mich kein endgiiltige» Prtuil abg^-gt-lam
werden kniiii, was ist in Zukunft zu ihun und wie vorzu-
geheuy lind darül»3r als tioneralfferctileii den Direktor der
Zentralitn*talt fiir Meti-orologie und Krdinngnetismus in Wien
Pr”f. iVniier, als Bofcrmiieii Oberst v. Ol>erniayor. Pn»f.
; Tn»D*rt und Prokurist. Suschtiig lu-teJlt. Boiztere dn*i etil-
I le<ligien sieb ihre.« U*-femt« in der praktivcheii und nnch-
I ahmcnsweriHii Weise, indem Hie dassnllw schriftlich li.xtcrton,
UG
Bäohcrichnu.
«t tin/i« e» jedi'tii Kunfvr«axt«i)ne'hini'r hiorvicheiid früli vor
der KtMiferi'DS gedruckt zur iDfomucruiii; ru^Kiulll wcrduii
konnte. Die drei Hcfcrate »ind der vorliegenden Drucksaclinft
vollfitdmiig einverleihi und bilden drei uiufangn’ic’hc Atif-
<«itize, von denen der ervt«, Ton v, Ulienim^'er verfurst, die
(«o^ebiehee der Schutzmittel gegen llagelM'hläge ttebsodclt.
Suüchnig. der die urnfHiigreicheii Vemuohe auf dem Schiern-
|)1 hU zu SL Katharciii leitete und nach eigenen Ideen aUB-^
gestaltete, erstattet« einen mit Ahbildutigen erlftuterteu Be-
richt iilMjr die Technik und Praktik des WetterschierBenü, und
Trabcri unt4;raucht die Kriterien für die Wirksttmkeii de«
NVetlomchiefte«« in sehr whnrfsimiiger Wei»e in einem Auf-
satz, der beitonders auch für die Beantwortung d«-r /weiten
oben mitgeteihcii Krage reiches MHleriat schuf. Als Anliang
ist lelzteruni eine Oltersicht iilier die wichtigsten Hagel-
theorioen beigefügt. Tbur die Verhandlungen der Koufi'rcuz
ini einzelnen zu berichten durfte hier wohl zu weit fuhren,
nur ülser das Hrgelmis nibge folgendes niitgt'tuilt wenien.
Von einer Alwtinimuug über die ernte Krage wurzle ab-
gesehen. da sich ja natürlich eine solche Krage nicht durch
Alwtiinmung entscheiden läfst, dagegen gab jeder der
Kxperten auf Wunsch der einlHTUfenden Hegierung ein meist
begründete.s, iwhriftliches Gutachten <larülH>r ab, wie er sich
zu der Frage stelle, lüese Gutachten sind im Wortlaut mit
versiffeutlicht, und es ergiebt zieh aus ihnen, „dai's die
Wirksamkeit de« WetiersidiierHeuB nicht nur — wie die er-
drikkeude MajiiriUit aller Gutachten 1 hui«u — als zweifelhaft,
souderu l>6i Berücksichtigung aller rmstAndc ntid Abwägung
der Oiitachten als hftchst zweifelhaft, ja unwahr-
scheinlich erscheint*. I>i4«e gegenülau' früheren intcniHtio-
uateu Kougrossen neue Bcssultai ist oft'enbur das der Wahrheit
eiitaprwheudcre, denn man mtils sich, wie du- auch l'crnter
hervorbela, vor Augen halten, «lafs dieee Gutachten auf dio
volle Kenntnis der Thatsa4'.hen und auerkannU* KacKkcnotitt.»
in Physik und Meteond4)gie gegründet sind, daft sie dozij-
nach zweifellos vom grlifsien, ja tnafsgelMUtdeu Gewicht
l'titer denen, die sie Hbgab*ui. Ia‘6ndeu sich aber auch die
zwei Dtrekuiren der iLiitieuiM’heii Wetterachiefsgeliiete, die
— Met(*on>logeii von Faeb — sich drei IlugetsaiBons nur
mit dieteti Beobachtungen bvs4*häftigt halten und deiuuacb
wohl ein richtigeres rrtoil über dats Welterschiefseii haltöii
dürften als einer der «itrektischen Wetterwehiefaer", die meist
gar keine Kinsichl in die Schwierigkeiten iMaitzeu, welche,
wie Trahert in .seinem Heferat zeigt, der klaren Kntscheidung
der Krage gegwnülierstelien. Bezüglich der zweiten Fra|?«-
IteM'hlofs die K4infereuz, die Hegiemng zu ersueben, zur
Forlactzuiig der Verauche insbe«mdere in Windisch-Kciatritz
itas ihre zu ihun, froiiit-h in ülperw »egender Mehrzahl in dum
Sinn, damit dadurch der Nitchweis der thatsächlirhen prak-
tischen rnwirk’samkcit des WetterschiefsenH geliefert wardon
k<>nnle. Sie sprach sich je<b*ch vor allen» gegen Anwendung
zu kleiner Ap{tan»te und zu kleiner tb-biete (unter 4000 haj
aua, da von deren Unwirk<^iinkeit die ganze Kouforunz ül>er-
zeugt war. Mit der Subvcutiojiicrung st>lle aber Hand in
Hand gehen eine genaue t'lKsrwnchung de» Hchiefsens. »M»w»e
der meteorologiachcn Vorgänge im Kchicfsgcbict, da nur »o
eine richtige Aufklärung auch der Hcsultai« im einselnei»
Fall miürlich sei. l^iter allen Umständen mufs man der
üsterreicbiochen Regierung für die Kinberufung der Konferenz
Dank wiaaen. da sie wesentlich zur Klärung der Ansichten
lieigetragen hat und insbeMmdere auch andere Staaten , au
die etwa Kubventions- und ilhnlicbe Gesuche wegen Wetter-
achierseus hentutreten. in den Ktami seut. ihre begründete
KnUcheidung zu treffen. Greim.
Bficherschau.
L« Sander: Die Wanderheuschrecken und ihre Be-
kämpfung in unBpren afrikaniicheii Kolunieen.
Berlin, D. Reimer (Kriist Vohseu), 19o2. 6 *. VII und
544 B. 6 Karten.
Verfasaer hofft mit seinem Buche zu um sn gründlicbereu
Studien anzuregen , als biaber jede Zusainmeurassuug des
heutigen Standet unserer Kenntnis diotur Tiere für den deut-
schen Praktiker in den Kolonieen inangoltc.
Betonen wir die geographische Seite, so waren %'on jeher
die Wanderungen der HeuBchrecken für den Menschen das
Merkwürdigste und Witiiderbarsie in dicocr Frage der Hupfer.
Dabei ist da«i Wandern eigriitUch ein nicht recht erklärlicher
Vorgang. Bildet auch Hunger diu Triebfeder, so iM doch
nicht einzusehe.n, weshalb sie «ich zur Kuttersuch« in solch
iiugeheuereni Zuge zusammcnscblagcn, wo ein Tier das ander«
am Kreaoeit hindert. Die Georhwindigkeit d«r Zug« ist aufser
ordentlich verschieden. «Te ältor die Hupfer und je kahler
«ler Weg, um oo schneller marschieren ate. 1.7 km dürfte die
höchste Geschwindigkeit für eine Stunde bei kahlem Feld«
l»et ragen; für stark mitGrAS bewachsene Stellen mindert sieh
die Tagvsgesebwindigkeil wohl auf 9,5 km herab. Das Wetter
hat eiD*3U grufnen KinHufB auf die Bewegung. Bei kaltem,
luutsem, windigen) Wotler sind die Hupfer weniger bewoguugs-
iuidig als bet scbüiiem, warm<.‘m Sonnentrhein. Als h«')chste
Leistung in den Wanderungen will Sander 100 bis 125 km
augenommen wisseu; in der Ue^rel wrird dieae Kntfernung
von der Geburtostittte nicht f'rreicht. Di« lleost-hrock« be-
stimmt hHiiptAächlieh nach dein Geruchssinn und nicht nach
dem Gericht die Hiclitung auf lievtirxugt« Kutt«rptlanzeu.
Die Märsche geschehen in der Kegel in den wärmeren Tages-
stunden, doch sind auch Naebtmäroche lieobaehtot. Das aktive
Fliegen üben sie gewöhnlich liei Witid«l»lle oder aebwachem
Winde aus, meist der Windrichtung entgegen. Kalls sie mit
dem Winde segeln, wie es bei stärkerer Brise und längerem
Fliegen gewühnlich ist. dann ireilteii sie vor dem Winde,
d. h. si« kehren den Kopf der Richtung zu. v»m der der
Wind herkommt, aber von der Richtung ah, in welcher die
Ueis4‘ gehen soll.
JSolauge Vorrat da ist, sind die Heuschreck*'n recht
wählerisch ln ihren Futt4!rpdau/«n. Kine iwdche at^fresseno
Gegend i)*i. dann rocht ungeeignet für Kmähruug von Nach-
kommen; sind die Htcllcn aber erst einmal kahl gefresren.
vernicirlut jeder Hchwanii sie ai» Brutplätze. Am deutlichsten
wird sich eine Verwüstung in den gemäfsigten Zonen er-
kennen lassen, wo die «langen im Frühjahr die Felder kahl
gefreMen haben und die Altan im Herbst ans Brutge.schafi
gehen, weniger dagegen in den Kudtro]ien, wo die Laudaobaft
im Vorfrühling «dinehin unter dum Kinrturs der langen
Trockenzeit dürr und kahl, im uigeutlichen Frühling unter
dem Kinllufs vou Kugun auch au den bciingMueht gewesanen
Rtelleu w)c<ler gruii ist.
Das Klima d«*r tnic'^eueii Hubtro)»eit »teilt die Vereini-
gung der günstigsten IbMÜngmigcn für den ganzen Kntwicke-
tungegang de« Insokte«. vom Ablegen »Ics Kio« bis zur Aus-
bildung des gertügelten Hupfers dar. es werden also die
Sublropen, oder vielmehr ihre Btroekengebiet«, die Kt>‘p].'eti,
die besten und ursprünglichen Brutstätten der Wanderheu-
schrecken gewesen sein. All« Irftndschaften. aus denen Heii-
schreckunschwärme in andere «inbrechen, lassou Wald uml
üppigen Ptlanzeiiwuchs v«rmis»eii; es bandelt sich stet« um
mehr oder weniger hoch gelegene Kbenen, die mit buschigen
Gräseni und nie<irigam Gestrüpp l>e«tand«n sind.
Die Mafsreg*‘ln b«wuf»t*r Abwehr ge.'en die Heusidirecken
Iieginneii bereits in verhältnismäfaig frühen Kulturstadien des
Menschen, doch vermögen wir hier nicht näher auf dieae
wie ander« interessantcu S4<iteu des WerkcB einzugehei> , das
iinsumt Kolonialfreumlcn «mpfohlen sei. K. Ruth.
Karl Renschel: Volkskundliche Streifzüge. 12 Vor-
träge ül>«r Kragen der deutschen Volkskunde. Seiten.
Dresden u. l.«ei])zjg, A. Koch, läOS.
Rs iBt erfreuUeh. zu sehen, wie der Binn und di« LieW
zur Volkskunde sich mehr und mehr ausbreiten und ver-
tiefen, je bedrohter alles Volkstümliche durch den gewaltig
abschloifendcn Stnmi der heutigen Kuitureutwickelung ist.
Hier liegen Vorträg« in st'hüner F<irm vor. stets anregend,
zum Teil auch tiefer f«»r*chend, aber nur eine Beite
dessen borücksichti^nd. was wir heut« unter Volkskunde
zusamniciifaHSt'n, nämlich die inwlische. di« tnulitions |M>pii
laires, und es ist l>«gruif lieh , dafs der Verfuoser sagt: «Die
deutsche Philologie ist auch die beste Sohule fiir den künf-
tigen Volksfurscher.* Ohue sie ist freilich nichts anzufangen,
aber die Foi>chuug wird ganz «inseitig, wem» nicht die miu-
destous «l«nso iiutwendige Ethnographie berücksichtigt wir»!.
Gnter Berücksichtigung dieser mächtig uufgeblülituu Wissen-
schaft hätte der Verfasser vieles in «rgänxeDder Weise seinen
Vorträgen hinzufügen können, ln einleitenden Kapiteln werdeu
Begriff. G«S4'hicht4> und B«»deutung der Volkskunde erörtert
und dann zu dem in sieben Vorträgen erörterten Uaupuheiua
des Buches. d«m Volkslied«, ülicrg^rangen. Hach der F«st-
Ntellung dcs»«n, was Kunxtdichtung und Volkspoeeiu unter-
scheidet, bekennt .«ich der Verfasser ganz zu Bücher» nicht
ohne .Anf««'h(ung gehliehenen Anschauungen über die Ent-
stehung dei V'olksiiichtuiig aus th-m .\rb«iuigeBange und giebt
Klciue NHobrichtea.
147
(iattii einan «tixprf>ch<.‘tiden Vortmg Uber diu S«>bnn<lerhtipd,
di>r )«elb’it rieben <lu»tAV Maver« lietM^tuwUnlifcer Abhnndlung
Uber ilen gleichen Stoff seine OeltunK behalten diirfte. l>er
VoriruK Uber die ilenteehen Landschaften und (lat* Volkslieil
Iwhandelt die Auffassung des leUtereu unter dem (ieaichu*-
punkie der Stammeseigentüiniichkeiteuv Dieses ist ein dank-
barer Stoff, der verdiente, Tersrleicheud weiter aui^föhrt
XU werden, wobei dem im gaiixeu Buche stiefmütlerlirh be-
dachten Niederdeutschen mehr Kecht werden k<'mntc. K. A.
J. Helerll und W* Oechsllt Urgeschichte Urau-
bündeas mit KinBcblufs der Hhmerxeit. Mit fünf
Tafeln uud einer Karte. (Mitteiluogeu der Auti<|uarischen
(ieseilachaft in Zürich, TAVil.) ZUrich, Fäsi u. Heer,
IWX
Zu den vielen vortrefflichen Abliandlungen der autiqua-
riacheu Üe»ell*chaft ln Zürich gesellt «ich die vorliegende.
Welche xusammenfMsend die Urgeachichto des merkadirdlgsti,
von Deutschen und B<*ninnen bewohnten Berglande» liehan-
dvlt, über das sich seit iUtcwteu Zeiten ein Völkorgeuibcb
ausbreitete, dessen Nachlnfa in vorliegender Schrift von zwei
Meistern beschrieben wird. Heierli behandelt die utgeschicht-
liehen Fundorte und die Fundgegenstände. Oeohali die
Oesehichie in vorroinischer und römischer Zeit. Wie natür-
lich, sind in einem Berglande, da« verhaUniMinüfsig spül der
Kultur und Hieddung zugüngig w'urde. die ncdithiachen
Be»te aufsorst spärlich; einige Btcinhnmmer und Feuerstein-
laiiiellen. die verschleppt nein könn»in, Ut alles, was bisher
mit Hicberheit festgestellt werden lumnte. l>agegen sind die
Funde der Bronxexcit xiemlich zahlreich. 90 Fumistelleii.
darunter bronzezeitliche Ansiedelungen , Werkstfttten und
Grälwr sind nachgewiesen; neben den durch ganz Mittel-
europa verbreiteten Tvpen sind viele italische Formen zum
Vorschein gekommen. .\lJe* wiisl genau beschrieben und ab-
gebildet, Hchmuck, Oerftte, Waffen, teils Berg-, teil» Paf«funde.
weiche den Bew-els liHferu. dafa eine Anzahl Gebirgspässe
(Alhula, FlUela, lycnzerhaide) schon in der Bronzezeit be-
gangen wurden. Au» der Kisenzeit sind hauptsächlich Grä-
ber und Ombfelder hinterlassen; vereinzelt reicht die Hall-
»Lattzeit hierher. Miinzeu, Bronzrstatuetten der Kisenzeit
führen in die durch Oechsli eingehend beschriebene Uömer-
zeit hinüber. Kine gute Karte, auf welcher durch vctiKhie-
denfarbige Unterstreichung die Funde der Stein-. Brsmze- und
Eisenzeit unterachieden, aufserdem auch die prähistorischen
ZuichoD für Stationen, t)e]iotfunde. Ansiedelungen, Gräber u.«.w.
eingetragen find, erleichtert die Überzieht. Die Rtmier»lrarseti
über die Alpen konnten au der Hand der Funde mit Sicher-
heit eingetragen wortlen. H.
Kleine Nachrichten.
Abdruck a>ir mit QualUnzagalw gcitatict.
— Weitere Nachrichten über die Mission des Vi-
comte du Boury iin östUchen Zentralafrika kommen aus
englischer Quelle. Im Ü2. Bande des .Globus“, S. 297, wimh*
berichtet, dafs die Mission im Mai von Südoften her den
mittleren Onio erreicht hatte. Der Londoner geographischen
Gesellsciiaft wird nun aus Nimule, einer am olieren Nil
Hegenden Station des UgaiidaproU-ktttrats. mitgeteilt, dafs die
Mission d»»rl am 9. Heptemlwr v. -I. angelangl »el. Sie war
durch da» Otnothnl zum Nordende de» Nndolfsee» gegangen,
in desw-'u Nahe die Routrn Dr. D. Smith'. Austin» und Bright»
gekreuzt wurden, und wo sie mit den dortigen Stämmen
einige Zu.sammenstöf»e hatte. Wetter westlich, im Gebiet der
Jalli, die zum Langnstamin geboren, wurtle du Boury erzählt,
dafs in Duflle , Türken* wäre«: Nachrichten von der Wieder-
bt>H>tzimg de» oberen Nil waren also weit ins Innere gelangt.
Die Leute wufsten auch von Chartmu und Moiultasa. konnten
da« Nilarabisch sprechen und trugen Hnumwollenzeuge aus
Hanaihar; wahrscheinlich sind sie Beste der meuternden S<i|-
daten Kmin Paschas, denen auch die Mnedonatdsche Expedition
dort begegnet war. Die Gegend liegt etwa 270 km Cwtlieh
von Nimule. Ka wird auch einiges über di« wissenschaft-
lichen ErgebnisH« der Mission mitgeteilt. 8o wären am nachten
rfer de» Omo foasile Beste gefunden worden: von ^ifseii
Fischen, vun zwei Arten von Krokodilen, von zwei Kiefanten-
artcii (deren eine wahrscheiniieh viel grüfser war aL» die
heutigen Arten und eine andere zwerghaft, nicht grftfeer als
I m Jioch). von drei verwhiwlenen Fyjjuiden, wohl Zebra»,
von Flufspferden, Antilopen u. a vr. Ferner seien prÄhisrto-
ri»che FeuersteinHchaber gefunde«» worden- du Ikuirv wollte
auf der Kongoroute zur Wcatkuxte und geflachte .\nrang
April in Bari» zu «ein.
— Faitipbnll« Kelsc durch die Mongolei. Wie im
,G«ogr. Journ.* für danuar iiiitgeteUt wird, i«t der englische
Konsuiarl>eanitQ C. W. Campbell, der »ich vor ftwa zehn
Jahren durch eine Beize in Korea Wkanni gi*iiiacht halte,
Uttch einer bemerkenswerten Wanderung durch n«*ch wenig
bekannte Teile der iwtlichen Mongidei. vor kurzetii in die
Heimat zurückgekehrt. Der Aufbruch von f'eking erf<ilgte
am 3. .luni I9u0 (»oll w'obl heifsi'ii; 1901). i'aiupliell ging
zunächst üWr Knlgan zum Anguli nor und dann nordöstlich
durch T«ch»char auf einem neuen Wt^e zum Ibiion vor,
w<ibei er die alte Yuanhauptatadt Hchaiigttt berührte. Nacli
einem Besucli de» Dalai n<»r wanderte er in nördlicher und
iior<l«i«ilichei‘ Hichtung zum ('halchatlufs, einem Tributär de»
Kerulcn, dem er abwärts bi» zum l'uir nor folgte. Hierauf
zitg i'amhpell am Kerulen aufwärt«, durch das Gebiel de»
'IVlwn riian, de» OU*rhcrni der rbalcham«>n^n>It‘ii, und narb
l'rgH, wo er am fl. September niiiangte. Von I rgn aus machte
0ambi>ell mehren* Alwtecher, wobei er da» Kenteigebirge
besuchte, den Ki*rulcn in der Nähe »einer Quollen ülHtno’hritt
und das Thal de» Grrhon kreuzte: er Iwsuchie auch die
Kuiiien der alten Uigiirenluiupüitadt Kam-Isiigas und da» be-
ritlmite Kloster Knlenitsu. vermutlich die Htätto iles alten
’ Karakorum. Der Beiacnd« w'urd« vmi einem indischen Topo-
graphen begleitet, der Aufn.nhnioa machte, wähmul er wiber
Hohen- und Temperatunnessungen vornahm, Breiten 1>eob-
aebtete und botauisch sammelte, ramplieüs Keiseweg deckt
sich vielfach mit dem dos J^uitenpater» Qerhillon hn
■ 17. -Pahrhumlert.
•— Die I’rgoachichte Nord west böhmens an fesaulnden
und vielvuitigeii Belagen kennan zu lernen, dazu boten z«'«i
’ TagosauKflngu der deutacbeu NaturftirscherverKaiiiinluiig zu
Karlsbad I9U2 Gelogeiiheit, deren einen am 24. SeptcmU*r die
I geologische .Vhtcilung nach Frunzenabnd, deren anduren am
27. Keptemlier die prähiHtorischn mich Languge«t und Teplitz
vemnstalteto. I>ur letztere, in da» Gebiet der Bicia, Bind
iintiir Führung de« Teplitzer Mmniuniskustti» Kobert v, Wein-
zierl statt, der al« k. k. Konservator und Inspektor die
prähistorische Durchforw-hung der deutschen Ijandesteiie
Bi)hmctis zentralisiert. Auf dem La Tcne-<trälH*rfeld bei
Langugest waren zwei B«»tnttung>»tf<i'on zur Aushebung
vorliereitet und eine dritte, s«>wie eine Henlgntb«* so weit
geöffnet, dafs sh’ den Umfang dieser HUilen erkennen liefsen.
Der Boiien besteht an» einem »ehr feinen weifseu Bande, der
besonders an den Wänden der tief«.*r auigehobeneii (li‘älM*r
ein Ky Stern bräunlicher, paralleler Bänder infolge An-
reicherung hiimoser Bestandteile aufweist. Ich möchte auch
an die.ser Stelle die Vermutung auxsprechen. dafs diese Bänder
Spuren von VerdunstungsriickHtämlen der KeKitnwHHS**r dar-
»telleu, die im Laufe der seit Anlage der (irälier verstrichenen
Jahrhunderte bis zu veiNchiudenen Tiefen eingesickert sind.
Vielleicht «ind demzufolge au.» ihnnn S«-hlüsse auf eine ge-
nauere Alter«Wsiimiiimig der Gräla-r zu ziehen. Beicbere
Hchinuokfuiide enthieU von den untersuchten Grabslättcn
dtejenigi' eines Kindes, dessen .\lter noch an den Zähnen
Hilf etwa zehn Jahre iMwtiinnii werden konnte, obgleich
die Itumpfkiiochen. Haut, IlHare, Kk-ider gänzlich dahin
geschwunden waren. Die auf 8. de» .Globus** IM. 7»
al^ebildetc M"«rleichc aus dem Daim*ndt*rfer Moor, der jeg-
licher Miueratisierimg 1 ‘nttwhrt , zeigte fast genau da» cni-
gegaugeaetzte Verhalten zu dieser in Sand gebetteten Leiche
annähamd gleichen Alters, von etwa 15(Hi Jahren. Haut, Haare,
Loder und Wollstoffe tdiulxm erhalten, alle« übrige vertorfic
«Micr wunlc spurlos zersetzt und uusgclaugt. Der Hervor
hebung wert ist auch der Gegensatz jener MiHu-loiche zu den
Knochen- und Uolzfundeti im miiieralisierten FraiizenslKider
M<ior. Bei jener verschwanden nicht allein die Knochen und
die aus l'fliinzenfaser hergastcllten NähHidpn, sondern auch
die Stricke, mit denen »ie geniäfs ihrer Arm- und Beiii-
»telliing lind nacb Mulsgalw der Ari der Hinrichtung gcfe«ielr
gewe*en «ein muf«. — l>as „Zentnilinuseiim für di»* Ur-
geschichte Nonlbi'ihmen.»'* zu Teplitz, d**»sen Sammlnngi-ti zum
S<*hlufs Itcsichligt wiirdon, lief« vor aMcin eine enge Ver-
>|uickung de» prähtslorischcn mit dem historischen Klenietit
«rkeimeii. Darin liegt wohl der Sclilü»«i*l für den loltens-
werten Wetteifer zwischen StmitgeniuiiKleii uud I'rivnteii
148
Kleine Nachrichten.
lvut<u'lib(ihm«iiii, (Itiiii %'«>r »llem <*>• ««ine Orümiim); und
Krhaltunt; dankt. lk‘»<»nd«Tit »ar «*r viTtretun ilurcb
dio eiofarhon l(nu«Ti‘l<*uiii vt>n . deren einer,
Oi.itui»ai Ant4»ii HiiffmHiiii, auf deo^en (iruud«türk auch
dio am >7. Hoittemtier nusgehubeneu (irii)wr liegen .
«iliforwilliger t'ntenitülaung der prühiitoriüchen Korachungofi
2 UUI kun'eaixmdieranden Mitglie«ie der Teplitzcr Muxciiinx-
geaelliH'haft eruannt i«t. Oie l>eutJH:blKtiinu'n wurzeln tief in
ihrer Heimaterde. W. K.
— ' Das lltiohmonr Sauroooa bui St. Michael im
L u n g a u • Salzburg iNSAprechun W. Ikirach und V. Zailer
(Zeitachr- t d. landw. Vemucluwo«. in (»sterreich, 6. Jahrg.,
Die l’ntacfae der M«K>rbildung galam zwei uatnrliche,
wenig« Meter tiefe Mulden, die nut kalkhaltigein Waaaer der
nah« vorüberdiersenden Mur g 08 p«i)tt wurden. Durch den
maswnhaft abgelagerten glimmer* und thonhnltigeu l*hon-
schlick gingen die Hoen Ungsmn der Verstunipfung entgegen.
Die zahlreichen «imiiiindemlen Iläche lirarhten ausreichende
nähratoflltaltige, d»ch kalkarme \Va.Hsenn«ngen mit, wo-lurch
die Anaieileluiig von meint aus Mark entwickelten Kied-
grasern Wstehenden SunipfpHauzen viele tiencrau<»ufn hin-
durch gesichert war. Die |t<-!«iedelmig mit l’ilan/on iM-gann
zuerst an den tiefsten Stellen der Mulden, und nach Aus-
föliuug derMdtwri mit Torf breitete sich das Moor bis zu den
Ilandem aus, stieg langsam über den Kücken, der beide Teile
tn-tinl«. und später an dem leicht geneigten Abhang hinan-
Durch Klimaschwankungvu, namentlich regenurme Teritnlen.
wurde das Niederungsmoor iu seiner weiten-n Kntwickelung
und Ausdehnung gehemmt; in dieaem Zustande blielwn der
ganze westliche Kaitd, Teile des Norilramle« u. h. w. Von
dom gri'ifsien Teile des M«xiros nahm der Wald von Lnrohou,
KichU'ti und Birken langsam Besitz und entwickelte sich auf
dem verhältnismiirsig iiabrstofTreichen («rastorf in üppiger
Weise. Dann siedelten sich TorfimKtse auf <lem reuchten
humosen WaldlHKlen an- Kauinc, welche den wuchernden
Hphnguet*!! itn Wege Htamleii, wurden von ihnen am Kufse
iun"poimett und durch eine undurchdringliche Itecke jeder
Duft- uitd Feuchtigl Bitszufuhr lieraubt; sie starlx'n ab. wur-
den vom Sturm uuigerissun und versaiikenin der iiacUgiebiuen
Torfwhicht- Im l^aufe der weiteren dahrhutiduri** Iwuien
sich dann die mlt<*htigi*ii Hchichtett des Krioph>>relo-S|>hag-
nuiiis auf, welche die llHUptmeuge des vorhandenen Torfes
ausiimolieri. Hierauf siedelten sich Birken in grofserer .Menge
an; altere Turfschichten lafstehen fast nur aus aufeinander
gesi^hicbtetor Birkenrinde. Kiuzclnc Kaitieeu de« Itochnuwires
nähern sich nun dom .Vb^^hlusse ihres Wachstuuis und tragen
bereits eine ausgesprochone llvidevegetation, andere beitndeii
sich dagegen lOMdi itu vidlen Wachstum ntid wiirden dieses
ohne iiiensoblichen KingrifT wohl Jahrhunderti! noch fort-
suLzeti. Das genaue Alter des Moores anzugetwii diirfce un-
möglich sein, doch mufs die Bildung so mäclitiger hehiebten
das DrotJukt jahrhundertelangen Wachstums der Vegetation
sein. Die Bauiiie des ClaTgangswutdus, der nur eine kleine
Beriode iu der (ieschichte dinse« MtMires dar>iellt, lassen allein
liereits nach ihrem SiamraesdurohmeMer auf ein Alter von
fast einem Jahrhundert schliefsen. Das stellenweise ntehr
als 7 m mächtige Moor i«t wohl weit über 'JUUO dahre alt.
Ober artusischoii Druck sprach in der geopbvsi-
kalisrhei) .\t>U'ihing der deutschen Katurfi>rM*herver»Hmmluni:
XU KarNItnd IVUJ Wilhelm Krebs, einer Anregung de«
Bra/er WiMsertmutechuikers l*r<>ftsssor Forebheiiiier folgeiid.
dein eit an einer Itiskussioii dieses in bautechnischer Hinsicht
Uta'hwichtigen und in neuerer Z«ut etwas umstriltuuen liegen-
ttandes lag. Das Jteferat ging aus vuu der rntersucbuug
des Heriners iit>or das Sciikuiigiifeld der BruniieiikatAstropho
IM<:( zu Schneidemiihl. Den SHiikuiigsmmn hatte Krebs
auf Brnud geeigneter AuNineaaungen zu m” bestimmt,
während die Masse den ausgewurfetien Bodens sich mich
Schätzung des Ingenieurs ('hudziuski auf ,'>aoo m* In-Iief.
Diese grofse Cbcreinstimmung im Krgehnis und frnhorc
Beoliac.htuugen tiWr dio stiitzendu KraD des Brundwasser»
haUeu Krelis veraiilarst, iiii AnschlntV an d«n K<iiiigidiorge|-
tieologen i’p'f. dciitzsch lind im Bogensatz su dem inzwiHchcn
vorMorlwnen («eophv^iker und Ingenieur Htapff örtlich« Kat-
Stellung des ariesiM-hcii Drurkos anzuiiehmeii und für <len
dortigen Brunncnausbi'uch di« sonst violbohauptete, a1)«r nie
lM)wics4-ne KntAtehung nach dur Barnierscheii Theorie d«s
artesiiwhen Drucks nu-zuschliefsiBn. Nach dis*M*r Au»chauung
sollte irgend ein Sei-spiegel der pommc-rechuu Si.-^-nplHtle nach
dem tittsetz der koinniunirieri-udcn Was*-ersäulen den liiuck
gestellt haben. Sach der anderen, neueren AiiHchannng kam
iler an«si»rhe Druck durch den IkHlmnlruck einer oberen
Schicht zu Stande, die auf einer stark wasserführenden, aber
an allen Heiton von (u-hwer durchlässigen Bodenartau um-
g«l»«neii Sandschicht lastete. I'iir di«s« Anschauung von
Krebs, dio in seinen B«itrag«ni übr'r die Ihnhuiaonkuugen in
Schneidcmnhl zur Zeitschrift für praktiach« Beologi« lHd4
eimrehoud liognindct wurde, haben sich in der Folge hydn^
logische .tutoriiäten wie Ochnenius, Kuefs ii. a. au.s-
gesproclieii. Di« späteren St^hwiimnaandeiDbrüche in die
Brulx-ii bei Briix und Dux, von denen auch die letzteren mit
d«m (juelldmck der seit iMä'J endgültig geschützten Teplitzer
rr>{U«llen nicht mehr zuxamiuenhäugen können, deuten auf
«ine ähiilicho Wirksamkeit örtlich aus dem Bodendruck «nt-
stiiudeiien artraschon I>ruck«s. — Di« folgende Diskusaion,
nn der sich di« Pmf««soruii _Forrhheim«r (Braz) um)
Pichl (Prag) lwl«iliirten, ergati ('iMTeinstinuniing in der Haupt-
fnigo des arl«si*rh«n Wass«rdrucks. M«iiiungsversrhi«*d«nheit
nur in )b*zug auf die Art, in der von dem Itruckwasaer der
Sand g«t'iihrt und nach der Anzapfung miCi:*>riasen wird.
' (Tier den Hin I i. Marx 10QI u«falleii«ii arotcii Srhiieo*
gi«M J. A. ipp««ti noch einig« Nachiriige (Mitt. d. niiturw.
Ver. f. Ktoiermark, Heft, I9u.*). .VU Uauptliestnndleil«
«-rgabim sich für all« Niedorfallung«ort« guarz, Thon, l'alcit
wie Kis«nox>'de; seltener traten auf Gips. Hornbleud«. Biotit.
Tuniialin, Branat, Magm-tit. Kpidot. Titanit. Butil, Zirkon.
Vulkanische Bestandteil« fehlen durchaus. Ib-r tStaub ist
b'rrestrischen l'rsprungs, «teilt «in Holisches H«diment dar
und w-ird als l^'ifs bezuichuet. Nach Hcllmanii und Meinardus
ist aus m«t«Mm>logisch«n Bründeti di« Annithme, der Htaub
s«) Dnieritstauh. abziiweispii. Die letzter« Annahme fällt
aller nur ünnn, wenn sicher imchzuweisen ist, dafs jenaeit
des Wüstengürtels gegen Norden zu kein Latent existiert :
auch Ib-Ilmann wi« 3l«inaniiis iwhliefsen nur eigentlich aus
met*‘s>rologisch«u Kücksichiuti di« Abkunft aus einem Latcrit
des Sudan au«. Km ilir«kini- B«w«is für die Zusammen-
gohörigkeit d«^ roten Siauli«s mit Uifs ist noch tiiclii ge-
liefert, elH'uao fehlt der Nachweis einer geimuen ('bHreiii-
Stimmung mit Wüstensand, währeud di« wenigen AnaUsen
näher auf Iiaterit hinw-eisen. Was die Menge und die Aus-
breitung des Staubes bvlrift't, so bedeckte dersellar nach
Hellmann und Meinardus mit Ausschlufs v«>n Nordostmfslaiid
wio der 4fHioookm^ grofsen M«*ert1äche xuiaclicn Tuiiis-
TriiHilis. sowie der des T.vrrh«iii--<cbeti und Adriaiiscbeii
Meeres ein« Fläch« von 767MjoknP. Die Bewichumeng«,
und das ist wahmcbeinlieh nur di« unter« Bretixe, wird auf
I 7Si 000 Tonnen geschützt.
— Wichtige Beobachtungen über Peodeliiurun-
gen bat man in Indien geiiuvcht. Bekanniiich sind die
.Vhweicbutigun dea Pendels von der Veriikalhnle auf d«ti
Mangel an Bleichmäfuigkeit iu der Bildung der Krdkrust«
zuriickzuführen. und si« tiewirken erhebliche ruzuträglich-
keiten für die Laudu«aufuahme. In Indien hatte man nun
liemer^t, dafs sehr »orgfiiltigL' lÄngun- und Breitenliestiui-
muugen nicht mit den durch dio Triangulation gi-wonncnen
Werten zuaiuiimctipasson wollten, und man fuhrt« diese Kr-
scheiiiung auf die Ungleichheit der .\nziehung auf das
Pendel zuruck. Natürlich batte man zunächst die gewaltig«
Bebirgsmasae des Himalaja als die I rsai'he in Verdacht,
man untersuchte di« Sach« und kam zu dem Ergebnis, daf«
■{•T Kintlurx des Hiumlaya IhtoiU im zentralen Indien auf-
tiür«. un<i duls die weiter siidlich beuliiicht«tc]i Difforanzeu
lokale rrsaclieii halH-ii murxiun. Kin noch gouauerc« Btudiuui
des Iliiii.ihkVa lind der Tiefen d«s Indischen Ozeans jmloch
zeigte, dafs der Ilimalaya deiitnwh bis zur Siidspiize Indiens
zu spuren war, wo die Abweichung dos Pendels noch eine
bis zwei ^^kuu>l«^ Wtrug. Neue Be«>bachtungen wunlau
nun Hiige‘>leltt , uud man L-rhicIt das merkwürdige Itesiiltat.
dais auf einer Station, wo man eine Abweichung xm u"ao
noch Sudi-it zu timlt'ii erwarten niurtt«, ein« .«olche \<>u o"au
nach Nonien vorhanden war. Wietier forw'hte man nach,
und i-s stellt« sich jetzt folgendes heraus. Wenn man «ine
Linie lou (‘alcutta nach [t«csa zieht, die die Hnlbinxet in
einer siidost iiordwosllicheu IBclitmig schnciiiet, so bildet diese
fiir >lie Staiioiion uonilich uud sndüch davon uüie Anziehung«
Zone. .\uf den im Nonien lioLrenden suttionen weicht das
Pendel nach Süden, auf den tm Süden liegenden nach Nonien
ab. Die Wirkung ist. wie wenn ein« unterirdische, sehr
dichte tiebirgskotte die Halbinsel mehr als ItiOUkm weit von
lösten nach Westen durchzieht uud das l'entlel zwjacheu
10 uioi äu' uürdl. Br. lKJ»-iDtlufM . uud di«ni- Kette läuft d«m
lliiimliiya paraib-l. Die nächst« .kufgali«. die aus der Ib-ole
achturig *TW«c)ist . wär«. da-« HäLs«l tliescr unterinlischeii
tM‘birg.-^keito zu lii.'eii utol hcratis/iitiiideii. w'uraus sie besteht.
V«T«iittt t>rtl. I.'*d.iktcur: I'r«f. Dr. U. Audr«.«, lUnuno hwpig, F«ll«Ti»l«berlk«r-lT««ncii*de 13. — Urut k : Frit-dr. Vitaeg «. Sulio, Uraunst liwriji;,
GI.OBÜS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCIIRIET FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEBEimOT HIT DEN ZEITSCHRIFTEN; „DAS AUSLAND" UND ,^US ALLEN WELTTEILEN“.
HERAUSGEBER: Piior. D«. R. ANDRER. VERLAG vo« FRIEDR. VIEWEG t SOHN.
Bd. LXXXIII. Nr. 10. BRAUNSCHWEIG. 12. März 1903.
NMbdruck aur lucfa Ob«rwakuaft nit der VerUff*hdunJ]unf geftettM.
Reisen auf der Insel Nias bei Sumatra.
Von H u^o
[>ie Originale sämtlicher Abhildungeu I^hnden sich im Städtischen Museum zu Uraunscliweig.
I.
1. Kord-Nias.
Aui 27. Juli 1S97 verlieta ich mit fünf LuutoD meiner
Ntändigen Beglettiuiguud 23 angeworheneii KulinGummg
SiUiU, den llnujithafen Toti Nia», um den Hili Mudja]Hii,
eine der höchsten Krhebtingcn der Insel» zu l>e>«teigeD.
Nach einem vioiTitunJigen Marsche in nördlicher Hieb»
tung kamen wir in dem Orte Oliira uti, wo mir di« erxten
Scbwivi'igkeiitm «ntgegentraten. Oie malaiische Bevöl-
kerung butte bua« Krfahruugtm mit der Tugendhaftigkeit
der Kuropäer gemacht, weshalb die Leute un« über Nacht
nicht tiufnehmen wullten; ao war«»n wir denn gezwnngen,
iti einem Hau^e, da« atefa noch iiu Rohbau befand, zu
übernachten.
Alu uAebnieuTage fAhrt« uns der Wog zimiicbat drei
Stunden an der Kilate entlang. Nach ÜberKchreiten
eines Flusse» gelaugten wir an eine der an der Küste
häufigen SaizKiederoieii, wo wir llaHt machten. Oer Weg
— wenn man von einem Molchen überhaupt reden darf
— führte uns nun wc.Mtlich landeinwärts, und die Un-
bilden der Reis« begannen. Selbst Wanderungen durch
die Maiigruveformation, die ich auf den Ilutuinsclu häu-
fig unternommen habe, sind Spaziergänge gegenüber dem
Wege, den wir Jetzt zu beschreiten hatten. Bis an die .
Kniee in weichem Lcbm watend, daun wieder auf dünnen |
Baumstämmen über tiefe Schlammlöcher balancierend,
erreichten wir endlich das ansteigende Gelände. Hier .
wird der Weg ein wenig trockener, und an die Stelle j
des Moraste» tritt ein weniger feuchter Boden, liewaehscn
mit dem mannshohen Alan-Alan (Imperata Koenigii),
der den Reisenden bis ililt Mad]ujun begleitet und ihm
deu Wetf bedeutend etuchwerb Wegen die.ser Schwie-
rigkeiten war icb genötigt, schon auf der Hälfte des
Weges nach Ilili (ioo, da» icb zur Nachtrast besGmiut
hatte, Halt zu machen, denn meine sämtlichen Begleiter
waren ebenso wie ich infolge der drückenden Hitze, die sich
bU zur Unerträglichkeit steigerte, durch die W’irme-
strahlung de» Alan-AIaci, auf» ftuNerstc erschopfi. In
Maudrifa, einem kleinen Oorf mit nur wenigen Häu-
sern, hat ich den Häuptling freundlich um Aufnahme,
doch uiu kurzes lah-o (iiuin) war die Antwort des mit
Kiterl>eulen reichlich bedeckten Mannes,
Na< hdem icb mich vom ersten Schreck erholt hatte,
stieg ich mit geladenem Gewehr die l^iter zuin Hause
hinauf. Meine Javaner Üiaten das gleiche, und »o
luufste »ich denn der Häuptling gezwungen in da» l'n-
Olobtti LXXXlIi. Nr. 10.
vermeidliche fügen, zumal ich ihm für seine „Gastfreiind-
lichkeit*^ etwas Tabak geschenkt hatte.
Um 6 Uhr morgen.K des nächsten Tages ging die
Reise weiter. In Htli Geo wurden bei unserer Ankunft
alle Leitern an den Häusern aufgezogen. Unsere Bitten,
uns Wasser zu geben, w'urdcu wieder mit lah-o beant-
wortet, so dafs wir auch hier da» Faiistrecht in Anwen-
dung bringen muC»teu. Uiu 2 Uhr nachmittag' erreichten
wir dann das Ziel des dritten Tage», da." Oorf Ilili
Bobo. Hier wurde icb äufserbt gastfreundlich aufge-
nommen und am nächsten Tage l>eiiu Abschie«! sogar
noch mit einem Huhn l>eHchenkt.
Ks beschlich mich an diesem Morgen ein gewisse« Ge-
fühl der Augst, da mir über den Urt Oclarsarar^ I,u-
sara, den ich zu ^lassicreu batte, wenig Krfreuliches zu
Obren gekommen war. Zu meiner grofsen ÜlHUTUsckung
war aber der Häuptling ein Fruundlicber Herr, der meine
KuiLs in gastlicher Weise mit Siri versorgte. Ändert- .
halbe Stunde Weges hatten wir m>cb nach Verlussen
des Oorfes durch den Urwald zurückzulegen, bis wir am
/iule derlhnse, Hili Madjajan. angelangt waren. Hier
entlief» ich die Kuli», nachdeni ich ihnen den W'ohlver-
dienten I.«obn ntisgeznldt batte.
Oie (iastfreuudlichkeit du» iutigeu fKönigM** von Hili
Madjajan nahm ich nur wenige Tage in .\iispruch, da
das Haus, welches ich mir im Busch bauen liets, schon
am 4. .\ugust bezogen werden kmmte. Von dieser Hütte
aus, die teilweise den Kindruck eines l/aboratorium»,
teilweise den eine» TrüdoliHdutis machte, entfaltete ich
nun meine Sammlertbätigkeit. Was zunächst die Finia
du» Gebietes uubelaugt, so ist diesell>e auf Hili Madjajan
im Verhältnis zu der ändert^ Urwälder als eine '•«•hr
einR^uigu zu buzcichuun. Dafür winl der Sammler in
reichem Mafse durch die schöne Fauit.a entschädigt. Vor
allen Ibngun waren es die Insekten, die viel Wertvolle»
lieferten, so Moriuolyce und ändert; ge.MUclite Insekten.
Auch gelang es mir, eine grof-ne Mengt* r<»u neuen Rep-
tilien dort zu »Htumelii. Oie Vogelfituna i^t zwar imni-
nigfaltiger als die der Säugetiere, reicht aber an .\rten-
zahl nicht an diu aridurcr Gegenden Niederländisrh-lndipn.'
heran. Bemerkenswert er.schieii mir ein /iegenmelker,
du»»un glockenhelle, an Geläut uriiinenide Stiuiine schon
in der Dämmerstunde nu.s weiter Furne zu vernehiiien
war. Lange alter, larvor man zum ScliUMse anlegeii
konnte, war der Vogel filtiT die Bflanzuiigen hinweg
schon wieder in den Wald. .\n SäiigetiiToi Imhe ich jr
111
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Ilujr» Raa]»: ReiseD auf dor Insel Niaii bei Humatra.
IM»
luifKer den häufigen wilden Schweinen nur einigu HirHche
und einen nehr grofaen grauen Marder erlegt. Selbst'
TerntHiidlicIi habe ich hier auch häufig Affen und flie-
gende Hunde angutrofieii.
So wiir ich denn nuf nieiiier erateii Sniuuderatation
eingerichtet und hatte einen Teil de» Nordoxten» der
lui»el durchzogen, die bei meiner Ankunft mü dem
l»nuipfer in Gunung Sitoli einen vielTerxprechenden
Kindruck nuf mich getmichi hatte. I»urch seine gUn-
Btige l^ge luitt« dlueer Ort sich aum Ilauptplntze der
luxe] entwickelt, wohin sich Handel und Verkehr zogen,
Abb. I. .itia Sataa, AbneotriHze.
lind in de»xen rmgebuiig daa l<and gut bebaut war. i
Von hier au» ziehen sich auch einige Wege, die mau ab
Kulehu iM'Xeichiieii kann, läng« der Küxte hin. wiilirmid
xouxi Tüll VerkehrsHtrafKen auf Nina kelou Rede i»t. Für
den Sammler ist dieses eine grofse Schwierigkeit, die
Wegeloaigkeit nütigt ihn, eine ganze Karawane für sich
zu.sainmeiiziistellen, wenn er das Bintienlaud lH>.»ucben
will.
l»ie Pfade führen zunächat durch diu KokospRunzungen,
die »ich au der Küste hinziehen, erreichen dann auf den
Hügeln die beatelltun oder hrachliegendeu l^dans (Pfluu-
ziingeii) und ziehen sich kreuz und quer, ohne eine be-
stimmte Richtung innezuhalteii, üln^r diese Lin. Hr-ot
wenn man zwei Stunden von Ounung Sitoli der Küsste
nach Nonien gefolgt ist, bietet sich dem Saumder Ge-
legenheit, etwas zu erbeuten. So weit reichen nämlich
erat die KokoapHunzungen, diu immer eine ziemlich
Reatell uiH iiiäonlirheii und weiblichen AhneiiHgnren.
glcicbfönnigi* Flora und Fauna aiifweiaen, die nichts
Neues bietet.
Kinigo Wiesen mit vereinzelten Gebüschgru]>|M‘n mid
ein sich daran anschliefaender Rusch liefum die ersten
neniienawei'teii Gegenstände. Noch weit«*r nordwärts
beginnt der Waldstreifen der Küste naher zn in ten und
zu vurhumpfen, doch weist er nicht den t'liantkier der
allgemein bekannten Maiigroveformatiou auf, sondern
hat eher Ähnlichkeit mit einem
Uruch. Hahiuter schliefst sich
das Hügelland an, das von
einigen Flüssen durchzogen
wird. Fol ist hau|itsärhlich lic-
wachaeu mit .Alan-Aiangraa.
niedrigen Sträiivherii und an
fenchteii Stellen mit emem
buhen Schilf. Krst auf den
höchsU'n Krhebungen tritt l'r-
witld im eigentlichen Sinne des
Wortes auf.
Die wenigen Ortschaften, die
in dor Niialerung liegen, er-
scheinen dem Reiaeuden wie
Oasen in einer Wüste. Kheiiso
wenig anspriM^hend wie der Kin-
druck tlor Laiidhcbaft ist auch
der, den die Rewohner nuf
den P'reuidcn berTürbringen.
Die Niasser sind ein unglück-
liches, Toll einer ekelhaften I laut -
krunkheit schwer heimgesuchtes
Volk. Solb«, kloio« Kin.Ior W«*-lilenr»lro.
tragen schon diu Spuren dieser
Krankheit an «ich. Kirn* ratiuiielle Rewirtsebaftung de»
Landes, wie sich eine solelie bei anderen malaiischen
Stämmen findet, wird hier allgemein TermiNt. Die
Thntigkeil der .Männer l»cscliräukt aich hier auf dii’«
Iliißi* Kiiitp: HeUcik »uf der Inwel Nia« liei Sumatra.
Kauen TOii Siri» Schwatzen und Schlnfeu. Höchstens
stellen sie ntich Fiilleii, um wilde Tiere zu fnopen. hie
notwendige IlauK- und Fuldiirbeil wird meisten.s von den
Frauen beaor^^t. Von Fuldfrüi’bteii wird l'bt>l'bi (Hh*
bitn) und Reis augebaut. hen letzteren verzehren aber
die NiiUiser in der Kegel nicht »elhst; sic nähren sich
im Verein mit ihren Schweinen von l'hi-Fbi, während
sie den Heia entwe<ler nach Gutinng Sitoli bringen und
dort an <Iie ('hinesen vertauseben oder ihn in irgend
einer der SnlzsiLKlcreten vernufsern, diu Aherall dort an*
ziitr«'!Ten sind, wo ein Pfnd von der Küste in diis Innere
fuhrt. In unmittelbarer Kähe der Ortschaften finden sieb
(fru|i|>en verschiedener Fruchtbäume, unter denen der
hurian eine hervorragunde Rolle spielt, Aherall beliebt
durch das wobUcImiuckuude Fleisch, welches die Samen
läl
sehr grotse Anzahl zu erlangen, gräbero und feinere.
Wenn die Niasser auch einen höchsten (iott kennen, den
sie Lobelangi nennen, so stehen sie doch, wie es scheint,
in keinen näheren lleziehungen zu ihm, etwa nach Art
der christlichen oder jädisoheii (iottesvurstcllungeii.
Ilauptsucbu ist dem Niasser ein Geister'* und Abnuii'
kultus. und auf diesen beziehen sich denn auch die Holz*
götzen. Diese, massenhaft und oft recht künstlerisch
hergestellt, unterscheiden sich untereinantler stark, auch
kommen nach dem Gutdünken der Knts oder Prioater
immer neue Ibdzgötzen auf, ko «iafs eigentlich nur ein
Kiugeln»rener sich in der Menge zureehtriiiden kann.
Diu Adusutua oder Abiieiigötzen und die liaiis- oder
Wäcbtergötzen, Sirnha genannt, siinl die wichtigsten.
Die .\ hnongötzen, auf welche die meiste Arl>eit vor*
Abb. 4 Abb.
umgiebt, berüchtigt abi'r durch den fürchterlichen Gu-
ruch heim ÖRiien der Frucht.
Infolge der Trägheit der Dewohner sind die Häuser
gröfstenteils ohne inneren Schmuck; nur in llili Ih)ho,
t.lclarsani und Hili Madjajan fanden aich an den inneren
Stiulun der Häuser sehr niodliohe Reiierscbiiitzereieii. die
indes aus früheren Zeiten staumien.
Die Zeitrechnung der Niassur huschrüukt sich auf
dürftige Kenntnis der Tilge und der .Monate. Kein Re-
wohner keunt sein Iiehensalter, und die gewöhnliche
.\ntwort auf eine diesbezügliche Frage lautet iiutncr
„sehr ult“. Auch der Götzendienst beschränkt sich auf
das Allernotwendigstc, indem die (iöttur nur, wenn imin
sie braucht, in Anspruch genommen werden.
Von den verschiedenen in Holz geschnitzten Götzen-
bildern, diu mit dem Kultus der Niasser verknüpft sind,
gelang es mir nach und nach auf meinen Reisen eine
wendet wird und die zum Teil recht kunstvolle Schnitze-
reien darstellen, liesitzen besonderen Wert, Sic werden
angefertigt, wenn ein Niasser, welcher einen oder meh-
rere Söhne besitzt, gestorben ist. In diesen Ahuengötzen
tritt dunu durch eine Mauipulutioii des Priesters der
Geist des YerstorUmen oiii, der somit im Hause der
Söhne bleibt und ihnen .'M?gen bringt, und dem mau
opfert. Der schöne, von mir niitgebrachte Ahnengötze
(Abb. 1) ist aus hartem, schwerem Holz gefertigt und
67 cm hoch. Die diademartige, reich gegliederte Kopf-
bedeckung mit nach voru stehender .Spitze ist allein
25 cm hwh. I»as sebari geschnittene (iesirht ist mit tier
auf Nias Üblichen Harthinde versehen um! hat kurzen
Kiunhart; im r»*chten Ohr hängt in dem lunggezogeiion
Ohrläppchen der Ohmcbmuck aus Messing; die Männer
tragen ihn nur in einem Ohre. Um den Hals ein Hing,
weichen nur derjenige tragen <Urf. der auf iler Kopfjagd
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152
K«ui{k Koiioii auf der Insel Nias bei Sumatra.
i*rfol(rr<*ich war. I>ie ^iit gearbeiteten Hftnde halten vor
«Irr Hnit^t ein (iefnfi«. Uer tieachleebtateil pha]liiM:h mit
einer Stohbinde verdeckt. IHe pinae Figur aitzend auf
einem kleinen Schemel. Auch weibliche Alinengötaen
vrerdvii aufgeatellt» und wenn verHcbiedeue Ahnen iilU
mäblieh veratorhen alnd« so reiht man deren Hildniaae,
Familie, die etwa getrennt leben, verlieben. Aufbewah*
rung finden aie aber gewubulicb bei dem ältesten Nach-
kommen des ersten Abnengötzen.
Kine zweite Art von Göiaen atud die in jedem Hauxe
befindlichen, gewöhnlich an den Pfeilern deNselben an-
gebrachten Haue- oder Wäebtergötzen, die Siraha,
Abb. 6.
Abb. 8.
Abb. 7.
Abb. 9 .
i
b
Abb. e. AdiihorO) neppel/enfengfttze. — Abb. 7. KriegHrneHaer aua Nonl-Klaa. — Abb. M. Kiiogamlltco
aus Arengfasem, Nord-Maa« — Abb. 9 . Krlegslanzen» Nord-Niaa. b a. c Jagdspeere.
d.b. die Holsfigtiren. aiteiiiander, vcrkiiäpft sie mit einer
l,atte oder vereinigt nie auf einem Gextell (.\hb. 2). Her
.\bb. 2 dargextelltc Holzrahmen ixt 36 cm breit nnd
etwa 40 cm hoch. Fr enthält fünf Figuren nach .Art der
Abb. 1 besrhriulirnpii Abnungötzen, drei männliche und
zwei weibliche. Hie Ih'the dieser Figuren wechselt zwi-
schen 2.5 und 30 cm; die männlichen xind leicht daran
ei'keuubitr, daH xie duu Ohrschmuck nur im rechten
Ohr tragen, di« Weiher in l>eiilon Uhren. Hiese Ahneu-
götzen werden auch au die verschiedenen Glieder der
welche bald Iwexer, bald geringer geschnitzt sind, und
die die Aufgabe hal>en. das Haux vor Unglück zu be-
wahren (Abb. 3). Mein hier abgebildeiex Kxemplar ist
37cm hoch, viel roher in der Ausführung als die be-
schriebenen Ahnengutzen und am Kopfe mit zwei flügel-
artigen Ansätzen versehen. Hax Gesicht ist geschwärzt.
Ks giebt derartige Hausgötzen von 2 m Höhe.
Am uifMlrigsten endlich stehen die Hihara, die in
grufHen Mengen angefertigten Priestergötzen; eigent-
lich nur eine Sammlung von roh bearbeiteten Holz-
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Hagn RA«p:?Reii«n auf der Intel Kias bei Saroatra.
153
Abb. 7a.
Grlir einet KrlesTtnieMert nnt Nord*Nfat.
kndp)»eln oder StAbcfaeii, an denen man durch einfache
ScbniUorei Mund, Nase and Ohren an^edentei hat, so
dals eie notdürftig «’in Geeicht
daratellen. Eine ganze Anzahl
twlcher Kmlp]>el wird durch Ro-
tungischnüre oder Palm wedel zn>
«ammengubundcn, eie ntehcn
daun in Reih und Glie«! wie die
Pfähle eines Garteazaunea und
«iud von Temchiedouur Grötee.
Man »teilt sie au Terschiedenen
Plätzen im Hause, auch auf dem
Dache auf (Abb. 4 u. 5). Die
in Abb. 5 dnrgesteliten sind
60 cm hoch.
Hob in ihrer Ausführung sind
auch die Kraukheitsgötzeii
oder Fanguru, die uumentlich,
wenn Seuchen auftreten , au»
Rnumklotzeu geschnitzt und im
Dorf aufgusietlt werden. Ihnen
ähneln die Aduhoro genannten
Götzenbilder, die mit der Gerichtsbarkeit in irgend einem
Ztisammenbauge stehen. Ein tulcher Götze. 73 um hoch,
mit einem Doppelgettcfat (eint oben, eins unten) soll ala
Autgleich dafür bergettellt worden sein, daft der Re-
sitzer, der al» Zeuge anftrai, yon beiden Parteien Ge-
schenke erhalten batte (Abb. 6).
Woher die Niasser stammen , ist wohl noch eine
offene Frage, die man nur mit Hülfe der SprachwisHeu-
tchaft löten kann. Die .-Knnabme, daft sie mit den Ra-
tak» yon Sumatra nahe yerwandt »eien, ist alt hinfällig
erkannt wonlen; die Niasser kennen weder eine ''chrift,
noch den Kaniiibalitnius, die beide bei den Rataks Vor-
kommen. Jedenfalls aber giebt es zwei verschiedene
Klemeuie der Revölkening auf Nias, denn die Leute im
Norden und Süden sind sehr verschieden voneinander
in ilezng auf Sitten, Hänserban, Art der Waffen u. s. w.
Anfser den schon angeführten Götzen will ich hier noch
einige ethnographische Gegenstände ztir Abbildung briu-
geo, die fürNord-Nias kennzeichnend sind. In meiner
grofsen, dem Städtischen Museum zu ßrannschweig über-
«'ieseneii ethnographischen Sammlung bennden sieb genug
Stücke, welche den grof.teii Unterschied zwi>‘chen Nord-
undSüd-Nius darthun — man braucht bloft die länglich-
Abb. 12.
Abb. 12. Ohrgehänge.
Ablk LH. Rarthinde aas Schildpatt.
Abb. u. Bartbinde ans Leder.
Abb. 10 u. 11. Prlestortrommeln.
viereckigen Schilde aus dem Norden und die oben und
iiiitcn zugospitzteii aus dem Süden gegeneinander über
zu halten, um die Abweichung zu erkennen,
Die Kriegsmesser beider Inselbälften sind auch sehr
verschieden. Abb. 7 u. 7a zeigen ein solches aus deui
aiobos bXXXni. Nr. 10.
20
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154
P. Höfer: FHc iudog«rti)»uii>ehe Fmge durch die ArchÄolo^ie beantwortet.
Norden, 65 cm latitf, Klinge mit eim*«iti^cr Schlunde,
(irifF voll duukelbrttuoeui Holz mit ilurchbrocUeuciu Zinn*
Zierat. Vom zweiteilig freapalteuen Griff geht zungen*
oder fühlerartig ein gebogener, mit drei Zinuringeii rcr-
zierter MetullHtab au». I^nge des Griffes 17 cm. Die
hölzerne Scheide ist mit Meiu-ingblecb, an dem unteren
Pmdc mit Zimiblecb bt^cbUgcn luid mit Punkten, in
Bänder geordnet, verziert. Ktiiheiiiiiücbe Arlieit (hiebe
Abb. 7 u. 7a).
Der Norden hat auch Kriegsmutzeii (Abb. 8), welche
der Süden nicht kenut. Sie bestehen aus einem grul»en
Geflecht Ton Ffthern der Areugpalme. hind 10 cm hoch
und ol>en mit einem llolzkreuz überlegt, auf dennen
Arme Arengfaiierti fuhigebutiden »iiid.
Die Sjteere (Kriegelanzen) simi auch von denen dea
Süllen» verschieden. In der Photographie habe ich eine
Anzahl derselbuu nach meiner Sammlung zuhammeii’
gestellt (Abb. fl). Die mit a bezeiebnete I.anze ist 2,21m
lang, mit dünnem >cbaft aus hcbwereni, braunem Holz,
sie ist spiralig mit. Messingblech umzogen, die schlanke,
t‘is4*rn« Spitze ist 36 cm hing und mit einem mit Keifen
versehenen MessingzwiHcheustück in dom Schaft be>
fertigt. Die anderen I,ait/.en sind ähnlich gestaltet.,
rechts itriil links, Ihm h und c, sind zwei Jagdspeero für
die Schweiiujagd, 1,80m lang. Die 25cm lange eiserne
Spitze nur mit einheitigum Widerhaken. Der Schaft ist
mit Rotaiiggeflecbt umwuuden.
Ich bilde noch zwei Trommeln aus Nonl*Nias ab.
.Vbb. 10. eine 67cm lauge, sandubrförmige Priester*
trommel aus döuneiu, hartem Holz au?>geböhlt. Durch*
muHser oben 1 1 cm. Sic ist oben mit Fcguanfell be*
spanui, das mit KoUnggeflecbt an dem Kumpf der
Trommel befestigt ist. l.'nten ist sie offen. Die zweit«
Trommei (.\bb. 11) ist kleiner, nur 25 cm hoch, und
oben und unten mit Fell bes|>annt, das auch durch sehr
kun.stlirh geflochtene Kotanglmmlor au dem Hulzkorper
dur Tnjuimel befestigt ist Beide Trommeln werden
von PriestiTn bei Opfurhandliingen benutzt
Da die Kinzulhviten der OhrgehAiigo und der Bart*
binden, wie sie auf den Afanenbildem Vorkommen, dort
nicht genau zu sehen sind, bringe ich hier nach meinen
Grigitialen noch grbtsero Abbilduugim. 1> sind tägliche
Gebraucbsstücke und lieiiniKche .Arbeit .\bb. 12 der
schwere messingene Ohrring, Abb. 13 eine Bartbindit
aus Schildpatt, Abb. 14 eine solche aus I,«4ler, die im
I Kriege getragen wird.
Die indogermanische Frage durch die Archäologie beantwortet.
Die Krage nach der Herkunft der indogeriuaniacben
Völker, nach der Art und der Zeit ilirer Verbreitung iat
aufgeworfen worden, seit. lern die .Sprachwissenschaft den
verwandtechaftiieheu Zusammenhang jener in Kuropa.
zum Teil auch in Asien verbreiteten Ydlkorst&mme er-
kannt batte. Was bisher zur Beantwortung der Krage
durch die Sprachwissenschaft. Anthropologie, Tier* und
Pflanzengeographie beigebracht worden ist, waren mehr
oder minder geistreiche Ilypoliieseii. aber doch hatten
besonders die anthropologischen Krgebnisse dahin ge-
führt, dafs die früher vermutete asiatische Herkunft auf-
gegebeu, die europäische behauptet wurde; an bestimmten
Heweisen zur näheren Krgründung der BViigc fehlte es.
Und doch inutste die Frage nach der Herkunft der
UaHse, welch« alfl die eigentlich bewegende in der Welt-
geschichte erscheint, fortgesetzt das Nachdenken und den
Spürsinn namentlich des Historiker« reizen, nur luufslc
der Historiker Für dieses Problem andere Quellen als die
geschriebenen aufsueben; er mufste, um üln^r schriftlose
Zeiten und Völker etwas zu erfahren , zu den Kultur-
resten hcrabsteigen , die in der Krd« ruhen; er mufslo
zuin Prähistoriker werden; nur die vorgeschichtliche
Archäologie konnte durch luübuvoile Aufsuchung, sorg-
fältige Vergleichung, KlassiSziorung, Datierung jener
Best« sich zur l.üsung der indogermanischen Frage
rüsten, und konnte hoffen, achliefslich mit dem richtiguii
Verständnis der vorgeschichtlichen Kulturreste Kuropas
auch den Schlüssel zur indogermanischen Frage in der
Hand zu haben.
Sind wir jetzt schon so weit? können wir an dem
KuUurnacblafs Zusammengehörigkeit und Verschieden-
heit der Völker, an der Verbreitung ihrer Produkte das
Vordringen dieser Völker aufspüreii, ohne in Vermu*
tungen und Täuschungen zu geraten? — Schon im
.fahre 1895 bat G. Kossinna die Heimat der Germanen
aus der Ausdehnung der nordisch-deutschen Kultur in
der Bronzezeit erwiesen >n dem abgelaufenen .fahre
') Ko^xitiha, Die vio'uexcbiriitlii'iu* .Vu^linöiUDg «h-r (•«■r-
ennnen in hi'uw-ltlnml. V>>vtrng auf der .\ntlir*>|Milr.u-en-
ver-aiiiniluiig /.ii giM|r, in ■! /i'it*chr. ilfi Vrr*-iii'. iVir
Vulki-rkund«-
1902 haben sowohl Matthäus Much, als auch Kos*
sinna cs unternommen, die indogertuntiische Frage
durch die Archäologie zu lösen*), indem 1>eido dio früher
als Heimat der (icrinanen erkannte Gegend zugleich als
dio Urheimat der Indogermnnen in der Steinzeit auf
Grund des steinzeitlichen Kultiirnnchtasses bestimmten.
Wir haben ca gewifs als eine wichtige Etappe der
vorgeschichtlichen Forschung zu begröfsen, dala zwei
ernste, durch sorgfältige .Arbeiten bekannte, scharfsinnige
Forscher die archäologischen Krkeniituisse für hinrei-
chend geklärt hatten, um ein .ho dunkles und schwieriges
Problem zu lösen, und die Übereinstimmung beider in
Bezug auf die Urheimat ist geuenüber dem bisherigen
UmhiTsuchen zweifellos ein wertvolles .Argument für die
Kicbtigkeit. Die Urheimat, d. h. das Gebiet, aus welchem
Teile der steinzeitiiefaen Bevölkerung ausgewandert sind,
dio durch Mischung mit anderen Stämmen sich ermählich
zu andersgearteten, wenn auch verwandten Völkern ent-
wickelt haben, sind „die westlichen Küstenländer der
Ostsee sowie die angrenzenden Gebiete der Nordsee, also
Südskanilinavien, Dänemark und NorddimUchland bis
zur Aller. Magdeburg und Odermündung'^, also die Ge-
gend, welche in der (jüngeren) Steinzeit durch ihre mega*
litliischeu Grabbautc-n, durch eine ül>ereinBtimiuend ge-
formte und verzierte (Tiefstich-) Kcrauiik und durch
gleichartige Geräte, vorwiegend von Feuorsfetii, als
Kultiircinheit deutlich gekeunzeichnet ist.
Schon die Thatsache, dafs in diesem Gebiete niemals
eine Unterbn'diung der Kulturentwickelung von der
Anfangsperiode der jüngeren Steinzeit bis zu der in den
Kulturresten deutlich erkennbaren F^inwunderung der
SUven in Ostelbien stattgefunden hat, kann als Beweis
dienen, dafs die Germanen hier nicht eingewandert sind,
sondern von den Anfängen der (jüngeren) Steinzeit, also
au« dem allgemein indogermanisclien Kuliurziistande
sich hier entwickelt bähen.
Die Germanen haben in der Ua-Teiie- und nächst-
*) IM« l•’rnw iirrhiU»li»jri«*lj
lir-ftoiworh't in ili*r für Kilin*»li»gie Vorher:
Mattliiiu» .Miic-ii. Di>- li^r lrnioir,-i-inniM*n im löcliie
«ler ur:;e?«ciiirhilii*hen Kor*rhuny, IhTÜn li'oz.
- jy i^üOgk
P. Hofer: Hie indogerrosnitche Frngo darcb die Arohilologie beautvrortot.
Ififi
Folgenden Z«it durch Vordringen verschietlenor Gruppen
uml StÄmtuü airh über Kuropa bis nach Afrika sieg-
reich verbreitet. Wenn es gelingt, Völ kerbe weguogeu
nachiuweiäen, dio in einer viel früheren Periode aus
demselben Gebiete nach solchen Richtungen statt-
gefunden haben, in welchen wir spater die indoger-
manischen Völker aiitreffeu, so spricht eine starke
Vermutung dafür, ja man wird sich kaum der Schlufs-
fulgerung entziehen können, dats hier die verschiedencit
Abzweigungen indogermanischer Gruppen erkannt sind,
welche durch Unterwerfung ai»derer (nichtindogerma-
nischer) StAmiuc und vou diesen beeinflulst, sich all-
inflhiich zu anders gearteten, aber sprachlich immer
m>ch verwandten Völkern entwickelt haben. Ilierniit
wäre das indogermanische Problem gelöst und nicht
nur die Urheimat, sondern auch die Zeit der iiido-
germanischen Abzweigungen sowie die Wege derselben
erkannt.
Kossinua bat seine rntersuchung deshalb auf die
Ausstrahlungen der skandiimviscb-norddeutschen Kultur
in der Steinzeit und der ersten Periode der Bronzezeit
gel ichtet, die auf beileutende ethnologische Abzweigungen
aus dieser urgermanischen oder indogermanischen Stiimm-
heimat etwa 20tM> Jahre vor den germanischen Völker-
wanderungen Kcliliefseti lassen, während in der Zwischen-
zeit ähnliche Bewegungen nicht nachweisbar sind. Alles
archäologisch nicht Greifbare, wie die Bildung der Kasse
in vorneolithischer Zeit, schliefst der Forscher mit strenger
Methwlc von seiner Untersuebung aus, und gerade diese
scharfe Sonderung des Nachweisbaren vom blofa \'er-
muteten giebi den Heduktionen Kossiniias den Charak-
ter dos ZuverläHsigen, man fühlt sich in Vergleich mit
den bisherigen Versuchen auf festem, gut w'issenschaft-
lichcm Boden, und darum w*ird diese l'utorsuchung mit
ihrer sorgfältigen Durchforschung und scharfsinnigen
Durchdringung des archäologischen Materials und mit
ihren methodisch richtigen Schlufsfolgerungen einen
Markstein in der Behandlung der indogermanischen
Frage bilden.
Unter den methodischen Grundsätzen, die den For-
scher bei dieser schwierigen Untersuchung vor Willkür
und Täuschung bewahren und zu neuen Aufschlüssen
führen, sind folgende besonders beachtenswert: Völker-
hewegungen können nicht aus archäologischen Einzel-
heiten erschlossen werden, sondern aus der zusammen-
fasscndeii Betrachtung der Kultur der betrenenden
Länder in der betreffenden Zeit, einer Betrachtung, die
natürlich umfussende Kenntnis der vorgeschicbtüchen
Kulturen auch in ihren Kinzelbeiten und strengste chro-
nologische Scheidung zur Voraussetzung bat. Ferner; Ein
Vordringen von Kulturelementeii von Süden nach Norden
ist gewöhnlich aU Kulturwelie zu deuten; ein Ver-
pflanzen von nordischem Kulturgut nach Süden ist auf
Völkerbewegung zurückzufübnui. Ferner; Kennzeichen
einer Volksauswanderung sind lebhaftere und plötzlich
auftretende Handelsbeziehungen, die während und nach
derselben zwischen der neuen und der alten Heimat sich
herausbilden. Ferner: Fehlt in einer Gegend der Kultur-
nacblafs hestimuiter Perioden, oder ist er auffallend
spärlich, während fröbere Perioden gut vertreten sind,
80 ist auf eine Auswanderung zu schltersen.
Wir können an dieser Stelle^ nur noch kuine die
llauptbewegungen anfufaren, die nach Kossinna aus
dem Kultnrgebiete der nordischen Steinzeit (charak-
terisiert durch Megalitbgi'äber, Tiefstich - Keramik und
Feuersteintechnik) gegen Ende der Periode und im
Beginn der Metalizeil stattgefunden haben. Als Grund-
lage und VorausMetzuug dieser Nachweisung hat die Kr-
keuntnis gedieut, dafs der genannten skaudinuvisch-
norddeutschen Kultur die mitteldeutsche achnurkera-
mische Kultur und die süd- und südwcstdcutHche band-
keramischc Kultur fremd gegenüber stehen, dafs demnach
die Träger dieser beiden Kulturen als Nichtiiidogennanen
anzuseben sind; eine Ansicht, die ich — nachdem sich
mir in derselben Zeit, wie Kossinna, das gleichzeitige
and doch getrennte Nebeneinanderbestehen jener drei
Steinzeitkulturen und damit die ethnologische Unter-
scheidung der zugehörigen Bevölkerungen ergeben hat ^)
— als gut Ijegruiidet und durchaus richtig bezeichnen
mufs. Erst durch dieso Oronzbestinimung war die Be-
obachtung und Feststellung der verschiedenen Vurstöfse
j skandinavisch -norddeutscher Kultur, also indogerma-
nischer Bevölkerung möglich.
Folgende Ausstrahlungen aus dem indogermanischen
Heimatgebicte werden von Kossinna naebgewiesen:
Die frühesten haben Anfang des dritten Jahrtausends
stattgefunden, nämlich eine södostwfirts gerichtete, von
der unteren PJbe und unteren Oder ausgehende, durch
Kiigelam]>boren und später auch durch jütische blumeii-
topfartige Becher gekennzeichnete, welche über Hinter-
pommern, WestpreuTsen , Kujarien und Brandenburg,
NiedcrsclilcKien nach Galizien und Södrufsiand zu ver-
folgen ist; diese kann die .Ausgang.^gnippe sowohl für die
asiatischen Arier wie für die Slawen geworden sein; und
eine mehr westliche zwischen Saale und Harz aufwärts
gebende Bewegung, die auch durch die Kugelamphoren
und deren Begleitgefätse sowie durch den Bernburger
Typus und nordische Geräte gekennzeichnet ist, dieselbe
verbreitete sich QHcli Thüringen und Böhmen. Aus diesem
Stamme ging gegen Ende des dritten Jahrtausends durcli
Verbindung mit den Ausläufern der südlichen, nichtiodo-
genuanischen Bevölkerung, welche durch die band-
keramische Kultur gekenuzeichnet ist. eine Abart der
Indogermanen hervor, die sich dorch den Mischstil des
Rössen- Alhshi-imer Typus (nach Ooetze gemiMcht au«
Bamlk«‘vamik , uordwestdrutscheiu und lh>rnburger Ty-
pus Di zu erkennen giebt und durch Titüringeii. Hessen,
Südwestdeutschland verbreitet war. .Aus diesen haben sich
dann um 2000 (Beginn der Bronzezeit) die zwei Völker-
Stämme der Italiker und der Kelten entwickelt. Eben-
falls um 2000 verbreiteten sich von Elbe und Saale her
iudogurmanische Stäiuiue nach Böinnen, Mähren, Nieder-
österraicb, gekennzeichnet durch den Auiijetitzer Typus
und zahlreiche nordische Bronzen; aus dieser Bi‘völkerung
sind die Illyrier und die Griwhen hervorgegungen.
Etwas später, um lt>00, hat sich aus frülibroiizezeiilichen
Siedelurigen in Ungarn dos Volk der Thraken gebildet,
das sich durch seine Bronzetypen als Ableger rier nor-
dischen Bronzokultur der ersten Periode erweUt; in
immer weiteren Zerteilungen hat sich dasselbe über die
Walachei (Getön), Bulgarien (Thraken) nach Klcinasien
(Mysen, Pbrygen u. s. w ) verbreitet, in der dritten Pe-
riode der Bronzi?zeit nuhin es seine Ausdehnung rück-
wärts nach Norden und Westen: Russisch-Polen, Mittel-
und Nioderschlesten, Posen, Lausitz, Südbrandenhurg bis
Havel, Elbe, Saale in gröfstenteils leerstehende Gohiote
— nach Horodot das gröfstc aller Völker — ; Kos-
sin na bat diesen von den Karpathen westwärts ausge-
breiteten tbrakisebon Stämmen den Namen Karpudakeii
gegeben und hat — meines Wissens als erster — die
Träger des LauRitzer Typus ethnologisch beBtimmt
Eine solche Fülle von neuen Auffassungen, Deu-
tungen, Folgerungen offenbart sich hier, dals luun sich
nicht wundem wird, wenn im Anfang mancher Zweifel
*) Verw'l- Jahre*iii'1irift fikr Vurgeschlchie der Ȋr}i*iiK*h-
] lliüritii!i«clM*n liHiulfr. Halh* 8. 4M Iiih 4ö.
D Vergi. Globus, Bd. 79, 1901, 8. 108.
rd by
T. Peoh: Pie epiaohe Volkspoeaie an der Petacbora.
I5Tt
und manche Einrede laut werden sollte. Wer z. B. die I
llauptgrundlago dieser Anscbiiuungeu nicht zugiebt, ^
ntuilich da(g die Verbreitung von Kulturgut auf Völker-
hewegung scblieUcn lifat, hat es sehr bequem, das Ganze
dieser archäologisch •ethnographischen Forachung abzu-
lehnen. Dero gegenüber wird jeder, der die schwachen
und scbwaukeuden Stützen der bisherigen Tbeurleen
kennt, froh sein, dafs hier endlich ein thatsächliches .
Material zur Aufklurung jener in dunkler Frübzeit Tolh ’
zogenen Völkerverbreitung vorgefübrt wird, nämlich ihre ,
hinterlaasenen Spuren in Gestillt der in die Erde ver- '
senkten Kulturreste. Andere Beweismittel giebt es für !
dies Problem nicht. Für die Beweiskraft dieser Hestu
ist aber noch geltend zu uiacben, dafs Kossinna sich '
grofsenteils auf die Tbongefäfse beruft, eine Ware, von •
der man nicht behaupten wird, dafs sie etwa durch
Handel weit und zahlreich verbreitet sein kann, die
viclntohr auf Verbreitung dea l»erv<ubriogendfU Volkes
hinweist; ebenso wenig wird man annehuion wollen, dafs
die nordischen Bronzen durch Handel nach Süden ver*
breitet sind, da gerade in jener Zeit der Süden, d. h. die
Mittelmeerländer an Produktion und Technik sowie
durch Besitz dos Bohmuterials die reicheren waren.
Gegen die Urheimat wird schwerlich mit Grund
ctvk'aa eiuzuweiiden seiu, da die ungestörte Entwickelung
der Kultur in dem genannten Gebiete von den neolithi-
Bchen Anfängen an den Gedanken an Einwanderung
eines mit fremder Kultur versehenen Volkes ausscLIiefst
— diese mitgehrachte Kultur roOfste sich ja sonst auch
in einer anderen Gegend, der eigeatlicbeii Urheiiuat.
wiederfinden. — Da aber gerade auf den dänischen In-
seln, in Jütland und Schleswig eine starke vorncolithische
Bevölkerung durch die Haufen von Speiacabfillen mit
cingostrcuteu Geräten sich zu erkenoen gegeben hat,
deren jüngste Schichten sich mit den früheren neoli-
thisehim Erscheinungen berühren, so ist meines It-
achtens gerade hier die Herlcitung der Bevölkerung
von eingesessenen primitiven ürhewohnern gegel»en.
Viele von Kossinna angeführte Erscheinungen, die
oft in überraschender Weise als ProlMi für die Richtig-
keit seiner Auffassungen dienen, niufste mein kurzer
Bericht übergehen; eine davon soll wenigstens zum
Schlufs noch angeführt werden, nämlich die Thatsuche,
dafs in der ersten Periode der Bronzezeit, im Unter-
schied von den früheren und späteren Perioden, durch
ganz Deutschland eine recht gleichartige, durch eigene
'rjrpt'U ausgezeichnete Kultur geherrscht hat, eine d«ut>
liehe Nachwirkung der am F.nde der Steinzeit vollzogenen
Verbreitung der Indogci raanen über ganz Deutschland '').
Wernigerode. P. Höf er.
*) Wir verweineii hierauf die »eiier unten in der aBiieher*
schau“ attgedruckle Bespreehung dcrM-ltien Ahhatidluiig von
Pnif. Kossinna durch Prof. Hoernea, Wien. Die Ke*
daktioii.
Ille epische Volkspoesie an der Petschora.
t*ni Kfirsrhungen über diesen Oegen^tand zu machen, be-
reiste N. K. Ontschukow den Unterlauf der iVtsebura zwei-
mal : am cririchißsten war »oiti« Kei»e im .lahro 1902. Nach
einem Vorimge, den er in St. Peter»hurg hielt, teilen wir hier
da« Folgr-nde mit: Kr hat 89 Btlitien (epische Volkslieder),
I& geistliche Lieder, 44 Lieder und 60 Märchen aufge/eichuet.
.kufserdeui hat er noch das Archiv der dortigen Kijv'he
durchsucht und einig« wertvolle, bisher unbekannte Werk«
gefunden. Die von ihm mitgehrarhten alten Handschriften
(60 au der Zahl) reä'hen nicht über den Anfang des
16. Jahrhunderts zurück. Am wichtigsten sind die BvLinen.
Ontschukow teilt sie nach der Gegend ihrer Aufzeichmmg
ein in solche von Pustusersk, l'st*Z 3 'lma und vom Flujue
Pischma. Die genanuten LAndstricbe liegen zwar neltenein-
aiider, aber die Herkunft ihrer Bewohner ist verschieden,
weshalb auch die Bylinen verschieden sind. So sind die
Bewohner von Pustoserak NachkomDJftu von Moskauer Dieuat-
teuteu, die im 16. Jahrhundert an die Petsrhora in die Palis*
itadentiefestigung (oatrog) Pustosersk kamen. Die Bewohner
von Fst-Zylma sind Nowgoroder, die sich im 16. Jahrhundert
an der Petsohora auriedelten. Ontschukow zeichnete Bylinen
in 17 versehieileuen ürtuchaften auf von 82 Peri»*>neu, von
denen 23 Männer und 9 Frauen waren. Alle Rhaps«>den
waren alte Leute. ül>er 60 Jahre, und mir zwei 40 Jahre alt ;
jüngere Personen kamen nicht vor. Die alten Lieder singt
man gewöhnlich beim Fisc-hfang, im Sommer, wo der Lachs auf
der Pctschorn gefangeu wird, und Im Herbst, wo mnn auf
den Recii den Weifslacbs fängt. Weibliche Khaimodineii kommen
nur an der Pischma vor; in den Bezirken von l'st-Zylma
und Fustosersk sind sie aelten. Das lairf Üst-Zylma , das
Zenti-ura des Polschorabezirk», Ist ein gvi>fsea Dorf mit zwei
Kirchen, zwei Schulen und einer Masse von Beamten. ab«T
die alten Lieiler singt mau auch dort , weil die Ifatvöikerung
ganz Von der Fischerei lebt und vou der Kultur der Be-
amten kaum berührt ist. Ontschukow hat nicht alle Hhap-
aodeu au der Petachora kennen gelenit; er giebt ihre Ge-
samtzahl auf 80 an. doch ist sic wohl noch höher zu ver-
anschlagen.
Wie sind die« Bylinen au die Petschora gelangt! Es
sind viel« Wege vorhandeu. Sie können dahin gelangt sein
durch die Verbannten des Moskauer Hufes, die im 16. und
17. Jahrhundert mit ihrer Dienerschaft hierher gelaugten;
ferner durch Kaufteute, die nach Pustosersk kamen, um
Felle zu kaufen , durch Raskotniken u. s. w. Noch vor
kurzem kannte man an der Potachora mehr Bylinen als jetzt
und kaimt« sie auch besser. Jetzt ist diese Poesie in Verfall
gekommen, wenigstens an der unteren Petachora, woOulscbu-
kuw war. Man f&ngi au die Namen der Helden zu ver-
wechseln, auch die Zeit der Handlung: so kann man ringen
hören vou WassUi Buslajew, dafs er in Kiew, uud von
Ilja Muromcz . dafs «r in Moskau lebte. Die Bylinen aus
dem Zyklus der äUoreii Helden, von Kwjatogor und Wolga
Wf«oslawjcwitach mit Mikula, kennt man an der PcUchom
schon sehr schlecht und weiik von ihnen gewöhnlich nichts
zu singen, soodern nur zu erzählen. Aber im allgemeinen
sind die Bylinen an der Petschora doch noch so verbreitet
und lebendig, dafs Phrasen aus densellxjn zu geflügelten
Worten im Volke geworden rind. Die Ursache der I^ebens.
fähigkeit der Bylinen Hegt in der weiten Abgelegenheit des
PcUichoragebietes, im Raskol und in der grofsen Mufse, die
die dortigen Ktuwohner liahen , nicht aus Trägheit oder
Mangel an Arbeit, Mindern bei der Arbeit selbst, nämlich
beim Fischfang.
In Bezug auf den Raskol kann man sagen, dafs. die Be-
völkerung HU dur Petschora mich ganz in den geistigen
Interessen am Au^ng des 17. Jahrhnmlei'U lebt- Noch
jetzt l)««tebt ihre einzige und Lieblingslektion im Lesen der
heiligou und apokryphischen Bücher, der Blatostnija (Oold*
ströme), Palflru (Altteatamentliches), IHachelan (Dienen). IT<»*
löge u. 8. w. u. B. w., das, was in den Bylinen vorgoht, er-
scheint dem Petachoraanwohncr durchaus nicht aU etwas
rngcwöhnliches. Wunderbares, da sein I^lien auch jetzt
noch voller Wunder ist. Nach seiner Überzeugung giebt es
auch jetzt noch Taulierer, die den Menschen in irgend etwas
verwandeln können, wie es einstmals die boae, grimm« Ma-
riiika gethan hat, als sie den Dobrynja Nikititsch in «inen
braunen Auerochsen verwandelte.
Bylinen wenlen aufser der russischen Bevölkerung an
der Petschora auch vcm den Hamojeden und den Byijanan
an der Idima gosiingeu. Die Samojeden singen keine rus-
sischen Bylinen , sondern ihre eigenen Uber aamojedisehe
Helden und in samojeilischHr Sprache. Sehr schön erzählen
sic auch Märchen und kennen auch russische Märchen. Die
Ishina-ttyrjanen ringen in gebmehenem Russisch ruMische
Bylinen, die rie zum Teil damals vou ihren rusri*ch«n Nach-
barn entlehnt haben, als ein TvU der Kusaeii aus ITst-Zylma
zu ihnen kam und mit ihnen versebmedz. Aber die Byrjanen
keniian diu Bvlinen wenig und schlecht, di« Mehrzahl der-
sellieri weifs nicht einmal, was eine Bylina ist. Interessant
ist. ilafs die Hyrjauen fast gar keine eigene Poesie haben;
sie behelfen rieh BUsschliefBlich mit der russischen. In
letzterer Zeit haben sich bei ihnen di« modernen rusri«cheu
Liedi-r uud Romauzeu sehr rasch «iugebürgert. T. Pech,
JaliuB Jaeger: Innsbraek.
157
Innsbruck.
Kine ordf^eschichtliche Hetraclitung
von Julius Jaogor. Münchun.
Goethe sprirht in und ^Vahrbeit“ (4. Teil)
von einer Zeit» wu ihn „die zwar höchst löbliche, aber
doch den Kindruck der schönen KrdoberflAcho vor dem
Anscbauen des Geistes zurstäckelnde Geognosin noch
nicht augeiocki** habe, und es ist in der Thai tiichi zu
verkennen, data das Bestreben, die aufeinanderfolgenden
verschieJencD Schichten und Uosteiuo, die Faltungen,
Bröche und V'erwerfungen zu ermitteln, den Gesamtein- j
druck eiuigermutseu verwischt und beeinträchtigt, den
wir bei unbefangener Anschauung eines Landi«chaftsbLldes
gewonnen haben. So übt z. B. die Welt der Dolomiten |
auf gebildete wie ungcbildetu Gemüter einen cigentüm- ,
liehen Zauber des Feenhaften an.s und regt die mensch- J
liehe Phantasie zu märchenhaften Vorstellungen an (der
Urwengarten des Königs Laurinl). Wenn wir dann er- j
fahren, dafs das nackte Naturgesetz der Verwitterung '
und Auswaschung und keinerlei Märchenzauber die
Burgen, Bastiunon, Zinnen, die Nadeln und Türme, Krker
und Söller geschaffen habe, welche wir an diesen Dolo-
miten bewundern, so führt diese Krklärung naturgemafs |
eine Knttauschung und Ernüchterung herbei. Da es aber |
ein vergebliches Bemühen sein würde, sich dem wahren ;
.''achverhalte zu verschlietsen, um uns das völlig naive ;
Ansebauen und Bewundern der Bchönon Wirklichkeit zu i
i'etten, »o verschaffen wir uns dadurch Ersatz, dafs wir I
auf die grotsen Ereignisse der 1‘lrdgcschichte zurückgehen
und au Stelle des Märchens das natürliche Wunder auf
uns cinwirkeu lassen, das aus Meeren Land schuf und
dieses mit Biesenarnien zu hohen Gebirgen türmte, ver-
bunden durch liebliche Thäler und belebt durch strömende
Gewässer.
In diesem Sinne treten wir heute an das zwischen
hoben Bergen gebreitete Innsbruck heran. Indergrutsou
'riialfurche des Inns hat diese schöne Stadt gera<le dort
ihre Stelle gefunden, wo die Sill von den südlich ge-
legenen Zentralalpen her in dun Innthal sich ergiefst und
der Inu^trom in grotsem Bogen oberhalb Willen nach
der nördlichen Seite deslTialps gedrängt wurde, um erst
unterhalb Amr!is in seine frühere Richtung zurückzn-
kehren. In diesem grofsen Dreieck des Tbalem war der
natürliche Platz für eine ausgedehnte mcTiKchliche Siede-
lang, in der von Ost nach West, von Süd nach Nord und
umgekehrt der Verkehr zu»>ainmeu]aufen und sich kreuzen
konnte. Die Stadt liegt aber zugleich auch fast in der
Mitte des grofsen Längenthaies, in dem sich der Inn
von Lamlcuk bis Wörgl bewegt und da», wie schon ^
A. Schlagintweit wohl richtig bemerkt bat, einer Reihu
von MuccoBisiven Hebungen, verbunden mit teilweisem j
Zurücksinkvn der !^taAse in Thäler und Mulden sutne
Entstehung verdankt D. Dieses lilngentbal nmschliefst
nach dum gcnanntoii Forscher ganze Gruppen dcrAl|ien
(tnassifs) als grof-Her Scbollenbruch. bei dem auch die
Verschiedenheit der Gosteine von Zeutml- und Kalkalppn :
auf lange Strecken eine Rolle !«pielte und das Wasser
nur die Denudation und Ausbreitung der Thalsohle be-
') .UntenurhUDgeQ über die Thalbildung und die Form
der Gebirgszüge in den Alpen* von Dr. A. Kchlagintweit.
Jahrbuch dor geologischen Keichsanstalt Wien 1851, Heft 1,
8. sa. ff.
sorgte *). Eine tiialbildcnde Bedeutung gewann dagegen
offenbar das Wasser in den zwei engen Teilen des nicht
mehr zum Längenthalo zu rechnenden Innihales, nämlich
in der wilden , langgestreckten Felscnschlucbt von Pon-
talt im Oberengadin , wo aich ihm ein Quersattel des Ge-
birges entgegenstellt und in der 8kui langen Felsen*
Schlucht von Fiusiermünz, endlich auch in dem breiten
Querthale Wörgl- Kufstein - Ebene *).
Die Lun<le«kHupt»tadl Innsbruck inmitten des Längen*
thales wird im Norden von den steilen Kalkmauern des
Karweuduls, im Süden von einzeliiuu sich an das .Sdiiefer-
gebiet der Zentralalpen aulehneudeu gleichsam insularen
Kalkltergen, wie Serien und Saile und dem phyllitiscfaen
Patscher Küfol umstanden. Der weite Rils des luuthales,
welcher hier die beiderseitigen Kalkberge trennt, gestattet
wohl die Annahme, dafs die Bildung des Läugenthales
erst nach den Ablagerungen des mesozoischen Zeitalters
erfolgte und zwar im Zusammenhänge mit der Alpen-
erhebuug im jüngeren Tertiär ^).
Der Karwondel zeigt durchgreifende Störungen
durch Faltung und Verrückung an Gleitflächcn, infolge
dessen Brechung, Zertrümmerung und daneben auch die
Spuren präalpiner Verwerfungen. „Längs dvsinnthalos
scheinen tief eingesunkene Schollen den Rand dieser
Kalkalpen gegen die krjstallinischen Schiefer gebildet
zu haben *).“
Was die Triasgebilde der rechten Innseite be-
trifft, so hat sich nach Auhicht einiger Geologen über die
*) Ähnlich deutet auch Lyell. Geologie, Bd. 1, 8.
für die Erklärung der llaupUhäler und ihres Verlaufes auf
das Krhid«*!» und Kinken grofsor Teile der Erdrinde . dann
auf die vem'hiedene Härte der Gesteine, auf Uij«« und HpaUeti
selbst in horizontalen Stdiichten hin. — B. CoUa, ,AIj»eu",
8. 2 . 81 , spricht von , Zerspaltungen mit anschliefsHnder Kroidon*.
— C. liiehter, . Gehirgserliebung und Thalbildung“ in d«r
Zeitschrift des Alpcnvareins 18^9, 8. 16 ff., hält die Thäler
für so alt wie das Gebirge sellnt (,aun der Gebirgsmasse
wurde eino.\uznhi prismatischer Körper, den jetzigen ’i'hälem
entsprccheiid, herausgenonimen“), führt jod<Jch die K»tst*‘hung
der liängslhäler auf etwas weicberu Qesteiusf<dge zurück,
entfttamien bei Zusammeuschub des Gebli^ea, .welche es den
Gewässern leichter machte als auderswo, sich eine Furche
zu graben“.
") Nach Bayberger, ,I>or Inngletsclier* (Ergänziiiigshvft
Nr. 70 zu l'eteniiami' Mitteilungen 1 H 82 . XV), reicht das
Querthai VFörgl-Bramienburg tief in die tertiäre Zeit hinein
und verdankt aufser der W’irkiing mächtiger Gewässer auch
der Kpalteubilduug mit Bruchräudern seine KnUiahung. *—
Rothpletz in seinem .Querschnitte durch die Ustalpen*
1H94 erklärt die Umbiegung des Inn nach Norden bis Wörgi
durch den Umstand, dafs er von Brizlegg an in eine alte,
präalpine Meernsbucht cinmündete und in dieser bis Kufstein
fortlief.
*) Nach C. Diener, ,I>ar (ieblrgzbau der Ostalpeu*, Zeit-
schrift des Alfieuvereins 1901, 8. 1 ff., ist die grofse Laug^
depresaiou zwischen Zentral- und nördlicher Kalkzone mit
ihren Ijängsihälum kciocsfails vor dom jüngeren Tertiär ent-
slanden. während ein Teil der Querthäler, wie das Innthal
bei Kufstein, bis in die Kreidezeit reichen soll.
*) Ampferer und Hammer. .Beschreibung des süd-
lichen Teiles des Karwendelgebirges*, Jahrbuch der geolog.
Keichsanstalt Wien 169ä, S. 289 ff., welche das Innthal eine
durch Brüchs veranlafsto Thalung nauuen, kemimen hinsicht-
lich Aufbaues des südlichen Karwendels zu ähnlichen Uesub
tatun wie Ttothpletz früher bezüglich des nördliohen Teiles
dieses Ovbirges; vgl. ZeitacUr. d. AJpenvereins 1688, 6.401 ff.
.,4h
Julius Jaoger: luDshruck.
IM
Zeutralalpen urMprünKÜch eine vöUige Decke huh Gebilden
de« TriftüHiifere» |(elegt, welche bei Krhebung der Alpen
zersprenjft und durch Kineeiikun^, Vcrachiebuiig und
Kr^JS'ion vieifuch wieder beseitigt oder verrftckt worden
ist; andere Forscher nebmeu an, es seien nur einzelne
KHlkitiseln auf die Schiefer ftufge.^etzt und mit ihnen
durch iiitensiTe Faltung verbunden worden, wie bei Inns-
bruck dio schonen Pyrainiden der Serie» und Saile nub»t
den KalkkCigelu, weiter iiu Brennergebiete dann besonders
der njücbtige Tribulaun und dio Tarutbaler Köpfe im
Navistbnlo. Für letztere Ansicht möchte man »ich —
namentlich bei Annahme einer schon kurboniiicbeii
(variscischun) F'altung der Alpen — wohl mehr bustimmt
fühlen und in jener Krschiiinung ein Inichtenweises Ein-
dringen und Chergreifen de» Tria'<meei'es in das alte
Gebiet der Schiefer vermuten ♦).
Di« Tertiirzeit hat in der Gegoud von Innsbruck
keine ue>bestritton«n Spuren in Schichten und Yerateiue-
rungon hinterla»Heti, während ihr gewifs auch hier die
gror»o Rolle znfiel, die Alpenerhebung zu vollenden, wo-
bei namentlich auch das I^üngenthal des Inns, wenn nicht
seine erste Furchung, so doch die bestimmtere Ausge-
staltung gefunden haben wird.
F.iu sehr auffalleudes Gobilde tritt aber jedem Be-
sclmuur dur Gegend in der weitbekannten sogen. Ilöt-
tinger Braeci« entgegen, ül«»r deren Zureebimug zum
Tertiär oder DUurium unter dun Konuern Streit besteht.
Die Mehrzahl der Gelohrten erblickt in diesem Gesteine,
welches »ich in dem Mittelgebirge über der sogen. Weiher-
bürg ausbroitet, eine diluviale und zwar der Interglazinl-
zeit angehnrende Bildung, da man unter- und oberhalb
ihrer rötlichen Bänke Moränen tri&t und die in der ßi^ccie
gefunduoeu PnanzBUversteinemngeu auf ein wärmeres
Klima al« da» der Eiszeit deuten. Zumeist aus roten
Sebiefom, Sandstein und Kalkgeschieben bestebeud, ent-
hält die Brecciedoch hier und da auch Urgehirgsgeschiube,
und AUS demgrofsen darin angulugten Stotnbruche fallen,
wie ein jüngster Augonschein gelehrt hat, bei fortdauern-
der Ausbeutung manchmal grufs« Findlinge krystollini-
schen Oetitain» heraus. Eigentümlicherweise stehen in
gröfserer Höhe feinkörnig« weiBe Bänke an, in welchen
die fossilen Pflanzeureste gefunden wurden, dann weiter
unten uud enge mit jenen Schichten verbunden fein- und
grobkörnige rote Bänke, welch letztere gröFsere, durch
roten (!«tn«ni zu»ammengebackeno Gesii>insfragmente
enthalb ‘11 0* Yon anderer J^ite wird angeführt, dafs die
•) Kür di« Ansicht einer totalen oder dcK*U sehr aiwire-
dehnten Bwleckunjr «ud anzufiihrcn: Penck, „Der Brunner*
in der /eitet-hr. d. Ai|»«nver«*ios 1SK7, K. 1 IT.; Blaab. „Geo-
logischer Führer in Tind und Vtirarlbcru* . IfKiy, 8. 138
(„Weit aUKgehrdreü» Becken“); Frech, .rntersuchung des
Bretmorgeläetes* in dou Mitteiluni;en des Al|n.‘nvereins IH93.
H. Löwl. •Bund um den (irofi^ch)cknftr** in der Zoil-
sebrift des AlfKJiiveruius Ih«h, K. *i7 ff., führt das Vorhanden'
sein kleiner Schollen und Streifen jüngeren Kalkte mitten
im rrgebirg« als Zeichen einer «hettmiigen totalen Kalk-
iMNli-ckung an. Dagegen spricht Gumttel in seinem grofsen
Werke iilKjr das l*«yeri«che Alj»engeblrge davon, dafs von
iniisliruck her zerrisaen« Kalkmas^n tief in das Geldet der
krystaHiiiischeti Schiefer und gegen Sterling seBwt his auf
die SüdnUlachung der Zentralmnsscu ndchen, und rtndet darin
die Aiuioutuug eines Vertiiuduugskauals der nörd-
lichen und südlichen Meere am Bande der Alpen.
Bichter, .ttehirgserhehung und Thalhildung*. Zeitarhr. d.
Al|)enveretns l»9». S. IH ff.. Itemerkt, dafs die Kalkrertc in
den Zentraialjwu teils als Schollen in achweUuider Idige den
rrge<teiriHU aufliegen, teils in die Falten «iertolliun mit ein*
geklemmt sind, womus er alier doch nur eine stellenweise
und nicht sehr mächtige und nicht unuiitcrbrocheiie Ktilk-
tteiieckuiig ahieitet.
I>er diluvialen bezw. luterglazialzeit wrisen dieltreccie
zu: l’enck. Brücknor und du Pastjuior in ,1^ Systeme
gliu’iairo des Alpes*. |»P4. S. 59 ff., dann Blnas, »Plior di«
diluvialen Ablagerungen in (ko* rmgebuiig vuu Innsbruck*
untere Moräne wohl nur eiiio spätere Ablagerung indem
hier unterwaschenen l'nterbau der Breccie »ei, vielleicht
in Geatnii einer Emlmoriinc de» mächtigen Sillthalglct'
»eher», der hier etwa uh die Nordwaud de» Innthulc»
an»iief». Jn der fraglichen Moiöna »eien krystuIJinischa
Gehchiebe enthalten, welche der Breccie iiahezu fehlten;
die Moräne sei an dem Kontakte nicht aufgearbeitet und
nicht mit roten Wurfener Schiefem augereichert, welche
doch einen Hauptbestandteil der Breccie bildeten, und
diese schneide huur.Hcharf an der Obpidächo der wenig
widersUodsfühigeu Moräne ub. EiidUch deuteten die in
der Brecci« gefundenen PflunzHnversteinerungen, z. B.
von Rhododendron ponticum, auf «in gegenüber dem
heutigen um etwa 10^ C. heiBerus Klima, wiu cs nach
den übrigen europäischen Funden während de» Diluviums
nirgends existiert habe. Du» ist wohl der gewichtigste
Fänwatid, and <lie Frage dürfte wiederholt des geuuuesten
studiert werden, ob iiio Fund« aus «len bi» jetzt bekannten
Inierglazialgebieten ähnlicher geographischer Breite
irgendwo «in« Flora «rweiHen, welche ein nahezu »ub-
trapiscUe» Klimu uudeuten, mler ub die Innsbrucker
Funde nicht vielmehr weit von der diluvialen Pflunzun-
welt ubwuichun und eher auf die Wärmevei‘bäitni.s»e der
Tertiärzeit binzuweisen scheincu als auf die du» Diluviiitns
oder »ellHit der Jetztzeit ■').
Eine grufse Rulle »pioltu übrigens hier auch, abgeai^hen
von jener bestrittenen Breccie, die diluviale Zeit, da
auf dum Innsbrucker Boden das Zusummcntreflen der
grotsen Gletscher du» Inn- und SiUthalus enorme Massen
von Eis, l^hotter und Sand vereinigte und auftftrmto.
Dem luuthalgletscher der ersten Eiszeit wird eine Mäch-
tigkeit von etwa 1300 m, dum der zweiten eine solch«
von etwa 1900 m zugeHchriRlwii, und man findet in der
nördiieheu Kulkalpenkcitu urraUsches Muturiai noch Ihm
1600 m. Ein Zweig de» Inuthalgletachurs hatte »ich
kurz vorher bei Ziri abgetrennt und den Seufeldur PaF»
in einer Höhe von 1400 m überschritten. Solche Fireig-
nisBu Stollen alleniings stark« Anforderungen an unsere
heute an gänzlich veränderte Yerhaltuissu gewöhutu Ein-
bildungskraft. Wenn wir aber die mflebtigun Geröll-
ablageriuigun im Thal« uud auf dun Höhen betrachten,
deren Materiiilieii auf weiteu, selbst bi» in die Schweiz
r«ich«uden 'rmnsport Hinweisen, 00 bleiiit ein wiKseij-
»chaftlichur Zweifel an der uhumaligen Kxisteuz solcher
gigantischen VerhältuiMC nicht mehr übrig. — Im ein-
zelnen fin<l«t man hier in unH«r«m Thale und an den
Bergwänden eine Reihe von Schuttkegelu, glazialen Stein-
schottero, breiten Glutscherbetten, Moränen verschiedenen
.\ltcrs, glazialen Terrahsen, Uundhuckuln und Gletschor-
HchUffeti*). Aber die (ilazialgeolugeii begnügen »ich hier
im Jahrbuch d. geol. Keirbsaiistalt Wi«n 1890, h. ^1 ff., und
Ampferor und Hammer, b*c.cit..K. 327 ff.u.f.w. Hierfür
auch A. Böhm und die Botaniker Kttinghauseu und
V. Wettstein.
•) 80 Hothpletx in MÖnem , 0 coU»giwhcn Qui-rschnitte
durch die OstaliH^n“ I »94 (F. (Quartär); er rät da« Ahteufen
eine« Schacht«« von einigen Metern auf tl«r Kohle du« Mayr-
«rhoD Kteinbruch«, um dasliiegunde der Breccie fustzuatidlen.
welche» er nicht für eiue älter« Moräne ansieht. IB« gefundenen
PrtHnzcnrcflt« hält er für Jungtertiär, etwa wie die Fli»ra des
Bclvederoschottcr« uml rügt, dafs man Jen« fossilen Funde
iiiohe mehr mit den Pdanven des jüngeren Tertiärs verglichen
halm. wodurrh mnn w«>hl mehr Verwandtschaft tnitdeckt
haben würde. — Auch tJngcr uud Htur uahnico ein« jung-
tertiär« Kntstehutig diese« Ptlanzciils-ttcs an. — t'rednor.
„Kiemente der Geologie', K. aa«, fulirt an, dai*!* di« Kchiefer-
kohle von Ttznach und Dümten u. «. w. (w«l<-he nach Heer
Beste von BoUauneu. Föhren, Lärchen. Krleu, Birken und
Bergahom enthält), überhaupt die gesamte DiluvialpHanzeto
weU Itereil» ziemlich di« heutig« i«t, wovon nur <la» Vor-
kommen einig«r nordischer Formen eine Abwotehung
bildet.
*) Vgl. Blaa». I. c., S. 'iü ff.
Jdlitit Jaep'Ar: Innsbru4*k.
ir.D
»uch nicht mit Äwei (U^soitcu, »onderu eins dritte war
auA dem Uofujuie der Moninen nrhou längere Zeit nu^e-
iioiumen und in der ueueKion Z«dt will umii so^ar nur
«icheren Animliuio einer vierten Ki»seit für da» Alj>en-
laud tfulau^ Mein
Kiidlich trat auch in dioHim Ge}r«inden eimua] der
Uückjrang' der (iletHober und die Zeit der Abscliinelauuff
ein, eine Kpoebe, di« Mich namentlich im Thalc der SUI
dui*ch jjTolMfl Huviatile Ablagerungen geltend maolite
Wie ini Mögen. Mittelgebirge da» Itiluvium, aoerlangte
auch dat> Alluvium hier Heine Hedeutuug, »uwubl durch
die Schutthalden am Karwendel, als auch durch die
alluvialen Schotter der 'l'halKohle und die FlureterraHHon
am Fu(Me der HochterrasMun, gebildet aus AbruUehungeu
der h'tzterei» und den Schuttkegeln auR den SeitenthÄleni
— also durch Muren oder durch Ablagerungen des FluHHes
Helbst eutütauden.
In den älteren postglazialen Schuttkegehi findet man
die ersten Artefakte und tneuschiieben Ül^errest« aus
vurgeachichtlichor Zeit, wühlend die in tleu Alluvial-
gehilden der Thalebene gefundenen Artefakte meist <ler
romiHcheii Invasion oder dem Mittehilter augehureu '*).
Vei*einzelle Funde aus der Steinzeit und reichliche
Überreste aus Hrouzo- und Kiseuzeit, Ihittleckung ganzer
Austcileltingeii und zahlreicher Friedhöfe aus diesen Zeiten
haben zur Genüge dargethan, dafs schon die prühiatori-
schen Völker vom schönen Tirol Besitz ergriffen hatten
und wabracbeinlicb bald nach Abschmelzuug der alten
filetarher — zunächst als Jagende — in die Alpengebiete
eindrangen. Ihre Wohnplätza nahmen sie mit Vorliebe
auf den diluvialen Mittelgebirgen. l>ie TerraHseD der
letzteren, daun auch die Scbolterkegtd der Thaler sind
es, welche die meisten Spuren T4)rgeHchichtlicber Siede-
inngen hiuterlirfson und in welchen man rutgehraiinte
Topf>Msherl>on. Holzkohlen, Knochen von Jagd- und Haus-
tieren — zum Teil Iwarbeitet — , dann verstreute Stein-
werkzeuge auffand. Auch Spuren der ftltusteu Bronze
(von einer ihnlichen Kuiturstufe wie in Sfidtirol) und
primitive Wohustütteii wurden auf den Mittelgebirgs*
terraasen de« nördlichen Tirols entdeckt, wenn auch sp&r-
licher als x. B. in Vorarlberg. Reichere Funde lieferte
das Kndo der Bronze- und die ältere F.iienzeit (Hallstatt-
periode). Hierher gehören die Gräberfelder in Matrei
und Sjjdran» — Flach-, Brand- und SkeleltgrSljer mit
Bronzegefäfsen, Aschenurnen. Messern und Schmuck-
beigaben. Wie in anderen Ländern, so findet man
flbrigeuH auch hier zu den Friedhöfen nicht immer die
zugehörigen Wohnplätze und umgekelirt. Auch in Völs
und Hötting fand man Bronze, Jedoch austatt Fibeln
gerade Nwleln. iJiese Funde aus Bronze- und älterer
F.iKenzeit führen zur Annahme einer sidshaftcii Bauern-
schaft in der l'ingehung von Innsbruck in vorgeschicht-
lirher Zeit und deuten auf terraasenförmige Wohnanlagen
au den Thalgehängeiu l*äno Gufsstätte au» jener Zeit
fand sich am Berge Jxe) '*).
M'elcher Kationalität die«e prübistoriKchon Stfimme
angehörten, ist hier nr>cb ebenso fraglich wie in allen
anderen auf solche Spuren imtersuchten Ländern
**) l’enck und Hrückner— .I>ie Alpen im Ktszeimlter*
lltOl — unterscheiden nunmehr vier biszeiten in den Alpen,
drei Interglazialzeiten und »eit der letzten Üiszeit drei gla*
ziate Stadien.
") fy« Systeme ginciaire, p. S7 ff.
•') Blaas, l. c.. 8. JU u. 42.
'*) Siehe des Näheren die .Vorgeschichte und Oeschichte
von Tirol und Vomrll>erg‘, in vonuKhclier Weiiu* behandelt
von Franz v. Wie*4*r in dem Werke .l>ie österreirhisch-unga-
rische Monarchie in Wort und Bild“, 1H93. H. II* ff. Siehe
Ktich ,l>ie rrbevölkenmu von Tirol* von Fr. Stolz iMjrj.
'*) ln MtMlestuW's .Kiiileituu^ in die römische Onsehichte*,
ülohiu 19U2, Bd. H2, Nr. 1, S. ff., ist der verdienstliche Yer-
* Manche wollen im vierten vorchristlichen Jahrhundert die
j Kelten vom Rhein aun in Kordtirol eindringen lasMen,
i welche jedoch durch die Breiini oder Brennen verhindert
I wurden »eien, da» eigcuÜtcbe Berglaud zu bcKetzen.
j AnderseitH sollen von Süden her, l>eilrängt von den kclti-
I sehen Galliern, die Räter — vermutlich eine etruMkisebe
j Völkerscbaft — eingedrunge« -Mein, welche einen grofMen
I Teil von Tirol und das nchweizeri.Mche Grauhüiiden Hieb
unterwarfen und dem l^ande eine heute noch in einigen
; Tbälern und vielen llrtsnaraen erhaltene Sprache gegobou
i haben sollen. Schon dicHen Rätern wird der Bau von
befe.stigten Wallburgeu auf den .Anböheu zugesebrieben,
in welchen die aufserbaJb ungeHiedelten Umwohner ihren
Schutz gegen Feinde finden soUien, z. B. eine solobo auf
dein Sintchkopf bei .Meran. .Aulser diesen Ktruskern
»ollen auch illyriscbe Veneter durch da» Vu»terthal
nach Nordtirol und im letzten vorchristlichen Jahrhundert
I di« GalHar mit ihrer La-Teiic-Kultur in du» f.und (Gräber-
feld bei St ririch-üröden) eingednuigen »ein. Hi»tori»ch
sicher ist en>t die Ül>erwältigung des Alpenlande.s durch
das Horrschervülk der Römer unter Drusu», dem SGef-
sohiie des Augii.Mtus, in dem Jahre 15 v. Chr. M'ie
Huraz in einer Ode an AugustuK schrieb, hui Drusus
die Geuauueu und Breoueu aus ihren Al]>euburgeu ver-
triel>en und in einem blutigen Kampfe am Kisack (Isarcus)
wurden diese Völkerschaften wie die Venosion (Bewohner
de» Vintschgau) besiegt, während die Kntsoheidungs»-
»chlacht im Feldzuge des DruKu» und »eine» Bruder»
Tiberius bei dem seiner Lage nach bestrittenen Hamasia
im heuGgen Bayern geschJagen wonlen sein mi) 1. IHe
Plätze im Gebiete der Breoneu Vipiteiium (heute Hter-
xing), Matreium oder Matreia, Veldideua (Wüten) reichen
noch in die vorrömiMche Zeit hinauf und es wurden di«
prähistorischen Umenfriedhöfe in Matrei und Wörgl
unter der römischen Herrschaft fortbenutzt HruMU»
legte di« grufse Heeratrafse vom Po an die l>onau mit
einer Abzweigung über den Brunner an, wutchu Kaiser
riaudiuM ausbaut« (via Claudia .Augiista) und von Wüten
über Schamitz (Scarantia), Partenkirchen (Partaouiu),
Fpfach (Avodiaeum) und Landsberg nach Augsburg
(Augusta Vindelicorum) führt«, mit einer Verbindungs-
»traf»« nach Brogenz (Brigautium). Kin« Reihe von
Ka.»telleu wurde ziim Schutze dieser Strafse angelegt
welche di« Anwohner zu unterhalten hatten hht waren
such gemacbi. die KatioualiUU der vorge.»>’:bicbtHchen Völker*
»chafteu für Italien fiwtxusiellen, als welche er die nord*
afrikanische Kasse der Ligurer und Iberer, dann den ari»cheii
Stamm der Proto-Latiner annimnit. ]>er Keferent M. IIoerne»i
warnt übrigens mit Hecht davor, nicht genügend in Aus-
dehnung und (leneaU bekannt« Kulturgruppen mit geschieht*
liehen Völkernnmen zu identifizieren.
'*) Damasia war nach Htrabit die Akropull» der Likatier
(Bewohner d«a I/ecbL eines mr^ticlierwHise keltiHchen
Volkssiamme«. I)ie Römer aullen unter Anle.hnung an diw»e
.^kn>poiis ihre Angu.sta Yindeliconiin im Jahr« 13 v. Chr.
gegründet haben. .Andere betrachten Damasia für eine Nieder-
iatsung auf dem Auerberg« bei Schoogau (}tani«auer) oder
bei oi>erdorf tm Allgäu (Amuld). Sieh« Bavaria. 2. Bd.,
H. 9S2. Auch Ba,vurdie<c»cn am Ammerw;« führte den Namen
I)ama«ia-
**) I>ie KastellH sind nach Popp wahrscheinlich schon
vor den Strafsen angelegt wt>rden. Von der Kömerstraf»«
über den Brenner sind verschiedene Meile nzciger aufge-
funden und üii Ferdinandeum zu Innsbruck wie im Hchlosse
j Ambra» aufge*tellt w’onleu. -*- Die *«*gun. I tioerurieu, antike
Kundäicher, enthielte» Htrar»*>nverxeichnisite mit Animbu der
I Stationen und ihrer Kntrenmiigeii. Für die .Alpen b««itiimnt
I war da» Itincrariuin Antonini (‘nrucallae. IHe Tabula
I Peut i n ger i a na , auf der nicht erhaltenen, unter AuguMu»
i aiigefertigten, gn'fsen römischen WeltVart« l>«ruhend, gieht
I einen i't»ori»lick iil««r dle.\li»en und ihre Liimlcr. Si»-hc _IHe
I Alpeltkunde itn .Altertum* v<ni Fr. Kamsauer in der XejiwHiHft
' de« Alpenvereins 1901, S. 4« ff.
160
K. Fenner; Mulla AH Mahdibajow aber die Krankheiten der Kirf^iaen.
befestigte Stttudlftger mit Waebtbiusem und Tünnen, so
z. B. hei Auer in Südtirol (KaatoH Köder), Tcriolis(Teriola
('aMtru), Sähen (Sabiona), auf dem Hügel von Schlot»
Ambra» u. a. m. l>ie HauptniederlaHüung der Homer in
Kätieii war aber un der Ausmünduug der BreunerstraNe
in da» Innthal anstelle dea heutigen Ortes Wüten (Veldi-
dena) l>ei InnRhruek, deNtteii wichtige Lage dieKum Welt*
Tolke nicht eutgeheu konnte.
Schon vom zweiten nachchri-stlichen Juhrhundert an
hatten die Römer in Rätieii germanische Anfälle zu er-
dulden, HO von den Markomannen und Goten, dann von
den Alemannen im 4. und 5. Jahrhundert, welche »ich
do» westliehuii ToUes von Rütieit bemächtigten; Mcbliet»’
lieh wurde da» abendländiache Römerreich za Knde de»
5. Jahrhundert» durch die Oatgoten l>ewältigt. Im
6. Jahrhundert drangen von Norden die Bajuvaren ein,
welche »ich de» Wipp*, Puster- und hUaackihalus iMmäch-
tigten, von Süden her die Langobarden, mit welchen im
Ktschthale die Bajuvaren zuhammentrafen. Ira Franken-
reiche kam da» Land unter Gaugrafun, durch Otto den
Grofeen unter bayerische Herzoge. Später von eigenen
Lando»herzogen regiert Meinhard II. und dessen Nach-
kommen, deren Reihe Margaretha Maiiltnsch beschlietst — ,
wurde Tirol 1363 mit c)ateiTeicb vereinigt und von
habsburgischeu Grafen regiert, von welchen Friedrich
mit der leeren Tasche im Beginn des 15. Jahrhunderts
dieKenidenz von Meran nach Innsbruck verlegte, infolge
dee Prefsburger Frieden» kam da»I*aud 1806 an Bayern,
1809 fand der Krhehungskatupf der Tiroler statt und
1814 wurde Tirol wieder endgültig mit Ohterreicb ver-
einigt.
^haut man »ich näher nach den Völkerschaften um,
welche die Gegend um Innsbruck in altkistorischer Zeit
besiedelteu, so greift man, soweit unmittelbar Nachweise
in Ge»talt von KuiiMterzeugnisses fehlen, nuturgemäfs zu
den urkuudlicbeu und heutigen Namen der Berge, llifiler,
der Wanaerläufe und Ortschaften. Allerdings hat man
mit Recht darauf hingewieseu, daf» insbesondere die OrU-
namen für Knnittelung der Beriedeliingsverhältnisse nicht
den gleichen Wert haben wie Vcrsluinerungen für Kut-
rStselung der geologischen Verhältnisse unddnfsaufser
ihren Namen auch die bauliche Anlage dar Ortschaften,
die Namen der FeldOureu, Zehniverhältuisse u. s. w. in
Betracht gezogen werden müssen *'*). Unverkennbar hat
mm da» deutsebo Element hier das Übergewicht, so zu-
nächst in den Bergnamen, wie Solstein, Fragenstein.
Bratidjoc'h, Frau Uütt, lUdtelwurf, Martinswand ii. a.,
dann in einer Reihe von Ortsnamen besonder» auf -ing,
wie Ilötting, Inzing, LeihlBng, Fiaurling, Miuming, Hei-
ning, Polllug, Hatting u. s. w., in der fruchtbaren Ebene
des Innthales gelegen, weiche auf die Einwanderung von
laudbebaueiiden Bupivarcn ül>er denScbarmtzpat»zurück-
gefiihrt werden, da solobe in Pernnnennamen wurzelnde
*0 8ieho I>r. K. Buhn, »Hiedelungen in der Ia>ipziger Tier-
landsbucht", Globus 190?, Bd. 8. 49.
‘•) Hielie Dr. Richard Andnw, ,rrslaventum xwisch<*n
KItie und Rhein r* Globus 190?, Bd. H‘J, H. 239 ff. sub Hne.
Ortsnamen im übrigen Tirol vermifat worden •■*)• Aufaer-
dom »iud al» deutsche Ortsnamen noch Mühlau, Hall,
Rinn, Seefeld, Schönberg, Reith u. s. w. und in «einer
Endung Innsbruck selbst zu ueunen. Neben dioHen steht
aber eine Reihe fremdklmgender Namen, hui denen es
leider kaum gelingen wird, dem guten Rate Hintners zu
folgen und die Tiroler Ortsnamen wo immer möglich aus
dem Deutschen zu erklären*®). So sind die Namen von
Wüten, Wippthul, Matrei, .Scharnitz, Lanz nachweisbar
au» den alten Namen Veldidena, Vipitenum, Matrcia oder
Matreium, Scarantia, Lanuu» herzuleiten and werden von
Waldß den Illyriern (Venetern) zugeteilt, welche, durch
da« Pustertbal in da» nördliche Tirol eingedrungeii. ver-
schiedene Spuren hinierliefsen, so in den Namen Vene-
diger, lacu» Yenetu«, Vennatlml, Veuaders, Venosten (Be-
wohner de« Vinatgaue») u. «. w. Den Namen Matrei hält
übrigen» Steub für römisch (Mairoium), Zeuf» für keltisch,
wofür auch der Name des Inn (Ainos oder Oemif?) ge-
halten wird. Karweudel kommt nach Walde gleich den
Karawanken von dem illyrischen Karwaut (felsig), wel-
cher Sprache auch l'atsch (tirk. Patsi) zugerechnet wird.
Die Serie« (Somienspitze) »oll von dem rätisehen Serrules
(Sägen — von den kleinen Seitenzacken dieses Berge»
so benannt) herrühron , die Saiie von sella Sattel, bezw.
Scüa romanisch. Pradl leitet man von pratelln, Arzl
von arcella, kleine \> i««e bezw. Hurg, Absam von avazzone.*«,
Wihlbacb, Oller abbatioins», Klosterleuio, Vül vom römi-
schen vüla ah, wähmid dasSchluf»-» bei einer Reihe von
I Ortsnamen wie Sistrana, AUrau», IgU, Lans von Wolde
! als romanische Pluralendung betrachtet wird. Mutter»
wird aus einem alten Stamm mutt, Berg, Hügel, abgeleitet,
so auch Hohe Mutt, Muttekopf.
.\ile diese Nnmenserklärungen sind natürlich mehr
oder weniger unsicher; aber dufs aulser den Römern
auch andere nichtdeutsche Völkerschaften Tirol besetEt
. und bttsiedelt haben, die allerdings, mögen sie Rutier,
Illyrier oder Kelten heiC»cn, eine unverkenubare Ver-
. wandtBchaft mit den» lateinischen Sprachstamrae bewahren,
' gebt |a schon au« zahlreichen Anklängen und Funden in
Nord- und Södtirol hervor und kann daher bei Erklärung
der hinterbliebeuen Borg-, Flui»- und Ortsnamen nicht
wohl übersehen werden. Unbekümmert um die Ivosung
BO interessanter Fragen der WisBonschaft Qutet öhrigen«
wie ftUerwärt» da« moderne I.,ebeu durch die Siratsi'ti
dar schönen LandaBlmiiptstadt Innsbruck und die Grof»-
! zahl der fremden Besucher freut «ich au dem reizenden
Städte- und l<andBcbaftBbilde, al« wenn e« au« eineui
! Gusse entstunden wäre und nicht die Arlieit vieler Jahr-
; tausende, gigantischer Naturkräfte und michtiger Völker-
' schäften, wert der iiachdonkenden Betrachtung und Ih*-
wuuderung.
*') Hiebe Dr. A. Walde, «('her die Grundsätze und den
Stand der mirdtirolischen Ortanamanforsrbung", Inusbrucker
N’achHi'btvn 1900. Nr. 97 mit 91.
**') Siehe Br. V. Hintner, ,f'l>er Hnige Thalnnmen BeuUeh-
, Tirol« in der ZeiiHchrift „tVitlinande»Jui* von I90u, 8. S9 ff.
und die Stubaier Ortsnamen, Globus 1902, ]kl. K|, K. .H.S5 ff.,
; bezw. da« Referat von Br. Richard .\ndree hierüber.
Milln Ali Malidibnjew über die Krankbeileii der
Kirgisen.
Weiche Anitcliniiutigeu iilier das Wesen der Krankheiten
und ihre Behandlung unter dun Kirgiaeii in Kussisch-Turke-
stau hemchen, wird durch di« handschriftlichen Aufzeich-
nungen eine« kirgisischen Schriftgeiehrtati, Mulla Ali Mahdi-
bajew au« Tschiinkent, erwiesen. Kr hat ein Verzeichnis
der unter don Kirgisen am meisten verbreiteten Krankheiten
verfafst und glebt Imi jeder Krankheit die für dpn Ktltiir-
zustand der Kirgisen hiW^hsi bezeiebnonde Bebandlungsweise
an. Kinige be^^nders charakteristiache Htenen dieser Auf-
zeichnungeu sind von den in Taschkent crscheiiiendcn «Tur-
' kestanskija wedomosti'' (1902, Nr. 90) veröffentlicht worden.
I Wir entnehmen dem nts»i«chen Texte Folgende«;
.Sehr verbreitet ist unter den Kirgiaen die .kokrjak-
kurt" (I.ungcuuunii) genaniile Krankheit. Ihr« Symptome
sind Husten und Kiterbildung in der Limge. Bi« Krankheit
hat einen lange währenden Verlnuf und erschöpft den
Kranken »o, daf« er scliliefslich einem Skelett gleicht. Ks
Ktirhnmchan.
KU
k«hm 1i<‘tlui>u vi»u «UtjMor Kmukheil, iloniMX‘li won«1<?ii
iHe KirifitwMi >n* xutu lntzt«ii Au>i»zui(e i)*;'» l‘nlietiU*n die
vt*nrhit*<leiiiilen Mittel »u.
I>er «kok'ilBhotRl“ (i;rnui‘r Husten) verwhout weiler
juu^' nrrch »It: er rafft uamentlich Kinder bin. Heftige
Anfälle einoH trockenen Hustens, die den Kranken bie zur
AtemiiMigkeit en>cbi)pf«*n und dam Kr»tirken nahe bringen,
Hiiid daa Merkmal dieser Krankheit, die oft von Hrbrccben
Ikegleitet wird. Ka giebt viele Mitte) gegen den •kok-dshutal*.
Mau giebt dom Kranken eine Feder zu «AUgeu, die dein
Flügel einer Mandelkriihe cntmmmtea Msin luufe, damit «ic
wirke. Di«ie Ke>lei‘ hat der Kranke eo hinge iin Munde zu
halten, bia er Krleichterung verspürt. Wirkt diese« Mittel
nicht, »(> kann man nin Wege lauem, bi» ein Reiter auf
grauem l’fenle und Sn grauem Oowande vorbeikotnmt.
I>i«^‘D fragt mun um Rat, wie der ggraue HuMtun'* xu heilen
ist. 8ein Rat i*t. zu befolgen. Ha« beste und wirk«ajnate
Mittel iat jedoch die Bouillon au« dem Fleisch eine« grauen
ii^icklein«. Andere empfohlen die Milch von etuor grauen
Kuh; doch darf der Melkeimer beim Melken die Krde nicht
berühren. Auch die Galle einer grauen Kuh oder otne«
anderen Tiere« wird zuweilen dem Kranken zu trinken
gegeben.
Für .Nervenleiden aller Art* hat der Kirgise di« Be-
zeichnung .vom Dühinn geschlagen“. Itshinn und .\dshina
sind böse Geister, Hämonen; die ersteren sind mimdiche, die
zweiten weibliche W«*en, die verhängnisvollen Kinßufs auf
alle«, a'A.s Leben hat, nusuben. Ihre IZathl ist Legion, sie
werden in verschiedene Kalegorieon eingetcilt. Am meisten
gefflrrhtet ist die Kategorie der «albasty* and .nuirtu'*. IHe
Rehandlung der .vom Hshinn Ocschlageuon* ist folgende:
•Mau lüfst mehrere «Kalendar" (Bettelmönche einer Ordens-
gemrinschafl) kommen, die die Krankhoit beschwören.
Ibese umringen den Kranken und rufen immerfort ..hyt hyl
Allah hyl Allah hyl“ (Gott der Allseiendel). Dies« Be-
schwörung dauert mindestens drei Tage, auch länger bis
zu einem Monat. Bessert sich das Beenden des Kranken
infolge dieser Behandlung ein wenig, so wird ein Haupi
Vieh geschlachtet , das Fleisch gekocht und verspeist , dio
Knochen je<loch sorgfältig geaammelt und in das Fell des
geschlachteten Tieres gelegl-. AlMlanii wird das Fell zu-
sammengeschlagen und 1» die Stepp« oder an eine Gaheluug
des Weges gebracht. I>er Kranke reitet mit liiuans. Hier
wird das I.eideu des Kranken durch eine Reschwörungs-
fonnel ausgetriehen. Mauebe nehmen in diesem Falle auch
den Kopf des geschlHcbteten Tieres in die Stepp« mit, be-
tualeu den eutbauiettMi 8ch&d«l mit schwarzer und nüer
Farbe und legeu ihn unter da» Gewand an den Busen des
Kranken. AlManu wirxl der Schädel unter dem Kor]»er d«s
Kranken hindurnhg«^zoge» und eiligst weggeworfen, worauf
der Kranke und »eine HcgloUer ilavonlaufen. Di« b«'»aen
Geister alter, die -iKhitin» und ''Adshina^-, die in dem Kranken
gvaesen, fallen it)>er den Schädel her und benagen ihn. Hie
bleiWti, an den Schädel gebannt, am riatz, während der
Krank« geluiih davotieili- Helfen die genannten uieht,
80 wenden sich die Verwandten des Kranken an eitu'ii Ischan
(Geutlichen) und bitten ihn, Gebete iil»er den Kranken zu
lewu. Hilft auch das nicht, su wird der Kranke beatäudig
I gefesaelt gehalten.
Kino Krankheit des Herzens .juruk-jarulgan' (gepiiitzl«
< Leber) a-ird als die Folge grofsen Bchreckons angesehen.
' .Die Symptome dieser Krankheit sind die ITnfähigkeit des
Magens, die Speise zu verdauen, Mifort nach dem ein-
irotendes Krbrocheii und grofse Schmerzen in der Herzgegend,
die den Kranken zur VerzweifUiog bringen. In solchen
Fällen schla^'hten manche «in Tiur. nehmen das Herz her-
aus und legen es an das Hers des Kranken. Darauf wir<l
rill« Schale uiit WaMwr auf den Kopf des Kranken gesii'llt
und mehrt'r« iin Feuer erhitzte Steine ins Wasser geworfen.
Hierbei beginnt dHs Wasser eigentümlich zu summen und
die den Kranken umgebenden Kirgiaeu rufen »Kurk! Kurk!»
aus. I>as ist sowohl eine Kachakmung des im Wasser her-
vorgerufenen Geriüuschos, wie auch eine Beschwiirungsfonnel,
; die etwa .fürchte dicht* bedeutet.
' Bei RheumatiBmus wird filgendes etwas unklar formu-
, liertai Mittel angewandt. Man sammelt Knochen von ver-
schiedenen Tieren uud wirft sie in eine Grube. Alsdanu
; stellt man ein Taburett über die Grube und breitet eine
Decke darüber. Darauf wird heifser »Plow^ (Reisbrei.
IMlaf) auf die schmerzhaften Glieder den Knmken gelegt,
l.st der Rheumatismus chronisch und sind die Sclmterzen so
stark, dafs der Kranke nicht schlafen kann, m> wird ein
Kessel bis an den Rand in den Erdboden versenkt und der
Magen eines im vorigen Jahre ge*H'hlachteten Pferdes ') in
den Kesse] gelegt und gekocht. Dor Kes»«'! wird zuvor mit
einer Schilfmatte iHvdat'kt und der Krank« auf diese Matte
gelegt und mit einer wollenen Decke bwleckt. Tnter de«
dem Keswel entatn'imenden Dämpfen schwitzt der Kranke
und schläft ganz ermattet ein, worauf di« Heilung erfolgt,
auch wenn das lioiden «• *»«rk ist, dafs er gWM'hwolleu«
Glieder hat.
Die Krankheit •kirna* (Magenkolikcu) winl durch
heifse A<«he geheilt, di« mau in eine l'orzellauseliHle legt
und mit einem Tuch bi*deckt, so dafs die Kuden des Tuches
am Boden der Hchalo gefafst werden können. Darauf drückt
mau die Hchale mit dem oberen Rand au den Magr-n iles
Krankeu. Hind die Hchmerzen bestmders heftig, so wird fol-
gendes Mittel angewandt; .Man schlachtet einen schwarzen
Bock, holt die Lunge und das Herz heraiu und schlagt danill
den entkleideten Kranken lauge; davon lieginut der Krank«
zu schwitzen und wird gesund.”
.Übrigens mag Gott es besser wissen l” ruft Mahdii«aj«w
am Schlufs seiner Aufzeichnungen aus. K. Feuner.
') Eigentlich der Inhalt des Magens, der zu diesem Zweck
s|wzietl getixa'knet und im Hi«us]ialt für gelegentlichen Ge-
brauch Hufbewahrl wird.
Bücherschau.
Prof. Dr. GasUr KoHtdnnat Di« indogermanische
Frag« archäologisch beantwortet. (Zeitschr. f.
Kibnologie, XXXIV, 1»02. 8. 1«1 bi* m.)
Der Autor, eigentlich Historiker und Linguist, bekennt
«ich hier als begeisiertor Anhänger der prähistorischen Archäii-
h^e. I<eider mufs man gegoti seine Art, diese Fumebung zu
treilien, die schwersten Bedenken erbeben. Bi« dient ihm
uäiiilfch, wie schon der Titel sagt, nur dazu, über die indo-
germanisch« Frag« aVom archäologischen Standpunkte aus
die bis jetzt sichersten und in den Kinrelbciten bestimmte'ton
Aufklärungen” zu gewinnen. N'un sind dio EatbüUungeu,
die er uns bietet, allerdings so boetimmi als nur möglich;
aller von Hicherheit kann ich keine Spur entdecken. Wieder
einmal, wie schon so oft, erlebt das prähistorijicho Material
das alte Mifsgcschivk, von einem neu llinzutretenden, der
ganz andere Dinge im Kopfe hat, falach beurteilt uud zu
.\ussagen, die es nicht geben kann, gezwungen zu werden.
Wns folgert Verfa«'-er nicht alles aus den kaum recht er-
kannten Kulturgruppeu der jüngeren Hieinzeit und der älteren
Bnmzezeit Mittel- und N'ortieuropas! .Wir sahen, dafs in
einer der späteren Perioden der Steinzeit , al>er wohl noch
am .Anfang des 3. •Jahrtausends, zwei Ströme von Indo-
gerinanen nach Süden zogen (Kugelamphoren und Uern-
biirger Ty|ius), im Westen längs der Kl^ und Saale, int
Osten <U« Oder hinauf. .\us dem westHchen Stamme ging
mehr gegen Ende de.« 3. .lahrtauseml* in Thüringen, Hessen
und Hüddeutachlaml durch Verbindung mit üeu Ausläufern
der südeurotäMselien Hläinme (BAndkcramik) eine Abart der
ludi^ermaneu hervor (Rössen-AllMhoimer Typus), aus der
um ‘i(K>0 herum zwei Yolksstümm« sich eutwlckelteti: die
Italiker und die Kelten (Beginn der Bronzezeit). Gleich-
falls um 2000 herum vt.-rbreiu»ten «ich von der Saale und
Elbe her Htnmui« nach Böhmen, Mähren, Niederdaierratch
(Aunjetitzer Typu«), au* denen unmittelbar die Illyrier
Und Griechen hervorgiugen. letztere verfaältnDinäfsig spät
in ihre Heimat oiarfickend. Weiter ostwärts balaiu die
Arier nebst den Slaven bereits zu Anfang des 3. JaUr-
tauseud* Ostdeubichland verlassen. Kur bei den Ariern sind
wir in der l^ge, mit geschichtlichen Daten unsere Folge-
ruiigen in Verbindung zu bringen”, und so glaubt Verfasser,
dal« die ostdeutschen Kugeltiaichen- Arier um da* Jahr
DH)0 V. Ohr. in Ostindien angeknmmen seien.
Die«e einfache IdeutiÜzierung von prähistonscheu Töpfen
mit historischen Volk.«stiinimen macht den Eindruck eines
Beberzes, einer Parodie; aber dem Autor ist es damit heiliger
Emst. Kr sagt z. B. : ^Der Htuidei geht hierhin oder dorthin“,
das sind schliefslich bh^fse Worte. Dient' 1'hatsacben bleil-en
für uns tot, wenn wir keine Erklärung dafur wis>en. l‘nd
als Erklärung läfat «r nur seine jach, leider nicht nur stdiiHO
• Einbrüche der Indogennnnen nach «üdliclieren Gebieten“
gelten. Naiv liekennt er sich schon eingangs zu seinen v«w-
gefafsten Meinungen. «Einer der klarst ••rkennb.-reu' (wor-
aus «rkemiliareii'üi •methodiw*h>‘D l<eitiuitze war für mich,
daf> die von Süden nach Nonien eib-iiden .\u«breitutigHweileu
'< .1 'I ''‘k
162
KieiiMt N«ohricliton.
uiner Kultur ini allg(*m»'in«i) nur fi'tr KuUurwelle» ,
(ite aiDRekc'hrt von Norden nach Hilden (rcrirhteten Ver*
pdarixun^en zu«amineithäDfieud«r Kulturen iider charakte-
nsitüchor T**ilo dcn«oUR*n fiir Kruebnisae von Volkerbewegunjfcn
XU halten «inir. Wozu tiann mtch ein langer wenn
iut .tiivthodim^heu I.^'ilnat/* itclum da« gnuzc Iteaultal ent-
halten i«t? Wie leicht sich K<»«iiii)a die «von Nordon nach
Süden {^richteten VerpdHnzungen ganzer Kulturen* kon-
^truiertv zeigt aeine liarstelluug des Aunjelitzer Typus. Kine
Knitchennadel genügt ihm, dessen Herkunft nach Norden zu
verlegen; ein paar Maiiscbettcnanuhürider vom Glasiuac sind
ihm sichere Zeugen, dar« die Träger dieser Kultur über
Bosnien nach Gtiecheninnd gez<>gen sind. Von kleinen Irr-
tiiinera will ich nur berichtigen, dar« die Melallaai von
Luschitz l»ei tiiiding keinen Bruaziuichnft hat. sondern ganz
aus reinem Kupfer liesteht.
Kossiona wünscht die Clierzeugung von dor Notwendig-
keit, !>ei allen Fragen der Verbreitung von vi»rgeschichtUchen
Geriittypeu und liWrhaupt bei allen hOliei-en Kragen der
Archäologie den ethnologischen L'ntergrund in erster
Linie zu berücksichtigen, in weitere Kreise der Prä-
historiker zu tragen, als es ihm bisher gelungen Ist. Ich
kann nur von Herzen wfitiscben. daf« ihm dies nicht weiter
gelingen mftge; denn ich Ündo, dafs es schon nn dem Bis-
herigen mehr al« nliergenug ist. Ks wäre de*r Ruin dor Prä-
historie. wenn sie der ohnehin starken VcrtMichung, statt von
den wirklichen (iegenständen ihrer Foriichung überall gleich
>c>n Rassen und Völkeni zu reilcn, nicht mannhaft widerstünde.
Wien. M. lioernes.
Dr. Ern^l Harald Hrhtllz. IHo Lehre von dem Wesen
und den Wanderungen der magnetischen Pole
der Krde. Mit 4 Tal«lien und i kartographischen Har
Stellungen. Berlin. Dietrich Reiinor, 1002.
0««mi1e zur jetxigi-n Zeit, in der das Inten-sse an der
Lagi« der ntaj;m*ti«chen Pole, rusp. an ihrer I>agonänd<*rui)g
dur«'h zwei Kx|K.slitiom*n praktisch In’tbiitigl werden winl,
dürfte das vorliegende Werkclwm rt*clit kommen. F.* flieht
unsere seitherige Kenntnis ül>cr die magnetischen Pole in
möglichst kurzer Form /usnnunenzufa*<sen, indem es bnupt-sHch-
lich eine auf reichhaltige Benutzung der Litterntur gestützte
historiicchi* Ülwrsicht der Entwickelung unsrer Anschauungen
Aber den Kitz und die Art der magnetiw-hen Kraft der Knie
und über die Annahmen tiezClglirb der Wanderung der
magnetischen Krdpole giebt. An die Hpitze ist dU- Definitirm
eines magnetischen Krd]K>Is nach den heutigen, wissenschaft-
ticheu Ansebauungon. sowie eine Erörterung über die ver-
M'hicilenon Methoden zu seiner exakten I^ngenbttsiimmung
gestellt. Wenn auch das Ganze in dem Katz«« gipfelt, dntk
.sich litker die Bewegung dor luagnetischcn P»k- der Erde
nach Richtung und (ir«’>rsc heutzutage noch nichts Restiinnitcs
Aussagen läfst, so dürfte doch die abschiiersende ZusammHu-
fn^sung unseres seitherigen Wissens gei-ade zu der Zeit richtig
sein, in der man auf die Kx]iedition von Roald Amundsen.
Miwie auf dio Onufs-Ex|>odilion die llofTnung setzt, dafs sic
uns in absehbarer Zeit n«*iics wcm-nilichos Material zur Ib*-
urteilung d»'r voHiegt-ndi'n Frage liefern w«nb*n.
Darmst.adt. Grcini.
Kleine Nachrichten.
.\tidrucli Bar rait i^ueUcaiitfiaUe gtnlailrt.
— Ütter die im Norden von Island gelegene Insel
Grimsey handelt Th. Thoroddsen in get^aphischer Tids-
skrift lUul bis Heft 7 und K. Dio Insel ist vom nächsten
lattide etwa 40 km tintremt, 6 km lang und 2 km breit. Die
giinze Östliche Seite )>cstcht ans steilen, r>0 bis 100 m hohen
Vf»g«lltergen ohne irgend welche Einschnitte, die von der
Westküste durch eine Kinsenkuiig getrennt werden, iti der
sich mehrere kleine Seen befinden. An der nur etwa 10 bis
20 III hohen Westküste liegen die zehn Hr>ff der Insel. Diese
lie!(toht aus ftilenuM Basalt, der hier und da von Schlacken
und I,avabreccie unterbr4»choii wird; doch liegt sie aufserhalb
«ies vulkanischen Gürtels und ist vielleicht der Kest eines
gesunkenen Teils des Ba-saltrückens des Nordlandes. Auch
<lie etwa 7.% km im NNW. von Gr msey gelegen« Insel Kol«
lM*ins4»y (Möwenklipi)«) scheint aus Bainilt zu bestehen: sie
steigt steil vom Meeresgründe auf und ist etwa läm hoch.
Der Ptlaiizenwuchs von Gritnsoy ist sehr dürftig und aus-
gesprochen |K)lar; von strauchartigen 1‘llanzen ge<deiht nur
di« polarweide, die bi« 1 Zoll li<M'h wird, roter den
iilwruua zahlreicher. Keevögeln verdient bemiiidcrs der Konigs-
alk (Mergulus alle) Erwähnung, der sunat nirgends auf Island
brütet. Die Vogi-ilN«rge bilden die wichtigste KitinalinniiuvIIe
der Bewohner, die auch 'rausembi von Eiern nach Nord-
ishind ausfiihren. Die Fischerei winl in offenen B««*len >)e-
irielieii. Die Kinwohn«r/ahl schwankt« im lt>. •lalirhuinlert
zwischen -Pi (lä.Sb) und Uä (itiau). Daa Klima ist varhältnis-
tmifsig milde. Der Jahresdurchschnitt ist nach 21 jährigen
Ih'obsehtungen |- l,ri* t’., «ler August ist der wärmste Monat
mit einer Mi(telti*ui(ierntur von ä.9”, «ler Marz der kälteste
mit einer si>l<*li6ti v««n — 4 *. Die h«VhstH Wärme, die l*a-
oltachtet wurde, i«t 20.2“, di« grofste Kalte — .HO*, aber das
sind Idofse Ausnahmen. Frost wunle lieobacbtet an 191,
Nii'derschlage an I4:t, Schnee an 5ä Tagen. Die Nie«ler-
schlüge lM«inigcu H74 mm. iHis Meifr um tlrinisev hat im
.liinuar durchschnittlich 0”, im Juli ü bis 7*. Bei W«atwind
ist in «1er Regel ir«*ckenes W««ib-r, während der Dstwhid
Regen utol Feuchtigkeit bringt (an '»J Tagen Nebel). Öst-
liche Winde sind am hftuilgaten (NO. la IT^., SO. tä Pntz.),
Südwinde am seltensten (4 Proz). K. Palleske.
Ober das Alter der Syphilis in Japan sucht uns
|)r. B. Adachi (Arch. f. Dermat<i|«>gie, B«l. ‘*4, Heft 1, IlHjH)
aofznklüri«n. Bisher hatte man auf Grund chiu«sisch«'r und
jH|«iiniseher Nachrichten angeiiotuiiien, dafs die Syphilis erst
UM iu. Jahrhundert aus dem Abendlamb' in Ja|>«n ein-
ife.«chl«(>pt worden sei. Adachi sucht nun den Beweis zu
führen, dafs die Krankheit sch««n in der Steinzeit in
Japan vorhaieb-ii gew«-svti, wonach ihr Alter auf mindestens
30itü Jahre geschätzt werden müfst«. A«lacbi untersucht«
die prühi«t>»rische Batnmiung des anthropologischen Vereins
in Tokio, b*-sond«^rs di« nuttischlich«ii Rcsie der Muschel-
häufen (Kjr>kkennn>dditiger) von Kaisiisbika in der IVovinz
ShiiD«H*sa, di« fachmännGrh ausgegrnben worden waren, and
fand darunter ein« stark venlickie Tibia, die nach den l'nter-
suchungen ini pathologischen Institute zu Tokio für syphi-
litisch erklärt wurde. — F^ist schon schwierig, nach oinem
einzigen I)«‘wcisst>icke das Vi»rkoniincn der Syphilis in
so alter Zeit zu bohaupton; auch wäre zu wiinachen gewesen,
dafs die Untersuchung des jiathologischen Instituts ausführ-
licher initgetellt würde, so daf« wir etwas über die durch
Ebumntion verursachte Schwere dor Tibia sowie über etwa
vorhamlene Tophi erfahren hätten. Ko lange alier müssen
wir den Fall für anfechtbar und näherer .Aufklärung b«t-
«lürftig Iinlieti. 0. Berkhan.
— Mathäus Much schildert «len prähistorischen
Bergbau in den Alpen (Zeltschr. d. deutsch, und österr.
Al|>«nv«reiaB, Bd. SH, 1902). Im Gegensatz zu andenui Ge-
birgen zogen die Menschen bereits sehr früh in die Alpen
«■in und waren liemüht, die Hchätze «ler Borge /u gewinnen.
Au «Ion Salzlagerstätten v««u Hallslall erschienen «ie liereits
in einem Zeitalter, als ihnen vorerst nur Ktnine nebst Kmx'hen
und Holz zur Verfertigung ihrer Werkzeuge zu GclsiU-
standen. Ihe daselbst gefundenen Klein werk zeuge lassen l>ui
der rnvermi^genhcii der t’trUichkeit, M«uischon zu ernähren,
keinen Zweifel dsrülwr bestehen, dafs diese nur der Kalz-
gewiiiiiuiig wegen dorthin gekommen siml. Den Ijeiiten, die
Kalz und bmuchbare Go«toinsarten in den Bergen fanden,
folgieii sodann jene anfilem Fuf>«, «liemit Erfolg auf Ku|ifer*
erze geschürft und sich nicht nur auf der Mitterls'rgs- und
Kelclialpe festgesetzt, scmilem zwcifelhis auch di«sM*il und
jeuscit dor Tauf-rnketio Husg«*brcitct hulvn. Gleichzeitig
wurde «Ite KHlzgewinniing in gröfserein Umfange fortgesetzt,
wofür die H«rkat«imla)n von Haustiuren auf dem Langacker
bei Reichonball Zeugnis gel»en. Im Jahrtausend vor Christo
erfährt die Eiitw ickelung des alpinen B«rg1taut>etriebos eine
stetige Zunahme. Die Kalzlager von llallstatt un«l Hnllehi,
wi« di« Guldgrulien der Taiiri«ker hdiren, wie mit Staunens-
weri«-m üi.-i«-hi«k un«l Eifer dio Schatz« uusgelieutet wimlen.
Brr«-iU im Beginn jene« Jahrtausends wurde die Aufmerk-
samkeit der eiubeimischen Ih^rgleiito auch nuf da« Eisen ge-
lenkt, das m>ri««‘h« Ki-<en gelangte zur lioriihnitheit. In «irii
Kärntner .Alpen ergruben «io gleichzoitig Bhderz«- und ver-
wendeten «las «laraus gewonnene Metall zur D«‘koration ihrer
Th'ingefäfse. Kil»*«r spielte Iwi «b*r inilbd- und nordeurojwi-
iwheii Bevölkerung ln priihi^U'risoluT Zeit kein« Rolle, und
da« wiclitigt-re Zinnerz kommt in den .\I)ien nicht v«jr.
Kluin«; Nftohrichten.
11 »
— ülMjr lik* lloDinitiHttlii giobf W. B- Mhxoii im
(ioiifn'- Joui-ii.* für lUo2 finit;*! Mittfilunt'vn.
wir FolgeiKiett «nitneluiifn: Bie Japnnfr IteliaiiptKii, tüf liAltt-i)
die ürup|if iu der zweite» des 16. Jahrhundert«
entdeckt und mit ihr Iti« 1663 in goh‘;;entlicher Verbindung
gentaudun, «tbwuhl dio formcilc ite«i(zvrgrfifung en*t 167S
«tattfand. Der japaninrhv Namv für die tiruppu i«t OuaM-
waru-jimn; Bunin i«t eine Korruptiun de» jnpHiiixchen Wort«
muuiii, da« ,un1»ew«htit* liedfUtot, und der Nanitt Anndnrpo
iüt «panischeu Uraprung». Seit I8‘i7 IwvivikeiieD «ich die
liüMilu mit whiffbrüchigeu Waitischfäugem , die Kanaketi-
fratien mit »irh bnichten: zweifelhafte Klemcnte aus Hawaii
uud v«iu »iiderwArt« kamen hinzu . und sie und ihre Ah-
kümttiliiige, etwa 7U, bildeten die einzige B«;%-ölkerung bi«
zur Besitriehiiig durch Ja)MUier. Biene sitbiun heute üb*.’r
^^U0; t!« ist eine geordnete Verwaltung eingeriehtet wortlen.
und man hat Schulen, l’cMt und Stmraeii begründet. Monat-
lich «diimal liiufl ein japanischer Itauipfer dio beiden Haupt-
in«tdii an- Ble alte Mts^hUngiihewohnerBchaft, heute lut) Seelen,
«pricht englisch, leid aWr iu der alten primitiven Weise in
mit PulniblAttertt god*H*kten HiitUm weiter; diuse l^ute sind
(’hvBten. Bie Männer nehmen während de« Souuner«
Schitfsdieniite im nortlliohen Bacitle. Bio VegeUiti«in i«t
tropisch und üppig und weist Ananas, Bananen, Unionen
lind Orangtui auf. Schlangen uud giftige HepliUeii existieren
nicht; o« giebt nur wenige Vi.'tgel. iline Laiidplage tued
die Ameisen und Kakerlaken. Kinu Flfdermaus hat 0,9 m
KliigeLspiiunuiig. Bjm» Meer wimuieit von HaiflHchen,
uud der Strand wird von gr«*rii«n Schildkröten aufgrsucht.
Ktwras Si-hildkrötentieiia-h und Ananas gelangen auf den
Markt von Tokio; HHuptezportartikel aber ist der Zucker,
dessen Industrie sjc.fi sehr antwickeit hat. Olwr dio lliidoog
*b‘r lii!«eli) )iat Professor Yushiwnra von der Tokioer L'ui-
versiUt folgond«?« f*w^«tellt : Allo In«elu zeigun diesidbv
^teologitche Formation. Bio beiden l'iitergrup|«en Turhitschi-
.liuia und Halm-jima bestuheu au« typischen unteraoelschen
Vulkanen, die nach hantigen Knhepau«en in aufoiininder
folgenden Kruptioiieii zahlreiche I>avM*>trüiiie aussandten.
Boiiinach l•egnnneu die unteruioerischuu vulkanischen Aus-
hriiebe «1er Boiutigruppe in der K««ränepocbe, «io hatten alter
Vor Beginn de« Miocüus »ufgehöri. Biese alte Viilkiink«-tte
inüsse daher von tlor Fujikette geti-ennt werden, die zum
jüngeren Ne»»gän g*;hitrt, toUweise auch noch neuen rrsprung«
iftU Zweifellos oö^no Vulkaite, die dem Alter der Iktniii-
kette entspräclieii, seien in Japan bisher nicht gefunden
wonlen.
— t’ber dio Meh r lingsgehu rt eii im Künigreich
Sachsen wUhroud der Jahre 1676 bi« lüOÜ tserichtet Ci. lyom-
inatzsrb (Zeit«chr. d. k.Skch«. «tat. Bureaus, 96. Jahrg.. 19u‘ij.
ln dom ganzen Zeitmuine wurden dasellwt 3603656 Kinder
geiHtren: darunter )>efnnden «ich 6.s<44 Zwillingskinder, 1‘JSI
Brillinge uml 16 Vierlingtr. Aus den Zahlen für frühere
Jahrzehnte geht hervor, dal« in d<ni Jahren 1664 bi« 1645
auf je 100 Hebui'ien überhaupt 1,3 Mehrlingsgeburten ge-
ktiminen sind, 1646 bi« I68'i Hel die Zilfer auf 1,*.’6 uud 1656
hi« 1665 hob «ie «ich wiefier auf 1,31; der dreifsigjtihrige Z«it-
raimi von 1634 bis 1665 hatte alau al« Durchschnitt l,‘i9 l'roz.
Mehrgeburtoti aufzuweizen. ln )«etreff der letzten Jahre
zeigt .«icli, dafs die Mütl«<r von MAdchenzwillingeu auch v«>rher
ein« gröfitere Neigung zu weiblichen Oeburton loigten, das-
M.dbe zeigte «ich l>«i den Müttern von Knaltenzwillingen:
Mütter v«in gemischlen Zwilling**» waren vorher von mehr
Knaben wie Mudehim «'ntbunden worden. Aus dem reichen
Inhalt «ei ferner hervurgebobuu , es halte den Anschein, al«
ob die unehelicben (ieburlen iu rascherer Zcitfolge ge.%ch«hen
wären als die ehelichen. Dagegen i«t vielleicht zu Itemerken,
dafs unehelich« Oehuiien meistun« Krstguburten sind und als
solche rascher v*'rlaufeii. N'ai’h dem fünften bis sechsten
Kiml ist derKintritt einer Zwillingsgeburt statistisch ziemlich
seiten; die meiste Neigung für die Geburt von Zwillingen
liegt um di« MiM«- der dreirsigur Jahn*. AI« ung«‘Wöhultche
Fruchtbarkeit «ei erwühni, <in(s eine zwaiingjiihrigu Frau im
Vitgtland« 166(1 im Januar mit KnatH'iizwiüingen uud im
iK'zember desselbtui Jahres mit Mibichcnzwillingeu niederkam.
All Viertiugsgelturteii waren im Königreich Sachsen bisher
nur wdehe aus 1647, 1851. 1656, 1669 uud 1670 bekannt;
dienen fiinf Füllen «tchen vier von 1676 bis lOOo gegenüber.
~ Weitere« zur Brache nmeteor«tlogio. Der bisher
ht*chsi« Aufstieg v«tii limcheii mit »**ll»tregi«trierendeii Ap-
paraten war der von Trapi»«« bei Paris mit 5‘JOOin. Biese
Höhe ist, wie Prof. Br. Afsiuann iiu .KeichsanreigiT* mit-
teilt, aiu ti. lii^zeiulwr vom Ucrliner Aer^mautisclicn Oliser*
vaUrium no>-h iiliertroffen worilen. Bi« Nnh« der gi'aifsoii
Htadt mit ihren vielen elektrischen Htarkstromlidtuugen
hemmt gerade die Versuche d*>« genannten Ol*»ervul<»riums
in ciupKndlichcr Weis«, und der Lage d«» letzteren wegen
kömmti gerade die günstigsten Wimle. die nordwestliclieu,
nicht gehörig nusgenutzt werden. An jenem Tage herr«<’hte
«ine «tarke östliche Luftatromung, die den Brachemiraht aus
der btadt heraus nach W(*st«n führt«. Benutzt wurden
lOkm Draht mit sechs Drachen, die bis zu einer Höhe von
5475 ni gelangten, und somit wunlo der •IU‘Cor*l* von
TraiipcK «geaehlHgeD“. B<‘im Kinholen Hl* zwar d«r Draht,
und fünf Brachen traten eine Heise an, glücklicherweise
aber kam der Higistrierapparat. nachdem er volle 'J4Htuiiden
in d«r Luft gestanden. 9 km westlich von S^miidau unv«fr-
sehrt zur Krd«. B*<im Aufstieg hatte eine Tempi'retur von
— 14,7* geh(*rrscht, in 1000 m wurden — 8,rt*, in P145 m
— 6,1* gefunden; *wi*ch«ii 2ooo und Suou m herrschte «in«
fast gleichmufsige Temperatur v»m — 10* bis —11*. Über
dieser wilrmereii luversionsachicht nuhm di« Tempenitur
huigsnm bis zu — 15^ ab, blieb aber zwischen 4000 und 50fiöm
fast unverändert; erst über 5 km Höhe liegann wieder T**m*
^wraturabnahmc , die bei 5475 m, dem h>K'h«teu erreichten
1‘unkte, bis zu — 17,7'* fuhrt«. Bie ndative Fcuchiigkeit,
di« beim Olwervntorluui 96 Pn*z. betiwgcn halte, «ank «cbnell
und Hoduucnid mit der Krhebung: bei loou ni wurden
30 Proz., bei 2uo0in 20 Proz., Iwi 3o00 und 4000 in 13 l^oz..
bei 50u0ni 6 Proz. und in der gHtfsten Höhe 0 Proa. ge-
funden. Bie Windgeschwindigkeit am OtiecrvatuHuiii lielrug
2.5 m in der Kekund«. b*.*i 1000 in schon 15 bis 20 m und in
gr«>r«crvu Höhen, wo da« Aueinometcr versagt«, inur« die
liUflstHimung «ine Ge«chwindigkelt von 25 bi« 30 iii gehalA
haben. Ks braucht kaum liestmders hcrvürgehoti*>n zu w'er-
den sagt Arsmami — daf« die hienliin'h fcHigesielUe
Kxbitouz «ine« weit aber *!ie Höhe dos Montblanc hiimuii.
wiihrscheiulich sogar bi« zu 6 hi« 7 ktn b«rrschend**u gewal-
tigen östlichen LuftstroincH , vorbiinden mit ganz aiifser-
ordeniJicher Tr«K:kotih«ii der Luft und einur «rlieblich wAr-
meren Luftschicht vi»n S bis 4 km Mkchtigkeit, welche j«*d«^s
AuMeigen von Luft und damit da« Auftreten von Wolken
uml Niederschlägen uninogücb macht, in dirt'ktem ursäch-
lichen Zusammenhang mit dom diesmal iirigi’wiihnlich harten
Frühwinter steht.
— Über die Halzlagcr«t,»tten der Alpen hielt
A. .\ig31er einen Vortrag (Milt d oaturw. Ver. f. Steiermark.
38. Heft. 1902), in welchem er die SalzlagiT von HalUUitt,
lachl. Ausse«. Hnllein, Hall «lurcligidit und nachweist, dar«
alle SaLzIager diettos Gebirges Id« in bodenlose Tiefe reichen,
in w-eichor nur die unmtttenmivu Liegendgesteiu« bis beute
noch verlM>rgen sind. Die Frag« nach dem Jlcrkomuieii uud
der Bildung läfst «ich in drei Teile glieilem: Der gc^dogisch«
ibirizoui und dasLiegeudu der alpinen Snizlager, die Bildung
und da« Uerkoinmen im einzelnen, die Dmromiung in den
heutigen Zustand. Was daa Lit^iide aiilangt, so sind «eit
1850 vornehmlich zwei Ansichten vertivieu, nach welclieu
uns(‘rc Saizlager den Wi-rfuerschiefern oder der oberen Trina
zuzuzAhleii sind. Wahrscheinlich liegt da« Liegende der
Salzlager etwas iilwr dem W'«rrn*T»chiefer, iiiimerlün ist e«
nicht ausgeschbwsen. dafv in der Reihe d«r Schichten vom
Werfnerw'hlefer aufwürt* las zum Keuper Lücken vorbanden
sind . l>eziohutigsw'eise durch Kmer>Iou und Submeraiou die
GlimierderSalzformatiuD erst nach der folgenden Bubmersioti
auf den Werfnei'Hchivbten zur Ablagerung gelaiigteu. Das
Iferkumimm der HaBiagcr ist in d«u Guhcimui««en de« un-
endlichen Ozeans verborgen. Wie viele Steinsalxlager iiii’igen
bei der Bildung der Forinutionen, iu welchen «io heute bereit«
ülienill als vorktiimnend tiachgewies«» wunlon, spurlos ver-
schwunden «ein, um wieder an einer andere» Stell« «in-
godanipft zuui Voracheiu zu kommen. Die Fovmbilduug der
Wreits abgelagerten SalzHcbichten läfst «ich iu zwei Momente
zusnmmonfassen : I. Ihre rinfonnnug durch dio Ki'driiuzelung
infolge ihrer Abkühlung. I)er seitliche osiwestliche Druck
ist lieispielsweijio im l'k'hertithnl von HiUistHtt iu .stauneiio-
werteti Knickuugeu zu ««heu. hi dj«*«er Periodt» iiüigeu di«
gi'orsen Sctiolleii der Besbuidmax««n gebrochen uud dio nndereii
Klemcnte verkittet uud zu*ammciigopr*Mst «ein. 2. Die mit
gi-oiVn KrscliQttcruiigon verbundene eruptiv« Tliiitigkeit in
jener Periode, wo dio Kruptivgestoiiio uutwoilcr leilweis« «hIci-
gaiiz auf dio OlwrUiicbo drangen.
— Die Herstellung vorgeschichtlicher Thon»
gefal'se der Bronze- umi H a llsta 1 1 zei t i 111 «iberen
Donaugau »childert Kdulinniii) im Vertdn mit dem H«»f-
hnfiicriMcisier I<«hl« in Siginariiigon, als«» einem Fiiclnimnii
(Hliitt. «I. scbw'äb. .Klhveifi«'. 14. Jahrg., l!»o2). Nacli vielen
Vursiicheii gttlung es, G«fafs« berzusiellen, «lie sich tiii Bnii-h
m
Kluiuc NHcIirichleii
v(Mi (len Origiual«ii nu« d«*» itrHhhßgehi tu iiielttA unt«r'
»rhiedea. Au sumtlichvn wirkiii'h ulten beMei'<^n Tliongef 2 lf»«it
f»n<l Lehle die Au/'oi’URMte aJm xletchmlir!<ii; glatie Wundune:,
Ja faü( gliltter nU die auf der tt{)Atrreti Itreluk'heibo her*
getteliten die luneuKeite u ar niemals so glatt. Htets
aoigvti sich Htriobe, von Uatul und Werkzeugen herrühreud,
immer der Kmtduug entlang, nieuial« vertikal. l>ie Her-
stnlluiig hat man »ich etwa fuljj^udermafsen zu denken :
Zuerst formte inan au4 Thon eine ina-»iive Cme, da« Mo-
ü«.di, icl<ete ex <«aul»er und liets es sodann trocknen. Hann
überzf^ uian e?- mit einer dicken plumpen Schicht Thon,
Liefs aberiualx hi« zu lederhart trocknen. Dann .xchnitt man
dio üufsere Schicht Thon in zwei Haihteile durch, KVit« sie
Itehutxam ab, umwand xie mit einer Schnur mul liofn sie
U'oeknen. MOgUch, daf« dic9>e Korui noch gebrannt wurde.
Wdre der Aufbau xchichtenweise guseheheu, »o hatte die
Auf'Hnrwite derHefkfM! nie tut glatt hergestelll werden kduneu.
IiTtiimiich i«t ferner dio Anschauung niancher Fr>r«cher. dafx
zu den ver>chi(*deueii (lefäfien manchmal ein feinerer Thon
als dünner, I bi» 4 in in starker Clwrzug genommen worden
xei, der xich dann schön rot, gelb bis weif-dich gebrannt hätte.
Yerfa-sxer kennt eine Menge Scherbtni mit diesen äurseren
Kurilen, die alier im Bruche in der Mitte schwarz sind: brennt
man si« in «barkerem Feuer nach, »o zeigt sich, dafs die
tlufUfxe «tets nur aus ein und derseltien llionaorte (lurc.h und
durch bestehen. Auch die bisherig« Aimahiue, der Thon sei
Ixd den )H.'hwarxen tlefarsen mit einer Karlte venniHcht w(»r*
den, Iwruht auf einem Irrtum. Lehlc machte die versohieden-
stvn 1‘roben, bi« es ihm endlich gulaug. den Unginalon völlig
gleiche Uefarse hurxustellen, und zwar schwarze, dann solche
mit dem schOnen roten scheinlmren Olierzug aufAufseu- wie
lunenseite. iin Bruche ab«>i‘ ebenfalls schwarz. J>ie schwarze
Farbe der Gefäfse wird durch Beimengung fein pulverisierter
Ifoizkuhle erreicht sein; diese schwarzen Kcherlam halten sich
Stets besser konserviert.
— Hcn Polvgonboden (Uutmarkeu), Iwsonders auf
Kpitzl>ergeu. lieschroibt Th. Wulff (Bot Beob. in Spitzbergen,
Lund lUO'J): es ist dies ein« für die arktischen l^äuder chsrak-
terislist'Ue IbHlenfonuation, welche samt ihrer Vegetation in
d«*h pi1aozcnge<Jgr3kphiiM.‘heD llandbücheru mei.'^tent mit Still*
iMihweigeu illtergaiigeo wird, tiber di« Lokalitäten schreibt
Wulff: I>n, wo die Bdrhe sich im Frühling über die Kbene
ausgierMU), setzt sich ein üb«i*mis feiner i^-hlamm ab. Be-
Konders in der TUalörfnung hveiteti sich diese aus feinstem
rotbraunen bcUlamm gebildeten Kl>euun aus; auf diesen aus
dem feiukörnigsten bomogeueti Krusiousinnterial busteheuden
Kbcneii bildet sich der Polygonboden aus. Ut das Schiuelz-
wasser wieder in sein normales Bach- iHlor Flufsliett zurück*
getreten, lieginnt der B»duu zu trocknen, er wird härter,
komimkter, steifer; schroitet die Kiutrocknung weiter vor, so
kau» der Boden «nch nicht weiter zusammenzichon, ohne dafs
die Kohäsion zwischen seinen Farükein überwunden wird.
Iiaoge Trurkenriss« entstehen, die sich dernrt kreuzen, dafs
drei itiase mit fast mathematischer Genauigkeit in einem
l^uiikt« Zusammentreffen. IH« dabei entstehenden Polygone
sind meist fünf- Ins sech^wkig. iMe ersten Polygone sind
stets sehr gnifs. Verfaaser sah deren, welch« bis zu *JOin iu
den Feiten nutfson. Si’lireitet die Eintrocknung wieder weiter
vor, so gehen von den bereits fertigen Htrslinien neue aus.
Welch« diui zuerst gebildete Polygon in immer kleinere zer*
(tewbhn)ich hört dies« Polygoublldung auf, wenn die
Ki'iUMi der jüngsten auf 2 bis 3 cm herabgesunken sind. Der
Ibxleii ist dann glatt wie eine Diele und so hart, dals irmn
auf ihm gehen kann, ohne die geringste Spur zu Itiotcriasnen.
Ihi dies« l(irssys(i<uie sich oft ohne Unterbrechung auf einer
Flärhe von muhrsU'Cu tjuailratkiloiiietern erstrecken, zeigt der
IbHieii ein iui hi'ichsten Mafse eigentüiidiches Aussehen. Bei
der nä('h«tru Frulilingsdut wird nun ein Teil wieder über*
M-hv(einmi, und der Vorgang beginnt vuu neuem. Durch das
stetig aligelagerto Krosion'imnterial erhebt sich aber die Kbene
mit der Zeit, und di« Frühjnhrswasser verm<>geD nicht mehr
auf si« l.eriiberzustn'imeu. Nun erweitern sich die Hisse stetig,
und die W,'etMtion kann beginnen Fufs zu fassen. Zuerst
dringen Flochten von den Kanb'ii der Kirae immer weiter in
das Innere der Polygone vor, der rotbraune Farbentnn des
I,e]imes wird von niedrigen, plattgedrückteii Flechten Hcbrilt
für Schritt besiedelt. Dann erscheinen einzeln« klein« Moose,
bis letztere immer zahlreicher und üppiger werden. Dazwi*
scheu siedeln sich bald isolierte, weit auseinaiider auftretendc
höhere Piianzeii nu, wie PotenGlla pulchellu, ('erHstium aipi-
nuui , Sil^if^tga. Jindm, Sileue u. s. w. Später setzt (Jie
l^•In^wuide ein, in Geiucinsrliaft mit ihr sucht Saxifraga
upiHwitifolia L. var. reptans Terrain zu eroltern, und L»ul<i
erscheint der ganze Boden als ein vtuTtweigi«* 8palierwe*»‘h
dieser Pdanzen, das hier und da kleine Inseln einer noch
fort vegetierenden Flechtenvegetaliou eiuschliefst. Im L.iuf»*
der Zeit wird dann aus der lialixvegetntion «ine Dry»*- un«l
Andrumedabeidc, später haben wir Andurssonstüfmark , ilon
Blüteubudeo mit vielerlei Arten vor uns. während aiider*
wärta an gew-b^xen Stellen des Ptdygonbndens, wo stllistoheucid
seicht« WaBserunsammlungen den Sommer hindurch sich
haJleu, der für Spitzbergen »o charakteristische SuinpflKMle*n
sich bildet.
— In den Mitteilungen der lliurgauer Naturfoi»cheiid«st»
OesellM'haft (lieft i:>) giebt Dr. <'l. Hefs einige Bemerkung«.*!»
ülier die Gewitter in der Schweiz und die Gewdtterztif,^
im Thurgau. Die Grumliag« dazu liot das Material der
Kchw'eixer Mete-'mlogischen Zentralanstalt, besonders die Iso-
brontenkartcu und zugehörigen Besi'breilningeu. Die Jahre
IHP 2 bi« 1900 wurden statisliMch nach verschiedenen Richtungen
hin bearbeitet, um die zeitliche Verteiluug (tägliche und jähr-
liche Periode), »«wie di« örGiche Zugriehtung der Gewitter
festzustellen. J>etztore führte auf «ino Anzahl Uauptstrufseti,
auf denen die uinzeluem Gewitter zum Teil bis 300 kni weit
verfolgt werden konnten. Von dimen Gewitterziigeu werden
dann im zweiten Teil nnchmalB «jiezieU di« den KanUm Thur-
gau Wruhreiiden genauer verfolgt und zum Schlufs kurz auf
den Ziixauiraenlmiig hiiigewieseo, der zwischen der l^tge aüic»
Ort.s zu resp. auf einer stark froi|Dentierien Gewitterstrafse
und der jährlichoti NiederscUlngMumm« dieses t>rts Iteateht.
— Herr Fr. Weygold sendet der Uedaküou als Krgan-
zuug zu «einem Aufsätze (s. Nr. 1) folgeud«n Nachtrag:
Naclidttiii der Verfasser das Manuskript des uhigeu Auf-
satzes nebst den Illustrationen an den Herausgeber dioaer
ZuiUchrift abgesandt hatte, brniorkte «r unmittelbar vi*r
seiner Abreise au einem ungewöhnlich hellen Vormittag auf
dem Original bei der Figur des Büffels (Fig. Kj »ufserst
schwach«, aber für ein scharfes Auge bei guter Beleuchtung
deutlich wahniehmhar« rote Farlxsspuren, welche, den I>ar*
; Stellungen auf den s]kät«ren Cyklcu des Batti.ste Uood genau
! entsprechend , das Blut andeuten, welches d«m verwundeten
Büffel aus dem Maul« strömt. Der r*te Farhdiv:k auf der
helleren Knliulter des Tieren würile dann hier wie dort das
Blut der Pfeilwunde bedeuten.
Die Figur de« Büffels in dieser Form weist somit nach
der Ansicht dt** Verfassers uiiverkeonlmr auf den Inhalt der
späteren C>kl«n des Battiste Gtsid hin; zunächst auf den
zweiuit), welcher von einer mythischen ItüffeljHgd lierivlitet.
Bei dem zweiten t'yklus ist die Jagd di« llau]>idar*tel-
lang, (jbur der Figur des verwundeten htier«« sind ITeife
und Osten angedeutet mit Bezug auf di« Preihuunyth« iiu
ersten (.'yklus . woiche den Anfang der Zeitret'huuus der
Dakota bezeichnet.
Bei dem Z<dt ist ••ffenbar umgekehrt die Damtelhiiig der
Pfeif anmythe di« Huupt.sacbe und di« Büffeljagd nur
durch die Figur des verwundeten Stiere« angedeutet. Die
Beiter auf dem Zeh halH*» mit dieser -lagd nicthts zu thuo,
da keiner derselben mit einer eigentlichen Jagdwaffe ver-
sehen ist.
Dafs die Fn.ssuug der Mythe, welche der DanteHuiig auf
dem Zelte zu Grumh* liegt, umfangreicher war als die uns
bekannte. ergi«bi sich aus den Figuren der Kraniche (Fig. A
und (’) und der Hasen (Iwi 1>) und es ist wahrscheinlich,
dafs jene Fassung nicht mit dem Verschwind«« der wcifsen
Büflelkub, «indem mit einer Büffeljagd schlufs, wie das auch
die letzten Worte der oben wiedergegebeneo Fassung möglich
und natürlich ersebeinen lassen. Es liegt also hier vermutlich
«ine V'erbiudung dos Inhalts der ersten beiden Cykicii de*
Biittist« Go«hJ vor.
Die Darstellung der welfsen Büffelkuh könnt« aus Grün-
den religiöser Scheu untcrblielieii sein, wie das Ihiiwey in
einem Ähnlichen Falle lM*«diachtete.
Dafs sich in d(*r Darstellung der Pfcifenniythe auf dem
Zette Pferde »otilnden, ist vom Slandpunkto de* Kattistc
G(X)d MUS ein .\uachronismiis, da dieser das Krscheinen des
ursprünglich in Amerika nicht eitihcirnispheii ITcrdw auf «in»*
viel spätere iVniHlu verwaist.
Ks «rgiebt sich auch liicfaus, dafs di« iwiden hier mit
einander vurglichunen Bcis|Hele alter indianischer Bilderschrift
nicht unmittclliar voneinander alihiingig sind. Es sind ver-
mutlich zwei ganz selbntaodigu und deshalb wohl in zwei
verschiedenen Siiuixstäiiimcn entstandene Aufreichniingcii
«iu und d«nien>en alten Ül>erliefermig.
Verautwurll. Ucdaklcur: Prüf. Dr. II. Andre«, ltmims> hweig, KalienieLertlior-Pretueüsd« 1 3. — Dru>k: FrieJr. Vieweg u. Sulm, Braun>h-hw«ig.
GLOBUS.
ILLUSTRIl'RTE ZKITSCllRllT FOK l..\NDER- UND VÖLKERKUNDE
VEREIMIGT MIT DEN ZEITSCHHIFTEH : „DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
HERAIISr.EBF.R: Pnol'. !>«. R. ANDREE. -»:;:«*• VERI.ACi von KRIEUR. VIEWEfl t SOHN.
Bd. LXXXIII. Nr. ii. BRAUNSCHWEIG. 19. März 1903.
KMlitlruvIi nar Mch CVet«1nkuDft mit der V«rl*gih»iuiluii0 ge«l»Uet.
Kleinasien als Wiege der wissenschaftlichen Erdkunde.
Von S. Ru^e.
I.
Auf (lotu iutornatianaicMi Googrnpheutug« zu liorlin
18911 hui Herr Rtttzol duruuf iiufmerkHam ffemachi, <l»fa
h«i jedem Lande vor allem, eh« man an die Kiuzel«
Schilderung gehe, die geugruphisch« Lage auf das
htpvljmoiteBt« charakleriaiert wenle. Gewifs eine durch*
aus berechtigte Forderung, die in geographischen Hund*
und lAehrbücbern auch schon mehrfach berQckaichtigt
wurde. Mit Recht bezeichnete Ratzel die Lage als die
grötate und zugleich nücbstliegeiide und greifban*ttj
geographische Kigenschaft (Verhandluugen 11. 932) um)
wAhltt» als erUuterndes Detapiel Griechenland, ^^t^age
ich nach der geogmphiHchen Ltge von Griechenland, so
erhalte ich die verschiedenaten Antw(»rten: Griechenland
Hegt im Mitteimeer oder, GriecUeulsud liegt auf der
llalkaDhaibinsel oder, (iriechenland liegt örtlich von
Italien uud westlich von der TurkeL Das Gröfete, waa
vor ullem ausgesprochen werden sollte, wird übersehen:
Die l^ige auf der Krdkugel, in der ^iie. zu den Krd*
teilen und Meeren. Man kann von Griechenland nicht»
grofseres sagen als: hh liegt am auraersten Südostrande
Kuropa», im üstlicheu Mittclmeer gegmi Asien zu. Damit
Ut sein Klima, seine kulturlicbe Übergangs* und
V^ormiitlerKtelluug, alter auch sein politisches
Verhhngnia bezeichnet, tiriechenlands Lago ist keine
reiu europähicbe mehr, solidem das Land hat eine euro*
püiscli'iiNiatiscbe Zwischettlagc.
Das politiNche VerhAngnia Imdeutet aber nichts
anderes al» die Geschichte des l^andcs. Damit soll aber
nicht ausgesprochen aeln. dafs aus der liSge mit Not-
wendigkeit die Geschichte des Landes und N'olkes so
verlaufen inufKte. wie sie verlaufen ist; sondern nur,
diiFs die Geschichte so verlaufen konnte, dafs die
Lage um einfachsten und deutUchshu) die Geschichte de»
Landes erklärt.
Die geschichtliche Kntwickeluug eines Izftudes Itedarf
alter noch eines durchaus sclhständigeu Faktors, das ist
das Volk, das im Lande wohnt. Durch das Volk be*
kommt das I^and seine Iledeiitung. So tritt zu dem
Moment der reinen physischen Geographie, das in der
i.age liegt, ein {»olitUcb geographischer Geeiclitapunki.
Uud wie es ganz natürlich ist, dafs wdr in der Länder-
kunde bei der Schilderung der gcNchicbtlich bervor-
ragendt'ii Krdstriche länger verweilen, als bei der ge-
schichtsloaen, ebenso mag bei den wichtigeren Jjludem
zu der Forderung einer schärferen Bestimmung ihrer
liUge auch noch die kurze aber treffende Charak-
teristik der Bedeutung eines Landes zur Kiu-
OlobuN i.XXXUl. Nr. U.
füiirung in die Kinzelbetrachtnng nie dringend er-
wünscht erscheinen. Denn auch dieser Gesichtspunkt
iat bisher zu wenig heaolitet , meistens aber gar nicht
berücksichtigt.
Hin Beispiel dafür ist Kleinasien, (is ist dn.»
Gegenstück von Griechenland. Ratzels Worte lassen
sich mit wenig Veränderungen wiederholen, wenn mau
die Lage Kleinaaicns bezeichnen will: „Ks liegt tm
AuUersten Westen Asiens, im östlichen Gebiet des Mitlel-
lueeres gegen Europa zu.** Die Lage ist nicht mehr
rein asiatisch, Kleinasicn bat eine usiatiacb'eurupäische
Zwiachenlage. Man kann noch hinznfügen: Kleitmsien
bildet die Brücke von Asien narb Europa, wie Syrien
die Brücke von Asien nach Afrika. Wie auf einer
Brücke lebhafter Menschen verkehr int, wo die Izeiite
nicht stehen bleilnen dürfeu — so können sieb auf einer
lÄnderbrücke Vitlker nicht dauernd sefähaft machen.
Weder Syrien noch Kleinnsien kann daueriidr .Staaten-
gebüde im Laufe der ganzen Geschichte aufweisen; wohl
aber vielfache Völkermiscbungen und VölkerrcKte und
mannigfache, aber nicht uinheitlicho Kulturherde.
Diese Gesichtspunkte der allgemein ge.scbichtlichen
Entwickelung sollten bei jedem wichtigen Lande nicht
unbeachtet bleiben. Oh das bisher geschehen ist, mag
zum Teil wenigstens aua dem Ergebnis ersichtlich
werden, da« ich hier aus Wahrnehmungen in einem Teil
der wichtigsten Hand- und Lehrbücher der Erdkunde
vorlege. Ich will hier zugleich nix'li tiuf ein Gegenstück
aufmerksam machen, auf Italien, da.» iin Mittelalter
eine ähnliche lk*d«utuug für die tjitwickeluiig der Goo*
graphie und Kartographie gehabt bat, wie Kleiiiasieii in
alter Xeit. Es wäre entschieden ein Fehler, eine l.ücke
in der Ilarstellung, wenn geogniphische Hand- und Lehr-
bücher nichts zu lienchteii wüfsten von iler .tusbildiiiig
des italieuisehcn SHcweaeiis im Mittelalter, von der Bv-
mitzung des Kompasse.» auf der See, von den ülH>r-
raschenden l/oistungen dt>r Kartographen, die zuerst von
den iJindern atu Mitteluieer eine richtige rmrifszeichnunt;
zu geben verstanden, und wenn man endlich die grolscn
l^and- und Secreisenden wie Marcii Polo, Columbus,
Vespueci u. a. nicht der Erwähnung wert hielte. Etwa»
ferner mag es schon lieireii, darauf hiuzuweiseu, dafs
alle Secstaaten: Frankreich, Spanien, Portugal und
England, bei den ersten Versuchen, eine Kriegsflotte zu
scbafl’eii, italienische Kapitäne an die Spitze Uirer Marine
stellten uud dafs bis ins 16. Jahrhuiulert in allen den
gcnannitui Staaten Italiener entwe^ier die eilten KnI-
. )y Google
S. Uligu: Kleiiiut^ieii alt Wieg« der wi«Keii9cliaftitcheii Krdkiiiiile.
U«(i
deckungsfahrten leiteten oder trcnig'^ten» begleiteten und
beschrieben. So rolumbn.« in Sjmnien, radanxioto,
Autüuio da Kuli und Vospucci in Pürtiigal. Verrazzunu
in Frankreitdi, GiovaDni Cnboto in Knglaiid und IMgii-
fetta für die entte Krdumsegelimg. Aber leider werden
wir uns durch den Augeuscheiu üborzcugen müssen,
dalsi trotz llamboldt, Ritter und l'esrhel von der Ge-
si'bicbte der Krdkuude in den geogrnphisckcii Haud-
bOchern noch wenig zu spüren ist und dafs es selbst
bei den berufenen Vertretern der geographischen Wissen-
schaft noch violfarh in dieser Ib?ziehung hapert.
Ich beginne mm meine Musterung mit dem ersten
bedeutenden Werke Karl Ritters „l)ie bxtlkuiKU* im
VerhÄltnift zur Natur um! zur Geschichte des Menschen“.
Berlin 1817 und |H18. Leider ist ila« Werk unvollendet,
denn es enthält mir Afrika und .\sien und von Asien
fehlt einzig und allein Kleiruasieii. Statt einer Fortsetzung
erschien von 1x22 au eine bedeutend erweiterte Auf-
lage, tlie Afrika in einem Bande erledigte und für
Asien 19 Bäu<le erforderte. Ua Ritter auf die Welt-
stellung eine» I^ande-^ ein Wsonderes Gewicht legte, so
ist um so mehr zu iKKlatiern, dnfii ln der ersten .Auflage
gerade Kleioasien fehlt.
l'nti ein merkwürdiges Verhängnis ist es, dufs auch
in der 2. Auflage, an der Kitter unermüdlich bis zu
seinem T<Hle iXfiU arbeitete, einzig und allein von ganz
Aalen die Weatküsto von Kleinasien unbearbeitet blieb;
und gerade auf der Westküste liegt für nnaere Be-
trachtungeo der Schwerpunkt. KleinuMieu sollte nach
Ritters Plan in drei Bänden von je lOCK) Seiten abge-
handelt wcnleu. Zwei Bände sind noch ersebiunnn, der
drittu nicht mehr. Da aber stdbsiverstiliidlich diu all-
gemeine Übersicht im ersten Bande gegeWii werden
mufste. au können wir hier auch Augaliou über die Lage
und Bedeutung Khdnasiena erwarten. .Aber gleich in
den einleitenden Worten vertröstet uns «1er Verfasser
auf das Schlufswort des ganzen Werkes. „Dann erst,
wenn auf diesem Gebiete die ganze Summe der Er-
fabruuguu der hier seit Jabrtuusenduu zusunimen-
ströiuenden , . . Völkerschaften . . . sich im wissen*
acbaftUch geordiietun Ziisiimmcnhuuge . . . überschauen
läfst, wird die ganze tiefere Bedeutung auch dieser
inlischen Planeteustelle, in Beziehung auf . . . den
grutsartigen Kntwickelungsgang der Geschichte
der Menschheit klarer als zuvor hervorleuchtcn
können.“ Ks wird also hier ganz sichtlich auf das hin-
gewiesen, was wir suchen. .Alu^r leider fehlt die Dar-
legung; nur gelegentlich fällt noch eininul die Beiuerkung,
dnfs Kleinasien die Brücke vom Orient zum Occident
bildet.
Ich kehre nun in den .Anfang des lf>. .lahrhunderts
zurück.
Keinerlei Andeulmig über Kleiiiasien in dem ge-
dachten Sinne findet sich in Steins llutidbuch der
Geographie und Statistik, I.eipzig 1820, 4. Auflaf^\
Band 3. .Auch Blanc. liundUucb des Wissenswürdigstcii
aus der Natur und Geschichte der Erde und ihrer liu-
wohner gieht im 2. Bnnde zwar einen Abrifs der älteren
Geschichte Italiens, ferner eine Ges^diichtu der bildenden
Küustu und der Musik, aber «hifs die Italiener auch in
der Geographie hervorrageiides geleistet halmn, scheint
er nicht gewufst zu haben. Ebenso suchen wir im
3. Bande 1X4 1 vergeblich bei Kleinasien, ßnden zwar
auf .3 Seit<'U einen ('burblick über die ulti're Gescbichte,
aber die griecbl<«eben Kolonieun gar nicht erwähnt; denn
«liese sind — inerkwärdigerwtdse — • sidioii Band 2,
S. 462 bis 467 im AnscUlufs an Gru*cbuulnud behandelt.
Da begegnen wir auch den Namen berühmter Dichter und
Schriftsteller wie llom<‘r, Ilesiu<l, Auukreoii, Hvru<lu(,
Dionys von IlaHkarnafs, auch Auaximander von Milet
ist genannt; aber die Beziehung zu bestimmten Wissen-
sclmfteii fehlt.
Gar keine Andeutung ßndet sich in Balbia allgemeiner
F.rdbescbruibung, Pest 1842, Band 2. Ebenso findet sich
in Daniels Ilandbucb der Geographie, Halle 1850, Band 1
zwar etwas Geschichte; aber whh wir auchen. diu Welt*
Stellung Kleinasiens und seine Bi^duutuug für die Ge-
schichte der Ertlkunde, bleibt im Dunkel; de.Hgluicben
Klöden, Handbuch «ler Länder- und Staateukunde.
Berlin 1X67, 2. Auflage, weder bei Italien norli bei
Kleinasien; desgleichen Sievers, .Aaieii, Leipzig 1892
und P. Lehmann, Länder- und Völkerkunde, Band 2,
Neudamm o. .1. (1001). H. Eitzner giubt in seiner
kur/gefufsten Wirischaftsgeographie von Anatolien
(Berlin 1002) nicht einmal die Lage KleinasietiH im
Sinne RalzviU an.
Ein einziges Werk im ganzen 19. Jahrhundert, soweit
ich die Litteriitur huhu zur Hand gehabt, macht eine
.AtistmhDie und das Ut die gedtegeiiu Benrlieitung de«
alten Stein.schen Handbuches durch Wappäiis unter
Mitwirkung mehrerer Gelehrter, lii dieser 7. .Auflage
t I^eipzig 1864 ) ist Asien von Brauer und Flath benrlieitet.
liier tat weuigsiens, S. .x3.3, diu WeiUtelliing Kleina.siens
charakterisiert: nDurcIi ihre eigentümliche Weltlage an
der Grenze zwischen dum AlM»nd- und .Mfwgunlandu hat
die Halhiusel in alten Tagen eine grofse Betleut ung für
die l'.ntwickelung der Menschheit gehabt; sie wirtl sie im
I^aufe der Zeit iu verstärktem Maisu wtedurgewinnen,
wenn erst iu Betreff der Verkehrswege eine Aiis-
gleichmig stattgefunden, ilie gesittete Welt des westlichen
Europas ihr Angesicht und ihre Strebsamkeit wieder
gen Morgen gerichtet und den Bann dee Islam iiml des
Türkentums durch geistigen Kreuzzug gelöst hüben
wird. Kleinasien ist und bleibt die Brücke zwischen
dem Abend- und Morgenlande und ihm darf diu Be-
stiminiiDg zuerkanut werden, dafs es zwischen .Asien und
Europa vermittele, wie Deutschland zwischen <lem öst-
lichen und westlichen, dem nördlichen und südlichen
Europa.“
Mit prophetischem Blick siebt der VorfusiHur eine Zeit
für die Belebung Kloinasien.s anhreeben und zwar durch
.tnbahnung neuer Verkehrswege. E..s liegt darin ein
umuittulbarer Hinwei!« auf die durch deutschen Uuter-
uehmungsgeist begonnenu Bagdadhaiin und wir können
also die Propbczeihimg auf unsere Tage beziehen. — Die
Weltlage i.>*t also treffend geschildert, die Bedeutung für
die Ertlkunde, die aber aus der Lago bervorging, fehlt
noch. Ihr wollen wir jetzt näher treten.
Griechenland und Kloinasien liegen, nach der Aus-
drucksweise Karl Ritters, im Maximum d<tr Anuäberung
zweier Erdteile. Zwischen iMuden Ländern breitet sich
ein vielguglludertes Mc4*r aus, «la« mit seinen zahlreichen
Berginneln den letzten Brückenbogen zwischen .tsiim und
; Europa schlägt. Alle Lämler rings um das .Ägüische
Meer herum .tind hohe BerglAiider; offene ’niallHMleii sinil
j sidtcü; die Bevölkerung wird vor allem tlie Küsten Ih‘-
I siedeln und mufs, wenn Neigung und Befähigung zum
StN'wesen vorhanden ist, von <ler S«‘e angezogen werden.
Denn wo man sich auch auf den Hohen des PVstlandes
heßndeii mag, überall tauchen, nah und fern, Iii«elhöhen
aus den Fluten auf und locken aufs Muer hinaus. Und
man iimg .«ich im Grtcchi.scheii .WcLipel beßndcu wo
man will, irgend wo ragen wieder die lichthliiuen Ei-
liindc über dem tiefdunkelii Wasser auf uud bringen
den abenteuermleii Schiffer, der sie aufsii<dit, endlich ans
asiatische Gugengustade. l’iiteruehmungslustig, Itdebt-
beweglicb, voll Phantasie, die herrliche Natur poetisch
zu Verklären, mufstu ein Volk, das irgend an diese Küsten
m
8. Ku{(c: Kleiiittsieri ul« Wip);e der wissun*chiiftHchen Krdkutide.
niif Muiuen frühen Wanderungen gelangti bald auch
üUcrall bin über das Wasser »eine Fahrten unternehmen
und sowohl die Inseln als die Festlniidsränder besiedeln,
hies Volk waren die (iriechen. Man kann ihnen nicht
nacbrUhtueu, weder dats sie sehr «efshuft, uocb dafs aie
sehr sittsam gewesen wären. Ks war ihnen nur wohl
iwi Tollor Freiheit und Freizügigkeit. Und das Meer
bot ihnen die beste tielegenheit, sich in ihrer Welt um-
zusehen. Fühlten sie sich irgend wo beengt, bedrängt,
in der Freiheit bedroht, dann waren sie glmch bereit,
ihre Heimat, ihre Stadt preis zu geben, mit Weib und
Kind, mit Hab und Hut zu ScbiR zu geben und anderswo
eine neue Heimat zu gewinnen, eine neue Stadt zu
gründen. So w'tireu also die (friecbcu niemals mit ihren
Aiisiedeiiingeu gleicbniftfsig über das l>aiid verbreitet;
eine gleichmäfsige Voiksdichiigkuit hat es nie gegeben.
Vorwiegend waren die Griechen ein Kaudvulk. See-
anwohner.
^Weseutlich ein Küstenvolk» waren die Hellenen über
weite KiUteDsäume gebreitet, eine dünne Menschen-
krume überall auf barbarischem Untergrund obur-
flachlioh gelagert,“ (Gervinus, Geschichte de» 15b Jahrh.,
5, 111.)
Dufs Griechenland seine ersten Dewohner von Norden
her erhalten hat» scheint auf Gruud der bisborigeii
Forschungen festzustchen. Aber es war nicht eine
einmalige Wanderung und Bosiedtdung, Hondern nach
langen /eiträumeii folgtun unden* Volksstnumie nach.
Hie letzte dieser für die Ausbreitung über See und die
(tründung von l’SaiizsUtdton besonders wichtige Vülker-
verscliiobung war die sogenannte dorische Wan-
derung, die man neuerdings etwa um» Jahr 1000 v. t'br.
ausctzt. iKirch sie wurden griechische Stämme vor-
nulafst zunächst, nach der Westküste Kleinasien» binül>er
zu gehen; denn diese Seite der asiatischen Halbinsel bot
entschieden die meisten Vorteile für eine gedeihliche
Kutwickidung der Autiedolungeii. Hu» inuere, bis zu
1200 m ansteigende Hochland Kleinasiens. da» an der
Nordküste von prachtvollen aber wenig wegsameti
Waldgebirgen umsäuint ist und nur ganz vereinzelt
ebenes Küstenvurland besitzt und das iui Süden von
luächtigcQ Gebirgsmusseii und schwer zugänglichen, von
kahlen Schluchten zerrisHeiie Fobgebirgo erffillt oder
durch Hochgubirge wie den Tauru» von dem beifsen
üppigen Küstenlande geschieden ist, lockte zunächst
weniger aU diu WuHtsoite, wo das viulfnch von vul-
kaiibchcn l^fassen durchbrochene Hochland stapelweise
gegen die Küste sich Miukt und ahbricht, so duU die
meisten Fiufsthäler eich nach Westen richten und öffnen,
im Mündungsgebiet fruchtbare .\Uuvioueu geschaßun
haben und an der durch Inseln bereicherten scbüii ge-
gliederten Küst« am ehesten an das Bild der heimat-
lichen Knsteii in Griechenliind erinnerten. So iiahiucn
denn die Aolier vom nördlichen Teile dieser Küste
Besitz und dehnten ihre Ansiedelungen vom Helie»{>ont
bis gegen Smyrna nu«; ihnen folgten in der Mitte die
innier mit der bluheiidsteu aller Kolouieen. MUct, und
den äufsersteii Süden von Halikamafs bis Khodo» be-
setzten die Hörer. Im Laufe der Zeit aber dehnten
»ich diu .Vnsiedclungeii auch an der Nordseitw bis Trajw- ,
zunt und an der Südseite bi» nach (’ilicien und ('jpern |
uu».
Von den Küsten drang man dann an geeigneten
stellen, namentlich den Flufsthälern folgend, wo diese
nicht au» engen Schluchten bestanden, sondern zugäng-
lich waren, in» Binnenland.
BugÜii'<tigi wunlu diese Besiedelung dadurch, daf»
Kleina.»ien niemab einen einheitlichen grölservii SUiat
bildcio; denn in den GcbirgHländem an der Künte saften i
I
seit ältester Zeit diu vursehiedeuurtigstuii Volksstämmc:
Tnmnier, -Semiten, Arier und da» Innere war durch die
Salzwüstu um den Tuz tschöllü vollHtändig in einen
Osten untl Westen geschieden.
So gab 08 zunächst im WeHton, der diu (iriecheii
zumebt angiug, in älterer Zeit nur oinen giufserun Staat,
da» I^ydtsche Iteich mit »einem weitberülimten Königin
Krösus. Aber mit diesom Bcichu wutstun »ich die
Griechen »o leidlich zu stellen. Anders guHtaitetcii »ich
die Verhältnisse, ab der Begründer de» Perserreicb»
ganz Kleinasien unterwarf und auch da» Ljdbehe Reich
bezw'ang. Ha sahen »ich manche Koloniabtädte in ihren
Freiheiten bedroht, ihre Bewohner verlief«»! die Küste
Kleinapieiiff wieder und eroberten »ich eine neue Heimat
in Süditaliuii oder Sicilicn oder gingen gar bi» zur Süd-
kütite Frankreichs vor. Städte, die der Persermacht zu
irotaum wagten, wtu Milet, wurden zerstört. Aber dio
Peraermacht brach »chon in dem Siegeszuge Alezander»
des Grofseu zusammen und nun erb]übt«u griechische
Staaten, wie Bithynieii und Pergau)on im westlichen
Kleina»ien und das Syrische Reich im Osten. .\her dio
griechische Kultur butte auch da» ganze I>aud durch-
drungen und so hinlite griechische Kunst noch bi» in
die Zeit der Römerherrachaft fort.
So war durch die Natur des Ijande» und die Ge-
schichte eine grötaore Buwoglichkeit uud Vielauitigkeit
der Berührungen und Beziebungun zu anderen Völkern
gorado d«n kleinaHiatischen (iriccheii lujschiuden. Ha-
dureh wird auch der Au»»pruch IKigo Bergers (Ge»ch.
d. wiss. Erdkunde bei d. Grtecben I, 17) erklärlich, daf»
diu Kntfaltung geographischer Kenntnisse bei
den Griechen Kleinasien» geradezu unumgäng-
lich gewaaen »oL Muu bedenke nur, daf» schon im
Ti.fahrb. lebhafte Verbindungen mit Ägypten angeknüpft
wurden, daf» Koläua aus Samo8 vor 63ü als erster Grieche
bei Cadiz den Ozean keimen lernte, dafs um 600 also
die ganze Länge du» Mittelmeere» bt>kaunt war und um
diese Zeit auch sebou luilcrische Kolonieen am Schwarzen
Meure angesetzt wunlan. Her Verkehr mit Ägypten
mufste zur Kunde vom Roten Meere, diu Hnndeb-
heziehungen der pontisebun Kolouieen auch zu Nach-
richten vom südlichen Teil des Kaspischen Sees führen.
Htirch die Beziehungen zum Penserreichu trat Indien
mit dem augreuzendett Meere in den GesichtskreiH. Nach
allen Ilimmebricbtnngen zeigte »ich hinter dem festen
Lamlu der Spiegel eine» uiihegrcDZien WuUmeeres.
So bildete sich also zuerst die Vorstellung eines «iio
Imwohntcn lünder riugx umgebenden Ozean». Itur siim-
liebe lündruck, eleu man von der Ausdehnung und Ge-
stalt der Krde gewinnen muble, führte zunächst auf die
Kreisform uud auf die Kreisgcstalt de» rings umfUefnenden
Ozeans. Ha.» Wort Okeanos ist aber keiu der griechischen
Sprache ungehörige» Wort, eio Lehnwort, dessen älteste*
Form wülil Ogän war. Kji scheint phönizisch zu
sein und könnte nach ältester AuffasHting »ich auf das
Meer beziehen, das Kleiiiasien fast auf allen Seiten
umgab. W enn phönizUche Schiffer von der a.vrischen
Küste aus um Kleinasien herum bis nach Kolcbis fiihmi,
hatten sie etwa drei Viertel eine» Kreiou» zurückgelcgt.
Ha» war der ursprüngliche Okeanon. .Au» Ogäu winl
aber liei den Griechen auch Ägaii, d. h. Agäische» Meer
gewordou sein, ebenso wie au» dem semitischen Krob
(der Abend) Europa gemacht wurde. Wa» .\gän und
Kreb eigentlich bedeute, wurde später vollständig ver-
gessen und die geschäftige Phantasie der Griechen
schuf daraus «iueii König Ageus und eine IVinzessiu
Europa. — Übrigen» findet, sieb die kurze Form sty- Krei»
noch im Hebräischen, und es wäre auch denkbar, dafs
geograplii^rh ziinfirh-t der Kreis dos Gesichtsfelde», der
/
. Google
1416 S. iiuiru: K [f'iTiuoi^ii nl» d
Horizont und dann die KrdachoilM» oder der Hrdkrei»
fremeint sei, daC'- mau daun hei erweitertem Horizout
den hinter dem I^ande liegenden WeUenatrom als Ozean
he?:eiclHiet habe.
Am Ägäischen Meere (dem alten Ozean, so lan^e man
das westliche Mittelmeer hiebt kannto) entwickelten »ich
Auch von aelhat die (ief^naAtze des Morffeu* und Ahend-
lau<)es: Asien i<<t das Land im S(»nneimnfsang. I‘>Qro|)a
ini l'nier|?anK. Hei den (iriecUen erhielt sieb noch die
Kunde, dals Anfänglich nur eine Wiem* an der Westküste
Kleinasieiih mit dem Kamen Asien belegt wurden aei.
Hann habe sich der Begriff erweitert und immer weiter
nach Osten ausgedehnt. Und »Is der Krdteil Asien ins
rnermcfsliebe nach Osten wuchs, so dals mutt nicht eiu*
mal mehr eine sichere Knude Ton einem ostasiatiseben
Ozean halte, <la erhielt das ziierat getaufte Morgtuiland
den Namen Kleinasien. (Asia niinor.) Ihe wissen*
schaftiiebe Anschauung hielt daher auch an der Zwei*
teilung der (.audmassen. au der Kinteilung in zwei Krd*
teile Kitro|ta und Asien fest. Afrika ist erst später als
tiritter im Butide aufgeuommen.
So erscludnen uns die ersten geographischen Auf-
fasBungeu <ler Ionier in Kleinatfien. Wie im Mittel*
alter in Genua und Venedig die geographischen W'iauen*
Schäften und kartographischen Kütiate blühten, »o im
Alicrlum in Milet. Darum finden wir hier uehen dem
Bemühen, ein richtige» oder klare* W’elthihl zu gewinnen,
auch die ersten Ver»uche, du* Weltbild zu entwerfen,
eine W'eltkarte zu zeichDeii. Ich gebe hier zunächst nur
eine OberHtebt der ganzen Kntwickclung und werde dann
uoch die hervorragendsten Männer charakterisieren. Mit
der Krweiterung de* räumlichen Horizont» durch l^and*
und Seereisen mntste «ich auch die Vorstellimg von den
(ie»tirneii und dem Verhältnis der Krde zu ihnen klären.
Auch diesen Wandel bat die iouische Wi«»eni<ehaft be*
gönnen.
Zu einer W eltkarte gehört aber mich eine Welt-
l)e*chreihung. Die erste »tiimmt au» Milet. Aber al»
|irakii«cbe Seeleute liedurfteu die Milesier vor allem
Häfen- und Küetenbeschreibuug, al«o Segelanwei«UDgen
für die Schilfer. „Umfahrten*^, nannten die
Griechen solche Hamlbttcher. Ziiervt gaben -sie die
Kntferimngen nur nach TuguHfahrteii un, h]«o ganz roh
und zwar uu deu Küaten hin, und die Richtung der
Fahrt nur nach den Haupthiromel»ricfatungen. Dann
folgte mit .Abschmüdung der kleineren Buchteu, al»o von
Kü.stenvi»r«pning zu KftateiivorHprung die Kntfennmgs-
anguhe. in Stadien zu 600 Htti»che FuD (nler 164,8 m
gerechnet, und »chlief^liidi folgte die direkte Fahrt von
Hafen zu Hafen über die hohe See. I>iese IVripluse
wMirden uimnterbrocheu verbessert, mit Zm>(iltz«‘U ver-
sehen und liefen .Inbrhunderte lang noch unter dem
Namen de« ersten Verfasser» oder sie wur<leu für einzelne
Meer« von jüngeren (ielebrten neu bearl>eitet. l'berall
»teilen duliei die kleinusiatiacbeii Griechen in erster Keiiie.
ihre i.eistiiugen gingen auch im frühen .^Iittelalt«^ nicht
verloren uml gaben »eit dem 13. Jahrhundert den
italienischen Kartographen die Alittel au die Haud, ihre
vortrefflichen PortolaDkarteii zu entwerfen. Kin Portolan
iüt nicht» andere» nt« die SegelHliwei»ung (aler der alte
iVriplu».
Die ältuite Vorstellung der Knie aN einer Scheibe
wurde aber Hcbon hu 5. .lalirhiindert erHrhüttert, wenn
auch nicht auf oinmal beseitigt. Den Anntuf» gab ein
kh‘iimi.iutischer Grieche, doch ist e» iingewifs, ob Pytha-
goras »elhüt oder erat »eine Schüler. Mit der .Annahme
«ler Kugelgestalt der Krde war aller auch <lie (4elire
von den versebiedenen IlimmelH* und Krdzoneii ver-
bunden und damit eine verstitiidni^volleri' Ih^obucbtuiig
er w iflsenaehnftliehru Krdkund«.
der kliuiattsclum Krsebeinungun. Wieilcr ein Kluituu-iatc,
Hippokrate», legte zuerst deu hjufiuls de» Klima« auf
die körperliche und geistige Kntwickelung de» Menschen
dar.
I War almr die fxde eine Kugel, dann batte sie auch
einen ganz be^Gmmten Umfaug und war nicht uncnü]tc}i,
wie die ältere ionische Schule lehrte. Dann mufate »ich
der Umfang auch ines»en la»8«ii. Den ersten Ver»ucb
in dieser Richtung schreibt mau dem Kiidoxu» aus
Kiiidit» zu. Selbst die Achaendrehung der Krde wurde
»ebun vor Alexander» de» GroDen Zeit gelehrt. Doch
bildet die Zeit de.» groDen makedoniacheu König» auch
einen wichtigen Ab»chtiiit in der weiteren Kntwickelung
der Krdktinde. Kiemal» im Altertum war der irdische
Horizont »o mächtig in kurzer Zeit erweitert. Der
forschende Blick mehte von Thule im Kortlwc»teii (Shel*
landim-eln oder Sttdn<irwegeii) bi» nach Indien im Süd*
u.»ten. Auf Befehl .Mexander» wurdo der Indi»che Ozean
vom Indus bla zum Kupbrat, und aoeb da» Kaspische
Meer in seinem südlichen Teile erfor»chK Ihirch die
gewaUigen Krfolge de» Königs im fernen Asien wurde
sein Gefolge in einen fönnlichen Tainnel versetzt, das
Ungewöhnliche, was »Io sahen und was sie erlebten, in
Sobilderungen und Berichten noch weiter in» Ungemeine,
ins Märchenhafte zu übertreiben, so daf» die späteren
Geographen eine schwierige Arbeit vor »ich baiteu, wenn
sie an die Beschreibung Indiens gingen. Sehr bezeichnend
sind die Äufserungen Strabo», die er der Beschreibung
de» I^ande* TorausHchickt (S. 685).
„Über Indien mufs man uu» mit Nachsicht anhören.
Denn es int da» entlegenste Land und nicht viele der
Unserigen crblickion cs; aber auch die e* erblickten,
sahen mir einige Teile davon, da» Meiste erzählen »ie
mir vom Hörensagen, und was sie »ahen, haben sie blot»
beim Vorüberziehen im Kriege und gleichsam im Fluge
wabrgenommen. Daher berichten sie nicht einmal das-
selbe von denselben Gugenständeu. Kiner widerspricht
dem Anderen. Wenn »ie nnn schon über das Gosebeiic
»o von einander abweichen, was soll mau von dem blofs
Gehörten halten V . .
„Dafs freilich Alexander, von »o grofseiu Glücke anf-
gebläht. solchen Krzähhingen Glaulien schenkte, i*t
natürlich . . .**
„Als Alexander eineu gewistMoi Felsen Aonius, deaseii
Fuf» der Indus nahe bei «einen Quellen bespült, durch
einen «nuzigeii .Angriff erobert hatte, sagte man prahlenil,
Herkules habe diesen Felaen dreimal bealünut und sei
dreimal zuriickgeaohlagen worden. Abkömmlinge der
Teiluebmer »eine* Kriegszuges aber seien die .^ibä, die
als Zeichen ihrer .Abstammung die Sitte bewahrten. Felle
umzubängen, wie Herkules, Keulen zu tragen*^ u. ». w. . . .
IHe»e Sagen sind nur von Ale.xander» Scbmeichlem
erdichtet.
Um dieselbe Zeit rif» bei den Makeduuiern auch die
Unsitte ein, die Namen der Flüsse und Berge willkürlich
zu verändern, mler durch selbsterdnchte zu ersetzen.
So nennt (tnerikritos, der Oherpilot Alexander», zuerst
die Insel Ceylon Taproliane, wähnmd »ie im Indischen
Tnmrapani hiefN.
Die geographische Willkür der Griechen ist in nnsereu
Tagen ganz besonders durch die Kiiglander weiter ge*
führt, 80 dafs in keinem Lande die Verwilderung der
OrtHimmen so schlimm ist aU in Indien. Und die guten
, Deutacben folgen getreulich nach; nur H. Kiepert hat
»icli in seinen .Atlanten mannhaft dagi>gen gtiwebrt.
Der geographische Taumel zur Zeit Alexander»
wicHlerbülte sich noch einmal im Zeitalter <ler grofsen
Kntdeckiingen. (•oluinbiis fahndete in Westindien auf
Sirenen, die Fonquintadoren Südamerika* suchten den
Diyitlzed by Coogle
ä. Rüge: Kleinasien aU Wiege der wiisentchaftlieheii Krdkamlo.
Goldkduig oder glaubteu aiu Maruuon leibhaftige Aioh-
zooen gefunden zu haben. Auch in den alten Fol»eD>
bauten Nordmcxikoe, in den ('aaaa grnndea, sollten
märchenhaft reiche Goldlünder Tcrborgeu sein.
Aber dioeon SchattenHeitun einer grofüen Zeit atanden
auch glftuzeude Lichter gegenüber. iat schon darauf
hingewiosen, dafs der Krweiierung dea Honzonts auf der
Erde, oder dem W achsen des Lurchmessers der bekannten
Welt, immer ein tieferes Eindringen in die HimmelsrAume
entspricht. Wenu nun schon vor Alexander die Kugel-
gestalt der Erde Wkannt war und zu Alexanders Zeit
der Umfang bereits annähernd richtig auf .300 000 Stadien
bemessen war, und wenn einige Gclebrte selbst die
Achsendrubuiig der Erde verkündeten, dann mufste in*
folge der bedeutenden Erweiterung der Ökumene unter
Alexander bald auch der letzte Schritt möglich werden,
der kk'de ihre richtige Stellung im NVeltonrauiue anzu-
weisen und zu lehren, dats sie sich um die Sonne
bewege. Liesen Schritt wagte im 3. Jahrhundert
Tor Ehr. Aristareb von Samos, alim wieder ein kieln-
aaiaiiseber Grieche. Las Altertum lehnte seine Lehre
ab, es wurden sogar Stimmen laut, weiche die I.,ehr«
Aristarchs für gottlos erklärten. Er erfuhr dasselbe
Schicksal wie Koperuikus. Und stand nicht dieser
Thomer .\stronom genau ho mitten in der grotsen Zeit
der Entdeckungen de» 16. Jahrhunderte und hatte die
erste Kjrdumsegelung mit erlebt, genau wie Aristarch dem
Zeitalter Alexanders angehört V Und wie 100 Jahre nach
KoperuikuH Kepler die Gesetze der Plauetcnbeweguug
festatellte, so trat 100 Jahre nach AristArch der gröfste
Astronom des Altertums, Hipparch aus Nikaa in
llithynien, auf.
Nur eine wiuhtigo kartographische l^istuug scheint
lange auf sich warten gelassen zu haben: Die Herstellung
eines (ilobus, eines Fa^balls. .Allein, wenn kaum noch
der vierte Teil der Erdoberfläche bekannt war, was sollte
da ein Globus nützenV Oder es lag die Gefahr nahe,
in den unbekannten Räumen der ErdoberflSebu seine
l’hantasie frei walten zu lassen oder den griechischen
Gelehrten Gelegenheit zu geben, ihrer Lust am Syste-
matisieren ungehemmt zu folgen. Lax ist auch geschehen;
doim der Verfertiger des ersten (rlobus im Altertum,
Krates von Mallos iii Cilicien. der in Pergamon lehrte,
beschenkte uns auf seinem Globus mit zwei phantAstischen
Ringozeanen in der Richtung der MeridiHue und Lreiteu-
parallelen. Krntes lebte um dieselbe Zeit wie Hipparch.
ist aber merkwürdig, dafs auch der erste Globus
der neuen Zeit, der sich erhalten hat, 1492 von
Martin Behaim in Nürnberg gebaut ist und wenn man
genau auf das Jahr achtet, als verfrüht erxcheineu
muts, da er kurz vor der Entdecktiug Amerikas her-
gestellt ist, also von der neuen W'elt n<M:h keine An-
deutung geben konnte. Und doch ahnt man auch auf
dem BehaimHcbon Globus keine I^ückc in der Kenntnis
der Erdoberfläche, denn die drei bekannten Eirdteile der
alten Welt füllen den ganzen Kaum der Globushülle in
behäbiger Breite aus. Lie Phantasie der kartographischen
Vorgänger Bebaims hatte auch schon ein übriges gethan.
So treten also in der Entwickelung der Erdkunde im
.\ltertum und in der neuen Zeit manche Annlogieen auf.
Zwischen den beiden Entwickelungszoiten liegt das
lOüOjäbrige Limkel des MittelalterH, wo der wertvolle
Schatz der Erkenntnisse grofsenteUs wieder verloren ging.
Lafs aber im Altertum gerade die asiatischen Griechen
den llauptanteil an der raschen und glänzenden Eint-
wickelung der Erdkunde genommen haben, wird aus den
lt>9
obigen Darlegungen ersicbtlicb sein. Loch soll hier noch
nusdrücklicb betont werden, daCs auch außerhalb Kleiu-
a.siens einzelne bedeutende griechi.srhe Geographen her-
Tortraten. Zu ihnen sind zu rechnen Aristoteles und
sein Schüler Dikäarch, in Athen wirkend, wenn auch
nicht Ton dort stammend, ferner Eiratusthenes aus
Kyrene und Ptolemäus in Ägypten.
Leu ganzen Schatz des geographischen ^VisfleDH über-
; lieferte uns aber, wenn auch nicht immer mit vollem
^ Verständnis, Strabo aus Amasnia in Puntus, der letzte
grofse besclireibeiido Geograph, und wieder ein Klein-
' osiato.
Ich habe bisher nur in grofsen Zügen die E)nt-
wickelung der griecbiBchen l')rdkunde vorgaführt, muls
nun aber noch die wiehtigsteu der alten Erdboachreiber
nach ihrer Anciennetät berücksichtigen. IHe ganze
Schar der kleinasiatischen Geographen mag über 40
betragen.
Schon E'rHtoflthenes hat im 3. .Tahrhundert vor Chr.
in seinem leider nicht erhaltenen geographischen Werke
, den Anazimander von Milet als den l'hilosophen be-
zeichnet, von dem diu wisseuschaftlichu EIrdkuude ihren
Anfang nehme. Anazimander, ein Schüler des Thalea,
ist etwa um 610 vor ('br. geboren. La von seinen
Schriften sich nichts erhalten hat, so lafst sich auch
nicht genau mehr futiUtellen, was er selbst und wax
seine nächsten Schüler gelehrt haben. Man stellt« sich
, die Knie als einen t’ylinderahschnitt, also als Scheibe
vor, deren Eibene sich in gleicher Lage mit dem Äquator
der Weltkugel befand. Später neigte sich die Krdsebeibe
nach Süden, was durch die stärkere Elinwirkung der
Sonne für das organische Leben auf der EIrde von grofser
Wichtigkeit war. Denn nun erst trat durch Verdunstung
des alles bedeckenden Meeres eine runde Erdiusel aus
dem Wasser hervor. Ringsum flofs der Ozean, al>er von
ihm drang das Weltln<^er in das Innere der Elrdinsel ein
und diese.B Mitteimeer schied die Imwohnbare Erde in
‘ zwei EIrdteile Asien und Eluropa. So lehrte die ionische
1 Wi.xsenschaft, während der weltkundige Seemann in
praklischutn Sinne bald drei Erdteile Asien, Europa
; und Libyen unterschied.
j Griechenland lag natürlich in der Mitto der Erdinsel
und Delphi bildete den Mittelpunkt; wie aber sonst das
> alte Kartenhild den Verlauf dar Küsten vorführte, läfst
sich nicht mehr erkennen. Doch steht sicher fest, dafs
’ die beiden wichtigsten EHeroente, um eine Karte zu
entwerfen, nämlich die Richtung und Entfernung
zwischen zwei Kostenpunkten, von den Schiflern fnih-
I zeitig, wenn auch noch ungenau, beubuchtei wurden,
j Schon im Homer, in der Odyssee, werden diese Elemente
mehrfach erwähnt. So heifst Buch IV, Yens 389, „dafs
er genau dir sagte die Fahrt und die Länge des
1 Wege» (ödoi* xal Ferner X, 539 „welcher
I genau dir verkündet die Fahrt und die Mafs« dos
^ Wege»“, So übersetzt Donner, während Vofa beide Male
I „die Fuhrt und die Mafse des Weges** setzt.
Eis waren also zu Homers Zetten (Homer als Kollektiv-
name) diu Eiemente eines PeripIuH bereits vorhandon;
denn das vielgestaltige Muer erieiehterte gerade am
t Mitteimeer sehr die Unirifszeichnung der Karte. ln
I dieser Beziehung sagt Strabo, S. 120: „.Am meisten aber
j zeichnet und g^*nUltet die See das Land, ind(‘m lie
I Busen, hohes .Sleer und Meerongeti bildet, ingleichen
; auch Landengen, Halbinseln und Vorgebirg«*. Dabei
helfen aber auch die Ströme und (rebirge . . ., wovon
die geogrnphische Karte voll isi.**
OUbu* LXXXIII. Nr. 11.
22
170 Prof. Wilhelm Sievera: Zur St'hreibweiee
I
Zur SrhreibireUe der Orts* und StammosnAmen
in Südamerika. '
Von Prof. Wilhelm Sievora. Ciefseu. ^
!
IHe Kthnologen haben »eit einiger Zeit «ino neue
Schreibweise Ihr die Statmuesnumeii der südaiuerikani*
sehen Indianer einf^eführt. Sie geht von der VurBchie*
deuheit der Sebreibvreisu eines und desselben Stammes^
namens in verschiedenen Sprachen aus, z. H. Houeuu-
jennus in frauzu-iiscber, Rucuyeiine in deutscher Sprache,
angeblich auch von der verschiedenartigen Schreibweise
solcher Stämme, die an der Grenze portugiesischen und
S{>alli^chen Sprachgebietes, oder in beiden zugleich
sitzen. Hierfür halie ich jedoeh nicht ein einziges Ueispiel i
finden können. Aufserdem aber kommt hinzu, dafs |
man die wirkliche Aussprache auch in der Schreibweise
wiederzugeben sucht So füllen z. Lb die Ibichstal>en C
und t'h in der neuen Schroibart ganz vrog. Hie Mataco
der Spanier werden Matako, die Cblriguano Tschiriguano,
die Quito Kito, die Mojo Moscbu(Mu 2 o)guschriebi‘n. Aufser*
dem wird in allen Fällen das s de.^ Plurals weggelassen, wie
die eben angeführten Worte im Gegensatz zu der früher
üblichen Art Matacos, Chiriguanos, Quitos, Mojos zu
schreiben, zeigen.
Man könnt« sagen , diese Veränderung der bisher
üblichen Weise »ei nicht so l)edmiteiid, daTs sie nicht von
den Goographun im Interesse einer einUeitlicheu Schreib-
weise ohne weiteres angenommen wenlen konnte. Als
ick jedoch bei der Vorbereitung des neuen Pandes »Süd-
amerika** meiner Länderkunde vor die Aufgabe gestellt
wurde, die Schreibart der Namen der Indianerstämme
für Südamerika festzuatellen, int mir eine Keihe von
iledenken gekommen, die mich veranlafst haben, hier
und da von der neuen Schreibweise der Kthnologen nb-
zuweicben. Da diese Bedenken zum Teil prinzipieller
Natur und für da» Verhältnis der Geographie zur Kthno-
logie nicht ohne Wichtigkeit sind, so will ich sie hier
erörtern.
Die nahen Beziehungen zwischen Geographie und
Ethnologie vermögen nicht über die Tbatsaohe binweg-
zutäuschen, dals der Geograph stets in erster Linie den
Krdraum, auf dem ein Volk lebt, der Ethnologe aber
das Volk selbst zu betrachten und za untersuchen bat.
Die für den Geographen wichtigsten Objekte sind daher
nicht die Stämme selbst, sondern die von ihnen bewohn-
ten Landschaften. Daraus ergiebt sich, dafs ein Orts-
name für den Geographen wichtiger sein luuFs als ein
Stammesname, für den Ethnologen aber gerade im Ge-
genteil der Stammesnamo von gröl?«erer Uedeutong ist
als der Ortsname.
Wendet mau dieses Prinzip auf Südamerika an, so
wird man zu seiner Befriedignng gewahr, dafs sehr viel-
fach Stammes* und (trtsnainen zuaammenfallei). So
heifseii mehrere Hauptstädte Südamerikas nach Indianer-
Ntänimei), wie Quito, Bogota, Caracas, und zahllos sind
die Ortsnamen, welche einfach den Namen eines vor
längerer oder kürzerer /eit ausgestorbenen Stammes be-
wahrt haben. Für die mir persönlich vertrauten l^änder
Venezuela und ('olomhia mache ich mich anheiscliig,
hunderte solcher Namen in kurzer Zeit zusaminenzu-
■tellen. Ich verweise der Kürze halber auf meinen An-
fang dazu für di« Kordillere von Merida <) und auf
Codazzis Atlas von Venezuela, Taf. 3.
Hierbei ergiebt sieb bereits die erste Schwierigkeit
zwischen Geographie und Ethnologie, wenigstens der
neuesten Hichtung der letzteren. Viele Ortsnamen fäh-
Die Kordillere von Merida, S. 2D*.
r Orts- und StammesnanieD in Südamerika.
ren das Plural -s, da sie aus Genitiven entstanden sind,
wie Santiago de Leon, de los Cariicas, Timotes, Mucu-
chies, Ackaguaa, Cbaguaramas, Atures, Maipures in
Venezuela, aber auch in anderen Staaten. Ich erinnere
an Yuriniaguas, Omagiias, Urarinas, Iquitos, Baures oder
Conceivao de Baures, Guarajus oder San Antonio de
Guarajus. Auch die feststehenden Landschaftsnamen
haben das Plural -s wie die I^lanos de Mojos. Llanos de
Cbb^uitos, Llanos de Guarayos. Ebenso führen Flüsse
das Plural *s, weil eie von den IndianersUmmen ihren
Namen erhalten kaben, wie der Baures, der Uaupes oder
Wanpes, derApaparis, derAbaeaxis. Solange die Ethno-
logen nun die Staihmesnameu ebenfalls mit dem Plural -s
schrieben, bestand keine Schwierigkeit, seitdem sie al>er
nicht mehr von den Uaupäa, sondern von den Uaupe-
Indlanern reden, ist ein Gegensatz zwischen dem Stam-
mesnamen und dem Flufs-, also Ortinamen entstanden.
Die Annahmeder neuen Schreibweise der Ethnologen müfste
schlielslich dazu führen, den Hios Uaupes und Haures die
Nomen Uaupä und Bauru zu geben, die Landschaften
zwischen Mamore und (tuapore Llanos de Mojo (Moscho),
Llanos de Guarnyo und Llanos de Chiquito (Tschikito)
zu nennen und womöglich Ortschaften , wie Iquitos, Yuri-
maguus, Achaguas, ja Caracas und Atures, in Ikito,
Yurimagua, Atnehagua, Karäka und Atnre umzutaufen.
Dabei kommen nun aber als widersprechende Mo-
muute das durch das Alter von Jahrhunderten geheiligt«
Bestehen dieser tlrtsnamen und die Gesetze der spa-
nischen und portugiesischen Sprache hinzu. Osteres
verbietet eine Änderung ebeuso, wie es die willkürliche
Änderung grofser Mengen deutscher Ortsnamen nicht
gestatten würde, letzteres kommt besonders für einige
Stammesnamen in Betracht, die aus dem Spanischen
oder Portugiesischeu abgeleitet sind. Dahin gehören
z. B. die Orejones, die Motilones und die Botooudos,
deren Name freilich ganz in Botokuden germanisiert
worden ist. Wollte man diese Namen nach der Scha-
blone behandeln, atao das i’lural-s nach der neuesten
Schreibart der Ethnologen streichen, so würde man der
Sprache Gewalt anthun und sprachliche Monstra schaf-
fen, Dämlich <irejone und Motilone. Die Namen kommen
aber von Orejon, I.angohr, und Motilon, (teseborener.
Will man also die Stämme in der Einzahl nennen, so
können sie nur Orejon und Motilon beifsen.
HoSentlirh wird gegen derartige aus dem Spanischen
abgeleitete Namen nicht in oben angeführter Weise ge-
sündigt.
Die zweite Schwierigkeit besteht in der neuerdings
geübten Krsetznng des c durch k. Ganz neue Stammes-
nameii, die erst in den letzten Jahrzehnten bekannt ge-
worden sind, wie Karayä, Kamayurn, Kadiueu, Kain-
gung, Kaiuguä, Kustenaü, Mehinakü, wird auch die
Geographie ohne weiteres übernehmen können. Nicht
BO einfach liegt die Sache aber bei älteren Staiumes-
namen. die schon so lange bekannt waren, dafs Orts-
namen nach ihnen gegeben worden sind. So besitzen
wir eine Serra Cayapo, besser Cayapö, deren Name von
dem Stamme der (’ayapit stammt. Die neuere Eihou-
logie schreibt jedoch Kayapb im Auschluls an die oben
genannten Namen. Man würde als Geograph auch sehr
wohl Kayapi't schreiben können, wenn nicht die Serra
('uyapV bestände. Soll man nun das Gebirge mit C,
den Volksstamm mit K schreiben? Dazu kann ich mich
als Geograph nicht verstehen, da der Name (’ayapb der
ältere, seit laugem für die genannte Wasserscheide und
Höbenzug eingebürgerte und für den Geographen wich-
tigere als der Stammosnarae ist. Noch weniger berech-
tigt dürfte der Ersatz der Schreibart Cayapo durch
Hugo Raup: Keiaon auf der Insel Nias bei Sumatra.
171
Kayapö für den Höheozug sein, schon weil in der por>
tngieaiacben Sprache kein K ▼orkonirat, der Ortananie
Serra da (.'aya|M) aber durch den Vorsatz Serra da zu
einem portngiesiachen wird.
Ähnlich liegen diu IHuge bei dem Eraatz des Cli
durch Tsch und des Qu durch K. Wenn man mit der
neueren Ethnologie statt t'hiriguano Tachiriguano, statt ^
Cbarrua Tscbarrua, sbitt ('hibcha Tschibtscha schreibt, :
so möfste man folgerichtig auch andere Namen mitXsch |
beginnen lassen, also statt Cbaco Tschako, statt Chile |
Tachile, statt Chachupoyas TBchatscha{H>yas, statt t'hiriqoi 1
Tachiriki schreiben. Elbenso erscheint es mir Tom Stand- |
punkt der (reograpbie aus unmöglich, die Stadt Quito im ]
Auschluls an den Stammesnamen Kito mit K zu schrei-
ben, ebenso wenig aber lul&ssig, die Stadt mit Qu, den
Stammeanamc'D mit K ansofangen. Wollten wir die
Ethnologie hier maNgebend ^ein lassen, so würde bald
konsequenterweise auch Ikike statt Iquique, Kiljota statt
Quillota, Kaktscbikel statt Cakchiquel, Kenikea statt
Queniquea, Kilindanja statt Quilindaiia zu fordern sein.
Wohin würden wir aber kommen, wenn diese neue
etfanoJogisrbe Schreibweise auf geographische Namen an-
gewendet würde? Ohne Zweifel zur Tuliigen Verwirrung.
Darum Hchetot es mir nur da möglich, dem neuen System
der Ethnologen zu folgen, wo nicht ältere, seit Jahr-
hunderten gebräuchliche Ortsnamen ihm entgegenstehen.
Reisen auf der Insel Nias bei Sumatra.
Von Hugo U a ap.
Die Originale Bänitlicher Abbildungen befinden sich im Städtiseben Museum su Braunsohweig.
II, (Schlnfs.)
2. Süd-Nias.
Nach dem Besuche Ton HUi Madjajan blieb ich un-
ge^hr 14 Tage in liunung Situli, um die Vorbereitungen
zu treffen für eine Reise nach Sfld-Ntas, mit der ich
eine Umscbiflung der ganzen Insel rerltinden wollte.
Ein kleines Fahrzeug, das ich von den Butuinselu mit-
gebrarht hatte, wurde reisefertig gemacht, ein anderes
grufsorus, welches ich gemietet hatte, mit den nötigen
Vorräten 'versehen. Die Leitung des kleineren Bootes
öberuabm ich solbsi. während mein Mandur (Führer der
Leute) die Oberaufsicht über das gröfsere führte. So
wurde die Reise am 18. September angetroten. Koch
an demselben Tage gingen wir bei Homene an der
Ostküste vor Anker, einer gemischt malaiisch-niassischen
Ansiedelung, in der sich auch eine Missionsstatiou be-
findet. Am Morgen des 20. wurde die Weiterreise bei
prachtvollem Wetter aiigetreten. Erste Station war !
Ctunung Limbu, eine malaiische .4 nsiedelong. denn die
niassischen Dörfer befinden sich ausnahmslos landein-
wärts.
Wir fuhren hier den kleinen Flufs eine Viertelstunde
weit aufwärts und gewannen so einen sehr günstigen
Ankerplatz. Da wir uns hier einige Zeit aufhalteu
wollten, wurde am Ufer ein Zelt errichtet. Fan fürch-
terlicher Sturm indessen, verbunden mit schweren Regen-
güssen, die ein übertreten des Flusses über seine Ffer
zur Folge batten, zwimgen mich, Dordlich von (iunuug
Limbu in den Busch einzudringen, um dort ein solides
W'aldhauH zu bauen. Doch dieser Versuch seheiterte
vollständig, da nirgends ein für den Bau günstiges Ge-
lände zu finden war. Am 27. versuchte ich das lliuter-
laud zu erreichen. Ich wurde dazu ermutigt durch die
Aussage der Kingeborenen, dafs sich in den Bergen
grutso Mengen von Kohlen fänden, von denen man mir
anch eine minderwertige Frohe gezeigt batte. Die un-
aufhurlichen Kc^eugüsse hatten aber die Wege derartig
aufgeweicht, dats ich am Abend das Eindringen in das
Uintorland aufgebeu und mich mit dem Gedanken
trösten mufste, von der W’eatseite der Insel die betreffen-
den Orte bequemer eireichen zu können. Hora und
Fauna der hier betretenen Landstriche sind ganz uner-
heblich, die Gegend ist durchweg öde und kahl.
In Guuung Limbu hatte ich Gelegenheit, den sehr
urwüchsigen Brückenbau dor Niasser kennen zu ler-
nen. Ziemlich breite Sobluchten überbrUckt man eiu-
1 fach durch einen langen Rotangstrick, oder aber, wenn
I die Verhältnisse es gestatten, durch nicht zu starke
I Baumstämme. Hin etwas höher gespannter Rotang dient
I als Geländer. Über diese Brücken, deren Überschreiten
I dem Europäer Schwierigkeiten bereitet, schreiten die
* Eingeborenen mit schweren Lasten ohne sonderliche
j Mühe hinweg.
! In Bezug auf die gesellscbaftlicben Verhältnisse in
I den Ortschaften bei Gunuug Limbu macht sich der über-
I gang von Süd- zu Nord-Nias bemerkbar. Der Häupt-
I ling fängt hier schon au, mehr die Rolle des Tyrannen
I zu spielen, im Gegensatz zu den Uerrscheni im nördlichen
I Teile der InseL Auch die Bauart der Häuser, wie die
! ganze Anlage des Dorfes bildet ein Mittelding zwischen
den betreffenden Einrichtungen des Nordens und Südens.
Der allgemeine landschaftliche Eindruck im südlichen
Innern des fjandes ist ziemlich derselbe, wie ich ihn auf
dem Wege nach dem HUi Madjaian schilderte. Nur
zeigt das Küstengebiet dieses auf der Grenze zwischen
Nord- und Süd-Nias gelegenen Landstriches etwas an-
dere Formationen. IHrekt am Meeresatrande zieht sich
ein achmalor Streifen prachtvoUer Casuarüien (C. muri-
cata) hin, dem nach innen zu ein mehr oder weniger
trockener breiter W'ieHeiistreifen folgt, hinter dem erst
der anmpfige, mit vielen Wasseradern durchzogene Bu&oh
beginnt, ln dum letzturuu halten sich Maasen wilder
Schweine, sowie viele Karbauen (Büffel) und Hirsche auf;
auch wird hier eiu Zworghirsch (Napu genannt) nicht
selten angetroffeii. Im.'^cblamm fertigt sich eine Krabbe
Baue von grufsem Umfang. Auch traf ich hier einige
für Nias seltene Vc^el in grofsen Mengen, so einen vor-
sichtigen, schwer zu erreichenden Strandläufer, den
meine Malaüen „Bebeck laut“ (See-Ente) nannten. Die
abgestorbenen Bäume waren durch eine in gndsen Men-
^ gen vorkommende Papageieuart bevölkert, und als Lands-
mann konnte Ich unsere gewöhnliche Saatkrähe be-
I grüfsen.
I Am 18. Oktober gelang es uns, und zwar bei pracht-
vollem Moudeiischeiu, von Gunuiig Limbu aus südlich
in See zu gehen, so dafs wir am nächsten Morgen die
UeisQ nach Teluk Dalam fortsetzen konnten. Schon
5Vs Ühr abends lag das Kap von Teluk Dalam am
Südende von Nias dicht vor uns, doch hinderte uns ein
Unwetter einzulaufen. So lange es die Beleuchtung ge-
stattete, versuchten wir da» Schiff zu voraukoru, der
hohe Seegang indes rifs das Fahrzeug immer wieder los.
r
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172
Raap: Raisen auf dar Iniel Nia« hei Sumatra.
Um nicht auf die KorallenbÄnko aufzuJaufen, fuhrou wir ;
wicHler in die offene See, bin «ich endlich um 10 Uhr
abendM der Wind nach der enij^ofreugesetzten Richtung
drehte. Allmählich legte »ich du» Unwetter, der Mond
schien klar, und nach einigem Lavieren fuhren wir
gegen 2 Uhr uiorgcua in die Bucht von Telnk l)alam ein.
I)cr Häuptling de» Ortes war »chun vorher von mei-
ner Ankunft benachrichtigt worden und empfing mich
noch an demselben Morgen mit mebroron in vollem
Kriegsücbmuck prangenden Kriegern, von denen einer
die holUndi»che Flagge trug. Ich hatte nicht viel Sinn
för seine Höfiichkeitt<bezmigUDgen, »o lange da» grofse
Schiff, auf dem sich mein Mandur mit dem Ȋmflicheu
Gepäck befand, noch nicht eingelaufun war. K» hatte
eine schwere Fahrt durchztimuchen gehabt und war in
die See zwtachen Sumatra und den Batuinseln veraohlagen
wollen. .\m Morgen »tatiete mir der greise Häuptling
wieder in Begleitung mehrerer Krieger einen Besuch ab,
üheireichte mir 10 HQhner und sprach dann den Wunsch
auH, meine Schiffe zu besichtigen, wa» ich ihm natürlich
gern gestattete. Ich besclienktc ihn mit Glasperlen,
bunten Glaaknöpfen und Tabak. Im Laufe de» Nach-
mittag» machte ich ihm einen Gegenbesuch iu Begleitung
seiner beiden Söhne und eines «einer Unterthanen, der
die hulländiHche Flagge voraustnig. Meine javanische
Begleitung hatte ihr Fe»tgewand angelegt, ich aelb^t
hatte mich auch nach Möglichkeit aufgeputzt. Nach
einer halb- bi.« dreivicrielBtündigeii Wanderung hatten
wir da» Dorf, welches auf einem Hügel gelegen ist, er-
reicht.
]>ie Dörfer des südlichen Nia» ähneln einer klei-
nen Festung. Vermittelst einer lieiter, die bei Nacht
aufgezogen wird, gelangt mau in den Ort. Die Häuser
»tehen eng aneinauder und bilden zti»iunmen ein Vier-
eck. /iemlich in der Mitte der Unken Häuserreihe vom
Kingaug aus befindet .«ich da» Haus des Häuptling».
Der Besitzer empfing mich schon am Kingatig. Nach
Erledigung der hurkummUcheu ('cremouioen Ul>erreich(e
ich ihm meine Ge.^cheuke, l>e»teheml iu Stoff, MeHsiiig-
draht und Tabak, raufste aber dafür den mir angebote-
nen Siri (allerdings ohne Kalk) kauen. l>er hoho Herr
»icheite mir in jeder Beziehung »eine Hülfe zu. Kr lud
mich ein, bei ihm zu wohnen, da es doch auf dem Schiff
zu unbequem sei. Ich lehnte da» Anerbieten dankend
ab, äuDorte aber den Wunsch, mir im Walde ein Hau»
zu bauen. liegrüfst« diesen Plan mit lebhafter Freude,
hielt sich alier ander»ett» für veqiflichtel, der Unsicher-
heit der Gegend halber eine Wache v«m 12 Kriegern zu
»teilen, für die er pro Manu täglich einen Gulden bet
freier BeköHtigung erhalten sollte. Mein Mandur war
hierüber ganz entsetzt, da nach seiner Berechnung diese
12 Krieger im stände waren, noKoren ganzen ReiHVorrat
in 12 Tagen zu verzehren; scheinbar ging ich indesnen
auf den Vorschlag ein. B«*im Verlaanen de» Dorfe.» be-
»cbenkte mich der Häuptling noch mit oiner Ziege und
Rioru. Den l'ian, ein NValdhaus zu bauen, gab ich in-
dessen um »o eher auf, al« Fauna und Flora de» Walde.«
mir nur wenig l->fi>lg in Ausaiebt »teilten. Ich wohnte
daher wahrend der Dauer meine.» Aufenthaltes in Teluk
Dalnm mit meinen Leuten auf den Schiffen, die ich
mitten in der Bucht verankert hatte, um mich unlieh-
sanien nächtlichen Beaueben »eiteu» de» Häuptlings und
»einer Krieger zu entziehen.
Hierbei mufs ich die merkwürdige That»acbe erwäh-
nen, dats die Niasser der Schiffahrt und Fische-
rei fast unkundig sind. Fi.sche und Krebse, die eie
al» Nabroiigsmittel sehr hncli schätzen, werden von
ihnoii nur l»ei Eintritt der Ebbe auf den ausgudehnteu
Korallenbänken gesammelt. ~ Die Vogelfauua de.» Stran-
de» überraschte mich durch ihren Artenreichtum, und
ver»cfaiedene Vögel, die ich anderwärts nur in wenigen
Exemplaren beobachtet halte, traf ich hier in grutson
Mengen an.
Nie werde ich die herrlichen Mondscheinnächte ver-
gessen, die ich in der Bucht von Teluk I>alam verlebt
habe. Wenn mich auch häufig die MoskitoK plagten, »o
wurde ich doch durch da» Märchenhafte meiner Um-
gehung und durch den Zauber der mondbeglänzien phos-
phoreszierenden See reichlich entschädigt.
Der t'harakter de» Lande» ist hier ein »ehr freund-
licher. Ausgedehnte Kokuspflanzungen ziehen am Strande
hin; ihnen »chlicfst «ich nach dem Innern des Lande» zu
unmittelbar ein »ohöner Wald an, der jedoch »ehr wenig
von Tieren bevölkert i»t. Die Bewohner der Ortschaften
sind verhähni»mät»ig intelligiuite I,eute, kriegeri«ch und
äufaerst geschickt in der Anfertigung von Waffen, Götzen-
bUdern und Schmuckgegenständen der verschiudenbleii
Art.
Die vergleichsweise höhere Kultur und Kunstfertig-
keit, die in Süd-Niae gegenüber Nord-Nias herrschen,
zeigt sich deutlich in der ller.»telliing der Waffen, die
äul»eräi sauber gearbeitet sind. Die malaiischen Völker
sind ja alle gute FiseuarWiter, und so machen die Ni-
assur keine Ausnahme. Die vielen Lanzen, die ich
milgebracht habe (Abb. 15 ii. 16), zoiebnen eich durch
»ehr schöne Klingen aus, eine jede ist ein individuelles
.Arbeitsstück dea Schmiede», und nicht zwei sind gleich.
Die Schäfte aus schwerem, braunem Holz sind durch-
schnittlich 2 m laug und mit Rotangbinden in .\bstäudeu
umwunden.
Besonders bervorzuheben sind die säbelartigen
Kriegsmosser, die auf den ersten Blick von jenen aus
Nord-Nias zu unterscheiden sind. Nicht am Heft, der
Klinge, wohl aber an der Scheide haben sie einen merk-
würdigen Korb aus Rotauggefiecht. Ob er nach der
ersten BukanuUehaft mit den alten Körben europäischer
Degen mif»vorataiidcn nachgcbildet wurde? ist ein
ruode», durchbrochene» Geflecht von Rotang (Abb. 17),
da» anfangs leer, allmählich an/«einer Anfsenfläche mit
allerlei Dingen geschmückt und versehen wird, die sämt-
lich den Zweck haben, dem Träger der Kriegswaffe Kraft
zu verleihen, ihn vor feiutlliehen Hieben zu schützen —
kurz es sind Amulette der verschiedensten Art. Ich
gehe hier (.Abb. 18, 19 u. 20) ein Kriegsmesscr, das ich
in Fadoro erworl>en habe. Die 50 cm lange Klinge ist
einseitig geschliffen, durch ein Me-singzwischenstück mit
dem Griff aus braunem Holz verbuuden, welcher einen
gut geschnitzten Tierkopf mit offenem Reichen damtellt.
Die 6 cm breite Holz»cheide besteht aus zwei Qheruin-
andergetegten und mit Me«»ingbämlern verbundenen
Brettchen. Der Korb ist bei diesem Stück ausgezeich-
net durch aufgebundene Krokodilzähne und durch ein
Stück gegoBsenus, rosettenartig geformte» europäischen
Glas.
Zu der Bewaffnung der Süd-Niu«»er gehören auch
die selbstgefertigten eisernen Helme (Abb, 21), deren
ich mehrere erwerben konnte und die offenbar nach
curopitischen Vorbildern gearbeitet sind, wie ja ähnliche
Helme aus Messing auch anderweitig im ostindischen
Archi{wl bei den iHiibgardeii der Fürsten angetroffen
werden (Uelebes). Der Helm ist haubenfurmig, 16 cm
hoch, au.s dünnem Eisenblech und uuteu mit Rand ver-
sehen. Kr i.Ht schön geschmückt mit allerlei straufs-
artigen Büschen, roten Zetigwülsten, zwei steifen roten
Zeugstücken, die gelb und schwarz gemustert »ind, gel-
ben Blattern (aus einer Art Bast) und einem wie Rot.»-
schweif uussebenden Busch von schwarzen .Arengpalroen-
fasern.
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IHe Staatsverfftfieung ist durcbaui denpotiflcb,
und, wie ea ao b&ufi^ zu »ein pflegt, innd auch di« Sitten
infolgedeaflen recht grausame. IHe ioi nArdlicben Nias
im Abaterben begriffene Sitt« des
Kupf|agena (Koppenauelleu) «tebt
Köpfen büngen, gelang es mir dr>ch, einen friacb ahge*
Hchnittenen zu erhalten , der cd>eii dem Messer des Kup*
p<>nsnellers tur Iteute geworden war. I'x stammt von
einem Sridniasser NameuH Kulocbeta und wurde sofort
von mir in Alkohol konserviert. Jetzt befindet sich
dieser .geschnellt«*' Kopf im herzoglichen naturhistori*
sehen Museum zu Hrannachweig (Abb. 22).
Wie wenig hier der bolländiMsbe hjnflufs sich noch
hat (ieltung Terscbiiffeu können, kann man fumiT daran
ersehen, dafs auch der Sklavenhandel hier noch
fortbesteht, wenn uatfirlich auch an den Hauptabsatz-
platzen die gröfste Vorsicht dal>ei angewandt wird. Mao
bat mir erzählt, daU ein solcher Handel in folgender
Weise abgeschlossen wird: Kin Malaie kauft eich von
einem ffaiiptling eine Anzahl
Sklaven oder Kriegsgefangene und
führt sie auf seinem Schilf bei-
spielsweise nach den Ilatiiinseln.
geht dann zu einem t'hineaen und
erzählt, dafs die Leute, die auf den
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Hugo Raap: Reisen auf der Insel Xias bei Sumatra.
Abb. 17. Abb. \*. Abb, 1». '
Abb. 17. Kriegsniesser aus HUd-Nfas mH Rutangkorb an |
der Hchelde. ~ Abb. 18. Schelde eines Kriegsmesser» |
an» Fadorot Korb mit Kr<»kodilzfihnen gesehniflckt. — i
Abb. 10. Krlegsniesser aus Fadoru.
hier noch in voller Blüte. Bei jeder gröfseren Fest-
lichkeit ist eine Anzahl erbeuteter Menschouköpfe nötig,
und der männliche Xiasser setzt eine besondere Khre
darin, möglichst viele
Menschen zu erschlagen,
um ihnen die Kopfe ab-
zuschneiden. Habei kann
man aber nicht behaup-
ten, dafs er hei Krlan-
gung dicM^r Trophäen
itniuer besoudei^ tapfer
vorgohe, oftmals zieht er
cs vor, sich in deu Hiu-
terhalt zu l«‘gen und Vor-
übergehende meuchlings
zu überfallen. Findet sich
keine (ielegeiibuit, die für
ein Fest notwendige Zahl
Abb, so. Korb .B dfrSchrld» Kfipf'" auf dio riu«
d«a KrIoKsmesBor» aiBFadoro ^Voi,e ,u or-
»It Krokodllrihnrn. „u..on .in
paar alte Sklaven daran
glaulKtn. Herjenige, der sich im Besitze eines Kopfes be-
findet, darf als besonderes Abzeichen seiner binweilen
etwas zweifelhaften Ueldeutbat einen Ring um den Hals
tragen. So sehr die Xiasser auch au deu erbeuteten
Abb. ai. KiHeraer Hein aus SUd-Ma«.
Inseln arbeiten wollten, ihm noch die Überfahrt schuldeten,
z. li. .^0 (iulden pro Mann. Iler ('binese übernimmt also die
Xiasser angeblich in seine Schuld und zahlt. I*> verkauft
ihnen dann zu hohen Preisen Kleidungsstücke und giebt
ihnen gelegentlich einen VorHchufs, um dem Spielteufel
fri'dinen zu können. Kr setzt dieses Manöver so lange
fori, bis die Scbtdd des Xias.ser» zu einer hohen Summe
angewnch.sen ist. Ma der vereinbarte I.,ohiisatz aber ein
»ehr geringer ist, zudem die Zin:<en für das ausgelegte
und geleistete Kapital sehr hi>ch sind, so wächst all-
mählich die Scbiilii so au, dafs der Mann nicht mehr
von seinem Herrn fortkommt und sein Sklave ist.
IHese Art vt>ii Sklavciibaudel soll auch Nord-Xiaa so
entvölkert hallen. I>afs bei Kriegszügen Frauen und
Kinder vom Sieger aU willkommene Beute heimgeführt
werden, ist tinber nicht zu verwundern.
Die Bestattung der Toten wird in der Weise
Husgufiihrt, dafs diu Särge an bestimuite Stellen des
Waldes getragen und dort au Bäumen aufgebängt oder
Hugo Itaap: Iteiaen auf der Intel Niat bei Sumatra.
176
auf Pfähle gestellt werden. Liegen diu Orisebaftun un>
mittelbar an der Kflste« so befindet sieb der Kegräbuis-
platz im Husrbwerk am Strande. An oiiiigou tirteu
sollen die Särge sogar auf die Koralleubänke gesetzt
werden, so dufs sie mit der nächsten Flut fortgespiilt
werden.
Nur einmal habe ich ein Grub gesehen, wo dur Tote
in der Krde ruhte, und zwar war dies auf dem Hüi
Madjajan (Nord-Nias). IHe Gegenstände, die zu dem
täglichen Gebruueh des Verstorl>en6u gehörten , werden
in der Nähe dus Sarges aufgehängt.
Kin Festessen, zu welcliem eine .\nzahl Schweine
geschlachtet werden, schliefst die Trauerfeierlichkeit. Irn
nördlichen Nias macht bei dieser Gelegenheit ein grofser
grofseti Meugen von letztgenanntem Ort nach Atjoh
verladuu werden, erhandeln die Chinesen anmittelbar
von den Niassem. Bei diesem Geschäft ist der einhei*
mische Häuptling der alleinige Vermittler, welcher Um-
stand aber keineswegs seine Untertbaiiei) vor Übervor-
teilung KchQtzt. .\.ls TauschstoBfe sind in SQd-Xiaa
neben tioldstauh, aus dum diu verschiedensten Schiuuck-
geguuständo hurgestellt werden, Krokodilhäute und -zähne,
Tigerkralleu. HonnerkeUe und Zähne des Potwals ge-
bräuchlich. Wenn man diese sechs Artikel in geuügon-
den Mengen bat, so ist dafür alles in Süd-Nias käuflich.
Was die „Donnerkeile**, uia>sUcb Lulagoi genannt, be-
trifft, so sind es alte Steinbeile, die hier und da gefunden
werden. Sie rühren noch ans der Steinzeit der Insel
Abu 2'.!. Kopf des Sildalassers Kocholeta.
Jvtxl itn HrrzoKÜchra nsturiiütorUrhcn Mu^rutn sn BrBUD*cltmei){ beiitMlIicli.
Topf mit Arak die Runde in der Gesellschaft, von der
jeder bemüht ist, sein möglichstes zu leisten.
Es sei an dieser Stolle erwähnt, dafs die IläuptUngo
der südlichen Ortschaften ihren Cnterthauen den Geuufs
von ßrauntu'uin untersagt haben. Sie selbst fragen
auch nicht viel danach. Der Genufs des Palmweins
(Tüdi) steht nur der Herrscherfaniilie zu. Während
meines ganzen Aufenthaltes in Süd-Nias hin ich nicht
ein einziges Mal um den im uördliclieu Teile so viel ver-
langten Sofi (Arak) angesprocheu worden.
Der Handel, der hier im Süden g<itriebeii wird,
kommt durch die Vermittelung eines Malaien zu stände,
der am Strande sich eine Hütte baut, in deren Nähe er
den Kern der Kokosmifs, die bekaimtu Kopru, trocknet.
Von Zeit zu Zeit treffen in diesen llufetiplätzeii chinesi-
sche Kaufleuto «lu, diu daun die Ware nach Fadang
oder Guuung Sitoli bringen. Nur die Schweine, die in
bar und soUun bei Gewittern mit den Blitzen vom Him-
mel berabgeschleudert »ein. Sie gelten als heilkräftige
.Amulette und schützen die Häuser vor Blitzschlag —
es ist also mit ihnen der gleiche .Aberglaube wie in
Europa mit den alten Steinbeilen verknüpft.
.Als der Hüu]iiHng von Teluk Dalam eiusah, dal» ich
mich von ihm nicht ausplüudcni lassen wollte, verhängte
er über mich und meine Idente die Sperre. Selbst für
teures Geld war es jetzt unmöglich, I^ebensmittel und
Ethnngraphica zu erwerben. Erst nach .Anwendung
einiger Kunstgriffe wurde die S|>mTO aufgi'hohun und
der Handel mit den Eingeborenen wieder eröffnet.
So konnte ich denn liefriudigt am 30. Oktober die
Reise fortsetzen, die uns nach der südlichsten Spitze von
Nias, nach Lagundi, brachte. Dort wurde ich am
Strande von einer sonderbaren Gestalt begrüfst, einem
halb zivilisierten Niaaser, <ler sich längere Zeit in Su-
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Ho^o Rftftp: R«iB 0 D auf der losol Nias bet äumaira.
matra aufffehalten und aas dieser frdberen Glansperiode
einen europiiscbuu Filsbut tuii roter Borte gerettet
hatte. Kr war jetzt ein Untertban des Häuptlings von
Fadoro, den er von der Ankunft eines .Schiffes zu be*
oaehrichtigen hatte. Sofort nach meiner Ankunft Hefs
ich mir an der KokospRanzung neben dem Hause des
Malaien eine Hütte aufschlagen, da ich hier einige
Zeit zu bleiben gedachte. Schon am Abend batte ich
das VergnAgen, den Häuptling des gefürchteten Fadoro
mit mehreren Kriegern begrüfaen zu können. Am näch-
sten Vormittag schlug ich mein Warenhaus auf, und das
Schachern begann.
Die Frauen brachten Eier und Hühner. Für ein
hii wurde eine Glasperle l>ezahlt, für ein Huhn gab ich
eine Kette von solchen. Schwarze Perlen waren sehr ge-
snobt, man gab sogar für eine bisweilen zwei YAer. Im
Verlauf des Vormittags kündigte
mir wildes Kriegsgebeul einen
erneuten Besuch des nKüuigs**
von Fadoi^o an, in dessen Be-
gleitung sich nicht weniger als
30 Krieger befanden, die neben
den landesüblichen Waffen auch
noch Feuersteingewehre trugen.
Mir wurde unheimlich zu Mute
bei dem Gedanken, diese 30
hungrigen Leute abspeisen zu
müssen. Trotzdem lud ich den
Häuptling freundlich ein, meine
Hütte zu besichtigen, ersuchte
ihn aber gleichzeitig, seine
Leute drnufseii zu lassen. Kr
bewunderte meine Schätze, über-
reichte mir nach Landeesitte
eine Anzahl Siritaschen, die ich
mit Tabak gefüllt sofort zurück-
gmb, und sagte mir in unzwei-
deutiger Weise, dafs er Hunger
habe.
Sehlietslich überreichte ich
ihm einige Kleinigkeiten und
verahscbicdetc ihn, um den
Sohn de« Häuptlings von Hili
Mntaluo zu empfangen, der
mir seinen Besuch in weniger
aufdringlicher Weise abstattete.
Nach einigen Tagen wollte
ich ihm nun den Gegenbesuch
machen, bekam jedoch auf
dem Wege einen so heftigen
Malariaanfall , daf.s ich nach Hau.He getragen werden
mufste. Ich liefs daher meinen Mandur den Weg allein
nach Fadoro fortsetzen mit der Weisung, die üblichen
Geschenke zu überreichen und nach Monschenscbädeln,
die mit Kokosfasern verziert sind, Nachforschungen an-
zustellen. Am späten Abend kehrte er zurück, ohne
einen Schädel, wie ich ihn zu besitzen wünschte, mitzu-
hringen, doch wollte der menschenfreiiDdlicfae Häuptling
einen solchen — natürlich gegen hohen l»bn frisch
herstellen lassen, auf welchen Vorschlag ich aber ver-
zichtete, da ich ohnehin schon einen frischen Kopf
besafs.
Besonders merkwürdig, so erzählten meine I^ute, sei
das Haus des Häuptlings. Der untere Rand des Ihtcbes
war nämlich durch aufgehängte Menscbenschädel ver-
ziert, ähnlich so, wie es in Burnou unter dun Dajaken
der Fall ist. In Nord-Nias begnügt man sich mit
Schweineschädeln. Zwei Tage darauf begab ich mich
nach Hili Mntaluo, um auch dort den Besuch zu er-
Abb. 'iit.
Gott der Feste. Aus Hill Xatalno.
widern. Gegen Mittag erreichte ich den FuCs des Ber-
ges, auf dem diese schönste Ortschaft der ganzen Insel
erbaut ist. Der Weg nach Hili Mataluo ist für uiassi-
sehe Verhältnisse grofsartig zu neunen. Kr führt volle
zwei Stunden durch den Wald und ist durchweg mit
Steinen belegt. Hin und wieder sind steiuere Ruhe-
bänke anfgestellt. Auf den Berg selbst, der sehr steil
ansteigt, führt eine stvincrue Treppe hinauf, die im
Falle eines Krieges leicht abgebrochen werden kann,
ln verschiedenen Stufen sind in Reliefarheit Menschen-
hände, -fütso und auch ganze Figtiren eingehauen; es
sind das Denkmäler Verstorbener. Ich habe es damals
sehr l>edauert, keinen photographischen Apparat bei der
Hand gehabt zu haben, um den Treppenkopf photogra-
phieren zu können. Das Dorf selbst gehört zu den
gröfsten der Insel. Gleich rechts vom Hingang befindet
sich ein freier Platz, auf dem
eine grofse Halle, dasGeriebts-
gebäude, errichtet ist. Die
grofse Zahl der Menschen-
schädel, welche dort aufgebängt
waren, legte beredtes Zeugnis
davon ah.
Der kränkliche Häuptling
konnte mich am Tage meiner
Ankunft seines Gesundheits-
zustandes wegen nicht empfau-
gen und liefs mich bitten , im
Hause seines Sohnes zu bleiben.
Hier batte ich Gelegenheit,
mich von der Geschicklichkeit
der Bewohner in der Anferti-
gung nützlicher Oegen.stände
und von einem gewissen Wohl-
stände der Herrseberfamilie zu
überzeugen, (iern bitte ich
noch mehr ethnographische
(■egeustände erworben, aber
die wirklich wertvollen Gegen-
stände waren fast gar nicht er-
hältlich, teils des .äberglaubens
wogen , teils weil die Unkosten
bei der Herstellung der Sachen
so grots waren , dafs ich sie
nicht bezahlen konnte. Nach
der Herstellung irgend eines
bessereu Gegenstandes wird
z. B. ein Fest veranstaltet, hei
dem mehrere Schweine ge-
schlachtet werden.
Trotzdem gelang es mir, hier eine Anzahl recht
wertvoller ethnographischer Gegenstände zu erwerben.
I>a stand im Hause dos Häuptlings „der Qott der
Feste**, der jetzt in das Städtische Museum lu Braun-
schweig gewandert ist (Abb. 23), eine etwas rohe Holz-
figur, 68 cm hoch, mit roter Stoffbinde um den Kopf und
eingesetzten boweglicben .\rmen, wie bei unseren Glieder-
puppen. In der Rechten sohwiiigt er dun Speer, die
Linke hält den charakteristischen Schild von Süd-Nias.
Ih*n mächtig entwickelten Phallus deckt eine Binde von
Kindenstofi. Die Figur hat noch eine Bartbinde und
den Halsriug der Kopiieusneller.
Hin zweites schönes Stück von Hili Mataluo war der
ScbuppeulederpHuzer (Abb. 24). Unter ihm wird
eine schwarze Stofljacke mit laugen Ärmeln getragvo,
deren Aufschläge aus rotem Stoff mit weifsem Zickzack-
muster sind, wie in der Abbildung zu erkennen. Der
]*HDzer selbst besteht ans hartem, steifem Ijoder, und
er wird am unteren Ramie durch einen Kotangstreifen
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Kau|>: iioisen iiiif der liiwl Nian luä Sumntru.
177
vom Kör|)er »bdUihfiMl i<rhaJt4>n. IHo SchiiptM'ii (Narli*
»hmiiiig alter curopHiecher S«lni])|>cnpnn 2 terV) Kitif! uiitou
rtiml zugeKcluiiUene I«p<UrKtilcko, diu oben in einen
früher erwähntoii l^oiinorkeile, dreieckig gestaltet, uind
da Yerireten. Für die /citbeHliiumung de» alten Stflcku«
Hcbeiut mir uiiie Figur am Korbu von llelang. ^'ie »teilt
l
i
t
Schlitz»chnitt de» l'anzer» eiiigelaHHcu '•itid. Dieser,
65 rm huch, ist mit einer grauweifdichen Farbe über*
»t riehen.
Kiidlicii erwarb ich hier ein sicher sehr alte» Kriegs*
iiicsser mit Korb au der Schelde,
da» sich nicht nur durch sobönc
Schnitzerei de» (triffe» (Abb. 25
II. 26), sondern auch durch den
nnchen Inhalt und bedeiitungs«
vulleti Schmuck de» Korbes au»*
zeichnete. Schneide und KUngu
zeigen nichts Abweichende» von
den früher he»chriebeneii Krieg»-
ineNseni. I>er vortrefflich genrhei*
tete und verzierte DHff »teilt einen
geüffneten Tierracheii mit Zunge,
Zflbucn und zwei nacii oben gv-
riohteten Hauern dar. llesondpr»
reich ist da» Kotanggeflecht de»
Korbe» (.\hb. 27) aupgextattet und
mit festTurknüpften .\mulcltun vur*
sehen. Kopfe und Figuren fein
geschnitzt nach Art der Ahnen-
götzen, l*almhlfttter(V), zwei Tiere
mit anfgesperrtem Rarheti (Tiger,
die aber auf \ia» nicht vorkoiu*
m»ti), etwa ein hallN*» Dutzend der
Korb an der Schelde
von Hili
eineu Mann dar, welcher den Hahn eiucK Gewuhre» zu
»paniieti Ncbeiut. Das Gewehr selb»t mit der hruiteii.
runden, mit einem Kaiide verseheneii Mündung bat die
Form der alten Doniierbricb»eii, wie »ie noch vor etwa
200 .lahmi im Ostindi.Hcheii .\r*
chipel benutzt wurden.
Ich buschlof», den Tag mit
der IlesichtiguDg eine» gröfseren
Teile» der übrigen Häiisor und
kehrt« erst zum .\bendus»«n in du»
Hau» muino» Wirte» zurück. Der
Junge „König'* hatte mir seine
Vorritte an Hiibuern und Kiern zur
Verfügung gestellt. Die ganze
Familie benahm »ich »ehr zurück*
Imltend, und mein Wirt war
»ichtlich erfreut . ul» ich ihn er*
»ucllU^ du» Mahl gemeinsam mit
mir eiuzunehmen.
Am närh»t«n .Morgen wurde ich
von dem gi’ofHeu HAupUiug um*
pfangen. Vor dum Hause dessel-
l>en »tandeii drei riesige, mit
Relief» verzierte Steindenkmüler
j|or verstorbenen Herr«cher. Da»
des Kriegsmesser» Hau» »ulbst i»t ein gewaltige»,
Xafalno. au» Kisenbolz gefertigte» Gcbüud«;,
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l>r. fi. Greim: IMo A Miihlun^ Oit VHrhoriMcIioiiden WiimIo duroli dtt* l’flatizeit wplt.
duBHOu Matt'ria] ifrörptpiiteil!« Tun duii Uautuiin^elii «tniiirat.
Kill gewiMücrt feierlinhcf^ Gefühl beiichlich mich, nl» ich,
nur T(»n inuineiii Maiidur und einem IHcner deti Hüupt'
liiigs begleitet, den Saal betrat, der l«i Festliclikeiten
bi»weiU>n ülwr 500 l'Qrsoneii zu fröhlichem Mnlile ver*
einigt. Nach Verlaijf einer Viertelstunde erschien der
kränkliche tfäuptling, begrüfritc mich, führit* mich im
Sutt! herum und erklärte mir die einzelnen Gegoiixtäude
und ihre Iledeutung, zo u. a. einen ans Holz gcKchnitte*
nen llithn (Zeichen der Könighwürde), uiich zettgteu die
Schoitzereien au den Wäudeu von grofzer Geschicklich-
keit und Kunstsinn. Nachdem ich dann uicim’ GcBcimuke
überreicht hatte, bat ich nm die »laubnis, die Rüat-
kamrner mir atiHehen zu dürfen. Ger Häuptling lieTs
einen Mducr Söhne rufen, und diener führte mich in das
betreffende Haus, Hier fand ich in sauber geputztem
Zustande eine grufse Anzahl Feuersieingewebre mit zum
Teil eingelegt«'!! Kollmn, Juinzen der yerscbiedensteii
Formen, ^fu8Ner mit an der Scheid« Indcatigteu Körben,
eiserm^ und lederne Panzer, eiserne Helme u. », w.
Mit dieMM! Ocgciistämien werden im halle eines
Kriege« die Hewohnor von Hili Mataiuo ausgerüstet
Uei der liesichtigung dar weiteren l'ingebung des
Dorfes zeigte man mir auch die Grunnenanlage, «Uc mit
eiiieni Hadeplntz yerhunden ist Männer und Frauen
badun an verycbiudeueii Stellen , auch wird ein lietreteu
des Fraiicnabteils von Seiten der Männer .schwer l>e-
straft. Aus sllum, was ich in diesen Tagen gesehen
habe, kam ich zu dem Schlüsse, dufs die Hewohner des
tlrtes auf einer, für iiiaH-Hiacbc Verhn!tnia«e sehr hohen
Kulturstufe stehen. Der Häuptling ist allerdings auch
; hier wie uiidcrwärts ein I)es}>ot, der Iku seinen HichUu-
; -Sprüchen meistenteils immer auf den eigenen V«)rteil
I achtet
I Am Al>end dieses ergebnisreichen l'ages kehrte ieh
’ im iSositx« einiger weniger, aber werlToller ethnugraphi-
sehcr Gegenstände an den Strand zurück.
I Am 16. November nacht» trat ich die Wiüterreise an.
I Leider erlaubte c» lueine sehr ert^chütterte Gesundheit
{ nicht, andere Plätze des südlichen Nias zu besuchen. Da
I ich aber doch noch nicht zurückkehren widlte, so )H*fahl
ich, bei den Nakuinseln anzulegen, die ich nm nächsten
Morgen früh um 6 Uhr erreichte. IHe'«e Inseln, die von
Malaien und Niassern bewohnt werden, sind der Haupt-
yersandplatz der auf Nias und Umgebung ge^ammolten
Koprn. Ks soll dort jährlich von «tiesem Produkt für
I 10000 Gulden unigesetzt werde«. Infolge ungünstiger
i Hodenyerbällnisse ist F'loru und Fuunn ohne Utdnug, so-
j fern man von der hier üppig gedeihenden Kokosjmlme
ab>ieht. Kino weifse Taube mit schnurzem Schwänze
und ebensolchen Flügelfedern, die ich auf den Patuinseln
in grofsen Mengen nngetroffen, auf Nias aber vermiNl
habe, fiel mir hier durch ihre Anwesenheit ouf.
Nach dem He.inchc der Nakuinseln lieTs ich noch an
einigen uiibcwohnU-n St(dlen des nördlichen Nias anlegen,
bis mich endlich heftig auftretendeH Fieber uud die
; ersten Auzcicben der Berri-Ilerriknmkheit energisch
' zwangen, mich wieder in zivilisierte VerbältiUKse zu bc>
I geben.
So langte ich denn am 13. lK}Zcm)>er 1Ö07 in Gu-
nung Situli wieder an, um bald darauf micli Padang
(Sumatra) abzureiseii.
Die .thhtldung der r«»rherrsrlienden M'inde durch die
Pfinnzenwelt.
imr« die geitamte Oiganiaiiienwelt durch die Verliältuisi!«
des AufetithalUH>rtfl beeiriHurst wirtl, ist ein Satz, cter in der
heutigen NaturwUsenscliaft wohl nicht mehr bes*»nder» t*e-
wiesen zu werden braucht, ani meisten wird sich aber dieser
Kindufs der geographischen Lage, welche sie einnehmen, an
den Organistnen xeigon. denen die Lokooiotinuafabigkeit ab-
geht. Hies gilt vc»r allein für die Gcfäf«pHatizon, di« frei in
das Luftineer mgen, und sich (h^halb nicht nur an die ge<»*
lugi«cU<*n uud die Wavserverhaltniss« ihres Stmidoris. sniiderii
auch an die mntioherlei Verhältnisse des Luftmeers dortselbst
aitzu(»nsAeti halien. Mit dieser Anpassung hatwn sich in
neuerer Zeit eine gri.fscrc Anzahl Botaniker lK«<chäfiigt und
sie in physiulngischor und biidogischer Beziehung weiter \er-
fi>lgt; um Mt mehr ist'os zu Itegriifseii, dafs auch eiiinml «in
(«t'itgraph es iiuterniuimt. dieat* Anpassungserscheinungen von
seinem Standpunkt- aus zu ttetrachten.
Prof. Krüh (Zürich) hat für seine Studie*! den hier als
Ülierschrift angegi*benen Tit«l gewählt, d'toh geht «1er Inhalt
der Arls-it insofern etwas über den TiUd hinaus, als im
ersten Teil die verschiedenen anormalen W'ucltsftii-men der
PHanzen. um dt« «s sich hierbei ja allein hamleln kann, auf-
ge/ählt und nach ihrer Kntstchungsweise kurz beleuchtet
w»*rden. Si» werden hier tli« Bililiitigswuisen schief wachsender
Holzpflanzeu bosprwheti, d. h. solcher, Ud denen die ganze
Pflanze schief steht, und auf die uriachlichen F:tkt«ireii
/.urlickgeführt. Früh unterscheidet schief« Holzpflanzen der
(iehatigc, die auf festem Gehänge durch einseitige Pb*M'
lastuiig, l>ei l>ewegtfm Gehänge «lurch diesi* Bewegung ihr«
Lage erhalten, sowie at'hiefc Ptlanzen de« Flach lamies. dii*
tieninders durch Wiuddruck in die Hchiafe I«agH gebracht
werden. Burch einseitige Beleucliiung isler einseitige ('b«r-
lastiing mit Sebnoe, Linnen u. a., wjwie durch Wind können
alN-r Hurli nur die Kronen einseitig beeiiitlurst und dn<hirrh
die Bildung n.«ymmetriKher Knmen l>ewirkt wenlen. während
durch Zusammenwirken von niehn^nMt dieser Faktoren ge-
misi'hte Typen «ntHtehen. Nachdem dann noch der sogen.
Brcbw'iichsigkeit einig« Worte gewidmet sind, wird zur Kni-
«tehung der iMgcntlirhen Windfonnen ültergegangen. l>ie-
*1 Jalire»t>eric]it Oer Oengraphia« h*KtUnographUrhrn tiesrllsrhsft.
Züricii 1901 bU !90!j. bT bU Uli.
selben werden auf zweierlei Wiudwirkungen zurückgefiihrt.
Bas ist erstens die rein mechanische, als windseitiger Bruck,
der aber nur dann wesentlich l>«ciutlusiM‘nd erscheint, wenn
er nicht muiueutnu und in grofser Starke (W'imlbruch ralcr
Windwurf erzeugend), sondern audau«nid und meist mit ge-
ringerer Intensität auftritt. wialurch di« allmähliche .\u-
passiing der lebenden Gewächse ermöglicht wird, und zw eitens
eitle physiologtsr-he. die in der Austrocknung der Teile dos
Organismus durch den Wiud besteht und ein allmähliches
«insoitiges Al«terb«*n vcrurstichl. Biesen gegenüber tritt ein«
Kiiiw'irkiing etwa voi-))and«n«n Kalzgehalls der Luft auf di«
Pdatizen. von der öfters in Büchern di« K«d« ist. ganz zurück.
Wenn sie sich überhaupt nachweisuti lUfst. wa* Früh udir in
Zw'eifel zieht.
Für die vurliegeudun Fnterauchungen ist aWr als weseiit-
liciies Moment In-rvoncuhelien, dafs nicht nur dieses Ahsterben
der oinzeliien Pllanz«nieile. hauptsächlich der Blätter, durch
AuHtnickiiung auch fern von den Küsten, im Binnenlandc
beobachtet werden kann, wie Früh durch «in« Anzahl selbst-
ge«auiinelt«r Ih-ispiele liolc>gt. somlerii dafs an dii^ti Stellen,
wo Salzp-halt der taifi aln>o|ut nusgeschlos.sen ist, auch die-
übrigen Beformatiunen der llolzpllanzon sämtlich auftrei«ii.
woraus Friih srhUer!<t. dafs für diese „Windformen'* allein
der Wiud verantwortlich zu machen i«t- Sellntverstiuillich
Werden diesetlwn abi‘r daun auch des«* stärker auftrelen, je
geringer im Burch«chnitl die Zahl d«r Kalmen und je grv>fM-r
ili« Windstärke i*t; daher ist es gekommen, dafs man die
nusgeprägti-ii Windformeii zuerst an den Küsten la-obachtet
hat, wie die Büneii. und erst später auch im Binnenland« auf
sie aufmerksam wunle. Ks bat sieh dann hcraiisgostellt, dafs
I Hufser dem durch kurzdauernde heftige Winde und Wind-
I Stöfs« aus irgend «iii«r Kiehtiing verursachten Windt»rucb
und Winduurf utnl den dailurcli g«siali«i«n sogen, llarfen-
tiäiimen, di« salzfreie bewegte Luft mechanisch und pbysio-
logiM'h besondere Windformen züchtet, die duivh Tor-
herrschende his kunstunte Wiinle aus einer I>estiiiimt4'ii
Uichtung bcrvorgebnicht wurden. Hierher gehören ilie
a*ynMiieii'iseli«n Kronen ht-t anfn*chter Hauplaehsedes Baumes,
geneigiii Achr<«n der Ho|/prii«tiz«n mit asymmetrisclian Kronen,
di« sogen. Tis^'hkronen, Windh«rken und Gesträuchschilder.
die alle, wie die Büuen, zur lokalen Orientierung filier die
vorherrscheiele Windrichtung uud. falb diese Iwkaimt sein
Mjllto, auch Is'i nnsiehligoin Wetter, ähnlleh w-ie der
Mihis- und FleehlennnsAtz. zur ungefähriMi Ib-«iimmmig der
Kleiuo Nachrichten.
179
Hiinn)elnrichtim(; knnn. Nathrlirli nicht alle
llolKpHanKHti ttivichiDtirxiff , <Ue vorlicrrcoht'mh-u
\Vin4io in iler Natur abzuhitHrn mul Kruh xiihll «lunhulb oino
Anzahl «iHrjcttifren OlMtlijluim*, s>.msli)^*n Laubholzer und
f'oiitfcrvn Mitt«deuro|»ax auf, nn •Iciieii nich lieiumilMni i;ut die
betiiirivhenrn Wimlfurmen aii(i|>r>4(;cn.
Itaf» mm ata-r iliataitchUch die v«ii-|M‘r(*xrhAii<leii Winde
«ich in dienen Defonuntionen auxprÜKert. fuichc Früh in dom
Kweiton Tuil MÜiirr Studie nachxuaeiren. lter»r>lh«> imthält
eine aufVwTvrdpiitlirh Heif«i}(o Aufuiumlunt; aller erreichbaron
Ihiten über die Windfurrumi, dio freitirb auch zeitfen, welche
KvorM>u Lücken hier besotidorB in den tiobieten der in>])i»chen i
l'aa<ate und der ^«m^une mich au^ziifüllen üind. Afit '
r•>ich■4lell dielten ilie Quellen int (iebiet der e.xtraimpUchen .
iifbiete der Wontwinde auf der ni'irdlit'hon Hulbkuttot, woran -
der Fleiffl de» Verfaßen« nelliat w«>«PMtlirh mit lietoiligt iüt.
Von lokalen Winden wenb-n die KinilüaHO der Falluitnic und
der liert'- und Tliniwindo \M-nprochen , von denen iMaondera
letyteru im Iliiinenliinde dioain i>chürf«den au«g«‘prli|;(en Wiml*
formen liervorbrinifen und auch für die WindverhälttibM der
oinzelnou Thäler und Thalb-ilo auf)>«rurdentlich interesKante
Ihii'piele liefern. Wenn (lau Material, wie t;e9aKt — aber
nicht durch de« Vorfa«(<ier4 Schuld — lückeuhaft i<d, ro int
der Nnchweifl der Cboreia^timniuntt xwinchen Windformen
und vi>rherm*hemli>r Windriehtung doi'h vollständig gelungen,
wie auch die ladden beigegeltenen Karten beweisen. %on dineii
die eine die \ur1ierrscbemlHn Winde der Schweix, dio andere
die vorheri'!>chend<*ii allgemeinen Winde der Knie veraii-
44'hauli(‘bi.
Dr. Ci. (• rHiin.
Kleine Nachrichten.
AVdrui-k nur mit gmtutUl.
— Kliniaiiselie Schwankungen in S(»rdsibirien.
llnnnischen Hcrichteii zufolg«* hat der Winter in Mittel- und
immentlich in Nord<ibirion UK>‘J erheblich früher und strenger
«ingpsot/.t. al« mau ihn sonst zu erwarten pl^egte. Pio
.Nowuje Wrjemja* hat seit einigen Jahien mcteoridogisches
Material gesammelt, aus weicbein hervorxugehen scheint, dafs
im ganzen Küstonstrich Nordsibiriens bis weit hinauf zu den
grofaen Strömen (Oh, Jeiiissoj, I^-na) das Klima in wahrnehm-
lairer Weis« rauher winl. Im Anfang Septoml>er iiel l>ereit.s
«< viel Sirhnoe, dafs die lleuomtv nicht mohr eingebracht
wenlen konnte. In den or»ten Wochen dtis Okbibcr. wenn
die Kaniojeden nni unteren Ob sonst mit dem Fischfang für
den Winter iMjgiimen, herrschten schon — W" t’., sudafsSoo-
kflste, Flüsse, itinnensoun volUtändig tnit Kis bedeckt waren.
Im November und lN>zemlier Hol dio Külte bis —50* herab;
das reiche Tierlelrcn der polariachon Zone erstarrte völlig, und
dio Hewohner verloren den grt^fsten Teil ihrer Kenntierbcrdcn
durch den Frost, da sie die Herden infolge des unerwarteten
Kinlu'uohs der Külte nicht mehr eintreiben konnten. Man
erklärt in UufHland den 0l*eraus strengen WMiiter durch die
gewaltigen Kismassen. die den ganzen Sommer iil»er das
Kari-che Meer gesperrt und die i^biffalirt nach dtm Mün-
dungsgebieten des Ob und des .lenLseej gehemmt halien. Man
behauptet, dafs iler Kintlufs der aus NO hernntreibenden
Kistnas^en von dalir zu Jahr inerklicber wird und das Klima
bis ins europäische Kufsland hinein höchst nachteilig l)oein-
tlufst; namentlich schreibt man die kalten Sommer und den
frühen Kintritt des Winters dieser Kinwirkung zu. die auch
die häutiger und häutiger wieilerkehronden Mifsernten in
Nord- und Mitfelrufsland hervor/urnfeti scheint. Pie Samo-
jeden, Welche als die liesten Kenner der Natur ihres Lande«
gölten, liuhauptvM. dafs die nordische Tundra, d.h. die
lind Sumpfschichi ülier dem dniUTud gefrorenen IhaU-n,
langsam, aber unaufhaitsam nach Süden rückt und die Taiga,
den sibirisclurn Wald. Schritt iiui Strhriti von «liibr zu tiahr
zuriiekdrängt. liieraus geht die offenbare Abkühlung de«
Klimas in Nonisibirien hervor, wenngleich wir an den Beginn
einer neuen Kiszeit in jenen Breiten nicht ohue weiteres
glaul>en mögen. Vielleicht bandelt e« sii*h nur um «ine
(leritMliache Schwankung der Temperaturverhaltniss«, die durch
die Kisschiebung des sibirischen Kisineeres, namentlich des
Kariseben Meeres, lemnlafst wird. Pie l'rsacheu sind noch
nicht geklärt., weniiitleich die Tbatxuche mit einiger Sicher-
beit ffstge«tent ist. Immanuel.
— f’ber Tütow'ievungen hoi Fraueiiziminorii der
riffentlichen und geheimen Prostitution linden wir
einen interessanten ISeitrag von H. Itergb in Kopenhagen
(Monaish. f. prakt. Ilcrmutol.. Kd. .15, ln der ersten
Hälfte des vorigen Jahrbnmlerta si'heint diese Kunst unter
den Pirnen Kopt-iibngens nicht .sehr in Oebrnuch gewesen zu
sein. Im jtchteii Jahrzehnt verstand es ein frülierer Seemann,
das T.ätowieren in dieser Menschenklasso einznlHlrgern. 18#U1
bis IrDö befanden sich unter H04 nachge«chenen rrosiituiertun
SO tätowierte, darunter 49 allein von dem o1k-m KrwÜbiiten
gezeichnet«. Pahej scheint die Tütowierungslust unter den
öffentlichen Frauenrimmerii noch stetig im Hteigi-n zu sein,
l>ei anderen Individuen des weiblichen Ueschhwht« ktirnmen
Tübtwierungen nur selten vor. Bei den im Jahn- 1901 unler-
suchten nicai zu den Itimen Gehörenden wimlc li«i zwei
Individuen eine Tätowierung olarhnlb des Ktiiee« gvsuhen
und Iwi einem «ine id*«n am Bnisil»ein. Bei allen anderen
befanden sie sieb an den oWrt-n Gliedern. B«i *J2 batten «ie
den SiU nn dun Vorderarmen, bei II an der Innenseite des
rechten allein, bei 6 an den Oberamioii, la-i «iiifoi am Hand-
riiekeu und liei einem an einem Finger. Proi Individuen
zeigten allein «ine oder zwei Figuren, nuuii allein Buclistabim
und Namen, mitunter dabei Ihtlum und Jahreszahl, fünfzehn
Figuren neben Buchstalren oder Namen. Dio Buchstaben
sollten sich auf männliche VerhimIttDgen beziehen, was auch
die Namen tbaten. Pie Figuren wac<n gewöibnlicher Art;
drei stellten ein (liei zwei von einem ITeil durchlM>hi't«s)
Herz dar, drei gefaltete Hände, drei das tianale<tlaulH!-Li«l>«-
Hoffnung- Kmblcin. zwei die grufse Flaggendekoraiion, zwei
ein« Kose, die übrigen «inen Zweig mit Blättern, eii^n Mamis-
kopf. einen gellügelten Fhigdskopf . «ine ganze inlumhehe
Figur, das git>f!te Si'htff u. s. vf. Zeigten die Dirnen Im-i
.H 2 Tro/. der In da« Krankenhaus Kingidieferteii Tütowierungeii.
s(» waren os nnirr den nbrig»'ii Kingeiiefertcn weiblichen
Giwchlechu nur 9,2rrux. , die aüintU(‘h alter wohl zur gehei-
men l’fvistitutiini gehörten.
— Arbeiten für die Festlegung der Grenz« zwi-
schen Brasilien und Peru. Im Jahre 1901 war eine
geiiiisrbie KonimisHion mit der Beschaffung tojNtgraphisrher
riiterlivgcii für eine Festlegung der Grenze zwischen Peru
und Bni.-*ilicn ttesebaftigt. Pie Gren/«, so wie sie augenblick-
lich uns)*iv Kurten verxeiebnun. verläuft von der Kimnündung
des Javuri in den Amazonas (bei Tnlmlingn) den Javari auf-
würis bis zu deaseii Quelle, die unter H*Mi*südl. Br. angesetzt
wuimIo. Bis dorihin schiebt sich dann von Huden her von
Ikdivin iH'anspruchies Gebiet vor. Obwohl die |>eruani9chen
I Ansprficlio dem Parallel entlang ostwärts bis zum 5fa-
I deira reichen (vgl. lutztu Auflage von Amirees Handatla«)
und somit auch dvii ganzen Nonlwestcn Boliv.as )>egreifen,
scheint man sich nun <loch für die Jnrnrilinie alBtinindlagi*
entschieden zu hnticn. Ftnem Brief« des Chefs der brusilia-
nischen Abteilung, Pr. Luiz (Tuls, an die Pariser geographi-
sche Gesellschaft ist zu entnehmen, dafk die Aufgalie der
Kommission in einer genauen AuPmhmn dei Javari und der
HMtrononiischen Bestimmung seiner Hnupbinelle liestand. l^u-
n.üc)ist wurde die Lage der Grenzstadt Tabaiingj» ermiltelt,
dann die I<age der Vereinigung des Kio tiaivez mit dem
»lavAri. Von dort ging man iin Juni den Javari in Booten
hinauf und im August duivh den Crwald ül>er I^aud nach
dessen Quelle. Ihre lÄge wurde mit 7*e'.S5” südl. Br. und
7.H*47'äl'' wesll. L. bestimmt; sie liegt also ein wenig süd-
licher, als bisher aiigemmiimm wunle. Die bnisilianiacha vVIr
ivilntig hat auch auf meteorologischem und ethnographischem
Gebiet gearbeitet.
— IMc Polarexpedition des Har«»n ToM. Wie di«
,St. Pntcrsbnrgi-r Zeituin;* mitteilt, ist lA-utnant Martbiesen,
der Komimindciir des F.x|NslitiotisschilT*-s ,Sarja', mit einem
Teil der BeiiiHtiiiung Mitte Jnitiiar in Hl. Petersburg ein-
getruffen. Baron Toll sell*«i. der S^Hjluge Itiruln und der
.\Htnmoni Keel>erg sind dagegen noch «Iratifsi-n. Von der
SierpitM'lijeliucht an der W«-stkü«te von Kotainy. wo di«
.Sarja* auf lUo2 iilK-rw inti-rt hatte, lasgab sich Birula Milt«
Mai nach d«r iiisnl Neusibirien, um dort den Sommer Üls-r
zesdogische und sonstig« F(»rschungun aiiszuführen, und Ari-
fiing Juni brnch Baron Toll mit S-eberg nach der Ihnnieti-
b)«ei auf. um dieiae genauer zu untersuchen, als es dnrrhdü*
Joniituiiiticxpedition hatte geschehen können. Heid*- Abteilungen
Kleiue N'uohriehtcu.
\m
w)Ut«>ii im de* Konimom IWS vi>» <li*r »Sorj«“ »Yn;eholi
wen)«n, d«K’b i*e»'h»iot4* uia« auch von vonihfr*'iii mit (I«t
M<>^'U chki>it, ilaf* daa nicht auttröhrltiu’ *ein kdonte. und dar*
man dann scibur die «Harja* aufsurhen miifst«. In ‘Icr Thal
hat das HohifT wrder mit Hanm Tnll. mich mit itiruln in
Verhimlunt; treU*n können; die Kirnna-wn nmchu>n alle wiih-
mid des Aujg'ust iiutomonimenen Vi-rsuche zu »chamUm, es
kimnto weder Kap WysMoki auf NeUHibirien. wo bicIi Diruln
MufliiHt, «•rreichl. noch Neu«ibirien im Osten «Hier Westen
umfahren wervlen, um Kap Knmm(HeiinettinRßl) zu gewinnen.
Ko ging denn die »Harja' nach Siideii imd lief am 10. Sej>-
teinber in die Ttkailmcht im (Hien der liemiinündung (71'’46'
nördl. Br.) ein. Hier iilterwinlert die „Sarja* mit einigen
Leuten an Bonl. wahrend Matihiosvu mit d<‘n übrigen mir
der .Lena* Dach Jakmak ging und hi die Heimat zurück*
kehrte. Dio pLciiu' ülMtmahin auch v<m der .Karja* dan
ganze wia«entchaftliohe Material. Wann man \un Baron T«dl,
Seelierg und Birula etwa» hOren wird, ist unsicher. Vielleicht
weilen sic zur Zeit allo drei auf den Neu^ibirischeii Inseln;
dann kehren sie vermutlich noch in diesen) Winter zurück.
Ist Harun Toll jedoch nuf «lor Bennettin.sel festgcbalten wor-
den, !to dafs er zur Zeit dort (il>*Twintern mufs, so ist die
Heimkehr des Führer» der Ksi edition erst im nächsten Uerltst
zu erwarten, .\nfang Februar d. .1. l)eAlMicbtigte der Ingenieur
Brufsiiew sieb nach den NeusilnriKchen Inaeln zu liegeWn,
um *ich den drei Forschern zur V«TfiigUiig zu »teilen.
— Uie Verbreitung, HtandortBanspriiehe wie (te-
schichte der l'nstauea vesca Gtn., der echten Kastanie,
behandelt Aruoitl Kngler (Her. d. Schweiz, bot. (ies.. Heft II.
1901), mit besonderer Berücksichtigung der Schweiz. DAsell«t
lassen sich drei vonuinander getrennte Uebiete uDterscheidpn ;
Kin südwestliche* und westliche», das das untere Khonotbal.
die Ufer des Heoferscc* und den südÖBtlicheti Fuf» de« Jura
lang* dem Keueuburger* und Bioleraee umfafst; ein zweites
bilden die Ufer des Vierwaldstüttomec!* und SCugersees, wäh-
rend das ostschwoizerisebe vom Hoezthal und dem llheiulbal
vmi liiur bis Itheincck in sich begreift. Hoher Kalkgehalt
des Bodens schadet in der Hebweiz dor Kastanie nicht; sie
gehört demnach zu den vielem Gewächsen, welche für boden-
stet gehalten wurden, sich schiiefalicb aber in einem Gebiet i
als kalkscbeu, im anderen als bodeuvag und im dritten sogar
als kalkhold erweisen, im allgomeincu verlangt die t'astanea
kieseUäurereiche Bikleu. Was die Geachiebt« de* Baume*
anlangt, so halt Verfasser ein spontanes Vorkommen der
Kastanie nur dort für mi>glich, wo sie entweiler allein «»der
iu Mischung mit anderen Holzarten gcBclilonsene Hi>chwaUi-
bestämle bililet. Kie dürfte im nörilliohen Frankreich, in
KlHafs- Lothringen, in der Pfalz, im Gebiet de* Jura wie der
Alpen, aueb am Hlulabfall der let/tereti nicht autuchthoo sein,
dagegen hält Kngler sie auf der Ilalkanhulbiusel, im shd*
lieben t'cgaru, in Stavonien, wie Kroatien, im /.uge des
Apennin, auf der IberUchen Halbinsel, vielleicht auch iiu
südlicheu Frankreich für wild, lumierhiti mufs das Vor-
koiniuen der Kastanie iin rrwaJd. durch Z<i*atumeuwirken
liwtimmter KlimnlUcher und ökologischer Faktoren bedingt,
als ziauilich Iie^chränkt erscheinen; ihr heutiges zah'reiche»
Auftreten iu den Mittelmeerlünderu und ihre weite Verbrei-
tung im übrigen Kumpa verdankt sie men«chlicben Kiugriffeu.
Wahreml der Bronzezeit der Italiker, also ungefähr IbOo bis
lübU vor L'hi'isto, bat die Ka*>taiii« am Küdfufse der Alpen
noch nicht «AUtiurt. Bes-^ere wohlschmeckende Korten kamen
wohl erst iui 'i. Jahrhundert vor Christi Geburt von Kleiii-
Asicii nach <>riecheuland, erst durch die Veredelung erhielt
iin»er Baum die grofse spätere Verbreitung und 7le(b‘utuiig
als Fruchthaum. die er beute in Südeurv>pa hat.
~ Ober die Kndmoranen von Weirsrur»lnnd und
liitauen verotTentlicht Anna Missuna (Zeitschr. d. deutsch.
ge«d. Gea., r>9. Ikl., luu‘J) eine Arbeit, der wir folgende* ent
nehmen. Die Moränen bilden die nördliche, südliche wie
(•»iliche Vtiiratidung des Wilijalieckeus, auf de»seu h«>h*tH
Kteileu sie meistenloil.* zu liegen koumien. Hie *ind wohl als
eine einheitliche Kiitlmorilne aafzufuKieu. welvhe von dem
WilijagleUcher zur Zeit abgelagert wunle, als da* Landvi*
während seiner Aliachmclzungsperioile an iwdncm Hndende
keine koutiuuierliebv Mukso mehr bthleU’. Dio beiden Knd-
iiioränenllngci .sind ungleich gestaltet; dein südlichen fehlt
o* an Hoeti, auch ist es keine typische Morünoulaudschaft
dort. DiiBeJbat »chomt die Ktaumoräne die Hauptr<dle zu
spielen. Die hier und da auftretende *lark hügelige llelief-
l'orm sieht MUsuiia als .sekundäre, diiixb Krusiun entstanden
an, wahrend an dem NordHügel, wi» die Aufschüttung die
llauptroliu geM|iielt zu Imiven scliaint, die Bedüngungen zur
Knuiehurig der Ko«n zur Zeit der Altsrbmclzporiodle in <ler
ursprünglichen Gestaltung dos Bodens uegoben waren. IHe
vei-Bchiedenen Kudmoräumistücko zeigen ein «ehr ungleich
frisches AuNsehen. Da sie silmtlich auf einer breiten Wawaer-
scheidehohe geb-gen sind, die geraume Zeit von dem Scbtn«^lz-
wa«scr Itespüit ist. haben sie eine starke Kriwiuu erlitten, und
diese» um »o mehr, je östlicher ihre Ijage war und je früher
sie abgelagert waren. Dafür, daf* wirklich die liauptmaM»«
der Sc-hiiudzw Hsm^r dieser östlichen Kichtung der Wasserscheidr
hinunter gefolgt ist, »prichi die mkehüge Hntwiekelung von
Kand mit Heidecand auf der breiten vom Nergutsch und von
der Borosina duivhlloMiteDcn Kbcue. Was den siidlichen Kud*
iiioränenilitgel anlaogt, *■» scheint derselbe einer HeitenmorMne
des WilijagleUcher* zu entsprechen, und das JUind im Süden
der Kndinoräne M'hcint zur Zeit ihrer Abi^fcrung eisfrei go-
weseii zu »ein. itstlich beobachtete Verfasserin gcachichtoteit
Sand und (ie»cbiet>ewergel, welche einer ältere» Vergletsche-
rung anzugehören scheinen und vielerorts von einer mächiifscn
iiHg».’ lypinchen I/>r*«s ülierlagert sind.
— SiodelungKart in Italien. Die Volkx/ählung iiii
Königreich Italien vom IU. Fobruar 1901 hat ergclaui, daf*
von der Bevolkerungsziffer von 3247S253 Einwohnern 23302 309
72 Proz. io geschlossenen Ansiedelungen lebten. 9172914
in Kinzelhöfeu. Auch bei der Volkszählung im Jahre 1391
trat da» gleiche Verhältnis in dev Besiedelung auf: h'ur iu
der KmiJia, den Marken und in rmhrien überwug die
Bcsietlciung in Kinzelhofen die in goschltsisenen Anaiedo-
luugou, in Toskana waren l>eide B(^iodelUDg*fonueii bei-
nahe in gleichem Prozentsatz vertreten, in don südlich«*»
Provinzen und auf den Inseln wohnt die Bevölkerung f«>t
ausachlicfslich m geschioiMM.-iien Ansiedelungen, eine Tbm-
sache, die sich schon au* faiidorUchpn Gründen leicht er-
klären Ufst, und die noch heutzutage durch die klimatischet»
Verhältnissu und zum Teil nach innen durch die l'iisicbcr-
heit bi'dingt ist. Halbfafs.
— Dan Ziesel schildert Arnold Jacobi nach Verbreitung
und Ijcbenswuise (Archiv f. Natui^ecb., .Jalii^. Aä, 1902.
I. Band). Dieser Kager bewohnt Schlesien vom südlichsten
Endpunkte der Provinz bis dicht an die Grenze der Provinz
Brandenburg, iiu Norden in Kolouieen, die meist auf dem
linken Oderiifer liegen. Da« Gebiet erweitert sich unver-
kemibar nach Korden und zwar mKb gegenwärtig. Im
Königreich Kach»cn ist da» Vorkt»mmeu auf einen kleinen
Bezirk auf dem Kamme des Erzgebirge« iMischrftiikt. Iin
übrigen Deutschland Ündot sich der Zioael anscheinemi
nirgends. Konst kennuii wir io Europa den /Je*el aus 01*er-
und Kiederi'islerreich. dem grOfsteu Teile von Böhmen, und
einem ansturseiiden kleinen Bezirke in Hachsen, in (v«ter-
re)rhiKh-Kcble<Hen wie in Mähren. Ungarn beherbergt ihn
südlich und weltlich der Karpathen bi* zur Drau, in den
Balkan*tauten ist er an der nord- und südöstlichen Grenze
uachgewie-o«n und häuHg in Bulgarien. Ganz abgetrenut
davon erscheinen Kolonieen im türki!«chen Makedonien und
bei Konsianiinopel. liumäniett, Wallachei, lb>brud»chau und
Moldau sind weitere Stand«|uartiere, Bukowina, Bea-Hrabten
und Podolien sind wohl auch sicher zu nonueu, für West-
galizien liedarf da* Vorkommen einer genaueren Bestätigung.
Für die [Ander der unteren D«>iiau liegen nur einzelne Be-
obachtungen vor, jedenfalls aber bildet das Becken der iHmau
den IfHUplIidwusbezirk des gemeinen Zic*ei*. IK'cb gehört
dazu auch das der Oberelbe und der Oder, lüe Hiedelungen
l>ei Kalunike, am Bu*{H>ru* mul am Bh4Hlo{>egebirge gehören
zum Kntwässerungsgebiet des Agitischcu Meeres und liesit/en
mit di-iu Ibinautieckeu gar keinen Zu^ammenham;-
— In der Z^dwehrift des deutschen und ö«ierreichis«‘hen
AIp*>n»ereins (1902) setzt Oberhummer seine Mitteiinogeu
über die Al|>enkiirt«u fort, indem er auf die im v»*rigcn
■lahrgang gehrwehte Kchilderung der l>arstellung der Alpen
auf tien Uipi»grnphi»cheu Karten von den ältesten Zeiten au.
diesmal die Entwickelung der bayerischen Alpen-
kart ogr» pb i« iui 19. Juhrhundert folgen läfst. Die staat-
lichen Anfnahineu lie* bayerischen Alpeuanteilt, die ja natür-
lich auch für fii-t alle privaten kartographischen Arbeiten
die Griindlnge gebildet haben, weiden dalH^i ihrer historisi’lien
Aufeiimndcrfolge nach Ixjapiwhmi und durch ausgewähltc
.Viissi'hDittv au* einzelnen Karieiiblättcm erläutert.
Vcrsiilwuitl. Ib-iiskteiir : Pr»r. Dr.lt. äiiJree, Urdtinscliweig, KslIenilcI’Crlbui-l'i'emrosilc 13. Dnnk: FileJr. Virweg u. Sebn, Uraunx-hweig.
■wucnaiA ANS
Die deat»chen Saloiiioii*liiselii. i:S(K<OüOü.
(Auwrhnitt «Q« Lieferone t de» grofeeii deiiUchPB KolontnUtI«», Kart« von l>eut»ch'Nru-Guinra. «»tlich«» Blatt
von I'. S|)rigade und M. Mottel. Berlin. Itietriclt Keituer. 1901.)
Glubu», Bd. M, Kr. 12.
VerU]; too l'riedr. Vieweg u. Sohn io Rraunacliweig.
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BOUGAINVILLE !
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GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT > 1 T DEN ZEITSCHRIFTEN: „DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
HF.RATTSGEBER; Pkof. D«. R. ANDREE. VERLAG von FRIEDE. VIEWF.G & SOHN.
Bd. LXXXIII. Nr. 12. BR AUNSCH WEI Q. 26. März 1903.
Skchilmrk aar cuteb Ob«r»lskunfl Mit der VerlegFliNJullang
Die deutschen Saiomo
Von II. Sei
(Mit einer Karte
Ah wir in den denkwürdigen Jafaron 1SH4 bis 188B
unnere Kla|;^e an den Gestaden MelatiesienH entfalteten,
wurden auch die Dordwe»tiicbeu Satomo-Inifelu, uämlich
lsabel, ('faoisetil und HougainYÜle'Buka uiit sämtlichen
Nel>unsrliedorn,dor deutschen üerrscbaft eiiiTerleibt. I>ie
LandeHhoheit in jenen Gebieten Übte zunächst die Neu*
Guinea-Kt»iupttguia aus, der diesen Hecht durch die kaiser*
lieben Sohutobriefe vom 17. Mni IdHÖ und 13. Dosuuiber
1886 in aller Form übertragen war. Leider ging die
Kompagnie bei der praktischen Aiisfilhriing ihrer aller-
dings sehr schwierigen und umfaasenden Aufgal)«n nicht
immer mit dem nötigen Glück und Geecbick vor, und b»
ist es zu erklären, dafs u. a. der koloniale Nutzwert der
una ZRgufalleuen Salomo-Iiiscln fast unbeachtet blieb.
Nur für die Anwerbung von Arbeitern hielt mau sie
geeignet; denn selbst die MiMsiunare gestanden zu, dafs
die !*apuas von Kaiser ÄVUbolmslaud , weniger anstellig
seien als die grofseti, starken und geschickten Salomo-
Leute**, die debbulb zu allen IHensten in Haus und Plan-
tagvli gern genommen würden. IKe Kompagnie atellte
(lemgemäCs einen besonderen Heamteu, den später ver-
atorbeneu Hotaniker Ludwig Kärnbach, mit dem Segel-
eeboner „Senta* ausscbliefslich für du» Werbegeaebäft
ein. Auch der durch mehrere Foracbungfirciscn bekannt
gewordene Dampfer „Ysnbvl* aoUtc, soweit als möglich,
denselben Zweck verfolgen. Das iüt mehrfach geschehen,
und die Berichte über diese Fahrten gaben häufig er-
wünschte .\ufNchlßsse betreff« der Natur und der Bewobiier
jener Inseln. Sehr belangreich wurde namentlich eine
Kxpe<Utiou des LandeKhauptnmmies Krätke, jetzt Fnter-
Staatssekretär des Keiebspostamte», der vom 9. bis
28. November 18H8 mit der „Ysabel“ und der „Samoa*
um Buka uud Boiigainville fuhr und dabet den schon
vorher von R Parkinson benannten und teilweise unter-
suchten König Albert-Sniid zuin erstenmal in der ganzen
Länge |uissierte. Im Jahre 1892 gingen die Werbereisen
der „Ysabel** bi.» zum Südoude der gleichnamigen Insel
hinab. Wir erfuhren dadurch, sowie durch einen Be-
such des Kreuzers „Bussard*, dafs ausgedehnte Strecken,
vornehmlich am Nord- uud Nonlweatgevtade, die zur
Zeit der spanischen Kntilecknng und nachher dicht
besiedelt wureu, ni'ucnliiigs durch dio ewtg<*n Raub-
Züge der Kopfjäger aus Neii-Georgia und Gundalcunar
zur menscbchleureu Kiuikle geworden seien. Wir erfubnni
aber auch, dafa »ich dort, wo dio Bevölkerung nicht so
arg heimgesuubt wird, wo sich ihrer, wie an der Tausend-
Globu» LXXXIII. Nr. 12.
-Inseln sonst und jetzt.
de). Berlin,
ata Sonderbeiiage.)
achiffsbai, dio eugliacbe Melauesian Miüieion IhiitkräfGg
angenommen bat, ein liedeutender Fortachritt io der
flultung und J^ebensfQhning der Wilden bemerkbar
• mache.
Merkwürdigerwoi»« begegnet uns in den deutschen
Quellen, eioschiiefslioh der Kapjwrte unserer KriegsüchiEfe,
kaum ein Ort ül>er die Ineel Choieout Für 1H97
meldet der kaiserliche Richter Dr. Habt uur ganz kurz,
ilafa Bougainville sowohl wie (’hoiaenl lediglich „durch
Handel von BunI der Sohifie aus* be^beitet würden.
Kin Jahr später hören wir ar>dann von „Verbuchen, auf
diesen lustiln mit Niederlasaungeu festeu Fufs zu fassen*.
.Allein die Versuche scheiterten stifort „an der Wildheit
der Kiugeboroneu uud der Konkurrenz fremder, dort ohne
' Erlaubnis handeltreibender Schiffe*. Cher die barba-
rischen Bewohner hiitten bereit» 1768 dio Franzosen am
I „Kriegerflufs“ traurige Eindrücke gewonnen. .Aber un-
geachtet der schleunigen Weiterreise entging «s ihnen
I nicht, dafs der ganze Nordweatteil von t'hoieeul durch
ein dicht begrüntes und anHcheinend sehr fruchtbares
Land gebildet wird. Dieat* .Annahme beatätigteu voll-
auf die Arbeiten de» britischen Vermessungsschiffe»
„lutrk*, da«, mit dem .Arzt und Geologen Dr.Guppy an
Bord, in den Jahren 1 m 83 und 18H4 im Salomo-.Arohijiel
tbntig war. Guppy fand bei seinen .Ausflügen am Mula-
mnhuli einen tiefgründigen, bunmsen Boden, dazu Wald
und Wasser in Fülle, also die wichtigsten Yorl>edingiiiigen
für den Plantagenhau, so diif» er rhoisenl dringend zur
.Xnluge tropischer Kulturen ompfclileu zu müssen glaubte.
Diese in eiigliNchen Kolonialkreisen jedenfalls mehr al«
iNii uns gewürdigten Vtirscblägu gaben dem I.s>ndoner
Kabiiieit triftigen Grund, die Erwerbung der gelobten
liiHvl für die Zukunft in» Auge zu fassen. Die Gelegen-
heit dazu bot «ich bereit» 1 h 99 l>eiui Abscblut« der
Samua-.Vkte, die uns in .Artikel 11 aufser anderen Opfeni
noch die Herausgabi* dar „östlich faezw. südöstlich von
Bougainville gelegenen luacln, welche« letztere mit der
zugeliörigen Insel Buka bei Deutsohiand verbleibt*, zur
Pflicht machte. Welche Nachteile uns damit beschert
sind, wird bald genug die Zukunft lehren, in der man
über den Verlust von ChoiHCul und lsabel sonder Frage
ander» denken wird ul» Herr v. Ha«ae-Wnrtegg. Dieser
glaubte, in seinem Buche ülmr Neu-Guinea und Samoa
die Bositznnbme uud dio /«»ssiou jener Salomr»- Inseln
mit einem alten Posseiititel ul» „zwei glückliche Tage*
buwitzcln zu dürfen.
23
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182
II. Suidel: l>io duiitschon Salouio-Instdn totiKt und jetzt.
Luider siud wir im Samoahandel auch n<»ch um die
SbortIaud-Gru{»pe nel>»t Fauro und .•utiulHcIum {n»e)ii
der IlongainvilleHtrarKt? erleiebturt worden. Wir haben
Hh hier mit zahlreichen grofsereu und kleineren Küandeu
zu thuu, deren bedeuiendntes, nämlich Alu, kaum 10 See*
luuilou Von Buugaiuville ahliegt und seinerzeit nb llrsi-
deuz <le» Tor neun Jahren Teretorbenen alten Weilsen“
freundes und „Königs“ Gorai vim Wichtigkeit wur.
Burch den Wnfiufs des lotzterou ist die Authn»}Kjphagie
nicht nur auf Shortlan«! , sondern auch auf den benuidi*
barten Niederungsdistrikten fou BougainTÜle ansebei*
ncud ul» beseitigt zu enichteu. In Sbortlnud sprechen
benb’ fast alle Häuptlinge engliKcb, so dafs sich der
Fremde leicht mit ilinen verständigen kann. Viele ihn^
Cnterthanen waren in Samoa oder im Bivmarck*Arcbipei
und in Neu-(tuinen als .\rbeitcr bosclrnftigi und batten
»ich völlig an da» deutsche Hegiment gewöhnt, I>ie Ab-
tretung der Inseln lief» daher selbst Herrn von lle.sae-
Wartegg nicht kalt. Sie geschah, wie er .schreibt, ganz
„ini Widerspruch mit dun imturiicbun Yerbältnissen’'
und sehr ..gegen den Willtm der deutschen Firmen in
Herberisbübe“, die an dem Koprahaiidel der Gruppe stark
beteiligt sind und de.shalb «len Verlust auf da» lebhafteste
beklagen. Obendrein batten sich kurz vorher auf dem
Inselchen Poporag die deutsnli-katboliscben Manst^n*
Missionare angeüiedolb um zunächst in der näheren Um-
gebung und daun in dem lange verHcblussuneu Bougaiii-
ville die Bekehrung in Angriff zu nehiiieu ‘).
Ha.s Samoa-Abkommen gesteht uns zwar in Artikel IV'
das Recht zu, auf den britiNchen Salomo-lnsL'lu , ein-
Hchliefslich der von uns aufgegebencu, Arbeiter frei unzu-
worlwu. hie „Knderklärung“ der Akte macht aber den
Zusatz, dufs diese Anwerbung nur „unter denselben Be-
diiiguugeu gestattet »ein §oll, welche grofsbribtniiiscben,
nicht auf jenen Inseln wohnhaften Unterthanen auferlegt
sind oder noch auferlegt werden“. Hu.s klingt so
weit ganz unverrnnglich uud bureclitigt; wa» jedoch dar-
unter verstaucleu sein kann, beweisen die seit IH9Ö für
die englischen Salomo -Inseln vorgesehenen „din-kteu
Steuern“, über deren Höhe timl Wirkung die „deutsche
Kolonialzeitung“ (1903, Nr. 6) da» hh-forderliobe mitteUt.
Das »ind die Früchte jener engherzigen Parteipolitik
nnserpH Reichstage», der am 27. April 1880 unter dem
verhänguisvoUeu Einfluf» de» Abgt‘or<lueteii Bamberger
die vom Fürsten Bismarck geforderit^ Reiebsgarantie von
300000 Mark und damit den günatigsten aller Kolonial-
verträge ahzniehimn für gut befand. (>umulM konnten
w'ir für diesen Spottpren» das unguscbmälm'te Krbe de»
Hauses Godeffroy, d. b. mit anderen Worten die Herr-
schaft über deu gröfslcn Teil der Süd»cc ohne den
Widerstand der F.nglamler und Amerikaner nntreten,
mit denen wir jetzt da» Wenige, was uns geblieben ist,
noch teilen müssen.
Statt uns noch weiter mit jKilitischen Rückblicken
nufzuhulten, wollen wir nunmehr zur geographischen
Beschreibung der letzten deutschen Salomouen Bouguin-
ville und Buka übergehen. Sie erhel>eii sich, wie der
gesamtif ;\rchi{>e], auf einem deutlich erkennbaren iinter-
aeeischmi iMateau, dessen rmfiing durch den V'erliiuf
der 1000-Fadoulitiic angegeben wird. Gleichwuhl he-
»teheii zwischen einzelnen Gliofleni nicht »eiten erhobiiehe
Senkungen, die bis zu 700 und SOO m hinahreiehen.
Nur Huka, Itougainvilie und t'hoiseul machen darin eine
Ausnahme, da sie ganz innerhalb de» lOO-Fndengürtel»
D Ouf» die Misoion xtk der Weggftfie von Nhorilanil nielil
guftchwiegen hni . kann man hu« deu ZeiiM-hrifien „Kreuz
und Kchwei'l* und «OoU will v»*' ergehen, nnmeiiilich itu»
letzterer, die im Jahrtfaug« 190) die SnuuMi’.Vkie
razeufliert«.
' liegen, also ein gemeinsames Ganze darstellen , das an
zwei Stellen, nämlich im schmalen .\lberteunde und in
der 45 bi» 18 km breiten Bougainville-Stral»« eine Tren-
nung erfahren hat. Geologisch betrachtet zerfallen die
grnfsen Inseln in zwei Klassen, ultvulkanische und jung-
vulkanische, zu deren ersterer Sau Christoval, Isabel,
Mntnita und Guadalcaimr gehören, wohingegen die andere
aus Buka, Bougainviilc, Choiseul und Neu-Georgia ge-
bildet wird- Für deu rezenteren Ursprung der letzt-
genannten sprechen schon äulserlich die hohen , syni-
metri»cheu Kogelberge, deren scharfe Konturen noch wenig
von den Kinflüssen der atmoBpbärbchen Denudation ge-
litten haben. Auch die kleinen Inseln ordnen sich in
zwei Klassim und zwar in solche, welche einen vulka-
nischen Kern besitzen, und in solche, die völlig zur
Kalkfurmatiun rechnen. Die Küsten und da» au.»tofsende
Seichtwas'‘er wimmeln von KorallHubauten. AI» besonder»
gefährlich gilt das lsabel -Hiß, im O.sten jener Insel, da»
an 200 km lang und .'>0 km breit ist. Häufig sind die
I Kiße gehoben, im Durchschnitt um 120 bis 170 m über
diu jetzige Wasserlinie, wie denn überhaupt unser Archi|>el
ein Schauplatz liedeuteuder llebuiigHer^cheinungen ist.
Du» Imweisendie ternissenförmig aiif-Hteigenden, festungs-
artigen Ge»ta<le und die konzentrischen Zoopbyt> uwälle.
.Vndererseita la.ssen »ich aber auch Senkungen nicht ver-
kennen, 80 z. B. in dem vulkanischen Krschütterung»-
geliiet der Bouguiuville-Stratsc, wo au mehreren Stellen
ein deutliche» Abw-Hrt»rQckeu zu Tage tritt. I'ür die
Dauer und den möglichen Fortliestand dieser Senkung
zeugt ferner die eigenartige Atollkette, welche die Salo-
monen auf der Nordostseite begleitet.
Die vulkauisrheThätigkcit beschränkt »ich vorwiegend
auf einige der kleineren Inseln, die bi»weiJon Zeichen
unterirdischer Wirkuugen von sich geben. Auch etliclie
Fumaroleii, ein paar heifse (Quellen und eine Solfatare
sind ihnen eigen, abgesehen von den Kratern ihrer
Gipfel. Ein wirklich aktiver Feuersptder iHTindet »ich
zur Zeit nur auf BougainviUe. ist der Haguuu, etwa
in der Mitte de» Lunde», der 1884 einen verheerenden
Auabruch hatte, Imi dem viele FJngeborene um» I/eben
kamen. Seiblem stöfst er beständig gi*<»f»« Rauch- und
Daiupfwolken aue, die man auch, alicrding» schwächer,
hei »einem Nachbar Gninot wahrgeuomuicu haben will,
üin BO ruhiger verhält »ich heute Savo oder Sesarga,
eine V'ulkHninsel , welche die Spanier 1567 in heftiger
Kruptiun »uhuu, die aber nach der letzten Katastrophe
vor 40 oder 45 Jahren alltnahlich entscblumiuert ist.
Gleichwohl gehören Krdbehcn und Kr4i.»iöfse in diesem
wie in den anderen Teilen de» .Vrebiptd» keinesw'eg» zu
den Scltenheiteu. Namentlich scheint die Bougainville-
Strofse öfter heimgesucht zu werden. Nach einem Brief de.««
Maristenpaters Knglert vom August 1899 traten die
Krschätterungen dauml» in Poptrag und Umgegend
fast an jedem Tage auf. „Kürzlich“, schreibt Knglert,
„war der Waid niu uns herum iii Bewegung wie ein
.ihreufeld. Ich befand inicb gerade mit dem hoeb-
wUrdigeu Biftchof Broyer zusaiiimen »uf dem Hügel,
und wir glaubten, die Krde würde »ich öHnen, »o wurde
allen goBcbüttett.“
Die Insel Buku ist eigentlich nur ein Nebeiiglied
des grölscren BougainviUe 2). Gleich diesem besitzt e»
eineu schlanken, geBtreokten Körper, der von Kapllenpan
oder dem Nordkap bi» zum Sunde 52 km lang ist, bei
einer Breite von 8 bi» lf>kin. Die starre, wenig auf-
gcschloMseiiü Ostseite fällt etwa 50 tu hoch »chruß zum
Meere ab und läfst uu ihrem Fulsc häufig kaum etwa»
’') Vfigl. ,Hic naliirlichyii Kuitäle »uf den HalnjiHt-lntsfln*,
OloPiu, Bü. t)7, 8. Otr. 1895.
If. Seidel: Pie deutschen Saioino-Irtselu «otist und jetsi.
lan
Vorstrand frei. Sie wird von einem Riff umpOrtet, da;*
Mich liicketilo» aue Gestade legt und, autser bei llana*
han im gleichnumigen IHatrikt, ein I<auden t>chier uu-
möglich macht. J)azu tobt vom Nordkap an eine so
furchtbare Rrandang, dat» unsere SeUiffsboote darin
uufehlbnr zerMchellea wünlen. Um ho erstaunlicher ist
es, die hliiigeborenen zu beobachten, wie sie „einzeln auf
ein paar schmalen, zusammengebundenen Palmenwippen**
durch die llrecher rudern, oft nur, um einige NVuffeu
oder sonstige Kuriosa an die draufsen pasHierenden
Fremdeu zu verhandeln. Dur Ufersaum ist trotz seiner
Knge «licht besiedelt; denn überall erblickt man die
charakterist ischui), niedrigen Hütten mit den fluch gu*
wölbten Dächern, die auch auf der Höhe der K!ip}ieu>
wand, im „(tberlHrido'^, sichtbar wurden. Gute Anker*
pläUe dürften erst weiter südwärts zu finden sein, wo
am Beginne der Stratse einige Buchten föbrdonartig in
das hier ebene, wohlbesiedelte und fruchtbare Inueru
schneiden.
Reicher entwickelt ist die Westküste. Sie zeigt durch-
gängig Mangrovenbostaud mit Hochwald dahiiitur, der
sich allmahüch zu den Bei^cti em}>orzieht. l>em Strande
Ist bald in grnfnerer, bald in geringerer hmtfcnuing ein
mächtiger Zoüphytunkmnz vorgtlngeri. Von KapHenpan
unter ö” U «üdl. Br. und 154® 35' ühH. L. von (xreenw.
bis zum tjngang in «len C'arolabafeii hält er sieb hart
am Ufer. Krst von der sfutzen Halbtnstd »n, die sich
aus Nordosi vor den Hafuti Mcbtcbi, weicht er in See
hinatiH und streicht in 6 bis 7 km .\betand parallel mit
der Küste niicb Sadeu. Dicht untur der genannten Halb-
insel liegen, durch eui KifTinsoIchen getrennt, die beiden
Kinfahrten zum Hiifon, der »ich als ein weites, länglich-
rundes Becken mit mehrfach gezacktem Binnenramle vor
dem Ik'sucher öffnet. Der Aukergniud ist ausgezeichnet,
der Windschutz vollständig; nur fehlt es au Trinkwasser.
Die kleinen BitmeninBelchuu, laut Grundbuch deutscher
Privatbesitz, sind fast sämtlich unbewohnt unrl dienen
Tausenden grofser Holztaiibou als Ni^t- und Brutplatz.
Auf dem Riff erbelton sich sieben niedrige, gat Ijewaldete
Kilande, die trotz der ungünstigen Wusserverbältnisso
eine zahlreiche Bevölkerung haben. I>er Binnenkanal
zwischen Kiff uud Ufer kann selbst von tiefguhunduu
Kriegsschiffen zu jeder Zeit benutzt werden. .\uf»erdem
führen zwi»chen den Rißinseln noch etliche sichere
pHsaagen ins Meer hinaus.
I>as Innere Bukas bcBtehi nach dem Wenigen, was
wir darüber wissen, aus einem nördlichen flachen und
schmalen Teil, Banifs genannt, und aus eiiioiu südlichen
lireiteren und gebirgigen Teil, der bei den Kingehoreiien
Tscholof« und '/.o\oU heibt. Die Bürge ragen jedoch
kaum 300 bl« 400 m empor. Da» Südeiide ist wieder
flach, ebenso der Nordzipfel BougainvUles, so dafs Wido
Inseln, aus der Farne geHchen, zusaniiuenznbängen schei-
nen. Diese Wslirnehraung, verbunden mit den Gefabrcn
«les von Klippen und Riffen erfüllten Meeres, liat auch
die flrforsehung de» König AllHfri-Sundes so lange hin-
ausgezögert. Seine Westzufahrt wird nach auben von
den Kayser-Inseln umschlossen. Zwischen Toioch, einem
Gliede dieser Gruppe, und dem SQdwestkap Buka», dem
ein gewaltiger, von Korallen eingefafstur Felsblock vor-
gelagert ist, betreten wir die Straf«« und durchkreuzen
zunächst mühsam und tastend ein weites, von hohen
Herginseln überragte« Becken, das an landschaftlicher
Schönheit und wechselnder Szenerie kaum seinesgleichen
hat. Vor und hinter un» glitzert im hellen Sonueiiscbeiii
das dunkelblaue Fahrwasser, das jedoch in beängsti-
gemlur Fülle durch ^marngdgrüne, weifsuuischäumto
Kiffe bedrohlich eingeengt wird. Ktwa halbwegs zur
östlichen Pforte liegt die engste und zugleich sidc)ite«te
Stelle, wo das Schiff inmitten eines Schwarmes von
Korailenstöcken nur in 9 Fufs Wasser schwimmt. I»t
diese Klause |»a«siert, so beginnt der zweite .Abschnitt
des Sundes, der sich fortan ale ein mäl»ig bruitor, nord-
östlich gerichteter Kauul darstelit, in dem KbW and Flut
ihr lebbuftes Spiel treiWn.
Nunmehr k«uumun wir zu Buiigtiinvilie, dergröfsteu
aller Salomonen, du* den Namen ihre.» Knldeckers trögt,
während Buka uacb einem Kufe benannt ist, der den
Franzosen 1768 und dann 1702, als d'KDtrecatsteuux
auf der Suche nach La Perouse die Insel berührte,
wiederholt eotgegentönte. Da» Wort wurde von ihnen
als oiuhuimiscbe Bezeichnung des I.andos HufgefafNt, ist
aber jedenfalls nur eine Warnung und bedeutet etwa
„fort, fort!*' Jiougninville milst auf der l.ängHachKe
reichlich 200 km bei einer Breite von 40 bis 80 km. lk>r
Flächenraum belöuft sich — Buka eingerechnet — auf
10000 i|km. Da« zentrale Gebirge wird fast allseitig
von Nietleruiigen umgeWn, auf welchen «ich neben un-
gezöhUen Bächeu selbst einige gröfsere Flüsse entwickelt
haben. Wo diese aus dem Gebirge treten, bilden sie
mehrfach prächtige Wasserfälle, die bei tiefstchender
Sonne wie SilbcrHireifen glänzen. .\m Gestade dehnen
sich diu unvermeidlichen Mangrovcndickichie aus. Die
Korallen dagegen lassen gewiaae rferstrecken frei,
wuchern dafür an anderen um so üppiger. Die Küste
ist ziemlich stark gcglWlert. das zeigt sich bereits
HU» kurzen Nordgestade vom Kap Schmiele am Albert-
Sunde bis zum Kap L'.Averdie. Schon auu der Feme
bemerkt man, etwa in der Mitte zwischen beiden Land-
spitzen, das hohe und steile, meint mit Ora» bewachsene
Baniu-Massiv, das aber keine isolierte Erhebung dumtellt.
wie es zuerst wohl den .änsrbein hat, sondern ein weit
TorgcschoWiier .Ausläufer de« Kaisergebirges ist. Die
Küste bildet auf beiden Suiten vorzügliche, tief einge-
«chnitlune Häfen, deren bester ostwärts von Baniu liegt
und von den hüngeboreneu l^uiä genannt wird. Kr ist
gegeu alle Winde geschützt, hat eine breite, sichere Ein-
fahrt und HU günstige Grumlverhältnisse, dafs selbst
gröfsere Schiffe fast hart am Lande anlegen können.
Nach Parkinson« rnafsgebendum Urteil liefsen mch
hier mit geringen Kosten die nötigen Vorrichtungen zum
Laden und l«u.‘«chen hersteüen; ein in den innersten
Winkel müiidumlcr starker uud kühler Bach würde nicht
nur das erforderliche Trinkwasser liefern, »ondem auch
zum Antrieb von Kraftmaschinen hervorragend gecigiiot
nein. .\i»nlich i»t dnr um einen Tagesmarsch östlich von
T^uä bulegciiu Hafen Tinputs ansgestattet, so dafs mit
dresun Buchten die trefflichsten .Ausgangapunktu für
llandclsuntcrDchrnuiigcu und Plaiitagenaidngen gegeben
sind. I^er .Ackerbo<ten ist sehr Gefgründig, fruchtbar
und reicblich bewÖHsert. Gegen das Gebirge steigt er
alimAhlich an und Hcheint hier noch an Fertilität zuzu-
nebmen. Die Nähe des Gebirges bedingt nicht nur die
stärkeren UngenfäUe, »ondern mildert auch durch eine
frische Laudbrise, die wibreud der Nacht übur die
Niederungen streicht, ganz arheblich die Wärm«. Das
mindestens 3.50 m huhu und trockene Baniu-Massiv aber
würde sich, wie kaum eine andere Örtlichkeit, in unver-
glei<‘hiichcr Weise für ein Sanatorium empfehlen. Der
Boden gestattet sÄmtUchö Tropenkulturen, und da «r sich
nach dom Innern nur langsam erhebt, so sind selbst
Höhenlagen bi« zu 1000 m immerhin leicht zu erreichen.
„Ich hin“, sagt Parkinson, »von jeher der .Ansicht
geweaeu, daf« die liisel Bougainville die günstigsten Vor-
l)cdingungen für Kolonisation in grofHeut Mafsatalw bietet;
dh-8 i-t aber hei dom oben beschriebenen Territorium
ganz hosonderH der Fall.“
Bei Kap L’.Avwrdie tritt iiocbtnaN ein Sporn des
1H4
II. Die deutsrhen Snlonio- [i«»eln »«»itit uud
Kaiitorgebirgei« Diit »teilen Flanken nahe zur Küf)te heran.
Ihe aanfierun Uebnnge tragen ßuach und Gra»; wo aber
jüngere Abbrücbo und Kut^ebungen Mtattgefundeu halten,
atarren una ttoburfaiGrate und kahle Wände in Kelisameo
FarlKinkoiitraiiten entgegou. Kap L'Averdio («elber liegt
auf dem Hachen Filand Iru$, dna von der Ilauptinael
durch «iueu »chiualen Kanal getrennt iai. der aieh im
Süden XU dem aehönen, von Parkinaon entderkten und
benannten Horrog Krnat GOnther-llafen erweitert. Iluld
darauf ateaeru wir in daa ])innenwu»Her zwischen dem
Ufer und dem äul»eren Harriorerifl, daa in 2 bi» dkm
Abaiand und parallel mit den StrandriHeii au der Nord*
oatseit« entlang streicht. Wieder zeigen sich Anker-
pl&txe und lUfen, 2 . B. IlatEfeldhufon, Nuuia-Numa und
die umfangreiche llerbert-Iiai im Süden von Kap Let’raa.
Danach passieren wir die felsigen Martin 'Inseln, die
Uottenburg-Bai und die Zeune-Inseln . frdgen von Kap
Binner bis zur Rauton-liiBel der ^stillen Durchfahrt’*
und laufen endlich zwischen Kap Freundschaft und der
Oima-Insol in diu Buuguinville'Stralsu ein. Vorher
müason wir indes noch einmal Halt machen und zwar
in der Rüttunburg*Bai, weil hier die Mnriaten ihre
erste Niederlassung auf der Ilauptinscl angelegt haben.
Im Uiutergrunde der Bai, wo man auf unserer Karte die
Namen Kiata oder Kiatu liest, breitet sich die gut
bevölkerte Landschaft Kieta*) aus. Itranf.^en vor der
Bucht liegt „wie ein Damm" das langgestreckte Kilund
Pako])o, dessen Itewohner früher auf Bougainville au-
sAssig waren, sich jedoch vor den lK>Kl»iidigen Angriffen
dnr ^BuBchleute“ hierher xurückgexogen hüben. Die
Missionare kauften für ihre Station auf dem südlicben
Küitenvursprunge einen ziemlich weit in die See hinaus-
ragendau Berg, von ihnen „Karmel“ gciuuFt, und be-
gannen dattelbsi mit dem Hauabau. Das war im Juli
19U1, und gerade eiu Jahr später imilsten sie l>ereith
das Feld räumen. Kin rÄuberischer Bergstamm batte
sie ül>erfallen, zwei gröfsere Schüler erschlagen und die
Weifsen zur .\brei«o nach Poporag-Schortluud ge-
zwungen.
Am Südostgestade Bougainvilles fällt zunächst die
schmale, wegreu ihrer stark versumpften Ufer als Lan-
dungsstelle wenig zu empfehlende Bucht von Touolai
auf, obschon sie an 6km in das Innere dringt. Man
thut daher besser, die Insel erst bei Komaliai oder der
Famarch»pitze zu betreten. Soweit das Auge blickt,
sieht man zu beiden Seiten ein niedriges, mit üppigem
Grün bedecktes Sandgelände, das infolge au»k<>mmlicber
Bewässerung sebr fruchtbar erscheint , nlnir leider un-
besiedelt i»t. Der Pflanzenwuebs zeigt sich sehr ver-
schiedenartig und reich. Im Wnldesdickirht l>egcgueii
uns Palmen, Schlinggewächse und Farne jeglicher HröNe
und Form iin bunleii Durrheinnnder, während näher am
Strande zierliche Kasuarinen »tehen. deren zartgefiederteH
Ijaub den deutschen Fremdling lebhaft an die Iteiiiiat-
licben Nmlelhölzer erinnert.
Das Wefitufer weist im Hüdlicben Drittel eine flach
ausgeriindete Bucht auf, die der Kaiserin Angusta zu
F'hren benannt iat. Sie liegt zwischen Kap Moltkc im
Norden und der Hflaker-Hnk im Süden. Letzten* greift
in Gestalt einer niedrigen Landzunge nach Nordwesten
*) .Di« Kt»go>MJTenen si^eu |>anz deuUicb Ki^ta", »rliretht
mir Herr Pater i'rovinzial C. M. Klaus, der ain erster Piimier
»einer MiMion diese Ctejrend vrkuiub'ie. m einem sehr aus*
fiihrltcbeii Briefe vom 150. «fanuar d,.I. Ich «agc it«'Ui Herrn
Pater meinen verbind Iich«len Dank fnr »eine Miihe. Lvider
kann ich den iwieben Inhalt seine» Briefe» hier nicht im ent*
femte)it**n wiedergebeii; ich buff« aber, dies in einem tteson*
deren Arttki'l über ^Missionsnachriebten aus Bouicaiii-
vitle" nachhulen zu können, der vielleicht auch iui Globua
seinen Platz flndel.
vor, besitzt aber an der liuien?‘eite einen rückwärtigen
Huken, diu lluk Liiideuburg, wodurch der kleine, sehr
hübHchc Gaztdlehafen abgOKchnitten wird. Dieser ist,
gleich der ganzen Bui, in den Tagen vom 25. bis
28. Augu»t 1875 von der „Guzellu“ unter Kapitän
l'reilierrii v.Scbleinitz auf der lierßhniten Forschongs-
reisu um die Erd« uniursucht und vermaBsen worden.
Das Kernstück Ihmgainvilles bilden Gebirge, die iudo»
keine zuBarouienbängende Ling»kettu ausmacben, sondern
im Parallel von Kap Moltke durch eine Querscharto
unterbrochen sind. Der nördliche Zug oder da» Kaiser-
gebirge zeigt bereits unfern der Augu»ta-Bui eine
Dnrehachnittshöhe von 1000 bis 1300 in. In 5® 50' aüdl.
Br. türmt es Bich zu einem von drei hervorstechunden
Spitzen gekrönten Bergplateau auf, dem Balbi unserer
Karten, der angeblich eine Höhe von 3100 m erreichen
soll. Viel modriger ist diu Friedrich-spitze und die nord-
östlich gelegene rhriatlan-Auguwt-Spitze mit ihren gleich-
artig gebauten Niicbbarn. Bald darauf fällt das Ge-
birge allmählich zur Kltuiie ub, in die es noch einzelne
kurze Zöge wie Vorposten eiitseudut. Die vorurwähnti*
Scharte hinter Kap Moltke wird durch einen flachen
Sattel ühorhröckt, dor zu dem hüdlicben Kronprinzen-
gebirge führt. Ks beginnt mit einer vulkanischen Gruppe,
die von dem noch immer thätigon Bagtmu bis zu dem
ruhigeren Guinot reicht. Dann folgt eine Kinschnürung,
jenseits deren, quergelagert, eine Heih« mächtiger Hoch-
kegcl aiifstuigt , die mit uiueiii Kruterburge von 2500 in
kulminieren. Etwas abgesondert liegt der Bonmartioi
zwihcbuii Kap Honrath und Kap Binnor. Völlig isoliert
erscheinen endlich die Höhen um ToDolni-Hnfeii und
norduordöhtlicb der Esmarchspitze.
Um die geographische Eigenart unserer Salomo-Iiihelu
und deren kolonialen Nutzwert noch mehr zu verstehen,
ist es notwendig, ihre klimatischen Verhältnisse,
sowie die wichtigsten Erscheinungen ihrer Flora und
Fauna einer kurzen Besprechung zu unterziehen.
Das westliche MelaneRien von Neu-Guinea bis zu den
Salomonen, ja wahrscheinlich bis xu den Neuen Hebriden,
gehört klimatisch dem tropisch-australischen
Monsungebiete au. Dieses wird im ganzen durch
das Vorherrschen des Nordwest-Monsuns charakterisiert,
wenn sich auch im einzelnen, nauientlicb in einem so
bunten Inselgewirr, wie unser Archipel, maneberlei ört-
liche l'nterschiedu ergeben. Da es an fortlaufenden
Beobaebtungsreihen und somit auch an den erforder-
lichen Mafs- und ZsLlennngaben vielfach mangelt, so
läfst sich gegenwärtig eine genaue Schilderung der
Wetterlage für die Salomo-Inseln noch nicht durchführen.
Am kläglichsten ist es in dieser Uiuslcht um den deut-
schen Anteil bestellt, da wir bisher weder auf Buks noch
auf Bougainville einen ständigen Posten unterhalten.
Hoffentlich nehmen sich die .Marixten - Misaionare der
Sache an, vorausgesetzt, daCs ihuen das Reich oder eine
wissenschaftliche Stiftung die erforderlichen Instrameote
zur Verfügung stellt. Zur Zeit können wir nur sagen,
dafs der .Archipel vorwiegend ein feucht-tropisches See-
kliina mit erheblichem Regenreiebtuni besitzt Doch
sind die Niederschläge in den versebiedenen Jahren durch-
aus nicht gleich. Die hei Guppy veröffentlichten Re-
gister weisen für die korres|>ondiereiiden 3Iouate Diffe-
renzen bis zum doppelten und dreifachen Betrage auf,
und dabei regnet es eigentlioh in jedem Monat zuweilen
Sogar an jedetii Tage, gleichviel ob der Monsun oder der
Passat weht Das betont schon Freiherr v. Schleinitz,
der während seines Aufenthaltes einen „ununterbrochenen
Wechsel von Flauten mit Regenböen und Stürmen“ er-
lebte und daher sehr über das nasse, dicke und bäfsliche
Wetter klagt, ßc-soudera unangenehm und für di«
II. Seidel: l>ie ileiitnehen 8alomn< I tifieln lonet und jetxt.
186
SchiBahrt gef&brlicb aind die plötzlich nuftretenden,
auch aonat in den Tropen bekannten Gewitter- oder
Bogeuböen, wie eie nach der Form ihrer Wolken bez<>icbn«t
werden. Sie zeigen eich natnentlicb darin, wenn SQd-
oetpuasut und KurdweetmonBun um das Hegimont ntreiten.
Hie l&brliche NiederschlAgenicnge der Salomunrn
dürfte HU den Inselküsten etwa 3800 mm betragen. Für
das gebirgige Innere, namentlich bei 1500 bia 1800 m
Scehöhe, nimmt Guppy aogar drei- bi« riermal ao viel
an. Wir würden damit auf einen Satz kommen, der den
der indischen Khassia-Berge faat erreichte, wenn nicht
gar überträfe, und diia erncheint uns doch vorläufig aehr
zweifelhaft. Wie dem aber auch aci, ao viel ateht Jeden-
falls fest, dafa auf dem Archipel durch die gleich-
lü&faige und reichliche Befeuchtung eine der wiebtigateu
Vorbedingungen für die edelsten Tropenkulturen gegeben
ist. I>n e« ferner auf den gröfaeren I>amlk<Sr|>em nirgend
an fruchtbarem Erdreich fehlt, ao darf ea uns kaum
wundern, diifa die Engländer schon am Werke sind,
diese Vorzüge auszunutzeu. Nur wir Deutschen haben
bia beute mit diesen gesegneten Strichen noch nichts
anzufangen verstanden.
Die Temperaturlage der Salomonen ist etwa die-
selbe wie in Nen- Guinea. Das Jahresmittel lH>zifiert
sich auf 26 bis 27'^ Cn bei einer Schwankung von 18 bis
35* C. Das letztere pjctrera macht sich indes nur bei
l&ngercr Trocknis geltend. Trutzdom ist das KHuih für
den Europäer nicht gerade unerträglich zu nennen, da
am Gestade Jederzeit durch die Soebrise eine wohl*
tbnende Erfrischung erzeugt winl. Im Gebirge trägt
schou die Hohe dazu bei, um die l.uft kühler und
reiner zu erhalten, ganz abgesehen von der während
der Nacht berabwehenden l.andbrise, die nach Parkin-
sons Angabe selbst iu der Ebene die Wärme bis auf
18* C. erniedrigt. Gleichwolil ist das Fieber beinahe
ül>orall ein stämligur und höchst unliebsamer (iust. Die
stürmische und am meisten mit Regen bedachte Zeit
reicht vom Dezember bis Anfang März, ln diesen Mo-
naten brausen von Süden oder Südosten heftige Orkane
über den Archipel bin und richten arge Verwüstungen
au, deren Spuren auf Jahre hinaus sichtbar bleiben.
Was die Flora der .Salomonen betrifft, so gehört
der Archipel mit den Bismarck-Inseln und Nca-Guinea zu
ein und demselben Vegetationsgebiete, das Drude als
„papuuuische Hegiou*^ zusaminengefafst hat. Auf die
Mangrovendickichte des Flacbstraudcs folgt landeinwärts
ein hoher, strotzender Küstenwald, der später in den
Bergwald übergeht. Auf den IKnibnächen und den
Flanken der Gebirge dehnen sich öfter uiufangreiche
Savunoi’u aus, diu vorwiegend mit Alang-Ahinggrat be-
standen sind. Im Waldbilde treten uns besonders die
Palmen in grutser Zahl und Fülle entgegen. Neben dem
Sagobaum erscheint die in mehreren Arten vorhandene
Areka* oder Betelpalme und am Sandgestade die Kokot.
Unter imposanten Baniancu wuchern Alpinieu und Heli-
konien oder sontlerbare Farne, die in trockenen wie in
nassen Lagen stets in gleicher Menge den Boden be-
kleiden. Aach an Nutz- und Edelhölzern ist kein Mangel,
und ebenso wenig dürften Kautscbukpllanzen fehlen, ob-
sebon nach derartigen Sehätzeu noch tiieinuud ge-
forscht hat.
Die Eingeborenen kultivieren Yams, Taro, Bataten
oder Süfskartnffelri und Bananen, die in manchen Di-
strikten von auBgezctchneter Güte sind. Wo der Salo-
monier mit den Weifsen in Beziehung steht, hat er die
Kokospalme bereits in Zucht genommen, deren Nüsso
z. B. auf Bougninviile als Wertmesser lieim Tauschhandel
dienen. D(>r allentbalben Torkommende Pnndanus liefert
verschiedene wohlschmeckende Gerichte. Die Tacca
Ulobas I.XXXm. Nr. 12.
hingegen wird von den .Schwarzen nicht beachtet Da beide
Geschlechter leidenschaftliche Raucher sind, so hat man
auch den Anbau des Tabaks versacht, aber ein ganz
abscheuliches Kraut erzielt, das fürchterlich riecht und
für den Europäer nicht zu geniefsen ist
Über die Tierwelt sei gleich bemerkt, dafa das
gesamte Inielgebiet faunisUsch zur australischer Region
oder genauer zu deren austromalaiischer Unterabteilung
gehört. Diese ist, selbst mit Neuseolsnd verglichen,
ungemein arm an Säugetieren. Nicht einmal die apU-
centalcu Beutler •— mit .-Vusnabme dos katzeogrotsen
Kuskn« — kommen auf den Salomonen reichlicher
vor. Von placontalun Säugern finden wir nur das
Papuaschwein, etliche Ratten, einen verwilderten Hund
und mehrere teils insekten-. teils friichtfresaende Fleder-
mäuse. Die Vögel stehen dunen von Neu-Pommern und
Kuiscr-Wilhelmsland sehr nahe; sie werden durch Papa-
geien, Kakadus, Frucht- und Erdtaubcu, Scharrbübner,
die ihre Eier dem warmen Boden nnvertrauen, und
KöoigBfiHcher ebarakieristert. Nur Paradiesvögel hat
man bis jetzt noch nicht entdeckt; dagegen ist es
dem Gouverneur ▼. Bennigsen gelungen, bei seiner
letzten IiiBpoktiousrciso im November 1900 die Ezistenz
des Kasuars für Bougainville wahrscheinlich zu marhen.
Derselbe lobt dort nach Aussago der Eingeborenen
in dun Buschwäldern und führt den Namen „Morup”.
(lleutscbcs Kolouialblatt 1901, 8. 116.) Von Reptilien
kennt man etwa 20 Arten, darunter das Krokodil, den
Waran und die merkwürdige Corucia zebrata, ganz ab-
gesehen von Geckos und sonstigen kleineren Echsen.
Die Schlangen, giftige und ungiftige, sinil ebenfalls nicht
selten, und noch bäufigur kommen ullerlei Frösche
vor. An Fischen ist geradezu Überflufs vorhanden. Der
Gouverneur v. Bennigsen war auf der erwähnten Reise
mehrfach Zeuge, wie mit einer einzigen Dynamitpatrone
über ein Zentner der wohlschiueckendstun Fische go-
schosHen wurde. Um der nutzlosen Vergeudung dieser
Naturgabe zu steuern, hat der englische Resident-Com-
niissionar die sehr vernünftige Verordnung erlasnen, wo-
nach im britischen Besitz das ,Fischschiefsen* durch
Farbige verboten ist
über die Vertreter der niederen Fauna wollen wir
schweigen. Ilcrvorgehoben sei aber noch einmal die
schon aus obigen Zeilen ersichtliche Tbatsache, dafs auf
den Sulomo-lnsein jedes unserer Haustiere fohlt.
Dieser Mangel, der sich ursprünglich in ganz Ozeanien
gezeigt hat, fällt um so mehr ins Gewicht, sobald es sich
um die Anlage dauernder Niederlassungen seitens der
Weifsen handelt liier steht also der Kulturarbeit noch
ein weites Feld offen; doch kann mau Tielleichi auf die
entsprechenden Erfahrungen und Versuche in Neu-Guinea
und dem Bismarck-.^rchipel zurückgroifon und danach
mit aller VorHiobt die Auswahl treffen. Selbst die ein-
fachstti Station vermag ohne ein Zugtier, ohne Rind,
Schaf oder Ziege auf längere Zeit nicht auszukomnieu;
das bedingt zum Teil schon die Ernährungsfragu. Auch
unser GuQügel wird alsdann eiu/.uführen sein und ebenso
Hund und Katze.
Über etwaige mineralische Schätze auf Buka
oder Bougninville ist zur Stunde noch nichts zu sagen.
Die Schwefel-, Alaun- und Gipslager von Simbo gehören
den Briten, denen wir 1899 auch Label abgetreten
haben, wo sich Itmi Uibbes Mitteilung ein goldhaltiges
Gestein vorfinden soll. Nach Tn»fes.'«»r Thilenius
(tf)ohiis. Bd. 78, Suite 201) hat inan ferner Sjmren vtm
Kupfererz enbiuckt.
Damit verlassen wir dies Thema und wenden uns
zum Schlafs noch kurz den Eingeborenen zu. die wir
indcK nicht vom antbropologisohen oder ethnographischen
24
\tn\
S. Kl«ina!*it‘n als Wiei^o dor wisicnBobaftliahou Erdkunde.
Standpunkte aus betrachten wollen, aoDdorn lediglich [
auf ihre Stellung eu den Wcifeen und ihre sonstige Ver>
wundbarkeit /m prüfen Torbabeo. Manches ist schon in
der Kinleitung augedentet, wo u. a. gesagt ist, dnfs die
Salomo-Inseln seit langem alx unser bestHsAnwerbegebict
gelten. Der Inspektioosbericht des Herrn ▼. Heunigsen
l>esUUigt dies ebenfalls, obschon auf der anderen Seit«
nicht geleugnet werden darf, dafs gerade die Salomouier
ein Menschenschlag sind, der mit rieler Vorsicht be-
bandelt sein will. Ernst Tappenbeck, Verfasser eines
mehrfach absprecbend gehaltenen Haches über Neu*
Guinea, ist aiigenscheinlicb durch die MordthaUn zweier |
Ihtkn-JuDgen, begangen an dem \>ekuDDtcu Reisescbrift* '
Steller Otto P'hlors, dem Polizeiunteroffizier Piering '
und spAter m>cb am liandoshauptmanu v. Hagen, sehr
gegen die Schwurzen heeiuflutst worden. Wie er in
einem Vorträge schreibt,, sollen sie fortan in Kaiser Wil«
helmsland keine Verwendung mehr Buden, und zwar
nicht hlofs wegen der erwähnten Verbrechen, sondern
und das dürfte wohl der Hauptgrund sein — wegen
ihrer gei-iugon Widerstandsfähigkeit gi-guii das dortig«
Klima. Sie wären in Nou-nuinea noch weicher
und empfindlicher als Javaneu und Chinesen**. Nur |
auf Neu-Pommern kommen nie angeblich besser fort,
seien aber stets unsauber, mitsmutig, düster und uube- ,
recheiibar. Vergleicht mau diese trübe Schilderung mit |
den Aui«sageu Parkinsons, so wird man zum Glück
auch umiicbe nicht zu verachtend« Lichtseiten im Cba- '
rakter der Salomouier outdecken. Dio gleich« Erfahrung
haben nicht minder die Maristen - Missionare gemacht,
soviel sie sonst über die Hoheit und Herzennhärte der
Kingehorencu klagen müssen.
Ks ist an den Salonio-Insulaucrn, das wollen wir ja >
nicht vergessen, früher sehr viel gt*i>ündigt worden,
besondern durch die englischen „Labour-Tnvde-Scbiffe“, ,
deren ,.\nwerbuiig'‘ in den allermeisten Fällen nichts
andere« als ein mit List oder Gewalt bewirkter Menschen* I
raub war. Die nach Australien, Samoa, Fidschi ver- I
schleppten Eingeborenen kehrten selten oder nie nach
Hause zurück. Was Wunder also, wenn sie daheim in J
jedem WHifseo ohne Unterschied ihren geborenen Feind
erblickten, desseu sie sich, sobald die Müglicbkeii Torlag,
thuiilichat rasch zu unilcdigim suchten. Wie der Natur* ‘
forscher Kibbe mitteiit, fielen von 1892 bis 1894 nicht
weniger als neun Weifae den Insulanern zum Opfer. Noch
schrecklicher war 1696 das Massacr« auf Guadalcsnar,
wo der österreichische Geologe Dr. y. FulloD'Norbeck
bei einer VcrmcssuugsQbuug mit mehreren Gefährten
augesichts des begleitenden Kriegsschiffes niedergemaebt
wurde.
Die auf solche Unthnten folgenden „Slrafexpeditionen“
haben das Übel eher verschlimmert als behoben, da nur
in den seltensten FhUou der wirklich Schuldige ermittelt
and abguurteili wird. Selbst wenn es geschieht, so ist
damit nicht nur nichts erreicht, sondern nur neuer
Schaden gestiftet, da die Angehörigen des IliDgerichteten
sofort auf Dlutrache sinnen und diese früher oder später
an irgend einem Fremden auszuüben wissen.
Soll eine Itesserung dieses l»edi>ukUcbeii und für den
Aufschwung der Inseln aufserorduntlich bemmeudeD Zu-
standes erzielt werden, so mufs der Weifs« zunächst sich
selber ändern. Er mof« dem Schwarzen gegenüber treu,
gewissenhaft, mitfühlend, ehrlich und fürsorglich sein,
ohne dabei jede geboten« Wachsamkeit und scharfe
Heobaebtung zu vergessen j das Ut er seiner eigenen
Sicherheit unlxKiingt schuldig. Anderer^ieils darf er in
dem Schwarzen nicht blot« eine Arbeitskraft sehen,
sondern auch den Menschen, der gleich uns seine au*
guborciten Mcuschcureclite bc^sitzt und durch uns iiicht
nur ausgelKmlot werden, r^ondern auch versittlicht und
gehoben werden soll.
Der berüchtigte „Arbeiterfang“ hat inzwit.chcu ein
Kode gefunden, seit das Werbegesrhäft durch strenge Vor-
schriften geregelt ist und regierungsseitig der Aufsicht
unterliegt*). Die beteiligten üesellHchafteu streben über*
dies schon im eigenen Interesse danach hin, dats ihn'
Arbeiter ordentlich gehalten und nach Ablauf ihrer Ver-
träge i)ÜDktlicb in die Heimat zurückbefördert werden.
Nur dadurch kann sich allmählich ein günstigeres Ver-
hältnis zwischen den Parteien herausbilden, und die Zeit
scheint nicht mehr fern zu sein, dafs wenigHiuns in einigen
Distrikten ein ruhiger und friedlicher Verkehr zwischen
WeifscD und Schwarzen enUteht.
*) Vergi. hierzu die «ehr genaue Verordnung üWr •Aus-
führung von Einirekaironen u.h. w." iui Deutschen Kfdonial-
biatt 1901, Bd. IS, 8. 779 bis 779.
Kleinasien als Wiege der wissenschaftlichen Erdkunde.
V^OD S. U u g e.
II. (Schlufs,)
IHc ionische WiMsenschaft beHcbäftigt« sich obenHo
mit dem Weltall als mit der Erde. Nicht Thules, son-
dern ein Schüler des Anaximnnder, Auaximones, lehrte
zuerst, dafs die Moudfinsterni« dadurch entstehe, dafs
der Moud in den KrdHchatten trete. Doch ist ihm <Ue
Erde noch eine Scheibe, wie auch alle Ge«<time nur dünne,
von der l.uft gelingen« Scheiben sind.
Hekataus von Milet (549 bis 486) batte auf seinen
weiten Hei«eu ein« umfassende Wultkeimtnis gewonnen
und schrieb zwischen 520 und 500 die erst« systematische
Krdbeschmhung unter dem Titel „Krdumwanderuug“ ;
Leider haben wir davon nur durch
llerodot eine dürftige Kunde; denn ob die geogTaphischen
Hucher, von deuen zahlreiche Fragmente geHaiunielt .«ind,
als echt angesehen werden köiinoii, ist noch nicht ent*
Mcbiedeu. Die ioni«cbe Lehre von der Erdsebeihe wird
heihehaltcD, alter Uekatäu« vertritt unter den Griehrteu
wohl zaerat die Annahme von drei Erdhdlen. Kr war
tiefer in die Kenntnin der Länder eingiHirungen als seine
Zeitgenosaeii, seihst al.« sein Nachfolger llerodoL so daf«
mau, wie Müllenhoff in der Deutschen Altcrtuniskunde I.
237, sagt, sich von der gi'ofsartigen Aui^dehnung der
mUeshichett und ionischen Verhindiingeu nirgemls besser
eine Vr^rstellung machen kann ab aus den dürftigen
Cberbleibseln seines Werk«.«. Hier wird allerdiings die
Echtheit der geographischen Fragmente vorausgesetzt.
AristugorHs von Milet, noch ein Zeitgenosse de«
Ilvkatüus, w'ar um 500v. l'hr. einer der cinflufsreichsten,
aber auch gewisHenloseston Männer seiner Zeit, der vor
; ollem den Aufstand der kluinnsiatischeti Griechen gegen
die Perserherrsebaft ins Leben rief und auch in S|Mirta
und Athen lliiiide»genos<eu zu gewinnen suchte. Er
gehört nicht unter di« Geographen, aber er hesafH eine
hh-ztafel, iu der der I mkrei'H der guuzeu Ki'de, das ganze
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S. Ru{(e; Kliünnaien ula Wiepe der wiaa«‘Difvhaftlicben Krdknnde.
m
Meer und alle Flüssr oingejfral^en waren, wie Herodot
(V, 49) erzlhlt. E» war iilao eine in Metall eingogmbono
Weltkarte, die Ti^nnutÜch von Hekat&uti nach ionincher
Auffaasting entworfen war und dom Amtagoras zu Agi-
tationszwecken diente, denn er nahm sie auf seiner Heine
nach Griecbenland mit und zeigte eie auch dum Könige
in Sparta. l)ie» Weltbild ist mm von besonderer Wichtig-
keit, weil sich daran die Slteste Erklärung einer
Karte kiuipft Wir können die von Aristsgoras dem
spartanischen Könige dubei gugubene Erläuterung auch
aU die älteste Geographiestande ^mit Demonstration an
der Karte“ ansehen, die uns Herodot aufbewahrt oder
nach seiner xiemlich gleichalterigen WeltkonntuU ent-
worfen hat Nicht der ganze Erdkreis wird beschrieben,
sondern nur «lur Daten, also vor allem das PerseiTeich,
gegen das Ariatagoraa die europäischen Griechen zum
Kampfe zu Hülfe rufen wallte und sich dabei, mit Hin-
weis auf seine Karte, also vernehmen Hofs: Länder
der Perser liegen hier so nebeneinander, wiu ich es jetzt
angebe; Neben den Ioniern da die Lydier hier in oinem
guten Lande und die reichsten an Silber“ (au einer
anderen Stolle rühmt Herodot, data die Ionier das beste
Stück der asiatischen Küsto in Besitz genommen hätten).
I>aim fährt Ariatagoras fort: „Neben den Lydiom hier die
Pbrygier gegen Morgen, die herdenreichsien von allen
und die fnichtreichston. Neben den Phrygiern die
KapjMulo/ier, tUe wir Syrier nennen, l'nd deren Grenz-
uaebbaro , die Gilicier, die sich an das Meer hier er-
atreckun, in welchem die Insel Cv])ern hier liegt. Neben
den CUicierii hier die Armenier, auch ein herdenreiehes
Volk, und neben den Armeniern die Alatiener (Medien),
io diesem Lande hier. Neben diesen aber kommt hier
das (.'baische (SuHianaland), in welchem, an dem Flusse
rhoaM{ws (Kercha) da Susa selbst liegt, wo der grofse
König seinen Hof hat“ (Susa beim heutigen IHsful.)
I^euler hat Herodot hieriuit seinoii Vortrag ahgo-
schlossen.
Die Reibe der Milesier endigt mit Aridagorns, denn
49;» wurde die Stadt Milet von den Persern zerstört.
Der ersten Hlütezeit der ionischen Schule, dem 6. Jahr-
hundert V. ehr., gehört nun auch ein kleiua»iatisebur
Philosoph an„ Pythagoras von Samo«, der den ersten
An^tofK zu einer richtigen Auffansung von der Erdg<^talt
gab. Man setzt die lange Lebenszeit dieses Philosophen
in die Jahre 569 bis 470. Doch sind nur wenig T,ehens-
umständc genau bokannt. Man nimmt gewöhnlich an,
dafs er um 532 schon nach Kroioii in Süditalien aus-
wanderte, um der Gewaltherrschaft des Polykrates zu
entgehen. Da mm weder Pythagoras noch seine nächsten
Schüler Schriften hinterlassen haben, so bleibt auch die
/eit im Dunkeln, wann die pythagoreiache Lehre von
der Kugelgestalt der Erde zuerst ausgesprochen worden
ist, ebenso der Ort, wo diese Auffassung zuerst gelehrt
ist. Dazu woifs man nicht, ob Pythagoras selbst oder
seine Schüler zuerst die Ansicht ausgtssprochen haben.
Erwägt man, <!afs Pythagoras nur ein Itrittel seines I^ehens
in seiner Heimat oder in dem Osten zugebracht und sicli
dann nach Italien gewendet hat, wo seine Schale sich
entwickelte, so könnte man geneigt sein, zu glauben, daft,
die wichtige Lehre erst in Italien ausgebiJdet wäre und
dafs man ihre Wiege kaum mit Kleinasicn in Verbindung
bringen dürfte, l’nd doch kann nach meiner Über-
zeugung nur Kieinaaien, also speziell Samos, in Frage
kommen, wenn wir den Überlieferungen über das Leben
des Pythagoras Glaulten schenken wollen, ftannch stu-
lUerie Pytliagorns in Ägypten und lernte jedonfall.s auch
die Sternkunde der Ägypter kennen. Nun ist hekunut,
dats sich zwischen den ionischen Städten und Ägypten
schon »eit dem 7. Jahrhundert ein lebhafter Verkehr
outwicktiite. Somit war die Möglichkeit einer Rei^e nach
Ägyptüu jedenfalls leichter von Kleiiiasicn aus geboten
als von Italien aus. Auch wird mau wohl eine /eit des
Studiums naturgemäfif in die früheren, wenn auch nicht
mehr Jünglingsjahrc zu legen haben.
Weitei behauptet aber Strabo (XIV, 1, 16 oder S. 638),
Pythagoras halx^ als er die Zwingherrschaft dos Poly-
kratos aufkuiinen sah, die Stadt verlassen und sei aus
ijcmhegierdo nach Ägypten und Baliylon gegangen.
Die Herrnihafl des Polykrates wahrte von 533 bis 522.
Demnach würde Pythagoras also 533 auf ReiM.m gegangen
»ein. „Als er aber“, setzt Strabo noch hinzu, „von dort
(Ägypten und lUbylonien) zuruckgekehrt, die Zwing-
hctTHchaft noch fortdauern »ah, schiffte er nach Italien
und beschlof» dort »ein Leben.“ Es scheint dem-
nach die auf die Reiscu vci^eudcio /eit oiwa» kurz ge-
messen, wenn mau amiimmt, Pythagoras sei 532 schon
nach Italien ausgewandert. Doch ist das NebensachB:
viel wichtiger ist, dafs Pythagoras, wie so viele seiner
Lauddoute, auf Reisen Weltkenntnis und Wissen zu er-
werben suchte und gerado in Ägypten und Babylon die
‘ Anregungen empfangen haben konnte, aus denen ihm
die Lehre von der Kugelgestalt der Erde zur Gewifsheil
wurde. Neuer© Fund© in Bahylonipn lassen erkemien,
dafs man die»e Erkennini» schon im dritten .lahrtnusend
im EuphratJandu hesaf».
Nach einer Mitteilung in der Beilage der AUgemoinen
Zeitung, Nr. 255 vom 0. November 1902, entdeckte Prof.
Hilprecht von derLnivefj^ität von Ponnsylvanien um 1890
20000 Tboniäfelchen der alten königlichen Bibliothek
zu Nippur, Küdlicfa von Babylon, die sich jetzt zumeist
in dem kaiserlich ottomauim;ben Museum in Kousiauti-
nopcl bofliidcu. Die ganze Bibliothek mag 1 50000 Täfel-
chen umfafHt haben. Dieser grofsartige litterarisehe
Schatz ist wohl unter der langen, .55jAhrigeu Regierung
de» König.» Hamurabi 2300v.Chr. entstanden, dun die
Bibel (Genesis 14, 1) als König Amrapbel von .^iDear
kennt Hamurabi war ein l»©riihmter GeHelzgcber; ein
Teil seiner Gesetz© ist abschriftlich in der Bibliothek
As.surhanipals (650 a. C.) erhallen; er war ferner der-
jenige Herrscher, der Babylonien zu einem Reiche ver-
einigte. und förderte vor allem die Litteratur. Und aus
die.Hcr Litteratur gebt hervor, dals zu seiner /eit den
Babyloniern schon die Kugelgestalt der Erde be-
kannt war.
Wenn dies© AugaWn richtig sind, dann hHl>©D wir
auch guten Grund, dem IMbagoras selbst schon tÜe
Kenntnis von der wahren Gestalt der Erde zuzuschreiben.
.\llein Priesterweisheit war zu allen Zeiten heilig© Weis-
heit, eie war mit dem Volksglauben und dem Aberglauben
so eng verknüpft wie di© Asironomie mit der Astrologie
bis in die Tage Keplers und Newtons. Pie Gestirne
waren die Gottheiten und ihre Verehrung bildet© einen
Bestandteil der Religion. Hier an den überlieferten
Vorstellungen zu rütteln, erschien als Gotteslästerung.
Das galt bei den Griechen ©bi>nso a'ic bei den BaViylonierii.
Pythagoras wird sich also nach seiner Heimkehr aus dem
Osten vorgesehen haben und seine Wissenschaft nicht
laut verkündigt haben. IHe f.ehre von der Krdschoihe
stand noch zu fest. Daher die Gehetiulehro bei den
Pythagorcern, und nicht in dieser Frage allein, daher
nur die mündliche Aussprache, ohne Niederschrift; denn
je früher in den Jahrhunderten, uro so fanatischer konnte
ein Volk.sausbruch »ein. .Alwr ich glaulie, wir können
nach allen diesen Erwägungen die Entstehung dieser
neuen pythagoreischen Lehre eher nach Kleiuasieu als
nach Süilitalieu verlegen.
Neben der pythagoreischen Schul© entwickelt« sichln
j Süditaiieu noch eine zweite, die oleatischo Schule, die
18 R
S. Ituj;*»: Klf>inaBtPii mIb iler wisBoiiBchaftlichcii Knikundo.
ihre Wurzeln gleichfnll»! in Kleiniixien bafte. Ibr Be- '
grftnder iHt XanophsiiuH hum Kulupboii« um 540 n. i
Kolophon lieK^ zwischen Smyrna und Milet. Xeno> |
pbane.H war ein SchUlcr AnuxiiuuuderM und bildete die '
[.ehren der ioui'>«ben Phy«k weiter. Als CyruH um i
540 V. ('br. Kleinasien untenvarF, wanderte ein Teil der
Bewohner von Kolophon nach Italien aus und gründete
die Stadt Velia oder Kiea südlieb vom Golf tou Salerno.
Hier trug Xenophanes Keine I^re vor, wonach die Krde
noch unbegrenzt und uuendliob acin sollte. I^adurcb
vermied Xemiphanes den Nachweis worauf die Krde ruhe
und was für eine Materie sie umgebe. AIk’I* dah Meer
galt nla die eigentliche (Quelle aller Gew^Bser. Alle
Griechen haben naturgemärs von jeher ihre gridste Auf-
merksamkeit dem Meere zugowendet. Die Frage nach
dem Wesen und der Geetalt des Oat'ans wurde iu allen
phtloMophiKcheii Schulen erörtert. Harauf führte von aelhiit
das praktische Bedürfnis, daher haben auch die klein-
asiatischen Griechen zuerst die Küstenbeschreibungen,
die SegelanweiBUDgen aii»gebildel.
Her älteste diewer nautischen Schriftsteller war Skylax
von Karyanda. Diese dorische Kolonie lag auf der-
selben Hulbinsol wie HulUcarnafs. Skylax sull als tüchti-
ger Seemann unter Darius I. (521 bis 485) Kchuu eine
Fahrt vom Indus zum Roten Meere gemacht hal>en
(Hermlot IV, 44). Nun ist uns zwar ein Bcriplus unter
dom Namen den Skylax ülioriiefert, der, von den Sfiulon
d«K Herkules beginnend, allo Küsten de« Miitelraeeres
boHchreibt, allein diese« Seolmcli euthali manche AngaWii
aus viel späterer Zeit, als wo Skylax lebte. Wir sind
daher zu der Annahme gezwungen, dafs diiM Original
weKontliche Veränderungen, Verltesseningen und Zusätze
erhalten hat Durch genauere Untersuchungen ist das
im weitesten Mafse buatätigt, so dafs ninii fast behaupten
möchte, vom ursprünglichen Skylax sei nicht viel mehr
als der Name übrig geblieben. Aber daf« der Name
Skylax kein leerer Hnueb ist lälst sieb noch nachweisen.
Die ältesten Angaben über die Segelanw'eisungen gehen
sicher auf phnniktsebo Quellen zurück, die Ältesten Knt-
feniuugsmufse sind in Tagefahrten angegeWn. Aber in
der uns erbaltencn Fa-sung hat der Skylax Tagefahrten
und Stadien nel>eneiuander. Auch muts der YerfftsM*r
aus einer griechischen Stadt am Ägäiseben Meere sein,
denn dies Gebiet ist am genauesten beachrieben. Ihtnn
sind im 3. und 4. Jahrhundert allerhand Zusätze ein-
geschol>en. Vielleicht ist das Buch dann zu sehr un-
genchwollen und man hat sich genötigt geseben, zum
bw|uemereii Handgebrauch einen Auszug daraus zu
machen, und dieser Auszug hat dann wieder neue Ver-
besserungen und Zusätze erfahren. Tn dieser Fassung
endlich ist die .Schrift uns ül>t>rliefert. Die älteren Formen
taugten nicht mehr, sie enthielten oft falsche .\ngaben,
also hat man sie auch nicht weiter ahgeschritd>en und
erhalten, sondern verkommen lassen. Fbenso ist e« wpater
den ersten italienischen Seekarten, nameutlich von den
neuentdeckten Ländern und Küsten ergangen, so ergeht
•V« auch heute noch den sogen, „alten Karten“, die man
für wertlos hält, wenn kic 20 bi« 30 Jahre alt sind. Aber
chenso wie wir beinahe Beit 100 Jahren schon einen
von Stieler entworfenen Atlas in Händen haben und
trotz der ungeheueren Vei^nderungen, diu mit dem In-
halt der Kurten vorgegongen sind, immer den Namen
Stielor noch l>eib«halteri, obwohl in der neuesten .Auflage,
von der soeben die 13. und 14.Liefening erschienen ist,
nicht ein Strich mehr an da« Urigiim) der ersten Anf-
lag»!! erinnert, so war e§ in ulter Zeit mit dem Namen
Skylax; man hielt ihn Jahrhunderte bei, so dafs er aus
einem Ligen namen fast zu einem GattungshegrifT im
Sinne ein^ Bädekera geworden Ut,
Kine ganz andere Richtung in der Förderung geo-
graphischer Arbeiten ftiidcu wir in dem berühmten Arzt
Hippokrates aus Koa vertreten. Kos liegt nabe und
südlich von Karyanda. Skylax und Hippokrates waren
also Nachbarn, vielleicht waren sie auch Zeitgenossen;
denn <lie Lclauszeit des grofsen Arztes wird in die Jahre
von 460 big 366 v. Chr. gesetzt.
Hippokrates ist unter all den bisher genamiten Philo-
sophen und Geographen die erste noch bekannte, noch
|H>pu)rire Perwönlichkeit. Die Rhidt Kos war, wie Strabo
(S. 57) augiebt, zwar nicht gruts, aber am schönsten
unter allen gebaut und hot von der See her einen
herrlichen Anblick. In der Vorstadt Btand der sehr l>e-
rühmto und mit einer Menge von Weibgcschenken ge-
füllte Tempel des Äskulap. Dieses Heiligtum des
Asklepina, das Asklepteion, ist am 7. Oktober 1902 von
Dr. R. Herzog, Privatdnzenten in Tübingen, endlich
wieder aufgefundeu. Dabei sind roicliliche Funde an
liiBcbriften und Skulpturen gemacht (Beilage der Allgem.
Zeitung vom 31. Dez. 1902). Unter den echten .'Schriften
des Hippokrates ist besonders die etwa um 424 v. Chr.
verfaUtu Schrift: xtQt i'dwrwn, rdx’wi' wichtig.
Sie soll den Einfluls von BodengcBtalt, Bewä-Hserung und
Klima auf da« organi«cbe Leben, namentlich auf den
Menschen darthun. „Fs war eigentlich za seiner Zeit
bedenklich“, schreibt Berger (a. a. 0. I, 58), „sich mit
Meteorologie zu befassen. Darunter venitand man aber
damals alle die verrufenen I,ehren der Philosophen über
.Astronomie, Kosmologiu und Meteorologie. Aber er
stellte seinen Lesern vor, man dürfe sich nicht davon
ahschrecken lassen, denn der Arzt bedürfe der Astro-
nomie. — In den wenigen geographischen Zugen, an
deren Hand Hippokrates seine Vergleichung der beiden
Erdteile Europa und Asir^n vorninimt, haben wir das
reinnte und vortrefilichste Zeugnis von der wissenschaft-
lieben Geographie der Ionier vor uns.“
Noch bestimmter äufsert sich S. Günther (Geophysik
r, 3, zweite Aufl.): „M as Hippokrates anlangt, so legt
der trefFlirhen kleinen Schrift dieses ursprünglichen
Denkers und Beobachters, die von Luft, Wasser und
Ortslage im Zusammenhänge mit den physischen Eigcn-
sclmftcn des Menschen handelt, kein anderer als Häser.
dieser verdiente Geschichtschreiber der Medizin, den
AVer! eines selbständigen Abrisses der physischen
Erdkunde bei (Lehrbuch der Gescb- d. Medizin I, 144,
Jena 1875}, wie denn unter anderem darin ganz korrekte
Gedanken über die Entstehung der Winde, ül>er deren
Verhältnis zuiu Meere, über deren Bediugtsoin durch
Jahreszeiten und lokale F.inwirkungen uiedcrgelegt sind.
Als höchst merkwürdig ist des Hippokrates Einteilung
der Erdoberfläche in klimatische .Abschnitte um deswillen
zu verzeichnen, weil demselben die Lehre von der F^d-
krünimung noch nicht geläufig war.“
Als Prolx* der Auffassung und Lehrart des Hippo-
krates will ich einige Sätze aus seinem AV'crke hervor-
heben und zwar vom 21. bis 53. Kapitol.
„In Bezug auf Asien und Europa will ich zeigen, wie
sehr sie in allen physisohen Momenten voneinander alx
weichen und wie sie selbst in Bezug nnf den Habitus
der Bewohner nichts gemein haben. . . .
In Asien wächst alles schöner und gröfsi^r, auch die
Sitten der Menschen sind «anfter und freundlicher. Der
Grund liegt iu der wundervollen Mischung des Klimaa . . .
Mannheit, Arbeitskraft und Kühnheit scheint dieser
Natur nicht angeboren, bei ihnen herracht das A'^ergnügen
vor. . . .
.Anders iu Europa. Hier ist die Versebiedünheit
unter den V’rdkem seihst weit grofser, wegen «1er grölsercu
Verscbietleiibeit der Klimate.
S. Rüge: Kleinaaien als dor wieseDschaftlieh«iD Erdkunde.
Wenn nber die Aeiaten Tor den Europftem furcht-
saroer, weichlicher, schwächlicher, sanfter erscheinen, so
liegt die l'rsache ini Klima“ (ausführliche Darlegung bei
den Phasianem), „das in Kälte und Wärme wenig Ver-
änderung zeigt und sich immer gleich bleibt, wogegen
ein starker Wechsel die Leidenschaft mehr erregt und
Kenntnisse uud Eifer mehr anfacht. Der Wechsel ist
es aber, der den Menseben immer anregt und nicht
ücblummcrn läfst.
Wegen dieser Uraacben ist das ganze Monseben-
gescblocht in Asien unkriegorisch, dann aber auch infolge
ihrer Ge^etse, denn der bei weitem grütste Teil Asiens
wird Ton Kouigen l>eheTT3obt.
Denn wo die Meuschen nicht ihre eigenen Herren
Hind, sondern l'nterthaneii, da werden eie zum Könige*
dienst, zu Strapazen und zum Tode für ihre Herren
gezwungen. . . Sie eelbet haben keinen Vorteil davon. . .
Wer aber in Asien, Grieche oder Darbar, sein eigener
Herr ist und die Früchte seiner Arbeit genietet, der ist
am meisten kriegerisch. . . .
Übrigens sind auch die Aeiaten untereinander sehr
verschieden. . . .
Auch die Völker in Europa eind nach Grötso und
Geetalt sehr verschieden wegen des Wechsele der Tempe-
ratur. Hier giehi es heitse Sommer und strenge Winter,
starke Regengüsse und wieder lange Dürre und häufig
Winde, wodurch die mannigfachstun Veränderungen ent-
stehen.
Darum sind die Europäer auch tapferer als die
Asiaten, weil sie immer thätig, immer bei der Arbeit
sind. Sie goborchon such nicht Königen wie die Asiaten.
Denn wo man unter Köuigoo lebt, mufe man natürlich
sehr feig werden. . . .
Der Woohsel des Klima« ist also so mächtig, dats er
selbst die Katiir verändern kann. Der Mensch ent-
spricht nach Leib und Seele der Natur seines
Landes.“
Diesen letzten Satz dos Hippokrates möchte ich in
engerer landschaftlicher Begrenzung auf die Umgebung
von Kos, der Heimat de« Arztes, beziehen und «agen:
Gleiche Landesuatur kann auch, natürlich duroh Zeit*
verhältniiise und /eitströmungen angeregt, eine verwandte
geistige Thätigkoit anrogeu. Die Lundesnatur um Kos
ist nun so beschaffen, dats im Südwesten von Kleinasien
zwei zierlicfao, verschieden ausgeatalteto Oehirgshnlbinseln
gegen W'esten vorspringen und zwischen sich einen nach
Osten keilförmig verlaufenden Golf von etwa 100 km
Länge umschliefsen, in dessen Ausgango die nach .Süd*
osten geetrecktd Insel Kon liegt. An den äufsoroteu
westlichen Vorsprüngen der beiden Halbinseln liegen
zwei griechische Kolonieen, im Norden Karjanda, die
Heimat des Skylax, im Süden Knidu«. Aufserdem liegt
auf der Südseite der nördlichen Halbinsel noch die Stadt
Halikamaf«, der Geburtsort Hcrodots. Nun liegt die
St«dt Kos derart im Osten ihrer Insel, dafs die Kntfer-
nuug von da nach allen drei Kolonieen, nach Karyanda,
Halikamars und Knidus, gleich weit, in Luftlinie ge*
messen nur einige zwanzig Kilometer, beträgt, während
Karyandn uod Halikarnafs einander noch näher gerückt
sind. So dicht bei einander sind nirgends die für die Ge-
schichte der Erdkunde wichtigen Städte Kleinasiens
zusammeugertickt. (Es sind ähnliche Entfernungen wie
von Dresden nach Meifsen, Pulsnitz und Glashütte.) Wir
werden also unseren Blick noch auf iliilikarnars und
Knidos zu richten haben.
Ualikarnafs, der Königssitz der Beherrscher Ka*
riens, ist in der Kunstgeschichte besonders durch das
Grabmal de« Königs ISIausolos berühmt geworden. Aus
Halikarnale stammt Ilerodot, den man lange Zeit als den
180
Vater der Geographie gepriesen hat. Aber mit Unrecht;
denn wenn auch zahlreiche googpraphische MitteiloDgen
die uns erhaltenen neuen Bücher seiner Geschichte
dnrebsetzen, so bleibt er doch vor allem Oescbicht-
Bchreiber, undStrabo bat ganz recht, wenn er ihn unter
den hervorragenden Geographen gar nicht aufzählt.
Aber trotzdem kann er hier nicht übergangen werden,
weil er, obwohl sein Leben etwa in die Zeit von 464 bis
406 (?) V. Chr. fallen mag, doch nicht mehr, wie noch
der etwa« iüngore Hippokrates, der innisohen Schule
angehöri Kr deutet den Übergang zu einer neuen Zoit
and neuen Auffassung der Dinge an und übt an der
ionischen Geographie bereits Kritik. Doch sind soino
Anschuuongen in Bezug auf die Erdgestalt und das Wesen
der Sonne noch keineswegs klarer entwickelt als beiden
Ioniern. Das sieht man z. B. aus seinem Bericht über
den Feldzng des Xerzes gegen Griechenland ; „ Ala Xerxes
' mit seinem Heere zum Hellespont aufbrseb“, erzählt er
allen Ernstes, «verlor sieb“ (NB. bei ganz heiterem Himmel)
„die Sonne von ihrem Platze am Himmel.“ Er will da-
mit nicht etwa eine Sonnenfinsternis andeuten, sondern
ist der Meinung, der Sonnenkörper selbst sei zeitweilig
verschwunden.
Man darf daraus scbliefseD, dali die Sonne nach
Herodots Vorstellung eigentlich ein leichtes, unbeständiges
W'esen ist, das nicht dem ehernen Schritt der Weltgesetze
folgen kann oder zu folgen braucht. Denn an einer
anderen Stelle (II, 24 bis 26) sagt er, „zur Winterzeit
wird die Sonne durch die Winterstürme aus ihrer alten
Laufbahn vertrieben“ — also wohl verweht — „und
kommt ins hintere Libyen“. Hört aber der Wind auf,
können wir biuzufügen, daun kehrt die Sonne allmäh-
i lieh auf ihren Platz zurück.
I VTir wollen ihm aber auf diesem Gebiete nicht weiter
! folgen. Besser unterrichtet ist er in der Länderkunde.
Herodot hat wie viele seiner I>and8leute grufse Reisen
gemacht, den ganzen Ori^t bis nach Persien hinein ge-
sehen, ist in die russischen Steppen oiugedrungen uud
kenut westlich die Mittelmeerländer bis Italien. Kr wird
I sogar der Thurier genannt, weil er 443 von seiner Hei-
mat nach Thurii(Sybaris) in Kalabrien aaswanderte und
dort sein Leben beschlofi. Als Geograph besitzt er eine
guto Beobachtungsgabe und einen gesunden Blick; das
schliefst aber nicht aus, dafs er sich in recht kindlichem
Glauben manches Märchen hat aufbäugen lassen. Hierin
erinnert er lebhaft an unseren ersten deutschen Kosmo-
grapbon im 1 6. Jahrhundert, Sch. Münster.
Endlich sind noch die Geographen aus Knidus zu
nennen: Eudozus und Kteeius. Kuidus, die südlichste
in der karischen Städtegruppe, hatte zwei Häfen, und
davor lag eine etwa l,ükm im Umfauge haltende hohe
lusel, die durch Dämme mit dem Festiande verbunden
war. .\lso wieder eine lediglich aufs Meer angewiesene
Pflanzstadt mit weitem Verkehr und einer raschbeweg-
licben Bevölkerung. Eudoxus und Ktosias sind Zeit-
genossen, aber ihre Lebenswege scheinen weit auseinan<ler
I gegangen zu sein. Eudozus ist etwa um 409, Ktesias
401 geboren. Eudoxus ist Astronom uud Mathematiker,
' er wurde ein Freund und Schüler Pluto«, als er .381 nach
j Athen ging. Später besuchte er Sizilien, Orofagriechen-
I land und 376 Ägypten, kehrte von da erst nach Kariert,
! daiiu noch Kyzikus am Marmnramcere zurück, besuchte
, dann noch einmal Athen, gründete 359 eine Schulu in
i Kuidus und starb daselbst etwa 3^^ Fhr.
; Dafs er hervorragende geographisebu Arbeiten, die
j sieb auch wobl auf Länderkunde erstrecken mochten,
! geliefert hat, mufs man daraus schliefseti, dafs Strabo
ihn unter den vier bedeuleuden Geographen der Vorzeit;
I .’Vnaximander, Hekatäu«, Demokrit und Kttdoxus, au
t!(0
S. Uufpc: Kldinaftien aU \Vie|(e iler wiaaenichaftlti^hen Frdkuiulc.
ylerter Stelle aufführl. Wie man sieht, waren drei nnter
diesen yieren aus Kleinasien. Wenn Kudoxus dann,
nach anderen Mitteilungen, die I<ftnge und Ilreite der
Ökumene, „der bewohnten Erde“, gduessen und das Ver-
hältnis der Ansdehnnng in nurdsüdlicber und ostwcst-
licher Richtung wie 1 : 2 gefunden, dann motste er mit
der ionischen Erdkunde gebrochen hulnui, denn dieser
galt die Erde als uuciidltch, also auch uueriuefslieh.
(übrigens zeigt sich auch aus der kurzen liel^eusskizzi',
<!afs die Uewohner von Knidus ein Itdehtltewegliches,
unstetes Völkchen waren.
Das bestätigt auch sein Landsmann Ktesias, seines
Zeichens ein Arzt, wie Hippokrates. Strabo (S. G56)
nennt ihn den I^ciharat des Artaxorxen. Nach Diodor
von Sizilien (II, 32) lebte er zur Zeit, da der |üngere
Cyrus gegen seinen Uruder Artaxerxes zu Felde zog.
(An diesem Feldzugo nahm bekanntlich Xenophoii niit
den 10 000 Griechen teil.) Ktesi.^s wurde von den Persern
gefangen genommen, aber wegen seiner ärztliobim Kennt*
nisse ehrenvoll am Hofe aufgenommen und brachte dort
17 Jahre zu. Er schrieb ein in alter Zeit oft genanntes
Werk über Asien, von diesem Erdteil hatte er aus eigener
Anschauung vieleGebiet« kennen gelernt. Er behauptete,
bei seinem Werke die königliche UibUotbek, in der die
Perser nach ihrer Sitte die alte Geschichte aufgczciclinet
hatten, {leilsig benutzt zu haben. Doch ist ihm nicht
der zweifelhafte Ruhm versagt worden, ein arger Eahu-
lant zu sein.
Als dritter llQrger aus Knidus mag Agatharchides
hier augereiht wenlen. der zwar viel später, nändich um
150 V. ('hr. lebte, aber als f,äudurheachreiber und Histo-
riker hier sich am besten anschliefst. Er verfafete ein
umfängliches Gescbichtswerk von 49 llücltern über
Europa, ferner 10 über Asien und 5 über den Indischen
Ozean. Leider sind nur Bruchstücke hei Photius und
Diodor erhalten, die Ursaclie der Verluste Hegt gewifa
in dem zu grofsen Umfange. .\ls Historiker und melir
noch als (irammatikvr befleilsigte er sich einer so grofsen
Weitschweifigkeit und Redseligkeit, dafs man diese Litte*
ratur schon einfach in die Unterbaltungslektiire ver-
weisen kann. Vor allem ist aber trotzdem zu beklagen,
dafs die füuf Rücber ül>er den Indtscbcn Ozean nicht
erhalten sind. 8ie zeigen deutlich, wie gegen Ende der
vorchristlichen Zeit der Welt- und Seeverkehr sich immer
mehr gegen das lange gesuchte Wunderland Indien aus-
dchute.
Dagegen lehnt Agatbarebides die Verbindung der Erd-
kunde mit den astronomischen Elementen vollständig ab,
weil er von der Sternkunde nichts verstand.
Da sich aWr gerade hierin, in der Sternkunde, die
wissetn^cbaftliche Kraft der Kleinaslaten bervortbnt, so
wenden wir uns nun zu ihren beileutendeii Vertretern.
Natürlich sind deren Werke samt und xonders bis au!
kleine U«*ste verschwunden. Der Grund ist namentlich
bei den mitteialterlicben .\bschreibern nicht schwer zu
finden.
Im 4. Jahrhundert v. Chr. war die Lehre von der
Kugelge>-talt bei den Mathematikern allgemein durch-
gedrungen. .\riNtoteles (3tl4 bis 322) saiumelte bereits
die BeweiRo dafür, und einer seiner Schüler, Kudemus
von Rbodus, der eine Ge.'>chielito der Astronouiiu schrieb,
lehrte bereits, dals die Schiefe der Ekliptik 24 Grad Im-
trage oder, wie er sich au'-drücki, daD der .Vbatund des
Pole" der Ekliptik von dem Pole de- Ai|iiators <ler Seite
eines in den Kreis gczeichnoten Fünfzcliiiecks gleich sei.
3 GO®
(Der Winkel milMe a).-o =n 24® Imtragen [Berger
II. 93].)
I Und nun folgte, nur 100 Jahre nach Aristotele», der
I letzte entscheidende Schritt durch .Vristarch von Sa-
! mos um 270 v. Chr. Er ist der KopernikuR des Alter-
i tums. Kr lehrte, dnfs die Welt viel gröfaer sei, als mau
I bisher aiigenummeii. Nicht die Fixsterne und die Sonne
bewegen sich, sondern die Erde bewegt sich um die
Sonne als das Ztminim. Die Fixiternsphäre aber, dert'ii
Zeutrum ebenfalls in der Sonne liegt, ist unendlich grofs.
Die Ionier hatten die Krdo für unendlich grofs gchalicn;
für Aristarch war sie ein Punkt im unendlichen Weltall
geworden. Dafs Aristarch für solche Lehre als Gottes-
lästcrcr verschrieen wurde, war zu erwarten. Die Ge-
bildeten nahmen das Geschrei der Fanatiker natürlich
lächelnd auf. Einen treKffndeii Beleg dafür finden wir
in der Schrift Plutarchs über das Gesicht im Monde
(Kap. 6), worin Plutarch zwar tolerant erscheint, aber
keineswegs dem Aristarch zustimmt. ln dieser Be-
ziehung hielt er sich als kluger Mann den Rücken frei.
Die .Mibandlung über das Gesiebt im Monde ist in Form
eines Gesprfiches abgefafst. Die betreffende Stelle heifst
wörtlich so: „Da sagte Lucius lacheud: Hänge uns nur
keinen Prozefs wegen Unglaubens an den Hals, Teuerster!
wie einst Kleanthea.** (NB. Der berühmte Gründer der
stoisclien Schule, Zeuo, war ein Kleinasiate aus Uypern,
geh. 340 und sein Schäler Kleanth, der aus der Truas
stammte, ebenfalls.) KJeantb meinte nämlich, ganz
Griechenland müsse den Samier Aristarch als Ueligions-
verächter, der den heiligen Wrltherd (die Erde) ver-
rücke, vor Gericht laden, weil nämlich der Mann, um
die Tliinmelserscheinungen richtig zu stellen, den Himmel
gtiliiteheii, die Erde dagegen in einem schiefen Kreise
(Ekliptik) foriwälzen und zugleich um ibro eigene Achse
drehen lief». AVir sprechen Ja nicht unsere eigene
Meinung aus; aber, mein {fester, u. s. w. ^ Man wird
an das Schicksal Galileis erinnert. Das Altertum bat
übrigens die Lehre Aristarch» nbgelehnt, so dafs, als
Ko^HTnikuB wieder damit hervortrat, .selbst die Erinne-
rung an den kleinasiatischen Vorläufer erloschen war.
Ein Zeitgenosse des Aristarch war auch derberübrnto
Kratostbenes, einer der gröfsten Geographen des Alter-
tums, der 275 in Kyrenc geboren und 194 in Alexandrien
gestorben i"t. Er war also kein Kleinasiate, mufa aber
hier genannt werden, nicht allein weil er die erste ratio-
nelle Erdmessiing ausgefübrt hat, sondern auch weil er
zuerst eine Projektion der Erdkarte versuchte, die sich
nicht an den Elementen der ionischen Kunst, mir Bich*
tuiig und Entfernung der Orte zu verwerten, genügen
; Hets. sondern astronomisch feste St ützjmnktc suchte. So
I kam er dazu, über das Weltbild eine Anzahl von Breiton-
parallelen zu ziehen, die durch Orte gelegt wurden, deren
gt>offraphiscbe Breite man astronomisch ermittelt batte.
Aber die Zahl der astronomisch bestimmten Punkte war
noch viel zu gering, als dafs die Paralleliinien hätten in
gleichen .Abständen gezogen werden können. Dann aber
hatte Eratosthenes über seine Karte auch Meridianlinien
in ungleichen Abständen gezogen, (ienaue Längen-
bestimmungen zu machen, dazu besafs das Altertum
noch kein ÄlitteL Also waren auch die Meridiane des
Eratostheno" von sehr zweifelhaftem Werte. Die Idee
eines Gradnetzes war zweifellos richtig; aber in der
' Ausführung Hefs ihn die AViäsenschaft im Stich.
Gegen das Unzulängliche des Entwurfes richtete sich
nun die Kritik des gröfsten Astronomen des griechischen
Altertums, Hipparch aus Nicäa in Bithynien, etwa
150 V. C'hr. Hipparch ist also wieder ein Kleinasiate.
Er verlangte als Grundlage eines Jeden Karteneutwurfes
nur nstroDomiHche Ortsbestimmungen. LängvubL-stim-
inuugeu hoffte er aus Beobachtungen von Sonnen- und
Mondfinaternisaen urmittcln zu können. Zu seiner Zeit
r^r. Friudriuh Katecr: l>s« Fopovo polje in clor llerci’yrnviiin.
waren aber nooh su wenig Aiikalttipuuktc vorhaudeu,
daher hat auch Hipparch keine Karte entworfen, sondern
nur gezeigt, wie das Gradnetz beschaffen sein uiüXste.
Dadurch legte er den Grund zu der Projektion des
Ptoleniäus, die gebildet wird durch gleich abständige
Breitonparallelen und nach Norden konvergierende Meri-
diane. Den Hahmen bildete ein Trapez. Ilipparch führte
auch diu Hezoichnuugen der Länge und Breite ein,
zählte die Breiten vom Ä<[uator aue, diu Laogon dagegen
vom Meridian von Bhodus, während später Ptolemäu'«
den Anfangsmeridian westwärts in die Kanarischen Inseln
(Ferro s|Ȋter) verlegte. Auch die Verwendung der
chaldiiHch-babjionischen Kreiseinteilung in 360 Grade
geht auf Hipparch zurück. Die wichiigfiten Grundlinien
für die Herstellung einer richtigen Weltkarte wtu-un damit
gegeben. Dals zu seiner Zeit Kratea von MiiUua in
('ilicien auch den ersten Glohns hergestollt hat, tsoll hier
nur noch einiuul kurz erwähnt werden; denn ein eigent-
licher Geograph war Kratee nicht.
Und mm kommt der letzte bedeutende Kleinas iate,
Strabo von Ama'teia in Poutiis, der 63 v. Chr. geboren
und in Kom unter Kaiser Tiberius gestorben ist Das
Jahr steht nicht es läfst sich aber aus dem Inhalte
naebweisen, dafs das vierte Buch seiner Geographie im
Jahre ISp.C. und das zwölfte Buch 24 p. C. geschrieben
ist. Kr mufs also mindcstcus 87 Jahre gewesen seiu.
Btrabo stirbt in Rom — ein bdscs Omen; denn in wissen-
schaftlicher Krdkunde haben die Römer gar nichts ge-
leistet. Es begann schon bald nach lUppurchs Zeit der
Verfall. Artemidor von Ephesus, um 100 a. C. und
der lliHtoriker Polybius verbeblteii ihre Abneigung
gegen die mathematisch - phyHikaliacbe Erdkunde nicht
So weit ging Strabo nicht, er ahnt wenigstens die Not-
wendigkeit der astronomischen und mathematischen
Hülfsmittel für die Erdkunde, aber er verstand diese
nickt mehr. Das sieht man besonders in seiner Polemik
gegen b^atosntbenes, den er glanbte uietHtem zu können.
Im rnmute über diese .Vnmafsuogen konnte auch Mülleii-
hofi in seiner deutschen .Altertumskunde (I. 315) sich zu
dein harten Urteil liioreifsen lassen: »Kin Mann von so
stumpfen, ja grolmn Sinnen, so kurzem Verstände, ge-
ringer Verschmitztheit und mälNigom Wissen, wie der
gute Strabo, der iu das helle Licht dieses Geistes“ (näm-
lich P)rat 08 theues) „i«ich wagt, cr^cheint notwendig in
seiner traurigsten Gestalt, und was er in Wahrheit ist,
wird leider völlig offenbar, ein arger Tölpel.“
Man sollte nach solchen Worten meinen, daf» sein
Werk keiner besonderen .Vchtung wert wäre; und doch
wäre «ijje solche Ansicht grundfalsch. F.s lag zunächst
gar nicht in mner Ah.richt, einen so stolzen Bau für die
wissenschaftliche Krdkuntle zu errichten wie Kratostheues.
ein Bau, der nur iu Trümmern vor uns liegt. Kr wollte
eine Länderkunde schreiben, wie H. Berger es charak-
terisiert (III, 46), zu Nutz und Frommen der Regiert-n-
deu, zur Anregung, Belehrung und Unterhaltung für die
gebildeten Kreise Korns. la sollte populär sein, darum
liefe er die Astronomie und Mathematik möglichst beineite.
Darin liegt auch der Grund, dafs es Abschreiber ge-
funden bat und uns erbalteii gehliel>cn ist.
.Aber das sagt noch nicht genug. Strabos Geographie
in 17 Büchern ii-t die einzige ausführlich schildernde
Knikunde, die uns aus dem griechischen Altertum er-
halten ist. Er fafst nach Seite der Länderkunde das
griechische Wissen zusauimeu, aber er nimmt überall auf
die Entwickelung der Wissenschaft Rücksicht', und in
dieser Bcziehaiig kann man dem Urteile H. Bergern
(in, 46) gern beipfliebten ; Dankbarkeit mufs das erste
Gefühl sein, das sein viel genannter Name bei unn er-
weckt, denn ihm allein vordaukou wir die Mög-
lichkeit, die Geschichte der griechischen Geo-
graphie jin Zusammenhänge zu erkennen. Sein
Werk allein ist erhalten.
Also dur letzte beschreibende griechische Geograph
war auch ein KleinaHiate.
.\us meiner Darlegting wird man wohl die Über-
zeugung gewinnen, dafs die Kleina.-siaten iu Bezug auf
die Kntwifkelung der Erdkunde die l'ührung gehabt und
den Ausbau der Wissenschaft nicht blofs begonnen, sob-
duru auch durch alle l’huson gefördert und in der
Länderkunde auch beschlossen buben, während der
astronomisch' matbematische Ausbau nach den Forde-
rungen Hipparchs erst durch Ptolemäus vollendet wurde.
Das Popovo poije in der Hereegovina.
A'üii Dr. Friedrich
W«r gegen l'.nde des Winters auf der Reise zu den
in dieser Zeit schon ini sebönsteu FrüUlingsscbmueko
prangenden, sonnigen Stätten des dalmatinischen .Adrin-
strandeM, um dun Terscbiodeiien MifsUchkeiten der See-
fahrt zu enlgehoti, den bequemen Landweg über Bosnien
und die Hereeguvina wählt., fährt von der Station Ilutovu
(etwa zwei Stunden Bahnfahrt juuseits Muatar) an
stundenlang an einem See dahin. Wer aber in den
Sominerferien dieHolbu Fahrt macht, findet au Stelle
dieses Sees ein tiefes Becken, dessen obeneu Boden wobl-
bebaute Felder bedecken, durch welche eich in zahl-
reichen Schlingen ein ausgetrockiieter Flufslnuf wie ein !
helles Saudband biudnrchwindet. fheser zwischen Fels- I
lehnen oingeseukt«^ ausgedehnt« Wiutersee und die j
seine Stelle einiiehniendu wasscrlose Sommerobene
ist das Popovo polj«, wörtlich: Pfaffeitfeld, eine
von jenen trogartigon Terraiuaustiefungen, welche eine
der charakteristischen Eigenheiten der bosninch-hereego-
vinischen Knrstlaiidniehaft darstellen.
Das Gebiet des Popovo poije gehört in vieler Be-
ziehung zu deu interessantesten de*r Hereeguvina. Pis
K a t z e r. Sarajevo.
be;*itzt ein sehr mildes Klima und gilt als der gesündeste
LandcstcU; es ist verhältnismAfsig dicht bevölkert, indem
sich rund um das Poije zahlreiche Dörfer eng aneinander
reihen; seine Bevölkerung — vornehmlich orthodoxe
Serben — ist sitbuirein, fleifsig und sparsam, dulici tndz
sprichwörtlicher Bedächtigkeit und scheinbarer Unent-
schlossenheit doch unteruehiueiid, mit grotser Liebe un
Fiiuiilie und Heimat hängend. Viele Pi.qK>vcaiier wundern
in die weite Welt, gegenwärtig am häiifignten nach
.Amerika, wihsen dort als Handwerker mul .Vrbeiter Geld
zu venlienen, unterstützen freigebig die Ihrigen und
kehren schliefslich mit ihren P^s(>arnissen wieder auf
das PcqMiVu zurück, !-o den allgemeinen WohlsGirid
fönlerml. Man sagt, dafs 70 I’mz. der Auswanderer
auf ihr SUriufeld ziirückkoinnien und dafs die meisten
jetzigeu Griiiulbesitzer sich mit Amerikageld freigekauft
hätten Ü*
ln oiiier intrn'ssuiiiun Abliandhiiig üht'r das Po|mvu
poije und die M^rkwünllgkoit*-« von Zjivalii (Wi-s. Aliu«*il.
aus Btwin. ii. d. 1 Irn-oj:'"-. I. laod, S. :!4 h) Wrichtet t’li r. M t haj •
lovii*, daf* b«fim liurrhstich der Landviiüe Vi>i> tliici: übi-r
l)r. Kriodrieh Kat*«T: l>n* Po|»uvo jm»Ij© in der n©rtH'gi>viQa.
Jodocli nicht mit dioscn an bich gewita interossantcii
Verb<niübcu, aoudcru nur mit dor gtHiphyaikaliechoii
RuachafFunhcit du» Pu|)Ot» poljo »ollen sich die folgenden
Zeilen befa^Kon.
Da&! eigentliche Popovo polje Ut das nordwestliche
Ende einer mehr al» 50 km langen Terraindepression,
welche aien\licb parallel zur ndriatinchen Küato von
llutovo im Nordwesten bis Cicero bei Trebiiye im Süd-
unlen hiuzieht. In dieser Torrainaustiefang, deren Breite
zwischen l und 8 km schwankt, ist eine Dreiteilung
sofort in <üu Augen springend. Das inäfsig grufsc süd-
östliche und das langgestreckt« nonlwostlicho Ende
liegen tiefer ols der breit« mittloro Teil, welcher infolge-
dessen auch trocken bleibt, w&breiid die beiden ersteren
überschwemmt sind.
Allo drei .\bschnitte de» Beckens werde« der ganzen
Lange mich von der Trebinjeim durchzogen, welch« bei
Bilek, nördlich von Trebinje, gleich als mächtiger Bach
aus den Kalkfclscn hervorbricht und iiti Popovo polje
blind endet. Es stellt
namentlich in den Waldtoilun Triio valje und Prlovine
bei Poljioe auftreten. Die offen am Tage anstehenden
Kreidekalk« bilden eine von zahllosen DoLinen zerwühlt«
Karstflich«, welche zum gröfston Teil von Gebüsch und
schütterem Wald bestockt ist und nur auf beschrauktesi
Parzellen bebaut werden kann. Gerade dies« eignen sieb
aber ganz vorzüglich zum Tabakbau und der hiesige
Tabak (Sumski duhnii) geniefnt in der Hereegovina einen
besonders guten Uuf.
Das Popovo und Cicevo polje sind dagegen durch
alluviale Anschweromungeu, die vorzugsweise in
einem thonarmen, feinen Kalksandboden bestehen, voll*
ständig ausgeebnet und bieten ausgezeichnete Acker-
und WeidogrÜnde dar, deren P'ruchtbarkeit »o borüliiui
ist, dafs insbesondere das (Icevo polje nicht ohne Be-
rechtigung als der Garten der Uereegovina bezeichnet
werden konnte. Die Äoker werden hier zweimal jährlicb
l>ebaut nud es wird zweimal geerntet: das erste Mal
llalufrucht, das zweite Mal Hackfrucht.
Die l’ruchtbar-
sich daher die Ter-
rainaustiefung von
Trehinje bis gegen
llutovo als oberirdi-
sches TbalMiück eines
unterirdisch begin-
nenden nnd unter-
irdisch endenden ty-
pisebun Karstflussc»
dar.
Der die beiden
Senken an den Phi-
den der Thjpression
irutmeud« mittlere
Hocbteil wii'd in
keit wird wesentlich
bedingt durch die
jährlichen, meist vom
Oktober bis über
den Mai andauern-
den Inundatio-
ueu,^ welche in
dem Cicevo und Po-
povo polje dieselbe
Kollo spielen wie die
Überschweininuugen
des Nils in Ägypten:
sio vertiefen und
erneuern die Erd-
krume durch Zu-
seiner nördlichen
Hälfte Lug,, in der
südlichen Suma ge-
nannt und besitzt
die grölste räum-
liche Ausdehnung,
nämlich nach einer
Schätzung von Ph.
BalHf’), ungefähr
11700 ha, wogegen
auf das eigentliche
Popovo polje 5000,
Skizze zur ErBtutening der Spei* und HdünckthiltigkeU der Ponore
ln eine» Polje.
a, a tiuil l'ooore, die steU W«**«r aufoebtuea, also excl. Scbluckschlündc;
b wird zum SpcUcblaad. «can der WaMcrzufluriaui dem aourirdUebea Heserroir li
•0 gvor» ist, dai'i «r doreb den Kana) )>«i c nicht vnllig abgekitet au vrrdru
vermag. Sobald kein oder nur ein geringer tt'iuftersufluf» aua h stattlindet,
wirkt b als Saugacklund;
c ist auHchlieCsUth Speiai'blund und wirkt all solcher nur so lange, aU du
W’iuarr in> Waaaeripeicbrr h iü>«r der AuafluftmUndung o sti-bt.
Per Pfeil deutet die Ableitung zum Meer oder in «in tiefer gelegenes Bocken an.
fuhr foinsandiger
und tboniger Sedi-
mente und düngen
durch orgauiseho
Niederschläge das
AUuviallaud. Die Ur-
sache der Inuuda-
üon ist das Milsver-
hältnis zwischen Ab-
flafs und 7u!lur.H des
Wassers in da» Polje.
Diü Plutwässcrung —
auf das südöstliche t'iccvo polje nur 1800 h» entfallen, abgesehen von der Verdunstung — geschieht tiämlich
Mit der tieferen Lage bängt' zusuiutueu, daCs aioli diese im (’icevo polje teilweise, im Popovo ausachlietsUcb unter-
beidcu letzteren auch tu geologischer Beziehung bumer- irdisch durch Schluck-schlünde (Ponore), deren es an den
kensweii vom höheren mittleren Abschnitt untersoheiden.
Rändern und an der Sohle de» Poljenheokcn« sehr viele
Einen Teil von diesem hatte A. Bittiier^") semerzeit
zufolge einer ihm gemachten .\ngabe, dafs in der Suma
Kohlen vt>rkäm«n, als Süfswasaerneogen kartiert. Der
hieran geknüpft« Vorbehalt war sehr am Platz, denn |
die ganze Lug- und Suin««l>ene gch'’>rt dem Krcide-
kalk an und die angebliche Kohle ist nicht'* als
einzelne hochbituminöse oder aspbaltdurchtränkte und
daher zum Teil entzündbare Kalksteinbcbichtcn, wehihe
giebt. Im Popovo »ind all« Ponore, welch« sich von
Orasje abwärts, also K*^<^n llutovo hin, hefinden, aus-
Bchliefslich als Schlucklöcher thätig, d. li. »i« nehmen
nur Wasser auf, gelmn aber koinu» ab. Hingegen sind
die Ponore von OruMjo aufwärts — gegen Trehinjo zu —
zwar zumeist ebeufallz Schlnckschlüude, wirken aber
zeitweilig auch als Speilöcher, d. h. sie schütten im
Herbst Wasser in da» Polje aus, wozu (Iniin n(»cb die
ganze Wassermenge der Tr<>binjcica hinzukommt, die
2 o l’o^Mtvcniier In^xchäfttgt warou ued dar« «'s iu Dostu«-n iiud i nach jedem ausgiebigen Regen und liesooders zur 7-eh
der H«.TCut'0''ina koiiiy Studt gebe, iu wolcher uicht Poiiov-
ciiiMT iiugo*icdc]t wi»'n. *o daf» da» Sprichwort: Uerco
govitiii bevölkert diu Wull, ohne sich scltist zu untYiilkfrii“.
oller vnm l'ufKivo Hllein als von der ganzen übrigen llerccgo-
viim g<dte.
Wasserbauten in Uuanien und dnr Hereegovinn. 1- Bd.,
K. 14. Wien Isftö.
K. V. AI ojslso V tes, K. Tioizu und A- Bitlnor.
(»ruinlliMimi der (■«•«tlogio mui H«'-i)i»-n • Ib-rrogto itiu. S, ‘jriä.
Wien
der Sclmcescbmelze gewaltig anschwillt. IHese grolscu
Wassertua.H«eu vermögen die uuturirdiscbcu Ableituiigs-
kanäle nicht zu bewältigen, weshalb sieb zunächst am
unteren blinden Ende des Polje bei Hntovo da» Waaser
»taut, dann böber und höher »t«igt und schliefslicb da»
ganze PoRe in einR« stellenweise bi.» dO m Gcfeii See
verwandelt.
Boi der obeiieti Beschafifenheit des Puljebodons kann
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I>r. Frirdriüh Kutxer: l>«» l'opovo polje in »ler Ilercef^o
1!«8
Uii)) PopoTo poljr im Somroi^r.
<Eifi Teil de* I'oljr In der Nllte tou Veljatnfdj« Vurx nach der Trocken*
le{(UD|^. Iin Vordergründe der Kind des Kerrent'rldeit der elredlerli-n
Krcidekalke; d&liinter ein Poljebodeo die i’onor« [ScblucktclilUnde] in
wrirhon ein Arm de« Trebinjcic«i)u*M>t blind endet.)
ITiotogrmphie Ton F. Topic.
viiie vivlv lluudei'tc von lluktareu uinfaK!>HU<ju Ültvr*
Hcbwemnnin^ binnen körzv-ster /eit zu otundo kommen,
vTHM in Fallen, wo die Krnte noch niciit i>eoiului ist,
grofee wirtaebaftHehe Verlaate zur Folge bst. 8o komnit
en zuweÜem iin Septeml>or vor, dafs, weuu iiu moiiteüe-
grinisclien Grenzgebiet starke Kegengüsse niedergebau,
das ganze J’olje bis Kaviio herauf biunen vier
Stunden abersebwemmt wird. Sobald daher iHsiuerkt
wird, dafs die Trebinjcira anzuscbwellen beginnt, laufen
die Haneru Kopf über Hals, uui noch rasch eiuzubriugen,
was möglich ist. Allein was sie von der vielleicht erat
halbreifen oder in Sebubern stehenden Fechsung, oft
im Wasser bis zum Gürtel watend, noch haben retten
kömiea, ist zumeist nur ein geringer IfruchteU dessen, was
vernichtet und fortgeschwemnit wird. Itafs im September
noch viel Frucht auf den Feldern siebt, erkUrt sich
daraus, dafs die Aussaat oft erst im Juni, ja selbst iui
Juli vorgenommen werden kann, trotzdem der Ikxlen in
der Kegel schon 3 bis 4 Tage nach dem Rückzug des
Wassers bebaut wird, lllcibt das Polje über den Juli
hinaus unter Wasser, dann ist das Jahr für die I^aud*
Wirtschaft verloren und es soll
nach der Krinnerung alter Leute
auch schon vurgekommeti sein, dafs
sieben Jahre lang im Pup>vo nicht
ge.säet und geerntet werden konnte.
Auch wird behauptet, dafs es keinen
Monat im Jahre giebt, in welchem
das Polje nicht schon uiiverhnflt
überschwemmt worden wäre.
IHe Haiiptsclilündu, welche die
Kntwftsxerung des Popovo jKilje be-
sorgen, sind die folgt'nden:
1. I)ie obere und untere
Strjozevu auf der rechten Seite
der Trvbinjcicarinuu bei ('avas; sic
stehen mit einem untt^rirdisebon
llöhlengang in Verbindung, welcher
bei Svitava in das dortige Plato
(Sumpf östlich Gabela) aiisinundet.
2. l>ie Poljasniea, ebenfalls am roohten
Ufer ziemlich gegenüber von der Station Turkovici.
.Auch sie leitet das Wasser durch nntarirdisohe Ka*
uftle in das Svitavsko Blato ab, da Holzgcgeustünde,
welche in sie hinein geraten, von der SopoUjuelle
am südlichen Rand des Plato wieder zu Tage ge*
bracht werden.
3. Die Provalja am blinden Knde des Trobinj-
cicalaufes; ihr unterirdischer Höbleukaiial mündet
erwiesenermafsen im Porto di Janska bei Banici in
das .Adriatische Meer.
4. Die Ponikva an der tiefsten -Stelle des Polje-
bodens unweit von Hutovo, die ebenfalls mit dem
Meere in unmittelbarer Verbindung steht.
Von diesen Scbluckschlflnden sind die wichtigsten
die Provalja and die DoljaHuica.
Die erstere ist der Trichter, in welchem die
Trebiujcica endet. Solange der Wasserstaiid des
Flusses 0,,A ro nicht übersteigt, vermag der Schlund
die ganze Wassermenge aufzunebmen ; sobald der
Wasserstand jedoch höher wird, stant sich der Über-
Behufs, soweit er nicht von der Ponikva aiifgenoiu-
meii werden kann, im Polje. Der .Ableitungnkanal,
zu welchem die r^uvajja führt, ist im Hochsommer
bis zu gewisser Tiefe befahrbar; es ist dadurch be-
kannt geworden, dafs der unrcgolmäfaige llöhlengang
in mäfsiger Tiefe stark verengt ist, wodurch die
Schluck fAhigkeit dieses Saugscbluodes sehr vermindert
wird. Die Do^jasnica besitzt eine ganz gewaltige Schluck-
kraft, wie der Wirbel Iwweist, welcher sich im Popovosee
über ihr bildet und welchem man sich iin Kahn nicht
auf 100 m annähem darf, ohne Gefahr zu laufen, hinein-
gerissen zu werden. Da sich jedoch Ihre Mündung gegen
8 m über dem Niveau des nAchstgelegenen Absohnittes
des Trebinjcicalmties befindet, gelangt ihre Ahieitungs-
fAhigkeit erst zur Geltung, wenn der untere Teil des
Popovo Polje schon fast bis Veljaraedja überschwemmt
ist. Durch die Verbindung der Doljiisniea mit der
Trobinjeiea durch einen entsprechend tiefen Kanal und
durch die Krweiterung de» llöhlengange» der Provalja
konnte viel zur llintanhaltung der vorzeitigen jfthon
Überschwemmungen de» Polje beigetragen werden.
.Aufser diesen llauptschlüudeu beteiligen »ich auch
zahlreiche kleinere Ponore an iler EntwÄsseruiig des
Pop<iTo. .An vielen dieser SchhickPkiher sind Mühlen
angelegt, von welchen man aber in der Pnljeebene
nur die ringförmigeii, kleinen Festungen nicht unfthii-
lichen Sebutzmauern sieht, während die Mühlen selbst
melirere Meter tief im Ponor angt^bracht sind, weil das
Das Popovo polje Ini Winter.
{I’artie dui Pwljvtei*« Ih'i Kmth». Irti* Srhirht«D des Krcidekalke« falleo ii&vb Ni«rdv»t ein.)
PltoUik'rs(ihie von F. Topir.
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VM
I>r. Frirdrich Kiit*«p: r>ttn Popjivo poli« in i!er ilurcnj^uviun.
TOD ihm auF^e^chliickt« \Va*« 8 fr eine genügende Fallhühe
hoben imtfi«. um die Steine treiben su küntiem Ide
>rfih]en sind mit ninxsiTon Steinplatten gedeckt, um
während der luuiidationxzeit, wu dn^ Wanaer hoch über
ihnen «tebt, vor Beschädigungen gesichert xu nein, was
um 80 notwendiger ist , hIm viele dieser flominerüchen
Schluck)(>cher im Herbste SpeiscblUude wurden, aus
weichen das Wasser mächtig hervorbricht. Diese ah-
wechsubido Schluck' und S|icithAtigkuit uitios und
desAelhen Ponors erklärt sich leicht aus dem durch
llohleiigängu vermittelten Zusammenhang mit höher ge-
legenen unterirdiacbeii WHKfMjrreservoir«‘n, wie dicü die
Skizze auf Seitu 192 erläutert.
Derartige unterinliNcfae Wasserbehälter besitzen, wenn
sie vom Tage zugänglich sind, für die Bewohner der
Karütlandschaft Beileutung. weil sie in der Souiiuerdürre
gutes Trink“ und (lebrauchswasser spenden. Solche
Kc^ervoire, allerdings von mftfsigum Umfang, beenden
sich insbesondere in der erwähnten Strjezevahöhie und
bei Zavala in der Vjeircuica- und iu der Bitoiui^lehöhle.
Die Vjetrenica ist eine sehr lieraerkenswerte Ventarole,
deren Eingang (nahe l»eim Bahnguloise östlich von der
Station Zavala) »o hoch Aber dem IkKleii des Popovo
poije liegt, dafs er zur Zeit dur luundation desstdlien
vom Soespiegel inetnaD erreicht werdoii kann. Die
Höhle füllt sich aber im Winter doch teilweise mit
Sickerwus»<er, welche« auch über dojj Sommer darin in
za'ci kleinen Se4tn angesammelt bleibt. i
I>ie Bitoinislchöhle hat ihren Eingang eine kut'zo
Strecke weiter westlich, im südlichen trehänge de« von '
Zavnht gegen S|ano führenden dlmle«, etwa 30 m til>er
dem Thalboden. Es ist nicht ausgoschlosium, dat« sie in
irgend einer Verbindung mit der Vjotruuica steht. Sie
ist immer mit reiimm und kühlem Wasser gefüllt, welche»
sich in der truokenstuu Jahreszeit auf 10 hi» 15 m vom
Eingang zurückaioht. zur Zeit der Ilerbstregen al>«r
daraus als Hach hurvorbricht, welcher dann eine Mühle
treibt
, IHe ganze lauge TerratndepresMun von llutovo bis
Cicevo ist, wie (»ben bemerkt wunle, im Kreidekalk aus-
getieft. Fx>cän tritt zwar an das nonlwestliche, die
'l'rias an da» «üdöstliche Ende nahe heran, die Um-
i'unduiig dur Senke seihst alter bat bis |etzi keinen
paliioutoioginchen Anhalt gelHtteu, sie teilweise au» dem
KrciduHyslcm uufizuaohalteu; im (iegenteil weisen sämt-
liche bisher in «len felsigen Rändiun de» Borken» ge-
machbm Funde von leider zumeist »ehr schlecht er-
haltenen FonMÜieii auf die Rudiateukaikfucios der oberen
Kreide hin. Trotz^iem die Kalksteine von petr«»gi‘aphisch
ziemlich Ter»4‘hiederiem .\u»seheii »ind und vielfach
dolomitische Kinsrhaltungeu enthalten, Ist ein«* nähere
(tiitHlcriiiig der«ell>en bi» jetzt nicht gelungen. Ne
S'lilcht4'n stroirhen dur«*hweg vi»n Srtd«»»t nach Noid-
wi*»t, im südlichen Teile der itepru»«ion iedoch mehr
nach N«»rd (22 bi» 2.3'*), im mördlichen Teile mehr nach
West (20 bis 21**) tmd werden von den Poljerändern
zumeist unt«*r einem spitzen Winkel abgeHcbnitten.
Stauchungen und wenig h<*deut«ndu Verwürfe sind zwar
vorliandeti, aber für «Ile Aiinalnne grof'er Absenkung»-
Vorgänge liegt keiu Aiiliult vor. K» besitzt somit
das Popovo p«»lje in »einer Ha u pt er» t reck uiig
«len (Tiaraktor oiuo» t^uertbules — nicht eines
lätiigsthaies — und erscluunt iiamentlicli im nordwe»t-
liehen Abschnitt al» ein V(*n der Tektonik de« (lebirges
unabhängigeH K ros io n st h a ), von welchem e» nicht
zweifelhaft »ein kann, dat» es einstmals von einem
strömenden (»ewÄsser oluTtägiif entwäsaerl wunle.
E« i»t nun überaus wahrsrheinlich, daf» die-e Ent-
wässerung duri'h da» heute truekenu t^u«>rtlial Zavala-
Slano nach der Adriasenku bin erfolgte, die pMlocli
«lanial« n«»ch nicht die Auadehnung besaf» wie heute.
< In der Bucht von Zavala kamen zwei Flus«» zuHuiumen:
der eine, gröfsere, auf dessen Seitenurosiou «lie Ah-
holRdung der Eug- und Sumaehene znrüokzufülireii ist,
« von Südosten, der zweite kleinere von Kordwesten; durch
da» Zavalathal »trömte der vereinigte Unterlauf. Die
Tiefe dieses Thaleinachnitte», dessen Seitenlehnen mehrere
Hundert Meter hoch »ind, heweiat, daf» der Abflur»
durch die Rinne lange Zeit andauerte, «In er eine ganz
gewaltige Krosionnarbeit zu verrichten vermochte.
Für «len Vorgang dieser Tbiilbildung i.‘*t«lerSchi«*htoii-
bau des «lurchsclinittenen (robirges höichsi bezeichnend.
Zwischen ('e.»]jai*i und Znvnln verläuft nämlich <|uer
I über da» Thal eine aiitikliiiale Auffultung, die
; ihren Oberflächenuusdriwk in der Kette de« Timor br«lo
I einenfeit» und der VeIJa (fratlina anderer»eit« hnd«*t und
i mau braucht gerade kein prinzipieller .Anhänger der
.\nte<^odenztheorio der Entstehung von I>urchguiig»-
thälern zu «ein, um in dieaeni Falle ihre Guitigkeit zu-
zugestehen. Während «einer Auffaltung wurde
di e»er tektoiiiache Thalriegel diirchaägt Solange
die Durch»chnni«lun(r mit dnr allmählichen Erhebung
gleicheu Schritt hielt, oder »io überwog, blieb der Ab-
Auf« unbehindert und der Thalweg derselbe, mir dats «u*
tiefer und tiefer iu die »ich auffaltcnde Schwelle einsank.
Eine kräftige Betbätigung der Faltung machte diesem Zu-
«tikndo jediK^h ein Ende: der .Vbflut» nach Westen wurdu
aufgeh«»l>en und die beiden Fiufsthäler vereinigten «ich
zu einem langgmlehnten ge«chlo8»onen Seetrog,
welcher um »o tiefer wurde, je InMicr die SUuschwelle
»ich erhob. Diu .\uffaltung de» Riegels kann man si«'^h
aber natürlich nicht unabhängig von der Umgebung
denken; «ie i«t vielmehr nur eine Teilorscheinmig der
allgomeiueii Hebung de» Lande«, durch welche diu
IlöhendilTerenz zwischen dem Boden de.» neugehihleten
Seoe und dom Mucro»uiveau immer mehr vergnifHort
wurde. I>er mit der zunehmenden Menge erh«ihte Boden-
und Seitondruck de« Wa»«or» fönlerte in dem vou Hause
auM «elir «lurchlässigen Kalkgebirge die .\u»weitung
einzelner Ein»ickcrung»klüfte zu Kanälen nml »chlaiich-
artigen H«»hlräuinen, welche nun die unterirdische
Entwässening «io« l*op(»vn«ee» ülminahnien. Durrli
I Höihlenverhriich und Kaclisackungon wurden schliefslicli
die heutigen (iofällererhälliiisHo geschaneii.
Diese» ist die wiihrscheinlichfite KntsUdiung de» i'«»-
|mvo jailje, «b‘ren Zeit sich ehenfall« rwht genau fixien-n
läfst, obwohl im Pedje auNer teilwuiHo Terkonglt>iiierieiieii
f|uarternären Schuttkegeln kein« sonstigen jung«*n, ins-
liesonduro tertiären .\hlag«rungun l>ekuunt »iud, welche
, uns darüber einen Aufschhif» geben kiinntt'n. Aber
! gerade die« ist lH.*zeichneml. Wir wi«»en, duf» da»
hoNnisclie Püoeän noch bi» zur Kopfständigkeit «l«>r
Schichten zusauimungufnltet ist und dafii »omit die
letzten grofsen Kru«tenhewegungen in Bosnien
und der Herccguviiia am Ende des Pllocün».
Iiezw. zu Beginn des Diluvium« «t a t tfanden ^).
ln diese, geologisch gesprochen, erst unläugst v«*r-
gangene Zeit fällt auch die Entstehung de« 1*oi>oto
polje. K» ist die Zeit der Ausbildung der nörd-
lichen Adrianeiike und «le» IWginne.» der Haupt-
entfttitung do» grofsartigen K arstphä nomeii »
in iiDsert'n Landern, welch««» »oiiiit in »einen »ich beute
noch «o fris«*h un«l scharf ausprägentien Erscheinungen
ganz wesentlich dem Diluvium augehört
Nicht, uie I'enck in einer geistreichen und da»
ge<>gni|ihi«rh Jhveirhueudo mit «rliarfeni Htick erfassi'iKieri
Atihiuidliiiii; (/«il«i'lir>fl ÜM D«’Uf,»«*hen «m«l «*«trrr. Alpen-
vtjiuin» XX.M, IVOu, S. inoint, m «Kt Mi«>ränzeil.
Bäoh«riichAO.
196
Bücherschau.
l>r. Augu.Htlu KrÜiucr: Die Samon-Inaelti. Entwurf
einer Muno^.'mphie . mit ttesontlercr Keriickalehtigting
Dcut<cl)-8anK<as. Zweiter Biind. Erste Lieicrung. 8tutt*
^art, Seliweizerbartsche V«rU^sbucliban<liuiig. I9«>g.
Der er«te Band von Krämers älMsiscber Honograpliie
der Samoa* Inseln , welcher sieb mit der Verfassung, den
Stammbäumen und Überlieferungen der Insulaner befafste,
erschien vor Jahresfrist. Diese entc Lieferung des zweiten
Barnitr« l»ebandell die MriwensrhaftUebe Er«Uli«fsung von Sa*
louH und beginnt dann mit der eingehenden Bchildemog der
HQthrii|K)togi«ch-«'thoograpbiscbeii Verhältnisse.
Einem Mecklenburger, Karl Friedrich Behrens, verdanken
wir die erste, wenn auch nur kurze und oberflächliche Notiz
filarr Hamua. w'iewohl er die Inseln nur gesichtet, ab«‘r nicht
betreten hat. Er war ein Begleiiur de« niederländischen Ent*
d«<tker* Roggeveen, welcher 1722 SatiKia Wrübrte. Krämer
hat den kaum l«eacUteten Bericht des Mecklenburgers wieder
ausgegraben und beginnt damit seine ücschichte der wissen-
scliiiftlicben Erschtiefdung, in dem er ausführlicher den Be-
such Buugainvilies (17681, die unglückliche Expedition v<»n
l^a Perouse (1787), diejenige Kuüubues aus dem gleichen
Jahre und endlich die Ankunft des Missiuimr« Williams (183U)
kritisch würdigt. Erst mit dem letzteren, der die Sprache
der Samoaoer ertafste und die Wilden als Menschen be-
handelte, lieginnt die cihnugraphiache Forschung «inzusclzen.
SpiiteiT Kxj>e4litioaen , wie jene von Dumont d'UrviUe, des
Amerikaners Wilkes, und die neueren wcnleu kurz ange-
iHthUKMien.
Hat der Verfasser bis hierher aus fremden Quellen be-
richtet, SU treten im folgenden anthropologischen Teile aeiite
eigenen Forschungen und Erfahrungen zu Tage. Und soviel
auch über Hamoa neuerdings geschrielam wurde, hier Anden
wir eine Fülle neuen wichtigen Stoffes und eine kritische
Sichtung Itekanut gewortlencrThaUachen, was aber ohne die
Sprachkenutuis und den längeren Aufenthalt Krämers auf
Sanu>A nicht möglich ^wesen wäre. Er stellt sich zunächst, |
w.as ja heute ullgemein als gültig anerkannt wird, auf den .
Standpunkt der Zueauimengehbrigkeit dev Malaien und Puly-
neidcr und beiiwchtet dabei, immer sow'obl auf Imguistischcr
als Hutbropologischer Grundlage, die VerhäJlniMe der ver-
schiedenen Büdieevulkcr zu einander. Die antliropidogische
Schilderung ist sehr eingeheud, und hier wird das Werk von
einer grofseii Anzahl autotyptscher Abbildungen unterstützt.
Dafs es sich um eine schöne Hasse handelt, «deren Gestalten
in dieser Beziehung mindesten.^ der unseren die Wage halten
kann'*, bestätigt auch Krämer. Von be»ond«reiu Wert sind
die über verschiedene Vorgänge bei der Geburt. Beschnei-
düng u. s. w. nach den auafiihrlichen Berichten iu «anioani-
scher Sprache und deutacher f'bereetzung von Krämer uieder-
geechriebenen Mitteilungen. Wir Anden da die Niederkunft
bis iu die kleinsten Plinzelheiten geschildert und erfahren,
dafs die künstliche Verunstaltung des Schädels der Keugebu-
renen durch ungelegte Steinpiessen noch heute geübt wird;
i«ehr ausführlich sind die Mitteilungen über da» schOue, hei-
lige VerlüUlnia der Brüder uml Schwestern zu einander; die
Beschneidung der Knaben — es ist keine Cirkumcisiou. son-
dern nur eine Incision des Fra]>utiums -- wird eingehend in
einem Beriebto in s^tmoauiachiT Sprache und mit Abbildungen
erläutert; trotz der Munographie von Marquardt über di«
Tätowierung der Samuum-r Anden wir bei Krämer noch ein«
Menge neuen, erläuternden Stoffe«. Hier bringt er auch die
überraschende Mitteilung, dafs die Sanu^aner, oeit sie durch
die Missionare mit der lateinischen SebriA vertraut wurden,
diese linksläuflg bei Tätowierungen und auf ihreu Hinden-
stoffen anwundeu, »Iso eine Art Spiegelschrift benutzen, indem
«e z. B. da» Wort VAI-K aTVA schitJiben. Die JBrhiut«.
rungeo. die Krämer hierbei giebt — - da« Tntuwierinstrument
wird iu dor Lanken, der Schlegel in der Rechten gehalten — ,
sind hoebinterssant und bilden eine Aufklärung zu dem Über-
gang der linksläuflgen alUemitiscben Schrift und die daraus
entslandeneu rechtsläuAgen Schriften. Der AhscliniU über
das tägliche und öffentliche Leben begiunl in der viirUegbu-
den Lieferung. In ihm wir«! Krämer iU>er die BeschäAtgung,
Gewerbe, Verkehr, BodeuwirtschaA und Rechtspflege reden.
— Schon aus der kurzen Aufführung des Inhalts dieser
neuen Lieferung des grundlegenden Werke« wird man er-
kennen, um welche hervorragende I^eisiung es «ich hatideU.
Ein alMChUersende« Urteil ist aber erst möglich, wenn das
(tanze vollendet vorliegi. B.
Dr* Knrt Haa.sert ! Die neuen deutschen Plrwarbuugen
in der Südsee: die Karolinen, Marianen und Saimia-
iuselu. Nachtrag zu .Deutsehlands Kolonieen*. Ijeipzig,
Itr. Seele u. Co., 19J3.
Profes3t»r Uasserls Buch ,l.)eut9chlund5 Kolonicen*. das
der Hoferent auf S. 1 )H des Tb. Bandes de» •Globus" angezeigt
hat, ist Di*ch immer da» weitaus l>e«te seiner Art, und darum
Ut e« schade, daf» der Verfasser bisher daran verhindert ge-
westen ist. in einer Neuauflago seinen Inhalt dem heutigen
veränderten Htaude der Ihuge eiitsprachend zu ergänzen.
Hoffentlich geachiohto« in nicht zu ferner Zeit, und «o nehmen
wir vurlÄuflg mit dem hier vorlieguudon Nachträge vurlieb,
der die »eit lb»ö neu crwi>rbenei» Gebiete iu der Südstw la?-
handeiu Hasaert giebt zutiäclist eine historische Einleitung
über die Erwerbnug der Karolineu-, Marianen- uud Hamoa-
inselu, dann in seiner bekannten knappen, doch sehr sorgaam
ausgebitdet»n Fassung eine Landeskunde jener Gmp}>en »elbit,
und zum Kchlufs wirft er einen Blick auf die koloniale und
allgemein-politisvlie Bedeutung jeuer deutschen Besitzungen,
die mit He«‘h( nicht gering eingesebätzt wird. Endlich Hilden
wir eine Idtteraturzusamiueiistellung, die mau allerdiug« noch
durch ein paar ältere gute Werke vermehren könnte. Im
einzelnen ist kaum etwas xu erinnern; uur war (B. 6, Anm.)
Christian nicht Missionar, sondern Arzt, er hat sich auch
nur einige Monate auf deu Kandinen aufgehaltcn.
H. öingor.
Dr. U. Brelten^lfln: 21 Jahre in Indien. Aus dem
' Tagvhtiche eine» Militärarztes. Dritter Teil: Sumatra.
Mit einem Tiudbild u. 2tt .\bt». L»*i|>xig, Th. Gnelien, 19U2.
Der fiste Teil bandeUe über Buriieu (»iebe Ulobu», Bd. 76,
8. 97), der zweite über Java (siehe Glohu«, lUl. 76, 8. 329).
Wenn im r.weiUm Teil inunchu Fehler vcniiiedeii waren, die
ich au dem ersten au»zu^‘tzuu hau«, so kann icli leider von
dem dritten und letzten uicht das»eU>e sagen. Es ist ein ganz
enuetzliche» l>eutsch, auf jeder Seite mit unzähligen Fremd-
wörtern und latainischtiu Hr«>cken UDteniiischt. das der Ver-
fasser uns vorsetzt. Einige lYohen dürften genügen : «in
diu<uu Falle verkehrte ich* statt •in diesem Falle laifand
ich mich"; «er safa sein »BiUerchen« zu trinken“; aKnl-
polsterung d«M Reises“ »latt pEiithülsung von Reis* ; „Kiitwälii«»-
rung* statt •KntwuMung*; «sich mmtigcuehiu fühlen* u. «. w.
I>er Verfasser bezeichnet die%en dritten Teil seine« Wt-rkes
•elhst uur als .t’aiLserie“. Ich möchte es kaum al« Plaiidcrtd
gelten lasseu, »ondeni nur als lose AneinaDderreihung von
vielen indischen Klatschg^'schichteii, die «ich um den Aufeiit-
halt de« VerfasHors in Humatni, liesondera in Atjeh drehen
und die znm gröfsteu Teil ulles andei'e als bflaugretch für
den Luser sind. Elteu-^o wenig kann ich dies flndeu, wenn
der Verfasser im Kapitel 5 eine Hoite lang die sechs Oelogon-
heiten trocken aufzählt, bei demm «r dioHtraf»« von HaUkka
berahreii hat. — Geographinche Namen «ind vielfach falsch
geschrieben, z. B. durebgehends Engatum sUtU Kngano. “
Die weuigeii Mellen im Buche, die etwas Wissen»cbaftliche<«
bieten, hat der Verfasser, wie er snföhrt, anderen Werken
j entlehnt, m> die Schilderung eine» »umatraniM'hon Urwaldes
nach Koorders und Mitteilungen über die Kunst bei den
Atjeheni nach Dr Hiiouck HurgTouie, dfuseii .\iwiehten der
Vei*fHKs«r allerdings nicht leill. — Ulier die vielen tuedizini-
scheu Mitteilungen du« Verfass«]-« kann ich kein Uru-il fällon ;
Wenn er alier über K«>ch.<( und (trassi.<< Forwhungt-ii als
•momeutan herrschende Kntstehungsthi-ori« der Maliiri]i*
spricht, könnte uian ihm d'Krb den Kat geWti, «ich etwa.-*
näher mit div*t*r zu Is-scbafiiiTeri.
Brusliiu. F. Grnbousky.
Kleiae Nftohriolitno.
liHi
Kleine Nachrichten.
Attdruck n«r mit t^cUesuRub« it<?(lat(et.
— Anthrupoluginche« au« der Kl>erhard«h&hle
(Ultima Ksperanxa). T»r. R. Lehniiuut-Xitache, der Au-
thrv|H>h>ire de« J^t Plata-Mu«eum9, bcapricbt in der •Reviatn
del Museo de la PlntA", Bd. 11, 190'i, neue authr<ipolügisch wich'
Uge Ntät^k«*. Aus dieser Hohle vcmcbiodene nien«chlichv Hnnd-
uiid Futskuochen. einen Knochenpfriemen von 14,4 ein
Lhnge, verfertigt au« deniHtiick «ine« Metacarpu«, eine«K(iuii!en;
der Knochen war der nach gespalten, an dem unteren
Knde cugi^feilt und geglättet; ein Kiittcbeninstrumeni.
verfertigt au« dem Kllbitgenbein eine« Vogels, vielleicht als
«ine Art Nlihnadel; die Hälfte eine« kleinen Hteiu'
messers. au« einem doukei rötlichen Hilex tvpisch heraus'
geschlagen: einon dünnen, feinen. 14ctti langen und ^
bi« 4 mm breiten Hautriemen. Vierschiedene Hautstücke,
Wohl vom duanaci», darunter «inos von 17 cm L&nge um!
4 cm grüfster Breite, bezeichnenderweise vom Verfasser käuf-
lich erworben in Puota Arena«, wo bereits ein schwunghafter
ilitndol mit paläontoiogischcn Gegenständen au« der Kher*
hanlshöhte getrieben wird. Schon in jenen prähiKtorischen
Zeiten war da« Stück zerriMen und von den Kingeb«>reneD
mit Sehnen wieder zusannnengeHickt worden . und zwar
wurde dabei die Sehne am Anfang und am Kndc der Naht
je mit einem einfachen Knoten befestigt. Von Tieren, die
mit mehr oder weniger Wnhnvheinlichkcit als Ilau«-. Schlacht-
oder dagdtier« anthrojioingiftche Beilentung hab<*n. werden
erwähnt: Feli« Ll«tai, Canis fainiliari«(Y). Kin in der
Kberhanisböhl« gefundener Hnndtrsehadal winl von Dr. Roth
als einem Haushund zugehörig angesproeben ; Urypothe-
rium Harwini var. domesticum. Zahlreiche Km^chen*
stücke zeigen in alten Bruch- und lliebsteilen, dafs sie mit
Gewalt zerkleinert waren. Au manchen Stücken zeigen sich
kein« Zidchen von Feiiereinwirkung , andere zeigen Ru(V
fleeke, wieder andere sind richtig verbrannt. — Unter der
Nordenskj<’>ldschen Ausbeute tindet sich elwnfalls eine An-
zahl von Hautstücken, Knochenpfriemen, Steinsplitteni, die
die Kxi«lenz des prähistorischen Menschen in der Kberhards-
höhle Iwweiseiu ftH« diese Objekte liarren aber noch der
Bearl^itiing von Seiten eines AnüiropoUtgen. Im Oegensatz
zu Nordenskjöld hält es Lehmaun-Nitache für wahrschein-
lich» dafa das Grv|>otherium ein Haustier war. d«is«n
Fleisch ruh und gebrateu gegessen wurde.
— Gumbiittien. Bezug nehtnend auf die Milteilungou
Ul>cr das Klapperbrett in der BraiiUM-hweiger Volkskunde
von Andree und im Globus, Bd. 83. B. 52, erlaube ich mir
Ihucn noch folgende« mitzuteilen: Auf meinem väterlichen
Gute Quednan l)oi Königsberg, Ostpreufsen, hing bi« zum
Jahre 1860 ein an zwei KetteUou l>efuBiigtcs, etwa 1,25 m
lange« und .30 cm breites eichene« Klapperbrett, auf dem mit
zwei Schlegelu das Zeicheu zum .Anfang und .\ufht>rcu der
Arlwit gcgelien wurde. Und zwar geschah dlt-»«« in einem
besoiidereu Rhythmus. Mit dem Hammer der linken Hand
wunle ein kräftiger, etwas andauernder Schlag, mit dem der
rechten zwei schwächore, kürzere Bchläge gegeben. Das
Ganze geschah etwa zchninal liintureinander. Die Arlieiter
batten sich dazu ihre lie!«tintniten Versehen gemacht. Bei
der Auffurdorung zum Dienst« hief« es:
Zur .Arbeit, zur — Arbeit'
Ihn dem Ruf zur Mahlzeit :
Knniinl — etti. kumiiit — *-tn.
jü — fiil« B»n — kn-tn'.
Ih'merken will ich noch, dafs auch die Nachbarn «ich
eine« »dchen KlHpiH-rbn-tti-« IwdieuUm. Anfang der sech-
ziger Jahre ver>rhwandun dioM) Bretter, um den Glucken
l'latz zu niaehvn. Dr. Pieper-
— Kin Versuch zur vollständigen Krforsebung
de« Blauen Nil. AVahrschmnlich dtirch die Reise seine«
l^audsmiuine« ('rosby angeregt, will der Amerikaner W. N.
Macmillan eine vollstnudigc Refahrung des Bl.-iuen Nil und
damit eine endliche Kestlug'iing «eine« üIntou Ijtufe« von
Tanasee bis Fiimaka versuchen. Auf dieser Strecke ist der
Khif», der dort in weitem, nach Nonion orretn-in Bogen das
Gebirgtland God«4’ham uindiefst, zwar an nmhreron Stellen
von Reisenden ülwrschrittca, berührt und auf kurze Kut-
fermmgeii verfolgt worden, alwr im einzelnen ist «ein Lauf
UDl«kannt. Im AA’csten, oberhalt» der Didc<*samüu<lutig. hal«n
in neuerer Zeit Bluutloll, Cr«>sby und l.e Roux den dort
Almi genannten Flufs erreicht. Macmillan will fesUUsllcn,
ob d'*r ollen; Blau« Nil »o weit «chifTber ist, daf« er ein« be-
iiuizliaro WaKSorstrafse zwischen dem ägyptiwhen Sudan und
dem Herzen .Abessiniens aligeben kann. Ihi der TatiMee
1755 m um! Famnka A44m hiKth liegt, si> ist ein starkes Ge-
fälle anzunehmen, und nach allem, was nmn weif«, trägt der
Blau« NU innerhalb Abessinien« in der Timt den Charakter
«■Ities ungobänligen OebirgsKtrome«. Demnach sind die Aus-
sichten, er könne «ich zum Verkehrsweg eignen, nicht sehr
grof«. Macmillan, der Kmle Januar lAindoo verlassen hat
und vier besonder« konstruierte Stahllaiote mit «ich führt,
wird von Addis Ab«l>a ans der britische Geiu'häft.xtritger am
Hofe Meneliks, Oberst llarrington, begleiten. Da« Intcressi-
dur Kngländer an dem Unternehmen ist natürlich sehr reg«,
nachdem sie durch ibrcii jüngsU-n Vortrag mit Menelik sich
ein Auf«ichtsrc<‘ht üIm>i‘ den Tanasec und den oberen Blauen
SU g»**icherl halten.
— Dürre in AuHtralien. Im aBcott. Gn.igr. Mag.*
für Januar w-ird «in vom 14. Oktober v. J. datierter Brief des
Rev. J. Bryunt aus Nousüdwal«.'« mitgoieilt, aus dem hei'vor-
geht, dafs in Australien die lang anhaltende Dürre «ine
Reihe von B«en ausgetrockimt und in wirtschaftlicher B«
zirhnng d«m I^ande schweren Schaden zugefngt hat. In
Neusüdwab-s hielt die Dürre damals noch an . Queensland
war ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden, und In ge-
ringerem Grade auch Victoria. Der Lake Victoria, eiiit-r
der gr<>f«tcu Koeii von Seusüdwales, ist vollständig ausge-
trocknet. Kr ist einer der wenigen Beon de« dortigen Ge-
birgaaystems und liegt in 67u m Meeroshöbe. Bein Umfang
wechselt; gefüllt ist er 32 km lang, 11 km breit und Ins zu
A.5 m tief. Das Wasser ist brackisch, ein sichtbarer Ausduf«
ist nicht vorhanden. Im westlichen Distrikt hat die Dürr«
furchtbar verbcorend gewirkt. Bo ist der Darlitigduf« dort
zu schmalen, stAgnierenden Teichen zuBatnmHUgeacbrumuft.
und der von ihm und vom Paroodufs gi-spmste Perisee, der,
wenn er gefüllt ist, einen Umfang von üo km hat, völlig
trocken gelegt; dasselbe gilt von d«n anderen westlich >um
Darling iiegendi-n B«en, in deren Kette dar Perl ein Glieil
bildet. Die Wirkung der Dürre auf die Woidanwirtachaft
wird durch folgend« Kinzelheiten iUustriert: Auf der Btatiun
Mount Murrliison am Ibtriing, einer der gröfsteu AMehhal-
tnngen in Neusüctwiile«, wurden 1891 500000 Schafe ge-
schoren und ander« lOOOOU expitrtiert: die Inständig zuoeh-
inende Dürre hatte 1902 ihre iuhl auf 40000 n><luziert. Di«
Nachbarstation Monolon, früher «ine der besten das Wesleus,
ist verlassen worden. Farella, 20km von den White ('lifT.«-
0]>alfclfh*ni. gt.>w-öhnlich eine gut mit Wasser versehem-
BlAiioii, di« sonst 90000 Behuf« hielt, zählte deren nur
20000. Schätzungswi'isü ist der ganze Destjind an Scliafen
in Ni-usüdwale« , der iin l>urchschniii üo Miliionen betrug,
nach und nach auf 20 Millionen gesunken.
— D«r Bahnbau auf Madagaskar. Am 10. Oktol>er
V. J. «r>'fffti«(u General GalUeni das erste, 30 km laug« Teil-
sUick der Kisenluihn, di« Tanunarivu mit der Ustklist« vor-
biiulen soll. Ausgangspunkt für di« Bahn ist BHckaville;
mau hat diesem Ort Aniveraiio g«g«iiülH^r, obw'ohl «r 15 km
an der Lagune abwärts liegt, den Vorzug gegelien, weil bis
hierher Fahrzeuge von 1 m Tiefgang zu jeder Jahreszeit ge-
langi-n und ihre l^iduiig ohne Bchwierigkeit löschen ktinnen.
Die Verbindung 1'ADiuinv«s mit der Kisenltahn wird aLst» zu
Schiff ü1)«r die Lagune liewirkt. Die Tni<'c folgt zunächst
dem Thal der Voliiira und dann der Fahrslrafs«, die 1»e>
Analniiiazontra erreicht wird. Von .AntanjoijH ab, wo der
Matigoro überschritten w-ird, führt sie im Thal diesi-s Flusses
und im Thal si-inv« N'ubetidusses Jsafotra aufwärts, um
arhliefslich filier di« Pässe von AukoÜky und AntanifoUy
die ibn-hplateau« von Inicrina zu gewinnen. Zwischen
llrit-ko^ill« und dum Mangoro ist die Trac« «iidgülGg fest-
gelugt. Im Thal der Vohiira sind Citnf Brücken zu kon-
struieren und ilann ist ein Tunnel von 790 m Läng« zu
iMUien. Die Zahl der Arbeiter beträgt jetzt löuOo. Man
hofft, dafs 1904 das Dainpfrofs die Kbeue des Matigoro und
1905 die Hauptstadt Tauunurivo «irvichcu wird. Auf der
Strecke Mangon> — Tanaiianvo sind Bchwiorigkeiten, aufser in
den genannten beiden l^äsatui, nicht vorhanden.
V’eTiiDtwurtl. l^■d•ktl‘lJt‘: l’rof. Di*. K. .Andvi«, brsunscliwcig, Kall«r«lebvrl)u»rprimii>naJe 1.3. — Druik: Kiicdr. Vi«ui>g u. tkilin, Prsunsebveig.
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT KIT DEN ZEITSCHRIFTEN : „DAS ADStAHD" UND „AUS ALLEN WELTTEILEN".
HERAi:SGEGEBE\ VON H. SINGER l-STER BESONDERER MmVIRKI-NG VON Pnor. Du. RICHARD ANDREE.
VERLAG vo» FRIEDR. VIEWEG St SOHN.
Bd. LXXXIll. Nr. 13. BRAUNSCHWEIG. 2. April 1903.
Naelxlruck nat Mcit L’b«r«iDkunft mU 4«r VtTUffKbuuUuBn
Die deutsche Afrikaforschung.
Von H. Singer.
Wenn jemand dereinst die uns noch immer fehlende
kritische GeNcliichte »ler AfrikaforMchmig »u schreiben
unternimmt, m wird er sich Tieileicht Tor die Kot*
Wendigkeit gestellt sehen, Auch die Frage su «rorteru,
welche Nation für die Entschleierung des eheiuuis dunkeln
Weltteils das meiste gethan bat, und es wird ihm rer-
mutiieh nicht leicht sein, sie zu beautworten. IHe
Franzoaeu kuttnen bei der Kutscheidung dieser Frage
füglich aus dem Spiel bleiben . denn ihr lleldenzcitalter
der Afrikaforschuug setzte erst in einer Periode ein, da
der Erdteil in grofsen Zügen schon bekannt war. Die
Kngblnder, die sehr frühzeitig auf dem i’laii erschienen,
haben ihren Mango Park, ihren Livingstone, ihren Uurton
und Speko, auch den ^Bismarck der Vfrikaforschung'^»
den Angloamerikaner Stanley, werden sie »ich zurechnen
dürfen. Diese Männer haben unendlich Grofsos geleistet,
so wenig ihre Kru:cbuisse im einzelnen unseren heutigen
Ansprüchen an wissenschaftliche Qualität genügen mögen;
sie haben uns das Gerip{>c des Kontinents freigelegt,
worauf es zunächst allein nnkani, und darum ist die
augenblicklieb Torberrschende Anschauung weder gerecht
noch zutreffend, die in ihnen, namentlich in dem arg
Terl&sterten Stanley, nur wisMcnschArtlich unzureicbeiule,
mangelhaft Torgebildcle Pioniere erblickt, deren dürftige
Resultate allülutrall der Berichtigung haben yerfallen
müssen. Jede Forschung ist einmal Pionierarbeit
gewesen, und diese erforriert gewöhnlich mehr Mut und
Klugheit als das Furihauen auf bereits gewonnener,
leidlich sicherer Grundlnge. Epigonen sind nur zu leicht
zur Unterschätzung ihrer grotseu Vorgänger, der Bahn-
brecher, geneigt.
Die deutsche .Afrikaforscbnng kennt solche erfolg-
reichen Pioniere wie die engUtvche nicht, sie kennt keine
Reisenden, die durch kühne, weite Märnche die grofsen
Fundamentalproblemc der afrikanischen Geographie
gelöst hätten. Unsere deutschen Pioniere waren zumeist
in beschränktere Räume gebannt; zum wuebtigeu Aus-
holen fehlten ja auch die Mittel. Die V'erdienstc der
grofsen Afriknrci.*enden deuUeher Nation li^en auf
einem anderen Felde. Ihre Aufgaben erfalsten sie Toii
Tornbercin tiefer, gründlicher, sie fügten in die Geschichte
der Aufhellung des Enlteils da« Moment der wUsen-
schaftlicheu Fonchung ein und yerziebteten dici^em zu-
liebe /.war nicht ganz, aber doch mehr a].-« die Engländer
auf den Pioniemihm um jeden Preis. Ein Beispiel
möge erläutern, was wir sagen wollen: Der Deutsche
Huiurich Barth, unseres Erachtens der gröfste Afrika-
forscher aller Zeiten und Volker, hat, eoyiel er auch
OtobuK LXXXIll. Hr. 1».
für die eigentliche Pionierarbeit leisten, so sehr er auch
das Kartenbild der Nonlhälfte Afrikas befestigen und
Busbauen konnte, keine sulche Kutdeckerthat zu yer-
zeichnen gehabt wie auf der Südhälfte des Erdteils
Stanley mit seiner Kungufahrt. Barth steht an der Spitze
aller Afrikaforscher, Stanley an der Spitze aller Afrika-
pioniere. Es ist also, wie gesagt, schwer, die englische
und die deutsche Thätigkeit am Werke der Afrika-
forschung gegeneinander abzuwügeii, und wer es ver-
sucheu und eine Entscheidung treffen wollte, müTste dazu
immer einen subjektiven Standpunkt einnehmen , d. h.
entweder der Pionierarbeit oder aber der Forschungs-
arbeit unbedingt den Vorzug geben und mit dem eineu
oder anderen Mafsstab messen.
Das eine können wir Deutsche für uns in Anspruch
uebmen : wir Imbun die grufste Zahl wiHsensckaftliub
wohl befähigter, ton ruinom Idealismus geleiteter Männer
in den Dienst der AfrikAforBcbung gestellt, obwohl wir
uns daran erst yerhältniHmäfüig spät beteiligt haben.
Wir mögen in dieser Skizze nicht weiter zuruckgeben
als bis in die letzten Jahre des 18. Jahrhunderts, denn
die frühcreti sporailiscben Versuche, yoii Norden oder
Süden her dtuii tna^isigeu Weltteil seine GebeimnisBe zu
entreifseu, sind uicht sehr von Belang. Homemaun,
der 1802 in der Nähe des mittleren Niger rerstarb, war
zwar nicht der erste deuUrhp Afrikareisende überhaupt,
aber doch der erste, bei dem man moderne Forschungs-
grundsitze in ihren Anfängen erkuuncu kann. Wäre
Hornemanti heiuigckebrt , sein Name würde sicberlich
für alle Zeiten zu den gläuzuiidsten der afrikanischen
KutdeckungsgeacUichte gehören; denn er durchquerte als
erster die Sahara und die flaussastaaten, er entdeckte
den Tschadsee und höchstwahr.Hcheinlich auch den mitt-
Icrun Niger. 8o aber hat man von ihm nichts weiter als
sein Tagebuch über die Strecke von Kairo iiuch Mursuk,
und er ist so sehr in Vergessenheit geraten, dafs ihn
ein hervorragendes deutsches Konver«ationslexikon bis
auf die jüngste Zeit nicht genannt hat. Hornemaiin war
ebenso wie der Deutsche Burckhardt, dessen Reisei^hiet
die Nilländer sind, ein Sendling uicht4lcutscher Auftrag-
geber, der Ixmdoner .Äfrikatiischen Gesellschaft. In den
nächsten Jahrzehnten begegnuu wir dann in Afrika auch
einigen Douiseben, die mit deutschem Gelde ausgerüstet
worden waren, wie von Minutoli, lleniprich, Khrenberg
und Hüp[w>]l; wir wagen aber noch immer nicht von einer
deutsch-nationalen .\frikaforschuiig zu vprechen, weil die
Schritte der genannten Mäniiur die Nation als solche
recht wenig interessiert babeu. Fürsten und Akade-
25
DlyiiiZut^ Dy Google
m
U. Singer: Die deutiehe Afrikaforaehong.
uiievti trugoii die H^isieko^ten und gaben auch die Mittel
zur Veniffentlichung der UeMiltate her. Ihre Werke, die
ja von ocltl deutscher Gründlichkeit zeugen, r<iiid denn
auch in einer I*'onn bernuHgegeben worden, die die Manüe
der Gebildeten, auf deren Auteilimbne Iieutedie Forschung
mit Uecht und im eigenaten lotereHae grofnteu Gewicht
legt, nicht zu reizen Tennocbte. Allseitig alxo verzichtete
man auf da» Verstindni» weiterer Kreise. Nebenher »ei
erwähnt, daf» di« deuUcheii Kutdecker der UHtafnkani»chen
Schneeberge Mi»»ionare englischer Gesellschaften waren.
KbeiiHo waren Itarth, Overweg und Vogel, die drei
glänzend.sten Sterne der hlteren Kiitdeckungageschichte
des nördlichen Afrika, noch nicht dontache .\frikaforseher
in dem Sinne, wie wir beute dietsen Degriß auffuaaen
uiüsaeii; denn sie rei-Hteu und forschten iin Auftrag« und
auf Kosten der englischen Regierung. Barth, der nach
Hichardson» Tod (1851) da» Kommando erhielt, war ein
von ganz hlealem Furscfauiigsilraug erföllter Gelehrter,
der nach und nach das etwa» schwanke und wirre Gerüst
ina Lut bracht«, das vorher aus der Karte der Sahara
und de» Su<lan un» entgegeutrat ; aber er liatte auch
»ehr wichtige uiateriello Aufgaben zu lösen und hat sie
gelöst: er »chlof» englische Handels*, Friedens* iiu«!
Freundachaftaverträg« mit einer Reibe innerafrikanischer
Fürsten. Die Kngländcr waren von jeher sehr praktische
I^ute, die ea zwar lieben, bet ihren UDtemehmungeii
wissenschaftliche und mehr uoch philanthropische Ziele in
den Vordergrund zu rücken, und dafür auch eine wirklich
offene Hand zeigen, thatsAchlicb aber vor allem den
politisoheu oder wenigstens handelspolitischen Zweck
stets fest im Auge behalten. Di« maG'rieilen Vorteile
dieser Art, die der deutsche Forscher Barth seinen eng-
lischen Auftraggubern verachalft hat, sind äutsorlich nicht
sehr hervorgetreten, aber für sie doch von höchster
Budeutmig gewesen bis auf diesen Tag; di« wissenschaft-
licbeu Hrruiigenscbafteu dagegen haben dem Deutschen
den Beinamen des „Königs der Afrikaforschuog“ ver-
schallt und stellen noch heute alles seitdem in seinem
ReUngebiet Geleistete in den Schatten.
Immerhin nahmen die Deutschen den erfolgreichen
Harth »cbliefslich für sich in Anspruch, hatten sie doch
wahrend der letzten Jahre seiner Abwesenheit sieb <laran
gewöhnt, seine immer weiter au^grreifendun Schritt« mit
Sorge, llülfnung und stolzer (reniigthuung zu verfolgen. ^
Der Zufall fügte es dann, dufs gerade, als Barth heim* |
kehrte (IH.55), ein Mann aus Kngleud nach lK‘uischiand i
gekommen war, der das einmal erwachte Interesse seiner
Landsleute an afrikanischer Forschungsarbeit wachzu-
halten und zu fördern untschlossen war: August Potennann.
l)ie»«r zeichnete die Karten des Barihseben Reisewerks,
dieses selbst fand in seiner kleineren Ausgabe in deutschen
Landen viel« Leser, und «in anderer Deutscher, hkluard
Vogel, weilUf ja noch im Auftrag« der englischen Kegie-
rtiiig in Afrika, so dafs die allgemeine Spannung nun
nicht schwer zu erhalten war. Ka darf auch nicht
unerwähnt b)eil>eii, dafs gerade damal» die e|K>chu-
machenden lUdseii Livingstoue» und Burtons zum .\b-
Bchlnf» gelangt waren, die dazu beitrugen, .Afrika überall
sozusagen {mptilär zu machen.
So gingen die fünfziger Jahre zu Knd«, und man
wonle imsorgt um Vogels Schicksal, F.iigland hielt
den Bentei zu und besclirftnkte sich darauf, seine
au der Kü»te sitzenden Konsuln auzuweisen, die
aus dem Inneren kommenden Karawanenleufe auszu-
fragen. Das ]'>gebnis war traurig: Vogel »ollte in
Wadai hingerichtet worden sein. .\l»r es war nicht
unmöglich. dal» er doch noch lebte. Zum wenigsten gälte»,
völlig« Gewifsheit zu erlangen, i^etermaun ergriff mit |
fester und geschickter Hand die Gelegenheit, endlich eine I
ausgesprochen deutsche, d. h. mit deutschem Gelde aus-
gerüstet« und von den Wünschen der deutschen Nation
getragene Afrikat-zpeditiou Ins Werk zu setzen. I>er
Versuch gelang in dieser Hinsicht glanzend, und so haben
wir seit 1860 eine wirklich deutsche, nationale Afrika-
forschuug.
Das Jahrzehnt 1860 — 70 wird in den Amialeu der
deutHchen Afriknfofsebung unvergessen bleiben. J*eter-
umnu war der spiritus roctor aller f'uturnehmungen ;
zum Teil brachte er die Geldmittel durch fortgesetzte
Agitation selber auf, zum anderen Teil butte er
entscheidenden oder doch beratenden Kinftufs auf den
Gang der übrigen deutschen Unternehmungen. Poter-
mann uiiturstQtzi« von Beurmaiiu, Koblf» und Manch,
er beriet Roscher, von der Decken, Mohr, Schweinfurth
und Nachtigal. Die von Heugliusebe Fx{>editiou zur
Aufhellung von Vogels Schicksal hatte diese ihre Haupt-
aufgiib« zwar nicht gelöst, um so besteebeuder aber
waren die Krfolg« der übrigen. Zwtjcke und Ziele waren
durchaus wiHsenschaftlich , niemand von den Führern
dachte ans Flaggenhissen oder an Annexionaverträge; die
Zeit dazu war noch lange nicht gekommen, die Afrika-
forachung war international, keine eifersüchtig über-
wachten „Kinflufssphären^ geboten den Forschem Hali,
von dor lh.>ekou hat allerdings die Hoflnung genAbrt.
die Suaheliküste mit dem Kilimandscharo möchte deutsches
Koloiiialfeld werden; allein daran war damals gar nicht
zu denkeu, und nicht eiumnl di« F.nglüuder wurden arg-
wöhnisch, als sie fipäter aus dem Korsteuscheu Rcisewerk
davon erfuhren. Geogi‘apUi.»ch waren di« in jenem Jahr-
zehnt ausgeföhrten oder begonnenen deutschen Afrika-
reisen besonders ergiebig. Das Kartenbild einzelner
Teile der Sahara, de» mittleren Sudan, Südafrikas bis
zum Sambesi und Ostafrika» wurde fester und reicher.
Man konnte »ich mit diesen HrrungenschafUm neiden den
Livingstouu, Burton, S})oku und Baker sehr wohl sehen
lassen, und die deutschen Reisewerke darüber stehen
inhaltlich weit ül)«r denen jener engUscheu Pioniere.
Sie sind bis heute nirgend und von niemand über-
trufftm und nur selten erreicht wurden.
Petermann» reger Geist wandte sich gegen Knde der
sechziger Jahre vom heifsen Afrika ab und den eisigen
Regionen der Polarwelt zu; aber die deutsche Afrika-
forschung war im Gange und suchte sich auch ohne den
alton Führer ihren Weg. S|© war auch um die Mittel
nicht mehr verlegen. Im l.aufe der siebziger Jaliro
eut»tandctiiu Deutschland die afrikanUchen Gesellschaften,
die bis zur Begründung deutscher Kolonieen der deutschen
Afrikaforsebung ihn? Kigenart verliehen. Das erste
Unternehmen der 1873 gegründeten „Deutschen Gesell-
fichuft zur Krforschung Ai|Utttorialofrikas'“ verlief aller-
dings nicht glücklich: die 1/onngnexpedition vermochU*
ihre weitgesteckten Ziele nicht zu erreichen , »ondern
fiiüil schon an der Küste ein ziemlich rühmlose» Fnde.
Nur zwei später ausgerüstete Nel>en«xp«ditioiieu , diu
von Leiiz und Pogge, kamen mit beachtenswerten
Krfolgen heim. IHe Krl>»chaft dieser ersten Gesellschaft
und einer zweiten, die »ohr kurzlebig war, trat 1878
die l>ernbmte „Afrikanisch« Gesellschaft in Iteutschland*^
au. und mit ihrer lH$wuuderungswürdig«u Wirksamkeit
läfst sich kaum «ine Krsebeinung innerhalb der Geschichte
der .\frikaforschung vergleichen. Sie hui nur zehn Jahre
bestanden, während dieses kurzen Zeitraumes aber oiue
lauge Iteib« der besten deutschen Forscher in ihren
Dienst gestellt oder vorgebildet. Die Namen sind noch
wohl bekannt, ihre Aufzählung ist alao überRüssig.
Namentlich dn» Kougobecken im weitestgefafsten Sinne
war di« .Vrbeitedomäne der neuen Vereinigung, aber
auch di« Sahara, das Nigergebiot, Athiopieu und Ost-
R Haathal: I>i«^ Kntscheiduug im argentiniieh-ohileniicheD Greosstrail.
IJVD
Afrika blieben nicht unberücki^ichtigt. Pie Anregung
zur liUdung der ^Afrikaninchen OeBellHchaft iu I>eutKch*
land‘* war vom König der Belgier aui^gegaugen, der zu
jener Zeit zu ciTilieatoriHthem, philanthropii^chem i>nd
wia^enBchaftlicheiii , dann auch wirt<*chaftlichein Zuaaiu-
munwirken im dunkeln Weltteil die Nationen Tendnigeu
zu wollen vergab. In Wirklichkeit schwebten Leujiold II.
von Anfungun ganz materielle Vorteile vor, und dieae« Ziel
trat sehr bald ziemlirh unverh&ilt hervor, als er den von
Stanley entKchieierteu Kungostrom fflr I)«]giitcbe Kolonial-
pUne sich zu sichern vernuchte. Uie deutsche Gesell-
schaft hat als Glied der ^^Intumationalen Associatioii**
lediglich wiasenHchaftlicbe, vornehmlich geographische
Aufgaben verfolgt und gelöst; daran, dats ihre Tbatig-
keit jemals |)oUtiacb dem Dentschen Heiche zu gute
k4immen könnte, haben ihre Ijeiter bis in die achtziger
Jahre hinein wohl kaum gedacht., und so haben wir denn
die eigenartige Krscbeinting vor uns, dafs die Gebiete,
in denen die deuteche AfrikaforKchnng der siebziger und
der ersten achtziger Jahre ihre Krfulgo errungen hat,
bei der Aufteilung Afrikas fast alle anderen Nationen
zugefallen sind, deren Pioniere dort nur spärlicb auf-
getreten waren: England, Frankreich und dem Kougo-
staat. AndererseitH darf man nicht vergessen, dafs die
wissenHchaftlicho Vorarbeit im »pftter deutsch gewor-
denen Ostafrika von englischen Heisenden geleistet wor-
den ist.
Bald nach der Begründung der deutschen Kulunieen
und mit der mfulgcdessei] beschleunigten Aufteilung
Afrikas unter die rege miteinander wetteifernden Kolo-
nialmächte löste sich die Gescüscbaft nuiurgernäfs auf.
Ihr etwas kosmopolitisches Gepräge, das sich in einer
wenn auch losen Abhäugigkoit von der nlnternationulen
Asaoeiatiou“ zu erkennen gegeben hatte, pafste in die
neue Richtung nicht mehr hinein. Per Roichszuschufs,
mit dem sie gearbeitet, wurde in derselben Höbe als
n Afrikafonds** auch weiterhin in den Ktat eingestellt, aber
er kam hinfurt allein den deutschen Kolonieen zu gute. Die
deutsche Afrikaforschung zog sieh fast gauz auf die
eigenen Schutzgebiete zurück.
begann also um die Mitte der achtziger Jahre
eine neue Perii>dü deutscher Afrikaforschung — und
nicht die durchweg glücklidiste. Zunächst wenigsteus
verschwand der Gelehrt-e, der Forscher, aus der Reihe
der „Afrikauer" ; der Kolonialpionier, der ('ornjuistador,
der vom herrenlosen Afrika so. viel für das Reich zu
retten hatte, als n4jch zu retitm war, verdrängte ihn.
Es brach eine Zeit an oft sehr kühner, glänzender Züge,
■ deren ('harakter aber weder dom der alten Pionierzeit,
noch der wiKSciisehaftlicheu Periode der Afrikaforschung
entsprach. Die deutsche Afrikaforschung der «raten
sieben udoruebt Jahre mich dorKoIouieougrümiuiigvordient
diesen Namen ül>erhaupt nicht Der Tiefstand spricht
sich am deutlichsten iu der Afrikalitteratur jener Zeit
aus, die so minderwertig oder einseitig war, wie sie
niemals vi»rbor und glücklicherw'eiso auch niemals 2 iach-
her gewesen ist. Nachdem aber die Schutzgebiete ziemlich
fest ttmrisBcn waren, kam neben dem P'laggeuträgur auch
der Forscher wi^er zur Geltung, und die deutt^efae
Afrikaforsebung näherte sich im lotzton Jahrzehnt immer
mehr dem heutigen Standpunkt der sich durch das Wort
„Dt'tailforschung'* am besten koniizeicbneii läfst Freilich
sind wir eine gewisse Einseitigkeit noch immer nicht
losgoworden — jene durch den militärischen ('harakter
unserer kolonialgougrApbUchen Thätigkeit bedingte Eigen-
art de^ liervorkehrens der Houtenaufnahm« als Wert-
messer zur hjuschatziing eine» „Afrikaners**. Fast allo
unsere .Schutztruppenofßziere senden Aufnahmen heim, an
(Ionen die Kartographen mit Recht ihre helle Freude haben ;
aber die breitere Grundlage der Forschung, die glück-
liche Vereinigung allgomoiuer, umfassender Beobachtung
und spezieller Messung fehlt noch sehr, weil es an geeig-
neten Persönlirbkuiteu mangtdt, oder Weil solche keine Go-
legoiihuit haben, sich zu bethätigen. Warum sind die deut-
schen Abgrenzungskommtssiouen nicht mit einem Stabe
von Geologen, BoUnikem, Zoologen und Anthropologen
nnsgerÜBtet worden? Man vorunlassc*, dafs wisseuschaft-
iiebe Fachleute in die Kolonieen geben, man gebe ihnen
Reichsstipendien; ebenso hätten die gelehrten* Vereini-
gungen für Forschuugsaufgaben, die sie zu stellen und
für die sie die Mittel verfügbar haben, mehr als bisher
die deutschen Kolouioeii zu berücksichtigen. Wir
können nur hoffen, dafs die Jlrkcnntni» von der Not-
wendigkeit eines solchen Verfahrens sich nach und nach
doch Bahn bricht; wir hätten damit eine schöne Nncb-
blüte der deutschen Afrikaforsebung erzielt !
Die Entscheidung im argentinisch-chilenischen Grenzstreit j.
Von K. Uautbal. La Plata.
( Ait einer Karte.)
Trotz der Greuzverträge, die in klaren, unzweideutigen
Worten die Cordillere als Grenze zwischen ('hile und
Argentinien festsetzon, kuunton sich bijidc Staaten über
die Granzliuic nicht einigen, da Chile im Widerspruch
mit dem Geuite und dem Buchstaben der Grenzvertrage
die koutiiieutalu Wasserscheide, die an keiner Stelle
in den Verträgen erwähnt wird, als Grenze verlangte.
Da all« VurhamiluugeDZU keinem Resultat führten, einigte
man sich schiietslich dnhiii, dio Festsetzung der Grenze,
nicht die Entscheidung zwischen den beiden Grenzlinien,
der länglichen Begierung zu übertragen. Nachdem dann
im Jahre 1902 eine englische Kommission das strittige
Gebiet in Augenschein genommen, bat das Schiedsgericht
am 21. November 1902 die Kiitscheidung iui urgeutiniscli-
ehilem’fiübun Grenzstreit gefallt, König hkluard hat sfiino
0 Vgl. di« vorläuAgo jKuUz im Ulobu», IM. an, H. Ilö.
I Unterschrift gegeben, beide beteiligte Staaten, Chile
j und Argentinien, hälicn den .Schiedsspruch rückhaltlos
anorkanut — er ist also reebtNkräftig geworden.
Das strittige Gebiet, welches zwischen der von Argon-
tiniua, ilnuptzug der Cordiltera, und der von Uhile hean-
spruebteo Grenze, „koniincntalc Wusserscheide**, liegt,
umfofst in runder Summe ein .Areal von etwa 95000 qkm.
Davon erhält ('hile 54000 qkm und .Argentinien 41 000<|k(u
zugesprochen. Das Mehr, welche-s ('bi)e erhält , wird
dadurch aufgewogeu, date der grötste Teil des Argen-
tinien zugesprocheiien GebietcH nutzhares I,and ist,
während das ('hile zugefallenu Gi^biet zum grofseu Teile
in von Eis und Schnee bedei'kten (iehirgszügen besteht.
Wie schon aus diesen rein stiitiHtischen Daten her-
vorgeht-, hat da« Schiedsgerii’bt sich bemüht, das strittige
(»ebiet so zu teilen, dafa l>eideu Stauten ungefähr gleich-
wertigo Teile Zufällen. In diesem Sinne de« Ausgleichens
4^uogle
200
R. Htathat: Die Eot»oheiduug im argeDtiniBoh^chilcaiscben Grenzstreit.
ist allertlings die definitive Grenzlinie als annehmbare
LttHiiug des Grenzstreites zu betrachten. i*rüft man al>er
<iie neue Grenzlinie von anderen Gesichtspunkten, z. D.
dem des aus den
Verträgen ahzulei-
tendon Rechtes, oder
dem der geschieht'
liehen Entwickelung,
dann erscheint die
Entscheidung des
^hiedsgsriebtes in
einem ganz anderem
Lichte.
Aber der Schieds-
richter hat vollstän-
dig davon abge-
sehen, auf Grund
der vorhandenen
Verträge eine Ent-
scheidung zu ffkllen,
sein Ausspruch ist
lediglich ein ver-
mittelnder Ausgleich
— das sagen aus-
drücklich die den
Schiedsspruch be-
gleitenden, begrün-
denden Worte; der
Schiedsrichter wollte
vermitteln, nicht
entscheiden. So
ist es denn auch
erklärlich, dafs Gbile
trotz der Verträge,
diu klar und deutlich
dun Hauptzug der
Cordülere ah Grenze
fe.-<tHetzen, Land-
striche zugenprochen
erhält, die weit im
Osten dur (’ordillere
in der Pautparegion
liegen. Konseciuen-
terweiso mürsteCbile
jetzt seine Konsti-
tution ändern, denn
der erxte Artikel
sagt, dats Chile im
Osten von der (’or-
düiera de los Andes
begrenzt wird —
jetzt liegt die Grenze
in einer bedeutenden
Ausdehnung jenseit
der Cordülere, in der
Pampa.
(liila aieht da-
durch seinen seit
alters her stetig ge-
hegten und gepfleg-
ten Wunsch erfüllt,
im Osten der (,'or-
dillere festen Fufs
zu fassen. IHeser
Wunsch bildete das
treibende MoGv, dafs
('bile, untgeguu dum
GeUte und lUm
Buchstaben derVer-
I triige. entgegen seiner Konstitution, entgegen seiner Ge-
i schichte die kontinentale WasKcrscheidn als Grenze ver-
I laugte und mit zubur AustLiuer und grofsem Aufwand
dialektischer und
i!K>phiatlschcr Kuust-
stücku zu stützuu
und zu verteidigen
suchte.
Der Verlauf der
definiGven Grenz-
Hnio wird wohl uni
besten aus uuben-
stebeuder kleiner
Skizze klar. Die stark
punktiert« Linie ist
die definitive Grenz«.
Bis zu 4'1* südl
Br. verläuft die Linie
iui Gebiete der ('or-
dillere, daun geht
sie, der lokalen
Wasjierscheide zwi-
schen den Müssen
IHco und Krias fol-
gend, nach Osten,
bis sie in dur Pani]>a
mit der kontinen-
talen Wasserscheide
zusammentrifit, der
sie bis etwa 45® 40'
südl. Br. folgt. Von
diesem Punkte aus
gebt sic in beinahe
genau südlicher
Richtung der Grenze
zwischen der jiam-
pinen Region der
Mesetas und der
Präcordillere fol-
gend. bis zum I«ago
Piiujrredon (etwa
47* 15' südl. Br.), von
wo aus sie mit leich-
ter Seliwenkung
nach Westen in der
Gegend dus48.Gr«-
dos südl. Br. in die
eiguntliche Cordülere
ciutritt , innerhalb
welcher sie nun bis
zum Monte Stokes
(migpfähr 50® 50'
südl. Br.) vurläufL
Von hier aus wen-
det sie sich wieder
scharf nach Osten,
der kontinentalen
Wasserscheide in der
Sierra de los Ba-
gualus bis etwa zum
Punkte 72* 20'
westl. L. folgend.
Von diesem Punkte
aus wendet sie sieb
scharf nach Süden,
di« Depression des
Rio Vizoacho» que-
rund, um dann wie-
der in ungefähr
Karte des rblleBiscb-argentinDrlien Grenzgebietes.
— argentinische Linie,
chilenische Linie, lauie des Sebiedsgerichts.
1:10000000.
C; MTi?ed Dy Google
Dr. L. Rätimejer: Die in Ceylon.
901
51^ 20* eOd). Br. in der Meüeiuregion »ich mit der kon>
tinontalen Waes^erecbeide zu vereinigen, der hie nun hie
zum Schnitipunkte mit dem 52. (irad südl. Br folgt, um
hier mit der »cbon früher fe^ftgehtellten Grenze zuBammen-
zutruffen.
Von der in runder Zahl ungefübr 1400 km betragenden
LängKaaadehnung der Grenzlinitt südlich vom l.ago Nahuei
Ifimpi (und darum handelt ea sieh hier) entfalicn somit
ungefähr 630 km in die eigentliche ('ordillere, 450km
in die Präcordillere und 320 in die Mesetaformation der
I‘am|«.
Damit aber bei den oft »ehr schwierigen Temtinverhill-
nihhen nicht neue IHfTerBnzfln zwischen ('hilu und Argen-
tinien enthtehen, hat die englische Regierung die Fest-
legung der (irenziinie im (iebiete selber übernommen.
Pie zu iliesem Zwecke uruuuui«: Kommihsiou, bestehend
aus ilen Herren: Oberst Sir Thomas Holdicb, Kapitänen
Robertson, Thouijisou, Dickson und ('rostwait, sowie dem
I^eutnant Huldioh, traf am 27. November mit dem
Dampfer «Tbameh“ in Buenos Aires ein. Begleitet von
einigen Mitglie<lem der chilenischen und argentinischen
Grenzkommihslitu begaben sich dieselben in dun ersten
Tagen des Januar in di« Grenzregion, um, wenn irgend
Uiüglicb, die Absteckung der Grenze in diuNom Jahre zu
vollenden.
Damit ist dann die leidige Grenzfrago, die die freund-
schaftlichen Beziehungen beider lieteiligter Staaten zu
trüben drohte, definitiv erlmligt, und für beide Staaten
kann nun eine .\ra ruhiger Kntwickelung beginnen, die
guwits in wenigen Jahren den südlichoii Tütlen beider
Staaten eine zahlreiche, arbeitsiime Bevölkerung zufübreii
wird. Möchte man sich in Deutschland doch endlich
darüber klar werden, dafs das geeignetste Siede lungs-
laiid für deutsche Auswanderer Patagonien ist.
Dan ist meine fe^te. auf den Beobachtungen jahrelanger
Boisun Steher begründuto Überzeugung.
Die Nilgalaweddas in Ceylon.
Von Dr. L. Uütimeyer. Basel.
Obschon an Publikationen Über die \Vuddas in der
Ditteratur durchaus kein Mangel besteht und auch noch
in dieser Zeitschrift 1894 von E. Schmidt’) über
seinen Besuch bei den Wtnldas des Kügala- und Bin-
tenuf^distriktcM berichtet wordeu ist, sind viellmcbt doch
bei dem aufsergewöhnlichen InteresRo, welches dieser
roerkwürdigo Stamm für jeden Kthnograpfapn, Anthropo-
logen, jn jeden wahren Freund ursprüugUcher Natur bietet,
von Zeit zu >^ii wiiHlerhult« Berichte, ein gewissennafsen
wieder frisch erhobener ethnographischer ^ Status praesens*'
nicht ganz ühe^fiü^sig. Solche wiederholt«, mehr oder
Weniger vollständige Momentaufnahmen sind auch aus
dem Grunde wohl zu rechtfertigen, als dieser so überaus
interessante Stamm, wenigstens in seinen die urspröng-
licben I.ebcnsverhältnisae noch mehr oder weniger getreu
reprfiseutiorcuden Gliedern, dun wilden oderFcIsenwoddas,
im raschen Dahinschwinden begriffen ist, so dafs in ab-
Hchbnrur Zeit ein solcher nR^visionssiatus** nicht mehr
zu erheben sein wird. $o möge denn der nachfolgende
Bericht don Kindruck wiederzugebcu yersuchen, den diese
eigenartige Men.Hchenrasse auf den unbefangenen Beob-
achter macht, wenn sie ihm in ihren oben genannten
„wilden“ Vertretern gegenfllwrtritt, und soclann mögen
einige fibrigaus meist schon von den Herren Sarasin
in ihrem klassi.«»c|ien Weddawerk *) gegeben« Daten äWr
Biologie und Ergologie dieses Stammes nochmals be-
sprochen, auch einiges wenige Neue beigefftgt werden.
^Venn dieser lU>richt leider aus äufserun Gründen zu
den uiivoUsttlndigen gehören mufs, so findet er doch viel-
leicht darin eine weitere Rechtfertigung, dafs es mir mi^g-
lich war, wie oben schon angedeutet, sogen. Felsenweddas,
I .flute vom Danigalastork, zu Gesicht zu iKikommen, und
dann gauz besonders in dem Umstand, daf» dieser neue,
allerdings nOchtige Status praesens aufgenommnn werden
kunute in Reglcitung meiner Freuudo, der eben zitierten
bekannten Weddaforscher Dr. F. und P. Sarasin, welclie
Hchmidt. Hin Besuch bei <)un Wetldas. (l|«hus,
Bd. AS. 8. It (1HU4).
') 1*. Und K. Sarasin, Ktgebniftse naturwissenschaftl.
Forschungen auf (Vy]4m in den Jahren 18H4 bis 1896, Bd.8.
IHe Weddas von Ceylon und die sie umgebenden Völker*
schäften. Wiesbaden 1893.
Olobus LXXXlli. Kr. 13.
icb auf ihrer neuen wissenschaftlichen Au.sreise nach
Telehes bi« nach Ceylon begleitet habe, wo wir mubrore
Wucheii gemeinsam zubrachten.
So lieschloi'Sfln wir, auf einer F’uDreUe im» östliche
Niederland von Ceylon, deren Ausgangspunkt Badulla
war, einen Abstecher nach Nilgala zu machuu, uiu mit
den in jenem IHathkt noch am meisten in ursprüiig-
liehen VerhÄltnizKen lebenden Wuddns auf irgend eine
Weise zueammenziitrefFen. Dan geographische Milieu,
in welchem die Reste dieses VolksHtummes leben, ist zur
Genüge bekannt und beschrieben. Kn möge nur noch-
mals betont werden, dafs dieses östliche „Niederland“
Ceylons durchaus keine Rache Kbcne darstellt; en wird
sehr treffend aus dem Grunde low land genaunt, weil es
im Vergleich zum gebirgigen ZenixaDtock der Insel nur
eine geriugu vertikale Erhebung über dem Meere zeigC
In dieser weiten, zwiachen Zentralgebirge und Südost-
küste von Ceylon gelegenen Niederung, die mit bald
dichtem Wald, Dschungel, bedeckt ist, bald mehr den
Anblick einer Parklandschaft bietet, erbeben sich mm
gerade im Nilgaladistrikte einzelne Hügel und R«rge,
teils in Form der isolierten sogenannten Gneisdome, teils
in Form eigentlicher komplizierterer, aus der Waldniede-
ruiig aufrngouder kleiner, mit Schluchten und FeDen ver-
sehener Waldgebirge, wie z. B. der Danigulasbick oder
nordösGich davon das viel gröfsere Hügel- und Berg-
System, dessen Zentrum der stattliche Friiirs Hoch) bildet.
Der Umgebung des ersleren, der noch einen der letz-
ten Horste der Felsenweddaa darstellt, galt vor alloiu
unser Besuch. IHe natürliche ElDgangspfort« zu diesoiii
Gebiete bietet das kleine, an der Poststrafso nach Batti-
caloa gelegene Singhalcsendorf Bibile. Von hier führte
uns ein äufserst romantiacher Ftifspfad erst durch
Tsebenalichtuugen, sodann durch Dschungelwald oder
prächtige Parklandschaft, über Bäche und FlufsUufe, hei
( d»mcu wir massenhnft« Wildspuren fanden, «o Fahrten von
I Elefanten, Aristoteles- und .\xisbirHoben, lieopardcn. Wild-
I Schweinen, Büffulu u.s.w., in einem Marsche von etwa
\ sech« Stunden in das io einer 1'srhenalichtung zwi>>chen
der prächtigen Fluh des Gueisdouies des Nügala, sowie
dem Waldgebirge des Danigala sehr romantisch un-
I fern des rauschenden NilgalaRusses gelegene IKirfchen
20
iigüzedby Google
202
Dr. L. Uätitnejer: Die Nilf^slnweddafl in Ceylon.
KU^als, welches ans wenigen Finghalesischen Hütten
besteht.
Der NilgaUstock, sowie seine pittoreHken östlich ge*
legenen felsigen Nschbarstöcke itiml von den Weddas
jetzt verlassen» doch zeigte noch 1890 ein Wedda den
Herren Sarasin eine in ihrem Tnfelwerk abgcbildcto
Höhle, welche früher von Felsenweddas zeitwei»^ bewohnt
war. Unsere Absicht ging dahin» die von meinen Freun*
den im genannten Jahre Aufgesuchten, damals erst
wenige Jahre bestehenden einfachen Ansiedelungen jener
Naturweddas in Kolonggala und Hcnnebedda wieder ku
besuchen, doch war dies wegen des kurz nach Sohluts
des Nordostmonsuns herrschenden eebr hohen Wasser*
Standes der Flüsse, deren Passage unsere kleine Kara-
wane zu lango aufgehalten hätte, bei der Kürze der dis-
poniblen >^it nicht möglich. Noch weniger liefs sich
ein Besuch der Felseuweddus auf dem nahen Danigalastock
ausführen, da der von Bihile mitgebraebte Führer, ein
singbalosischor Widane, sich durchaus weigerte, uns auf
den Berg zu führen, indem er bemerkte, dieser Wedda-
borst sei für Fremde, ObrigcMis auch für ihn oder andere
Singhalesen unzugänglich, da ein Verauch, in diesus
Revier einzudriugen, von den
Weddas mit PfeUschüssen be-
antwortet würde. So blieb
nichts anderes übrig, als Beute
gegen den Danigalastock, nach
Kolonggala und Hennebedda
zu entsenden, um die Weddas
durch Versprechungen auf die
mitgebraebten Goscheuko zu
veranlassen, uns ihrerseits in
Nilgala zu besuchen. Die
Beibringung der uns vorzugs-
weise interessierenden Weddas
vom Danigala nahm der ge-
nannte Widane auf sich. Er
erzählte später, er hätte in
einer verlassenen singhalesi-
sehen Hütte, etwa 1 1 eng-
lische Meilen von Nilgala, nahe
dem Danigala, im Walde über-
nachtet und in der Nähe den
alten (’bef einer Weddafamilie
mit eeiuem Weib iro Walde getroffen, der dann seine zwei
Schwiegersöhne und einen Sohn noch berbeihultu. Selbst
weiter zum Dauigala vorzudringen, hätte der Widane,
wie er wiederholt erwähnte, nicht gewagt. Es traf der
Bote mit seinem Trüppchen 18 Stunden, detjenige nach
Kolanggala 27, und der nach Heunebodda 40 Stunden,
nachdem er uns verlassen, mit den geholten Weddas in
Nilgala wieder ein.
Da, worauf schon jeher in der Bitteratnr hingewieKen
wurde, diu einzelnen Clans oder Familien der wilden
WeddaH sehr isoliert voneinander leben und oft relativ
nabe Nachbarn nichts voueinander wissen, ja sogar ver-
schiedene Gebräuche und Bezeichnungen für diese und
jene Gegenstände haben, ist es am besten, wenn wir die
drei uns vorgeführten Clans einzeln besprechen.
1. Daiiigalaweddas. Eh erschienen vier Männer
und eine Frau, Der Chef oder „Sprecher“ (bei jedem
Clan gab jeweilen uur der Älteste auf an ihn geriebtete
Fragen Bescheid, während die anderen meist stumm
blieben) mit Namen Kaira war ein alter Bekannter meiner
Freunde, die ihn 1890 photographiert hatten (Taf. VII,
Fig. 10 des Sarasinschon Atlas), woran er sich noch
erinnerte. Wir schätzten ihn auf etwa 60 Jahre, er
hatte stark ergrautes Haar und Bart, seine Frau mochte
vielleicht 50 bis 55 Jahre zählen, sein Sohn etwa 30
endlich zwei junge Männer, Schwiegersöhne des Alten,
im Anfang der zwanziger Jahre.
Ich kann nicht leugnen, dals der erste Anblick dieser
wilden Sühne des Waldes, wie sie so plötzlich, nachdem
sie völlig geräuschlos genabt, wie eine Erscheinung vor uns
standen, für mich etwas ganz Überwältigendes hatte; ich
hatte, möchte ich sagen, das feierliche Gefühl, hier einem
Stück ursprünglichster Menschlieit gegenüber zu stehen.
Besonders der Sohn des .\Iten mit seinem ungeheuren
Haarbnsche and struppigen Barte war das Urbild
eines „Wilden“ und erinnerte mich mit gri>fster I.eb-
baftigkeit sofort an ein mir wohlbekanntes Bild eines
Australiers im Werke von Ratzel. Vor allem war mir
im höchsten Grade auffallend das wildsebeue, ängstliche
Wesen dieser Menscheu, das sie, obschon sie wohl alle
schon mehrfach Weifse gesehen hatten, mit einem Aus-
druck fast komischer Verlegenheit ihre Blicke auf die
Erde heften Uefs, so dats sie kaum aufzublickeu wagten
(Abb. 1). Die Frau umklammerte mit dem unverkenn-
baren Ausdrucke grofser .\ngst die Hand ihres Gatten,
indem sie dabei ausKchliefslich und scheu auf den Boden
sah, während, allerdings nur
verstohlen, liier und da ein
Strahl von einem für uns un-
gewohnten Feuer aus den
dunkeln Augen der zwei
jungen Männer uns anblitzte,
um bei Fixierung unsererseits
sich sofort wieder auf die l'>de
zu richten. Die Weddas boten
in diesem scheuen, ja düsteren
Wesen einen ungemeinen
Gegensatz zu den sie im
Kreise umstehenden meist
hochgewachsenen Singhalesen
des Dörfchens, die lachend und
fröhlich plaudernd das offen-
bar auch ihnen immer wieder
fremdartige Bild dieser klei-
nen Waldmenschen betrach-
tetcu, so dafs dom naiven
Beschauer sich unvermittelt
sofort die Überzeugung auf-
drängen mufste, dafs wir es hier mit zwei durchaus
verschiedenen Volksslämmon zu thun haben.
Was die änfsere, körperliche Erscheinung dieser Dani-
galaweddas anbelangt, so war dieselbe, bei den jungen
Männern wenigstens, denen ihre fast völlige Nacktbeit
so recht eigentlich zum Schmuck diente, eine sehr fremd-
artige, aber nicht unschöne. Die Kör]>ergrötso war klein,
doch nicht eigentlich pygmäenhaft, der „Sprecher“ war
etwa IGO cm grofs, die anderen Männer etwa 160, die
Frau etwa 145cm. IHe Körperhaltung war, abgesehen
vom gesenkten Gesicht, eine gerade; geradezu schön, ja
edel zu nennen war aber der Gang, zumal der Jungen.
Es war für mich ein Genufs, der vollendet harmonischen
Bewegung der GliefimaDen des ganzen Körpers zu folgen,
welche, mag die Rasse auch anthn)|>ologisch tiefer stoben
als wir, doch die volle Würde des „bomo erectus“ zum
Ausdruck brachte.
Vor allem war ferner auffallend und dem bekannten
Weddatypus entsprechend der gewaltige Haarbusch, der
teilweise das Gesiebt bedeckte, indem er Uber dasselbe
berabfällt, und, bei dom Alten besonders prägnant, der
zieniiirb spärliche Bocksbart am Kinn, wahrend sein
Sohn eiuuu ziemlich biiMchigen Vollbnrt hatte. Auffallend
spärlich war bei allen diu Behaarung des übrigen Körpers.
Beim Alton war auch sehr markant die tief eingesattelte
Abb. I.
Der Danigalaweddm Kaira mit seiner Familie.
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Dr. 1«. R&timoj«r: Die Xilgaleweddas in Ceylon.
Nasenwurzel. Der Thorax der Leute war meist sehr
kräftig entwickelt, die KztremitÄten muükalös, aber sehr
schlank, die oberen hbetremitäten durch ihre relative
Länge auffallend.
Der tlrnähruugszustand war, wie ich mich bei einer
willig zugelasNeiien ärztlichen UnterHuebung derWeddas
überzeugte, ein durchaus guter, der Panniculus aller-
dings gering entwickelt, sehr kräftig aber und straS die
Muskulatur. IHe Waden waren gegenüber Kuropaom
schwächer entwickelt, aber durchaus nicht fehlend, die
grofjie /ehe von den übrigen nicht w*eiter abstehend, als
dies bei manchen Singbaleeen oder Tamilen zu sehen
war. I)a.<i ganze llild war trotz der körperlichen Klein-
heit dasjenige durchaus kräftiger, bei den Jungen sogar
hübscher Menschen und hot jedenfalls nicht den gering-
sten Anlals, dieselben etwa als Küromorformsn zu be-
zeichnen. '
Die nun folgenden Fragen, die ich zunächst als Arzt,
als wtdehur ich mich bei ihnen einführen liefs, an sie
richtete, wurden natürlich nur durch den Dolmetscher
beantwortet, so dafs für eine durchaus richtige Beant-
wortung nicht garantiert werdou kann.
Die Antworten geschahen ausschliefMlioh durch den
.\lten, der aber hei Beantwortung der den Geburtsakt
l>otreIfen<leii Fragen jedesmal .^einoFraii konsultierte, die
übrigen verhielten sich, wenn sie nicht der „Sprocher**
etwas fragte, durchaus passiv.
Von Krankheiten, an denen sie litten, wurde in
erster Linie Fieber genannt und Lmigeiikraiikbeiten,
wohl Pneumonie. Krankheiten, die mit !>iarrhöe ver-
bunden sind, scheinen nicht viel vorzukommen. F.in
MUztumor war bei keinem der Männer, die sich geduldig
untersnrben liefsen, nachweisbar, wohl aber hatte der alte
Sprecher ein fast faustgrofses I,i{>om der Baucbdeckeu.
dos
Schlangenbisse sollen nicht verkommen, da die Wed-
daa, wie der Sprecher angiebt, die Schlangen sehen
und vermeiden.
Die Prüfung der rohen Muskelkraft ergab bei diesen
grazilen , aber kräftigen Menschen durchaus normale
Verbältuisse.
l>er Geburtsakt erfolgt l>ei den Frauen der Dani-
galaweddas in halb hintenüber gelehnter, halb sitzender
Stellung, wobei der Körper auf den hinten aufgestützien
Händen, auf dem Gesifs und vorn auf den Füfsen aiif-
ruht. Der Sprecher demonstrierte uns die Stellung
selbst, nachdem er vorher seine Frau noch besonders
über die Sache gefragt hatte, ao dafs seine .\ngabe wohl
unbedingt richtig ist. Die Geburt erfolgt rasch, die
Nabelschnur winl durch Absrbnüren mit einer Hast-
schiiur getrennt. Nach der GobuK bleibt die Frau
nicht liegen, sondeni wandert weiter, wenn sie auf dem
Marsche ist, oder besorgt ihre sonstigen Verrichtungen.
Kine Frau kann bis acht Kinder haben, doch starben die
meisten klein. Die I>entitiun erfolgt augeblicb mit
einem Jahre, die Kinder werden ebenfalls etwa ein Jahr
gesäugt.
Was die Krgologie tler Danigalaweddas unbclangt,
woIkü nochmals erinnert werden möge, dafs unter diesem
von den Herren Sarasin eingufübrten BegriRe alles
kurpiTliche um! geistige Tliun von MeuHcheu oder Tieren
Verstanden ist, so folge ich am besten ungefähr derjenigen
Keihenfolge, in der die dahin gebörig«*n Kubrikeu iui
Weddawerke der genannten .\utorun bes|)ruchen werden.
Wohnung. Die Beiinlwortung der Fragen nach
ihrer Wohnung ist vorsichtig aufzunehiiieu , da eben
allus durch den oder die DolmeUcber ging, deren .Ant-
worten auch nicht immer ganz klar siud. Immerhin
wurde uns auf wiederholte Fragen immer wieder geant-
Abb. ’i. Früher bewohnte Weddahöhle In MIgala.
(.Hsrstin, Atlas, Taf. XXVI, Abb. 48.)
Di;^ "ibyGoOgk
I)r. I«. Rütiineyer: Die NiigaUwcddae in Ceylon.
»4
wortet, defn diene Danigalftn keine fßüten Wohnungen
(Hütton) hnttou, sioiidern in Feleeuhölden (Galgen) lebten,
die nie nach H^'dnrfnie wochnelUjn. hji scheinen di«Nelheii
also echte Felneuweddas zu sein; imtnerhiu sah eie auch
der Widnue, der Aber diew‘ii Funkt genau befragt wurde,
uicbi in ihren Höhlen auf dem Danigala, da er diesen
(TebirgHstcM.‘k, wie er wiederholt betont»», aUK den obigen
(tründen nicht zu betreten wagen wUrdu. (Ahb. 2, S. 203.)
Körperbedeckung. Über diese vielfach be»chrie>
f^mo Sache ist nichts Neue» zu heriebtun. Unsere Wed-
das gehen aufser dem llufttuche, an dem ein zwischen
den Beinen durebgezogenes schmales Stück ursprüngiieh
weifeen UauniwoUluche.s vorn und hinten herabbflngt,
nackt. An diesem Gürieltuclie ist eiue kleiue Tasche
angebracht für die tilglieh gebrauchten Utensilien. Feuer-
zeug und Betel. Bei der Frau reicht die Bufischürze
bis über die Kiiiee herab, der Oberkur|»er ist unbedeckt.
Schmuck fühlte bet den Pfännern wie bei der Frau
▼ollstüDdig.
Nahrung. Auf wiederholten Befragen wurde uns
immer wieder geantwortet, dafs sie keinerlei Pflanzen
kultivierten, tiondoru ausschliefHlich vom Krgebitiase der
Jagd, von wildem Honig und Waldfrüchten, sowie von
im Walde gegrabenun Wurzeln (wilder Yams) lebten.
Von wildem Honig hatten sie uns ein Töpfchen mit-
gebracht als (tegungoschenk zu unseren Gaben, weicher
uns auch ganz vorzüglich schmeckte. Selten essen diese
Weddas eiugetauscbtuu Reis, Salz haben sie und brauchen
sie Leins. Sehr gern wird Tabak zum Kauen angenommen.
Ala Jagdtiere, die ihnen zur Nahrung dienen und mit
Pfeil und Bogen erlegt werden, wurden genannt: Büflel,
Hirsche, \Vildscbwciiic, Aflcn, Hasen, Vögel un<l kleinere
Tiere, den Flefunteii scheinen sie nicht mehr anzugreifen
mit Pfeilen. Ihr geführlirhster Feind, der Lip{»enbär,
der übrigens nicht verzehrt wird, wird nicht mit Pfeil
und Bugen, sondern mit der Axt Itekämpft.
Waffen. Von unseren Weddas trug der eine junge
Manu einen jener bekannten, Norgfältig und schön ge-
arbeiteten grofsen Bogen — Lönge der von Bastfaser
gedrehten starken Sehne 2m — mit zwei Pfeilen, ein
anderer eine Axt, deren kleine hlisenklinge wdu die eiser-
nen Pfeilspitzen von den singhaleslschen Schmieden für
Produkte des Waldes, wie getrocknetes Fleisch, Honig,
Wachs u. s. w., eingetausebt W4>rdeu, da die Weddas
nichts von der Bearbeitung des Eisens verstehen. Der
alte „Sprecher“ trug als /eichen seiner Würde (?) ein
e^rentümliches „Seepter“, indem er die Klinge eines der
alten grofsen Klefantenpfcile, die ji^tzt aufser Gebrauch
gekommen zu sein scheinen, in einen roh gOHchnitzten,
alten Holzhandgrifl wohl singhnlesischer Provenienz hiu-
eiiigesteckt hatte. Ks wtnl von diesem eigentümlichen
dolchmcHserortigen Gerbt oder tVaffo weiter unten noch
die Rede sein.
Das Schiufsen mit Pfeil und Bogen auf ein etwa ßm
entferntes, nn einem Baum befestigtes .^tück Papier war
nicht besrmdera gut; beachtenswert war aber die Kruft,
mit der die Pfeilspitze durch die Sjuinnung des mSebtigen
Bogens tief in da« Holz hineingetneben wurde.
Geräte. Am Hüfliuche trugen die Männer, wie
erwähnt, eine kleine Tasche aus demselben ursprünglich
weifsen Stoffe, in der ein Feuerzeug, Iwstehend au.«» einem
C'fönnigeu .Stück Eisen und Stein zum Feuerschlageu,
sowie B»*lel-Iugn*dienzen auflmwahrt waren. Der Feuer-
bohn*r aus zwei Hölzern wird aber, wie uns versichert
wurde, auch noch Imnutzt.
Ein ferneres sehr interessantes Gerät war ein kleiner
Topf aus durch Rauch «ebwurzgrau gefärbtem Thon, in
welchem uns der Honig gebracht wurde. Der Topf
wurde in einem sehr zierlich angefertigten Gehänge au^*
EianeufuBurn getragen. Ks wird von demselben cbeu-
fali« weiter unten noch die Rede sein.
Tanz. Zum Tanzen aufgefordert,*Jbeschrieb der
„Sprecher“ zuerst mit einer Pfeilspitze einen Kreis am
Bmlen von etwa 1,5 m Durchmesser, in dessen Zentrum
sodann der ITeil in die Erde gest«M-kt wunle. Auf dieser
Kreislinie wurde unter Vierteldndiunguu des Körpers jener
oft be^^chriebene trippelnde Tanz aufgeführt, dessen ein-
zelne Komponenten und Hewegmigen besonders im Sara-
sinscheii Werke aufs genaueste analysiert sind. Als
Mu-sik ertönte da)>ei ein monotoner Geoang, wobei der
Tanzende als weitere rhythmische Begleitung «ich auf
Bauch und Hüften klatschte- Der Tanz war eher matt
und endete zu unserer Satisfuktion nicht mit den oft
beschriebenen widerlichen konviilsiviscben Zuckmigeii
des ganzen Körpers.
Bei der Annahme der den Wedda.« v<»n uns über-
gebenen Geschenke: wuifscs BuumwoUzeug für Hüfttücher,
Glasperlen und etwas Geld war keine Spur von Dankes-
bezeigung sichtbar. Die Frau nahm mit uCfcnbucer Zu-
Ktimmung der Männer alles an sich, wohl zur uaefaherigen
gelegentlichen Verteilung, nur das jedem zugetetUe Geld
behielt jeder für sich. Am liebsten schien ihnen Übrigens
Tabak zu sein, der sofort mit oflenbarem Behagen gekaut
win-de.
Als ich liei ihrer Verabschiedung den Tbinignlawuddas
die Haud reichen wollte, hatten sie offenbar keinen Be-
griff davon, was diese (iebärde zu bedeuten batte, sie
reichten ihre Hände mit gebogenen oder zur Faust geballten
Fingern snhiaff bin. S*br schön ala^r war der Ahschieds-
grufs des Alten, welcher, da ich denselben noch nirgend
beschrieben fand, und er auch meinen Freunden noch
unbekannt war, hier kurz ge:‘childert werden Der
zuvor rechtwinklig gebogene Vorderurra, wobei die Hund
der Brust uulag, wurde mit schönem Schwung mit nach
rückwärts gerichteter Handfläche über den Kopf gehoben,
wobei mich der Grüfsende im grofsen Gegensatz zu dem
sonstigen scheuen, zu Boden gehenkten Blick voll ansah.
Nach diesem würdig schönen Grufse der freien Sohne
der Wälder trat die kleine Gruppe im Gänseniar»ch in
ihrem prächtigen elastischen Gange den Rückweg an zu
ihrem Horste, den waldigen Berghohen de« Donigala-
stockes.
2. Kolonggalsweddus. Einige Ntunden nach Al>-
marscli der Danigalaweddas kam eine von dem siugbale-
siseben Buten geholte klein« Grup]>e von sechs Wedda«
von Kolouggala. Kolonggalu ist mler war wenigstens
eine kleine, aus einigen sehr einfachen Hütten bestehende
WeddiUitedi'rluHSUUg nordöstlich vom Danigalustocke,
zwischen diesem und dem Degalastocke gelegen. Sie
wurde von den Herren Surasin, sowie auch die in
demselben Distrikt gelegene Ansiedelung von Heuuebedda
im Jahre 1890 besucht, zu w'elchcm Zeitpunkt sie erat
wenige Jahre bestamlen hatte, indem Felseiiwedda» durch
die t)rgan« der rtegioruug veranlafst worden waren, sich
hier bleibend anzusiedehi. Ein hübsches Bild einer Hütte
der Ausiudulung von Kolonggalu giebt Tafel XXVI,
Fig. 49 des Sarasinschen W^da-Atlaa.
Da die kleine Gruppe: drei Mäuuer, anscheinend in
den vierziger Jahren stehend, eine ältere Frau und ein
Knal>u von acht bis zehn Jahren, erst gegen .\heiid ein-
traf und anderen Tages in aller Frühe wieder heim
wollte, so hot sich uns kürzere Zeit zu ihrer Unter-
suchung dar.
Die Männer dieses „Clans“, weil in «twai vorgerückte-
rem Alter stehend, sahen etwas weniger gut aus als die,
mau kann schon sagen, schönen jungen Männer vom
Danigala, sie hatten sogar ein zwar durchaus nicht pa-
Dr. L. Rütimeyer: Dt« Nilgalaweddai in Ceylon.
206
thologifichefi Kmbonpoint, welchen angenichtn der ihnen
zu Gfbot-e stohcndeii NaUrtiug eher clwas üh«rr»i>rhti>.
Sehr hAbnch aber Mih der etwa zehnjfthrigH Knabe
AUS, obHcbou er vum Licgt^n am Herdfeuvr teilweise mit
einer Lage Asche bestreut war, welche noch kein Regen
abgewaücbeu batte. Kr »ob mit setuom prachtvollen,
rabenhchwanceiiliaarbn^ob, den feurigen dunkeln Augen,
M'insui tadelluseu, durch fast völlige Nacktheit rnn so
besser hervortretenden Wüchse, mit den graziösen Rc-
wüguiigen aller Glieder auch nach unseren llegriffeti sehr
hübsch aus. Diese Weddaw hatten auch einen ihrer
Hunde mitgehrucht, sin Hchakalartigss Tier von gelber
Farbe, sehr ähnlich dem Haushnmle der Siughaiescn, das
einzige Haustier, welches der Wedda besitzt.
ßei einem der Männer war die gesamte Haut des
rechten Vorderannes in eine enonna Narbe verwandelt,
die, etwas Oberdas Kllbugengelcnk binaufreicbend, völlige
Streckung dea .\rmes unmöglich machte. IHeselbe rührte
von einem Kampf mit einem LippenbAreu ber, dem ge>
fiibrJichsten Feinde der Weddus, der ihm den ganzen
Unterarm zerfleischt batte.
Diese Weddas hatten keine Rogen und Rfeile bei
«ich, nur die Axt«.
Auf die Frage, wie oft .sie für durchreisende Forscher
oder Reisende nach Nilgala oder Ribile geholt wurden,
lautete die Antwort, einzelne Jahre gar nicht, andere
wiecler zwei* bis 'dreimal. Sie kämen immer sehr ungern,
da fite stets fürchten, nach Kandy oder gar nach ('olombo
gebracht zu werden. Die Namen der Pfänner waren
Rornmala. Radeiiai. Kalua, Tuta, die Frau hiefs Tuti.
Die Leute waren etwas weniger schüchtern als die l>ani-
gähn, die wirklich wie Mcbeues Wild sich verhielten;
fiognr di« Frau TuG antwortet« auf die Frage nach der
Kinderzahl direkt, sie hätten bis acht Kinder. Auch
bei diuseu Weddas fand sich kein Milztumnr, ohsebou
sie Angaben, öfter** Fieber zu haben. Kincr der Mftmier
hatte Lunguuemphysem, die änderet) äulscrlich gleich*
altrigen nicht.
Die Frag« nach ihrer Wohnung war hier noch
schwieriger als bei den Danigala. Ks wurde geantwortet,
sie hättuu i«tzt in Kulongguln kcüte von den Singhaleseu
erbauten Hütten mehr, sondern wohnten in den Felsen
(Galges). Ob sie |«ne von den Hemm Sarasin seiner
Zeit besuchten Hütten aufgegeben, um wieder zu ihrem
früheren völlig freien Wanderleben zurückzukehren, war
nicht sicher zu eruieren. Nach d»m «rbaltenen Ant-
worten Mchiun über letzteres der Fall zu sein. Klei*
duhg und Aufirüstiiug war gleich wie bei der
vorigen Gruppe; bei der Frage iiuch ihren Jagdtieren
wimle noch neben den olien sohon genamiten angegeben,
dafs sie Fische mit der Hand fangen oder mit Pfeilen
schiefHen.
Zum Tanze aufgofordert, beschrieben sie den Kreis
in Krmangelung eines Pfeiles mit dem Stiel der Axt auf
dum RodHii und legten letztere in die Mitte des Kreises.
Der Tanz war bedeutend lebhafter aU bei den Dauigula,
die Männer heulten und sangen laut, indem sie mit
der flachen Hand auf Rauch und Schenkel schlugen,
während der Knabe als „I^hrling** still nachhüpfte.
Nach etwa fünf Minuten waren sie ziemlich erschöpft
und hörten auf, die Respiration war aehr lieschleuDigt,
einer hatte einen Puls von 150,
Reim Verteilen der Geschenke bekam auch der
Knabe einige IVrletihnlsb&nder, die er aber, weil er offenbar
absolut nicht« mit diesen Dingen nnzufaogen wulate, so-
fort wieder veräcIttUch auf den Boden warf. Von irgend
welchen Dankchbezeiguugen war auch hier seitens der
Krwachsenen keine Kode. Nachdem pnler eine Rupie
bekommen hatte, kam der „.Sprecher“, der bei di)*ser
Gruppe nicht der Älteste zu sein schien, nochmals her,
um in heulend klagendem Tone eine ganze Utonei zu
singen des luhalU, sie seien so weit hergekommen durch
Wälder und über Flüss« und möchten daher noch etwas
mehr haben. Nach Gewährung ging auch er befriedigt
von dannen.
3. Hennebedda weddas. Nachdem wir am frühen
Morgen des folgondon Tages von NUgala aufgebruchen,
da wir wieder nach Ribile zurückkehren mufnten, holte
uns unterwegs ein« dritte kleine Woddukolonue ein, die
man uns von Nilgala uuehgesandt hatte, wo sie erat
nach uHserein .Vbniarsch eingetrofleu war. kls waren
sechs Weddas von Heniie1>edda, zwischen I>anigida
und Degalastock ge|eg('n, darunter vier Männer, deren
Ältester und «.Sprecher“ Porumala etwa 50 bis 55
Jahre alt sein mochte, drei Männer mittlureu und
jüngeren Alters mit Namen Kairawania, Randnna, Wa-
nia und zwei prächtige Knaben von 12 bis 14 Jahren,
deren einer Tutla hiefs. war auch hier wieder
eine wahre Freude, diese Kinder des freien Walde» in
eben diesem ihrem Waldreiche zu »eben, wie sie ein-
zeln hintereinander in raschem Marsche dahinschritten,
wobei besonders wieder der elastische, ich möchte wirk-
lich sagen, der edle Gang und di« schöne fh-^cheinuDg
der Knaben, ilercn Rabenbuarbis auf die Mitte des Rücken»
niederwallie, und der jungen Männer so recht zur Gel-
tung kam. Ihr« nähoro Untersuchung nahmen wir erst
im llasibaufie zu Ribile vor, wo wir den grofsen Vorteil
hatten, in der Person des »ehr iutelligenteii und mit
dem Verkehr mit Wtsldas wohl vertrauten .singhule.siHchen
Re»tbnus Keepers, der zugleich auch recht ordentlich
Kngltsch sprach, einen guten und zuverlässigen Dol-
metscher für unsere Fragen zu fliiden.
Was zunäcb.st wit'der die körperliche Krschai-
nung anbelangt, so war der „.Sprecher“ Poromals ein
wahrhaft muMtorgültigcr Typus eines filteren Weddas
mit seiner fliehenden Stirn, seinem spärlichen Ilocks-
hart, dem tief eingesattelteu Nasenrücken uud der rauhen
Stimme. Kr war*), sowie ein anderer der Gruppe, von
den Herren Sarasiu 1890 photographiert worden; beide
erinnerten »ich noch an jenen Akt, wa» sie mit Indlendem
Lachen zu verstehen galieii (Ahb. 3 u. 4, S. 20f»J. Höchst
auffallend war hier der Gegensatz des aus Wildheit und
Scheu kombinierten, körperlich unschönen Typus des
älteren Wedda, verglichen mit <ler graziösen Krscheinung,
Haltung und lh>wegung der Knaben, die auch nach
unseren Regriflen hübsche Gesichter hatten. Dieser ge-
waitigo, anscheinend zukiinft»reiche Gegt'usatz von Ju-
gend und einem Alter, welches nicht hält, wa» jene zu
ver^priMüheu schien, mahnt an eine Retrachtuug muiues
Vater», wenn er hei lk‘spn*chuug de» milden Jugeud-
typu» des (>rang„kindefi“ im Vergleich zum abschrecken-
den. hfifslicheu Allerstyjius ausrufi^): «Unwillkürlich ent-
windet sich un.s, wenn wir die zwei .\ltersstufeu, die von
einer »o kurzen Spanne Zeit gotreunt sind, znsammeu-
»tellen, die Kluge: Wa» ist aus dir geworden! Und
wenn wir fragou, welchem böaen Feinde der »o schöne
Anfang unterlag, so müssen wir uns sagen, dafs es wirk-
lich guteuteils diu Not de» I/ebeu», der Kampf um» Da-
sein war, der diese Blüte knickte.“
Zu erwähnen wAro noch hei einem der jiin^n Männer
im Anfang der Zwanziger da» VorhundHUi-ein eines »ehr
gut au^gehildetuii Vullbarte», welches vicUeicht auf sin-
ghalesi»ch« Rlutminchung »cbliefsen laf»t.
*) Taf- IV. Pig. 3.
V li. Küt)iii«y«r, OeHantnielte kleine 8cbriften u. s. w.
Die Orenxeii der Tierwelt, Bd. 1, 8. 271.
aoe
Dr. L. Rütimeyer: Die Nilgalaweddes in Ceyloo.
l>er Krn&hruuga7.ii9t«nd von Uant und Muskeln war
auch bei diesen W'eddus ein durchaus guter • die rohe
Muskelkraft normal, diu Waden waren ziemlich gut aus-
gebildet. Kiner der Knaben sab etwas an&miscb aus
and liets anch bei der Auskultation der Jugularvene
starkes Venensausen vemehmen. Von den vier Männern
hatten hier zw*ei einen Milztuuor m&fBigcu Graden.
Der Geburtsakt soll bei den Weibern dieser
Grup(>e in einfach kauernder Stellung erfolgen. Auch
bleiben die Weiber nach erfolgter (ieburt etwa sechs
Tage liegen. Die NabelKchnur wird mit der l’feilklinge
ahgetrennt Wenn diese Aiigal>eii richtig sind, so erge1>en
sich also xieinlirh auffallende Unterschiede zu den Geburts-
gebrftuchen der nahen Danigalaweddas.
Wohnung. .\uch hier war es trotz des gtiteu Ib>l-
metschers schwierig, Genaues herauszubringen. Jeden-
falls ist ganz sicher, diifs sie keine Hütten bauen kOnnvii
in singhalesischer .\rt, und sie scheinen in derThat jetzt
auch keine solchen zn bewohnen. Ks wurde versichert.
Ablt. 9. Puroniala aas Heuneoeutta.
PboUigr. läfK).
(Sarasio, Atla«, Taf. IV, Atb. 3.)
dafs auch diese Weddas beim Wandern golegentiieh in
„Steinhäusern*^ (Galgos) wohnen, d. h. in Felshöblen.
Auf die von einem von uns an sie gerichtete .\uf>
forderung, uns utno Hütte zu machen, wie sie gewöhnlich
auf der Wanderung als Nacht<)uartier aufgeriebtet würde,
machten sie sich sofort frisch aus Werk vor unseren
Augen. Zwei StTicke mit oberer Astgabel, die sie aus
dom uiebsten Huschwerk mit ihren Äxten hcruusholteu,
wurden etwa 1,5 m weit voneinander in die Krde gesteckt
und ebenfalls 1,5 m hoch über dein Hoden durch eine
Querstange verbunden, die an den zwei Stützpfeilern
durch liast 0 chnüre befestigt wurde. Von dieser Quer-
stttuge wurtlen je an ihren Knden und in ihrer Mitte eine
längere .Stange schief nach hinten an den Hoden gelehnt
und ebenfalls durch Hast mit der erstiTen vurbiiuden.
Ktidlich wurde alles mit di*D Zweigen einer Zingiheraceu
be<leckt, welche auch seitlich eine, wenn auch uiigeuügende,
Deckung gaben, vor allem aWr ein ziemlich dichtes Schutz-
dach bildeten, das in seiner Form durchaus an die von unse-
ren Steinklopferii benutzten Sebirmdächor erinnerte. Die
Aufrichtung dieser „Primitivhüite** (Sarastii) erfonlerto
etwa fünf Minuten Zeit. Die sechs Weddas krochen
uuu darunter, die zwei oETeiibar vom weiten Marsche
ermüdeten Knaben legten sich Rücken an Rücken wie
zum Schlafen, die übrigen nahmen eine kauernde Stel-
lung ein. Ks bot die ganze ttruppe unter diesem gowils
einfachsten aller Modelle lueuscblicber Wohnungen ein
ganz merkwürdiges Bild primitiver, ja prähistorischer
Menschheit dar.
IHe Kleidung war bei diesen Weddas noch primi-
tiver wie bei den Danigalas, indem nur eine dünne Hast-
sebour um die Hüften hing, von der hinten und vom
ein kleiner zwischen den Heinen durchgezogener l>ap|>en
hinunterhing. Statt der kloineii Tasche aus Zeug, welche
die meisten zur Bergung der oben genannten Ilabselig-
keiten an der Hüftsefanur tragen, hatte einer eine ganz
hübsch gearbeitete Tasche aus dem Fell von Sciurns
macrurus.
Der früher gebräuchliche Hüftrock aus HläUern scheint
ziemlich aufser (iebranrb ge-
kommen zu sein; immerhin
verfertigte einer unsen?r Wed-
das in kürzester Zeit einen
solchen, indem er an eine Bast-
schnür eine Menge Zweige
einer Zingiheracee band und
etwas unterhalb der Spina
il. ant. sup. diesen bis etwas
über die Kniee reichenden
Hlfltterrork sich umband.
Nahrung. Du wir «Hu
Leute über Nacht iu Ilibile
behielten (sie scbliefeu in
einem nahen offenen Stall-
schup|>en, vor dem sie die
ganz«' Nacht ein llerdfeuer
unterhiolteii, auf einer dün-
nen Streu von Zweigen am
lilofseii Hoden), kouuteu wir
sie auch beim Kssen beob-
achten, welches hier aus sin-
ghiilesischer Nahrung bestand.
Sie afseu in zwei Gruppen
von je drei offeuhar nälu^r
Verwandten um das Feuer ge-
kauert. Als ich ihnen die l>ei
den Singhalescn gebräuch-
lichen Kuisnaden zum Früh-
stück geben Uels, war es
sehr komisch, wie der Alte
zuerst die ihm dargebotenen,
ihm doch gewifs bekannten lieüikuchen Fast mit Abscheu
zurückwies, da er davon sterben könnt«! Krst als er
sab, dafs die anderen sie ruhig verzehrten, Uefs er sich
herbei, auch davon zu genielsen. Kin anderer ats die
gebrachten Bananen mit der Kinde, schälte diese al>er
dann nach crhaltcoer Belehrung durch einen mit dieser
Kost vertrauteren Kameraden säul»erlich ab.
Im übrigen lautete die Antwort bei der Frage nach
der üblichen Nahrung wie bei den übrigen Hans. Auch
sie behaupteten, keine Art von BHanzen zu kultivieren,
sondern sich aufser von den erlegten Jngdtieren nur von
den vegetabilischen Produkten den Waldes, Yams, Wurzeln,
Blättern und Früchten, sowie von Honig zu ernähren.
Hui Krankheit soll Reis genossen werden, den sie von
dun Singhaleseii gegen Wachs und Honig einUuschen.
Waffen. Der alte „Sprecher“ trug allein oineu
Bogen, der abur bedoutuud weniger sorgfältig gearbeitet
und ancli viel kleiner war als der prächtige Bogen der
Danigalas. Zwei andere hatten Äxte, ein Knabe einen
Abb. 4.
Poronimla
aas llcnnebedda«.
Phologr. IMy.
Digitized by Gi.ogli
Weitere Entdeokang^cn sur Vorgeeohichto Kretas.
207
kleinen Kinderbogen mit einem Pfeil mit daran l>efind*
lieber Holzi^pitze.
Heim Sebiefaeu acblicb sich dor Alte in roraichtig
Msbreitender Stellung tiud unbörbarem Tritt* wirklich
durchaus dem die Heute beschleichenden Panther seiner
Wäldor gleich, gegen das Ziel, welcbos er aber «cbliofs-
lieh doch fehlte. Einen nachher auf einen Hauin ver*
BchoMseueu Pfeil holte er dort mit gröfatcr Geschicklich-
keit. indem er denselben in gleicher Weise wie die
Singhalusen die Kokospalme erkletterte: Utofaiigen des
Stammes mit den Händen und AufwftrUücbreiten am
Stamm mit den Fufssohlen. Das Sebietsen auf dem
Bücken, wobei der Hogen mit den Fülaen gespannt wird,
Bcbeinen sie nicht zu Oben.
Tanz. Der „Sprecher“ beschrieb auch hier einen
Kreis am Ikulun mit der Pfeilspitze, bevor er den Pfeil
in den Boden steckte. Al« Begleitung wui*de nur auf
den Hauch geklatscht.
Geistiges Leben. Da unser Dolmetscher, wie er-
wähnt, Bohr intelligent war und sich für die Sache zu
interessieren schien, versuchte ich noch einige einfache
das geistige Leben dieser Weddas betreffende Fragen
stellen zu lassen.
Auf die Frage, ob sic anuehmeu, data es Götter oder
einun Gott gebe, lautete die .Antwort: „Wir wissen es
nicht“, ebenso, was sie sich unter Sonne und Mond vor-
stcUten: „Wir wissen es nicht.“ Sie hnl»en offenbar nie
darüber nachgedacht. Auf die Krage, oh sie sich nachts
im W’alde irgendwie vor biiaen Geistern und Dämonen
fürchteten, lautete die hestimmte Antwort: „Kein.“ Auf
die Frage nach dem F'ortlebcu der Seele nach dem Tode
lautete die Antwort wieder gleich vorsichtig: „Wir wissen
es nicht.“ Die Toten werden begraben.
Um zu sehen, welchen F-indruck es machoo möchte,
zeigte ich dom ultuu Püromalti sein oigenos im Huche
von Schmidt^) reproduziertes Hild, welche« seiner Zeit
auch von den Herren Sarasiu 1S90 aufgeuummcu wor-
den war. Hier war mm sein Benehmen sehr merkwür-
dig: Zunächst nahm sein Gesicht den Ausdruck starrer
Verwunderung an, indem er und auch die anderen das
Hild fest fixierten. Allmählich aber wurde er unruhig
und »tiefs heftige, fast bellende Laute aus, seine Erregung
wueb-H schnell, er wollte mit dem Pfeil in das Hild hin-
einstechuu, und plötzlich trat er um IV« Schritt« zu-
rück, um den Bogen zu Bi>annen und einen I^eil aufzu-
logeu, den er offenbar auf du« Hild lossehiefseu wollte.
*) E. Schmidt, Ceylon, S. 66. Lei{»ig 1697.
Sein Ausdruck war dabei ein so wilder, dafs ich es ge-
raten fand, schleunigst das vor meinem Leibe gehaltene
Bild fortzuwerfeu, da ich nicht Lust hatte, dem ergrimm-
ten Wedda ab« Zielscheibe zu dienen. Sobald das Bild
entfernt war, wimle er wieder ruhig.
Endlich wurden ihnun die üblichen Geschenke ver-
teilt, wol>ei sie das erhaltene Haumwollzeng sogleich mit
der Ajttkliugc in zwei Teile schneiden wollten; als dieses
ungescbickterweise von umstehenden Singhalesen ver-
hindert wurde, Zerschnitten sie den Stoff mit der Pfeil-
klinge, wobei jedo der zwei Familien, aus deuen offenbar
diu kluino Truppe bestand, ihr Teil erhielt.
Sehr bemerkenswert war dann wieder, wie das ihnen
gegelicne Geld vom alten Poromnla, dem cs cingehandigt
wurde, verteilt wurde. Schon die ihm in die Hand ge-
geheucD Perlschnüre wurden höchst ungerecht verteilt;
eigentlich tragikoiuisch war aber die Verteilung des aus
12 halben Uupiestnekon bestehenden Geldes, welcheH
also auf sechs Menschen zu verteilen war. Kr gab aufs
Geratewohl clem einen vier, dem anderen zwei, einem
dritten wieder drei bis vier Stücke in die ausgestreckto
Hand, wobei er natürlich sehr rasch fertig war nnd
sehliofslich für sich nichts mehr behielt; seine verzweifelte
Hülflosigkeit, als er zum Sohlufs in die eigenen leeren
HAnd« blickte, war wirklich drollig, und als man ihm
l)egreiflich zu machen suchte, er solle eine neue Ver-
teilung vornehmen, vrobei er die 1 2 Rupiustücko so ver-
teilen solle, daf.H jeder gleich viel erhielt, bedeutete er,
er könne das nicht, so dafs nicht« andere« übrig blieb,
als ihm nachzubesHern.
Er war auch gunz unfähig, anzugebeu, aus wieviel
Mitgliedern »eine Gruppe bestehe, weiter als ekka, ekka,
ein«, ein«, gubt der Zahlcnvorrnt der Weddas nicht, dabei
zählte er aber immer zwei von den «echsen doppelt, so
dafs er als Ergebnis Beinor Beroühunnon alle zehn Finger
in die Hohe streckte. Auch hier zeigte er das jammer-
volle Gesicht eines au der Lösung seiner Aufgabe ver-
zweifelnden Schuljiiugen.
Bei ihrer Entlassung kamen die AVuddas, nachdem
sie ihn* wenigen Habscligkeiten zusammengenommen,
unaufgefonlert zu uns zu einem letzten Grul»e, der
diesmal aber nach Singhalesenart vorgeiiommen wurde,
indem die mit den Mächen zuaanimengelegten Hände
die Stirn berührten. Wie viel schöner war doch jener
würdig-männliche Grufs des alten Danigalawedda ge-
wesen! Sie «etzten «ich in ihrem Gänsemarsch in Be-
wegung und zogen in ihrem prächtigen elastischen Gange
waldwärts.
Weitere Eutdecknugeii zur Vorfeschlchte Kretas.
Im .Globus* ist vor längerer Zeit (lid. 76, H. 12t> und
S76) auBföhrlich von den AusgrabUDgeu und KnUleckungcn
Evans* auf der BUUt« von Knomua die Keti« gewcurn, und
zwar vomehmUch von den Funden während der •('aniimgue*
von 1900 und den interesnanten Hchlüftsen. die Kvana au»
ihnen ableitete. Die Aungrabungeu sind 1901 und 1902 in
Knosaus sowohl wie an anderer Steile mit den — leider nur
befchränkton — Mitteln de« .Cretan Kxploraiiun Fund“ mit
grof!K*m F.rfoJge forlgefiihri w<nr<len, und ea erscheint daher
an der Zeit, dafn wir wieder einmal an dieser Stelle auf das
verdienstliche englische ForschungHwerk auf der Insel zurück-
kommen. Kin jüngift ertchienener kurzer Bericht des .Cretan
Exploration Fund* giebt darüljer AufKbUiBK.
Für 1901 standen 2500 I'fd. Sterl. zur Verfugunv:. Kvana
setzte seine Forscbuiigen in Knoesus fort, während D. G.
Uogarth, der fiühero Direktor der llritish Bchool in Athen,
Bich der Untersuchung der Umgebung de« prÄhintru-inehen
Seehafens von Zakrn widmete, der, an der tkitküste gelegen,
weitere Beweise für eine frühzeitige Verbindung zwischen
Kreta und Ägypten zu liefern versprach; auüierdem wurde
It. C. ilosanquet, der jetzige Leiter der Athener Schule,
mit KachioniehUDgeu auf der weatUch uud iHndeinwärts be-
legenen Stätte von rmesus, der alten Hauptstadt des Kteo-
kretischen Distrikts, beauftmgi, da man dort weitere Spuren
v<m einer viirhelieniscben Sprache zu finden hoffte.
Wie<lenim — s<» nagt der Bericht — übertrafen die Kr-
geimUse alle F.rwartungvn. Der anscheinend schon sehr
gründlich durrhsnehte l'alast von Knnssus erwies sieh
durchaus noch nicht als erschöpft. Es kamen weitere Lagen
von .Archiven* zum Vorschein, und Probebohrungen durc.b
die Bodendaelie des l’alastcii erwiesen die Existenz einer
darunter liegenden rein ueolithischoa 8(Atle — der ersten
dieser Art in Griechenland — . die die Geschichte kreteiisi*
scher Zit’ilisation weit über die mykenische Periode zurück-
führte, sogar über den Zeitraum ägyptischen Einütiases hin-
aus, und lieferten Anzeichen entfernter Beziehungen
zu der uralton Kunst Babyloniontl I>er kleine Hafen
Zakru zeigte sieh sehr reich an Vaseti und anderen Zeug-
nissen vorgeerhichtlicber Fertigkeit und ergab Spuren dafür,
dafs er eine rege Vermittelung zwischen Kreta und der öet-
lieben Welt Itewirkt hat. In Praostis endlich, das sich als
reicher un Kesten au« der klassischen aU aus der vorge-
schichtlichen Zeit erwies, wurde eine wichtige F'ntdeckung
in Gestalt einer Inschrift gemacht, die mit grief'hischen Buch-
stal)pn aus dor Zeit von 400 bis 800 v. Chr. eingeschnitten.
aber in einer nicht beUenisohen Sprache abgefafst war, deren
r*
»^uogle
306
Brix Förster: Vom N^xsBa xnm Viktoria Nyansa.
Zugehörigkeit imlomeii noch nicht itioher titt. , Aller Wahr*
«cheiolichkeit nach ist das nur die erst« Frucht vun der
Ernte, di« den Entdecker des heruhmte« Tempels des Dik-
tHischen Zeus erwartet.*
Für das Jahr 190‘J waren die 3Iittel toider nur gering.
Bie wunlcu aussehlierslich für Kihmhus verwendet. Aufsor*
dom unternnhm B«>sanc)Uot mit UnterstiUzung d«r Athener
fichule Forschungen auf der Ktdtte von Palaokaatro an
der Ostkuste und nortUich von Zakro.
über das Ergebnis der Xachforschungeo in Knossus
von Mille Februar bis F.nd« Juni I1H)2 äufsert sich Evans
wie futgt : Der grofste Teil dea Palastes ist nun freigelej,(t.
Es wurden wichtige neue Kiiume aufgedeckt, die an die Säle
und das 1900 ausgegrnlwne ^Grofse Treppenhaus* anso>rsi>n.
um! «8 war möglich, einen gnifseu Teil des oberen Stock*
werke* ü>»er das ganz« Areal herzurichten. Ein sehr inter-
«asanter Bau war das rollftündig« Kanalisationssystem, das
mit Kloakenri'hren ausge^tattet war und mit einer Aufein-
anderfolge von Schächten, die von den oberen Bäumen zu
einem unter dein Fufsborlen der unteren IlMUine angelegten
Xetzwerk steinerner Kanäle htTuntcrführl«. Ein anderer
int«r*‘'«anter Fund war «in Schrank aus s(iAtmykonis<’bcr Zeit
mit Kultgeg«n«tänden und Idolen. Eine bemalte, unten cy-
lindrische LehmÜgur stellte eine UOttin mit einer Taube auf
dem Haupt« dar. Ein Miniaturpfeilerschrank der Tauben-
göttin in Iwnialter Terrakidta, der der vonnykenisclicm l'e*
riode angehört, wunle clwiifulls gefunden. Unter den neu*
entdeckten Freskomalereien l*efand«n sich eine mit einem
fast modernen Mantel bekleidete Harne. ])«lphine, Fische,
Blattwerk und Lilien in iuiturali.sti»cher Ausführung. Früher
gefundene und jetzt zusammonge*et/.to Fragment«« stcllon
lebendige Sccuen aus Stiurgefoi^hten dar. an denen nicht nur
männliche, sondern auch weiblirho Toreadtir* teiliinhmen-
Sehr schöne Klfeuhf^instatuetten -•chieneD ebenfalls solche in
lebhafter Bewegung begriffene Figuren dHrzQ.stellen. Auch
wurden weitere grof«« Mengen von mit der prähistorischen
Linoarschrift IvMlecklcn Tafeln ans Licht gcförtlert; die
meisten betrafen Invontarien und liechmmgen ftlwr Waffen-
kammem , Kornböden und andere Zweige der Verwaltung,
wobei viele in Prozentrechnung gehalten waren. Einige
Thontassen zeichneten aich durch mit Tinte hergestellte In-
schriften aus. The iiusgezrichneten ElfenlMunüguren junger
liCute zeigten die .Kun.si des Dädalus* in hi'wbstor Vollen-
dung und uatui-aiistisch« Kinzedheiten, wie sie in solcher
Arbeit bis zur italienischen Kenaissance nicht wieder zu
Anden sind. Ein antlerer sehr interessanter Fund waren die
Beste grofscr Mtwaiken aus PorzellanplÄttchen, von denen
viele Häuser damtellten, so dafs eine ganze Htrafsu der HtadC
des Min*)«, »> wie »ie um 1500 v. (Br. WUnd. daraus re-
produziert weiden konnte. Auch hierbei delen ganz uKMlerne
Gebilde auf; Häuser mit drei Ktockw'erken. manche mit zwei
Thüren und Fenstern vtm vier «»der »echs Öffnungen, an
denen vielleicht geölte* Pergament die Klell« de* Olas««* ver-
treten haben im>g. T>as Ganze scheint ein Ktück au* einer
sehr umfangreichen Zeichnung zu sein. die. wie der Hchihl
des Achill. Scenen aus Krieg und Frieden dargestellt haben
dürfte.
Es zeigte rieh, dafs der Palast am Osiahhnng des Hügels
bis zu einer äo ni unter dem nördliclion Eingänge lit-gendon
Stelle hinabreichte. Auf dem Abhang nttterhalb de* späteren
myk«'nischen Palastes wurdt-o ausgedehnte Beste von Vorrats-
räumen gefunden, die zu einer früheren, bis in* .H. .lahrtaiisend
v.Ohr. xurMckreichenden küniglichon Wohnung gehört zu haben
scheinen. I>arin entdeckt« man schön gemnlte Vasen v«m zum
Teil «ierRchalenförmiger Fabrikation; einige davon imitierten
getriebene Metailarbeit. Der hohe Kulturzustand de* Baichns
v«>n Knosaus reicht somit bis auf die Zeit um 2500 v. (’hr.
E* wurde auch die tiefe iieidithisr-hH St«-hicht von neuem
untersucht, die unU-r dieser ganzen BiAtte liegt; man hielt
dalM«i eine reiche Enite an Hteinwerkzeugen, Ti^pferarVteiten
und primitivem Bildwerk aus Thon. Marmor und Muscheln.
Als weitere Aufgaben der Nachforschungen in Knossns
bezeichnet Kvan* u. a. die Freilegung der Hüihurii'cke des
Palastes, forLgesetzU« Untersuchung der unteren Lagen des-
selben und der neolithiachen Schicht und erneutes Kuchen
nach Gräbern.
Die Ausgrabungen Bosampieis in der Eben« von l'aiäo-
kastro scheinen ergeben zu halwn, dafs hier von dun m.\ko-
nitcheu Zeilen bU zur 3litte de« 19. Jahrhundert* v. ‘('hr.
eiue grt«rse Amdedolung nicht vorhanden gewesen ist; aUir
in mykenischer Zeit war sie ein« der wichtigsten, vielleiclit
das Uauptzentrum Kreta*. Die rntersuchong wurde belohnt
durch die Knhleckung einer mykonischen Stadt, die sich über
ein Areal von etwa 500 ■ .100 m ausd«hnte, und von Be-
gräbnisstätten, die neues Licht auf die Art der von den
älteateii Bewohnern geübten T«denl>e*tHttung werfen. Iias
gröfste der untersuchten Häuser liegt landeinwärts inmitten
einer Grupp« anderer, di« besonders gut gelwut gewescu »ein
dürften; teilweise sind sie im •megalithisohcn* Btil gehalten,
dor für die im Kalk«leingehtet Kretas gewöhnltrhmt mykeni-
schen Wohnstätten charakteristisch ist, teils sind sie aus be-
hauenen Rteinen gemauert; w«> ein oberes Btockwerk bestand,
war es aus Ziegeln. l>er Plan dieses Hauses ist vollkommen
klar und nimmt in mancher Beziehung den des griechischen
Uituscs au* ilcr ktassiseben Zeit vorweg. Im ganzen wunlen
darin 38 Bäume freigelegu rrsprünglich war da* Haus ein-
stöckig, aber später ist ein Ziegelstockwerk aufgesetzt worden.
Unten befanden sich Vorrataräume. von denen zwei über
.*■00 Gefäfsp bargen. Unter den kleineren Funden Iwfand sich
auch eine gut «rhalton« Tafel, die mit BuchstalK-n in einer
der von Knu«su« nabe vurw'jindten Linearachrlft beachrielten
war; ferner ein ]>aar .heilige Hurner* in Rtuck und Krug«
mit W'eizen und zwei Horten Erbsen.
Viel wichtiger« Ergebiüsae erhielt man aus den Begrab-
nisstätten. Bisher waren wir über die von den KreUirii der
Kamsmisperiodu angewandte Itcgräbuisnrt nur sehr unvoll-
kornnniin nnteiTichtet, und Gräber mit Kamamistöpferzeng
waren vollstiindig unbekannt. Von dem .Bienetikorbgralte*,
dem typischen Grab« aus mykenischerZeit auf dem Kestlande,
wurde nur ein Beispiel entdeckt ln der Hegel scheinen die
mykenischen Bewohner ihre Toten in irdenen Behältern und
auf kleiuon KatnilienbcgräbnlNplat/en in der Nähe ihrer Bo-
hausungen b«ige*oUt zu halieti. Diese dürften nicht d«n voil-
siandigeii I<eichnam, »ond«n> nur die Gebeine enthalten haben,
di« aus der Erde genommen wurden, nachdem nach der ur-
sprünglichen Beerdigung das Fleisch verwest war. Eine ähnliche
tiewohuheit herrscht noch auf der Insel. Kiiie ncnrh ältere Form
diese* Verfahren* wurde durch ein« bcmerkeriswerl« Einfriedi-
gung illustriert, die man auf dem die alte Htadt teilenden
Kücken «nuleckte. Hie hatte die Form eine* Kecbtecks von
9,2 X 9,7 m, war von einer Mauer aus Kalksteinbruchstücken
gebildet und durch ebensrdche Mauern in fünf parallele Räume
geteilt, in denen sich ächädei, Knochen iiudGofärse befanden.
Da* Atter dtexer Anlage wird durch die letzteren l>e*timmt,
von denen viele gute Baispi<-i« kanmraischer Arbeit bilden.
Die Knochen waren zu Haufen oder Bündeln zusammengelegt,
lagen nicht in ihrer natürlichen Ordnung. Manchmal waren
die Hauptknochen zu einer Art Lager geordnet , auf das
einige Schiidol gelegt waren. Ein zweitor, ähnlichur Fried-
hof ist gleichfalls anfgefundon worden und wird in diesem
Frühjahr freigelegi w-eMen.
Vom Nyaasa zvm VIrtorU Njänsti
Otto Beringor giebt im Januarheft des Ofx^raphical
Journal von i9oS eine übersichtliche Darstellung seiner K«i»e,
welche er aU Clief -Ingenieur der African Transcoutinental
Telegraph Company von der Mitte des Kyassa-Hees bis
zum Nordostendo des Victoria Nyansa in den Jahren
1K97 bis 1901 unternnminen und vollendet hat. Kr hat der
knapp gehaltenen Besi-braibung eine sehr hübsch Ausgeführte
Karte (1 : 2000000) heigefiigt, in welcher aber nur die nächst«
l'uigebung seiuer Beisen'Ute mit koUirierten Höhenschichteu
eingoxoichnet ist. Ans seinen Mitteilungen will ich hier das
h»*rvorheb<tn, was tnir in geographischer und «Lhnogrnphischer
IDnaicht besonders bemerkenswert und neu erscheint.
Beriiigors Ausgangspunkt war Vrisia am Wesiufer des
Nyassa-Hi'os (etwas südlich vom II. Grad). Das Heegestade
bi* Karongn ist im allgemeinen sehr flach, es steigt in vier
AtiStufungen zu dem wesittich sich hi»zichenden,'6O0 bis 1200 m
hohen Gebirgsruckeu auf. woraus zu eiitiiehmun ist. daf* der
Nya**a in früheren Perioden eine weit gröfsere Hohe erreichte
und dafs er als ein zurückgegangenes Wasserbecken zu be-
trachten ist; ob dur<*h Hebung des llfers oder durch Aus-
trocknung. bleiht ni»ch eine nnentj»chie<)«ne Frage.
Beringer ülterachritt das Tanganika-Plateau von Kan>ngn
nach Aliercoru und Kituta auf der Ktevenson Bond; dies« ist,
bis auf da* beträchtUcho Htück zwischen Karonga und Fort
Hill (80 km), jetzt auch für Fuhrwerk praktikabel gemacht.
Von Kituta führte der Weg längs de» Ostufer* dos Tanga-
nika meist einige Meilen landeinwärts bis Udjidji. Das
prachtvolle, gering lieviölkerte Hochland Ftpa (über 180** in)
zwiHchen Bismarckburg und Kirando senkt sich gegen Osten
in eine tiefe, morastige Mulde, welcher der in den Bikwa-Kee
mündende Fwlsi (kifwuri) durchstruiiit.. Nördlich und südlich
der Mündung de* Malagarasi in den Taoganika dcltucn sich
vim Cdjidji bis Kap Kabogu ungeheure Sümpfe au*. welche
zwar von Juli bis November (rier Ib'zember Hustrocknun, «len
übrigen Teil de* Jahres aber gänzlich unpassierbar sind.
Von Udjidji wendete sic.h Beringor nach Nonlosten zu dom
HniUh Kund de* Victoria Nyauaa. Die Strecke bis zum 32. Grad
Itflcherichau.
209
<WiU. I«.Gr. vrur biiili«rni)^rfor*eht |reHk‘b«n: Wirxtnnnns Koute
(ldB2), die RÜrh«tjrel»'i;et)e, vom TaiiKaDik« uaeh rnjniiiw^Mt.
verlief durch Thha, aufaitk'* parallel, atier etwa» weiter im
Huden. Die liebliche und volkreiche Landschaft I*Tiha
emtreekt «ich nach (taten bi« 7um MtindiHufA (etwa 31” 3u'
Ö. li. Ür.i, welcher mit dem auf den nbriKe» Karten ein-
getragenen Lnkoke idenü>wli »ein dürfte. Krbntaur Hegenroit
eine Breite von H km und beh&it aie auf einer Lftnge von
80 bis 100km («i. Mit dem Miigana-Fluf« (im Werten) xu*
mmmeoHierf^end, bildet er dann einen SO km breiten and lüs
zu ••icben Fuf» tiefen Kumpf. Kr kann nur «rnhrend dreier
Monate zur Trnrkeuateli und dann nur o« einer oder zwei
Htelleu durchwatet worden, deneeit de^eellM'ii bi« xuin Smith
Hund kommt man in eine fast undurchdringliche Dornbusch*
Savanne. Bei Knputa (dem Mkumbiro oder Uhija der Karten)
und St. Michael, zwischen dem 32. und 3.1. l^ngengrad,
gelangte Beringer in die längst bekannten Uogunden von Nord*
Unjamwesi, von wo aus er «ich durch r«ukunia am H|>eke-
Golf vorbei nach rsftha.«chi und Süd-Kavimndo wandte, not
Port Floreuce in Kismau, den Endpunkt der l'giindalaihn, zu
erreichen. Seine Boutenskizze vom Binnenland der Ostküsle
des Victoria Nyansa stimmt wenig mit den sorgfältigen karto-
graphischrti Aufnahtnun de« Hauptniann« Schlobach (Dauckel*
maus Mitteilungen 1901) iiberein; der Mala- (nIiw Mara Flufs
liegt zu weit südlich, und der Mori- «aler Ouritlufs zu weit
nördlich. Sein Beiseweg ist nahezu dersoll« wie der G. A.
Fischer« 18SH; im midlichcn Teil durchkreuzt er die Kpureu
von Oskar Baumanii. An der Ostgreiuco von recbnscbi traf
Beringor mit einer Gnip[w von Eingeborenen zusammen,
welch«. t>ewaffnet mit langen Schwertern und Massals|>«<!rcn,
volikommHU nackt waren, den K&rper mit farbigem 'Ilion
beschmiert und ihr Haupthaar in zwei oder drei aufreebt-
«rehende, fettigo und bunte Zbpfctien zusammengedreht hatten.
Ihre Sprache war den Banlunogem in der Begleitung Beringurs
ganz imvemtändlich. Kr hielt sie für Flüchtlinge vom Stamme
der Boiik. Das «K^heint mir irrtümlich zu »ein. Denn die
Botik gehbren zum Stamm der Kaudi, welche nach Hi»bley
(Kastern l’ganda, p. 10) in den hochgelegenen (iebieteu der
Maukette »efabaft bleiben und in lange Gewänder zieh hüllen.
Vielmehr dürften die erwähnten Eingeiwrenen zu den Wa-
schaachi gerechnet werden . weiche nach Oskar Banmnnii
(Durch Mnssailand zur Xilquelle, S. IWi) ^birsondent in den Öst-
lichen Grenzgebieten starke Betiuischuiigeii von hamitisefaem
und nilotiacheai Blut erlitten halien“. und mit welchen daher
eine Verständigung in irgend eini^m Uantudialekt unmöglich
war. Aufserdom stimmun die wenigen, aber charakteristiachen
Angalwtt Itaringera mit der B<*iich reiburig Oskar Haumaniit
zuxnmmen, wonach diese OsGirh wohnenden ^Yascba«cbi als
Bekleidung nur eine Anzahl um den I^ib gewundener Bast-
schnüre tragen und »daji Haar vielfach in Z*'«pfchen drehen
und mit näero Ixihm und Fett lieachmieren". Auch ihr fried*
fertige» Verhalten gegenüber der unlwwaffnclen Karawane
Boriiigers entspricht der Hchilderung Ikiumanns von dum
„uichta weniger als kriegerischen, sondern friedlich-gutmütigen
('harakter der Waat'haschi*.
Auf seinem Weitermaraehc nach Nonien gelangte Beringer
nach Mutaga (noch südlich vom Malartufs); die« liegt un-
zweifelhaft in der (von ihm nicht genannten) l*andschaft
Ngoroine, weiche Oskar Baunmnn 1892 (vergl. a. u. 0 ., H. 30)
durchzfigen. Kr war also nicht, wie er meint, der erste
Weifse, der hier erschienen.
Jenscit der deutach-engliscUen Grenze und des Gori- (nicht
Mori*) Flusse« zeigtr- sich ein ganz ander« gearteter, volk-
reicher Hutnm: kräftig« I^ut« von guter Haltung. Männer
und Frauen ln völliger Nacktheit, einfache Hütten xu iHirfoni
vereinigt, von 3 Fufs hohen Erdw äilen mnschtoaspn. Beringer
giebt keinen Namen für sie an , allein es sind ohne Frage
die Ja-Luo (Njoro oder Wa-Nife), die Kavirond<i der Küste,
unzweifelhaft vor unliostimmtcii Zeiten eingownmlerte Niloten,
deren Hprache sich kaum von dem Idiom der Hi*hilluk am Holiat
untemcheidet; eigentümlich ist ihnen ein Ohrschmuck von
Jaspiiiierlen, welche wahrscheinlich, aber auf uneründtichen
Wegen, früher einmal aus Oberägvpten importiert worden «ind.
Kic Iwwohnen die Kästengegenden de« Victoria Nyansa vom
l'gaja bis znr Mündung des Nzida. Boringur Iwfiind sich
d«<«halli inmitten de»w-l)ien Htuiime«. als «r am 28. Oktober
Idol in der Landschaft Kisumu, dem Endziel seiner Keise,
eintraf. Brix Fbrster.
Bflcherschau.
Rldulf Zabel: Durch die Mandschurei und Sibirien.
Belsen und Htudien. 4*. Xll u. 814 S. Leipzig, Gei>rg
Wigand, 1902. Preis 20 Mk.
Der Verfaswr war Kricg*lwrichU.*r«talter in ('hina für
die .Vom. Ztg.** Mit Ahschlufs des Präliminarfriedens zu Be-
ginn de« Jahres 1901 war MÜne ThAtigkeit als sidcher Iteendet,
und er mufste an die Heimkehr denken. Hierfür wählte er
den Weg durch Sibirien, die Houte Wladiwostok — üssuri-
bahii— Amur— ftchilka — TramdiaikaUeD u. s. w. Vorher jedoch
unternahm es Zaliel, die von den Bussen liesctztc südliche
Mandschurei aufzusuchen und «inen Einblick in die dortigen
militArischen , politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse
zu gewinnen. Das war zu jener Zeit nicht ganz leicht, da
die Bussen unliebsaiDc Beobachter femzuhatten bemüht w-arcu; i
allein Zaliel war glücklich und geschickt gtmug. über Niu-
tschwang nach Port Arthur und Daini zu gelangen. Sein |
uns hier vorliegendes Werk ist aus .\baclmitten zusammen- |
gpseut, in denen die Bei«»- durch die Mandschurei und Sibi- ■
rien geschildert wird, und au« solchen pidiUscbeu Inhalts. ]
Di« Beiscschilderung Imwahrt dt« Tugebuchform, doch ist
diese sorgsam auf Grund späterer I.itteraturstudien «-rgänn
und bearlieitet. Zabel erzählt gewandt und anreg<>ml , ohn«
trivial zu werden, und seine Beiseskizzen gehören darum xu
den besten ihrer Art. ln den (Kditischen Abschnitten wird
Zabvl der aufsorordentiieh klugen asiuti«rhen IHplomatie der
Bussen gerecht, die zugleich mit rücksichtsloaer Energie und
feinem Verständnis für die Eigenart ihrer asiatischen Nach-
barn arlieitet und ohne viel Geschrei und Beden ihr Ziel
verfolgt Da« HGlle Meer haben die Kusaen schon läng«t er-
reicht. und Wladiwo«t4)k , heute eine Ktadt von 4(t(HXt Eiu*
wohnem, war dort ihre stolzeste Hchüpfung; allein die Z«dton
haben sich geändert, aus dem Zuge nach Osten ist ein Zug
nach Süden geworden, Wlmliwoitok interessiert die KuMven
hente nicht mehr, und aie drängen es mit vollem Bedacht
wieder in den Hintergrund xu Gunsten des neuen Hrhoftkindes
ihtlui. Daini will ein ostasiatisches San Francisco werden.
Die Bewundenmg der sibirischen Rahn und die llofTniingen,
die man darauf setzt, ist der Verfasser vorläufig nicht zu
teilen in der I»ag«, die Bestrebungen zur Kolonisation de«
Amurgebiet« hält er für unpmkGsch. Die sibirische Hiede-
lungslwwegung habe ihren Höhepunkt überschritten; zur
Verzinsung des Kapitals, das der Bahnbau gekostet, wäre
aber eine aufserordeutliche Erhöhung de« rossisch-ribirischen
Kulturzustande« nöGg. In der Einleitung Ivemerkt Zabel
u. a.. dafs die Blätter Mukden und Tsingtau der von der
]ir«uf<ischeD Landesaufnahme berausgeg«lK*nen «Karte von
Oslchins* nach seinen Erfahrungen «ehr fehlerhaft seien;
da« mag richtig sein, ist aber erklärlich und nicht so schlimm.
Die Abbildungen sind, »iweit sie Photograpbieeu reprodu-
zieren, sehr schön, die Auiwtattung läfst nicht« zu wünschen
übrig. Hg,
Lvdwlg AmadetH von Havofen: Die .KtcMa Polare* im
Eismeer. Mit Beiträgen von Kapitanleutnant ('agni und
Uber«tal»arzt Cavalli MoUnelli. XIV u. 503 Heiteu, etwa
200 Abbild, und zwei Karten, lipipzig, F. A. Brockhaus,
19UH. Preis lu Mk.
Endlich Hegt das von vielen mit Spannung «rwarlete
Beisew'crk de« Hcrzfigt der Abruzzen vor; im Dezember v. J.
kam die italieuisehe Uriginalausgabe heraun, und Anfang
Januar d. J. folgte ihr Brockhaus mit der deutschen Ober-
scizung. Wir haben die Spannung nicht geteilt, weil wir die
Be<teutung jener ersten iiallenischen Polarexiicdition von An-
fang an nicht übersi-hAtzt habtMi. wenigstens nicht in dem
Mafse, wie c« in der breiten (Xfentlichkeit geschehen isL
Cagnis Vorstofs pulwärt«, auf dem er Nansen um 22 Minuten
.w'hliig*, ist ja ein ganz interessanter polarspurtlicher Erfolg,
der viel Hewuudening erregt und di« italienische Uiiiemeh-
mung .l>erohmt'' gemacht hat; wissenst'haftlich jedoch ist
jener Vorstofs völlig werthni — ebenso wertlos, wie es die
emlJiche Bezwingung dos Nonljads selbst «ein würde. Dafk
aber die Anfonlerungen der Wissenschaft für die Beurteilung
einer Polan*x|a)dttion nicht ganz i»hnc Belang sind, wird man
vielleicht auch in einer Zeit zoge.steh«n. die, wie die heutige,
in die Augen fallende, blendende Zufälligkeitserfolge mit
ungemessenem Beifall umgiebt. t'agnis Zug gleicht der Kpur
«ine« Hchlittschiihläufcrs ülHfr einen gefrorenen Hee und hat
nicht mehr Ihsteiitiing als sie.
Im übrige» war die Exptslition de« Herzog« ein neues
Glied in der langen Kette de.rjenigen rntcruchmungen, die
in der Polarzoiie überwintert haben; in di'wer Beziehung
zeichnete sie sich in nichts vor den anderen au«. Im Winter-
210
Bacherschau.
«iuarüor md df-r Teplitubai wurd^u ein Jabr hindurch die
üblichen B*>olAchtUft^i> durrbs^efübrt. Borj^iuim, f^wiMcDhaft
— > wie es selbet%'erdhDdUch ist. ln mnfsii'om l'mfsnt;>* hat
auch die Kart« des nördlichsten Teilen doe Kranr -Ktnef-
archip«U eine KrgAnzun{j; und Berichtigung erfahrun : das
Krnnpriiii'Uudolftand ist viel kleiner, als Bayer annahtn, und
seine S<>rdspitz«, Kap Fligely, liegt unter 81* 5u' u&rdl. Br.,
nicht jenseit des 82. Breitengrades. Fenter existiereu die von
Bayer im Korden und KordwesCen von Kronprinz*KiidolflHod
gesichteten Inseln iVtcmiannland und Kiioig'CHkarlnnd nicht.
Las ist aber auch so ziemlich alles, was die Kxpciliüon für
die Kart«* des Archijads bat ihun kbm»en. Die Hauptunfgalie
der Expetlitimi war die (lewinnung des Bois oder doch einer
möglichst hohen Breite, und dieser Aufgabe gegenülwr trat
alles andere zurück. Hätte der Herzog einige Schlitten*
expediiioneu auch nach ttston und Süden gesandt, an halte
er damit ein geographiacb verdteustlicherea ^V8rk voliführt
alst'agui mit seinem Marsch gegen den Bol, auf dem es nirhU
zu entdecken gab, auch nichts zu beohuchten gab als einige
sehr hohe \Viiiterteni|M*raitiren.
Wir glauben diese Bouierkungen machen zu miissen. um
dazu beizutragen, dafs die unverdiunt hohe Kinschitrung der
itaiicuischen Expwlition endlich auf das richtige Mafs zurück*
geftilirt wird, wie hlterhaupi die IbfW'ertung aller der rnter*
nehmungen, die auiwchliefslicb der Ertdfernng des Bois ge*
widmet sind. Hat man jenen richtigen Mafsstab gewonnen,
so wird man die Fahrt der „Htella Polare* um so objektiver
würdigen können. l>er Mut und die Begeisterung, die Energie
und rmsiebt, die alle SchriUe der B^xiiedition auszeichneten,
verdienen rückhaltlose Anerkennung, zum Teil vielleicht Bu-
wunderung, und die Lektüre des Buches wird zur Belebung
des Interesses au der Bolarforwthung gewifs beitrageu. Hchade,
dafs es heutzutage niemand mehr unternimmt, auch solche
ausländischen Erzeugnisse der Boiarlittermtur in Cbersotzungeo
den breiteren Bchichten iles dcubuihen Bublikunis zu ver-
mitteln, deren Verfasser nicht königlichen Blutes sind. Die
Darstellungsweise des vorliegenden Buches ist einfach und
ansprechend, wenigstens auf den ersten 250 Beilen, auf deneu
der Herzog die Vurbervitung der KxptNlitioo, die Ausreise,
die Überwinterung und die Heimkehr erzählt Bolartechnisch
von Bi'deutung ist die Fesutellung, dafs der Britiache Kanal
uud die Königin -ViktoriasAe, durch die die „Stella Polare*
bis über Krxmprinz-Budnifland birtaus vordrang, einige W«jchen
im Sommer Schiffen keine Schwierigkeiten bieten; man wird
sich aber doch vor Yeraligcrncinerungen hüten müs<en, wozu
Baidwins Krfahrungun sehr eiudringlicb auffordern. Kapitän
Cagni hat für die 23u Seiten iimfasaende Schild»*rung iNsine«
grofKcn Vorsiur«cw die Tagebuchform gewählt. Hie wird be-
sonderes Interesse hervorrufen, da der Verfavier mit unleug*
bar grofsem Verständnis für das Wirksam«, Dramatische
geschneben hat. Das gilt vurnehintich für den Hückzug. der
«iurcli die weirtliche und südwestliche Drift sehr l•r«•hwert
wuriie und die vier I<eute^ schlierslicb in eine nicht ungufähr-
liche Lag« führte. Endlich berichtet ('avalli, der Bagni «in
Htück nach Korden liegleitet hatte, über seinen «Zufalls
recht beschwerlichen Bnckzug uud über sein« ärztliehen Fr-
fahrungt'D. Die Jetztemi werden Nachfolgern do» Herzf»g8
zu gute kommeu; auch aus den ins einzelne gehemlen An-
gMl>en über die Ausrüstung werden spslter« I’olstüriner .Nutzen
ziehftn können.
Der Verlauf der E.v{t«<lition ist Iwkannt. wir brauchen
also darauf nicht einzugelioti. NVus die Möglichkeit nnlaiigt,
auf dem von der itHlienisrhen K\(iedition gewiesenen Weg«
und mit der von ihr befolgten Methode den Kord|>ol zu er-
reichen, BO erscheint sie uns durch nichts erwiesen. Obwohl
l'ogni im grofson und ganzen nicht ungünstige Kisverhält-
nisse im Kordon des Franz -Josef lande« nng<‘lroffeQ hat, ist
er nur langHam vorwärts gekommen und hat vor ulleni aus
Mungi‘1 an Nahrungsmitteln umkehren müssen. Alwr auch
die Verfassung des Ei'-ps. das noch vor ihm lag. als «r am
24. April HHK) seine höclisto nürdlicbu Breite gfwonnon hatte,
lief« ihm die Umkehr geraten erscheinen: dieses Ei« war
ülH*raus uneben und anscheinend auch von offenen Hu-llen
durchsetzt. Am lyedeuklichsten aber für alle solche Hchliticn-
reiten ist «ine starke südlich oder westlich führende Drift,
die ('agni an manchen Tagen um »o viel zurückgetrielien
hat. als er auf der Eisdecke vorwärts gekommen war. Peary
ist cs 19U2 im Nonlan von Grinnelt-Land ebenso ergangen,
»o dafs dos llur/ogs Meinung, man könne von der amorikaiii-
schon Seit« den .\ngriff uuf den Pol mit mehr Aussicht auf
Erfolg wagen, wenig Itegrüiidet erscheint. Nach allem ver-
spricht die Kansensche Methode nitch immer da.« meiste. —
iHis Buch ist mit einer erdrückenden Full« mei«t sehr schöner
Abbildungen ausgestattel. Von den Karten stellt die eine
Cagnis ibmte dar, di« andere Ist ein« ganz vorzügliche über-
sichukarte von Franz - Josefland in l:loüOUou, die in der
U.iuptsache auf Jackson beruht, Wetlmans und de« Herzogs
Ergebnisse verzeichnet uud die von früheren stark abweichen-
den astmiioniischen PiMitionsbestiiumungen der italienischen
Kxpe<liiion l>erücksiehtigt. H. Singer.
Eduard SclcF) Gesammelte Abhandlungen zur ameri-
kanischen Hprneh- und Altertumskunde. Band 1:
Hprachliches, Bilderschriften. Kalender- und Hieroglyphen-
entzifferung. Berlin 1IK)2.
Mit hoher Befriedigung mufs uns da« Ersch'*iDen ein««
Buches erfüllen, in dem das Werden einer neuen Wiiweii-
schaft. der Anfang und da« Reifen unserer Erkenntnis der
alten Kultur Mexikos und ('entralamerikas zum Ausdruck
kommt. Nicht geringe Energie gehörte dazu, die Methoden
ausündig zu machen und durehzufuhren, durch di« man die
ßiideiwohriften in enger Verbindung mit den Angaben aus
den Zeiten der ('omjuista, mit der Linguistik und Arcbäok>gie
»|>^e<^hen uiacbep konnte, ohne Irrweg« «iazuschlagen, ja
ohne zeitw'eisQ wüst« Htrvckeii ergebnislos zu durchwandern.
Denn bekanntlich kann man auch Bilderachriften zu erklären
meinen, während nach Jahren des Fleifses andere feststellen,
dal« nur eine haltlo«« Bbantasie das Gebäude trägt. Brasseur
de Bourlsmrg liat es au den Mayafaandschriften bewiesen.
Bewunderung muf« uns auch dii* HeUmiverletignung ein-
riöfsen, mit der Heler, ohne nach rächt« noch links zu sehen,
»eine ganze Zeit und «eine ganze Kraft in den Dienst einer
Hache «tollte, die damals fast niemand in ihrem ganzen Um-
fange zu würdigen wuTste, da sie nur gelegentlich gestreift
<Mier von diesem und jenem einzelnen Ucmichtspunkte in An-
griff genommen wurde, Zweimal hat Heler, nicht zufrieden
damit, die lautersten Quollen «einer NVisaenschaft ausündig
zu machen und am grünen Tische zu studieren, die Heimat
j«*ner alten KuilurvOlker in weitestem Umfang bereist und
durehfi»r»cht, und gegenwärtig ist der unermüdliche Gelehrte
zu einer neuen Expedition in die archäoUtgiMh dunklen, aber
vielversprechenden Kö«teng«gendcn de« mex>kaiii«chen Golf«
von der liuaxteca bi« Yucatan aiifgebrochen. E« wäre uumög-
lieb, an dieser Stelle nicht zugleich der hohen Persönlichkeit
zu gedenki-n . deren grofsmntige und aufopfernde f’nter-
«tützung uud Anreguttg mit dem Lebeuswerke des Verfaf^ers
auf» engste verknüpft ist, die mit umfassendem Blicke »eit
lange die Bedeutung der amerikanischen Forschung erkannt,
ihre besonderen Aufgaben erfafst und den Forscher auHÜndig
zu machen verstanden bat, dcw*cn Fähigkeiten, gestützt auf
»oine reichen pukuulären Mittel, sieh in schönster Weise im
Dienst« Müimr Alisichteii entfalten würden. Die bedeutenden
archäulogiscbeti Hammlungen von Helcrs letzter Reise füllen
als Geschenke des Herzog« von Loubat da« Berliner Museum,
und die Ergebnisse sind zum Teil schon niedergeJegt in Seien«
opulent ausgestattetem Chaculäwerk. Die Leser de« Globus
wissen auch, wie gewaltig di« auf Kosten des Herzogs von
Loubat berRU«gegel>enen Cudtcea die altme-xikauiscbe Wissen-
«rhaft vor« ärts gebracht haben. Ohne seine Anregung wären
auch Heiers ausführliche Kommentare zum Aubinschon Tona-
lamatl, zum Codex Fejervary-M.ayer und Vatlcaous Nr. 377S
wohl nie geschnebcti und «iclmr nicht in so reicher, vor-
«chwcndcrischcr Wei«e mit Bildern aiiagestattet worden. Nie
hatte auch da« vorliegende NVerk mit «einer uneudUchan
Fülle von Abbildungen, die z. B. die Benutzung der ilumboldt-
bilderschriften in Berlin fast überflüssig machen , ohne den
Herzog von Ixnilat da» Licht erblickt.
Wonu Heler in der Vorrede in der ihm eigenen Iteschei-
dencti Weis© von einer ,Auz«bl g<Äicberter Ergebnisse* aU
Frucht «einer langjährigen Htndicn spricht, so darf Referent
heute als M*in leider fast eiuziger Bchüler nicht mit dem
Urteil zuriickhalten . dafs e« ohne Hcler keinen Weg in die
Wi««<*n«ch»ft der luexikatiinchen und zt’»tralam«‘rikant«cben
Kulturvölker giebt und geben wird, dafs »eine Werke ein
tli all sein werden. Und doch dürfflu wir noch vim
Selert Tliätigkeit, wie die gewaltige littarari»i';]ie PnidukGou
der letzten Jahn* und die neue Forschungsreise andcuten,
das Griifste erwarten. Nicht ein Abschlufs eioor l«bent-
arladt liegt in dem Buche vor un«, sondern offenbar nur «in
AbechniU in seiner Methode.
Was in diesfoi ersten Bande enthalten ist : das Hprach-
liche, die Bilderhandschriften, Kalender- und Hieroglyphen*
entzifferung , brauchen wir hier im einzelnen nicht zu er-
örtern, da der Globus fortlaufend über die Arlteitcn Hclers
während die«*r 18 Jahre berichtet bat. Einheitlieh get>rd-
net liefen! die«« ,G«*iMiinnielien Schriften“, deren zweiten,
das Archäologische und Historische umFaseenden Band wir
mit Sehnsucht erwarten, uns neben seinen Büchern da« Rüst-
zeug für die Zukunft, und nicht schöner können wir umwre
iHuikliarkeit gegen den Autor bezeigvn, als dafs rocht viele
es Iwnutzen. um mit ihm vereint dieser vielv«*r«precbeiiden
Wissi'DSohaft zum Vonlriiigen zu Verhelfen. K. Tb. Breufs.
Kleine Nachrichten.
2H
Kleine Nachrichten.
.\bdracV t>ar mit QueU«oang»t>()
— J. B. Chareot« Pftbrt nach Jan Mayen. Iin De-
zemberheft von „Ijä Owtgraphie* macht Clisrco!, der nach
Zeitun^narhrichleo Im kommenftcn Honinier eine ,!'ol.ir-
expeditioii* mitomehineri will, Mittoiluojfeti über eine von
ihm im Hommer mit der Yacht „Roae ^iarine* aua|?e-
fdhru.* Fahrt nach den Fitri'ier. Inland und Jan Mnyen. ('har-
cot« Zweck waren dna Btudium de§ Kreimer auf den Färi'ier,
einer Krankheit, die dort er?«t ncuerUintpi cinjrtt» hleppt wor-
den «ein »oll, und bakteriolofftscbe UntersucUunifen in den
nördlichen Meeren, Dazn wurde Charcot u. a. von dem
Naturhisturiker J. Bonnier l«gleitet, der jetzt »eine Kamm-
lungen und Begutachtungen bearbeitet. Am B. Juni verlief«
Charcot Havre, 14 Tage hielt er «ich auf den Küröer auf
und kam zu dem Resultat, diif« die AriMcIiauniig von der
erst kürzlich erfolgten Kinschleppung de« Krrli«e< irrig ist;
.\nfang Juli bemichte er Ixiaiid, und am 14., 1.^. und 16. .Juli
hielt er «ich auf Jan Mnycn auf. Au« Charcot« Beobach-
tungen wÄre folgende« hervorzuhetieu: hatte da« Kis
«ehr lange vor den htlhndinchcn Küston gelagert, tndzdem
hegt-gnete ('harcot ihm Mitte Juli in keiner Form auf der
Fuhrt nach Jan Mayen. Man hatte diesen Widerspruch auch
«chon früher be<jbachtet ; er erklärt sich nach Charctd aus
dem Bpiel der Uberttächenströmungen, nicht aus hohen Tem-
|M>ruturen. IHe Meereitempi^ratur in der Hmgehung von Jan
Mayen schwankte zwischen 4- 1 und — 1*, die Lufttempe-
ratur zwischen -{-3 und ^S“; nur am 15. Juli al»end« wur-
den für kurze -f- 6 und -1- 7* gt-mewien. I»er halb ein-
gestürzte Krater der auf Jan Mayen ist völlig
erloschen. Mitunter scheint es. als wenn ihm Dünqife ent-
steigen, da.s sind nach rharct»t ai»cr nur cmp«»rgewirbclio
Maweti Htauh au« latva und Basalt, Ks ist das derselbe »ubr
feine Blaub, der fast überall auf Jan Ma>en. dort,, wo die
Insel nicht mit Bchneu bedeckt ist, durch den W'ind auf-
geweht winl. Charcot meint, dafs e« auf Jan Mayen über-
haupt an jedem Anzeichen neuerer eruptiver Thiitigkeit
fehlt. Die südliche Lagune der Insel soll nach Charcot
kleiner sein, als sie auf unseren Kat-ten gezeichnet wird;
ringsnm liegt viel Schlamm, so daf« man annehnjen könnte,
st« sei durch Austrocknung zOKaminengvschrunipft. Die Ue-
bäude der öslarreicbi«chen Station, die I8B1'6*2 auf der Insel
liestand, befanden »ich m>ch in ziemlich guter Verfasnung;
Char©«it, der auf die Bitte der rwterreichinchen Regierung
nach ihnen «ah, dickte sie ein wenig au*. Die erwähnte
und liereits in diesem Bericht angeknndigte diesjährige
Unternehmung Chareots ist nicht etwa so auf/ufaMsmi, als
ob sich damit nun auch die Franzoson an der IVdurforsehtiug
b«?ietligen wollten. Ks ist durchaus keine F<darex|>«(littoit
im uigenilichcn Sinuc, sondern nur eine mehrmonatige Fahrt
zweck» ozeunographischer und verwandter Btudien, die sich
bis nach Fninz-JosefslAnd erstrecken soll. I>h es nicht au«*
gcschlussoD L«t, dafs da.« Fahrzeug dort vom Kise einge-
schloflsen wird, so will Charcot ullerdings Vorräte mit-
nehmen, die für eine rbcrwinterung ausreichen.
— Die Hcliiffabrtsverhältnisse auf dem oberen
Nil. Nach dem Bericht Jswi Cn>mers v.T«ehen gegenwärtig
die ehemnligen Kanonenb<H»te derSudatiregierung die Wareii-
und Reisomienlwförderung auf dem Blauen und Wetfs«*n Nil.
d<a:h geht nur ein« über Faschoda hiima«: einmal im Monat
vomüttelt ca den noch sehr geringen Verkohr zwischen
diesem Ort und (iondokoro. Ihe äg^k'pttschc Regierung hat
nun der «New Kgyptian ('umpany* in Kairo eino i^ins-
garantie für ein Kapital gewährt, mit dem sie auf dom
Blauen und Weifsen Nil ein« FbdtiUe schaffen will , und
ein Dampfer and zwei riachgehende DninpfscUaluppcn mit
Uinterrad sind von der Oesellschaft auch bereit« in Bau
gegeben worden. Aurseniein wird die OoseUnchaft auf dem
vereinigten Nil einen Schiffsverkehr unterhalten, so daf« die
Waren auf dem Woge von Alexandrien nach der Äquatorial-
provinx nur zweimal — in Wady Haifa tind in Chartum —
unigeladcu zu werden brauchen. In Jahren, wo der Weifse
Nil wenig Wasser führt, ist zu Beginn de« K<jmmprs die
Fahrt halbwegs zwischen Chartum und Faschoda der Kels-
anhftufuDgi’n im Flusse we,4en schwierig, «üdlic-h von Fa-
«chixla aber können l>ampfer mit rtaclion jt.*«ierTQit
leicht passieren. Die bekannten SMMidbarnjn sind iin B.ahr-
ol-Dschebel n<M-h nicht ganz verschwunden, die Htröniuiig
hält aber wenigstens eine Kahrstrafse dauernd offen. W’n«
die voU.«tändige Beseitigung dieser Barren anlaogt, m» hntle
die letzte, im vorigen Herbst zu die«em Zweck aui*g*‘snndte
KTpodition nicht viel Krfolg, die Arbeiten sollen aber mwh
drei Jahre fortgesetzt wcnlcn, und in dieser Zeit hofft mau
die Regulierung de« Bahr-elDschebel durchgefübrt zu haben.
Das schlimm*ti* Bchiffahrtshindemis bedeuten nun aber nicht
die Felsen nördlich von Fawboda und der8««Id, sondern der
3fa»gel an Brennmaterial. Hvilz gieht es nicht viel am Nil,
und die Kohle ist teuer; das Gerücht, man habe im T>ande
«elhat. bei Rosaires und Abu Harras am Blauen Nil, Kohle
gefunden, hat inch nicht 1>estätigt.
— James Glatsher, 1>ekamiter englischer l’hysikor und
Mel*y>ndoge. «tarh am 7. Februar d. J. in ('roydem Jtei
lemdon im 94. I<el*en«jahre. Geboren war er am 7. April
IHO» in Jj«>nclou. V«>ti lt*4o lus l»7» war O. Direktor der
magnctiwhen und inetoi>rolt>g{schen Abteilung am königl.
(Jbsvrvatorium zu Greenwich; er Ix'gnindete auch die Royal
Meteorolitgical Socioty. deren Fräaidenl er 1867 wunle. Be-
sonders macbie sich G. Wkannt durch müne zahlreichen, zu
wissenschaftlichen Zwecken untcmbmmeiseD Luftliallonfahrten.
von denen die mit dem Luftschiffer ('uxwell unternommene
die hemerkenswei'teKte ist. Kr berichtet über »eine Luflreiscn
io dem Buche , Travels in the Air* (neue .Auflage Ihsa).
AufsenJem verfaf»*te er eine grof«e Anzahl Bücher, Brtwhürcn
und .\uf«fttxe über nteteorologiache, astronomische und andere
Gegeiisiände. W'. W.
— In de« Mittoilnngon iler Nuturforschenden Gesellsrhaft
zu Frellmrg (Schweiz) iGeologie und Ge^igraphie, Bd 3, lieft 4j
hat Pn»f»‘««or Brunhc« von der dortigen rniversität seine
Ik-oltarhtungen über die Wirkungsweiso der Wasaor-
wirbtil iin fliefseiiden Wasser veröffenllichi. Der Zw'eck
des Aufsatzes ist der. die Wichtigkeit der wirlMÜnden Be-
wegung des tliefsenden Wa«*.*rs und der «ladurch verursachten
Bildung von Btrudellöchern (Biosentöpfon) für die Thal-
biidnug nochzuweisen, und dazu zieht der Verfas«er seine
Boohnchiurigen an zwei Stellen heran, die in Bezug auf die
Kedingmigen der Strudellochbildung und die Örtlichkeit sehr
verschiixien sind. Die er«te betindet sich an den granitischen
Inseln, welche au.« dem ersten Nilkatarakt aufsb-igeu und
insofern buwmdcr« günstige VerhäiUiiss« boten, als nach einem
jährlichen Hochwosacr, das die betruffenden Krm'hciuuogcu
schuf bezw. \ergr<»fM*rte. jedesmal ein so niedriger W'a»*t*r-
stand einirict, dafs die Wirkungen des HochwamKrs bcs^uviu
und genau zu beohachieu sind. Dabei zeigten sich die Inseln
vollständig durchimlirt von Ntrudellöchent, die zwei vorschie-
denun lluupUirte» angel«>ren und zuletzt zur vollständigen
Zersbirung des Oninit« der Inseln und Bildung eines Hauf-
werk« von Blöcken führen. Die Kuistelmng der Ktrudellöcher
wird bei dieser Gelogenholt genau erörtert und be.«»nd«rs
betont, dafa nicht etwa die sHtxudolstvinc“ , welche man an
vielen Stellen darin vorHndei (GlclAchergsrten in Luzern),
an der Au»hühlung der LCk-her schuld sind, sondern dafs al«
hauptsächliches Schleifmaterial Sand anzusehen ist. Als
zweite Stolle für seine Beobachtungvu hat der Vurfa.««er die
4ucrLbäler auf der Nordseite der Alpen gewählt, in denen
man elteiifalU überall aa^ehüdete Strudel lut'ber, wie in den
näher besprochenen Schluchten der Aare, der Tamina und
do« Trient, («ler solche in Bildung, wie beiut Trümmelltach
(Hier Dimdenliwch, bci^harhtcn kann. Daf» einzelne Schluchten
fa.«t frei von ihnen sind, wird durch die Aruhitektur des Ge-
steins erklärt, indem iu klein« Stücke zors|ialieiie Gesteine
der Strudcliochbilduiig nicht günstig sind. In einem Schlufs-
alnchnitt werden daun mw'h einmal die Bo<l)ngungcn zu-
sauimenfasw-'tid erörUMA, uiit«r denen Strudellocher entstehen
und wieder vergehen, sowie die Gründe, w-arum mau trotz
ursprünglicher relativ häutiger Bildung der«e]licn «(diter nur
noch wenige vurtindet, si»wie nochuiaU diu Wichtigkeit und
Art ihres Kingreifen« in die Tlialbildung vorgefübrt. Al«
Illustrationen sind eine gröfsere Anzahl photographischer
Abbildungen von Strudeilöchem der berührten Punkte bei-
gegel>en, die «ehr gut ausgefallen sind. Prof. G. Greim.
Reineckes Karte der Insel Savaii. Wie gering-
fügig unsere Kenntnis sogar von den am häutigsten ge-
iinmiten deutschen Südseeiuselu ist, beweist wieder einmal
di« im Januarheft von „Petermanns Mitteilunueu* veröffent-
: lichte Karte I)r. Franz Reineckes von der Insel Savaii, der
' gr«if«ten des Samosarchipels, die bekanntlich im vorigen
Oktober und N«*Tember von vulkanischen Ausbrüchen heim-
gesucht worden ist. (VergL den Bericht von Bnlows, B. 108
de« laufenden Bandes) Die Karte ist im Mafsstab von
l;5O0 0OU entworfen — einen gn^fsereti Mafsstab verträgt
212
Kleine Nachrichten.
unser WiDflen von der Insel noch nicht — und jedenfsiU die
zur Zeit beste und vuilfUtndifpit«. verzeichnet zwei die
Iui>el von 8üd nach Kord durch«|uerende We^e und die
Keif^pfade Hr. Keiueckea, die tief in den inneren Teil dOH
(iebirtrsgernstes hineirtreichen und eini;.:« weni;^ topO'
graphiM’he AufschlüsMS gebracht haben, lui übriKCU beruht
die Zcicbiiung des Üebiru^bilde« auf Peilungen vuui Meere
aus, rIm) auf den Seekarten, und deHbalb weirs man auch
nicht viel ülwr die Hi>be der llerggipfel. Her htfchste dürfte
der Tniavea sein, der auf unseren bixherigen Karten mit
Huxgu/eichnet wird. HeiiuH'ke mafs im Koveuilier
IM94 l&90m. doch vermag er nicht mit Sicherheit m sagen,
ob der Oipf'd, den er dainals erstieg, wirklich der T«iiav«»
war. £r klagt dariil>er. dars die Kingelioreiien schwer zu
bewegen gewesen wären, ihm iii'i Innere zu folgen. Kr
wünschte in diu Gebirge dos Westens, den SchauplitU der
letzten Vulkanausbruchs, einzudringeii, doch wurde in Ao|h>
MÜncu Trägem untvraagt. ihn iandoiiiwarts zu tiegieiten, da
infolge einer «biBeii Krfahrung* das Innere für .tubu** (ver*
iHjten) erklärt wortlcu sei. Der eigiuitlicho Grund für das
Verbot wurde Hciuocke nicht verraten, von einer Furcht vor
vulkaniücben CberraM-hungen sprach mau jedenfalls nicht.
Denuivb glaubt Kcineuke, dafs gerade di« Furcht davor
mafsgeliend gewejw'u war; der uiiverhoflfte Ausbruch vom
ät. Oktolier liKi;! hatw! die Herechtigung «olcber Vorsicht ja
auch erwiesen. — Duulscliland ist nun schon seit drei Jahren
im Besitz der gri>rst«n Inseln der Gruppe, viel winl ül>er di«
Frage gesprochen, ob sie sich für Kakiu»- und andere Kul-
turen eignet, aber etwa« Nemicnswertiw für die nähere Kr-
kuudung des nur Idimqkm grufseD Xavaii ist ntwli uicht
gethau worden. Ks ist diesellw Iteirübend« Krsclieinung, die
auch für die Inseln des DUmarckarchtpels gilt.
— Andr^e-Mednili« und Ncirdeiiskidld-Denkmal.
Zur Kriiinerung an die unglücklichen Teilnehmor der .fiernen''-
Kz]»«dltkin vom II. Juli IXV7 wirtl von scliwt^iliKchcn Frvuiideu
dos verschollenen und — wie man ja nunmehr mit unum-
ertofslicher üewirsheit amiehrnen mufs — zu Grunde gegange-
nuu Pularfnhrerx binnen kurzem eiuo Gedenkiiiünze hcraus-
gegebrn worden. Auf der letzten Verhandlung dur Bb>ckholmer
Anthro{H>Iogisohen Gesellschaft unterbreitet»* l‘rof. O. Montclius
den ersten Vorschlag zu einer solchen GtHlenkmünze und
machte bei dieser Gelegenheit g*>ltend, dafs die schwedische
WissQuschaft, die sich vtm jeher als die l>evorzugte Hüterin
der arktischen Pionierarbeit gefühlt habe, die inoraUsche
YerpHichtung niierkeunen mü)»e, die Krinnerung an die
kühnste und zugleich tragischste unter aileit Kntdeckuugs-
reisen der »eueren Zeit durch einen Akt pietätvoller An-
erkennung hochzubaitun. — V<>n anderer Boilo ist aus obigem
Anlaf» die Idee zur Krörtcning gestellt worden, den Mauen
des unglücklichen Polarreisenden oiiiu Huldigung in monu-
menlaier Form zu weihen, um auf diese Art den Namen
des lieherztcn Aenmauten auch in den breiteren Volksschicbten
dauernd im Gedächtnis zu erhalten. Soweit sich bis jetzt
übersehen läGt, dürft« damit zu rechnen sein, dafs Wide
Anregungen demnächst in der einen u«ler Buden*n Form in
dio Th.nt umgosetzt werden. Ini Zusamraenhaug hiermit
kann noch erwähnt werden, dafs man in inluressierteu Zirkeln
dem Plaue näUergetreten ist, auch dem vor zwei Jahren
verstorbenen Kntdecker der nordWtlicbeu Durchfaltrt, Nils
Adolf Krik Nurdenskiüld, ein Deukiual zu weiheu,
und zwar in liosonderer Iteziehung auf die unauslöschlichen
Verdienste, die sich NordeixkitiUl als Regriindur der mo«]ornen
arktiacheii Forschiiugsinethorle erworlien h.nt. Das Pn>jckt
eines Nordeuskibhi-Denktuals hat dio scbwedischoD g<»ogrn*
phischeii Kreis« la'kauutlich schou verschiedentlich l>«scbäftigt,
ohne jedoch über das präliminäre Btadium hinauszukommeu.
Die augenblicklich vorliegende Anregung scheint indessen von
solcher Art zu sein, dafs es diesmal v<iraussichtlich nicht
blofs b«t den guten Vorsätzen sein Bewenden haben wird.
Htockholm, S7. Februar ltKi3. V.
— Marquis de Begouzac« Hoiseii in Marokko. Im
Januarheft von „I.a Oe^tgrnphiu* giebt du Flotte Ito*(ucvaire
eine zusamiuenfassendo Darstellung dor inarokkaiiischen
Heisen dus Maniuis de Seg<mzac, von denen auch im .Globus'
einige Male die Itedc gewesen ist. de Segouzac, dt-r als
Mohauiiuodaner verkleidet reiate, hatU* sich voroebiulicb die
Aufgabe gestellt, das Fi>rschuugswerk de Foucaulds zu er-
weitern, weshalb er sich in erster Linie dem Ilif und dem
zentralen Uebirgstnassiv zuwandio. Die lk*reUung des Uif
führte de Segoiizac in Begleitung eitü-s in Fes wohnenden
rusaner Soherifen aus. Kr brach am lü. März 1901 von
Fes auf und erreichte durch die ännlicheu Gebiete der
Uiaina und Tsul das neuerdings viel geuauutc Taxa oder
Tazza, das Zentrum des gegen den Sultan gerichteten Auf-
standes. Die Stadt ist /ienuich heruntergekommen und nur
noch ein Uuinenbaufen dank den Kaubzügen der Kiata. I>a«
Flufstai des Msuu und des Kart verfolgend, gelangt« de 1^
goDzae iil>er S«luen, wo der Sultan eine Garnison hält. ua«*h
Helilla, von wo er der Itifküste eiitlaug westwärts hi» zur
Bai von Alhucomas ging. Die dort wobneiideu berüchtigten
Stämme der GelaJa, der Beni Haid und der Beni Frischachek
leiten vom Fischfang, treilMm gelegentlich etwas Seeraub und
sind im übrigen grofse Straudräuber. Hierauf wandte sich
de Kegonzuc Ülter die Gebirge nach Süden, zog ini L’adi
VvrtTR nach Westen und erreichte über Muley Buchta,
einem lierühmt«n. noch nie von Kur«i|»k(*rn besuchten Heilig-
tum, am 13. April Fes. Die zweite Keise richtete sieh in
das zvutralo Marokko und ins Gobiut der unabhängigen
BernborstAmmc. Nach einer l'utersuchung des für Kurupiier
unzugänglichen DscIiBbel Serhun, wo er die Beste eines
starken rüniiachen Bagers auffand, überstieg de Hegonzac auf
dum Wege nach Süden den mittlureu Atlas, umging den von
Kohlfs beiiichriebenen See Sidi Aü, kreuzte das Uadi Mlaia
uikI erstieg tluii 4‘.,l60m hohen Ari Aiasch, den biiclistcn
Gipfel des grufsen Atlas. Dami zog de Sug«iiizac im l'atli
Mluia ülier Mixur nach Nordosten und »chUefsUeb über die
Ketten de« mittleren Atlas nordwart« nach Tasa. Endlich
uiitcniahiu du Segouzac bis zürn I- September IHOl von T)u>a
einen Vorstofs nach Südwesleu zum oberen l'adi Sbu. Die
Aufn.'ihmun diui Keisenden uiufn«<>en 3*J00 km meist noch un-
erforschter Wege, 39 Längen und 37 Breiten hat er astro-
nomisch l>esiimnit. Fauna, Flora, Geologie und Kthnographie
sind elienfalls gefördert worden. Zur Zeit ist de Segonzac
mit der Herausgabe eine» umfangreirlien Werkes ,,Yoyages
au MatvH** l>eschafLigt, von dom der erste Band den Keiae-
bericht, dur zweite die naturwissunftchafilichfn Ergubuiss«
und dor dritte die Karten im Mafssub von I :25UOOU ent-
halten wird.
— Bado V. Kövesligvthy trägt aus den Übungen des
geograpbiachen Seminar» au der l'niversitAt Budapest zur
Erklärung der alten Sirandlinicn bei (Foldtani Kozlöuy
iwo'Jj. Au der skaudinavischen Meerfwküst« Üuden sich vieler-
orts alte Strandlinieo, di« wie bei Uudiksvali etwa 240m
über dem heutigen Saespiegel dabinziehen und gugeu das
Innere der Fjorde anst«igen. An einigen L'ferputikten Noitl-
amerikas sind alte Mueresablagerungtiu »ach rpham Warren
s«)gar aus der H»h« von 4&U m bekannt. Die guographisrbv
Verieiluug der Krsclieinung lK*günstigt keineswegs die An-
nahme, als ob Ulan cs hier mit der Mkkularen Schrumpfung
durKrde zuthuu halte, viutuichr weist alles auf cinu Wirkung
dor Kiszeit hin. Bereits Zoppritz und Peuck , später Her
g«sell, Drygalski und Woodward versuchten die einstige
mächtige Hebung dos Heospicgcls auf die Anziehung der
koiitiuuutaleii Kiwlecke zurückzuführeii. Gelang cs aui-h
nicht, die starke iionlamcrikanische Hebung auf diese Weise
ganz zu «rklären . so wurde doch die bescheidener« skandi-
iiaviache KHespicgcIsohwaukum; vcrsUindlichiT. Ktirzlicb
machte Drygalski auf ein neue« M»meiit aufmerksam. Dio
Eisdecke mufsle den rnturgruiid uotwendigerwcise abkühlon.
was eiuo Koiitruktion und Senkung des Festlandes bedingt.
Schützt man. wie Kudzki, die oberHächlicht- Abkühlung zu
13* F. K,3“G.. so wird die Depression 2,2m; also ein« der
zu crklarcudon Gröl's« gcgeuübcr schwindend kleine Wirkung,
die nocli aurMTdeiii als überschätzt augeaehen werden mufs.
Verfassur guht dann zur Berechnung der W'irkung des Eis-
dnickvs von dem Verhalten einer elastischen isotropen Kugel
aus, deren Klusti/itäutm>dul willkürlich ange«cUt wurde.
•»Die rgandabahn war Ende Februar nach «iDer
lieuicrnieldung so weit fertig gust«>llt, dafs nur noch einig«
vorliiuüg aus Holz crliaute Brücken durch KÜM*ukoDsti-uktionen
zu ersetzen waren. Indisciie und iialiuuische Finnen be-
iiuUtcn die Balm, um gröfsuro Fahrzeuge, die dem Haudel
dienen sollten, auf dcu Viktoria Nyauxn zu bringen. Endpunkt
dur Bahn ist Iwkanntlich Port Florence uu der Oatküste, »u
dafs rgnnda selbst mit d«iii Schicuenstrang« nicht erreicht
wiril; diu Verbindung dorthin wird durch zwei je 6UU Tonnen
gr>>fsc Doppelsi'hraiilMmdampfer liewirkt, die 12 Salon- und
lou Dcck^taxsagiere befürvleni k>'*nueu. Zweimal wi>c)ienüich
j Vorkehren auf der ganzen Bahn direkte Zug«. Die Kiunahitieu
I bulaufen sich zur Zeit auf luou Pfd. Sterl. in der Woche,
und dank der Bahn sollen nach der erwahulvn Quelle Bri-
tisch -Gxtafrika uuil da.» Vgaudapndvktorat jährlich 3.3UOU
Pfd. Sterl. au Traiis|x »rtkostou x|i«rcti.
Vrrsntwurtl. Redakteur: II. Singer, UrrUu NW. 8, Srbifl l»sut*idnuifu 26. — “ Druck; KrlcJr. Vieweg a, Sohn, Brauacebweig.
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LANDER- UN’D VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT KIT DEN ZEITSCHRIFTEN: „DAS ADSLAND» UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
HERAÜSGEGEBEN VON H SINGER UNTER BESONDERER MITIVIRKI-NO VON Pnor. D«. RICHARD ANDREE.
VERLAG VON KRIEDR. VIEWEG A SOHN.
Bd. LXXXIII. Nr. U. BR AUNSCH WEI G. 9. April 1903.
NMhdrack nof luch Db«rBiakanfl mit der V«rliifrslsKiidluii( (r^iUttM.
Die macedonischen Seen.
V^on Adolf Struck. Snlonik.
I.
1. AllgemeiDes.
Eia Blick auf die Karte des westlichen Teiles der
Bolkunbalbiusel lehrt, dsfs der zwischen dem 41 . und
40 . Grade oördh Br. geloKcne Streifen, der sich vom
Adriatischen Meere über lli^rien und Maredouien bis
etwa gegenüber der Insel Thusos erstreckt, die einzigen
namhaften Bitinenseen enthält, die die europäische Türkei
aufzuweisen bat. Auf welche hydrographischen oder
glazialen Erscheinongen die Bildung dieser Seen zurück«
zuführeu ist, läfst sich beute nicht einmal mit einiger
Wahrscheinlichkeit entscheiden, nachdem das luind in
dieser Richtung suwobl in geogniphischer, als auch in
geologischer Beziehung noch nozureiehend erforscht ist.
IKo Lageverhältnisse dieser Seen studiert man heute am
beeten auf der jetzt bedeutend verbesserten Generalkarte
des österreichischen Militärgeographischen Instiiiites,
Mafsstab 1:200000 0* Von Westen ausgebend sind 211
nennen: der Litecheni Terhnf, der hauptsächlich vom
Ljuschua gespeist wit^, im Westen und Süden in ein
Suiopfgebiet übergeht und keinen AbRufs nach dem
Moore aufzuweisen hat. Etwas nüdUchor von diesem,
bei dem Orte Fjeri liegt der kleine Sumpfsee Lit.scbeni
Purtitscha oder Belutscha, welcher in nördlicher Richtung
in den Semeni abfUefst. Landeinwärts folgen die be-
deutendsten .Seen der euro{käischen Türkei, und zwiu* der
Ochridasee, von zahlreichen Flüssen gespeist; aus ihm
ergiefst gich der I>rin. Oer Prewba- und der Wentrok-
see, oder Mulu Jeser», beide durch einen Kanal verbunden,
mit zahlreichen Zuflüssen, aber ohne jeden .\bflu(s. I)»r
Maliksee, welchem sich im Süden eine l>edoutendo Sumpf-
gegend anschliefst; er fliefsi in den Dewo) aus, welcher
sich eeiuerseiU in den Semeni ergiefst. Östlicher liegt
der Ostrowosee, schwach gespeist und mit unterirdiHchem
Abfluls in den Sumpf vom NiNiia, aus welchem der Flufs
Nissia oder Wodinasii entspringt und sich in den Sumpf-
see von Venidsche ergiefst. IHeseN sehr stark ges{>uiste
Becken führt seine Gewässer durch den Kara-Asmak in
dun Wardar ab. Um den üstrowonee herum liegen
einige kleinere Seen, und zwar der Rudnisebko-, der Sa-
rigöl- (oder Zazerzi) und der Peterskosee.
Die beiden ersieron fliefseu in den Peterskosee ab;
dieser ist unterirdisch mit dem Üstrowosee verbunden. Süd-
westlich sehen wir den Kostiirsko- oder Kastoriai^ee mit
starken Zuflüssen, er ergiefst sich in die Wiatritza oder
llaliakinuD. ^Istlich von Wardar Hegt unterhalb der
0 H* Lechner, Wien. Blätter Kavalla, Saloniki, Munnstir,
Klbnsean uud Burazzo. «
Qlubtu LXXXIli. Nr. 14.
Gebiige von Belei^ch der Doiransee mit kleinen ZuflÜHsen,
welcher durch deuGjolAlnk mit den beiden zum grofsen
Teil in siimpfigoH Terrain übergebenden Seen .\rdschau
und Amaiuwo fliefst , diese ihreraeibt in den Wardar
Südöstlich liegt in einer Mulde der kleine, abflufslose
Adjisee. Nordöstlich von Salonik nimmt die Nicnlernng
von Langaza den gleichnamigen See, ebenfalls ohne Ab-
flufs, östlich davon den Bolbesee auf, der sich in die
Meeresbucht von Retidina ergiefst. Von der Stnima ge-
s{>eiKt wird der etwas nördlicher liegende, zum aller-
grötsteu Teile versumpfte Buikowosee. Derselbe Strom
bildet noch südlicher den grotsen Sumpfsee von Tahinos.
Südlich von Drama nimmt der Sumpfsee von Bureketli
eine eine grofse Fläche ein. Hiermit schliefsen wir die
Reihe der hier in Betracht kommenden Soebeckeii. Zur
Verfollstäniligung der Nomenklatur aller jener Suen, die
für die europäische Türkei einiges Interesse bieten, führe
ich hier noch an den Jauinasee, für w'elchen ein unter-
irdiachor Abfluf» narhgewiesen ist, und in welchen See
sich von Norden her der Lapistasee ergiefst. Au der
griechisch -türkischen Grenze der abfluDlose Gebirgssee
von Nezeros oder See von LivudakL Südlich von Usküb
der Kaplaiise«.
Die von uus zu bebaiidcludeu Seen haben einen eigeu-
tümlicbeii ('harakter. Sofern sich dieselben nicht in
I Niederungen befuuluu, wo sie zum ullcrgröfst<L>n Teile ein
umfangreiches Suropfgebiet einschliet.sen, kennzeichnen
I sie sich als kraterförmij^ Becken, rings von Beiden eiii-
I geschlossen oder an kleinere Hochebenen stofsend. Die
I ständigen Zuflüsse sind gering, es kommen meistens nur
^ grofsere Wildbäcbe in Betracht, die dann nur zu Regen-
zeiten Wa.sser führen, Bäche, die, vondcrScbneeschmclze
gespeist, im Sommer gäuzUeb versiegen.
Von grofsem Interesse sind die Abflulsvorhältuisse.
Nur in wenigen Fällen bilden die macedonischen Seen
Sammelbecken für grofsere Flutsläiife, in der Weise wie
der Ochridasee für den I)riu. lk>rt, wo von einem
sicktbareii Abflufs nicht die Rede nein kann, winl im
Volke der Glaube an unterirdische Ausflüsse durch Fa-
beln und Märclien genährt. Dur .Taniua«ice in Albanien
hat jedoch gezeigt, dafs die geologisrlien Verhältnisse
auf der Balkanhalbinsel derartige sind, dnts diese Er-
scheinung begünstigt wird. Vielleicht war dieser Grund
allciti bustiuiinend, meine AufinerkKamkeit den maee<lü-
ni.scheii und cpircttiKrhen Seen in erhöhtem Nliifse zuzu-
weudeu. Im wesentlichen miifs man dieses Studium an-
gesichts fler schwierigen ReiHeverhältnisse uud der
unzugänglichen Bevölkerung als ein iiiidankbareB W-
27
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214
Adolf Struck: Pie niaeedontBcben Sceu.
jscichnen. NS'an ich an Matcrml über den (tegeiiittaud
gesammelt habe, i»t je<loch lyemerkuuswert genug, um j
au dieser ^Stelle berücksichtigt za werden, so unvoll-
Htftndig es noch ist.
Seitdem Prof, ('vijic’) auch für gewisse Teile der
nalkanhalbiu<<el eine Kiszeit uachgewiesen hat und es
durchaus nicht ausgemacht erscheint, dafs sieb ähnliche
ZuHiftnde auch auf den Uhrigen Teilen dieses Kontiucuts
nachweiHcn lassen zur weiteren Verallgemeinerung der
Mutmafsung Tvijies, bat die Forscliung auf der llalkau-
halhinsel ein anderes Gebiet betreten. In welchem Ver-
bälinis zur Kiszeit die hydrographischen Krscheiuungen
der Halkaiibalbinsel ihre Krkhlnmg finden, wenn sie
überhaupt mit dieser Kpoche in Verbindung gebracht
werden können, lilfat sieh heute, wie sclion einmal ge>
sagt, nicht entscheiden, doch scheint es mir, dals jene |
I Dr. K. Oostreicb teilweise bereits vorausgceili ist, indem
( er in seinen „Beiträgen zur Geomorphologie von Mace-
donien^ *) demselben Gegenstand einige .Abschnitte ge-
widmet hat, sehe ich mich doch ermutigt, Altes und
Neues über die Seenkunde Maredoniens mit ihrem inter-
esauntuu Sagenkreise in eiuer kurzen Monographie zu-
sainmenzufassen, bezeichnet doch schon Theoltaid Fischer *)
die Krfursefaung der dcHsaretiachen Scengruppe (Oclirida,
Presba, Ventrok und Malik) aKs „eine der lohnendsten
Anfgiibeu auf der gauz4>n BalkanhalbinseP.
2. Pio Becken tou tistrowo, Petersko, Nissia
und Yeuidsche.
An die erste Stelle dieser Skizze möchte ich die
j Betrachtungen über den Ontrowosee und seine Gebiete
Zeit nicht ohne einen KinHuIs auf die Bildung gewisser,
den Charakter von Gebirgsseen an sich tragender Becken
un8er**H Beobacht uiig«*krei.<*es gehliehen ist, wenn man
noch weiter berücksichtigt, dafs die in Betracht kom-
mende Zone bezüglich ihrer lUchtungsverh<uis^e eine
Gestaltung zeigt, die Tielleicbt im Hinblick auf die goo- <
logischen und insbesondere auf die hydrographischen
Verhältnisse einer eingehenden Untersuchung l»edarf.
Obwohl wir über den limnologischen Teil dieser Ar-
beit von der fachkundigen Feder dos Prof, t'vijic eine
eingehende Abhandlung zu erwarten haben und mir
*) Zeiuchrifl der r»o^*II«cUaft für Knlkwiide XXXIII
S.äoi, Sielieaucli den Aufsatz von Albrecbt iVutck iiii (il(<buH
I,XXVHI S. 13,'t.
Vgl. seinen vorläufigen llnnclit: .Die mac«><l(>ni'>ehoii
Keen.“ Alirege du bulietiu de la sociale bongruiso de geo*
gmphlo. Budapest lOOO. S. 37 bis 4S.
stellen, schon aus dem Grunde, weil Qlier keinen ''ee der
Balkanhalbiu’«e] in den letzte^) Jahrzehnten so viel gc-
schriehon worden ist**), und daun auch, weil seine .\b-
fliifsvi^rhältnisse im> viel Kigenartige» bieten, daP die Er-
örterung aller sich an diiote Knscheinung knüpfenden
Fragen von grofstem Interesse ist,
Pas zusammenhängende Gebiet umfalst die Seen von
ttstrowo und Petersko, dun Budnischkosee, den Sari-göl
oder Zazertzi, den Nissiastimpf oder Blado und den Ye-
nidschesre, welclie zutn Qiiellgebiet des Meerhusens von
Salonik gehören (». Überficht-kärtchen).
*) Abhandluiigeri der k. k. geographbeheo (lesollschaft
in Wien 190J. Xr. l.
*) ibe «iidosU’uroiMÜacbe (Italkai)'} Hanän««‘l, in .Piiser
von der Krdo*. herati*<gegelien von A. Kirrlihof, II,
2, Ji. 132.
•) Zubtzt K. Oestreicb, a. O.. 8. 143.
Digitized by Google
Adolf Struck: Die meeedotiiieheii Seen.
216
T)or Ontrowoflee, welcher öbrijren?« mit allen Seen der
BalkanliHlhmHul das Lo;* teilt, kartographisch noch nicht
genau aufgenommeu wonlen zu sein, füllt einen beträcht-
lichen Teil des Thaies von Kailnr aus, das uui nördlichen
Ende einerseits von den södlicben und südöstlichen Aus-
läufern des gemeinhin als Xidscho hekaunten Gekirgs-
stocke», anderseits ?on den westlichen Abhängen des
massigen Ilermion'* oder Agustosgehirge eingeBchloxaeii
wird. Iin Norden ragt der über 2ü00m Lohe Kaiintik-
tschalan, im Süden der 1900 m hohe Kiiratasch hervor.
IHt Hiebtuug des Thaies entsprechend bat der See eine
länglich gestreckte Form in etwa sätlsüdwestlicbcr Aus-
dehnung mit zwei Einbuchtungen am südwestlichen Ge-
stade', das südliche Ende des Sees geht in eine ziemlich
ausgesprochene Rundung aus, während die nördliche
Küste ein »ehr scharf gezeichnetes Knie liildet. Die
rfoHinie ergiebt einen riufung von 54 km, als gröNtu
I^nge ergiebt sich 17,5 km und als gröfste Breite 8,7 km
(in der nrmlltchen kjnburbtiing). Die Seefläcbe unfst
einen Raum von 77(|km (Cviiic giebt el>eTifalls 76 qkm
anh auh welcher ich bei Zugrundelegung einer gemesso-
nen grof-ten Tiefe von 62,5 m (Oijir lotete im Sommer
1899 bei tieferem Woaserstande 61 in) und einer mitt-
leren Tiefe von 25 1 » <leii Haumiiihalt des Ostrnwoseos
avif etwa 1312 Milliuucn Kubikmeter bereehue. Die der
KreideforuiHtioii angehörenden IhTgketten, die ohne jeg-
lichen Roristischen Hcbmuck, baumlos, in trosiluser Odo
dicht au den See herantreteii , geben der Landschaft
einen eigentämlichen Reiz. Und während der Ochrida-
see den Ruf geniefst, wegen der üppigen Entfaltung der
Natur iin seinen UFerii der hcbönste Soe der llalkanhalb-
insel zu sein, kann der OMtrowosee ein gleiches Recht
für sieb in Anspruch nehmen, wenn seine eigenartige,
für Macodonion so charakteristische Natur jener des
Ochridasee» gegenübergestellt wird. Enter diesem Ein-
druck schreibt auch llabu'): „Obgleich wir den See von
Ostrowo in möglichst ungünstiger Beleuchtung sahen, so
möchten wir ihn dennoch für das schönste NuturbUd
erklären, welches wir auf der ganzen Reise sahen,“
Erst südlich und südöstlich nimmt der PHiuizeiiwuehs
dauu zu.
Der Ostrowosee, durch Perseus* Marsch nach Griechen-
land uns als der Begorritis der Alten (zwischen den
Landschaften Ivtrdäa und hllimäa) hekunni hat seinen
Namen vom Orte (Mrowo*). welcher »ich etwa in der
Mitte des nördlichen Efers hefmdet und dessiui Einwohner-
zahl mit 3200 (650 Häuser) nicht zu niedrig gegriffen
ist. Die Stadt Ostrowo, die lumt« auf erhöhtem Terrain,
dem Gebir|^ näher gebaut ist. lag früher südwestlicher,
iinmitibar an dem Ufer des Soe». Durch das Steigen des
WasBHrspiegeD wnnl jedoch ein grufser Teil der Stadt
überflutet, und die Einwohner mufsten »ich auf dem
höher gelegenen Gelämlr aiisjedelii. Noch vor wenigen
Jahrzehnten ragte die ehemals mitten in d*T Stadt ge-
baute Moschee (Ada-Djaniissi) wie eine lusel nahe dem
Efer aus dem Wasser hervor, was von den meisten Rei-
senden erwähnt wird Heute ist der Scespiegel so weit
') J.U. V. Hahn, Rci*o \on Belgrad unrh Ralonik. Denk-
scUriHcn der kitiw.'rl. Akademie der Wivteiisrhaflen ({diiloa.*
hislor. Klaus«*), IW. 11, S. ll!ä. Wl»*n 18«I.
“) Liviiis Xlill, 53 giebt die einzige Naehrieht hierüber.
*) Her tüi'Lischtt (leograpli lIiidM-hi-Clialfa in Uuineli und
iKwina, 8. l*i* nennt diesen Ort »Ostniva*. zwischen den Ge-
richtstHirkeiteu von V<siirin, Vilorinn, DschumM-BaHär, I»inka;
13 Tagerviwn von KonshintinojH-1.
'•) .\iicli G. ■>!. Mackenzie and l*. Irby, Travels in Ihe Sla-
vonic l’roviiices of Turkey. Is*ndf>n lS7rt. — v. d. Goltz, Kin
Ausflug nach Macedonien, 8. sö. Berlin 1^94. Näheres auch
in K. Naumann, Macedonieti und seine ueuo Kisenbahu Salo>
nik — Monastyr, S. ai. München 13ö4.
gesunken, diiD die Moechec wioder auf dem Trockenen
liegt (». Karte S. 216).
MorkwünligerwciKc |äf»t «ich Ostrowo vom slawischen
Worte O«trow, welches #o viel wie Insel hetfat, nhleiten.
In welchen Zusammeuhang diese Namengebung mit der
älteren Stadt zu bringen ist, werden wir s|>äter sehen.
Dttf» jedoch sowohl Stadt wie See diesen Namen erat in
uuuurer /eit erhultcn haben Mollen, wird ohne weitere»
durch eine Stelle Cedrenu« widerlegt, welcher den
horeil» unter «lieaem Namen kennt: Tr^*7 rot
'OöTQoßov vdbyit (ed. Bonn, p. 4531*')- Hingegen bat
sich, wie wir später sehen wcnleu, in der Sage von der
Knt.stehuug de.s .See» ein älterer Name für die Stadt
Ostrowo erhalten.
Nächst dem See liegen nur wenige Ortschufteii. So
im Osten die IMrfer Kotschani, Kelemesa, Kolnrtzi und
Starigö), im Westen Begnja, Patelik und Novlgrad. Die
Devrdkerung be!*tefat zuni gröfsten Teil ans Türken; ein
gröfsores Kontingent »lawiKcbvr Einwohner hat eigentlich
nur die Stadt Ostrowo aufzuw»*i»en. Merkwürdigerweise
nimmt die slawische Bevölkerung in den vom St^j weiter
ahliegenden Ortschaften und Maierhöfen erheblich zu;
Griechen sind entHchiedan in der Minderzahl.
Der Sec wird nur von geringen Zuflüssen gespeist.
Der bedeutendste kommt v<in Süden, hat »eiu (juellgehiet
iui Snitschnikgebirge unterhalb Kailar und nimmt klei-
nere Zuflüsse vom Tiirla- und VliUioklissurubcrge auf;
e» i>t der Sarigölflut» oder Nalbandkoj-Itoressi oder auch
Kailar- DereHHi. Ihm gegenüber fliefst im Norden unweit
der Stadt Ostrowo der TBcbegan»ku-Keka in den See.
Die.ser Bach und ein zweiter durch das Thnl von Katra-
iiitza in den See mündender Was*erlauf sind den grörMt(*ii
Teil des Jahres trocken, ausgenommen zu Rügenzeiten
und zur Zadt der Schuevschmedzt*. Ein sichtbarer Ab-
fluf» ist jedoch nicht vorhanden.
Eine merkwürdige Erscheinung am O.*^trowosee, die
bereits von allen Reisenden ürwäbni wird, i»t das Ihj-
»tändige Steigen und Fallen seines Wasserspiegels. I>er
gegenwärtige Wasserspiegel wird gewöhnlich mit 528 m
angegeben. Ami Bon« **) giebt 1000 Par. Eule (325 m)
an, Grisebach '^) 1245 Fufs (404 m) und Barth'*) 1638
Fufs (498 m). Der wirklichen Höbe am nächsten kommt
Graf Tuma v. Wahlkampf *^), welcher in neuerer Zeit
schreibt, daher auch aus jüngeren Karten schöpft and
„mehr als 500 m über dem Meeresspiegel“ angiebt. Die
erste ausführlichere Nachricht über die Scbwaiikungtm
do!* Wasserspiegels brachte Tozer'*-), welcher ira Zusam-
menhang mit der Fhititohung de» Sec» berichtet, „daf»
vor etwa» weniger denn einem Jahrhundert in jener Ge-
gend kein See war und viele Städte an verschiedenen
stellen des Thale» lugen; vor nahezu 60 Jahren (von
1 865 gerechnet) aber stieg das Wasser und ülx’rscbwemuite
den unteren Teil des Thaies; vor etwa 25 .fahren stieg
das Wasser abermals, und die ganze Stadt Ostrowo wurde
bi*i auf einen kleinen Teil überflutet. Im Jahre 1859
") Si>n<t ünden sich bei ihm byzatitiniselion Schrift<>1e]Icrn
verstütiunelte Bezeichiiungvii vtie JtQnßov in Anna (’oitinenn
5, 5, Georg Acn>p. 4fl, 4». ItvatQov in Gonrg l'«K'b.Mm*res.
Mich. Paleoli»g- -i H.
“) Ami Bou«^, IH»- europäische Türkei, ileutsch heraus-
gegiüwn vi»ti lief Ami Buue-Hlifiutigskuimiiission, Ikl. ‘.i, S. S.'i'.i.
Wien isfly.
*') .\. Grlsebach, Keise durch Ilumidicu und nurh BruMa
im Jahre laSy. Bd. 2, S. 1B7. Göttingen 1841.
'*} Heinrich Barth, IG-ise durch da» Inner« d**r euroiwLi-
sehen Türkei im Herbst l>*d2. 8. I5S. Ib-rlin lflt*4.
'*) tlraf Anton Tuma v. Wnblkatnpf, Gricchcnlnnd, Mnce-
doni«*n und Südnlbaiiion, 8. 115. JjHip/ig
H. Tijzer, Uo--wuirchHs in the bighlauds of Turkey, pnrt I,
p. 159. London Iäö9,
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Adolf Struck: Die rnaoedouiichen Sean.
217
stieg der See iiochmalN um einige Futs. fiel aber glück-
licherweise wieder. Die Markeu dieser letzteu Über-
schwemmung Nmd an TerMchiedeneii Stellen um Knde
des Sees zu sehen.**
Wir betreten da» Gebiet der Sage. Xach dieser er-
zählt man sich in der Tbat, duf» in alter /eit noch kein
See da war, sondern die Stelle nahm ein Gefe», schöne»
Thal ein, in welchem sich an der tiefsten Stelle eine
Hülilv befand, in welcher zwei Bache, der eine vun Süden,
der andere von Unten kommend, einmündeten und in der
Krde in der Richtung nach Osten verschwanden. Auf
einer Anhöbe lag eine grotse, Hchöne Stadt Ton lOtK)
Häusern, die ihrer natürlichen Vorzüge wegen „Küt-
»chük Stambul** (Klein-Kuustaniiuopel) genannt wurde.
Im 6. Jahrhundert n. ('hr. siedelten sich die Slawen in
dieser Gegend au und bevölkerten zum Teil auch diese
Stadt, sie trieben hauptsächlich Viehzucht und besalseii
die gröfsten Schafherden de» ganzen ('uikreises. Die
damals grünen Abhänge des Thalgrunde» im Nordwesten
und die uächstgeloguueu Gebirge waren diu Weideplützu
für diese Herden. Eines Tages zur Zeit der Schafschur,
es mochte im März oder April gewesen sein, die Hirten
hatten ihre Herden im Thule gesammelt, kam ein sünd-
(lutartiger Kegen. Die Bäche traten im Nu aus, über-
fluteten die ganze Gegend und schwemmten alle», was
im Wege lug, Schafe, Wollonballen, Bäume, Felsbtöcke,
mit sich fort, ao duf» der unterirdische Abflufs Terstopft
wurde und das Wasser im Thale plötzlich stieg und
immer gröfser werdend die an den .Abhängen lieguudeu
Ortschaften, deren Namen sich nicht erhalten haben, rer-
schlang. Das gleiche Schicksal traf auch den tief gele-
genen Teil der Stadt KüUchük Stambul, doch ragt« die
Spitze lies Hügels mit seinen Häusern wie eine Insel aus
dem Wasser hervor, und wer noch Zeit hatte, dorthin
zu Süchten, war gerettet. Durch Legen von Schlagbäumen
schuf mau nach Osten zu eine Verbindung mit dem Lande,
und die Überlebenden gründeten an dem westlichen Ufer
des entstandenen Sees, hart an dur Berglehne, ein Dorf,
da» sie Ueguja (flüchtig) nannten. In der Folgezeit
wiederholten »ich diu Wolkenbrflcbe oft; von einem .\b-
flutn de» Sees oder einem Fallen »eines Wasserspiegels
war nichts zu verspüren. l>a» Wasser stieg vielmehr
stetig, und die letzteu Inselbewohner der ulten Stadt
mulaien auch flüchten. Diese siedelten sich am nörd-
lichen Ufer des Sees, unweit der heutigen Stadt
Ostrowo, an der Stelle der einsamen Ruine der Mo-
schee au und gaben diesem Orte den neuen Namen
(welcher, wie wir olien gesehen haben, »eine Ab-
leitung vom slawischen Worte Insel hat). Aber aueb
dieser neue Ort sollte von der verheerenden Gewalt de»
NS'asaer» nicht verschont bleiben. Wieder stieg der See
und verschlang im Süden mächtige I>äuder»trecken ; Jahr
für Jahr stand das Wasser höher, hi» es vor etwa fiO
Jahren, um das Jahr lä50, »einen höchsten Stand, etwa
20 m höher als der heutige Wasserspiegel, erreichte. Die
Bewohner von 0»trowo zogen sieh diesmal auf da» »tei-
lero Gelände des Gebirgszuge» zurück.
Die Sage erzählt noch, dals der Fluch auf die alte
Stadt und deren Umgebung von einem Mädchen ansge-
sproeheu wurde, welche», von ihrem Stiefvater verführt,
sich in dem Bach, der im Thale eimuQndete, ertränkte.
Kaum butte sie den Wunsch ausgesprochen, die Stadt
möge in den Waa.'iern gerade »n verHchwindeii wie sie,
als das fürchterliche Wetter nie<lerging, »ündfliUartig«
alles verheerend.
Aus diesen Sagen geht die Vorstellung der Land-
bevölkerung über die Bewegung des Wasserspiegels des [
Ostrowosees deutlich hervor. Der See bat nach den an
den steilen Kalkfeben de» westlichen Ufers sichtbaren
Qlobas LXXXm. Nr. 14.
Uferlinien gewits 18 bis 20 m höher gestanden und ist
sonach gegenwärtig mehr oder weniger im Fallen begriffen.
Im Jahre 1894 (rat in der östlichen Einbuchtung gegen-
über der einsamen Moschee durch das Fallen des Wasser-
»piegeL eine kleine Insel hervor, die die Leute al» den
StandüH der älte.-ten Stadt bezeichnen.
ln der That fanden sich auch darauf Fundamente
von Bauwerken sowie Gräber vor, die nach alledem,
was ich gusehuu habe und in Erfahrung bringen konnte,
nicht unwahrscheinlich auf das 6. oder 7. christliche
Juhrhiiiidert zurückwei»eu. Eine lateinische Inschrift
und einige bronzene Grab»penden au» römischer Zeit
sind sichere Belege hierfür. .Auftierdem spült der Soe zu
gewi»8«n /eiten, bei Südstürmeii. mannigfache Gegen-
stände, Ziegel und sonstige keramische Fragmente an
den Strand. Zugegeben, die Bildung de» Sees »ei wirklich
auf eine Katastrophe, wie sie der voratiHguachiekten Le-
gende zu Grunde liegt, zurückzuführeu, so werfen sich
zunächst einige historisch-geographische Fragen auf. Dur
wichtige Ort (’oliae, welcher mit der Stadt Ostrowo identi-
fiziert wird*Ut ^ Kgnatia, der bedeutenden
Heeres»traf»e, die, von Dyrrachium (Durazzo) am Adria-
tischeu Meere ausgehend, nach Thessalonike und Byzanz
führte. Die heutige Staatsstrafse, die zumeist den Zügen
jener alten Strafse folgt, führt jetzt in westlicher Rich-
tung von Ostrowo auf ansteigendem Terrain durch eine
nur wenig iKideutende Senkung in der Richtung nach
Gomitachewo und Banitza, berührt also den Se« von
Ostrowo eigentlich nur am nördlichen Ufer. 1893 fand
sich indessen in der Stadt I‘Tt»cbiKu, welche südlich von
Banitza Hegt (etwa in gleicher Linie mit dem südlichen
Elude des Sees), ein MeÜeiistein einer Stadt Bokeria*'),
welcher zweifellos der Via Kgnatia, ^die nach Meüen
vermessen und durch Meilensteine bezeichnet ist“ >=*),
angebört. E.s liegt nun die Vermutung nahe, dato, nach-
dem an dem »teilen westlichen Ufer de» Ostrowosees eine
in heutiger Niveauhöbe führende Kunhtfltrafse nie be-
standen hat, und die Via Egnuiia, um, von Kdensa (Wo-
dina) kommeml, Kkschisu zu erreichen, entschieden süd-
licher verlegt werden mufs, diese Hcere»«traf»e ihren
Weg durch das damals vielleicht noch nicht überflutete
Thal des Ostrowokesstds nehmen muCste. Cellae käme
wonach au der Stelle der ehemaligen Stadt Ostrowo zu
liegen, und der l^cuR Begorrites mufs anderswo, viel-
leicht südlicher gesucht werden.
Naumann***) giabt für da» .Anschwclleu de» Sees die
Perioden 1801, 1836, 1858, 1861, 1875, 1887 an.
Die Schwankungen des Wasserspiegel» sind auch
heute nicht unbedeutend. Die Verwaltung der Kisonbahn
Saionik — Monastir registriert dieselbou »eit einer Reihe
von Jahren, und nun liegen die Beobachtungen von mehr
als acht Jahren vor, die auf der beigegebeiieu Kurven-
karte ventnsehaulicht sind. Aus diesen Aufzeichnungen
gebt hervor, daf» der im Oktol>er 1895 auf 528,47 m
Meereshöhe gestandeue See in mehr oder weniger stetig
fallender Tendenz im Januar 1900 mit 525,76 m Meeres-
höhe seinen tiefsten Staud erreichte, wa» einer Niveaii-
ditlerenz von 2,71m entspricht Dann stieg der See
wieder, und zur Zeit überaus reichlicber Niederschläge
im April und Mai 1900 .»ogar um 1,42 m, was einer
Zunahme von 109,34 Millionen Kuhikmeter entspricht
*^) Tafel, D»' via militari» Eomanorum F^uatia (par» ocei-
dentaii»), 8. 42, Tübingen 1K4I, welrber Ütrigeu» ('ellae für
gleicbbedeutend mit Aroima bäh. Vgl. Lcake. a. a. 0.. Bd. .*(.
8.S1&; Hahn, a. a. O., H.297 und Hahn, Ueise in die Oebiet«
ditf Drin und Wardar, H. 157. Wien 1847.
**> Mordtmanu, Inschriften au» Kdessa. Albeuar Mittei-
lungen 1893, 8. 419.
^•) ßtrabo, VU, 7, 4 (322).
*•) a. O.. H. 23.
28
r
21ft
Adolf Struck: Die macedonischen Seen.
(naheKit 1,8 Millionen Kulükmeter tätlich). Ini Juli
1902 erreichte der See die Cote 529,81 als höchsten
bisher ^eme^seiien Stand, 4,08 to mehr als den niedriij^sten
Stand vom Januar 1900.
Per See hat, wie wir b««reit8 ^eschen haben, keinen
sichtbartm Ablluts. Wenngleich nun eine Zunahme des
WasHergehaltes , wie die soeben genannte, durch einen
illierreichen ZiifluFs seine Krklürun^ fände, kann ein
Oleirhes für die Abnahme des VoIudihiih allein durch
1101111 : 11 « Verdunstung nicht gesagt werden, wie Nau*
mann **) auf Grund der llrückner-Siegerscben Theorie
iinnebiuen will. Ihi ein sichtbarer Abfluf« nicht vor-
handen ist , wird mau unwillkürlich auf das Vurbanden-
aein eines unterirdischen gestofsen, und die oben wieder-
gegebene Sage von der EuUtebuiig des Üstrowosees be-
stätigtin vollem Umfange diese so einfache wie natürliche
Annahme der Landlx'^völkeriing. Diese in Griechenland
überaus häufige Fj'scbeinung des iinterirdij»ch«n Ab- oder
Durchflusses wird auf der Halkanbalbiiisel mit dein grie-
chischen Worte Katawothn» bezeichnet. Kür den
Ostruwosee fragt es e<ich nur, ob und wo dieser Abfluts
vorhanden ist. Grisebach biilt das Vorhandensein vou Ka-
tawotbren für sehr uuwahrscbemlich und will dies durch
die geognostische Heschaffenheit des ’lerrains begründet
wissen**!. I>ie Verhältnisse liegen jedoch ganz anders,
als sic diosor Forscher darstellt. Das Decken des Ostro-
wofli*es wird durch einen Kurstke«sel gebildet, welclier
sich nach Süden öffnet, in der uoixlöstlichen lx:ke aber
durch einen minder hohen Rücken abgeschlossen wird.
*') a. a. 0.. 8. S4,
**) xuxafiditpu Öfter »atußtiiHtigu. Siebe auch
'l'ozcr. B. a. O.. K. 159 um! Anm. 19, S. 162, wo er auch auf
l’lrichs ^Kei^n in (»riechenlamt“, K. 223 verweist.
*'*) a. a. O., S. 154. (Iriachachs Aiisfüliriingen ober die<ieii
UegeoBtMnd sind übei-]mu|«c iu umneher Iteziehuiig als merk*
würdig zu bezeichnen. «Tettenfalls lieruliHii seine Angaben
auf wenig zuverlässigen Gewährsleuten . wenn er schreibt:
,('brigen.s Zog ich an Urt und Stelle v«.»u vei'schiedenen Hoiieu
Erkundigungen ein, ob uicht die Sage, de« Volkes oiuige Auf-
sctilüs«« über etwaige ginloglsche .Änderungen l■nthaltvn
mellte. Daf« die Urfifso d**s Si-e« »ich «eit Mrnscliendenkou
verändert tiahe. wunie enlachiedeu vemeiut(t), und indem
iiinn ausdrücklich versicherie. dm« der See niemals einen Ab-
diifs geliabt haU*. «■» glaubte man doch, vielleicht aus ihn-
lieben Verliältnisseu die Notwendigkeit einer Verbindung
aller (tHWäso-r mit dem 3i»evi’ folgernd, daf« ein unterirdi-
«rher Zu*.’uiiinu»h:ing mit dem See von Tiavo, hier Nissia
geiiHunl, vorhanden sei."
Der Gebirgszug im Norden und Westen liesteht haupt-
Häcblich auK hekuiidfirem Kalk. Am Fufse des Dermion-
gebirge« zieht sieh in einem Bugen, von Karaferia aus-
gehend, über Kiuusia und Wodciia nach Gramatik eine
kontinuierliche Lagerung des in Mneedonieu überaus
häufigen Kttlktuffen lüiiilber, iui Süden de« Sees besteht
dieses Gebirge aua Dolomitahlagemngen. Südlich vom
See, gen Kastoria zu. besteht da.s Terrain aus alluvialem
Boden; an den Abhängen de» »udweRtJichtm Seeufer*»
kommen weifser Kalkmergel und Kungiomeratbildungen
vor, wie denn auch Wechaellagerungen von Thon- uud
Talkschiefcrn mit Serpentiu, sowie iu Säuren aufbraii-
Kende Schiefer an diesen südlichen Ufern festgestellt
werden konnten.
Der achmnle Kücken, der das Ostrowobocken von dt»r
■ Kbene von \ladowo trennt, beKteht fast ausschlietslich
I aus kalkhaltigen Bildungen, als klRselbaltigem Kalk,
I „Wechsellagcningeii von dichten und körnigvm gmu-
I bläulichen Kalken mit Kchwärzlichen oder bräuulicheu
I kalkbaltigimThoneti, welche an gewisse Nummulitenmergel
erinnern“ **). l>io8eDeM,*liaBen-
heit des Bodens begünstigt,
wie zahlreiche Beispiele auf
der Balkaiihalhin^el dartbun,
den U}it4>rirdi»chen .\bfluf» der
Gewässer des Ostrowosees*’’).
Zwischen dem Presbu- und
(IstrowosoH führt iu fast ge-
rader Linie von dem bedeu-
tenden Gipfel des Vitsch zum
Peristcri die Wasserscheide für
die Gewässer, welche nach
Westen in das .Ädriatisebe
Meer, nach Osten in dos Ägäi-
sche Meer abflietHm.
Bis zu jenem als Stara
Neretsebka Planima bekannten
Höbenziigü bat das Terrain
eine stetige Steigung. Die
Schichtung der Gesteine ist
eine äutserst mannigfaltige
und läfst auf Grund der nur
geringen Beoltachtungeu einen
Sehluf« auf geologische Um-
wälzungen dieses Gebieta» nicht zu. Jedeiifali» läfst sich
heute schon festKtellen, daf» die einzelnen Gebirgsstdeke
in ihren Gliederungen durchgehende Formationen aufzn-
weisen haben, und dasselbe gilt auch für die den Ostrowo-
»ee einschlietseiiden Höbeuzüge. Nachdem für den Ab-
fluf» dieses Sees die Kichtung nach Westen und Norden
uu«ge»ch)(«sen erscheint, die Alluvialverhältnisse de» süd-
lichen ThaloM die Möglichkeit unterirdischer Abflässe
sehr unwahr«cheinlich erxcheiiien ia.ssen , m> käme nur
noch das östliche Gelände in Betracht, und vou dteseui
nur der schmale Sattelrücken, der sich zwischen Ostn>wo
und Vla«low«: hinzieht. Der hier aus dem FoUen stark
hervor({uellende Nissiafluts Wodena-su [auch kurzweg
oda genannt]**) wird von der Landbevölkerung als der
.\bflufH dos Ostrowosees betrachtet, und die Beobachtungen
an der Niaoia bestätigen in derThat., dafs ihre tiewässer
nicht ohne Zusainmeuhang mit der Wassermenge jenes
See» »ein können.
”) Ami Ikme. B<i. 1. 8. 178.
*') Tuma T. Waldkampf, a. a. 0-, H. l|6, «prichl »ich auch
für diese Müglichkuit aus und zuletzt K. Oe»tr«ich, a. h. 0..
8. 1 49. wählend ('vijii- hestimnit »chreUu. a. a. O., 8, 44 : , Diwer
(Petmko-Jezero) und der See vonUstrowo Üiersen unterirtlisch
ab"*, ebenso iiestinuijt Th. Fischer, a- a. t)., 8. 119.
••) 0. Weigand. Ylacbo-Mogleu. 8.12, Leipzig 1892, nennt
ihn den ,Krenm", mit welclu-m Recht, entgeht mir.
Digilized by Googk
Pie New Yorker Judon.
219
Pie Nbeia, die ihren Knmen vom nord westlich von
Wludowa jrelegcuen Porfe Niesia hat, wird hier fast »««-
echlieUlich aus nur zwei Quellen gespeist, welche ober-
halb des Ilurfes aus dom Fttlseu krifüg hervorkuu''
men, es sind dies die Quellen ('ladenetz und Tri-buki
(drei Buchen). Kitt weiterer Znfluts liegt oberhalb
Gugowo in einem Tlialeinscfanitt und heit-Ht Karadfaa;
diese beständig HiePeuden Quelleu werden vem der
I^andbevölkoruug als der Abflufs des Ostrowosees be-
zeichnet.
Auf einer Fahrt durch das Thal „Iterwend“, welchei»
von Ostrowo in der Richtung nach Wludowa verläuft,
fiel mir eine Mulde auf, die bich längs der Bahn dahln-
zieht (von km 132,400 bi» 126,200), dann aber rechts
abweicht und in der Richt ung nach Gugowo durch einen
Thalembchnitt die Niederung von Nissia gewinnt. Ich
hntta den Kindruck eines ehemaligen Huchbettes. l)af»
die Idente beute selbst an ähnliche Verhältnisse denken,
geht daraus hervor, dafs ein kleiner Wassertfinijiel iin- ,
weit de» Habukilumeiers 129 Giölbascb genannt wird,
d. h. Seekopf oder See-Anfang, und dafs sie die .\ubdebnung
des Soes bi» hierher verlegen, wo etwa die Wasserscheide
liegt. KnUprüchen diese Verhältnisse der Wirklicbkoit, I
HO batte der See bei hohem Wasserstaude einen Abflufs
durch das bezeichnete Flufsbett in der Richtung nach
Ougown, und es mag der ehemalige oWrirdische AbButs
über dem heutigen unterirdischen gelegen haben. Über
die mutmafblicben geologischen l'mwälzungen schiiefsen
eich hieran weiter unten nähere Au.^fübrungen.
Kill See von Tcchowo, der durch da» Porf Telowo ab-
Biclst von kreisfurmigein, kruterühulicbem (?) Aussehen,
wie auch ein solcher von Tiuwo =*') bestehen überhaupt
nicht. Ich zweifle nicht, dat» mit diesen Bezeiolinuugen
der Ntasiusee gemeint ist, doch ist in dieser Gegend nur
der Name Bladu (d. h. Sumpf) üblich, der uDerding« aus
einigen schrumnnigfHltiggefurmUui ofteiien Wasserflächen
besteht (.». Kartenskizze), l'ci llochwas.ser jedoch die ganz«
Niederung zwischen Gugowo uutl Nissia umfafst. Über
den Sumpf läfst sich nicht viel wagen *■'). Pie Fibchcrei
ist nur gering und trügt keine Pacht. Krabben und
KrebbO scheinen das Hauptertr&gnis zu bieten.
a. «. O., S. 1*22.
*■> Vii|uc>uel, .lournal «l'un voyage dan< la Tunpiie d'Ku-
rope. de La »(»ciete gi'nlogiiiue de Fruue«, «Tie 2,
vol. 1. p. 2?i4. Pari» 184ä. Prise1»acli. a. n. IL, K. 104.
**> Kioige» über «Uesen See bei (.(ewtreich, 8. L&2.
Dl« New Yorker Juden. I
New York ist diejenig«* 8tadt der Krde, in welcher die
ineisten auf einem Flecke zusanimengedratigteii Juden leben. .
xumoiat solche, die iti den letzten Jahrzehnten aus Osteuropa
HUswandiTten oder vertrielM>n wurden und dort eine neu«
Heimat fanden. Ks ist von itolani;. zu untersuchen, wi« auf '
diese rusfliachen, rumänischen und iMilniiThen Juden, die meist ,
sehr Htronggläubig sind, ilaw jüdisch -deutsche Kauderwelsch
reden, die n«u«*n Yerhäliniase in vielen Beziehungan «‘ingewirkt ■
haben. W«nn wir den nicht ganz tendenzfreien . aber sorg-
fültigtMi 8(‘hrifteii das Pr Maurice Fishberg fedgen. j
dann müsRmi schon einige Jahrzehnte weweuUiehe iGnlerungen j
der osteuropäischen Juden auf umerikanischem Boden in
sozialer und anthro|Mdogis«’her Beziehung l>ew|rkt haben').
Pi« ärmste und am dichtesten zusanimcngedriingt«* B«vi>|-
kerung der Riesenstadt New York wohnt auf der Ostfwite,
sitdlich von der vicrzohnt«m Stmfsa und Östlich vrm der
Bowery. l'uter den Hundurtiausenden von .\rmen nehmen
die aus Kufsland, Puhm, (iaiizien, Humänien und t'ngani
eirigewaiidcrt'-n Juden bei weitem den grüfsten Teil ein, und
unter ihnen haben Philanthropen, mit dem BanitätHwosen
betraute .(rzte, Statistiker uml die Wohlthitigkeitsjiiistalten
«in reiches Feld ihrer Tbätigkeit gefunden. Auf deren
ArtMfiten und langjährig« eigene Rrfuhrungen gestfitzt, bat
Pr Fishberg mdiie rntersuchungen aufgebaut, die in den
angeführten Hchrifien niedergelegt sind.
Nicht unliegründet ist di« lh>ffiiung Fisbl»ergH, dafs au»
der physisch traurigen Has»e. welch« die eingewanderten
Juden darstellen, mit der Zeit »Ich unter neuen Verhältnissen
eine gesunder« entwickeln werde. Jetzt allerdings sind diese
Juden da» klvinsl« Volk in den Vereinigten Htaatcn, .ung^'fähr
von der gleichen (irOlk« wie ein atnerikanischer Jüngling
v«jn 15 bis Ifl Jahren*. Hieran sei »her nicht die Raaaeti*
unlagv, solidem di« durch («cuvration«*n fortgesetzte «rlibThte
Krnährung schuld, denn wo der Jude in bi»sere wwiale Ver-
hultniase versetzt wenl<*< eutwickelu er »ich auch körperlich
kräftiger und wcnle gr.>f>er. Kicher ist die von Fishtairg
festgestvlliQ Kngbriistigkeit der Juden; dar Durchschnitt
ergab, daf» «ler Brustumfang geringer als di« hall« Körp**«-
grof»« Inö ihnen ist, während bei normalen Mentchen der Brust-
umfang die halbe Körperbuho filH*r<«t«jlgen muf». Das all«»
al«r führt Dr. Fishberg auf die frühere elende Lage der
Juden, auf ihre geringe körperliche und vorherrscbeml
geistige .Arbeit zurück. Aber trotzdem di« Ju«l«n dar New
Yorker Oxtseitv physiscli genommen hint«T den anderen
Völkern und Ra»»cn der Stadt zurück»l«hcn. sind sie in |ialho*
') Msurirr Fishberg, The rclutive iiifr«^iueocy of tuUTCU-
losi* srooog Jetrs (.Ainerii:sn Medkioe, 2. Nov. 1901). — Physir»!
Anthropoltfgy of the Je»». 1 The t*-jiUulk iinic* |Anieri«an .Ajithn»-
|in|ogi»t, Tol. 4. Ukt<*b. 1902t. — llenitli »nd .''ninlatioa .*f ibe
Jewish popülalieu of New York (The 5leiK>r»h, Aug. 1902).
logischer B<‘zi«‘hung keineswegs minderwertig, im Gegenteil,
»I« MlHTtrefTi‘11 in Bezug auf i,anglebigkeit di« übrigen.
Pie soziale Lag« der New Yorker Juden ist allerdings
noch eine recht traurige, ja crbürmlichc. Ko «idir «r »ich
auch leicht akkliiuatisiert um! schnull einer neuen rmgubuiig
anpafst. eine frutinii- Spmehe »ich zu eigen macht und daliei
doch «in «ebtes Kind seines V(dk«n bleibt, kommt der Jude
doch erst zum Gedeihen, wenn er, au» dem Klend sich her-
uusarbeitend. zu Golde gelangt. l.'nd zunächst ist sein Pnseiu
im Osten New Yorks, in den gewaltigen Mietskasernen
(U'iienient hnuse«) kein iN'iicidenswurtu.». Im 7., lu., 11. und
i:i. IHstrikte. diu di« am dicht*‘sten Itevölkerten der Riesen-
Ht4oh sind, haua«n auch dl« Jinlen am dit-biestun. Iin 10.
Distrikt kommen 7o0 Menschen, im 13. 000 auf den Morgen
T.iuid«9i; dort sind diu Häu-rr so ölA-rföllt wi« kaum in einer
zweiten Stadt «ler Krd«*. K» fehlt an Luft . Tiicht und Vmi-
tikatiou; die Idchtw-häidtle diesi-r HAumt »nd eigentlich nur
weit« Röhren , in di« iimn allen Abfall hinabwirft . und di«
in die tiefer lit'genden Wohnungen kaum noch Licht gelangen
lassen.
Ks ist ja oft als eine rätselhaft« Kr«chcinuiig iMdrachtet
Worden, dafs die Juden, di« so viele religiös« Vorschriften
in Bezug auf das Waschen, dl« Hygiene ii. s. w. besitz«!!,
doch, u'enigsteu» in den poiniM'heii Gegenden, als «in un«au-
beres Volk gellen. I>ie Kage vom fuctor judaicus ist l>okannt.
Pr. Fishberg Mgt nun; .Pitt persönliche Reinlichkeit der
ru<>si«cVien Juden steht w«lt über dem Purchschnilte der
Strolchlievölkeruug* (Ost -New Yorks), und daliei vern'eist er
auf die rituellen V'orschriften. So arm die New Yorker
Juden auch sind. m> vcr»|Mds«n sie doch nur das toure
koscher« Fleisch, da» rituel) vorgeschrieben i»t; nur «eitMi
M>h« man unter ihnen Ikttrunkene, Ha «i« d«u The« lorzögon.
rigan*tt«ii rauchen sie leidoiiachaftlich-
In Bezug auf Mortalität siillvn di« eingewnixlerten Juden
in New York di« allcrgünstigsten Vei'hältniss« zeigen, trotz
ihrer jHinmerlich«n Wohnungen und grur<on Armut. Piu
Pistrikt«. w<i sic wohnen, weisen die geringste Bterblichkeit
auf. <lic höi'liHt« herrscht bei d«n unter gleichen Verliiili-
nhsen leitenden Italienern, Irländern und Tscheeh^u. In
den wesentlich von Juden l>ewohiiien Pjxtriktcn (7. 10,
11 und 13) lietrug die Tolenzifler auf je IMOu im Jahn*
1H99: bezw-, 18, H: 14,23; 16, 7H: 14,52, wahreml der Piirch-
schnitt für di« ganz« Stadt New York 1H,:>3 b«tnig.
.Vui'li ili« Kindersterblichkeit i«t unter il«n Juden die ge-
ringste. Pie Statistik*) «rgiebt da -6,67 auf UKtO beiden Juden,
wühreiid sie l>ei di*n T»chwh«n 6g, 57. Wi lU-n Italimierii
76,41 iH'trug. Pie Langlebigkeit der Juden, au>di Imi den^n,
die in Fun>(>a iu tniurigeu ViThülinis^ui exilierten, ist
bekannt. Fishberg will ilas durch da» Wandern und di«
dadim'h erfolgte .Akklimatisiition de« Stammes erklären, fenier
durch die (Mmng der Juden im Kampf« gegen alle möglichen
foindlichen Kintldss« u. ». w. -klier die ganzo l^eidetui-
*) P. John S. llilliags, Tbe vilul »tatisth» ot’ Ne» i«rk.
r
1
220
Dr. li. Rötimejer: Die Nilgaleweddee in Ceylon.
geschieht« und die Kämpfe, die das Volk durch die Jahr'
hundert« xu beittehen hatte, drörkten ihm wieder den Stempel
einer hochgradigen Kervontät auf. Keurnathenie und Hyalerie
sind uDgewöbnltch häutig bei den Juden und so auch bei
denen New Yorks, de*gb-icheu Geisteskrankheiten, die ja
schon im alten Teetament eine Kidle spielen, ln New York
ist die Zahl der geisteskmiiken Juden relativ lumd^iens
doppelt so grofs als die anderer Völker, l'nd das ist viel,
denn die Juden machen 20* # der New Yorker Bevölkerung
aus. Ferner ist die Diabetes unter den New Yorker Juden
relativ ittärker als unter der übrigen Bevölkerung vertreten
und die Zunahme der 8elb«tmr>rde unter den Juden ist »ehr
bemerkbar. Dagegen sollen die Juden gegen ^iele Ansteckiinga-
krank beiten sich als ziemlich immun erweisen, und Dr. Fishlterg
verweist hier namentlich auf die Kchwindsucht, worüber er
eine bewuidcrc Abhandlung schrieb.
Die Niigalaweddas in Ceylon.
Von Dr. L. R&tiuioyer. Buscl.
II.
Nachdem ich verauebt habe, auf die eigooon, aller-
dings hei der Kürze der Zeit sehr lUckeubaften Beob-
achtungen gestützt, in der eingangs angedeuteten Weise
einen möglichst getreuen ^Status praosens^ der einzelueti
Clans zu gelten, möge scbliefslicb noch, auf diesen ge-
gründet , aber mit Benutzung von Daten aus der zahl-
reichen yDrliegouden l^itteratur» ein allerdings auch nicht
ToUständiges ethnographisch ‘anthropologisches (ieaauit*
hild der heutigen Weildan des Nilgaludistriktes skizziert
werden, in welches einige wenige neue Beobuebtuugen
einzureihen wären.
Die (reHamtzahl der Niigalaweddas ist jedenfalls, wie
die der Weddna im allgemomcn, eine sehr geringe, an
Zahl stetig abnebinende. Im Sara-Mnschen Werke
wurden laut Censns von 1881 iui ganzen 2228 Weddas
angeführt, eine Zahl, welche, wie diese Autoren anführen,
durchaus nicht auf Genauigkeit Anspruch machen kann.
Davon waren etwa 800 Küstenweddas. Iler ('ensus von
1891 giebt die (iesamtzahi auf 1229 an, derjenige von
19Ü0') sogar nur 1000. Diene Zahlen Iwweisen , wenn
sie absolut auch kaum zuverlässig sind, jedenfalls ein
rasches Zurückgehen der Weddnbevölkerung.
Der Distrikt von Wellasse, wozu die Nilgalagegend
gehört, zählte nach Sarasin 130 Weddas, der Kilgala-
bezirk allein nach einer Notiz von Desohniups"). der
sieh auf die Statiatik von Baiiey aus dem .fahre 1863
stützt, 72.
Unsere drei Weddagrup|H>n, die dem engeren Bezirk
von Nilgiila angeboren , würden folgende Zahlen auf-
weisen :
Männer
Frauen
Kinder
Damgala
7
•1
4
Kolaoggala
.3
3
5
Hemiebedda
I'i
3
10
Zuaammeii
n '
IS 1
19
Also 56 Seelen. Ob nun diese Zahlen, di« wir durch
Befragen der Singhalesen, die die Weddas geholt und der
betreffenden ^Sprecher** dieser ('lans herauszubringen
suchten, einigermufsen genau sind, steht freilicli dahin.
Immerhin würden auch sie auf eine Abnahme der Wedda-
hevölkeruog dieses Distriktes hinweiseu.
Was die körperliche (fesamtcrschGiming der Nilgala-
wed<las anbelangt, so ist das Nötige schon bei den ein-
zelnen Gruppen gesagt worden, und es kann hier, du wir
•) I. c., p. 79.
’) Kauuel et t'atalogue ofllciels de la Kection d« t'eyl^u.
Exposition de Par» 1900.
*) Desebamps, Les Weddas de Ceylazi et L'Anthropo-
logie 1891, p. 305.
keine eigentlichen anthropologischen Untersuchungen
machten, nichts beigefügt werden. £s mag nur noch
einmal wiederholt werden, dafs diese Menschen auf mich
einen nichts weniger als ahstofseuden Kindruck mHcbteu,
dafs besonders die Haltung der jungen Männer und
Knaben eine eigentlich schöne war und man auch an-
gesichts ihrer kräftig entwickelten Muskulatur, der guten
Krtiährung und der durchaus normalen Muskelkraft der
Männer nichts weniger als Anlafa hat, von solchen Men-
schen ul» von Kümmerformen zu reden, l!« möge noch be-
merkt weiden, duD die für mich so auffnllendu merk-
wünlige Geschmeidigkeit, ja Kleganz der Bewegungen
lieim lebenden Wedda durchaus der gruTseii Zartheit und
Leichtigkeit der Knochen des Skelettes entspricht, wie
solche schon von den Herren Sarasin hervorgohoben wird
und wie sie aoeh in der Zoologie den Wildformen gegen-
über den domizilierten zukoiiimt.
Von diesem körfierlieh guten Aussehen machten hueb-
steni» die älteren Männer der Kolanggaluweddm» eiulger-
ninfsen eine Ausnahme, indem, wie oben erwähnt, ein
gewisses Koibonpoint ihre Figur nicht gerade verschönte.
Die Haut war bei aUeo, die ich gesehen, durchaus ge-
sund uud verdächtige Schuppenausscbläge , wie sie
Schmidt^) l>ei den Dorfweddus von Bintenne zahlreich
sah, wo sie die Haut der Hände uud Fülsn, stellenweise
auch der Beine und des Rumpfes überzogen, kamen mir
nirgends zu Gesicht.
Kin MiD.tumor war bei 1 7 darauf unterauebten
Weddas nur bei zwei Mäniioni zu konstatieren und zwar
mäfsigeo Grades, während Schmidt bei einigen Knaben
I in Bintenne kindskopfgrofse Milztumoren fand. Von an-
I clereu pathologischen Krscheiiiungeu war mir noch bei
! einem älteren Manne ein mäfsiges Kmphysem. bei einem
Knaben ausgesprochene Anämie auffullend. Da Schmidt,
wie er angiebt, sowohl in Bintenne wie Nilgala lediglich
Dorfweddas zur ('uteniuchung vor sich hatte, bei den
imsrigen aber jedenfalls die Danigalaweddaa, wahrschein-
lich auch die anderen wenigstens zeitweise nicht in
Siedelungen leben, so ist vielleicht der Schlufs gestattet,
dafs die im Freien dem ursprünglichen Zustande mehr
Hiigeiiäbert lebenden Naturweddas gesünder bezw. resi-
stenter für Sobädiiehkeiten sind als die Dorfweddas.
Als häuhgo Krunkheittm wurden mir genannt Fieber
I und Hautkrankheiten. Von Sarasin werden noch als
j häufige Krankheiten angeführt Dysenterie und Haut-
i kraokheiten, welch letztere also auch von Schmidt in
; Bintenne konstatiert wurden. Medizinische Kenntnisse
' sind, was die verschiedenen Autoren, sowie auch die von
mir gestellten Fragen bestätigen, keine vorhanden. Wenn
jemand krauk ist, wiu-tcu sie ab, bis er gesuud wird oder
stirbt. .Als etwaiges thera|»eutiKches Hülfsmittel wird
höchstcüs der Tanz genannt. Was von einigen Autoren
I. c., p. 34.
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Dr. L. Rfitimeyer: Die Nilgaleweddae io Ceylon.
221
TOD pigentlichen Behnndhrngsmüthoden angegeben wird,
ürt woW Kinflitfs der Kultur der Indier.
Über die VerhMtni.sse bei der Geburt und apezieil
l>eim GeburtHakte sind die Angaben noch apftrlich;
Deachampa’*^) erwähnt, dnle die Frauen der Wmldaa
nie in dun Höttun gebirun, Hondurn an einem ruhigen
Grt im ^VaIde, etwa durch i^weige vor unlH>rufunen
Blicken geaohützt. Über den GuburUukt, d. h. die Stol«
luog bei der Geburt, finde ich in der Litteratur nicbiin er*
w&hnt, weahnlb auf die oben gegebene Beacbreilmng der-
selben bei den Danigala und Hennebedd» iiorb einmal
bingewieaen werden mag. Der Geburb<akt erfolgt alao
bei den Danigala halb liegend, halb sitzend in Rücken-
lage, bei den Hennel>edda kauernd, die Nabelschnur wird
bei den erstcren mit einer Rastgchnur abgcbunden , bei
den letzteren mit dem Pfeil durchacbnittun. Die Frau
wandert bei den enteren nach gcscbebeneni Akt weiter,
bei den letzteren bleibt sie Heche Tage liegen. IHe
Säugling der Kinder geschieht etwa ein Jnbr, während
Deachampi vier bia aecha Monate aiigiebt.
iHeae Verschiedenheiten lietni Gelmrtaakte bei zwei
Clans, die relativ doch so nahe l>oi einander wuhnen,
kann »ehr verwunderlich erscheiuen. Sie bict4Mi wühl
uine llluitratiou zu der von den Autoren erwähnten
Thataache, dnfs von jeher die eiuzelnou Gruppen der
Weddaa voneinander durchaun unabhängig in grofser
Isoliertheit lebten. Auch die Herren Sarasin**) gehen
an, dafa sie für die Sprache die merkwfinlige Wiihrneh-
mnng machten, dafa die Weddaa des einen Diatrikte» die
Beseicliniingen für die gewöhuUcfaaten (tegmiatände, wie
.\xt, Bogen und Pfeil, wie sie bei einer nahen Sinlelung,
kaum fünf \Vugestuiideu entfernt, gebräuchlich waren,
nicht verstanden. So ist es denkbar, dats auch für Ge-
burt und „Wochenbett“ bei sonst nahe bei einander
wohnenden kleinen Gruppen seit alten Zeiten immer
fortgeerbte eigene, von der Nachbargruppe ganz ver-
schiedene Gebräuche sich erhalten hal»en.
Die Fruchtbarkeit der Frauun ist für unsere Natui-
weddas grofs, indem laut bestimmter Angabe eine Frau
bis acht Kinder hat, auch bei Sa ras in sehen wir diese
Angabe der Fruchtbarkeit bestätigt, Schmidt hingegen
erwähnt bei seinen Dorfweddas, dafs die Durchsebnitta- |
zahl <ler Geburten zwei bis drei sei in einer Familie. |
Zweifellos sehr grofs und überall erwähnt ist die Kinder- I
Sterblichkeit, und im starken Üborwiegeu der Tmlesfälle |
bei Kindern über die Geburten haben wir zwoifellus den
Hauptgrund der starken Verininderung der Weddus zu
suchen.
Über das Kapitel Wohnung ist dem oben Krwfthn-
ten wenig mehr beizufügen. Wir hatten den Kindruck,
dafs die Danigala echte, urHjtrüngliche Natur- oder
Folsenweddas seien, und dafs die Clans von Heuuebedda
und Kulonggala zur Zeit auch nicht in den von Singba-
leseu erbauten und 1890 von den Herren Sarasiu be-
suchten Ansiedelungen wohnen, sondern wieder nach
alter Väter Sitte wandern, wobei sie gelegentlich unter
überbftngenden Felsen (Galges) oder unter den rasch
errichteten Schirmdichem, wie die Henuebeddas um ein
solches in kürzester Zeit kuiiKtrutorten, übernachten oder
wohnen.
Jedenfall» ging aus unseren Fragen bestimmt hervor,
dafs diese Wedda;« nicht im stände sind, eine Hütte in
singbalesiscber Art zu erbauen. Wir hatten den ent-
schiedenen Kindruek, dafs zur Zeit eine rückläufige Ten-
denz vom Ijeben in der Siedelung, welches ja den Wed-
dae mir von aufsen aufgenniigt war, zum ursprünglichen
'*) Deschamps, Carnet d'un voyagvur en (»ays de«
Weddas 180‘i. p. 382.
") 1. c., p. 570.
Leben im Walde vorhanden sei, was ja vom ethnographi-
schen Standpunkte aus sehr zu begrütsen wäre.
Gesehen hat allerdings auf dem Danignla^tocke in
den letzten zehn Jahren niemand diese Weddas in ihrun
Hohlen wohnen, da ein Be-'^uch dort nach wiederholter
Versicherung de» Widane gefährlich wäre. K« stellt
eben jener Bergsbick und wohl noch einige andere den
letzten Horst von in ursprünglichen Verhältnissen leben-
den Weddas dar. Doch wurden sie zweifellos noch in
Höhlen lebend lieubaclitet, so in einem Berichte von
Stevens**) au» dem Jahre 1886, der längere Zeit als
ibresgleinheu unter ihnen lebte und in ihren Höhlen
Bcblief. Auch berichtete den Herren Sarasin 1885 der
Ingenieur Holland, er halie Wodda» in Höhlen lebend
augetrofien.
Jene von Snrasin genau beschriebene Primitiv-
hütte der Naturweddas, die übrigen», wie diese Autoren
erinnern, schon bei Kuox*^) im 17. Jahrhundert in
einem Bilde skizziert ut, auch Le Mesurier*^) in sei-
nem Berichte des Anonymus von 1820 erwähnt sie,
stellt wohl mit ihrem einseitigen schrägen Dache einen
Windschirui dar, indem sie vor allem eine Seitondeckung
bietet Solche Wiudsebirtne kommen auch bei anderen
niederen Stämmen vor, so bei den Negritoa der Philip-
pinen, doch hier schon etwas komplizierter gebaut, bei
australischen Stämmen u. s. w.
Die vor unseren .\ugen errichtet« Primitivhütte war
übrigens noch einfacher als die bei Sarasin abgebildete,
indem die Kreuzstangen, welche die obere Horinzontal-
staiigr (Dachfirst) dort tragen helfen, Imi uns fehlten
resp. uiitiöUg waren, da die h^kpfeiler des .'»chirmes in
den Bodeu gesteckt werden konnten, was dort auf dom
Gneisfels nicht möglich war.
Wir dürfen in die.ser Primitivhütte und Ähnlichen
Windschirmen mit Schurtz***) wohl zweifellos „den
ersten Keim einer künstlichen Behansung“, die wirkliche
Urbütte des Menschen sehen, also ein ganz ungewöhnlich
ehrwürdiges Stück weddaischur, überhaupt munschlicher
Krgologie, welches mit den ebenfalls heute noch h«-
wuhnten Felshöhlen seine Parallele wohl nur in der
ältesten Prähistorie findet.
Über die Körperbedeckung ist das Nötige schon
oben gesagt. Etwa» Neues ist jenem schon Bekannten
nicht zuzufögi'u. I>er früher von manchen Beobachtern,
z. B. Le Mesurier'*), bei dun Naturweddas geschilderte
Hüftrork aus Blättern und Zweigen scheint für gewöhn-
lich allerdings ziemlich abgekominen zu sein. Immerhin
wurde er auf Verlangen, wie auch bei Sarasin '■*), sofort
bergestelli. Bei letzteren wird darauf hingewiesen, dafs
derselbe in gewisser Beziehung eine Art Zeremonienkleid,
auchTauzkleid, also einen Schmuck darzusiellon scheine.
Zur Klärung der Frage, wann derselbe als Schmuck und
wann als Kleidung zu dienen habu, kann leider dieser
Bericht nichts beitragen.
Was übrigens den mit der Kleidung so eng im Zu-
»aronimeubnng stehenden Schmuck nnhelangt, so hatten
weder Männer, noch Frauen, noch Knallen bei den von
uns gesuhunuQ Nilgalawoddas irgend welchen Schmuck,
ein bei niederen Naturvölkern sehr ungewöbnlicbcs Vor-
kommnis, welches uns auch wieder beweist, dafs wir es
hier mit von kulturindixchen FJuflüsscn sehr wenig be-
") Hteven», AmoogtC the Veddas. Journal uf the Koyal
Miatic ttuciety (Cevlon Branch). Prureedings 1886, p. CB.
1. c.. p. 382 ff.
Philalethes, The Hitiory of Ceylon 1817, p. 122.
Le Mesurier, Tlie Veddas of Ceylon. Journal t»f the
Ceylon Brunch of theBoyal asiatic Stwiely 1885/1886, p. S31*.
'*) Behurtx, rrgeachicht« der Kultur, 1900, H. 420ff.
") 1. c.. p. 34.H.
'•) c., p. 387.
Digilizcrd I , ÜOGglt
222
Dr. 1*. Rittimeyer: T)ie Nilgala veHdas in Ceylon.
rührlon NstnrwetUUß zu thun haben. Aurh Virchow '*)
uiiumt auf OriiDd der Litteratur an, dal« bei den Wed-
(iaa uraprüiiglieh der Sohmuck fehlte. Auch boi Sara-
sin**) wird der Schlufü gezogen, <laf4 die Naturwedda«,
auch deren Weiler uud Kinder, ursprünglich ohne Schmuck
waren, und datn er noch heute iu seltenen FAllen fehlt.
Derselbe Ut, wo er sieb findet, vor allem auf tamili*
sehe Kinflüsse aurückziiführen und besteht dann in
Durchbohrung der ObrUpjK’hen . in welche Knöpfe,
Ringe u. s. Vf. eingeführt weMen. Oh bei uuservu Wed*
das die üficubar si'hr verbreitete Sitte des Durebhohreus
der OhrUpjH'buu, auch ohne dnfs Schmuck eingehängt
würde, zur Ausführung kam, wie das z. H. Schmidt*')
bei allen Männern seiner Nilgulaweddas in Ribile sah,
wurde leider nicht bestuiders notieii. Auch «liese Sitte
ist wohl von den Tajuilen übernommen, deren Kiuflufs
st4-h im Tragen von Schmuck. auDer Ohrgehängen auch
HaUketten, Arm* und Iteinspangen, sowie Fufsringe, sich
um SU mehr geltend iiiut'ht, je näher die Wt'ddas der
tamilischeii Ostkustc wohnen.
Auch was die Nahrung anbelaugt. so erwie-nen "ich
un.^ere Nilgalawtxldiis aU N’aturwedda'«, indem sie auch
in dieser Heziebung durebau» in den alten Verhältnissen
leben. Keiner der drei t'lan.H betreibt irgend eine Kultur
von Nührpflanzeu, einer der ilennebeddas wuf«t*> uiebt
eitimul, w'is man Bananen ifst, ein anderer verweigerte
erst. KtMs zu ussoii, du er davon sterben könnte u. s. w.
Auch Sarasin**) und Stevens**) fanden, «Ufs Natur-
weddas verweigerten oder nur mit grufHcm Mifs-
tnmen afsen, da er sie krank niacbeu könnte. IHe
Kiilturweddas imtrirlich, welche Reis pflanzen, essen den-
.»elbeu so gern wie ihre singbalesischen Xachbani.
Ka ist dies wieder eines jener merkwürdigen Ibispiele,
wie aufser<»rdent]ieh konservativ und vun der kultur-
indischen rmgebung wenig Woinflulat der Natiirwedda
ist, wenn er die gemeinste Nahrung seiner Umgebung.
Reis und Bananen, verschmäht oder nicht kennt.
Die Nahrung besteht also, wie früher, aus den oben
genannten Jagdticren . auch Fischen und den Wurzeln,
Blättern und Früchten der Waides, sowie aus Honig,
der offenbar in ihrem Haushalt eine wichtige Rolle spielt
als Vertreter der Kuhleubydratc. Dazu gesellt sich uoch,
wie bei Sarasiii**) ausgeführt. zerfuileues Holz und
da.H ('niubium de.s wilden Mangobnumes.
Was den für viele Völker für ihren giiuzen Volks-
und Körperbiiushalt ku wichtigen Salzgenufs anlwlangt,
so bestätigt unser Befund bei den llanigalaweddas, dafs
sie kein Salz hatten, die bei Saraein*'') anp'gebcne
Tbatsacbe, dafs die Naturweddas. welche sich vorzugs-
weise von Fleiscli nähren, kein Salz haben uiul es ur-
sprünglich nicht einmal kannten, während die Kultur-
ueddas solches elutauschen.
Ks ist für dietu; Naturw(>dda.s ein Glück, dafs der
Wildstand dunk guter englischer .lagdgesctze ein reich-
licher ist, zur /eit gerade in den Wäldern von Nilgala,
wie wir uns aus den nuisi-eiihaften Wüilspnrcii überzeugen
konnten, nach Aussage meiner Freunde ein jedenfalls
besserer, als dies 1?<90 der Fall war.
.Vnch die Bewaffnung ist noch durchaus die früher
übliche. Ijuhler brachte nur einer der DaiiigaiHweddas
einen jener ganz gndsen, tadollo.s gearbeiteten und sorg-
'*) Vircho», Üts-r «lie \Ve«ltlas von t’evlon und ihre Ile-
ziehuni;en zu den Nnchbarstäniiiieii. Abhandiuua der Könic
liehen Akademie der Wisnenschaften zu Berliu |sei. K. 22 .
•*) 1. c.. p. .197.
**) 1 . C-. p. IS.
•'» I. c., p. i09,
*•) l. c.. p. CLX.
*^) I. C., p. 407,
”) i. c., p. 44ä.
faltig geglätteten Bogon, wie sie wirklich unsere Be-
wunderung erregen, wenn mau bedenkt, daD sie nur mit
Axt und Hoüklinge gearbeitet sind; ich konnte da-s
schöne Stück — die fJIngc des Bogenholzes längs der
Konvexität gemessen beträgt 214 cm — nebst zwei
Pfeilen zu meiner eigenen Verw'underung leicht von ihm
für Geld erwerben. Vun der Anhänglichkeit des .Täger»
un .seine Waffe, wie diusc geschildert wird von Hillor
uud Furness*''), wobei ein Nalurwedda nabe beim Uu-
gamteich sich fast zärtlich uud ungern von seinem Bogen
irenntu, war hier nicht« zu bemerken. Der Chef der
Hennebeilduwüddas brachte im Gegensatz zu diesem
schönen Stuck einen viel kleineren Bogen von so geringer
.\rbeit mit, data wir zuerst unwillkürlich den Verdacht
hatten, deraellm sei einigermaßen den Kxport'* ge-
arbeitet für europäische Ib’Muher. IHe Weddii.'* wissen
oder krmnten wissen, daß, wenn man sie für solche Be-
sucher kommen läfst, guwöbulicU ihre Bogen gewünscht
werden, und so wäre es nicht undenkbar, daß der Alte
iu einer Art ethnographischer Notwehr zu diesem kleinen
Betrug gegriffen hätte, um seinen mühsam erarbeiteten
Bogen für «ich behalten zu können. Doch glaube ich
mich durch Vergleich mit den Weddabogen unserer Mu-
Heuiiitoiainmiuiig nachträglich überzeugt zu haben, dafs
dum nicht i«o ist, indem auch hier sich von den Herren
Sarasin gesammelte ganz Huthentische Wtaidabouen
finden von ähnlicher .\rbeit.
Bei Betrachtung der Weddawuffen ist immer wieder
Huffailund, dafs dieses in seiner Ernährung so durchaus
vom Ertrag von Pfeil und Bogen lebende Jägervolk keinen
Köcher hat. Der M'edda trägt nie mehr als zwei bis
drei ITeile bei »ich in der Hand, beim Sohiefsen werden
die Reservepfeile zwischen die Schenkel geateckt. fter
Gedanke, daß es bequemer wäre, mehr als zwei bis drei
Pfeile bei »ich zu tragen — die gewiß auch auf niederer
Stufe lebenden Zwerge des Kougowaldee führen deren
bis HO mit in ihron büboch gearl>eitoten Köchern — , i.-t
den Wedda in den etwa 2000 Jahren, seitdem wir Nach-
richten über «lieses Volk haben, m>ch nicht gekommen.
Vielleicht iHiruhl das Fehlen des Köchers auch darauf,
daß er als geübter Jäger, der mir sein N\'ild»tück Hchießen
will zu seiner Kniährung, seines Schusses sicher, nicht
mehr als zwei bis drei Pfeile braucht, ähnlich wie der
südafrikanische Bur, wenn er, um Nahrung zu schaffen.
Hilf die Jagd ausgebt, iiu Gefühl voller Sicherheit des
Schusses nur eine bia zwei Patronen miinimmt, wie mir
vun einem Afrikakenner versickert wurde.
Interessant war bei einem der Knaben der Hemu»-
beddaweddas ein Kinderßigen mit Holzpfeil. Der Bc»gen
bestand aus einuin nicht sorgfältig gegütteteu. noch mit
prominenten /weigansfttzen veraehetien .Xstslück, die
Konvexität des Bogen.s ist nicht ahgeOachl wie hei den
schönen B«)gcii der Erwachsenen. .Vm unteren Ende, wo
die der aus Bast gedrehten Sehne ohne Widerlager
ansitzt, ii^t der Bogeu etwas zugespiizt, am oberen Fjule
befindet -ich die typische, l>ei Saraoin genau analysierte
Weddaknoten-chlingung der Sehne. Das Holz de« Bogen»
ist grufsenteils schwarz bemalt.
Von Iiiten'Rse ist der bölz4>rnu Pfeil, besonders dessen
Klinge, die entschieden eine gewisse technische Gescbick-
lichkcit verrät.
[>ic Klinge ist aus weißem, mit einer peobartigen
Mh8s 4- schwarz gefärbtem Holze genau in der Form der
von den Singhale-cn l>ezogi!rien eisernen lanzettförmigen
Pfeilspitzen der erwachsenen Weddas bergestellt .\u
die Klinge iM>izt »ich hinten, wie dort ein eiserner, hier
*•; HiU«r »ml Furne«», Note» of a trip lo Un* Vcilü»»
<if l’eyloQ. p. n.S. l’hilaöclpbia, 19ort Kansum Str., 1902.
Diyi.:....„ .. OOglk.
223
MoDataknrte für den Nordetlantiiohen Ozean.
W. Krebs: Studien an der neuen
ein hölzerner. 5,2 om länger Stiel aii, der in den Mark*
kanal den Pfeil»cfaaft«^ eiiii^eeetzt und durch «iiu* Klingen*
biiidung aus kalfatertem llast l>efe^tigt i»t. IHe I^uge
der Klinge ist 7 cm, die flreite ISmut, die Länge des
Pfeiisclmftes betrügt 91 cro. Dieser hat am unteren
Knde eine Sehnenkerln* [tarallel der Fläche der Kling«*.
Als BefiudiTung sind 8 em vom nntert‘n Knde de» Schaftes
fünf Fiedern von schwarz-grünlichen, metallisch glänzen-
den Federn (wohl di« inneren Schwungfeihrrn des wilden
Pfaus) leicht .spiralig angebracht. Über der Korbe ist eine
Kerbenbindung au» Hast. derBustfadcn erreicht in weiten
Spinilen die Fiedern, btd denen er, wie da» bei Sarasin,
S. 426 beachrioben ist, in acht Spiralen die Kiele an den
Schaft hindet und endlich vorn von den Fiedern die von
den Fiederchen entbl<Vfsten Federkiele noch al» Fieder-
biüdung 13 cm weit umwickelt.
Wir haben also bis in die feinsten Details die Kopie
des Pfeiles mit Fi.scukliiige dur bewachsenen in äufserst
sorgfältiger Arbeit uusgeführt, obschon die WuH^c mit ;
ihrer stumpfen Ilolzklinge wohl meist nur als S|uelzeiig '
dient, höchstens vielleicht noch zum Töten kleinerer !
Vögel oder anderer kleiner Tiere.
Ich habe diesen Pfeil etwas genauer Iteschrioben, da
ich in der Liiterutur einen solchen nicht aufgeführt
fand und jedes einzelne authentische Stück F-rgologie
der Wedda» v«>u luteresso ist. Ob die von Schmidt**)
erwähnten stumpfeu HoIzpfcUe der Weddakiuder diesem
Modell oder den von Sarasin*’) angofilhrten uinfacheu
Holzpfeileu ohne Klinge, nur aus zuguspitzteu Schäften
bestehend, entsprechen, lätst sich, da keine nähere Be-
schreibung derselben gegeben wird, nicht ersehen. IHe
letztgenannten llolzpfeile brauchen die Weddas nach
Sarasin als Notbehelf, wenn die mit eisernen Klingen
verHehene« fehlen.
Fiue weiter« eigentümliche Waffe führte, wiu oben
achou erwähnt, der alte „Sprecher“ der Danigalaweddas,
ein dnlchartiges Messer, in einem Holzgriff steckend, wt;I*
«) 1. c., p. 34.
••) 1. 0 ., p. 4‘i8.
cbeN F«ich bei näherer Fntersuchung sofort als dieKHnge
eines der früher gebräuchlichen Klefautenpfeile auswies.
DieKHnge bat die gleiche I.anzettform wie diejenige der
gewöhnlichen kleinen Pfeile, die der dritten und vierten
Oröfse de» Sarasinschen Schemas (erste Gröfse Kliugen-
blatt über 30 cm, zweite 30 bis 20 cm, dritte 20 bis 10,
vierte unter 10 cm) angehören, mifst aber 34,5 cm I.äiige
bei 6 cm Breite, repräsentiert also eine Klinge erster (tnitse.
;\uf jeder Seite des Kiingenblnttes findet »ich un Stelle
der Mittidrippe eine kaum angedeuteto Verdickung. Aui
unteren Knde der Klinge führt ein 7 cm langer spitzer
Stiel wie bei den gewöhnlichen Pfeilklingen zur Verbin-
dung mit dem Schaft.
Die gr«>tste l>ei Saranlu lieacbriebone und in unserer
.Museumssammhing befindliche Pfeilklinge ist 26,5 cm
lang bei 3,8 cm Breite, doch finden »ich u. a. Klingen
von 80 gewaltiger Ornfse wie «liejenigo vom Danigala
angegeben l>ei Iteackamps *-'), zwei Klingen waren 28
bi» B.'Mmi laug, und Stuveu»*") aus Fnapani in Biu-
Icirne, I^nge 14 Zoll. Sie diouteu, wie erwäbut, zum
Töten de» Klofaiiton, der durch einen Schuf« hinter dein
Unken Vorderbein, wo die Haut dünn i»t, durch diese
Pfeile ins Herz getroffen werden konnte. Jetzt scheinen
dieselben aufser Gebrauch gekommen zu »ein.
Dieser Pfeil war low* in einen walzenförmigen Handgriff
von 26cm I^änge gesteckt, der au» »chwarzbraun ge-
färbtem Holz gesebiiilzt war und in Form uingcschnitte-
ner spiraliger Linien, sowie zwuier roh au»giiführter Ro-
setten ornamentiert war. Auf unsere PVage, wer (Uusen
Griff gemacht habe, wurde un» geantwortet, der Alt«
hätte ihn gemacht; e» möge dabingtuttellt sein, ob »eine
Antwort nicht so aufzufasaen int, daf» er durch Kinfügen
der Klinge in einen irgendwie erhaltenen Griff »inghule-
»iiücher Herkunft diese» „Sceptor“ »ich zurecht uiachte.
was mir plausibler verkommt als die Annahme, daf» er
selbüt den Griff gesebuitzt hätte, indem »olche ornamen-
tale Kuiistnbung bei «len Wi^dda» sonst nicht bekannt wäre.
I. c-, p. 3T3.
1. c.. p. CLil.
Studien nn der neuen Monatskarte fUr den Nord-
atlantUchen Ozean.
Die N’onlatlantischo Weuoraufwlmu der Deutschen Hee-
wart« teih« sich »eit Juni 1902 in zwei gröfsere VeröfTent-
lichungen. Die in ihr bi» dahin enthaitetion «Mitteilungen
>on nautiM'bi'm Inton^sse” ersebieneu fortan in Mimatsheften
unter dem Tit«*! .Der Pilote“. Die Hauptkarte erliielt «las
Furmat un«l die farbige Ausstattung ihror engliKch-ainori-
kanischen Muster. Die drei Dekatlenkarten über Luftdruck
und Teui|»en<tur, die zugleich mit d«T llnuptkart« auch über
ordniagnetiscbe Verbältnivw unterrichteten . wurden btd-
Itehalten. Hie erhielt«'n alM>r durch Anwendung der Merkntor-
projektion einen mehr seemännischen Zuschnitt, wurdun auch
auf den vollen, der llernusgalie vorangegangeneu Monat ein-
gerichtet. Als neue Nulienkarten traten <lazu «Isobaren und
Isothermen* und «rroreiitualhäufigkeit von Htünuen und
'Windstillen* im kommendHn Monat, beide nach langjährigen
Durchschnittswerten. Kntere war farbig auf der Vorderseite,
letztere schwarz auf der Rückseite des vergrör»ert«u Karten-
blattes HU»gefübrt. Die hier uo<'h vorhandenen I.>«^endeti be-
trafen aufser den erwäbnUm KarUm nc»ch Slrömungsverhält-
nisso. Das ganze Kart»-nblnU erhielt den Titel «Monatskarte
für den Nurdatlantischen Ozean*. In den neuen Jahrgang IMS
tritt sic mit nicht unbedeulendeu weiteren 'Vcrltesserungen ein.
Die am 22. l>czeinl«r ausgog«.d)ene Mimatskarle für Januar
1908 bringt die «Imibaron und Isothermen* mm obenfalls
auf der Rückseite. An ihre Stelle ist vom eine •*zeam*-
graphisebe Karte des östlichen Mitteliuevres getreten,
durch wulche die üauptkarte geographisch woitergefdhrt.
wird. Referent begrüfst diese Neuerung mit um so g^fserer
Genugthuung, als er selbst Gelegeubeit hatte, im verdotsenen
Sommer für sie wnzutreten. Aufser auf die Bedeutung des |
östlichen Mittelmeeres für die Schiffahrt wies ich darauf
hin, dalk die moderne ozeanogniphisclie Erforschung desselben
hanptaäehlich deutscher Arlwit unter der verbündeten Aster-
reiohischen Flagge zu danken ist, den Aufnahmen der Sidiiff«
.INda* 1M90 bi» 1»93 und «Taurus* I»94.
In die Hauptkarte ferner sind die rassatstaubfälle au
der noi'<lnfrikanischeu Westküste nach zwei Intetisithtszonen
BUfgeiiominon, el»enfnlls nicht ohne Rücksicht auf die HchifT-
fahrt. ,Da» sehr unsichtige Wetter, das sie mit sich bringen,
ist 8ch«m tnehnnai» die Frsache schwerer Kinuidnngen ge-
wesen.* Schon tMrisi (liao) nannte diesen MeiMTSteil Rahr
el niudsliui (Dunkclmeer), im Gegensatz zu Bahr el schami.
dem Mittelmevr. Resondors erwähnenswert erscheint aus
dem zugehörigen Text die Erklärung der Staubfäll« nach
den neueren HcbifTsbcs^bachiungen. Blaulifall tritt danach
meist im Januar und Februar auf (50pn>x. aller Fülle), w eil
dann ein fast rein östliches Auffriseben d«ts Passats häufiger
ist. Kr verschwindet, sobald der Passat wieder mehr nörd-
liche Komponente gewinnt. Die Richtungen dos Staubfalla
auf der Hellmanuschen Karte*), die zwischen Südsüdost und
Nord l>ei \V«^t wechseln, sind demuach hinfällig.
Als bedeutsamste Neuerscheinung der Monatskarte für
Januar 190:t möchte ich die graphisch erläuterten Aus-
führungen über Lufedruckänderungen an Bord von
KchuelldaTnpfHrn herrorheben. die auf der Räckauit« des
Kartenblaltes platz gefunden halten, ln ihrem Hchlufswort
enthalten sie eine schöne Verheifsung: «Wenn erst die Ein-
führung der so b<H|uemen Barographen auf HchifTeu all-
gemeiner gew’onlen sein wird, wird der Vergleich der gleich-
zeitigen LuDdruckkurven auf einander entgegenfahrendeii
I *) Menstsberirhtc der Kuoiglk-h PreuraiKlien Aksdeuiie der
i Wi«»enscbaüen cu Berlin 1879. S. 388, 336.
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224
H. Zur Festlegung der Grenzen Kameruns.
Scbiffen »ehr lehm-ifh win.“ Anregung orftffnet aller-
dings eine gn*f»rtige Perspektive auf maritime Krweitermig
der meteurulügischeti Furschimg. Aber schon allein da» ver*
dffentlichtc erste Barogramni vun einer Ausreira de» Hchuell*
dampfers , Kaiser Wilhelm der Urufse“, ‘itl. bis 2^. Cikt4>ber
1903, linde ich in hohem Grade lehrreich. l>ie drei au»-
gepnlgtestei) Maxima der stark bewegten Luftdruckkurve
liegen fast genau um je 4t* Stunden auseinander. In An-
betracht dor ziemlich gleichmbrsigen. zwischen 9 tmd 12 block-
w.hwankenden Geschwindigkeit des Schnellilampfer» «TW'eckt
da> den Kindruck einer Wogotilatwegung. Krkennt man die
Maxinm al» Stellen sUirkslen Abtrieb«, die Minima als Stellen
stÄrksten Auftriebs einer wogenden unteren Luft-mhicht au*),
so kann man eine Schnittlinie durch die wirkliche Wellen-
olierH&rhe graphisch konstruieren. Diese ergh-ht thatinicblich
zwei fast gleich grufse Wogen von rund je 1900 km we^t-öst-
licher Kiatrerkung, die einander ülier den Nordatlantik noch
dem über Kuropa lagernden Teile der Atmosphäre folgten. — •
Nicht ciuver.Htanden hin ich dagegeu mit der Behauptung
des Textes, das erste Minimum (»c. Depreasionl) jener W<iche
sei von dem der zweiten eingeholt worden. Die dafür an-
geführte graphische THbelle der SchiiTsbeobachtungen lAfst
auf dem Wege der »NaupUa“ am 23. Oktober unter etwa
17* w. Ur. ein Minimum von 7.'>4 imn erkennen. Der Bahn
der ersten Depremion ist «»mit uugcr.wuugvu eine seHntiindigu
Forleetzuug nach dem östlichen tluadrantcn geboten. Und
ihatsächiich Iumcu auch die morgendlichen l.uftdnickknrten
vom 25. und 27. Oktober 1902*) je ein durch Wiwlcransteigvn
getrenntes Kailcn des Luftdrucks westlich von Irland er-
kennen, das zeitlich genau dem Kintroffen der einander
folgenden l>epressionen ontapricht Aber ich stehe nicht an
zu erklären, dafs mir jene DUkuuion erst di« Augen geöffnet
hat über den zukunftsreichen Wert jener graphischen Kchiffs-
tabeücii, wie sie in dem Dekadenl>ertchte der tjeewarte seit
1. Juli 1900 enu'hienen sind*), und deren eine, 21. bis
31. Oktober 1902, von der besproi'hüuen Monatskarte in er-
gänzter Form gebracht wir«l. So verspricht die Monatskarte
auch eine gediegene Auswertung der inteniationalcn Dekaden-
berichte der Seewarte. W'ilhelni Kroba.
*) Vgl. meine AusAihrungen ia den «Aaaalen der Hjdro-
grsphie“. Hamburg 1697, 8. 253; 1900, S. 551 bie 554; 1901,
8. 262 bis 269.
*) DeaUebe Set-wartc, Täglicher Wetterberiebt, Nr. 298 bis 300.
*) DeaUrbe Seewarte, Intcr&alionaler Dekadeubericht, seit 1900.
Z«r FesÜegaitg der Grenzen Kanoniiis.
Im •Kolonialhlatt* vom 15. Januar d. J. wird das Ar-
baitsprogramm der deutsch-englischen Kommiasion mitgeteilt,
die nuutnehr di« l'nlerlagen fiir «in« KeguUeruug der Grenze
zwischen Kamerun und Nigeria uQf der Linie Yola— Tschad-
soe beschaffen »oll. Ijeitcr der detiUchcu Abteilung ist Haupt-
mann ülauning, Leiter der cugliachen der Ingenieuruberst
Jackson, «nWr Astrctnuiu Oberleutnant Manjuardseu, der mit
noch zwei anderen deutachen Offizieren einen Kursus in astro-
uomischar OrUbesUmiuuug absolviert bat. Zunächst soll di«
Puaition von Vota omiittett werden, die noch nicht sicher
bekannt ist; daun wird man di« halbkreisförmige Grenze bei
Yola triangulieren und schliefsJich die ganze Grenzzone bis
zu jeuQui 35' östlich von Kuka liegenden Punkt am Tschad-
see, der — der Annahme nach — “ mit dem 14. Längengrad
zusamincufällt und heute das Nordende der vorläuflgen, ge-
radlinig vi'rlaufeuden Grenze mit Nigeria bildet, tu Kuka
will mau, wenn möglich, diese Triangulation noch durch eine
Lungeubestitnmuug kontrollieren. Das UreuzHtQck südlich
von Yola bis zum i’rofs soll später vermcasen werden.
Da der Telegraph nicht bis Yola ndcht, so wird dessen
Länge nur absolut, d. h. nur mit Hülfe der mitgeftihrtvn
Instrumente bestimmt werden können. Kiu sonderlicher Ver-
lafs ist auf Bestimmungen di^er Art nicht, zumal di« Beob-
achter nicht Astronomen von Fach sind, eoudern oben nur «inen
.Kursus" hinter sich halicn. Alwr auf liesondurc Genauigkeit
in der Pu«itinu von Yola kommt u« nicht »o »ehr an; von
Bedctuuiig ist nur ein gutes Dreiveksnetz durch das ganze
Ureuzgebiet mit «ier fiblicbun topugraphischeo Ausfüllung,
danach läfst sieh nachher eine vernrmftige, d. h. den natür-
lichen Verhältnissen enisprechcud« Grenze leicht ziehen. Mit
dem Kivugebivt verhält cs sich genau si». Wird eiumal s|täter
mit Hülfe des Telographen die Position von Y'uia geiaau er-
mittelt, und weicht aaa Hesultat von dem Kommissionsergebuis
ab, so verschiebt sich dementsprechend die ganze Grenzlinie,
ohne dafs die.se selbst geändert zu w'erden braucht.
Im Detail halten übrigens die Kngländer schon etwas vorge-
arbeitet. Bo haben die Verhandlungen, die 19UI von Vertretom
der Verwaltung Nordnigerias mit Fadelaliah geführt wunlau,
und spätere militärische ITnternchmungen es den Engländern
ornittgllcht , einen Teil de» Grenzgebiete» früher kennen zu
lernen aU wir, und ebctiao erfahren wir aus einer im Januar-
heft des ,Geogr. Journ.“ vi-röffectlichten Kartenskizze, dafs
auch der Yola mnschtiefsende OrenzlKtgen schon 1901/1902
von dem cngli»chcn Hesidenten in Yola, Kapitän Kuxton. be-
gangen worden ist Eine bewindere Freude vt-rmftgen wir
über diese .Vorarbeit* aber nicht zu ciupluuleu. Wer sich
als erster ein strittiges Gebiet dieser Art aiizuseben vermag,
der wird mit manchen nicht unwichtigen Kinzelhuiten besser
bekannt als nachher die Kommisatonsmitglieder de« anderen
Koutrahenten und kann sich bei den späteren Grenzverhaitd-
lungen diese» o<ler jenes Htück fruchtbaren Landes, dieaet»
oder jenen wichtigen Marktplatz sichern, weil der Nachbar
nicht dieselbe Erfahrung I»e«iut. Vnser« lieben Freunde, die
Engländer, siud in »olchco Dingen ja Meister.
Wie die deutach engJinefa« Grenze »chliefslich anssehen
winl, ist nicht vun sonderlicher Bedeutung, wenn uur das
territoriale Gleichgewicht gewahrt bleibt. Wesentlich ist nur
die Frage, wem der vielgenannte Ort Dikoa. die volk- und
verkehrsreiche ehemalig« Hauptstadt Kabehs, zufäUt. Ich
hal>e Ende Juni v. J. in .Petennanns Mitteilungen* die Ver-
mutung ausge.sprochcu , dafs Dikoa nicht öatUch, »ondem
westlich der vorluuflgen Orenzlinie läge, also zu Nigeria ge-
höre, und daran die Forderung geknüjift, es möchte »c» buld
als möglich eine Foatkgung der Grenze erfolgen. Diese Fo«i-
legung wird ja nun ^wirkt, jene Vermutung aber wurde
von einer kolcmialen Korresp<mdeiiz, di« inanchnial auch vor
amtlichen Thören etwas bürt uud eine Bcibc gH'fserer Blätter
mit ihren komischen oder fragwürdigen Mitteilungen ver-
sieht, als .taktlos* und .ungeschickt* bezeichnet. Aus der-
selben Quelle stammte dann die beruhigende Nachricht, daf»
durch den deutschen ruferhändler Pr<»f. Dr. Freiherr v.
Danckelinan in T.ondoti der Grundsatz aufgestelU und mit
der euglisc^en Kolnnialregieruog vereinbart worden sei, daf»
Dikoa auf je^len Fall, möge e» liegen, wo wolle. Deutsch-
Ktiuierun erhalten Meibcn müsse- Wieder gingen einige
Wochen ins Land, und da wurde man, immer durch dieselbe
Korrespondenz, belehrt, ein solcher Grundsatz »ei nicht ver-
einbart Worden. E« wäre das auch gar nicht nötig gewesen.
AU nämlich im xMirigen Bommer .von seit«n der Geographen*
die Vermutung geäufsert worden wäre, Dikoa läge gar nicht
in der deutschen Bphäre. da hätten die dort beÄndlich«n
Hchutztruppeuuffiziere, darunter auch Oberleutnant Dominik,
jener Frage ihre besondere AuDuerksamkeit gewidmet und zu-
verlässig festgestellt, dafk Dik(^ zum dentschen Gebiet gehöre.
Natürlich ist diese Mitteilung barer Unsinn. Ich bin al»
erster auf jene Vermutung gekomuien uud Itahe sie als erster
ftusge*prr»chen; eben in jenem Artikel. Der aber konnte den
S«butzlrup|»«nofflzieren nicht bekannt nein. Aufserdem war
niemand vi»n ihnen in der Lag«, die»o Frage za U>sen; denn
dazu btKlurfte es einer s<.>rgfältigeu Längenbeitimmung. Nur
einige Breiten hat v. Bülow, wie ich höre, auf seinem Wege
von Garus der englischen Grenze entlang bis zum Tsc-hadsee
. l>uobB»chtet. Die Frage nach dor Lage Dikoa» bleibt somit
■ nach wie vor offen, und denhalb wäre e» dringend erwünscht,
i dafs die deutsche Kolonialverwaltung keinen Zweifel darülter
I läfst, dafs sie l)ik(^ unter allen l'nisiänden für sich beao-
.»pruebt. Die oben l>erührte Mitteilung im .Kolouialblatt*
vom 15. Januar sagt nur ganz allgeiueiu: Fall» der 35' öst-
lit-b Von Kuka liegend»; Punkt am Tsehadsee, wo die vor-
läufige Grenze endet., nicht mit dem Schnittpunkt de«
14. liiingeiigrade» mit dem Küdufer desTschadxee« znsammeD'
fallen Mdltu, «lipuliert da» Abkouiinon vom 15. November
1893 gewisse Aliänderi.tngeu der Grenze, weiche späteren Ver-
handlungen Vorbehalten siud.
I>ie Al^enzung Kamerun» gegen das fraDZö«i»che Gebiet
hat »ich nur auf den Süden beschränkt, und von einer Fort-
setzung der Arbeiten im Osten, die viel wichtiger wären, ist
nichts zu hören. Das ist um so mehr bedauerlich, als auch
hier unsere Nachbarn — also die Franzosen — sich das
(irenzgebiet sehr genau ansehen. Bo bat der französische
Kapitän Löder 19ül da-» ganze Granzland durchzogen und
dabei gefunden, dafs der grofse FuUteort Binder im .Enteo'
Bchnalwl* Kameruns schon südlich des 10- Rreitengrade»,
also im Fongo fran^'aiM liegt. Ulid Dominik berichtet im
.Kolonialblatt* vom 1. AugUHt v. J., dafs aich das Hultanat
Binder der deotschen Herrachaft unterworfen habel Je
länger mau sich mit der Abgrenzung Kameruns gegen Osten
hin Zeit läfst, um so gröf«er wenlcn nachher die Unzuträg-
licbkeiteo sein, die sieb aus der Unsicherheit der Verhäli-
n»Me ergehen haWn- H. Singer.
Q. Oppert: Über einen der Be^r&bnisplfttze der Aeehe Buddhas.
226
Über einen der Beg^äbnisplätze der Asche Buddhas').
Von G. Oppert. Berlin.
Seit meiner am 3. April 1897 im Globus veröffent-
lichten Mitteilung über Buddhas Geburtaort sind bedeut-
same Funde an Ort und Stelle gemacht wurden.
Wie bekannt, hatte die indische Regierung die gröfsere
H&Ifte des südlich vom llimalaya gelegenen Tarai an
Nepal wegen seiner während des indischen Aofstandes
bewiesenen Loyalit&t abgetreten, den übrigen kleineren
Teil dagegen mehreren verdienten Kurop&em zuiii .\nbau
übergeben. IHe umfangreichste und Älteste dieser Schen-
kungen, das auf engliacbero Gebiet Büdlich von der beide
Staaten trennenden Grenzlinie gelegene Birdpurgut, ge-
hurt den Familien Gibbon und Peppö.
Auf Beinern Grund und Boden grub nun im Jahre
1698 Herr William Claxton Peppd auf dem höchsten
Hügel einen tiefen Schacht, und da er bald auf eine
solide baoksteineme Gnindlage Btiefs, vermutete er, data
er es mit einem alten, glockenförmigen buddhiatischou
Stupa zu thun hatte (Abb. 1). Kr aetzte deshalb seine
Ausgrabungen eifrig fort, indem er inmitten des Stupa
im festen Mauerwerk ein 10 QuadratfoTs fassendes,
18 Fuls tiefes Loch öffnete, bis er auf eine grotse Stein-
platte stiefs. Unter dieser befand sich eine 1200 Pfund
schwere Kiste aus Sandstein, deren in vier Stücken ge-
brochener I>eckel noch fest zusammenbing und, ohne
den Inhalt der Kiste zu besch&digen, entfernt werden
konnte (.\bb. 2 und 3). In der Kiste lagen unversehrt
drei Urnen, eine steinerne Juwoluukassette, eine wunder-
schön gearbeitete, mit einem Oeckel und einem fisch-
förmigen Griff versehene Kryatallschale und Bruchstücke
von ähnlichen hölzernen Ge-
iätsen. Die vier Steiogefätae
waren aus Steatit oder Seifen-
stein und zeigten noch Spuren
von der Drehbank 4).
IHe Urnen waren gefüllt mit
Knochenüberrcsten, Staub und
feiner Asche, und mit mehreren
hundert exquisit aus Karneol,
Muschel, Ametbpt, Topas,
') Siehe Recent dUeoverieacon-
ceming ihe Buddha, by T. W.
Khys J>avids, und Dt« Echtheit
der Uuddbareliquien von Prof.
Dr. It. Pischal.
Granat, Korallen und Krystall geschnitzten kleinen Ju-
welen, sowie silbernen und goldenen Sternen, Blumen
und anderen Zieraten. Die Juwelen glänzten so hell
und klar wie am Tage, an dem
sie in die Kiste gelegt wurden,
das Silber war duff und ange-
laufen , das Gold dagegen war
noch funkelnd. Viele der klei-
neren Gegenstände besaCsen
Löcher zum Durchsieben, wozu
sich silberne Ilrabtstücke vor-
fanden. Diese Schmucksaehen
müssen von den Halsbändern
und Brustornamenten (pilan-
dhana), welche die vornehmen
Frauen jener Zeit trugen, her-
rübren.
Ks fragt sich nun, wann
und für wen diese Reliquien
niedergelegt wurden. Aufaer
der Grötse der Ziegelsteine
konnte nichts über das Alter
Aufschlof.s geben, Münzen
waren nicht vorhanden, und die auf einigen Goldstücken
befindlichen Kmbleme bieten, selbst wenn sie sich auf
Münzen vorfinden, keine feste Handhabe. Auf einer
der Steatiiurnen fand man nun folgende, aas 37 höchst
altertümlichen Buchstaben bestehende, in altem Pali
verfatste Inschrift; „Diese Stätte der Verwahrung der
Überreste Buddhas, dos Erhabenen, ist die der Säkyas,
der Brüder des Vorzüglichen, zusammen mit ihren
Schwestern und den Frauen ihrer Söhne.**
Über diesen Fund in dem Piprava Stupa hat Herr
William Claxton Peppe im Journal of tho Royal Asiatic
Society of Great Hritain and Ireland, 1898, p. 573 ff.
einen ausführlichen Bericht erstattet. Herr Prof. Rhys
Davids hat in derselben Zeitschrift (1901, 8. 397 ff.) die
fkhtbeit dieser Reliquien, die er selbst an Ort und
Stelle in Indien besucht, anerkannt, wie denn dieser Be-
richt auf seinen Angaben beruht, und die PhotographieeD
ihm von Herrn Peppe übergeben worden sind.
Die oben erwähnte Inschrift ist deshalb von grober
Bedeutnng, weil sie die älteste, im Buche der groben
Krlanguug des Nirvana (Mahaparinibbanasutta) ent-
haltene Überlieferung bestätigt. I>emgemäb war der
Körper Buddhas nach seinem Tode verbrannt, und die
Asche in acht Teile geteilt worden. Einen derselben
erhielt der König von Magndha, die übrigen sieben wur-
den an die sieben freien Stämme, von denen die Säkyas
Abb. 1 . Der 8akja Stupa mit den Ansgrabniigen des Herrn Peppe.
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326
0. Opperi: Ober einen der Begr&bnieplitte der Asche Huddhafl.
einen auamechten, YerteiU; weil sie ihre Ansprüche auf
ihre Verwandtacliatt mit Buddha begründeten und alle
zu Khren des grutaeu Toten otnc Stupa zu errichten und
eine Feier zu veranatalten übernahmen.
Da nun der Piprava Stupa, in dem Herr Pepp»* diese
▼on den Sükras deponierten Heliquien fand, nicht in der
Umgehung des alten, unfern toii Tilnuna Kot gelegenen
KapiloTaatu, sondern viel weiter südlich, auf dem l<ird>
purgut, jenseits der nepaliscben Grenze liegt, so scheint
sich hierdurch die .Vngabe zu bestätigen, dsfn die auf
die in ihrer Nachbarschaft bestehenden Freistaiileti eifer*
süchtigen Könige Tun Kusdla und Mugadha dieselben zu
vernichten bestrebten; und dafs drei Jahre vor dem Tode
Buddhas der König von Kos&Ia, Vidiidahha, in das Ge>
biet der Sükyas einfiel, Kapilavastu zerstörte und die
dem Blutbade entronnenen S&kvas vertrieb. Hierauf grün>
deten diese südlich ihrer Heimat eine neue Stadt, deren
Lage durch die neu entdeckten Grabhügel bestimmt ist.
Die Bedeutung dieser von Herrn Peppv gefundenen
Inschrift liegt in der Thatsache, dafs sie vi<d Alter ist
als die vom König .Asoka herrührenden, welche mau his>
her für die Altesten in Indien gehalten hatte. Linen Be-
weis für ihr htdies Alter zeigt die Piprava-lnschrift z. B.
durch das Fehlen aller Langezeichen hoi den Vokalen.
189.*) hatte Dr. Führer auf uvpaliMchem Gebiet un-
weit von Nigliva den Ort aufgefunden, wo Buddha ge-
boren, und wo er im alten Kapilavastu seine Jugend
verbracht batte. Asoka besuchte im 21. Jahre seiner Re-
gierung daselbst denStüpa des Konagaiimna Buddha, des
mjtbischcn VorgängerK Buddhas, und errichtete eine
Säule mit einer Pali-Iuschrift folgemluu Inhalts: „Der
Liebling der (lötter, Piyadassi, kam im 21. Jahre und
war hier andächtig. Und er errichtete eine SteinsAule,
wo Buddha, der weise SAkya, gtdtoren war. Und das
Dorf Lummini ist, weil der l''rhabene dort geboren
wurde, von dem achten Teil seiner Krtragssteiier IxTreit.“
Diese Inschrift ist schon in tucinem früheren Bericht
(S. 225) erwiilmt wurden.
Die Säule steht am FuD eines kleinen IIÜgeL, auf
dum ein Schrein der Ortsgottheit von Lummini <I.uni-
bint), Rummln Dei, steht (.\hl>. 5). Iin Jahre 1897
konnten zwei Zivilbeamte, diu Herren Hoey und Luptrm,
denselben besuchen und fanden daselbst elu Basrelief,
welches din sich zurücklchnondu Figur dur Mutter
Buddhas, der Mahä Maya, dnratellt, kurz nachdem siu
ihrem Sohn das Leben gegeben hatte. Da der Schlüssel
zum Tempel verlegt war, konnte Herr Bbys Davids nicht
binoinkommen, als er im Januar 1900 sich dort aufhielt.
Aber Herr Makherjl von der archäologischen Ahteilimg
besichtigte später die kleine, unterhalb des Niveaus des
Hofes beGndliche Stube und sah dies spärlich erleuchtete
IhLbrctiuf. Der ursprüngliche Boden des Zimmers liegt
w«it tiefer, und man sollte deshalb es weiter ausgrahen.
Dur alte Baileplatz buGudet sieb nabe an der Säule, und
au der anderen .Siilc des Schreins liegen vier kleine
Grabkammem im IHckicht vergraben. Der ganze I’latz,
auf welchem jetzt ein 1/ama aus
Tibet haust, sollte gründlich
untersucht werden.
Die Nachgrabungen des Herrn
Peppe haben zum erstemunl den
Bezirk festgestellt, welchen die
Säkyas im 6. Jahrhundert v. C'br.
bewohnten. Kr erstreckte sich
uonlwärls über die weite Kl>ene
und soblofs in sich auch wohl
die niedrigen Abhänge und .\u»-
läufer des Himalaya. Reisfelder
bedecken jetzt die 20 ottgliscke
Meilen breite Kbene, welche von
der englischen Grenze sich nord-
wärts aiishreitet; auf welcher
Fläche die Landbevölkerung
nicht in einzelnen Hütten hier
und da, sondern in vier oder
fünf englische Meilen voneinander entfernten Dörfern
wohnt. Innerhalb 15 englische Meilen rings um die
Liimbiiiisäule sind noch unverkennbare Spuren von alten
Gebäuden sichtbar, und es Gnden sich auch el>en6o viele
auf englischem Gebiet. Alle diese Monumente liegen
unzerstört da, abgesehen von dem Schaden, welchen Krd-
hebeii und der Zahn der Zeit augurichiet haben; denn
bis ganz nuiienlings war alles ein verwahrlostes Dickicht.
Auf jedou Fall erüffnut die AufGndung der Inschrift
und der Backsteine einou neuen Kinblick in die damalige
Kntwickcluiig Indiens. ]<> beschränkt sich nicht allein
auf die mehr wissenschaftliche Frage über den Ursprung
der indischen .VIphabete, sondern er gewährt auch ein©
Vorstellung von der hohen Kulturstufe, welche dioS&kyos
eingenommen haben müssen, um solche vollendeten .'^tein-
und Backstciiibuuwerke zu errichten und so exquisit
schöne und künstlerisch hervorragende Schnitzereien und
Juwelierarbeiten berzustellcn. Und aufser dieser prak-
tischen Begabung verdient die höchste .Vnerkennung der
Tribut, welchen der Stamm der Säkyas, Männer wie
Frauen, dem Andenken ihres Staramesgenossen zollten,
der weder ein groTser König, noch ein bedeutender Staats-
muuu. noch ein siegreicher Feldherr gewusen, sondern
ein einfacher, umherwaiiderndcr Lehrer, der durch Bered-
samkeit und reine Lebensweise seine Land-<leute für sich
gewann und von .\bwegen und Bedrängnissen der irdi-
!i«hen Laufbahn hinweg sie einer höheren Sphäre zuführte.
Abb. 5. Säule im Luniblnl-Gartea.
Abb. 4. Die ftlnf Gefäfse des Sakya Slüpa.
D, -;byf'.?OgK I
Kleine Nacbriehten.
227
Kleine Nachrichten.
AbJruck nnr nit <^u«tl*i)ikna«bP ((««tAUct.
— Kine verunglückte Ueateigung Je« Aconcngua. |
Der eitgliehe Keiu^nde Uenkin, weicWr Anfang IVstemlter i
(len Aooneugua, rn>vinz Mcnduza in Argentinien, tmateigen
wuUte. hat einen n«*h«ei'en rtifnil erlitten. Kr \»urJo lad
der UoÄteigung von einem heftigen Schneesu.urin üle-rnmcht,
»eine llegluiter vt^liefeen ihn hi« auf einen. Hankin «oMter
wulite nicht nmkehron, «indfru trotzte mit dem einzigen
treu gebliebenen Begleiter unter einer etwa« üb*u'hängenden
FelHwaml dem heftigen t^hneetroilten, da» zwei Tage anhielt.
AD am dritten Tage da« Unwetter iioehlief«, «teilte c« «ich
honiu«, dar» Kankin alle Kelien erfroren lintl«. Kur mit Hülfe
der etitllelionen Beghdter, die nach .\unü‘ireu de« Unwetter«
ihren verla«^>'nen Herrn aufaurhten, konnte er da« niicUat-
gelegene Hotel in l'nente del Inca (rapailatapHf») nach mühe-
vollem Hui'i>che erreichen. Hier iiitirxten ihtu alle Zehon
abgenümmcn werden — uin harte« Ue«chi<'k für oiueii »o
kühnen und encrgiachen IV‘rg»teiger. Beine Frau, »eine treue
Begleiterin auf alten «einen Beiden, ptlegte ihn. Kacb den
letzten Kachri('hten schreitet die Heilung rü«tig fort. Sobald
«eiu Zuatand es erlaubt, wird er rieh nach Chile beg(-b(ni.
La Flata. 4. Januar 1903. It. llauthal.
•>— K. SueT« über die Kin teilnng der beifsen Quel-
len. In ««inom Vortrage über heiDc Quellen (Verbandl. d.
Oo*cll«ch. dculfch. Naturforscher u. Ärzte, 74. Vor«., I9ni, I90:i)
kommt K. Huef» dazn, im ganzen etwa fünf Uruppen \on
Quellen ülierhaupt zu uot«'r«cheideQ. Die urMen «irid die
gewY>bnlichen «üfsen Triiik«|uellen, ni<'>gen «ie nun Hoch- oder
Ticf(|uellen »ein. welche ungefähr mit der mittleren Boden-
temperatur entspringen und eine gröfserc oder kleinere Meng« |
von KarlHumten al« ihren Hauptbestandteil fiihrcn. Solche
Quellen Verwendet man zur Howniuwrung ilnr Stkdiu. Die
zweite üruppo bilden ebenfall» vad<w, glcichrall» mit der
KMleutemperatur entspringende Wüsser, die durch eine be-
sondere HinerulisntJon ausgezeichnot rind, wie diu Jodwk9s«.>r
von Hall und Darkau und die Bitterwasser von Said»chntz
und Büllna. Die dritte Gruppe rind die Wildbüdor, nämlich
vadoee Thermen, welche ihre böheru Temperatur dem untor-
irdischuii Ansteigen der Oei»othermen und dem oft beträcht-
lichen Höhenuutemchied zwischen Speisung und AuHtlufs
verdanken, wie Bonnio und Häfers. Sie enthalten meistens
nur wenig gelöste ffdte Bestandteile; deshalb bezeichnet uian
die Wildblder zumeist als indifTerenie Thermen. Boi Gastrin
ist die Frage nach dem Zutritt juveniler Wüsaer unent-
schieden. Die vierte Qrup()« besteht aus juvenilen Quellen,
nicht schwankend in der Jahrea/ett in der Taiuperatur, dabei
aber alle Wanuegrade umfassend, bald indifferent wieTcplitz,
bald schwach niincralisicrt mit geringen Mengen von Glaulier-
»alz, Kochsalz und S<xia, bald hoch minoralisiert wie Marien-
fiad und Karlsbad. Alle die«o «tehun ontwoder in direkter
Verbindung mit Quarz oder hal»en «elb»t in ihrer ITmgebung
llomstein abgesetzt; manchmal sieht man Flufspat, fast
ütwrall Bar>'t , öfter Pyrit u. ». w. Die fünfte Gruppe um*
fafitt die Bi^(M]Uellen, welche in Kuro(>a nicht vurtreten sind ;
sie biideo den Übergang zu der stromboliscben Phase der
Vulkane.
— • Ausgrabungen bei Oo«er in Palästina. Der
halbwegs zwischen Jeniaalem und Jaffa belegene Teil Dsche*
zur lOeser) ist der bchauplatz von Ausgrabungeu des Palo-
»une Kxploration Fund, die von Bt. Maculister geleitet wer-
den. Aus einem Briefe an das .Athenäum* ist zu rutnehmen.
dafs die unterste aufgedeckte Bcliicht, die voramnntische,
Höhlenwohnungen mit Topfswhorlwn und (ieräten au« Feuer-
stein oDthüllt hat, deren Alter bis iu« Jahr '.'3uO oder gar
3000 V. Cbr. zurilckreichen »oll. Über dieser ältesten Schicht
liegen zwei andere mit Kosten au« am«>riti»cln-r /«‘il. Zu
erwählten eind davon eine aus der Zeit der 12. Hgyptisebeu
Dyna.«tie stammende Stele mit Uioroglyphen und — inmitten
eine« Tcmpeiplatzcs — acht Monolithe von 1,3 bi« 3 m Höhe,
von deticn einer aii'whtdnend durch Abreilien und Küssen
hervorgerufene .Verehrungsspuren* zeigte; darunter bofandeu
sich sichGefttfiie mit Kinderknochen, »o daf» hier .Nfugclioreiie
geopfert «ein dürften. Zwei weitere Hchiehien gehörten der
jud^hen Zeit au, die eine der vorexilischen, die andere der
nachexilischen, und ergaben die Spuren zweier Städte.
— Eine Neuaufnahme des Canons des Colorado
i«t von der Geoirtoical Burvey der Vereinigten Staaten be-
wirkt worden, und eine Kaite grofsen MafMUf>e» darüber
wird vorbereiteU Die Grürsenrerhältnisse de« Caüoii sind
d(*r (legemttand häuÜgtT Meitiung«venichiedenbeiten geweaen.
Dir Durchschnittsweite von Hand zu Hand übersteigt auch
im Kaibab, dem breitCMten Teile, nicht lükui, uud häuflg
geht sie auf 1.3 kni zurück. Der Klufs verläuft iu einer Kni-
femung von 1.3 bis 3 km vom Südraude. Was die Tiefe des
Grand Canon anlaugt, so ergab bei dem 2090 m hoch ge-
legenen Bright Angtd'Hotcl die Wurf leine eine um 1330 m tiefer
gelegene Hochwassermarke des Fiuase»; der höchste Punkt
auf dem Biidrande i»t da« 2283 m hoch gelegene Grand View-
llotfd, e« liegt 1490 m über dem Flusse. Der Nordmnd »tolgt
um .300 bi« 3ü0 m hiVher als der Sfidrand an und hält »ich
im Durchschnitt mehr aD 1600 m über dem Wasser, »teilen-
weise auch ISUOm. Die Messungen, au» denen diese Zahlen
ew-onnen wurden, waren die enden, die bis auf den Gnind
er Schlucht geführt wurden. (Bull, of the .\meHcau Oeogr.
Büc. 1902, 4.) _
— l>a» Februarheft de« Goographteal Jounml von 1903
bringt ciue Karte (l:3O0OU0) von einem Teil der zum
Ugandaprotektorat gehörigen Kilprovinz, welche auf Yor-
atilassung Harry Jobnston«, des ehemaligen Gouverneur« von
Uganda, v<»n Slajor Delmö Badcliffo 1901 angefertigt
worden ist Hie umfafst den Bnum zwischen Duülu und dem
Albert Nyansa und zwischon den «üdwesUichen Ausläufern
d<äi Latukugebirge« und dem Viktoriauil bis xnr Mündung
des Kokolle, oberhalb von Foweira. Sie ist im Grunde ge-
nommen eine Koutankarte mit ausführlicher, aber eng be-
grenzter Terraindanstcllung in den westlichen, mitGercn und
nordöstlichen Particon, und ohne Terraiueinzcichmiug in dem
umfangreichen «üdi'istlichen Teile, in welchem nur da« weit-
verzweigte Fiufsnetz, eine grofse Anzahl von GrÜichkeit4m
unti einzelne hervorragende Kuppen eingetragen wurden.
Die Karte, sehr reichlich mit Höh«n()Uot«n anngestattet, bil-
det daher mehr eioo gewifs rocht wert«'olle Ergänzung,
al» einen Ersatz für die beiden bereit« vorhandenvu Karton
von Kinin Pa»cha (Petermamis Mitteilungen, 1382, Taf. 12
und 13) und von Maj(tr Macdonald {Map. uf Uganda, War
Ofticc, 1900). Wahrend letztere ein in Zusummenbang ge-
brachtes Terrainbild bieten, bekommt mau bei BadcHffe kei-
nen Einblick in die Bodengestaltung jener Gegenden, welche
zwisclion »einen meistens von Kmin« Houten abweichenden
Wegstrecken liegen.
Neu und besonders rühmenswert ist bei BadcllfFe die sorg-
fältig gen.*iue Aufuahme d«»» NÜstrom« zwischen DuÜIe und
dem Albert Nyanna, du* Erforschung de* Obt-rinufe» de« As-
suan (bi» östlich vom .3.3. lAngengrad und bis zu 2’ 3t/ nördl.
Br.) und de» Kokolle, welcher, »Odlich von Foweira mündend,
bisher nur auf einer kurzen Strecke als Lienga bekannt war;
endlich die Mappierung des bisher kaum erkundeten hydro-
graphischen Netze« zwi>cheii Fatiko, F«jwcira und dem oberen
Assuan. B«<lcnklich dagegen dürfte erscheinen, dafs HmIcUffe
die von Kmin Pascha herrührenden Benennungen von manchen
, Ort.«chuften uud Flüssen auf die Beitu geschoben und dafür
I neue eiugeführt oder fast unkenutUeb verändert hat. Kmin
! war doch in eminentem Grade der nilotiacben Bpraebe mäch-
tig uud hat mit Gewi«»«ubuftigkeit die ricbtig«t6, laudes-
übliche Bt-xoichnung au.sgewählt. Kadcliffes Verfahren köiiut«
I übrigiuis dadurch erklärt werden und gerechtfertigt sein, daf«
I iin Laufe von zwei Jahrzehnten diu Aussprache einzelner
' Namen und die Ortsbezcichnung selbst eine andere geworden
ist. Störend und vurwirrend aber wirkt jcdi-nfolU, daf» in
M-hr vielen Fällen (alwr elien nicht in allen l) Ja» F der
alten Benemittiig iu ein P verwandelt wurde, also: Fabo, Fa-
Jjulli, Fajii-a u. s. w. u. s. w. in Pabo, Pajuli, J‘ayera. Kine
Begründung dafür gieH Harry *lohii»Uju in einem kurzen,
der Karte boigofiigten Artikel; inwiefern diese, stichhaltig
ist, ini'gt-u die Philologen der innerafrikanuchen Sprachen
entscheiden.
Nach dieser ein;:ehcoden Würdigung der gewifs höchat
verdienstvfilb-n Arb.'iten Hsdeliffes m(k;htu ich mir erlauben,
die Vurüicnstu Kmin Paschas um die Kartographie der NU-
provinz gegen die »telb'iiweise etwas geringschätzigen Be-
merkungen in Harry Johustoiis Vorwort in Bchutz zu nehmen.
Bio QuinteHiwnz deiwelben lautet: .Niemals ist vor Hndcliffe
die Nilprovinz »yidematiwh mappiert wonlen: keine der
228
Klein« Naohriohten.
fräberen kertopraphiicben Aufnabiupn, auch di« nicht von
£miu l’aKha , btMitzt dun Charakter der Uenauigkeit. £•
^ab bis l(<90 keine positive KmiitUtia weder der Geographie
der Gegenden ni'irdlich dea Viktorianil, noch aber die Kxi-
stenz und den l*auf der k’lÜMte, über die Hübe und Lau« der
Berge. Zum emtenmal wurde v«m Kaddiffe der MitteUnuf
das Assuan und des Kokolle fest niemand unterzog
sich früher der Mühe, die Strecke des Nils zwischen DutUe
und dem Albert Nyaiixa mit nur annähernder Akkuratesse
uufziiuehmen.”
Vollkommen richtig in diesen Bemerkungen ist das. was
über den Assuan und Knkolle gi^gt ixt; auch das, was die
Gegenden nördlich des Viktorianil betrifft, tmb'r der bo-
■chränketideii VurausneUung, dafs di« Mangelhaftigkeit der
g«i>gra|>hUchen Kenntnis sich nur auf den südlichsten Teil
der Nilpmvinz (zwischeu Fatiku, Koweira. KokoUo und As-
suan) bezieht
Allein der Gesamtheit von Kinin Paschas Kartographie
Bjatciulmigkeit und rtigenanigkeit bis zum Grade der Un-
brauchbarkeit Torzuwerfen, dünkt mir doch etwas zu weit-
gehend, und Johnston ist sicherlich der letzte, der eich Jenen
Vi.>rwurf erlauben kann. Wohl sind Kmiris OiielM'stitmnungen
keine a.‘<troDumi8chen ; sie rusuUierUm aus Itineraraufnahmen,
welche naturgemäis nicht dun zu^erlä-ssigen Wert lneMt^en
wie die mit den besten wisaenschaft liehen Instrumenten aus*
geführten. Und deunuch stimmen seine FosiGonsbeatimmun*
gen Ton drei der wichtigsten Örtlichkeiten, nämlich Bußie,
ratiko und Fadibek, mit jenen von Bndclitfe bis auf wenig«
Minuten Obtrein; nur in Bezug auf Wa4lelai Iwsieht ein
wesontlicher Unterarhi«!. In den Hihaniiuoten kann man
ebenfalls nur geringe Differenzen entdecken. Vollkommen
gleich erscheint beiderseits der Lauf desAteppi, Unjam'' und
KJuppe (oder AyugeX ^'as die erwähnte Nil«trccke WtiHlTt,
•u hat schon Eiiiin ,die secartigen Erweiterungen* kenntlich
gemacht, wenn auch nicht sn> detailliert ausgefuhrt wie Had-
cltffe, und die bedeutenderen Windungen des Stromes mit
unveränderter Sicherheit faxtgelegt. Man kann daher nicht
behaupten, der Nil zwischen Duüle und dem Albert Nyansa
sm vor Badcliffe noch nie ,iuit nur annähernder Genauig-
keit* mappiert worden.
ln wlNsenschaftlichen Kreisen wird man Kadcliffes Arl>eit
mit Dank und Anerkennung begrüfsen, ohne dabei die Ver-
pflichtung zu fühlen, den grundlegenden Ja-istungen Kmin
Paschas die gebührende Wertechätzung schmälern zu müssen.
Drix Förster.
— Mylius Erichsens Westgrönlandexpadition.
über die im Summer ausgegangene dänische Grünlandexpc-
ditiun Mylius Krichsens sind in den Zeitungen einige Mit-
teilungen verTiffenilicht wonteu. Das Bitidium der >>kisios
gehört zu den Hnuptaufgaben d^r Unternehmung, iiinn hat
denn anch In ihrer GeeelJschaft in den Fjonlen der Gegend
von Uolstenburg fleifsig ge»’gelt und gejagt. Aufsenlem sind
zwei Versuche zur Besteigung des Inlnudi-ises unternommen
worden. Der vrsU* wurde vtnn innerxten Ende des Godthaab*
^ords aus gemacht, in den der rjamgssuitgletschcr münilet,
scheiterte jedoch an der Unnahliarkeit der Felsen. Der zweite,
erfolgreichere Versuch ging von Sukkertoppen aus und führte
den Sermiiioguakfjord hinauf, in den ein Ausläufer dos lii-
Ismdeiss's hineinreicht. Je weiter man auf dieaein cjiiiwrklomm,
um so rauhnr wurde e«, di« ganze Olierfläcbe war von Kt>alten
durchschuitteu und von Graten und Hptt/eii durchsetzt. Unter
grofsen Kchwierigkoilen erreichte Krichsen den Gipfel eines
kOO iu Ulier dem Meere liegenden Nuimiaks, von dem ein
Umblick eine Verlwsserung der KarU-n gastattete. Unter
anderem ergab sich, dafs das kObis lOO km weit« Eis zwischen
dum Südwortokfjord und dum Kvighodsfjord von demeigent*
liehen InlMiuhds iin Osten durch ein niwlrigcres Land mit
Keeu und Flüssen, die ihr Wasser vom Inlandeis« erhalten,
g«wchie«leu ist. Nachher fand Erichaun auf einer Ktswan-
derung von der bpitze des Kvighetlsfjords. dufs die Kismaase
zwischen dioeem und dem Simdrs 8trömfjord vom eigentlichen
Inlandeise durch zwei Bethen von Niinataks getrennt wird,
die zwei nufainamler folgend« Bergketten hihlou; auch ilas
fehlt auf den bisherigen Karten. Von llolstenliorg gedachte
die Ezpedition sich nach Egodesmiiide zu Iteguben, ihrer
nächsten HtaGon auf dem Wt^ mich ihrem Wintenjuartier
an der Melvillebai.
— Maurioesuiid MurraysKeiMedurch den Austral-
kontinunt Nach einer hlitteilung de« „Adelaide Oliserver*
halwn K. T. Mauricu und W. K. ^iurray, die schon 1001 von der
Fowlerbai ein btuck ins innen* Hüdaustraliaus vorgvdrungen
Waren, im vergauguneo Jiilir dun Australkontinent von neuem
in sildnördlicber Kichtung durchquert, und zwar westlich von
■1er bekannten übvrlamlroute. Ausgangspunkt war wieder-
um die unter IStl" flu' östl. Ix Itelegeue Fowlerbai. Man ver-
liofs sie im April 10U*J mit 14 Kamelen und zog über üoU-
i'inna. einem schon auf der ersten Ex|>editioD erreichten
Wasserloch (Uutdabinna der KarttinT), zur PIverardkett«, wo
man unter Bchwierigkeiten einiges Wawur faml. In der
Nachbarschaft ftcl auch der erste und einzig« Regen während
der Unternehmung. Die Gegend an der Musgravekette be-
fand sich iu traurigerem ZuBtand«, als jumals zuvor von einem
Ileisenden berichtet worden wai*. Nachdem man jenseits des
Musgravegebirges eine audur« rauh« und steil« Kette über-
schritU'D hatte, gewann mau Op^riuna, wo die Gueltu noch
si» stark flofs wie im Jahr vorht-r. Hier fand man in die
Kind« ciue« Baumes den Namen „J. I^ainb* eingeschnitten,
doch ist nicht bekannt, w-er dieses Namens je in die Gegend
gekommen wäre. Aufserdem wurde gegen die Petermann-
kette hin sduiges zu Tage tretende G«dd bemerkt. Etwas
südlich vmu Amaduus*<»e traf man auf ein Wasserloch und
iu der Nähe auf die Spuren eines «ehr alten langen. Da der
Gruud des Amadea-oa-es »ehr wvieh war, i.-mchi«n es nicht
ratsam, ihn zu durchschreiteo, und mau verfolgte ihn daher bis
zu seiner Westecke. Bei Giles* Creek stiefs man auf ein sehr
ergiebiges Wasserloch, dessen Inhalt auf eine Million Gallonen
gcKchäut wunlu; di« Berge Lyell Brown und Russell öetUch
vom Macdonaldiw«. die 13 Jahru vorher Tietkins gesehen
und lienaniit, aber nicht btwucht hatte, waren dürr und öde.
Bei Eva Bprings, nordi>sUich davon, stiefs man auf Warbur-
toiis Route : Spuren der Anwesenheit ilieses P'orschers wurden
noch vorgefunden und in dor nahen Treuerkutte zwei Quellen
entdeckt. Am Mount BinglcUm (23* südl. Br.) sah man eine
»Itcinorkenswert« Höhle*, und nach eiueui Marsch durch öde
Wüste erreichte mau I>r. Davidsuue Weg. Die Weiterr«i»ä
ging über Hturts Creek nach W'yndham am CambridgegoLf.
IMe Route der beiden Kngläutlar führt vielfach durch neues
Gebiet, wie ein Blick auf die Karte lehrt, und ist von Murray
aufgenommuu worden. Aufserduiu sind Ueulogiu, Ethnologio
und ZiKjhq^ie gefftnlori worden. V«*n interussantun Ein-
gcborcnen/eichnungen toVdlich der Musgravekett« und an
Ayars Rock in der Gegend der PetunnannkuUe w urdeu Kopien
augefurtigt. Da das Jahr aufserordentlicb trocken war, so
ist anzunchmeu, dafs die angutruffeiien Quellen, soweit sie
Wasser cnthiultcD, dieses dauernd geben.
— Deutsohlands Eindringen in China. In einer
der letzten Nummern des „Mouv. gf^^rgr.* flndet sich ein mit
„Jacobe' unturzeichuvler Artikel .La (H-nciration allemande
en Chine*, dem wir einige Katze entnehmen wollen. Esheifirt
dort; Noch vor wenigen Jahren waren in FetsebiU deutsche
Finnen rar, heute uohmuu sie den ersten Rang ein und
kämpfen «rfoigretch gug<:n ein« Konkurrenz, diu um so
schwerer zu lamiegen ist, als jene Firmen es mit bestehenden
Gewtihnheiten zu thun hatten. Von jeher brachten die euro-
paischun ilaudelshäuser eine Ma.««e der verschietlensteu Waren
auf den Markt, die die Chinesen mangels einer Koukurreuz
Mu/unohiiiuri genötigt waren ; sie luihou sich deshalb auch
gezwungen, hier und da ihren G««chmack danach einzurichlun.
I>er (Turne« aber ist darin bekanntlich n«hr konservativ, und
di« Deutsclieu haben sich danach gerichtet, die Wege ihrer
eurufkäischen MitWwerlter verlassen und diu Konkurrenz mit
der chiuosischuD Industrie sellHt aufgeuommen. Die Repri
svtitHiitun des deutschen llanduis «ind mit leeren Händen
gekommen, hftl>«u di« Erzeugnisse der chinesischen Industrie
gesnmmcit, sie nach HauM] gesH'liickt und lassen nun dort
genau nach Muster ganz chinesische IVislukt« bersfellen.
Weder Engländer noch P'ranzosen hatten das versucht, die
Iteutschcn aiwr stellten nun Keide, BauniwoHeogewelie, Kchuhc,
Porrelluiivasen her. die genau so anssaheu, als waren sie in
(Tiitia und von (’hinesoii fabriziert. Kie haben aufser-
(leni Ibnge auf den chitmsittcheii Markt gebracht, für dereu
Herstellung Knglaml ein M<iDO|K)I zu hNlM’ti glaubt«. Wenn
dio von dun Dutitschen uingeführten Plr/euguiase dem chine-
sischen Geschmack nicht behagen, so gelten sie ihnen nach
Möglichkeit ein chinesisches Aua«ehen ; sie statun z. B. ihre
Petro]«nmlam|»en mit Drachen und chitiosischen Buchstabeu
aus und bringen auf dem (ilas derselben eine chinesische
Mitrk« an, die dem Käufer vertraut ist. Die deutsche Industrie
bietet sogar der japanischen die Hpitze, trotz des liet rächt liehen
Unterschieils der Arlkuitslöhne in lieiden (.iitudem. Es fehlt
Ja|ian der richtii:« llandclssinn, so dafs es niemals reüssieren
wird, wo es sich gewandten lasuten gogonüber beflndut. Aller-
dings ändern auch die Konkurrenten der DeuUehen nach
deren Vorbild ihre Taktik.
Veranlwortl. Ht^sktrur; H. Singer, Uerlin NW. 6, Schill Lauurdsnmi 3<1. — Druck: Friedr. Vleweg u. Sohn. Itrsuiuchereig,
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- und VÖLKERKUNDE.
VEREIHIOT KT DK» ZEITSCHBIFTE» : ..DAS AUSLAKD" DND „ADS AUEN WELTTEaEH“.
HERArSGEGEBE» VON H. SINGER l-NTER HE.SONDERER MIT%mKl’NG VON Prok. Dr. RICHARD ANDREE,
VERLAG VON FRIEDR. VIEWEG * SOHN.
Bd. LXXXni. Nr. 15. BRAUNSCHWEIG. l6. April 1903.
NkCbdruck aar aacb Cbarfilnkocft aüt der Verlmebuidluag feetatial.
Dr. Karl v. Scherzer t.
Von W. Wolkeubuuor. Breoien.
Am 20. Februar d. J. iat der österreichiacbe Diplo-
mat Karl Ritter t. Scherzer« der aich zuf^leicb als Welt-
reUender uud SchriftHteller eines hoch angesehenen
Namens erfreut« im 82. lAekensjahre in Oörz gestorben.
Der „Globus" er-
füllt nur eine Kb*
renpflicbt , wenn
er dem um die
Linder- und Völ-
kerkunde BO hoch
und maunigfacb
verdienten Mann
ein Wort des An-
denkens widmet.
Karl Scherzer
wurde am 1. Mai
1821 zu Wien als
der Sohn eines aus
der N&he von
Nürnberg einge-
wauderteu prote-
stantischen llQr-
gers geboren und
widmete sich zu-
erst dem Iluch-
druckgewerbe.
Über zehn Jahre
gehurte er diesem
Berufe auch an
und lernte wah-
rend dieser Zeit
nicht nur „Setz-
kastenleid und
Winkelhaken-
pein", sondern auf
weiteu Wander-
fahrten auch die
bedeutendsten
l>mckereien in
Leipzig uud Ber-
lin« in Süddeutach-
land« Belgien und
Holland, in Paris
und London ken-
nen. Nach Wien
durch schwere Fa-
milien - Hreignisse
zurück gerufen,
Globs» LXXXIII. N
widmete er sich iu den Jahren
den nationalökonomischen und
trug sich, nachdem er auch eine
handluugshaus geleitet hatte
Karl T. Hcherzer.
Ksch eiorr von (IvmnJiHsIlplirrr A. Kls»»ert in KichrUtadt
sur VprfQgung griurlltro Rhoto^a|>hir.
1843 bis 1646 eingehen-
linguistischen Studien und
Zeitlang ein Wiener Grots-
mit dem Gedaukeu, Wien
für immer zu ver-
lassen und sich in
Kngland niederzu-
lassen. Da kam
das Jahr 1848;
die Buchdrucker
Wiens gewannen
Scherzer zu ihrem
geistigen Führer,
und dieHer grün-
dete den Guien-
bergverein, dessen
Zweck uud Ziel
die Verbesserung
der materiellen
Lage und die För-
derung der gei-
stigen Bildung
seiner Berufsge-
nossen war. Wegen
dieser Bestrebun-
gen und seiner von
der Zensur lange
unterdrückten
Schrift „über das
Armtum" von der
Reaktion und der
Polizei verfolgt, be-
gab sich Scherzer
wieder auf Reisen,
und zwar wegen
eines IlalHieideus
nach der Riviera
und nach Meran.
Hier traf er mit
dem bekannten
und vortrefflichen
Naturforscher Mo-
ritz Wagner zu-
sammen, eine Be-
gegnung, die für
die ganze weitere
I.^bensl>ahn Srher-
zers entscheidend
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Hr. Karl v. Soberzer +.
wurde. In Gemeinschaft mit Wagner bereist« er mm
TQiD Frühjahr lHr»2 bis dahin 1H55 die Vereinigten
Staaten, Mittvlumerika und auch Westiudieii und ging
dann, uachdeui er aurückgekehrt, sofort au die Bearbei-
tung seines reichen und vielseitigen Reisematerials. Aufser
seinen (zum 1'eil mit Wagner gemeinschaftlichen) selb-
ständigen Werken „Keisen in Nordainerika** (S Hde., 1854),
r,I>i« Uepuhlik ('osia Kica** (1856) und „Wanderungen
durch die mittelamerikuniscben Freistaaten Nicaragua,
Honduras und San Salvador“ (1857) schrieb er auch für
Pesclicle „Ausland“, die Augsburger Allgemeine Zeitung
und die Sitzungsberichte der k. k. Akademie der Wissen-
schaften eine Ueihe wertvoller Aufsätze.
Hiordurch lenkte er die Aufmerksamkeit des Minister»
ilruck auf sich, und von diesem dem Krzberzog Ferdiuund
Max empfohlen, wurde Scherzer nun berufen, an der l»e-
rühmten Weltumsegelungsfahrt der Fregatto „Novara“
von Knde April 1857 bis Kode August 1859 als wissen*
schaftlicher Begleiter für die Fächer der Kthnogruphie,
Nationalökonomie und verwandter Zweige teilzuuehmcn.
Scherzers „Beschreibender Teil“ dieser epochemachenden
Reise (Wien 1861 C2, 6. Auft, 1876) hatte einen in der
Geschichte de» BuclihandelK geradezu bei»piell<^n Krfolg
— 29000 hhcemplare w'urden verkauft — und fand hohe
Anerkennung^ er wurde in den erblichen Kitterstand er*
hoben und im Jahre 1866 in das von dum ehemaligen
Befehlshaber der „Novara“ geleitete Haiidelsiuiiii^terium
als Ministerialrat berufen. Als Leiter des baudelspoliti-
Hchen und wissunechaftlirhen Dienstes der k. und k. Mis-
sion nach Ostasien und Südamerika trat Seberzer im
Jahre 1869 seine dritte Weltreia« an und war in erster
Linie an dem raschen und vorteilhaften Ab»chlufa von
Handelsverträgen mit (’bina, Japan und Siam beteiligt.
Im Auftrag« der österreiobwehen Regierung gab er die
„Facbmuunischun Bericht«“ überdies« Ex|a*dition (Stutt-
gart 1872) heraus.
Von 1872 an bekieideU^ K.v. Seberzer den wichtigen
Postou als üeneralkonsni in Smyrna, und wio fruchtbrin-
gend «ein Aufenthalt dort für die Handelsgeographie war,
bewies diu gelegentlich der Wiener Weltaus-Htellnng ver-
öffentlichte meisterhafte Monographie „Smyrna, mit be-
sonderer RüdcHiebt auf die geugraphiseben , wirUchaft-
lichen und intulluktueiien Verhältnisse von Vorderasien“
(1873). im Mai 1875 ging Soherzer al» Generalkonsul
nach London und fand in dieser Kigen»chaft die Gelegen-
heit, dem Kronpriuzeo Rudolf auf einer Reis« durch die
britischen Indu-striobezlrke als Ffihrer zu dienen. Seine
auf dioaur Heise gemachten Studien legte or in seinem
intcre».>tunten und lehrreichen Buche „Wellindustrieen“
(Stuttgart 1880) nieder. Vom Mai 1878 bis -\pril 1884
war Scherzet Generalkonsul in Leipzig; in diese Zeit fallen
zwei kleinere wertvoll« Arboilen: „Die deutsche Arbeit
in fremden Erdteilen“ (Leipzig 1880) und eein begei-
sterter Panegyrikiis „Die Buchdruckerkuu!«! und der
Kultnrfurtschritt der Menschheit“ (l«eipzig 1882, ii« .4.n-
»chluta an die am 24. Juni 1882 gehaltene Fehtred« zur
Vierhusdertjahrfeier der Einführung der Buchdrucker-
kunst in Wien). Seine letzte amtlicbo Stellung ul« Ge-
neralkrinsul hatte Seberzer 1884 bis 1896 in Genua;
während dieser Ze.it Tcröfientliohte er sein grolsartigea
Lebensw-erk „Das wirtÄchaftliche Leben der Völker“
(Leipzig 1885), in w ulchem er das seit seinen Weltreisen
hinzugekommene statistische und volkswirt-scbaftliche Ma-
terial bearbeitete. Schon 1864 hatte er auch den „Sta-
tistisch-kommerziellen Teil“ der Novara-Ki:pedition(2 Bde.
Wien 1864; 2. Aufl. unter dem Titel: Statistif'Ch-koua-
merzielle Ergebnisse einer Heise um die l'irdo, Leipzig
1867) bearbeitet, von dem da.« genannte Werk eine Art
Fortsetzung und Ergänzung bildet.
Von seinem Kaiser hochgeschätzt — er erhielt Titel
und rharakter eines k. und k. aufserorduntlicheu Ge-
sandten und bevollmächtigten 3Iinister» — und von König
Ilmnbert mit dem GroLkreuz der Krone von Italien ge-
Hchmöckt, zog sich Seberzer im Jahre 1896 aus dem
Staatsdienste zurück und lubtu meist in klösterlicher Ab-
geschiedeuhflit auf seinem Tuskulum Görz, mit unermüd-
lichem Eifer noch immer der Wissenschaft sich widmend.
Noch im Jahre 1899 imternahin der hochbetagte Forscher
eine Studienreise nach Buenos Aires, um von hier aus
Südanierikn zu durchqueren und sich dabei an Ort und
Stelle über den Stand der Kokagewinnung in Boiivia und
Peru zu uiiturrichtuii. Es sei hier nämlich noch an ein
wichtiges Ergebnis «1er Novararciso erinnert: S*-herzer
stellt« der deutschen WisKensebafi die ersten gröfsere«
Mengen Kokablätter zur Verfügung, wodurch die Dar-
stellung des Kokains im Wöhlerscheii Laboratorium in
(iötiingen ermöglicht und seine Einführung in die Heil-
kunde und den Welthandel angebabnt wurde. I<eider
wurde die Durchquerung Südamerikas durch die ungün-
stige Witterung vereitelt.
Es ist nicht unsere Aufgabe an diesem Orte, ein voll-
siändtgf's Bild von dem merkwürdigen Manne, der sich
wie Franklin vom Setzerlehrling zum Minister empor-
arbeitete, zu geben ^), «onderii ea gilt hier nur, auf «eine
Bedeutung für die Länder- und Völkerkunde in einigen
grotsen Zügen hiuzuweisen; es seien daher nur noch
einige hierher gehörige Beiträge erwähnt, nämlich: „Aus
dem Natur- und Völkerleben im tropischen Amerika“
(Leipzig 1864), di« Berichte über Welthandel und Ver-
kehrsmittel in Bebm-W'uglicrs Geographischem Jahrbuch
(Bd. t, II, VII u. VHI) und die Biographie seines Freun-
des und Reisegenosseii „Moritz Wagner. Ein deutsche«
Foracherleben“ (Stuttgart 1888). Mit Kecfai war deshalb
das 1899 nach 50 Jahren von der philosophischen Fa-
kultät der hessischen Landesuniversiiät (Üefsen erneuerte
Doktordiplom K. v. 8churzer^ gewidmet „dem Manne,
der die Länder Amerikas, die eiitlegeusteu Gestade de«
Orients und entfernte Inseln auf langjährigen Reisen
durchFors*cbt; der die natürlichen UeicbtumsquelleD der
Länder untersucht, die Handelsverhältnisso erkundet
und nuue, reich« (Quollen zur Forderung der Kenntnis
der tdnge erschlossen bat; dem illustrtm Verfasher von
Werken, in denen die Kultur und die Sitten . . . form-
vollendet be.Hcbriebeii werden, dein im iutcruationaleu
WollTorkehr aiifserordentlicb erfahrenen und um die
Anknüpfung nützlicher Handelsheziehuiigen bestverdien-
ten Manne“.
Ein lange.H, ruichus und arbeitevollea Wander- und
Gelehrtenleben ist mit dem Tode Karl v. Seberzers ab-
geschlossen; al)er
Wenn der I^b in Htnub zerfallen,
Lebt der grofse Nnme noch.
Die Deiiage zur Allgemeinen Zeitung (IHOI, Nr. lül)
brachte zum 80. (»eburtstago Schoner« ein au«geführton*s
Ijelteitsbiid von A. Bergsträrser; ebeutiu die Leipziger Illu-
strierte Zeitung vom 4. Mai 1901 vod Adam Klassert.
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P. Thome: Oie Götzen sm Kilimandzeliaro.
231
Die Götzen am Kilimandscharo.
^on P. Thomd, Sp. Apost. Missionar in Kiboechu (KiiimandKcbaro).
Seit mehr denn 20 Jabreu int Hah Gebiet des Kili*
uiandzobaro von Huropäeru bereist und bewohnt. Viele
haben Sitten uu<l Gebräuche der Wadschagga, des
tapferen, kräftigen Volküstammes am Berge, eingebend
beschrieben, und jeder Forscher hat die Frage» ob die
\Yadfichagga Götzen hnWn und denselben Opfer dar-
bringen, a<mel ich woifs, entweder verneint, oder sie
gar nicht erwähnt. Bukaiiut iet» daf.*! die Wadsebagga
geweihte Bäume haben, unter denen sie mit Vorliebe
diener sind, und dafs je<ler Mangi (Häuptling) am Ihjrge
wenigstens einen Götzen in seinem Bereiche hat.
über die Auffindung des ersten Götzen will ich
genauen Bericht geben, weil die Frage von der höchsten
Bedeutung ist und Aufklärung giebt, warum die einzelnen
Häuptlinge einen su grofsen Kinflufs auf ihre Unterthanen
aiisübeu und warum seiner Zeit der Aufstand gegen die
Heutschen am Berge und die Verschwöimng sich im
geheimen bis nach Aruscha hin auadehnen konnte (die
Abb. I.
Abb. 2.
Abb. I. Der zuerst aufgefundeiie Götze beim Häuptling Leslo. Nstfirlkhp Oröf». A Mund. U OpferrioK
SU« SrhAffnl). C UuasDeorindc. — Abb. 2. Götze aus 4er Laudschafl L'ru> A Stück aui Hnnniienrinde.
ß Sclitfr«Uring vom IcUlen üpfvr. C, C Aagrn.
ihre Opfer darbriiigeu. Bukauut ist ferner, dafs die
Wadschagga eine grotse Furcht vor den Warumu (bösen
Gei.Htern) haben, denen sie Opfer darbringen; aber
keinem Forscher ist es gelungen, zu beweisen, dafs das
Gebirgsvolk Götzen hat. Mit meisterhafter Geschick*
lichkeit haben es die Schwarzen verstanden, ihre Götzen
vor den Kuropäeru zu verbergen und von ihnen keine
Erwähnung zu thun. Dies ist um so mehr zu ver*
wundem, wenn man in Betracht zieht, data der Kill*
mandscharo von vielen Häuptlingen beherrscht ward und
wird , die voneinander unabhängig sind , und die in
beständiger Fehde lebten.
Anfang September 1902 ist oh mir gelungen, den
Nachweis za erbringen, dafs die Wadnehagga Götzen*
Waaruscha haben diesellxtn Götzen wie die Wadschngga).
ohne dafs die am Berge wohnenden Europäer die mindeste
Ahnung von der drohimdun Gefahr hatten.
Vor etwa 2 Monaten kam Kindolo, ein Mann aus
Kiboscho, in aller Eile zur Mission gelaufen und stam*
roelte zitternd die Worte: „Mangi akapiga nungii dyuu
Vangu**, wörtlich: „Der Häuptling hat ül>er mich den Topf
gfe>ichlageii.'' Dunkel war der Rede Sinn, und hum den
weiteren Fragen konnten wir mir erfahren, dats der
Häuptling auf einen Topf geschlagen und dafs diese
Schläge dem Kindolo ziikomraen sollten. P. Dürr suchte
den armen Mann zu i>oruhigtm, indem er ihm erklärte,
dafs, Holange „di*r Häuptling nur auf den Tupf schlage,
die Sache keine Bedeutung hätte**. Traurig und dun
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232
'■ Tbume: Die (tützi^a am Kilimaudaeharo.
Kopf scbüticlnd vorllels der Schwanso dto —
AU ich ÄDfaug September die verschiedoDen Schuleu
der MUmIod besuchte und zum kleinen Häuptling Mringia
kam, beklagte sich dieser, data sein Nachbarbftuptling
Lesio, mit dem er nicht auf gutem KuUe steht, „den
Topf geechlagen hutiu'^, daU seine Leute nichts melir
dun Leutvn doa Mringia vorkaufun »oI]t4<n. Hier fiel
mir das „Kuba nungu*' des zum Tode crschi'ockeuen
Kindolo wieder ein, und ich bat, eine nähere Auskunft
über den mingu geben zu wollen. Bestimmte Gewifsheit
bekam ich auch diesmal nicht, nur das war mir klar, dafs
der Häuptling einen eigenartig geformten Topf aus Thon
habi^ der bei don „mauenos** (Gerichte der Schwarzen)
eine groUe Rolle spielt.
Tags darauf kam ich zum wilden Häuptling Lesio,
der gerade, umgel>en von den Grofson «eines Reicbes,
Ton einem seiner Unterthanen eines schweren Vergehens
gegen das siclwnte Gebot beschuldigt wurde. Der Kampf
war heits, und um eine Kntscheidung herbeizuführun ,
griff I.esio zum Radikalmittel: „Kaba nungu'*, „schlage
s b
Abb. s. Götze aus KIboscho.
Natur!. GrüC»«>. n Vordenin»iihl. b S<‘iti-nan«<ichl.
den Tojd“. Der .\nkläger ging auf diesen Vorschlag
ein, und ein Akida rcrschwand sofort, um den geheimnis-
vollen uuDgu zu holen.
\\ äbrenddesseti war ich mit dem ZeltaufscblBgen
beschäftigt und jubelte im stillen, doch endlich einmal
den iiungu zu sehen zu bekommen. Jeden .\ugenblick
iuuf»^te der Topf kommen. Der Ankläger sufs mit ver-
störtem Gesiebte da und erklärte plötzlich und wider
Krwarten, dafs er den Häuptling verleumdet habe; an
seiner Auslage sei kein AVort wahr und er könne den
uungu nicht schlagen.
Ich begriff nun, dafs l>ei Streitigkeiten iler iiungu
den Ausschlag gebe, al>er damit war mir nicht geholfen,
und ich fürchtete, dafs der Häuptling einen Boten
schicken würde, um doti nuiigu wieder an Ort und Stelle
zu bringen. Ganz treuherzig bat ich Lo>io, dennoch
den nuiigu kommen zu lassen, um ihn zu sehoii I)ies«^,
über deu Sieg wie biTuu-scht, gab mir «las Jawort, ohne
eiaie List zu argen. War es ihm auch ernst gemeint?
Wirklich kam lautlos der Träger dos geheimuisvoUeu
Topfe» zurück, legte einen in Rananenrinde gewickelteji
kleinen (regrnstand in die Hände de» IliitiptlingH und
spuckt« ein Masaaleblatt au*. Keiner sprach ein Wort,
und Lesio, der Dnmmkopf, enthüllte daa „verschleieHo
Bild^ un«l gab es mir in die Hand. Ks war kein Koch-
to]if, sondern richtig ein Götze, in weiblicher Form, uue
Thon gearbeitet, der uro den Hai» einen Ring aus Schaf-
fell trug, der vom letzten ttpfur herrührte. Im Munde
kuDiite mau deutlich Teile eingestopfter Xahrung be-
merken. Kaum hatte ich Zeit, mir diesen seltenen (th-
gcustniid genauer aiizuaehen, ab der Häii{*tling ibu
wieder einwi4^keln und nach Hau^e befördern wollte.
Wahrscheinlich butte er bemerkt, daU er eine Dummheit
begangen iiatte. Sollte ich seiuem Wunsche willfahren?
Das ging nicht Der Götze war in meiner Hand, und mu
keinen Preis wollte ich mir die Beute entwischen lassen.
Was jetzt vorging, ist kaum zu beschreiben. Lesio
gebärdete sich wie ein Kind, warf sich vor mir auf die
Kniee nieder und rifs sich fast seinen kleinen Bart aus,
was die dringendste Bitte bei deu Wadsebagga bedeutet.
Kr weinte und rief ein über da« andere Mal au«: „Danke,
dunku, gieb mir deu nungu zurück, ich sterbe.“ Die
Szeiio war steinerweichend, aber ich konnte den (iötzen
nicht mehr zurückgeben, dessen grofso lk?deutung mir
immer verständlicher wurde. Alles, alles, sein Kleid,
seine Ochsen bot er mir an, weun ich nur sein Kleiuod
Zurückgabe; und als ich deu Götzen in meine Kiste ein-
schliofseu wollte, hinderte er mich mit Gewalt daran,
indem er sich unter meinen Tisch warf, wo die Kiste
»tand. Kndlich war der nungu in Sicherheit. I^sio
sprach kein AVort mehr. Sein Schmerz war zu grofs.
Ich »tollte ihm vor, dafs lH>i ihm eine christliche Schule
errichtut sei und dafs er die Götzen buisoite laaaen müsse.
Da« heilige Kreuz versehe besser den IHeust al« »ein
nungu. Bei die.sen AA'orten fuhr Lesio auf uud fragte
mich, ob der dem Tode verfallen .lei, der vor dem Kreuze
nicht die AA'ubrlioit sage. Ich antwortete „ja“, indem ich
den Tod der Soolo molnte. Diene Antwort schien der
Häuptling nicht erwartet zu haben, und er fragte in mils-
luutigem Tone weiter; „Kann ich dem Kreuze auch Opfer
darbringen?“ Natürlich war die Antwort verneiuend.
„Haizuru“, schloss Lesio, „gieb mir ein mäunliohes und
uin wotbliches Kreuz und ich bin's zufrieden.“ Diese
AA'urtc waren etwa« stark, zumal er wis.ien mufste, was
das heilige Kreuz ist und darstellt. Darum fuhr ich ihn
schroff an und hielt ihm seine Unverschämtheit vor
.Augen. Die Folge davon war, dafs l^sio um Verzeihung
bat und mir den Götzen Qberliefs. Nur bat er mich,
niemand etwas zu sagen, dafs er mir den „grofsen
Teufel“, wie er den nungu nannte, gegeben hätte.
Hiermit war die nungu-Frage erledigt, und der Götze
blieb entlgüUig in nieiueti Händen. Das Geheimnis war
enitleckt. und ich konnte ohne viele Mühe weiter for>*cbeD.
Ohne Zeit zu verlieren, begab ich mich auf dio Suche
nach auderou Götzen, um später nicht durch falsche
iiiingus getiuischt zu werden, diu keinen AA'ert hal)en.
Bald konnte ich feststellen, dafs jeder Häuptling um Kili-
mandscharo wenigstens einen Götzen in soinom Bereiche
bat, und dafs keiner den Götzen seines Nachbarn ver-
langt uud bekommt. Innerhalb 14 Tagen batte der
Götze des Häuptling» Lesio 1.3 Gefährten, von denen zwei
aus dem (rebiete des Häuptling« von l'ru, einer von
Moschi und zehn aus dem Gebiete des Häuptling« Siauga
von Kibo»clio selbst Htammen. Kincr von diesen zehn
ist ad acta gelegt wonlen, da er von unberufener Hand
verfertigt ist und bei den AA’a<lschaggn keine grofse
Bedeutung hat. Überdies steht er nicht mehr fest auf
den Ibdnen und ist über und über mit Lumpen bebaugen,
dio einen üblen Geruch verbreiten.
In den ttobieten der anderen Häuptlinge kann
ich keine Such« nach Götzen hnlion, um mein Leben
nicht allzu »ehr eines (rüt/en wegen aufs 8piel zu setzen.
2.13
P. 1'ht»nie: Die (lötreii arn K tliniaiidaobaro.
.IcKler Konipiier mid Misnionar aot Ber^e maj? in i^eincm
l>ii«lrikte das (ileiche thun und voi-aachen, die (röixeii
der iliiuptlin^o Ton Modsebanie, Küoina, Manrnfru
und Kombo zu bukummen, über deren Vurhandenaein
kein /weifnl ]!<t Von deu 13 GöUeu der Sutomtuug
ttteliou 12 eine weibliche und nur einer eine männliche
Person dar.
K« bleibt noch übrig, Kinzeliieiten. wie Ort und Art
der Verfertigung, Verkauf, ttpfer, Auweuduiig derselben
u. a. w. mitxuteilen. Fidgendes ist mir gelungen, Ton
glaubwürdigen Zeugen zu erfahren :
Ibu Heimat der trotzen i»t Kirhe und Aruneba chiui.
Nur wenige »tnoimen aua Tavetn uinl hinter dem Moni*
berge bor. Kin armer Afniin, der keine Kinder hat, hat
nungu darbringen, wenn er einen gobitet bat?^ Her
ZauhvrtT beatimmi die Opfer, welche für jeden nungu
Teracbieden sind. b^n ttpfer Ut dae:»elbo für jeden
(iotzen, nämlich ein Sebnf tkeiiie Ziege), mit tiessen Itlnto
der Götze beaprengt und aus dem Felle von deaaeii Vor-
derbeinen dem Götzen ein IlnUbnud verfertigt wird.
Der Gutze bekommt nur dann aeino t)pfer, wenn er »eine
,\rbeit verrichtet hat, d. h., wenn er einen Untreuen oder
Moiiioidigen gutOtet oder dem Ttrde nabu gebracht hab
Die Verwandten des Ver«torbeiien mttsfreii für die Her-
beisebafiung der t)pfer aorgeii. Suiten ist der Fall, dafa
ein Sebwerkranker seine Fehler eingesteht und dem Tode
vorzubeugen auebt, indem er »cbnell dem Götzen die vor*
geschriebenen tlpfer bringt In Fnropa sind Fälle von
Abb. 4.
Abb. b.
Abb. 4.
Gutze äia liihuarho, In Form eines kleinen Tupfea«
A S^hnlVelllmit »i«:« Oj.fcr. 15, I5 BritiCe.
Abb, 5.
Götze ans KIbwacho.
Sniiiil. ni*3lW. A It »B<l ('. {> IWiich^teiksi.
allein du» Rocht die Götzen zu verfertigen. Wilnle eiti I
anderer dieses wagen, so aturlHin nach dem (Gauben der i
Sc’bwarzeu «eine Kinder, und er kommt um all .»eiu Hub
und Gut. .Sämtliche Göt/eii .sind aus Thonurde, die bei
den WudBchugga „umhu^ hei[»t, bereitet. Ist der (#ötze
im Dickicht, fern von je<ler mensrliHcben Wohnung,
geachaflen, ao baut ihm sein Meister in der Wildnis ein
kleines lläuiscben. das ihn vor Regen und Sonn«* .schützen
soll. Mindeatena drei Mtmatu uiuf« der (iötze in der
Einsamkeit zubringen. Dt diese Zeit vera trieben, so
sucht sich der Zauberer einen Käufer für den Götzen,
der ziemlich gut iH^/ablt wird. Im geringsten Falle .sind
B» drei bi.s vier Ziegen. F.he <ler Kauf ubg**>icblüss«oi
wird, fragt der Käufer, ob der uiuigu auch Kraft be.sitzo
und sicher wirke. Die Antwort Dt natürlich bejahend.
Alsdann fragt <Ier Käufer: „Welche Opfer inufs ich dem
Glr.bu* bX.XXIII. Kr. 15.
Meineid woitau.s häufiger al» hier der falsche Kid vor
den Götzen, denn d«T Mdr«'hngga zieht jede körpi'rliehe
Züchtigung und Ueraubung au Gütern ilein To<le vor. den
er sicher von dem Götzen erwart^d, wenn er lügt mler
das gegeliene Wort bricht.
Die Opfer für den ersten (iötzeii. den ich bekoiiiiiiCM),
»ind folgende: Kin Schaf, welches trächtig Dt, soll ge-
sehliiclilet, mit dessen Illut der Giitze besprengt niid aus
dem Felle der Vonlerbeine ein Halsband bereitet uml um-
gclegt werden. Ferner ist in den lifiind Honig und
Hutter ZN legen, fm Urwalde des Kilimandsehani Ist
ein mholele (‘I'ier mit schönem Felle), ein Fugo (Wild-
katze) iin<l ein Miiide(V) zn erlegen, mit deren Hlut der
(iötz*< gleichfalls besprengt wird. Dem zweiten Götzen
der .Saiiiiulung wird nur das Hauptopfer, ein Kebaf, flar-
gebracht. Kin anderer Götze verlangt neben dem Haupt-
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F. Thomo IHe («otzeu am KiliinaiidBoharo.
■2H4
Opfer einheimiaeheti Bier (Kiwari), io da« ein Böndel^
hefitehend aua drei verachiedenen Ffluiizeu (Keiigera —
Ipaaa — Mfumo) geworfen und womit der Götze besprengt
wird. Dia Opfer einen anderen 1»eatebeii nebat dom
Httuptopfer nun dem Blute zwuier Tiere den L'rwaldeH.
Ferner iat aorgfftltig dan Blut einen Menmdien zu Kainmeln,
der eine Wunde am Fufa hat, und S|)oic'hel, der dem
Götzen eingegebcii Werden roufs u. a. w.
Nur derjenige bat das Itecht, einen nungn zu kaufen,
der eine gewUse Macht besitzt und di« FrlaubiuH dazu
vom Häuptling bekommen bat, denn aonst könnte der
fremde Götze die Kinder des lläiiptlingH töten und ihm
linheil bringen. IHe Kriauhnis wird fast nie erteilt.
Dala im Di‘<trikto Kiltoscbo S4> riele Götzen Torhanden
üind, ist dem l'instaiide zu verdanken, dufs früher das
Land unter viele kleine Häuptlinge geteilt war, von denen
jeder seinen Götzen hatte. Nach Vereinigung des l^nde'«
blieben die Götzen in den alten Distrikten. Der Häuptling
Abb 6.
Abb. a. Götze aus Kibosrho.
Natur). Grüfae
.\bb. 7 . .Mäniilirher Götze mit Urflsten. Kthosrho.
t>|ifrrriog «u» dem Fell nucs Ttrrvi. '/< «aläi'l. GriVfa«.
deckt ihn mit Baiianenrinde zu. In Banauennude
ist der Götze auch eingewickelt. Warum gerade
die Bauaiiunrinde gewählt ist und man dem nuiigu kein
Schmuckkästchen verfertigt, konnte ich bis jetzt nicht
in Krfahrung bringen. Der Götze wird aus seiner Buhe
genommen, wenn wichtige Angelegenheiten ihn zu den
„Wasoro“ (sttxdtbnreu Männern) rufen. Dieser Wechsel
bringt dem Häuptling einen guten Ertrag ein. Ganz
arme I<eute müssen Kiwart (einbeimischea Bier) bringen,
die anderen wenigstens ein« Ziege und die Reichen einen
Ochsen. Hat der Häuptling sein Schäflein im Trockenen,
BO wird ein Akida beauftragt, den Götzen zu holen. Ehe
dieser den nungo in die Hand nimmt, steckt er ein
MaHsaleblatt in den Mund, um vorübergehende Leute zu
warnen, mit ihm zu sprechen, oder selbst ihn zu grüfsen.
Wie bemerkt, istder Götze in Bananenrinde eingewickelt,
jedoch bedarf es noch eines kleinen Stal>eH. an dem das
Kleinod mit Umhüllung befestigt ist, und den der Akida
Abb. 7.
getraute sich nicht, alle zu raulien, teils aus religiöser
Furcht, teils weil er nicht di« 0|»f«r eines jeden (iötzeu
kannte. Immerhin wäre es ihm lieb gewesen, wenn nur
sein eigener Götze unumschränkt, ohne Nebenbuhler,
herr'‘cht«, um besHere Gaschäfte zu machen, wie wir weiter ■
unten sehen werden. Dies ist auch der Grund, warum
mir der Häuptling von KÜKMcho so eifrig bei der Suche I
UHoh ti43tzen geholfen bat, nachdeiu er einmal wütete, ^
dafs durch die Dummheit des Lesio das Geheimnis den
Kiiropäorii verraten war. Natürlich imifste ich ihm das j
V’erspi'echen gehen, .»einen Götzen unbehelligt zu lassen, |
was ich im Interesse der Sache thuii mufKte. 1 brigeuB
suchte er jetzt seinen Götzen zu schützen, indem er Nach-
bililung4'ii von ihm aiifertigeu läfst, die keinen Wort
haben, was wabrsrheitdich andere Häuptlinge ihm nach>
machen werden. Di>t eigeiitliehcii Götzen in Zukunft
zu finden, wird keine leichte Aufgabe sein.
Der Ruheplatz des (iötzen ist nicht in der Hütte,
denn sonst würden die In-HAsseii sterben, sondern man
Versteckt ihn Horgfältig hinten am Ihich der Hütte und
in di« Hand nimmt. .\uf dem Samraelplatzo angekoinmon,
übergiebt der Akida dem Häuptling den Götzen oder
legt ihn nieder und spuckt daun das MaBsalebluti aus.
Nun heilst es, „Kaha uungu", „schlage den Topf^ und
der Angeklagte oder .\nkläger mufs seine .Aussage be*
schwören. Dabei wird der Götze in die rechte Hand
genommen. Frauen und Kinder haben kein Recht, den
(fützeu in die Hand zu nehmen. Für sie schwört ein
Krieger. Die Formel lautet folgendennafaen: „Wenn
diese Frau oder dieses Kind gelogen hat, o<ler jenen
<*egeustand gestohlen bat, so soll der mmgo die Person
itmurhalb . . (es wird gowöhnlich eine Frist angegoben)
„töten; wenn sie die Wahrheit gesagt hat, so soll sie ge-
rettet Hüin."
Ein Krieger schwört: „Wenn ich nicht die Wahrheit
sage, so Süll der nimgu mich innerhalb so und so vieler
.Monate oder Jahre töten; wenn ich die Wahrheit sage.
SO soll ich gi'rettet sein.“
Ist einem etwas gentohlen worden, so kann dieser
auch den nungu verlangen, und er Npricht folgende
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Dr. F. Tetzui‘ 1 ’ Seelen- und Krdmäuuchciigluubvn bei l>eutHChen, Slawen und Balten.
Formel: „Wenn der IHeb mir innerhalb einer bet^tiuimten
Friai den gestohlenen (iegenetand nicht znrückgißbt. ko
Koll der nungu ihn töten; wenn er ihn xurtlckgiebi, »o
Koll er gerettet eseiu.'^
Die»« letzte Art ist »ehr xchlau, denn wenn nach ah*
gelaufener FrDt der gestohlene (iegenstnnd nicht an Ort
und Stelle int, so wartet der Bestohlene, bis ein Reicher
stirbt, und erklärt dann, dafs der mingu diesen getötet
bube. Keiner getraut Hich . Fanspruch zu erJioben, und
den wahren Erben wird der Ridchtum genommen, denn
der Verstorbene war der Dieb.
IHe.<ter Punkt klärt die Frage auf, warum mau den
Wadschagga nicht nachsageii kann, dafs Hie Diebe sind.
Die Wadsrhagga sind «tolz darauf, r.n eagen: »Ein
Mdsebaggu kann nicht atehlen.“ Aber beleuchtet man
die Sache näher mit dem nungu, ho sieht man offenbar,
dafs nur die Furcht den Md^chugga hindert, en den
anderen Schwarzen gleich zu tbun, und dafs also die
Ehrlichkeit und Treue der Wadschagga nicht allzu sehr
zu loben ist; denn wer weifs, der Bestohlene könnte
den »To]>f schlagen**, und da.s Dehen de» Dieben wäre
verwirkt.
Der Häuptling kann auch den nungu für Keine Krieger
„Hcblageu", wenn «m sich um ernste IHuge bandelt, die
absolutes StillKchwoigcn erfordern, und sagt dann: „Wenn
ein Krieger diesen Plan, dieses Geheimnis verrät, so »oll
der nungu ihn töten, wenn nicht, dann soll der Krieger
gerettet sein.“
IHeser Ibinkt verdient die meiste Beachtung, denn
er giobt AuFschlufa über die lung.sam fortgeschrittene
Verschwörung gegen die Kur(»paer am Berge, die jedem
noch im Andenken ist, und die Gott Hei Dank noch zur
rechten Zeit unterdrückt wurde. Der Häuptling von jedem
DiKtrikie brauchte nur die Rache des Götzen über den
Verräter herabzurufen, und keiner hätte sich getraut,
nur ein Wort zu Kagen. Und so war e» auch, wenn ich
der Aussage uu'hrercr Akidaa (ilatiben schenken darf,
die mir vervieherien , duf» damals der nungu die Haupt-
rolle gespielt habe. Der Leser mag selbst urteilen.
An der Wirksamkeit de« Götzen zweifelt kein
Mdschagga, zumal er in früheren Zeiten rapid wirkte,
da der Häuptling mit Gift narhhalF. .letzt geht der
Prozets latigsam voran , denn jeder fürchtet die drei
Balken in Mofchi , aber iiicbudestuweniger bleibt der
nungu dn5 Radikalmittel für viele Suchen. So schnell
wird eich der Mdschagga von ihm nicht ti-ennen köunen.
Der Wert ©ine» nungu wird nach den Personen be-
messen« di© or getötet haben soll. Fiii Götze meiner
Sammlung soll zehn, ein anderer sieben PerHonen getötet
hai>en. l'm alles vom Mdscbaggti zu erhallen, bi-aucbt
man ihm nur zu droben: »Kalia nungu.“ Ein alter
Zauberer von Ki1>ORcho wollte mir durchaus nicht seinen
(iötzen geben und erklärte, dafs er in einem anderen
Laude sich befinde. Ks genügte, ihm zu sagen: „Kc^mni
mit mii-, du schlägst den miugii“, und Nofort gestand
der.\rme die Wahrheit und liefK uiir den Götzen bringen.
Wer im Besitze einea Götzen ist, den kann kein
Mdschagga betrügen.
Seelen- und Erdmännchenglauben bei Deutschen, Slawen und Balten.
Von Dr. F, Tat
Der Volksglaube aller Völker hat nach zwei Rich-
tungen hin eine Entwickelung durchgemacht, die auf
der einen Seite zuni Priesterglauben, atif der anderen
zum Glauben der Gebildeten geführt hat. Eine
rück- und eine seitläufige Anknüpfung in verKchiedeneu
Zeiten und mit verschiedenen Völkern hat .4bänderunffeu
hervorgernfeii, alte ThatbeKtönde verwiBcht und die Ideale
verrückt, nämlich auf der einen Seit« die I^hre eines
KeligionsstifterH, auf der anderen das philosophische
System eines Denkern eigener W'eltanscliauuug. [’nter
sich mufsten die drei Stufen: Volksglaube, Priestergluube,
Phikrsophie oder Glaube der Gebildeten au» innerer Not-
wendigkeit in Streit geraten, da jede Richtung eine an-
dere Seite des Urglanben» verfolgte und manches ein-
seitig ausschliefHen mnfste. .\iu schärfsten inufste dt«
Ableugnuug der beiden böheruii Entwickelungsstufou.
der Pole, gegenüber dum Volksglauben, dum ('eutrum,
Helbst erfolgen, der Kinder gegenüber der gemeinsamen
.Mutter.
Ein nuxlerner Denker glaubt dem Priesterglttubcn
nichts SchÜmineres auswischen zu köiiiiou, als ihn
Köhlerglauben zu taufen. Die Untersuebung des
Volksglaubens, das Hereinziehen in die wiKseuschaftliche
Buobachtuug. hielt man bis auf die jüngsten Tage im i
allgemeinen für unwürdig.
Aus rein äutserlicher Anteilnahme am r«terhaUemleu
versuchte man wohl hier ut»d da zusumraenhanglose Mit-
teilungen daraus, al>er meist nur, um sofort da» Touf-
lischc, Höllische, unglaublich Verworfen« ZU braudiuarkeu.
Ursprung, Eutwiekeluug, Zusammenhang, Wert (Hier
Unwert prüfte luuu nicht. Dem wilden Tiere trat
nicht der Zoologe gegenüber, .Hondern der .läg(*r oder
Kammerjäger. Mit Scheiterhaufen und Galgen, Kiid tind
zner, Leipzig.
Schwert glaubte man leichter über die der einzulmui
Philosophie oder Religion unbequemen Nebener*<chei-
uuugen wegaukommeu. Noch kürzlich schriel» ein Theo-
loge als Ergänzung zu einer Arbeit «iues (kdehrten über
den Aberglauben in der Gemeinde des Iktrefircuden in
einer angs.^ebenen Zeitung: »Ich bin m> und ho viele
Jahre als Seelsorger daselbst gowenen, .\berglauben giebt
es dort nicht.** Kh findet »ich loichter ein Verleugner
oder Zerschneider de» gordisolieti Knoteu» mit dem
.Schwert als ciu Entwirrur mit geschickter Hand und
klarem Kopf. So sehr sich die höheren Vertreter der
di*ei Glauliensarten gegen- und untereinander befehdeten,
HO nahe ntehen sieh trotz aller Feindschaft rüe miteiNten
Formen. Oder hoU jenes Allgäuer Weildein uicht für
vollgültig gerechnet werden, die auf den Zuruf, man
wolle einen neuen Herrgott einführen, diu Antwort gab:
»Weun's nur der heibge Kolmannus wäre, der verstände
sich doch etwa.s aufs Vieh.“
Der wisseDKchuftlicben I nterHiichung des Volksglau-
bens ist in neuer Zeit ein anderer Feind erwachsen , die
Methode selber. Was ist da sulb»t von Forscliurn, die
auf verwandten Gebieten Unvergängliches geleistet liaben,
nicht gesündigt worden. Vr'ie Kchiinini .nteht es beispiels-
weise mit der Kenntnis des gertnanihohun Volksglaubens
lind der deutschen Mythologie noch heuU*. .\bgeseben
vou den weuigen Fachgelehrten und dei^u Schülern und
i .\nhäDgorn, hält man in weitesten Kreisen noch an der
' oltuu Vercjuickiing de» nordischen und deutschen Götter-
himmel» fest und verwirrt auch da Volks- und Priester*
glaubeu. Selbst bei einseitiger Betrachtung dua Volks-
glaubens möchte man gern fest uiiirauden, um sichere
Objaktu zu haben: Gestalten mit Fleisch und Blut, Farbe
und Kleidung.
2tr> Dr. Fr. Tatzner: Seelen- uu<l Hrdminnohanglftulieii liei Deutsoheii, SUweu uq<] llaltuo.
Man Ter^ifiit dabei gans und ilafe mau nicht
l’mrandlmres umruiiileu will. Mau wiU Wesen , gans
indiTulueila Scbemen. die nicht« als ihre Wesenhaftigkeit
beaitzuii , und die jeder Menach und jede Zeit anders
«eben und anHoben, wie allgemein gültige und verkäuf-
liche, allgemein gleiche historische Persönlichkeiten auf-
fassen. Wohl hat auch der Vulksglaube seine eigene
innere hhitwiekeluug, denn das Volk besteht eben doch
aus Individuen. Aber diese Kutwickelung ist keine ge-
HcbicbtUche, nur eine individuelle.
Zum mindesten wäre es bei$|>ieUwei‘<e falsch , alles
je von und Ul>er Knlmännchen Gesagte zu einem Gesamt-
bild eines einzigen Wesens zu vereiuigen , womög-
lich noch ohne zu prüfen, ob die Quellenangabe nicht
überhaupt schon auf gelehrtem Kinflufs. auf Übertragung,
MifsverBtändui» oder dergleichen beruht Bleiben wir
bei dem „Mftnuchen“. hliner au« dom Volko ist leicht-
gläubig. einen anderen täuschen die Sinne in beKonderer,
Verschiedener Weise, ein dritter überträgt gelesene f>der
gehörte Vorgänge auf angeblich ihm hegegneto Vor-
kummaisse, ein vierter übeidreibt das angehlich Gescheite,
ciu fünfter lügt wohl gar: ich vreifs Beispiele in he-
kaunteu Sammlungen.
Wenn nun der StnffKaiiimler aus all diesen Leuten,
womöglich noch eindringlich, das Wüuschenswertu her-
nuah^ckt, so wird er wohl ein grotses Material zusammen
bekommen, das aber tbatsäcblich zum grofsen Teil ganz
belanglos ist hh» ist natürlich sehr schwer, Ursprung
und Art solcher einzoluon Stücke «len Vülk.sglaul>ens
richtig herauszuholen, aht^r nötig ist und hioibt es doch.
Wichtig ist }>«souders die Untersuchung der Wort-
goBcbichte, die Vergleichung mit den ähiilirhoii Krschai-
miugen verschiedener Völker und Nacliharstänime, die ^
Beziehung zu Geetalten des Priesterglauben« und der
Sage: also der Btbellebre, dein Heiligenglaubeti , dem
römischen Göttcrhinimel, der gelehrtou Litteratur und
der Krzithlung von VolksgeMtaltMi. Was ist iui Voiks-
glaulH'ii nicht alle« »u« dem Ostgotenkönig, aus dem
Kreuznachei- Scholarchen Faust, aus Lips Tulliaii, ja iu
neuerer Zeit »ogar au« dem alten Fritz geworden; und
hier konnte meist die geschichtliche Forschung siebten
und bfslimmou.
Wie schUnim steht c» üagegeu bei den gewöknlicheu
Dämoiicnnamcn. wo das selbstäudigu Klemcut unter der
lland zusammenschrumpft. Und doch war es da, und
doch gab es einen Kult, gab e.s Gebräuche und Opfer,
bevor unsere .Almen etwas von Oottar und Wotan wufsten.
Die Klufaim geheu dem iduigeii KJoha voraus, und wenn
mniKleii Schüilim und Se’irim auch erst iu ziemlich später
Zeit im alten Testament begegnet , «o war doch deren
Verehrung elien ein Rückfall vom Jiivelulieiist iu da«
Heidentum.
AlleGötzeii haben ihren Ursprung in einem einzigen
geiHtigeu Wesen; nach meiner .Vnsiebt nicht mir die ge-
wöhulichtm Geister und OiUnoneii . Hoiidcm auch die
Riesen und Wind-, Wetter- und Sonnengötter. Bio»
geistige Wesen ist ursprünglich nichts andere« al« das-
jenige Ktwas. (las den Menschen Wim Tode verläfst oder
auch beim Schlafe. In Frsebeinung tritt das Wesen an
erster Sttdie im Schlaf, im Traum. Ob ein Mensch ge-
HtorlM'n, ein Gegenstand vernichtet worden ist, spielt im
Traum keine Rulle. Uerselbe .Mensch, derselbe Gegen-
stand lebt, hui Farbe und Kraft. l>erselbc Mensch ban-
delt und spricht im Traum und zeigt «ich iu keiner
Wei.He an Sinnfalligkcit und Kindriuglickkeit unterachieden
vom Ixibowesen. Aber er bat verfeinert« und vollkom-
menere Kigeii.Hchafteii. Kr kann durch versch]os«ene
Tbüren dringen und verschwinden, durch die Luft schwe-
ben und sich V(‘rwaiicl(>ln. Mit der Zeit wird sein Kr- I
scheinen im Traum snltener, es hört aber ganz erat mit
dem Tod des Träumers auf. und wenu das Traumge«|>euet
etwa das alter ugo einer markigen allgemein oder weit
bekannten Persönlichkeit ist und am eonneuklaren Tage
Verstärkung in Bildern und Büchern empfängt, öber-
duuert e« Generationen.
Weif« nun schon oft der einzelne Mensch nach einer
Zeit nicht mehr, ob er bei einem gewissen Ereignis
Augenzeuge war oder nicht, «o kann er häufig noch viel
weniger smher sagen, ob er ein Vorkommnis erlebt oder
nur guträumt hat. Walther von der Vogelweide bat
nicht blots bildlich recht, wenn er singt:
Ouw-c war «int verswunden alliu niiniu järl
Ist mir min leiwn getrounist, oder ist ex w-är
l>az ich ie wände, dax iht w-aerc, was daz iht'l
i>ar nach hän ich gesiufeu uud enweiz es nicht.
Traumbild- und Seolenglanbe Laben nun auf man-
cherlei Weise neue Nahrung erhalten. Die Aufseningen
der N'alurgewalten, die Veränderungen im Naturlebeu,
eigentümliche Krscheinungen ohne erklärlichen .Anlafs,
unerklärliche Bewegungen in Feld und Flur, ganz abge-
sehen von SinocHtuuschutigen und llalluzinatiunen, legen
dem denkenden Memschen nabe, hinter der Veranlassung
einen Veranlasser zu suchen. Wirkliche Menschen, die
zufällig um Thatort wareu, flinke Tiere und vou der
Phantasie veränderte Gestalten gelten nun für den Ver-
anlasser. I)er aufgeklärteste Mensch verwechselt im
Halbdunkel eine alte Weide mit einem Mann, beim hellen
Tagesschein ein Tierlmn auf den kiirischen Dünen mit
einem Kiesen, einen schwimuiemien Kegel mit seinen
anmutigen Bewegungen im Lago Maggiore mit einem
badenden Zw*erg.
Da-' gespeuätische Wesen haftet an gewissen Räu-
laeu. Wii.sser, Wind und Wetter, Hau«, Hof und Him-
mel, Berg und Baum, Wald und Feld, Weg und Wüste
lievölkert die Phantabie mit Gestalten. Ks ist so be-
(juem und einfach, persönliche Voraiilasscr hiuter Ver-
anlassungen zu suchen, uud es ist so unbc(|Qein. die
Zusammenhäug« naher untersuchen und durchdenken
zu müsseu. Wenn ich hier die durch den Kult, der
doch sicher überall vorhanden war, bedingten Kigen-
schäften und Bestimmunifsmerkmalc der GcsjHmater bei-
seite lass«, so bleibt doch der Schritt von der allgemei-
neren Schemenbaftigktiit zur festeren Gostaltung gewisser
Geister zu erklären, z. H. der Riesen. Kine Fülle von
Krkläruugeu sind nötig, zu vergessen ist da nicht der
Anblick der mächtigen Hüiiengrälmr. Man denke nur
an Altu|isnI«H Göttcrhügcl.
Nicht ohne UKtracht darf ferner die mittelalterliche,
aus Bildern leicht erkennbare .\uffa»suug bleiben, uach
der lH>douteude Menschen weit gröDer gemalt w'urdeo
al« da« Volk. Su wuchs auch ein Dietrich vou Bern,
bei Slawen und Oerumnoii, so jeder gespenstieche Schlof«-
herr bei seinen Dorfleiiten ins Riesenhafte bei der wil-
den Jagd, beiiii Wirbelwind und beim Hausen in Berg-
scblÖBsern und auf Bergspitzmi. Dergrofsen KracheimiDgen
iu klarar Luft, im kurisebeti Wüsttmsande (wie iu der
Sahara) lialm ich schon gedacht. — Noch näher lag der
AnbiL zum Gespenst de« Zwerge«. Anlafs gab n. a.
eine zwergenhaft« Urlievölkerung mancher Länder, so-
dann die aufgedeckten vorhistorischen «ehr kleinen Wohn-
räume einer Bevölkerung, die nicht weHenlllch kleiner
a!« unsere war. .Almr auch di« wirklichen Zwerge und
deren (ügenschufien sind von Einflula auf die Zwerg-
«agen gewesen; ferner das Auffinden sehr kleiner Urnen
in der Erde, die man al« Zwerggeräte ansab. Nicht
zum mindesten mögen kleine Höhlen und Schlupfwinkel,
flinke Tierchen und Pup^ien den Gedanken genährt haben,
zumal das Klein« leichter verschwindtm und schneUerdie
l>r. F. TAtxiiet*: 8«eleU' und KrdtiittDiicbeii}flaiibeu bei l>cutticheu. Slüwen uud Beiten.
237
liindernisse überwinden kenn als gröfsere (ietster. Dasu
kommt no(fh der meist recht entwickelte (tlauVje an diu*
Umsehen der Kinderseeien, und der Gedanke, dafs da»
kleine Oberhitupi, wenijfHteiis in den ^rermanischeii, sla-
wischen uud balGschcu Hpracbeu, das Liehe Angenehme
Heimische, Heimliche bleutet. Mau kann beobachten,
dafa der Glaube an unrnlilige versebiudeue Geister all«
mählich bei /.unebmender Bildung iuiiner mehr zusammen-
geschrumpft, der Männleinglaube aber uoeh nirgendwo
Tollig ausgestorben i»t. IHe deutsche, slawische uud
baltische Geisterlehre, soweit sie auf historischem Boden
bleibt, kennt eine Menge solcher Namen, freilich aufser
diesem wenig mehr von diesen Geistern. Da altcAutot^n
aufser dem G«»tterdreigestiru des lltauischuu Priester-
bimmels wenig tod Geistern berichten, glaubte man an-
nehmun zu müssen, Simon Grunivn und Laaicius hätten
mit ihrer F'ülle Ton GeiaternameD einfach gelogen. Mögen
beide gegenül>er ihren Gewähnitnännern leichtgläubig ge-
wesen sein, aber solange nicht das Gegenteil erwiesen wird,
müssen deren Geisternameu erklärt und unb^rsuebt wer-
den. Merkwürdigerweise hat ja die Wolfenbütteier li-
tauische Postille TOI) 1573 auch über ein Dutzend Götzen-
namen, und Moswid und Bretkun hoben gleichfalls solche,
die heute kein Mensch mehr kennb |)arimter sind
Scbemepatis(F.rdmännchen) un<l Laukasargu^ (Feldhüter),
die ein Wort der Betrachtung Terdienen. Der Name
Feldgeist, Feldiniiuucheu kommt mittelhochdeutsch nicht
Tor, Luther aber gebraucht ihn für ulttestamentiichc
Ihifuotion; es wäre möglich, dafs die litauischen Namen
erst wieder gleiche litauische Übersetzungen aus Luthers
Bibel sind. Denn der L'riiame ist litaui»<ch und preufsisch
kauks. Was man jetzt alles auf einen kauks vereint
hat (vgl. Tetzuer, Di« Slawen in Deutsrblam), S. 90), er-
giebt kein einheitlieheB Bild, zeigt nur die rege, viel-
seitige Phantasie der litaiiiseben Landbevölkerung. Ur-
spröngHcti bedeuteb* das Wort sicher nicht mehr als
einen igelartigen Klumpen, auch das Krdmännchen soll
ein weibltcbcH Tierlein sein, aber Moswid und Bretkun
nehmen kanks doch aligenieiiier als Götzen, neuerdings
deukt mau sich ihu wieder mehr iltisartig und hat den
Begriff des /.wergenhaften jenseiU der l■nsh^^^eheIl Grenze
auf den Biig^s, diesHeit*« auf di« Barsdnkeri (Bärtigen?
DHumlingo?) übertragen. Trotz der Vereinfarhnng des
Geisterglaubens konnte ick in dem oben angeführten
Werk« doch über ein Dutzend solcher Dänioaen namhuft
machen, deren .\berglaubt* noch beute lebendig ist wie
zur /eit des WaisKeliua und Hartkiioch der Gedanke au
Bcrsiucke und Merkr»i»ate. unterirdische Männlein bei
Linden- und Holnnderbü.>ichen u. n.
Bui den deutschen Slawen sind die Ludki (Leutchen), die
kieiiieu weifseii, roten, liübschen, imterirdiscben Leutchen
allerorts bekannt, die Musuren keimen danebuu uoch den
Kolbuk (Kobold 1. die Tschechen den Palitschek ( Däumling),
die Mährer den Bobak (Bopauz), die Sorben den Bobak
uud Mumak (schwarzen Mann), die Slowinzen di<‘ Bj«-
ledhefdscba (weifse iMädcken), di« Polen den Uelek und
Ilübak. Ül>cr die polabischen Geisb'r hat Hennig treff-
liche Nachrichten gegeben. Mir scheinen diese sehr
wertvoll, da sie ungeschminkt uud imbeeinßufst über
einen VolkHHtamm bonebten, dessen Glauben jahrbnuderte-
lang uiibe«lnBuf»‘t von verwandten slawischen Stämmen
hlieb. So grofs der KinflufH der D«ut.Mchen war, w> waren
') Bekannt ist besonders die Diminutivbildung der litaui-
schen Dainos. Alter auch für unseren Stoff vergleiche man
Hentiig: .Kigeutlich beifHt (Sott in |K»labiHcber Sprache Düg.
Sie hüben al>«r das Wort BüsaU ((Sottcbeii) «ch augewehnet,
und wenn sie eiu« soiidi-rbar« lüeb« uud Hrgetienheit gegen
(Sott an iteii Tag gelten w«i|len. sprechen sie gar litirsatzak
((Sottelehen).'*
doch di« alten Namen geblieben, dercu Inhalt nun
I Heunig als einziger erschöpft. Was hatten die deut-
schen Nachbarn? Der Glaube an das Miinuchel, grau«
Männchen, ist noch allgemein; Krämännchen und Berg-
niäiinchen sind, soviel ich w«ifs, überall damit gemeint,
und nnderen Ortes sagt mau Zwerg« dafür. Wie weit
dos ZwergenbewuIsUein über lebendig gebli«l>en ist, ent-
geht mir. Ich fand überall bei Krwäbuuug des Wortes
Zwerg nur FIrimicruiigen au^i Bechi*t«in, Grimm uud an-
deren Märcbonbücheru, im übrigen verstand man unter
Zwerg einen kleinen, meist etwa» verwachsenen, in die
Breite gedrückten wirklichen Menschen. Ob also di«
reichen ZwergKchilderungen in mittelalterlicbeu Dich-
tungen auf VoIksbuwufstKeiii oder volkstümelnde Krffn-
duiig zurückgeht, kaun ich nicht beantworton. Souder-
barcrweisc ist auch der Glaube an die llausgei»t«r, die
Laren und Penaten, also die Kobolde, bei weitem nicht
mehr »o lebendig geblieben wi« der an die Männchen.
.An des Kobolds Stelle setzen bos« MenHciien nur den
Drachen und Teufel.
Huuiiig nennt die Teufel Tzorne Simenik (schwarze
Erdinwobner, IVlal, C’baudatz) uud läf^t ungowifs, ob
der bei allen deub<chen Slawen aU Geist noch lebendige
Wirbelwind (Wiehafr Wartisa) sein Werk sei. l>i«
Polaben hätten ihn dem bösen Feinde zugeschrieben und
kalten dafür, „dafs durchgebends nichts (iutes drin sei'^.
Sie konnten auch nicht leiden, dufs sich die Kinder im
Kreise berumdrehlen, sie könnten sonst vom bösen Feind
was kriegen. Die „Stäte** de« Kreuzbaumes erwähnt Hennig
nicht als «in ähnliches Wesen, w'eifs nur. dafs man viel
Abergiuuben mit dein Baum getriel>eu. In den Puppen
(Hneejuugta, (iotiesbildcheii) steht er ursprüngliche Göt-
terbilder und kennt auch zweierlei Spuk. Tau^lso
keifst, mau hurt etwa» und sieht nicht», twörse, mau
siebt uud hört Spuk (^daber es auch von der Kinder
Popanz gebraucht wird'‘). über die Hrdmänncheii selbst
hat er ein« klein« .Abhandlung geschrieben. Wie er iii
seinem Wörterbuch aprachvergleichend vorging, ver-
einigt er auch hier alle ihm bekannten Notizen.
Line uoeb tiefere rutersachung batte wohl in Hen-
nigs Sinn gelegen, muF»to aber am Tatar abgleiten.
Trotzdem bewei»t im» auch diese einfache Darstellung,
wie weitsichtig Hennig im Vergleich zu vielen seiner
Zeitg«noa»en war. Derartige lauge Untersuchungen
hatte iiii-mand in *ieinem Wörterbuch gemacht. Die .Aus-
bildung der Sage von den Krdmänueben, soweit sie nicht
auf Petrus .Albiuu» zurückgeht, zeigt, wie im «inz«ln«u
da» Volk an seinen alten G<>tzen hängt:
Lrd-Männichen. B«y den hiesigen Leuten, so wul
Teutschen als Wenden, Unter-Erdischen genannt Gorzo-
uik, plur. Görzoiiü. St?hoinet, dufz es herkomine von dem
Worte Tgöra, ein Berg, als aolte es heifzen, Tgörzonik,
ein Berg-Mnnnichen, ein Berg-Kinwohuer. Von deinsel-
hig«n fabuliret man hier, dafz »ie den 1/euten das Back-
Zeug »bgulichen haben: w'eiin sie es verlanget, haben »ie
es unsichtbarer Weise angüdcutet; alsiiann hat mann da»
(ieräthe hinaus für die Thüre zu rechte gewetzt. Des
AI>oiids haben sie es wiederbracht, an da« Fenster ge-
klopft. und damit aug«deut«t, dafz das Beliehcne wieder
du wäre; und haben allemal zur Dankbarkeit «in Brodi
dabej gelegt. Sie weisen uiicb noch di« Berg«, worin »i«,
ihrt*r Kinbitdung soUen gewöhnet haben. Dafz es wahr-
haftig solche Krd-Mäiinicheii g«l>e, sind noch viele allent-
halben der Meinung, In Thüringen heifzt man »i« Zwerge.
Sollen der Thüringer Fürgeben nach um den Suuberg in
den Holen ihre Wohnung gehabt hnWn. Ein Tbei) der
Mürcker und Liiufzuitzur sind vor diesem gar der Kin-
bilduiig gewesen, als ob sie die Töpfe gemacht hätten
uml noch täglich machten, die maiin hin und wieder in
238
Adi»lf Struok: Die maoedonisciten Seen.
den heidnUchen Begrftbuit^^on findet. S. Petr. Albin.
Metlznisch Rer(ir*('hrou. au 178. Blat. Was will mann
aber von dem Ber^-Mänoichen sagen, welches ein ge-
wifzer Autor in dem Silberreichen Berg-Werck« zu Schem-
nita in Ungarn, als er daszelbe auf seiner lUdeu besieh*
tiget, mit seinau leiblichen Augen gesehen, davon er fol*
geudufl erzehlet. Nach einer Stund, spricht er, kamen
wir in die tiefeste Örter und fimdeu zweene von den
Borg-Knappen, in dem Bräuchlicb, dals zweene und
zweene mit einander arbeiten. Detz erschrack ich, weil
mein Führer sie nicht grüfzete, sondom mir mit dem
Finger und Hand zu schweigen deutete: Kaum eines
Vater-unsors laug, als wir da stunden, und sie wieder
WüUen den Hammer anlegen, auch mein Führer sie eben
grüCzetc, wurden wir eines S|)UQncnlaDgen Müuiüeins, in
Geatalt einen Berg-Knappen, mit tn^endem Schirm,
Hammer und Stiel, gewahr, gieng 1 Ellen lang in einen
' andern Felfz, kam bald wieder und Hetz sich auf 5 mal
hinter einander sehn. Lic. Uhristoph Helwig, Anmuth.
Berg-Histur. pag. 11. Dergleichen Bergmäniicbens giebt
es auch in auderu europ&i»chen Bergwercken. in Böhmen
auf dem Hartze, in Norwegen u. s. w. Theophrasti Pft-
racelHi Meinung ist zu aehn im 5. Tractat seines Buchs
von der geheimen Philosophia, da er von den Menschen
und tieisterii unter der hlrdc haudelt. \S'er Geister und
Teufel nach luhalt des güttlicUeu Worts gliiubet, wird es
mit dem berühmten Olao Magno halUm, welcher sie
Lib. VI, cap. 9 für Teufel ausgiebt. Wovon, weitläufiger
zu sehen Erasmus Franoisci höllischer Proteus, pag.
571 ff.
Die macedonischen Seen.
Von Adolf Struck. Salonik.
II. (SchluTs.)
Jenseit des Höbenzuges, am westlichen Ufer de.<4
OHtrow{>seeH, hinter dem llorfe Patelik, Hegt ein nicht
unbedeutender See, der seinen Namen vom Dorfe Petersko
hat’*). Seine Form ist ziemUch regelmälsig und uvul’')>
die nackten Kalkfelsen, diu ihn umscblietseu, geben ihm
das Aussehen eines Kratorsees. Sein Umfang kann mit
rund 1dkm”), seine W’aHserflacho mit 10,5 qkm und !
seine gegenwärtige grotste Tiefe mit 6 m angegeben wer-
den* dem entspricht ein Volumen von 15,8 MüHonon
Kubikmeter. Dieser kieinu .See wird vou einem Flüfs-
cbeu aus südwesllicbcr Riebtung gespeist, der seinen
Namen vom Dorfe Seleniisch hat uud wahrscheinlich die
Gewässer zweier kleinerer südwestlich gelegener Seen,
des Hudnischko undSarigöl oder Zazerzi, aufnimmt; der
erstere dieser Seen, von langgestreckter, oraler Form,
ist nur um weniges kleiner als der Peterskosee, geht im
Norden in ein Sumpfgvbiet über uud scheint den Sele-
nitscbfluCs etwa beim Dorfe Noa'oselo zu erreichen. Der
früher so oft genannte und gesuchte Sarigöl liegt genau
östlich vom Dorfe Seleniisch, ist weniger bedeutend uud
von geringem Interesse. Sein Umfang hängt mit den
alljährlichen NiederscUlagsverhaltnissen zusammen. Ich
habe bisher nicht positiv erfahren können, ob er einen
AbOuts in den Selenitschniir« lial, doch ist nach seiner
to|H)graplnscheu Lage diese MögUchkoit nicht ausge-
schlossen. ln den i*eterskosee mündet fenier am nörd-
lichen Ufer ein Wildhach ein, der au.s den südwesÜichuu J
Abhängen des Nidsche durch das Peterskolhal oder Thal
von Goruitsebewo fliefst. Der gegenw'ärtige Wasserspiegel
des Peterskosees ist mit 574 m Meeresliöhe, d. h. etwa
50 m höher als der Ostrowosee, geinessen. Nachdem hier
ebenfalls kein sichtbarer .\bfluls der Gewässer vurbundeii
ist, der Wasserspiegel aber in ähnlicher Weise wie jener
de.s Ostrowosees in stutigeiii Steigen uud Fallen begriffen
ist, hat die Volksmciiiung eboufalls an Katawotbren ge-
dacht und diesen kleinen See durch einen unterirdisrhen
Abfiiifs mit dem Ostrowosee in Verbindung gebracht”).
**) Uarth, a. n.O., H. nennt ihn Pepert'*ka*gül um) das i
l>oi-r KoterUka.
*^) Kein DeltoM. wie Oestn'ioh, 8 . 146, angiebt. ;
**) Nicht nur 4 nach Uestreich, H. 145.
Barth schreilii nii«drueklic}i, dars er ,mii dem gnir'<vii
8ee von Oslrowo iu keiueni ZitHamnienhait^“ !<teht, siehr* da-
gegen Cvijic, a. n. U., H. 44 (hier Aiuiierk. 26), und Oestreii'h,
S. 145.
In vorletzter Zeit ist der Peterskosee nun stark gefallen,
und es hat sich am »teilereti Ostufer, an der Stelle, wo sich
heute noch emu alte Mühle befindet, die oben wegen des
Hückgiuiges der Gewässer jetzt nicht mehr betrieben
werdeu kann, eine steile Felsenapalle gezeigt, die in der
Riebtung nach dem Ostrowosee verläuft und duixih welche
der AbHuD der Peterskogewäsaer stattßndet. Bei hohem
Wasserntande entsteht an dieser Stelle «ine starke Strö-
mung, durch w'elcbe die genannte Mühle Imtrieben wird.
Auch orzuhlt die Sage, dals der Sohn jene» Königs, welcher
iu der Sehlutsruine ol»ei'halb der Mühle hauste, beim Baden
in die Tiefe gerissen wui*de und verschwand.
Zu den Niveausebwankungen dieses Sees ist zu be-
merken, daf» der Wasserspiegel z. H. vom 1. Februar
bis zum 1. August 1902 um 1,22 m stieg und nun seit-
dem wieder beständig fällt Vou grotsem liiteres-se sind
die korrespondierenden Sehwaukiinguu der beiden Seen
von Ostrowo uud Petersko, die in fthiiHcher Weise wie
bei kommunizierenden (iofäfsen zum Au.sdruck kommen
und durch die folgenden Zahlen in draKtischer Weise
(largestellt werden:
190*2
( Istrowosee
Petemkosee
Mäl*/.
steigt 4* cni
steigt 4 IJcm
A|ii*il
,
-r* 4ä „
,
.
Mal
4-2« ,
+ 1* .
Juni
4' 7 n
4- ö •
Juli
fällt
— 5 ,
fällt
— » .
Auzuxt
— i.t ,
SejiU-mber . . .
• n
— 0« .
,
— 47 ,
Oktober
• 1 H
— 33 .
— 1» •
Novemtwr ....
•
— 15 .
•
— 10 •
Der Höhenzag zwischen dem ttstrowo- und Peter.^ko-
ece hat uns so manche Zeugen einer grauen Vorzeit er-
halten. iHes trelände, über welches die von Westen nach
Osten wandernden Völker ziehen mufsten, eignete steh
wegen seiner unlürlichen Vorzüge zur dauernden Besie-
diduiig, und wie au allen Ufeni dos Ostrowosees, vor-
nehmlieh jedoch zwischen den Dörfern Kelemesg und Ko-
tsebani, wo die Sage einen (^twn 50 m hohen Hügel einer
alten Stadt zuschreiht, wertvolle Terrakotten, Münzen
uud Bronzegegenstande vorgefuiiden werden sollen, so
war dieser trennende Höhetizug schon in ältester 2^it
Digiiized by Google I
Adolf Struck: Die macedoniBchen Seen.
239
eine KuliuretAtte, deren jüngste Zeugen, eine Kargruine
auf der Anhöhe unweit Itegnia, noch heute zu un» spricht.
Von gröUtur Bedeutung aber für die Vorzeit Mazedüniene
ist ein etwa 700 (|m umfassendes SteinkinteiigrAberfeld,
das sich auf dum llOgelrückon hinter dem Dorfe Patelik
auf der Einsattelung zwischen den beiden Seen befindet,
und wetefaus erst in neuerer Zeit Tom russischen archAo*
lo^schen Institut wissenschaftlich ausgebeutut wurde.
Auch nahu am Katawothur des Petenkosees wurde in
frUhchrii«tIicherZeit in den Kulsonbagul eine Ka|>elle aus*
gehauen, in welcher man. zwar undeutlich, noch Wand*
malereieu erkennt.
Die Besredelung der Ufer des Ostrowosees schon in
ältostorZeit findet ihre Begründung bauptsachlicb durch
die hier herrschenden überaus günstigen klimatischen
Vorbültuisso. Der Aufenthalt ist vornuhmlich im .''ommer
sehr angenehm, wo fast stAndig eine wuhlthuonde, aus
Süden kummoude Brise über den See streicht; die Tage
sind weniger schwül als in der Ebene und die NAchie
milde, ja selbst kühL Der Winter gilt jedoch als streng.
Bis 10 oder 1 1 Uhr vormittags herrscht Töllige Ruhe
auf dem Wasserspiegel, dann aber wird der Luftzug
stArker, und am Nachmittag ist der See bewegt. Nicht
sAchlich an den nordwestlichen Ufern. Als besondere
Delikatesse gilt eine Weitsfisebart, die landesüblich Bru*
sak genannt wird; dieser für den Ostrowosee ebarakte*
ristischo Fisch kommt in mehreren Arien vor, ist am
südöstlichen Ufer besonder» reich vertreten, trAgt silber*
glüuzende Schuppen, die mit feinen Stacheln verwachsen
sind, erreicht das Gewicht von zwei bis drei Pfund und
wird nur von Mitte Januar bis Mitte März mit der.Vngel
gefangen. An Geschmack übertriHl dieser Fisch die
besten Seeforellen, pjoe kleinere P'iscbart mit blaugraiien
Schup|>ou und Iftnglichom Kopf ist der Mrenka (Barbus
communis?) genannte P'isoh, der ebenso wie der so-
genannte Zeroiü, eine SardoUenart, von Februar bis April
mittels Wurfnetzen an den .seichten, aber steinigen Ufern
zwischen dun Orten Ostrowo und Patulik gefangen wird.
Wie wir bereits sahen, ist die unmittelbare Ufergegend dos
Ostrowosees uubozu baumlos, welches Verhältnis durch
die imau.sgesetzteAbholzimg der Höben erst in den letzten
Jahriausendeu geschafifen worden ist. Ihis Agostosgebirge
tiAgt zwar heute noch ganz betrAchÜicbe BaumbestAnde
an Rotbuchen und p]icben, die bis an das nördliche und
östliche Ufer des Soes herabreichou. Heute ist dieser
ehemalige Urwald auch beträchtlich zurückgegangeu'und
Kahn (Kinbanm) auf dem Ochrida*See.
Aofuahme voo A. Struck.
selten tritt jedoch ganz plötzlich und unvorhergesehen
gegen 4 Uhr nachmittags starker Südwest ein, und die
ganze WasserflAche gerät im Nu in Aufruhr. Die Grund-
welleu gehen dann hoch, bis zu 2 m und mehr. IHe
'rbatsache, dafs sich bei schönstem \Vetter Ähnliche Stürme
ungeahnt eutfusseln, bt bereits zu wiederholten Malen
den auf den hier üblichen Kähnen auf dem See Fahren-
den verhängnisvoll geworden. So ging unter ähnlichen
VorhAltuisseu vor neun Jahren eine Hochzeitsgesellschaft
von sieben Personen zu Grunde, obue daU es auch nur
möglich geweseu wäre, den Schiffbrüchigen in irgend
einer Weise zu Hülfe zu kommen. Zur Schifiahrt bedient
man sich primitiver Kähne, die, wie aus der Abbildung
ersiohtliob ist, aus zwei ausgehöhlten, in der Längsrich*
tuug zusaromongefügteii Rüsterstämmeu bestehen, deren
Fugen mit Blech verschlagen und deren Ritzen mitP'etzen
verstopft sind, und in der hier »ehr nachlässigen Webe
gebaut, zum mindesten sehr unzuverlässige Fahrzeuge
genannt werden müssen. Auch werdun dioselbuu fast
ausscbUctslicii von PTsebern benutzt, die zeitweise ihre
Netze nahe den Ufern werfen, um den geringen P!rtrag
an die nächsten Ortschufteu, ja sogar nach Solonik ab-
zusetzen. Im allgetneinen kann der See als reich an
P'bchen bezeichnet werden. Karpfen, SehöU und >Voir»-
fi^sebe kommen in grober Zabl vor und laichen haupt*
bildet nur noch P>inzelparzellen von je 6 bis 12 qkm.
Die Höhen von KoUchani waren ehemals dicht mit pjcbeu
bestanden; deshalb trieben die P'Jnwohuer jenes P'leckens
schon in früheren Generationen Schwoinozucht, woher
(las Dorf seinen Namen (ScbweineNtall) hat
>Vir kehren nun noch einmal zum Ostrowosee selbst
zurück, um auf Grund zuverlässiger Tiefmessungun setnu
Hodongestaltung zu ormiitelu. Die Angaben über dun
nach Barth »einem nördlichen Teile recht tiefen See**
haben bisher sehr variiert, wiu denn auch die Vorstellnng
der P^inbeiiuischett über die gröfste Tiefe des Sees eine sehr
mnimigfaUigo ist Auch Grisebaeb orklärte, dab „seine
Tiefe bedeutend ist . . . und an einigen Orten nicht we-
niger als 24 Klafter betragen soll**. Endo Mai lüUl
machte ich bei einem Wasserstande von 527,5 m auf
einer mehrstündigen Kahnfahrt vom lK>rf Ostrowo nach
PatoUk und Kotschani mittels einer Hanfleine 17 Ix>-
tungen. Hiernach bietet der Untergrund des Ostrowo-
»ees eine allerdings sehr eigentümliche Gestaltung fsiehe
die Tiefenkurvun der Kartenheiluge] Während diu
südlichste Spitze und der gröfste Teil der nordöstlichen
Pänbuebtung »eicht verlaufen, reichen die steilen Preisen
PUne wohl nuc)i genauere Tiefenkartu dieae» Hees steht
von I’rof. Cvijic *u erwarten.
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•210
Adolf Struck; I)ie inacedoinichen Seen.
an den wertlichcn, iiordwestlicben und öHtUchen l’fem
tief in den See hinab, bin dan Terrain erst bet einer
Tiefo von 35 m unter dem \Va«»ersjuegel eine sanfter«
Ildsebung biblot. Iter gröfste Abgrund befindet sieh am
westlichen Ufer etwas südlich vom Ort« Hegnia Cgcgen-
über dem Itehnkilometer 146), wo der See bei einer
überaus steilen Höscbimg schon etwa 250 m vom ( fer
entfernt die bedeutend« Tief« von etwa 62.5 m erreicht. An
diese Steile verlegen die Ijcut« den Katawotber des
Ostrowoseea, ohne hierfür irgend einen Grund geltend
machen zu künnen. Immerhin wäre diese Möglichkeit
augefliiehts des hier geübten hohen Wasserdruckes nicht
als ausgeschlossen zu betrachten.
würe verloren« Zeit und Mühe, nachdem aus dem
VorauHgegangenen au dem unterirdischen .\bflufs des
Osirowostics nicht zu zweifeln ist, sich jetzt in einen an
und für sich belanglosen Versuch zu ergehen, die llich-
tuug und die Beschaffenheit des oder der Katawothren
feststelJcu zu wollen, um so mehr, als ja hier das Feld
der Mutmnfsungen ein grulses ist und die hierauf fnfsen*
den h]rgebiiiBs« doch nur einen hypothciischeii Wart
haben können. Auf einen diese Verhültnisse berührenden
Umstand jedoch möge hier noch bingewifsen werden.
Die Quellen des Ni^siaflusses liegen in etwa 4)H0ni, der
Waaaerspiegel de» t titrowosees in 528 ui Seehohe, »o dal»
der Niveauunterschied nur 48 m betragt. Öffnet »ich
die S|>alte für den AiiBHuf» des .S«»hh nn der tiefsten Stelle
des Seegrnndes, wie wir vermutet haben, so läge dies«
noch 1.3 m unter den Quellen derNi»»iu, was die Wirkung
dos unterirdischen Kanals allerdings in keiner Weise
beeinfiulst. Sollte im l.auf« der Jahrhunderte die Ab-
flolsstell« durch irgend ein Kreignis, Verkalkung oder
Verrammelung durch Felsblöcke u. s. w.. ihre Ik'stimmung
vorliereu, so steht eine Katastrophe von gröfster Trag*
weite zu «nrarteu. IH« Gewässer des Ostrowosee» müß-
ten bis gegen 35 m steigen , um über den Sattelrücken
im Nordosten einen AbfluD in der Uicbtung nach dem
Meere zu gewinnen. Hierbei würde das südliche Thal
de» Starigiolflus»«» oder des Nalbandkoi-Duresai mit allen
darin liegenden Orbicbafien bi<« nahe der Stadt Kaüar
üburschwemmt und die längs des nordöstlichen und welt-
lichen Ufer» führende Bahn zer»tört Die Wasser-
fläche des See» würde hierbei nahezu verdoppelt worden.
Dat» bei früheren hoh«n WaHHorntänden »ich nicht un-
ähnliche Katastrophon abgespielt haben, liefae »ich aus
den Zeilen Hahn» cntiiuhiuen: «I>or Weg (erreicht)
das nördliche Ufer des (Ostrowo-)Sees, welcher hei dem
gegenwärtigen hohen Wasserstande mit dem von Sari- i
gjöl nach der Behauptung unserer Begleiter nur einen
einzigen Spiegel bildet, denn beide Seen haben bekannt-
lich keinen oherirdiKcbeu Ahfluf».** In Wirkiiohkeit liegt
in dem Narbaudköjsuthale, gen Kailar zu, kein See Suri-
gjftl. Ibesen Namen, oder richtiger Starigiol (ulte*r Flut»),
trügt hier vielmehr der NarbandköjHufs »elhst, der <le»
öfteren austriit und obeidialh de» Oslrowosees den leh-
migen Boden in kleine Surapfgehiete verwandelt.
S<>narh betrachten wir als den Abllufs des Ostniwo-
»ees den NissiaRuIs, der seine reichen Quellen fast au»-
»cliliefslich jenem See verdankt.
Auf dem Durchflut« der Nissia durch Wladown nimmt
da» Gefälle etwas zu, und da» Fluf^bntt verbreitert sich,
»o dal» «1er Wasserandrang ein gröfserer zu »ein scheint.
Da steht eine Mühl«, die noch <lurch eine geringe Stau-
ung der Ni»»ia üImt eine üherreiche Wa.s*u»rkraft verfügt.
Hier t'rzähli man sich nun diu folgimde Sag«, die dar-
tliut, wie suhr die Vorstellungen über unterirdiKche Ver-
■*) Dies« iWffüreMuiig spriclit auch NanniHiin. K. -J4, nn<».
’*) Itei>« von Belgrad nach Saluiük, H. 122.
bindmigen der Gew&»»er in den Geist des Volkes ein-
gedrungen sind;
Im Monastir liegt auf dem Bubagebirgszugo, unter-
halb dea PoriHterikegels, ein kleiner Gebirgsseu, der eher
einem groNcu Wu«sertüm{M>! als einem von der Natur
gesehaffonen See gleicht; es ist der sogenannte Peristeri-
Jezero, derrinpp« von ziemlich »teilen Höhen eingeschlos»eii
ist und eine grofse Tiefe besitzt. Dort weidete im Fnih-
jahr ein junger Hirt, Sohn einet* Wladowaer Bauern,
die Schafherde eine» alhanesischen Bey», als ihm einea
Tage» die von ihm angefertigte Flöte in das Wusaer fiel
und nicht nndir aufzufliulen war. Wi« grof» war aber
»ein Erstannen, als er im Herhat darauf, in »eine Hei-
mat zurüukgekebrt. zu Hau»« eine Hirtcuflöt« vorfand,
au deren Schnitzarbeit er »ogieich die »einige erkannt«.
Dil erzählt« ihm »ein Vater, wie ihm diese» Instrument
eine» Tage» am Ufer de» NiH»influ»§es nahe der Mühle in
die .\ugen gefallen war, und er e» für ihn, »einen .Nihii.
aufhewahrt habe. Als ihm der Sohn aber »eine Wahr-
urhmung eröffncbi und von dem Schicksal dieser seiner
eigenen Flöte am I*erlstcri«ee erzählt« , rechnotcD sie
uitch und fanden, dafs der Tag, an welchem das Instru-
ment in den Peristeri gefallen war, nur um einen Tag
und eine Nacht von dem Tage, an welchem vermutlich
dasHelbe Instrument in Wladowa aufgeleÄen wurde, zu-
rürklag. Die» gab ihnen die Vermutung, dal» zwischen
dem P«ri»t«ri*Jezi*ru und dem NisHiafluf» «in« unicrirdt-
M5he Vorbimlung bestehe, und »o wurde verabredet, daf»
der Sohn im nächsten Frühjahr von jen<*m Gebirgssee
au» »einem Vater in Wladowa ein Schaf an einem be-
stimmten Tage schicken würde. .41s die verabredete
Zeit kam, »clilaehtote der Sohn am Peri»teri»ee hei Sun-
nenuntt'Tgang ein Schaf von der Herde seine» Herrn,
häutete e» uh. weidet« us au» und warf es in den Si<«.
Da» Schaf kam auch richtig uiii nächsten Tag« hei Son-
nenuntergang au deraclheii Stelle, wo ein Jahr zuvor die
Flöte gelegen hatte, in Wladowa nu, und al» der .-iolin
hiervon erfuhr, wiederholte er .»ein Schnfsenden noch
iVfter, hi» dem Kigeutümer die merkliche .\himhme seiner
Horde uuffli'l. Seine Nm'hfnrKchungeu blieben fruchtlos,
da »ich der Hirt niif da» häufig« Kiudringeii von Wölfen
auszuredea verstund. Als ur aber Grund batte, den
V'erdocht auf den Hirten »elhiit zu lenken, wählt« er ein
Versteck am l*eri»teri. palste eine Zeitlang auf. bis »ich
der Wladowaer Hirt wieder einmal aiiacbkkte, ein Schaf
in seine Heimat zu befördern, und al» er gerade mit dem
.\bhä(it«n geendet hatte, setzte der .^ihanese seine hlint«
; HU und »chof» ihn nieder, nähte den Getöteten in die
Haut »eines nbgeschlachteten Schafe» und warf ihn in
den See. So kam es, dafs 24 Stunden später der Vater
di« I.»?iche »eiiie» eigenen Sohnes am Ufer der Nissia
vorfand, aber nie erfuhr, wie sich diese» zugetragen
hatte.
Diese in jeder Weise sehr cburakterisiiscb« Sage wird
auch am Peristeri erzählt, und die Leut« wollen am S«;c
öfter eine Strömung wahrnehmen, als bewege »ich das
WaBÄcr trichterförmig im Kreise hin und her. Nebcnliei
bemerkt sei nur, daf« der iVristeri-Jezer« in keiner Weise
«in« Parallel« mit <Ien übrigen Seen unsere» Boobachtung»-
kreise» zulANt; die Gesteiubirmatiun schliefst indessen
nicht au», daf» da.» Wassur auch diese» kleinen Ikikeii»
durch Katawothren Irgendwo an dem Abhänge de» Peri-
sterikegel» durch.sickert
Nach dieser .\l>Kchweifung kehren wir zum Ijiufe des
Nissiaflusse» zurück und wollen in eintun kurzen f^ber-
blick die Hichtungsverlniltnisse schildern, wi« sie »ich im
Laufe der Jahrhundert« an diesem Strom geändert haben,
um darzuthuii, wiu »ehr di« geognostisehe Beschaffenheit
iler hier Iwrilhrten I,audscbaften den unterirdischen
Ciijii zed Dy Cooglc
Adolf Struck: Die mecednoiBcheu Seen.
241
DurchHuU der Gow&sser begüusti^fi. Iiu wosentlicben
hat borciU Gruebach die.^es Gebiet eingeheud buhaDdelt*^),
wir folgen daher gröfstenteils Beinen Ausführungen.
Von dem Höhenrücken von Gugowa, der das Quell-
gebiet der NiftBia bildet, bis an das Dorf Wladowa heran
erstreckt sich ein kleines Alluvialbecken. Hart am öst-
lichen Rande \Vladowaa tritt der Felsen, der hier aller-
Wirts wiodorkohreudo Travertin, zu Tage und bildet
eine steile Wand, über welche die Nissia, nachdem sie
das alluviale Thal in seiner grötston Achse durchflossen
hat, in einem miefatigen Wasaerfal) stufenweise gegen
70m in die Tiefe stürzt, um hier auf noch stark ab-
schüssigen Gcsteinslagerungeii das obere Thal von Wo-
dina zu erreichen. Diegos Thal, das heute ebenfalls ein
alluvialer Boden ausfüllt , reiobt bis zur Travortimnauer,
die das Wodinaer .Stadtplateau begrenzt und die ganze
Formation gegen das untere Thal von Wodina ahschliefst.
IHese Travertinwand, die quer gegen die Kichtungslinie
des oberen Thaies gelagert ist, hat in weit zurückliegen-
den Zeiten dieses Thal wie eine Sperrmauer am östlichen
Endpunkte abgeschlossen, und Grisobach kommt bei
einem Versuch, die TulTbildungeu der Wodinaer Wand
zu erklären, nach in keiner Weise zu bezweifelnden Zeug-
nissen mittelalterlicher Schriftsteller auf ein überraschen-
des Ergebnis l>ezüglich der Verlegung der Abflulsverhält-
nisse des NissiaBuBses. Hie Bildung jenes Tuffes läfst
sich nämlich nicht in anderer Weise erklären, als daft»
hierzu eine lang anhaltende Einwirkung kalkhaltigeu
Wassers auf das Gestein notwendig war. nHie Wand
war einstmals ein feuchter, quellenreicher Fels, durch
dessen Klüfte das Wasser in stiller Bewegung durch-
sickerte und aus dem es langsam hervorrieselt«.“ F'ine
mächtige, gegen 60 m tiefe, in der östlichen (Vlswand
befindliche, schräg nach oben führende Grotte, die sich
allmählich verengt, und zahlreiche kleinere an dieser
selben Wand, an welcherdie Wirkung eines Wasserstromes
deutlich wahrzimehmen ist, hätten allein schon als Be-
lege für die (irisebachscbe Vermutung dienen können,
wenn nicht Bowohl Glyca« als auch CÖdrenus, zwei Bj-
zantinur des 12. Jahrhunderts, durch ein schriftliches
Zeugnis der ganzen Erscheinung den Stempel der Wahr-
heit aufdrücken würden. Offenbar lag damals auf dem
Plateau, dort, wo sich heut« die Stadt Wodina aufliaut,
nur das Kanicll, die Akn){K>lis der im unteren Thalu am
Futso der Felswand gelegenen älteren Stadt Fldessa.
Durch den Felsen jenes Kastells, heilst es dort, fliefHt
das Wasser eines uu.sichtbar unter der Erde und
kommt auf der anderen Seite wie<ler zum Vornchein
HieflOB Phänomen findet seine Erklärung, wenn man sich
vergegenwärtigt, wie di« Nissia, nachdem sie das obere
Thal von Wodina durchflo»8on hat, sich an der höher
aufsteigenden Karstmauer des Plateaus staut und hier
einen See bildet, der vermutlich das obere Thal in seiner
ganzen Ausdehnang ausgefüllt hat. Unter dem wachsen-
den Wasserdruck, der diu Infiltration in dem jedenfalls
an Spalten und Durchklüftungon reichen Felsen begün-
stigte, verzweigte sich das Wasser in zahlreiche Kanäle,
die jenseit am Felsen wieder zum Vorschein kamen und
freien Abflurs erhielten. Dieser Zustand hat möglicher-
weisu bis zum 14. Jahrhundert gedauert.
Wie der Kalkgubalt der Nissia bei dem in langsamer
Bewegung erfolgenden Austritt aus dem Fel.'ten die ganze
Tuffbildung der äulsercn Wand ins Werk setzte, so bil-
deten sich auch an den Wandungen der inneren Kanäle
allmählich Kalkschicbten, bis durch die siotige Verengung
der S|)alten auch diese vermauert wurden und sich die
“') a. a. ü., 8. »7 bis 101, 153.
"•) Cedren.. p. 551, Glycas, p. 23S (ed. Venet.).
Gewässer des Niflsia hozw. des Sees im oberen Thale
sammeln mufston, um erst bei höherem Wassenftande
über das Fulsplatuau hiuwog in die Tiefe zu stürzen.
Auch diese hyilrographisohen VerhältuiBse sind uns
durch das Zeugnis eines späteren Schriftstellers, des ('an-
tacuzenos, überliefert, nach welchem die zu jener Zeit schon
auf die Höhe des Felsens verlegte Stadt als überaus fest
gelegen geschildert wird, <la sie mehr als zur Hälfte von
Wasser umgeben und wegen eines Sees unzugänglich
sei; der übrige Teil werde von Mauern und Tünnen um-
geben und an gewissen Orten dureh Abgründe und un-
wegsame 'Phäler gedeckt^). Durch die Bildung des
.^lluvialhodens im oberen Thal« von Wodina hob sich
iudussen auch das Flufsbett der NisiUa, bis endlich durch
den ungubemmten AhHufs in der heutigen Gestalt der
an die .Stadt Wodina reicheudu See zurückgiug und ver-
schwand.
Heute verzweigt sich die Nissia kurz vor Wodina in
mehrere kleine Arme, die in mehreren Was«erfällen — es
werden deren zumeist fünf genannt, davon ein be-
deutender, der etwa die Hälfte der ganzen Wassermenge
abfübrt — über die fast seukreefate Wand de« Plateaus in
die Tiefe stürzt. Der Ort Wladowa liegt in etwa 470 m,
Wodina in 290 m Seehöhe. Der Niveauunterschied ist
auf der kurzen Strecke von etwa 6,5 km bedeutend, das Ge-
fälle von hier bis zum Eintritt in die roacedonisohe Tief-
ebene aber noch gröfser und beträgt etwa 250 m auf
eine noch viel kürzere .^trocko. Die Wodinaer Wasser-
fälle, die sieb el>enFall8 stufenweise über den Felsen er-
giefnen, mögen wohl eine GesamthÖhe von 100 bis 120 m
erreichen, dann Riefst die Niasia auf abschüssigen), mehr
oder weniger sanftem Terrain, das .seines vorzüglichen
Humus wegen auf weite Strecken zu Gartenanlagon ver-
wendet ist, der Tiefebene zu. Durch zahlreiche Kanäle
sind die einzelnen Arme der Nissia durch die zu be-
wässernden Gärten hindurch miteinander verbunden.
Kurz hini«>r den Gärten nimmt die Nissta rechts einige
wellig bedeutende Zuflüsse vom Agoatosgebirge auf, links
wird sie von kleineren Torrunten erreicht, die die Nieder-
Bchläge der kahlen Hfigelreihe östlich von Wodina ab-
führen. Gleich nach dem Austritt aus dem Wodinaer
Thal ergiefst sich die Nissia in die von Norden kommende
Moglenitz)! oder Karadschowitza, die zunächst die streng
südlich« Richtung heibehält, später aber im sandigen
Boden unter stetiger Wanderung ihres BettoM sich nach
Osten wendet und in den .*^umpT und See von Yenldsche
ergiefsE iHe Moglenitza wird auf Karten zuweilen auch
nach ihrer Vereinigung mit der Nissia Wistritza genannt,
was ein Irrtum ist. Die Unrichtigkeit, dafs ^der
Flufs von Karadschowa, welcher später von Moglena an
von Norden nach Süden fliefst, sich mit der Vistrica ver-
einigt**, findet sich schon hei Bou6^^) und bat auch bei
Graf Tuma v. Waldkampf**) Eingang gefunden. Wistritza
ist gcrailo so wie Karasu in Mneedonien ein geläufiger Name
für joden Fluf», der beständig Wasger führt. Streng ge-
nommen giebt es nur eine Wistritza, das ist der etwas
südlicher in den Meerbusen von Salonik fliefsende llaliak-
mon oder Indsche-Karasn.
Wir kommen somit zum Y'enidschese«, dessen Knt-
stehungsursachen eng verknüpft sind mit der Bildung
des alluvialen Beckens von Y'unidschu, der macodonischon
Ebene.
Diese Ebene, die in rohen Umrissen etwa im Dreieck
Salonik — Knraferia — W»KÜna liegt und eine Fläche von
etwa 1,500 qkm mlfst, verdankt ihre KntHtehung haupt-
sächlich den drei gröfsereri Strömen Wurdar, Wistritza
•) Csntacuz., p. äilO (ed. Venet,).
*•) a. H. Ü.. H, IW. 128 .
*‘) a. a. O.. 8. 57.
242
Adolf Struck: Die mneedonisebeii Seen.
I
und Moglenit/^, welche zwei erätcren auf einem langen
I<aufe einen betriiohtlichen Teil Sink^^tuSe mit aich filb*
ren, die heetändig an den Mündungen ins Meer abgesotzt
werden. Die gcIbbrAunlicbo Fftrbung dea Waaner» teilt
»ich dem Meere einige Kilometer weit mit. Die Mün-
dungen de»« Wanlftr und der WiHtritza Hchielien sich
immer mehr vor. Weniger iutHnsiv schroilet dieser l*ro-
zefs bei der sebwitebereu Mogloriitza vor, und hierin liegt
vielleicht di« grüfuere ITrsach« für di« Bildung de« Ve-
nidschesees. Die BUdungamomeiiie für diesen See und
die luacedouische Kbene nlferhHU(it sind heute noch vor-
handen, und wir wollen die.‘«er Frage etwas nfther treten.
IH« macedonische Ebene reicht iniXorden bis an den
Fnt.s des Paikgebtrges, die liügelreihen von YtMiidsch«,
Wardar und Alak-kilia»! (Pclla), jonseit des Wardars,
im Osten bi» zu den Saloniker Bergen. Im Süden wird
sie von den itürdlicheo AusUufern des Olympos, bei Ka-
raferia von den HOgenannten Skuliaribei^en liegrenzt,
und irn Westen schliefst sie mit den Bergketten von
Karaferia, Agustos und Wodina deu eigentlichen Bennien
ab. Diu in diesen Bergen sich sammelnden Niederschlage
Hiefseii radienfOrmig in die vor ihnen liegende Ebene und
erreichen auf mehr oder weniger langem häufe die in
ihrer Mitte gelegene Mulde, den Yeriidsohesee, der sich
als betriiclitliche» Sammelbecken all dieser Gewa.sser
kennzeichnet.
Ahgusuheu vom Wardar, der au» den nördlichsten
Teilen der Balkauhalbinsol kommt, ergiefsen sich direkt
ln das ^leor nur dieWintritza (Hnlinkmon), deren Flufs-
bett im Bereiche dieser Eben« in einem sandigen Boden
steten Kichtungsändernngen unterworfen ist, und der
Galiko. Die macodonischu Kbone wird nin treffendsten
nach n]„ murtn-saudigu Flüche bezeichnet, die
sehr thonig und hier und da morastig ist. Diu grulien
alluvialen .Anschwemmungen sind hier unter dem luhmi-
gen Boden verborgen. „Dieses Flacliiand bildet einen
schwarzen, entwaldeten, sehr fruchtbaren Bofion, des-sen
Wasser bitter sind, und welcher noch nutzbar werden
könnte, wenn man die Sümpf« an den Ufern des Meere»
und de» See» austruoknen würde <’’)." Wo der Boden
jedoch Salpetergehalt be.sitzt, ist er unfruchtbar und
liegt im übrigen meilenweit brach. Daf» da» Wnsaer
der Brunnen salzig ist, trifft überall zu. Das Vorkommen
von C'hen{ip»ideen, Salikorninn, Tamarixsträuchem und
der Gljceria*^), dieser Kalzbolden Vegetation, selbst in
den westlichsten Tuileii der Ehen« ist ulu sicherer Beweis
für den Salzgehalt de» Boden». Die bauplsAchlich zwi-
schen Salonik und dem Wardar l>eobachtcten Dünen
kommun auch weit nonlwestiicher, oberhalb Alak-kilisM
vor. AU diu» woist auf «in aUmAbliche» Zurückwuichen
de» Meeres hiu und führt uns auf den tiudankuu, d«n
Venidschesee als den vom Schwemmland eingesehluaseuen
Meeresteil der ehemal» tiefur in da» Land reichenden
Bucht von Salonik zu bezeichnen. In die»er Überzeugung
schreibt auch Tuma v. Waldkampf ♦•’), dafs „die Annahme
gerechtfuriigi sein dürfte, dafs der Ymiidscbosee einst
ein Strandsee war und dafs in noch Älterer Zeit die
Meeresküste selbst bis an den Fuf» der Gebirge (.\gosto8-
gebirgH, jloxagebirge u. s. w.) gereicht haben müsse**.
In Karaferia erzählt man sich traditionell, daf» da» .^leer
bi» vor dies« .Stadt g«‘ruicht habe; ältere Leute wissen
auch, dafs zur Zeit ihrer Grufseltcrn gröfsuru Segler in
die Mündung de» Haliakmou bis dicht vor Karafuria
berauffuhren. Auch diese VerbflltniHse lassen sich durch
•*) a. a. O., K. IM.
**) Boa^s a. a. O., B. 133.
*^) <iri*i«nacb. a. a. O., H. 74: Harth, a. a. <>., S. 2oö;
Born*, a. a. O.. N. 103.
“) a, a. O.. 8. !17.
.Angaben alter Schriftsteller beleuchten. So erfahren
wir durch Ilerodut (VII, 123), daf» im 5. Jahrbunilort
V. (-‘br. die {Mirsischc Flotte des Xerze» im 'rhermaischeii
Meerbusen (Golf von Salonik) vor Anker ging, bis zum
Flu»»e .Axios (heutige Wardar), welcher die tirenze bil-
dete zwischen Mydonieii und Bottiila und wo an der
»cbmaien Kü.ste die Städte Ichnä und Bella lagen. Pellu
hatte die Lag« vom heutigen lk>rf Alak-kilissi, nördlich
vom Yenidschesee, auf der niedrigsten Hügelkette, die
die tnac«<Ionischc Ebene im Norden begrenzt. Icbnä
weise ich etwa» nordöstlicher die Lage des Dorfes Kufa-
lowo nahe dem Wardar, elienfalls auf einem Uügelvor-
sprung, an. In dieser Kichtuiig lief die nördliche K0»t«
des Thenuaischeu Meerhusens, wo »ich der Kcheidoros
(heutige Galiko) in dun Sumpf der Axiosmündung er-
gtjfa (Ilorodot VII, 124). Im Södwe«ten aber vercmigeii
sich die Flüsae Lydias (heutige Kara-Asmak) und Haliak-
mou illerodot VII, 127). Der Kara-.Asmak (Mavro-Nero),
der sich heute in den Wardar ergiefst, führt die Gowässer
doK VenidscheHees ah; wenn man ihn als di« Fortsetzung
der Moglenitzn botruchtut , die heute noch beim Dorf«*
WetschiMla, gegenüber Agustos, ihren südlichnten Punkt
uneicht, mufste der Lauf des HaHnkmon nach dem Au.««-
tritt aus dem Kogpaf.» bei Karaferia in nördlicher Rich-
tung fortgoführt gedacht werden, um einen Zuaammet)-
flufs mit der Moglenitza zu ermöglichen. Dieser Annahme
steht nichts im Woge, wenn nochmalH auf diu ruhelu'se
Verlegung des Flufsbuttu» sowohl der Moglenitza al.*«
auch des Haliakmoit (Wintritza) hingewiesen wird, die
ihren lAuf in der Ebene durch ein Terrain nehmen, das
diesen Vur&nderungen in keiner Weise Iliuderniöse «nt-
gegenstelit. Barth erwähnt auch «in Kolchos vom „salz-
reichen“ Haliakmon verlasaonc* I''lufHbutt in weiter sü«I-
licher Richtung, am Fuf»e der Ilügulreili«, die diu Ausläufer
des OlympoH abschliefsen Ans diesem Gesamtbilde
geht hervor, daf» der Golf vou Salonik uro 450 v. t'hr.
eine in ziemlich westlicher Richtung bis an di« vor-
genannten Höheuzüge tief ins Land «in.*>chnuidende Bucht
bcKftf». Das durch den Axios (Wardar) gehildetu Schwemm-
land schob »ich indeHsun immer weiter nach Süden vor,
und ein Ähnliches erfolgt« in östlicher Richtung an der
Mündung der vuruinigtuu Ströme Lydias (Moglenitza)
und Haliakmou (Wi»tritza), bl» die sich nähernden Mün-
dungen so nahe zu liegen kamen, daf» nur noch «in ver-
liäUniKmäfsig schmaler Kanal die Verbindung de» vom
Schw'enimlande eingeschlossunon Meerosteilc» mit dem
Hufscrou Golf aufrecht urhielt. Diese» Bild veranschaulicht
Ulis Stralm, der einig« Jahre v. Chr. schreibt und vom
Meere bi» zur .Stadt Pello eine llinauffahrt auf dein Ly-
dias von 120 Stadien ansetzt (VII, fr. 20, 22), was einem
Wog« von 22,l9Skm entspricht. Polin kommt nach ihm
HU «inun cbunfallK Lydia» honanntuii Seo zu liegen, der
durch einen Arm do» Axios geupeist wird (VII, fr. 20 n.
23); diese letzter«, bislang angezweifelte Angabe ]äf»t
sich nach dem, was wir ül>er die Flufsläuf« im Bereich«
der tnAc«doni»chen Ebene bereit» gesagt haben, nicht
obn« weiteres als eine topographische ( nrichligkeit Strsbos
zurückwutsen. Nach ihm fliefKi der Lydias bereits .seli>-
»tändig südlich v<im Axios und der Haliakmon südlich
vom Lydia» in» Meer (VII, fr. 20), das iiiacedoni-sch«
Flachland und die Künt« haben sonach in weniger denn
fünf .lahrhnnderten «ine ganz andere (iestoliung er-
fahren. und wenn wir Wrucksichtigen, daf» heute die
Luftlinie von Alak-killssi zuiu Meere etwa 35 km 1 m 3*
trägt, wa» einer Zunahme vou nahezu 13 km entspricht,
so wird iniH da» Wachstum dieses Landgebiete.s in deut-
lichen Zügen vor Augen geführt. Die Ver.Kumpfung des
’lt
u. a. ü., S. 2oy.
Kleine Naohriohten.
243
eti)geschlo8fenen Mnere^teileSt die mit der Hebung dee
H<Hlen^ Hund in Hand ging« erfolgte dann auch ru gleicher
Zeit, denn Liviuit erwähnt ihrer bertutn (XldV, 40). Ik>r
verkleinerte Umfang dea beutigeu Seea ergab »ich in der
Folgezeit durch die Atiscbwemiuuiigeu der kleineren Flüaae
und Wildbäcbe, die radieuförmig dae« Hecken au allen
( fern erreichten, so dafa durch die nllmähliche Hebung
doK Waescrupiegels ein rascheres AbflieffeD der Gewässer
in da» Meer bewirkt wurde"*’).
lu^der Weise nun, w'ie wir durch einen Kückbltck
niif die Kutstehung der macedoni»chen Tiefebene und
de» Yenidschesee» uns mit den bildenden Momenten dieser
Nntiirerscheinuiig vertraut gemacht haben, wollen wir
kurz auf da» llild binwuisen, welches dieses (lebiet durch
die gleichen Verhältnisse in komuieuduu Zeiten dnrbiuten
vrirtl. HurcU eine weitere Hebung des Bodens des Y’o-
nidsebesees steht zu erwarten, dafs sowohl die (iewässer
des Sumpfgebietes als auch des oSmieit Sees gänzlich
abgeführt werden und der See überhaupt von der Bild*
iliiehe verschwindet. Hingegen schreiten die Verlauduu*
gen des Wnrdar und der Wistntza in der Huuptrichtuug
von Westen nach Osten rüstig fort. In dieser Tendenz
wir«! das westliche Ufer des Meerbusens von Snlouik
erreicht und der innere Golf, an welchem die Stadt Sa*
lonik liegt, laguneuartig vom Meere abge»clilu.»scn, kurz,
es werden in künftigen Zeiten südlicher die ähnlichen
Verhältnisse geschaffen, wie wir sie bei der Bildung dos
Yenidschesees beleuchtet habeu, oder cs fällt, mit anderen
Worten, dem inneren Meerbusen von Salonik die Bestim*
mutig zu, in der Gestalt eines lUimenaees ailmählicb rum
Meere abzurückeu In welcher Weise sich die Yer*
liältuisse hier weiterhin gestalten, wirtl davon abhängeu,
wohin der Wurdar seine Mündung verlegt, ob in den
ueugebildeten See oder ins offtMie Meer.
leb möchte hier doch noch darauf hinweiseil, dafses,
wie aus der vorausgeschickten Skizze hervorgeht, in
mancher Beziehung für die topographische Bestimmung
alter Ortschaften von gi'ofseiu Nutzen ist. vorerst die
geognostisohen Vorhältniase und die möglichen geologi*
neben rmwälzungen in den letzten JahHuunendeu einer
näheren Prüfung zu unterziehen, und dies hauptsächlich,
wenn es sich um Ortschaften handelt, die, an der Meeres*
küsto gelegen, den Kinnüsneo der in diesen »udlicbeD
Ländern überaus regen Verlandungen ausge*etzt nind^^).
*’) Auch Th. Fiitclier, a. a. O., K. Ilt*. vertritt diese Ansicht,
die er in Imrzen Worteu zuni Ausdruck bringt: »Wir haben
die Kam|ieii)u (macedonUchu Kbciie) als ein sich noch täglich
vergriifserudea (inschenk der Flüsse, den Üacheii Yenidsehesee,
dessGU .\bflurs, der Karasmak, zum Wardai' geht, als eine ins
Biimeiiland gerückt« eliemalige Huoht des (iidfes von Halo-
niki nnzufiehen.*
*■) Hielte au<’h Th. Fischer, a. «. O., H. äu.
Felix Boaujour, Tableau du coiunieire de la (tW'ce,
Paris läuu, vol. !, )i. *21, schwebt« offentar diese Krscheinung
vor, als er sehrivb: ,Kt ü I'ouest (de la rüde de Sahiuit|ue)
des inonceaux de vasu chaiies pnr I« Vnrdar, ipii, depiiis
Alexandre, a augmenl^ de pn^s de deux lieues de termiu,
«iu'il imrrourt.* Ähnliche IhdspicI« Anden eich dei üfiereii
bei Leake, Travels in Northern Oreece.
Der Yenidacbeaee hat mit »einem Sumpfgeldei ein
gröfstes Areal von 90 qkm. wovon auf den See selb.st
nahezu 5 qkm entfallen. Ka liegt im Wesen der Sache,
daf» es überaus schwierig ist, bei einem Sumpfgebiete
wie das vorliegende, das unter dem Kinflur» der JahreR*
zetten und der NiederschlagHTorbältuisse beständigen Ver-
änderungen seiner Gestalt unterworfen ist, eine uiuthe'
matiscb genaue Be.stimmung des Areals vorzuuehmeu,
und die» um »o mehr, als ja auch hier von mnlsgebenden
kartographischen Aufintiimeu kaum <lie Hede »ein kann.
Im Hochsommer 1902 hatte ich Gelogenheii, die l.age
de» Yenidschesees von der Höhe des Paikgebirges durch
Wiukelmeasungen zu beRtiimoan (s. Übersichtskärtchen).
Hiernach hat die offene Wa».serflricbe eine ovale Gestalt
mit uuregelmäfHigen Bandungen, eine gröfste Länge von
etwa 5 km und eine Breite von etwa 3 km. Die gröfste
gemessene Tiefe beträgt 3ti), und der Wasserspiegel liegt
4 tii über dem Meere. Das Stunpfgebiet bat seine gröfat«
Ausdehnung im NordweRten, wo mehrere vom Paik und
von der Moglena herabkommende Gewässer einmünden;
dietM»s Gebiet breitet sich im Westen und Süden der See-
fUlchc noch beträchtlich aus, nimmt aber im Südosten und
Osten ab. Die Marschgogeudeu werden demzufolge mit
Vorteil zu Mais-, BaumwoU- und Rctsaupflunzuiigen be-
nutzt ^).
Diese Gegend winl daher als reich bezeichnet, ist
aber iufulgu der Malaria* und Moskitoplagc nur Hchwuch
bevölkert. Im letzten Jahrzehnt beschäftigt^ man Rieb
ernstlich mit der Frage der KntwiWserung diese» Sumpf-
geluetes, welche beträchtliche iJinderstreckeu der Kultur
zuzuführen vermocht hätte; der kaiserliche Ferman wurde
urteilt, die bezüglichen IMuue im Jahre 1892 ausgear-
beitet, doch scheiterte das Unternohmen au der ßnan-
ziellen P'rage.
Tuma V. Wahlkampf '*) nennt in grober Verirrung
den Yenidschesee einen Salzsee, vielleicht mit Bezug auf
diu Ausführung Ihmes wonach „(Jas Wasser der Brun-
nen*^ in der Fingebung des Sees von Yenidsche „salzig
und der Boden salpetrig und zum Teil unfruchtbar ist".
Der Beichtum an SüfswuHserfischen in diesem See i»t
übrigens so grof», dafs gegen 500 Doppelzentner aus-
geführt und zum grufsen Teil in gesalzenem Zustande auf
den Markt gebracht werden. An Fischarten werden ge-
nannt: der Barsch, Hecht, Karpfen, Aal, Wels und Weifs-
fi»ch; in den Sümpfen werden Krebse und Krabben ge-
fangen. Bezeichnend ist e», dafs die FiRcberei in dem
Suinpfgebiet »ich hier als sehr lohnend erweist, .\iich
Iwi Kajali fliefsen die OewäsKcr dos Sumpfes zu eincro
kleineren Becken zusammen, du» mau den See von Ka-
juli zu nennen pflegt. Die Beute der P'ischer ist hier
tuindeslens ebenso grofs wie in dem Yenidschesee, und
der jeweilige Jahrespächter inuls für diesen grofseu
Tümpel nicht weniger al» 70 türkische l'fd. (1300 Mk.)
uu den Staatsschatz abführen.
**) !)(•(• VorftMaers AuGatz, ,Die uiaced«>riiache Khcnc“, in
der .Natur*. Jahrg. Ik9S. H. 4(11.
*‘) a. tt. O., H. 117,
R. a. O.. 8. 195.
Kleine Nachrichten.
Alidruck nur nU qii*U<>tMUig»b« goMaitrl.
— Von der Polarexpeditinn des Bnron Toll waren
Mitte 31änc neue Nachrichten ehuielaufen, nur nicht von
ilem Führer selbst, der auf der Betinettin»el überwintert iinii
dort bisher zurücki;«hnlt«ti worden IhI. Wi« auf S. I7tl de*
laufenden Bandes berichtol wurde, wurste mau hi* vor kur-
zem nichts von den beiden AbteiUiiigen, di« im April und
Miii 1902 vtrm Winterhafen an dor Westküste v<in K4>(«liiy
aufgebrochen waren. Die eine stand unter dem Befehl dos
Zoologen Birula. Hie war Bude April ahgagungeu und
hatte, an den Südkästen der Neusibiriachen Inseln nach Osten
vorgehend, am 12. Mai Kap Wysocki auf Neu.sibirieu erreicht,
wo ein« Hütte und ein« Lebensmittelniederlag« errichtet
wurden. Während Birula im Inneni der Insel weilte, folgt«
ihm Knde Mai Baron Toll. I>ie.ser gewann Kap Wysocki am
244
Kleioe Naohriohten.
27. Juni, indem er sdch im Korden der Inaelgrujipe hielt,
und brach von dort drei Tai^e spUter nach der IVemiettinael
auf, um diese zu orforM^heu. Seitdem also fehlt von Baron
Toll selber und von seinem Begleiter, dem Astronomen Ke*
Iterg. jede Nai.‘hricbt. MattJssen, der Führer des Kx|>mlitioiis-
•rbiffe* ,8arja*. hatte den .Auftrag, im SpdtJwqDiiier die
l>eideu Abteilungen abzuholen und a» Bord zu nehmen, ver-
nuicht« jedoch des Kise« wegen Kap Wvsocki nicht auzu-
laufen und nairsto, «ie berichtet, in der Lenamünduug die
.Katga” ins WintertiUHrtier bringen. Birula bnt nun ohne
die Hülfe des Schiffes loskoiuiiieu künnrn und ist im März in
Jiikutsk eingetroffeu. Aus seinen )litteilunguii geht hervor,
dafs er Anfang l>e;<emljor nach Krledigung »einer Arbeiten
Neusabirien verlas-ieu und mit dem Hchlitteu Knde l>ezember
das Festland «rreichl bat. l'm Baron Tülls Bchtcksai ist
man nicht ohne Betu>rgnU. und man batte bereits, als es
fesUiHud, daftdie .Barja* ihn nicht hatte aufnebmon können,
eine Hülf&aktion vorbereitet. Bies<' steht unter dem Befehl
Brufsnews: er gedacht« im Februar nach den Keuaibirischrn
Inseln aufzubrochen, ist jetzt nUo unterwegs. Im übrigen
wurde Baron Toll sowohl bei Kap Wysocki wie an verscliie*
denen anderen Btellen der Iiiaelgmpp« LebenKniiUei vorßnden.
Kr int vielleicht inzwischen schon in Bicherheit. Die ,Bnrja*
soll ihrem Bchicksal überlassen hleil>en, nachdem man ihre
wortvolle latdung geborgen hat Vm sie die Ivena hinauf'
xuWingen. dazu ist ihr Tiefgang zu und sie um Asien
herum zurückzuführen, lohnt nicht infolge der Kotten und
Uefnhren.
— Den Unterkiefer der Anthrtipumorphen und
des Menschen vergleicht Walkhoff in der 4. Lieferung
»eines Werkes .Menschermffeti* (WivsUuleti, Bergmann
Kr kommt dabei zu interessanten Krgebnissen. Die unge>
wöhnlicho Orufac der diluvialen Menschenkiefer ist offenbar
bedingt durch die gröfseren Anforderungen, wotebo an diC'
»eiben gestellt wurden, indem die diluvialen Menschen die
Nahrung nicht so zubereiteii konnten, wie wir dieses heule
thuu. Umgekehrt verursacht die heutige Zul>ereiiung der
Hpeisen die Verküinmerun? der Kauwerkzeuge. l>ie Bildung
des Kinnes ist auf die Bprache zurückzuführeu. Die Kiefer*
formen der nbrigeu Frimateu entwickeln sich hauptsächlich
nur in Hücksicht auf den KuuakU Ihr Unterkiefer ist nur
für das Fressen berechiieL Aus der bamionUrhen ürivrse
der Kieferreste und der darin enthaltcuen Zilhue müssen wir
Bchliefsen, dafs die diluvialen Menschen ihre Nahrung hnupt-
sitchlich nur mit den KuuwurkreugoD behandelten; daraufhin
deutet auch die starke Ahsclilotfung der Schncidezilhne bei
dem Bebipkakiefer. Durch die Sprachmuskelu wurde der
Basaltcil dos Unterkiefers beim Men»cheii erhalten, wahrend
der Alve<darteil und die l^hne sieh durch geringeren Ge*
brauch zurückbiidetun.
— Von der schottischen Bndpolarexpedition unter
Bruce sind von Knde Januar aus Port Btanley. Faiklnmlinseln,
datierte Nachrichten eingetroffen, aus denen hervorgebt, daf»
der Führer seinen Plan geändert hat und nun doch in der
Antarktis überwrintern will, und zwar mit dem Bchiff«.
Kr ist dazu bewogen worden, weil infolge des versimteten
Aufbruchs %'on Behottland bei »einer Ankunft auf seinem
Forschungsfcld« der süd|H>lare Kmnmer schon zu weit vor*
geachritteu war, als dafs er noch viel hatte untoniehnicn
und rocht/eitig uiit dum Schiffe umkeliren kOuncu. Bruce
woUte also, soweit es diu Jahreszeit erlauben würde, nach
Buden Vordringen und dort überwintern, d. h. also an der
0*tküste von König-ttskarland. die diu schwedi«che Kxpedi-
tion iui Botiuuer 1901. 1902 nicht zugänglich gefunden batte.
Vielleicht halsen die Knhoitun mehr Oliick nml können in
möglichst hohen Breiten ülwrwintcrn. Vor April 19U4 wird
man mithin von der »cliottiKchen Kx|ie<liiion nichts lutren.
Natürlich wachsen dadurch die Kosten erheblich, nämlich
um 140000 Mark, und es hielt schon schwer, in Behottland
diu Bfittel für die l>eschränkte F>>rwchuiig»fahrt aufzubringen.
Sollt« Bruce mit einigen augenfälligen Krfolgen heimkehren
können, »o würde «ich imicssen das l^eflzit leicht decken
tassen.
~ Cher den Wolkenbruch vom September 1902 in
Hi Zilien und die übeiwchwummung von Modica. die noch
in der Krinnerung aller 2U-itung«lc*or stehen wird, giebt
pMf. Oi'iniHidi-Uaiania lMet«<jroli>gi«che Zeitschrift, Februar*
lieft 1903) einige zahlenmiiJ'sigu Daten. Die bedeutenden
Niederschläge wurden veranlafst durch eine wahrscheinlich
von Huden gekounieue Deprefwiou, diu sich am 2ö. bis 27.
September über Tunis vertiefte und nach Norden weiterz‘>g
Der meiste Hegen ffei vom Morgen des 25. bis zu dem des 2fl.
an der Vorderseitu der Depression. Diu Nic<lenichIägsmeDguu in
24 Htuudun b).*lrugvn an diesem Tage z. B. in Linguaglosaa
423,5, in Ao-irettle 330, in Han Aldo 2HO,2, in ('ataiiia *2ao.l mm.
in Linguaglosaa fielen an den beiden folgenden Tagen noefa-
muU 115 resp. 112 mm. Wie auraei^ewöhnlich diese Zahlen
sind, kann man. at^esehen von einer direkten Vorgleichung
mit jährlichen Niedvrschtagamungcn der iHjtruffenduu Heimat»-
* orte, auch daran erkennen, daf» in der Zelt von IS05 bis
' 1902 in Catania nur dreimal Niedurscbläge von mehr als
i lOOium in 24 Btuuden gemessen wurden, von denen der
höchste (.30. Oktober 1901 j 116 mm erreichte. Dieae siosigen
Wassermnsoen erzeugten altcnibaUKm eine Überschwemmung,
die in Modica, durch lokale VerhaitniHHe besonder« gesteigert,
in der kurzen Zeit von 30 bis 4o Minuten 111 Menschenleben
als Opfer forderte. Wie stark der Anprall der Fluten dort
war, mrige daraus ersehen werden, dafs ein 40f»cbm grofser
Felsblock aus Kalkstein von ihnen 1200 m weit fortlransfair*
tiort wurde- über die Kinxelhuitcu Iwi der Überschneminung
haben «einer Zeit die Tageszeitungen »o viel gebracht, dafs
«B nicht notig ist, hier darauf näher einzugehen. Gr.
— Atlas der grofsen Been der Balkanbalbinsel.
Der bekannte Krtorscher der ȟdostoumpaischen IfalliiuKel,
ProfosKor Cvij an der Hochschule in Belgrad hat «oelieu
einen AGa» der zehn grofsen tk^en der Balkatihalbinsel
(Belgrad 1902) herau«g«gel»en , nach dem Muster der Heen-
atiantüD der dsterreichiwhen Al]>enläud«r von i’euck und
Itichter. Der Mafsstab ist bi« auf den Janiua- und Bkutari*
SOU, welche in 1 : 75000 dargestellt sind, I : lOOOOü; ein
gröfserer Mafimtab würde tiei dem UnifHiig der darguatellten
Been den Atlas viel zu voluminös gemacht haben. Knt*
sprechend dem österreichischen Beenatlaiiten ist auch hier
da« Uidäude der Been in die Karten durch Jsuhypsenlinieo
und eine Anzahl charaktcnstischcr Prvifile durch Bue und
ItAiid mit anfgenoininen. Auf den letzten Blättern de»
Atlanten finden sich graphische Daralellungeu der Durch*
sichtigkeits* und Temperaturverbältuisae, sowie einige sehr
interessante iimrpbomctri«cbe Berechnungen, ausgeführt von
Peuckor in Wien, welcher die Limuometrie der grxirscii Been
der Bnlkanlialbinsel in einer tM-iuindercn Btndic veruffent'
liehen wird.
Folgende kleine Tatiolle giebt das Areal, die grofste Tiefe
und die Zahl der «tattgebabten Lotungen.
Areal
•|kiii
Gröfstc Tiefe
m
Zahl
der IjQtungen
50.4
?,4
104
Beschiksee
69
22.3
140
l>ojranse«‘ ....
42.«
9,9
I n
Jajiiuasee ....
IH,8
10,5
82
Kasbiriasee . . .
27.3
10,8
lOf»
Ochridasee . . .
270
285,7
204
Osirovosec ....
73, fl
«1,7
19«
Kleiner Presjaisee
52
7.7
80
PresjKUiO** « .
2SH
54,2
250
Bcutarisee ....
356
44
240
Halbfaf«.
— Erwiderung. Da« . 0 eog ra ph ica 1 Journal“
(Januarheft 190.3, H. «O) referiert nach dem .Globus" (82. Bd..
B. bis 89) übt^r die Besteigung des Meru-Berges durch
1.4‘Utnant Bchicritz, welchem Artikel ich einige Krläute-
rungen beigefügt hal>e, und «agt zumKchlur«: «Herr Förster
lK.'m«rkt, dafs der vulkanische Charakter des Berge*
zuerst von Hölmel orkamit wonlen ist; diese Bemerkung
dürfte schwerlich richtig sein , da Tbom»on schon in »biuem
Werke (IK85) den '«'undervullen Vulkankegel*« de« Mern
erwähnt hat." Diesem Vorwurf der Ungenauigkeil möchte
ich entgegnen, «lafs ich in dem angCM'goucn Passus sagte:
.Höhnoi erkaniitd 1 h 87 den Berg als erloschenen Vulkan und
er und Graf Teiecki waren die ersten, die ihu zu er-
steigen versuchten." Also uur in der Kmteigung wurden
sie als die ersten gerühmt, übrigens hat Thotu».>n den Mern
nur HU* weiter Kiitfeniung betrachtet und für einen Vulkan-
kegul angesehen; .erkennen* al>er als Vulkan, und noch
dazu als erloschenen Vulkan, komil« ihn nur derjenige, der
ihm möglichst nahe auf den Leib gerückt war, und dos war
Uübnei. Brix Förster.
Verantwartl. RMLskleur: H. Siuger, Herlia NW. 6, SriiilfbeuctdAtuia 26. — Druck; Friedr. Vieveg 8. Sohn, Hrsunscliveig.
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEBEmiOT MIT DEN ZEITSCHHIFTEN: „DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
HERACSGEGEBKN VOX H SINGER t'NTF.K HESOXDKRER MITWIRKt'NG VOX Pior. Dh. RICHARD ANDRES.
VERLAG VON KRIEDR. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXXIII. Nr. 16. BR AUNSCH WEI Q. 23. April 1903.
NMhdruck auT lututi Ubarwlnkuo/t nh «Ur V«rla4ftlLMulluu9 gr«utt«t.
Asiatisch-amerikanische Folklore-Beziehungen an der Beringsstrafse.
Au <ier in ethnoffraphischer Uuziobunjf hochwicli- I
tijren li^nnfpi.straTHt» findet unter dem Kinflua.Hu dor |
WuiTaeii eine tlburraachend acbliulle Zoraetzun^, Auf* |
KHugun^ oder gar Vernicbttmg der dort auf itmerikaiii* |
Mcbor wie aaintiaeber Seite wobtiuudeu Völker atult. l'ud
doch iht ]uoe bedeutungavoUe Stelle läiigat schon in ihrer ;
Wichtigkeit för die etbuogrnpbischu Verknüpfung der
alten tind ueuen Welt erkannt worden; was nicht jetzt
noch im letzten Augenblicke dort eingeheitnal wird, tat
uurettlmr rerloreu; vitdua int schon dahingegaugeu, ohne
dafa cs der Kaohwelt überliefert wurden kounte. nTbe
Kauicbadale buvu forgotton aliuuat all of tbeir old tra-
ditiona“ heilst ee in der Schrift, auf die wir gleich zu-
rückkonimen. Ktknographische Expeditionen aiud
heute notwendiger als geographische, und doch
.Hieben die uach beiden Setten aufgeweiidoieu Mitte! int
utngekuhrU'ii VurbnltuU zu dur Wichtigkeit. Gewit.H ist
Cd lobeuawert uud nur zu billigen, wenn reiche Mittel
rou Heichswegen fftr die Ei'forschung der Meerohtiefen
oder eine Expedition tu die Südpolarregion bewilligt
werden; allein beides winl sich in zehn oder zwanzig
Jahren uoch ohne Schadtni für die WtaseiiM'haft erforacheu
laaaeii, wahrend jeder Tag, der in der Erforschung der
dahin«cbwindeudeii XaturTölker yersäunit wird, uns un*
wiederbringliche Verluste znfügt, und Dokumente für
die Geschichte der Menschheit verloren gehen, diu wir
noch hätten für die Nachwelt festlegen müisBei].
ÄVu Staatsmittel hätten etugreifen Hollen, da sind
wiederholt Private, vou der Wichtigkeit der Aufgabe
durchdrungen, eingetreten, und da stehen in erster Einie
die Expeditionen, weiche der Amerikaner Jesup auage-
Hendet hat, um diu aHiati?<ch*amenkaTiijicben Heziehungeu
zu beiden Seiten dur llerttigHstraffie zu erfümcheii. Zu
der Reihe der bezüglichen Veröffcutlichungeii gesellt Kich
jetzt eine neue, welche den auf dem Gebiete Hibirischer
Kthuographie Hcboii bewahrten Waldemar llogora»
zunt VerfasKcr hat»), und über die wir hier einiges l>t-
riebten wollen.
Ihigoras hat über TiOO Erzählungen unter den nord>
ÖBtlicben Völkern Sibirteus geHumim-U, die meisten unter
den TocbuktHcheu, von denen 100 durch die Petersburger
.Akademie im Jahre 1900 veröflentlicbt wurden. Andere
Htammen von den KamtKcliadalen, Korjaken, Damuten,
den rusHifizierten .lukagireu an der Kolynm, den Tncku*
wuDZun, den a.*>iati>chen Mskimo u. s. w. Dos kamtseba-
') Waldemar Ik>g«>raN. The folklnre of Nortlienatern Asia,
a« ('ontpanKl with that of NorthweHterv Aniericn. Im Ame-
rican AnthrojMdogist, New HurittN, vol. IV, p. 677 — «JMS.
Globus LXXXIII. Nr. liL
dalt.Hcho Material iiit da.n wichtigste, aber auch dan dürf-
tigste, da das Volk im Untergange begriffen ist. Auch
diu Jukagtreu haben Hchun vorherrscheud ruasische Tra-
ditionen und (lUHäiige angenommen; man hört bei ihnuu
epische GenAnge, diu vor Jahrhunderteii in SüdrufHlund
gedichtet wurden.
Aum den Sammluugeu von Rogurus ergiubt sich in
HchlHgendur Weise, wio Mythologie uud Volksüberliufe-
ruugun im nordöstlichen Asien, auf dor .\nierika zuge-
wendeteu grofsen Halbin-^e), völlig verschieden sind von
den wentlicbor wohnenden ural-altaiscboo Völkern. Die
verschiedenen Völker am HHiatischeii OKthorn liabeu
keinerlei 4xler sehr geriuge Huziehimgun auf Junen Ge-
bieten mit den wcHtlicher wuhtiuuden Sibiriern, im Gegen-
teil, alles weist hier uach Osten, nach Amerika bin. Von
der unteren Kolyma, die ins Eismeer mündet, hin zur
Gischigabai am Stillen Ozean läuft eine Grenzlinie; allus,
was öütlicb von diusor liegt, ist mit umurikauischeii Ideen
erfüllt, hat seine Verwandtschaft, Heine rbereinstimzDUng
mit nordwestamerikanischeii V’ölkem. Hei den Sibiriern
treten einäugige und einl)einige, feners])eiende Geister
auf, die auf seebsbeinigen gcHügelten Eiseurossen dahur-
saiiMm und mit eiHengupanzurtun Rittern kämpfen; l>et
den der Beringsstrarsu zugewendutuo Völkern spielen
Muorungeheuer, Seewerwölfo, eine Rolle, die im Sommer
als Wille die Aleere dnrchHcbwimmen, im Winter als
Wölfe auf dem Lande baunen; da gieht es rie«igo liis-
bären, deren Körper gauz aus Klfcnbuiii liustebt, Larhs-
nienschon, meuschenfruasende (ieiHtur u.dergL Man hört
von Felllwoten, diu achuell wie ein Vogel die Meere
durebschneideu, KAhnen, die sich von sullwt furtbowugeii
uud Abeuteuerlu-Htige nach fernen Inseln entführen, wo
ScbaitenmenHcben in Wäldern leben, halbgüspaltene Leute,
Zwerge oder EisiMlren mit MenschunguHtebturu umber-
wandein.
lui allgemeinen gleicht der Charakter der Erzählungen
der uordöstlicbeii Asiaten jenem der iiordwustlichou Ame-
rikaner, und dieses ist gewifs auch zum Teil auf Ähnliche
Lebensweise, ähnliche Umgubuug zurückzuführeii, die
Mich im Osten wie iui Westen der Heringsstrafsu gleichen,
wo der wulßHchjugeiide uud seehuudfangetide Eskimo,
der Küatentschuktsche. der flschunde Indianer und Kani-
tschadaie, der nMintierzficbtendu Korjake 11. h. w. leben.
Ein zweiter gomeinsamer Zug in den Erzählungen der
Völker auf lH*iden Suiten der Heriiigsstrals« ist da» Vor-
walten obseönur und wüster Geschichlun, und auch unter
diesen weint die asiatische und amerikanische Seite eine
grufsu Anzahl ganz gleicher auf, die einen gemeinsamen
rrsprnng liabeu infi^sen. Sdebu »chmutzigen Krzäliluugun
Öl
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S. Tuflhulok: KiniK*’ Krgobui*>ic der Murmariexpedition.
24fi
reichen K^dlich bis zu den Ainos, wo auch die Tier-
}{eHchichten hiiun^ sind.
Will man nun Vergleiche ziehen zwischen der Folk-
lore auf asiatischer und amerikanischer Seite, so kann
dieae» sich auf zweierlei Kreise erstrecken: erstens zwi-
schen den amerikauischeu Kekimo und den asiatischen
Tschuktscbeu, die in unmittelbarer Nähe der Kskiino
wohnen, und zweiten^ zwischen den nordwestlichen ame-
rikantscbeti Indianern und den atbirischen Oststämmen.
Hogoras hat zunächst diu Heziehungcti zwischen Kskimo
und Tschuktschen untersucht und gefunden, dafs letztere
sehr stark von ersteren boeinflufst sind. Oie Analysen
der Krzablungen ergeben grofse Übereinstiuimung. Wa»
nun die Beziehungen der In<üaner zu den OstHihiricm
bezüglich ihrer Folklore betrifft, so fällt sofort auf, dst.«
der kennzeichnende HalaMimythuH beiderseits vorhanden
ist. Ih-i T"cbuktschen, Koriaken und Kamtschadiden ist
der Name des mythischen Uaben der nämliche oder doch
sehr ähnliche; Kutk, Kutkil, Kugkly, Kurkil u. dcigl.,
und dert'harakter des Haben wird genau so wie auf der
umerikHui’schf'n Suite durgu^tcilt. hir ist ein rmgestalter,
aber nicht tler Schöpfer «1er Welt; er bringt Licht und
frisches Wasser, lehrt die Menschen, wie sie ihren Krdcu-
wandel eiiirichten sollen; ist ein humoriRtisclier Geselle,
dabei alU'ni und 'Kihmutzig, verübt allerlei lose Streiche,
die oft einen obxcönen lleigescbmack haben.
Hei allen Vergleichen zwischen den uie(*r«^sgetr«>nntun
Völkern .springt in die .\iigen, dafs der F.akiinoeinnuf8
sich allmählich an der sibirischi'ii FJsmt^erköstu in west-
licher Richtung ausdehnte, wo |ti auch die materielle
Kultur der Kskimu in vieler Huziehung, in «Ion Geräten
für die .fagd u. s. w.. sehr einflufsreicli geworden ist.
Hier hnlnm wir es also, Iwi den T'^chiiktschen, mit er-
hurgtem FNkiinogute zu thiin. Verwickelter sind «iie
Ileziehnngen zwischen den nordwestlichen Indianern und
den östlichsten Asiaten, Indde sind ja nicht nnr durch
das Meer getrennt, sondern zwischen dun Indianern und
Ostasiateii sitzen auch uck-U die Kskimo und Tachuktscheu.
Ti-ützdein und trotz der grofsen Kntfermingen zwischen
beidnn Teilen ßnden wir aber zwischen .lukagireu und
KamUchadnlen einerseits um! den Indianern anderseits
eine Anzahl charakteristischer alH.‘i*einstimmender Fj^äh-
lungen, die den zwischen beiden wohnenden Tsciiuktscbeii
und Kskimo unbekannt sind. Dazu gi>hörun diu Rahen-
legetideii, dio den F..«kioio fehlen. Wer die t^hereinstiin-
mnngen der verschie«len4m Krzählungen hei den ,4isiaten,
den Kskimo und Indianern mit eiueiu Blick übersehen
will, braucht blofs die analytischen Tabellen, die Hogora»
seiner Abhandlung buigegebuii bat, zu iiheracbauen.
26 Krz&hlungen der Tschuktschen und Kskiino stimmen
überein; T.Hcbuktschen und Imlianer besitzen H3 sich
genau gloichende; die übrigen Westberingsstilmnio haben
mit den Kakimo 12 gumeinsame, und diese Westberings-
Stämme sind bei den Indianern wieder mit IM übereiii-
stimmenden Kfzähluiigen vertreten. l>az«i koimnen eln<‘
Anzahl Geschichbm, die bei allen veraehiedeneu V«'ilker-
grup{>t*n sich ßnden. Da» eigentünilichste dabei ist die
I gr<»tHu Übereinstimmung «ler nonlwestlieheu Indianer
i mit «len Korjaken, KnmtschadaJen. Jukagiren. die doch
I durch Kskimo und TschukischiMi voneinander getrennt
' »ind.
Richard Au«lree.
Einige Krgehnisae der Mnrinanexpedition.
Die Expedition zur Erforschung der bydrologiacbea und
biologidchen VerhältniMe «ler nn «las euMpiiisehe Hufsian«)
grenzenden Teile «1«^ nönilicheii EiRineercH, welche während
fnst dreieinhalb Jahren (Mai 2688 hia Herlwt 18U1) unter
der Leitung von N‘. Kuipowitsch eine rege Tliatigkeit
entfaltet«, brachte ein umfangreiche« lieobachtungsmatorial
heim. Kiiiig** Krgelmiase dieser wichtigen rntcrsuchunge»,
deren Anerkennung neulich in «ler Verleihung der Omf
Litkeschen Medaille der Kais. Kusstacht^n GeselUrhaft an
llerrn Knipowitach ihren Ausdruck fand, mögen hier auf
Urund einer kürzlich von Knipowitsch selbst gegebenen
kurzen Pamiellung auch den Ticsem dieser Zeitschrift vor-
geführt wertlen.
Au« dem vom Leiter der Expedition gegelienen Entwurf
einer hydrologischen Karte des Kinueeres und des Weirseii
Meere« ist zu ersehen, dnfs dir Nonlkatwtrömuiig (östlicher
Arm dos Oulfstnuns), die zwischen der N’ordspitzu Kuix'pa*
und der K^tr«nin»el nfWi als einheitlirhrr Sin>m von etwa
180 Beemeilen Breite nach Osten dringt, .«ehr t»ald durch
einige Ilo4leurrh4‘bungrn unter etwa 7‘i* niirdl. Ur. in zwei
Teile /erlegt winl, fjneti breiteren und tieferen nr*rdüchon
Teil und rinen Hrichli-ren, si-bmiUrrcn südlichen. l>er nörd-
liche wird gegen Osten und Nordosten seichter und teilt sich
»eltist noi'h in drei Arme, die aber tiald unter das von Nor-
den eiii«]ring«'nde kalte und schwach salzige Wasser iinter-
taurbeii und si«'h stark abkühlen; zunächst noch aU Zwischen-
schichten zwischen dem kalten Olierw'iissrr und den et»cnfalls
killten Ikideiischicliten iiarhweUliar. sinken sie dann definitiv
XU Boden und verraten weiter iiai-h Osten bliifH tmeh durch
den höheren Salzgehalt und die kaum merkbar« Temiieratur-
erhebung der Bo«ien«ch(chtcii ihre Anw esenheit. Her südlich«*
Arm bewegt sich eine Strecke hing {tantllel der Miimian-
küste der Halbinsel Köln und erhält die Bezeichnung: Mur-
tnanstriimniig. Etwa Wi 38* üstl. L. wird «lieser Strom ilurch
berHUireteiide «eicht« Bodeupartif^n zur (lala'luiig veriinlafat:
ein Teil laihält die Südostrichtung bei, der ainlcre wendet
sich nach Nordostuii, «rb-idet alter dort schon bald, etwa
unter 44 " L., wi<r«ler eine ganz ähnliche Galtelung. An
jenen seichten Stellen des Meei-es Itridet sich stark ansgi-süiV-
tet WaasiT mit niedrigen BiMlentempemturen; eU*n!>o gerin-
gen Salzgehalt weist der den Küsten unmitteltiar vorgelagerte
breite Streifen auf. doch sind hi«-r die Teinperaturuii ini
Sommer mehr oder weniger hoch. Eine eigenartig« Strömung
umgiebi bogenförmig die Westküste von Nowaja Setnlja ; «las
Wassor ist. hier in der Tiefe stark salzig und zeigt niedrige
T«ro|)«raturen. Kmltich Si*i noch erwähnt, dats die zentralen
I’ariieen des Weifsen Meere« schon in geringer Tief« niedrig«
Temperaturen auf weisen, während die Kiist«nzou«ui im Sommer
stark erwärmt werden.
Diese Verteilung der warmen Strömungen giebt uns über
manche lü«h«r unerklärte Thatsachen ül»cr EisvertHlung und
Schiffahrtsverhälliiisse Ktnrheil. Si« erklärt, uns vor allem,
wAruiii ini Westen der Murmanküste ein so vorzüglicher ei»-
freier llafen int'iglich ist. wie es der 1889 «röffnete Katarinen-
hafsu der Stadt Alexandrowsk ist, während der östliche Hand
dar Halbinsel Kola, der de* Schutz«-* der warmen Miirinan-
stri>mung «ntlM-hrt, ««in vi«-l miihere* Klima hat und lange
in Eis gefesselt bleibt. Kr steht unter dem Kinftufs der stark
ausgesüfsten und seichten M«>ereBt«ile , in denen sich um
die Halbinsel Kanin und an <ler l'fort*.- d«« Weifseti Meer««
gr«»rse Kismasson biMen.
Sehr inten-^ant sind die von der Kx|>editi<m f«-stg«st«llten
TAni^ieraturverhaltiiisse. namentlich im Küstenstreifen des
Murmangebiei«. Hi« maximal« Erwärmung d«s Waswr-,
welche an der Olierdäch« etwa im Juli erreicht wird, teilt
sich nur sehr langsam den tieferÜegenden Schichten mit.
Her KtiitriU der maximalen l'«-Dii>oratur kann sich liei einer
Tief« Von UUO bis in bis auf drei Monate verspätun, wie
die« lieispielsweise in iter Näh« der Kolabuoht der Fall ist:
das Maximum fallt hier für die Oberdiit-henachichten in den
August, fnr dio Tiefe von ni in den November: in dieser
Tiefe war die Tcmie-ratur im Juni 1888 -4- l", im No'oiubcr
-r ri* C. In d«‘ii Jaliri'ii 1898 bi* 1888 «niifnfstc der ,Sonun«-r“
fitr die OheriIä«'}ienschichten «li« Monate Juli bis Scpleniber.
für die Tiefe von 10«» m «Ue M«juate Septembm- bis November
und in der Tiefe v«tn -.''0 m war es . Sommer* erst in «ler
Zeit von Oktidier t«i* Hezemlior. Iti dieser letzteren Tiefe
Re] «ler .Winter" in die Moniite Mai biii Juli, deckte sieb
nl*o zum '[Vil mit dom ^Sommer'' d«*r Obortlächen«chichten.
Hs geht Hch«»ii aus «ii«M-n weiiigi-n .Xiigaben mit Klarheit
berv«ir. ein wie unvollständiges Bild von den Lebensl>rHlingun.
gen der Organi«anen die bisherigen Forschungen im Eismeere
lit-rcni mufsteti, die sii-b zumeist auf dcu Hommer zu bc-
srhraiiken pfl«?gt«-n. Km praktisch wichtig«‘s Besultat hntt**
die Kxfieilitioii Itori-ils rrgidwn ; «-s ist eliiwandfivi nach-
gpw'tescri. daf-« der Stoi-kflsrh. w>-lcher das Hnu{»tobjekt der
Karl Sapper: Kine Ueiae über den latbinus von l'auama.
247
)(i‘U-f>rb)niiHf8i(?sn Fischerei an der Murumukiiste bildet, vun
Westen her oinwasdert und sich im Bereich der warmen
Mumuiri^tr5munK bält. Das Gebiet des Fischfaiij^es kann
jetxt bedeutend erweitert werden, indem man sich einenteiCs
t)!M:h Westen Itegiebt , wt> der Kuarkfiach schon xQ einer
früheren Jahreszeit maasenhatl auftriu, andererseits auch
viel weiter nach Osten viudringt und den warmen Wasser-
armen nachgeht, in denen sii'h grofse Fischfiien|;eii Ünden.
wiihrend dicht daneben in den sie einfaatendeu Kaltwasser-
gebieten fast keine Fi«cbe nngetroflen werden. Wissenschaft-
lich interessant ist beHuindem der (’uistand, dafs hier im euru-
pAiseben Kisiueer GehieU- mit durchaus verschiedenen
pliysikaliscb-geographiscbon BcNlingutigen und mit ganz ab-
weichender Fauna dicht nebuncinaiidur liegen und es somit
gestatten, die lief>r'nsbediitgungen der einzelnen Tierfornten
genauer zu erfursebeii. Kine sulche genaue Kenntui.s <ier
Verl>reilung«grenzen und Ix'ltonsbedingungen einzelner Tier-
arten ist aber alswlut erfonlerlich, wenn man aus den mari-
neu Ablagerungen Riicksr.hlüsse auf die physikalisch-geogra-
phischen Verbältniue weit znriirkliegender /eilen — vor
allem aber der Kiszeiteii und liiterghizialzeiteii — xiohvn
will. So ist es X. B. liekannt, dafs sowohl die Fauna der
ersten (horealen), als auch diejenige der zu eiten intorxlaxialen
Transgre-^sionen, den-n Spuren in den Becken der Dwina,
Vnga und PoUchora (zum Teil in oinerMoeresbohe von 150 m)
sowie auch an der Murmankilst« schdn naebzuweUeu sind,
einem Hw»« wärmeren Meer angehort halwn niufs, ah es
das heutige Kisroeer in dieser Gegend ist. Herr Kuipo-
witsch versucht es nun, einen ursAchlichen Zusanimouhang
zwischen den Tmnsgrussionen und dem mitdureu Klima jener
Moare xn linden, indem er die Frage aufwirfl, welche Ver-
änderungen der kiifluitischeo und faunistiachon Verhältnisse
schon eine Senkung dos McereslHidcas um etwa 100 bh 150 m
xur Folge haben inüfste. I>er Querschnitt des Meeres ini
Meridian der Kolabiicht würde sich dadurch um etwa 40 bis
60 l’roz. vergrOfsem, die Nurdka|tetrömung vermochte dann
viel gröfsere Wasseriuasseu in dieses Gebiet zu entsenden und
sie viel w-oiter nach Osten vurzuschieben. Die Fauna von
Finmarken würde sich der Munnan- und Barentxsee beniäch-
tiguD, wie dies in der Thal während der Iwrealen Trans-
gression der Fall gewesen ist. Kine umgekehrte Bewegung
des Meeresbodens, eine .negative' Ntrandverschiebuug imirst«
umgokelirt den Zudur« von WHriiiem Qolfstrtmiwasser noch
mehr vnrriugem, die Kisgrenzo sudwärt« ver»chiol>eu und der
Kaitwasserfatina xum Sieg verhelfen. Wie gruf« der Anteil
dieser Hebungen und Senkiingou an dor llorbeifühmng der
grofsartigen gv<ilugischen rmwAlzungen dor Ohtxial- und
Interglazialzeiton gewesen war, dion will Herr Knipowitsch
vorderhand nicht entscheid«*n ; dafs aber «in solcher Anteil
HDgenonimoD werkten mufs, schoint ihm unzweifelhaft. Jedeu-
felis darf man Herrn Knipowitsch zustimmen , wenn er
an die weitere Verarlteitung des gesammelten Materials grofse
Erwartungen knüpft.
S. Tiebulok.
Eine Reise Aber den Isthmus von Panamä.
Von Karl Sapper.
Noch vor kurzer Zeit war in zalillosen Zeitungen in
erregten Worten darüber gi-stritUm w urden, ob ein inittel-
iimerikaniscber Kanal am be.Hten durch Kicaragita oder
Tiber den Isihuius von Vatiama gebaut werden würden
gewühulicb wurde von den Autoren der liotrcfEenden
Artikel mit grofscr Wärme, uft sogar mit Fanatismus
für eins der beiden Projekte Partei ergriffen, und es fiel
dem unbefangenen Heurteiier .«chwer, aus der Menge der
vurgebraclibm Argumente die Wahrheit herauszulenen;
es war ja wohl zu erkeuuen, dufs Jede derlieideu Routen
gewisse uatikriiebe Vorzüge und andererseits auch ihre
beamideren Schwierigkeiten bol, aber all dies gegenein*
ander abziiwägen und mit richtigem Gewicht jedes
einzelne .Vrgument zu würdigen, das waraufserordentlich
Mchw'er, Ja fast unmöglich für jemand, der nicht lieidc
Routen aus eigener genauer .Anschauung kannte. Nach-
dem ich die Hauptpunkte der Nicaraguaruute zu ver-
sebiedenen Zeiten kennen gelernt batte, bot es daher Für
mich einen besonderen Reiz, nun auch die Panamaroute
genauer zu betrachten, eine Gelegenheit, die sich erst
an der Neige dirs Jahi'es 1902 finden eollte. Der Streit
für und wider Panamä hat sich inzwischen allerdings
gelegt; seitdem die „Neue PanamukaualcumiMigiiie**, die
zeit 1894 die.Vrbeiten des Kanal» in die Hand genommen
und fleifsiä gefordert batte, den Vereinigten Staaten von
Nunlamurika ein höchst vorteilhaftes Verkaufsanerbieten
gemacht hat, ziud die .Ausflichleu auf den Rau des Nica-
raguakaintls rurschwindend klein geworden, und seitdem
ist e« still in der Presse, das Gezänk ruht, deiiu es ist,
so scheint ei wenigstens zur Zeit, gegenstandslos ge-
worden.
Mit btulauernden Gefühlen schaute ich nach der
schonen grünen Rritolmi hinüber, als ich am 24. Hezember
1902 gunx nabe daniti vorbeifuhr, war es doch ein Platz,
der berufen schien, als Kudpuukt dos Nicaragua-
kanals eine grofse Rolle im Weltverkehr zu .spielen, der
aber nunmehr aller Voraussicht nach dasselbe träumerische
uutbätige Dasein weiterführen wird, das er bisher geführt
bat: er wird wohl in absehbarer Zeit ein unbewohnter
Ort bleiben, voll uatüriiehen Reizes, aber ohne grölsere
i
Uedeatmig für die .Menncbbeit. Ganz andere Gedanken
la^wegten mich, als ich wenige Tage «{älter (28. Tiez.)
früh nittrguns im lliifen von Pauamä (.Äbb. 1) lag und
Vor mir die alte Stadt, die glücklichere Rivalin von Brito,
erblickte. Kin schöne« Bild: breit dehnt sich die Stadt
mit all ihren dunklen Ziegeldächern und den hellen
Wellblfichdächern am lifer des grünlichen ^leeres au«;
freundlich ersebeinun die lichten hohen Fnmton der
Wohnhäuser, ehrwürdig die grauen Wände des ulten
Forts, die Türme der vei-schiedeneii Kirchen, unter denen
die der Kathedrale besonders hervorragen, grün iiinwol>ene
Hoben zur Rechten und Linken, gewellte Hügel im Hinter-
grund, im Vonlergrund grüne Inseln und etliche ver-
ankerte Schiffe, üluir all dem blauer Himmel und weifse
Wolken : ein Bild voll Abwocbsching in Linien und
Farben und jetzt kurz nach dem Knde der Regenzeit
von besonderem Reiz, denn die gelblichen Farbentöne,
die die kommende 'i'rockenxeit in das Ganze hiiieintragen
wird, können der Oe.^amtwirkung nur Abbruch thuu.
So freundlich al>or auch die Stadt von weitem aiis-
2 >ivht, so wenig hält das Bild in der Nähe, was es ver-
sprochen hat. Wohl ist es für den Besucher erfreulich,
zu »eben, wie die Dampfer durch die künstlich eröffuete
Fahrrinne des Kanals bi« zu der schönen neuen Landungs-
brücke der Panamdbahu binfahren und daran unmittelbar
aulugen können, wohl ist es erfreulich, in nächster Nahe
davon den Kiugaug des eigentlichen Kanals zu erblicken,
zu «eben, dafs hier wirklich schon etwa.'« durch Meu^chon-
hand geleistet ist, während in Nicaragua thut-sächlich
noch fast gar nicht« gethsn war; aber die weiten
schmutziggrauen Sand- und Schlickfiächen, die sich hier
zur Ebbezeit uusdehnun, machen mit ihren mäandrisch
«ich dahin windenden, schmalen Wasserabläufen einen
unangenehmen tlindniek, und wenn man mit der Bahn
zur Stadt hinfährt über sumpfigeH, von .MangrovegeböU
und Gräsern beHiandoneh Gebiet, so sieht man wob! am
Hang des naben Hügels die schönen Gebäude des franzö-
Hiscben Hospitals (Abb. 2), von I'ulmeii überragt und In
Grün gcbt'ttet, aber im Vordergrund erblickt mau fast
nur armselige Negerbäuschen, aus Brettern, M cUblechen
Karl Sapper: Kinc Hoite iiber den iBtliinus vun l'anain^
24 ^
und pflanzlichem D<M:kiUAt€rial 7.uRammenj?eflickt, Wns
ackmucklo« und reizloa neben dem anderen eiebetid, yon
einer schmutzigen j>oesielo8en nevölkernng bewohnt!
Sicht ujttu in Zentralamerika irgendwo einen Indianer'
ranebo, so macht er mit seiner bescheidenen llolxkon*
striiktioii und dem kiinsttosen Hlütterdnch, mit seinen
einfach, aber meist recht auuber gekleideten Itewobnem,
in seiner Umrahmung von Bananen, Kafleehäumen, Palmen
oder Büschen einen freundlichen, anheimelnden Kindruck;
es erscheint dem Reisenden als ein Vergnügen, eiiizutroten
und der Ruhe zu pflegen; in diesen Negerbütteu aber
gewifs nicht, wenn nicht die Nut dazu drängt!
Tritt man in die Stadt s<dhst ein, a» erscheint alles I
mit niedrigen Stockwerken und zahlreichen Oelasaen, in
denen dicbigeilrängi Fa|nilie neben Familie wohnt; sieht
man, etwa bei Nnchtl>e1euchtung, durch die ofTeneii
Tbüren ins Innere der Häuser hinein, so bemerkt man
gewöhnlich ärmlichen Hausrat, enggedrängte Menschen,
enge Räume. Dafür ist aber auch auf den Strafsen von
Panama starkes Leben und Treiben. Dutzende vc»n
Droschken und Lastkarren fahren hin und her. und die
schmalen Bürgersteige genügen vielfach nicht dem Ver-
kehr der Fufsgänger, während in den weit angelegten und
daher relativ menschenarmen mittelamerikanisrhen und
mexikanischen Städten die Strafsen wenig belebt, meist
sogar sehr still orscheiiieu. AlMM-dieRaumverschwendung,
Ahb. 1. Inneaharen von Pananä.
ebcnfalU schmutzig, uiiorfientlich, h(>rmitergukomnien.
ln einer mittelamerikaniMchen oder mexikanischen Stadt
sieht man zwar gewöhnlich nur suhr wenige mehrstöckige
Gebäude, aber die cinstückigeu Häuser der wohlhabenderen
Familien sind dafür iim so behaglicher dahingestreckt
und schließen weite Hofrutimc, oft auch hübsche Gürten
ein; sie bergen manchmal sogar im Innern grofsen Luxus,
SU bescheiden und einfach auch daa Äulsere sein mag;
ein Haus dieser Art ist ein ganzer, grofser Komplex, der
aber nur eine einzige Familie beherbergt ; darum nehmen
auch die mittelamerikanischen Städte einen ao iinver-
hältniamärsig grefaen Raum ein und acheu von weitem
so breit und atolz aus. Ganz anders in Panama: hier
siebt man aufscrordeutlich viele zwei- und dreistöckige
Gebäude, aber nur wenige Tornehme Bauten darunter;
<lie meisten Häuser sind armselig, schmutzig, häfslich.
ilie weithin gleichhleiheiidc Kigeiiart <ler Huus<‘r, die
Ruhe auf den Strafsen. das weite Licht und die gerad-
linige Anlage derselben gehen diesen Städten einen ganz
bestimmten Charakter und ein gewisses aristokratisches
(iepräge (das freilich oft einen gewissen Beigeschmack
von Langweite erhält), wahrend in Panama geradezu
der Mangel an Kinheitliobkeit in den Bauten bervorsticht;
die wenigen, in grufsem Stil und künstlerischem Geschmack
erbauten privaten und öffentlichen Häuser lassen die
Unzahl geschmackloser, eng angelegter und engzusammen-
stof.sender Häuser nur um so unangenehmer auffallen, so
dufs das Gej>räge der Stadt dem Beschauer unruhig
und plebejisch erscheint. So wenig einheitlich auch die
mmlerneu Gehäude von Panama sein mögen, so stimmen
sie doch fast alle darin überein, dats sie lange, die ganzen
Häuserfronten einnehmende Veranden besitzen, worin
Dig“ ;1 by Google
Karl Sapprr; Mine Retwe il«n lathmni von Paoama.
249
Kieh ein Teil des Lebens der Rewobner abspielt PrAngt
sich hiermit sogar das interne Familienleben halbwegs
an die PffcutUchkoit, so bergvn dagegen die grofsen
mexikanischen und zeniralamerikaniscben Il&user, die
meist nach dem Plan des alirömischen Hauses mit swei
Hofräiimen angelegt sind, die Rchonen kühlen Veranden
und da« gesamte Familienleben iin Innern der l'm-
faRHungsmauern.
Pie engen, Ttelfach winkligen und »teil ansteigenden
Strafsen yon Panama mag man als Anpassung an ge-
gebene Terrainverbältnisse aulfassen und kann sich dabei
auf viele Heispiele alter spanischer Städte berufen. Aber
SU sehr auch Panama in seiner Anlage und einzelnen
diese StAdte haben alle einen bestimmten, spezifisch
amerikanischen Charakter. In Panama dagegen treten
die Mestizen der Zahl nach stark in den Hintergrund,
auch ^VeifRe siebt man recht spärlich; dis Ilaaptbevöl-
kerung stellen Neger. Mulatten und Zambos, und wenn
sie durch ihre Zahl nicht schon in erster Linie auffallen
würden, so würden sie es sicher durch ihre Vurliebu für
gerAiischvoUes Auftreten und Lärm aller Art thun; sie
drücken dadurch ebenso wie durch ihren ansgesproehenen
Mangel an Reiulichkeitssiuii das künstlerische Niveau
der Stadt herab. Kinen bedeutenden ProBentaatz der
Ilevölkerutig stellen auch die Söhne de.s himmlischen
Reiches, die in ihrer stillen und hescheidenen .\rbeit*
Ahh. 2. Eingang znni französischen Hospital in Panama.
seiner Gehäudu uu die alte spuuische Zeit erinnert, so
ist es doch weit davon entfernt, den Kindruck einer
spani.schen Stadt herrorzuhringcii ; das wird einem ohne
weiteres klar, wenn man daneben die benachbarte colum-
biaiiische Stadt Cartagena betrachtet mit ihren alten
woblurhalteueu Ringmauern, den stillen krummen Strafsen,
den alten hohen Häusern, verziert von kleinen, meist
wenig vorragenden ßalkonen, eine Stadt, in der noch der
Hauch Spaniens aus dem Ib. .lahrhiiiidert zu spüren ist!
Pie Ungleichförmigkeit tritt aW in PauamH nicht
blofs liei den Rauten, sondern auch l>ei der Revölkerung
sehr aufltillig zu Tuge. In den mittelinnerikaiÜMcbeu
oder mexikanischen Städten tritt die Mestizenbevölkening
allenthalben stark in den Vordergrund, und w«i sie nicht
das vorherrschende Itevölkerungselemerit darstellt, da
sind es an ihrer Stelle reiiiblütige Indianer, kurzum.
Glebu« LXXXIU. Nr. lA.
sHUikeii weniger horvurtreten, als ihrer Zahl und Re-
deutung entspräche, aber den intemationalen, unameri-
kauischen (‘barakter der Stadt doch noch mehr hervor*
heben.
So wenig erfreulich auch im allgemeinen der Kindnick
war, den ich von der Stadt Panamn als solcher erhielt,
BO erfordert es doch die Gerechtigkeit, horvorzubeben,
dat« auch die Ungunst der {»olitischen Verhältnisse ihr
gilt Teil dazu beigetragen haben mochte, liiifs Panama
einen etwas herahgekommeueu lundruck machte. War
doch erst einen Monat früher Friede zwischen der Re-
gierung und der Revolutiunsiiuriri der Liberalen ge-
schlossen worden; noch wimmelten die Strafsen von
schlecht gekleideten Soldaten (.\bb. 3), vielfach jungen
Bürscbcheu, die sehr kränklich aussahen; noch war das
elektrische Licht nicht wieder in Gang gesetzt, und un-
:t2
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Karl Sajiper: Ktoe Kvitt> über <)cn Isthmus vnu PsDaintt.
2M)
rttgoliuhtnig Terteilte Petroleumintornen, die einzelue
nAUsbesit/.er aus Mitleid und fiomoiusiun vor die Thür
f(ehänfrt batten, erbellien sehr kümmerlich die Ncbmuizigen,
Kchlecht frepflasterteri Stralson; oianobe aufFallende Mängel
an Hciulicbkeit mögen ebenfalls auf Raebnung der ab*
iioro)en /ustände su setzen gewesen sein. l'n<l wouii
ich oben die rngleiehmftfeigkeit iro llauHbau, die Knge
und M'inkligkeit der iStrafaen gerügt habe, so möchte
ich doch nicht veriutumen, hcrvonubvbeii, datn gerade
diese Mannigfaltigkeit im Aun>au der Gebäude in Vor*
bindung mit der Kngv der Strafsvn mancbuiHl höchst
malerische Rüder borrorbringt, die um so berückender
wirken, wenn etwa am Ausgang derStrafHC das gleiTsende
Meer oder gur die Sonne sichtbar wird und dadurch das
Auge Yon dem Schmutz abgeblcndet wird und fast nur
noch die »ich drängende Mannigfaltigkeit der Formen
erblickt. Aber wenn ich
dann an den Sanm des
Meeres trat und einen
offenen Blick ins Weite
thun konnte, wenn ich das
Grün der Hügel und Flu-
ren, das Blau des Meeres,
die Hchunen Linien der
Berge und Inseln schaute,
da erfatste mich eine
wahre Sehnsucht, hinaus*
zuzieben aus der heifsen,
schmutzigen, engen Stadt
trotz all ihr<>r malerischun
Kinzelheiten und mich zu
crfroueii au den Schön-
heiten der Natur und be*
»ouder» der praclitigen
Vegetation, die eben n<»ch
im üppigsten Grün stand.
Wer sich aber für die
Schönheit der Pflanzen*
weit interessiert, für den
gitibl es kaum einen loh-
nenderen Aunflug hIh
nach dem ){o»pitnl der
Kannlcompagnie. Freilich
mufs man dafür einen l>e-
sonderen Kinlafsecbein
haben, denn sonst würde
sich alle Welt in dem
wunderroUen Park umher*
treiben, der doch eigens
für die Kranken errichtet
ist. Icb verschaffte mir also
einen bünlalsschoin und fuhr biniins zum grüueii Hügel,
der sich zwischen Stadt und Kaiialmüitduug erhobt und
um den herum die zahlreichen Gebäude des HospitnlH
errichtet »iud. Herrliche Alleen Ton Kokos* und Königs-
palmen begleiten den Wanderer auf seinem Wege, die
llrutfriichibäume zeigen zwischen üiron grofsen geschlitz-
ten Blättern ihre stachelbewehrten rundlichen Früchte.
Hunderte Tun blühenden Koscuhnuinchen stehen wohl-
gepflegt in grofsen Töpfen Tor den Krankenhäusern,
Fnruhätime erheben ihre herrlichen Wedel an schattigem
Platz, mA<lagasfliscbe Gewächse stehen fremdartig da-
zwischen, und was sonst die Tropen Amerikas und d^r
übrigen Weltteile an schönen Pflanzen borgen, das ist
hier alles zusHinmengetragen, um dem menschiicbeii Auge
Vergnügen zu bereiten.
Bie Gebäude des Hospitals sind fast sämtlich auf
hohen gemauerten Pfcüem aus Holz errichtet-, Ton geräu-
migen Veranden umgehen und freundlich heniult. Bio
moisten Häuser standen leer; nur !m höchstgelegenen
waren wenige Kranke Torbanden: ein gutes Zeichen für
den (tesundbeitszustand längs des Kanals, gleichzeitig
aber auch ein Zeichen dafür, dafs nur mit wenigen Ar-
beitern gearbeitet wird , denn wo Tausende beschäftigt
sind, müssen auch mehr Kranke Torhanden sein.
Um nun die Kanalbautcn, von denen ich so vieles
gehört und gelesen hatte, selbst zu sehen, verschaffte ich
mir von der Neuen Kanalcomjiagnio ein Kmpfeblungs*
Hcbreiheii an den Sektiousebef von Tulehra und fuhr am
30. Bezember mit der Bahn nach der Station gleichen
Namens, Ich folgt« von dort aus einem Seitonstrang
der Bahnlinie (Abh. 4), der mich, vorl>ei an zahlreichen,
noch neuen KxkHvatoreu und anderen Maschinen, mich
den Wubiistätten der Kanalcompagnie führte, einer kleinen
Stadt für sich, mit auBgi'dehnten Werkstätten, hübschen
herrschaftlichen Wohnun-
gen und einfachen Ar-
heiterhäusern , aUes aus
Brettern erbaut, mit Well-
hlocbdäcbem gedeckt,
weifs angestrichen , in-
mitten des umgehenden
Grün ein freundlicher ;\n-
blick, besonders aus der
Ferne, von wo aus man
BO manche kleine An-
zeichen von Verwahr-
losung nicht beobachten
konnte. Ich gab meinen
Kiiipfehliingsbrief in dem
Hause des rhefiiigenieur»
ah und wurde .sodann zu
dem grufMcii Culebracin-
schnitt fi) geführt,
der den Gipfel der ge-
■'«amten Kanalroute auf
die nötige Scbieuscnbübu
herab erniedrigen soll.
Der uufsichtführendo In-
genieur nahm sich meiner
mit gi'ofser Freundlichkeit
an und zeigte mir ebenso
die .\rt der Arbeiten, wie
die geologische Formu-
lion des Gebiets in zuvor-
kommender Weise. In fünf
grofsen Terrassen ist das
(iulätide nach dem künf-
tigen Kanal zu abgestuft
worden, des.<ion Sohl« nuf
wenige Meter tiefer koiumen soll, als die gegenwär-
tigen ArlH-iten bisher (45 m über dem Meere) erreicht
halten. Auf jeder der Terrassen läuft ein Schieueii-
strang, auf <lem mittels I/okorootiven und flachen Bahn-
wagen das geförderte Material entfernt und nach der
AhliigcmngKstätte geführt wird. Hunderte von Ar-
beitern waren hier an dem Kiiiscbnitt beschäftigt: die
einen stellten mit langen Stahlnieirseln und Bohrern die
Löcher für die Sprengungen her, andere zerkleinerteu
mit Picken die losgcsprengteii Felsstücke, wieder andere
warfen sie auf die nahen l'jsenhahnwagpn. Zwei grofse
Kxkavatoren, eine Art Baggermaschiuen, die derirockcneti
Arbeit ungepafst sind, waren anderwärta in Thätigkeit
und lududeii mit gntLom Nutzeffekt die bereit stehenden
F.isenhalinwagen. I>a und dort wurde auch gesprengt,
und hochnuf flogen diu Steine nach allen Seiten, bald
mit dumpfem Ton, bald mit lautem. Hchufsähnlichem
Knsll. ÜluTall Arhiüt im<l Geschäftigkeit! Die ineiiiten
Abb. 3. t'olaiubianlachea Militär.
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Karl S«|*(»er. Kino Helfe über dun Ifthmus von Hanami.
251
Arbeiter waren JnniaicAneger, die aue freien Stücken aus
ihrer Heimat hern)>erkoinnien und »ich zur Arbiüt
anbioteii. Die Arbeiten iielbMt »ind zumeist im Akkord
vergeben, nur Maochinixten, Heizer, Handwerker ii. h, w.
arbeiten im Tageluhn. Da die I^eutu grof»eM IntereuMe
daran haben, möglichst viel Akkordarl>eit zu leiKteu, su
sieht man sie stmidenlaiig dicht nebeneinander beschäf-
tigt, ohne du(M sie auch nur ein Wort wechselten. Uuhr-
uiaschiuen, wie sie, mit komjnimierter Luft betrieben, in
den Bergwerken vitdfuch üblich sind, finden beim Kanal-
bau keine Verwendung, da ihre Arbeit, wegen der .An-
legung der Zufubrleitung, zu teuer kommen würde.
Wenn man sich so au Ort und Stelle den t'iilebra-
scheinlich werden die Arbeiten sogar in Bälde noch mehr
reduziert werden, da man die Übergabe an die Ameri-
kaner in Aussicht hat, freilich noch nicht in sicherer
AusHicht, da der in Bälde zusammentreteode columbiani-
sche Kongrels inöglicherweiKe der KonzoHsionsübertragung
erhublieho Schwierigkeit bereiten könnte, was eine neue
iutoressunte Kpisode in der worhselvolleu Gescbichte des
mittelumerikniiiscbeu Kanals eiuleiten mütste.
Nachdem mich mein Führer bis zur höchsten Terrasse
des Kinschnitts emporgefflhrt hatte , begleitete er mich
noch zum Haus des Chefingenieurs zurück und ver-
abschiedete sich dann. Der ('hefingenieiir liefs sich l>ei
mir wegen Krankheit entschuldigen, und damit ?<tand ich
Abb. 4. Am Cilebraelnsrhnift (Kanal von Panamä).
cinschnitt betrachtet, so kommen einem die Grüfsenver-
hültnisse gar nicht so übennäf>ig bedeutend vor, und
dian kann anfänglich nicht r«>cht begreifen, wie zu dieser
Arbeit nun schon acht Jahre nufgewendet worden sind.
.Aber wenn man die vielen Menschen vor sich au der
.Arbeit siebt und beobachtet, wie viele Wagenladungen
von festem Material hier jeden Tag, ja jede Stunde heraus-
geschafft werden, und wie das doch im Verhältnis znm
Ganzen nur unmerkliche Mengen sind, so versteht man
es schon eher, da nmn iilluiählich eine Ahnnog von einem
richtigen Mafsstab bekommt. Dabei inufs nmn ferner
noch bedenken, dafs zeitweise nur mit verhäUnisrnäfsig
wenigen (..euteii gearbeitet wunle. Dasselbe ist auch
gegenwärtig der Fall, indem in Ciilebra und Kmperudur
äusummeii nur etwa 900 Mann beschäftigt waren, an
Stelle mehrerer Tausend in früheren Jahren. Wahr-
plötzlich auf der StrafiH*. wurde el>en zum Knseii
geläutet und gepfiffen, alle Welt eilte nach Hause; aber
hier, wo jedes Haus, jeder Mann seine Nummer hat.
giebt es kein gastliches Hotel, das uiuom Fremden für
ein paar Stunden Unterschlupf gewähren würde. Was
sollte ich thun? Kasch entschlosseu kaufte ich mir in
einem armseligen ('hiuesenladen das wenige, was zu
haben war, etwas Brut und Bananen, und ging zu Fufs
auf der Bahnlinie die 1 j englische Meilen nach Banamn
hinab, denn mein /ng wäre erst um 5 ' '4 Uhr Nachm,
ahgegangen und die lange Zeit von 1 1 L'br an wollte
ich doch nicht in dem schmutzigen ('hiuesenladen zu-
bringeu. leb kam auch richtig zwei Stunden früher als
der /ug in Panama an, war aber freilich noch wesentlich
erhitzter und durstiger, als es bei höherer Fbitwickdung
französischer Gaatfreundschaft der Fall gewesen wäre;
r
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251>
Karl Sapper: Kino ReiH6 über deu Istbmua ron Panama.
dafür batte ich aber deu Vorteil, die Bahnstrecke »ehr
genau kennen 7U lernen, und konnte mich der zahllnsen
Blumen so recht freuen, die zu beiden Seiten der Linie ;
das Grün durchvrirkten. Ich sah die Tausende tou Raphia- i
palnien, die an den Berghüngen und in den Niederungen |
über die benachbarte Vegetuiion sich erhoben, »uh die |
hübschen Bananengruppeii, die da und dort gepflanzt |
waren, sah die Millionen von kleinen Farnen, Gräsern, I
Krftutent und Schlinggewächsen, die in dichtem Teppich |
mir an Steilhäugeu die geologischen AufHchlQase ter«
deckten, sah aber allerdings auch die ausgedehnten
Mangrovesümpfe und ihr braunes unerfreulicbei* ^Va»(^er
lange schon, bevor ich Panama urreichte, kurzum, icli
maschinen, wenigstens iu brauchbarem /ustand erhalten
worden war, und konnte mir aus diesen traurigen Über-
resten ein Bild von der Grüfs« der ursprünglich geplanten
und in Angriff genommenen Kanalarlwiteu heretellcn.
Auch auf der atlantischeu Abdachung begleiten Dutzende
und Hundert« von Häusern der alten ('ompagiiie die
Bahnlinie und entsprechend der grülseron Luftfeuchtigkeit
und dem stärkeren Regen ist der Plrhaltungszustand der-
selben auch vielfiich noch weit scblecbtor als auf der
trockenen Abdachung von Panama. Dagegen gewann
aber die Vegetation an Üppigkeit und Reiz und vielfach
hatte sie es schon zu stände gebruebt, dafs sie ganze
Züge von Torrosteteu Rollwagen, grofse Lager von Ma-
Abb. 5. Der grofse Cnlebraelnschaltt (Kanal von Panami).
bekam einen ganz anderen Begriff von der ganzen Laud-
schuft als zuvor, wo ich uur mit dem schneiten Dampf-
i'ofs durch diesell)« bingeglitten war. Zahlreiche, nu-
merierte Häuser stehen zu beiden Seiten der Linie; sie
t'ehören der Kaualcompaguie und geben mehr oder
weniger sicher und schnell dem Verfall entgegen; mehr-
mals bemerkt man auch grofse Werkstätten mit rostenden
Maschineiiteileu, und häufig siebt man frei umherliegeude
Karren, Schaber, fjseiibahuwagen und Wageutuile, Werk-
zeuge, Räder, Wellen, Dampfkessel u. h. w., die sicherem
\’erderben uutg^eugehen, lauter Zeichou der Vurwtihr-
losung aus den Zeiten der alten Kanulcompagnie. Cnd
als ich am 1. Januar 1903 von Panama nach ('oli)U bin-
uberfubr, da sab ich noch viel mehr solchen wertvollen
verderbenden oder schon verdorbenen Materials auf
meinem Weg uebeu vielem uuderen, das, wie die Bagger-
schineu und Kisenteilen fast vollständig mit ihrem grünen
Kleid überzogen und deu neugierigen meuscblicheii
Blicken entzogen hatte. Tropischer Urwald fehlt längs
der Bahn vollständig, und alle Pracht und Üppigkeit der
vorhaiidetieu Pflanzenwelt ist nicht im stände, dieselbe
Wucht und (tröfse der Kindrücke bervorzurufen, wie sie
der geschlossene regeufeuchte Urwald erzeugt. Aber
wenn die Vegetation auch hier dem Keimenden nicht das
Uüchxte zeigt, was sie au malerischer Wirkung erreichen
kann, so bietet sie ihm «loch zahlreiche Bilder von hohem
Reiz: Da ist hier und dort noch aus alter Zeit ein l'r-
waldbaum stehen geblieben und breitet seine gewaltigen
Äste über eine kleine Banaiienpflanzung oder über eine
kleine Häusergruppe aus; auf weiten Flächen haben
anderwärts Schlingpflanzen mit ihren Millionen von
grünen Blättern und ihren Tausenden von blauen und
Digitizod by
K. 'l'h. Fmufü: l>ie Suade ia der iiiHxikuuiscbeD Kcligioo.
veifiten lilQtenkclehen wie ein dicht^ewohuner Schleier |
Hoflen, liuecb und 13»utn nbcrwuchert; hier blickt das i
\\ige in daa'liunkel xchatti^er Bambuedickicbte, dort j
Mchweift es Ober Achiir- und f^asbedeckie l'lächen hinweg,
und die Gewässer des (‘hagros und seiner ZuHüsse, die ■
liAgeligeii l^Irhebutigen, die küDstlich geHchaffeneii Vieh* ,
weiden, aus deren gnlnvm Gruspolster da und dort der
rote Boden herrorliigt, machen das Gesamtbild uiaiinig*
faltig und reich.
Kndlich sind wir um Kndpuiikt der Buhn, in (olon,
ungelangi, und mit Freude begrüfsen wir das offene
Meer, die Iterunrollenduu Wellen mit den weifsun Kämmen,
die berrlichcn rauM'beuden Kokospuliuen , die in luugen
Heiben oder godrängteii (irup|>en um Strand und da und
dort auch in der Stadt sich erhel>en und bald die schönen
wohlgepflegten Häuser der Kuropäer, bald die ärmlichen
Hütten der Neger freundlich umrahmen. Ks iHt]u richtig,
uurli in ('olon ist yieles unerfreullcb ; grofse Flächen
inmitten der Stadt sind von Wasser um! Sumpf ein*
genumiufn, manche Hauser sind direkt in den Sumpf
gebaut, und in einzelnen, vuu Negern bewohnten Stratsen
schreien Schmutz und Verwahrlosung zum Himmel; die
zahlreichen Soldaten, unter denen sich so viel arme halb'
wücbsiji^ Jungen l>efiudcii, das ewige TronipetenhUseu
•JTiS
und Exerzieren sind auch nicht gerade sehr angenehm
für ein friedllcheudes Herz, um so weniger, wenn man
weif», dafs die Mehrzahl dieser Ltmte mit Gewalt in den
Bruderkrieg geschickt worden ist uurl dnfs viele, viele
ihrer Kameraden dem J-'ieber und den Strapazen der
letzten Monate und Jahre erlegen sind, aber im grofsen
und gniizmi ist ('olon mit seiner frischen Seebrise und
den breiten Stralseu ein recht umiehmbarer Aiifunthali;
manche origineliu Erscheinungen des Volkslebens , das
hier nicht so rein städtisch ist wie in Panama, erregen
die Aufmetknamkint des Keimenden, und wenn er schon
jetzt den starken Eisenbahn' und Schiffsverkehr mit
Freuden registriert, so darf er mit einiger Wahrscliein-
lichkeit sich ein noch viel erfreulicheres Zukunftsbild
auduialcu, wie sich das alles noch beloben wird, wenn
wirklich einmal der Kanal gebaut wird und zahlreiclu*
grofse Schiffe sich hier ihren Hurchgaug durch den
amerikanischen Kontinent suchen. Möge sich dieses
Zukunftsbild bald verwirklichen! Wer freilich das V^er-
halten der nordamerikaniseben Ib^giorung in der Kanal-
fragc während der letzten fünfzohu Jahre aufmerksam
verfolgt Imt, wird nicht üheruiäfsig vertrauensselig in
seinen Erwartungen sein.
Die Sflnde in der mexikanischen Religion.
Von K. Th. I’rcuf».
I.
J«mI« Handlung, je<ic meuHchliche Uegnng, diederGott-
heit mifsfällig ist und der göttlichen Strafe iiiitcrHegen
kann, bezeichnen wir als Sunde. Ih^shalh int oft liereits auf
niederer Kulturstufe der Begriff der Sunde vorhaiiduu.
{■Is brauchen nur Pflichten gegen irgend welche göttliche
dergl. m. zu existieren, um ihr« Vcrnachläasigung, be*
sonders unter dem Druck einer venueintlicben Strafe
als Sünde zu empfinden. Kurz, die Sünde ist das Korn*
plemeut der göttlichen Strafe, mag nun ein Wort dafür
vorhanduii sein mler nicht
Wer nur einen Blick auf di« mexikanische» BUder-
schriftßii und auf die alten Berichte geworfen hat, der
weifs, «laf.H das Leben der Mexikaner durchsetzt ist von
religiösen Übungen aller .\rti darunter he.xonders Fasten
und Biuiontziehungen , und dafs Opiergaben für die
Götter, namentlich auch Menschenopfer, oft und z^ihl-
reich dargobracht wurden. Natürlich Ififst sich das nur
so erklären, dafs man viel von den Udtterii wünschte
und fürchtete, deth man sich von den (»öttern abhängig
fühlte und die Leistungen gegen «le bereits als etwa.s
Solbstvorständlicbus betrachtete, ln den mythologischen
Bilderschriften giebt es nur wenige Stellen, die nicht auf
dieses Verhältnis der Menschen zu duu Göttern Bezug
nehmen. Man darf deshalb eigentlich die Schriften auch
nicht mythologiecb, sondern muts sie religiös nennen,
denn was die Menschen den Göttern schuldig sind und
von ihnen zu erwarten hal>en, das ist ihr Inhalt. Die
Mythenhildung, wie die Götter die Welt erschaffen hub«m,
wie sich ihr l^l>eii gestaltet uud wie sie persönlich mit
den Menscheu verkehren, tritt dagegen sehr zurück, ob-
wohl sie nicht fehlt.
Gehen wir zum VerstHiulnis des mexikanischen Be-
griffs der •'<ünde von den einfachsten Verhältnissen aus,
so uiÜHseu wir den mexikanischen Tlutlacouui, den nSüu-
der“ und „übelthäter“, als einen Menschen auffassen,
der die vorge.scliriebenen Pflichten gegen die Götter
nicht prfüllt hat. Dafs das richtig ist, wird z. B. durch
die Beschreibung des .\tamalqualiztli-Festcs in den Sa-
hagunmanuskripteii in Madrid D bestätigt: „Fnd wenn
jeuiand uiebt fastete, wer als solcher erfunden ward, der
ward sogleich gezüchtigt. Gar sehr resjiektiert w urde dieses
Fest der Wasserkrapfeu. t^nd wenn es jemand nicht feierte,
auch wenn das niemand sah und niemtind erfuhr, von
dem glaubte man. dafs er zur Strafe mit .\uKsstz ge-
schlagen würde.** Der Aussatz (ieococoUzUi) wurde vom
Regciigott Tlaloc gesandt, zu dessen Ehren dieses Fest
gefeiert wurde. Wenigstens kamen diejenigen, diu vom
Blitzeracidagen wurden, die Ertrunkeueu, die Aussätzigen,
die Geschlechtskranken (hubosos), die an Hautkninkheiten
litten (sarnosos), die Gichtkranken und WaKsersüchtigen.
wenn sie an einer dieser Kraukheitec starben, ins irfli-
sehe I’aradies Tlaloct nach Tlah>cau ^). Da» heifst doch,
sie waren dem Gott verfallen, und die Krankheit war
wie der Blitz, der d«>m Gott als Waffe zugesebriehen
j wird, von Tlaloc geschickt. „Donner und Blitz sind dio
Zeichen deines Zorns**, und er möge, wenn er Regen
sende, nicht die von IBinger geschwächten Men»cben da-
mit erschrecken, und nur einige wenige, wenn es denn
nicht anders sein könne, für sein irdisches Paradies lie-
stimmen *). So nind wahrscheinlich neben dem Blitz und
dem .\iisaatz auch das IXnuken uud die übrigen ge-
nannten Kronkikeiten Strafen Tlaloc«. Wofür? lälst
sich mir ans den angeführten Angaben des .Vtamalqiia-
liztli-FoHtes schliefsen.
Darauf führen una auch diu Sünden, um derentwillen
*) B. 11, Apemlico nach der ülmrsetzung von heler l>ei
Puwkes, Amer. Antliropulogist VI, p. 388.
*) Kabaguii, llistoha icunerat de ias c««as de Nu>*vh
K s|ia)aia ed. Bustamunte, U. III . Apendice V. 3. .Mexict»
1839.
*) Kab»;;uu. B. VI, C. 8.
4
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354
K. Th. I'reaft; l>iu Siimlu in ücr ine^iknttisoheu Ucllffioii.
Tozcatlipoctt die Menschcu straft: ^Uml weiier erzühlt
iiitin**, »<agt Sahagun (ß. UI, ('. 2), ,,(1hTn dioscr (lott don
Memtchen Armut, und unbrillmre, ansteckende
Krankheiten gab: Au»o<atz, Geseblecht^krankheiteii, Gicht,
Hautkrankheit und WaxserntichU Hie nandte er, wenn
er auf diejenigen erzfimt war, die nicht UelülMlo und
ItnfHen einhielten, zu denen »ie sich bei den Fastun ver-
pflichteten, wler wenn sie zur Zeit der Fasten mit ihren
Krauen sohliefuu, oder die Fruiien mit ihren Gatten oder
Freunden.“ !>tim Herzen dos Gottes tkat tm wohl, wenn
man zu sednen Kbron die Hütte fegte und reinigte und
Feuer ansüiidote. „Wenn ich etwas durch meine Arlwit
verttiene“, gelobt der Kranke, „so werde ich ea niiht
verprassen, noch in anderen Hingen versrhwenden, son-
dern zu deinen Khren ein festliches (lolage und Tünze
in dieser armen Hütte veranstalten*}.“ Ks ist hier nicht
dor Ürtt ausführlicher alle die pvrsönlicheu Dienstleistun-
gen aufzuzühleu, durch die man sich da« Wohlwollen die-
sen Gottes, der ßeichtiun und Armut verlieb, erwerhon,
durch deren Vertmcblüsstgiing inan aber auch seinen
Zorn erregen konnte. Die Menschen brauchten jMlen-
falls nicht um einen Grund verlegen zu sein, weuu ihnen
etwas zustiefs.
\^■er vor dem Fest Xochiihuiti des MaeuUxuebitI,
des Gottes des Tanzes und Gesanges, geschlechtlichen
Verkehr pflegte, der wurrle von dem Gott mit Krank-
heiten der verhorgemm Körperteile (partes secretas) Inj-
straft, mit Häiuorrhoiden , Fäulnis des Gliedes, ßlutge-
schwüren, Leistenheulea u. dorgl’ m.^).
Nebeu den Sünden gegen ihre eigene Person hesiritfen
die Götter die Vergehen gegen die Gesotze des Staates
und stempeln sie dadurch auch zu Sünden. Die mext-
kuiiischeii Götter sind nicht zufällige Götzen dieser o^ler
jener Person, ««Indern Staati^oUheiten, die teils alsGründer
des Stuatii, wie L'itzilopochtli, verehrt, teils aus einer
anderen Stadt nach deren ßesiegung als ßeschützer
Aufgeiiommeii wurden^), die in den Nöten des Staates
angerufen wurden, von ihm ihre regelmiirsigou Feste und
Opfer erhielten u. s. w. „Und wenn du“, sagt der neu-
gewählte König, „deine Dienste dem Gemeinwohl ent-
ziehen wolltest, ob du auch Gmnüsekrätner und flolz-
bauer wärst, dor nach den Wäldern geht, um das Holz
herlH:izuschn&eu , der Gott wird dich von dort heraus-
holen, er wird dich au einen erhöhten Uri atellon und
dir Auftrag geben, die Stadt oiler das ßelcb zu leiten.
Fr wirti dich dazu bringen, auf den .Schultern oder in
den Armtm irgend ein Amt des .Staates oder die könig-
liche Würde zu tragen . . . Gott, unser Herr, der über*
ull gegenwärtig ist, wird dich zu seinen .\ugen, zu scinoii
Ohren, zu seinem Mundo, zu soiuor Sprache tuacheii. Du
wirst seine Worte «prechen *).“
Man ersieht die Teilnahme der Götter an der Rechts-
pflege des Staates besonders daraus, dafs der Mexikaner
einmal im Lehen seine Sünden dem Priester heiehteii
darf und dadurch, sowie durch die auferlugte Bufse nicht
nur zu neuem lieben ersteht, sonderu auch die weltliche
Strafe vermeidet. I.etztere8 sei der Grund gewesen, dafs
man sich der Beichte unterwarf und auch mir weifen
schwerer Vergehen, wie Khebrucli, auf denen die Tmles-
strafe stand. Wer nach der Beichte wietlernra in Sünde
vorbei, für den gab es kuine Kettung mehr, und dcHhalh
l>eicbtete man erst im .\ltcr. In diesem Sinne bcichtebui
die Mexikaner anfangs auch bei dun -panixchon Mönclien
SuUogun, It. III, 0. ‘i.
*) Sahagun, B. I. C. U.
*) Vergt. Duniu , llistnri» de las Imlias de la N(U‘vh
l-'HpAnH, C. «5. Mexiko IPIW. IM. II. H. VH über die tirniulc.
\^fsbalb Comaxtli nicht in 31exiku verehrt wurde.
Sahaguti, B. VI, C. U.
„schwere und öffentliche“ Verbrechen, „wie Moni, Kl»e-
bruch u. s. w.“, und ihaten Burse dafür, um von ibnt*ti
eine Bescheinigung darüber zu erhalten, die sie den
Behörden vorzeigen könnten’'). In dem Fall, wo die
Ohrenbeichte in Anspruch genommen wurde, buudelt
OS sich also eigentlich nicht um eine göttliche, son-
dern um eine weltliche Strafe, die aber von den Göttern
ausgehend gedacht Ut. Kbeuso wie alle Kraiikbeit(‘ti
und anderen Übel als Strafen der Götter hetrnebtet und
gegen Buf.Hcn, Opfer und Gelülufe erlassen worden können,
so tritt auch für die gerichtliche Strafe einmal im I.eben
ein FrlaU ein, wenn der Verhrochor «ich an die Götter
wendet. In liciden Fällen ist damit dieSündo verziehen.
Die Götter i^trafeu das strafrechtliche Vergehen über-
haupt nicht eigenhändig. Vielmehr ist, wie wir das be-
reits kennen, ••*tete als Grund eines von den Göttern ge-
saudten Übels, d. h. einer Strafe, die Vernachlässigung
der Leistungen gegen die Götter angegeben, voraus-
gesetzt, dafs ülierhaupt eine nähere Bestimmung der
Sundo vorliegt. Dagegen sieht die Gottheit die bürger-
lichen Verbrechen und kann den Schuldigen der wolt-
licbeti Strafe üherant Worten. Wenn der den Gott Tez-
catlipoca darstelleitdo Gefangene in den Nächten vor dem
FestToxcatl die Flöte blies, „i»o hatten di« Diebe, Huren
(fomicarios), Mörder und sonstigen Verbrecher uiiHägliche
Angst, und einige verwundeten sieb derart, dafs sie nicht
leugnen konnten, irgend etwas liegaugen zu bähen. So
flehten sie während all dieser Tage um nichts andere'«,
als dafs ihre Vergehen nicht au den Tag kämen, indem
sie unter vielen Thräncn in äufserster Bestürzung und
Zcikiiir-«chuiig eine Menge Räncherwork opferten, um
den Gott zu hesünftigen“ •'). „Iter Gott, der dich sieht,
wird deine Sünde offenbar machen“, sagt der König in
Heiner Rede *•).
Wenn Götter den Staat schaffen und ihn regieren,
so sind dcK:h seine Kinriebtungen navii den praktivefaen
VerhältniiUien geworden und Folglicb auch die Rechts-
nurmeu. Km ist deshalb kein Grund vorhanden , dioM>
oder jene Strafe aU religiöse Institution erkläron zu
wollen. Hi© barbarischen Strafen in Mexiko simi, wo nicht
etwa priehterliche oder .sonstwie gottgeweihic Perwmeu in
Betracht kommen, nicht auf die Rechnung der Götter zu
stellen, sondern sie entsprochen dem Kntwickelungsstiubum
des Volkes. Hiebstahl z. B. und Trunkenheit wurde in
umucbei) Fällen mit dem Tode bestraft“)* Mfti» braucht
nur die .schon zitierte Rede de» Königs“) und di© ein-
gehende Schilderung des Pulijuerausches und seiner ^\ir-
kung auf den Mexikaner hei Sahagun (B. IV, ('. 4, 5) zu
lesen, um die strengen Strafen dafür zu verstehen. .\uf
di« Trunkenheit wird nicht nur die Unfähigkeit, ein nütz-
licher Bürger zu »ein, zurück geführt, sondern »o ziem-
lich alle Verbrechen, (iewaittbätigkeit, lUebstahl, Strafseu-
iwub, Ehebruch, Schändung von Jungfrauen ii. s. w. Be-
zeichnenderweise droht aWr der König dort auch nicht
mit der Strafe der Götter, somlern rtellt ihnen vor. dafs
man sie ergreifen und ihnen den Tod geben winl. .Mau
bat den Eliudruek, dafs dieses l,A^ter ausge«leknter in
Mexiko als iti irgend einem aiiden*!) l^jinde war. und dafs
darnuK die Strafen entstanden sind, /u den Vergeben,
die inan in «ler Ohreiil>eiehte vortrug, gehörte besonders
der Khebnich und Oberhaupt GeKchlecbtssänden. Kr^terer
wurde un beiden verheirateten Teilen, di<* sieh vergnugtm
•) Sjihaguu, B. 1. r. l'j, II. VI, V. 7.
•) Hiirati. r.
'*) Sohagun, B. VJ, C. 14.
") Tuzoz'iutoc, Cronica uivxicana, a. 1 . Sahaguii, B. Hl.
I Aitcnüic« 6, B. VJ. C. 14, vurgl. .1. Kollier. Has Beeht «1er
i Axtekoti. K. ÜJ, l»9. Stuttgart teyj.
1 Saliagun, 1$. VI, C. 14.
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K. T)i. rreufs; l>iu Siiiide iti iloi* nioxikniiitichntt Ucltgtuti.
mit tlcm To<le imd in der ]>arstellung
lier zwolftt^n ^Voche «eben wir auch in deu ('odice» die
Ixddfn gesteinigten I'diebrecber liiiigestreckt neben dem
liott der Strafe ltztincoliuh(|ui liegen.
Iin Widerspruch mit seiner Angabe, dafs mir schwert*
Verbrechen gebeichtet wurdeu,i>rwähntSahtitfUii(B.l,(M 2)
auch vom iViester uacli der Beichte auforlegto lliifHtMi für
geringer« V’örgebe«, von denen nur die Trunkenheit ge-
uaunt wird, die man vor den Totochtiu, den Kaninchen,
den Göttern des I^ulque, hülste. K» geh<irten dazt) aber
sicher aucli pecudo» de la carno, geschlechtliche Sünden,
denn die Mexikaner hatten extm eine Göttin Tlaebjimni,
die yiSchinutzfresHerin** <ider Tia^lteotl, die ^Göttin des
riiruU“, die solche Sünden nach Vollzug der vom Priester
angegebenen Butse verzieh, und derartige Sünden sebei*
neu nicht» Ungewöhnliches gewesen zu sein, da sie »o
hUufig erwübnt werden. Bas gebt auch aus <lem Bericht
Sahagims (B. VI, C. 7) hervor, worin in naiver Verwonde-
nnig von den Hnaxteken, den nordöstlich wohnenden
Nnchbani der Mexikaner, berichtet winl: pSie beteten an
und verehrten Tlav'oltootl und bi’kaunten vor ihr nicht
ihre Unzucht (lujuria), weil sie sie nicht für eine Sünde
hielten.** Nun kann man sich ohne weiteres vorstellen,
dafs die Götter a!» Patrone der gerichtlichen Strafen auch
dann unter allerhand Bufsübungen «m Verzeihung an-
gefleht worden sind, wenn man nicht gerade die weltlich«
Stnife dadurch abwenden wollte. Auch mufs man es mehr
als religiöses IhTdörfnia ausebtm, wunn licute im Alter
beichten gingen, denn als Mittel die gerichtliche Strafe
zu veriueideii. Hatte man nSndich wahrend des ganzen
l^bens nicht gebeichtet, ohne der Strafe verfallen zu
sein, so war das wohl auch nicht inehi' im Alter zu
fürchten.
Schwieriger aber ist es, sich vorzustelluu , wiege*
schlechtliche Ausschweifungen dazu kamen, als Sünde
g«Ktenii>elt zu werden. Denn wenn auch Kbebrueb und
Notznclit '*), ja sogar der Beischlaf mit der unverhei-
rateten Tochter eines angesehenen Mexikaners oder zwi-
schen Verw'andten in den Graden, in denen die Ifeirut
verlxiteii war, mit dum Tod« bestraft wurde’*), bo scheint
dindi der Umgang zwischen unverhuiratetcu Männern
und Miidchen ge<luldet wonleu zu sein. Erhielten doch
sogar die .lünglinge, die in dem TelpochcalH erzogen
wurden, die KrIaubni.H, mit ihren amigas zu schlafen,
deren sie zwei bis drei hatten, die eine in ihrem Hause,
diu anderen hei ihren F'uiniiien K b mag sein, dafs
dieses Dirnen (nuiuni) waren, denen gegenüber stigar das
Verbrechen der Notzucht nicht oder nicht strenge ge-
ahndet wurde’*), »o dafs noch immer Kaum zur ge-
schlechtlichen Versündigung an ehrbaren jungtm Mäd-
chen und zur bürgerlichen Be*trafung dafür blieb. .Kber
dals vorhin unter den Vurbrechem, die ihre Vorgehen
den MeiiHi'hcu offenbart zu Moheii fürchteten, auch die
Unzucht Treibenden (fornicarioB) genannt sind, iätst
doch auch hier auf weitgehende weltliche Bestrafung
schlielsen.
Um aber den eigentlichen Grund zu begreifun, wes-
halb man hier von Sünden sprechen konnte, mufs man
eine dritto Unterlag« dor Sünde, nämlich di« sclieinbare
Willkür dur Götter und die Versündigung und Bestrafung
dor Menschen durch das Schicksal nufstellen. Da» Kr-
'*) Mendiota, Hintoria ecclHBiastics Indiana, B. II, ('. '29,
in IcazlMÜc^ta, Documentoü para la historia de Mexico, III,
|>. IM, isahagun B- IX, b.
‘*) Duran, <*. «ä, vergl- J. Köhler, iMs Bucht der Azteken
g. 07, 9t).
**) Mahngun 111. Apondiee ('.5, 6. l)em ncheiut Mahagun,
B. Vlll. r. 17 zu widersprechen.
‘*) l'omar, Kelacion in lcax)>alcQ(a, Nuuvn coiocriou de
documentoB |tam la historia de Mo.xiei», III. p. S2.
gebni» einer solchen Anschauung würde in den Satz
auslaufen: „VV'em es schlecht geht, der ist ein Sünder,
ist bestraft, auch wenn er sich eines V\>rg«hens nicht
l>ewulr>t ist. Seine in ihm vorhandene sündige Anlage
hat ihn in diese ],agc gebracht.“ Wie wir sehen werden,
schimmert der Gedanke, daD die Götter willkürlich stra-
fen, marichuia! hei den Mexikanern durch. Im grofsen
und ganzen herrscht er aber nicht, und cs wünle sonst
auch von der V'^oraussetzuug der Sünde in solchen Fällen
nicht mehr die Bede sein können. Man würde dann
auch nicht mehr den Ausdruck „strafen“ auf das V’er-
faliren der Götter gegen die Menschen anwcndeii können,
sondern mflfste „quälen“, „jannigon“ n.dgl. mehr sagen, da
ein Vergtdjeii nicht vorliegt. Ebenso wenig kann ein Menach
die Meinung haben, jeder Unfall komme aU göUHcb« Straf«
für ein V'ergeben, denn selbst in der christlichen Kirche
gi'cift mau, wenn man auch einen biofeen ZuftiU schwer gel-
ten läfst, zu dem KrklärungsmiUel der göttlichen Prüfmig
und der unerforschlichen Batschlüsae Gottes, ohne stets
eine beNtlmml« Sünde als Grund eines Unglücks hinzu-
stuUen. So wäre auch das logische Bedürfnis der Mexi-
kaner nicht durch die Erklärung jedes Unfalls als gött-
liche Strafe für eine Sünde Ixdriedigt gew<‘sen. Sieuahmni
daher daneben den Begriff des Schicksals zn Hülfe,
durch das der .Mensch eine solche Anlage mitbekommen
haiie, dats nie ihn auf ganz rationellem Wege zu Glück
und Unglück, d. h. zur Begfinstigung oder Bestrafung
durch die Götter führe.
Sehen wir uns nun diese Anschauungen genauer
an einigen Beispielen an: Offenbare Willkür wird den
('iuateteo, den im Kindbett verstorbenen Frauen nach-
gesagt, die an ilen .VnfangMtagen der fünf Wochen des
letzten Tonalanmtlvierte!« vom Himmel herabkainun, die
Knaben und Mädchen mit Krankheiten, besonders mit
Epilepsie hciuiKUcbten und in die Menschen fuhren. Des-
halb verbot man den Söhnen und Töchtern, an dtOHcm
Tage das Haus zu verlassen, damit sie ihnen nicht be-
gegneten und Übles von ihnen erfuhren *‘). Das Ge-
schick, das den an diesen fünf Tagen GtdNircnen zu teil
wurde, »teht zu dem Flrschuinun der Ciuateteo in keiner
Beziehung. Auch daraus geht das Willkürliche, 7ai-
Kammenhanglü<!i« in deu Handlungen dieser Frauen her-
vor, und es wird dadurch als etwas Aufsergcwöhnliches,
Besonderes gekennzeichnet. .Man hat den Eindruck, clafs
die schreckliche Nat\ir dieser als unheimlichQ Dämuiicn
gedachten W'ciber aus dem „gowallNaiuen“ Tode in der
Blüte der Jahre herrührt«, der bukuuntlicb den Zorn und
die Bachsucht der Dahiugeschiedenen weckt. Natürlich
suchte man auch sie durch Opfergaben zu versöhnen.
Anders ist es schon mit den „willkürlichen“ Hand-
lungen Tezcatlipoca.s. „Er heifst Moyocoys“ (der nach
Gutdünken .‘^chalb^ude). «Was er ersinnt, woran erdenkt,
das Üiut er. Niemand vcraiilafst, niumand hindert ihn.
Und der Himmel und die Erde sind voll von ihm. Wen
er reich machen will, den macht er reich, und wem er
Elend erzeigen will, dem erzeigt er es'*).“ »VVera dieser
(iolt Keichtümer gegeben hatte, dom nahm er sie daun
wieder wegen irgend welcher Undankbarkeit oder weil
I «r deshalb hochmütig geworden war . . . Mau sagte,
) sein« Gescheuke blieben nicht, souderu er wechselte sie
1 um von einem zum anderen. Wenn jemand an diesen
■ Tagen“ (wo da.s Zeichen de.s Gottes ce mi<|uiztli, einsTml,
herrachte) „die Sklaven »chalt, so zog er sieh .\rmnt,
Krankheit und Unglück zu und verdiente selbst ein
Sklave zu sein, weil er deu vielgeliebten Sdiii Tczcatli-
' pocas übel behandelt, denn man sagte, niemandes treuer
‘G Sahnguii, B. I. C. in, B. IV. (^ 3. 11. 22, 27. .M.
'•) SHbaguri-Mskr. B. III, ('.2 Wi Koler, Von'frenlliclumgHii
VI. S. 141.
K. Tb. l^ruiifa; l>t«t Sümlo in il«r mi'xiksniachvn Uolii;inn.
25(»
Froimd i«ei Texcntlipocitf i«ontl4*rn er Kuche (teleirenbelt,
ihm ilH>i wi«Mier zu iicbuieii, wa« er ihm ^e^eben )ial»e . .
um! wenn e» fich traf, «laf?» ein Sklave frei wunio utu!
KU WohNtniul (felangte, und ein Herr Tun Sktsveu »«elbüt
zum Sklaven wurde, »o Mchrieb man das Tezeatlipoca
zu *'). “
Man wird in dieser lleflchreilmug auf den ei‘i*ten
Blick nicht viel finden, wum auf eine* Sünde du^een. der
feinen Keiebtum verliert, fchliefben Ififst, aln etwa Un-
dankbarkeit ^pji;en den Gott. I>as «cbeini nichlx anderem
alu ein Verlegenheltaausdruck tfejfenüber der Tluit^ache
der Verarmunc zu »eia. Tezcatli{M)ca muffi elmn er-
zürnt fein, und zwar natürlicb, weil der Meupcb e» an
den nötigen Opferjfuben iind andenm frommen Werken
Imt fehlen laMseii. Auf die Hauer konnte ein solcher
(inind, wie hervor^ebobpn int, nicht hefriedigen.
Her gerügte .Übermut“ und die übertriebene Rücksicht
gegen die Sklaven entapringen mir der gewöhnlichen
Furcht vor dem „Neide der Götter**, wie «io jeder im
(tiürke fühlt, nachdem er manche Schicksalsfchlige dnreh-
geniacht hat. Nur deshalb heifftim auch die Sklaveu
die vielgeliebten Söhne Tezcatli]>oca8 und «ind angcblicli
von ihm aus Mitleid eiuporgehobcn , wenn sie frei und
wiihlliabend werden. lK»iin wir werden sehen, daf» am-h
dio Sklaven uIh Sünder betrachtet sind. So erscheitit
diene ,\iiffaH.‘iuug von Tezcatlipoca im ganzen aH nichts
weiter wie der .VmKlnick der göttlichen Willkür, dem
dio Unterlago der menschlichen Süiido eigentlich fehlt.
Ilei näherem Zusehen wenlen wir hier liereits auf
die ursprüngliche menpchlicho Anlage zurückgndfen
können. Jeder „Mennch brachte «ein Geschick, das ihm
vor lleginn der Welt gegeben war, bei der Geburt mit
(•ich** und seine Bestimmung zu Glück oder Unglück
war durch den Tilg seiner Geburt uffenbart. War oin
Tag wie der eben erwähnte „eins Tod“ indifferent, d. h.
gleicliuikfsig Glück oder Unglück verheifsend, so konnte
innn „durch Frömmigkeit gegen sein Zeichen und durch
Homühurigen zu «einou Gunsten“ «len Krfolg an sich
fesseln**). HaIh aber die Anlage dos Menschen zur Ge-
staltung seines ScbicksHls auch bei indifferenten /eichen
niitwirkt und «ein Geschick nicht nur auf Fnimmigkoit
und Hemut gustellt war, das wird uns durch folgende
Schilderung bezeugt, „Wenn er «ein Zeichen“ (iudiffe-
renteg /eicliHti ce xo<‘hitl) .für nichts achtete, war er auch
Sänger oder ßcamler und hatte »einen f^ebensunterbalt,
so wurde er übermütig und geringschötzeiid, übellaunig
und umnafseiid, und schätzte Vornehmere uml Seines-
gleichen, Alt und Jung gering . . . Heu halten alle
für irrsinnig und sagen, der Gott halie ihn verlas.spti,
durch seine eigene Schuld habe er «eio Glück verscherzt,
und KO verachten ihn alle. Sieht er sich nun von
allen verachtet, so verfällt er aus Kummer und lk*trüh-
iii» in eine Krankheit, verarmt und vereinsamt da-
ijiirrh . . . und sehnt den Tod herbei. Has widerfährt
ihm, weil er nicht fromm und undanklmr gogou sein
/ojehen gewesen, «einen echlerhten Neigungen nachgo-
gaiigeii ist, einen siUenloseri l/olienswaiidid geführt und
sich in einen Abgrund gestürzt hat**).“ I>er natürliche
Gang der Kntwickehing wdrd hier also mir auf <len Gott
zurückgefülirt , ohne dals sein hanwirken darauf fiir das
logische Bedürfnis notwendig i>t.
Hie Vereinigung von .\nlage und Mifsgeschick tritt
«leutlich Ik‘ 1 d«*r llesrhri‘ilning des Ijose» der an dom
Ibiglückstage cn ralli (Jehoreiien hervor. Auf^er drei
llanptMnglück«rällrii, dio ihnen zu»toNeii können, iiäin-
•*) finhagun. H. IV, (’. rt.
*") Haha^fun, H. III, .VfS'ii'lici' C. 4.
Hahagun, H. IV. r. H.
**) SahagUfi. Jt. IV. r. 7.
lieh Kriegcrt<Hl, gewöihnlicher Tud und Sklaverei, zählt
Sahaguu (IV, C, 27) noch eine Menge anderer Unan-
nehmlichkeiten auf, die hezoichnendorweiiH! meistenteils
zugleich Vurbrechoii sind oder auf schlechte Anlagen der
Itetreffenden zurückgefülirt werden können: „Und wenn
ihnen auch nicht« vou diesen (dnd) Hingen zustofsen
sollt«, «o würden «ie doch kläglich und unziiFriedeii da-
htideboii und würden Spitzbubuu, Hiebe, Räuber, Strafsen'
rniiber oder gTufiiie Spieler sein, sie würiten Betrüger und
liauomfäiiger beim Spiel sein oilcr alle«, wu« sie haben,
dabei verlieren. Sie würden dazu noch Vater und
.Mutter alle» stehlen, um e« zu verspielen, und nichtK
haben, womit sie ihre Bluts« bedecken können, iim-h
irgend weichen Besitz zu Hause. Und wenn «iu auch
einige Gefaiigeiie im Kriege machen würden, «o dafs man
sie zu Krieg^häupilingen pruannt, so würde ihnen doch
DÜus zum übel ousgeschlHgen . und trotz vieler Bufs-
ftbiingen von Kindheit an würden sie dueb nicht ihrem
Übeln Geschick entgegen können.“
(fegen da« aiisHehlietslirh bötae tfeschick eines Tages
half also keine Frömmigkeit. Hadurch wird die Gewalt
des dem einzelnen Menichen „vor Beginn der Welt mit-
gegebenon Geschicks“ und seine Unabhängigkeit gegen-
übm- den Göttern in klare» Ficht gestellt. Diese haben
nur die Ausfühning der Bcstinimnngou de« Schicksals
zu leiten, iiWr wie e« scheint, doch ein wenig
mehr »eihständigen KiiiRiifs bei indiffereuten /eichen.
Deshalb billigtu man den Sündern mildernde Um-
stände zu, jedoch nur di« eine Bufsc auflegenden
Priester, nicht aber die Gerichte, die vou allen diesen
religiösen Krwägungeii, wie «cbon erwähnt, unabhängig
gewe.sen zu sein scheinen. So spricht der Priester in
der Beichte zum Gott *^): „Nicht mit voller Willenffreiheit
Ründigte er, denn er wurde unterstützt und geleitet von
der oatürUchcn Bescbafleubeit de« /eichen«, in dein, er
geboren wurde. Und wolltest du deshalb nicht, . . .
obwohl dieser arme Mensch dich schwer geklinkt hat,
deinen /um fahren lassen . . ,*♦).“
I'imw Verständnis dafür, wie die Mexikaner dazu
kamen, allen Unglück als Krgebni« einer Sünde oder der
sündigen menschlichen Natur anzusoheu, ist nun ko weit
gewiiclisoii, dafs wir Ulis mir noch mit einigen Kiiizolheiten
dieser Thatsache zu hesrliäftigen brauchen. Habei ist es
jetzt nicht mehr nötig, nusoiDiiiiderzulialtcn, ob ein Gott
von «ich aus eine einzelne Sünde «traft oder durch die
Strafe da« Schicksal des Botreffeiideu in KrfüUung bringt.
So iwt vor allem jeder T«m 1 die Strafe für die Sünde.
„Niemand wird es unterlassen, dem Tod zu folgen, denn
er ist dein (Tezcatli|K>cAH) Bot« in der Stunde, in der «r
gesandt wird. . . Hann worden alle gezüchtigt werdon
nach ilireu Werken**).“ /u dom, der gebeichtet hat
und dem verziehen i«t, sagt der Priester*^): „Hu hast
dich in die Unterwolt gestürzt“ (wohin di« Verstorbenen
kamen) „und jetzt bist du wieder aiiferstanden wie oinor,
der aus der anderen Welt kommt.“ Das heifst doeb; für
deine Sünde hättest du den TimI verdient. Hoahalb wurde
auch «1er Storboudo dargestellt wie der von dem tiott
der Strafe ItztlacoHuhqui verurteilte Khobrt»cher, Kol
lind Urin lassend, denn euitlatl, Kot, ist der Ix^kannte
Ausdruck für Sünde io den Bilderschriften. Deshalb
ferner folgen in den Parallelstelhm bei .'^ahaguii, B. IV,
('. 3 und B. V, r. l, wo einerseits die unglück-
liche Bwlontung des /uirhons calli, dessen Patron der
Jaguar TeiM*yolIotl ist, und andererseits die des Jagiiar-
gciirülls «elliRt vorgoführt winl, diese drei Unglücksfnlle
uüfoinanilor: an der orslen StiOlu Tud im Kriege bezw.
**) SahaifUi», 11. VI, C. 7.
**) Kahacuri, B. VI, i‘. I.
”) Kahngun, B. VI. r. 7.
Digitized by Coogli/
K. Th. PreuTt: Die Siiuilu iu
Opfertoci, TmJ ciurch Steinif^iin^ al« Eh«‘hrecbor und
Verkauf in die Sklaveroi, an der zweiten .‘‘‘tello tJpfer-
tod. l’od au Krankheiten und Skhivervi. Ea Kind alM>
T(mI n)s biltehrecLer und Tod an Krunkkeiten identi-
fuiert. denn der Überjfeorduete BeuTiff i*t „T(xl aU
Sünder“ . und der Ehebruch ist die Sünde katexochen.
Wer auf detn Ballxpielplatz (tlochtli) den KatitMchiikhall
in das Eoch des tlachtemalacatl, des runden Steins,
warf, das den Fjtlrachen Rymbolisiarte, hatte de« besten
Wurf ijethan und dürft« sämtlichen Zusehauern di«
Kleider fortnehineu. ]>ieH« überhäuften ihn dafür mit
SchuiHhun^cn und saiften ihm voraus, dafs er ioi Kriege
getiitot worden oder durch die Hand eines Iwileidigten
Gatten uinkoraineii werde *•■). Also auch hier wieder in-
folge der durch das tlachtentaUcati angeregten Ideenver-
hindung aU uiiangenehme Vorl>edeiitiing Tod im Kriege
und Tod als Khohrerber, d. h. Tod ül>erhaupt.
Sogar der Opfertod ist der Tod de» Sünders. t^U€?t-
zulcoatl schleppt in der l)aratellung der dritten Worhe
im .\ubln8eheii Tonulamat] einen Gefangenen, d. h. einen
zu Opfernden an den Haaren vorTej>e 3 rolloll, den Jaguar,
and trägt in der anderen Hand cuitlati, das Symbol der
Sünde. Am Fest Tlacaxipeualiztii wurde auch derjenige,
der einen Gefangenen zum Opfer gestellt hatte, selbst
wie zmn tapfer geschmückt, „weil er nicht im Kriege
gestorben ist, aller vielleicht später darin sterben und
die Schuld hozahloii (d. h. geopfert wenleo) wir«!“*’).
I>ie Hirase: „leb bedecke für die.ses Mal dein Vergeben“,
d. h. ich verzeihe dir dieses Mal, drückt der Pater
OlmoH*') in mexikanisrher Sprache wörtlich so aus: „Ich
drücke auf dein Haar weitse Fnrhe und Federn'’ (Schmuck
des KU Opfernden ), „ich gehe dirdieFidiue uutl dasTeteuitl-
papier“ (ebenfalls Ausstattung des zu opfernden Men-
schen); „dazu lege ich dich hier nieder au die Mutte, den
Stuhl (Sinnbildern der richterlichen Gewalt) u.s,w.“ Has
heifst also: Ou bist diese» Mal wegen deiner Sünde hart
nn dem Opfertode und an dem Hichterspruch vorbei-
gegnngen. K.s pafst dazu, duU neben den Kriegsgefan-
genen, wenn auch seltener, Sklaven geopfert wurden,
lind diese waren meist durch ein Verbn^chen, durch l>ieb-
stahl u. dgl. 111 . zu Sklaven gowonlen **)» zwar durf-
ten nur widerspenntigo, unbrauchbare und lasterhafte
Sklaven zur Opferung verkauft werden*®).
überhaupt wurden die Sklaven, deren Los neben
Opfertod und Tod das dritte Fubeil war, das den Men-
scboii treffen konnte, als Sünder betrachtet, obwohl ea
neben Sklaverei als Strafe für Verbrechen auch Schnld-
aklaven. namentlich infolge von Spielschulden und in den
Zeiten der Not Verkauf der eigenen Fanalieiiangehörigen
nl» Sklaven gab. Olmos (S. 215) nennt deshalb den
Sklaven wörtlich: „Her mit der Krdu, mit dem Schmutze
(Sinnbilder der Sünde), der mit dem Stein, mit dem Holz
(die Werkzeuge der richterlichen und göttlichen Strafe),
am t)rt, wo man »ein Wasser, seinen Kot läfRt, da lebt
er.“ Ha» heifst: Kr lebt im Schmutz der Sünde. Denn
Olnios sagt an anderer Stelle (S. 21K) von dem Sünder
") Teziw*njoc. C. 'i. Preaf», Mitteil. Anthropob Oesi'llnch.
Wien XXXIII. 8. IM'i hi» 190.
Sahnguiim». It. II, (*. ^2, ühersutzt von Seler. Vi*ri»ffent*
Jichungen au» dem königl. Muticum für Völkerkunde, VI,
S. 174.
*") OlmoR. liraminuire de la langue NalmatI «d. Iteini Si-
no’on. p. 217. Paris IH75.
**) lluran, 9t$. Hie Sklaven muraten vorher gl•reini^t
werden.
•■) Torquemada. ll. XIV. V. 17, Hahagun, II. IV. C. 28,
Humn, 98. Köhler, H. 44, 4.'i. .\ndere Gründe für die
Auffamung de» OpfertiMle» nl.» Strafe für Sünde uehe Imi
Preuf«, MiUeilgii- d. .\nthrop. Ge». Wien, XXXIil, S. luu. f. !
er mexikuuizeheii Kcligiuu. 257
mexikanitichcr .\n8cliHuuiig, „er vergnügt »ich mit Keh-
richt und Staub, setzt »ich in auagestreuie .\»che . . .
gleichwie ein Schwein in Schmutz und.\»chc untergulit“.
„Der l>os>e und lasterhaft iel>ende Mensch“, heifat iu Mo-
lina» I^exikon*') auf mexikanisch; „Kr wälzt .»ich im
Staub und Kehricht.“ Die»« Symbole des Schmutzes
für den Sünder »ind nicht etwa ländlich christlich, »on-
dem echt mexikanisch. Aus diesen Umhiändmi latst
»ich auch da» eigentümliche Gesetz erklären , dafs der-
jenige Sklave, dem e» gelang, die Schranken de» Marktes
zu überschreiten und seinen Fiit- in menscblichon Kot
zu setzen, frei war^). Kr kam nümlicb dadurch in die
Lage, »ich von eigen» dazu angeHtellten Beamten von
dem Schmutz der Sünde offensichtlich reinigen zu laHsen.
Dafs das dum Zeichen ce cnlli anhaftende ünglück,
wie wir sahen, aiifser in Opfertod. Sünduntod und Skla-
„veroi in allerhand Verbrechen bestand, die der Ib'treffcnde
vollführt, deutet ebenfalls auf die Identität von Sünde
und Fugiück hin. Man .sieht aber, dafs auch diese Übel
und alle sonst erwähnten eigentlich in die ei^tgenannteu
drei ou-slaufen. da die letzten Folgen der Verbrechen der
Tod oder die Sklaverei al» gerichtliche Strafe sind und
die Armut elnrnso entweder zu hülflosem Klimd und Tod
oder zum Seibslverkauf in die Sklaverei, ja auch zum
Opfertod führt. „Und wenn eine Frau in diesem Zeichen
fee calli) gidmren wurde, so wird sie auch unglücklich
und zu nichU zu gebrauchen sein, nicht zum Spinnen,
noch zum Weben, ilagcgen zu albernem und rohem
L.arhen aufgelegt, frech und zänkisch . . . schwatzhaft,
ein Klatschmaul und verleumderisch, der die bösen Worte
wie Wasser vom Munde Hiefscn, eine Spötterin voll
unsagbarer Faulheit, eine l^angschläfertii. und mit
solchen Handlungen (obras) wird sie immer übel enden
und wird sich als Sklavin verkaufen, und da »le nicht»
versteht . . ., »o wird »io ihr Herr an die verkaufen,
ilie mit ■'Sklaven zu Speisungszwecken handeln, und so
wird Hiü auf dem Opfer^tein derfrötter sterben^*).“ Die
Geopferten wurden gekocht und Ter»pei»t.)
Nun »iud wir auch eher imstande, zu begreifen, wes-
halb pecado» de la carne, geschlechtliche .Ausschweifun-
gen, stete als Sünde betrachtet wurden. Wir haben er-
fahren, daf» sie währüiid der Fasten von den Göttern
bestraft wurden, daf» Khebruch und andere beKtimmte
Arten der Unzucht mit schweren gerichtlichen Strafen
belegt wurden, daD aber amlererseit» die Jünglinge im
Krzieliungshaus telpnchcalH ohne weiteres mit ihren
amiga-s verkehren durften. .Aufserdem giebt es noch
zwei Wege, wwlurtTh die Hurerei zur Sünde werden
konnte, ersten» durch das Vorherrschen von Geschlechts-
krankheiten (Syphili«) wohl gerade hei der Jugend, denen
der Beischlaf nicht verboten war. IHese Krankheiten
waren natürlich von den Göttern aU Strafe gesandt.
Zweitens waren die Dirnen verachtet, und ihr Los wurde
al» unglücklirh, d. h. al» Krgehni» der Sünde betrachtet.
Wenn die an dem indifferenten Tage ce xoehitl geborene
Frau nicht fromm gegen ihr Zeichen ist. so wird e» ihr
entgegen »ein, »ie winl in Armut verschmäht von allen
leben, ihren Kör|>er preisgeben und »ich öffentlich ver-
kaufen Knt»precheml wird du» imerliiiibte Pubpie-
triukvn nicht nur durch die harten darauf ruhenden
gesetzlichen Strafen, sondern durch die dadurch veran-
lafsten Verbrechen und durch das Unglück zur Sünde,
da.s der Säufer an Leih und Geist und in dem V'erliist
seiner Be-sitztümiT erleidet.
Hub V. icuhlli tinrolli yc niilacHtziUinenii.
“*) Iniran, t . 98,
Hahntrun,. ]}. IV, C. Z».
•*} Sjilingim, H. IV, (■'. 7,
i
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25h
tli» lirtteu iu NiKeriiu Huchuri>chau.
Di<» Rrltfn In
Di«' liaussastautfo. die mit dvtn Machtbereich des Stil-
tniiftta Sokoto uugefiihr xusamiiienfallcn , bildeten bi« xuui
Ablauf de« Jahre« I9Ü0 das Ver«'altungsgebiet der englUcheit
Nigei'kompagitie; «ie lM‘«tehoiii au« 14 grufseron. dmu Sultan
vim S«>kotu tributkren Kmiraten, die ihrerseits wiederum in
kleiucro Lehusfürstentiiiiier verfallen, «r» daf« da« ganz« einem
Ifrofwn FeudnUtaHl«} gluicht. in dem der Oberherr freilich
mituiitor nur wenig zu «o^cu hat. Die herrschende Kla«s«.>
bilden die hellfarbigen Fulbe. Die Nig«Tk<*m|«gnle hatte
nicht viel AutoritAt, «ie Iwginigt«* «ich «Inrnit, im 'Hial <b'«
Niger und Benue ilandelstiiedorluasungen zu griiiiden und
mit den einzeluen Ftniren HoheitAVertrAge zu «chlleßicn, di«
praktisch nur insofern von Bedeutung waren, als dadurch
die HandeDweg« offen gehalten wurden. Mit dem Jahre 1901,
al« das (iebiet der Nigen^umpagnie Krunkoiouie (nFrotektorat*)
wurtl«. änderten sich die Verhältnia«« : denn das Gouveme*
ment war nun bestrebt, da« l^and auch tliatiwchlich in «(.•in«'
Gewalt zu iHringcu und damit der Willkür der Kmire. dir^
wenn «1« mit den KiigUindern iinzufriedeti waren, einfach die |
Hand«'Uwegn zu ihnen sperrten, ein Kiide r.n machen. Su
wunleii 19U1 die Kinirate Kablai, Basaa, Iloriu, Borgu, Bida,
Koutsgi^ra, Saria, Auassarawa, Muri und Yola uuterworfeii,
und 1902 Bautaeiü: hinzu kam in jenem Jahre auch das
nicht mehr zu Sokoto gehörige Bornu , soweit en zu N«(rd-
nigeria gehört. Der Pruzefs vollzog «ich nicht immer fnodlich, r
und man erinnert «ich noch bei uns der im September 1901 .
erfulgicu Kroberung Y«jla«, desaon Emir Bubeir vor den ‘
Kngiändern Züchtete, noch heute «ich im Grenzgebiet von I
Kamerun mit Nigeria halt und unserer im vorigen iikmimer |
zum Tschadsee vordringentlen Scbutjctruppe Gefechte lieferte. !
Die Kmire der eroberten Staaten erhielten einen engUscheu
Kesidenten zur beite, der die Aufsicht führte. ;
Unabhängig geblieben waren noch die Kmirate von Kaue •
und Kataena ou«! Sokoto (mit Gando) selber, die den Norden
von Nigeria einnehmen und mit dem französischen Gebiet greu-
zen. Dort an der Grenze !K>1I es nach Ansicht der Engländer zu
UnzutrAglichkeiten gekommen sein, weil Übergriffe der Emir«
wieder Strafe.t|>aditionun franr«'t«ischer Truppen ins englische
Territorium nach sich zogen, und aus dieatem Grunde schon
erschien dem Gouverneur I.ugard auch die >«aldige Kosetzung
jener letzten drei Hnussastaaten wünschenswert. Aur^erdem
sollte der Sklavenhandel uuterdnicki und dem briüschen
liaudet eine freie Bahn eröffnet werden.
Den Änlnfs zum Einschreiten bot da« Verhalten des Emirs
von Kanu, des Uerni de« unzweifelhaft reichsten und viel-
leicht auch mächtigsten der 14 HUtaten. Dieser hatte —
wir folgen der allerdings wohl kaum einwandsfrvien englischen
Darstellung — lange /eit Surserlich korrekt «ich benommen ;
im vorigen bommer alter warf er die Maske ab, «chluf» «Uv
nach Hüden führenden llamh.’iswt'ge und zog, auf ein 1*«^
waffni’te« Einschreiten der englischen Verwaltung rechnend,
ein Heer von lOvOO Mann zusammen. Im Oktober l^ot!
wurde dann Kapitän 5toloney, der englische Kesideiit dv«
Emirats Aiiassarawa, in Kefti emtordet, und der Mörder io
Kano im Triumph empfangen. Der Fi>rderung, ihn au.«zu
i liefern, kam Emir Baba nicht nur nicht nach, er ««tzte
vielmehr einen Prei« auf den K«»pf de« eiiglisclien Be«identen
in Sarin.
Es wunie alt^o der Feldzug vorftereitet und im Januar d. J.
mit etwa lUOO farbigen Soldaten und >^4 englischen Offlzinreti
von Saria aus uuienioiumon. Am A. Februar wunie Kan«>
nach heftigem Kampfe Itcsetzt, und der Emir Hob zu seineiit
Lehnsherrn nach Hokoto. Der Schlag gegen den Sultan v«*n
Kokoto AvI Mitte März; die llauptstadt wurde ohne gntf«»*
Schwierigkeiten besetzt und der Sultan floh. K« bleibt jetzt
noch Katsena übrig, da« aber seine SellnUtndigkeit auch
selir Itald verliijren dürfte.
Die Kiigläniler sind somit in den Ho-«itz der gr>')r<ten
Handel«* und Industriestadt des Sudans gelangt, die längst
das alternde Timbuktu in den Hintergrund goalrängt butt**.
Die Bautnwollenstoffe und la.*(lorarlHMt«R Kan«Ni Anden ihren
Weg iu alle Teile der Ni»rdhalfto Afrika«, hier munden die
v«in derKordküsle durch diu Sahara führenden Ifa(idel«n»uten.
über Kann also wurde bisher der gröfste Teil der Hhu**h-
länder mit «unapäischen Waren versorgt, trotz der vom Niger-
Bunue her eiusetzenden Konkurrenz der Nigerkomtasgiiio.
Barth, der Kano 1951 und 1954 besucht hat, entwirft eine
begeisterte Schilalerung von dem Ijelien iu der hta«!t und «1er
Fruchtbark«.'it des gleichnamigen Emirats; den W'ert <le«
(lesauithandels gab er damals auf annähernd 2V« Millionen
Stark im Jahr an. 1997 schützte der englische Konsul in
Tripolis den W'ert der allein v«m dort nach Kano gebenden
W'aren auf 9*.!U000 Mark. Künftig wurden «ich die Verhält-
nisse wahr»cheinlicb ünderti; denn die Verwaltung wird d**u
Handel mit d«*r nordafrikanischen Küste, der ja durch französi-
sches Oehiel fuhrt , nach M«'iglichkeil erschweren . um die
HaassusUmtcii auch wirtschaftlich von der Nigcrn>ote al>-
hiingig zu mnrheii. Freilich, die einheimische Industri«*
Kunos, des pMuuchustor und Birmingham des Sudan*, w-ird
sie trotzdem nicht vernichten können, da mit deren Er/oug-
nissen die für Afrika tiestimmten englischen Schuudwnreii
nicht konkurrieren können. Diu Einwohnerzahl der Stadt
Kano W'ird auf üOUOo hi.« 9ui>0o ang«*gcbeu. Sg.
Bflcherschau.
li. J. Tanflljewt Die Baraba und die Kulundiusche
Steppe iin Bereiche de« Altaischett Bezirkes (Kreis
Barnau), Gouvurneiuent Tomsk). 519 Seiten mit 11 Fi-
guren und I Karte. [Russisch mit «lenLschem Be>ium«^.]
8t. Pdeniburg 1902,
Diu Kurte des behandelten Gcbietei* zeigt am Nordrandu
diu Eisenbahn, im Nordwestuu dvn TscUaiiysee, iin Südwesten
und im SUdun dun Irtysch mit Semijialatinsk, am Oxtrande
Bamiiul- Bvi 8<'mipalatiDsk und noch über lOukin «truni-
abwärts wird der Irtysch von uineiii grofsen Kiefernwaldc
auf sandigem Boden bogleitut. lu allmählich «chmiUer wer-
detiduu Streifen erstreckt sich diese IkNlen- und Vegetalions-
formatuui bis Itemaul am Ob. l>cr Wald ist streckenweise
reich an Hetdei- und Preirsella>ercn nebst Staiula-ercn tHubus
•ioxHtilis) und W’aldbt-eren. Lichtungen tragen Kal/flora.
N«>rdwt^tlich von dies««m W'al(ie dehnt sich die Kulundinsrhe
Steppe au.«, lehmig-saudigur Btnlcn ohne jeden Iteumwucb«.
Tonangubend iu der Flora sind Doldengewächse, namentlich
der Uraiiatnik (Libanotis montuoa), häutig auch Stuinb<-ure
und Bräfsling (Fmgaria collitta) und eine nordische Scrophu-
lariace« (C'ashilb'jay Diu Seen dieses tiebietu« «iii«l fa-H alle
«aliig. Nach Nordoston geht die Steppe «iIht iu die Baraba,
welche dadurch uigeulümlicb ist, dar-« in fluchuit Mulden
grölWre f«der kleinur« kräulerreiibu Birkunhaiiie (B. verni-
c«»sa) steheu. Der Boden ist grofaeiiteils löfsaiijg. Strich-
weise erstre<*kl «ich dies« Foniiuüou weit iu den oben gu-
schildcrti-n KiefernwaM hinein. Dur nördlicbo Teil der
Baraba ist reich an Salzwieseii. Zwei gri'ifsoru Flüsse, Kar-
gut und Tschulym. Hiefsen hier in den grorsen Biunciiw-e
Tschany. Dieser ist im Osten, w«« die Flüsse münden, süfs,
im W'fstau jed«H*h so salzig, dafs Munsclien da« W'iusaer nicht
trinken können. Dur iksJeu ist auch in seiner östlichen Vni-
g«^bung salzreicb, und aus den dort vorhniiilen«*n SUnipfen
winl Tu trockener Jabreszc-it viel Kochsalz ausgeschieden.
Bemerkenswert ist, dafs in dem ganzen Gebiet hin und wieder
Mouami»oro(8phagiium) auftreten mit ihren cimrakteristisehen
I Begloitpflanzen, «rum Konneuiau (Drosera) und der Moosbeere
(Ozyooccos). Ernst 1!. L. Krause.
Eduard Otto: Pflanzer- und Jägerleben auf Hutuatra.
185 beiten mit 37 Abbildungen. Berlin. W'ilhelm Küsse-
rott, 1903. Preis 5 Mk.
Der Verfasser hat vier Jahre auf einer Taliakpflanzung
(Bueloe Tulaiig) iu «ter Pn>vinz Unter-Langkat auf Sumatra
I zugubracht. Er «childurt zuinichst das 1.6buii und Treiben
* auf einer Md«‘hcu Pflanzung, «leren Anlage, diu Ernte uu«l
I das Y«*ravbeiien ilcs Talnk« zum Versand, .\rl»uit«-ii, diu
I den Pflanzer das ganze Jahr hindurch inlliätigkeit erhalten.
I 1>a.s meiste aus iliuwn Schilderungen ist auch im iliublick
j auf die deutschen Kolunioen v«tn lnU-re«se. W'ir ersehen in-
I J(}sscn aus dem Buche, dafs der V'crfasser auch s>>n«t ein
j guter Beob-achtcr ist und an vielen Vorgängen nicht achtlos
j vurübergegangen ist, die g(.'w«ihnlich nur dem Naturh^rseber
j uud Eibutdogi-u auffallen. Es flmb-n sich in d«-in W^erkchen
Ott'« viele nicht unwichtige Buolmchtungi-ii über die Tier-
welt und das Tierlebon, u. a. QWr diu Nashorn v«Vgul, auch
über die niederen Tier«, und seine •fagderfabrungen verwii-
iasHun ihn zu iiütticlierlci Bumurkungun über den Oratig
rtan, dun Tiger, das Nashorn, die Kcblangen u. s. w-,
Femt-T seien besonders die .lusfiihrungeu über die Jagdarteu
Hticheriehau.
<ier Kitif^etMtrcneD bervorueholien. di« rieh namentlich in der
Anuendun^ von ('allen auazeichnen. Otto beschreibt eine Reihe
wilchcr Fiilien und in<^ht von ihnen Abbüduitiien. Auch den Tif^er
fangt man darin, im nbrigen geht iium ihm durch Anlegen
von SelbstM'hnnaen zu Leibe. Sehr gesi^hickt verstehen die
Malaien das Wild zu locken. Sonst seien aus dem an*
«prurhsloften. doch ganz Hillkoroinenen Buche nn<>h einige
nmlniische Lieder (mit Noten) erwälint. Die Abbildungen
sind gut und Iwtraffen das lieben auf den IMlanzungen uii<l
die Jagtl. H.
Jokannea Wehle nnd Dr. Km$it Xurke: Sprichwörter,
sprichwbrtlicho Kodenxarten und Ausdrücke der
Obvrlnusitzer Wenden. In weudiseher Sprache.
S. XIV und 314 S. Ifoutzen 100«.
DieM) Sammlung enthalt Sprichwörter, die in einem
Zeiirntim von 50 Jahren (1340 bis 1690) von dem jetzt eme-
ritierten Lehrer Johannes Wehle (wendisch J.an Uadysarb
Wjel.a) während seiner amtlichen und anderen Thätigkeit
nn verschiedenen Orten unter den Wenden aus dem V<ilks*
munde aiifgezeichnet wortlen sind. Die Anordnung für den
Druck und die Herausgabe hat dann der Landsmann des
Herrn Wehte, der durch nein« ethnographischen und sprach*
wiHsensrhuftliehen Arbeiten über die Wenden l»ekannte Herr
l’rof. I»r. Mucke (wendisch Kni»t Muka) in Freüierg m
Hiichsen übernommen, von dem auch da« Buch zum Treis«
von 5 Mark zu beziehen ist. (Wir fiigten die wendischen
Nniiivn lieider llerri.'ir bei. weil rie su auf dem Titel dt's
liurbes stehen.) l>ae uanzo ist in drei ürtippen geteilt, jede
alphab«>tisch geoninet: I. ungereimte 8prichw0rt4>r, «. ge-
reimte und 3. vergleichende Auasprüche. Dazu ist srhliefs-
lich noch ein .Nachtrag* gekommen von Beiträgen während
des Druckes. Durch das Werk sind die früheren Hammlimgen
wendischer HprichwOrter von Johann Krnst Bchmaler
(190 Ktück, in dessen .Volkslieder der Wenden*, II. Band.
S. 167 bis 206. (iriroma IM4) und Jakob Buk (lOOO Btürk,
im t'asopis der Macica Berbska, wie auch gesondert. Bautzen
1662) bei weitem ülierbolt, und es dürfte rieh unter den
Oberlaiiritzer Wenden kaum etwas Nennenswertes an Sprich-
wbrteni mehr rinden, d^ui nicht in der Weble-Muckesehen
Bammlung verzeichnet wäre, denn auch die Buksche Samm-
lung ist, soweit sie Sprichwörter „im engeren Sinne* ent-
hält. in jene mit eingercüit worden. Der Werl solcher Ori-
giiialsprieUu Örter für Volkskunde und Sprach« iasenw^bAft
braucht hier nicht uuseinandergesetzt zu wertlen. T.
Wilhelm Adeineit: Beiträge zur Siedelungsgeogra-
phio dos unteren Moselgebietes. 1U4 S. Forschun-
gen zur deutschen l«and<M<- und Vidkskunde, Band XIV,
Heft 4. Stuttgart. Kugelhoni. 1903.
m-n Kern de* («vbietes bildet der Teil des rheinischen
Si'liieforgcbirges, den die Vogelsche Karte deis Deutschen
Uoichos mit dem Namen MtoHsIlKTg«; liezeichnet, freilich eine
gemachte Begrenzung, denn die Bewohner kennen sin nicht,
ln Wirklichkeit ha^n wir es mit einem Teil« der Kifel
zu thun.
Bodenplastisch vermag man vier Abacbiiitte zu unter-
scheiden: die Trierer Thalweitung, das Muselthal zwischen
Schweich und Reil, die Mosclberg« und die zwixchen diene
und di« Kifelberge eingesenkte Hohlforin, die als Wittlicher
Bucht oder Senk« bezeichnet wird; gemeinsam ist ihnen die
ausgeprägte südweistlich-nortlOstliche IJingserstreckung.
Heben wir von den zunächst folgenden Ausführungen
über den ge<dogischen Bau, das Klima und den Beelen u.s, w.
ab, e«> können wir als Facil hinstellen, dafs unser tiebivt
sich zu Beginn der bisU>risch«n Keit darsielU als Teil eines
waldreicliQi), lin allgemoinen durch Klima und Buden wenig
ItegiinstigU-n Oebirgslaudes, jod<wb als ein liesonders reich
ausgestatteter Abschnitt . der el>eiiso sehr durch Boden und
Klima, wie durch die laige au einem grifseron Fliifs eine ein-
zigartige be%'orzugte Stellung innerhalb des Waldgebirges
einiiimmt. Nolien der Viehzucht Isiten sich im Mi>SHlthnI
wie in der Wittlicher Su’nkv die Ikriinguugen zu lohnendem
Ackurliuu. Die Itiluvialterrassuu der Thäl^r mursten also
znnächst die Hiedelungen auziehon. St> bildeten denn Acker-
bitiisiuilidimgen in der Form von llnufcndörfem den lierrM'hen-
den Tyjiiis der Niederlassungen, neben dam nur drei kleine
T^mnUtädtchen Hernkast«), Trarbach und Wittich später auf
etwas lebhaftere VerkehrstMiziahuDgeo scblier>>en IttsacD.
! IBe Rinne im Boden, die Mose! selbst, hat verkehrsgeo-
I graphisch niemals eiue Rolle gespielt, auch nicht in ihrer
1 tedeutung als Weg von Wasser; sie ist nur hervorragend an
I dem Kleinverkehr innerhalb des Thaies beteiligt. Bei dem
i Hange! an gröfseren Heitenthillejm reicht die konzentrierende
. Wirkung l>eiui Mnselthal nicht über die rmrandung des
i Ttmle« hinaus, die Bowuhner de« 1'latcaus sind anders als
! diu echten Mosellaner. So kommt eiue gewisse Kinheiilich-
kuil und AligeschlrHuienheit als der wesentlichste Zug in den
I Cliamkter unseres Bildes.
I Im M^rtelthal ist der til*crwiegende Teil aller Ortsnamen
keltischen Ursprungs, in der Wittlicher Henke, die 'I'häier
der Mivsellierge mit cingeschlotssen, rind keltische wie deut-
I sehe Namen etwa zu gleichen Teilen gemischt, während
1 auf der angreruumden llLKhriäche auaschüefslich die letztens
j das Übergewicht zeigen.
j Die iHKleutonderen Mündungsriedalungen U^en sämtlich
, auf dem rechten Moaelufer und bezeichnen die Tunkte, an
denen die westdetlicbe Verkebrsachse des Hchiefergebirges
von mehr oder weniger senkrecht dazu verlaufenden Ver-
kehrslinien vom Süden her getroffen wird.
A* de Cork en Js* Terlinck* Kinderspol en Kinder-
lust in Kuid-Kederland. Tweede l>ee] : Dan.s{>eien.
S69 H. Gent, A. Hiffer. 1903.
I Dieses grofa angelegt« Werk, dessen erster Teil im Globus,
; IM. 62, H. 46 liesprocheu wurde, läCit sich nur mit den ähn-
I liehen ausführlichen und gründlichen Arbeiten Wnasidiu«
I iilj«r .Hecklenburgische Volk.süberlieferungen“ vergleichen-
Ks ist erstaunlich, welche Fülle von Tanzspiulun und LIedorn
die Verfasser noch zusammengebmeht ha1>eu, wiewohl auch
sie darülwr klugen, dafs unter dem F.uue der Neuzeit viele
I dem Verfall entgegengehen, wie dieses heim Riesenliedu (8. 97)
I oschgewiesen wird. Neu ist di« Einfügung skizzenhafter
Zeichnungen, welche leichter als Beschreibungen über die
I Hteilungen und B<’W«gungen der Kinder nnterrichten; dank-
; bar müweii die Amoerkungtm aufgenoinmeu wenien. die mit
groDor Hachkenntuis über die Verbreitung und Litteratur
der einzelnen Lieder uns unterrichten. Der Charakter dieser
Tanzapiele ist nicht verschieden von jenen, die auch Iwi uns
in Deutschland Vorkommen, selbst in den Derbheiten (z. II.
H. 76), die ja auch unsere Landbevölkerung als natürlich
nicht verschmäht Die Sprachmischung tritt hier und da an
I der Grenze zwischen Vlaniisch und Walloulscb hervor:
j Hcb-de nie gezien?
' N’as-tu pa« vuT
Drij dikke boeren
Under een« |iara{du?
Wer unser« deutschen Tanzlieder mit diesen süduieder-
ländisrhen vergleichen will, findet im vorliegenden W'erk«
dazu reiche Gelegenheit und wird sofort erkennen, wi« weit
oft die Verbreitung geht. So z. B. B. 166:
Zeve jaar alomme (»chon um)
Junge doebter, keert u omme u. n. w.
Mau vergleiche damit (Urt|ueU VI, 139), wie die Kinder der
schwäbischen Kolonisten Itei Ofen singen :
Hcbner Jahr is umm
N. N. drahe si uro.
Oder (B>>hme, Deutsches Kinderlied, 8. 447):
SiMten Jahr sind um und nm
Jungfer Anna dreht sich am.
Das durch ganz Deutschland von den Kindern mit Tan-
tomimen begleitete Lied „Wollt ihr wissen, wie der Bauer
seinen Hafer aussät?* kehrt in Siidniederlond wieder: „Jloe
zaail de laier zijn kureku?* Wir linden es auch verzeichnet
aus der Birhweiz (G. Züricher, Berner Kiiideriied, Nn. 967)
und auch das bekannte .Es kommt ein Herr aus Nintv«*,
welches sehr alt, wie Bülte in einer schbnan Untersuchung
nachwies, ist als Keigenspiel vom Kanonikus l<ei unseren
NachlMirn bekannt: .Paar koint een Kanonike aan, van iel«-
rie, van alcfa, Kanonike.*
Das reich«, auf ein« griifsere Anzahl von Bauden bi-
rechn«te Werk ist von der Vlam»ch«n Akademie für Sprat-h-
tiiid Littcraturkund« mit einem verdienten Trei.s« gekrönt
w'orden. Richard Andrea.
r
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Kleiue Nmclirichteii.
2üO
Kleine Nachrichten.
AMrnrk fe«r mH
— Am Irt. Marz <i. •!. ist in TiHis. liur Hauptstadt dt*«
Kaukiutus, wo ur s**it vier Jahrzehnten seine zweite Heiuiat
^'tfuiideu Uaiu*. tler Wrühmte Naturforscher und KeiM’iida
tfiistav Kailde im 7'J. LehHiisjabre gesturhen; ein viel*
Iwwegtei Keise- und Forsi-lierlebon ist damit ahuescbloAseo,
und unser ,Olohus' legt dem utn die Krforachung von Hua-
sisch Asien ki h«n*h vcrdienleii Manne eiuen Kranz der Kr*
iiiDerutig auf da» (irui». (iusluv Kndtle wurdo am 27. No-
vember zu Danzig als 8ohn eim-s I^ahrer* gel>ort>ii und
widmelo sich /uuhchst der Pharutacie ; sai» sehtiHchslur Wunsch
von früh auf war aber, einmal recht weit in die Well zu
gehen. Kl>eu 20 Jahr« alt, zog er nach der Krim, die er
auf vielen Kufswanderungeu und in veraeUkHlenen Stellungen
keuneti lernte und nlier die er auch drei Arbeiten verölYcnl-
lichta. Von !(i6& bis i(<t>0 fand Itadde dann die güustige
Oelegenheit, im Aufträge der liussiscben Gtajgrnpliisi'hen
Oasellschaft zu Ht. Petersburg an einer Kxpeditiun nach dem
Süden von OsUihirien teilzunehmen. Die Ergebnisse seiner
Forschutigon legte er nieder in seiiieu , Keinen ini Süden von
Ostsibirieii" (1862 bis 18t>4), worin er die Säugetierfautm und
die Festlandsornis des siidostlichen Sibirien liearbeitete; den
Bericht über •«eine Reise enthalten seine .Beitrüge zur Kenntnis
des Russischen Reiches*. Als Konservator bei der Akademie
der Wiweuschaften ange-ttelH, fand er auch ikm'Ii (ielegenheit,
den ZtKdogeii v. Bniudt und K. v. Baer auf einigen Reisen
zu begleiten. Im Jahre 1Sü4 ward«! Uadtle vom Statthalter
des Kaukasus nach Titlis berufen und mit der bitdogisch-
geographischen L'utenuchung Kaukasien« betraut, und diese
bihleto denn nun fortan das Prc^^rauuii seines lA'beus. Al»er
nicht nur kaukasische Gebiete, sondcni auch Armenien, die
uralokaspischen Länder und weitere benachbarte Gegenden
wurden von ihm auf vielen und wiedorh‘>|ten Reisen besucht
und erftjrscht Noch 1890 unternahm er eine Reise nach
Karabagh und 1604 besuchte er nochmals das Daghestan.
ln zahlreichen und wertV4i]len Kchrifteu berichtete Rodde
auch ülier diese Reisen; erwähnt seien nur «liie C'hewsureii
und ihr Laud* (1878), ,I>er Kaukasus* (1884), ,OruU cauca-
sicA* (1884), , Keinen an der persisch-russiMdien Grenze*. „Die
Fauna und die Flora des südwantlichen Knspigebintes*
( 1 HH 8 ). F.ine gKlfsere Anznhl der Berichte erschienen in
l’etermanus Mitteilungen und deren Krgänzungsheften. Auch
zu Hinein der Reisebegleiter der Grorxfiirsten Alexnnder
un<l S«-rgei Michaelowitsch auf ileren Reise in da« tn)piscke
Asien wur\le Ra«h1e benifen. Als ein Hauptverdienst Ratldes
mufs aller vor alieiu die Begründung des Tiatiirhistorlsch-
eihiiographisehen und .\ltertumsinuseuius in TiHis (im Jahre
IK88) angeseheu werden; mit unerniüdlicbeiu Eifer und
gndWr tjachkeiintni» hat er hü*r für ein so iuteresixanins
Land wie Kaukasieti ein reiches Moteriul zusBimiicngchracht.
Du Hadde gern uud oft die intcrnationalon wisseiiscbaftlicheo
Kongresse besuchte, dazu eine drollig« Krzählcrgabu und
einen guten Humor liesaf*, so war «r in weilen Kreisen «iuo
iH'kaniite und geschätzte Persönlichkeit. AuszeicbuuDg<«n aller
Art sind dem Verstorbenen in reichem Mufse zu teil ge-
worden; der Kaiser von Kufsland cruaimte ihn zum Geheimen
Rat mit dem Titel Kxccllenz; die Br<riim-r Geseilschaft für
Erdkunde und viele amlcre wählten ihn zu ihrem Kiiren-
mitgliede. W. W.
— Der russische Htaatsrat und Astronom Franz von
Kchwar/, zuletzt Uhaervator au der erdmagnetischen Kta-
tion der Münchener Sternwarte, starb nach schwerem Herz-
leiden am 20. Januar d. .1. in München durch «ügen« Hand.
Geboren am H. Dezemher 1847 in Riirnsleiii Wi Grafenau im
Bayerischen Wald, kam er nach Vollmidung seiner inuthemH-
lischcu und astromimischeii Studien 18T1 nach Rufsland und
wurde 1874 bis 1878 Itei der topograpliischeu Abteilung des
(■«-neralstaWs in Turkestan mit astnrnoiuischen, geoiiatischen
und erdniHgiietisch«‘U .Vufnahiuen iK-schäftigt. Dann über
nahm er «lie Krrichtung der Htornwarte in Taschkent und
•>rwarb sich durch zahlreiche Poeitionsbesiimmungen in Tur-
kestati uud den angrenzenden Gebieten hervorr.agende Ver-
dienste um die Kartierung dieser Gegenden. Die Ru'-sische
Geographische Gesellschaft tu Kt. Petersburg verlieh ihm
188 'i für seine Verdienste um «Ile ge«igrH|diische Hrrorxchiiiig
von Turkestan die golilüne Mmlaiilc, uud die russische Re-
gierung erkannte ihm den Ad«.d zu. Im Jahre iMsu kehrte
Schwarz nach München zurück und übi^mahni hier 1 h 9H
an dem neu errichteten urdinugm-tischen Observatorimn eine
Stellung als ()bservat«»r. Hier veri^ffentlichte er mich: .Die
Verantwort]. Iteilukteur: li. Siiigei, litiiiiu NW. 8, NihilTbaueii
ufillettangaU* gHUUet.
Feldzüge .Mexamlers des Grorsen in TurkeHian* (l8'.iJ);
„KinlHut und Menschheit* (IH94) und .Turkestan, die Wiege
der mdogermauischeu VtVlker“ (IWÜU). W. W.
— Strümpells Wanderungen im Rnlilande. Obor-
leutiiant titrüinpell, Chef der iui Januar 1902 gegrimdetcu
Station Bamenda in Nordkameruu, bereiste im März 19u2
die iiAchsleu, bisher noch unerforscht gebliebenen Gegenden
t'istlich vom Baliiand uud hat durülier in Nr. 4 des Deatsefaen
Kulonialblattcs von I9u.1 ziemlich eingehenden Bericht er-
slalteU Ausgehend von Bainenda (20 km nordöstlich von der
ehemalig«?!) Ktatiou Bali), ülierschritt er gegen Osten das
Plateau der Wndjoborge (16U0 bis 2200m), marachierts* von
Bamissiug nach Süden längs des Gebirgsrandes Uber Baketu-
bat (Bali'Kuiubat oder Bn-N’kunbat) und Bagam bis Bamun-
kung (etwa n5 km) und von hier auf der Westseite <ies Ge-
birgastockes über Babailju und Bagangu nach Bameu<)M
zurück (etwa 50 km). Durch diese Kxpvdititm wi« durch
die vorhergehenden Aufnahmen von Ramsay und Gtauning
erhält die Karte vom östlichen BalÜandc ein wesentlich ver-
ändertes G«isicht, als es der Entwurf in Haupimauu Hutters
Werk zeigt, der zum grössten Teil nur auf Erkundigungen
beruht. Vor allem verschiebt sich tiadh der von Moisel sorg-
fältig bearlKÜteteu Kart« (.Das nordwestliche tirenzgebiet
v«>u Kamerun*, Mitteilg. aus den deutsch. Schutzgeb. 1903,
Karte 1), welcha auf Grund der .iüiigstcn Fona'hungen ntt-
gvferllgt wurde, wie Khun im .Globus* erwähnt, die a«ir«>-
nomische der Örtlichkeiten: st« liegt BHÜburg nicht
zwischen dem 6. und 7. Biciteiigrad und nicht zwischen dem
10. uud 1 1. Längengrad, sondern nahe südlich vom R. Breiten-
grad und dicht am 10. fjängengrad. Ferner ist das Wadj«>-
gebirge w«)hl eine .liauptwaNsenicheidc*, wie Hutter richtig
vermutet hat, aber es ist kein srhmnler Bergrücken, welcher
durch da« Thal des .Bamum* von einem llügelguläude iui
N«irdwesten isoliert bt, sondern es stellt sich al.s ein massiver
tlebirgHstock mit breiten H«K'htl4chen und aufgesetzten Kup-
peln dar, dessen tJingsachse von Nonien nach Süden ver-
läuft un«l de.«.«en grCifsie Breite etwa 20 km lieträgt. Einen
Fluf* .Bamuui*, der nach Hutter aus der Gegend von Be-
kum kommt, die KarawanmistnifsH mlrdlich von Bafueti
durchkreuzt und das Gcbirgslniid gegen Siidosten durcli-
schneidot, giebl ts» nicht. Dagvgen kommt nuch Ktrüni|:oll
der (bei Möbel nicht cingozeichtietc) Kuu — «las scheint
wuuig8t*‘ns im Olwrlauf jener .Damum* zu sein — wohl eben-
falls von Liikoin «aler i^kum her (welcher Ort jedoch viel
weiter IUI N«»nlen und Osten liegt als auf Hutters Karte),
aber er Hiefst in ziemlicher Entfornung von dem Gebirgs-
stock zuerst von Norden nach Kü«len und dann gegen Kad-
osten wahrscheinlich dem Mbam zu. Der Flufs, von dem
die Eingeborenen Hutter berichteten, er durchschneide die
Wadj«>lierge, dankt luirStrnmpeiUMiH zu sein: er entspringt
aus einem kleinen Kee auf dem Bergplateau und richtet
»einen I^uf anfangs nach Küdeu und spater nach t>sten und
ziemlich nahe an der .sehr weit golwuten Ktadt* Uaaiunkang
vorliei, von welcher Hutter gehi*>rt hat, «es sei der Hauptort
Von Bnmuiii, viel grofser als Hali, uml habe M.-tueru und
Grabi'u*. Man erk«*iint dHrans, wie dürftig und wie ver-
worren die Auskunft in gts^grajihischer Beziehuug ist. die
•1er Kuni|mcr von den EingeiMireueu erhält. Kr icufs eine
solchi' alter notieren; Hutter Ihat «los, alter mit allem Vor-
behalt. Ab «r sich auf einer Hrdic ur>rdlich v<in Bamenda
befand und sich die Frag« vitriegte, ob ur .zusanimeuhängeud«
llügelkettim oder rin BergstcM'kplateau* vor sich habe, liefs
er sich bei Beurteilung der Boflengeataltung iiu allgemeinen
nicht durch die AngalHm der Balileute bestimmen; sein aus
selletändiger Anschauung gewonnener Entivbeid zu Guu«teu
des llochplatcaucharakters der Lftfidschaft (vergl. .Wande-
rung«-n*. S. 807) ist jetzt durch Ktriim]tell9. Ramsays uud
Glauniiigs Expcditiitnen \ollk«jnmien gerechtfertigt worden.
Üliereinstimmend mit Hutters Beschreibung des Grasiand«»
lauten die Bchibb'riingeii Strüiii^tulls: Galeriewaldungeti (na-
ui«-ntlieh Raphia)talmen> längs «1er Wastu-rlaufc, Rauniwoll-
pHanzmigeii. Vieh- und Wildreichlum. An «len Abbangen
des Gebirges und in den Sv^^itcnthälem traf Htriimpell auf
ein« sehr dicht« Bevölkerung, deren kulturelle Befähigung
nicht nur derjunigeu der Bali, wie sie Hutter beschrietwn.
gb'ichkoumit , sondern welche auch, .je weiter luuu nach
Uston und Küüen vordringt, um so erhebüchon* l^istuugeu*
aufwtdst. Brix Förster.
Iiiiiint 28. — Dru«k: 1'rii‘ilr. V'it-weg u. Sühn, Hrauasrbweig.
GLOBUS.
ILLUSTRIERTH ZEITSCHRIFT FÜR L.WDER- i'Ni) VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN: ..DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
HERAUSGEGEBEX VOX H. SINGER ENTER BF^SONDERER MinAHRKEXG VON Pnor. Dr. RICHARD ANDRES.
VERLAG von FRIEDR. VIEWEG * SOHN.
Bd. Lxxxm. Nr. 17. BRAUNSCHWEIG.
NMhdruck ear n*ct> L'bcrvuikunfl mit der Verli<r*^uuidluiig geetattel
30. April 1903.
Die Nilgalaweddas in Ceylon.
Von l>r. h. lititimeyer. HMel.
III. (Schlutfl.)
Von n Hus|[(eräteii, wenn man bei Menschen, die
keine Häuiser buben, ron aolchen »prechen darf, ^ind
zwei Objekte zu erwähnen, welche der mehr als lM*nckei*
denen J^hl der von den Weddas verfertijrten (ierÄt*
Hchaftei) — Fetierbohrer, lla.*>tschnäre, Rindeuatolfe, Bast-
sficke, trrabstofk — einzureihen wären. Das erste, der
Thontopf, ist ein wirklicher Xeuerwerb in der Ergologie
der Naturweddae im Laufu der etwa 10 bia 12 letzten
Jahre. Wie oben erwähnt, wurde uns — auch derWidaiie
btikuui ein gleichea Geschenk — in einem Tbontopfrbcii
von den Danigalawedda» Honig wilder Bienen als Gc-
•^chehk ftberbraebt.
Der Topf war ein rundliches Gef&f^ von uuregul-
mafsiger ?'orm der Wandung mit oben umgelrogencm
Hände, von ruueharliwarzer Farbe und ohne eine Spur von
Oniameiitieriing. Kr iat aiia freier Hand geformt und
an der Sonne getrocknet, nicht gebrannt, wie una ein
»inghaleMiNcber Tupfer, den wir in Kandy Aber diesen
'l'opf kousultierteu, bantimmt veri«icherte. Kr erinnert
durchaue an manche Pfalübauteut^pfe und gleicht in
Form und Farl>e ganz einem aolcben unserer MuaeumH-
bamrolitng, der dem ITahlbau von lAÜscherz am Hielerace
angebort, mir mit tloin I nieraehled, duf?i der Pfahlbatier«
topf mit seiner viel regeLmäNigereu Rundung «ich zum
Wvddatopf verhält wie eine gute .Vrbeit zu einer SchQler*
urbeit. Al^u auch hier in dieaem techniacheii Neuerwerb
der NattirwfddaH engste Berührung mit der PrähiHtoriel
Dafa 6H Mich aber hier in der 'Hiat um einen Neu-
iTwerb handelt — die Töpfe wurden zweifellos von den
ItHnigulHwedda« gemacht — offenbar nach «inghaleMiMchen
Muntern, gebt auK den .\itgaben von Virohow^>b Det«>
cliHiii p« Steven«’**) und Sarahin*"*) hervor, nach
<ieiien „die von höherer Kultur noch völlig unlierOhrteu
Nnturweddas nicht veratehen, Thongeschirr herzuatellen*.
Letztere .\iitoren fanden zwar «chon 1(485 in Kolong*
gala auv Krde uin) Woioter geformte rohe Teller vor,
die an der Soiiiie getrocknet wurden, und Do»champi^
fand in Wewatte «ehr rohe Thontöpfe, sagt aljer aus-
drücklich, das »ei nur hei einer kleinen Minderzahl nahe
singhaleaitichen Aneiedelungen der Fall. Bei Snraain
wird noch liesonder« erwähnt, daf« diu Naturwedda« vom
t)egalat<iocke die Töpferei nicht kennen.
Die erste Notiz, daf.s die Durfweddn» de« Nilgula-
»•) l. e. p. I».
*') I. e. p. s:s.
•^) I. c. p. CLX.
I. c. p. *SS.
Olobu« LXXXUi. Nr. 17
di«triktes Thonscbriaselu au» freier Hand formen — nur
die WeiWr — findet »ich bei Schmidt *’), der dieselben
1889 Torfand, indem die Kulturindier bei ihnen dieae
Kumit cinführteii. Kr giebt an, daf« die Töpfe an der
Luft getrocknet und auf einem Hcinighaufen gebrannt
würden, wobei der eiiidring^nde Rauch »ie schwara färbt.
Auch IlilJer und Furnea.a*«) geben für Natur-
wedda« in Bintciine einen irdenen Topf an, in welchem
ihnen Honig gebracht wurde. Nun hätte aIt»o nach un-
serem Befund die kuUuriudi«che Kun»<i derTöpferei ihren
Kinzug gehalten sogar auf dem Danigalastock, einem
der letzten Horste echter Naturwedda», doch i»t zu be-
merken, daffl ein Zeitraum von etwa 2000 Jahren grofs
genug erscheinen dürfte, um sogar die uitrakonservativen
Weddas zu veranlassen, von ihren Nachbarn einen Kul*
turerwerb anzuiiehmen, der schon der eiirojiäiscben PrÄ-
hiKtorie angehört!
I'jn wuitcrcK, wie mir scheint, für die Naturweddan
völlig neues „(ierät*^ wäre eine kleine Tasche, aus dem
Fell von Soiuru« macrurus gefertigt. Sie besteht aus
einem ungegerbten, getrockneten Fellatück, welches, durch
Bastschnur roh zuKammeiigenäbt., oben einen Klappde<*kel
hat mit uiuer Bnstüchnur zum Yerscbltif» der Tasche,
dmui l*änge 16 cm, die Höhe 12 cm beträgt. Sie wurde
von einem Wedda aus Hennebcdda gefertigt. Fji ist
diese Felltascbe um so bemerkenswerter, als alle Autoren
angelien, die Weddas wAfsten keinen Gebrauch von den
Häuten der erlegten Jagdtiere zu machen, als sie al)>
Taudchartikel oder etwa zum Vorhängen ihrer Hütten
oder Höhlen zu gobrauebeu. Speziell Steven« ^*) sagt
ausdrücklich, er habe trotz seines intimen lAcbens mit
den Weddas in keinem Falle Verwendung einer Tierhaut
zu irgend einem Zwecke gesehen.
Zwei weitere wodduisebe Geräte bekamen wir trotz
Naehfragi' nicht zu Gesicht, dun von Stevens*') be-
schriubenen Tragkorb aus Bast, der aus der Kinde eines
im Distrikte von Mabaoya wachsenden Bouuie.s gefertigt
wird und von dem ich ein schönes Specimen im Miiseiini
von ('oloralM» sah, und den Botenstock. Hie Wedda-“
vom Danigala kannten den Bastkorb, der Ubrigen.H ur>
sprUnglick den Weddas voii den Siugbale»un zukam,
nicht, wohl aber diejenigen von llennela'dda , die nur
el>eu keinen bei sich batten. Der Botenstoek wird schon
“) l. c. p. SS.
•*) L c. p. SS.
*^) 1. c. p. ruv.
*•) l. e. p. CI.IV.
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262
Dr. L. Rütimeyer: Die Nilgalawedda» in Ceylon.
itu Berichte des Anonymus von 1A20. den he Mesu-
rior abdruckt» als der Vergangenheit angebörig auf*
geführt. Nach dioseui Bericht fiÜirten früher die ver-
Hrliiedenen rians «ine Art Korrespondenz unter sieb
durch kleine, in verschiedenen Formen geschnittene Holz-
stückc. die aucii e. B. Flüchtlingen als I’iiww uiitgegobeu
wurden von einem Stamm zum anderen. Kben.so wenig
wie die Herren Saraain 1890 kein« Spur mehr von
Botenstdeken nacbweiscn konnten, war uns das jetzt
möglich trotz genauer, aber offenbar gar nicht verstan-
dctiur Nachfragen. Auch irgend welche Krionerungen,
dafs früher Steinäxte gebraucht worden wären, waren
nicht nachweisbar.
Zum Schluss« dieser der, w<*nn man so sagen darf,
physischen F.rgologie der Naturweddas gewidmeten Aus-
ffihrungcn möchte ich ein Verzeichnu> aller minmebr in
der etlinugraphiscben Sammlung des Baseler Museums
vereinigten „KuiiHterzeugnis.He“ der Naturweddas geben.
1. Bogen und gewöhnlich« Pfcul« mit Kiseukltng«
verschiedener Gröfse.
2. Klefuntenpfeil.
3. Zugespitzt« einfache Hulzpfeile.
4. Knabenbogen mit Holzpfoil in genauer Kopie der
KisenpfeUe.
.\xte.
6. Grabatöcke.
7. Feiiorbohrcr.
8. Schürze, aus dem Bast von .Vntiaris toxicaria
(Ritirinde) gearbeitet.
9. Scbildkrötenscbale, vom HaiiigalH als Schüssel
gebraucht.
lU. Schtdlw aus Wachs wilder Bienen (Tauscbartikel).
11. Knäuel ans Bastsebnur für Bogensehnen.
12. Feuerzeug aue Fisen mit hohler Arekanufs zur
.Aufbewahrung von Baumwolle (neuerdings auch
bei den Naturweddas in (iebrauch).
13. ’lliuDtopf mit (iehänge aus BasU
14. Tasche BUB Kiobhorufell.
15. Huftrui-k aus Blättern.
Diese kleine Liste, die, wenn wir noch den leider
unserer Sammlung fehlenden Basteack, den Boteust4ick,
sowie die von Stevens erwähnten Kinderspielftachen
(Lehmkugfdn und I^huifiguren) beifügen, «in ziemlich
vollständiges Inventar aller Gerate der Naturweddas
dnrstellen durfte, hat in ihrer wohl einzigartigen Dürftig-
keit ein gewits nicht gennges «thnogntphischi'H Iiiterosse.
Ks ist dies eine urgologische Düi'ftigkeit, welche hinter
diejenige der Buschmänner, die ja noch vortreffliche
Tierdarsteller sind, hinter diejenige der Zwerge der
zentralafrikanischen Wälder und hinter diejenige unserer
PalHolitbiker zurückgeht.
Eudlich mögen noch einige Bemerkungen über gei-
stige Bethätigu ügen der Naturweddas, :>oweit ich
seihst Beobachtungen anstcUeii konnte, beigefügt werden.
Beim Pfeiitanz, der im übrigen genau so aosge-
Cührt wurde, wie «r von den Autoren Wschriebon und
uameutlich im SaraBinseben^**) Werk« genau analysiert
ist, wäre noch die bei alleit drei (.'lans beobachtete Ge-
pflogimheit anzufdhrvn, die ich in der Litteratur nirgends
erwähnt finde, dafs der „Sprecher" jedesmal zuerst mit
dem Pfeil oder dem Griffe der .Axt einen Kreis von
l,.%ni am Buden beschrieb, in dessen Mitte der Pfeil
gesteckt oder di« .Axt gehegt wurde, bevor der Tanz in
bekannter Weis« begann, wobei als Musik auf Bauch,
Schenkel oder Hüften geklatscht wurde und «in beulcndur
I. c. p. :m7.
*•) I. c. p. r.isff.
Gesang ertönt«, ln .Abweichung von diesem oft henrhrie-
b«n«n Pfeiitanz Bebildern Hiller und FnrnesM**),
welch« Felscnweddas nach Alutmiwara kommen lietscn.
dafs deren Häuptling auf die Trepp« des Rasthauses
sich setzte und durch Kopfnicken, (uu»ang und Hände-
klatschen den UbythmiiH des Tanzes ungah, während die
vier Tänzer zeitweise durch Kufe und Händeklatschen
darauf antworteten, scheint sich bi«r nicht um einen
richtigen Pfeiitanz gehandelt zu haben, wenigstens wird
nicht« von einem im Zentrum «ingcstcckten I'feil er-
wähnt.
Ais Grund des Tanzes gaben uns unsere Weddas an,
er werde aufgefölirt in Krankbeitsfällen als therapeuti-
sches Mittel oder vor der Jagd, um gute Jagd zu haben.
scheint sieh also um ein« unbestimnite Art der
Pfeilverehrung zu handuln, doch wird es immer, worauf
namentlich bei Sarasiu Iiingewieseu wird, schwierig
sein, bei diesen Gebräuchen da« spezifisch Weddaische
und den kuiturindlschen bUnfiuf» aiiseinaoder zu halten.
Die Beobachtungen über da« Geistesleben unserer
Naturweddas waren natürlich bei der Kürze der Zeit
nur sehr obeHläcblich , aber doch nicht ohne InteresM:.
Das tbatsächlich« ist oben erwähnt worden bei der Be-
spn'cbiiug der Hennebeddaweddas. Ich wiederhol« nocU-
luals, dafs wir in Bibile den Vorteil hatten, einen sehr
intelligenten singhalesischen Dolmetscher zu haben, der
durch einfache durch ihn vermittelte Fragen klare .Ant-
worten provoziert«, die wir l»ei der bekannten hohen
Wahrheitsliebe der Weddas wohl als richtig annehmcti
dürfen.
Dieselben antworteten auch schliefslieh viel williger,
nachdem wir die lörmenden singhalesischen Zusebauer
for^ejagt und uns zu den Weddas an den Bmlen gesetzt
hatten, wobei sic viel zutraulicher wurden.
Beweis einer für alles, was nicht die täglichen Ver-
richtungen ibret» Lebeiis augeht, niedrigen Intelligenz
war die absolute Unfähigkeit eines der Sprecher, unter
sechs Mann 12 halbe Rupien gleiehuiAfsig zu verteilen.
.Andere freilich machten dieses besser; so lesen wir bei
Sarasin^*), dafs in Kulonggala neun Kartoffeln richtig
in drei Teile getollt wurden. Zählen können die Natur-
wedda^, wie von ollen .Autoren bestätigt wird, nur bis
ein», eka, weitere Zahlwörter giebt es nicht, «ine 'ITiut-
sacbe, die nach tJeiger^*) darin ihre Erklärung findet,
dafs der besitzlose Wedda zum Zählen kein Bedürf-
nis hat.
Di« Weddas tuilen diese Unfähigkeit, weiter als bis
auf «ins zu zählen, wie ich einer bricnichen Mitteilung
der Herren Sarasin'*^) an mich entnehm«, auch mit
den neuerdings auf Celebes von diesen Forschern ge-
fundenen, ergologiseb auch sehr tief stehenden Tosia
im Distrikt I*uinontj<mg. Weitere filwrraHcbende Ikdege
eines weit gehenduu «rgologiocben ParallcliBmus za’isclicn
beiden Stämmen werden Btch in einer in Bälde im Globus
erscheiiieudeii Arbeit der genannten Autoren finden.
Auch die hochgradige, fast gefährliche Aufregung,
in welch« der gleiche Sprecher geriet, als ich ihm ^ein
eigenes Konterfei im Bilde zeigte, spricht für eine un-
gewohnten Eindrücken gegenüber geringe Intelligtmz.
Er schritt eben wie ein geängstigUrs Tier, w«)ch«H nicht
weifs, was es thut, zum .Angriff auf das Objekt, welche.'«
ihn erregte. Vielleicht mag zu diesem Ausbruch auch
der von vielen Autoren l>ei den Weddas l>eubachtete
Jähzorn heigetragen hal>en, der sie impulsiv zum Ge-
*‘) 1. c. p. s».
*•> I. c. p. .S27.
**) W. Geig*‘r, Ceylon. Tagobuchblätter un<l ll«i«e-
orinnerung«'n. S. 1.H3.
auch Globus, IW. 82, Nr. 2. 8. 28.
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Al.k 4.
Abb.
BthnofraphUche Objekte iler Natirweddiii».
(Kthnogr. Sammlung, Mut«um R«*cl.)
Abb. 1 und In. Weddubogeii mit Pfeilen (doppelter Mafaatab der anderen Abbildungen). —
Abb. S. Klinge ein« EleOmtenpfeiU mit liandgrifT. — Abb. S. Uolzpfeite. — Abb. 4. Knnl>t>ii-
bngeii mit Holzpfeil. — Abb. 5. Axt. ~ Abb. d. Orabetuck (dop|>etter MafaatAb). — Abb. 7.
Feuerbohrer. — Abb. S. Hastachürze. ~ Abb. 9. Scbildkrbtenschale ala Schüseel. ~ Abb. 10.
WachaacbenM!. — Abb. 11. Knäuel nue Bafliachuur fttr Bogetiaebnen. — Abb. IS. Thontopf. —
Abb. 13. Taeche niia Kirhbornfell.
Abb. 9.
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Hr. L. Iluiime^er; Di« NilgaUweddaK in Ceylon.
2U
brauch oder wenigsten*! zur Bedrohung mit dur Waffe
führt. Dan Gedüchtni^ hinwieder Kcbeint nicht üchlecht
zu »ein, erinuorten »ich doch zwei der Weddai«, so der
alte Kaira Totn Danigala, ganz gut, data sie Ton meinen
Begleitern im Jahre 1890 photographiert worden waren.
Für diu BedürfuUse ihres eigenen alltftglirhen I/obens
hingegen erscheint ihre Intelligenz Töllig normal und
hinreichend entwickelt, und nichts wäre oberflSchlicher,
als sie als Idioten zu bezeichnen.
Die Beurteilung der metaphysischen Begriffe ist
natürlich noch viel schwieriger, ah* dieienige einfacherer
geistiger Fmiktioueii. Unsere Weddas von Hennebodda
hatten auf die Fragen, ob sie etwas von einer Gottheit
Wülsten, was sie von Sonne und Mond hielten, was vom
Fortleben der Seele nach dem Tode, immer die gleiche
philo>iophii»chu Antwort: « Wir wissen es nicht.“ Sie haben
offenbar nicht darüber nachgedacht. Bes^onders wichtig
erscheint mir die kifut- Antwort auf meine Frage, ob sie
sicli fürchteten, nachts dm-cb den Wald zu gehen, diu
durchaus verneinend lautete. Wenn man bedenkt, wie
bei allen umgebenden Tamilen und Siaghuleseu eine
Angst herrscht vor den Tausenden nachts, übrigens auch
über die Mittagsstunde, im Walde ihr Wesen treibenden
Dämonen und Teufeln, so ist diese Abwesenheit jeder
solchen Angst bei diesen Weddas nra so beilmituugs-
voller, und weisen sie sich auch in dieser Hinsicht als
echte Katurweddas aus. Also kein irg**udwte distinkter
(lutterglaubc, kein Ahnenkult, kein üestimsdionst, keine
Dämoneufurcht, meUphysische Begriffe, die sonst kaum
einem wenn auch noch so niederen Volke fehlpii.
Ich vermeide es, auf die so widersprechenden An-
gaben der .\ntoren über die religiusun und transcenden-
talen Anschauungen der Naturweddas näher eiuzugehen,
und Turwetsc auf die eingehende Analyse dieser kompli-
zierten Verhältnisse im Sarasinschen Werke. Die
meisten Widersprüche bei vielen der .\utoren und
manches oberflächliche Urteil erklären sich so, dafs, wie
dort Huagefübrt wird, nicht oder viel zu wenig unter-
schitüdeu wird zwischen ursprünglich weddaiacheu .\n-
sebauungeu und kulturiiidischeni Import, der die ersteren
mehr oder weniger durchdringt. So ist auch der au»
der Utteratiir übernommene Satz Geigers^'*), dafs die
Wedda» acht oder neun Gottheiten kennen, zu denen sie
beten, für echte Saturweddas ganz gowif» nicht richtig.
Ich bcdchränke mich auf dun Hinweis auf das im Sara-
sinseben Werke nach aufseronlentlich vorsichtiger .Aus-
scheidung ursprünglich taniiliscber und singhalesischer
religiöser Anschauungen gegebene Kcsuiiie über diese
schwierigen und wichtigen Fragen, welches lautet^**):
„l*m es noch einmal kurz zusammeuzufasseu , so be-
schranken sich die transcendentalen Anschauungen der
völlig unbeeinflursten Naturweddas auf eine unbestimmte
Vorstellung vom Wciterlebmi der Seele nach dem Toile
»m Orte des Tmlesfalles und auf eine unklan* Verehrung
de» Pfeiles. Allo anderen für diu Wedda» behaupteten
religioeen Anschauungen und Handlimgeu, wie: Manen-
knltus, Däroonendienst, Götterverebrnng, Sal>äistitiiB,
Tierverebrung, /jitibersprüche und Zaubergugenstäudu,
sind tumilisch-singlialesischen, somit überhaupt kultur-
indischen Ursprungs und also «beusowohl sekundär von
jenen Weddas angciiotnmun, welche solchen GlauWns-
Vorstellungen und -handluugeii sich ergeben haben, wie
die hier und dort naebzuwuisenden brabmanischen, bud-
dbistiseben nn<l christlichen .Anscbaiiungen.“
bis braucht nicht besonder» darauf bingewiesen zu
werden, dafs auch die oben angeführten .\ntwurtcn der
**) I. c |>. 130,
I. c. I». 311.
Henuebeddaweddaa auf unsere transcendenten Fragen
sich völlig mit diesem Satze decken.
hl« i»t also, wie man sieht, wie das ethnographisch-
tecbuieche Besitztum, so auch da» geistig-transcendent^
dieaes merkwürdigen Stammes ein aufserordentHcb ge-
ringe» und steht wohl auf der tiofaten Stufe alles Men-
schentums.
Kndlich möge noch etwa» über die Charaktereigen-
schaften der Weddas gesagt werden, und da iat es, wi»*
oft schon hervorgoholien, immer wieder auf« neu« hochat
befremdlich, dafs, so niedrig da» geistig-transcendeuU?
Niveau der Weddas ist, so hoch das etbiache steht. Hier-
ül>er besteht bei allen kompetenten Autoren in der Litte-
ratur nur eine Stimme.
Alle Beobachter, die mit ihnen verkehrten, schildern
sie als zufriedeno Menschen, die ohne Bedürfnisse nach
Höherem friedlich dahinlebeii. Sie schätzen ihre j)ersöii-
licho Freiheit aulscrordentlicb hoch und besitzen eine
grolae, unantastbare |»ereönljehe Würde, die. besondet•^.
gegen Spott empfindlich, diesen heftig zurückweist, ja
den .Angreifer jählings mit der Waffe bedroht Man
kann sogar von einem persönlichen Stolze und hohem
Selbstgidühl «precheu. Die Europäer nennen sie ihre
weiTseu Vettern, auf die Kulturindier sehen sie herab.
Früher durfte der Wedda den pingbaleHischeu König al»
Vetter und per Du anreden, wa« eiuem Singha!e«en da»
Leben gekostet hätte. Von allen .Autoren wird ins-
besondere ihre strenge Wahrheitsliebe anerkannt, die
Wedda» halHiii, wie es bei Sarasin^^) ausgednlckt ist,
„die Lüge noch nicht erworben“. Auch Diebstahl und
Raub fehlen. Ihre strenge Monogamie wird ebenfalls
allgemein anerkannt. Der Weilda bleibt seinem einen
Weibe lebenslang treu; die Eifersucht auf ihre Frauen
ist Rutseronlentlicb grofs. Diese strenge Monogami» de»
kloiuen .Stamme« innerhalb der sie seit Jahrtansendon
umgebenden, im gröf»ten Gegensätze dazu lebenden
Kuliurindicr ist aufserordentiieh markant.
Auch Dankbarkeit kann ihnen nicht abgosprocheit
werden; wennschon beim Verteilen von (iescheiiken
mau nichts davon gewahr wird, so sind doch manche
ThatHachen von verschiedenen .Autoren gemeldet, die
Dankbarkeit durch die That beweisen. Sie »ind von
einer nutürlichon, vielleicht unbewufsten Hurzen«gütc
und sind in gewissem Sinne noch jen»eita von Gut und
Böse.
Sehr merkwürdig ist auch diu Wertschätzung der ^V «1-
da» durch ihre «inghalesisch-iamilischcu Nachbarn, ^^ir
stotsen hier auf einen zunächst schwer zu erklärenden
Gegensatz. Die Singkalesen und Tamilen »ebauen einer-
eeits auf die Wedda» als auf eine ganz unterge<»rduete
Basse tief herab. Unser tamilischer Diener sagte z. B.
in Nilgala, als er fragen sollte, ob der Sprecher der Ihi-
nigalawcdda» den Handgriff zu seinem Scupter selbst
geuiHcht habe: „Ja, der König der Tiere hni es gemacht“,
womit er den alten (!hef meinte, und als ich ibu ernst-
haft fragte, ob er wirklich glaube, dafs die Weddas Tiere
und nicht M»*n»chen seien, antwortete er mit griifster
Bestimmtheit: „Nein, es sind keine Menschen, es sind
Dschuiigultiere!“
.AnderseiU gehören die Wedda» »eit mehr al« 2001)
Jahren zur höchsten Kaste der Singhalesen. zu den Wel-
lala», und Virohow*') macht gewigs mit Recht darauf
aufmerksam, ciaf» e.» sehr wichtig sei und gegen die Auf-
fassung der Weddas h 1« einer Mischrasse spreche, dafs
der gröfste König der ."‘inghuleaeu, Dutugaimunu (160
Y. Uhr.) die Wedda» al« reine Kaste, also die Einheit
*•) l. c. p. 64*2.
**) 1. «. |i. 37.
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I>r. L. Kütimey«r; I>ie Nilgslaweddas in Ceylon.
265
und Reinheit einen so wilden Stannnee anerknuut bat.
— Auf diesen in der Litt«ratur viel besprochenen Gepen-
sHtÄ zwischen offizieller und privater Wertunp der ^V©d•
dan durch die Kulturiudior kann ich hier nicht eingehen.
Sehr plausibel erscheint mir eine von don Herren Sarn-
sin (nicht in ihrem Werke) aus^eisprookenu Vermutung,
es könnte die Sache sich vielleicht so erklären, dafs die
Weddas, die bei der Ankunft der Singhalesen auf Ceylon
etwa 000 V. ('hr. vom Heldengedicht Mahawanno als
Yakkns oder Häiiioueu, also als Waldgcister beschrieben
wurden mit der Kigeuscimft, sieh unsichtbar zu niaoheu,
deshalb als höhere Wesen, gewis^-ermaf^eu höheren als
nur irdischen Ursprungs, auch der höchsten Kaste der
Singhalesen zugeteilt wurden.
Auch der vielbescbriehene Rtuinme Handel der Wed-
das, der uachtlicherweise vor sich geht, hat etwas 6e-
heiumisvolluH an sich, und sie sind wirklich wie Wald-
geister. di« sich dem Illicke der Menschen möglichst
entziehen, wenn Beniiett*^) erzählt, dafn er als Zeiehou
der Dankbarkeit für den Weddaw bewiesene Fremidlich-
keit eines Morgens zwei UlefantenzAbne in seiner Veranda
fand, die nachts von unsichtbaren Weddas, die er später
nie mehr sah, dahingebracht wurden. Denkt man hier
nicht uuwÜlkörlich, um nur neben einer Menge anderer
Pnnillelen an unser« schweizerischen Bergsagen zu er-
innern, au das nur nachts ln die Häuser und Ställe der
Menschen einkebrende Xachtvolk in Grindelwald ^*) und
die Zwerge vom Wetterhorn, die nachts aus ihren Kin-
üden heruntersiiegeii in die Hauser friedlicher und ihnen
freundlich gesiimter Menschen, um ihnen Wohlthaten zu
erweisen, di« jene dann morguns vorfanden!
Kudlich möge noch diu wohl jedem, der diesen so
viele der wichtigsten ethnographischen und ethnologischen
Fragen aufwerfenden und eben deshalb so unendlich reiz-
Vidlen Menbchunstamm aufgesucht hat, sich in deu Vor-
dergrund drängende Frage gestreift werden; Wie ist es
möglich, dafs dieses jetzt leider ho rasch zusammen-
»chmelzende Völkchen trotz seiner notge<ir«ngen viel-
fachen Berührung mit der umgehenden Kultur seine ur-
s}>rüngliche tligenart über einen Zeitraum von mehr als
zwei .lahrtausundeu noch in dum 3fafsc bewahrt bat, dnfs es
zu (len primitivsten heute noch auf Krdeii lebenden
StHmmen gehört? K« bleibt hier wohl aichts anderes
übrig, als die Annahme, dafs dieses Volk, wie dies
.Schurtz-'*) in seiner „Urgeschichte der Kultur“ aus-
fiUirt, eine vuUkcjmmeue Aupa«sung au seine einfach«*,
aber grofse umgebende Natur gefundeu hat. Es fehlt
eben jeder Drang nach Änderung und Entwickelung des
Kultumiveans; im fast völligen Stillstand, im grölsten
Kon»ervativi.*<mus und in der gröfaten BedürfniHlosigkeit
finden sie völlige Zufriedenheit und höheree Glück als
im Fortschritt. Wir haben hier in unserer ruhelosen Zeit
etwas vor uns, was wie aus entlegenem goldutteot Zeitalter
zu uns herübergrütst; mit ihrem Geschick zufriedene und
df^shalb wohl glückliche Menschen, einen Stamm, der
weiter keine Wünsche hat, als dafs man ihn in Buhe
läfst. Glücklicherweise sidieint dies jetzt auch seitens
der englischen Behörden zu geschehen; die Naturweddas
hHl»eu wuTiigviens nicht mehr wie vor 10 bis 15 Jahren
uiti(‘ Kopfsteuer zu bezahlen. Wild existiert auch reich-
lich, und so kann der auMsterbtmde Stamm in der Weise
«ein Da.Hein Iveschliefsen, wie er es in ferner Urzeit des
Meoschengesrhlechtfls begonnen hat.
Ideses Führt uns zum Schlüsse noch zur ethnulogi-
schon Stclluug durWuddas und zu oiuigcu Bemerkungen
niiert t>«i Karasiti, H. Ö47.
**) Aeby, v. Fellenberg und Gerwor, Dan Hochgebirge
von Grindeiwald, S. 59 und H*i. 16 Am.
»•) 1. c, p. 7rt.
Globui IJtXXm. Nr. 17.
über die Wortung derselben als degenerierter Küminpr-
formen.
Da ich über orsturen Punkt nicht in der l^ge hin.
gegründet auf eigene Unt(>rsuchungeii mir ein Urteil zu
gestattun, so möchte ich hier nur kurz nochmals den
bekannten Stindpunki der Herren Sa rasin skizzieren,
den dies« Forscher, gestützt auf das weitaus gröfste und
am meisten authentische osteologische und lebende je
untersuebte Material und, wie allgtmiein anerkannt, nach
überaus sorgfältiger anatomischer (’ntersuchung ge-
w«mn<*n haben.
Die»« Autoren fanden bei der Vergleichung der cev-
lonischeii Völkerschaften vom Hnthrupologiüchen Stand-
punkt aus, daf» die Tamilen, also Dravidas aus Süd-
indien, in den typischen Merkmalen dun Weddas näher
stehen als die Singhalesen. IHe uul>ediugt tiefste und
ursprünglichst« Form der drei Stämme sind die Weddas.
welche wie die verwandten Kuriimbas der Nilgiri und
andere Wald- und Bergstämmo des indischen Festlande.s
als Trümmer und Be?>te aus uralter vordravidiseber Zeit
zu betrachten sind, als Reste einijr einst verbreiietou
Urrasse, welche anthropologisch und ethnogniphisch als
auf wwidaischer Stufe stehend anzusehen wäre.
Nach d|ps((r ältesten weddnischen Periode, führt die
Sarasinsebe Hypothese weiter aus, wäre anztmehmtm
eine dravido-Huetrali»ch« Zeit, wo dravidische Stämme
auf laugen Wanderuugen über Malakka und die »üdöet-
liche Inselwelt Australien bevölkerten und sich zur Ras»«
der .Australier, die in mancher Beziehung mit den Ta-
milen vorwandt sind, ausbildeten.
Als dritte Hauptporiode in jenen gowaltigeii indischen
ßevölkerungsboH'egungeii war« dann die „arische“ zu be-
trachten, wo vielleicht durch eine »»ordwentliche Kingang*-
pfort« hellhäutigere Stämme, die wohl ursprünglich der-
selben Wurzel entstammten, nach Indien zurückfluteten.
Dietto gewaltige Völkerfamilie, aus wodduischer Ur-
zeit eutsprosseu, die dravido-austrulDcbe und arische
Periode durchlaufend, fassen die Hen*eu Sarasin zu-
sammen unter dem Namen cymotriche oder wellbaarige
Menschen. Sie dehnten sich tm Laufe enormer Zeit-
räume au» über Indien, .Australien, AVesiasien, Nord-
afrika und Europa. Die Weddas und die ihnen ver-
wandten weddaischeu Völker Indiens wären also eine
Urrasae, «ine Species relicta, die indisch« Urwurzel auch
unseres Stammes, also die cymotriche Primär-
varietät der Menschen.
In gleicher Weis« hätten für dl(j wollhaarigeu, ulo-
tricheu Menschen als Primärvarietät zu gelten die IVg-
mäon Zentralafrikas, Buschmänner, die Negritos, Anda-
manen.
Heide Primärvarietäten werden wohl, schliefscn un-
sere Forscher weiter, konvergieren gegeu ein« gemein-
samo, uul)ekannte Wurzel, der anderseits von dun Au-
thi'opoiden wieder om nächeiteü steht der Schimpanse.
Die.ne Hypothese, welche, wie unser« Forscher immer
wieder betonen, ein Versuch sein »oll, die in der Phylo-
genie da» Menacben ruhende» Bätwel der Lösung näher
zu bringen, iripfeli also in dem durch all« Mitte! ge-
naucHter auutouii»clu*r Untersuchung und Vergleichung
au einem ungleich reicheren und reineren .Material, als
es z. B. Virchow in seiner berühmten Arbeit ülicr die
Weddas zu Gebot« stand, gewonnenen Satze, daf» die
Wedda» in der That* eine Ürrasse »eien, die in ihrem
Körperbau gi'genülHT dein Kurupäer eine Annäherung
an eine anthropoide Stammform zeigen Dabei wird
selbstverständlich betont, daf« auch die>« Primarvari«'-
täten noch vollkommene Menschen sind, aber den Weg
”) 1. c. p. a?» und 371.
H4
Dr. L. Rtitimeyer: Die Nilgalaweddaa lo Ceylon.
2t»>;
Kt'igHn. den die HnUtehuiig de« MenRchenge^rhlefhleK
geiiuiumen hat.
!*>'' Hcheint mir hier <ler Ort, auf swei Referate Uber
die Sariisinsch« Arlwit in der I.itteratur hinzuwei»eii,
die. weil ungenau renp. unrichtig, geeignet »ind, die klar
nurgopruchenc An'^icht die^^er Autoren in ein falschen
I.ii’ht zu rücken und MilsverstÄndnisse herv*>rziirufen. Das
eine betrifft den Rericbt von Ranke*'*), wo bm heitat,
data diese „armseligen, vielfach als kaum vom Tier zu
trenntMide ^^'esen angeHprochenen Wilden*' in sutuatiseber
Reziebung KpeziuU den Kuropäem ko nahestehend seien,
dnfit nie u. a. w'., wogegen zu bc^merken int, dafs die
WtMldas nirgends al» so arniselige Wesen geschildert
wurden, die ka\im vom Tier zu trennen seien, indem
immer ihr volles Mensebeotum durchaus anerkunnt wird
und dafs eben auf 8. .370 nachgewiesen wird, in wie
vielen osteologischen hügensehaften sic eine grötscre An>
nithening an eine schimpanseartige Form zeigen als die
Kuropäer. Ks wird also ein entschiedener somntlscber
l'ntersrhie«! zwischen Wedda- und Kuropäerskelett mar-
kiert. Nach der anderen Seite mufs oin direkt unrich-
tiges Referat rektifiziert und auB derLitieraturausgomerzt
Wurden, wenn Haeckel sagt: „Auch dur Schädel, die
wichtige Schutzkapsel des Gehirns, nähert sich beim
Wfddftin bedeutungsvollen Beziehungen melir dem Affen-
schädel als demienigen des Fiuropäers.“
IHese Ansicht findet sich in dieser Weise im Sara-
sinschei) Werk nirgends ausgesprochen; so heifst ss bei
der Vergleichung des Wedda- mit dem Schim|M»usoscliHdel
z. B. S. 207 : „Trotz dieses Abstandes aber erscheint dur
Bauplan tlc8 Schimpanseschädels als ein dem menscblichen
verwandter, und in einigen Punkten stellt sich doch der
WtKldnschäilel als die Extreme cinigermafsen vermittelnd
heraus“, oder S. 209: „In allen diesen Punkten vermittall
der Wedda die europäischen Verhältnisse einigurmafsen
mit denen de* zum Vergleich gewählten Schimpanse.“
Beide angeführte Stellen, denen »ich noch leicht an-
der« beigeselleu liufsen, lauten doch recht ander* als obiges
('iiat! I>iu wirkliche Sarusinsebe, mehrmals in privater
PiakusHion geaufserte .\n8icht geht dahin, dafs, wenn
mau eine l.inie zwischen den beiden Fhtdpoleu curopäer-
und schimpanseartiger Formen zieht und diese in fünf
Teile teilt, osto{>logi-‘ch der Wedda sich vielleicht etwa
um ein F ünftel nach der Beite de* Schimpansen vom
Knroj)äer entfernen dürfte.
Lber die Richtigkeit der Sarasinscbeii Auffassung,
<!ie Wedda* »eien eine Primärvarietät, zu diHkutieren,
ktimmt mir als Nichtantbropologen nicht zu; ich möchte
nur auf diu in de» letzten Jahren sich häufenden Kennt-
iii-**« über Pygmäen, welche in prähistoriBcher und bisto*
rischer ^it neben und unter grutaen RuMsen gefunden
wurden, hinwetsen.
S« bat Kollmann**) neuerding* wie<ler Wtoiit,
daf* nach diesen sich überall mulirenden Befunden —
auch aus .\uiHrika Hegen uun solche vor ~ seiner Ansicht
nach die einzig richtige Beurteilung dieser Pygmäen-
rasHeo sei, dieselben als Urstämnte aiifzufaHseii, die au
den Anfang de» Metischcngeschlechte* hinaufrücken. In
einer wuitereu Btiebcn erschienenen .Arbeit: „Die Pygmäen
und Uire sysleiuatiscbc Stellung innerhalb des Mensrhen-
gescblechtes“ äiifsert sich der gununnte F'oracher nm
**) Hauke. Kom'SpomlenzliJaU der deulsclien Oesellschaft
für Anthro|>olinrie, Ethnologie und rrireschichi«. 1^*95, Wissen-
scliaftlicher JahreBbericht de« fieneral«ukix'lar>i, h4.
*') K. Hüekc], Pie Urbewohner v«>n Peylon. Peutsrhe
Humisrliau, Ruft l‘j. S. 37'.*, 1H9S.
.1. Kollmanu, Pygmäen in Euro]>a und Amerika,
(tlohn*. H<i. 81, Nr. 21. H. :i 20 . 1902. und VerliHudluiigen der
miturf. OtuteUschaft iti Ka.*al, XVI. Bd., S. 86 ff., 1903.
SchluBsr: „IHu systematische Stellung zu den grofsen
Biistfeu beruht in einer stammesgu»cbichtticben Wrwandt-
Bcbaft, woIhm die Pygmäen alsl rraMaen aufzufasseii sind,
aus denen sieb die grofaeii BasKeii entwickelt haben.“
(S. 11.^)
F'jidlieh wäre noch die Frage der Wuddaa nl» Künmicr-
formen zu erwuhnen, eine Ansicht, welche neiierding«
nach Untersuchung dreier ihm nach Colombo gebrachter
\Voddas — woher sie stammen, wird nicht genau gesagt, es
waren wahrscheinlich Borfwetldas aus Westbintenne —
von Geiger^**) aufgenommen wird.aufGrund linguistischer
und histori.scber Ül^erlegtingen. Das Barnaiiisch« Werk,
doch anerkanntermafsen die reichste Fundgrube von
Thatsachen. ohne deren Heranziehung solche lMsku*8iuneu
jtHler einigertnur«eii Hicborun Basi* entlmhriMi, winl von
dem guQuimteii Autor hierlHU nicht einmal erwähnt.
Hior hat doch ganz gewifs Virchow' Recht, wenn
er sagt, dafs in solchen FVagen die Uinguistik nur als
ein Hülfsmitte) der rntersuchung verwendet werden darf
und dafs, wenn überhaupt eine lawung gefunden worden
kann, dies nur auf dom Wege der pltysiachen .\uthropo-
logie möglich sein wird.
Wenn Bcbon Virchow auf diesem allein kompeteiiWn
IkKleii stehend — di© Schwäche linguistischer .\rgumente:
weil die Wedda» die Sprache der Singhalesen angenommen
hätten, seien »ie verwildert« Singhaleson, wird von Geiger
Hoibst zugegeben — , nach eingehender Erörterung der
zu berfleksiebtigendon . im Original üachziischendeii
F'aktoron zum Scbluts kommt, „der Gedanke einer
sekuudörou Verwilderung muf* daher definitiv auf-
gegeben werden“ (S. 100), ko, scheint mir, gebt dieser
SchJuf» noch weit .richerer hervor bei genauer Uuruh-
siebt de» noch viel i-eicheren iin Sarasiuschou Werke
gebutonrn aiithnipoIügiKchon und uthnographiBchen Ma-
terial*. Ich meinerseits kann nur sagen, ohne weiter
in dioae IHskuBsion einzuireten, daf*. wie mir scheint,
wer naiv und nicht vom grünen Tische aua diese in
ihrer .Art für ihre Lel)enhaufgai>e vollkommen ausge-
rüsteten kräftigen, wenn auch kleinen und hageren, doch
gut ernährten und gesunden Nniurweddas in ihrem Walde
gesehen hat, eine solche Idee, es handle sieh hier iint
Kümmerformcii. als gekünstelt und unnatürlich zurück-
weisen Diufe. Fis heben »ich diese .Menaohen in ihrem
ganzen Verhalten ganz aiir*eronlentIich scharf ab von
ihrer kulturindischen Umgebung, wie oben wiederholt
hctiini wurde, aber dieser I nterschied gegen ihre Nach-
barn in Kör|)cr und (leist wird nicht, wie Vtrebow
(S. 133) weiter aiisführt, bedingt durch ein krankhafte*
VerhäUni.s, wodurch die mangelhafte körperliche und
geistige Entwickehing der Wedda» zu erklären wäre,
sondern sie istal» eine Basseneigentümlichkeit aufzufussen.
.Auch Kollmann weist diese |tegonoratiun*thcM»rie ent-
Bchieden zurück, wenn er sagt*'*): „IHe Pygmäen sind keine
verkümmerten degenerierten .Abköuimlinge der gi'ofKen
R.-iHseu, sondern gesunde und wuhlentwickelte, jedoch
kleine .Abarten de« Men*rbenge*chl«cht8.“
.Auch die hi»t4)rische Betrachtung spricht dos W-
stimmtesten gegen ein© »olclie Pegenerationstheoric. Iiu
lleldengtolichl der Singhaluson, dom MabawauBO, wulcheüi,
teilweise au» viel Hhereii Bi'staudteileu bestehend, im
Jahrhundert n. Chr. redigiert wurde, »ind die Wedda»
aU Yakkas bezeichnet, als f^ämoneu meist unsichtbar
und narh Boiiebon in Flrscheinung tretend. Im Traktat
du» PuiludiiiB au* dem 4. Jahrhundert n. ('hr. beschreibt
der .Aiiouymii» au» Thelmn, der daiiiuls t'eylnn bereiste,
die Wedda» imvurkeimbur, wenn es hcir»t: „Es ist aber
**) l. r. i>. 131.
*■) I. C. ]>. 39.
*■) I. c. I*. 115.
hie oriten KrToi^i^e der englischen Südpolerexpcdition. — Arktisches Museum in Stockholm.
jene» Volk (Itith^edes) weiteue da.« kleinste und echwfich-
»te, sie le}>eii in Felsböhleii und saniun'ln den Pfeffer
von den Strducheru. Sie sind kleine Menschlein mit
grofseii Köpfen, mit laugen und schlichten Hnaren, wo*
gegen die anderen, die Neger sowohl als die luder,
schwarz und knlftig und kraushaarig sind“; kurz, eine
guiize Anzahl von Herichten, der Alteste von Ktosias,
dem griechischen I/eibarzt des Artaxerxe« um 400v. Chr.,
meldet scboii von weddaisrbeti , indischen Untämmen,
lassen des brstiminteslen verinutim. dafs di« Weddas
und ihre indischen Vera-nndtcu »eit mehr ui» zwei Jahr-
tiiiisenden »o ziemlich in den heutigen V»ThAlttii»sen, die
2»i7
1 noch durch die spärlichen Koste von Nuturwcdda» reprA>
sentiert »ind. lebten.
; Hoffen wir al&o, dafs jene» Menschen* und Tierpara-
. dies in den stillen Urwäldern von Sadostcevlon, in wol-
ehern der M'odda in seiner primären I'rsprünglichkeit
I cine KO erstaunliche Staffage bildet, uud in dessen (ie>
heimnisse mir einen Illink zu werfen vergönnt war, zur
Freude jedes Freund«» grofser und ursprOnglicber Natur
noch lauge bestehen bleiho'-^)!
, **) Berichtigung, irii 1. Teil, Globus K. 20ö, Z. Hpalte.
I SCcil« 17 Von unten ist zu lesen: IHeser gewaltige (iegensatx
I von ntischeineiid zukunftsreicher Jugend und einem Alter...
Die ersten Erfolge der englischen SUdpolarexpedltlon.
Während die GewifKLcit bosteht. dafs wir von der deut-
schen Siid|Miiar«xi>edition in diosem Jahro nichts mehr hören
Werden, da sie entweder an der Heimkehr verhindert ge-
wesen ist mler der Führer eine zweite Überwinterung im
Interesse ihrer Aufgaben für nützlich emchcet hat, haben
wir von der engliscben t'ntemehmung dank der Hiilfsaktion
der •Morning* Ende Mürz recht interessante Nachiicbten er-
halten. l>ie .Murning* ist wieder in Lyttelton ( N'euaeeland)
eingeir<*ffen , iiachdent sie ihre Aufgabe erfüllt hat, und der
Draht hat allerlei Kinzelheiteii ül^r die Ki-foige der aDia-
cuverv' berichtet. Die Mitieiluiigeu sind etwas verworren;
doch ergiebt sich etwa Folgendes:
Kapitän Kcott, der Führer der .Discovery'', erreichte ohne
Hchwierigkeiten seine Operationsbäsi«. das Viktorioland, und
fuhr, wie vor ihm Rofs und Ikirchgrevink , der Kisbarriere
entlang nach Osten, wobei er weit über den fernsten (ia4ü)
von Kofs erreichten Punkt Idimu« Vordringen konnte, nämlich
bis 16*2" so' we«tl. li. Man hatte dort im Siiden vereistes
I.niid intt hohen Kpiuen entdeckt doch wagte Hcoti hier keine
i'iierwintcrutig, sondern segulte zu dieaein /wecke nach Westen
zunick, nach der schon iui Plane der Expedition dazu in Aus-
sicht g«‘nomiuencn Mac Murdobai. In dieser oder in deren Nähe
(östlicher). d*»rt, wo die Eisbarricre sich an das von den Vul-
kanen Krebus und Terror gi'knüite Geldrgsniassiv der Pairy-
berge an)tchliorst, wunle überwintert, und es wurden wahrend
des Winters mehrere wichtige Hchlitteiirvison unternommen.
Jiio eine vc»n ihnen dehnte sich unter Führung von Ki'ott,
den der Assistenzarzt WlLson und Leutnant ähackleion be-
gleiteten, bis 82* 17' sndl. Br. aus. Dieser fernste Punkt soll
unter lüJ* westlicher Länge liegen, ao dafs der Voratofs
in lüdöstJicber Richtung verlaufen wäre. Die Umkehr luufste
aiigelreten werden, da man nur auf vier Wochen lailieus-
miilcl eingenommen hatte, der Schnee immer weicher wurde
und die Hunde starben. Es hatte sich u. a. die Tbatsache
ergeben, dalk die hohe OstkUste des Viktorialandea »ich über
den Mount Terror hinaus noch sehr weit nach Süden erstreckt;
denn man sah bi» in eine Entfernung, die tler Breit« von
Bü* 2ü' entsprochen haben wird. Berge von soou bis 3600m
Höhe. Dniiacli hätte also Markham Recht gehabt, der ge*
meiiii hatte (v«rgl. Globus, Bd- BO, B. 72), <lio Rufssche Kis-
btirrierv sei di« ^lini einer riosigen GlHziahuassc, die einen
grofsen Kund oder Golf ausfüll«, der iui Wc«ten von «len sieh
noch weit auch Süden erstreckenden ParrjtiergL'ii uud im
Osten vnn auderen I^anduiasBcii Hankiert würde.
Eine andere Bchlittenunteruohmuug. unter dem Ihifehle
des l^utuaut» Annitage , ging nach Westen ius Innere des
Vikbtrialandes vor und kam auf ein 2700 m Imhes Plateau,
das rieh iinab^<ehbar nach Westen hinzog. Armitage war
52 Tage vnm Winterquartiere abwesend . doch ist aus di-ii
bisherigen Nachrichten nicht erriclitlich, wie weit er gekom-
men ist. Aur»erd>-m ist die (iegend an «len Vulkanbergcn
F.rebus und Terror erforscht woHen. »o dafs iinch alleui die
ganze l nternehmung bisher so verlaufen ist, wie es von
vornherein im Plune lag. (Vcrgl. (ilobus, IW. BO, K. 70 bis 71.)
Was niemand bisher geiungen, ist also der englischen Süd-
|io]nrex))e<iitiun geglückt. niindi(‘h weite W'autiorungen ins
Innere der nntnrklischen l4andmasat-n. Das alwr ist cm
ftufserst wichtiger Krf«dg; denn der Nimbus ihr»'r f'nnah-
Imi'keit ist damit geachwunden. Ikirchgrevink liutte, wie er-
innerlich »ein wird, bei Kap Adare in dieser Beziehuug gar
nicht» nusrichten können. Hehr willkommen werden die zu
orwartemien Aufschlüsse über das Innere des Viktorialandea
MÜn, dessen Ausdehnung in der That von kontinentalem 1'ni-
fBiigc zu sein scheint. Immerhin wäre es noch verfrüht, die
Existenz des m>gt-namiten antarktiseben K«mtin«>nts nunmehr
für erwiusen zu erachten. Der Umstand, dals Beult mit
B2" 17' südi. Br alle seine Vorgänger .geschlagen" hat. ist
HD sich zwar nicht sonderlich von Belang . doch wird auch
er dnzti beitragen, dal's du-s luteresse an der so erfolgreich
einsetzenden 8r]d)M*larfursc.hung rege bleibt. Hoffentlich sind
die Erfolge der deutschen Expedition nicht minder erfreulii'h.
Als seine weiter« Aufgabe betrachtete Scott di« Ent-
schleierung der (tebiete im Gat.eti des ViktoHalandes , iu «Ue
er ja schon vorgedrungen war. S g.
Arktisches Mnsenm iu Storkholiii.
V. Stockholm, 2. Mürz 1901.
ln den wissenschaftlichen Kreii>en Ss'hwedeiis iieschUfligt
man sich im Augenblick angelegentlich mit dem Plan, di«
im]Hi«ant«n Sammlungen arktischer Gegenstände, welche von
den Vertreter«» der skandinavischen Polarforschung seit To-
rolU und N'onleuskiöhls Tage» nach der sohwifdischen Heimat
überführt wor«len sind , zu einem grofsen Hpezialmuseum zu
vereinigen, welches in seiner ursprünglichen Eigenart dem
liekauutcu ,Freiiuftii}Useuiii Bkansen" würdig zur Seite
gestellt werden könnte. Deu ersten Anstufs zu der Idee hat
ein unlängst von der Komiiiunalverwaltuug der kleinen nor-
wegischen Küstenrindt Tönsberg gefnfrier Ihtschlufs gegeben,
das dort seit Jahren unterhalten«' geographisch-ethnographi-
sche Landesmuseum um ein« be<mndere arktische Abteilung
zu Ixereiebern. Obwohl die Tönslwrger tfamuilungen an und
für sich manche wertvollen Kiuzelheiten aufzuweisen haben
und sich innerhalb Iwstimniter Grenzen sogar einer gewissen
Vollständigkeit rühmen dürfen, können sie natürlich iiielit
eutfernt mit den in Hebweden zusatumengetragenen Hchäuen
arkGscheu Forscher- und BammlerHeifses in di« Schranken
treten. Die Mehrzahl «1er letzteren hat im Augenblie'<( im
Stockholmer Reichsmuseum Aufstellung gefunden , uixl zwar
hat sich beaonders der verstorbene Pruif. von N'orrlenskiöld
ein glftn/emles Venlienst um die Ordnung der g«<)|ogischeii
uud biolc^^heii Gruppen erworl«u, d«-ren Material sich
allcrding« nicht zum geringsten Teile aus den Ergebnissen
seiner eigenen zahlreichen lieiHCii nach Hpiul^rgen, Groniand
und Sibirien susaminetiHetzt Einzelne kleinere Grup]«eti l«e-
üuden sich in den Uiisalettsrr und Lumleusor Samuilungeii,
und «in andertveiüger Überschufs ist dem s<^. Bi«>togischen
Mu)M.‘um in Stockhoiiii zugewiesi-n wunlen, uui hier der
breiteren OlTentüvhkeil ein ansrhauliches Bild von der Natur
und den eigenartig«^!) Formen auiuialischcn Lelwns in der
hohen Arktis zu üWnnittelu. In ihrer Ge«>arnth«it brtruebter,
leidet es keinen Zweifel, dafs die schwedischen Sammluugeii
von keinem anderen ^luseuiu der übrigen Kulturwelt an
KeichbaUigkeit un<l Vollständigkeit erreicht, geschweige denn
äl>ertmffeu werden. Kalbst im Vergleiche zu «len sonst inuster*
gültigoi) Sammlungen englischer uud amerikanischer Institute
tritt diese Ü'lwrlegeuheit in sugeurälligsin Mafs« zu Tage.
Das britische .Museum beispielsweise enthält im wesentlichen
nur Gegonstäiide aus dem rntersuchungsgebiet der Sir George
Xaressciien Expedition nach dem Smith -Sunde und den
nördlich hieran angrenzenden Partien des Polarmeere«. Die
ver?<ehiedeiien und zum Teil recht kostspielig arrangierten
Sumulungen, Ulter welche man in NorlHiuerika verfügt, be-
M^bratikcn sich glcichfalU auf ein stark begrenztes {..Aiider-
gebict der arktischen (Urknmptdnrsphäre und setzen sicholt«n-
drein, dem i'hamkter der roeisten amerikunischen Nordpul-
fahrtci) ontspreclieud . zum weitaus griifsten Teil au» Gegeii-
»täiiden des sportlichen Intercsitc» zusammen, welcher UnriHml
sich u. a. aus einem oinfneben ül>erblick über das ofHztcIle
Verzoichnis das PhiJadelpbiHer Instituts genugsam zu •■rkentien
K. Th. Preufs: l>ie Sünde in der mexikaniecben Religion.
giebt ß&nemark hat eine in feiner Art ineixierhaft get.»rdnete
Siiiiiuilmig zu«aiiiinengehrarht, die iurleaeen auch nur einea
kleinen Teil der Arktis — natnlich danUebiet der dünifchmi
Itrüiiland^kulonien — urnrnfiit. Ini (SegensaU hierzu kouuen
die Krtrftge der «>chwedifiehen Expeditionen Anspruch auf die
HangsMIuog einer lückenlosen und nach streng wissen-
«chaßlichen Priiizipiou geonlneten Übersicht über den (Je-
«iimtbereich der bisher Oberhaupt vorn Metischunfufs betretenen
Teile der hoben Arktis erhebt). Pank dem zielliewursteii
Vorgehen der ersten »chwoilisehen Rntdeckungsfnhrer zu Re-
ginn, des vorigen Jahrhunderts, die vou erster Stunde nti
iwi ihren Untersuchungen dem Daturwissenschafllichen, in*
^uderheit ztMdogischen und geoli^scben Furschungsinturesse
den weitesten Spielraum erdffneten. haben sich die S<amm-
lungen im l,aufe der Jahr« zu eiuer wahren Bcliatzkaminer
für das Htudium der hochnordUchen Meeresfauna, Gesteins-
bildungen u. s. w. ausgewachsen, in welchem keine auch uur
irgendwie bemerkeusw'erte Erscheinung innerhalb des mächti-
tigen Forschungsgürtels zwischen dem BeUringssund und
Keusibirien im CNten bis zum grimlandischen Polararcliipel
im Westen unveKreten geblieben ist. Leider i«t eiue an-M^hau-
lich« und zmfleich dem Hpczlahitudium wirksam zu Hülfe
kommende Übersichtlichkeit dieser unschätzbaren Forschunga-
ergebnisse nicht unerheblich dadurch beeinträchtigt worden,
dais die einzelneu Gegenstände den übrigen geographischen
^mmUiugen einverleibi und mit diesen ihrer systematischen
/ugehürigkeit nach verschmolzen wurden, ßiesem Fehler
soll nun, wie erwähnt, durch die Hchaffung eines eigenen
arktischen Laudasmuseuins abgeholfen werden. Man rechnet
in wissetischaftlichen Kreisen hierbei mit dem Umstände, dafs
die Frage einer neuen rnterkunflastälte für dos grofee Stock-
holmer Ueichsmusetim ohnehin innerhalb der nächsten Zukunft
zu positiveu Mafsmgelu führen dürfte, und dafs es sich bei
dieser Gelt^^nheit unsebw-ur ermöglicheu lassen winf. das
von allen leiten als dringlich erkannte Trennungsprojekt zur
Durchführung zu bringen. Letzteres um so niehr, als di«*
bei derartigen Neuanlagen »onst gewöhnlich in erster Linie
ausscblnggebeude Kustenfrage » dank der bevorzugton
Stellung der achwediseben Wissenschaftsakademi«. onter derou
Kessort die Einrichtung des neuen arktischen Museums ent-
fallen würde — tm vorliegenden Kalle nur tmierge*>rdn«tf
Bedeutung l»e«iitzt.
Die Sünde in der mexikanischen Religion.
Von K. Th. Preiifa.
II. (Schluts.)
Stilielnbai* ganz widersinnig und doch so leicht ver*
stäudlich, wenn wir uns mir von gangbaren Ideen frei-
machen, ist die Stellung der mexikanischen (fötter zu
den Sünden der Menschen. Ks wird aberoll davon ge-
sprochen, dols die Sünden die Menschen ins Unglück
stürzen , dufa dieses gnnz logisch durch das Schickaal
bezw. durch die sündigen Triebe des Menschen herbei-
geführt wird und dafs die (tütter zum groTsen Teil nur
die uusführendeu Mächte sind. Out und bö»e wird in
religiösem Sinne daher nur an dem Ergehen im l.el>en,
d. h. an dem Prinzip des Kutzens für den Einzelnen
nbgumessen. Nutzen und Schaden anderer oder der Ge-
samtheit herbeizufübren, gilt demgemüts uur insofern als
gut un<l böse, als der lletreffende dadurch Vorteil oder
Nachteii (Strafe) hat Sein eigener Vor- und Nachteil pHegt
sich nämlich mit dem Nutzen oder Sebuden des Staates zu
decken, daher tlatlacoani, der „Sünder“ oder „der Übles
thnt“. Natürlich verhält es »ich ebenso, ao weit eine
Gemeinschaft oder der ganze Staat in Uetracht kommt,
d. h. soweit durch irgeml welche Kreigni-sse, wie Krieg.
Milswachs u. s. w. , Gedeihen oder Schaden eintritt.
Regelniärsige I<ei»tungeu gegen die Götter, Opfergaben
u. dgl. m. müssen daneben ab gut gelten, da durch ihre
Ilrdffe Vorteile zu erwarten wind, und umgekehrt. Nun
wird das bürgerliche l.e}>en genug moralische Keime ent-
halten haben, die Götter aber haben «lamit nicht» zu
tluiu, sie sind iui luoraUschen .*^inu weiter gut noch böse.
Sie gel)eD nur den Menschen Gut und Böse, d. h. Glück
uud Unglück, teils von sich aus. teils vom Geschick des
Einzeluen aus. GeWn sie Glück, so ist der Mensch
tugendhaft, geben sie Unglück, so ist er ein Sünder.
Deshalb giebt cs auch keine lleluhnting und Bestra-
fung im .fen.seits. Die beiden Iluupttoteureiche, „Tnino-
unchan“, „das Haus des llerabsteigens“, in der Mitte der
Welt, bezw. im Westen unter der Erde gelegen, und da*
irdische „Paradies“ des Kegengottes „Tlalocau“ haben
keinen Unterschied tm liuhageu der Toten. Nach beiden
geht man, wie wir »aben, gleich ungern. IHe Toten
werden zu Göttern, teteo. Nach dem uns von Sahaguii
erhaltenen Lied an den Keuergott feiert man den Vor-
fahren LU Tamoanchan Fest« mit Tanz und Gesang, wo-
durch sie in Glück und Ueirhtnm leben *^). Von den
Frvufit, Mitleil. d. Anthrop. Ge*. Wien, XXXlll. K. f.,
vgl. Torquemada, M«>narcbia Indiana, B. X. 1'. 35 (Fest Xo-
coiluetzi).
Tlaloc Verfulleiien fertigte inan ebenso wie von den
Berg- und Regengöttern, den Dienern TIalocs, am Fest
TepeUhuiil Bilder an und brachte ihnen genau .ho Opfer-
gaben dar*'-).
Die Totenreicbe »ind nur der Ausdruck des Aoits-
be/irks der Götter. Wer durch die Waffen TIalocs um-
komml, durch Blitz, Ertrinken und besondere Krank-
heiten, gelangt nach Tlalocan, die andern, die durch die
übrigen Götter zu Grunde geben, besonders durch Tez-
catlipoca, kommen nach Tamuauchan, wo nicht nur der
Tüdesgutt, Honderu hauptsächlich auch der alte Keuer-
gott Xiuhtecutli, dessen Ilauptvertreter Tezcatlipoca ist.
und «ine Reihe anderer Gottheiten, allen voran die Krd-
göttiuueu, roMdieren*D- Tlaloc hat aus dem Grunde
sein eigenes Toteureich, weil er den Mexikanern ebenso
wichtig ist wie der Feuergutt, die andern Götter dagegen
müssen die ihnen verfallenen Menschen bei dem letzteren
eitiiuicten. Weshalb nun die früher aufgezählteu Krank-
heiten gerade von Tbüoe geschickt werden, ist nicht
ersichtlich, auch teilt Sahagun genau dieselben, wie
wir >aben, nn einer Stelle 'Daloc, un der andern Tezeatii-
|u>ca zu.
Hin dritte» Totenreich ist das der Sonne, wohin die
im Kriege Gefallenen und Geopferten kommen. Sie be-
gleiten die Sonne von .Mitrgen bi» Mittag. Diese» Reich
ist deshalb eingerichtet, weil die Sonne die gröfste Masse
der Opfer, ihre Herzen und ihr Blut braucdite, um ül>er-
bunpt am lieben und in Bewegung zu bleiben. Bevor man die
Sonne schuf, erfanden bekanntlich die Götter den Krieg,
damit »ie Nahrung habe. Doch gehört der Sonnengott
eigentlich auch nach Tamoaiirhan, denn er ist augen-
scheinlich nur eine iüngcre Erscheinung de» alten Feuer-
gottoH^') und damit auch die ihm Verfallenen. In der
That werden auch die Krieger uud Geopferten in die
Nacht, in ilon Erdrachen hinabsttirzeDd gedacht und mit
der ganzen Ausstattung der Gestorbenen vergehen, sogar
mit dem rot<m Hund, der die Seelen über den neunfacheu
Strom der Unterwelt tragt. Ihdde Arten Tote werden
auch an dem ’l'otenfest l'eytniccatlbuitl gemeinsam ge-
■•) Kahagun, B. II, C. 3\l.
*') l’reufs, Mitteilm. ü- Anthrop. OesoUscli. Wien. XXXUI,
8. 133 f. u. 148 f.
••) l’reufs, a. a. O-, XXXUI, 8. 153. lYeufs, Zritachr. f.
EthnoL, XXXII, 8. 14 f.
K. Th. Preufi: Di« bünde in der niexikainaehen Heli^^iou.
feiert^*). Nehaiun wir noch die rijaichHrheit Qber da:«
1^9 di^r xur Sunne Geltingemlou hinzu, hu wird e» wahr*
Kt'heinlich, dafi< nich difuiu»« Tutenreich entt Hpäter ans^e-
Hundert hat a}» Aufdruck dafür, dafa die Sonne zu Krieg
und npfortod am meisten in Beziehung Ktoht, dafn daa
Ihr Amtjtbereich ist. Wie die Verstorbenen ihren Göt-
lurn. durch die sie geatorlmn sind, ähnlich werden, «o
nuuut man den zum Opfer IteHtiinmten „Sonne“
Der „Amtsbezirk“ der einzelnen Götter bewirkt, dafg
sie oft in derselben Tbätigkeit dargestetlt werden wie
die Meiigcheu. IHe Göttinnen haben Spindel und Webe-
inesser, sitzen am Mablsteiu und gebären Kinder. Ül)«r>
all aieht man in den Händen und ab Truchtubzeichen
der Gottheiten Opfermesser und andere Werkzeuge der
Hufse. Dor Grund ist der, dafa sie zu Uulse und Opfer
VeranlHsaung geben, dala beides in ihrer Aintethätigkeit
liegt. .So sehr wird der Gott hier mit dem ihm unter-
stellten Meusebeu ideulifizieri, dafs man ihn gelegentlich
sich Hlut entziehen sieht**), dats seiu Auge ansgoliohi't
ist*'*) und dats er selbst geopfert wird**). Aus dienern
Gesichtspunkt wird die Sonne tiacaub, „Tapferer“, quaub*
tleuanitl, „aufsteigender Adler“ und uiauhmiequi, „als
Sterbender gehe ich dabin“ (oder niaomiqui (?) „ich sterbe
den Kriegertod“, vgl Sabaguu, II. VI, C. 14), genannt, denn
die zum .Amtsbezirk der Sonne gekureudon Krieger, „die
.\dl«r“, kauen zur Sonne: sie wird mit ihnen identifiziert.
Klwnso wird zur Darstellung einer Hungersnot die Mai»-
gt>tttin Tom SiMjere getroffen vor Augen geführt, obwohl sie
selbst es ist, die den Menschen sowohl Fülle wie Hungers-
not schickt: Die Göttin tritt eben auch als Vertreterin
der durch die Hungersnot leidenden Metischheti vom
Speer getroffen auf**) — das gewöhuHchu Symbol d«r
göttlichen lleim.Hucfauug.
Der stärkste Ueweis für diese Anffassimg bt aberder,
dafs die Götter als Sünder b»«eichnet und dargestellt
werden. Hei der Fruchtbarkeit der Krde z. 1). denkt der
Mexikaner bekanntlich un die geselilechUiche Vereinigung
des Sonnengottes und der Krdguttin Teteoiunan, durch
die die Frucht zu stände komme*'). Dadurch sind aber
zugleich die Widen Gottheiten Patrone aller Sünden, dia
mit dem Heischlaf zusummeuhäugeu: aller Arien derL'n-
zucht. Das ist eine ähnliche Vereinigung scheinbar he-
terogener Kigenschafteu oder Thätigkoiten, wie wir sie
vorhin an der gute und schlechte Krnten, d. h. Hunger
sendenden, Maisgöttin gesehen haben. Anf diese Weise
ist Nanauatziin, „dor arme Syphiliskrauke“, zum Sonnen-
gott geworden, denn als Vertreter des unzüchtu;en Men-
schen muls er wie dieser mit der dafür geeigneten Strafe,
der Syphilis, gezüchtigt «rsebemeu. Daraus leitet sich
auch die Idee des vierten, noch nicht erwähuten Tuten-
reiches ab, nämlich desjenigen der im Kindbett verstor-
benen P'rautMj, der Cinateter» „dor Göttinnen“, die wie
die Krieger zur Sonne emponstoigen, alter sie von Mittag
bis Sonnenuntergang geleiten. Infolge geschlechtUohen
Aktes von einem geradezu gewaltsamen Tode ereilt, gel-
ten sie dem Sonnengott verfallen und erscheinen in der
Tracht und im Wesen seiner Partnerin, der Krdgöttiu
Tetcoiniian, gleich. Deren anderer Name Tlaelquani,
„Schmutzfresseriu“, entspricht genau der Darstellung
*“) ihreufs, Mitteilgn. d. Anthrop. Uesellsch. Wien, XXXni,
S. lao f., Toniuemaila, B. X, <’. 35.
Sahagumiui., B. li. 21 bei Seler, VerOtfentlichttUgeD
VI. S. 1T4.
*‘) Z. H. in der Abbildnug eines Ktoinsitz^ bei Seler, Ver-
öffentlicbungeu, VI, S. Ili>, Pig. 31a.
*•) Z. B. an Xolotl, ('«»de.x Borgia 10 u. s. w.
Z- B. QuetzalcoaU, Codex B*>tgia 42.
Todex Borgia 54 u. b. w.
**) Preufs, Mitteügn. d. Auihrop. Uc-n. Wien, XXXIII, 8. lae
und Abb. 50 (8. 1«7).
‘idU
de» seinen eigenen Kot frcHsendeu Sünders (.Ahb. 1). Sa-
hagun freilich, der die mexikanisch« Idcenverknüpfimg
hier nicht verstanden hat, berichtet (B, 1, C. 12), dafs
eie so genannt wurde, weil sie den Männern und Frauen,
die sich geschlechtlich vergangen batten, nach vorheri-
ger Beichte verzieh.
Der persönliche Geruch der Sünde, der dieser „Göt-
tin des Unrats“, Tliifolteotl, anhaftet, findet darin seinen
Ausdruck, dafs sie immer mit einem Besen ausgerüstet
ist. Die hauptsächlichste und gebräuchlichste religiöse
Übung war das Fortfegeu des .Schmutzes, der ja Symbol
der Sünde i.nt, au» den Tempeln und Kflumen, wo Götter-
bilder, öffentliche oder private, standen. Den Beatm
trägt aie nun zwar in deniscll>un Sinne, wie die übrigeu
Götter ihre Werkzeug« der Bufse, nämlich weil die»«
tnenschliobe Tbutigkeit ihrer Obhut uutersUdlt war. Alter
AbK 1. Da« Tagcüzeicheii ^Hund** itzeuiutii, mit «einsin
Patron, dem Todesgutt, und dem dum Tode verfaltuueu
8üudcr, der als Zeicbeu der Bünde Kot und Urin 1X0(1.
Links oben der Krdracheii und das hembstUrzeiuie
Muiiiieubiindel. Codex Borgia 13.
wie wir sahen, dient diese Auffassung dazu, die Göttin
als Vertreterin des sündigen Menschen, d. h. seihst als
Sünderin hiuzustellen. Auch ihr Jabrcsfest heilst Oeb-
pnuiztli, da» Besenfest. Au dem Fest ist bekanntlich
gefeiert worden, dafs die Göttin durch ihre Fruchtbarkeit
die Ernte des Jahres gescliaffen hat Mit langem Phallus
bewaffnet, ziehen ihre Diener, die Huaxteken, in Prozes-
sion einher und deuten so den Hergang der Sache an.
Di« Göttin empfängt und gebärt zuFüfseu der Pyramide
FitzUopochtlis, der hier als Sonueugott gilt, ihren Sohn,
den Maisgott*"). Wahrscheinlich in enger Jdeenverbin-
düng mit diesem /«ugungsprozefs der Natur geht nun
die gi'ündliche Reinigung aller (Götterbilder und ihres
Schmuckes, aller Temptd, Strufsen und Häuser einher,
d. h. die gründliche i^uberung von der Sünde. „I>er
Grund dieser Reinigung war der Glaube, dafs durch diese
Ceremonie alle Übel au» der Stadt gehen würden**).“
Sünde aber und Übel sind hier wiederum identisch, ob-
w'ühl sie nur io ursächlicher Verbindung stehen. Man
hatte also bei diesem harmlosen Naturvorgang der Kiit-
»tehung der kirnte die andere Seite der Göttin Teteuin-
uan. nämlich die Sünderin Tlaelquai und damit die eige-
nen Sünden im Kopfe.
Es konnte nicht ausbleibtni, dal» man die Kigenschaft
von Gottheiten als Sünder zur Grundlage von Mythen
**) Beier, Tonalamatl, B. 92.
*^) C«(dex Teileriano Bemensi«, BI. S, 1, Toniuemada, B. X,
C. 35.
r
Digitizedby ^
Ü70
K. Th. l'reufs; IHe SüikIu iu ilwr moxtkaititcbeii Kelis^'U.
niacbte. $0 heitai es vou der Göttin Qiiaxolotl cliau«
tico**): war die erste, die opferte, uachdeiu nie
einen gebratenen Fisch gegeHseu hatte (es war Vor*
schritt, Tor iedom Opfer zu fasten). Der Geruch davon
stieg zum llimmel empor, Tonacatecutli (der ol»er8t6
Hiinmelsgott) arzömte darülier und sprach die Verwön*
schung aus, dafs sie in einen Hund verwandelt wQrde,
und KO geschah es.** Dur Zusammenhang der Mythe ist
klar und lehrreich. Vor ihr ist in den lUlderschrifteo
bei der I>arstelluug der 16. \Vo<‘he der Fastende zu
sehen. Sie straft also den Fastenbruch, er gehört aber
überhaupt zu ihrer namtlichen" Tbntigkeit, sie ist also
selbst ein Fastenbrecher, und das wird nun benutzt, um
ihren Kalendemamon „9 Hund** zu erklären. Desgleichen
wird die alte hlrdgöttin Itzpapolutl. „der Obsidianschmet*
turling**, von den Interpreten ^'■*) ^Fva nach dem Sünden*
fall** genannt und von ihr gesagt , „sie hiefs Xomuco
(die erste Frau), und nachdem sie gesündigt hatte, Itz*
gutteMlienstliche Handlung sei. Dabin gehört die Preis-
gabe junger Mädchen, die am Fest Tepeilliuitl bei den
Tlalbuica vorgekommen zu sein scheint Dahin di«»
Krzählimg, dafs man am tjuechoiHfesi, <las die TlaxcaD
teken <ler Xorhiqnetzal feierten , ihr nicht nur viele
Jungfrauen „eu memoria de los amores“, also zur Kriuiie-
rung uu genossenen Ileischlaf, opferte, sonderu dats sieb
auch viele öffentliche Dirnen zum Opfertode anboten,
sich selbst verwünschend and die ehrbaren Frauen
lästernd^*). Die religiöse Fxtase kann nurdadurch erklärt
werden, dafs diese verworfenen Frauen gewis.Hermafsen
unter dem Schatze und im Dienste der Göttin geHündigt
hatten, der sie auch im Tode anheimgegel>eu waren. Xo-
cbiqui'tzul ist aber nicht etwa nur eine Göttin der aiiii*
digeu Liebe, sondern eigentlich eine hlrdguttin wie Te-
toüinuau und „bewirkt, dafs sich die Krde mit Hlumen
bedeckt**. Sie steht wie MacuUxochitl zu Spiel und
Tanz iu IWziehung, aber die Ergänzung dazu nach der
Ahb. 3. I)aa Krüungeheuer mit dem
Opfenuesser im Rachen. Codex B«ir-
Itonicus 15.
Abb. 'Ja. Abb. 2b.
.\t»b. 2a u. 2b. Das l*ul<|ueg**färs der
BUiinekschen Sammlung im K. K.
naiurliUtoriscben Hofmuseum (Vorder-
und Rückseite) nach Seler. Annalen
des k. k. Natnrliintorischen M<>f'
inuseum«. XVII, Taf. X. Abb. I. 2.
pupalotl". Sie wird auch gleich der Tla^olteotl Göttin
des l'urats und der Sünde genannt Itzpapalotl ist
die besondere Patronin von Tamoaneban, wohin die Toten,
d. h. die Sünder hinabKtürzun. Neben ihr ist der Herab-
stürzende gezeichnet. Deshalb mtifs eie selbst Sünderin
Nein.
Die roexikauiKchen Götter haben etwas von Schicksal»*
aulomaien an sich. Opfer und liulsen an »ich geben
dem Menschen Gewalt über hie, dat» sie ihm helfen. Dem
Kteht nur das Schicksal in der Gestalt der natürlichen
.-Vulagou dos Menschen entgegen. Die Götter »trafen
die Sünde, d. h. den Mangel an Opfern als Ergebnis der zur
Sünde führenden .\ulage. Da nun zu ihrem Geschäft
ebenso der menschliche Nutzen oder subjektiv geuummeu
(d. b. als Ursache) das meiiNchliche Gute wie der Schaden
der Menschen mler die Sünde gehört, so konnten die
Mexikaner zu dem (iedanken kommen, daN recht viel
sündigen, d. h. sich recht viel Schilden ziifügen, eine
**) Codex Telleriano-Remr‘ti«i«. RI. 21, 2.
*•) Ebenda, Bl. 18, 2.
*•) Ktiend», Bl. 3.1.
schlechten Seite ist stets die geschlechtliche Sünde '*)•
.\1 b drittuH Beispiel möchte man aufübren, dafs sich am
Fest des Feuergottes „Izcalli“, „das Wachstum“, alle Welt
an Pul«{ue betrank doch sonst ein todeswürdige»
Verbrechen war, da man alle Laster und übelthaten davon
ableitete. Der Feuergott ist auch auf dem PuhjuegefäfK der
Bilimeksrhen Sammlung abgebildet, wie er seine Waffe, den
Xiubi'oatI, „die blaue Schlange“, ahschleudert ^'*), wodurch
er Krieg, Hungersnot, Tod und alle Leiden auf die Men-
schen losläfst, zum l’eil aN direkte Folge, d. b. als Strafe
des Pulquetrinkens. Kr steht aber selbst, wie wir sahen,
dem Laster de» Puli|uetrinkenN vor. .\uch hier geht
wieder die Fülle, deren Symbol der Pulque ebenfalls ist.
mit der Sünde Hand in Hand.
**) Scler. Toualanmtl, S. 119 (nach lieui Kl*»renliiM'r <’«>-
dex. fol. 28.2).
‘•1 Toniueuiada, B. X, C. 34.
”) rreufa, Mitteilim. U. Authriq>. Oes. Wien, XXXIIl.
S. 105 f.
Sabagun, B. II, 38.
Seler, Das BubjUegefäfs der Bileniekscben Sammlung.
Annalen des k. k. Naturbist. lli>finu«eums, XVH, H. 13. Abb. 34,
S. 17 f. de» Sfimrntabzuge».
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K. Tb. Pruuft: ]>iti Süodo in der moxiksninchon Ueliginn.
271
Wir bnben hier und früher sehr oft wabrgeiioroinen,
dafs da» sündhafte Tbuu des Menschen ihn in iiatür'
lieber t'olge ins Klend »türzt, und dafs dieser Vorgang
doch ali* Strafe von den Göttern ausgehend gedacht ist.
Das drückt eich u. a. in der schon zitierten Anrede des
PricKters an den beichtenden Sünder aus: „I>u hast dicli
in die ('nterwoll gestürzt u. s. w.“ [las gebt ferner au»
einer Stelle bei Sahaguu, Terglichen iitit der inexiknniNchen
Phra.se bei Olnios (S. 213) hervor: ^In die Schlinge, die
Grube, den Strick stürzt einen der Gott, aehleudort einen
in den Klufs, .achmettert ihn jäh herab'*, die er übersetzt
mit „Gott bestraft einen mit dem Tode**. Sahagim
(B. VI, r. 7) dagegen läfst »einen IViester zum büfsen-
den Sünder sprechen: „1bi selb.nt hast dich in den Ab-
grund des Flusses gestürzt, du bist in die Schlingen und
in die Netze gefallen,
aus denen du allein
nicht herauskommen
kannst . . . I>as sind
deine Sünden, die
nicht nur Schlingen,
Netze und Abgründe
sind, sondern . .
Hei den Netzen und
Schlingen ist viel-
leicht an etwas Ähn-
liches wie die christ-
lichen Schlingen des
Teufels zu denken,
oder an die Um-
schnürung der Mii-
uiienbündel, d. h. der
toten Sünder mit
Stricken, Do.» erstere
ist jedoch wahrschein-
licher, denn es han-
<lelt sich bei allen
sulchen Bildern e)it-
we<ler um einen im
gewöhnlichen Lelien
tödlicbeti Vorgang
o{ler um unentrinn-
bare Festnahme, Hh.s
einer Gottheit Ver-
fallensein, das durch
das Herabslflrzeti in
den Erdrachen ge-
keuuzeiebnet ist und
ebenfalls den Tod be-
deutet. So sagt der
Priester vorher an der
angeführten Stelle bei Sahagun (B. VI, (\ 7); „ü Bruder,
du bist an einen Ort voll grofser Gefahr gekommen . . .
wo ein deutlicher Abgrund an einem jähen Felsen ist, ans
dem niemand, der einmal bent)>Ktür/t, entrinnen kjinn.*"
In den Bilderschriften <li-ückt »ich diese Idee, dafs
die Sünde die güttlicbu Strafe in sieb birgt und nahezu
damit identisch ist, in höchst mcrkwQnliger Wei^e an.».
I>or strafende Blitz Tlaloca wird ini Fodex Vatiraims B
(23. 44, 4.^. 4G, 48) genau so wie der t'uitlatlatreifrn
gezeichnet, der aus dem Hintern dos Sünders borvor-
kommt, und ilie vornehmato Waffe dur Götter, di« kos-
mischen Kleroeut« Wasser und Feuer (atl tlacUinolü),
mit denen sie Krieg, Krankheit und Hungersnot auf die
Menschen schleudern, imitieren zugleich den Urin und
den menschlichen Kot (cuitlnth. IHeses wdrd dadurch
ausgedrückt, «laf.-* der Wasserstrom an tlen Ausläufern
mit cuitlati besetzt ist, und da» Feuer zuweilen von der
Barstellnng des Ackers, der Krdc, aufateigt, oder durch
dürres Kraut gleich Unrat ersetzt ist Die Knie wird
nämlich auch als Schmutz betrachtet. Zum Zeichen der
Frömmigkeit führte mau etwas Erde zum Munde, wenn
man in die Nähe von Götterbildern kam, um sich als
Sünder zu bekennen. E» ist dieselbe Idee, die im Essen
von cuitlati liegt. In der Ziisnoimetistellung des frucht-
baren .\ckers mit der Sünde aber haben wir dieselbe
Gedankenverbindung wie in der fruchtbringenden und
zugleich »ÜmUgeudeti Göttermatter Teteoinnan.
Wfthruud diu Strafe der Sünde, obwohl in ihr liegeml,
von (len Göttern kommt, i-st die sündige .Vnlage, d. h. sein
Geschick, „dem Menschen vor Beginn der Welt“ gegel>on
und Kein Geburtstag, sei?i /eichen, offenbart es. Sein Zei-
chen, gegen da» er fromm ist. damit es ihn begünstigt, ist
aber nichts anderes als der Gott, dur Patron desselben. Be-
kanntlich tragen die
Götter sehr oft den
ihnen geweihten Tag
ab Namon, wie der
Sonnengott „naul
olin“, der Morgen-
stern „ce acatl“, der
Gott der Gelage „oroo
acatl“ (Omacatl), die
(iöttin des Feuers
„chicuuaui itzcuintli“
U..O. w., und an vielen
Stellen der Bilder-
schriften bezeichnet
der Tag den Gott.
Nun iet die gewöhn-
liche Auffassung, das
Schicksal einfach als
Ausflufe des Tages,
d. h. des Gottes zu
betrachten. Die Fol-
gerung ist also, dafs
der Gott das Geschick
und, da es die Folge
der Sünde ist, diese
selbst schickt IHis i»t
auch ganz selbstver-
ständlich. Denn wenn
die Frauen, die in der
Woche Xocbiquetal
geboren werden. Dir-
nen wenlen '^), so hat
das natürlich die Göt-
tin veraiilafst. Wenn
diu au dem Tage
ome tochtli Gebore-
nen Trunkenbolde wenieii. so haben das die pQl()ue>
götter verschuldet, denn ihnen iüt der Tag geweiht.
Aufserdem wird es rdine weiteres eialeurbien. «IbIh der
Pid(]ue seihst, d. h. sein göttlicher Patron, diu Meti-
scheu zur Sünde verführt. Wer denn sonst? Deshalb
darf man -sich nicht darüber wundem, dal» mau von
der Erdgöttiu Teteoinnan .»agte, eie verreibe die ge-
schlechtlichen Sünden, wenn man ihr beichtet, Hie habe
aber auch die Macht, zu sündhafter Taube anziireizen '*’*).
In den Bilderschriften ist diu Vorführung zur Sündu u. a.
HO auKgedrürkt, dab Göttinnon den Munschon »äugen ^).
'*) Näheres bui Preuf». Mitieilg. «1. Aiithrup. Ges. Wien,
XXXIII, S. -ija, Durs. Zuitschr. f. Eihnulogie,
XXXII. 8. llOf., 13«l,
**) t’ode.x Tulleriam» Hcmen«i«, Bl. 22,2.
Bnliaguii, B, 1, (', 12.
**) Nähere» bei PreufH. Mitteilgn. <1, Authrup. (*c*- Wien,
XXXIII, S, 202 f., 215,
Ahh. 4. Die Erüijüttiu Couallicue. .«lic mit dem 8<'hlangenrock“, auf
der Hintersoite des PuUjuet'efäbes der KiHmekschen Sammlung nach
Svler, Annalen de»K.K. naturhistorischen Hofrouseuros XVII. Taf. XI.
DigiiLid d 'oo^lc
272
R. Tb. rreur«: Die Sünde in der mexikanischen Religion.
Wie OS möglich den Göttern gleiehzeitig Verführung
zur Sünde, ihre Bestrafung und Verzeihung zuziischroibeii,
und sie .«elb«t für Sünder zu halten, das i^t vorher ge-
nügend anneinandergesetzt.
Welche Gottheiten in den Hildermchriften durch Syiii-
l>ol« vou Kot, durch Urinieren, durch Ileransetzen he-
denisamer TageHZeichen an den renia und die Vulva als
Sünder gekennzeichnet sind, und wie die«»e Sündhaftig-
keit sich mil ihrer allgemeinen Natur verträgt, das ist
an anderer Stelle erörtert worden*''^). liier >oUte nur
der Begriff der Sünde im /ueamntenhang erklärt wenlen,
um ein Verständnis für daa durch die Bilderschriften ge-
liaferte Thatsacheniiiiiterial zu gewinnen. Hin Punkt je-
doch, der dort nicht genügend herncksirbiigt ist, mag
noch erörtert werden, das ist dir Bezeichnung der Sünde
durch die Nacktheit.
Da die mexikani-
schen Bilderechrif-
ten sehr dezent
sind, EiO ist os schon
an und für sich für
die AuffasHung aD
Sünde bedeutsam,
wenn Gottheiten
zuweilen nackt, die
männlichen sogar
ohne die unerläfs-
licbe SchambiDde
gezeichnet werden,
wie u. a. Macuil-
xoefaiti, Teteoin-
uau , Xocbii|ue-
tzal , Mixcouatl als
Morgenstern , Tla-
loc und in Vertre-
tung des Mixcouatl
ein Huaxteke, einer
von dem Volk, das
wegen seiner l'n-
sittlichkeit ver-
schrieen war. Die
genannten Götter
sind aber gerade
diejenigen, denen
man am ersten Be-
ziehungen zu der
Sünde Qaohwuiseu
kann. Dazu sind
die Sünder , die
Gcfuugeoeu, die
Opfer, die Herahstürzen<lrn (das Symbol der bestruften
Sünde) meistens, aber nicht aus.-chliefslich nackt dar-
gesteilt. Nun sagt der Priester zu dm» Sünder, der
hrichtm konimt^D- nHüte dich davor, in den Ab-
grund berabzuetürzen . . indem du in Gegenwart un-
seres Hem» lüg.st, entkleide «lieh (desnudate), wirf von
dir alle deine Srhändlirbkeiten in Gegenwart niiKeres
Herrn.“ Desgleichen heifst es in der Interpretation des
Codex 'rplleriaiu) Remuiiais (Bl. IH, 2): ,.Dit‘ Dirnen und
Kbebrecberiniien gingen, wenn sie ihrer Sünde letlig sein
woUteu. in der Nnchl ganz allein um! nackt ohne Ih*-
kleidung (<le.Hnudas eii pelo) an die Kreuzwege, wo diese
Hexen (die eiua(eteo), wie uian erzälilte, umgingen, und
opferte!» dort ihre Höcke, und indem sie ihre Kleidung, die
'■ie trugen, hingaben, liefsen sie sie da. und da» war das |
Zeiehiui. «lafs sie <lje Nijtfle daliefseu.'“ Bezieht sicli das
•"> KtHMida. H, ly.Tf., l«Tf. u. *. w.
**) Sahagun. Ü. l, 12.
Forlwerfen der Kleider symbolisch auf das Kntfemen der
Sünden, so ist das doch in Verbindung mit den erwähn-
ten Darstellungon der Bildcrschrifteu aufgefafst sekundär.
Die Deichte beruht darauf, dafs man ut»tor allen l'u»-
«tänden alle Sünden bekennt, d. b. als vollkommener
Sünder, al.so gänzlich nackt da.stebt. Auf die rückbalt'
lose Aufzählung der Sün<leii wird stets das gröfste (»e-
wiebt gelegt. Der Sünden ledig winl man aber erst
i»ach Vollzug iler vom Priester auferlegteu Bufjo». Ite»-
halb konnte das .\blegeii der Kleider vor den (.'tuateleo
an den Kreuzwegen, obwohl hier vielleicht eine nach-
folgende Bufse nicht mehr nötig war, nicht direkt, son-
dern i»ur sekundär da^ Dalassen der Sünde bedeuten,
da.s zufällig mit den» Ablegen der Kleider zusammenfiel.
Iin Codex lk>rgia (53, 54) sind nun auch ilie Götter-
gestalten sämtlich
nackt dargestellt.
die in Vertretung
der Menschheit von
dem Speero, d. h.
vou den üblen Kin-
ilüsacn des Morgen-
sterns getroffen
werden. Bekannt-
lich bedeuten die
fünf Diirstelliingeii
To<l bezw. Krank-
heiten der „alten
Frauen und Män-
ner“, der „Könige“,
der „Jünglinge und
,Iungfrauen“,l)urre
und Regenlosigkeit,
also HuugercDOt.
Die sich scharf von
den sonstigen Ge-
stalten der Götter
ahhubende Xackl-
lioit würde dem-
nach bedeuten: Der
von (fOtt, hier also
von dem Morgen-
stern, Getroffene
ist ein Sünder.
Dieselbe Idee ha-
ben wir beiden von
den Waffen Tlalooa
getroffenen nackten
hlrdgottinnen Co-
dex Borgia 2d.
Wie wlir diese KrwHgnngeu über die Bedeutung der
Süu<le z»»m VeiHtänilnis <ler Bilderschriften notwendig
sind, ersehen wir, abgesehen von allen angeführten Bei-
spielen, an den kürzlich vpröftentlichten Reliefdarstellun-
gen eines ühoi-aus intcrcasarit4*ii PuhjuegefäfHCs
(Ahb.2ii u.h). Ohne diese Ideen würde der Zusammenhang
uuveretäudJich bleiben. Dicht unter dem vertretenden
Kopf der Voirierseite (.\bb. 2 r>, der das zwölfte Tages-
zeiehen inalinalli und dadurch zugleich seinen Patron,
den Pnlfjuegott Patecatl, darstclit, ist der weit aufge-
sperrte und bintei» übergebogene Rachen <le.s Erduuge-
heuers gezeichnet, dessen Körper sich auf der Unterseite
fortM'tzt. Die ganze Gestalt ejitspricbt unserer Abb. 3 aus
dem (’«idex Borbonicua. die ebenfalls dem Beschauer die
Rückseite /iigekehrt und den Kopf weit ziirückgebogen
hal. Auch die Abb. i, welche die llii»terseite des Pulcjue-
Dris PulqiiMgefäfs ilev Hilimeksclien Sammlung,
Ameilen >les k. k. NattirlöstoriNcLen Hi>fmu»eanis, XVU.
Alü». 5. Die Krdgotlheii »nil zurückgetteugtem Kui»f und clem Opfvcme.saer
im Munde, auf dur rnterseite einer t»pferschale (ijuaulixicalli) nach Jesus
Kanchez, Anale« del Museo Sacional de Mexie<* III, p. »yw.
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273
M. Lehmaiiii'Filhea: laläudiHohe Futterkrüuier.
gefüfHi«!« eiimimmt (v^l Aiib. 2 b), stellt din Krde in Ge^telt I
der Krdguttiii ('ouatlicue dar, der Göttin „mit dem
Schlau^eurock**, den wir in der Abbildunji; »oben können.
Der Kopf mit ReitudiloMem Kiefer, aber meuechlicben
Zügen und dem wirren Huur der Todi»ig<utter iat wie-
derum weit zurüokgebogeu , da die Göttin ulienfHlle dem
lleschauer den Kücken zukebrt, der Mund ota'ai« geöffnet,
so daf» die Zmige hervorsiebt. Die Gestalt hat Jaguar-
pranken, da dm Knie als Jaguar gedacht ist, über dem
Kücken hangt tief das Symlad der Puhjuegötter herab.
Diisse Krdguttiii eutaprichi in der gauzeii naitung iinaercr
Abb. 5, nur dafs aus ihrem Munde, ebenso wie aus dem
Rachen des Kngebeuurs Abb. 3 ein OpfurmeNser heraiis-
kommt, während .Aldi. 4 ein solches in jeder Pranke
hält. Merkwürdigerweise wird .Abb. 5 steh» mit dem
Kopf nach unten dargentelit, indem man an den Todes*
gutt 'l'zonteuiuc, nden mit dem Kopf voran herabstürzeii-
deu*^ denkt. Nun ist aber durch unsere Abb. 3, die nicht
nur im Kodex Korbonicus, sondern elamso wie .Abb. 5
auf der Unterseite von (tpferblutechuleu vorkommt, be-
wiesen, dafs der Kopf nach oben zu richten ist. Und
das geht auch aus der Stellung unserer Abb. 4 hervor,
die durch das aufrt*cht stehende Puh|uegefftfs vorge-
schrieben ist®*). Durch Vergleich der .Abb. 3, 4 u. ö
ergiebt sich demnach auch mit Sicherheit, dafs der Kopf
in 5 nicht abgosebniiteu und hinten hurabhüngend ge-
dacht worden ist, sondern nur, wie erwähnt, zurück- ‘
gebogen ist.
Was bedeuten mm diese Krdgestalten, deren Kacben
teils geöffnet ist, teils ein Opferme.sser enthiiiteu? Der
Krdi'Hcheii bezeichnet in den Ilitdersehriften stets die
Kichtung nach unten, das llinabstürzen in den Todes-
rachen, und häufig ist der bestrafte Sünder in einen sol-
chen Hachen hinabstärzeud gezeichnet. Auf der Unter-
seite der 0]iferbiutscbnleii entspricht die Gestalt dem
auf der Ober- bezw. Inneuseite dargestuUUui Sonnenbilde.
.Sonne-Erdrucheii“ ist ebenfiills nicht» weiter als der
Ausdruck dafür, dafs die (ieopferten, die Sünder, hemh-
stilrzen. Statt Soniie-Finlracben setzen die Mexikaner
einfacher, aber in demselben Sinne eine runde Sebeib«,
die eine halbe Sonne iiud in der andern H&lfte das Dun-
kel der Nacht mit seinen Augensternen enthält *'*)* und
dieae Darstellung aebeii wir über dem Kopf auf dem
Puhjuegefäfs. Noch ein Symbol des Herabstürzens fimlen
wir auf dem KeilH» des Krdungeheners auf der Knter-
aeite des Puh|UegefäfseH, also für uns nicht mehr sicht-
bar, das ist das Zeichen oUn
**) Kbonsoxu orieuUeren i*t also auch die herabstüneemle \
.Krdkh^te* in d«ti Anale« d«l Museo Nacionnl de 3texiro, I
(A. Chaveri»), veigl. dagegen Suler, ('odex Valicanus, Nr. .1773,
S. UZ. Abb. 347.
•*) I'reiifs, MitteiJ. d. Anthrop. de». Wie«. XNXllI, H. 17S f.
•^) Kbcoda. XXXllI, S. 178. f., 180 . Die Krklitrung de« Hyni-
Isds „Sonne-Nacht“ als Darsteiluiig der Dämmerung und des
Olirizeicheii» nls Svmbol de« Krdbebens «'ürde hier inhalts-
leer und aurBciilem von vornherein sehnerlich rh-htlg M-in.
Isländische Putterkriiitrr.
Im vorigen Jahre war e« mir vi-rgöimt, auf die „Flora
Island«* von 8t«fän SteMusson. feihrer an der UeaDchul« zu
Mödruvellir, aufmerksam zu machen- Jetzt liegt mir unter
einer .Anzahl butanüichor Sebriften deasellieti Vorfatser« ein
kicine» Heftchen vor, ein 8uparatabdruek aus „Kuna^arril“
(l^andwirtachaftliche Zeitschrift), 16. Jahrgang. S. HeD.
Keykjavik 180‘i. Ks betitelt «ich; •Um islenzkar fö^ur-og
beitijortir* (,(U)or isländische Futter* und Wddokräuter*).
Der Verfasser spricht zuerst von der Krnährung der PHaiizon
tm allgemeinen und darauf von dem Nahrung'swert, den sie
als Viehfntter haben. Die iBiätidischa I.andwirtschaft l>efltebt
fast ausschUerslich tu Viehzucht; diese zu heben, mufs daher
I IHe Häufung der Symbole des Herahntürzent' auf dem
Puli{uegefäf>, nämlirh die l>eiden Krduiigeheuer mit nach
oben gewandtem empfangendem KhcIiou, das Symbol
^Sonno-Nuchi*' und das (Hin-Zeichen haben mm die Be-
deutung, daf» der Pulquu da« schrwcklicbc, Unglück ver-
licifseude, weltliche Todesstrafe und wirUuhuftUebu und
geietige Zerrüttung herbeifillireude Getränk ist. „Sieber
würdest du nicht Hterben, wenn du das Trinken lassen
würtlest**, ^agt der König in seiner Kede. die Trunksucht
vor Augen führend*®). I>er Puhpie ist also direkt ein
Symbol des Todes, und den Tod atmet in jeder fJnzel-
heit du*4 Küimukschu Puhjuegeräfs. Deshalb sind auch
in den Büder«chrifteii die Krieger beim Pulquegott al»
Opfer anzuschpii. llaHistuurHO zu verstehen: derPulque
ist nicht die Unsache des Opfertodes, aber für ihn symp-
tomatineb. Opfertod und gewöhnlicher Tod sind in den
Augen der Mexikaner einander in der übergeordneten
Idee der Vernichtung so verwandt, daf» man die tod-
briugundu Ik'deutung auch auf den Opfertod ausclehnte.
Daraus er»i hat sich die Idee entwickelt, dafs derPuh|ue
das Getränk der Krieger sei. An und für sich wt die.ner
Gedanke eine ganz oberffäcbliche Verknüpfung des
Pulijue mit dem Krieger, die nichts zur KrkUrung bei-
trägt., und auch nicht durch die Sitte, da(> die Krieger
trinken dürfen, bestätigt wird. Die Krieger durften ihn
am Fest der Pulquegötter, am Tage ome tocbtli, trinken,
‘ „weil sie eines Ta|i^s Gefangene der Feinde sein . . .
oder au« der Mitte ihrer Feinde (refangetie heinibringon
würden“®^), d. h. selbst den Opfertod «terben oder an-
dere zum Opfertode herbeiechleppeu würden. Deshalb
gab man auch dem schon auf dem runden Stein (tema-
lacatl) stehenden Xipeopfer Pulque zu trinken, bevor er
den auii«ichtelo«en Zweikampf begann d. h. man weihte
ihn dem To«le. 8o kann man das Symbol „atl Üachinolli,
Wasser und Fimer“ , das man, und zwar letztere»
in Gestalt euies Schmetterling», zu beiden Seiten der
Abb. 4 au» dem Kachen der blauen Schlange, de» Xiuh-
coatl, herauskommen «lebt, entweder im allgemeinen als
die Verderben bringenden Waffen de» F'euergotte» an-
seben, womit er alles Uiigeuiuch, also auch die Folgen
de» Pulque, auf die Men.schen »chleudert, oder al» Sym-
bol de» Kriege», was e» meistenteiU ist, d. h. als eine
beKtiunnte Art des zum Tode führenden Unglücks.
Denn e« wird zw'ar an wenigen Stellen gesagl , dafs Uelage
in der Nacht »tatlfamlen, iiehenhei wird dort auch derPulipie
genannt. Dagegen wird bei den Feiern der Pulquegötter
und der Pulquefeier nicht« vor der Nacht erzählt. Dazu
1 tritt die innere UnwabrHCheinHchkeit, daf« mau „Honne- Nacht*
für Nacht setzen sollte, während man die Nacht sonst aiulor»
darstellt Ihn» Oiluzeichen kommt nur In bistorlAchen Bilder-
ikchrifian und auch da uie allein wie au unserer Stelle ah
Synihd do* EnlWbtm* v»ir.
••) Kfihagun, B. VI, 14.
•') Krthagun. B. IV. V. y
**) Kahaguriiii«.. B. II, h-l Svler. Veröffentlichungen
VI. S. 178.
das eifrigste Be-strehen der isläiMliNcheii Ijandwii-te »ein. Zweck*
enkspn^ciiende Fütterung, als*» auch genaue Keuntni» der
Futterpflanzen sind dazu unerlärslich. Aus versvhiwleneu
Gründen kann mau aber derartige Kenntnisse nicht vom
Auslande übernehmen und verwerten; sind doch in Island
viele Futterkriluter häutig und darum wichtig, die in anderen
Ländern selten vorkomuieu, unterscheiden sich aber auch bei
gleicher HHiiAgkcit infolge besonderer Lebenstediiigangen
von den ausländischen Verwandten an Nährwert. Dazu kommt,
dar» in Island da.» Vieh aus uralter Gewohnheit manche PHan-
zeu begierig verzehrt, die im Auslaculc von den Tieren ver-
schmäht worden. Fh kann als*» nur ein apezielles BtuiUimi
der isländischen FutterpÜanzuo zum Ziele führen.
Kine umfangreichere Bchrift, die der Verfasser zmaimmen
r
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274
Kleine Nachrichten.
mit H. G. Südcrliaum in fräu Kr>n};l- Lan«it>
bruk-* Akademien* KxperinienUlfÄlt* No. 7« (Htockholm 190*2)
veriSffeiitlicht. betiUOt: ,I*lÄmiska foder- och belestvftxter*,
imhundelt die*en GefzrQttand streng wi«*en*clmftlich and
giebt geiiAUA rhemi'^'h« Analysen iolllndiiiclier Fnttorkrftuter.
in dem kleinen, |M>)mlär gehaltenen ielAnd iaehvn Kehrift-
rheu dagegen, da* uns hi«*r beachnftigt. folgt jetzt nur rin«*
i'bersicht iiber diejenigen PHanz^'u, die in Island auf VTeide-
|dätzen und Heiiuiesen die häudgsten sind, also die wichtig*
Hten Hestandteiie in der Nalirung der Tiere bilden. Gar
ntanche demelbeu diii-ften in l>euUchland nicht unbedingt
nis Viehfutter angeteben a*erden.
Der VerfHSHer teilt die Futterpdanzen ein in krautige und
holzige Pdanzen. Zunächst sagt er vun den Grdsern, Gra*
uiiueae, die unter den krautigen die erste Stolle einnehmon.
dnfs rie «Ion wichtigsten Bestandteil der Yiebimhrung bilden.
Kinxetnu Gnisarton führt er nicht an. denn die Benennung
.ti't^ugresi* (von la^n =: Dtingor) lie/eicUnet nur du* auf dem
gedüngten, das Geh<~«ft umgebenden Grusfeid«, «lem •tün'^ ge*
wachsen«* Gras, wie auch ,%'uillendiithcy* das lleu von ir«x;ke-
nen Flächen und ik'rgabhängeu (veütr) und „ui<'>hcy*. «las
lieu von Htimpfuieseii. Nächst d4jD eigentlichen Gräsern
Htni die gHalbgräser* ibiUfgrus). die CyperaCeae, die wich*
tigsten. süuohl was ihre Menge nie was ihre Nährkrafi iw*
trifft; mehr als die Hälfte alles .Aufsenheu*' (üthey) tXHtvht
daraus. Aufgefnbrt sind: Carex cryptorar^Ki und rtwtrata.
Kriphorum polystachium, Klyna Bellardi. Diesem letztere (ist
„l^iirsAokegg'' =: Bie«M»ubart) öliorziebt alle smnpligen \Vies«n
mit eiuein braunen ächimmor. wächst aber auch io tnicke-
nem Lande. K« ist Ki>miner und ^Vinter gut zur Weide für
pfei*de und Krhafe. wird aber wenig gemäht. Sodann sind
noch die Siunten (Juncaceae) erwähnt, wenn auch nicht als
ganz SU nüulich. <lav«>n •luncu.s (rifldus. J. baliicus und J.
lUif«»nnis.
Von sonsGgen krautigen Pflanze« nennt der Verf»sj<er:
Trifolium repens, Vicia eracca, Anlhylli« vuloeraria, Achiliea
miüefulium, Tara.vacum «l ulgare, Leontodmi auctumnalis, Bu-
mez aeeioaa, Polygunum viviparv, AlchemiMa vulgaris, Geum
rivale, t’oaiarum pslustre, die isländische , Wiesennjae* (eng*
jari'is), die in manchen Gt^genden «Gedeihensblntt* fl’rifa*
bla^ka) halfst, weil sie das Gedeihen de* Viehes befönlort
— Mtmyanihes trifoliata, Plantago maritima und Pi. Iance>«-
lata, Galium verum, (k>chlearin offlcinali», ('apaella bur«a
]m*t««ris und ein imar Monokoiy]«*donen: Triglochin palustris
und Tr. maritimsi. Nun frilgeii einige Schachtelhalme als
sehr wertvolle Fultorkrautcr: K«iuii»etum palurtre, K. lim«**
Buiu, K. pratcnac und K. variegaium. Pie SchachtelhHlme
taugen Iwaser fQr ITcrde und ächafe als für Kühe, weshalb
man sic nicht gern auf «lern atün* sieht. d«w<en Krtrag für
die Kühe bestimmt ist; das Hchachtelhalmheu lieträgt jähr-
lich in Island viele tausend Iferdelasten. l>en B*.*srhlur* der
I krautigen Futterpflanzen machen 1'ange und Fl**chten, nätn*
I lich: isländisches M«>ns, Kenntiermuus und Liebem corall<iide*.
Zum isUiiidiscben Viehfutter gehören aufserdem eiuige
HoDgewät'h'^*, die besonders alslh-hnffutter sehr wichtig un«l
hcichgesehätzt sind. Da sind /unachst einige W'eidenarten
zu nennen: Salix lanaia. deren junge, saftige Triebe und
HlätU;r sehr gern gofresseu werden , und Im wogenannten
.Laubheu* (Laufhey^ hervorragend vertreten sind, alsdann
Sniix gtauca und die winzige Salix herbacea. Kiu puar
Kricac«»n: Calluna vulgaris, isläml. beitilyug (Wdde-Kriku),
und Loiseleuria procumbens, sowie zwei Hirkeuarten: Betula
nana und B. (Mlorata, scbliefsen die Beihe.
Vielk'icht ist diese Aufzahlung im stände, Prtanzenfreun-
dcu eine kleino Vorstellung von dem Aussehen i*]äudi’cb**r
Wiesen zu geben, doch werden sie sicher ein BtHlaueni für
die isländischen Wälder enipflnden, die bei solcher B«'hand-
lung natürlich nicht em|M>rwAcbsen können.
M. LehniHiiU'Fithea.
Kleine Nachrichten.
Abdruck nur colt Qtiellcnungub« uMtsttel.
— Forschungen derdeutschen Benue-Tschadsee*
«xpeditiou. Heit etwa Jahresfrist ist eiiiL- vom .Deutschen
Niger-Bvm]e-T*chA<ls**e-Koinil«*e^ au.sgerustcte Expedition in
«len Geldetcn am oberen Benue thäüg, deren Aufgnben g«K>-
grapbiseher und koloninlwirtscliaftliclier Art sind. Nach
längerem AufonUmlt am Benuc und in der ileutscben Htatioii
Garua hat die Expedition in der Zeit vom Hvpteiul«or bis
Dezember v. J. die noch wenig bekaunU'U Gegenden am
«liieren Bvuue und im deutech'franz«öi«i«Khen Gronrgebiet auf-
gesucht und durch ihre Bouten stellenweise unsere Karten
iWreichem können. Au* einem Bericht, der Ende 3Iärz durch
die Kukmiulgeselbchaft veK<iTenUicht worden ist, kann man
Folgendes entnehmen. Von Garua aus in östlicher Kiebtung
inaiwchierend uml zunächst Passarge* Heute von lh93 folgend, i
l)«riibrte die Expedition die grofsen Fulbeurte Be und Adurore. |
worauf sie öaüich dos Passargpitchsn Wegfe südnstwärts nach
itei-Bulia, der Hauptstadt des Sultanats Bubaudjidda, vorging.
Die Von t'echtritz-Pa.’isargeeclie Expedition hatte jene Stadt
***inerzuit nicht envichen können, sondern war bereits in |
Dyirum, einem Vorort von hei-Buba, vom Sultan angegriffen {
und zur Umkehr veranlafst worden: di« neue Bunuo*Tscha«l-
secex|i*tdition dag«»gon fand wid«*r Rrwarton l>eim Sultan gast- |
lieh« Aufnahme. Die Stadt Uei-Buba zählt 4uöU F.juwobm*r,
ist inmitten suiiiptiger Nitrierungen gelegeu un«i durch Wall
und Gralicu Inifestigt. Pi« lierrscheude Klasse sind nHtürlicli
auch hier die Fulbe. lK*r Sultauspalnst . oiu sehr stattliches
Bauwerk, btatcht aus uihlreichen Höfen un«l Hrtusern und
wird von einer 5 bi* Om hoheu Mauer umgelwn. [kr kriege-
rische Sinn de* Buljandjiddavulkee wir«1 gerühmt; die v«ju
UechtrUz-Passargesche Expotlition hatte die«e .Tugend* ja
bereit* erfahren müssen. VonRci-Buha drang dio Expedition
nach <lsteD in da* Gebiet an der dcul*ch'fmnzösi*chcn Grenze
vor, dessen .Heidt-nstämme* furchtsam in die Berge flohen.
Ki« gehören zu den Laka (von Maistre lie*ucbt) un«l Mbene
und sind teils dem Sultan von Bubaudjidda, teils dem von ;
Ngauindere tribniür, d. h. deren Sklavenlieferanten. Ob der
Voiwtof* nach 0«ten bis zur L«'>flersc}i«ii Route geführt hat.
geht Ali* d(*m Bericht nicht hervor, doch scheint es so. Jenas
Gebiet ist ein von tiefen, wenig breituu Tliälem <lurchfurcbt«r<
G«hirgslsud mit zahlreichen reifsendon Flüssen, den Vuell-
armen de* Mao Hhuffl. Piesen nicht unbedeutenden Klufs,
der bei Hei-Buba in den B*‘tiuo mundet, glaubt die Exp«.-di(iou
«nUleckt zu haben; doch ist das nicht gnnz richtig. F.ineti
BennetH'benfluf* .Mao- Tsebubbi“. «lor mit jenuin offenbar
idcntisi'h ist, verzeichnet bereits die Passargescho Karte, auch
iniiis I«!ifler ihn gekreuzt haben. Das Gebirge kulminiert im
Hiewer«^ Ngan-Yango mit zwei riOOm hohen Uranitkup^wo.
Dil* Expedititin zog dann südwestwarts durch völlig neues,
in dem Itericht ulior nicht näher best^briebenes Gebiet nach
NgHiimdt-rc, der .l>eileut«n«lsteti Htadt* Deutsch* Adamaua».
sie zählt 10000 Kitiw«ihner und ist im übrigen genugsam be-
kannt- Auf dem Rückmärsche nach Garua hatte man <>e*
l<5g««nheii, die vor ‘21 Jahren vou Flugei entdeckten (Quellen
des Ik-nuo zti besuchen und die Umgebung aufxunehmen.
Glitte Ikzember traf man in Garua ein. nachdem man auch
seit Ngaumdere sich vielfach an ov>cb nicht begangene W«^ge
gehalten halt«. l>er Ikmue verläuft nach den ErgebnuMu
der Ex]>eilitioii in ><iiinem «ibersten Teil .bedeutend weiter
westlich“, als die Karten angnlien. Mit dieser FmstclSung
wird aber kidnem der älter«‘ii Reisenden zu nahe getreten ;
denn sie bezieht sich allein auf das hy}M>thetiscb eingetragene
Flursatück zwitichen Pyiruni und der tjuelle.
Ans di«Hu*in Bericht gtdit hervor, dafs die Ex|iedition e«
leider v««nuiumt bat, den naben Tuburiwas*«>rweg, die nach
Barth und I/iifler IwsLchende. zur Regenzeit benutzbare Yer-
bin«lung zwischen d«*m Bcmie und dem Ixtgone (Schari), zu
untcr<tich«su. HnlTcntUch geschieht da* noch; denn das Ko-
rnitw wird doch wohl lÄifien Bericht und Kart«, die im
vorigen 8oinm«*r eiwrhienen sind, uml die Krg«>btii«se der Pi»-
ku«si«>n, die sich daran geknüpft hat, der Expe«litiun nach
Garua nachgosandt haben? — (bler sollUr da* nicht geschehen
seinf Die E.\pedition wollte sich nämiieb jetzt nach Nord»*n
w**DdL*n.
Htatistisches aus den Kreisen Thorn und
M arien werde r. Hei einer kriininalstatistischeD Unter-
suchung der Kreise Thoni uud Marieiiwenler vennoehte
B. Blau iAbhaudlg. des Krim.-Sem. der Universität Bertiu.
Neue Folge, ‘2. B<1., 19iiä) ffstzustellen, dafs die Deutschen
im crKtgenauDteii Krci»« minder zahlreich, dafür aber Polen
und Juden *tärk«jr vertruten sind als im Kreise Marien-
werder. .\ls zweiter Untorschio«! ergab sich, dafs hier die
schulpflichtigen Kinder und die im Hiooe des Htrafgesetz-
bu«-h«^ jugcmllichun Personen zahlreicher sind; «lafür waren
im Till irnsc heil Kreise dio Erwachsenen in höherem Orailt*
beteiligt. Pit- 7.ahl der Ehescbliefsungen ist in beiden Krei-
sen etwa die gleich«, zeigt al»«*r in Thum eine starke Ten-
denz zmit Sinken; di« Zahl der (««'bürten i«t el«en«(> wie die
Kleine Naohriohten.
275
ilfr Sterlilichkeit iti Tliorn i^ri>r!«er. l>io Zahl «1er unehelichen
Gehurten ii»t in Marien^enler btrher. Ihiselbei «lel mehr
I.«u(u verheiratet wie iu Tboru. Die KinzelhauHhalte sind
in Marienwerder etwas zahlreicher, dafür werden in Thom
nn.'hr t'inzelhau«bHlte von Männern geführt. Die Ihcbtig-
keit der Jiev&lkerutig ist in Thorn grhrner. Der Thorner
Kreis beherlw’rgt mehr Ktädter; su weit die Hevi'ilkorung hier
alvr auf deut l«ande lebt, drängt aie sich in w'enigen SVuhn*
platzen zuKimmon; in 3luricnwerder wnhtit sie zeniremer.
Die landwirtschaftliche Hevölkernng ist in Marienwerder
zahlreicher, die industrielle, hnndeUreibende und den freien
Berufen obli*^rnile iu Th>»m. I»er Krlrag der liandwirt-
Schaft ist in M»rienwerder ein höherer, oltenso der Vieh-
reichtmn. SpurverhältniKM wie l^teuerergebuisse sind gün-
stiger w’ie in 'rhom.
— D. llanburys weitere Forschungen im nörd-
lichen €anada. Im Globus ist vor längerer Zeit (Bd. 78,
S. 98) von David Haiiburys Forschungen im Westen der
lludsonhai die Kode gewesen. Soibiem hat Hanbury seine
Wanderungen in jenen wenig l>okannte]i und ilufst-rst seiten
Hufgeoiuchten Gegenden Canada« Hetfsig furtgesetxt. Im Fe-
hruarheft des ,(ieogr. Joum.‘ iat kurz von einem Vuierkens-
werteii Vorstof)« die Rede, die ihn im Hominer I90*,i von der
Westküste der Hudsonbai Mb an die l'ferdes Kisuie«’» geführt
hat. Kin Teil der Route ging durch völlig unerforscUles
Land, doch beinerkt Hnriburv . dal's di*-ses mi arm an hervor-
stechenden giHtgraphischun Objekten ist, dafs seine Route
ebeti nur eine Linie sei, die einem kleinen Flussu folge, über
S«>en und über die Wasserscheide gehe und eiuou ebenso
kleinen Fiuf« abwärts zum Ozean führe. Vom Tel»eLikaee
wanderte Hanburv nach dem Peilysce am Backdufs und von
da zur Küste des Kismpere.s, die ein wenig üetlicb vcm der
Ogilenbni (101^ westL D.) erreicht wurde. Hanbury folgte
dann der Küste w-estwärts und fand, dafs die älteren Auf-
nahmen derselben nicht sehr korrekt wäre». So ergab sich
bei einer Durt-hi|u«rutig der Halbinsel Kent, dafs diese nahezu
uiov Insel ist, da sie durch ein«* von der Warreuderbai aus-
gehende Bucht, die ihrer engen Miindung wegen von den
früheren Roisenden nicht geaehen worden war, vom Fest-
lamie fast gänzlich aligeschnitteu wird. AufNcrdem liegt noch
ein Sufswaasers*.-«* an der Wurzel der Ilalbiusal. Hanbury
ging hierauf den- Kupferminotidurs etwa 12.'> km aufw-ärts
und überschritt nach Westen ilie Wnsscrschaidu zum
(irorieu UnretiBee. Da hier die Ijebensmittul knapp wurden,
mufste Uaobury sich beeilen, und da dasT«‘rraiu aufsenlem
schwierig ist. waren sorgfältige Aufnahmen nicht möglich.
Ks liegen dort eine 13 km lange l’ortage und viele kürzere.
l>er Disuialsee der Karten ist nur eine unbe<U>utende Wasser-
Mache . die Huubury ihrer ganzen Längu nach durchzog.
Hanbury hat seinen Rviseweg aufgenommeii und auch häufig
Hi-eirenlh-stimmungen auitgefiihrt : auch hat er cntomulogische,
b«»LaniHclie und geoh>gischR Haumiluugen heimgebracht.
— Kiszeita puren auf dem Velebit (vorläufige Mit-
toiluiig). Ktwa 'iV, km nordwestlich vom Heiligen Ik>rge
(Hveto Bnio, 1763m), der zweithütchsten Sjntze de» Velebit
(Kn«tien), ein Kar. Dinies bat eine ovale Form und
is.t gegen Nonlwesien offen; seine südliche mauerartige Fm-
w'allung erbebt sich bis l6.')8ro und seine Bohle Hegt in einer
Höhe von etwa
Butak bei Fiume. Dr. A. Gavazzi.
— Ist der Mount Kverest mit dem Gaurisankar
identischt AN höchster Gipfel der Krde gilt seit langem der
auf der Grenze von Nepal und Tilwt gelegene Mount Kvercsi,
duiva-n Höhe und Hage auf trigunomelrischem Wege bestimmt
sind, und der seinen Namen zu Khren eine« früheren Chefs der
indischen Laiidesaufnahme führt Ik'stiegon hat ihn niemand,
und auch seinen FuN hat noch niemand erreicht. Die Be-
z.eichnuDg (»aurisankar rührt von Hermann von Hchiagiiit-
weit her. der 186ü den Berg von einem Hügel bei Kiitmattdo
in Nepal sah und jenen Namen von den NejMlesen dafür
erhielt. Hpüter ist die Identität von Gaurisnukur mit Mount
Kverest in Zweifel gezogen worden, so durchOeiierai Walker,
eiu«>u Nachfolger Kverusts an der Bpiizo der indischen
Landeoaufimhme, durch Hudgstm. 01>erst Tanuer, Waddell
und andere, während Kinil Scblugiutweit, der eich dal>ei auf
Briefe des indischen Tibetreiseuden Tschandra Das stützen
konnte, die Feemtellungen mducs Bruders Uei-manu zu halten
suchte (IVi^rm. Mitt. Febr. 1901). Die Gegner der Identi-
tät führten »u», daüi Henminn von Bchlagiutweic von jenen
Hügeln f«ei Katmandu infolge der Krümmung der Krdober-
Häche den Moun iKvi rest gnr nicht halte Hohen können, zumal
zwischen seim-m Stnndpunkl und dem Berge noch andere
Gebirgsketten lägen, und Waddoll nicitite, wenn man für den
Mount Everest sclnm einen einheimischen Namen bal>eti widle,
i»u muss« man nach einem tibetanischen suchen; ergab dafür
den Namen TschoinoLankar an. Neuerdings hats*u sich nun
die Bi-weiso dnfttr gemehrt, daN Hermann von Bchlagiulwcit
recht hatte. Im Märzheft des «Geogr. Joum.* teilt D. W.
Fre<hfleld, der 1899 mit tlarw<KKi und Bella die Olel-tclivr-
well des KHiidschiiulschinga aufnahm , eine v>m dort aus
gt>woiiimno Telepbotographie des Evcrcstinassivs mit, sowie
eine nach Dr. Kurt Boock» Fh<»tognifihie*‘n eutw<>rfenu Bkizze
dessclb*‘i). Die Tel‘iphütA»gr8phie Ht-llas ist von Büduaion her
aufgcnomnieu, von einer Htellu. von der aus der Mount
Everest -(ichtbar sein mufs; Boeck photographierte das Ge-
birge, für deinen Gipfel ihm die Nepah-son den Namen Gau-
risankar uannten, 1898 von den Kakamiiliergeo bei Katmandu,
d. b. von demsellwn Funkte aus, von wo ihn Hermann von
Koblagintweit gesehen batte, also von Büdwesten. Vergleicht
man nun die fioeckschen Abbildungen auf 8. 313 und S17
seino> Ruclts .Durch Indien ins verst-hlcasene Land Nepal*
mit der von Freshfteld mitgeteiltcn Fhotographie, so ergiebt
sich, ilafs die Iteidexi Gebirgsmassen mit ihrem hfAchsleu Gipfel
miteinander identisch »ind. wobei di« Verschiedenheiten in
der Anordnung durch die V«-r«chieilenheit des Hiandpunktes
deutlich loaliiigi und erklärt aiud. IHe Zweifel an der Iden-
tiliit des Gaurisankar und des Moimt Fverest dürfbm somit
«udgüUig als grundlos erw iesen sein, und deshalb ist es auch
nicht mehr nötig, sich nach einem tibcUtiii»cb>‘n Nammi für
den Beix umzviseheii ; das durch Herumnu von Bchlngiutweits
Autorität geheiligte •Gaurisankar* kann uns genügen.
— Dalui, der neue russische Handelshafen am
Stillen Ozean. Das Kwang-Tunggebiet, welches auf
Grund des Vertrages vom IS. März. 1898 auf 2S Jahre an
RufaUnd ver(»acbt«t wurde, liegt zwischen 38* 2u' und 39* 2S'
nördi. Br. und zwischen 138’ ‘Jä' und I4U"S3' t«tl. L. und
stellt ein Areal von 2885 Ouadrotwcmi dar, wobei die 28 be-
wohnten Inseln mit einem .Areal von HH tjuailratwerst mit*
gerechnet sind. Von den zahlreichen Buchten der etwa
SSO km langen Knstenlinie .sind nur zwei zur Einricbtutig
von HafeupliUzen geeignet; die Bucht von Fort Arthur und
diejenige von Ta-Hen-wan. Während die erstore den zur
Aufuabme des ganzen paziflschen Geschwaders bestimmten
gleichnamigen Kriegshafen l»eherbergt, soll in dor Ta-lien-
wanbttclit laut Krlafs vom 30. Juli 1899 ein grorsnrtiger
HandeNlmfen Daini («der Feme*) geschaffen werden. Eine
Reihe natürlicher ITmotända, weiche durch Kunstbauten unter-
stützt «ei'dif» sollet), seheiuen dazu geeignet, dem neuen
ilaD<l«NhafcD, der bis auf weiteres als Freihafen erklärt
wiunle, «ine »nsehnlirbe Stelluug in der Reihe der paziM-
M'hen Hufen zu gewinnen, falls die russische Handelsw eit die
dazu notwendige üntemehmungslust nicht vermissen läfst.
Die Bucht ist tief und geräumig; Schiffe mit 80 Kufs Tief-
gang können noch leicht hier landen, und dem I'infange
nach wäre die Bucht im Stande, die ganze chinesische Han-
detsMoite aufzunehmeu und dazu noch alle fremdländischen
Schiffe, die in den chinesischen Häfen ^ erkehreii. Eine Reihe
von Docks sind bereits im Ihiu und der Ausliau der Stadt
.selbst, für welchen aus der Staatskasse sin Kredit von nicht
weniger als 95 Millionen Hubel gewährt wurde, wird in
raschem Tempo fortgeführt. Dem in Ausführung begriffeuen
Bauplan gemäfs soll der sogen, administrative Teil den Mit-
telpunkt der Stadt bilden; Ki»enl*ahnwerkstfltten , Werften,
sowie Hotels, Bohuien, Kirchen. Klubs u. s. w. soUen die brei-
ten. vtiu elektrischem Licht beleuchteten und von elektri-
schen Strnfswnbahiien lielebten Btrafsen einrahmen. An
dicMC-u Btadtteil schHefst sich die sogen. UandeUstadt an, und
dann folgt gegen die Hügelkette . von welcher sich «ine
prächtige Aussicht auf die Bucht eröffnet, die eigentlichu
Kurupäerstadt. Auch für Sommerfrischler und Bmler ist ein
etwas al>geiBgeiicr , malerischer Küateuslndfen in Aussicht
genommen. Die Stadt zählt gegenwärtig 50000 Einwohner,
darunter etwa 23000 Kuli«, aufsenlem viele Japaner, Koie-
aner u. ä. IHe Niederlassung ist den Angehörigen aller
Nationen ohne weiteres gestattet , ebenm» das Rvcbt der Kr-
Werbung von Bauplätzen, welche in dem Mufse der Fctiig-
Ktellung der Btrafse» zu etvta 4 Mk. pro Quadratmeter nl«
gegeben wenlen. I>och dürfen in die Htadtverwaltnng von
JapHitern und (.'hiDCSA-u nur je ein Vertreter gewählt w-rnlen,
wotlurcb das de jure allen Steuerzahlern gewahrte Wahln-chi
eine Kinschränkung erleidet. AlKtr diil>ei ist noch tUe Wasser-
Versorgung, die Buleuchtiiug und das 8traf»enbalinwe>;eu der
Kompetenz de« Siadtrutes entzogen, und diese Dinge unter-
stehen direkt <lur Administratiunsbehörde. Der Verkehr mit
den näcb«Giegcmlen Hiifrn Port .\rthur und Tschi-fu wird
durch die Dampfer der ostcbine«i<chen Bahn unterhalteti,
regeimärsige Schiffskurse nach Nagasaki mit .Vusehlurs an
die Petersburger hch?iellzüge sind in Aussicht genommen.
276
KI«ine Naehriohten.
Ülier dii» kümatixchen Verbültniue IAf»t xinh %'orIAadg (nuf df>n afldlic)i«n 0«>bi«tpn Jenxeit der Donau und der Bare mit
Drund der Beidtachtunj^n vom Jahre 1900) nur weniße« xieh brachte, wahracheiolirh jedoch nur die llomxapfen mit
'»agwn; die mittleren Temperaturen der Jahre^’xeiten waren den Htimheinen, nachdem er da» erl^e Wild am ün »oinr»
im (^iiaimien Jahr: 24* fhr den Sommer. -*■ 9* für den Vi»rkommen« rerle)rt hatte. iHi» Vorkommen im liacxer Ki»-
Merlixt, — 3* für den Winter und + 12* für den Krühlinsj. initat maclit »•» tmn im bfichaton (trade wahr«cheinlich, daf«
Scharfe Temperaturaehwankun^'ii «iid nicht hetdiachtet, der MuffJim in ju-ahUtorischer Zeit auch in den felu^eii (»e-
Krkmnkiin^n (tollen unter den Kurttjjüem relativ iwlten vor- hir^ren de« Bnlkan« gideht haha. Die Au*ichi, dafs der neo-
kouimeii. Die reichlichen Ni&lerwhläge fallen in die S«iminer- lithiarhe Urta.'Hohner der Thit^ka au» dem heotigvn Vater-
moitatc. lande der MufTioriK, au« Komik» oder Sardinien, die gefun-
denen Mufflonroxte mitgelwacbt oder bex»gen hatte, halt
— Kiti Ahkoinnien über die Grenze zwischen dem Yerfaaaer für viel weniger wahrHcheinlicb.
ägv]iti«chen Sudan und Abessinien wurtle am 15. Mai
DM)2 abge«chIo«sca und im Januar 190S publiziert. I>«n In-
halt deseellion, unter Beifügung einer Kartenskizze, (»ringt Die biiinenlüiidliche Wanderung und ihre Rück-
da« Kebruarheft (K. 186) des .Getigraphical .lourtial* von Wirkung auf die rmgangsxprache nach der letzten
1903. Wühr«.*Dd die längst festgesetzte nördliche Be^enzung Volkszählung io Österreich untersucht Fr. v. Meinzingeri
vom Blauen KU bis zur italieniüchen Kolonie Rrvthrea fast (Stat. Monaüischr., 28. Jnhrg., 1902). Bei allen untersuchten
unverändert und die südliche gegen die Galtaläuder vOllig Bezirken gelangt man zu den gleichen Brgebnissen: ent-
uuentflchiedeii geblieben ist, erhielt die nixh unbestimmte scheidend für die Kpraeheiiangab^ der Fremdgebarenen ist
westliche eine möglichst exakte Fixierung. Der Ausgangs- dt« ortsübUclie Sprache des Zuzugsgebietes. Je einheitlicher
punkt dieser Greuzlinie ist ein Punkt am Blauen Nil, etwa« die sprachliche tjualiftkation de« ZuzugsgebietM ist, desto
oberhalb vom Fort Faiuaka im Distrikt Fasogt: von hier stärker tritt die Notwendigkeit auf, sich der I'mgangsapracbe
verläuft sie südwestlich zwischen dem 35. und 34. Intrigen- dieses Gebiete« zu bedienen. Die sprachlichen Veränderungen,
grad bis zum ZuHammenflufs de* Karo mit dem I’ib*jr, welche welche durch die Wandenmg hervorgerufen werden, sind
beide den Oberlauf des ßoljat bilden; sie folgt dann dem daher, aenn verschiedene Zuwanderungscenira verglichen
lMkM.»r aufwärts bi« zur Mündung de» Akob«) uud letzteren werden, nur graduell voiioinander verschieden. F,s giebi
aufwärts l«s Mehle (etwa 40* nordl. Hr.). um beim Hcbnitt- kaum ein (iebiet menschlicher I^cbensäufserungon , wo die
punkte des fl. Breitengrades mit. dem 35. Längengrade (also Massen so sehr entacheiden wie hier. Eine planvoll or|pt
nahe der Büdspitze von Kaffa) zu endigen. (Zum Notbehelf uisierte Einwanderung Iwstiinmtor Sprachangehöriger in rin
vgl. die Flufskartensktzze im 79. Bande des (Tiobus, 8. 380.) bestimmtes Gebiet wäre wohl im stände, derartige sprach
Die urnaich^gt-n uud weit in die Zukunft schauenden Eng- liehe Minoritäten zu erhaUen, die jährlichen zufälligen, fast
länder erwirkten liet dieser Gelegenheit von König .Menelik anonymen Nochschülie müssen unbedingt ihre Spra<'he dei
die ZuKtitumung zu zwei wichtigen Verprlichtungen; ersten« allgemeinen Umgangssprache gegenüber zurnckstellen. Das
in seinem Reiche keine Werke zu errichten, weiche den ükimomiache Problem der .\hwanderung verwaiideU sich dem-
Wasacrzutlufs zum Kobat und Blauen Nil hemmen konnten; nach hier unmittelbar in ein »{irachliches.
z.wciteuf, den etwa projektierten Bau einer Kisenbahu durch
Aliessinicn zu gestatten, welche die Verbindung des Sudan
mit Uganda bezwecken würde. — Das Homerisch« und das heutige Ithaka ver-
gleicht Hugo Michael (Osterprogramm d. Gvinn. Jener, 19021.
Die besprtiehenen Stellen des Ilomerischen Kpos sGmmen
— Den Versuch einer Morphometrie der pyrenäi- darin üt^rein, die Insel au die Stelle zu verlegen, welche das
sehen Halbinsel macht Ignaz lirommerau im i^rogramm heutige Uhakn einuiiuuit; auch die filier ihre ßäwhafFenheit
des Gymiiasjums in (‘illi 1902. Wir eninebtncn der Arbeit, vom Dichter gemachten Angaben vereinigen sich zu einem
dafs dem Volumen nach an erster Stelle daa ilierische Rand- bestimmten, in f**sien Ziigeu gezeichnete Bilde, in dem wir
gehirge zu nennen ist, an zw«ii«*r folgt da« andalusische ohne Schwierigkeit die heutig'* Insel wieilcr erkennen. Homer
System, «lanii die alt- und neukaslilisch« Hochebene. Den bekundet seine guten geographischen KenoiRisse gerade in
fünften Platz uiimnt das Scheidegebirge ein, und erst dann der Wahl der Roiworte uud wirft solche niemals so obenhin
erscheinen die Pyrenäen. E» folgen da» portugiosiache Grenz- hin; er verwendet denn auch für Ithaka einige Kpitheia
gebirge und dl« Siurra Morena mit nahezu gleichem Vo- ganz allein, auf di« Vorfaancr licsonders eingeht. Jedenfalls
Inmen, das asturisch - cantabriache Gebirge, die Monte« kann man das Ergebnis der Untersuchungen dahin ztr
de Toledo, da« Kbruljecken, weiches noch das liaskisch« Ge- sammenfasseii: Allo Angal«n des Liedes über die Lage Ithaka«.
birg« an Volumen übertrifft. Daran reihen «ich der west- über die__Bo»chaffenheit der Insel und die vom Sänger er-
liche Rand de« südlichen Tafellandes, da» Guadalitnivirbeckutt. withiiten Örtlichkeiten khnneii wir. von einigem wenigen durch
da« caUilunische Küstengebirge, das galici»che Bergland und die dichterische Freiheit gerechtfertigten Abänderungen al»-
da« Küsteugebirge von Algarve. Hinsirhllich der mittleren goaehen, ini heutigen Ithaka wiedererkennen. Selb« wenn
Hüh« kommen an erster Stelle die Pyrenäen, dann das iltcri- die auf Leukas veranstalteten Ausgrabungen das Vorhanden
«che Itandgebirge, die beiden Ihichebeneu, da« asturisch-can* sein einer Stadt aus der inykenischen Periule erweisen
tabrische (iebirge, da.» andalusischu System, da« rastilische .sollten, so wird dieser rinstand der kleinen Insel den Jahr-
Hcheidcgebirge, das bnskische Gebirge, das galtcische Berg- tauseixie alten Ruhm, das Vaterland dits Dulders (.Mysseu-
laml, das cataloiiische Kurtcugeblrge, das Kbrolieckcii. der zu «ein. nicht nehineii können.
wostliche Hand de» südlichen Tafellandes, da« Guadalquivir-
tiecken und da» Küstengebirge von Algarve. Diese südwest-
liche Halbinsel Europas ist ein sehr massige» Uobiet, licssen l — Beitrüge zur pfälzischen Mundartforschung
mittler« Fjrbebuug die de« Kcmtinent^ um mehr als 5uüin und Volkxkiind«* liefert Georg Heeger (i,andau, Oitmoa«.
überragt, das also die dop|M*lte iiiittlerH Höhe Kiiro|ia gegen- ’ Pnigrauitii I9U21. Die Tiemaiuen und mit den Tieren in
ülier »ufweist. Wie in ariderer JW.iehung erinnert es auch Verbindung «tobenden Ausdrücke sammelte der Verfasser zu
in dieser Hinsicht au Afrika. ' einem grofsen Teil in der Vorderpfalz. Durch Benutzung
der einschlägigen Mundartlitteratur wurde dio Hammhmg
I möglichst erweitert . »o daf« sie einigermafsen einen Begriff
Linen neuen Beitrag zur früheren Verbreitung : von dem ilie Tiere lietveffenden Sprachgebrauch in der ge*
de» Mufflon« giebt A. Kt»ch (Földtnni Köziöny, 19i>2), zu- «amten Rheinpfalz gieht. Die Tiere werden kla»«enw«ise
gleicb unter Beifügung einer Abbildung di*s gefundenen ! nufgefnhrt. Den Haustieren folgen die wild|el»enden tie-
tlehöms. Der Siiugotierrest entstammte einer prähi>(onsclien I noastm bei den Süugetieren wie Vögeln; Lurche und Kriech-
Lageratjitte bei tkionigh - Monostorsze» im Baczer Komitat. | tieiv bt-schliernen iiiil den Fischen die übrigen Wiilieltiere
Die Muffloureste konimeu in Gt-sellHchaft anderer Ktichen- ! wohl im nächsten Programm. WirlK*llose Tiere «ollen sich
abfälle und von llau»tiem>sten in einer lb»derra*liirlit vor, I an»cbli«rseii, sagenhaft« Tiere einen eigenen Abschnitt bilden,
welche st> zieiiilicli au der ifeck« der alluvialen .\t»lagerungen Das vorliegende Stück reicht nur bi« zum Schluf« der Säuge-
sicli au«broitet; zweifellos gerieten sie durch die Hand de» | liere. Merkwürtlig berührt 'lor rtii«taud, dafs da* Wort
ueoliiliischen Men«<‘hen dorthin. Es erlei«lei ferner keim-n Kaninchen in der Pfalz fehlt; die Fle«!cnnaus beifst S|is.-cV-
Zweifel, daft der I r1>ewohner diese« Wild auf ilem tiebiete mau», unter Flo<1ermau« versteht man den Schmetterling.
der heutigen Baeska nicht erl'ftUtet halwu konnte, da es auf | Von uu«lMudi»chuu Säugetieren tindet man den Affen, den
der durch die grofsen Flu«.se lUiimii, Ti*za, Drave wie Save i" ElefHiiton , das Zi»bel uud den Iz'iwen vertreten; von früher
ilurchströnjten Eliena nicht existieren konnte: m i»t alter ] einheimi»i-ben vermag Verfasser in Redensarten zu bo
leicht itü^iich , daf« er o« von «einen Jagd<>xkiii-sion»’)i au* i richten vom Riir. dem Elen oder KIßiitier und dem Hirsch.
VersBtwortl. Redakteur: II. Singer. Herliu NW. fl, SrlidrUaucnlnmm 2fl. — I>rurk: Frictir. Virweg u. Sohn, BrausM-hweig-
Al
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- und VÖLKERKUNDE.
VEREnnOT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN: ..DAS AUSLAND“ UND ,.AÜS ALLEN WELTTEILEN“.
nERAÜSr.KGEBEN VON* H SINGER L’NTER nESONDERER MITWIRKL^G VON Prof. Dr. RICHARD ANDREE.
VERI-ACf VON FRIEDE. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXXIII. Nr. i8. BRAUNSCHWEIG. 7 Mai 1903.
Nftchdrork &ur uc-li Cb«r«tBk(U)ft «ill 4«r Verla^hABdluni
Ober die Todla von Sfid-Celebes.
Von P. und F. Siirutiin.
MnkAäHiir. Kndo .lanuar 190H.
Sehr f^eehrter Herr Redakteur!
In Ihrer Zeitachnft (Bd. 82, S. 28. 1902) hoben Sie
einen Brief von nn« an Herrn üeheiiiirat Dr. A. B. Meyer
abgedruekt, welcher einige Notiaen über den in den Ge*
birgen von Süd-Celebe.'« von unv aufgefuiidenen mork'
würdigen MenechenHianiui der Toala (übersetzt Wnld-
menerhen) enthalten Lot. Auf unserer ersten Heisu in
dieees Gebiet (II. April bis 8. Mai 1902), welche vor-
nuhmiieb geographiHrh-getdogischen Forschungen gegolten
hotte, haben wir einige Individuen die>«eN StammeM zu
Gesicht bi^koiumen,' weiche in anthropo)ogi!<cher und ergo*
logischer Beziehung einen anderen, und zwar einen niedri-
geren Charakter »Is die Bugiuesen der Küste nuFweisen,
obwohl sie schon sehr merklich von der bugioesiHchen
Kultur (.Äckerbau, Kleidung, Sprache) lieeinflubt erschei-
neu. Diu uns vom Radio von Lainunijotig gemachte An-
gabe, dafs wehr im Innern des Gebirges noch ..ganz
wilde** Toala existierten, haliun wir in jeiiciu Briefe
wiedorgegeben.
Nachdem wir von unserer Reism durch Zentral-CelelieH,
welche durch die grofsartige Beiliülfu des niederländischen
nouTenicments, dem versuchten Widerstande der Kin-
Iffhorencn zum Trotz, glücklich hat dnrehgeführt werden
künnen, zuruckgekehrt waren, erfuhren wir, dals die von
Ihnen ul>cr unseren ToalabrioF gesetzte Aufschrift: «Auf-
fiiidcn der wilden Wttldwenschen im Gebirge von Lamoiit-
jong* eine gewisse Aufregung in den Blättern liurvor-
genifeii hatte, welche zuuiTeil in aggressiven Ausdrücken
gegen uns sich gefiel.
Deshalb, sobald wir alluH geordnet und uns etwas
ausguruht hatten, traten wir um 6. Dezember unsere
zweite Reise zu denToäla an. indem wir von neuem das
Westkeitensystem von Maros nach Lainont|ong durch-
kreuzten und an letzterem Orte, welcher am Ostabfall
des Gebirges gelegen iat, für 16 Tl^;e uns festaetzten.
Die Fxgebnisse, welche wir erhielten, sind in tnickener
Aufzählung, ülmr welche wir hier nicht binausgehen
k«jiincu, die folgenden: Die Todla sind ein von dun Bu-
ginesei) verschiedener, primitiver Menschenstamm von
kleiner Statur, nicht aber, dafs man sie Pygmäen oder
Zwerge nennen dürfte, vielmehr genau von der Durch-
Kchnittshühe der Weddaa (1575 uim, für diu Woddas
butten wir 1576 mm erhalten). Ihr Haur iat wellig, bei
mehreren Individuen zum Krausen neigend, keineswegs
aber ulotrich, vielmehr echt cyrootrirh (weJlhaarig), In
der Hautfarbe sind sie etwas dunkler als die Buginesen,
Okba« LXXXIII. .Nr. 18.
erreichen aber nicht die dunkle Farbe der Weddan. Ihr
Sehädelbau Ut, nach Messungen am liebenden, etwas
länglicher und schmäler als der mehr brachycephale
der Buginesen; Schädel konnten wir trotz aller Be-
mühungen nicht erhalten, weshalb wir auch ülwr die
Kapazität nicht» au.ssagen können. Genauere Reduktionen
der MaGc behufs einer Schätzung der Kapazität wenlen
wir noch ausznfübren haben. Der Körperbau ist grazil,
die Nase breit mit tiefer Wurzel, die Lippen mafsig
dick, Bari besteht auf Oberlippe mid am Kinn. Bei
Betrachtung des beigefilgten Porträta eine« guten Typii.s
(Abb. 1, siebe umstehend) w'ird für dm Kenner der
Weddas diu ÄhnUchkeii eine auffallende sein. (Die Hart-
baare hat sich dieses Individuum wahrscheiuUeh nach
der Sitte der Buginesen ausgezupft.)
Von der Krgologie der Toäla (siehe über diesen Re-
grill unser Weddawerk, Ergebnisse naturwissenschaft-
licher Forschungen auf Ceylon, III, S. 375) iat folgendes
zu sagen: Alle, welche wir zur Uuterauchmig bekamen,
haben mehr oder weniger die buginesisebe Kultur an-
genommen; sie gehen bekleidet wie diese, einige tragen
das Haar geschnitten. Sie bewohnen in überwiegender
Mehrzahl kleine Pfahlhauser, welch« ailenthalben in den
Thälern und auf deiiHöhun des I>aumntjungwatdgebicte»
zerstreut sind, und treilieii .Äckerbau, indem sie vorwie-
gend Mais pflanzen, daneben aber auch andere Kultur-
gewächsp, so ti. a. auch die Kokospalme. Mit grofsen
Grabstöcken bearbeiten aie den Ikalen. In der Nähe
eines jeden Toalahauses aber findet sich eine Höhle,
welche deutliche Spuren früherer Bewubiiung zeigt und
I gewisHermafsen als die Mutter des Haiisw betrachtet
' wenlen darf. In einem mit der .ÄufsenweU nur durch
eine enge Ftdsspali« in Verbindung ge-setzten Felsm-
zirkus unfern vom Orte Ijimontjong aber fainlun wir zu
unserer Überraaebung zwei Höhlen noch jetzt bewohnt,
eine gröfsere, in welcher ein Pfahlgerttst errichtet war,
der zahlreichen Familie zur ständigen Wohnung dienend,
und eine kleinere (bola towa ~ altes Hans), vor welcher
ein auf Pfählen stehender kleiner Vorbau angebracht
war; in diesen inufsien wir gebückt hlneinkrieclien.
worauf wir in den engen, von fünf Menschen bewohnten
Höhleorautn gelangten. Weit hinauf war der Felsen
vom Küchenrauch tief geschwärzt. Man versicherte uns,
ilafs noch vor fünf Jahren viele von den Höhlen des Ge-
bietes bewohnt gewesen seien; aller die Leute waren da
nun alle berauHgezogeii, um Häuser zu bauen; übrigeiiH
habe eine Kpidemie viele hinweggerafit. viele auch seien
nach den Bergen von Malnwa im Nordwesten von l.a-
35
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278
P. u. F. SnraBin: Über die Toäl» von Snd-fiplebei.
montjong entwichen, da sie die Erpressungen den Radja
nicht mehr ausbalten konnten. Wir erfuhren ferner,
dafs kein Toala mehr ausaohlietalich von der Jagd lebe,
was auch gar nicht möglich sein wärde, da die Hiigineseu
das Wild fast g&nslieh ausgerottet haben. Früher aber
verhielt sich diese Sache anders, wie wir unten berichten
werden. Oegenwürtig kommen somit im (iebiete von
Lamontjong nur noch Kulturtoiila vor; reine Naturtoala
giebt es dort nicht mehr, um die von uns auf die Wed-
das angewendeteu Ausdrücke auch hier zu gebniuchen.
Es ist möglich, dals im Gebiet Hulobula von Malawii und
in dem Gebirge
des wogen der zahl-
reichen Riubur sehr
verrufenen kleinen
.Staates l>amuru
noch Toala die
Höhlen ohne Pfahl-
gerüst bewohnen,
wie sie dies nach
ihrer Versicherung
auch in Lamontjong
in früherer /eit ge-
than haben, wo sie
unmittelbar auf dem
mit Asche liedeck-
teu Hoden oder auf
hingeHtreiiten lUät-
tern schliefen.
Hie Toula von
Lamontjong sind
mit eingedrongeiien
Kiiginescwt geniischt,
indem huginusisehe
Verbrecher bei ih-
nen /uflacht fin-
den^ ihr Gebiet ist
ein sicheres Asyl
für diese Menschen,
vom König von Hone
als solches aner-
kannt. Hafs diese
S^erbrecher das Ge-
biet nie mehr ver-
lassen, dafür ist der
Hadja von Lamont-
jong haftbar. Trotz
dieser buginesiHchen
Invasion haben wir
noch mehrere gute
Typen von echten
Toalas gefunden und
dieselben photogra-
phiert; auch ihre
Krgolugie, insofern
sie nicht auf Ackerbau Hezug hat, fanden wir sehr wenig
beeinflufst
Hie Toala haben einen Obmann als ihren offiziellen
Vertreter gegenüber dem buginesiseben Ha<ljn von l,a-
montjong, e.s ist der von ihnen so genannte HaUstio.
Dieser hat kleinere Streitigkeiten zu schlichten und ihre
Hesitz- und Rhi'verh<nisse zu überwsebun. Sein Amt
ist erblich, auch in weibliclmr Linie; doch hat in letzte-
rem Fall für die Frau ihr Manu einzutruteu. Wir haben
den Halisäo gesehen, ausgefragt und photographiert. Kr
bewohnt ein sehr kleines, schmutziges Haus in einem
engen Thule im Gebirge; eine nahe Höhle dient ihm noch
jetzt zu gelegentlichem Aufenthalt. Kr war sehr schueh-
iern uns gegenüber, blickte beständig zu Huden, während
wir ihn ausfragten, und kratzte mit einem Hölzchen wie
verlegen in der Fxde; seine Intelligenz schien uns niedrig
zu sein. Wir erfuhren von ihm u. a. folgendes; IHe
Toula lelwn von alters her hier im Gebirge, aber Ver-
brecher von Hone kommen zu ihnen, um Zuflucht zu
suchen. Früher verkehrten sie mit den Huginesen nicht
direkt, sondern triel>en einen geheimen TauschhandeL
indem sie die Taiischware auf einen von Buginesen be-
gangenen Weg legten, worauf der Voröborgebeude sie
an sich nahm und, nach freier Schatzung des Wertes
jener, eigene Tausebware hinlegte. Sie tbaten das, um
nicht gefafst und
zu Sklaven gemacht
zu werden. Jetzt
aber geschieht dies
nicht mehr. Auch
dem Radja von La-
montjong wurden
früher die .\bgal»en
im geheimen, itu
Huukel der Kacht,
vor das Haus gelegt.
Her Hadja bestätigte
uns dos, indem er
sagte, vor etwa 25
Jahren sei es das
letzte Mal vorge-
koiuuieu.
Zählen kann der
Halisäo, aber sicht-
lich mit Mühe, so
auch kennt er den
Wert des Gelde«*.
.Vueh alle anderen,
die wir befragten,
können zählen, mit
Ausnahme eines ein-
zigen, wie wir noch
berichten werden.
Heiraten dürfen sie
nur eine einzige
Frau (hier antwortet
der Haltsäo mit Knt-
schiedenhcil). Sollte
einer zwei Frauen
haben, so nimmt
man ihm eine weg.
„I.ögen thun die
Tonla nicht**, erklärt
orentschieden. Hitb-
stabl kam früher
niemals vor; ^ jetzt
aber, da die frem-
Atib. 1. Ein Toäla. den l<eute herein-
kommen, geschieht
I ea*'. Krieg führen sie nicht untereinander; aber der
König von Hone kann sie zum Kriegsdienst aufrufen.
I Hei Khebrueb wird der Missetliäter von dem beleidigten
' Khemaimc getötet; gemeiner Mord aber kommt nicht
I vor. A'cm Monaten und Tagen hat er keine Kenntnis,
I al>er In-im Pflanzen von Mais und bei ähnlichen ttelegen-
heiten erfragt er von den Huginesen die Glücks- und
Hnglückslage. Ärzte haben sie keine, auch kennt er
nicht den bekannten Raegoianz der Toradjas; dagegen
haben sie ein Musikinsirumuul. Hiesos liefseu wir uns
bringen, es besteht ans drei geglätteten und angekohlten
Holzscheiten, Welche auf die Schenke] gelegt und mit
j Hoizklöppeln aiigeschlagen werden: eine Art Urganielan.
; AU Wulfe dienen merkwürdig rohe Keulen, deren dickes.
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279
F. o. P. Sarasin: Über die Toäla von SAd^Celebei.
gedrehte» Vorderende mit zum Teil meeenrartiggeHcharften
Kiaen«plittem reichlich besteckt ist. Ibese Kenlen dienen
nicht allein zum Schlagen, soudcrii auch /.um Schleudern.
!les(»nders gebraucht mau sie gegen Idebe und UäulK*r;
die meisten sind mit dem Haarbüschel eiues Oschlagenen
geziert. Pfeil und liegen kennen sie gar nicht, erinnern
sich auch nicht, je welche gehabt zu haben, ein Punkt,
worauf vir unten zurüokkommen. Schilde, die dort zum
Waffenbeatand eines jeden Turadjn gehören, kennen sie
80 wenig, dats er über die Frage danach lachen inufste.
Zur Abwehr der Schl&ge dienen ihnen diu Keulen. Auch
das Blasrohr findet keine Verwendung. Si<bmuck tragt
er keinen. Als Ancenei dienen gewisse Illftlter.
Vorzüglich interessant war es uns nun, etwas über
seine religiöeen Vorstellungen zu Temchmen, obechoii
wir un» wenig wertvollen Aufschlufs versprachen, da uns
bekannt war, dafs seit
langer Zeit ein mohamme^
dänischer Geistticher, ein
sogenannter Guru, unter
ihnen thätig ist. Wir haben
den jetzigen kennen ge-
lernt, einen mohammeda-
nischen Biigiiicseu , der
haupts&chliuh die ßogrüb-
niszerenioniecu zu ver-
sehen bat; wir erwarte-
ten also auf Fragen nach
religiösen Vorstellungen
Antworten aus dem mo*
hammoilanischen Kate-
chismus. Zu unserem Fr-
stjiunen aber kam cs an-
der», die .\ntworten fielen
nacb Art der Wuildas auf
die denkbar einfachste
Art aus. Frage: „Wer
hat die Welt unti dun
Himmel gemacht?*' .\nt-
wort: uissaeng“ (ich
weif» es nicht). „Wenn
jemand stirbt, wo geht
seine )^ele hin?" „I>e
uissaeng." „Weifst du,
wer Mohammed ist?" „He
uissaciig." „Opfert ihr
den Hftmonen (Satans)?"
„Ja, Sirib, Reis u. a. m.,
um sie um Regen zu
bitten." «Was stellt ihr
euch unter ihnen vor?“ «Wir wissen nichts von ihnen,
aber wir nehmen einen Mann mit , der etwas davon
versteht, den Ada."
Kachdom wir noch einige weitere Fragen an den
Balisdo gestellt, die wir hier übergehen, liefsi'U wir den
Priester der Toala kommen , eben diesuu d a. Ks ist
ein alter Mann mit groben Gesichlezügeii , au Küsten-
weddas erinnernd, der unweit von l.amoutjong ein Haus
liewnhnt. Sein .\mt ist wie das des IlaUsÄo erblich, und
wie in letzterem Fall kann auch eine Frau Ada werden,
wobei jedoch ihr Mann diese Funktion auszufiben hat. \\ ir
prüften zuerst seine iDtellektuelleii Fähigkeiten und fan-
deu u. a., dafs er zählen konnte; doch sagte er, dafs
oben im Gebirge noch welche lebten, die es nicht könnten.
Höhlen sind seines Wissens keine mehr bewohnt aufser
den beiden v<m uns gesebonen. Über dast>pfer, welches
er den Däiuuueu zu bringen hat, teilte er mit, dats er
mit den opfernden Toala zu einem gewissen Baume gehe,
von dem er denke, daf.s ein Setau darin wohne, und
dafs er vor die-sem das Opfer hinlego, in Feldfrücbten
lind in Fleisch eines .lagdtieres bestehend, welches auf
einer bosimdors zu diesem Zwecke veranstalteten Jagd
erlegt worden ist Bas Opfer geschehe, um eine gute
Krnte zu bekommen. Frage: „Hat dieser Geist einen
Namen?" Antwort: „Ich kenne keinen Namen dieses
Geistes; auch meine Kltern haben mir keinen genannt."
„Hast du den Geist des Baumes je gesehen?" „Kein,
niemals, auch mein Vater hat ihn nie gesehen." „Ge-
braucht ihr für die Geister daa Wort nitu oder unitu?
(eine sowohl l>ei den Toradjäs vonl'elebo» aU auch sonst
weit herum iin Archipel verbreitete Bezeichnung). „Ich
kenne es nicht." „Wer bat die Welt und den Himmel
gemacht?" „Bc uUsaung." „Was wird aus der Seele
nach dem Tode?“ „l>e uissaeng." „Was ist Moham-
med?'* „leb habe von ihm reden hören, aller ich kenne
ihn nicht." Benjenigen,
welcher mit dom Verhalten
der Weddas solchen Fra-
gen gegenüber vertraut
ist, wird die Übereinstim-
mung in Verwunderung
setzen. W io ilmlich klingt
die Antwort, welche ein
Wedda auf die Frage gab,
wer Buddha sei: „Ich habe
ihn nie gesehen" (iiuser
Weddawerk, .S. 500).
Wir geben nur noch
einiges wenige aus einem
iVotokoU wieder, welche»
wir von den Aussagen des
Toiila l^angkaiila aufge-
zeichnet habioi, oinos sehr
scheuen Individuum», da.H
uus schon l>ei unserer
ersten I.amontjong-lleiKe
vom Radja vorge»teIlt wor-
den war. Nicht ohne
Mühe, erst nach acht Tagen
unseres zweiten Anfeiit-
halts, konnten wir ihn
wieder zu sehen liekoiii-
men. Wie wir ihn au»-
fragten, benahm er »ich
HO wie der Balisäo, er »ah
zu Boden und kratzt« mit
einem Hölzchen in der
Erde, ja, er war das erste
Mal »o schüchtern, dafs er
nur mit ganz feiner Stimme .\ntwort gab. Wir erfuhren
zunächst von ihm, dafs er noch vor ungefähr einem
Jahre in einer Höhle gewohnt habe, welche ziemlich weit
im Innern an einem Ort«, den wir besucht haben, gelegen
ist. Bärin habe er kein Pfahlgerüst gehabt, sondern
auf dom Bmlen geschlafen; jetzt aber bewohne er ein
Hau.» unfern von dem des Radja; alle Toäla, welche
früher Höhlen bewohnten, verlassen sie jetzt, alle be-
bauen das Land. „Ganz wilde", also nur von der Jagd
und WaUlfrüchteu lebende, keunt er keine. Frage:
„Benkst du, die Toäla und die Buginoseii seien verschie-
dene .\rten von Menschen?“ Antwort: „Früher waren
es zwei, an einem t)rt die Toäla, am andern die Bugis;
jetzt -sind diese aber hereingekommeii, und »ie vormischon
»ich untereinander." „Lebten früher alle Toäla in Höh-
len?“ „Ja." „Habt ihr Pfahlgerüste in die Höhlen ge-
baut oder auf dem Bmlen geschlafen?" „Wir schliefen
auf dem Boden, wir legten Gras darauf. IHe jetzigen
Gerüste iu dun Höbleu kommeu von den Bugi» her, von
» • !■>.
Stelngerlle ans den Höhlen der Toäla.
Kiwii der itatärl. Urüfsv.
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2 «)
F. u. P. Sarasiu: Ther die Toala von Süd>Celebei.
denen wir auch lernten , Häuser bauen.'* ^Siud die
Toala früher nackt ^e^aiigen?** „Nein, nie truf^cn einen
Sunkeli (Scbamiucb) au.'i weitsem Stoff, dun sie etn-
tauBcbteu.'* Lauf(kaulu tra^t eben Leibgurt, der aus
sehr rohem HastsUiff besteht; wir fragen danach: „Dies
ist der babükeng, um den Hauch einau.Hchnüren, wenn
icb Hunger habe**, ein Hungerriuinen a]M>. Als Waffen
dienen Keulen und zuges|)itxte ItandniHae, von Pfeil und
Uogen, auch vom Hlaarohr hat er nichts gehört. Fuuur
wird durch Reibon von Haiubusstückun anuinandur b«'
reitet, was, wie wir gesehen haben, sie in weniger als
einer halbtm Minute fertig brbgen. Töpfe und hasen
tauschen sie ein. I>ieserMnnn war nicht im stände, ü1>er
eins zu zählen; erlachte, wie wir ihn um die
Zahl seiner F'inger oder von hiugelegten fünf
Kupfermünzen fragten. „Seua, s6ua, seua**,
eins, eins, eins, war immer seine Antwort,
gera<le ko, wie viele Weddas in diesem
Falle sagen: eka, eka, eka (Weddawerk,
S, .^27). Frage: „Habt ihr mehrere Krauen
Antwort: „New, nur eine.** „Was g(‘Kchiuht,
wenn ihr zwei habt?“ „Dann werden wir
von den amieren Toaia angefallcii oder wir
werden gestraft vom Balisäo.“ „Ist Khe-
Ncbeidung möglicb?’* „Her llalisao kann
sobeiden.'* „Sprecht ihr immer die Wulir-
beitV“ Kr antwortet vei'Kcbämt: „Zuweilen
sagen wir auch ebc Lüge'^, gewif» ein
Zeichen grofser Aufrichtigkeit. „Stehlen
die ’loalaV** „Wir wissen nicht, was Steh-
len ist.** „Habt ihr eine Religion?'* „Hu
uissaeug.'* Her dabei sitzende Radja be-
rührte ihn nun mit der Hand und sagte
vorwurfsvoll zu ihm: „Hu glaubst doch an
Allah!“, worauf er verschüchtert lispelte;
„leb glaube.**
Diese paar .Auszüge aus unserem Tage-
buch mögen hier genügen, um darzuüiun,
dafs die Toäla auch in ihrer Krgologiu mit
dun Weddas, deren Kenntnis wir hier vor-
aussetzen müasen, und übttr welche wir auch
auf die neuen Roubachtuugon von Hr. Leo-
pold Rütimejer verweisen ((ilobus,
Ud. 83, S. 201 ff.), in hohem Mntse überein-
stimmen. Sie sind an Intelligenz niedrig,
fremdenscheu , wahrheitsliebend , kennen
nicht Raub und DiebsUhl, leben in Mono-
gamie und haben keine Religion, wenn
man nicht Spuren eines Uaumdienstes als
sulche betmcfateii will. Dagegen haben sie
noch vollstäudig<*r als die Weddas die Kul-
tur ihrer höheren Nachliarn Hugenmiimen,
uUe sind buginisiert, während nur der grufsero
Teil der Weddas singhalisieri oder tamili-
sieri ist; sie dürften also au Intelligenz
etwas höher stehen als die Weddas. Wie
ferner bei den letzteren ihre eigene Sprache voil-
atäudig verloren gegangen ist, so sprechen auch die
Toala alle btiginesiscb. Das hat für den Keuner nichts
.\uffallendes; denn es ist festgestellt worden, dufs unter-
worfene niedere Menschenstämme die Sprache ihrer hö-
heren Unterdrücker verbäUniHmäfsig rasch und voll-
ständig arinehmen , wobei sie ihre eigene vergessen.
So ist OS z. It. bei den Weddas von t'eylon, bei den Pri*
märstfimmen von Vurdorindien, bei den Negritos der
Philippinos der Fall. Darum ist die Linguistik eiu un-
zuverlässiger Führer in anthropologischen Fragen (Wed-
dawerk, S. 576). Dazu kommt, dafs die Toäla au Zahl
aufs äufserste zusumtnengeschmolzeu sind; es gebe, so
sagte man uns, noch gegen hundert Individuen im I^a-
moutlonggebiete. Viele sind ausgestorlien, viele halKjn
das Gebiet verlassen. Früher alter war l^amontjong
nichts anderes als eine grofse Höhlenstadt der Toäla.
Die Weddas haben wir zum Teil noch als ein reines
Jägervolk angetroffcn mit Dogen und Pfeil als Haupt-
gurät; diu Tuälareste dagegen, welche w'ir zu sehen l>e-
kamen, loben alle vom Ackerbau und wissen nichts ntehr
Voll Bogen und Keil. IHcse Lücke vollständig auszu-
füllen, 1>egüustigte uns ein hoher Glucksfall. Den Boden
der von den Toaia früher bewohnten Kalksteinböhlen
nämlich fanden wir mit einer durohschnittlich 0,5 bis
1 m mäclitigen Schicht von Holzasche bedeckt, in welcher
wir solgleich .Ausgrabungen Vornahmen;
diese führten zu folgendem Krgebnis: Schon
ein Ih'cimeter unter derOberRäcbe fand sich
eine Menge von .Tagdtierknochen, zum Teil
dichte Lugen bildend, deren Untersuchung
für die Säugetiergesebiebte von Süd-Colcbes
wichtig werden wird, und mit diesen ver-
mengt ebenfalls in grof.ser Menge grötsere
und kleinere Splitter v<m Feuerstein und
verwandten, dem dortigen tiebiut fremden
GeKtein.'iHrien, teils obtie Form, teils alter,
und zwar überwiegend, zu den für die
palüolithiscbo Steinzeit cfaarakteriKtiKcheii
Messern, Schaliern und Lanzenspitzeii ver-
arbeitet; ferner bildeten einen besonders er-
freuliclieii Fund Pfeilspitzen in gmfser Zahl,
deren Rand durchgehunds mit .Sägezahuen
verNehen Ut; es sind teils gröfsere, teil>
aber ganz kleine, feine Spitzeu, auch diese
letzteren mit zierlich bezäbntt'm Rande; und
neben diesen ge.sägt-randigen fanden wir
solche mit nach hinten auslaufenden Wider-
haken. und diese meist ohne Zähiielung des
Randes. IMu hier beigefügtu Abb. 2 (S. 270)
erspart für jetzt weitere Beschreibung dieser
(iegenstände. Ferner fanden sich doppelt
zugcKpitzte Nmleln aus Holz oder anderem
St<iff in Mehrzahl. Tupfscherben fehlten
in einigen Höhlen ganz, in anderen waren
sie uburnächlich vorhanden, offenbar durch
Tausch erworben, wie auch ein paar von der
Küste stammende Muscheln. In einer Holde
fanden sich unter den zerhackten Knochen
des .lagdtieres die ebenso ziigericbteten Ge-
beine eines menscblichen Skeletts.
Damit ist auf einmal folgendes nach-
gewiuseii: Diu Toäla sind diu AutochtboueO
von C'elobos, die ursprünglichsten Bewohner
der Insel. Sie waren Höblenbowohner und
lebten von der Jagd mit Pfeil und Bogen.
Ihre Jagdgeräte und sonstigen Werkzeuge
gehörten der paläolitbiseken Steinzeit au
Von nuolithischcu oder polierten Stein-
geräten haben wir in keiner der untersuchten Höhlen
auch nur ein einziges Stück gefunden; diu Toäla
kamen als Paläolithiker unmittelbar mit der Kisetizeit
in Berührung, welche ihnen erst im Laufe der letzten
Jahrhunderte von der Küste her durch die Buginesen
entgegengebracht wurde. Kiue, letzte Spur aus der
Steinzeit fiudun wir noch in den merkwürdigen Wurf-
keulen der Toäla. wie wir eine hier abbildeu (Abb. 3).
Sie erscheinen seltsam mit Kisensplittern l>e<leckt. die
offenbar au Stelle der ursprünglichen Feuersteinsplitter
gutruteu sind. Unser hochverehrter Freund, der Gou-
verneur Baron van HoevetI, bat unlängst an einem
anderen Ort von t vlebes. bei Putigkudjeue, einen sehr
Abb. 3.
Kenle der Toäla,
, >lrr nullirl. (iiüfns.
E. KorstemauD: Zu«aniTnctihani? zweier Insohriften vuii Pale&que.
2A1
njerkwürrligen Fand ^etbau: er «ah eine eigene Art von
Humeran^ im Gebrauch, worüWr eine Abltandluiig von
ihm im Inientationulen Archiv für Ktbnologie nichbtens
«nicheinen wird. S>lIUm die.se noch aua der TotilaKeit
atammcn? Aber die von unt> darüber Wfragteu Toalu
wutatcD davon ebenito wenig wie von ihren uroprüng'
liehe» Steingeriten, welche nie gleich ihrer Sprache voU-
«tändig vergessen haben, obachon sie dort zum Teil noch
heutzutage oder wenigstens doch noch unlAngst in den*
aidlKtn Hohlen, auf demaelbmt Asebenboden wohnen,
welcher dicht unter der Oberfläche von den Mteinnrnon
Pfeilspitzen und Mee^icm reichlich durchselzi Ut.
Ide ToaU in Süd-Celebee stehen jedoch nicht allein
da, vielmehr fanden wir auf unseren Reisen in ZenirHl*
Celel>es unter den Sklaven der Toradj,as des Innern und
der Huginesen der Küste Men-'chen von kleiner Statur
und nicMlrigem Tjpua, weiche aus den unbekannten Ge*
birgen von Zentral-rdebes geraubt waren und tinver-
kennl»ar den ToälaHtem{>el au sich trugen. Wir wenlen
8{Ȋter durch die Wtedergalic der von uns uufgenouimeuon
Idchtbilder und unserer Aufzeichnungen diesen Satz be*
weisen. Kine Toidaachicht bildet In ganz Celebes die
primitive Grundlage der Bevölkerung. Pamuf folgten
die Toradjastämme von Zentral-Celebea (vielleicht von
Borneo her), Ober welche wir uns sjiäier äufaeni werden.
endlich die Buginesen, w'clche noch in der Gegenwart,
von Süd-Olebe« ausgehend, an den TerschiedouBton Stellen
der Küste der Insel ihre Kolonioen anlegen. Oahei lasKeu
wir einstweilen die Frage unberührt, ob die Buginesen
(und Makassaren) teilweise aus Toradjastämmen hervor*
gegangen sind oder in ihrer (iesaintheit eine neue In-
vasiunsschicht darztelleu. Vielfache Vermischung mit
den ursprünglichen Toäla, besondora gegen das Gebirge
zu, läfst sich deutlich erkennen. Eine alte, der der To*
radjas entsprechende Besiedelung, wahrscheinlich von
Norden her, bilden die strafihaarigen, mongoloiden Mina*
hazsur.
Durch den Nachweis der Toäla auf Celebes, zu denen
doch güwiCs auch die Kubus auf Sumatra und ähnliche
Formen zu zählen sind, erhält Kollmaiins Anschau-
ung von der aufserordentlich weiten, viuUeieht globalen
Verbreitung kleiner Priiiiärstämme, in Beziehung auf
den indo-australischen Archijwl eine feste Stütze (vergl.
Globus. Bd. 81, S. 325 fl., 1902).
ttbige Aiifziuchnungen mögen als fragmentarischer
Vorbericbi einer Darstellung der Toäla und eines sich
damuschlietsonden nntbropologiscbon Entwurfes von (.'e*
lebvs dienen, welcher in unseren Materialien zur Natur-
geschichte Tun Celebes spätorbiu crBcbeinen soll.
Zusammenhang zweier Inschriften von Palenque.
Von K. Forste mann.
Die Inschriften der beiden Tempel des Kreuzes
(I u. If) und der Sonne zeigen eine sehr groTse ÄbnUch*
keit. Ihre Mitte wird eingenommen von einer heiligen
Handlung, die von einem I'ricster und seinem (tehülfen
vur dem Lcbensbauui oder einem ibn vertretenden Ge-
bilde verrichtet wird; rings um diese Handlung ist eine
Anzahl Hieroglyphen in anscheinend zufälliger Ordnung
verzeichnet. Das rechte und linke Drittel aller drei
Inschriften wird von je vier oder sechs Ilieroglyphen-
kolumnen eingenommen, deren jede aus 16 oder 17
S<-hriftzeicheu besteht.
Ganz besonders grofs aber ist die Ähnlichkeit zwi-
schen den beiden ersten Kolumnen der rechten Seite in
der loocbrift des Kreaztempels II und des Sonnentempels,
worauf ich schon 1899 im Globus, Bd. 76, Nr. 11, S. 178
bis 179 kurz hingedeutet habe, im folgenden aber naher
eingehun will.
Ich schicke noch voraus, dats ich in der Kreuz-
iiiicbrift H die Kolumnen des linken Teiles mit A bis
D, die vereinzelten Hieroglyphen der Mitte mit K bis K,
die Kolumnen des rechten Teiles mit L bis O bezeichne.
Dem entsprechen in der Sonneninsebrift links A bis D,
in der Mitte K bis N, rechts O bis R
Die nähere Übereinstimmang beginnt in beiden In-
schriften schon im linken Drittel, bei der Kreuzinschrift
II in D 14, bei der des Sonnentempels in C 14, also fast
au derselben Stelle. Zwei Zeitpunkte, von denen der
zweite in beiden Inschriften gleich ist, sowie die zwi-
schen beiden liegenden Zeiträume beginnen die Kcilie
dieser Übereinstimmungen, nur mit dem Unterschiede,
dafs im Kreuztempel II Zeitpunkt, Zeitraum, Zeitpunkt
ohne Unterbrechung aufeinander folgen, im Sonnentempel
aber der Zeitraum zuerst steht, dann vier Hieroglyphen
(D 16 bis 0 2) und nun erst die beiden Zeitpunkte folgen.
Ich werde im folgenden jene Inschrift als die erst*', diese
als die zweite bezeichnen.
Den ersten Zeitpunkt der ersten Inschrift (D 14, C 15)
müssen wir der folgenden Rechnung gernäfs so lesen:
1 17, 13j 11 (11 muluc).
1>as würde, den Jahresanfang, wie cs gewöhnlich ge-
schieht, auf den 16. Juli gesetzt, den 13. Februar be-
/.eichneo; der Grund, weshalb dieser Tag gewählt ist.
bleibt uns noch verimrgen; die Wahl des Tages 1 17 ist
dagegen natürlich, da dieser Tag (s. meinen Kommentar
zum Dreadensis, S. 51 bis 52) eine b<>BOudere Bedeutung
ala Anfangspunkt der astronomischen Zeitrechnung hat.
Sehr auffallend ist dagegen, dafs der 11. Uinal durch-
aus nicht mit einem gewöhnlichen Zeichen angegeben
ist; wir finden dafür in C 15 einen Kopf, gewifs den de«
Moan. Dieser aber bezeichnet den dreizehnten 28tägi-
gen Monat, von der Frühlingsnachtgleiche al» Jahres-
anfang gerechnet, und dieser fallt in der That grofsen-
teils mit dem II. UiniU zusaiumun. Ihmi Moan aber
gebührt die Zahl 13; s. Globus. Bd. 65 (1894), S. 246.
Als ersten Zeitraum der ersten Inschrift finden wir
in D15 bis 1)17 die Zahl 1060996 angegeben, die auf
einen in fenier Vergangenheit liegenden Tag hinwuist,
dessen Wahl noch nicht ergründet ist. Dann folgt in
L5f 1 das zweite Datum
1113; 14, 8 (6 kan).
Das würde vom 16. Juli aus auf den 16. Itezember,
also ungefähr auf die Zeit des kürzesten Tages weisen.
Nun ist 1060996 4080 .260 i 196 r= 2906 .
365 .f 306.
Ebenso 117 bis II 13r= 196; 13.11 bis 14,8 = 306.
Das stimmt vortrefflich.
Wir betrachten nun das Entsprechende der zweiten
Inschrift:
(' 14 bis (' 16 die Zahl 1388996, iu den drei lutzien
Ziffern auffallend zu der entsprechenden Zahl der ersten
36
Olobu. LXXXIII. Sr. 1«.
^roogle
282
£. Fnrttemann: ZuHammenbang zweier InRehrifien von Palenque.
ln:>tohrift Atimmond, Ton ihr um 828000 abweichend, in '
ihrer Höbe wahrHcbeinlich auf die Gegenwart, die Knt- '
ateliungszeit der Inschrift weiM:ind. IbeN« Gegenwart I
der Mayalitteratur liegt aber zwischen den Tagen 13&0000
und 1450000.
I) 16 bis 0 2 die oben ei'wähnten vier Hieroglyphen,
in ihrer Bedeutung noch unbekannt, wohl auf die Wich-
tigkeit des nun erst folgenden eraten Zeitpunktes hin-
weisend.
r 2 !)is (> 3 das Hatum IV 17; B, 18 (9 ix) gleich dem
28. Juni, der gtmöhnliche Anfaugt«punki geschtchtUcher
Zuitrccbnuiig.
PS, ein Kopf mit dreieckig gefeilten Zähnen des
Oberkiefers, wie er gewöhnlich (so auch in dieser In-
schrift H6 und f> 14) die Dauer von zwanzig Tagen be-
deutet. Was das Zeichen hier soll, ist mir noch unbe-
kannt.
Op 4, das zweite Datum II 13; 14, 8 (6 kan), genau
dasselbe, wie das zweite der ersten Inschrift.
Die Übereinstimmung zwischen Zeitraum und Zeit-
punkten ergiebt sich so:
138899G — 5342.260+ 76 = 3804.365 + 171.
Kbenso IV 17 bis II 13=76; 8, 18 bis 14, 8= 171.
Nun folgen in der ersten Ingchrift von L2 bis 1.5
sieben, in der zweiten von O 5 bis O 7 fünf Schriftzeicheu.
Davon sind zwei, übrigens einander ähnliche, in beiden
Inschriften gleich, nämlich I. 2 = 0 5 und L3 = 0 6.
Eine Beziehung scheint zu bestolien zwischen M 4
der ersten und P 6 der zweiten Inschrift. .Tenes Zeichen
ist eine liegende Porson, dieses ein kleiner Kopf, worunter
eine Figur, die eiuem Schachbrett ähnelt. Wir finden
l»eide Zeichen einander benachbart bei Maudslay, table
60 .V 9 und B9, sowie K 10 und F 10, iable 61 F 6 und
K7. table 62 115 und A6, table 82 N 10 und 010.
Dagegen wie in unserer Stelle di«> liegende Person allein
in table 61 Kl, table 82 D2, C6, den Kopf mit dem
Schachbrett in table 60 D 12, table 61 N 5. irmt trotz
dieses auffallenden Verbaltons ist die Bedeutung beider
Zeichen noch uiiergründet.
Die übrigen dieser Zeichen lassen keine Beziehung
zwischen beiden Inschriften erkennen, so in der ersten
M 2 (die greifende Hund), M 3 (ganz ungewöhnlich), 1. 4
(ein Götterkopf). L5 (vielleicht der siebente Uinal), in
der zweiten P5 und 0 7, beide auch Honst l>egügnend
und beide in R9 und B 7 wieder nahe aneinander wieder-
kehrend.
Ks folgt nun wieder eine geuaue rboreinstimuiung
Imider luschriftcii, niimlich von M5 LG der ersten und
P 7 0 8 in der zweiten, in dom Datum
HI 14; 15. 8 (6 kau).
Da» ist der unmittelbar auf das oben verzeiebnote
Datum folgende Tag. vielleicht eboiiiui auf das Winter-
Nolstitium hinweisend, vielleiehi als eine Art Schalttag
das rituelle 364-Jahr zum bürgerlichen 365-Jahr cr-
hulicDd.
llierau «chltefHen sich nun neun Schriftzeicheu gegen
elf in der zweiten Inschrift. Da die vorige Gruppe sieben
in der ersten, fünf in der zweiten zählte, so sind cs
zusammen Michzchn in jeder, was vielleicht nicht Zu-
fall ist.
Von diesen Hieroglyphen der zweiten Gruppe stim-
uieii nicht weniger als acht in beiden InM^fariften über-
ein, und zwar in beiden tu dersellmn Reihenfolge:
1, M6 = P8, ein menschlicher GreisenkopF, an-
scheinend mit einer Mütze bedeckt.
2. M 7 T= P 9, ein Götterkopf, im Munde wohl einen
Stein haltend; aus dem Schädel erheben sich Flammen;
dieses Bild ist in den Inschriften von Palenijue nicht
selten, so im lnsohriftentem{>ul ph 62 S9, in der Kreuz-
insebrift 1 T5, in der Krouzinsebrift II K8, iin Sonnen-
UrmjKd auch O 16. Kriimurt das nicht an den Ausbruch
eines Vulkans?
3. L 8 = O 10, ein unbekanntes Zeichen.
4. M8 = PIO, jene Faust, die wir ini InscfariftoD-
temf>et von Palenque so oft am Anfang von scheinbaren
Gobetsfonneln fanden, s, Globus, Bd. 75, S. 78 bis 79
(1899), uud die auch wohl in der Hieroglyphe des Gottes
B verkommt.
5. L 9 = 0 12, Jener Götterkopf mit di‘cieekigeu
Oberzähnen, den wir schon in der zweiten Inschrift P3
erblickten.
6. M 9 (wiederholt in I. 14) = P 12, anscheinend ein
Vogclkopf mit geöffnetem Schnabel, darüber als Sujierfix
dos gewöhnliche tk-ben, also etwa ein 28 tägiger Monat?
7. li 10 = O 13. ein gewöhnliches Zeichen, da*i wohl
die Berührung zweier Zeitperiuden anzolgt, darüber die
Zahl 3.
8. MIO P13, die einen Fisch haltende Hand,
wclclip wir aus Palenqne in der Kreuzinschrift 1 U9, in
der Kreuzin»ehrift II auch C9 (wo sie vielleicht 20 Tage
bezeichnet), aua Piedras Negras h<<i Maler, pl. 29, \ 4
gera<lezu uu Stelle von 20 Tagen finden. Diese Hiero-
glyphe schliolbt hier die ganze Grupixi.
Nicht übereinstinimeiid ist also in dieser Gruppe nur
ein Zeichen der ersten Inschrift, nämlich L7, in der
zweiten .Stelle, ein Götterkopf, vielleicht mit ausgeetreckter
Zunge.
In der zweiten Inschrift sind es drei Hieroglyphen:
1. An zweiter Stelle (zwischen den obigen Nummern
1 und 2) in 0 9 eine greifende Hand mit kin darunter,
vielleicht das Zeichen des Westens. Ganz ähnlich fanden
wir es in der ersten Inschrift iu M2, gleichfalls an
zweiter Stelle der ersten (Truppe.
2. An si’chstcr Stelle (zwischen den obigen Numtnem
4 uud 5) in 0 1 1 ein sehr auffallender, sonst mir kaum
begegneter Götterkopf.
3. Dicht dahinter iu Pll ein menschlicher Kopf, so
dafs hier mit den lieiden ol>en erwähnten 0 12 und Pl2
vier Köpfe binteieinander folgen.
Mit der ol>on erwähnten, einen Fisch haltenden Hand
hört iu deu beiden luRchriften der Zusammenliang gleich-
inätsig aufeiuaudur folgender Schriftzeicben auf. Ich
kann aus dem Schluta beider Insebriften nur einzelne
wie zufällig zwbchen die übri^n Hieroglyphen gestreute
Zeichen erwähnen, die ich nach der ersten Inachrift
ordne, während sie in der zweiten nicht nach der Reihe
folgen. Ich finde sechs solcher Gleichungen:
1. L 15 = <M5, also fast au derselben Stolle in b«t-
deu Inschriften, ein ganz unbekanntes Zeichen. Ks er-
innert dasselbr einigermafaeu uu die Hieroglyphe, der
ich in meinem Kommentar zur Dreadeuer Handschrift,
S. 115, die Bwleutung der Dauer von 73 Tagen, einem
Jahresfflnftel, betzulegen versuchte, welches Zeichen ich
übrigens wenigstens sechsmiil auch im Tro-Cortesiamis
finde.
2. O 3 — H 9, dasselhe unbekannte Zeichen, welches
wir schon aus P5 der zweiten Inschrift erwähnten.
3. N 4 und 13 = Q9, ein ganz übereinstimmetider,
auch mit demselben sehr zusammengesetzten Präfix ver-
sehener Götterkopf, über den vielleicht ein Tigerfell ge-
zogen ist wie in den Hnndscbrifteii liei den als ('haca
verkleideten Priestero.
4. 09 = RIO, gleichfalls ein nicht näher bestimm-
barer Götterkopf.
5. (>10r= P6, jene olwu orwälinte, eitlem Schach-
' brett ähnliche Figur mit hinzugefügtem meuachUchem
Diu;
FöriteniaDu: ZueauimonhuDK zweier lusehriftoD vou l'aluui|ue.
Kopfe. Tu der ersten Inacbrift finden wir dicht daneben
auch meinen gewöhDlicheii Begleiter, diu liegende Person.
6. N 1 1 = P 9, in der ernten Stelle mit hinzugefügtem
ahau. lui übrigen Kuben wir diesen an eineu Vulkan
uriuneniden Kopf acbon oben mit dem Zeichen M7 der
erbten Inschrift zusanimengeMtelli.
Nun finden sich noch, gerade am Scbluls der dritt*
letzten Kolumne buidor Tnsehrifteu (M 17 in der erstmi,
P IG in der zweiten) mehrere Zeiträume und Zeitpunkte
angegeben, deren Betrachtung sowohl für die einzelne
inachrift anziehend ixt, als auch auf den Zusammenhang
beider ein Licht wirft, das freilich zugleich auch den
Ausblick atif immer neue Ratxel eröffnet.
ln M 17 Ol der ersten Iii«H:hrift ist ein Zeitraum
▼on 177G4 — 68.2G0 i 84 = 48.366 f 244 Tugen
verzeichnet.
hem entsprechen in P16 bis RI der zweiten In-
-•ichrift 52803 Tage = 203.260 ^ 23 = 144.366 t
243 oder 204.260 *- 237 145.365 — 122.
Ilierlmi füllt zuerst die 244 der ereteii gt'geiiübcr
der 243 der zweiten Inschrift auf; das eriuneri an das
schon oben erwähutu Verhältnis zwischen den 364- und
den 3G5-Jabren, den« es ist 364 — 243 = 3G5 — 244
= 121 .
Zweitens ist die hifferenz beider Zeiträume 35039;
das sind 95 365-Jahre, vermehrt um ein 364-Jahr. Dar
95 werden wir, vielleicht nur xufällig, noch spater he-
gugiion.
In der zweiten Inschrift folgt nuu uumittelliar in
QR2 das I>utum XII 17; 8, 12 (7 ix), dem iu der ersten
nichts entspricht. ist noch rätselhaft; ich bemerke
vorläufig nur, dnts von ihm bi» zu dem Normaldutum
IV 17; 8, 18 (9 ix) 10340 Tage verlaufen, has sind
aber 39.260 -f 200 oiler 28.365 -r 120, welche run-
den Zahlen zum Nachdenken aiiffordern.
Nun crschuint ui NO 6 der ersten liiechrift das l>a-
tum VIII 7; 3, 17 (12muluc), in der zweiten nichts Knt-
»prechriides. Und doch weist gerade die.ses Datum wun-
derbar auf den Zusammenhang lieider hin. iHtnn iu
dem mittleren Teile Iwidcr Inschriften, in der N&he der
Opferhandlung, begegnet genau dasselbe, in der emtcu
in E 1, 2, in der zwetion in MN 1, beide Male dicht vor
den beiden Hieroglyphen, die iu den Inschriften öfters
dun Schlufs nnznzeigen scheinen, und mit denen z. B.
die Kreuzinschrift 1 KchHefst Vielleicht iat es auch
nicht Zufall, dats VIII 7 und das letzte Dutum der ersten
Inschrift, VIII 17 genau ein Tunalamatl in zwei Il&lftou
teilen.
Die zweite Inschrift hat nun iu QRG das [>atum
IX 20; 6, 6 (9 cauac). Und da ist es merkwürdig, dafs
auch dieses Datum »ich in dem mittleren Teile der In-
schrift in KF 1 wiederholt.
Nuu füllt auch oiuigcB Licht auf das vorige Datum
derselben Inschrift XII 17; 8, 12 (7 ix). Von diesem bis
zu dem neuen Datum sind nämlich 41 Jahre weniger
122 Tage, alzo 14843 Tage. Ziehen wir diesen Zeit-
raum TOD jenen 52803 Tagen ab, den wir in P 16 bis
Rl fanden, so ergiebt sieb als Rest 37960, jene merk-
würdige Zahl, auf die ich in meinem Kommentar zum
Drusdensis, S. 63, 109 bis 111, 118, 143, 165 immer
von neuem hingewieson habe, jene Zalil, in der sich
Tonalauiatl, ^onnenjafar und Veuusjahr begegnen, denn
sie ist = 146.260, 104.365, 65.584. Das kann nicht
Zufall sein, und das Wichtigste ist dabei, dnfs nun auch
das aus dem Dres^leusia bekannte Venusjahr in einer In-
schrift als bekannt aufgefuuden ist Sehr gespannt
kann mau also darauf sein, was für eine Bedeutung einst
in den Hieroglyphen Q 3 bis R 5 erkannt werden
wird. Ich mache besonder» auf Q 4 und K 4 anfmerk-
2H3
sam. Davon ist (j 4 ein höchst eigeutünillches Zeichen,
das mir nur noch aus der Kreuzinschrift I V 15 begeg-
net ist, während R4 mit den dreieckigen Zähnen sich
schon in P3 zeigte und auf die 20 tägige Periode biu-
xudeuten scheint
Mathematisch selbstverständlich Ist es nun übrigens,
dafs vom 'l'agu XII 17 bis 1X20 23, vou 8, 12 bis 6, 6
243 Tage verlaufen, wie 52803 — 203.260 • 2.3 =
144.366 i 243 ist
Weiter bat die zweite Inschrift in QRll den Zeit-
raum von 2217 Tagen. Ich lese nämlich in Q 11 nicht
18, obwohl so die Zeichnung und auch der Abklatsch
vont'hanmy hat, sondern 17. Wir werden gleich sehen,
dafs sich nur die 2217 mit den l>enachbnrten Daten
und Zeiträumen in Verbindung bringen läfst
Hierauf fidgi uniuittelbar in (JR 12 das Datum
113; 19, 4 (diuuluc).
Von diesem Dalum rückwärts bis xtim vorigen
1X20; 6 6 (9 cauac)
sind aber 6 Jahre und 27 Tage (2190 • 27), also ge-
rade 2217 = 8 . 260 i 137=^ 6.366 i 27.
Wir kommen jetzt wieder zu einem Zusammenhang
zwischen l»eidcu Inschriften. Die erste hat
0 13 N 14:604 = 2.260 -f 84 =^ 36.5 ^ 239,
die zweite dageg<M)
QR 14: 532 = 2.260 t 12 = 365 j 167.
Beide fallen zunächst durch ihre Kleinheit gegenüber
den anderen grofsen Zahlen auf, dann durch ihre ähn-
liche Höhe; sie erinnern an die 542 in der Kreuzinschrift 1
C 6. .\uch scheint ein dunkler Zusammenhang zwischen
beiden zu bestehen, denn 84 — 12 ist = 239 — 167
= 72.
Eben.so mufs eine Beziehung zwischen diesen kleinen
Zeitränmen und den in derselben Inschrift vorhergehen-
den gröfsuren vorhanden sein. l>eiin wir haben in der
oralen Inschrift
M 17 Ü 1; 17764 = 68.260 4 84 = 48.365 ^ 214
013N14: 604 = 2.260 t 84= 365 - 239
Diflereiiz: 06.260 47.365 | 5
Hier fällt die »ich wiederholende 84 auf, und sowohl
diese als die 5 werden wir uneUher wie<lerfiudeu.
In der zweiten Inschrift steht
VR 11: 2217 = 8.260 \ 137 = 0.365 \ 27
= 5 . 365 i 392
QR14: 532 = 2.260 4 12
__ = 4.365 167
Difiorouz: 6 . 2GU | 125 = 365 i 225
Hier ist der Abstand von 125 und 225 um gerade
100 auffallend.
Da» letzte nun folgemle Datum in der ersten In-
schrift ist
N 15: VII! 17; 8, 2 (8 ix),
da» sich übrigen» genau so in der zweiten C 1 wieder-
fiudet.
Stullen wir daneben
LM 1:11 13; 14, 8 (G kan),
so finden wir den Abstund von 6 kan bis 8 ix als zwei
Jahre = 730 Tage, den von 14. 8 bis 8, 2 als — 126.
K« ist aber 730 — 126 gera<ie die in 013 N 14 ver-
zeicbiiete 604, so dafs diese nur den Zeiiverlauf zwi.<<chen
jenen beiden Daten aiisdi'ücki.
Nun sioheti ferner II LH und Vlll 17 wieder um die
oben erwähnte 84 voneinander. Von 14, 8 bi» 8, 2 »ind
/
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2M
KbcrliHrd v. Schkopp: Zwergvölker in Ktiinirrun.
aber 239 mul dietsc zu deu bei M 17 bis () 1 er-
wa)int«n 244 gehalten, zeigt sich wieder der oben er-
wähnte Abataiid von 5.
Sehen wir auf den Zeitraum zwischen dem ersten
Itatuni dieser Inschrift
I) 14 C 15:1 17; 13, 11 (11 muluc)
und diesem letzten, so verlaufen von II muluc bis Hix
17885 Tage 49 Jahre, von 13, 11 bis 8, 2 — 185,
also im ganz4ui 17700 Tage = (»8.260 f 20 = 48.
365 * 180. l)ic 20 bezeichnet die Entfernung von
1 17 bU Vlll 17. Es mag sein, dafs diese 177ÖO in
oiuLT Reziebüug zu der 17 764 von M 17 0 I steht. IHe
ftberschüssige 64 erinuei*t an den Abstand von II 13
(LMl) und 117 a>14).
ln der zweiten Inschrift sehen wir als letzten Zeit-
punkt
U 14, y 1.5:XII1 17; 18, M (lükauj.
WuUteii wir lüor verfahren wie bei <ler ersten In-
Schrift und dieses I>utum zu
OP4:II 13; 14, H (6 kan)
stellen, so gäbe das kein brauchbares Resultat. Denn
6 kuu bis lükun sind 4 Jahre ~ 1460, von 14, 8 bis
18, 14 verlaufen 124 Tage, der Abstand ist abo 1584
= 6.260 * 24 = 4.365 124, worin böcbsteiia der
Unterschieil 100 zwi.scben 24 und 124 zu beinurken
wäre.
Vielleicht kommen wir etwas weiter durch Anknüpfung
an den auf OP4 fotguudcu Tag:
P7 08: III 14; 15, H (fi kan),
liier betrugt der Abstand bis 1114 Q 15 nur 1583
= 6.260 ■ 23 = 4.365 - 123.
EriDnern wir ans nun an
P16 RI: 52803 = 203.260 ^ 23 = 145.365—122,
so stimmt die 23 gut, der Unterschied zwischen 123 und
122 mag irgendwie auf dom zwischen dem rituellen 364-
itnd dem bOrgerlichmi 365-Jalirn beruhen, die schon
oben in diese Inschriften hineiuzuspiulou Kcbeiuen. Irb
erinnern z. H. an die oben durch Rochiiung gefundene
Zahl 35039 = 95.365 > 364.
I drittens verbinde ich diesen letzten Zeitpunkt der
Inschrift mit dem ersten derselben, di^m Normaldatum
P2 03: IV 17; 8, 18 (9 ix).
Hier sind 9 ix bis 10 kan = 14 Jabre = 5110 Tage,
von 8, 18 bis 18, 14 aber — 70 Tage, im ganzen also
,5040 = 19.260 i 100 = 13.365 - 295, wo witsler
die schon mohrfarh Injobachteten DÜIerenzen 5, 95 und
100 durchblicken.
Der letzte Heweis für den /uHummenliaug beider In-
schriften findet sich in der fünfzelmteu Stelle der letzten
Kolumne von beiden, in 0 15 der ersten, in U 15 der
zweiten, wo ]ndcsinal eine grofse Zahl vorkouimt.
In O 15 ist es 93600 = 360.260 = 256.365 |
160, in U 15 ist es 72000 = 276.260 — 240 = 197
. 365 -{ 95, wenn mau nicht den Kopf ab 360, aUo das
Ganze als 3600 aunehen will. Ibir Sinn dieser Zahlen
Hegt iin Dunkel, ebenso wie die vier Zeichen, die in der
ersten, und die zwei, die in der zweiten Inschrift auf
diese Zalilcn folgend das Ganze beendigen, ohne irgend
etwas Übereiustiiuinondes zu enthalten. Doch itemerke
ich, diifs 93600 — 72 0ÜO = 21 600 ist, also 3 katun
von je 7200 Tagen; jene Zahl umfafst 13, diese 10 kalu».
Zuletzt aber, und das ist wohl das Merkwürdig^^te,
ist noch zu Winerken, dals die KutatehungKdatcu beider
Inschriften nach meiner Ansicht folgeude sind:
1. VI17; 13, 16 (Tmulac) = 1427480.
2, V3; 19, 15 (7 muluc) = 1427466.
Danach fallt also die zweite Inschrift nur vierzehn
Tage vor die ernte. Für beide balw ich lu meinem Auf-
sätze, „Ihir zehnte (’yklus bei den Mayas**, da* Jahr
1498 unserer Zeitrecbiiung als Jahr der Entstehung nn-
gcu<»inmeu.
Zwergv^Hker in Kamerun. !
Von Eberhard v. Schkopp. Bcrlia.
Südlich vom Sanagaflufs innerhalb des Urwaldes, der
sich in einer Breite bis zu 300 km längs der Küste
Kamenms hinzieht, leben zwischen deu ansässigen Ba-
koko.stämraen Zwergvölker, ln den Land-schaften Yabi,
Dogutoinen, Ndogenbos*ol, Bassa und Solby des Bakoko-
gebietes liabeu sie abseits von den gewöhnlichen Pfaden,
im Urwalde versteckt, ihre Lagerplätze.
Die Ha ko o<ler „kvirze Memchen“, wie sie von den
umwohnenden Negern genannt werden, erreichen eine
Höhe von 1,50 m. Sie sind von gedrungener Gestalt,
muskulös und sehuig. Bartlos wie die meisten Schwarzen,
unterscheiden «ie sich in derGesichtabilduqg doch merk-
lich von den übrigen FiiigeborciieD. Der runde, unver-
bältnisniärsig grofse Kopf, die niedrige, bervortreteude
Stirn und die kleinen, tief in den Höhlen liegenden .\ugen,
dazu der blCkle Blick, schnialu Lippen, acblechte, unge-
sunde Zäbue, grufse, abstehende Uhren: alles dies erweckt
den Eindruck, data man es mit einem degenerierten Volke
zu thxin habe. Scheu und zurückhaltend in tbrem Wesen,
kommen sie mit den Bakoko nur selten zusammen und |
meiden ganz besonders ängstlich die Begegnung mit [
Europäern. Ihre Hauptnahrung besteht aus Fleisch, i
das der Urwald iiiueu reichlich liefert. Sie treiben das
Wild gegen aufgespannt« Netz« und töten es daun durch [
Speerwürfe oder Mes'^emtiche. Nicht selten kommt es ,
vor, dsts auch der Leopard auf diese Art erlogt wird.
Für gröfzeres Wild, wie Büffel und Elefant, werden
Gruben ausgebobun, m denen die Tiere sich fangen.
Wer von den Bako im glücklichen Besitz eines Stein-
schlofsgewehre» ist, der macht auf der Jagd den aus-
giebigaten Gebrauch davon. Gewehre, Pulver und einige
wenig« andere KrzougniNHe europäischer Industrie und
Kultur vorr>cbafieii sich die Zwerge durch Austausch
gegen Kautschuk, den sie im Urwald schneiden und
durch die Bakoko in den Faktoreien verhandeln laasen.
Nie treten sie selbst in Handelsbeziehungen zu den
Weifsen.
Die Orte, an denen sie ruhen und nächtigen, werden
ängstlich guhoim gnhaltvn. Ein schief gegen die Erde
gestelltes Dach aus Palmbläitcru, Reisig und Ästen
gewährt ihnen genügenden Schutz, oiler sie bauen sich
niedrige, gewölbte Hütten aus Baumrinde und dichten
diese Behausungon mit Erde und welkem l^uib ab. Der
Fängang befindet sich dtebi über dem F.rdboden, und nur
kriochemi ist es möglich, in das enge Innere zu gelangen,
wo selten mehr als eine Person Platz findet, um in ge-
krümmter Lage za ruhen.
Die Bako treiben keinen Ackerbau; sie halten sich
nie lange an einem Orte auf. sondern streifen frei umher
wie die Nomadenvölkpr. .^^elten wohnen mehr als 30 Per-
sonen zusammen, und die gesamte Kopfzahl dürfte
20O(t Personen kaum übersteigen. Einen Häuptling hat
der Stamm iiicbi, iiocb Moust irgend jemand , der ül>er
R Schmidt: Hermann Klaat«ch> Theorie ober die StBTiimesgeüohich.te der MeoBohen.
die Geaamtheit eine HUtoritatiTe Gewalt »ueübic. Selbet
von einer Fauiilienintftitution kann man nicht reden,
denn ohne Zwang folgen »ie ganz den tioriaubeu In-
Htinkten.
(line Hlutaverwandscbaft xwiarheD den Uako und
den Hakoko besteht nicht, und narb allem, was ich dar*
über in Krfahning bringen konnte, lint die Sprache der
Zwerge abaulut keine Abnlicbkuit mit einem der vielen
Negerdialukte, die in Kamerun geepnjcben worden.
l>ie Hako betrachten (•ich als die IVbewobuer des
lindes ^ die Bakoko sind erst später, aus dem Innern
kommend, in ihr heutiges Gebiet eingewandert, nachdem
sie ihrerseits wieder von anderen Stämmen aus den frü-
heren Wohnsitzen verdrängt worden wareu.
Wegen ihres scheuen und versrhlussenon Wesen»
werden die Zwerge von den übrigen Schwarzen ge-
fürchtet, die sie im Besitz von Zauburkräften wälineu.
Auch sollen die Bako Kcnutnis von sonst unbekannten
Giften haben, die sie ihren Feinden in den Palmwein
mischen. IHe Folgen dieser Gifte sind WabiiKinn und
ein langsamer, qualvoller Tod. Wie weit derartige Be-
hauptungen auf Richtigkeit beruhen, konnte ich leider
nicht feststellen. Während der vielen Monate, die ich
im Lande der Bakoko zubraebte, ist mir nur ein Fall
bekannt, in welchum ich einen Tobsüchtigeu sah; Trunken-
heit allein konnte es uicht sein, denn der Betreffen<le
litt zwei Tage lang unter furchtbaren (Qualen, denen er
am dritten selbst ein gewaltsames Kn<)e machte. Ob die
Buko dem Mann Gift gegeben hatten, war nicht mit
Sicherheit festzustellen. f)er Aberglaube ist bei den
Zwergvölkern grofs. Sie kennen nur böse überirdische
Mächte, zu deren Versöhnung sie nichts thun, da sie sich
macbtlüR dagegen fühlen.
Die Frauen geuiefsen Gleichberechtigung mit den
Männern. Sie werden nicht als Arbeitstiere angesehen,
wie dies sonst bei den Negern üblich ist.
l>en Knropäem sind die Bako nicht gefährlich, und
die Zeit wird nicht mehr fern sein, in welcher das Dasein
dieser afrikanischen Zwerge der Vergangenheit angehört.
Hermann Klaatacba Theorie
über die Htaninesgescblchte der Menschen«
Von Kiiiil Hebmidt,
Unter dem Titet: .Weltall und Menschheit” ersebeiut t>ei
Bong ii Co. unter derKedaktiun von U. Krämer ein popu-
läre«, glänzend ausgestattetes, weit angelogtet Werk, das den
gesamteu Kosmos und Mikrokosmos, die Kiitwicki-liuig der
Natur und iler Menschheit-, soaie die Verwertung der Natur-
kräfte im Dienste der Völker l»ehandelt. Kine Zierde dos
jetzt zunt AlMchiufs gelangten zweiten Baiule« dieses Werke«
bildet der %'ierte AttechniU iil)«r die Rntstehung und Ent-
wickelung des Mensrhengeschlechui vonHeruinnn Klaatsch
(Heidelberg). Niemand war für eine «stU'he Aufgabe liewyr
vorgebildot als er, der in der Schule Oegeiibaurs zum ver-
gleichenden Auatumeu hcraiigcrvilt-, sein liesonderes Studium
den Erscheinungsformen de« heutigen M«>uschen, seinen in
abgeechli-Hwene geulugischo Zeiten zurückretchenden Vorfahren
und den ihm verwandten Funneu. zugleich aber auch den
ältesten Wohnsitzen und technischen Leistungen des Menschen
zugKwandt bat. Kein l’rähistoriker kann von sich sagen, dafs
er alle wichtigen Fundorte des diluvialen Menschen ao aus
eigener Anschauung kennt wie Klaatseh, keiner bat so
wie er alle diejw Funde mit vorurteilsfreiem, vergleichend
abwägendeui Blicke geprüft. No ülicrtrifTt Klaatschs Beitrag
zu dem gesamten Werk an thaUük'hlicher Begründung und
weit ausgretfendem Vergleich alle bi-sherigen Arbeiten über
die Urgeschichte der Menschheit m»d ihre in den frühesten
Zeilen d«w Tertiärs wurzelnde Kutwickelung>-l<Ahu-
Dio bisherigeu Verbuche, Licht in die Genealogie des
Mvnscbciigoschlecbta« zu bringen, halten zu «ehr die jetzt
lebenden dem Menschen ähnlichen Tiergrup]>en, dagegen zu
Wenig die Yarbältnisse der urspriinglicheu Häugetienselt, vtm
2S.»i
der die jetziguu Formen ihre Entstehung herleiten, berück-
siohtigt. Die Häugetiere, dieser jüngst« Stamm der Tierwelt,
lassen sich zwar bis in di« tD«snz<ü»che l'eriode der Geob>gie
zuriickverfolgeii, alier die aus jenen Zeiten erhaltenen Koste
sind so spärlich und fragmentarisch , dafs wir uns über das
Gesamtbild der damaligen KäugeUerwoit keine klare Vor-
stellung ninehen kimneji. Erst im Tertiär tritt uns diese in
immer reicher wordmider Ausgestaltung entgegen. In aller
Mannigfaltigkeit alter läfst si^ damals doch eine gewisse
Qrundforin. ein primäres, typische« Verhalten erkennen,
namentlich in den für diu besondere Art der Lebensweise
wichtigsten Organen, den Zähnen und den E.ztreiiiitäteu.
Auch die Vorfahren von spater stark differenzierten Tier-
Ordnungen (Kaubtiere, Nagetier«. Huftiere u. s. w.) hnhon
ein verbältnihmärsig gleichartigeii (teblfs und einfache, mit
kleinen stumpfen Höckern versehene Zahnkronen. Und e)>en»o
giebt es bei Jenen Vorfahren eine typische Grundform der
Extremität; diese besitzt ein fünfstrahlige« handartige« End-
stück mit opponierbarom Inneren Stj-ahl (Daumen). Ja noch
viel weiter, über Trias (f'hirruherien) und Dya« Itiuaus bis
zu den ältesten [«andtifron ülwrbaupi, den Htegocophalen der
KteinkoUlenperÜHle, läfst sich dies® Grundfi»rm zurückverfol-
gen, ao dafs wir mit ihr als dem Ausgangspunkt für weitere
Kntw'ickeluiigen rechnen müssen. Durch Iwsundere Au(>assun-
tfcu au bestimmte Lebensweisen halten sich nämlich sowohl
das Gcbiij als auch die Lokomotioosorgane erheblich mosli-
driert, d. h. von der Erform mehr und mehr entfernt; die
Tiergruppen der Huftiere, der Nager, der Karnivoren u. s. w.
haben während der Tertiärzeit das Alte, Ererbte grorseiiteiU
geopfert, sind aber damit auf einen .toten Punkt” der Ent-
wickelung gelaugt, sind in «ine Naekgasae geraten, die ihre
aufsteigende W’eitergestaltung hemmt. Dieaen abzweigenden
Kntwickelungsbalineu gcgenüWr lialien audere Gruppen die
Vorfahreumerkmalo treuer und zäher festgehalten. und
ihre Deszendenz kann mehr als geradlinig aiigeeehen wenlen;
zu ihnen gehören zahlreiche Beuteltiere, einige Raubtiere,
«Hu UalbafTou. die meisten Affen Und der MeoscU. Ihre
Vorfahren standen gewifs den sich mehr und mehr «|>eziali-
sierenden, abzweigendeii Gruppen newh längere Zeit als ge-
schlossene Einheit gegenüber, aber dann lösten sich von diesen
alten Primatoideu durch weniger bedeutende Umbildungen
ihrer Organe nach und nach tewmdere kleine Gruppen ab,
deren weiter umgestaltete und voneinander differenzierte Nach-
kommen die jetzigen Ib-imaten mit ihren Unterabteilungen
bilden. Die heutige Nystematik derselben bedarf einer gründ-
lichen Keviaion. Betrachtet man sie unter dem Gesicbtepuiikt
der gn'»fsereii oder kleineren Abweichung von den Priinatoiden,
m löeie sich offunliar schon früh der Mensch durch die An-
paAsuiig seiner Untereztremitäl au den aufrechten Gang von
dun übrigen Bahnen der Primateneutwickelung ab. Er ist
deshalb auch nicht den Anthropoiden näher verwandt als
den übrigen Primaten. Im übrigeu bat er andere TTroierk-
male, wi« die Zähne und diuGreirband der Vorderexteumität,
zum Teil treuer f<‘«i gehalten als andere Zweige derPriuiateu-
gruppe. VurhältnisniäMg viel Altert-ünilicbes buben auch
einerseits die Halbaffen, andererseits dio Kollschwanzaffuu
der neuen Welt bewahrt, so dafs sie in manebou Punkten
dem Menschen näher stehen als die niolereu Affen der alten
Welt und di« Authro|>oideu; dagegen ist diuGrupp<‘ der süd-
amerikanischen Kralleuaffeii ( Arrtepithuken) durch starke
Keduktioii des Daumen» und durch Ausbildung von Krall«n-
nägeln an den unduren Zehen auf dem Wege zur Uiiibilduiig
in niedere Säugetiere iHigriffen. Während di« niederen Affen
der alten Welt (die Katarrhinen) eine in sich gcsc.hloeaeue
Gruppe nahe verw-andter Arten bilden, ist das nicht tu
gleichem Mafao der Fall bei den mit Unrecht auf äursere
Ähnlichkeiten hin aLs nahe verwandt zusammengeetelUen
Anthropoiden. Zunächst verrät der Giblxm Anklänge an die
Platyrrhiuen und in manchen I’uukten an den Mensebon,
sowie an gewiss« fossile Primaten. Chimpanse und Gorilla
stehen einander ziemlich nahe, «ntferiiter von ihnen ist der
Orang. Dies« letzten drei grofsen Affen sind aufzofaasen
als die Dosceudenteo einer Wurzel, die der des Gibbon und
des Menschen ziemlich nahe stand. IHthecanthropus ver-
einigt in auffallender Weis« Merkmale von Affe utid Mensch,
und seine Kiitwickeiungtihahn lag der des Menschen uffeulmr
noch näher als die der heutigen Affen und Antlirtq>oiden.
Die Abzweigung desM«ri«chen von den anderen Nachkoimnen
der Priinatoiden geschah wesenüich durch die Umbildung d«-r
Unterextremität vom Oreiforgan zum Htützoigmi ; hier liegt
der Ausgangs]iunkt der Menschwerduug. Die freie, opponier-
bart! innere Zehe der I'nterexiremität wird die kräftigste
(und zugleich an allen Säugetieren die längste), in G(^en-
iibencteilung ilxierte und dadurch mit den übrigen Zehen «in
Gewölltu bildende Zehe. (I’nter <lon Kamivurett hat der Bar
ein« ähnliche Umbildung di««er Z«hu und damit di« Mög-
28ti Wilhelm llalbfare: Zwei Seen in der Morftnenlandaehart de« Bndeuaees.
lichkeit aufreebter Kör)>erheltuug erfubreu.) Kine'<elohe (Nif*«lrigheit de* HchftdeU, gewaltige Wulste über den Augen-
UmwantTlung weist hin auf eine beecmdrre Art der Ver- hühien u. *. w.) D<«*b auf frühere Btufeu der MenBchbeita-
Wendung deaFurs««, d. h. auf «las Rrklettem em/ctner dickerer entwichelung binweiseii. Bei den heutigen Kai^aen, die
Uäume, wobei der iumfre Fiirsrand stark an die Rundung des Klaateeh r.um eratenmal unter dem (iesichts|muk;te de«
Stamme« geaetzt wird ; Folgeerscheinungen sind da« Zurückbie- Vergletehs mit früheren Zuständen lietrachtet, tind für die
gen des Kumpfes, die Ausbildung der stärkeren Abbiegung der er «in« schon lange vor dem J>iluvtum beginnende Drei-
Leudenwirbelsäole und die B-formige Krümmung der ganzen gliederuug (Kuropäer, Ni^proide. Mongoloide) anniumt, laNw^n
Wirbelsäule, die freie Balancierung den Kopfes und dessen sich höhere und rückstAudigere HurkuiaJc unterscheiden;
Form- und (rrörsenweiterbilddiig, die Kntwiokelung der von lieeonders bei den niederen Negroiden, den Australiern findet
der Ixtkomotinn fast ganz befreiten Hände zu vielseitigen Klaatsch uiedere Zustände in der Kleinheit der Wirbel
und vollkommenen üreif- und bochempflndlichen Tastsiunes- (besonders der Lenden «irbel ; geringere Tragkraft) und in
Organen. Andere Tiere haben ihre Weiterbildung durch manchen Punkten, in denen die Kpuren früherer habitueller
Hprzialisierung ihre» Gebisses und ihrer KxtremUÄfen zu W’affen Kleiteratellung noch nicht ganz verwunden sind: »o in der
(Nahruugserwerb und Feinde) festgelegt; wenn der Idensoh starken Vertiefung der Grube für die Kniescheibe am Ober-
suicbo WafTon nicht ausgebildet hat. mj weist das darauf hin, schenke!, in der nach hinten konkaven Biegung de« oberen
dafs er lange Zeit unter sehr geschützteu Verhältnissen gelebt Sohienlieinabcchnitles, in der Schmalheit und Dünnheit der
hat lAbweisenheit mächtiger Feinde, reichliche Nahrung auf Fufsknocheii, in den schräggestelitom Hals des Bprungbeins,
Bäumen, tropisches Klima u. s. w.), Verbältnis»e. wie sie in in der gröfseren Länge des Anui'», in der stärkeren Biieicheu-
der frühen Tertiärzeit vielleicht in einem austraUseb-indune- krümmung, in der mehr nach hinten gewendeten Btelluog
siseben Kontinent bestanden haben (Hchbtensack). Die viel- des Obersrbenkelkupfes. in der starken Kniwickelung der
fachen Verschiebungen des Landes in der weiteren Tertiär* Btimwülsta über den Augenhöhlen u. a. w.
zeit ermöglichten es dann dem Manschen, der unterjeneu W'ir können hier nicht auf die Darstellung der frühesten
günstigen Verhältnissen statt der mechauisclicn Waffen eine kulturellen Leistungen des Menscbengeachlechts etngeheu;
überlegene Intelligenz erlangt hatte, über die ganze Knie auch diese Ausführungen zeichnen sich au« durch umfassende
vorzudriiigeu (auch nach dem jetzt ganz isolierten Amerika). HtoffliehetTschung und kritische Hiehiung.
Hpumi der Auweaeubeit des Meuschen in Mitteleuro|ja sind Klaatsch« An«chauungen werden wohl nicht ohne
die Ktdifhvu. d. h. die ältesten zaghafton Boarbeiiuugeii weiteros von allen Vertretern der älteron Anthropologie au*
von FeuersteinRtücken (Frankruich, Taubach u. s. w.), die genommen werden. Aller VornusRicht nach werden die Geister
Verfasser mit RuU4 als oe.hte« vom Menschen hetrührende in heirsem Kampfe aufainanderplatzeii. Klaatschs Ver-
Artefakte ansieht. Während und gegen Knde der Kiszeit | dienst wird es dabei immer bleiben, dafs er diesen Kampf
werden die Bpuren des Menschen häutiger und bosünmiter. ^ herbeigeführt, dafs er neues fruchtbares Ltilien in die An-
im Quartär kiunmen schon Bkelettreste vor, die ganz in den ! sehauungon ülier die Kntwickelung des Menscbrng««cblechts
Ilahiiien der heutigen Rasseuformen fallen, daneben freilich 1 gebracht, dafs er neue, grofse Gesichtspunkte in die Anthru-
auch «tdehe (Neamlertbalrasse), die in manchen Merkmalen | |M>togie und l'rgcschichte eingefiihrt hat.
Zwei Seen in der Moränenlandschaft des Bodensees.
(Schleinsee und Degersee.)
Von Wilhelm llalbfaf«.
Zu den typischen Moranenlundschaften IfRUtschlands 1 ihren End- und GrundmoHlueu, dein groben alpinen Ge-
jgehört die (legend nördlich vom Uodensoo bis in die I rüll der Hoch- und NiederterraBsenachotter findet eich
Marsstat) 1:2SOOO
o 600 1000 zooom
Ein Stück au« der Xoräaenlitndschaft am Nordafer des Bodensee« ailt dem Schleinsee and Degersee.
Nähe von Iliberach und das »fidiiehste HohonzolkTii. 1 als Zeugen früherer Vereisung in yerschiedeneti Gegen*
.Vufser den ZAhlreicheti , für die ehemalige Vergletsche- | den dieser Landschaft noch eine ganze Ueihe meist klei-
rung cbarakteriBtischen Formen der Krdoberfi&che mit I iierer Seen, von denen auf.«<cr dem isolierten Federsee
Bäoberfchau.
287
bei Huchau der grüfat« wohl der etwa 60 ba grotae Rohr-
Beo bei Rohr, Oboraiut Wftldsec, Ut. Ihre TiefenTerhäll-
iiiaae und ihre sonstigen EigenMchafteu eiiid meines Wissens
bi« joizt noch nicht näher erforscht. Gelegentlich eines
FerieuRufentlmlteB am Rodensee habe ich den beiden
südlichsten dieser Morftnenseent dem Schleinsee und
dem Degersee, welche im Oboramt Tettnang hart an
der bayorischon Grenze gelegen sind» einen kurzen Be-
such abgestaitet. Das RosuUut meiner Untersuohungon
findet sich in nachfolgender Tabelle und in einem Aus-
schnitt aus der neuen topographischen Karte des König-
reichs Württemberg in 1 : 25000, Blatt Tettnang, ver-
zeichnet, welcher zugleich ein ganz treffendes Bild von
der (’oupiertheit des Terrains liefert, in welchem diese
beiden Seeu liegen. Die Lotungen ergaben zunächst die
Grundlosigkeit der auch in diesem Falle mit grofser
llartniekigkeit von den Anwohnern verfochtenen An-
schauung, dafs die Seen „UDergründlich*^ tief seien, der
Schleinsee ist nur Ilm und der Degersee nur 10m tief,
die mittlere Tiefe ist aWr bei beiden !s3en wohl nicht unbe-
deutend, D&mlich 7,2 resp. 6,2 m, das sind 66 resp. 62 Proz.
der gröfsten Tiefe. Beide Seen sind nämlich durch sehr
geringe Schaar und einen sehr gleichmätsigon Boden
ausgezeichnet; ausgetrocknel würden sie voUkommeu
denselben Eindruck gewähren, wie eines der vielen
Möser, die wir in dor Muränenlandschaft so zahlreich
treffen, und die z. B. auch in den Gebieten der baltischen
Seenplatte sehr verbreitet sind. Auch nach dieser Rich-
tung hin begegnen wir am Nurdufer des Bodeusees der-
selben Landschaft, wie sich etwa die „buckelige W’elt**
Masurens oder die Gegend um Nörenborg in Ilintor-
pommem präsentieren, nur etwas in Miniaturform. Der
Boden der beiden untersuchten GrundmoränenNeen war
gleicbmäfsig mit sehr hellgrauem Schlamm bedeckt ohne
irgend eine Beimischung von Schlamm von dunklerer
Farbe. Zur Untersuchung dos Bodens wie des Wassern
fehlte es an Gelegenheit, ebenso konnten auch keine
Pianktonzüge gemacht werden, e« Uefs sich daher auch
nicht festatellen, ob der sehr beträchtliche Unterschied
in der DurchHichtigkeit beider Gewässer (s. Tab. II) auf
biologische Verh<nisHe oder auf Unterschiede des Boden«
zurückzufttbreu sei. Beide Seen haben einen Abfliifs,
nämlich zum Bodonseo, in den sich der AbRuIs des
l>egersees. der Koimenbach, direkt ergicLt, wahrend der
Abzugsgraben des Schleiusees erst indirekt durch die
Angen dem Rodencee tributär ist. Der in der Karte
eingezeichnete Wielandsee, der augenscheinlich vor nicht
zu langer Zeit auch das östlich unmittelbar an ihn gren-
zende Wielandsrooor eingenommen hat, soll nach der
Angabe des Fischers in Wielandsweiler eine Tiefe von
3 bis 4 m erreichen.
Tabelle I.
Name
Mecres-
höhe
l|
1 m
Areal
hs
Vmfaug
1
kro
, Gröfste j Mittlere
Tiefe
1 in
Volumen |
eUn 1
Mittler«
Böschung
Datum i Zahl
der
Lotuugeu
Mafsstab
der
Karte
Hchleinaee I
47«,»
1 I&.3
1.8
11
7,2
1 ISO 000
5,5*
12. VII.
1902
«0
' 1 : 25 000
I>egur8«e I
478 1
! 32,8
3,8
10
6,3
3 050 000
3.2*
dosgl.
64
dMgl.
Tabelle II.
Temperatur des Wassers
Name
Datum
an der i
Oberrtücho 1
in 8 m
Tief«
in 4 m
Tiefe
in 5 m
1 Tiefe
in 6 m
1 Tiofo
in 7 m 1
1 Tiefe
in 8 Ul
Tiefe
in 11 m
Tiefe
, der Bchuilte
1
Ki’hleiusee ....
12. VII. 1902 »ViP
22,2*
— '
—
I»,5*
; —
_
— :
9,1*
3“/.
Degersee
12. VII. 1902 5 p
33, 4*
21, 4* i
i«,»*
)
. 14,7*
13,0" 1
12,2*
11, H* 1
in 10 m
11,4®
1‘/.
Bficherschau.
Gnla* rrisellari: Alcuni cinieli della cartografia me*
dievale «sistenti a Verona. 48 S. mit '2 Karten von
liCardo und Hcotio in farbiger Nachbildung, florenz 1903.
I>ie hier beschriebenen Karten sind bixber fast ganz über*
flehen worden und haheu. wenn sie auch nicht aU hervor-
ragende Werke der karti^raphi«ohen Kunst bezeichnet
werdeu können, doch dadurch «inen l»edeutenderen Wert für
die Geschichte der Kartographie, dafs sie in zwei Fällen, bei
Leardo und Olivefl, die älteste l«kautilo Karte dieser Karto-
graphen vorfuhroii.
Am ausführtichflten aird die Hanisphäru des Oiovatwi
Ijeardo beschrieben, die sich in der ßibUoteca Coinunale zu
Verona betinder und 1443 gezeichnet ist. Wir kennen von
diesem Meister bereits Weitkarten von 1448 (im Museo C'ivioo
zu Vicenza) und vt>n 1452 (Frivatbesitz) in Venedig. Auf der
kreisruuden Veroneser Karte bat sich der Verfasser unter-
schrieben: Johaim«i Ijeardus me feoit 1443.
Kine kurze MiUeilung älter dieses Weltbild hatte FrofeBssur
Luigi Manzi lin Beoolo illustrato vom 33. Keptemtwr 19ü0
unter Beigabe eines zinkotypierten Pacaimiles gebracht, aber
der begleitende Text, den (Tivellari miUeiJt. war zu kurz
und nicht fehlerfrei, so dafs eine lietwere Nachbildung uud
eine ausführliche Krlituterung wünschenswert erscheinen
mufste. Diese hat nun der neue Herausgeber geliefert und
wohl auch in den meisten Fällen die Inschriften richtig ge-
deutet. Die Zalil der Inenden kann nicht grofs sein, weil
der Durchmeaser des Weltbildes nur 378 mm betragt. Kinige
Nauien, deren Bedeutung der Hcrausgclier entweder nicht
mitgeteilt luit, «xler die nach Aoidcht des Referenten irrig
aufgefafsi sind, mögen hier inxih angeführt werden: Mons
Btitie statt scitic, also Berg io Seythien Im aufsersteu Asien.
(’oraaa hart an der Grenz« von Hittelindien, Ist nicht Cho-
waresmien. sondern Cborfluisao, bei FraMauro ganz bestimmt
in der Lage als Chorasia. Links, also nördlich davon (denn
der Orient und das irdische Paradies liegen aui olicren
Kartenrsnde) norgancia = Urgendflch bei t'hiwa. IHe beiden
flcheinbar zusammengehörigen Worte tenplon chatai finden
sich auch bei Fra Maun», allerdings nicht zusammengehörig,
in Ostasien als Chatajo (Nordchinn) und templum. In Afrika
möchte ich das rätseibaDe segnioiu set montin<i als regione
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288
BöeherBcbau.
M.’t niontiuiu deuten, denn auch Fra Mauro hat an d«*r
SaharakÜRte .La jiroriucia di aette monti*. Seit Mecia de
ViUad«rateH, 1413, kommen die aiebeu Berse auf faat alli-n
JVirtelankarten vor.
Kaclt kurzer Krwäbniing einer unWnannten Weltkarte
au« dem 15. Jahrhundert, die aber durch daa Uochwasser
von I83'2 ar^' gelitten hat, geht Crivellari dann zur Be-
schreibung einer Portolnnkarte von «Jaume ollive« mainrque
en iiiessina 1552* über, die airb ebenfalls in der Hihlioteoa
t\»muuale di Ven>na fiudel, auf Pergament gezeichnet ist
und eine Grbfie von 74:43 cm bnt. Auf dieser Karte ist
hauptsächlich das Mittolmoi'rgabiet dsrgestellt.
Zuletzt wird noch der Atlas 0. Rcottos von 1502 l>e-
schrieben, der in der Biblioteca l’apitolane aufbewahrt wird
und neun Karten in einer Gröfse von 237 : 3K0 umi enthält.
l>as kleine Weltbild, kreisrund, ist in farbiger Nachbildung
wiedergegelien und läfst erkennen, dafs der Kartograph
u<xh an veralteten Vorstellungen über die Verteilung
der Landmaasen, namentlich in Bezug auf die Verquickung
asiatiftcher und nordamerikanischer Landschaften festgebalten
und die iKirtugiesischen Karten von Afrika und Hitdasien
unbeachtet gela.'«seii hat.
Die Naiium tAmcutl und magni, die der Kartograph nach
Nordamerika verlegt, sind au* Marco l*olo l>ekanni und be-
deuten eine Landschaft atn Kuku uor in Hudehtna, d. i.
Memgi. Aufser der Weltkarte enthalten die Übrigen Bliilter
die Darstellung der Westküsten von Kuropa und Afrika
sndwärtH bis zum Ki de Sinta südlich vom Grünen Vor*
gebirge, und ferner die Küsten dee Mittolmeers.
Was den Namen Ki de Kiuta Iwtrifft, so sei schliefslich
noch bemerkt, dal's derselbe auf keiner früheren Kart« aus
dem Bude des 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
wiederkehrt und wahrscheinlich aus Rio de santa (nämlich
Maria oder t'lara (ChiaraJ) entstellt ist. Beide Namen
rluden sich hintereinander auf den Karten des berühmten
Atlas im Britischen Museum, .speziell auf der Karte Ginea
Port<-*gale«e (Kgerton M»c. 73, Tafel 29). B. Kuge.
Krahmer: Die Beziehungen Kufslands zu Persien.
12«! H., ß<l. VI von .Uursland in Asien*. Ijeipzig, Zuck-
schwerdt i: Co., 1903. Preis S M.
Die bereits abgeschloasene Bchriftenserie .HuCiland in
Asien* bat in der vorliegenden Arbeit noch eine Krgänzuiig
erfahren, indem Generalmajor Krahmer die Beziehungen
llufslands zu Persien bespricht. Kiue Darstellung der Bolle,
die Itufsland in ..Vsien spielt, wäre allerdings auch unvoll*
ständig gewesen ohne eine Beleuchtung seiner Politik uinl
Heines Kinttusses im Ueiche des Bcbah und des W'iderstreitH
seiner dortigen Interes-seu mit denjenigen Knglands, liesnuders
nachdem die Dinge im 1‘ersiM‘hen G<df und in Beiitan die
.\ufmerksamkeit Kuropas herausgefordert hatten. Der Inter-
cenengegensau ist |M)IitiM‘her und wirtschaftlicher Art — wa*
freilich in heutiger Ztüt dasswlla* besagen will — und deshalb
hat Krahmer diese beiden Momente gleichmäßig behandelt.
Zunächst gii‘bt er eine geschichtliche Skizze der Beziehungen
Bufslaiids zu Persien bis zum Jahre 135$ unter Berücksichti-
gung auch der euglischeu Gegeuzüge^ dann folgt ein Ahrifs
der vrlrtechafUichen Kutwickelung dos heutigen Persiens mit
viel statistischem Material, das allerdings zum Teil etwas alt
ist und aus neueren Kimsulatsberichten unschwer hätte
ergänzt werden kOunen; endlich wird der Versuch gemacht,
die politische Kntwicketung bis in die jüngste Zeit hiuvin zu
»kizziereu, wobei den Bahnen und Bahnplänen ausgiebig
Beachtung geschenkt winl. Der Verfa.s»er kommt, wie nicht
anderH zu erwarUm, zu dem Schlufs, daß Kufsland nach
grofsen und wichtigen Krfolgeu, die es bereits erreicht hat,
auch sein weiteres Ziel gewinncu wird, nämlich die Aus-
dehnung seiner Machteph&ro über Südpersien bis zum Per-
sischen Golf. KDglaml, das den letzteren vorläufig noch be-
herrsche, werde Kufsland daran ebenso wenig hindern können,
wie do<sen Vorgehen in Mittelasien bis zur afghanischen
Grenze zu hindern vermocht hat.
Tooiiert Maler: Kesearches in the tVutrai Portion
of the l'suniatsinUa Valley, Ke|wrt of Explorations
IH98— 1900. (Momoirs of the PealKidy Museum, voL 1
and II). CHmV>ritlge, Muss. 190! und 1903.
Dia älteren Arla*«teu Tcobert Mnler*i üle-r ««ine groß-
artigen Vonchiingen in den Ruinen Yukatans erschienen,
venieheii mit /«hireichen Abbildungen, im Glotius Band $8
um) 92. Nicht nur die Gedi^j^ubeit der Ausführung, die
Schönheit der unter den schwierigsten Verhältnissen im Fr-
wähle hergustellten Phobvraphieen, sondern auch die Massen-
haftigkeit der KnUleckungen, der Kiesentteifa. den Maler ant-
wickelte. erregten das Aufsehen der Amerikanisten. Maler
hat indessen emsig weiter genrl>eitet, und zwei mächtige
Quartbaude mit 30 grofscu Tafeln und zahlreichen Text-
abbildungen geben jetzt Kunde von seinen 1X98 bis ttfOü für
das Peab>>dymuseum untcrnonimcnen Forschungen. K« handelt
sich hier um die Ruinen im Htromgebiete des UsuniatAinUa,
welche namenriieh bei IMedras Negras und Yaxchilan ge-
radezu grofsartige Ergebnisse lieferten. Piedras Nogras, am
rechten Ffer dos Stromes im Gouvernement Peten dar Re-
publik Guatemala, lieferte allein gegen 40 Stelen, von denen
liher die Hälfte photographiert wurde; dazu entdeckte Maler
fünf Opferaliäre und einige Thiirsturzbilder, welche Kriegs-
Szenen darstellen. In Y'axchillan — vom Franzosen Chamay
üWrÄüwdgerwcise lAirtllardia getauft — wo Maler wiederholt
auch .^usgrabuugon vomahm, brachte er Öl»er 40 Stelen zu-
sammeu, machte er ferner »o viele Aufnahmen, dafs damit
die Untersuchung dieser grof«on Ruinen als abgeschlossen
Iwtrachtet werden kann. Endlich besuchte er die alte Btedt
Kan Lorenzo am linken Flufsufer mit ihrem unige^türzteu
Haupttem}>el. wo er die Entdeckung tief in die Felswände
der Flufsufer eingemeifseltpr Flachbildwerke, vielleicht gegen
100, machte. Mit Worten können hier die verschiedenen,
merkwürdig stinsierteu Göttergestalten und kompilierten
Glyphenschriften , welche Maler entdeckte, nicht geschildert
werden. Bewaffnete Krieger, Gefangene, Priester mit Kreuzen
in den Ilnnden, opfernde Weilicr, mit Schädeln l«ehängte
FijTuren und viele KlembiUlwerke (auch von Jadeit) hat Maler
hier abgebildet. Altes bildet aber Stoff für den Amerika-
nisten von Fach; der Laie findet sich in den ^K•^kwü^}^g
stilisierten Figuren nicht zurecht, schreckt auch zurück vor
den eigenartig klingenden Namen, hew'undert aber, wie in
durchaus selbständiger Weise, ohne irgend welche Einflüsse
aus der alten >Velt, sich hier ein eigentümlicher Kunststil
berausgehildet hat, uud wie die Tempel und Reliefs Kunde
geben von einer hohen, schon vor Ankunft der Spanier nieder-
gegangenen Kultur.
Wllkolm Fllclmort Ein Kitt über den Pamir. 233 S.
mit 9$ Abb. und 2 Karten. Berlin, E. B. Mittler u. Hohn,
1903. Preis 7 M.
Die Pamir ßt heute weder ein verschloasenes Land noch
«ine terra inoognita; Rusaen und Engländer haben daa pDach
der Wolf* unter sich guteill, dabei die Vorsicht gebraucht,
zwischen dvu beidorseitigon Anteilen einen schmalen Btreifen
afghanischuD uud chinesischen Gebiets übrig zu laaaen, untl
es in seinen Uauptzügen erkundet. Die russischen General-
stabskarten uud die Karten der indüchen Landesaufnahme
geben über diese Uauptzüge guten Aufschlufs. Im Herzen
des Gebirgslandes liegt die rusaische Militärstation Pamirski
Puat, der Endpunkt einer von Osch berkummendeu Militär-
strafse. Im einzelnen bleibt freilich für die Forschung noch
mancherlei zu tbun, und Nachfolger Bven Hedini und des
jüngeren Fedtachenko würden der Geographie und den Natur-
wis^-nschaften uc»ch viel gut« Dienste leisten können. Jeden-
falls bietet heut« «ine Reise über die Pamir wenig andere
Bchwierigkeiten sla die, welche die Natur des Gebirgslandes
aufgerichtet hat.
Eine s>dche Reise schildert in dem vorliegenden Huch
der bairische Leutnant Filchner, der dazu im Jahre 19iK>
einen dreimunatigen Urlaub Iwnutzt hat. Fitrhuer ging
K.nde Juni von Andischan. dem Endpunkt der transkaspischen
Bahn, über den Karakul nach Pamirski Poet, von da über
Istik und Kiailrabat nach (.'hadariaseb an der indischen
Grenze und hierauf über ilen schwierigen üstlichra Pamir-
stock uud über Tasrhkuignn nach Kaschgar. Über den
Kisildavanpafs, Irkoschlam und den Terekdavanpafs gewann
er Ende Juli wiwler seinen Ausgangspunkt. Der eigentliche
.Ritt* hat also nur fünf Wochen gedauert, und schon aus
diesem Grunde darf man vtm dem Verfasser keine wissen-
»chaftlichen Ergebnisse erwarten. Er hat aber die Augen
offcD gt-hnUei). uud ilesbalb flndet sieh in seiner anziehenden
ReiMMwhitduriing manche gute Beobachtung, namentlich iiber
die Gebirgsromu'n und die Tbätigkoii des Wassers und de«
Eß«s in der Ausgestaltung derselben. Auch die Karte bat
er hier uud da, ergänzen können, wie sich aus dem Iteigege-
beneu großen (’liersichtsblatt in 1 : 1500000 ergiebt, und auf
Uiihen- und Temperaiurmessungen hat er ebenfalls seine
Aufmerksamkeit gerichtet. Bo wi-dieut denn »ein Buch
gewiß die freundlichen Wort«, mit denen es Bven Hcdin «in-
geleitet hat. Die Abbildungen sind fast alle sehr schön, die
aus dem Osteti de« Reioegebieta auch nicht ohne wisseuachaft-
liche.s Inter«-*»«; sie stellen Lauilscbafteii dar, die mit Ver-
Htäudnit für das t'hamkteristiaehu der Bodeubildung phou>-
I graphiert worden sind. Die Verwendung des Aufwlrucka
.Wadi“ für nur zeitweise Wasser führende Flufsthälcr
I (8. IHrt) ist mit Bezug auf zeDtrHlasiatische Verhältnisae
I vielleicht doch nicht unbedenklich. — r.
Kloiue N«uUricbiea.
Prof. Dr. Karl Doto: D«uticb-HtidweiitAfribA. 208 K.
mit Abb. u. 1 Karte. Kü.i«erotUi KoIonialbibiUdbek. 1kl. V.
Berlin, Wilhelm Hii.«erott, lOOS. l'rei» * M.
Kinen Be.«wrou wie l*r(»feiiMnr lK»ve hülle der HerMUcgelter
der Biblitrihek für die Banrlteiiutii; einer »Ugeuieinverttlüud-
licheu Iiandi^kuude lleuuieh-StidwcMtafrikM nir-ht finden
kdmieti; vereinigt jener Oelelirte doch mit einem gründlichen,
teliweiw) nuf eigener AuMohauuiig li«ruhendeu Wiistm vrm
der Kolonie ein nicht gewhhniichetf VrrHUindui:« für die pmk*
ti'^cheu AufgH>M;n. nn deren I/»«ung mnn Dich dort eerauvhU
rnxcre Kenutnia von dem Hchutzgebiet ist durchaus nicht no
lücktiuloM, wie es nuf den ersten Blick erscheinen mag. und
Dovu hat nicht verfehlt, an geeigneter ßtelle darauf zu ver*
weisen: trotzdem ist ein wohl abgerundetes Bild der geogra-
phiitcben und auch ethnographischen Vorhftitnisse entstanden.
Besonders eingehend bat l>ore das Klima Deutech-Hddwest-
Afrikas lyeltaudelt, nicht weil die Meteorologie desselben zu
seinen Hpezialfächern gehurt, sundem weil vollständige
Klarheit hierüber die wichtigste Onuidt*edingung für jede
koIoniKAU>rische Arbeit gerade in diesem tkbut/gebiet, in
uii.«erer oiiizigen Ansie<lrlungskolonie i»t. Pie Kinteilung des
Htoffes ist die übliche; Geschichtliches (Krfursrhunga' und
KrWGrbungsgeschichte) , die allgemein - ge^vgraphischeu Ver-
hältnisse, Klima, ]*f1anzen- und Tiei*weli, die KingelM>renen
Und die Wfirse Bevölkerung. Viele Anregungen und Urteile
sind beachtenswert. Seite foi-deri Pove, dafs aDgesichls
der R^'deutung der Bewilnerungsfrage die Anstellung isnrg-
fähiger hydrographischer Messungen und ihre Vereinigung
mit den Untersuchungen einer mete<«rologischeD Zentralstation
durch fachmännisch gebildete Beobachter zu Itewirkcn ist.
Von bcaonderem Wert, wäre dabei die Feststellung der Ver-
äuderuiigen . denen die ttosamtmeuge des Kegonfalls in den
verscbiedeneii Jahren unterworfen ist. l>er Aaschauung,
dafs 8iidwL-stafrika ein Land zunehmender Austrocknung sei.
tritt Pove entgegen. Von einem Wettbewerb mit den Ktraufspn-
züchtereien des Kaplandes rät der Verfasser ab, da or
wenig aussichtsreich sei ; statt dessen solle man der Kolonie
den wilden Htraufs erhalten, dessen Federn stets marktfähig
seien. Pie Buschleute erklärt Pove für im Laufe vieler
Generationen verkümmerte Hottentotten, und das ist wohl
auch die einzige Aiischauang, die za halten ist. Pie Abbil-
dungen sind ausreichend, die Karte ist für weitere Kreise
iuBorern von Interesse, als ihr in roter Farlw die ('mria^
des l>eut*chen Heiehes nufgeilruekt sind, s»> dnfs der Besclmucr
sich über die uug»*heureu Ktitfcruungen im SehutzgeVdet klar
wird. Hg.
Kleine Nachrichten.
Abdnit^k nur luit Quelleosn^lia gmtsUst.
A. II. Brooks von der Ge<dogical Hurvey der Ver-
einigten Htaaten hat üii vergauguueu Homuier eine Heise
na«'h dem Mount Mc Kiuiey, dem hi'kchsteu Gipfel Nord-
Hiiierikas, unternommen, worülwr er im Januarheft des «Kat.
Otfogr. Mag.* einige v<irläutige Mitteilungen macht. Pie
Alaskitkeu«, in der der Berg liegt, i.vt eine rauhe Gebirgs-
maMe, die von der Nachhuntcliaft des I^nke Clark in nord-
östlicher Hichiung sich erstrtiekt und di« Waasersclieidt!
zwischen dem Husrhitnaflurs und d«m OtNikinlet im Hiidosten
und den Ftümen Kuskokwitn und Tauaim im Nordwusten
bildet, lui Osten und Hilden steigt sie ln einer lUdho von
Hügeln vom HuseUitna her an. nach Westen fällt sie steil zu
einem mit Oerotl bedeckten Plateau ab, das sich allmählich
zum Kuskokwim hin nenkt. Aufser dem Mount Mc Kinley.
dessen Höhe vorläufig (trigimometrisch) auf etwas üt>er 6000m
licstimmt ist, enthält die Kette den 2!lkui südwestlicher lie-
genden Mount Foraker mit etwa r>100m Höhe und eine
Anzahl von Piks von 3000 bis 4200 m Hohe im Nordosten.
Mount Mc Kinley selbst hat zwei 3 km voneinander ent-
foriite Bpitzen, von denen die südlichere mit etwa .300 m die
höhere ist. T>er Nurdwestabhang «ntaendet einen gn>rseu
QteUcher, der einen Nel>enllurs des Toklai (zun) Tanana)
speist. Pie Hchwarztanne reicht bis hOum hinauf, Weiden
koimuHii bis zur Höhe von rJUOm vor, und die Hchneelioie
li«gt unter 2200 m. Kiiie nnteniehiming, die den Berg be-
zwingen will , mürste von dieser Heite auitgeheu und würde
na«'h Ansicht Bro*iks’ nicht aufsergewöhnliulien Schwieng-
ktiitcu la-gegncn; nur die Reise bis zum Fufs dos Berges ifrt.
mühevoll. Brooks hält os für am besten, wenn eine solch«
Kxpodition in der Üt^end überwintert, den Winter und das
Frühjahr über Vorräte zum Fufs de« Berges schafft und nach
solchen Vi^rbereitungen im Hommer darauf den Aufstieg
unternimmt.
— Vermessung des Viktoria Nyansa durch
englische Topographen. Mit der Fertigstellung der Ugan-
dabahn wird der riesige Viktoria Nyansa sehr )>ald ein«
^rttfiN» wirtechafUich« Betleutung gewinnen: man bringt schon
jeUt Handelsschiffe auf denHee, die die Uferländer aufsuchen
und dort mit d«ii Anwohneni in Verkehr treten. leider sind
VS au8»rhli«*rslich englische Hchiffe, die auch aus den deutschen
Knstenteilen honiusziehen , wa.s diente bieten können, und sie
mit ungüsebvD Waren versehen, und wir wogen kaum zu
hoffen . dafs dvutachu Finnen mit eigenen Schiffen und
deutschen Waren mit ihiieu so bitld in Konkurrenz treten
werden. Pie englische Verwaltung hat natürlich di« Be-
deutung des Hees für Handelszwvck« längst erkannt und die
Kotwickelong vorausgesehen . den dort nach Eri'iffnitng der
Bahn der Sohiff-Hverkehr selir bald nt-hmen wirtl , und weil
dazu ein« möglichst genaue Keuuinis des Sc«s erforderlich
ist, so hatte sie schon vor etwa zwei Jahren den Komman-
dant Whitehouse mit einer Vermessung der Küsten uixl
anderen xwerkdienlicUeh Untersuchungen beaaftragt. Ho
lange ist c« auch her. als in deuiar.hcn Zeitungen mitgeteilt
wurde, dafs zu ischen der deoiacbvu und «ngb}*ch«u Regierung
«in Abkommen getroffen nei, wonach Whitehouse die deuiM'ben
Küsten des Hees ebeufalN verintaiseii dürfe. Ks wuriledauials
bemerkt, es leei recht bedauerlich, daAi die dvursch« Regierung
diese Arlteiten innerhalb deutschen Gebiet« den Knglämtern
iUierlasse uml «le nicht H«U>«r ausführe. BeSidem hatte man
nicht« mehr von der Angcl^^nheit gehört, und erst kürzlich
erf))hr man. dafs das Abkommen leid»T in Geltung «*i und
daf> jetzt Whitehousv nach Alvschlufs seiner Arlteiteu an den
englischen Küsten diu deutschen Küsten in Angriff g«numm«ii
IimIh*. (hl kann uns nun ja am End« gleichgültig «ein, woher
das Gut« kommt; trotasdom aber hätte man gewünscht, dafs
der deutsche Teil des Hees von deutschen Topographun
und Hydographen vrf(»rscht wonlen wäre.
Per Htaubfall vom 22. und 2.3. Februar, der in
Kuropa von der Bai von Biscaya bis nach Österreich hitiain
beobachtet worden ist, wurde zunächst vielfach auf di«
w«gtindi«chen Vulkanausbrüche zurückgeführt. l>i«s« sind
nnn aber doch nicht die Ktaub<)nelleu gewesen. Aus den
meteorologischen Logs mehrerer l^hiffe geht hervor, dafs seit
Mitte des vorigen Pezeniber vom afrikanischen Har-
iiiattaii gewaltige Handmengen iU>cr den Golf von Guinea
und auf den atlantischen Ozvaii hinaus bis zum 3U. Grad
w. I«. fortgeführl worden sind. Zunächst war di« Krschrinuiig
auf die trt^pischvn Teile hvachriinkt, im Februar aber wurde
der nonlöstliche Zug durch ein« südöstlichv bis südwestliche
Briso orsvlzt, wenigstens bis zur Breite v<»n 13* N. Purch
diese Winde wurde der Btaub nordwärts getragen, und daher
eine Anzahl von Berichten über den Fall in verschiedenen
Breiten. Am 21. Februar, dem Tage vor dem Htaubfall in
Europa, lagert« sich ein feiner, leicht rötlicher Staub auf
einem Schiff unter 4u” n. Br. und 23* 30' w. L. ab, der aus
Südsüdwest oder Nüdwest aufkam. K« aicheinen also ge-
nügende Beweis« gegen die Animhine zu «prechen, dafs die
Hteubfälle durch die Ausbrüche der westiiidiiichen Vulkan«
herviu^erufen worden seien.
— Von Polarezpeditionen grnf«!r«‘n MafsstaWs stehen
für diesen Sommer drei io Ausiuchl. Peary plant eine neue
Unternehmung, für die er die Mitte) und ein Schiff sucht.
Pas neue Zicgleiwohe Unternehmen über Franz-J«><s«fiiUiid
wird diesmal Anthoiiy Fiala leiten, nachdem Baldwin
kläglich gosebuitert ist. Beide K.vpoditiuiien haben natürlich
die Eroberung des NonJ^tola auf ihre Fahne gcachrielten.
Vernünftigere und w-insen»rhaftliefaar« Ziel« verfolgt Am und-
sen mit seiner Fahrt zum magnetiacben Po), von der au
dieser Stelle lieroite die Rede gewesen ist.
*— Von der schwedisch • russischen Gr adinessu tig
(189H bis 1901). Pas HieAcuunternelunen der ruasiseben
und w'bw'edischeii Akademie geht nun »einer Vollendung ent-
gegen , indem di« Bearlieitung und Berechnung des Beob-
aohtungsmatoriais rüstig foitechreitet. In Pulkowa s|iezipll
erfolgt die«« BearWitung unter Leitung des Direktors der
Sternwarte U. A. Backlund. Insgesamt liefert da* von den
Kleine Neohrichten.
a90
ruwi«cheij umi »chvi'©di»chpn Forsi<*l>prri mit^ebracht#- Material
die l>atfln zur Ib-f^tiimnung ei«iP* Meridianbo»(eu8 von 4*/i*
(etwa 4 äu km lang) zwlichen SO* 48' und ubrdl. lir.
Was die Genauigketl dor Mtronoinischen und geodAtiacheu
Be«tiinmaugen anbetrifft, *f> ergiebl »ie «loh au« dor
«aohe, dafs bei der unter Aufsicht de« Hotni Itaokliiud er-
folgten unmitlelliareu Abmessung der m iHtigen Basis
der Kehler kaum dieOröfse von 7,3 mm UberachmiteD dürfte.
Wm aber eine so genaue Messung in diesen hohen Breiten
leishm kann, ist bekannt; vor allem wird sie einen überaus
wicht igHii Beitrag zur definitiven Bestimmung der Abplattung
der Erde, ««mit auch zur genauen Krmittaluug der Form der
Erde — des tieoids — liefern. Auch da« l'endel. dessen
Hchwiugungsdauor von der Entfernung vom Erdzentruni Ite-
stimmt wirxl und daher über die Abplattung unmittelbar
Aufschlufs zu ge1>en vemtag, wurde von der Expedition in
ausgcdcbiitetu Mafse und in wesentlich verx'ollkommneter
Einrichtung verwendet. Ein wertvoll«* Ergebnis i*t auch die
topographische Aufnahme vou OsUpiizbergen im Marssiabe
von 1:42 000 und in Uorizvntalkurveu von 20 m Äi|uidistanz,
eine Aufnahme, wie sie bis jetzt in so Hu.sgudchutcm Mafsc
noch keiner Folargcgend zu Teil geworden isL Belbetver*
Mtandlich wird diese Aufnahme allen künftigen Forw:hungen
Über das Binneneis und seine Bewegungen zur Grundlage
dienen. Auch die Lösung der wichtigen Fragen über die
Zu- «^er Abnahme der spitzbergischen Eisdecke und die daran
ankuüpfendon Kpekulatiop.eu über dia Kliitiaschwankungen
im Korden un.'^cre« Knlteile* wenlen von die)«eu kartogra-
phischen Arbeiten ihren Ausgang ucltmon müssen. B. T.
— Die Misflion du Bourg de Buzas, vou deren
.\nkunft in Nimule am Weifseo N’i! auf 8. 147 des laufenden
Bandes berichtet wurde, ist Ende Februar nach glücklicher
Durrht|iieriiiig Afrika« an der Kungonmndung und Ende
Mür/- in Bttnlenux angeiaugt. hat alter leider unterwegs ihren
Führer verloren; Vicomte du Bourg ist am 25. Dezember
V. J. in Amadi, einetn belgischen l’osten am U«dle (26* 4o'
5. L.), HU einer Nierenblutimg verstorben. The Mission
biiUo am 14. Okttilter v. J. Puüle (Kimule gegenüber) ver-
lasxeu und nach einem nach Westen gerichteten Marsche,
der aber nonlwärt* bis ina Makrakalund auslt«*g, bei Faradsch
(20* 50' ö. L.) den rölioquollflufs Dongu erreicht. Von da
war sie den Dongu und die UelJe hinuntergegangen. Kach
tiem Tode du Bourys bewirkten die überlebenden Mitglieder,
(«oliez, Didier und Dr. Brumpt^ die Heimkehr auf der Ubangi-
Kongoroute. — Eine Kartenskizze mit den Routen der
Mis«ion zwischen Addis Alteba uitd Kimule in 1:2000000
brachte das Kebruarheft von ,La G^igraphie* zusammen
mit einem Rei.se- uud For*chuug«bericht des Flihrers. Von
diesen Routen i«t bereit« iui .Globus* die Rode gewesen.
Zu «rwiUmeu ist noch, diif« die Mission nicht, wie dort
erwühnt, am Omo onllung zum Budolfseo gegangen ixt,
somieni auf einem üstlichereu Wege durch die Gebirge, der
etwa der Route Lcontjews entspricht. Das Kurdvnde des
Hudolfsees zeigt auf der K.arte der Mission eine etwas breitere
Form als auf den bisherigen Karten (B*>ttego, favendish,
Leoutjew, Smith und Austin). Weitor im Westen wurden di«
Iteisew'oge Austin.«, Wellby«, Macdonald» und Radcliffe« (vergl.
Globus Ai. bS, B. 227) gekreuzt. Der Boricht enthält ein«
Reihe neuer Mitteilungen älter die Iteeuchten Seen. Ober
Geolog!«', Fauna uud Klima der durchzogenen Gegenden.
Ltor Uudulfsee, sagt du A>urg, ixt uicht das Ergebnis einer
S(iAltung der Erdrinde; <la die Mission jed'Ksh nur das im
T'lachland eingeltettete nördliche Ende desselben kennen
lernte, so liegt vorläufig keine Vemnlassung vor. von der
Auffassung abzugehen, nach der der Soe ein Grabensee ist.
~ Zur Aussprache fremder geographischer
Namen nimmt Hugo Oitermann das Wort (Rrtigramm do«
Qymnas. Frager Altstadt. 1902). Wenn inan aus der Zahl
der tu der A'hule vorknmmcnden geographischen Kamen die
üborveUten eingebürgerten Keia*nform«ii, die in der Aus-
sprachu dem Deubioheii ungepafiiten und di« deutsch utn-
schrielienen Keb«nforiu«n ausgoschiodeti hat , bleibt immer
noch «iuo Reihe von Bezuk-hnungen übrig, deren Aussprache
besonder« gelernt werden inufs. Dafs dieso Aussprache den
Schülern möglich gemacht uud ihre Aneignung erleichtert
werde, dafür ist in erster Linie uotwendig, dafs in den Lehr-
biicherii sulchen Kamen die Aussprache in einer deutschen
Umschreibung, ohne Anwendung willkürlich gewühlter oder
fremder Zeichen für frem<le l^ute samt der Angabe der
tluantitdi der Silben wie de* Accent«« in der Klammer jedes*
mal l«etg«*fügt wird, so oft sie vorkoiumeti. Dann sieht der
SchütiT jeduamal neb«‘n dom Sohriftbüde da« Laulbild, er
hört vom l^boT die richtige Aus'pnicbe und vermag dies«
mittels der Trauskription. wenn sie von fremden Zeichen frei
ist, jc4ierzeit wiederzugebeu- Kr wird dann auch, je nach
seiner sprachlichen Begabung , im stände «ein , den Kamm
wenigstens aunähernd richtig auszusprechoit. SelbH deutm^he
Kamen mit ungewöhnlicher Aussprache verlangt der Ver-
faxser mit Recht gleichartig behandelt zu wissen. Kamen
wie Dievenow, Duisburg, Ktisfeld, Soest (denen man beliebig
viel andere anreiheu könnte, wie Tharandt, das meLxt als
Tharündt gespnxOien wird, lief.) würden wohl sonst nicht
immer nU Difeno, Düsburg, Kösfeld, Böst gelesen werden.
Bei ausländischen und knifnieben Name« soll die Rchule sich
mit Biiuahoj-uder Richtigkeit Tx-gtiügen. von allzu grtif»«n Fein-
heiten kann man diirt in der Aus*prache fremder ge>'gra-
phischer Kamen abeehen. Eine Transkription vou HudiImt
(FIuLs in England) oder Foii«muuth wird ja auch niemals
die richtige Aussprache wiedergeben.
— Professor Dr. Haus Meyers Forschiingsrei««
in die Anden Ecuadors. Wie uns Herr Fn^fexsor ]>r- Han»
Meyer in Leipzig, der bekannte und verdiente Erforscher und
Ersteiger des Kilimandscbans mitteilt, ist er am 26. April
XU einer auf mehrere Monate berechneten Forachungsrei««
nach dem Hochland von Ecuador aufgebrneben. Begleitet
wird Hans Meyor vou dom Müncheiier J.tandiichaft»maler ut>d
Hochalpinist R. Roschroiler und dem Tiroler A-rgfuhrer
A. Alöhlsteiger aus FHersch. ,Dor Hauptzweck motner Rei'^*,
so Hufaert sich Hau« Mc\«r, „ist die l'ntev'iui'huug der
Gletscher auf den ecuaturianischen Anden, namontlich auf dom
Chimliorazo, Alter und Antiaana, und die Beantwortung der
Frage, ob die Eisverbältnifls« dort ähnlich sind, wie die im
tropiscb-Hfrikanitchen Hochgebirge, insbesondere, ob die An-
zeichen einer einxtigen viel gröfseren Vergletscherung des
Hochgebirge« dort so iiäufig sind, wie ich «le am Kilioia-
ndscharu gefunden habe. SellÄtversiHudlich werde ich daneben
auch den übrigen ge<^raphischen Erscheinungen diese« Gebit't»
meine Aufmerksamkeit zuwonden.* — Im Herbst d. J. hoffi
Herr l^rofessor Hans M»yer wieder zurück zu sein.
— t'‘lier den Uriprung 'der Karren, jener in Kalk-
tleiDgftbicU‘0 liäuflg vorkomntenden Oberflächenbilduiig, hat
K. A. Mertel in den ri»mpics Rendus der l*ari«er Akademie
der Wissenschaften vom 15. Dexember 1902 einige Bemer-
kungen veröfTontlicht. The Bildung der vi^rttkalen KjMlten,
die die versohiodenen Blöcke trennen, wird gewöhnlich der
chemischen Einwirkung des Hegons oder des Ä;hnees auf das
Gestein zupeschrieben, während Mart«! der Meinung ist. daf»
auch der mwbanischeu Einwirkung des lliefsendcn Wassers
ein wesentlicher Anteil daran zuzuachreiben Ist. Ihe besten
Itokaniiten Hcispiele von Karren kommen in alpinen Gebteten
in beträchtlicher Hfdie vor; Maiiel fiihn al»er zahlreiche
Belege dafür au, daf« die Formation sich anch in Thälerii
taler ln Ebenen von geringer Höhe, manchmal auch in kliifs-
betten (z. B. am ersten Kilkatarakt) und sr>gur im Meere
(bei Killsee in Irland) vortlndel. Auch dort, wo die Karron
in gr<'fs«r Höhe vorkoiumeu, repräsentieren sie nach MarUd«
An.sicht in vielen Fallen Teile alter Flufsthäler, die in der
Höhe liegen geblielMut «ind, während der Best durch tektoni-
sche Bewcgung<‘n oder DentnUtiim enlferut wwlen ist. Märtel
findet fomer eine «Läudigu Beziehung zwischen den Karren
und den Houkiöchem und Bchliinden. in <leneu in Kalkstein-
gebioten das Wasser der OberfiÄche verschwindet . nud die
eine subterranc au dieBtelle einer Ülterfiäcbenzirkulation de«
Wasser« herbeigeführt haben. Diese unveränderliche Be-
ziehung, auf die mau nach Marteis .Ansicht bisher nicht auf-
merksam geworden ist, spricht «einer Meinung »ach für den
Gedanken, daf« in einer grofsen Zahl von Fällen die Karrati
uraprimgHch durch die TbAtigkeit de» flief«pndeu Wawr»
emstauden «ind, wievfi>hl beut« di« chemische Einwirkung,
deren Ergebnis übrigens viel schwächer ixt, an dia Bielle
jener mechanischen Thätigkeit getroten sein map.
— Dax xpa II ixch e Gebiet am Muni. Itit Jahre ItMil
hat eine franz^wisch-spamschu Kommiasiun die Grenze de«
Kam*'run im Küden benachbarten spanischen Gebiets zwischen
Cam{«> und Muni vemmssen und dHl>oi grufse, bisher m» gut
wie unl>ekannte Telle des «pHnisehen Besitzes erforscht. Der
französische Kommissar, Kapitän K(x:he, hat darüber in der
Revue coloniale von September/Oktober 1902 einen mit einer
interoMHiiten Knrtenxkizze versehenen Bericht veröffentlicht,
dem wir fidgemh*« cnUiehiuen; Der (liiarakter de.r Flüase
wird, wie auch »onst iu jenem Teil der afrikanischen West-
küste, dun’h die «lufenartig landeinwärt« aufoiuauder folgen-
den Flateaiis liestmimt. Der Uulorlauf ist xchiffliar, der
mittlore liauf im Htufeiilaud ixt v>«d Fällen durchxetzt und
gänzlich un)H>nutzl«ar, und der obere l>anf weist vielfach
Bchtiulleu auf. so dafs die Wasscrläufe nur streckenweixe
\ von Aden Iwfahren wenlen können. Von der Mündung de«
Kleine Nachrichten.
291
Carop<j (i*der Ktein) bU xum Kap Kt. .Tean tnümien viele
FlUxae, darunter der Beniu> («>d«r Voleu); jenseits des KafM
liSKeu in einer grofiten Itei vier Inseln, Cvrisco, llanya, (irurs-
und K leinelnbey. Ci>rLico ^^«^eoüber niiindet der südliche
Oreostlufs Muni. Der Cam[K> ist bis za 804) m breit, kommt
aber nach den FuststellunKen der dentscheu K»mniis»re als
Verkehrsweg nicht in Betracht. Der Benito Ut nur etwa
95 km aufwärts (bis Yobe) schifftxar, und der Muni bildet
eine breite, aber nur kurze Wasserader, zu der sich vier
KtKime filcherartig vereinigen. Diesen dr»?l Haupt(Uiss«*u
gehören alle Wa.aserlnufe des Innern an, die die Kunitnissiuu
augetroffcn hak Die Bewohner sind ausscbliefslich Babuins.
Die Bevüik**rungS4Uch(e ist sehr verschieden ; bald marschierte
man eioe ununterbriK'heoe Reihe von Iiörfem entlang, bald
tmf man tagelang auf keine Niederinssung; im HÜgeiueinen
nt>er sind die den k'lÜMen, besonders den grofsen Flüssen
tieiinchbarten Gegenden die am dichtesten bevölkerten. Der
Boden wird als sehr fruchttiar bezeichnet, und an Arlwits-
kräften würde et vielleicht nicht fehlen; wir halten es jedoch
für sehr UDwahrschetDlich, dafs Spanien sich inohr als bisher
der NiiLzlmrmachung seines Kchutzgebicts widmen wird.
— ,8em* und ,Hok*. Kln Druckfehler in tneinen
, Studien zur Monatskiirte für den nimlatlantisehen Ozean**
(Globus Bd. 8.'i, K. 224) giebt mir Veranlassung, in aller
Kürze auf die Ben.'chnuDg der Fahrtgeachwindigkeit des
ftchnelidampfert „Kaiser Wilhelm der Gr«jfse* zuruckzukom-
men und zugleich zwei besondere Hchreihungv- bezw. Aua-
drucksweiteu für solche Schnelligkeitsbervchnungen zu er-
läutern. Die Fahrtgeschwindigkeit hatte ich berechnet auf
9 bis 12 sein, wie richtig zu lesen ist. Kern ist eine Alt-
kürzung für „Sekuudenmeter* oder .Meter in der Sekunde*,
die ich vor zehn Jahren in einem Beitrag über Geschwindig-
keiten verscbieilener Art vorgeschlagen halie. den ich in einer
Berliner Sporueitung, der Stranfsschen „Radwelt*, veröffent-
lichte. — Hok ist eine erusprochende Abkürzung für «Kibe
meter in der Klunde” (Hora). Di« Fahrtgeschwiadigkeit dus
Sclinallilainpfcrs ist t*«rvc.hnot mit Hülfe der dem ßarogramm
liHigegcttenen Tbrzeiten und l’usitiuusliesttmmuugen. Letztere
liegen genau 12 Stunden auseinander. Ich berechnete in
dieser Weise den Weg de« Schnelldampfers 23. bis 28. Ok-
tober 1902
für
23.
a-p.
p-a.
24. a-p. p-a.
25.
a-p. p-a.
auf
509
461
471 49«
479 492 km in jo 12 h.
für
2H.
a-p.
p-a.
27. a-p.
aut
983
4H1
480 km
in je
12 h.
Die Extremwerte ergalten demnach (:12) 42 h«ik bezw.
32 hok. — > ln deraellien olien erwähnten Arlieit hatte ich
ferner vurgeschlagen , alle Geschwindigkeiten grundsätzlich
auf sein zu l»erechnen und damit in einer belgegeltenen um-
fangreichen Taltelle zunt Vergleich der verschiedenartigsten
Geschwindigkeiten den Anfang gemacht. Der Bauins|>ekU)r
des hamhurgiwheu Staat«.'« Herr Olshausen hat in einem im
vergang*‘ii«n .fahre erschienenen Handbuch deusellwn Oe-
dankeu verfolgt und eine unifasitende Boarl>eituhg aller Iw-
kannteren Bewegungsgoechwindigkeiten auf Meter in der
Sekunde, also auf »em, geliefert. Die beiden Extremwerte
liaW ich aus h<»k ebenfalls in aem uingvrwhnet und. wie
ohne Weitere« ersichtlich, 12 und 9 sem erhalteu.
Wilhelm Krebs.
— Ober die Bedeutung des Hautpigmont« bei
den Kamoaneru hat Blarinestabsarzt Dr. Augustin Krämer
in seinem ausgezeiehueten Werke „Die Kamuaiuselu* (Bd. 11,1,
B. 41) sehr interessante Beobnehtungau aufgezeichuet. Der
Verfasser sagt: Kb ist kein Zweifel, dafs das Hautpigment
ein Kehutz gegen das KoniieuUcht ist. indem die Hautgefäfse
durch Heral»etzung des Reizes mehr Blut zuführen, als es
z. B. beiui Weifwen in den Tropen geschieht. Krämer be-
otmehtetu oft, dafs die Haut der letzteren, mit feinem Schweifs
l^edeckt, umUblafs aussah und feuchtkalt sich anfühlte, wenn
die Haut der Samoauer unter deusellwo VerhAUiiissen glühend
vrar, als ob sie üebcrteri. Nicht al« ob die Kainonner uJeht
auch schwitzen konnteu. Krämer sah Mäuncr, bei denen
infolge kurfwrlichcr Anstnmgung der K4!.bweirflfünnlich herab*
riofs, als ob sie eben dem Wasser entstiegen wären; «oliaid
sie al>er wie«ler in Ruhe kamen, bürte die Transpiration auf,
während sie bei Weifsen meist noch einige anhält.
Krämer schliefst, dafs der nicht akklimatisierte W'eifse durch
Hrhweifs.'iekretion zu erreiche.n sucht, was der Kingeborene
durch weite tlffnung seiner Hautgefäfse erreicht. Diews
(Mühen des Körpers tritt bei den Hamoanern besonders schön
hervor, wenn sie nach langoin Fischen auf dem Kiff und
Tauchen im Salxwa.sscr in ihn^ Häuser zurückkehren^ nach-
dem sie sieh im Frischwasserbade das schützende Ot vom
Leilw gewast'hen hatten- Be.sonders die zarthäutigen Mädchen
glühen dann förmlich an Wangen, Schultern und Brüsten,
als ob sie von einem Exanthem Viefalleri wären. Diese« unter
dem lichten Bmun hervorleucbteml« Kol vorfehlt dann auch
seine Wirkung auf die empfänglioheu Gemüter der Baiuoani-
sehen Jüngiinge nicht, bei den>‘n es ein stehender Kchöuheits-
Itegriff ist, der auch dem neUordiugH vielgebrauchten Worte
„fa'asamUami* (sami das Balzwaswr) für „hübsch* zu Grunde
lieuen dürfte, h^wähnt mufs hierbei noch werden, dafs bei
den meisten der wohlgepdegten jungen Mädchen durch das
stete Gien und Baiicn die Haut steh ungemein weich, sammet-
artig aufühtt, namentlich an den Armen und Händen, und
dafs ein eigentlicher Geruch, aligesehen von Kokosöl, ihr
fehlL Von besonderer Zartheit fand Krämer die Haut bei
solchen Individuen, welche den Dauinen unixulegeii und die
Finger durchzudrücken vermochten, ähnlich wie mau das
auch lief den W'eifsen sehen kann. Wähi'cnd die hier an-
gefiihrteii Dinge zu scbtieüeror Ableitung der Überwärme
dienen und äufsure und innere Hitze paralysieren sollen, ist
der Kamoaner gegen kühler« Temperaturen und besonders
R>‘gen sehr empfindlich, «u dafs Touren in höhere Regionen
und iängores Verweilen dort ihm höchst unsympatisch sind.
R.
— Das Klapperbrett in OstpreufseD. Fast genau
dasselbe Gerat, wie es für Wesipreufaen von 11. Beide! in
Bd. 83, Nr. 3 bewhneben wiinl, iludet sich auch in Ostpreufsen,
und zwar in Masuren. Wenigstens wurde dort noch vor
10 Jahren auf dem Ritu-rgut (’^rlottenhof , 8 km von der
Kreisstadt Angerburg, meiner Vaterstadt, ,geklapiiert“. Da«
Klapperbrett, kurzw eg .die Klap|>er* genanut, w-nr nur etwas
schmäler und wurde mit ei uem kurzatieligeueitoRrnen Hammer
goachlagen. Aufgebäugt war e« an einer schön«» Lind«, die
zwischen der Gutssehmiede und dem Inspektorhaus stand.
Die Schmiede und das Haus des .Schmieds waren der Anfang
einer Strafse, in der die Häuser und „Kathen“ der Schar-
werker standen. Der Schmied war meist eine Art Veiiruuens-
person und während der Ernte „Vorarbeiter*. So Hei ihm
auch abwechselnd mit dom Inspektor die Aufgalw zu zu
klapperu; und während der luspektiir zur Arbeit klappeho,
rief derl^bmied, der ja fast immer auf dem Giitshofe selbst
blieb, zu den Arbeitspausen und besouders zum Mittagi'SM?».
Cnd zwar In folgendem Takt:
V.» — \> / w ~ w
\j
was allgemein üliersetzt wurde:
„Kommt etc, kmmut fretn
Yu fuie Beeskret«!*
Ib'oskrut hat in Masuren (wie in Oslpreufwsii wohl nligotncin,
d. It.) stets einen g«.‘tnüt]icheu, jovialen Beigeschmack. Für
Unbefugte war das Klappern jedenfalls nur aus /.weckmüfsig-
keitsgrüudcn verlKjien, ilenn Itei der hohen liagc des Guts-
hofs klang der Bchall der Klapper weit über die Felder und
bis an die Wasser d«>s Mauersees.
Kassel. Dr. Ernst Heinrich.
— Entdeckung grofser gemauerter Ruinen im
französischen Sudan. Trotz der vielen KnUlecknngeit
und Cberraschuugen, die fortwährend au.« Afrika gekommen
sind, hat das alte semper aliquid iiovi ex Africa seine Be-
deutung noch nicht verloren. Jetzt hören wir wieder von
der Entdeckung gemauerter Ruiueo. die allerdings mit den
bekannten südafrikanischen Ituinen von Kiiubabje nicht in
Farallele zu stellen fdnd, und über deren Alter und Herkunft
noch Näheres zu erforsciien ist. In einem Berichte aus Bou-
duku an der Grenze zwischen dem britischen Asrhunti und
dem französischen Sudan vom 3. November 1902 (L'Antbru-
pol(»gie 1902, p. 778) schildert der dort für die britisch-
franzi^iacbe (irnnzlMtstimmung thätige Kommissar M. Dela-
fosse die Ruinen von Gaoua, welche unter 10* 19* 52"
nördl. Br. und .48 Kilometer westlich vom Schwarzen Volta
gelegen sind. Entdecker der Ruinen ist der französische
Tteutnant Sehwartz; Iwschriehen, wenn auch nur flüchtig,
hat sie Dclafosae. Die schnurgerade verlaufenden Mauern
sind 40 cm dick und durchwUnittlich noch 2 in h(»ch, aus
Latoritblöckeu gefügt, die mit einer .Art Hörtel verbunden
sind. Das viereckige, an den Ecken abg»»tuiiipf(e Gelidude
bat an jeder Beite 50 ni Läng« und enthält iui Innern ein
ähnliches, nur kleineres Viereck. Die Mauern sind teilwHiau
eingestürzt und zeigen viele grofae Öffnungen; an iiiaucticu
Btellen sind sie bis auf die noch urhalfeneti Grundlagen vor-
handen. Hchutt. Erdnüch iui Innern liegen etwa ' « m hoher
als der Boden nufserhalb des Mauerwerks und sind mit
Gestrüpp und Kräutern bewachsen, di« es verhindern, die
Kleine Nachriohten.
Kiii2«lheiten genau zu l)osicbttgen. Kid alter UauptUug <lefi
t»«nac-h>Nirten I>orfes Dyemlyele wuriita keinerlei Auitkunft
ülier «len ri^prung der Huinon zu geben; aeiii rrgrofsvatcr
hatx> nie «clinn gekannt. Älitiliche Uuiuen gielu es in der
Knciitiarfichaff uiclit weiter,- und mit den Negerbeuten des
Sudan Kelwn sie «ucli tiiulit« zu selmIToi». Wohl errichten
die Kingeb^reoen lockere Steinwülle, die at»er nie in sebnur-
?erHtlen Linien verlaufen «»dor mit Mörtel verbunden sind
Kte dienen zur Befestigung des Krtlreielm), sie sind von
dfii Mauenj der Huitien grundverschieden. Pie Krl*AUer
der letzteren müssen daher Fremde gewesen sein, die jetzt
verschwunden sind. Pelafosao spricht etwas von Phöniziern
und Ägyptern und erwühnt bei den Iluinen gefundene Aggri*
{lerleu als ^ägyptisch“. Indessen das ist unrichtig; diifs die
Aggriperteu mittelalterlich veiietianischen Ursprungs sind,
hat die deutsche Forschung längst dargethan und für den
■ägyptischen Ursprung“ der Kuineu dürfen sie nicht mehr
ins Feld geführt wenlen. Verständigerweise erwartot l)«la-
fossc endgiitige Aufklärung von Ausgrabungen in den
Kuinon. Pic Gegend ist bergig und goldreiefa; vielleicht sind
die Kuitien gar nicht sehr alt, smidon) hängen mit Gold*
l«rgl>au zusutnmeri, iler im IB. Jahrhuuderi auch bis in da«
Innere von Oberguinea vordrang. K- A.
— über die SiudeluQgen des paläolithischuu
Menschen in Kufsland erfshnm wir aus einem bei
der letzten russischen Katurfurscherversamniluiig, sowie aus
einem am Itt. Oktolter in der Moskauer archäolog{«chon
Gesellschaft gehaltenen Vortrage d<ai Herrn N. O. Krischta-
foaitsrh folgendes; Heste des paläoiithischeu Menschen und in
HufsUnd von mehr als zehn Fundstellen hekaimt, doch waren
bis jetzt nur sehr wenig geologisch eingehender erforscht worden
(so z. R die Kiewer Fuudstelle V4>n den PvofosMinm Anna*
schowsky und Aiitonowitschy Perv<iii flerrn Kri9chtafowitS4'h
näher uiiiorsuchte Fundort von X<iwaju-Alexaiitlria liegt auf
einer Flufsterras«* des M’^elchselthales in einer Schicht von
duckclgmiietn Thon, welcher von Morfthenhiidungen des
Kaxonian unterlagen und v»iu fcingeschichtHtem letfs ülter-
d<»ukl uird: ülier dem läifs folgtui gut ausgeprägte M<iränen-
hildtingcii dor dritteu iHdiii!*ch - mecklentmrgischen Verglei-
«u-herung (Q 1 — Soiuit geh«*'rt dioscr Fuml*»rt zweifellos
dem HelveticrNeudeck'scheii iuterglacialen Zeitalter iQII IIlJ
an. ln der KuUurschicht iluden rieh nelM-ti Bbdngeräteii
Knochen vom Mamntut, N'ashoru u. a. und. was besonders
eluiniktsristisch ist, Bchalen von Mytilus eduiis; die« mufs
nach dem Yerfaaser als ein unmittelbHnrr Nuchklang der
interglncialen baltischon Transgi'ession gedeutet worden.
Zwei weitere Fundorte, Kiew und Kanew im ltnjuprthale,
sind nach der ideutitüt der alter- und unlerlHgomdeu B«*biclitou
sowie der Obereiuriimmuug der darin gefundenen Objekte
als gieichalU'rig mit demJenigcTi von Kowaja-Alexandria zu
betnu'htcu. Nachdem er hier Krfahrungen gesammolt, bereiste
der Vurlragomle eine grofsere Partie von (‘euiral* und Süd*
UufHlaud.um eine relative Aliersbestiimiinng iler übrigen Fund-
orte XU versuchen. Nachstehend sind einige Ortschaften ver-
xeichnet, an denen der Vurtragtmde auch Ausgrabungen vorge*
munmen hat: 1. Kostanki, am Ufer da« lK>n, :t0 Werst südlich
Woronesc.h; 2. Uouzy, Im Kreis Lubiiy, GuiivoriM'ment Poltawu;
:t. Karutscharowa , Kreis Murom, Gouvernement Wladimir,
ii.a. ni. An diesen Orte« Itegnmien die Hpuren des Menschen
etwas höher, nilmlich im TtT>fs ««elbat; diese Fundi»rte sind
also jünger als die olieii geimuntcn, tiiehr westlich gelegenen
(im Pnjepr- und Weichwithal). In Tomsk alter liegt die
Kiiliur*chlcht imeh lic«leuteiid höher, nahe der LofMilter-
iläclie. Per Verfasser zieht daraus den Ki'hlufs, dafs der
palaolilhische Mensch im Wi-steii früher erschien als im Osten;
■■r«t allmählich drang diu Kultur von Westen und Süden
nach Osten und Nonleji vor. H. Tscli.
— Tritckune und nasse Periodeu in den Ver-
einigten Staaten. Im „M<mthly Wt^ather Ks-view* für
Oktidter 19(rj liespricht L. H. Murdoeb einige interessante
TliHtsHcheu, dio die Veränderung der Niuderschlagsnienge in
S.alt I.Hk*» Pity , den Wasserstaiid d&s Grofsen Salzsees und
einige Herichte über den KcgeiifHll aus anderen Gegenden
dur Vereinigten Stiialen bt*t.ref[en. Piu l*eigefugtei» Kurven
zeigen eine gute i’l>ereinsiijuinuog zwischen den Verttndo-
rungeii im Hegunfall uml dem Stand des Hees, woraus Murdoch
«len St hlufs zieht, dafs von 1H27 bis 1K64 eine trockene iVriotlu,
von Jarift bi« issrt eine uassc und von IKHT bis jetzt wieder
eine trockene IVri«Kle geherrscht hat. Um die altg«.'inein«
Gültigkeit dieser trockeuen und iiaaseii Porio*leii zu ermiitelu,
untorsuchte er die Krgebnisse mehrerer aiiierikaoischer Sta-
tionen der gleichen Hreite. Er fand, dafs im Lunde westlich
von den Itwky Mountains die uassoate Periode vv»n 1H60
bis 1887 herrschte, während das mittlere Mississippi- und
Ohiitthal seinen stärksten Niederschlag von 1840 bis 185t* zu
vorzeichnen hatte, so dafs also zur Zeit, als der zuntnilo
Teil aui^iebigen Kegenfall hatte, der Westen die lan|;p*te
Trockeni>eriodB erfuhr, von der man etwas weif». Gegen-
wärtig ist von Han Francisco nach Baltimore eine Trocken -
(»eriode im Vorachreiten. und ca ist festgestellt, dafs «die ver-
gangenen 1ä Jahre die 1& aufeinander folgenden trockensten
•lahrc gewesen sind auf Grund der Berichte aller genannten
Htatkmen, mit Ausnahme von Bacraniento, wo die Trocken*
Periode n)»er auch deutlich zu erkennen ist, obwohl hier ili«
Jahre von H'.'H bi* 18«5 ein wenig Irttckcucr waren*. Mur-
ditch uiitei-suchU* dann di« Sonnunrieckenkurve, um zu sehen,
ob sieb ein Zusamnienhaug zwischen dieser und den iia«s«*n
und trockenen Perioden erkennen liefs, er fand aber kc'nrn :
Jahre des Bonnenriockenminimums waren öfter« aufserordent-
lieb nafs, und dasselbe galt für die Maximaljahroder Hounmi-
tieckea. Eine genaue Antwort auf die Frage, wie lange «lic
jetzige Trxtckcaperiode noch andauera wird, w ürde, sagt Mur*
doch, für die Vereinigten Hiaaten den Wert von Millioaoii
habet).
— > Ein gehörntes Koeänhuftier aus Ägypten.
11. J. L. Bcadaell Iwsi'hreibt in den Veröffentlichungen des
ägypliachea Hurvey Do^Mitmeni für 10D2 einen neuen und
merkwürtiigen Fund, der die jftng*t entdeckte Säugetierfauna
de* nördlichen .Ägypten bemiefaert hau K« handelt sich um
das • A rsin ol t herium *, ein so von Beailmd) nach der
Königin Arsiuiä* benauntos Huftier. Pie allgetuuin« Form
des ziemlich langcu, schumleu Schädels ist rhiuocerontisch ;
R'adnell veigleicht daher auch da* Zahnsvsteui mit dem des
Hbinoceros. Eine eigenartige Bildung ist der gewaltige Vor-
sprung aus der vorderen Hälfte der Schädelspitze, der sieb
gabelt und oben leicht abplatb't, etwa in derselben Art wie
die Hörner der sfiäteren Hpezies des Titanotheres. l>i(>ae
knochigen „Hömor* erreichten eine ll*'he von 88 cm. während
der ganze Hchädel 75 cm lang war; zu ihrer besseren Ktiitze
dient ein vertikal hinuutergeheuder Knochen, der sich mit
dem Zwischenkieferltein vereinigt, wieltei manchen derschwvr-
behomten Bhinoeerosarten. Pas Tier war so grofs wie ein
griifseros Kbinoceros, der Beckeniimfting hatte einen Purch-
messM.T von I4u cm. Per Fmid, ül»**r den eingehenden» An-
galten nach auanteben, zeigt, dafs aufser der Fauna, die die
Voreltern derjenigen aufwie«, die spater ihren Weg «ach
Eorv'pH fand, Afrika noch ein« eigene, davon »ehr verschie-
dene Huftierfauna laru.-Haen bat.
— Moisels Karte über die Verbreitung nutz-
barer Bodenschätze ln Pc u tsch- Osta f nka. Max
sels übcr«ichl*karto von Peutsch-Ostafrika in 1 : 2000000
(Verlag von P. Keimer in Berlin) ist Ende Februar von
neuem erschienen, und zwar diesmal mit farbig unterschifHlener
Eiuzcichnung de* Vurkuimnens nutzbarur lüMlenscbätze. Am
häutigsten bi*g<»gnen wir auf ihr nattirgeniäfs dem Kisun, aber
doch nicht in solch weiter Verbreitung, wie mau vielleicht
anmdiiiien könnU». Eisenerze sind u. a. vertreten im äufsersien
Nimiwesten. südlich von Bukoba, in l'sindja, Usc.hasi'lii,
auch stmst in der Nähe des Viktoria Nyansa um! in Iramlia.
Hüdlich vom fünften tirad sinll. Hr. tNrgegnen wir Eisen
nur sehr wenig, am meisten (noch die Linie Nyussa— Tan-
ganika entlang, aufserdein in Ukami und etwas landeiuwarts
vou Kilwrt. Kteinkohlen verzeichnet die Karte atn Hmigae
un«l Ix'i Wiedhafen (Nyattsagehiei). Braunkohlen hei Limli , Blei-
und Kupfererze Im* 1 Kondoa(irHitgi), in Iramlw und Dönllich
j des unteren Kovuma(Ku]ifer jethH*h hier fraglich). Qlimmcr
ist vorhanden am Nordeude des Kivuse«*, in Iraniba. bei
Mahenge und namentlich in dem kiistennalmn Ukami. Achate
giebt es südlich d<ts uiitoren Matagnrasi, tirnnaten bsd Mpapua
und am uiitercn Hovuma. Verhältnisiimfrig hnuüg Hnden
wir Gold uml Uoids]»urt‘ti verzeichnet, riämlicl) in Butundwe
am Kriiin PaM-hugidf (Bisinarckriff), in Uliitwa (südlich vom
Hpekegoir), au zwei Stullen in Msalnia (südlich von Butundwe).
in Iraniba, in dem westlich davon bsdegenen UsMingo und
en<llich im äuf«»*r*t«n Süden am oltereu Mtiemkiirru. Pie
Karte givbt i*ndlich noch Soobiuelleu und heif«e Quelle.n an;
erster« bei Udschidschi am unteren Malagura>*i, wo zur (Hier-
wacUting «in Po«t*>n errichtet worden ist, letztere am West-
itfer, sowie am Nord* und Südeiide de* Kivu und am unteren
I Kagera , ferner an drei v«rscbie<leaen Stellen am unteren
Butidschi. )m einzelnen ist Peutsch-Ostafrika in niineralogi*
I schür Hinsicht m>ch wenig erforscht, wenn mau heute snc.h
I über seine üctdogie in gntfsen Zügen unterrichtet i*t.
Vrrantwvrtl. I'edsktcur: H. Singer, Berliu NW. 0, SchitTbaecnJaniin 26. — Druck: Frlt-dr. VJeweg u. Sohn, Unaosibwrig.
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN: ..DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
IIERAL’SGEr.EKEX VON H. SINGER I-XTEH BESONDERER MITWIRKTNC. VON pRor. Dr. RICHARD ANDREE.
VERLAG VON FRIEDR. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXXIII. Nr. 19. BRAUNSCHWEIG. ai. Mai 1903.
NkAhdruek nur UMcfa Cb«r»üikanft mit d«r Verlmsakainllua^t
General Tschan-t’chien, ein chinesischer Forschung^sreisender
des zweiten Jahrhunderts.
Von P. (f. M. Stenz. KV. I).
Stndiert man die Karte Mittelaaieus, ao nieht inan
die hohen, tnaiustiUiMchcii Gipfol dun Puinirgfebirgea mit
den Namen berühmter Forscher, wie lk>|(danowitach,
Grenard, KaMiakoff «md anderer bezviohnct. l>er Name
eines ManoeK aber, der ganz gewils das Recht bat, in
allen l'IhreD unter dienen .Männern zu («tehen, fehlt,
der Name Tschan-icbiena, eioeK chinenischen Generals,
der im zweiten Jubrluiudert vor ('hristus zum ersten
Mul dun Weg von seinem Ileiuiullando nach den bak>
tristihen Völkern jenseits der Paouirkette zog und da-
durch seinem Vaterlaude sowohl die unschätzbarsten
1 henkte erwiesen als auch die wentlichen Volker bis
nach Rom und Spanien mit einer ganz neuen Kultur
bekannt- gemacht hat und auf .fahrhundertc die Völker
dos C>shms und WuNtuus in wichtige hamlelHjMjlitiseho
lleziehtingeii brachte.
Kaher Wu-ti (141 bis S6 vor t'bristus), einer der
grötston Herrscher ('hinas, hatte die Herrschaft der
kleineren Feudalstaaten gänzlich gebrochen und dadurch
ein grofses, geeinigtem Reich geschulTeu. Die jetzigen
Pn^viuzeu TseWkiang, Fo-kieu, Kuautung hatte er dem
Reiche einverleibt. Ihm war es nun auch darum zu
thun, seinem Lande den Nutzen dieser Kinheit zu be-
weisen. Die lästigen Zollschranken der einzelnen Klein-
staaten waren schon gefallen und dadurch dem Handel
freie Rowegung gestattet, der .Ackerbau konnte durch
eine au-gedcbiite Kanalisierung des Landes energischer
betrieben werden *), ohne dabet bei den kleineren Fürsten
auf Widerstand zu stotsen, Üröcken und StroTsen er-
leichterten im ganzen Lande den Verkehr. „Das Reich
war geeint“, schreibt der Gcschichlsachreiher Sse-ma-
tt’ien, ein .\ugenzuuge, „Passe und Rrückeu hatten sich
dem Verkehr eröffnet Nach allen Richtungen bin durch-
zogen reiche Kaufleute das Land, so da(s die Krzeiignisse
eines iudustriebezirkes an! allen Märkten zu haben
waren*),“
Kin Feind störte aber öfter diese stille Friednus-
urbeit, die Hiung-nu, die von Zelt zu Zeit räuberische
Hnfällo ins Land des Wu-ti luacbteu. Ihre Vernichtung
stand daher auf des stmtbaren Kaisers Plan, ttanz wie
das noch in unserer Zeit geschieht, versuchte deshalb
Wu-ti, diplomatisch fein, sieb mit einem alten Feinde
der Hiung-nu, den Jao-tschi zu verbinden, um so von
zwei Seiten den Feind zu bekämpfeu, General Tschau-
D Plalh, Ijaudwirtachaft in China (Sitzungsbericht der
Mimcheoer Akademie der Wisaonich. 187S, b. 813).
*) K. Cbavannet, L«s ätömuirea historiques 1, QI.
tilobuM LXXXm. Nr. IV.
tebieu, einer seiner be.sten Haudegen, wurde zu diesem
Zwecke zu den .lüo-tschi gesandt.
Tschan-t'chien zog aus, aber er fand die .lüo-tschi
nicht, ja er geriet sogar selber in die Gcfaugcuschaft
der Hiung-mi. Jahrelang blieb er verschollen, der
Kaiser hatte schon keine ilofinung mehr,dars sein General
jo zurückkehre — da endlich nach zwölfjähriger Ab-
wesenheit erschien er plötzlich wieder am Hofe. Ks war
ihm geglückt, zu entfliuheu, und da er unterdessen er-
fahren, dafs diojcuigeu, welche er suchte, jonseits des
J*amirgebirges sieb niedergelassen, ao hatte er ganz allein
den waghalsigen Versuch gemacht, das unwirtliche Ge-
birge zu übersteigen, um zu denselhcn zu gelangen.
Qewits eine Thal, die einen mutigen Manu erfordert und
mit Recht glaubten wir deshalb oben behaupten zu
können, dofs sein Name «^ircnvoll unter dun neueren
Forschem glänzen kann, die, freilich auch mit bewun-
dernswertem Mute und unsagbaren Opfern, aber doch
ausgerüstet mit modernen Hülfsmitteln, das Patnir-
gebirge durchforschten.
Die Folgen dieser Reise Tscbaii-t chtons waren von
unschätzbarem Werte.
Die jQo-tachi hatten am westlichen .Abhang df^ Gc-
birge.s, am Ufer des Oxiis ihre Wohnungen aufgoschlagen.
Sie waren durch Tscban-t'cbien nicht zu bewegen, neue
Händel mit den Hiuiig-nu anzubimleu. Des Generals
eigentliche Mission war damit mifsglüekt, aber der
schlaue Manu suchte in anderer Weise wenigstens seine
, Reise und seine Mühen nutzbar zu machen.
Die Niederlassungen der Jüo-tscbi, in der Gegend
des heutigen Uokhara, grenzten an das baktrische Reich,
das sich nach .Alexanders des GroUen Tode unter grie-
chischen Feidberm selbständig gemacht hatte und sich
im heutigen Afghanistan bis Kaschmir und zum Indus
ausdebnte. Auf diese« Land, das durch seine Fürstun
und durch beständigen Verkehr mit dem hochkultivierten
Westen höhere Kultur angenommou, wie die traurigen
Ruinen ehemaliger Städte und Pulusto beweisen, wurde
der Chinese aufmerksam gemacht, und er war vorurteils-
frei und klug genug, sich diese neue Welt gründlich an-
zuschauen. Der Kindruck dieser Welt mufs den Mann
anfangs ganz überwältigt haben, wie seine späteren
Schilderungen am Hofe seines Kaisers beweisen.
Wie ganz verschieden von seinen heimatlichen Städten
und Märkten waren diese baktrisch-griechbehen Städte;
wie prunkvoll gebaut und wie reich waren «lieselben !
Handel und Gewerbe blühten. Kunst und Wissenschaft
37
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294 Stonx: General Tscbau-t'chieo, eilt chitieaiacber Fr»rsehungBreiBeD<]er de« xwviten Jahrhundert«.
zeigten viel lebendigere Formen, wie in seinem von der
Welt giiiiz »bgeHcblosaeDen Vaterlaiide. Kreuz und quer
durchzog er oüeuen BlickeK das I^ml und erforschte die
Handelszentren derselben, erkannte aut^h sogleich, diita
hier für manche f*n>dukte seiner Heimat ein neues,
glänzendeN Absats^rebiet liege, faiigst kehrte er daher
zurück zu seinem strebHatueu, hoebherzigeu Kaiser, mn
ihm seine Erfahrungen und seilte Zukunftspläne mitzu*
teilen.
Kaiser Wu-ti war natürlich überrascht von diesen
märchenhaften Scbilderuiigeii und KuUicckungcii, aber
einzelne initgebracbtc Kunsterzeugiiisse und wohl auch
das Wort «eine» ehrlichen Feldhcrrn überzeugten ihn
von der Wahrheit der Aussagen. Kr erkannte auch
sofort die ganze Bedeutung dieser Fuitdeckung für sein
lleicb. Wie eine herrliche Illuma nicht eher zur vollen
Entfaltung und Schönheit gelaugt, bis die rauheu Kuospeu*
blätter aufgebrochen sind, die sie umschliefsen, so
kann auch der l'harakter und die Tbatki-aft eines Volkes
sich nicht vollständig entfalteu, solange es abgeschloKHen
ist und fremde KinRüsse von ihm feriigehaltcn werden.
Ihircb den Kumpf des Lebens winl die Energie geweckt.
Das sah auch der grutse Wii>ti ein und er erfalMte des-
halb sofort den Plan mit den Märcheiiländeru im Westen
in Verbindung zu treten und so seinem Volke Gelegen-
heit zu gehen, sich geistig zu entfalten.
Hem Plane standen aber noch grofsc Hindernisse im
Wege. Zwischen dem Pamir-, dem T'ieu-schan- und
KußudüD-gubirge, in dum sugeuaunteu Tarimbeckcu
wohnten Volker, die China noch nicht tributpflichtig
waren und die in natürlicher Weise änfserst geNcbützt
waren durch eine grofse Wüste, die Wüste Gobi. Sollten
Handelavurlnndungeu zu stände kommen, so mulston
vorerst diese Volker unschädlich gemacht werden, die
Karawanen umJtsteu auch die schreckliche Wüwte un-
gestört und geschützt vor Sandstürmen pa-Hsieren können
und mufKt«n auch ein Unterkommen dort finden. Wu-ti
wufsie Hut und er entschlufs sich zu einem Viitcrnohmcu,
das eines der Grofsartigsten genannt werden mufs, das
je durch Mcuscheuhnnd au«*geführt wurde. Kr baute
mitten durch die trockene Wüste hohe Mauern, zwi.scheo
denen die Karawanen sicher waren und errichtete ein-
zelne Kuhteiie, in denen militärische llesatzungen lagen
und wo die Kaufleute Unterkommen fanden, ('harles
Houiu hat im Jahre 1899 Überreste die!<er Mauern
entdeckt. Wu-ti mufste sogar, da er öfters iu Geldnöten
kam, ein neues ^Held** erfinden, die papiemeu Hauknoten,
eine Erfindung, um derentwillen man ihn nicht gerade
den „Grotseii“ nennen wird.
Nach solchen Vorbendtuiigeu fiel es dem chinesischen
Kaiser, der krieg<«guübte Truppen hatte, nicht schwer,
die Völker de» Tarimbeckens zu unterjochen. Her Weg
war damit frei und die Handel-skarawanen konnte ihre
Arbeit beginnen. I)er alte Tschan-Pebien wurde noch
eiumai vom Kaiser uusgeKandt, als die neu unterworfo-
ueu Völker sich rebeiUseb zeigten, um vulUtündigen
Frieden zu schaReii. Auf fiesem Zuge starb er. Es
war ihm nicht vergönnt, wenigstens einige Jahre noch
die Früchte seiner Opfer und seiner 'lliätigkeit zu sehen.
Ungi'aliut waren die Folgen die der Verkehr der öst-
lichen und westlichen Volker zinilgte. Hurch dieses neu
*) Augenblicklich \Vü»te Takla-Makaii ; froher bliibendea
I,and. Vergl. Sven Hedin durch Asien« Wiiiten 11, 8.f>9 If.
*) Ch. I^in, Vojrag« de Peking au Turke«tan rus«* per
la Mongolie «te. (La Ueograpbi« Bulletin de la Boc. de
Qeogr. I9UI, p. 115 ff., IH» ff.
geschaffene Thor, das mit der Handebstrafse eröffnet
war, dmng einesteils westliche Kultur in du.s „Heich der
Serer“, wie l'hiim bald genannt wurde, ein, andererseit»
bi-achteu die rhinescii durch dasimlhe ganz neue H«n-
delsartikel auf den dninallgen Weltmarkt, und gaben
dadurch den zivilisierten Völkern Anstofs zn neuem
Schaffen und Arhuiten. Uesouders die S^er, jenes be-
wegliche Haiidclsvulkchen des .Altertums, machte sich
die neuen Handelsartikel zu Nutzen. Sie woben aus der
rohen Seide der „Serer“, zwischen die sie (ioldftuU’U
mischten, jene prachtvollen Gewebe, die in der damaligen
voniehmen Welt mit Gold aufgewogeii wurden. Ihre
Purpiirseido schmückte die Paläste der P'ürsten. MUJio-
neii Se^terzen wanderteu jährlich, wio Plinius^) erzählt,
zu Augusius' Zeiten schon nach China. Hie Haupt-
nzportai-tikel waren Seide und Eisen, Interessant in
dieser Hinsicht nind die römischen Münzrunde, diu niait
vor einigen Jahren in der Provinz S4*faaiisi gemacht.
ii»l>ortartikel waren kostbareGewebe, Teppiche, PurzeUau-
und Glaswaren.
Ganz busoudere Auregung erhielt die rhinesisebe
Kunst durch den Verkehr mit den kunstllehenden grie-
chischen Völkern. Gerade von dieser Zeit ab kann mau
auf chineBiseben Hildern und Skulpturen neue, lebendi-
gere und wahrheitsgetreuere Harstellungen und Koroien
finden''). Auffallend iat z. B. die Darstellung der Wein-
rebe und Traube auf Skulpturen, die mau vordem nicht
gt^kaniit hat.
In der Porzellan- nnd Glasindustrie, die nicht, wie
mau früher annahtn, auf chinesischem Hoden entstanden
ist, sondern die die Chinesen vou den Syrern erlernten,
überirafen sie »pätor ihre I<ehrur, und während im Westen
das Geheimnis der feinen Purzellunfabrikation verloren
ging, vervüllkommiieteu die Chiueden dieselbe, sodaUsie
noch heute darin die Meister .nind^).
Es wäre interessant, die Geschichte dieser HandeU-
Htrafse weiter zu verfolgen. Hie alten Hurgen, die am
Thoret'hinas von den baktrischen Völkern gebaut wurden,
könniun viele« au» deu vergangenen Jahrhunderten er-
zählen. ln Samarkand fuiideii sich damals die Kaufleute
der ganzen Welt: Chinesen kamen dort mit Indiern, mit
Syrern, mit Griechen und Römern zuüammen. Kaiser-
liche Gesandtschaften von Rom und China zogen diesen
Weg"), diu Juden werden hierher io China eiiige-
druugen sein, uud die ersten christlichen Missionare,
wahrscheiulich Syrer, nahmen ebenfalls diesen Weg.
HamiC dats später diese Strafse dem Verfalle über-
la.«.sen wurde, i.st China auch wieder in völlig« Abge-
schlossenheit geraten und in einen Schlaf gefallen, aus
dem o« erst in neuester Zeit wieder uufzuwachen scheint.
Leider fehlt dem Reiche ein solch weitblickender Kaiser
wie Wu-ti, und ein »oldi mutiger Feldberr und ein solch
feiner energisebor Hiplomat wie Tschan-t'chien e« ge-
wesen. M ürdeu dem uncrmel»licheu, reichen und schö-
nen Lande diese erstehen, sie könnten auch heute auf
China sowohl wio auf die ganze Welt einen grofsartigen
Kinfluf« ausüben.
*) AllusioDH to (’hina iu IMiny« HiMory. .lonrnal of the
Peking «ficiely, vol. l, p. 3.
*) P. Dahlmann, I<s«cher 8tintmen, Jahrg. 1902, Heft 1
und 2; vergl. auch Hirth, Die älnlvreUu China (I^iprig 19o0);
Cber fremde Kintlu««« in der chines. Kunst (ältincbeu
D P- Dahluiauu, a. a. O.
") 10(1 D. ('hr. schickte Kaiser Ngän-dnin (Antonin) eine
0*'«amltscha(t nach China: 97 n. CTir. sandte Khl««*r Ho-ti
seinen Feldherm Kau ju nach Ta-t'sin (vergl. Annale« de«
Uu et des Hau).
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H. Sdl.: Togo im Jahre 1902.
296
Togo im Jahre 1902.
ln der atntlichon HerichterHiattung Ober nuser kleinen
TogoUnd hat sich neuerdingn ein unliohsnmer Wechsel
Tull/ogeti. Die Kolonie, die gcrantne Zeit in den „Denk*
Hchriften** ockr gut und ausführlich behandelt war, sieht
sieh jetzt mit kaum 9 Seiten Text und 26 Seilen An-
lagen abgetan, unter letzteren allein 9 Seiten „Mis-
Hionsnacbrichten“ mit den Nameneeerzeichnlsseu sSmt-
licber am Hekehningswerke beteiligten Personen. IHe
0l>eraus wichtigen Kinzelra]>porte der Bezirksleiter und
l>tationeTür»teher suchen wir dagegen umMinst Kin
Fortschritt ist das gerade nicht, und wir müssen daher
den Tadel wiederholen, den wir Tur zwei Jahren über
die günzlich verfehlten Berichte aus einer anderen Kolo-
nie genufsert haben. Will man die beim Gouvernement
bezw. bei der Kolonialabteilung eingereichten Akten-
stücke aus SparBamkeitsrücksichten oder anderen Gründen
der „Denkschrift** nicht emverleihen, nun, so drucke
man sie, angemessen redigiert, im „Deutschen Kolonial-
blntf* ab. Sie würden diesem Organ nur zur Zierde ge-
reichen und seinen Wert für den Leser bedeutend er-
höhen.
Ül«r das Togo de« letzten Jahres gaben schon die
Ktatsvorhandlungen de« Roirhstages ein durchaus nicht
unliebos Bild. Besonders hei es auf, dufs für das Schutz-
gebiet mit Rücksicht auf seine günstige Kniwickclung
gar keine Zuschüsse beantragt waren. Kinnabme und
Ausgabe stehen nach dem Voranschläge für 1903 im
Gleichgewicht, und wenn dieser löbliche Zustand anhält,
kehren vielleicht die Jahre wieder, da Togo mit über-
Hchüssen aufwarten konnte. These l>etrugcn 1S94 be-
reits 39000 Mark, stiegen daun auf 50000 Mark und
72000 Mark, würden also, wenn aufgesumrot, ein Kapi-
tal ausmachen, mit welrhom sich der Ausbau der Küsten-
bahn von Lome nach Klein-IVjM) sehr wohl in Angriff
nehmen liefse. Muhr als 800000 Mark im ganzen
brauchten cs überhaupt nicht zu sein. l>nmit stehen
wir gleich vor dem dunkeln Punkte unseres „Ktate**;
um nämlich das Gleichgewicht zu erzielen, Ut diese Re^t-
forderung ihabutchlich nicht in .\n«atz gebracht worden.
Das dürfte befremdlich urscheinen, denn die Regierung
konnte sich bei hliiistullung dieses T^osteus getrost darauf
berufen, dafs „bekanntlich anderwärts die Kosten für
Kisonbahnen aus latifenden Kinnnbrnen nicht bestritten
werden“. Indes bei der schwierigen Finanzlage des
Reiches war es wohl das beste, von der Forderung ab-
zusehen tind liel»er dahin zu wirktm, dafs für die l'sam-
baralinie in Ostafrika die notwendigsten Gelder bewilligt
wurden.
Diu in unserer vorigen Rundschau erwähnten Grenz-
bestimmungen sind mittlerweite zu F.n<le geführt wor-
den, so dafs es nur noch der Schlufsverhandlungcn in
Kuropa bedarf, um Togos Autsciilinie auf dieser Seite
fustztiiegon. Mit dom „Abschluta“ scheint es aber noch
etwas dauern zu sollen, und das k^uumt daher, weil uns
der ominöMi! „Schnittpunkt des Daksflusses mit dem
9. Breitengrade“ allerlei Weiterungen bereitet hat. Der
FluD bildet nämlich gerade hier luehrorc grolse Sorj>en-
tinen. Statt, wie bisher von Norden nach Süden zu
gehen, scblängult er sich jetzt von Osten nach Westen
dahin und schneidet dergestalt den 9. Parallel nicht ein-
mal, sondern dreimal. Sofort entstand nun die Frage,
welcher Schnittpunkt zu wählen sei, ob der östliche, wie
die Kngländer zu unserem Schaden iMdiaupten, oder der
westliche? Vielleicht wird man alch auf den mittleren
einigen, ubschon auch dadurch diu Breitcnausdehming
der Kolonie noch mehr eingeengt und die britische
Grenze dem eben neu aufldübenden Jeudi in lästiger
Weise genähert würde. Die alte Dagombahnuptstadt hat
«ich in der kurzen Zeit, dafs sie unserer Herrschaft unter-
steht, um nicht weniger als 800 Häuser vermehrt. Sie
zählte um die Mitte des Vorjahres 2S00 Wohnstätten
und eine lebhafte, handeltreibende Bevölkerung, die
rait dem deutachen Regiment augenscheinlich sehr zu-
frieden ist
Zum Glück haben wir in ganz Togo selten über Pu-
botmafsigkeit oder Böswillen hei den Schwarzen zu
klagen. Nur in dem Bezirke Sokode-Bässari kam es
diesmal zu einigen Zusammenstöfsen, die aber bald bei-
gelegt wurden. Im übrigen wunle die Rübe nirgend
gestört, und die Eingeborenen leisteten ohne Wider-
»trebon die von ihnen verlangten öffentlichen Arbeiten,
lu einzelnen Fällen zeigten sie bereits so gutes Verständ-
nis für die Rudmitung besserer Verkehrsmittel, dafs sie
mehrere Verbiudiingswego aus eigenem Antrieb« erbauten.
Dabei darf man indes nicht vergessen, dafs Togo, um
Thormählens Wort vom Kolonialkongrets zn wieder-
holen, über „eine sehr zahlreiche und aulscrdem für
Neger merkwürdig arbeitsame Bevölkerung verfügt“. Mit
diesen I^euten lülst sich daher manches erreichen, was in
Kamerun z. B. vorderhand eine Unmöglichkeit ist. Die
Togoneger wenden sich freiwillig der Einführung neuer
Kulturen zu. Sie offenbaren für den Anbau von Baum-
wolle und Kakao das lebhafteste Interesse, besonders
für Kakao, dessen Pflege sie nach den glücklichen I'j'-
folgctt ihrer Nachbarn von der englischen Goldküst« jetzt
mit vielem Eifer betreibun. Man könnt iin rogenreicheren
Binneuinnde manchen schwarzen Bauer, der das Kilo-
gramm frinrher Kakaobohnen zur Aussaat mit 7 bis
8 Mark bezahlte, nur um sieb auch eine kleine Plan-
tage cinrichtoD zu können.
Diu BaumwoUeuziicht ist durch das energische Vor-
gehendes Koloniaiwirti-chaftiichcn Komitees aufserordent-
lich gehoben worden. Die Versuche am .\gu, worüber
wir vor Jahresfrist liorichteten, haben eine weitere .\us-
debuung erfahren, so dals man jetzt fllM>r die beste
Pflanzzeit, nämlich im Juli, sicher unterrichtet ist, dafs
man ferner die Arten erkannt zu habim glaubt, die sieh,
entweder rein oder gekreuzt, für Togo am meiste«
empfehlen. Da Klima und Boden durchaus geeignet
sind, uud die Neger überall Fähigkeit und Willen lie-
kunden, so steht demnach dor Einführung des Baum-
wollbaues al» Volkskultur nichts mehr im Wege. Nur
mufs man sich vor zu grofser Eile hüten, womit der
Sache nur geschadet werden könnte. Vom Kaffee, einst
«o hoffnungsvoll oingeffihrt, hört man heute gar nichts
mehr; es sei denn, dafs die Bremer Misaionare in Ho ihre
dortige Pflanzung noch fortsetzen. Auch mit dem Tabak
sieht es kaum vurheifKungsvull aus, und nur die Kola-
Anlagen haben sich zutu Teil recht gut entwickelt.
Wichtiger als diese schwankenden Experimente sind
jedenfalJK die Bestrebungen zur «mfangroichen Auffor-
stung des Landes mit Nutzhölzern. Der sandige Küsten*
bodun läfsi sich mit Kiisuarincn, die Lnteritzone und das
sonst noch freie Terrain mit Teakbäumen und dem vor-
trefflichen einheimischen, termitensicheren Odum ohne
sonderliche Mühe und Kosten anforsten. Zur Vornahme
der Probepflaiizungen und Vorstudien diuueu dio Ver-
suchagärtcu in Lome, Klein-Popo, Mangu, Jendi und
Bassari-Sokode , die je nach Lage auch Gummi- uud
Guttapercbagewächsc, Silsalagaven, Bainbuseii, Ölfrüchte,
.OOglL
296
H. Sd!.: Togo im Jfthre 1902.
!*owie die Ter«cbiedotihton Obst-, OemüKB-, Gewürz- und
(letreidearton zieht'ii. Nicht ganz befriedigend macht
Mich die Kuko8|>aluio, deren Gedeihen an der Künte durch
Schitdlingu mehrfach iHjeiütrÄchtigt ij*t. IHe grnfse
Plantage Kpemc hat t. R durch Na.‘’hornkäfer und
SchUdlftui>e empfindlich gelitten, bis ea gelang, dieSblren-
friede nachhaltig zu bekämpfen.
Soll auH all dieaem Stroben endlich greifbarer Nutzen
entspringen, ao int der schluuuigo Hau einer £i»en*
bahn nach dem Imtcrn, zunuchat bU Paliuie, unterhalb
Mii>ahöhe, das erste und dringendste Krfordemis. Mit
Hülfe der Kisenbahu kennen wir die Massen von I'nlmöl
und Palmkenien, die jetzt schon wenige Tagereisen land*
einwärts dem Kzport entzogen bleiben, mit Leichtigkeit
zur Käste schaffen und so di« Ausfuhr wcsentUcb er-
hoben. Nur mit der KUunlmbn können die Produkte
der Volkskuliuren schnell und billig an die Schiffe ge-
langen, dafs ihr Verkauf hinlängliche llenten gewähr-
leistet. Mit den Landstrafsen, seien nie auch, wie in
Togo, während der trockenen Jahreszeit für .\utomohile,
Fahrräder und Wagen passierbar, int es auf die Lauer
nicht gethan. Soll die Kuiouie, um ganz niatonell-kapi-
tnlistiBch zu reden, ein nK^tes Geschäft** werden, dann
dürfen wir mit der Ki&enbahn nicht länger hintaubleiben.
Rechts und links von uns wird bereits fleifsig gebaut,
auf der englbschen Goldkäste sowohl wie iiu französischen
Labome, und nur wir Lautsche liegen still.
La die Regierung mit Rücksicht auf den Kiücbstag
zurückhaltend war, so hat das Koloiiialwirtschaftliche
Komitee die Initiative ergriffen und bereits die Tracic-
rnugsarheiten für die llinnenhalin vorDohmen lassen. Nach
dem Ueriebt des leitenden Ingenieurs wird eine Linie vor-
geschiageii, diu sich zuui Teil östlich der alten (Fahr*)
Strafse hält, also mehr iu der Richtung der Wasser*
scheide, um die sumpfige Gbincbcn« und einige unnütze
Steigungen zu vermeiden. Aulserdem rückt die Hahn auf
diese Weise näher an das regenreiche Agugebiet, wo die
naumwolicnpfianzungen des Komitees liegen.
Ler Post* und Tclographon*, bezw. Telephon-
dienst zwischen dun Küstenpluizcu, sowie der Kabel-
anschlufs über See hinaus sind seit einer Reibe von
Jahren in geregeltem lletriebe. Neu ist für 1902 der
Inlnndieiograph nach Palime, der mit dem 1. Januar
1903 eröffnet wurde. I4rüid«r harrt <lie schon so viel
besprochene und sehnlichst erwartete I.andungsbrücko
bei l^me noch immer der Vollendung. Hüffen wir, dafs
si« wenigstens in diesem Jahr« fertiggustellt wird! St«
ist für den Personen- wie für d»>n Güterverkehr das
dringendst« lludürfuis.
Der Handel Togo» zeigt wieilerum ein sehr erfreu-
liches Steigen. Iletriig fär 1900 diu Kinfuhr 3,52 Mil-
lionen Mark, die .\usfuhr 3,00 Millionen Mark, oder
zusammen 6,58 Milliotion Mark, so lauten die ent-
Mprechundeu Wahlen für 1901 schon 4,72 Millionen Mark,
3,69 MUlionuii Mark und 8,41 Millionen Mark. Ler Kx-
port zeigt in den meisten Rubriken eine Zunahme, Ins*
HonderN bei Palmöl und Palmkeruen; dagegen hat die
Guuiuiierzengung um mehr als ein Drittel abgenommun,
sowie anderseits unter den liiijmrtgütern der Zustrom
von .\lkohol. Im Jahre 1895 gingen nach Togo norh
1134500 Liter Spirituosen; im Jahre 1898 war dien
Quantum auf 761300 Liter gesunken, um dann für
1899, d, h. vor Kinffihrung der erhöhten Zt'iUe, wieder
auf 1054000 Tntur emfiorzuscbnelleii. Für 1900 finden
»ich aber nur 763000 iuter und für 1901 etwa 850000
Liter in den Kinfuhrlisten. Sehr gehobun bat sich der
Bedarf an Baum wollen waren, die 1001 mit 1370000
Mark zu Huch« stellen oder 390000 Mark mehr als im
Vorjahre. Da« spricht deutlich für die gesteigerte Kauf-
kraft dos I«andu», die mau aufi^rdem an dem stetig
wachsundmi Import von Seifen , Parfümerien , Luxuh*
artikclu, Seide u. a. w. erkennen kann. Soweit sich der
Handel von 1902 übersehen läfst, fällt die» Jahr iu vieler
Hinsicht noch besser aus; denn dio vorläufigen Nach-
weisungeu im „Kolonialbtatt** verzeichnen eine blinfubr
von 6,240 Millionen Mark und ein« .\usfahr von 4,194
Millionen Mark, oder insgesamt 10434 Millionen Mark.
Das buloutet im Vet^leich zu 1899 eine Besserung um
nahezu 100 IVozent,
Dementsprechend sind auch die Selbsteinnahmon
der Kolonie nicht zurückgeblieben. Sie beliefen »ich
1901 auf rund 990000 Mark, konnten daher für das
neu« Ktabijahr ohne Bedenken um 100000 Mark höher
angesetzt werden. Auch diu Zahl der Weifsen hat zu-
genommun, so dafs um dio Mitte 1902 an Fremden
160 Personen anwesend waren, davon 150 deui.'^cher
Nationalität. Diu Regierungsgesobäfte leitete nach «lein
Tode des Gouverneurs Köhler sein Stellvertreter, der
kaiserliche Regierungsrat Waldemar Horn, der »eit
1897 im Kolnnialdtensc tätig ist und gegen Kndu 1902
definitiv zum Gouverneur von Togo «ruanut wurde. Kr
befindet sich gegenwärtig, .\pril und Mui, auf einer In-
spektionsreise durch die Kolonie.
Von Bedeutung für die Zucht und Haltung der Haus-
tiere, insbesondere der Rinder, versprechen die Arbeiten
des Hegieningsarztes Dr. Schilling zu werden, dem o»
gelungen i»t, gegen diuSurra* oderTHotsenieguukrankheit
eine Schutzimpfung zu finden, deren Resultat« zu weiterem
Vorgehen entschieden ermutigen. Wider die au» den eog-
lischen uml französischen Greiizbezirken eingeschleppteu
Blattern wurde teils durch Absperrung, teils durch
Vaccinaiion mit Nachdruck eingesebritten. Um die Weif.ten
— zunächst in Lome — von der Malariaplag« tunlichst
zu liefreien, schlug RegierangMarzt I)r. Beyer mit Be-
zug auf dio Krfahruugen iu Lagos eine bmtseuehung
der Hauptstadt vor, diu or mit dem geringen Aufwmido
von 8000 bis lOOOO Mark zu bewerkstelligen hofft.* Und
wenn es das Doppelte und noch mehr kosten soUte, so
wäre da» mit Rücksicht auf den gesundheitlichen Nutzen
in kriuor WuUo zu teuer.
Kudlich ist noch ein erhehlidiur ForUschritt auf kar-
tograpbischem Gebiete zu vermelden, nämlich die
Herausgabe des von P. Sprigade im Auftrag« der
Kohmialabteilung des Auswärtigen .\mtcs bearbeiteten
Südblatte» „Ijomo“ der neuen, auf 10 Blätter bemessenen
grofsen Togukarte. Schon dies« er»te Sektion verrät in
allen Stücken gegen die frühere, au sich schon aufsur-
ordentlich dankenswerte Kurte de» südlichen Togo» (lieroits
1896 erschienen) ganz überraschende Vorzüge. Den
richtiguTi Einblick und volles Verständiii» für diese li«i-
stiing gewinnt man aber nur dann, wenn man Gelegen-
heit hat, das überaus weitschichtige und innerlich so un-
gleichartige Urmaterial und die darauf buruheoden
Vorkonetruktionen zu siudiereti. Von sonstigen wissen-
schaftlichen Publikationen aus der Kolonie ist leider
nicht viel zu sagen; hier gähnt ein böser Iliatui, den
»ulbst (He vortrefflichen UnterMichiingen mehrerer Mis-
sionare zur Volks* und Sprachenkumio Togos nicht zu
schliefsea vermögen.
H. sau
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Oentz: Kinigo Beiträge zur Kenntnie (lor lüdweztafrikeniichen Völkersebafleu.
2!»7
Einige Beiträge zur Kenntnis der sfidwestafrikanischen Völkerschaften.
Vi»n Ijf’utnaiit Gents.
Nach üing;ehender Ourcbaicht der Werke von Fritsch,
V. Hellwald und Schinz*) habe ich von meinen Tage-
buchaufzeiclmungen und Skizzen im Folgenden dasjetii^
snsaiiiujengesteUt, wa.n als noch nicht bekannt ange-
noinnien vrerdon darf und nur in vereinzelten Fällen
schon Bekanntes wtuderhult, wo mir eine Buatätigiing der
von dem einen oder anderen Forscher gtdjrachten Bar*
Stellung — suuial wenn dieselbe auf Widerspruch gti-
stofaen war — notwendig schien.
Das interessanteste und auch heute noch trotz der
immer weiter vordringenden Besiedelung von der euro-
päiaefaen Kultur noch fa-st nicht beeinHufste Volk Süd*
westafrikas sind zweifellos die Buschleut«', die, sich scheu
vor der ßerührung mit Kuroj»aorn in die wasserloscu
oder wasserarmen Sandsteppeii der Kaluhnri zurück*
ziehend, ihre Ursprünglichkeit in Kleidung, Ausrüstung,
Sitten und Gebräuchen zum gröfaien Teil fast völlig frei
von europäischem KinRuts erhalten haben.
Ich bin sieben Monate an der äufsersten Ostgreiize
Deutscb-SüdwtistafrikaH am Kiindo der Kalahari gereUt
und habe infolgedessen häufig Gelegenheit gehabt, mit
Buschleutcu in Berührung zu kommen. Was ich im
Folgenden über die Buschluutu sage, beschränkt sich aber
stets auf die Buschleute in der Gegend zwischen Gobabis
und Rietfontijn au der Westgrenze der Kalahari, da ich
nur diese Stämme kennen gelernt habe.
Bio von mir hesuchten Buschmannwerften lagen
stets in dichtem Borngestrüpp etwa eine halbe Stunde
von der nächsten Wasserstelle entfernt. Biese für die
WassurheschaSuiig unbequeme I>ago erklärt sieb leicht
aus zwei Gründen:
l. der grofseren Sicherheit vor plötzlichen Ülmr-
raschungen durch Kuropäer oder andere Kingeborene
und '2. aus dem Bestreben, das in mcUeuweitem Um-
kreise auf die Wasserstelle nngcwiesetie Wild möglichst
wenig zu beunruhigen, um ee )>eiui Trinken dann um
SU leichter überraschen zu können.
Währtmd bei den llotkeutotteu die zunehmende Ver-
breitung von FeiierwaRen Bogen und Speer vollständig
verdrängt hui, und heute der eingebildete Hotteutott
auf den Jagdzug oder selbst in den „Orlog*' Heber un-
bewaffnet mitzieht, als sich der von ihm verachteten
Bewaffnung der Buschlouta zu bedienen; während auch
unter den llerero.s Bogen und Pfeil nur noch bei den
ärmsten Feldhereros uml auch I>ei diesen nur noch zu
Jagdzwecken und in lüderlicber Ausführung gefunden
werden, ist dor Buschmann der althergebrachten Be-
waffnung auch bis in die neuste Zeit treu geb)iel>cn.
lui Gegensatz zu Fritsch, der die Bogen der Busch-
louto als „roh gearbeitef* bezeichnet, mufs ich licrvor-
heben, dat« ich di« Bogen stets — wenigstens iui Ver-
gleich zu denen der Hereros und selbst der Ovamhos —
sorgfältig gearbeitet fand. Ich habe selbst sieben Busch-
nisnnhogen mitgebrscUt, von denen sich sechs Jetzt im
Museum für Völkerkunde in Hamburg befinden. Alle
sieben aber zeigen eine gloicbmätsig Mirgfältigo Aus-
fühnmg. Auch fehlt l»ei den Bogen der Kalahari-Husch-
iuute der von Fritsch (S. 431) erwähnte „vorspriiigende
') I)r. OuBtav Fritsch, Die Kingeborenen Südafrikas;
Friedrich von Hullwald , NaturgeBctaichte des Menschen : l>r.
Bans bebinz, Deutsch-Rüdwostafrika.
Glubiu UXXXIII. Kr. 19.
Zahn*^ an dem einen Knde, um welchen die Sehne mit
einer Öse gehakt wenlen eoll. Biu Kalahari-Buschleute
l>efestigeu die Sehne einfach an beiden Kndun durch
mekrfacbes Umwickeln und Verknoten.
Abweichend von den von Fritsch und Hellwald ge-
gebenen .-Vbbilduugen von Buschinannpfeilen aus anderen
Teilen Südafrikas, habeich bei den Bu.«'chleuten im Nord-
ostdistrikt der Kolonie nirgends Pfeile mit zugespitzteii
Stnhlspitzcn gefunden. IHe Form der Stahlspitzeu war
«teU eine vorn abgepflachte, etwa .“patenförmige (Abb. 1).
1 b
?
Abtk 1 » und
a Kohrpfeile mit abnehmbaren
HornspUzen.
ti Vergiftete Stafalspitzen von
Baschmannpfellen.
la aatärl. Giübe.
Viel häufiger als di« mit Kisenspitzen versehenen
sind jedoch noch Pfeil« mit Knochnnspitzon zu finden,
die im Gegensatz zu den anderen aus zwei auseinander-
nehmbaren Teilen zusammengesetzt aiud. Während bei
diesen der angeschärfte und vergiftete Teil der abnehm-
baren Spitze steU innerhalb des Kohrschaftes getragen
wird und nur kurz vor dum Gebrauch richtig, d. h. mit
dem vergifteten Teil nach aufsen. aufgesetzt wird, ist
bei den von mir an das Museum in Hamburg abgege-
benen Pfeilen mit Stablspitze die Spitze nicht abnehmbar.
Ich habe auch als Kegel gefunden, dafs im Köcher
diu letzteren mit der Spitze iiuclt oben getragen werden,
während die anderen umgekehrt im Köcher stecken; so
dafs der Buschmaim schnell ohne langes Sueben einen
von dieser oder der anderen .\rt nach Wahl verschietsen
kann.
Fritsch erwähnt (S. 432), diifs im Museum für Völ-
kerkunde in Berlin aufsur den guwölmlichen mit hüseu-
oder Knochenspitze versehenen auch ein Buscbmannpfeil
sei, an dem eine kleine Glasscherbe die Spitze bildet.
Ich bab« wiederholt auch BuRchmannpfeile gefunden, an
denen di« sonst aus Kiu>chen (meist StraufaeiikmH^hen)
gefertigte Spitze aus Holz bestand und ein solches
Fjxemplur auch für das Museum für Völkerkunde in
Hamburg mitgebraebt Bic Fabrikation und Anbringung
des Giftes an den PfeU.«*pitzeii ist sehr verschieden. Iler
mir persönlich gut bekannte Forschuiigsreiscndo Br.
Theophilus Hahn in Ku]>.*‘Gult erzählt, dafs die Busch-
leute Imufig das Pflunzungift, das sie zum Vurgifteu der
Pfeile benutzen, mit dem klebrigen Saft einer Kuphor-
38
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29d
Gcutz: Kiiii];e Kt^nntnia der sudweatAfrikanisohen Volkeraohaftoa.
bienart (1^. cuudelabra) mi^cben, um ihoi fn’ütnere
Zäbif^keit und Adbä.-ion zu vorltulien. THe Huachlcute
im Nordastdi-strikt, iu dom Rolrhu Kuphorbimi nicht mehr
vorkomiuun, Lemit^eu dazu dna unter dem Namen „lloira'*
bekniiuto Harz einiger Akaziouarlon (A. horrida, A. deti-
nens). Kin um eiu Stä)>cben
geklebter Klumpen des mit
Ueirn gemischten Pfeilgiftes
fehlt seiten in der Keisetasclie
der kiesigen HuKchlHute. Die
Yoti Fritsch beobachtete Art
derOifthtistrcichiingdei* Pfeil*
»piizeu in Spirillen oder Rin*
gen oder reibenweiae nuge-
ordnetcu Punkten habe ich
nicht gefunilen. An den von
mir gesiimmelten Giftpbdlen
bildete diu schwarze bis
sebwarzbraune vergiftete
Hoirauia»»e stets einen dicken,
gleicbmtifsigen, etwa 10 cm
langen Überzug der Spitze,
dagegen war der Äiilserste
angeschärfte Teil bei den
mit Stablspitzen versehenen Pfoileu stets von dum Gift*
bczuge frei.
Die Pfeile werden im Gegensatz zu der Gewohnheit
der Feldhereros in einem Kocher getragen. Neben der
bei Fritsch und auch Ihh v. Hellwald ahgeliildoten Art
der Köcher habe ich au der Kalahari häufiger m>ch eine
andere in Abb. 2 dargestellte getundeu, die au» oiiiutu
weichen länglichen Sack von gegerbtciu Wildleder besteht
und All einer dünnen i.ederschnur umgehängt getragen
werden kann. Abb. 2 zeigt Itogen und Köcher zn-
sammeugescblungen, wie sie über der linken Schulter
getragen werden. Gewöhnlich aber tragen di« Kulahuri*
liuschmänner auf ihren Jiigilzügtm noch einen besonderen
in .Vbb. 3 dargestullten FulUack von dreieckiger Form,
in dem aufser dem Roguii und dem mit Pfeilen gefüllten
Köcher noch Feuerzeug,
der Stab mit l^feÜgift,
Rühr und Knochen*
Splitter zum Auferti*
gen von Pfeilen, eiu
mit einer Rille verse-
hene» Stuck Thou-
schiefor zum Annchlei-
fun der knöchernen
und eiscnieii Pleil*
apitzeu, der Kirri und
manches andere auf*
bewahrt wird. Kiiiou
groben Schnitzer macht
Fritsch meines Krarh-
tuus auf S. 436, wo er
sagt: „Dur Bogen wird
vom Schützen beim
Schierscii in fa.**t hori-
zontahu' Lage gehalten,
wie das Spielzeug euro-
päischer Kinder. „Ich
habe deu Bogen nicht
nur bei den Busch*
leuten, sondern auch
von den Feldhereros nie
anders al» in .«»enkrech-
ter T^age halimi .selien.
Jn Abb. 4 Iiabu ich
die genaue Haltung von
\Uh. 3 .
llaschmaiin von Xakani
bei Gobabt» mit JngdansrflMtiuig.
(Fellmütze, FeUsnek mit Rngvn
Kocher und kleiner Umhänge*
tascltH, Schutzfeil gogun Kälte.)
Händen und Fingern beim Spannen ilen Bogens wiedor-
zugeben vor.»ucht. Dabei ist zu bemerken, dafs die
BuRchleute die Sehne beim Spannen mit dum Daumen
und zweiten GUede des Zeigufingurs «rfasseu, während
d«r Herero siu gewöhnlich mit dem Galonko zwi»cheu
dom ersten und zweiten Gliedo dus Zutgu* und Mittel*
Etugers aiiziebt.
Während die Buschleute Bogen und Pfeile mit grofser
Geschicklichkeit und in verhältnismätsig kurzer iCeit
seihst anfertigen, beziehen die im Distrikt Gobabia ihr«
Speere nach eigener Angabe von den Buschlunten dos
nördlichen Hererolande.» gegen andere Tauacburtikcl, von
denen sie auch ihre hölzernen SchüHselu erhalten, diu sie
ubunfallK nicht selbst anzufurtigen verstehen.
Bestätigt fand ich wiederholt, was Fritsch und auch
Schiuz Von der geringen Truffsiehurhuit der Buschleute
im Bog^nschielacu erzählen. Dagegen erregt« es stets
Abh. 4. Abb. 5.
S»
a 9 1 b
Abb. 4. Haltmig der Hände beim Spannen des Bogeua«
Abb. 5. a Oberes Ende eines Stockes zum Springhasen*
fang; b Klrrl.
mutue ßowundening, mi t welcher absoluten .'Sicherheit
die Buechlcnte einen mitten in den dirhtestcu Buschwald
abgeschossoiion Pfeil in w'enigen Minuten wieder auf-
zufinden vermögen.
Kill Jagdwerkzeug der Busehlcute, das ich in keinem
der angeführten Werke erwähnt gefunden habe, und da»
doch häufig von ihnen angewandt wird, ist ein etwa 4
bis 5 in langer, dünner Stock, der ans mehreren Teilen
zusummetigc>icizt wird (Abh. Tmi) und an dessen Spitze
ein als iderhaken ungebrachtes, von der äulserou Schale
befreites und zugespitztea Spriugbock-.\ntilopenhoru be-
festigt Mit die.fcm Werkzeug*) fahren sie in den
Bau des „Springhaseii“, einer unserm Lampe nicht un-
ähnlichen Hasenart, die gleich unseren Kaninchen in
Krdlöchem lebt, und bringen den Bewohner, wenn er
zu Hause ist, regelinäfsig auch an das Tugeslielit.
Grofse Geschicklichkeit heKitzen die Buschleut« In
dem Anfertigen und .\ufstellcu von Wildschliugeu und
Fallgruben. Ich liabe luir wiederholt das Anfstellen
solcher Schliugei) vurmucheu lassen und die gehräueb-
*) Kin Kicttii^ar iiu Mu». f. Völkork. iu IfRinburg-
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290
Gentx: Kiui((e xur KeoDtniii der iödwestftfrikanixchen Völkemehaften.
liebste Art in der nebeDeieheudeu Abb. 6 wiederxn^ulKin
versucht. Die Blätter einer Sanseviemart, di© Schinz
als S, thyrsiflorii 'Hiunb. bezeichnet, werden in grünem
Zustande geklopft, darauf von der Mitte ab erst nach
dem einen, dann nach dem anderen Knde mit einer
Knochourippu odur ©iiiciu flachen Stück Holz geschabt.
Schnur n, die non ihren Halt verloren hat, läfst den um-
gebogenen Butim frei, der zurQckitchnoliend die an dem
Bein des Wildes einen Halt findende Schlinge zuxieht und
das Tior gefangen hält, bis der Buschuiaun es mit einer
Anzahl Seblüg© seines bub burieiu Holz geschnitzten Kirri
(Abb. 5b) auf gratn^amu Weisa vom Leben zum Tode be-
bis die grüne Oberhaut vollständig entfernt ist und nur
diu weifsen Strähnen übrig bleib<*ii, die getrocknet werden.
Bei der Verarbeitung wird dieser strähnige Uück&tnud
gawühulich mit Sptdchel — - e(wa.s nngefeuchtet und
durch IltU' und Herrollen mit den flachen Händuu auf
dem nackten Oborschunkel zu Strähnen zusammeugedreht,
deren Stärke sich nach dem /weck der zu verfertigenden
Schnur richtet. Je zwei i<ulehur Ströhnen werden auf
dieselbe Weis© zu einer Schuur ziisammengedreht. Die
ganze Arbeit wird — meist von den Weihern — mit
den Händen ausgeführt. Kin Seilerrad oder eine ähn-
liche Vorrichtung, wie unsere Seiler ml© haben, kennen
die Buschleute nicht. Da diu SaiiHuvirra nur ein sehr
kurzfaseriges Werg giebt, besiubi eine Schuur aus sehr
vielen Teilen, was jedoch ihrer Haltbarkeit keinen Ab-
bruch thut.
Die Konstruktion der in Abb. 6 wiedergegebenen
Wildschliuge ist folgende: Kine etwa 4 bis 5 mm starke
Schnur (n), die an einem Knde in eine cinfochu Schlinge
au^Iäuft, wird mit dem anderen Ende an einem stark
abwärts gebogenen elastischen jungen Baum oder Zweig
(h) befestigt. An dem mit der Schlinge versehenen
Ende der Schnur u ist eine kleine dünnere Schnur (c)
mit einem Querhulzchen (d) angebracht. Die Schnur c
wird um einen schräg in die Knie getriel>«ncn kleinen
Pflock (e) gelegt und durch einen gegen dtm freie Ende
des Qucrhblzchens <l ge.HtemmtcK, niichus, unter dom
HHii
Abb. 7. Fenerzeuf der Kalaharl-Bnschleate.
Boden eingegrabenes Holz (/), über welches die Schlinge
kreisrund auf den Boden gelegt wird, am .\bgleiten ver-
hindert. Das Wild, das seiner gewohnten Bahn zur
Wasser- oder Brak- (Salz) Stolle folgt und durch ubge-
scKlagcmc und zu beiden Seiten der ausgetretenen Bahn
gelegt« Doruzweige am Abbiegen vou der Spur ver-
hindert wird, tritt auf das dicht uuter dem Boden liegende
Stäbebeu /, das dadurch aus seiner Lage kommt und das
Knde des kleinen Querhölzebens d fahren lälst. Die
fördert. Für die verschiedenen Hühnervögel, Tauben u.a.w
fertigt der Buschmann ähnliche Schlingen aus dünnerer
Schnur an, die eben.io aufgestellt werden, mit dem Unter-
schiede, dafs hier die Schlinge nicht auf den Boden
gelegt wird, sondorii durch kleine, in einem Kreis« in den
Boden gesteckte Stäbchon etwa 2 bis fl cm über dem
Boden gehalten wird, ln die Mittu des Kroiae«, auf
das lose mit Sand bedeckte Stäbchen / werden einige
Maiskörner oder Beeren gelegt. Sobald der betreffende
Vogel diese aufpickt, bringt er das Stäbchen / aus .*<einer
Lage und sitzt mit dem Hals in der Schlinge.
Selbst ohne jede Waffe weiL der Biisohmann dem
Wilde noch mit Erfolg nachzustollen. Ein auguschos.Hu-
iies Stück Wild entkommt selten dem seiner Spur fol-
genden Buschroann. .\ber auch ein gesundes Stück er-
liegt wie ich zwar nicht selbst beobachten konnte,
aber wiederholt habe von einwandfreien I^euten erzählen
hören in der heifsuti Zeit häufig den vereinten .\n-
atrenguugen mehrerer Buschleutu. wenn es diesen gelingt,
da» Wild in dem während der Mittagszeit der Sommer-
monate glühend heiTsen Dünensand eine Zeit lang zu
verfolgen. Das Tier läuft .sich dann, wie ronn es bei
Hunden und unlieschlagenen Zugorhsen häufig beob-
achten kann, ln dum heiLen San<l die Fufs« wund und
Abb. 6 . BDschinanawolb Feuer machend.
wird dadurch an dor Fortbewegung verhindert und ein
Opfer seiner V'erfolger. Während diu Buschluulu ge-
wöhnlich ohne Kopfbedeckung guhou, tragen »ie zur
Jagd meistens eine selbstangufertigte Mütze aus Tier-
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3U0
Goutz: Kiaii^e HeitrAge zur Konntnia der lüdwestafrikkoiachen Völkeraohaftea.
felP), mit den Haaren nach aufsen» die ihnen das An-
sekleichen an das Wild erleichtern soll.
Während bei <ien Hereros und IlotteutoUen, selbst
in den entlegensten Teilen unserer Kolonie unsere Slroich*
hölzer oder wenigHtens die sogenannt« nTundeldus«'*
schon seit Jahren überall l'lingang gefunden haben,
bilden das gebräuchlichste Feuerzeug
bei den Buscblouten immer noch die
beiden FeuerstAbe. Fritsch sowohl wie
Sehiiiz geben an, dafs das Feuerzeug
der Iluschleute ans zwei verschieden
harten Ilrdzern besteht. Ich halte das
für einen Irrtum. Ich habe drei solcher
Feuerzeuge mit nach Deutschland ge«
bracht'). Bei olluii dreien aber Iwstebun
beide StAbc aus gleich weichem Holz
derselben Hanmart Fritsch beschreibt
(S. 439) das Hiiscbroannfeiierzeug folgen-
derroafsen ;
„Der Apparat besteht aus einem
dünnen Stock von hartem Holz, der unten
etwas ausgeliöhlt ist, und einem scbtnalen
fiacbeii Stück weicheren Holzes, in
welches kleine Vertiefungen gegraben
nind. Das letztere wird mit dem Fufs
auf dem Hoden fixiert und alsdann das
St&bchen nach Art eines Quirl so lange
heftig in der Vertiefung gedreht, bis
ein wenig dazwischen gelegter Zunder
zumGlimnten kommt u. s. w.** Schinz erwähnt das Feuer-
zeug (S. 165) als aus zwei Stdeken verschieden harten
Holzes beotehend, beschreibt jedoch seine Handhabung
nicht.
Ich habe l>oi den Kalahari-Duschieuten eine von der
von Fritsch boscbriebeiicn abweichende vVrt des Feuer«
luacbens häufiger beobachten künnen; das Feuerzeug
l>estcht dort stets aus einem dickeren und einem dün-
neren Stah derselben Holzart (.\bb. 7). In den dicke-
ren .Stab wird eine Kerbe geschnitten, der dünnere
an seinem unteren Knde balhkugelföriuig abgerundet
(also umgekehrt wie hei der von Fritsch beschriel^enen
Art). Der dickere Stock wird vermittelst des Fufses
und eines dritten Holzes am Hoden gehalten, der dünne
Stab mit der .\briitidung in die Kerbe gesetzt und durch
die quirlend von oben nach unten gleitenden Hände in
Abb. V.
Buschmann mit WassersHcken
und KIitI.
des Stabes. Sobald das Holz zu qualmen beginnt, drückt
ein Helfer etwas trockenes tiras dicht auf die Herübruitgs-
sttdlti der beiden Stäbe und beginnt das F'euer durch
Pusten auzufachen. IHe ganze Prozedur dauerte mit
zwei mehrfach schou in Gebrauch gewesenen Hölzern
einige Minuten.
An IIau.Kgeräten fand ich hei tien
Kalahari-Huscbleuten aufser den zum
WasHeriransport dienenden hohlen
Straufseneiern noch aus dem inneren
Hauchfell eines Tieres hergestellte,
einer .Schweiushlase nicht unähnliche
WussersAcko, die an der Öffnung durch
einen Holzknebel und Dedersebnor ver-
schlossen werden *) In leerem Zu-
stande ist der Sack vollständig hart.
Soll er gefüllt werden, so roufs er erst
kurze Zeit unter Wasser gelegt werden,
um uufzuweichuu. Gefüllt hat er die
Gestalt einer Kugel. Diese Säcke fassen
oft 5 bis 6 Liter. Zum Wasserholen
zieht gewöhnlich die ganze Werftl>e-
wobnerachaft, ausgenommen die er-
wachsenen Männer, mit NämtUchen ver-
fügbaren Wasserbehältern zu der meist
eine halbe Stunde von der Werft ent-
fernt liegenden Wasserstelle. Die Wasser«
aäcke und Straufseneier wcrdcu ent-
weder in selbstgefortigien , geschickt
geknüpften Netzen o<ler in Fellen zwischen Gras verpackt
auf dem Rücken getragen, die Wassersäcke auch zu
jo zweien am Kirri befestigt auf der .S;hulU*r (.■^bb, 9).
Die Straiifseneier dienen den Huschleuten auch zur An-
lage künstlicher Wasserstellen in den „Durststrecken'
der wasserarmen Steppengegenden, indem eine .Vnzahl
derselben unter dem Sande verborgen wird. Ich habe
mir wiederholt von Jägern und Schutziruppeusoidateii
erzählen lassen, data die Huschleute, selbst bei .\ndrohung
von Todesstrafe, häufig uicbt zum Verrat der nur ihnen
meist bekannten natürlichen oder künstlich angelegten
Wns.Nerstellen zu bewegen sind. Das einzige Mittel für
den Kuropäer, zu Wasser zu gelangen, bleibt, dann in
Fällen der Not nur das. einem Huschmann, dessen er
Abb. 10a bis d. Töpfe der Buschleute und Hereros.
schnelle Drehung gebracht (.\bb. 8). Diese Heweguiig
ist nicht eine fortgesetzte, wie hei dem Quirlen unserer
Hausfrauen, soudern eher dem eines ungeschickten Kindes
zu vergleichen. Sind die Hände au dem Stock ber-
nieilergeglitten, so ent.*<teht eine kurze Pause und die
Bewegung beginnt von neuem wieder am oberen Knde
**) Ein Exemplar im Mus. f. Vulkcrk. iu Hamburg. (Vgl.
Abb. a.i
Abb. II. Junger Uuschtuunn, auf einem Jagdbogen
Musik machend.
hublmft wird, einen Strick um den Hals zu binden und
ihn mitziischlcppen, bis dieser, seihst von Durst gequält,
scblicNlich doch den Weg zu der nächsten Wasserstelle
zeigt.
MessinghülNe mit Zunder, Stahl und Eenersiein.
Ein Exemplar im Mus. f. Vülkerk. in Hamburg.
') Ein Exemplar im Mus. f. Völkerk. in Hamburg.
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I. (toldzibvr: Der Seeleuvufiel im itlainiachen Volksglauben.
.'K)l
Au Flausgerüt fand ich Wi den Ruschleutcn noch
Rache, hölzerne SchQHseln, hölzerne M^rHir und irdene
Töpfe verschiedener GruCsu ').
Die llolzachäsHeln (Abb. 10 a), die in der Form voll-
ständig verschieden sind von denen der Hereros (Abb. 10 h),
handeln sie nach ihrer eigenen Angabe von ihren nörd-
lichen Nachbarn ein. Iho irdenen Töpfe (Abb. 10 d)
sind jedenfalls auch nicht von den llusohleuten selbst an-
gefcrttgt. Sie erinnern in der Form etwas an die hölzer-
nen Omeiratöpfe *) der Hereroa und werden, wie mir
ein llererobnstard erklärte und voruiachtu, folgender-
mafsen fabriziert, hiiii Klumpen weichen und durch-
gekneteten Thons winl öher das nackte aiigefenchtete
Knie gestrichen, so dat» er zunächst dessen Form au-
nimmt. T>abei mufs, um die richtige Form zu geben,
der Unterschenkel dicht an den Oberschenkel geprefst
werden. I>ann wird die Thnnmasse vorsichtig abge-
streift und die Form des Gefäfses durch Kneten mit den
Fingern verbessert und vervollständigt. Schliefslich
werden mit einem Ilolzstäbcbun einfache Verzierungen
eingeritzt. Eine Drehscheibe kennen die Herunw nicht,
bei denen diese selbstgefertigien Tbontöpfo aufserdem
schon meist durch eingeführte europäische Eisentöpfe
verdrängt sind.
^) Siehe Mus. f. Völkerk. i. Hnmburu-
*) Omcira = saure Milch.
Die hölzernen Mörser, diu den Ruschlouten zur /er-
kleiueruug ihrer gewöhnlichsten „Feldkost**, der soge-
nannten „Roainkis*^ (von den Ruacbleuten Ituriii, von
den Hereros ogo-he genannt) dienen, »ind auf den ersten
Rück an der rohen Ausführung als eigenes Fabrikat zu
erkennen (Abb. 10 c). Sie sind roh aus einem Stück
geschnitzt, häufig geborsten und mit Fellen und Leder-
riemen wieder zusammengeschnfirt. Das ('harakterUtinebu
an dun MurKeni ist ein in don Roden eingelassener Feld-
stein. Die ruten Rosinkis werden mit einem aus einom
Stück armdicken Rnumstanimes bestehoudun Schlägel
zerstampft und dann mit Wasser zu einem süfslieb
schmeckenden Drei gerührt.
Resondere Musikinstrumente habe ich — aufser den
später zu erwähnenden Tanzklappern — bei den von mir
besuchten Ruschleiiten nicht gefunden. Dagegen sjneltti
mir ein junger Ruschmann geduldig m» lange auf einom
aU Musikinstrument verwundeten Jagdbugun vor, dufs
ich reichlich Zeit hatte, nuhenstebundu Skizze (Abb. 11)
anzufertigen. Das eine Endo des im ausgestreckten
linken Arm gehaltenen Rogens wird in den weit auf-
gesperrten Mund gesteckt. Mit einem zwischen aua-
gesöektem Daumen und Zeigefinger der Rechten gehal-
tenen starken Grashalm oder dünnen Stäbchen wird leise
auf die .Sohne des Roguns geschlagen, wobei durch ver-
ttchiüdenu Stellung dos als Rusunauzboden diuuendcu
i Mundes eiuu loise melodische Musik horvorgebracht wird.
Der Seelenvogel im islamischen Volksglauben.
Von 1. Goldziher. Budapest.
ln dun mumiigfaltigsteii Formen beobachten wir im
VolksglaulKm der verschiedenen Völker die Vorstellung,
dafs die vom Körper sich loslösende Soele des Menschen
eine selbständige Existenz in Gestalt eini*« Vogel» oder
eines anderen fliegenden Tieres fortsoizt.
Was aller diesen Glauben die entwickelte Dogmatik
der Ägjpb'r lehrt und ihre Rildereprache verauschau-
licht*), was iui Auscblufs an diesen Glauben in den re-
ligiösen Übungen der alten Kulturvölker zum Ausdruck
gekommen ist *)• stellt sich uns in roherer nnd ursprüng-
licherer Form in den Rerichbm über den Suelenglauben
der Naturvölker dar.
In diesen Blättern bat Herr v. Negeloin^) unlängst
die psychologischen Gesichtspunkte dieser Vorstellung
an einer überaus reichhaltigeu Sammlung von BeiNpielcn
entwickelt*). Im Auschliifs an jene umfassende Abhandlung
erlaube ich mir hier einen Beitrag zu den von Herrn
V. Negelein gewünschten „Spczialhetrachtungnn“ auf
einem bestimmten Gebiete*) zu liefern, wolwi ich
den .Anspruch auf Vollständigkeit von vornherein ablebno.
*) Vgl. Kl>er*, Ägyptische Htudlen und Verwandtes,
8. '201. Stuttgart l»o'i.
*) Nach dem GlauWn der Inder sind die ritarn wäh-
rend der zu ihrem Andenken veranstalteten A'noldha in Oe-
stalt von Habichten und auderen Haubviigeln anweaeiid: man
hütet sich demnach während der Zeit dieeer Feste auf solche
Vi^el zu jagen; a. Revue de l’Uistoire des Heligions,
XXXIX (IS99), p. 251, Anm. über den Totenvi^el bei den
(^inesen, O. Schlegel im Interuation. Archiv für Kth-
nographie, XI (I89H), BOff.
*1 (ilobus, Bd. 79 (1901). H. 357 bis 3til, 381 bis S84.
*) Zur Litteratur kann nt«b verwiesen wenlen auf A.Hö-
vllle, Les religiotis des peuples nou-civiliiu^. 1, p. .388 — 398
(Australien); für Wesibc*mfH>, Bijdragen tot de Taal-,
Land* en Volkenkunde, VI. Volgr., 3. Deel (Wien, 1897),
57 ff.
*) Hier kommen noch ganz besonders in Betracht die
Ausfährungon Alfn-d v. Kremera in den Hiudien zur ver-
gleichenden Kulturgeschichte, 1. Heft (1889), 8. 57 ff.
Auch (len Juden »cheint die Vorstellung vom.Seelen-
vogel nicht ganz fremd gewesen zu sein; freilich bat
sie sich bei ihnen auch nur in einer ganz vereinzelten
sprachlichen Spur erhalten. — Man hat schon früher
versucht*), den talmudischen Ausdruck sippör nafschö,
„der Vogel seiner S««le'* ^), in solchem Sinne zu deuten,
wenn auch in der alten Utieratur kein Beleg für das
VorfaaiidenMein einer solchen Anschauung bei den alten
Hebräern aufbewabrt ist. Für die Ausehauimg der Tal-
mudisten kommt auch folgende» in Betracht. Man läfst
den Kaiser (M. Attreliun) Antoninus folgende J'rage an
den Rabbi Jehüda richten, mit dem er in innigem Ver-
kehr stand: Körper nnd Seele können sich ganz leicht
der Verantwortlichkeit für die Thub-u des Menschen ent-
ziehen. Der Kör|>er könnte alle Verantwortlichkeit auf
die Seele schieben; sie sei der sündhafte Teil, „denn
seitdem sie mich verluxsen. Hege ich im Grabe, regungs-
los wie ein Stein“; die Seele wieder könnte sagen: „Iler
Kiiiper ist es, der die Sünde übt; denn »eitdem ich ihn
verlassen, fliege ich in den f^üfteu wie ein Vogel*)
umher.“ Der Rabbi antwortet mit dum bokauntrn
Gleichni» vom I^ahmcn und Rltiidcn ^), die eiucn Garten
zu ln:wacheu eingesetzt sind >*i).
Viel sicherer konnte man aus den Aufserungen
der heidnisch-arabischen Dichter das Vorbunden-
*) Geiger, «Tüdisehe Keilschrift für Wissenschaft
und Leben, VI (1888), 8. 29.3.
D Hab. B. KamniA. fol. 90b.
•) Im Midrasch rabbah, IjovIi. c- 4. wo die Erzählung
nicht an den Kai)<vr und den Rabbi angeknüpft erscheint ;
,Wie ein reiner Vogel, der in den Lnfieii fliegt-"
*) Der Wettstreit zwischen Leib und Seele wird ganz so
wie im Talmud in der mohammedanischen Litteratur im
Namen des Ibn'Abbäs erzählt und durch das Gleichnis vom
Lahmen und Blinden ausgeglichen, Mufid al-'ulum wa
mubid al-humüm (Kairo 1310), 05 uU.
I '*) Bab. Baiihedrin, f<d. 91a, ganz unten.
^OOgl-
1. Ooldxiher: Hri' Soelfiiivtig«! im iBUmischei) Volksglauben.
3oa
sein der Vorstellung Tom Seelenyogel bet den alten
Ambern folgern •*). In Gestalt einen Vogels {gewöhnlich
al« Kute) TorgoHtellt, umschwebt ilio Seide dun Verstor-
benen, dessen Körper sie boherbt^rgt hatte. lK*r Seiden-
voget stufst Laute des Schmerzes aus. Gehörte er dem
Körper liiiies gewalUai» Krntordeten au , um den man
die Pfliebt der lilutmcbe noch nicht erfüllt hat, so holt
man aus seinem Schreien den Huf nach Tränkung mit
dem Blut des der Blutrache Verfallenen. „In allen
ThÄlern hört man das Geschrei des Totenvogela“ (hftma) **)
bedeutet ho viel als: Ungerächtes Blut schroit nach Vur-
geltiing.
So sehr auch di« Theologen des Islam in ibruu dem Mo-
hammed zugusebriebenen Lebrsätzeu aUKspruchen liofscn,
dafs die Vorstellung vom Toteiivogel eitel sei und sich
mit den Anschauungen des Islam nicht vereinigen lasse,
hat sich der Glaube daran noch in iNlamLcher Zeit lange
erhalten. Mindestens in den Sprüchen der Poeten lebt
die alte Vorstellung noch weiter fort.
Wenn der Islam den Glauben an das Fortlebun der
Seele iti Gestalt der noch Hachu Hchreienden Kule auch
ablehnt, so hat seine eigene Mythologie für die Vorstel-
lung vom SeeleuTogcl im Kiuklang mit seinen eschatolo-
gischen Anschauungen andere Formen ausgebildet. Da-n
heidnische Arabertum kannte nicht ParadieH noch Hölle.
Bie islamiKche Vorstellung läfst die Seelen der Frommen
im Paradies« in Verbindung mit Vögeln weiterJebeu,
diu sich auf den Bäumen des Paradieses aufballen, bis
dafs sie Gott zur .\uferstebiuig wieder mit den Leibern
vereinigt, in welchen sie während ihres ersten hirden-
lebens wohnten'*). Mit .Vnlehnung an Sure 3, v. 163
Ufat mau den Propheten in Bezug auf die in der .Schlacht
hei Ohod Gefallenen versichern , daf.n ihre Seelen in die
Leiber von grünen Vögeln gewandert seien, die Bich
von den vurschitNienen Fruchtgattuiigen des Puradieses
nähren und sich au dun Strömen desselben laben; wenn
sie der Huhu bedürfen , ziehen sie sich in die goldenen
Lampen zurück, diu au dem (iotteHthron uufgehängt
sind ■'). Die Vögel werden dann in der fpätercu Legende
aU eine ( • attung von Sperbern näher bestimmt fzurzür] ‘"l.
Damit Bieht es im Zusauiinenbang, dal» die iin zarten
Altur verstorbenen kleinen Kinder 'asTifir Hl-gaiina,
„kleine .S{>urliitge de» l^aradieses^, genanut werden
Kino feste Tradition über die Gattung der Vögel, welche
die Seelen derFrouimeu beherbergen, gtebics aber nicht.
Bei den von den Schiiten geübten dramatischen Darstel-
lungen des Martyriums der Familie ’AHs werden die
Secloii des Hasan und Husein durch zwei biutboHpritzte
weifse Tauben dargestollt *'*). Am meisten verbreitet
ist jedoch die bereit» Ikü v. Negvlein (a. a. 0., 382, zu
“) Nftldeke in Zeitschr. I). M. ü,, XLl (1687), 717.
Kremer, a. «. 0., 55. Jacob, Altarabiscbes Beduineu-
leben. US, 257.
‘•) Aifhftni, XXI, 190, 18.
Vgl. den Glauben des Amurvolkes der Golde, nach
welchem die tfieele des Meiiocheii vor der Geliort in Gestalt
eines kleinen Vogeb in dem gnifseu heiligen Baum im
Uimiuel lebt, Globus, B«l. 74, H. 271.
Musiiod Ahmed. III, 4S:>; VI, 425; Usd al-gh.iba, V,
Ö09, 623. Bei Damlri t. v. tä'ir, IT, 112 oUm ist ein Beispiel
mitffeteilt von der rohen Art, in der man sich dies vurstellt.
'*) Ibn llischam. 605.
'*) IbeudO'Balkhi. Le Livre de la Cröatiou et de
I'Histoiro, 6d. Ci. Uuart, II, p. 104 ff. (Übersetzung 09 ff.).
An dieser htelle sind die verschiedenen Versionen der Hadith-
auMprüche über diesen Gegenstand reichlich zuttaniiiien*
gestellt.
*0 Musuad Ahmed, VI, 208. Dies Kpithot wird wmet
den 8chwal1>eu wegen ihrer Anspruchslosigkeit in der
näbruiig geg«T«n; Damlri, i. v. chutt.'if, I, .S66.
'*) Paul Honi, Geschichte der persischen Litte-
ratur, 8. 2U9 (Leipzig, Anielatig, lOOl).
Anm. 52 bis 53) erwähnte Vorstellung, dafs die Seelen
der Frommen in grüne Vögel cinhelireu *'*), wahrend
die Seelen der Ungläubigen und SQudur dem letzten Ge-
richte in den Lülieni »chwarzer Vögel entgegenharren
müesen *®).
In Gestalt de» grünen Vogels kehrt di« Seele de«
Frommen auch zuweilen auf Knien wueder, wenn sieeino
bestimmte Mission zu erfüllen hat. Ah der heilige Scheirb
Sa d a!-Haddäd, ein in Sridarahien hochverehrter Hei-
liger*'), dessen GrabeBort in Aden verehrt wird, Btarb
und seine .Anhänger in Zweifel darüber waren, wer vou
ihnen zum Nachfolger de» ver»torbeuen Meistern erwählt
werden »uilie, da versammelten sie sich unter fortwAh-
rendcu frommen Übungen drei Tage lang «m Grabe des
Heiligen; unaufhörlich rezitierten sie den Koran und
hielten Dikr-(rebete ab. Da am dritten Tage erschien
ein grüner Vogel in ihrer Gesellschaft; von dem erwar-
teten sie nun die Kntscheiilung, Er flatterte längere
Zeit in den Lüften, bis er sich, auf den Kopf eine» ganz
gewubnlichim Bauers Namen» Oaubar, der zu ihrer Ge-
sellschaft gehörte, miHlerlicf». Dem leisteten sie allso-
gleich die Huldigung als Oberhaupt der Brüderschaft
lind Nachfolger dos heiligen Haddad **). Es war die
.Seele de» verstorbenen Scheichs, die in ihrer Mitte er-
schien, um den Willen de» MeiBter» zu künden, zugleich
ein Beispiel für das in den Volkssagen häufige Motiv
der Wahl eine» Fürsten oder Würdenträgers durch das
Gotte'^sztueben de» sich herablaBsendeu Vogels, wofür
Victor Chauvin unlängst eine Zusammenstellung ge-
liefert hat**).
Solche Vorstellungen waren ihrer Natur nach dem
freien Walten de.s Volksglaubens anheimgestellt In ka-
nonisekor Form sind sie nicht festgelegt. Und darum
küiuite sich an sie auch der eine oder andere Zug an-
knüpfen, der Keinen Ursprung in den ÜlMjrliefcrungen
iiicbtarabischer Völker hatte, die der Ktets rezeptive mos-
limiBcbe Volksglaube »ich gern eiuverleibte. Sehr ver-
breitet ist z. B. der Glaube, dafs die Seele noch einig«
Zeit nach dem Tode in der Umgebung des Körpers ver-
bleibt, der sie lieberbergt hatte**). Diese dem Parsismus
eigene Vorstellung*^) hat sich sowohl da» Judentum**)
als auch die mohaniniedanisrho legende angeeignet.
Mit diesem Glauben verknüpft sich dann leicht die Vor-
»tcllung von der Anwesenheit des Seelenvogels in
der Nähe des Verstorbenen. Nach der islamischen I^e-
’*) ,Dic> Seele selbst ist grün und hat alle miVglichen Ue>
liwte" — Kl lautet ein Sprichwort bei Muhibbi, Biogra-
phieen ans dem 11. Jahrhundert d. 11., i. 150.
*") Pseudo-Balkhi, I. c. 105, 11.
”) Die Familie llmidiul gab dem »üdarubischen Islam
mehrere hochverehrte Heilige, deren Xachkommen uoch
heute im Geruch der Heiligkeit stehen und von der gläubi-
gen Bevölkerung mit Geschenken reichlich bedacht werden.
Kin von Alidalläh al-Iladdad verfnfstCH Gebet (rätib) wir«l
ate lieHmders wirkungsvoll betrachtet um! bildet in Koumieu-
taren Gegenstand des Studima». llounuiia-BriU. Catalogue
d’une Collection de Manuserils etc. (Leiden 1886) iir.
584; (1HÖ9) Xr. te*48.
”) Jiifi'j, Knud nl-rajäbin (Kairo 1297), 165.
*•) Bibliographie des Ouvragen arabes, VI (Liege
1902), 7.5: La d^'ingnatioii se fnit par un «dseau.
'*) Musuad Ahmed, III. 8; IV, 125. Nach einer Tra-
dition des Mugilbid hält sich die Seele noch sieben Tage
nach der Beerdigung in der Nähe dos Gralies auf, Ibn Hagar
aMlojtami, Faiäwi hudithijja (Kaim 1307), 4.
‘*) äüderblnni, Les Fravasbis, Bevae de l'Histoire des
Hcliginus, XXXIX (1899). 238. Aam. 3.
*‘) Drei Ti»g*i nach dom Ti»de iles Menschen flattert die
Seele um den Leichnam heruru. Der Ausdruck, der dabei
angewandt wird ist zunächst dem Vogelflug ent-
lehnt — die Stellen hat zuerst Osias äcborr in seiner
jüdischen Zeitschrift lle-Chätuz, V11(I865), 28, zusaniiueu-
gestellt und ihrem l'nprung nach gewürdigt.
J. Goldsiher: Per Seelenvog^ol im islamiaehen Volksglaabeow
303
gendu*') HgIh hicIi nach dnm Tode Ibn AbbAs auf
Huino liabre’*) ein weifRer Vogel licrub, wie man «eineR-
gleichen frQher nienmlR ifeseUen butte; er glich am
eheRteu einem Kranich man »ah nicht, «lata er wieder
fortgeflugeu aei, alH.'r vom Kunde des (trabea ertönte aua
Qusichtbarem I^limde der Koraiit«pruch (Sure SO v. 27):
„O du beruhigte Seele, kehre zurück zu deinem Gotte,
befriedigt und Wohlgefallen findend, tritt ein unter meine
Diener, tritt ein in mein Para<lioR.“ Sehr leicht entfaltet
bich aiiR solchem Giaiibeii die AiiRchauung, dafü sich die
AuwoRünheit der Seele durch daR Flattern de« Seelenvogels
um dim f4eichnaiii kimdgiebt. Die etitflogune Seele «ebwirrt
um den Körper herum, dem sie angehört hatte. In wei>
terer aageubnftor Ausbildung wird der »Seelenvogel ver-
Tielfältigt, 80 daf« eino ganze Sebar von Vögeln zur De*
wachung dea ihnen zugehörigen ladchnnuis herheifliegt ^).
Auf einer Stufe, auf welcher die Vorstellung de« Seeleii-
vogeU nicht mehr lebendig ist, bilden diese Vögel nur
mehr eine Art Ehrenwache für den Verwb*rb«nen. Ala
König David gestorl>en war, lädt Sulomou die Vögel ein,
den Leichnam neine« Vater« zu beRchatten: sie kamen in
HO grotaer Anzahl herbei, data durch die Ausbreitung
ihrer Flügel die Erde verfinstert wurde
Ihiraiis hat eich der in lleiligenlegenden häufige
Zug ausgebildet, dal« die llahre, auf der heilige Leute
dem Grabe /.ugefflhrt wurden, während des BcgrAbuisRcs
von einem Vogelzüge beschüttet wird, der den Leichnam
begleitet »Solche Legenden wurden nicht nur von älte-
ren Heiligen de.« Islam», wie dem berühmten Ägypter
Du-I-nün ul-.Miari (»t. 8r)9) erzählt**)» ich finde sie auch
in der iliographie einea neueren Heiligen, Abu Bekr aus
Zejla' an der SomaliküHte («t 16r»9). AU man ihn zu
Grain) trug, zogen unzählige Vögel mit »euier Dahre und
beschatteten aie**). Dieser hagiologische Zug gewinnt
an Interesse dadurch , data ur eiuo Analogie in einer
alten ialmudischeii Erzählung findet.
„AU Itebbah bar Kaohmen! (in Dabylon) zu den
Himmlischen abberufen wurde, wollten Abäji und Habhä
und alle übrigen Hnbbinen hingeben, aich mit seitieui
Leichnam zu beschäftigen. Aber aie wuUten nicht, au
welchem Orte er sich befand (denn Rabbab war auf der
Flucht vor den ihn verfolgenden Organen der Regierung
gestorben); aU sie (ihn auebeud) nach Agama**) kamen,
bemerkten sie, wie Vögel um einen beRtimmten Ort flat-
terten. Daraua folgerten nie, dafs Rieb der I.«icbiiam an
dieser Stelle befinde**)*“
Daf« die Seele dea Heiligen durch eine Pluralität von
Vögeln repriLsentiert wird, begegnet uns auch anderwärts:
im (iebiete de« Toll ul-^Amurna. ln der Xäbe des
Dorfes Ileracbo blickt von der Höho de« feUigen Gebel
»Scheich Sa^M das Gralidenkinal eine« Welt auf den Nil
herab; der (tobol but seinen Namen von dem dort ver-
ehrten Heiligen Sa^id. Der Mitteilung de« '.\li Muhä-
rek **) vordiiiiken wir die Kunde von einem an dieser
*0 Al-Nawawi. Tahdib 353 ult.
**) Nach einer Version: ln die Toteiikleider.
**) t*sd al-ghäba. 111, 195, 13, „ein Kranich, »o weifs
wie feineR koptUches Linnenzeutr'' (Jacob, Deduioenteben,
149, ü), vgl. Ihn al-Athir, Nihäja, 111. läu. Dameltw wird
bei Pamir! s. v. ghirnik aU Tradition aus Muslim zitiert,
wo ich jedoch die Krzählung nicht gefunden habe.
**) tkicin, Diwän aus Centralurabien, II, 32 (Xr. aä,
V. 2«).
•') Ptimiri, s. v. Kakar. II, ?«.
**) Pahabi, Mizun al-ftidäl, 1. 294 unten.
**) Mubibbi, lliograpbieen berühmter Männer dos
11. Jahrhunderts d. 11., I. 93.
über Lage and Identität dieses Orte« siehe de Goeje
in Z. P. M. (t., XXXIX, 13. I
•*) Kabyl. B. Masfä, ful. 8«»a.
**) al'Chitat al-gadlda, X, 43.
Stelle des NiU von alter« her geübten Schifferbrauch. So
oft die .Schiffer au dieser Stelle de« Flusses vorbtukummen,
streuen sie Brotkrumen auf da« Wasser; bald kommen
Vogel herbei, die das Brot aufpicken und — wie die
Leute glauben — am Grabe des Heiligen niederlegeu.
Die Vögel selbst seien die Seele des Sa'id. Freilich ist
diener Heilige, de«Ren Namen in der llagiologie des Is-
lams oft zur Bezeichnung von Sancti ignoti begegnet**),
in Bezug auf MÜne islamische Ursprünglicbkeit nicht
wenig vordiuhtig. Ih-r vereinzelte Schillerbrauch mag
wohl der verkümmerte Überrest altägyptischer Vor-
.stellung «ein und mit der Speisung des Kt\ in Zusam-
menhang stehen; eine islamische Transformation, der
auch von v. Negelein (S. 382, zu Anm. 47) angefülirten
Anschauung, dafa, „wenn der Ver«torlH'ne das IhNlürfniss
nach S{M]iKe umpfaud, «o kleidete er sich in Vogel-
gestalt, flog atis dum Gral>e und verzehrte (Ur Essen*.
Der nächste Nachbar unseres Weli ist der Hägg Kundil,
in dem Voller« die letzte Metamorphose einer altagyp-
tischen mythologischen Gestalt gefunden hat*').
Aber nicht mir in seinem eigenen Interesse erscheint
der SeelüttVügel in Ägypten den vor «einem irdiseben
Aufenthaltsorte vorbeiziehenden Sterblichen. IHe Seele
des Heiligen thut sich ihnen auch kund al« RetPirin in
der Not, Schon anderswo ist eine Legende aus dem
Kreise den altagyptiachen l«lnm wiedergegeben worden,
die die Seele eines um Itettung angerufenen Heiligen als
eine Art deun ex machina auftretou !äf«t. Ein von
Schuldenlast geplagter Muuu aus dem Volke, so erzählt
eino der «ich au die heiligen Stätten der Kairoer mo-
hauiuiedauischen Nekropole (Karufa) knüpfenden Sagen,
sucht in seiner Bedrängiii« Zuflucht bei dem Grabe des
heiligen Leith ihn Sa'd, den die Verehrer der Grabes-
stätte wegen ihrer vielerprobten wunderbaren Wirkungen
den „Vater der Mirakel“ (.\bu-l-makarim) muinen. Nach-
dem der arme Mann viele sorgcuvulle Stunde» hindurch
am Grab« gebetet hatte, «chlief er ein. Im Traume er-
schien ihm der Heilige und tröstete ihn damit, dat« er
durch ein auf dem Grabe befindliche« Wesen errettet
würde. Er fand beim Erwachen «inen Vogel auf dem
Grabe sitzend, an dem er bald die Kunst gewahrte, den
Koran in mei«terhaftor Weise zu rezitieren Durch
die Produktion de« gelehrten Tiere«, da« ihm zuletzt der
Statthalter für eine groUü Suumio abkaufte, wurde der
arme Manu bald aller materiellen Sorgen frei. I>eni
Statthalter aber erschien der heilige Leith im Traum und
eröffnete Uun, daD es «ein eigener (icist sei, den er im
Palast im Käfig hütete. Am Morgen war auch der ge-
lehrte Vogel Verschwunden. Der (ieist de« Heiligen
hatte die Gestalt d()s gofiedertuu Tieres angenommen,
uni den hedrüngteu Frommen aus der Nut zu erUuen *°).
Es ist nicht immer eine be.“tinimt© individuelle 3Ien-
Rchenseele, welche der Volksglaube »ich in Vogelge»talt
verkörpern läfst. F.s scheint, (Ufa nmii Imreits im Heiden-
tum überirdische flächte sich in Vogelgestalt ver-
körjiert dachte. In einem aus dem defiiütiven Koran
gcüJgteu Spruch soll |a Mobammial die arabischen Götter
Al-Lat, Al-X'zzti und Maniit als „biminiische Knuiicho“
Ivezeichuet haben, „deren Fürsprache man erhoffen möge“,
llainit hängt ja wohl die Vorstellung vom Seelenvogel
n!« Kranich zusammen, wovon wir soeben Beispiele ge-
sehini haben,
Vögel treten iin allgemeinen auch als Verkörperung
Siehe darüber Giobu«, LXXI, 2.33a.
•") Zeit-Rchrift für A*i»yriologie, VIII, 208 .
’*) über l’apageiun, die einzelne Suren de« Komo« her*
«agun kunuen,,,mehe Iwi Pamlrl, s. v. durra, 1, 419.
**) Kber«, Ägypten in lÜld und Wort. I,
D . by Google
304
Prähistoritches »ub P«rsi«u.
goiütiger Potunzeu «uf, al« Vennittler zwischen der üher-
irdischeu und der irdischen Welt. PUuen etwas rohen
KeHex der Vorstellung von der Taubeng«^Btalt des heili-
gen (leistes zeigt tinn die Legende, welche die llriist
des religiösen IHrhters Lmaya 1) ahi-l-Salt, Zeitgenossen
Mohammeds, durch einen Vogel öRuen lätst, um dem '
Dichter di« höheren Erkonntuisse ciuzuflöfsen, die dieser
Nebenbuhler des IVupheten zwar mecUaniscIi in sich
Hufnimmt, aber nicht als wahr anerkennt. Während
der eine Vogel auf der Brust des Bcblafenden IHchter«
jene Operation vollzieht, wacht ein anderer V’ogel über
diesen A’organg und enipfangt den Bericht seines («e-
uossen^*).
.\uch in seiner Kigenschaft als Verkünder des mensch-
lichen Schicksals, indem er durch die Art seines Fluges **)
dem Menschen di« Ahnung günstiger oder widerwär-
tiger Begegniss« einfl^ifst, ist der Vogel Träger göttlicher
Botschaft. Kr übt sein Amt als Sendbote Gottes auch
in Angelegfuiheiteu höherer Ordnung, als Wächter über
di« Timten dos Menschen. Wir glauben, daf.s in diese
Reih« das Koranwort (Sure XVII, V. 14) g«*hört: „Jedem
Menschen buben wir einen ^’ogel an seinem Nacken fest-
gesetzt (der über «eine Thaten wacht und darüber Be-
richt erstattet); am Tage der Auferstehung holen wir
ihm ein aufgerollte.H Buch hervor (in dem seine Thaten
aufgezeichnet sind)."
Auch über Ehre und Sitte der Fumilio ist ©in Vogel
als WächUT und 3Iah«er eingesetzte^). Hat jeuiaud —
so erzählt ein arabischer Aberglaube — Ursache, gegen
die Weiber »eine.s Hanses eifersüchtig zu »ein, und er
zeigt «ich nachsichtig gegen sie, so sendet Gott einen
Vogel Namens Karkufaima; dieser setzt sieb auf den
Balken der Thür und wartet dort 40 Tug«, indem er
dem Manne mahnend zuflüstert, daf:« Gott sedbst eifer-
süchtig ist und die Eifersüchtigen lieht. Hat er damit
keinen Erfolg, so verläfst er »einen Standort, läDt »ich
auf da» Haupt jenes Manne» nieder und flattert mit den
Flügeln über seinen Augen; dann fliegt er von dannen.
Gott aber entreilat jenem Mann« von dieser Stunde an
Aghünl, III, 188 unteu, 190 (weitläufiger), Uad al*
ghäba, IV, 510, äprOQger, Leben HohammedB, 1,
116 .
*') Bi« Tamo (ein l'apuastnnim. Neu-Ouin«a) .hören als
giioRtigos Omen dio Stimmen ihrer Tuten au» dem Oe-sang
des Kian-Vugelf* (Dr. Hagen in den Keriohten der
Berliner Qesell»chaft für Erdkunde vom M. Dezem-
Iter 1896).
*■) Vergl. die Hage vom Storch als Wächter der ehe-
lichen Treue iui Hause, bei Aeliau, VIII, SO.
den Geist de» Glaubens, und die hkigid nennen ibn «inen
„Unhurei“ [dajjüth]-'D-
In historischen legenden erhält der Vogel häufig di«
iiolle, in Kümpfe einzugreifen und den Sieg zu ent»chei'
den*-*), hj Ut BoUu (ioltea und Vollftlhrer seines Straf-
gerichte» an «eiueu Feinden. Eine vom .Meer« her
herlveizieheud« Schar vou Vögeln ist es, die das Heer
de« Ahraha, der von Süden herbeikam, um das Hau»
Gotte» in 31ckka zu zerstören, mit Steinen bewirft und
vernichtet**).
Auch als Siegesherold erscheint der Vogel. Den
Propheten beschatteten Taul>en, als er Mekka erol>ert<*.
Wegen de» S«g«ns, den der dankbar« Prophet den 'ranbeti
erteilte, genieDeri dies« Tiere besonderen Schutze» in der
heiligen Stadl**). „Mehr geschützt als die Tauben iii
Mekka“, lautet ein Sprichwort*'), „eine Stadt, in der
di« Tanh© sicher ist“ *•''), ist eine Paraphrase für den
Namen Mekka.
Als der Feldherr Abu Muslim al-fhauläni wegen dea
Schicksals seiner gegen die Hörner ausgcsamlteii Streif-
schar in Sorge war, Uels »ich auf dt© Spitze de» >peere»,
den er während seine» Gebote» in die Knie gesteckt
batte, ein Vogel nieder, der dem Abü Muslim di« Ver-
sicherung brachte, dafs di« in des Feindes Land uut>-
gesandte Schar gerettet »ei und an einem iHistinimien
Tagi? sieggukrönt und mit grolser Beute zuröckkehren
werde. „Ich habe“, so gab sich der Vogel zu erkennen,
„da» Amt, den Ktnumer aus den Herzen der ((laubigen zu
eutferuen“ [mudhib »1 buzn 'an knh'ib al-mu 'mininj^).
Ihjui ont.-ipricht auch die Holle des Vogels als Retter in
der Not. Seiner bedient sich Gott ab Sendboteu, um
den bedningten Menschen den Weg de» lleil-H auznweisen,
z. B. in der Legende der *Aditin Haghweh, die ein ül>er-
irdischer Vogel auf den Weg zu ihrem verlorenen Gatten
Kanuch leitet
**) l^ndo-Uähiz, Mahäsin, 272. Bei Damiri, II. 293
alü Tradition de» Wahb.
“*) Hiebe di© ZuBaumieiiBtüllung bei B. Ba&set, Nou-
voauz Coules berlii^res recueilli» traduits et au
notäs. (Pari« 1697.) 286.
**) Koran, Sure 105; Ibn Hiichäin, ÄS. — v. Kege-
lein, a. m. O., 322 zu Amu. .‘»O.
Damiri, I, Ä24.
^■) Mejdäni, Sprichwörter, ed. BüUk*. 75. Doch «cheint
die Schonung der Tauben im heiligen (sebiet vorrtlambeher
Brauch zu »©in; Näbigha, 5, S6 (Ablwardt).
**) ' I^baid-irtluh b-Kais al-rukajjüt. Diwan ed.
K. RhiKlokanaki» (Wien 1(K)2), p. 296 (Anliang, Kr. 22).
**) Jafi'l, Baud, al-rajählu, Nr. 271, p. 179.
*') Weil, Biblinche Legenden der Muselmänner,
S. 51.
Prähistorisches aus Persien.
Im Auftrag« de« franziVaiseben t’nterrichtamini»tcriumB
hat in den Jahren 1897 bi« 1902 eine Expedition in Persien
ge»chiehtliche und ärchäolc^Uche Fitrucbungen augesieüt.
All der Spitze «tand de Morgan, dem Pat«r Scheibl« und
M. liiimpiv al« Miurlieiler beigegeben waren. K« »ind über
die ErgobniMo di«»er Expedition »chmi zwei Schriften er-
Hchieneu. die umi wenigHten» vurlHurigpn Bericht erstatten:
La üelcgatiun en l’urtie, ein kleiner mit Abbildungeu ver-
sehener Band von 157 Seiten, und L'liiatoiro d« rKlam d'aprc»
le» mati'riaux foumi» par h>» fouilieB de Su>« de 1697 ü 1902,
Pari» bei Leroux. über Busa und die dortigen Ausgrabungen
der Franzosen hat L. WiDer im Globu» Bd. 62, S. 295 schon
berichtet. Ergänzend ftir unsere Kenntnin der orgeschicht'
liehen Verhältnisse Persiens ist die Aiisntellung, welche in
drei Saleu des grufseu Palais der Chaiiip» Klyat^s zu Paris
uns die von der >lx|>edition mitgebrachten Funde vurführie.
Eine Besichtigung des »ehr reichen InhalU lä&t uns ül>er-
raachende Blick« in die Präliisturie IVmiens tbun und er-
öffnet zugleich .\usblicke in die kulturgeechichUicheu Ke-
ztehUDgrii zu den Nacbliarlärideni Vorderasien«.
I Nach de 3forgan soll die eigentliche prähistorische Epoche
Elama bis ius zehnte Jahrtausend unserer Zeitrechnung
zurückreichen! Die Topographie des Landes war damals eine
; ganz andere als heute, das Mo«r reichte bedeutend weiter
nördlich und in dem von grofsem \Vasserdruck durch-
rauschten (leläiide lebte das Nilpf«rd. der Elefant, der l>ö«e
neben grofsen Aniüopentionleo, deren Itest« heute unter einer
2ü m dicken Hchicht begraben liegen, die de Morgan bis auf
15 m Tiefe v«rf«dgt hat und deren Basis er ins viert« bis
fünfte Jahrtausend v. Chr. versetzL Die Bteiugeräte, die
Morgan hier fand, sind regeliuärsige priRnatische Nnclei
I au» einem feinen Haudstein, lang« H{iäne in Form vun
. Messern, Bchaber (von der Form magdaleuien der FrauzcMen)
und ziemlich grof»« Ohsidiansplitter. Hervorzuhelwu sind
auch die künstlich s&geförniig bearbeiteten HteinkJingen. an
denen noch Asphalt haftete, mit dem sie wohl in einem
Holzstiel befestigt waren. Aus derselben Kpoeh« stanmieti
rohe, irden© Vasen, meist schalenförmig und ohne die Dreh-
•cheibe hergestdlt. Zuweilen Andet sich auch feineres
Irdcugesi'hirr von blafsgelbiichur Farbe mit Zeichnungen in
M'hwarz otler braun, ähnlich den alten Vasen von Illo«,
Ctpern. (’ucuteni in Rumänien u. s. w. IHese Töpferwaren
BüoberiobftD.
306
sind mit gebroclu'a«!) «Hier wellenförmigen Linien gescbmöckt;
auch kommen Kreuze, Souneuscheibe mit Strahlen, Pfeile,
!«tArk stilisierte VOgol darauf vor. Dann wurdeii auch durch*
bohrte Hteine von eigentümlicher F«)rm gefunden, welche in
der AuMtellung als Caasetete gedeutet sind. ]>azu Toutärel-
chen avec inscription imU‘chiffr«‘e, welche an die Inaohriften
der nltesben M iLteliueerscbriften (Kreta u. s. w.) erinnern-
Miti^au vergleicht sie mit Zeichen, die auf den Dolmen der
Bretagne Vorkommen. Iudes»«n, hierauf ist wohl kein allzu
grofi*er Wert zu l^geii, da dergleichen Zeieheu (Quadrate,
Kreuze, Striche, Winkel) sich überall nuehwuiseu huwin und
auf keiuerlei ethni.«rhen «xler kulturellen ZuKainmenhang zu
deuten brauchen,
V<m lielang sind die Gravierungen der vorgeschichtlichen
Schichten, ln der Ausstellung zog ein in Klfonbein ein-
geschnittenes wieherndes l*ferd durch die Ivebeoswahrheit
seiner Zeichnung die Aufmerksamkeit auf sich, ferner eiu
cingeritzter Ochsenkopf, ein laufendes Tier, alle an di« be-
kannten prähistorischen Tierzeiohumigen der franztlaiacben
Uenntierzeit erinnernd. Kine klein« Serpenlintahd mit Spi-
ralen darauf zeigt das Vorkommen dieses als nordisch ge*
deuteten Ornaments auch im vorgeschichtlichen Klam.
Die Gegenstände aus Bronze «Hier Kupfer sind si-hr merk-
würdig. Sie zeigeu die Können von Hohlbeilen, Beilen mit
Dülle, Dolchen, Kpe«*n>pitzen, Nadeln mit rundem oder ein-
gerolltem Knopfe, wiwie viele Stücke, deren BesGmmung
schwer fällt. Ausgootellt waren auch die Zolchnungen von
mehreren Ihdineu aus Talysch, an der penisch-russischen
Grenze, die in ibn>r Anordnung mit Trägem, l>eck.-<teinen
und umgebendem Hteinkreise ganz den uordeurupäischen
Dtdmen und Hüuenbetten gleii^hen. Ausgrabungen, welche
die h'ranzoscn dort mitemahmen, ergnt>eu Fundstüoke vom
UalstAtttypua.
BQcherschau.
P« Snrtorl: Die Speisung der Toten, (Ihwtmumler
Uymuasialprogramnt. 1903.)
Professur Sarturi ist durch seine sorgfältigen, von groftier
Idieraturkeuntnis zeu^ntien Schriften zur Kthnographio wohl
bekannt. Kr greift einen einzelnen Gegenstand heraus und
l^ehandelt ihn fortschreiieod durch alle Völker vergleichend
und, wo rieh Gel^nheit dazti bietet, auch d*m Zusammen-
hang o<ler die gemeinMuue Quelle unterauebend , ohne daliei
in leere Spekulationen zu verfallen. So bieten seine Arbeiten
einen dauernd feststehenden Stoff, der sich immer als Bau-
stein in «in gWifscres Gebäude einfngen lüfst und dort, weil
krili«»ch bearbeitet, auch fest liegt Hier handelt der Ver-
fasser. gut gegliedert, von der S{>ei«UDg der Toten, ein weit-
schichüges Kapitel, das er in folgende Abschnitte, die den
Inhalt bezeichnen, zerlegt: Die Pdege der eiiueinou Seele
(vor der Bestattung, Mitgnlie von 8{>eis«n an Tote, der
I^etchenschmaus, fortdauernde 8poisuiig derT«>t«n); diu Aller-
seelenpflege (gelegentliche bi>«i8ung und Speisung zu l«e-
stimmten Zelten); das Traut'rfasten ; wie die Toten essen:
Übergang der GnWii an Tote in Opfer für Tote. K. A.
Dr* K. G> NlephanU Der Ultoiie deutsche Wohnbau
und seine Kinrichtung. Baug^hichUich«* Studien
auf Grund der Knlfundo, Artefakte, Baurest«. Munzbildor,
Miniaturen und Schrift«{Qi’llen. 3. Band : Iter deutsche
Wohnbau und seine Kinrichtung von Karl dem Grnf<<en
bis zum Knde dus 1 1. Jahrhunderta. 705 Seiten mit 454
Textabbtldangen. l^ipzig, ilaumgärtnors Buchhandlung,
1903. Preis gebunden 2U Hark.
Der erste Band dieses Werkes, welcher das deutsche
Wohnhaus von der Trzeit bis zum Knde der Merowingerzeit
l>ehaiidelt. ist iin Gbihus, Band tfl, 8. 275 angezeigt wonlen.
Mufste dort gesagt werden, dafs es bezüglich der Trzeit, w«»
es sich um Prilbistori« mid dun KuUurzustand der frühesten
deutschen Bevrdkerung handelt, nicht auf der Hohe der For-
schung steht, so fällt diese Ausstellung nunmehr fort, wo
der Verfaaser sich auf geschichtlichem Bo<len liewegt und
eine vulle Beherrschung der vorhandenen Quellen zeigt. Kmsjg
hat er den doch immer noch für die kaniliugische Zeit sehr
spärlichen Ktoff zusammcngetragca und zu einem Gesamt-
bilde vereinigt. Sellwt da. wo man etwa mit seinen Folge-
rungen nicht einverstanden sein kann , bleibt der W'erf der
Arbeit l>estehen. weil hier in der übersicbtlichsten kriti-
schen W'eis« das Material gesichtet vorljegt und kaum eine
der zerstreuten Quellen, sei es in Banresten o«ler Hcbrifl-
denkmäiem. übergangen M'arden ist. Es ist sehr vieles, was
»elbst deui Faehinatm achwer zugängig ist, hier an« Licht
gezogen und be«tuem benutzbar gemacht wonlen. Das gilt
nicht nur vomToxU*, simdeni auch von den nach den aeltvn-
sten Manuskripten und Werken wivdergegebeuen zahlreichen
Abbildungen. Um auch jenen, die nicht den Überblick über
das beh.'indelte Gebiet besitzen , das Htudium zu erleichtern,
giebt der Verfa<sor reichlich Exkurs« , so z. B. über die
Mönchsorden und deren Thätigkeit auf baulichem Gebiete ;
Imsondcrct« Nachdruck legt er, gleichsam eutwickelungs-
geschichtlich , auf die Herkunft der Bauten und Geräte bis
zum Orient hin.
Der vorliegende Band, welcher gerade noch den Kähmen
streift, welcher dem tllnbu« gesbsekt ist, während der erste
zum grtVfseren Teile unser tiebiet umfafst, Ist in zwei liaupt-
stiieke geglieilcrt, «lereu erster die karolingische Zeit betrifft.
Hier kumiueo die Kloslurbauloti (ausführlich 8t. Gallen), die
Landgüter und Pfalzen Karls des Gri>fsen. die Anfänge der
deuUehen Ktädle. Häuser und deren Inhalt zur Darstellung.
Da« zweite Kapitel behandelt daun «len von fremden Ein-
flüssen sich befreienden nationalen W'olmbau während der
sächsi«chen Kaiserzeit. Ausführliche Personen-, Orts- und
Sachregister erhöhen die Brauchbarkeit dt» Werkes, das mit
«einen reichen Literatumacbweiisen allen jenen ein zuver-
läsalger Handweiser bieiben wird, denen die Frühgeschichte
unseres Wohnbaues von Belang ist.
Dr. Gnsttv Kadde: Die Sammlungen des kaukasi-
schen Museums. B<1. 5. Archäologie Itearbeitet von
Gräfin P. 8. Uwarow. Tiflis 1902.
Es ist dii^ea der letzte unter Kadde« Leitung lierauH-
gegebene Battd d«Hi grf>r«en, über das kankasische Museuin
handelnden Werkes, do«.«en ethnographischer Teil noch
auMSteht, zu dem aber di« Vorarbeiten und ein Teil der
Tafeln schon vollendet sind. Die reichen prähistorischen und
frühge«chichtlichcn Sammlungen, die in Band 5 zur Dar-
stellung gelungtou, werden in eiu«?m grofsen Haupt- und fiinf
kleineren Sälen auDiowahrt. wo «io nicht chrouologisc.h,
s«mdem in geographischer Keihctifidge geonlnel sind. Eine
hoaondere I/citung dieser wichtigen Abteilung ist nicht v«ir-
handen und so «ehr Kadde sich auch der Sach« annabm,
konnte er. mit den naturgeachichtlichcii und ethnographiachvn
>lammlungen schon überreich beschäftigt, doch seihst an eine
Bearbeitung nicht denken. Es ist «laher als ein Glück zu
betrachten, dafs Gräfin P. B. Uwarow, Präsident der archäo-
li»gischen Gesellschaft in Moskau, die kritische Bearbtntung
der Sammlung iiliernahm und in dem vorliegenden, mit
S Bildnissen, Ifl JdchtdruckiAfeln und 22 Texlabbildungon
versehenem Bande vcr>>1T«*ntlichto. Dieses ist mit der bei der
boriihmtcii Dame Itekanutcu Bachkunde und GewissenhaDig*
keit gosrhehen. Ein archäologisches Gesamtbild de« Kau-
kasus zu «nlMlIcn, die Folge der Pcrimlen und der an-
schliefsenden Frühgeschichte, wie sie aus den Funden «ich
ergelteii würden, liefert uns die Verfasserin nicht. Vielieicbt
reicht auch dazu der Btoff noch nicht aus; sie hat vielmehr, rieh
anlehnend an die geographische Aufstellung der Bammlung,
eine Art von ftirtlaufendcm liesebreibeuden Katalog geliefert,
•lern als Einleitung eine geschichtliche Cl>ertirht der archäo-
logischen Erforschung des Kaukasus vorangeht, fto viel auch
in preiswerter Anstrengung Rufstand in dieoer Richtung schon
verhältnisniärsig früh leistet«, die oigeiiiliche Untersuchung
der ältCHton Altertümer hebt erst, mit unserem LHndsmanu
Bayern an, der Hyxieinatiseh mit «1er Kri'ifTnung von Gräbern
sch«m vor mehr al« 4t> Jahren liegann und dessen Samm*
lungen den iiaupUeil der archäologiscben Abteilung de«
Museums bilden.
IHe Beschreibung beginnt mit dom berühinlen Grälwr
felde von Kuban, das auch Rudolf Virchow in ein«uii klassi-
.«Chen Werke Itebandolte. und achliefst daran die nicht «ehr
alten Bnmzen vom Karbeck mit ihren Tierdarstellmiuou und
die herrlichen G<ildschmu«^ksa(^hen von Kamunta in i>igurien
und andere Funde. Die Kemtnik vom Bedkinlager (schon
in Transkauka.«ien) ist l>i*sonders eingehend iMhandelt. Für
die Funde von Mzobet, Waffen, tfofäfs*», Kisengerat, Thriinen-
gläser, war Bayerns S|N*zialarlHdt ein gute« Hülfsmittel. Im
ganzen )>eschreih( Frau Gräfin Uwarow über .3500 Gegen-
stände, die au«^h in ihren wichtigsten und typischen Stücken
abgebildet sind. Einige Funde aus Gegenden, «Ile auf^erhalb
de« Kaukasus liegen (KarUtch, ])«rl)«nd u. ». w.), li«haudelt
906
Kleine Nachrichten.
•chliefrlich Badde. liinruKefugl sind die seh<^ta' fcriv^hiseh«
Innchrift von Mrehet, weiche 1 b« 7 entileckt wurde und von
Vescasian dem ,/aiei) der Iberer, JUithridnt" gewidmet
iet und ao'i dem Jahre 75 n. Chr. utamnit. und die fchöncn
mit Heitern. Tigertiguren und i’tlanzen geschmückten Kupfer-
kttiwel der Sastanidenzcit amt Dagestan, sowie altpeitische
Qefürse aus Kayence und Kupfer.
Marqnls de Segonzac: Voyages au Maroc. 1899 — 1901.
XI u. 400 R. 5tit 178 Abbildungen im Text, >0 Tafeln
und 1 Karte, »itvie Anhängen politischen, astronomischen,
uteteoflogischen . botaniachen , entomologischen , nuiuis-
maiischen und geographischen Inhalt« von de Vansaay,
HaiWC. de VilledeuiJ, Dr. Bonnet, Bfdel, K. Ficheur und
R. de FU»tte Ro<iuevairo. l’an», Armand Colin, 1908.
Preis 20 Fr.
Nur in den allergrvShsten l'mrisaen ist uns die Topo-
graphie de« Rcherifenrtfiches bekannt, so zahllos die Menge
der Itfisendeu ist, die es besucht und daritlter geschrietM*n
haben. Fast alle hielten sich eiten an die ausgetretene
Btrafso Tanger — Fes — Marrakesch , und nur vorhältnisniftrsig
wenigen war es ver^>nnt, darülier hinaus etwas vom Leinde
zu sehen. Die Schuld daran trägt wohl zuin grofsen Teil
der mitunter allerdings arg überschätzte Fanatismus und die
Kremdenfeindlichkeit der mehr oder weniger unabhängigen
Kingeborenenstämme, für die der Sultan beim besten Willen
keinem Kumpäer garantieren könnte. Auf den ('bersichts-
karten unserer Atinnte», wo es an Getörgszngen und Flüssen
nicht fehlt, sieht es so aus, als könne es innerhalb Mnrtikkos
nichts mehr za erfor»:hen oder richtig zu stellen gölten;
betrachtet man sich die Sache aller auf einer Karle im Mafs-
stab von etwa 1:2 Millioueu, so wird man «nbleckcu. dafs,
von wenigoD Grtindlioien abgegeben, die die Thätigkeit der
leUten Jahre geschaffen, Marokko eiue terra ineognita ist.
Die Engländer sind aus den lieihe» der Marokkoroisenden
nach und nach verschwunden; sehr rege sind immer die
Franzosen gewesen, und neuerdings begegneten wir dort
auch zwei deutschen Forschem. Die französlHche Marokko-
forschiing war und ist nicht frei von ]K>litischen Hinter-
gedanken. Die marokkanische Frage ist ständig nkut, wie
jetzt wieder einmal; und wer von den •Erben“ am nn-isten
von dem I.ande w’eifs, wer dort die meisten Beziehungen
hat. der kann die uieisten Ansprüche erhclien.
Auch de Begonzac war hi'ichstwahrscheinlich ein halb-
IMilitischer Kmissär. dcx:h interessieren uns hier nur seine
Bi'isen scllivt, drei an der Zahl, die in dein vorliegenden
Buche lieschriobon werden. Von allen ist im, Globus* schon
die Rede gewesen, de Bogonracs erste Keisc fällt in den
November 1899. Nachdem er auf bekannteu Wegen von
Casablanca her Marrakesch erreicht hatte, uiarhte er einen
Abstecher südwärts in den Urofsen Atlas, ging ölwr Anismiz
zurück, überschritt dann da« Gebirge über den BibaunpAfs
nac.h Tarudant am Bus, folgte dem bua abwärts und kam
südlich bis Tiznit, von wo er über Agadir lumlwAru uai'h
Mogador ging. Bcschriel»en bat der Mari|uis nur das
Ruutenstiick .Marrakesch —Agadir (31. Dezember bis 26 . Ni><
vemtier), die nbrigeu Routen nicht, da sie liorcils mehrfach
liegnngeu seien. AUenlings gilt das auch von seinem Woge
über den Grofsen Atlas nach Tnrudaiil.
Diese vorbereitende Wanderung Iwsclircibl de
in seinem Buche an dritter Stelle. Die erste und zweit«
Htclle uebinett zwei goi^n^phisch ungleich wichtigere Reisen
im Nordoiiten und Osten 3lHiokkos ein. lu diese Teil«
Marokkos ist seit Vicomte de Foucautd kein anderer Ueiseu-
der mehr vorgeslruugen; einige, wie Thomson und Fischer,
halten sie nur au der I’eripberie lierübrt. Hier kuunt« de
Bt'gonxac nicht daran denken, als Europäer aufzutreteu: er
bereiste alsri den Rif als B«-nler und das Gebiet der Beral«r
als Begleiter eine« aiig^«ch<-iien Kcherifs au« tTiüian. der sieh
de Begonracs Plänen anjwMel Die dort iiberall hoch ver-
ehrten Schürfa >on Vi*««n sind europäerfn-uiidlich. offenbar
sogar franzcweDfrcundüch, und ao kam de SegouMic nicht
nur ölierall gut durch, sondern konnte auch ziemlich un-
gehindert astronomische BeoliachtUDgen austelleo. photogra-
phieren, krokleren und sammeln. Allerdings scheinen di«
astronomischen Ortsbestimmungen, nach denen sich u. a. di«
l«ago des An-AVAac.h, de« höchsten Gipfels des Grofsen Atlas,
gegen de Foucaulds Bestimmung um A(/ nach Westen ver-
schiebt, nicht ganz einwandfrei zu sein, worüber man sich
nicht wundem darf, da der Reiseude wohl uur selten in der
gefährlichen l.'mgcbiing die nötige Zeit und Ruhe zu Beob-
achtungen gefunden hat.
Die Rifreise begann Ende Januar 1901 in Tanger. Sie
ging über l'i^ian und Fes, von da östlich und nortRksttich
nach Melilla. Hierauf verfolgte de >^gonzac die Rifküst«
westwärts bis zur Bai von Alhucemas und kehrte durch da«
l’adi Vörra nach Fe* zurück. Ende April war er wieder in
Tanger. Der Sultan hat iu den durchwanderten Gebieten
östlich von Fo« eiuige Garnisonen, doch nirgends bei den
Htämmen Autorität. Sie sind so gut wie unabhäugig. Das-
selbe gilt auch für das riesigo Gebiet im SQdosten von Fes
bis zum Grofsen Atlas, da« das Ziel vou de ISegouzacs dritter
Reise war. Kr verliefs Anfang Mai ItKH rcsan, zog durch
den Dschebel Serhun (romisebt» Kastellum mit Münzen)
nach Küdeii, überstieg den Mittleren Atlas, kreuzte das Thai
des Mtuia und bestieg den Kulminationspunkt des Grofsen
Atlas, den AH-Ai'asch. Bei der Besteigung zerbrachen de
8<.>g«inz«ne leider seine Kir»metor, so dafs er die Höhe nur
schätzungsweise auzugelien vermag: 4800m. Im Thai des
Mluin wauderte der Reisende nach Norden, ülierstieg den
mauergleichen Alifall des Mittleren Atlas uud zog ühorTasa
(Taza, Tazza), das neuerdings als liesidenz de» marokkani-
sehen Thronprnteudeuten wi^er »ehr viel geuaunt wurde,
nach Fes. Ende August 1901 folgte noch ein letzter Aus-
flug in den Mittleren Atlas. Was cs mit der Autorität dei
Buttnns hier schon unter nonnaleu Verhältnissen auf sich
hat, gehl II. a. daraus hervor, dafs man im Thal des Mluia
sagt: Die Auarrhic ist erthiglieber und nicht so druckend,
wie da» Gesetz des Sultans, ln Tasa existierte ein General
als Statthalter des Suitau», der jnloch di« geplagten Ein-
wohner so wenig gegou die Raubziige der Kiata sebötzeu
kountv, dais sich niemand um ihn küuimerl«, und dafs matt
nicht einmal wufüte, wie er hiefs. Östlich d«^s Mittlorm
Atlas hat der Sultan überhaupt keine Autorität mehr.
de Segouzac bat sich darauf beschränkt, sein Tagebuch
wiederzugeben und die marokkanische Frage nicht gestreift.
Gegen beides ist nicht» einzuwenden; zumal politische Kanne-
giefserei liest man ja jetzt genug. Aber uiau kamt viel
zwischen den Zeilen finden. Am ergebnisreichsten waren die
Segonzocacken Reinen für die Karte und die Kartographie
Marokko«. Ein ÜltemicliUblaU in 1:2000000, da» zur Orieo-
ticrung völlig genügt, ist dom Buche boigehefU't. Ihn aus-
führlichen Karten in 1:250000 «racbeinen aU Atlas bei
einem anderen Verleger. Derau Redaktiuu hat »icli de FloU«
Ro<{uevaire mit grofser tiäcbkenntuis ~ wir schlicfeen da*
HUB seilten diesem Band« angehangten Bemerkungen — an-
gelten sein iasscQ. Was di« übrigen Anhänge enthalten,
geht aus dem Verzeichnis im Titel hervor. Die Ausstattung
des Buches ist überaus reich und schön; namentlich begeg-
nen wir vielen chai'akteristischen I.d«nd»chafts- und Uebirgs-
bildeni. Auch der deutachv Dcmt wird — vor allem jetzt
— da» Segonzacach« Werk uichl ohne Nulzeu studieren.
H. Ringer.
Kleine Nachrichten.
Abdrack nur mit <)t>eUrQing»l»« ze*tattrt.
— R. |j. Jacks Wanderungen im Norden von
Tsebengtu. Im Mftrzheft des .Geogr. Jouni." ergänzt der
«‘iiglischo Geologe R. L. Jack «eine früheren Mittdilungeu in
dr'iwelben Zcitachhft über »oine Wanderungen in Hzetsohwan
(Glulm« Bd. 81, R. 243). Sie fallen in die Zeit vor Ausbruch
der chinesischen Wirren (1900). Einer der AiisÜnge richtete
sich in da« nordweAttich von IVhengtn liegende TschunUrhan-
gehiige. der andere verlief westlich der Itoute Gill« von 1877
uud ging in nordnordiMtlicher Richtung iiWr Mion und
Anhsien nach Sebitsüan und dann östlich nach Kiangyuhsien,
wo GilU Weg wieder erreicht wurde. Jack schildert die
I üborauf fruchtbare, vortrefflich I<ew4s»crte Elanie von Tschong-
I tu, in der auf etwa 7700 qkm an vier Kilhunen Menscbcti
I lel^n. Die Kiuwohneruthl 'IVhengtus selbst wird auf 50000U
. bis 8000t>0 angegeWn. Dem Bericht Jacks t«t eine Kartec-
I skirze in 1 : lOOuOOu beigegeben.
I — (tradinesHUiig in Afrika. Schon vor Ausbruch
I de« siidnfriknniut'hen Krieges hatten die Engländer mit einer
' Grailmessung begonnen, die von der Kapstadt der {>«tgr«n/e
DeuLeoh-Büdwestafrikas entlang gegen den Sambesi hiu
gefiihrt wurde- Tier Krieg unterbrach die Arbeiten, in-
Kleine Naohriohten.
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zwiKrhen aber hat die hreieckikette den mittleren Hainl>e«i
errvichL l>ie siig^Uwbe Jtej^ierunf; will nun üie»e Mcasiirt^
duri'h ihr Gebiet bia zum Küdende des Tati((auika ausdeUneti
und hat dafür Dr. Kubin aus t'psala, der im ver^tipeiten
Jahr die Vollendung; der achwediachen GradmeK<utig auf
Hpiulw>rgen leitete, gewonnen. I)r. Hubin, der di« ala imuter-
güllig oi'knnnteu Mothoüeti der npitaltergiMThen Meaxuug aurb
in Büdufrika zur Anwendung bringen will, ist Milt« Mürz
nach Budafrika abgegangrn. Die Ttauor diemr K\(>edition
ixt auf zwei Jahre vrruiif«hlagt. Vielleicht gi-lingt e«, die
deuUebe K« 7 ri<‘ruug für das wissciischaftUche Werk w weit
zu tntereMiioren, dafs das Dreiecksnetz am Tsitgnuiku entlang
durch Deutsch-Ostafrika fertgefiihrt winl.
— An dem internationalen Ballonaufstieg am
Mottendes 0. Januar lieteiligteu sich IVutschiand, Frankreich,
(Mterreich, Bpanien, Kufuland und die Vereiniiften hiaaten
(Hlue HiJ)-Ol)«ervattiriutu>. ln titevillv, der neuen 40 km
südlich von I*aris von TeiMerenc de Itort eingerichteten
Bailoiiatation, wurde die niedrigxio Tempuiiitur, — t*.,
iu einer Ilölio von lOdSOin uomosxen ; aitt Itoden las man
+ •*’.!*. in 520 m Uöhe 4- 0,2" C. ab. ln Btrafsburg wurden
— üJ.!” in lOdOOm Höhe beobachtet, am -f~ 1>5*, in
500 m Höhe f 9,5*. In Berlin betrug das Minimum — 50*
bei 11 400 m, die Tem|>emtur am Buden -f 5,8*. die in 537 m
Höhe -I- 6,3“. Für Wien betrugen die Werte; ik<deii -J- 1“,
— 10” bei 40VU m und — 60* liei lU230in. Aufstiege mit
bemannten BaHons wurtleu in München, Berlin, Wien und
üuadalajam vorgenommeo. Bin Gebiet hohen b»rs>metrischen
Drucks lag über Büd^tstcuropn; die Aufstiege von Itteville
und Btrafsburg scheinen unter dem Kinliurs einer westlich
livgetulec Depression gestanden zu haben.
— Dr. h. Cohn veröffentlicht in der Zeitschrift für
Fischerei (X, 4, Berlin 1003) sehr «Itigeliendo Unter-
suchungen aber das Plankton des LOwentiti und
einiger anderer Been Masurens. Mit den eigentlichen Blank-
tonuntenuchungen geheit physikalische Hand in Hand- l>io
Wärmesprungsclncht ist im 95qkm grofsen Löwentinsce nur
mäfsig nusgebildet, sehr deutlich konnte der BiDtfufs stur*
misclier Witterung iMrobnchtei werden. Die den Ausgleich
der Wgmteunterschiedo ImwirkeDdeti VertikaUtrimmogen im
M'asser wirken jedoufalls auf die vertikale Verteilung des
liankUms Und auf lokale Bcharenbildungen desselben ein;
Cohn weist diesen Batz im einzelnen sehr ul>er?eugend nach.
Die Durchsichtigkeit de» Wassem hängt auch nach Cohn in
erster Linie vem dem Planktnnreichtum der oinTSten Wasser-
schichten ab, entsprechend den eig*-m*n Unt»*rsuchnngen de»
Ueferenten; in zweiter Linie kommt aber auch di« Wirkung
de» Windes in Betracht, der vom Ufer Htaub auf den Bee
wirft und starken Wellengang hervomift; diese Wirkung
verwischt zuweilen sivgar den Zusammenham.' der Bichttiefo
mit deui Planktouvolomon. Das letztere weist während der
Bonuner- und HcrlsKünormte zwei Maxima auf, eines im Juli,
das ander« im Bept«nil>er und scheint in seinem Iteicbtum
»ehr von dem tJinstaml abhängig zu sein, ob der See vor
Winden gvschdtjrt ist o<ler nicht. Im übrige« bedungen auch
bei den muxurischen Been die Pruehtliarkcii des Bodnn» und
der Beichtum des Ufers au l'danzen den Keiebtum an
Planktou. Zum Schlüsse werden die Thalsaclieu vorgeführt,
welche gegen die nach Ap"toin sonict allgomein adoptierte
biologische Kinteilung der Seen in Chroocuccaceen ■ uud in
Dinubryonaeen sprechen, und welche zum Teil mit de« iiefo-
rentenBrfahrangeti übercinstimmen. Im gn>rten uml gait/cn
entscheidet sich t'obii für eine Kinteilung in t'opepoden tind
in Ituphnldem^n, hält also die Zrwplaiiktonten für mafs-
gebender al» die Phyt4>plauktonten. Knttere Art »ind durch-
schuittUch planktoniVrmer al» letztere, ln Masuren geliörcn
sowohl der LT'wentiose« , ein typischer Dinobryonsee, wie der
Luknainersev, eia ausge*pn.'chener C’liro*>cocc«cc«nsee zu den
CopepodensecD. welche für die Eutwickelung der Daphuiden
weniger günstig geeigm-i erscheinen. Halbfafa
— K. Keller kommt in K-iner Broschüre: ÜImt di«
Hch w a ii k u ngen der atmosphärischen Gleich-
gewiehtszon« als Ursache der nassen und trocke-
ne« Witterungsperioden (Leipzig, K. 11. Mayer, 1M2),
auch auf Ebbe und Flut zu sprechen. Letztere können
ganz leicht die Folgen eine» Widdcrxchlnges in den Tiefen
der Meere sein , wie die Iftglichen Schwankungen de.« Luft-
drücke» es sind. Ks ist nicht möglich, daf» der Mond diese
Wassermassen in diesem Muf«« anzleht.. I>«r kulminierende
Mond schwächt die Anziehungskraft der Erd«. Dadurch geht
der Widerstand der üleichgewirhtskraft ge^mUber de« iiörd-
licbeti und südlichen Meeren verloren. IHcselbcu drücken als
MusscDdruck gegen die gesi'hwärbte Bteli«, treibe« sie auf.
Von den Tiefen des Meeres geht ein Btc>fs nach 4d>eii, nbrd-
lirher uud südlicher Druck drangt in diosen Tiefen nach, umi
beim /unickprallen der aufgetriebenen Wa»»ermaa»eti mufs
ein hydrHulischer Ktofa erzeugt W'erden. Di« Schwäeliung der
Anxiehuugskraft der Krd« durch den .Moud ist böchirt wahr-
scheinlich u«-ht sogruf», ul» sie scheiDt, smidom sie giebt nur
<lon Ansturs zum fnhlbarc« Hertortreten des Wiedeischlagv»
zur Zeit des kulmiuiert-ndvn Mondes. Den gewaltigen Strömun-
gen im Meerv muls sicherlich eine derartige ungeheure Kraft zu
Grunde liegen, sowie den grofsanigeu Eispressungen in de«
l’i>largegemlen. Ebenso ist es mit den KräHen im Krdinnem.
Du ist es sehr auffallend, dufs die meisten und grorsartigsten
vulkanieclieu Ausbrüche auf die Zeit des höchsten Stamlos,
also zur Zeit d«r Inic.hsten Spannung der Uleichgewichtszone
falle«, wie man da» iu der jüngsten Vergangenheit erlebt hat.
Die Anthropol(»gie der Kumänen hat bisher
wenig Bearbeiter ge.fumlen; Denicker tnufste daher in seiner
Karte der Schädelindice» von Europa das heutig« Kr>nigroich
Itunidnien weif» 1 k*)cm. l'nt dem Mangel einigermafsen ab-
zuhclfeu. hat Dr. Eugen Pitturd in d«u Jahren 1^99
bis 194)1 auf verschiedenen Heisoti in Itumänien anthropolo-
gischu Messungen bei einer gi'4>rsou Anzahl Individuen an-
gusiellt, namentlich im Tluilu der Prabova, in der l>o-
brutscha und in den Kasernen; dazu kottunen noch
ticbenbürgisebe unti macedonische Buiuäneu. Das Ergebnis
seiner Arlieit hat Dr. Pittard in L'Authro|KiUigie 1903, B. 33
bis 53 veröffentlicht; kurz zusHmmengefafst lautet es etwa
fojgendermarser: Die K4}rpergru^ der Ilumänen beträgt
1,65 m im Durchschnitt, der Bchädeliudex, im Mittel 32,92,
weist die Humänen den Braehykephalen zu; IMttard fand
unter »eine« Gemesseneu nur 23 Proz. doHchtikephal. LctÄlere
zumeist an der Iknuiu. Der KoMmlndes (69,90) weist die
Bumänen den I^eptorhlnen zu; ihre Nase ist weniger grofs
als diu der anderen Bulkanvölker, (iricchun, Bulgarun, Alba-
nesen. JHe Ohnnuschul ist klein, jedenfalls kleiner als bei
den eben bezcichoctcn Völkern, llie ilaaro sind bei den
a(lcrroci.sU'n braun; schwarz« Haare nicht selten; dagegen
fand Pittard unter den von ihm untersuchten Humanen nur
2,7 Pn>z. Blonde und 1.7 Proz. llutUaarige. Die Iris des
Auge« ist nieisten.s dunkel, doch stallte Pittard 25 Proz. grau-
äugig« fest, während blaue Augeu nur äufserst .selten Vor-
kommen. Es handelt sich hier um dm privaten Aufnahmun
eine» Einzelnen, die stets mit Dunk zu Itegrüfseu sind, aber
kein sl4-h«rt‘s Bild gelwn könueu, da die Zahl der gemosMenen
und boobcrchteleii Imlividuon vurliäitniMiiärsig klein isU
Im ganren dürfte aber Pilbtrds nntlir4ipologische» Bibi der
Rumänen stimim-n. B- A.
— Dr. Il4)inrich Rchurtz t- Am 2. Mai d. J. wurde
im bi.’sU-D ManDcsalter Dr. Heinrich Beburtz, Assistent am
Btidtiseben 5(useum für Natur-, Völker- und ÜHudelskunde
in Bremen, aus einem sc.baffensreicben Wirken nach kurzer,
schwerer Krankheit durch den Tod vorzeitig abls*rofen. Der
Verst4vrb«ne war einer der bedeutendsten Vertreter der jün-
geren ethiiol4)gi8ch«n Kchule, und die Nachricht von seineni
Tode wirtl in weiten Kreisen und insbe«>ndere bei seinen
Fachgenoasen lebhafte Teilnahme Huden. Heinrich Sohurtz
wurde am 11. Dez<-ml>er 1 N 6 S in Zwickau al» Hohn eiuca
Arztes geboreu, studierte in I^ipzig Naturwissenschaft uud
unter Pr\rfess4>r Friedrich Hatzel bcs4>riiler« Geographie und
Völkerkun<le; im Jahre laut habilitierte er sich an der
Jycipziger Univemit&t als Privatdozent für 04-ogmphie. folgte
aber im Friihjahr 139.3 einer Berufung an das BtAdllsche
Museum in Bremen als Aasisteni für Völkerkunde. Hier
nahm er besonders an dar Einrichtung und Erweiterung der
ethn4>graphi»chen Abteilung, die jetzt eine Hauptzierde d4«i
Mu.seums bildet und grofsen Beifall bei den Fachmäimern
gefunden hat, einen hervorragenden Anteil. l>anel>en ent-
faltete Hchurtz zugleich eine reiche wissenschafUiche Thä-
tigkeit durch die Abfassung einer langou Reihe von gröfseren
und kleineren Werken und die Mitarbeit an mehreren der an-
gttsoheiisteu Fachz4.‘iischrift«u, von denen wir nur den U]4>bas,
Pet>-rmauns Mitteilnng4‘n, dieZvitacbrifi fürBoxialwissenschaft,
das Internnthmale Archiv für Ethnologie und die Deutschen geo-
graphischen Blatter anführen wollen. Vi*o den nelloflän'ligeu
Hchriften sind hervorzuhelien : «KaWchisinus der Völkerkunde*
(Ijeipzig 1393); .Grundrifs einer Kntstohungsgcachiehte des
tieldes* (1893); „Das afrikanische (if?werl>e“ (gekrönte Preis-
Schrift, 190U) and vor alli-m die .Urgeschichte der Kultur*
(I^ipzig lUOü) uud .Alter«klaiBUMi und Mdnnerbünde“ (1902).
Für die vi»n Helmoli herausgogeben« Weltgeschichte schrieb
er die AliHchnitte: Afrika. We^la-deu zur Zeit des Islam,
Inthmesicn un<l S|mnietv. Ein neuer Grutulrirs der Völker-
kunde ist »oet)en iu der von Pn.'feasor Klar hcrausgegebenen
Bammluog (Wien, Franz Deuticke) im Druck vollendet uutl
/
90h
Kleine Naohriobten.
wirtl unu erat nach seinuin Toile ersehpinen- Beint* letzU*n
Souimerrpiiien nach itAÜen, Hpantuit, Xurdafrifca. Kun^tau*
tiiiopel und Kleinasien wai'en immer bvstimtuten Studien ge- |
widmet und lieferten ihm «teU «ine Fülle vun Stoff und i
ueucii Meen. Seinem Wesen nach war Sehnrtz ein« Mille,
einfache, liesrbeidetiK Natur, der je<i«R Aufsere Hervortreten |
zuwider war; im trauten Freundeskreise stcblura er sein
reiches Innerlebeu dagt^en g<*rn auf. I>r. Hchurtz huffte,
dafs die Völkerkunde auf unseren rniversiUten in nicht zu
ferner Zeit 04>ch mehr Itauui und I'doge gewinnen würde,
um! gewiffl wäre er selbst daun einer ihrer l^erufensteii Ver-
treter gewesen ; von seinur Schaffenskraft und Schaffenslust
hätte die WisaenM-haft noch viel erwarten dürfen — doch
ein früher Tod hat dem ein Fnde gesetzt. Auf den frischen
Umbe*hügel aber, der den Verstorbenen in heimatlicher Krde i
in ItTwcbwitz hei Dr«s«len deckt, legen wir diesen TrHiivrkrauz
mit der Widmung: Kr war unserl W. Wolkenhaucr.
— Ober di« Erdbeben an der Küste von Gua-
teinaia im Jahre 190*J (April und September) bat Herr
llegierungsbanmeister Karl List, der Üetriebsleiter der 0c*<8-
eisetihahn , der Seewarte eine Heihe clankeuswerter M.it
l«ihm>'rD ziigehou lassei), die in den .AnualeD der Hydi'o-
graphi«* für I90.H, S. bis '*4 veröffentlicht worden siml.
Ks beifst dort Uber die rr>acbo jener Krdlieben: Dasjenige
vom April, h(K;h«t wahrscheinlich aiisgeltHtt durch plane-
tarisebv Attraktion (Mond und S«>ime), ist. wie alle die vielen
folgenden, ein roin tektonisches, auf einer Scholle, welche
abf^suiikeii ist, auf unserer Vulkanlinie, und abgebrochen
auf einer dieser mehr oder weniger (mrollcleu Linie etwa
7u Meilen seewäris, dort, wo der seichte Meeresgrund plötz-
lich nach dem tiefen Ozeanbecken abfällt. Sowohl das grulse
Bebt-n vom 18. April, als alle die vielen folgenden, haben
liiur, wo die Hichtung sich unverfälscht ohne alle lokale
Ablenkung bcolNichten läfst, dieaolho Hichtung nus Südwest
taier Siidsüdwest gehabt. Von Vulkanismus ist »bMilut keine
Kedv; nn unseren Vulkanen haben Uerg«-türze in Masse statt-
gefunden, aber die gering« vulkanisch« Thatigkeit, wie
Fumarolen, boifse Quellen u.s.w'., hat absolut keine Xnderung
erlitten. wir«l viel von erneuter ThAiigkeit des Vulkans
Zzalci» (in Salvador) und ('o)ima (in Mexiko) geredet: es
wird wohl aber auch damit nicht anders muu als mit den
vielen vollständig miwuhrcn Gerüchten Uber den Ausbruch
der Vulkane Tacanu, Tajumulco und t'erro Quemado, die
all« vun Ocoe aus tTiglicb sichtbar sind.
— Sprachlich wie ethnographisch von Belang ist eine
Arbeit von Alo.vandcr rhamberlain über die india-
nischen Wörter in der englischen Sprache Nord- I
amerikas (Journal uf AuiHhcan Folk-Lore 1902, 8. 240 '
bis 267). Da diese Wörter teilweise auf dem Woge über i
England auch in eumpiüsche Sprachen üborgegaugen sind, !
wo man deren Ursprung weniger keimt, so mag hier darauf
hiiigewieaen werden. Es handelt sich da namentlich um
AuHlrück« aus den sprachen der verachitnlenen Algoukin-
stämme, die zunächst mit den Ansietliern in Berührung
kamen und deren Orts-, Flufs- und Ilersnaineu no<'h jetzt
die Karle l>edecken. Philohtgisch ist das Thema noch keiiie»-
wegs genügend durchgcarlieitet; Chainberlain vermag ober
im ganron I.t2 Wörter ans den Algonkinsprachcu auf-
zuführen. denm sich der Nordamerikaner jetzt liedient. Von
topographischen Namen ist dabei selbstverständlich altgvseheni
doch hat die «iigliscbe Sprache einige geographisch bezeich-
nende nufgenommeu. So nennt man ein sumpüges, marschi-
ges Land , Muskeg* und für die gleiche Hescliaffenbeit dos
BcNlens sagt mau in Virginia und 31aryland ,]W)cosin*, während
mau in Maine dafür .pökeloken* sagt. Wir führen aus dem
Verzeichnis der gang und gäbe gewonlenen Indianerwörter
hier nur solch« au, die auch Iwi uns mehr oder minder
bekannt geworden sind :
Caribou, da-s amerikanische Bentier; Caucus, Versainm-
Iting der leitomlen Folitiker einer Bartet; Hickory, ilols
von Walnufsbauinuti. viel zu Möbeln lamutzl; Maultu, grofser
Geist der Indianer, Dniuun; Mokassin, die wuicben Leder-
schuhe; Moose, das amerikanische Elentier; Opossum,
das lleutoiüer, ein Name, der selbst in Australien für Beutel-
tiere gebraucht wird; Bemmican, das getrocknete Fleisch
für Keisevorrat im wilden Nordwesten; Bow wow, festliche
Versammlung der Indianer; II aeuou, der Waschbär; Skunk,
das Stinktier; die l^eiden letzteren Au-wlrücke allgemein von
IVlzhändlom in Europa gebraucht; S<|Uaw, das Indianer-
weib; Tammany, Bezeiclmung, die in unseren poUtiscli'-u
Zeitungen viel gebraucht wird. Sic kommt zuerst 17K9 als
Name einer |>oliti«chen Vereinigung vor, die sieh nach Ta-
mciicnd (verunstaltet Tametidy, Tammany) Iraoaimte, eiuoiu
bekannten I>elaaartmhäuptling zur Zeit William Beims, dur
scherzweise zum Heiligen des Vereins ernannt wurde: die
Gesellschaft kam ziisaiumen im »Wigwam Tammanys' und aus
diesem Wigwam ist dio l>erühmt« Tammaity Hall in New
York entstanden: Toboggan, Schlitten, allgemein in UanadH,
wo die berühmten Tubogganingfnhrtcu als Ge-tellscbafta-
miterhaltung im Winter ausgoführt werden; Tomahawk,
das Kriegsbeil; Totem, auch dieses jc<leui Kthu>>graphmi
geläuüge Wort entstammt den Indianern von MassaL-fauseit»,
wo es Namen, Sippe, heiliges Tier, Schuizgottheit bedeutet :
Wampum, das Muschelgeld, zugleich als Wampumgürtel
Hülfsinittol für das Getiachtnis zur Erkennung und Auf-
bewahrung gHschiehtlicher Vorgänge; Wapiti, der grofae
nordamorikaniachc Hin«ch; Wigwam, das amerikanijich«
! Zelt. — Mehr griffs ist die Zahl der Bflnnzen und Tiere , für
welch« di« englische Sprache die ludianerbezeichiiuugeu b«i-
brhalteu hat.
~ ijber di« Aufgabe geographischer Forschung
in Seen stellt Ule in den Abhandhingcn der k. k. geogra-
phiM.‘li«ii (ie.4«U.schaft in Wien (IV, ä) «ino Keih« von
Ih-trachtungeii auf, üic den Unierschie<i alJgenu-iu geogra-
phischer und sj»eziell limnoli>gbchor Untersuchungen an Seen
darthun sollen und der Beachtung, auch wo man sich dem
Verfasser nicht üt>erali auschlicfsan kann, wert sind. Am
meisten ixilemisiert Ule gegen die bisherigen Einteilung«-
versucho dev Seen, die einseitig mir die Art ihrer Enutehuiig
berücksichtigten: er selbst bat in seinem Werk über den
Würinsee (l^ipzig 1901 1 uin neues Einteilungsprinzip geg«.-ben.
Hinsichtlich der physikalifchen Verhältnisse des Sees bezw.
sciitos Wassers wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, den
EinflufK der geographischen Lage auf tbermi-oh«,
optische und dynaniiscbe Eracbeinuugen zu eruieren, auch
biologische VerhAlUiisae sollen auf geographi»i*he Faktoren
geprüft worden. Mit Hecht betont Ule zum Schlufs diu
anlhro(ioge(»grapUtsche Boileutung der Seen, ehi Gebiet, da«
bis jetzt fast n(»cb gar nicht Iwarbeitet wunie. lialbfafi.
— W. Weinberg jKilemisiort in seiner Arbeit »Me-
thode und Ergebnis der Erforschung der Ursachen
der Mehrlingsgeburten*. (VirchoWB Arch. f. path. Anat..
Bd. 171, 1903) gegen Nacgeii-Akcrblom. Bereits die Erkennt-
nis, dafs es zwei Ursachen der Mehrlingaguhurten, nämlich
ein- und mehreiige giebt, ist eine positive Errungenschaft,
welche nicht die Statistik, sondern die Anatomie und Knt-
wickelungsgeschicbt« zu Tag« goförtlert hat, l>or Embryo-
logie verdankt man di« Erkenntnis, dafs Doppclmifsbildung-en
— und alle eineiigen Zwillinge sind nichts anderes — durch
äufsere Einwirkungen auf da» bereits befruchtete Ei künst-
lich bervorgiTufeu worden könntm; die Rolle der Vererbung
bei den eiueiigen ZwUliiigen ist also zum mindesten sehr be-
schränkt Im einzelnen entnehmen wir der Schrift, dafs bei
&45 Zwiilingsgeburten mit Bärchen (also zweieiigen Fällen)
man bei zusammen 3910 sonstigen Geburten dersellien Mutter
lOl Mi.-hrlingsgeburteu oder eine auf 30 Geburten statt auf
92 fand; bei vorwiegend tm-hreiigen Driliingi^eburten
unter sonst 2227 sonstigen Geburten den»ctbcn Mutter waren
12.3 Mehrlingsgeburteil »«Icr I : 18 Ueburt«n statt 1 :7b. Bei
den Müttern, Schwestern und Töchleni der Mütter von Bär-
chen fand Verfasser unU-r 4334 ZwilUng»gvburten 99 Zwil-
linge. Bei Frauen mit wiederholten Mehrliugsgeburten war
die HäuHgkeit der Zwillinge bl auf 1935 Geburten der Müt-
ter, Schwestern und Töchter. Bei den Fragen der V’ererbung
ist als ungelöst die der Vererbung in miiunlichcr Linie zn
betrachten. Aufserdem ist vorläuüg nicht mit Sicherheit
nachzuwi'isen , dafs die Vererbung der zweieiigen Zwillings-
geburten, die als INtstulat der I^volkoningsstatistjk geUeu
darf, ausschliefslich durch Variationen des anatomischen
Baues des menschlichen Ovanums erklärt werden mufs.
Einmal ist die Vererliting äiifaen-r Umstände (Alter, soziale
Verbältniicse, Stadt und J<aod) nicht absolut auszuschliefsan.
Dann kommt der EinHiifs konstitutioneller Kigeuschaften,
namentlich K«>rp«rgrö£sc, in Betracht, welche auf die Fähig-
keit des Austragens der ZwilHngsgeburte» «inen Kiuffufs
haVieu könnte. Dagegen spricht die geringe Schwankung der
j Hituügkuii der eineiigen Zwillinge nach Rasse, Alter and
; Geburteuauznhl der Mütter und ihre .Abstammung von w-e-
' »ig«r fruchtliareii Frauen, auch die geringere Wahrschein-
lichkeit der Vererbung im Gegensatz zu den zweieiigen. J>ie
Konstitution dor Frau und ihre Fruchtbarkeit ist zu berück-
sichtigen; kurz, «s giebt n<jcb «in« Heihe von dunkeln
Funkten in der Lehr« von den Mehrliugsgcbnrteu.
Versetwortl. KcxUktear: H. Singer, Hcrli» NW. 6, tH-billbaucrdsnim 26. Druck: Krirdr. VJeweg u. Sobn, Hrauatchweig
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREnnCT MIT DEN ZEITSCHBIFTEN; „DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
IIERAÜSr.EGEnEN VOX H SINGER ITfTER RESOXOERER MITnTRKfXG VON I’Bor. Du. RICHARD ANOREE.
VERI.AO VON FRIEDE. VIEWEO * SOHN
Bd. Lxxxm. Nr. 20. BRAUNSCHWEIG. 28. Mai 1903.
NAchdrtck di» B«ch Cber«lakiinft wU d«r Varla^lianiUunc tfrtUUet.
Das Bassarivolk.
Von 1!. Klofse.
I.
hUiier der interev^anteiftcu Stämme im Innern unseres
deutschen To^offebiets ist das ('rvolk der liAssari.
Seine Wohnsitze Hegen hauptsächlich niirdlich TOin
9. (ir. nördl. Ilr. und erstrecken sich zwischen den beiden
linken Nebenflüssen des Oti, im Süden den Mo und im
Norden des Kara. Im Osten bilden die Hurge von Duko
und im Westen der Oti die eigentliche Grenze. Der
ganze Sprachstamm, der sich noch weit über diu Grenzen
von llossari hinaus erstreckt, spricht die sogenannte
GyanibaMprache, Ton welcher die Sprache der Itassari
einen Dialekt bildet. Das ursprüngliche Gebiet Ton Daasari
int durch Kriege mit den Nachbarrülkern in verschiedene
Teile mit unabhängigen Häuptlingen |iolitisch getrennt
worden. Das jetzig« llas»ari, im engeren Sinne, gruppiert
sieh rings um den Bassariberg. Kh ist ein welligen
Hügelland, welche» sich im Norden an den grotsen Togo
diirrlizi-^henden Gebirgszug aiiHchlietst und den Über-
gang von diesem zu dem Hocliplateau von Dako ver-
mittidt. Die Berge von Bassari l)«»tchen wie der gröfsto
Teil des grof^eu Gebirgszuges vornehmlich aus Quarzit-
gestein. Überall findet man Kisenstein in (rcstalt von
Kot-, Braun- und KaHuneisenstein, auch -soll Magnet-
eisenstein vorhanden sein. Die einzelnen Hügel von
Hassari erhoben sich bis zu 300 m relativer Höh«, während
der lluuptgebirgsstoek, der Bassuriberg, mit seinuu
höchsten Krhebuugcn etwa COO bis 70U m Seehöhe
erreicht. Um diesen Berg, der eich in der Länge etwa
eine deutsche Meile jitnzieht und eine halbe Meile breit
ist, liegen die bauptsächiiehsten Niederlassungen, wie
die Königsstadt Kor«, die Ortschaften Yatre, Nanbane,
Wodamle, Kpassiba, Nafinu sowie das gruDe Schmiede-
dorf Nuparba und ferner Moaude und Kamkundc.
Hube schroffe Quarzitfelsen, voni'^sen rötlich gefärbt,
ülierrageu .300 bis 400 m hoch die grüneu Berglehnen,
an denen zu Hunderten gruppiert die braunen I/ehm- >
hütten mit ihren runden grauen Gra.sdächern erbaut
smd. Majestätisch blicken die hohen Gipfel der Berge
auf sie hernieder, uud Riesen von Affeubrotbäumen sowie
hohe Fikusai-tcu bezeiebiieu die Markt- und Pnlaver-
plfttza der iKirfer. So bizarr wie die Felsen des Bnssari-
herges dreinschnuen, so rauh sind auch die Bewohner
dieses Landes. Durch die vielen Käuhereien und Plünde-
rungen war ihr Gebiet zeitweise für jegliche Karawanen
gesperrt, so dafs es eigentlich erst mit der Anlegung .
einer Kuro|)«er8talion 1897 für den Verkehr erschlossen
wurden ist. Aus diesem Grunde standen die Bassari !
Giobut LXXXIII. Nr. 20.
auch beständig in Fehde mit ihren Nachbarn, den
mächtigen Dagombn im Osten und den Mangtt im Norden.
Der letzte grofse Krieg, den Bassari mit Dagoinba
unter König Aluluai führtis fand ungefähr m den
siebziger Jahren statt und endete mit der vollkommenen
Niederlage dos Bassarikönigs. Bassari wurde daniuf
drei Jahre Inug von den Dagomba besetzt. Pan grofser
Teil der BassarUeute flüchtete sich iu daN> beuacltbarie
Temiigebiet, ein anderer Teil auf den nahen Bassari-
Wrg niid machte von dort aus Ausfälle auf die ün Tliale
sitzenden Ihigomba, so dafs diese nach drei Jahren, nach
dem Tode ihres Königs Abduai, bei Ausbruch einer
Hungersnot sich wieder zurQckzogen. ln diesen Kriegen
haben sich Kaiana, Tshambi, Banyeli und Bapure, sowie
Kadiumbura Fale und Bolo unter eigenen Häuptlingen
von dem Bassarikönige losgelöst und zahlten noch 1897
teils Dagomba, teils Mangu und Akbunde Tribut .\iif
diese Weise ist die Macht des Bassarikönigs sehr ge-
sunken und besteht heut« hauptsächlich nur uoch aus
den schon ol»en erwähnten Ortschaften mit etwa 10 bi»
15000 Hutten und etwa 35 000 bis 45000 Kinwobnern.
Durch Sklaverei wie durch Heinit mit den nördlich ge-
legenen Kabrevölkcru und den im Osten im Königreich
Tshautsho wohueudun Temuleuteii hat zum Teil das
sonst KO abgeschlossene Volk fremde PJemeute in sich
aufgenommen.
Zuerst durchsog 1891 Ifaiiptmann Kling da.» bis
dahin unbetretene Bassarigebiet, und 1894 schlofs Leutnant
von Doering einen Schuizverirag mit dem ßaRaarikönige,
durch den Bassari für unsere deutsche Togukolonie ge-
sichert wurde. 1897 legte der verdienstvolle Graf Zech
eine kleine Station au, die uoch in dcmsolbeti Jahre auch
für unsere Douglassche wie für die von Massow.sche
Militärexpedition gegen die in .Vufruhr liefindliohen he-
> nachbarten Koiikomba einen guten Stützpunkt bildet«.
Die Bassarileute sind im allgemviueu gut und kräftig
gebaut und grofe sii nennen. Ihre Formen zeigen deu
Typus eines Gebirgsvulkes mit breiter gewölbter Brust
und gut ausgebUdeter Mu:«kiilatur. Der grofse Unter-
kiefer, die aufgeworfenen Lippen und die breit« Nase
mit dem eingedrückten Na.»enl>eiii verleihen dem Gesicht
ein echt negerhuft-prognathiHches Aussehen. Diu Männer
halum häufig uiiien kleiuun strujipigen Kucbulburt. Diu
|uugeu 3lnuner (Abb. 1) uiacbelTeinen schönuu, kräftigen
Plindruck, wahrend Ijcut« mit 45 Jahren »chon sehr gc-
! brechlich sind. Die vollen P'ormun sind geschwunden,
39
/
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aio
II. Klone: |)«t lUnsarivolk.
uml der cl]ftrnkt«rititi?(cbo Knochenbau dos Genicktes tritt
sehr hervor. Pas Svbvermöguti der trClbcn .\ugen bat
luointcne »chon stark gelitten. Kahle Köpfe sieht man
dagegen selten, obwohl das lluar in hohem .Alter etwas
ergraut. Selten wird da.s l^ebensulter von 50 .fahren
überschritten. So schnell die Leute altem, so schnell
entwickeln sie sich auch. .Iniige Mädchen von 12 bis
13 .Inliren sind vullktmimun ausgewachsen, obwohl sie
gewöhnlich erst mit 15 Jahren heiraten. Die jungen
Mädchen wirken durch ihre drallen Formen ganz ge*
fällig, desto häfslicber sind sie aber als Frauen. Die
runzeligen Gesichter und die auffallend langen, schlaff
berunterhängenden Urüste, eine Folge des jahrelang fort*
gesetzten Ssäuguns der
Kinder, verunstalten die
mittelgrofseii Figuren.
Tältowiert werden die
Dassarileute schon als
Kin<lpr, wobei sie die
Migoiiannten Stnuimes*
Zeichen erhalten. Sic he*
stehen aus einem Quer*
schnitt oberhalb und
parallel der Na.sen*I.ip*
penfalte meistens auf
)M‘ideii Seiten, obwohl sie
auch nur auf einer
Seite gebrtiuchlich sind.
Ferner werden häufig
drei bis vier Längs*
.streifen von der Schläfe
bis zum Mundwinkel ge-
tragen. Ks sind dies die
KrkeDDungsmAi'ken der
Köiitgsfnmilicn in Sugii
und Salaga, auch findet
man diese starken sehr
häufig in den henacb-
barteu Temtilandschaf*
teil, von wo sie wahr-
scheinlich fibernuimneii
worden sind. .\ufser
diesen eigentliehun Kr*
ki'tinungsmnrken tragen
hiinfig Mädchen sowie
Frauen die niannigfaliig-
sten Tätlowierungen zur
Vervollständigung ihres
Schmuckes. So sind be-
sonders Schleifen und
Sterne nach .Art der
(ionyuleulu auf den
Hacken nicht selten an*
zut reffen. Ferner giebt es noch einen ganz besonderen
wertvollen Schmuck der lia.s.oarischönen, welcher aus
einer grofsen komplizierten Tnttowiernng besteht, die sieb
in einer Ureite von 10 cm vr>n der Hrust bis zum Nabel
erstreckt und ein föniilicbes MusUt Von kruuzweis und
parulli'I laufendun kleinen tlinschuitteii darstullt. Diesell>e
Tättowiernng wird auch auf dem Oberarm in verkleinerter
Form getragen. Dieses Muster scheint vf»rnehmlich dem
Geschmack der Uassariletite zu entsprechen, da man es
auch als OrnainMnt bei lien Hütten liüuRg findet.
Kiue eigentümliche TätUiwiernng erhallen ferner noch
die |{aMsaritiiädehen, sobabl sie das heiralsfähige Alter er-
langtbuben. Kh sind dies drei bis vier wulstige, vom Nabel
stralilenfönnig ausgehende Kinschiiitte (.\bb. 2). DieTätto-
wierungeii. naiiieiitlicli die grofsen .Aftister. werden von
berufsmrifsiget) l'ninen diircb feine Kinsehnitte mit einem
gewöhnlich scharfen Messer vullführt und dann mit einem
feinen Ibilver von Hotzkobie eingerieben. .Auffalleud
ist, dafs häufig junge Männer gar keine Hrkennung-n-
luarken mehr besitzen. Letzteres soll aus Furcht vor
den Nachbarvölkern geschehen, da diese meistens an
Sklaven oder anderem geraubten Gute alte Schuldfurde-
ruugeti hei den gefürchteten Bassaris haben and .«ich
ihmrseits wieder durch .Abfangen von ßassarileuton
schadlos zu halten suchen.
Was die Krankheiten betrifft, so findet man häufig
die Fiiaria sangutnis, die hier meistens in der Krkrunkimg
dos Zellutigewcbes des II(Hlen.sackeR besteht, so dafs die
damit buhuftuteu Männer vollkommen am Geben ge-
hindert werden. Wahr-
scheinlich hängt diese
Krankheit mit der gerin-
gen Bekleidung zusant*
men, da der Krankheits-
erreger durch Moskitos
übertragen werden soll.
Der Krupf findet sich hier
elieiifalls vor, S4>wie <lie
häufig entzündeten und
iui .Alter auffaUend ge-
trübten Augen. Diese Kr*
scheinungen sind die ver-
mutlichen Folgen des hier
schon empfindlich auf*
trotundeii Harmuttun, der
die Schleimhäute und
A t mu ngsorgane bestä nd i g
entzündet. Merkwürdig
ist, dafi die Fetisrbleute
nicht zugleich Mudizin-
inännur wie gewöhnlich
sind. Mein GewAhr^mann,
ein alter Bassnriwiirdeii-
träger Namens Napui, er-
klärte mir, dals nur weit-
gereiste l^put« die Krfah*
ruiig besäf.scn, die i'raxts
der .Arzte auszudben.
Häufig sind cs daher ber-
umreisende Barbiere, die
dieses einträgliche Ge-
schäft mitnebiuen. Sowie
hui uns noch häufig auf
dem Lande der tiUube
busteht, üats die mebteii
Krankheiten geheilt wer-
den können durch Schröp-
fen, so werden auch Wi
den Bassari untl den
Verwandten Negervölkern alle uur denkbaren Kniiik*
beiten nach diusem Heilverfahren behaudult. Die ganze
Prozedur besteht darin, dnf» auf dem Rücken des be-
treffetnien Kranken kleine kreuzweise Kiiischnitte gemacht
und «larauf Schröpfköpfe in Gestalt von K uhbömeni gesetzt
Werden, an deren Spitze eine hergestellte Öffnung das
.Ai)saug(‘U des Blutes emiöglichL llurcli Baumwolle und
das voll wilden Bienuu gewunucue Wuchs wird »cIiliufMlich
der Inftverdünutc Kanin ahguschlossuii. Ferner versieben
die Bassari auch wirksame Mittel gegen das überall
zur Anweniliing koroniende l^feilgift, wie gegen Schlangen-
bisse uns dun Wnnwln verschiedener Pfianzen herzn-
stellen. Das gemslete Pulver wird in den Mund ge-
nommen ntid damit aus der Wunde das Blut ausgesaugt.
Nach diesem Verfahren winl die Stelle mit dem Ik-
trefferiden Pulver eingeriehen.
Abb. 1. Junger Bassarloiann.
H. KInse: Das Basaarivolk.
311
Pie IWkleidung der naagariloute (Abb. 3) int ini all*
geiueiuen aohr dürftig, weil ihnen selbst diu Kunst dus
W cbens unltekaimi b*t und die ansÜMeigcn Tsiiaulnho*
leute «lie Verfertiger und Lieferanten der n|>ilrlichen
Hüfttücher der Frauen sind. Letztere werden auch von
den benachbarten Tumulandschaftun importiert, während
i'uniiiuiMche Sbjfife erst 1807 durch die Kxpedithm und
durch die hinter uns herziubumlun gewiegten Hausea-
häudlur auf den Markt gebracht worden sind. Die
Kleidung der Männer liesteht nur aus einem I^iopartlen*.
Kuh- oder Schaffell, welches mit den Vorderfülsen über
der Schulter verknüpft ist und vorn herabbfingt. Die
hig men, d. h. die Fami-
lienoberhäupter und Wür-
düutrager. tragen zu feier-
lichen (lelugenhoiten o<ler
auch zum Schutze gegun
Regen einen grofsen ge-
flochtenen Ilaussastruhhut.
Zu dem primitiven An-
Zuge gehört anfserdem
noch ein kleiner FelNack,
der über die Schulter ge-
hängt wird, und die nie
fehlende Schnupftabak-
dose, sowie einige Kauris
als Scheidemünxen enthält.
.\U Schmuck tragen die
Männer liäufigam Oberarm
eiserne und aus Holz ge-
fertigte .\rmriugu. Als
besouderu Zierde gilt fer-
ner ein aus der .Sohle des
Klefanten geschnittener
Armring. Zuweilen werden
auch von Gigerln Ohnunge
in Gestalt von Grashalmen,
kleinen rerlunschnürpu
oder Messingringou gotru-
gen. Kino kleine Schnur
um den Hals, an der
einige l’erlen, wietrmund-
bcads, aufgezogen sind,
vervollständigen den An-
zug. Die jungen Männer
und Sklaven tragen nur
einen kleinen Fellschurx,
während die Kinder, so-
wohl .lungen wie Mädchen,
vollkomuiun nackt umher-
laufuü. Die jungen Damen
jedoch tragen uni di« Lende
aus l^alnienkerneu oder
wpilHen Muscheln hergestellt« ruml geschliffene l’erlen-
schnür«, die auch häufig aus Raumwolle oder europäischen
bunten Glasperlen bestehen; von diesen hingt eiuc haud-
lireitgrofse Schürze aus Baumwullscbnürou herab. Immer-
hin ist diu Kleidung der Ihissarimidcheu noch opulent
iin Vorbältnis zu der ibrur Gefihriinncn in den Temuliiud-
sefaaften zu nennen, wo ei'wacbscne Mädebpn aulser
ihrem Schmuck nur eine IVrIeiischniir um die Hüfte
tragen. Trotz der primitiven Kleidung verfehlen sie keines-
wegs, dem nahenden Freier mit Anmut und Kukutturiu
zu l»egegnen. Die Frauen tragen ein rotbriiunus
Hüfttuch, welches auch zum Kestbiuden der Säug-
lijige auf dem Kücken benutzt wird. Die Tücher
gehören mit zu der Aussteuer der jungen Frau; sie
werden von Tsiiautsholeiiten angefertigt und kommen
meistens ungefärbt in den Himdel. Gefärbt werden die
Tücher von den Bassarifmucn muisUuis seihst, wozu sie
di« Kinde von Kotholz benutzen. Zum Zeichen der
Trauer werden mit Indigo dunkelblau gefärbte Tüehcr
getragen. V'oniehme Weiber stecken rote und blaue Inng-
lichu Burlun als J*lock in diu Ohrläppchen, ärmere vor-
wcndcij dagegen einen (iraslialm oder ein Stück rot
gefärbtes Hirsumurk. Bui besonderen feierlichen Ge-
legenheituii bemalen die jungen Mädchen ihren Körp«‘r
mit einer roten Krdfarhe. Die Haartracht der Männer
wie Frauen l>estpht vorzugsweise aus kurz geschorenem
Haar, während Gigerl und junge Mädchen häufig die
.S-'iteu des Kopfes rasieren und drei kreisrunde Hnar-
liQscbel stehen lassen. Die
heirntsfähigeii jungen Da-
men tragen dagegen nicht
selten zwei kleine von den
Schläfen herabhängende
Zöpfchen.
Die Bewaffnuug des
Bassarimannes besteht
hauptsächlich aus Pfeil und
Bogen , aus 1 ' \ m langen
Spueren, sowie aus einem
(irifimesser mit 0-Griff;
letzterer soll auch zum
Spannen de» Bogens be-
nutzt werden. Ferner sind
auch sebou von der Küste
her Steinschlufsflinten ein-
geführt. Die Pfeile wie
Speerspitzen, die mit
Widerhaken veraehen sind,
werden vergiftet. Das Pfeil-
gift, welches wiihrschein-
lieh von einer Stro]»hauus-
art stammt, wird von den
Familienoherliäupteru auf
dem Bussariberge berge-
stellt. Dur Ort der Berei-
tung wird vor den Frauen
geheim gehalten , da die
Männer während dieser
Zeit nicht in Berührung
mit den Frauen kommen
dürfen.
Die Hütten der Bassnri
sind aus lichm und wie
fast im gunzon Norden
rund, von einem Durch-
messer von 3 bi» 4 m und
mit einem kegelförmigen
Graadach versehen, das auf
einem Gerüst von Bambus-
stäben ruht Die Hütten sind gruppiert um kleine Gehöft«.
Die einzelnen Gehöfte, die immer von einem Hausstand
der grof.Min Familie bewohnt werden, stehen durch Hütten
oder Mauern mit KingungNöR'iniugeii in Verbindung und
bilden xusanimun ein grofse» Fnuiiliengehoft In dieses
Gehöft, welches nach aufsen hin durch eine Mauer ab-
geschlossen ist, in der die Schaf- und Ziegeiiställo ein-
gelmnt sind, gelangt man durch eine gröfsore Hütte, dio
Vorhalle, in der die Gäste «tupfaugen und die Palaver
ahgehulten wurden (.\bh. 4). Zuweilen ist auch noch an
da» Gehöft ein Viehkraol angelmut, der aus einem •''tein-
wall, mit Dornen belegt, besteht. Die Koms|>eicher, di«
aus xwei aufeinander gestülpten Kegeln von Bambusstäben
und (rras bestehen, sowie di« Ställe für diu Schweine
liegen meistens abseits des Geboftes.
Das häuslicbe Leben gipfelt auch l>oi den Bassari-
Abb. s. Bassarljaiigfrau von !•> bis lü Jahren.
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312
H. Klnte: I>ae Ilasflarivolk.
leuten in dur Familie. Ihks Alteitte luämiliche Fainili«*n*
fflii>(l iht auvh Obnrbaupi der Familie und hat gleich*
zeitig Sitz und Stimme in der Gertjsja, dem Hui der
Alten, der bei wichtigen Angelegenheiten dem Könige
zur Seite ><teLt. Iler Mann geht auf das Feld, auf
■Ingd oder FiNchfang und unterweUt darin seine Sehne,
wälirend die Frau kocht, häufig Bier braut und mit den ver-
schi«*«lenen Krzeugniaseu, die Haus und Feld bieten, die
M&rkte mit ihren Töchtern besucht und dort Handel
treibt. Bei mehreren Frauen ist e» melHteii» die Hieb*
liiigsfraii, die in Freuden lebt, whlirend die übrigen die
Arbeit l>esorgen müssen. Infolge der allgemeinen Sitte,
die Kinder drei .fahre an der Mutterbrust süugen zu
»ich nuch gern gute Freunde den Kuppelpelz- Falls <lt*r
Bräutigam nicht .«icbon ▼orher für «eine Braut gearbeitet
hat, muls er den Kltern der BetrefTenden ein Hochzeit-s-
gesebenk geben, da« muUten» in einer Kuh und etwa
iöOOO Kauri» beateht und im ganzen den uugefahren
Wert von 43 Mark repräsentiert. I>ie Oteru sorgen
für da« Hocbzeitsinabl und die .Ausstattung der jungen
Frau, die haiiptHächlich au« ein paar Tüchern uu<! einigen
Kalabassen liesteht.
Hie Hochzeit wird sieben Tage und Nächte hindurch
bei Tanz und Schmaus gefeiert. Vom ersUm Hahnen*
krähen wird hei Trommelschlag bis Mittag getanzt,
worauf da» Mahl eingenommen wird, welches haupt*
Ahh. 3. Eine RassarlfAmllie in Kore.
lassen, hat der einigeniiafsen wohlhabende Mann drei
Frauen. Häufig, wenn sie erst Kinder >incl, wird hei
den Ib^sari das Band für das Leben geschlosstm, indem
ili« Kltern cles Knaben sich mit befreiiiideteu Filtern uinc»
kleinen Mädchen» ver^tamligen. Der junge Bursche
arbeitet dann spater für S4‘ijic zukünftige Braut und
giebt «eine KrspamtMse den ••^chwiegerelteni; auf diese
Weise erspriefftt den FJtern de» Mädchen» ein eiiiträg-
liche« Geschäft, welche» hi» zum heiratsfähigen .\lter «le«
jungen Maclrhen» forblaueri. Mit 13 bi» Ifi.labren heiratet
daun das Mädchen ihren Liebhaber, der ungefähr iui
.Alter von 17 .fahren steht, ^feistuiis jedoch wühlt Jur
Bnssarimanii seinu Zukünftige frei aus seinem Stimime
oder kauft uud heiratet eine Sklavin. Hat die Braut
dn« heiraUfnliige Alter erreicht, so hält der Bräutigam
beim Vater um die Tochter an. Häufig jtHloch verdienen
sächlich in gestuiipften Vain«, ferner in Ilirsusupjw,
Fischen, auch bei opulenter Küche aus gerüstetem .Anti-
lopenfleisch sowie gekochten Hühnern, auch uu« Honig
von wilden Bienen und dem nie fehlenden Hirsehier
bestuht. Nach dem Mahle tritt dann eine l*ause zum
Schlafen und Waschen ein, während Iwim 1 hinkelwerden
mit <lem Tanz da» F'cst von neuem beginnt. Mit der
Verheiratung gründet da» junge Paar seinen eigenen
Hausstand uud bezieht ein kleines (iuhöft in dem grofneii
Familiungehöft. Solange das l’aur kinderlos bleibt,
unterstützt e« die Filtern, indem clcr Sohn die Farm
bestellt, während die Schwiegertochter für den IlauHhalt
uud tbi« Flüseii zu sorgen hat.
Junggeselleii erfreuen sich bei den Hassaridamen
keiner besonderen Hochachtung, und es wird Über sie
gespottet, dafs sie gar nicht im stände seien zu heiraten.
II. KIübo: Dai liassarivolk.
81»
Alior mich dftr PnDt4>f[elhul<l erntet bei Jen Hier^clu^en
umi iH'iiii Jeu, «elchee ^anz besonders von den Itassari'
uiittinerii jfejtnegt wird, »einen Spott und wird als Weib
bezeichnet.
biivurheiratete bloibuu bei ihren l’Jteni und arbeiten
für diese. Der Hesitz von Kindern gilt im allgemeinen
als Ueichtum. I*^ herrscht eine abergläubische Scheu,
über die Kinder zu sprechen. Es soll dies davon her-
rühren, dafs l>ei Zwistigkeiten Rache an den Kindern
verübt wird, und es Vorkommen soll, dats Kinder aus
Neid vergiftet werden.
Ihe Geburt geht wie bei allen Naturvölkern leicht
von statten. Es kommt daher häufig vor, dats hoch-
schwangere Frauen plötzlich auf dom Felde und der
Stralse niederkommen. Für gewöhnlich vertritt eine
dum Fetisch gehört uud sie nach dem Glauben der Eeuta
vorzeitig sterben sollen.
Zwillinge gelten bei den meisten Togonegerii als böses
Omen. Sind die Kinder von gleichem Gehchlucbt, so
wird wie bei den alten Spartanern das Stärkere von
beiden am Leben gela.»sen. Itei Knaben und Mädchen
sull dum Knaben der Vorzug zu teil wurden. Das Kind,
da» sterben muts, soll daun lebendig in einem grofseu
Topf begraben werden, wührend mau für da» am l./ebeu
SU erhaltende ein Huhn in zwei Hälften teilt und die
eine Hälfte dem zu begrabenden Kinde beifügt^ während
mau die andere Hälfte in einem besonderen Gufäls neben
der Grabstätte oingräbt Ks soll dieses gluichsam den
Feilsch wie den Geist des verstorbenen Kindes versöhnen,
damit sich dieser nicht an ihm rächt. Bei wiederholter
Ahb. *. Vorhalle eines Ba-HHarigeköns In Wodande.
alte t>ekaiinte Frau der Familie die Stelle der Hebamme.
In seltenen Fällen, bei schweren GuburU'U wird zum
Fotischpriesier gegangen. Dieser opfert dann nach er-
haltenem Tribut ein Huhn und verordnet Tbee zum
Genüsse wie zum Kinreiben. Auch werden bei kinder-
loser Khe Sympathiemittel nach Verordnung des Feti.nch-
priesters angewandt; so «larf z. U. die Frau nur auf
einem heHÜmmten Stuhl sitzen. nekommt diu Frau
später ein Kind, so wird es mit 15 oder 17 Jahren, je
nachdem, ob Mädchen oder Knaben, dem Fetischpricster
vorgeführt uud nuifs Opfergaben in Gestalt von Hühnern,
Vams und üiiineakorn darbringen. Ferner werden der
betreffenden Person die Haare geschnitten, welche eben-
falls dem Feti-schpriester verhluibeii. Durch diesen Tribut
wenlen dioso Kinder guwi»Bermafsen von der Verbind-
lichkeit gegen <loii Fetisch gelöst, da sonst das Leben
i;)obus I.XXX11I. Sr. *JO.
ZwiUingsgeburt soll es beiden Zwillingen da» Leben
kosten. Frauen, die Zwillinge geboren haben, dürfen
nicht zur Einsaat und Ernte auf da» Feld kommen, da
sie die Frucht des Feldes verderben köunU*n.
I>er Ehebruch wird hei den Hassan ungewöhnlich
liart bestraft, da der getäuschte Ehegatte das Recht hat,
den Ehebrecher zu töten oder ihn nach Ratsbeschlnfs zu
kastriurun, wobei dem Missethäter die Geschlechtsteile
mit Steinen zerschlagen werden KoUen.
Der Vater eines unehelichen Kindes mufs an die
Eltern der Mutter den Wert zuhluii, den da.<i übliche
Hochzoitsgeschenk beträgt. .Vus diesum Gnin<le heiratet
der ßetreffeude gewöhuHcfa das Mädchen aclion aus
pekuniären Rück.sicbten, da der Neger st4?t« ein guter
Geschäftsmann ist. Uneheliche Kiniier werden voii den
hjtern wie die eigenen Kinder aufgezogen und teilen mit
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SI4
FranxiVnische Fnri>ch nnjren im
diesen diesidlieit Hechte. Kine un^Htrouu Üattiii tiarf |
tier hintenrany^ene FiiemAmi jcdersunt XU den Klteni zu*
rück'icbicken, und da?> Hocfazeii^tgoechenk dnH er zurück*
▼urlttiigeu. Sind Kheyattcu mit einer gegenseitigen
Scheidung eiuver.'t«nden, ho imits die Kniu das Hoch*
zeitsgescheuk dem ge.scbiedenen OHtten xurückerstatHMi.
Trennt sich »her der Mann yon der Fruu gegen ihren |
Willeu, BO hat er einen Anspruch auf Kraatz des Hoch-
zeitageschenkH ytudurmi. Falls Witwen wieder heiraten,
SU bleiben die Kinder aus der ersten Khe, Hulange sie
Säuglinge sind, hei der Matter, raitssen dann aber der
Familie ihres ersten Mannes zurückgegehen werden.
Witwen erfreuen sich iiu allgemeinen in Hassari keines
guten Rufes, da sie häufig der Prostitution auheinifallen. |
falls sie nach dem Tode Ihres Gatten nicht bald wieder I
heiraten. I
Kineii wichtigen sozialen Faktor iui Leben der Bassari
bilden die Sklaven, diu meistens |lu^ dein nördlich gc* |
legutien Kabrelande stammen. Im allgemeinen soll es
in Hassari an heiratsfähigen Mädchen mangeln, daher
sind die jungen UaHsarileute öfters gezwungen, Sklaviunen
zur Frau zu nehmen, obwohl nie ihnen uieisteiis teurer
zu stehen koiumeti als das Hocbzeitsgeschenk für Töchter
dos uigencu lindes ausmucht.
In Knbro herrscht angeblich ein grofser l.'eberHuh
an Menschen, während verhältnismär.Hig wenig Nahrungs*
mittel vorhanden sein sollen. Daher nullen die Kahre*
leule häufig ihre eigenen Kinder zuui Markt gebracht oder
fremde Kinder ^udungun und verkauft haben, um ihit*
eigenen zu ernähren. Kabo war ein ilauptabsatzort für
Kabre^sklaveii, wo sie gegen Gniiieakom an die KalHdeute
verhandelt wurden. Durch diese kamen sie hanptHächlicIi
auf die naheliogciiden Märkte. Der Haiipthandcl Hegt
jedoch in den Händen der Hattasa, die sich incisteus an
derartigeu Platzen niederlaasen und die Sklaven als
Träger, nach Ilauasaart fri-iert oder als eigene Kinder •
ausgehend, zur Kü.sttt ftihren. Der Preis für aus* ’
gewachsene Mädchen und junge Mfiniier wurde mir damala i
mit 60 hin 700(t0 Kauris angegeben, was oineni Geld-
wert von 60 bis 70 Mark entsprochen wilrdo; doch
»ollen speziell für junge Mädchen Liebhaberpreise bU
150 Mark gezahlt worden seiu, wenn man den damaligen
Kurs in Uasaari mit etwa 1000 Kauris für eine Mark
aniummt. Die Scheidemünze war bis zu unserer An*
kiiuft nur Kauris. Durch die Vermltteluug von llaussa*
händlern konnte man bald für eine Mark etwa lOOU Kauris
einwechseln, so dafs auch in ungefähr einem Monat
nnner Geld auf dem Markt kursfähig wiinle. Kinder
sollen je nach deui Alter mit 20000 und 40O00 Kauris
bezahlt wurden sein. Bei ulten Leuten sank der Wert
nach Angaben der Bassari hi.s zu dem armseligen Preiae
von 6UOO Kauris oder 6 Mark.
IHu männliehuu Sklaven verrichten meistens die Feld-
arbeit, während die Mädchen und Frauen im Hause he-
schäftigt werden, indem sie kochen, Feuerholz sammeln
und Wh.swt holen, wa.s aiisHchliefMlich von den Mädchen
und Kindern besorgt- w'ird. ln langen Reihen ziehen sie
Franzä.si.srhe Forschungen hu Srharl* und Tachadsee*
gebiet.
In den „Comptes retidut hebd. des seances do r.Vcademie
■Ifift Sciences* Vi»m 'i. März d. J. (t'XXXVI, 9) ündet sich
ein Rericlit des Oberstleutnante I>esten»%e, d«s Kominnii-
■Imiien des Territoire militaire du Tch.'id. über Aufuahinc-
und Hiiduro Furschuiigsergetnüssu der militärischen und Ver-
walt uiig«ihiiligkeit im Tschadseogebict. Italait veri'igentlicbl
dnnius einen Auszug, der noch durcti umlere Mitieilungeu
‘•rgjiiizl wird. »lu Märxheft von „La il'Migrapliif*. Danacli
haben die Fmnzusen «lurt iu der Zeit 'uu Februar Itiol t»is
Sohari- und TschadBoeguhiet.
des Morgens und dea Abends zu den WasHcrBtulUn uiit
grufseu Ki\rbiskalaha8»eii , um gleichzeitig ein Bad zu
nebmen oder ihr weniges Hab und Gut an Tüchern uiitl
KalHhoAsen zu waschen und zu scheuern. In den weiten
YMmsfarmeii arbeiten dagegen die männlichen Sklaven,
und nicht Hellen »iebt man sie einen aus Binsen geßoeh*
tonen Korb mit sich fuhren, ln diesem befindet sieb das
sogenannte Sklavenfmhn , das ihnen ülmrall auf dom
Felde folgt und sich von den Würmern und KngerliDgco
nährt, die beim Ikmrbeiten des Buden» zu Tage gefördert
werden.
Fs ist die.s und dessen Nachzucht der einzige Be#itz.
der eiiium Sklaven rechtlich nach Bassarihegriffen zust4iht,
solange er unverhetratet ist und in der Familie den Herrn
lebt. Fm jedoch die .^kiaven an das neue Heim zu
feaseln, werden »ie bald verheiratet, gründen dann ihren
eigenen Hauestand und arbeiten, subald Kinder kommen,
von der in Bassari üblichen scchstägigen Wttche nur
noch vier Tage für ihren Herrn. Die übrige /eit können
sie für ihre Familie verwenden und gelangen so häufig
zu gröfsenMn Wohlstand. Im aUgemeintin vererben sich
die Sklaven vom Vater auf den Sohn, werden aber nach
loiiidussiUe mit dem Tode ihres zweiten Herrn stets frei.
Meislenn Ut schon der Skluvo frei von jeglicher Arbeit,
wenn »eine Kinder arbeitafähig sind und an seiner Statt
die üblichen Tage der Woche für den Herrn arbeiKm.
.Auch halten »ich dio älteren Sklaven aelhiit wieder
Sklaven, welche an ihre Stelle treten. Sklavinnen werden
durch HeU'at mit einem freien BasMarimami vollkommen
frei, auch die Kinder au.i einer derartigen sind frei
und können alle Kbrenainter, sogar die Königswürde er-
langen. Bei Mischehen, in denen der Vater Sklave war,
werden die Kinder zwar frei, wenn die Mutter eine Freie
war, sic können jtoiuch nicht in dun Geuiuindcrat kommen.
Im allgemeinen ist die Sklaverei, weuigHtciiH in Bassari.
nur ein Dienstverhältnis, hei welchem der Sklave häufig
ganz zu der Familie gerechnet wird.
Wie im ganzen Togogebiet, besteht auch in Ba^«iari
die Schuldsklaverci, und zwar haftet die ganze Familie
für die Schulden eines Mitgliedes. Da« Fami]icüo)>er*
; haupt kann die .Schulden mit einem Familtcnangebörigeu
oder einem Sklaven decken, anderenfalls wird der Schuldner
selbst Sklave. Häufig jedoch kommt keine Vereinbarung
zu Htande, und der Gläubiger sucht «ich durch .Abfangen
I eines FainiliengliedoB schadlos zu halten. Auch wird
eine derartige Hypothek an einen Dritten codiert, welcher
: dann seinerseits mit «einer Forderuug an den erst-
; genannten Schuldner berantritt. Ihi nun der Begriff der
I Familie ein »ehr weitgehender ist, so werden häufig ganze
I DorfgemeimitiU und Volksstäimno für die Schulden eines
i ihi^r Buwuhuer verantwortlich gemacht, wovon diese
häufig gar nichts wissen und natürlich atichdie Forderung
nicht anerkennen. .Auf diese Wei»e entstanden weitver-
zweigte Schiildfordeningen, die häufig zu Fehden der ein-
j xelmtn Ortschaften und zu Kriegen ganzer Stämme führten,
j die haupl*'ächHch im gegenseitigen Abfangen von faiuten
I und Beraubung durchziehender Karawanen Wstandou.
Juli 1902 eine omfaii^Veiche Menge von Aufnahmearbeit {>e-
leistei, Jie joizi för eine vom rhangi bis Kanuiri reichende
Karte im eitiloäi liehen Marsrtab von 1 : 2000<K> zusammen*
(f«*faf*t wird.
ZuiiilebHt hat Schiffsfähnrich d'Uuart, der Kuuimandaat
des liHUipfem Hlul*. mclirere Punkte in der Nähe
I do» «wilichon TschaduftT« der Ixioge und Breite nach aiitro-
DuiiiiM’h festgelegt. Die Längen »ind allerding» nicht ab-
solut, s«>ndeni aus der Liiug« des Orte» Dochinitiloh. de»
I letzten Dorfe» am Schari oberhalb «einer Mündung, ab-
geleilut. Ds.i'bimti]nh liegt unter 12* 4.*i' 4ti" m'inll. Mr.; die
Länge ist nicht ersichtlich, so dafs e» zwocklus erficheiut. die
hr Weiltenbi'r^fj Kinüerfreud uod bei den südrutaiscbeii Juden.
3i:>
antlHren Lnuxeii hier aiiKufiihreii und über Vt.'r>ichie>»uugeti
io der lAge des THrhad-Heeii Verinutungon xu üur«ern. ln
liMhirutiluli i?it ein IVgrl at>gel**gt', und en Ktnd dort in den
Moimten Februar hw April l»iii die Nivoauechwankungvn
des Titchadaee^piegeU be<>liAcht«t wordou. Danach aUmden
dieae Schwankungen in ntiiuitteibarer Be/i«hmig zur Uichtung
und Stärke der W'inde. Du* Maxiinnm nn eioetu Tuge
l>etrug 27 cm (am lt(. MArz). Bei der geringen Tiefe des
See* rufen die Winde natürlich auch gri»rx« Veränderungen
in der Gexlalt des Tw:had «elliet hervor. Der Kordontwind
i*i der vorhcnm'hende, deshalb bat d'lluart im Osten und
Nordoirten ein sehr schnelles Furtschreiten der Allurial*
ahlagrrung und ein Auvtrocknen des Sees konstatiert, während
ini Westen und Hüdwesten eine Äusdehnnng des Wassers be-
merkbar ist. IHe bathymetrischen Yerhaituisxe des Tscha4l
bestätigen diese Beobachtungen, im östlichen Teil enthalten
die Kanüle zwischen den Ittseln nur 4 bis .‘•in Wasser,
wiihreud sich die gröfsten Tiefen (etwa J2m) iin Küdwesten
voründeu. dTiuart hat eine grofse /uhl von TiefenmeMungen
ausgpfuhrt und aufsertlem teilweise den Kuriarchipel
und ganz den Buddnmiuirchipel vermt<!wen. Die in der Hegel
dachen und aus Sand und OvK»ll iNsstehenden Inseln sind
das FrtMhikt des nonluaUicben W'üstenwintle*, des Haraiattan,
der feste Bestandteile mit sich furtfiihrt und im 8e« absotzt.
I'nter den Inseln bwsi.'n sich drei Typen erkeuuen: die einen,
die Ixiwohnt sind, erheben sich als lU bis l-'im hohe Dünen,
die 4 bis 5 Ul hoben Inseln cntbaltou Weideplätze, und die
guiiz niedrigen ragen nur .‘10 bis 50 cm über_ dem W'asser
empor. Die lnsel«’elt des IWhad bildet die ()bergangHZonG
zwischen dem FesUande und dem offenen Wasser.
über die lange /eit verrufenen Bewohner der Tschaditee-
inseln ermittelte Destenave gelegentlich eines Besuches vom
1.*i. A]«ril bis 10. Juni HHJ'2 folgendes: Der Kuriarchi|>el
enthält drei Inselgruppen und lieherliergt etwa lOouo Kin-
wohner, ihrer Alwtaimuung nach Kanembii. Sie sind Mohitm'
medaner und auf die loaehi gekommen, um dort gegen die
Kinfälle der Nomaden geMdiiitzt zu sein; ihren {«ebrnsunter-
bnlt gewinnen sie aus der Viehzucht, dem Hirseliau und dem
KiAchfaug. In ilem von Destenave besuchten Teil des Bud*
diimaarchii>eN sind 2d lusclii t>ewohnt, und zwar vuii 17(Ki0
Keeleu. Nachtignl hatte I20UO bis l.'iooo angenoimncn. Die
Hudduiiia Iwhaupteu, sie seien vor drei .TahrhuiidertcD aus
>okoio gukonmien. Die Nahrung bilden Milch und Hirse;
Fischfang wird nicht b*’triel*eu. Die Budduina vermischen
sich nicht mit ihren Nachliam, und jede Insel stellt an-
scheinend den Sitz einer Familie dar. Der Stamm nimmt
infi’lge der Heiraten unter Blutsverwandten schnell ab. Die
Kopfzahl der Hindviebherden sämtlicher Tscliadseeinseln
wird auf 80oU(t geschätzt
Kapitän Dubuis hat das Südufer de.s Tmibad zwischen
der Scharimünduug und dem Bahr-el-Gbasal untersucht und
die Verüiiüerungen festgestelU, denen der Biihr-el-Ghasal
unterworfon gewesen ist, und die zur Austrocknung saiiiH*
Tbnles geführt buhen. Den Bahr-el-(f)ia5wl sellwt haWn
Kapitän Bellion und Leutnant Dhoinme aufgonoinmen.
Beobachttinge» ülier ihn liegen auch von Kapitän Truffert
vor, der auch die 2k>m-. nördlich davon und im ttsb'n des
Hees, sowie den Kuriarchipel iiDtcnuirhi hat. Aufnahmen an
der Ostküste des TKchad haben aufsunlem Avon. I>homtiie
und Duperthuis ausgefnhrt, im südlichen Teil des Bud-
duiiniarchi{>elH Ijeuiuaut Laeuin. In Kancm reichen di«
.\ufnahmen bis 14* 50' n. Br. und la" lo' <>. L. ostwärts.
Endlich hat Truffert den W<^ Dikoa-Fort Lamy am Hee
entlang und Kapitän Dangevillc den Weg IHkoa-Kuka-
Ngigmi (Nordwestufer) neu aufgeminimen. Diese Aufnahmen
sind inzwischen durch deutsche OfBziero ergänzt worden.
Aus dem Scharigebiet ist folgendes zu berichten: Die
hydn>gniphiMhcn Vorhültnisso des Sebari sind auf der Strecke
von Fort Archanibault bis zur Mündung klargelegt worden.
Die sandigen l'ntiefeii de* Stromes verlegeu sich fortwährend,
und der SchifffabrUkanal wechselt alle Jahre. Der Fafa ist
von Bruel, (Uf-yin, de Koll-Montpellier und Coia-
eauü von der Quelle bis zur Mündung (7* 2u' n. Br.), das
1‘latcau von Mbres von Truffert aufgeiiommen worden. Ka-
pitän Paraire hat detaillierte Aufnahmen im mittlereu
Scharigebiet ausgeführt, itn Westen bis (inndi, iin Osten
{ gegen den Bahi'-es-Salam.nt bis Siiuiue und M.anime, und
Kapitän Jesson in dem zwischen Bahr-es-Salamat und Ba-
girmi liegenden welligen Plateau Itekakire (bei Nachtigal
noch als zur Kltcne gehörig bezeichnet). Auch ein Teil
Uaduis ist bereits »ufgesucht worden: l>angeviUe hat den
Weg von Fort Lamy bis Ymo und Midogo aufgenonimen und
la'utnaut Avon den FiUrisee erreicht. Dieser liegt nach
seiner Bestimmung unter 12“ 4i)' n. Br. und 17* 4(J' ü. L.,
als<t etwas östlicher als auf unseren bisherigen Karten. —
Ks sind aurserdem niK*h eine Reih« anderer \V*issenszweigu
gef.Vrdcvl woiilfii.
Kinderfreud und -leid bei den sfidrussischen Juden.
Voll l»r. S. Weifsciiberg. Klisal>©lligrii(l.
Hot. n Manu a WalNÜe.
lb»t er grtMssu /iiros (Leid);
Hot sie nyi keti Kinderlecli,
1'eig aie af Kapures (Schlaclilen).
So wird im jüdischen Volk^lifHle gesungen und h»
die Ari>«icbt dea Volkes ülmr den Kindersegen nuage*
drückt. Kino kindcrlost' Khc ist das gröfsDi Unglück,
da* einen Juden trcHeii kann, und keine MitUd werdnii
gcKcbeut, keine Hntfermmg ist zu weit, um diese* Un-
glück ubznw enden. Hilft der „Hebe“ >) nicht, so wird
ein „Ib'ofessor^ konsultiert, und auch von den ärmnten
Jüdinnen. Zehnjährige sttirile Kbe ist genügender Grund
zur Scheidung.
Pnrullel mit dieser Sehnsneht mwh Kindern gebt die
Kinderliebe. Indem ich mir Torbehalte, dem Neugeborenen
einen besonderen Aufsatz zu widmen, will ich hier nur
vom Säuglinge und bauptsächlich vom Kinde ini eigent-
linhtiu Sinne de* Worte* sprechen.
Her Säugling wird iui allgemeinen Hehr zärtlich
behandelt, meist von der Mutter seihst gestillt, ini äulser-
sten Fnllu von einer Amme, nie aber künstlich ernährt.
l>a die jüdische Krau iiorh Krau und nicht Arbeiterin
ist, so wiilmet sie sich ganz und gar ihrem Kinde, wes-
halb die Säuglinge uiei«tenB gut gedeihen und die Sterb-
lichkeit unter ihnen beilenteml geringer j-*t al* bei der
übrigen Hevölkeruug, was sich auch ztatiztisch naebweisen
läf«t. Dank der htiberen Intelligenz des jüdischen Volkes
dringen die Uehren <ie* Neo'.Malthusiniiismu* auch
in die untersten VolksBchichteii Kchnell ein, und der
Kinderridehtum wird nicht mehr ho gleichgültig aiifge-
uuimuen wie früher. Hin einziges Kind ist alicr für den
Juden eine sehr umiugeticbme Sache; „af ein Oig y* nyt
git zu kikeii**, sagt das jüdische Sprichwort von solchen
Fällen. Kin bewährte* Mittel zur Kmpfangiiiabebin-
dornng ist das lange Stillen, oft hi* zum vollendeten
zweiten I,cbensjabrc oder bis zur neuen SebwangerNchaft.
mit welcher du* Säugen in jedmu Kullu aufhört. K*
herrscht die scliiecbte Sitte, mit dem Säugling zuKuiiimen
zu schlafen und ihn die gunze Nacht hindurch nn der
Hrimt zu hallen, wodurch die Kinder -ehr verwöhnt »’er-
den. Ileikost erhalten die Säuglinge erst nach dem
Durchbruch der ersten /nhne. selDm — wenn die Mutter
irgend ein Geschäft treibt — früher; abgi'*Hzl werden
nie mit einem Male.
Viel Sorgtui verursnebt der Mutter der kranke
Säugling. Schreit er, ohne dafs sich dafür irgend
eine l'rsnche nuffiuden läfst , so befeuchtet ihm die
Mutter die Stirn mit frisch geliis*euem eigenen Hurii,
was al* uin gutes BenibigungsmitUd gilt und den „bösen
illick“, die wahrscheinliche Ursache des Schreienn, ali-
w'cndet. Schlaft das Kind minihig laier gar nicht. *o
logt man Mohiiköpfe unter sein Kopfkissen, manchmal
... f >)OgIe
’) Maupt der (‘bussiiiimsekie.
I)r. S. VVoiCseiiberi;: Kitiderfroud uud 'loid bei den BitdrnsfiBcbeD Juden.
fj^ebt man ihm auch utwaet Ton einem Abnud dereelben
innerlich, l'u dem SSugUnff ^seinen schweren Kampf ums
Dasein utwait zu erleichtern, werden ihm Ternchiedene
Amulette um den Hals gehängt. Abb. 1 stellt zwei
solcher Amiilettenhalsbänder dar. Wir «eben da eine
nFcige'^ aus Knochen, um Leute mit „bösem Illick“ fern-
zuhalten, ein FlügeUtück eines Hchwarzen Ilabnes oder
einer schwarzen Heuue — |e nach dem (icschlecbt des
Kindes — ebenfalls gegen dun bösen ßlick, eine Imitation
eines Wolfszahne« — yerKcliafft leichtes Zahnen, ein Stück
Krystallgla« gegen Schwindel und endlich ein Säck-
eben mit süberner Münze und Schema -Gebet in einem
Blechetui vom „Kel>e** sl« wahren .Schutz gegen alles
Üble, l'm ein schweres Zahnen zu verhüten, darf dem
Säugling vor dem Zabndurehbruch kein Spiegel gezeigt
werdeu. Fängt das Kind
nicht früh genug zu
sprechen an, so wendet
sich die Mutter an eine
alte Frau oder au den
.Vrzt mit der Bitte, dem-
selben die Zunge zu
„piken“ (das Zungen-
bändchen anzuschnri-
den). Bevor das Kind
sprechen gelernt bat,
darf man ihm keine
Fisebspeisen geben,
da Fi.tche stumm sind.
Hin später Versclilufs der
grolsen Fontanelle
wird als ein günstiges
Z#oichen angesehen: das
Kind wird einen „o0e-
uen Müich“ (llirn)balu*n,
es wird klug, gelehrig
.sein.
.\uf das Wachstum
des Kindes bezieht sich
mancher abergläubische
Brauch. So dürfen Kin-
der nicht über die eigene
Höbe gehoben wunieii,
dürfen nicht durch ein
Fenster genücht werden,
man darf nicht über dos
Kind treten oder e« zwi-
schen die gespreizten
Beine durchgehen lassen,
sonst wächst es scLieuht
oder überhaupt nicht.
An die physiologischen l*r«izcsse des Niesen s und
Gähnens knüpft sich ebenfalls viel Aberglaube. Niest
das Kind, so wünscht ihm gewöhnlich die Mutter: „Stark
sollst di san, gesynt sollst di «an, wachsen sollst di.“
Niest ein krankes Kind, so ist e« ein gutes Zeichen, diu
Krankheit wird in Bälde eine Wendung zum Besseren
neliir.en. Niest das jüngsto Kind am Sabbatausgang, .«o i.st
es von guter Vorbe<leiitung für die ganze Woche. Niesen
Kinder, wenn von einem Toten genule diu Rt>dc ist. so
werd ‘II siu am Ohre gezupft. Gähnt das Kind, so wird
ihm .'Ulf den Mund gespicen. Häufiges Gähnen ist ein
schlimmes Zeichen: da« Kind bat wahrscheinlich „a git
Oig gecliapt“.
Die luuisteii Kinderkrankheiten werden dem la'iseii
Blick zugcsehrielieu. Die Juden habeu davor eine so
grofse Furclit, dufs sie seine Krwühnuiig thunlichst ver-
meiden und von ihui ülierhaupt nicht sprtN^hcn, im Not-
falle al>or, bflmF« gegenseitiger Verständigung, die Ib^-
zeichnung „a git t.Hg“ gebrauchen, iu welcher, wie •?«
8cfaeint> die Absicht Hegt, die betreffende Person mit dein
bösen Blick günstiger zu stimiuun. Seltener drückt muu
«ich hebräisch ans „uneboru bekynmien“. Fm diu Kin*
der vor einem „git Oig“ zu bewahren, «Ifirfeu sie nicht
allein zu Hause bleiben. Kommt jemand in« Haus, der
demsulbcu feindlich ist, oder dessen Leumund als voll-
kommen gutherziger Meuscb nicht ganz ohne Makel iai,
«o werden ihm die Kinder nicht gezeigt, «ie werden ins
nächste Zimmer entfernt oder schnell zu Bett gelegt und
ihr Gesicht zugedeckt. Fremde dürfen Kinder nicht
viel loben oder kosen oder scharf anbiieken; geschieht
das, dann befiehlt die Mutter dem Kinde, dem Fremden
hinter ihruui Rücken „Feigen zu «telluu“, wi*durcb der
böse Blick abgewendet wird. „A git Oig“ wird von
einer alten Frau „ub-
gesprochen“. .Auch ge-
gen viele andere Krank-
heiten hilft das „I'b~
sprechen“. Um nun die
Krankheit zu ergründen,
wurden Eier in ein (Baa
mit Wasser gegoswui mul
aus den F.iweifsfiguren
die Krankheit gedeutet.
Nebenher wird aber aucli
immer ein .\rzt konsul-
tiert und sein Hat ge-
wissenhaft befolgt. Cba-
i-akteristisch sind einige
Heilmittel: beim Kr-
breebon bindet mau dm
Kindern ein Schnürchen
uui den lials; ein Säck-
chen mit Kuiiipfur nm
den HaD getragen ist
gut gegen Würmer und
lialskrankhoiten; Hunde-
koi in Milch gi>koclit
hilft bei näcbtliclieni Bett-
nnssou; das Itei ver-
schiedenen Krankheiten
der Kopfhaut zu Klum-
pen zusuramengeklehtc
Haar darf nicht gescho-
ren werden, was mir zur
gröfseren Entwickelung
der Klumpen — nKol-
tun“ genannt — führt,
sondern diu Mutter luufs
«ie mit duu Zuhueu ab-
iHufsen, wa« ihre Wiederkehr sicher verhindert. Kinder,
die iin der „Dorr" (Pndntroptie) leiden, werden im
Frühling in ein „Womji“ (Rindei*magen) ge»<*tzt. Von
.\mulutten war schon oben die Kede; chronisch
kranke oder einzige Kinder tragen oft Münzen, welche
vom „Hebe“ geweUit sind, und zwar nicht «eiten bis zur
HeiniL Ist ein Kind gefährlich krank, so wird niancb-
mal «ein Name geändert, und zwar meistens dann,
wenn die Kinder in der Familie «ich nicht „halten“, früh
«terbeu, oder wenn das Kind ein einziges, lang ersehntes
ist. Diu in Bolchen Fällen gegebenen Namen sind:
Alter für den Knaben und Babe (Grofsmutter) oiler
.\lte für das Mädchen; dieser Name bleibt für das
ganze Leben, und nur die nächsten Vorwaudtou kennen
den wirklichen Namen, den «ie aber nie aussprechen
dürfen. Die Hoffnung, den TiMlesengel irrezuführen,
«cbeiiit hier die Hauptrolle zu spielen. In diusen .-Vli-
«ehnitt gehört iiiieh der .VlK^riflaulH'. Kinder nicht auf
Abb. I. .tmnleUhalsbämler fffr SMugllnge.
hr. S. Wni rnoiibtiri;: Kinilerfreiid «lad -leid bei den Midruseiiicban .luden.
317
einen TiHch zu legen, dn Tote auf einem Tische ftuf«
gebahrt werden. Auch dürfen Kinder keine FriedliAfe
bcMuchen. Heim /uhnwechsel werfen die Kiiider den
lieraurgcfallenvii /uhn auf <len Dachbmlen und nagen
dabei: ,,MMi»ele, Masele, na dir a iKtitiern Xeindeie yn gieb
mir »u aeerne?'.**
.'^bald das Kind selbetündig laufen und sprechen
gelernt hat, so fängt anrb schon die strenge Krzi^ung
zur guten Sitte an. Und zwar ist die Krziehting. man
darf fast sagen, eine asketische. Kindlicher Übermut,
lustige .Streiche, das llerumtreil>en im Freien u. derg).
wird scharf gerügt. Hem Juden wird schon in den frü*
besten Kiiideriahren der Kmst des I/ehens klargemacht.
Im allgemeinen werden al>er diu Kinder wenig gestraft,
meistenteils nur durch
gutes Heispiel und ein«
dringliche Worte er«
mahnt, wobei hauptsSch*
lieh die Kltendiebe und
die Sucht nach geistiger
Fntwiokelung, die dem
Kinde von frühester Ju«
g<*mi (sitdie .lüdische
Wiegenlieder, Globus,
IW. 77, S. 131) einge-
impft wird, ausgenntzt
werden. So dürfen Kin-
der nicht mit den Hei«
neu schaukeln, sonst
wiril die Mutter ster-
ben. Kiiiderdilrfenuicbt
in einem Strumpf
oder in einem Schuh
heruiuspringen, .sonst
stirbt die Mutter oder
sie werden schlecht ler-
nen; sulche Kinder wer-
den mit folgenden Wor-
ten auogolacht;
Schmil (Name) «chmok
(]>umiiiko|if>
Yu ein Schich , yii ein
Suek.
Kinder dürfen nicht mit
Feuer spielen o«ler
sich vor dem Schlafen-
gehen spiegeln, sonst
geschieht ihnen etwas
'■ehr Unangenehmes im
Schlafe (llettnässen).
Man darf nicht auf
dem Kinde nähen, du
man t-oiist Gefahr läuft,
dcms4-lben den „Moich** (Gehirn) znzimähen und .so seine
geistige Kntwickehing zu verhindern; das Kind kann
aber auch infolge einer solchen Handlung sterben, da
nur Sterlwkleider auf der betreffenden Person .selbst ge-
uäbt werden; imifs mau jedoch etwas schnell auf dem
Kinde ausbesHern, so wii-d ihm ein Faden zum Kauen
gegelem. Kinder dürfen keinen llrotan.schniit essen,
sonst werden sie schlecht lernen und ein „verstopfter
Kopf“ werden. Kinder «lürfen nicht mit Katzen spiiflcu.
Hüllst werden sie „a Katzenmoich** haben. Die Katze
gilt bei den Juden als ein sehr dummes Tier, und dien»
Kigeiischuft konnte auf das Kind übergehen, überhaupt
lieben die Juden die Tiere nicht, und das 'ranbenhalten
z. II.. eine beliebte llescliftftigung der russisclien Jugend,
ist dem jüdischen Vater ein Greuel. Ido Liebe zu den
Tieren könnte das Kind von dem Hauptziele — der
Liela» zum Lenien — abbalteii. Daliei ist jedoch die
Tier(|uäleroi, ebenfalls eine beliebte lleHcbäftigting der
ruHuiachen Jugend, streng verpönt — „s’ys a Txarbale-
cliaim'^ (tjnäleii eines lc)>endigen Wesens), sagt das Kind.
Kill Krzielnmgemotiv von grofser Wirkung ist der Gegen-
satz zwischen „Jid** und „Ooi**, auf den die Eltern nicht
müde werden, die Kinder aufmerksam zu machen, denn
die Trunk- und Huulust. die Ausgelassenheit und Ge-
meinheit der niederen Schichten der russischen Itevölke-
rung sind zu augenfällig. „Scheigetz" (Ktissenjuugo),
eventuell „Schykse“ (Rus.senmädcbon) ist das ärgste
Schimpfwort für die jüdiache Jtigiuul.
Mit fünf bis tu^rhs Jiihreii beginnt der Unterricht
im ('heder, der traditionellen jüdischen Volkschule.
Hier wird diu .\skese
noch weiter als zu Hause
getrieben. Die Kinder
bleiben in der Schule
von 8 bis 8 Uhr, mit
einer kurzen Unter-
brechung für das Mittag-
essen, wobei alles darauf
geriebtet ist, die armen
Kinder an Geist und
Körper gleichzeitig zu
verunstalten. Das Lo-
kal besteht aus einem,
liöchsicns zwei schmutzi-
gen, niedrigen, sebh'cht
beleuchteten Zimmeiii.
die zugleich al.s Schule
und als Privntwobnuiig
für den lyohrer und seine
zahlreiche Familie die-
nen. Von Schulhygiene
ist selbstverständlich gar
keine Rede, und die l'u-
terricht.Hniethodeu sind
ebenso antihygieiiiscli
wie die Wohnung.
ist bemerkenswert ge-
nug, dafs oft diejenigen,
die für keinen Heriif
taugen , oder die Überall
vom Mifsgeschick ver-
folgt wurden, nicht selten
am Kudu den Beruf des
Scliiilmeisters wählen.
Bei allen diesen Män-
geln bin ich aber doch
ein Freund des (’hwlers,
und zwar, weil ich der
Meinung bin, duts die
sclilechteste Schule doch besser ist als gar keine. Seit-
dem die quasi intelligenten Juden nngefangen haben, den
C'hedur zu verfolgen, wobei sie die Begierung auf ihrer
Suite bnlM'ii, ist dersellie noch tiefer gesunken, als er war.
Anstatt Schulen nach neuem Typus, aber dom Volkh-
churakbT entsprechend, parallel zu gründen und sie
einen ehrlichen Kampf mit deniCheder kämpfen zu lassen,
strebte inan nur nach Scbluls des letzteren. Man ver-
gnfs, dafs die russische Regierung sich im allgemeinen
zehr wenig um die Bildung der nieileruii Schichten Mugnr
ihres StamuiVülkuü kümmert, und warf uhneNuebdeuken
die vom jüdischen Volke in taiisencljäbrigetu Kamjife er-
rungene Achtung vor dem Buchstaben über Bord. In
diesem wie auch im wirt.scbuftlicben Verfall d«Tjüdi.sclu*n
Miisae ist vielleicht die rrsticliu zu siirlien. <iiifa der Kle-
meiitaruiiterricbt jetzt nicht mehr obligatorisch isi . wie
Abb. 2 . a Würfel, b u. c Dreldel, d Gifsfunn für Dreldel,
e Astragal.
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l>r. S. Wui[B’eul>ei');: K iiiderfroud und >l«iü bei den siidniiitiHoheD .luden.
3lH
ur frftber war, und dafn Analphabeten unter den .luden
jetzt keine Seltenheit mehr büden.
Kh i»t »ehr »chwer, einen Itcgriff vom Lehrplan im
Cheilnr zu gelten, da Alten und Neue», allgemeine und
jQdische F&cUer jo nach demWiHHen de» Lehrer» Rebe
oder Melauied genannt — und dem Verlangen der Kltern
Torgetragen werden. WAhrend der entten Unterricht»-
»tunden wirft der Rebe unbemerkt atif den Tisch eine
kleine Münze, /uckorwerk oder Nüsse, welche tragen*
»lande <lem überraschten Kinde ul» Geschenke eine»
Kugel» für fleifsige Schüler gedeutet werden. Al» Strafe
dient in „Pckl’* (Winkel) »teilen, nmnt-huial mit her-
untergelasHeiier Hose und häuKg IVUgei. Zeigt da» Kiitd
gute Fähigkeiten , su wird et» mit acht bU zehn Jahren
zu einem underen geistig höher »tehenden Melamcd oder in
gröf»vren Stiidtun in eine RegieningH»chiile für Juden ge*
gebcu. Vor Purim fertigen die Kinder im Cheder K»u-
wim an — Handschrift
proben mit verKcbnörkelten
und Terziertcii .-Vubiugs-
bucbatabcu, die auf Purim
uU Hewei» für die Fort-
schritte im l^ernen den
Kltern üherreiebt wurden;
der Hebe schickt den El-
tern gSclndach moiie»'*, be-
»tebend aus Süt»igkeiten
und Früchten und be-
küiiimt dafür ein Geld-
geschenk. Auf t'hunuka
(Makkabüerfust) bekommt
der Rebe C'bauiikageld.
ha» Jahr besteht au» zwei
SemeHteim, die nach Ostern
und Laubhüttenfost begin-
nen. Mehrmals während
de» JabrR» kommt der Rehe
in» Haus, um die Kinder
„zy varhöreu“, wobei er
bei Zufriedciibeit der El-
tern ein Geldgeschenk be-
kommt. *
Mit dum Tollendcteii
dreizehnten Lebens-
jahre wird der Knabe r»t-
ligiö» auf einmal xiiiD
Mnnne, er fängt an „Th'Rln
(Gebetsrieiiien) zu luigun**
und trägt selbst die Ver-
antwortung für seine Ver-
gehen, wogegen früher der Vater dafür Tcrantwortlich
war. IHe MannbarkeilwtrkUrung •*• Biir-Mizwoh —
wird häufig foiorlich begangen, indem der Knabe vom
Reben zu einer nUriiscbe** (Vortrag) vorbereitet winl,
welche abends an dem betreffenden Tage vor den gelade-
nen Verwandten und Freunden gehalten wird, worauf
geschmaust und der «lunge bescitenkt wird.
Obgluicb, wie ich oben bemerkt habe, die Krziebung
l»ei <lcn Juden eine strenge ist, so fehlen doch dem Kinde
nicht ganz und gar die Spiele. Diese tragen jedoch
einen ganz eigentümlichen Charakter, indem ibn*'n die
iiU8gela«»ene Fröhlichkeit fast vollständig fuhlL hb» sind
nicht Spiele im Freien, mit laufen und Springen ver-
bunden, die die jüdischen Kinder spielen, sondern stille
/immerspiele, an dunen »ich meistens nur zwei Personen
beteiligen können. .Selbstverständlich spielen die Kinder
auch die ortsüblichen Spiele, und zwar nicht selten mit
den russischen Kindern zn-<amnien, was aber nicht immer
von den Kltern und dem IUd»en gutgeheifsen wird.
Um Ordnung io da» Spiel zu bringen, wird die Reihe
durch Abzählverse, die ein Wirrwarr «innb»ser Worte
darstollen, bestimmt So z. IL:
1. Uns bene res»
Quinter quinter shes»
Cne bene rabe
Qninler quinter »habe.
2. Eins zwei drai
Kuseber ruscher rai
Ruscher ruscher
Platzer tuscher
Eins zwei drei
H. Eins zwei dral
Oder Uder lai
Oken buken
Zwei die loken
Zirl Perl
Duks a^•i!l.
1 laa eine. Spie] tm F rcieri .
da» gern gespielt winl. ist
Kamroerhois. Während
inebrure Kinder die /.aun-
pfahle oder andere Gefren*
stände besetzen, hüpft
eines auf einem Rein die
Reihe ab und fragt : Kam-
mer- Kammerboi»**, wor-
auf er zur Antwort !>«-
kommt: „Gtdh tu jenem»
llois!“ Während er nun
weiter hüpft, suchen die
llintanstehenden ihre
Plätze zu wechseln. Ge-
lingt es dem Hüpfenden,
einen Platz zu l>esetzen,
dann tritt an »eine Stelle
derjenige, der den Platz
verloren hat.
Sohr beliebt ist das
Spiel Zi ge n ehore (V).
Alle Teilnehmer setzen
»iob um den Leiter de»
Spiules und logen ihre
Zeigefinger auf sein Knie.
Während der I^iter ver-
schiedene Dinge laut aus-
ruft und dabei einen Zeige-
finger in die Höhe hebt,
müssen die Teilnebmer
uufpasKun und nur bui sol-
chen Dingen, die möglich
.sind, ihre Finger heben. So ruft z. B. der l.eiter aus:
Katschke (Knte) fliegt, aHelieime (Kuh) fliegt, a Hin
»chwymmf^ u. s. w. Denjenigen, der gefehlt hat, legt
mau auf die Ruine des I,eitors mit dem Gesicht nach
unten. Die übrigen, indem sie ihren Händen eine be-
stimmte Stellung, die figürlich gedoutui wird, geben, fra-
gen den Liegenden: „Wus git men dir?“ Krrät er, «o
sieht er auf, und da» Spiel wird fortgesetzt, sonst aber
wird auf »otnem Rücken tüchtig getrommelt unter .Xus-
rufen der botruffonden Figur, worauf eine andere ge-
macht wird; di« obige Frage wird wiederholt u. s, w.
Von den Figuren bedeuten u.a.: die Faust — Rylke (Urot),
der gestreckte Zeigefinger — Messer, die Krallenband
— Grablis (Rechen), die gespreizteu Finger — Gnpl
(Gabel) u. 8. w.
Mädchen (Kuubeii sullun) spielen gern Zeichen. Die
Kinder setzen sich auf dun Boden. Die Ridhu wird mit-
tel» eines Abzählverses bestimmt. Das Spiel wird mit
fünf Astragalen (.Xbb. 2e) gespielt und besteht au» sechs
.\bb. 3. A. b Bogen Dud Pfeil, o Fahne.
I>r. S. WeifteDberg: Kinderfreud und 'leid hei den sodrusaischen Juden.
319
Haupt- und vielen Nebenfiguren, die je nach dem Orte
wechseln. Die Figuren aind folgende:
1. Kinken. Man nimmt die Zeichen in eine Hand
und wirft sie auf den Hmlen auneinander. Dann wird
eins nach Belieben mit der ruckten Hund gunummen und
in die Höhe geworfen, unterdeHHeu ein anderes vom Boden
mit derselben Hand aufgehoben und das in der Luft
HchwelK>ndfl gefangen. Kins von beiden wird beiaeitu
gelegt und die übrigen auf dieselbe Weise vom Boden
auf gelesen.
2. Dwoikes. Wie 1., nur werden je zwei Knöchel
auf einmal vom lk>den aufgehoben.
3. Troikes. Wie 1., ztierst aber wird ein, dann wor-
den drei Zeichen vom Boden ergriffen.
4. Kjpke (Haufen). Alle fünf Antragalon werden in
die rechte Hand genommen, einer von ihnen in die Luft
geworfen, die übrigen auf
den Boden gelegt, der erste
gelangen und dann wieder
in diu Höhe geworfen, die
am Roden aufgelesen und
der erste hinzugefügt.
5. Oiberbantel. SftmtUebe
Knöchel in die Luft ge-
worfen und einige auf den
rechten Handrücken gefan-
gen. Nach .\nwei8ung der
Mitspielenden werden diu
Knöchel aiifeer einem vom
Handrücken vorsichtig her-
iintergeworfon , sodann mit
dum Daumen und Zeige-
finger vom Boden aufge-
hoben und in diu freie Hund
gelegt.
6. Kontor. Sämtliche
Knöchel werden auf dem
Hoden zerstreut. Daumen
uinersoits und Zeige- samt
darauHiegendem Mittelfinger
der linken Hand, anderseits
werden auf den Boden ge-
stützt uud so ein GewrdlH*
gebildet. Es wird mit der
Hechten ein Knöchel vom
Boden genommen , in die
Luft geworfen und unter-
dessen versucht, einen an-
dorvn mit der frei geworde-
nen Hand dnroh das Gewölbe
zu treiben, wobei der schwe-
bende nicht berunterfallen darf, sondern immer auf-
gefangen werden mufs. So wird mit allen verfahren.
MitsUugt eine Figur, daun kommt das nächste Mäd-
chen an die Reihe.
Folgende Spiele sind nur für zwei Kinder.
Der Seiger (Uhr). Die Hände werden so zuHauimen-
gelegt, dats ein Finger dazwisebun frei bleibt. Indem
der letztere bewegt oder ruhig gehalten wird, wird an
den Mitspielenden die Frage gerichtet: „Der Seiger geiht
zy nytV“ Beim Erraten macht es der andere.
Upheiben, Bettlecb. Aus einem geschlossenen
Faden werden mit den Fingern beider Hände durch Ver-
schlingung desHelben, indem die Spielenden einander ub-
wechseln, verschiedene Figuren gemacht, die heifsen:
Bettl, Leikech (Kuchen), Tacb (Flufs) und Wiegl.
Wer zyerst lacht. Zwei Kinder setzen sich gegeu-
einaiidur mit ernster Miene und schneiden verschiedene
Frat/en. Wer zuerst lachL der verliert.
I \ l . • • - i
jf l
I
Abi). 4 . HulzsrhnarreB.
Im ('beder wird oft in Pencs (Schreibfeder) oder
Knep (Knöpfe) gespielt; e<< sind dos Hasardspiele, bei
denen oft der letzte Groschen verspielt und die Knöpfe
von den Kleidungsstücken nbgetrennt werden, um als
FJnsntz zu dienen. Das .'^piel besteht darin, dafs die
auf dem Tische liegende Feder (oder Knopf) mit einer
Nuderon unigekippt werden mufs. Gelingt das, so ist
die P'odcr gewonnen, sonst die eigene verloren.
Pet-Samech. Von den beiden Spielenden wählt der
eine das Pei, der ander« das Samech, die im l^ontatouch
zur Bezeichnung der verschiMlenen Abschnitte dienen,
und wer auf einer verabredeten Seitenzahl das Über-
gewicht l>ehäh, der hat gewonnen.
Während der langen Winterabende werden aus Papier
verschiedene Figürchen gemacht, wie: Pferdchen, Wa-
gen, Sehiffe, Hut, Tag und Nacht u. s. w.
Reich an Spielen sind
die Feiertage, an denen es
auch dem jüdischen Kinde
vergönnt ist, sich etwas aus-
zutobüii. Diese Feiertags-
spiele sind meist tendenziös,
indem in ihnen die Absicht,
die Kinder mit dem betref-
fenden Feiertage vertraut zu
machen . klar durchschaut.
Während der Passah-
und Sukkotbwoebe wer-
den Nüsse gespielt, die zu
einer grutsen Menge von
Spielen verwendet werden.
Hier einige Spiele mit
Nüssen (Walnüssen):
1. Kypke (Haufen). Einer
stellt vier (Hier fünf Nüsse
zu einer l\ramidezusamii)en.
der andere mufs von einer
gewisKen Eiitferming mit
einer Nufs, die geworfen
oder gei-oUt wird, die Py-
ramide treffen; geschieht
das, gehört die Pyramide
ihm, sonst ist seine Nufs
verloren.
2. Breitel. Es werden
von einem schief an die
Wand gelehnten Brette der
Reihe nach Nüsse heninter-
geroUt, wessen Nuls irgend
eine trifft , dem gehören
alle.
3. Einer legt auf den Ik>den einigu Nüsse in einer
geraden Linie 15 bis 20 om voneinander; diu übrigen
suchen die gesetzten mit einer rollenden Nufs zu
treffen; trifft nun jemand, so gehören ihm alle vor der
getroffenen liegenden Nüsse; diu fehlgescblagenen sind
verloren.
4. Gryblech. Mit dem Schuhabsatze wird in die
Erde eine kleine Grube gebohrt. Die Spielenden stellen
sich in eine gewisse Entfernung von dem Grübchen und
jeder wirft seine Nufs nach deiuselben; wessen Nufs am
nächsten liegen bleibt, der sucht die weiteste mit den
Fingorn in die Gnibe zu schnellen; gelingt cs ihm auf
einmal, dann gehört «lieNufs ihm. und er macht dusselbe
mit der zweiten, widrigenfnllN kommt die Reihe au den
zweiten u. s. w.
5. Nyss schlugen. Zwei setzuu eine gleiche Zahl
Nüsse. Der eine nimmt sämtliche NQs«c in diu rechte
Hand und wirft sie in eine Grube; bleibt in der Grube
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320
li. 8<U.: l>outBuh*Sndw«>ntafrikB im Jftbre 1002.
<dne Zahl oAor die llAlftc, no f^eheren alle ihm,
»onsi dem anderen,
tf. Jariiiclke. Wie 5. Die Nilftee werden in eine Jar-
melke (Kopfbedeokimg) gelegt und hiimutigeworfen.
7. Yiii zj grnd. ]*!(« wird ein Hänfen N'üüee abgeteiU,
mit der Hand zugedeckt und gefragt: gera<le oder unge-
rade? Wer errät, dem gehören alle; wer nicht enäl.
der hat dio gleiche Zahl verspielt.
8. RitehU oder Hnk». Ks i»t zu erraten, in welcher
Hand die Xuts Hieb befindet.
Während der ernten zwei l’aHNahahende suchon
diu Kinder den Afikoiinen*) zu »ttdileii. «len nie nur :
nach gehörigem (iunchenk zurtlckgeben.
Auf Legbuitiitir*), 33 Tage nach Pn^nahbuginii. ziehen
di« Kinder in Begleitung de;« Itebeu o<ler Befaelfors mit
Bogen und Pfeil (.\bb. 3a u. b) bewaffnet aufserhalb
der .^tadt hinaus. ])«r einzige Tag de» Jahres, der im
Freien ziigebrncht wird; dt« einzige Keniinisrenz an die
ehemalige Freiheit und Tapferkeit.
Auf Tyscliehow (Tciu]>elzer8törung) bewerfen diu
Kinder einander und die Krwaehsmien mit den stäche- :
ligun Früchten von verarhiedentMi Domkräutern, die an i
den Kleidern und in den Hitaren festhaften. |
Zu Simvhas Thora (Thorafrende — letzter Tag von I
Sukkotb) fertigen sich die Knaben Fahnen aus I*a])ier- |
streifen mit dnraufgedruckten Bildern und Insehriften
von (Htssendein Inhalt an; der Fahne wird oben ein roter
Apfel, in dem eine Kerze stockt, aufgest^tzt (.\hb. BcJ.
Die Kerze winl am Vorabend in der Synagoge ange-
zändet.
.tm ('hunukafest (Mnkkabiierfest) bekommen die
Kinder h a n u ka ge] d , das sic beim Droidel- oder
(iiilkcspiel setzen dürfen. Der Dreide] wird aus Blei
gegoswu (.Abb. 2b u. c Droidel, d Giifsfonn). Seino
Seiten tragen die Buchstaben i, n, r, welch« ho-
«ieiiten: Ness gmloil hojo schom — «in grufsus Wunder
war dort. Für die Kinder halieii aber die BuchstalH'u
eine ganz andere Bedeutung. Der Kreisel wird getlrebt
'1 Ein 8nii'k Maxati wird vor dam Kmcu zurückgelegt,
um als N'arlis)t«>iHe zu dieneti.
Nach (MKirliefcrung wdl nn •liwtem Tuge, während
einer unter den /-ithlrvichon Schülern Akiltan grassierenden
Epidemie, kein Todenfsil vnrgvk«>minen «oin.
und ja nachdem, welcher Buchstabe nach oben fällt,
wir»! gewonnen oder verloren, wobei sie f<dgen(i(>a nii-
zeigen: : ” nyscht — weder verloren noch gewoniici».
s = git — alle» gewonnen, n — halb — die Hälfte
des Satzes gewonnen, uixl endlich ’S = schlecht — alle>
verspielt. Der Einsatz luufs immer <iurch 2 dividier-
bar »ein.
Die Galke ist ein Würfel ans verschiedenem MaU'riul
gefertigt (Ahb. 2a). Km winl mit einem oder mit zwei
Würfeln bis 11 bezw. 31 gewürfelt.
.Am l'b aines ausser (der 15. Tag des Monats Scb'wut)
bekomiuHii dio Kinder verschiedene Südfrüchte« zur Er-
innerung an daa Neujahr (Knuapeutreiben) der lläunio
in Palästina.
I'än eigentümlicher Feiertag ist der 24. Dezember.
Die Kinder wenion an dieaem Tage vom Nachmittaga-
uriterrichi befreit, damit der Allmächtige da« lernen
nicht al» Beten für den nach jüdischer .Auffa««nng der
Itinge schuldigen Jesu« auffa«ae. Für den Abend »ollen
iu einigen (legenden Dreidel angefertigt werden mit den
Buchstaben 3. n und 2 , die für die Kinder LeiUuten:
nyt tur (darf) lernen; eigentlich aber -n3= erhängt, pju
naiver Hacheakt für tausendjährige Verfolgungen.
Für Purim (I^osfest) wenleii verschiedene Schnar-
ren HU» Holz und Kiseiiblech — > Grager genannt —
und llolzklöpptd — llunienkleppel — angefertigt
(.Abb. 4). Mit diesen Inatrumeiiton wird den trauzeu
Tag tüchtig gearbeitet, hauptsächlich al>er in der Syn-
agoge am Vorabetnl und während des Murgengottes-
dienstes, wenn boim A’orlesen des Buche« Esther «ier
Karne Hamitu« erwähnt winl.
Verglcieheiid-ethnogiuphiHche« Mab‘rial über Kinder-
spiel« bei fiUndau, Mitteilungen der Geaellselrnft für
jüdisch« A'olksknnde (Hamburg), III, S. 51 und iu dem-
selben lieft, S. 34. Dem dort .Augefülirtcii muebte ich
hiuzufügen: Denkmäler des klassischen Altertum^. An.
Astragalun un<l Kinderspiele; Pokrow'ski, Kinderspiele
(russisch), Moskau 1887, S.86; Schnarre mit AbbUdnng,
S. 341: .Astragalen, Steinchen mit .Abbildung umi S. 350;
nHilge nicht“ ^ pZiegenehore“ ; Karutz. Zur Ethno-
graphie <ler Ikiskeii, (ilubii», Bd. 71, S. 356, Abb. 19:
Knarre, baskisch ('nrrä<|uea; Ainireo. Braun«ehweiger
Volkskunde. 1901, S. 254: Hulzklapper mit Abbildung.
Deutsch-Sfldwestafrika im Jahre 1902.
Wer über die Lag« und Entwickelung dieser giofsuii,
lange verkamibm Ktdouie im letztverflosKuneu Jahre zu
schreiben hat. darf sich wahrlich nicht über (jnellen-
inauge) beklagen. AiiDer der amtlichen „Denkschrift“
mit ihren Anlagen und Karten hat auch der „Etat“ eine
Meng« aufklärunder Hinweise gebracht, die wir aufs
dankbarste begrüfsen. Daneben fehlt es nicht an zahl-
reichen privaten 3IUtuilungen aller .Art, von der ein-
fachen Zeitungsnotiz bis zur gelehrten Studie, von der
(ielegeiiheitsschrift bis zum vollständigen Buche, so dafs
es kaum irgend eine Fmge betreffs de« Schutzgebietes
gibt, die im vergangenen Monat-zwölft unerürterl ge-
blielxm wäre. Endlich findet »Ich auch in den verschie-
denen Beden des (louverneiirs Leutweiii ein reolit nütz-
liches Material , wodurch es dem Interessenten möglich
wird, selhai aus der Fern« «ün nieht unrichtigi's Bild
von den Zuständen in der Kolonie zu entwerfen.
Da nach einem alten Satze «len Zahlen stets ilie
imdst« Beweiskraft iiiDevrobiit. so sei es nn» gestutt« t, i
mit den statistischen .Angaben zu beginnen, die zur j
Zeit aber no«'h nicht üWr das Kalenderjahr 1901 hinaus-
gehen. Der Handel Dentsch-Südwostafrikas wies für diese
Periode folgmid« Betrage auf: Einfuhr = 10,07 Mill.
Mk.. Ausfuhr ~ 1,24 Mill. Mk. oder in Summa =■
11,31 Mül. Mk. gegen 7,875 Mill. Mk. im Jahre 190t).
Der l'inschlag des Landes hat damit den höchsten bisher
verzeichmüen Stand erreicht, der den Satz von 1899
mit 10,3 Mill. Mk. für Ini]M)rt und Export noch um
1 Alill. Mk. übertrifft. Da wir für Ihnitsch-Südwest-
afrika erst seit 1897 ekie wirkliche llandcUstatistik be-
sitzen, so koimeu wir bei etwaigen Vi*rgleicbco nur bis
zu j(>nem Zeitpunkt znrürkgrcifcn. Damals hatten wir
eine .Vnsfiihr von 1,2 .Mill. Mk., also uberi^o viel wie
19tH, und eine Einfuhr von 4.9 MilL Mk. Für 1898
hhdseii die heti efleuden Pusten 5,8 Mill. Mk. und 0,9 Mill.
Mark, für 1899 sogar 8.9 Mill. Mk. und 1,4 Mill. .Mk.
Das Jahr 1900 wa» eine Zeit der Depres.sion, indem die
Ausfuhr wie«h>r auf 0,9 Mill. Mk. nn.l die Einfuhr auf
6,97 Mill. Mk. hiniintt^rsank. IHew* Schwächung d«»r
Kaufkraft lag hanptaH«dilicli an «huii vorheerendeii .Auf-
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H. Sdl: Dentach'Süuwpstafrikft im Jahre 1902.
der KnideqHi.Ht. hU Npielte indesHen noch ein
undercH ^i(l[ueni mit, vridtrheN de» Uuekgang weniger
tragincb crHcbeineu liefn, niinilich diu nteigemle Kigen*
eiitwickeliuig der Kuloniu, diu bis zum gcwiBMu (irndu
einen verminderter» Intport nn Kourerven, Getreide, Mehl
und Hoiiüligen l,ebeiifimittelii zur l'oigc haben miifste.
Wenn sich jetzt in diesen Uubriken von neuem eine V.w-
nabute verrät, so erklärt sich das unter anderem aus
dem sclmellen Anwachsen der Hevölkerung, für die noch
keine eutsprcchendeu Vorräte zu Gebote .nteheu. Auf-
fiillcnderweige nennt die Importliste von 1901 auch
lei)endes Vieh unter den Xufubrgütcru, ohschou man
eigentlich da» Gegenteil vermuten sollte. Nichtedesto-
wouiger werden wir diesen l*osten in dem Verzeichnis
von lüü2 noch eininal Wiedersehen; denn es handelt sich
hier um diM Viuh, da» mit den zugezogenen Huren aus
Hritisch-Südafrika hereiugebraoht wurde uud da« —• für
1901 — mit 629000 Mk. bewertet ist. Hiesu Eiufuhr-
erhöhung bleibt in Zukunft weg, vorausgesetzt, dafs sich
diu Verhältnisse in<len engliseben Nachbarkoluuieen fried-
lich entwickeln. Die erheblichen Sätze für Nahrungs-
uiul Gcimfisiuiitt'l. filr Wollen-, Leinen- und Seidenwaren
wurden sich ebenfalls, so hoffen wir, von Jahr zu Jahr
vermindern und zwar trotz der steigendeu Kiuwohnerzahl.
l'uter den Herkunftsländern der Impurtgiiler nimmt
Deutschland mit 8 306000 Mk. oder mit mehr als
80 IVozent weitaus die erste Stelle ein. An zweiter
Stelle kommt das Kapland, das für 1 533 000 Mk. ge-
liefert hat, uud daimch an dritter Stelle England, auf
das nur 202000 Mk. entfallen, während die Zufuhr aus
allen übrigen Ländern nicht ganz 310U0 .Mk. erreichte.
Diese« günstige Verhältnis ist nicht neu, es wurde bereit«
in der gediegenen Uimdschau erwähnt, die der „(flobus*'
vor nunmehr 2' ^ Jahren aus der Feder des Majors
Kannengiefscr über das Schutzgebiet vorüflcntlicht hat.
Von der Ausfuhr geben noch immer mehr al.« zwei
Drittel auf den Guano, dessen Export, imtgegen zeit-
weiligem Glauheu. vorläufig im Steigen iH'grifTen ist,
und zwar im Vergleich mit 1900 sogar um 240000 Mk.
Die anderen Exportartikel haben zwar auch eine Zu-
nahme erfuhren; doch beschränkt sich diese auf nur
94 000 .Mk.. du die Viehitusfuhr fortgesetzt unter den
uusicheren Verhältnissen im britischen Husitz uud der
von dort verhängten Grenzsperre zu leiden hatte. Mit
deren .Vufhehnng, die im Vorjahre endlich erfolgt ist,
wird »ich der Viebexport naturgeinilfs bedeutend ver-
mehren und in der nächsten Statistik mit annehulicheren
Zulileu erscheinen.
Die aus Handel und Verkehr resultierenden Selbst-
uiiiiiabmeu der Kolonie pro 1901 ergaben an Einfuhr-
zöllen 790000 Mk., an AusfuhrzoUou = 135 000 Mk.,
aUn in Summa 92.5000 Mk. gegen SOOOOOMk. im .fahre
vorher. I>ie direkten Steuern lieferten 61000 Mk„ die
Gerichtskosten, Strafen, Gebühren uud sonstigen Ver-
wultuugseinuahmuii — 285 000 Mk. uud der Ei»euhahn-
betrieb =r 402UO0 Mk. Die (iesamtsumme bezifferte
sich <bniach auf 1 67200O Mk. oder 722000 ^fk. mehr,
als in •lern „Etat“ für 1901 vorgesehen worden war.
Dieses I’lus l>eruht, wie die jüngste „Denkschrift“ aus-
drücklich betont, auf „dem nicht imerhehlichen Fort-
schritt in der Hesiedeluug clea Schutzgebietes'*. — Glück-
licherweise ist der Aufschwung bi» jetzt von Dauer
geblieben; denn er zeigt »ich mit entsprechender Er-
höhung auch für da» Jahr 1902 und hat e« ermöglicht,
daE» in dmii „Etat“ für 1903 die Selbstcinnahnien bereits
mit 2 171 380 Mk. angesetzt werd<ii konnten. Der
Iloichszuschuf», der 1902 noch 7 635000 Mk. beischte,
ist für du:^ neue Jahr um 1375OO0Mk. geringer be-
messen, lautet also nur auf 6 260 000 Mk. Für 1901
.321
hatten wir 9 378 600 Mk. nötig, sind also »eittlem nm
mehr ab 3 Milk Mk. in den Ausprüchen an den Keichs-
säckel zurückgegaiigtiti. Diese Zalilcn l>cw*ei»eu wohl am
besten, daC» diu einst mifsachtotu und verschrieene Ko-
lonie sich ihatsächlicb im Aufblühen befindet.
Ganz erbeblich hat eich im abgelaufeuen Jahre femor
das Verkehrswesen gebessert, wozu namentlich die
ini Juni reiiiggeatellte Huhn von Swakopiniind nach
Mindhuk da» Ihrig»' beigutragen hat. Mit dem Er-
ufinungstage der „Laudwurbchafttieheu AusKiellung“ in
der Hauptstadt lief daseihst der erste Personenzug ein, uud
bald darauf konnte der Gesamtbetiieb auf der ganzen
Stnsske fi^igegeben werden. Damit ermäfsigt sich die
Heise von der Küste bi» Windhuk auf 30 Stunden, falls
nicht, wie es meistens geschieht, in Karihih übernaelitot
wird. Dabei dürfen dio Pursonenzüge vorläufig nur
20 km in der Stunde zurücklegeu, die Güterzüge sogar
nur 12 km. Trotzdem trefieu dio Tran»|K)rte jetzt acht-
his zehnmal .schneller in Windhuk ein al» früher mit dem
Oebsenwagen. Eine vorzügliche SchUilerung der Huhu,
erläutert durch Karte, Profil und zahlreiche gut ge-
luug«*tie Abbildungen , gab dur bekannte Fuchtcchiuker
Oberst (ierding in Seidels „Heiträguii zur Kolu-
uialpolitik und Koluiiialwirtschaft“, Hand 111, 1902,
Heft 13.
Der Telegraph zwischen Swakopniund und Wind-
huk war hei'oita mit dem 1. August 1901 eröffnet
worden. Im Anschlufs daran erhielten mehrere dur
Hauptplälze, wie tiiheon und Keetmanshoop im 8üdcu,
Oumruru und Outjo im Norden, eine huliugraphische
Verbindung, und zwar für die erstere Strecke von Wind-
huk, für die letztere von Karibib aus. W'enn auch dies
Verkehrsmittel zunächst zu Hegierungszweckun bestimmt
ist, SU steht dm^h soinor Henutzung durch Privatleute
nichts im Wege, und dua l'ubhkmn weit» von dieser
Erlaubnis ausreichend Gebrauch zu uiucheu. Duf» auch
die Anlage und Verlxisseruug von Wegen QUitiicher»eits
nicht autser acht gela»»en wird, mag die FertigüteDung
der wichtig»'« Strafse durch die .\uasberge bezeugen,
sowie ferner die Wegebauten im Distrikt Hehoboth und
diu Vollendung der grofsen PoKtstrafs« von Kuis nach
Gibeon. Der Weg von Lüderitzbucht über Kubub nach
Keetluanshoop konnte dagegen im Vorjahre noch nicht
zu Ende geführt werden, da die vorbaudeneii Mittel nur
zu Meliorationen der sclilechtuHten Stellen hinreichten
nixl es nebenher noch geKtatteten, einige neue Hriiiincn
nimzuwurfcn uud die vorhandeneii zu reinigen.
Heaonderuu Dunk verdient die vom Kolonial wirtschaft-
lichen Komitee voraiiluNie Kiitsenduug einer Hruniien-
bohrkulonne nach dem Schutzgebiete, wofür die Kosten
im Hetrag^ von 155 000 Mk. au» der Kogonannten „Wohl-
fahrtslutterie“ liestritten werden sollen. Fall» diese
Summe nicht genügt, will das Komiteu aus eigtmeii
Mittulii noch 20000 Mk. iHiieteuern. Mau erhofft von
»iiuseuj Unternehmen die bi'stcu Erfolge, und es ist selbst-
verständlich, dafs Anträge um Hohrver»uche in grofser
Zahl eingegangen sind. An verscbiednneii Stellen bat
mar» bereits gute und ergiebige (,}ueilen erschlossin,
wenngleich auch gelegentliche Keliischlrige zur Meldung
kamen. Da» ist aber eine Krhcbeinutig, die sogar iu»
nurddcutecheD Tieflunde nicht ausbleibt und schon oft
recht herbe Enttäuschungen nach sich gezogen hat..
Zur Voruntersuchung für Stauanlagen w'urden von
der Finna Holzmann it Co. in Frankfurt a. M. zwei
erfahrene Ingenieure hinausgeschickt, deren Kx]H>dition
auf 40 000 Mk. varaii»cblagt ist. Davon ühuniuhu» die
Kegiuruug 25 000 Mk., wahrend der Hest auf dio Sie-
delungsgeselDchaft für Süilwe^^tufrika ouified. Diese
Gesellschuft beteiligte sieb auch recht lebhaft an den
322
11. Sdl.: I>ciiticb-Siid««stafrika im Jahre 1902.
VeriueMiianfiKarheiten, und xwnr nicht nur bei T<>rkauftt>n
Farmen, sondern auch hei oiiiur Aiixalil von IlcirnKtätten '
in und um Klein« Windhuk. Kbensu hat die South !
African Territories Tümpany einen ei^Mieii Lundme>>M'r j
augei^telit, dexgeii Arheileii indes, gleich denen seiner
l'riv»tl<t)ll“gen, vor der (Jenehmignng einer Hevision im
Uureati der KegieriingsTurmessmig unterzogen wenlen.
Ihtsfdbst flndet auch diu ruchnerischu und kiirtermmrsigH
Bearbeitung der von dun stautliehun Landinusaura vor«
genommenen Aufiuibmuu Klatt.
Mit lebhafter Freude hat oittn in der Kolonie, wie
im Mutterhimle den Ausbau der Mole bei Swakop-
mund begrüfst. Der sehr vorsichtig und solide er-
richtete Damm läuft 375 Meter ins Me»?r hiimiH bis ru
einer Tiefe von 5 m unter NiedrigwuHser un<l bietet den
ladenden imdloscbimden I/f>ichterfabrzeiigen vollstHndigeii
Schutz gegi'ii die fast das giitize Jahr lang von ^üdwestcIl
anstfirmende Brandung. Auf der inneren oder nörd-
lichen S>ite ist die Mole auf 120 m als ^unkrechte Kai-
mauer aosgefQhrt worden, so diifs di« Leichter hier bei
jedem Wasseratnnde direkt aniegen können. Auf dem
Kai liegen Gleise, die einen Dniiipfkran von o Tonnen
Hebekraft und 5 ui Auslailung, sowie einen lland-
kran von 1''^ Tonnen Hebekraft und ebeiifnlls 5 m
Ausladung tragen, wodurch ein Hchtieller und be(|uemer
Überhub der Güter auf die Hnfeulmbn vermittelt wird.
Diese bringt die leasten zum Bahnhof, von wo sie ohne
Umladung ins Innere gehen. In gleicher Weise vollzieht
sich umgekehrt der 'l‘ransjM>rt tier zur Ausfuhr be-
stimiuten Ktdoiiialprmlukte. Um die Leichter wdinell
und Hieber aus dem Hafen au die Seescdiifte und zurück
zu bringen, ist ein kleiner, aber krüftigi^r Scbleppdauipfer,
der „Pionier*', eingestellt worden, der bei unruhigem
Wetter auch den Post- und l’assagiertlionst i'il>ernehinen
muffl. .\iti Molenkopfe bnmnt nachts ein rob's Hafen-
Fmicr, das im Vereiu mit dem lu'iien stattlichen l/oucht-
tiirm, auf dem ein weifses Blinkfeuer bmiiit , die An-
ateuerung von Swakopmund wesentlich günstiger ge-
staltet hat.
Nach Vollendung iler Buhn hat man sehr babl an
eine Krweiterung des Schii'nenstranges gtslacht.
Namcntlich stidit zur Zeit eine .Vnschlufsluiie von Kari-
bib nach den tttaTiinineu ini Vordergruml des Inter-
esses. Deshalb wimle <ler jüngst |iub!izierle Kiitsclndd
dertttavigescllschaft für diese Strecke Hllgcmciu mit Be-
friecHgiing anrgeiiomiin.u. K.h güit imles Leute, die sich
an der Klausel stofsen, daN ilurch diese Balm r<bis Koii-
kiirrenzprojekt von dem [H>rtugii‘vi'.rhen Hafen Port
.Vlexandre durch den uordlieheii 1‘eil des SrhiilzgebieteB“
nach Bulowaju nielil beeiiiflufst werden soll“. Was
heifst das? — Über di« Oi-tavminen selber hören
wir, dnfs besonder.s cler l'irzkörper von Tsuineb eine
sehr lohnemle .\unl»ente verspricht. Da« für di« Gruben-
arbeiten nötige Wasser hofft man aus dem Oljekotosee,
ungefähr 20 bis 22 km von Tsumeb, entnehmen zu
können, .\m-li an Feueriingsniaterial unri Bauholz soll
kein Mangel sein. — Zur Krschlief-ung der niutmafs-
liehen Diamantenfelder hat sich im Jahre 19<>2 das Gi-
benn-Syndikat gebildet, in dessen Konzessitmsgebiet der
begehrti! nblue groiind** und „yellow grmind** an min-
destens serliH .‘^teilen sielier naehgewiesen ist. Die von ein-
wandfreien Kennern, darunter die gcologisebv liHiides-
anstalt in Berlin, abgegidameii tiiitaebtcii lauten tbibin,
ilafs die aus den bezeicbiieten Fundstellen untnomiiiuiieii
„Dianiniit-Muttei'erdoM** v<in gleicher Ueschaficiilieit sind
wie im Kimberleybezirk. — Der Miueralridchtiim der
Kolonie hat übrigens im vergangenen Jahre noch otliclie
andere Unternehnniiigen erstehen lassen, die aber meistens
noch nicht über das KntwickeliingM-ttadiiim hinaus sind,
in dieser „Kundschiin“ also besser ungenannt bleil>«-n.
Von horvorragcmler Güte scheint das bei der Farm Ktu-
.si» entdeckte Marinorluger zu sein, dessen Wert s«»II»at
ini Beiebstagc lobend erwähnt wurde, niid zwar nicht
blofs von külonialfreimdlicher Seite.
Üügeaehtet dieser erfreulichen .\u»aichten dürfen wir
es jedoch niemals vergessen, dafs die Hauptbedeutung
unseres Sndwestiifrikas auf einem anderen Gebiete liegt,
i und das ist diu Viehzucht. Dia Kinderherdeti werden
nach wie vor den grüfsien Ileichtum dea laindes aus-
Hiacheu, auch dann, wenn sich allmählich die Haltung
von Woll- und Sclilttchtftchafen, Aogoras, Schweinen,
F’Ferdcn, Hau.sgeflügel und StraufHen in denkbar wei-
testem Umfang« eingebürgert haben wird. Da diese Tier-
arten sielt alter nur auf räumlich mehr oder iniiidtT be-
sehrMiiktcu Gebieten mit F.rfolg furlbringen lassen, au
können siu an wirtschaftlichem Werte in keinem Kalle
mit den Kindern konkurrieren, zu deren Zucht fast das
gesamte Schiiizgebiet unboachränkt offen steht Kine
redende Illustration hierzu bildet dio der letzten „Denk-
schrift“ iHÜgelegte „Wirtschafts- und V’erkcbrskarte“, auf
der man mit la^iclitigkeit die für diu jeweiligen Zuchten
geeigneten Gebiete abzuleaen vermag. Leider .sind
ItinderfH'st und TexaKficber mehrfach wieder aufgeianeht.
waren indes durch Ab.Hperrurig und Impfung l<ild zu er-
sticken, ohne daf» ernstliche Verluste ent-tand«*ii. Die
mit dem Vorjahre eingeführte Xeuonlnung des Veterinär-
wesen» äufserte also die er-priefsHcbsten Wirkungen. Io
Ontjo. Omarnru, (Übeon und Keetroanshmip Imsteben jetzt
bakteriologische Institute, denen als fünfttis da-« von
(•amniatis beigesellt ist. Zur .Aufbesserung der Bestände
wurden Zuchtstiere aus Sinmientbal, dem Pinzgau und
dein Vogelsberge eingeKtcllt, uüt denen «ich brauchbare
Kesnltate ergaben. FJn gleiches geschah für die Pferde-
iind SchwoinczuoLt durch den Import von Kbem und
Hengsten.
Gegen die Munschenblatterii siichtedie Verwaltung
durch eine iiti steigenden Umfange ongeordnetc Vacri-
uation mit Nachdruck aiiznkanipfcu. Im November 1902
brachte ein einziger Wiimianndampfer 4500 Portioneu
Lymphe herein, die abbald an die Hauptortu des Landes
zur Verteilung gelangten. Diu von Kapstadt ilroheiide
Pestgefahr wnnle durch einen energischen Sicherheits-
dienst von misertm tirenzeii fern gehalten. Zur .Aus-
rottung der Malaria schlug man die von K. Koch em-
pfohlene McthiMle ein, erreichte jedoch l>ei d«r wenig
sefshaften Lebensweise der Kingebon^nen unter diesen
nicht immer die gewüiiscbte Wirkung. I)**r Typhus in
Swakopmund dauerte leider noch fort, obsebon durch die
anderweitige Ordnung des Abfnhrwesons ein Zurück-
gehen der Kjiidemiu nicht zu verkennen war.
Nunmehr konmien wir dazu, über die Kntwickeliing
v<iu Feld- und Gartenbau in der Kolonie da« Nötige
srtyt'ii zu dürfen. uDo über ein© Frage, die für die
Fzistenx der Bewohner von allerlnöchster Wichtigkeit ist.
Gute Fingerzeige gielit uns wieder die schon erwähnte
„Wirtsebaftskarte“, die z, B. die Strecken verzeichnet,
wo (ictn'idebuu herrscht, wo Tabak und Baumwolle
liereits vorhanden eind, und wo eine rationelle Kultur
des Weinstookes begonnen ist. Kino Anmerkung in der
„Legende“ sagt ferner, dafs im allgemeinen sämtlich«
Flutsnfer den Garten-, Acker- und Weinbau zulassen,
ihn st4dlciiweisc auch sclion besitzen. Gezogen wunleii
alle lieimtHcheii GemfiHCHrien, Kartoffeln, Mais, Kürbis,
KHffcrk«irn, Dattelpalmen und diu verscliieilensten Obst-
bäniiie und Südfrüchte. Der Tabak hat gegen früher
eine gute Krntu geliefert und namentlich bei den cin-
J gewanderten Buren schnellen .Absatz gefunden. Die
1 WtTiiilese von IIMH I9t>2 erstreckte sich in Klein-
Kleine Nachrichten.
Windhuk auf IdiM» Iuh 2ihmi Stück filier drei .lAhre alte
Stöcke. AufHertlem waren 14 000 ein* hin dreijÄhrige
Stocke vorhanden und dazu rund 60 000 Stecklinge.
Nach den gekeltert^'U Proben verR|iricht die Ih’be eine
de« vornehmsten Kultiu'guwachHe für Sudwestafrika xu
werden, und damit gewinnt Professor I>r. Dowe» Vor-
hernage, dafs die Kolonie befähigt sei, den lledarf des
Mutterlandes an »ogenaimten n^üdweinen** xu decken,
erhöhte liedoutung. Die Ucgieruiig hat daher zur .Ab-
wehr, bezw. Unterdrückung der lleblaiisgefahr weit-
gehende VorhiehtAniafMrogetn angeordnet Auch der
SchildlatiB, die bei Windhuk l>uobarhtet wurtle, ist man
energiücb zu I.<eibe gegangen, obschoii man zu dum Zweck
einen grofHen Teil des lieblichen Itaumschmuckus in und
bei der Stadt opfern mutate. Kiu Knatz dafür kuiu in
der Folge aus Kapstadt herein, nämlich 4500 Stämme
von Hirnen, Äpfeln, Pnaiimeii, Aprikosen und Pfirsichen,
die nicht allein für die llaujttNtadt, sondeni auch für
(»il>eon, Omaruru und Outjo hestininit waren.
/nr I^eitung des FnrAtweseiis Ut neit November
1901 ein höherer Fachlieaniter thätig, dum auch die
neue Saat- und PRanzscbule in Okahandja untersteht.
Die Station besitzt 21 Hektar fruchtbaren I^udea mit
guten Bewässi'riiugsAuIage!i, wodurch sie in den Stand
gesetzt werden Soli, jilhrlich 10 Millionen Pflanzlinge zu
liefern. Diese will man dami im freien Qel&nde aus.Hctzen,
um das von der Kisenhabii durchschnitten« Terrain mit
dem nötigen [lau- und Urennliolz zu verseben. Kine
zweite Forststation ist in l'kuip bei Ot|imbingwe errichtet
und zwar auBsehiietslich zur Dattelzucbt; eine dritte habtm
wir bei Windhuk, wo si«! durch das Erscheinen der
Scbildlaus notwendig wurde.
In jüngster Zeit wirft man sich in der Kolonie auch
auf die Bienen- und Seidenzucht, und da es ferner
mit dem Handwerk und der Industrie etwa.s besser vor-
angebt, so hofft (toiiverneiir I.eutwein, <lafs diese
Zweige auf der nücb'>ten landwirtM;baft]ichen Ausstellung
sämtlich angemessen vertreten «ciu werden. Kine (rewilhr
dafür bietet ganz von selbst die starke Zunahme der
w'eifsen Bevölkerung, dio von 361.3 um I. Januar
1901 auf 4 674 am 1. .lamiar I!MI2 geBtiegeii ist, also
«in Mehr von 10.31 I^ersonun aufzuweisen bat. Als
nächste Folgen dieses Anwaebttetts sind die zahlreichen
Uaiidvcrkäufe zu Wlracbten, die für das Berichtsjahr
1901 im Kronbesitz und den Kingebnrenenreservateii
abgeschlossen wurden. Ks kamen nicht weniger als
53 Kaufverträge über zusammen 100 689 Hektar und
noch 5 Pachtverträge über zusammen 39000 Hektar
zur gerichtlichen Bestätigung, (.ber di« liAudverkäiif«
sinteus der Gesellacbaftt'U ') fi’hlen uus leider die .\ngaben;
•) Nur von <ler South Afric« Territorie's Company hörten
wir. «laf« sie infolge <1e« in letzter Xeit s«lir lielt-laen Wechsel-
sie fehlen sogar in der amtlichen „Denkschrift*', wo sie
von Rechts wegen sU'beii sollten. Wir müssen uns also
lediglich auf das Krön- und Kiuguborencnland be-
•.ebräuken, auch in dem nachstehenden Vergleiche, den
wir <ier „Denkschrift“ entnehmen, und der eine sehr
deutliche .Sprache redet. .\n Uandverkäufen wurden ab-
gcseblt>!tseu:
1898 iiu ganzen 2 Verträge über zusammen 19 915 ha.
1899 „
„ 10
7U 461
1900 „
s 21
„
n
158 563
1901 „
n
n
n
400 689
.\uf di(‘.sen Territorien sind bisher insgesamt 269
Faruien g»‘grflndet und in Betrieb genommen worden,
und zwar 7.5 von ehemaligen Angehörigen der Schutz-
trup{>e. 107 von anderen deutschen Untertanen und 87
von Ausländern.
Die Vemielirung der letzteren erklärt «ich in erster
Linie durch den Zii.stroui der BurenfamUieii, wenngleich
auch die Ansiedler reichsdeutsclier Herkunft eine sehr
ui'uueuswerie Zunahme erfahren haben. Doch darf man
nicht vergcMeu, daf« iM’reits eine Anzahl Bnrcn unsere
Staatsangehörigkeit erworben hat und denhalb in dieser
Rubrik mitreebnet.
IH« wehrpflichtigen Söhne dieser Familien, ungefähr
12C( bi« 150 jung« Leute, kamen iui Jahre 1902 Uireit«
zur Kinstellung in di« Schutztrup|i«i, um ihrer Militär-
pflicht zu genügen. IHenelben werden bei richtiger (ie-
W'öhnuiig und l biing «ondur Fntge ein wertvolles .Sol-
dateumateriid abgebeii, das allmählich die Nachschübe
aus der Iloiroat grotseutoils eutbohrlich machen dürfte.
Sie werden nufserdem, und das ist ein Hau]>in]oment in
dieser Frag«, zu Trägern und Verbroitoru de« reichs-
doutschen licdankens unter ihren Angehörigen werdun.
Denn dahin mü.ssen wir unweigerlich streben, dnf« die
«ingew'andcrten Buren mit der Zeit im Deutschtum anf-
gehen, dafs ihre Kinder, wie es schon jetzt geschieht, in
deutsch« Schule« komiueii. die deutsche Sprache nicht
blofs erlernen, sondern aosschlietsliob nnwenden, und
daf« di« (temeinden nach dem Vorbild der evangelischen
Gemeinde Windhuk in die preufsische Laudc«kiri*be auf-
genummen werden. Die Mission treibe unte^de.^sen ihr
Werk an den Kiugehoreneu rüstig fort. Sie widme sich
auch, womit jezi di« katholischen Glauhenslmten lie-
gonnei) halien, den zahlreich im Lande vorstrtmten Misch-
lingen von Deutschen, namentlich Schutztruppcoireitern,
und farbigen Frauen und suche gerade diese nicht selten
schwierigen KIcmuntu zu nützlichen Mitglle^lern unserer
Kolonialbuvölkurung xu erziehen. II. Sdl.
Verkehrs mit den englischen Kolonie«« allein ‘.*0 grofsere
Fürmen zu verkaufen in der l>ago war.
Kleine Nachrichten.
AlxiriKk nar mit ^uallMisegnh« Smtsttvt.
— Zum Kapitel d«r .Klapporbretter“ (Globus. Rd.
S. 5‘.\ 19a un<t Z9I) sind dem Ulubus m>ch einige weitere
Mitteilungen zugegangen. Oberbürgcrmcl'-ter Or. O. Header
in Hreslau schreibt, daffi auf seiiiant väterlichen Oute Katha-
rineuhuf. Kreis I*r.-Kylau, die „Klapper“ noch heul« im Ge-
brauch ist und die Arlieiter zur Arbeit oder heim riifL Kr
lierichtigt ferner — was schon von l>r Heinrich H. Ü91 ge-
st'hehen — das 8. ItfC miigeU-üt« Versmar^ und bemerkt
dann: Oas Hndt. aus möglichst ti’mendem Holzu gefertigt,
bängt mit zwei Keilen, di« durch gobohrie läicher genügen
sind, an um! zwischen zw«! unli« Iwi «inander stoheiiden
Bäumen. Heim „Klappern“ winl erst ein b-ichier Schlag mit
dem Bolzhamiuer der linken , dann ein m>>g|ichst kräftiger
I und ein zweiter sehwiieherer Schlag mit dem Hammer der
rechten Hund gegen das Brett gethan. Oieae Folg« wird
I ilniin etwa 10 bis I5ninl wiederholt. Das „Klap|»«rn' Ht di«
iM'sonüer« Anfgal>e da pKninnicrers*, d. h. des Vogts iMler
Vorarbeiters: die Kla|tpor steht unter lieannderem öffentlichen
ächut/.e, und obwohl sie mit ihren Hilmmern jedermann —
auch deu Itorfkindem — stets zugänglich ist, ist mir kein
Fall ihres Blirshrauchs erinnerlich.
Kine ander« Mitteilung bezieht sieh, streng genommen,
nicht auf itie Klappcrhreller, aber diwh auf ein verwandte«
Gebiet. Sie riihri. von Dr. mtHl. Bainliorg in I^K'kwiu l»ei
I)resil«n her mid ist urs|)i'ünglich im „iCcitzvr Laudstiinim“
vom 15. Juli IVOl erschienen. Dr. Bamberg beschreibt dort
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324
KUine Nttchriohtou.
xuiiüchüt einfn &Scm lanj;«!) kQulcnfürmigoii .IteniriiMlt*-
kniippel'* der 0«imeiuile l’rohli« (südl. von Oresiluii), der
n<M*h Knde der »echxiger Jahre in (iebrnucb war. Kr »cheint
au« Küxter (mIit Birnlmiinihol/ roh u«*<ichuitxt zu »ein uitü
ist iiurh (untuti) mit seinein Originaibiudfailen versehen. l>a*
n>aU wurde der l'nihli!M*r (iemeindernt uut'h echt |»atrian'hA‘
lisch öR'unilich unter freiem Himmel auf dem |)i»rf|>lntx unter
den Linden ali^vlialten. Kollte er sich vurMamnielii, .«o sM-hickte
der Vorstand einen seiner liOiite zur Mittagnteit. mit dem
aCiemeindeknüpi«!'^ von <iehi>ft zu Och«>ft , wo jedem Thor,
welche damals noch ausJ1i>lz lieatandeu, drei kräftige Rchläge
mit liem KnA|>p«l versetzt wurden, ^daf* <las ganze Haus
di-Tihute*. Jeder wufste aus Krfahrung. wns diese Schläge
zu bedeuten batten, und pünktlich versainiiieltcn sieb diu
Gumeinderntsmitglieder zur stereotyp gewordenen Stunde
dessehieii naebiniltngs unter den i torflinden. Diu Gemciude-
kiiii|>|K‘l «ind jetzt nirgends mehr im tSebrauch.
AU SeituusiiU'k zu den tienieiiideknüp{>«ln sind die liei
weitem zicriiehereu. ja mitunter «ognr kunstvoll angefertigten
•(iemoindchämmer'* zu Itetracbten. Kin solcher Go-
meindobammor. den Dr. B- erwarb, stammt aas der kleinen
lK>p|M-|geuieindo BäreuklaUHC-Kaiitzsch , elwnfalU «lidlich von
l>resdun. Ihirartige (tomeiiidi-häinuicr sind in den Dorforn
des Nicdcrlandvs und in der Nähe der gr«»rs**n Städli' des
Sacbsenlande« jetzt wohl nur noch wenigen bekannt, in den
kleinen tiemeinden aber der gebirgigen Gegenden, bt'sonder«
der Ausläufer des Krzgebirges, batwii sie «ich noch lange er*
halten, ja sie sind dipft noch heutigen Tages im Gobniunh
und werden vorauasichtlich noch ein gut Stück in das 20. Jahr-
hundert im Gehraucli hieiiten. Der ilärenklauser GeuiHinde-
hammer ist aus Holz gefertigt und l>esteht aus dem Stiele
um! dem eigentlichen Haminerkorper. Der llammei'kurtier
ist hier lärm lang, 5 cm hoch und 4 i-m breit um! »etzt sich
aus zwei Teilen zusammen, einem 1,5 ein holieu unteren und
einem 3,5 cm iiohcu «dierea. welche durch Drehung de« an
seinem oberen Ende mit einem Schniulamgewinde versehenen
*JI cm langen Haiiuiierstiulus nach Art einer Knrteiiprcsse fest
aneinander gedruckt wurdun und dadurch einen daxwisebeu
gesteckten Kettel, der irgend eine amtliche Verontnung oder
eine Bekanntmachung trügt, festhiilt. l>or Hammer dient
nun mit seiner inimerhiu volumimieHn Konti einesteils zur
Belastung und Beschwerung der Hüchtiu'un leichten Kettel.
amierenteiU hatte er ursprünglich den Kwock. hid ver-
Mchloasenen Thiiren als Klopfer zu dienen, und zwar so lang«,
bis irgend ein Hausgenosse erschinn und deu Hammer mit
der Bekanntmachung in Kinpfang nnlmi , welcher daun in
du« NiiohlMtrhaii« und von da wiederum durch alle HaUHWc«*‘ii
hindurch zu dem Gemeindevorstamt zurückgelangte.
— Theodor Koch, eins der Mitglieder der Hermann
Mvyersehen Xingtiex{><tditioti und den Ijcsern des (ilotius
durch eine Beihe von Arliciten iiWr das Forschungsgebiet
jum-r Ezp«<lition bekannt, hat Ende April eine ethiiogra*
phische Studienreise nach Hrnsilien aiigelrulcD. Sein
Kiel ist das Quullgebiet der Flüsse Yurmi und rkayali; er
will dabei versuchen, auf dom l.andwege aus dem einen
Stromgebii-to in das andere zu gelangen.
— Neue kongustaatlicliH Kisenbahuplänu. Künig
Leo|Mdd hat atu 14. März die Bildung einer Aktiengesull-
Schaft genehmigt, die zwei neue Limen bauen und in Itetrieb
erbalten wird. Die Gesellschaft heir«t „Soci«’tö dV-tudes des
cheiuins de fer da Stanley Piml au Katanga et de ritimbiri
li n*ele et ü un |>uim h d«hermiuer .«ur ia fi^mtiorc fran-
i^aise“, nud aus ihrem hingen Namen geht hervor, was .«ie
l^zweckt. Der Vertrag mit dein Staat i«t am 3u. März d. J.
S eschlossen Worden; es helfst darin: lK*r Staat unterstützt
ie Gesellschaft insofern, als er ihr nach Wahl lOOOOhn
burreitloseti I^atide« im Haxsiii des U<dle und lOotiüha am
linken Kongoufer unterhalb Stanley vitle zur Verfügung stellt.
Aurserdem lieteiligl sich der Staat an dem Unternehmen mit
5(>OOOOUha I<aiid imWerte von23 0tH)000i’rcs. ; dioses Terrain
wird der Staat für gemeinsame Kechuung auslwuten, derart,
dafs die Kinkiinfte zwischen Staat und Gnsellschaft gleich*
tiiAfsig geteilt werden. — Die Aktionäre siud Belgier. Das
Projekt Stauioy-Pm>l— Katanga ist ein Konkurrenzprojekt für
diu Linien, die auf üHtlicbereii Wegen Katanga mit dem Kam-
l>esi und dem oberen Kongo in Verbindung bringen sollen,
und die von engUscbeii Geldgebern geplant wenlen. Die
Linie Itimbiri — l>l)o würde deu Virile und den Mboniu mit
den acbifftiaren Stellen de« Kougo in direkte Verliiiidung
bringen. K« scheint, die englisch -kungostaatlichu Freund
Schaft ist etwas im P^kaheu liegriftVn; auch audere Dinge
deuten darauf hin.
— Eine IntereMante Broschüre veröffentlicht P. J. M ö-
biiis über Geschlecht und Krankheit (Halle a. S.. Mftr-
ho|«|, wonach Verfasser Krankheiten mit naturlicli«»in
GoAclilechtsunterschiiHl voniudchuii mit sozialem unterscbeiH»*t.
ln der ersten Abteilung überwiegen di© Frauen, iu der zwoi-
ten ist das j'ljergewicht der Männer un^erhältiiisuiärsig gr«>N-
Die 31ümicrkraiikheit«n der ersten Gruppe — mit Ausnahme
von Diabetes - sind ganz seltene Krankheiten, vrihre*»«!
sich unter den Weilierkrankheiten sehr häutige und praktisch
wichtige Krankheiten betinden. Für die Mortalität kann
man die genannte erste Gruppe tteiseite lassen, denn «Ite
Kahleti sind klein. Die Weilierkranklieiteii der zweiten Grtip)*«*
siud wie die akute f*eberatrophie teils selten, teils ohne PHd*
tlufs auf iliu Sterblichkeit. Ander« steht e« den Männern.
Die bei ihnen zum Tode führemlen Krankheiten sind teils
akut«, oftmals als Seuchen auftretende KrHukbeiten oder
chronische. Tag für Tag wirkende. Jene wie Typhus, gellses
Fieber, Ruhr ersHthrecken. weil sie iu kurzer Keit viele Opfer
fordern, alter int ganzi-n ändern sie diu Mortalit&t nicht Iw^-
deuteiid. Diu langsamen! Mörder alter sind die P'olg>*n dt^s
Alkoholgenusse« und der venerischen Krankheiten. Gälte es
keinen Athohol und keine venerischeii Krankheiten, so wür-
den die Männer weniger krtiiik sein und langer als die Weiber
Irbcu , denn keine Tluitsaehe sjiricht fiir die angeborene
gröfsero Widerstandsfähigkeit der Wcils-r, eher findet da*
Gegenteil «talt. Würden die [<at}eDsum«tHnde gleicbgeiiiarht.
so miifste diu weibliche Mortalitst vermöge der grt>fsereii
Menge der von Natur vorwiegend weiblichen Krankheiten
die niännlicbe Sterblichkeit überragen. Den Gefahren de»
I Fortpfianzungsgesrhiiftes stellt Möbius Itei den Männuni die
Abgänge durch Unfali und Selbatmord kom(M>nsatorisch
I gegenüber. Man kann direkt behaupten- Die Männer er-
kranken und sterben durch ihr Handeln häufiger ai« die
Weiber, namentlich infolge des Alkohols und tler venerischen
Kmnkhoiten.
— Am l». Fohruar d. J. wurde über Berlin eine fShn-
artige Erscheinung, wie sie sonst nur im Gebirge vor-
kommt, bu<»bacbtot; sie zeigte alle dem Föhn atihaDftnden
.Merkmale, wi© sehr hoho Tein|M*ratur, grof«c Tra*kc«heil
: und aufsorurdentlicbo Durchsichtigkeit der XiuD un<l auch
deren eigenartigen Geruch. Klius v<»m Meteorologischen
Institut, der in einer der letzten Hitzungeii der Berliner
inete«>rologis<'hen Gesellschaft dariilter berichtete, führte dalwi
au«, dafs die an jenem Tage aufgelasseiien Drachcnlwllons
U-i der Durchsichtigkeit der Luft in der erreichten Höbe
von 5500 m sehr deutlich guauhen wcnluu kotinleti. Die l*i -
I suchen der KrM'buinuug lassen sich noch nicht klar erkennen,
: da das Beobachtuiigsmatorial zum gröf-sb-n Teil noch nUKSteht.
ibtch haben sich I»er 0 iis einige Fingerzeige ergobon. hat
man au jenem Tage iu Put*<iam einen aufsurordeutlich liohen
Staubguhalt der l<uft — > SüOOO Staubteilchen iui Kubik-
ceniiineter — konstatiuren können, und nach Pn»fe««<»r Hell-
luaniis Mitteilungen hat man auf etwa 40 Ktationen in den
österreichischen Alpen, in Böhmen und Schlesien Ähnliche*
I be->baeiitet, Auch dort waren die WitterungKverhälti]is*t*
ganz abnorm: IU. in den AI]>eniäiidern gar 2o* am
I 2U. Februar. Nach Professor .Äfsmann« .Ansicht käme es
. darauf an. Drachen öfter uncl für längere Zeit in möglichst
I grofao Hi>heti zu bringen : dünn werde mau wohl mubr Licht
I über jene KiaiilM>n»chcinungen gewinnen.
— H. Mutiugku veröffentlicht in den SitzungsWr. der
lH)htn. Akademiu d. Wimenacli.. math. naturw. Klasse, für 1P02
eine Ariwit üiicr da« Hirngewiebt, die Hrhädelkapa-
zität wie Kopfform, sowie deren Beziehungen zur p«>-
chischen Thätigkeit des Menschen. Blonder« inter-
essant ist der Eiufiufs der Krankheiten und Todaaart auf das
llirugewicht. Diu Uilit-rknlirsen Erkrankungen, diu Sepais und
diu übrigun zumeist e)irotii«cheu Kniiikheiien, die mit einer
liedeutenden Korperorschöpfuiig oinhergehen, tilien auch auf
da« Hiriigewicht ihren \onlurblirhen KinHufs aus; schnell
vcrlaiifemle Lmigencntzün<!uugun lieeinträchtigen es nicht.
Bei Herz- und Gufäfscrkrimkungcn fand sich ein l>esoridur«
hohe« Hirnguwjclit. Bei allgemeinen Yerbreuiiungen und
Vcrbruliun^n findot sich ein hohes Gewicht de« Hinis vor;
dassullH.* zeigt sich beim Krhüngen und Ertrinken. Dur Blut-
%crlu»l Ih>I Si-huls- und Stich« umleii wie Kontu«ion«n ver-
mindert das Hiniguwicht, dasselbe tritt Itei Vergiftungen auf.
Es uiMSscu jo<k>ch auch Itei läwung dieser Fiage die v«r-
schiotlenen andci-en, das Hirngewiebt bestimmenden Umstande
mit berücksichtigt wenleii, »it z. B. koiumt die KOrpergröfsu
Itcdoutund in Frag«.
Vrrantwortl. lledaktcur: 11. 2«iogcr, Berlin NM*. 6. Sctdlfbsucriianmi — l)ru«k: FrieJr. Vicwcg u. Solin, Urmmaehweig.
GLOBUS.
- ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREIHIOT MIT DEN ZEITSCHBIFTEN: ..DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN".
HERAUSGEGEBEN VON H. SINGER UNTER BESONDERER MITWIRKUNG VON Pl"l'. D«. RICHARD ANDREE.
VERLAG VON FRIEDR. VIEWEO * SOHN.
Bd. LXXXIU. Nr. ai. BRAUNSCHWEIG. 4- Juni «9°3-
KMliJrack Bar udi OkciwiBkatift »Jt 4«r VarlBcakBodluag B«*tBtt*L
Die Herkunft der Moriori.
Von t Or. Heinrich Schurtx').
ÄVie siob der genamte Kulturfortscbritt Jur Mensch*
heit nicht in gleichuiäriiigem, ruhigem Strome fortbewegt.
Bondern einueitig erBt eine Kntwickeluugemuglichkeii
)»ts zuu äuftienitun verfolgt, uiu sich dann mit gleichem
klifer dem entgugongeHutzteu Kxtrem zuzuwendun, no
schwanken auch in der WiMKunuchaft beständig die An-
uiebtuu äl>er den Weg der Fomebung und ölier den
Wert der verschiedenen Mittel der Erkcnutiiia. Immer
wird es dahei die Aufgabe reiferer Krfabruiig sein, uU>
mäblinh die allzn schroffen Ciegensäize aunzugleicbeu
und zu ventCtbuen, statt blindlings einer einzigen For-
sebungsweisu zu folgen. Je mehr Erkenotnismöglich'
kuiiun vurbandun sind und nutzbar gemacht werden,
deeto sicheror schreitet die WiMsunschaft voran. Ganz
freilich wird es wohl niemtibi zu vermeiden sein, dals
mancbeN Gute, das eiiisi OberschiUzt worden ist, s^iäter
als weiilos mirsuclitei wird, um oft nach einem aber-
maligen Wechsel der .\nsobauungen wieder zu Kbreii
zu kommen und seinen ungeuies.Heneu Platz im wiKseii«
schaftlicken System zu finden.
Kin Wandel dieser Art vollzieht sich neuerdings in
der Bewertung sagenhafter Bericht« über die Vorzeit
der verschiedenen Völker, hls gab eine Zeit, wo mau
diese Ursprungs.sagen kritiklos als wahr hinnahm und
sie als brauchbaren Unterbau der heglaiibrgten Ge*
schichte betrachtete, odur wo mau sie wenigstens in Kr-
maiigeluug von Besserem einfach auf sicli beruhen liet».
Nach und nach aber erschienen immer zahlreicher die
Gdtter>, Helden- und Herkunftssagen in einem ganz
neuen Uchte; Sie erwiesen sich als Bestandteile der My-
thologie, als ideale I>arstellungen der Naturkräfte, der
Tages- und Jahreszeit und aller ewig wiederkehrenden
Vorgänge im Dasein des Menschen. - .\uch die Vorstel-
lungen vom Aufenthalt der Verslorbonen waren auf die
V'ergangenhuit üburtragen worden, so dals Hindu und
Anfang des Daseins sieb in rein mythischer Weise ver-
knüpften. ^io löste sich der anscheinend so feste Unter-
grund des Baues der Geschichte in huntechillernde Nebel
auf, aas denen sich wohl Wundergestalten <ier IHcbtung
formen liefsen, denen aber jeder feste Kern historischer
Wahrheit zu fehlen schien.
Bis aufs Autserstu ist dieser Gedanke durchgeführt
und wissenschaftlich begründet worden — nun beginnt
ein Umschlag fühlbar zu werden. Die bestiere Krfor-
') Uer vorliegende interessante kleine Aufsatz wurde uns
von Keburta kurze Zeit vor seinem Tode zugesandt und
gehißt wohl zu den letzten Arbeiten des leider zu früh
Vemturbeiien. Bed. d. (llobuii.
aiubui LXXXIU. Nr. 21.
schung der V'ergangeuheit, wie «ie vor allem der Präbi-
storie zu verdanken ist, hat uns belehrt, dafs manche
scheinbar aus mythischem Phautasiegewölk geformt«
Gestalt doch nicht so ganz ins Ueicli der Krdichtungen
verwiesen werden darf. Wie schienen z. H. die Zwerg-
sageu lange Zeit ao völlig als Schöpfungen mythi.Ncher
und manutischer Gedaukeukruisu erkaunt zu suiul Teils
als personifizierte Urkräfte der Krde urschiuuen die
Zwerge, teils als .Seelen Verstorbener, die als winzige
lichtHcheue Heinzelmännchen noch die häusliche Arbeit
verrichteten oder in Gestalt boshafter Kobolde di« lachen-
den Krhen neckten oder endlich scharenweise nachts
über den Flufs setzten und die Tutenmünzeu als lA»hii
zurückliefsuii. Zweifellos werdua viele dieser Deutungen
auch in Zukunft busieheu bleibeu. Aber Schlag auf
Schlag haben neuere Furscbungeii gezeigt, dafs den
Zwergsagen dennoch etwas sehr WirkllcheM zu Grunde
liegt, dafs es in Kiiro{»a und wahrscheinlich auch in Ost-
usitm echte Zweite gegeben hat und im Innern Afrikas
j heute noch giebi. Damit nun gewinnt die ganze Sagen-
gruppe auch wieder geschichtliche Bedeutung. Und
wie in diesem Fall«, so neigt sich in vielen anderen im
Kampfe um die Deutung der Sieg wieder mehr auf die
Seite jener, die in den Sagen lieber Krinnerungen an
thatsächlicbu Zustände und Kreignisse als rein mythische
Schaumgekilde sehen wollen; manches, was schon so
gut wie ganz in das Reick der wesenlosen Mythologie
verwiesen schien, wie der trojanische Krieg oder die
Reibe altrömiscber Könige, gewinnt wieder an Festigkeit,
und upter den sagenhaften Hüllen erscheinen deutlich
die Umrisse wirklichen Geschehens.
In der Zeit, als di« mythologischen Krklärungen
blühten, mochten auch die Bericht« über frühere dunkel-
farbige Bewohner, diu bei manchen Völkern überliefert
werden, als reiu sagenhaft gelten: sind doch in der That
die im nächtlichen Dunkel wohnenden Geister der
Toten wie auch die Götter der Krde, der Nacht und der
Unterwelt gern als düstere Krschetnungeii gedacht
worden, die sich recht wohl allmählich zu uegerbafteu
Urbewohnern eines lukodes umduutuu liefiwu. Jetzt
wird man wohl thuu, diese Sagen ernster zu iiobmen
und sie mit dun Mitteln, die Autbro|Kilogie und Völker-
kunde an die Hand geben, auf ihre geschichtliche
Wahrheit zu prüfen; vor allem wird das dort nötig sein,
wo die Möglichkeit einer älteren iiegeräbulichen Be-
völkerung nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen
ist, wie im Gebiet« der malayu-polynosischuu Kasse. Kine
nähere Untersuchung ist hier nur auf zwei Wegen mög-
41
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Wilhelm Krebs: I>ie ts(rlicb«n Wetterberichte Her HeutHchen Soewarte.
32f.
lieh: Mun kann Toni rein uiithro|H>logi!>chvii SlaiiHpuukte
auH Hie ^eiifenwsrti^e ikfTolkenuitf niiH. fnlla Heren vor-*
hainien ^iiiH, Hie vorgem:hicktlicbeii ineii^chlicheu Keate
lietrachteu uuH darauM SehlQflxe auf iU-«‘'enTermischinig
aiehcii, und man kann den Kultarbe^itz prüfe» und auf
die«« Weiae mittelbar alt*> Knitiirfusammenhänge und
W'anderuugeri erschlietaen. NVerden beide Methmleii un-
abhängig nebeneinander angeweiiHet uud führen i>iu zu
äbnlirhen Krgebni^sen, und atimnion dann vollend^ didKe
KrgebniKSR zu den sagenhaften Überlieferungen der
Völker, daun ist ein (irad der Wahrscheinlichkeit er-
reicht, wie er auf den uunicheren Gebiotcu der Vor-
geschichte überhaupt irgend zu erzielen iet. Im aU-
gemeinen ist ein solcher ParnlletiHUina der Fortichung
noch recht Kelten, und deeiialb mag e» gestaltet sein,
die Auftuerknauikeit auf ein Iteiapiel dicMsr Art zu leukeu.
Herr ProfcKMor Ilr. SchauiuKlund in Brcuieii hat auf
seiner sehr ergebnisreichen Weltreise iui Jahre 1H97
auch die ( 'hathuiuinseiu im südlichen Stillen tizean be-
sucht und die Gelegenbcit benutzt, aulser zoologinchen
Sammlungen auch eine Anzahl Schädel und Skelettteüc
der im Auasterben begriffenen Kingeborenen, der Moriuri,
zu erweriien; uufKerdem ist es ihm geliingeu, eine grö-
fsere Anzahl der längst aufser Gebrauch gekoimueneu
Stein- und Knochengerate diesen Völkchens zu sauiuieln.
Nun sind die Chathauinseln einer der Punkte im Gt‘bi«'te
der njalayu-polyncsischen Rjmse, die die iN'stiinmtesteii
Überlieferungen von einer älteren, dunkelfarbigen Bevöl-
kerung besitzen, die sich mit den später einwandernden
polynesischen Moriari gemischt haben soll. Diu Miiri4>ri,
die mit den Mariri iiHchetvei'wandt sind, halwn zweifellos
von Neuseeland aua die (Imthauis erreicht; hier aber
trafen »e bereits, wie ihre Sagen beliebten, die Hiti an,
die von höherem Wüchse und dunklerer Hautfarbe als
die Moriori waren, war nun die Frage, ob die
l'ntersuchung der Schädel und Knochenreste einerseits,
der Waffen und GerätKcbaften andererseits die Sage bc-
»tätigeu oder widerlegen würde. Hierbei mulsten naiucnt-
lich die Maori Neuseelands, die elnrnfalia Sagen üWr
dunkle Urbewohner ihrer Heimat besitzen, Tcrgletchend
InTaugezogen werden. Wenn Hie f,*berlieferuDgcn über-
haupt recht haben, Hann sind schon diese Maori Misch-
linge Yon Polynesiern und negerähnlichen Kleinenten,
und Hie Moriori, Hie sich Hann nochmals mit einer
Hiinkclfurbigen Bevölkerung gekreuzt hätten, wfirdim
nicht durch die Mischung überhaupt, sondern nur durch
den »tärkeren Grad dieser Mischung von den Maori ver-
schiedeu aein.
Die Untersuchung der Knochenreste hat Herr Dr.
Heinrich Poll, .Assistent nm anatomisch-liioIogiKchen In-
stitut der Universität Berlin, übertiotuiuen und <lurrh-
geführt ^), während ich Hulbtit diu Stein- und Ktiochun-
geräte lieurbeitctc *). Beide Untersuchungen haben ganz
Über Schädel und Hkelutte der Bewohner der ('bathani-
inteitt </«it»chrift für Morphologie und Atiihrojeilogie V, 1,
K. 1 lÜH KU).
Stein- und Ktiocheogeräti' der Chathnuiinsnlnuer (Zeit-
«obrift für Kthuologi« umtl).
unabliäiigig vonciiiander stattgcfmiden. Das Krgebni-
ist sehr erfreulich : die .Vngaben der fängcboruneii werden
in lieiden Fällen derart liestätigt und unterstützt, dal«
rann .sie nunmehr wohl als geschichtliche ThaiHachen ln-
trachten kann. Damit aller fällt zugleich uiu helles
Licht auf diu Wichtigkeit der Prüfung de« Kulturbesitzes
einerseits, der anihr(){>oiogiKchen Keste andercr-cita imd
auf den Nutzen paruUulur, eich gegenseitig ergänzender
Forschungen dieser -Art.
Die Betrachtung cler Waffen und Geräte, iiin dieae
zuerst zu (>rwähnen, ergab das folgende Bild, doa freilich
lud der Dürftigkeit den MaterialK und trotz thuidicbster
Benleksichtiguug der vorhandenen Littcratur nur >»ehr
fragmentariach sein konnte: Ini allgemeinen ztimmt der
Kulturbesitz der Moriori mit dom der Maori üliereiu.
nur dafs der Teil diusez BoKitzea, der vou der dunkel-
farbigen, den .Vustraliem und noch mehr den Tasma-
ntern ähnliche Kasao übernommen aein dürfte, liei den
Moriori entschiodener hervortritt. Das gilt huKtmders
von den merkwürdigen kurzen Steinkeulon, die keines-
falls dem {Hilynesischcn Teil der Neoaeelander und t'ha-
tbaminHulaner angehören können, suudeni ein charttkte-
ristlsches KuUnnm-rkmal der duitkulu Rasse sin«!; schon
auf Neuseeland eine wichtige und geschätzte Wafie.
treteu sie auf den t'hathaius ganz in den Vordergrund
und zeigen gerade hier in ihrer Form teilweise m»ch die
Anlehnung au die hutnarangähnlich gekrümmten Holz-
Waffen, «liu ihr Vorbild gewcHCti nein niüsNen. Manche
andere Züge der .Moriorikultur bestätigen die .Aiiiiahine,
dafs der Kiiiflurs der ultenm dunkelfarhigeu Ik*w'uhner-
Kcbaft infolge der abenimligcn ZmutKchmig sich auf den
('bathams stärker geltend macht aU auf Neuseeland.
Die Krgebnizse Polls Htimmen hierzu auKgezeichnet,
so zurückhaltend er sie auch ausdrückt. Die Moriori
sind nicht, wie Vulz iiacbzuweiKen versnebt hat, von
reiner polynusischer Russe, Hondern stehen den stark
geiiUHchteu Maori sehr nahe, bei denen Volz .selbst
bereit» das VurkoiuDieu eines australoiden Typus nach*
gewiesen hatte. Ilennoch zeigen »ich Unterschiede
zwischen den Maori und den Nloriori. In diesem /u-
sanimenliange nun verdient, wie Poll bemerkt, ,,dii'TliHl-
saclic einige Beachtung, dafs sich Flenieiib', ähnlich den
Tasmuniern, auf NeiiKeeland, vor allem aber auf der
entlegenen rundlichen Chathaminsel, voi&iulen**.
Damit ist auf rein nntbrupologischein Gebiete dasselbe
nachgi'wie.sen, was sieb bei der Untersuchung des Kultur-
lH‘-itze» ergab; beide ReHullate aber sfinnnen mit iler
l berlieferung der Moriori vullkominen fliierein.
Vielleicht tragt dieser kleine Krfulg des Zus>amineu-
wirken.s anthropolugischtir, ethnologischer und liisto-
rischer Forschung dazu bei, die cl>eii«o voruelmte wie
unfruchtbare gegen.seitige .AbschlieUung verwandbT
Wissenszweige in etw'as beKeitigon zu helfen. Kin
be.s»eres Verstehen und /.usammeuarbeiten würde sicher
dazu beitragen, diu noch immer hiiohst stiefinutterlicii
behandelten WisseUMdiafieii vom Menschen aurli iiiifser-
lich nnf eine höhere Stufe zu bringen.
Die täglichen Wetterberichte der Deutschen Seenarte. i
Die Tageszeitung der eumpäisrUeti Witterung, die au»
lelegraphiacheu Berichten alltäglich nuf der Deutschen See- \
wnrte zusummeiigestellt und alwiids in Tabellen- und Karten. ,
druck versandt wird, erfuhr scbuii vt>n .\iigust Hu>o an eine ,
weaentlirhe Krweiterung durch Beilage des interDationalen '
Dekadunbericbtcis einer Anzahl Staü«inon, die sieb innerhaih '
der europäischen Breiten über das ganze Krdenrund verteilen. |
In den erstou Moimren des Jahres Mind einige Kr- j
gäuzuogen von erheblicher Wichtigkeit au denn Tabellvnleit |
des WviterlMiriclitfl selbst ausgeführt worilen. Baum wurde
daftir hauptsächlich durch kleineren Druck gewonnen. Seit
‘Jn. Januar UmJ enu<>glichtf da» deuUrhe Kabel zweimal
tägliche Kimragiingeu von der .\zorenstation ll<>rta, nacbdeni
«'hon \uin I. August 1V02 an die spanische Küstenstalion
Vigu eine für inancbe rntersiirhungvii sehr empiiudliche
Liicke au-gefiillt batte.
Vom 1. .tpril Itwi.n au führen die deutschen Staiioueii
in der Morv'eKinlieUe ati«tnii de» um diem» Zeit wenig wich*
tigei» Iliniini-bz.iiKUtiKle« Aiigalien ülier den V’erlauf der Wit
teriJiig des Vortages nach neun kategorieen.
Ih-. Oiikur Mann: Arehäolotfiirhes au« Peraicn.
S27
AI« h«c]eutiiani3<l« Neuei'uui; «Tschsiut hImt die Kinfuf^un^
dt-r Witterungvnachrichtfu au« dvo höheren Luftscbichten
der freiet) Almoaphäre, die da« aenmaiuiwhe Otaiervatoriuni
lN)i Rfrliii «iiirch ein Mittain't^lvgmmm der iK^utachen 8ee-
wtirte xugehcD Hitit. Ka dnd nieu.*oroh»gi«id)<* HiVheolteob*
HchtungoD, aDgeatellt meist mit Hülfe von Dnichen. die zu-
«'eilen über 3000 m Bteerr«höhe hiiiau« zuin Aufsteigeii
gebracht werden.
Schon ein oberdächlicher Vergleich der itn diusjfthrigen
April gebrachten Tem|K>ralurnngNben mit denjenigen der
entspreclienden liergstationen eröffnet einen llienretinrh «ehr
lehrreichen und auch ftir die iiraktische Witteruugskundu
)erwerlhAren Kiiiblick. Vergleicht man ohne jede Keduktion
mit den Kinuhrbeolmchtungen de« Urufsen Kelchen (MoOin)
die ungefähr in gleicher Höhe uud immer zu früherer, also
im altgoiueinen kälterer Tageszuit aUMgeführteii Betilnch-
tmigen in der freien AtinuHpbarc, so erliült man als Mittel
der Kelchctitemperaturen ~ als Teniperalurmitlel der
freien Atmosphiire nur ~ 'J.7" C. Dieses Krgehni'« ist aus
den l’urallelbeuliachtungen an *i7 Apriltagen gewonnen.
Die Skntishidie (2300 m) gfstniiet zur Nt»t II l'amllid-
lieotwirhiuiigen, wann man e-« statthaft findet, in iler freien
Atmosphäre bis iSOuni herahzusleigvii. Sio liefert dann aber
ein ganz enisprechendes Krgebnia. Die initiieren Mittags-
temitemturen Iwtrugen um Siuitis — 7.3* (*., die Vormittags-
ten)peraturen in der freien Atmosphure — fl, 4* C.
Wenn ilie }^i«hlen auch Aiis|iruch auf absolute (ienaiiig-
keit keineswegs erhoiten, gestatten sie doch den 8ehlufs. dafs
die Temperaturen, auch die Tagesteinperaturea, an den Kerg-
stationen um etwa l*C. tiefer lagen als in der freien Atmo-
«phtire.
Der physikalische Grund tlnfür kann nur in der sehr
reichlichen SchneeiHrdcckutig der mittleren und höheren
Kerglagen Mitteloun>|tAs in dem diesjährigen Nachwinter
gesucht werden, ln diesem Sinne erhält man einen neuen
Ueweis für die von Wueikoff gefundene ahkfihlende Wirkung
einer Schneedecke auf die unteren Schichten der Atmosphäre.
Die praktische Wichtigkeit des so weit festgesicllieu
Temperaturunterschiedes zwischen Bergstaiioiien und freier
Atmosphäre beruht auf einer Itesonderen Form der Sellist-
magaxinierufig, die hochgelegene Schiiee<lecken iiusiilien. Sio
schützen sieh bU zu einem gewisson Grade selbst gegvu
allzu srhtudies Wegscliinelzen. Sie schützen demrufoig« auch
die Von ihnen guspeistvn Bäche und Fliifsgehiele vor öft<’reni
Kintrctcn einer Hochwassergefahr durch die Kchnoeschmelze.
Wilhelm Kreba
Archäologisches aus Persien.
Vuu Ilr. Oskur Mann.
Ilie areUäulogizekH llnrchforscliuiig Persiens, .seit
einiger Zeit eine Art S|iezialgehiet der fran7.öi)i.>M:heii
Nation, macht erfreuliche Fortschritte. Auf Herrn und
Kran Hieulafoy, über deren .■\usgrahiiiigeti tler uchä'
lueiiidiMchnn Altertümer in Su«u si-im>r/ctt in diesen
llläitcrn ausführlich
berichtet wurden ist,
folgte die „Mission
scioiitifiquc“ des
Herrn de Morgan,
die als llauptarlmits-
gehiet ebenfalls die
Kuinenhügel Susas
erwählte, aber auch
in nnderen Gegeii'
den der ausgedehn-
ten iranischen üe-
hiete mit grofsem
Krfolge ihätig ist.
Wir vordaiikeu den
Arbeiten des Ilerni
de Morgan uud seines
tüchtig geschulten
iStalies von Miiar*
heitern viele neue
und sehr wichtige
archäologische Knt-
deckungen, über die
da't grotse Werk:
„Mission Hcientifique en Persü** (Paris 1894 — 1897)
in vier uinfungreicheii |{iUid*‘ii ausführlich berichtet,
iviii weiterer welcher die sehr wichtigen eiami-
tisehen Altertümer Von Malauiir behandelt, deren Auf-
nahme seit Jahrzehnten ein pium desi<lerium der ge-
lehrten Welt bildete, ist inzwischen erschienen, mir
aber liier in Persien leuier noch nicht zu (tesieht ge-
kommen. Fast hätte ich, als ich selbst Im vorigen
.fahre unter unsäglichen Strapazen und Kutbeliruugeii
diese so wichtigen Skulpturen und Inschriften photo-
graphisch aufgenonimei) und abgekiatscht hatte und erst
uachträglicli von der schon gethnnen Arbeit de .Morgans
erfuhr, mich zu einer leisen Verwünschung des mir Zuvor-
gekommeuen biiireilseii las.-eii. wenn niclit mich scbliefs-
lieh die Hoffnung getiN).«tet hätte, mit meinen Arbeiten
den Fachgenossen ein Hiiplikat der InRchriften an die
Hand geben zu können, das ja in einigen Fällen immer
n«ich als Korrektiv von Wert sein wird.
.\uch an nnderun Stellen in Persien stöfst der Itei-
sende auf de Mor-
gaiiH Spuren, und so
inaiicho erste tmt-
duekerfreude wird
durch die F.rzäblun-
gen der Kinwobner
von dem frühen'ii
Hiersein der Fran-
zosen jählings aus
dem Herzen ausgu-
löscht. So ging es
mir, als ich im
August ]9tl2 auf der
Höhe einer recht ent-
legonen Hergkotte in
der Provinz Kir-
manshab drei achä-
menidische Felsen-
gräber entdeckte, von
welchen oiiioa eine
noch sehr gut erhal-
tene Skulptur zeigte
(Abb. 1).
Pis sind dieses
die von de Morgan (Hand 4, Seite 299) besrhrieheneii
Gräber von IH nou. Indesiien habe ich in der ganzen
Fuigt^geiid kein Dörfchen enbleckeii können, welches
den Namen Dih i m>u (-rr nmios Dorf) trägt. IHe (iräber
befinden eich auf der Höhe einer ziemlich gleichinäfsig
hohen Hügelkette zwischen dem Dorfe Issakäwänd uud
('aniän i Isinail. Von dem hekaniiten Dorfe Härsin aus
führt in südwestlicher Bichtung ein rauher Saumpfad in
etwa vier .'Stunden über einen Bergpaf« und durch das
iiu Schatten der Obstbäumu Hegende Dorf DärAu nach
dem HUR kniitn 30 Hätten bestehenden llorfe Iszäkäwänd.
Von hier aus erklimmt man den das Thal südwestlich
iiegreuzuuden Hügelzug uud fiudut auf der Höhe einer
Alb. I. ArhäuenIdlRoho PelRoogrUber bef IssäkiwifBd.
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»28
Pr. Oikar Mann: .\rchaologiiohea aiia Peraien.
t
Abb. 2. Xuaollth bei Binelnn.
kleinen Pfl^^etnHeQkung, die in das parallele Thal tod
(' fttuan I iHmail hinableitet, eine wild icrrisaeiio Kein-
gruppe, in deren nach deui l^rfchen (’iinitnl Ismail bin«
ahNchaiiender Seite die drei Gräber eingekauen sind.
Von rämin l Ismail gelangt man in südlicher Uichtung
einige Hügel überarbreitend nach Gärräluin in das Ga«
masäbthal. Verfolgt man das kleine und schmale Thal,
iu dessen oberem Kessel IssAkäwänd gelegen ist, in nord-
westlirlier Uichtung abwärts, so ist auf der Höbe der
Uergkup)M> xur Hechten eine künstlich geglättete Fels«
wand sichtbar, die anscheinend xur Aufnahme einer
Inschrift oder eines gröfseren Reliefs bestimmt war, ganx
ähnlich der ludiauenen Felswand bei Uisetün, die ja aus
allen einschlägigen Ueisewerkeu genügend bekannt und
schon in Ritters Krdkunde eingehend beschrieben ist
Das schmale Thal führt weiter in derselben Richtung
abwärts bis tu dem breiteren Thalbeckeu des Gamasäb.
Hier bei dem l>orfe Surkhkädä, auf dem linken Ufer des
Flusses, findet man in einer unschwer zugänglichen Fels«
wand etwa 5ü m über dein Tlialboden ein ihnlickea
Felsengrab, ohne Skulptur und Inschrift, welches denen Ton
Issnkäwänd sehr ähnlich ist. Die Mafse siml die ful«
genden :
Tiefe der Kammer 131 cm,
Höhe der Kammer (H) 82 cm,
Breite inkl. der Rahmen (AB) 112cm.
E.0 ist mit einer geglätteten Kinfassung Tersohen,
ähnlich einem Thürrahmen; den obersten Teil der so um«
rahmten Fläche nimmt die Höhle
ein. Wahrscheinlich ist, 'dafs
man bei genauerer Tutersuchung
der ganzen Gegend noch auf meh-
rere solcher Felsengräber stufsen
wird, zumal da in aebämenidi«
scher /eit die grofse .Stadt Ba«
gidtaua, zon der ja auch noch
einige Trümmerreste dom von
Kirmanebah nach Bisetün Hei«
senden unmittelbar auf der Kara«
wanenstrafse zu Gesicht kommen.
Die beiden grufseu Skulpturen bei dem Dorfe Bisetün,
das Relief mit der grofnen Darius-Inschrift sowie das
leider ver-*tümmelte Relief des l'artherkönigs Gotarzes
sind ja weltbekannt. Bei genauerem Ihirch«
suchen der Felstrümmor am Fufse de»
BisetÜD'Kegels fand ieh einen etwa 2 tu
hohen Felsblock, der auf einer seiner Tter
Seiten die hier abgebildeto Skulptur trägt.
Die eine Seite, die mehr dem Winde und
Regen ausgesetzt ist, ist leider schon sehr
rerwaseben, sie scheint einen schwebenden
Genius danrostelleii , während die ander«,
besser erhalten, einen auf dem Feueraltar
opfernden Priester aufweist Das I)enkmal
ist augenscheinlich sassanidischen Ursprungs
(Abb. 2).
Innerhalb der jetzigen elenden 1/ehm«
hüiten des Dorfes selbst findet man eine
aus grofsen, gut geglätteten und anschei-
nend ohne Mörtel zusammengesetzten
Quadern bestehende glatte Mauer, die von
den Bewohnern jetzt meist als hintere
Mauer ihrer Ställe benutzt worden ist. Sie
läuft dem Bergeshange parallel etwa in 70
bis 80 m Ausdehnung. Die einzelnen
(Quadern sind etwa einen halben Meter im
Geriert grofs. .\n einigen Stellen sind
IriNchriftenzcichen sichtbar; doch läfst die Dunkelheit
der Ställe sowie die starke Verwitterung leider nichts
über die ('baraktere entscheiden. Die Mauer scheint
das Fundament einer gröfseren Bauanlago gebildet zu
halten. Vielleicht stammt sie ohenfalls aus sassanidischer
Zeit. Wenigstens deutet ein gleichfalls hier gefundenes
.Säulenkapitäl, ähnlich den bei Täq i Bustiin ausgegra-
Itenen beiden, die yon de Morgan eingehender beschrieben
und photographisch aufgenomnien sind, auf jene Zeit.
Das Kapitäl steht jetzt auf einem kleinen Platze hinter
der ('aparkbänä (Poststntion) des Dorfes. Ich gebe hier
die Abhildungen einer Seite (Ahb. 3).
Überschroiiei inan vom Ikirfc Bisetün aus in süd-
licher Richtung den Gamasab und wendet sich um den
Abb. 3. SfiulenkapRäl bei BisetAn.
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r
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Ul<>bu« LXXXIll. Nr. 21.
Abb. t. Urnaraentlrrtvr 8trla »ni SÜmiAJ. Ahl^ 7. Hanii: Die behaiene Felawaad.
Abi». 10 . SMuli>iikii}iitiilp unil Statue bol Täq 1 Kai^taii. Abb. 11. Kellef ««InveMltur Scha|»ürs II»* tu Tag I Bastnn.
Kliurburil v. Sohkopp: Religiöiie AntohauuDge» der Kakoko (Kamerun^
331
sQdlich vorgflftgorteii Hügel iu »t«tiicher Richtung, eu
ernüchi man daa l)orf Sirinaj *)» daK ganz und gar auf den
Trümmern einer aasaanidi’<cben llauHiilage aufgebaut üt.
Schult vun weitem ruft der Hügel, auf dem »ich das
Hürfchun erhebt, den Eindruck jener hier au zahlreichen
Tit|m hervor, die allesamt iuteressante Baiireste bergen,
und in denen ab und zu die Kurden mit Erfolg nach
Müuzeii und dergleichen (ielduswert graben {Abb. i),
(’arallel der oat'SttdüstUch vorgeiagertt’u Hügelkette,
über wcdche ein nicht hoher Pats zu dem vorher er^
wkhnten Ihirfe Härnin führt, liegt eine alte Mauer blofa,
die au» unbehauenen grof»cn Steinen, mit (tip» ver*
fertigt, erbaut ist (Abb. 5). Sie »cbHelai den Horfhügel
nmih OSO hin ab. Sie ist jetzt noch etwa 6 m huch und
liegt in einer IdLngsauhdehiiung Tun etwa 4ü Schritten
blot». Genau senkrecht auf die Riclitung dieses Wallen
stötst eine aus regelniäfsigcn polierten Quadern gut ge>
fügte Mauer, <leren Reste wir in einigen nebeneinander
gebauten I/ehmhütten des IKirfes finden. Sie ist genau ao
gebaut wie die oben erwfihnte de« Dorfes Risetün. Von
ihr sind etwa 15m Längetiausdehimng zu sehen ^ das
übrige scheint sich unterhalb der Durfhütlen zu befinden
und harrt des Spatens. Cberall in den liüuscrn des
Dorfes und besonder» zahlreich auf dem kleinen Fried*
hofe findet man glatt behauene Steine, Reste eine» einst
fünitlichen Palastes. Die Karden heben diese Trümmer
als Fundamente und Schwellensteiue für ihre Lehmhütten
und als Grabsteine benutzt. Ein besonder» gut er*
haltenos Fragment, das «Ke schone Onmmentierung
deutlich zeigt, hainj ich phoiügra}ihiert (.\bl>. 6). Da
diese Sknlpturon auf allen Steinen, die ich auffand,
dasselbe Muster zeigen, so ist wahrscheinlich, dafs man
hier die Trümmer eines prächtigen Sassauidetiscliioasea
vor sich hat, wie man ja auch Lu dem Hügel de» beuaeh-
hnrtmi Ta2i i Shirin ebenfall» ein solches vermutet.
Überschreiten wir «len Hügelpafs im OSO vom Dorfe
Sfirmaj, so erreichen wir ein langgedefaut«*», in üppiger
GartenkuUur crblQhemles Thal und am oberen Ende des*
selben das Dorf Hür»in, den Hauptort des gleichnamigen
Rulüks und Mittelpunkt der hier HiiH&üsigen I.ükksiümme,
deren unzühlige schwarze Zelte im S«»iitner die Thklt^r
und llorge bis weit hi« nach Khorreraiibüd erfüllen. Das
Dorf ist augenscheinlich eine »ehr aite NiedtTlansung.
Ich fand auf dem Friedhofe Grabsteine in nahe iieim
') Jacut« got^raphischn» Wt'irierbufh. heiauxgegetien vuii
WuftenfeM, Ikt. 3, K, 8*2: HKcmiadflch bt ei» fest«»« Hchlofs
zwinchen Hsiiimlan un«l KhüziiUaii in) Beigiitttde (Mcbeii).
K« gehörte Haiir bin ilaunwaih «leni Kurüeu. dem Herr«
von Kcb:ibür-Khwast, und ei ist «lin« seiner BUirtRtoii und
unzugänglichsten t^hlösser.* — iladr bin llasanwaih wurde
im dabre 404 «1. Hijra = 1313 14 u. <'hr. ermonlob.
Dorfe gewonnenem schönen, weifsen Marmor, die die
.labreHznhlen 72<l «1er 733 u. s. w. aufwuisen. Da»
auf «lein Friedhufe erbaute ImAmzadft Uädr*«Ml>diu *ali
hat eine in »chöneii kufiseben ('harukteren ausgefOhrtu
Rauinsirhrift, die als Kamen de» Erbauer» Hüjji Ji«ntu«|
Kbiitai und das Jnhr 750 (= 1343 50) glebt. Aber
auch au8 viel älterer Zeit sind hier Spuren und Reste
v«m Ranwerken erhalten. Fuiie recht gute RcKchreibuug
«l«>r in «1er Mitte de« heutigen Dorfes hoch em|K>rrngen*
den Schiofsruine findet man bei Ritter (Erdkmule, O.Teil,
Ruch 3, S, 341).
Abbildung 7 zeigt die dasulbat auf S. 342 erwähnte
„künsiiirb geebnete Felswand“, wie wir sulche schon bei
Bisetun und in «len R«*rg«'n v«jq IsKakawänd gtdundeii
haben, und .M>bildung 8 das Wa8sorbm;ken. Vun den
noch von Rawlinson gesebenu« sonstigen Trümmern ist
jetzt auch ni«^ht ein Stein mehr zu entdecken^ sie werden
von den Kanlen versc!ilep|>t und zum iltuisbau verwantlt
worden »ein. Eine gute halbe Stunde »udöstlieh vom
Dorf« frh«'bt ein etwa 25m hoher Lehmhügcl mit
steil abfuUeudeti Hängtm. Der untere l'infang lieirägt
etwa 150 Schritt. Die Kurd««n iieiineii den Hügel i^alü
i Dizbar (.\bb. 9). Hier lial man nach .\ussnge dur An*
wuhner Mcuscheuakelettrestu von riesigem (?) Umfange,
die in thöiiernen Urnen geborgen waren, uml bei ibneu
Scbmuckgegenstäude gefumlcii. So sehr ich mich auch
bemühte, einige dieser Gegenstände zu Gesiebt zu be-
kommen. war es unmöglich, anfser 'nion.sclierben etwa»
zu erhalten; mindestens «lie (iröfscnHiigBhen über die
Knochenfunde sind wohl auf die in Persien ja so üppig
blühende „Ausschmückung“ zurückzufübren.
Die von Ker Porter bei Twq i Rustun (Ritter a. ».
0. S. 378) gesehene Statue scheint gleich den von de .Mor-
gan beschrielienen Säulonkapitälen ebenfalls neuerdings
erst wieder dem feuchten Rette entria-wn zu sein; hoi
de Morgan habu ich keine Erwähnung dit'«es Torso ge-
funden. .Man hat sie jetzt in geaciimuckluier Weise
am Ufer de» Teiche» lu*i der sugenannteu Shiringroite
zwischen den Kapitälen aufgestellt. Die beigegel*ene
.\bbildung 10 ist eine mit dem Teleobjektiv von «ler
Grotte au» aufg«*nominene Rliotographie. IHe ungefähren
üröfsenverbältnisHe ergelwn sich leicht au» der Ph«ito-
graphio «elher (Abb. 11).
Vun nuuner Keuaufnahme des Qalii i Ynzdäjird im
Westen Kinnänshahs, von dem nur eine recht ungenaue
Ib'schreibuug Rawlinsuija (Ritter, a. a. U., S. 467 fl.)
vorliegt, sowie von dem, wa« ich sonst mxtii an unl>e-
kamiteren Altertümern in diesen von de Morgan recht
genau nntersuchten Gegtmdeti gefunden habe. huBc ich
ein antleres Mal bericht«ii zu könmm.
Keligiune Anschauungen der Bakuko (Kamerun).
Von Eberhard v. Sclihopp. Itcrlin.
Monotheisten im eigentlichen Sinne »ind die heid-
ninchen Rakoko. Das mag paradi>x klingen; duch sehen
wir uns ihre Religiun einmal genauer an:
„Olülume“ bedeutet bei den Rakuko Geist, höhere
Macht, mit einem Worte du», was mau unter Gott ver-
»tcht. Einen Fetischdienst haben sie nicht, der im
Museum für Völkerkunde in Ih^rlin befindlich«' k'etisch
ist kein Rakokofetineb, wi«* irrtümlich angenommen.
Die Religionslehre der Rakoko ist kurz folgcmle:
Die Welt hat keinen Anfang; sie besteht seit ewiger
Zeit, und auf ihr lebte (Hulume, ein schwarzer Manu.
Es gab keine Menschen und keine Tiere zu »einer Zeit,
und einsam wandelte er auf Erden. Vieles schon hatte er
versucht, um sich die Zeit zu vertreiben, bi« er auf den
Einfall kam, die Menschen zu machen. Und er fiirmte
sie nach «einem Rüde au» Erde, und weil die Erd«
trocken war, und er kein Was*<or hatte, nahm er von
Heincm Rlutc. Nach «len Menscb«*n n)a<‘hte er Tiere,
damit seine Geschöpfe zu ossen hätten. t)lolnme belehrte
die Menschen, ging dann fort, und niemand wutste, wo
er geblieben. Kr sieht jedoch alle», was die Menschen
1 tbun; er weit«, oh sie gut »der böse sind; aber obwohl
I Ololume alles kann, greift er nicht in die Augelegeii-
heiten der Menstdiou ein. Er gab ihnen einen eigenen
Willen, und er gab ihnen Verstand. Niemand sollte in
seinen KntscblüsseD gehindert s«*in; wer Gutes tbat un«l
recht lebte, dem gefiel es auf Erden; wer ulutr schlecht
r
Digitizeo L.y Google
It, Aiidreet l»ie Sinoe der Torreierafie-Infliilaner.
:)32
war iiod b«!hie, der wurde tou seiueu BrüderD bealraft.
I>ie härteste Strafe war die Todesstrafe; doch damit
nicht ^renuff. wurde der Tote infnlj^e seiner Schlechtigkeit
in ein Tier rerwandelt, und die ülierlebenden machten
Jagd auf das Wild, erlegten und verzehrten e» dann.
Doch hat ein Bakoku in aeinom Leben viele Feinde ge*
babt, und diese Feinde bal>eu ihm viel ß^^ses gethan, so
verwandelt sich ei» solcher Bakoko nach seinem Tode in
einen Nkuke, Geist, und rächt sich an seinen ehemnligen
Fein<len, indem er sie jirügelt und quält und ihnen aller-
hand Streiche spieit. Krst wenn der Leichnam ans-
gegraben und verbrannt worden ist, verschwindet der
Nkuke.
Trotzdem die Bakoko ein lieben nach dem Tode ver-
neinen, sieht man, dals sie einen Modus susgleicheuder
Oerechtigketi nach dem Tode gefunden halten, womit
aio allzu grofsen Ausschreitungen und Willkürlichkclten
hei allem /ugesiäiidnis des eigenen freien Willens ein
Paroli bieten. Auch zur Entaobädigung unschuldig
licidender bietet sich nach dem Tode noch Gulegenhcit
In einer Hinsicht ist die Heligionitauschaiiuug der
Bakoko infolge der uneingeschränkten Stdbstbestimmuug
und der a priori auagcscblossenen Einmischung einer
höheren Macht tief durchdrungen von der menschlichen
Wünic des Individuums; andererseits kann nicht ge-
leugnet werden, duts die pm^önliche Freiheit und Snlbst-
bestimnuiTig des einzelnen durch den Willen der Ge-
samtheit eiiigcdämmt wird. IHes geschieht inimor daun,
wenn das Gemeinwohl es erfordert.
Dem Ololunio steht kein Hecht, zu strafen o<ler zu be-
lohnen. zu; der Baknkogott ist zwar gut und gerecht,
niiinut aber nicht das IL‘cbt für sich in Anspruch, in
menschliche Angelegenheiten einzugrvifen. UikI weil die
Guten durch ihre l,ebensfilhruiig belohnt werden und
die Bösen sich durch ihre Handlungen indirekt selbst
bestrafen, so kommen die Bakoko ohne einen racliunden
(»ott aus und kennen keinen Teufel und kein strafendes |
Prinzip,
Wenn die Nacht ihre dunklen SchJeior über die Krde
gebreitet hat, dann kommen zu bestimmten Zeiten und
an beütinimUm Orten die männlichen Bakoko zusammen
und feiern durch Tanz und Gesang nBisima** ilm>m
Gotte zu F^trtMi. ('rauen siml von diesen religiösen
Feierlichkeiten streng ausgoschlossen und würden im
Falle einer Übertretung des Verbotes einer grausamen
TcHlesstrafo verfallen.
Die jungen Männer färljen sich den ganzen Körper
mit Kohlen von Palmholz schwarz, um Arme und Beine
werden an Faden aufgereibte Nufsschalon gewunden,
um die Hüfb’U AfFoiifelle geschlungen und in das Haar
über den Obren zwei nile Schwanzfedern des ürau-
pa[»ageis gesteckt. In dieser Festkleidiing beginnt der
Tanz. langsam, rhytmiseb werden Arme und Beine
bewegt; der Medizinmann paukt auf einer Trommel und
singt dazu eine selbstverfafste Weise, deren Refrain die
alten, im Kreis ringsum sitzenden Männer wi«*<l«rholen
und auch mit HämlekinUichen begleiten. Nach und
nach wird das Tempo lebhafter, und der tUM»rkörper der
Tanzenden tritt durch heftiges Zucken der Schultern
elMmfalls in tanzende Ik^wegung. Wilder und wilder
werden die Sprünge, lauter und lauter der Gesang, bi«
plötzlich vor einer gänzlichen Erschöpfung auf eux von
dem trommelnden Medizinmann gegebenes Zeichen Tanz
und Ge'»ang kurz ahbrcchen.
.^1an erquickt sich an Palmwein, und bald beginnt {
mau von neuem. So dauert es die ganze Nacht bi» <
gegen Morgen. j
BiHima bedeutet gleichzeitig auch Gerichtstag. Kläger
und Angeklagter treten in den Zwit<cbenpaiiseu vor und
die .\lten geben ihr Urteil über das Vernommene uh.
Todesstrafen sind nur bei Stimmeueinlieit vollstreckbnr.
ftpfer irgend welcher Art werden Ololume nicht go-
bracht. Der Gott bedarf <lerseiben nicht, und wenn r<r
will, kann er sich SpeUe und Trank selbst verschaffen.
I>as Bisima zum .\ndenken an den Schöpfer dur
Bakoko wird nicht regelmäGig gefeiert, sondern nur,
wenn der Stamm irgend einen Wunsch liat, wenn ca
z. B. regiieu soll oder das Gegenteil, wenn die Feld-
frückte geraten sollen und aus ähnlichen Anlassen.
DhIhm muls nochmals l)«tont werden, dafs dle^^e Bitten
immer ganz allgemeiner Art sind, sich auf Suchen dea
Gemeinwohls beschränken und nie sich auf perwiiiliche
Angelegenheiten eine» oder mehrerer incliviüueii au» der
grofnen Manse erstrocken. Das wäre mit üiren Anschau-
ungen nicht vereinliar.
.\,u» oben (iesagtem gebt hervor, daf» die .Macht der
Medizinmänner eine sehr Wschränkte ist, und dafs trotz
allen .\l>et'glaubensder uinzelno Bakoko nicht vom Me^iizin-
mann abhängig ist und von diesem betrogen werden
kann; denn die Religion ist Gemeingut aller .Männer,
und die reiigiönen Zeremonien finden immer öffentlich
statt.
.Vn einen Wultunit'rgang glauben die Leute nicht;
wohl aber an eine Vurnichtuiig ihres Stamme» durch
andere Völker, die aus dem liincrn kommen sollen und
sie in ein grofses Wasser treiben worden.
Es ist nicht zu verwundern, dafs bei derartigen .\n-
schauungen ein Naturvolk sich dem (Christentum gegen-
über lau und indifferent verhält. Die einfache Lebi'e
soll aufgegeben werden , und die Leute »ollen an neue Dinge
glauben, die der Bakoko in »einen kindlich naiven Vor-
stellungen nicht zu begreifen vurmag.
Die Sinne der Torresstrarse-lusnlaiier.
l»ie anlhrü}K>U»giirche Kx(vedUi«iu nach der Torrewtiufiw>
unter TrofcHsor Ua<ldon» (.eitung hat zum emtcu Male in
»y.*teraRli.»cher Weise eine Reibe authrupoli^iwher und phy-
«iologiaelier Fragen unter den Klngebitrenen studiert, die
«m«t nur uebonix i von den Forschern tteachicV aord**o.
Iladdou, welcher ticbon lH8ä bis lasö die luseln der Htrafse
\orberrsr>iend zu /CKtk^ischen Zwecken bereist halte, busuebU
sie ist>9 zum zweiten Mal« mit einem Htab« gut vorbereiteter
Oelehrler, welche sämtlich ein Sonilergvbiet beberrxchten.
IH« Berichte über die KrgxbiiUso **rw.‘heioeQ in sechs ItHnden.
von denen bisher der zweit«, di« Physiologie und Fhsych<üogie
hehandeind. iierauagekotumeu ist '). Von diesem Baude liegt
jetzt die zweite Hälft« vor, die sieh mit den Hiunesäurseruugen
der Insulaner l)cf»fsi*X
Pie Untersuchum; des Gehörs führte Dr. Ch. 8. Myers
aus, Welcher (»«merkt, dafs di« rmgebiiug der untersuchten
MurrayinHuIaner nicht danach l>eschaffeii ist, um die Uur-
fähigkeit in einem hohen (irada zu entwickeln. Ihr Acker-
bou und die PerimutterÜ-scherei arfonleru keine besondere
Anstrengung im Hören. Die RrzählungL*» von Reisenden
unter anderen Naturvölkern ülwr deren aufsen»rdeutljc-h
scharfes Gehör müssen erst einer sorgfältigen Nachprüfung
unterworfen werde«, eh© sie vrisscnschaftlich« Verwertung
änden können. Man versetze einen solchen Wilden in die
länneiideri HtrHlMen einer «ur»päischen (»n-ftsUdt, und er
wii-d sicher die verachiedenen dort «rti>nend«n Geräusche
nicht so scharf unterscheiden wie ein daran gewöhnter
Eumpner. So unterscheidet der letzter« auch in der Fremd«
nicht die Töne und Geräusche, die dem Kingetxjrenen dort
sofort auffallen. Auch gielit e« genug Beobachter, welche
M Vergl. Schtnidt, Die t'ambndge'FxpediÜon usch der Torr*»-
strsfs«. Globus Bd. 81, S. 87, wo über dl« Aulag« de» ganic«R
Werke# und die «r»te H&IÜe de* zweiten Bandr» (Iniroduttioa «od
Vision) ausführUch berichtet wurde.
*) Keports of tb« (.«mbridge Aittbropoiogical Kspeditten to
Torres Straiu. Vol. 11. I'kysiolugv a»d Psvihology. Part U.
llrKring, Smrll, Twts, Cutaneou» s«nMtii<n>, Mutcular Sen*«, Varia-
lions uf Blf»»||ireMure, Keaction • Hines. Csmlirklg«, CnirersltT
l’re»«. 1908. I’rcis 7 Schilling.
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Dr. Lnilwif; WiUer: I>bs Vcrbr^itiiug!
\i>u vemchiedfloen Naturvölkern (K»ßi‘« in Indien, Hotion*
ttrtten. l>Amanu, Cenlralafrikauer, Owoten) behauptoD, sic
honen keinwwfg* »ehkrfer al« Kunipäer.
Kfi int DQn von Wicbtigknt. die KrgebuiM«' Dr. Myere
kennen zu lernen, die uiit sehr feinen la.itrumenten (rolitzera
Hörmenrr, Thren u. a. w.) an den Insulanern vorgeoommen
wurden. Zwölf Knaben der Murraymaeln konnten annähernd
90 gut hören wie Ur. Myera aeibet, während sieben andere
entschieden «’eniger scharf hörten. Di« Hrwachsenen blieben
auch hinter ihm znriick. Von den seehft unt«i^uchten Mädchen
hörten drei »o gut wie der untersuchende KuropÄer (Pr. Kiver*),
drei nbertrafeu ihn. Zehn Krwacheene der Mabuiaginto) hörten
«chlt^hter als Pr. Seligmatin, zwei schlechter als i>r. Iliverz.
Phs Krgebiiit der Untersuchung ist: Pie atlgemeine Hör'
schärfe der TorrentrafHO'ItMUiancr ist geringer als die der
Kun>päer. Auch die Grenzen der ToDWahrnebinuDg hat
Pr. Myers untersucht, wolwi ihm vergleichsweise die Ver-
suche mit Kindern aus Aberdccnzhire io Schottland zu
Gebote standen. Pie KumpSer vermochten die Töne der
Stimmgabel viel feiner zn unterscheiden als die Insulaner.
Von Interesse siud auch die rntersuchungeu desselben
Gelehrten über die Geruchsschärfe und die Unter-
scheidung verschiedener Gerüche durch die Torres*
stntrse-lnsulaner Man hört hier wieder in Bezug auf die
Naturvölker Aun>prik‘be wie jenen l^uliLschkes über die
Siima), dafs diese wie di« besten BpUrhunde das Wild rtochen
und dergleichen. Pie K.xperimeute, welche Pr. Myers mit
Murrayinsulanem vumahm (die Anwendung von Zwaanie-
iiiakers Olfactometer stiefs bei den Insulanern auf Hinder*
nisse) bestätigen indessen keineswegs solche (ierucbsschärfe.
Pie Methoden zur IJnterHUchung, die der Verfasser seUwt
nicht ohne Schwierigkeiten an Ort und Stelle ersann, führten
auch zu keinen sicberen Besultabni, doch scheint ein etwas
feinerer Geruchssinn als bei den Kuro)iä«ni vorzuliegeii.
Auf die Krage des .Völkergeruchs“ kommt Pr. Myers dabei
nebenhin zu sprechen Und da ist es von Belang, zu hören,
wie ein junger Murrayinavlhäupüing erklärte: die WeifBeu
bab«’ii einen bestimmten Geruch, die Inzulauer einen an-
deren. und die australischen (Festlands-)Weiber riechen
wieder Iwsonders. Als Pr. Myers in Sarawak auf Borne«*
war. konnte er beobachten, wie die malaiischen Ihener
die aus einer chinesi<ichen Wäscherei zurückerhaltene reine
Wäsche «1er verschiedenen Europäer nach den» Gerüche sor-
tierten. ln der I'nterscheidung von Gerüchen und in der
Erinnerung an solche erw iesen sich die Insulaner als gut
licanlagt, wenn auch ihre Kpra«^be arm an W«Srteru für die
Bezeichnung der Gerfiche war, während bei andenni Natur-
völkern dieser Wortschatz reich ist. Pie Miiuris N<‘UK«olaiids
z. B. hal*en für aübelriocheii'' allein acht verzchiedene syno-
nyme W«'>rter. Um die Geruchsuntcrschcidung za prüft*u. ver-
wendete Pr. Myers verschiedene starke, mit Wasser verdimnte
Zentrum der nordeuro])äisohen Rasse. 333
Riechstoffe, die er einer Anzahl Tasulaut<r getrennt and in
versrhiedcuer Roihcufulgo vorlegte. Pie Antwortan lauteten
z. B-:
Kampfer riochl wie: l'rhi; eine chinesische Kiste (die
aus Kampferbolz gemacht ist); Wasser, in welchem Holt
faulte.
Baldriansäure riecht wie; eine tote Kcblange; eine lang
Hufbewnlirte Bauaiio; Ager (eine Aroidee mit scharfem
biifte).
Asa fötida riecht wie: verdorbene Kokosmilch; ein
Geschwür; tote Hohlangs; Fracht, die den Weifsen gehört
(Zwiebel).
Verglichen wurde von den lasulauern ferner Terpentin-
lintment mit Ameisen. Ammoniak mit Urin. Zibci mit Fä-
kalien. Hc»chus mit Banauen<>aft. Bandelbolz verglich ein
Insulaner mit „Karikpas“, das ist das Gras Andropogon Nai*-
dus L., wek-htä Citronellaöl enthält , verwamlt dem Bandcl-
hoizgeruch. Angenehme wie unangeriehuje Kin|iÜm}ungen,
die durch die Gerüche verursacht werden, glichen sich im
allgeineiDcn bei Insulanern und Europäern.
Per Geschmack wurde l*ei sielten Insulanern durch Dar-
reichung von I«(hiuugen von Zucker. 8nlz, Flssigsäure und
Chinin untersucht. Nach der Güte des Geschmacks sieüten
alle — die aligesimileii geprüft w-urdeu — «len Zucker au
dio Spitze, das Chinin an das Ende der Reibe. Hufs itannten
alle debe lag-lag (gutschmeckend); salzig erklärten sie «gleich
Balz* oder «wie 3deerwazfier*. Bauer nannten sie als /irab-
Zirab. was eine saure Frucht bedeutet. Bitter (Chinin) wurde
mit verschiedenen Pilaiuen vergUcheo. Ein bestimmte* Wort
für «bitter* lag nicht vor, wie bei vielen Naturvölkern,
welche es mit «salzig* verwechseln.
Pas Gefühl, der TastBinu, wurde von Pr. Mc Pougall
untersucht Pie I>ei den Insulanern geprüften Hautflächen
crgalieii. dafs ihre Gefühlsunierscheidung doppelt so grofs
als die eines Knglämlers ist Diese Feinheit das Gefilbls
wird als «in Rasseumcrknial vom Verfasser betrachtet. In
giciebur Richtung uniorsucht« nackt gehende Heoitayaks
zeigten auch weit geringere Gefühlsfeiuhcit als die Murray-
insulaner, woraus geschluesen werden darf, dafs der Unter-
schied zwischen Engländern und inBulanern in dieser Be-
ziehung nicht auf das Tragen von Kleidern bei ersteren
zurückgefübrt werden darf. SVas Kchmerzeinpünduiig l*etrifft,
die ja nach der landläufigen Meinung bei Naturvölkern ge-
ringer als bei Kulturvölkern sein eoll, ho Iwnuizte Mc Pougai!
zu deren Bestimmung ('attells Algometer. Per Druck wunle
auf Fingernägel und die Stirn ausgoüM ; es zeigte sich
dubd, daCs ihre KmprängHchkeit für Schmerz mir halb so
grofs als die der Engländer war- ln Sarawak in dieser Be-
ziehung geprüft« Payaks staadeu zwischen beid««n Völkern
milUm iune. K. Andre«.
Das Verbreitungszentrum der nordeuropäischen Rasse
l' (Homo europaeus Linne).
Von Dr. Ludwig Wilaer.
Vor mehreren Jahren schon, nnliirsHch eines IJericht*
ülw»r „Die fteachichp! der nehwedischen Pflanzenwelt**
(•Svoiiska växivilrlifeus histuria, itf Gunnar Anderason,
Stockholm lH9ti),' hut Herr Krust Kruusu in dienen
KlätUtrn (Ikl. 71, Heft 9) die Ansicht nusgeeprochen, diu
durch genanntes Huch erweckten (iedaiikeu liet*«en o^i
^nicht gerade als eine Stütze für die Theorie von der
skandinitvischeii Herkunft der indogermanischen Völker
und der europäischen Kultur erscheinen“. Auch ich habe
dioneK durch klare und sachkundige DarsteUnng sich
au9zeichuendi-, ohne jede V'oreingenommenhett mit der
vorsichtigen Zurückhuitnug des wahren XaturfurKchers
geschriebene Werk besprochen (Ceutralblntt f. Anthr<*p.
Hd. II, Heft 3, 1897), darin aber nicht das mindeste ge-
funden, was mit der vor 22 Jahren Buer.nt von mir ver-
kündeten Lehre unvereinbar wäre. Dio Kntwickelungs-
gescbichte des l^Hiizenwuchses in Schweden rechtfertigt
in keiner Hinsicht das alte Vorurtidl vom osGiclieu
Ursprung unseres Volkstnuis und unserer Gesittung, zo
dafs ich meinen llericht mit den Worten eines französi-
schen .Vifcertuinsforsehers »chlietsen konnte: „I«e niirage
oriental doit renoncer desoiTnuis a emprunter des ar-
gumeiits }i la hotanique.“ Das (ileiche gilt von der
Tierwelt und nicht minder auch vom Menschen, den
Herr Krause in einem neuen Aufsatz ,,Kuiiu Skan-
diuavici] das Stauimiand der IHonden und der
Indogeruianen sein?“ (Ild.83, Heft 7) in dunVorder-
grund stellt.
Kr geht aus von der „krummbeinigen“ Neanderthal-
rasse, der ich den Namen Homo primigetiius gegeben und
die währtmd der ältestHUi Steinzeit in Westeuropa gelebt
hat. So rh'utlich diese Rassii an Haupt und Gliedern die
Merkmale uincr niodureu Kutwickelungsstufe erkennen
läfsi, die Ikzeicbming „krummbeinig“ verdient sie doch
nicht, da nach den GelenkflSchen ihrer |ilunipen Schenkel-
iiud Schienbeine eine vollständige Streckung, ein ganz
aufrechter Gang möglich war. Hei dem sehr engen
Schädel, der nur einem unentwickelten Gehirn Raum bot.
läfst sich auch von einer „Kultur“ des IJrtmropäerH nicht
roden. Diu allereinrachBteu und rohestuu Werkzeuge
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H34
I>r. Ludwig Wilser: Lau VerhreituuR»itüutrum (lt*r uordeuropü i!‘cben Kafeae.
aiiR St«in und Itein Uxav» daU er kauiu die
wnterHte Stufe menschlicher Oenittung betreten hatte,
dafrt wohl auch seiuu Sprache auf die ersten Anfänge
hnschrnnkt war. IHefte uralte. wahrHcbeinüch ältest*-
hekaiuite Monachenra^se bat noch mit wärmeliebenden
Tieren, wie Klefanten, Kashömern, Flutspfcrden, I^öwen,
Hyänen, tubammen gelebt und ist mit ihnen ..aus Mittel-
europa Terschwunden'^, aber nicht „bald nach dem Ende*',
sondern kurr. nach dem Ik'giuu der Eiszeit, vertilgt, auf-
gcHogen, verdrängt von einer viel höher stehenden, von
mir Homo priscus genannten Rasse (race de Cro-Magnon),
von der Krause nichts erwähnt. Auch derjenige Zweig
der ureuropaischen Rasse, der, vor der Kälte zurück-
weichend, über damals bestehende luindbrückou nach
Afrika aasgewandert ist, hat den Hoden unseres ^Velt-
teils nicht ohne darin zurückgchliebeue Spuren Terlassen.
In einer Höhle bei Montoue, mehrere Meter unter der
IhKlennächu, sind im vorigen Frühjahr (I/Antbropologie,
XIH. h) zwei Skelette gefunden worden, die entwickelungs-
geaciiichtlich dem Homo primigenius sehr nahe stehen,
zugleich aber auch die unverkennbaren Merkmale tief-
stehender XegerrasBon, insonderheit der .Australier, an
sich tragen, weshalb ich (Naturw. AS'ochenschr. N. F. II,
15) für diese bisher noch nicht bekannte Ha-<Kti den
Namen Homo primigenius var. nigra vorgeschlageu habe.
Fossile Arten sind älter als lel>cnde, das ist ein leicht
vursiaudliebes Naturgesetz, und werden gewisse Arten
in einem Weltteil nur fossil, in einem anderen <lagogi*n
noch lebend angetroffen, wie z. H. das lleliadotherium
in Europa, das Okapi in Afrika, so mufs der Fundort
der Tursteinerten Üh«rhlci!»ael ihru frühere Heimat bc-
7/pichuen, diu Ausbreitung in der Uicbtuiig ihres heutigen
WohugebieU erfolgt sein. Iter Schlufs, deu manche
Forscher aus der angoführteu Thatsacho ziehen wollen,
der .Mensch sei aus dem Süden, wo heute die niedersten
NegerrOlker lebe«, in iin.^ere Breiten gekommen, ist daher
kein folgerichtiger. Woher stammt aber die Hasse der
Uenntierjäger (Homo priscus), die sich durch ihre be-
deutend vorl)OSscrieu Werkzeuge und die vielversprechen-
den Anfänge bildnerischer Kunst, wie durch ihren ge-
räumigen, wohlgestalteten Schädel als viel höher stehend
und ungemein bildungsfähig zu erkennen giebt? Ihr
hoher, kraftvoller Wuchs, ihre hinter der unserigen kaum
zurQckstebende Schädel- und (rusichisbildting würde <ien
tiedanken nicht uusHchltelson, sie haho sich im Lauf von
.Inhrtausendoii und am Kumpf gegen die Nnturgewalten
aus der uruuro{>äiHchen oniwicktdt; aber es ist in
unserem Boden noch keine Spur eines Fbergaugs ge-
ftiiidcu worden. Es bleibt daher nur die Anmihme
übrig, dafs sie mit einer an die Kälte angoparslen Tier-
welt, mit dem Mammut und wollhoarigen Nasboni, dem
Anertrehsen und Höhlcnhäreai aus unbewohnbar gewor-
denen, jetzt von ewigem Kia oder Meeresfliiten bedeckten
Gcdnetttn, der sugeuauutun Arklugäa, bis in die Mitte
unseres Weltteils vorgodrungen ist. Hiose hfichltegaht«
Rasse darf schon als Tiügeriu einer .Kultur** aufgefafnt
werden, und zwar der ältesten auf Erden, denn damals
können um NU und iin Zweistromlaud nur negeräbn-
liehe, auf der Entwickelungsütafe des Homo primigenius
-‘tehende .Menschen gelebt haben. „Durch einige ihrer
.Merkmale die höchste und edelste Stufe nien-*chlicher
Bildung erreichend“, so hat schon vor 35 Jahren Hroca
geurteilt, mul .mit erfinderischem Verstand leibliche
Kruft und «lie (iewohnheiten des Kriegers und .Jägers“
vereioigeiid, konnte sie unmöglich „ohne iU>ergutig'' ver-
schwinden, konnte die von ihr entzündete „Facktd der
Kunst“ nicht mehr erlöschen, um so weniger, als weitent
NaeliMjhrtbe einer höher stehenden Rasse ausgeschlossou
waren. In der llmt hat sic die Ki«>zeit überdauert und
die Keime ineiischlichor Gesittung zu immer Nchmioror
Blüte entfaltet; ihr Blut lebt fort in deu Kulturvölkern
der Neuzeit.
Nach dem .Abschiuulzen dua Inlandeises blieb aticli
.Skandinavien, das damals noch durch eine feste Land-
hrücke mit Jütland zusauiuienhiog (die tlstsec enthielt
süfses Wasser und bildete den sogenannten „.Ancylua-
soe“), keine Wüste; auf den von den zurückweichetuieii
Gletsfcbern liinterlaHsenen Sümpfen und Moränen »iwlelttn»
sich Flechten und Moose, spät4>r auch, ein hudenstandigee
Gestrüpp bildend, Zwergbirken, Borgwoiden, Wacholder,
Beerensträucher an, deren Üherbleibsel m den unterstem
Schichten der dänischen und südschwediwhen Torfmoore
zu finden sind. Diesu Flora entspricht den Isibcua-
hetlinguugen des Reuntiers, dem es in Westeurojia zu
wann geworden war und das sich, dem weichenden Ktse
folgend, langsam nach Norden zurOckzog. Die in den
skandinavischen .Mooren gefundenen Renntierknwhen ge-
hören aber uacb der .Ansicht der i’aiaoutoiogiin der foa-
sUeii, nicht der heute in Iiappland lebenden Rasse am.
Wir inässen also nnnuhmen, dsfs das Itenniier nach d<rr
Eiszeit in Europa ausgesiorhcn und erst später wieder
von Osten her nach Nurdskaudinavion cingewandert int.
Wie haute für den Bcrglappen, so war auch gegen da»
Eiulü der Eiszeit für den üreui-opäcr das Renntier fast
die einzige Nahrungsquelle und lieferte ihm aiifserdeiu
Kleidung, Waffen und Werkzeuge. Kr mufste daher,
wie de Quatrefages sich ausdrückt, „se tenir toiijours
ä la portee du renne“ und der Nordwandenmg dieses
Tieres sich anschliefsen; UDZweifulkufte Erzeugnisse der
Menschenhand, Äxte aus Uennticrhoni, die in den unter-
sten Schichten der dänischen Moore gefunden worden
sind, Zeigen denn auch, dafs Mensch und Renntier zugleich
auf der kimbrischen Haibingel angelaiigt sind.
Ül)«r den Zwergbirken und Weiden liegen in den
Mooren I^gföbren, daun hochstämmige Kiefern. Auch
diese Schicht euthält unzweideutige Spurendes Menschen:
aus einem Stemm hat Stoenatru p mit eigener Hand
ein Steinbeil gezogen, andere sind anscheinend mit Hülfe
des Feuers gefällt Auerochsenkiiorhen mit eingcheilteu
Feuerateinspiizen geben Kunde von dem Jägcricbeii der
damaligen Bewohner. Wie diu in Muschelhaufcn (Kjök-
kenmöildinger) der OsUooküsto gufundenen Auerhabn-
knochen beweiseu, hal)cu sich diese Küchenabfälle noch
in der Kiefernzeit auzubäufen begonnen; damals luuts
auch der Durchbruch des Weltmeers in die Ostsee schon
vollendet geweaen hein, denn die Auster, deren Schalen
den Haupt hesten<lteil jener Abfallhaufen bilden, gedeiht
nur im Saizwasser. Dafs Mecklenburg erst in der Bronze-
zeit, wie Krause meint, den Zusammenhang mit Skan-
dinavien verloren hal>un und „ein deoteches Land“ ge-
worden sein soll, ist ein zwiefaclier .Anachronismus : schon
währeinl der nllererBten Anfänge der ntirdischen Stein-
zeit ergofs sich durch Sund und Belt die warme SaltSut
des Golfstromes. und von „Deutschland“ kann man df>ch
erst nach der Teilung des von Karl dem Grofwi ge-
gründeten Reiches sprechen. Während der Zeit der
Kjökkenmöddinger hat, wie aus den Küstenfundcii her-
Torgoht, iler Mensch auch iiu südlichen Scbwmien und
Norwegen Fufs gefatst, aber nicht als „Trägi«r einer
neolithischen Kultur“, »omlern noch auf der von Baron
von Knrck „mesolithisch“ gcnaimteu (tbergangsstufe
der älteren zur neueren Steinzeit stehend. Sein Alter
auf der skandinavischen Halbinsel wird von Andersson
auf 7000, von Kkhnlm und BrÖgger, wohl der Wahr-
heit näher kommeml , auf 0000 Jahre geschätzt. In
einem .\ufsntz üWr das Hogeminnte „t'nmpinten“ ((tlohua
Bll. H3, ib'ft 9) sagt Hoernes unter anderem: „Es Bt
bisher U(K:h keinem vernünftigen .Menschen ctagefaUeQ,
T>r. Liidwiir Wilaur: I>&5 Vnrliraitnnijsxutitrum der nordRnrnpÄiaohen Kasno.
ilie Kylkkemm'iddingeratufp. d. h. eben da» ('am})ini*‘n
DAuetuarks, *«r Stammform wler iiotweiidi^an VorauK-
üetzung <ler Knlturatufo der riordiKchon Stoinkamnior*
^räber xu Mt€iu{icln. NieniaiHl iat auf den abatinleu ;
Gedanken Terfallen, diono liuiie Kultur au.« jener, im '
Land« selbst, mtAbbiingig von aul)»«rt*n Kinnfl^Hen und '
einum anderen l{ev6lkeruug>eli‘U)etitu aieb entwickeln j
zu luMten.'* ItnH iat ein Irrtum; gerade zwei von lloor*
uea' LaiidMleuteii, Penka und Much. Iiaben di«»en ^ab* ;
aurdi'U (teflanken** mit aller KntKrhiedeiiheit auf Grund 1
der nordteeben Steiiizeitfunde vertreten, und auch ich j
mufü, auf di« Gefahr hin, von Uoernea nicht zu den |
«vernänftigeii Meiiitchen'^ gerechnet SU werden, iK'keiinen, |
daf» ich ateta die Kinwaiiderung neuer Vfilker und die
Kiufdhrung einer fremden Kultur In Skandinavien für |
iiiivereiiibAr mit den Thataachen erkliirt habe, Ifneriipa J
giebt ja selbst zu, dafa die jüngeren Schichten der Mnachel- j
häufen „in die Zeit der SteinkammergrälHT, der Haiia* I
tiere «utl polierten Werkzeuge hinubergreifen“ ; wenn
er trotzdem den aWeatenropiliachen l'raprung der ueo*
lithiachei) Kultur“ leugnet, ko i^t die» eben daa „Trug-
bild des Oatena“ in Stein. Kür dieacH feind al>er au« der
ArebSolügio nicht mehr Beweiagründe beizubringen al« !
ana der Butamk oder irgend einer anderen Wisaensrhaft. j
Der breite Auabreitungsgürtul, an de««en äufaemn Rande ]
die Steingeräte immer fe|>drHcher und «Ifirfiiger wenlen,
während nur in <ler .>Iitte die Steinkultur sieh nach
M iicha Ausdruck zu ihrer „klaasiaclu'u Selionbeit und
l-'üllti“ entfaltet, lahsen keinen Zweifel über das feknn-
rlinavifecbo Verbroitungazuutrmii derselben; ein ainierv«
nufzufindeu. ist bis jetzt nicht gelungen und winl niemals
gelingen.
Alle« deutet also darauf hin» daf« der Mtsnaeh von
Westen her, über die däniaehen Inseln, uiii der damals
in Kuropa lebenden Fauna und Flora nach Skandina-
vien gekommen Ui, und zwar vermutlich noch in der
Kiefurnzeit, vor mindeatena KtUOO Jahren, ehe steh unter
dem Kinflulfe des warmen (»olfstntros di« Kichenwälder
im Norden aiiszubreiten begonnen halten. „IHe l'r-
skandinavier“, meint K ra ii h«, „luäaaen schon als Kuropäer
im anthropologischen Sinne fHoutu europae.ufe) in ihre
Wohnaitxe eingezugen «ein.“ ln der Renntierzeit hat i
aber in We«teuro]>a nicht Homo euro|Hieua, fumilern |
dessen Stanimrasfee, Homo priscus, gelebt, und die Allo-
«ten im Norden gefundenen Überbleibsel de» Menschen
stimmen um meisten mit dieaer alten lUase Aberein. bei
der sich wahrscheinlich schon die Karltcnbloichnng vor-
bereiUd hatte. Die uigcutliche Aiifebiiduug, KeiozAcbtuug
und erbliche ilufcKtigung dieaea die nordisclie Rafes«
kennzeichnenden .Merkmal« ist alter sicher erst auf der
meerunischlungeneii, durch uatürlichH S-hraiiken vor
Kinwandeningen um! Blutinisclmiigen geachQtzten Halb*
iuH«! erfolgt. Der hohe Wuchs blieb der gleicbc, ebenso
diu längliche Gestalt und die (ieräuniigkeit des Sobädcl«',
nur die tieHicblsbildting verfeinerte sich etwas mit der
fortschreitenden (tesittung. Sr> wurtle aus Homo pris-
cus dio Ua«a« der europäischen Knlturvrdker, Homo
miropacu« Idnne. Wie aua den wertvollen, fOr di« Völ-
kerkunde hochwichtigen, von Betziua und Fürst her-
ausgegidienen Werken „(Vania suecica nnthpin“ und „Au-
thro)>ulugia suueica“ hervorgeht, hat «ich in Schweden die
Rasie Seit den Alti>ateo Zeiten meiiacblicher HeaitMlelung
kaum verAndert, ein« erheblich« Kinwandening nicmalH
fetattgefund«*u. im „nordwestlichen AfrikA“ kann sich,
:t3fi
wie Hchon AUseinanderg^'setxt, die Stammrasse der m>rd-
euro|*aiachen nicht gebiiflet haben: <l«r ganze Zug des
Ijubens hat umgekehrte Itichtung*
Auch hier mufs ich mich wieder dagegen verwahren,
dutn undiie Lelm* von der akandiimviachen .^batannming
der Arier (aler Indugurinanen vioe „Hy{»otb«se“ geimiint
wird. Schon von Anfang nn war ai« durch ein« Reihe
-Hchwerwiegeiider und nie widerlegter Gründe gestutzt,
die sich allerdings von Jahr zu Jahr noch ganz «rheblicli
verniehrt haben. Wenn ein« „Hypothese“ ein (iedaiike
ist, den uiati zwar noch nicht beweisen kann, der alier
doch eine gewisse Wahrschuinlichkeit für «ich hat, so
venlieiit der folgende Kraiisoscb« Satz nicht einmal
diesen Namen: „Vielleicht existierte irgendwann in n«c>-
lithisrher Zeit im euro|>Ai«cb'asiutifei'hen (irenzg<*biet«
ein solches Reich, in welchem <U« Herren reine oiler
wenig gemischt« SkiimlinAvier, die ( ntiTthanen mit skan-
dinavischem HluU: durchsetzte Ahkonunling« von dtinkel-
Imarigeu Kurzköpfeu waren, und di« Sprache dieses
Reiclicfe, zu der die Untertlmneu das meist« beitrugen,
war das lirimbfgermauifeche, welches sich dann rückwärts
auch in die Heimat der Herrcugescblechter verbreitete.“
Diene nebelhafte, mit naturwbseiischafUichen, gescbicht-
liclieii, sprachlichen und arcliäolngischnn Thatsachen nn-
veruinbiiru Vorstellung ist alle«, was Kran«« an Stelle
meiner bis ins einzelne diirchgefülirten und begrün<leten
I,ehre xu setzen hat. Wie man fechreilH5u kann; „In ge-
schichtlicher Zeit halH-n reine Germanen ihre Spruch«
den unterworfenen Völkern nie aufgezwungen“, ist mir
unverständlich. Kiigland, di« Niederlande, ganz Süd-
deutHchland waren doch vor der gennanischen Kroberting
Von keltisch redenden, teilweise sogar ronmnisierieti
Völkern bewohnt, und das von den gotischen und
schwäbischen StAinmen verlasHcito Land östlich der
F.lbc wmtle fe|iÄter in langem, heifKcm Kampfe und müh-
samer Kulturarbeit, wieder dentach gemacht. DuL
„.Mischling« d«s Homo «nropaeus das Zeug dazu haben,
anderen Völkern ihre Sprache aufzuzwingeii“, lehrt um*
freilich „die Geschichte <les I.«ateinischen, Kiigliachen und
Russischen“, aber diu treiltendc Kraft in diesen Völkern
war und ist das Blut der nordischen Rasse. Der Zn-
Kummenbmeh de« gewaltigen, festgefügten Rt^merreicha
zeigt besser als alles andere, dafs es einzig und allein
die Rasse der Bttvölkerung ist, diu den Staat stark und
mächtig roHclit.
Durch die grolse schwedische Volkstintersuchnng der
letzten Jahre ist das Verbreituugszentrum der lang-
köpfigeii. hellfarhigen, hoehgewaebsrnen Russe unzweifel-
hnft fostgestellt. IH« AuswHuderinig aller (ierninnen,
d«r letzten rassereinen .\ri«r, aus diesem Lande ist aWr,
wie icli iin einzelnen nachgt'wiRsen habe, ein« geschieht-
liehe Tbatsach« und bildet den wertvollsten, leider aus
Vorurteil noch oft übttrsehenen «der absichtlich ver-
schwiegenen Inhalt der Monmueiita Genuaniae. Mit den
Gernianeij alH*r hiingen die andertm «prachverwaiidteii
Völker so innig zusammen, dtifs x. B. einige Vidker,
Kimbern, Teutonen, Ambroneii, elamso gut .Germanen“
wie „Kelten“ genannt wenlen können. Dies« wohiiti'n
aller zur Zeit des Seefahrers Pyth«as noch in Dänemark,
also in nnmitti'ibarer Nuchlmmchuft der Urheimat.
Herr Kraus« hat so wenig wie all« meine sonstigen
Gegner einen stichhaltigen Grund gegen meine I.ehre
vorzubringtm vermocht.
r
DiQitiZSG tjy'
II- «^tttiinerer: KoiiHtniithiopei unter Siiltun SolimHU >lem nrotiten.
3Sti
KonsUntinopel aat«r Saltan Siilünan dem Grofsen’).
Kitt kunütleriiinli uihI wiiuK>n»chaftlich IwMicaUMides Werk,
würtliir ilr** er)iAl)6neik Nnim'ii«, drin «r« <;ewidnie( i«, hat
l’ruf«<iw>r Olterhumnier. drr dui'cli Art»rit«n nuf «lern
tirbirto d*?r ItiKUiriHchrn (»r‘*ffriiphie bervorrajr«‘iidr Müurhcnrr
Grlehrtr, im Verein mit den rratvn Kim«tAiifltAhei> Mniiohviiii
kürzlich ht‘rau«](rjfi.’))e» ; mit (‘ittersiutzuiii; Knioer Wilhrlmü 11.
Iet;t rr uuK die Arbeit oine> drut5chpn Küittilers des 16. Jahr*
hunderte vor.
l*nter dem Hchulze des Kaiserlichen iiesaudtrn am Hofe
Solimans d«i (trorneii, U(;ier Uhisrlin de iliisbeci), hat
Melchior Lorichs, als Kupfarsterher und Holzw'hneiiler
««•inen Zeitgenusaeu rühmlich Itekannt, in langer, mühevidler
Arlwit vom 1‘fer zu Oalata aus eine AufiiHhme der türki-
Mchen HauptiUadr von der Kinrahrt «le« Bosporus bi« zum
Kiide de« goldenen HoriiH hergeslelU. Hekhe «uwuhl aU
Kun«tnerk wie als hislori«rhe!< Denkmal einzig in ihrer Art
«ein dürfte. i'Wr ileti auch in der (ieKcliicliiu der Knlkuiide
und AUorLumsuissenarhuft licrübmten 0«*«aml(6n Bu«1h*C 4|
lind M>inen Keimd>egloiter Hans Drrnschaam, d. h. mImt ihre
Tagehiicher und Briefe, hat der Hchreilx»r die«?r Zeilen schon
im Jnhrv ausführlichen Bericht erstattet. (Kine llei«e
nach Aiuusta im Jahre 1555. l’rognimm des K. (iynuiasiums
l<udaig«hufeii am Hhein.) Die Bilder Busliecks und Sidi-
man« sowie des Künstlers seihst arhrnücken von der Hand
Isirirhs die wertvolle historiarhe Kinleitung <MH*rhummei‘s.
Auf eiuem Stn.'ifen von iii Lange und fa«t ‘/,in Hohe
wurde das Bild der Btudt am (loldeuen Horn in kiitistleriw'ber
Federzeichnung mit stellenweise aufgesetzten FarbenUmen
80 »orgfAltig ausgeführt, «iafs ein genauer Vergleich tler
architektonischen Kinzelhoiten mit dem gegenwürligeu Zustand
ermöglicht und selbst die Bauart und Ausrüstung der auf
dem BuB|M>rus zu jener Zeit verkehrenden Schiffu erkennlvir
ist. Kecht l>elehrend wirkt ein Verglaich mit dem jetzigen
KonstantinojHd , usnu man beispielsweise das l'anurama der
Htiidt Vom Oalainturm mlerden historiw'hen 1‘lan von Byzanz
tu Meyers Kuiseführer der Türkei II902, S. I«2 und iitSj*)
iianeben baiu Tafel 11 stellt den Künstler selbst dar, wie
ur Von Oalata aus das ihm nch gegenölier auftürmende
Stambul zeichnet. Die Zeichnung war schon frühzeitig in
die Bibliothek zu I>eideu gelangt. al«r durch zufälliges Mifs-
getchick zwei Jahrhunderte lang verschollen und erst vor
wenigen Jahrzehnten wieder zum Vorschein gekomaien, olm«
jedoch in weiteren Kreisen bekannt zu wurde». Dank der
Bibiiothekverwaltung zu Iisrlden. welche für die Krhaltuiig
des schon von Zorst»>rung bedixihUm Werkes ihr Bestes thal,
war cs mügtich, das Original in München durch die Kunst*
austalt von J. B. Dbernctter unter Verkleinerung auf ' , der
natürlichen Grüfse in Lichtdruck zu vervielfältigen. Trotz
uiirserordentlicher technischer Schwierigkeiten i«t die WifMler*
gäbe vurzügtich gelungen . ebenso bei dem büchst merfc-
wünligeu türkischen Stadlplan des 17. Jahrhiinderta Tafel 22,
der nach Muer türkischen Hiuidschrifi der Königlichen
Bibliothek zu Berlin zum erstenniiil veröffentlicht und deni
Keeatlas von Hadschi Mehemet Bin Kais, einem der beriihm*
testen türkischen Seeheldeii, entnommen i«l. Obwohl schon
der einfache Lichtdruck der Blatter alle Kinzelheitcn klar
erkumien läfst, wurden doch in einem kleinen Teil der Auf*
läge die da« Bild beh lamden und hewmders in dem tiirkischen
Blau sehr wirksamen Fnrlwn des Originals in ilandkolorit
aufgesetzt und diese wenigen Kzemplaie auch durch lx*son-
dero Ausstattung (und dojipeltuii Brois) ausg«vzeirhnet.
Der trotz seiner Knappheit allseitig unlernchteinle Text
von 24 Seiten in Orofsfoli»» handelt im ursU'ii Teile von dem
Ijclien und dun Werken dus Künstlers und entlnilt, wie whon
erwähnt, einige vorzügliche UepnHluktiomm, meist nach aus-
gewahlteu Stichen d«>s Königlichen Kiipfershchkabineit.« in
.München. Hier ist vielleicht der Ort, iler ganz an«g«:zeich*
iieten Verdeutschung der Oesandtschafisbriefi* Biisliecks. Nnrii
licrg, M. J. F. Kiidter 1UA4, zu gethmken, weil sie nutien «ehr
werividleu AnmerkHUgen fine gunre Jleihe origineller zeit-
genöfsischer Bilder, Bortrüis, Kosiütnstmlien, Karten und
l'län« cDthälr, die mit Wiihrscheiiiliehkeit bl« in «lio iMchste
ruigebiing Ixirichs zurück- und binaufgeführt wc-rvlen können.
Vi«*lleicht ist es mir tiuiglich , oiiiigo dersollien bei meiner
‘) Kenstantinopcl unter Sultan Soli m.in iJcni<irof*cn,
aufi^euoniiDeii iai Jahre lA&il «Itirth Melchior I.erichs um*
l'lcnsbur;{, iiiich der Huaizelchuung •!•■« Künstler« in der ritivcrsi*
liilRl.ihllolhek zu Leiden, mit iin-lereo allru l’läuen berausy'egcben
uud erläutert von Kugen Oherhummer, Brefe'>M>r der (•eogr.»|iIüe
an der (liiivrr*itat 31üni'hen. Mit 22 Tafeln in LirhtdrucL uti<l
17 Teitbildera, Mütn-heii, K. Oldeitbourg, I’rei» 3U Mk.
') Oder da« photographisi he Leporellualhuut von B. Ber^kfreu iu
Konst :iDtin«(>eL
NnuliMrausgalM* der «Vier Seiids«-hrei)>en der Türkischen lK>t-
»chaft Augerii (iialenii von Buststck* iiu Juhrbuefae der
MünchemT Orl**ntali«clien Ocscllachaft mit zu vorifTent-
lichen. Der Text dit?«er originolleti deutschen l'benetzimg
hAltc müglichnrweisc auch in die Aufhellung der oft acbwic-
rigmi lopograpliischcu und historischen Ik-murkungcu und
Bei.schhften de« IxiriclLsplaiies Licht gtdiracht, wenn schim es
dem llerau«gelM>r mit iM^wundorungswürdigem Scharfaintt
meist gelungen ist, die krausen uud verhlarstcn Bruchstücke
der Schrift Lorichs' zu entziffern. Diese Legenden des Ori-
ginals simi in ati.«prechender KehwabHcher Schrift winler*
gegebmi. Jene Anmerkungen OlMjrhumiMcrs zu den 21 l'nfelti
«nthalten einen grofsen to|H>graphischen und Uistonsehen
Wert und stellen sieh wünllg Meinen Untersnehungun uf>er
die Topographie von Byzanz und Koti«tantinop»d in Bauly*
Wissr^wn» Keaieozyklop.tdic der klasaisvhun Bbihdogte zur Seite.
Sie erinnern in vieler Beziehung nu ähnliche verdieustvolh*
Arlieitcn de« verew igten Wiener Ooographen Tomaachek. Ich
werde vielleicht di« (lelcgonheit wahmehmeii . auf einzeln«
I..c.«uiig(''n und laivarten in meiner künftigen Bus)i«*ckau«gabe
ziirrickzuktMinneii. Freilich lag dem Herauszober das dop|ielt
grofsere Uriginn! mit deutlichorer Schrift vor.
Wichtig ist die IiiMchrift d<*s Künstler« auf Tafel 11 .da«
ortt zu Gallatio oder Bera, da ich Melcliior l.orich« die Statt
am meisten «aler den meisten thei! der Statt gukonterfeit hat«
.\niio Die Prnfung der lA*g»*nden in der Zeichnung
Von Lorichs halte gezeigt, dafs sie zum Teil utimiUelhwr au«
•len dHiiial« im rmlnuf IwOudtichen i‘iüucu veneziauiMchrn
(’r.«prtings entnommen sind. Da ditiae Bläno auch sonst be*
inurkenswerto Ycrgleichspunkto darliuten, hat der Heraus
gebar iu dankenswerter Weise einen kurzen l'berhlick über
•iie vorhandenen Blkne und Ansichten von KoiisUintinopel
AU« ülierer Zoll gegeWn und nicht weniger als ü davon iu
Keproiluktion zum AWrnck gebracht, rnter den Münz-
bildern des alten By/anz ist die hUuflg wieilerkehrende Mond-
sichel mit Steni «in Symbol, das mit dem türkischen Halte
moud in Beziehung gebracht wunle. Ihigegcu spricht der
Vinslaiid. dafs sich dietu's Siunbild auf den Münzen des
mittelalterlichen Byzanz bisher nicht Itai uachweiwn la»eii
und dafs ein« historisch L'Ut Iwgründeto Anschauung den
IlHlbmond als türkisch«* Feldzeichen bis in das 9. Jahr-
hundert nach L'ciitraiasien verfolgt. Dagvgern besitzen wir
ein h'ichst wartvoBaa, bis auf das Jahr 1420 zarückfübrendoa
Denkmal in dem Blau des (.Tiristoph Buoiidelinonti, dessen
beriihnit« Bc'M'hreibung des Archipels nach der uiizuläng-
liclian AusgaK* Sinner« (1»24) neuerdings mit griechisrhem
Text. ÜlwrseUimg und Karlen von Ie*grand (1697) heraus*
gegeben wurde. Kine neue uud deutlichere photographische
Aufnahme bat das , Bibliographische lustituf* in I<ei(izig für
muine türkische Geschichte in llelinoits Weltgeschichte llkl. 5)
heratellun lassen; doch eignete sich diese nicht zur unmiUol-
baren Vervielfältigung uud tnufste unigozeichnet werden. Die
Nachzeichnung hat Bn>fesK>r K. Oberhuminer selbst in Bari«
mit der Handschrift verglichen und di« Legenden nach dem
Original berichtigt, worauf von der Verlagsanstalt der .\b-
druck hergeatollt und dem Herausgeber eiwmso uberlassen
wurde wie der ebenfalls für meine türkische Geschichte von
mir gewählt« Plan des Vava.«sore- Gauz unabhängig von
allen »eincu V«>rläiiferii tritt uns dieser zu Kndc d«s 15. Jahr-
hunderts nis «iu neuer Typus von |>erst>ektivischeii BUnvn
entgegun, der wahmcheiulich in Venedig »einen Ursprung
hat Und bis zur Kotstohung der ernten geometriiKhcti BIän«
iui 16. Jahrhundert das Kartenbild von KoiisUntiuopel be-
herrscht. VavBssor« ist als Buchdrucker und Holzschneider
in Venedig zwischen LSOo und 1550 liekannt: diveh wird der
Plan von Kon<<tantjno|>e], der im germanischen Museum von
Nümlierg sich licündat, sonst nicht erwähnt. Dafs Melchior
l»richs diesen oder eiiieu ganz ^äLnliclo'n Plan benutzt hat.
erhellt aus der oft wörtlichen ClH'mahtne der Ijcgcndeu und
liesonders aus dem Titel Byzantium siv« Uonstantineo|aJis,
welcher sich mit der gleichen ••rthographi»cheD Eigentüm-
lichkeit l>ei leiriclis auf Blatt 2 wiederdndet Weiter Huden
sich auch zwei Bilder derKlaili ausllarhnaun Sebud*'!» Chronik
1493, der 1Iip|MKlrom um 1450 und «in Venezianischer Blnn
aus der Zeit um 1574 durch den Hernui^f>«r wiedargegeben.
ein Plan, der liereiU von M<«r<Uinann (1(^9) herau«g«gei<*m
Worden ist; diK'h giebt auch dioser noch das architektonisch«
Stadtbild unter Sultan Mohamed II. dem Krcd>er«r wieder.
Der ülxirgang von der Aufnahme aus der Vi^eUchau zum
geometrischen Grundrisse, zu dem übrigens auch schon der
kapitojinisehe Stadtplan von Horn gehört , vollzieht rieh
gleiciizuitig mit dem Kraatz der bildlh'hen tlris* und Gebirgs-
zeicbmiiig durch kunveiitiotiel|i;> Signaturen auf deti Land-
karten und wird für Kons1.Bn(inop«l eingeleitct dun'h die
Karten von •!. B. llohmanu in Nürnl>«rg swil etwa 172u uud
den Blnn des uiigari«i’h>*ii llauptinatin« J. B. v. Beben 1764,
Huuhersebsu.
357
dem (Ihuu hnld die wciwnfHch vnl)ki>mmenen} Aufnahme
de« Itigeoicun F. Kaaffer 1776 fol^e. Kine neue Urundlat^e
lieferte bekanntlich U. v. Moltke durch feine 1836^-37 im
Aufiraipre dea Bultanf Mahmud II. auf^enommene aKai*te von
Konftantinopel'* (lH4‘i) sowie C. Htul|>e (1855 bis 1863) durch
die an KiDzalheiten reichen IMäne von Btambul (i : lOOoO)
und Knuatantinopet mit deit VorsiAdten (1:15U00). I>eni
Bcdiirfnisae nach einer hcaoudereii ]>aryte)lun;r für praktische
und wisecuschaftlicho Zweche kOnnou freilich auch diese
CliersichUplAue bei ihrem kleioeu Mafsstabe nicht genüifeu;
ein neuer, aus;;eführter H|>eziHlplau (l: K'OO) von
der Hand meines Freundes uud Landsmannes, des t'hefs des I
syriw'hen Strafaeii- und Hruckenl>aiiHmta, Olierstlciitnants
K. Huber in Beirut, harrt leider noch der VcrölfeDtlichuit^;
wir müssen uns einst« eilon damit bc^'niigeu. dafs tlerae)b>-
in verkleinertem Format in BHdeUurs demnächst erscheinen-
dem „K<mataiitino|Mjl* aufgetiuimnen wenlen wird. Die Auspi-
zien für eine top<>t;rapbische Aufunhme der Weltstadt ani
O'ddeuen Horn sind zur Zeit auch nicht ({üiistiK i;enuu.
Möge das schöne I'rachlwerk il. Uberhuinmers der Bohlnssel
werden, dun.'h den die Hohe Pfurt« sich einem zeitgemärsen
Vntemvhinon öffnen möge, würdig Melchior lioricha' und des
grufseu Hultans Sdiman!
I 11. Zininterer.
Bflcherschau.
Frfderick A. (’ookx Die erste Hhdpolarnacht lBiü8
bis 1899. Bericht über die F.nUleckungsreise «ler .Bol-
gica* ln der Blidpolarmgion. Mit eiuem Anhänge: über-
blick über die wiaseinschaftlichen Krgchnisec. l>eutech
von l'rof. I>r. Anton Weber. XXIV u. 415 8. Mit
zahlreichen Abbildungen und zwei Karten. Kempten,
Joe. Köselsche Buchhandlung, 1903. Preis geh. 11, 5u Mk.
Bei dem Interesse, mit dem man heute in Deutschland
die Bi’id(iolarfor»chung begleitet und angesichts der lliat-
«ache, dafs «ir selber jetzt eine Kxi>ediiii>a draursen hnl»eu,
war e« ein glücklicher Gedanke und ein verdienstliche^
Untemchmeu. eins der Iwiden Ueiseworkc, die die erste nur
derne 8üdp<dHrezpedition behandeln, in einer deutschen Aus-
gabe unserem Publikum zugänglich zu machen. Die bel-
gische Kxpeditiuu war. wenn an äufseren Erfolgen auch
nicht reich, die erste, die in der Antarktis einen volleu
Winter zugebracht hat, und ilaruni sind ihre Hetibnchtungeu
während einer ISmnmitigen Drift im BüdjKdareise für die
folgenden Untemehmungen von basonderem Werl gew«-dien.
D41S Keisewerk des I,«iiers dar Kx}>«dilion, des I^utnanis
deGcrlachc, orschien ent vor Jahresfrist; älter ist das Buch
de« Arztes und Aiithro|>ol<>gen der Kzjiodition, de* Ameri-
kaners Dr. C<Hik, .Tbrough the Hiwt Autarctic Night", das
horeiu vor 2'/t Jahren Iwi lleiueniann in lüonduu heraus-
kam, und da.« für die deutsche AusgaI>o gewählt wurden iat.
Die C’ber*«tzuiig des interessanten Werkes durch Prof. Weber
ist lolieuswert, und ebeusi» anerkenneaswert ist, dafs man
das Original völlig ungekürzt geiaK.ten und dessen reichen
Hchmurk au prächtigen Abbildungen in die deutsche Aus-
gabe mit ültemiimmen hat Ja sogar der Kiuband ist
dem Original konform, und die einzige — vorteilhafte —
Abweichung besteht nur darin, dafs die dürftige Karb* der
engli«chen Ausgal>e durch die Itesaere offizielle Karte Le-
coiubf ors«‘tzl wt>rileii ist; ferner ist ein Ubersicht*h!utt mit
den Keiwrwegen der Expedition hinzugekonimi-u. In «einer
Einleitung hätte der Übersetzer vielleicht darauf hinweiscu
können, dafs die Priorität der Kntduckung der Bclgi('astrar>e
nicht der belgischen Exi>ediiiou, sondern dem Hamburger
Kapitän Dallmann gebührt, der jenen Sund 1874 Bismarck*
Htrafse benannt batte. Auf Verlauf und Ergebnisse der Expe-
dition zurückzukommen, erscheint an dier-er Btell« üWrrlüssig;
es ist davon «eiuerzeit wiederholt die Ueüe gewesen. Hc^ffent-
lich Ündet das schtüiv Buch recht viele Leser hier zu liande,
tm Interi‘H«e der dQUtm.^buu Hüd|Mdarforschung uud ihres
Fortgangs«! 11. Singer.
Prof« Dr« B« HcliWAlbfX Grundrifs der Mineralogie
und Geologie, zum Gebrauch beim Fnterncbt an höhe-
ren Ijebranstalten , sowie zum Helbatunterricbt. Unter
Mitwirkung von PrivatdozoDt Dr. K. Behw'albe beendet
und herausgegeben von lh\>f. Dr. H. Bbttger. 765 8-,
mit 418 Abbildungen uud neun Tafelu. Bmunschweig,
Friedr. Vieweg A B4>hn, 190.H. Preis geh. 12 Mk., geh.
13,50 Mk.
r^r vorliegende starke Band bildet die 23. Auflage des
die Minemlogie und Geologie Itehandelnden Teiles von Bchöd-
lers Buch der Natur und enthält neben den speziell minera-
logischen Abteilungen, die aber auch für den Geographen
manches Interessante und, wie die petre^raphisebon Teile, für
die jüngeren derselben eine gute Einführung bieten, der
Hauptsache nach die etwas kürzer abgehaudelte historische
niid die breit angelegte dynamische Geologie. I«etztere nimmt
den gröfaten Teil des ganzeu Bandes in Anspruch- Dm
W erk ist überall eluuientar uud leicht verständlich gehalien,
und bei jeder Einfühning von Kachausdrücken, die iibstdut
nicht gemieden wenlen können, ist besonderer Werl darauf
gelegt, dieselben in jeder Hinsicht zu erklären und dadurch
dem l.eser näher zu bringen. Wie in den früheren Auflagen
ist auch hier auf die Verknüpfung der einzoluen Disziplinen
der Naturwissenschaft die weilMtgehcnde Hücksicht genommen,
ein Vorzug, der schon früher dem BchiHllerschen Bnch der
Natur viele Freunde erworben hat. Aufsenlem sind überall
die neueren Ansichten in der Wissenschaft aufgettmnmen
und vertreten, und wenn danelten einzelne kleine Fehler
stehen geblieben oder Versehen vorgekoimncn *ind, so dürfte
dies schon bei dem grrrfsen Umfang wenig wunder uehnieu,
aufserdetn «Vier auch dadurch erklärt und entschuldigt wor-
den können, daf« durch die Verhältnisse melircrc Verfassor
dat Werk zu beart*eiten gezwungen waren. Von diesen Ver-
sehen mögen als einige, die uns aufgcfallen sind, die Wider-
sprüche erwähnt werden, die bei der Beschreibung der ältesten
geologischen Furmationsgruppen in deren Nomenklatur auf-
treten (Gebrauch der Namen laiireiitisck, huronisi'h: Karl«tn
-t- Perm ~ Dyaa ; das sonst genannte <’amhriuin fehlt B.9ni).
Auf Karte 8. 2<)ö ist, augenscheinlich durch Ver«ol«m, der
gröfste Teil des rheinischen Bcblefcrgchirgcj» als Bilur und
nur kleine Gebiete im l«3thuthal, auf der Eifel und am
Kordrand de« Bauerlaudea sind als Devon bezeieUuvt. 8. 105
und 45'» wird immer auch als Gestein für Folwninccr und
Hieaensäule im Odenwald Byenit angegeben. 8. 316 ist ge-
sagt, dafs in nlnnerafrika entschiedene Bpuren vou vulkani-
scher Tbätigkcit gefunden wurden", eine im Hinblick auf
die Kirungavulkane (die nicht erwähnt sind) etwas eigen-
tümlieho AusdrucksweLse. 8. 423 wird angegetwn. die ganze
Gegend um Bas'-uulo im Nordapenniii »ei vulkanischer Natur,
während d%s gerade Gegenteil der Fall ist u. s. w. Dies«
ZusammeuateUung dürfte alier zeigen, dafs Fehler weaent-
lirhcr und prinzipieller Art l»estmders in dem Teil über dy-
namisirhe Geolmtie sich bei der Durrlisicht nicht gefunden
hal>en. Die Au--<staUung ist vorzüglich, die Ahbildunuen zum
gröfsteu Teil nach ncuein und neuestem pliopigniphischen
Material hergcstellt (unl»egreifüch ist dcKwugeii freilich,
warum s. B. neben den vielen schönen, ja vorztiglichen neuen
Vulkanbildern die Verfasser sich nicht ontschliefscn konnten,
die schlechten alten llulzsehnitte auf 8. 348 wegzulassen),
die KartGiibtülagcn zuui gri'ifsten Teil nach ueuesum Vorlagen
und sehr sauber gezeichnet oder aus neuen Werken entlehnt.
Hält man dies alles zusammen , so darf mau das Werk mit
besonderer Wärme allen Interessenten empfohlen und den
Wunsi^h au.ssprechen , dafli es «ich gröfster Verbreitung er-
freuen und, wozu es tiacit seiner ganzen Anlage liosiiniml
ist und nach »ciiii-r Ausführung K-rufen erscheint, in den
weih^stcu Kndson, die nicht xu den «(iezitill»‘u Fachgoologeu
gehören. Intereasu für die Geologie schaffen und auÄtlärend
in den Fragen derselben wirken möge. Greim.
KruRt FörvtemanA« Kommentar zur Madrider Maya-
handschrift ((!udox Tro-Cortesianus.) 160 B. Danzig
1902.
Körstemanns Kommentar der Drendener Mayahandachrift,
der 1901 erschien, ist «ehr s<'bnell seine Erklärung der um-
fangreichsten uuter dt*n drei vorhandenen Bilderschriften der
Maya, der Tro-Coricsianus, gefolgt, der 112 Beiten umfafst.
Fürwahr für einen Achtzigjährigen ein Bewei* gr»if»er Iiclstung«-
fähigkflit, die jetloch der merkwürdigen Thatsach« entspricht,
dafs er bereits in hohem Alter, vor etwa 15 Jahren, auf
einem ihm gänzlich neuen Gebiete die Entzifferung der
MayaschriDen durch seine Losung der Zahlen inaugurierte.
Die Erklärung ist nach derselben Methode verfafst, wie
ich in meiner Besprechung des Dresdensis (Globus, Hd. 80,
B. $07) berichtet habe. IHt aber ini Tro-Cortesiiantu) keine
grofsen Zahle« Vorkommen , so hat auch der Kommen-
tar einen anderen flmrekler. Die HituptsHche ist die ge
I uaue Identilizicrung der llicrogiyiihcn , soweit sie an vor-
Büohersohau.
S)i&
flchiedeuon Stellen dtu* CVxlicae vurkummen» so Ours (latWerk
für jeden, der nicht alle Jtilder iiu hat, unentbehrlich
ist. Dazu kuumit die Aufzeichnung der parallelen Ideeu der
Hand!U-hriftcn. Schade mir, dafi »u wenig «lönger diwier ge-
heinmiavollen Wi^titenBchnft vorhanden ünd. J)a muAi man
in der TLat die Knergie. die in dieiiem Huche zum Auf-
druck konunt, um no hüher eiiiacbaUeR.
K. Th. Preufa,
A. Leue: Dar-eB-SaUnm. Bilder au« dem Kolonialleben.
Mit Abb. Uerliu, W. 8ti«wrot, IIMkH. Prei* 6 51k.
liHuptiuauu a\. Leue gehört zu un»ereti iiltefteo »Afri-
kanern*. da er bereita 18)il7 deu schwarzen Krdteil Iwtrat
und ihm volle i‘i Jahre in Krieg und Frieden seine besten
Kräfte gcw'idmet hat. Auf weiten Fahrten lenite er nicht
blofs die Küstenzone kennen, simdern er durchkreuzte auch
das Innere der Kolonie bis an die Gestade des Tangauika.
AI« DeainkT der Deul«ch-0»tHfrikanisc)ieu Ge!<elischaft kam
er ins ijind . nur zu friedlichen rmenichmungeri bestimmt.
Aber schon erhob die Rebellion ihr Haupt, und am 10. Ja-
nuar 1889 wagten die Arala-r selbst auf tlie Hauptstadt Dar-
es-Balaam einen hütenden Htuiin, der mehr»*re W<>chen lang
immer aufs neue wiederholt wurde, bU den A\ngreif«i’n der
Mut entsank und sie das Feld räumten. Dafür tiackeri« der
.\iifstand jetzt an anderen Stellen mit grofser Heftigkeit auf,
und tut sehen wir den Verfa.sser, der inzwischen Ofiizier bei
der Wifsuiauti-Truppc gewonlen ist, tuild liier, liald dort im
Kampfe mit den Araberbanden, zuletzt in Undi, wo endlich
der Friede geschlomien wird. In dies wecliKelvotle l^ben voll
Aufregung und Gufafai-en weifs uns der Verfasser durch seine
gescbiimckvoll geschriebenen Skizzen vortrefflich eiiixuweihen.
Kr bietet uns dabei keine schwere Kuet, sondern leichte, all-
gemein verständlicbö Hchildernngen. oft von Humor durch-
win-zl und doch nicht arm an rielcrlei nichtigen Kinzel-
lu'iten , besonders volkskundlicher An , die das Huch auch
dum aiispruchsvollen*n Leser lieb machen dürften. Jiehiu
gehören u.a. die Kapitel: »Afrikanische Werwölfe', »Kismet*,
»Talsira*, »Bibi Disvha* und die Berichte aus den letzten
Ihenstjabrcn des Verfassers iilter Uwin.*^, l'ha und Dgogo,
die zuerst, wenn auch in etwaH anderer Üeitalt, im Globu.s
veröffeutlioht sind. lieues Buch entliält ferner für die Ge-
schichte der Kolonie maueheii achäUbaieii Wink, und »o
kuunuu wir »DHr-es-Haluain* nicht nur als angenehme, aou-
dern auch als unterrichtende ficktüre wohl utnpfchlvu. Von
Gelehrsamkeit, das sagen «ir noch einmal, ist nichts in dem
Hände zu spüraii ; soH's auch gar nicht. Das hat sich Hatipt-
manu Ijeue für ein späteres Werk aufgespart, das sich, etwa
nach Art von Pr*if. Dr. Itoves »Südwostafrika“, mit unserer
gröfnteu Kolonie l»eschiiftigen will. Bis dahin »Kwakeri,
Uma Inma!*
Berlin. H. Seidel.
Pr4»f.Or. Faul (iUrsfeldtt Grundzügeder astiM>nomisrh-
geograpUischen ttrtsbesti mm ung au f Forschungs-
reisen und die Kutwic.kelung der hierfür inarsgeWnden
mathcmati)»4’h-geonM-*lrischeu IWgriffe. XIX und 377 8.
Mit 95 eingedruckten Abhildnngen. Brauiischweig, Fiiedr.
Vieweg und Sohn, I90‘J.
Dafs der Verfasser dazu berufen war. «in Buch, wie es
das vorliegende ist, zu schreiben, wird ihm jeder zugnben;
denn etnnwl hat er auf seinen mühevollen ForachungHreison
iu den südamerikanischen .Anden die Technik der geugra-
phUi'^hen Positionsbestimmung gründlich zu erprolion Gelegen-
heit gehabt ((iiirsfeldt, Koise iu den Anden von Chile und
Argentinien, Berlin 1H881. und zimt zweiten hält er »eit Jahren
darüber Vorträge an dem Seminar für orienUtlischc Kpracbou
in Berlin. Auch iM-sitzt, da das dereinst klassische Werk
V4»u Btdincnbei'gcr doch f«»r die HedürftiisM- der Oegenwari
nicht mehr re<*ht ausreicht, utisure deutache Litteratur
eigentlich nur «iu mnziges Iiebrbuch von gauz verwandtem
timrakter. nämlich dasjenige von Ji»nlnti (Grundzüge der
nstronomischen 2^eit- und Orlsliestimtnung, Ikrrlin 1885), das
aber sch<»n etwas weitergehende .Vufonlcrungen stellt Pr«e
fussor Gürsfeldt wendet •lich nämlich an l^scr, die keine be-
sondere mathematische Yurbiidung mitbriiigeu; vor wenigen
Jahreu, mo meint er in der Vorre^ie, unr ein J^üterkreU, wie
er ihu im Auge bat, üliorhaupt noch kaum vorhanden. Die
Anzahl derer, uelche, ohne im eigentlichen Sinne gelehrte
/wecke zu verhdgön, doch in fernen L:«mlerii getigraphische
Aufnahmen ausznfüliren Imben, ist mit dem Foitschiciieii
der kolonialen Il«»ir«bungeii selbst eine 4 iel gritf^cre ge-
uonleti, und fiir sie i«t diu«e .Anweisung Wtimmt, die auch
in ihrem ersten Teilu ein« Kinführung tn die Klcnjcutar
mathematik enthalt. Allgemeine Arithmetik. Geotnelrie uinl
Trigonometrie werden in solchem Ausmarse behandelt, als es
dmcii die in d> n s|Mit«run Abschnitten vm getragenen la*litun
Itudiugl erscheint. Die Fehlcrrechnung, von welcher »uch
der Praktiker eine gowisec Kunde Ix-aitzen mufs. wird in
einem besonderen Kapitel, dom achten, \orgutrageii, das also
dio Grundzüge der Differentialrechnung onthält. Wir möclitoii
dabei bemerken. daCs uns die Bczuicbmiugcn ^x. Jy . . . un
zweckmäfsig Vorkommen, weil filier den Buchstalieu d do«'h
Bchon früher verfügt ist, und weil er als InilnitesimaUyralM»!
der Variationsrechnung vorliehalien bleibe» WNlJte. Er tlndot
ja auch im folgenden wenig Verwendung mehr: die Gegen*
ülterslellung von Jtt und da (8. 185) liefse sich wohl ver-
meiden.
Dio durch tn.*fflkh gezeichnete Figuren wescnlücli unt»-r-
stützten Darlegungen der sphärischen Grundgesetze verf<>hreu
den Zweck, den Anfänger mit der Katur der räumlichen
Koordinatensysteme möglichst vertraut zu machen, und
dürften densellieii auch sicher erndeban. Sehr eiiigeh*MKl
werden sodann die Grundlehrcn über Zeit und Zeitmessung
auseinandergeaet/.t. Die Begrfindang der sphärischen Trigomr*
metri« im fünfteu Alischnitte empfiehlt steh aus verschiesienen
Gründen auch fitr andere rnterrichtsziele. weil mit .Aufgelmi
eines sehr märsigen Apparates eine kurze und elegante Ilr-r-
ieitung der Fundamcntalgleiehungeii erreicht wird. Nunmehr
fällt e« nicht mehr schwer, die Dreiecke, welche in der sphä-
rischen Astronomie eine Holle spielen, allseitig zu diakutieren.
Eine umfassende Erörterung winl dem l'uiversalinstrumenie
und den entsprechenden BeobachtungAfeblei'u zu teil, welchem
der Verfasser offenbar das gröfste Vertrauen, auch h*‘i Heiseti.
geschenkt wissen will. Nächstdem »st von höchster Wich-
tigkeir die rhrkorrekiion. AU sehr rmpfehlensHert muf«
geriihmt wonleu eine Zusammenstellung der »Verhaliungv-
nisfxregeln für da« Beobachten mit dom l'niversalinstrumcnt*
(8. 25.'t f!.), denn einen milchen Hundweiser wird der IbÜM-nde.
der nicht selten unter widrigen l'mständen anseine Aufgabe
herantn-tcii mufs, immer gebrauchen könuau. »Zum guten
Beolxachteu“, sagt der Verfasser, »gehört vor allem Boulino“,
und diese ist diu Folge einer nach strenge innegehalteneiii
Schema sich vollziehenden Thätigkeit. Es we^en nkht.
wie es etwa hei einem Handbuch« sein muf«, viele ver-
schiedene 5fHthiHleti zur F.rmitudnng der Polhohe durch-
geaprocheii, sondiTU nur diejenigen, welcho nach der Er-
fahruiiu des Autors diu l>est« tiewähr fur ein gutes Ergebnis
in sich tragen. Auch der stete Hinweis darauf, wie uiaii
die Ziffcmrechuung muglichst einfach und sicher eionchten
soll, wird deu meisten willkommen sein. Da ohne stetes
Belziohen eine« astronomischen Kalenders nicht gerechnet
w'erdeii kamt, und da J>euts<'hc hauptsächlich ,d.as nautische
Jahrbuch* aU Ilülfsmittel benutze», so lag ein Exkurs auf
dieses und seine Kinrichtung nicht ferne. Die praktischen
Kechnuiigsheisph'le düuken uns svhr vtH-diuusUich. Erst itti
elften .\hechnitt« rnacht sich die Notwendigkeit geliuod, die
Paralia.xe und damit auch die Abweichung dos Knl-
iiiC’ridianes von der reinen Kreivform zu berficksichtigen. 1>as
Schlufskapitel endlich verbreitet sich filier die B««timnuing
der geographischen Länge, W'uffir das Verfahren der Steru-
bedcckungen bevorzugt wird. Angefiigt sind, abgesehen von
einigen Ergänzungen, eine dankenswerte Liste* der instrumen-
talen .Ausrüstung eines modemeD Hcisunden und gewhse Hiilfs-
tafeln zur Abkürzung de« Kalküls.
Von der Ausstattung eines Werke» div«cs Verlages zu
sprechen, wäre fibernussig. Indessen mag doch aUMlrücklieh
hervorgeholwii werden, wie angenehm in einer fomielreicheii
Schrift ein so klarer Druck dar mathematischen Bf^staodiei]«
ist, wie wir ihm hiur Iwgegnen. Das Huch wird «ich unter
deu »usübiMiden Geographen gewifs viele f-Yeuude erworben.
Wenn es dann zu einer Neuauflage kommt, sei demVerfas««!
auch eine gewisse Bücksichtnahme auf di« Kpiegeliuitnimenic
ii.’ihcgelegt , dio schon des seemämii8''hcn Gebrauches wegen
vom Theodoliten nieuiuls gnnz wenlen verdrängt werden
können.
München. 8. GCinther.
.iltred Zininirrinaun: Die Kolonialpolitik der Nieder-
länder. XIV II. .'tot K, mit Karte. Die euiopaischcn
Koloniern. V. M. Berlin, E. 8. Miillor t; Sohn,
Preis H.50 Mk.
Mit iluiu vorlicgeudcti Bande ist Zimtnenuami» Werk
iibcr dii' Entwickelung der «uropäischen holoninlpolitik zu
vinem vorläufigen Ali^hlufs gelangt, .liiu ko|oniHl|NiHtischen
Versuch«* Deutschlands, Italiens, Belgiens und «1er V<*reiniglen
Staati’ii in der iieuosleu Zeit sind noch nicht weit genug
^lrtg(>schri(t■.•n. um sc'hou «in aueh nur anuähemd«« l'rtcil
über ihren Erfolg im ganzen zu gestatten.* Di« Kolonial-
(Kjlitik Hufslands inüfste timu in Petersburg studieren.
Der vorliegen«]« Hand M'hildert di« kohmialen r»tvr-
iii'hmuiigen <ler llolläinler in «ieii veixchii'deneu Teilen der
Erde, diu Kampf«* mit deu ri\iilisj«*reii«len uuro|'äisrheii Mach-
Kleine Naobriobteo.
3Jtf>
utu . din ullmühliclio LHiifiniiimi'Mdio , dnmi |H)]iti<^)ie FV«t-
M>tzun^ in Nie<l4>rlitmiiM‘b-Ostiiidifii und -Wutlindicu. liuu
veruti{;lnckt(>n Vcnmch, RraMÜt^n zu gewinntMi u. ». w.. und
die heutige Lage (Verwaliung, Wirteclinft u. ». w.) der Kol<v
iiieen. l>en Kchlurit tiiMcht eine IW'tnichtung ülior den all-
gemeinen <‘liamkter der holiäudiKchen Knlunisntion um! ein
LittefHturverceichni^. Kin Hugif>tor wird w-hmerzlieh ver-
inireu
Üuu Gewinn «'on <lem Ziminenunnnsehen Werk« werden
in Pi'ftter Linie die KoI<i>riiiiI|>nlttik, die (ieM'hichte der Krd-
künde und die }K>litüirhe OenL'rnphie hal>ün; niter auch der
WirtecliaflMgengrapb kann daraiiN viel für da» Venttandni«
dca heutigen ZuHürnde« der Kolnnicen loruen. Kin beiionderer
Nutjccn kann der Wirtaebaftagex^raphie and •goachiebto aua
dem Werke dadurch erwachsen, dafs ot ein uinfaugreicfaes
Material liefert, um den (Tharnkter der curop&iarhen Koloni-
sation an »ich , die besonderen Nuancierungen durch die
KigenM-baften der einzelnen kolonliierenden Völker und den
KitiHufs, den sie auf die in den Kolonieen wohnenden Völker
nimmt, zu erkennen. Krnst Friedrich.
Kleine Nachrichten.
Abüruck ttor »11 Qu*UenaBZ»b« «««Uttet.
— Die Südpoliirexpeditionen. .\uf S. Ild de» laufen-
den Randes wuHe mitgetoilt, dafs das Keichsamt des Iniierii
bereits in diesem Jahre eine Hillfsaklion für die deuiseb«
Hüdpnlarex|ieditii»n ins Werk setzen wolle, 'oferri hi*
zum Juni von ihr nichts zu hören sein sollte. $tudpidar-
ex|te<liti<»DOn ptlegeu niiiScblufs du« siidpolaren Soinniem, d.b.
im März oder spätestens April beiuizukehren; wenn man in
diesem Falle noch den 1. Juni als Termin für eine mögliche
Uückkehr aunimmt, so erklärt sich das daraus, dafs hei nur
einmaliger Oh«rw*interung I*rt>f. v. Drygalski nach dem Frei-
werden des HchilTes mit diesem noch die neu entdeckten
Kiisten verfolgen wollte, fls ist indessen wenig wahrschein-
lich. dafs die Kzpetüiion noch im Juni heimkehrr, und w»
hat das Heiclisnmt des Innern, nachdem der IteicUstHg den
Kredit für die Hülfsaktion bewilligt hat, schon im April
Sachverständige ins Ausland geschickt, die nach einem geeig-
neten WaMlschfänger Ausschau halten wdlon. Dafs diese
Mafsnahmon Desorgtuue erwecken, ist klar, aber diese Ke-
st^'giiisse ersrheiueii uns nicht unliercchügt angesichl« der
schwierigen VerhultnisKe , untvr denen gerade die deutsche
Kx|»editioo arbeitet. Was die Engländer anlangt, so sieht
OS aus, als wenn ihr K.Y|*editi<ms!«rhifit im eben vergangenen
stidpidaren Sommer nicht freigeworden und also nicht ak-
tioiiafähig gewesen i*t und dafs es vielleicht wird aufg«gel«n
wenlen miisaeii. t'olbeck, der Führer des Hülfxschiffes .Morn-
ing“, konnte an die bei der Victoria-Insid eingefrorene «Dis-
covery* nur bis auf etwa 15 ktii hemn, und Btiirnm brachen
da» dazwischen liogende His bis Kode Februar bis auf äkin
auf. Als Colbeck am l‘J. März die Ueinifahit anirat, lag
die «Discovery* noch immer fest. Hierzu melden die «Times*:
Die «lUscovery* ist nur bis zum 1. Januar 1t*u4 mit Vorräten
vergehen, so dafs ein« abermalige (diesjährige) Kiilseitdung
der «Morning* zu ihrer rnb'rstutzung duirhaus notwendig
ist, damit eine Katastn^phe vermieden wird. Für diese .^feh^■
nusgalie ist eine Hümme von I20iä> Wd. Sterl., ••nOO Ffd.
Stei'l. für dieses Jahr, der He;>t für das nächste, erforderlich.
Angesichts der Erfolge der Kxpeilithm wird diew Hamme
leicht aufzuhringen sein. Die cleutsche Expedition ist übri-
gens für ein |>nar Monate länger versehen. Die Hehweden
endlich rechnen nun für <li«x«es Jahr auch nicht mehr auf
die tieinikebr ihrer Kx]M*dition, und dem Farlament ist be-
reits eine Vorlage auf 1k!wiltigung einer beträchtlichen
Huinme zur Ausnittung einer Hülfsex(>edition zugegangen.
Die I.<age fler Nordonskiöldschon Expedition ist mitglieher*
weise sehr prekär; sie ist von der Heimkehr offenl«r ah-
aeschiiitteii, während das Ausbleilien der deutschen KxiaxU-
tion vielleicht auf freier Entschliersung Iwruhb Hg.
Im .\uftrage des kolonialwirtschuftlichen K'>mitcee hat
Prof. Dr. Wohltmaun Ende Februar nun auch ein« wirt-
schaftliche Studienreise — das Komitee verwendet das
unsclnme Wort «ExiiertUe* — nach Hamua angetreten, um
Klarheit nlier die heifs umstrittene RonmbiUtät von Ein-
gelmreiienkultureu, Pdanzungs- und Hiedelungsuutemeh-
mungmi zu «'halfen. Wohltmami will sich besonders fol-
genden Aufgalten widmen: Feststellung der Flächen, die
di'ii King*-lMironcti verbleiben müssou: FestsMlungder Flächen,
die für gri'irscr« PtlanzungMUnterrkehmungen und kleine Au-
sHsleiuiigou goeignet und zu erlangen sind; rnlorsuchiing der
verschiedenen Ikxlenlagen . insbewinderu mit R<-zug auf die
Siolctschlagsinengen, und der verschic-denartigen Ihhlru auf
ihre natürliche Reschaffenheit und auf ihre Ausnutzung und
Erschöpfung durch frühere Eingebortmenkultunm; Fest-
stelhmg der Zwecke und AufgaK'U und der AtiMlvbnung
eines anzulcgeiideit hfitanischen Knlturgartens, Auswahl der
I<age dessellten und Ermittelungen Ü1>er die Zweckniärrigkoit
der Kinrichtiing eines Kuiiiir:mits in Verbimlung mit dein
botanischen Oartcii ; Einrichtung von HohuLz- und Desinfek-
tionsmitteln gugen FdnKclileppiing v<»n Pdanzenkrankheiten
null tieruehen HchäiUingen; Ermittelungen über die auf
Hainoa vorhandenen ArKdtskräfte sowie den Bezug und
Htxlarf an fremden Arbeitern; Krciittelungen über die Mög-
lichkeit, die Eingeborenen Hamoas mehr als bisher zu Kultur-
arbeiten heranziizitdieu : Ermittelungen über die Mögücbkeit
einer rentalielen Seidenraupenzucht in Hamoa.
— Am 2. Februar d. J. »tarb auf den fernen Kerguelen-
I insein Josef Knzeiisperger, der I^iter der von der deut-
I si'hen Südpolarexi»editioti auf den Kerguelen errtchb'len wiascn-
schaftlichen Station. Oelioren am m. Februar l»7S zu Uoeenheim
I in Dberbayern, studiert« er zuerst Jurisprudenz, wandte sich
> dann al>er dun Naturwisst.mschaften zu und wurde Adjunkt
an der meteorulugischen Zentralstation in München. In dieser
Stellung war er vom Juli 1900 bis Juli 1901 als enter Betd>-
achter auf dem Observatorium der Zugspitze thätig. Hier
erhielt er die Ih-rufung zur Teilnahme an der Hiidpolarexpe-
dition, von der er nicht mehr zurückkehren sollte; er fiel
der tückischen Krankheit Reri-Reri zum Opfer. Eine hervor-
ragende Beiieutuug hatte der Verstorbene als einer der ersten
Vertreter des modernen Alpinismus; der Hchauptatz seiner
Tbätigkeit waren hauptsächlich die ni»ntlichen Kaikali»en,
auch die Dolomiten; seine Liebliiigsgebiete waren das Allgäu
und da« Kaisergebirge. Ül»er diese beiden Gebiete schrieb
er auch aeim* bekanntesten Werke, die Momigraphio des
Kaisergeldrgfts und die Monographie der Hiifat» («Zeitschrift"
tä9ü und IMU7). Aufser >iicsen Werken hat Euzutisperger in
alpinen Zeitschriften, in Alpenvereiusvorträgen und auch in
der Tagespresse seine Krletmisae und Erfahrungon verijSent-
licht. W. W.
— Am II. April d. J. starb zu Berlin der frühere lang-
jährig« U«4iakteur der Deutschen Kulunialzeitung Gustav
Meiueck«; geboren am 15. Februar IH54 zu Stendal, ist er
also nur 49 Jahre alt geworden. Schon früh wanüertc Mei-
necke nach Noitiamerika aus, war später in Paris und Zürich
als Redakteur thätig und kam als solcher nach Berlin, um
hier eine omfangreiche journalistische Tbätigkeit auf dem
Gebiet« der auswärtigen und der Kolonialpolitik zu entfalten.
Als Redakteur der Kolonlaizcitung begründete er den deut-
schen Kolonialvorlag. Nach seinem Ausscheiden aus den
Diensten der Deutschen Ktdonialgesellschafi war er vorülwr-
gehend Direktor dos deutschen KoloniHltiiuseums. Kr gab in
fii-n letzten Jahren die Kolonial« Zeitschrift horaus, »eit IHHA
auch den IhiUtscben Kolonialkalender. Andere Schriften von
ihm sind: Sechs Jahre deutscher KolouialpoUtik (lätN.i); Knle-
chismus der Auswanderung (1894); Die deutschen Kolonieen
(1809). W. W.
— RUfsland hat in den letzten Jahren verschiedentlich
durch Kx|>editioDeD die eigentümlichen Verhältnisse des
Karabugas aufzukläreu unteruominen, des merkwürdigen
östlichen Busens des Kas|ti8ces, der nur durch ein« enge und
lachte Ktrafse mit dem Hauptkörper des Hees verbunden ist.
t^'ber die neueste Hegt jetzt ein Bericht von Kpindler und
Lebedinzew vor, aus dem Woeikof (MeteoroL Ztschr.) einige
Auszüge giebt Danach lieti'ägt das gesamte durch die
Strafse in den Rusen eiustri»meode Was^r im Jahr etwa
ITV.HOcbkni; ein HulzhaUlger, nach nufaen gehender Dnier-
Strom ist wegen der geringen Tiefe der Btrafse nicht vor-
handen, dCMlialb miifs diese ganz« Menge, da auch der
[ Spiegel nicht steigt, wieder von der Oberfläche verdunsten.
I Da die Ols-rfläche des Busens etwa lK350qktn beträgt, writrd«
[ die» «ine Vcrdunstungshi>he von 0,98 in (rund I ni) «rgrlien,
I was mit dar von Woeikof für den nahen Kaspisc« berech-
I ueteri Verdunstungshöhe stimmt. Die Temporatiir in dem
Busen ist »o verteilt, dafs sie zugleich mit der Dichtigkeit
340
Kl4>iue Nachrichtcu.
vom Ausjjanp der Verbiiulunj'iwtrHfMj fAoherfbmiig tinch dt-ni
Inneni wächst (voa Irt" bis 1B.4® bezw, 1,02 in der er»Ueii
Rwlon, ütier 2‘J" b» 23* bezw. 1,02 bis 1,10 u. s. w. bi« zu
2rt* und 1.14 im Zentrum). Am Grund Hndet sich die um-
gekehrte Tniuiieraturverteilung: Ib* bis 21* in der MiUo,
24* bi« 2 A* Hii der reripherie des Busens, in Bezug nuf die
Snizausschciduugeti im Busen ist die seitherige Ansicht von
seiner Kigenisrhaft als .tSalx)ifanne* in Hinsicht auf Kochsalz
falsch, indem «ich diese« balz In den AbsAuen nuf dem
Boden der Bucht gar nicht tlndet, aoiHiern (»ip« und Glau-
lierralz. Kr»t in zweihundert dahron wird nach den Ber©t‘h-
imngen Iichedinzews, wenn die Verhältnisse so b)eil*en, wie
heute, ein Kunzeatrationsgrad erreicht sein, dafs die Aus-
.scheidung von fThlomatrium, später auch von t'lilorkalium
staitßiulet. Der jetzige Balzgehalt beträgt Di>bg im luter
Wn-sser, das 1,1380 kg wiegt. Auch der bisher als typisch
geltende Vt»rgnng des Absatzes von Salzlösungen, wofür der
Karabugas immer als Beispiel citiert wurde, dürfte nach
li»*l»ediuzew irrtümlich «ein. er wird als Hyj*olhese ohne
sichere Grundlagen bezeichuet. G.
über den bekannten Klautopf bei Blaubeureu
handelt Klunzinger in den fJahresheften des Vereins für
VAierländische Naturkunde in Württemberg, Jahrgang 38.
Dieser HamiiicUeich untenrdisrbcr Albzutlilsav am Sndabhang
der Alb zeichnet sich liekanuilich durch scint« w-underbar achbiie
himmelblaue Farbe aus; er steht allerdings damit in Dculscb-
land nicht allein, denn schon am Südabhang der Alb zählt Klun-
zitiger 8 «nlcher TÜpf« auf, sie sind nlwr sämtlich l>e<]cutend
geringer nn Cmfang und weniger tief. Der Hlnutopf lM»sitzt
seine schöne Farbe nur l>ei heiterem Himmel und ruhiger
Luft, sie entspricht verschiedenen FarbenGmen der Forel-
srhen Bkala, je nachdem nmn das geschupfte Wasser längere
i2eit stehen läfat mier nicht; im Topf sell«st ergab die Farl>e
bei genügender Beschuttuiig X 3 bis 4, somit kein reines
Blau, soudem ein Blau mit einem ziemlich starken Hiii-h
ins (irime und kaum blauer als frisch destillierte« Wa«ser.
Das i’lanktonnetz konnte am 15. August 1900 noch in lOuk
Tiefe gesehen werden, da« Wattsur ist als« ungemein klar,
die Temperatur ist «ehr glciclmtäl'aig 10*, der Topf friert
auch iiu Winter nicht zu. Die blaue Farbe und die gmfse
Durchsichtigkeit kimnen auf grofsen Ueirhtum an Karbotmten
zurückgeführt werilen, doch liegen neuere riuantitative
chemische Analv.oen nicht vor. Bei kleinstem Wasserstand
liefert der Topf per Minute 282 hl Wasser, l*ei HiK'bwasser-
«tand etwa .*1000 li], im Durclischnitt etwa ßOUhl, alik> eine
sehr bedeutende Wnssermenge,
Der Topf treibt schon in seinem Ursprung ein Rad für
eine Hammerschmiede, und der Übt^rschufii wird für ein
Wasserpumpwerk der Albwaaservcrsurgung verwandt. Die
gistfie Wasseruiengc «*rklärt «ich daraus, daf« der Blautopf
ein Hammel liecki'H zahlreicher Waaserläiifu für einen weil
gvlieuden Bezirk ist, die sich in grufser Tiefe in einer un-
durchlässigen Hi’hicht ansamiuelu. Nach einer Aufnahme
von l’rufcKMir Hchoder üit der Topf etw a 9 Ar grof«, er besitzt
••inen Umfang von 116m. eine grtVrstc Tiefe von 20 m und
ein Volumen von 5S0u bi« nout) cbin.
Die Untersuchung auf Rakterien ergab, dafs das Wasser
als TrinkwasKcr trotz seines klaren .Aussehens nicht rein
genug ist; während die Flora eine recht üppige ist, fauden
«ich keine Spure» V4iii Z4M>planktunten vor, und ea fohlen
daher gänzlich «lie Fische; Versuche. Forellen einzubürgern,
biielkpD bis jetzt vergeblich. Halbfafs.
— ülwr Unterschiede in der Form dar Bkoliusec
bei männlichen und weiblichen Individuen teilt
A. Gutter in der „Zeitschrift für orthopädische Chirurgie*,
11. 1kl. (190.3) f«)lgunde« mit: In seiner Austnltsstalistik ver-
hält sich die Zahl der mätinlichcn zu den weiblichen Kku
litMCti wie 1:T, in anderen Austaltststatiiitiken wie 1:7 bis
10; in der KchuUtatiHtik durchschnittlich wie I : I. Die Hko-
lioae beim inamilichen Geschlecht kommt ebenso hiuüg wie
Iwini woihlichen vor, unterwirft sich alter der Amitalütl>eliaDd-
lung weit »olteiier. Die Skoliuse kommt am hiiuügaten zwi-
schen dem 10., 1.3. und 14 Alteiwjabr vor. Die inilmilichon
HnckgraUvurkriiinmuugen «iud in 84.9 }'mz. links konvex,
in 37,04 Fi^iz. r^hu konvex; für da« waibUcho Geschlecht
ergslien sich in der Guttcrschen Anstalt die Zahlen 59,45
und 4U,05 Fruz. Sowohl bei den link«- wie rechtaseitigen
mäimiieheu HkoUiwen Itomerkt man eine s<!hw-nche Tendenz,
«ich mehr im oberen, ta-i der weiblichen sich mehr im unte-
ren T«-ile der WirlteUäulc zu lokalisieren. Diese Tendenz
tritt bei den liiik««citigen Fällen Itestmdera deutlich hervor.
— Das Kolouialwirlschaftliche Komitee hat sein
Arbeitsprogramm für 190.3/1905 insofern erheblich er-
weitert, als es sich mehr al« bisher uiteh dem Studium der
Transport- und Verkehrsfragen widmen will. Hierzu
geb<>ren unter anderem; Allgemeine kaufmännieebe »i>wie
spezielle Trassierung der osiafrikanüichen „Hödbahn*
(Kilw‘a-Xya««a); wirtsi>hsftlicbe Erkundung des Interemun-
gebieu der in iler Trassierung begriffenen Kisenbabn Victoria-
Mundnme (Kamerun); Bildung einer Togi^Kiseiibahngesell-
schaft auf Oruud der votn Komilet* bereits trassierten Linie
Lume-l'alime; technische und wirtschaftliche Untersuchun-
gen zwecks Nutzbarmachung der wichtigeren Flüsse in Ost-
urd Westafrika. Da« Arbeitsprogramm hat dadurch an
Umfang gewalGg zogenummeu, und da« Komitee bedarf
daher weitgehender Unterstützung auch aus privaten Kreisen.
Mau kann nur wünschen, daf« die ihm zu teil wird. Daf«
es sie verdient, darüber wird wohl kaum Heinungsverachie-
denheit herrschen; arbeitet d<>cb das Kolonialwirtscbaftliche
Komitee ganz objektiv und nicht im Binne irgendwelcher
InteresseugruppOD. R'wnders glücklich erscheint uns da«
Vorhaben, die ostafrikaniscUe Hudkahn zu studiere», wahrend
wir uns andererseits von der UntersuchuDg der ost- und
westafrikaniseben FIümw nicht viel vursprechon- Allei» es
kann «ich auch da viel NOizlicbos crgetMu, z. B. wenn un-
berechtigten Erwartungen frühzeitig der Boden entzogen wird-
— Drei neue Fälle von Pseudohermaphrodttis-
mus beim Menschen beschreibt A. llengge in der .Mo*
unlMChr. f. Geburtsk. u. Gyuäk.*, 17. Bd.. 1903 und hebt
dabei folgende« hervor, ln der Regelmär«igkeit, mit welcbt-r
«ich die sekundären Ueschlerhtsuniurschiede abhängig von
den GeschlechUdrüsen entwickeln, kommen häutig Schwan-
kungen vor. Jede Änderung in der OeschlecbtHdriise l»eeiu-
dufst die sekundären GescLIechtw^hnraktere um so mehr, je
früher jene Änderung eintritt Für kongenitale Hlörungeu
in der Geschlechtwlrüse und in den sekundären Gaschlecbts-
charaktoren sind stets mecfannische Ursachen zu suchen; ge-
lingt deren Nachweis nicht, t)o sind wir gezwungen, trophi-
fH'he oder nervöse KinHüssc anzunehmon, bezw. unsere
Unkenntnis der Ursache zu bekennen. Atavismus ist keine
Erklärung, dient aber dem Verständnis der anormalen Bil-
dungen. Auf die Entwickelung der physischen Gesebletrht«-
eharaktere and auch mancher an«lei>‘r Erscheinungen
sind Krxiehuiig und Beispiel von grofsein EioHufs. Die
operative Entfernung der Gesrhlechtsdrösen bei Seliein-
zwittoni ist nur dann statthaft, wenn durch diesell>en «tarke
Bf'schwerdcn verursacht werden und zugleich eine volle gO'
Bchlechtiicbe Funktion dieser Drüsen durch den Mangel an
entsprccheiideu llegattungsorganen unmöglich gemacht wird.
— - W. Velden vcroffenlljohte einen interessanten Auf-
satz über klimatische Kurorte in der Zeitsebr. t. diät,
u. phys. Ther., Ikl. ß. 1905. Er rühmt vor allem die («rua-
nische und bulivianische Hixrhebeiie, welche klimatische Ver-
häUniflse darbieten, w*ie sie wohl kaum irgendwo ander« in
der Welt, mit .Ausnahme der mexikanischen Hochebene, sich
wtederduden. Selbst Tulwrknlöse mit Kaverucnbilduug sind
nuf den H<»chländem von Tanja und Huaiicayo ihrer Wiotler-
herstcHung sicher; die»« 2500 bi« SOitOm ül>er dem Meere
gelegenen Tbalseukungeii auf der Hochebene der Konlüloren
weisen eine gleichmüfsige Temperatur von 14,18* im Mittel
auf und waren bereits zur Zeit der Inkas bD unfehlbare
Ueilorte für Phthisiker bekannt. Hanta IV de Boguüi in
Columbia ist ein liieblingsplntz englischer Invaliden. Jamaika
bietet in seinen sehr abwochselungsreichen Höhenlagen vor-
zügliche Aufenthaltsorte für Kranke mancher Art. Kali-
fornien und Florida werden ebenfalls in dieser Hinsicht »ehr
gerühmt. Die Hochlande Transvaals halH-n den hoheu Er-
wartungen als klimatische Stationen nicht euuprochen. doch
sind immerhin dort bemerkettsworle Heilungen erzielt wor-
den. Madeira hat ein wundervoll gleichm.ifsigvs Klima, doch
sind die Verbindungen «vhlecbi. I>ie Riviera ist mit ihren
V'orzügeii uud Nachteilen allgemein bekannt. Dagegen ver-
dieut Algier die wärmste Empfehlung als Wiutcrstatiun für
Lungoukranke , Skrofulöse, Blcichsüchtige u. a w. Die be-
rühmte fkiliwefcithermc llauunam d'lzba ist von grörstor
Wichtigkeit uud hnfvurragendem Erfolg. Al« Perle unter
den uns leicht und bequem erreichhareii klimatischen Kur-
orten ist die südliche MiitelmeerkUate von S|»anien anzu
sprechen . jene tiegend ist n«Kh viel zu wenig gekannt und
Busgeiiutzt. Verfaswr verspricht sieh von Hanutorien,
l»ri«pieUweise in Malaga, Erfolge, wie sie die Welt noch nicht
gesehen hat.
Veraiitwurtl. itcdakieui : M. Singer. UerliiiSW. 0, .<chöVU.iurr«lamm 26. — Ihiirk: FrieJr. Vieweg u. Sohti, hrauusikwrig.
GLOBUS.
ILLUSTRIKRTE ZlilTSCHRIET FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN: „DAS ADSLAND" UND „AUS ALLEN WELTTEILEN".
IIF.RAi:Sr.F.r.F.I)E.V VOX H SINGER rXTF.R HESONDERER MmVIRKlTJO VOX l'KOK. D«. RICHARD ANDRES.
VERLAG VON ERIEDR. VIEWEO & SOHN.
Bd. LXXXUL Nr. 22. BRAUNSCHWBI G. n. Juni 1903.
Nachdruck bmf n*ch Obortdaknofl diU dw VarU^thAaillang
Das Bassarivolk.
Von 11. Klose.
IHe baupUäcklicbHtu ThAtigkeit der R»aa»ri bosteht,
wie fast im guuaen Toifugebiet, iiu Aekcrbiiii. Diu Mituuer
und Sklaven bearbeiten das Feld mit Hacke und Axt,
während die Krauen bei der Ausmiat und Knite helfen.
Di« ilaiiptfrurbt bilden Yams und Hirse, welche in drei
verschiedenen Arten, in weifeer und gelber Kolbtmhirse,
wie in Kispenhirse, dem sogenannten Guineakorn, an*
gebaut wird. Die Hebauungsp«*rlode ist zwei- bis drei*
jAbrig, worauf da» Land ubenso lange brach liegt, um
dann von neuem bebaut zu werden. Yams und Hirse
werden zuweilen zusammen gebaut, ebenso sieht mau häufig
Guineakorn Krdnüsee und Bohnen zusammen auf einem
Felde gepfiADzt. Ferner werden Baumwolle, Okro, Sesam,
Taro und Tabak angebaut. Din Vamsemte Bcheint
ebeoao wie im Kvbegebiet von der Krlaubnis des Fetisch*
priesters abzuhäugeu.
IHe Viehzucht erstreckt sich auf Rinder, Schweine
und Ziegen, jedoch werden erstere baupUächlicb durch
Kulbe aufgezogen und gezüchtet, welche bis hierher als
uomadisierendQ Hirten vorgedrungen sind. Autaer ihrem
eigenun Vieh nehmen sie gegen Kntschädigung auch Vieh
von der einlieimischen Uevulkerung in Pfiege und werden
selbst von den räuberischen Bassari geschätzt und un-
behelligt auf ihren Niederlassungen gelassen, ln ßassari
erhalten diese Fulbehirten für die Pflege immer das
zweite Kalb. Ihre Produkte an Milch, die meist an-
gesäuert ist, sowie Käse und Butter halten sie auf den
Märkten in ßassari feil. Sobald die Weideplätze ihnen
nicht mehr reichliches Fnltt»r bieten oder ein Familien* |
glied stirbt, verlassen sie den Ort, um sieb an einer an- j
deren Stelle von neuem unzusiedelu.
Fi-^chfaug und Jagd gehören uatOrlich auch zu der
Beschäftigung der Bassari, und zwar betreiben sie
den erstereii hauptsächlich durch Kischgifb Zu diesem
Zwecke siebt man überall in Bassari an Flüssen
und Bächen einen Strauch mit hellgelben Blüten, die
sich später zu länglichen Schoten entwickeln, an-
gepflaiizt. Die Blätter dieses Strauches, der vermutlich
Tephrosla Vogelii sein dürfte, werden zu einem Brei
gestampft und oberhalb inden Flufs geworfen. Die Fische
werden dadurch betäubt und so unterhalb mit der Hand
lind in Körben gefangen. Zuweilen jedoch werden auch
Fische mit Pfeilen erlegt.
Zur Jagd dienen hauptsächlich Pfeile und Bogen,
aber auch das von der Küste eingufilhrt« Steiuscfalofs-
gewchr. Gejagt werden meistens Antilopen und Allen,
deren Fleisch, in der Sonne gedörrt, häufig auf den
Markt kam. Viele Felle von Leoparden und Wildkatzen,
Ulobu* I.X.tXni. Nr.
II.
die mit Stolz von den glücklichen Schützen getrageti
werden, zeigen die Krgiebigkeit der Jagd. Besondere
Jagdtrophäen sind ferner noch die schon erwähnten
.Xmiringe aus der Klefautensohle und die groEMm Hörner
aus Kifenbcin, welche bei feierlichen Aufzügen des Königs
geblasen wurden. Für uns bot die Jagd besonders «inen
willkommenen Braten in Busch* und Perlhühnern und
unzälüigen Tauben, die von den Hugeboreuen nicht
gejagt werden. AuTser kleinen, grünen Papageien um*
kreisten täglich Adler wie grofse Habichtsarteu die Dörfer,
um dort mit unglaublicher Frechheit die jungen Hühner
fast unter den Händen der Kingeborenen fortzustehlen.
Kiue der Hauptvrwerl>K(|uelIcn ist unzweifelhaft die
Eisenindustrie, durch welche sich BaNsari im ganzen
Hiiiterlande von Togo einen Ruf erworlwR hat. In Ket«,
wie auf allen gröfseren Märkten im Evhogebiet trißt
man die Produkte der geschickten BaHsunsebmiede an,
die meistens durch die intelligenten Hauasakaufleiite so
weit exportiert werden.
Xaparba ist das hauptsächlichste Scbmieiledurf, ln
welchom der taktmätsige ^hlag des Hammers widurhuJlt,
und wo in den kleinen Hütten Tag und Nacht durch
einen primitiven Blasebalg aus Fell das Feuer in Atem
gehalten wird. In diesen Schmieden arbeiten Meister wie
Geselle vollkommen unbekleidet, nur ein Paar Sandalen
und eine pbrvgiacbe Mütze bildeo die ganze Kleidung
(.\bb. 5). Unter den wuchtigen Schlägen von Steinhämmern
auf ebcusolclmm .\mb»s wird das giühunde Eisen zu aller*
haud Hacken, Äxten, Messern, Speer* und Pfeilspitzen
verarbeitet. Das hauptsächlichste Produkt sind diu
überall gebräuchlichen Feldhackcn, die aus einer runden
Kisensebeibe von etwa 20 cm Durchmestter liestehen und
in dieser Form in den Handel kommen, während ein
hölzerner galHilförmiger Stiel meistens .selbst von den
Käufern dazu berge.Htellt wird. Besonders geschickt
wurden die kleinen vierkauttgen, mit Widerhaken ver-
sehenen Pfeile und Speeru, eowiu die bekannten Messer mit
0*griil bergestellt. Was das £i»eu selbst anbetriflt, so wird
es io einfachen 2 bis 3 m hoben Schmelzöfen aus Lehm
gewonnen und durch Holzkohle au-n Rot- und Braun-
eisenstein reduziert. Die Gfeu sollen von oben zu-
gleich mit Holzkohle boHehickt und so in Brand gesteckt
wurden, während unten sich der Abfluf?< für das Eisen
befindet. Das beste Material und die meisten Schmelz-
ofen befinden sich in dem bemicbbarteu Banycli, woher
es auch bnuptaächlich die Bassarischmiede beziehen und
mit dem geringen^ in Mpampu gewoiinenen Ila^HarieiHPi)
zusammen verarbeiten. Die Holzkohle wird wie bei uns
43
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342
II. Klone. Dae naaaarivoik.
in Meilern gewonnen, welche mit Krde und (fmii ein*
gedeckt werden.
IHe Töpferei wird meii»teiis in den »Qdlich gelegenen
Ortschaften tod ßasKarl, in Muandu, Kuiukunde und Nafine
wo sieb ein vorzüglicher Tupferlehm befindet, betrieben.
Die Töpfe werden von Frauen mit der Hand geformt,
da nirgends in Togo die Drehscheibe bekannt ist. Mit
Steinen und glatten Holzem werden sie geglättet und
darauf auf einem mit Gma und F.nle bedeckten Holz*
stofa langsam gebrannt. Ferner werden noch aus Pan*
dauus Matten und aus dem Bast der Raphia Thürvor-
hänge, Körbe und andere Flechtarbeiten herge.stellt. Die
Schnitzerei wird haupbiächlich bei den Kürbisfluschen
angewandt und zeigt dasselbe Muster wie die (Ornamente
an den Hütten und die grofaen Tättowieningen auf der
Bruat. fbe Spinnerei wird
von dun Frauen geübt,
doch scheint diese haupt*
sAofalich von Temuleuten
l>etriehen zu werden. Die
Weberei liegt, wie schon
erwähnt, vollkommen in
den Händen der Hausaa
und Thautshuleute, wah-
rend die Färberei mit In-
digo und Uotholz von den
RasNarifrauen selbst voU-
fuhrt wird.
Was die Regierungs-
form aubetriflt, so ist
Hassari ein Königreich,
an dessen Spitze zu uti>
serer /eit König Tiigbii,
ein unfähigerMaun, stand,
der vollkommen ein Spiel-
ball in den Händen ein-
zelner einflnfsreicher
Häuptlinge war. Aufser
dem König, der die oberste
Instanz bei allen Streitig-
keiten bildet, steht dem-
selben der Rat der Alten
in allen wichtigen Knt-
Scheidungen über Wohl
und Wehe des Staates bei,
der sich zu diesem Zweck
in der Königsstadt Kore
versaimnelL Der Rat der
Alten setzt sich aus den
ältesten Oberhäuptern der
Familien, den Häupt-
lingen der einzelnen Ortschaften zusammen, während
wie4lermn die säintlicbeii Fnmilienohcrhäupter in den ein-
zelnen Ortschaften den Gemeinderat bilden, an dessen
Spitze <ier Häuptling, meistens das älteste Mitglied dieser
Körperschaft die F.ntscheidung triftt (.\bh. 6). Der Ge-
meindernt bildet die erste Instanz, während in letzter
und zweiter Instanz bei Streitigkeiten o<]er .Scbiildfragen
der Ih«t der Alten Zusammentritt; dieser debattiert über
diu schwebenden Fragen und trägt nach erfolgter Be-
ratung das Resultat derselben dem König vor. Der
König entHchuidet dann seinerseits und läfst darauf durch
seinen Sprecher öffentlich das l'rteii verkünden. Für jede
derartige Gerichtssitzung erhält der König von den beiden
Pai'teien 6(K)0 bis 20000 Kauris, was bei den ewigen
Streitigkeiten der Bassari mit die gröfste Revenue dos
Königs ist Meistens sind schon vorher erhebliche Ge-
riebtskostun bis 6000 Kauris in der ersten Instanz zu
zahlen, so dafs häuflg die G<*richtskosteii das (Mtjekt <les
Streites weit übersteigen. Fanfliifsreiche und vermögende
Familienoberhäupter spielen in Bassari eine besondere
Rulle lind verfügen oft über mehr Machtmittel als der
König selbst, so dafs auch häufig ein derartiges rrteil
nicht vollstreckt wurden kauu und sich daher mancher
einflufsreiche Familienvater in seinen engeren Grenzen
sein eigenes Gesetz macht. Aufser diesen Prozefs-
gebühren haben die Häuptlinge, sowie der König noch
Anspruch auf einen Teil des erlegten Wildes.
Ferner ist Jede» Dorf verpflichtet, Farmen für den
König anzulegen und beim ersten Ausm&chen des Yams
dem König einen Tribut von Feldfrüchten zu leisten. Der
König nimmt aber nicht täglich die .Audienzen »einer
Unterihnnen entgegen, die mit Yams beladen nach der
Königsstadt Kore ziehen, um Tribut zu zahlen und ihm
zu huldigen , sondern em-
pfängt derartige Tteputa-
tionen nur alle zehn Tage.
Ks ist dieses für die könig-
liche Vorratskammer ein
sehr l>erechnete.H und spar-
sames Verfahren. Cbri-
gens scheint bei der Yams-
urnte ein besonders gutes
Geschäft der Fetisch-
pricster zu machen, da
von seinem Machtwort und
seiner Flrlaubnis der Be-
ginn der Yamsemte ab-
hängt
.\ufserden eigentlichen
Prozessen spielen alier
.^uch die Goitesurieilo und
mit ihnen die Fotiseb-
priester eine einschnei-
dende Rolle in dem ganzen
Volksleben der Bas-sari-
leute. über die Religion
selber konnte ich leider
wenig erfahren , nur daf»
sie oihou Gott Unoml>oUe
besitzen , obwohl dieser
vermutlich die ol)er»te
Gottheit nein dürfte. Auch
scheinen mehrere Plätze
auf dem BassariWrge, die
Zufluchtsort« bei Kriegs-
gefahr, besonders geheiligt
zu sein. Kigentümlich ist,
dafs derselbe Fetischkegel,
der in KeteOdente geweiht
ist, .sich auch in Bossari wiederfindet, welchem Hübner
und Schafe geopfert wenlen. — ln zweifelhaften Fällen
entscheidet auch I»ei den Baasnri das Gottesurteil, welches
der Fuiisebpriester veranstaltet. Ist einer des Morde»
verdächtigt, so mufs der Beschuldigte den Giftbecher aus
der Hand de» Fet i.sebpriesters vor versammelter Volks-
menge nehmen, (rieht der Betreffende da» Gift von »ich,
SU wird er für unschuldig erklärt und durch Schiefsen
beim Gelage mit Tanz gefeiert. Der Kläger hat dann
die Kosten und einen Schadenersatz an den Beschul-
digten zu zahlen. Hut aber das Opfer das Unglück, das
Gift l»ei sich zu behalten, so ist seine Schuld erwiesen,
und der Unglückliche wird bei den ersten /uckungeii
niedergeschlagen. Bei kleineren Vergeben wird dem .\n-
geklagten eine Schüssel mit siedendem ()1 vorgesetzt,
aus welcher er einen Ring, ohne sich zu beschädigen,
hcrnusholen inufs. Mord wird mit dem Tode l>cstrnft.
Die 'rodesstrafe wird von den Familieiihäuplern voll-
Ahh. Rassarlschaiied aus Naparba.
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il. Klute: I>A8 Bninitrivolk.
»43
zogen, indem siedoD Dolinquenteii mitMesisern im ßiuche
uioderstecben. Dan Kigentum de» MOrderti geht in den
IWsitz der Kamille des hiriuordeten über. Auch kann
sich diese anstatt der Todesstrafe für den Verkauf des
Verurteilten in die Sklaverei entscheiden, wol>ei der
i'lrlüs der geschädigten Katuilie zufällt. Körperver-
letzungen wurden ebenfalls mit Verkauf in die Sklaverei
geahndet, ßiebsbih) wird verbiltnisrnäfsig sehr streng
bestraft, indem man den bei der That ertappten Dieb
einfach töten kann, anderenfalls wird er vor Gericht
gefordert und niufa da» gestohlene Gut ersetzen und ein
hohes Ijösegeld zahlen. Kalis er dazu nicht ün stände ist,
wird er als Sklave verkauft
Wie bei den Gottesurteilen spielt der Ketischpriester
verwaist bleibt, herrscht in ßassari das Interregnum.
An der Spitze des Staates steht ein aus dem Rat der
Alien gewähltes Kamilienoberhaupt, welches diu Ru-
gierungHgeKcbüfte führt und gewiKNermafsen den neuen
König in diu Guscliäfto einweiht und diesem noch drei
Jahre mit Rat und That zur Suite steht, so dafs der
König eigentlich nur repräsentiert und der Regent mit
. dem Rat der Alten wältrend dieser Zeit regiert. Hat
I der Fetisch die Ritten des Volkes erhört, so wird das
Volk eines Tages mit einem neuen König überrascht.
Dur KönigsNtuh) ist wieder mit einem Prinzen besetzt,
und dieser lufst sich von dem bald herbeistromenden
Volke huldigen. Dur neue König mufs eine droifsigtägige
Prüfungszeit durchmachen. Im Fotisebbaus zu Naii-
Abb. e. Kassart-Hloptling nad Gemelnderat.
liei der Königswahl eine hervorragende Rolle. Auch in
Rassan soll der oberste P'etischpriester den neuen König
aus der Königsfaniilie proklamieren und in sein Amt ein-
setzen. Nach dem 1'ode des Königs darf kein Mensch
die Hütte desseil>ea betreten. I^as trauernde Volk läuft
nun zum Fetischpriestor, um l'nombottu weifsu Hübner,
Yams und andere Krzeugnisse zu opfern und uro einen
neuen König zu flehen. Der Ketischpriester wählt dann
nnscheiiieiid nach seinem Gefallen den Nachfolger aus der
Königsfamilie. Dabei scheint mehr die Willfährigkeit des
Kandidaten als die 'rhatkraft desselben den AusHchlug zu
gel>en , damit dieser nicht zu selbständig wird. Jeden-
falls soll dies für die Wahl unseres Freundes Tagba
iDat»gelM.'Dd gewesen sein. Solange der Khrensilz des
Königs, ein von einer Mvtbe umwobener Stein in dem
königlichen Pala«te, der natürlich wie alle anderen Re-
hausungeu auch nur aus mehreren Lehmhütten Wstehi,
banc erhält er unter gewissen Zeremonien Verbaltiings-
mafsregeln und I.ehren vom Ketischpriester. Während
lUestT Zeit darf der König die Hütte nicht verlassen,
bis er unt4>r Pauken- und Hörnerklang nach Kore, der
eigentlichen Residenz, geleitet und das Krönungsfi-st hei
Tanz und Gelage gefeiert wird.
Die Feste und Zechgelage sind bei den Hassari an der
Tagesordnung; bieten d«>ch die RatsverKammlungen
schon eine amtliche Rerechtigung dazu, du man bei der
grufsen Hitze wichtige Rescblüssc ohne einen Schoppen
Hirsebier nicht fassen kann. Natürlich verlaufen diese
Versammlungen, wenn die Gemüter erhitzt sind. wa.s bei
dem Rassari sehr leicht der Fall ist, ziemlich stürmisch,
so dafs alles durcheinanderschreit und ein wüstes Ge-
schrei jeglichen Reschluls verhindert.
Fast täglich bei unterguhonder Souuu versammelten
sich unter den grof^en Räumen auf dem Marktplatz des
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H44
il. Klose; Dss Bassnrivolk.
Dorfes die Fftmilienväter des Ortes, uiu ifcmeiiiHchuftlich
DRch des TftgCB Last und Hitze ihren Aboudschoppen
einr.iinohmen und friedlich aub ihren Pfeifen den BcUisi-
^ehauten und fcriuontierien Tabnk zu daiupfon. Die
I'oütik wird dann weniger bcnlhrt, und ei« flotte» Jeu
mit KluBAtz von Kauris beginnt Neben einem kröftigen
Zuge Ilirsebier aus einer grofsen Kalabasse beherrscht
das Spiel die Aufmerksamkeit der Anwesenden, Iin
grofsen Kreise, mit bis zum Kinn angezogunen Knien
bockt ein iedur auf einem kleinen Stein, nur mit der be-
i|uenien AUtagskleidiing, einem kleinen Schurzfell, ver-
Heben, und sieht dem glückbringenden Spiele zu. Jeder
bat lieben sieb einen kleinen llaufen Kauris aufgebaut
und wirft eine gewisse Anzahl in die Mitte d»^« Kreises.
l)er Gewinn fällt demjenigen zu, deHsen Kuuris in der
Mehrzahl mit der Narbe nach oben fallen. Um dem
Wurfe besonders Nachdruck zu vcrloUien, wird häufig
mit den Fingern geschnalzt. Hei allen diesen Festen
und Gelagen wird speziell Hirzebier, das National-
getränk der Hassari, getrunken, obwohl auch Wein aus
der Kaphia vinifera gewonnen wird. Das Hier wird
meistens im utgenuu Haushalt Ton den Frauen nua
gelber Kulbenhtrso und Guiiieakurn zubereiiet. Das
get{uellte Mal/ wird gekocht und der Satz zum (iären
stoiieu gelassen. Häufig wird noch Honig von wilden
Hienen beigemischt , damit es besonders achmackhaft
wird. Auch nimmt man Lufia dazu, um es kräftiger
herzustellen, doch wirkt letzterer Zusatz vorzugsweise ;
IterauHcboml.
Hesondem geschickt sind in der Biurbereituiig die
TshauttibofrAueu, die in grot«eii Töpfen das Hier auf
dem Markte zum Preise von 200 bia 250 Kauri», also
20 bis 25 Pfennig für eine Kalabasse von etwa drei bis
vier Liter, feilbieten.
Hier in Baseari wie in den meisten Ortschaften im
Togogebiet int nur oimual in der Woche, also alle sechH
Tage, ein grofaer Wochenmarkt. Es hangt dies auch mit der
/t'itrechiiung zusammen, wounch hu grofiiteu Teil von
Togo die Woche nur »echs Tage hat. Kleinere Märkte
finden auch in Hassari täglicli statt. Gegen 4 l'lir Nach-
mittags, wenn dio Sunnenstrahleti ihre brennende Wir-
kung verlonui buben, zieht alles auf dan Markt, und um
.51'br ist du» Hauptgeschäft im Gange. Der griifste Markt
findet statt in der Nähe der Ki'iWningssladt Kore, wahrend
ein ehcDfalls gröfserer .^lHrkt in Naparbu nbgelmlten
wird. Di© Verkäufer sind vorzugsweise Frauen, die
Feldprodukte und sonstige Erzeugnisse, wie Yams, Hirse,
Krdnd.sse, Pfefler, .^usam.saut, Okro, Tomaten, Zwiebeln,
auch Paliiikerne, Palmöl, imulizinische Kräuter, in grofsen
Kulnbassou aus Kürbis oder in grofsen TImntöpfen feil-
halton. Ferner werden Hübner. Perlhühner, Ziegen und
>>cbafo von den l'armdörfem zam Verkauf gebracht-,
aller auch fertige Sp-hen, wie in der Sonne getrocknetes
Antiloponfleisch. Ilirsoklutsc, geröstet© Erdnüsse und
gebackenes Schaf* und Kindfleiseh mit Kräiiter.saucen
sind dort au lukullischen GciiÜsHen zu haben. Die ge-
schäftHkumligeii Hatissa haben sich auch hier mit unsen>m
KrHcheitieii etngefundeii, um europöiBcbe Stoffe und GIak-
perlen sowie Addasalz mit gutem Profit umzusetzen.
Thautsboleute halten ihre eigenen hergestellten Tücher
sowie Mechtarbeiten und andere .\rtikel nn Hausgeräten,
als Thürvorsetzer, Vamsstampfer u. s. w., sowie auch
Seife und Tabak in Rollou, feil. Indigo, Hoiboiz und
Schminke in Gestalt von Hleiglanz zum Farben der ,\ugeii*
brauen, auch Blau- und liotgarn, Armringe von Mussing
sowie Spiegel sind <lie begehrtesten Artikel der llamen*
w'idt. Salz, Steiiiscblofsflinten im Pndse von 2.5 bis
,30000 Kauria sowie Pulver und vor allem Schnaps wird
von den llaussa von Kete oder auch weiter von der
Küste her importiert, um gegen die Haupterzeugnisa©
de» IaiuIcs, Eisenprodnkt»% Rindvieh, Schafe un<l Ziegen
sowie Tabak, eingetauacht zu werden. Interessant sind
ferner noch die Wahraager, diu ihr GoBcbäft ganz ge-
werhstnäfsig auf offeuum Markt betreiben und aus den
Zeichen, welche sie mit einem Stocke auf dem Erdboden
machen, für ein paar Kauri» die Zukunft den Wifu-
ijogierigen weissagen.
Wie in ganz Togo, ro wird auch hier der Tod meihieD»
oinem bösen (»eiste oder dem Zauber eines Feinde« zu-
g©Hchriel>eD, und daher spielt auch hierbei der Fetisch*
prie»ter und der (»iflbucher zum Verderben de» aber-
gläubischen Volkes eine ganz besondere Holle. Gleich
nach dem Tode wendet sich die Familie an den FetUeb*
priester, damit er entscheide, ob der Tod auf natürliche
Weis© erfolgt ist, oder ob Zauber oder Mord vorliegt.
Entscheidet sich der Priester für das letztere, so lenkt
er wie die Wahrsager den Verdacht auf gewisse Per-
sonen. Iter mutuiafKliche Verbrecher wird de« Mordes
angcklagt und muf« »ich dem GottesurteU durch den
ttiftbeeber uuterwerfun. Das BcgräbnlH und die Toten-
feier rüstet die Familie aus, welche e» als be^OIlde^e
Pflicht aosieht, je nach Vermögen dieses Ereignis würdig
zu feiern. IHe Leiche wird gewaschen, häufig mit Rot-
holz uingerieben, in ein Tuch oder Fell gehüllt, auf ein
paar Bambusstäbe gebunden und in feierlicher Prozession
durch da» Dorf getragen. Bei untergeheuder Sonne
werden die Toten mit (iesang beerdigt, Familienober-
häupter im Gehöft, Frauen, Kinder sowie Sklaven ini
Busch. Die Gräber im Busch bedeckt mau meistens mit
Dornen und Steinen, um sie vor dem Ausseharren der
Hyänen zu schützen, Verheiratet© Frauen, welche au»
anderen Orten stnuinien, werden häufig an dem Wege
begraben, der nach ihrem lieimatsort führt. Haare,
Nägel, welche zu Zauberzwecken Verwendung finden,
wie drei bi» vier Bnmbusstäbe von der Hütte dea Ver-
storbenen werden mit einem Tuch bedeckt, gleichsam
ala Symbol des Leichnam» den Angeliörigou der Frau
nach ihrem Heimatsort gesandt und dort begraben.
Nach der Beerdigung wenlen die Trauergäste festlich
vou den Anverwandten bewirtet, und drei hi» vier Tage
wird für den Toten geschossen, um die bösen Geister zu
verscheuchen. Während der 16 tägigen Trauer bleibt
die Witwe unbekleidet in der Hütte und veriafst diese
erst, nachdem »ie ein Keinigtingsbad geiiocnmen hat.. AI»
BufHcrea Zeichen derTraucr legt sie daun ein dunkelblau
gefärbtes Tuch an. Öfter kommt es indessen vor, daf»
die trauernd© Witwe einen Liebhaber bat, der sie »chun
während der 'rrauerzeit vei*pflegt und bald nach Ablauf
dersclbpti heiratet..
Schuldner hat nur derjenige da» Recht zu l>egraben,
welcher für die Schulden di'HBelben cintritt. Auch darf
keiner das Erbe der beweglichen Hube des Schulduer»
Antreten, wenn er nicht die Verpflichtuug de» l*>bla?Mjer»
den Gläubigern gegenüber übernimmt. Meistens jedoch
setzt sich die Familie vorher mit den Gläubigem au»-
eiiiHiider, da es als schimpflich gilt, Verstorliene nicht
zu beerdigen. Anderenfall» darf der Schuldner nicht
begraben werden, er wird vielmehr an einen Baum im
BiiHche allsgesetzt. Tritt dann ciu Gläubiger au die
Familie de» verstorbenen Schuldner» heran, so wird er
in den Busch gewiesen.
Was das Erbrecht nnbetrifft. so erben die Kinder den
lieweglichen Nachlaf», wie z. B. Vieh und Ackergeräte,
elu'nso die Hütten und die Ernte auf dem angebauten
EelJe, währeud da» Land selbst der ganzen Gemeinde
gebiirt. Sind keine direkten Knehkommen vorhanden,
»u erhell die Sklaven den ganzen Nachlaf». Dio Erben
haben die Verpflichtung, die Familie des Verstorbenen
345
l)r. Karl Krott Hanke: Balliatiacbca über Bogen und Pfeil.
au uoterhHlten, die Scbuldco deasclboo xu üburuebmon
und fär ein würdiget Regr&bnU zu torgen.
Dieeeg wären io grcDien Zügen die Sitten und Ge*
bräiiehe dietet natürlicbeii Ihiachvolketf wie et unberührt
vuu jeglichem t'uropäiKchem KinfliitKe angetrofTeii worden
ist. Nähere Elinzelbuiteu au» dem I^ben und dem Ver-
kehr mit diesem Volke findet der geneigte I^eser in
meinem Buche über Togo. Zum Schiufa möchte ich nur
noch erwähnen, dafs Bahtari gewitt einst lienifen sein
wird, durch »eine geognipkiachc Lage, wie »eine Pn>-
duktionsfubigkeit für Nord-Togo wirtschaftlich eine her-
vorragende Bolle zu spielen.
Ballistisches über Bogen und Pfeil.
Von llr. Karl Kriist Banke. Arosa.
I.
Kthnograpbische Forschungen filier Bogen und Pfeil
buhen sich bisher stet» auf die morpholugisrhen 3ferk-
male dieser Instrumente he»chfinkt, ohne der mauttig-
fachen ballisiischen Kigunschaften zu gedenken, die den
lieidtiii der Art ihrer Verwendmig nach in sehr variieren-
der Weise zukommeti tuQsson. Ifiese Lücke uuszufüllen.
toll mit der vorliegenden Arbeit versucht werden.
Kiuitmaligi? derartige Arbeiten pflegen sUd» in vieler
Hinsicht vervollkommnungsfäUig zu sein, und ich bin
mir sehr w'ohl bewufst, dafs da» (Heicbe bei meiner Ar-
beit in bobem Grade der Fall ist. Sie leidet von vorn-
herein an zwei grotsen, Für mich momentan irreparablen
Schwächen. Die eine ergiebt sich daran», daf» meine
iriiG'rsucbnngen an Saiuiolung»materiai gewonnen »ind,
das helfet also an »eit langer Zeit auFscr Gebrauch hc-
Kurve 1.
Pfeülünge in Centlmeier ülior Bogenlänge in rentimeter.
findliehun Bogen. I>a es sich vor allem um eine Krforschung
der Elastizitötsverhältnisse der Bogen handelt, kann in
dieser Beschränkung de» Material» eine recht beträcht-
liche Fehlertpielle verborgen sein. AnTserdem ist es mir
finfaerer Umstände halber, die mir meine freie Zeit auf»
uufserste beschränken, leider ganz unmöglich gewesen,
mich ober die einschlägige halliBÜschc Litteratur zu
unterrichten. Lange habe ich gezögert, ehe ich mich
auf vielfaches lirätigeu dazu entscblots, da» schon vor
längerer Zeit gesammelte Material in der vorliegenden
vorläufigen Ikuirbeitung zu veröftontiiehen in der Kr-
Wägung, dafs es mit den mir zu Geliotc stehenden Hfilfs-
mittein auch bei Kenntnis der eigentlichen ballistischen
Methoden unmöglich sein wird, eine wesentlicb durch*
goartieitete Abhandlung zu Hofern.
Die vorliegende Publikation »oU also nur die Wichtig-
keit dieser neuen Betraebtun^weis« aufzcigeii und zu
weiteren Forscbuiigeu in dieser Richtung den Anstofs
geben.
Die Anregung dazu, das hier niedergelegte Material
Globus LXXXiil. Nr. 28.
zusainiuenzutragen, verdanke ich der Kinffibrung in den
von meinem Freunde Prof. Dr. F. v. Luseban gegründeten
Klub der Toxophiliten in Friwlenan, der »ich die prak-
tische l^flege der schönen Kunst des BogenschieUons zur
Aufgabe stellt. Dort, in der Handhabung verschiedener
Bogemirten, gewinnt man ungeabnUni Kinhlick ln eine
Fülle praktiKch wichtiger KigeuHchaften von Bogen und
Pfeil und erhält Aufschlufs über eine Anzahl »nnst will-
kfirlitib »cbeiiicuder Formen. Unter stetem BeiHtand
Herrn Prof. v. Luschans habe icb .später im Berliner
Pfeilschaftlänge in ('«DÜiueter über Bogeuliiige
in Ceutimeter.
Museum für Völkerkunde alle mir zuguugiieheu Bogeu-
typen auf die wesentlichen ballistiscbon Kigimschaften
geprüft und dabei von Seiten des IHrcktor» wie sämt-
licher Ahteilungscfaeffl in der liebenswürdigsten Weise
Unterstützung meiner Bestrebungen gefunden. Die An-
gaben ülier die chinesischen und einen Teil der afrikanischen
Bogen stammen au» dem Münchener ethnologischen Ka-
binett, wo mir Herr I>r. Büchner ebeufall» mit gröfster
Bereitwilligkeit das Material zur Verfügung stellte.
Ihnen allen sei hier mein herzlichster Dank ausge-
Hprochen, vor allem Herrn Prof. v. Liischnu, der l>ei aileii
schwierigen Zufällen der Bestinnuungeu mit Kat und
Th.'it und »einer »o kostbaran Zeit ausgebulfen.
44
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34ß
f>r. Kruit Karl Rnnke: Dalliititeheii ub(>r uud Pfeil.
der Neobeit de« Problems für den deutschen und
vielleicht Qberhaupt für den (‘uropAiNch-fe.stlfindiHchen
Leser imif« ich einige Krläuterunifen vorausHchioken. l>ie
Kurve III.
Pfeil|^wic)it iu (iramm über Bo^eiililiige
in (!«uilnieti;r.
wicbti}(«ten Ilaten für die Deurteilung eines nogen« als
Scdmfswaffe sind:
1. Länge der 8}»aumiugf d. b. AbitUnd des Mittel*
stück« oder wenigstens des S|iaunpunkts der Selm» vutu
ßogenmittelstück> bi« zu welchem iin allgemeinen ge-
spannt wird.
2. lüe Kraft, welche notwendig ist, um den Itogen
auf diese f.inge zu spannen.
3. iiewicht des Heiles.
Was die erste dieser drei Grötsen betrifft, «o kann
sie niübt ohne weitere« aus in einem Museum auflie*
wahrten Bogen und Pfeilen ersehen wonlen. l'Uu Maxi-
mum für dieiudhe kann man allording« in der Pfeii^rhaft-
länge ungel>en. (>ber den Schaft hinaus kann, da die
Kurve IV.
lk>ireDgewichi in Kilogramm über Bogenlanife
in tVntiuo'ter.
uiiregelniHrhig geformte Spitze einen ruhigi'ii und Kitrhu*
ren Klug des Pfeiles bei ihrer Heibung gegen den Bogen
unmöglich machen würde, der Pfeil nicht gezogen wer-
den, wenigsten« »icher nicht für gi^wöbnlich. Wo die
PfeiUchaftlünge klein ist, kann iilsu dieselbe als Muf«
der diircbsclihittlicben Spannweite benutzt werden. )>»«
tiifft aber nur in ziemlich selteueu Fallen zu. Sehr
viele Völker luilieii lange, zum Teil sogar ungeheuer
lange Pfeile, und ea i«t damit von vornherein auage-
«chloHsim, daf« sie beim Spannen die ganze Pfeüschaft-
Uiige ausuutzen.
In den meisten Fällen wird aber bei langem Schaft
und bei luitteikräftigeui Schuf« die Sehne bei gerade
voi^estrecktem Huken Arme mit der rechten Hand Bis
gegen <ia« Auge gezogen, «o daf« (Ue«c Länge un« für
die Fälle von langem Pfoilscbaft einen .Inhalt für die
durchiM-hnittliche maximale Spuniiweitf; bieten kann.
Die englischen «{Ktrtmäfsigeu Bogenschützen haben dieae
Distanz zu dem Stammmafs ihrer Pfeilschaftlängen aus-
gewAlilt, von der ballistisch richtigen Ülierzeuguug
ausgehend, dafs jede grüfsere Länge des Pfeiles unui'uig
und hinderlich sein mufs. Sie geben uns also in ihrer
mittleren Spannlänge von 71 cm eine bi.s auf weiter«*«
liraucbbare (tröfse einer praktisch sich ergeWnden l*^pann-
weit« au die Hund, die ich l»ei dem völligen Mangel
brauchbarer .\ngabeti
in allen den Fällen an-
genommen habe, in
denen die PfeiLschuft-
läiige grötser als 71 cm
gefunden worden. Für
einen ersten vorläufigen
Vergleich der einzelnen
Hogenarten wird diese
Methode hinreichen.
(fenauere Keiuitni« der
balli'«ti«chen Leistungs-
fähigkeit der Verschie-
denen Bogen kann aber
mir auf dem Wege er-
neuter For««'hung unter
den heute noch bogen-
Hchiefsemlen V'ölkem
gewonnen werden.
Kinige .iusniibiuen von
dieser Regel werden
sieh übrigen-’« sclion b«*i
der kritischen Betrach-
tung der gefundenen
Zahlen als «ehr wahr-
scheinlich erwei-sen.
Diu nötige Kraft,
das jcwt'iUge S]Nin-
nutigsmaximum herbei-
zuführen, konnte di-
rekt gemessen werden,
indem der zu unter- Pfeilgc»icht in Gramm tiber
«iichenile Bogen iu Ik>ir«*ngewicht in Kilogramm,
seinem Mittelstück ein-
gespaunt und nun die frei gelassene Sehne allmählich
mit immer schwereren Gewichten hela.«tet und die je-
weilen damit erreichte Kntfernung des Sehnenmittel*
punkte« vom IlogenmittfdNtürk in Centimeter gemessen
wurde. Bei einer .\nzahl von Bogen konnte allerdings
di«^ maximale Spiinuweit« nicht ganz erreicht werden, du
e« «ich um sehr wertvolles etbuolugische« Sauiiulungs-
material handelte uud die Möglichkeit eine« Bruche«
ausgeschlossen werden mufst«. ln diesen Fällen wurde
der Bogen bi« auf etwa aOcni gespannt, und au« der für
diuNe Spannung notwendigen Kraft die aus der gefunde-
nen Spuniiungskurv«* sich ergebende Kraft er«chlo««en,
die ilen vorliegenden Boguu auf «eine maximu!«« Spann-
weite «punneii würde. lHe«o Kraft winl in Kiiugramiii
ausgedrückt, von den engli«clieii Fachleuten al« „Bogeii-
gewicbl** bezeichnet, ein Ausdruck, den ich WibeUulteu
habe.
Kurve V.
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[>r. KriiHt Hntike; HnlliBiischps über ßoirnn und Pfvil.
347
1>S8 Pfeiljfcwicht wurdu dadurch iMstiujmt, dntti uitic
möglichst grntae Aiixab) Tun Pfeilen gewogi‘n und daun
d»H Mittel auB den Wägungen gein»nimen wurde.
Autt den ho gewonnenen Paten lae^en »ich zwei «ehr
wichtige OroNeu wenig?<tcn« aun&hcrungHweise durch Rech*
Duug finden. iVatenK die lebendige Kraft und zweileus die
Geschwindigkeit des Pfeiles im Moment des AhHchiuf^on»«,
Pa för Jeden Pfeil eine eigene Konstante für den Luft-
widerstand in Wirksamkeit i«t, die für jeden erst durch
eigene Versuche erschlossen werden müfste, kann die
Flugweite und die Geschwindigkeit und lebendige Kraft
des SrhuHse« in bestimmter F.ntf«mnng nicht berechnet
wurden. Porli genügen die beiden erstgenannten (ir('irHen
zur vorläufigen Orientierung über diu LeistungHfähigkeit
verschiedener ßogenarien uud ihre geguUHcitige Verglei-
chnng voUstAndig.
Bei der Berechnung der lelMuidigen Kraft un»l der
Geschwindigkeit hin ich in folgender Weise verfahren.
IHe Icbondige Kraft, die der Bogen dem Pfeil im Moment
de» AbschiutsonH erteilt, i»t uotwemligerwuisu gleich dem
Produkt der Kraft, die auf den Pfeil einwirkt in den
Weg, auf dum sie iu Wirksamkeit ist Pie Kraft, die
die Sehne des Bogein» am Punkt der gröfsten Spannung
an den Pfeil ahgiebt, i-t, wenn wir von dem störenden j
Kiiiflufs des Stofses einstweilen absehen, gleich dem i
Bogengewicht Piese Kraft wirkt alter nicht auf ileru j
ganzen Wege ein, bis der Pfeil die Sehne verläfsi, «on*
dem notwendigerweise wird die Kraft am Kndc des •
Weges nahezu rider vollst&ndig aufgebraucht sein. Ge-
naue Versuche Über diese VcrhAltiusso habe ich mangels
der dazu nötigen kosts|iie!igun Apparate nicht anstellen
können, sind auch meines Wissens noch nie angestolit
worden. Ich habe daher io Analogie mit Ahiiliohon phj-
sikalisclien Pittblemeit angenommen, daCs die Kraft sich
auf dem Wege vom Moment <ier höchsten S|>auuung bis
zum Kuhepunkt der Sehne in gleichinäfsiger Weise von
dura beobachteten Hogeugewicht bis Null reduziere, und
infolge davon als Kraft das halbe Bogengewiebt und als
Weg den Abstand der Sebnu vom Hogenmittelstück an*
gesetzt, bis wohin die Sehne bei vielen Bogen, wenn siu
nicht sehr stark gespannt sind, anscblAgt. Aus ihrem
Produkt erlialto ich diu lebendige Kraft, die der Pfeil
auf suinen Weg mit erhält. Pio Geschwindigkeit er-
ui r*
giebt sich dann ans der Formel -- rrr lebendige Kraft
= p.ji, in welcher m ilas Pfeilgewicbt, dividiert durch
die Anziehungskraft der Krde, r die Geschwitidigkeit pro
/eitoinhuit in Meter, p die Kraft und b den Weg be-
deuten, auf dem sic ciaadrkt.
Pie nun folgende Tal)el]e enthält aufser der Anzahl
der jeweilen untersuchten Bogen und Pfeile noch die
ganze Länge des Pfeiles, die Pfeilschaftlängu und das
PfeilgewichL die Länge dui Bogens, «las „Bogengewiebt**,
die zur Berechnung angenommene S|iann)Bnge und die
in obiger Weise bercchuetu lubuiidige Kraft und Ge*
schwindigkeit des Ahschictsens.
G e n o r tt 1 1 n l> e 1 1 e.
Pfeil
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»gen
Schn fa
Xttine de« Volke*
«Hier Siauunes
Anzahl
Ganze
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3IH
A]tpenixell«r Vrtlkslieiier.
BetrAchivu wir zuDüchst einiffe Hplationen der ge-
fundeue» Werte,
Wir unterscheiden unter den in der Tnbelle onthal-
teuen Zahlen zwei (iruppen. Krstens Aiiacheinund rein
mor})hologiKche Daten: Pfeillitngo» Pfei)Mcbaftl&uge uud
Ilopenlünge. Von ihnen tritt in der Iteieehnung der
balHNiischon Lcislung des Bogens nur in einzelnen l'hD
leu die PfeilscfaAftiilhge in Wirkünnikeit, während «Üe :
beiden GcsanUlängen Ton Pfeil und Dogen für dieneihen ,
gänzlich irreleyant scheinen. ZweileiiH Daten Imllisti- |
»eher Natur: Pfeilgewicht, Dogeiifpswicbi und lebendige
Kraft und (Geschwindigkeit des Abschiefaens. Die De-
lationen der morpho-
logischen Kigenschaf-
ten zeigen uns die
Kiirvon I und II. Wir
entnehmen aue ihnen
eine unrollstäiidigü
Proportionnlit&i zwi-
schen Dügeiilänge und
ganze iJinge des Pfeils,
dagegen eiue ziemlich
strenge Relation zwi-
schen Dngeiiiänge und
Pfeilscbaft ISiige. Zum
kurzen Pfeilschaft ge-
häri also im grofsen
und ganzen ein kurzer,
kleiner Bogen, zum
langen Pfeilschuft ein
Innger, groDer Bogen
und umgekehrt.
Ich glaul)e nun,
dats diese Helntion
ihren Ursprung nicht,
wie mau bei wesent-
lich morphologischen
Merkmalen glauben
könnte, dem ästheti-
schen Kropfinden yer-
dankc, sondern daN hier doch wieder ballistische Ab-
sichten oder Wirkungen im Spiel sind. Fl» sebeini mir
nicht von der Hand zu weisen, daN der lange Pfeil eines
langen Bogens, d. h. einer langen Sehne bedürfe, wenn
er eine exakte Flugrichtung erhalten soll. Ganz mdbst-
verständlich ist die Relation, wenn die Spannlänge mit
der PfHÜHrhaftlänge yariieri.
Das besliromendo in diesor Relation ist übrigens
nicht der Bogen, sondern als sehr viel schwerer herzu- I
st^dlender Teil der Pfeil, t^berall, wo wir langen Pfeilen |
begegnen, ist derselbe aus einer Bohrart bergestelli, die '
den groTsen Schaft schon in der Natur vorgebildet und
Kurve VI.
M 3<l lU 60
lebendige KrafI in Metorkih»-
gramm über Bogengewieht in
Küocranmi.
in groNer Känge an die Huttd giebt. ln diesem Falle
begegnen wir auch dem langen Bogen, der notwendig
ist, um den langen Pfeil zu beiueistem. Überall da, wo
Rohr nicht vurbanden, oder aus anderen (Gründen, z, H.
dem der gröNereu Festigkeit, Her Pfeil aus Holz herge-
stellt wird, finden wir infolge der grofsen Schwierigkeit,
einen exakt geraden, langen Ilolzschafi berzustellen,
einen relativ kurzen I'feil und einen mehr oder weniger
kurzen Bogen.
Da mit der Pfeillänge im grotsen und ganzen das
Pfeilgewicht wächst, werden wir eine ähnliche Relutiun
zwischen Bogenlänge und Pfeilgewicht erwarten dürfen.
Dieselbe ist in Kurve lil dargcstellt. Wir sehen alier,
dats die Relation hier eine viel weniger enge ist als
zwischen Pfeilschaft und Bogeulängu. Ks ist also nicht
d]is (Gewicht, son-
dern wirklich, wie Kurve VII.
olien angenommen,
die Schaftlänge, die
das Verhältnis be-
stimmt.
So gut wie völ-
lig unabhängig
zeigt sich die Bo-
genlänge von dem
Bogengewicht , ein
Zeichen, dafs
es wirklich einer
andurtm (Gruppe
VDII KgCBMihaft™ (ieKh»indi*Uil in >l«l« ul«r
de» Bopen. »npe- ItoKeoKewicbt lu Kilogramm,
hört (Kurve IV).
Di^egen zeigt sich eine direkte Abhängigkeit zwiM-ben
Bogengewicht und PfoUgowicht (Kurve V), wieiler eine
sehr einleuchtende und selbstvcrstänfUiche Sache. Nur
ein starker Bogen kann einen schweren Pfeil regieren und
ihm eine zweckmäNige lebendige Kraft und namentlich
eine ausreichende (Gesebwindigkeit verleiben. .Aus dieser
Korrelation ergiebt sich diinn von selbst das direkte Ver-
hältnis zwischen Dogengewicht und lebendiger KniFt
Sefauhse.H (Kurve VI), sowie das umgekehrte Verhältnis
zwischen Dogengewiebt und (Geschwindigkeit (Kurve V'lh.
Itainit scheinen mir die wichtigsten Relationen ab-
geleitet. Wir finden alsii, abgesehen von der Abhängig-
keit der Dogenlängu von der PfeilHchnftlänge, auf der
einen Seite der Reihe starke Dogen mit schwerem Pfeil,
groNer lebendiger Kraft, aber vergleicbweise gmiiigcr
Geschwindigkeit des PfeiNchusses, auf der anderen .Seite
schwächere Dogen mit leichtem Pfeil und gniNer Ge-
schwindigkeit des Schusses, aber kleiner lelMudiger Kraft
desselben, ein Zusanunenhang, auf dun wir noch zurück-
kommen müssen.
.Ippfnzeller Volkslieder')«
Kaum ein Jahr i.M darüber vergangen, dafs die rege ar-
beitende Schweizerische Oesellschaft für Volkskunde (»ertrud
Zäriehers Werkcbeii ülwr das Kinderspiel und Kinderlied
im Kanton Bern ven>ireatUchtu (Globus Bd. 81, S. 88), und
schon wieder liegt eine liedeutsame Gabe vor, welche wir
als eine mustergültige Arbeit auf dem (Gebiete de:« Volkslleiles
bezeichnen umssen. Wer mit dem Volksliede sich eingehen-
dor beschäftigte, erkennt sitfort, ob der Sammler Verstiuidnis
für das Kcht« hat und die eingeMchmuggelte Kunstpoesie
auszuicheiden weifs. liier freilich in Appenzell, wo ein so
unvergleichlicher Iteicbtuiii an ViJksIieilvm vorhanden, wurde
es dem Verfasser nicht schwer, zu uuterscheidon ; überall
') Alfred Tobler, DssVelktlicd iinAppenicllerLsndc.
Nsi'li miindltcher Obcrlielerung |!C!>nmiuelt. (.‘^-Iinflpn der 8<hwci-
renschen GeselKchsü für V<ilk»kuBde .1.) Ziiricfi, VerUj; der
^chwcizerixbcD Ue»cl}iebsft tlir Vulkskunde 190.1.
liegt bei dem sangesfretidigen Viilkchen das l’rwüchHige zu
Tilge. Kmsig hat der Verfasser gesammelt, wotrei ihm musi-
kalische Bildung zu statten kiini und so Metoilio und Text
gleichzeitig mitgettnlt werden komitcn, wie es zur Kenn-
zeiebmmg der echten VolksliiMler unbodiugl nötig ist. Die
meisten Lieder sind in der Mundart mitj^eilt und haben
auch sprachlichen Wert; für viele I»eser würde die Itbcr-
seuung mancher Hialektaörter willkommen geweeen s«in.
Die verhältnismäfsig wenigen hochdeutschen Lieder de*
Werkes sind uioisicus Wandergut uud hätten auch ganz
forlhleiben können, da sie zum Teil bis Norddeutschland
bekuiint sind.
Schon früh wird der da« ganze Volksleben Ap|>enz«lls
durchziehende Volksgeaang erwähnt ; in ihm halten sogar
die kantonalen und eidgenöMischen berühmten 8f«ngerfeste
ihre Wurzeln. An Derbheit lassen viele nichts zu wüuarben
übrig und ,die bekannte appcnzollerische t’ngonicrtheit im
Beifeen von Zoten* macht sich nicht selten bemerkbar. Die
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Reiie der Horreo Hr. I\ und F. Saruiiin in der BiidÖBtlioben Htibiniu) von Celebe».
;m9
Sänger wunderten Bich darüber, wenn der Verfa*ser .den*
l«gi Ifompeliodli* aufBcbrieb und gnr drucken laasen wollte.
Kr hnt alwr recht. daruti gethun; «olcbe Auraerungen geh<^ren
dazu, wenn die Kennzeichnung dei VolkBliedea nicht ver-
wüHsert werden soll, l'nd dann: ea ist viel Humor geraile
io diesen Dingen. Die surgfältig mitgetnilten Meludieeu des
appenzellerLschen Volksliedes haben etw ns Sonnige«, Fröhliches.
Hie werden im heiteren, hellen Dur. nIcamN im düsteren,
schwermütigen Moll gt>sungen, bewegen sich meistens in der-
selben Tonart oder werden »ehr einfach mtKlulieri.
Ist auch der grörser«) Teil der gesHmmelten Lieder alter
Uestaud , der nlierdings oft vorftndert und weitergebildet
wurde, bo ist doch der Volksgeist ntich immer thätig in der
Schaffung neuer, echt volkstümlicher Lieder. Die vielfach
als Arbeiter ins Land kommenden Wel.schen gaben z. B.
Aulafs zu den m^nannten TBchiuggelie<lem (Tschiiigg s=
ItaUcuer), die anachliersend an itulieniscbe MehKlieen da«
Wesen der italieiüachen Musik und Sprache zur Anschauung
bringen sollen und gern gf’sungen werden. Z. U. :
Grande sozione l>ella Italia,
Balatui di Minoli, Maroni di Napoli,
Cigaro Brisuco isch guatt för Bebnorrio.
O Italia bella ponesa,
O eviva bella Italia.
Da« Volk bof^baohtet den hart arbeitenden, genügsamen
Weiseben sehr gut und so heilst es daun in diesem Liede :
Italiener go i Hwizzi vo weg ’em Geldio. nitt vyl fressio, sie
fressa kaini Broot, aber vyl Dolenia u. s. w.
ln das eigentliche Gebiet des nppenxellerischen Volksliedes
führen uns dann die Hcimaderhnpfeln ein, die .Htegraaf*
Uedü" (Mler .Htoniperli*, wie sie in Imierrhotlen heifsen.
Vieles ist da aus Österreich und Bayern «Ingewandert, \ieles
aber oigentünilich, wenn auch der Charakter hier und da
der gleiche bleibt. Den Höhepunkt bezeichnen aber die-
jeuigen Vtdkslieder, die sich aus dem Berg- und Uirtenleben
der Api>enzelter heraus entwickeln. Da sind znnäulist die
den Üliergangzuin Jodel bildenden Ituggnjuer (ru = jauchzen)
zu erwähnen. Die Mädchen nngen bisweilen standenlang
und mit steten Veränderungen diejenigen Hirtengesänge,
welche man ,Ruguser“ mler •KugglHissorli* nennt. Die
Töne werden dalwi nicht blofs in der Kehl« gebildet, ««indem
die anderen Mundteüe tragen auch dazn bei. Der Inhalt,
meist holperige Verse, handelt von Lielie. Den Auwlruck
der höchsten l'Veude und des innigsten BehugenB bildet aber
der Jo«lel, in welchem die Appenzeller es zu einer stauneiiB-
werten Vollendung gebracht haben. Auf den Htrafsen, auf
AusHügen, in den Scfaulpauwn hört man die Kinder ihre
frischen Jode! singen; nach gethaner .Arbeit treten die
Mäher zusammen, legen sich gegenseitig die Anne ülier die
Achseln und lassen Ihre weithinsclutUeuden Jodel erkUngett;
alt und jnng, reich und arm, Männlein und Weibluin j«^eU
tu unerschöpflichen Formen und Variationen oft stunden'
lang. Freilich kann nicht ein jcsler jiKlelii und am Hebsrten
geschieht es io Oetndlscbaft. Die geübten Jodler haben ihre
liesomleren liCibjodel, die ihnen nicht gleich ein jeder nach*
singt und di« ihren Namen tragen. Da wird der .Anna-
Maric-K<«ch- Jodel* und der ,Öchöttler*Frit«jis*Jokftb-Jode!‘
uns in Noten vnrgefübrt.
Der Jodel ist der intensivste Ausdruck inneren Wohl-
behagens und will Bagen, dafs man Frte«len und Kiutracht
wünscht. Kr erweist sich daher auch als Blitzableiter bei
entHtehenden Händeln. Dm Uegensliick de« friedlichen
Freudenjauchzers ist das .nuije*. ein wild verwegen tönen-
der Herausfonlerungsruf zuui Zweikampf, der nur noch in
abgelegenen Gf-genden gehört wird. ,lJuiommt Wer chonnt
use*u oud thuet*mi oinuil Bueb für Bueb! Maa för Maa, hej
er Dreck am Baa und ehorz oder laug Hose-n aal* ist ein
solcher Herausforderungsruf.
Die Appenzeller sind zum grofsen Teil ein Hirtenvolk,
das seinen Viehatand über alles liebt. Wenn man «chon vor
hundert .lahren schrieb, dafs der ungebildete Henne Inner-
rInaleuB zehnmal leichter den Verlost eines Kindes vorgewe
als den Verlust einer Kuh, so stimmt das zu dem altgomcinen
t'faarakler der Viehzüchter. Sagt doch das hessische Hprich
wort: Weilatrsterben — kein Ve.rdBrlwn; Kuhverrecken —
grufser Hcbreckcn. Den Verlust eines Htückes Vieh beweint
der Ap]>enzeller mit bitteren Thränen und die Kühe führen
bei ihm Kosenamen, meist von nuffnllenden Kigonacbafien
hergeloitet. Im Volksliede kommen alle die Gefühle durch
die •Kühreihen* zum .Ausdruck (fniuzostsch ranz des vaches).
die ein ausschiiersHcli schweizerischer Alpengesang der Kan-
Um« Appenzell, Bern. Lnzoru und Freiburg sind und die von
Bchiller im Wilhelm Teil dichterisch verwendet wurden.
Reise der Herren Dr. P. und F. Sarasin in der südöstlichen
Halbinsel von Celebes.
.\uH einem kurzen Itoricht fibor ihre neuente Keise in
SüdoHtoelebesdoii <lio berühmten Forscher Herr« Geheini-
rat Ilr. A. B. Meyer in Drostlon aus Makussar vi»m
29. .März oingesaniU hai>on, sind wir iu der angenehmen
Lag«, die folgenden interessanten Auszöge uitteilen zu
können. IHe liorrou Sarasin werden vurnussiohtiieb
im Juni wieder io Europa eintn'fien.
^Dafs die BüdÖ««tliche Halbinsel von Celebot« uüt .ins*
nabtiic ihres nördlichen Teiles , den wir früher Iwreist
haben, geographisch vollkommen unbekannt geblieben
war, ist der .Vnlals gewesen, weshalb wir nie zu durch-
queren wünschten, d«nn alle Fragen, welche an di« Er-
forschung eines noch unbekannten T.and««t gestellt wer-
den konnbm, blieben zu beantworten. l>ur (touverncur,
Herr Baron van Hoövell, welehem wir unseren Wunsch •
vortrugen, hatte die Güte, sich sogleich demselben anzii-
itebmen und die nötigen poUtjechen Yerhaudlmigeu in
Gang zu setzen. Am 11. Februar liefs er die aus etwa
195 Mann bestehende Kxpeditiou mit dem Gouveriiements-
schiff „Schwan* nach der Mingkokabai bringen;
aufserdeiu fand er es für gut, di« Kx]»editton von etneni
Kriegsschiff, der „Java“, begleiten zu las»«n. So ge-
langten wir nach dem .\usgangaort der Überiandreise,
dem Kilsteiidorfe Kolaka, von wo aus am 20. Februar
der .Abmarsch quer durch die IIalbin 2 >e] nach Keiidari
erfülgtts
Geographisch wurde auf dieser Ib^ise folgendes er-
kannt: Ilie Halbiuscl wird an ihrem wesstlicbeu und an
ihrem ÖHtUeben Hand« von je einem Syatem von Gebirgs-
ketten in ungefähr nordwest-südöstlicher Richtung durch-
zogen, weiche gegen Sudun zu nach der See abstUrzen,
gegen Norden aber zu hohen Kämmen sich anfscbvringuu,
westlich zum Sussüagubirge, örtlich zu dem von To-
bungku. Zwischen diesen Gebirgszügen liegt eine
imihlenfönuige FTtene, in welcher ein sehr iimfaiigT^icher
Sumpf, der Opasee, sich ausbreitet; dieser wässert nach
Osten «US iu den grofsen Flufs Komiweha, welcher, von
Norden kommend, nach Osten in die Bai von Sampara
abströnit F.r ist gegen 70 m breit und bla zu 7 in tief.
F^r dnrchbricht das (>*«tketiensystetn, wo er eine Reihe
von Schnellen bildet.
Damit ist der Gang, dun uuaure Hülse gonommon hat,
im we»ent}icheii bozoichnet. Wir ülierschritten das West-
kettensystem, oft mit Mölic durch die Thäler watend,
welche bei der jetzt hern-icbenden Hegenzeit vielfach in
nui'gtHlcbnle Sümpfe verwandelt waren. So gelangten
wir nach dem amOstfufae der Westkette gelegenen Lam-
buja. Von hier machten wir einen .Abstecher südwärts
nach dem Opnsiimpf und wandten uns sodann norde»«!'
wärt«, um den Weg nach Keiidari wieder zu gewinnen.
Dabei hatten wir die nördliche Au^hrtdiung des Sumpfes
zu schneiden, einen tiefen SHgopnlim*nmorai>t , durch
welchen wir uns drei Stundun ohne Unterbrechung hin-
dutrhzuarbeiten hatten. Nach weiterer Durohschreitung
des ebenen l.andes gelangten wir an die Ostküste, über-
schritten diese, kreuzten den Konaweha und gelangten
360
Brix Förster: Boutsob-Ostafriktt 1000 bis 1902.
um 12. Marz au diu Hai von Keudari, wohin uuterde;<aau
die beiden Schiffe gesteuert waren, und wo auch der
Gouverneur sich eingefunden batte» um uns persönlich
in herzlichster Weise zu empfangen.
Von besonderem Interesse war uns die Bevölke-
rung diuses Inselteiles. Sie steht in :!<ch)echt4'm Huf
wegen ihrer rohen, blutigen Sitten, und in der That gilt
dni» Menschenleben daselbxt nicht viel. \S*ir fanden an
den Kusteuorlen Bugine-jen, in der Melir/alxl von Boiie
stamuicnd, angesiedelt, welche nicht minder ol« die heid-
nischen Kiiigeboreneu des Innern mit der Waffe rasch
bei der Hand sind. Am Tage unserer Ankunft wtirde
in dem von uns bewohnten liau.«e ein Knal>e schwer
verwundet, so dal» er vor unseren Fufsen zusammen-
brach. Kr konnte durch raBchew Verband gerettet wer-
den, der Angreifer entkam, es entstand eine gefährliche
.Vufreguiig, die es mit Mühe gelang zu beschwichtigen.
Filter den Sklaven dieser ßuginese» fielen uns Indi-
viduen auf von antliropologisob merkwürdig niedrigem
Typus; wir erfuhren, dafs sie von der Insel Muiia
stammten, welche ganz von ibiieii bewohnt sei. Sie sind
klein von Statur, dunkelfarbig, mit breiter Käse, grofsem
Mund und welligem Haar; sie erinnern in manchem an
dieToala, scheinen alter noch niedriger zu stehen. Für
„nein“ sagen sie „roina“. Kine anthro]H>iogische Unter-
suchung der Insel Mtma würde höchst inieressunt sein.
Im Innern der Halbinsel wohnen ebenfalls klein ge-
wachsene Menschen, aller mit btdJer Haut und oft nach
malaiischer Art geschlitzten Augen, hauptsächlich dem
Stamme der Tokea angehöreud; sie bewohnen einzelne
lläUKer, welche allenthalben im Lande zerstreut .sind
und nicht zu iKirfern zuaammenschHefsen. Meist balu'n
sie die bugiuoHische Kultur angenommen; doch gehen
sie stets mit einem gewaltigen Zweih&nderMihworl und
mit der Lanze bewaffnet und einige auch mit Schild und
in Panzern von Flechtwerk. Für „nein“ sagen sie
„konjo“, einige Stämme aber „taiubokc“. Sohr ver-
driefsiieh war es uns, daf^ die meisten tjngeboreuen bei
unserem llerannahen die Flucht ergriffen hatten. Fast
alle Häuser, an denen wir vorbeikamen, fanden wir von
ihren Bewohnern verlassen. Wie wir s|iäU‘r erfuhren,
hat ein Abgesandter aus Hone die Bevölkerung in
Schrecken gesetzt, iiidom er sie glauben machte, unsere
Expedition sei ein Kriegszug, wir kämen, um sie zu
töten oder als Sklaven einzufangen. So gelang es uns
nur selten, einige Kingeboreno zutraulich zu machen,
um sie anthropologisch zu untersucheu und zu |dioto-
grapUieron.
Ler Ostküate uns nähernd gelangten wir zu einem
ganz anderen Menschenstamm, den Tolalaki, grofa ge-
wachsenen Toradjas, im Aussehen den Bugine.sen ähn-
lich und wegen Uirer Hoheit von den kleinen Stämmen
sehr gefürchtet. Biene sind die hauptsiichlichnten
„KoppcnsfiHller“ des Sädostens, und sie wenlen von den
anderen vielfach in Dienst genommen, um ihnen beim
Todesfälle eines Fürsten diu benötigten Köpfe zu liefern;
sie sollen dieselben mit Vorliebe in Muna holen. Ancb
an der OatkQsto sind diese .Menschen gefürchtet; doch
batten auch sie vor uns die Flucht ergriffen, mit Aos-
uahmo einiger weniger Individuen, worunter ihr König
war, vt»n dom wir eine Photographie nehmen konnten.
Mit dieser Furcht, welche die Bevölkerung vor uns
batte, hing es auch zusammen, dafs wir nur eine mäfsig
grofse Sammlung von ethnogTaphischen Gegenständen
anlegeii konnten, wozu kommt, dafs diese Leutu aufser
ihren Waffen mit sehr wenigen («erätschaften auszu-
kommeii scheinen, und dafs diese sehr einfacher Art sind.
Unsere zoologischen Sammbmgsobjekt« bestätigen das
im dritten Baud unoerer „Materialien zur Naturgeschichte
von UciebeH“ erbalteuc Resultat, dnfs die südöstliche
Halbinsel von Celebes niemals in einer Landverbiudung
mit anderen Teilen des Archipels gestanden hat, wie
sich dies von den anderen drei Halbinseln hat nach-
weUen la-ssen.
Mit diesem Wenigen wr)llen Sie »ich begnügen; der
Wert der wissenschaftlichen Ergabnisise kann «r»t ini
Zusammeubang mit der Darstellung der gesamten Insel
erseböpfeud eingesebeu werden.“
Deutsch -Ostafrika 1900 bis 1902.
Von Drix Förster.
In meiner letzten IleHprechung des offiziellen „Jabres-
beriehtes über die Entwickelung der Deutschen Schutz-
gebiete IH99 1900“ (Globus. Bd. 79, Nr. 15, S. 233,
April 1901), insofern er Doutech-Osiafrika betrifft, sprach
ich entgegen dem vorwultcuden Pessimismus die Ansicht
aus, duts der Rückgang im gesamten Ilundulsverkehr
nicht ein Merkzeichen allmählichen Zusammenbruches,
-*oudem nur einer zeitweiligen Ebbe sei, welchen die
langsam anscLwellendc Mut gesteigerter Ergiebigkeit
in den nächsten .fahren mit ziemlicher Wahrscheinlich-
keit wieder verwischen wird. Hätte ich voriges .lahr
Hchoii meine Besprechung wieder aufgenoumien, so hätte
ich mit Genugthuung auf die nicht unbeträrbtliche Zu-
nahme der Ein- und Ausfuhr hiuweiseii können. .letzt
über mufs ich mich im Hinblick auf den verminderten
Warenumsatz von 1901 02 zu dem Ausspruch be.scbeideu,
d»fs „der anschwellenden Flut“ abermals eine Eblie ge-
fr»]gt ist und dafs vorläufig dt« Grenzen des Gedeihens
nt>cli ziemlich iMtschränkte sein und bleiben werden.
Ernstlich bcumruhigend sind dennoch diese Schwankungen
nicht, wenigstens nicht in dein Mufs« und nicht durch |
stt’tig bcdrohüelier werdende Ursachen verunlafst, wie |
man nach den „Jahresberichten“ der letzten zwei Jahre
eigentlich annchmeu mUfste. |
Betrachten wir vor allem den wichUgston Faktur
einer Kolonie, die Ausfuhr. Sie hat «eit 1894 (mit
Ausnahme von 1897) noch nie di« Höhe erreicht wie
1901, ohw<»hl KJfenbein und Kautschuk, die ergiebigsten
ExportjircHliikte, während der drei letzten Jabre aus be-
kannten (fründeu in stetem Rückgang begriffen sind.
I>ie Kultur der Kokospalme und die Verarbeitung der
Frucht dtfrsell^en als Kopra rücken mehr und mehr in
den Vordergrund; auch die Erzeugnisse der Plantagen-
kultur, wie Zucker, Kaffee und Faserstoffe gewinnen,
wenn auch nicht hervorragend allmählich hu Bedeutung.
Ein Vergleich mit BritiHch-Ostufrika ') dürfte in
dieHer Beziehung interessant und zugleich aufklärcnii
') ]Me für diesen Zweck zusamiuengt^atcnte Tabelle ('
lieruht auf: Diplomatie and Cunsular Re^Kirts. Trade and
Cufliotns Keveime of ihe Afric« Protectorat« for tb«
yenr eudiug Maivli 31. 190‘J. Foreign« Ofiicc. N«pi. IfO'J.
K<>. 'iiHt.H. — Dio hier veröffentlichten Zahlenaogabru für
und 1HU9/läuo differieren ziemlich stark von jenen,
welche ich in der oben zitioii*'ii Globumummer gebracdit. ob-
wohl ich diewlli«D ilamal« eiuetu elionso ofÜzieUen Aktenstück
entnommen, wie t>«dHs gegenwärtige ist. Pie englischen liech-
lllll>gsl'e^is^rL■n werden wahrsrheiulich auch naehtrftglirh
iuaiu'berlei zu korrigieren gefunden halwn, wie es bei un-
der Kall zu sein sebeiut.
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Brix Förster: Deutsch-OsiBfriku lOOO bis lü02.
.%]
Kein. Der Vergleich kann freilich nicht ganz glatt an*
gestellt werden, ila das Reohmnigsjnhr der etigltsehen
.Statistik mit dem 1. April )>eginnt, während die deiit«cbe
Uandelsstuiistik mit dem I. .lammr anfäugt und nur die
ZusummensteUung der Zulleinuahmea mit dem englischen
Kcxboungsjahr äbereiu'<tinimt. Allein die dadurch ge*
gebene Differenz von einem Vierteljahr beeinträchtigt
nicht die Möglichkeit eines Vergleichs, wenn sich die«<er
ganz sammaruch auf Zu* oder Abnahme bezieht. Ich
setze demnach in der weiteren Krftrtening das engluche
Kechnungsjahr dem deutschen Kalenderjahr gleich.
Zieht man also zur Beurteilung der kulonialwirt*
schaftlichen Kntwickeinng neben den Tabellen A und B
atich'i'abelieC heran, so lienierkt man wohl bei Briiisch-
Ostafrika nicht die heftigen Schwankungen im gesamten
Waretiverkohr wie tm deutschen Gebiet, aber uinn wird
auch keine imuihafte Steigerung gewahr. In der Aue*
fuhr trat 1900 ein Rückschlag ein, wie hei uns 1H90;
beiderseits aber ein AuDebwung im Jahre 1901. ln
Betreff des Elfenl^ins zeigte sich 1901 i>ei «len Brit*>n
eine sehr bedeutende Zunahme; nach dem englischen
KonsnlarWricht hatte dies al>er nur darin seinen Grund,
dafs gemäls einer kürzlich erlassenen Verordnung im
darauf folgenden .fahre keine Zahne TOii Mindergewicht
mehr auf den Markt gebracht werden durften, weshalb
denn auch 1900 die Eingeborenen alle Hiige-<animidten
VoithU) schleunigst und uiusseuhafi verkauften.
Der Kuiitschukexpoil bat trotz der Ugandababn und
trotz des neuen ZuHusses aus dem Seengebiet im Jahre
1901 weit mehr abgenoinmen al« in Deutsch-Ostafrika.
Noch schlimmer steht e.s mit «lern Kopal und d«'n Fellen.
Nur «ier Getreidehaudel aus Ukamba und Kikuju erfreut
sich einer wesentlichen Fnnlerung durch diu Ugandabahti.
Die Minderung der Einfuhr Deutech-Ostafrikas
In 1901 um mehr als 2, .5 Millionen ist eine auffallende
Thatsache. Der Jahresbericht*) von 1901/02 (8.35)giebt
dafür eine Reibe von Gründen an, unter «lenen die
ülairfflllting der Warenlager an der KflsU« im Jahre vor-
her und der unerwartet geringere Absatz nach dum
Innern wohl als die natürlichste uud einfuebstu Erklä-
rung di«!tu>u k(5unen. Kiucr Hi>cbflut der Spekulation
folgt leicht uud gewöbulivh ein Ni«^lergaug. Weniger
stichhaltig erscheint mir als wesentlich iiiitwirkende Er*
Sache da», was der Jahresbericht von 190EO2 (S. 35)
mit folgenden Worten angiebt; „Ituzu kommt der Kiu-
nufs der Ugandubnhn, mit der die Waren schneller
und billiger in das Innere der Kolonie befördert wurden
können, als auf dun KarawanenstrafHuu des deutschen
Gebiets“; und ferner (S. 38): »Auf die .\bimhme des
Handels mit dem Hinterland ist der erneut«^ Rückgang
von Baninw'oUwaren ziirückzufübren.**
Man vergleiche zur Begründung meines Kiiiwaudi's
hier die Db(«rsicht über die Einfuhr von Haiiniwull*
waren in iHÜdun Gebieten.
.lahr ln 1iM)0 Mark
iiaeli DeuUeh-tUtafrika nach Krit.-tlstafnka
INiig ... 4.5H5 ‘J.1^0
IIHIO . . . 4.'J4»
lyoi . . . 4.i«9l
*) In die.Hem Bericht erscheint nicht nur die rekapitu*
Herts OuaatiiUiitnine «1er Kinfiihr von llHiO, sondern auch die
i'itueincn «lerseBien total verändert gt^nüber dem
•lahr<‘sl>uricht v«>n I9n0 oi in dum DeuUtt'hen KuloniaJblatt
von I9M1 (H. 81H) und von 19«>2 (K. ‘.1H7). Kiiie nachträgliche
und genatiere Itevieion hat wahrach'-iulich In^raiHgefunden,
■lafs die Kinriihr 1900 iih-Ut I14;J0«>«K» Mark, «uidern
rio3o0u0 Mark l>etrngeik hat? Mehr Verlafs auf h<Hdi«>fd-
zielle Aktenstücke wäre kein übertriebene» Verlangen.
Wohl eni?>pri«'hl im Jahre 1901 diu Minderung «1er
deutschen Funfuhr der Sieigeruiig der engUachen Fän-
fuhr in gewissem Grude; aber im Jahre 1900 sehen wir
eine noch stärkere Abnahme der deutschen Einfuhr
gegen 1899, aber keine gleichzeitige Vurmohning der
englischen FJnfuhr, im Gegenteil ebenfalls eine Vermin*
derung. Wo blieb «laiuals die Zugkraft der l’ganda*
bahn? Wobl konnte und kann die Ugandabahu ah*
lenkend wirken auf einen Teil I>eutacb-Ostafrikas, und
zwar auf das für d«m gesamten Handelsverkehr durchaus
nicht uusschlaggebemlü Kilimandsciiarogebiet. Aber auf
den deutschen Handel nach dem w'eit ausgedehnten
Hinterland, nach dem Seuugubiet, vermochte die Uganda-
bahn bis 1901 keinen FünHufs zu üben, einfacli desweg(>n,
weil sie er»! Fhide 1902 auf der ganzen Strecke bis zum
Victoria-Nyanzu vollkommen und ununterbrucheii dum
Warentransport er«jflnet worden ist In den engliinshen
offiziellen llerichten spürt man nicht» von einem triuni-
phieren«len Siegesbewufstsein ül)er die konkurrierende
Nachbarkolonie, auch jetzt nicht nach Vollendung der
Bahn. Diese hat die übertriebenen Flrw'artungen der
Flngländer «mtläutscbt; die während des Baue» tu^Kwung*
haft betriebenou Terraiuspekulatiunen sind verkracht,
und die Preise für l>andHtücku neben der Bahn sinken jetzt
beinahe auf das Wertniveau vor Beginn des Raues
herab. Die aufserordentlicb hoben FVachtsätzu heminun
übenlies da» Anfldühen des Handels. ^'cun Goid-
minen entdeckt werden könnten, würde der Im{>ort »ich
nennenswert heljcn und das Gedeihen der Kolonie sicher-
gustellt sein**, sagt der (lonsular Report. Seihst der
EuterataaUsekretär (Vaneborne gab in der J’mrlnraeiits*
Sitzung vom 2. Marz 1903 zu, dafs Rriiisch-Oatafrikn
kommerziell nicht viel bedeute, nur in politUcher Bezie-
hung »ei es von Wert.
IHe innorsiaatlichen Verhältniase Deu tsch-O.st*
afrikas hefimleii »ich, was namentlich die F’inanzen im
a!]gemeiii«n butriSt, enteebieden itii aufstvigunden Ast,
wie aus d«3f t!'bersicht zu entnehmen ist.
Fliunahmeu Deutsch-Ostafrikus in 1000 Mark.
I-
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(•«» erbenleuer cothnltpo äie gt“
1900
3.151
7S5| 153 1,411
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■niutc Steu«Hci«tuD 2 vor ihrer
1901
3,377
983 139 1.410
1 1
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VerteiliiDZ an «lat Guaveraement
UB<1 <Ji« KowniufkalverwaitUDgen.
Da» konstante Steigen der II ü tten st e uer (seit
1898 um mehr als 400000 Mark) ist ein Ik^wein für die
friedlichen und gedeihlirben Zustände intierhalbderschwar-
zen Bevölkerung. Die arabiKchen mid indischen KaiifloitU«
zahlt«su eine seit dum Jahre 1899 ahiu'btuende Ge w erbe*
Steuer, Wühl mehr wegen allgMineiu wirtschaftlicher
Depression o«ler wegen verfeiilb'r Spekulattoneii , als
wegen der Au!>sic‘bten in Britisch -Gstafrika, welche zur
Ül»ersiedelung verlockten, wie der Jahrcsbt'richt glaub-
haft zu machen sucht. T>cnii erstens z«*igt sich von
1900 auf 1901 kein Abgang, sondern ein Zugang von
ansässigen Arabern uud ludern iti den deut‘*chen Küsteii-
plätzen, und zweitens (wenn es ungefähr richtig wäre,
daf« eben die reichen einheimischen Kaufleute weg-
gezogen Seien und nur durch eine gmfscr«« Menge von
kapitalschwächeren ersetzt wuitltm) b«>findeu »ich die
Geschäfte in Britisch-Oritafriku uichU weniger als im
3&2
Krix Förster: Deuteoh'Ostafrika 1900 hi» 1!)02.
AuNrhwuiig. Klagt «Wb der engliKcliu Kutisul (l.c. p. 4),
dafa Boit dem .liibre 1H99 der Ilaudel iu Mouibas iitu
4 Prox., in I^mu sogar uiu 30 Pro?., zurückgegnngen
ixt! Ide ZolleiDDabmen (Oberhaupt um ungeFiihr 1 Mil>
lioncn Mark weniger aIm in l>mitach-<)st«ifrika) Terriiigpr'
teil Kicb in den letzten drei Jahren um mehr al» 100000
Mark! ln der oben erwähnten ParInniHntssitzuDg wurde
uuKdrOcklich berTorgehoWn , daFii die bjnnahmen der
Kolonie stetig abnebnien, währen«! die Ausgaben waclxscu,
dafs also di«> kommerziell«* Kutwickelung eine sehr frag'
liehe sei.
Ober die einheimi»rhe schwarze Uevölkening in
llentiKih-OMtafrikA ergaben gtmauere Schatzungen, duCs
sie inoi ülier 6,75 Millionen betrug.
11HI0
Kuropiler waren ansäwig . . 1*24.*)
(9S& l>eut4rhe)
Araber ... *2«>4i^
Intier • n • *
1901
»247
(965 Oeutscho)
2994
3526
IHe Usambarubabn, am l. Juni 1893 beguuntni,
erreichte endlich am 15. März 1!MI2 ihr vorlilufiges Ziel
Korogwe und wurde dem Verkehr QbergeW'n. Zu ihrer
Tollen Wirksamkeit für «las (tedeibeii «les Plantagen*
betriebt kann sie aber erst gelangen, wenn sie nooli
36 km wtuter, bi« Mtmibo geführt wird, (ilücklioher*
weise bat jetzt der UeiebstHg der Fortnetzung und Voll*
emlung der liahn zugestioinit.
l'nsere Dampferunternehmiingeii auf den Hin*
nenseen kämpfen hart, jiiosist zu l>ef&rchteu, yergebUeb
gegen die englische Konkurrenz an. Tier .Heruiano
T. WifBrnann“ auf dem Nyassaaee warf wohl 1901 eitien
ileingiiwiun von 47UO0 Mark ab; allein gegtui das Vor*
Jahr erlitt er eine Kinbulse tou 6301H) Mark. Kr war
in seinen regelmäfsigtm Fahrten durch eine gründlich«
Kesiudrepsratür aufgehalteii, was die Engländer fliiik
auszuautzen yerstandeii. Auf dom Tanganika machte
die „Hedwig v. Wilsmann^ (seit 1. Juni 1901 in IHeaat
gestellt) HO schlechte Geschäfte, namentlich auch wegen
mangelhaften Handelsverkehrs der Küstenplätze unter
sich, dafs sie eine.*« Zuschusses von 3G(H)0 Mark be-
durfte. Selbst «1er kleinen „ükerewe" auf dem Victoria-
Xyansa mufste das Gouvernement mit 15 04H» Mark zu
Hülfe kommen, um sie über Wasser zu halten.
Hi«! Gesundheitsverhältnisse wanm in den beldeu
letzten Jabreu rocht befriinligende. Wenn sic auch vou
der Natur seihst durch reichliche Kegen und ergiebige
Kniten gefördert wur«l<>D, so trugen hauptsächlich die
Ma(sr«tgeln der Behördi'U zur Kesserung und zum Schutz
vor sanitären Katastrophen bei. Immer mehr versebwin*
den durch energisch und allgemeiner durchgeföbrt« Im*
pfuDg die sonst verheerenden Pockeiiepideinieen; die
solirecklicb nahe, drohende Pestgefahr verstand man v«>u
der Ktdoiiie völlig fern zu halten.
Von gröt.<«ereu geographisch wichtigen Expedi-
tionen i»t nur die deiitsrh-koDgostaatlicho zu erwähnen,
I welcher die Aufgalu» gestellt war, «las Gebiet vom Nord-
I ende des Tangatiika hi« zum .Schnittpunkte des 30. Grades
<>stl. L. Greeuw. mit dem 1. Grade südt. Hr. zu verme«»Hen.
um diese« Stück <l«*r Grenzliuiu zwischen l>ouiscb*0*>t-
Deutsoh^O.stafrika.
Prodiiktenausfuhr in 1000 Mk. Tabelle A.
Kalen<lerjuhr
Elfen- ■ Kaut-
buln echuk
Kopal
Kokos*
unstie
Kopra
1
Wachs
Gi^reido
j Reis
Sesam
Zucker Kaffee i
Kast-
warwD
Felle
1698 . . .
1.28» j 883
285
219
182
57
247
1«>0 243
68
! 88
1899 . . .
995 1 I.3U j
277
, 15.5
107
64
201
1 0,6
85
79 »5
92
78
»9U0 . . .
996 1 1.058 i
158
1 20
189
93
373
1 ^
179
126 274
68
103
tvoi . . .
1
881 1 1.U48
1 1
193
i 9
557
94
!
78
i 5,4
279
97 257 i
( 1
141
130
Handelsverkehr in 1000 Mk. Tabelle B.
Kalender-
jahr
K i u f u h r
I>eutach-
land
Ausfuhr 1
1 Warenumsatz
Summa
aus
Indien Sansiliar
Summa
Indien
nach
Sansibar
Deutsch-
land
Summa
1 Indien ^
mit
1
Sansibar
Deutach-
land
1898 . .
1.994 7.0*24
2,252
4,:CB
20
3,215
7H3
16.1H5
2,014 ;
10,240
3,(KH6
1899 . .
10,H>>
1,389 1 7,094
2,018
.‘l.tKlT
79
2,696
923
I4.7.*in
1,468
9,791
2.942
1900 . .
12.(110
1 ? ■ Y
Y
18
2,987
998
lü.3il
Y
9
«
19«l| . .
9..5I0
1.025 ; 5,951
2,195
4.«'3
25
3.169
1,130
14,133
‘2,178
0,120
KritLsch-Ostafriko.
Tabelle C.
i*rodii kteuausf iihr iu 1000 Mk.
Hoebnungsjahr
K 1 f 6 n b 0
ganz
Bri 1 i «c h ■ Ostaf ri ka
i U BUS
Fgandn alleiu
Kaut-
s«?huk
j KnimI
1 (fotreüle
Felle
Kinfiihr
Ausfuhr .
I
Waren-
umsatz
1898 99 . . .
6«NI
1.3«
255
i
107
90
9.367
1,422
10,789
1890 lOoO . .
1,351
60.%
:U7
\
193
2«»4
8,855
2,433
1 1,288
190«» Ol . . .
845
507
‘.'«K»
\ ^
1 .'{6<C 1
14*15
9,000
1.797 ;
10,797
1901 «>2 . . .
1,219
' 9h;i
134
22
447 '
101
8,425
2,280
1U,6m5
Handelsverkehr
in 1000 Mk.
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Uäohsrsohau.
353
»frikn uD(i dem Koii^o»taat (renau zu fixiereii. DeuUeher*
aeitn betfliligrteü sich daran Haiiptiuann Ilorrmunn, Prüf.
Ur. I^inp und nach de!*sen Imld erfolgtem Tode I^ut-
nmil Schwartz; ton belgischer Seite die Offiziere Ilu'^iieu
ttud Meruier. lleide Gren/konimiHsionen gingen im
Frühjahr 1901 von der^Iündmig des Kusi^i aus, folgten
daun gotrount dem I^tif dicKeM Flussee aufwilrts bis
, zum Kivusee und schlugen von hier die Richtting hin
zum Srhnittpunkte ein. IHe Ocutechen gelangten an
das Kmlziel schon 1902, während die Belgier erst bis
Zimt Xurdende den Kivuneea kamen. Bas bie jetzt er-
reichte RcMillat isi eine hinlänglich genaue Überein-
stimniiiug über die Lage des TrefTpiinktcH im Norden
des Kivusees.
Bflcherschau.
Thou. Leiiachao: Pas W'eltkabelnets. 74 8., mit vier
graphiiicheii Panitellungen und einer Karte. Aus: »Ange-
wandte Geographie, Hette zur Vorbreitung geographischer
Kenutnifw« in ihrer Boziohung zum Kultur- und Wiri-
hörau*geg«*lw?ii von K. lU»%'e. Halle a. K.,
GoWuerSchwvtachke. IUA. 1 . Preis l,f>0 Mk.
l)er Verfasser, durch die Broschur« „Deutsche Kabel-
linien* bokauut, behandelt 1. die Kulsb-hung des NVeltkabel-
uetzes. 2. llerstullung der Katwl, 3. Verl^uiig und Instand-
haltung der Kabel, 4. den gegaiiwärtigim Kland des
Knlielverkehra und seine Hauptlinien, 5. neue Piene und
Ausblick in die Zukunft der KaWltelegniphie. IHo Pähigkeil,
Wasserdächeu mit Kniwin zu ütieminden. erweitert sich
schuell. und gleichzeitig mit den ersten Yersuehrn wini auch
der benötigte Kohstoff zur Imiliorung u. s. w. der Kabel in
Guttapercha gefunden. Die rntersuchungon bei Legung der
Kabtd trugen und tragen wesentlich zur Kenntnis der Karmen
de* Meeresgründe* bei, die sieb für dieses Werk erst als
notwendig erwies.
Kine Kigentiimlichkeit in der Kutwickeluug des Kabet-
wesens ist das V<»rwieg«n des PriTatl>etriel»es, was den kom-
merziellen Gesichtspunkt maüigebend macht, so dafs grofse
iiltorseeiache Verkehrslinien zunächst xwiachen solehon Läu-
diT« «iwtehen, unter denen ein lebhafter Handclsrerkehr hin
und her geht: Kuiopa— Nordamerika, Kuro|»a — Indien, dann
Kurops — Südamerika u. s. w'. Manche Linien verdanken ihn^
Entstellung auch ixditischon Gründen, werden Privatkal«!
mit Staataunterstützuiig (Subventionen); das neue englische
Pazitikkabei ist au* strategischen und politischen (irnuden
vomehmlicb gelmut und staatlich.
Die Tiefen und BtKlcnfomieu der Meere wirken beträcht-
lich auf die Kabel ein. Im ti»'fen Ozean, wo fast abanlute
Bewegungslosigkeit herrscht, wo keine Lebewesen mehr vor-
handen sind, die dem Kabel schaden können, bedarf dieses
nicht so schwerer Armatur als in der KIach*ee, wo der
Hturm das Meer bis in seine Tiefen aufwülilt, oder gar in
der Näh« der Küsten, wo ankernde Schiffe oft eine Ver-
letzung des Kalteis herbetfUhren. Für das Flachseukabel ist
auch ein lH*souderer Kchutz gugen die Bohnuuscheln (meist
nur bis 500 m Tiefe, in den Tro|>en bi* IHOO m, besonders in
dem südchinesischen und Hundameere) anzulegen. Gegenden
sehr grofiscr Tiefen tnii^en bei der Kabellegung (möglichst
nicht über 3000 bis 4000 m) vermioslen wertlen, einmal wegen
de* ungeheuren Wasserdruckes, sodann aber auch, weil bei
Verletzungen des Kabel* das Ueraufholen zur Reparatur be-
deutende Hchwierigkeiten macht. Kbenso vermeidet man die
dachen Htellen. au denen da* Kabel durch Ktörtne und HtrO-
imingen in Mitleid«nschaft gezogen wird. Daher beschreiben
di« Kabel zwitohen 8Utii>nen an clentclben Küste immer
grofse Bogen ins Meer hinaus. Die Kntf«niiuigi.-n (oder die
Gröfse der Wasserrtiioben) wirken insofern auf die Kabel, als
die Geeebwiodigkeit des elektrischen Ktrumes in den J^eitungs-
flrähten im Quadrat der I^änge abnimmt, alK> zur Erzielung
der gleichen Kprechgeschwimligkeit der Qnerschnitt de*
Leitern u. a w. entsprechend vergröfsert wenlen mufs. Da-
her giebt man den Kabeln Zwlscheustationen , di« also der
Schnelligkeit günstig sind. Immerhin sitkd aus dem obigen
Grunde der Vergn’»f*erung teurer KestHndteilu die leicht ar-
mierten Tiefseekabel Itedeutend tenrer als die stärker ge-
schützten kiirz.eren Klachseekahel.
Für di« Auswahl des fiaiidungspunkt«* ist aufser anderen
Gesichtspunkten sanft abfallender Ktmnd aufzusuchen. Jb-i
unentwickelten I<ämlern. denen noch ein Landliniennotz man-
gelt. wird die Kiist« an möglichst vielen tstellen angezapft
(vgl. auch die Dampferlioienl), um ni^Dchst viel Verkehr
auf das Kabel zu ziehen (so an der west- und oetafrikantsch«i>
und an der brasilianischen Küste).
Die Beschaffenheit dos Meereegriinde* ist wichtig. Der
Globigerinenschlanmt des Ailaiitischen und Indischen Ozeans,
aber auch der rote Tiefseutbon des Stillen Orean* (in Tiefen
übt-r 5000 m) *iud guter Kabelgruml, wo Reparaturen selten
nötig sind. Gegenden, w<i der Botlen vulkanisH-hen Kraehüt-
tcrungen und Ausbrüchen au*g<^tzt ist, werden vermieden.
In den KUstenmeeren gefährden Felsbildungen, harter Schlick,
Krdrotsche, Zuschüttung durch FlufwihUgerungen (Zerreifsen I)
oft die Kabel, ln Westindien, In der Nortlsee, an der afri-
kanischen Ost- und Westküste, vor allcni in der Sundasce
und den («tasiatiseben KüNtonmeeren sind Bruche bäuüg.
Die TiCliensdauer der Kabel hängt «bcnsi> wie von der natür-
lichen Ausstattung der zu durchquerenden Meere von der
Borgfalt der Ilemtellung und Verlegung ab.
England ist der Mittelpunkt, in dem alle grofsen Linien
de* ülwrsceischen Telegraphenverkehr* znsnnimenlaufen, d.h.
alle wichtigen Nachrichten sind dort zwei bis drei Stunden
früher bekannt als auf dem europäischen Kontinent. Auch
sonst ist England viel Gewalt dadurch in die Hände geguben,
und Deutschland, Frankreich, die Vereinigten Ktaatcn b«-
stret>en sich, von den engiittchen Kabellinien unabhängig zu
wer<l«n; nach Nord- und Mittelamerika ist das bereits der
Fall, und in den anderen Teilen der Erde wenlcn anfser den
englischen Iwild ander*» Linien bestehen. Zum Sehlufs sind
die tetegi'aphiNchon Verbindungen ülwr Isind und die Aus-
sichten der drahUi*»en Telegraphie bcs|wochen. Kino prak-
tische Karte der Kaltellinien ist b»igeg«ben.
Ernst Friedrich.
W« Sievers: Venezuela und die deutschen Inter-
essen. 107 S, mit einer Karie. Aus K. Dove* „Ange-
wandte (ieogmphie*. Halle a. 8., (iebauer-Si'hwetschl e,
lOoS. Preis 2 Mk.
Der Yerfanaer, Itekanntlich ein vortretfUchcr Kenner von
Irfind und l4>uten, gielit hu ersten Kapitel eine Beschreibung
des Landes nach Lage, Orüfse, Grenzen, B<K!enba« und Go
wäsM-m, Klima, Pdanzenderke (S. 2 bi* 39); im zweiten Ka-
pitel worden die w-irtschnftlichen Verhältnisse l*ehand«U
(S. 39 bi* Oä), im dritten Volk und Btaat, also Bevölkerung,
Besiedelung, Geschichte de* Lan*lo* (8. 69 bis 103). Einige
Seiten sind schlicfslich dem »Htroitfall* gew-idmot. Jedem,
der sich über Venezuela nach jeder Richtung zu orientieren
wünscht, kann das Heft sehr wann empfohlen werden.
M. ('• Piepers* Mimicrj, Selektion, Itarwinismus.
Erklärung seiner Thesen über Mimierjr (sensu generali)
auf dem im Jahre 1901 in Berlin stattgefundeneu 5. inter-
uationalen Eoologenkongrefs. l.eiden, K. J. Brill, 1(K»3.
Verfnsaer giebt in diesem Werke dieselben 42 Ijchrsätze
wie auf jenem Kongrofs, jedoch jeden derselben gefolgt von
der ausführlichen Besprechung. Diese beruht zum grufsen
Teile auf de* Verfasser* Auffassung von der H-llKttändigen
evolutiunellen Umgestaltung der einzelm-n Eeligruppen, die
er Oi^anismcneinheiten nennt, und deshalb vor allem auch
auf der Veränderung des pigmcntalen Farbensystems bei den
liopidopteren, von Piepers Farbenevolution genannt, deren
Beobachtung jene Auffassung zuerst entstehen liefs und
deren Studium dieselbe mehr und mehr befestigte.
Die Farbenevolution ist wohl als ein physiologischer Pro-
zefs zu verstehen, welcher danach strebt, die jetzt vorhan-
dene Färbuug verloren gehen zu la-tsen, desKim Verlauf rieh
jedoch je nach der Farli« und ferner im Zusammeuhang mit
der KonsGcutioii der Organismen, in welchen er auf tritt,
sehr verschic<l«n offenbart, wiewohl sich doch stots in der-
soUien Richtung fortla-wegend.
-\ls eine evolutioneile Veränderung fafst Verfasser fenier
iHÜ-spielsweise die kleinen fadenförmigen Anhängsel auf. die
nicht* anderes als die letzten Relikte von einer früheren
gröfseren Ausdehnung der Flügel darstellen.
Im einzelneti entzieht sich das Buch einem Refernie in
einer geogra|dii«trheti Zeitsi'hrift, da zu viel ziKilogische, zu
viel lepidoptertdogischc Kenntnisse zum eingehenden Ver-
ständnis der interessmieo Materie uotaendig sind.
354
Kleine N'aoh riebteu.
Kleine Nachrichten.
Abürurk nar mit QacDeouiRab*
— Lt*|jUtig eines ilt>i)(aebon Knlicla iiaeb
Nordamerika. .\iii lu. Mai bat iiiMti in Ibirkuin mit dem
t^ef^en eine« xueiteu deiit^oh-ntbihiUcben Knlieif nach NonI*
nuterika begonnen, mau b<>fft damit int Lauf de*s näch«teii
Jahrvs fertig xu wenien und den betrieb zum 1. Januar !9o»
eröffnen zu können. Wi« die .Deutliche Verkehrszoituntr"
luitteilt. U'ini das neue Kali«! eliensu wie das erste deuUcho
Kabel nach Amerika, das im Jahre Uiihj in Iklrieb ge*
Qommen wurde, über llorta (Azoren) geführt. Ks wirdetuas
länger worden ala das älter«, dessen L^lnge (Kmd«n—t'orne>'-
Island l«i New York) T7.33 km lietnigt, da ca in einigem \
Abstand von diesem, daa in der giinstigsten geraden Linie
zwischen den Kmlpunkieu liegt., gerührt werden murs. Die
Zabl der Kabel nach Amerika wird durch das neue auf
13 erhöbt, die sechs ver»diiedeiien litwcllschaften geboren.
Nur für die deutschen Kaliel, das bereits iiugonde und das
jetzt zu legende, bildet New York selbst den Kudpuukl; die
anderen Kabel landen an atidcrou älellen der amvriknniscbun
Küste und erbaltcu entweder durch beaundere AnscbluTs*
kabel uder durch Landverbinduiig Anschlurs an New York.
l'ntersuchung des Dscheb«! Serbun durch
Rudolf Zabel. \Yi« die .Vuss. Ztg.** mitteilt, hat ihr
marokkanischer Kricgslierichlerstatter Rudolf Zabel ein sehr
schwer zugängliches und wenig liekanuies (l<*biet Marokkos,
das (iebirgsland des Datdicbel S4.‘rhun (we^ilicb von K«s>,
besucheu und anscbeineiul genauer kcmion leruen ki'miien.
Leiter anderem bat er die InVlisirn Diprel des (iebirges Im.-
stiegen. Der Besuch war mit grofsen persTmlicben tSefabren
verknü]ift, da die fanatische Bewohucrichaft dir_ dort liegen-
den beiligeu Stätten (Umb Muley f-Uiris des Xiteron) arg*
wohni.wh hütet. .Als die wichtigsten Resultate die.ser Kxgv*
diiion^, so M'hrcibt Zabel der .Voss. Ztg.**, .m-nne ich die
Knldvekiing eines alten römischen Bergbaues in Kerhun,
ferner di« WicduraufHudung einer alten romiwlien (') Zita-
delle etwa 100 in unterhalb der hiicbstcn Bcigs|>itzo, sowie
einer alten nach Dlatzen und Ktrarsen beut« noch erkenn-
baren ziemlich mufangren'hen n’iiuisr)i«n f^iedelung auf dem
Kumm des Gebirges olierhalb von Miiley Kdris, da* ich zur
mafsloseu Wut der Bewolmer als erster Ghrist In-riihrtc.
Fernerhin die Auffindung einer römischen Kmistsirnfsu auf
dem mit dem Serbuu zuKauimenhäugetiden ItseheliH Tselfat
und die Konsiatierung einer l'«troteuuu|U«lle am Tselfat, iliu
Vermutet wiirdv, bisher nlnir nicht aufgetumlcn werden
konnte. Im Kerhun entdeckte ich fernerhin eine heifsc, ver-
mutlich schwefelhaltige Quell«, der ich ProWn «ncuHlmi, die
hier in Deutschland untersucht weriien sollen.' lüoi'zii ist
zu liemerkcu, dafs das Fragezeichen Ih*i der römischen Zita-
delle ru Unrecht cingefügt ist. Ihr Vorbandonsuiti i»t nämlich
bereite 1901 von dem Franzosea Man|Uis de Kegouzac fe-t-
gestellt worden, der dort auch einige dreifsig röiui-*rhe
Münzen aus der Zeit bis auf Diokletian sammeln konnte.
Uio Ktätte liegt ülieraus günstig für «m Fort, da man von
dort aus vortreffljcb di« Kliene beherrscht. Als Zabel jene
Zeilen schrieb, konnte er nicht wissen, dafs inzwim'ben da«
Keisewerk do Kegonzacs erschienen ist. das einige, leider nur
dürftige Tagebuchtnitteiiungen ül»er ilen Gebirgssiork, die
rtinÜHcben Reste und die Heiligtümer de« Muley Kdris
enthält (Voyages au Mariw, S. 90 ). Die Ntadt mit dem
OralK' Mutey Kdris hat de t^gonzac offenbar nicht kennen
gelernt, sondern nur den virdbasuebten Pilgen>rt Kef-el-Muja-
hidin, wo Muley l-hlris seine ersten Schiller lehrt«. Bemerkt
sei noch, dafs de Segonrar keine Scliwicrigkviton halt«, da
er als Mohammedaner vorkleidet und in Begleitung «iiios
Scherifs aus Ui-san reist«.
— Die Juden der Gase Mzab. Sehr wenig ist bixher
Imkannt geworden üiior die Juden d«r Oase Mzab im Si'i<|eu
von Algerien. Hi« bieten manche eigenartig« Zitge dar, haben
aller ihre Religioiisgebräucb« und Sitten im ganzen gut
iM'wabrt, trotz langer Trennung vi>in Hau|>t.«(amin der Juden.
Der französisch« .\nct Dr. Hugiiet hat sie in den Jahren
IH97 bis I9I.M» eingehend studiert und seine RHolxicbtungon
in den Bulletin'« do la «Msiete d’Aiiilir'^pologie IHü'i, H. 339 ff.
iiiedergelogl. Bei dem Interesse, welclies nian der Verbreitung
«iiT •luden und ihren zur-^treiiten («emoiDden entgegenbringi,
halten wir hier einige Mitteilungen ülM*r diese Juden für
angebruch«, wobei wir auf abwcicliendo Gebriiuehe l>e»ouders
Kueksirht nehtmm.
Naeh t'h. Amat l.e M/ab «t les M/aliites, S. betrug
di« jüdische Bevölkerung iin Jahr« in il«n iiizabitischen
Ortschaften Glianlaja (iuerram lJU und Borriana Itsfi.
zuHRiiiineii 73ä. Huguet giebl für die Gegenwart rund
tHio Jmlon HU. bemerkt a)i«r, dafs in Berrianu gegenwärtig
keine mehr ■M*fshafi sind. Nach der jüdischen i‘!*erli«f«rung
sind die«e Israoliteu im 3- Jahrhundert iler Hedst-hm vou der
iu«el Dseberba an ilur luuesisclien Küste nach Gharilitja
gokuimnen. Huguut meint ali«r, dafs di« «rsien jitdixcheu
Ankömtulingo iin Mrab aus der Oase Uargla stammen, denen
sich dann ti’i]K>litanische und ninrokkanischu Juden zuge-
»cllten. Kr sagt über die Sprach« der mzabiliecheu Judoii
nichts; «m ist aber anzuuebtnen, dafs si«, wie di« meisten
nordafrikanisch«!) Juden, zu d«u Sephurdim, der Grupp« der
I s|iauis4'hon Juden, gehitreii, wenn ai« sich auch die l^ande«
I .«prachen, da.s Berlerische und Arabische, zu eigen g«macht
I hallen dürften. Wie anderwärts hatten sie auch ini Mrab
Bedrückungen und Verfolgungen zu «riragen, bis ihnen die
Franzosen di« Kmanzipation brnrhten.
liuguei winl siiäter seine anthropologischen Mesnitiigou
j iiber dies« Juden uiitleileu. Hier sagt er nur, dafs di«
! Männer hochgewarhsvu und mager seien, ihr Gang sei lang-
I sam und bäfslich, die Augen klein, dio Nase gerade, der
Mund fein. Wangen wenig vorspringend , die bekanntet)
I S4‘hläfenIocken weiMeu such im Mzab von ihnen getragen
und heifsen doii ,Sualef*. Ihr« Kleidung ist Jene der Kiu-
. gelsii eticn. Die Weiber sind schmutzig, aber mit eiimehmen*
«leii Zügen. Wenn si« auch in folge frühzeitiger Niederkunft
«rlincli allem, läshaltRu si« doch stets «inen intelligenten
Aiisilrurk dus Gesichtes. Bezüglich der Ni««lerkuuft berichtet
Dr. Huguet. dafs sie häufig obue Heljeamin«, ganz ohne Hülfe
in ein« u) dunklen Raum slattfindc. Die Kinder werden ge-
wöhnlich zwei Jahre lang von <lcr Mutter genährt. Di«
frühzeitigen Fhen. die man ja auch !•«) galtzisohen «luilen
findet, sind auch im M/ab gebräuchlich. Mit >ier o«ier fünf
Jahren werden dio Kinder von den Klteru verlobt; mit
i:i Jahifu lieii'Kten si« ; Mütter von 14 Jahren sind kein«
Selteniieit. Natürlich ist die Kitidersterblichkcit dabei eino
lluguui kennt Juden, di« 23 Kinder hatten, >on
denen lU g«»ti*rl(cn W'aruii; ei)i anderer Jude behielt von
22 nur 3 übrig. Zwilling« sind häutig; sind si« verhclnedeneu
ÜL'sihb'chts , dann inUirt die Mutter den Knulien. wahreml
das Müdclien mit Ziegvnmilch nufgefutto't wiml. Kiu« F«ilg«
der frühzoitigoti Kheii sind diu häufigen uud leichten Schei-
dungen. Männer, dio 2<>d«r J Frauen batten, sind dio Kegel;
«H giobt dort solchi', die fünf- oder serhfinnl gewhiedcii
' wurden. Dt die Frau durch die M«l«n WiH’bcabetteu ver-
braucht, so id «in Vorwand zur Scheidung leicht gefunden.
Will iliu Frau sieh vom Mann trennen, ao biaucht sie iluu
hiofs bei Irgend einer Fmge zu antworten: ,Nif«k, nifek",
das heifst: dein« Na«« Und hiiizuzufüguu : ««'beiden wir uns;
das genügt. R. A.
— ('Wr di« )iiitiiunto|ogiscii«ii Krgebntsse der
Kxpeiiitiou Sverdrup» hu» l*rof«ss»)r Bn>gger in .Aften-
(»osteii'* vom 24. Januar einig« Mitteilungoii veruffetitücht.
Di« vou der Kxpedition auf Kllesmervlaud und den licuacb-
liarteTi Inseln gewonnenen paläuutologischen Saminliingen
sind die bisher umfangreichsten aus dem Arclüpel im Nor<I«n
I Amerika». Besonders iuteresiuint sind die aus dom Silur und
Devtui. Di« deTonischen Fossilien zeigen, dafs in jenem
G«bi«i, elM*n»o wiu in den übrigen Teilen des arktischen
i Amorika. in dunen die Formation vorkmnint, das Devon viel
' chiiniku*ri»tisi'li«r«* Bo/iuhuiig**ii zu demjenigen Kur>>)u)s, al«
zu dem Aiiterikns aufweiti. Die Devonzone enthält Brachio*
]i«Mlen, Kornllou. Fise.lio au» der Klasse d«r tiaiioideu, die
oben* DovonschicUt l'l1uuz<’nnlidrüek« und eino Molluskonart
(Sjiirifer Verneuili), ili« bisher in der Arktis nicht ange-
troffen worden ist. Diu Gegenwart dieser .Molluskonart zeigt,
dafs die Krde zur l>«)'unzc)t ein sehr uniformes Kliiiin gehabt
hat. Die Saiimdungen dos Mitgliedes Sebei enthalten oine
wurtvolle Koiho von tertiären Pfinnzenalslrücken , darunter
besonder» Kxeiuplare von Taxodium und Beiiu<iia. Daher
hat jener Arvliijiel wie Uröuland und Spikz1>ergen während
eiuos 'IVils der nctizoiseheii Zeit gemüfiiigtes Klima gehabt.
— Forschungen im Wraiigellgohirg« von Alaska.
T. G. Genliric und D. O. Wilhei'»lKMm von der II. S. Geolo-
gical Survey haben au» den Kruelmlsiwu ihrer iVO« und iyu2
i vorgenommenen loi»*gra|ihischeii Arbeiteu im Uoppur River-
' gebiet einig« M*hr iiiteivxMiiilu Thalaachen über dio , Wmngoll-
eonaimtp ünipfM> von Ik-rxtpitzeii niit^cteilt, dert^ii
Abhänge durch Zufliijiite de» ('opper Uiver, des Tnnana und
des White Kiver eiitWiUsert werden. l>>is westliche Kndo
jener tirupi« wurde lenS durch lieutnunt Allen uiigefälir l
fest^elegft in Verbindung mit seiner Kekugniw/ierung durch
Zeniralalaskrt, und seine Benchreibmigen galten den er«»fii '
liegriff von der Höhe und Bedeutung der (truppe, (turdine
und Withepipiton jedorh haben diu gniirn Kette genau und
iin uinTelneu nufgenomnten, und es ergab mch dabei, dafs
sie «Qoigstens acht Ctipfel von 3rti>0 m <id«r mehr enthält,
und verschiedene andere Spitzen, die über 3 ChK> in ansteigen.
Zwei von den (Hpfeln, Mimnt Iila<‘kbum und Mount Sanfonl,
sind hoher als 48ü0tn, der iniere'^saute-Hte von allen jedoch
ist vielleicht der 4200m hohe thätige Vulkan Moiini
WraiigelL Dieser (lipfei bildet einen grorsen, nbgeplattelen
Dom, dessen in der Nähe der Sjätze lielegener Krater um
2 4öom di« KchnHcgretu« überragt. In unregelmärsigcn
Zwischenräumen, doch häufig, ttöfst der Ki*a(ur Dampf und
Knmli mit fiehatiem feiner A«chi* eui|H>r. «> daf* das Kis «k-r
iiacli Hndweston abtUefsenden («letachvr ganz schwarz ist.
Die nusffihrlicheu Karten sind in VorlM>reitung. Die genaue
Höhe des Mount Wrangell ist 427n m, die des .Mount Ssnfortl
4ü4:t und di« des Mount Blackburn 41*23 m. l„Nat. gesigr.
Mag.“ IV03, H. löl.)
— Die Verbreitung und Bekämpfung der Lepra
in Kstland skizziert A. Kupffer (HL IVieraburg. inedi/in.
Wuoheiiscli. 100.3, Nr. fi>. riiser** Konntniwu iilter die ersten
I^prafftlie zu Anfang des 19. Jahrhunderts stammen au» den
Hehriften des D)>r{aiti‘r Dnifessors Htruve und seines Schtilcr«
Hrehiu. Für die Zeit von IVUti bis IHäO fehlt uns näheru
Kunde. Bis Ib95 schwankt dann die Huimiie der offiziell
bekannten Kranken zwischen 9 und 23. Für 1901 aber
konnten 192 Fälle zusammengestellt werden. Die liCprs ist
nicht gleichmkrsig über das Land verbreitet; die Herde liegen
teils an den alten Ueeratrafsen, teils grenzen sie an die
Kreise Kordlivlands, in denen diese Krankheit l>eaoiidcrs ver-
breitet isL Die Verbreitung der I^pra in Kstland dürfte
sich auf folgende Weise vollzogen haben: Durch Holdatcii
aährond des franzrisischeii Kriegua zu Anfang des 19. Jahr-
hmoierts und wähnrnd der droifsigvr, vierziger und fnnf-
ziger Jahro: durch Sddnten. die als solche in lA'pr.igegcn-
den im Innern des Beiches sich inüciert hatten und dann in
die Heimat zurückkehrten ; ferner durch andere liOpr^wc aus
anderen U<»uvero«ments, namentlich Nordlivland. Kine wei-
tere (Quelle dürft« in zurückgekehrten, zeitweilig in livländi-
.sehen {«praherlen wohnhaft gewcMmen Kstländern zu
suchen sein. Nicht zu unterschätzen ist in Bezug auf die
Ansteckung der fortgesetzte Verkehr mit Ijcpraherden in
Oesel zur^ii des Fischfanges. Schwere Krkrankuiigen sind
in den letzten fnnf Jahren nur sehr wenige l>eolMichlet wor-
den. Suit D*97 giebl es in >Ntlnml ein eigenes I^epnisoriam
im früheren Lehrersetnitinr zu Kuda, wo die Zahl der In(l-
eierten v»m HS97 bis 1901 von 20 bis 40 schwankte.
— Die Mission Duchesne-Fnurnci, deren Arlieits-
feld Aheseinien i.«t. nähert sich ihrem .Mwchlufs. Von ihren
Arbeiten auf d»-m Wesju iHchilwti — Hamr — .\ddis Ab#‘hu ist im
(tlobus kurz die Hede gewesen. Von Addis Abeba unternnhm
sio einen Zug nach Nnrdwcsten in das Gebiet des Blauen
Nil und bat daboi den Tanasce von neuem aufgeoonmien.
Aufsenlem ist in Verbindung mit den älteren Aufnahmen
Antoine d'.VbiHtdies. ('ecchls und anderer eine volNtämlige
Karte der Landschaft Godjam erzielt worden. Nachdem man
nach Addis Altehn zurückgekehrt war, begalteii sich sämt-
liche Mitglieder aufser dem Führer in die Heimat zurück;
dieser machte noch einen Almtecher vt>n Addis .Mielia nach
Westen, nach T'alagn, bi» in die Nähe von Tulu T»ch<*ki,
wohin im April 190i (j« Roux gelangt war. (,Ln Göo^r.*.
März 19U3.>
— Die Regierung von Natal wünscht einen Hafen für
Transvaal zu schaffen und hat zu diesem Zweck die Küüic
des Sululandos untersuchen hassen. Ks haudMlt sidi darum,
iiuf dem kürzesten Wege und mit einer zu erlmuendcn Balm,
die ausschliefslich durch britisches Gebiet führt, die l’nNlukte
des Baud ans Meer zu bringen, ln Betracht kamen die Kai
oder die l^gune von St. Lucia und di« rmhlntusilaguno. I
Die erster« hat alter viele Fehler, auch eine ung*«ando rin-
gehung, und m> wird denn jetzt nur die Lagune von l’inbla- I
tusi empfobbm, deren Ausmündung !»8km südlich vom '
Ht. Luciariufs und 70 km nördlich vom Tugela liegt Soweit j
die Tiefe nicht ausreicht. kann sie leicht durch Baggern ver- j
gröfsert werden, auch ist die l<nge gesund und süfses Wasser
in der Nähe vorhanden. Di« Hinten dea Hafenbaues werden I
auf etwas über I Mtlüun Pfd. Hterl. gONobatzt. Kiiie von i
I (’iuhlafusi ausgehend« Kütonlnihn wurde Suluiand und di«
neuen Kolonieeo eröfTtien, sie würde die ilHUptlinie etwa hei
Volksrust erreichen und die kürzeste und beste Koute nach
dem Rund darstcllen: sie würde all« Konkurrenzlinien leicht
ülierdiiguin und einem englischen Hufen viel von dem Kapital
ziiWcnden. das jetzt nach der Debignahai ahgelenkt winl. —
Die Regierung von Natal scheint also für die nächste Zeit
die AuDnssiing der {tortugieeischen Krlisrhaft m^c-h nicht zu
erwarten.
— Die Gesamtzahl der Kalmücke», deren Ver-
waltung gegenwärtig an da.» rnuisebe Ministerium de« lunonj
übergeht, erreicht 14öouo Seelen IteiderUd Gosebiochts; vtm
diesen k«iinin«n iil»er 1.34 Oou auf das Gouveroemenl Astrachan.
Da-s ihncu zur Ihmutzung ülterlassciic I«andtorritorium be-
tragt nach den «Nowosti* über n^läOOO DesNjatin, zu denen
noch über itooouu Dossjatin l'achtgrund hinzukommen, der
ebenfalls von den Kaimüeken benutzt wurde. Im Mittel ent-
fallen somit auf jede Keele der Kaliuückenbevülkerung mehr
als 4ii Dessjatiii.
— Die Pygmäen und ihre systematische Stellung
innerhalb des Menschungoschlechts lieleuchtet J. Koll-
mann in den Yerhdl. der naturf. Gesellsch. in Bo.*.«!, 16. Bil.,
1902. Koben den grofstm Hassen sind in allen Kontinenten
auch kleine M>ms('heura«K‘n zu linden, deren Kür{»erhöhe
zwischen 120 bis 150cni, deren Hinigewicht zwischun 9 <mi
und 12(K)cl>cm schwankt. Auch der amerikanische Krdtrii
iinthalt Pygmäen (t), welche zahlreich in Peru und an andervn
Orten nacbgowiu^cn (0 sind. In Kurotm rnebn-n sich di«
Pygmäcnfumlo; zeitlich rcirbu» sie von der neolithivrhen
Periode (Schweiz etwa lOOOO Jahre v. (’hr.) bis in unsere
Tage (Sizilien) hinein, und örllich sind sio über Sizilien,
die Hch«*ciz, Frankreich und Deutschland an mehreren Orten
zerstreut gewesen; nach Sergi auch für Kurilnnd. — Die
Pygmäen sind keine verkümmerten, degenerierten Abkömm-
linge der grufsen Kassen , aundem gesnnde und wohl ent-
wickelte, jedoch kleine Abarten des Menschengoschlechts.
Di« systematisch« Stellung zu den grofsen Hassen beruht in
einer stamm^gwchicbüichen Verwandtärhaft, wobei die Pyg-
mäen als Urrassen tiuf/ufas.sen sind, aus denen sich di«
gr»r»on entwickelten. Die Nachrichten der Allen, sowohl
der Naturforscher wie der Dichter, üImt das Vorkoiuuieu von
Pygmäen an den afrikanischen hümpfen, in denen man sich
den 1'rsprung des Nils dachte, sind in der Hauptsnebe zu-
(rolTcud. In den Grabfeldern (MMmigypteiis, welche aus der
Urzeit wie der Zeit der ersten Dyna«li«s»n stammen, liegen
Pygmäen neben den grofsou Ras'ten bestattet. Die Gräbs'i'
gelu'iren teilweise der nonlithischen Periode an. Zu gleicher
Zeit, wie am S.'hwyzcrsbild lad Irk'haffbausen. luhten auch in
Oberägypteu Pygmäen zusammen mit andervn Ha*s«n.
— i'l>er eine Heise im veuezolanischen Guayana,
dio er im Winter ItfOl 02 au*geführt hat, berichtet Dr.
H. Passarge in Nr. 1 der Zeitschrift der Berliner (iesellschaft
für Ki'dkuml« (1903). Die Reise richtete sich in ein räumlich
nur lieschränktes Gebiet , das Land zwischen den lüdlichen
Orinocozutlnssen Cuchivero und Caura, das idii deutsches
Syndikat zu kaufen beabsichtigte. Besonderer Wert wurde
auf «in« genaue kartographischo .\ufnahme des Areal» gelegt,
deren Krgehnis zu einer Pas-nirges Bericht lieigegwbenen
schönen Kart« in I : .3tK)«00 vemrlieitct worxleii ist. Passargu
beschreibt Itosonders «iiigeli«nd di« geologischen und Boden-
verliäliniss« und bespricht dann di« Pllauzcn* und Tierwelt
und die gering« MischUngsbevOikerung. Bei dar Untersuchung
ries Gebiets stiefseu l*as.sargc «in« Menge wichtiger Fragen
auf. Ais irrig erwies sich die Auffassung, dafs die Llanos
ohne wesentliche Nivenmlifferenz in das Orinucodelta über-
gehen. Vielmehr endet 3 bis 4 deutsche Meilen westlich
von l>as ('astUlas die Platte der Llanos ganz plötzlich mit
einem Nteilraud von .%0 bis 80 m Höhe, und auf dieses Plateau
folgt dann im (Kten eine mit Wald bedeckt« Tiefehen« au«
dem grauen Alluvium des Orinnco. Pas-sargs^ fragt: Ist jener
steile Abbruch tektonisch isler ist er ein Kmsionsrand ? Uud
hat ein« negative Htraudversrhiehiing mitgewirkt ¥ Dann
fragt Passarge u. a.; Welche Krklärung verlangt der feine,
foMilienreinn Ton, der mit wechiHdrider Höhenlage und ohne
wesentliche Bviiiiengung von grobem Detritus de« Otiayaiia-
bergland«« Iris an di« Geldrg« heran, in di« Buchten des-
selben hinein, an den Gehängen hinauf drängt? Und nun
gar die folgRud« .Laterilperiode”, die hier in den Llamr«
mit eim-r ]>eutlichkuit vor da» Aitge tritt, dafs nur die eine
Krklttrung möglich ist. dafs ein Maximum der Bildung von
I, at«rit diin'h Verwitterung liestanden hat zu einer Irestiniiiiten
PeriiMie. Der Llamislaterit ist alt. el>enso der afrikaiiische :
pH»«arg« lumut daher, daf» die Forschung vielleicht einmal
356
Kleine Nachrichten.
eine Lateritpcriode (imtcrbnlb des Tortiilr) hIm rorhaadeu
gewesen fest^tcHuu mIixI. Mit diesen und anderen Fragen
wiil sich Paasnrge bet der ausführliclien Ik'avbidtung seiner
Krgebuisse näher beschäftigen.
Das Atlantisproblcui. Im 24. Bande der ,,1'ruc.
of the R. Irish Academy“ loespricht Ür, It. F. Scharff die
Fauna dar atlantischen Inseln mit Bezug auf die Frage eine*
einstigen Zusammenhangs zu tschen diesen Inseln und Europa
•linorseits und Amerik.'t andererseits. A. I{. Waüace be-
Imiiptet bakauntlirh. es gäbe keiuen Beweis für die frühere
Landverbindung, und hält die atlautischeii Ini>etii für rein
ozeanische Typen; denn: die Eilande bestünden aiiMchliefs-
lich aus vulkanischem GcsUdii, sie »eien vuu sehr lit-feu
Meeresteilen umgciten, und sie wiesen kein« eiuheiuiischen
Käugetiere auf. tkrharff meint dem ersten Einwurf gegen-
über, dafs die Thatsache, dafs nur vulkanisches Gestein zu
sehen aei, nicht die Möglichkeit ausxchlüssc. dnfs die Inseln
der Rest eines versunkenen Kontinents seien — «ine Ansicht,
di» von inaucheu Geologen geteilt wird. Ferner sei der
Hinweis darauf, dafs die Inseln von tiefem Wasser umgelten
seien, nur teilweise korrekt; denn die (iettysburg-Bank er-
strecke sich bis in die Xnchbarschaft v«m Madeira, und die
Annahin« sei begründet, dafs eine umcriueerische Kette dies«
Insel einst mit der {Mirtugiesischeu Kust« verbunden butt«.
Bi« ganze Frage hange mit der Theorie der iVrinanena der
grorsei) ozonuischen Hocken zusHinmen, worüber die Geologen
sich keineswegs einig seien. Mit B^-zug auf das Fuhlen ein-
heimischer Säugetiere endlich glaubt Scharff ermittelt zu
halwn. dafs das Kuuinchen und die Ziege in Wirklichkeit
dort einheimisch und nicht, wie mau gewöhnlich anuuhme,
durch Kunipäer eingefährt wunlen sind. Abi'r wenn das
auch nicht bewiesen WL<rden kOnnte, so konnte ein von der
angeblichen Abw'esenheit von Säugetieren hevgdeitt'ter nega-
tiver Beweis nicht di-n }HM>itiven ^wets aufwiegen, der aus
der Auwe-«enheit von Wirbellosen abgeleitet werden kann,
und an Holchein Beweis« fehle es nicht. Scharff glaubt
nicht an eine direkte Verbindung zwischen Amerika und
den atlantiai'hcu Inseln, alw?r er meint, dafs die letxteren mit
Südeuropa verbuudcii waren, und dafs sich zwischen Afrika
und Südamerika eine Landbrücke erstreckt habe. Scharf!
erläutert das naher durch eine eingebeudu Besprechung der
Fauna der atUntischen lusoin und deren offenxichtiiebon
Vorwaudtscimft mit i.mropäiscbcn sowohl wie mit Südamerika-
nisefaeo Formen.
— in einem Aufsatz über die Käfer (Colorados (Bd. V,
Nr. 3 des Bulletin der .Iowa-Universität) sagt H. F. Wickham:
Die Krscbeluungsverteiluug der Käfer in Coloradi» ist sehr
interessant. Innerhalb eines Radius von einigen Kilometern
ündet man Ansammlungen von Arten, die wenigstens drei
verschiedene Gatiuugeu mpräscutieren. Die erste, die der
gi^ifseu KbenOii, welche die Gebirge umgeben, wird durch dio
gn>fse Entwickelung Hügellueor oder unvolikommen bellügelter
Formen gekcoureichuet; es sind wahrscbeiulicb hauptsächlich
Eindringlinge aus dem Büdeu, wo diese charakteristische Getstalt
unter den Käfern deutlicher liervortriit. Gelegentlich ver-
laxsen dieae Formen ihren natürlichen Aufenthaltsort und
verbreiten sich .*iuf weite Kiitfernungen die Flufslhäler auf-
wärts. Im bewaldeten Gebiet der höheren Uugel und der
unteren Berglehnen begegnel man einer Fauua, die eine
starke Verwandtschaft mit der an det» grofsen Se«ni zeigt.
Noch höher, iu 24oO bis 270U m Uühe, giebt es Arten von
Gattungen, die in ihren tiewohnheiten noch bi>realor sind,
und ol)erhalb der Baumgrenze weisi'u dio Bergspitzeu ein
paar Käfer auf, die arktischen Ursprungs zu sein scheinen
und veruiutlich von der sich zurückzieheiiden Eisdecke der
Glazialzeit dort zuriickgeiassen worden sind.
— > über «inen ultertümlichen Brauch, der vor
JahrhundertQu in Uufsland ganz allgemein war, sich gegen-
wärtig aber nur uoch in einigen Gegenden erhalten hat, lie-
richtet der iu Nischni Nowgorod erscheinende .Listok”; es
handelt sich um einen Welhnachubraucb. .\rti heiligen Al>«nii
zieht sich ein Bursche den FeU mit den Hmirun uuuh uufsen
an, legt eine Maske vor das Gesicht, lieileckt sich den Kopf
mit einer grofsen Pelzmütze, legt sich in einen Schlitten
und wirsl $«> von d«r Burfjugeiid durch das ganze Dorf ge-
zogen. Nach der Prozeasion durch das Dorf Iwgiebt »ich der
ganz« Volknhaufe nn das Ufer der Wolga; dort w-ird aus
Stroh und tnjckenem Holze ein Hcheiterhaufeu errichtet und
anguznudel. Während die Flammen hoch gen Himmel
cmporlodcm, singen zwei als Po|ieu verkleidet« junge Leute
Beerdigungslieder. Nachdem der Scheiterhaufen nieder-
gebrannt ist. kehrt die Jugend in das Dorf zurück umi
zerstreut sich. Dieser in früheren Jahrhuudei-ten längw der
ganzen Wolga allgemein verbreitete Brauch lebt auch houte
noch dort, wo er seit langer Zeit veivchwuuden ist, in di-r
Erinnerung als Beerdigung Saidr»r«'' fort.
— La Töne-Flachgräber im Württembergisch»*D
Unterland beschreibt A. Bckliz (Fundberichte aus Kchww-
beu, Jabrg. X, IM02). Im Up>pruugslBud der I<a T«ne-Kultur
der Marne und Champagne, Üuden wir äkule(idachgriil>er
vorwiegend der Früh-La Tenc-Zeii und ebenso in Böhmen,
dem vorlüuügen Endpunkt des mittleren Stromes der galli-
schen Invasion; auch zwischen diesen Punkten liegen gröf»«i-e
und kleinere t»kelettgräl>erfelder, wie das von Mauching iu
Bayern. Die Beerdigung im Flachgrab war sichtlich liw*
wuhuheit der galUschen Kelten. In Württem1>erg kennt Ver
fosscr 17 zwcifelhe«« Skeletttlacbgräber. zu denen 7 weitere
mit grufser Wahrscheinlichkeit hinzuzurechuen sind, al>«r
dane^D 22 Grabhügel mit I>n Teue-jHcslattungi-n. Freilich
wt die Entdeckung von Flachgrabern meist ein Werk des
Zufalls, während der ins Auge fallende Grabhügel stets zur
Nachforschung reizte, und dann ist der grufsero Teil dieser
llügelbegräbnisae Nachlte«tattung in vorhandenen Hügeln der
früheren Kptteben. Diese BeniiUung der Grabhügel, welche
die Kelten vorfanden, gebt offenbar viel weiter, als man au-
zunehnu'U gewohnt ist, und selbst Hügel, welche nur La
T<-ue-Be«tattungen enthalten, lialten der Prnfuug, ob sie
wirklich zu diesotn Zweck umprimglich errichtet sind, nicht
stand. Da« Gemeinsame all dieser I^v T<-ne-HesUtiungen ist
das Schachtgrmb, ob «s in dun rtm'heu öder aufgehi>hteii
Boden i*tiigtrm;huitten ist, und eine grofae Zahl dieser Hügel
sind in vorhauileueu Hügeln angelegte Frie<thöfe mit 8ke-
lettbestattung. Die Zahl der eigens zu diesem Zwecke etnrr
Bestattung iu der T*'oe-Zeit angelegten Grabhügel dürfte
in Württemberg nicht gri>fser sein als die Zahl der von
Wilhelmi baschriclienen fränkischen Gräber in den Grab-
hügeln liei Wiesenihal iin Verhältnis zu den Koiheng^äl>er-
feldern dieaer Zeit.
— Eine pfianzungttOgraphische Beschreibung des
Gouvernements Wladimir von A. Fl«roff (Jurjeffer
Diss. itfü2) gipfelt darin, dafs sich sechs Pdanzenvercin« da*
»4-lbst unterscheiden laMeii; Die Waldgruppo. Kultur*, psam-
mophilp, WaaserpÜanzen- und Bumpf^irlanzengrupiie und di«
Vegetation der Gehänge, der Kalkstein- und Lehmprotile.
Ein besonderes Interesse erweckt die Flora der iu grofser
Zahl vorkominendcn Keen und der Bildungs- wie Kntwicke*
luiigsprozefs der verschietleneti Moorty^ien. Die Verwachsung
und Versumpfung geht nach drei Hauptty|>eu vor sich, durch
die I,eboii»thaiigkeit tier Sphagna umi son«iigeti Vegetation
der Hphagticnmooro, durch dio Lebensthätigkeit der Wasser-
pflanzen wie diu der Ufer- und 8ampfgowkch»c- Die Wälder
erfreuen sich einer bedeutenden Ausbreitung, »ie Iiedecken
nahezu die Hälfte de» Gesamtareals, übrigens ist ein grofser
Teil dieser Wälder sekundären UrsprutigB, indem abgeholxiu
Flächen — Weideplätze und Brachfelder — von ihnen über-
zogen werden. Urwälder sind in den thonreichen Gebieteu
des Gouverneuiems eine grofse Seltenheit ; viel häufiger treten
sie iu den sandigen Strichen auf. Die ursprünglichen I-aub-
wälder in den Gebieten des Guscbicbeichms bestanden aus
Eichen, hiK’lislwahrschrinlich mit Beimischung von Kiefern.
Meist entfaltet sich in den ersten Jahren nach derAbboizung
eine üppige, aus Wald- und Kuderaltlora gemischt« Voge-
tatioD, w-»rauf Birken und Espen mit der Fichte gemischt
zur Entwickelung gelangen. AU Kndrvsultat ergiebt «ich.
dafs das Gouvernement Wladimir voll und ganz zum Gebiet
der zusauunenhängendc-i» Wälder gezahlt wenien raufs, wo-
bei stellenweise sich TundretivegeiaGun erhalten hat. Die
Kntwickelungstendenz der Flora bestobi gegenwärtig darin,
daU die ÜlK-rbleibMel der nordischen Vegetation verschwinden
und südliche Klorcneleuiuute unter der Einwirkung den Men-
st'hun sich ausbreiteo.
— Die frühere und gegenwärtige Verbreitung
des Bibers (Castor Über) im rossischen Kelche «teilt
r. Grevc im «Zoologischen Garten“ (44. Jahrg., IduS) dar.
Der Verfasser führt aus, dafs dies Tier ein.st von der Weich-
sel bis zu den rechten le-nazuHüssen verbreitet war. Kr
fehlte in der Tundra, weil dort kein Wald vorhanden war,
und in der un;Timgliclien Kteppo aus demselben Grunde. Ob er
wirklich in Gstsibirien gefehlt bat, wo der rU-U gefr*»rene
Biaien vorherrscbl, ist nicht ausgemacht- Von Kola ging er
nach Küden bis zum Araxes.
Versiilwortl. Kedskteur; K. Siuger, Berliu SW. 6, Srhill l-aurrdstutn 2ü. — Dm<'k; Krie-tr. Vieweg u. S«hn, Brsunscbwelg.
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSfllRIFT FCR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN: ..DAS ADSLAND“ UND ,.AÜS ALLEN WELTTEILEN".
IIKRACSGEOEBFN VON’ H. SINGER tTNTER UESONDERER MITWIRKrxa VON Prof. Dr. RICHARD ANDREE.
VERLAG VON FRIEDE. VIEWEG & SOHN.
Bd. Lxxxm. Nr. 23. BRAUNSCHWEIG.
18. Juni 1903.
Nachdruck nur nach Cberainkuiifl mit der VerlatfEkanüliLnu K«»>n!le<.
Ein neuer diluvialer Schädeltypus?
Vom Ktiiil Schmidt.
Die Mclir/uhl der frunzdkiMhen Fomcher uei|^i »ich
der Aut<icht su, daf» die ältesten der bie jetzt in diluvialen
Schichten aufgeftindeneji Überreste dee Men&chen einer
primitiven, von dom heutigen Mennchen in weHantlioben
Punkten vermchiedeuen Kaiiae (Neanderthalranse) ange*
hört habe, dafü dünn aber eine breit« zeitliche Kluft
zwischen jenen und den spAtereu Menschen der IKlu*
vialzeit bestanden habe, die bis jetzt iioob nicht durch
/wiüchenfornien des Manschen ausgefüllt worden seL
Nun bringt „I/Anthropologie“ (Ibl. XIH, lieft 5) einen Auf-
satz von dem französischen Anthropologen Verneau, wo-
nach di« vom F ursten von Monaco angeordnotun Grabungen
an der Hguriacben Küste „un nouveau typ« buniuiu'* zu
Tage gefördert hätten, der ein Ibndaglied zwischen jenen
IbiHsan bilde. „Dank diesen Ausgrabungen beMtzen wir
entUich einig« ethaisebe (anthropologische) TbatHnchen
aus jener Zeit, dio bis dahin noch kitiiis ihrer Geheim-
nisBü offenbart batte.** üb jene ZwiHchenrasse sich an
die frühere (Neanderthal-) Rasse genetisch anreibe, das
müsse di« /eit lehren, der .Annahme dagegen, daD diese
neue Unase möglicherweise der „negroid«** Vorfahr« der
späteren ((’ru-Magnon-) Rasse gewesen sei, stehe kein
emsiliehes Iliodcruis im Wege. Verneau drückt sich
über diu ethnische Stellung dieses .neuen Tyims*^ noch
ziemlich vorsichtig aus, weit entschiedener gestaltet sich
dagegen di« Sache bei einem deutMchen Gelehrten,
I«. Wtis«r, dem sich bei der ReHprecbting jenes Funde.^
Kühr weitgehend« Perapwktiven eröffnen. Kr erblickt in
„der ncuent^lecktou Rasse einen Seitenzweig, au.s dem die
heutig« Negerrassc (homuniger) erwuchsen sei. l>«r merk-
würdige Fund der Kinderhöhle (bei Meutone) liefert dun
Heweiii, dnfs auch in unserem Weltteil zusammen mit
einer afrikanischen Fauna negerihnlich« Menschen ge-
haust haben, mit anderen Worten, dafs die Ah'ika be-
völkernden Horden dos rrmenKchen ihren Weg über
unseren Weltteil genommen haben'*.
Solchen weitgebunden Spukulaüonen gegenüber er-
scheint e» wünschenswert, die vorhandenen Grundlagen
für dieselben zu prüfen. Was wissen wir überhaii|Ft
von der körperlichen HusebaSenheit der prähistoriHchen
„Rassen“ Europa»? Das Wort lUsse ist so viel mifshrauchi
worden, dats es nötig ist, sich zuerst klar zu machen
über den RegriÜ der Rasse und seine .\bgrenziing. Wir
verstehen daruiiter eine Gruppe von Lebewesen, die be-
stimmte Merkmalkomplexe von ihren Vorfahren ererbt
haben und sie wieder auf ihre Nachkommen vererben.
Natürlich kann man nicht erwarten, dafs <lieae Merkmale
bei allen Individuen ganz gleich ausgeprägt sind: kein
Oiobu«,LXXSill. Nr.*i9.
Wesen ist einem anderen ganz gleich, und auch in den
reinsten UasMCU kommun imlividuelle Resouderheiten
vor; wie grof» al>er diui^e individuelle Schwankungsbroite
der Merkmale in einer Raaso ist, das läfst sich nur er-
kennen, wenn ein grofaes Deobachtungsmaturial vurliogt:
in der (Btailstiscben) Gröfse des lutzturuu tritt das indi-
viduell VerKchioduno vor dem allgcmetnun Typus zurück.
In dem Mafxe, als das ßeobachtuiigsmaterial geringer
wird, mufs auch die Sicherheit der Entscheidung, oh es
steh im Einzolfall um individuelle .Schwankung oder um
Rassenverschiedenheiten handelt, ubnehmen.
Nur in dum Fall, dafs gewisse Merkmalgruppeu er-
heblich von dem bisher ülmrhaupt Beobachteten abwei-
chen, wini eine Ra.’^senverschiedeuheit schon an einer
geringeren /abl von Einzelobjekten deutlich bervortreten.
Das iriffi zu bei der ältesten prubihtoriaebun Rasac, dum
„Neandurthaluienschun“, dur durch grofse Zeitfuriieu
von der .letztwult geschieden üt und dessen Besonder-
heiten im Schädel- und Skelettbau dun'^h Schwslbes und
I Kiaatschs trefniche Untersuchungen mit aller wissen-
HchufGicben Genauigkeit bestimmt worden sind. Das
dazu guhörende Material ist freilich bis jetzt noch sehr
guringfüglg — • wenig Schädel und amlui'e Skelettreste
— , aber trotzdem dilrfuii wir hier mit aller Bestimmt-
heit eine iKssondero Mensebonras»« annehmon, da der sie
kennzeichnende Komplex von Merkmalen so uigeimrtig
ist, dafs er in dieser Ausprägung ölrnrhaupt nicht wieder
bei andoren prähistorischen oder bei ruzenten Menschen
vorkommt.
Aber anders liegt die Sache, wo ein solches Über-
schreiten der Merkiualsgrenzen des heutigen Menschen
nicht vorhanden ist, sondern wo nur gewisse rege)-
mafsig wiederkchrende Kombinationen von Merkmalen,
die einzeln auch bet anderen KasMen vorkuuiiiu'n, das
untursekeidendu Kennzeichen einer Rasse bilden. Hier
Ist ein mugliclisi umfangreiches Material erforderlich,
um zu entscheiden, ob es sich um individuelle Beaonder-
buiten oder um Rasseuversebiedenheit handelt. Die Kri-
tik hat hier l>ei der.\nnahine einer neuen prähistorischen
Hasse aufser der Forderung, dafs das Material nach Her-
kunft, sowie nach »einer /u|^<hörigkeit zu einer be-
stimmten prülnstorlschen E{>oche ganz sicher ist, auch
noch die zu stellen, dafs es in genOgeiider Menge vor-
handen ist, um zu erkeuneu. ob es sich imKinzelfall um
individuelle Besonderbeiteii oder um wirkliche Ibtssan-
nierkmale handelt.
Wenden wir dies« Gesichtspunkte an auf das. was
von wirklich gesichertem Fundmatial des ältesten prä-
4ö
r
Digi'.i..
üoogle
35S
Emil Schmidt: Ein neuer diluvialer Schädeltvpns.
hUt4jriechon (diluvialen) Men^cbeu, speziell in Fmnk-
reicb, vorhanden ist
Schon vor dem unter dom mächtigen Anstots Dar-
wins erfolgten Anflehen der Anlbropt>lngic war 18r»6 iiu
Xeandertbut hei iMisteldorf der merkwürdige SkeU-ttfund
ciiiee der ISluvialzeii zugehörigen Menschen gemocht
und von Sebanhauseu hcsciiriehen werden. Die gewal-
tige Kntwickeluug der Augenhranenwülste und die
Niedrigkeit des (fehirnschftilels unterschieden den Scha-
de) dieses Menschen von allen ülirigon. Und als mau
bald darauf noch an einer Anzahl alter Sohadolroste diu
gluichen ^^e^kmale gefunden xu haben g]aid)te, nahm
iimn in Frankreich allgemein das Dasein einer besonde-
ren, durch jene auffallende Form gekennzeichneten dilu-
viale« Hasse an, die man al>er nicht nach dom wichtig-
sten die.ser Funde, dem Neanderthalmenschen , sondern
nach dem schon weit früher Imi Cannstatt aufgefuiideneu
Schadidfragmont heimiinte (dio Franzosen lassen sich von
der SThreibweise „race de ('austadt“ nicht ahhringeu).
Mit Sicherheit gehören zu dieser „Neandertbalrasse“ noch
die beiden belgischen Skelette von Spy und die suibl-
reichen Kiu>chenfragmente ans der Grotte von Krapina
in Kroatien, dagegen haben andere zu dieser Kasse ge-
rechneten Funde teÜH einer eznkbTen Prüfung nicht
staiidgehaltcn, teils sind sie narb den exakten, von
Schwallm aufgcstellton (leBichtspunkten uoeb nicht nueb-
geprüft wurden, teils auch hestelten sie aus so unbodou-
tenden Fragmenten, dafs ihre Raaseuzugehungkeit über-
haupt nicht zu boHtimmen isC
F,s dauerte eine Weile, bis inan auch andere, nicht
der „Hnce de CanstadC^ zugehörige diluviale Menschon-
rvste fand und bcschrieli. ln den durch ihre Artefakte
schon lange berübuiten Groiten imThii) der Vezere (Dor-
dogne) fand man, augeiischoiiiUch in gumcmsaiuom Hc-
grähnifl zusamniengelmttet, die Knochcnrestei dreier fn-
dividuen. und Hrnca, dor sie beschrieb, glaubte darin die
Züge einer besonderen Hasse zu erblicken, die, gleich-
zeitig mit Mammut und Uenntior, die Formen jener Ge-
schöpfe in kunstvollen Zeichnungen und Skulpturen der
Nachwelt überliefert habe. Als besondere Kuimzeichon
dieser nach ihrem Fuinlorte Race de (Vo-Magnon h»*-
zeichneten Rasso hob Hroca herv<»r; betrftchlliche Gröfse
des Kör|M'rs und dumentaprochend auch des Schädels,
grofse I.angköpfigkeit hei ansehnlicher Höhe des Hiro-
schildcD und starker F.ntwickeliing des Iliniorhauptus,
dugegcii nur geringe Kntwickehing des SchädeU nach
der Dreite. Mit dieser Schmalheit des llirnschädels kon-
trastiert auffallend die grofse Breite des (dH>rgesichta bis
herab zu den Jochhogen; besonders die Augenhöhlen
sind breit und niedrig und ihrotHTnung bruit-rechlockig.
Ihigegc« ist «luH Untorge^icht schmaler. Währuml <lns
Ohergesielit hiit zum unteren NasMUirand steil gestellt ist,
tritt iler Alvccdarteii de« Kiefers sehr schrÄg nach vorn
hervor; der NaMmwtachul fehlt ganz. Am ünU^rkiefer
fällt di« steil« Stellung und die beträchtliche Breite des
Astes auf.
Die .\iitorität Brooas verschafl'te der Russe de (’ro-
Magmm In Frankreich rasch allgenteiiie Anerkennung, und
man fand bald eine Anzahl anderer Skclettrest4* aus pa-
laolithischer /eit, die jenen Funden mehr oder weniger
glichen. Sf'hoii Brocas drei Individuen au.s der Grotte von
fro-Magnon verliiuUcn sich recht verschieden: er half
sich diimit, daN er das tniie der beiden besser erhaltenen
Skelette für ein weibliches erklärte und di« Abweichungen
als "cxuelle DÜTerenzen nuffaNte, Aber je mehr Malo-
rial sich ansammelte, um so häufiger und bedeutender
trat <lie Verschiedenheit der einzelnen Merkmale hervor:
so wurde auf dem klassischen Boden von Solutre eine
etwas gröfsere Zahl von Skelettun gefunden, deren Schä- 1
del alle tbergänge von starker Schmalköpfigkeit zu aus-
ges|>rocheuer Brachycephulio zeigten; die l>ei dem einen
Skelett von Cro-Magnou so charakteristische breit-recht*
eckige AugenhöhleiitifFuuDg war bei anderen Schädeln
schmaler und höher, die hochgradige iVognathie jene«
Schädels wurde von anderen ((»renelle 2 und 3, Schädel
von Solutre) noch übt^rtroffon, wahrend wieder ander»*
eine Hteilerc Kiefersteilung hesafsen. Da man den
Schädelbreitenindex als ein iHisunderH wichtigcK Kltis«i-
fikationtimfirkroal ansah, aber doch an eine Mehrheit der
Rassen, besonders an das Vorhandensein von Bracby-
oephalio in paläolithUcher Zeit nicht recht glauWn
wollt«, rechnete man bei einzelnen Fundorten (Solutre,
Grenelle) die dolicbocephalen Schäilel der altpaläoUthi-
schen Zeit zu, die unter gltucbun Fundum^taudeii ai>ge-
trolTenen bracbyrephalcn Schädel dagegen einer viel spä-
teren (nuolithischon oder noch späteren) Epoche.
Di« erste genauere Zusammenstellung des der Dilu-
vialzeit zugerechneten Materials gaben de Qnatrefnges
und Ilamy in ihrem Werke über die Rassenschädel IS82.
Ein Teil dieses MatcnaN l>esteht aus Schädelfragmenten,
die so unliedeutend sind, dafa man ihr« Rasseuzugebörig-
keit überhaupt nicht beurtuiluu kann. Scheidet man die
nicht zu Terw«rtend<>ii KuocLunreste aus, so bleiben Doeb
l.^ doliuhorephalu .Schädel übrig (Oo-AIagnon 3, Bnini-
quel 1, Mentoue 2, Solutrö 6, Grenelle 2, Kngis 1); bei
allen diesen Schädeln treten gewNse Schwankungen in
den einzelnen Merkmalen hervor, ihre Zahl ist aber nicht
groN genug, um daraus die Sebwankungsbreite der
Kennzeichen dieser prähistorischen „Rasse“ abgreuze»
zu können.
Fünfzehn .fahre t{wter gab de ^lortület eine neue
(Übersicht über die anthropologischen Dokumente der
paläulithisehcn Zeit. Dieser berühmte IVähistoriker war
ein fanatischer Scheinatiker: für ihn hatte »ein System
die Bedeutung eines Dogma», und so ist sein« Kritik
»ehr scharf, wo sich die Thatsachuii uii'ht seinom System
fügen wollen, dagegen »ehr lux, wo sie das letztere
stutzen könntüu. El' scheidet die paläolithisohe Zeit in
drei Absebnitt«, in ein älteres Paläolithicum (gegliedert
in (’helleen, AcbeuhVu, Mousterien), ein mittlere» (Solu-
treen) und ein jüngeres (Magdal»'*nien, Timrassien). Nach
ihm lebt« im älteren Paläolithicum di« „Raec de ('an
Stadt“; dagegen leugnet ur für dun mittloron Abschnitt
dieser Kp<iche das Vorlinudenseiu von menschlichen Sku-
IcltresUm („nous ne connaissons rien du Solutr^n*;
die in Solutre gefundenen, zum Teil bmchyeephalen
Schädel «sont aujourd'hni consideres comme appartonant
ä un Age plus recent, fort difhcile ä deterniinor''). Kriit
im späteren Paläolithicum tritt nach ihm wieder eine
neue Ruhrc anf mit gutgohauhim (hohem) Schädel, die
Ras.se von Ijiugerie-hasse. Al>er diese hält or und seiue
Schul« (Hervä) nicht für identisch mit der ruce de Cro-
Magnon, welch letztere, wunu sie auch le deacendant tr^
direct jener jüngeren paläolithischen Zeit sein soll, dtX'h
einer viel späteren Zeit, in der achon fremde Invasionco
stattgefunden hatten, angehören soll. So bleibt onch
Ausscheidung dor Schädel vom Cro-Magnon-Typu» für
da» jüngere PalHolithicum nur eine äuNurat geringe Zabl
von Skeletten und Schädeln übrig: „Le palcolithique au-
|>erieur ne nou» a foiiroi que troie gisements certaio^
indubitables. Ce a<mt les iM|uelette8 de deux ecrases |>»r
des elioulia, Laugerie-Hasse etSorde, et le »quelettc d'iin
noye, (‘hanceladu“ ; und zwar waren die ersten diee^r
Skelette durch Einsturz von FclsraassuD in hohem Grade
zerschmettert; trutzdom wird nngugebeu, dafs sie dem
betsur erhaltenen Skelett von Chancelade so ähnlich ge-
wesen seien, dafs man nicht im Zweifel sein könne
sur leur rattacbement k «n seid «t memo tyj>e. INeser
J. G. Hchoeoer^ Alaad.
Hei cbarskierisiert durch Grötse des sehr dolichocepbalen
Schädels, durch schwache Kntwickelung des Stirnwulstes,
huhe>< und hrelteH Gesicht und buhe Orbita.
Auch die jüngsten Nachfors^chungen eines unbefange-
nen deutschen Beobachters, Klaaisch, der die sämtlichen
berühmten paJäolithischeu Fundstellen Frankreichs einer
sorgfäUigen Prüfung unterzogen hat, bestätigen die Un-
sicherheit fast aller früher aN paläolithiscb angennmme-
iieu Skelette. Nur die in den Grotten l>ei Mentone in
ungestörtem Ilöhlunlehm xusammen mit Renntierknocheii
gefundenen Skelette sind wohl mit Sicherheit jenem In-
ventar zuzurcchnen. Aber wenn mau hior/u auch auch
dia fonuverwaudton Menschenruste einer späteren prähi-
storischen Zeit (('ro-Magnon u. a. w.) rechnet, so bleibt
das Material für eine sichere Ra-'^seuumgrenzung noch
Ttel zu klein (kaum mehr als ein Ihttzend Schädel).
Aber das zeigt sieh auch schon hier, dafs alle Merkmale
eine ziemlich grofse Variabilität Iwsitzon. Und nun dürfen
wir fragen: Sind denn die Ihfferonzi'tt zwischen den neuer-
dings vom Fürsten von Muiiitco auBgogrubvnen und den
andei*en pUäolithiscbun Schädeln so bedeutend, dufs sie
jenen als besondere Rosim) gegenübersteben?
Oie Skelette wurden auf der ÖHtUcbeii Seite nn-
niitielbar an der französisch * iialienisehon Grenze bei
Mentone in einer schon früher unvollständig von Kiviore
durehfarschten H^>hle (gn>tte das erifants) auf Kosten
de* Fürsten von Monaco durch den Ai>be de Villeneuve
mit aller erdenklichen Sorgfalt uusgugraben. Die ganze
Ausfüllung dieser Höhle bis zu b,90 lu Tiefe hinab gehörte
nach ihren l'4nBcblä*«»eu der Renntierzint an. Hierin
fand man in 1,90 m Tiefe unter der Oberfläche ein weib-
liches Skelett von nur 1,44 m Körperhöhe (das Vornean
wegen seiner Kleinheit trotz der Übereinstimmung der
Formen doch vom Uro-Magnon-Typii« trennon möchte).
Daun stiefs mau in 7,05 m Tief« unter der Olwrfläche
auf das Skelett eines sehr grofsou (1,90 m hohen) Mannes,
dessen Merkmale den typischen Eigenschaften de» l'ro-
Mngiion-Menschen entsprachen (nur war die Kiefer-
stellung nicht ganz so prognaUi, nondern etwas steiler
gerichtet als dort). Xi>ch 70 cm tiefer, also 7,75 m unter
der OberQuehe, lagen zwei Skelette mit stark zerdrückten |
Schädeln, von denen das eine cineui jungen, etwa 15 bis
17 'fahre alten, 154cm hohen Individuum, das anilere
einem 158 cm grolsen, erwachsenen Weibe angehörte.
Der jüngere Schädel glich in »einem dolichocepbalen Hau,
in den sehr niedrigen und breiten .-Vugenhöhlun, der
oberen Gesichtsbreitc sehr dem (Vo-Magnon-Schä^lel, nur
war die Schrägstellung des ZahuteUes de» Oberkiefers
noch gröfser als dort, und der vordere untere Xasenrand
war nicht nur veratrichen, sondern es l»e»tan«len dort
die unter dem Namen fossae praenasale« bekannten (rru-
ben. Der ältere weibliche Schädel unterschied sich von
dem jüngeren durch breitere Nase, glich ihm aber sonst
in Schädel- und Gesichtafonn, sowie in der Bildung des
Z^ibnteiles des Ol>erkieferj* und der gruberntrtigeu Ver-
tiefung des vorderen Nasenbodens.
Verncau glaubt die hochgradige Prognathie, deren
Betrag sich übrigens un der tendenziös geneigten, un-
wissenschaftlichen Aufstellung in der Abbildung de» er-
wähnten Artikels niefat so leicht ahschätzen läfst, beider
Scbädel als ein „negroides*^ Rasseiimerkmal annehun zu
uiüsHcn, das diese Men.scheu wesentlich vom Cro-Mnguon-
Typua entfernen. Almr es ist doch sehr fraglich, ob
diüso Steigerung der Prognathie wirklbh typisch, oder
ob sie unrein individiiulltM) Merkmal dieser beiden Menschen
(wahrscheinlich Mutter und Sohn) sind. Auch der von
Broca zuerst als typisch beschriebene Cru-Magnon-Schudel
war stark prognath, der untere Naseiirand verstrichen,
ein Nasenstachel fehlte, und andere pridiislorische Sdiä-
del, wie der von Lafaye Nr. 17, Solutre Nr. Iti u. s. w.
IxiKatsen ein« noch gröfsere .-Uveolaqirognatliie, während
freilich andere gleichzeitige Suhädul steiler gestellt« Kiefer
hatten. Aber das zeigt doch nur, dafs die» Merkmal
jener alten Schädel in ziemlich weiter Breit« Kchwaiikie.
Da im Übrigen alle wesentlichen Merkmale ganz dem
Typus von (Vo-Magnon entsprechen — die verschiedene
Korj^rgrötse einzelner Indivi<hien kann nicht als Kri-
terium von Rassenverschiedenheit angesehen werden — ,
giebt di« noch etwas mehr als b«um (Vo-Magnon-Schädel
hervortretende Alveolurprugiiathto keinen Grund ab,
hier einen besonderen Typus oder eine neue prähtstori-
sche Ras.se Huzunebmeii. Damit fallen aber auch all«
anderen Spekulationen ül>er prähistorische Völkerbezie-
bungen zwischen Ur-Kuropaern und Afrikanern.
Verneau schlägt in geschmackvoUar Huldigung des
fürstlichen Prähistorikers für die von ihm beKcliriehene
Schädelform den Namen „Typus Grimaidi“ vor. Wir
wissen nicht, ob Seino Durchlaucht der Fürst von >Io-
naco sich durch besonders proguathe, »ehr ungewöhnliche
Bildung seines Oherkiefers auozeichnet, oder ob in den
Adern der altgeimesischcn Adelsfainilie derGrimaldi viel
.Qugroidea“ Blut rollt; jedenfalls ist jene Hezoichnung
eine nicht ganz biktvoUe und in der Anthropoiogie bis-
her niciit übliche Schmeichelei.
Aland.
\*on .1. G. Schoeuer.
Weit BufHerhalb de« grofsen europäi.schen Verkehr»,
nur von «inzolneu aus dem Schweden und Norwegen
ül>enichwommeiidcu Touristensirom auf ihrer Schiffsroute
Stockholtn-— llulsingfor» — St. Petersburg flüchtig borühri,
liegt, eingebettet zwischen vier Meoreatoilon, unter ü0®42*
nönll. und 59*’ 47' südl. Br. ein altes Kultur- und Sageu-
land, das seinem Nauieu „Wasserlaiid*^ als ein um* und
durchButete» liHnd vollttnf eutsprieht.
ICin gleichartiges orohydrographische« Gebilde, wie
dieser von Hunderten von bewohnten Inseln und taiisond
und nl>er Tausenden von Holmen, Klippen und Schären
zusammengefügt«, nach allen Kichtungon von unzähligen
Bnehten, Fjorden und Sunde« förmlich zersägte und
zerris'‘«ne Archipel, ist in unserem Weltteile nicht zu
finden. Welche gewaltigen dynamischen Kräfte waren
nicht erforderlich, um dies« eigenartige tektonische
Schöpfung zu schaffen!
Fiuiilaud und damit Aland bildet im Vereine mit
Schweden-Norwegen in Bezug auf BodenlK'Kchaffeuheit,
Fauua und Flora ein einheitliches Ganze; deren Struktur
und tektonischer Aufbau erfolgte zu gleichen Zeiten,
unter ganz gleichartigen Verhältnissen. Breitete sich
doch dort zu den /eiten der ältesten, Fossilien führen-
den Schichten, der kambriBchen Formation, sowie in der
darauf folgenden Periode, dur Silurformatiou, «in aus-
gedehntes Meer über da» emheitlicbe Urgebirg« der ar-
chäischen Fonnatlou, wahrend in der darauf folgenden
Periode Skandimivieu höcbstwuhrscbeinlich ein ütier dem
Meere gelegener Kontinent gewesen sein ilürfte. In
dieser Periode vollzog sich im Westen Skandinaviens die
V./ Google
J. G. Scboener: Aland.
SOO
unter dem Namen der ekandii>a?Ucb-kaledouiKcheu Ge-
birgskette Wkauntc frrofi*nrtige Gebirgnbildiing, von
Südwesteu iklnsr die heutige Nordsee bis nach Went-
acliutiland. im Norden bis WeKtgpitzl>ergen reichend, als
deren ÜberreKte die heutigen norwegischen und uord-
schwedischen lluchgebirgu bestehen, während durch die
dabei stattgefundunen Verwerfungen die grofsen skan-
dinavischeti Inhmdtseen gebildet wurden. Gurch das vor
der Kist>onüde dort oben herrschende tropische (sub-
tropische) Klima und die dadurch bedingte bedeutende
Verwitterung, im Vereine mit dem ßiefsetiden Wasser,
erhielten Skandinavien und Finlaiid ihn* dmrakteristische
Physiognomie, die unebene und kupierte HodcnuberfUcho
mit unzähligen Felsctihhguln, wahrend au den Küsten
aus dem teilweise unter das Meer gesuukeueu Lande
die grots- und eigenartige Schären- und FjordbUduog
entstund, /.ur Quartärperiode war Skandinavien das
/entruni der sich tm Osten, Süden und Westen weit
über die tinmzun ausdehnenden l.andeisu]a8sen, wofür
die übiTiill unzutniffeiideu Moränen zeugen.
Gurch das fortgleiteudu Kis und das initgescbleppte
lockere Material bildeten sich die chumkteriHtischen nb-
gescldiffenen, rnnden Felskup)>eu.
Am Knde <ler Kiszeit kam, tiii Gegensatz zum An-
fang dieser l’ericMle, eine gewaltige Senkung über Skan-
dinavien und Finluud, durch deren Fauwirkung das
mittc'Uchwedlsehe Flacklund vom Meere überflutet wurde,
so dafs Finland mit den .\Iandinseln zum grotsen Teil unter
Wasser lag, während die cimbriacbe llnlbiusol, das heu-
tig« Gänemark, mit dem südlicben Schweden zusamtiieii-
hing und das baltische Hecken im Nordosten durch eine
schmale Stralse mit dem Nördlichen KisniKcre in Ver-
bind iiug stand.
Seit der Füaperiode war Skandinavien stetigen Ver-
ämlerungen des IhHiens unterworfen, wurde die lmltisc!)e
See ein Hiniienmeer, das i«doch in späteren Zeiten in-
folge neuer Bodensenkung verschwand, durch welchen
Vorgang die Belte und der Sund wieder geöffnet wurdon
und die Ostsee aufs neue in ein salziges Becken (Lito-
rinameer) verwandelt wurde.
An diese Zeit, da das Litoriuameer seine gröNie
.\usduhnung hatte, knüpfen sich auch die ältesten Spuren
vom Auftreten des Menschen in Skandinavien und Fin-
land (ältere Steinzeit).
Kin Produkt aller di<>ser Vorgänge ist auclt una<-r
Aland. Bei Betrachtung einer Spezialkarte dieser Insel-
gruppe fallen vor allem drei durch die ganze Gruppe
von Norden nach Süden gebende grofse Sunde auf, dua
Igelet (die Teilung), die Kuiulinge- undBrändö-
gruppe vom iiländischen Festland trennend, das Lapp-
vesi (vesi fiiiisch Wasser) zwischen Kumlinge und
Bründö, und da»,Skift«t (die Trennung), das in voller
Ausdehnung der AlHndainscln von Norden nach SQden
verläuft und diese
vom eigentlichen
Finnland trennt.
FJn gleich aus-
gedehnter Archipel
findet im nördlichen
Fhiropa nicht seines-
gleichen. Gessen
gröfste Länge be-
läuft sich auf 70 km
von Saggu und
Karlskär im Nor-
den bis Lagskära
Feuer im Süden,
die gröfste Breit«
beträgt von Sig-
nil8skär,dem west-
lichsten punkte
Finnlands, bis nach
Brändö-Juruio im
Osten 110 ktu, und
der Kuuminbult aller
Inseln beläuft .sich
auf LS.'iOqkm. Gie
Zahl der Bewohner
belief sieb am 31. I>v-
zember 19(K> auf
22500 (aho durch-
schnittlich 17 auf
einen Quadratkilo-
meter), wovon, ab
gesehen von einigen
Bussen, nur 238 dem finnischen Sprachstammc aiigchöreu,
während die Bevölkerung im grofsen Ganzen dem schwedi-
schen Stainiuezuzuzähleu ist, von dem wohl vor Kinführung
des t'hristentuuis die Inseln von Schweden aus bevölkert
wurden. Gie Aussprache des in Aland gespHtebenen
Schwedischen variiert allerdings teilweise unter dem
Kinfiusse des finnischen Gialektes. Gie Bewohner ver-
teÜHn sich auf die einzige SiAdt Mariehamn (Abb. 1),
2.55 Ortsrhaften (Byar) und nahezu 1207 Heimstätten.
.Administrativ und politisch gehört Aland zum fium-
seben Län Abo-Biörneborg (23136qkm, wovon 1035
4[km auf Inlandseen entfallen). Aland selbst wird in 15
Sockriar(Prurrgumoindeii)utngcteilL, von denen acht zum
sügenannteu Aländischeu FesUande gehören. Alands
Landesgrenxe gegen das eigentliche Finland wird iro
Osten durch das aus einer .Anzahl von Sunden bestehende
Skiftet gebildet. Im Westen geht die Grenze quer über
den Bottnischen Meerbusen und fällt im Westen und
Süden mit der Keichsgreiize gegen Schweden zusammen.
Abb. I. Aussicht vom Kadhansberge in Xariehanm.
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J. Ci. Sohoener: AUnd.
S61
fAbb. 2. l)«r FftrjNHnd in Flnstrdm.
I>i« grofste Inoel, das von unzÄhligen Fjorden zerriNBene
und in seinen meisten Teilen nur lose zusammenhängende
Hugunanute Festland Aland wird von Schweden durch
das 50 km breite Älandsiueer gesrhie<leD. IHeses Meer
bildet die Schiff ahrtsstraTse zwischen der Ostsee und dem
Bottnischen Meerbusen, ist jedoch, obgleich es eigentlich
nur einen zwei Meeresteile vereinigenden Sund darstellt,
durch seine oigentQmlichu Budenbeschaffenbuit und grcdse
Tiefe (bis zu 250 m nördlich von Gislan [Siguilsskir])
von beiden Becken scharf abgegrenzt. Von dem Fest-
laude nur durch den schmalen Marsund getrennt die
durch die Torpbjburht fast in zwei Teile gespaltene
Insel Kckerö, nördlich davon breitet sich der mit Inseln
und Klip|>en reich l>osetzto Finnbofjord aus. Nord>
ÖHtlich von Krkcro schneiden die Pantsarn&s«, Ivar*
skira* und Postadfjorde tiefen gegen Süden in das
Hammarland ein, östlich die BergÖ>, Orr* und
Wandufjorde in Fiunström. Im Norden bildet der
von den Alänningem Nord- oder Bottenmecr genannte
Bottnische Meerbusen mehrere in den Saltviksocken
eindringendu Fjorde. Iin Norden zwischen Saltvik und
l>elet dehnt sich der weite, klippenreiche Boxöfjord
aus. Nord*6eta bat keinen vorgelagerten Schfireuhuf,
ist aber durch iteinen Keiohtum an Blind*
Hch&ren für die Schiffahrt gefährlich.
Im Südwesteii bildet das Alandsmeer diu
Möckelö* und Sviby*Hucht. Der süd*
lich.'it« Teil des Festlandes ist die Halbinsel
l«enilund, dessen schiunle, mit dom Fest*
lande zusammenbängeude Landzunge von
einem Kanäle durchbrochen wird, wodurch
die Kommunikation zwischen Mariehamit
und den östltehen Teilen bedeutend erleich*
tert wurde. Her Ostaeotrand Lenilands weist
zahlreiche Inseln auf, darunter die guten
Häfen Nyhamn und Rödhamu. Östlich von
Lemlaud liegt der Föglöf]ord, gegen Nor-
den durch den Lumparsnnd mit dem ge-
räumigen, ausnahmsweise insei- und klippen-
losen Meerbusen I^umparen in Verbindung
stehend, von welchem gegen Norden durch
denTingösund der Korsiiäsfjord ausgeht.
Vom Lumparen erstreckt steh ferner der von
schroffen Sträudcni umgebene Färjsund
(Abb. 2), dessen weitere Fortsetzung von dem
Globus LXXXIII. Nr.
sich in zwei Arme teilenden Saltvikbuseu,
westlich gegen Odkarby und östlich gegen
Hagakungsgärd und .Xagärdaby ge-
bildet wird.
Nonlöstlicb dringt der Slottssund
weit in den Sundsocken ein. bis zum
Fiifse von Kastellholms Schlofsruiue
reichend, wo daun das sogenanut« Koks-
hafvet beginnt Der Slottssund steht
seinerKeiU mit dem KyrkHund, und
dieser wieder mit dem östlichen Kyrksund
in Verbindung. Im Nordosten Lemlands,
südlich vom Lumparen, liegt die Insel
I.umparland, und nördlich davon, zwi-
schen Delet und dem Fe-stlande, eine Reihe
von Inseln, von denen V&rdö, Löfö,
Simskäla die grölsten sind. Auf der an-
deren Seite des Delet liegt der K u m 1 i n g e •
Schäreuhof mit den gröfseren Inseln
Kumlingo, Knkiing», Seglingu und
einer Monge Klippen und Schären. Südlich
davon Sottunga und die Föglö*
Gruppe, noch eüdlichor, von vorstehenden
Gruppen durch den weiten Kökarsfjord geschieden,
die Kökar-Gruppe mit Hamnö, Hällsö, Karlby und
mehreren kleineren Inseln, nowih einer Anzahl von
Klip]>en.
/wischen Lappvesi und Skiftet im Norden endlich
der Brändö-Scfaäreuhof mit ungefähr 700 kleinen Inseln
und Klippen, von denen etwa ein Dutzend, wie Jurmo,
Afva, Brändö. Lappo, BJörkö, keine ülasr 5 (|km
grols, la^wühnt ist
SuDipftgo Inlaudseen treten häufig auf, zahlreich be-
sonders auf Geta und Saltvik, alle jedoch von ge-
ringem Uiufango, während Flüsse und andere rinnende
Gewässer nicht Vorkommen.
Aland bietet dem Beschauer ein von gruFsen Meer-
busen, Fjorden niiU Sunden durchsebniiteuos Äussere
mit kleinen Hügeln und Anhöhen und fruchtbaren, aber
wenig ausgedohuteii Feldern. Läng» der ganzen nörd-
lichen Küste läuft eine von Buchten und kleinen Thälern
iiiiterbrooheue Bergkette, die ihren höchsten l*unki in
der bei .\sgiirda-By auf Saltvik gelegenen Ordalskliut
(132m über dem Meere) erreicht
Die gröfste Depression kommt auf Kckerii vor, wo
die Umgebung der Kirche nur 6 m über dem Meere er-
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362
J. <f. Schoeoer: AUnd.
reicht. Gröfscru Flachiimrkrn truWu nur in .loniHln bri
Kmkarby auf Fiustroiu, bei St^irby anf I‘k;k 0 rü und btd
Ha};n Huf. Vun der Spitze der ürdHlsklint
mit ihreo t*teilen, wild zerriettoDon Seiten, tiefen Klüften
und überhängenden Blöcken, die <ten AufNtieg sehr er-
üchwereii, entfiiltet
Hich eine uniftthhendc
KundKicbt über das
gnnzu iilandiHchc
Fesilaud, tou Bomnr'
sund im Süden bis
zu den Geta)>ergen
im Korden. Gegen
WeHteii erstreckt eich
der Bottnische Mvur>
busen In seiner vollen
Ausdehnung, und itu
Ohten ii*t bei klarem
Wetter die zwischtm
Belet und Lappvesi
gelegene K umlinge>
Inselgruppe sichtbar.
Auf Eckei-ö ül>er-
rns<*bt das grufsar-
tige Fanorama über
das sich voll entfal-
tcn.1« Al.mi.ni.,«r, *■
WO zeitweise l>ei ru-
higem WetiiT die nogenamite' llagring (Luftspiegelung)
di« schwedische Küste öl>er dem Horizonte erscheinen
lüfst. Bic Natur dos Fnstlaudos ist sehr freundlich,
und die Nähe des Meeres, das lose zuKauimenhängende
Land, die abwechselnden Ilöhonverhältniwse. die dichten
Wälder und die lacliendon grUiiuu Witwen bieten dem
HoKchauer prächtig« Szeuerieen. In dem äufseren
Schiinmbufo dagegen ist die Natur öde und traurig, da
vollem .VufruUr bufindlichen und plötzlich orstarrton
Meero.
Fast der ganze Berggruud wird von rotem, grob-
körnigem Grajiit, von Linne „»ländischer Stein*' gviiamit,
gebildet, wofür sich die neueren wissenschaftlichen Aus-
drücke wie Alanda-
grnnit, llagagraiiit
u.e. w. finden. Kalk-
stein tritt nur selten
auf, und nur der von
Jurmohy auf Hrandö
ist brauchbar. Krzo
sind nicht vorbanden.
Durch Verklüftuugeu
gebildete Grotten
kommen in ziem-
licher Anzahl vor.
[>a .Uand ein von
allen Seiten unifiutetes
laind ist, weist es in
der Regel schöne
Herbsttage und im
allgoineinen milde
Winter auf, jedoch
kommen auch stren-
gere Winter vor, wo
reslunp Bomanand. Äknd,m«,r ge-
friert und eine feste
Brücke zur schwedischen Küste bildet. Die mittlere
Tcm|ieratur in Mariebatiin ist f ötOG** (in Hebingfors
- 4,1 P). Der Teuporniurunterschied zwischen dem
knltenten und wärmsten Monat, Februar und August,
lK*tr«gt 11,17". Vorherrschend sind die südwestlichen
Winde, und der Niederschlag beläuft sich im Mittel auf
.^29 mm. Das .lahr weist im Mittel IGO Kegen- oder
Schneetuge auf. Gewitter kommen höchstens vier- bis
Abb. &. Partie vom Seehade auf MuckelÖ.
die abgi'rundeten, glattgcscliliffenen Klippen gröfsten-
teils kahl sind und nur hin und wieder niederes <ie-
bÜHch und knrzoM Gras vorkouiiiit. S|teziell auf der
Bergitise) Kökar tritt dieser Um-taiid frappierend zu
Tage, ihre Oberfläche bat AhuUehkeit mit etuem in
fünfmal im Jahre vor. Die Wälder sind aus Fichten,
Tannen und Birken zusammengesetzt. Die Flora ist
ziemlich i*eich und weist an 700 Arien auf, und von
Gelnddearlen findet sich besonder» Roggen, nobenlH*i
mich Hafer und Buchweizen.
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J. Schnencr: Aland.
m
Die Kartoffel iiildet ein wirhtiffes Nahrim>fsgewärha.
Von Haustieren sind alle Arten anautreffen, und die «län-
dischen 1‘fenle sind wogen ihrer Schönheit und Slärko
hoMonderii geachätzt.
Der Alänniiiger bekennt sich zur eYnngelit^ch-lttthe-
riachcn und int, bettondora der de** Fetttlaudes
und der näher gelegenen Inr*elii, freundlicher, offener
Natur; er lietrocbtot «ich in erster Idnio ala Aläuningur
und dann ortit als Finländer, zuletzt erst als Schwede,
d(*ch wird er «U Schiffer oder Kiipitän druufstui am
MtN>re <>*ier in fremden Häfen dom Fragenden immer
Hutwurten: „Ich bin Finländer.** Für Schweden fehlt
ihm trotz KÜnor .-VbHtaimuung und der (leiiiciDHchaft in
Sprache, Sitte und Handel»interes»en jede Symj*athie,
anderseita macht er «ich über duz )»lmnpe Auftreten der
Finnen lustig.
Der Hewuhner der AursoiiHchären ist dagegen von
rauhem, zurückhulbunlein Woaen, ilabei jedoch von nua-
gesproebenor Liebe xu seiner Ibdmat beaeelt und tadir
iHignügsaiu. Sein aebarfer Hück, die von Wind und
Wetter markierten Zügo BeinuM gefurchten Angesichtoa
bezeugen, dafs er Ixji Bciueui gefährlichen Fischerhand-
werk, an dem stets das Weilt teilnimmt, täglich und
stCindlich grofsen Gefahren uusgoHetzt ihI.
Das VidkMBchulwoson ist ziemlich gut, und ca werden
für die kleinen IiiBcln drautHeii in den Scharen aziihnU-
torische .Schulen abgehalteu.
Die rot augomalten Dauornhöfo ziud geräumig, mit
hohen, lichten Stuben, von äufoerster Saul>crkeit tmd
Ordnung, die Betten, in den W&nden in zwei bis drei
Ktagen angebracht, mit sauberen Vorhängen versehen,
aus denen die weitsen Kopfpolster mit Bordüren uml
(ianiienmgen und die pnichtige gewebte Decke horv<*r-
blicken, der Boden ist mit gewebten Mutten boilockt.
FjgiMilütulioh ist OS, daCs fast auf jeilem Hofe ein Piano
mlcr llurmouiuiu zu ffnden ist. und .selbst dann, wenn
niemand diese zu spielen versUdit. Bei jcdoiu Hufo steht
auf einer erhöhb'n Stelle eine Windmühle, ili« i'üsch
einen L-berblick über die Anzahl d«?r (tehöfte ermög-
lichen. Die Behausungen in den AuftMUischären sind
kleiner und unanHchnliclior, meisteiiü des Sturmes wegen
zwiscbcti Anhöhen oder in SiMiktiugen dicht aneinaiuler
gebaut und die Dächer mit gnifscn Steinen lipschwert.
Ini westlichen .\land steht fast da.s ganze Jahr hindurch
mitten imf dom Platze der Orischtiflen eine mit Bändern
und Kränzen guscfamuckt«! Mittsommerstange, wo zur
Mittsummerxcit der Tanz abgohulten wird.
Viele mit den alten Bezeichnungen zusimitueugeMetzte
I^okaibonenmiugen weisen auf die altukandinavischo Kui-
turperiüdo zurück und sind Zeugnis dafür, dufs das je<]en-
falU in tTor/tnicii von einer ff tmischen Urbevölkerung be-
wohnte I>and scholl vor Kiufülirung des t'hristentams
von Schweden aus bevölkert wurde. Noch jetzt erinnern
die alten aus Granit anfgeführteu, mehr Featungen glei*
chenden Kirchen an diu Zeiten, da das ('bristeutuin mit
dem Heidentum die letzten Kämpfe ausfocht.
In den nicht suiteu vorkommenden, an 1000 Jahre
alten Grabhügeln wurden neben Gebeinen auch eiserne
Schwerter, Streitäxte, Mee-zer, .\rmspangen, Haarsclimuck,
Ketten und Kleiderffbcln gefunden, die als von skandi-
navischer Herkunft erkannt wurden, .\ufserdem finden
sich auch Steinkammern (Dolmen)t jedoch mit geringerer
Ausbeute.
(^iiarekteristiscb ist der ein- bis zwetmal im Jahre
in den Aufsenacluircn, z. B. auf Jurmoland, ahgehal-
teile Gottesdienst. Kin groIscB S<*gel wird auf dem
höchsten Punkte als Zeichen für die umwohnende Sebi-
renl>evöIkeruDg, «lafs der Geistliche behufs Abhaltung
des Sommergottesdienstes dort angekonnnen sei, gebit^t,
und «t können nun alle in der letzten Zeit goborenen
Kinder getauft und die Toten eingesegnet werden. Von
allen Ecken und Enden, von den kleinsten KIip(H>niti»eIn
weit drauLen im Meere kommen die Boote mit v«>IIen
.Vgciu, und cs berr*cht am Stramio lebhaftes Grüfseii
und Plaudern, wobei 3iänner und Woiber ganz ungeniert
Toilette für den Kirchgang machen.
FJne der achönsten Burgen war das am) der Mitte
des 1 4. Jahrhunderts atanimemle Kaatellholni auf Sund
(Abb. 3), urkundlich 1388 zum enitennial erwähnt, da
OS von Bo Juussou Grip an die Königin Margaretha
überging. lui Jahre IffTl war König Erich XIV. hier
gefuiigeii, 1044 wurde es von (instav .\dolf II. la^HUcht,
von 16.35 ab jedoch allmäblich dem Verfalle Biiheim-
gügelH*n. Heute erinnern nur noch gi'ringc ÜlaTreat*?
an seine einstmalig« (indse. Eine Fest« neueren Da-
tums ist Boinarstind (Abb. 4) itn sQilöstlielicii Teile
des SundhinilcM, «üe Einfahrt durch den Boniarsund in
den I.nmpnren verteidigoml; 1830 von den Küssen als
Kriegsbafuu ungelegt, später als Gefängnis dienend,
wurde es während des Krimkriuges von der englisch-
französischen Flotte unter Admiral (’li. Nupinr bombar-
diert und kapitulierte am 16. .August 1854. .Auch von
dieser Feste sind nur noch gering« Beste vorhanden.
An Herrensitzen finden sich iiufser den drei alten
Köiiigshöfüu (Kmigsg.irdar) Kastellfaul in (der gröfste),
Grelsby und llaga noch Germuiidö, Sonnrnda,
BolBtabolni, Strömvik und Ifaddnäs. Der Schäreii-
hof bei Kökar war eine der letzten ZunuchtsstÄtieu
der Wikinger, und man kann dort noch heutigen Tages
das Wort Viung (Vikuiig) als Bezeichnung für einen
trotzigen, wilden Gesclluu h<*ren. Die Oberreste einer
alten Wikingerbnrg finden sich auf Saltvik auf der
Westseite des »teilen Hügels Ik»rgö.
Die einzige Stadt, Mariehiimn, 1H59 angelegt und
von 1861 ab Studtprivileglen besitzend, ist auf der vom
Jomalulitud ausgeheuden südlichen schmalen I^udzung«
der ganzen * Breite mich erbaut (3tjkm mit Hdü Ein-
W'ohixern), so dafs sie sowohl auf iler westlichen, der
Svibybucht, als auf der östliclieii .Vite, dein Slem-
men, js einen Hafen iKisitzt. Die Stadt hat ein be-
suchtes Seebad mit prächtigem MoereH.strand auf der
gcgenühcr liegeudeti Mückelö (Abb. 5). Vortreffliche
Scrufsen führen von hier nach allen Teilen des «ländi-
scheu Festlandes, und drei- bis viermal die Woche unter-
halten Passagienlampfer die Verbindung mit .St, Peters-
burg und Stockholm.
Ackerbau ist wohl die vornehmste Erwerbsijuclle,
doch betreibt fast die Hälfte der Bevölkerung den Fisch-
fang (liesuuders auf Dorsche), der ini Herbste iui
offenen Meere, iin Frühjahre innerhalb der ScbärtMi aus-
geübt wird. Der Absatz der Erträgniium geschieht in
AIm), Reval und HuUingfors. Dio .Seevogeljagd wird
haupUtU'hliidi auf Sottnuga, Kökar und Kliifsknr
ausgeüht, während in den Schäreiiböf<>ii die Ausbeute
an l'äern nud Federn der FJdergiinse eine wichtige Er-
werbsquelle bildet.
Do» Speckes und der Felle wegen werden der See-
hund und die Gtter gejagt Iter Elch, in früheren
Zeiten zahlreich vorkommend und gehegt, ist schon seit
100 Jahren vollständig nnsgernttet
Die in früheren Zeiten stark betriebene ScgcUchiffahrt
wurde durch das .\nfkommen der Dampfochiffe stark
reduziert, doch w ird noch ein ziemlich lebharier Verkehr
mit den Häfen iler 0»t- und Nordsee, ja selbst mit Eiig-
laiid, Frankreich, .Spanien unterhalten; der Export
364
M. C. Gramatzka; Sagen der Kbamti und Singpbo (Asflam).
besteht faaiiptäftobUch in Fischen, SeeTögeln, ßutter, Käse,
Salzfleisch^ Wolle, Seehutidsfellen und Seehundss{>eck und
Hol*.
Has Wappeu .llauds stellt einen Klchbirsch mit
King um den Hals im blauen Felde dar, Ton einer gräf-
lichen Krone äUtirhüht Auf dem Siegel Aland« ist Olaf
der Heilige abgebildet, und die Farben sind Hot und
Gelb.
Litteratur- P. H. CHwion, AIan<l, ill. landskni^beskrif*
uing- HeliHogfors ]S9S. HtaÜKtisk An>bok für Finland
Turistft^reoingens i Finlaud Arsbok 1901. bvenska Turiat-
fOreniiigens Iteseliaudbirker VI, Schweden. BU*ckbolm 1901.
Sagen der Khamti und Singpho (Assam).
Von M. Gram
ilHtde Volk«»Umn:e ateben heute unter der Herrschaft
der Briten, denen sie ehedem viel zu schaffen machten.
Cher ihre Einwanderung nach A«saui erzählen die
Khamti, die sich damals Ijungphaug naunten, das Fol-
gende :
Vor mehr als 500 Jahren vertrieb der Völkerstanim
der EungpUang (Kbamti), der von Khemung (China)
kam, die Aitouiu aus dem Tbale Namkiu und wurde
am Flusse Namkiu sefshaft. l>io Aitonia waren der
regiereude Volkastamm iu Namkiu, die anderen Stamme
wai'en ihnen untergeordnet IHe Aitonia fluhuu Uber
den Chankanpnls und liefsen sich in Hangpur, Sibsagar
und anderen Städten in .'V.^sam nieder. Nachdem die
liUiigpbang sieb iui Naiukiumtbale niedergelassen hatten,
fiel ein Teil eines HUgels auf den Weg, den sie gekom-
men waren, ttud verlängerte so den Weg ins Thal zu
ihnen. Maiio, ein Sohn des Raja von Mungkong (dessen
Mutter eine Sklavin war), kam mit einem grofsen Kriegs-
heer, besiegte die Kbamti und regierte sechs Jahre.
Nach einer anderen Tradition heifst es: Brei Bräder
zogen aus von Mogong; der eine gnlmlste eine Kolonie,
die der Khamti in Namkiu, der zweite liefs sich in
Assam nieder, der dritte in Moyong.
Entstellung der Erde nach den Traditionen
der Khamti. Am Anfang war alles Wasser. I>a legte
Gott „Bbra“ Erde auf den Rücken eines Fisches. Hann
gebot er einem überirdbeben weiblichen Wesen, ein Ei
zu gebären. Gott schnitt dieses in zwei gleiche
Teile und legte einen Teil auf die Erde. Hierauf er-
richtete «r einen Hügel, bestieg denselben und legte den
anderen Teil des Eies obiui über den Hügel. Iheser
obere Teil de« Eies bildete den Himmel.
Entstehung der Erde nach Überlieferungen
der Singpho. Ganz am Anfang war nicht« wie Wasser,
so erzählen die Leute, bi« Mutum und ^^uta (Götter)
von den Wolkeu herabstiegeu , eine llaiidvoll Erde von
uuter dem Wasser nahuicu und über dem Wasser legten.
Entstehung der Singpho (Menschen). .\m .An-
fang waren nur zwei Leute, ein alter Mann „Tingla**
und eine alte Frau „Gumgai". Iiu HimmLd wohnten
zwei „Nats“ ((iiittor), ein männlicher, „Mutum“ genannt,
und ein weiblicher, „Muta“. Tingla und Gumgai, die
beiden irdischen VV'cseu, Ite^afsen einen Sohn und eine
Tochter. IkT S)hn verliets aus unbekannten Gründen
seiner Eltern Haus, begab sich nach einem unbestimmten
Orte auf der Erd«, und das Mädchen nahmen die Nats
(.Mutum und Muia) zu aich in den Himmel. Ein Nai,
„l'inga Hu“, welelier auf der Erde weilte, adoptierte
den Sohn. Ha« Mädchen wurde von Mutum und Muta
wieder zur Erd« gebracht und dem Knaben vermählt.
Has Ergebnis dieser Ehe waren zwei Sihue und zwei
T’>chter, welche untereinander heirateten, und so ent-
stand die Hasse dur Singpho. Has M ort Singpho l>edeu-
tet „Mann“, Her Name des ersten Mannes war „Uoiutig“
und der Name der ersten Frau „Gajam“. — Eine andere
Tradition ül)er die Entstehung der Siugpbu ist fol-
tzka. München.
gonde: .tui .\nfang war eine grofse Übersebwemmunjg,
in welcher alle bösen Menschen, welche in der Ebene
wohnten, ertranken. Diese Überschwemmung dauert«?
ein Menschenalter. Hann kamen Chirun und Woiaiti,
zwei „Nats“ (Götter), und trockneten mit ihren langen
Haaren die AVasser. „Modoi“, der ältest« Sohn von
Mutum, führte eine Familie von 7 Personen auf die
Spitze eines Hügel, sie hierdurch vom Ertriuken er-
rettend. Diese Leute sollen die ersten Singpho gewesen
sein.
Hie Kntatehung der Khamti. Am Anfang war
ein Baum. Aus der Frucht dieses Baumes wuchs «ine
Blume, aus welcher ein Paar menschliche M'esen ent-
stiegen, ein männlicheH und ein weibliches. Diuses waren
di« ersten Khamti (Menschen). IHe Kajas (Fiirsteu)
glauben ihr« Kntetebung dem Ei zu verdanken, welches
Gott „Pbra“ zu schaffen befahl, und welches die Ent-
stehung der M'^elt bedeutete. — Hi« folgenden sind die
Namen von sechs Huuptgötteni; Mudai, Sumlap, Munu,
Ningshi, M'Boug, Palam.
Traumdeutungen. Träume nennen die Singpho
„Yupmaug*. Es bedeutet Gute«, wenn man vom Mond
träumt oder einen kleinen Fisch fängt, weint oder
einen Hügel erklimmt. Schlechte lU^dHutung halben
Träume, in welchen Dunkelheit herrscht, oder ein Baum
fällt, oder in welchen man einen grofsen Fisch fängt,
ein Schwein oder einen Hirsch tötet, lacht oder einen
Hügel herabstejgt.
Tättowieren. Slngpbofrauen sind gewöhnlich auf
der M'ado tättowiert, und es besteht die Tättowierung
in acht Streifen abwechselnd in .Schwarz und Weifs.
Ein Hän[>tling bezahlte 60 Kupiou (ungefähr 75 Mk.)
für di« Tättowierung seiner Frau, ln der Regel werden
unverheiratete Frauen nicht tättowiert. Khamtiiuänner
lassen sich nur tättowieren, wenn sie nach Birma gehen.
Khumtifrauen werden nie gekennzeichnet,
Ilochzeitflgebräuche. Ein junger Mann mufs
Seine Cousine, wenn möglich die Nichte seiner Mutter
heiraten, so will es der Brauch. \Vunn nun ein so nahe
verwandtes Mädchen nicht vorhanden ist, au muts der
Onkel von der Mutter Seite ein Mädobeu seines Stammes
suchen; soLUc er auch hierin erfolglos sein, so geht er
zu uiucr auderen Familie und eagt: „\Vollt ihr mir «in
Mädchen für meinen Neffen gehen, so will ich euch eine
meiner Nichten geben, falls aus eurer Familie jemand
eine Braut erwerben möchte.“ Her Vater des jungen
BräutigsuiN giebt dann «in grotses Fest und verteilt
Geschenke an die Familie der Braut, Sollt« der Vater
des Bräutigams nicht in der l4^g« sein, Geschenk« an di«
Familie der Braut zu gelien, so schenkt oder verkauft «r
eine seiner Töchter au die Familie. Venn alle« zu bei-
derseitiger Zufrieilenheit arrangiert ist, beginnen die
lloühzeitsfeierlichkeiten. Wne Heck« und etwas Schilf-
gra« wird auf den Bmlen gelegt; die Braut nimmt ihren
Platz au der rechten Seite der Hecke ein, die Muttor
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I)r. Karl Ernst Hank«: Baliigtiaohei öber ßo^en und Pfeil.
965
mit dem Bräutigam stehen auf der linken Seite. Fine
Matrone aus dom Dorfu, die bei der Braut steht, legt die
Ducke zuKammon und führt tiiu an dto Seite der Mutier
de» Bräutigams; diese reicht dem Mädchen die Hand
und föhrt sie in ihr Hau», wo die ganze Nacht liiuduroh
die ll<ichzeit gefeiert wird. Braut und Bräutigam bleiben
während des Festes gegenwärtig, die Braut bereitet mit
eigenen Händen Speisen für die (iäste. Die zur Hoch*
zeit gemieteten Sänger, von denen in jedem Dorfe zwei
bis drei vorhanden sind, singen die ganze Nacht bin«
durch und werden von der Braut mit je einem StCtck Tuch
hesehenkt. — Eine unverheiratete Frau trögt einen
Kock (pukong), einen echwarz-weils-roten Unterrock und
über der Brust ein „ningmat** geschlungen, atif dem
Kopf einen „humbari** (Turban). Eine verheiratete Frau
trägt Ubrriuge und Silbenchmuck im Haar. Die ver-
heirateten Frauen tragen kein „uingmai“.
Gebräuche bei der Geburt eines Kindes. Ho«
bald ein Kind geboren ist, werden zwei Hühner ge-
schlachtet und mit etwa» Bei» dem Geiste de>» gestor-
benen Grofsvater» geo]>fert. Ist dieser aber noch am
Leben, so wird das Opfer dem Urgrofsvater gebracht
Eidu besondere Suppe, die von Fischen, „kusu“ (einer
wild wachsenden Pflanze, die auch im Garten gezogen
wird) und Pfeffer bereitet wird, giebt man der lungeu
Mutter, damit ihre Milch reichlich fUefse. Wenn da»
Kind zwei oder drei Monate alt, kräftig und lebens-
fähig ist, ladet der Vater alle alten Männer im Dorfe ein
und giebt ein grofses Fest Wenn er ein reicher Mann
ist, schlachtet er eiuen Büffelochsen für das Festmahl.
Bei dem Feste wird dem Kinde der Name gegeben, es
bekommt etwas Hei» zu essen und wird mit kleinen silber-
nen ScbmuckgegeDstönden an Hals und Ilaudgeleuk
geschmückt. IHe folgenden Namen werden Kindern
männlichen (ieschlechts gegeben: Garn, Nong, Li, Tü
oder Dü, Taug, Yong, Ka, Sbiroi, King. Kinder weib-
lichen Geschlechts erhalten folgende Namen: Koh, Lu,
Küi, Tu, Kai, Ki, 31’pi, Dim. In der Folge, wie leb sie
geschrieben, werden sie auch gebraucht, der zweite Sohn
heifst demnach immer Nong, der dritte Li, die zweite
Tochter immer Lu, die dritte Hoi.
Tod und Beerdiguug. Wenn jemand krank ist,
so will es der Brauch, dats mau ihm keine Medizin giebt
sondern „ShomNat'*, eine Waldgottheit um Hülfe auruft
Dazu wird der ^Tumsava**, der weise Mann im Ikirfe,
geholt. Dieser befiehlt, man solle ein Schwein und sechs
Hühner schlachten. Die Hälfte von diesem Opferschmau»
wird von „Tumsawa** und seinen Freunden verzehrt die
andere Hälfte, die sie „nataau** (Gütterfleisch) nenueu,
wird vor da» Haus gelegt, damit die Götter davon essen
können. Stellt »ich bei dem Kranken nicht gleich eine
Besserung ein, so wird Tumsawa iiochnial.s geholt; er
weissagt nun aus einem „tara*‘-Blatt (wilder Kardamon),
welches Mittel für den Kranken angewandt werden soll.
Nachdem Tumsawa das „tara'^-Blatt längere Zeit be-
trachtet und erforscht bat »^gt er gewöhnlich; Shom Nat
der Wuldguti, ist ungehalten, verstimmt und will keine
Hülfe senden, es ist daher notwendig, eine andere Gott-
heit anzurufeu. Wenn auch der zweite göttliche .Arzt
»eine Hülfe verweigert, so werden andere Götter an-
gerufen und unter Gewährung von Opferspeisen um
Hülfe angefieht, bis Tumsawa und seine Freunde genug
Speisen gesammelt haben oder der Kranke stirbt. Nichts
wird für den Kranken selbst zu seiner Wiederherstellung,
noch zur Linderung seine» Zustande» gethan. Wenn
ein Manu im Kampf verwundet wird, »o ruft man „Palam
Nat** an. Für den Fall, wo der Kranke an starkem
Blutverlust leidet, wird ^.Shama Nat“ angerufen; für
eine Frau im Kindbett „Cbisam Nat“. Der Gott des
Himmels heifst ^Ningshie“. Wenn die Singpbo um
Regen oder i^unensebeiu beten, so rufen sie „Niugsbie“
an. Der Tote wird verbrannt, die Asche gesammelt und
unter einem Erdhügel aufbewahrt, um welchen die Ver-
wandten zeitweise Tücher hängen. Stirbt eine Frau im
Kindbett, »o wird dieses als eine Schande betrachtet, der
Körper in den Wald getragen, dort verbrannt und die
. Asche nicht gesammelt. Stirbt ein Häuptling, so wird
I ein .Sarg gewöhnlich aus „poma“-Holz gemacht; der
! Tote wird gewaschen und in reiche Tücher gekleidet,
man legt ihm etwas Silber oder Gold auf die Augen und
I tbut ihn dann in den Sarg. Nachdem alle Verwandten
I ihn gesehen, wird der Sarg mit dem Körper verbrannt,
die Asche gesammelt und unter einem Krdhügel auf-
bewahrt.
Erbschaft.. Bei dem Tode eine» Singpbo erben der
älteste und jüngste Sohn fast alles Besitztum; der älteste
Sohn übernimmt alle Frauen »eine» Vaters mit Ans«
nähme seiner eigenen Mutter.
Die Nachwelt — das Geisterreich. Nach dem
Tode wandelt der Geist des Gestorbenen nach seinem
Geburtsort zurück. Ein Geist („Deoda“) zeigt ihm den
Weg und führt ihn an einen iTuI», wo er ibn badet. Die
Geister »einer Ahnen kommen daun und geleiten* ihn
nach ihrem Reich. Die Geister der Gestorbenen fliegen
wie Vögel in der I.uft umher, sie essen, trinken und
heiraten nicht, auch sitigeu sie keine Lieder. IHe Sing-
pho haben also die Vorstellung, dafs es ein Reich giebt.
in welchem die Geister der Gestorbenen leben. Sollten
I bei der Totenfeier nicht alle Gebräuche richtig ein-
gehalten worden »ein, so ist e» möglich, dafs der Geist
I des OeHtorbenen in einen Tierkörper verwaudult wird.
' Die Geister Gestorbener, welche auf der Erde einen
. guten Lebenswandel führten, bleiben immer in der I^uft
oder werden wieder als Rajas (Prinzen) geboren. IHe
^ Geister derer, die Böses gethan, werden in Insekten oder
I andere Tiere verwandelt.
Ballistisches fiber Bogen und Pfeil.
Von Dr. Karl Ernst Ranke. Arosa.
II. (Schluts.)
Wenden wir uns nun zu den absoluten Werten der
leliendigen Kraft und der Geschwindigkeit dos Pfeil-
schusses.
Die lebendige Kraft desselben ist eine höchst wich-
tige Kigiirischaft, da von ihr die Durehschiagskraft de»
Schusses abhängt. Mau könnte sie auch direkt als
Durclii^cblagsenergie des PfeilHcbusse» l>ezeichnen. Wir
sehen »ie ln nicht unbeträchtlichem MhIno variieren. Da
in meiner Tabelle auch die Bogen und Pfeile dreier
Zwergrassen aufgenommeu sind, wird es uns nicht über-
raschen, dafs die llellie mit sehr kleinen Werten für die
Durvhschlagsenergic beginnt. Alle drei Zwergrasaen
halHtu Worte unter 6mkg: Buschmami 2.2, Pygmäen
am AllHirisec 3,9. Akk» 5, IC mkg. l>och muD es uns
»ehr wundernehmen, unter diesen niedrigen Werten auch
noch zwei Völkern zu begegnen, die wir hier a priori
nicht erwartet hätten. F.s »ind das die ('hinesen mit
4,26 mkg laut Tabelle und die Nutka mit 5,9. Wenn
I)r. Karl Ernst Ranke; BaliistiBches filier Bügen und l*fcit.
wir auch gewohnt sind, von den CbiucNen »llerband
scUlechtex zu denken, so tuÜHMen uns doch augesicht-H
diener Zahlen, um so mehr, als auch die Oeschwindigkeit
mit 43 m sehr niedrig ist, einige Zweifel in die Richtig'
keit der&ollten aufsteigen. Zur Kritik dieser Zahlen
möchte ich folgendes hervurhehen. Kinersoits handelt
ea sich, hu viel ich mich urinucre, um in China im Laden
und zwar von einem im Rugensohiefsuu iiDcrfahrenou
Kuropher gekaufte Rogen, leb möchte dom sehr tüch-*
tigun Sammler diosor Rogen nicht mit dieser Hebaiiptang
aahu treten, aber es scheint mir nicht unwahri<cfaeinlicb,
dafs der chinesische Händler ihm die schwächeren imd
wühl daher auch billigeren, weniger wertvollen Rogen
seines lagern gegeben habe. Das erklärt al>er nicht
alie.-^. IHe Rogen, die ich untersuchte, sind zweifollus
echte, für den Itehraucb auf dum KxersierfoUl und dun
Krieg hergoKtellte Waffen. Wenn sie auch nicht dom
Diirchschuitt entsprechen sollten, so sind sie doch unhe-
zwoifulharo iKikuiuente. Ick gUulie nun, dafs noch zwei
Dinge zu berücksichtigen sind. Erstens ist die von mir
willkürlich angenommoiie Spanntänge von 71 cm sehr
wahrscheiDlich zu klein, ich glaube mich nn ebinesb ;
Hebe Darstellungen von Bogenschützen zu erinnern, auf !
denen der Rogen sehr viel weiter als bis /um .\<ige ge- ;
zogen wird. Als durchsclmiitliehe lAugo des Schaftes |
habe ich 85 cm notiert. Setzen wir dioso Grötsu als ;
Maximum der Spannlänge in Kechuung, so erbtilieii wir ;
für das Rogengowieht 14,3 kg für die lebendige Kraft
und dietreschwiiHligkeit des .Schusses 6,0mkg und 4Öin.
Damit rücken alter die ('hinesen auch nur mit knapper i
}*iot aus der ominösen Nähe der Zwergvölker, und wir
müs.ien uns zur Erklärung der relativen Wertlosigkeit
des cliinesischon Bogens der Thatsacho erinnern, dnfs
der chinesische Rogen eine im Rückgang iHtündlieho, schon ;
vor den europäischen SohuDwafren weicbende Waffe ist. i
Anders liegt die Sache bei den Nutka mit 5,9 mkg
DiircliHcblagsenergie. Bei diesem nordamerikaniseb-ark-
tlRchen Voiko können die bei den (Ihiuosen gültigen
Gründe nicht verfangen. Auch die Spannweite kann
nicht gröfser angeuommun werden, da w'ir schon ihr
mögliches Maximum, die rfeilscbaftiäuge, in l^chnuug
gereizt hHiton. L'nd doch mufs die Uechming falsch
sein, denn hei der Jagd auf arktisclies Wild wäre ein no
schwacher Ihigen ohne praktische Bedeutung. Die unter-
suchten Rogen zeigen nun eine auffullende Ähnlichkeit
mit den beiden Ogulmutbogeu, dio ihnen in der Tabelle
folgen, itei diesen handelt es sich aber um einen ho-
goimnnteD zusammengesetzten Rogen, der aus zwei Tei-
len besteht, einem Holzteil, der ebon dem Nutkabugen
sehr ähnlich ist, der alier mit einer .«<Urken Sehne, die
auf seinem Rficken entlang läuft, verstärkt ist und die
beim Nntkabogon fühlt. Dadurch erhält der Ogiilmut-
bogen das ungeheuer groNo Rogengewicht von 40 kg,
während sein Holzteil allein nicht mehr Gewicht uU die
Nutkabogen besäfsc. Da beide Völkerschaften nurd-
amerikanisch - arktische Stämme von sehr ähnlicher
Ijcbensweise sind, scheint mir die Verniutnng gerecht-
fertigt, es sei bei den Nutkalmgen nur der Holzteil eines
für gewoimliche Jui^dzwecke mit einer S«htie verstärkten
Rogens in der Sammlung enthalten gewesen.
Bei Beurteilung der Wirkung moderner Geschosse
pBegt eine DurchschlagHenergie von 8 bis 10 mkg, wie
nie z. R. die moderne deuLnehe Schrapnelkugei besitzt,
als hiiirtricbimd angeselien werden, „einen Mann aufser
Gefecht zu setzen^. Derlei Mafssiälmn haften zwar
allerlei Ungenauigkeiten an, z. R. die grofse Abhängig-
keit vom Treffpunkt, doch genügt er jiMletifallH, um uu*^
eine vorläufige approximative Schätzung der Wirkung
eine» RogenHchiissc» zu ermöglichen. Nehmen wir für
den Pfeil und seine scharfe Spitze an, dafs die V'erbält**
nisse für seine Durcb-schlagsenergie günstiger liegen
bei den Ntumpfen modernen Geschossen, so können wir
von einem Pfeilschufs von 7 bis 9 mkg lebendiger Krnft
dos Abschiofsens annehmeu, er sei im stände, auf kurze
l’hitfurnuogon grötsercs Wild, unter Umständen auch
einen Menschen tödlich zu verwunden. Bei höherer
DuiTbscUlagsenorgie wird das aueb noch in gröfscrer
Entfernung gelingen, doch mufs ich mir bei dem Mangel
von genaueren Untorsuebungen über den Luftwiderstan«!
versagen, diese hlntfernung auch nur zu schät/on.
Es erübrigt noch, die Bogen von 6 bis 7 mkg Schuff*-
leistung im Moment des .Absebietsens zu bespreebeu. lu
meiner Talmlle finden sich drei V'ulkor mit diesen Wer-
ten: die Ondonga, ein afrikanischer Negerstamm, die
Orang-Pangang und die Japanesen. Für den jnpaiiischeii
Rogen gilt, wenigstens für die Spannlänge, das.selW wie
für den chiuosiaebun. Auch er wird im Ernstfälle wahr-
scheinlich sehr viel weiter gezogen als 7 1 cm. Setzen
wir die mittlere Schaftlänge mit 80 cm in Rerhrmng, so
erhalten wir 8,6 mkg Durchsohlagsenergie und 65 in Ge-
schwindigkeit, wie wir sehen, viel bessere Werte. Wahr-
scheinlich wird man aber bei genauer ßerficluicbtigung
der Provenienz und des Altem ]apaiiiscfaer Rogen für
den alten Kriegsbogen noch gröfsore Werte erhalten.
Iter Orang-Pangang-Rogeii ist so schwach, dafs man
annebmen muts, es bandlu sich um eine iui Rückgang
befindliche Waffe, oder, da nur ein Rogen unti'rsurlit
ist, um ein aulsergewöhnlich ncbwaches Exemplar. Iter
Wert ist also nicht zu irgend welchen Schlüssen zu ver-
werten.
Die umte der eben erwähnten Annahmen möchte ich
auch für den ( hidongahogeti machen. Er ist wohl nicht die
einzige oder auch nur Hnuptkriegswnffe dieses Stamme?!.
Zwischen 7 und 9 mkg Durchschlngsenergie liegen
die SchiifHleistungeii nach meiner Rerechming hei den
Bororo-indinnern Südamerikas, bei sämtlichen Indianer-
.stämmen des Schinguquellgebietes, die völlig unifomie
Rogen besitzen, bei den Salomo-Insulanern, den Menta-
wci-Ni'grito», und einem Rogen, der mit Timorlaiit ge-
zeiebnei war. Wir haben angenommen, dafs das wohl
im grofsen und ganzen .Tagdlwgcn sein werden, die im
Notfall aber auch zu KriegMzwecken benutzt werden
können; namentlich da, wo eigentliche Schlachten nicht
geliefert werden. Das trifft bei den genanntmi Völkern,
soweit ich das ohne Littemtur zu beurteilen vcrniag,
auch zu. ülwrrascht war ich nur von den n*lativ ni«l-
rigim Wurten de« Itoponibogens, da von dumaelbeii von
Prof, Vogel be<leiitende l,eistungvn an Durchschlags-
energio, die ihm eine iH-^trächtlichc Ül>eriegenbeit über
den deutschen .Armeerevolver verleiben, angegelien wer-
den. Wir sehen in der Tabelle drei Pfeilarten der Jlo-
roro angeführt. Mit a) ist der gewöhnliche Jagdpfeil,
mit b) der Saupfeil und mit c) der Jaguarpfcil bezeich-
net. Dieselben unterscheiden sich in Spitzcnforni, Ge-
wicht und Scbaftlänge und sind sichtbar nur in der Ab-
sicht kon.4truiert. vurschiedon grofse Durchschlagskraft
zu erzielen. Einen grutsen Vorteil in dieser IlinHicht
gewähren allerdings schon die furchtliaren Rambus-
messerspitzen, uut denen die zwei schwereren Pfeile, be-
sonders der Jaguarpfeil, ausgestattet sind. Ih>ch weist
die verschiedene Schaf (länge darauf bin, dnfs sich wohl
auch die SpuuiilHUge für sie von der des gewöhnlichen
•lagdpfeiles mit kürzerem Schaft iinterhcbeide. Da.a
Schwein schiefst der Indianer, wie wir auch, wenn tma
eine Schw<>ineherde l>egegnete, stet« aus grofser Nähe.
Er kann also gut durch eine gröfsere Spannweit« die
! leheudige Kraft in hohem Grade Teriiichrun, ohne dats
' die dadurch hervorgurufene llugeuauigkeit des Zielens
Dr. Karl Eruat Rauko: Ilalliatiacbtss über Bogen und Pfeil.
weHentJiche Nachteile verurfiochto. .Auch auf der Ja-
guarjagd i»t aller Wahrschuiulichkait nach daaaelbe der
Fall. Schon auM der KnnKtruklioti de:« Pfeile» acheint
mir mit grufaer Wahrscheinlichkeit hcrvorzugeheii. daf»
der Jaguar im allgomulueu aus der Nähe geechos^iun r.u
wurden pnugt. Auf grüfsere Kutfernungeu pflegt man
ihn auch nur selten za Gesicht zu bekommen. l>er llo>
roroliogen ist also mit dem gewöhnlichen Jagdpfuil und
der bei genauem Zielen notwendigen Spannweite ein
guter Jagdbogen für mittlere Entfernungen und nicht
zu grofses Wild. Mit dem Saupfeil und dem Jaguar*
pfßil und einer Spannweite, die wir ruhig bis zu 90cm
»unehmen dürfen, iat er eine Nahwafl'u von grofser Wirk*
samkeit. Nehmen wir die Spannweite tun 90 cm zur
Grundlage unserer Rechuuug, so wird dos llogeugowicbl
etwa 28,Bkg und die Durchschlogscnergie 12,9 mkg, die,
unterstützt durch die scharfen IJanibusmesserspitzen, nun
ihren Zweck sehr gut erfüllen wird.
Für Nühe und einige Jlntfernung sehr brauchbare
Jagd* und Kriegslagen halion wir vor uns in den unter*
.Huehten Jiiuuperi*, Dakota* und Yaquibogeu mit einer
Purchschlagsenergie ton 9 bis 10 mkg, bei den .Angaite*,
Wussandawi-, Wanyamwesi-, Neu-Hebriden- und Nou-
Guineabewohnern mit flogen von 10 bis 11 mkg Durch*
»chlagskraft, und den Guato, Somali, Goachiro und den
Pbilippiiien-Negritos n>it 11 bi« 12 mkg. Höhere Werte
finden wir noch liei den Ogulmut mit 14,4 mkg, einem
mit Sirioue« bezeichneten Dogen südamerikaiiischer Her*
kitnft mit 16,3, den znsammengeeetzten türkischen Dogen,
die in der Tabelle mit Turkestan bezeichnet sind, die
aber in gleicher Weise bei den alten asiatischen KuUur-
tulkem sich überall wiederfiuden, mit 16,7, und endlich
hui dun vier Dugrebogeii mit 21,35.
Ob der mit Siriones bezeichnete Dogen wirklich ein
Gebrauchsbogen ist, scheint mir zweifelhaft. Jeilenfalls
ist der mit ihm aiifbewalirte Pfeil ein Schmuckpfeil, der
seines Gewicht«« tind der ungeheuren Dünge wegen prak*
tisch sicher nicht lieiiutzt werden konnte. Die drei au*
deren Werte aber sind anscheinend zuterlüssig. Dei den
Ogulmut handelt es sich, wie schon gesagt, um ein ark*
tische« Vulk, das aUo b&ufig grutse«, dickltäiitiges Wild
au« der Nftho schiefst. Ihe türkischen Dogen sind die
gefürchtete WaHe. der die alten asiatischen Kulturvölker
ihre Überlegenheit ülwr ihre Nachluiru verdankten, und
die die .Araber, Hunnen und Türken auf ihren Sieges*
Zügen bagleileto. Die Dugre sind ein im dichtesten Ur*
wiild lebender brasilianischer Tndiancrstainm, der sein
Wild, z. D. den Tapir, aus direkter Nahe schiefst, das
seiner Gröfse und dicken Haut wegen einer selir grofsen
Durchschlagskraft bedarf. Eine definitive Würdigung
dieser Waffe wird erst möglich sein, wenn wir noch
einige weitere ThaUaclicn erwühut bubun.
Die zweite ballistische Haupteigenschaft des Pfeil*
Schusses ist seine Anfangage.schwiudigkeit, da von ihr, zu-
sammen mit dem Luftwiderstand, die Tragweite des Schus-
ses abhingt Auch hier finden wir wieder grofse Verschie-
denheiten, und zwar neigt, w'ie schon hervorgeh<*ben, die
Geschwindigkeit dazu, eich zur lebendigen Kraft de«
Schusses umgekehrt proportional zu verhalten. Diese
Neigung erklärt sich ohne weiteres aus der physikali-
schen IWziehung Wider Gröf^eii, zusammen mit derThat*
Sache, dafs der stärkere Dogen mit dem «ehwereron Pfeil
vergeseUsebaftet zu sein pflegt. Detr&chtliche Ausnahmen
von dieser Regel werden wir nur da finden, wo ein starker
Dogen und ein leichter Pfeil zusammen gehören. In diesem
Falle werden wir grofse Durchschlagskraft und groF«o
Geschwindigkeit zusammen hei einem und demselben
Dogen finden. Die zwei weiteren noch vorkommendeii
Kombinationen sind kleine Durchschlagskraft und grofse
367
Geschwindigkeit und grofse Durchschlagskraft und kleine
Geschwindigkeit des Schusses. Die erste dieser Kombi*
untionun, hohe Oesi^bwindigkeit und grofse Durcbschlags*
enurgie, stellt den günstigsten Fall dar, bezeichnet also
den leiBtungsfühigsten Dogen, der sowohl in unmittel-
barer Nüho als einiger Jlntfuruung benutzt worden kann,
ich möchte ihn daher als Vollbogeu bezeichnen. Diu
zweite, kleine Durchschlagskraft und grofse Geschwin-
digkeit, ist dagegen eine recht ungünKtige Kombination.
F.in Dogen mit diesen Eigenschaften kann nur auf kleine
Wirkungen, aber in vergleichsweise grofser Entfernung
berechnet sein, wir wollen ihn also als Fernbogen be-
zoiefanun. Der letzte Full, gruf«e Durcbsclilagskraft und
kleine Guschwtndigkoit, bezeichnet eine Waffe, die nur
in der Kühe, hier aber grofse Wirkungen cntfultcn kann,
Dogen, die ich mit dum Sammelnamen Nahbogeu be-
zeichnen möchte,
Deginnen wir mit dem ungünstigsten Fall, dem reinen
Fernbogen. Er findet »ich in guter .Auaprfigung bei den
Zwergvölkern. Sehr leichter l’feil, starker Ikigen, ge-
ringe, zum Teil ungeheuer kleine Durchscblagsenergiu,
aber grofse Geschwindigkeit. So hat z. D. der Akka*
bogen 110, deigentge der PygmSen am Albertseo sogar
113 m Anfangsgeschwindigkeit. IHe Wii’kungen dieser
Waffen sind also leichte A^erwundungen auf grofae Ent-
fernung, die für die beiden letztgenannten Völker die-
jenige aller anderen Bogen, ausgenommen den türki-
schen, nliertrifft, und diesem besten aller Dogen wenigstens
gleich kommt. Halten wir dieao ThaWiche zusammen
mit der unter ihnen hütifigon Sitte der Vorgiftung der
Pfeile, die auch bei leichter Verwundung den Ted zur
Folge haben wird, so sehen wir, daf« diesu Zwerg\*ulker
mit einer recht respektHblun Waffe auagerüatet sind, der
sie wohl ihre honte noch andauernde Kxiateuzfühigkeit
verdanken.
Auch ausgeprägte Nahliugcn finden «ich in uiiserer
Tahell«. So z. D. der Guatulxigen mit 11,41 mkg und
bluf« 40 bis 45 m Geschwindigkeit, Das Gleiche gilt
von dem Siriouesbogen, wenn wir dciisoUieu überhaupt
einer genaueren Detrachtung unterziehen wollen. Einen
Übergang zur folgenden Gruppe bildet der Dugrcbogeu,
der, abgesehen von seiner AVi-wendung als Nahbogen,
mit leichtem Pfeil wohl auch als gewöhnlicher Jagdbogen
Verwendung findet.
Mit leichtem Pfeil t>lnd al» gewöhnliche Jagdbogen,
also mit mittlerer Tragweite und mittlerer Durchschlags-
kraft, zu betrachten der Dogen der Schingu-Indiauer, der
Doroi-o, Dugre, A'aua]>eri. Salomo-ln«ulaner, Dusebmann,
Nuu-Guinea, Negrito dcrl'hilippinen und Orang-Pangang
fall» wir letzteren Wert ülH*rhaupt herflcksichtigen wollen.
' Interessant scheint mir, dafs wenigsten« für den Fall,
den ich selbst aus eigener Anschauung näher kenne, bei
den IndiMiiern des SchinguquellgehietoH der Dogen wirk-
lich im wusentlichcu uiuo Jagdwuffu dar«tcl!t, und da-
neben noch eine weit mächtigere Kriegswaffu, da« Wurf-
hrett, vorhanden ist.
Ihnen reihen sich die Dogen der .Angayt« und der
Ondonga an mit einer Geschwindigkeit von 60 bi« 70 1 »,
von denen der erstere eine recht belruchtlichu Durch-
«chlagsenergie aufweist. Kr «teilt den tjbergang vom
Jagdb{)grn zum Viillbogen dar, der auch gleichzeitig als
Kriegswaffe houutzt wird oder wenigstens benutzt werden
kann. Solche VoUbogcu sind die Bogen der Goachiro,
Dakota, Ya<}ui, Ogulmut, Somali, Wa«.«andawi. Wan-
yarawesi, Neu-Hebriden und der Mentawei-Negritos, die
mit Ausnahme der letzterem auch alle hohe Werte der
I Durchschlagw'ienergie aufwei«un.
I Darüber hinaiisgclieiid« Werte finden wir nur bei
I dun schon busprochenen typischen Furnbogen der Akka
Dr. Kar! Ernst Kanko; Ballistisnhei aber Bng«n und Pfeil.
sr>e
Kurve VIII.
K| Rm]ungi>kur\e finos svniinetruchen, leicht i;«krüinniteu Hulzstabltngens
(Xiugu). ]teiai«tung In KUograiiim fiber DeUuuug in (Zentimeter.
Sr. 1 ohne Spannung; Kr. 2 11 cm Spannung; Kr. 3 14 cro Spannung; gerade
Vei'blndungiilinie 2 wi»cheu Aofasg»- und Cndponkt der Kur>‘c 3.
und der Pjgiuiion um Alberbten und beim türkl»chen
Bogen, der mit eoiner Ilurehachlagskraft von 16,7 mkg
und der Anfaugegeiicbwindigkeit von 11 3,5 m admtUche
Bogen der Naturvölker weit hinter eich zuriieklätet. Er
repräj4entiert une also den (ripfelpimkt der Entwickelnng
de.H Bogen», eine Form der Fernwaffo, die erat mit der
Erfindung des Pulver» üWrholt W4irden ist.
Der Gesichtepunkt, unter welchem ich ur»prUngHch
dioso Arbeit unternommen, war der, einen brauchbaren
Mafsstab für die Körperkrafi von Naturvölkern zu
suchen. Ich hielt damals den Bogen und die I^ange,
bis auf welche der Bogen gespannt werden kann, bei
bekanntem Bogengewicht für empfehlenswert zur Be*
NÜmmung der Kör}>erkraft, da wir es hier mit einer
Kraftübung zu tbun haben, die dem Naturvolk im Gegen*
Satz zu den Kraftmessern der heutigen Authropolugie
golftufig ist Ich dachte mir da^ Vorgehen des Reisen-
den bei derartigen Untersuchungen folgeuderniafHen: Er
sucht sich den stärksten Bogen des betreffenden Ortes
aus oder er führt schon einen Probebogen von genügen-
der Stärke mit sich tmd läfst nun die einzelnen Indivi-
duen nach allen Kräften daran ziehen, am besten so,
daf» er dem zu prüfeudon Manno in die die Sehne hal-
tende Hund einen Meterstab giebt, der nach Art des
Pfeiles zwischen den Fingern gehalten wird, und an
dom die erreichte Entfernung daun sofort abgelegen wird.
Aus englischen .'^portkreisen sind .Angaben über die
durchschnittliche Stärke ihrer heutigen Bogen und ülmr
flau* Bogengewicht, du» ein starker Mann eben noch be-
wältigen kann, vorhanden. Nach Lougman, Arcbery.
beträgt die durohschnittliche Stärke des englischen Bo-
gens bei der allgemein üblichen Spannweite von 71 cm
20,4 bis 2.5,0 kg. Ilöbcre« Werte pilegen die Genauig-
keit des Zielens zu beeintrachtigen. Für beson-
dere Zwecke, für Weiischufs und Erzielung besuu-
derer Durchschlagskraft wenien noch Bogen von
28 bis 30 kg gebraucht. Die äiifserste Grenze de»
Bogeiigewichts, da» ein starker Mann noch bi.<f zur
Kiitfemung von 71 cm überwinden kann, ist nach
Kord, einem der besten Ikjgenschützen England», bei
34 bis 37 kg gelegen.
Demnach werden wir Bogen unter 20 kg Bogen-
gewicht als schwacbv bezeichnen, solche von 20 bis
25 kg als mittelstarke, von 25 bis 30 als starke, von
30 bis 35 als sehr starke, und alles, was darüber
hinausgeht, wird uns den Scbluts nubelugtm, dat»
das Volk, das solche Bogen besitzt, eniwtHlor eine
von der «»ngliscben verschieflene Methode der Bogeii-
^pannurig aiiweudet, die ibiu erlaubt, grüfsere Kraft
anzuwenden, «alor dafs es ein aih-
letischor Vulksstamm von einer
Korperkraft sei, die dieienige der
europäischen Kulturvölker l>e-
trRchtlich übertrSfe.
Weniger als 20 kg Ikigon-
gewiebt finden wir Iwi den Orang-
Semang, Buschmann, den 1‘ygmäon
am Alberisee, den Orang-Piuigang
und den ('hiuesen: wie wir »eben,
wirklich bei schwächeren Völkern
oder bei degenerierendem Bogen.
hUn der englischen initt)er<*n
Bogenstärke von 20 bis 25 kg ent-
sprechende» Bogongewicht finden
wir (die Kutka sind au» den ob«-n
erwähnten Gründen woggelussen)
bei den Salomo-losulanem, Bororo,
Japanesen, Mentawei-Negrito, Ti-
morlaut und Schingu-Indittuern.
Die von englischen Sportjfmen z«ir l‘>reichuiig hoher
Werte von Ihirclitirhlagaenergie und Anfangsgeschwin-
digkeit benutzte Stärke von 25 bis 30 kg finden wir
unter unseren Mittelwerten noch sehr häufig. Btu den
.\kka, Wüte, Ondonga, Yauaperi, Bedidi und auf den
Neu-Hebriden und den Sunda-Inseln. ßesunder» luuts
uns wuudernebmen, in dieser Gosellschnft einen der
Zwergstämme zu finden, eine Thateacbe, die allein .'•cbon
die Gültigkeit des englischen Mafsstabe» für die Natur-
völker etwa» zweifelhaft machen mufs,
.\uoh Stärken, die ein .starker Engländer“ eben
n«Kb ziehen kann, finden sich ganz auffällig häufig unter
den MitteiwerUm, nicht weniger als bei 10 Stämmen
unter 34, bei den Guato, l^ngua, Goachiro, Angajte,
Dakota, Yatjui, Wassamlawi, Wauyamwest und auf Neu-
Guinea und den Philippinen. Was un» noch mehr wud-
dernehmen miifs, ist aber da» Vorkommen von Bogen,
die diese Stärke noch weit übei'troffen , und zwar finden
wir auch hier wie in der vorigen Gruppe durchaus nicht
nur Nahbogen, die auf feines Zielen dumhaus nicht mehr
berechnet sind, sondern typische Kriegslx^en, wie den
der Somali und den türkiKchen.
K.S scheint nach diesen Zahlen wabrscheinlich, dafs
die Naturvölker den europäischen Kulturvölkern an Kör-
perkraft überlegen seien. Wir dürfen aber nicht ver-
gessen, dafs liei dem Naturvolk das BogenschirDen von
.lugend auf geübt wird, wahrend dieee Art Kraftanstren-
gung dem Kulturvolk äufserst ungewohut ist. Auch ist
CH nicht unwahriM'heinlich, dafs die Sammler eine .\ri
unbewufsUT «>der selbat Wwutster Auslese unter den
sich ihnen darbietendeii Bogen haben walten lasseu, so
dafs die B<igeit im Museum, wenn es sich nicht umgrofse
Anzahl von gleichen Bogen handelt, besonder* schöne
Kurve IX.
S|innniiugskurveD zweiter asynimetriscber, ruüammcngenetzter
rukurvierter llotzbrnreii (,)h|iaii). Belastung In Kilogramm
über Dehnung in Centimeter.
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Dr. Karl Krnst Üatiko: BalliittKchoB über linjjrcn and PfeiL
369
und kräftige sein k6nDteii. Dann hat daa lange Kühen I
tm Schrank die Bogen wohl all« atwaa härter gemacht.
Aufiiordem ist wenigütenn für zwei der oxirenuiten Fälle,
für den türkiachen llogen und dcti BugrelK>gen, der ge«
furdertu Unterschied in der Art des Spannuus uaclizu*
woifM?ü. Der türkiache Bogen wird mit Zuhülfeuahiuu
des Dnumeus und eines Spannringes geepamii, beides
Gebräuche, die darauf hiuweisen, dafs auch den mougo-
Hsoben V'ölkern das Spannou ihres siarken Bogens, trotz
der Cbung von Jugend auf, schwer gefallen sein imifs,
und beim Spannen des BugTelM>guns wird das euie Knde
des Bogens fest auf den Boden angestemmi und dann
mit Unterstützung des Kniens gespannt Ks ist klar,
dafs auf diese Weise eine weit höhere Kruft ausgeübt
werden kann aU bei dom freihändigen Spannen der
meisten anderen Völker, und auch dieser ganz extreme
Wert kann nicht ohne weiteres als sicheres Zeichen
weit überlegener Kör-
perstärko augosohun
werden.
Aus den gefmide-
nen Zahlen kann also
heute noch kein siche-
rer SchluCs auf die
Gleichheit oder Ver-
Hcfaiedeuheit der Kör-
perkraft bei Natur-
und Kulturvoikern ge-
zogen wenlen. Wir
finden die Überlegen-
heit, die sich bei de»
d 'in Kuropäer geläu-
figen Übungen schou
öfters auf seiner Seite
gefuudou, bei dieser
dem Naturvolke ge-
läufigen Übung auf
der Seite des letzteren.
Aus diesem Grunde ist
mir zwuifelhaft, ob
der Bogen sich wirklich
zum Krufimesser in absolutem Sinne eignet. Das Pro-
blem einer Vergleichung der Körperkrnft scheint mir
überhaupt einer exakten Vergleichung nicht recht zu-
gänglich. Die Körperkraft der verschiedenen Varietäten
des Homo sapiens scheint mir unter gleichen Bodingungen,
gleich guter Kruäbruug und gleich grofser Übung keine
sehr erheblichen Unterschiede darzubieteu.
Zum SchiuT« noch oin paar Worte über die Spaimuugs-
kurven der «nter-HUchten Bogenarten.
Kür den einfachen Stabbogen sind diesell^en sehr
gleichartig und unabhängig von der llolzsorte. IHe
I*anhholzbogeii der Witssandawi und der Sobingu-Iudianer
und der Palmho!zlx»gen der .Salomo-lnsnlsner ohne Um- {
Wickelung wie der Palmbolzlmgeu der Guato mit Um-
wickelung zeigen ganz übereinstituinende Spaniiungs-
') Mitieiluiig des nenrn T^brers Ilieber (Münelien), der
in Deslerro tielegenbeit hatte, die Art des Spannens von
einem gofang<*nt-n liugre gezeigt zu bekuuimen.
kurven. Überall zeigt sich zu Anfang der Spannung
eine Zone schneller Änderung des Dehnungskoeffizienten,
diinit eine ziemlich weite Strecke fast gieichuiäfsigur
Dehnung, am Ende der Kurve aber wietier eine Zone
schneller Änderung, wohl ein Zeichen, dals man sich der
KlastiziUitsgrenze nähert.
Lin Beispiel dieses Verlaufs zugleich mit dem Kin-
Rufs der Spannung giebt uns Kurve VIll für den Schin-
gubogen. Man orkenut, dafa die Sjmnnung nur den
Anfangspunkt dur cigeiitlicheu Spauuungiikurve ver-
schiebt, aber sonst keinen I'Iinfluf» auf dio Gextaltung
der Kurve hat. Ganz ebenso erwies sich der KiDfluU
der Spannung bei den anderen Holzarten.
Aus den Kurven geht hervor, dafs für die gewöhn-
liche SjHinmuig die Abnahme der Kraft vom SpanmtngK-
Diaximum bis zum Sehnenruhepunkt sich so sehr einer
geraden Linie nähert, dals die Annahme der halben
Kraft für die ganze Länge des Weges bei Xähcruugs-
hegtimmtmgeu gerechtfertigt erscheint. Wir sehen aber
auch, daf» auf diese Weise regelmäfaig etwa.s zu hohe
Werte erhalten werden. .\uch die .\nnahiue den Ab-
standes des Sebueumittelpunktes tm Zustande der höchsten
Spann ung vom Hitguumiltelstück erscheiut für den wenig
gekrümmten Stabbogeu gerechtfertigt, da dio Sehne über
ihren Uuhepunkt hinau.-< meist bis oder nahe bis zum
BogeumittelatQck zu schlagen pßegt.
Anders liegen die Verhältnisse beim zuHammengesetz-
tuu Bogen, dessen Spannungakurven uns die Kurven IX
und X zeigen. Hier ist dio Änderung dos Debnunga-
koeffizienteii eine andere. Dio Spanmiugskurve liegt in
die«^em Fall über der Verbinduiigalime von .Anfangs- und
Kndpunkt, so dafs also hier mehr als das halbe fh>gen-
gewicht auf den Pfeil wirkt. Der zusammengesetzte
Bogen hat damit eiuen bedeutenden Vorteil gegenüber
dem elufacben Stabbogun, dessen Spanuungskurve stets
unter dieser Verbindungslinie liegt, anderseits pflegen aber
die zusammengesetzten Bogen, die stets recurvierte Bogen
sind, nie bis zum BogenmitUdstück zuruckzusclilngeti.
Die guuze Kraft wirkt also nicht auf duu ganzen Al»-
starni des Sehnenmittelpmikts vom Bogen mittelstück ein,
Hie wird schon vorher mit einem allem AuHchein nach
sehr grofsen Sprung auf Null sinken. Da es .sich für
mich bei der vorliegenden Arbeit nur um einen vor-
läufigen Vergleich gehandelt hat, bube ich angenommen,
dafs diese Unterschiede Mich ungefähr kouipcnsioren.
Genauere Kesullato köiiuou nur durch eingohendoi’e
Untersuchungen über die thatKüchlich wirkende Kraft
gewonnen wenleu, die wahrscbeinlich die Ül>orlegenheit
des zuKsimuengeHetzten Bogens üiier den Stabbogeu noch
gröfser nachweisen werden, als er sich hier gezeigt.
Auf uineii Vorteil des zusummeugesetzten Bogens
möchte ich hier noch hinweiseu. Dadurch, dafs der l>eh-
nnngskoeffizient gegen Kudu der Spannung abnimmt,
wird das Begieren der Sehne am Spannungsmaximum,
also das Zielen, wesentlich leichter als l>ei einem gleich
starken Stabbogen, l>ei dem die Verhältnisse gerade um-
gekehrt liegen. Gleichzuitig winl die llauptsvbwierigkeit
des Bogeuachiefseas, diu hlrzielung des soguu. Oa-obing
loose, die möglichste Vermeidung <)es StofMes, dadurch
weNcntlich erleichtert.
Kurve X.
SjM»nnung*kurven zweier symnie-
trisctier, rekurrierter, zuaammen-
gesetzter Bogeti aus Holz, iiom
und Sehne (Turkestan). Itelastiing
in Kilngramm über Dehnung in
('«ntimeter.
r
Digitized by t' lOgle
370
Brix Köriiter; Britiscb-Ovtafrika und dur Victoria Njansu.
BriUflch'Ostafyik« and d«r Victoria NJanaa.
Bcblflgirnrt«* sind der Ausdruck hoffnungsvoller Kr*
Wartung oder mutloser Verstimmung; sie blenden oder rer-
dästi-m; stets verschleiern sie die Wirklichkeit. Zumeist im
politischen Lelifii behemk'heu Hc.hlagwort« die öffentliche
Meinung; doch auch zur Wertschätzung von Kolonieen iindet
man sich leichtfertig datuit ah; so nennt veritchUich der
Deutsche Deutsch -Htidwesiafrika eine „Kandbüchse*. der
Kngländur dagegen in rosiger Zuversicht Briüsch-Ostafrika
„das Amerika für Indien*.
Wer es mit voller Sachkunde unternimmt, die üt>er*
trieben mifsgönstigou o«ier die kock vertrauensseligen Vor*
Stellungen zu beseitigen, der verdient nicht nur den Dank
seines Heimatlandes, smidem auch den der aufrichtigen g^y-
graphischen Wifsbegierde.
Ein »rjlcher Mann ist, meine* KrachUms, in Bezug auf
Britisch Ostafrika R- B. Huckley; er hat in seinem Vor-
trag vom *27. .Januar 1903 in der g4Kigraphischen Desotlscbaft
zu lamdon ‘) die bisher weit unterschätzte ^hwierigkeit der
Kultivierung jener Kolonie schlagend naebgewieaeu. Ks ist
hier, wohlgemerkt, nur von Britisch-Dstafrika im engeren
Sinne die RmIc, nämlich vou dem Britisch-Oslafrlka*
Protektorat, de»cn westliche administrative Begrenzung
noch bis vor kurzem mit dem östafrikatiiscJien Uralien
ahschiofs.
Die Kulturfiihigkeit ist be<lingt durch die VurhkUnisse
des Klimas, der Fruchtbarkeit des Boden« und dor Dichtig-
keit und Arbeitatüchtigkeit der Bevölkerung.
Di»^ Dürftigkeit an raeteorologiachen Htationon (im
ganzen 11) beeiotrachtigt noch sehr, ein endgültiges rrteil
tiber das Klima Britisch -Ostafrika^ zu fallen. Kur vonMtmitius
giobt 4»s elfjftbrige Beobachtungen; von den fünf Ktstionen
ini Binnenland, da« für die Kolonisation hauptsächlich in
Betracht kommt, höchstens sechsjährige'). Die Temperatur
an der Küslo ist eine tropische, eine höhere als auf Kansi*
bar; in Ukamba und Kikuju ist sie geiuäfsigt (das Maximum
der Monatsmittcl S1*C., das Miuiinum 16* Die letzteren
(tegendon würden sich dabei* sehr widil zum Aufenthalt für
Kun>]>äor und zu intensiver D*HleukuItur eignen; doch die
Menge des RogeufalU, ein Hnupifaktor, schwankt aufsor-
ordentlich in «len einzelnen .Jahren: zwischen 14ricni und
54cm in Ukamba und zwischen 162cm und 90cm in Kikuju.
Dann kommt eine 4 bis i Munaie dauernde, nahezu nbwo*
lute Tn>ckenzeit (von Juni bis Mitte «Nler Ende Okiolier).
Obwohl nun in normal ragenrcicheu Jahren ohne Zuhilfe-
iiahmo von Bewässerungsanlagen eine gi-iiügvndu Ernte
erzielt werden krmule, so ist doch die sichere Aussicht auf
eine solche sehr prekär und Mifsw'achs eine haadgere That-
Sache, als umgekehrt, denn die VcrduiiBtuug und Versickerung
unter dem Kinflurs der glühenden tropischen Sonne ver*
ntchtan nur zu oft das aufkeiinende Wachstum. Wird da-
gegen der Boden gehörig bewässert, wie es im kleinen in
der Umgehung der KisenVsahinttatioiten leicht sich Wwerk-
stelligvn läfst. so gedeihen alle Keldfrüchte, sogar europäische
Obstsorten. Auch das parkartige Hochplateau v«jn Ukamlm
und Kikuju (1500 m las läOOm über dum MeeresspieKcl,
zweimal so grofs al« dits Königreich Hachsen) ist an und für
sich fruchtbar, iM'darf aber «Wnso reichlicher Bewässerung.
Man kfmute dazu einige Ftürseben und die freilich nur zur
Regenzeit nuHchwellendeu Bcrgbächu bimutzun oder grofsu
Reservoirs am Fufse der Hiigdkottcn anlegen. Alleiu im
orsteren Falle vermöchte man nur eine geringe Anzahl von
Ansiedelungen zu versorgen, und im zweiten Falle würdvn
die Kosten weitaus den vorausaichiiiehen Uewinn übersteigen.
Mil Recht sagt daher Buckley; die Kultivierung des gröfsten
Teiles des I.aude* ist auf den unsicheren Kegenfall ange-
wiesen; künstliche Bewässerung iäfst sich nur bei einzelnen,
lM‘*onders günstig gelegenen Jjokalitäten erspriefslich nn-
weuden.
Was die BevCdkcning betrifft. s«> ist sie aur*erordentlich
spärlich über das grofse üelnet zerstreut. Am dichtesten ist
sie in Ukamba, und selltst da k<»mme» nur sieben Pemonen
auf 1 «|knil Als Ackerbauer sind sie nicht zu gebrauchen; sie
sind zu faul und gleichgültig. Da WeifM inmitten einer
Negerbev-rdkerung ni«-msU zu kör|M»rllcher Arbeit sieh er*
nif^rigvu wollen und können (wie O'C’alh'ghan in dor Dia-
kussniu liervorhob), so bleibt zur kulturuihrn Ausnutzung
Britim:h-0«(flfrikas nur die Heranziehung von indischen An-
siedlern übrig. Von «len vielen Tausenden Indem, welche
') Oeugr. Joumsl 21, .349 iT., .\pril 1903.
*1 Uiiglricii hoher steht «Jte kliniatisrhc Krfurstbutig DcutscU-
Oslafrika«; cs hct'iadrii tüh an der Küste 12 und im Jlinterlnnd
bis lUDi Sceengebiet 22 nietenrotrtri*che Stationen. (Daorkidninns
Mitteilunze». I. Heft, S. 21, 1903.)
an der Ugandabthn gearbeitet, «lürfte nur ein geriu^jer
Bruchteil geneigt »ein. Farmer zu wer«lcu, denn dazu gehört
Kapital; auch sind die Aussichten auf gewinnreichen KrworD
zur Zeit noch nebelhaft und nicht gerade verlockend. Hollt«?
die Regierung die Einwanderung aus Indien in die llao<1
nehmen, so mürste sie die Kosten für die Überfahrt, für die
AuHstattung und Verpflegung mindestens W'ährend des ersten
Jahres übt^rnehmen. Noch liegt kein Anzeichen vor, daPs
sie dazu bereit ist.
Also: Rritisch-Ostafrika ist kein Amerika für Indien ;
seine kulturelle Entwickelung wird imtz Ugandabahn eiuu
sehr langsam« sein und Ailcm Anschein nach keine die hoch-
gespannten Erwartungen WfriedigBDde.
Von vt>rwiegeud gettgraphischvni lnten*s«N) sind Bitckleya
Betrachtungen über die Hchwankungen uxkI Voluineu-
veräuderungen des Victoria Njansa.
Htuhltuaun und Oscar Baumaun hatten bisher nur vou
täglichen Hchwaiikungenj von Kbiw und Flut, au« eigener
Beobachtung berichtet und auf die Wahracheinlicbkeit |ierio-
diseber Niveauveränderuiigen hiuge<ieutet ”). Buckley slwr
kouute jetzt auf itrund eines umfangreichen Material* tmeh-
weiaen, dafs der Wa-sserspiagel h>Vhat unreirelmäfsig steigt
und fällt und zwar nicht nur von Jahr zu Jahr, sondern
auch von Monat zu Monat. Da infolge der Hcbwankung*'n
Klip]ieu längs des Ost- und Nordufers Itald unerwartet auf-
tauchen, liatd wieder ver*chwiuden, so war eine gen.auere
Kounlnis dieser Yerhäliuis»« zur Hicherung dc:* Dainpfer-
verkehrs zwischen Port Florenco in Kiiuinu, dem Kndpunkt
der Ugandabahu. und Entebbe, dem Regierungssitz de«
Uunmlaprotoktomtz, dringend geboten. Mau hatte deshalb
auf dieser etwa 160km langen Linie bereits lb96 drei Beob-
aebtuugs- und Massuugsstatioueit eingerichtet: in Ki«amn,
Lubvra (nahe dem AusHufs des Nil) nntl Kntebl«. Es er-
gaben sich mit der Zeit verschiedene Re«ultate. Iiu Oktober
1899 stimmte der Nuli|iunkt auf den drei Htationen ülierein;
dagegen zeigten die MesNUiigen vorn 1. März bis IS. Mai 1901,
dafs der He« bei Entebbe um 3', bei Lubwa um 1* un«f
bei Kisuma um 2' gestiegen war. Was kann die Ursache
sein* Buckley verwirft die von anderen angemunmene Ein-
wirkung des Hüdoslmonsuns, weil dieser sich nur auf kürzere
Perioden geiteml machen ) önne und er hauptaftchlicli im
Ceutrum, in Lubwa, eine höhen* Anschwellung hätte herv«>r-
rufeii miisaen. Huckley kommt daher schliefslich zu der
Ansicht, dafs die Messungen ungenau und unrichtig gewc««iii
seien, was leicht zu erklären, da die Ausaiattung der Hta-
tionen in Bezug auf Ap;>araie und Pers«<na] eine höchst
mangelhafte war.
Mir scheint, Buckley hat zu ra«ch geurteilt. Ks laue»
sich diwh manche Orüiide für eine thatsächlich vorhandene,
«örtliche VerscJiierienheit de*« Htoigvns des WoxserspiegeU in
B(>trachi ziehen. V(»r allem geht durch den Bee eine
dauernde, sehr bemerkbare und starke Htrutnuug von Hnd-
osten bei'. a*ie KtuUimauu auf deuischom Gebiete wahrgv-
iiommen hat, eine Htri'imung. die nach seiner Meinung viel
leicht mit dem Monsun ursächlich verbunden ist. Bie kann
unzweifelhaft j*s nach der liokalität mehr oder minder
angesUiuc wenlen. Ferner berichtet Baumann von regel-
märsigeii Flutzeitvn, welche an versebifdenen Orten ver-
»chieilcue llöheu erreichen, im Hpoke-Golf 50 cm (1' 8") und
in Kaviroudu 12 cm (etwa 8"), i»d«r welche ganz ausbleiWii,
wie an der Küste von BukoJia. Ferner — und das dürft«
ausschlaggebend sein — wäre zu l»erück9ichtigeii (was schon
Bnumnnn angedeutet), ob nicht Unterschhslo in der I.uft-
druckvarleilung die we««uUiche Ursache der Niv«audiffer«nt**n
bilden, wie die« Fnrel für den Genfer Hee (2.80 m bei 63 km
Entfernung) und Uholnoky für den PlatU*nsee (35 cm l«uf
114 km Entfernung) als unbedingt sicheres Faktum nncti-
gewieaen hüben.
In l'etroff der Volumenveränderung des Victoria
Njansa handelt es sich um die Frage, welchen (quantitativen
Anteil «laran hat der Ausduf* des Nil und die Verdunstung?
Ülier die ItiponfHlIe des Nil strömt nach den Bertch-
DUng«*D Willcocks in nmxinio eine \Va«senmva«r von
3u«iou Kubikfufrt {>er Sekunde. Dies I>«u'irkt «fin Sinkea de«
Sees]iiegels uro etwa l'/« E<ill im Verlauf eines Monats. Nun
fiel der See bei Entebbe während «ine« Mmiats im Jahrr 1699
um 6>!oll; demnach hätten etwa 5 Zoll durch Verdunstung
verzehrt werden müa*t-n ; in «K'inwlbcn Jahr »>11 er lt«i
Lubwa während 16 Tagen um II i^<ll gesunken sein, wo-
von dann mehr nl« lu Zoll der Verdunstung anheimgefallcn
waren. Eine Wirkung der Houneuwärme in diesem Grade
hält Bu«*kiey im ersten Falle für kaum wahrHcheiuiich, im
zwfiu-n Fall«* fiir gnu/ unmöglich. Er k«uumt desh.alb auf
*) Siulilinann ; Mit Kmiu 1’aM.ha iuii Hers von Afrika, S. 729.
«bc^r l'•nutnlltm: [»urcli Musiiilaiol zur Nll<qu«lle, S. 143, ff.
Kleine Naohriobten.
371
!tein<* früh(*re Ansicht von der rninverlftniizlieit der Heuun-
gen im aHgenietneu zurück und ündet apeziell in der zuletzt
nngeführt«ii einen schlagenden Beweis.
l'm die Kirhtigkeit einer anderen Messung zu prüfen,
«lellt er folgende einfache Berechnung an. Im Jahre 190!
w»r der Hee in 1& Tagen um 10 Zull gestiegen. I>ie Steigung
»etrt Kiel) /.uaatmiien aus der Sumiuv des Kegtmfalls im ganzen
liydrugraphischen Gebiet des Sees*) minus des Nilaustlusses
und der Verdunstung. Der Segen füllt teils <Urekt in dun
See, teils auf das dreimal so grofse Stromgebiet. Annnlmie:
1. nur die ilnlfte des auf das Stromgvbiet falluoden Hegens
gelangte in den See; 2. die Hegenmenge betrug 6". Von letz-
terer Üeleu <t" auf die Seetläche und 3 X 6'' auf das Strom-
gebiet. JÜemnach vermehrte sich das Volumen des Sees um
ö'* -|- = 15". l>nvon abeorbierte der NU mit Sicherheit
'/*" und die Verdunstung höchstwahrscheinlich 4*//*. Auf
diese Weite kommt mau zu dem Kchiufs, dafs die Steigung
um 10" gut sich erkhtren lüflit und dafs der fti|uatnrialen
Konnenglut die Verwandlong von nur 4'/," Flüssigkeit in
Thtnipf üWrlragen wird, was als keine übertriebene Zumutung
angeseheu werden kann.
*) Suckle)' schützt «len Kegpofiii] loi ßeteich des Victeris
Njaos« zu niedrig ; für den nürdliclicn Ted uiromt er eieeo Betrag
von 100 bU 175 CU und flir den Sü«len einen aV'^hriicbeiDlicb“
geriagerm as , während er in Wirkliebkeit höher Ut, nkmiieh in
Musnss 197 rm und in Hukoba 218 cto. iV’ergi. Dnorkrltnxtis Mit*
teliaBgen, 8. 98 u. 102, 1903.)
Freilich steckt in Huckleys Berechnung mancherlei Hy-
pothetisches; allein sie zeigt die Lücken des Wisaens und
damit den Weg zur gründlichen Krforschung der Hydro-
graphie des Victoria Njansa.
Hie Frage: Wie kann der 8«»« bei dem enormen Verlust
durch Verdampfung und bei der geringen Wanserzufuhr aus
seinem Btnmigebiot stets auf annähernd gleichem Niveau
sich erhalten? (Btublniann) bleibt oft'en ; Lugard fand sogar die
iknoahme unterseeischer Quellenzulhiwe für eine absolute
Notwendigkeit *). Nur Uaumann war der Meiuung, dafs die
Wassermenge des Kagera und der übrigen Zutlüssc reichlich
den NilabRufs ersetzten und dafs die Verdunstung stets durch
die Niederschläge ausgeglichen werde.
Gegenwärtig ist nur eine Hiatsache vollkommen sicher
konstatiert, nitmlich dafti der Nil den geringsten Faktor
in dem wechselvollen Haxeiu des Victoria Kjansa
bildet. »Die Herren Ingenieure“, ruft Buckley aus, .welche
in venueintiieh kluger Bpekiilation den 8ce als Heeervoir
künstlicher Bewaseening von Untentgypten zu verwerten
gvdunken, mi^en es sich gi'sagt sein lusseu, dafs hier Men-
sebunwerk ao viel wie nichts auszurichten vunuag. Her
allein wirksame, ewige Kegulatx^r der vom liLmincI in den
Njausa niederstrumunden and wieder emjwrsteigcndeu Wasser-
maasen hlvibt die Natur. Nur was über die Ki^tonfälle
eutschlüpit, steht dem Menschen zur Verfügung, und das
ist nicht mehr, als was im güustigsteu Fall einen einzigen
der grofsen Kanäle Ägyptens ausfüllt“ Brix Förster.
*) itoceeii. «if the K. G. 8., 1892, p. 826.
Kleine Nachrichten.
Abdruck sur mit QusUsasisahs gevtsttet.
— Hie vulkanischen Kruptioiien auf den west-
indischen loselu im vorigen Jahre, die noch in aller Ge-
dächtnis sind, halwu eine Hochflut von Litleratur hervnr-
gerufeti, die freilich bei näherer Betrachtung von vertehioden**!!)
Wert erscheint. Zu dem bessoron Teil gehört der Vortrag,
den l>r. Temgost Anderson von der Kuyal Ueographical
ciety hielt (siehe Gmgraphical Journal, Hürzhoft 1909),
auf den wir hivr deshalb besonders hinweisen wollen.
Anderson gehörte zu der Expedition, die die Geographical
HiM*iuty kurz nach den Eruptionen au den Schauplatz der*
sellwn schickte, um die Vorgänge und die bervorgebrachten
Veränderungen näher zu untersuchen. Her jetzige Bericht
AnderHons fafsl nur die Hauptpunkte seiner Erfahrungen
n«>chmnia kurz zusammen und zwar, soweit sie von speziell
guvgraphi"cliem stAndpunkte aus von Be<leutung sind, d. h.
für das Auss<-hen der Gegend und deren Verämlening in
Bi-tracht kommen. Hahin ist in Kt V'inc«nt vor nliem die
Ausfüllung des Wallibu- und Babnka - IMstrikU mit Aschen-
luaMten zu rechnen, die an manchen Ktelleii bedeutende
Mächtigkeit omdchen. In die weichun blassen — ]>ava
ist als Ausbruchsmaterial nicht aufgetreten ~ schnitten
sich dann in der folgenden Kegenzeit mit ihren starken
Nietlerscbliigen die Flüsse rasch ein, wobei sie zum Teil die
alten Hiäler wieilerfanden, zum Teil neue, von den alten
ganz unabhängige erodierten. Her Wallibu ert>dierte s«» in
ganz kurzer i^it ein Thal von 80 Fufs (etwa 25 m) Tiefe,
an dessen Bande etwa fünf bis «ochs Terrassen auf Ztdten
dos Stillstandes iu der Krtsnon hinwei»eii. VulkanUcho He-
iHingeu und Senkungen iu gri'fserem MaG-stal« konnten,
trotz bestinders darauf gerichteter Aufmerkiwmkeit. nicht
nnchgew’iesen wertlen, mit Ausnahme einer lokal sehr eng
begrenzten Abrotscliung au der Küste. Mit dun Veränderungen
in St. Vincent werden dann die von Martinique verglichen,
und dabet festgestulU, dafs dieselben gerade so wie die Hef-
tigkeit der Kruptiim und die Menge des ausgeworfenen 3(a-
tehaLs liedeiitend hinter denen von Kt. Vincent zuröckbliel>eu.
Vom physikalisch-geogTaphischen Ktandpuukte werden deshalb
die Kracheinungen in Bt. Vincent als die grofsartigeren und
stärkeren bezeichnet, indem ganz mit Keclit hervorgeboben
wirtl, dafs der Ihttergang vtm JOOOü Menachon iu Martinique,
die zufällig au dem gefähnleten Fuukt« wohnten, wohl den
dortigen Ausbnich für das mcnscbliclie Interesse in den
Vordergrund rückt, vom Slaudpunkte des physikalischen
Geographen dagegen nebuDsächlich ist. Hur Aufenthalt an
der Küste von Martinique war insofern noch liesonders vom
Glück begünsügt, als die Kxpe<lition durch Zufall den Aus-
bruch einer glühenden Wolke aus dem Mont Pelee in nächster
Nähe lofohachteij ktmnte, dl© nach dem Berichte weiter ent-
fernter Augenzeugen und nach Vergleich mit den Auasageu
der wenigen Üburletwuden von St. Pierre genau derjenigen
aus dem Mai 1902 glich. Nur durch einon Zufall kam das
Schiff der Expedition davon und gab Aiidoraon Gelegunheil,
uns eine sehr anschauliche Kohilderung des Ausbruches zu
vermitteln, in dem er wie die anderen Zuschauer viele Ähn-
lichkeit mit der Buwegung einer Lawine gefunden haben
will. Kiue Erörterung seiner Ansicht über die Entstehung
•Ueses Ausbruches schliefst den Aufsatz, der in seiner Ge-
samtheit ebenfalls die schon erwähnte grofse Atiachaulich-
keit aufweist, dio noch unterstützt wird durch zwei Karten
der liehaDiielteo Gebiete in groJkem Mnfistalie, sowie eine
Anzahl vorzüglicher Originalaufnahmen Andersons. Gr.
— Im Globus, Nr. 18, B. 29ö, wird bei Besprerhuug eines
Prager Programms «uf die angeblich falsche Aus-
sprache von DUsburg, Sost. Kosfeld aufmerksam
gemacht. Has e nach o bedeutet in den beiden letzten
Namen doch nur diu IJiiigo; diu getadelte Aussprache ist
gerade di© richtig«. Auch das i in HiiUbiirg hat wohl den-
solben Zweck, die Länge auzuduutun;^, die Aussprach« ist
al>or am Ilhein thatsächlicb Hflsburg. Ähnlich K<»lMlorf (bei
Bonn), Troisdorf (bei Buuel), wo aber das 1 überhaupt nicht
gaspnichen wird.
Mülheim a. Rhein. Hr. Koerutcke, Oberlehrer.
— Hans Lerchis-Puschkaitis f. Wie das .Rigaer
Tageblatt" mitteilt, ist zu Hiuxt im Dohlenschen Kreise am
17. März der Volksochullehrer Hans I<erchis-PiischkaiUs im
44. Lebensjahre an der Bcbwiudsucht gestsirWn. Er war
bokannt als ununnüdlichor Kammlor lettischer Märchuu und
Kagen. Her erst« Teil des VH. Bandes ist vor kurzem im
Hruck erscliienun, der zweite Toil liegt als Manuskript druck-
fertig vor. Lerchis-Puschkaitis bat damit sein l^ubcnswurk
zu Ende geführt und seine Augen schliofsen ki>uneu iu dem
erhebenden Buwufsteein, seinem Volke eine in ihrer Voll-
ständigkeit einzig dastehende Sammlung lettischer Sogen und
Märchen hinterlossen zu habrm.
— Der iu den sechziger und siebziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts vielgenannte AfrikareUtende Paul du Chaillu
ist am '10. April d. J. in Hl. Petersburg itti 6H. Lebensjahre
gestorben. Gelsiren am 91. Juli 1835 zu Parts, kam er
früh als Hohn eines Kaufmanns nach Westafrika, wo sein
Vater Handel trieb; or eignete sich hier die Kund« von Land
und Volk jener Gegenden an und untumahm bereits seit
1851 mehrere ReÜH'u landeinwärts iu der Nähe des Gabun
und lugt« sich ornithologisch« und andere Hammtungen an.
Im Jahr« 1854 ging er nach Nonlamenka, kehrte alter im
Aufträge der Academy of Natural tjlciences zu niiladulidiia
r
372
Kleine Nachriobten.
iiacb Afrika zurück, um die Quellen des Kongo zu erforsclieu
uitd zrMilogiarhe und botaniarbe l'nlenmrhungen anzustellen.
Wftbreml vierjrthriger Wanderung gelang e* ihm, den Ogowe
in iteinem l.aufe zu erfoi>rhen und eine reiche n«turg«>chicbt-
lirhe AusWute zu gewimien. Auch halte du (’haillo das
Verdiciisi, den enteu lohoudvu Oorilla nach Bimipa zu bringe».
Sein Reisebericht «Kxploratiutia and Adveutures in Equatori»!
Afrika* (London 14dl; deutsch Berlin 1842) üircgt« aufaer-
«mieutiiehes Aufsehen, doch wurde die Wahrhaftigkeit des-
selben auch von mehreren SeitCu stark angezvreifolu 188»
uutuniabm du (’hatllu eine zweite Forschungsreise in das
Ogowegebiet und gelangte ostwärts durch endlose Wälder zu
den Ä.schango bis jenseit des 12. Grades üetl. v. Gr., wurde
1445 aber durch Ausbruch einer Kpidemie und durch Feind-
st'ligkeiten der Kingeb^irenen zur Kückkebr geniitigt. Iheser
Heise verdankt die Geographie fine Heike wertvoller Orts-
l»eatimmuiig«-n und Htihemuessungen, sowie neue AufKblüsee
üt>er jene Teile des lU)natrjrialeu Westafrika. Rein Ketse-
beriebt ,A .lournev to AschangoLand and further BetiKration
into Btjualorial .\frica“ erschien I«rt7 zu lamdon (franzüsiKche
verinehrte Ausgabe IKrtfi). Andere Schriften von ihm siud
«Rtortes of ihe 0<jriila Coujiiry* ; «Wild Life undur the Ei(ua-
tor*; «The (*«)Uutry of the Pwarfs* (IH72). l>ie Jahre 1471
bis 1478 rerbmeht« du (.'hnillu in Schweden. Lappland und
Finnland und berichtet« darüber in .The Land of tb« Mid-
night Sun* (2Bde., ix>ndon 1481, deutsch von Helms. L«i|izig
1482). W. W.
— Fälschung von Antiquitäten in Hufsland. l>er
Heretnfall dos Luuvremuseums mit der Tiara desSailaphcmos
giebt den russischen Blattern Gelegenheit, auf die im Hilden,
vornehmlich in Kertsch und Odeua vor sich gehende An*
fertigiuig faUelier Antiquitäten näher einzugehen. Ho teilt
der .Bet. List.* mit, daf» in Kertsch von dem Griechen Ka-
Iheiis und dem Joden Fiukelxteiu eine Glasfabrik unterhalten
wird, die sich angeblich mit der Herstelluug von Helters-
wasserdasrhen , in AVirklichkeii altor mit der Anfertigung
gläserner .Thriinenkrüge* beschäftigt, die bei den KerUcher
Ausgrabungen in den alten Gräbern gefunden sein »ollen.
Die lubaber unterhaUen sogar im Zentrum der Htadt eine
Niwlerlagc von Antiquitäten, die fast alle aus ihrer Fabrik
hervorgugangen siud. l>erartiger Fabriken giebt es, nach
dem .i*et. List.*, mehrere in Kertsch, die zum gröfsteo Teil
von Griechen und Juden unterhalten werden. 1'iiter ihnen
bedndon rieh Männer mit hervorragenden archäologischen
Kenntnieseu, welche nicht nur die altgriochiacheu Inschriften
nachzuahmen vernutgeii, Mindern auch kn stamle sind, durch-
aus stüechte l'ruen, Ornamente und Münzen in einer Welse
nachzuahnivu, die scltait den gelehrten Fachmann täuschen
kauu- Was speziell die gcfalaehtc Tiara betrifft, so liegt die
Ifegrdudet« Vermutung vor, dafs die Tiara wahrscheinlich
nach einem Kertacber Modell in Kertsch entworfen und in
tkless» nur angefertigt worden ist.
— B. A. Fedtscheukos Keise in den westlichen
Tienschan, ln einer der letzten Sitzungen der Kaiw-rlich
Kussiseben Ge^igraphischen Ueaelisi^haft erstattete B. A. Fedt*
sebenko Bericht über seine im Koimuer ltfU2 ausgefiihrte
KeiM; in den westlichen Tienschan, seiner AiiMlchnung und
Krhebuiig, sowie der Monge der Gletscher mich das griifst«
Mui9>iv ln den mittleren Breiton Asiens. Der höchste Gipfel
dessellHm. der Chau-Teugri, bildet mit 7310 m ülier dem
Meere den hOch-^ten Buukt des ruwdscheu Reichös. Die
Heise FedtaidienkoH wurde im Aufintge des Betersburger Bo-
lanischun Gart4‘ns untoruunmien und mit Unterstützung der
Kaiserlich tie^igraphisohcn Gesellschaft ausgeführt. Als
lliilfsperaonal wunlcu dem Heisendcu von turkestanischen
Ueueralgouvemeur zwei Kosaken des orenburgischen Kosaken*
corps zur Verfügung gestellt. Das Ziel der Expediiion war
zunächst die näher« Erforschung der von Herrn Fedtsebenko
bei seiner ersten Heise (1487) etibleckteri Gletscher, sowie die
Fiitemucbung der Fligentumlichkeit der Fiom dieses Gebirg«-
lundQ.->- Die Kx]«dition ging nu-< von Tn«chken(, liegiib sich
den Flüssen TM'hirtAchik, Utatdiain und llakttin eiiLlaog in das
Guellgebiet de» letztgennmitvii Flusses, wo sie bis jetzt uu-
liekannt« Seen entdeckte. Tlann besuchte sie die Gletscher
im oberen Gucllgebiet d^ Majdnnibaies und könnt« fest-
sU'llcii. dafs die Gletscher wit 1497 %orgerückt sind. Dann
wurde der Ort Idris-Bcy-Gambar aufgesucht, das russi<u‘he
Verwaltungszentrum dieMTGegend und ein von den Kirgisen
des Turkestau geachteter Wallfahrt>^rt: im 01>erlauf des
Hautalasi'h wurden Glelsoher entdeckt. Nach einer Erfor-
schung rlesTscbatkalthales und der beiden Heen Karatschylek
und knrakul kehrte die Expedition übtU' die Bas-te Ma?>ar
und Kuacharta ius Forghanabecken zurück. Der Beisende
konnte reichhaltige botanische Sammlungen anlegen, welch«
von ihm gegenwärtig liearbeitet werden. Das tialbw'iide
Land wird hier von kirgtaischen Nomaden bewohnt, die de»
Waid schonungslos vernichten. Einige Kirgisen eignen sich
mit Gewalt grofae Landtlächen an und erbeben dann von
den schwächeren Ktaimmwgeuoweu eine lswniMi«re Steuer für
die Benutzung diese« Landes zur Weide. Die Versuch** der
russischen Begierung, die Gegend mit Kleiuruss«*» au< dem
Uouvemonient Kiew zu kolonirierrn, sind bis jetzt imnier
mifslungen, da die Auriedier sich an die fremd« Natur nicht
anxupasstm %*ermog«n und wieder auswundem.
— Die Insel Baitrum »chiJdcrt Franz Buehman
in den Abhandlungen des naturw. Vereins zu Breiuen. Hd. 17,
1903. Es ist das mittelst« und kleinste der Gulrlande von
Kilanden, welche der deutschen Nordseeküste von der Jade
bis zur Em» angehangt siud. Nur eine iJlnge von 7. eine
Breite von 1,4 km und «in F'lachcuraum von etwa luqkm
wir«) Ihr zugcschriebvn. Die Wesueite ist, wie bei «)en
anderen («tfriesischon Inseln, nin nieisteu der Zendoruug
ausgesetat; auf di« Befestigung di«;««» Teiles wurden von
1873 bis 1494 etwa 2‘,, Millionen Mark verwandt; das mäch-
tige Schutzwerk weist eine T<änge von I84i.>tu auf. Ihiltrtiiii
besitzt ferner IS gnifse und mehrere klein« Buhuen zum
i.'ferschutz; sie siud 180 bis 170m lang, die längste und süd-
westlichste «fTficht S40 lu. Die Mauer und Ballisaden sichern
wohl das Fortbestehen der Insel, aber der Badestrand ist
dadurch geschädigt. Immerhin Hudet man deshalb Kub«,
Frieden und kräftige Heeduft auf Baitrum ohne die uuange-
uebmo Beigal» des Ihide- und Stmndlebeus. Naturwtsseu-
schaftlich Imlrachtet rind Boden, Vegetation und Tierwelt
in beständigem Zuuohuion liegrlffen, was Verfanser ans Sojäh-
riger Flrfahrung selbst zu K'zuugeu vermag. Das Westdorf
und sein« Kirclt« nimmt Itercits jetzt die dritte Stelle ein,
stets auf dum Rückzüge vor der gierigen Hee. Neuerdings
: bat man neben der Hommersaison «ine für die Winlenuonate
vom 1. November bis ]. Juni angekündigt.
— Ül*er die Verbreitung der Bandwurmkraukheit
in Elsafs Lothringen berichtet A. Uölluer in den «Mit*
toi), a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir.*, Bd. 11 (1993) Als
kinxsiach«« Lund für dieee Krankhuit gilt bekatmüicb Meck-
lenburg, und man hat di^es vielfache A’orkommeit daselbst
nanjcntlich mit den dort zahlreich vorhandenen Hunden in
Verbindung gebracht, weil dies«» Tier das wichtigste der
uns iM'katiuteu Träger der Taenia Ecltinococcus ist. Verfasser
stellt nun fest, dafs die Br-icbslnndc im Hund«rrichtum noch
die durch Echinococcenkrankheit am moisten heimgesuchteu
Teile 1 -'Utachlands übertreffuu. Dalmi waren für KlsafiK
Lothringen seit 187S an nur 54 Kchinuoiceeni^lle in der Lit>
teratur umi sonst auf^ubringen; berückrichtigt man den Ort
der Erkrankung, so bleitam für «lie Beichslaude nur S7 einiger-
mafs«n «ichergcstellte Fälle. Jedenfalls kommt die Kchino*
c<»ccenkrankhcit bei den Ktuwohnem KlRafs-DHhringens sel-
ten vor. anscheinend al>er dr>ch noi*h bäuüger als in den
direkt angi'ciueudcn I^iindern (.tstfrankreich und Baden. Die
Reichslamle sind aber auch im ganzen sehr viel urmtir an
Haustieren aU die Gebiet« Deutschlands, ln denen Euhlno-
c«M*cen häutig vurkumnu'n. ganz l*«»mders gilt das von der
Zahl der Hcbafe. Das Blawawuruiiaidcn scheint ferner auclt
unter den Haustieren Elniif»*lx)lbringens nicht in Uiaouderem
Mafw verbreitet zu sein.
•>* Italienische Ausgrabungen auf Kreta. Neben
dem .('retan Ex]doration Fund*, dessen letzt« Erfolg« im
Globus, Bd. 83. K. 2u7. besprochen wurden, ist auf Kreta
auch die italieniacbe Hrchäulogisch« Ki*hule tbätig. Kie ar-
Iwitet zur Zeit unter lieitung des ITof. Halbherr auf der
Stätte üus alten Bhaestus. Im Verlaufe der bisherigen Ar-
lieiten wurde — wie der .Vos». Ztg." au.s Athen geschriclwii
wird — ein Balaxt frcigclegt, der nach Stil und Anlage den
in Kn«*Mius und Bhaestus .sellist Iterciis entdeckten ähnlich
ist, also der tnykenivhen Beriod« augehört. Der I*alast l>e-
steht aus vantchiinlvucu Abteilungen für Männer uml Fnineii,
aus Bädern und Lagcrrämncn und bedeckt eine Fläch« von
2500 qiu. Gefunden wurdeu unter anderem 2(H) ‘llionsiegel
der aus Kreta bekannten Art, 20 Tafeln mit der protokreti-
sehen Linearschrift, Bruiizekesset , bronzene Figuren, die
meisten Htier« oder Zi«*genböck« darstellend, zahlreiche niy-
kenisch« Vasen, zwei Thonleuchter eigenartiger KonstrukGou,
19 Kupfertalente (Gewichtseinheiten von je etwa 3u kg),
Kelch« mit Darstellungen niykenischcr Krieger u. a. m. Die
.\rt»«iien wenlen forige»t;t/t worden.
Verantwwrtl. lUdaktcur: H. Siager, BerliuNW.6, ScbitTbauerdaroin 26. l>rutl(: Friedr. Virweg u. S«rbD, Ursuosvbveiti.
GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT HIT DEN ZEITSCHRITTEN; „DAS AUSLAND“ UND „AUS ALLEN WELTTEILEN“.
HKRArSGEGEREN VON H SINGER rNTER BESONDERER MITWIRKt-NO VON Piior. D«. RICHARD ANDREE.
VERI.AO VON PRIEDR. VIEWEG & SOUN.
Bd. LXXXIII. Nr. 24. BR AUNSCH WEI G. 25. Juni 1903.
Kachdruck our nach Ckersiakuiifk mH d»r VarUgKhaadlunii
Die Verwaltung der Landgemeinden in Deutsch-Samoa.
Von W. Y. Rülow. SHiuoa.
1 . Allgemeiner Teil.
ftutiier der RivulitTit der vorKchitKleuen Haupt-
lingiAfamilieii auch die Kiferaucht der verachiodeiieu
OistriktsYurorte auf ihre gegenseitige Stellung zu einander,
auf ihrt'tk Kinfiufs in den Hisirlkten und auf das (iewicht
ihrer Stimme bei Kntacheidung der Angelegenheiten, die
ganz Samoa Initreffen, eine llHuptursaohe der meisten
Samnanischen Kriege gewesen ist, dürfte nachgerade
bükaunt sein, — IHb!«« f>i-*>triktNYgrorte pflegten aich
gewöhnlich in zwei Lagern su vereinigen , von denen
da» eiiiu die Interessun der Malictua-Familio, das andere
die der Tupua*Fauiilie vertrat und »ich je nachdem
„Pule“ Oller „Tumua“ naimt«. I»io Ursache uud Trieb-
feder zu Kriegen war »tetM da.*« liestruben der einen
Partei, die andere Partei zu schwftchen oder gar wo-
möglich niederziiwerfeii. — K» wäre ein verderblicher
Irrtum, wollte luuu aimuhmen, dafs mit der deutschen
Hesitzei^eifuug diese Fragen aus der Welt geschaflt
seien.
Ob ihr (.)berbaupt offiziell und im privaten Verkehr
tupu oder alii sUi genannt wird, ist den Kiugeboreneu
ziemlich gleichgültig. Für sie ist und bleibt der alii siii
ihr Oberhaupt mit allen vier hohen Titeln und den
buchsten papa, ein Abzeichen und das einzige Kriterium
für sein persönliche» Künigstum.
IHe Frage der Xachfulgereguliuruug w'ird so oder so
Staub »lufwirbeln, nolauge der Eiriflufs der ftistriktsvor-
orte nicht gebrochen ut. — Seit zivilisierte Regierungen
sich mit (ier Regelung der inneren Angelegenheiten
SnmoaK beschäftigen, wurden stet-n von diesen Distrikts-
vorurten erwählte HäiiptUng« zu Hisinktsgouverneuren
eriianut.. — > Auch die deutsche Verwaltung ist dem Vor-
büdc ihrer Vorgängerinuon gefolgt; nur hat sie statt
des Titel» Distriktsgouverneur denjenigen eines „Führer
des Distrikte»“ — taitai o lo itii — oingeführt. Autori-
tative Stellungen sind für samoanische Kingeborene ein
sehr schlüpfriges Feld, falls nicht die stärkende Hand
uud da» wachsame Auge eines in nächster Nähe weilenden
Aufsichtsbeamten nie vor Straucheln bewahrt. Wenn
dies schon im allgeuiuiiien zutrifft, so ist dies l»ei He-
auiten, die, wie die Taitai o lo itu, von einem Distrikts-
vororte gewählt oder doch wenigstens vorgeschlagvn
werden, in noch höherer Weise der Fall. Die Ansichten
und WüDHobe der Verwaltungsbehörde decken sich nur
in den seltensten Fällen mit denen der Distriktsvorortei
Ebenso wie es Busgeschlonsen int, dafa ein »amoanjscber
König (tupu, alii sili) eine andere Meinung vertreten
Utobui LXXXIII. Nr. ' 24 .
könnte, als diejenigu ist, weiche die ersten Sprechor
der Tumua und Pule, die ihn gewählt habeu, ihm vor-
beteii, 80 wenig kann ein Taitai o le itu anders handeln,
anders berichten (selbst auf die (refahr hin, Fiiwahres zu
Ijerichten) und in anderer Webe »eine wenigen Amts-
gesebäfte führen, als die ist, rlie ihm von dem Dbtrikt»-
vororte aufgedrungeii wird. Hei den »ainoaniM:hen
Fingeborenen ist der Sinn für Ehre, Ehrlichkeit, Ehren-
haftigkeit und Ehrgefühl »ehr wenig auagebildet. Dieae
Hegriffu sind in der Sprache der Eiugelmrcnen direkt
überhaupt nicht ausdrückbar. (Für da» Wort „h^reu-
bezeuguitg“ giebt c» viele Ausdrücke.) Aueb da» von
den Mbsiouaren für „(»ewissen“ eingefübrte Wort „Ma-
faufau“ beifst nur Nachdenkon. Hoainnen, Überlegen und
die ent-Hprechenden Zeitworte. Dl^fegen ist eine der
stärksten Triebfedern der Eingeborenen die Selb»t.suchi,
die sieb in ihren Handlungen als Habsucht, Eigennutz,
Rachsucht uud Oberhebuiig äutaurt. Während der
Mangel des VeraUnduissc» für Ehre und dio davon ab-
geleiteten Hogriffe Imi den Kingolmreiieu nicht als Mangel
empfunden winl, gellen die versebietienen Variationen
des Triebes der Selbstsucht als Zeichen eines wohl-
erzogenen und mit geHundon Verstandeskräften ver-
sehenen Menschen al» faahionable, was der Samoaner
durch „faasanioa“ ausdrückt. Ein weniger realer, eigen-
nütziger, dagegen mehr ideale Interessen verfolgender
Kuliurmeusch gilt ihnen als „valea“ etwa dumm,
verrückt. Die Haltung der vurschiodouen so imermüd-
Ueb Dald «iiiaammolnduii protestantischen Sekteu hat
auch hierin nach mehr als siebeiizigjähriger Thätigkeit eine
Ändemng nicht geschaffen, eher die {‘Angeborenen in
ihrer Ansicht l>estftrkt. Jeder 8 amoaner hält sich für
Iwrechtigt und für (durch l^andeHsitte und Volkscbarakter)
vorjiflichtet, diese Triebe in weitestem Mafse zur lieltung
zu bringen. Auch die Handlungen und Aiiordmiugeii
der Staatsbehörden und der Kolonialvcrwaltuugen der
Kultur»taHteii werden unter diesem Gesichtswinkel be-
trachtet.
Nun fehlt auch den .«ainoanischen Heamten nicht
der volkstümlichu und ererbte Mangel der Ehrbegriffe,
während in Bezug auf ausül^ude Solbstsucbt Ihre Fähig-
keiten kaum geringer sind als die der grolseu Masse
der Eingeborenen (Au»imhmen, wenn vorhanden (V!),
sind selten). Dafs aber diese rharaktereigeoschalt<*n die
Samoaner im allgemeinen für autoritative Stellungen für
ungeeignet erscheinen laHsen, i»t wohl erklärlich. Nun
kommt noch eine andere Eigenschaft hinzu; der Hang zur
Unwahrheit und Lüge. Im nllgemeiuen kann man es als ein
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W. V. Riilow: Die Verweltuof? der liftndgenieiDden in Deatseh'Samoa.
VerHefaen,al8 einen Mangel der Selbstübeinvachunif Koitene
de* KingeboreneiJ betrachten, wenn er die Wahrheit wifft,
selbst wenn die* „unter Eid“ geacbieht. Die Wuhrboit /u
Magen, gilt al* unsanioaiiuch, als Zeichen von Dummheit.
Dies wird schon den kleinen Kindern beigobracbt und
bildet sich im Alter noch mehr heran*. So hätten wir
also eititiu weiteren (irnnd, der vor Verwendung von
Eingeburenpn in autoritativen Stellungen einigerniafsen
warnvu u!»d eine möglichst sparsame Verwendung der-
Helben umpfeblun dürfte. Ein dritter Grund ist die
den Kmgeboreueu unhafiende Trägheit, enpbemlbiiHch
„Phlegma“, von anderen al>er „grenzenlose Faulheit“
benannt.
Dieselbe veranlatst FÜngeboreno , die elUgsten Ge-
schäfte oft tagelang, ja wochenlang hiiiausauscbiel^un.
Kille mit Kingeborenen ai* Heanitc arbeitende Verwaltung
wird also die AusKicht haben, rechtzeitig wahrheits-
getreue Berichte zu erhalten, fall« der samoaniache Be-
amte durch Kigennntz veranlatst wird — gelinde aus-
gedrückt könnte man sagen: durch eigene IiitercHsen
veranlatst wirsl — die angeborene Trägheit und den
Ifang zur C’nwahrbeit zu überwinden.
Diese Aussichten dürften für eine Verwaltung kaum
sehr aufiuunternd sein, Füngeboreiie in autoritativer Stel-
lungen zu verwenden.
3. Der Taitai o le itu.
Wenn ich oben hervorgehobon habe, daf* eine mög-
lichste Schwächung des Kinflusse« der IHstriktsvororte
mir als ein erstrebenswertes Ziel erscheine, und ich gleich-
zeitig auf die landesübliche Abhängigkeit der samoa-
niNchen Beamten von den DiHfriktsvororten hingewiesen
habe, so that ich es in der Absicht, den logischen Schlufs
zu ziehen, data die Abschaffung des Amtes des
Taitai o le iiu (ganz ahgesehon von den nationalen
fhurakterdefekfeii in Wahrheitsliebe, in Uneigeiinützig-
keit und in Amtseifer) als höchst wünschenswert zu
betrachten sei, weil durch die Art der Auswahl und Flr-
uennnug dieser Beamten der Kinfluts der Itistriktsvororte
nicht geschwächt, sondern vielmehr noch gestärkt werde.
So ist es z. B. in einzelnen Fällen vorgekommen, dafs eine
gröfsere Anzahl von Sprechern des DiHtriktsvororte» den
Taitai o 1« itu bei Ausübung von IHenstgeschäften be-
gleiteten tmd so faktisch diesen Beamten im Interesse
des rtistriktsvorortes ülmrwachten und zum Schaden der
Autorität des Beamten betiinHufsten. Aufserdem aber
habe ich noch einen anderen Umstand für Begründung
meiner Ansicht auzuführen. Da eine verüffentlichti’
IHeustinstruktion für sainuanische Beamte Dicht existiert,
die .AmtMfflhruDg derselben vielmehr aul«er nach münd-
lichen Instruktionen (von Fall zu Fall) auch nach nicht
in die < tffentlichkeit gelangenden Keskripten und Krla^f^en
sich richtet, so kann man nur nach den iHenxtband-
luugei) der Taitai u le itu auf den Umfang ihrer Püichten
Mcliliefaen: iNuiacb ist es dio Hauptaufgabe dieses Me-
amtcii, die Amtsführung der Ortsscbulzcn — • „pule nun“
— zu beaufaiobtigen und zwischen diesen und dem
Amtmann als Mittelsperson zu dienen. Nun sind aber
durch die Keuteilung der Distrikte die Amtsbezirke
dieser Taitai o le itu so klein geworden — ■ mehrere um-
fassen nur drei Ortschaften mit je einem Pulc nun — ,
dafs die Arbeitsleistung eine* Taitai o le itu auch nicht
uiinäboningKweise mit derjenigen eine* Pule mm zu ver-
gleichen ist, wenn auch der Taitui o le itu ein bedeutend
höheres Gtihalt bezieht als der Pide mm. Ich will nicht
ins Detail geben. Nun kommt aber noch hinzu, dafs
dor Verkehr dos Amtmannes direkt mit den OrtsHchulzHii
einen orspriefslicberen Erfolg haben dürfte, als wenn die |
klHreii Anunlnimgen diese* Beamten durch den zweifel-
haften Filter der Interpretation des Taitai o le itu oder
seino* Schreibers getrübt und unklar geumcht werden.
Eine Erleichterung der Amtsgeschäfio des Amtmannes
dürfte das .Amt de* Taitai o le itu jedenfalls kaum sein.
Was aber nicht nützt, schadet. Ich komme also auch
nach dieser Betrachtung zu dem unvormeidlichen C’eterum
censeo, daf* die AbschaBfung de« .Amte* de* Taitai o le
itu nur von Nutzen sei kann.
3. Der Ürtasohulze — o ie pule nun.
Das Amt eines Verwalters derOrispolizei kennt schon
die Jahrhundert« alt« Gumeiudeeiurichtuug derSumuauer.
Jedes sumoHuiacbe Dorf lassteht aus Dorfteüen — funiula
oder kürzer ala — , die aus verbchiedeneii Familienver-
bänden zusammengesetzt sind. Die Verbältni«*e. welche
die Bildiing dieser fuaiala beeinflulsten. und die Ursache
des Zusammensoblusse.« mehrerer Familien zu einer
fuaiula sind meistens nicht mehr erkennbar; doch wo
sie erkennbar sind, kommt man zu dem Schlüsse, dafs
geiiealogiKche Familien- und Stanminsverbiudungen so-
wie die häufigen kriegerischen Zustände im Lande und
Zwistigkeiten innerhalb der Ikirfgomeinschaftcu und
al* Folge; davon da* gemeiDSchafiliofae Schutzbedürfnis
zu dem ZuNammunschltisHe mebrerur P'amilieu zu einer
fuainla drängten. Und so dürften in ganz Samoa die-
selben Beweggründe für Bildung dieser Verbände imier-
hnlb der Ortxgumeinscbaft Vorgelegen haben.
Jede fuaiala wird patriarchalisch durch da* Oberhaupt
einer von alter*her als Regierer dieses Dorfteües aner-
kannten Familie regiert. Doch i*t dieses Regiment
durchaus kein absolutes: l>er Leiter des Dorfteiles berät
bei allen seinen den Dorftail betreR'emlen Unterneliniun-
gvn und Anordnungen vorher mit den übrigen Familien-
übvrbiuptern miine« Doi'fteiles.
Wie ich schon erwähnte, besteht nun aber jode* Dorf
au* uieiirert-n Dorfteilen — fuaiala — , hat also auch
ebenso viele Leute, von denen jeder in einem Dorfieile,
sozusagen, gebietet.
Wenn diese Regierer der DorfteUo versammelt sind,
so sind thatsächlich alle Faktoren bei einander, welche
die Handlungen und Unterlassungen der iVorfeingesesse-
nen beeinflussen und dementsprechend auch zu verant-
worten haben. In Dörfern, deren Angelegenheiten gut
vorwaltet werden, sind aus der Zahl der Vorstände der
Dorfteile verschiedene .Abteilungen — vasega — („Kom-
misMioneu“) gebildet, von denen die eine die landwirt-
schaftlichen Angelegenheiten im Auge behält, eine zweite
die Ortapolizei, eine dritte die Wegepolizei aiisübt u. *. w.
Diese Kommissionen pflogen «ich durch Kooption au»
den Familienoborbäupteru zu verstärken. Nach den
Sitte« und Überlieferungen der verschiedenen Dörfer
werden Botwehafteu von Dorf zu Itorf oder von Ihstrikt
zu Distrikt einem bestimmten Häuptling oder Sprecher
übergeben, der die.se Botschaft dem Dorfe initzutcilen
hat. DicHem selben, der gleichzeitig der Leiter eines
Dorfteile* ist, wird (oft durch Wahl, in maueben iKirfem
aber infolge alter überliefitrung) dio Verwaltung der
Ortsangelegenheiton übertragen. Kr führt den Vorsitz,
wenn die Leiter der Dorfteile versammelt *in»l, und
hat über Ausführung der gtdafsten Beschlösse zu wachen.
Kr ist der eigentliche Regierer des I>orfe», «lessen „jmlo
nun“. Aber man wunle fehlgehen, wollt« man on-
nohmen, daf* er in irgend einer Woiae auf eigene Ver-
antwortung handeln könnte; er berät vivlmehr mit den
läutern der fuaiala, den „Gemeindoräteii“. Auch die
Bescblösse der gesamten loiiter der fuaiala werden
erst rechtskräftig, falls «ie der OrtsversammJung — „der
W. r. Bnlnw: Die Yerweltung der
Bürj(erver»i«mmluiig“ — ror^etrHjrwn werden. Zur Gültig-
keit und Äuro Inkrafttreten eine« OrtfpeeeUe» i«t —
wie hei dun Kulturvölkern, so auch bei den xamoanischen
KJn>;eborenun — die orti>öbliche Bok&uiitmachuijjbf er-
forderlich. l>io ortMüblichu Bokauiiiiuachuog erfolg hei
den Samoitnern durch uffoutliche Beeprechun^ imd
KchliofHliche defiiiitive öffentliche Feeteetzung des He-
iichiuMtiet» in der OrtsverBammlun^. In einzelnen Ge-
meinden wird das Fernbleiben von der OrtsTer»ftninilnng
•seitens eines Faroilienoberhauptea durch die Ortsver-
.sammiang bestraft. )>«r Zweck dieaea Zwangex ist,
die „nrt-sübliche n«kttiiiitinachuug‘* sicher zu ateUuu.
lu Toniipi wird sogar jeder -Steuerzahler bestraft, der
nicht zur Orisversawmlung antritt. l>ie Veröffentlichung
und HukHuntniHchuug vuu ('esutzeii in einem amtlichen
Blatt«, welche» jodcsninl erst zum Preise von einer
Mark an offizieller Stelle erbAltlich ist, mag für ein
Kulturvolk, welches im Auslande der Hauptsache nach
durch das Schutzgebietgesetz und die Konsulargerichts-
Imrkeit behaiidelt wird, genügen — wenn auch not-
dürftig; im Interesse der wohlwollenden Rehnndhing
der Kingehorenen, die der deutschen Sprache nicht
mfichtig und mit den Gesctzesbesliinmungun nicht l>e-
kuniit sind, dürfte aber di« auch fernere Bekanutmachung
der für Kittguboreno erlassuueii Gusetxc und Verordnun-
gen io der bisher laudesülilichou Weise in der Ortsvor-
samiuluug höchst erwünscht sein. T.eiderist augeubücklich
das Abhalten von Ortsversammlungen nicht zulässig.
IHe Ortsversammlung wird durch alle Famüienobor-
hAupter — Matai — des Ortes gebildet.
Wir sehen also, dafs der lieiter der .Vngelegenheiten
de» Dorfes etwa unserem Df»rfscbulzen — jetzt pule nun
genannt — entspricht, dafs dieser Orisschulze einen
Beirat mn sich hat. der aus den I«eit«rn der Dorfteile
— fuaiala •— zuHnmtnengeNctzt ist, und dat^ schliefs-
lirh die Ortsversammlung unserer Bttrgcrversammluug
nicht unähnlich siebt.
Ich kuuiuiu nun zu der unter deutscher Verwaltung
cingefübrteu InsUtution , der der Ortsschulzou — pule
nuu. Auch der Pule nuu ist nicht frei von den natio-
nalen C'haraktereigentümliehkeiteu der Samoancr, wie
ich dieselben im ersten und zweiten Kupitel besprochen
habe. WAhrend unter ali»amoanii>cheu Gewohnheits-
rechten der Leiter der Orteangelegenheiten nicht ohne
Zustiiniming niner gröfseren .\n7.nhl von Beiräten, den
Itegicrrrn <ler Dorfteile, Anordnungen treffen konnte, haben
di« jetzigen pule nuu keine Beiräte. Die Beiräte — der
Genieinduratin Deutschland — übten al>cr unter altsamo-
aniücheii Einrichtungou eine rocht segensraichu Tbäiig-
keit au». Sie überwachten die Thätigkcit des I.>eiters der
< ^rteangelegenheiten. schützten dadurch diu Eingesesseueii
des Orte« vor Übergriffen des Machthaber», wiesen dessen
nicht immer uneigennützige Bestrebungen zurück und
sp(»mt«n diesen unbesoldeten (ieincindebeamten — denn
otWH» anderes war dieser Mann nicht — an, die ange-
borene Trägheit zu Gunsten der Gemeindeverwaltung
zu Qherwindeu. Trägheit und SelbaUucht in ihren ver-
schiedenen Formen sind die Feinde, mit denen eine
ziviliiderte Regierung bei Überwachung eiugeburener
Beiiinten zu kämpfen haben dürfte. Dieser segcusreichc
KinnufH des Geraeinderates ist mm h<rtgefalleu ; die
Thätigkeit des pule nuu sB*ht jetzt unter der .Aufsicht
des Taitai o le itu, der ihm nicht gerade sehr häufig Ln
die Karten schielt; denn: „eine Hand wäscht die andere!“
und beide bereiten ihre Ansprachen in wohlgesetzten
Uedewenduugeu für den Empfang des da» leichtver-
diente Vierteljahrsgehalt zahlon<len .Amtmanns o<ler
höheren Beamten schon lange im voraus vor; dieselbtm
werden durch den Mund des ItolmeUchers ebenso
Landgemeinden in Drutieb- Samoa. 376
iKihwungvoll erwidert. Dies ist al>er eigentlich ailra;
denn die Bevölkerung versteht nicht, dafs «in Mann, der
nach liaiidessitte nicht über sie herrscht, ihnen .Aufträge
giebt und .Anordnungen trifft, verleugnet aber dennoch
ihrcuNationalcharakter nicht, indem sie, auf entsprechende
Gegengalio hoffend, dom zureiseiiden hoben Beamten die
wunderbarsten Ovationen darhringt. Nun kommt noch
hinzu , dafs die Person de» Pule nuu vielleicht nicht
immer glücklich gewählt ist, d. fa. dafs nicht stet.» die-
jenigen zu Pule nuu gemacht wurden, denen aeit Men-
Hcbengedeiiken die Verwaltungs- und Polizeiangetegen-
heiteu der Laudgemeindfu unterstellt waren, und dafs
schlietc«licb diese eriiaiiuten Beamten ihre eigenen Ob-
liegenheiten, Pflichten und Rechte, sowie die Grenzen
ihrer Befugnisse nicht kenucii. Ohne auf Fäiizelheiten
näher eingehen zu wollen, möchte ich nur erwähnen,
dafs die Pule nuu von den Distriktsvororten zu einer
/eit vorgeschlagen wurden, als infolge der Rivalität
zwisebeu der Matuafa- und der Malietoa-Tamasese-Partei
die Partcibildungpu tioch nicht volUläudig eingescblafen
waren.
Es wurden daher zu Ämtern nur solche I^ute vor-
geschlageii, welche zur Mataafa-Partei gehört oder doch,
wenn auch erst kürzlich, zu ihr übergegangeu woroii.
Bei diesen Vorschlägen wurden deshalb nicht immer
diejenigen berücksichtigt, die nach Ortagebraueh die
Leiter der Gemeindeverwaltung waren.
4. Das Qewohnheitsreehi.
Am klarsten wird di« altpanioanische Gomeindever-
fassung in einer ZuMammenstellung des samoHtiischen
Gewohnheitsrechtes verunschaulicht :
1. .ledes samoanihche Ik>rf besteht aus mclireren
Dorfteilen — fuaiala.
2. Die Fuaiala wird durch Familien gel>ildet, welche
durch Verwandtschaft, kriegnrische Kroigninse und des-
halb gemeinschaftliches SchuizlHMlürfni» oder durch
andere ZuKlligkeiten miieinander verbunden sind.
3. Die Familie. Jede Familie wird durch das
Familienoberhaupt, d. h. den Träger de» Familiennamen»,
regiert.
4. Diese Regierung ist keine absolute, soudom eine
patriarchalische; denn das Familienoberhaupt berät alle
»eine .\nordnuiigeu vorher mit den Familienangehöngen.
5. Die fuaiala wird von dem Familienoberbaupte
— Matai — einer der zu der fuaiala gehörenden Fa-
milie regiert, welche» aber ebenfalls nur in Über-
einstimmung mit den übrigen Matai der fimiala eine
.Anordnung treffen kann.
6. Du» Dorf wird durch <lio Vorsteher (fA*iU*r,
Regierer) sämtlicher fuaiala regiert, die aber den Vorsitz
bei ihren Beratungen entweder durch Wahl oder in
einigen Fällen infolge von l'berliefening einem bestimm-
ten Mitgliede ihrer Versammlung übertragen.
7. Die wichtigeren -Angelegenheiten der OrUverwal-
tung werden der Ortsversammlung zur Entscheidung
überwiesen.
8. Die Ortaversammiung — o lo fon» fmil« nuu
— winl gebildet au» allen FainiliHUol>erhäuptern des
Ortes. Solche Familienoberhäupter sind die Häujitliiige
— alii — und die Sprecher — tiilafale.
9. Gemeine — tngata lautcle — haben in der Orts-
versammlung weder .Sitz noch SUmme.
10. Der Ortflvcrsammlung liegt ob:
a) Die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten in
Bezug auf 1.an4lhau, Wegebau, A'iehzucht und Ortepolizei.
b) Schlichtung und Entscheidung im Falle von Klagen
in Privathtreitigkeiten.
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W. V. Bnlow: IM« VorvraUun{? der LandKOmeindeu io fteateeh'Samo».
aifi
c) IJestrafun#? von Vor^rebon gegou die sAtnoanii^che
Sitte.
d) Ibistrafuiig von Verbrechen.
11. heu Knt»('beiduDgei) vnid Anordnungen der Orts*
verKAmmluug sind alle Ortseinwohner, auch Häiiptlinge
und Sprecher, unterworfen.
12. hie Knti^jheidungen der OrtHTersammUing sind
endgültig.
13. Land bau. DemgomHfs verbietet die Ortsver-
sHnitnluitg die Verwendung von Taro oder Yani, solange
die Hndfracbtc Nahrung liefern, eie bestimmt die Zahl
dor Taropflauzeu — .\rumesculontum — ,der Yampflanzen
■— hioKcorea — und der TamupRanzen — (’olocaria — ,
die jeder münnlicbc Ortaeinwohner, vom Knalven, der
eine Kokospalme ersteigen kann, bis zura noch arbeits-
fähigen Greine, innerhalb einer gewisKmi Zeit ausxu-
pRanzen hat; sie bestimmt die Zahl der Kokospalmen,
die jedes Kainilienoherhaupt jährlich auf seinem Grnnd-
Iwsitxe zu pnauzen hat; sie bestimmt den Zeitpunkt und
die Zeitdiiuer, in welcher KokosnUsse nicht zur Nahrung
verwendet werden dürfen, oder wie viele KokoHnn.sNe in
derselben Zeit wöchentlich zur Nahrnng zu verwenden
gestattet ist; sie bestimmt den Zeitpunkt des lleginnes
der Kopraernte und sie bestimmt die Zahl der U«-Pflanzon
— Pipturus incanuH — und der Zuckerrohrpflanzen, die
jede weibliche Ortaeingeseasene zu jiflanzi'n hat.
1 4. Niehtbefuigung der auf <len I/tuidbiiu Iiezüg-
lichen Anordnungen der Ortsvei-iuimiulung wird mit
Strafe belegt, wie Lieferung von Schweinen oder Hühnern
oder Siapo, oder mit Strafarbeit au den öffentlichen
Wegen.
15. Wegebau. hie Ortsversanimlung bestimmt,
wann die freien Plätze im ()rte und der HmkreiR der
Wohnungen von Unkraut und Unrat durch die Eigen-
tüinor zu befreien sind; sie bestimmt den Zeitpunkt, bis
zu welchem die öffuiitlichcn Wege — ala o le malo —
und die Arheitswoge (Feldwege) — ala galue — durch
die Einwohner der verschiedenen horfleile — fuaiala —
zu reinigen und in gangbaren Zustand zu bringen sind;
sie verteilt die Wegstrecken auf die Dorfteile*).
16. Viehzucht. Die Ortsveraaroralung bestimmt
die Zahl der von jedem männlichen Ortseinwohner, vom
Knaben der eine Kokos}>aIme ensteigen kann bis zum
noch nrlmitsfäbigen Greise , mindestens zu haltenden
Zuchtsäue und der von jedum weiblichen Oriseinwahncr,
vom Mädchen, welches die Rinde des Da (Pipturus in-
camis) schaben („fafui**) kann bis zu der noch arbeits-
fähigen Matrone (»lomatua**), mindestens zu fütUtrudeu
Iluhuer; sic bestimmt, bei welchen Gelegenheiten Schweine
geschlachtet werden dürfen und zu welchen Gelegen-
heiten Schweine geliefert werden müssen; sie Ijehtimmt
die Grenzen des gemeinschaftHchen Schweineparkes
(„sauauii^), über welche hinaus Schweine nicht geduldet
wenhm, und sie bestimmt den Zeitpunkt, an welchem
die einzelnen DorfteUe — fuaiala •>— an der Anshessurung
der den Schwciiicpark begrenzenden Steinwalle zu arheitun
haben
17. Sobald die Ortsversnmmlung es für nötig hält,
den Scbweinolmstand zu vermehren, wird ein Verbot er-
lassen, Schweine zu schlachten, üliertretung dieses Ver-
botes wird bestraft.
') Daffl die Wege dun-h die angreiizeiiden Laiidbejiitzer
gereinigt und repariert werden, ist neu und hat mit Raiini«-
nischer Hille nichu gemein.
•) Nicht der Landliesiuer hat «ein laind zum Krhutze
Segen Hchwrine zu umzäunen, »mdem der BchweiuettesiUer
lukt «eine Schweine so gut zu verwahreu und vinzuzäunen,
dafü sie dem l^nd)s*«itzer auf seinem l^nde keinen Schaden
zufüge n.
18. Den Emgeborenen ist es stets verboten, ein
Schwein zum eigenen Familienbedorf zu schlachten.
Wer diesem Verbot zuwider ein Schwein schlachtet^
ohne den gröfseren Teil desselben au die fuaiala zu
vertoilen, wird bestraft.
19. Wenn eine oder mehrere fuaiala sich trotz mehr-
facher Erlnuoruug in der Instandhaltung der den
Sebweinopark umscbliefi<enden Steinwällc nachlässig er-
wiesen haben, so wird „sani“ proklamiert ^).
20. Ortspolizei. Die Ortsversammlung erläfst Be-
stimmungen über den Ort, an welchem Trinkwssi««!*
geschöpft werden darf, über einen anderen, der alsBodo-
platz für Männer reserviert wird, und einen dritten, der
auaschlietslich al» Hmleplatz für die Krauen dient; »ie
verbietet die Verunruiuigung dieser Orte durch Schallen
(„fafai*^) von Baumrinde, durch ^^‘:lschel> von Wäsche
und Tapioka- („iapiota**) und Pfuilwurzelmehl- („masu,i**)
Bereitung.
21. Schlichtnng von Privaistreitigkeiten. Die
Ortsversanmilung schlichtet SüHjitigkeiten zwischen An-
gehörigen verschiedener Familien und bestraft den Ur-
heber mler, je nach Befund, Imide Teile; sie versucht
eine friedlicho Veroinliarung zwischen den streitenden
Parteien berheizuführen.
22. In Streitigkoiien innerhalh derselben Familie
mischt «ich die Ortsvorsiunmlung mir behufs Verhinderung
thätlicher Ausschreitungen. .*^lche Streitigkeiten be-
ziehen sich auf den Namen der Familie, den mehrere
Familienmitglieder gleichzeitig für sich beanspruchen,
oder auf den Landliesitz der Familie u. s. w.
23. Bestraf ung der Verletzung der aamoa-
nischen Sitten. Pnvatrnche ist dax oberste Recht der
Samoaner. Es ist ein Recht, welches alle Naturvölker
für sieh in Aus)>ruch nehmcu und welches in der Natur
hcgründfl ist. Auch Tiere rächen sich.
24. l>as Recht der Privatrache erlischt, sobald die
Oi*t&ver«aromlung den I belthäter bestraft hat.
23. Wer trotz der erfolgten Bestrafung de» Cbtd-
thnters sich persönlich rächt, verfällt der Strafe.
26. Ein beleidigter Häuptling hat das Riecht der
Privatrachc; dassellH} erlischt auch in diesem Falk*, so-
bald diu Ortevcrsaniinlung den Beleidiger oder je nach
Befund auch den ßeloidigten be»traft hat oiler, wenn
Verzeihung erbeten und zugesagt, eine Sühne augeboten
und genehmigt ist.
27. Dos Haus des Häuptlings Ut eine Freistätte für
Notleidende, Bedrohte, Verf«)lgte. IHe Verletzung dieser
Freistätte, die Beiirohuiig, Beschimpfung der den Schutz
dü« Häuptling» Nachsuchenden wird als Beleidigung de»
Häuptling» bestraft,
28. Es gilt für den Häuptling al» Ehrensache, den
Schutz uachhaliig auszuüben.
29. GaKtfreuudschaft ist heilig.
30. In welcher Wei»o Durohi'ciscnde zu behaudeln
und zu Iwwirlen sind, bestimmt die t^rtsversammlung.
31. E» Ut Pflicht der Häuptlingstöchtor, die Fremden
zu unterhalten.
32. Ein Familienoherbanpt, welches nicht »ein grotscs
Hau» (nbde tele**) den Fi'emden zur Verfügung »teilt,
wird, falls das Hans nicht durch Hausbauer, Boot-
baiier und Tatuisrer zufällig besetzt ist (^zgzi o tupn.
tufugä), bestraft.
33. Eiu Familienoberhaupt, das bet glücklichem
Fischfang nicht den gröfsten Fisch den etw.i im Itorfe
*) Hanl ist ein GeseU, durt'h welches os für zulässig und
gMwixlieh erklärt wird, daf» alle außerhalb de» Schweine*
parkoB getroffenen Kehweine getötet und durch den Krkger
in besitz genommen werden.
\V. V. Hfilow: Die Verwaltuti}; der LandKenioindeii io Deiitsch’Sttinoa.
377
anwiwt'mieii Kremdon darbriiigt , wird xiir Liefertinif
einiger Schweine verurteilt.
34. Zuwiderbuudliiu^ die ßefeUIe der OrU-
TcrsQiuuluu^ bezdgltcb der Hewirtung uud llebamlluiig
der Fremden wird ütreng beeti'nft.
35. Heleidigung der Fremden wird bestraft.
.36. l*!!» Fischer, «’olcher nicht die drei ersten Fänge
seines neuen Ifunit<>canus der ÜrtsverNauitulung abliefert,
wird be.4ttiift.
37. Die Strafe. Für kleinere Vergehen wird die
Lieferung von Hühnern mler Sia|Hi o«ler die Leistung
von Strafarbeit auf den Wegen verfügt.
38. Die uächMtschSrfei*e Strafe ist die Ideferuiig von
Schweinen.
.39. I>am folgt die AliHchlachtung aller Schweine des
Schuldigen und die Verwüstung seiner Taropfianxnng
als Verschärfung der Strafe.
40. Diese Sti'afe wird mitunter noch ver:<rhärft dni*eh
Niederbreiinen den Hauses und .\nMtreibuiig des Sebtd'
digen aus dem Orte.
41. Kin Aiisgotriebeuer sucht bei einem Häuptlinge
eint» liefreundeten Stammes oder lici Verwandten in
einem befreundeten Stamme um Aufnahme nach.
12. Sucht der Ausgetriehene bei einem feindlichen
lläu|>t]iiige oder bei Verwandten in einem feindlichen
Stamme um .\ufnahuie nach, so darf er nicht wieder in
sein Dorf zurückkehreu.
13. Uiigehoit, miHurgefordert darf ein Ausgetriebener
nicht zurückkehren. Kine solche Kückkebr gilt als Iler-
ausforJening zum Kriege.
44. Die Hückkehr wird nur möglich, wenn das aus-
Iretlieiidc Dorf d«*n Ausgi'triebeneu abbolt dler wenn
das befreundete Dorf den l>ei ihm eingekebrteii Aus-
getriebi'ueii wieiler in sein Dorf zurückgi'leitct und um
dessen Wiederaufnnhnu' bittet.
Wird die (ieiieliiiiigung der Bitte verweigert, so kehrt
der .Vusgctrielieiie in sein KxU zurück.
45. Die TodcHstrafe wird von der Ortsvpi*saiiimlung
in di*r Weise verhängt, dafs der Verbrecher für vogel-
frei erklärt wird und dufs es als vertlienstlirhe That
erklärt wird, ihn zu tüten ^).
16. Die IVieKstmfe wird al>or auch oft dahin ge-
ändert. dafs der Verhreeber, an Häinlen und FüfNeti
gebunden, an einem Stocke (auto), der zwischen Häudeii
und Füfsuii hiudurchgusehobeu wird — nwie bei eiiieiii
zum Kochen vorbereiteten Schwein“ — , dem (ie-
Hcbädigteii und seiner Familie dnreh die Familie des
Verbrechers oiler mitunter auch durch das ganze Dorf
vor das Haus gelegt wird. Diese .\rt der Strafe ist das
„Ifoga“.
Da iiiJiii lies Vi'rbre«*hers tiietiiaU habhaft ist, muf«
«In* rrteil in ilieimr aiisgefüfart wenlei». Holr>|ii.* Kr*
leih* IiHbt'U ja )H.>hr »fl einen »folg nicht gehaltt. .\lior
auch in ucucrur ’/ a^ü siml uichn.Te solcher l'rteile durch Kr*
itiordung des sogenannten Verhrechers exekutiert wonlcn
(So|Ki niu alia in Mnoono; k'inmaono mu alia). In amiorcn
Fsllen (Muliaga. ljea]jai) wurde infolge veränderter Ver*
hältniMe das l’rteil stilUcIiweigciut ignoriert.
Der Verbrecher winl uioralisch getütet — weil als
Schwein behaudelt -- und dem GesebäiUgteii oder Ver-
letzten ist muralisch Genugthmiug gewährt *').
Die Snmoaner, die früher Kannibalen waren, haben
noch eine Sitte aus jener /eit beibehallen. Sie kochen
die Menschen nicht mehr tu Wirklichkeit, sondern sie
schieben dafür Schweine unter. Wenn aber ein Saiuo-
auer in Aufregung ist, so sogt er noch jetzt; „Warte
nur, ich wonle „Dich esHeD“ cnler: „Ich werde Dich
kochen.“ Bei dem „Ifogn“ bringt nun der ('belthäter
sich .selbst und seine Angehörigen dem Beleidigten udt*r
(tesebädigten zum k^sen dar. Kr kommt mit trockeuen
KokoHpalniblätturn — „auiamii“ — („zum Anzündeii des
Feuers“), mit Feuerholz — „fsfie“ — , mit Steinen —
nni — (zwischen Steinen wurden früher Menschen, werden
jetzt Schweine gulwckeu), mit Blättern des Ou-Baiiiucs
(BischoFfia Javauica) — „lavui“ — , welche, «arhdeni ein
zum Kochen bestimmtes Schwein aufgebrochen ist, zum
.\usatopfen der Bauclibühle benutzt werden, uud mit
grüoen Banunenblätteru — n*l’*iii“ — ♦ welche als Be-
deckung des Ofens dienen, und setzt sich vt»r dem Hause
des Beleidigten oder (toscbäiligten nieder. Wird ihm
Vergebung zu Teil, so wird er ins Huus gerufen und es
werden Ilönichkeitsformeu uusgetuuscbt. Winl die Bitte
um Verzeihung nbgewieseu, so hat der Sünder seine
.'•'träfe zu gewärtigen. Früher, als man diese.s Mittel, —
„togafiti“ — , wie der Sanioauer sjigf, mir im Fall« von
Mord, Todschlug und Kbehruch mit der Frau eines
lläuptlinges oder Sprechers uuwemlete, um das Leben
des Sünders zu rotten, batte die»e Selbsterniedrigung
fast stets den gewünschten Krfolg. In neuerer /eit w ird
das Ifoga aber so häufig und für Ahwendiing so wenig
schwieriger Lagen angewendet, dafs der Kurswert sehr
gesunken , die ganze .luffühi’ung zu einer leicht uitf-
fubrharen Koimalie geworden ist. In schwierigen Fällen
wird es jetzt kaum den gewünschten Krfolg haben.
In unserer Zeit ist es Sitte gew«>rden, den Natur-
völkern Gesetze aufxudnlngen, die in der zivilisierten Welt
wob! Geltung balH>n, die aber dein Volksbewulstsoiii der
Volker, die damit beglückt wenlen sollen, scbnnrstracks
entgugen stehen und den von den Vätern ererbten
Bräuchen nicht Rtlehnnng trugen. Wie mau ersehen
haben wird, ist das Gewobnbeitsreebt der Samoaner, so-
weit die GemeindeverwaUung in Betracht kommt, sehr
vollständig uud klar. Auch ein „zivilisieiieres“ Volk,
als die Samoaner es sind, brauchte sich solcher Gesetze
nicht zu schämen.
Sollten wir nicht zn der Hufiuung berechtigt sein,
dafs eine deutsche Verwaltung bei Hegelung der samoa-
nischen Gemeindeverwaltung das samoaniHche Gewohn-
I iieitsrecht zu Uate ziehen und die Kinrichtungen dea-
I selben, soweit mit dem deutschen Sirufrerhto nicht in
Widerspruch stehend, und die wirklich guten Bestim-
I luuugen desselben adoptieren wird?
.Aulser dem für das Reicdi eiitstebenden Nutzen würde
auch hier die Kthuologie den Vorzug habeu, als eine
staatbiblcnde Wisseiischuft sich zu erweisen.
') Dies ist ein e r x w u n (;e n es lf>>ga. Das freiwillige
Ifnga drückt die Bitte um Verxeiliung aus.
iDobu» I.XXXm. Nr. Z4.
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378
l)ie Kuneue'Sftmbeii'Kxpedition det Koloniulwirtsohiiftliclien Komitees IHOO, 1000.
Die Kunene-Sambesi-Expedition
des Kolonialwirtschaftlichen Komitees 1899 1900.
Im Jahre 1899 rüstet« das KoloDialwirtachaftliche
Komitee im Verein mit der Pariser C'ouipnnbia de Mo^sn’
medus und der Londoner South West Africu ('ouipany
eine Kx|>editiim uns, deren .\uf)^abe in der wiiiachaftlicheu
Krfurschung des ieiiKeits des Shello^ehir^es helegeueti
Hinterlandes von Moasnmcdos, der Stromifebiute dea
Kubatigo, Kuito und Kuando beMtuiid; KlHiheit aber Qbei-
jeiieii Teil des portugiesischen Westwfrik» zu gewinnen,
war dem Komitee deshalb von Wert, weil damals der
Plan einer für nuser südwest-afrikanisebes Schutzgebiet
47 Seiten. IHeae zu würdigen, ist nlebt Suche des „(ilobus“,
wiewohl gesagt werden uiuts. dafM wohl selten eine afri>
kiiniscbe Unternehmung auf botunisehem Felde »u viel
Wichtiges geaauiuudt und beobachtet hat. \'on niafs*
gebender Seite wird darüber geurteilt: „Während bi-
dahin die eigeuiirtigo Flora der östlichen Hebiete de-
llocblandes von Mossnmefles völlig nnbekannl war, aind
wir jetzt in der Lage, mia ein klares Bild über die
Vegetation dieses Lande.s zu machen, und was die Kut-
derkuiig neuer F4irmmi betrifft, so muf» man -chou zu
Abb. 1. Der Kobango unterhalb .ffassaca.
bedtmtuugs vollen liiilmverbiiidung Transvaal-Port Alex-
andre F«*ste Gestalt unziiiielimcu begauu. Hie F.X)>edition
ist Ul>cr zehn Monat« thntig geweaeii, hat ihre .\ufgiiben
aufs Treflliuliste gelost, und vor kurzem ist der oflizieile
deutsche Bericht darül>er erschienen in Form einer jener
stattlichen Veröffentlichungen unseres bewährten Koh»*
iiiHlwirtsciiaftlicheii Koinitces, mir noch reicher iiiu)
schöner ausgestuttet, als die früheren*)'
Hufs der Bericht über di« Kxpeditiou erst jetzt er-
schienen ist, erklärt sich uns der zeitraubenden Bearbei-
tung de" MaU'rial«, in die sich allenliiigs ziiblreiclie
Facbiimnner geteilt bubmi. IHc botauiscbeii Krgebiiisse
sind auf JGO Sdteii dargestellt, die ziMilogischen auf
‘) II. Baum: K unene-HumI>e«i-K x pudil ion. lui Auf
trag« de.’« KoloiiiHlwjjijM'fiaft liehen K«uiiili*es hernii'i;ege)ii-n
von Dr. O. Wurburg. H*, V und r>ii4 S.. mit l Jtijui-
druck, I- Tafeln, 1 Karte und luM .\tibil<lum.'eii im Texi.
Berlin, Verlag dc>« Komitee«. |9o:i. Treis ‘io Mk- Diesem
Werke sind die Abbildunv-'eu des vorstebeudeu Aufsulzes
entnommen.
den Ib'isuii Von Welwitach und Sch weinfurtli sowie
zu der erstell .VufsehliefHuug unserer tro}Msch-afrikiinischen
Sehiitzgebiet-e ziirückgreifen , will man einen ähnlichen
Iteielitum nn Neuheiten fürdie Wissenschaft kunstutiereii**.
\\’ir kommen liier vor allem iiiif den von dem Botaniker
der Kx|H'dition, II. Baum, beurbeitoteii allgemeinen Teil
zurück, der die Verößeiitiicliung eiiileitet und den Boise-
bericht darstcllt. Hier fiiiden sich ni'beii vieh-n wirt-
Hcbuftliolieii Notizen auch <lic gtsigrnphischen und Völker*
kiindiicheii Beobacht iiiigeii.
tieographisch und völkerkundlich war «las Gebiet
ebenso iimiigelhaft bekannt, wie mit Bezug auf seinen
etwaigen wirUehaftlichen Wert. Aiigesehen von klein«'-
ren rnturnclimungen im Küstonlan«!« und nm Kuneiie
begegneten wir hier friiluT nur der Boute <!er ('apello-
1 vens' scheu Kx{H‘ditiou von lNS4 bis di«> auf ihrem
Zuge riuerdurch .\frika ZHisclieii Mussumedes uml Sttuihesi
ili«‘ grofsi'ii HÜdwärtw strömenden FIüs.se geknmzt hatte,
und deren Spiiroii auch die Baum sehe UnU'rnehmung
zeitweise gefolgt ist. Jene Flüsse selbst aber waren bis
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T>ip Kuiiene'Snin1>eBi-Kx|K'diti«>ii dei KMloiiiulwirtBcLaftlichen Komitees 189!> 1000.
370
nuf die Zeit utiliekannt> Unsere Kx|K?dition hatte
te)>o^H|>lii^('he AufnAhmeai'lieiten jotlenfnlU nirht auf
dem imnierliin iimdi in dieNer Hinairlii dn>t
Nötigte ^eivcheheii« hu tlufs diu FintderkungHgeo)frH|iiiii)
aueh nic'lti
luer niiHge»
gangen und
diedem Huche
heigegeliune
Kart4- lH>ach-
tennwert ist.
Kurz twYur
diu Hu um»
schu Kx]Hidi*
tion iiiH Ku>
hango-Siiiij-
hesi - (iehiet
kam , butte
dort der eng>
ÜHche Major
Uihhonsuiu*
fungreichu
Aufnahmen
zur Auffüh-
runggehraeht
und nament*
lieh die Flüsse
Itefaliren <>der
hegangen ;
seiuu Karte or«
schien im Juni Abli. :
1901 in dem
^(teogr. Jonrn.** und wird als grundlegend Wi dem
Studium de» vt>rliegendcn Werkes mit Nutzen heran-
zuziehen sein. Kiiiuu ausfiihilicheu KeisclK.'i'icht dagegen
hat der englische Major hl'>]ier nicht ven'ifFentlicht.
als JÄger. Am 11. .\ugn»t 1H99 erfolgte der Aufbruch
von MossamedcM. Heförderungsmittel war der ttchseii-
wagen. Has I«und hinter Mo.Hsaniedes ist eine regelrechte
Sand- und SteinwAsta, in der es auch an Luftspiegeluiigs-
erscheioungm
nicht fehlte ;
das Wasser
mufste in Ton-
nen mitge-
führt werden,
Hrennmuterial
lieferte die
Wulwitscliia
mirahilis.
IMe.se eigen-
artige Pflanze
— eine schöne
farhige .\hhil-
dnug dersel-
Iwn ziert den
Titel de» Hu-
ches — wachst
in sterilem,
nur h(>ch»t sel-
ten von Kegcii-
fftllen henetz-
tem Hoden, e»
mufs darum
ihr Wachfltum
höchst lang-
sam Bein, und
man kann
wohl antu'hiiien, daf» Altere Kxemplare ein .\lter von
70 his 100 Jahren haben. Im Juni, Juli und August.,
dun trockensten l^Ionuten des Jahres, sagt Ha um, sind
diu Welwitschion durch starke, oft 14 Tage andauernde
Hütte In Karanga um Kubango.
Abb. s. Her l.ongn unterhalb t'hijija.
I^iler iler Fjtpcdition war der Holländer Pietiir I Nebul vor dem Austrocknen durch die S«mne geschützt.
Tun der Kellen you der (’oiujMiuhia de Mossamedes, I lK»r in kühlen Nächten als Tau iiiedorgesehUgene Nehel
der der (ieHellschaftsBtation 1-klivu zwischen Küste und 1 ist wohl oftmals die einzige Feuchtigkeit, die den el-
Kunene vorstami; HoUiiiker, wie erwähnt, der Deutsche witaehien in regunlogen Jahren zu tiehote steht
Ham»; atifaerdem hegieiUften die Kxpwlition zwei Huren * Man zog» der Koute ('apellos und Ivens fidgend,
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hte Kiincnc'Sumlicsi'Kxiirditinii tles KciloiiiAlwirtschafUiohcn Komitees lÖlMJ 'lUOO.
Ahb. 4. llQttf« (mil ^rhiiltx«‘rHriO nm TonKa«
in Kii htuiig «lurvli das wusscraruic und dnriim
venidete Shollnfffbirge, hui Knkuiowur entlang und filier
FUiiva und IliimU' zum Kunene, der uui 11. Se|Jtuuiber
erreicht wunle; liiernnf ging es an dio.*ieiii und dünn iin
des>en östliclieni NVUenfluFs CliitandH aufwrirt.s nach Nord-
uKten bi» zum ITi. iSreitongi’ad. Der (‘hitamla int schmal,
aber tief, und an »einen Ufern herrscht ein reges Tier*
leben. Man fnud dort auch K)ufuutens|iurvn. Uei()n|iO|>o
im rhitandabeit wurde ein Versuch mit Goldwäschen an*
gestellt und ein wenig Schwemntgold gewoimeu. Am
4. Oktober orruichte man das Fort und die katholiscliu
Mission Kassiiiga am oberen ('hitanda, an jenem Tage
fiel auch unter Dlitz und Donner der erste, aber aufserat
geringe Kegen.
Itei Kassinga Torliets man den C'hitandn und damit
das .Stromgebiet des Kunene und wandertu durch uii-
bewuliiito Striche nach t>i«ten ziiiu Kubango. Dieser '
wurde bis Massaca (t'apelloa und Ivens' Massuco, 16*^
südl. Dreite), dein 500 Kluwohner zahiemlen llauptnrt i
einer von Kangellanegern liewobnten Landschaft, abwärts
verfolgt, l^iterlialb Ma.ssaca Riefst der Kubango zwischen
ateiiiigeii Hügeln in grofsen Windungen dahin, von /eit
zu /eit Stromschnellen bildend (Abb. 1). Hin Versuch,
etwas südlich von Massacn nach Osten zum Kuito vor*
zudringeu, aeheitcrle an dem
Weg- und Waasenuangel , und
HU zog mau denn weiter am Ku*
bnngo abwärts. Die Ufer des
Siriiiues werden als fruchtbar
bezeichnet , tloch sind sin nur
sehr ditun — von Kangeilas —
lievülkcrt, infolge iler nimulhor*
lieben Kaubziige der Kuitigliaina.
die laiMieinwarts wohnen. Über-
hnupt sitzen die kräftigeren
Stämme nicht am Flusae aolbst.
S(» zahlen die weher südlich am
Kiiliuiigo liegenden Kaiigella*
iliirfer, z. H. Kavaiiga (Abb. 2),
Tribut an die ontlich wohnen*
den Kuangari; sie liefern <iiesen
etwas von den Krträgen derdagd
ab und stellen ihnen Leute zur
liebammg ihn>r Felder. In Ka*
vanga und im iHmuchbarten Ka*
]o|o werden Itesondurs Mnis.
Sorghum. IVmiiDetmn und I'h-
Imk angebant. Der Tabak uinl
von allen Negerotämmen Sfid-
.\ugolas gleirhmäfsig zuliei eitet,
indem die noch feuchten llliitter
in Kugel- oder Kegelfonu zu-
sammengepresst wenleu; eine
solche Kugel riecht heim Durch-
brechen säuerlich, und der
trocken gewordene Taliak
Hchmoekt streng und scharf.
Der Kuhatigo bildet in diesuro
Teil seines Laufes viele Inseln,
von denen einzelne Ix'siedelt
sind; fast alle Dörfer nlH*r liegen
auf der linken Uferseite des
Kubango und am zahlreichsten
von Kavanga ah, während man
auf dem rechten Ufer, aUo auf
der denisrhen Seite, zwar einige
hehautu Felder, aber nur sehr
wenige Hütten sieht. Die
Nieilerung an iHuden Ufern
bietet eine vorlreflliche Viehweide und einen znm Anbau
von Mai« oder Weizen sehr geeigneten Hoden.
.\ü der Mundung des llabongu (IS® »üdl. Breite)
verliefs die Kxpedition den Kubango und wandte sich
uordostwärts zum Kiiitu. Sie benutzte dazu unter Füh-
rung von Kuangarileuten zunächst das Thal des llabtingn
selber. Die l.andschaft zwischen Kubnngu und Knito
wird durch Wahl mit grofsen freien Flächen charak-
terisiert. Auch traf man auf einige , Pfannen“; an einer
dorsellien fiel unter (iowitter etwas Hagel. .\m 12. l>e-
zember erreichte man unter 17® südl. Breite den Kuito.
der dort so breit ist, wie der Kubango, aber tiefer,
5 bis 6 m, und den man deshalb nicht überschreiten
konnte. Das Wasser wurde von Krokodilen und Flufs-
pferden belobt. Die .Anwohner, diu Onjiniba (Amboülla).
haben auch hier unter den Ilaubzügen der Nacbbaren zu
leiden und halten darum kein Rindvieh. Man zog am
Kuito eine kurze .Strecke aufwärts und verfolgte daun
seinen westlichen Nebenfiufs Longa nach Norden. Die
Mündung liegt in einem sumpfigen Terrain von 7 km
Breite, auch die Ufer des Longa sind anfangs sumpfig,
dann werden sie höher. Bei Uhijija (l(i®20' sQd). Breite)
traf man auf die ersten Katarakte, auch auf hohe Inseln
(.Vbb. ,S). .\n der (^uiririinüiulung (16® südl. Breite)
Abb. 5 Hriicke über den tjalrirl.
hie Kuucue-.Siim)»e8i*Kxpoditiun de* Kolunialwirtscbuftlii’heii Komitee* 18iM>/1900.
381
ffing lUHii uuf da* ÖBÜiohe Ufer de* Louga Qber. Von
da ab liegen zu beiden Seiten de* Longa au»gedebnto
SUmpfe, an die sich mit Wald bestandene Sandbügel an>
schlieTaen, eine Gestaltung des Lande*, die sich in einem
sehr grofsen Teile des Kuitogebiets wieflerfindet. Aue
Terschiedenen Anzeichen merkte man hier, dafs man der
Gegend des Kautscbukhandels sehr nahe gekommen war,
B. n. aus den Wagenspuren der Händler und der aus
dem Handel erwachsenen grüfvureu Wobihabonbeit der
Kingeborouvn. Die Hütten der Loiigancger zeichnen sich
durch Grölsc und saubere Bauart aus; an einzelnen der
Thüren waren sogar Ornaniente oder Köpfe ausgeschnitzt
(Abb. 4), tind an anderen 'l*bären Schlösser angebracht,
deren Schlüssel Ton den Kigentömern am Gürtel getragen
wurden. Am deutlichsten zeigte sich die Wohlhabenheit
der I^onganeger in dem Besitz an Vieh; neben einigen
Bindern wurden kurzhörnige, gedrungen gebaute Ziegen
und eine kleine Schwoiiieart mit braunroten Haaren ge*
halten. Bald begegnete man auch den Niederlas.<umgen
englischer und portugiesischer
Händler, l>ei denen ganz hedeii-
teiido A’orräte von Kautschuk
lagerten.
l'iiter 15® 30' sü<ll. Breite
vcrliers die Expedition den Longa
und zog zusammen mit einem
englischen Händler nach Süd*
osten zunächst zum t^iiiriri und
(hinu diesen abwärts. Hier traf
inan häuSg auf aus l'fAhUm n>h
geziuiiiiierte Brücken (.\bb. 5), w'io
innn solche auch In der Kaut-
schiikgegend am Longa, sonst
aber nirgends angetroA'en hatte.
Am (^uiriri, bot dom grofsen
Stamme der Kalowale, vertritt
der Kautnehnk schon vollständig
die Stelle des Geldes, wie Baum
in Sakkemecho sab. l'm mng*
liehst viel von den eitropäischon
Waren erwerben zu können, ar>
Iteiteu die Quiririiicger den
ganzen Tag übereifrig, und fort-
während Hchlep|>en sie schwere
Ballen von Kautscbukwurzeln in
den Ort, um dort flache Kuchen
aus deren Rinde zu klopfen.
IHesu Kuchen werden dann
nebst grof'^n Tongefäfsett nach dem Bache gebnicbt und
dort durch Kochen, Klopfen und Kneten zu jener Form
verarbeitet, die im Hamlul als „Manga** in diesem Gebiete
überall gebräuchlich ist. Leider wird mit den Kautschuk-
pflanzen so verfahren, dafs ihre Ausrottung droht, ln
den von HoutboschwählHrn eiugescblossenen, nur mit
Gras bewachsenen grufsen Flächen zwisebeu O'***'**^ “**d
Kampuliive (einem Neh«nnur.s des Kuito) fand Baum diu
ersten Kautschukwurzelpnuiizeii, eine iKitanisch neue Art,
von Pntf. K. Schniuanu „('a^Kidinus chvlorrbira'' Ix^-
nunnt. Ihr Vorkommen — freie, wassurlnse, sandige Ge-
biete sind ihre eigentliche Heimat — ist ein weit aus-
gedehntes; die Pflanzen treten oberhalb der Mündung
des Liiziiigiia in den Longa (bei Fbipia) auf, reichen bis
zum Longa, (juiriri. Kampuluve und Kuito, geben über
diesen östlich hinaus und sind sogar noch am Kuando
vorhanden. Die Zul>ereitiiug des Wurzelkautschuk be-
schreibt Baum wie folgt: Die Wurzeln, zu einem «tarktm
und etwa 2 m hohen Pack zusamiueugehuiuluu, wortieii
nach dem .\iisgraben zuerst gewäsBurt, bo dafs der Hast
weich und mürbe wird, damit er sich s]>ä(er btniu Klopfen
gut lÖBt. Dann wird der Ballen wieder an der Sonne
getrocknet, die einzelnen Wurzeln werden in 30 bis 40
cm lange Stücke zerteilt und dabei die an den Endpunkten
der Wurzeln befindlichen Kautsebukstückchen abgelöBt,
die man zu besonderen Marigas formt. Die 30 bi.s 40 cm
langen Wurzulstücko worden auf einem Brette ge-
Bcblagou, wodurch das Holz von der Wurzel befreit wird,
und ist dies geschehen, so werden die Hindenstücke mittels
eines hölzernen Hammers auf einem Brett so lange bear-
beitet, lÜB Biedie Form eines Kuebons angenommen haben.
Sind durch das Klopfen die gröfsten Hindenteile entfernt,
so wird der Kuchen gekocht und abermals mit Knüi>-
peln tüchtig geklopft. Hierauf wird der Kueben in
viereckige Stücke gusebuitten, diu in kochendes Wasser
gelegt werden, und aus ihnen formt der Neger runde
Streifen von etwa Daumenstärke, „Matali“ genannt, von
denen 40 Stück eine Manga bilden. Einzelne Neger
bereiten den Kaut'icliuk auch folgendermafsen: Sie korben
ilie Rinde, nachdem sie von der Wurzel geklopft und
abgestruift ist, klopfen sie nach dem Kochen kräftig
durch, spülen sie daun im Wasser aus, kochen, klopfen
und spülen sie nochmals, und zerreirsen nun erst die
flachen Kuchen in kleinere Stücke, die in heifses Wasser
getaucht und dann durch Itrückcn und Kneten zu jenen
Streifen geformt werden, die im Handel gewisscrmafseii
als kleine l^lünze dienen. F.s kommen zwei verschie<len
iiussehende Mnngas in den Handel. Die eine .\rt, stark
mit Sand vermischt und sehr schwer, ist diejenige, welche
aus den Kautschukstückeben burgestellt ist, die, wie
erwähnt, von den gewässerten Wurzeln abgelöst sind.
Die zweite Art iat die durch Klopfen bergvstellte. Eine
dritte Art, die vi^i einer hesondpren Pflanze atatiimen
soll, ist leichter im Gewicht und fascrartig gestaltet und
wird von den Huiidlern nicht gern gekauft. Im ganzen
Kaiitsohukgebiet lebten damals 1 1 Hämller.
Von Sakkemecho zog die Expedition südöstlirli
wiederum zum Kuito, den sie unter 16" Büdl. Breite am
27. Februar 1 900 erreichte. I ter Flufs iat dort 150 m breit.
Riefst Bchnull und ist sehr tief. Man Tcrfolgt4> ihn etwa
40 km abwärts und acLlug dort ein Lager auf, von wo
Abb. ä. StromaclinelleB der Kulei.
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.ud\vi}e WUaer: Heitruf; zur Urgeschichte des Mcnschfii.
Fursiniin»ch(! nach <btten unt^'riiommen wurden. In dem
Dorfe Liki»(>, das etwa 60 km östlirh run Kuito liegt,
war ntH'h kein Weither guM'heii worden; man fand dort
Hu)>chmRnnert die die Jagd atisüiion und die übrigen
Dorfliewohner mit Wild versehen, van der Kellen zog
oook mit einigen lauiien «istlicli bis an den Kuaudo, bis
;sum Dorfe Tjimbaiida (16** 1 5' Nüdi. Breite), er sah dal>ei
grofse Mengen von Kautsebuk, der von BihekauFlcuten
eitigehamleh wurde.
Am 4. April wunle vom Lager am Kuito der Küek>
marsch zur Küste angetruten. Bis %um i.uitga verfolgte
man dieseibe !b»ute wie auf der Ausreiso, daun zog man
auf direktem Wege weatiieh nach Kaiotinga. Mait ülier>
Kchritt dabei eine grofse /abl von südwärts /.tim Ku*
bango gebunden Flüfsen, darunter den Kulei, in deMen
Nähe einsam eine katholische MDsionsstatioii liegt. Der
Kulei (Abb. 6) braust stellenweise so ba.xtig über das
(iestein dahin, dafs nich die Wassermengen in weifaen
Schaum auflÖHen und da» Geräusch de« tobenden W'aKKerR
auf weite Kntfornnngen hörbar ist. Bis Ediva hielt man
eich dann wtetler an den laTeits begangenen Weg, von
da ab aber schlug niaii eine ganz ucno Knute ein, die
ziemlich rein östlich verlief und in Port Aloxandro an
dor kluinoii FUchbai das Meer erreichte. Man batte
unterwegs im .luni einigo recht kalte Nächte, in denen
eine Minimumtemperatur von — 4® C. beobachtet wurde.
Am 26. Juni 1900 war man wieder in Mossamedes.
Klimatisch und wirtschaftlich bildet der nördlichste
Teil TOI) DHutsch-Südwestafrika, das Amiiotand, mH dem
Hinterland von MoBsamedes, in dem die ('ompanhia de
MoHMimedeB eine bis zum Sambesi reichende KonzeKsion
liesitzi, eine KiiiheiU tB>er diu wirtschaftliche Beiloutung
von Süd'Angola heifst es in dem Bericht u. a.; ln der
Nähe der Küste lassen sich nur au den kleinen Flössen
mit Vorteil Plantagen anlegen. I>ieses Gebiet ist zum
Anbau von Baumwolle vortrefflich geeignet, wird vo)i
de« Portugiesen jedoch nur für die Knitiir von Zucker-
rohr (zur Braimtweingewinnnng) benutzt. In den) fast
nur steinigen und meist nur mit niedrigen Sträuchen)
beKiandencn Gebiet, das sich bis zur Höhe von etwa
700 m bis zum Shellagebirge erhebt, ist in dom Teil,
<ler vom Beru, Giraul und Monino durehnoaseu wird,
gutes triukbaroH Wasser Torbaiideii. während die Seit»»
der Shella, die vom t'oroca durchzogen wird, in der
trockenen Jahreszeit nur salziges Wasser aufweist. <Ü»
der Ahbnu von Miniwulien im Shellageldrge lohnt, diese
Frage läfst sich zur Zeit nicht beaiitwurteu.
Diu nun folgende Hochebene liesteht meist aus einem
schweren, lebinigeii oder thouigen Boden, der sich /um
.Anhau von Mais, Weizen, Koggen, Hafer und Gerste
eignet und in dor Kultur europäischer Gemüsearteu
aufiierordentliche Erfolge verspricht, .\uk den Yursucheii
mit Pffrsichbäumui) ergiebt sich, dufs < Ütsibäuuie gedeihen
würden; der Weinstock ist iHueits erprobt, und auch
alle .Arten Südfrüchte sind in Süd-Angola schon mit Vor-
teil angepHan/i worden. Der bessere, lehmige oder
thonige, zum .Anbau geeignete Ikalen findet sich uatueiit-
lieli an den FlÜR«en Knkulowar, Kuneiic, i'hilaitda )ind
über den Kubango hinaus bis zum Kuelie. Dlierbalb der
Mündung des (^uatiri in den Kubango beginnt auf dem
rechten 1‘fcr die Grenze von Doutacb-Südwestafnka, die
eine fnichtbare, für Viehzucht gut gamgneU' Flufs-
niedening verfolgt. Weiterhin begrenzen auf der deut-
schen Seite den Kulmngo händige Hügel, die mit lichtem
Wald bedeckt sind. Das Land zwiache» K)ibango und
Kuando hat ziemlich reichlichen Ri'genfall, so dafs die
Kiugcborenet) trotz des sandigen Bodens mit dum .Anbau
von Sorghum, Pennisetum und Maniok gute Erfolge er-
zielen. Am Kuaudo ist fruchtbares, zur Koloni^tion
geeiguetuB Laud in genügender Menge vorhanden. Der
östlich vom Knebe und nördlich vom Lomba gelegene
Teil dieses Gebiets zeichnet sich durch den Ueichtum
au WurzelkanUcbukpffanzeu aus, die Imsonderh am I.»<in-
ga, Quiriri, Kampuluve und Knito zu Kautschuk geklopft
werden; dieser gebt nach Ibrnguola. Besonder» reich
ist da» I^and an Gerbstoff liefernden Raumen, und zwar
bandelt es sich um den Mopune (Copuifera ldo|tane), der
von der Küst« bis zum (Jiitanda einer der büuftghten
lUumu ist, und um den Houtboschbaum (Borlinia Bauiuii
benannt), der den Hnuptbestaudtcil der Wälder weiter
östlich bildet und sio charukterihiert.
Der Haupivrert von Söd-.Angola besteht jeiloid) darin,
dafh da» ganze Land zur Viehzucht vortrefflich geeignet
ist. Die be.hondei“fi am Kuneneausgedelmtc FlufsniHderung
bietet auf günstigen Woidoplätzun )ingeheureu Heerdt-n
reichliche Nahrung. Von den in der Viebzucbtstatnin
hkliva nach Kochscher Methode gutmpften Tieren hlieW-n
etwa 30 Pro/, von der Kintlerpest ver»chout.
Beitrag zur Urgeschlchtr de» Nensrhen'). |
[(k>ntribution ä l'etude des hoinmes fossiles ') (>ar OaudryJ. i
Übur einen im vuri|;en Frühjahr in der .Klnderliühle*
la-i Montoiie gemachten, für die Geschichte des MetiHchen-
ge^'hlechts bMleutsamen Fund einer bisher nicht liekannten
Itasse (von Verneau, I/Anlhro]H>li>gie XIH. 5, »type de
Orimnldi, voti mir ,]hmio priroigeuius var. niera" geuannt),
hat»! ich bereits anderwärts*) berichtet. Die von Veriiea))
in Aufsicht gesiellteo, ItMonders auf die /ahnbüdung sich {
iieziebendeti Untersachungen des FaJäonndogen Oaudry sind
nun unter «ibiger t?l»erschrift im neuesten Heft der Z**il-
Schrift nl.'Anthrti|Hdogi«'* erschienen, und bei der Wichtigkeit
der Hache wird wohl aucli den Is^surii d«.<M .(Bidms“ ein
kurzer Au.«zug wilikommcn sein.
Da foMÜe MetiKcheuknochen meist mit solclien atisge-
.Htorl«iiev oder ausgewanderter Tiers zusammen liegen, die.
wie Mammut, wullhaariges Na«hom und Itentier, grofse Kälte
aushalteii konnten, hat man angunominen , dafa zugleich mit
diesen auch Mensclien aus nördlichen Breiten in unsere
(iegendon gekommen seien ; .Das ist möglich*, meint Oaudry,
.das i«t nteines Krachtens sicher, denn nirgend anders«!»
hätte der Mensch die Fähigkeit, so grimmig«* Kälte zu er-
Vgl. hierni l’mf. Kmil 5<hn>i«it» Aufssts in Nr.'J3. Ke«l. ■!. Ulobu>>.
') L'Anthro|>elog)« XiV, 1, DKIA.
Kme m-ue Menuhenrsxse (Uii nouvenu t>pr humainl. Nstur*
wiasctks<'l>nülirhr Wocbcnscliritt. N. K. Bd. II, S. 15, lb03.
tragen, erwerben können.* Kinc andere Frngo alter ist die,
«ober sind diejenigen Menschen gekommen, die mit wKm) 0 -
liuttendan Tieren, )iiit Flurs|>ferdeii. mit Klefantun und Nas-
hörnern, die den heutigen indiscbei) gleichen, nach den
Funden unzweifelhaft ziisiiinmen gelebt halwu? Ktwa aus den
liändern , wo der Pithecanthropiu gefunden worden ist, wo
die gnifseri nienschenähnliclien .Affen leben, wo manche
Fur»chvr ein früher «uit ausgeilehnles, jetzt grf>rst4mteiU von
Mecn*sdnclien t»*deckles Festland annehmetif .Bisher waren
noch kein« Menwhenknochen gefunden worden, die den <*e-
dankeii an einu Almtammung unserer europäischen Quartär*
uienschcn von Hewolmerri der iiustraltschen Gebiete beroch*
tigt liätten. IMe von «irm Fürsten von Mimaco an« Licht
gebrachten Fundstiicke geben uns in die«er liinsicbt wichtige
Aufschh'tsiM*.* Kchoii Verneau hatte aus dem I^anglmu der
Hchädel, den stark vorspringeiiden Kiefern ntit zurück*
weichendem Kinn, der bn-iteii NHseiiöffnung der untcnuittel*
g)‘nfs4‘n Kusse auf ilemi Negeräh))l)chk«*lt goschlr«seii (,ces
sujels oiit im as|>ect iil^griMds bien net*). Dins allgemeine
Urteil bat durch Gaixirys ui))gi*bvndn Kinzeluntersunhungen
seinu Bestätigung und Kigänzung gefuudeu. «Wenn man
difl /.ahnbiMuDg d«*« Fos'^iltiienschan dor Do|i}>eM»estattung
(ein altes Weib und ein diingling) )H*trachtut. so ist ntan
überrascht duri'h ihre VorschiiHleuheit vi»n der heutigen euro-
|niischen. durch din Ähnlichkeit mit derjenig»*n der Australier.*
Diftse tritt hervor in der Streckung der Kiefer und der Knge
«lur Zahnl»>>geii. Din /nhiie «)iid gröfser, stärker und faiten-
reichur uU U*i der weirsen Kassi* und gluk-hen, wie au« den
KlniRt; I)io KisciiUHliultttiituti iu ( Inu«.
Ablnldungtiii deutlich eniichtlif'h, uucli hierin «utcheii nu:«trH'
lücher Wilden. l>ie WeifllieU«ziihuv iHMtrn kuiue Zvivhen der
UOekldlduni; wie bei un*> erkennen und uiiterecheiden «ich
tnic)i Ori'iriie und II«u;kerzahl kaum von den anderou Sfithl-
zkhneii. Xlinliclie /Mhnbildun); zei]{t auch der durch die
Funde vmi Nenndertbal, H|>y, Kra|>iiiH, Nitulette und Schipka
bekannt Kuwortlene Ureum]Mier von etwa.« anderer, af*er uii-
gefiUir auf K^'^doher KntwickeluncRliidie Kteheuder RnaHe
(llouio priinixeniuR). Wenn (laudry auf («rund der Abbil-
dun^cen zu Üorjanovic- KramberKer»« erstem Bericht*)
über den .paläulitliiM'hen Menm^heu* von Kra]iiun eine er-
beblicho VeiNchiedenbeit der l/nlerkiefer derltoppenwHtattunf;
von Mentoue utid desjeniKeu von Krapina umiimmt, ko beruht
dieü wohl auf einem Mir»verständnU. Schon in der emtuu I
Yerdfreiitlichun}; i>a^ der A(;rainer Forscher: ''«r*
iiej^ende Kiefcr«tück beRitzt kein Kinn, Hondern ist etwaR
nach vorn ueoi^en*, und fugt in der xweilen hinzu: ,Kine
grofRO üt>ereiDRtiiiiniung finde ich xwiarhen dein t'iiterkicfer
von N'nuletic uiii dem von Kraptna, und xwnr in der OuRtalt,
welche inttheRooder»' durch dM Fohlen de» Kinns und den
damit im Kosaiumtinlrnng atchunden stumpfen Kyniphysou'
bogen bedingt wird.* ln llosug auf Zdhne uud KtnnlORigkvit
Kind altio beide Uasecn einander M'hr äbulich und «tehun auf
gleich tiefer KntwickclungaRtufe. Kut int hauptslichlich der
Rehr starke l'rognatliiKmuR und die NaRetibUdung. die den
Skeietten dee l)op)>Klgrai>e9 den Ht«m|>ei einer tiefntehenden
*) Mtllcdiiugvu der aMt1iro|wl<igiM-beit (ieRelhchah in Wien,
Ed. 31, Itmi, und ^Naclitrag** iiu uk<'b»trulgeadei] Juhrgaug der
gleichen ZeiUvhrilt.
3sS
Negerrasse aufdrtickeu und mich vcranlafst halten, ate als
Setlfuzweig der ureuruiȟit<cheu uud Stammmaxe aller
Nt'gervdikcr Hufzufmutco uud mit dem Snmeu Homo prinii*
geaiiui VHV. nigra zu bezeichneu.
Zum Kehiusse spricht sich Gaudr}‘, da er sich nur auf
ein eiuzelnee Merkmal stützen könne, sehr vorsichtig aus,
mit der UexrheUienheit, die nach seiner Ansicht
Denkern anxteht, IwMinders aber den l’aläoutolugeu, die Ver-
irrungen in ihrem ungeheuren, oft etwas nebelhaften Gebiet
nur allzu leicht aungesetzt xiud*. Kr scheint aber doch an-
zunehmeii, dafx die weirse Basm; von der australixcheti ab-
staiumt, dafs mit der nordischen Tierwelt Henxcheu aus dem
Xorden, mit der xddlicheu sidche aus Afrika caier Asien
iu iiuxeren Vi'«ltUril gelangt «eien. Das wäre aber kaum ver-
einbar mit der doch unbedingt geboteneu VorausReizung
eines einzigeu Verbreitungszentrums der Menschheit. Die
überraxebende Kiitdeckung einer foasilen Negerrasae in Ku-
n>pa nötigt ebensowenig zur Aimalmie urzeitlicher Kiiiwan-
derungen von negerariigen Men-w.ben aus siidUcheii Breiten,
als die Knochen hingst ausgesuirbener Beuteltiere In un-
serem Boden auf diu Herkunft dersellMu aus Australien
whlierxen lasaen. Ludwig Wilsvr.
*) Mit dem Hrinaniee „rsrirlax oigrs“ wollte ich nur die
NegerkhnlK'hkeit ditscr UrrsMe bozcichDen, keine»wegt über ihre
Ksrbe ein Urteil sl>gi>lpen. I>n» Wshrsclieiidiclule ixt meine» Kr*
schtens, dslt lie bei sieinti<*h Risrker Ecliauruug eine iidtilere,
gelb-btaune Kirbung gehabt hsl. Sowohl die lleftchwane Huut
maiKher Neger als auch die miU-liweir»e der Kordeuropier xiod
I neuere KfraBgeDSthahrn.
Die Eisenbahnbauten in China.
IHn Aussichten für KrsehUctsiing CbiuaR iliircb Kinen-
bahnliautcii babcii aich »eil rnterdriiekung des Hoxer*
iiuratumlt's morklioh gcbcsKcrI. War der Bau von Eisen*
babiieii mit das wirksamste Kcizinittul zur Km^gtiiig den
.\ufetaiidoR gewesen und richteten sich die Wutaus*
brärhu vur/ugsweixe auf /erstdruiig des Oberltaues und
des rullemlcii Materials, su hat sich diese Ih-weguiig be-
ruhigt, dals uicht nur der Betrieb der fertigen Strecken
und der Bau neuer nnbebelligt bleiben; ea erRtrelmn
vielmehr die .«onat »i> abwehrend sieb verhaltenden StAdte
die möglichste Nähe, und die grofse Masse derArbeiter-
Iwvölkerung biiftct xicb als billiges, anKtelUges Arbdits-
]>cr?ional an. l>cr Chinese iat ein viel zu guter Kechncr,
als dafs er dun augcmücheinlicheu Vorteil des KUenbaliu*
trunaihurtcH gegen&lM>r seineu bisherigen, primitlvmi
VerkebrRmiltebi nicht erkennen (tollte. So beteiligt itich
auch der reiche, vorsichtige chine^iiiche Orof(«kaufnjanu
au den Subskriptiunen für Babubuuten, und die Befürch-
tung doti BrotloswerdeuR der Kuli«, die sieb mit dem
Tf'ansfKni mühKain ihren Lel>en«unterhalt erwerben, wird
durch die Aussicht auf reichlichen Lohn al*i Lohnarbeiter,
untenoi Botriebs|HtrMmHl und dunrh Bcfönlurutig du» Ab-
uiid Zuganges beseitigt.
Ein anderes Bild bildet der Intereseenstreit der euro-
päisM^hen Kuhurstaaten, da ei« jeder sein sogenannten
Interessongehiet xii eigener, wirtnchaftlicher Ausnutzung
uifersüchtig überwacht, um so mehr, als sich au die Kon*
X4*ssion zum Bahubau auch das K«‘cht zur AuslHmtung
der Ibrrgwurkschätze mid zur Anlagu von Fabriken in
der Nähe der Tracc knüpft.
Ihir Frieden von SchiinoiioHeki zwischen Ja]tan und
t'hin.n liatto für letzteres au<‘h die Folge, dafs die ge-
schwächte chinesi.Hche Regierung sich zu oiuer Reihe von
Kouzexfionen an die verschieticnen Staaten genötigt
sah, um deren Uiiterstützuiig sich zu sichern, wuhreiid
sie «icli vor dem Kriege (tebr ablehnend verhalten halte.
So bildet der cliiuesiscb-japaiiische Krieg den Wende-
punkt in der Kiseubahu|M>litik Chinas.
Vor dem Kriege waren nur zwei Babuen kouzeesio*
niert und gebaut worden; und dieser Erfolg war nur
dom Einflufs des grofsen StaatsinanDea Lihungschang zu
verdanken. IHe erste 1876 fertig gestellto nur 18 km
lauge Bahn von Schanghai nach Wusung, dem eigent-
lichen Hafen, wuitlu bald nach Fertigsttdluiig zerstört,
wieder hurgestulU und ist seitdem im BetrieW; sio bat
nur lokale Ik^dcutung.
Von höchster Wichtigkeit war das auf Betreilien
LihungMcbiing« in seiner 1‘rovinz T»cbili ent-xtehendo
Bahnnetz; «nfllnglirh wurden nur die beiden wichtigsten
Hafonorte Scbankbaikwaii im Nordosten und Pebtaiig
(Taku) au der Peihumünduiig mit dem Kur<>|McrKitz
Tiuntsiu verbunden und scliUefslicK die Bahuliuie bis
zur Kopfstution Makiapu, 2 km südöstlich Peking, fi»rl-
geführL Diese Bahnlinie mit ihrer Verlängerung über
Slianbaikwau über die grofse Mauer hinaus, iu der
(iesamtlunge von etwa 480 km, war in vollem Betriebe,
bis 1000 die Wut der Boxer sie von Grund aus zer-
störte. Die Wiederherstellung der Strecke Tientsin-
Peking war das Work der Kisenbabiitrupjien der Verbün-
deten, uamenilich der deutschen Kisuiiliakukouipagnien,
sodafs am 15. Dezember lilüO der erst<t Eisunbuhnzug,
I geführt von dem deutschen Oberleutnant Men de, auf
' Bahnhof „llimmelstetnpel” durch die von den Eugländerii
durch die Stadtmauer gebrochene Bre.xche in das Innere
der beiligim Stadt zum Staunen der Bevölkerung einfnhr.
Alle anderen Bahnen verdanken ihre Kunzossioii der
günstigen |>ulitischt:u Lage nach dem Frieden von Sebi-
nionoseki. Den Reigen derselben eröflhet Russland
durch den Vertrag von Peking am 8. .September 1806,
durch welchen es da« vertragsmäßige Xugeständnis zum
Bau einer Bahnlinie von Zunichaitujewsk am Amur
quer durch die Mandschurei über TNitsikar, ('harbin.
Niugata narb Wladiwostok erhielt, diulurch die geplante
Verldiiduiig am linken Auiuriifur aufgaU und um 550 km
abkür/.te. Diesem Vertaiigu folgte ein zweiter, vom
27. März 1898, in welchem (’hiua die Verpaclitung von
' Port .\rtlmr und die KiHenbahnverbindung von C'harbin
I über .Mukden, NiuUehwang nach Port Arthur und den
/
■' , CicH'S^k'
Pie Kiüenbahtihauten iu ('bino.
n«m zu gi'ündtuitlcii rUN»iacbtiU Fruiliafeu Ibilui zugvtftau<L ^
Kinu dritte Ibibiiliuiu zwuigt bt>i Mukdeii iiacli Seliati- j
hnikwati nh, urlaugt dadutNrb Anstchiutüti an Tientsin und ‘
Pukiog. Dio JuHptzieruiig dieser Babiiliiiie war der Zweck
der vor kurzer Zeit vom Fiiinnzmiuiiiter v. Witte — j
die nun erfolgende de« KriegHmioieter» Kuropatkin j
gilt wohl der miiitAriHcben Sicherung — unterruuntneiiHn
Uei»e, und wenn urge Übelstände im Betriebe der fertigen
oder bei den irn Huu begriffenen Strecken dabei auP
gedeckt wurden, so iet ch doch zwuifcHoe, data diese
kürzeste, billigste Verbindung ohne ruiinduug von Port
Arthur liis Petersburg bis 190(i hergcstellt ist. Am t
23. Mtirz 1903 verliets der erste bis zum Haikalsee durch' •
gebende Schnellzug Wladiwostok und Paini, mm boH {
der fahrplaomHlsige Betrieb, allerdings mit Trajekt über ;
den Baikalaee, einsetzea. '
Auch die von Peutschlnnd zu bauenden Balm*
Hit'ecken sind gleichfalls mit der Pachtung von Kiaubtchou
verknüpft. I>er Freihafen Tsingt^iu ist der Ausgangs-
punkt des Preierknetzes Tsingtau, Tsinunfu. lischou,
1000 km lang. Bei Tsiimnfu, der Hauptstadt der
.38 Miiliuuen Kinwubner zihleudeu Provinz S<*haniung,
mihert sich das Pruteck dem •‘uhtfibaren Teile des !lo-
angho und bei Itschou dem Kaiserkunal, der auf Betreiben
der betreffimden Vizekonige nun wie<ler in seiner Schiff-
barkeit hergestellt wenlen «oll. Pi« Strecke Tsingtau,
Kiautschau, Weihsien über 150 km ist in] IletriulMt und
hiermit das Kohlenreviur erreicht, welches den Nordfuts
des Schautunggebirges bis Tsitianfu bcgleiU't. Pie An-
leihe wurde 1899 aufgelegt, der Babubau gleichzeitig
begonnen, zwar durch den .\ufstHiid unterhruchen, aber
dank dem Kiiischreiten und der Knergio des Vizekouigs
Junntschikai nicht so zerstört wie in Tschili; 1904
wird Tsinunfu erreicht sein.
Frankreich und Belgien abernahiiien den Bau
der erHt«m durch kaiserliches Edikt angeordneteu Linie
von Peking nach Ilunkou, am Beginne des Unterlaufe«
des Jangtsekiaug. Von der im ganzen gegen 12CX) km
in der liicbtung von Nonl nach Süd sich erstreckenden
Linie war nach Sicherstellung des Kapitals die Strecke
bU Paotiugfu begonnen. Ihdin Ausbrach dos Aufstandes
wurde das wertvolle Bauuiaieriul nach Japan gerettet
uikd dann von dum IHrektor Jadol zur Wiederherstellung
der Linie Tientsin -Peking dem Oberkommando käuflich
überlaKSen. Jetzt Ist die Bahn bis Paotiugfu im Betriebe,
die .\rbeit auf der Strecke auf etwa 200 km südlich bis
('bunte, halbwegs bis zum Hoangho, beendet, während
auch von Süden vom Jangtse her die I/iniu bis Sinyang |
von französischen Ingenieuren entgegen gebaut wird.
Von dieser IJniu sind Au!»chiusso nach Tuijuan im Westen ‘
und weiter südlich nach Singaufu geplant. I
Englands Anteilnahme äuftert sich namentlich im '
mittleren, dem Ozean zugewandten Teil« zwischen der j
.schon fertigen Strecke Pehtang* Tientsin -Peking bis 1
nach Kanton, bezw. Hongkong. Eine über lOÜO km |
lange Bahn von Tientsin bis Tschinkiang am Jangtse ;
zwi-ebeii Nanking und Schanghai wird zwar im nördlichen I
Teile bis Tsiminfu zum Auschlufs an die deutsche Schan-
timgbuhn von deutscher Bauleitung hergestellt, i^i über j
in ihrer ganzen Auedebnung ein englisches Unterneliuien. j
Eine zweit** Bahnlinie ist von dem iVkingsviidtkal von
Taijuau uacli Ibitscheiifu atu unteren Httiuigbuwinkel be-
absichtigt und drittens erhielt eine englisch-chinesische :
(iosullBchaft *Ue Konzeseion für zwei von Schanghai aus-
gohende Strecken, von denen die eine nach Nor»lwe»ten
Über Lutsdiou, Tsrbinkiang nach Nanking führt und in
Verbindung mit der Linie rientsin von hier tritt, während
die andere votk Srhangbai atisgehendu Bahn über *li«
Millionenstadt llangtschou und Nifig]>u dun Südwesten
«rscbliefst. Wübrernl der Sch**itclpuukt des Winkels l>ei
Sclmnghui liegt, uiufassuu die Schenkel auf Tschinkiaug
und llangUchuu gerichtet, das uuten* Stromgebiet der
grofseii Waaserstrafse iu da» Innere, des Jangtse.
Pie grofse, landeinwärla Hegende, Peking und Hankou
verbindende Bahn fimlet ihre Fortsetzung in dem Bahii-
projekt Hankou-Kanton. Wird diese letztere Linie gebaut,
woran nicht zu zweifeln, denn da» ( nternehmen ist
wiederum von einer betgiscli-fruuzösischen Gesell-
schaft aufgenommen, dann iuldet die aimähenid 2100 km
lange Bahnstrecke Peking-Hniikou-Kuutoii die Nord-Süd-
Selme zu dem Ku<<tenbogeD von Schanhaikwan bi»
Hongkong. Pio V^erblndung mit der engÜMcheu Metropole
Hongkong von Kanton aua hat sich England gesichert.
Frankreich» .Vspiratiunen auf dt« drei südlichen
Chinaprovinzen Jümian, Kwaiigst und Kwangtung sind
ofifenkundig; von den (ireuzstationeii <les tonkiiiesischeo
Eisenbahnnetze» von l.aukai und Lungson werden drei
Bahnen gebaut, weiche eine jede dieser drei Provinzen
dem fraiizusi»chen Kolonialgebiet nngUedert. Hier im
Süden verfolgen «He Franzosen dieselben /i(*]e, wie die
Russen in der Mandschurei, di« PetttHcheu in Sebantung.
die Engländer im Petho- und JangUebecken, d. h. die wirt-
schaftliche Ausbuutiing «ler Volks- und erzeugniMr**irhen
chinesischen Pr*ivinzen, nur kommt ihnen hier der Reich-
tum einer südtrupischen Vegetatian und das herrliche
Klima eines südlichen Gebirgslande» zu statten, und
ferner, daf» die .Vnscblufdmhuen kurz uml tn>tz de»
Gebirgschurakter» nicht einmal sehr kostspielig sind.
Von den drei Baltuen fühK eine von I.aokai (Becken
de» Soughu) nach Jünnan, eine von loingHoii nach I.ong-
scheu und Nanniugfu, während die dritte ehenfall» von
I.angson Uber Nanuitigfu *lic Hafeti>iadt Pukhai erreicht ;
diu Linien von Laokoi und Langsou vereinigen sich bei
Hanoi, der llaupttitadt Toukm», wo jetzt eine erste Aus-
stellung diu wirtschaftliche Hebung unter Frankreicha
Flagge veruiischnulicben soll.
Seit dem Schlüsse des Jahre» 1902, »eit der (reneb*
ntiguiig einer Anlage eines franzaisiBchen Kriegs- und
Handulshafeii» iu der Bucht von Kiiiingi»cbensou, nördlich
der Hainanstrafse, sind weitere Bauten geplant. Kuang-
tscheuoou soll erstens mit Nunningfii und zwcitetiü mit
Utsebeufu um Sikiang verbunden werden, damit der
Handel auf diesem Flusse von Kanton-Honkong ab nach
KuanglBcheuKou gelenkt werde. Noch sind das al>cr nur
Wünsche, keine bearbeiteten Projekte.
Kiue grufse Geuugthuung empfand Fraukreicb, als
England seinen Wettbewerb, von (tber-Birmu hur das
reiche Jummn zu erscbliefsen, aiifgebun muPte; die»
geschah, als der Vizekönig von Indien, Lord Curzou,
19U1 zu Rangoon erklärt«, dafs di« geplante Eisenbahn-
verbindung nach jener Provinz unüberwindlichur Terrain-
hindernisso oder zu kostspieligen Baues wegen definitiv
Hufgegebeii .-H'i. Jetzt siulii sieb Frankreich iu di'ii drei
Südprovinzen iu einer günstigeren poHtischeii und kom-
merziellen i.ug«. als .sein Verbündeter Russland in der
Maud.^ekurei.
Oberst leutn.ant n. P. v. Kleist.
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Büohertchaa.
sa5
Bficherschau.
r. Kleebfrgfr: Volkflkuiidlicheti aus Fiaalibaeh in
dar Pfalz. 13u K«it«u. Mit 4 Kartan. (SatumlunKeo
(las VareiiM für baverisahe Volkukunde und Mundart-
f»r«chung, Heft 1). Kai»on<)auterti. Hermann KavMr,
19b2.
Fischlwtch 1« ein I>«irf bei Kai»er«lHUteni mit 400 meint
protevtamiKhen Kinwohneni- In Bitte und Brauch bat nich
dort viel Altertiituliche« erhalten, und auch die Mundart
zeigt manche betangreiebe Züge. l>er Verfasser, ein Kind
de« lb»rf«. hat mit grofser Liebe und 8f»i‘gfalt allen Volka-
kundlielie f>ein«i Ueintauoriea gesammelt und dadurch einen
Hauntein geliefert, der aich faat in eine allgemeine pfAIzLnche
Volknkunde einfügen Iftilit. Wie der llaualiHU zeigen auch
die Felde, die Hilten und Brauche echt fr»nkiachen ('hamkter;
die «raleren mit dem NeujahraJürmen, dem jetzt eingegange-
nen Hingen mit dum Htarn am Dreikonigatage, den Fazt-
nacbUBcharren und dem Winteraustragen an liäitare. da« in
Fiarhbach dieselben Vene (Htri, 8ira, Mtn»h, der Suramerdak
ia du) zeigt, wie bei dem wiederbelebten Ueidalberger Llitare-
feat. Oatem mit den (Mtereiem. wie sonst in Deutsrbland,
doch aind die Halzer Kinder schon rationaliatiach angehaucht;
aiu glauben nicht mehr an den Oaterhaaen nnd singen:
Ich was, waa ich was,
'■ Hinkel U de HaaN,
Di Mudder färbt die Eier,
De Vadder draht ae in» (iraa.
Beeotiders reich iat die Hammlang der Besprechungen,
worin viel Altes enthnlien, wahrend mniiche Sitten, die
andere ärta tio«h in lUQie aind, nur noch aus der Kritmerung
aufgc^chriebcu werden konnten. Mit dem Klngehcn de«
Flachs- und Hanfbaues sind z. R die Spinuatuben ver-
achwundmi. Der SinDeanrt der Pfälzer ciitMprucbend offenbart
sich in den Hphebwürtern, Rudcusnrteu. kleinen OescbichUn
und Kätaeln vielfach ein urwtichaiger Humor. Ho fragt der
Pfarrer: Welche« sind die drei hohen Festem und der Fisch-
bacher Dorfjunge antwortet: Die heilige Fastnacht, die hei-
lige Hauschlacht und die heilige Kirchweih, ln dem Verzeich-
nis der mundartlichen Wörter fällt die starke Beimiachiing
hebräischer (acheln, Häwwach, Zores u. s. w.) und frauzbai-
scher (matljascb, hussjeb. wuHewuh u. s. w.) Wdrter auf,
waa sich durch die zahlreichen Juden der Walz und die
zeitweilige Zugehörigkeit zu Frankreich erklärt.
Richard Aodree.
Sveiiges Innd och folk. Hiatorisk-sutistiak handls<k pä
offentligt itppdrag utgifven af Gustaf Bundbärg. IX
u. 10*28 8. Stockholm. P. A. NorsUwIt und Höuer, 1901.
Zur WcltauKatellung in Paris 19v0 bat jeiles der drei
iiordin'hen Reiche eine oftiziclte Publikation «racheinen
lajoen, um ein Bild der Kulturentwickeluug des Staate« im
19. .lahrhundert zu geben. Für das auf Hchwe<len Iteznghche
Werk war durch Keichstagsbeschlufs von 1898 die F<inn
eines Htaitstischen Handbuches der Kultur- und Krwerbs-
verhähuisae vorgeschrielten , dessen Ausarbeitung unter Lei-
tung de« König!. Htatisl lachen Zentralbureaua erfolgt ist. Die
■chweKlisehe Au«gat>e erweist sich für uns inhaltlich als eine
wahre Fundgrulä*, und der Herauagelwr bat e» mit bewun-
dernswertem Geschick ven*tau«len, die bei der weilgehendeo
Arl>eitsteiltiug «ich ntitwendig ergebendon riigieichmärsig-
keiteii und Wiederbotungen, wie sie oft in so entstandenen
Werken sich Hnden, ausr.umerzen.
Das mit «tatistisclien Karton und Diagrammen und Illu-
siratiüiien splendid ausgestattete Werk besteht aus zwei
Teilen. Der erste Teil enthält Dnnttellungen über die phni-
kaliache Geographie (OberHächenbildungen und Bewäsaeninga-
syateme) von G. Aiidersson, Klima von X. Bkholm, Qe«>-
h»gie von K. Krdmanti, Pflanzengeograpbie von A. Nils-
son, Tiorgoographie von T. Tullberg), das schwodischc
Volk (Goschiebte von F>. Sveusen, domographische Verbftlt-
nisiM» von 0. v. Friesen, Volkscborakter und soziale Ver-
bältnisB«), 8taatsv<irfa>«uug und Verwaltung, rnterrichtswesen
und Geisteskultur, l^r zweite Teil ist den wirtacliaftlichen
Vcrhältnisaeu gewidmet. Nachdem Prof. P. Fabibeck eine
üliersicht über das Erwerbsleben in Hchweden gcgelwn hat,
folgen ausführlichere Darstellungen über Ackerbau und Vieh-
zucht. WaldwirUwbaft, Jagd und Fischerei, Bergbau, Indu-
strie, Ilatkdel, Hchiffahrt, Verkehrswesen. Rank-, Kreslit- und
VemicherungsHiistahen, gewerbUebo Gesetzgebung, Arbeiter-
gesetzgfbung und soziale Htatistik und die damit in Verbin-
dung stehenden Verhältiiism*.
UiDsicbtlich der Olwrtlächengestaltung unterscheidet Gun-
nar Andersson 1. das Huchland und Oobirgsgebiet Ober-
wbwedeiis. aus drei Gürteln, den) des Gebirges und der
grofsen H«en, dem der Moränon- und Humpfgebiete und dem
der Meeresablagerungen lie»tebend, 2. da« mittelschwediM'h«
Tiefland, X da« Hochland Bimiland, 4. die Ebenen 8<'hwedena
Auf den 447 8ä2i)kui Hchwedon« wohnten Ende 1^99
5097 4u2 Kinwoliner (1751 180287» und 1805 4114 141 Ein-
withner). I'nter diesen waren 20000 Finnen, 7000 Idippen
und etwa 20000 Angehörige anderer Nationen, während über
S50000 Hchw'eden in Finland, etwa lOOOOO Hebweden im
übrigen Kun>pa und Diehr als 1'/, Millionen in Amerika
wohnten. Am dichtesten bevölkert war Malmöhus l^iin (64
pro ijuadratkilometer), am dfinnsten NorlxHtens Län (l Ein-
wohner pro Quadratkihmteier).
In deinogmpbischer Beziehung wird Hcbwe<lea in drei
scharf vonHuauder gehinderte Gebiete geteilt: 1. das östliche
Südachweden mit zahlreichen frühzeitigen Kheschliofsiingon.
aber geringer ehelicher Fruchtbarkeit und einer groüiBn An-
zahl unehelicher Geburten, hoher BterbUchkeit, gr«>fser Belbst-
mordfrequenz, niedrigem Nati\ität«ul>er»('hufs und unbecieu-
teuder Auswanderung. 2. das westliche Hüdschweden mH
wenigen späten Ehnw-hliersiingen, aber hoher ehelicher Frucht-
barkeit und einer geringen Anzahl unehelicher Geburten,
mäWger oder niedriger HterbÜchkeit, niedriger HeUwtmord-
fre^iuen/, gri'ifstenteils hohem Nativitätsübcrscliuf* und starker
Auswanderung. 3. N<irdschwoden mit mäfsiger Heiral*fre*iuenz,
gmfser Fruchtbarkeit, wenigen aufserehelichen Geburten,
niedriger Sterblichkeit, sehr hohem NativitätsttberschufB und
unl>eträcbtlicher Auswanderung.
Früher wurde allgemein angenommen, dafs die Ein-
wohnerzahl Schwedens vor dem schwarzen T«k1o um 1350
mehrere Millionen betrug. Die.se Annahme iat jetzt als un-
richtig erkannt. Die Hevöikerungsschwankungen zeigt fol-
gende Tabelle:
J.hr BevSlkeninKraahl ' Jahrlichor Zuwach»
, Im ganzen pro MÜJf
1570
900 000
1850
1 225 000
4iHi3
8,86
1700
1 465 000
5 200
3,66
1720
1 S5U0U0
— 8 750
— 4,75
(der grofse aor-
1 diacbe Krieg)
1755
1 878 000 I
1 15 0H6
' 9.46
1815
2 465 UOO
9 763
4,54
1865
4 099 000
32 680
10.22
I9UU
5 1 40 OOO
29 743
l 1
6,48
1
Der Bevölkerungszuwachs ist nicht in allen l,«ndesteilcn
gleicbmäffig gewesen, ln älteren Zeiten, da die Verkehrs-
mittel uuv«»nkomnieit, die Grenzen zum Teil schwer zu pas-
sieren waren, entsprach er annähernd dem Überachuf« der
Geburten Uber die T«xlc«fälle. Durch die ungleiche Inten-
sität der Auswanderung und infolge der gesteigerten Bo'
wegung von einem Landesteite zum anderen ist die Bevotke-
rungsvermehrutig recht ungleichmäfsig in den einzelnen
Gebieten, in deu ausschllefslich liaiidwirtschaft treilienderi
Gemeinden Hüdschwedens läfst sich sogar eine Abnahme kon-
statieren. Unter den I7t>4 Landgemeinden iu Gfitalnnd hatten
1695 nur 510 eine gröfsere Bevölkerungszahl als 1870; in
1194 gröfstenteils kleinen Gemeinden liatte die Zahl alig»-
iiommeu. Um so gröDier ist der Zuwachs im Nemicn, in
,8chwedcns Nordamerika“. 1751 w«ihuten in Norrlnnd nur
8,2« l*roz., 1865 aber 12,22 Proz. und 1899 10,59 Proz. der
Ikvidkorung Hchweileus.
Unter der geographischen Brette von Alaska liegend,
sU'ht Schweden hiiudchtUch der mittleren Bevölkeruugadich-
tigkeit (11 Einwohner pro (Juadrutkiloineter) In Europa (4n
pro Quadratkilometer) an drittletzter Stalle vor Norwegen
und Finland. Im nordwestlichen Teile, in einem 12700u<]km
grofnen (iehiete, da« 30 I*roz. de« ganzen lindes umfar«t,
kommt noch nicht ein Einwohner auf den Quadratkilometer;
aber gerade hier ruht der Krzreichtum Hcbwe«1en«. so dafs
hier ein l>eträchilicher Zuwachs schon zu verzeichnen und
zu erwarten ist. In Malmolius I«än und in einigen Teilen
vom «eidlichen Hcboneti lirträgt die Dichtigkeit 50 pro Quadrat-
kilometer (eiiischliefsUcb der Htädte 8U und darüber); be-
366
Klein« ?faehriehten.
w>nder* l>««cht4»n!iwert Ut die dichte Bevi>lk«ninHr b«>i Hund*-
vaU in Vefter NorrlAml I^tiu , dem HauptMUitfuhrhAreu ffir
Hchwedif‘chi'8 Holt.
Die Bterhlichkeii erroicUtc iui .Tnlirxehnt bi*
nar jährlich 1A.49 pru Milte, die nie>ilriK*U‘ hixhcr in Kur<jpA
beobachtete Zinfer. Hie bleibt für jede Altorsiin'uppc zwischen
15 bis 75<lahreu um etwa 25 Proz. hinter dem i>uri'hAchnitt
für Westeuropa zurück. Die mittlere Lebensdauer für das
tuiU^lMreu« Kind stieg von 5S,2i> Jnbren für 1755 hU 1775
für da.* Jahrzehnt bis IS^i auf durchschnittlich 50,02
Jahr«, für die BUdte auf 43,5^ Jabro, für das platte l4tud
auf 51,5$ Jahre. A. Loreuzen.
Kmil Deckert: Orundzütte der Handels* und Ver-
kehrsgeographie. Dritte Auflage. I«ei|ncig, C. K.
l’oeschal, 1002. l’nds geb. 4 Mk.
Der Name .Handels- und Verkebr»gtH>gTHphie* giebt
leicht zu Irrungen Anlafa. wenn er im alt hergebrachten,
alter falschen Kinne gleich .Wirtschaftsgeographie* gesetzt
uirtl und also die Produktion ebenso gut wie Handel und
Verkehr umfassen will. Decker« Buch will «ine VrirUchaf«-
geographie sein, indem «da* Hauptgewicht auf die Natur*
vorhSltniiwe der iJinder und Meere, sowie der Ortschaften“
gelegt winl, und .die Produktion** und Kunsunition*', sowie
die liaudels und Verkehiwverhaltnisse* «im Zusammenhänge
mit den allgemeinen Kulturverhältnisseu soviel als möglich
daraus al>g«l«itet' »'erden.
Um es gleich vorauazuschicken , so sind nach meiner
Ansicht in Jicc-ker« Buch die uatürlichon Faktoren der W'irt-
■<c.hAft vorzüglich, zuin Teil meisterhaft hehandelt. wahrend
die Schilderung und Ableitung der Winschuf«varhnltnisse
daraus sohr zu kurz g<*komineii sind.
Da* Buch zerfullt in «inen allgemeinen Teil (S. l bis 56)
und einen spuzieilen Teil (Europa 8. 56 bi« 241: Asieu 243
bis 374; Afrika 274 bis 297; Amerika 296 bis 656; Australien
.'156 lus 366). ln dem ailgemeiueu Teile, der die AtmOBohUre
(8. 1 bi* 3), die Meere (S. 3 bis 31), das fente I^nd (8. 31
hi* 56) behandelt , winl nur zum Teil , wenn auch zum
ghifaten Teil, die geographische Verbreitung der natürüchen
Faktoreu der Wirtschaft geschildert, während einzelne Ver-
bAltiiin«^. wi« die vertikal« Giiedenmg und die Bewä»MTiiiig
der Eniräum«, nur in ihrer allgeineinen BtHieutung für die
Wirtschaft gewürtligt werden; die gongraphischc Verteilung
dieser Faktoren dndet «dch im siwricllen Teil bei dun ein-
zelnen Enlteüen behandelt, und an dieser 8Udle hat man
überhaupt die eingehende Erörterung der natürlichen Ver-
hältnitNi« zu suchen. An deren breite 8<'hild«rung knüpfen
sich dann die aof*er»nle«illich tpftrliehen .\nga1»en ub*-r die
l*n>dukti<>nMverhäUnisiie, Ifnudel und Verkehr. Di« Aufz<«h-
hing der Kinze)land*chaficn mit den wichtigsten Orten folgt.
Wogen der Kürze de* zwuiton Teiles, der auf einzeln« Ört-
lichkeiten dor Pnaluktion u. s. w. kaum uingcht, kann
von einer Ableitung aus dem so vortrefflichen ersten umfang-
reichen Teile schwerlich die Bede sein.
Die Wirtschaftageographie ist noch sehr jung, und es
wird noch mancher Versuche und Vorarbeiten (die fast (^nz
fehlen) bedürfen, uni zur richtigen Behandlung de« Ktoffe«
zu gelangen. Deckerta Buch steht wohl an der Spitze dieser
Versuche. Aber *ler Keferent kann «ich mit der ganzen
l'rf>grainms(«lhmg nicht «invcrstHtiden «rklnrcn. Die Auf-
galH' der Wirtschaflugeographio (und ent.<prt‘chond der H>in-
dubgeograjihio im strengen Binne) ist doch die Betrachtung
der Wirtschaft (bezw. des Handels und Verkehrs)
als einer räumlichen Erscheinung an der Erd-
oherfläche. die zu schildern uud au* den als Ob-
jekt der Wirtschaft zu betrachtenden Natur-
verhältnissun und dem wirtschaftenden Subjekt,
dem Mentchen. zu erklären ist. Daltd wird in der
.ABgcmeinen WirtAchaftxgeographie* zu UDtci>uchen «ein,
welch« Bodoutung di« au* den betreffi-nden Di»zipliuea zu
übernehmenden Faktoren der Wirtschaft ; Lage, Klima. Ikxleu,
Pdanzeu, Tiere einer-, die Menschen andererseits für di«
Wirtschaft hab«n uud wie sich jene und diese über die
ganze Erde hin verteilen.
Der „B|ieziellen Wirtschaftsgeographie* wird die Auf-
gabe zufallon, die Wirtaehnft der einzelnen Krdraum« und
ihrer Teil« (soweit wirtschaftlich zusninniengefafst : StaaU-ti)
zu schildem und Produktion, Handel und Verkehr aus den
natürlichen VerbiUtui«Mm abzulejten
]>8ZU sind schliefslich auch die Unterschiede in der
Dichte der Bevölkerung (die cbensü wie Quelle auch Erfolg
der Wirtschaft ist), für welche die Wirtschaftsgctigraphi« die
alleinige Erklärung bieten kann, uud di« Verteilung der Be
vülkeriiug in Hiedcltingen, für welch« sie die weseutHchcteii
Gesichts]iunkt« hergiabt, zu l>«hand<:ln.
Di« natürlichen Verhiiit4>i*Me der Enlräumn sind danach
nur heranzuziuben zum VerRtündDis der räumlichen Ver-
breitung *l«r Wirtschaft, aber nicht als Belbatzweck zu be-
handeln. DeckerU Buch ist zu ge<.>grHphi*eh. s>» zu sagen,
zu wenig wirUchaftHgeographiach. Ernst Friedrich.
Kleine Nachrichten.
Atdfuck pnr mH Qu«n«aznB»be «eilAlUt.
— Die Kntwickelungsgeschichte der Dünen an
der WestkÜBi« von Hchleswig bildet den (iegenttanil
einer intereasanten Btudie von ITofö**<<r J. Rcmke in Kiel
(vergl. Hitzungfbericht« der Berliner Akademie v<tii> 6. März
1903). Die ira Bogen vorlaufend« Verbindungsiini« der Inseln
Köm. Hylt, Atnruui und der Halbüisel Eiderstedt stellt die
weatiieh« Begren/uiigshiiie eines ehemaligen LaudtoUuB dar,
welcher durch das Herviubrccheo der Mecresduton zer-
trümmert wurde. Die Insel Sylt nimmt in Bezug auf die
Düttcubildung insofern eine Bondersteilung ciu, ala sich hier
keine Neubildung von Dunen vollzieht, «mderit nur eine
Boihe alter, vor langer Zeit entstandener Dunen die West-
küste begleitet. Bie sind von dem Meer nur durch «inen
schmalen, gegen dru Meeresspiegel geneigten Saiidstrand ge-
trennt. I>8s Meer ist an dieser BtoUe relativ tief, so dafs die
Zweimeterlini» und uigar auch die Scchsmetcrliui« nahe an
die insei berantreten. Di« Dünen der Insel Bylt «ind alte
Dirnen , die zur Zeit ihrer Entstehung sich weiter land-
einwärts befanden mul erst durch die nachfolgende ingruspiion
so dicht an das Meer gemtcii sind. Eine Neubildung von
Dünen Hndot aber hier nicht statt, weil die wichtige Vor-
Iwilingung nicht erfüllt ist; es fehlen jene dachen, von
Salzwasser durchtrünkten Handfelder, welch« hier den eigent-
lichen Entstehungsberd der Dünen bilden, wi« ein Vergleich
mit den anderen ob*>n genannten Inseln lehrt. Das .ku.s-
gMiigsinaierial für da« erste Entstehen der Düne liildet der
Flugsand, welcher, trotz d«r völligen Durchnässung des
B<h1«iis, durch die vereint« au«trockncude Wirkung des Windes
und der S<innenstrahl«n an der Ola-rflach«; jener Bandfelder
entsteht Und bei einigunirnfscn scharfem Winde in einom nur
wenig über dem Ibslen sich erheWnden Baiirlgeshdier Hinp<ir'
wirl>elt uud fainzieht. Damit alier dieser Flugsand zur Ab-
lagerung gelange, mufs eine zweite Bedingung erfüllt sein.
er rauf« nämlich von einer Pflanze aufgehallen werden. Dies«
K<illc übernimmt hier das Triticum (.Agropyrum) junceuni.
ein perennierendes Gras mit kriechendem Kbizoiu, welche*,
als typischer iialophyi, in von Salzwasser durchiräuki«m
HandlKxlcn am besten godeihi- In dem Marse, als sich im
Trilicumhorst« immer mehr Band anhäuD, wächst das Gra«
nach, und so wächst die Düne in dieser ersten Entwiclo--
lungspha»« bis zu einer Höhe von l'/«m, ausnahmswei«*-
sogar bis zu 3 bis 3 m. Dann tritt eine andere Dänenpflanze
ihre Herrschaft an, die viel kräftiger vegetierende Psamma
(('Hiamagrostls) arenaria. welche salzfreien Flugsand aufsucht
und die vrm Halz durchtränkten Handfelder meidet. Auf der
bis auf l\m hei-angewach»eneti Düne vermag die viel
dichter und höher waebsendf Psamma das Triticum junceun)
um si» oller zu veriirängcn , als für diese« dor Htandort bald
zu tn>ckcn uud, infolge der Auslaugung durch Begeuwaaser.
auch zu snltarm winl. Di« Iwidcn dünvubildcnden Pflanzen
schliersen sich so gut wie vollständig aus. ln ihrer zweiten
Eutwickelungsphaae. dem Psammasladiiim. wächst die Düne
viel rascher und erreicht bald eine Hobe von SOm- Und
nun unterliegt die fertige GrafKlüiie einer ganzen Beibc wei-
terer rmbildnngpn; der Hturm reifst die Ps^unmahorste vim
ihrer Uiiterlage los. oder öber*ehütt«t sie mit einer so mäch-
tigen SandM'hirht, dafs die i’saniniabalme sie nicht zu durch-
wachsen vcniiögeo, oder endlich er bläst so viel Sand hinweg,
dafs di« Psammawurzelstöcko freigelegt werden uud ver-
trocknen. K<» «iitstehl die kahle Düne, die, wenn sie nicht
künstlich mit I’Bamma arenaria angopflanzt wird, zur
Wamlerdüne priuleAtiniert Dt. Die tiramtiinu kann rieh aber
auch in eine lleidedüne uniwandelii. indem namenüich drei
lleidfptlaiizeu, die Zwergweide (Halix repens) die Kauschl*eere
(Empetrum nigrum) und das Heidekraut (('alluna vulgaris),
gewöhnlich von der l^eeseit« heraufziehend einen riegreich«u
388
Kleine Neohriobten.
tunA-'«en. die jed<*ch leer isl> und iliexer )H?fremd-
Ucbe ITjiixiAiid VHmnl^r)?t unK, endlich «iniual Öffentlich auf
die Ha4’he xuriickssukomiueti. Vi'enn Achtm die GnsellAchaft
ihre Karl Ritter-Me<latlle fnr heutige deuu«he Afrikareixendc
aLa ungeeb^et betriM'htet, so hat sie ja die Xachtigal-UedAille,
die vor einigen Jahren von Krupp in emier Linie für die
deutst'ben Afrikaner geeliftet worden iit, die »t»er — wir
glaulieu uns nicht zu irren — bisher nur ein eiurigor, iiüm-
tirh Hauptmann Kainsay, erhalten bat. iiwnr ist die KoUk
nialforacbuiig Sache des Ueiebs. und die lierliner (ieseUscheft
für Krtlktiiide ist eine preursiache wissenschaftliche Kurp<^
ratiuu, die auch nur vom preofHisebeu Staate dotiert wird:
trutxdeiu sulite die letztere die erster« an ihrem Teil und
auch in der Weise fördern hülfen, die in diesen Bemerkungen
angedeutet wurden ist."
— Bis wie weit in der hiftorischen Zeit xurdek der
LOwe in Griechenland nachweisbar sei, erörtort A. B.
Meyer (Der zoolog. Garten, Jahrg. 1903). Verfasser halt
cs nicht wohl für liezweifelhar, dafs es zu llerodote Zeiten
in dom von ihm bezeichnoteii Gebiet noch Li^wen gab, und
nicht für unmöglich, dafs alte I^Oweudarstellungen in Griechen-
land nach dem Iicbeu niigefertigt sind, und zwar zu ein*'r
Zeit, als daa Tier noch wihl dort war. l^wi« ist freilich
anderer Meinung. Ks handelt sich aber bei der BeurteiUiug
der ältesten histurischeu Zeit immer um mehr oder minder
subjektive Ansichten; gelöst kann die Frag« nur werden
durch das Auftiudeu von recenten Jä^wenknuchen unter
einwandfreien l'msiänden, wozu aber wenig Aussicht vor-
handen ist. JedeufalU dürft« es augezeigi sein, in Zukunft
bei Ausgrabungen alle Tierknoehen gewissenhaft zu sammeln
und einem sachvervt&ndigcn Beurteiler zu unterbreiten.
— Karl Domin weist in seinem zweiten Beitrag zur Kennt-
nis der Bhanerugamenftora von Böhmen (Kitzuiigslier.
der köuigl. böhmisch, (iosellsch. der Wissenschaft, zu Frag
19ÖU;ikö^) nach, dafs die pontisch-pannonischen Typen viel
Weiter südlich reiclten, als mau bisher aunahni, und dafs
uych im Walügebiet des Brdygebirgc« auf geeigneten Htand-
orten zahlreich« wärmere oder sogar poniiacbe Arten vor-
kimiinen. ähnlich w-ie in dem südlichen Muldauthale, das
eine ausgeprägt wärmeliebende Vagetation beherbergt. Die
punGscheu Klemente verbreiten sich noch in der Jetztzeit
nach Nordiwten, das böhmisch-mährische Plateau stellt ihnen
keine natürliche Grenze. Diese Eindringlinge können auch
nicht oinem niedlich von den Karpathen herntchunden Htruine
angchoren, denn wie könnten Htandorte solcher politischer
PHauzen in Böhmen erklärt werden, die in dieser nördlichen
Zone nicht Vorkommen, und die auch von Osten nicht ein*
wandern konnten, weil si« dort «b«u gar nicht vurkummen?
— Die Mögliehkoit eines einstigen Zusammen-
hangs von Sachalin mit dem Kestlnnde streifte Char-
les H. Hawes in einem Vortrag vor der Edinburger geo-
graphischen Ocsollschaft (abgsdruckt im Aprilheft de« »Scott.
Oeogr. Mag.*). Die Handbänke an der Mündung des Amur
und im Korden und Huden der Tatarischen Htrafse lugun
der Schiffahrt gri>f»e Schwierigkeiten in den Weg, und das
Fahrzeug, das Hawes benutzte, morste mit halber Geschw-in-
digkeit und mit dem Anker in BereiUchaft segeln. Die
Htrafse ist an einer Stelle, xa'ischeii Kap Lazarew und Kap
Pogobi, nur etwa 8km breit, uud v* erscheint möglich, dafs
eine Landbrücke beide Kap^ verbunden hat, »o dafs Sachalin
eine Halbinsel war. Die (tiljakun erzählen eiu« Sage, die
das rnterstnken jener laindverbindung reibt. Ein«
ähnliche Obertiutung, die weiter nördlich stnttgcfunduu hat
uud hlsiurisch ist, uurde 1813 von Peter lK>boll beachrieben:
V» war das der Vorgang, der die Htadt Ochotsk zur Insei
machte. Die sonderbare Mischung subarktischer und sub-
Ln)pischer Ptianzen und liere auf Sachalin scheine jene
Theorie zu stützen; denn in der Antediluvial-Periode dürfte
der Kuro Siwo, die wanne Htr»mung des Ostens, die Küste
der Primorsk und Weat-Hachalins ungehindert durch die
kalten, aus Noixleu kununendeu Str«^roungen bespült haben,
die ihn jetzt zurnekhalten. Die Form der alluvialen .\bl]i'
gerungen in» Norden des Trichters der Sirafse scheine eben-
falls zu Gun.sten jener Hypothese zu xprechen.
— Den Flächeuinhalt Europas set/.t v. Juratrhek
(8tati:itiache Honutshefte, ‘i9. Jahrgang 1903) mit der Bevöl*
kerung ln Vergleich. Die Verbreitungsgebiete mit den grofsen
DirhligkeiUzahlen von mehr als 90 Kinwohneni auf den
(JUHÜratküometer tindeu sich dicht gedrängt auf dem breiten
Landstreifuu , welcher sich von Sizilien durch ganz Italien
bis in die poeben«, dann nach ll'berspringen der Alyieu von
den nordwosllichoii Kantonen der Schweix, durch die Khon
entlang über ganz Belgien und die Niederlande i;uer durch
England bis Liverpool erstreckt. Von diesem Streifen grivfster
Di^tigkeit zweigt sieh in Deutschland ein Ast ab, der Ver-
waltungsbezirke gleicher llichtigkeil in nahezu gesebbjewner
Keihe umfafst und sich über Hachsen, Hchlesien, über das
ganze nördliche Böhmen, Mahren uud OsteireirbiKh-Schiesieii
bis Westgalizien und nach Hussisch-Polen erstreckt, wo die
zwei einzigen Gouvoruemeote d«s ZnreureicheH mit mehr als
100 Einwohnern auf den yuadralkilometer im Zuge dieser
Zone Hegen. Aui'serhalb dieser Zone giebt es nur Verwal-
tungsbezirk« mit mehr aU 90 Einwohner auf den Quadnit-
kilumeter vereinzelt oder eingeeprengt. Dio Gebiete mit
Dichten von 60 bis 90 Menschen auf den Quadratkilometer
dnden sich zwischen den ersteren Htelleii ciugeaprvogt und
l^ern in grorsen Massen westlich und ösUich von den ge-
schilderten I.andsireifeu. lUugs uni diese sich allseitig ver-
rtaclicnd« Zone mittlerer Dichtigkeit lugoru sich iu breitem
Gürtel VerwaltUDgMgebicte mit IHehtigkcUszahlen von 11 bis
60 Menschen. Weniger als 10 Menschen auf den Quadrat-
kilometer loben , abgesehen von einem kleinen Bezirk iu
Bosnien, nur im nöi^licheii Verwaltimgagebiete von Hvhwo-
deu, Norwegen, Hchottland und Kurslaud, wie iu viuigou
Gouventements im südöstlichen Zarenreich, auf Island uud
den Färiierinieln.
— Die ftufsersteu Greuzen des Ackerbaues in
den Polarlindera. Auf dem Kongrefs für Landwirt-
schaft, welcher neulich in Ht. Petersburg abguhalteu wurde,
hielt N. L. Hkalosubow' «tuen Vortrag ülwr das gcDHimt«
Thema, winl gewöhnlich nngenommeu, dafs nördlich
von 00* Dördl. Br. das Getreide nicht auszureifeu vermag-
Es stellte sich alter hemus, dafs auch writer nördlich Ge-
treidebau getrieben wird. Ho waren die Atiltativersuch« mit
Winterrttggeii uud S«»mmerweizeD, die von einem Pfarrer im
l>orf JugHDsk (Kreis Hurgut. Gouvuruement Tobobk) unter
«I* nördl. Br. uud 73*40* östl. L. unternommen wimlen, von
solchem Erfolg gekrönt, dafs er sogar eine Windmülile baute,
um das Kom selbst zu mahlen. In einem W'ogulamiurf Maaau
unter ä|* n>irdl. ilr. an dem PelymHurs konnte ein Bauer
sein Ackerland immer mehr erweitern, so dafs er gogan-
wärtig nicht nur den eigtuieu Bedarf seiner grofsen Familie
decken, sondern in guten Flnitejnhren noch Kom verkaufen
kann. Bei BeroMiw uuter 83*64* nördl. Br. wurde ein An-
Itauversuch mit Roggen gemacht, detiseu Resultate durchaus
gnn-«tig ausgefallen sind- Noch weiter nönlllch. unter «4*13*
iiäcte elu HyrjaiKT mehrere Jahre hiutereitmnder Geräte.
Roggen und Hafer und erntete das Fünfzehnfache der Saat-
menge. Endlich ist noch zu erwähnen, dafs der Gemiisebau
bis zu den äuisersteu Grenze»» der ruarischeu Ansieiteiungeu
verbreitet ist; auch in Übdorsk unter 06*31* ist seit 1894
der Geiuüsabaii in langsamer Eutwiekelung begriffen. H. T.
— Hautrath tritt in der a.\llgemeinen Forst- uud Jngd-
zeitung* (79. Jahrgang 1903) der Frage näher; Welche Auf-
schlüsse gelten uu!( die Ortsuamen Badens über di«
früheren Bew aldungsvurhäUnissey Heute halten sich
dort l.<aub' uud Nadelholz so ziemlich die W'age. Von den
810 Ortsnamen, die von Uulzarten abzuleiteu sind, deuten
aber nur 11,4 Proz. auf Nadelhölzer hin. In den'Flur- und
WaltlnamuD sind rie bis zu 'iO Proz. vertreten, alter viele
dieser Bezeichnungen sind nachweislich erst in» 18. oder 19.
Jahrhundert entstanden. Eiche und Buch« kommen sehr
viel häutiger vor. als Jede andere Holzart. Hpezie.U im
Hchwarzwald, der doch scinou Namen dem dunkeln Grün der
Tannenwälder verdankt, treffen wir nur ■Ämal di© Nadel-
hölzer, alter Homal die I^aubhölxer in den (<rtsnameii; in
den Flur* und Wnlduamen stellt sich das Verhältnis wie
8:7. Im nördlichuu Baden, dem Odenwald u. i. w, fehlen
die Nudelhölzer iu den Ortsnamen gänzlich, in den Wald-
Und Flurb'zairhnuugen stehen 97 Nadelholz- 44*J Laubholz-
namen gogcuöbor. 160 Namen weisen direkt auf Koiiung
hin, nur zwei lauen sich von ihuei» aber über das Jahr UK)U
zurück verfolgen. Im ganzen ergab die Auszähluiu' der
topographischen Karte B^eus 14Kt<0 Flur- und I 08 S 1 Wald-
nainen. Von oraleren Imrsen *J60 auf früliere Hewuhluug
schliefsen, und man geht nicht fehl in der Annahuie. dab
18 I*r»'Z. der heute urbaren Fläche früher sicher Wald dar-
stelUoji. Aber auch da* umgekehrte Verhältni* findet sich
j zuweilen. 16 .\a*iedelung«n, deren Namo mit roden oder
I achwciiden zu*ammeuhängt. sind wieder eiugegaugen. lOH
j WHlünamen liosngen, dafs das Gelände früher urbar gu-
. wesen ist.
Wrantwvrtl. Itedskteur: U. Singer, Berlin NW. 6, ScbifflMuerÜHiiim 26. — - Druck; Frlcdr. Vieweg u. Sohn, Bnunschweig.
Kleine Nachrichten.
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Kampf mit der I’naimna nufnehmen. Auch alt«, mit Koid«*
krüuteni bewachsene Diiiien höimcii zuHeileti durch Aus*
wehnti kahl werden, dann ist der KutwickeiiitiKiw^^kluti;
Orawlduc, Heidedime, wdfm* (kahle) Hüne.
— Pan Klima Kanadan. Jm Februarheft von Hymon»’
•Met«<>rolOgical Magazine“ bespricht K. F. Ktnpart, der
Pirektor o^ea kattadiscbcD meteoroln^icchen PieiisteH, da»
Klima Kan.a<las und räumt mit der alten AnachauuuK auf,
ala wäre Kanada ein auRierordentikh kaltes Land- Kin
irnifser Teil Onuricm lieg^ — , bekanntlich* kann mau in
diesem Kalle kaum sagen — in der Breite Hudfrankreichs,
Toronto sndltcher als Florenz und das Küdende von Ontario
südlicher ahi Rom. Mit Bezug aiif Vancourer bemerkt
Htupart, dnft der Hegonfall an der exponierten Wesikfiste
*.!&00mni ül>«rsieigt, in den östlichen Teilen aber nur die
Hälfte da%'un beträgt. Pie mittleren Monat-«- und Jahres-
tomjMjraturen entsprechen sehr genau denen in einzelnen
Teilen Knglands : die Sommer sind «b»-nso lang, und «trenger
Fntst kommt kaum jemals vor. Auf dem gegcnüU^rliegemTeit
Featlande ergaben die Beobachtungen auf einer 110 km land-
einwärts t>e|egenen Yersuchsfarm als mittlere Temperatur
des Januar 0,5* C. und des Juli lä* C.; die beobachtete
niedrigste Temperatur betrug — -J5* die hftcUste Sä* C.
Weiter östlich sind die iSommer wärmer und die Winter
kalter, doch ist helle.s, trockenes Wetter die Regel, ln den
l'räriegebieten sind di« Winter zu Zeiten sehr kalt, die Luft
jedoch ist trtic-ken. eine Tom|>er»tur von *i0* bereitet keine
Unbcsiuemlichkeiteii, und früh im 51ai sind die Frärieen mit
Bluineu geschmückt.
— Oletscberspuren in Japan. Spuren früherer Ver-
gletscherung in Japan waren bisher nicht bekannt, so dafs
man aiinehuicn uiufste, es hätten dort niemals HIctacher
existiert. Pr«tf«*sor Yamazakl in Tokio ist von joher anderer
.Ansicht und tiberzeugi gewesen, Hpureu früherer Thätigkoit
des Kistrs mür«ton sich irgundwo in Japan tinden. und unlängst
glaubt er denn auch, wie in aBcience* vom ‘27. Februar
uiitgeteiit wird, solche entdeckt zu haben. Wahrend er die
llidnkelte in den nordwestlichen (iebiegen der Uauptinsel
durchforschte, stiofk er io einer Meereshöhe von ii9tK>in am
Abhang von Hhira-L'iiiaga-Take auf Kisfurch^n und -Kcbrani-
men. Ähnliche Spuren fand er weiter unten in dem Thal«.
F]in merkwürdiger Zufall fügte es dann, dafs ein paar Tuge
si>ät«r ein anderer japanischer Gelehrter au der näiiilichen
Stelle eine Flora von alpinem Typus entdeckte.
— Über die geographische Verbreitung der 8ae-
oUer und der BärenroM»« verüffentiieht A. K. Alfthan
in den Mitteilungen der tinisobeu geographiwhen Iresellschaft
für 1901 bis 1903 eine Abhandlung, der folgendes entnom-
men wi: Pas Feil der Seesitter (Knhydris marina) wunle den
Itussaii gegen Knde des 17. Jahrhunderts bekannt, als sie
K.amtscliutkH erreichten. Ks wurde im If. Juhrbuiidert vor-
zugsweise nach China verkauft, da-s Tier sellwt alter infolge
unvernünftiger Sacbsteilung aus Kamuchatka und den Com-
mander-Inseln nahezu ausgerottst. In den Aleuteu, in Alaska
und an der Nordwo-Uküste Nordamorikas fanden dann die
Kassen m-ue ergiebige Jagdgründe, die aber auch so unver*
miuftig uuBgenutrt wunlen. dafs heute die jährliche Auslieute
nur 400 Felle beträgt gegen 10 000 bis 15 000 um die Wende
des 19. und 19. Jahrhunderts, und dafs das Tier in naher
Zukunft völlig ausg«iturlHm »ein wird. -» Pie Bärenr(»bb«
(Otaria undna und ArcU>cepbulus anstralia) ist für den I’elz-
hamlel viel wichtiger als dis Heeotter. Ihr« Hrutplätze, so
meint man, liegen auf vereinsamten Inseln im südlichen
Facidc und in der Antarctis, von wo sie an der nustraiischeu
Küste in das japAnische Meer und nach den Coniuiander-
und Prybiloffinselti waiiÜHrn. Wert gewann das Fell auch
erst, als die Hussen im 18. Jahrhundert dafür einen Markt
in China fanden. Koglisch« und amerikanische Jäger traten
mit ihnen in Wettliewcrb, mUeten alles aus, und so ver-
ödeten <li« südlichen Jagdgründe. Auch die Jagdgründ« im
tiönllichcn I'aoHlc und in der Behringstrarsc litten schwer,
bis I84‘J die russisch-amerikanisch« Kompagnie befahl, dafs
nur Männchen im Alter von 9 bis 4 Jahren gcti’ttet werden
sollten: mfuigedesseu stieg ihr« Zahl so, dafs sie in den
70er Jahren allein auf den Frybiloffinsaln auf 4 7ooiK>0
geschätzt wurde, wovon nacli i^liereinkunft mit der Alaska
Cumnicrcial (Vuuimny jährlich nur lOOOuo jung« Alämtchen
geOitet wurden. Auch auf den Command«r-In»ehi nuhnien
di« KArenrobbon zu. so dafs dort in den 7üer und HOer
Jahren 50000 Felle jährlich gewonnen werden konnten. —
Bis dahin hatte man die Kobbe nur am lAndu gub'>te(, mit
R«-giun der 90er Jahre aber jagten Schifte aus Victoria
(Britiscb-t'olumbia) und San Francisco sie auch auf i>tTener
Kee. Zur Mannschaft gehörten ludiMner. dio den «'hlufenden
Tieren mit S|ieeren nHchstelltcn. Kin« Fidge davon war.
. dafs den im llerbsl nach Süden wandernden Koblieii gri>fser
Schaden zugelügt wimle, und so verlxd 1987 di« Regierung
der Cnion diese Art der Jagd im Bebringsmeer, und ameri*
kanÜM-.he Kutter nahmen einzelne kanadi!w.he Schiffe, die
dagegen verstiefsen, fort. Fis entstanden deshalb dijdoma-
Usc-h« Auseinanderaetzungeii, die dahin ftihrten, dafs die An-
gelegenheiten 19H9 einem Pariser Schiedsgericht vorgelegt
wunltt. Pie«(Hi traf Mafsnahmeu zum Schutz der Tiere, die
Erfahrung bat aber gelehrt, dafs sie nicht zum Ziele geführt
haben; denn sowohl auf den Brutplätzen wie im offenen
Meer nimmt die Räreuntbbe erschreckend ab, so dafs ener-
gischer« Sf-hritte unternommen werden mUfsten, um ihr Aus-
sterWn zu verhiudern.
— Pon Ursprung der Marsehländereieii im deut-
schen N'ordseegehiete nahm U. Oruncr als Objekt seiner
,KaiseiTeile* (I^andw. Ilochachule Berlin 1903). ln Urzeiten
verbreiteten sich daselbst Hchichteu der Tertiär- und Kreide-
formation, in ihrem Untergründe ~ wie durch Hebungen
auf der Insul Uelguland und an mehreren Punkten Hchles-
wig-IIolsiein-s na di« Ob«.-rtläche gebracht — solche des Bunt-
samPteins nnd oberen Zech«teias. Zu Beginn der Püuvial-
zeit wunlen die kalkigen und thmiigen Glieder der Kreide-
forination, w>wie der Bande. Glimmorthone und Brauakuhleii
führenden I«cUeu des Tertiär« durch das zuerst von Nonien
vurdriugf-nd« Inlandeis zerstört und in anderer Form wiislcr
abgelagert, wobei nordiw'he Geschiebe in allen Gn^rson -«ich
in südlicher und südwestlicher Richtung ausbreitutun. Pieser
ersb*ii Verei-iimg mit nachfolgender Interglazialzeit sind dio
stark mit tertiären (Juarzsanden ve.rmengten unteren t»nde
auf Sylt und die im I.ieg«'nden dersollien auftretenden Glim-
murtliune, wie unter anderem der auf dem IkHlen des Nord-
hafous zu Helgoland verbreitete Töck zuzustellen. Pie jener
Periode Rdgende zweit» Hauptvereisuug brachte den gelb-
lichen und rötlichen Goschiebelehm der roten Kliffs auf Sylt
und Amrum zum Absatz, der, wi« di« hierher gehörigen,
bisweilen hart an die Norxiseeküste heranlrcU-iidcu , sowie
auch di« auf der kleinen bollandiscben insei Texel vorhan-
denen Pituvialgebilde scbliefseu lawieii, auch weiter westwärts
auf dem Boden der jetzigen Nordsee Verbreitung gehabt
haben mufste. Danach erneutes Zurückweichen der Glet-
schermassen : zweite Interglazialzeit; alsdann alinmbliches
Vordringen der Eisfelder von thited her, jedoch nur bis
Bchlesaig- Holstein, woselbst die in N««rtUüdrichtung da« I^nd
laug durchziohendv Endmoräne zur Ablagerung kam. Nach
dem letzten Rückzug des Eises mögen dann di« von Osten
herandrängendeu bchmelzwäsacr das Piluvialgehiei ilvrKordsee
durchströmt und /um Teil zersbirt haben. Nach Abnahme
des Wasserzutiusses «Irang von Noixien her K«ewaa«er in die
venchiHienen Niederungen, den IbHle» mit Seesand und
rouachelii bedeckend. Durch 8üfswa.-<ser verdrängt, bildeten
sich bei tief«*rer I«age Sümpfe, Mi>räste, Torf, an ihren höhe-
ren Randgebieten Walildächen. Nach abermaliger Senkung
und zum Teil s|täter wieder teilweiscr Hüfswasserbedcckung
orfoigtvu Ablagt-rungen der von den Strömuu berlieigefübrten
Schlickniassen in den gesamten, von den Gestaden Hollands
bis nach Jütland ununterbrochen sieb hin/iehenden, mit
Ihluvialgebilden, Piinenzügeii nud Morästen erfüllten Niede-
I rungeu. Mit wenigen Ausnahmen wurden dann alle diest-
I Bodenmassen nach Zerstörung der KruideHchicblen zwischen
I Itover und Calais von den herandrängenden Meereswogen
und durch Biunnilute» zu den vorscUicHlensteii Z«dcen unter-
waschen, zerstöid, aufgearltcitet, umgelagert und zum grofsen
Teil« von der 8«« fi>rtg«führt,
— Pie Berliner Gesellschaft für Erdkunde hat,
wie wir aus den Tagesblätteru eraehon, am 4. Mai ihr 75jäh-
riges Bestehen durch eine gröfsere FesUiehkeit gefeiert und
aus diesem Anlafs di« Auszeichnungen für 19iil und 19U*j,
die sie zu vergeben hat. verlieben. Hierzu erhalten wir fol-
gend« Zuschrift, der wir Kaum geben zu müssen glauben:
,.\n der Liste der Ausgezeichneten eine Kritik zu üben, ver-
bietet sieh; wohl aller wird mau uns gestatten, dem schmerz-
lichen Bedaueni unserer kolonialen Kreis« Ausilrtick zu gehen,
dafs wiederum für keinen d«utm*h«ii Kolontalfoi'schcr etwas
abgofalloti ist. Kühl bis ans Ht-rx hinan scheint dl« Berliner
Gesellschaft fürKnikundc den .Miiunem gegenüber zu stehen,
die heut« die deutsche Afrikaforschung repräsentieren, ganz
ungleich z. Ik ihrar älteren Pariser Rcbwestergesellsrhaft. di«
nie ihre ^Afrikaner'* reichlich zu bnieuken vergifst. Wir
ballen eine ganz bestimmte, um die Kenntnis lange dunkler
Teile eines unserer HchuLzgebiete hochverdient«, al«r leider
viel zu Iteacheiden veranlagte Persönlichkeit ini Auge, di«
iiubeilingt mit uiuer Auszeichnung hätte Ifedacht werden