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Full text of "Deutsche militairärztliche Zeitschrift"

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Dentsche 


Miiitärärztliche  Zeitschrift. 


Herausgegeben 


von 


Dr.  B.  l^euthold,  und  Dr.  O.  Itenhartz, 

Generalarzt,  Stabsarzt. 


17.  Jahrgang. 


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i 


Berlin  1888. 

Ernst  Siegfried  Mittler  und  Sohn 

Königliche  Hofbuchhandlung 
Kochstruse  68—70. 


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CATALOGUEO 

MAY  7 1908 

E.  H.  B. 


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Inhalt  des  siebzehnten  Jahrgangs  (1888).*) 


I.  Ori^nal-Abhandlangen  nnd  Berichte. 

8eiU 


Vntenachungen  über  die  Brauchbarkeit  porüa-wasserdiebt  gemachter  Kleider- 
stoffe für  die  Militärbckleiduug.  Von  Stabsarzt  Dr.  A.  Hill  er  , . . . 1 

Zwei  Fälle  von  Gclcnkmans  des  Kniegelenkes.  Mitgetheilt  von  Stabsarzt 

Dr.  Pfahl 29 

Nachtrag  zn  den  Beiträgen  zur  T^phus-Aetiologie  ans  Bayern.  Jahrgang  1887, 

S.  278 — 283.  Von  Stabsarzt  Dr.  Rahts 33 

Die  Entzündung  der  peripheren  Nerven  (Polyneuritis  — Neuritis  multiplex), 

deren  Pathologie  und  Behandlung.  Mit  einer  Tafel.  Von  E.  Leyden  49.  100 

Selbstverstümmelung  durch  Durchbohrung  des  Trommelfells.  Von  Dr.  Justyn 

Karlinski,  k.  k.  Oberarzt 66 

Kaiser  Wilhelm  f 97 

Zum  Gedächtniss  des  Generalarztes  Dr,  HugoBerthold 97 

Ein  Fall  von  Epilepsie,  komplizirt  durch  Tetanie.  Von  Assistenzarzt 

Dr.  Herhold 127 

Mittheilungen  aus  dem  Garnison-Lazareth  zu  Hannover.  Von  Oberstabsarzt 

Dr.  Schaper 145 

1.  Statistik  und  Aetiologie  des  akuten  Gelenkrheumatismus. 

2.  Ueber  Antifebrin 160 

Die  neue  Infektionskrankheit  Weil's  in  der  Armee.  Von  Stabsarzt 

Dr.  H ü e b e r 165 

Eine  Epidemie  von  fieberhafter  Gelbsucht.  Von  Oberstabsarzt  Dr.  Kirchner  193 
Ein  Fall  von  fieberhaftem  Ikterus.  Beitrag  zur  Kenntniss  der  neuen  Infektions- 
krankheit Weil's.  Von  Oberstabsarzt  Dr.  Schaper 202 

Sarkomatüse  Neubildung  in  den  Fisteln  einer  15  Jahre  lang  bestehenden 

Schusswunde  mit  Retention  der  Kugel.  Von  Dr.  Krevet 241 

Zur  Kasuistik  des  epileptischen  Schlafes.  Von  Stabsarzt  Dr.  Uibeleisen  . 248 
Schwere  Contusio  bulbi  mit  günstigem  Ausgang.  Von  Stabsarzt  Dr.  Kirchner  262 

Kaiser  Friedrich  f 289 

Einige  Bemerkungen  über  das  Auftreten  der  Endocarditis.  Von  Oscar 

Fraentzel 291 


*)  Ausführliche  Sach-  und  Personal-Register  am  Schlüsse  des  VI.  und  XII.  Jahr- 
gangs.— Der  Roth'sche  Jahresbericht  hat  eigenes  Register. 


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IV 


Seit« 

Das  erste  Obdach  des  Eriegsverwundeten.  Vortrag,  gehalten  in  der 

miUtärSrztlichen  GcselUchalt  zu  Berlin  am  21.  November  1887  von 

Dr.  H.  F.  Nicolai.  Mit  drei  Tafeln 302 

lieber  den  antiseptischen  Werth  des  Creolins  und  Bemerkungen  über  die  Gift- 
wirkung antiseptischcr  Mittel.  \'on  Stabsarzt  Dr.  Behring 337 

Ueber  die  blutige  Naht  bei  granulirenden  Wunden.  Von  Stabsarzt 

Dr.  Wutzdorff 349 

Kasuistische  Mittheilungen.  Von  Oberstabsarzt  Dr.  Meisner 352 

1.  Der  sogenannte  entzündliche  Plattfuss  (Tarsalgie  des  adoleseents). 

2.  Zerrung  der  Biceps-Sehue. 

Die  militärärztlichen  Fortbildungskurse  für  das  XII.  (Königlich  Sächsische) 
Armeekorps  im  Winterhalbjahr  1887/88.  Von  Generalarzt  1.  Kl. 

Dr.  W.  Roth 357 

Aus  dem  Garnisoulazareth  Altona.  Typhus  abdominalis  mit  Ikterus.  Von 

Oberstabsarzt  Dr.  Pfuhl 385 

Zur  militärärztlichen  Kasuistik  . . . . ' 433 

1.  Fall  von  Beckenfraktur. 

2.  Fall  von  doppeltseitigem  Muskcibruch  der  Adduktoren  der  Ober- 
schenkel. 

3.  Zwei  Fälle  von  Verrenkungen  der  Zehen. 

Von  Stabsarzt  Dr.  Styx  (Höxter). 

Zur  Behandlung  der  Querbrücbe  der  Kniescheibe.  Von  Stabsarzt  Dr.  Poch- 

hammer 442 

Fall  von  Epilepsie,  Erslickungsanfall,  Tracheotomia  superior.  Mitgethcilt  von 

Stabsarzt  Dr.  Glasmacher 447 

Krampfadern  als  Gründe  der  Unbrauchbarkeit  bei  Militärpflichtigen  und 
Soldaten.  Beurtheilung  hinsichtlich  der  Dienstbeschädigung.  Von  Stabs- 
arzt Dr.  Nenmann 4C5.  520 

Zur  Kasuistik  der  Bicepssebnen-Zeming.  Von  Stabsarzt  Dr.  Sommerbrodt  495 
Der  Herbstkursus  in  Berlin  1888.  Ein  Erinneningsblatt  von  einem  Theil- 

nehmer 497 

Zum  12.  Dezember.  Dienstjubiläum  Sr.  Excellenz  v.  Lauer 513 

Einige  Bemerkungen  zur  Heilbarkeit  der  Hcinien  v.  Stabsarzt  Di.  Villaret  . 532 

Ueber  Schirmbetten  und  Freiluftlazarcthe  von  Oberstabsarzt  Fort  ....  539 

n.  Referate  und  Kritiken. 

Goldschei der,  Alfred:  Eine  neue  Methode  der  Temperatursinnprüfung  . 35 

•Tahresbcricht  über  die  Fortschritte  in  der  Lehre  von  den  pathogenen  Mikro- 
organismen, umfassend  Bakterien,  Pilze  und  Protozoen.  Von  Dr.  Baum- 
garten   36 

, Ueber  Mikroorganismen  im  Konjunktivalsack.“  Von  A.  Eugen  Fick  . . 36 

.Die  Laryngitis  haemorrhagica.*  Von  Dr.  P.  Strübing 38 

Untersuchungen  und  Vorschriften  über  die  Desinfektion  der  Hände  des  Arztes. 

Von  Professor  P.  Fürbringer 39 


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V 


8«it« 

Zar  Ealtwawerbehandlung  des  Typhus.  1.  J.  A.  Gläser,  Bericht  über  die 
TempeniturTerhältnisse  in  200  tödtlich  verlaufenen  Typhusfällen,  nebst 
einigen  ketzerischen  Bemerkungen  über  Antipyrese.  2.  Port,  lieber  die 

Abnahme  der  Typhussterblicbkeil 73 

Hygienische  Instruktion  für  die  nach  Afrika  bestimmten  italienischen  Truppen, 
vom  Sanitätsgencralmajor  Machiavelli,  Vorsitzenden  des  obersten 
Militär-Gesundheits-Kathes.  Im  Anszuge  mitgetheilt  von  Oberstabsarzt 

Körting 77 

Kriegs-Etappen-Ordnung  vom  3.  September  1887  82 

Dietz,  Geistesstörungen  in  der  Armee  im  Frieden  und  Krieg 84 

Kompendium  der  allgemeinen  Chirurgie,  sowie  der  Operationslehre.  Von 

Dr,  ArnoKrOche 87 

Ueber  Beziehungen  der  Faulniss  zu  den  Infektionskrankheiten.  Von  Ferdinand 

Hüppe 88 

lieber  eyklisehe  Albuminurie.  Von  Dr.  G.  Klempercr  (Berlin) 89 

l'eher  den  tuberkulösen  Himabscess.  Von  Professor  A.  Fraenkel  ....  89 

Mittbeilungen  aus  der  chirnrgischen  Klinik  des  Herrn  Geh.  Kaths  Bardelebcn. 

Von  Stabsarzt  Dr.  A.  Koehler. 

A.  Die  Hemiotomien  des  Jahres  1883  90 

B.  Ueber  24  seit  dem  Jahre  1876  ausgeführte  Kropfexstirpationen  . 91 

Tabellen  zum  Gebrauch  bei  mikroskopischen  Arbeiten.  Zusammengestellt  von 

W.  Behrens 92 

Sypliilis  in  ihrer  Rückwirkung  auf  die  Berufs-Armee  im  Frieden  und  im  Kriege 
und  die  Möglichkeit  ihrer  thunlichsten  Eindämmung.  V'on  Dr.  A.  Zemanek, 

k.  k.  Regimentsarzt 92 

Anleitung  für  die  erste  Hülfe  bei  Erkrankungen  und  Verletzungen  an  Bord 
in  Ermangelung  ärztlichen  Beistandes.  Von  Dr.  Alexius  Uhlik, 

k.  k.  Linienschiflsarzt 93 

Sanitätsbericht  über  die  deutschen  Heere  im  Kriege  gegen  Frankreich  1870/71. 
Dritten  Bandes  specieller  Theil  I,  III  A:  Verwundungen  des  Kopfes  und  des 

Rumpfes 131.  180.  228 

Fünfter  Band  III  C:  Kasuistik  der  grösseren  Operationen 231 

Krankenträger-Ordnung 134 

Bericht  über  die  Thätigkeit  der  zur  Erforschung  der  Cholera  im  Jahre  1883 
nach  Egypten  und  Indien  entsandten  Kommission,  unter  Mitwirkung  von 
Dr.  R,  Koch,  Geh.  Med.- Rath,  bearbeitet  von  Dr.  G.  Gaffky,  Kaiserl. 

Regierungsrath 137 

Prof.  Dr.  Ritter  von  Mosetig  - Moorhof.  Vorlesungen  über  Kriegs- 
chirurgie   140 

Ueber  die  Wirksamkeit  des  Jodoforms  auf  Infektionsmikroorganismen.  Von 

Au g.  Kunz 185 

Dr.  Maximilian  Schaechter,  Operateur  der  I.  chiriirg.  Universitätsklinik 

zu  Budapest.  Anleitung  zur  Wundbehandlung 186 

Die  praktische  Bedeutung  der  sekundären  WundnahL  Von  Prof.  Dr.  Helferich  188 

Mittheilungen  aus  dem  Kölner  Bürger-Hospital.  Von  Oberarzt  Professor 

Dr.  Bardenheuer 189 


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VI 


SoiU 

Bsroffio.  Diagnosi  medico-Iegale  militare  della  amauroii  e dell'  amblyopia 

monocalaro 192 

Vom  17.  Kongreaa  der  Deutachen  GeaelUchaft  für  Chirurgie.  Berlin,  4.  bin 

7.  April  1888  207 

Der  7.  Kongresa  für  innere  Medizin  in  Wieabaden 222 

Dr.  A.  Koehler,  Stabsarzt.  Bericht  über  die  ohimrgiache  Klinik  dea  Geh.* 

Ratha  Bardeleben  pro  1885  233 

Beiträge  zur  Beurtbeilung  dea  Nntzena  der  Schutzpockenimpfang  nebst  Mit- 
theilungen  über  Maaasregeln  zur  Beschaffung  untadeliger  Thieriympho. 
Bearbeitet  im  Kaiserlichen  Gesundheitaamte.  Mit  sechs  Tafeln  ....  236 
Handbuch  der  Kriegshcilkunde.  Bearbeitet  von  Oberstlieutenant  Dr.  U.  Bircher  269 

Flashar,  Die  Verwaltung  des  Gamison-Lazareths 274 

Stadstiscber  Sanitätsbericht  über  die  Kaiserlich  Deutsche  Marine  für  den  Zeit- 
raum vom  1.  April  1885  bis  31.  März  1887  276 

Vorlesungen  über  Akiurgte  von  Dr.  B.  tr.  Langenbeck.  Heraasgegeben  von 

Prof.  Gluck 283 

Lehrbuch  der  Physiologie  für  akademiache  Vorlesungen  und  zum  Selbststudium. 
Begründet  von  Rud.  Wagner,  neu  herausgegeben  ron  Dr.  A.  Gruen- 

hagen,  siebente  Auflage 283 

A.  Zemanek,  Zusammenstellung  und  Kritik  der  wichtigsten  Publikationen 
in  der  Impffrage  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  militärischen  Ver- 
hältnisse   284 

H.  FrSlich,  Geschichte  des  KSniglich  Sächsischen  Sanitätskorps 284 

Bakteriologische  Diagnostik.  Von  James  Eiaenberg 285 

Dr.  F.  Eckliind,  Hygiene  der  Turnsäle 285 

Dr.  F.  Eckland,  Considirations  pratiques  sur  l'hygiene  de  ja  peau  . . . . 286 

Topographisclie  Anatomie  des  menschlichen  Orbilalinhalts  in  Tafeln  von 

Dr.  mcd.  Otto  Lange 287 

Oberstabsarzt  Dr.  Koehler,  Ein  seltener  Fall  von  Spondylitis  deformans  . 287 
Stabsarzt  Dr.  E.  Angerstein  und  Oberlehrer  G.  Eckier,  Haus4xymnaslik 

für  Gesunde  und  Kranke 288 

Handbuch  der  Ohrenheilkunde  fürAerzte  und  Studirende.  Von  Dr.  Wilhelm 

Kirchner 319 

Eiektrodiagnostik  und  Elektrotherapie  einschliesslich  der  physikalischen  Pro- 
pädeutik für  praktische  Aerzte.  Von  Regimentsarzt  Dr.  Rudolf 

Lewandowski 319 

Krieg  im  Winter,  Sonnenstich 320 

Anleitung  zu  wissenschaftlichen  Beobachtungen  auf  Reisen,  in  Einzelabhand- 

lungcn.  Von  Dr.  G.  Neumayer 322 

Jahrbuch  für  praktische  Aerzte.  Von  Dr.  Paul  Guttmann 323 

E.  Leyden,  lieber  Herzaffektionen  bei  der  tabes  dorsalis 323 

E.  Leyden,  Beitrag  zur  I.ehre  von  der  Lokalisation  im  Gehirn 324 

H.  Nothnagel  und  B.  Naunyn,  lieber  die  Lokalisation  der  Gehimkrank- 

heiten 324 

Dr.  Hermann  Oppenheim,  lieber  das  Wesen  und  den  nosologischen 
Charakter  der  sich  nach  Eisenbahnunfällen  entwickelnden  Erkrankungen 
des  Nervensystems 327 


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VII 


S«ite 

Dr.  Hermann  Oppenheim,  Ueber  OlWendegeneration  bei  Atheromatose 

der  basalen  Himarterien 327 

Prof.  Dr.  L.  Brieger,  Zur  Kenntniss  der  Stoffwechselprodakte  des  Cholera- 

bazillns 328 

Dr.  Emil  Rotter,  Die  persönliche  Feldansriistung  des  deatscben  Offiziers, 

Sanitätsoffiziers  und  MUitärbeamten 328 

R.  T.  Krafft-Ebing,  Lehrbuch  der  Psychiatrie 367 

Dr.  George  Meyer,  Ans  der  städtischen  Franen-Siechenanstalt  zu  Berlin. 

Untersnchnngen  über  das  Kniephänomen 368 

Dr.  Herrmann  Oppenheim,  Zur  Pathologie  der  disseminirten  Sklerose  . 369 
Dr.  Herrmann  Oppenheim,  Die  oscillirende  Hemianopsia  bitemporalis  als 

Kriterium  der  basalen  Himsyphilis 369 

Die  Therapie  der  Phthisis.  Von  Dr.  P.  Dettweiler  und  Dr.  F.  Penzoldt  370 
Lebrbnch  der  pathologischen  Mykologie.  Von  Dr.  P.  Banmgarten  . . . 373 
Prof.  Dr.  Theodor  Kocher  in  Bern,  Eine  einfache  Methode  zur  Erzielung 

sicherer  Asepsis 375 

Dr.  W.  Kleinwächter,  Die  Amputationen  und  Exartikulationen  imAugnsta- 

Hospital  in  den  Jahren  1871 — 1885  377 

Dr.  Rudolf  Gerstacker,  Stabsarzt,  Ueber  den  Tod  durch  Gewehrschuss- 

wunden  in  gerichtsärztlicber  Beziehung 378 

Stabsarzt  t.  Hase  in  Hannorer,  Transport  Verwundeter  auf  Bauemwagen  . 378 
Dr.  Tibnrtius,  Leitfaden  für  den  Unterricht  in  der  Familien-Krankenpflege  379 
R.  Gerstacker,  Die  historische  Entwickelung  und  hygienische  Bedeutung 

der  Reraccination 379 

Ergebnisse  einer  Statistik  der  Pockentodesfälle  im  Deutschen  Reich  für  das 

Jahr  1886.  Von  Stabsarzt  Dr.  Rahts 379 

Traite  de  Chirurgie  de  guerre  par  E.  Deforme 451 

Die  Chirurgie  des  Pankreas,  gestützt  auf  Versuche  nnd  klinische  Beobachtnngen. 

Von  Nikolaus  Senn 454 

L.  Brieger,  Beitrag  zur  Kenntniss  der  Erkrankung  der  Himoberfläche  . . 457 
Jahresbericht  über  die  Fortschritte  in  der  Lehre  von  den  pathogenen  Mikro- 
organismen, umfassend  Bakterien,  Filze  und  Protozoen.  Von  Dr.  P.  B a n m - 

garten 457 

Die  neueren  Arzneimittel.  Von  Dr.  Bernhard  Fischer 468 

Hermann  Lenbartz,  Leipzig,  Experimentelle  Beiträge  zur  Kenntniss  der 

Vergiftung  durch  chlorsaure  Salze 459 

Ueber  die  toxischen  Wirkungen  des  Zinns  mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
durch  den  Gebrauch  verzinnter  Konservenbüchsen  der  Gesundheit  drohenden 
Gefahren.  Von  Dr.  Emil  Meyer  und  Dr.  Guido  Bodländer  . . . 460 
Klinische  Studien  aus  der  hydriatischen  Abtheilung  der  allgemeinen  Poliklinik 

in  Wien.  Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  Winternitz 461 

Zur  Iridotomia  extraocnlaris.  Von  Prof.  Dr.  Schoeler 463 

Der  Militärarzt  im  Felde.  Von  Dr.  W.  Derblich 503 

Lehrbuch  der  allgemeinen  Chirurgie,  nach  dem  heutigen  Standpunkte  der 

Wissenschaft.  Von  Prof.  H.  Fischer 504 

Zur  Schnhfrage.  Von  Prof.  Hermann  von  Meyer 506 


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VIII 


Seite 

Dr.  Vortter,  Zur  operativen  Behandlung  des  Priapismus 508 

Späte  Extraktion  von  Geschossen  aus  Gesichtsknochen 550 

Sir  William  Mac  Co  rmac,  Bauchschnitt  bei  intraperitonealen  Verletzungen  552 

O.  Vierordt,  Diagnostik  der  inneren  Krankheiten 555 

Behring,  Stabsarzt,  Antiseptischer  Werth  der  Silberlfisung 550 

M,  Bernhardt,  Klinischer  Beitrag  zur  Innervation  der  Blase,  des  Mastdarnis 

und  der  Gesohlechtsfunktion 557 

V.  Fleischl,  Praktische  Verwendbarkeit  des  Haemometers 558 


III.  Hittlieilangen. 

Ans  dem  Inhalte  der  Archives  de  medecine  et  de  pharmacie  militaires  . 41.  329 


Die  chirurgische  Behandlung  der  LymphdrSsenabscesse.  Von  Dr.  Stocqnart  46 

Erkrankungen  der  Uro-Gcnitalwege 47 

Ein  sanitärer  Vorschlag  für  die  Exerzirplätze,  . besonders  der  Kavallerie  ...  47 

Imprägniren  des  Fussbodens  mit  Thecr 47 

Die  F^Iastizität  von  Kautschukgeräthen  wieder  herzustellen 48 

Dr.  Paul  Börner's  Reichs-Medizinal-Kalender  für  Deutschland  auf  das 

Jahr  1888  48 

Keimfreie  Flüssigkeiten  zu  Einspritzungen 48 

Zu  dem  Artikel:  Neue  Erfahrungen  über  die  Ventilation  der  Krankenwaggons 

in  Heft  XII.  1887  48 


Berliner  militärärztliche  Gesellschaft.  Sitzungsberichte.  Geissler:  Stauungs- 
papille nach  Kopfrose,  Leyden:  Ceber  die  Entzündung  der  peripheren 
Nerven,  Sommerbrodt:  Demonstration  und  Geschichte  eines  Myeloidsarkoms 
der  Tibia,  Herrlich:  Fall  von  Tremor,  Nicolai:  Erfahrung  beim  Impf- 
geschäft, Reger:  Mittheilung  über  gelungene  photographische  Aufnahmen 
von  Gewehrgesebossen  im  Fluge,  Martins:  Lähmungen  und  Kon- 


trakturen   93.  141.  237 

Kameradschaftlicher  Verein  der  Sanitätsoffiziere  des  Reserve-Landwehr-Regi- 

ments  (I.  Berlin)  No.  35.  Petri,  transportable  Lazarethbaracke  . 95.  240 

Bernhard  von  Langcnbeck's  Portrait 96 

Der  17.  Kongress  der  Deutschen  Gesellschaft  für  Chirurgie  in  Berlin  . . . 144 

Verbandpäckchen  in  Japan  vor  ca.  1000  Jahren 240 

Die  61.  Versammlung  Naturforscher  und  Aerzte  in  Köln  . . . 288.  463.  509 

Die  durch  das  Geschoss  des  Lebelgc wehre  erzeugten  Verwundungen  ....  335 

Das  neue  Verbandpäckchen  der  österreichischen  Armee 336 

Das  42.  Semester  der  ehemaligen  Studirenden  der  militärärztlichen  Bildungs- 

Anstalten  336 

Sanitäts-Offizier-Gesellschaft  zu  Dresden.  Sitzungen  im  Jahre  1887  ....  381 
Staderini:  H subllmato  corrosivo  nella  cura  della  congiuntivite  granulosa  . 384 

Vortrag  über  Hitzschlag  etc.  Von  Stabsarzt  Dr.  A.  Ui  Iler 384 

Brandau  J.  V.,  Hyperhidrosis  pedum 558 

Kalender  für  1889  559 

T.  Lauer -Kommers 560 


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IX 


IV.  Allerhöchste  Kabinets- Ordres,  Ministerial-Verfflgnngen 
and  General -Rapporte. 

Amtliehps  Beiblatt. 

. Seite 

Personal- Veränderuogen  im  Sanitäts-Korps . 6.  14.  24.  33.  41.  56.  68. 

75.  82.  91.  101.  108 

Ordensverleihungen  10.  18.  26.  37.  46.  62.  80.  86.  96.  111 

Familiennachrichten  11.  19.  27.  37.  46.  63.  71.  80.  86.  98.  111 

General-Rapporte  11.  19.  27.  38.  64.  72.  86.  87.  98.  99.  112 

Ausbildung  freiwilliger  Krankenpfleger  in  Gamison-Lazarethen 1 

Beschaffung  des  Unterricbtsbuches  derselben  für  die  Unterrichtenden  ....  22 

Ersatz  von  Geräthen  des  Lozarcth-Hanshaltes  aus  Zinn 2 

Geräthe-Ausstattung  der  Offizier-  etc.  Krankenstuben 3 

Verrechnung  der  Kosten  für  das  Lüften  und  Ansklopfen  wollener  Decken  in 

den  Lazarethen 5 

Besetzung  von  Freistellen  in  Pforta 5.  55.  107 

Betriebsunfälle  bei  der  Seeschifffahrt 5 

Naebweisung  der  Höchstpreise  für  das  ärztliche  Sauitätsmaterial 13 

Lazarethgehülfen  - Unterricht,  Besehaff'nng  der  anatomi.«clien  Wandtafeln  von 

Dr.  Fiedler,  Vertheilung  Ksmarch'scber  Samaritertafeln 13 

Wittwen-  und  Waiscngeld-Beiträge  bei  Beförderungen  und  während  der  Probe- 

dieustleistung 14 

Gesetz  über  den  Erlass  derselben 31 

Temperatnrtafeln 21 

Henneberg'scbe  Desinfektoren,  verbesserte  Einrichtung  derselben  ....  21 

Gesetz,  betreflfend  Aenderungen  der  Wehrpflicht,  Ausfühmngsbestimmungen  22 — 23 

Krankenträger-Ordnung,  Versendung 23 

Sanitätsbericht  über  die  deutschen  Heere  im  Kriege  gegen  Frankreich  1870/71, 

Versendung  des  dritten  und  fünften  Bandes 23 

Duchseber'sche  Diffcrential-Hebelpressen  betreff'end 29 

Verbandmittel-Niederlage  in  der  Nähe  der  Gefahrorte  bei  Artillerie-Depots, 

Laboratorien  und  dergl 29 

Massage,  Unterweisung  der  Sanitäisoffiziere  in  derselben 30 

Pharmakopoe:  Vorschläge  zur  Bearbeitung  derselben 31 

Weinbedarf-Beschaffung  für  Gamison-Lazarethe 31 

Drillich-Stoffproben- Versendung 39 

Baugelder- Verrechnung 39 

Apothekengeräthe-Bescbaff'ung 40 

Geschäftsbetrieb  bei  den  Gamison-Lazarethen,  Beschränkung  des  Büreaudieustes  40 
Lazareth-Bibliotheken,  Beschaffung  der  Unteroffizier-Zeitung  für  dieselben  . . 41 

Karbolsäure-Lieferung  dureh  die  chemische  Fabrik  auf  Aktien  (Schering)  . . 41 

Lazarethaufnahme  inaktiver  Mannschaften 41 

Brillen-Beschaffung  für  Leute  mit  Astigmatismus 47 

Kontrolvermerk  des  Chefarztes  auf  den  Kraiikenjournaleu 47 


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X 


Seite 

Ziiriickbefördcnmg  der  Hinterbliebenen  im  Auslande  angcstellter  Beamten  etc.  48 

Verordnung  zu  dem  Gesetze  über  die  Kriegsleistungcn -48 

Krankenpflege  an  Bord 53 

Leibbinden-Vernusgabung  in  den  Tropen \ < 55 

Gefütterte  Krankenhosen C5 

Zeugnisse  für  denUche  Militärpflichtige  in  Japan 65 

Aidegen  hoher  Stiefel  seitens  der  Offiziere  der  Fusstruppen 66 

Aerztliehe  Ausrüstung  an  Bord 66 

Anstellung  verabschiedeter  Offiziere  als  Lazarethbeamtc 67 

Wegfall  der  KrankenlOhnung  für  Militär-Gefangene  des  Unteroffizierstandes  . 67 

Besehaffuiig  eines  Messinstrumentes  zur  Prüfung  von  Alkohol 73 

Döckcr'sche  Lazarcthbarackc ; Anlage  des  Klosetraumes, 73 

Kosten-Verrechnung  für  beschafite  Baracken 89 

Chromsäure  gegen  Fussschweiss 74 

Apothekengeräthe-  etc.  Beschallung 81 

Kriegs-Sanitäts-Ordnung;  Tekturen-Versand 81 

Sanitäts-Detachement,  Ausrüstungs-Nachweisung 8'2 

Krankenthermometer,  Aiehung  derselben 89 

Apotheker  des  Beurlaiibtenstandes,  Termin  für  Befördemngs-Vorsehläge  etc.  . 90 

Entia.s.sungsanzug  für  Militärkrankenwärter 90 

Bewerber-Verzeichnisse  der  Militäranwärter 91 

Dienstjnbiläiim  Sr.  Execllcnz  v.  Lauer  hetrefTend 103 

Gensdarmcn-Untersuchung  etc.  durch  Militärärzte 105 

Dienstanweisung  für  Marineärzte,  Aenderung 105 

Beleuchtung  der  Lazarethe  bei  Festlicbkeiten 106 

Meldung  beurlaubter  Offiziere  in  Berlin 106 

Konstabler-Anstellung  in  Hamburg 107 


'V 


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Deutsche 


MonatHcb  mcbeint  «io  Heft  roo  mind«Ht«ni  3 Drockbopes;  daza  «in  ^Aatlicbe«  B«ibUU**,  D«r 
Z«il*cbrift  wird  du  Werk:  nJabre«b«richt  bb«r  dt«  ForUrhritt«  aaf  dem  G«bi«t«  de«  MiUtkr- 
S4iiit&t*>We«i«as^,  benoK^ei^ebAn  Toro  Generalarzt  Dr.  Roth,  onentgeltlieh  beig^e^eben.  BeaiellaoK 
oehmen  alle  Postämter  ood  Bttthhandlaiigen  an.  Preis  des  Jahrgangs  15  Uaik. 


XVII.  Jahrgang. 


1888. 


Heft  1. 


rntersnchnn^en  lU»fr  die  Branobliarkeit  porös -wasserdicht 
^'emaehter  Kleiderstoffe  für  die  Militärbekleidnn?. 

Von 

Dr.  A.  Hiller, 

im  2.  Scbles»eb«D  6rrna<]i.r.K.-rnment  Ko.  II  luul  Priratilozeiit  .n  der  CnirorfitAt  Bresl.ii, 


Das  Bestreben  des  Menschen,  sich  vor  Durchnässuny!  zn  schützen, 
ist  nralt.  Die  nackten  Bewohner  der  heissen  Zone  flüchten  bei  Regen- 
güssen unter  das  schützende  Laubdach  der  Bäume  oder  verkriechen  sich 
in  ihrer  Hütte.  Der  bekleidete  Mensch  der  gemässigten  Zone  erfand  den 
Regenschirm,  eine  getreue  Nachbildung  des  um  Jahrtausende  älteren 
Sonnenschirms,  und  bis  auf  den  heutigen  Tag  ist  der  Regenschirm  der 
ständige  Begleiter  des  Kulturmenschen  zur  Regenzeit  geblieben.  Erst 
das  letzte  Jahrhundert  suchte  dieses  lästige  Geräth  entbehrlich  zu  machen, 
indem  man  die  Kleider  selbst  wasserdicht  herstellte  durch  Tränken  oder 
Ueberziehen  mit  gewissen  für  Wasser  undurchlässigen  Stoffen  (Gummi, 
Theer,  W'achs,  Harz,  Leinöl).  Die  Wirksamkeit  solcher  Regeiiröcke  und 
Regenmäntel  ist  in  der  That  eine  vollkommene  und  die  Kunst  ihrer  Her- 
stellung gegenwärtig  eine  weit  vorgeschrittene.  Allein  Wissenschaft  und 
Erfahrung  stehen  dieser  Neuerung  ablehnend  gegenüber.  Die  gleichzeitige 
Behinderung  der  Hautausdünstung  des  Körpers  macht  das  längere  Tragen 
eines  Gummirockes  für  das  Wohlbefinden  unerträglich  und  für  die  Gesund- 
heit nachtheilig. 

Diese  Nachtheile  scheint  ein  Verfahren  zu  umgehen,  welches  seit  etwa 
zwei  Dezennien  bekannt  geworden  ist  und  von  Jahr  zu  Jahr  mehr  Anhänger 

1 


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2 


findet.  Dies  Verfahren  besieht  darin,  das  Oewehe  der  Kleider  mit  ge- 
wissen, in  Lösung  befindlichen  Stoffen  zu  dnrchtränken  (imprägniren), 
welche  sich  beim  Trocknen  auf  der  Faser  des  Gewebes  niederschlagen 
und  dem  Gewebe  wasserfeindlicbe  Eigenschaften  verleihen,  ohne  seine 
Durchgängigkeit  für  Luft  zu  beeinträchtigen.  Das  Verfahren  würde,  wenn 
seine  Voraussetzungen  sich  bestätigen,  einen  ausserordentlichen  Fortschritt 
in  der  Bekleidungskunst  bedeuten;  ja,  es  würde  das  Prinzip  der  wasser- 
dichten Kleider  überhaupt  erst  lebensfähig  machen.  Zwar  liegen  bereits 
zahlreiche  günstige  Urtheile  über  die  Brauchbarkeit  solcher  „porös- 
wasserdichten“ Kleider,  namentlich  aus  Offizierkreisen,  vor,  doch  fehlt 
bis  jetzt  jeder  genauere  wissenschaftliche  Anhalt  für  die  Beurtheilung 
des  Werthes  dieses  Verfahrens.  Da  die  Gesundheitspflege  unseres  Heeres 
ein  sehr  lebhaftes  Interesse  daran  hat,  den  Soldaten  vor  Durchnässungen 
zu  schützen,  so  habe  ich  die  Brauchbarkeit  der  neuen  Methode  für  die 
Armeebekleidung  im  letzten  Sommer  einer  Untersuchung  unterzogen. 

Als  brauchbar  für  die  Militärbekleidung  betrachte  ich  den  Kleider- 
stoff, wenn  durch  die  Imprägnirung  mit  wasserabhaltenden  Stoffen  weder 
seine  Durchgängigkeit  für  Luft,  noch  seine  Farbe  und  seine  Festigkeit 
beeinträchtigt  werden,  und  andererseits  seine  Fähigkeit,  Wasser  (Regen) 
abzubalten,  für  das  Bedürfniss  unseres  Klimas  ausreichend  ist. 

1.  Die  Durchgängigkeit  wasserdicht  gemachter  Kleiderstoffe 

für  Luft. 

Die  Methode,  welcher  ich  mich  bediente,  ist  dieselbe,  welche 
von  Pettenkofer*)  früher  zu  gleichen  Untersuchungen  angewendet  bat. 
Es  wurden  kreisrunde  Stücke  der  zu  untersuchenden  Stoffe  vor  die 
Mündung  eines  weiten  Glasrohrs  luftdicht  aufgesetzt.  Mittels  eines 
Gasometers  wurde  sodann  unter  gleichmässigem  Druck  Luft  durch  das 
Glasrohr  getrieben.  Die  Menge  Luft,  welche  in  einer  bestimmten  Zeit 
durch  das  Rohr  hindurchging,  gab  den  Maassstab  ab  für  die  Durch- 
gängigkeit des  Stoffes  für  Luft. 

Als  Glasrohr  benutzte  ich  der  zweckraässigeren  Form  wegen  eine 
konische  Glasflasche  ohne  Boden;  letzterer  wurde  ersetzt  durch  die 
Stoffprobe.  Die  von  Luft  durchströmte  Fläche  derselben  betrug  36,4  qcm. 
Um  ein  Aufblähen  des  Stoffes  beim  Versuch,  wodurch  seine  Permeabilität 
wesentlich  verändert  wird,  zu  verhüten,  legte  ich  die  Stoffproben  zwischen 
zwei  ebenso  grosse  Platten  aus  feinmaschigem  Drahtsieb  und  band  sie  dann 

*)  M.  von  Pettenkofer:  Ueber  die  Piinktiuii  der  Kleider.  — Zeitschrift  für 
Biologie,  Band  I,  S.  UH).  1SÜ5. 


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3 


mittels  einer  Gummibinde  aoi  den  durch  einen  Kautschnkring  geglätteten 
Rand  des  Glases  fest.  Durch  Eontrolversnche  wurde  vorher  ermittelt, 
dass  diese  Art  des  Verschlusses  am  Rande  absolut  luftdicht  war.  — 
Der  kleine  Gasometer,  welchen  ich  mir  für  diese  Versuche  anfertigen 
liess,  fasste  ungefähr  50  Liter  Luft.  Er  trieb  die  Luft  mit  gleich- 
mässiger  Geschwindigkeit  unter  geringem  Drucke  (=  2,8  cm  Wasser- 
säule) zunächst  durch  eine  Gasuhr,*)  an  welcher  die  innerhalb  einer 
bestimmten  Zeit  hindurchgegangenen  Luftmengen  direkt  abgelesen  werden 
konnten.  Von  der  Gasuhr  ging  die  Luft  durch  einen  Schlauch  in  das 
konisch  erweiterte  Glasrohr  und  von  hier  mit  verminderter  Geschwindig- 
keit durch  das  Tuch  hindurch. 

Zur  Prüfung  benutzte  ich  theils  Tnchproben,  welche  ich  von  der  be- 
kannten „Fabrik  porös-wasserdichter  Stoffe“  von  F.  Falkenburg  in 
Magdeburg  bezogen  hatte,  theils  Stoffproben  aus  dem  hiesigen  Königlichen 
Montirungs-Depot,  welche  ich  selbst  wasserdicht  gemacht  habe.  Stets 
wurden  imprägnirle  und  nicht  imprägnirte  Proben  miteinander  in  Vergleich 
gezogen.  Im  Durchschnitt  wurde  für  jede  Bestimmung  das  Mittel  aus 
3 bis  6 gut  übereinstimmenden  Versuchen  genommen.  Versuche  mit 
auffällig  abweichenden  Resultaten  blieben  unberücksichtigt.  Für  die 
Zusammenstellung  wurden  die  Resultate  auf  einheitliches  Maass  (1  qm) 
und  gleiche  Zeitdauer  (1  Sekunde)  umgerechnet. 

Es  gingen  durch  1 qm  Stoff  in  1 Sekunde  hindurch  ....  Liter  Luft 
a.  Stoffe  aus  der  Fabrik  von  F.  Falkenbnrg. 


Bezeichnung  des  Stoffes 

Nicht 

imprägnirt 

Imprägnirt 

1 

Differenz 

Schwarzgranes  Manteltuch 
(Liefertuch) 

54,77 

52,98 

— 1,79 

Sommertuch 
zu  Offizier-Paletots 

63,45 

56,22 

-7,23 

Ganztnch 

desgleichen 

60,49 

57,16 

— 3,33 

Doeskin 

desgleichen 

48,41 

44,33 

- 4,08 

*)  Diese  Gasahr  wnrde  mir  von  der  Gasmesserfabrik  von  Jul.  Pintseh  in 
Breslau  für  diese  Versuclie  bereitwilligst  zur  Verfügung  gestellt  und  von  dem 

1* 


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4 


b.  Stoffe  aus  dem  Moctirungsdepot. 
(Von  mir  imprägnirt.) 


Bezeichnung  des  Stoffes 

Nicht 

imprägnirt 

1 Imprägnirt 

i 

j Differenz 

Graues  Manteltuch 
. für  Mannschaften 

54,:w 

52,72 

1 

1 — 1,58 

1 

Blaues  Waffenrocktuch 
desgleichen 

58,62  , 

1 

55,09 

i - 3,53 

Hosentuch 

desgleichen 

1 

52,18 

47,67 

— 4,51 

Graues  Manteltuch 
aus  der  Regiments-Handwerkstätte 

64,59 

56,95 

— 7,64 

Die  imprägnirten  Stofle  zeigen  demnach  durchweg  eine  Abnahme 
der  Durchgängigkeit  für  Luft;  doch  ist  dieselbe  verbältnissmässig  sehr 
gering.  Sie  schwankt  zwischen  3 pCt.  und  11  pCt.  der  in  der  Zeiteinheit 
hindurch  gehenden  Luft.  Es  lässt  sich  hieraus  der  Schluss  ziehen,  dass 
die  Imprägnirung  des  Mantel-,  Waffenrock-,  Hosen-  und 
Offizier-Paletottuches  mit  wasserabhaltenden  Stoffen  kein 
wesentliches  Hindorniss  für  die  Hautausdünstung  des  Körpers 
abgiebt. 

Verglichen  untereinander,  zeigen  die  Resultate  einige  Verschiedenheiten. 
Die  grösste  Abnahme  der  Durchgängigkeit  wurde  gefunden  bei  den 
ursprünglich  durchgängigsten  TuchstoiTen  (Soramertuch  und  Manteltuch 
aus  der  Regiments-Handwerkstätte),  die  geringste  beim  Manteltuch  für 
Mannschaften  sowohl  aus  Magdeburg,  als  auch  aus  dem  Montirungsdepot, 
während  die  übrigen,  durchweg  kräftigen  Tuchstoffe  sich  nahezu  gleich 
verhalten.  Zur  Erklärung  dieser  Verschiedenheiten  ist  in  Betracht  zu 
ziehen,  dass  die  Stoffe  nach  erfolgter  Imprägnation  gewöhnlich  mit  einem 
Bügeleisen  geglättet  oder  gerollt  werden,  um  dem  Tuch  wieder  Glanz 


Gesihäftsführer  derselben,  Herrn  Breuer  in  meiner  Gegenwart  vorher  auf  ihre 
richtige  Gangart  nach  dem  für  die  Aiehuiig  vorgesehrieheiien  Verfahren  geprüft. 
l)ie  grösste  gefundene  Dift'erenz  im  Gange  Itetrug  1 Liter  pro  100  Liter  Luft  oder 
1 p('t.,  war  also  im  Verliältiiiss  zu  den  gebräiiehlicheu  (Jastiiessern  sehr  gering. 


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5 


(Appretur)  zu  verleiben.  Dadurch  wird  gleichzeitig  auch  die  Dichtigkeit 
des  Tucbgewebes  verändert  und  zwar  bei  den  lockeren  Geweben  in 
stärkerem  Masse  als  bei  den  dichten. 

Sehr  auffällig  ist  der  Unterschied  in  der  Durchlässigkeit  zwischen  dem 
(nicht  imprägnirten)  Manteltuch  für  Mannschaften  ans  dem  Montirnngs- 
depot  und  demjenigen  aus  der  Regiments-llandwerkstätte.  Auch  änsserlich 
war  dieser  Unterschied  leicht  wahrnehmbar;  hielt  man  das  Tuch  zwischen 
den  Händen  ansgespannt  vor  beide  Augen  und  sah  nun  nach  dem  Fenster 
bin,  so  erschien  das  letztere  Manteltuch  wie  mit  zahlreichen  feinen 
Nadelstichen  besetzt  und  deutlich  durchscheinend,  während  das  erstere 
vollkommen  undurchsichtig  war.  Offenbar  bestehen  also  wesentliche 
Unterschiede  in  der  Dichtigkeit  der  verschiedenen  Liefertuebe,  selbst 
einer  und  derselben  Gattung,  welche  auf  die  Brauchbarkeit  derselben 
nicht  ohne  Einfluss  sind. 

Diese  Wahrnehmung  veranlasste  mich,  in  einer  besonderen 
Versuchsreihe 

2.  die  Durchgängigkeit  sämmtlicber  prenssischen  Militär- 
Bekleidungsstoffe  für  Luft  ‘ 

einer  genaueren  Prüfung  zu  uoterzieben.  Diese  Untersuchung  erschien 
um  so  wünsebenswerther,  als  eine  derartige  Prüfung  bisher  meines 
Wissens  nicht  ausgefübrt  worden  ist.  Die  Methode  war  die  oben  an- 
gegebene. Sämmtlicbe  Stoffe  wurden  mir  in  den  erforderlichen  kleinen 
Abschnitten  vom  hiesigen  Montirungsdeput  zur  Verfügung  gestellt.  Die 
Tuebstoffe  der  Firma  F.  Falkeuburg  wurden  hiermit  in  Vergleich  ge- 
zogen. — Um  gleichzeitig  den  Einfluss  der  Durchnässung  (Kegen)  auf 
die  Durchgängigkeit  für  Luft  festzustellen,  wurden  die  Stoffproben  zum 
grösseren  Tbeil  im  trocknen  und  im  nassen  /.ustande  geprüft.  Die 
Durchnässung  wurde  in  der  Weise  ausgefübrt,  dass  die  Stoffproben 
</i  — 1 Stunde  lang  auf  Wasser  gelegt  wurden,  bis  sie  untersanken.  Kurz 
vor  dem  Versuch  wurden  sie  mittels  einer  Pinzette  herausgehobeu  und 
so  lange  senkrecht  schwebend  erhalten,  bis  kein  Wasser  mehr  abtropfle. 
Bei  einigen  Tuchproben  gelang  die  Durchtränkung  nicht  vollständig, 
wahrscheinlich  wegen  zu  starker  Appretur;  die  Resultate  mit  diesen 
Proben  blieben  daher  unberücksichtigt. 


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Es  gingen  durch  1 qm  Stoffe  in  1 Sekunde  hindurch  (Liter  Luft): 


No. 

Bezeichnung  des  Stoffes 

Trocken 

Nass 

Differenz 

1 

Sommertnch  zu 
Offizier-Paletots 

63,5 

miss- 

laogeo 

— 

j:  tc 
o u 

2 

Oanztuch, 

desgleichen 

60,5 

do. 

— 

M U 

a 

3 

Doeskin, 

desgleichen 

48,4 

2,9 

— 45,5 

4 

Schwarzgraues  Manteltuch 
(Liefertuch) 

54,8 

14,9 

— 40,1 

9 

«8 

5 

Manteltuch  für  Mannschaften 

.54,3 

4,6 

— 49,7 

0) 

u 

CQ 

6 

Waffenrocktuch 

58,6 

5,3 

— 53,3 

9 

N 

7 

Hosentuch 

52,2 

9,2 

— 43,0 

0 
CU 
o; 

Q 

1 

8 

Baumwollen-Röper  für 
Unterhosen  (festes  Gewehe) 

53,8 

4,8 

— 49,0 

bC 

9 

9 

9 

Baumwollen-Kalikot  für 
Unterhosen  (leichtes  Gewebe) 

63,1 

6,0 

— 57,4 

C 

C 

s 

g 

10 

Segelleinewand,  jetzt  zu 
Hosen,  früher  Fntterleinewand 

57,0 

20,7 

— 37,3 

0> 

'O 

11 

Hemden-Kalikot 

29,3 

7,3 

- 22,0 

9 

12 

Drillich  für  Mannschaften 

34,3 

13,7 

-20,6 

13 

Drillich  für  Offiziere 

55,9 

— 

— 

€ 

«s 

o 

14 

Flanell. 

69,7 

— 

— 

0> 

15 

Barchend,  zu  Fusslappen 

68,5 

— 

w 

*S 

Im 

16 

Wollen-Trikot  zu  Unterjacken 

73,7 

— 

— 

c 

< 

17 

Wollener  Strumpf,  neu 

67,2 

— 

— 

18 

Wollener  Strumpf,  ult 

77,2 

— 

— 

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1 


7 


Setzt  man,  nm  die  Resultate  besser  vergleichen  zu  können,  die 
Durchgängigkeit  des  Flanells  — 100,  so  erhält  man  für  die  übrigen 
Stoffe  im  trockenen  Zustande  folgende  Verhähnisszahlen: 


Wollener  Strumpf  (alt)  ....  111, 


Wollen-Trikot 105, 

Flanell 100, 

Barchend  98, 


Wollener  Strumpf,  neu  ....  96, 
Sommertuch  zu  Offizier-Paletots  91, 
Kalikot  zu  Unterhosen  ....  91, 
Ganztucb  zu  Offizier- Paletots  87, 
Waffenrocktuch  für  Mann- 


schaften   84, 

Segelleinewand 82, 


Offizier-Drillich 80, 

Manteltuch  für  Mannschaften 

(Magdeburg) 79, 

Manteltuch,  desgl.  (Breslau)  . 78, 

Baumwollen- Köper  zu  Unter- 
hosen   77, 

Hosentuch  für  Mannschaften  . 7.5, 
Doeskin,  zu  Offizier-Paletots  62, 
Drillich  für  Mannschaften  . . 49, 
Hemden-Kalikot 42. 


Man  sieht  hieraus,  dass  die  wollenen  Kleiderstoffe  der  Ausdünstung 
des  Körpers  ein  weit  geringeres  Hinderniss  entgegensetzen,  als  die  baum- 
wollenen und  leinenen.  Die  Unterschiede  zwischen  den  Stoffen  derselben 
Kategorie,  z.  B.  den  Tuchen  und  den  baumwollenen  Stoffen,  sind  offenbar 
im  Wesentlichen  durch  die  verschiedene  Dichtigkeit  des  Gewebes 
bedingt.  Sehr  auffallend  in  dieser  Beziehung  ist  die  geringe  Durch- 
lässigkeit des  Soldatenhemdes  (42)  gegenüber  einem  Flanellhemde  (100), 
ferner  der  Unterschied  zwischen  einem  wollenen  Strumpf  (96  — 111), 
einem  Fusslappen  aus  Barchend  (98)  und  einem  solchen  aus  Hemden- 
leinewand (42),  endlich  der  Unterschied  in  der  Durchlässigkeit  zwischen 
einer  wollenen  Trikot-Unterhose  (105)  und  einer  Köper-Unterhose  (77).  Bei 
den  Tuchgeweben,  welche  zur  Herstellung  der  Oberkleidung  (Rock, 
Hose,  Mantel)  dienen,  sind  die  Unterschiede  nicht  so  bedeutend;  bei  den 
Mannscbaftstnchen  liegen  sie  innerhalb  der  Grenzen  von  84  (Waffenrock) 
und  7.5  (Hose),  bei  den  Offizier-Paletot  Stoffen  schwanken  sie  zwischen 
Sommertucb  (91)  und  Doeskin  (62).  Ein  Sommer-Paletot  aus  genanntem 
Stoff  würde  also  in  der  That  ein  ziemlich  luftiges  Kleidungsstück  sein, 
wenn  er  nicht  noch  gefüttert  wäre ; durch  die  Fütterung  mit  einem  festen 
baumwollenen  oder  andersartigen  Gewebe  (77  resp.  82)  verliert  seine 
Durchlässigkeit  für  Luft  und  Wasserdampf  (Schweiss)  sehr  beträchtlich, 
ja  wird  minimal.  Dieser  Einfluss  der  verschiedenen  Dichtigkeit  macht 
sich  nicht  bloss  auf  den  Gaswechsel  der  Körperoberfläche  (Haut- 
ansdünstung,  Hantathmung),  sondern  auch  auf  die  Wärmeabgabe  der 


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8 


Haat  in  empfindlicher  Weise  geltend.  Ich  habe  schon  früher'^)  diesen 
Einflnss  in  einer  Reihe  von  Versuchen  genauer  nachgewiesen. 

Da  die  Durchgängigkeit  eines  Gewebes  für  Luft  (Porosität)  abhängig 
ist  von  der  Anaahl,  der  Weite  und  der  Länge  der  Poren  bezw.  von  der 
Länge  des  io  den  Poren  zurückzulegeoden  Weges,  so  kommt  für  die 
verschiedene  Permeabilität  der  Kleiderstoffe  nicht  bloss  die  Dichtigkeit 
des  Gewebes,  sondern  auch  die  Dicke  der  Gewebsschicht  in  Betracht. 
Dieselbe  lässt  sich  nur  schwer  direkt  an  den  Geweben  messen.  Ich 
habe  daher  einen  Maassstab  dafür  zu  gewinnen  gesucht  durch  Bestimmung 
des  Gewichts  der  einzelnen  Stoffe.  Gleichzeitig  hiermit  verband  ich 
eine  Untersuchung  ihrer  Aufnahmefähigkeit  für  Wasser  (Absorptions- 
fähigkeit) bezw.  ihrer  wasserhaltenden  Kraft,  indem  ich  diejenige 
Wassermenge  ermittelte,  welche  gleich  grosse  Stücke  der  Zeuge  von  be- 
stimmtem Gewicht  nach  vollständiger  Durchnässung  in  sich  zurück- 
znhalten  vermochten. 

Die  Grösse  der  Stücke  betrug  40,72  qcm;  es  waren  kreisrunde 
Stücke,  welche  mit  einem  scharfen  cylindrischen  Instrument  von  7,2  cm 
Durchmesser  herausgcscblagen  wurden.  Sie  wurden  nach  der  ersten 
Wägung  auf  Wasser  von  ■+-  12®  R.  gelegt,  bis  sie  untersanken,  alsdann 
mit  einer  Pinzette  herausgeboben,  so  lange  freischwebend  erhalten  bis 
kein  Wasser  mehr  abtropftc,  und  abermals  gewogen.  Die  Temperatur  des 
Zimmers  betrog  + 16°  R. 


Die  Resultate  sind  folgende: 


Bezugs- 
quelle 1 

No. 

Bezeichnung  des  Stoffes 

Gewicht 

Trocken 

g 

[Gewicht 

Nass 

g 

1 

Aufge- 
nommenes 
W asser 
g 

1 

Manteltuch  für  Mannschaften 
(Liefertnch) 

1 

2,49  ! 

t 

5,43 

2,94 

0 u 

-o  g 
ö 
q? 

2 

Doeskin  zu 
Offizier-Paletots 

2,43 

7,46 

5,03 

< s 

Cbi 

a 

3 

Ganzlucb, 

desgleichen 

1,565 

Nicht  vollständig 
durchnässt 

4 

Sommertuch, 

desgleichen 

1,285 

1 

2,86 

1,575 

*)  Deutsche  Mililärärztlichc  Zeitschrift,  1885,  Heft  7 und  8,  und  1886,  Heft  9; 
Abkühlungsversuche, 


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9 


» 

00  9 
g 1 

No. 

Bezeichnung  des  Stoffes 

I 

Gewicht 

Trocken 

g 

Gewicht 

Nass 

g 

Aufge- 

nommenes 

Wasser 

g 

s 

«s 

*3 

4? 

u 

ffl 

a 

** 

o 

a 

« 

Q 

m 

U 

a 

s 

u 

’S 

a 

c 

s 

5 

Mantelluch  für  Mannschaften 

2,36 

i 

: 5,70 

3,34 

6 

Maiiteltnch, 

desgleichen 

2,21 

4,80 

2,59 

7 

Waffenrocktuch 

2,04 

7,42 

5,38 

8 

Hosentuch 

2,28 

6,105 

3,83 

9 

Baumwollen-Köper  zu 
Unterhosen 

1,0 

2,82 

1 

1,82 

10 

Baumwollen-Kalikot, 

desgleichen 

0,82 

2,11 

1,29 

11 

Segelleinewand 

1,62 

3,16 

1,54 

12 

Hemden-Kalikot 

0,74 

2,06 

1,32 

13 

Drillich  für  Mannschaften 

1,6 

3,78 

2,13 

£ 

14 

Drillich  für  Offizier -Röcke 

1,21 

j 2,32 

1,11 

15 

Barchend  zu  Fusslappen 

1,54 

1 7,05 

! 

5,51 

o 

« 

9 

Xi 

V 

w 

*S 

fe 

•o 

o 

< 

16 

Wollen-Trikot  zu 
Unterkleidern 

0,97 

1 

' 3,97 

1 

3,00 

17 

Flanell 

1,35 

I 5,76 

4,41 

18 

Wollener  Strumpf,  neu 

2,12 

9,26 

7,14 

19 

W'ollener  Strumpf,  alt 

1,96 

8,76 

6,80 

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10 


Ein  Ueberblick  über  die  Gewichte  der  trockenen  Stoffe  lehrt,  dass 
die  obige  Voraaseetzang  von  der  Uebereinstimmong  des  Gewichte  mit 
der  Dicke  der  Zengstoffe  im  Allgemeinen  zutrifft,  insofern  die  dickeren 
Wollstoffe,  insbesondere  die  Tnche,  durchweg  ein  grösseres  Gewicht 
haben,  als  die  dünneren  Banmwollenstoffe.  Da  dieses  Gewicht  als  ein 
Ansdruck  des  in  der  Flächeneinheit  (40,72  qcm)  enthaltenen  Rohmaterials 
(Wolle  bezw.  Baumwolle)  gelten  kann,  so  lasse  ich  — mit  Rücksicht  auf 
die  praktische  Benutzung  solcher  Bestimmnngen  für  Korps-Bekleidungsämter 
bei  der  Kontrole  von  Lieferungen  von  Bekleidnngsstoffen  — eine  nochmalige 
Zusammenstellung  dieser  Gewichte,  geordnet  nach  den  Stoffarten  und  be- 
zogen auf  eine  Flächeneinheit  von  1 qm,  folgen.  Die  zweite  Zahlenreihe 
enthält  wiederum  das  Gewicht  des  Wassers,  welches  1 qm  Stoff  auf- 
nehmen  kann. 


a.  Feste  wollene  Gewebe  (Tnche)  zu  Oberkleidern. 


enthält 

kann  anf- 

1 qm 

Manteltnch  für  Mannschaften 

Wolle 

nehmen  Wasser 

(Magdeburg) 

611  g . . 

720  g. 

Doeskin 

596  - . . 

. . . . 1235  - 

Manteltnch  (Depot) 

580  - . . 

....  820  - 

Hosentnch  für  Mannschaften 

560  - . . 

....  940  - 

Manteltnch  (andere  Qualität) 

543  - . . 

....  636  - 

Waffenrocktncb 

500  - . . 

....  1321  - 

Oanztnch  für  Offiziere  .... 

384  - . . 

. . . . 7 

Sommertuch  für  Offiziere.  . . 

315  - . . 

....  387  - 

Die  feineren  Tncbgewebe  (Waffenrock,  Doeskin)  haben  somit  die 
grösste  Aufnahmefähigkeit  für  Wasser,  näcbstdem  das  Hosentuch. 


b.  Lockere  wollene  Gewebe  zu  Unterkleidern. 


enthält 

nimmt 

1 qm 

Wolle 

Wasser  auf 

Wollener  Strumpf  (nen)  . 

. 520  g . . 

1753  g. 

Wollener  Strumpf  (alt).  . 

. 481  - . . 

. . . . 1670  - 

Barcbend  zn  Fnsslappen  . 

. 378  - . . 

. . . . 1353  - 

Flanell 

. . 331  - . . 

....  1083  - 

Trikot-Unterhemd 

. 238  - . . 

. . . . 737  - 

Bei  diesen  Stoffen  deckt  sich 

durchweg  das 

grössere  Gewicht  mit 

der  grösseren  Absorptionsfähigkeit 

für  Wasser. 

Letztere  übertrifft  die 

Absorptionsfähigkeit  der  Tuche  um 

ein  Bedeutendes  (etwa  das  Doppelte), 

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11 


diej«oige  der  baamwolleneD  Gewebe  om  mehr  als  das  Dreifache.  Die 
sor  Fassbekleidnng  dieneeden  Gewebe  dieser  Groppe  eignen  sich  dem- 
nach ▼orsnglich  lor  Anfsangung  des  Schweisses,  besiUen  ausserdem 
eine  grosse  Elastisität  nnd  Weichheit. 

c.  Banrowollene  Gewebe  so  Unterkleidern. 

enthält  nimmt 

1 qm  Baomwolle  Wasser  aof 

Köper  so  Unterhosen 246  g 447  g, 

Kalikot,  desgl 201  - 317  • 

Hemden-Kalikot 182  - 324  - 

d.  Leinene  (hänfene)  Gewebe  so  Sommerkleidern. 


1 qm 

enthält 

Hanf 

nimmt 
Wasser  auf 

Drillich  für  Mannschaften  . 

. 405  g . . 

. . . . 523  g. 

, . 400  - . . , 

. . . . 378  - 

Drillich  für  Offiziere  . . . . 

. 297  - . . . 

, . . . 272  - 

Diese  Ergebnisse  erweisen  Ton  Nenem  die  grossen  Vorsäge  des 
wollenen  Hemdes  vor  dem  leinenen  and  baomwollenen.  Das  preossiscbe 
Soldatenbemd  (Kalikot)  besitst  von  allen  nntersochten  Bekleidongsstoffen 
die  geringste  Durchlässigkeit  für  Luft  (42,  gegen  Flanell  1(X)),  seist  also 
der  Haotansdönstung  des  Körpers  ein  relaUr  grosses  Hinderniss  entgegen. 
Es  vermag  bei  geringerem  Gewicht  (182  g pro  qm,  gegen  331  g Flanell) 
noch  nicht  ein  Drittheil  soviel  Schweiss  aofzonehmen  wie  ein  Flanell- 
hemd und  steht  letzterem  an  Elastizität  und  Weichheit  bedeutend  nach. 
Dazu  kommt,  dass  Wolle  die  Wärme  viel  schlechter  leitet  als  Leinen 
oder  Baumwolle,  mithin  als  Kleidungsstück  io  den  kühleren  Jahres- 
zeiten den  Körper  wärmer  hält  als  diese,  in  den  wärmeren  hingegen 
trotzdem  die  Abkühlung  des  Körpers  durch  gesteigerte  Schweissverdunstong 
nicht  hindert;  und  endlich  dass,  wie  von  Pettenkofer  nachgewiesen 
hat,  diese  Schweissverdunstong  bei  stark  erhitztem  Körper  im  wollenen 
Hemd  in  viel  milderem  nnd  für  den  Körper  gefahrloserem  Grade  vor  sich 
geht,  insofern  die  Wolle  zwar  sehr  viel  mehr  Wasser  in  sich  anfnehmen 
kann  als  Leinewand,  aber  das  Wasser  (Schweiss)  langsamer  aufnimmt 
und  langsamer  wieder  (durch  Verdunstung)  abgiebt,  mithin  eine  all- 
zu plötzliche  Abkühlung  des  erhitzten  Körpers  (Erkältung)  verhütet 

Wollene  Hemden,  welche  die  deutsche  Marine  schon  seit  Dezennien 
besitzt  nnd  wohl  niemals  wieder  mit  den  leinenen  vertauschen  wird, 
sind  zwar  erheblich  tbeurer  als  die  baumwollenen  Kalikot- Hemden, 


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— ]2  — 


kHein  die  Mehrkosten,  welche  ihre  Einführung  in  die  Armee  erfordert, 
werden  reichlich  anfgewogen  durch  die  alljährlichen  Ersparnisse  an 
Lazarethverpflegungs-  und  Invaliden-Pensionskosten  und  viel  mehr  noch 
durch  die  Ersparnisse  an  Gesundheit  und  Leben  von  Hunderten  von 
Soldaten. 

3.  Die  Durchgängigkeit  wasserdicht  gemachter  Kleiderstoffe 

für  W asser. 

Die  Methode  der  Untersuchung  war  eine  zweifache. 

a.  In  der  ersten  Reihe  wurden  die  zu  prüfenden  Stoffe  einem 
künstlich  erzeugten  Regen  von  verschiedener  Stärke  mehrere  Stunden 
hindurch  ansgesetzt  und  die  Zeit  beobachtet,  nach  Ablauf  welcher  der 
Regen  die  Stoffe  durchdrang.  Es  wurde  Regen  in  3 Stärken  angewendet: 

1)  feiner  Sprühregen, 

2)  gewöhnlicher  Landregen,  mittelstark, 

3)  Gewitterregen  (Platzregen). 

Den  Sprühregen  erzeugte  ich  durch  einen  Zerstänbungsapparat 
(Spray),  wie  er  für  chirurgische  Zwecke  gebraucht  wird.  Die  beiden 
anderen  Regensorten  worden  mittelst  des  Pumpwerks  eines  Zimmer- 
Dooebe- Apparates  hergestellt,  indem  das  Wasser  durch  zwei  Brausen 
von  entsprechender  Lochgrösse  hindurch  gepresst  wurde.  Der  direkte, 
senkrechte  Auffall  des  Regens  auf  die  Tuchproben,  ähnlich  wie  bei  der 
Kopfbrause,  bewährte  sich  nicht;  er  war  im  Vergleich  mit  dem  natürlichen 
Regen  viel  zu  stark,  einer  Traufe  gleich.  Besser  gelang  die  Nachahmung, 
wenn  das  Wasser  ans  der  Brause  horizontal  im  Bogen,  ähnlich  wie  bei 
der  Gartenspritze,  über  die  Tuchstücke  geworfen  wurde;  die  Wasser* 
tropfen  fielen  auch  hier  immer  noch  sehr  dicht  und  massenhaft  nieder, 
stärker  als  beim  Naturregen,  ähnelten  aber  doch  dem  natürlichen  Regen- 
fall weit  mehr. 

Die  zu  prüfenden  Tucbstöcke  wurden  in  ca.  2 Meter  Entfernung 
vom  Doucheapparat  io  einer  Badewanne  über  Querstäbe  gehängt  und 
von  '/,  zu  '/«  Stunde  auf  Durchnässung  geprüft.  Stets  wurden  im- 
prägnirte  und  nicht  imprägnirte  Tnchproben  mit  einander  in  Vergleich 
gezogen.  Die  Dauer  des  Regenfalles  betrug  fast  in  allen  Versuchen 
2 Stunden,  nur  in  einem  Versuche  mit  Landregen  2i/,  Stunde.  Um  das 
Hindnrchdringen  des  Wassers  leichter  erkennen  zu  können,  legte  ich 
unter  jedes  Tuch  ein  kleineres  Stück  trockenen,  mit  .Methylenblau  schwach 
gefärbten  Fliesspapiers,  welches  die  hindorchdringende  Feuchtigkeit 
begierig  aufsog  und  durch  stärkere  Bläuung  anzeigte.  Abgesehen  von 
einigen  Unregelmässigkeiten  in  der  Beregnung  — die  im  Centrum  des 


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13 


Rpgengebietes  hangendeD  Stoffe  bekamen  gewöhnlich  mehr  Regen 
ala  die  peripheren  — waren  die  Resultate  doch  im  Allgemeinen 
befriedigende.  Ich  habe  sie  in  nachfolgender  Tabelle  cnsammengestellt: 
0 = nicht  dnrchgeregnet. 


Bezugs- 

quelle 

Bezeichnung 
des  Stoffs 

Ob 

imprägnirt 
oder  nicht 

I. 

Sprühregen 
von  2 Std.  ! 
Dauer 

II.  j 

Landregen 
von  2 bis 
2'/.  Std. 

Dauer 

III. 

Platzregen 
von  V»  Std. 
Dauer 

Von  der  Firma  F.  Falkenbnrg  in  Magdeburg. 

Manteltucb  | 
für  Mann- 
schaften. 1 
(Liefertuch.) 

Nicht 

imprägnirt. 

0 

Nach  1 
1'/.  Std.  ! 
durch. 

Nach  'A  Std. 
durch. 

Imprägnirt. 

0 

1 

0 i 

0 

Sommertnch 
für  Offizier- 
1 Paletots. 

1 Nicht 
imprägnirt. 

Einzelne 

Wasser- 

flecken. 

Nach 
'A  Std. 
vollständig 
durch. 

Nach  'A  Std. 
durch. 

Imprägnirt. 

0 

Nach 
1 Std. 

durch. 

Nach  '/«  Std. 
durch. 

Ganztuch 

I für  Offizier- 

1 

Paletots. 

Nicht 

imprägnirt. 

0 

Nach  j 

V.  Std.  ; 

durch. 

’ Nach  ’A  Std. 
durch. 

Imprägnirt. 

0 

0 

Einzelne 

Wasserflecken. 

j Doeskin, 
desgl. 

1 Nicht 
imprägnirt. 

0 

Nach 
1 Std. 
I durch. 

1 

1 Nach  'A  Std. 
‘ durch. 

1 

Imprägnirt. 

0 

0 

0 

Aus  dem  Montirungs-Depot. 
Von  mir  imprägnirt. 

Manteltucb 
1 für  Mann- 
schaften. 

Nicht 

imprägnirt. 

0 

Nach  1 Std. 
durch. 

Nach  'A  Std. 
durch. 

Imprägnirt. 

0 

0 

0 

1 

1 Manteltucb 
1 für  Mann- 
! schäften. 

' (andere  Quali- 
tät, 8.  oben.) 

1 

Nicht 

imprägnirt. 

0 

Nach 
V4  Std. 

durch. 

Nach  ’A  Std. 
durch. 

1 

' Imprägnirt. 

i 

0 

0 

1 Nach  <A  Std. 
durch. 

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14 


Bezugs- 

quelle 

Bezeichnung 
des  Stoffes 

Ob 

imprägnirt 
oder  nicht 

I. 

Sprühregen 
von  2 Std. 
Dauer 

n. 

1 Landregen 
1 von  2 bis 
1 2'/,  Std. 

! Dauer 

III. 

Platzregen 
von  V>  Std. 
Dauer 

Aus  dem  Montirungs-Depot. 
Von  mir  imprägnirt. 

Waffenrock- 

tuch. 

Nicht 

imprägnirt. 

0 

Nach 

V.  Std. 

durch. 

Nach  '/<  Std. 
durch. 

Imprägnirt. 

0 

1 

1 Ö 

Beil.  Einzelne 
Wasserflecken. 
Bei  2.  und  3. 
= 0. 

Hoeentuch. 

Nicht 

imprägnirt. 

0 

Nach 
V.  Std. 
durch. 

Nach  '/>  Std. 
durch. 

Imprägnirt. 

0 

0 

0 

Dorch  diese  Ergebnisse  ist  nberzeagend  nachgewiesen,  dass  es  in 
derThat  gelingt,  dichtere  Tucb  ge  webe  durch  Imprägnation  mit 
gewissen  Stoffen  in  solchem  Orade  „wasserdicht“  so  machen, 
dass  sie  einen  fast  unnnterbrochenen,  mittelstarken  Land- 
regen von  2‘/tStündiger  Däner  aashalten,  ohne  durchnässt  zu 
werden.  Diese  Eigenschaft  zeigten  alle  von  mir  antersuchten , gut 
imprägnirten  Tuchstoffe  für  Mantel,  Waffenrock  und  Hose  der  Mann- 
schaften und  für  Paletots  der  Offiziere,  mit  Ausnahme  des  leichten  und 
auch  schon  für  Luft  in  höherem  Orade  durchgängigen  Sommertnchs  für 
Offiziere.  Anstatt  sich  für  Regentage  im  Sommer  einen  besonderen, 
wasserdicht  gemachten  „Sommer- Paletot“  anznschaffen,  kann  ich  daher 
nur  empfehlen,  sich  Mütze,  Waffenrock  und  Hose  „wasserdicht“  machen 
zu  lassen.  Schon  äusserlich  war  die  Wirkung  des  Imprägnireus  nach 
beendetem  Versuch  an  den  Tuchen  deutlich  zu  erkennen,  insofern 
dieselben  in  der  Regel  nur  an  den  fest  aufliegenden  Stellen  ober- 
flächlich durchnässt,  dagegen  an  den  herabhängenden  Theilen  nur  dicht 
mit  kleinen  Wassertropfen  durchsetzt  oder  bedeckt  waren,  welche  sich 
grösstentheils  wieder  abschütteln  Hessen. 

Feiner  Sprühregen  blieb  auch  auf  die  nicht  impräguirten  Stoffe, 
wiederum  mit  Ausnahme  des  Sommertuches,  wirkungslos.  Grober  Platz- 
regen hingegen  überwand  die  wasserabhaltende  Kraft  der  dünneren 

*)  Es  wurden  drei  nach  verschiedenen  Methoden  imprägnirtc  Waffenrooktnehe 
auf  diese  Weise  geprüft. 


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15 


imprägnirten  Tuchstoffe  (Ganz-Tuch  für  Offiziere,  Waffenrock,  leichteres 
Manteltuch)  durchschnittlich  noch  ■/<  stündiger  Dauer.  Nur  die  dickeren 
Tuchgewebe  (Doeskin,  gutes  Manteltuch,  Hosentnch)  boten  auch  für 
gröberen  Regen  '/>  Stunde  lang  wirksamen  Widerstand  dar. 

Dieses  letztere  Ergebniss  erscheint  unserer  landläufigen  Vorstellung 
von  der  durchdringenden  Wirkung  des  natürlichen  Gewitter  - Regens 
befremdlich.  Zur  Erklärung  diene  folgendes : beim  natürlichen  Regen 
fallen  die  Tropfen  ans  beträchtlicher  Höhe  und  dementsprechend  mit 
grosser  Geschwindigkeit  auf  die  Kleider  nieder,  haben  also  eine  viel 
grössere  durchschlagende  Kraft;  der  künstliche  Regen  in  meinen  Ver- 
suchen zeichnete  sich  zwar  durch  grössere  Massenhaftigkeit  (Dichtigkeit) 
ans,  jedoch  fielen  die  Tropfen  nur  aus  geringer  Höhe  (von  kaum  1 m) 
auf  die  Tuchstücke  hernieder.  Ferner  ist  zu  berücksichtigen,  dass  es 
sich  bei  den  Versuchen  fast  durchweg  um  ganz  neue  Tuchstücke 
bandflte,  welche  an  und  für  sich  schon  in  Folge  der  Appretur  und  des 
Reicbtbums  an  Wolle,  wie  man  sich  leicht  durch  den  Versuch  (Besprengen 
mit  Wasser)  überzeugen  kann,  Wasser  schwer  annebmen.  Ein  guter 
neuer  Doeskin-Paletot  hält  daher  schon  ohne  Imprägnation  einen  mittel- 
starken Landregen  über  1 Stunde  lang  ab.  Gewöhnlich  trägt  man  aber,  wenn 
es  regnet,  nicht  den  neuen,  sondern  einen  alten,  abgetragenen  Paletot. 

Diese  Erwägungen  Hessen  es  wünschenswerth  erscheinen,  die 
Durchgängigkeit  der  imprägnirten  Kleiderstoffe  für  Wasser  noch  durch 
eine  andere,  unzweideutige  Methode  zu  prüfen. 

b.  Die  Filtrirmethode.  Die  zu  untersuchenden  Tuchstücke, 
0,3  bis  0,5  m im  Quadrat  gross,  worden  locker  über  grosse  cylindrische 
Einmachegläser  mit  umgebogenem  Rand  festgebunden,  so  dass  die  Mitte 
des  Tuches,  io  das  Glas  hineingestülpt,  eine  trichterförmige  Molde 
von  bestimmter  Tiefe  bildete,  in  welche  nun  vorsichtig  Wasser  hioein- 
gegossen  wurde.  Die  Höbe  dieser  Wassersäule  an  der  tiefsten  Stelle 
betrug  6 bis  8 cm.  Es  wurde  non  beobachtet,  wie  lange  die 
Tochmulde  diese  Wassersäule  zu  tragen  vermochte,  ohne  auch  nur 
einen  Tropfen  Wasser  hindnrchzulassen. 

Diese  ausserordentlich  einfache  Methode,  die  von  Jedem  leicht 
nacbgemacbt  werden  kann,  ergab  sehr  zuverlässige  und  hinsichtlich  der 
Wirksamkeit  der  imprägnirten  Stoffe  geradezu  überraschende  Resultate. 
Schon  beim  Eingiessen  des  Wassers  erkennt  man  deutlich  die 
wasserabbaltende  Eigenschaft  der  imprägnirten  Tuchstoffe,  indem  die 
einzelnen  Wassertropfen  wie  Quecksilberkogeln  über  das  Tuch  hinweg- 
rollen, ohne  es  zu  beuetzen,  und  zwischen  Tuch  und  Wasserkegel  eine 


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16 


Luftscbicbt  besteben  lassen,  welche  den  Grund  des  Wassers  silberbell 
glänzend  erscheinen  lässt.  Erst  nach  einiger  Zeit  gelingt  es  dem  Drucke 
des  Wassers,  an  den  jtiefsten  Stellen  die  Luft  zu  verdrängen  und  in 
die  oberflächlichen  Schichten  des  Tuches  einzndringen;  das  Tuch 
erscheint  nun  an  diesen  Stellen  schwarz.  Bei  den  nicht  imprägnirten 
Stoffen,  wenn  sie  neu  sind  und  Appretur  haben,  sieht  man  anfänglich 
Aehnlicbes;  doch  verschwindet  hier  der  Silberspiegel  im  Wassergrunde 
viel  schneller.  Bei  den  imprägnirten  Stoffen  ist  die  Oberfläche  des 
Wassers  am  Rande  deutlich  konvex,  geradeso  wie  Quecksilber  in  einem 
Glasgefäss,  bei  den  nicht  imprägnirten  Stoffen  verflacht  sich  der  konvexe 
Meniskus  am  Rande  sehr  bald  und  wird  dann  konkav,  geradeso  wie 
beim  Wasser  in  einem  Glase. 

Die  Resultate  der  Prüfung  habe  ich  in  nachfolgender  Uebersicht  zu- 
sammengestellt. Die  Höbe  der  Wassersäule  bezeichnet  nicht  das  Maximum 
des  Wasserdruckes,  welchen  ein  imprägnirtes  Tucbstück  tragen  kann,  ohne 
zu  durchnässen,  sondern  nur  den  im  V'ersnch  verwendeten  Wasserdruck. 


Bezugs- 

quelle 

Bezeichnung 
des  Stoffes 

Ob 

imprägnirt 

Höbe 

des 

W asser- 
drnckes 
cm 

Durchgängigkeit 
des  Tuchfilters 

Aus  der  Fabrik  von  F.  Falkenbnrg 
in  Magdeburg.  ' 

Manteltuch 
für  Mannschaften 
(Liefertueb) 

Nicht 

imprägnirt 

6,0 

Nach  20  Min.  der  erste 
Tropfen.  Nach  1 Std. 
entleert 

Imprägnirt 

6,4 

Nach  24  Std.  noch 
unverändert 

Sommertnch 
für  Offizier- 
Paletots 

Nicht 

imprägnirt 

6,3 

Nach  Vt  Std.  deutliches 
Abtropfen.  Nach  b Std. 
fast  entleert*) 

Imprägnirt 

6,8 

Nach  1'/,  Std.  beginnt 
Abtropfen.  Nach  5 Std. 
vollständig  entleert 

Ganztneh, 

desgl. 

Nicht 

imprägnirt 

6,3 

Nach  20  Min.  der  erste 
Tropfen.  Nach  2 Std. 
ganz  leer 

Imprägnirt 

7,2 

Nach  24  Std.  noch 
unverändert 

Doeskin,  desgl. 

Nicht 

imprägnirt 

7,4 

Nach  10  Min.  der  erste 
Tropfen.  Nach  1 '/,  Std. 
entleert 

Imprägnirt 

8,0 

Nach  24  (resp.  36 ) Std. 
noch  unverändert 

•)  Das  Sonimertuch  hatte  ziemlich  starke  Appretur.  Beim  Trocknen  des 
durchnässten  Tuches  blieb  auf  der  Oberfläche,  besonders  am  Runde  des  Wassers, 
eine  deutliche  Leimkrnste  sichtbar. 


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17 


Bezugs- 

quelle 

Bezeichnung 
des  Stoffes 

Ob 

imprägnirt 

Höhe 

des 

Wasser- 

druckes 

cm 

Durchgängigkeit 
des  Tuchfilters 

Aus  dem  HontirongS' Depot.  Von  mir  imprägnirt. 

Manteltuch 
für  Mannschaften 

Nicht 

imprägnirt 

6,0 

Nach  15  Mio.  der  erste 
Tropfen.  Nach  1 Std. 
leer 

Imprägnirt 

6,0 

Nach  24 Std.  noch 
unverändert 

Manteltuch 
für  Mannschaften 
(andere  Qualität) 

Nicht 

imprägnirt 

6,2 

Nach  10  Min.  der  erste 
Tropfen.  Nach  */4  Std. 
vollständig  entleert 

Imprägnirt 

6,5 

Nach  24  Std.  noch 
unverändert 

Waffenrocktnch 
für  Mannschaften 

Nicht 

imprägnirt 

7,0 

1 

Nach  20  Min.  der  erste 
Tropfen.  Nach  2 Std. 
entleert 

Imprägnirt 

7,0 

Nach  24  Std.  noch 
unverändert 

Hosentuch 
für  Mannschaften 

Nicht 

imprägnirt 

7,3 

Nach  15  Min  der  erste 
Tropfen.  Nach  l>/i  Std. 
leer 

Imprägnirt 

7,8 

Nach  24  Std.  noch 
unverändert 

Im  Allgemeinen  entsprechen  also  diese  Resultate  denjenigen  der 
Regen  • Versuche.  Mit  Ausnahme  des  dünnen  Sommertnches 
haben  sämmtliche  imprägnirten  Tachstoffe  den  Druck  einer 
Wassersäule  von  6,0 — 8,0cm  Höhe  24Stunden  lang  getragen, 
ohne  einen  Tropfen  Wassers  hindurcbzulassen. 

Die  Beweiskraft  dieser  Versuche  gewinnt  dadurch  noch  an  Be- 
dentnng,  dass  in  ihnen  das  Tuchgewebe  durch  den  Druck  des  Wasser- 
kegels eine  erhöhte  Spannung  und  Dehnung  erleidet,  welche  dem  Hin- 
durcbdringen  von  Wasser  durch  die  Poren  erfahrungsgemäss  günstig 
ist  Nach  Analogie  dieser  Versuche  kann  man  also  einen  wasserdicht 
gemachten  Mantel  im  Felde  oder  Manöver  ganz  gut  als  Wasserbecken 
zum  Waschen  benutzen.  Ja,  es  kann  eine  mit  wasserdicht  gemachten 
Hosen  bekleidete  Kompagnie,  wofern  die  Schuhe  wasserdicht  und  die 

2 


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18 


Hosen  ober  den  Knöcheln  zngescbnürt  sind,  in  voller  kriegsmässiger 
Aasrüstnng  bis  über  die  Kniee  durch  einen  Bach  hindarchwaten,  ohne 
nasse  Fasse  za  bekommen. 

Die  Versache  lehren  aber  auch  weiterhin,  dass  nur  die  dichteren 
Tachgewebe  sich  zur  Imprägnirang  mit  wasserabhaltenden 
Stoffen  eignen,  dass  hingegen  hei  dünneren  and  leichteren 
Stoffen  (Sommertuchen)  das  Verfahren  sich  als  unwirksam 
oder  doch  nicht  ausreichend  wirksam  erweist.  Von  Zivilkleider- 
stoffen würden  daher  nur  die  Winter- Paletotstoffe  und  die  dichteren 
Tnche  (Buckskins)  zum  Wasserdichtmachen  geeignet  sein,  die  meisten 
Sommerstoffe  hingegen  nicht 

Welche  Vorzüge  eine  wasserdichte  und  gleichzeitig  die  Hant- 
ausdünstungen  des  Körpers  nicht  hindernde  Oberkleidung  für  die 
Gesundheitspflege  des  Soldaten  besitzt,  bedarf  keiner  weiteren  Begründung. 
Nächst  der  Annehmlichkeit,  welche  das  Trockenerhalten  des  eigenen 
Körpers  bei  andauerndem  Aufenthalt  im  Regen  oder  in  feuchter  Luft 
für  unser  Hantgcfühl  hat,  ist  namentlich  hoch  anzuschlagen  die  Ver- 
meidung der  nicht  geringen  Zahl  derjenigen  alljährlichen  Krankheits- 
fKlle  in  unserer  Armee,  welche  als  die  Folge  von  Durchnässnngen  des 
Körpers  auf  Märschen,  bei  Felddienstübungen,  beim  Exerzieren,  im 
Biwak  u.  s.  w.  anzuseben  sind  und  so  häufig  zu  danernden  Störungen 
der  Gesundheit  bezw.  zur  Invalidität  führen.  Es  gehören  dahin  viele 
Fälle  von  akutem  und  chronischem  Gelenkrheumatismus  (mit  Ilerz- 
affektionen),  von  chronischem  Muskelrbenmatismus,  von  Entzündungen 
der  Nieren,  von  Entzündungen  des  Brustfells  und  der  Athmungsorgane, 
von  Blasenkatarrh  u.  A. 

Aber  noch  in  einer  anderen  Beziehung  verdienen  wasserdicht 
gemachte  Kleidungsstücke  vor  der  gewöhnlichen  Kleidung  den  Vorzug. 
Nicht  imprägnirte  Kleider  sind  nicht  bloss  durchlässig  für  Regen,  sondern 
sie  saugen  sich  gleichzeitig  mit  Wasser  voll  und  werden  dadurch  fast 
undurchlässig  für  Luft,  wie  ich  bereits  im  Abschnitt  2 für  die  einzelnen 
Stoffe  genauer  nachgewiesen  habe.  Sie  hindern  in  diesem  Zustande  die 
Hautausdünstung  des  Körpers  in  mehr  oder  minder  beträchtlichem  Grade, 
ähnlich  wie  ein  impermeabler  Gummianzug,  und  üben  damit  eine 
hemmende  Wirkung  auf  die  sezernirende  Thätigkeit  der  Sebweissdrüsen 
aus,  was  erfahrungsgemäss  von  nachtheiligen  Folgen  für  die  Gesundheit, 
insbesondere  für  die  Thätigkeit  der  Nieren,  begleitet  ist  Bekanntlich 
spielt  in  der  Aetiologie  der  chronischen  Nierenentzündungen  (Morbus 
Brightii)  die  andauernde  Behinderung  der  Wasseraussebeidnng  durch  die 


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Bt>suf^0quello 


19 


Haut,  X.  B.  beim  Äafenthalt  in  einer  mit  Feuchtigkeit  gesättigten  Lnft, 
io  feuchten  Wohnungen,  in  feuchtem  Klima  (Holland),  eine  wichtige,  ja 
wohl  die  wichtigste  Rolle. 

Um  festcnstellen,  in  welchem  Grade  die  Imprägnirnng  mit  wasser- 
abbaltenden  Stoffen  die  Kleidung  vor  Durchnässung  und  Impermeabilität 
schützt,  habe  ich  die  Wasseraufnahmefähigkeit  der  imprägnirten  Stoffe  in 
einer  besonderen  Versuchsreihe  genauer  untersucht 
4.  Die  Aufsaugungsfähigkeit  wasserdicht  gemachter  Kleider- 
stoffe für  Wasser  und  ihre  Durchgängigkeit  für  Loft  im 

nassen  Zustande. 

Zum  Zwecke  der  Aufsaugung  von  Wasser  wurden  die  Tocbstücke, 
wie  schon  früher  bei  den  ähnlichen  Versuchen  des  Abschnitts  2,  auf 
eine  Wasserfläche  von  Zimmertemperatur  geworfen  und  hier  1 — l'/t  Stunden 
liegen  gelassen.  Hatten  sie  sich  vollgesogen,  so  sanken  sie  unter, 
and  zwar  um  so  früher,  je  schneller  die  Vollsaugung  erfolgte^ 
War  die  Anfsaagang  aber  eine  unvollständige,  und  blieb  noch  eine 
hinreichende  Menge  Lnft  in  den  Poren  des  Tuches  zurück,  so  blieben 
sie  schwimmen  oder  sanken  nur  theilweise  unter.  Das  letztere  Verhalten 
zeigten  sämmtliche  imprägnirten  Tnchstoffe,  ausser  ihnen  aber  einige 
der  nicht  imprägnirten  Tuche,  z.  B.  Sommertuch  uud  Ganztuch  aus 
Magdeburg,  letztere  wohl  in  Folge  stärkerer  Appretur,  welche,  wie  ich 
bereits  im  vorigen  Abschnitt  erwähnte,  bei  ganz  neuen  Tuchen  die 
W'asseranfnahme  erschwert.  Ich  konnte  daher  Stoffe  der  letzteren  Art 
zur  Bestimmung  der  Aufsaugungsfähigkeit  für  Wasser  nicht  verwerthen. 
Im  Uebrigen  waren  die  Methoden  die  früher  beschriebenen. 

a.  Anfsaugung  von  Wasser.  (Temp.  -I-  13®  R.) 

40,72  qcm  Tuch.  Gewicht  in  Grammen. 


Bezeichnung  des 
Stoffes. 


Manteltuch 
für  Mannschaften 

Sommertnch  für 
Offizier-Paletots 


Ganztuch  für 
Offizier- Paletots 

Doeskin 


Nicht  imprägnirt 


00  ^ 8 

2 = p “ 


Imprägnirt 


® S I merkungen. 

<C  I 8 E ^ 

^ < => 
v:  \ ^ c> 


2,57  I 3,70  1,13 


1,285,  ? ? 1,29  2,51  i 1 22 


1,16.')  ? I ? 1,63  2,89  ; 1,26 

2,43  7,46  I 5,03  2,505  3,66  i 1,15 


Die  nicht  iin- 
prl^irten  Pro- 
ben fiogen  sich 
nicht  voll,  blie- 
ben «cbHim- 


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20 


Bezugsquelle 

Bezeichnung  des 
Stoffes. 

Nicht  imprägnirt 

Imprägnirt 

Be- 

merknngen. 

a 

V 

o 

o 

u 

H 

Ä 

CR 

s s « 

's  B i 

c 

Trocken 

Nass 

•fs  S 

Vom  Montirungs- Depot, 
von  mir  imprägnirt 

Graues  Manteltuch  für 
Mannschaften 

2,36 

5,70 

3,34 

2,51 

*4,16 

1,65 

Manteltnch  anderer 
Qualität 

2,21 

4,80 

2,59 

2,42 

4,34 

1,92 

Sehr  weHporiees 
Tot'b,  nahm 
her,  selbitt  im- 
prttipiirt.  relativ 
viel  Wasser  auf. 

Waffenrocktuch, 
Tmprägn.  a. 

2,04 

7,42 

5,38 

2,12 

3,315 

1,20 

Waffenrocktuch, 
Imprägn.  b. 

2,04 

7,42 

5,38 

2,11 

3,21 

1,10 

Hosentuch 

2,28 

6,105 

3,83 

2,51 

3,61 

1,10 

Die  Menge  des  von  den  imprägnirten  Stoffen  anfgenommenen  Wassers 
ist,  wie  man  sieht,  eine  auffallend  gleicbmässige,  während  sie  bei  den 
nicht  imprägnirten  Stoffen  ziemlich  erheblich  Tariirt.  Man  kann  darans 
schliessen,  dass  das  Wasser  yon  den  imprägnirten  Stoffen  nicht  aufge- 
sogen ist,  sondern  nur  ihrer  Oberfläche  anhaftet,  was  auch  durch  den 
Augenschein  bestätigt  wird.  Da  stets  beide  Flächen  des  Tuches  benetzt 
wurden,  so  ist  diese  Wassermenge  ungefähr  doppelt  so  gross  als  diejenige, 
welche  beim  Regen  den  Kleidern  anhaften  würde.  Ungeachtet  dessen  ist 
doch  die  von  den  nicht  imprägnirten  Tuchstoffen  aufgenommene 
Wassermenge  um  das  2-  bis  4</ifsche  grösser. 

b.  Durchgängigkeit  der  nassen  Stoffe  für  Lnft. 

Es  gingen  durch  1 qm  Stoff  . . . Liter  Luft  in  1 Sekunde 


(2}  m 

«C— 

5 § 

Bezeichnung  des  Stoffes 

Nicht  imprägnirt 

Imprägnirt 

C 

tL 

Mauteituch  für 
Mannschaften 

14,9 

39,8 

O S 

X»  x> 
a ü 

Sommertuch  für  Offiziere 

? (s.  oben) 

49,1 

M tt 

Ganztuch  für  Offiziere 

? desgl. 

36,6 

Doeskin  für  Offiziere 

2,9 

38,0 

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21 


1 

S 0) 
M s 

Bezeichnung  des  Stoffes 

Nicht  imprägnirt 

Imprägnirt 

Montirungs  - Depot. 

Manteltuch  für 
Mannschaften 

4,6 

47,0 

Waffenrocktuch,  Impr.  a. 

5,3 

46,8 

Waffenrocktncb,  Impr.  b. 

5,3 

34,3 

Hosentnch  für 
Mannschaften 

9,2 

49,3 

Darcb  diese  Ergebnisse  wird  also  die  obige  Voraossetzang  vollkommea 
bestätigt.  Während  Darchnässnng  die  Permeabilität  der  nicht 
imprägnirten  Stoffe  für  Luft  auf  ein  Minimum  berabdrückt, 
wird  bei  den  imprägnirten  Stoffen  durch  Benetzung  die  Durch- 
gängigkeit zwar  deutlich  vermindert,  aber  doch  in  keiner  den  Or- 
ganismus schädigenden  d.  b.  die  Hautausdünstungen  wesentlich 
hemmenden  Weise  beeinträchtigt. 

5.  Die  Theorie  der  Wirkung  des  Imprägnirens. 

Mikroskopische  Beobachtungen  des  Verhaltens  der  imprägnirten 
Stoffe  gegen  Wasser  führten  mich  bald  zur  Erklärung  der  Wirkungsweise 
des  Verfahrens. 

Ohne  Wasser  ist  das  imprägnirte  Gewebe  von  dem  nicht  imprägnirten 
mikroskopisch  nicht  zu  unterscheiden.  Setzt  man  Wasser  hinzu,  so  sieht 
man  massenhaft  Luftblasen,  oft  von  beträchtlicher  Grösse,  im  Gewebe 
eiogeschlossen  und  dem  Druck  des  Wassers  bezw.  des  Deckgläschens  wider- 
stehen. Lässt  man  von  einer  Seite  her  Wasser  gegen  das  Gewebe  an- 
dringen, so  sieht  man,  wie  es  am  Rande  des  Tuches  halt  macht,  in  einzelne 
Zwischenräume  und  Lücken  Fortsätze  bineinschiebt,  aber  fast  niemals 
das  Gewebe  bezw.  die  Fasern  selbst  berührt.  Isolirt  man  die  Gewebs- 
fasern  durch  Zerzupfen  des  Tuches  und  lässt  nun  Wasser  einwirken,  so 
erhält  man  ein  zierliches  mikroskopisches  Bild : alle  Fasern  erscheinen  in 
glänzende  Perlenscbnüre  nmgewandelt,  durchzogen  von  schwarzen  Fäden, 
Zahlreiche  Luftbläscben  verschiedener  Grösse  umgeben  dicht  gedrängt 
die  einzelne  schwarze  Faser  und  haften  so  fest  an  derselben,  dass  weder 
der  Strom  des  hindurcbgesogenen  Wassers,  noch  die  durch  den  Druck 


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22 


des  Deckglases  hervorgerufenen  Bewegungen  sie  abzulösen  vermögen. 
Ganz  anders  das  nicht  imprägnirte  Tuch.  Hier  dringt  das  Wasser, 
namentlich  unter  Anwendung  mechanischer  Einwirkungen,  ziemlich  leicht 
in  das  Gewebe  ein;  die  einzelnen  Fasern  benetzen  sich  mit  dem  Wasser 
und  halten  keine  Luftblasen  zurück. 

Die  Deutung  dieser  Beobachtungen  ist  sofort  klar.  Durch  die  Im- 
prägnation haben  die  Wollfasern  ihre  mechanischen  Affinitätsverhältnisse 
zum  Wasser  und  zur  Luft  geändert.  Die  Adhäsion  der  Wollfaser 
zum  Wasser  ist  vermindert  und  zwar  in  solchem  Grade,  dass 
die  an  und  für  sich  geringe  Kohäsion  der  W'assertheilcben 
untereinander  durch  sie  nicht  überwunden  wird.  Es  ist  vielmehr 
andererseits  die  Adhäsion  der  Wollfaser  zur  Luft  stärker 
geworden,  so  dass  weder  die  Gegenwart  des  Wassers  an  und 
für  sich,  noch  auch  die  gleichzeitige  Anwendung  mechanischen 
Druckes  genügt,  die  Luft  von  der  Oberfläche  der  Faser  zu 
verdrängen.  Nach  dem  Ergcbiiiss  der  Filtrirversuche  des  Abschnitts  3 
reicht  selbst  der  Druck  einer  Wassersäule  von  8 cm  bei  dichtem  Tuch- 
gewebe noch  nicht  hin,  diesen  Widerstand  zu  überwinden. 

Die  Affinitätsverhältnisse  zwischen  dem  Tuch  und  dem  Wasser  sind 
somit  ähnliche  geworden,  wie  zwischen  Glas  und  Quecksilber,  wie  zwischen 
einer  fettigen  Substanz  und  Wasser  oder,  noch  zutreffender,  wie  zwischen 
den  Federn  einer  Ente  und  dem  Wasser,  auf  welchem  sie  schwimmt. 
Eine  Ente  wird  bekanntlich  niemals  nass  im  Wasser,  ebenso  wenig  wie 
alle  anderen  Wasservögel.  Taucht  die  Ente  unter  das  Wasser,  so  laufen 
beim  Wiederanfrichten  die  Wassertropfen  schnell  vom  Gefieder  ab,  wie 
Quecksilber  von  einer  Glasplatte  und  wie  Wasser  von  einer  Fettflächc. 
Und  doch  ist  weder  das  Gefieder  der  Ente,  noch  die  Faser  des 
imprägnirten  Tuches  fettig.  Taucht  man  ein  Stück  imprSgnirten  Tuches 
in  Wasser  ein,  so  erscheint  die  Oberfläche  des  Wassers  am  Rande  des 
Tuches  eingezogen  und  konvex  abgerundet,  wie  wenn  man  Glas  in 
Quecksilber  cintaucht;  zieht  man  das  Tuchstück  wieder  heraus,  so 
ist  es  kaum  benetzt  vom  Wasser,  und  die  wenigen  anbängenden  Wasser- 
tropfen lassen  sich  leicht  abscbütteln.  Beim  nicht  imprägnirten  Tuch 
sieht  man,  wenn  es  neu  ist  (Appretur),  anfangs  Aehnliches,  doch  geht  der 
konvexe  Rand  des  Wassers  allmälig  in  einen  horizontalen  und  schliesslich 
konkaven  Meniskus  über.  Der  Silberspiegel  am  Bodeu  des  Wassers  bei 
den  Filtrirversuchen  (Abschnitt  3)  beruht  ebenfalls  auf  der  Anwesenheit 
einer  Schicht  Luft,  welche  von  der  Oberfläche  des  Tuches  zäh  fest- 
gehalten wird. 


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23 


Durch  diese  Eigenschaft  der  imprägnirten  Wollfaser  wird  es  nun 
auch  Tollkommen  verständlich,  warum  das  Wasser  in  einem  solchen 
Tncbgewebe  nicht  anfsteigen  kann,  oder,  wie  wir  gewöhnlich 
sagen,  von  einem  solchen  Tuche  nicht  anfgesogen  wird.  Denken  wir 
uns  die  Poren  eines  Tnchgewebes  als  glatte,  geradverlaufende  Kapillnr- 
röbrchen,  so  verhält  sich  das  Wasser  in  diesen  Röhrchen  genau  so,  wie 
Quecksilber  in  einem  Glasrohr,  d.  h.  es  bildet  eine  konvexe  Oberfläche, 
welche  keine  Tendern  hat  in  die  Höhe  zu  steigen,  da  die  Kohäsion  des 
Wassers  grösser  ist  als  die  Adhäsion  desselben  zur  Wand  bezw.  zur  im- 
prägnirten Faser.  Ist  das  Röhrchen  von  Glas,  so  bildet  das  Wasser  be- 
kanntlich einen  konkaven  Meniskus;  die  Adhäsion  des  Wassers  an  die 
Glaswand  ist  stärker  als  die  Kohäsion ; durch  kontinuirliches  Zusammen- 
fliessen  der  erhobenen  Randschicbten  steigt  das  Wasser  in  die  Höhe 
(Kapillarität).  Auf  diesem  Vorgänge  beruht  bekanntlich  die  Erscheinung 
des  Anfsaugens  von  Wasser  durch  einen  Schwamm,  durch  gewöhnliches 
Tnchgewebe  und  andere  poröse  Körper. 

In  einem  imprägnirten  Tuche  haben  also  die  Poren  in  Folge  ver- 
minderter oder  aufgehobener  Adhäsion  zwischen  Wollfaser  und  Wasser 
die  Eigenschaft  der  Kapillarität  verloren.  Dem  Hineindringen  des 
Wassers  wird  ausserdem  noch  dadurch  ein  Widerstand  entgegengesetzt, 
dass  die  Poren  nicht  glatt  und  gerade  verlaufend  sind,  sondern  rauh, 
sehr  ungleich  weit  und  mannigfach  verschlungen,  so  dass  die  Bewegung 
des  Wassers  in  ihnen  gehemmt  wird  durch  Reibung.  Dieser  Umstand 
erklärt  es,  dass  dicht  gewebte  und  sehr  dicke  Tuche  die  stärkste  wasser- 
abbaltende  Kraft  durch  die  Imprägnirung  erlangen,  während  umgekehrt 
bei  weitporigen,  locker  gewebten  und  dünnen  Tucbstoffen  die  wasser- 
abhaltende  Wirkung  der  Imprägnation  nur  eine  geringe  ist.  — 

6.  Die  Methoden  der  Imprägnation. 

Die  bisherigen  Methoden  der  Imprägnation  sind  rein  empirisch 
gefunden  und  stammen  von  der  Färberei  her.  Das  Wesen  derselben 
besteht  darin,  dass  man  auf  den  Fasern  des  Gewebes  festhaftende 
Niederschläge  erzeugt  von  Stoffen,  welche  in  Wasser  un- 
löslich sind  und  eine  geringe  Affinität  (Adhäsion)  zum 
Wasser  haben.  Zn  dem  Zweck  wird  das  Gewebe  mit  der  Auflösung 
eber  in  Wasser  löslichen  Substanz  behandelt,  aus  welcher  Lösung  als- 
dann entweder  durch  die  Flächenwirkung  der  Gespinnstfasern  beim 
Trocknen  oder  durch  Hinzufügung  einer  zweiten  Substanz  der  fragliche 
unlösliche  Körper  als  festhaftender  Niederschlag  auf  der  Faser  sich 
abscheidet 


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24 


Unter  den  mannigfacben  löslichen,  snr  Brsengong  nnlöslicber 
Niederschläge  geeigneten  Sabstanien  haben  die  stärkste  mechanische 
Affinität  znm  organischen  Oewebe  die  sauren  Salze  der  Thonerde 
(Alaun,  essigsanre  Thonerde  nnd  phosphorsaure  Thonerde),  welche  auch 
als  , Beizen*  in  der  Färberei  zur  Erzeugung  festhaftender  (d.  i.  wasch- 
echter) Farbenniederschläge  die  ausgedehnteste  Anwendung  finden.  In 
einem  mit  einer  heissen  Alaunlösnng  getränkten  (gebeizten)  Oewebe  z.  B. 
haftet  das  Thonerdesalz  so  fest,  dass  es  selbst  durch  wiederholtes 
Spulen  in  Wasser  nicht  gelingt,  die  letzten  Spuren  von  Alaun  ans  dem- 
selben zu  entfernen.  Die  Niederschläge  aus  diesen  Salzen  werden  auf 
zweifache  Weise  erzeugt. 

Bei  Anwendung  von  Alaun  als  Beize  lässt  man  nachher  eine 
Seifenlösnng  einwirkeo.  Es  bildet  sich  auf  der  Faser  ein  weisser 
oder  grauer  Niederschlag  yon  Thonerdeseife  (stearinsanrem  und 
palmitinsaurem  Alumininmoxyd),  welcher  in  Wasser  vollständig  un- 
löslich ist  und  sehr  fest  haftet.  Die  Reduktion  der  essigsanren 
Thon  erde  zu  unlöslichen  Verbindungen  dagegen  wird,  ohne  fremde 
Zusätze,  ganz  allein  durch  die  Kontaktwirkung  der  Oewebsfasern  beim 
Verdunsten  bewirkt  Das  saure  Tbonerdesalz  wird  dabei  durch  Ab- 
spaltung von  Essigsäure,  welche  in  die  Luft  entweicht,  in  eine  basische 
und  in  Wasser  unlösliche  essigsanre  Tbonerde  verwandelt,  welche  zu- 
gleich die  Adhitsion  der  Oewebsfaser  zum  Wasser  vermindert,  ohne  ihre 
Elastizität  und  Festigkeit  zu  beeinträchtigen.  Dieses  Verfahren  ist  zum 
Wasserdichtmachen  gegenwärtig  das  gebräuchlichste  und  bei  den 
farbigen  Tuchen  ausschliesslich  angewendete.  Lässt  man  diese  Reduktion 
beim  Trocknen  in  der  Wärme  (über  30°  R.)  vor  sich  gehen,  so  erfolgt 
die  Umwandlung  nicht  in  der  angegebenen  Weise,  sondern  es  wird  die 
essigsanre  Tbonerde  vollständig  zerlegt  in  Aceton,  Kohlensäure  nnd 
Tbonerde  (Alnminiumoxyd),  welche  letztere  als  staubiges  Pulver  im 
Gewebe  zurückbleibt. 

(C,  H,  ” Al  0,  + 3 (C,  H,  0)  -1-  3 C 0,. 

(Essigsanre  Thonerde)  (Aceton). 

Dieselbe  Zerlegung  findet  bekanntlich  bei  der  trockenen  Destillation 
essigsaurer  Salze  statt.  Höhere  Wärmegrade  sind  daher  bei  der  Im- 
pragiiirnng  zum  Zwecke  des  Wasserdichtmachens  zu  vermeiden. 

Die  hier  dargelegten  Grundzüge  bilden  das  Wesentliche  bei  allen 
bisher  angewendeten  und  weiter  unten  beschriebenen  Methoden.  Die 


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25 


Abweichnngen,  welche  einzelne  Fabrikanten  darin  zur  Anwendung 
bringen  nnd  gewöhnlich  als  gFabrikgeheimniaa“  betrachten,  sind,  soweit 
oir  bekannt,  anwesentlich  nnd  berühren  das  Prinzip  der  Methode  nicht. 

a.  Die  Imprägnation  wollener  Gewebe  (Tuche). 

K.  Aeltere  Methode.  Die  Stoffe  werden  zuerst  in  einer  2 prozentigen  Alaun - 
lösung  bis  zum  Sieden  erhitzt,  dann  ausgerungen  nnd  noch  10 — 15  Minuten  lang  in 
einer  gleichfalls  heissen,  klaren  Auflösung  von  weisser  Natronseife  2 — 3 **/o 
gelassen.  Alsdann  werden  sie  heransgenommen , in  Wasser  gespölt,  ausgerungen 
and  znm  Trocknen  aufgehängt.  Nach  dem  Trocknen  rollt  oder  bügelt  man  sie 
wieder  glatt 

Für  Kleidertnche  ist  dies  Verfahren  nicht  zu  empfehlen.  Waffenrocktucb  und 
Manteltuch,  welches  ich  auf  diese  Weise  imprägnirte,  wurde  grau  durch  die  ein- 
gelagerten feinen  Niederschläge  (Thonerdeseife)  und  war  fettig  (seifig)  anzufühlen. 
Aber  dieses  Tuch  hielt  vorzüglich  Wasser  abl  Ich  möchte  das  Verfahren 
daher  znm  Wasserdichtmachen  von  Pferdedecken  empfehlen. 

ß.  Modifikation  dieses  Verfahrens.  Man  bestreicht  das  Gewebe  auf  der 
Rückseite  (!)  mit  der  nachfolgenden  heissen  Lösung  mittels  einer  Bürste  und  lässt 
(s  trocknen.  Alsdann  bürstet  man  das  Gewebe  gegen  den  Strich  und  glättet  es 
wieder  mit  einer  in  reines  Wasser  getauchten  Bürste,  um  ihm  den  Glanz  zu 
nehmen.  Die  Lösung  ist  folgende ; 15  g Hausenblase  in  1 1 Wasser,  30  g Alaun  in 
II  Wasser  und  30  g Seife  in  l/zl  Wasser;  jede  Lösung  wird  für  sich  bereitet, 
klar  filtrirt  und  dann  mit  den  übrigen  gemischt.  Das  Gemisch  wird  znm  Sieden 
erhitzt  nnd  heiss  aufgetragen. 

Das  Verfahren  ist  nicht  brauchbar.  Schon  beim  Sieden  des  Gemisches  wird 
da  grösste  Theil  des  Alauns  und  der  Seife  zersetzt.  Der  Niederschlag  bildet  sich 
also  nicht  erst  auf  der  Faser  und  haftet  in  Folge  dessen  auf  derselben  nur  sehr 
lose.  Das  stark  trübe  Gemisch  erstarrt  beim  Trocknen  zu  einer  grauen  Kruste, 
welche  erst  durch  Zerreiben  locker  gemacht  werden  muss  und  gleichzeitig  die  Durch- 
lässigkeit des  Gewebes  für  Luft  beinträchtigt. 

Y-  Die  Imprägnation  mit  reiner  Lösung  von  essigsaurer  Thonerde. 
Man  dnrchtränkt  das  Tuchgewebe  mit  einer  heissen  Lösung  von  essigsaurer 
Thonerde  1 **/(),  entweder  indem  man  es  t/s  Stunde  lang  in  einer  solchen  Lösung 
kocht,  oder  indem  man  eine  kochende  Lösung  auf  das  Tuch  bis  zur  vollständigen 
Ourchtränkung  aufträgt.  Das  erstere  Verfahren  ist  wirksamer  und  empfiehlt  sich 
für  noch  nicht  verarbeitete  Militärtuche.  Das  letztere  Verfahren  ist  nur  bei  bereits 
fertigen  Kleidungstücken  anznwenden.  Man  breitet  im  letzteren  Falle  die 
Kleidungsstücke  auf  einen  Tisch  ans;  während  der  Eine  die  heisse  Lösung  mittels 
einer  weichen  Bürste  oder  noch  besser  mit  einer  feinlöcherigen  Giesskanne  gleich- 
mässig  auf  dem  Tuche  rertheilt , sucht  der  Andere  durch  beständiges  Klopfen  der 
benäsiten  Stellen  mit  den  flachen  Händen  die  Flüssigkeit  in  das  Innere  des 
Gewebes  hineinzupressen.  Dies  muss  so  oft  wiederholt  werden,  als  bis  das  Gewebe 
in  seiner  ganzen  Dicke  mit  der  Lösung  durchtränkt  ist,  wozu  nach  meiner  Er- 
fahrung eine  etwa  dreimalige  Berieselung  derselben  Fläche  erforderlich  isL  Als- 
dann hängt  man  die  durchnässten  Stücke  in  gut  ventilirten  Räumen  zum  Trocknen 
auf.  Das  Trocknen  muss  so  lange  dauern,  bis  das  Tuch  nicht  mehr  sauer  (nach 


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entweichender  hissigeäure)  riecht.  Krst  wenn  keine  Essigeüure  mehr  entweiclit  und 
das  Tuch  genichlos  ist,  ist  der  Redoktionsprozess  als  beendet  anzuseheii.  Nach  dem 
Trocknen  muss  das  Tuch  gerollt  oder  mit  einem  Bügeleisen  geglättet  werden,  um 
ihm  wieder  Ansehen  zu  geben. 

Dieses  Verfahren  eignet  sich  für  alle  farbigen  Militär-  und  Civil- 
Tuchstoffe,  da  es  die  Farbe,  die  Festigkeit  und  Elastizität  des  Gewebes 
nicht  merklich  verändert  und  hinsichtlich  der  wasserabhaltenden  Kraft 
dem  Bedürfnisse  unseres  Klimas  im  Allgemeinen  genügt. 

Die  Lösung  darf  nicht  lange  vorrälhig  gehalten  werden,  da  sich  das  Salz  schon 
spontan  unter  dem  Einfluss  der  Ziiunierwärme  langsam  zersetzt.  Am  besten  wird 
die  Lösung  jedesmal  frisch  bereitet  und  zwar  auf  folgende  Weise:  Man  löst 
getrennt  20  g krystallisirten  Alaun  auf  1 I Wasser  und  26  g Bleizuckcr 
auf  1 I Wasser,  mischt  beide  Lösungen,  lässt  den  unter  Umschüttcln  sich  bilden- 
den weissen  Niederschlag  von  schwefelsaurem  Blei  sich  absetzen  und  liltiirt  die 
darüber  stehende  Lösung.  Das  Filtrat  ist  eine  ziemlich  reine,  annähernd  1 prozentige 
Lösung  von  essigsaurer  Thonerde.*) 

In  grösseren  Städten  bekommt  man  eine  konzentrirte  Lösung  von  essigsaurer 
Thonerde  von  ca.  8<’/o  (Liquor  Aluminis  aeetici)  vorräthig  zu  kaufen,  man  hat  dann 
nur  nölhig,  diese  Lösung  mit  der  6 — 7 fachen  Menge  Regen-,  Fluss-  oder  destillirten 
Wassers  zu  verdünnen.  — 

(I.  Als  sehr  zweckmässig  habe  ich  es  gefunden,  die  zuvor  mit  essigsaurer  Thon- 
erde imprägiiirten  Gewebe  nachher  noch  mit  einer  dünnen  Leimlösung  zu 
tränken,  als  welche  sich  am  besten  eine  Auflösung  von  guter,  glashellcr 
Gelatine  1:400  Wasser  eignet,  weniger  eine  klare  Hausenblasenlösung  1:600. 
Die  Lösung  wird  gleichfalls  heiss  auf  das  Tuch  aufgetragen,  jedoch  nur  ober- 
flächlich, so  dass  letzteres  nur  damit  benetzt  ist.  Das  Tuch  wird  dann  wieder 
zum  Trocknen  aufgehängt  und  zum  Schluss  gerollt  oder  gebügelt.  Es  bekommt 
danach  einen  schönen  Glanz,  wie  neues  Tuch  mit  guter  Appretur,  und  hält 
vorzüglich  W'asser  ab.  Sehr  lockeres,  durchsichtiges  Manteltuch,  welches 
nach  Imprägnation  mit  essigsaurer  Thunerde  allein  noch  Wasser  bei  ä,ä  cm 
Druck  leicht  hindurchlies.s,  hielt  nach  nachträglicher  Durchtränkung  mit  Gclatine- 
lösung  eine  Wassersäule  von  6,0  cm  volle  24  Stunden  ab  (vergl.  die  Tabellen  des 
Abschnitts  3). 

Noch  zahlreiche  andere  Imprägnatiunsmittel  habe  ich  versucht  (Alaun,  A.  mit 
Kalk  Wasser,  A.  mit  Soda,  Thonerdenatron,  Aluminiumoxydhydrat,  phosphorsaure 
Thonerdc  u.  A.).  Keins  von  ihnen  hat  sich  bewährt.  Die  Imprägnation  mit  essig- 
saurer Thonerde  (mit  oder  ohne  Gelatine)  ist  für  alle  wollenen  Gewebe  die  wirk- 
samste und  zugleich  einfachste,  auch  relativ  billig. 

•)  Anmerkung:  Obige  Gewichtsverhältnisse  habe  ich  aus  den  Atomgewichten 

Ka) 

beider  Salze  berechnet.  Alann  = Al  l Os  -4-  24  nq.,  I Mol.  wiegt  921, . 3 K. 

4 SOi ) 

Bleizucker  = (Cs  Hs  f>z)z  Pb  3 aq.,  1 Mol.  wiegt  40ö  K.  Zur  Bildung  von 

AI  1 

essigsaurer  Thonerde  ~ (Cj  O)«  ) erforderlich  3 Moleküle  Blei- 

zucker und  1 Moleküi  Alaun  = 1215  Th.  Bleizucker  -f-  9‘-l  Th.  Alaun,  oder 
1,3  + 1,0. 


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Ich  habe  Dachfolgend  den  Preis  berechnet,  welchen  die  Impräg- 
nation der  Mannschafts  - Mäntel  eines  Bataillons  (600  Mann) 
kosten  würde: 

Zur  Imprägnation  eines  Mantels  sind  erforderlich  5 1 Lösung  von 
essigsaurer  Thonerde  1%,  mithin  pro  Bataillon  3(XX)  1,  enthaltend 
30  kg  essigsaurer  Thonerde.  Zur  Bereitung  dieser  letzteren  sind  er- 
forderlich 30  kg  Alaun  und  39  kg  Bleizucker  (Bleiacetat);  diese 
kosten  (gegenwärtig)  30  x 0,30  Mk.  39  X 0,60  Mk.  = 9 + 23,4  = 
32,4  Mark.  Dazu  kommen  pro  Mantel  2 1 Oelatinelösung  ’/«  Vo,  pro 
Bataillon  1200 1 = 3,0  kg  Gelatine  = 9,90  Mark.  In  Summa  42,30 Mark. 
Truppen  in  grösseren  Städten  würden  am  besten  tbun,  sich  die  Lösung 
von  essigsaurer  Thonerde  1 ”ja  fertig  von  der  Apotheke  oder  einer 
chemischen  Fabrik  liefern  zu  lassen.  Truppen,  welche  über  eine  Wasch- 
küche verfügen,  würden  am  einfachsten  und  wirksamsten  die  Mäntel, 
nach  Ablösung  der  Knöpfe,  direkt  in  die  Kessel  mit  siedender  Lösung 
eintancben  und  etwa  10  Minuten  darin  kochen  lassen.  Das  Trocknen 
geschieht  am  besten  auf  einem  luftigen  Bodenraum.  Nach  dem  Trocknen 
müssen  die  Mäntel  gerollt  oder  besser  gebügelt  werden. 

Bei  allgemeiner  Einführung  wasserdichter  Kleidungsstücke  in  die 
Armee  würde  es  sich  empfehlen,  das  Tuch  noch  vor  der  Verarbeitung, 
am  besten  im  Korps-Bekleidungsamt,  welches  hierzu  mit  entsprechenden 
Einrichtungen  zu  versehen  wäre,  imprägniren  zu  lassen.  Nicht  bloss  der 
Mantel,  sondern  auch  die  Mütze,  der  Waffenrock  und  die  Hose  des  Soldaten 
würden,  am  ihn  vor  Durchnässnng  zu  schützen,  wasserdicht  zu 
machen  sein.  Nur  für  Reithosen  ist  das  Verfahren  erfabrnngsgemäss 
nicht  ausreichend;  die  Kniee  werden  in  Folge  der  Spannung  der  Hose 
ziemlich  leicht  durchnässt.  Reiter  bedürfen  daher  znm  Schatze  der  Kniee 
bei  stärkerem  oder  anhaltendem  Regen  des  Mantels. 

b.  Die  Imprägnation  grobleinener  und  hänfener  Gewebe. 

Um  Zelt-  and  Segelleine  wand,  Wagendecken,  Scboberpläne  n.  dergl. 
Stoffe  wasserdicht  zu  machen,  bedient  man  sich  ähnlicher  Methoden, 
welche  jedoch  weniger  Rücksicht  auf  Farbe  und  Aussehen  nehmen.  Da 
es  sich  auch  hier  in  der  Regel  um  sehr  dicht  gewebte,  relativ  derbe 
Stoffe  handelt , welche  für  Luft  nicht  durchgängiger  sind  als  Mantel-  oder 
Waffenrocktnch  (s.  die  Tabelle  im  Abschnitt  2),  so  gelingt  ihre  Impräg- 
nirnng  auch  leicht  und  vollständig.  Die  Fabrikanten  machen  ausgedehnten 
Gebrauch  davon.  Fast  auf  jeder  gewerblichen  und  landwirthscbaftlichen 
Ausstellung  sieht  man  Stoffe  dieser  Art  ausgestellt. 


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a.  Aeltere  Methode.  Man  tränkt  das  Gewebe  mit  einer  heissen  Alaun- 
ISsung  5^/o  (Beize)  und  trägt  dann  mittels  Pinsels  eine  Aiiflüsnng  von  Kolopho- 
ninmseife  and  weisser  Kernseife  ää  1:30  Wasser  anf.  (1Tb.  Kolopboniom 
wird  mit  1 Th.  kryst.  Soda  in  10  Th.  Wasser  gekocht,  die  sich  bildende  Seife  mit 
Vs  Theil  Kochsalz  abgeschieden.)  Alsdann  spült  man  den  Stoff  in  Wasser  aus, 
trocknet  nnd  rollt  ihn. 

Das  Verfahren  ist  für  grobe  Stoffe  (Schoberpläne  u.  A.)  sehr  brauchbar.  Der 
Stoff  fühlt  sich  aber  fettig  (seifig)  an. 

Es  giebt  mehrere  Variationen  dieser  Methode.  Anstatt  Alaun  wird  als  Beize 
auch  Kupfervitriol,  chromsaures  Kali,  Eisenoxydsalze  gebraucht. 

Die  Imprägnation  mit  essigsaurer  Thonerde  2^/o  allein  (genan 
wie  oben)  findet  gegenwärtig  vielfach  Anwendung,  namentlich  bei  Zelt-  nnd 
Segelleinewand,  bei  Jagdanzügen  daraus,  bei  Leinenstoffen  zu  häuslichen  und  ge- 
werblichen Zwecken.  Vielleicht  bewährt  sich  auch  hier  die  nachträgliche  Imbibition 
mit  GelatinelSsung  1 : 400. 

y.  Beizung  mit  heisser  Alaunlüsung  2Vo,  13  Minuten  lang;  darnach 
Spülen  in  Wasser.  Darauf  Eintauchen  in  eine  heisse  Auflösung  von  Katron- 
seife  3Vo,  13  Minuten  lang.  Alsdann  wieder  Spülen  in  reinem  Wasser;  Trocknen; 
Rollen. 

Diese  Methode  ist  nach  meinen  Versuchen  weitaus  die  beste  dieser  Gattung. 
So  behandelte  Segelleinewand  ist  in  Farbe,  Konsistenz  und  Aussehen  von 
gewöhnlicher,  nicht  imprägnirter  Leinewand  nicht  zu  unterscheiden,  bei  sorgfältiger 
Spülung  frei  von  fettigem  Gefühl,  und  dabei  vorzüglich  wasserdicht.  Ich 
kann  diese  Methode  zum  Wasserdicbtmachen  von  Offizier-  und  Mannschafiszelten, 
von  Windschirmen,  von  Brotbeuteln,  von  Küchen-  und  Arbeitsanzügen,  von  Jagd- 
und  Feuerwehr-Anzügen,  vou  Schober-Plänen  and  dergl.  nur  warm  empfehlen. 

Die  DrillicbkleiduDgsBtncke  des  Soldaten  (Rock,  Jacke,  Hose)  wasser- 
dicht za  maclien,  ist  nicht  rathsam,  wiewohl  die  Imprägnation 
der  neuen  Drillichsachen,  im  Hinblick  anf  ihre  relativ  geringe  Durch- 
lässigkeit für  Luft,  sicherlich  sehr  wirksam  sein  würde.  Aber  diese 
Wirksamkeit  würde  mit  jeder  Seifenwäsche  erheblich  abnehmen. 

Von  praktischer  Wichtigkeit  ist  es,  zu  wissen,  wie  lange  ein  nach 
obiger  Methode  wasserdicht  gemachtes  Militärtnch  seine 
Wirksamkeit  behält. 

Eine  bestimmte  Antwort  auf  diese  Frage  lässt  sich  zur  Zeit  noch 
nicht  geben.  Auf  Grund  der  Analogie  mit  den  echt  gefärbten  Tuchen  lässt 
sich  annehmen,  dass  ein  imprägnirter  Waffenrock  die  auf  seinen  Fasern 
im  Entstebungsmomente  niedergeschlagene,  wasserabhaltende  Substanz 
ungefähr  eben  so  lange  festhalten  wird,  wie  den  durch  analogen  Vorgang 
niedergeschlagenen  Farbstoff,  z.  B.  Indigo.  Nach  den  Mittheilungen  von 
Offizieren,  welche  sich  im  Besitze  von  imprägnirten  Paletots  befinden, 
hat  sich  die  Wasserdichtigkeit  mehrere  Jahre  hindurch  vollkommen 
erhalten.  Ich  selbst  besitze  einen  solchen  Paletot,  welcher  im  Sommer  1878 


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mit  essigsaorer  Tbonerde  impräguirt  worden  ist;  ich  habe  ihn  bis  1882 
nnr  wenig  nnd  von  1883  ab  in  jedem  Manöver  getragen.  Diesen  Paletot 
bängte  ich  am  24.  Mai  v,  Js.  anf  dem  platten  Dache  eines  niedrigen  Hauses 
während  eines  nnunterbrochenen,  meist  feinen  Landregens  aasgebreitet  über 
die  Pässe  eines  umgekehrten  Lehnstuhls.  Nach  diesem  iständigen 
Regen  war  das  Unterfutter  und  die  Innenfläche  des  Tuches  in 
dem  8Jabre  alten  Paletot  noch  ganz  trocken.  An  der  äussern 
Fläche  waren  die  oberflächlichen  Schichten  des  Tuches  durchnässt,  an 
den  abhängigen  Theilen  sogar  bis  zu  erheblicher  Tiefe.  Nirgends  aber 
war  das  Wasser  nach  innen  hindurch  gedrungen. 

Wir  stehen  hier  offenbar  erst  am  Anfänge  der  Erkenntniss.  Nach- 
dem nun  aber  das  Wesen  der  Wirksamkeit  des  Wasserdichtmacbens  von 
Kleiderstoffen  erschlossen  worden  ist,  dürfen  wir  hoffen,  dass  die  rastlos 
tbätige  chemische  Technologie  uns  in  nicht  zu  ferner  Zeit  Stoffe  und 
Methoden  kennen  lehren  wird,  welche  die  bisherigen  an  Wirksamkeit 
noch  übertreffen.  Als  das  Ideal  aller  dieser  Bestrebungen  möchte  ich 
bezeichnen,  die  äussere  Kleidung  des  Menschen  in  demselben  Grade 
wasserabhaltend  zu  machen,  wie  es  das  Gefieder  der  Ente  ist 


Zwei  Fälle  von  Gelenkmaas  des  Kniegelenkes. 

Mitgetheilt  von 

Stabsarzt  Dr.  Pfahl  in  Zabem  i.  EU. 


Als  ich  im  November  1883  den  ersten  der  beiden  Krankheitsfälle, 
über  welche  ich  an  dieser  Stelle  berichten  will,  beobachtete,  bot  derselbe 
für  mich  deshalb  ein  besonderes  Interesse,  weil  ich  bis  dahin  noch  niemals 
Gelegenheit  gehabt  hatte,  eine  Gelenkmaas  anders  als  aus  Büchern  nnd 
pathologisch -anatomischen  Sammlungen  kennen  zu  lernen.  Vor  wenigen 
Monaten  kam  mir  in  meiner  kleinen  Garnison  die  zweite  Erkrankung 
dieser  Art  zu  Gesicht,  und  ich  musste  unwillkürlich  an  die  „Duplizität 
der  Fälle“  denken;  in  meiner  bisherigen  Meinung  von  der  relativen  Selten- 
heit dieser  Vorkommnisse  wurde  ich  jedoch  stutzig,  ich  sah  mich  daher 
in  der  Litteratur  um,  fand  indessen  meine  Annahme  durch  eine  Bemerkung 
Billroth's,'*^)  dass  die  Gelenkkörper  „überhaupt  änsserst  selten,  vielleicht 

*}  Billrotb,  Allgeni.  Chirurg.  Pathologie  u.  Therapie,  III.  Auflage,  Seite  55b. 


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die  eelteoste  Gelenkkrankbeit“  seien,  bestätigt.  Dieser  Umstand  sowie 
namentlich  der  äusserst  günstige  Heilnngsverlanf  nach  der  operativen 
Entfcrnnng  der  Gelenkkörper  veranlassen  mich  zur  Veröffentlichnng  meiner 
beiden  Beobachtungen. 

In  der  vorantiseptischen  Zeit,  wo  man  die  Eröffnung  der  grösseren 
Gelenke  als  einen  gefährlichen,  oft  zu  Vereiterung  des  Gelenkes,  ja 
selbst  zu  Pyämie  nnd  anderen  tUdtlichen  Wundkrankheiten  führenden 
Eingriff  scheute,  haben  sich  die  Militärärzte  mit  Recht  nur  bei 
zwingender  Nothwendigkeit  zur  Eröffnung  des  Kniegelenkes  verstanden. 
Aber  auch  heutzutage  sind  es  noch  oft  genug  Gründe  äusserer  Natur, 
welche  in  der  militärärztlicben  Praxis  von  nicht  strikte  gebotenen  opera* 
tiven  Eingriffen  abhalten.  Werden  jedoch  dem  Patienten  die  Vortheile, 
welche  er  von  einer  Operation  zu  erwarten  hat,  genügend  klar  gemacht, 
so  wird  er  sich  um  so  eher  dazu  entschliessen,  als  ja  jetzt  fast  stets 
die  Versicherung  hinzugefügt  werden  kann,  dass  eine  Lebensgefahr  mit 
der  Operation  nicht  verbunden.  Auf  diese  Weise  werden  gewiss  in  Zu- 
kunft manche  Leute  dem  Dienst  erhalten  bleiben,  die  früher  als  unbrauch- 
bar entlassen  und  denen  auch  meist  Invalidenbenefizien  zugebilligt 
werden  mussten.  — Meine  beiden  Kranken  waren  mit  der  Operation 
nicht  nur  einverstanden,  trotzdem  sie  Versorgungsanspräche  hätten  geltend 
machen  können,  sondern  sie  wünschten  auf  die  Versicherung,  dass  die 
Beseitigung  ihres  Uebels  gefahrlos  sei,  dringend  dieselbe. 

1)  Der  Jäger  M.  ging  am  3.  Februar  1885  zum  ersten  Male  dem 
Lazareth  zu;  er  diente  im  2.  Jahre.  Früher  war  er  angeblich  stets  gesund 
gewesen,  namentlich  batte  er  nie  an  Schmerzen  im  rechten  Knie  gelitten. 
Am  1.  2.  war  er  beim  Springen  über  das  Schnnrspranggestell  binge- 
scfalagen  nnd  hatte  gleich  darauf  Schmerzen  am  rechten  Knie  verspürt, 
besonders  nach  aussen  von  der  Kniescheibe.  Der  Umfang  des  rechten 
Kniegelenks  betrug  1’/,  cm  mehr  wie  links,  die  Kniescheibe  war  abge- 
hoben. Schmerzhaftigkeit  bei  Druck  massig,  heftig  beim  Versuch  das 
Knie  zu  beugen  an  dessen  äusserer  Seite.  Nach  4 Tagen  waren  unter 
Anwendung  von  Kälte  und  Druckverbänden  die  Schmerzen  und  nach 
weiteren  8 Tagen  auch  die  Anschwellung  geschwunden.  Patient  wurde 
am  7.  3.  anscheinend  völlig  geheilt  entlassen.  — Am  24.  4.  wurde  er 
zum  zweiten  Male  in  das  Lazareth  aufgenommen;  2 Tage  vorher  waren 
nach  Ausführung  des  Ilocbsprnngs  Schmerzen  im  rechten  Knie  aufgetreten^ 
die  sich  bei  dem  darauf  folgenden  Exerzieren  noch  gesteigert  hatten. 
Das  Kniegelenk  war  von  Neuem  angeschwollen  nnd  besonders  beim 
Dnrchdröcken  klagte  M.  über  Schmerzen  in  der  Tiefe  des  Gelenks. 


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Nach  wcDigen  Tagen  hatten  sich  diese  Erscheinnngen  wieder  verloren, 
der  Kranke  wurde  jedoch  noch  längere  Zeit,  bis  som  25. 5.,  im  Lazareth 
behalten.  Er  that  dann  wieder  allen  Dienst,  ohne  am  Knie  irgend  etwas 
zu  verspüren.  — Am  21.  11.  stolperte  er  in  dem  mit  Steinplatten  beleg- 
ten Flur  der  Kaserne  über  einen  Koblenkasten,  wobei  er  mit  dem  rechten 
Knie  auf  den  Boden  schlag.  Sofort  stellten  sich  Schmerzen  ein  und  bei 
der  Lasaretbanfnahme  am  22.  11.  betrag  der  Umfang  des  Gelenks  2 cm 
mehr  wie  der  des  linken.  Vier  Tage  später,  wo  das  Knie  um  1 cm  abge- 
scbwollen  war,  fühlte  ich  an  der  äusseren  Seite  desselben  einen  beweg- 
lichen harten  Körper,  der  sich  nach  allen  Richtungen  bin  verschieben 
Hess,  sowohl  unter  die  Kniescheibe  wie  auch  auf  deren  innere  Seite.  M. 
glaubte,  dass  er  schon  seit  einigen  Monaten  eine  der  Grösse  dieses  Körpers 
entsprechende  Anschwellnng,  die  jetzt  verschwunden,  an  der  äusseren 
Seite  des  Gelenks,  etwa  in  der  Höhe  des  unteren  Randes  der  Kniescheibe 
gefühlt,  die  dort  festgesessen  und  ihm  niemals  Unbequemlichkeiten  ver- 
ursacht habe.  — Die  Beschwerden,  welche  der  Gelenkkörper  machte, 
waren  die  für  dieses  Leiden  charakteristischen ; fast  Null  bei  ruhiger 
Lage,  ein  Gefühl  von  Spannung  beim  Geben  und  gelegentlich  Auftreten 
von  heftigerem  Schmerz  bei  Einklemmung  des  Körpers  zwischen  den 
Knochen  des  Gelenks. 

Am  19.  12.  wurde  die  Gelenkmaus  entfernt.  Die  Eröffnung  des 
Gelenks  erfolgte  selbstredend  unter  peinlicher  Beobachtung  der  Antiseptik 
— ohne  Chloroform  — und  zwar  an  dessen  äusserer  Seite;  ich  folgte  dabei 
den  genauen  Anweisungen  von  Koenig'**').  Nachdem  die  Haut  etwas  nach 
der  Kniescheibe  hin  verzogen  war,  wurde  auf  dem  Condylus  ext.  eine  von 
oben  nach  unten  verlaufende  4 cm  lange  Inzision  über  der  gut  fixirten 
Gelenkmaus  durch  die  Haut  und  eine  etwas  kleinere  durch  die  Kapsel 
gemacht.  Die  Blutung  war  unbedeutend.  Der  Gelenkkörper  wurde 
durch  leichten  Druck  entfernt,  die  Wundränder  durch  3 tiefgreifende, 
auch  die  Kapsel  wunde  scbliessende  Seiden-  und  3 oberflächliche  Katgut- 
fäden  genau  vereinigt.  Darüber  Karbolspiritusjute-Verband.  Die  Gelenk- 
maus  stellte  sich  als  ein  etwas  unregelmässig  geformter,  knorpelbarter, 
fast  2>/>  cm  langer,  1,6  cm  breiter  0,7  cm  dicker  Körper  dar,  dessen  eine 
Fläche  glänzend  weiss  und  spiegelglatt,  während  die  andere  etwas  rauh 
war.  Der  Verband  blieb  6 Tage  liegen,  da  weder  Fieber  noch  Schmerzen 
aufiraten.  Alsdann  wurden  die  Nähte  entfernt,  die  Wunde  war  völlig 
geheilt.  Das  Gelenk  zeigte  jedoch  eine  geringe  Schwellung,  die  sich  in- 

*)  Koenig,  Sperielle  Chirurgie,  111.  Band,  Seite  477,  3.  Auflage. 


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dessen  nach  wenigen  Tagen  völlig  verlor.  Am  14.  1.  1886  verliess  Pa- 
tient das  Bett  und  am  23.  1.  das  Lasareth.  Er  hat  später  nie  mehr 
über  Beschwerden  am  Knie  su  klagen  gehabt  nnd  ist  im  vorigen  Herbst 
sur  Reserve  entlassen  worden. 

2)  Der  am  1.  1.  d.  J.  ins  Lazareth  aufgenommene  Jäger  W.  hatte 
am  30.  12.  86  beim  Ausfuhren  der  Wendung  „links  um*  im  Marscbiren 
einen  heftigen  Schmerz  im  linken  Knie  verspürt,  welcher  sich  am  folgen- 
den Tage  so  steigerte,  dass  W.  sich  krank  melden  musste.  Er  gab  zu- 
nächst an,  dass  er  noch  nie  krank  gewesen,  insbesondere,  dass  er  nie 
am  linken  Knie  gelitten;  erst  durch  eingehenderes  Befragen  liess  sich 
feststellen,  dass  er  vor  8 Jahren  einmal  auf  das  Knie  gefallen,  und  dass 
dasselbe  danach  etwa  14  Tage  lang  angeschwollen  nnd  schmerzhaft  ge- 
wesen sei.  — Bei  der  Lazaretbanfnahme  war  das  Oelenk  bei  Druck  nnd 
bei  Bewegungen  schmerzhaft,  besonders  an  seiner  inneren  Seite,  die  An- 
schwellung eine  mässige.  Die  Schmerzhaftigkeit  verlor  sich  rasch,  lang- 
samer die  Schwellung;  ein  Gefühl  von  Steifigkeit  nnd  Spannung  bestand 
noch,  als  ich  am  30. 1.  bei  einer  gelegentlichen  Betastung  an  der  inneren 
Seite  des  Gelenks  einen  barten  Körper  fühlte,  der  sich  nach  allen  Rich- 
tungen hin  nnd  her  bewegen  nnd  sich  unter  die  Kniescheibe  verschieben 
liess.  Niemals  jedoch  wurde  derselbe  an  der  äusseren  Seite  der  Knie- 
scheibe bemerkt,  auch  gelang  es  nie,  denselben  durch  Druck  hier  zum 
Vorschein  zu  bringen;  wohl  aber  war  derselbe  öfter  Tage  lang  in  der 
Tiefe  des  Gelenks  verschwunden  nnd  erschien  erst  wieder,  wenn  Patient 
umherging.  Die  Beschwerden  waren  ähnliche  wie  in  dem  vorhin  ge- 
schilderten Falle.  — Die  Entfernung  wurde  am  2.  3.  durch  Eröffnung 
der  Gelenkkapsel  auf  dem  Condylns  int.  vorgenommen.  Der  Haut- 
schnitt batte  eine  LÄnge  von  4 cm,  die  Kapselwnnde  wurde  etwas  mehr 
als  halb  so  gross  angelegt;  eine  spritzende  Arterie  musste  unterbunden 
werden.  Es  gelang  leicht,  den  Körper  mit  der  Pinzette  zu  extrahiren 
Die  Kapselwunde  wurde  durch  5 Katgutfäden,  darüber  die  Hautwunde 
durch  6 Seidenfäden  exakt  geschlossen.  Mit  einem  antiseptischen  Ver- 
bände versehen,  wurde  das  Knie  in  der  Drahthose  festgestellt.  Der  Ge- 
lenkkörper erwies  sich  von  ovaler,  etwas  unregelmässiger  Gestalt,  2,8  cm 
lang,  1,9  breit  nnd  0,7  cm  dick.  An  dem  einen  Ende  befand  sich  ein 
6 mm  langes,  schmales  knorpeliges  Anhängsel.  Die  eine  Fläche  desselben 
erschien  glatt,  die  andere  mehr  rauh.  — Die  Heilung  war  eine  völlig 
ungestörte.  Nach  6 Tagen  entfernte  ich  den  Verband  und  die  Seiden- 
fäden; bei  Lösung  der  obersten  Naht  entleerten  sich  ein  paar  kleine 
Blutgerinnsel  nnd  wenig  blutig  - wässrige  Flüssigkeit;  der  übrige  Theil 


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der  Wände  war  geheilt,  das  Gelenk  weder  empfindlich,  noch  im  Gering- 
sten angeschwollen.  Der  zweite  Verband  blieb  8 Tage  liegen.  Ende  des 
Monats  war  Patient  ansser  Bett,  alle  Bewegungen  des  Gelenks  waren 
vollkommen  frei,  die  Narbe  beweglich.  W.  ist  inzwischen  ans  dem  La* 
zareth  entlassen  und  thnt  wieder  allen  Dienst. 


Nachtrag  zu  Seite  278—283.  1887. 

Nachdem  meine  Bemerkungen  im  Heft  7 dieser  Zeitschrift  zu 
gewissen,  die  Typhnsverbreitnng  betreffenden  Deduktionen  ans  den  Kriegs- 
erfahrungen der  Jahre  1870  und  1871  Herrn  Geheimen  Rath 
von  Pettenkofer  zu  einer  Entgegnung  in  einem  Hefte  seines  Archivs 
für  Hygiene  (Bd.  VII,  S.  80,  81)  Anlass  gegeben  haben,  sind  mir 
seitens  der  verebrlichen  Redaktion  znr  Reproduktion  dieser  Einwurfe 
und  zugleich  zu  wenigen  sachlichen  Worten  der  Vertheidignng  einige 
Zeilen  zur  Disposition  gestellt. 

1)  Den  von  mir  dem  Generalberichte  über  die  Sanitätsverwaltung 
im  Königreiche  Bayern  entnommenen  Zahlen  über  die  höbe  Typhns- 
sterblicbkeit  in  der  Zivilbevölkerung  Bayerns  während  des  Jahres  1871 
wird  entgegengehalten,  dass  hierbei  die  Zahl  der  in  ihre  Heimath 
evaknirten,  an  Typhus  verstorbenen  bayerischen  Militär-Personen  mit- 
eingerechnet  sei,  dass  sogar  die  vom  Typhus  stark  heimgesuchten 
Kriegsgefangenen  jene  Zahlen  beeinflnsst  hätten. 

Wie  die  beamteten  bayerischen  Zivilärzte,  auf  deren  Mittheilnngen 
der  angezogene  Generalbericht  fasst,  dazu  gekommen  sein  sollen,  bei 
ihren  Zablenangaben  aktive  Soldaten  und  Kriegsgefangene  einzurechnen, 
ist  schwer  begreiflich.  Kranke  Militärpersonen  gehören  in  die  Armee- 
rapporte, auch  wenn  sie  in  heimathlichen  Lazarethen  an  Typhus  sterben, 
und  gar  französische  Kriegsgefangene  zur  Zivilbevölkerung  eines  deutschen 
Staates  zu  rechnen,  ist  mindestens  ungewöhnlich.  Die  bayerischen 
Medizinalbeamten  hätten  sich,  wenn  der  mir  gemachte  Einwand  znträfe, 
durch  Mitanfhahme  solcher  Todten  in  ihre  Sterblichkeitsstatistik  und  in 
die  Prozentberechnnngen  ohne  ausdrückliche  Bemerkung  einer  argen 
statistischen  Sünde  schuldig  gemacht.  Die  Vertheidignng  gegen  solchen 
Vorwurf  muss  ich  den  Veranstaltern  des  bayerischen  Generalberichts 
überlassen,  deren  Verfasser  leider  nicht  mehr  unter  den  Lebenden  weilt; 

3 


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meioeraeite  bemerke  ich  Dar,  dass  eine  derartige  Vertheidignng  aas  dem 
sonstigen  Inhalte  der  Oeneralbericbte  keine  grosse  Schwierigkeiten 
bieten  durfte. 

2)  Mein  Hinweis  darauf,  dass  bei  der  grossen  Dürftigkeit  statistischer 
Angaben  für  die  ZiTÜbevölkernng  Deutschlands  aus  dem  Jahre  1871 
lokale  Tjphusepidemien , welche  durch  Einschleppung  des  Typhnskeims 
seitens  kranker  Soldaten  bedingt  waren,  nicht  zur  allgemeinen  Eenntniss 
der  Aerzte  gekommen  seien,  soll  entkräftet  werden  durch  die  Ent- 
gegnung, dass  selbst  in  der  Türkei  solche  Epidemien  nicht  unbemerkt 
blieben. 

Bei  aller  Hochachtung  vor  der  Autorität,  die  Solches  behauptet, 
wird  der  kundige  Leser  doch  sein  leises  Bedenken  hegen,  ob  nicht  der 
derzeitige  Stand  der  türkischen  Medizinalstatistik  etwas  zu  hoch  taxirt  ist. 

3)  Nach  Anführung  zweier  deutschen  Städte,  München  und  Hamburg, 
in  denen  nach  1871  zeitweise  eine  höhere  Typhussterblichkeit  als  im 
Kriegsjahre  herrschte  — welche  Möglichkeit  ich  gewiss  nie  in  Zweifel 
gezogen  habe  — , benutzt  Herr  Geh.  Rath  von  Pettenkofer  mein 
Citat  von  Martins  über  den  Grundwasserstand  in  München  dazu,  um 
meine  Anschauungen  über  Grandwasserverhältnisse  zu  tadeln. 

Abgesehen  von  diesen  Anschauungen,  über  die  ich  Belehrungen 
von  so  maassgebender  Seite  gern  entgegennebme,  muss  ich  allerdings 
zugestehen,  dass  dies  Citat  nnnöthig  war,  denn  das  Interesse  an  den 
Grandwasserschwankungen  bei  jeder  Verbreitung  des  Abdominaltyphus 
ist  in  ärztlichen  Kreisen  erheblich  gesunken,  seitdem  Wernich  nnd 
namentlich  Pistor  (in  ihren  Generalberichten  über  das  öffentliche 
Gesundheitswesen  Berlins  pro  1881 — 1885)  unzweideutig  bewiesen  haben, 
dass  in  Berlin  schon  seit  vielen  Jahren  eine  Abhängigkeit  der  Typhns- 
verbreitung  oder  der  Typhussterblichkeit  vom  jeweiligen  Grundwasser- 
stande  keineswegs  zutrifft  Dennoch  halte  ich  im  Hinblick  auf  solche 
Publikationen,  wie  z.  B.  die  im  Archiv  für  Hygiene  (Bd.  VI,  S.  257 — 302) 
mitgetheilte  Studie  (in  welcher  die  bezüglichen  Berliner  Verhältnisse  im 
Gegensatz  zu  Pistor’s  etc.  Berechnungen  benutzt  werden),  einen  gelegent- 
lichen Hinweis  auf  statistische  Ergebnisse  wie  die  von  Wern  ich  und  Pistor 
nicht  für  überflüssig.  Sicherlich  aber  hätte  ich  das  Citat  von  Martins 
in  meinem  Referate  fortgelassen,  wenn  ich  geahnt  hätte,  dass  ich  damit 
an  gewichtiger  Stelle  so  argen  Anstoss  erregen  würde. 

Berlin,  Mitte  August  1887.  Dr.  Rahts, 

Königl.  Prenssischer  Stabsarzt. 


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Referate  nad  Kritiken. 


Alfred  Ooldscheider:  Eine  nene  Methode  der  Temperatur* 
sinnpröfang.  Westphal’s  Archiv  Bd.  XVIII.  Heft  S.  Mit  vier 
lithographirten  Tafeln. 

Die  von  dem  Verfaaaer  ermittelte  Exiatenz  getrennter  Sinneaapparate 
io  der  Haut  aowie  die  von  ihm  featgeatellten  Thataachen  bezüglich  der 
Erregbarkeit  nnd  Topographie  deraelben  aind  von  anaachlaggebender 
Bedeotnng  für  die  Benrtbeilnog  pathologiacher  Verbältniaae  nnd  machen 
ea  znm  Erforderniaa,  nnaere  Präfnngametboden  auf  dem  Gebiete  der 
Senaibilität  im  Sinne  der  von  dem  Antor  ermittelten  Geaetze,  aoweit  aie 
denaelben  nicht  achon  Rechnung  tragen,  umzugeatalten. 

In  der  vorliegenden  Abhandlnng  batVerf.  nun  aelbat  eine  auf  aeinen 
Beobachtungen  baairende  nene  Methode  der  Temperatnrainnprnfung 
entworfen,  die  auf  dem  Prinzip  beruht,  die  abaolnte  Temprratnr- 
empfindlichkeit  für  Kälte  und  Wärme  der  in  Frage  kommenden  Tcrraina 
der  Hantoberfläcbe  durch  Vergleich  mit  der  Empfindnngagröaae  normaler 
Hantpartien  von  bekannter  Empfindungawertbigkeit  zn  beatimmen.  £a 
werden  alao  die  lokalenDifferenzeninderAnlagedeaTemperatur- 
ainnaznrRichtacbnnr  der  Prüfung  genommen.  Zn  dieaem  Bebufe  aind 
anf  der  Hantoberfläcbe  einzelne  Felder  gegeneinanderjabgegrenzt,  die  nach 
der  Wertbigkeit  der  daselbst  waltenden  Temperatnrempfindlictikeit  mit 
Ziffern  (Stnfen)  von  1 — 8 für  den  Wärme-,  von  1 — 12  für  den  Kälteainn 
bezeichnet  aind.  Die  Berechtigung  für  diese  Art  der  Bestimmnng  ist 
gegeben  durch  die  Tbatsacbe,  dass  diese  topographischen  Abstufungen 
eine  genügende  Konstanz  bei  den  verschiedenen  Menachen  zeigen. 

Nach  den  Ausführnngen  des  Verfassers  bestehen  nun  die  diagnosti- 
schen Merkmale  der  Herabsetzung  der  Empfindlichkeit  (Hyperästhesie) 
darin,  dass  einmal  die  Stnfen  der  betroffenen  Region  eine  Verschiebung 
gegenüber  den  normalen  äquivalenten  Stellen  anderer  Regionen  erkennen 
lassen  und  dass  andererseits  die  innerhalb  des  Terrains  selbst  sonst 
vorhandenen  Abstufungen  mehr  oder  weniger  verwischt  werden.  — Die 
Schwierigkeiten,  welche  der  Methode  anbaften,  werden  von  dem  Autor 
selbst  genügend  gewürdigt  nnd  die  Tragweite  derselben  erörtert.  Er 
hebt  besonders  hervor  die  Ermüdung  der  Hautstellen  durch  wiederholte 
Reizung  sowie  die  durch  Abkühlung  bedingte  Abnahme  der  Sensibilität, 
die  ganz  entsprechende  Zustände  des  Temperatursions  bervorrufen  kann, 
wie  sie  durch  pathologische  Verhältnisse  bedingt  werden.  Am  Schlüsse 
weist  G.  auf  die  dem  Kliniker  wohl  genügend  bekannte  Tbatsacbe  hin, 
dass  die  Störungen  des  Temperatursinns  nicht  bloss  als  „rara  avis**  Vor- 
kommen, sondern  als  ein  integrirender  Bestandtheil  der  Veränderungen 
der  Hautsensibilität  erscheinen. 

In  einem  Referate  können  nur  die  Prinzipien  der  Methode  gekenn- 
zeichnet werden ; wer  sich  genauer  unterrichten  will,  ist  auf  die  Original- 
arbeit mit  den  beigegebenen  Tafeln  zu  verweisen;  dass  die  Methode  auf 
einem  grossen  Fortschritte  in  der  Erkenntniss  physiologischer  Thatsachen 
beruht,  ist  zweifellos;  ob  sie  aber  in  ihrem  jetzigen  Ausbau  auf  dem 
Gebiete  der  klinischen  Untersuchung  zur  Herrschaft  gelangen  wird,  lässt 
sich  noch  nicht  übersehen. 

Oppenheim. 

3* 


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Jahr  esbericht  über  die  Fortschritte  in  der  Lehre  von  den 
pathogenen  Mikroorganismen,  amfassend  Bakterien,  Pilze 
and  Protozoen.  Von  Dr.  Baumgarten,  Professor  an  der  Universität 
Königsberg.  Zweiter  Jahrgang  1^6.  Braunschweig,  Harald  Brahn, 
Verlagsbachhandlang  für  Naturwissenschaft  und  Medizin. 

B.  hat  im  zweiten  Jahrgang  seines  Jahresberichts  nicht  nur  das 
dem  ersten  Bande  allseitig  entgegengebrachte  Wohlwollen  voll  und  ganz 
gerechtfertigt,  sondern  die  von  dem  Werke  gehegten  Erwartungen  sogar 
noch  übertroffen.  Schon  der  Umfang  des  Bandes  — 458  gegen 
192  Seiten  im  vorigen  Jahre  — spricht  deutlich  genug  für  die  Reich* 
haltigkeit  desselben.  Hierzu  kommt,  dass  der  Verf.  sich  fast  durchweg 
an  die  Originale  selbst  halten  konnte  und  dass  er  die  von  der  Kritik 
hervorgehobenen  Mängel  der  ersten  Jabreszusammenstellung  nach  Kräften 
beseitigt  bat. 

Der  Plan  der  Arbeit  und  die  Anordnung  des  überreichen  Stoffs 
sind  dieselben  geblieben,  wie  im  ersten  Bande.  Auch  die  im  vorigen 
Jahre  bereits  an  dieser  Stelle  rühmend  hervorgehobenen  kritischen 
Bemerkungen  und  Zusätze  des  Verf.  finden  wir  erfreulicherweise,  und 
zwar  in  erheblich  vermehrter  Zahl  und  derselben  Sacbgemässheit,  wieder, 
wie  früher.  Wir  möchten  dieselben  als  einen  geradezu  integrirenden 
Bestandtheil  auch  in  künftigen  Jahrgängen  nicht  vermissen. 

Neu  hinzugekommen  ist  der  Abschnitt  „allgemeine  Mikrobienlebre“, 
welcher  die  Referate  über  Arbeiten  allgemeineren  Inhalts,  deren  Unter- 
bringung in  anderen  Kapiteln  auf  Schwierigkeiten  stiess,  umfasst. 

Den  Schluss  bildet  die  „allgemeine  Methodik,  Desinfektionslehre 
und  Technisches“  (Mittbeilungen  über  neue  Apparate,  neue  Kultur- 
methoden,  Photographie  von  Bakterien,  Desinfektion  n.  s.  w.). 

Ausser  den  betreffenden  Leistungen  des  Jahres  1886  haben  noch 
einige  unberücksichtigt  gebliebene  Erzeugnisse  des  Vorjahrs,  sowie  vor 
Allem  auch  ein  Tbeil  der  wichtigeren  Arbeiten  des  Jahres  1887 
in  der  diesmaligen  Zusammenstellung  Aufnahme  gefunden. 

Einer  besonderen  nochmaligen  Empfehlung  des  Werkes  bedarf  es 
nach  Alledem  nicht  — Schliesslich  möchte  Kef.  nicht  unterlassen,  den 
Vorf.  bezüglich  der  Färbbarkeit  der  Tuberkelbazillen  (S.  195)  mit  ein- 
fachen verdünnten  wässrigen  oder  alkoholischen  Farbstoff- 
lösungen (Fuchsin,  Methylviolet)  auf  die  bezüglichen  Mittbeilungen  in 
dieser  Zeitschrift,  Jahrgang  1884,  Heft  3,  sowie  1886,  Heft  1,  aufmerksam 
zu  machen. 

Pfuhl  (Trier), 


„Ueber  Mikroorganismen  im  Konjunktivalsack“.  Von  A.  Engen 
Fick,  Privatdozent  in  Zürich.  Verlag  von  J.  F.  Bergmann,  Wies- 
baden 1887. 

F.  stellt  sich  die  Aufgabe,  diejenigen  Augenkrankheiten  kurz  zu 
besprechen,  deren  Aetiologie  spezifischen  Mikroorganismen  zugescbrieben 
wird  und  zwar  beschränkt  er  sich  auf  die  Krankheiten  der  Konjunktiva, 
Cornea,  Thränenwege  und  der  Lider,  worüber  er  eigene  Untersuchungen 
angestellt  hat. 


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Im  ersten  Theil  bespricht  er  die  bexöglichen  mykotischen  Krank- 
heiten nach  der  gegenwärtigen  Litteratnr.  Für  die  Blennorrhoea  scheint 
der  Gonococcns  Neisser  nach  den  Untersnchnngen  von  Bockhardt 
and  Bnmm  erwiesen.  — Für  das  Trachom  ist  die  Frage  noch  nicht 
abschliessend  beantwortet  — Der  von  Knschbert  und  Neisser  als 
Xerosebazillns  angesprocbene  Mikroorganismus  scheint  nach  Anderer 
Untersnchnng  nicht  spezifisch  zu  sein,  — Für  Tuberkulose  und  Lupus 
conjunctivae  ist  durch  den  von  verschiedenen  Seiten  erbrachten  Befund 
des  Tuberkulose-Bazillus  dieser  als  Erzeuger  zu  betrachten.  — Bei  der 
Conjunctivitis  acuta  sind  verschiedene  Spaltpilze  beschuldigt,  doch  ist 
über  den  ursächlichen  Zusammenhang  derselben  und  der  betreffenden 
Krankheit  noch  nichts  ermittelt.  — Die  mykotische  Natur  der  Conjuncti- 
vitis crouposa  und  Conjunctivitis  diphtheritica  wird  allgemein  als 
selbstverständlich  betrachtet,  doch  ist  bei  der  gewaltigen  Schwierigkeit 
der  Untersuchung  gerade  dieser  Krankheit  eine  Uebereinstimmnng  über 
die  wichtigsten  Fragen  noch  nicht  erzielt.  Zunächst  bat  die  allgemeine 
Pathologie  erst  das  Verständniss  der  Diphtherie  überhaupt  völlig  zu 
erscbliessen.  — Die  Frage  nach  den  Erregern  der  ekzematösen  Conjuncti- 
vitis bleibt,  trotz  der  Arbeiten  von  Oifford,  der  mit  seinen  Rein- 
kulturen beim  Kaninchenange  keine  Phlyctaenen  erzeugen  konnte,  eine 
offene.  — Ueber  den  spezifischen  Mikroorganismus  des  ulcus  corneae 
serpens  herrscht  trotz  vielfacher  Untersuchungen  noch  keine  bestimmte 
Klarheit.  — Sicher  ist  nur,  dass  es  erzeugt  wird  durch  Einimpfung 
septischer  Substanzen  und  durch  bestimmte  Bakterienarten  (z.  B.  durch 
die  Spielarten  des  Staphylococcus  pyogenes)  und  auch  durch  Schimmel- 
pilze. — Ueber  Betbeiligung  von  Mikroorganismen  bei  Erkrankungen 
der  Tbränenwege  und  Lider  haben  die  bisherigen  Untersuchungen  auch 
Doch  kein  allgemein  zu  acceptirendes  Resultat  ergeben.  — 

Im  nächsten  Abschnitt  Kommt  Verfasser  zu  seinen  eigenen  Unter- 
suchungen. 

Er  stellt  sich  zunächst  die  Aufgabe,  die  Bakterien  kennen  zu  lernen, 
die  im  normalen  Konjunktivalsack  als  „harmlose  Schmarotzer“  weilen 
und  die  auf  verschiedene  Weise  dahin  gelangen  können  (durch  die 
Aussenlnft,  Waschwasser,  Taschentuch,  Finger  etc.,  auch  aus  der  Nasen- 
höhle durch  die  Tbränenwege).  Das  Material  zu  diesen  Untersuchungen 
stellten  die  Pfründner  des  Juliusspitals  zu  Würzburg,  wo  auch  am 
Institut  des  Professor  Michel  diese  Arbeiten  vorgenommen  wurden. 
Untersucht  wurden  85  Bindehäute  bei  57  Personen,  darunter  waren  nur 
6 ohne  Mikroorganismen -Befund.  Es  wurden  zunächst  in  bekannter 
Weise  von  dem  Konjnnktivalsekret  Deckgläschen-Trocken prÜparate  an- 
gefertigt und  mit  Metbylviolet  gefärbt,  sodann  wurden  Plattenkultnren 
angelegt,  zu  denen  drei  verschiedene  Nährböden  verwandt  wurden: 

1)  Fleischdekokt-Pepton-Agar, 

2)  Fleischdekokt-Pepton-Gelatine, 

3)  Blutserum-Agar. 

Näcbstdem  wurde  noch  das  Gedeihen  der  gefundenen  Mikroorganismen 
auf  gekochten  Kartoffeln  untersucht  und  Impfungen  von  Reinkulturen  in 
die  Kaninchen-Cornea  gemacht 

Untersuchungs-Resultate: 

F.  fand  sechs  Bazillus -Arten , von  denen  zwei  pathogen  waren, 
vier  Kokken-Arten  mit  einer  pathogenen  (Staphylococcus  pyogenes  aureus). 
Bei  fünf  anderen  Mikroben-Arten  war  die  Herkunft  aus  dem  Konjunk- 


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ti valsack  nicht  einwandsfrei,  so  dass  sie  nicht  weiter  verfolgt  worden. 
Sieben  der  anfgesäblten  Bakterien>Arten  sind  von  gesunden  und  pathologischen 
Konjunktiven  gezüchtet,  also  höchst  wahrscheinlich  Schmarotzer  ohne 
spezifische  Wirkung.  — 

Bei  der  Xerosis  conjunctivae  berichtet  Verfasser,  nach  kritischer 
Beleuchtung  der  bislang  darüber  erschienenen  Arbeiten,  über  einen  Fall 
von  Hemeralopie,  den  er  bei  einem  fünQührigen  Knaben  zu  untersuchen 
Gelegenheit  hatte.  Hiernach  neigt  er  Bezold's  Auffassung  (1874)  zu, 
dass  unter  mannigfachen  Umständen  (schlechte  Ernährung,  entkräftende 
Krankheiten)  ein  harmloser  und  häufiger  Schmarotzer  der  Bindehaut  sich 
auf  der  Conjunctiva  bulbi  des  Lidspaltes  so  stark  vermehrt,  dass  er  mit 
blossem  Auge  erkennbare  weiss- graue,  fettig  glänzende  Schüppchen 
bildet,  ohne  sonstige  Störungen  irgendwelcher  Art  zu  verursachen. 

In  Bezug  auf  die  Details  der  Untersuchungsergebnisse  muss  auf  das 
Original  verwiesen  werden. 

Schliesslich  erwähnt  F.  der  von  ihm  gemachten  Beobachtung,  dass 
die  Menge  der  Bakterien  eines  Sekretes  mit  der  Bösartigkeit  der  resp. 
Erkrankung  sehr  häufig  im  umgekehrten  Verhältniss  steht. 

Zur  leichteren  Orientirnng  theilt  F.  die  Mikroorganismen  des 
Konjunktivalsackes  folgendermaassen  ein: 

1)  in  solche,  die,  auf  gesunde  unversehrte  Konjunktivs  gebracht, 
sich  vermehren  und  eine  spezifische  Erkrankung  herbeiführen 
(Oonococcns  und  Trachomcoccus), 

2)  in  solche,  die  im  Bindehautsack,  nur  unter  besonderen  Umständen, 
etwa  bei  Epitbeldefekten , sich  einznnisten  vermögen  und  dann 
gleichfalls  eine  spezifische  Erkrankung  erzeugen  (Bazillus 
tuberculosis), 

3)  in  solche,  die  auf  gesunder  sowohl,  als  pathologischer  Konjunk- 
tivs zwar  wachsen,  trotzdem  aber  keine  pathologischen  Prozesse 
auslösen  („Loftstäbcben“;  Neisser's  Xerose-Bazillos), 

4)  in  solche,  die  sich  im  Bindehautsack  nicht  vermehren  können 
und  früher  oder  später  durch  den  Thränenstrom  fortgeschwemmt 
werden. 

Um  den  Ring  der  vorstehenden  Untersuchungen  zu  schliessen,  hätte 
noch  erübrigt,  bei  den  als  pathogen  befundenen  Organismen  durch 
pathologisch-anatomische  Untersuchungen  der  infizirten  Corneae  nacb- 
zuweisen,  dass  auch  nur  der  infizirende  Spaltpilz  darin  vorhanden  war, 
resp.  ihn  wieder  aus  dem  Erkrankungsherd  ids  Reinkultur  zu  züchten. 

Steinberg. 


„Die  Laryngitis  haemorrbagica“  von  Dr.  P.  Strübing,  Privat- 
dozent in  Greifswald.  (Verl.  v.  Bergmann,  Wiesbaden  1886.) 

Strübing  versteht  unter  Laryngitis  baemorrhagica  einen  mit 
Scbleimbaotblntnngen  einhergehenden  Katarrh  des  Larynx.  Die  Berech- 
tigung, dieser  Krankbeitsform  eine  Sonderstellung  in  dem  breiten  Rahmen 
der  Laryngitis  acuta  zu  geben,  etwa  analog  dem  Krankheitsbilde  des 
Pseudocroup,  sieht  er  In  dem  Umstande,  dass  die  Schleimhaotblntungen 
bei  ihr  in  oder  auf  der  unverletzten  nicht  nlcerirten  Schleimhaut  auftreten. 
Conseqnenterweise  scbliesst  er  die  Fälle,  in  welchen  aus  einem  Ulcus 
bei  gleichzeitiger  Laryngitis  Blutungen  erfolgen,  aus,  ebenso  die  Fälle 
von  sogenannter  Laryngitis  sicca,  bei  denen  es  in  Folge  von  Borken- 


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bildang  za  EoDtianitätstreDDaDgen  der  Schleimbant  kommt,  und  die  Fille, 
in  denen  ohne  bestehenden  KsUrrh  die  Blntnngen  darch  eine  plötzliche 
gewaltsame  Anstrengnng  der  Stimme  entstehen. 

An  der  Hand  einer  eigenen  Beobachtung  and  von  fünf  in  der 
Litteratnr  genaaer  beschriebenen  and  mehrerer  kürzer  erwähnten  Fälle 
bespricht  Ströbing  zunächst  die  Symptome  der  Krankheit,  Nachdem 
eine  aknte  oder  eine  exacerbirende  chronische  Laryngitis  einige  2ieit 
bestanden,  treten  Haemorrhagien  hinzn.  Dieselben  werden  meist  durch 
forcirte  Exspirationsbewegungen  bervorgerafen , können  jedoch  anch  bei 
fast  völliger  Robe  des  Kranken  entstehen.  Die  Blutungen  erfolgen  ent- 
weder anf  die  Oberfläche  der  Schleimhaut,  das  häufigere  Vorkommniss, 
oder  in  das  submncöse  Gewebe  resp.  die  Schleimbant.  Die  Grösse  der 
Blutung  ist  nicht  abhängig  von  der  Intensität  des  Katarrhs.  Je  nach 
der  durch  Schwellung  des  Gewebes  plus  Blutung  bedingten  Stenosirnng 
kommt  es  zu  dyspnoischen  Zuständen.  Gefahrdrohend  werden  diese 
meist  während  der  Nacht.  Die  Blutgerinnsel  haften  fest  in  den  Falten 
und  Unebenheiten  der  geschwollenen  Schleimhaut.  Einmalige  Blutungen 
können  relativ  bedentende  Mengen,  bis  zn  einem  Tassenkopf,  Blut  liefern. 
Die  Expektoration  dieses  flüssigen  nicht  mit  Luft  gemiscbteu  Blutes 
geschieht  leicht.  Ueber  die  Quelle  der  Blutung  giebt  die  laryngoskopische 
Untersuchung  Aufschluss.  Die  Blutung  erfolgt  per  Rbexis.  Die 
selteneren  Blutungen  in  die  Schleimhaut  oder  das  submucöse  Gewebe 
sind  bei  geringer  Grösse  der  Schwellung  und  der  Blutung  bedeutungslos. 
Bei  stärkerer  Blutung  und  Schwellung  kann  es  zu  blutigem  Larynxödem 
kommen,  wie  in  zwei  kurz  angeführten  Fällen  die  Autopsie  bestätigte. 

Hinsichtlich  der  Aetiologie  der  Krankheit  hält  Ströbing  wenigstens 
für  die  schwereren  Fälle  die  von  den  anderen  Autoren  gegebene  Erklärung, 
dass  die  Blutungen  hervorgemfen  werden  durch  die  Steigerung  des  Blut- 
drucks in  den  Oefässen  während  der  forcirten  Exspiration  beim  Hasten, 
nicht  für  ausreichend.  Man  müsse  eine  Alteration  der  Gefässwandnng 
annebmen,  die  vorübergehend  oder  dauernd  vorhanden  sein  könne  und 
in  letzterem  Falle  es  erklärlich  mache,  dass  eine  recidivirende  Laryngitis 
wieder  als  hämorrhagische  auftrete. 

Für  die  Behandlung  verwirft  Ströbing  im  Prinzip  jeden  Eingriff, 
der  eine,  wenn  anch  nur  geringe,  mechanische  Reizung  der  Schleimhaut 
setze,  ohne  leugnen  zu  wollen,  dass  vorsichtige  Pinselungen  mit  Arg. 
nitr.  von  kunstgeübter  Hand  nicht  anch  zum  Ziel  führen  Könnten.  Er 
empfiehlt  häufig  zu  wiederholende  Inhalationen  tbeils  lösender,  theils 
adstrinnrender  Mittel.  Dabei  Aufenthalt  in  gleichmSssig  temperirter 
Luft,  Vermeidnng  lauten  Sprechens,  bei  heftigem  Hasten  Narkotika,  und 
Ableitungen  anf  den  Darm. 

Eventuell  in  schweren  Fällen  Tracheotomie. 

Landgraf. 


Untersuchungen  und  Vorschriften  über  die  Desinfektion  der 
Hände  des  Arztes  von  Professor  P.  Fürbringer,  Direktor  am 
Berliner  Krankenbaase  Friedricbshain.  Wiesbaden,  Bergmann,  1888. 
55  Seiten. 

Verf.  ist  auf  Grund  eingehender  bakterioskopiscber  Versuche  zu 
Resultaten  gelangt,  welche  die  über  den  gleichen  Gegenstand  pnblizirten 
Erfahrungen  Kümmell’s  (C.  Bl.  f.  Chir.  1886  No.  17  und  D.  med. 


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40 


Wochenachr.  1886  No.  32)  in  werthToller  Weise  ergänzen.  Er  bat  in  dem 
Alkohol  dasjenige  Glied  in  der  Reihe  der  Reinigungsmittel  festgestellt, 
welches  hervorragend  geeignet  ist,  die  für  eine  wirkliche  Desinfektion 
der  Hände  (bezw.  des  zu  operirenden  Theiles)  unbedingt  erforderliche 
Adhäsion  zwischen  Epidermis  und  antiseptiscber  Lösung  in  kurzer 
Zeit  und  ohne  Schädigung  der  Haut  zu  bewerkstelligen.  Während 
Kumm  eil  zur  Desinfektion  der  Hände  eine  energische  Behandlung  mit 
Seife  und  5 proz.  Karbolsäure  von  mindestens  7 Minuten  Dauer  fordert, 
erreicht  F.  bei  Einschaltung  von  Alkohol  die  vollständige  Keimfreiheit 
der  Hände  innerhalb  3 Minuten.  Das  Verfahren  ist  Folgendes: 

1)  Die  Nägel  werden  auf  trockenem  Wege  von  sichtbarem  Schmutze 
befreit. 

2)  Die  Hände  1 Minute  lang  mit  Seife  und  sehr  warmem  Wasser 
gründlich  abgebnrstet,  insbesondere  die  Unternagelränme  bearbeitet, 

3)  dann  1 Minute  lang  in  Alkohol  (80  %)  gewaschen  und  sofort, 
vor  dessen  Abdnnsten, 

4)  mit  2 o/oo  Snblimatlösung  1 Minute  lang  gründlich  bearbeitet 

Als  Vorzüge  dieser  Methode  bezeichnet  F.  Sicherheit  der  Desinfektion, 

Zeitersparniss  und  Schonung  der  Hände. 

Ref.  kann  dies  nach  eigner  Erfahrung  am  Hamburger  Franenvereins- 
hospital  vollauf  bestätigen.  Trotz  häufigster  Bearbeitung  der  Hände  in 
der  beschriebenen  Weise  hat  er  seit  Einführung  der  Alkoholwascbung 
nicht  mehr  unter  der  empfindlichen  Schrundenbildung  zu  leiden,  welche 
vordem  von  einer  gründlichen  Desinfektion  der  Hände,  namentlich  in  der 
kalten  Jahreszeit,  unzertrennlich  war.  — 

Die  bei  dieser  Gelegenheit  an  Stelle  der  Karbollbsnng  empfohlene 
Snblimatlösung  bat  den  Herrn  Verf.  gleichzeitig  veranlasst.  Versuche 
mitzntheilen,  die  er,  tbeilweise  schon  in  Jena,  über  den  Einfluss  der  im 
Brunnenwasser  enthaltenen  Bicarbonate  der  alkalischen  Erden  auf  Queck- 
silberchlorid gemacht  hat.  Eine  schwerwiegende  Frage,  wenn  man  nur 
bedenkt,  in  welchem  Maasse  wir  im  Kriege  von  der  Verwendung  nicht- 
destillirten  Wassers  zur  Herstellung  von  Snblimatlösnngen  abhängig  sein 
werden.  Das  Resultat  F.’s  ist  überraschend  genug.  Bei  der  Lösung 
von  IgSnblimatin  11  harten  Brunnenwassers  fallen  über  0,8  g 
der  Zersetzung  anheim,  es  resultirt  alsbald  nach  der  Berei- 
tung nicht  eine  1 Voo,  sondern  eine  0,2°/«)  Lösung!  Ein  bald 
anftretendes  braunes  Sediment  von  Hydrargyritetraoxychlorid  kennzeichnet 
die  Umwandlung.  Kochen  beseitigt  die  Erden  nur,  wenn  es  mindestens 
2 Stunden  fortgesetzt  wird;  dagegen  ist  dasselbe  Resultat  durch  Zusatz 
von  Säuren  zu  erreichen,  welche  fähig  sind,  die  kohlensauren  Salze  zn 
zersetzen,  ohne  auf  das  Sublimat  Einfluss  zn  üben.  Auf  1 1 Brunnen- 
wasser von  0,2  Kalkgehalt  war  zur  Erhaltung  der  vollen  Snblimatwirkung 


nöthig  ein  Zusatz  von : 

Acid.  snlpb.  pur.  Ph.  G 0,37  g 

hydrochlor.  pur.  Ph.  G 1,04  g 

nitric.  pur.  Ph.  G 1,50  g 

salicylic 0,99  g 

acetic.  Ph.  G 0,45  g 

Acetum  Ph.  G 7,15  g 


In  abgerundeten  Zahlen  wäre  also  einem  Liter  Sublimat- Brunnen- 
wasser 1 g Salicylsäure  oder  0,5  g Essigsäure  zuzufügen,  um  Lösungen 
zn  erhalten,  welche  nach  des  Verf.'s  Prüfung  noch  nach  Monaten  einer 


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mit  deatillirtem  Wasser  bereiteten  1 °/o«  Soblimatlösong  gleichwerthig 
bleiben. 

Da  sich  beide  Säoren  in  den  Feld-Etats  befinden,  die  q.  Zusätze 
auch  fir  Wnnden  dnrcbans  nnbedenklicb  sind,  so  ist  die  Berücksichtigung 
dieser  Forschungsergebnisse  den  Militärärzten  dringend  zu  empfehlen. 

Sckliesslich  mag  nicht  unerwähnt  gelassen  werden,  dass  es  dem 
Bednrfniss  des  Praktikers  entgegeukommen  wurde,  wenn  es  gelänge, 
durch  itechauische  Kompression  ans  Sublimat  und  Acid.  salicyl.  aa  1,0 
Tablettea  für  je  1 1 antiseptiscbcr  Lösung  herzustellen  — nach  Art  der 
bereits  bekannten  Snblimatkochsalztabletten. 

Körtiug. 


Nittheilnngen. 


Ans  den  Inhalte  der  Archives  de  medecine  et  de  pharmacie 
militaires.  Juni  bis  November  1887. 

Band  IX.  Heft  6.  S.  451.  De  l'acces  pernicienz  apoplecti- 
forme  avec  et  par  hömorrhagie  cerdbrale  par  Blanc. 

Ein  Fall  von  tödtlicher  Hirnapoplexie  im  Verfolge  schwerer  Malaria- 
infektion giebt  Veranlassung,  in  einer  ausführlichen  Studie  die  klinischen 
und  pathologisch  anatomischen  Erscheinungen  dieser  Zufälle  zu  unter- 
suchen. Ans  den  Folgernngen  interessircn  die  nachstehenden:  Treten 
bei  Malaria  äussere  Blutungen  wiederholt  auf,  so  wird  man  an  die 
Möglichkät  einer  Hirnblutung  denken  und  die  Prognose  vorsichtig  stellen 
müssen.  2s  kommen  im  Oehirn  sowohl  Herdblntnngen  wie  Kongestiv- 
Zustände  Tor.  Während  des  apoplektischen  Anfalles  ist  die  Temperatur 
in  der  Rtgel  eine  mittlere;  sie  erreicht  weder  die  Höhe  des  Fieber- 
anfalles, loch  die  Tiefe  des  ihm  folgenden  Abfalles.  Anatomisch  fehlt 
MelanämU  und  Melanose  der  Organe  fast  nie.  Erstere  kann  makroskopisch 
mit  parenchymatöser  Entzündung  verwechselt  werden;  die  stets  vor- 
handenen miliaren  Blntnngsherde  sichern  die  Diagnose.  Selten,  aber 
konstatirt,  sind  grössere  Parenchymblutungen  in  Unterleibsorganen.  Die 
Hirnblutung  sitzt  — im  Gegensatz  zur  primären  Apoplexie  — fast  immer 
in  der  Binde,  sogar  mit  Vorliebe  in  den  Meningen;  ihr  klinisches  Bild 
wird  in  diesen  Fällen  durch  Konvulsionen  und  Kontrakturen  gekenn- 
zeichnet. 

Banj  X.  S.  21.  De  l’Antipyrine  dans  les  formes  continnes 
de  l’intoxication  malarienne  par  Antony.  9 Beobachtungen,  in 
denen  sick  das  Antipyrin  sowohl  anfangs  wie  im  kachektischen  Stadium 
von  Malariafällen  als  zweckdienlich  erwies,  in  denen  Chinin  erfolglos 
gegeben  war.  Die  Einzelgabe  überstieg  1,5  nicht. 

S.  81  und  187.  Relation  medico-chirnrgicale  de  la  Campagne 
du  Snd-Oranais  en  1881 — 1882  par  Delmas.  Der  Feldzog  ist 
charakterisirt  durch  grosse  Anstrengungen  in  einem  wasserarmen 
Gebirgsgelände,  in  welchem  der  Sommer  glühende  Hitze,  der  Winter 


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»asserordeotliche  Eälte(;rade  zu  ertragen  zwang.  Dem  entspricht  die 
Erkranknngsziffer  des  10000  Mann  starken  Exp^itionscorps: 

Erkrankungen 13  226  — 1322,6  o/oo  E. 

Verwundungen 106  = 10,6  “/oa  - 

Tod  an  Erankheiten  . . . 643  = 64,3  ®/«  - 

Tod  vor  dem  Feinde  . . . 122  = 12,2  »/o»  - 

Selbstmorde 35  = 3,5  ®/oo  - 

Unter  den  Erkrankungen  stehen  die  Infektionskrankheiten  obenan 
und  zwar 

Abdominaltyphns  . . . 1847  Fälle  mit  472  Todten.  25  ®/» 

andere  akute  Exantheme  37  - - 1 

akute  Tuberkulose  ...  9 • - 3 

Die  Typhusepidemie,  über  welche  wir  bereits  nach  einer  Arbeit  von 
Czernicki  (S.  375  des  Jahrgangs  1884  der  Zeitschrift)  kurz  berichtet 
haben,  war  besonders  mörderisch  durch  die  klimatischen  Umstände  und 
den  Mangel  an  Pflegepersonal.  Der  Einzelfall  kennzeichnet«  sich  von 
vornherein  durch  grösste  Adynamie,  durch  das  Hervortreten  der  Oehim- 
erscbeinnngen  (mit  häufiger  Selbstmordneigung),  durch  stark  ausgeprägte 
Unterleibssymptome  und  durch  Unregelmässigkeit  im  Gange  des  Fiebers. 
Partielle  Gangrän  war  nicht  selten,  plötzlicher  Tod  durch  Herzlähmung 
ohne  Vorboten  wurde  siebenmal  beobachtet.  Die  Behandlung  musste 
hygienisch  expektstiv  bleiben.  Bäder  konnten  kaum  gegeben  werden, 
denn  es  fehlte  an  Wasser.  Chinin,  Ssdicyl'  und  Carbolsäure  erwiesen 
sich  durch  starke  Beeinträchtigung  der  Herz-  und  Verdaunngsthätigkeit 
direkt  schädlich. 

Unter  den  anderen  Erkrankungen  verdienen,  als  für  Algier  besonders 
bemerkenswerth,  50  Fälle  von  Erfrierung  Erwähnung;  sielen  davon 
führten  zum  Verlost  einzelner  Zehenglieder. 

Die  Eriegsverletznngen,  unter  denen  sich  nur  10  Schufsfraktnren 
befanden,  bieten  kein  besonderes  Interesse.  Wie  in  allen  Feldzögen 
gegen  nncivilisirte  Völkerschaften,  war  auch  hier  das  Verhiltniss  der 
Todten  mit  122  gegenüber  106  Verwundeten  ein  besonders  hohes. 

S.  161.  Notes  sur  les  effets  de  la  Melinite  par  Tachard. 
Am  10.  März  1887  explodirte  im  Laboratorium  zu  Beifort  ohne  äussere 
Veranlassung  eine  Melinitbombe,  durch  welche  17  Artilleristen  getroffen 
wurden.  Hiervon  waren  5 sofort  todt,  4 starben  in  den  nächstec  Stunden, 
2 an  sekundären  Eomplikationen,  6 worden  bergestellt.  Da  in  kcmmenden 
Eriegen  mit  Verletzungen  durch  brisante  Sprengstoffe  zu  rechnen  sein 
wird,  so  interessiren  die  allgemeinen,  bei  dieser  Gelegenheit  gemachten 
und  grösstentheils  anatomisch  festgestellten  Beobachtungen  ganz  besonders. 
Das  gusseiserne  Geschoss  war  in  zahllose  Sprengstücke  von  kleinstem 
Umfange,  bis  zu  Sandkorngrösse,  zerschellt  In  Folge  dessen  zeigten 
sich  die  getroffenen  Weicbtheile  mit  ganz  engen,  tiefgehenden  Wond- 
kanälen  vollkommen  durchsetzt  Die  Haut  machte  an  solchen  Stellen 
den  Eindruck  der  Tättowining.  Auf  die  Enochen  übte  die  ungeheuere 
Gewalt  eine  ganz  lokale  Wirkung  aus.  Der  getroffene  Theil  war 

fänzlich  zermaJmt,  nirgends  aber  erstreckten  sich  Fissuren  von  der 
Irochstelle  nach  oben  oder  unten.  Alle  Verwundeten  zeigten  eine  hoch- 
gradige Erschütterung  des  Nervensystems,  ein  gelblich  fahles  Aussehen 
und  abundante  Blutungen. 

Die  Prognose  dieser  Verletzungen  wird  in  allen  Fällen  eine  änsserst 
zweifelhafte,  in  der  Therapie  dem  Streben  nach  Erhaltung  getroffener 
Glieder  eine  enge  Grenze  gezogen  sein. 


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8.  177.  Contribation  a r^tnde  da  diagoostic  de  la  fai blesse 
de  constitDtioo  an  point  de  vne  dn  recrotement  militaire. 
Deax  Doaveaax  eignes  confirmatife  par  DapoDcbel. 

Verf.  siebt  in  dem  abnormen  Tiefstand  der  Herzspitze  bei  jnngen 
Leuten  im  militärpflichtigen  Alter  das  Zeichen  für  eine  Entwickelung  des 
Herzens,  welche  der  Gesammtentwickelung  des  Körpers  Torangeeilt  ist, 
also  eine  relative  Hypertrophie  darstellt.  Man  wü^e  vielleicht  besser 
sagen:  Der  Körper  ist  zu  schwach  im  Verhältniss  zu  seinem  Herzen. 
Ein  zweites  Zeichen  ist  die  verlängerte  Exspiration  der  Lungenspitzen, 
vorab  der  rechten.  Verf.  denkt  hier  keineswegs  sofort  an  drohende 
Tuberkulose,  sondern  sieht  in  jenem  Phänomen  nnr  ein  Minus  an 
Elastizität  des  Thorax,  welches  durch  allgemeine  Körperschwäche 
bedingt  wird.  Ohne  beiden  Anzeichen  für  sich  allein  einen  entscheidenden 
Werth  beizumessen,  glaubt  Verf.  aus  seinen  Untersuchungen  schliessen 
zu  dürfen,  dass  sie  im  Stande  sein  werden,  das  Urtheil  „zu  schwach“ 
in  gewissen  Fällen  zu  stützen,  in  denen  der  sonstige  Anschein  Zweifel 
lassen  könnte. 

S.  246.  Relation  d’une  epidömie  de  Pneumonies;  Amiens 
Janvier  — Mars  1887,  par  Manier.  Vom  9.  Januar  bis  11.  März  1887 
gingen  vom  8.  Jäger-Bataillon  bei  einer  Kopfstärke  von  rund  Ö30  Mann 
19  Pneumonien  zu,  von  denen  4 tödtlich  endeten.  2 Fälle  waren  abortiv, 
am  3.  Tage  beendet.  Bei  den  übrigen  war  11  mal  die  rechte,  4 mal 
die  linke,  2 mal  die  rechte  und  linke  Lunge  befallen.  Beide  Doppel- 
pneumonien starben.  Uns  interessirt  vor  Anderem  die  Frage  nach  der 
Aetiologie.  Ueberanstrengung,  Bodeninfektion,  Einfluss  der  Verpflegung 
waren  anszuscbliessen;  „Erkältung“  bot  sich  angesichts  der  Jahreszeit  und 
der  besonders  zugigen  Lage  des  Exerzirplatzes  als  naheliegendes  Moment. 
Allein  Verf.  fragt  mit  Recht,  ob  man  diesem  Umstande  die  ihm  von  der 
klassischen  Schale  zugeschriebene  Rolle  belassen  dürfe,  wenn  man 
erwäge,  dass  1)  der  Platz  für  die  Garnison  stets  derselbe  war,  in 
anderen  Jahren  aber,  und  gegenüber  den  gleichzeitig  dort  übenden  anderen 
Trappen  auch  1887,  solch  deletären  Einfluss  nicht  zeigte;  dass  2)  mehrere 
Leute  des  Bataillons  erkrankten,  welche  nicht  mit  exerzirt  hatten;  dass 
endlich  3)  keiner  der  Erkrankten  den  stets  plötzlichen  Ansbruch  der 
Pneumonie  auf  eine  bestimmte  Erkältung  zu  beziehen  im  Stande  war. 
Nichtsdestoweniger  bleibt  es  anfiallend,  dass  die  Epidemie  mit  Vor- 
herrschen von  N.-  und  O.-Wind  einsetzte,  mit  dem  Eintritt  von  W.-Wind 
verschwand.  Ohne  dass  die  parasitäre  Theorie  eine  volle  Erklärung 
gestattet,  scheinen  dem  Verf.  folgende  Umstände  für  sie  zu  sprechen: 
1)  Das  plötzliche  Auftreten  der  verbältnissmässig  bedeutenden  Anzahl 
von  Erkrankungen  in  einer  Zeit,  die  in  den  Vorjahren  fast  frei  davon 
war.  2)  Der  klinische  Verlauf,  welcher  durch  die  ausnahmslos  beobach- 
teten starken  Himerscheinungen  und  die  gleicbmässige  Betheilignng  des 
Verdanungstraktes  (trockene  Zunge,  Meteorismus , Diarrhöe)  an  das 
allgemeine  Bild  der  Infektion  erinnerte.  3)  Die  ungewöhnliche  Schwere 
der  Krankheit  und  4)  die  bei  der  Autopsie  der  vier  Gestorbenen  konstante 
Leber-  und  Milzschwellung.  Welcher  Art  letztere  war,  wird  nicht 
erwähnt,  anf  Kokken  wurde  nicht  untersucht. 

8.  ^1.  Re  CU  eil  des  traveaux  du  Comite  consultatif  d'bygihne 
publique  et  des  actes  officiels  de  l’administration  sanitaire. 
t.  XVI.  annee  1886.  Referat.  Bericht  Brouardel's  über  eine 
anssergewöbnlicbe  schwere  Impfschädigung.  Am  13.  März  188Ö  impfte 


DiQ' 


44 


ein  Arst  in  Agprieres  42  Kinder.  Am  folgenden  Tage  waren  6 todt,  die 
sämmtlichen  anderen  schwer  erkrankt  Die  ersten  &scheinnngen  waren 
9 — 10  Stunden  nach  der  Impfnng  anfgetreten,  das  Fieber  18  Standen 
danach;  es  dauerte  bei  den  Geheilten  2 — 4 Tage,  and  war  von  Erbrechen 
nnd  Durchfall,  in  einigen  Fällen  von  Konvulsionen  begleitet  Der  Her* 
gang  wurde  folgendermaaseen  ergründet.  Es  war  zuerst  ein  Kind  mit 
animaler  Lymphe  bekannten  Ursprunges  geimpft.  Dasselbe  zeigte  normale 
Pusteln.  Von  diesem  Kinde  impfte  derselbe  Arzt  20  andere  mit 
gutem  Erfolge,  nur  bestand  ein  wenig  Erythem  an  den  Impfstellen  nnd 
leichtes  Vaccinefieber.  Eines  dieser  Kinder  diente  der  dritten  Weiter- 
impfung  als  Lympbquelle.  Bei  dreien  der  hiervon  Geimpften  waren  schon 
ernstere  Störungen  nacbznweisen , höheres  Fieber  nnd  vorzeitige  Pustel* 
entwickelung  mit  phlegmonöser  Entzündung.  Trotzdem  Weiterimpfang 
von  einem  so  erkrankten  Kinde,  als  deren  Erfolg  bei  zwei  Impflingen 
die  ebengeschilderten  Erscheinungen  in  erhöhtem  Maasse  zur  Beobachtung 
kamen.  Von  diesen  beiden  Kindern  veranlasste  bei  der  — fünften  — 
Weiterimpfung  auf  42  andere  eines  jene  unseligen  Schädigungen.  Selbige 
stellen  somit  eine  Steigerung  der  Virulenz  im  dritten  Gliede  dar,  wenn 
als  erstes  die  Abimpfung  bezeichnet  wird,  bei  der  eine  bereits  nicht  mehr 
normale  Pustel  die  Lymphe  gab. 

Die  Erkrankungen  verliefen  unter  dem  Bilde  der  akuten  Septichämie, 
genau  so,  wie  solche  experimentell  an  Tbieren  durch  Impfung  hervor* 
gerufen  zu  werden  pfl^t.  Der  Grund  ist  durch  die  Untersuchung  nicht 
aufgedeckt  worden.  Die  erste  animale  Lymphe  war  offenbar  unver- 
dächtig; ebenso  die  Lanzette,  denn  bei  der  vorletzten  nnd  vorvorletzten, 
nicht  mehr  normalen  Impfung  waren  die  erkrankten  Kinder  die  letzt* 
geimpften.  Berichterstatter  ist  mit  Recht  trotz  des  negativen  Unter- 
suchungeergebnisses  der  Ansicht,  dass  die  offene  Besprechung  solcher 
Vorkommnisse  nur  nützlich  sein  kann.  Militärärztlicn  haben  sie  ein 
unbestreitbares  Interesse,  indem  sie  zur  Vorsicht  in  denjenigen  Fällen 
mahnen,  in  welchen  man  noch  auf  die  Impfung  von  Arm  zu  Arm 
zurückgreifen  muss. 

S.  315.  Anestbösie  locale  dans  l’extraction  dentaire  par 
Bontemps.  Referat.  Der  Bart  des  Zahnschlüssels  wird  mit  WMte 
gepolstert,  welche  durch  ein  Stückchen  Mull  festgehalten  wird.  Dies 
Polster  wird  mit  2 — 3 Tropfen  Chloroform  getränkt;  jeder  Schmerz  beim 
Ansetzen  des  Instrumentes  soll  aasbleiben.  Ein  einfacher  Kunstgriff, 
der  zu  versuchen  wäre. 

Le  Congres  d’bygiene  et  de  Demographie  de  Vienne  p.  M 
M.  Richard  et  Longnet.  Band  X S.  47Ö. 

Die  Arbeit  beginnt  mit  einer  Betrachtung  über  dieErgänznng  und 
Organisation  des  österreichisch -ungarischen  militärärztlichen  Korps. 
Die  beklagenswertbe  Aufhebung  des  Josephinums  hat  den  Ersatz  immer 
schwieriger  gestaltet;  Verabschiedung  Aelterer  ist  daher  sehr  schwer; 
infolge  dessen  stagnirt  das  Avancement  in  der  Hauptmannscharge  rund 
18  Jahre  (in  Preussen  zur  Zeit  23  Jahre). 

Fortbildungskurse  in  unserem  Sinne  sind  in  Oesterreich  nicht 
üblich,  alljährlich  werden  jedoch  18  Oberärzte  oder  jüngere  Regiments- 
ärzte auf  1,  höchstens  2 Jahre  an  die  Kliniken  verschiedener  UniversitSten 
kommandirt.  Diese  Herren  geben  dann  einen  Stamm  von  Instruktoren 


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45 


für  die  Aercte  ihrer  OarniaoneD.  Eine  gnte  Schale  fär  die  DienstpraxU 
bildet  Bosoien,  von  dem  französischeD  Autor  mit  Algier  in  Vergleich 
gestellt.  Die  Militärärzte  bleiben  dort  3Vt  Jahre.  Sie  haben  in  der 
öffentlichen  wie  gerichtlichen  Medizin,  nicht  minder  in  der  privaten 
Thätigkeit  einen  hervorragenden  Platz  and  dadurch  vorzügliche  Gelegenheit, 
lieh  för  selbstitändige  Aufgaben  in  der  Heimatb  vorzubereiten. 

Von  hohem  Interesse  sind  die  Aeusserungen  über  die  Aussteliung  des 

Ereussischen  Kriegsministeriums , zumal  die  Herren  Richard  und 
longuet  nicht  nur  referiren,  sondern  auch  kritisiren.  Unser  Bandagen- 
tornister hat  ihren  ungetheilten  Beifall;  ebenso  die  Lazarethgehülfentasche. 
„II  serait  difficile  de  reunir  sous  nn  plus  petit  volume  une  plus  grande 
variätd  de  medicaments,  et  mieux  choisis  parmi  ceuz  qui  peuvent  repondre 
aux  besoins  urgents  du  Soldat  etc.“  Auch  der  Kasten  für  die  Antiseptika 
beim  Sanitätsdetachement  gefällt;  nicht  aber  der  Batteriemedisin- 
k asten,  an  welchem  sie  die  Unmasse  von  Medikamenten  tadeln. 
— Neu  war  in  der  preussischen  Abtheilung  ein  Wasserbett  für  den 
Eisenbahntransport  einzelner  Schwerverletzter.  Die  Verf.  halten  dasselbe  für 
zu  schwer,  ausserdem  für  anzweckmässig,  sehen  es  auch  nur  als  einen 
Versuch  an,  der  durch  die  Luftbetten  bereits  überholt  ist.  Letztere 
bestehen  im  Wesentlichen  aus  einzelnen  mit  Luft  zu  füllenden  Säcken 
oder  ScblSucben,  welche  zweckmässig  untereinander  sowie  mit  ihrer 
Unterlage  zu  verbinden  sind  und  in  sehr  vollkommener  Weise  die  senk- 
rechten wie  wagereebten  Stösse  des  Waggons  pariren  sollen.  Komplizirtheit 
und  theurer  Preis  lassen  auch  diese  Betten  vorläufig  nur  als  Versuche 
auf  dem  Wege  weiterer  Vereinfachung  erscheinen.  Von  den  preussischen 
Baracken  war  die  Döcker'scbe  neuen  Modells  und  die  eiserne 
Orove’scbe  ausgestellt.  Die  Verf.  haben  sich  augenscheinlich  bemüht, 
die  sich  zum  Theil  entgegenstehenden  Urtbeile  der  in  Wien  anwesenden 
preussischen  Militkrärzte  gründlich  zu  erfahren  und  kommen  schliesslich 
dabin,  den  Döcker’scben  Typus  als  einen  für  Improvisationen  ausser- 
ordentlich nützlichen  anzusehen,  und  dessen  Vorrätbighaltung  im  Frieden  als 
eine  weise  Maassregel  zu  betrachten.  Ref.  tritt  dieser  Ansicht  nach  den 
bisherigen  Erfahrungen  mit  den  in  Altona  neuerdings  errichteten  Baracken 
gern  bei. 

Die  Betrachtung  über  das  österreich-ungarische  Rothe  Kreuz  und 
die  Wiener  freiwillige  Rettnngsgesellschaft  bietet  nichts  Neues  für  den, 
der  die  Berliner  Hygiene-Aasstcllung  1883  besucht  hat. 

Aus  dem  Friedenslazaretbdienst  in  Wien  interessirt  die  That- 
sache,  dass  auch  dort  die  Typhen  durchaus  mit  kalten  Bädern  behandelt 
werden.  Die  Verpfiegung  der  Kranken  erfolgt  nicht  mehr  in  eigener 
Regie,  sondern  durch  Unternehmer.  Dies  System  bat  zu  lebhaften 
Klagen  Veranlassung  gegeben,  so  dass  Rückkehr  zur  Selbstver- 
waltung gewünscht  wird,  ln  den  Verwaltungsvorscbriften,  der  Rechnungs- 
legung etc.  der  Lazaretbe  haben  die  Verf.  dieselbe  Schwerfälligkeit  ge- 
funden, wie  in  Frankreich.  — Wir  in  Prenssen  können  ebenfalls  damit 
dienen I Volle  Vemrtheilung  findet  die  Dreiköpfigkeit  der  Lazaretbleitnng; 
die  Theilung  der  Autorität  zieht  selbstverständlich  immerwährende 
Konflikte  nach  sich,  denen  kein  noch  so  bestimmtes  Reglement  ab- 
helfen kann. 

Was  über  die  Desinfektion  in  Lazarethen  mitgetbeilt  ist,  interessirt 
nur  insofern,  als  die  Versammlung  in  Wien  die  in  der  französischen 
Armee  noch  ziemlich  allgemein  empfohlene  Verwendung  gasförmiger 
Mittel,  vorab  der  schwefligen  Säure,  für  unnütz  erklärt  bat. 


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46 


Ads  der  Besicbtigang  der  Wiener  Kasernen  interessirt  besonders 
die  Bemerkung  über  das  Seltenerwerden  des  Typbns  mit  den  allgemeinen 
hygienischen  Verbessernngen,  zn  denen  namentlich  auch  die  Versorgung 
mit  besserem  Trinkwasser  gehört  Die  Herren  Verf.  hüten  sich,  auf 
letzteres  Moment  ein  bestimmendes  Gewicht  zu  legen,  und  mit  Recht; 
Altona  bietet  ein  Beispiel,  wie  eine  ganz  neue,  mit  gutem  Wasser  und 
allen  gesundheitlichen  Vorkehrungen  ausgestattete,  sauber  gehaltene 
Kaserne  zn  einem  Typhnsherde  werden  kann.  Da  ist  noch  Vieles 
unerforscht 

Die  Kleidung  der  österreichischen  Truppen  gefiel;  wir  nehmen 
übrigens  das  Lob  gern  an,  welches  bei  dieser  Gelegenheit  den  auf  der 
Reise  in  München  und  Constanz  gesehenen  deutschen  Soldaten  hinsichtlich 
der  Sauberkeit  und  Straffheit  ihrer  Erscheinung  gespendet  wird. 

lieber  die  Impfung  in  der  Armee  erfahren  wir,  dass  die  Lymphe 
auf  ca.  20  Centimes  für  den  Kopf  kommt  Das  Impfreglement  (s.  Deutsche 
militärärztliche  Zeitschrift  1886  S.  406)  wird  besprochen.  Ein  Gesetz  ist  in 
Vorbereitung,  welches  die  Impfung  auch  im  Civil  obligatorisch  machen 
soll,  und  es  besteht  die  Absicht,  bei  dieser  Gelegenheit  ein  Staats-lmpf- 
Institut  zn  gründen,  dem  auch  die  Aufgabe  Zufällen  würde,  den  Bedarf 
der  Armee  zu  decken. 

Schliesslich  werden  die  beiden  Resolutionen  angeführt,  welche  der 
Kongress  hinsichtlich  der  Ilundswuthimpfnngen  gefasst  bat;  1)  Todes- 
fälle nach  der  Impfung  sind  bis  jetzt  stets  auf  Rechnung  des  Bisses  ge- 
kommen, nicht  auf  solche  der  Impfung.  2)  Es  ist  zweckentsprechend, 
Mannschaften,  welche  von  verdächtigen  Hunden  gebissen  sind,  der 
Präventivimpfung  zu  unterziehen. 

Streng  wissenschaftlich  und  doch  unterhaltend  geschrieben,  mit 
eleganter  Ausdrucks  weise,  lesen  sich  die  besprochenen  Mittheilungen  sehr 
angenehm.  Wir  sind  dankbar,  von  den  Verfassern  so  viel  Interessantes 
aus  dem  Militär-Sanitäts wesen  unserer  österreichisch-ungarischen  Freunde 
gehört  zn  haben.  Körting. 


Die  chirurgische  Behandlung  der  Lymphdrüsenabscesse.  Von 
Dr.  Stocquart.  Brüssel.  Sep.  Abdruck  ans  Monatshefte  für  prakt. 
Dermatologie.  1886  No.  5.  — 

Die  Vortbeile  der  bisher  bei  der  Behandlung  von  Lymphdrüsen- 
abscessen  geübten  Methoden  — Einstich  mit  spitzem  Bistouri,  Einstich  einer 
lanzettförmigen  Nadel  mit  nachfolgender  Einführung  eines  stumpfen 
Hoblstilets  — sind  bekannt.  Beide  Methoden  haben  aber  auch  ihre 
Nachtheile;  sichtbare,  oft  recht  unangenehme  Narbenbildnng  im  ersten, 
Verlangsamung  der  Heilung  im  zweiten  Falle.  Verf.  empfiehlt  nun 
folgende  Methode,  die  er  erprobt  und  für  gut  befunden  hat  Der  Eiter 
wird  mittelst  solcher  Instrumente  entleert,  die  den  Kranken  nicht 
erschrecken;  die  Operation  ist  einfach,  wenig  schmerzhaft,  fuhrt  rasche 
Heilung  herbei  und  binterlässt  keine  Narben.  Erforderlich  sind  zwei 
Instrumente;  eine  kleine  Hohlnadel  und  ein  schmales  zweischneidiges 
Bistouri  mit  Knopf.  — Der  Abscess  wird  mit  der  Nadel  punktirt  und 
kann  dann  je  nach  Befinden  mit  dem  geknöpften,  sehr  schmalen  (2  mm) 
Messer  erweitert  werden.,  — Es  würde  sich  in  der  militärärztlichen  Praxis 
ein  Versuch  wohl  empfehlen. 

Breitung. 


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47 


Gegen  die  Erkranknogen  der  Uro-Oenitalwege  empfiehlt  Sanne 
in  der  therap.  QeselUchaft  von  Paris  (15.  März  1886)  Kava.  — 

Es  reizt  weder  Magen  noch  Darm,  wirkt  schnell  und  sicher.  — 
Verf.  heilte  chronische  Blasenkatarrhe,  die  jeder  Behandlung  getrotzt 
hatten,  in  wenigen  Tagen,  desgL  chronische  Blennorrhöen.  Bei  akuter 
Gonorrhöe  hörten  Schmerzen  und  Ausfluss  sehr  bald  auf  und  hatte  die 
Anwendung  selbst  gleich  im  Anfang  der  Krankheit  gar  keine  üblen 
Nebenwirkungen.  — Es  wurde  angewendet  ein  eztract.  aqna-alcobolic. 
und  wurden  ^ Centigramm  bis  1 Gramm  innerhalb  24  Stunden  verab- 
reicht in  allmäliger  Steigerung. 

Breitung. 


Ein  sanitärer  Vorschlag  für  die  Exerzirplätze,  besonders  der 
Cavallerie.  Mil.  Wochenbl.  1886  No.  59. 

Verf.  wünscht  zur  Benutzung  bei  etwaigen  Unglücksfällen  in  den 
nächstgelegenen  Ortschaften  solcher  Exerzirplätze,  die  weit  von  der 
Garnison  entfernt  sind,  einen  Rettungskasten  aufgestellt  zu  sehen,  der  das 
nöthige  Material  enthalten  soll,  um  einen  Transportverband  auch  für 
schwerere  Verletzungen  anzulegen.  Dass  hierbei  auf  das  fachtechnisch 
gebildete  Sanitätspersonal  und  nicht  auf  „Samariter*  aus  der  Truppe 
reflektirt  wird,  zeugt  von  sachkundiger  Beurtheilong  der  Verhältnisse. 
Im  Uebrigen  können  wir  uns  auf  diese  Andeutung  beschränken,  da  das 
Mil.  Wochenblatt  unseren  Lesern  ausnahmslos  zugänglich  ist. 


Imprägniren  des  Fussbodens  mit  Theer. 

Luft-  und  wasserdichte  Herstellung  der  Fussböden  zur  Verhütung 
von  Infektion  der  Zwischendecken  ist  eine  der  berechtigtsten  Forderungen 
der  Hygiene.  Ihre  Erfüllung  ist  bei  Unbescbränktheit  der  Mittel  auf  ver- 
schiedenen Wegen  möglich.  Schwierig  wird  die  Sache,  wenn  man  billig 
bauen  muss  oder  grössere  vorhandene  Fussböden  schnell  in  einen  hygienisch 
sichereren  Zustand  versetzen  soll.  In  dieser  Hinsicht  erfordern  die 
Versuche  des  österreichischen  Regimentsarztes  Dr.  Schaffer  die  Auf- 
merksamkeit der  Militärverwaltung.  Er  imprägnirte  Kasernenfussböden 
mit  Steinkoblentbeer,  der  durch  Erwärmen  soweit  verflüssigt  wird,  dass 
er  gut  streichfähig  ist.  Man  benöthigt  für  je  10  qm  eines  Bodens  aus 
weichen  Brettern  1 kg.  Das  Trocknen  währt  2 — 3 Tage,  der  Theer- 

femcb  verliert  sich  bald.  Die  Kosten  betrugen  in  Wien  5 fl.  für  100  kg. 

ünmalige  Erneuerung  des  Anstriches  im  Jahre  genügte  zur  Instandhaltung 
des  Fussbodens;  bei  Neubauten  wird  man  allerdings  auch  die  untere 
Seite  der  Bretter  streichen.  Der  Anstrich  bewährte  sich  nach  dem 
kompetenten  Urtheil  der  betr.  Truppenkommandeure  zur  Verhütung  von 
Staub,  Beseitigung  des  Ungeziefers  und  Erhaltung  der  Fussböden  sehr 
gut,  die  Reinigung  war  durch  feuchtes  Wischen  leicht  zu  erzielen,  der 
Geruch  belästigte  die  Insassen  nicht  (?  Ref).  Diesen  Vortheilen  gegen- 
über dürfte  die  düstere  Farbe  des  Anstrichs  kein  Hinderniss  für  dessen 
Verwendung  sein.  Gesdhts.  Ing.  1886.  S.  434.  — . — 


48 


Die  Elastizität  von  Eantschakgeräthen  wiederherzustellen. 

Es  ist  bekannt,  dass  Kautschnk,  wenn  er  trocknet,  brüchig  wird, 
was  ihn  meist  zn  seiner  Bestimmung  untauglich  macht  Um  ihm  seine 
ursprünglichen  Eigenschaften  wiederzugeben  genügt  es,  ihn  einer  Hitze 
von  50—  60  ° anszusetzen , indem  man  ihn  gleichzeitig  dem  Einfluss 
ammoniakhaltiger  Dämpfe  unterwirft  Im  Reichs-Gesundheitsamt  ist  seiner- 
zeit dasselbe  durch  wiederholtes  Einlegen  der  Schläuche  etc.  in  5 — 6 pro- 
zentige  warme  Lösungen  von  Liqn.  Ammon,  caust  erreicht  worden. 


In  einem  sehr  stattlichen  Bande  ist  zn  Ende  des  Jahres  1887  der 
II.  Theil  von  Dr.  Paul  Börner's  Reichs  - Medizinal- Kalender 
für  Deutschland  auf  das  Jahr  1888,  herausgegeben  von 
S.  Outtmann,  erschienen.  Anordnung  des  Inhalts  wie  im  Vorjahre. 


Von  dem  Apothekenbesitzer  G.  Marpmann  in  Gross- Neuhausen 
(Sachsen  - Weimar)  wurden  der  Redaktion  Proben  „keimfreier“  („bei 
niederer  Temperatur  sterilisirter“)  Flüssigkeiten  zn  Einspritzungen  ein- 
gesandt,  welche,  in  „bestimmten  Konzentrationen  dargestellt,  luftdicht  in 
kleine  Olascylinder  von  4 — 5 cm  Länge  eingeschmolzen  sind“.  Je 
12  Röhrchen  sind  in  festen  Pappetuis  von  12  cm  Länge,  6'/«  cm  Breite  und 
etwas  mehr  als  1 cm  Höbe  untergebracht , in  denen  sie  bequem  und 
sicher  mitgefübrt  werden  können. 

Für  jede  Injektion  ist  ein  Röhrchen  erforderlich ; der  Preis  für 
12  Röhrchen  beträgt  2—3  Jt.;  — 100  Morphium-Injektionen  von  1—2  ®/o 
kosten  12  JL 

Das  Probeschäcbtelchen  enthält  ausser  Morphium  noch  Cocain, 
Strychnin,  Apomorphin,  Jodoform  und  Sublimat,  letzteres  mit  1,0  Sub- 
stanz und  bestimmt  zur  Vermischung  auch  event.  mit  Brunnenwasser,  was 
ohne  Nachtheile  geschehen  kann,  „weil  die  Zersetzung  durch  Carbonate 
durch  die  Lösung  des  Sublimates  aufgehoben  wird“. 

Versuche  mit  den  Injektionen  erscheinen  empfehlenswertb. 


Zn  dem  Artikel:  Neue  Erfahrungen  über  die  Ventilation  der 
Krankenwaggons  in  Heft  XII  vorigen  Jahrgangs,  S.  522,  letzter  Ab- 
satz, ersucht  der  Herr  Verfasser  behufs  schärferer  Präzisirnng  seiner  Vor- 
schläge noch  hinzuzufugen*.  für  den  Abgang  und  für  die  Zufuhr 
(sc.  „räumlich  möglichst  getrennte  Oeffnnngen  in  den  Wagen  anzobringen“). 

Die  Red. 


Otdrmcki  ia  der  KuaifL  Hofbachdruckerei  von  E.  8.  MittlerASobn,  Berlin  SW.,  Koehstr.  68— 70„ 


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Dentsche  ' 

Militärärztliche  Zeitschrift. 


Redactlon:  i 

Dr.  3».  Generalarzt,  | ff  S 2 

Berlin.  Tnnbenetranse  5,  < _ * ® 

o.  Dr.  0.  Stabsarzt,  | Königliche 

BerUn,  Kilwr  Fnni  Gr«n»dior-Pl»li  U/12.  ? Kochstruse  68-70. 

Moutlicb  embeint  ein  Heft  vod  mindesteos  3 Dnickbogea;  dun  ein  „Amtliches  Beiblatt“.  Der 
Zeitschrift  wird  das  Werk:  „Jahresbericht  über  die  Fortschritte  auf  dem  Gebiete  des  Uilit&r- 
Saaittte-Weseos“,  beraoagegeben  Tom  Generalarzt  Pr.  Roth«  nnontgeltlich  beigegeben.  BesteUnng 
nehmen  alle  Poetlnter  and  Bnchhandlnngen  an.  Preis  des  Jahrgangs  15  Mark. 

XVll.  Jahrgang;.  1888.  Heft  2. 


Verlag: 

tUfbr  & ^o9tt, 

Hofbuchhandlung, 


Die  Entzündung  der  peripheren  Nerven 

(Polyneuritis  — Neuritis  multiplex), 

deren  Pathologie  und  Behandlung. 

Mit  einer  Tafel. 

Vorgetragen  in  der  militärärztlichen  Gesellschaft  zu  Berlin 

von  V 

E.  Leyden. 

I.  Vortrag 

am  21.  Oktober  1887. 


Wer  einen  Blick  auf  die  Entwickelung  der  Nervenpatbologie  in  den 
letzten  30  Jahren  zuruckwirft,  wird  nicht  umhin  können,  überrascht  zu 
sein  von  der  totalen  Umgestaltung,  welche  sich  seither  vollzogen  bat. 
Das  ganze  Gebiet  ist  einer  neuen,  fruchtbaren  Bearbeitung  unterworfen 
worden,  eine  Reihe  von  wichtigen  Entdeckungen  sind  gemacht,  neue  Krank- 
heiten beschrieben,  und  die  früher  nnr  oberflächlich  bekannten  Prozesse  auf 
das  Genaueste  studirt  worden.  Der  Umfang  nnd  Inhalt  der  Nerven- 
krankheiten hat  sich  um  ein  Vielfaches  vergrössert.  — Wer  dies  anerkennt, 
wird  nicht  in  den  Vorwurf  einstimmen,  dass  die  innere  Medizin  in  dem 
letzten  Jahrhundert  fast  gar  keine  Fortschritte  gemacht  hat;  für  den- 
jenigen, der  sehen  will,  sind  die  Fortschritte  augenfällig.  Eher  vielleicht 
könnte  ein  ähnlicher  Vorwurf  nach  der  Richtung  berechtigt  sein,  dass 
das  ärztliche  Können  mit  dem  Wissen  nicht  gleichen  Schritt  gehalten 
habe.  Man  könnte  sagen,  dass  die  moderne  Forschung  mehr  die  „Wissen- 
sebaft“  gefördert  und  weniger  daran  gedacht  hat,  dass  die  Medizin  auch 

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eineKanst  ist  and  ein  Können  verlangt  Aber  wir  dürfen  auch  diesen 
Vorwarf  mit  dem  wohlbekannten  Erfahrungssatze  zaröckweisen , dass  das 
Erkennen  einer  Krankheit  schon  die  halbe  Kor  derselben  ist.  — Ich 
erlaube  mir,  diese  allgemeinen  Bemerkungen  voraasznschicken , weil  sie 
durch  diejenige  Krankheit,  über  welche  ich  heute  vorzutragen  gedenke, 
in  augenfälliger  Weise  erläutert  werden. 

Unter  den  vielen  neuerkannten  Nervenkrankheiten  ist  die  multiple 
Neuritis  eine  der  jüngsten.  — Wenn  ich  mir  erlauben  darf,  meine  Arbeit 
über  Neuritis  und  Poliomyelitis'^)  als  den  Zeitpunkt  zu  bezeichnen,  womit 
die  multiple  Neuritis  als  eine  selbstständige,  klinisch  wohicbarakterisirte 
Krankheitsform  eingeführt  ist,  so  datirt  diese  selbstständige  Existenz  erst 
seit  dem  Jahre  1879.  Seitdem  ist  nun  aber  eine  grosse  Anzahl  von 
Beobachtungen  und  eine  Fülle  von  Arbeiten  über  denselben  Gegenstand 
zu  Tage  gefördert,  so  dass  dieses^,  zuerst  so  kleine  Gebiet 

beute  bereits  einen  ziemlf^'^^^racbuicm^ulHf^  annimmt,  der  Art, 
dass  ich  fast  fürchten  JI^W,  Ibrc~6i^uld  zu  mllkokauchen,  wenn  ich  aus- 
führlich in  die  Besprechung  f^^j^yEl^z^^^p^'n  ^^ben  wollte.  — Wenn 
schon  durch  diese  schnuV  Entwickelung  alleir)||dj|h  multiple  Neuritis  ein 
erhöhtes  Interesse  in  Ans^ira^  nimmt,  s(^tl)^t  sie  es  gewiss  nicht  minder 
dadurch,  dass  wir  hier  mit'‘'€Ufitt^lftfli§---Äuf  die  Leistungen  der  ärzt- 
lichen Kunst  zurückblicken  dürfen,  welche  schöne  Heilungsresultate  za 
verzeichnen  bat. 

Das  Krankheitsbild,  unter  welchem  die  multiple  Neuritis  auftritt,  ist 
ein  eigenthümliches  und  beachtenswerthes.  Dasselbe  unterscheidet  sich 
wesentlich  von  den  seit  langer  Zeit  bekannten  peripheren  Lähmungen 
einzelner  Nerven  und  Muskeln  dadurch,  dass  die  Lähmungen  der  multiplen 
Neuritis  vielfache  sind,  vornehmlich  die  Extremitäten  betreflfen -»■  diese 
meist  doppelseitig  — , und  endlich  noch  dadurch , dass  diese  Lähmungen 
in  der  Mehrzahl  der  Fälle  zu  Muskelatrophie  führen. 

Dieses  Symptomenbild  schliesst  sich  vielmehr  an  den  Typus  der 
spinalen  Erkrankungen  an,  und  ist  früher  zweifellos  zu  den  Rücken- 
markserscheinungen gezählt  worden.  Denn  dass  analoge  Krankheitsfälle 
schon  früher  beobachtet  sind,  kann  nicht  wohl  zweifelhaft  sein;  nur  war 
ihre  Symptomatologie  unsicher,  ihre  nosologische  Deutung  unklar.  Jene 
Fälle,  welche  man  als  rheumatische  Extremitätenlähmnng  oder  als 
Refrigerationslähmung  bezeichnete,  sind  grösstentheils  hierher  zu  rechnen. 
Besonders  aber  von  Bedeutung  für  uns  ist  die  zuerst  von  Duchenne 

•)  Zeitschrift  für  klinische  Medizin  Bd.  I.  S.  387 — 43-t. 


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als  akute  oder  subakote  allgemeine  spinale  Paralyse  beschriebene  und 
später  als  Poliomyelitis  acuta  s.  subacuta  bezeichnete  Krankheit. 
Die  Beziehung  derselben  zur  multiplen  Neuritis  bildet  ein  besonders 
interessantes  Kapitel  in  der  modernen  Nervenpathologie,  so  dass  wir 
glauben,  mit  einigen  Worten  näher  darauf  eingehen  zu  sollen.  — Bereits 
Ch.  Bell  hatte  die  Aufmerksamkeit  auf  gewisse  Krankheitsformen  gelenkt, 
welche  früher  zu  den  Lähmungen  gerechnet  wurden,  welche  sich  aber 
durch  einen  auffälligen  Schwund  zahlreicher  Muskeln  anszeichneten. 
Auch  Romberg  bat  ähnliche  Krankheitsfälle  gesehen  und  beschrieben. 
Indessen  erst  durch  die  bekannte  ausführliche  Bearbeitung  von  Aran 
und  Duchenne  wurde  die  progressive  Muskelatropbie  zu  einem 
woblcbarakterisirten  klinischen  Krankheitstypus.  Freilich  fehlte  der 
Nachweis  einer  pathologisch -anatomischen  Läsion,  welche  Klarheit  über 
die  Natur  dieser  Krankheit  verbreitete;  man  zählte  sie  bald  zu  den 
peripheren,  myopathischen,  bald  zu  den  sympathischen,  bald  zu  den 
spinalen  Erkrankungen.  Ebenso  erging  es  der  zweiten  typischen  Form 
der  atrophischen  Lähmung,  der  Kinderlähmung,  deren  klassische  Be- 
schreibung durch  Heine  in  Stuttgart  gegeben  wurde  and  welche  auch 
bald  zu  den  peripheren,  bald  zu  den  spinalen  Formen  gerechnet  wurde. 

In  diese  Unsicherheit  und  Unklarheit  wurde  nun  zu  Ende  der  60er 
Jahre  unerwartet  Licht  gebracht  durch  die  schönen  Beobachtungen  und 
Entdeckungen,  welche  wir  im  Wesentlichen  Cbarcot  und  seinen 
Schülern  zu  danken  haben:  sie  gipfelten  in  der  Tbatsache,  dass  jenen 
amyotrophischen  Lähmungen  eine  ausgesprochene  Atrophie  der  grossen 
mnltipolaren  Ganglienzellen  io  den  grauen  Vorderhörnern  des  Rücken- 
marks zu  Grunde  liegt.  Anknüpfend  an  die  früheren  Untersuchungen 
von  Waller  formnlirte  Cbarcot  die  physiologische  Bedeutung  dieser 
Entdeckungen  dahin,  dass  jene  mnltipolaren  Ganglienzellen  als  das  trophische 
Centrnm  für  die  Muskeln  und  motorischen  Nerven  zu  betrachten  seien, 
und  dass  der  pathologischen  Atrophie  dieses  Centrums  auch  die  Atrophie 
der  betreffenden  Muskeln  folge.  Bei  der  progressiven  Muskelatropbie 
ergaben  die  Untersuchungen  eine  mehr  oder  minder  gleichmässig  durch 
das  ganze  Rückenmark  verbreitete  Atrophie  jener  Zellen,  häufig 
mit  einer  Degeneration  der  Pyramidenseitenstrangbabnen  verbunden 
(amyotrophisebe  Lateralski erose).  Die  atrophische  Kinderlähmung  setzt 
nicht  diffuse  Veränderungen , sondern  kleine  sklerotische  Herde  in  der 
Cervikal-  und  Lendenaiischwellung  (Tafel  Fig.  1),  in  welcher  ebenfalls  die 
Ganglienzellen  zu  Grunde  gehen.  Zu  diesen  zwei  wohl  charakterisirten 
Typen  der  atrophischen  Rückenmarkslähmungen  kam  nun  noch  ein  dritter, 

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nicht  80  scharf  charakterisirt  and  nicht  so  sicher  fundirt,  nämlich  die  bereits 
oben  erwähnte  atrophische  Lähmung  der  Erwachsenen,  von  Duchenne 
zuerst  symptomatisch  beschrieben,  dann  von  Duchenne  und  Joffroy 
in  die  Gruppe  der  spinalen  amyotrophischen  Lähmungen  hineingezogen 
und  als  Poliomyelitis  (Tephromyelitis)  acuta  und  subacuta  bezeichnet. 
So  bereitwillig  vom  ärztlichen  Publikum  diese  von  dem  berühmten  Autor 
gegebene  Deutung  der  Krankheit  anfgenommen  wurde,  so  Hessen  doch 
Leichenbefunde,  welche  den  sicheren  Beweis  für  die  Richtigkeit  der 
mit  so  grosser  Sicherheit  aufgestellten  Hypothese  lieferten,  zu  lange 
auf  sich  warten.  Im  Oegentheil,  es  kamen  Beobachtungen  zur  Kenntniss, 
welche  einen  ganz  andern  Oedankengang  eröffneten.  Schon  in  meiner 
Arbeit  über  die  atrophische  Kinderlähmung  (1875)  konnte  ich  die  Be- 
merkung nicht  unterdrücken,  dass  mir  ein  Theil  der  Symptome  auf 
peripheren  Nervenerkrankungen  zu  beruhen  schien.  Ebenso  führte  ich 
in  meiner  Klinik  der  Rückenmarkskrankbeiten  aus,  dass  viele  Lähmungen 
nach  akuten  Krankheiten  den  Charakter , peripherer  Prozesse  tragen; 
überdies  hatte  ich  einige  Fälle  von  Neuritis  mit  verbreiteten  Lähmungen 
und  Mnskelatrophien  beobachtet.  Ferner  wurde  man  jetzt  auf  die 
interessanten  Mittheilungen  von  Dumünil*)  aufmerksam,  welcher  in 
mehreren  Fällen  von  ausgebreiteter  atrophischer  Lähmung  durch  eine 
äusserst  scharfsinnige  klinische  Analyse  den  Nachweis  geführt  hatte,  dass 
es  sich  dabei  um  eine  periphere  Neuritis  handeln  müsse.  Endlich  kamen 
Beobachtungen  von  Eisenlohr  u.  A.  hinzu,  welche  in  einzelnen  Fällen 
atrophischer  Lähmungen  p.  m.  das  Rückenmark  intakt,  dagegen  die 
Nerven  atrophisch  fanden.  Auch  über  die  Blei  lähmnng  entwickelte  sich  nun 
eine  Diskussion:  die  Einen  sprachen  sie  als  eine  periphere  (nenritisebe),  die 
Andern  als  eine  spinale  (poliomyelitische)  Affektion  an.  Uebereinstimmend 
ergaben  die  Untersuchungen  starke  Atrophie  in  den  peripheren  Nerven- 
ästen, welche  zu  den  gelähmten  und  atrophischen  Muskeln  führten  (Fig.  3). 
Die  meisten  Autoren  traten  der  Anschauung  der  peripheren,  nenritischen 
Natur  bei,  indessen  hatte  docli  auch  der  gegentheilige  Standpunkt  gewichtige 
Vertreter. 

Im  Flusse  dieser  Diskussionen  haben  meine  Untersuchungen  und  De- 
duktionen, welche  ich  im  Jahre  1879/80  in  zwei  Arbeiten  niederlegte  (Ueber 
einen  Fall  von  multipler  Neuritis:  Charite  - Analen  1880  8.206  — und 
Ueber  Poliomyelitis  und  Neuritis:  Zeitschrift  für  klin.  Medizin  1880 

Band  I S.  387  ff.)  in  gewissem  Sinne  eine  entscheidende  Bedeutung  ge- 

*)  Gar.  hebdum.  1864  u.  1866. 


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habt,  insofern  sie  das  klinische  Bild  der  maltiplen  Neuritis  zum  ersten 
Male  mit  Sicherheit  formolirten  und  dasselbe  durch  unzweifelhafte 
anatomische  Untersuchungen  begründeten.  Die  multiple  Neuritis  ist  seit 
dieser  Zeit  als  eine  selbstständige  Erankheitsform  anerkannt.  Gleichzeitig 
ergab  es  sich,  dass  die  Mehrzahl  jener  Fälle,  welche  von  Duchenne 
als  Paralysie  antdrienre  spinale  beschrieben  waren,  hierher  gerechnet 
werden  mussten. 

Die  beiden  von  mir  beobachteten  Fälle  boten  ein  sehr  überein- 
stimmendes Krankheitsbild  dar;  sie  betrafen  Junge  Männer,  welche 
unter  fieberhaften  Symptomen  erkrankten  und  bei  denen  sich  unter  grosser 
Schmerzhaftigkeit  eine  Lähmung  der  vier  Extremitäten  entwickelte.  Die 
Lähmung  war  am  intensivsten  an  den  Fingern,  sie  war  geringer  an  der  Hand, 
nahm  weiter  aufwärts  am  Vorderarm  noch  mehr  ab  und  erreichte  kaum 
die  Schulter.  An  den  unteren  Extremitäten  war  das  Bild  ein  analoges, 
d.  b.  die  stärkste  Lähmung  bestand  an  Fuss  und  Zehen,  dann  am  Unter- 
schenkel, — die  geringste  Lähmung  war  am  Oberschenkel  ausgebildet. 
Die  afficirten  Extremitäten  lagen  fast  vollkommen  regungslos  da  und 
konnten  nur  in  den  Schultern  und  Hüften  ein  wenig  bewegt  werden;  die 
Oliedmaassen  waren  geschwellt,  und  in  dem  einen  Falle  bestand  beträcht- 
liches Oedem.  Die  Kranken  hatten  sehr  schmerzhafte  Empfindungen, 
reissende  Schmerzen,  welche  sich  nach  dem  Ende  der  Extremität  bin 
steigerten  und  mit  einem  Gefühl  von  Kriebeln  verbunden  waren.  Auch 
die  Haut  war  ausserordentlich  empfindlich,  im  Uebrigen  bestanden  keine 
Erscheinungen,  welche  mit  spinaler  Lähmung  übereinstimmten.  Die 
Sphinkteren  waren  frei,  es  trat  kein  Dekubitus  auf,  auch  Kopf  und 
Augen  blieben  frei,  so  dass  man  schon  durch  die  Anordnung  der 
Symptome  auf  die  peripheren  Nerven  bingewiesen  wurde.  Die  Muskeln 
der  affizirten  Gliedmaasseu  waren  welk,  auf  Druck  ausserordentlich 
empfindlich  und  boten  bei  der  elektrischen  Prüfung  eine  Veränderung 
der  Erregbarkeit  dar,  wie  sie  den  peripheren  Lähmungen  an- 

gehört. Die  elektrische  Erregbarkeit  war  im  Ganzen  herabgesetzt,  an 
den  atrophischen  Muskeln  wurde  Entartungsreaktion  konstatirt.  Der 
Verlauf  war  nicht  ungünstig.  In  dem  ersten  Falle  trat  tbeilweise  Heilung 
ein;  die  Beine  worden  vollständig  wieder  hergestellt;  an  den  Annen 
zeigte  die  Lähmung  nur  eine  geringe  Besserung,  sie  blieb  bestehen  und 
hatte  in  ihrem  Typus  Aehiilichkeit  mit  der  Bleilähmong.  Dieser  Patient 
ging  nach  Verlauf  eines  Jahres  an  Nierenschrnmpfnng  zu  Grande.  Auch 
der  zweite  Patient  starb  nicht  an  der  Lähmung,  sondern  an  einem  inter- 
knrrirendcn  Typhus.  Die  Autopsie  des  ersten  Falles  ergab  die  folgenden 


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erwähnenswertben  Resolute:  entsprechend  der  Verbreitong  der  Moskel- 
atrophie  an  den  Vorderarmen  Hess  sich  in  den  Nerven  eine  deotliche 
intensive  Atrophie  wabrnebmen.  Die  einzelnen  Nervenbündel  enthielten 
zom  grössten  Tbeile  ganz  atrophische  Nervenfasern,  so  dass  sie  sich  mit 
Karmin  fast  vollkommen  roth  färbten  und  nur  noch  sehr  wenige  mark- 
haltige  Fasern  umschlossen;  die  Nervenscheide  dieser  Bündel  war  etwas 
verdickt,  wellig  znsammengezogen;  von  Kernwncherung  keine  Spur. 
Makroskopisch  hatte  der  Nerv  kaum  ein  abnormes  Ansehen,  namentlich 
keine  Schwellung  oder  auffällige  Verfärbung.  Ala  deutliches  Zeichen  einer 
voraufgegangenen  Entzündung  durfte  indessen  die  Ablagerung  ziemlich 
reichlichen  gelbbraunen  Pigments  angesehen  werden,  welches  die  Gefässe 
in  dem  interneurotiscben  Fettgewebe  umgab,  offenbar  das  Residuum 
voranfgegangener  Hämorrhagieen.  Diese  Degeneration  der  Nervenfasern 
bestand  am  stärksten  in  der  Höbe  des  Ellbogengelenks;  weiter  hinauf 
bekamen  die  Fasern  bald  ein  besseres  Aussehen,  und  der  Acbselböhleonerv 
Hess  eine  Abweichung  vom  normalen  Verhalten  nicht  mehr  erkennen. 
Die  Nerven  der  unteren  Extremitäten  zeigten  sich  normal,  desgleichen 
bot  das  Rückenmark  trotz  genauester  Untersuchung  nichts  Abnormes. 

Noch  interessanter  war  das  Ergebniss  der  Untersuchung  des  zweiten 
Falles;  dieser  Pat.  war  in  einem  viel  früheren  SUdium  der  Krankheit 
gestorben:  bei  ihm  ergab  die  Untersuchung  sehr  intensive  Erkrankung 
der  peripheren  Nerven  an  den  oberen  und  unteren  Extremitäten  (Fig.  4 
und  ö).  Am  grössten  waren  die  Veränderungen  in  der  Nähe  des  Ellbogen- 
und  Kniegelenks;  sie  nahmen  nach  oben  hin  schnell  ab.  ln  dem  Nerven- 
plexus  fand  sich  nichts  Abnormes,  und  ebenso  war  das  Rückenmark  voll- 
kommen gesund.  — Es  wurden  mikroskopische  Schnitte  für  verschiedene 
Vergrössernugeu  angefertigt:  die  kleinsten  Vergrösserungen  zeigten  gefleckte 
Beschaffenheit  der  Nervenbündel,  wie  sie  für  atrophische  Prozesse  charak- 
teristisch ist;  bei  stärkerer  Vergrösserung  nahm  man  noch  deutlicher 
wahr,  dass  zwischen  den  markhaltigen  Nervenfasern  zahlreiche  atrophische 
gelegen  waren.  Daneben  war  sehr  bemerkenswertb  eine  Infiltration  der 
Nervenscheide  (Fig.  4),  bestehend  in  einer  ziemlich  breiten  Zone,  welche 
die  Scheide  vom  Nerven  gleichsam  abgehoben  batte  (Fig.  4 A).  Die 
Nervenbündel  selbst,  durch  diese  Exsudation  gleichsam  komprimirt,  er- 
schienen bei  kleiner  Vergrösserung  anffäUig  fleckig,  bei  stärkerer  und  an 
Znpfpräparaten  Hess  sich  eine  sehr  starke  Degeneration  der  Nervenfasern 
nachweisen  (Fig.  5),  — an  den  einzelnen  Stellen  von  verschiedener  In- 
tensität: theils  sah  mau  fettig  degenerirte  Nervenfasern,  theils  ver- 
breiterte, gequollene,  glasige,  körnige,  theils  sehr  schmale,  blasse,  gänz- 

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lieh  tnarklose.  Zwischen  diesen  Nervenfasern  war  eine  Proliferation  von 
Kernen  in  oder  zwischen  den  Nervenscheiden  nicht  sicher  nachweisbar, 
nnr  nm  die  kleinen  arteriellen  Blatgefässe  fand  sich  gewöhnlich  eine 
zeitige  Infiltration  der  Adventitia.  Am  auffälligsten  war  die  reichliche 
Zetlenproduktion  in  dem  verbreiterten  Raume  zwischen  Nerv  und  Nerven- 
scheide; derselbe  war  mit  zahlreichen  runden  oder  länglichen,  zum  Theil 
gelbkömig  punktirten  Zellen  erfüllt,  am  deutlichsten  ebenfalls  in  der  Gegend 
der  arteriellen  Gefässe. 

Diese  auffällige  neuritisebe  Erkrankung  war  am  stärksten  in  den 
Nervenstämmen  der  Arme  in  Höbe  der  Ellbogen,  an  den  üntere>ftremi- 
täten  in  der  Gegend  des  Knies,  vorzüglich  im  N.  peroneus  ausgeprägt. 
Nach  der  Peripherie  hin  nahm  die  Intensität  des  Prozesses,  vornehmlich 
die  zeitige  Infiltration,  ab;  schneller  noch  verringerte  sich  die  ganze  Er- 
krankung nach  oben  zu:  hier  hatten  die  gesammten  Nerven  alsbald  ihr 
normales  Aussehen. 

Die  Untersuchung  des  Rückenmarks  fiel  vollkommen  negativ  aus. 

Es  hatte  sich  also  in  entschiedenster  Weise  als  anatomische  Grund- 
lage der  Krankheit  eine  multiple  degenerative  Neuritis  ergeben,  welche 
die  Nerven  der  vier  Extremitäten  ergriffen,  aber  sich  vorzüglich  auf  die 
Gegend  der  Ellbogen  und  Kniegelenke  beschränkt  batte.  In  ihrem  histo- 
logischen Befunde  erschien  diese  Neuritis  sehr  eigenartig  und  erinnerte 
mich  an  eine  bis  dabin  nnr  wenig  beachtete  sehr  interessante  Beobachtung 
von  Eichhorst  (Virchow,  Archiv  Band  69,  1876,  S.  265),  welche 
der  Autor  als  Neuritis  acutissima  progressiva  bezeichnet  und  mit  der 
akuten  aufsteigenden  Landry’scben  Paralyse  vergleicht.  In  diesem 
Falle  hatte  sich  bei  einer  bejahrten  Frau  unter  lebhaften  Schmerzen  eine 
aasgebreitete  Lähmung  entwickelt,  die  Extremitäten,  und  auch  die  Angen- 
muskeln  betreffend;  der  Tod  trat  in  wenigen  Tagen  ein.  Eichhorst 
fand  p.  m.  in  grosser  Ausdehnung  eine  degenerative  Erkrankung  zahl- 
reicher peripherer  Nerven,  welche  mit  dem  geschilderten  Befunde  meines 
zweiten  Falles  auffällig  übereinstimmt. 

Durch  diese  Beobachtungen  war  festgestellt,  dass  Krankheitsfälle, 
welche  unter  dem  bisher  als  Poliomyelitis  bezeichneten  Bilde  aufgetreten 
waren,  sich  als  eine  multiple  Neuritis  erwiesen.  Ich  durfte  die  Ver- 
mnthung  ansspreeben,  dass  die  Mehrzahl  der  Fälle  von  akuter  und  sub- 
akuter  (atrophischer)  Paralyse  der  Erwachsenen  auf  eine  gleiche  multiple 
Neuritis  zurückzufuhren  sein  würden , obwohl  ich  gleichzeitig  eine  Ein- 
schränkung dieser  Ansicht  machte  und  die  Möglichkeit  zuliess,  dass  auch 
eine  gleichzeitige  Betheiligung  des  Rückenmarks  (sc.  seiner  grauen  Sub- 


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stanz)  Vorkommen  möge.  Denn  in  Wirklichkeit  bestehen  absolute 
Schranken  in  der  Verbreitung  pathologischer  Prozesse  nicht,  und  es  ist 
nicht  einzusehen,  warum  zwischen  den  Erkrankungen  des  Rückenmarks 
und  der  peripheren  Nerven  ein  absoluter  Gegensatz  existiren  sollte.  Eis 
scheint  durchaus  möglich,  dass  sich  beiderlei  Prozesse  kombiniren,  wie  ich  es 
für  die  atrophische  Kinderlähmung  vermutbete.  Das  Gleiche  scheint  auch 
für  unsere  Fälle  stattzuhaben.  Diese  Einschränkung  machte  ich  schon 
in  meiner  ersten  Arbeit,  bewogen  nicht  nur  durch  eine  gewisse  Vorsicht, 
sondern  auch  durch  die  direkte  Beobachtung,  wonach  neuritiscbe  Pro- 
zesse sich  mit  Rückenmarkskraiikbeiten  verbinden  können.  — Ich  habe 
die  Genugthuung,  dass  II.  Oppenheim  meine  Ansicht  kürzlich  bestätigt 
hat;  er  beschreibt  eine  älmliche  Beobachtung,  bei  welcher  sich  neben 
peripherer  Neuritis  auch  ein  kleiner  Herd  im  Rückenmark  fand  (Tafel 
Fig.  2),  aber  — was  Oppenheim  ebenfalls  deduzirt  — dieser  kleine 
Herd  kann  unmöglich  für  die  verbreiteten  atrophischen  Lähmungen 
allein  verantwortlich  gemacht  werden. 

Man  wird  zugestehen,  dass  das  Ergebniss  dieser  Untersuchungen 
befriedigender  war,  wie  die  frühere  Auffassung  der  Krankheit  als 
Rückenmarksaffektion,  denn  es  stand  mit  den  am  Krankenbette  beob- 
achteten Symptomen  und  dem  V'erlaufe  derselben  besser  in  Einklang.  Die 
klinische  Erfahrung  lehrte,  dass  diese  Lähmungsformen,  so  schwer  sie 
zuerst  erscheinen,  im  Ganzen  eine  gute  Prognose  geben  und  unter 
günstigen  Verhältnissen  nach  Wochen  oder  Monaten  in  Heilung  über- 
gehen können,  auch  wenn  eine  deutliche  Muskelatropbie  bestanden  hatte. 
Dieser  Verlauf  Hess  sich  bei  einer  Krankheit  des  , Rückenmarks,  bei 
welcher  noch  gar  die  Ganglienzellen  der  grauen  Substanz  zur  Atrophie 
gekommen  waren,  nur  schwer  begreifen,  denn  die  Regenerationskraft  des 
Rückenmarks  resp.  die  der  Ganglienzellen  ist,  soweit  uns  bisher  bekannt, 
eine  sehr  beschränkte.  Dagegen  ist  es  ebenso  bekannt,  dass  die  Regene- 
rationskraft der  peripheren  Nerven  eine  ausserordentlich  energische  ist,  wie 
uns  jeder  Durchschneidungsversuch  am  Nerven  lehrt.  Daher  ist  es  auch 
leicht  verständlich,  dass  eine  Krankheitsursache,  welche  nur  periphere 
Nervenfasern  zur  Atrophie  bringt,  keine  irreparablen  Folgen  setzt.  Sobald 
die  Krankbeits  - Ursache  eliminirt  ist,  regeneriren  sich  die  degenerirten 
Nerven  mit  ihrer  energischen  Lebenskraft  und  kommen,  ebenso  wie  die 
Lähmung,  zur  Heilung. 

An  meine  Arbeiten  haben  sich  seither  eine  grosse  Anzahl  werth- 
voller Untersuchungen  über  denselben  Gegenstand  angescblossen , sowohl 
klinische,  wie  pathologisch-anatomische.  Im  Interesse  der  Kürze  muss  ich 


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« 


es  mir  versagen,  auf  die  einzelnen  einzageben;  nur  auf  eine  Arbeit 
möchte  ich  binweisen,  die  mir  in  pathologiscb-anatomiscber  Beziehung  be- 
sonders interessant  and  wichtig  erschienen  ist,  ich  meine  die  Unter- 
suchongen  von  Paul  Meyer  in  Strassbarg  (Virchow’s  Archiv  Band  85 
S.  181 — 225)  über  einen  Fall  von  verbreiteter  schwerer  diphtheritischer 
Läbmnng,  in  welchem  Veränderungen  an  den  peripheren  motorischen 
Nervenstämmen  nachgewiesen  worden,  welche  mit  den  meinigen  genau 
nbereinstimmten. 

In  Bezug  auf  das  klinische  Krankheitsbild  im  Allgemeinen 
habe  ich  nur  wenig  hinzuzusetzen,  da  die  wesentlichsten  Symptome  bereits 
oben  bei  dem  Berichte  über  die  beiden  Krankheitsfälle  vorweggenommen 
sind.  Beide  entsprechen  den  typischen  Fällen  in  den  regelmässigsten 
Symptomen.  Die  Entwickelung  der  motorischen  und  sensibeln  Symptome 
zeigt  sich  dort  in  ganz  typischer  Weise.  Ich  möchte  indessen  noch 
besonders  auf  die  Symptome  der  sensiblen  Sphäre  hinweisen,  da  sie 
mir  gerade  für  die  Natur  der  Neuritis  und  für  die  Diagnose  von  Be- 
deutung zu  sein  scheinen.  Die  Schmerzhaftigkeit  der  Nerven  und  Muskeln 
entspricht  durchaus  den  entzündlichen  Prozessen;  auch  die  Zeichen  sub- 
jektiver Hyperästhesie  fehlen  nicht;  es  bestehen  schiessende,  brennende, 
schneidende  Schmerzen,  welche  sich  bei  jeder  Bewegung  steigern;  gegen 
die  Finger  und  Zehen  hin  besteht  Taubheit  des  Gefühls  und  eine  oft 
schmerzhafte  Empfindung  des  Eingeschlafenseius,  welche  an  die  be- 
kannten Druckerscbeinungen  der  Nerven  erinnert;  auch  die  Nerveustkmme 
selbst  weiter  oben  sind  auf  Druck  sehr  empfindlich;  hieran  schliessen 
sich  trophische  und  vasomotorische  Symptome,  namentlich  das  mitunter 
sehr  stark  ausgesprochene  schmerzhafte  Oedem. 

Neben  diesen  regelmässigen  und  typischen  Symptomen  sind  noch 
einige  seltenere  zu  erwähnen.  Als  solche  nenne  ich  die  Betheiligung 
des  N.  facialis,  sodann  die  Affektion  der  Äugenmnskeln,  Stra- 
bismus, Nystagmus,  Pupillenerweiterung  und  selbst  Papillenstarre  ist 
beobachtet.  Ferner  kann  ich  bemerken,  dass  zuweilen  auch  Störungen 
der  Blasen-  und  Mastdarmfunktionen  Vorkommen,  welche  der  Krankheit 
noch  mehr  Uebereinstimmung  mit  Rückenmarkskrankheiten  geben.  Es 
scheint  indessen,  dass  es  sich  auch  hierbei  um  eine  periphere  Affektion 
der  Schlidssmuskeln  resp.  deren  Nerven  handelt,  wenigstens  verliefen  die 
zwei  Fälle,  in  denen  ich  diese  Komplikation  beobachtete,  ganz  typisch 
zur  Heilung,  ohne  Residuen  zu  hinterlassen.  — Als  weitere  Komplikationen 
sind  zu  erwähnen:  Delirien,  Anfregungszustände,  Schlaflosigkeit,  wobei 
auch  der  Alkohol-Delirien  und  Psychosen  zu  gedenken  ist.  Bemerkens- 


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werth  ist  die  Komplikation  von  Seiten  des  Herzens;  Palpitationen,  er- 
höhte Pulsfrequenz,  Beklemmungen  und  Zeichen  von  Herzschwäche  sind 
mehrfach  beobachtet.  Am  bekanntesten  ist  diese  Komplikation  bei  der 
Lähmung  nach  Diphtherie,  leicht  erklärlich  bei  der  alkoholischen  Form 
der  Neuritis,  aber  sie  kommt  auch  io  anderen  spontanen  Fällen  vor  und 
ist  besonders  bei  der  Kak-ke  (Beri-beri)  bervorgeboben. 

Die  Entwickelung  der  Krankheit  ist  akut  oder  subakut.  Io  den 
ersten  Tagen  (bei  subakuten  Fällen)  zeigt  sich  eine  auffällige  fort- 
schreitende Ermüdung  der  Muskeln  mit  abnormer  Empfindlichkeit,  dann 
treten  deutliche  Läbmuogserscheinungen  auf.  Zuerst  können  die  Zehen 
und  Finger  nicht  bewegt  werden,  dann  schreitet  die  Lähmung  immer 
weiter.  Dieser  Fortschritt  ist  oft  ein  sehr  schneller:  von  den  Zehen 
gebt  die  Lähmung  auf  die  Füsse  und  Schenkel,  dann  auf  die  Arme  und 
selbst  Schulterrauskeln  über  — analog  der  anfsteigenden  Landry’schen 
Paralyse.  Ohne  Zweifel  ist  diese  erste  Periode  der  fortschreitenden 
Entwickelung  mit  Lebensgefahr  verbunden,  sie  bat  etwas  sehr  Beun- 
ruhigendes und  Bedrohliches;  wir  können  nicht  sicher  voraussehen,  wann 
der  Prozess  zum  Stehen  kommen  wird.  Der  Fall  von  Eichborst  zeigt, 
wie  das  Leben  bedroht  ist,  und  wie  wir  io  der  ersten  Periode  den  Fort- 
schritt der  Krankheit  nicht  in  unserer  Gewalt  haben.  Sobald  jedoch  der 
Prozess  still  steht,  atbmen  wir  auf,  wir  wissen  nun,  dass  die  Krankheit  eine 
periphere  Lähmung  ist,  und  dass  die  Therapie  bei  einer  solchen  für  die 
Mehrzahl  der  Fälle  einen  guten  Ausgang  verbürgen  kann;  nicht  nur 
für  das  Leben,  auch  für  die  vollkommene  Heilung  ist  die  Prognose 
keine  ungünstige.  Im  Ganzen  gelten  hier  dieselben  Grundsätze  der 
Prognose  wie  für  andere  periphere  Lähmungen,  besonders  die  Facialis- 
paralyse,  und  werden  wir  sie  hauptsächlich  aus  dem  elektrischen  Ver- 
halten der  gelähmten  Muskeln  entnehmen.  Die  zahlreichen  und 
sorgfältigen  Beobachtungen  bei  Facialisparalyse  geben  eine  grosse 
Sicherheit  für  die  prognostische  Beurtheilung  auch  dieser  Fälle  analoger 
peripherer  Lähmungen. 

Was  Verlauf  und  Dauer  der  Krankheit  betrifft,  so  ist  beides  sehr 
wechselnd.  Es  giebt  Fälle  von  sehr  akutem  Verlaufe:  nicht  nur  die 
schnell  tödtlicben  pernieiösen,  sondern  auch  solche  mit  schnell  eiiitretender 
Genesung;  hier>ron  sab  ich  einen  Fall,  welcher  bei  dem  Gebrauch  von 
Natr.  salicyl.  in  8 Tagen  geheilt  wurde.  In  der  Mehrzahl  der  Fälle  ist 
jedoch  die  Krankheit  keine  so  schnelle,  sie  erstreckt  sich  auf  Wochen 
und  Monate.  In  diesem  Verlaufe  kann  man  drei  Stadien  unterscheiden: 
1)  das  der  fortschreitenden  Muskellähmung,  2)  das  des  Stillstandes 


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— — 


and  3)  das  der  Regeneration.  Die  Däner  der  Stadien  ist  nach  der 
Schwere  der  Krankheit  sehr  Terschieden.  In  der  Regel  umfasst  der  Ab- 
lauf mehrere  Moante;  aber  auch  nach  der  im  Wesentlichen  erreichten 
Herstellung  persistiren  häufig  noch  einige  markante  Symptome,  e.  B. 
leichte  Ermüdbarkeit,  abnorme  Sensationen,  Herzklopfen,  Nervosität,  und 
es  vergebt  häufig  Jabr  und  Tag,  ehe  der  Fat.  vollkommen  hergestellt 
ist;  das  Wiedererscheinen  der  Sehnenreflexe  lässt  oft  Jahre  lang  auf 
sich  warten. 

Mitunter  ist  der  Verlauf  der  Krankheit  exquisit  chronisch.  Die  be- 
kanntesten und  vollständigsten  Fälle  der  Art  sind  die  schönen  Beobach- 
tungen von  Dnmönil  in  Rouen.  Der  Verlauf  dieser  Fälle  erstreckte 
sich  über  mehrere  Jahre  und  war  durch  abwechselnde  Heilungen  und 
Rückfälle  gekennzeichnet.  — 

Neben  diesen  typischen  Fällen  von  multipler  Neuritis  sehen  wir  auch 
atypische,  unregelmässige  Formen  auftreten,  unter  ganz  analogen 
Ursachen  und  Symptomen,  z.  B.  sekundär  nach  akuten  Krankheiten  oder 
spontan  nach  Erkältungen.  Diese  Formen,  auf  eins  oder  nur  wenige 
Nervengebiete  beschränkt,  weichen  vom  Typus  der  Lähmung  wesentlich  ab 
und  lassen  eine  zusammenfassende  Schilderung  nicht  w'ohl  zu;  sie  werden 
nach  denselben  Prinzipien  beurtheilt  und  behandelt,  wie  die  typischen 
Formen. 

Was  die  Aetiologie  der  Krankheit  betrifft,  so  sind  meine  Unter- 
suchungen von  der  spontanen  oder  rheumatischen  Form  ausgegangen,  ich 
habe  aber  gleichzeitig  die  akuten  Infektionskrankheiten,  die  Syphilis  und 
den  Alkoholismus  als  ursächliche  Momente  genannt,  auch  dieBleilähmug  bin- 
zugezogen.  Seither  haben  sich  die  Beobachtungen  bedeutend  gehäuft, 
nnd  eine  grosse  Zahl  ätiologischer  Momente  ist  nachgewiesen.  Die 
speziellere  Betrachtung  erfordert  eine  Eintheilung  in  Gruppen.  Indem 
ich  diese  übersichtliche  Eintheilung  hier  anschliesse,  behalte  ich  mir  mit 
Ihrer  gütigen  Einwilligung  vor,  in  einem  späteren  Vortrage  auf  die 
einzelnen  Gruppen  und  Formen  etwas  näher  einzugeben.  Ich  unterscheide 
folgende  5 Gruppen: 

1)  Die  infektiöse  Form. 

2)  Die  toxische  Form:  Blei,  Alkohol,  Arsen,  Phosphor. 

3)  Die  spontane  Form:  Rheuma  und  Ueberanstrengnng. 

4)  Die  atrophische  (dyskrasischc,  kachektische)  Form. 

5)  Die  sensible  Form:  Neuritis  der  peripheren  sensiblen  Nerven, 
Pseudotabes  oder  Nervotabes  peripherica. 


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Gehen  wir  nnn  anf  die  Therapie  der  Krankheit  ein,  so  erinnere 
ich  daran,  dasa  ich  bereits  Eingangs  meines  Vortrages  hervorhob: 
die  multiple  Nenritis  ist  eine  Krankheit,  bei  welcher  der  Arzt  mit  Be- 
friedignng  auf  seine  Leistungen  sehen  kann.  Nnr  in  den  seltensten 
Fällen  wird  das  Leben  bedroht,  selten  auch  bleiben  Residuen  zu- 
rück, bestehend  in  unheilbaren  Muskelatrophien  und  Kontrakturen;  die 
grösste  Mehrzahl  der  Fälle  wird  vollkommen  geheilt. 

Freilich  lässt  es  sich  nicht  leugnen,  dass  an  den  günstigen  Heil* 
resultaten  die  aktive  Therapie  nur  in  bescheidenem  Maasse  betheiligt  ist. 
Die  Medikamente,  welche  uns  zur  Bekämpfung  dieser  Krankheit  zu  Ge- 
bote stehen,  sind  nur  gering  an  Zahl,  und  ihre  Heilwirkung  ist  keines- 
wegs eine  sehr  zuverlässige.  Selbst  die  Elektrizität,  deren  wir  in  dieser 
Krankheit  nicht  entbehren  können,  findet  nur  in  eingeschränktem 
Maasse  Anwendung  und  vermag  nicht  den  Krankbeitsverlanf  in  ent- 
scheidender Weise  zu  beeinflussen.  — Gelegentlich  bietet  die  ätiologische 
und  sjmptomatologische  Behandlung  wichtige  Indikationen,  auf  welche 
wir  noch  zurückkommen. 

Derjenige  Heilplan,  welcher  sich  als  der  richtige  bewährt  bat,  ist 
ein  hygienisch • exspektativer.  Die  Erfahrung  bat  gelehrt,  dass  bei 
dieser  Krankheit,  wie  bei  vielen  anderen,  ein  unruhiges  hastiges  Eingreifen 
nur  Schaden  bringt,  indem  es  die  vorhandenen,  in  der  Entwickelnng  be- 
griffenen Reizungen  und  Degenerationen  zu  steigern  droht.  Namentlich 
ist  ira  Anfänge  der  Krankheit  die  frühzeitige  Anwendung  der  Elektrizität, 
wozu  die  Aerzte  häufig  geneigt  sind,  ein  entschiedener  Fehler,  und  ich  kann 
es  nur  als  eine  sehr  vortheilhafte  Einrichtung  der  Natur  bezeichnen, 
wenn  die  gewöhnlich  vorhandene  lebhafte  Schmerzhaftigkeit  Jede  einiger- 
maassen  ergiebige  elektrische  Behandlung  unmöglich  macht.  Dasselbe 
ist  von  der  Massage  und  Muskelübung  zu  sagen:  sie  sind  im  Anfänge 
schädlich  und  verbieten  sich  meist  in  Folge  der  Schmerzhaftigkeit  von 
selbst.  Auch  in  Bezog  auf  die  Muskelthätigkeit  werden  oft  Fehler  ge- 
macht, man  lässt  die  Patienten  mit  ihren  schwachen  Muskeln  omhergehen, 
um  sie  durch  Ucbnng  zu  stärken;  aber  nicht  zum  Segen  der  Kranken, 
denn  die  entzündeten  Muskeln  bedürfen  durchaus  der  Ruhe  und  Schonung.  — 

1)  Unter  den  Medikamenten,  W’elche  in  dieser  Krankheit  von  Nntzen 
sind,  nenne  ich  in  erster  Linie  die  Salicyl  säure  bezw.  dasNatronsali- 
cylicum,  welches  gerade  im  Beginne  der  Krankheit  oft  Erleichterung 
bringt  und  unter  Umständen  selbst  eine  coupirende  Heilwirkung  entfaltet. 
Namentlich  bei  der  rheumatischen  Form  wirkt  dies  Mittel  meist  günstig; 
in  vielen  Fällen  aber  lässt  es  uns  leider  auch  in  Stich  und  äussert 


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weder  anf  die  Schmerzen  noch  auf  den  Erankheitsverlauf  die  geringste 
Wirkung. 

An  dieses  Medikament  schliessen  sich  die  analogen  Mittel  der  Neu' 
zeit  an,  das  Antipyrin  und  Antifebrin.  Beide  werden  um  so  mehr 
indizirt  sein,  als  sie  nach  G.  See  eine  günstige  Wirkung  auf  neuralgische 
Schmerzen  ausüben.  Ich  selbst  habe  noch  keine  Gelegenheit  gehabt,  sie 
in  Fällen  von  multipler  Neuritis  anznwenden,  zweifele  aber  nicht,  dass 
sie  eine  ähnliche,  vielleicht  noch  bessere  Wirkung  haben  werden,  als 
das  erstgenannte  Medikament.  Als  spezifische  Mittel,  von  denen  ein 
Conpiren  der  Krankheit  erwartet  werden  darf,  sind  sie  nicht  wohl  zu 
betrachten. 

An  anderen  wirksamen  Mitteln  für  unsere  Krankheit  sind  wir  nicht 
reich:  Jodkali,  Bromkali  event.  Colchicum  sind  nach  allgemeinen  thera- 
peutischen Grundsätzen  indizirt,  versprechen  jedoch  kaum  wesentliche 
Erfolge.  — Somit  ist  unser  Heilplan  zum  wesentlichen  Tbeile  anf  die- 
jenigen Heilpotenzen  und  Methoden  angewiesen,  welche  die  exspekta- 
tive  Methode  oder,  wie  sie  beute  vielfach  genannt  wird,  die  hygienische 
Therapie  liefert.  Die  Medikamente  spielen  dabei  nnr  eine  nebensäch- 
liche Rolle,  der  wesentliche  Plan  der  Therapie  basirt  anf  der  Fürsorge 
für  die  günstigsten  Verhältnisse  des  natürlichen  Krankheitsverlaufes.  Die- 
jenigen Heilpotenzen,  welche  hierfür  in  erster  Linie  in  Betracht  kommen, 
sind  zwei  der  wichtigsten,  auf  welchen  die  hygienische  Therapie  über- 
haupt basirt,  die  Ruhe,  i.  e.  Bettruhe,  und  die  Diät 

Manche  von  Ihnen,  m.  H.  Kollegen,  werden  von  dieser  meiner  Dar- 
stellung wenig  befriedigt  sein  und  es  nicht  als  einen  Glanzpunkt  der 
ärztlichen  Kunst  betrachten,  wenn  wir  auf  diese  hygienische  Methode 
angewiesen  sind,  ohne  die  Macht  eines  spezifischen  scharf  eingreifenden 
Mittels  zn  besitzen.  Aber  ich  bitte  Sie,  sich  zu  vergegenwärtigen,  dass 
die  Aufgabe  der  ärztlichen  Kunst  nur  allgemein  dahin  definirt  werden 
darf,  dass  sie  den  Patienten,  dessen  Leben  und  Gesundheit  durch  den 
Angriff  der  Krankheit  geRlhrdet  ist,  mit  denjenigen  Mitteln,  welche 
durch  die  Erfahrung  als  die  besten  erkannt  sind,  schützt  und  wo  möglich 
zur  völligen  Gesundheit  zurückführt.  Es  ist  eine  unberechtigte 
dogmatische  Einseitigkeit,  zu  verlangen,  dass  die  Heilung  gerade  nur  auf 
dem  einen,  allein  seligmacbenden  Wege  der  aktiven  Therapie,  durch 
Medikamente,  geschehen  soll.  Wenn  der  andere  Weg  schneller  und 
sicherer  zum  Ziele  führt,  so  ist  er  auch  der  bessere.  Der  Arzt,  welcher 
sein  Heil  ausschliesslich  auf  Medikamente  baut,  wird  sich  oft  genug 
getäuscht  finden.  Die  Methode  der  hygienischen  Therapie  findet 


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nicht  nur  in  Frankreich,  sondern  auch  bei  uns  mehr  und  mehr  An- 
erkennung und  richtige  Würdigung.  Sie  stellt  sich  freilich  nicht  die  Aufgabe, 
die  Krankheit  selbst  zu  bekämpfen,  sondern  das  erkrankte  In- 
dividuum zu  schützen,  seine  Resistenzfähigkeit  gegen  die  Krankheit  zu 
erhoben  und  ihm  damit  zum  Siege  zu  verhelfen.  Die  Bedeutung  und 
Wirksamkeit  dieser  Heilmethode  wird  Jedem  in  überraschender  Weise  ein- 
leuchten, der  sich  mit  ihrer  Methode  und  ihren  Leistungen  genügend 
bekannt  gemacht  bat.  Der  Thatendurst  unserer  durch  die  Erfolge  der 
Chirurgie  verwöhnten  Zeit  bat  diese  Methode,  welche  in  der  internen 
Therapie  eine  so  grosse  und  erfolgreiche  Rolle  spielt,  in  den  Schatten 
gestellt  und  auch  hier  einen  Thatendrang  gezeitigt,  welcher  häufig  zu  kritik- 
loser Anwendung  zahlloser  Medikamente  führt,  während  die  einfachsten 
Regeln  der  Hygiene  und  Diät  vernachlässigt  werden.  So  sehr  man 
heute  gewohnt  ist,  alles  Heil  von  Medikamenten  zu  erwarten,  so  sehr 
man  geneigt  ist,  auf  die  hygienische  Therapie  berabzuseben,  so  wäre 
doch  derjenige  sehr  im  Irrthum  befangen,  welcher  meinte,  dass  diese 
eine  leichtere  Aufgabe  sei.  Im  Gegeutheil  ist  beute  nichts  leichter  und 
bequemer,  als  wenn  der  Arzt  sich  darauf  beschränkt,  seinen  Kranken  ein 
Rezept  von  zweifelhafter  Wirkung  zu  verschreiben.  Dagegen  erfordert 
die  Durchführung  der  hygienischen  Therapie  die  äusserate  Umsicht, 
Sorgfalt  und  Pünktlichkeit.  Man  wird  die  Schwierigkeit  nicht  unter- 
schätzen, welche  mit  der  Durchführung  einer  bestimmten  Diät  und 
welche  mit  der  Verordnung  der  Bettruhe  verbunden  ist. 

2)  Die  Bedeutung  der  Ruhe  als  Heilmittel  ist  in  neuester  Zeit 
wiederum  durch  das  bekannte,  aber  meiner  Ansicht  nach  noch  immer 
nicht  genügend  gewürdigte  Weir-Mitchell’sche  Heilverfahren  in  ihr 
altes  Recht  eingesetzt.  Wer  sich  die  Mühe  giebt,  objektiv  zu  beobachten, 
wird  sich  leicht  von  der  grossen  Wirksamkeit  dieser  Heilpotenz  in  den 
verschiedensten  Krankbeitszuständen  überzeugen  können.  Bei  richtiger 
Indikation  kann  sie  durch  Nichts  ersetzt  werden,  und  das  Verkennen 
dieser  Indikation  stellt  den  ganzen  Kurerfolg  in  Frage.  Dieser  Fall 
trifft  bei  unserer  Krankheit  in  vollem  Maasse  ein.  Ruhe  der  affizirten 
Muskeln,  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  Bettruhe,  ist  die  erste  und 
wichtigste  Indikation.  So  leicht  es  erscheint,  die  Verordnung  zu  treffen, 
so  schwer  ist  es  häufig,  sie  mit  der  erforderlichen  Strenge  und  Konsequenz 
durcbznfübren.  Es  giebt  vielleicht  keine  schwierigere  Aufgabe  für  den 
Arzt,  als  die  Ungeduld  seiner  Patienten  zu  zügeln,  welche  den  Heilnngs- 
prozess  zu  stören  droht  und  die  schon  erreichten  Heilerfolge  in  Frage 
stellt.  Ein  an  eifrige  Thätigkeit  gewöhnter  Patient  ist  ebenso  schwer 


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in  Rabe  tu  halten,  wie  ein  stupider,  bei  welchem  Gründe  and  Autorität 
nichts  ausrichten.  Beide  können  sich  von  der  Bedeutung  der  Ruhe  keine 
Vorstellung  machen  und  betrachten  sie  kaum  als  Heilmittel.  Der  Arzt 
ist  häufig  genöthigt,  Medikamente  zu  verordnen,  welche  an  sich  über- 
flüssig sind,  aber  den  Ideen  der  Kranken  entsprechen  und  dadurch 
helfen,  das  Hauptziel,  die  Ruhe  des  Patienten,  durchzusetzen.  In  der 
Tbat  bedarf  der  Arzt  der  grössten  Autorität,  der  Konsequenz  und  festen 
Ueberzeugung,  um  die  erforderliche  Bettruhe  so  lange  durchzusetzen,  als 
sie  nothwendig  ist.  Der  Arzt  darf  sich  auch  der  Aufgabe  nicht  ent- 
ziehen, seinen  Patienten  die  Ausführung  der  Verordnungen  zu  erleichtern, 
ihren  Math,  ihre  Geduld,  ihre  Ausdauer  zu  stärken,  bis  sie  die  Krankheit 
überwanden  haben. 

Die  Erfahrung  bei  unserer  Krankheit  lehrt,  dass  fast  ausnahmslos 
die  Neuritis  und  die  davon  abhängigen  Zustände  von  Lähmung  und 
Degeneration  in  den  Muskeln  am  besten  und  schnellsten  verlaufen,  wenn 
man  die  erkrankten  Organe  durch  Ruhe  schont  und  von  Reizungen  fern 
hält.  Nur  selten  erreicht  bei  einer  solchen  schonenden  Behandlung  die 
Muskeldegeiieration  einen  so  hohen  Grad,  dass  Entartnngsreaktion  eintritt. 

3)  Gewöhnlich  ist  der  Patient  mit  dieser  zuwartenden,  hygienischen 
Behandlung  nicht  zufrieden,  und  wir  sehen  uns  schon  um  dieserhalb 
veranlasst,  die  elektrische  Behandlung  berbeizuziehen.  Hierzu  sind 
wir  um  so  mehr  berechtigt,  als  bei  vorsichtiger  Zurückhaltung  ein  Schaden 
nicht  geschieht  und  als  wir  mit  der  Elektrizität  ein  Mittel  in  der  Hand 
haben,  den  Zustand  der  Muskeln  und  Nerven,  und  den  Ablauf  der  Stadien  des 
degenerativen  Prozesses  zu  kontrolliren.  Dass  diese  Erkenntniss  aber,  selbst 
wenn  man  den  direkten  therapeutischen  Werth  der  in  Anwendung  gezogenen 
Elektrizität  nicht  hoch  schätzt,  für  das  ärztliche  Urtheil  und  damit  für  die 
Sicherheit  der  Prognose  und  der  Therapie  von  grösster  Bedeutung  ist, 
bedarf  keiner  Auseinandersetzung.  Aus  diesen  Gründen  bediene  ich  mich 
auch  vorzugsweise  des  konstanten  Stromes,  obgleich  derselbe  für  den 
Patienten  fast  schmerzhafter  ist  als  der  induzirte.  Der  Fortschritt  der 
Regeneration  zur  Heilung  wird  in  der  Wiederkehr  der  normalen  Reaktions- 
verhältnisse sehr  deutlich  erkannt  und  methodisch  verfolgt.  Erst  jetzt  in  der 
Periode  der  Regeneration  wird  die  Prognose  zuversichtlich,  und  wir  dürfen 
nun  dem  Kranken  von  der  verordneten  strengen  Ruhe  Erleichterung  ver- 
schaffen und  allmählich  von  einem  vorsichtigen  Gebrauche  der  Muskeln 
zu  methodischen  Uebungen  übergeben. 

4)  Hieran  schliesst  sich  die  Diät.  Wenn  im  Anfänge  unter  dem 
Fieber  und  den  Schmerzen  der  Appetit  und  die  Ernährung  stark  gelitten 


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haben,  so  ist  weiterhin  eine  vorsichtige,  gut  roborirende  Diät  indieirt. 
Namentlich  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  dass  in  der  zweiten  Periode 
der  Regeneration  die  Herstellung  durch  eine  reichliche,  nahrhafte  Diät 
wesentlich  gefördert  wird  und  dass  unter  Zunahme  der  gesammten  Körper- 
kraft  auch  die  Kraft  der  erkrankten  Muskeln  und  Nerven  sich  wiederfindet 
Uebrigeiis  entspricht  dieser  Heilplan  ganz  den  Oruudsätzen,  welche 
Onbler,  bekannt  durch  seine  Arbeiten  über  die  Lähmungen  nach 
akuten  Krankheiten,  für  die  Behandlung  dieser  Affektionen  anfstellte; 
sie  heilen,  wie  er  angiebt,  am  besten  unter  einem  roborirenden  Regime. 

Es  erübrigen  noch  einige  Worte  über  die  ätiologische  und  die 
symptomatische  Behandlung. 

5)  Die  ätiologische  Behandlung  ist  für  mehrere  Formen  wichtig 
und  von  Erfolg.  Die  rheumatischen  Formen  lassen  am  ehesten  eine  gute 
Wirkung  der  Salicylsäure  (des  Antipyrins)  erwarten;  die  Bleilähmung 
erfordert  ausser  dem  Schutze  vor  weiterer  Einwirkung  des  Bleis  die  An- 
wendung von  Schwefel  und  Jod;  die  alkoholische  Lähmung  erfordert  die 
absolute  Abstinenz,  die  syphilitische  die  spezifische  Therapie  und  so  fort. 
Ja  wir  können  hierher  auch  rechnen,  dass  die  kachektische  und  anämische 
Form  die  Behandlung  dieser  zu  Grunde  liegenden  Diathesen  in  erster 
Linie  erfordert. 

6)  Die  symptomatische  Therapie  hat  einige  wichtige  Indikationen 
zu  erfüllen.  Die  wichtigste  Indikation  ist  gegeben  durch  den  Schmerz, 
welcher  zuweilen  so  heftig  und  so  anhaltend  ist,  dass  die  Patienten  nngC' 
duldig  und  erschöpft  werden.  Der  Schlaf  ist  verscheucht,  der  Appetit  gestört, 
der  moralische  Muth  gesunken.  Die  Situation  kann  auf  solche  Weise 
eine  sehr  ernste  werden.  Wir  müssen  und  wir  können  die  Narcotica 
anwenden,  am  besten  Morphium,  weil  es  sich  am  besten  vertbeilen  — 
dosiren  lässt.  So  leicht  es  non  ist,  Schmerzen,  selbst  ganz  intensive 
Schmerzen,  durch  Morphium  zu  besänftigen,  den  Patienten  das  Gefühl 
der  Erleichterung  und  den  Schlaf  zu  verschaffen,  so  schwer  ist  es,  dieser 
Indikation  zu  genügen,  wenn  der  Schmerz  anhaltend  und  heftig  ist. 
Dann  wirkt  die  das  erste  Mal  dargereichte  Morphium-Dosis  zum  zweiten 
Male  nicht  so  gut,  nicht  so  lange,  und  wir  werden  veranlasst,  zu  grösseren 
Dosen  zu  schreiten.  So  geht  man  auf  abschüssiger  Bahn  der  Morphium- 
sneht  entgegen;  nicht  allein  wird  die  Wirkung  des  Morphiums  unsicher 
und  kurzdauernd,  sondern  es  gesellt  sich  eine  allgemeine  Hyperästhesie 
hinzu,  bei  welcher  die  Schmerzen  immer  heftiger  werden.  In  solchen 
Fällen  ist  es  Aufgabe  des  Arztes,  ökonomisch  zu  sein  und,  ohne  dem 
Patienten  die  Erleichterung  durch  Morphium  zu  entziehen,  dennoch  der 
Morphinmsucht  vorzubeugen.  Interkurrent  können  Mittel,  wie  Antipyrin, 


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ADtifebrin,  selbst  Kokain  angewandt  werden,  um  den  Morphinmgebrauch 
XU  unterbrechen. 

Von  sehr  sweifelhafter  Wirkung  auf  die  Schmerlen  sind  warme 
Bäder  und  Einreibungen,  sie  sind  im  Anfänge  der  Krankheit  bei  be> 
stehender  Elyperästbesie  eher  geeignet,  die  Emp6ndlichkeit  su  steigern; 
schon  die  vielfache  Bewegung  der  schmerzhaften  Glieder  steigert  die 
Schmerzhaftigkeit.  In  solchen  Fällen  muss  man  davon  Abstand  nehmen,  um 
allenfalls  in  den  späteren  Stadien  der  Krankheit  wieder  dazu  überzugehen. 

7)  Der  Vollständigkeit  halber  sei  noch  der  Nachkur  gedacht.  Die 
Residuen  der  Krankheit  ziehen  sich  zuweilen  sehr  in  die  Länge.  Eine 
gewisse  Schwäche  der  Muskeln,  namentlich^  an  den  Beinen,  bleibt  für 
lange  Zeit  zurück  und  bedingt  leichte  Ermüdung  beim  Gehen.  Der 
Kranke  ist  daher  oft  lange  Zeit  noch  nicht  im  Stande,  seiner  gewöhnlichen 
Beschäftigung  resp.  seinem  Erwerbe  io  gewohnter  Weise  nachzugehen.' 
Ebenso  bleiben  Parästbesien  und  Dysästhesien  mitunter  lange  Z^it,  bis 
Jahresfrist  und  noch  länger,  bestehen.  Taubes  Gefühl  in  den  Füssen, 
den  Zehen,  den  Hacken,  Kriebeln,  Kältegefühl  etc.  bestehen  nicht  selten 
lange  fort.  Ein  Herr,  den  ich  vor  2 Jahren  wegen  einer  multiplen 
Neuritis  behandelte,  und  der  sich  nach  einem  vier  Monate  langen 
Krankenlager  gut  erholt  hatte,  bot  im  vorigen  Jahre,  als  er  mich  auf 
der  Durchreise  konsultirte,  noch  einige  Symptome  von  Schwäche  nnd 
Sensibilitätsslörungen,  welche  an  Tabes  erinnerten,  in  diesem  Jahre  eine 
lästige  Empfindung  von  Kälte  und  Brennen  am  Perinaeum,  welche  sich 
gelegentlich  mit  einem  Krampf  des  Sphincter  resicae  verband  nnd  Harn* 
bescbwerden  verursachte. 

Diese  Verhältnisse  bedingen  die  Nothwendigkeit  von  Nachkuren. 
Dieselben  sollen,  wie  die  Mehrzahl  der  Rekonvaleszentenknren,  eine 
Kräftigung  des  Patienten  im  Allgemeinen  im  Auge  haben:  dnreh  frische 
>.  Loft,  heitere  Umgebnng,  Entfernung  von  den  Geschäften;  ausserdem 
Bewegung  mit  Rohe  abwechselnd,  gute  Diät.  — Ausser  diesen  allgemeinen 
Indikationen  sind  die  bei  Nervenkrankheiten  mit  Recht  in  hohem  An- 
sehen stehenden  indifferenten  Thermen,  wie  Teplitz,  Wiesbaden,  Ragaz, 
Gastein,  sowie  die  Sool-  und  Moorbäder  (Rehme,  Nauheim,  Wiesbaden  etc.) 
indizirt;  in  den  späteren  Stadien  leisten  die  Kaltwasserkuren  dnreh  ihren 
erregenden  stärkenden  Einfluss  gute  Dienste.  — Dass  diese  Badekuren  mit 
Elektrotherapie  nnd  Kinesotberapie  (Massage  und  Gymnastik)  verbunden 
werden  können  und  sollen,  bedarf  kaum  einer  besonderen  Erwähnung. 

(Schluss  folgt.)*) 


*)  Erklämng  der  Abbildungen  S.  96.  5 


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SelbstTerstttmmelang  durch  Dnrcbhohrnng  des  Trommelfells. 

Von 

Dr.  Juttyn  Karliniki, 

k.  k.  Oberarzt 


In  seinem  aasgezeichneten  Stadium  über  „Simnlation  and  ihre  Be- 
bandlung'‘  äussert  sieb  Herr  Oberstabs-  and  Regimentsarzt  Dr.  E.  Heller, 
dass  die  Verletzung  des  Trommelfells  als  Selbstverstümmelung  sehr  selten 
Torkomme.  Allerdings  dürfte  die  grosse  Schmerzhaftigkeit  eines  solchen 
Eingriffes,  die  Schwierigkeit,  durch  den  meistens  etwas  gekrümmten 
und  durch  Ohrenschmalz  verunreinigten  äusseren  Oehörgang  mit  einem 
spitzigen,  durch  eine  ungeübte  Hand  geführten  Instrumente  bis  zu  jener 
Membran  hin  zu  gelangen,  dessen  Ursache  sein. 

Nachstehend  will  ich  drei  Fälle  ans  meiner  bisherigen  mililärärztlichen 
Praxis  beschreiben,  wo  ich  mit  aller  Sicherheit  eine  Selbstverstümmelnng 
durch  Durchbohrung  des  Trommelfells  vor  mir  zu  haben  glaube.  Alle 
drei  Fälle  haben  sich  in  kurzem  Zeiträume  bei  Soldaten  rumänischer 
Nationalität  ereignet  — hei  einer  Nationalität,  welche,  was  Simulation 
der  Krankheiten,  das  Vorkommen  wirklicher  oder  übertriebener  Nostalgie 
und  in  Folge  dessen  Unlust  zum  Dienen,  anbelangt,  gewiss  ihresgleichen 
sucht.  Man  denke  sich  einen  Soldaten  von  meistens  kräftiger  Körper- 
beschaffenheit, dessen  Intelligenz  auf  sehr  niedriger  Stufe  steht,  der  sein 
Leben  lang  nur  Schaf-  oder  Ochsenhirt  war,  dessen  Leben  in  grenzen- 
loser Freiheit  und  Nichtsthun  verflossen  ist,  versetzt  plötzlich  in  fremde 
Gegenden,  gezwungen  zur  Ordnung  und  Pflichterfüllung,  wobei  er  sich 
seiner  Lieblingsbeschäftigung  „muncare'^  (Essen)  und  „dormire“  (Schlafen) 
nicht  gänzlich  ergeben  kann,  und  man  wird  wohl  nicht  staunen,  dass 
derselbe  schon  nach  kurzer  Zeit  sich  unglücklich  fühlt  und  auf  allerlei 
Mittel,  durch  welche  er  sich  diesen  lästigen  Einflüssen  entziehen  könnte, 
denkt.  Während  meiner  bisherigen  Dienstzeit  bin  ich  fast  mit  allen  in 
der  österreichischen  Armee  repräsentirten  Nationalitäten  in  dienstlichem 
Kontakt  gewesen,  ich  kann  offen  gestehen,  dass,  was  die  Hartnäckigkeit 
der  zur  Schau  getragenen  Simulationen  anbelangt,  die  Rumänen  die 
Meister  sind.  Während  ein  der  Simulation  überführter  Soldat  polnischer 
oder  ungarischer  Nationalität  dieselbe  in  den  meisten  Fällen  gleich  nach 


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der  UeberfühniDg  aafgiebt,  während  man  bei  Soldaten  böbmiacber  oder 
deatscher  Nationalität  vermöge  ihrer  Intelligenz  auf  Pflichtgefühl  appelliren 
kann,  steht  man  einem  von  Natur  aus  ungemein  wehleidigen  und  zugleich 
verstockten  Rumänen  fast  machtlos  gegenüber,  und  Fälle,  in  welchen  ein 
der  Simulation  öberführter  Soldat,  nachdem  er  die  Erfolglosigkeit  des 
Durchschwindelns  eingesehen  hat,  einen  Selbstmord-  oder  Selbst- 
verstümmelnngsversuch  macht,  sind  gar  nicht  selten. 

Ich  will  damit  der  rumänischen  Nationalität  gar  nicht  nahe  treten, 
ich  weiss  aus  eigener  Erfahrung  die  Sparsamkeit  und  Ausdauer  der  zu 
dieser  Nationalität  gehörenden  Soldaten  zu  würdigen  und  zu  schätzen. 
Ich  konstatire  nur  den  Fakt,  dass  meiner  Erfahrung  nach  dieselben  zu 
den  hartnäckigsten  Simulanten  gehören. 

I.  Infanterist  G.  M.  reizte  während  einer  Uebung  den  befehlenden 
Unteroffizier  durch  seine  Unfolgsamkeit  dermaassen,  dass  derselbe  sich 
so  weit  vergase  und  ihm  im  Zorn  einen  Backenstreich  auf  die  rechte 
Wange  gab.  Den  nächsten  Tag  erschien  Infanterist  O.  M.  bei  der 
Maroden- Visite  mit  der  Angabe,  seit  der  am  gestrigen  Tage  erhaltenen 
Ohrfeige  Ohrensausen,  Stechen  im  linken  Ohre  und  vollkommene  Taubheit 
verspürt  zu  haben.  Die  vorgenommene  Untersuchung  ergab  Folgendes: 
am  Antitragus  und  Spina  (crista)  helicis  des  linkes  Obres  je  ein  ein- 
getrockneter 3—5  qmm  grosser  Blotschorf,  nach  dessen  Wegnahme  ein 
oberflächlicher  Verlost  der  Epidermis  zum  Vorschein  kommt.  In  dei 
Fossa  conchae  drei  beinahe  parallele,  ebenfalls  mit  eingetrocknetem  Blute 
bedeckte,  gegen  den  Introitus  meati  auditorii  externi  sich  hinziehende 
Ritze.  Nach  Vornahme  der  Ohraosspritznng,  wobei  grössere  Mengen 
von  Ohrenschmalz  und  Schmutz  zum  Vorschein  kamen,  ergiebt  die 
Ohrenspiegel-Untcrsncbung  ein  vollkommen  normales,  intaktes,  glänzendes 
Trommelfell,  ebenso  normalen  äusseren  Gehörgang,  dessen  äusserer 
Oeffnongsrand  durch  jene  oben  beschriebene  Ilautritze  tangirt  ist.  Genaue 
Untersuchung  ergab  keine  Kommunikation  zwischen  dem  mittleren  und 
äusseren  Obre,  Mangel  an  Perforationsgeränscb,  Knocbenleitong  vorhanden, 
keine  schmerzhaften  Punkte  an  den  Schädelknochen,  die  Eatheterisation 
der  Tuba  Enstaebii  wie  auch  das  Politzer'sche  Verfahren  gehen  anstandslos 
vor  sich.  Die  Herabsetzung  des  Gehörvermögens  am  linken  Ohr  bis 
zu  1 m für  Flüstersprechen  wurde  durch  Kontrolverfahren  für  unwahr 
erwiesen  und  der  Patient  nach  Jodoform  - Einstäubung  der  Haut- 
absebürfungen  mit  dem  Bedeuten  entlassen,  dass  in  seinem  Ohr  nichts 
Krankhaftes  nachzuweisen  ist,  dass  die  Ilaatabschürfnngen  io  keinem 
Zusammenhänge  mit  jener  auf  die  rechte  Wange  erhaltenen  Ohrfeige  ge- 

5* 


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nommen  werden  können,  dass  dieselben  wahrscheinlich  von  ihm  in  boshafter 
Absicht  selbst  erzeugt  worden  sind.  Der  Patient  schien  mit  diesem  Ans- 
sprnche  nicht  zufrieden  zu  sein  und  versicherte  hoch  und  theuer  die 
Wahrheit  seiner  ersten  Angaben.  Derselbe  wurde  in  den  nächstfolgenden 
Tagen  wiederum  vorgeföhrt  unter  denselben  Angaben,  die  jedesmal  vor- 
genommene  Untersuchung  ergab  die  Verheilung  der  äusserst  oberöächlichen 
Suhstanzverluste,  dagegen  Röthung  und  Schwellung  der  tieferen  Partien 
des  äusseren  Gehörganges,  ohne  dass  eine  Injektion  oder  Röthung  des 
Trommelfells  oder  eine  Kontinultäistrennuog  an  demselben  gefunden 
wurde.  Der  Patient  wurde  nochmals  ermahnt  und  einprozentige  Zinc.  sulf. 
Lösung  eingetränfelt.  Am  folgenden  Tage  (5.  Tag  nach  der  Ohrfeige) 
wurde  ich  in  die  Dislokation  der  Kompagnie,  wo  der  Patient  über 
heftige  Kopf-  und  Ohrenschmerzen,  über  Ohrenduss  und  Sausen  klagte, 
gerufen.  Ich  Hess  denselben  in  meine  nur  einige  Schritte  entfernte 
Wohnung  bringen  und  nahm  eine  Untersuchung  vor,  welche  folgenden 
Befund  ergab:  Beim  Ausspritzen  des  Obres  kommen  spärliche  Eiterflecken 
und  Epidermissebuppen  zum  Vorschein;  der  ganze  äussere  Gebbrgang 
gerötbet  und  geschwellt,  einzelne  Partien  des  Epithels  weisslicb  verfärbt, 
tbeils  eingetrocknet,  theils  in  Blasen  gehoben,  geätzt,  lassen  sich  mittelst 
Watte  und  gekrümmter  Pinzette  entfernen;  Trommelfell  intakt  und  von 
vollkommen  normalem  Aussehen.  Es  unterlag  für  mich  keinem  Zweifel, 
dass  hier  eine  künstliche  Aetzung  des  äusseren  Gehörganges  stattfand  und 
dass  dieselbe  durch  die  schwache  Zinklösung  nicht  entstehen  konnte, 
durfte  ich  annebmen,  da  ich  die  Lösung  gleichzeitig  bei  einem  anderen 
Patienten,  der  an  einer  Otitis  externa  und  starker  Lockerung  des  Gewebes 
litt,  ohne  dies  jemals  gesehen  zu  haben,  angewendet  batte.  Eine  Ver- 
wechselung der  Medikamente  ist  io  dem  Falle  vollkommen  ausgeschlossen. 
Da  mir  die  Dienstes -Entziehung  des  Mannes  durch  Ilinschicken  ins 
Spital  wegen  einer  so  oberflächlichen  Lädirung  des  äusseren  Gebör- 
ganges  unrathsam  schien,  habe  ich  dem  Patienten  kategorisch  erklärt, 
dass  ich  von  seinen  Selbstverstümmelnngsversucben  überzeugt  bin  und 
gedroht,  bei  Wiederholung  derselben  eine  Strafanzeige  machen  zu  müssen. 
In  den  Gehörgang  wurde  Jodoformglycerin  eingeträufcit,  und  in  2 Tagen 
heilte  der  Prozess.  An  jenem  Tage  konnte  die  Untersuchung  nur  das 
normale  Aussehen  des  Trommelfells  und  keine  Spor  von  einer  Mittel- 
ohraffektion konstatiren.  Auf  10  Tage  bekam  ich  den  Patienten  nicht 
zur  Sicht;  er  wurde  nämlich  während  meiner  eintägigen  Abwesenheit 
von  dem  mich  vertretenden  Kollegen  mit  Angenbindehaotkatarrh  ins 
Troppeo-Spital  geschickt,  wo  er,  wie  ich  nachträglich  erfahren  habe. 


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niemals  aber  Ohrenscbmerzen  klagte.  Als  Rekonraleszent  mir  vorgefübrt, 
klagte  er  wieder  über  Obrenscbmerzea.  Bei  Ausspritzung  des  Ge'iör- 
gangcs  kam  unter  Obrenscbmalz,  Epidermisscbnppen  und  Eiterfetzen  ein 
za  einem  ordinären  Fbospbor-Zündbölzcben  gehörendes  Köpfchen  zum 
Vorschein,  über  dessen  Vorkommen  ich  nicht  wenig  erstaunt,  der  Patient 
bestürzt  war.  Die  Spiegelnntersuchung  ergab  eine  intensive  Röthung 
and  Schwellung  des  ganzen  Trommelfells,  in  dem  unteren  äusseren 
Quadranten  desselben  eine  mit  stark  injizirten  Rändern  umgebene,  fast 
runde  Oeffnung,  ausserdem  alle  Symptome  einer  Mittelohrafifektion,  wegen 
welcher  der  Patient  ins  Spital  kam  und  der  Vorfall  zur  Amtshandlung  um- 
somehr übergeben  werden  musste,  als  die  Zimmerkameraden  von  oft- 
maligem Bohren  mit  dem  Finger  in  dem  Ohre  erzählten. 

Dass  im  obigen  Falle  keine  traumatische  Ruptur  des  Trommelfells 
vorhanden  war,  konnte  ich  durch  wenigstens  15  mal  vorgenommene 
Spiegeluntersuchnng  nachweisen  — dasselbe  gilt  auch  für  die  traumatische 
Mittelohraffektion  mit  nachfolgendem  Eiterdurchbrnch,  da  sonst  die 
Zeichen  der  sich  selbst  langsam  entwickelnden  Affektion  durch  die  an- 
gewandten Methoden  entdeckt  sein  müssten.  Dagegen  spricht  die  Vor- 
gefundene Aetznng  des  äusseren  Gebörganges,  das  anfgefundene  Phospbor- 
Zündbölzchenköpfchen  im  Ohr  und  die  offene  Absicht,  seinem  Vorgesetzten 
za  schaden,  dafür,  dass  der  Infanterist  G.  M.  sich  selbst  die  Durch- 
bohrung des  Trommelfells  hervorgerufen  hat. 

Von  militärischen  Simulanten  wird  meines  Wissens  Phosphor 
recht  selten  zu  Selbstbescbädigungszwecken  benutzt.  Ein  einziges  Mal 
habe  ich  gesehen,  dass  ein  mit  chronischem  Tripper  behafteter  Ulan, 
um  die  Sekretion  zu  erhalten  und  länger  im  Spital  verbleiben  ku  können, 
nebst  Reizung  mit  einem  Strohhalme  (ein  recht  beliebtes  Mittel,  um  die 
Sekretion  zu  erhalten,  besonders  bei  älteren  „erfahrenen*^  Soldaten), 
wiederholt  sich  ein  Phosphor-Zündhölzchen  in  die  Harnröhre  hineinführte. 

Dass  eine  ursprünglich  traumatische  Fissur  des  Trommelfells  beim 
Hinzntreten  verschiedener  Schädlichkeiten  durch  Eiterung  und  Entzündung 
nait  der  Zeit  ihr  spaltförmiges  Aussehen  verlieren  und  eine  locbförmige 
Durchbohrung  Vortäuschen  kann,  konnte  ich  vor  kurzer  Zeit  bei  einem 
bosnischen  Hirtenknaben  sehen.  Derselbe  war  von  einem  Felsen  herab- 
gestürzt und  batte  sich  dabei  mehrere  Hautabschürfungen  und  Quetschungen 
sowie  Nasen-  und  Ohrenbluten  zugezogen.  Bei  der  Untersuchung,  zu 
welchem  Zwecke  erst  immense  Mengen  von  Schmutz  und  Ohrenschmalz 
entfernt  werden  mussten,  wurde  eine  von  oben  innen  nach  unten  aussen 
laufende  spaltförmige  Fissur  mehr  als  der  Hälfte  des  Trommelfells  mit 


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einigen  punktförmigen  Blutaustritten  konstatirt.  Unter  Ruhe  und 
antiseptischer  Behandlung  ging  die  Verheilung  rasch  vor  sich,  bis  der 
Patient,  eich  schon  ganz  gesund  fühlend,  seiner  Beschäftigung  nacbging  und 
in  die  gewohnte  Unreinlichkeit  verfiel.  Nach  etwa  2 Wochen  präsentirte 
er  sich  mit  einem  ausgiebigen  Ohrenfluss ; die  Fissur  war  bis  zu  >/> 
verheilt,  das  untere  Ende  aber  bedeutend  erweitert,  fast  lochförmig,  mit 
entzündlich  gerötheten  Rändern,  dabei  manifeste  Mittelohraflfektion, 
die  gewiss  dadurch  entstand,  dass  durch  das  unreine  Verhalten  binzu- 
tretender  Staub  und  Schmutz  der  aseptischen  Heilung  der  Fissur 
hinderlich  wurde  und,  durch  die  Oefifnung  in  das  Cavum  tympani 
gerathend,  dort  die  Entzündung  hervorgerufen  hat. 

II.  Infanterist  Th.  R,  zngetheilt  zur  Assistenz  der  bosniscb-herzego- 
vinischen  Gendarmerie,  von  sehr  kräftiger  Körperbeschaffenheit,  legte 
schon  nach  kurzer  Zeit  Unlust  zu  dem  schweren  und  verantwortlichen 
Oendarmendienst  an  den  Tag.  Er  wurde  mir  öfters  unter  verschiedenen 
Vorwänden  zur  Maroden- Visite  vorgeführt,  ohne  dass  ich  etwas  Krankhaftes 
bei  ihm  nachweisen  konnte.  Im  Juni  1.  J.  musste  er  durch  einige  Tage 
im  Marodenzimmer  wegen  starker  Conjunctivitis  verbleiben,  deren  lang- 
samer Verlauf  mir  schon  damals  den  Verdacht  erweckte,  dass  der  Prozess 
künstlich  unterhalten  und  die  Heilung  verzögert  wurde,  ohne  dass  es 
mir  gelang,  dies  nachzuweisen.  Nach  energischer  Argcnt.  nitr.  Behandlung 
kam  die  Bindehaut-Entzündung  zur  Heilung,  der  Patient  fing  an  über 
Ohrenstechen  und  Sausen  zu  klagen.  Die  vorgenommene  Ohransspritznng 
förderte  grosse  Mengen  von  Ohrenschmalz  und  Schmutz  zu  Tage,  und 
das  Ohrensausen  verschwand,  nm  nach  2 Tagen  wiederzukehren.  Da 
trotz  der  genauen  Untersuchung  kein  Grund  nacbgewiesen  werden  konnte, 
wurde  der  Patient  strenge  wegen  oft  wiederholten  Marodirens  verwarnt 
und  mit  einer  Patrouille  in  den  Dienst  weggescbickt.  Nach  5 Tagen 
meldete  er  sich  wiederum  unter  Angabe  starker  Obrenschmerzen^ 
Taubheit,  Brennen  und  Stechen  in  der  Ohrgegend.  Ich  fand  die  linke 
Ohrmuschel  geröthet  und  geschwellt,  den  äusseren  Gebörgang  stark  an- 
geschwollen und  für  den  dünnsten  Obrtricbter  unpassirbar.  Die  Aus- 
spritzung förderte  einige  weisse  Schorfe,  abgefallenes  Epithel,  Blut  und 
Eiter,  ausserdem  einige  weisse  körnige  Parti  kelchen,  welche  in  Berührung 
mit  Wasser  unter  Gasentwickelung  sich  auflösten;  es  entstand  deshalb 
sogleich  bei  mir  der  Verdacht,  dass  hier  eine  absichtliche  Aetzung  mit  Kalk 
stattgefunden  batte;  einige  noch  nicht  aufgelöste  Körner  wurden  zur 
mikrochemischen  Untersuchung  aufgehoben.  Da  ich  ohne  den  Obrtricbter 
durch  das  Vorhandensein  des  Perforationsgeräusches  die  Durchbohrung 


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des  Trommelfells  nachweisen  konnte,  ohne  deren  Dimensionen  und  AuS' 
sehen  konstatiren  za  können,  ordnete  ich  kalte  Umschläge  an  die  Ohren- 
gegend an,  welche  durch  den  Leiteri'schen  Wärmeregnlator  durch  mehrere 
Standen  unterhalten  wurden,  tröpfelte  Leinöl  und  Opiumtinktur  ins  Ohr 
und  beschränkte  mich  auf  das  Beobachten  des  Verlaufes.  Nach  einem 
Tage  konnte  ich  den  Ohrtricbter  anwenden,  entdeckte,  dass  der  äussere 
Gehörgang  verbrannt,  das  Trommelfell  stark  gerötbet  und  injizirt  war 
und  im  unteren  äusseren  Quadranten  eine  etwa  2 qmm  grosse,  mit  einem 
blutigen  Schorfe  zum  Tbeil  bedeckte  Perforation  batte.  Unter  öfters  des 
Tags  wiederholten  Einträufelungen  von  Jodoformgljcerin-Emnlaion  und 
kalten  Umschlägen  ging  der  Heilungsprozess  rasch  vor  sich,  so  dass  schon 
am  3.  Tage  durch  die  Spiegeluntersnchung  die  beginnende  Vernarbung 
der  Perforation  und  Heilung  der  Aetzwunden  konstatirt  werden  konnte. 
Am  10.  Tage  war  der  ganze  Prozess  nnter  Hinterlassung  einer  strahligen 
Narbe  am  Trommelfell  und  mässiger  Retraktion  desselben  abgelaufen. 
Die  Funktion  des  Trommelfells  blieb  unversehrt,  und  da  die  mikro- 
chemische Untersnchnng  das  Vorhandensein  von  ungelöschtem  Kalk 
bestätigte,  unterlag  es  für  mich  keinem  Zweifel,  dass  in  diesem  Falle  die 
Aetzung  des  äusseren  Gehörganges  and  die  Perforation  des  Trommelfells 
durch  Einführung  des  ungelöschten  Kalkes  und  Zusatz  von  Wasser 
entstand.  Der  Fall  wurde  zur  Amtshandlung  abgetreten.  Dass  Trachom- 
Kranke  zur  Reizung  der  Angenbindehaut  und  Verlängerung  ihres  Spitals- 
anfenthaltes  neben  Tabak  auch  Kalk  verwenden,  konnte  ich  während 
meiner  Dienstleistung  im  Garnisous-Spitale  in  Krakau  und  in  Wien 
konstatiren. 

III.  Nach  dem  feldmässigen  Schiessen  im  Sommer  1887  meldete 
Infanterist  F.  P.  bei  der  Maroden -Visite,  dass  er  während  des  Schnell- 
feuers plötzlich  einen  Knall  im  rechten  Ohr  verspürt  habe  und  seit  der 
Zeit  Sausen  im  Ohr  und  vollkommene  Taubheit  empfinde.  Eine  Beratung 
des  Trommelfells  in  Folge  der  starken  Lufterschütterung  im  Gewehrfeuer 
schien  mir  umsomehr  wahrscheinlich,  da  der  Patient  unaufgefordert  das 
Perforationsgeränsch  vordemonstrirte,  ich  unterzog  ihn  deshalb  einer 
Ohrenspiegel'Untersucbung.  Wie  war  ich  aber  enttäuscht,  statt  einer 
rissförmigen  Ruptur  ein  ganz  anderes  Bild  sehen  zu  müssen!  Im  oberen 
inneren  Quadranten  des  Trommelfells,  knapp  vor  dem  Hammergriff,  befindet 
sich  ein  Substanzverlust  von  l'/>  mm  Durchmesser  mit  theilweise  nach 
innen  eingestülpten  Rändern,  welcher  die  Kommunikation  zwischen  dem 
äusseren  und  inneren  Ohr  befördert;  in  dessen  Umgebung  befinden  sich 
zwei  kleine  Blutextravasate  und  an  dem  inneren  Rande  des  hier  endigenden 


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72 


iassercn  Oehörganges  cwei  faat  parallele,  seichte  Sabstancverloste  des 
Epithels,  durch  einen  blutigen  eingetrockneten  Schorf  bedeckt.  Keine  Spur 
von  sonstiger  Mittelohraffektion.  Da  ich  zufällig  einige  Tage  früher  den- 
selben Mann  unter  yielen  anderen  zur  Uebung  im  Ohrenspiegeln  ver- 
wendet und  ein  vollkommen  normales  Verhalten  des  Trommelfells  ver- 
zeichnet hatte,  war  mir  dieses  plötzliche  Bersten  des  Trommelfells  in 
Folge  der  Lufterschütterung  verdächtig,  ich  konnte  aber  leider  nur  das 
Vorhandensein  jener  zwei  Risse  im  äusseren  Oehörgang  als  Verdacht 
erweckendes  Moment  betrachten.  Die  in  Folge  der  Lufterschütterung 
entstandenen  Trommelfellperforationen  haben,  was  ihr  Aussehen  anbelangt, 
so  wenig  Charakteristisches  an  sich,  dass  sie  nur  im  allerfrübesten 
Stadium  von  Durchbohrung  in  Folge  Mittelobraffektion  unterschieden 
werden  können.  Ich  habe  besonders  bei  jungen  Leuten  fast  ebenso  oft 
lochförmige  Kontinuitäts-Trennungen  in  Folge  eines  Sturzes  gesehen,  wie 
spaltförmige  Fissuren.  Die  Blntextravasate  am  Trommelfell  haben  ebenfalls 
nichts  Charakteristisches  an  sich.  Ich  habe  sie  einigemal  in  Begleitung 
der  Trommelfellrupturen  und  auch  ohne  dieselben  beim  plötzlichen 
Luftdruckwechsel  gesehen.  Die  deutlich  nach  innen  eingestülpten 
Ränder  konnten  ebensogut  durch  Eindringen  eines  spitzigen  Gegen- 
standes wie  durch  die  spätere  Einziehung  beim  Wechsel  der  Druck- 
Verhältnisse  in  beiden  Ohrpartien  entstehen;  nur  das  Vorhandensein 
jener  Hantrisse  im  inneren  Gehörgange  lassen  die  Vermuthung  zu,  dass 
hier  eine  Selbstverstümmelung  Platz  gefunden  hatte.  Die  sorgfältig 
gepflogene  Untersuchung  des  Falles  ergab  doch,  dass  laut  den  Aussagen 
der  Zimmerkameraden  Infanterist  P.  P.  — ein  im  Uebrigen  fleUsiger 
und  selten  marodirender  Soldat  — sich  öfters  früher  mit  eingekrümmtem 
Drahte  das  angesammelte  Ohrenschmalz  entfernt  batte  und  noch  am 
Morgen  vor  dem  feldmässigen  Scbiessen  ebenfalls  im  Ohr  bohrend 
angetroffen  wurde.  Ob  unter  diese»  Umständen  eine  Selbstverstümmelung 
anznnebmen  ist,  vermag  ich  nicht  mit  Sicherheit  zu  entscheiden.  Unter 
antiseptischer  Behandlung  heilte  die  Ruptur  innerhalb  einer  Woche  ohne 
Nacbtheil  für  die  Funktion. 

V 

Blockbaus  Celebic  in  Bosnien  im  August  1887. 


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73 


Referate  nnd  Kritiken. 


Zur  Kaltwasserbehandlung  des  Typhus. 

1.  Gläser,  J.  A.,  Bericht  über  die  Temperaturverhältnisse  in 
200  tödtlich  verlaufenen  Typhusfkllen , nebst  einigen 
ketieriscben  Bemerk nngen  über  Antipyrese.  Deutsches  Archiv 
für  klinische  Medizin.  Bd.  41.,  Heft  1. 

2.  Port,  lieber  die  Abnahme  der  Typhussterblichkeit.  Münchener 
medizinische  Wochenschrift.  1887.  No.  30. 

Die  grossen  Vorzüge  der  Kaltwasserbehandlung  in  fieberhaften 
Krankheiten  und  namentlich  beim  Abdominaltypbus  und  der  unzweifel- 
hafte Segen,  den  sie  gestiftet  hat,  sind  gewiss  von  uns  Militärärzten  am 
dankbarsten  und  unumwundensten  anerkannt  worden.  Um  so  mehr  sind 
wir  verpflichtet,  von  denjenigen  Publikationen  Kenntniss  zu  nehmen,  ' 
welche  den  immer  von  Neuem  auftaucbenden  Versuchen,  diese  Methode 
in  irgend  einer  bestimmten  schematischen  Form  als  die  alleinselig- 
machende hinzustellen,  ernste  Bedenken  entgegensetzen. 

Gläser  (1)  geht  von  der  Erwägung  aus,  wie  die  Kaltwasser- 
behandlung und  die  antipyretische  Behandlung  überhaupt  mit  der 
Voraussetzung  stehe  und  falle,  dass  die  Erhöhung  der  Körpertemperatur 
das  wesentlich  lebengefährdende  Element  des  Abdomiualtyphus  sei. 
Eine  darauf  hin  vorgenommene  sehr  sorgfältige  Durchsicht  der 
Temperaturtabellen  von  200  im  Hamburger  Allgemeinen  Krankenbanse 
verstorbenen  Typhuskranken  zeigte  nun,  dass  darunter  erstens  kein  Fall 
enthalten  war,  welcher  Temperaturmaxima  aufwies,  die  nach  den  bisherigen 
Erfahrungen  mit  der  Fortdauer  des  Lebens  unvereinbar  sind,  sowie 
dass  ferner  unter  188  jener  tödtlich  verlaufenen  Fälle,  deren  Beobachtung 
absolut  einwandfrei  ist,  nur  15  sich  finden,  von  welchen  sich  (unter 
Zugrundelegung  einer  von  Wunderlich  mitgetbeilten  Durchschnitts- 
Kurve)  behaupten  Hesse,  dass  sie  unter  „hohen  Temperaturen'^  verlaufen 
seien.  Uebrigens  sei  die  Grenze  der  mit  der  Fortdauer  des  Lebens 
noch  vereinbar  erachteten  Temperaturen  (43,8°  C.  nach  Liebermeister) 
bei  uns  bisher  sicher  zu  niedrig  angenommen,  da  n.  A.  in  der  Lancet 
vom  6.  März  1875  ein  zur  Genesung  führender  Fall  von  trau- 
matischer Myelitis  mitgetheilt  ist,  in  welchem  die  unter  allen  Kautelen 
ansgeführte  Messung  in  der  Achselhöhle  wiederholt  49,9°  C.  (sic)  auf- 
wies, während  die  Temperatur  7 Tage  lang  zwischen  45  und  47°  C. 
schwankte  nnd  7 Wochen  lang  nicht  unter  42,1°  C.  fiel.  Der  Nachweis, 
dass  die  parenchymatöse  Degeneration  (zudem  nach  G.  ein  nicht 
allzuscbwerer  und  jedenfalls  reparabler  Zustand)  Folge  der  hoben 
Temperaturen  ist,  sei  ebenfalls  bisher  nicht  geliefert,  und  der  Begriff 
„feb^e  Consumtion“  sei  ebenso  unsicher  (Cohnheim). 

O.  weist  hier  noch  auf  die  (im  VI.  Bande  des  Kriegssanitäts- 
Beriebtes  übersichtlich  znsammengestellten)  Beobachtungen  Strobe ’s  und 
Fraentzel's  bezüglich  einer  mit  niedrigen  Temperaturen  und  hoher 


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Mortalität  einherp;eheDden  Form  des  Abdomioaltyphns  hin,  wendet  sich 
dann  gegen  einige  offenbare  Tragscblüssc  der  fanatischen  Verfechter 
der  Kaltwasserbehandlung  und  erklärt  schliesslich  rundweg,  dass  er 
nicht  an  den  Einfluss  einer  Methode  glaube,  deren  Resultate  zwischen 
0%  (Weidner  und  Brand)  und  18,5®/o  Mortalität  (Leube)  schwanken. 
Indem  er  hiernach  die  Sterblichkeitsziffer  beim  Abdominaltypbas  im 
Wesentlichen  von  dem  Charakter  der  jedesmaligen  Epidemie  abhängig 
erscheinen  lässt,  begegnet  er  sich  mit  denjenigen  Anscbanungen,  welche 
— freilich  (ans  naheliegenden  Gründen)  nicht  so  prägnant  und  nicht 
so  drastisch  — in  dem  Kapitel  „typhöse  Erkrankungen“  des  Kriegs» 
Sanitäts* Berichtes  zum  Ausdruck  gebracht  worden  sind  und  auf  Grund 
deren  daselbst  ausgesprochen  wird;  „dass  den  deutschen  Feldärzten  die' 
Freiheit  ihres  therapeutischen  Handelns  anch  fernerhin  gewahrt 
bleiben  müsse“. '^)  Auch  von  der  innerlichen  Antipyrese  will  er 
nichts  wissen  und  hält  „im  Allgemeinen  die  innere  wie  äussere  Anti- 
pyrese in  der  Schablonenmanier,  in  welcher  sie  Brand,  Vogl  u.  8.  w. 
anwenden,  für  verwerflich“,  was  ihn  „natürlich  nicht  abhält,  unter 
angemessenen  Umständen  ein  Bad  zu  geben“.  In  diesen  Schlussfolgerungen 
geht  G.,  selbst  wenn  man  sich  ganz  auf  seinen  Standpunkt  stellen  wollte, 
entschieden  viel  zu  weit;  denn  man  kann  eine  methodische  Bäder- 
behandlung für  sehr  segensreich  halten,  ohne  deren  Hauptschwerpunkt 
in  der  Temperaturherabsetzung  zu  suchen. 

Port  (2)  unterzieht  die  in  der  letzten  Zeit  so  berühmt  gewordene 
und  namentlich  von  Brand  mit  Begeisterung  zu  Gunsten  der  „strikten“ 
Kaltwasserbehandlung  ins  Feld  geßhrte  Vogl 'sehe  Statistik**)  (die 
übrigens  auch  von  dem  vorigen  Autor  heftig  angegriffen  wird)  einer 
sach-  und  ortskundigen  Kritik,  in  welcher  er  nach  weist,  dass  ein  Theil 
der  günstigen  Behandlungsresnltate  auf  der  von  Vogl  geleiteten 
I.  Intern-Station  des  Münchener  Garnisonlazareths  ganz  entschieden  dem 
Zufall  zu  danken  ist.  Er  verwahrt  sich  bei  dieser  Gelegenheit  gegen 
die  Behauptung,  dass  die  notorische  Abnahme  der  Typhustodesfälle  in 
den  Armeen  und  unter  der  Zivilbevölkerung  erst  seit  der  Einführung 
der  Kaltwasserbehandlung  datire  nnd  deshalb  lediglich  oder  doch 
vorwiegend  dieser  zu  danken  sei.  Hiergegen  spreche  schon  die  Lang- 
samkeit und  vor  allen  Dingen  die  Stetigkeit  dieser  Erscheinung, 
deren  Anfänge  in  der  sehr  weit  zurückreichendeu  Bayerischen  Militär- 
statistik in  der  That  schon  am  Ende  der  fünfziger  Jahre  sich  erkennen 
lasse.  Die  Preussische  Militärstatistik  zeige  ausserdem,  dass  mit  der 
geringer  werdenden  Mortalität  auch  eine  Abnahme  der  Morbidität 
parallel  gehe,  und  dass  beides  mit  einer  Regelmässigkeit  geschehe,  welche 
auf  irgend  ein  den  menschlichen  Maassnahmen  sich  völlig  entziehendes 
Naturgesetz  hindeute,  wenn  man  auch  der  Verbesserung  der  hygienischen 
Verhältnisse  einen  gewissen  Antheil  werde  zuerkennen  müssen. 

Ref.  möchte  demgegenüber  nur  hervorbeben,  dass  ein  gewisser  Ein- 
fluss des  klinischen  nnd  therapeutischen  Umschwnuges  der  sechziger 
Jahre  auf  die  Typhusstatistik  sich  doch  kaum  wird  ableugnen  lassen. 
Denn  das,  was  wir  jetzt  unter  dem  Begriffe  des  Abdominaltypbas 


*)  Kriegs-Sanitäts-Bericht  1870/71.  Band  VI.  S.  336. 

**)  Deutsches  Archiv  fSr  klinische  Medizin.  Band  36  und  37. 


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75 


vereinigen,  dürfte  doch  wesentlich  verschieden  sein  von  dem,  was  vor 
Einführung  der  Tbermometrie  so  genannt  wurde.  Während  man  früher 
nur  die  ganz  schweren  Fälle  als  Typhus  bezeichnete,  die  übrigen  aber 
zur  Febris  gastrica  (bezw.  pituitosa)  rechnete,  lehrten  die  Temperatur* 
kurven,  dass  ein  grosser  Tbeil  der  letzteren  Fälle  recht  eigentlich  dem 
Typbus  zugehöre.  Und  wer  wollte  leugnen,  dass  diese  Verschiebung 
durch  das  unwillkürliche  Bestreben,  die  inzwischen  von  Brand  nnd 
Anderen  veröffentlichten  niedrigen  Mortalitätsziifern  gleichfalls  zu  erreichen, 
wesentlich  befördert  worden  ist. 

Um  die  hieraus  sich  ergebende  Fehlerquelle  thunlicbst  auszuschliessen, 
empfiehlt  eich  ein  Verfahren,  welches  der  Kriegs -Sanitäts- Bericht  schon 
aus  anderen  Gründen  einschlagen  musste:  die  Zusammenfassung  der 
Rubriken  Typhus  abdominalis  und  Febris  gastrica  unserer  Rapporte. 
Wendet  man  dieses  Verfahren  an,  so  kommt  man,  wie  die  nachstehende 
Tabelle*)  zeigt,  zu  einem  etwas  anderen  Resultate  als  Fort,  dem  nämlich, 
dass  die  .Mortalität  der  „typhösen  Erkrankungen“  in  Bezug  auf  die  Zahl 
der  Behandelten  während  der  3 Quinquennien  von  1868  bis  1882/83 
nahezu  völlig  konstant  geblieben  ist,  dass  demnach  die  Abnahme  der- 
selben in  Bezug  auf  die  Kopfstärke  lediglich  der  Verminderung  der 
typhösen  Krankheiten  überhaupt  zu  danken  ist.  Der  oben  angedeutete 
Einfluss  der  Tbermometrie  im  Verein  mit  der  Kaltwasserbehandlung 
spricht  sich  sehr  deutlich  in  den  Kolumnen  3,  6 und  9 aus;  besonders 
schlagend  ist  die  rapide  Abnahme  der  gastrischen  Fieber  im  2.  Quin- 
quenuium,  während  die  absolute  Ziffer  des  Ahdominaltypbus  sogar 
zugenommen  hat.  Den  Glanzpunkt  der  Tabelle  bilden  jedenfalls  die 
Kolumnen  10  und  13,  welche  zeigen,  dass  sich  die  Zahl  der  in  der 
Armee  zur  Behandlung  gelangenden  typhösen  Erkrankungen  in  dem 
gedachten  Zeitraum  absolut  um  die  Hälfte,  im  Verhältniss  zur  Kopf- 
stärke aber  sogar  um  ’/i  vermindert  hat.  Der  einzige  Einwurf,  welcher 
(wie  bereits  der  Kriegs-Sanitäts- Bericht  hervorhebt)  gegen  diese 
Berechnung  noch  gemacht  werden  könnte,  wäre  der,  dass  sich  in  Folge 
der  verbesserten  Diagnostik  vielleicht  die  untere  Grenze  der  „typhösen 
Erkrankungen“  im  Laufe  der  Zeit  verschoben  hätte,  indem  ein  Theil 
der  früher  als  Febris  gastrica  aufgefassten  Krankbeitszustände  später 
den  einfachen  Mageukatarrhen  zugerechnet  worden  wäre. 

Dann  müsste  sich  aber  eine  allmälige  Zunahme  der  Erkrankungen 
an  akutem  Magenkatarrh  konstatiren  lassen.  Dies  ist  jedoch,  wie  aus 
Tabelle  2 bervorgeht,  wenigstens  während  der  letzten  2 Quinquennien, 
für  welche  eine  solche  Berechnung  möglich  war,  nicht  der  Fall 
gewesen;  vielmehr  bat  auch  die  Zahl  der  akuten  Magenkatarrhe  absolut 
und  relativ  abgenommen. 

Wenn  hierdurch  die  Zulässigkeit  einer  Zusammenziehung  der 
Rubriken  „Typhus  abdominalis“  und  „Febris  gastrica“  zum  Zweck 
statistischer  Untersuchungen  eine  wesentliche  Stütze  erhält,  so  dürfte 
auf  der  anderen  Seite  ans  den  doch  wesentlich  abweichenden  End- 
ergebnissen die  Nothwendigkeit  der  Anwendung  dieses  Verfahrens,  wo 
es  überhaupt  angängig  ist,  sei  es  auch  nur  der  Kontrole  halber,  zur 
Genüge  hervorgehen. 

•)  Cf.  felgende  Seite. 


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*)  Von  1872  ab  cinwhlU-sglich  dpa  XUI.  (Königlich  Württenibcrgischen),  während  des  Hap]iortjahres  1882/83  auch  einschliesslich 
des  XII.  (Königlich  Sächsischen)  Armeekorps. 

if)  Al.s  , Behandelte“  sind  nur  die  in  Zugang  gekommenen  Mannschaften  aufgcführt;  die  kleinen  Zahlen  der  bei  Beginn  jeder  fünf- 
jährigen Periode  in  Bestund  Verbliebenen  haben  auf  die  S’erhältiiigszahlen  keinen  Einfluss. 


Tabelle  I. 

MorbiditSt  und  Mortalität  an  Abdominaltyphus  und  gastrischen  Fiebern  in  der  Preussischen  Friedens-Armee') 

während  der  Jahre  1868  bis  1882/83. 


77 


Tabelle  II. 

MorbiditSt  und  Mortalität  an  akutem  Magenkatarrh  während 
der  Rapportjahre  1873/74  bis  1882/83. 


Zeitraum. 

Durch- 

schnitts- 

Kopf- 

stärke 

der 

Armee. 

Be- 

handelt 
sind 
(nur  Zu- 
gangs- 
zahlen). 

Ge- 

stor- 

ben 

sind. 

Von 
100  Be- 
han- 
delten 
sind 
ge- 
storben. 

Zahl 

der 

Behandelten 
auf  1000 
der  Durch- 
schnitts- 
Kopfstärke. 

Zahl 

der 

Gestorbenen 
auf  1000 
der  Durch- 
schnitts- 
Kopfstärke. 

Mittel  der 
Jahre  1873/74 
bis  1877/78 

319131 

139  54 

4.2 

0,03 

4.3,7 

0,013 

Mittel  der 
Jahre  1878/79 
bis  1882/83 

34.j  492 

126  39 

0,2 

— 

36,4 

— 

Sommer 

•brodt. 

Hygieoiscbe  Instruktion  für  die  nach  Afrika  bestimmten 
italienischen  Truppen,  vom  Sanitätsgeneralmajor  Macbia- 
velli,  Vorsitzenden  des  obersten  Militär-Gesundbeits-Ratbes. 

Im  Auszuge  mitgctheilt  von  Oberstabsarzt  KSrting. 

Die  Gazetta  medica  italiana-lombardia  bringt  in  ihren  No.  38—40 
des  Jahres  1887  die  obige,  offizielle  Dienstanweisung,  deren  Wichtigkeit 
ihre  Mittheilung  ohne  Weiteres  rechtfertigt.  Die  Italiener  sind  hierin 
den  Engländern  gefolgt,  die  in  ihrer  mustergültigen  hygienischen  An- 
weisung für  ihr  Expeditions-Korps  in  Suakin  1883  (cf.  deutsche  militär- 
ärztliche  Zeitschrift  1886  S.  3ö2)  den  Weg  gezeigt  haben,  anf  welchem 
wesentlich  dazu  beigetragen  werden  kann,  Armeen  im  Felde  soviel  wie 
möglich  vor  Krankheiten  zu  bewahren. 

I.  Auswahl  der  Mannschaften.  Die  Berücksichtigung  der 
ausserordenilicb  heissen,  und  namentlich  bei  SO-  nnd  S-Wind  drückend 
feuchten  Lnft  fordert,  nur  völlig  gesunde  Leute  auszusuchen,  die  namentlich 
keinen  Fehler  der  Atbmungs-  und  Kreislaufsorgane  oder  Angenkrankheiten 
haben.  Leute,  deren  Körperbeschaffenbeit  Zweifel  verursacht,  sollen  vorerst 
in  der  tleimath  nnter  Beobachtung  bleiben. 

II.  Bekleidung  und  Ausrüstung  der  Offiziere.  Als  Kopf- 
bedeckung wird  ein  Helm  mit  breitem  Schirm  und  Nackenschleier 
empfohlen,  wie  er  bei  Europäern  in  den  Trtjpen  international  ist.  Der^ 
Kopf  des  Helmes  soll  so  buch  sein,  dass  man  bei  excessiver  Hitze  ein 
angefeuchtetes  Taschentuch  oder  dergl.  darin  unterbringen  kann.  Zur  Ver- 
meidung von  Augenentzündnngen  sind  rauebgrane  Schutzbrillen  erforderlich, 


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deren  Form  und  Grösse  das  Sehorgan  gleichzeitig  vor  dem  Wästensande 
schützt.  — Der  Anzug  sei  leicht,  hell  und  weit,  baumwollen ; zum  Schutz 
in  kühlen  Nächten  wollene  Decken;  gegen  die  Muskitos  ein  kapuzenartiger 
Mullscbleier;  daneben  Räucherungen  mit  Herba  Pyrcthri  rosei  oder  Ab- 
waschungen der  exponirten  Knrpertheile  mit  einer  Abkochung  desselben. 

Die  Füsse  sind  häufig  zu  waschen.  Vor  dem  Marsche  werden  sie 
mit  einer  Mischung  von  .50  g Talg  und  5 g Magnesia  carbonica  oder 
von  Acid.  salicyl.  10,  Glycerin  26  g eingerieben.  Nach  Märschen  er- 
weisen sich  heisse  Fussbäder  als  äusserst  nützlich.  Die  niedrigen  Stiefel 
sollen  stark  sein  und  nicht  geschwärzt.  Sie  behalten  ihre  Geschmeidigkeit 
lange,  wenn  man  Oberleder  und  Nähte  häufig  mit  einem  Lederfett 
bearbeitet,  welches  aus  100  g Schweineschmalz,  30  g Talg,  100  g Thran 
und  25  g Terpentin  bereitet  ist.  Leinene  Gamaschen,  die  au  der  äussern 
Seite  geschnürt  werden,  sichern  den  Unterschenkel. 

Ein  wasserdichter  Mantel  ist  sowohl  bei  Regengüssen,  wie  als 
Unterlage  auf  feuchtem  Buden  werthvoll. 

Uuentbehrlicb  ist  das  Zelt,  und  zwar  ein  konisches,  geräumiges 
und  möglichst  wasserdichtes;  für  höchstens  3 Mann  oder  2 Ofüziere. 
Die  iu  der  Instruktion  vollständig  mitgctheilten  Einrichtungserfordernisse 
dürfen  wir  wohl  übergehen.  Sie  umfassen  eine  bedeutende  Reihe  von 
Gegenständen,  welcher  zwar  angenehm  sind,  aber  doch  in  das  Gebiet 
eines  Luxus  gehören,  der  den  Tross  des  Heeres  ausserordentlich  ver- 
mehren müsste,  wenn  er  jedem  Offizier  gestattet  würde.  So  z.  B.  das 
eiserne  Klappbett,  die  Kautsebukbadewanne,  die  4 Wascbschwämme,  die 
Flasche  mit  Chinarindentinktur  als  Haar-  und  Zahnwasser  und  dergl. 
mehr.  Auch  die  Bekleidung  des  Offiziers  würde  nach  den  Vorschlägen 
der  Instruktion  einen  ansehnlichen  Koffer  erfordern.  Ein  Theil  der  Ober- 
nnd  Unterkleidung  soll  übrigens  für  jeden  Fall  auch  vom  Offizier  in 
einer  Umhängetasche  mitgefuhrt  werden. 

III.  Bekleidung  und  Ausrüstung  der  Mannschaft.  Erfordert 
wird  ein  leichter  Hot  mit  breiter  Krempe  und  Nackenschntz.  Grane 
Blonse  und  Hose  aus  Baomwollenstoff.  Wollene  Leibbinde,  Flanellbemd 
für  die  Nacht;  für  den  Tug  ein  baumwollenes  Wams,  ein  weisses  weiches 
Baumwollenhalstuch,  baumwollene  Unterhosen,  ein  kurzer  Tuchmantel. 
Alpenschnhe  von  ungeschwärztem  Leder,  dazu  Gamaschen  von  Leinewand, 
endlich  Fusssalbc.  Wichtig  ist  ein  Stück  wasserdichten  Stoffes  von  2 m 
Länge,  1,2  m Breite,  als  Unterlage  bei  Nacht  zur  Abhaltung  der  Boden- 
feuchtigkeit, Im  Brotbeutel  sollen  ein  paar  Socken,  ein  Handtuch,  ein 
Flaoellbemd,  ein  Wams,  ein  Trinkbecher  aus  wasserdichtem  Stoff  und 
ein  Taschenfilter  Platz  finden,  um  stets  zur  Hand  zu  sein.  Der  Filter- 
apparat besteht  aus  einem  hölzernen  Rohr  mit  Mundstück,  an  dessen 
anderem  Ende  ein  kleiner  Sack  aus  Haargewebe  befestigt  ist,  der  mit 
Koblenstückchen  vegetabilischen  oder  animalen  Ursprunges  zu  füllen 
wäre.  Dies  Filter  soll  zweifelhaftes  Wasser  in  Geruch  und  Geschmack 
sicher  reinigen,  vorausgesetzt,  dass  die  Kohle  öfter  erneut  und  das 
Instrument  sauber  gehalten  wird.  Ob  letzteres  im  Felde  regelmässig 
dnrcbznführen,  wird  bezweifelt  — wenn  aber  nicht,  so  dürfte  ein  solches 
Filter  bald  das  Gegentheil  von  dem  leisten,  was  cs  soll.'^) 

Zur  Ausrüstung  gehört  ferner  die  eiserne  Ration,  ein  Trinkgefäss 
aus  Kautschuk,  eine  Seifendose  und  eine  Staubbrille;  auch  werden  Zelte 
für  nothwendig  gehalten. 

*)  Cf.  Uffelmann.  4.  Jahresbericht  für  Hygiene.  1887.  S.  46. 


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IV.  EinscbiffoDg,  Fahrt.  Die  Forderungen  möglichet  gerünmiger 
Iranaportdampfer  mit  auagiebigater  Ventilation  und  peinlichster 
Reiolicbkeit  bedürfen  ala  allgemeine  und  aelbatverständlicbe  keiner 
oiberen  Wiedergabe.  Verf.  verlangt  namentlich  auch  für  die  Schlafstellen 
einen  genügenden  Luftkubua,  sowie  eine  Anzahl  auch  am  Tage  benutzbarer 
Lageratellen  für  Seekranke.  Alle,  oder  wenn  das  nicht  gebt,  wechselnd 
ein  Tbeil  der  Mannschaften  soll  tagüber  auf  Deck  sein,  namentlich  soll 
hier  gespeist  werden.  Häufige  Bäder  sind  erwünscht. 

V.  Ausschiffung  und  Wahl  des  Lagers.  Gleich  nach  der 
Ankunft  werden  die  Mannschaften  noch  einmal  einer  ärztlichen  Unter- 
anchnng  unterzogen.  Kranke  werden  überhaupt  nicht  oder  als  letzte 
toagesebifft,  um  unter  ärztlicher  Obhut  zu  verbleiben. 

Das  Tropenklima,  in  welchem  die  Mannschaften  sich  nach  der  Aua- 
schiffnng  befinden,  wird  zu  willkürlichen  Aenderungen  der  Bekleidung 
verleiten.  Dies  zu  verhindern,  muss  Gegenstand  besonderer  Sorge  sein. 

Für  das  Lager  ist  ein  trockener,  wenig  durchlässiger,  leicht  geneigter 
Boden  zu  wählen;  möglichst  entfernt  von  Sümpfen,  aber  mit  gutem 
Wasser.  In  der  Umgebung  des  Lagers  sind  nachts,  bis  gegen  Tages- 
aabrueb  grosse  Feuer  zu  unterhalten,  um  die  Morgennebel  zu  zerstreuen. 
Ein  geräumiges  Zelt  oder  eine  Baracke  ist  zum  Baden  oder  Waschen  für 
die  Mannschaften  bestimmt,  eine  andere  dient  als  Revierkrankenstube. 
Letztere  ist  doppelwandig  herzustellen,  um,  wie  Verf.  glaubt,  eine 
isolirende  Luftschicht  zwischen  ihrem  Innern  und  dem  übrigen  Lager 
in  sichern. 

VI.  Trink  Wasser  Gutes  Trinkwasser  ist  in  den  hier  in  Betracht 
kommenden  Gegenden  Afrikas  selten,  auch  den  Oasen  ist  nicht  zu 
trauen,  da  sie  oft  stagnirendes  Wasser  enthalten  und  dann  ein  Herd  der 
Malaria  sein  können.  Man  wird  in  solchen  F'ällen  die  amerikanischen 
Röhrenbrunnen  (Fat.  Norton)  und  Destillirapparate  zu  Hülfe  nehmen. 
Blosse  Trübungen  lassen  sich  durch  das  Filter  bezw.  durch  Alaunzusatz 
rerbessern.  Besonders  ist  auch  Abkochen  des  Wassers  zu  empfehlen, 
und  seine  Verabreichung  als  Tbee-  oder  Kaffee-Anfgusss;  ferner  Zusatz 
von  Citronensaft,  Wein,  Essig.  Im  Lager  sind  grössere  Filter  aus 
Fässern  zu  errichten;  ihre  Herstellung  weicht  nicht  von  den  bekannten 
Modellen  ab.  Ist  man  zur  genauen  Eintheilung  des  verfügbaren  Wassers 
genöthigt,  so  werden  als  Minimalsatz  pro  Kopf  5 1 gefordert;  hierbei  ist 
der  Gesammtbedarf  zum  Trinken,  Kochen  und  Waschen  eingerechnet, 
auch  ein  im  Tropenklima  mit  zu  veranschlagender  Verdampfungsverlust 
Wüeksichtigt.  Bei  unmittelbarer  Benutzung  stehenden  Wassers  ist 
übrigens  auf  die  häufigen  Blutegel  zu  achten. 

VII.  Speisen  und  Getränke.  Die  Einflüsse  des  erschöpfenden 
Klimas  erfordern  eine  besonders  gute  und  zweckmässige  Natnralverpflegnng. 
Verf.  empfiehlt  zur  Anregung  des  Appetits  eine  bedeutende  Reihe  von 
Gewürzen,  wie  Salz,  FfeflFer,  Zwiebeln,  Lauch,  Paprika,  Safran,  Senf  etc. 
im  Ganzen  mehr  als  bei  uns  üblich.  Ausserdem  verlangt  er  gut  ans- 
gebildete Köche  unter  einem  erfahrenen  Küchenchef  und  möglichst 
seltenen  Wechsel  in  diesem  Personal.  Von  animalen  Nahrungsmitteln 
stehen  Rind-  und  Schöpsenfleisch  in  erster  Linie;  Schweinefleisch  ist  in 
beisseo  Klimaten  ungesund,  dagegen  würde  das  allgemeine  Vorurtheil 
gegen  Pferdefleisch  zu  besiegen  sein,  wenn  der  Zufall  dasselbe  in  guter 
B^chaffenheit  liefert.  Frischer  Fisch  kann  bin  und  wieder  für  das 
Fleisch  eintreten,  doch  muss  dann  die  Ration  um  ■/•  erhöht  werden,  um 


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den  minderen  Nährwerth  des  Fischfleisches  aoszoeleichen.  Eier  werden 
selbstredend  willkommen  sein;  ebenso  Milch.  Von  Vegetabilien  stehen 
gut  ausgebackenes  Brot  und  Reis  obenan,  demnächst  Erbsen,  Bohnen 
und  Kartoffeln.  Letztere  werden  den  Truppen  am  besten  in  Gestalt 
getrockneter  Scheiben  ans  Italien  nachgefübrt. 

In  Reserve  stehen  Konserven  und  Biscuit.  Sie  sollen  Nothbehelfe 
bleiben,  da  ihr  häufiger  Gebrauch  Magenkatarrh  verursacht.  Bisqnit 
wird  geniessbarer,  wenn  man  ihn  anfeuchtet,  salzt  und  für  eine  Stunde 
in  feuchtes  Linnen  schlägt. 

Grüne  Gemüse  können  in  die  Mahlzeit  angenehmen  Wechsel  bringen, 
sie  sind  auch  in  konservirter  Gestalt  zu  empfehlen.  Da  der  italienische 
Soldat  ferner  an  Früchte  gewöhnt  ist,  so  muss  auch  deren  Verabreichung 
im  Auge  behalten  werden.  Das  nahe  Aegypten  wird  Bananen,  Datteln 
und  Orangen  liefern  können,  trockene  Feigen  sind  uacbzusenden. 

Südamerikaniscbem  Brauch  folgt  Verf.,  wenn  er  ausser  Kaffee,  Thee 
und  Wein  auch  das  Kauen  von  Cocablättero  empfiehlt.  Prophylaktisch 
gegen  Malaria  und  Skorbut  kommt  die  Vertheilnng  von  China-Elixir  und 
Rum  mit  Citroncnsaft  in  Betracht;  dies  soll  jedoch  dem  Ermessen 
des  Arztes  Vorbehalten  bleiben. 

Als  höchst  nützlich  wird  endlich  die  Ausgabe  von  Eis  empfohlen, 
um  bei  den  Mahlzeiten  die  Getränke  zu  kühlen;  nicht  zum  Gebrauch  in 
den  Zwischenzeiten. 

VIII.  Küchen  und  Backöfen  müssen  unter  Dach  gebracht  werden, 
um  vor  Regen  und  Sonnenhitze  geschützt  zu  sein.  Für  die  Abfälle  und 
die  Asche  sind  eiserne  Behälter  bestimmt;  ein  grosses  Filter  dient  für 
den  Gebrauch  der  Küche  allein  und  wird  in  deren  Nachbarschaft  er- 
richtet. Nach  Erfahrungen  in  Italien  unterliegt  es  keinen  Bedenken, 
zum  Backen  des  Brotes  auch  Seewasser  zu  verwenden.  Das  Kücben- 
geschirr  ist  von  croaillirtem  Eisen.  Lässt  es  sich  irgend  machen,  so 
würde  eine  besondere  Baracke  als  Speisesaal  vom  hygienischen  Stand- 
punkt zu  begrüssen  sein.  Dieselbe  könnte  auch  als  Instruktionsraum 
dienen. 

IX.  Latrinen.  Beseitigung  der  Abfälle.  Tonnen  auf  Schub- 
karrengestellen in  offenen  Zelten,  mit  täglicher  Abfuhr  sind  als  das 
zweckmässigste  Latrinensystem  anzuseben.  Die  Desinfektion  des  Tonnen- 
inhaltes kann  mit  salzsaurem  Eisenoxydul  174  g auf  das  kg,  oder  mit 
eisenhaltigem  Alnminiumcblorid  (Chloralum),  10  1 auf  100  kg  Inhalt 
geschehen.  16  Tonnen  für  die  Mannschaften  und  6 für  die  Offiziere 
genügen  für  ein  Bataillon.  Ein  besonderer,  geschlossener,  fahrbarer 
Behälter  führt  täglich  die  Lagerabfälle  anderer  Art  ab.  Dieselben 
werden  am  besten  mit  Petroleum  getränkt  und  verbrannt. 

X.  XI.  Schlachtvieh,  Schlachterei.  Der  Platz  für  das 
Schlachtvieh  wird  300  m vom  Lager  entfernt  eingezäunt  und  womöglich 
theilweise  eingedeckt.  Peinliche  Reinlichkeit  ist  auch  hier  Erforderniss, 
und  unter  Anderem  durch  tägliche  Abfuhr  des  Mistes  zu  sichern.  Nicht 
weit  von  dem  Thierpark  wird  die  Schlachterei  in  einer  eigenen  Baracke 
mit  cementirtem  Fussboden,  grossen  Fenstern  und  Jalousien  eingerichtet 
Der  Fussboden  ist  mit  Rinnen  versehen,  weiche  den  Spülicht  in  Sammel- 
becken leiten,  die  ihrerseits  regelmässig  abgefahren  werden.  Auch  die 
festen  Abgänge  müssen  gewissenhaft  entfernt  werden.  Für  reichliche 
Wassermengen  ist  zu  sorgen.  Das  nicht  sofort  zur  Verausgabung 
kommende  Fleisch  muss  kühl  und  vor  Fliegen  etc.  sicher  aufbewabrt 
werden. 


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Xn.  Last-,  Reit-  and  Zugthiere.  In  ähnlicher  Weiae,  wie 
du  Schlachtvieh,  werden  die  Nutithiere  untergebracht.  Da  diese  zur 
Tiiuke  geführt  werden  müssen,  so  sind  Maalkörbe  aus  Haargewebe  an- 
lafertigen  nnd  beim  Tränken  za  benutzen,  um  das  Verschlucken  der 
sehr  häufigen  Blutegel  zu  verhüten.  Geschirr,  Sättel  etc.  werden  in 
eioer  besonderen  Baracke  untergebracht;  ebenso  das  Kutter. 

XIII.  Militärische  Uebungen.  Unterhaltungen.  Wäsche- 
reinigung.  Da  die  Malaria  ihre  schädlichen  Einflüsse  io  den  ersten 
Morgen-  und  in  den  Abendstunden  am  schlimmsten  entfaltet,  so  sind 
diese  Standen  von  den  Uebungen  im  Freien  möglichst  auszuschliessen.  In 
den  anderen  Tagesstunden  ist  freilich  an  Sonnenstich  und  Hitzschlag  zu 
denken.  Mittags  ist  deshalb  zu  ruhen.  Die  Luft  im  Zelte  kann  durch 
Bespritzen  der  Wände  mit  Wasser  ein  wenig  abgeküblt  werden.  Besser 
sind  Pnnkas.  Dieselben  lassen  sich  durch  einen  mit  Baumwollenstoff 
überzogenen  Rahmen,  der  aufgebängt  nnd  durch  Seile  in  Bewegung 
gesetzt  wird,  unschwer  berrichten.  Zur  Erholung  der  Leute  empfiehlt 
Verf.  vor  Allem  eine  gut  aasgewählte  Lektüre,  namentlich  patriotischen 
and  kriegerischen  Inhaltes.  Für  die  Raucher  ist  Tabak  zu  liefern. 

Der  Wäsche-  und  Körperreinigung  dient  eine  eigene  Baracke.  Die 
Soldaten  werden  eine  Zerstreuung  darin  finden,  sich  mit  der  Pflege  ihres 
Körpers  und  ihres  Zeuges  zu  beschäftigen.  (?) 

XIV.  Krankentransport.  Die  Bataillons- Packwagen  können 
sehr  gut  zum  Krankentransport  benutzt  werden,  wenn  ihr  Deckplan 
etwas  verbreitert  und  der  Boden  mit  Matratzen  belegt  wird.  Für  kurze 
Transporte  genügen  die  vorhandenen  oder  improvisirte  Krankentragen. 

XV.  Revierkrankeostaben.  Bei  jedem  Detachement  mit  eigenem 
Lager  werden  besondere  Baracken  zu  diesem  Zweck  errichtet,  und  mit 
Tonnenlatrinen,  einem  grossen  Filter  und  einem  stets  bewegten  indischen 
Luftfäcber  ausgestattet.  Es  werden  nur  Leichtkraoke  behandelt,  auch 
soll  die  prophylaktische  Verabreichung  von  Chinin  und  Rom  mit 
Citronensaft  dort  erfolgen.  Der  aufsiebtfübrende  Sanitätsoffizier  ist 
dafür  verantwortlich,  dass  mit  letzterem  kein  Missbrauch  getrieben  werde. 
Gesundbeitsrevisionen  der  Trappen  werden  übrigens  nicht  in  der  Revier- 
itobe  vorgenommen. 

XVI.  Feldlazaretbe  werden  mindestens  500  m vom  Lager  entfernt 
stablirt.  In  ihnen  kommen  Schwerkranke  zur  Behandlung,  welche  nicht 
iofektiös  sind.  Ausstattung  im  Ganzen  wie  zu  XV.  Ein  besonderes 
ooter  dem  Wind  belegenes  Zelt  dient  als  Todtenkammer. 

XVII.  Schiffshospitäler  werden  1)  für  Infektiöse,  2)  für  zu 
Beobachtende,  3)  für  Konvaleszenten  vor  ihrem  Rücktransport  nach 
Italien  in  Aussicht  genommen.  Näheres  über  ihre  Einrichtung  und  Aus- 
stattung ist  nicht  mitgetheilt. 

XVIII.  Leichenbestattung.  Die  Beerdigung  empfiehlt  sich  in 
Afrika  nicht.  Die  unter  der  tropischen  Hitze  ausserordentlich  schnelle 
Zersetzung  der  Leichen  würde  die  Todtengräber  ernstlich  gefährden, 
auch  würde  eine  selbst  starke  Schicht  Sand  den  Fäulnissgasen  nicht  den 
Weg  an  die  Luft  versperren.  Damit  aber  wäre  unberechenbaren 
Ansteckungen  Thor  und  Thür  geöffnet.  Es  sollen  daher  fern  vom 
Lager  und  unter  der  herrschenden  Windrichtung  zwei  mit  Pallisaden 
amscblossene  Plätze  abgetheilt  werden,  in  deren  einem  die  menschlichen, 
dem  andern  die  Thierleichen  zu  verbrennen  sind.  Die  Verbrennung 
Verstorbener  Soldaten  denkt  eich  Verf.  folgendermaassen : Auf  einem 

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CemeDtfondament  von  2 m Länge  und  1'/,  m Breite  wird  eine  Schicht 
Kohlen  auBgebreilet,  denen  theergetränktcs  Werg  in  genügender  Menge 
beigemiscbt  ist.  Der  Kadaver  wird  mit  Pech  oder  Harz  reichlich  bedeckt 
und  dann  in  ein  getheertes  Tuch  geschlagen.  In  diesem  Zustande 
gelangt  er  auf  den  Scheiterhaufen,  wird  daselbst  mit  Kohle,  Harz, 
Petroleum  und  Holz  eingedeckt  und  angezündet.  Die  vollkommene 
Verbrennung  zu  Asche  soll  in  wenigen  Stunden  vor  sich  gehen.  Soll 
die  Asche  des  Leichnams  ohne  Verunreinigungen  bleiben,  so  wurde 
derselbe  vor  der  Verbrennung  in  ein  Tuch  aus  Asbestgewebe  zu  hüllen 
sein.  Auf  den  ausgebrannten  Scheiterhaufen  können  Grabdenkmäler 
aus  Gement  oder  Kalk  errichtet  werden.  Die  Verbrennung  von  Tbier- 
leichen  würde  m.  m.  nach  gleichen  Grundsätzen  erfolgen. 

Eine  Kritik  der  Direktiven  Machia velli's  lag  im  Allgemeinen 
nicht  in  der  Absicht  des  Berichterstatters.  Nur  den  letzten  Vorschlag 
möchte  derselbe  für  etwas  phantastisch  erklären.  Man  vergegenwärtige 
sicti  nur  die  enormen  Kosten  und  die  ausserordentliche  Arbeitslast, 
welche  die  Herbeiscbaifung  der  Massen  von  Brennmaterial  und  der 
Aufbau  der  Katafalke  verursachen  würden,  wenn  die  Sterblichkeit  nicht 
minimal  bliebe.  Bei  alledem  würde  es,  wie  die  Erfahrungen  auf  dem 
Scblachtfelde  von  Sedan  1870  gezeigt  haben fraglich  bleiben,  ob  die 
Verbrennung  der  Leichen  auf  diese  Weise  vollkommen  zu  erreichen  ist. 


Kriegs-Etappen-Ordnung  vom  3.  September  1887.  E.  S.  Mittler 
und  Sohn. 

Vorliegende  Ordnung  umfasst  die  oberste  Leitung  des  Etappenwesens, 
die  Organisation  desselben  im  Allgemeinen,  die  Thätigkeit  der  Etappen- 
Inspektion,  die  Einrichtung  der  Etappenorte  und  Kommandanturen,  und 
endlich  die  gerichtlichen  und  Diszipliuar-Befugnisse  der  Etappenbehörden. 
Von  fünf  Anlagen  enthält  die  zweite  den  für  uns  wichtigsten  Theil  des 
Ganzen:  den  lange  erwarteten  Organisationsplan  der  freiwilligen 
Krankenpflege  im  Kriege. 

Das  Sanitätswesen,  welches  den  Schwerpunkt  seiner  stabileren 
Thätigkeit  auf  dem  Kriegsschauplätze  in  dem  Bereiche  der  Etappen  hat, 
wird  mittelbar  von  den  meisten  Bestimmungen  der  neuen  Ordnung 
berührt.  Deshalb  ist  die  Kenntniss  derselben  als  einer  Ergänzung  der 
Kriegs-Sanitäts-Ordnnng  von  den  Militärärzten  zu  fordern.  Unmittelbar 
handeln  nur  wenige  Paragraphen  vom  Sanitätspersonal  bezw,  -Dienst. 

So  fasst  §.  6 unter  der  Ueberschrift  „Chef  des  Feld- Sanitäts- 
wes ens**  die  Thätigkeit  und  Befugniss  dieser  Centralstelle  genauer 
zusammen,  als  es  die  hierdurch  modifizirten  §§.  19  und  141  t der  Kriegs- 
Sanitäts- Ordnung  thun.  Neu  ist  die  ausdrückliche  Regelung  der  Ver- 
tretung des  Chefs  bis  zu  seiner  Ernennung  und  für  die  Vorbereitungen 
im  Frieden  durch  den  Chef  der  preussischen  Medizinal- Abtheilung;  ein 
Vcrhältniss,  welches  faktisch  auch  schon  bisher  bestandeu  haben  dürfte. 
Absatz  5 des  §.  6 enthält  die  kurzen  Festsetzungen  über  die  Spitze  der 
freiwilligen  Krankenpflege,  wie  sie  in  §§.  206  und  207  i der  Kriegs- 
Sanitäts-Ordnung  getrennt  gegeben  sind. 


CjO' 


')  Kriega-Öauitaw-ßericht  IÖ70/71  I.  88 


83 


r' 


§.  24  bandelt  vom  Etappen  - Generalarzt.  Ausser  den  in  §.  101 
Absatz  ö,  2,  9,  7,  14,  13,  11  und  12  der  Kriegs  Sanitäts-Ordnung  ihm 
beigelegteu  Obliegenheiten  ist  durch  die  Kriegs- Etappen -Ordnung  sein 
Einfluss  auf  die  Ergänzung  des  Materials  der  etablirten  Feldlazarethe, 
sowie  auf  die  Rücksendung  Geheilter  und  Invalider  erweitert.  (Absatz  8 
des  §.  24.)  Die  Sanitätsoffiziere,  welche  für  die  Leitung  von  Feldlazarethen 
in  betracht  kommen,  werden  dies  beim  Studium  der  §§.  82  i und  98  t 
resp.  63  3 der  Kriegs-Sanitäts-Ordnung  im  Auge  zu  behalten  haben. 

Was  für  die  Unterbringung  und  Verpflegung  durchkommender 
Kranker  an  Etappen-Hauptorten  unter  Mitwirkung  von  Krankentransport- 
Kommissionen  geschehen  soll  (Kriegs-Sanitäts-Ordnung  §§.  128  T,  172), 
findet  sich  in  §.  33  6 der  Kriegs-Etappen-Ordnung  kurz  zusammengefasst, 
während  §.  36  4 die  Errichtung  von  Etappenlazaretben  und  von  Leicht- 
kranken-Sammclsteilen  an  Land-Etappen  im  Sinne  der  §§.  104  und  103 
der  Kriegs-Sanitäts-Ordnung  behandelt.  Die  Lazarethlokalitäten  bestimmt 
(§.  37  4)  der  Kommandant,  nöthigenfalls  nach  Anhörung  des  Arztes, 
ln  §.  104  3 der  Kriegs-Sanitäts-Ordnung  fehlt  das  Wort  „nöthigenfalls“, 
was  zur  Vermeidung  von  Meinungsverschiedenheiten  zu  beachten  bleibt. 

Anlage  II  bringt  in  dem  Organisationsplan  der  freiwilligen 
Krankenpflege  einen  Ausbau  des  Theil  VI  der  Kriegs-Sanitäts- 
Ordnung  von  prinzipieller  Bedeutung.^)  Ein  kurzer  Auszug  wird  das 
zeigen. 

Zugelassen  sind  die  Deutschen  Vereine  vom  Rothen  Kreuz  und  die 
Ritterorden , sofern  sie  sich  den  diesbezüglichen  Anordnungen  der 
Militärbehörde  unbedingt  unterwerfen.  Sonstige  Gesellschaften  sind  in 
der  Regel  ausgeschlossen.  An  der  Spitze  steht  der  Kaiserliche  Kommissar 
and  Militärinspekteur,  ihm  sind  das  Centralkomite  der  Vereine  vom 
Rothen  Kreuz  und  die  Ordensvorstände  unterstellt.  Bereich  der 
Wirksamkeit  der  freiwilligen  Krankenpflege  ist  das  Inland  und  das  Etappen- 
gebiet, nur  besondere  Notbstände  können  die  Verwendung  von  Forma- 
tionen derselben  in  der  ersten  Linie  bedingen.  Hierzu  ist  dann  die 
Genehmigung  des  Oberkommandos  erforderlich.  Das  Kriegsministerium 
hat  sich  schon  für  den  Frieden  die  Kontrolle  über  den  Bestand  an 
Personal  und  Material  der  freiwilligen  Pflege  Vorbehalten. 

Der  Kaiserliche  Kommissar  leitet  die  freiwillige  Krankenpflege  auf 
dem  Kriegsschauplätze.  Er  bat  sich  dauernd  mit  den  Kriegsministerien 
and  dem  Chef  des  Feld- Sanitäts Wesens  in  Verbindung  zu  erhalten,  um 
für  seine  Tbätigkeit  die  leitenden  Gesichtspunkte  zu  gewinnen.  Im  In- 
lande  wird  er  durch  einen  stellvertretenden  Militär-Inspekteur  vertreten. 
Organe  bei  der  Feld-  und  Besatzungsarmee  sind  die  Delegirten.  Ihre 
Tbätigkeit  erfolgt  im  innigsten  Verein  mit  den  leitenden  Militärärzten, 
welchen  in  Bedürfnissfragen  und  sachlichen  Beziehungen  die  Ent- 
-scheidung  zustebt.  Zur  Etappen-Inspektion  jeder  Armee  tritt  ein  Armee- 
Delegirter;  Jedem  Feldlazareth  - Direktor  ist  ein  Korps-;  jeder 
Krankentransport-Kommission  ein  Etappen-Delegirter  beigegeben.  Auf 
den  Sammelstationen  fungiren  Unterdelegirtc.  Aehnlich  schliessen  sich 
im  Bereiche  der  Besatzungsarmee  jeder  leitenden  Instanz  Delegirte  an. 
Die  Auswahl  aller  Delegirten  trifft  der  Kaiserliche  Kommissar,  sie 
müssen  vom  Kriegsministerium  bestätigt  werden. 

*)  Der  Leser  wolle  liierzii  Jahrgang  1884  der  Zeitschrift  S.  518  vergleichen: 
Das  französische  Präsidialdekrct  über  den  gleichen  Gegenstand  vom  3.  Juli  1884. 

6* 


Dir;-- 


84 


Das  Pflegepersonal  darf  nur  deutscher  Nationalität  sein.  Inter* 
nationale  Hülfe  kann  ausnahmsweise  im  Inlande  mit  besonderer  Geneh- 
migung des  Kriegsministeriums  zugelassen  werden.  Die  Auswahl  und 
Annahme  des  Personales  ist  Sache  der  freiwilligen  Krankenpflege, 
engagirte  Aerzte  bedürfen  jedoch  der  kriegsministeriellen  Bestätigung. 
Das  gesammte  Personal  ist  auf  dem  Kriegsschauplätze  den  Kriegsgesetzen 
und  der  Disziplinär- Strafordnung  für  das  Heer  unterworfen.  Die 
Gliederung  des  Personales  ist  folgende:  1)  Zur  Unterstützung  der 
Kriegslazaretbe  wird  für  jedes  Armeekorps  ein  Lazarethdetachement  ge- 
bildet, dem  u.  A.  auch  Köche  und  Köchinnen  angehören  sollen.  Zur 
Unterstützung  des  Krankentransportes,  wie  zur  Besetzung  von  Verband- 
nnd  Erfrisebungsstationen  dient  ein  Begleitdetachement;  während  ein 
Transportdetacbement  im  Anschluss  an  die  Trainkolonne  des  Lazareth- 
Reserve- Depots  die  Bestimmung  erhält,  die ' vorgeschobenen  Lazarethe 
mit  dem  Etappen- Hauptort  zu  verbinden.  Ein  Depotdetachement  end- 
lich unterstützt  die  Depotverwaltungen  auf  den  Sammelstationen  und 
sonstigen  Etappen. 

Ganz  ähnlich  ist  das  Personal  im  Inlande  gegliedert.  Auch  hier 
Anden  wir  ein  Lazaretb-,  Transport-  und  Depot-Personal  in  Verbindung 
mit  dem  Reservelazareth-,  dem  inneren  Transport-  und  dem  Depotver- 
waltnngsdienst.  Reservelazareth-  und  Festungs-Delegirte  werden  dem 
freiwilligen  Personal  dieses  Dienstbereiches  nach  Bedarf  vorgesetzt. 

Enmich  ist  die  Betheiligung  der  freiwilligen  Krankenpflege  an  dem 
im  Kriegsministerium  vorbereiteten  Central- Nachweise -Börean  plan- 
mässig  geregelt. 

Dies  die  Grundzüge  einer  Organisation,  welche  den  Worten  des 
§.  206  der  Kriegs -Sanitäts- Ordnung  schwerwiegenden  Nachdruck  giebt. 
Gewissen  internationalen  Ideen  des  Rothen  Kreuzes  dürfte  hiermit , wie 
seit  1884  in  Frankreich,  so  nun  auch  in  Deutschland  für  immer  der 
Boden  entzogen  sein. 

Körting. 


Dietz,  Geistesstörungen  in  der  Armee  im  Frieden  und  Krieg. 

Allgemeine  Zeitschrift  für  Psychiatrie.  44.  Bd. 

Verfasser,  zur  Zeit  Assistenzarzt  an  der  Leipziger  psychiatrischen 
Klinik  und  Württembergischer  Landwehr-Assistenzarzt,  hat  obige  Arbeit 
schon  im  Jahre  1886  verfasst  und  dieselbe,  angeregt  durch  die  ähnliche 
Veröffentlichung  Sommer’s  (vcrgl.  diese  Zeitschrift,  XVI.  Jahrgang, 
Seite  302)  nachträglich  dem  Druck  übergeben. 

Mit  vollem  Rechte  ist  zur  Begründung  dieser  Publikation  bemerkt, 
dass  die  Benrtheilung  der  Geisteskrankheiten  beim  Militär  ein  ebenso 
wissenschaftliche^  Interesse  für  den  Psychiater,  als  hervorragend 
praktisches  für  den  Militärarzt  darbicte. 

Zunächst  wird  die  allerdings  ohne  statistischen  Nachweis  wieder- 
holt bei  ähnlichen  Auseinandersetzungen  angeführte  Ansicht  Esquirol’s 
und  Anderer  erwähnt,  dass  beim  Militär  psychische  Erkrankungen 
häufiger  seien,  als  beim  Zivil;  Dietz  bemüht  sich  unter  Zuhilfenahme 
der  Selbstmordstatistik  diese  Angabe  einigermaassen  richtig  zu  stellen 
und  kommt  nach  Beurtheilung  aller  einschlägigen  Umstände  zu  dem 
Resultate,  dass  das  Verhältniss  der  Geisteskranken,  ans  den 


Digii''  hy  CjOO-';'- 


1 


85 


Motiven  des  Selbstmordes  berechnet,  genau  dasselbe  sei  im 
Zirilstande,  wie  beim  Militär.  Trotzdem  nimmt  derselbe  im  Qegen- 
utze  za  Sommer  and  Anderen  an,  dass  der  militärische  Dienst  der 
Entwickelung  von  Geisteskrankheiten  sehr  günstig  sei,  da  die  Armee 
gewissermaassen  die  gesundheitliche  Elite  des  Volkes  repräsentire,  und 
deshalb  Geisteskrankheiten  bei  derselben  relativ  häu6g''r  seien;  der 
Unterschied  zwischen  Kriegs-  und  Friedensdienst  ist  bei  obiger 
Betrachtung  unberücksichtigt  geblieben. 

Für  die  Erkrankungen  im  ersten  Dienstjabre  wird  nun  allerdings 
io  weiterem  Verlaufe  zugegeben,  dass  weitaus  in  den  meisten  Fällen 
Prädisposition  die  Grundlage  für  die  Psychose  bilde,  — der  militärische 
Dienst  giebt  demnach  gewissermaassen  den  günstigen  Nährboden  für  die 
bisher  schlummernde  Psychose  ab  — dadurch  wird  die  oben  angeführte 
Behauptung  bedeutend  abgescbwächt. 

Bei  Bräprechang  der  Maassregeln  zur  Verhütung  von  Einstellung 
prädisponirter  Individuen  stimmt  Verf.  mit  früheren  Beobachtern  darin 
überein,  dass  die  theoretische  Forderung,  jede  Anlage  zu  einer 
psychischen  Störung  solle  vom  Militärdienst  befreien,  praktisch  nicht 
durcbgeführt  werden  kann,  auch  sei  bei  einer  Musterung  selbst  ein 
zogezogener  Irrenarzt  nicht  im  Stande,  versteckte  geistige  Störungen  zu 
erkennen.  Er  verlangt  hingegen  vorherige  anamnestischc  Erhebungen 
TOD  der  Zivilbehörde,  damit  auf  derartig  belastete  Leute  der  zuständige 
Truppenarzt  besonders  aufmerksam  gemacht  würde  — eine  Maassregel, 
welche  mau  schon  jetzt  hie  und  da  vorzufinden  Gelegenheit  hat  — 
ohne  dass  jedoch  jeder  Missbrauch  von  Seiten  der  Angehörigen  zum 
Versuche  der  Militärbefreiung  ausgeschlossen  wäre.  Referent  bat 
selbst  Auslassnngen  von  Lehrern,  Geistlichen  und  Ortsbehörden  in 
einem  Falle  gelesen,  welche  einstimmig  ihre  Verwunderung  über  die 
Eiostellnng  eines  von  Kindheit  anf  beinahe  blödsinnigen  Mannes  aus- 
sprachen,  der  Betreffende  war  zwar  kein  hervorragend  geistig  begabter 
Mensch,  hat  aber  seine  drei  Jahre  redlich  als  Soldat  ohne  irgend  welche 
Störungen  gedient,  nachdem  er  allerdings  in  der  Rekrutenausbildungs- 
periode  einige  Zamathungeu  an  die  Geduld  des  Ansbildungepersonales 
gestellt  hatte;  hätte  man  dem  eigenen  Urtheile  nicht  mehr  zagetraut,  als 
den  anamnestischen  Erhebungen,  so  wäre  der  Mann  — und  wie  sich 
nachträglich  auch  herausstellte  — sehr  mit  Unrecht  als  dienstunbranch- 
bar  entlassen  worden. 

Anlage  zu  Geistesstörung  oder  selbst  erbliche  Belastung  darf,  um 
sich  eines  banalen  Ausdruckes  zu  bedienen,  nicht  bei  den  Haaren 
herbeigezogen  werden,  sonst  kann  es  hier  auch  dem  Militärärzte  gehen, 
wie  gerichtlichen  Sachverständigen  mit  der  Diagnose  „moralisches  Irre- 
sein“, von  welcher  Binswanger^)  mit  Recht  sagt,  „wir  sind  dem  Zeit- 
punkte nahe  gerückt,  wo  diese  Begriffsbestimmung  bei  den  Richtern 
gerade  die  entgegengesetzte  Wirkung,  als  beabsichtigt,  hervorrufen  und 
das  gerichtsärztliche  Gutachten  diskreditiren  wird“. 

Vorsicht  ist  gut  in  allen  Dingen.  Das  Haupterforderniss  wird  sein 
und  bleiben,  dass  jeder  Militärarzt  psychiatrisch  gut  ansgebildet  werde, 
ein  Erfordernlss,  das  sich  von  Jahr  zu  Jahr  bessert. 

Bei  Beurtheilung  der  Kriegspsychosen,  welchen  die  zweite 


*)  Ueber  die  Beziehungen  des  muralischen  Irreseins  zu  der  erblich  dcgeneraliven 
Geistesstörung.  Sanuulnug  klinischer  Vortrüge  Nu.  299.  1897. 


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Hälfte  des  Aufsatzes  gewidmet  ist,  kommt  erstens  eine  Summe  aller 
schädigenden  Momente,  kurzweg  als  Kriegsslrapazen  bezeichnet,  in 
Betracht,  zweitens  mechanische  und  psychische  Einflüsse,  drittens  Prä- 
disposition, letzterem  Umstande  allein  werden  aus  einer  Zusammen- 
stellung der  bis  jetzt  erschienenen  Publikationen  bezw.  der  beschriebenen 
Fälle  41  pCt.  aller  Erkrankungen  zugeschoben. 

Nach  den  Erfahrungen  des  Feldzuges  1870/71  entwickelt  sich  durch 
die  Eigenthümlicbkeiteu  des  Kriegslebeiis  ein  nenropatbischer  Zustand 
auch  bei  psychisch  Intakten  mit  sehr  langsamem  Verlaufe  und  erzeugt 
selbst  wiederum  Prädispositionen  zu  späterer  psychischer  Erkrankung; 
ira  Kriege  wirken  dieselben  ätiologischen  Momente  ein,  wie  im  Frieden, 
nur  unter  günstigeren  Bedingungen  für  ihre  Wirksamkeit  und  in 
reicherem  Maasse. 

Der  Aetiologie  nach  sind  zu  trennen  die  akut  ini  Felde  aus- 
brechenden Psychosen  und  die  später  sich  entwickelnden , ferner  primär 
traumatisches  Irrsein  und  sekundär-traumatisches,  letzteres  hat  namentlich 
für  Militärärzte  ein  praktisches  Interesse  wegen  des  mehr  oder  weniger 
schwierigen  Nachweises  des  Zusammenhanges  zwischen  Trauma  und 
Ausbruch  der  Geisteskrankheit,  auch  ist  dasselbe  viel  häufiger,  als 
das  primäre. 

Manchmal  tritt  nach  scheinbar  freien  Intervallen  die  Psychose  ohne 
Gelegenheitsursache  auf,  eine  Thatsache,  welche  hauptsächlich  für 
militärärztliche  Gutachten  von  hervorragender  Bedeutung  ist,  ebenso 
wichtig  ist  der  Umstand,  dass  derartige  Kranke  Gehirnreizen  irgend 
welcher  Art,  seien  dieselben  psychischer,  sexueller  oder  alkoholischer 
Natur,  viel  zugänglicher  sind;  kommt  hierzu  noch  die  lange  Dauer  des 
Zwischenraumes,  so  ist  es  leicht  erklärlich,  dass  derartige  Fälle  bei 
Beurtheilung  etwaiger  Invalidisirung  zu  den  schwierigsten  Entscheidungen 
des  Arztes  gehören. 

Berücksichtigt  werden  muss  und  ausser  Acht  darf  jedoch  nicht 
gelassen  werden,  dass  andererseits  Angehörige  nur  zu  leicht  die  Neigung 
besitzen,  jedwede  Beschädigung  im  Kriege  als  Ursache  des  später  auf- 
getretenen  Gehirnleidens  anzusehen,  nachträgliche  Schädlichkeiten  hin- 
gegen entweder  zu  ignoriren  oder  sogar  zu  verheimlichen;  so  sind  Fälle 
bekannt  geworden,  in  welchen  der  Ausbruch  der  Psychose  erst  10  oder 
12  Jahre  nach  dem  vorausgegangenen  Trauma  erfolgte. 

Nachdem  die  bezügliche  Litteratur  entsprechend  berücksichtigt  und 
ein  Auszug  aus  dem  Kapitol  , Kriegspsychosen“  des  deutschen  Kriegs- 
sanitätsberiebtes  1870/71  beigefügt  worden  ist,  wird  aus  dem  Gesammt- 
resultate  der  Schluss  gezogen,  dass  der  Krieg  den  Geisteskrankheiten 
ein  eigenes  Gepräge  verleihe,  welches  lediglich  eine  Wirkung  der  so- 
genannten Kriegsstrapazen  sei,  charaktorisirt  durch  ausgesprochene 
psychische  Schwäche,  frühzeitiges  Auftreten  derselben,  ungünstige  Pro- 
gnose nod  häufigen  Ausgang  in  progressive  Paralyse;  diese  Wirkung  tritt 
bei  Belasteten  früher  ein,  die  Prognose  verschlechtert  sich  mit  der  Länge 
der  Zeit  bis  zum  Ausbruche  der  Krankheit  und  bis  zur  Aufnahme  des 
Erkrankten  in  Behandlung. 

Die  weitaus  grösste  Zahl  geisteskranker  Soldaten  aus  dem  Felde 
fiel  der  allgemeinen  Wirkung  der  Kriegsstrapazen  zum  Opfer. 

Den  Schluss  bildet  die  Sorge  für  Unterbringung  der  Geisteskranken; 
dies  sowohl,  wie  der  gewiss  berechtigte  Wunsch  nach  Errichtung  einer 
deutschen  Militär- Irrenanstalt,  wie  es  in  England,  Russland  und  Öester- 


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87 


reich  schon  längst  der  Fall  ist,  kann  hier  übergangen  werden,  da  es 
mit  dem  oben  schon  angeführten  Referate  über  Sommer’s  Beiträge  zur 
Kenntniss  der  Militärpsychosen  übereinstimmt. 

Verf.  hat  die  — wie  dies  schon  die  häufigen  Veröfifentlicbnngen 
beurkunden  — psychiatrisch  hochwichtige  Frage  der  Geisteskrankheiten 
beim  Militär  sorgfältig  studirt,  die  betreffende  Litteratur  mit  in  den 
Kreis  seiner  Beobachtung  gezogen,  das  pro  und  contra  der  einzelnen 
sich  gegenübersteheuden  Ansichten  wohl  erwogen  und  sich  sichtlich 
bemüht,  aus  den  verschiedenen  Meinungen  ein  selbstständiges,  unparteiisches 
and  nicht  durch  Vorurtheile  getrübtes  Unheil  zu  bilden,  wofür  dem- 
selben alle  Anerkennung  gebühren  dürfte.  Zu  wünschen  wäre  nur, 
dass  einmal  eine  auf  genaue  Berechnung  basirte  Statistik  der  Irren- 
anstalten über  die  wirkliche  Zahl  der  geisteskranken  Invaliden  des 
Feldzuges  1870/71  znsammengestellt  würde,  damit  endlich  die  angeblichen 
2000deutschen  geistigen  Kriegsinvaliden  Sch  waab’s  aus  dem  französischen 
Kriege  nach  einer  einzigen  Irrenanstalt  (Werneck)  approximativ  berechnet, 
aus  der  Litteratur  definitiv  verschwinden  möchten.  C.  Fr. 


Kompendium  der  allgemeinen  Chirurgie,  sowie  der  Operations- 
lehre. Zum  Gebrauch  für  Studirende  und  Aerzte  (zugleich  als  erster 
Band  zu  Th.  Schmidt’s  spezieller  Chirurgie  dienend).  Von 
Dr.  med.  Arno  Kröche,  prakt.  Arzt  und  Dirigent  der  Heilanstalt 
Brunnthal-München.  Zweite  gänzlich  umgearbeitete  Auflage.  Mit 
24  Abbildungen.  8°.  442  Seiten.  Leipzig,  Verlag  von  Ambr.  Abel. 
1887. 

In  sechs  Abtheilungen  des  1.  Theiks  (allgemeine  Chirurgie)  handelt 
Verf.  die  örtlichen  Störungen  des  Kreislaufes,  die  Entzündung,  den  Brand, 
die  Verschwärung,  das  Trauma,  die  Neubildung  und  die  für  den  Chirurgen 
wichtigsten  Krankheiten  und  Anomalien  einzelner  Organe  ab,  in  zwei 
Abtheiluugen  des  2.  Theiles  die  allgemeine  Operationslebre  einschl. 
Verbandlebre  und  die  spezielle  topographische  Operationslehre. 

Das  kleine  Handbuch  zeichnet  sich  durch  klare  Darstellung  und 
knappe  Form  aus.  Diesem  Umstande  verdankt  es  wohl  zumeist  seine 
innerhalb  kurzer  Zeit  entstandene  2.  Auflage.  Ein  dringendes  Bedürfniss 
für  dasselbe  lag  im  Hinblick  auf  die  grosse  Anzahl  gleicher  und  ähnlicher 
vortrefilicher,  meist  jedoch  ausführlicherer  Werke  kaum  vor.  Neues  und 
Originelles  bringt  es  nicht ; vielleicht  nur  das,  dass  es  bei  Schusswunden 
grösserer  und  komplizirter  Gelenke  dringend  die  Abnahme  des  Gliedes 
verlangt,  wenn  die  aseptische  Behandlung  nicht  exakt  durchgeführt 
werden  kann,  oder  wenn  der  Patient  nicht  gleich  in  geeignete  Behandlung 
kam,  sondern  bereits  mehrere  Tage  verstrichen  sind;  es  möchte  ihm 
schwer  werden  zu  beweisen,  dass  sich  während  des  letzten  Krieges  viele 
Hospitalvorstände  in  Deutschland,  welche  häufig  nicht  diagiiostizirte 
Gelenkschüsse  von  weither  zuge.«chickt  erhielten,  darüber  beklagt  hätten; 
auch  dürften  selbst  'dürftige  antiseptiscbe  rcsp.  sonstige  Kautelen  einen 
Unterschied  in  der  Behandlung  zwischen  jetzt  und  früher  gestatten.  — 
Die  Begriffe  virus  und  veneuum  unterscheidet  der  Verf.  nur  dem  Her- 
kommen gemäss,  hofft  aber  diesen  Unterschied  mit  den  Fortschritten  der 
bakteriologischen  Forschung  immer  mehr  verschwinden  zu  sehen;  da 
kann  er  lauge  warten!  Schwieger. 


Di  ■ ■ 


88 


Ueber  Beziehungen  derFSnlniss  zo  den  Infektionskrankheiten. 
Vortrag,  gehalten  in  der  dritten  allgemeinen  Sitzung  der  60.  Ver- 
sammlung Deutscher  Naturforscher  und  Aerzte  zu  Wiesbaden  am 
Ü4.  September  1887  von  Ferdinand  Hueppe.  Berlin  1887,  Verlag  von 
August  Hirscbwald. 

Verf.  schildert  im  Eingänge  seines  Vortrages,  wie  schon  von  Alters 
her  die  Fäulniss  zu  den  Infektionskrankheiten  in  Beziehung  gesetzt 
worden  sei,  und  wie  man  später  erkannt  habe,  dass  beide  von  dem  Leben 
von  Mikroorganismen  abhängig  seien.  Er  geht  dann  zu  den  neuen 
Forschungen  auf  dem  Gebiete  der  Bakteriologie  über,  die  namentlich 
durch  Züchtungsversuche  zo  der  Erkeontniss  geführt  hätten,  dass  eine 
ganze  Reihe  von  pathogenen  Bakterien  ein  saprophytisches  Stadium  be- 
sitzen, wie  gewöhnlicbe  Fäulnissorganisraen,  dass  ihr  Parasitismus  für 
die  Arterbaltung  nicht  absolut  nöthig,  sondern  etwas  mehr  Zufälliges 
oder  Gelegentliches  sei.  Damit  war  der  Beweis  geliefert,  dass  die  all- 
gemeine Grenze  zwischen  krankheitserregenden  und  nicht  krankheits- 
erregenden Infektionserregern  keine  scharfe  sei.  Ferner  wurde  ermittelt, 
dass  gewisse  Bakterien  im  Körper  nur  wie  gewöhnliche  Fänlnissbakterien 
durch  ihre  giftigen  Produkte  wirken;  damit  musste  also  die  schroffe 
Schranke  zwischen  Intoxikation  durch  Fäninissgift  und  der  spezifischen 
Infektion  fallen;  es  kann  niemand  die  Fäulniss  als  mögliche  Hulfsursache 
für  Infektionskrankheiten  bestreiten.  Naegeli  erklärt  dies  so,  dass  die 
echten  endogenen  Kontagienpilze  schon  in  geringster  Menge  zur  Infektion 
führten,  die  ektogenen  Miasmen-  und  Fäninisspilze  in  der  Regel  nur  die 
Kontagion  vorbereiteten,  indem  sie  den  Körper  schwächten.  Aber  in 
grösserer  Menge  könnten  auch  die  Miasmenpilze  und  in  noch  grösserer 
auch  die  Fäolnisspilze  direkt  infiziren.  Ausserdem  nahm  er  das  Ent- 
stehen der  Kontagienpilze  aus  Miasmenpilzen  und  dieser  wieder  ans  Fänl- 
nisspilzen  als  möglich  an.  Andererseits  hatte  Wernich  darauf  aufmerk- 
sam gemacht,  dass  auch  die  im  Darmkanal  stets  vorhandenen,  scheinbar 
ganz  harmlosen  Darmbakterien  unter  dem  Einflüsse  von  Fänlnissprodukten 
sich  schnell  zu  invasiven  Krankheitserregern  umbilden  könnten.  — Die 
Vorstellung,  dass  es  sich  bei  der  Fäulniss  um  etwas  Einheitliches  handelt, 
kann  nicht  mehr  gelten,  denn  es  giebt  nur  eine  Vielheit  von  heterogenen 
Fäulnissprozessen.  Die  Fäulnissorganismen  haben  sich  in  den  ver- 
schiedenen Oertlicbkeiten  als  Theil  der  örtlichen  Kryptogamenflora  ent- 
wickelt; es  giebt  vielleicht  überall  vorkommende,  aber  sicher  auch  den 
Floren  eigenthümliche,  für  die  jeweilige  Fäulniss  spezifische  Arten.  Das 
konstante  physiologische  Merkmal  aller  ist  die  Eiweissspaltnng,  und  gerade 
die  in  der  Anpassung  an  diese  ausserhalb  erworbenen  Eigenschaften 
müssen  als  ächte  Artmerkmale  gelten.  Für  manche  Arten  stellen  diese 
konstanten  Eigenschaften  zugleich,  ohne  jedes  weitere  Hinzuthun,  einen 
minimalen  Grad  von  pathogener  Wirkung  dar.  Dies  gilt  nicht  nur  für 
die  Erreger  der  verschiedenen  Malariakrankheiten,  sondern  auch  für  die 
Spirochäten  der  asiatischen  Cholera;  ähnlich  wie  diese  in  Indien,  ver- 
halten sich  bei  uns  die  anaerobiotischen  Bakterien  des  Unterleibstyphus. 
Für  viele  Fälle  decken  sich  demnach  Fäulnissursacbe  und  Infektionsursache 
vollständig.  Auch  in  prophylaktischer  Beziehung  lässt  sich  nachweisen,  dass 
die  Grenze  zwischen  Intoxikation  durch  Fäulnissgifte  und  der  Infektion 
gefallen  ist,  dass  die  Quelle  aller  Infektionen  in  den  Fäulnissprozessen 
liegt.  Wir  können  nun  zwar  diese  als  nothwendiges  Zwischenstadium 


v.^lc 


89 


xwischen  Thier-  nnd  Pflanzenleben  nicht  beeeitigen,  aber  wir  mäsaen  sie 
aas  nnserer  nächsten  Umgebang  verbannen  durch  strengste  Reinlichkeit. 
Durch  diese  Art  der  Bekämpfung  der  Infektionskrankheiten  können  wir 
die  Sterblichkeit  bedentend  berabseUen  und  grossartige  hygienische  Er- 
folge ersielen.  Rb. 


Ueber  cyklische  Albuminurie.  Von  Dr.  G.  Kleinperer  (Berlin). 

(Separat  - Abdruck  ans  der  Zeitschrift  für  klinische  Medizin,  Bd.  XII, 

Heft  1 o.  2.) 

Nachdem  Lenbe  die  physiologische  Albuminurie  festgestellt,  sind 
einschlägige  Fälle  in  grösserer  Anzahl  mitgetheilt  worden.  Pavy  machte 
auf  den  cykliscben  Verlauf  der  Eiweüssausscbeidung  aufmerksam  und  be- 
teichnete  diese  B^älle  daher  als  cyklische  Albuminurie.  Verf.  theilt  nun 
nach  kurzer  Uebersicbt  über  die  bisher  veröffentlichten  Fälle  von  Pavy, 
Nnorden  nnd  Bull  einen  eben  solchen  ausführlich  mit,  der  während 
mehrerer  Monate  genau  beobachtet  und  auch  zu  mannigfachen  Versuchen 
benutzt  wurde,  um  den  Einfluss  äusserer  Verhältnisse  auf  die  Eiweiss- 
aosscheidung  festzustellen.  Hierbei  ergab  sich  Folgendes:  Die  cyklische 
Albuminurie  ist  ein  wohlcbarakterisirtes  Krankbeitsbild  und  befällt  vor- 
logsweise  junge  Männer  mit  neurasthenischen  Beschwerden.  Gemeinsam 
ist  bei  allen  Fällen  das  Fehlen  des  Eiweisses  im  Nacbtnrin.  Bei  Tage 
zeigt  die  Ausscheidung  regelmässige  Schwankungen , indem  sie  von 
Null  bis  zum  Maximum  ansteigt,  um  dann  endgültig  auf  Null  abzufallen, 
oder  nach  dem  Nullpunkt  ein  zweites  Maximum  Abends  zu  erreichen. 
Keinen  Einfluss  auf  dieselbe  übt  die  Zeit  der  Nahrungsaufnahme  und 
Zusammensetzung  der  Nahrung,  dagegen  um  so  stärkeren  die  Muskel- 
bewegung  (durch  absolute  Ruhe  im  Bett  lässt  sich  die  Eiweissausscbeidung 
stets  unterdrücken)  nnd  geistige  Anstrengungen.  Der  Krankeitsverlanf 
ist  stets  ein  chronischer,  die  Prognose  ist  nicht  ungünstig.  Die  Behand- 
laug  muss  im  Wesentlichen  eine  roborirende  sein,  da  diese  erfahrnngs- 
gemäss  auch  heilsam  auf  die  Verminderung  des  Eiweisses  binwirkt 


Ueber  den  tuberkulösen  Hirnabscess.  Von  Prof.  A.  Fraenkel. 
Separat-Abrnck  aus  der  Deutschen  medizinischen  Wochenschrift  1887, 
No.  18.  Berlin  und  Leipzig,  Verlag  von  Georg  Tbieme. 

Verf.  schildert  einen  Fall  von  tuberkulösem  Hirnabscess,  der  dadurch 
sosgezeiebnet  war,  dass  die  eigentliche  Natur  des  Abscesses  bei  der 
Sektion  nicht  erkannt  wurde,  da  weder  Reste  käsigen  resp.  tuberkulösen 
Materials,  noch  auch  io  der  dicken  Balgmembran  der  Eitercyste  Tuber- 
kelkuötcben  bemerkbar  waren.  Erst  die  Untersuchung  des  Eiters  ergab 
eine  Unzahl  von  Tuberkelbazillen,  dagegen  keine  der  gewöhnlichen  Eiter- 
mikrobien. 

In  der  Epikrise  fuhrt  Verfasser  ans,  wie  die  Erankheitserscheinnngen 
im  Leben  auf  einen  cirknmskripten  Krankheitsherd  in  der  Gegend  des 
hinteren  Stirnlappens  und  der  benachbarten  Centralwindungen  gedeutet, 
jedoch  die  Diagnose  stets  zwischen  Tumor  und  Abscess  geschwankt  hätte. 
Bei  der  mikroskopischen  Untersuebuog  der  Balgmembran  habe  sich  die 
Orannlationsschicbt  im  buchstäblichsten  Sinne  durchsetzt  von  zahllosen 


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Tuberkel bazillen  gezeigt.  Bezüglich  der  Frage  nach  der  Entstehung  des 
Abscesses  neigt  Verf.  zu  der  Ansicht,  dass  die  Tnberkelbazillen  selbst 
für  die  Eiterung  verantwortlich  zu  machen  seien,  und  begründet  dies  da- 
mit, dass  durch  diese  ja  auch  eitrige  pleuritische  Exsudate  erzeugt  werden 
könnten.  Er  glaubt  daher,  dass  die  bakterioskopisebe  Untersuchung  der 
Hirnabscesse  manchen  werthvollen  Fingerzeig  für  die  Aetiologie  derselben 
und  besonders  auch  für  die  Frage  der  primären  Ilirntuberkulose  er- 
geben werde.  Rb. 


Mittheilungen  aus  der  chirurgischen  Klinik  des  Herrn  Geh. 
• Rath  Bardeleben.  Von  Stabsarzt  Dr.  A.  Koehler.  A.  Die 
Herniotomien  des  Jahres  1885.  Separat-Abdruck  aus  der  Deutschen 
Zeitschrift  für  Chirurgie  IV. 

Zur  Beobachtung  kamen  30  Kranke  mit  Hernien,  darunter  ein  1 Tag 
altes  Kind  mit  kindskopfgrossem  Nabelbruch,  in  dem  Leber  und  grosse 
Mengen  Dünndarraschlingen  lagen.  Die  übrigen  29  hatten  34  Hernien 
{22  Leisten-,  12  Schenkel  - Hernien),  die  im  Allgemeinen  die  bekannte 
Statistik  der  Unterleibsbrüche  bestätigen.  Die  Kranken  waren  im  Alter 
von  19 — 81  Jahren.  Betreffs  der  Entstehung  gab  die  Mehrzahl  an,  dass 
der  schon  lange  bestehende  Bruch  nach  äusserer  Veranlassung  mehr  her- 
vorgetreten und  nun  schwer  oder  gar  nicht  zurückzubringen  sei.  Meist 
war  die  Bruchanlage  auch  auf  der  andern  Seite  vorhanden.  Einlache, 
durch  passendes  Bruchband  zu  beseitigende  Beschwerden  kamen  bei 

2 Schenkel-  und  11  Leisteiibrüchen  vor.  Die  Taxis  gelang  in  tiefer 
Narkose  12  Stunden  bis  8 Tage  nach  angeblichem  Beginn  der  Einklemmung 
bei  4 Leisten-  und  1 Schenkelbruch,  doch  war  stets  grosse  Vorsicht 
nöthig  wegen  der  meist  schon  ausserhalb  sehr  energisch  gemachten  Ver- 
suche. Ging  dabei  der  Bruch  nicht  leicht  zurück,  so  wurde  sofort  operirt. 

Die  Herniotomie  war  IC  Mal  (7  Leisten-,  9 Schenkelbrüche)  nöthig, 
wenige  Stunden  bis  5 Tage  nach  angeblichem  Beginn  der  Einklemmung. 
Die  grössere  Zahl  der  Brüche  war  lange  Jahre  durch  Bruchband  leicht 
zurückgehaltcn  worden  mit  Ausnahme  von  2 Schenkelbrüchen  bei  Frauen. 
Unter  den  operirten  Fällen,  über  die  kurz  einzeln  berichtet  wird,  war 
ein  Schenkelbrucb  besonders  bemerkenswertb  durch  Grösse  und  Inhalt: 
das  entfernte  Netzstück  wog  257,  der  Bruchsack  50,  das  Brnchwasser 
ca.  250  g,  die  Geschwulst  hatte  also  zusammen  ca.  557  g Gewicht.  Im 
Anschluss  wird  noch  erwähnt  ein  durch  Platzen  eines  Bauchbruchs  (vor 

3 Jahren  Ovariotomie)  entstandener  Eiugeweidevorfall,  der  nach  Reinigen 
und  Zurückdrängen  der  84  cm  langen  Dünndarmschlingcn,  Anfrischen 
und  Vernähen  der  Wände  des  Loches  in  den  Bauchdecken  heilte. 

Bei  den  Herniotomien  wurde  als  Inhalt  des  Brnch.sackes  gefunden: 
nur  Netz  4 mal  (2  Leisten-,  2 Schenkelbrüche),  nur  Darm  8 mal 
(3  Leisten«,  5 Schcnkelbrüche),  Darm  und  Netz  3 mal  (2  Leisten- 
1 Schenkelbruch),  Bruchsack  leer,  mit  Cysten  besetzt  1 mal  (Schenkel- 
bruch). 

Der  Bruchsack  wurde  immer  geöffnet,  an  der  Bruchpforte  fixirt  und 
entweder  nach  Abbinden  mit  dickem  Katgut  abgeschnitten  oder  die  Oeff- 
nung  durch  Tabaksbeutelnaht  geschlossen.  Einmal  verwuchs  der  Darm 
mit  der  Hautnarbe  ohne  nachfolgende  Beschwerden.  Die  beiden  Todes- 
fälle betrafen  Frauen,  bei  denen  vor  der  -4nfnahme  zu  heftige  und  an- 
haltende Taxisversuche  stattgefundeu  hatten.  Bei  beiden  bestand  Peri- 
tonitis, einmal  wabrscbeinlich  schon  vor  der  Operation. 


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B.  üeber  24  seit  dem  Jahre  1876  ausgeführte  Kropfexstir- 
pationen. 

1)  Von  1876—85  wurden  11  Kröpfe  operirt,  6 mal  durch  Total-, 
5 mal  durch  partielle  Exstirpation ; unter  letzteren  keine,  unter  ersteren 
2 Todesfälle  (stmma  carcinom.  mit  multipler  Metastase  und  sehr  grosser 
lymphatischer  Gefässkropf  (720  gr.)  mit  starker  Veränderung  der  Luftröhre 
Wi  gravida  mens  VII).  Die  Kranken  waren  4 Männer  (18 — 59  J.)  und 
7 Frauen  (26—54  J.).  Wenige  stammen  aus  Kropfgegenden;  2 hatten 
mehrere  Verwandte  mit  Kröpfen.  Die  4 Total-Exstirpationen  sind  Jahre 
lang  beobachtet  und  gesund  geblieben.  Die  einzelnen  Fälle  werden  zum 
Schluss  kurz  aufgefnhrt. 

2)  1885  wurden  7 totale  Kropfexstirpationen  ausgeführt.  Von  diesen 
endeten  3,  bei  denen  die  Tracheotomie  nöthig  war,  tödtlich,  darunter 
1 Sarkom  der  Schilddrüse,  ein  Beweis,  wie  sehr  durch  Lufiröhrenschnitt 
die  Prognose  verschlechtert  wird,  da  eine  ausreichende  Antiseptik  dabei 
unmöglich  ist  Sie  darf  daher  nur  im  äussersten  Nothfalle  gemacht 
werden.  Verf.  gedenkt  hier  auch  der  temporären  Kompression  \Volffs, 
die  seiner  Ansicht  nach  höchstens  bei  einfachen  Cystenkröpfen  mit  ge- 
ringer Blutung  ausreichen  kann,  und  die  ausserdem  durch  die  Möglichkeit 
des  Lufteintritts  in  eine  Vene  bei  Nachlass  des  Druckes  sogar  direkt 
gefährlich  werden  könnte.  — Die  Exstirpation  wurde  mit  einem  senk- 
rechten Hautschnitt  begonnen  und  ein  oder  zwei  obere  Scbrägschnitte 
zugefügt,  um  die  oberen  Zapfen  der  seitlichen  Lappen  und  die  oberen 
Scbilddrüsengefässe  übersehen  zu  können.  N.  recurrens  wird  am  besten 
geschont  durch  gründliche  Isolirung  der  a.  tbyreoid.  inf.  Ausgespült 
wurde  mit  Salicylborax  — oder  0,5  “/««  Subliniatlösiing.  Weglassung  des 
Drains  wurde  nicht  gewagt  trotz  Verzögerung  der  Heilung.  Ausschälung 
einzelner  Knoten  und  partielle  Exstirpation  war  in  keinem  Falle  anwend- 
bar, doch  sind  Zeichen  von  Cachexia  strumipriva  (Myxödem)  nicht  auf- 
getreten. Dass  der  Grund  dafür  in  dem  jedesmaligen  Zurückbleiben 
kleiner  Schilddrüsen  liegen  solle,  ist  nach  Verf.  schwer  anzunehmen.  Da 
nun  Myxödem  auch  nach  elektrischer  Zerstörung,  sowie  nach  partieller 
Exstirpation  beobachtet  sei,  so  müsse  man  eben  sagen,  dass  diese  Frage 
noch  unklar  sei.  Jedenfalls  dürfe  mau  die  Total-Exstirpation  nicht  mehr 
ans  rein  kosmetischen  Gründen  ausführen  (empfohlen  entweder  partielle  Ex- 
stirpation oder  Jod  innerlich  und  äusscrlich,  doch  keine  Injektionen  wegen 
der  Erschwerung  späterer  Operation),  sondern  nur  bei  Indicatio  vitalis 
oder  bei  Atbem-  und  Schlingbeschwerden  durch  anhaltendes  schnelles 
Wachsen  der  Geschwulst. 

3)  1886  wurden  2 Total-Exstirpationen  mit  Ausgang  in  Heilung,  1887 
4 partielle  mit  gleichem  Erfolge  gemacht. 

Von  den  24  Exstirpationen  waren  9 partiell,  15  total;  von  letzteren 
starben  5:  1 Karcinom,  1 Sarkom,  2 mit  starken  Veränderungen  der 
Luftröhre,  die  deren  Eröffnung  nöthig  machten,  in  Folge  von  Pneumonie 
1 kurz  nach  der  Operation  (Ursache  mangels  der  Sektion  nicht  auf- 
geklärt). Die  übrigen  sind  Jahre  lang  beobachtet  und  gesund  geblieben. 
Myxödem  ist  nicht  aufgetreten.  Kb. 


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Tabellen  cnm  Gebrauch  bei  mikroskopischen  Arbeiten.  Za- 
sammengestellt  von  W.  Behrens.  Braunschweig,  Harald  Br  ahn  1887. 
76  Seiten. 

Die  Tabellen  sind  sehr  geeignet  und  passend  für  den  Arbeitstisch 
des  Mikroskopikers  im  Laboratorium  und  im  Studirzimmer.  Man  findet 
in  ihnen  schnell,  was  man  sonst  durch  Nachschla^en  in  grösseren  Werken 
der  Physik,  Chemie  und  mikroskopischen  Technik  mit  Zeitaufwand  cu- 
sammensuchen  oder  sich  erst  selbst  berechnen  muss.  Beginnend  mit  der 
Vergleichung  von  verschiedenen  Gewichten,  Maassen  und  Thermometer- 
graden giebt  Verf.  in  der  Folge  Uebersicht  über  Schmelz-  und  Siede- 
punkte einiger  Stoffe,  Eältemischungen,  Umrechnungen  von  Aräometer- 
graden in  spezifische  Gewichte,  über  diese  und  die  Prozentgehalte  ver- 
schiedener Chemikalien,  die  Atomgewichte,  die  Löslichkeitsverhältnisse 
von  ätherischen  Gelen,  Harzen  und  Balsamen,  Tabellen  über  das  Ver- 
halten der  gebräuchlichen  Anilinfarben,  diese  zumeist  nach  eigenen  Ver- 
suchen, ferner  über  verschiedene  einschlägige  Punkte  ans  dem  Gebiete 
der  Optik.  Die  zweite  Hälfte  des  Werkchens  bringt  Zusammenstellungen 
der  gebräuchlichen  Mittel  zum  Erhärten,  Fixiren,  Aufhellen,  Einbetten 
u.  8.  w.  von  mikroskopischen  Präparaten  und  schliesst  mit  einer  Auf- 
führung von  mikroskopischen  Reagentien,  Färbe-  und  Imprägnations- 
mitteln, deren  Zubereitung  und  Verwendung  übersichtlich  geordnet  ist. 
Bei  der  Schilderung  der  zahlreichen  Färbemethoden  hätte  die  Gram'sche, 
diejenige  mit  Löffler’s  starker  alkalischer  Methylenblaulösung  und  die 
Verwendung  des  Earbolfucbsin  Berücksichtigung  finden  sollen;  für  eine 
folgende  Auflage  dürfte  auch  die  Aufnahme  des  Kühne'scheu  Färbe- 
verfahrens vortbeilhaft  erscheinen.  Heim. 


Syphilis  in  ihrer  Rückwirkung  auf  die  Berufs -Armee  im 
Frieden  und  im  Kriege  und  die  Möglichkeit  ihrer  thunlich- 
sten  Eindämmung.  Von  Dr.  A.  Zemanek,  k.  k.  Regimentsarzt. 
Wien  1887. 

Der  Verf.  bespricht  zunächst  in  einer  18  Seiten  umfassenden  Ein- 
leitung die  Etymologie  des  Wortes  Syphilis  iptiia  bezw.  Hirt  Syphilns), 
womit  er  alle  ansteckenden  Krankheiten  der  Genitalien  zusammenfasst. 
Hierauf  folgt  eine  knapp  gehaltene  Geschichte  der  Syphilis  von  der  Zeit 
des  Hippokrates  bis  heute. 

Das  Thema  selbst  behandelt  der  Verfasser  in  53  Seiten  unter  An- 
fübrnng  eines  reichen  statistischen  Materials  und  vergleicht  die  syphi- 
litischen Erkrankungsverhältnisse  der  Heere  fast  aller  Staaten  Europas, 
wobei  er  zu  dem  Resultat  kommt,  dass  die  Syphilis  seit  den  letzten 
10  Jahren  weitaus  mehr  Behandlungstage  in  Anspruch  nimmt,  als  jede 
andere  Krankheit,  von  allen  Armeekrankheiten  mithin  dem  Staate  die 
meisten  Kosten  verursacht  und  der  Armee  die  meisten  Arbeitstage  ent- 
zieht. Im  Schluss  skizzirt  er  erschöpfend  die  modernen  Behandlun«- 
metboden  der  syphilitischen  Krankheiten  und  plaidirt  dringlichst  tur 
möglichst  strenge  ärztliche  Visitationen  der  Mannschaften,  sowie  der 
Prostitnirten.  Herr  manu. 


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Anleitung  für  die  erste  Hülfe  bei  Erkrankungen  und  Ver- 
letzungen an  Bord  in  Ermangelung  ärztlichen  Beistandes. 
Von  Dr.  Alexius  Uhlik,  k.  k.  LinienschifTsarzt.  Wien  1887.  Carl 
Gerold’s  Sohn. 

Das  15  Seiten  umfassende  Büchlein  wird  dem  Seeoffizier  in  Er- 
mangelung ärztlicher  Hülfe  an  Bord  ein  erwünschter  Rathgeber  bei  der 
Behandlung  von  leichteren  Erkrankungen  und  Verletzungen  sein.  Die 
TOD  dem  Verfasser  für  die  Fahrzeuge  angegebene  ärztliche  Ausrüstung 
ist  eine  reichhaltige  und  zweckentsprechende.  v.  Harhou. 


MittheUnngen. 


Berliner  militärärztliche  Gesellschaft. 

Sitzung  vom  21.  Oktober  1887. 

1.  Herr  Geissler:  Stauungspapille  nach  Kopfrose. 

Der  Dragoner  N.  der  3.  Eskadron  2.  Garde- Dragoner-Regiments 
überstand  ein  Erysipelas  faciei  et  capitis  im  Garnisonlazareth  2 zu 
Tempelhof,  woselbst  er  vom  19.  8.  bis  24.  9.  87  behandelt  wurde. 

Die  Schwellung  ging  vom  oberen  Tbeil  des  Gesichtes  zur  behaarten 
Kopfhaut  über  und  befiel  die  Augenlider,  besonders  das  rechte  in 
ziemlich  starkem,  wenn  auch  nicht  übermässigem  Grade.  Nach  der 
Entfieberung  und  dem  Ablaufe  des  entzündlichen  Prozesses,  der  kaum 
6 Tage  anhielt,  blieben  heftige  Kopfschmerzen  zurück,  denen  Bromkali 
keine  Erleichterung  brachte. 

Nach  5 Tagen  trat  ein  2tägiger  leichter  Rückfall  des  E^sipelas  anf. 

Vier  Wochen  nach  dem  Beginn  der  Rose  traten  die  Klagen  über 
allgemeine  Mattigkeit  und  Scbwindelgefübl  in  den  Vordergrund  unter 
gleichzeitiger  Verstärkung  der  Kopfschmerzen.  Die  Beschwerden  wurden 
auf  die  bestehende  Anämie  bezogen  und  Eisen  mit  geringem  Elrfolge 
gereicht.  Der  Zustand  blieb  ein  so  geschwächter,  dass  ärztlicherseits 
eine  14 tägige  Beurlaubung  in  die  Heimatb  beantragt  wurde.  Gut 
gekräftigt  kehrte  N.  zurück  und  meldete  sich  2 Tage  darauf  im  Revier 
mit  der  Klage,  dass  er  nicht  mehr  so  gut  sehen  könne  wie  früher, 
namentlich  sei  am  Rande  des  Gesichtsfeldes  stets  eiu  schleierartiger 
Nebel. 

Die  Untersuchung  ergab  nur  eine  geringe  Herabsetzung  der  Seh- 
schärfe; er  las  links  Snellen  20  theilweise,  rechts  Sn  30,  beides  in 
20  Fass.  Farben  werden  richtig  erkannt,  das  Gesichtsfeld  ist  durchaus 
nicht  eingeschränkt 

Die  ziemlich  weiten  Papillen  reagiren  auf  Lichteinfall  ausser- 
ordentlich träge.  Ophthalmoskopisch  zeigt  sich  eine  hochgradige  Neuro- 
retinitis  beiderseits.  Die  Papillen  sind  stark  hjperämiscb,  in  ihren  Grenzen 
vollständig  verwischt,  so  dass  man  ihre  Lage  erst  aus  dem  Verlaufe  der 
grösseren  Gefässe  erschliessen  muss.  Letztere  sind  auf  den  Papillen 
selbst  fast  ganz  verdeckt  von  dem  stark  geschwollenen  Nervengewebe. 
Der  Papillenkopf,  deutlich  erhaben  über  dem  Niveau  des  Augenhinter- 
grundes,  ergiebt  eine  Refraktion  von  -H  während  der  übrige  Theil 
emmetropisch  ist 


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94 


Am  linken  Auge  zeigt  die  temporale  Hälfte  der  Papille  viele  grau- 
liche bis  weissgraiilicbe  Herde,  die  Reste  früherer  Blutungen,  wie  solche 
sich  noch  deutlich  an  einzelnen  Stellen  neben  den  grossen  Gefässen 
finden.  Im  aufrechten  Bilde  bemerkt  man  radienförmig  geordnet  feine 
graue  Striche  und  Punkte  in  der  Netzhaut;  am  rechten  Auge  ziehen 
dieselben  reiserförmig  nach  der  macula  lutea  hin.  Sonst  ist  die  Gegend 
der  macula  lutea  selbst  beiderseits  normal. 

Das  Allgemeinbefinden  ist  jetzt  ein  gutes.  Hin  und  wieder  treten 
leichte  Kopfschmerzen  und  Scbwindelanfälle  auf.  Eiweiss  im  Urin  wurde 
am  Tage  der  Krankmeldung  im  Revier  nachgewiesen,  fehlt  aber  seitdem 
vollständig,  ebenso  wie  jedwede  morphologischen  Elemente.  Der  Schädel 
ist  nirgends  druckempfindlich;  Muskelkontraktionen  werden  durch  Be- 
klopfen des  ligam.  patellare  durchaus  nicht  ausgelöst.  Bei  geschlossenen 
Augen  und  nebeneinander  gestellten  Füssen  schwankt  der  Kranke  deutlich. 

Eine  Erklärung  des  Zusammenhanges  zwischen  dem  erysipelatösen 
Prozess  und  dieser  Papillitis  lässt  sich  nicht  sicher  geben.  Entweder 
kann  man  sich  dieselbe  durch  eine  vom  Zentrum  her  fortgeleitete  Peri- 
neuritis descendens  entstanden  denken,  wie  diese  ihr, häufiges  Auftreten  bei 
Meningitis,  besonders  tuberculosa,  und  anderen  Basilarprozcssen  des 
Gehirns  erklärt  und  durch  Obduktion  schon  nachgewiesen  ist,  oder 
aber  — wahrscheinlicher  — kann  man  annehmen,  dass  der  erysipelatöse 
Entzündnngsprozess  durch  das  orbitale  Zell-  und  Fettgewebe  weiterkriecht. 
Vereiterung  dieser  Gewebe,  sowie  Gangrän  der  Lider  sind  nach  Gesichts- 
rose mehrfach  beobachtet.  Bei  den  als  Nachkrankbeit  aufgetreteneu 
Erblindungen  hat  man  als  ophthalmoskopischen  Befund  bisher  nur  Seh- 
nervenatropbie  gefunden  und  zwar  schon  sehr  frühzeitig;  v.  Gräfe  un- 
mittelbar nach  der  Abschwellung  der  ausserordentlich  stark  infiltrirtcn 
Lider.  Inwieweit  hier  die  Atrophie  ciutreten  wird , lässt  sich  noch 
nicht 'Voraussagen;  doch  ist  die  Vorhersage  nicht  unbedingt  ungünstig, 
da  bisher  die  Nervenfasern  ihre  Leitungsfäbigkeit  nicht  verloren  haben. 
2.  Herr  Leyden;  Ueber  die  Entzündung  der  peripheren  Nerven 
(neuritis  multiplex  etc.).  (Der  Vortrag  gelangt  in  diesem  and  dem 
nächsten  Hefte  der  Zeitschrift  ausführlich  zum  Abdruck.) 

3.  Herr  Sommerbrodt  zeigt  das  obere  Ende  einer  linken  Tibia 
vor,  welches  äusserlich  so  wenig  verändert  ist,  dass  es  Wunder  nehmen 
würde  zn  hören,  das  Präparat  sei  durch  Amputatio  femoris  gewonnen 
und  habe  den  Anlass  zu  dieser  Operation  geboten.  Der  Knochen  gehört 
einem  Pionier  der  neuformirten  15.  (König!.  Sächsischen)  Kompagnie  des 
Eisenbahn-Regiments  an,  welcher  seit  April  dieses  Jahres  ohne  nach- 
weisbare Veranlassung  Schmerzen  unterhalb  des  linken  Kniees  empfand, 
die  ihn  beim  Gehen  hinderten  und  auch  beim  Sitzen  störten  (er  war  nur 
auf  dem  Kompagniebureau  beschäftigt  und  that  keinen  äusseren  Dienst). 

Ende  Juni  erfolgte  deshalb  die  Aufnahme  in  das  Garnisonlazareth 
Tempelhof,  wo  bei  völlig  freiem  Kniegelenk  eine  geringe  Verdickung  in 
der  Gegend  der  Tibiaepiphyse  konstatirt  wird,  die  aber  bei  ruhiger 
Bettlage  eher  ab-  als  zunimmt.  Das  Hauptsymptom  sind  auch  hier  die 
Schmerzen,  welche  nur  bei  absoluter  Ruhe  und  Hochlagerung  des  Gliedes 
nacblassen.  Jodeinpinselungen,  Eis,  Streckverband  sind  ohne  Erfolg, 
am  besten  wird  Suspension  vertragen.  Fieber  war  nie  vorhanden. 

Mitte  August  wird  an  einer  groschengrossen  Stelle  nach  innen  von 
der  Tnberositas  eine  flache  Hervorwölbung  mit  immer  deutlicher  werdender 
Pulsation  bemerkbar.  Zur  endlichen  Feststellung  der  Diagnose  wird  an 


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dieser  Stelle  am  13.  September  eine  ausgiebige  Probe>Inzision  unter 
antiseptiscben  Kautelen  vorgenommen,  bei  der  das  Messer  sofort 
mehrere  Centimcter  tief  in  den  völlig  erweichten  Knochen 
eindringt;  die  Pulsation  röhrte  von  mehreren  grossen  ins  Innere 
führenden  Arterien  her,  welche  unterbunden  werden.  Der  jetzt  ein- 
geföhrte  Finger  gelangt  durch  weiche  markige  Massen  nahezu  bis  an  die 
Hinterwand  der  Tibia;  die  mikroskopische  Untersuchung  ergiebt,  dass 
diese  Massen  überwiegend  ans  kleinen  Kund-  und  Spindelzellen  bestehen, 
zwischen  welche  vielkernige  Riesenzellen  in  beträchtlicher  Anzahl  ein- 
gesprengt sind.  Diagnose:  Myeloidsarkom. 

Die  nunmehr  einzig  indizirte  Amputation  ward  (etwas  oberhalb 
der  Grenze  zwiscfaeii  unterem  und  mittlerem  Drittel  des  Oberschenkels) 
mit  Einwilligung  des  sehr  verständigen  Patienten  schon  am  folgenden 
Tage  vorgenommen,  da  die  Schmerzen  noch  heftiger  geworden  sind  und 
zugleich  — wohl  in  Folge  der  Aufnahme  zertrümmerten  Materials  in  die 
Blutbahn  — hohes  Fieber  (39,5)  eingetreten  ist.  Die  Operation  verlief 
glatt,  und  die  Heilung  erfolgte  im  Wesentlichen  durch  erste  Vereinigung; 
die  Temperatur  stieg  nur  noch  zwei  Mal  über  39°  C.  und  war  vom 
8.  Tage  ab  normal. 

Das  der  Gesellschaft  vorgelegte,  durch  einen  sagittalen  Sägeschnitt 
erhaltene  Präparat  zeigt,  dass  die  gesammte  Epiphyse  der  Tibia,  mit 
Ausnahme  des  hintersten  Fünftels,  in  eine  weiche,  markähnliche,  gelblich 
weisse,  zum  Thei^  mit  Blutextravasateu,  zum  Theil  mit  grossen  Öefäss- 
lakonen  durchsetzte  Neubildung  verwandelt  ist,  weiche  nach  unten  bereits 
in  die  Diapbyse  bineinreiebt,  nach  oben  noch  gerade  durch  die  Knorpel- 
schicht vom  Gelenke  getrennt  wird. 

Die  Gelegenheit  zur  operativen  Entfernung  eines  primären  zentralen 
Knochensarkoms  in  einem  so  frühen  St^ium  — noch  ehe  es  zu  einer 
eigentlichen  Geschwulstbildung  gekommen  ist  — dürfte  sich  wohl  nur 
selten,  ausserhalb  der  Militürpraxis  vielleicht  überhaupt  nicht,  darbieten.*) 


Kameradschaftlicher  Verein  der  Sanitätsoffiziere  desReserve-Landwehr- 
Regiments  (1.  Berlin)  No.  35.  — Sitzung  10.  1.  88. 

Nach  einigen  geschäftlichen  Mittbeilungen  hält  Assist. -Arzt  1.  Kl. 
der  Res.  Dr.  Petri  den  angekündigten  Vortrag  über  die  transportable 
Lazarethbaracke.  Nach  einer  Einleitung  über  die  geschichtliche 

*)  Die  Hauptarbeit  über  Sarkome  der  laiij'en  Knochen,  welche  mir  zur 
Zeit  der  obigen  Demon.ttration  leider  noch  nicht  zur  Verfügung  stand,  ist  die  von 
i^amael  W.  Gross:  Sarcoma  of  the  long  bones;  based  upon  a study  of  1B5  ca.ses. 
American  Journal  of  the  medical  scieuces.  .luly  1879.  Es  sind  darin  70  in  der  amerika- 
nischen. englischen  und  deutschen  Littcralur  mitgctbeilte  Fälle  von  Kicsenzellensarkom 
berücksichtigt,  aber  nur  von  51  ist  Näheres  über  den  Verlauf  bekannt.  Von  diesen 
endeten  3 ohne  Operation  tödtlich,  48  mul  wur<le  amputirt  oder  (aus.sclilie.“8lieh  an 
den  Vorderarmknoehen)  resezirt.  Bei  den  33  Patienten,  welche  die  Operation  über- 
ftanden,  reicht  1 1 mal  die  Beobachtung  nicht  über  2 Monate  nach  dem  Eingriff 
hinaus;  schlie.sst  man  diese  aus,  so  bleiben  22  länger  beobachtete  Patienten  übrig, 
hei  denen  5 mal  (also  in  22,7  pCt.)  tödtliche  Itezidivc  aufiraten.  Bei  letzteren 
handelte  es  sich  stets  um  Metastasen  in  den  Bungen,  4 mal  war  zngleich  örtliches 
Rezidiv  vorhanden.  Die  Dauer  des  Besteheius  der  Geschwulst  war  auf  die 
Malignität  ohne  Einfluss,  dagegen  schien  eine  durch  Einlagerung  von  Kalksalzen 
und  neugehildetem  Knoclieiigewebe  ausgezeichnete  Form  besonders  bö.sarlig  zu  sein 
(7  Fälle  mit  4 Rezidiven). 


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Entwickelong  präzisirt  Redner  an  der  Hand  des  für  die  Antwerpener 
Ansstellnng  veröffentlicbten  Programms  und  im  Anschlüsse  an  das  aber 
diese  Ansstellnng  veröffentlichte  Werk;  Die  transportable  Lazaretb- 
Baracke  etc.,  beransgegeben  von  v.  Langenbeck,  v,  Coler,  Werner 
(Berlin  1886.  Aug.  Hirschwald)  die  Erfordernisse,  welche  an  eine 
verwendbare  Lazaretb -Baracke  gestellt  werden  müssen.  — Leider  ge- 
stattete die  vorgeschrittene  Zeit  nicht,  den  interessanten  Vortrag  za  Ende 
zn  führen.  — Bei  dem  gemeinschaftlichen  Abendessen  begrüsste  der  Vor- 
sitzende Herr  Wasserfuhr  den  Ehrengast  des  Vereins,  Herrn  General- 
arzt 1.  Kl.  Dr.  V.  Coler,  welcher  in  warmen  Worten  seinen  Dank 
anssprach  und  auf  das  Gedeihen  des  Vereins  toastete.  Als  Gäste  waren 
aus  dem  aktiven  Sanitäts  - Korps  die  Herren  Stabsärzte  Krocker  and 
Werner,  vom  Bayerischen  Sanitäts- Korps  Herr  Assist. -Arzt  der  Reserve 
Dr.  Ziemer  and  vom  Sächsischen  Sanitäts-Korps  Herr  Assist-Arzt  der 
Reserve  Dr.  v.  Esmarch  anwesend. 


Im  Kanst-Verlage  von  Albert  Frisch  (Berlin  W,  Lützowstr.  66)  — 
in  welchem,  wie  wir  nicht  verfehlen  za  bemerken,  anch  die  Tafeln  za 
Heft  11/1886  und  2/1888  bergestellt  sind  — ist  nach  einer  Kreide- 
Zeichunng  von  Anton  Hasslacher  ein  Lichtdruck  - Portrait  Bernhard 
von  Langenbeck’s  erschienen,  dessen  Beschaffung  den  Verehrern  unsere 
verewigten  Altmeisters  nur  angelegentlichst  empfohlen  werden  kann. 

Das  vorzügliche,  in  jeder  Beziehung  wohlgelongene  Portrait  stellt 
B.  von  Langenbeck  in  Uniform  dar,  die  Brust  geschmückt  mit 
den  zahlreichen  hoben,  wohlverdienten  Orden;  es  ist  unterzeichnet  mit 
dem  bekannten  charakteristischen  Namenszage. 

Der  Preis  von  3 Mark  muss  bei  der  vorzüglichen  Ausführung  als 
ein  sehr  billiger  bezeichnet  werden. 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Fig.  1.  Lendenanechwcllung  bei  einem  Falle  spinaler  Kindcriälimung. 

a — a Pie  sklerotischen  (atrophischen)  Herde  der  grauen  VorderhSmer 
(Poliomyelitis). 

Fig.  2 (nach  H.  Oppenheim).  Lendenanschwellung  bei  einem  Falle  von  multipler 
Neuritis  mit  einem  sklerotischen  Herde  (a)  im  rechten  grauen  Vorderhome. 

Fig.  3.  Durchschnitt  eines  Astes  des  N.  radialis  bei  einem  Falle  von  Bleilähmung. 

Atrophie.  — Der  Durchschnitt  der  Nervenbündel  ist  ungleichmässig  Seckig; 
die  hellen  Stellen  durch  Schwund  des  Nervenmarkes  bedingt;  die  Nerven- 
scheide  stark  verdickt. 

Fig.  4.  Nervendurchschnitt  bei  subakuter  multipler  Neuritis.  Der  Querschnitt  der 
Nervenbündel  ist  gefleckt  in  Folge  ungleichmüssiger  Atrophie  und  De- 
generation. Die  Nervenscheide  (V)  ist  durch  eine  breite,  mit  Zellen 
reichlich  durchsetzte  Zone  (E)  abgehoben.  Um  die  Geffisse  (A)  reichliche 
Zellenwucherung. 

Fig.  5.  Längsschnitt  eines  degenerirten  Nen’enzwciges  hei  Neuritis.  — Unglcich- 
mässige  Atrophie  und  fettige  Degeneration  der  einzelnen  Nervenfasern; 
unter  der  Scheide  (V)  reichliche  Proliferation  von  Kernen. 


Gedruckt  in  der  Königlichen  Hofbncbdruckerei  von  £.  S.  Uittler  ä Sohn,  Berlin,  Eochstr.  08 — 70. 


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Im  IWffl  f 


Die  Tniuer})otseliatt,  weldie  am  Mori;eii 
des  1).  März  die  deutschen  Lande  durch II oi>- 
lind  jedes  deutsche  Herz  mit  tiider  Iraner 
ertnllte,  hat  unsere  Leser  län.ü’st  auf  anderen 
Wegen  erreiclit.  Xocli  frisch  aber  Idntet 
die  M unde,  welche  das  Daliinscheiden  des 
allgeliebten  HeiTschers  jedem  Einzelnen 
geschlagen  hat  und  unauslöschlich,  wie  die 
Liebe,  welche  den  Lebenden  umgab,  ist 
der  Schmerz  um  den  Entschlalenen. 

Neben  dem  Vater  des  Vaterlandes,  dem 
gewaltigen,  ruhmgekrönten  Kriegs-  und 
Friedenstursten,  dem  ehrfurchtgebietenden 
(Ireise  ehrt  das  Sanitätskorjis  in  Kaiser 
Wilhelm  seinen  gnädigen  Begründer  und 
bewahrt  in  treuem,  dankertÜlltem  Herzen 
das  Andenken  an  die  Hnld  seines  unver- 
gessli(*hen  erhabenen  Stifters. 


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Deutsche 


Militärärztliche  Zeitschrift. 


Redieiion: 

Dr.  Generalarzt, 

B«rlin,  Tanbenstnsse  6, 

□.  Di-,  (b.  Stabsarzt, 

Berlio,  KaiMr  Franx  Oreoadior-PlaU  U/12. 


Verlag: 

#.  f.  SRUlbr  & 509», 
Königliche  Hofbachhandlnng, 

Berlin,  Kochstraue 


Monatlicb  arfcbeint  ein  Heft  Ton  mindestens  3 Dnchbogen;  dazu  ein  „Amtliches  Beiblatt”.  Der 
Zeitschrift  wird  das  Werk:  „Jahresbericht  über  die  Fortschritte  auf  dem  Gebiete  des  Uilltir- 
S«ttitats-Weeens‘*,  heraosgegeben  rom  Generalarzt  Dr.  Roth,  nnentgeltlich  beigegeben.  Bestellong 
nehmen  alle  PoetAmtor  und  Bnchhandlnngen  an.  Preis  des  Jahrgangs  15  Hark. 


XVI 1.  JahrganfT.  1888.  Heft  3. 


Zam  Gedächtniss 

des 

Generalarztes  Dr.  Hugo  Berthold. 

Am  Morgen  des  2.  Februar  1888  verbreitete  sich  in  Hannover 
die  Tranerkunde,  der  Generalarzt  1.  Klasse  und  Korps -Arzt  des 
10.  Armee’-Korps  Dr.  Bertbold  sei  plötzlich  gestorbeul  — Diese 
Schreckensbotschaft  traf  die  Gemüther  der  ihm  Näberstebenden  nm 
so  schwerer,  als  der  allseitig  geliebte  und  verehrte  Mann  noch  bis 
zum  Tage  vor  seinem  Tode  anscheinend  gesund  sowohl  in  seinem 
Amte  tbätig  gewesen  war,  als  auch  iu  der  ihm  eigenen  wohlwollend 
heiteren  Art  sich  im  Kreise  der  ihm  unterstellten  Sanitätsoffiziere 
bewegt  hatte. 

Dr.  Hugo  Bertbold  war  am  4.  Jani  1824  zu  Gross-Lubbikow 
im  Kreise  Sternberg  als  Sohn  des  Hauptmanns  a.  D.  Ernst  Berthold 
geboren;  er  besuchte  die  Gymnasien  in  Frankfurt  a.  O.  und  Hirsch- 
berg i.  Schl,  und  trat,  nachdem  er  schon  im  Alter  von  16  Jahren 
das  Abitnrienten- Examen  bestanden,  als  Eleve  in  das  Friedrich- 
Wilbelms-Institut.  Nach  Beendigung  der  Stadien  promovirte  er  im 
Sommer  1844,  nnd  am  1.  Oktober  wurde  der  erst  20jährige  Doktor 
als  Unterarzt  in  die  Charite  kommandirt,  wo  er  sich  durch  sein 
vielseitiges  Wissen  und  seine  grosse  Pflichttrene  am  Krankenbett 
ganz  besonders  das  Wohlwollen  des  Chefs  der  damaligen  lateinischen 
Klinik,  des  Geheimen  Medizinalratbs  und  Professors,  Generalarzt 
Dr.  Wolff  erwarb,  zn  welchem  er  bis  zu  dessen  Tode  in  freundschaft- 


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liehen  Beziehungen  gestanden  bat  Als  äusseres  Zeichen  der  ^Anerkennung 
seines  vorzüglichen  Fleisses  und  sittlichen  Betragens“  erhielt  er  am 
1.  Mai  1845  die  ErUnbniss  zum  Tragen  des  ^als  Auszeichnung  anzulegenden 
goldenen  Portepees“.  — Vom  1.  Oktober  1845  bis  zum  1.  Juni  1848  stand 
er  als  Kompagnie- Chirurg  zuerst  in  Magdeburg,  dann  beim  Kadetten- 
hanse in  Berlin,  in  welcher  Stellung  er  auch  die  ärztlichen  Staatsprüfungen 
und  zwar  in  allen  Fächern  mit  dem  Prädikat  „sehr  gut“  bestand.  — 
Am  1.  Juni  1848  wurde  B.  als  Oberarzt  zum  1.  Garde -Regiment  z.  F. 
versetzt  Als  in  Potsdam  damals  die  Cholera  epidemisch  auftrat,  wurde 
Bertbold  zum  Allerhöchsten  Dienst  bei  dom  hocbseligen  König  Friedrich 
Wilhelm  IV.  auf  Schloss  Sanssouci  kommandirt;  seine  Ruhe,  das  sichere 
und  bestimmte,  dabei  bescheidene  Auftreten  und  Eingreifen,  als  der  König 
von  leichten  Verdauungsbesebwerden  befallen  wurde,  — die  Bertbold 
beseitigen  konnte,  ehe  einer  der  Leibärzte  zur  Stelle  war,  — machten 
schon  damals  den  König  und  seinen  Leibarzt,  den  verstorbenen  General- 
stabsarzt Dr.  Grimm  auf  ihn  aufmerksam,  und  wie  Briefe  von  Grimm's 
Hand  beweisen,  erwarb  er  eich  schnell  dessen  Gunst  und  Wertbsebätzung. 

Vom  11.  September  1849  bis  zum  8.  Juli  1854  stand  Bertbold  als 
Stabsarzt  beim  Friedrich  Wilhelms-Institut,  beim  Invalidenbause  und  der 
Charitö  und  erhielt  am  28.  Juni  1852  einen  Gmonatlichen  Urlaub  nach 
Oesterreich,  Italien  und  Frankreich  mit  dem  Aufträge,  die  Sanitäts- 
einrichtungen in  Frankreich,  besonders  die  kriegsmässige  Ausstattung  der 
Feldformationen,  nach  einem  von  Grimm's  Hand  aufgestellten  Unter- 
snchungsplan  eingehend  zu  studiren. 

Am  8.  Juli  1854  wurde  Bertbold  zum  Stabs-  und  Garnisonarzt  in 
Magdeburg  ernannt,  und  so  zu  einer  selbstständigen  Stellung  gelangt 
schloss  er  bald  darauf  den  Ebebund  mit  Fräulein  Elise  Persius,  Tochter 
des  Ober-Hofbauratbs  Persius  in  Potsdam,  zu  dessen  Familie  er  schon 
während  seines  Kommandos  nach  Sanssouci  in  nähere  Beziehung 
getreten  war.  Aus  dieser  Ehe  erblühten  ihm  drei  Söhne  und  eine  Tochter; 
die  ersteren  batte  der  Verewigte  das  Glück,  alle  in  angesehenen 
Stellungen  im  Heere  oder  in  der  Civilverwaltung  zu  sehen,  während  die 
Tochter,  nach  dem  vor  8 Jahren  erfolgten  Ableben  der  Mutter,  die  treue 
Pflegerin  des  Vaters  wurde. 

In  Magdeburg  verlebte  Bertbold  in  ungetrübtem  häuslichen  Glück 
eine  lange  Reihe  arbeitsreicher  Jahre,  in  denen  seine  dienstliche 
Tüchtigkeit  durch  die  am  15.  November  185G  erfolgte  Ernennung  zum 
Oberstabsarzt  in  seiner  bisherigen  Stellung  Anerkennung  fand,  während 
er  durch  seine  Umsicht  und  Erfahrung  am  Krankenbett  als  einer  der 
gesuchtesten  Aerzte  auch  in  der  Civilbevölkerung  Magdeburgs  in  hohem 
Ansehen  stand.  Nachdem  er  während  des  Feldzuges  in  Böhmen  als 
Feldlazarethdirektor  des  4.  Armeekorps  sich  in  hervorragender  Weise 


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bewährt  batte,  wurde  er  am  ].  Dezember  1866,  erst  42  Jahre  alt,  za 
der  StelluDg  des  General-  und  Korps-Arztes  des  10.  Armee-Korps 
berufen,  welche  damals  ganz  besondere  Schwierigkeiten  darbot  and 
einen  Mann  von  grosser  Umsicht  und  Tbatkraft  erforderte.  Im  Feld- 
zuge 1870/71  in  derselben  Stelle,  als  Korps-Arzt  des  mobilen  10.  Armee- 
Korps,  machte  er  alle  Gefechte,  Schlachten  und  Belagerungen  mit,  in  denen 
dieses  betheiligt  war.  Unermüdlich  sorgte  er  stets  dafür,  dass  überall 
die  rechte  Hülfe  am  rechten  Ort  zur  Stelle  war,  und  stand  dabei  den 
jüngeren  Sanitätsoffizieren  in  so  kameradschaftlicher  Weise  in  dienst- 
lichen and  persönlichen  Fragen  zur  Seite,  dass  nicht  nur  die  aktiven 
Sanitätsoffiziere,  sondern  auch  die  grosse  Zahl  der  nach  dem  Kriege  in 
bürgerliche  Verhältnisse  zurückgetretenen  Kollegen  ihrem  früheren  Korps- 
General-Arzt  stets  ein  dankbares  Andenken  bewahrt  haben.  Nach  dem 
Friedensschluss  war  Berthold  vorübergehend  als  Armee-Arzt  nach 
Nancy  kommandirt  und  kehrte  dann  in  seine  Friedensstellung  nach 
11  annover  zurück,  die  er,  am  28.  Oktober  1880  zum  Generalarzt  1.  Klasse 
ernannt,  bis  zu  seinem  Tode  inne  gehabt  bat;  mit  welcher  Anerkennung, 
das  beweist  die  1881  erfolgte  Verleihung  des  Kronen-Ordens  2.  Klasse 
mit  Schwertern  am  Ringe. 

Einige  Monate  vor  seinem  Tode  halte  Berthold  sich  durch  Sturz 
mit  dem  Pferde  eine  Verletzung  zugezogen,  welche  ihn  zwar  vorüber- 
gehend durch  heftige  Schmerzen  in  der  Herzgegend  quälte,  aber  keines- 
wegs von  der  treuesten  Erfüllung  seiner  Pflichten  zurückhielt.  — Treu 
hat  Berthold  in  der  ehrenvollen  Stellung,  zu  der  er  jung  berufen, 
gewirkt  bis  zuletzt,  so  dass  ihm  in  der  vom  Divisionspfarrer  Delbrück 
gehaltenen  Gedächtoissrede  mit  vollem  Recht  naebgerühmt  werden 
konnte,  er  habe  sich  eine  Krone  der  Ehren  erworben  im  treuen  Dienst. 
Mitten  aus  der  Arbeit,  die  er  grade  am  letzten  Lebenstage  mit  besonderer 
Freude  und  Heiterkeit  ausgeführt  hatte,  riss  ihn  der  Tod.  Wie  gross 
in  weiten  Kreisen  die  Anerkennung  der  Verdienste  des  Verewigten 
gewesen,  bewies  das  zahlreiche  Leichengefolge,  iu  welchem  ausser  sämmt- 
lichen  Sanitätsoffizieren  Hannovers  und  der  umliegenden  Garnisonen  die 
Spitzen  der  Militär-  und  Civilbehörden , ferner  eine  grosse  Zahl  von 
Civilärzten  und  sonstigen  Verehrern  des  Entschlafenen  vertreten  waren.  — 

Der  Leichenzug  bewegte  sich  von  dem  Sterbehause  nach  dem  Bahn- 
hof, von  wo  die  Ueberführung  der  Leiche  auf  den  Friedhof  in  Potsdam 
erfolgte,  entsprechend  dem  Wunsche  des  Verstorbenen,  an  der  Seite  seiner 
dort  ruhenden  Gemahlin  bestattet  zu  werden.  S. 


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Die  Entzündung  der  peripheren  Nerven 

(Polyneuritis  — Neuritis  multiplex), 
deren  Pathologie  und  Behandlung. 
Vorgetrsgen  in  der  militärärztlichen  Gesellschaft  zu  Berlin 

von 

E.  Leyden. 

II.  Vortrag 

am  21.  Dezember  18S7. 

(Schluss.) 


M.  H.l  In  dem  ersten  Theile  meines  Vortrages  über  multiple  Neu- 
ritis, den  ich  vor  zwei  Monaten  an  dieser  Stelle  zu  halten  die  Ehre 
hatte,  habe  ich  zunächst  die  geschichtliche  Entwickelung  unserer  Kennt- 
nisse von  dieser  Krankheitsgruppe  und  dasjenige,  was  wir  über  die 
pathologische  Anatomie  derselben  wissen,  dargelegt.  Ich  versuchte  sodann 
ein  typisches  Krankheitsbild  zu  zeichnen,  an  welches  sich  die  Be- 
sprechung der  Diagnose,  der  Prognose,  des  Verlaufes  und  der  Behaudlung 
anscbloss.  Schliesslich  musste  ich  hervorheben,  dass  die  multiple 
Neuritis  in  diesem  Augenblicke  nicht  mehr  eine  einzige  Krankheit, 
sondern  eine  Gruppe  von  Krankheiten  darstellt,  deren  einzelne 
Formen  in  ihrem  Typus  zwar  übereinstimmen,  jedoch  im  Einzelnen 
viele  Verschiedenheiten  darbieten.  Die  genaue  Kenntniss  dieser  Mannig- 
faltigkeit ist  für  das  Verständniss,  die  prognostische  Beurtheilung, 
sowie  für  die  Behandlung  des  speziellen  Falles  oft  von  entscheidender 
Wichtigkeit. 

Die  Lehre  von  der  multiplen  Neuritis  ist  ebenso  von  wissenschaft- 
lichem Interesse,  wie  von  praktischer  Bedeutung.  Wir  haben  die  wichtige 
Tbatsacbe  gewonnen,  dass  ein  Theil  derjenigen  Krankheitsformen,  welche 
den  Typus  spinaler  Erkrankungen  tragen,  d.  h.  welche  umfangreiche 
Lähmungen  der  Extremitäten,  begleitet  von  Sensibilitälsstörungen  und 
Muskelatropbien , setzen,  nicht  auf  eine  Läsion  des  Rückenmarks, 
sondern  auf  eine  Erkrankung  vielfacher  peripherer  Nerven  znrückzu- 
führen  ist.  Wir  haben  das  Vorkommen  einer  bemerkenswertheu  Form 
der  peripheren  Nervenerkrankungen  kennen  gelernt,  gleichzeitig  damit  aber 
auch  die  praktisch  wichtige  Einsicht  erlangt,  dass  diese  Krankheiten  eine 


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wesentlich  bessere  Prognose  für  die  Erhaltang  des  Lebens  und  die  völlige 
Ilerstellang  zalassen , als  sie  bei  der  Annahme  von  Rückenmarks- 
erkranknngen  gestattet  wäre.  Die  Erkrankungen  der  peripheren  Nerven 
eröffnen  für  eine  erfolgreiche  Behandlung  bei  weitem  günstigere  Aussichten. 

Am  Schlüsse  meines  ersten  Vortrages  habe  ich  eine  übersichtliche 
Eintheiinng  der  verschiedenen  Formen  von  multipler  Nenritis  gegeben, 
welche  ich  zunächst  wiederhole,  da  wir  heute  näher  in  das  Detail  der- 
selben eintreten  wollen: 

1)  Die  infektiöse  Form  der  m.  N.:  Lähmungen  nach  Diphtherie, 
Typhus  und  anderen  infektiösen  Krankheiten.  — Theorie  der 
infektiösen  m.  N.  — Primäre  infektiöse  m.  N.  Beri-Beri-Krank- 
beit  (Kakke).  — M.  N.  nach  Syphilis  und  Tuberkulose. 

« 2)  Die  toxische  Form  der  m.  N. : Bleilähmung,  Arsenlähmung, 
Pbosphorlähmnng,  Lähmungen  nach  Kohlenoxyd-,  Schwefel- 
kohlenstoff-Vergiftung, Ergotismus,  merknrielle  Lähmungen,  alko- 
holische Neuritis. 

3)  Die  spontane  m.  N.;  nach  Ueberanstrengung,  nach  ungewöhn- 
lichen Erkältungen. 

4)  Die  atrophische  (dyskrasische,  kachektiscbe)  Form;  nach 
Anämien  (perniciöse  Anäm.),  Chlorose,  Kachexie,  Marasmus, 
Krebskachexie. 

Diabetes  (Tuberkulose,  Kakke). 

5)  Die  sensible  Nenritis:  Pseudotabes,  Nervotabes  peripherica. 

a.  Die  sensible  Form  der  multiplen  Nenritis. 

b.  Die  sensible  Neuritis  bei  Tabes. 

Sie  ersehen  aus  dieser  Uebersicht,  dass  wir  es  mit  einer  stattlichen  An- 
zahl von  Erkrankungen  zu  thun  haben,  welche  bei  aller  Uebereinstimmung 
eine  grosse  Mannigfaltigkeit  der  Symptome  und  des  Verlaufes  darbieten. 

Hierbei  drängt  sich  aber  fast  von  selbst  die  Frage  auf,  ob  wir 
es  in  allen  aufgezäblteu  Fällen  mit  völlig  gleichen  Prozessen  zu  thun 
haben  oder  ob  sich  wesentliche  Verschiedenheiten  unter  denselben  dar- 
bieten. 

Was  den  pathologisch-anatomischen  Prozess  betrifft,  so  liegt 
das  Uebereinstimmende  aller  Fälle  darin,  dass  sich  an  verschiedenen  peri- 
pheren (grösseren  oder  kleineren)  Nervenstäinraen  degenerative  Krank- 
heitsprozesse vorfinden,  welche  von  einer  Rückenmarkskrankheit  ganz 
unabhängig  sind;  in  der  Regel  sind  auch  die  Rückenmarks  wurzeln  sowie 
die  grossen  Nervenstämme  ganz  frei,  während  sich  erst  in  den  kleineren 
vom  Rückenmark  entfernteren  Zweigen  die  Erkrankung  vorfiudet.  Ist 


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nun  aber  der  hier  etablirte  Prozess  in  allen  Fällen  vollkommen  der 
gleiche?  Das  ist,  wie  es  scheint,  nicht  der  Fall.  In  einzelnen  Beob- 
achtungen, und  hierher  gehören  gerade  diejenigen,  welche  ich  selbst 
publizirt  habe,  sowie  auch  der  Fall  von  Eich  borst,  trägt  der  ana- 
tomische Prozess  durchaus  den  Charakter  des  entzündlichen.  Wir 
finden  ausser  den  degenerativen  Veränderungen  der  Nervenfasern  reich- 
liche Proliferation  von  Zellen  um  die  Gefässe  sowie  in  der  Nervenscheide, 
ja  in  dem  einen  Fall  war  eine  Art  Exsudation  zwischen  Nervenbündeln 
und  deren  Scheide  vorhanden.  In  dem  andern  Falle  gaben  abgelagerte 
Pigmente  den  Beweis,  dass  ein  hämorrhagischer  Vorgang  stattgefunden 
habe.  Ein  solches  mikroskopisches  Verhalten  muss  ohne  Bedenken  für 
den  Beweis  eines  entzündlichen  Prozesses  angesehen  werden,  und  wir 
können  auch  durch  den  Vergleich  mit  den  vorangegangenen  Krankheits- 
symptomen und  deren  entschieden  irritativem  Charakter  die  Ueberzeugung 
bestätigen,  dass  es  sich  um  einen  entzündlichen  Prozess  handelte. 

Indessen  in  anderen  Fällen  lässt  weder  die  anatomische  Untersuchung 
der  Nerven,  noch  der  Charakter  der  Kraukheitssymptome  auf  einen 
echt  entzündlichen  Vorgang  schliessen,  es  scheinen  vielmehr  passive 
(degenerativ-atrnphirende)  Vorgänge  stattzufinden.  Die  einzelnen  Fasern 
der  Nervenbündel  und  Nervenstämme  zeigen  sich  mehr  oder  minder 
atrophisch  degenerirt;  sie  sind  schmal,  marklos  oder  doch  arm  an  Nerven- 
mark, das  noch  vorhandene  bietet  deutliche  Zeichen  des  Zerfalles,  der 
Zerklüftung,  der  fettigen  Degeneration.  Dagegen  bestehen  keine  Zeichen 
früherer  Kongestionen  oder  Ilämorrhagien,  keine  Zellenwucherung,  keine 
Exsudation.  Dementsprechend  sind  auch  die  vorangegangenen  Symptome 
nnr  passive,  sie  bestehen  in  Schwäche,  Muskelschlaifheit,  Muskelatrophie. 

Schmerzen,  Schwellungen  etc.  fehlen  entweder  ganz  oder  sind  von 
untergeordneter  Bedeutung. 

Wir  können  also  eine  multiple  Neuritis  und  eine  multiple  Nerven- 
degeneration oder  Atrophie  unterscheiden. 

Da  indessen  beiderlei  Prozesse  weder  anatomisch  noch  klinisch  sympto- 
matisch scharf  zu  trennen  sind,  so  dürfen  wir  auch  die  Fälle  der 
multiplen  Neuritis  und  Degeneration  nicht  dogmatisch  von  einander 
trennen,  sondern  müssen  sie  unter  ein  und  demselben  Krankheitstypns 
zusammenfassen.  Aber  nach  einer  anderen  Richtung  hin  können  wir 
die  multiple  Neuritis  in  zwei  Gruppen  trennen,  sofern  sie  nämlich  vor- 
herrschend resp.  ausschliesslich  die  motorischen  oder  die  sensiblen 
Nerven  ergreift.  Zwar  findet  auch  hier  keine  ganz  scharfe  Trennung  statt: 
meist  sind  beide  Formen  gemischt,  dennoch  ist  die  Unterscheidung  ganz 


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berechtigt.  In  der  Mehrzahl  der  Fälle  tritt  die  Betheiligung  der  moto- 
rischen Symptome  entschieden  in  den  Vordergrund,  die  sensiblen 
Symptome  sind  Nebensache;  dann  giebt  es  auch  Fälle,  wo  die  Affektion 
der  motorischen  Nerven  in  den  Hintergrund  tritt  und  die  der  sensiblen 
Hauptsache  wird.  Diese  sensible  Form  trennt  sich  wieder  in  swei 
Gruppen,  deren  Unterscheidung  von  Bedeutung  ist,  nämlich  die  akute 
oder  subakute  Form,  welche  sich  ihrem  Wesen  nach  der  typischen 
multiplen  Neuritis  anschliesst , nnd  die  chronisch  - atrophische  oder 
sklerotische  Form,  welche  in  naher  Beziehung  zur  Tabes  steht. 

Die  Unterscheidung  der  motorischen  und  der  sensiblen  multiplen  Nen- 
ritis  ist  auch  symptomatisch  von  Bedeutung.  In  der  ersten  (häufigsten) 
Form  tritt  die  motorische  Lähmung  und  Atrophie  in  den  Vordergrund; 
dies  ist  die  motorisch-paralytische  oder  amyotrophische  Form  der  multiplen 
Neuritis.  In  der  zweiten  Form  dagegen  überwiegen  die  sensiblen  Symptome, 
nnd  die  motorischen  Störungen  stellen  sich  nicht  sowohl  als  Paralysen, 
sondern  vielmehr  als  Ataxie  dar;  dies  ist  die  sensible  oder  ataktische 
(tabische)  Form  der  multiplen  Neuritis,  auch  Psendotabes  oder  Nervotabes 
peripherica  genannt.  Auf  diese  auch  in  theoretischer  Beziehung  höchst  inter- 
essante Unterscheidung  haben  wir  noch  später  einzngehen;  ich  beschränke 
mich  daher  zunächst  auf  die  gegebenen  kurzen  Andeutungen. 

Wir  müssen  noch  eine  andere  Krankheit  in  den  Bereich  unserer 
Erörterungen  ziehen  und  deren  Verhältniss  zur  multiplen  Neuritis  er- 
örtern, nämlich  die  akute  aufsteigende  oder  Landry'sche  Paralyse. 
Diese  Krankheit  besteht,  wie  bekannt,  darin,  dass  eich  — in  der  Regel 
ohne  deutliche  Vorboten  — Schwächezustände  der  unteren  Extremitäten 
entwickeln,  von  den  Füssen  resp.  Unterschenkeln  beginnend,  welche 
schnell  an  Intensität  zunebmen  nnd  sich  gleichzeitig  schnell  aufsteigend 
verbreiten.  Während  die  Lähmung  an  den  Füssen  und  Unterschenkeln 
hochgradig  wird,  steigt  sie  gleichzeitig  empor  zu  den  Oberschenkeln, 
dem  Abdomen,  dem  Thorax,  ergreift  die  oberen  Extremitäten  und  auch 
hier  zuerst  die  Hände,  darauf  die  Vorderarme,  erst  weiterhin  Oberarme 
nnd* Schultern.  Indem  sie  nunmehr  die  Muskeln  des  Halses,  die 
Respirationsmuskeln,  auch  Gesicht,  Zunge,  Pharynx  etc.  ergreift,  bedroht 
sie  durch  Respirationslähmnng  das  Leben.  In  der  Mehrzahl  der  Fälle 
tritt  der  Tod  nach  kurzem  Verlauf  durch  Erstickung  (Respirationslähmung) 
ein,  zuweilen  bleibt  die  Krankheit  stehen  oder  wird  wieder  rückgängig 
und  kann  vollkommen  geheilt  werden.  Ueber  die  Natur  und  Bedeutung 
dieser  Krankheit  sind  sehr  verschiedene  Meinungen  geäussert,  aber,  da 
entscheidende  Obduktionsbefunde  sowie  entscheidende  Ergebnisse  mikro- 


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104 


ekopischer  Untersachaogen  nicht  vorliegen,  so  lässt  sich  anch  heute  ein 
definitives  Urtheil  noch  nicht  abgeben.  Indessen  seit  der  oben  citirten 
Beobachtung  von  Eichborst  ist  die  Ansicht  begründet,  dass  diese 
Krankheit,  wenigstens  in  einer  Anzahl  von  Fällen,  zur  multiplen  Neuritis 
zu  zählen  ist.  Hierfür  spricht  anch  der  Umstand,  dass  die  akute  auf- 
steigende  Paralyse  trotz  der  Seltenheit  ihres  Auftretens  doch  dieselbe 
mannigfaltige  Aetiologie  hat,  wie  die  multiple  Neuritis:  sie  ist  wie 
diese  nach  akuten  Krankheiten  (Pneumonie , Pocken , — einen  Fall 
nach  Keuchhusten  berichtet  Moebius),  sie  ist  spontan,  sie  ist  nach 
Syphilis  beobachtet  worden;  auch  eine  toxische  Form  giebt  es,  indem 
die  Alkohollähmong  io  der  Weise  der  akuten  aufsteigenden  Paralyse 
auftreten  kann.  Man  bat  sie  ferner  wegen  ihrer  Beziehung  zu  den  akuten 
Krankheiten  und  wegen  ihres  pernieiösen  Verlaufes  zu  den  infektiösen 
Erkrankungsformen  zählen  wollen.  Die  Analogie  mit  der  multiplen  Nea- 
ritis  ist  also  unverkennbar,  dennoch  dürfen  wir  nicht  übersehen,  dass 
beweisende  Untersuchungen  bis  beute  anssteben  und  dass  Eichhorst's 
Fall  in  mancher  Beziehung  von  dem  typischen  Bilde  der  aufsteigenden 
Paralyse  abweicht.  Ich  selbst  hatte,  seit  der  Zeit  meiner  Arbeiten  über 
multiple  Neuritis,  nur  einmal  Gelegenheit,  einen  Fall  von  akuter  auf- 
steigender  Paralyse  zu  sehen,  derselbe  verlief  tödtlich.  Trotz  der  sorg- 
fältigsten und  konsequentesten  Untersuchung  p.  m.  habe  ich  ebenso- 
wenig in  den  Nervenstämmen  wie  im  Rückenmark  und  in  den  Muskeln 
etwas  Pathologisches  nach  weisen  können.  Das  einzige,  was  anch  in 
diesem  Fall  für  einen  peripheren  Sitz  (Neuritis)  sprach,  war  der  Um- 
stand, dass  die  Muskellähmung  der  Extremitäten  eine  schlaffe  war,  dass 
die  Sehnenreflexe  fehlten  und  dass  an  mehreren  Muskeln  ein  elektrisches 
Verhalten  nachweisbar  war,  welches  sich  bereits  der  Entartungsreaktion 
annäberte.  Ich  halte  daher  die  Ansicht,  dass  die  akute  aufsteigende 
Paralyse  zu  der  Groppe  der  Erkrankungen  durch  multiple  Neuritis  ge- 
hört, für  wahrscheinlich  aber  noch  keineswegs  für  erwiesen. 

Indem  wir  nunmehr  in  die  Spezialbetrachtong  eingehen,  beginnen 
wir  mit  der  * 

I.  infektiösen  Form  der  multiplen  Neuritis. 

Die  ersten  genauer  untersuchten  Fälle  von  multipler  Neuritis  und 
gerade  die  Fälle  von  Eichhorst  und  mir  halten  ein  Krankbeitsbild  und 
einen  Krankbeitsverlauf  dargeboten,  wie  er  den  akuten  infektiösen  Krank- 
heiten entspricht.  Auch  die  japanische  Kakke  war  bei  der  Aehnlicbkeit 
der  Symptome  von  mehreren  Seiten  als  eine  infektiöse  Krankheit  an- 


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105 


gesprochen  worden.  Noch  entschiedener  wurde  diese  Auffassung  durch 
den  Nachweis  gestutzt,  dass  Lähmungsformen  nach  akuten  Krankheiten 
ebenfalls  auf  die  anatomische  Grundlage  einer  multiplen  Neuritis  znrück- 
zoführen  seien.  In  dieser  Beziehung  waren  die  Untersuchungen  von 
P.  Meyer  in  Strasshurg  von  Bedeutung,  welcher  in  einem  Falle  schwerer 
letal  verlaufener  Lähmung  nach  Diphtherie  an  den  kleinen  peripheren 
motorischen  Nervenstämmen  dieselben  anatomischen  Vorgänge  nachwies, 
wie  ich  sie  bei  der  multiplen  Neuritis  beschrieben  batte,  während  das 
Rückenmark,  die  spinalen  Wurzeln  und  die  grossen  Nervenstämme  sich 
ganz  intakt  erwiesen.  Nachdem  dieser  Beweis  für  die  diphtheritische 
Lähmung  geführt  war,  während  gleichzeitig  das  Studium  des  elektrischen 
Verhaltens  der  Muskeln,  sowie  der  Krankbeitsverlauf  die  Auffassung  als 
multiple  Neuritis  bestätigten,  so  durfte  man  weiter  schliessen,  dass  eine 
grosse  Anzahl  derjenigen  Lähmungsformen,  welche  nach  akuten  Krank- 
heiten auftreten,  ebenfalls  in  das  Gebiet  der  multiplen  Neuritis  gehören. 
Die  Analyse  der  Symptome,  das  Verhalten  der  Muskeln,  die  ziemlich 
häufige  Atrophie  derselben,  insbesondere  auch  der  Verlauf  der  meisten 
dieser  Krankheitsformen,  vervollständigen  den  Beweis,  dass  hier  in  der 
Mehrzahl  der  Fälle  periphere  neuritische  Prozesse  vorliegen.  Indessen 
möchte  ich  mich  doch  gegen  die  Unterstellung  eines  dogmatischen 
Scheroatisirens  verwahren  und  das  Vorkommen  spinaler  Erkrankungen 
nach  akuten  Krankheiten  keineswegs  in  Abrede  stellen.  In  meiner 
Klinik  der  Rückenmarkskrankheiten  (II  a S.  237.  ff.)  habe  ich  den 
Lähmungen  nach  akuten  Krankheiten  ein  eigenes  ziemlich  umfangreiches 
Kapitel  gewidmet,  dabei  auch  angegeben,  dass  einige  Formen  als  spinale 
Erkrankungen  angesehen  werden  müssen,  während  andere  den  Charakter 
peripherer  neuritischer  Prozesse  tragen. 

Die  Kenntniss  von  den  Lähmungen  nach  akuten  Krankheiten  ist 
viel  älter,  als  die  Kenntniss  von  der  anatomischen  Natur  der  ihnen  zu 
Grunde  liegenden  Prozesse.  Aber  auch  die  Kenntniss  dieser  Lähmungen 
selbst  ist  nicht  alt.  Sie  sind  wohl  früher  nur  als  Schwächezustände  an- 
gesehen worden  oder  ihr  Zusammenhang  mit  einer  vorangegangenen  akuten 
Krankheit  wurde  nicht  erkannt.  Die  am  frühesten  gekannte  Läbmungsform 
dieser  Groppe  ist  die  zuerst  von  Mainganlt  1850  beschriebene,  seitdem 
vielfach  beobachtete  und  studirte  diphtheritische  Lähmung.  Weiter- 
hin wurden  die  Lähmungen  nach  akuten  Krankheiten  von  dem  Französi- 
schen Kliniker  Gubler  (Archives  generales  1860 — 1862)  eingehend  studirt 
and  beschrieben,  und  sind  seither  auch  von  deutschen  Autoren  gründ- 
lichen Bearbeitungen  unterworfen.  Ich  verweise  betreffs  der  näheren 


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106 


EinzellieiteD  auf  das  betreffeade  Kapitel  in  meiner  Klinik  der  Rücken- 
markskrankbeiten.  Die  Mannigfaltigkeit  dieser  Lähmungsformen  ist  eine  sehr 
grosse.  Obgleich  sie  im  Ganzen  unter  sich  viel  Uebereinstimmung  darbieten, 
zeigt  doch  jede  der  verschiedenen  Infektionskranklieiten  eine  individnelle 
Verschiedenheit  in  der  l'orm  und  dem  Verlaufe  der  ihr  nachfolgenden 
Lähmungen.  Besonders  zahlreich  sind  die  Lähmnngsformen  nachTypbns, 
nach  Variola,  nach  Scharlach  und  Masern;  auch  nach  Pneumonie  nnd 
Pleuritis  sind  solche  beobachtet,  desgleichen  nach  Scpticämie  und  £ry- 
sipelas.  Von  der  letzteren  selteneren  Form  sah  ich  vor  vier  Jahren  ein 
exquisites  Beispiel  bei  einem  50jährigen  Arzte,  welcher  sich  bei  einer 
Operation  eine  Verwundung  zuzog,  an  die  sich  ein  schweres  Erysipel 
anschloss.  Diesem  folgte  eine  Lähmung  beider  N.  peronaei  mit  leb- 
hafter Schmerzhaftigkeit  nnd  Muskelatrophie,  ganz  von  dem  Charakter  der 
Lähmungen  infolge  von  multipler  Neuritis. 

Dass  ein  grosser  Theil  der  Lähmungen  nach  akuten  Krankheiten 
zur  multiplen  Neuritis  gerechnet  werden  muss,  ist  heute  nicht  mehr 
zweifelhaft.  Die  Analogie  der  Symptome  und  des  Verlaufes,  der  direkte 
anatomische  Nachweis  bei  der  Diphtherie-Lähmung  geben  hierfür  ge- 
nügenden Beweis.  Der  Verlauf  der  Lähmungen  ist  meist  ein  günstiger, 
und  die  Prinzipien  der  Behandlung,  welche  bereits  Gubler  anfgestellt 
bat  und  welche  sich  seither  in  der  ärztlichen  Erfahrung  bewährten,  sind 
die  gleichen,  welche  ich  oben  für  die  multiple  Neuritis  entwickelt  habe. 

Die  grösste  Mehrzahl  dieser  Lähmungen  gehört  der  motorischen 
Form  der  multiplen  Neuritis  an  und  führt  zu  Schwächezuständen,  Para- 
lysen, Muskelatropbien.  Aber  auch  die  sensible  Form  ist  nicht  selten, 
es  kommt  zu  Neuritiden  mit  heftigen  Schmerzen,  Dysaesthcsieen  nnd  auch 
zur  Ataxie  (Pscndotabes).  Solche  Ataxien  sind  nach  Diphtherie,  Pocken, 
Typhus  mehrfach  beobachtet  und  beschrieben  (Eisenmanu,  C.  West- 
phal)und  von  mir  als  akute  Ataxien  bezeichnet  worden  (vergl.  Klinik 
der  Rückenmarkskrankheiten  II.  S.  203). 

Wodurch  sollen  wir  uns  die  Entstehung  der  multiplen  Neuritis  nach 
akuten  Krankheiten  bedingt  denken  ? Sollen  wir  annehmen,  dass  die 
pathogenen  Mikroben  sich  auch  in  den  Nerven  resp.  in  deren  Scheiden 
lokalisiren  und  hier  zu  Krankbeit.serscheinungen  Anlass  geben?  Dies 
ist  für  die  Lähmungen  nach  akuten  Krankheiten  sehr  unwahrscheinlich, 
abgesehen  davon,  dass  niemals  der  Nachweis  von  pathogenen  Bakterien 
in  den  neuritischen  Herden  gelungen  ist.  Auch  der  Verlauf  der  Neuritis 
korrespondirt  so  wenig  mit  dem  der  Infektionskrankheit,  dass  eine  gleiche 
Ursache  kaum  denkbar  ist.  V’iel  wahrscheinlicher  ist  die  Annahme, 


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107 


dass  gewisse  durch  die  Infektionskraukbeit  gebildete  giftige  Sab- 
stanzen  (Ptoroaine),  wie  solche  überhaupt  einen  Theil  der  Krankbeits- 
symptome  hervorrufen,  auch  die  Ursache  der  multiplen  Neuritis  sind. 
Ich  scbliesse  mich  in  dieser  Hinsicht  ganz  den  Anscinandersetzongen  an, 
welche  Dr.  Rosenheim*)  kürzlich  in  einer  hemerkenswerthen  Arbeit 
über  unsere  Krankheit  nicdergelegt  hat:  „Nicht  ein  organisirtes  Virus, 
sondern  die  deletäre  Wirkung  chemischer  Stoffe  (Stoffwechselprodukte 
der  Bakterien)  ist  die  Ursache  der  infektiösen  Form  der  multiplen  Nea- 
ritis.*  Ganz  zutreffend  ist  der  Vergleich  mit  der  infektiösen  Nephritis, 
welche  Fürbringer  bereits  früher  mit  vollkommenem  Rechte  auf  die 
chemische  Wirkung  gleicher  Stoffwechselprodukte  zurückgeführt  hat. 

Diese  Auffassung  findet  auch  noch  darin  eine  Stütze,  dass  sie  für 
die  Entstehung  der  infektiösen  multiplen  Neuritis  eine  analoge  Ursache 
annimmt,  wie  sie  die  toxische  Form  darbietet.  Eine  solche  Analogie 
erleichtert  das  Verständniss  der  Erkrankung.  Ja,  auch  die  dritte  Gruppe 
der  kachektischen  (anämischen)  multiplen  Neuritis  lässt  sich  unschwer 
auf  dasselbe  Verbältniss,  nämlich  die  Einwirkung  einer  schädlichen 
(toxischen)  Substanz  auf  die  Nerven  zurückfübren,  und  wir  gewinnen  auf 
solche  Weise  eine  klare  und  befriedigende  Theorie  aller  Formen  der  mul- 
tiplen Neuritis.  Wir  dürfen  uns  den  Vorgang  derartig  vorsteilen,  dass 
sich  die  toxische  Subslanz  mit  einer  Substanz  der  peripheren  Nerven  ver- 
bindet und  dadurch  die  trophische  Degeneration  oder  den  entzündlichen  Reiz 
setzt.  In  einem  Falle  ist  die  einwirkende  chemische  Substanz  ein  Krank- 
heitsprodnkt  (ein  Ptomain),  im  andern  Falle  ein  Metall,  Alkohol  u.  dergl. 
Bei  einer  solchen  Theorie  ist  es  einerseits  bemerkenswerth  genug,  au 
sehen,  wie  eine  grosse  Anzahl  chemischer  Stoffe,  welche  anscheinend 
sehr  different  sind,  zu  denselben  Substanzen  der  peripheren  Nerven  Ver- 
wandtschaft zeigen  und  sie  zersetzen,  andererseits  wie  solche  chemische 
Stoffe  ausschliesslich  oder  doch  wenigstens  vorherrschend  ihre  Attraktion 
zu  den  peripheren  Nerven  zeigen.  Dies  deutet  auf  feine  und  doch 
wirkungsvolle  Verschiedenheiten  der  chemischen  Konstitution  in  den  Nerven 
hin,  welche  unsere  bisherigen  chemischen  Kenntnisse  weit  übertrifft. 
Ja,  wenn  wir  weiter  in  Betracht  ziehen,  dass  jede  Infektionskrankheit 
trotz  der  generellen  Uebereinstiramung  der  multiplen  Neuritis  doch  grosse 
und  beaebtungswerthe  Differenzen  der  Lokalisation,  der  Symptome  und 
des  Verlaufes  darbietet,  so  wird  die  Vorstellung  von  der  Mannigfaltigkeit 

•)  Zur  Kenntiiiss  der  akuten  infektiüseii  multiplen  Neuritis.  Areli.  f.  Psycli. 
XVIII.  3. 


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der  chemischen  Konstitution  sowohl  der  Ptomaine  wie  der  einzelnen 
Nervenstämme  noch  erhöht.  Das  Gleiche  gilt  übrigens  von  der  toxischen 
Nenritis,  bei  welcher  ebenfalls  jede  Form  eine  wesentliche  Verschieden- 
heit von  den  übrigen  darbietet. 

Im  Anschluss  an  die  infektiöse  Nenritis  müssen  wir  noch  einige 
Fälle  betrachten,  welche  eine  kurze  gesonderte  Besprechung  verdienen. 

a.  Die  japanische  Kakke  oder  Beri-beri,  eine  Krankheit,  welche 
für  uns  infolge  ihrer  Bearbeitung  durch  deutsche  Aerzte  (Wernich,  Balz, 
Scheube)^)  und  ihren  Vergleich  mit  der  multiplen  Neuritis  an  Inter- 
esse gewonnen  hat.  Scheube  und  Balz  haben  auf  die  Aebnlicbkeit 
der  Symptome,  welche  die  Kakke  mit  der  multiplen  Neuritis  darbietet, 
hingewiesen  und  bei  der  anatomischen  Untersuchung  p.  m.  die  ent- 
sprechende Degeneration  der  Nerven  gefunden.  Die  Krankheit  tritt  in 
grosser  Verbreitung  in  Japan,  China  und  den  holländischen  Kolonien  anf, 
befällt  hauptsächlich  das  männliche  Geschlecht  und  wiederum  vorzugs- 
weise Individuen  im  Jünglingsalter.  Am  stärksten  ist  die  Krankheit  im 
Juli,  August  und  September  und  erreicht  in  Gefängnissen,  Kasernen, 
Fabriken  eine  oft  ansserordentlicbe  Häufigkeit.  Scheube  unterscheidet 
a.  eine  leichte  Form  mit  mässiger  Schwäche  der  Beine,  Oedemen,  Herz- 
klopfen; diese  Form  geht  nach  mehreren  Wochen  "oder  Monaten  Ln 
Heilung  über;  b.  eine  atrophische  Form  mit  Schwäche  der  Beine  bis 
zur  vollständigen  Lähmung  und  Muskelatrophie.  Dazu  gesellt  sich 
Lähmung  der  Arme,  seltener  der  Zunge,  des  Gesichts  etc.  Diese  Form 
kann  durch  Erschöpfung  zum  Tode  führen  oder  gelangt  erst  nach  lang- 
wierigem Verlaufe  zur  Heilung,  c.  Die  hydropische  oder  hydropisch- 
atropbische  Form.  d.  Die  akute  pernieiöse  Form.  Das  Krankheitsbild 
hat  grosse  Aehnlickkeit  mit  dem  der  multiplen  Neuritis  und  selbst  mit 
dem  der  anfsteigenden  Paralyse.  Balz  und  Scheube  fanden  nun  in  der 
That  die  peripheren  Nerven  erkrankt,  in  einer  Weise,  welche  der  mul- 
tiplen Neuritis  durchaus  entspricht;  das  Rückenmark  wurde  intakt  be- 
funden. Die  Autoren  bezeichnen  demnach  die  Beri-beri-Krankheit  als 
eine  Nenritis  multiplex  subacuta  endemica  oder  Panneuritis  endemica  und 
sprechen  sie  als  eine  infektiöse  Krankheit  an,  obgleich  es  ihnen  nicht 
gelungen  ist,  einen  pathogenen  Parasiten  derselben  zu  finden.  V'or  1'/,  Jahren 
wurden  von  der  holländischen  Regierung  die  Herren  Peckelhering  und 
Winkler  nach  den  Kolonien  entsandt,  nm  die  Krankheit,  welche  dort 
unter  den  Soldaten  und  den  Eingeborenen  sehr  verderblich  haust,  zu 

*)  Die  japanisclie  Kakke.  Deutsches  Aroh.  f.  klin.  Med.  XXXI  ii.  XXXII. 


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109 


Stadireo.  Der  Bericht  dieser  Herren  ist  vor  nicht  langer  Zeit  publizirt. 
Sie  erklären  die  Krankheit  ebenfalls  für  eine  mnltiple  Neuritis,  sie  fanden 
in  den  peripheren  Nerven  degenerativc  und  regenerative  Vorgänge,  An- 
schwellnngen  and  Zellwacherungen  in  denselben,  auch  an  den  Herz- 
nerven fanden  sie  gleiche  pathologische  Veränderungen.  Sie  erklären 
sich  für  die  infektiöse  Natur  der  Krankheit  and  geben  an,  dass  sie 
Stäbchen-  und  Diplokokken  gefunden  haben,  von  denen  sie  eine  Form  für 
die  wirklichen  Erreger  der  Krankheit  halten;  denn  sie  bewirkte,  anf 
Kaninchen  und  Hunde  übertragen,  eine  multiple  Nervendegeneration. 
Eine  Bestätigung  dieser  interessanten  Befunde  wird  immerhin  abznwarten 
sein,  ehe  man  sie  für  völlig  sicbergcstellt  ansehcn  kann.  Neben  dieser 
Auffassung  findet  jedenfalls  von  anderer  Seite  auch  diejenige  ihre  Ver- 
treter, welche  die  Krankheit  nicht  für  eine  infektiöse,  sondern  für  eine 
trophisch-degenerative  hält.  Der  bölländische  Vize-Quartiermeister  in 
Sumatra  van  der  Driesch  hat  eine  Denkschrift  über  die  Beri-beri- 
Krankheit  verfasst,  in  welcher  er  den  Genuss  des  unreifen  und  schlechten 
chinesischen  Reises  als  Ursache  derselben  bezeichnet. 

b.  Wir  haben  noch  in  Bezug  auf  zwei  infektiöse  Krankheiten, 
welche  sich  von  den  akuten  Infektionskrankheiten  nicht  unwesentlich 
unterscheiden,  das  Verhältniss  zur  multiplen  Neuritis  zu  erörtern,  näm- 
lich von  der  Syphilis  und  der  Tuberkulose.  Die  Syphilis  betreffend, 
so  ist  in  den  neueren  Arbeiten  über  multiple  Neuritis  wenig  von  ihr  die 
Rede,  ich  halte  es  aber  nach  meinen  Erfahrungen  nicht  wohl  für  zweifel- 
haft, dass  diese  Krankheit  eine  multiple  Neuritis  hervorrufen  kann. 
Neuralgien  und  Neuritis  intolge  von  Syphilis  sind  ja  ,kein  seltenes  Er- 
eigniss, selten  aber  ist'  die  Form  der  multiplen  Neuritis.  Einen  ganz 
typischen  Fall  mit  neuritischer  Lähmung  der  Unterextremitäteu  habe  ich 
freilich  nicht  beobachtet,  wohl  aber  einen  Fall  von  amyotrophischer  Neu- 
ritis beider  Arme.  Dieser  Fall  betraf  einen  blühenden  jungen  Mann, 
welcher  seine  Muskeln  durch  Hanteln  zu  üben  gewohnt  war,  und  welcher 
unter  reisseuden  Schmerzen  eine  läbmungsartige  Schwäche  der  Arme 
mit  deutlicher  Atrophie  und  mit  pathologischem  V^erhalten  der  elektrischen 
Erscheinungen  bekam.  Als  er  mich  konsultirte,  hatte  er  gleichzeitig  eine 
floride  sekundäre  Syphilis,  auf  welche  ich  auch  die  Neuritis  bezog. 
Der  Patient  hatte  das  Hanteln  seit  Jahren  und  für  seine  Konstitution 
keineswegs  im  Uebermaasse  geübt;  ich  sah  daher  die  Muskelanstreugung 
nur  als  die  eine  von  zwei  Ursachen  an.  Patient  hatte  später  schwere 
Form  der  Syphilis  (Lebersyphilis)  zn  übersteben,  ist  aber  schliesslich 


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110 


vollkommen  sowohl  von  der  Neuritis,  wie  von  der  konstitutionellen 
Syphilis  hergestellt  worden.*) 

Was  die  Tuberkulose  betrifift,  so  ist  das  Vorkommen  der  multiplen 
atrophischen  Neuritis  von  mehreren  Seiten  hervorgehoben,  auch  ich  habe 
einige  vollkommen  typische  Fälle  gesehen.  Vaillard  (Des  nevrites 
peripheriqnes  chez  les  tuhcrculeux.  Revue  d.  Mäd.  1887)  unterscheidet 
das  Vorkommen  einer  symptomenlos  verlaufenden  Nervendegeneration 
und  einer  durch  ausgedehnte  atrophische  Muskellähmnngen  und  sensible 
Formen  mit  Anaesthesien  und  Hyperaesthesien  charakterisirten  multiplen 
Neuritis.  Sofern  die  Tuberkulose  zu  den  Infektionskrankheiten  gehört, 
rechnen  diese  Fülle  auch  zur  infektiösen  Form,  indessen  bin  ich  doch  der 
Meinung,  dass  nicht  sowohl  ein  von  den  Tuberkelbacillen  produzirter 
chemischer  Giftstoff,  als  vielmehr  die  der  Pbthisis  eigene  Kachexie  und 
Atrophie  als  die  hauptsächlichste  Ursache  der  Neuritis  anzuprechen  ist,  dass 
diese  Form  daher  richtiger  zu  der  kachcktischen  (marastischen)  Form 
als  zur  infektiösen  gezählt  werden  müsse. 

II.  Die  toxische  multiple  Neuritis. 

Die  Thatsache,  dass  durch  eine  Anzahl  von  giftigen  Substanzen 
beim  Menschen  Lähmungen  hervorgerufen  werden,  ist  eine  lange  bekannte. 
Nach  den  neuerdings  gewonnenen  Untersuchungen  scheint  es,  dass  die 
Mehrzahl  dieser  Lähmungen  der  multiplen  Neuritis  angehört.  Wir  be- 
gegnen auch  hier  einer  grossen  Mannigfaltigkeit  der  Erscheinungen,  welche 
derjenigen  der  infektiösen  Neuritis  nach  akuten  Krankheiten  kaum  nach- 
steht. Ebenso  bemerkenswerth  ist  es,  dass  toxische  Substanzen  von  sehr 
verschiedener  chemischer  Konstitution  Lähmungsformen  und  neuriiischc 
Prozesse  zu  erzeugen  vermögen,  welche  unter  sich  viel  Analogie  zeigen. 
Freilich  bietet  auch  hier  wieder  jede  Form  der  toxischen  Lähmungen 
ihre  Eigenart  nach  Lokalisation,  Symptomen  und  Verlauf  dar.  Indem  ich 
iro  Folgenden  die  wichtigsten  Formen  und  besonders  diejenigen,  welche 
durch  neuere  Untersuchungen  in  ein  unerwartetes  Licht  gestellt  sind, 
näher  bespreche,  betrachte  ich  es  nicht  als  meine  Aufgabe,  eine  voll- 
ständig erschöpfende  Darstellung  zu  geben  und  verweise  in  dieser  Be- 
ziehung auf  das  betreffende  Kapitel:  „Ueber  Intoxikationslähmungen“  in 
meiner  Klinik  der  Rnckenmarkskraiikheiten  (Ila.  S.  280  ff.). 


•)  Aelmliche  Beobachtungen  habe  ich  schon  in  meiner  Klinik  der  Rückemnark.s- 
krankheiten  II.  S.  277  miigetheilt.  Rodet  heobaehtete  einen  Fall  von  progressiver 
Muskelatruphie,  welchen  er  auf  Byphilis  ziirückfrilirt,  da  er  durch  Jodkali  gebellt 
wurde. 


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a.  Die  Bleilähmao);  verdieot  die  erste  Erwähnung,  weil  sie  die 
älteste  und  am  besten  bekannte  Form  der  Intoxikationslähmung  ist  und 
weil  sich  an  sie  viele  bedeutungsvolle  Diskussionen  über  das  Kapitel  der 
multiplen  Neuritis  angeschlossen  haben. 

Die  Bleilähmnng  ergreift,  wie  bekannt,  mit  ausgesprochener  Vorliebe 
die  Extensoren  des  Vorderarmes,  fast  immer  beiderseitig,  während  die 
Supinatoren  und  der  Änkonaeus  frei  bleiben.  Die  Paralj'se  entwickelt  sich 
fast  immer  ohne  Schmerzen,  hänfiger  mit  abnormen  Sensationen.  Die 
elektrische  Erregbarkeit  der  aificirten  Muskeln  wird  alsbald  in  merk- 
licher Weise  verändert,  es  kommt  zur  Entartungsreaktion  und  schliesslich 
zum  Erlöschen  jeglicher  Reaktion  unter  totaler  absolut  irreparabler 
Atrophie  der  Muskeln.  Die  anatomischen  Untersuchungen,  von  denen 
gegenwärtig  eine  ziemlich  grosse  Zahl  vorliegt,  haben  eine  sehr  ent- 
schiedene Atrophie  der  zu  den  gelähmten  Muskeln  gehörigen  Nerven- 
stämme  (Fig.  3),  sowie  Atrophie  der  Muskeln  ergeben.  Nach  oben,  d.  h. 
nach  dem  Rückenmark  zu,  verschwindet  die  Atrophie  der  Nerven.  Ob- 
gleich eine  Zeit  lang  von  mehreren  Autoren  die  Meinung  festgehalten 
wurde,  dass  auch  die  Bleilähmung  eine  spinale  sei  und  zur  Poliomyelitis 
gerechnet  werden  müsse,  so  dürfte  gegenwärtig  kein  Zweifel  darüber  be- 
stehen, dass  sie  in  ihrem  eigentlichen  Typus  eine  periphere  atrophische 
Affektion  sei.  Die  eigenthümlicbe  und  fast  ausnahmslos  ganz  bestimmte 
Lokalisation  ist  insofern  besonders  interessant,  als  sie  auf  ebenso  be- 
schränkte chemische  Eigcnthümlichkeiten  scbliessen  lässt,  von  welchen 
wir  uns  kaum  eine  bestimmte  Vorstellung  machen  können. 

Nicht  nur  durch  die  ganz  eigenthümlicbe  Lokalisation,  sondern  auch 
durch  die  verbältnissmässig  schnell  eintretende  absolut  irreparable  Degene- 
ration unterscheidet  sich  die  Bleilähmung  von  fast  allen  Formen  der 
multiplen  Neuritis. 

In  seltenen  Fällen  tritt  die  Bleilähmnng  in  allgemeinerer  Verbreitung 
auf,  sie  ergreift  nicht  nur  die  oberen,  sondern  auch  die  unteren  Extremi- 
täten in  dem  entsprechenden  (dem  Peronaeus-)  Gebiete.  Sie  hat  alsdann  eine 
grosse  Aebnlichkeit  mit  dem  gewöhnlichen  Typus  der  multiplen  Neuritis. 

Auch  noch  weiter  kann  sich  die  Bleilähmung  generalisiren,  indem 
Schulter-  und  Rumpfmuskeln  Theil  nehmen.  In  solchen  generalisirten 
Fällen  sind  auch  im  Rückenmark  mehr  oder  minder  erhebliche  Alterationen 
gefunden  worden,  welche  der  Poliomyelitis  entsprechen,  so  dass  auch  die 
Bleilähmung  den  Beweis  liefert,  wie  zwischen  den  Affektionen  der  peri- 
pheren Nerven  und  denen  des  Rückenmarks  keine  absolute  Grenze  ge- 
zogen werden  kann. 


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Von  einer  genanen  Besprecbang  der  Therapie  der  Bleilähmang 
dürfen  wir  wohl  an  dieser  Stelle  absehen,  obgleich  sie  sich  von  der 
oben  verceicbneten  Therapie  der  mnltiplen  Neuritis  in  vieler  Beiiehnng 
unterscheidet.  Ausser  der  elektrischen  Behandlung  kommt  wesentlich 
die  für  die  Bleiintoxikation  überhaupt  indizirte  Therapie  der  Prophylaxe 
(Enthaltung  der  Schädlichkeit)  sowie  die  Anwendung  der  Jodpräparate, 
des  Schwefels  und  der  Schwefelbäder  in  Betracht. 

b.  Die  Phosphor-  und  Arsenläh  mungen. — Sowohl  nach  akuten 
wie  chronischen  Phosphor  Vergiftungen  sind  Lähmungen  beobachtet  worden, 
doch  liegen  spezielle  Untersuchungen  über  deren  anatomische  Natur  nicht 
vor.  In  ihrem  Typus  schliessen  sie  sich  den  Arseniklähmnngen  an,  über 
welche  wir  reichlichere  Erfahrungen  und  Untersuchungen  besitzen. 

Die  Arsenik  Vergiftungen  sind  schon  seit  langer  Zeit  bekannt 
(Zacchias  1600),  sie  ergreifen  zuerst  die  unteren  Extremitäten,  gebeo 
aber  auch  auf  die  oberen  über.  Sie  entwickeln  sich  unter  Schmerzen 
und  führen  zu  Taubheit  und  Muskelschwäche.  Selten  kommt  es  zu  deut- 
licher Mnskelatrophie,  häufiger  wurde  die  elektro- muskuläre  Erregbarkeit 
herabgesetzt  gefunden.  Neuerdings  sind  die  Arsenlähmungen  von  Naunyn 
und  von  Dana'*'')  genauer  stndirl  worden.  Beide  Autoren  kommen  zu 
dem  Resultat,  dass  es  sich  um  periphere  neuritisebe  Lähmungen  handele, 
eine  Ansicht,  welcher  ich  bereits  in  meiner  Klinik  der  Rückenmarkskrank- 
beiten  II a.  S.  296  Ausdruck  gegeben  habe.  Dana  bebt  besonders  die 
Betheiligung  der  sensiblen  Nerven  und  der  daraus  resultirenden  Form  der 
Ataxie  (Psendotabes)  hervor. 

c.  AufdieLähmnngen  nach  Kohlenoxydvergiftung**;,  Schwefel- 
kohlenstoff, Anilin  Vergiftung,  ebenso  die  nach  Ergotismus  ent- 
stehenden, von  Tuczek  in  einer  sehr  interessanten  Arbeit  genauer  studirten 
Läbmungsformen  will  ich  nicht  näher  eingehen,  da  eine  absolute  Voll- 
ständigkeit der  Besprechung  nicht  im  Plane  dieses  Vortrages  liegen  kann. 

Einige  Worte  über 

d.  die  merkuriellen  Lähmungen,  über  welche  neuere  Untersuchungen 
vorliegen.  A.  Letulle***)  lenkt  in  einer  bemerkenswertben  Arbeit  die 

*)  On  psendotabes  from  arsenical  poisoiiing  witli  a eonsideration  of  arsenieal 
parat  jsis.  Brain  1887, 

•*)  Von  Interesse  ist,  dass  M.  Bernhardt  bereits  1871  (Bert.  Klin.  Wochen- 
-sehrift  No.  2)  einen  Fall  von  Schwefelkohlenstoff- Vergiftung  mit  hochgradiger  Ataxie 
und  erheblichen  Sensibilitätöstömngen  beschrieben  hat.  Neuerding.s  berichtet« 
Mendel  über  mehrere  Fälle  solcher  Vergiftungen  mit  Taubheit  des  Gefühls, 
Aiueiäeiikriechen  und  Steiflieit  der  Muskeln  in  verschiedenen  Bezirken. 

•*•)  Recherches  cliuiqucs  et  experimentales  sur  les  piiralysies  mercurielles.  .\rch. 
de  physiol.  norm,  et  pathol.  1887. 


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Aofmerkgamkeit  aaf  die  TbaUacbe,  dass,  abgesehen  von  dein  Tremor 
mercarialis,  sowohl  bei  akuter  wie  bei  chronischer  Quecksilbervergiftung 
nicht  selten  Lähmungen  Vorkommen.  Diese  Lähmungen  sind  schlaffe, 
selten  totale,  selten  mit  deutlicher  Atrophie  verbundene.  Die  Sehnenreflexe 
waren  in  einigen  Fällen  abgeschwächt,  in  anderen  erhalten.  Die  elektrische 
Erregbarkeit  gegen  den  f-  wie  den  g-Strom  war  meist  nicht  verändert. 
Fast  regelmässig  bestanden  Sensibilitätsstörnngon  und  zwar  fleckweise 
(inselweise)  Herabsetzung  der  Empfindung,  an  anderen  Nerven  gesteigerte 
Empfindung  (Hyperästhesie,  Hyperakusie,  Hyperosmie).  Experimentelle 
Untersuchungen  ergaben  ebenfalls  infolge  von  Quecksilbereinwirkung 
Zerfall  des  Markes  in  den  peripheren  Nervenstämmen,  welche  jedoch 
nicht  als  entzündliche,  sondern  als  degenerative  anzuseben  seien.'^) 

Hieran  scbliesse  ich  sogleich 

e.  einige  Angaben  über  experimentelle  Neuritis,  welche  durch 
zafällige  oder  experimentell  intendirte  subkutane  Injektionen  von 
toxischen  Stoffen  erzeugt  wurden.  Namentlich  sind  einige  derartige 
Erfahrungen  nach  Injektionen  von  Aether  beobachtet,  ähnliche  nach 
Injektionen  von  Chloroform,  Alkohol,  Ammoniak,  Flumb.  acet. 

Pitres  und  Vaillard  haben  in  einer  kürzlich  erschienenen  Arbeit 
die  durch  Aetherinjektionen  entstandene  Neuritis  einer  besonderen  Be- 
arbeitung unterzogen.  Sie  fanden,  dass  die  Wirkung  des  Aethers  auf 
den  Nerven  die  gleiche  ist,  wie  eine  Durcbschneidung.  Unterhalb  der  ge- 
getroffenen  Stelle  kommt  es  zu  einer  typischen  Nervendegeneration  und 
zwar  vom  4.  Tage  ab.  Die  Wirkung  des  Aethers  ist  also  die  einer  un- 
mittelbaren Nekrose  an  der  betroffenen  Stelle.  Fälle  von  Neuritis  nach 
Aetherinjektionen  sind  auch  von  Mendel,  E.  Remak  u.  A.  mitgetheilt 
worden. 

Wir  kommen  nun  zur  interessantesten  Form  der  toxischen  Neuritis, 
nämlich: 

f.  der  Alkoholneuritis,  über  welche  bereits  eine  eigene  umfang- 
reiche Litteratur  namentlich  Deutscher,  doch  auch  Englischer  und  Französi- 
•cher  Arbeiten  vorliegt. 

Die  paralytischen  Äffektionen  der  Trinker  sind  leicht  zu  beobachten 
Qod  daher  auch  lange  bekannt.  Da  sie  vorzugsweise  die  unteren  Elx- 
tremitäten  befallen,  so  war  man  geneigt,  sie  auf  eine  durch  die  Ein- 


•)  Ich  habe  zweimal  nach  lange  fortgesetzten  antisyphilltiscehn  Hg -Kuren 
Herzbeschwerden  (Palpitationen,  Unregelmässigkeit  des  Pulses,  Asthma)  beobachtet, 
"hne  physikalisch  nachweisbare  V'erändemug  am  Herzen. 

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wirkoDg  des  Alkohols  bedingte  Affektion  des  Rückenmarks  za  beziehen, 
über  deren  anatomische  Natar  zunächst  nichts  Sicheres  bekannt  war.  Da 
sowohl  der  akute  wie  chronische  Alkobolismus  leicht  das  Gehirn  befällt, 
Delirien  und  sogar  Dementia  erzeugen  kann,  so  lag  es  nahe,  eine  analoge 
Betheilignng  des  Rückenmarks  und  auch  ähnliche  anatomische  Vorgänge 
anzunehmen,  Velcbe  tbeils  in  einer  bloss  funktionellen  Störung  ohne 
nachweisbare  anatomische  Läsion,  theils  in  chronischer  Meningitis  ihren 
Ausdruck  finden  sollten.  Bei  dem  Fehlen  entscheidender  anatomischer 
Untersuchungen  blieb  man  zunächst  auf  die  Symptomatologie  beschränkt. 
In  dem  betreffenden  Kapitel  meiner  Klinik  der  Rückenmarkskrankheiten 
II.  S.  281  habe  ich  folgende  Formen  der  Alkohol-Neurosen  anfgestellt: 
1)  Den  Tremor  alcoholicus,  über  dessen  physiologische  Ursache  nichts 
Bestimmtes  zusagenist.  2)  Die  al  koholische  Faraplegie,  eine  mehr 
oder  minder  intensive  motorische  Paralyse  der  unteren  Extremitäten. 
3)  Die  Ataxie  der  Säufer,  dem  Symptomenbilde  der  Tabes  dors. 
sehr  ähnlich.  4)  Die  hyperästhetische  Form  des  chronischen 
Alkobolismus  (Lendet). 

Ich  schloss  mich  1.  c.  der  Ansicht  Leudet’s  an,  dass  es  sich  vermuth- 
licb  um  spinale  Erkrankungen  der  Alkoholiker  handelt  und  wiederum 
am  wahrscheinlichsten  um  meningitiscbe  Affektionen,  indessen  positive  Be- 
obachtungen lagen  nach  dieser  Richtung  noch  nicht  vor.  Seitdem  ist  im 
Anschluss  an  die  Untersuchungen  über  multiple  Neuritis  das  häufige  Vor- 
kommen von  Neuritis  bei  Alkoholisten  erkannt  worden,  und  es  ist  sehr 
wahrscheinlich,  dass  alle  drei  obigen  Formen  (denn  vom  Tremor  alcoholicus 
muss  hier  abgesehen  werden)  auf  Neuritis  beruhen.  Den  beiden  schon 
mehrfach  besprochenen  Formen  der  multiplen  Neuritis,  der  paralytischen 
und  der  ataktischen  Form,  gesellt  sich  noch  die  hyperästhetische  durch 
ausserordentliche  Schmerzen  bedingte  Form  hinzu. 

Sehr  daukenswerthe  Untersuchungen  über  die  Alkohol-Neuritis  be- 
sitzen wir  von  Modi,  H.  Oppenheim,  Lilienfeld,  M.  Bernhardt, 
R.  Schulz,  Loewenfeld,  O.  Fischer  u.  A.,  von  englischen  Autoren 
ist  namentlich  Dreschfeld  in  Manchester,  von  französischen  Masins 
und  Francotta  zu  nennen.  Wie  Oppenheim  nach  den  Erfahrungen 
auf  der  Nervenklinik  der  Charite  mittbeilt,  trifft  der  Beginn  der  Alkohol- 
Neuritis  häufig  mit  dem  Ausbruch  des  Delirium  tremens  zusammen.  Ausser 
dem  Alkohol  scheinen  Gelegenheitsursachen  mitzuwirken,  die  meisten 
Kranken  schuldigen  eine  nachweisbare  Erkältung  als  Ursache  an.  Immer 
sind  die  unteren  Extremitäten  ergriffen.  Die  Krankheit  beginnt  mit 
Schwäche,  leichter  Ermüdbarkeit;  die  Muskeln  sind  schlaff,  die  Sehnen- 


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re£eze  fehlen.  Die  Lähmung  schreitet  nun  unaufhaltsam  fort  und  er- 
reicht in  der  Regel  einen  so  hohen  Grad,  dass  die  Patienten  nur  mit 
Mühe  gehen  oder  stehen  können.  Nicht  leicht  steigert  sich  die  Lähmung 
bis  zur  Tollständigen  Bewegungslosigkeit.  In  dieser  Zeit  magern  die 
teblaffun  Muskeln  ab  und  verlieren  ihre  normale  elektrische  Erreg- 
barkeit, fast  niemals  jedoch  ist  die  Atrophie  hochgradig,  fast  niemals 
kommt  es  zu  hoher  ausgesprochener  Entartungsreaktion.  In  dieser  Weise 
rerbarrt  der  Zustand  Wochen  und  selbst  Monate  lang,  dann  treten  all- 
milig  Zeichen  der  Besserung  ein  und  fast  immer  kommt  es  nach  einer 
mehrere  Monate  langen  Dauer  zur  vollkommenen  Heilung.  Die  Therapie 
besteht  vor  allen  Dingen  in  der  Entziehung  des  Alkohols,  in  ruhiger 
Lage  (oder  Sitzen),  reichlicher  Ernährung  und  vorsichtiger  Anwendung 
der  Elektrotherapie.  Uebung  der  Muskeln  tritt  entsprechend  den  oben 
entwickelten  therapeutischen  Grundsätzen  erst  im  Rekonvaleszenz- 
Stadium  ein.  Da  die  Patienten,  sobald  sic  hergestellt  und  der  ärztlichen 
Aufsicht  entwachsen  sind,  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  ihrem  Gewobnheits- 
laster  von  Neuem  verfallen,  so  kommen  auch  Rezidive  der  Lähmung 
ror,  jedoch  nach  meinen  Erfahrungen  nicht  so  häufig,  als  man  nach  der 
Häufigkeit  des  Rückfalles  zum  Trinken  erwarten  sollte.  Auch  diese  Re- 
zidive der  Neuritis  geben,  soweit  meine  Erfahrungen  bis  jetzt  reichen, 
keine  ungünstigere  Prognose  als  die  erstmalige  Affektion. 

Von  besonderem  Interesse  ist  die  ataktische  Form  des  Alkobolis- 
mns,  die  Ataxie  der  Säufer,  von  welcher  wir  gegenwärtig  nicht  mehr 
zweifeln,  dass  sie  ebenfalls  auf  einer  Neuritis  und  zwar  einer  sensiblen 
beruht  Indessen  kommt  sie  fast  nie  isolirt  vor,  sondern  in  Verbindung 
mit  der  motorischen  Form.  Je  weniger  die  motorische  Paralyse  hervor- 
tritt, je  mehr  die  sensible  entwickelt  ist,  desto  deutlicher  ist  die  Ataxie. 
Es  ist  sehr  bemerkenswerth,  dass  diese  Ataxie  der  Potatoren  die  aller- 
grösseste  Aehnlichkeit  bat  mit  der  typischen  Ataxie  I.  pr.,  der  Tabes,  so  dass 
selbst  der  geübteste  Diagnostiker  eich  irren  würde,  wenn  er  die  Aetio- 
logie  nicht  kennt.  Dieselbe  Art  der  Funktionsstörung,  dieselbe  Ab- 
stumpfung des  Gefühls,  häufig  eine  Art  von  lancinirenden  Schmerzen,  die 
Sebnenreflexe  fehlen,  die  Muskeln  sind  schlaff,  bei  geschlossenen  Augen 
tritt  Schwanken  ein.  Die  oberen  Extremitäten  bleiben  fast  immer  frei, 
dagegen  treten  an  den  Augen  Symptome  auf,  welche  ebenfalls  der  Tabes 
eutsprechen;  Doppeltsehen,  Pnpillcndifferenz,  träge  Reaktion,  einmal  so- 
gar Pupillenstarre  und  einmal  Amblyopie.  In  der  That  ist  die  Aehnlich- 
keit der  Symptome  so  gross,  dass  nur  die  Berücksichtigung  der  Aetio- 
logie  znr  richtigen  Diagnose  führt  Diese  aber  ist  um  so  wichtiger,  als 

S* 


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die  Prognose  der  alkoholischen  Ataxie  eine  verhältnissmässig  günstige 
ist,  sie  geht  nach  mehrmonatlicbem  Verlaufe  der  Regel  nach  in  Genesung 
über,  unter  einer  Therapie,  welche  den  oben  entwickelten  Grundsätzen 
entspricht. 

Die  dritte  Form,  die  hyperästhetische,  gehört  ebenfalls  zur 
Neuritis.  Die  Schmerzen,  welche  gewöhnlich  die  Unterextremitäten  er- 
greifen und  vornehmlich  in  denselben  lokalisirt  bleiben,  sind  in  diesen 
Fällen  von  besonderer  Intensität  und  Hartnäckigkeit.  Neben  ihnen  kann 
motorische  Schwäche  und  Sensibilitätsstörung  bestehen,  indessen  die 
excessive  Schmerzhaftigkeit  beherrscht  die  Scene  derart,  dass  die  anderen 
nicht  so  quälenden  Symptome  in  den  Hintergrund  treten.  Von  dieser 
Form  habe  ich  zwei  Fälle  beobachtet,  der  eine  betraf  einen  Gastwirth 
aus  Danzig,  welcher  einige  Monate  mit  Remission  und  Exacerbation  laborirte 
und  schliesslich  hergestellt  wurde.  Der  zweite  betraf  eine  Frau,  welche 
dem  Äbusus  Spirituosorum  in  excessivem  Maasse  huldigte  und  von  der 
Krankheit  in  ausserordentlich  hohem  Grade  befallen  wurde.  Die 
Schmerzen,  in  den  oberen  wie  unteren  Extremitäten  etablirt,  waren  von 
so  enormer  Heftigkeit,  dass  selbst  die  höchsten  Dosen  von  Morphium 
und  Chloral  nur  vorübergehende  Linderung  schafften.  Patientin  verliess 
später  Berlin  und  soll  nach  nicht  sehr  langer  Zeit  an  Erschöpfung  za 
Grunde  gegangen  sein.*) 

Ich  füge  noch  die  bemerkenswerthe  Thatsache  hinzu , dass  die 
Alkoholneuritis  nicht  selten  von  Herzsymptomen  begleitet  ist:  Tachy- 
cardie,  Herzklopfen,  Dyspnoe,  Asthma,  Herzschwäche.  Dejörino  wies 
in  solchen  Fällen  einige  Male  Degeneration  in  den  Nervenfasern  des 
Vagus  nach.  Thomsen  in  einer  soeben  erschienenen  Arbeit**)  giebt  an, 
dass  er  in  einem  Falle  von  Tachyeordie  bei  Alkoholneuritis  die  Vagus- 
kerne  degenerirt  gefunden  habe,  ebenso  konstatirte  er  den  nuclefiren 
Ursprung  der  Augenmuskellähmung  bei  Alkoholischen.  Thomsen  ver- 
tritt also  den  Standpunkt,  dass  auch  die  Alkobolnenritis  nicht  ohne 
Ausnahme  auf  die  peripheren  Nerven  beschränkt  ist , dass  sie  viel- 


*)  Ich  schliesue  hieran  die  Bemerkung,  liaÄs  man  nicht  mir  bei  der  Alkohol- 
neuritis, sondern  auch  bei  den  anderen  Neuritisformen  wohl  eine  besondere  hyper- 
Hsthetische  Fonu  uiilerseheideii  konnte,  nur  sind  solche  Fülle  selten.  Kürzlich  sah 
icii  einen  solchen  bei  einen  Phthisiker,  welcher  keine  sichtlichen  motorischen 
Storungen,  aber  ausserordentlich  heftige  iieuritische  Schmerzen  an  den  Cuterxtremi- 
taten  darbot.  Auch  bei  Diabetes  habe  ich  diese  hyperästhetische  Form  beobachtet. 

**)  Zur  Pathologie  und  Anatomie  der  akuten  alkoholischen  Augemuuskellähmung. 
Berl.  klin.  Woebenschr.  1888.  No.  2. 


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mehr  auch  auf  das  Rückenuiark  (resp.  Med.  obig.)  übergreifen  kann 
(er  fand  Blutungen  am  hinteren  Umfang  des  Rückenmarks).  Die  Herz- 
affektion, welche  die  Alkoholneuritis  begleitet,  scheint  mir  in  zweierlei 
Beziehung  interessant.  Einmal  weil  auch  andere  Formen  der  multiplen 
Neuritis  sich  mit  Herzaffektion  kompliziren,  namentlich  die  infektiöse 
multiple  Neuritis  (Herzaffektion  nach  Diphtherie  von  diphtberitischer 
Lähmung  begleitet,  Herzaffektion  bei  Eakke),  so  dass  wir  geneigt  sein 
dürfen,  auch  in  jenen  Fällen  eine  ähnliche  Ursache  anzunehmen.  Sodann 
ist  daran  zu  erinnern,  dass  die  Alkoholischen  auch  ohne  gleichzeitige 
Neuritis  von  Herzaffektionen,  zuweilen  schweren  Charakters,  befallen  werden, 
und  dass  auch  für  diese  Fälle  die  Frage  zu  erörtern  ist,  ob  und  wann  sie 
derjenigen  Herzaffektion  entsprechen,  welche  die  Alkoholneuritis  begleitet. 

III.  Die  spontane  oder  primäre  Form  der  multiplen  Neuritis. 

Die  spontaneForm  entwickelt  sich  ohne  eine  vorhergehende  Krank- 
heit selbstständig,  primär.  Die  gewöhnlichsten  Ursachen  sind  Erkältungen 
oder  Muskelüberanstrengnngen,  häufig  beide  miteinander  kombinirt.  Ge- 
wöhnlich halten  sie  die  Form  der  symmetrischen  Lähmung  aller  vier 
Elxtremitäten  inne,  öfters  sind  die  unteren,  sehr  selten  die  oberen  allein 
befallen;  häufig  besteht,  wenigstens  eine  Zeit  lang,  Fieber.  Symptome 
und  Verlauf  entsprechen  in  hohem  Grade  dem  im  ersten  Vortrage  ver- 
zeichneten  Typus  des  Krankheitsbildes.  Am  häufigsten  ist  die  motorische 
resp.  amyotrophische  Form,  doch  habe  ich  auch  mehr  oder  minder  aus- 
gesprochene Uebergänge  zur  ataktischen  Form  gesehen. 

Den  ersten  Fall  der  Art  beobachtete  ich  im  Jahre  1865  auf  der 
medizinischen  Klinik  zu  Königsberg;  er  betraf  einen  25jährigen  Barbier  G., 
welcher  zu  Ende  des  Monats  September  eine  Schwimmfahrt  von  Königs- 
berg den  Pregel  hinab  zu  dem  eine  Stunde  abwärts  liegenden  Dorfe 
Holstein  gemacht  hatte.  Schon  nach  wenigen  Tagen  trat  Fieber  mit 
Delirien  auf,  welches  nach  kurzem  Verlaufe  abfiel,  nun  aber  stellte  sich  die 
Lähmung  ein,  ergriff  beide  Vorderarme  und  beide  Unterschenkel,  deren 
wegen  er  sich  in  die  Klinik  anfnehmen  Hess.  Ich  betrachtete  die  Krankheit 
damals  als  myopathische  Lähmung  und  exzidirte  ein  Stückchen  des  ge- 
lähmten Eztensor  communis,  fand  jedoch  nur  eine  leichte  pnnktirtc  Be- 
schaffenheit der  Muskelfasern.  Der  Patient  blieb  ungebeilt,  die  Lähmung 
ging  in  absolute  Atrophie  der  Muskeln  über.  Später  zählte  ich  diesen 
Fall,  der  mich  im  hohen  Maasse  interessirte,  zur  Poliomyelitis,  während 
ich  ihn  jetzt  mit  Sicherheit  als  multiple  Nenritis  auffasse.  Einen  ähn- 
lichen Fall  — jedoch  zur  Heilung  gekommen  — sah  ich  kürzlich  bei 


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einem  jangen  Kaufmann , der  im  Rhein  bei  Strassburg  bei  9°  Wasser- 
temperatur eine  Stunde  lang  gebadet  hatte,  er  wurde  Ton  einer  allgemeinen 
Lähmung  befallen,  von  welcher  er  nach  drei  Monate  langem  Kranken- 
lager vollkommen  geheilt  worden  ist. 

IV.  Die  atrophische  (dystrophische),  anämische,  kachektische 
Form  der  multiplen  Neuritis. 

Diese  Form  ist  bisher  am  wenigsten  bekannt  und  studirt.  Indessen 
ist  doch  die  Beobachtung  nicht  neu,  dass  sich  im  Gefolge  verschiedener 
chronischer,  von  tieferen  Nutritionsstörungen  begleiteter  Krankheiten  auch 
lähmungsartige  Schwächeznstände  der  Muskeln,  besonders  in  den  unteren 
Extremitäten  einstellen.  Schon  die  ältere  Pathologie  beschreibt  kachek- 
tische, anämische,  chlorotische  Lähmungen;  sie  stellen  Schwächezustände 
dar,  ähnlich  etwa  denen  der  Rekonvaleszenten  nach  schweren  Krank- 
heiten, und  sind  wie  diese  zum  Theil  als  einfache  Schwächezustände  der 
Muskeln  gedeutet.  Jedenfalls  lagen  keine  Anhaltspunkte  vor,  sie  für 
centrale,  etwa  vom  Rückenmark  ausgehende  Prozesse  zu  betrachten.  So 
wenig  derartige  Fälle  scharf  charakterisirt  erscheinen,  so  hat  man  doch 
öfters  Gelegenheit  zu  beobachten,  dass  marastische  Kranke  mitunter 
auffallend  früh  die  Möglichkeit  verlieren,  zu  gehen,  zu  stehen  und  selbst 
die  Extremitäten  zu  bewegen.  Diese  Schwäche  trifft  zuerst  meistens 
allein  die  Unterextremiiäten.  Die  Muskeln  werden  auffällig  schlaff,  mager, 
energielos.  Nor  mit  Mühe  vermag  der  Patient  noch  im  Bett  die  Beine 
zu  erheben,  oder  überhaupt  sie  zu  bewegen.  Beim  Versuch,  ihn  auf  die 
Beine  zu  stellen,  knickt  er  sofort  zusammen.  Dabei  bestehen  zuweilen 
Schmerzen,  selbst  lebhafte,  besonders  nach  den  einigermaassen  an- 
strengenden Bewegungen,  die  Sehnenreflexe  bleiben  fast  immer 
erhalten,  die  elektro  • muskuläre  Erregbarkeit  ist  häufig  herabgesetzt, 
kaum  je  erloschen.  Die  betreffenden  Patienten  gehören  häufiger  dem 
weiblichen  Geschlecht  an,  sind  meist  deutlich  anämisch , aber  nicht 
selten  noch  ziemlich  fettreich.  Am  auffälligsten  erschien  mir  diese , 
Läbmungsform  in  der  Rekonvaleszenz  von  schweren  Erschöpfongsneorosen 
und  Anämien.  Wenn  die  Patientinnen  schon  bei  reichlicher  Ernährung  an 
Körperfülle  zugenommen  hatten,  wenn  die  Färbung  der  Lippen,  der  Nägel, 
der  Ohren  schon  erheblich  an  Farbe  gewonnen  hatte,  und  wenn  man 
nun  jetzt  den  Versuch  machte,  sie  aufstehen  zu  lassen,  so  waren  eie  kaum 
im  Stande  zu  sitzen,  noch  viel  weniger  zu  stehen.  Auch  wenn  man  den 
Versuch  mehrere  Tage  fortselzte,  so  knickten  die  Beine  in  den  Knieen 
wie  schwache  Halme  zusammen  und  die  Patientinnen  waren  io  Gefahr, 


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unter  Gefühlen  der  Synkope  znsanimenzabrechen.  Erst  nach  einer  noch 
mehrere  Wochen  selbst  Monate  lang  fortgesetzten  roborirenden  Behandlung 
and  Ernährung  erreicht  man  eine  langsam  fortschreitende  Besserung  und 
CTentnelle  Heilung. 

Form  und  Verlauf  der  Krankheit  erinnern  in  hohem  Maasse  an  die 
schweren,  aber  nicht  zu  auffälliger  Atrophie  fortschreitenden  Lähmungen 
nach  akuten  Krankheiten. 

Anatomische  Untersuchungen  über  diese  Form  der  multiplen  Neuritis 
liegen  bis  jetzt  nicht  vor.  Aber  eine  sehr  willkommene  Stütze  für 
die  eben  gegebenen  Beobachtungen  ergeben  die  interessanten  Unter- 
snchnngen  von  Oppenheim  und  Siemerling.'^)  Diese  Autoren 
nntersucbten , um  die  periphere  Nervendegeneration  bei  Tabes  dorsalis 
zn  studiren,  zum  Vergleiche  die  peripheren  Nerven  bei  einer  Anzahl  von 
Leichen,  welche  an  den  verschiedensten  anderen  Krankheiten  gestorben 
waren.  Sie  fanden  hierbei  die  sehr  beachtenswerthe  Tbatsache,  dass 
alle  Prozesse,  welche  mit  einem  schweren  und  langen  Siecbtbum  einher- 
gehen, gewöhnlich  von  einer  oft  recht  beträchtlichen  Alteration  der  Nerven 
begleitet  sind.  Solche  peripheren  Veränderungen  fanden  sie  bei  einfaeher 
Inanition,  bei  Marasmns  senilis,  Krebskacbexie,  Alkoholismns,  akuten 
Infektionskrankheiten. 

Diese  Untersuchungen  geben  eine  anatomische  Gmndlage  für  die 
Beobachtungen  am  Krankenbett. 

Sehr  bänfig  beobachtet  man  solche  läbmnngsartige  Schwächezustände 
bei  schweren  Anämien  und  Chlorosen,'^*)  ebenfalls  bei  der  perniziösen 
Anämie.  Die  Muskeln  werden  schlaff,  energielos,  selbst  wenn  noch  ein 
reichliches  Fettpolster  besteht;  es  kommt  selbst  zur  deutlichen  Muskel- 
atrophie  und  zur  Herabsetzung  der  elektrischen  Erregbarkeit.  Solche 
Beobachtungen  erinnern  an  das  Verhalten  der  japanischen  Kakke,  welche 
ebenfalls  zn  nenritischen  Lähmungen  führt. 

Aebnlicbe  Zustände  beobachtet  man  bei  anämischen  Greisen.** •••)^) 

Zu  diesen  marastischen  Formen  von  multipler  Neuritis  bin  ich  nun 
eher  geneigt,  die  multiple  Neuritis  der  Tuberkulösen  zn  rechnen,  als  zu 
den  infektiösen. 


*)  Beiträge  zur  I’atliulogie  der  Tabes  dorsalis  und  der  pcri|dieren  Nerven- 
erkrankung. Areh.  f.  Psycb.  XVIII.  2. 

•*)  Vergl.  Klin.  d.  Kückenmarkskr.  If.,  S.  23:  Die  chlorotische  Lähmung. 

•••)  Die  progressive  Muskelsehwäehe  der  Greise.  Klin.  d.  Rückenniarkskr.  II., 
.S.  49. 


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Noch  eine  andere  Form  mnhipler  nenritischer  Lähmnngen  rechne  ich 
hierher,  nämlich  die  Lähmnngen  bei  Diabetes.  Mnskelschwäche, 
läbmnngsartige  Zustände  bei  Diabetes,  selbst  aufsteigende  Paralyse  sind 
schon  von  Marshall  beschrieben  worden  (Sur  les  Ilions  cerebro-spinales 
consäeutives  aux  diabetes.  Compt  rend.  LVIL);  besonders  hat  Dickinson 
(Ueber  die  krankhafte  Veränderung  des  Gehirns  und  Rückenmarks  bei 
Diabetes.  1870)  sich  mit  den  nervösen  Erscheinungen  bei  dieser  Krankheit 
beschäftigt.  Er  sucht  freilich  die  Ursache  derselben  in  anatomischen  Lä- 
sionen der  Med.  oblong,  im  Bereich  des  vierten  Ventrikels,  wie  für  ihn 
überhaupt  der  Diabetes  eine  Krankheit  des  Nervensystems  ist.  In  dem 
letzten  Jahrzehnt  ist  auf  die  Häufigkeit  nervöser  Erscheinungen  bei  Dia- 
betes mehrfach  hingewiesen  worden.  Veit  machte  auf  die  Häufigkeit  von 
Neuralgien  (Ischias,  Tic  douloureux)  bei  Diabetes  aufmerksam.  Auer- 
bach veröffentlichte  1885  im  Deutschen  Archiv  für  klinische  Medizin 
einen  Aufsatz:  Ueber  das  Verbältniss  der  Diabetes  mellitus  zu  Affektionen 
des  Nervensystems.  Althaos  in  London  war  einer  der  Ersten,  welcher 
darauf  hinwies,  dass  die  Sensibilitätsstörnngen  bei  Diabetes  grosse  Ueber- 
einstimmuDg  mit  dem  Bilde  der  Tabes  zeigten.  Raven  machte  auf  den 
Verlust  des  Kniephänomens  aufmerksam  (Disappearence  and  retnm  of 
Knee-jerk  in  Diabetes.  Brit.  med,  Journ.  1887).  Ziemssen  theilte  in  der 
Münchener  medizinischen  Wochenschrift  1885  Fälle  von  ausgesprochener 
Neuritis  bei  Diabetes  mit.  Endlich  bat  Hoesselin  theils  in  der  Münchener 
Wochenschrift  1886,  theils  in  dem  Aerztlichen  Bericht  über  seine  Privat- 
heilaustalt  wertbvolle  Mittheilungen  über  diesen  Gegenstand  gegeben. 

Die  lähmungsartigen  Zustände,  welche  den  Diabetes  begleiten  können, 
haben  grosse  Aehnlichkeit  mit  denen  nach  chronischem  Alkoholimna. 
Man  kann  auch  hier  drei  Formen  unterscheiden:  1)  Die  hyperästbetische 
oder  neuralgische  Form  besteht  in  dem  Auftreten  mehr  oder  minder  leb- 
hafter Schmerzen.  Dieselben  treten  entweder  io  der  Form  von  Neuralgien 
auf  (Ischias,  Trigeminus-Neuralgie  etc.)  oder  nach  der  Art  der  multiplen 
Neuritis,  indem  sie  an  den  Füssen,  Unterschenkeln,  zuweilen  auch  an  den 
Händen  io  symmetrischer  Weise  erscheinen.  Gewöhnlich  gehen  sie  mit 
Schwächeznständen  einher,  indessen  zuweilen  tritt  die  Schmerzhaftigkeit, 
ebenso  wie  beim  Alkoholismus  ganz  in  den  Vordergrund. 

2)  Die  motorische,  paralytische  Form  besteht  in  Schwäche  der 
Unterextremitäten  bis  zur  mehr  oder  minder  ausgesprochenen  Lähmung. 
Die  Muskeln  sind  schlaff,  dünn,  die  Sehnenreflexe  fehlen,  elektro-mnsku- 
läre  Abnormitäten  werden  konstatirt.  Auch  diese  motorische  Form 
ist  häufig  von  neuritischen  Schmerzen  begleitet. 


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3)  Endlich  die  ataktische  Form,  Pseudotabes  der  Diabetischen  mit 
Sensibilitätsstörnngen,  tanbem  Gefühl,  Pelzigsein  in  den  Füssen,  und 
weitergehenden  Sensibilitätsstörungen,  wobei  die  grobe  Muskelkraft  er- 
halten oder  doch  nicht  wesentlich  herabgesetzt  ist.  Sehnenreilexe  anf- 
gehoben,  keine  Pupillenstarre. 

Wir  sind  berechtigt,  alle  diese  Zustände  für  nenritische  zu  halten, 
da  die  Symptome  und  der  V'erlauf  mit  den  bekannten  Formen  der  Neu- 
ritis, besonders  der  alkoholischen  Neuritis  übereinstimmen.  Ueberdiess 
haben  die  mehrfach  angestellten  Untersuchungen  des  Rückenmarks  keine 
deutlichen  Erkrankungen  desselben  ergeben. 

Ich  selbst  habe  ausser  mehreren  Fällen  von  diabetischer  Muskel- 
scbwäche  zwei  sehr  exquisite  Fälle  von  multipler  Neuritis  beob- 
achtet. Den  ersten  sah  ich  bereits  vor  10  Jahren  bei  einem  55jährigen 
Herrn  aus  Kurland,  welcher  an  Diabetes  massigen  Grades  litt.  Er  hatte, 
als  ich  ihn  sah,  nur  2 pCt.  Zucker  und  befand  sich  in  einem  leidlichen 
Ernährungszustände.  Unter  lebhaften  reissenden  Schmerzen  hatte  sich 
eine  Schwäche  der  Unterextremitäten  entwickelt,  so  dass  Patient  ganz 
unfähig  war,  zu  gehen.  Ich  erkannte  schon  damals  die  Krankheit  als 
Neuritis  und  behandelte  sie  mit  Opium,  Elektrizität,  Diät.  Der  Patient 
ist  im  Verlaufe  eines  Jahres  ganz  hergestellt,  ich  habe  noch  mehrere 
Jahre  später  von  seinem  guten  Befinden  Nachricht  erhalten.  Der  zweite 
Fall  war  ein  Gutsbesitzer  aus  Westpreussen,  der  seit  mehreren  Jahren 
an  Diabetes  massigen  Grades  litt  (5  bis  1 pCt.),  übrigens  sehr  gut  ge- 
nährt nnd  kräftig  war.  Er  hatte  mehrmals  Carlsbad  besucht.  Vor  drei 
Jahren  kam  er  zu  mir  wegen  häufiger  und  zum  Theil  sehr  heftiger 
Schmerzen  in  den  Unterextremitäten.  Ich  behandelte  ihn  hier  6 Wochen 
ohne  sonderlichen  Erfolg  und  sah  ihn  dann  nicht  wieder  bis  vor  Kurzem. 
Er  berichtete  mir  gegenwärtig,  dass  nach  einiger  Zeit  die  Schmerzen  nach- 
Hessen,  aber  dafür  eine  grosse  Schwäche  der  Extremitäten  sich  eingestellt 
habe.  Er  sei  mittelst  sehr  strenger  Diät  behandelt,  aber  obgleich  der 
Zucker  längere  Zeit  ganz  verschwunden  war,  habe  die  Schwäche  sich 
nur  vermehrt.  Er  sei  über  20  Pfund  abgemagert.  Dann  habe  er  von 
den  strengen  Regeln  Abstand  genommen  und  sich  allmälig  wieder  erholt, 
gleichzeitig  seien  nnn  die  Muskelschwächc  und  die  Schmerzen  besser  ge- 
worden, ohne  jedoch  schon  ganz  geheilt  zu  sein. 

Ich  glaube  nach  diesen  Beobachtungen,  dass  man  die  diabetische 
Neuritis  nicht  ohne  Weiteres  von  der  Belastung  des  Blutes  mit  Zocker 
herleiten  kann,  denn  sie  entwickelt  sich  keineswegs  am  häufigsten  bei 
den  hochgradigen  Formen  der  Diabetes,  und  die  Intensität  der  Erscheinungen 


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and  des  Verlaafes  wird  keineswegs  nnmittelbar  dadurch  beeinflnsst,  dass 
man  den  Zucker  durch  strenge  Diät  zum  Verschwinden  bringt  Das 
Auftreten  der  Neuritis  ist  zwar  an  den  Diabetes,  aber  ebenso  wenig,  wie 
die  Lähmnngen  nach  akntcn  Krankheiten,  ansscbliesslich  an  die  Fälle 
von  grosser  Intensität  gebunden.  *)  Die  meisten  Aerzte  stellen  bezüglich 
der  Therapie  dieser  Läbmnng  die  Indikation,  dass  der  Znckergehalt  des 
Harns  möglichst  schnell  zum  Verschwinden  gebracht  werde  und  es  daher 
der  strengsten  diätetischen  Maassregeln  bedürfe.  Indessen  man  täuscht 
sich,  wenn  man  glaubt,  dass  hierdurch  der  Verlauf  der  Neuritis  direkt 
beeinflusst  wird.  Ebenso  wie  sie  sich  bei  Diabetikern  mit  geringem  Zncker- 
gehalt entwickeln  kann,  ebenso  besteht  sie  trotz  des  Verschwindens  von 
Zucker  fort,  sie  hat  nun  ihren  eigenen  gewöhnlich  sehr  schleppenden 
Verlauf.  Dennoch  ist  die  Prognose  nicht  ungünstig,  Heilungen  sind  mehr- 
fach beobachtet,  ebenso  wie  in  den  von  mir  behandelten  Fällen.  Ich 
bin  indessen  der  Meinung,  dass  eine  zweckmässige  Diät,  welche  znr 
Kräftigung  und  Erholung  der  Patienten  führt,  ferner  Rahe  und  Schonnng 
der  affizirten  Muskeln  am  meisten  zur  Herstellung  beiträgt  Die  gal- 
vanische Behandlung  ist,  wie  auch  Hoesselin  angiebt,  von  nntergeordneter 
Bedeutung. 

Wir  kommen  nnn  — last  not  least  — zur  letzten  Form  der  multiplen 
Nenritis,  der 

IV.  sensiblen  oder  ataktischen  Form  der  multiplen  Nenritis, 
der  Nervotabes  peripherica  oder  Pseudotabes, 

deren  Kenntniss,  auch  im  Verhältniss  zu  dem  jungen  Alter  der  mnltiplen 
Neuritis  überhaupt  fast  ganz  neueren  Datums  ist  Die  hierher  gehörigen 
Beobachtungen  und  Tbatsachen  haben  sowohl  in  praktischer  wie  in  patho- 
logisch-physiologischer Beziehung  eine  grosse  Bedeutung,  and  Sie  werden 
es  begreiflich  finden,  dass  ich  dieselben  mit  ganz  besonderem  Interesse 
verfolgt  habe,  da  sie  zu  der  Theorie  der  Ataxie  resp.  der  Tabes  in  naher 
Beziehung  stehen. 

Sie  wissen,  m.  II.,  dass  ich  seit  meiner  im  Jahre  1863  erschienenen 
Monographie  „Ueber  die  graue  Degeneration  der  hintern  Rückenmarks- 
stränge“ (Tabes  dorsalis)  die  Theorie  aufgestellt  and  vertreten  habe, 
dass  diese  Krankheit  in  einer  allmälig  fortschreitenden  Degeneration  and 
Atrophie  sensibler  Leitungsfasern  bestehe,  und  dass  sie  anatomisch  sich 

•)  Amh  Thomas  in  Kreitiiirg  berichtet  einen  Fall  von  Polyneuritis  bei  einem 
Diabetiker,  welcher  nur  Va  l’Cl-  Zucker  hatte. 


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saf  die  der  Sensibilität  dienenden  Stränge  im  Rückenmark,  sowie  die  der 
Sensibilität  dienenden  hinteren  Rückenmarkswnrzeln  erstrecke.  Dos 
auffälligste  und  wichtigste  Symptom  der  Krankheit,  die  Ataxie  habe 
ich  von  dem  Verlost  an  Sensibilität  bergeleitet  und  mich  bemüht,  durch 
Untersuchungen  an  Kranken  sowie  durch  experimentelle  Forschungen 
den  Beweis  für  die  Richtigkeit  meiner  Theorie  zu  führen.  Indessen,  da 
es  nicht  möglich  war,  die  Beweise  bis  zur  Sicherheit  einer  mathematischen 
Formel  zu  führen,  so  bin  ich  meiner  Theorie  wegen  vielfach  angegriffen 
worden,  habe  mich  aber  niemals  veranlasst  gesehen,  die  Waffen  zu 
strecken.  Einen  der  heftigsten  Angriffe  erfuhr  ich  s.  Z.  von  Dr.  E.  Cyon 
in  Petersburg,  welcher  mir  n.  a.  vorwarf,  ich  hätte  die  durch  Nichts 
begründete  Theorie  anfgestellt,  dass  die  Tabes  in  den  peripheren  Nerven 
beginne.  Ich  musste  zu  meiner  Vertheidigung  darlegen,  dass  ich  diese 
Behauptung  gar  nicht  aufgestellt  hatte,  aber  sie  lag  in  der  That  in  der 
Konsequenz  der  von  mir  durchgeführten  Anschauungen,  und  ich  bedanre 
heute,  dass  ich  diese  Zumnthüng  damals  so  bestimmt  von  mir  abweisen 
musste.  Nachdem  die  Diskussionen  über  die  Theorie  der  Tabes  in  ein 
ruhiges  Fahrwasser  eingelenkt  hatten,  sind  in  den  letzten  Jahren  That- 
sachen  und  Untersuchungen  bekannt  geworden,  welche  ich  als  wichtige 
und  willkommene  Bestätigung  der  von  mir  seit  1863  vertretenen  Theorie 
der  Tabes  begrüsse.  Im  vorigen  Semester  hat  Herr  Stabsarzt  Oold- 
scheider  in  dieser  Gesellschaft  seine  sehr  interessanten  und  ingeniösen 
Versuche  vorgetragen,  welche  in  das  Gebiet  der  Ataxie  fallen;  er  hat 
an  seinen  Fingern  (Fingerspitzen)  durch  Benutzung  des  sekundären  In- 
duktionsstromes  eine  Herabsetzung  der  sensiblen  Leitung  in  den  peripheren 
Nervenenden  erzeugt,  und  unter  Anwendung  geeigneter  Zeichenapparate 
nachgewiesen,  dass  die  Wahrnehmung  von  passiven  und  aktiven  Be- 
wegungen, sowie  der  Muskelsinn  in  einer  W^eise  abgeschwächt  wurde, 
welche  den  bei  Ataxie  resp.  Tabes  beobachteten  Phänomenen  durchaus 
entspricht.  Eis  ist  hier  nicht  der  Ort,  auf  diese  interessanten  Untersuchungen, 
welche  bereits  gedruckt  vorliegen,  näher  einzugehen. 

Die  zweite  Reibe  von  Beobachtungen,  welche  ich  als  Bestätigung 
meiner  Theorie  von  der  Ataxie  1.  pr.  betrachte,  sind  die  Beobachtungen 
über  die  sensible  E'orm  der  multiplen  Neuritis.  Diese  Form,  hauptsäch- 
lich von  französischen  Autoren  studirt,  wird  allgemein  gleichzeitig  als 
ataktische  E'orm  der  multiplen  Neuritis,  als  Pseudotabes  oder  Nervotabes 
peripb.  bezeichnet,  und  das  Auftreten  atektischer  Bewegungsstörungen, 
welches  sie  von  der  paralytischen  Form  wesentlich  unterscheidet,  auf  die  Be- 
theilignng  der  sensiblen  Nerven  znrüekgeführt.  Dass  hierbei  eine  scharfe 


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Trennang  zwischen  motorischer  and  sensibler  Form  in  der  Regel  nicht 
stattfindet,  dass  auch  die  Psendotabes  häufig  mit  Mnskelschwäche  verbanden 
ist,  habe  ich  übrigens  schon  oben  hervorgehoben. 

Als  derjenige  Autor,  welcher  die  meisten  Verdienste  um  die  Kennt- 
niss  dieser  sensiblen  Neuritis  bat,  ist  Dejärine  zu  bezeichnen. 

Die  multiple  sensible  Neuritis  zerfällt  in  zwei  Formen: 

a.  Die  akute  resp.  subakute  Form,  welche  sich  der  typischen  mul- 
tiplen Neuritis  anscbliesst  und  dieselbe  häufig  begleitet.  Hierher  gehören 
die  Fälle  von  akuter  Ataxie  nach  akuten  Krankheiten,  welche  schon 
Eisenmann  beschreibt  und  welcher  wir  oben  bereits  gedacht  haben. 
Nach  Diphtherie,  Pocken,  Typhus  und  anderen  Infektionskrankheiten 
sind  mehr  oder  minder  deutliche  Ataxieen  beobachtet  worden,  häufig  von 
Mnskelschwäche  begleitet.  Auch  die  übrigen  Ursachen,  welche  wir  für 
die  typische  (motorische)  multiple  Neuritis  angeführt  haben,  treffen  für 
diese  akuteAtaxie  zu.  Die  spontane  multiple  Neuritis  kann  sich  mit 
Ataxie  verbinden,  unter  den  toxischen  Formen  haben  wir  nach  Blei- 
vergiftung, nach  Arsenikvergiftung,  besonders  aber  nach  chronischem 
Alkoholismus  exquisite  Ataxieen  erwähnt,  welche  derTabes  in  hohem  Grade 
ähnlich  sind.  Endlich  haben  wir  unter  der  IV.  Form,  der  kachektischen 
multiplen  Neuritis  vor  allen  Dingen  den  Diabetes  mellitus  als  Ursache  der 
Psendotabes  kennen  gelernt.'^) 

Alle  diese  Fälle  von  Ataxie  stimmen  darin  überein,  dass  sie  mit 
Sensibilitätsstörungen,  Pelzigsein,  Schmerzen  etc.  verbanden  sind,  welche 
wir  als  die  Ursache  der  Ataxie  betrachten  müssen. 

Es  gicbt,  sagt  Dejcrine,'*^'^)  klinische  Krankheitsbilder  mit  Störungen 
der  Sensibilität  und  Motilität,  welche  der  klassischen  Tabes  gleichen,  bei 
welchen  jedoch  die  Mednlla  spinalis  gesund  ist,  dagegen  eine  Läsion  der 
peripheren  Nerven  als  Ursache  der  Krankheitserscheinungen  sich  ergiebt. 

Als  die  zweite  Form  der  sensiblen  multiplen  Neuritis  ist  diejenige 
zu  bezeichnen,  welche  zur  typischen  Tabes  in  naher  Beziehung  steht, 
welche,  wie  diese,  meist  chronisch  ist  und  in  einer  sklerosirenden  Atrophie 


*)  In  der  These  von  Leval-Piqueclief,  Paris  18fi7,  .De  Pseudolabes“  ist 
noeh  als  eine  besondere  Form  die  neurastbenische  Form.  Tabes  illiisoria,  aiif- 
gestellt.  Ich  balle  die  Aiifslelbing  dieser  Form  für  ganz  bereebtigl,  möehle  aber 
auf  dieselbe  hier  nicht  näher  eingeben. 

**)  Sur  le  nervotabcs  peripb^rique  (alaxie  lueumütuiru  par  nevrilis  peripbcriqucs 
avec  inlegrilc  ahsolue  des  raeines  poslerieiires,  des  ganglions  spinaux  ct  de  la  moC-lle 
epiniere.  Compt.  rend.  de  I’Acad.  1883.) 


V. 


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der  peripheren  sensiblen  Nerven  besteht  Aach  diese  Form,  erst  seit 
einigen  Jahren  näher  studirt,  hat  ein  grosses  Interesse,  da  bisher  De- 
generationen der  peripheren  Nerven  bei  der  Tabes  wenig  bekannt  waren 
(ausser  der  Atrophie  des  Opticns). 

Im  Jahre  1879  nnd  1880  wies  Pierret  nach,  dass  bei  Tabikern  die 
spinalen  and  cerebralen  sensiblen  Nerven,  ebenso  wie  der  N.  Opticns 
Sita  peripherer  Veränderungen  sein  könnten,  welche  ohne  kontinairliche 
Beciebnng  an  der  centralen  (spinalen)  A£fektion  bestehen.  Seine  Unter- 
Buchnngen  lehrten  ihn,  dass  diese  Läsionen  nicht  konstant  Vorkommen  und 
dass  sie  heilen  könnten,  namentlich  nntcr  dem  Gebrauch  von  Thermen. 
Sodann  pnblizirte  D^jerine  in  dem  Arch.  d.  physiologie  et  path.  1883 
eine  interessante  Abhandlung,  in  welcher  er  der  sensiblen  peripheren 
Neuritis  eine  wichtige  Rolle  für  die  sensiblen  und  trophiscben  Störungen 
in  der  Haut  der  Tabiscben  zuscbreibt  Er  glaubt,  dass  sie  unter  den- 
jenigen Ursachen  mitwirken,  welche  im  zweiten  Stadium  der  Tabes  die 
Ataxie  erzeugen.  Döjerine  untersuchte  bei  einer  Frau,  welche  nach 
zehnjähriger  Tabes  gestorben  war,  die  zu  den  anästhetischen  Hautstellen 
gehörigen  Nerven  und  fand  dieselben  hochgradig  degenerirt.  Diese  De- 
generation stand  mit  der  Degeneration  der  Spinalwurzeln  weder  im  Ver- 
hältniss  noch  im  kontinuirlichen  Zusammenhänge.  Auch  die  Atrophie 
des  Opticus  sei  eine  rein  periphere. 

Die  Priorität  für  die  Entdeckung  dieser  neuen  Thatsacben  kommt, 
wie  Dejörine  anerkennt,  unserm  verehrten  Kollegen  C.  Westphal  zu, 
welcher  bereits  1878  Untersuchungen  über  die  Degeneration  peripherer 
sensibler  Nerven  bei  Tabes  publizirt  hat.  Eine  Vervollständigung  dieser 
Beobachtungen  geben  die  kürzlich  erschienenen  sorgfältigen  Untersuchungen 
ans  der  hiesigen  Nervenklinik  von  Dr.  Oppenheim  und  Dr.  Siemerling. 
Sie  fanden  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  von  typischer  Tabes  in  den  Ver- 
zweigungen der  Ilautnerven  so  beträchtliche  Alterationen,  wie  sie  nur 
noch  in  Fällen  von  Neuritis  gefunden  werden.  Die  periphere  Natur 
ergiebt  sich  daraus,  dass  die  grösseren  Nervenstämme  sehr  viel  weniger 
an  dieser  Degeneration  Theil  nehmen,  und  dass  die  Rückenmarkser- 
krankung  in  keinem  Verhältnisse  zur  Erkrankung  der  peripheren  Nerven 
steht.  Dennoch  kommen  die  Autoren  zu  dem  Schluss,  dass  die  Ent- 
wickelung der  Tabes  aus  einer  peripheren  Neuritis  durch  keine  Thatsache 
sichergestellt  erscheint. 

Pitres  und  Vaillard  haben  in  einem  Aufsatz  der  Revue  d.  Mede- 
cine*)  1886  eine  kritische  Zusammenstellung  aller  bis  dabin  bekannt 

Contribiitiiin  a l'eeudc  des  ni-vrites  periplieriqnes  cliez  leji  tabetiques. 


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126 


gewordeoen  BeobachtaDgen  über  periphere  Neuritis  bei  Tabes  gegeben  und 
haben  sieben  eigene  Beobachtungen  hinzugefngt.  Sie  heben  hervor,  dass 
diese  Alterationen  allemal  nur  mikroskopische  waren,  häufiger  an  den 
kleineren  Aesten  als  am  Stamm  der  Nerven  sich  fanden.  Die  typischen 
Symptome  der  Tabes  wollen  die  Autoren  nicht  hiervon  herleiten,  sondern 
nur  die  ungewöhnlichen  i.  e.  nur  die  Plaques  d’anesthesie,  die  trophi- 
schen  Erscheinungen,  Arthropathien,  Enochenfrakturen  etc.  Pitres  und 
Vaillard  konstatirten  bei  Tabischen  gelegentlich  auch  Erkrankungen 
der  motorischen  peripheren,  ebenso  der  gemischten  und  der  visce- 
ralen Nerven.  Endlich  scheint  es  auch  möglich,  dass  zu  Tabes  eine 
mehr  oder  minder  akute  motorische  Neuritis  hinzutritt,  welche  wieder 
rückgängig  werden  kann.  So  berichtet  Dejerine  einen  Fall  von  Para- 
plegie in  Folge  von  peripherer  Neuritis  bei  einem  morphiumsüchtigen 
Tabiker,*) 

Trotz  aller  dagegen  vorgebrachten  Bedenken  legen  die  mitgetheilten 
Beobachtungen  die  Frage  nahe,  ob  die  Tabes  einen  peripheren  Ursprung 
haben  könne  und  ob  sie  zu  einer  gewissen  Zeit  ihrer  Entwickelung,  wo  sie 
jedoch  schon  charakteristische  Symptome  darbietet,  auf  eine  periphere 
Erkrankung  beschränkt  sein  könne,  frei  von  jeder  Läsion  des  Rücken- 
marks.**) Diese  Frage  ist  ebenso  interessant  in  wissenschaftlicher  Be- 
ziehung, wie  sie  praktisch  wichtig  ist.  Denn  wenn  wir  berechtigt  sind  an- 
zunehmen, dass  periphere  neuritische  Prozesse  viel  leichter  zur  Heilung  zu 
bringen  sind,  wie  centrale  (spinale),  so  muss  es  von  grosser  Bedeutung 
sein,  wenn  im  Beginne  der  Tabes  ein  Stadium  besteht,  in  welchem  sie  eine 
rein  periphere  Krankheit  ist  Wenn  Pierret  behauptet,  dass  die  periphere 
Neuritis  bei  Tabes  wieder  geheilt  werden  könne,  besonders  durch  den  Ge- 
brauch von  Thermalbädern,  so  klingt  dies  durchaus  wahrscheinlich.  Ebenso 
berechtigt  ist  die  Frage,  ob  jene  zwar  nicht  häufigen  Fälle  von  angeblich  ge- 
heilter Tabes,  welche  veröffentlicht  wurden,  diesem  peripheren  Stadium  an- 
gehörten. Ja,  auch  die  mechanische  oder  operative  Behandlung  würde  eher 
eine  Begründung  finden  können,  wenn  man  ein  solches  Stadium  der  Tabes 
annehmen  könnte.  So  sehr  ich  mich  non  auch  der  Ansicht  zuneige,  dass 

*)  Hieran  sriilirsst  sich  noth  die  soeben  erschienene  Arbeit  von  Dr.  Xonna 
Zur  Kasuistik  der  Betlieiligung  der  peripberen  Nerven  bei  Tabes  dorsales.  Areiiiv 
für  Psyeh.  XII  S.  357. 

**)  Kür  lien  peripheren  UrspruiiR  der  Tabes  ist  v.  Keuz  in  Wildbad  schon 
18S4  (Krienmeyer  s Cenlralblatt  für  Nervenheilkunde)  eingetretca;  er  spricht  hier 
die  Ansicht  aus,  dass  die  Tabes  in  den  peripheren  Emlansbreittingen  des  Ple.vus 
piidendo-haemorrhodalis  iliren  Aiisj^ang  nehme. 


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127 


die  peripheren  Degenerationen  der  sensiblen  Nerven  nichts  Znfälliges  sind, 
sondern  dass  sie  auf  eine  von  der  Peripherie  aus  fortschreitende  Ent- 
wickelnng  der  sklerotischen  Degeneration  hindeuten,  so  ist  doch  kaum 
aozunehmen,  dass  deutliche  Symptome  der  Ataxie  schon  zu  einer  Zeit 
hervortreten  dürften,  wo  der  Prozess  noch  auf  die  Peripherie  beschränkt 
ist.  Für  einzelne  Fälle,  wo  die  blitzartigen  Schmerzen  lange  bestanden 
und  erst  nach  Jahren  zu  den  ersten  Symptomen  der  entschiedenen  Tabes 
führten,  ist  der  Oedanke  kaum  abznweisen,  dass  der  Prozess  Jahre  lang 
nor  in  der  Peripherie  der  Nerven  bestanden  habe. 

Fragen  wir  endlich  noch,  ob  die  akute  Ataxie,  d.  h.  die  sensible 
Form  der  multiplen  Neuritis  in  die  chronisch-degenerative  Form  über- 
gehen, auf  das  Rückenmark  übergreifen  und  damit  zur  typischen  Tabes 
führen  könne,  so  liegen  auch  hierfür  noch  keine  Beweise  vor,  aber  bei 
der  Mannigfaltigkeit  und  den  vielfachen  Verkettungen  der  Erscheinungen 
werden  weitere  Beobachtungen  auch  auf  diese  Möglichkeit  Rücksicht  zu 
nehmen  haben. 


Ein  Fall  von  Epilepsie,  komplizirt  durch  Tetanie. 

Von 

Dr.  Herhold,  Assistenzarzt  im  8.  Westfal.  Inf.-Kogt.  No.  57  in  Wesel. 


Musketier  L.,  im  November  1885  eingestellt,  hatte  nach  Angabe  seiner 
Stubenkameraden  Januar  1886  einen  „Krampfanfall“  mit  Bewusstseins- 
Verlust;  eine  14 tägige  Beobachtung  auf  Epilepsie  im  Lazaretb  blieb 
resnltatlos,  und  tbat  L.  bis  zum  Dezember  1886  ohne  weitere  Krank- 
meldung Dienst,  obschon  er  öfter  allgemeine  Krampfanfälle  wie  auch 
die  später  zu  beschreibenden  Fingerkrämpfe  bekam.  Im  Dezember  1886 
ging  L.  mit  einer  sehr  starken  Kontusion  der  linken  Augengegend,  welche 
er  während  eines  Krampfanfalles  erlitten,  im  Revier  zu.  Unwillkürlich 
übte  ich  in  Erinnerung  an  zwei  Fälle  von  Tetanie,  — die  sich  einige 
Monate  vorher  auf  der  inneren  Abtbeilung  unseres  Lazaretbs  befanden, 
leider  aber  ein  wenig  klares  Bild  genannter  Krankheit  boten  und  sich 
infolgedessen  nicht  zur  Veröffentlichung  eigneten,  — einen  Druck  auf 
die  Gegend  des  Oberarms  ans,  wo  das  Armnervengefleebt  und  die  art. 
brachialis  dicht  unter  der  Haut  liegen,  und  konstatirte  eine  kurz  darauf 
eintretende  Steifheit  und  Krümmung  der  Finger  an  dem  betreffenden 
Arme;  L.  wurde  dem  Lazareth  überwiesen. 


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Hier  gab  der  sehr  wenig  intelligente  Mann  vorgescbichtlich  an,  dass 
elterlicherseits  keinerlei  Nerven-  oder  Geisteskrankheiten  beständen,  dass 
jedoch  ein  älterer  Bruder  in  den  Entwicklnngsjahren  Krampfanfälle 
gehabt  habe,  — welche  später  verschwunden  sein  sollen,  — und  dass 
eine  brustkranke  Schwester  an  öfters  nach  Handarbeiten  anftretenden 
Fingerkrämpfen  leide.  Er  selbst  habe  in  seinem  7.  Lebensjahre  einen 
schweren  Typhus  überstanden;  seit  seinem  16.  Lebensjahre  werde  er 
häufig  sowohl  von  Fingerkrämpfen,  deren  Eintreten  namentlich  durch 
Arbeiten  im  Freien  bei  nasskalter  Witterung  hervorgerufen  werde,  als 
auch  von  allgemeinen,  mit  Verlust  des  Bewusstseins  eiohergehenden,  und 
nach  gemüthlichen  Erregungen  sich  häufiger  einstellenden  Krampf- 
anfällen heimgesucht.  Den  Fingerkrämpfen  ginge  stets  ein  Gefühl  von 
Kribbeln  und  Taubheit  in  den  Fingerspitzen  vorher. 

Der  kräftig,  untersetzt  gebaute  und  gut  genährte  Mann  zeigt  zu- 
nächst keine  besonderen  Anomalien;  am  linken  Daumen  befindet  sich  eine 
kleine  nicht  druckempfindliche  Hautnarbe,  die  von  einer  im  10.  Lebens- 
jahre acquirirten  Messerscbnittwunde  herrührt.  Die  Organe  der  Brust- 
und  Bauchhöhle  erscheinen  intakt. 

Zeichen  einer  gröberen  Erkrankung  des  Ccntral-Nervensystems 
fehlen.  Am  linken  Unterschenkel  werden  Knopf  und  Spitze  einer  Steck- 
nadel weniger  deutlich  unterschieden  als  rechterseits ; auch  scheint  hier 
der  Drucksinn  und  das  Gefühl  für  Temperaturunterschiede  weniger 
deutlich  ausgeprägt  zu  seiu.  Während  der  Untersuchung  stellten  sich 
häufig  fibrilläre  Zuckungen  in  den  Muskeln  der  Extremitäten  und  des 
Rumpfes  ein.  — Die  Untersuchung  der  motorischen  Nerven  mit  dem 
faradischen  Strome  ergab  eine  deutliche  Erhöhung  der  Erregbarkeit  der 
Nerven  an  den  oberen  und  unteren  Extremitäten;  an  den  nn.  faciales 
war  diese  Uebererregbarkeit  nicht  vorhanden.  Andere  Nerven  wurden, 
weil  sie  einer  Untersuchung  weniger  zugänglich  waren,  nicht  untersucht.  — 
Mit  dem  galvanischen  Strome  konstatirte  ich  ebenfalls  eine  deutliche 
Uebererregbarkeit  an  den  motorischen  Nerven  der  Extremitäten,  sowohl  für 
die  Schliessungs-  als  auch  für  die  Oefifnungszuckung:  so  erhielt  ich  z.  B. 
bei  Anwendung  von  zwanzig  Elementen  Schliessungszuckung  und  starke 
Oeffnungszuckung,  während  bei  möglichst  unter  gleichen  Verhältnissen 
augestellteu  Farallelversuchen  nur  eine  starke  Schliessungszuckung  und 
eine  schwache  Oeffnungszuckung  eintrat.  Zugleich  war  das  rasche  Ein- 
treten von  Oeffnungszuckung  bei  L.  bemerkenswerth.  Dieselbe  zeigte 
sich  bei  ihm  im  Gegensatz  zum  normalen  Verhältniss  bei  Einschaltung 
von  weniger  Elementen,  als  es  deren  zum  Hervorbringen  einer  Schliessnngs- 


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Euckang  bedarfte.  Diese  Versuche  auf  galvanische  Uebererregbarkeit 
wurden  nur  auf  die  motorischen  Nerven  der  Extremitäten  und  den  n.  facialis 
ausgedehnt;  letzterer  Nerv  zeigte  dabei  eine  erhöhte  Erregbarkeit  nicht. 

Die  mechanische  Erregbarkeit  der  motorischen  Nerven  ist  ebenfalls 
beträchtlich  gesteigert,  und  ist  diesmal  der  n.  facialis  nicht  allein  nicht 
ausgeschlossen,  sondern  zeigt  sich  die  Uebererregbarkeit  an > ihm  am 
deutlichsten  ausgeprägt:  leichtes  Beklopfen  des  Nerven  mit  dem  Per- 
kussionsbammer  rief  sehr  lebhafte  Zuckungen  in  der  Muskulatur  der 
betreffenden  Gesicbtshälfte  hervor.  — Druck  auf  die  arteria  brachialis 
resp.  auf  das  Oberarm-Nervengeflecht  bedingt  die  unter  dem  Namen  des 
Trousseau' sehen  Phänomens  bekannte  Erscheinung:  sehr  schnell  ein- 
tretendes Gefühl  von  Kribbeln  und  Tanbsein  in  den  Fingerspitzen,  dann 
starke  Adduktion  des  Daumens  und  Beugung  der  stark  aneinander 
gepressten,  in  den  Phalangeal- Gelenken  gestreckten  Finger  in  den 
Metacarpopbalangeal- Gelenken.  Gleichzeitig  trat  Flexion  der  Hand 
ein.  Nach  dem  Aufhören  des  Druckes  löste  sich  der  Krampf  innerhalb 
zweier  Minuten,  jedoch  blieb  noch  eine  gewisse  Steifigkeit  der  Finger 
zurück.  Dasselbe  Experiment  gelang  am  anderen  Arm  und  an  beiden 
unteren  Extremitäten,  an  anderen  Körperstellen  versagte  es.  Druck  auf 
die  arteria  und  den  n.  cruralis  löste  eine  Kontraktur  der  Zehen  ans;  die- 
selben wurden  dabei  krampfartig  aneinander  gepresst,  die  grosse  Zehe 
lag  unter  den  anderen;  die  Fnsssohle  wurde  infolge  dessen  ähnlich  wie 
der  Handteller  ausgehöhlt,  die  Ferse  etwas  in  die  Höhe  gezogen  und 
dadurch  eine  pes-equinus -artige  Stellung  geschaffen. 

Während  der  längeren  Beobachtung  im  Lazareth  wurde  nur  ein  für 
Tetanie  charakteristischer,  ohne  Bewnsstseinsverlnst  einhergehender  An- 
fall konstatirt;  es  ist  dies  erklärlich,  da  L.  derartige  Anfälle  anscheinend 
spontan  nur  nach  Arbeiten  im  Freien  bei  nasskalter  Witterung  beob- 
achtete, und  derartige  schädigende  Momente  im  Lazareth  eben  fortfielen. 
Ein  ^ veranlassendes  Moment  war  übrigens  hier  nicht  zu  konstatiren. 
Nach  Bestätigung  seiner  Mitkrankeu  batte  L.  die  Fingerkrämpfe  in  der 
vorher  beschriebenen  Weise  fast  7 Stunden  lang. 

Typische  An^le  von  Epilepsie  hatte  L.  im  Lazareth  häufiger,  ohne 
dass  es  möglich  gewesen  wäre,  dieselben  ärztlicherseits  genauer  zu 
beobachten.  Einmal  hinzngerufen,  fand  ich  L.  bewusstlos,  ziemlich  rnhig 
am  Boden  liegend;  Gesiebt  geröthet,  Nase  und  Lippen  cyanotisch, 
Pupillen  weit  und  gegen  Licbteinfall  reaktionslos,  Schaum  vor  dem 
Munde;  nach  dem  Anfalle  tiefer  Schlaf.  Wie  aus  den  Angaben  seiner 

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Zimmergenössen  za  schliessen  war,  hatte  L.  klonische  Krämpfe  vor  dem 
von  mir  beobachteten  soporösen  Stadium  gehabt. 

L.  leidet  also  an  Epilepsie  and  Tetanie.  Die  für  letztere  Krankheit 
charakteristischen  Symptome:  faradische,  galvanische  and  mechanische 
üebererregbarkeit  der  Nerven,  das  Troasseaa'sche  Phänomen,  die 
gelegentlich  auch  spontan  aaftretenden  Kontrakturen  der  Finger,  welche 
lediglich  die  Flexoren  and  Adduktoren  ergreifen,  sind  in  ausgeprägter 
Form  vorhanden. 

In  Bezog  auf  die  Entstehung  beider  Krankheiten  haben  wir  zwei 
Momente  ins  Auge  za  fassen:  die  prädisponirenden  and  die  occasionellen 
Ursachen.  Erstere  sind  laut  anamnestischer  Angaben  für  die  Epilepsie 
und  Tetanie  in  erblicher  (?)  Belastung  za  suchen.  Wenn  L.  auch 
nichts  von  Nervenkrankheiten  seiner  Eltern  weiss,  so  spricht  das  Er- 
kranken mehrerer  Geschwister  an  „Krämpfen“  dafür,  dass  irgendwo  in 
der  Ascendenz  constitntionelle  Neuropathien  vorhanden  gewesen  sind. 
Bekanntlich  ist  es  durchaus  nichts  Seltenes,  dass  hereditäre  Krankheiten 
eine  Generation  verschonen,  um  in  der  darauf  folgenden  wieder  deutlich 
anfzutreten. 

Als  occasionelle  Ursache  für  die  Tetanie  kann  der  von  L.  über- 
standene Typhns  ausgeschlossen  werden,  da  der  Zeitraum  zwischen 
dieser  Krankheit  und  dem  ersten  Auftreten  der  Fingerkrämpfe  ein  zu 
grosser  ist.  Ebenso  wenig  ist  die  am  Daumen  befindliche,  oberflächliche 
und  nicht  druckempfindliche  Narbe  von  Bedeutung.  Es  scheint  vielmehr 
der  durch  nasskalte  Witterung  bedingte,  die  peripheren  Nerven  treffende 
Reiz  auf  dem  Wege  des  Reflexes  den  Fingetkrampf  ausznlösen  und  so- 
mit auch  die  occasionelle  Ursache  zu  sein.  Durch  welches  Moment  die 
epileptischen  Anfälle  ansgelöst  werden,  lässt  sich  schwer  erkennen.  Am 
meisten  Wahrscheinlichkeit  haben  in  Bezug  auf  diesen  Punkt  die 
psychischen  Erregungen.  L.  giebt  selbst  an,  dass  er  seinen  ersten  An- 
fall im  16.  Lebensjahre  nach  voraufgegangenem  Aerger  bekommen  habe; 
während  seiner  Dienstzeit  habe  Schreck  öfter  den  Krampf  hervorgernfen. 
Entnzoa  des  Darmkanals  waren  bei  L.  nicht  vorhanden. 

Eine  wesentliche  Aenderung  trat  in  dem  Zustande  des  L.  während 
seines  Lazarethaufenthaltes  trotz  Behandlung  mit  Nervinis,  Elektrizität 
und  Bädern  nicht  ein.  Zeitweise  — namentlich  bei  milder  Witterung  — 
waren  die  für  Tetanie  charakteristischen  Symptome  etwas  weniger 
deutlich  ausgeprägt.  Nachdem  ein  epileptischer  Anfall  ärztlicherseits 
konstatirt  war,  wurde  L.  nach  Beilage  IVb.  17  der  Dienstanweisung 
vom  S.  April  1877  als  für  jetzt  unbrauchbar  zur  Disposition  der  Ober- 
Ersatzbehörden  entlassen. 


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Referate  nnd  Kritiken. 


Sanitätsbericbt  über  die  deotscben  Heere  im  Kriege  gegen 
Frankreich  1870/71.  Herausgegeben  von  der  Mediz.  Abtbl.  des 
Preass.  Kriegsministeriams  unter  Mitwirkung  etc.  III.  Bd.  Spez.  Tbeil. 
2.  Kapitel.  Verwundungen  der  Augen. 

Das  vorliegende  Kapitel  schliesst  sich  würdig  den  bisher  veröfTent- 
licbten  Theilen  des  monumentalen  Werkes  .an,  ja  im  gewissen  Sinne 
Dbertrifft  es  dieselben,  indem  ein  bisher  etwas  vernachlässigtes  Gebiet 
der  Kriegschirurgie  hier  zum  ersten  Male  anf  der  Grundlage  eines  gross- 
artigen  Materials  eine  gesonderte  und  nmfassende  Darstellung  findet. 
Dass  dieselbe  keine  erschöpfende  sein  kann,  liegt  in  der  Natur  des 
Materials,  doch  verdient  besonders  bervorgchnben  zu  werden,  dass  das- 
selbe ungleich  eingehender  nnd  wertbvoller  ist,  als  irgend  welche  ans 
früheren  Kriegen  stammende  Mittheilnngen  und  so  aufs  Nene  Zeugniss 
ablegt  nicht  nur  für  die  aufopferungsvolle  und  hingehende  Thätigkeit  der 
deutschen  Sanitätsoffiziere  im  Felde,  sondern  auch  für  den  wissenschaft- 
lichen Geist,  in  dem  sie  ihre  Aufgabe  erfassten.  Es  ist  gewiss  der 
höchsten  Anerkennung  werth,  dass  sie  bei  aller  aufreibenden  Thätigkeit 
am  Krankenbette  sich  nicht  nur  der  Mühe  unterzogen,  ihre  Beobachtungen 
in  den  Krankenjonrnalen  zu  fixiren,  sondern  auch  zeitraubende  und 
schwierige  ophthalmoskopische  Untersuchungen  anzustellen.  Hiermit  ist 
zugleich  der  im  Berichte  über  den  .Amerikanischen  Rebellionskrieg  gemachte 
Ausspruch,  der  Angenspiegel  sei  für  den  Kriegsgebrauch  prakti.sch  nutz- 
los, entschieden  nnd  endgültig  widerlegt.  Eine  werthvolle  Erweiterung 
findet  das  Material  durch  Benutzung  der  Ergebnisse  späterer  Unter- 
suchungen. welche  behufs  Feststellung  von  Invaliden  - Ansprüchen 
erfolgt  sind. 

Die  Verwertbnng  dieses  Materials,  die  Bearbeitung  nnd  Darstellung 
zeugen  nicht  nur  von  einem  seltenen  Fleiss,  sondern  bekunden  eine  Klar- 
heit des  Unheils  nnd  eine  Sicherheit  der  Kritik,  welche  ein,  was  syste- 
matische Gliedernng  nnd  harmonische  Abrundung  anbelangt,  meisterhaftes 
Ganze  geschaffen  haben.  Durch  Heranziehung  des  bisher  in  der  Litteratnr 
nicht  benutzten  Materials  aus  den  früheren  Kriegen  bat  das  Kapitel  eine 
Vervollständigung  erfahren,  welche  es  im  besten  Sinne  zu  einer  Mono- 
graphie der  Kriegsverletzungen  des  Sehorgans  erhebt.  Für  alle  künftigen 
Bearbeitnngen  dieses  Gegenstandes  wird  es  daher  die  notbwendige  Grund- 
lage bilden  müssen.  Aber  auch  der  Friedensophtbalmologe  findet  hier 
eine  Fülle  unschätzbarer  Beobachtungen  und  Erfahrungen  niedergelegt, 
ln  dieser  Beziehnng  sei  besonders  anf  den  Abschnitt  über  die  sympathischen 
Angenerkrankungen  bingewiesen. 

Am  besten  werden  wir  über  den  Umfang  und  den  Zweck,  welchen 
der  Berichterstatter  im  Auge  hatte,  durch  eine  kurze  Vorbemerkung 
orientirt;  „Der  Bearbeitung  der  Augen  Verletzungen  ist  ein  allgemeinerer 
und  umfassenderer  Charakter  als  den  übrigen  Kapiteln  dieses  Bandes 
gi'geben  worden,  im  Interesse  der  Förderung  einer  bisher  noch  wenig  im 
Zn'ammenhange  behandelten  Disziplin:  der  Kriegschirurgie  des  Sehorgans. 


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Kg  bedarf  zar  Zeit  keiner  Erörterung  mehr,  dass  innerhalb  der  Kriegs- 
chirnrgie  überhaupt  den  Verwundungen  der  Äugen  ein  eigenartiger  Platz 
gebührt:  nöthiger  ist  es,  zu  betonen,  dass  gegenüber  den  Äugenverletznngen 
durch  Unglückgfälle  im  Frieden  den  Verwundungen  des  Sehorgans  durch 
Kriegswanen  eine  abweichende  und  selbstständige  Bedeutung  zukoramt. 
Die  Eigenartigkeit  der  verwundenden  Gewalten  und  ihrer  Wirkungen, 
die  andere  Verwundungsentfernung,  der  mannigfaltige  Wechsel  der  Stellung 
der  Augen  gegenüber  der  Angriffsrichtung.  Alles  dies  bedingt  die  hervor- 
gehobene Selbstständigkeit  des  kriegschirnrgischen  Gebiets,  dessen 
Charakteristik  vornehmlich  auf  Grund  des  aus  dem  Deutsch-Französischen 
Kriege  vorliegenden  Materials  versucht  werden  soll.'' 

Das  ganze  Kapitel  zer^llt  in  fünf  Abschnitte.  Der  erste  giebt  eine 
allgemeine  statistische  und  kasuistische  Uebersicht  der  Augenverwundungen. 
Das  Material  aus  dem  Kriege  1870/7]  erstreckt  sich  auf  860  Fälle  von 
Verletzungen  des  Sehorgans  durch  KriegswaiTen,  wobei  indess  die  auf 
dem  Schlacbtfelde  Gefallenen  ausser  Betracht  geblieben  sind.  Von 
sämmtlichen  Verwundungen  bilden  dieselben  0,86%.  Bezüglich  der  Art 
der  Verletzung  entfallen  96,2%  auf  Schuss,  9,8%  auf  Hieb  und  Stich. 
Weiterhin  ergiebt  sich,  dass  die  Anschauung,  als  ob  die  unmittelbaren 
Kriegsverletzungen  des  Augapfels  an  dessen  vorderem  Umfange  stets  ohne 
Weiteres  zum  Verluste  desselben  führen  müssten,  nicht  stichhaltig  ist, 
indem  im  Ganzen  nur  39,4%  diesen  Ansgang  aufweisen.  298  Fälle  oder 
37,9“/o  ergeben  Störungen  des  Sehvermögens  bei  erhaltenem  Augapfel, 
der  Rest  22,5%  betrifft  Bewegongsstörnngen  ohne  Beeinträchtigung  des 
Sehvermögens,  Lidverletzungen  und  Sehstörungen  ohne  nähere  Angabe. 
Bei  der  ganzen  Berechnung  sind  74  Fälle  von  Sehstörungen  nach  Ver- 
letzungen weit  abgelegener  Gegenden  des  Schädels  und  Gehirns  ausser 
Betracht  geblieben.  Auf  .3.3  grossen  Quartseiten  folgen  dann  die  Kranken- 
geschichten für  247  Fälle  der  dnreh  Verwundung  erzeugten  Affektionen 
des  Sehorgans,  übersichtlich  in  Tabellenform  zusammengestellt,  so  dass 
man  sich  mit  Leichtigkeit  über  Ort,  Art  und  2^it  der  Verwundung  über- 
haupt, Art  der  Augenverletzung  bezw.  Sehstörung,  Ausgang  der  Verletzung 
zu  orientiren  im  Stande  ist.  Diese  Zusammenstellung  berücksichtigt 
ausschliesslich  Verwundungen  bei  deutschen  Heeresangehörigen  und 
zwar  lediglich  durch  Kriegswaffen  bedingte. 

Im  zweiten  Abschnitte  wird  eine  Charakteristik  der  Augen- 
verwnndungen  nach  der  Ursache  der  Verletzung  gegeben.  Ans  dem 
interessanten  Inhalte  heben  wir  nur  hervor,  dass  die  Frage  der  so- 
genannten Luftstreifschüsse,  bei  welchen  durch  das  blosse  Vorbeifliegen 
eines  Geschosses  zerstörende  Wirkungen  auf  das  Sehorgan  ausgeubt 
werden  sollen,  weder  durch  die  Mittheilungen  aus  früheren  Kriegen,  noch 
durch  die  Erfahrungen  des  Deutsch-Französischen  Krieges  eine  zweifel- 
freie Bestätigung  erfährt.  Die  Annahme  stützt  sich  in  der  Regel  auf  die 
Angaben  der  Verletzten.  Bei  näherer  Betrachtung  ist  aber  meist 
Explosionswirkung  namentlich  durch  in  der  Nähe  platzende  Spreng- 
geschosse nicht  auszuschliessen.  Wiederholt  handelte  cs  sich  auch  um 
wirkliche  Berührung  durch  Streifschüsse,  Splitter  und  dergleichen.  In 
den  übrig  bleibenden  Fällen  erscheint  die  Annahme  einer  Beeinflussung 
des  Geisteslebens  gerechtfertigt,  wie  dies  besonders  durch  einen  von 
Szokalski  berichteten  Fall  wahrscheinlich  wird.  Wir  würden  es  dann 
mit  einem  ähnlichen  Vorgang  wie  bei  der  Schrecklähmung  zu  thun  haben. 


133 


Der  dritte  Abschnitt  behandelt  die  typischen  Augenverwundungen 
im  Allgemeinen,  der  vierte  die  Verwundungen  und  traumatischen 
Affektionen  des  Sehorgans  nach  der  Art  des  Verletzungsvorganges  und 
nach  den  betroffenen  Geweben.  Das  reichhaltige  Material  ist  hier  ebenso 
eingehend  und  übersichtlich  behandelt  wie  kritisch  gesichtet.  Von  allen 
gewagten  Schlussfolgerungen  hält  sich  der  Berichterstatter  fern,  alle 
weitergebenden  Betrachtungen  geben  ein  Zeugniss  für  das  sichere  Urtheil 
und  die  vorsichtige  Kritik,  welche  ihn  bei  der  Abfassung  des  ganzen 
Kapitels  leiteten.  Wir  müssen  uns  leider  versagen  auf  den  Inhalt  näher 
einzugehen  und  wollen  hier  nur  noch  auf  den  Tbeil,  welcher  die 
Affektionen  des  Sehnerven  behandelt,  besonders  hinweisen.  Derselbe 
bietet  durch  die  zahlreichen  und  sorgfältigen  ophthalmoskopischen  Unter- 
suchungen, welche  im  späteren  Verlaufe  der  Krankheit  vorgenommen 
worden,  ein  besonders  werthvolles  Material.  Es  hat  sich  auch  hier  die 
häufig  beobachtete  Tbatsache  konstatiren  lassen,  dass  die  schliesslicbe 
Sehnervenverfärbung  sich  in  einzelnen  Fällen  erst  nach  Jahre  langem 
Bestehen  des  Krankheitsvorganges  heransstellte. 

Der  fünfte  Abschnitt,  welcher  über  die  sympathischen  Augen- 
erkrankungen handelt,  bildet  eigentlich  eine  Monographie  für  sich  und 
rechtfertigt  allein  schon  den  hohen  Werth,  welchen  wir  dem  ganzen 
Kapitel  nicht  bloss  für  die  Kriegscbirurgie,  sondern  für  die  Augenheil- 
kunde überhaupt  beilegen.  Die  Bedeutung,  welche  dieser  Abschnitt  für 
erstere  hat,  erhellt  schon  aus  dem  Umstande,  dass  die  sympathischen 
Angenerkrankungen  bisher  nur  einmal  in  der  kriegschirnrgischen  Statistik 
berücksichtigt  „worden  sind,  nämlich  in  dem  Berichte  über  den  Nord- 
amerikanischen  Rebellionskrieg,  in  welchem  41  Fälle  mit  sympathischer 
Erkrankung  des  unverletzt  gebliebenen  Auges  unter  254  Fällen  von 
2^rstörunng  eines  Auges  berechnet  werden.  Der  vorliegenden  Abhandlung 
liegt  eine  Kasuistik  von  99  Fällen  zu  Grunde,  welche,  übersichtlich 
zusammengestellt,  mit  Leichtigkeit  eine  Orientimng  über  Art  und  Verlauf 
der  Verwundung,  späteren  Zustand  des  verwundeten  Auges,  sympathische 
Erkrankung  ermöglichen.  Diese  Zusammenstellung  umfasst  sämmtlicbe 
sympathische  Erkrankungen,  welche  bei  deutschen  Verwundeten  auf 
Verletzung  des  einen  Auges  durch  Kriegswaffen  gefolgt  sind.  Alle 
anderen  Verletzungen,  ebenso  die  von  Mannschaften  der  französischen  Armee 
blieben  unberücksichtigt. 

Es  kann  nicht  der  Zweck  dieser  kurzen  Besprechung  sein  auf  den 
reichen  Inhalt  näher  einzugehen,  wir  begnügen  uns  auf  die  hohe  Be- 
deutung dieses  Abschnittes  für  die  gesammte  Augenheilkunde  hinzu- 
weisen,  indem  wir  uns  der  Hoffnung  hingeben,  hierdurch  zu  einem  ein- 
gehenden Studium  desselben  anzuregen.  Wir  beschränken  nns  hier  auf 
die  Anführung  der  Schlusssätze,  welche  die  Resultate  der  ganzen  müh- 
seligen Untersuchung  in  prägnanter  Form  hinstellen: 

1)  Von  den  Schussverletzungen  der  Augen  während  des  Feld- 
zuges 1870/71  haben  diejenigen  Affektionen,  nach  welchen  crfabrnngs- 
gemäss  sympathische  Erkrankung  des  zweiten  Auges  häufiger  aufzutreten 
pflegte  — die  verschiedenen  Formen  von  V'erlust  und  Schwund  des  Aug- 
apfels, cyclitische  Prozesse,  Fremdkörper  — , in  56,5  pCt.  zu  sympathischen 
Erscheinungen  geführt. 

2)  An  diesem  Häufigkeitsverhältniss  sind  die  vorgenannten  Affektionen 
des  verwundeten  Auges,  darunter  auch  die  Fanophtbalmie  io  annähernd 
gleicher  Weise  betheiligt  — mit  Ausnahme  derjenigen  Verletzungen, 


134 


welche  ohne  beträchtliche  Entzündanggerscheinungen  znm  langsamen 
Schwand  des  Augapfels  geführt  haben  und  für  die  sympathischen 
Alfektionen  ein  Prozentverb^tniss  von  nur  33,3  aufweisen.  Verletzungen 
mit  cyclitischen  Erscheinungen  haben  etwas  häufiger  sympathische 
Erkrankungen  und  besonders  häufig  schwere  Formen  der  letzteren 
verursacht. 

3)  Auch  unmittelbare  vollständige  Zerstörung  des  Augapfels  durch 
Schussverletzung  führte  bei  62,7  pCt.  der  Betroffenen  zu  sympathischer 
Erkrankung,  in  entschiedenem  Gegensatz  zu  der  kunstgerechten  Entfernung 
des  Augapfels  durch  Enukleation,  nach  deren  frühzeitiger,  d.  b.  vor  der 
Entwickelung  sympathischer  Erscheinungen  erfolgter  Ausführung  spätere 
sympathische  Erkrankung  des  anderen  Auges  selten  vorkommt.  Nach 
Entwickelung  sympathischer  ErkrSnkung  ist  der  Erfolg  der  Operation 
unberechenbar;  mit  Ausnahme  eines  einzigen  Falles  bat  dieselbe  nie  zu 
dauernder  Gesundheit  des  andern  Auges  geführt. 

4)  Trotz  ihrer  Häufigkeit  ist  der  Charakter  der  sympathischen 
Erkrankungen  ein  durchaus  milder  gewesen.  51  pCl.  sämmtlicher 
sympathischen  Erkrankungen  bestanden  ausschliesslich  in  subjektiven 
Keizungserscheinungen ; höchstens  17,9  pCt.  der  in  Betracht  gezogenen 
Verletzungen  haben  wirklich  entzündliche  Vorgänge  im  zweiten  Auge 
hervorgerufen. 

5)  Betreffs  der  Zeit  des  Beginns  der  ersten  sympathischen 
Erscheinungen  steht  voran  die  zweite  Hälfte  des  ersten  Jahres,  welcher 
sich  zunächst  die  ersten,  sodann  die  zweiten  drei  Monate  nach  der 
Verletzung  anschliessen.  Nicht  unerheblich  ist  auch  noch  die  Zahl  der 
im  zweiten  und  dritten  Jahre  Erkrankten. 

6)  Im  Beginn  aufgetretene  subjektive  Reizungsersebeinungen  sind 
zum  grössten  Theile  unverändert  bestehen  geblieben;  Mittbeilungen  über 
dauerndes,  selbst  über  vorübergebendes  Verschwinden  derselben  sind 
vereinzelt;  dagegen  ist  später  Komplikation  mit  Bindehantveränderungen 
6 mal,  mit  entzündlichen  Krankheitserscheinungen  und  Entartungs- 
vorgängen 14  mal  (unter  71  Beobachtungen)  berichtet  worden. 

So  bildet  auch  dieses  Kapitel  einen  weiteren  Baustein  zu  dem  Ehren- 
denkmal, welches  sich  das  deutsche  Sanitätsoffizierkorps  in  dem  gross- 
artigen Werke  über  den  Deutsch-Französischen  Krieg  gesetzt  hat,  und 
giebt  ein  neues  Zeugniss  ab  für  den  hingebenden  Eifer  seiner  Mitglieder 
im  Dienste  des  Vaterlandes  und  der  Wissenschaft. 

Pusch  (Berlin). 


Krankenträger-Ordnung.  Mit  .36  Abbildungen  im  Text;  1()4  S.  kl. 
Oktav.  Berlin  1888  bei  E.  S.  Mittler  und  Sohn,  Königl.  Hofbuch- 
handlung, SW.  Koebstr.  68—70.  — Bei  unmittelbarer  Bestellung  ans 
der  Armee  geheftet  Preis  65  Pf.,  gebunden  (Pappband  mit  Leinwand- 
rücken) 80  Pf. 

ln  rascher  Aufeinanderfolge  erscheinende  V'^eröffentlichungen  — wir 
erinnern,  abgesehen  von  dem  Kriegs-Sanitäts-Bericht,  von  welchem  jetzt 
eben  wieder  zwei  stattliche  Bände  zur  V'ersendung  gelangen,  an  die  im 
verfiossenen  Jahre  berausgegebenen  Unterrichtsbücher  für  Lazarethgehülfen 
und  freiwillige  Krankenpfleger  — geben  auch  entfernter  stehenden  Kreisen 
Kunde  von  der  rastlosen  Thätigkeit  und  Fürsorge,  welche  an  der  Central- 


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1S5 


stelle  herrscht,  um  dem  verwundeten  Kämpfer  für  König  und  Vaterland 
im  Felde  alles  Dasjenige  zu  bieten,  was  die  Erfahrung  als  zweckmässig 
erkannt  bat. 

Die  neue  Krankenträger  • Ordnung,  welche  durch  Verfügung  des 
Kriegsministerinms  vom  27.  Januar  1888  (A.-V.-BI.  1888  No.  2)  an  Stelle 
der  „Instruktion  für  die  Militärärzte  zum  Unterricht  für  Krankenträger'^ 
vom  25.  Juni  1875  getreten  ist,  enthält  alle  einschlägigen  Bestimmungen, 
welche  früher  in  verschiedenen  Instruktionen  verstreut  waren;  sie  präseutirt 
sich  in  dem  bereits  bekannten  handlichen  Formate  des  Unterricbtsbnches 
für  freiwillige  Krankenpfleger.  Lehrer  wie  Schüler,  welchen  Letzteren 
auch  die  „Ordnung“  durch  den  Buchhandel  zugänglich  ist  (ein  nicht  hoch 
genug  anzuschlagender  Vortheil),  werden  sicherlich  diese  Einrichtung  mit 
Genugthuung  begrüssen;  das  Format  ist  höchst  praktisch. 

Die  Anordnung  des  Inhaltes  ist  eine  wesentlich  andere,  als  diejenige 
der  alten  Instruktion  war.  Alles  Gute  und  Brauchbare  der  letzteren  mit 
ihren  Nachträgen  ist  selbstverständlich  in  die  neue  Ordnung  übernommen, 
welche  io  fünfTbeilen:  I.  Die  Eintbeilung  und  Bestimmung  der  Kranken- 
träger (§.  1 — 3),  II.  Die  allgemeinen  Bestimmungen  über  die  Ausbildung 
(§.  4 — 12),  III.  Die  nothwendigen  Kenntnisse  und  Fertigkeiten  der  Kranken- 
träger (§.  13 — 29),  IV.  Den  Verwundeten-Transport  im  Felde  (§.  30 — 53), 
ond  V.  Die  besonderen  Dienstleistungen  der  Krankenträger  — Begleitung 
grösserer  Verwundeten  - Transporte  nnd  Dienstleistung  in  Lazarethen 
(§.54  —55)  — behandelt.  Als  Beilagen  (Seite  86 — 104)  werden  die  be- 
kannte Vorschrift  zur  Herstellung  von  Stroh  verbänden,  das  Aufschlagen 
des  Verbindezeltes,  das  Herabnehmen  und  Verladen  der  leeren  Kranken- 
tragen, endlich  die  Herrichtung  von  Leiterwagen  zum  Verwundeten- 
Transport  nach  norwegischer  Art  gegeben. 

Die  Ausbildung  der  Krankenträger,  welche  unter  möglichster  Ver- 
meidung von  Fremdwörtern  — worin  die  Ordnung  mit  gutem  Beispiele  vor- 
angebt — dem  Fassungsvermögen  der  Mannschaften  anzupassen  ist,  zerfällt 
in  den  Unterricht  nnd  dieUebung.  Als  Richtschnur  der  Ausbildung  gilt, 
dass  die  Krankenträger  grundsätzlich  bestimmt  sind,  die  Ver- 
wundeten schleunigst  der  ärztlichen  Hülfe,  namentlich  dem 
Hauptverbandplätze  znznfübren  nnd  nur  ganz  ausnahmsweise 
(bei  starken  Blutungen  oder  bei  der  Unmöglichkeit  eines  Transportes 
ohne  Stützverbaod,  §.  20,<)  selbst  den  Verwundeten  die  erste  Hülfe 
leisten. 

Der  Unterricht  findet  in  20  Lehrstunden  statt  und  wird  in  der  Regel 
unter  der  oberen  Leitung  von  Stabs-  bezw.  Oberstabsärzten,  im  Laufe 
des  Winters  von  Assistenzärzten  ertheilt.  — Die  Zahl  der  Auszubildenden 
der  Infanterie,  Jäger  ond  Schützen  bestimmt  jedes  Generalkommando 
alljährlich  so,  dass  sein  Bedarf  an  Hülfskrankenträgern  wie  an  Kranken- 
trägern für  die  Sanitäts-Detachements  durch  die  im  aktiven  Dienststande, 
wie  im  Benrlanbtenstande  befindlichen  Ansgebildeten  gedeckt  wird.  Bei 
der  Kavallerie,  Fuss-Artillerie,  den  Pionieren  und  Eisenbahntruppen  be- 
trägt die  Zahl  der  alljährlich  — nur  zu  Hülfskrankenträgern  — Auszu- 
bildenden für  jede  Elskadron  oder  Kompagnie  4,  bei  der  Feld-Artillerie  für 
jede  Batterie  2.  — Ausserdem  nehmen  an  dem  Unterricht  die  Hoboisten  nnd 
Hülfshoboisten  der  Infanterie  nnd  die  Hornisten  der  Jäger,  Schützen  und 
Pioniere  des  ersten  Dienstjahres  Theil,  soweit  sie  körperlich  zum  Dienst 
als  Krankenträger  geeignet  sind,  endlich  die  Unterlazarethgebülfen  und 
Lazaretbgehnlfeolebrlinge,  während  die  älteren  Gehülfen  für  die  Verband- 


Dic-' 


136 


□bongen  als  Hülfsinstroktoren  herangezogen  werden  können.  — Wieder- 
holungen des  Unterrichts  finden  statt  mit  den  im  3.  Dieostjahre  stehen- 
den Aasgebildeten,  mit  den  bez.  Hoboisten  etc.  des  2.  nnd  3.  Dienstjahres, 
sowie  mit  den  zom  ersten  Male  Aasgebildeten  anmittelbar  vor  der  Uebong. 
Als  höchst  zweckmässig  in  jeder  Beziehung  muss  die  Anordnong  be- 
zeichnet werden,  dass  die  zur  Aasbildang  kommandirten  Unterofl^ere 
Tor  jeder  Lehrstande  eine  halbe  Stande  noch  besonders  nnterricbtet  werden. 

Für  die  10 tägige  Uebnng  unter  Leitung  der  Train-Bataillonskomman- 
denre  bezw.  eines  Stabsof^iers  der  Infanterie  wird  angeordnet,  dass 
zur  Ueberwachnng  des  fachtechnischen  Dienstes  der  Sanitätsoffiziere  ein 
Divisionsarzt  kommandirt  wird.  Sonst  werden  an  Sanitätsoffizieren 
ausser  einem  Stabsarzte,  welcher  dem  leitenden  Stabsoffizier  zar  Seite 
steht,  auf  je  100  Mann  2 Assistenzärzte  kommandirt,  mit  der  Maassgabe 
jedoch,  dass  ein  zweiter  Assistenzarzt  schon  zulässig  ist,  sobald  die  Zahl 
der  übenden  Leute  50  übersteigt  — Alle  diensttbnenden  Offiziere  sind 
während  der  Uebung  oder  wenigstens  an  den  Tagen  der  Uebnng  mit  be- 
spannten Fahrzeugen  im  Gelände  beritten  zu  machen.  An  1 oder  2 Tagen 
findet  eine  Eisenbahnübnng  mit  Ein-  und  Ausladen  der  Verwundeten, 
sowie  Herrichtnng  der  Güterwagen  nach  Hamburger  und  Orund'schem 
Systeme  statt;  auch  werden  unter  Zuziehung  der  nicht  unmittelbar  bei 
der  Krankenträgeransbildung  betheiligten  Sanitätsoffiziere,  sowie  der 
Militärapotheker  der  Garnison  Packübungen  an  dem  Materiale  der  Feld- 
Sanitätsformationen  vorgenommen. 

Als  sehr  angenehm  wird  es  im  Interesse  der  einheitlichen  Aas- 
bildang empfanden  werden,  dass  für  alle  einzelnen  Verrichtungen  ganz 
bestimmte  Kommandos  vorgeschrieben  sind. 

Die  Krankenträgerübungen  werden  durch  einen  General  besichtigt; 
der  Besichtigung  wohnt  der  Korpsarzt  bei.  Der  General  sowie  der 
Korpsarzt  reichen  jeder  für  sich  einen  Bericht  über  ihre  Wahrnehmungen 
an  das  Generalkommando  ein. 

Der  Unterricht  wird  in  dankenswerther  Weise  durch  zweckmässig 
im  Texte  eingestreute  Abbildungen  über  das  Zudrücken  der  Schlagadern 
und  das  Anlegen  der  Tücher  verbände  erleichtert;  übrigens  sollen  auch 
die  Abbildungen  des  U.  f.  L.  zur  Erläuterung  benutzt  werden.  — Die 
Darstellung  über  die  nothwendigste  Hülfeleistung  bei  den  wichtigsten 
Kriegsverletzungen  und  über  die  erste  Hülfe  bei  plötzlicher  Lebens- 
gefahr durch  Unglücksfälle  u.  dergl.  ist  unter  Vermeidung  allen  Beiwerks 
kurz,  aber  umfassend  und  klar.  Eindringlich  werden  dem  Krankenträger 
die  Grundsätze  der  Antiseptik  eingescharft:  „Jede  Unreinlichkeit, 
welche  in  eine  Wunde  kommt,  kann  dem  Verwundeten  das  Leben 
kosten.  Deshalb  berühre  der  Krankenträger  die  Wunde  nicht 
mit  den  Fingern  oder  etwa  gar  mit  dem  Taschentnche,  dem 
Hemde  des  Verwundeten  n.  s.  w.,  auch  unterlasse  er  jedes  Aus- 
wischen  von  Blut  ans  der  Wunde,  sowie  die  Entfernung  von 
Fremdkörpern.'^  — Das  sind  goldene  Worte,  durch  deren  Befolgung 
sicherlich  manchem  Soldaten  das  Leben  erhalten  bleiben  wird. 

Theil  IV  behandelt  in  4 Kapiteln  den  Verwundetentransport  im 
Felde,  bis  zum  Wagenhalteplatz,  auf  den  Krankenwagen,  mittelst  anderer 
Fuhrwerke  und  auf  der  Eisenbahn.  — Die  Belehrung  der  Krankenträger 
über  das  Sanitätsdetachement,  seine  Eintheilung  und  seinen  Aufmarsch, 
über  das  Aufschlagen  der  Verbindezelte  und  das  Verfahren  auf  dem 
Wagen halteplatze,  den  Verwundetentransport  auf  den  Krankenwagen, 


Dh-- 


137 


endlich  über  die  Herrichtaog  anderer  Fuhrwerke  und  den  Transport  auf 
denselben  ist  während  der  Uehnng  den  Trainoffizieren  überwiesen, 
während  die  Sanitätsoffiziere  die  Krankenträger  über  alle  Maassnahmen 
Ton  ihrer  Ankunft  bei  dem  Verwundeten  an  bis  zu  seiner  Ueberführung 
auf  den  Wagenhalteplatz,  ferner  über  den  Transport  auf  der  Eisenbahn 
za  unterweisen  haben.  — Zahlreiche  (25)  instruktive  Figuren  erläutern 
den  Text  und  sind  eine  willkommene  Beigabe. 

Die  Sprache  der  Krankenträger- Ordnung  ist  streng  sachlich,  mili- 
tärisch kurz  nnd  leicht  verständlich.  — Wir  zweifeln  nicht,  dass  sie  dazu 
beitragen  wird,  den  Unterricht  zu  erleichtern  und  in  den  Krankenträgern 
das  Bewusstsein  zu  erwecken  und  rege  zu  erhalten,  dass  sie  sich  die  Liebe 
und  den  Dank  ihrer  leidenden  Kameraden,  wie  die  Anerkennung  ihrer 
Vorgesetzten  erwerben,  wenn  sie  ihren  schweren,  aber  segensreichen  Beruf 
treu  erfüllen.  Ltz. 


Bericht  über  die  Thätigkeit  der  zur  Erforschung  der  Cholera 
im  Jahre  1883  nach  Egjpten  und  Indien  entsandten 
Kommission,  unter  Mitwirkung  von  Dr.  R Koch,  Geb.  Med.- 
Rath,  bearbeitet  von  Dr.  6.  Oaffky,  Kaiser!.  Regiernngsrath.  Mit 
Abbildungen  im  Text,  30  Tafeln  nnd  einem  Titelbilde.  Berlin,  Verlag 
von  J.  Springer,  1^7. 

Der  vorliegende  Bericht,  eine  detaillirte  Darlegung  der  „gesammten 
Thätigkeit  nnd  Reiseerlebnisse“  der  allbekannten,  vielbewanderten  und 
gefeierten  „Cholerakommission“  unter  Führung  R.  Koch's,  ist  ein  Werk 
ersten  Randes  nnd  steht  in  seiner  Art  geradezu  einzig  da.  — 
ln  mnstergiltiger  Darstellung  wird  ans  eine  Fülle  der  interessantesten 
and  wichtigsten  Einzelheiten  betreffs  der  Verbreitungsweise  und  der 
ätiologischen  Verhältnisse  der  Cholera  überhaupt  vorgeführt,  sind  die 
Mittel  und  Wege  geschildert,  auf  denen  es,  unter  Ueberwindung  aller 
äusseren  Schwierigkeiten  gelangen  ist,  an  der  Hand  einer  vollendeten 
Technik  den  Erreger  der  gefürchteten  Seuche  anfzufinden. 

Wir  beschränken  ans  auf  einen  kurzen  Auszug  des  überaus  reichen 
Inhalts  des  Werkes  und  wollen  nur  bei  einzelnen,  besonders  lehrreichen 
Kapiteln  das  Wichtigste  hervorheben. 

In  der  Einleitung  wird  zunächst  die  Veranlassung  zur  Entsendung 
einer  deutschen  Kommission  zur  Erforschung  der  Cholera  im  Jahre  1883, 
die  Vorbereitung  der  Expedition  nnd  die  Reise  von  Berlin  bis  Kairo 
besprochen.  Darauf  folgt  eine  Schilderung  des  Gesundheitszustandes 
Damiette's  vor  Ansbruch  der  Epidemie,  der  ersten  Cholerafälle  daselbst 
und  des  weiteren  Verlaufs  der  Epidemie,  sowie  der  während  derselben 
getroffenen  hygienischen  Maassregeln  und  der  möglichen  Entstehnngs- 
weise  der  Seuche.  — Die  nächsten  Kapitel  behandeln  den  weiteren 
Verlauf  der  Epidemie  in  Egypten  nnd  ihr  Erlöschen,  die  Cholera  in 
Kairo,  in  Alexandrien,  Port  Said,  Ismailia  und  Suez,  und  bringen  ver- 
gleichende Bemerkungen  zu  den  bisherigen  Cholera-Epidemien  Egyptens, 
insbesondere  den  beiden  letzten  im  Jahre  1863  und  1883. 

Da  es  der  Kommission  nicht  gelangen  war,  in  Egypten  ihre  Auf- 
gabe völlig  zu  Ende  zu  führen,  so  beschloss  dieselbe,  das  im  Bereich  des 
Gangesdelta,  der  eigentlichen  Heimath  der  Cholera,  gelegene  Kalkutta 
als  demnächstiges  Arbeitsfeld  zu  wählen.  Sie  begab  sich  daher  zunächst 


Dr- 


138 


von  Kairo  über  Igmailia  und  Suez  nach  Colombo.  Anaführlicb  werden 
hier  die  Quarantäneanatalten  in  Egypten  und  am  Rothen  Meere  (and  zwar 
die  za  Alexandrien,  Damiette,  Suez,  £1  Tor,  Bl  Wedj  and  anf  der  Insel 
Kamaran)  beschrieben.  — Das  nächste  Kapitel  — eines  der  interessantesten 
und  lehrreichsten,  da  es  ein  am  wenigsten  bekanntes  Qebiet  betrifft,  — 
ist  das  über  die  Mckkapilger  und  die  Cholera  im  Hedjaz.  Die  Mekka- 
pilger rekratiren  eich  aus  der  gesammlen  mahamedanischen  Welt  and 
ihre  Zahl  beläuft  sich  znr  Zeit  der  religiösen  Feste  in  Mekka  oft  bis 
auf  100000  and  mehr.  Ein  gutes  Drittel  derselben  (darcbschuittlich 
37  000)  kommt  auf  dem  Seewege  and  betritt  meistens  bei  Djeddah  das 
Land.  Die  am  stärksten  benutzte  Lands trasse  ist  die  von  Damaskus 
herführende.  Da  nun,  mit  einer  einzigen  Ausnahme,  bisher  alle  Cholera- 
Epidemien  im  Hedjaz  znr  Zeit  der  Pil^erzüge  aufgetreten  sind, 
so  liegt  die  Annahme  nahe,  dass  die  Pilger  den  Infektionsstoff  im- 
portirten  und  alsdann  nach  den  verschiedensten  Richtungen  verschleppten. 
Disponirende  Schädlichkeiten  für  die  Krankheit  sind  in  den  körperlichen 
and  geistigen  Anstrengungen  der  Pilger,  der  mangelhaften,  nngewojinten 
Ernährnng,  dem  Genuss  verunreinigten  Wassers  u.  s.  w.  genügend 
gegeben.  — Obwohl  nun  die  von  den  Epidemien  im  Hedjaz  drohende 
Gefahr  dem  Berichte  nach  stets  eine  sehr  grosse  ist,  so  tritt  doch  diese 
Gefahr  vielleicht  gegen  diejenige  wesentlich  zurück,  welche  dadurch 
gegeben  ist,  dass  die  Eisenbahnverbindung  zwischen  dem 
endemischen  Gebiete  der  Cholera  mit  den  Ländern  Europas 
(die  Transkaspische  Bahn  hat  bereits  den  Ama-Darja  erreicht)  eine 
immer  direktere  wird. 

Nach  einigen  kurzen  Mittheilungen  über  die  Insel  Ceylon  und  die 
^gienischen  Verhältnisse  Colombos,  sowie  über  die  Reise  nach 
Kalkutta,  führt  uns  ein  neues  Kapitel  die  Thätigkeit  der  Kommission  in 
dieser  Stadt  vor.  Es  wird  in  extenso  das  ganze  Vorgehen,  die  mikro- 
skopischen Untersuchungen  an  Choleraleicben , das  Kulturverfahren  und 
die  Thierexperimente  abgehandelt,  welche  endlich  dazu  führten,  in  dem 
schon  in  Egypten  beobachteten  „Kommabacillus“  den  tbatsäcblichen 
Cholerainfekiionsstoff  zu  erkennen.  Schon  damals  wurden  umfangreiche 
Studien  über  die  Lebenseigenschaften  und  die  Verbreitung  dieses  Mikro- 
organismus angestellt  (der  Bericht  bringt  ihre  Ergebnisse) , . Und  es 
gelang  unter  Anderem,  in  dem  Wasser  des  Tanks  von  Saheb- 
Bagan,  in  dessen  Umgebung  eine  Choleraepidemie  herrschte, 
den  betreffenden  Bacillus  aufzufinden.  Der  Tank,  umgeben  von 
etwa  40  Lehmhütten,  diente  zum  Baden,  zum  Waschen  der  schmutzigen 
Wäsche,  zur  Entnahme  des  Trink-  und  Gebrauchswassers  u.  s.  w.  In 
seiner  unmittelbaren  Nähe  befanden  sich  die  höchst  primitiven  Aborte 
(halbzerbrochene,  grosse  irdene  Töpfe,  mit  der  unteren  Hälfte  in  die 
Erde  eingegraben,  ohne  jedwede  Sitzvorrichtung).  Bei  einer  Unter- 
suchung von  4 Proben  des  trüben,  aber  nicht  übelriechenden  Wassers 
wurden  zweimal,  bei  einer  3 Tage  später  vorgenommenen  Untersuchung 
von  7 Proben  dreimal  Cbolerabacillen  nachgewiesen.  Nach  dem 
Erlöschen  der  Cholera  in  der  Nachbarschaft  des  Tanks  konnte  nur  noch 
in  einer  Wasserprobe  eine  einzige  spezifische  Kolonie  anfgefunden 
werden. 

Das  folgende  Kapitel:  „Die  Cholera  in  Kalkutta**,  enthält  eine 
Darstellung  der  Wasserversorgung,  der  Kanalisation  und  Cholera- 
mortalität dieser  Stadt.  — Mit  dem  Jahre  1870,  seit  der  Uebergabe  der 


yii  i tnj  uy  Google 


139 


grosaen  Wasaerleitung,  deren  Wasser  sich  chemisch  and  bakterioskopisch 
Ton  guter  Qualität  erwies,  ist  eine  entscheidende  Aenderung  in  den 
Cboleraverbältnissen  Kalkuttas  eingetreteu.  Plötzlich  und  dauernd  sank 
nämlich  die  Cboleramortalität  in  der  Stadt  auf  etwa  ein  Drittel  der 
früheren  herab,  während  ein  ähnlicher  Abfall  in  Bengalen  überhaupt 
weder  im  Jahre  1870,  noch  später  zu  verzeichnen  ist.  Einen  günstigen 
Einfluss  der  Kanalisation  und  der  vermehrten  Reinhaltung  Kalkuttas 
auf  die  Cholerasterblicbkeit  konnte  die  Kommission  dagegen  nicht 
nschweisen. 

Das  Fort  William  war  in  früheren  Jahren  in  sehr  hohem  Grade 
von  der  Cholera  beimgesucht.  Seit  1865  ist  dasselbe  von  der  Seuche 
verschont,  und  zwar  ebenfalls  unmittelbar  nach  der  Herstellung  einer 
guten,  von  der  der  Stadt  unabhängigen,  Wasserversorgung  der  Trappen. 

Das  folgende  Kapitel  liefert  weitere  Belege  für  die  fundamentale 
Bedeutung,  welche  der  Wasserversorgung  für  die  Choleraverhältniste, 
namentlich  in  den  Orten  Pondichcrry  und  Madras,  sowie  ferner  in 
Nagpur  und  Guntur,  beizumessen  ist. 

lieber  das  Vorkommen  der  Cholera  auf  den  Kalischiffen,  das 
Pilgerwesen  und  die  Cholera  in  Indien  belehren  uns  zwei  weitere 
Abschnitte.  — Im  Jahre  1872  trat  die  Cholera  noch  auf  ca.  '/i  aller 
von  Kalkutta  auslaufenden  Schilfe  auf.  Die  seit  1874  bemerkbare, 
wesentliche  Abnahme  der  Krankheit  wird  auf  sanitäre  Verbesserungen, 
namentlich  auf  die  Versorgung  der  Schiffe  mit  gutem  Trinkwasser, 
zurückgeführt. 

Die  Erörterung  der  Cboleraverhältnisse  in  dem  Pilgerorte  Pari 
gipfelt  in  dem  Satze:  dass  dieselben,  obwohl  bisher  vielfach  als  ein 
Beweis  gegen  die  Verbreitung  der  Cholera  durch  den  mensch- 
lichen Verkehr  verwerthet,  sich  im  Gegentheil  bei  genauerer  Unter- 
suchung gerade  als  ein  ausgezeichnetes  Beispiel  für  den  Einfluss 
des  Verkehrs  erweisen.  Die  Cholerafrequenz  in  Puri  entspricht 
nämlich  genau  der  Pilgerfrequenz,  und  selbst  die  meteorologischen  Ein- 
flüsse (Regenzeit)  treten  dem  mächtigen  Faktor  des  menschlichen  Ver- 
kehrs gegenüber  in  den  Hintergrund. 

Mit  den  Kapiteln;  „von  Kalkutta  nach  Bombay“,  „die  Cholera  in 
Bombay“  und  „von  Bombay  nach  Berlin“  schliesst  der  Bericht. 

Acht  Anlagen  — (betreffend  die  Ausrüstung  der  Expedition,  die 
Berichte  über  die  Tbätigkcit  der  Kommission  an  das  Staatsministerium, 
Dekret  betreffend  die  Organisation  des  Conseil  sanitaire,  maritime  et 
qnarantenaire,  die  Leprahospitäler  zu  Colombo,  Madras  und  Kalkutta, 
Aufzeichnungen  über  die  ausgefübrten  Obduktionen  von  Choleraleicben, 
Beobachtungen  über  verschiedene  andere  Krankheiten  in  Egypten  und 
Indien,  Aufzeichnungen  über  einige  von  der  Kommission  besichtigte 
Trnppenkantonnements,  Gefängnisse  und  Hospitäler,  nebst  Mittheilungen 
über  Maassregeln  zur  Bekämpfung  der  Cholera  unter  den  Truppen  in 
Indien  und  über  die  ärztliche  Behandlung  der  Cholerakranken,  Zusammen- 
stellung der  durch  die  Entsendung  der  Kommission  erwachsenen 
Kosten)  — bilden  die  Vervollständigung  des  Werkes. 

Welche  Fundgrube  für  das  Studium  nach  Alledem  der  Bericht 
darstellt,  bedarf  keiner  weiteren  Hervorhebung. 

Pfuhl  (Trier). 


p:..;-: 


140 


Prof.  Dr.  Ritter  von  Mogetig-Moorhof.  Vorlegungen  über 
Krieggcbirnrgie.  Wien  und  Leipzig.  Urban  nnd  Schwarzen- 
berg. 1887.  S.  332.  1 Band. 

Aug  der  Feder  deg  nicht  nnr  alg  Chirurg,  gondern  auch  in  gpecie  als 
Feldarzt  bewährten  Mogetig  liegt  ung  eine  in  klarer,  gefälliger  Dar- 
gtellang,  in  knappen,  kurzen  Sätzen  geschriebene,  den  umfangreichen 
Stoff  in  übersichtlicher  Anordnung  in  Form  von  V'orlesnngen  abhandelnde 
Kriegschirurgie  vor.  Dass  sie  nichts  Obsoletes  bringt,  dass  die  neuesten 
Arbeiten  auf  dem  eingcblägigen  Gebiete  der  Chirurgie  berücksichtigt  nnd 
verwerthet  sind,  braucht  als  etwas  Selbstverständliches  nicht  erst  besonders 
hervorgeboben  zu  werden.  Was  das  Buch  so  überaus  werthvoll  macht, 
so  dass  seine  Anschaffung  jedem  Sanitätsoffizier  nur  auf  das  Wärmste 
anempfohlen  werden  kann,  ist  der  aus  der  Auswahl  der  Materie,  der 
Umgrenzung  des  Inhaltes  sowohl  als  auch  ans  der  Besprechung  der  ein- 
zelnen kriegschirnrgischen  Thematen  bervorlenchtende  praktische  Stand- 
punkt, welcher  den  Verfasser  bei  Abfassung  des  Werkes  geleitet  hat. 
Wollte  man  einen  Vergleich  ziehen  mit  einem  schon  in  der  Litteratur 
vorhandenen,  das  gleiche  Gebiet  behandelnden  Buche,  so  wäre  es  der  mit 
der  jetzt  veralteten,  ihrer  Zeit  aber,  weil  praktisch  brauchbar,  sehr 
beliebten  kriegschirurgiscben  Technik  von  Landsberger.  Mosetig  giebt 
uns  nicht  ein  Theorie  und  Praxis  vollständig  umfassendes  Lehrbuch,  wie 
etwa  das  zweibändige  Fischer’sche,  sondern  einen  kurzen,  die  Theorie 
nur,  soweit  sie  für  das  praktische  Handeln  des  Feldarztes  in  Frage 
kommt,  berücksichtigenden  Leitfaden  der  modernen  Kriegschirurgie  in  die 
Hand.  — Die  vorliegende  Arbeit  verdankt  ihre  Entstehung  einer  Reihe 
extemporirter  freier  Vorträge,  welche  M.  vor  einer  Anzahl  von  seiner 
Krankenbausstation  zu  ihrer  weiteren  chirurgischen  Ausbildung  zugetheilter 
k.  k.  österreichischen  Militärärzten  theils  am  Krankenbette  theils  am 
Operationstische  zu  halten  Veranlassung  fand.  Er  hat  sich  für  diese 
Vorträge  von  vornherein  ganz  bestimmte  Grenzen  gezogen:  er  berührt 
absichtlich  nur  bin  nnd  wieder  flüchtig  die  chirurgische  Uülfeleistung  in 
derersten  Linie  i.  e.  auf  dem  Verbandplätze  der  Truppen,  des  Detachements, 
im  Feldlazareth,  scbliesst  somit  auch  die  Besprechung  der  verschiedenen 
Verwundeten-Transportmittel  ans.  Auch  für  sein  spezielles  Thema  d.  i.  das 
chirurgische  Wirken  in  den  stabilen  SanitStsanstalten  (nach  unserer 
Terminologie:  stehende  Kriegslazarethe,  Reservelazarethe,  Lazarethe  in 
der  Heimath)  lehnt  er  die  Schilderung  und  Erörterung  der  Unterbringungs- 
Örtlichkeiten  (Zelt-  und  Barackeufrage)  ab.  Dieser  engen  Umgrenzung 
seiner  Vortragstbemata  (21  Vorlesungen)  ist  es  zu  danken,  dass  in  einem 
so  kompendiösen  Werkchen  grade  die  wichtigsten  Kapitel  der  Kriegs- 
chirurgie ihre  Besprechung  finden.  — Die  in  dem  Buche  uns  entgegen- 
tretende besondere  Vorliebe  für  das  Jodoform  als  Antiseptikum  und  für 
die  auf  dasselbe  sich  gründenden  Verbandmethoden  erscheint  uns  natürlich, 
ist  doch  der  Verf.  der  Vater  des  Jodoform.  Schon  eher  könnte  man 
den  Vorwurf  erheben,  dass  bei  dem  Kapitel  der  Transfusion  noch  viel 
zu  sehr  der  Bluttransfusion  das  Wort  geredet  wird  und  die  doch  zum 
Mindesten  sehr  berechtigten  von  von  Bergmann  in  seiner  Festschrift 
vom  2.  8.  1883  niedergelegten  Einwände  gegen  dieses  seiner  Anschauung 
nach  nicht  bloss  nutzlose,  sondern  geradezu  gefahrvolle  Operationsverfahren 
keine  Erwähnung  und  Berücksichtigung  ^et^unden  haben.  Der  Standpunkt 
des  Verf.  der  Mikroparasiten-Lebre  gegenüber  erscheint  noch  allzu  skeptisch 


V 


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UDil  allza  weuig  vertrauensvoll,  äussert  er  sieb  bezüglich  der  den  Tetanus 
hervorrnfenden  Noxe  doch  wie  folgt:  „Wir  nehmen  also  einen  typischen 
Stoff,  ein  spezifisches  Gift  als  Ursache  des  Tetanus  an,  ohne  uns  weiter 
zu  kümmern,  ob  er  als  Ptomain  i.  e.  als  Stoffwecbselprodukt  spezifischer 
Mikrobien  aufzufassen  sei  oder  anders  entstehe,  „erfahren  werden  wir 
es  doch  kaum  je“,  und  Seite  87  spricht  er  sich  über  die  Aetiologie 
des  Erv'sipel  folgendermaassen  aus:  „Wir  glauben  ans  den  Unter- 
snehnngen  von  Febleisen  zu  wissen,  dass  das  Wesen  des  Rothlaufes 
in  der  Einimpfung  einer  eigenen  Kokkusart  bestehe  etc.“  „Der  Kokkus 
lasst  sich  auf  geeignetem  Nährboden  züchten  und  „soll“  die  Impfung 
der  Reinkultur  stets  wieder  Erysipel  herbeiführen.“  Wozu  die  Verdienste 
unserer  jungen  Doktrin  und  ihrer  Vertreter  schmälern  wollen?  Eher, 
könnte  man  meinen,  wäre  etwas  mehr  Skepsis  am  Platze  einem  so  neuen 
Medikamente  gegenüber  wie  dem  Kokain.  Denn  ob  die  überaus  warme 
Empfehlung  (S.  105)  dieses  in  seiner  unter  Umständen  deletären  Wirkung 
doch  noch  nicht  genügend  gekannten  pharmazeutischen  Präparates  für 
im  Felde  ausznfübrende  kleinere  Operationen  allerseits  Billigung  finden 
wird,  erscheint  zweifelhaft;  sind  doch  erst  neuerdings  wieder  einige  Fälle 
von  Intoxikation  gerade  bei  Vornahme  kleiner  chirurgischer  Hülfeleistungen 
bekannt  geworden  und  dazu  bei  der  vom  Verf.  empfohlenen  Dosirung  (5%). 
Cf.  Deutsche  med.  Wochensebr.  1888,  No.  1,  Mittbeilung  von  Löbker.*) 

Gegenüber  den  grossen,  oben  bereite  hervorgehobenen  Vorzügen  des 
Buches  fallen  indess  alle  diese,  zudem  ja  subjektiven  Ausstellongen  nicht 
ins  Gewicht.  Zweifellos  ist  dasselbe  berufen,  eine  sicher  von  Vielen 
empfundene  Lücke  auf  dem  Büchermärkte  auszufüllen,  da  kriegsebirnr- 
gische,  dem  neuesten  Standpunkte  der  Wissenschaft  angepasste  Ab- 
handlungen, wie  Verf.  mit  Recht  im  Vorwort  hervorhebt,  fehlen. 

Die  Ausstattung  (Druck,  Papier,  Einband)  ist,  wie  bei  der  rühmlichst 
bekannten  Verlagsbuchhandlung  nicht  anders  zu  erwarten  ist,  eine  über 
jeden  Tadel  erhabene.  Ein  den  Schloss  bildendes  alphabetisches  Inhalts- 
verzeichniss  erleichtert  das  Anfsnehen  der  im  Einzelnen  interessirenden 
Abhandlungen.  Goerlitz. 


Mittheiinngen. 


Berliner  militärärztlichc  Gesellschaft. 

Das  diesjährige,  in  der  gewohnten,  liebgewordenen  Weise  am 
2<).  Februar  durch  ein  Diner  im  Hotel  Imperial  begangene  Stiftungsfest 
der  Gesellschaft  unterschied  eich  von  den  früheren  Veranstaltungen  nicht 
nur  durch  die  grosse,  nie  bisher  erreichte  Zahl  [137]  einheimischer  und 
auswärtiger  Theilnehmer,  sondern  erhielt  auch  eine  besondere  Weihe 
dadurch,  dass  Se.  Excellenz  der  Herr  Kriegsminister  in  Begleitung  seines 
Adjutanten,  des  Herrn  Baron  von  Ardenne,  desgleichen  der  Direktor 
des  Allgemeinen  Kriegsdepartements,  Se.  Excellenz  Herr  Generallieutenant 


*)  Die  stylistisch  sonst  formvollendete,  anziehende,  in  keiner  Weise  er- 
müdende .Schrcibwei.se  de.s  Verf.  wird  bwinträchtigt  durch  die  grosse  Zahl  eigen- 
artiger. einem  Nicht  - Oesterreieher  zum  't'hcil  fremder,  zum  Theil  .sehr  unschön 
klingender  Fremdwörter,  wie:  teniporisiren,  Operationsbrankard,  Watta,  fuschen, 

Innokuität,  mutiliren,  das  (juale,  regardiren  u.  a.  m.  Wir  in  Deutschland  sind 
glücklicherweise  in  der  Sprachreinigung  etwas  weiter. 


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von  Hänisch  auf  Bitte  Sr.  Excellenz  des  Herrn  Generalstabsarztes  der 
Armee  dem  Sanitäts-Offizierkorps  die  Ehre  erwiesen,  in  dessen  Mitte  zu 
erscheinen.  Verschiedene  Preussische  Sanitätsoffiziere  waren  aus  aus- 
wärtigen Garnisonen  herbeigeeilt;  die  Grüsse  des  Königlich  Sächsischen 
Sanitäts-Offizierkorps  überbrachte  der  Generalarzt  1.  Klasse  Dr.  Roth 
in  Begleitung  des  Stabsarztes  Dr.  Schill  und  des  Assistenzarztes 
2.  Klasse  Dr.  Somroerei;  auch  die  seit  längerer  Zeit  zum  Stadium 
Deutscher  militärärztlicher  Einrichtungen  in  Berlin  sich  aufhaltenden 
Kaiserlich  Japanischen  Sanitätsoffiziere;  Generalarzt  Jshiguro,  die 
Stabsärzte  Taniguti  und  Mori,  hatten  der  an  sie  ergangenen  Ein- 
ladung entsprochen.  Die  Universität  and  der  Lehrkörper  der  medizinisch- 
chirurgischen  Akademie  für  das  Militär  war  durch  Mitglieder  der  Gesellschaft 
(die  Generalärzte  ä la  suite  des  Sanitätskorps,  Geheimrath  Dr.  Bardel  eben 
nnd  Geheimrath  Dr.  Koch,  desgleichen  der  Generalarzt  Professor  Dr. 
Leuthold  and  Oberstabsarzt  1.  Klasse  Professor  Dr.  Fraentzel),  das 
Reichsgesundbeitsamt  durch  seinen  Direktor  Herrn  Geheimrath  Köhler 
als  Gast  und  den  Stabsarzt  der  Reserve,  Regierungsrath  Dr.  Gaffky 
als  Mitglied  der  Gesellschaft  vertreten.  Schreiben  und  Telegramme  des 
Königlich  Bayerischeu  Generalstabsarztes  Dr.  Ritter  von  Lotzbeck, 
des  Königlich  Württembergischen  Generalarztes  Dr.  von  Fichte  und 
des  Königlich  Bayerischen  Generalarztes  1.  Klasse  Dr.  Mohr  gaben  der 
geistigen  Antheilnahme  der  süddeutschen  Kameraden  herzlichen  Ausdruck. 

Die  Reibe  der  Tischreden  eröffnete  Se.  Excellenz  der  Herr  General- 
stabsarzt der  Armee  durch  einen  Toast  auf  das  Wohl  Sr.  Majestät  des 
Kaisers  und  Königs  unter  Erinnerung  an  das  Leid,  welches  zur  Zeit 
auf  dem  Kaiserhause  und  auf  allen  Deutschen  Herzen  lastet.  Den  unten 
ausführlich  wiedergegebenen  zweiten  Toast  des  Herrn  Generalstabsarztes 
der  Armee  auf  Se.  Excellenz  den  Herrn  Kriegsministcr  als  Kurator  der 
militärärztlichen  Bildungsanstalten  erwiderte  der  Herr  Minister  durch 
einen  warm  empfundenen  Trinksprach  auf  den  Chef  der  Medizinal- 
Abtheilung  seines  Ministeriums  und  Generalstabsarzt  der  Armee  Excellenz 
von  Lauer.  Nachdem  sodann  der  Generalarzt  1.  Klasse  Dr.  Wegner 
die  Gäste  im  Namen  der  Gesellschaft  begrüsst,  der  Direktor  des  Reichs- 
gesnndheitsamtes,  Geheimrath  Köhler,  die  Gäste  aufgefordert  hatte, 
aaf  das  Gedeihen  der  Gesellschaft  zu  trinken,  folgte  eine  schwungvolle 
Rede  des  Generalarztes  1.  Klasse  Dr.  Roth  auf  das  Preussische 
Sanitätskorps.  Beredte  Worte  des  Generalarztes  1.  Klasse  ä la  suite 
Dr.  Bardeleben  über  die  ineinander  greifende  Wirksamkeit  der  Armee 
und  des  Sanitätskorps  der  Armee  im  Felde  veranlassten  Se.  Excellenz 
den  Herrn  Kriegsministcr  zu  einem  weiteren  zündenden  Hoch  auf  die 
Deutsche  medizinische  Wissenschaft.  Den  Schluss  des  eigentlichen  Festes 
bildete  — ■ wie  üblich  — eine  launige  Rede  des  Oberstabsarztes  1.  Klasse 
Dr.  Nöhte,  welche  das  noch  lange  währende  zwanglosere  Zusammen- 
sein einleitete.  Spät  am  Abend  traf  eine  „von  Bergmann,  Schräder, 
ßramann'^  Unterzeichnete  Dresche  ein;  dieselbe  überbraebte  der 
Gesellschaft  die  Grüsse  der  (Genannten  aus  San  Remo,  wohin  die 
geheimen  Gedanken  wohl  aller  Festtheilnehmer  auch  während  der  Fest- 
freude unausgesetzt  gerichtet  waren. 

Der  oben  erwähnte  Toast  Sr.  Excellenz  des  Herrn  Generalstabs- 
arztes der  Armee  lautete  etwa  wie  folgt: 

„Meine  Herren!  Unter  den  vielen  hier  anwesenden  schönen  Männern 
finde  ich  — nehmen  Sie  es  mir  nicht  übel  — doch  keinen,  auf  welchen 


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isaa  aDweuden  könate,  was  von  Alciüiades  berichtet  wird,  dass  er  bei 
Weitem  der  Schönste  seiner  Zeit  gewesen  (multo  formosissimns  snae 
aetotis),  aber  andererseits  anch  keinen,  auf  welchen  die  homerische 
Beschreibong  des  Tbersites  passt,  die  darauf  hinauslänft,  dass  derselbe 
sh  der  hässlichste  Mann  vor  Ilion  gekommen  (oVo/«rio{  oVijp  tl/id  ’fXi'or 
Dieser  allgemeine  Eindruck  vereinigt  sich  mit  dem  Ergebniss  der 
Betrachtung  einzelner  Theile,  z.  B.  der  Nasen,  zur  Herstellung  eines 
Paradigma  der  Aristotelischen  Lehre  von  der  richtigen  Mitte.  Ich  sehe  keine 
von  ihnen  (nämlich  von  den  Nasen),  welche  durch  das  Zuviel,  durch 
Debertreibnng  (vncpßaXif,  Arist.)  oder  durch  das  Zuwenig,  durch  Beschränkt- 
heit (euXritßif)  das  Maass  überschreitet,  ln  ihrer  Oesammtheit  stehen  sie 
:i:  in  der  richtigen  Mitte  (jurnür^;).  Dies  ist  ein  typisches  Bild  für  alle 
menschlichen  Verhältnisse  und  Bestrebungen. 

Die  i'negßoXij  schafft  nichts  Dauerndes;  sie  schiesst  immer  über  das 
Ziel  hinaus  und  stiftet  manchen  Schaden.  Doch  sollen  einige  Philosophen 
der  Ansicht  sein,  dass  bei  einem  Glase  recht  guten  Weines,  so  vom 
^altbewährten  Bacchusscbatz,  der  lieblich  duftet'^,  wie  es  bei  Euripides 
heisst,  ein  kleines  Hyperbelchen  weniger  bedenklich  sei. 

Die  txXttipii  schleppt  sich  lückenhaft  erfolglos  hin. 

In  dem  Reiche  der  Mitte  (.urou'njf)  aber  — dem  ohne  Zopf  — wurzelt 
and  gedeiht  alles  Richtige  und  Tüchtige,  das  Gute,  das  Schöne  (xorlde 
xäya»iy),  das  Wesen,  das  dauernd  Brauchbare,  die  fruchtbringende 
Forschung;  aus  ihm  stammen  auch  die  Männer,  von  denen  Plinins  sagt: 
«Ich  halte  diejenigen  für  beglückt,  welchen  es  durch  Geschenk  der 
Götter  gegeben  ist,  entweder  Beschreibens werthes  zu  thun,  oder  Lesens- 
werthes  zu  schreiben  (aut  facere  scribenda  aut  scribere  legenda);  für  die 
Beglücktesten  aber  diejenigen,  denen  Beides  zu  Tbeil  wurde. 

M.  H!  Wir  feiern  heute  das  Stiftungsfest  unserer  militärärztlichen 
Gesellschaft  und  wünschen  ihr  ferneres  Gedeihen  in  der  Richtung  ernsten 
wissenschaftlichen  Strebens  und  freundlich  heiterer  Kameradschaft.  Mit 
QDserer  Gesellschaft  aufs  Engste  verbunden  sind  die  mililärärztlichen 
Bildungsanstalten,  nicht  bloss  durch  das  äusserliche  Band  der  Personal- 
noion,  insofern  das  Ehrenpräsidinm  der  einen  und  die  Direktion  der 
andern  in  meiner  Person  Zusammentreffen:  Der  Zusammenhang  ist  viel- 
mehr ein  weit  innigerer,  ich  möchte  sagen  ein  genetiscUer.  Die 
inilitärärztlichen  Bildungsanstalten  Sind  die  wesentliche  Pflanzstätte  für 
die  Sanitätsoffiziere  der  Preussischen  Armee  und  somit  auch  für  die 
Mitglieder  dieser  Gesellschaft.  Weitaus  die  Mehrzahl  von  uns,  die  wir 
hier  versammelt  sind,  verdanken  ihre  Ausbildung  diesen  Anstalten  als 
einer  wirklichen,  sorgsamen  alma  mater.  Es  ist  daher  wohl  am  Platze, 
Wenn  wir  denselben  eine  fernere  erfreuliche  Entwickelung  wünschen. 
Mögen,  wie  bisher,  in  ihrem  Lehrkörper  immer  recht  viele  von  den  oben 
bezeicbneten  Plinianischen  Glücklichen  sich  befinden  und  möge  unter , 
den  Lernenden  es  niemals  an  einer  grösseren  Zahl  Solcher  fehlen, 
welchen  Deornm  munere  die  Anlage  gegeben  ist,  sich  zu  dergleichen 
Männern  zu  entwickeln.  Wir  schliessen  in  unsere  guten  Wünsche  anch 
alle  Diejenigen  ein,  welche  wir  als  Freunde  und  Gönner  dieser  Anstalten 
lietrachten  dürfen:  an  ihrer  Spitze  den  hohen  Kurator  derselben, 
Se.  Excellenz  den  Herrn  Kriegsminister,  welcher  unsere  Gesellschaft 
durch  seine  heutige  Anwesenheit  aufs  Höchste  ehrt  und  uns  alle  zum 
lebhaftesten  Danke  verpflichtet,  den  thätigen,  wohlwollenden  Förderer 
des  .Militär- Medizinal  Wesens  und  des  Sanitätskorps.  Se.  Excellenz  der 
Herr  Kriegsminister  lebe  hoch!“ 


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Beriebti^n^. 

Im  Heft  I,  Seite  26,  Zeile  12  von  oben  lies  anstatt  26  g Bleiiueker  32  g.  — 

K*1 

Id  der  Anmerkung  miisj  die  Formel  für  Alaun  heii>sen:  Al'<  ; Og  24  ai|.  = 948.6, 

4SOsj 

für  essigsaiire  Thonerde  (noniralcs  AlnminiiimaeetaO  = AI,.  (Cs  Hs  0,)e.  Zur 
Bildung  dieser  letzteren  sind  erforderlich  1 Th.  Alaun  auf  1,6  Th.  Bleizucker,  wenn 
die  Zersetzung  gegenseitig  eine  vollständige  sein  soll.  (V'ergl.  R.  von  Wagner, 
Handb.  der  ehern.  Technologie.  XII.  Anfl.  Leipzig,  1886.  S.  368.)  — Der  offizi- 
nellc  Liquor  Aluminii  acetici,  welcher  in  den  Apotlieken  vorräthig  ist,  enthält 
nach  der  Ph.  Germ.  ed.  II  nicht  das  neutrale  Salz,  sondern  7,5 — 8®/o  Aluminium- 
Subacetat  (AI,.  (OH),.  (C,  Hs  0,)i).  ist  jedoch  zum  Wasserdichtinachen  brauchbar. 

A.  H. 


Der  17.  Kongress  der  Deutschen  Gesellschaft  fürChirnrgie 
findet  vom  4. — 7.  April  er.  in  Berlin  statt. 

Die  Begrüssnng  der  zum  Kongresse  sich  versammelnden  Mitglieder 
findet  am  3.  April,  Abends  von  9 Uhr  ab  im  HOtel  du  Nord  (Unter 
den  Linden  35)  statt. 

Dem  Kongress  geht  voraus  am  3.  April,  Abends  7 Uhr  im  Saale 
der  Philharmonie  (SW.  Bernburger  Str.  22a/23,  nabe  dem  Anhalter 
Bahnhöfe)  ein  gemeinsames  von  der  Deutschen  Gesellschaft  für  Chirurgie 
und  der  Berliner  medizinischen  (^Seilschaft  beschlossene 

Todtenfeier  für  Bernhard  von  Langenbeck. 

(Anzug:  Frack  und  weisse  Binde,  bezw.  Uniform). 


Wir  verfehlen  nicht,  auf  die  Wichtigkeit  der  unter  dem  II.  Dezember 
1887  (Amtliches  Beiblatt  S.  13  d.  Jahrgangs)  versandten  „Nachweisung 
der  für  das  ärztliche  Sanitätsmaterial  der  Armee  zahlbaren  Höchstpreise 
(Preisverzeichniss)  1888“  noch  besonders  binznweisen,  da  dieselbe  eine 
wesentliche  und  angenehme  Erläuterung  zu  Beilage  5 K.-S.-O.  darstellt. 
Exemplare  der  Nachweisung  befinden  sich  bei  den  Lazaretben. 


<r4^<tnlcki  in  4«r  Königlichen  llofhnchilrnckerei  von  E.  8.  Mittler  n.  Sohn  in  Berlin,  Kochatr.  68—70. 


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Deutsche 


Militärärztliche  Zeitschrift. 


Radacilon: 

Dr.  3t.  Generalarzt, 

Berlin,  Tanbeo^tnAse  5, 

D.  Dr.  Stabsarzt, 

Berlin,  Kaisar  Fmnx  Grenndier-PUtz  U/12. 


Varlag: 

f.  snUibr  & $«9a, 

Königliche  Hofbuchhandlung, 

Berlin,  KoehiftreitHe  68^70. 


Monntlicli  encheint  ein  Hefl  Ton  mindesten«  3 Druckbogen;  dnzn  ein  ,Jimilich««  Beiblatt**.  Der 
Zeiteckrifl  wird  da«  Werk:  „Jahreibericht  hber  die  ForUchritt«  aof  dem  Gebiet«  de«  Uilitir« 
ättitlU>Wcae&i**,  heranige^ben  vom  Generalarzt  Dr.  Both,  onentgeltlich  beigegeben.  BesteUaDg 
nehmen  alle  Poetlroter  und  Bochhandlongen  an.  Preii  des  Jahrgang«  16  Mark. 


.WIl.  Jahrgan".  1888.  Hoft  4. 


Mlttheilangen*)  ans  dem  Garnison-Lazareth  zn  Hannover. 

Von 

Oberstabsarzt  Dr.  Schaper, 

Begiment&arxt  de»  Braondchwetgischen  Infanterie'KegimectH  No.  92. 


I. 

Zar  Statistik  and  Aetiologie  des  akuteu  Gele Dkrheamatismas. 

Während  der  14  Jabre,  welche  ich  in  der  Garnison  Hannover  ge- 
standen habe,  ist  mir  je  länger  desto  mehr  anfgefallen,  dass  die  Zahl 
der  Erkrankungen  an  akutem  Gelenkrheumatismus  in  fortwährender  Zn- 
sabme  begriffen  ist,  und  diese  Beobachtung  erschien  mir  um  so  bemerkens- 
werther,  als  nach  den  kriegsministeriellen  Berichten  über  die  Gesundheits- 
rerbältnisse  der  Armee  auch  für  diese  dieselbe  Tbatsache  festgestellt  ist. 
In  den  letzten  Jahren  ist  in  jenen  Berichten  wiederholt  darauf  hin- 
gewiesen, welche  hohe  Bedentung  der  akute  Gelenkrheumatismus  für 
die  Armee  habe,  weniger  wegen  der  dadurch  verursachten  Todesfälle, 
als  wegen  der  von  Jahr  zu  Jahr  steigenden  Zahl  der  Erkrankungen 
und  der  darans  resnltirenden  Dienslunbranchharkeit  wegen  Herzfehlern. 
Während  im  Berichtsjahr  1873/74  die  Erkrankungsziffer  5,3°/oo,  in  dem 
folgenden  Quinqnennium  6,2  betrug  (Armee  - Bericht  1879/80  und  1880/81 
S.  36),  stieg  sie  1879/80  auf  6,9,  1880/81  auf  7,2,  1881/82  auf  8,3,  und  das 

*)  Nach  ciuem  in  der  militärärztliehen  Gesellschaft  zu  Hannover  gehaltenen 
Vortrage. 

10 


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X.  Armee-Korps  nahm  mit  10,7  %o  die  zweite  Stelle  unter  den  sämmt- 
licben  Armee-Korps  ein  (Armee-Bericht  1881/82  S.  32). 

Um  diese  Verhältnisse  anch  für  die  Garnison  Hannover  genauer 
festzustellen,  habe  ich  die  Journale  aller  seit  dem  1.  April  1875  (bis 
zum  1.  April  1887)  in  das  Lazareth  aufgenommenen  476  Erkrankungen  an 
Gelenkrheumatismus  einer  genauen  Durchsicht  unterworfen  und  nach 
Aussoheidung  von  5.5  Fällen,  in  denen  es  sich  nur  um  monartikuläre,  in 
wenigen  Tagen  fieberlos  verlaufene  Schwellungen  nach  leichten  Traumen, 
und  nicht  um  infektiöse  Erkrankungen  handelte,  421  Fälle  zu  der  folgenden 
Arbeit  benutzt. 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  einzelnen  Erkranknngszahlen 
nach  Monaten  und  Jahren  eingetragen,  ferner  die  V'^erhältnisszahlen  der 
jährlichen  Erkrankungen  auf  1000  Mann  der  Kopfstärke  (K)  der  Garnison 
berechnet,  und  ebenso  die  durchschnittlichen  Erkrankungszahlen  der 
einzelnen  Monate  überhaupt,  und  sodann  auch  auf  10  (XX)  Mann  der 
Kopfstärke  berechnet.  Die  Resultate  aus  diesen  Berechnungen  habe  ich 
dann  durch  einige  Kurven  zu  veranschaulichen  gesucht,  auf  welchen  anch 
die  Erkrankungen  an  den  übrigen  inneren  Krankheiten  berücksichtigt 
sind.  Auf  Tafel  I habe  ich  3 Kurven  zusammengestellt,  um  1)  das  Ver- 
hältniss  der  Erkrankungen  an  inneren  Krankheiten  überhaupt  auf 
100  Mann  der  Garnisonstärke  berechnet  zu  zeigen;  2)  das  Verhältniss 
der  rheumatoiden  Erkrankungen  zur  Garnisonstärke  auf  1000  Mann  be- 
rechnet; 3)  das  Frozentverbältniss  der  akuten  Gelenkrheumatismen  zu  der 
Morbiditätszahl  im  Ganzen.  Die  drei  Kurven  zeigen  sehr  deutlich,  dass 
die  Erkrankungszahl  an  inneren  Krankheiten  etwas  auf  und  nieder  ge- 
schwankt hat,  ohne  jedoch  im  Laufe  des  Beobachtungscyklus  der  12  Jahre 
wirklich  zu  steigen,  während  sich  die  Erkrankungszififer  an  akutem 
Gelenkrheumatismus  ganz  bedeutend  gehoben  hat,  und  zwar  noch  mehr, 
als  es  nach  den  obigen  Zahlen  der  Armee-Berichte  für  diese  festgestellt 
ist,  denn  sie  ist  von  1,7  auf  11,1  °/oo  gestiegen,  und  dementsprechend  bat 
sich  auch  das  Verhältniss  der  Rbeumarthritisfrequenz  zur  Morbiditätszabl 
der  inneren  Krankheiten  im  Ganzen  zu  Ungunsten  der  ersteren  geändert, 
welche  sich  von  2,2  auf  9,2  °/o  gehoben  hat. 

Auf  der  zweiten  Tafel  habe  ich  die  monatlichen  Erkrankungszifferu 
für  die  Garnison  Hannover  im  Durchschnitt  des  zwölfjährigen  Beob- 
achtungscyklus  1875/87  durch  eine  in  unterbrochener  Linie  gezeichnete 
Kurve  zu  veranschaulichen  gesucht,  und  hiermit  eine  in  fortlaufender 
Linie  gehaltene  Kurve  zusammengestellt,  welche  dem  Armee  - Bericht 
für  1881/82  entnommen  ist  und  die  Monats  - Erkrankungsziffer  für  die 


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147 


i 

I 


Ännee  im  Darcbschnitt  der  4 Jahre  1878/82  zeigt.  Die  dritte  in 
pnoktirter  Linie  gezeichnete,  nnr  über  */«  Tafel  ansgedehnte  Kurve 
zeigt  die  monatliche  Poljarthritisfreqnenz  der  Armee  im  Kriege  1870/71 


Jahr 

Januar 

U 

m 

o 

w 

£ 

März 

April  1 

Juni 

August  j 

September  j 

Oktober 

November 

U 

B 

0) 

N 

o; 

a 

Summa 

®/oo  K- 

1875 

— 

— 

— 

4 

1 

3 

0 

0 

0 

0 

2 

2 

12 

1,7 

1876 

2 

1 

2 

5 

1 

0 

1 

0 

0 

0 

0 

0 

12 

1.7 

1877 

ü 

4 

0 

6 

2 

4 

2 

2 

2 

1 

0 

4 

26 

3,8 

1878 

2 

2 

5 

1 

1 

1 

0 

1 

1 

0 

0 

1 

15 

2,6 

1879 

1 

7 

6 

6 

4 

5 

1 

4 

1 

0 

4 

> 

4v) 

6,9 

1880 

5 

5 

2 

7 

4 

1 

2 

1 

1 

2 

3 

0 

33 

5,7 

1881 

7 

3 

10 

7 

6 

4 

7 

4 

1 

1 

0 

53 

9,2 

1882 

2 

3 

10 

7 

1 

1 

. 

3 

3 

47 

8,1 

1883 

5 

7 

2 

1 

1 

3 

2 

1 

0 

1 

2 

5 

.30 

5,2 

1884 

4 

4 

5 

8 

6 

7 

4 

3 

0 

0 

0 

4 

45 

7,8 

1885 

4 

4 

0 

0 

2 

3 

2 

2 

2 

2 

4 

2 

27 

4.7 

1886 

1 

5 

10 

10 

8 

4 

4 

4 

2 

7 

< 

64 

11,1 

1887 

3 

4 

10 

17 

Summa 

36 

49 

55 

60 

46 

42 

30 

23 

11 

n 

23 

29 

421 

Quartal 

140 

168 

69 

(3Ö8) 

(113) 

Mod.  Mittel 

3 

4,4 

4,6 

5,0|3,8'3,.') 

2,5  1,9  0,9  1,4  1, 8^2,4 

*/*o«  K. 

5,3 

7,7  8,o[8,7j6,6 

6,0 

4.3j.3,3  1,5  2,4  3,l 

4,2 

Dich  dem  neuerdings  erschienenen,  alle  Gesnndheitsverhältnisse  der 
Armee  in  erschöpfender  Weise  berücksichtigenden  Bericht  des  Kriegs* 
ministerinms.  Endlich  befindet  sich  anf  der  Tafel  noch  ein  kurzer  dicker 
Strich  in  den  Monaten  Jannar  und  Februar,  welcher  die  Rhenmarthritis- 

10» 


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148 


frequenz  der  nur  für  diese  Monate  zar  Vernichtnog  der  Armee  des 
Generals  Bonrbaki  gebildeten  Südarmee,  unter  dem  Befehl  der  Generale 
T.  Mantenffel  und  y.  Werder,  yeranschaulichen  soll. 

Tafel  I. 

Yerbältniss  der  Erkrankongen  an  akotem  Gelenkrbenmatismns  znr 
Garnison-Kopfstärke  1876—1886  anf  1000  Mann  der  Iststärke  berechnet. 

Verhältniss  der  Erkrankungen  an  inneren  Krankheiten  zu  der 

Eopfstärke  der  Garnison  Hannover  in  den  Jahren  1876—1886  auf 
100  Mann  der  Iststärke  berechnet. 

Verhältniss  der  Erkrankungen  an  akotem  Gelenkrheumatismus  auf 

1000  Mann  der  Iststärke  berechnet. 

Prozentrerhältniss  der  Erkrankungen  an  akutem  Gelenkrheumatis- 
mus zu  den  Erkrankungsziffem  an  inneren  Krankheiten  im  All- 
gemeinen auf  1000  Mann  der  Iststärke  berechnet. 

IB 
15 
» 

13 
If 
H 
IQ 
9 

5 
7 

6 
5 
4 
3 
2 
1 

I 
D 

m 

Unter  Zugrundelegung  des  Kalenderjahres. 

Auf  die  Kriegskurven  komme  ich  später  zurück;  zunächst  möchte 
ich  Ihre  Aufmerksamkeit  auf  die  Friedensknrven  lenken,  welche  eine 


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Tafel  II. 

MonaU-ErkraDkangsziffern  an  akatem  OelenkrhentnatiBmas  im  Durchtchnitt  der  4 Jahre  1878 — 1882  für  die  Armee 
und  1875—1887  für  Hannover  auf  1000  Mann  der  Istatärke.  (Berichtajahr  vom  1.  IV. — 31.  III.) 


149 


Armee. 

Hannover. 


Armee-Feldzug  1870 — 1871. 
■ Süd-Armee  1870/71. 


e» 

02 

o 

05 


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ganz  aofTallende  Uebereinstimmang  zeigen,  und  es  ist  dies  um  so  be- 
merkenswerther,  als  diesen  Kurven  ein  aosserordentlicb  grosses  statistisches 
Material  za  Grande  liegt:  der  Armee-Karve  9599,  beiden  Kurven  za> 
sammen  also,  nach  Abzag  der  in  jener  bereits  enthaltenen  140  Er- 
krankangen  der  Garnison  Hannover  in  den  Berichtsjahren  1878/82, 
9880  Fälle. 

Durch  dieses  ausserordentlich  grosse  statistische  Material  erhält  die 
Uebereinstimmung  beider  Kurven  eine  um  so  höhere  Bedeutung,  als  in 
den  aus  Zivil -Krankenhäusern  und  nach  anderen  statistischen  Angaben 
veröffentlichten  Zusammenstellangen  eine  ähnliche  Uebereinstimmung 
durchaus  nicht  ersichtlich  ist.  (Vergl.  Hirsch,  Zur  Statistik  des  akuten 
Gelenkrheumatismus.  Wiesbaden  1885.  S.  7 ff.) 

In  den  zitirten  Armee-Berichten  ist  das  regelmässige  Ansteigen  der 
Erkrankungszablen  von  Januar  bis  März,  bezw.  April,  in  erster  Linie 
auf  die  ungünstigen  Witternngs Verhältnisse  dieser  Jahreszeit  zurückgeführt, 
und  Erkältung  bei  feucht  • kalter  Luft  als  wesentlichstes  ätiologisches 
Moment  aufgestellt,  was  wohl  den  bisher  am  meisten  unter  uns  ver- 
breiteten Anschauungen  entspricht  Nach  den  neuerdings  über  die  Be- 
ziehungen zwischen  akutem  Gelenkrheumatismus  und  den  meteorologischen 
Verhältnissen  von  Gabbett  (On  the  seasons  of  the  year  and  the  preva- 
lence  of  acute  Rbeumatisme.  Lancet  Octb.  1883,  20/27),  Edlefsen 
(Zur  Statistik  und  Aetiologie  des  akuteu  Gelenkrheumatismus,  VI.  Kon- 
gress für  innere  Medizin  1885),  Hirsch  (I.  c.)  veröffentlichten  Unter- 
suchungen wird  man  aber  in  dieser  Form  die  Witternngsverhältnisse 
nicht  mehr  für  die  Entstehung  des  akuten  Gelenkrheumatismus  verant- 
wortlich machen  dürfen,  und  bezüglich  der  Erkältung  als  ätiologischen 
Momentes  ist  der  Standpunkt,  welchen  man  heutigen  Tages  dieser  Frage 
gegenüber  einnehmen  muss,  durch  Gerhardt  (Deutsche  Mediz.  Wochen- 
schrift 1886,  No.  33)  und  Immermann  (D.  M.  W.  1886,  No.  41)  klar 
gelegt. 

Was  die  meteorologischen  Verhältnisse  betrifft,  so  konnte  Gabbett 
unter  Benutzung  eines  statistischen  Materials  von  2000  Fällen  einen 
Zusammenhang  zwischen  der  Häufigkeit  der  Erkrankungen  und  feucht- 
kalter  Witterung  nicht  konstatiren;  er  fand  im  Gegensatz  zu  unseren 
militärärztlicben  Kurven  die  grösste  Zahl  der  Erkrankungen  in  der  Zeit 
vom  Juni  bis  Januar,  die  kleinste  in  den  Monaten  Februar  bis  Mai. 

Edlefsen  fand,  dass  erhebliches  Sinken  der  Niederschlagsmengen 
die  Entstehung  des  akuten  Gelenkrheumatismus  begünstigt,  Steigen  der 
Niederschläge  bei  relativ  hoher  mittlerer  Temperatur  sie  vermindert; 


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151 


weniger  ist  letzteres  bei  relativ  niedriger  Temperatnr  der  Fall,  während 
die  absolote  Höhe  der  mittleren  Temperatnr  und  die  Temperatnr- 
Schwankongen  für  sich  allein  keinen  wesentlichen  Einflnss  auf  die  Ent- 
stehung des  akuten  Geienkrheumatismus  zu  haben  scheinen. 

Hirsch  hat  für  die  Jahre  1876/84  die  auf  der  Würzburger  Klinik 
behandelten  Fälle  nach  Monaten  und  Jahren  zusammengestellt  und  zieht 
aus  dem  Vergleich  mit  den  meteorologischen  Beobachtungen  das  Resultat, 
dass  der  Höhe  der  monatlichen  Niederschläge  und  der  monatlichen 
mittleren  Temperaturen  die  Rheumarthritisfrequenz  umgekehrt  proportional 
sei,  dass  man  aber  die  Wirkung  der  meteorologischen  Einflüsse  immer 
erst  nach  mehreren  Wochen  wahrnehme.  Auch  für  die  Garnison 
Hannover  hat  Dr.  Hirsch  als  damaliger  Assistent  auf  der  inneren 
Station  des  Lazareths  die  meteorologischen  ßeohachtungen  für  die 
Jahre  1875/87  in  Kurven  dargestellt,  es  haben  sich  jedoch  aus  dem  Ver- 
gleich mit  den  monatlichen  Erkranknngszahlen  keine  für  den  zwölf- 
jährigen Cyklus  allgemein  gültigen  Momente  feststellen  lassen;  wohl 
aber  konnte  für  einzelne  Monate,  welche  erheblich  von  dem  Mittel  der 
Erkrankungszififern  abwichen,  wiederholt  nachgewiesen  werden,  dass 
diesen  Monaten  solche  vorausgegangeu  waren,  in  denen  bei  relativ  niedriger 
Temperatnr  die  Höhe  der  Niederschläge  erheblich  gesunken  war  und 
umgekehrt,  — was  von  einer  Vermehrung  bezw.  Verminderung  der  Kranken- 
sahl  gefolgt  war. 

Je  mehr  die  Ansicht  allgemeine  Geltung  gewinnt,  dass  der  akuteGelenk- 
rbeumatiamns  eine  Infektionskrankheit  ist,  um  so  mehr  wird  man  nach 
Edlefsen’s  Vorgang  den  zwischen  dieser  Krankheit  und  der  Boden- 
beschaffenheit,  besonders  den  Grund wasser- Verhältnissen  etwa  bestehenden 
Beziehungen  nachforschen  müssen,  und  da  ist  bemerkenswert!!,  dass 
solche  Beziehungen  für  das  letzte  Jahr  in  Hannover  wohl  nachweisbar 
sind,  während  für  die  früheren  Jahre  die  Grundwasscr  - Beobachtungen 
zu  unvollständig  waren,  als  dass  sie  hätten  verwerthet  werden  können. 
Dem  Sinken  des  Gmndwassers  im  ersten  Vierteljahr  1886  entsprach  ein 
Ansteigen  der  Erkrankungszahl  im  Februar,  und  dem  tiefsten  Stande  des 
Gmndwassers  im  März  der  höchste,  das  für  Hannover  berechnete  Mittel 
um  das  Doppelte  übersteigende  Stand  der  Krankbeitsfrequenz  im  März 
und  April  mit  je  10  Erkrankungen;  mit  dem  Steigen  des  Gmndwassers 
sank  die  Zahl  der  Erkrankungen,  ohne  freilich  in  irgend  einem  Monat 
auf  die  Durchschnittszahl  zurückzugehen,  und  nach  dem  abermaligen 
Sinken  des  Grnndwasserstandes  in  der  zweiten  Hälfte  des  Sommers  wies 
der  Oktober,  dessen  Mittelzahl  1,4  beträgt,  7 Erkrankungen  auf,  zu  der- 


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152 


selben  Zeit,  als  sich  in  der  Garnison  nach  längerer  Panse  wieder  Typhns 
und  Scharlachfieber  teigten,  nnd  in  der  Zivilbevölkernng  die  Scbarlach- 
epidemie  ihren  Höhepunkt  erreichte. 

Diese  auf  das  letzte  Jahr  beschränkte  Beobachtung  würde  mit  den 
von  Edlefsen  (1.  c.  S.  339  ff.)  gefundenen  ätiologischen  Beziehungen 
zwischen  den  Bodenverhältnissen  und  der  Entstehnng  des  akuten  Gelenk' 
rheumatismus  öbereinstimmen,  und  so  würde  sich  zum  Theil  die  höchst 
auffallende  Zunahme  des.  letzteren  in  der  Garnison  Hannover  aus  der  er- 
heblichen Verschlechterung  der  Bodenbeschaffenheit  der  Stadt  erklären. 

Was  nun  ferner  die  Erkältungen  als  häufigste  Gelegenbeitsnrsache 
des  akuten  Gelenkrheumatismus  betrifft,  so  ist  wohl  nie  erwiesen,  dass 
derselbe  dadurch  allein  entstanden  wäre,  ohne  dass  andere,  wichtigere 
Momente  dabei  mitgesprochen  hätten,  nnd  ich  stimme  Immermann 
(1.  c.)  ganz  bei,  wenn  er  mit  der  Behauptung  auf  Zustimmung  rechnen 
zu  dürfen  glaubt,  dass  abgesehen  von  anderen  Uebeln  auch  allerlei 
schmerzhafte  Affektionen  des  Bewegungsapparates , ferner  manche  Neur- 
algieen , ferner  Lähmungen  motorischer  Nerven,  namentlich  des  Facialis 
durch  plötzliche  Abkühlung  des  betreffenden  Rörpertheils,  vor  Allem  bei 
schwitzender  und  erhitzter  Körperoberfläche  wirklich  entstehen  können; 
man  sollte  aber  nur  dann  von  Erkältung  reden,  wenn  wirklich  ein  solches 
Ereigniss  in  der  Anamnese  des  Falles  mit  gröblicher  Evidenz  nach- 
gewiesen werden  könnte,  nicht  aber  in  jedem  ätiologisch  unklaren  Falle. 
Nicht  selten  kann  man  ja  Erkältungen  mit  voller  Bestimmtheit  nach- 
weisen,  aber  sie  bilden  dann  immer  nur  ein  Glied  in  der  Kette  mehrerer 
Schädlichkeiten,  wie  dies  Senator  (v.  Ziemssen's  Handbuch  XIII, 
I,  S.  24)  an  treffenden  Beispielen  von  2 Knaben  schildert,  deren  einer 
nach  heftiger  Prügelei,  um  nicht  vom  Lehrer  bemerkt  so  werden,  sich 
rasch  in  die  übergegossene  Dinte  setzt,  der  andere  auf  dem  Heimwege  vom 
Turnen  von  einem  Platzregen  überrascht  wird;  Beide  erkrankten  am 
Tage  nach  der  Erkältung  nnd  Dnrchnässung. 

Ich  hatte  kürzlich  einen  jungen  Theologen  auf  seine  Dienstonbranch- 
barkeit  zu  untersuchen,  bei  dem  ich  eine  Mitralinsuffizienz  fand  nnd  auf 
näheres  Nachforschen  erfuhr,  dass  dieselbe  von  einem  vor  4 Jahren 
überstandenen  Gelenkrheumatismus  herrührte,  der  unmittelbar  nach  einer 
anstrengenden  Gebirgstour,  auf  welcher  der  junge  Mann  sich  erhitzt  im 
Walde  in  feuchtes  Moos  gelegt  hatte,  entstanden  war.  Beiläufig  will  ich 
erwähnen,  dass  der  Mann  mir  noch  sagte,  er  werde  nie  vergessen,  wie 
schnell  ihn  ein  Aderlass  von  seinen  Herzbeschwerden  befreit  habe,  gegen 
die  vorher  der  Gebrauch  von  Eis  und  Digitalis  völlig  wirkungslos 
gewesen  wäre. 


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153 


Im  letzten  Herbst  erkrankte  ein  Soldat  in  der  Weise,  dass  er  am 
Schloss  einer  sehr  anstrengenden  Felddienstäbnng  sich  schnell  an  einer 
sumpfigen  Stelle  des  Exerzirplatzes  zur  Uebnng  des  Zielens  in  liegender 
Haltung  hatte  zu  Boden  werfen  müssen;  am  Nachmittag  desselben  Tages 
erkrankten  zuerst  die  unmittelbar  durchnässten  und  abgekühlten  Gelenke. 

Aehnlicbe  Fälle  werden  Ihnen  gewiss  häufig  genug  vorgekommen 
sein,  das  Primäre  ist  aber  dabei  offenbar  immer  eine  grosse  körperliche 
Anstrengung,  welche  besonders  auch  an  die  Leistungsfähigkeit  des  Herzens 
und  der  Gelenke  gesteigerte  Anforderungen  stellte;  der  Inhalt  der  Gelenke 
erleidet  aber  dabei  nicht  unerhebliche  Veränderungen.  Frerichs  hat 
zncrst  nacbgewiesen,  dass  nach  starker  Bewegung  die  Menge  der  Synovia 
abnimmt,  während  sie  dabei  zugleich  dickflüssiger  und  reicher  an  mor- 
photiscben  Bestandtfaeilen  wird  als  in  der  Ruhe;  In  der  Synovia  eines 
anf  die  Weide  getriebenen  Ochsen  fand  Frerichs  (Wagner’s  Hand- 
wörterbuch der  Physiologie  III,  S.  463.  — Kühne,  Physiolog.  Chemie 
S.  388.  Vergl.  Ziemssen's  Handbuch,  Senator  I.  c.  S.  31)  94%  Wasser, 
während  diejenige  eines  Stallocbsen  96  enthielt;  letztere  hatte  0,2%  Mncin, 
1,5  Eiweiss,  1,0  Asche,  erstere,  bei  gleichem  Gehalt  an  Aschebestand- 
theilen  0,5%  Mucic,  3,5  Eiweiss.  Bei  Körperbewegung  nähert  sich  die 
Synovia  in  ihrem  Eiweissgehalt  also  mehr  und  mehr  dem  Blutserum, 
von  dem  wir  durch  Bo  mm 's  Arbeiten  wissen,  dass  es  einen  sehr  guten 
Nährboden  abgiebt  für  Mikrobien,  welche  der  Polyarthritis  sehr  ähnliche 
Krankheitsznstände  hervorzurufen  'vermögen,  nämlich  die  Gonokokken. 
(Bnmm,  Menschliches  Blutserum  als  Nährboden  für  pathogene  Mikro- 
organismen. Ferner:  B.  Der  Mikroorganismus  der  gonorrhoischen 

Scbleimhauterkrankongen.  S.  Baum  garten,  Jahresbericht  I,  181, 
11  84  ff.) 

Mit  dem  physiologischen  Befund  nach  körperlichen  Anstrengungen 
hat  der  pathologische,  durch  Sektionen  konstatirte  (vergl.  Senator  1.  c. 
S.  40)  insofern  Aehnlichkeit,  als  die  in  den  Gelenkhöhlen  gefundene, 
alkalisch  reagirende  Flüssigkeit  ebenfalls  reich  an  Eiweissstoffen  ist,  und 
in  neuester  Zeit  ist  es  ja  Guttmann  (Zur  Aetiologie  des  akuten  Gelenk- 
rheumatismus und  seiner  Komplikationen.  Deutsche  Medizin.  Wochen- 
schrift 1886,  46)  gelungen,  in  einem  Falle  von  schwerer  Polyarthritis, 
die  mit  fibrinös-eitriger  Perikarditis  und  Abscessen  in  den  Nieren  und 
der  Brustmusknlatur  komplizirt  war,  nicht  nur  ans  dem  Perikardialexsndat, 
sondern  auch  aus  dem  serös-fibrinösen  Gelenkinbalt  den  Staphylokokkus 
aureus  in  primärer  Reinkultur  zu  züchten.  Baumgarten  macht  in  dem 
Referat  über  Guttmann’s  Vortrag  darauf  aufmerksam,  dass  Leyden 


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in  der  an  den  Vortrag  sich  anscbliesaenden  Diekasaion  bemerkt  habe, 
dass  auf  seiner  Klinik  'wiederholt  bakterioskopiacbe  Untersncbongen 
vorgenommen  seien  ohne  entscbeidendes  positives  Resultat;  Leyden 
möchte  daher  die  Fälle,  in  denen  wirklich  pyogene  Kokken  gefunden 
sind,  nicht  zu  den  reinen  Formen  der  Polyartbritis  rheumatica  acuta 
zählen,  während  Baumgarten  der  auch  von  Outtmann  ausgesprochenen 
Ansicht  ist,  dass  die  phlogogenen  Mikroorganismen  nicht  nothweudig  in 
die  Exsudate  überzutreten  brauchen,  sondern  in  den  Oelenkmembranen, 
in  denen  sie  sich  ansiedeln  und  vermehren,  haften  bleiben  können. 

Mit  dem  Nachweis  pathogener  Mikroorganismen  im  Gelenkinbalt  bei 
akutem  Gelenkrheumatismus  ist  es  also  ebenso  gegangen,  wie  mit  dem 
Nachweis  der  Gonokokken  in  gonorrhoisch  infizirten  Gelenken;  erst 
nach  langen  vergeblichen  Versuchen  sind  von  verschiedenen  Forschern 
Gonokokken  in  den  Punktionsflüssigkeiten  gefunden,  und  besonders  be- 
richtete Löwenstein  in  der  Diskussion,  welche  sich  an  den  erwähnten 
Vortrag  Gerhardt’s  in  der  Berliner  medizinischen  Gesellschaft  anschloss, 
dass  in  dem  Inhalt  eines  3 Wochen  nach  der  primären  Infektion  ver- 
eiterten und  deshalb  resezirten  Hüftgelenks  massenhafte  Gonokokken 
gefunden  worden  sind. 

Die  verschiedenen  Untersnchnngsresnltate  sind  wohl  in  beiden 
Krankheiten  bedingt  durch  den  verschiedenen  Grad  der  Infektion  in  Folge 
der  bald  grösseren,  bald  geringeren  Menge  und  dementsprechend  ver- 
schiedenen Entwickelung  der  pathogenen  Mikroorganismen;  ähnlich,  wie 
experimentell  von  mehreren  Forschern,  Wyssokowitsch,  Weicbsel- 
baum,  Orth  n.  A.,  sowohl  die  verruköse,  als  auch  die  ulceröse  Form 
der  Endokarditis  durch  den  Staphylokokkus  aureus  erzeugt  ist,  welcher 
aber  nachher  konstant  nur  bei  der  ulcerösen  Form  gefunden  wurde;  nach 
Fraenkel  und  Saenger  muss  das  Nicbtvorbandensein  in  den  Produkten 
der  verrukösen  Form  auf  ein  Zugrnndegehen  der  infizirenden  Mikrobien 
bezogen  werden,  deren  Menge  eben  in  dieser  Form  sehr  gering  sei. 

Die  Tbatsache,  welche  wir  den  erwähnten  Untersuchungen  ver- 
danken, ist  diese,  dass  unter  Umständen  die  Synovia  eine  zu  der  Ent- 
wickelung pathogener  Organismen  mehr  oder  weniger  geeignete  Nähr- 
flüssigkeit darstellt,  von  denen  Staphylokokken  und  Gonokokken 
darin  nachgewiesen  sind;  das  klinische  Bild,  unter  welchem  dann  die 
Krankheit  verläuft,  bängt  von  der  Art  und  Menge,  sowie  von  der  Lokali- 
sation der  Krankheitserreger  ab;  ausserdem  sprechen  dabei  gewiss  oft 
verschiedene  Kombinationen  von  Mikroorganismen  mit.  Zunächst  bat  der 
Nachweis  des  Staphylokokkus  aureus  in  polyarthritisch  erkrankten  Ge- 


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155 


lenken  in  Verbindnog  init  den  erwähnten  experinaentellen  Arbeiten  über 
Endokarditis  grössere  Klarheit  in  den  bisher  dankein  Zasammenhang  der 
beiden  den  akuten  Oelenkrheamatismas  haaptsächlich  charakterisirenden 
Affektionen  gebracht,  and  ferner  wird  es  dadurch  erklärlich,  waram  so 
bänfig  Grelenkrbeamatismos  im  Anschluss  an  irgend  welche  Eiterungs- 
Torgänge  auflritt  Im  Oarnisonlazareth  habe  ^ich  6 mal  Oelenkrbeuma- 
tismus  nach  follikulärer  Mandelentzüadung  beobachtet,  einmal  nach 
abscedirender  Parotitis,  4 mal  nach  Furunkeln  in  nächster  Nähe  der 
Hüft*  und  Kniegelenke,  einmal  nach  bubo  inguinalis,  einmal  nach  akuter 
Bronchitis  mit  ungewöhnlich  reichlichem  schleimig*  eitrigen  Äuswurf, 
worin  massenhafte  Kokken  Terschiedener  Art,  besonders  auch  Strepto- 
kokken nachgewiesen  wurden.  Die  häufige  Kombination  des  Gelenk- 
rhenmatismus  mit  follikulären  Mandelentzündungen  ist  schon  in  früheren 
Jahren  von  verschiedenen  Seiten  hervorgehoben,  besonders  auch  von 
englischen  Aerzten ; Stewart  und  Fowler  (Armee-Bericht  1881/82,  33) 
wollten  sogar  bei  80  <>/o  aller  Erkrankungen  Amygdalitis  gefunden  haben, 
während  sie  nach  Mittheiinngen  aus  dem  Strassburger  Garnisonlaiareth 
and  meinen  eigenen  Beobachtungen  etwa  bei  12°/o  der  Fälle  vorkommt 
und  im  letzten  Jahre  bei  5 o/a  den  Ausgangspunkt  der  Erkrankung  bildete. 
Dass  auch  ohne  Eiterungsprosesse  die  Mandeln  die  Einfallspforte  für  das 
pathogene  Mikrobion  im  Gelenkrheumatismus  bilden  können,  erscheint 
ganz  erklärlich,  seitdem  wir  aus  Fraenkel’s  Untersuchungen  (Berliner 
Klin.  Wochenschr.  1886,  17,  18)  wissen,  dass  der  Staphylokokkus  aureus 
and  albus  nicht  nur  die  Hauptmasse  der  bakteriellen  Bestandtheile  des 
tonsillaren  Exsudates  bilden,  sondern  auch  als  Bewohner  des  normalen 
Pharynxsekretes  nachgewiesen  sind.  Wenn  etwa  von  hier  aus  in  den 
Organismus  eingedrungene  Mikrobien  in  ein  Gelenk  gelangen,  so  werden 
sie  bei  intakten  örtlichen  Verhältnissen,  normalem  Stoffwechsel,  normalem 
Blut,  normalen  Girkulalionsverbältnissen  entweder  rasch  daraus  entfernt 
werden  und  weiterhin  zu  Grande  gehen,  oder  sie  mögen  anch  in  einer 
Oelenkfalte  liegen  bleiben,  ohne  Schaden  anzurichten,  bis  die  örtlichen 
Verhältnisse  einmal  ihrer  Entwicklung  günstig  sind.  Hier  würden  dann 
alle  diejenigen  Momente  in  Wirksamkeit  treten,  welche  im  Stande  sind, 
einmal  die  Konzentration  der  Synovia  zu  erhöhen,  dann  aber  den  Ab- 
fluss der  konzentrirten  Synovia  zu  verlangsamen  und  die  Energie  des 
Stoffwechsels  auch  in  den  die  Kapsel  umgebenden  Gelenktbeilen  herab- 
susetzen;  zu  ersteren  gehören  in  erster  Reihe  körperliche  Anstrengungen, 
SU  letzteren  Durcbnässungen  und  Erkältungen,  weit  häufiger  sind  aber 
wohl  kleine  Verletzungen,  Stösse,  Quetschungen  n.  dgl.  verantwortlich 


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156 


zo  machen,  welche  oft  fast  nnhemerkt  bleiben.  Die  Krankheit  würde 
dann  nicht  sowohl  durch  die  Gegenwart  der  niederen  Organismen  be- 
dingt, als  vielmehr  das  Resultat  aus  bestimmten  pathologischen  Ver- 
änderungen des  Körpers  und  der  Wirkung  der  auf  dem  kranken  Boden 
wuchernden  fremden  Organismen  sein. 

Bei  den  militärischen  Uebungen  aller  Truppengattungen  werden  die 
Beine  am  meisten  angestrengt  und  gewiss  auch  am  häufigsten  gequetscht 
und  gestossen,  daher  beginnt  der  Gelenkrheumatismus  am  häufigsten  in 
den  Gelenken  der  Untereztremitäten,  Der  Einfluss  des  verschiedenen 
Gebrauchs  der  Gelenke  ist  von  älteren  und  neueren  Forschern  wiederholt 
betont,  neuerdings  wieder  von  Gerhardt,  welcher  (I,  c.)  öfters  den 
ansnabmsweisen  Beginn  der  Krankheit  in  den  Gelenken  der  oberen 
Extremitäten  auf  vorwiegende  Anstrengung  gerade  dieser  Gelenke  mit 
Sicherheit  zurückfübren  konnte. 

Nach  Lebert  beginnen  Vi  aller  Erkrankungen  in  den  Gelenken 
der  Untereztremitäten,  nach  Gerhardt’s  Beobachtungen  in  Würzburg 
73,5  o/o , nach  den  Kranken  - Journalen  des  Garnison  - Lazareths  in 
Hannover  sogar  76  o/g.  Die  Monatsknrven  (S,  149)  zeigen  nun  ihre 
Höbe  im  März  und  April,  also  in  den  Monaten,  in  welchen  verhältnisa- 
mässig  die  grössten  Anforderungen  an  die  Leistungsfähigkeit  der  Gelenke 
gestellt  werden,  denn  in  den  Monaten  Februar  bis  April  folgen 
rasch  aufeinander  die  Besichtigungen  der  Rekruten,  Kompagnien, 
Schwadronen  n,  s.  w.  Die  dabei  am  meisten  angestrengten  Mannschaften 
des  1.  Dienstjabres  liefern  auch  stets  das  stärkste  Kontingent  zu  den  in 
Rede  stehenden  Erkrankungen,  im  letzten  Jahre  1886/87:  <59,7  o/o. 
Schon  die  ersten  militärischen  Uebungen  des  langsamen  Schritts  ermüden 
die  betreffenden  Gelenke  in  hohem  Grade  und  können  so  heftige  Schmerzen 
hervorrnfen,  dass  manche  Rekruten  laute  Schmerzensänssernngen  zu  unter- 
drücken nicht  im  Stande  sind;  alltäglich  erfahren  wir  ja  dasselbe,  wenn 
nach  längerer  Panse  irgend  welche  gymnastischen  Uebungen  anfgenommen 
werden:  danach  schmerzen  anfänglich  nicht  nur  die  Muskeln,  sondern 
besonders  auch  die  Gelenke.  Mit  der  zunehmenden  Uebnng  steigert  sich 
die  Kraft  der  Gelenke,  die  Elastizität  ihrer  Bänder,  so  dass  sie  allmälig 
die  daran  gestellten  höheren  Anforderungen  zu  bewältigen  vermögen,  so 
lange  relativ  günstige  Zirkulationsverbältnisse  einen  genügend  raschen 
Abfluss  der  konzentrirten  Synovia  gewährleisten;  wo  dies  aber  nicht  der 
Fall  ist,  wird  es  um  so  eher  zu  polyartbritischen  Erkrankungen  kommen 
können,  wenn  es  sich  um  Leute  handelt,  welche  früher  bereits  daran  ge- 
litten haben,  in  deren  Gelenken  also  wahrscheinlich  Keime  zurückgeblieben 


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waren,  deren  Entwicklung  unsere  heutigen  Heilmittel  verhindert  hatten, 
die  aber  nun  bei  günstigen  örtlichen  Verhältnissen  von  Neuem  wuchern. 

Im  letzten  Beobachtungsjahre  handelte  es  sich  in  24  °/o  der  Erkrankungen 
om  Leute,  welche  kürzere  oder  längere  Zeit  vor  der  Einstellung  an 
Polyarthritis  acuta  gelitten  hatten,  ein  Prozentsatz,  welcher  in  früheren 
Jahren  nie  erreicht  ist  und  beweist,  dass  die  Zunahme  der  Erkrankungs- 
zabl  nicht  etwa  auf  die  Militärbevölkerung  beschränkt  ist,  sondern  sich 
in  ähnlicher  Weise  auch  in  der  Zivilbevölkerung  geltend  macht.  Für 
die  Mannschaften,  welche  schon  früher  an  Gelenkrhenmatismns  gelitten 
haben,  würde  nach  Edlefsen’s  Beobachtungen  (1.  c.  S.  339  ff.)  als 
weiteres  schädliches  Moment  hinzukommen,  dass  sich  in  den  meisten  , 
Kasernen  Wohnungen  finden,  in  denen  wiederholt  derartige  Erkrankungen 
vorgekommen  sind,  und  auch  die  zunehmende  Infektion  des  Bodens  würde 
für  die  Garnison  Hannover  zu  berücksichtigen  sein. 

Verfolgen  wir  die  Monatsknrven  weiter,  so  sehen  wir  mit  dem 
Monat  April  einen  Abfall  eintreten  bis  zum  September,  und  dem 
entspricht  eine  Periode  verhältnissmässiger  Ruhe  nach  Beendigung  der 
Vorstellungen,  während  die  späteren  Debungen,  besonders  in  den 
Manövern  mit  der  ganz  veränderten,  stets  Anregung  und  Abwechselung 
bietenden  Lebensweise  mehr  den  .Körper  im  Allgemeinen  ermüden,  als 
dass  sie  besonders  hohe  Anforderungen  an  die  Leistungsfähigkeit  der 
Gelenke  stellten.  Mit  der  Einstellung  der  Rekruten  beginnt  dann  die 
Mouatsknrve  wieder  zu  steigen. 

Für  die  auffallende  Uebereinstimmung  der  beiden  Friedensknrven 
glaube  ich  den  Hauptgrund  um  so  mehr  in  den  eben  geschilderten,  aus 
der  Gleichheit  der  Uehnngsperioden  in  der  ganzen  Armee  resnltirenden 
Momenten  suchen  zu  müssen,  als  die  Kriegskurven  gerade  das  entgegen- 
gesetzte Verhalten  zeigen:  die  Armeekurve  steigt  vom  Juli  bis  September, 
hält  sich  während  des  letzten  Quartals  1870  ungefähr  auf  gleicher  Höhe 
und  beginnt  mit  dem  Januar  stetig  zu  sinken;  ganz  besonders  bemerkens- 
werth  erscheint  mir  aber  die  Kurve  für  die  Südarraee,  welche  von  5,2 
im  Januar  auf  2,9  im  Februar  fällt.  Die  gegenüber  der  Armeekurve 
hohe  Erkrankungsziffer  im  Januar,  die  niedrige  im  Februar  glaube  ich 
auf  die  ganz  ausserordentlichen,  kaum  je  von  einer  anderen  Armee  unter 
gleich  erschwerenden  Umständen  ansgefübrten  Marschleistungen  im 
Januar,  auf  die  dadurch  verursachten  Ueberanstrengnngen  und  kleine 
unbeachtete  Verletzungen  der  Gelenke  zurückfübren  zu  müssen;  denn  die 
anderen  Infektionskrankheiten  nahmen  im  Februar  nicht  nur  nicht  ab, 
sondern  ihre  Zahl  steigerte  sich  noch  erheblich,  von  10,5  °/o«  im  Januar 


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anf  14,9  im  Februar,  während  die  gewöhnlich  anf  Erkältungen  bezogenen 
Krankheiten  der  Athmnngsorgane  zwar  etwas  abnahmen,  aber  keines- 
wegs in  gleichem  Maasse  wie  die  Gelenkrheumatismen. 

Bezüglich  der  einzelnen  Rrankbeitserscheinnngen  will  ich  nur 
statistisch  erwähnen,  dass  bei  91  Kranken  =>  21,6  % Herz  an  der 
Erkrankung  Theil  nahm;  im  letzten  Jahre  war  die  Zahl  etwas  höher, 
nämlich  27,4  ‘/o,  und  ebenso  war  die  Zahl  derjenigen  Leute  etwas  grösser, 
welche  wegen  zurückgebliebenen  Herzfehlers  entlassen  werden  mussten: 
12  </•  gegen  10,4  für  den  ganzen  zwölQährigen  Beobachtungscyklus. 

Bemerkenswertb  erscheint  noch,  dass  im  letzten  Jahre  bei  4 frischen 
^ Fällen,  in  denen  gleich  nach  der  Aufnahme  Endokarditis  konstatirt  wurde, 
diese  als  das  erste  Symptom  der  das  Leiden  cbarakterisirenden  Trias 
angesprocben  werden  musste.  Bezüglich  des  Fiebers  ist  mir  in  den 
letzten  Jahren  anfgefallen,  dass  die  Zahl  derjenigen  Fälle  in  der  Zu- 
nahme begriffen  ist,  in  welchen  dasselbe  nur  spurenweise  anftritt  oder 
auch  ganz  fehlt;  die  Oelenkaffektion  verläuft  in  diesen  Fällen  von  vorn- 
herein torpide,  und  es  entwickelt  sich  gewöhnlich  bald  eine  hochgradige 
und  nur  sehr  langsam  zu  beseitigende  Anämie.  Immermann  bat  in 
dem  erwähnten  Vortrag  auf  derartige  Krankheitsformen  besonders 
aufmerksam  gemacht  und  die  Ansicht  ausgesprochen,  dass  ihr  Auftreten 
in  den  Handbüchern  nicht  genug  gewürdigt  sei;  es  scheint  mir  dies  eben 
darin  seinen  Grund  zu  haben,  dass  diese  Fälle  erst  neuerdings  zahlreicher 
aufgetreten  sind,  und  ich  lasse  dahingestellt,  ob  unsere  heutige  Therapie, 
welche  die  Entwickelung  des  Krankbeitskeimes  verhindert,  ohne  ihn  je- 
doch abzutödten,  dabei  von  Einfluss  ist,  oder  ob  es  sich  um  einen  Wechsel 
des  Krankheitsgenius  handelt. 

Bei  zwei  im  letzten  Jahre  in  dieser  Form  Erkrankten  entwickelten 
sich  schon  in  der  3.-4.  Krankheitswoche  psychische  Störungen  in  Form 
hochgradiger  Melancholie,  die  in  einem  Fall  zu  hartnäckiger  Nahrungs- 
verweigerung führte  und  von  mir  im  Wesentlichen  anf  die  ganz  extreme 
Anämie  bezogen  wurde.  Der  von  Tüngel  iu  den  Schmerzen  und  der 
Schlaflosigkeit  gesuchte  Grund  zu  geistigen  Störungen  konnte  höchstens 
im  Beginn  der  Erkrankungen  als  begünstigendes  Moment  angesprocben 
werden,  denn  die  überhaupt  nur  mässigen  Schmerzen  waren  schon  nach 
den  ersten  Tagen  fast  ganz  geschwunden,  ebenso  die  Schlaflosigkeit, 
aber  die  starke  Schwellung  besonders  der  Fuss-,  Hand-  und  Fingergelenke 
blieb  in  beiden  Fällen  Monate  lang  bestehen,  und  noch  weit  länger  zeigte 
die  Haut  ein  wachsartig  bleiches  Aussehen. 

Trotz  oft  sehr  bedrohlicher  Erscheinungen  verliefen  die  Erkrankungen 


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des  letzten  Jahres  bei  Anwendnng  der  gewöhnlichen  Mittel:  Rnhigstellnng 
der  Gelenke,  Salizyl-Priparaten , Antipyrin,  dann  Bädern,  geeigneter 
Gymnastik  und  Massage,  alle  günstig;  von  sämmtlichen  421  Kranken 
ilarben  3 = 0,7  “/o. 

Fasse  ich  knri  das  Endergebniss  der  im  Vorhergehenden  nieder* 
gelegten  Erfahrungen  zusammen,  so  geht  daraus  hervor,  dass 

1)  Die  für  die  Armee  festgestellte  Thatsache  der  Zunahme  der 
Erkrankungen  an  Gelenkrheumatismus  für  die  Garnison  Hannover 
in  besonders  hohem  Maasse  zutrifft. 

2)  Die  zunehmende  Zahl  der  Erkrankungen  bei  Leuten,  welche  vor 
der  Einstellung  schon  an  Gelenkrheumatismus  gelitten  haben 
liefert  den  Beweis,  dass  die  steigende  Rhenmartbritisfreqnenz 
in  der  Armee  in  erster  Linie  auf  die  in  der  ganzen  Bevölkerung 
sich  mehrende  Erkrankungszahl  zurückzuführen  ist. 

3)  Der  akute  Gelenkrheumatismus  ist  eine  Infektionskrankheit:  für 
die  Entwickelung  seiner  Krankheitskeime,  von  denen  bisher 
Gnttmann  den  Staphylococcns  aureus  nachgewiesen  hat,  ist  für 
die  Garnison  Hannover  die  zunehmende  Infektion  des  Bodens 
und  im  letzten  Jahre  (1886)  besonders  der  wiederholt  abnorm 
niedrige  Grundwasserstand  von  wesentlichster  Bedeutung;  während 

4)  als  weiteres  ätiologisches  Moment  (Edlefsen)  für  die  ad  2 er* 
wähnten  Erkrankungen  zu  berücksichtigen  ist,  dass  in  der  weit- 
aus grössten  Zahl  unserer  Kasernen  Fälle  von  Gelenkrheumatismus 
früher  vorgekommen  sind.  — 

5)  Allgemein  gütige  Beziehungen  zwischen  der  Erkrankungszahl 
und  den  Witterungsverhältnissen  haben  sich  io  der  Garnison 
Hannover  nicht  nach  weisen  lassen;  nur  in  einzelnen  Monaten, 
welche  eine  ungewöhnlich  hohe  oder  niedrige  Krankheitsfreqnenz 
zeigten,  konnten  solche  im  Sinne  Edlefsen’s  und  Hirsch's 
konstatirt  werden. 

6)  Die  auffallende  Uebereinstimmung  der  monatlichen  Friedenskurven 
für  die  Armee  und  die  Garnison  Hannover  deutet  darauf  hin, 
dass  derselben  die  gleiche  Ursache  zu  Grunde  liegt,  welche  ich 
in  der  Gleichheit  der  Uebungsperioden  suche;  von  entscheidender 
Bedeutung  scheint  hier  der  Gebrauch  und  die  damit  verbundenen 
kleinen,  gewöhnlich  unbeachtet  bleibenden  Verletzungen  der 
Gelenke  so  sein,  was  durch  die  ganz  besonders  hohe  Ziffer  der 
zuerst  befallenen  Gelenke  der  Unterextremitätea  (76  °/a)  bestätigt 
wird. 


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Nachdem  festgeatellt  ist,  dass  die  in  steter  Zunahme  begriffenen 
Erkrankungen  an  Gelenkrheumatismus  eine  Gefahr  für  die  Schlagfertigkeit 
unserer  Armee  einschliessen,  wird  es  unsere  nächste  Aufgabe  sein  müssen, 
dieser  Gefahr  vorzubeugen,  zunächst  durch  Zurückstellung  solcher 
Rekruten,  welche  auf  Grund  eines  Physikatsattestes  nachweisen,  dass  sie 
in  den  letzten  Jahren  wiederholt  an  Gelenkrheumatismus  gelitten  haben, 
wenn  auch  keine  anatomischen  Veränderungen  davon  an  den  Gelenken 
zurückgeblieben  sind.  Ferner  würde  es  sich  empfehlen,  diejenigen 
Rekruten,  bei  welchen  sich  schon  im  Beginn  der  Ausbildnngsperiode 
heftigere  Oelenkschmerzen  zeigen,  einer  besonderen  ärztlichen  Eontrole 
zu  unterstellen,  ohne  sie  dabei  dem  Dienste  zu  entziehen,  nnd  Maass* 
regeln  zur  Kräftigung  ihrer  Gelenke  anzuordnen,  wie  spirituöse 
Waschungen,  aktiv-passive  Gymnastik  mit  zweckentsprechender  Massage. 
Leute,  welche  eine  Erkrankung  an  Gelenkrheumatismus  überstanden, 
müssten  bei  günstigen  häuslichen  Verhältnissen  vor  der  Aufnahme  des 
Dienstes  längere  Zeit  beurlaubt  und  später  nicht  in  den  früheren 
Quartieren,  sondern  io  anderen,  bisher  von  derartigen  Erkrankungen 
freien  Räumen  einquartiert  werden.  Endlich  würde  es  sich  empfehlen, 
Leute,  welche  mehr  als  zwei  Erkrankungen  im  Laufe  eines  Jahres  dnrch- 
gemacht,  auch  ohne  nachweisbare  anatomische  Veränderungen  an  den 
Gelenken  ala  zeitig  unbrauchbar  zu  entlassen. 


II. 

üeber  Antifebrin. 

Ich  erwähnte  schon  gelegentlich  der  Besprechung  des  Einflusses 
der  Bodenbescbaffenbeit  auf  die  Erkrankungszabl  an  Rheumatismen,  dass 
sich  im  Sommer  1886  gleichzeitig  mit  dem  abnormen  Sinken  des  Grund- 
Wasserstandes  nach  längerer  Panse  wieder  Erkrankungen  an  Unterleibs- 
typhus in  der  Garnison  Hannover  zeigten.  Gleich  die  ersten  Fälle  ver- 
liefen unter  sehr  schweren  Erscheinungen,  und  die  bald  erfolgende 
Erkrankung  von  vier  l.>azarethgehülfeu,  welche  ausschliesslich  mit  der 
Pflege  der  Typhen  betraut  gewesen  waren,  lieferte  den  Beweis,  dass  es 
sich  um  ein  ungewöhnlich  infektiöses  Krankheitsvirus  handelte;  ich 
verliess  daher  die  'bislang  von  mir  angewandte  Therapie,  welche  gani 
den  von  Fraentzel  (Deutsche  Militärärztliche  Zeitschrift  XV,  S.  117  ff.) 
vertretenen  Grundsätzen  entsprach,  und  wandte  gleich  nach  den  ersten, 
so  sehr  günstig  lautenden  Veröffentlichungen  von  Cahn  nnd  Hepp  das 
Antifebrin  an,  und  zwar  ausnahmslos  mit  so  guten  Erfolgen,  dass  ich  es 


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dann  auch  bei  allen  möglichen  anderen  Krankheiten  erprobte.  Im 
Gaoaen  habe  ich  es  angewandt  bei  79  Patienten,  von  denen  litten  an 

1)  Masern 4 

2)  Scharlachfieber 14 

3)  Unterleibstyphus 12 

4)  Lnngenentzöndnng 32 

5)  Bnutfellentzöndung 2 

6)  Akut.  Bronchialkatarrh 7 

7)  Tnherknlose  der  Langen 2 

8)  „ „ Drüsen 1 

9)  Aknt  Oelenkrhenmatismus 5 

10)  Perityphlitis 1 

11)  Nenralg.  N.  supraorbiu  . . . . . . . 1 

. Zusammen  79 

Die  Wirkungen  des  Anlifebrin  waren  bezüglich  der  Herabsetzung 
der  erhöhten  Körperwärme  in  allen  Fällen  dieselben,  im  Uebrigen  waren 
sie  aber  bei  den  verschiedenen  Krankheiten  sehr  verschieden;  am 
glänzendsten  bewährte  eich  das  Mittel  bei  den  Typhen,  hier  stimmten 
meine  Beobachtnogen  mit  den  von  Cabn  und  Hepp  (Berl.  Klinische 
Wocbenschr.  1887,  No.  1 und  2)  sowie  von  Faust  (Deutsche  Medizinische 
Wochenschr.  1887,  No.  16,  17)  veröffentlichten  Erfahrungen  ungefähr 
überein,  während  ich  bei  anderen  Krankheiten,  besonders  bei  denjenigen 
der  Atbmongsorgane  weniger  gute,  zum  Theil  sogar  schlechte  Erfolge 
von  dem  Mittel  sah. 

Die  chemischen  Eigenschaften  des  Antifebrin  sind  in  den  erwähnten 
Arbeiten  ausführlich  klar  gelegt;  nach  seiner  Zusammensetzung  war  nun 
zwar  ein  einleuchtender  Orund  für  eine  vortheilhaftere  Wirkung  gegen- 
über dem  Antipyrin  nicht  vorhanden,  aber  nach  der  vielfach  gemachten 
Erfahrung  des  ungünstigen  Einflusses  des  letzteren  auf  die  Verdaunngs- 
organe,  welche  sich  mir  noch  kurz  vor  Anwendung  des  Antifebrin  bei 
einem  schweren  Typhus  bestätigte,  Hess  mir  gerade  die  Beobachtung, 
dass  Antifebrin  auf  die  Verdauungsorgane  ohne  Wirkung  sei,  dasselbe 
im  Typhus  besonders  empfehleoswerth  erscheinen,  um  so  mehr,  als  ihm 
auch  die  von  Fraentzel  mit  Recht  (1.  c.  S.  123)  hervorgehobene  üble 
Wirkung  anderer  Antipyretica  auf  den  Puls  zu  fehlen  schien.  Die 
ausnahmslos  bei  allen  Typben  beobachteten  Wirkungen  waren  folgende: 

1)  Das  Allgemeinbefinden  hob  sich  in  ganz  auffallender  Weise;  ja 
bei  frischen  Fällen,  in  denen  das  Mittel  gleich  vom  Beginn  der  Aufnahme 
gegeben  werden  konnte,  blieb  es  während  des  ganzen  Verlaufes  so  günstig, 


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162 


dan«,  wie  auch  mehrfach  yon  Kollegen  dnrch  den  Angenschein  bestätigt 
wurde,  den  Kranken  die  schwere  Krankheit  trotz  wochenlanger  Morgen* 
temperaturen  von  39—40,5°  nicht  anzusehen  war.  2)  Das  Sensorinm 
blieb  frei,  die  Kopfschmerzen  schwanden,  was  für  manche  Kranke, 
besonders  zwei  sehr  schwer  erkrankte  Lszarethgehülfen  von  so  grosser 
Krleichterung  war,  dass  sie  selbst  immer  wieder  um  das  Mittel  baten. 
3)  Bin  anderer  Grund,  warum  dies  öfters  geschah,  war  dieser,  dass  es 
fast  stets  ruhigen  Schlaf  machte,  und  zwar  nicht  nur  in  der  Zeit  der 
febris  continua,  sondern  auch  später,  als  des  Fiebers  wegen  seine 
Darreichung  gar  nicht  mehr  nöthig  gewesen  wäre.  4)  Die  Temperatur 
wurde  stets  nach  halben  oder  ganzen  Grammdosen  auf  oder  unter  die 
Norm  herabgesetzt,  und  zwar  erreichte  sie  den  tiefsten  Stand  erst  allmälig 
nach  3—5  Stunden,  um  dann  in  der  Regel  etwas  schneller  auf  die  frühere 
Höhe,  mitunter  auch  noch  darüber  hinaus  zu  steigen.  5)  Mit  ganz 
seltenen  Ausnahmen  ging  korrespondirend  mit  der  Temperatur  die  Puls- 
frequenz herab,  zugleich  hob  sich  die  Spannung  des  Arterienrohrs. 
6)  Das  Anstrocknen  und  Rissigwerden  der  Schleimhäute  der  Mundhöhle, 
der  Zunge  und  Lippen  blieb  aus.  7)  Auf  den  lokalen  Krankheitsprozess 
batte  das  Ahtifebrin  keinen  direkten  Einfluss,  andererseits  fehlten  alle 
üblen  Nebenwirkungen  auf  die  Verdauungsorgane.  8)  Einen  Einfluss  auf 
die  Nieren  habe  ich  nicht  beobachtet.  9)  Die  oft  ziemlich  starke  Schweiss- 
entwickelnng  und  die  geringe  Cyanose  waren  bei  den  Typhen  nie  lästig. 
Kollapserscheinungen  sind  in  keinem  Fall  eingetreten. 

Unter  den  geschilderten  Wirkungen  des  Antifebrin  hebe  ich  diejenige 
auf  den  Puls,  und  den  Mangel  einer  solchen  auf  die  Yerdauungsorgane 
ganz  besonders  hervor;  leider  habe  ich  die  erstere  nicht  dnrch 
sphygmographische  Kurven  veranschaulichen  können,  aber  die  sowohl 
auf  der  inneren,  als  auch  auf  der  äusseren  Station,  wo  Stabsarzt 
Dr.  Richter  das  Mittel  in  mehreren  Fällen  von  Erysipelas  anwandte, 
sorgfältig  geführten  Temperatur*  und  Pnlskurven  haben  übereinstimmend 
mit  den  Kurven  von  Cahn,  Hepp  und  Faust,  entgegen  den  Behauptungen 
Fränkel's  (Deutsche  Med.  Wochenschr.  1886,  No.  43,  44),  bewiesen,  dass 
der  günstige  Einfluss  des  Mittels  auf  den  Puls  von  hoher  Bedeutung  ist. 
Den  eben  erwähnten  Momenten  messe  ich  auch  hauptsächlich  die  auf- 
fallende Hebung  des  Allgemeinbefindens  bei,  welche  ich  bei  Aufzählung 
meiner  Beobachtungen  an  die  Spitze  gestellt  habe,  weil  sie  als  erster 
sichtbarer  Erfolg  imponirt  und  für  den  ganzen  Krankheitsverlanf  das 
Wichtigste  bleibt. 

Was  die  Anwendung  des  Mittels  betrifft,  so  ist  zunächst  zu 


— 163  — 


beröckeichtigeo,  wie  Cahn  und  Hepp  schon  angegeben  haben,  dass  die 
Wirkung  individuell  sehr  verschieden  ist;  ich  habe  ferner  beobachtet, 
dass  vrenn  das  Antifebrin  sich  von  vornherein  anhaltend  und  intensiv 
wirksam  erwies,  der  ganze  Krankheitsverlauf  ein  leichterer  war,  so  dass 
es  zugleich  einen  Maassstab  für  den  Grad  der  'Infektion  abgab.  Im 
Beginn  der  Erkrankungen  waren  kleine  Gaben  von  0,25  stets  unwirksam, 
io  der  Regel  mussten  Grammdosen  gegeben  werden;  der  Versuch,  durch 
wiederholt  gereichte  halbe  Grammdosen,  bis  zu  3,0  in  12  Stunden,  die 
Temperatur  dauernd  niedrig  zu  erhalten,  batte  nicht  den  erwünschten 
Erfolg:  die  Wirkung  auf  Temperatur  und  Puls  war  eine  sehr  unvollkommene, 
es  trat  stärkere  Cyanose  auf,  nnd  auch  das  Sensorinm  blieb  benommen, 
so  dass  ich  bald  zu  den  grösseren,  1 — 2 Mal  in  24  Stunden  gereichten 
Orammdosen  zurückkebrte.  Das  Gesammtverfahren  bestand  darin,  dass 
bei  Morgen temperatnren  über  39,0°  zuerst  ein  Bad  von  26°  gegeben  nnd 
so  weit  abgeküblt  wurde,  bis  die  Temperatur  unter  38°  sank;  sobald  sie 
dann  wieder  über  39°  gestiegen  war,  wurde  1,0  Antifebrin  gegeben,  nnd 
diese  Dosis  musste  in  der  Regel  Nachmittags  zwischen  4 nnd  6 Uhr 
wiederholt  werden;  erreichte  die  Morgentemperatnr  nicht  39°,  so  wurde 
das  Bad  weggelassen  nnd  nur  morgens  nnd  abends  0,5 — 1,0  Antifebrin 
gegeben.  Die  Wirkung  dieses  Verfahrens  war  wie  erwähnt  eine  ausnahms- 
los günstige,  nnd  den  besten  Beweis  für  den  auch  dem  Laien  imponirenden 
Erfolg  hatte  ich  darin,  dass  die  vier  bei  der  Pflege  erkrankten  Lazareth- 
gehülfen  dasselbe  mit  ganz  unerschütterlichem  Vertrauen  bei  sich  selbst 
angewandt  wünschten.  Das  Pulver  wurde  entweder  in  Portwein  gereicht, 
oder  in  Oblate,  nnd  dann  wurde  Portwein  nachgetrunken. 

Wenn  ich  hiermit  im  Wesentlichen  auch  nichts  Neues  biete,  sondern 
nur  die  Beobachtungen  von  Cahn,  Hepp,  Faust  u.  A.  bestätige,  so 
erscheint  mir  doch  wegen  des  immer  von  Neuem  ausbrecbenden  Kampfes 
für  die  ELsdtwasserbehandlung  als  einziges  Heil  im  Typhus  die  Ver- 
öffentlichung der  Erfolge  unseres  Verfahrens  um  so  mehr  angebracht,  als 
wir  darin  für  den  Fall  eines  Krieges  ein  vortreffliches  Hülfsmittel  haben 
werden.  Im  Garnison-Lazareth  zu  Hannover  ist  in  früheren  Jahren  die 
Brandt'sche  Methode  genau  nach  dessen  Vorschrift  mit  wechselndem 
Erfolge  angewandt,  aber  auch  in  günstig  verlaufenen  Fällen  habeich  nie 
eio  Krankheitsbild  gesehen,  wie  hei  dem  oben  geschilderten  Heilverfahren, 
durch  welches  das  Allgemeinbefinden  in  einer  Weise  gehoben  wird,  dass 
man  kanm  je  den  Eindruck  bekommt,  einen  schwer  Kranken  vor  sich 
zu  haben.  Selbst  wenn  die  Kaltwasserbehandlung  des  Typhus  allgemein 
als  die  beste  anerkannt  wäre,  so  würde  uns  dies  meines  Erachtens  nicht 

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der  Pflicht  überhebeo,  auch  andere  als  gut  erprobte  Heilmethoden  in  den 
Garnison -Lazaretben  durch«  die  Erfahrung  am  Krankenbett  kennen  so 
lernen,  da  wir  im  Kriege  ja  nur  ganz  ausnahmsweise  in  der  Lage  sind, 
eine  methodische  Kaltwasserbehandlung  anwenden  zu  können. 

Bei  Masern  und  Scharlach,  auch  bei  Erysipel  (vergl.  S.  162)  wirkte 
das  Antifebrin  nicht  minder  günstig,  und  ich  darf  erwähnen,  dass  ich  von 
den  Kollegen,  welche  es  auf  meine  Empfehlung  in  der  während  des 
vorigen  Winters  in  Hannover  herrschenden  Scbarlachepidemie  bei  Kindern 
in  ausgedehnterer  Weise  anznwenden  Gelegenheit  hatten,  gehört  habe, 
dass  sie  mit  der  Wirkung  nur  zufrieden  sein  konnten. 

Weniger  guten  Erfolg  hatte  ich  bei  akuten  Gelenkrheumatismen  und 
konnte  namentlich  einen  ähnlich  günstigen  Einfluss,  wie  wir  ihn  den 
Salizylpräparaten  und  dem  Antipyrin  verdanken,  nicht  wahrnehmen. 

Ungünstig  waren  meine  Erfahrungen  bei  Longenkrankheiten,  sowohl 
Lungen*  und  Brustfellentzündungen,  als  auch  tuberkulösen  Leiden. 
Besonders  bei  Pnenmonieen  blich  die  Wirkung  aui  Herz  und  Arterien- 
rohr aus,  die  bei  Typhen  bedeutungslose  Cyanose  machte  sich  oft  in 
fataler  Weise  bemerkbar,  während  das  Sensorium  in  manchen  Fällen 
benommen,  der  Schlaf  unruhiger  wurde,  was  Alles  darauf  hindeutet,  dass 
die  schon  durch  das  Lungenleiden  an  sich  erheblich  behinderte  Befreiung 
des  Blutes  von  Kohlensäure  hier  durch  das  Antifebrin  noch  weiter 
ungünstig  beeinflusst  wird,  wShrend  die  Wirkung  auf  die  Temperatur 
nicht  ansbleibt.  Bei  tuberkulösen  Leiden  sowohl  der  Lungen  als  der 
Drüsen  trat  die  schwcisslreibende  Wirkung  in  störender  Weise  zu  Tage, 
sobald  nur  einigermaassen  erfolgreiche  Dosen  gereicht  worden. 

Ganz  besondere  erfolgrei  ch  erwies  sich  das  Antifebrin  auch  in  dem 
einen  Fall  von  Sopraorbitalneuralgie;  während  ich  es  also  hier,  ferner 
bei  den  akuten  Infektionskrankheiten,  in  erster  Linie  bei  dem  Unterleibs- 
typhus unbedingt  empfehlen  würde,  halte  ich  bei  seiner  Anwendung  in 
Lungenkrankheiten  grosse  Vorsicht  für  geboten. 

Braunsebweig,  im  November  1887. 


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Die  neue  Infektionskrankheit  Weil’s  in  der  Armee. 

Von 

Stabsarzt  Dr.  HUeber  in  Ulm. 


Profeaaor  Dr.  A.  Weil  (Heidelberg — Dorpat)  hat  1886  im  39.  Band  dea 
,Dent8cben  Archivs  für  klinische  Mediiin**  über  „eine  eigentbümliche, 
mit  Milztnmor,  Ikterns  and  Nephritis  einhergehende  aknte  Infektions- 
krankheit“ eingehend  berichtet,  eine  Krankheit,  welche  ganz  auffallend 
von  dem  klinischen  Bilde  der  bekannten  Infektionskrankheiten  abwich, 
völlig  eigenartig  verlief  and  bisher  noch  nicht  geschildert  warde,  allem 
Anscheine  nach  ein  morhos  sai  generis,  eine  neue  Infektionskrankheit! 

Weil  hofft  von  seiner  Veröffentlichung,  dass  dieselbe  za  weiteren 
Forschungen  nnd  Mittheilnngen  den  Anstoss  geben  möchte. 

Zwei  der  Weil'schen  Fälle  waren  von  Friedreich  heohachtet 
(Sommer  1870),  zwei  von  ihm  selbst  (1882)  als  Leiter  der  medizinischen 
Klinik  zu  Heidelberg. 

1)  Kaufmann  £.,  23  Jahre  alt,  schon  früher  an  Gelenkrheumatismus 
und  lleotyphus  behandelt,  erkrankte  am  18.  6.  1870  mit  Leibweh, 
Durchfall,  grosse^  Müdigkeit,  heftigen  Glieder-  und  Mnskelschmerzen, 
Appetitlosigkeit,  Durst  und  am  folgenden  Tage  hinzutretender  gelblicher 
Färbung  von  Haut  und  Augen.  — 20.  6.:  Hobes  Fieber,  starker  Ikterus; 
vergrösserte  druckempfindliche  Leber,  vergrösserte  Milz.  — 21.  6.:  Kopf- 
schmerz; Erbrechen;  dunkler  eiweissreicher  Harn.  — 22.  6.:  Gefärbter 
Stuhl  bei  Zunahme  des  Ikterus,  weissbelegte  Zunge.  — 24.  6.  (6.  Tag): 
Abfall  des  Fiebers,  Zurückgeben  sämmtlicber  genannter  Krankheits- 
erscbeinungen.  — Am  26.  6.:  Neuerdings  Fieber  mit  Erbrechen  n.  s.  w., 
bis  2.  Juli.  — Ungestörte  Rekonvaleszenz  bei  ungewöhnlichem  Hunger- 
gefühl. — 20.  7.;  Geheilt  entlassen. 

2)  Kellner  M.,  22  Jahre  alt,  bisher  stets  gesund,  erkrankte  plötzlich 
am  8.  7.  1670  mit  Schmerzen  auf  der  Brust,  im  Kreuz,  in  der  Muskulatur 
der  Schenkel  und  Waden.  Appetitmangel,  Durst,  intensives  Krankheits- 
gefühl, heftiger  Schwindel,  dünner  Stuhl.  — Am  11.  7.  (4.  Tag):  Auf- 
nahme in  die  Klinik:  Temperatur  39, 0** ; Puls  112,  Zunge  belegt;  Glieder 
auf  Druck  empfindlich.  — 12.  7:  Leichter  Ikterus:  eingenommener  Kopf; 
Delirien;  trockene  Zunge,  vergrösserte  druckempfindliche  Leber;  trüber, 
eiweisshaltiger  Harn.  — 13.  und  14.  7. : Zunahme  der  Gelbsucht  und  der 


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166 


geoannten  Symptome;  Deliriea  cur  Nacbueit;  vergrösserte  Milc;  trockene 
Zunge;  Erbrechen;  Ausleerungen  zum  TheiL  konsistent  und  gallig.  — 
15.  und  16.  7.:  Leichtes  Fieber,  fleckige  Rothe  am  Rumpf  und  im  Gesicht. 

— 17.  bis  22.  7.:  Fieberfrei;  objektives  und  subjektives  Wohlbefinden. 

— 22.  bis  26.  7.:  (16.  bis  19.  Tag)  wieder  allmäliges  staffelformiges 
Ansteigen  des  Fiebers,  jedoch  ohne  besondere  subjektive  Beschwerden. 

— Bei  der  Entlassung  (4.  8.  — 29.  Tag)  noch  Sporen  von  Ikterus  bei 
auffallend  schlechtem,  blassem  Aussehen  und  bedeutender  Abmagerung. 

3)  Dr.  Fr.,  23  Jahre  alt,  io  letzter  Zeit  an  Magen- Darmkatarrh 
gelitten  und  geistig  überarbeitet,  erkrankte  am  8.  6.  1882  mit  Fieber, 
starkem  Kopfweb,  Schwindel,  Appetitlosigkeit,  Erbrechen,  unruhigem 
Schlaf  und  Durchfall.  — Am  10.  *6.  1882  in  die  Klinik  aufgenommen: 
Klagen  über  starke  Hinfälligkeit,  Schwäche  und  Schwindel;  leichte 
Gelbsucht,  vergrösserte,  druckempfindliche  Leber,  vergrösserte  Müs; 
belegte  Zunge;  Temperatur  40,0°;  trüber  eiweissreicher  Harn.  — 11.  6.; 
Delirien  des  Nachts;  Zunahme  des  Ikterus.  — 14.  6.;  Rückgang  der 
Leberscbwellung  und  Albuminurie.  — 15.  6.;  Kopf  frei;  Wohlbefinden; 
fieberfrei.  — Vom  18.  bis  23.  Krankheitstage  wieder  Fieberbewegongen, 
ohne  sonstige  Krankheitserscbeinungen.  — Wegen  Iridocyclitis  verlegt. 

4)  Soldat  W.,  23  Jahre  alt,  erkrankte  am  8.  7.  1882  plötzlich  mit 

Frieren,  Kopfschmerz,  Schwindel,  Abgescblagenbeit,  Appetitlosigkeit, 
Durchfall.  — Tags  darauf  Eintritt  in  die  Klinik;  Temperatur  39,7°, 
Puls  104;  Zunge  belegt,  Leib  aufgetrieben,  Müz  vergrössert,  Urin  trübe 
und  eiweissreich,  enthält  hyaline  und  epitheliale  Cylinder  und  rotbe  und 
weisse  Blutkörperchen.  — 12.  7.:  Angehaltener  Stuhl,  unruhiger  Schlaf, 
leichter  Ikterus,  sehr  grosse  Milzdämpfung.  — 13.  7.:  Zunahme  von 
Ikterus  und  Albuminurie,  andauernder  Kopfschmerz  und  Schwindel,  kein 
Stuhlgang,  mittleres  abendliches  Fieber.  — 14.  7.;  Roseolaflecke; 

Temperatur  M.  37,8  — A.  39,2°.  — Vom  15.  7.  ab  (8.  Tag)  rasche  Ab- 
nahme sämmtlicber  Erscheinungen;  vom  17.  7.  ab  (10.  Tag)  dauernd 
fieberfrei.  — 20.  7.;  Verschwinden  des  Ikterus.  — Entlassen  am 

20.  September. 

Ich  füge  hinzu  Weil's  eigene  Rekapitulation  in  gekürztem  Auszug; 

,In  diesen  4 übereinstimmenden  Fällen  bandelt  es  sich  um  akut 
fieberhafte,  mit  schweren,  nervösen  Erscheinungen,  ausser- 
dem mit  Schwellung  der  Milz  und  Leber,  Ikterus,  nephritiscben 
Symptomen  einhergehende  Erkrankungen,  die  aber  nach  ver- 
bältnissmässig  kurzer  Dauer  des  schweren  Krankbeitsbil des 
einen  raschen  günstigen  Verlauf  nahmen.  — Aetiologie  fehlt,  die 


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167 


Kranken  standen  im  kräftigsten  Mannesalter  und  erkrankten  sämmtlich  in 
der  heissen  Jahreszeit  Der  Beginn  der  Krankheit  war  ein 
plötzlicher,  ohne  Prodromi;  Fieber,  Appetitlosigkeit,  Durst,  äusserste 
Mattigkeit  uod  Abgescblagenbeit,  Schmerzen  in  Rücken  und  Gliedmaassen, 
Kopfschmerz,  Schwindel,  Neigung  zu  Somnolenz,  schlechter  Schlaf, 
meist  schmerzlose  Durchfälle.  Weiterhin  (3.  bis  5.  Tag)  ausser  hohem 
Fieber,  grosser  Hinfälligkeit  und  sehr  entwickelten  Cerebralerscbeinnngen: 
Ikterns,  schmerzhafte  Leberschwellnng,  Milzvergrössernng,  Zeichen  einer 
Nephritis  acuta,  Störungen  seitens  des  Digestionsapparats.  — Am  5.  bis 
8.  Tage;  Wendung  zum  Bessern  unter  allmäligem  Fieberabfall;  Schwinden 
des  Ikterns  u.  s.  w.  — Dann  meist  Störung  der  Apyrexie  durch  erneutes 
Fieber  von  5 bis  6 tägiger  Dauer,  bei  sonst  verhältnissmässig  objektivem 
wie  subjektivem  Wohlbefinden.  — Weiterhin  langsame  Rekonvaleszenz, 
trotz  der  im  Ganzen  kurzen  Dauer  der  fieberhaften  Erkrankung;  allmälige 
Erholung  der  in  Kräftezustand  und  Ernährung  stark  hernntergekommenen 
Kranken.“ 

Goldschmidt  (Nürnberg)  berichtet  im  Deutschen  Archiv  f.  Kl.  M. 
40.  Band  Seite  238  ff.  über  einen  am  13.  11.  1883  ins  Krankenhaus  trans- 
ferirten  34jährigen  Taglöbner,  der  vor  5 Tagen  bei  der  Arbeit  plötzlich 
bewusstlos  und  im  Anschluss  hieran  schwer  krank  wurde.  — Hauptklagen 
Kopf-,  Hals-  und  Gliederschmerzen,  Appetitmangel,  Durchfall,  Erbrechen. 
— Bei  der  Aufnahme:  Fieber,  beschleunigter  Puls,  belegte,  trockene 
Zunge,  ausgesprochene  Gelbsucht;  vergrösserte,  druckempfindliche  Leber. 
Weiterhin  starke  Milzschwellung,  Drnckempfindlichkeit  der  Nierengegend, 
Erbrechen,  ungefärbter  Stuhl,  spärlicher  eiweisshaltiger  Urin  (der  mit 
Kurzstäbcben  dicht  besetzte  Cylinder  zeigte).  — Am  10.  Tage  der 
Erkrankung;  Abfall  des  Fiebers,  wieder  gefärbter  Stuhlgang  u.  s.  w., 
jedoch  noch  Fortbestehen  des  Ikterus.  — Vom  22.  bis  30.  11.  Rezidiv: 
hohes  Fieber  mit  tiefen  Morgenremissionen  bei  sonst  befriedigendem 
subjektivem  wie  objektivem  Befinden.  Sehr  langsame  Rekonvaleszenz 
unter  sehr  verzögertem  Schwinden  der  ikterischen  Verfärbung. 

Eine  hiermit  übereinstimmende  Krankheitsschilderung  gab  Aufrecht 
(Magdeburg)  unter  der  Bezeichnung  „Acute  Parenchymatöse“  Seite  619  ff. 
des  40.  Bandes  genannten  Archivs.  — Der  erstere  seiner  beiden  Fälle, 
ein  33jähriger  phthisischer  Arbeiter,  erkrankte  am  22.  Tage  seines 
Lazarethaufentbaltes  (Dezember)  plötzlich  mit  hohem  Fieber  (wozu  sich 
nach  3 Tagen  Ikterns  nebst  Albuminurie  gesellte)  und  starb  am  11.  Tage 
unter  Hinzntritt  von  Erbrechen,  Somnolenz  und  Anurie.  Die  Sektion 
ergab  ausser  dem  phtbisischen  Lungenbefund;  vergrösserte  Milz,  schlaffe, 
trübe,  hämorrhagische  Nieren  und  eine  kleine,  schlaffe,  blasse  Leber. 


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168 


Oer  2.  Fall  Aufrecht's  betraf  eioen  bis  dahin  völlig  gesnnden, 
46  Jahre  alten,  den  besseren  Ständen  angehörigen  Mann,  der  mit  den 
Erscheionngen  eines  „aknten  Magenkatarrhs*^  (Febrnar  1877)  erkrankte, 
wosn  sich  am  4.  Tage  leichter  ,Ikterns“  gesellte;  bei  grosser  Hinfälligkeit 
nnd  Absonderung  eines  äusserst  spärlichen,  eiweissreichen  Urins  erfolgte 
der  Tod  unter  urämischen  Konvalsionen  am  7.  Tage  der  Krankheit.  — 
Die  Sektion  ergab  fettiggelb  aassehende  Herzmuskulatur;  vergrösserte, 
trübgelbe  Leber  und  geschwollene,  trübe,  blassgelbe  Nieren,  welche  beiden 
letzteren  bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  (statt  die  vermutheten 
Fetttropfen  zu  zeigen)  vollständig  mit  gleicbmässig  grossen  dunklen 
Körnchen  (Mikrokokken)  durchsetzt  waren.  Weil  diese  Erkrankung 
gleichzeitig  die  lebenswichtigsten  parenchymatösen  Organe  (Leber,  Nieren, 
Herzmuskel)  befiel,  nannte  sie  Aufrecht  „acute  Parenchymatöse“. 

Seite  621  ff.  des  gleichen  Bandes  beschreibt  im  Anschluss  hieran 
E.  Wagner  (Leipzig)  zwei  weitere  Fälle  von  „fieberhaftem  Ikterus 
(Weil)“,  welche  im  Jahre  1886  binnen  3 Tagen  seinem  Spital  zugingen, 
ohne  vor  der  Aufnahme  ins  Krankenhaus  in  irgend  welcher  Verbindung 
gestanden  zu  haben.  Beide  hatten  hohes  Fieher,  mässigen  Ikterus  und 
heftige  Muskelschmerzen,  besonders  in  den  Waden.  Der  eine  derselben 
zeigte  überdies  Albuminurie,  Herpes  labialis  und  Nasenbluten. 

Der  1.  Fall  Wagner's  (ein  20jähriger  Barbier)  erkrankte  plbtzlich 
(September  1886)  beim  Aufwachen  mit  mässigem  Frost  und  folgendem 
Schweisse,  mit  Kopfschmerz,  Schwindel  und  Appetitlosigkeit;  weiterhin 
zeigten  sich  grosse  Schwäche,  Schlaflosigkeit,  stetes  Scbwindelgefuhl  und 
Stahlverstopfung,  wozu  sich  am  3.  Tage  unter  hohem  Fieber  (.39,6°) 
nnd  beschleunigtem  Puls  (136)  leichter  Ikterus  gesellte,  bei  schwach 
vergrösserter  Milz  und  Drnckempfindlicbkeit  der  Extremitäten,  besonders 
der  Beine;  Husten  mit  Auswurf;  Harn  nicht  ikterisch,  ohne  Eiweiss. 
Unter  Abfall  der  hohen  Temperatur  besserte  sich  das  Allgemeinbefinden, 
schliesslich  auch  die  auffallend  starke  Muskelschwäche,  so  dass  Patient 
19  Tage  nach  Beginn  der  Krankheit  als  geheilt  entlassen  werden  konnte. 

Der  2.  Fall  Wagner's  betraf  einen  23jährigen  Postboten,  der 
(September)  nach  einem  Nachtdienst  (wobei  er  eine  Zeitlang  auf  Fellen 
geschlafen  hatte)  plötzlich  mit  „Kopfschmerz,  starkem  Schwindel  nnd 
heftigen  Schmerzen  in  den  Beinen*  erkrankte.  Am  3.  Tage  leichter 
Ikterus,  Herpes  labialis,  reissende  Wadenschmerzen,  völlige  Appetitlosigkeit 
und  Albuminurie  bei  hohem  Fieber  (über  40,0°)  nnd  sehr  beschleunigtem 
Puls  (134);  weiterhin  Zunahme  des  Ikterus,  Nasenbluten  und  schleimige 
gallenarme  Stühle.  Entlassung  16  Tage  nach  Beginn  der  Krankheit. 


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I 


169 


Diese  etwas  weite  Einleitang  (resp.  diesen  Litteraturausweis)  halte 
kh  nicht  allein  deshalb  für  erforderlich,  weil  bei  dem  heutigen  reichen 
Markt  an  Novitäten  die  betreffenden  Mittheilnngen  sich  der  Kenntniss 
oder  Erinnerung  des  Einielnen  mehr  oder  weniger  enttogen  haben  dürften, 
sondern  besonders  auch  wegen  der  hierdurch  ermöglichten  Vergleichung 
der  einzelnen  Krankheitsbilder  genannter  Autoren  mit  den  von  mir  im 
Sommer  1887  zu  Ulm  beobachteten  4 ähnlichen  Fällen.  — Was  bei 
diesen  Kranken  zuerst  meine  Aufmerksamkeit  erregte,  war,  aufrichtig 
gesagt,  keineswegs  die  Suche  nach  Neuem,  sondern  zunächst  die  Ver- 
legenheit, die  zu  beschreibenden  Fälle  in  unserer  militärärztlichen 
Erankheitsübersicht  nnterznbringen,  da  sie  ebensowenig  unter  No.  10 
(Gastrisches  Fieber),  als  unter  No.  95  (Katarrhalische  Gelbsucht)  passten, 
denn  der  gewöhnliche  Ikterus  verläuft  ja  fast  nie  mit  hohem  Fieber, 
Pnlsbescbleunigung,  zeigt  überdies  den  hier  fehlenden  schwarzgrünen 
Drin  u.  s.  w.  Weiterhin  erschien  der  Ikterus  hier  erst  am  3.  bis  7.  Tage 
der  Erkrankung,  konnte  also  nicht  das  ursächliche  Krankheitsmoment 
bilden,  sondern  musste  lediglich  als  Begleiterscheinung  einer  schweren 
Allgemeinerkrankung  anfgefasst  werden,  so  dass  sich  sogar  der  Gedanke 
au  haematogenen  Ikterus,  an  Blutdissolution  anfdrängte,  eine  Deutung, 
die  schon  der  verstorbene  Niemeyer  (8.  Äufl.  I,  682)  dem  Gallenfieber, 
biliösen  Typhoid  der  früheren  Autoren,  gab.  — Leider  weist  nun  die 
exakte  klinische  Beobachtung  meiner  Kranken  manche  Lücken  auf, 
allein  diese  Fälle  waren  eben  nicht  von  Anfang  an  zur  Veröffentlichung 
bestimmt,  der  erste  Fall  betraf  mich  bloss  in  meiner  Eigenschaft  als 
Truppenarzt,  und  die  drei  weiteren  fielen  in  eine  Periode  des  hohen 
Krankenstandes  und  in  eine  Zeit,  wo  sämmtliche  Hölfsärzte  der  Garnison 
in  den  Herbstübungen  ausmarscbirt  waren,  und  ich  selbst,  ausser  meiner 
bisherigen  Station,  noch  die  Abtheilung  der  innerlich  Kranken  für  den 
abwesenden  Ordinarius  mit  zu  versehen  hatte.  Dies  zur  Entgegnung  auf 
berechtigte  kritische  Bemängelungen  klinischer  Unterlassungssünden. 
Trotzdem  glaube  ich  so  viele  verlässige  Daten  gesammelt  zu  haben,  um 
nicht  nur  einen  Vergleich  meiner  Fälle  mit  den  oben  angeführten  er- 
möglichen, sondern  auch  um  den  Kollegen  ein  nicht  zu  verkennendes 
Bild  dieser  neuen  Krankheit  entwerfen  zu  können,  falls  dieselbe  an 
'anderen  Orten  weiterhin  auftanchen  sollte,  was  ja  keineswegs  auszu- 
schliessen  sein  dürfte;  und  schliesslich  besteht  ja  auch  eine  gewisse 
moralische  Verpflichtung  für  den  Einzelnen,  sein  Scherflein  zu  der 
Fundamentirung  eines  neuen  Baues  beizutragen. 

1.  Fall;  Pionier  J.  (1.  Dienstjahr,  Zivilberuf  Weingärtner)  erkrankte 


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plötzlich  am  14.  Juli  1887  (einem  heissen  Tage)  nach  der  Rückkehr  von 
dem  etwa  Vi  Stunden  entfernten  Schiessplatz  in  die  Kaserne,  Bastion  24 
(Defensiv-Kasematte)  1.  Stock,  Zimmer  17,  mit  Schaudern,  Mattigkeit, 
Kopfweh,  Kreuzschmerzen,  Hitze,  hohem  Fieber  (40,5°)  und  beschleunigtem, 
schwachem  Puls.  Am  folgenden  Tage  dem  Garnisonlazareth  überwiesen, 
zeigte  J.  starke  Cyanose  des  Gesichts,  trockene  Zunge,  fuliginöaen  Belag 
auf  Lippen  und  Zahnfleisch,  grosse  Somnolenz  und  gab  nur  auf  lautes 
wiederholtes  Befragen  langsam  und  verwirrt  Antwort.  — Temperatur 
40,5°;  Puls  110;  Respiration  20.  — Unterleib  etwas  aufgetrieben;  derselbe, 
sowie  die  Gegend  der  unteren  Wirbelsäule  auffallend  druckempfindlich; 
träge  Pupillar-Reaktion.  Am  3.  Tage  (16.  7.)  trat  zu  den  sehr  heftigen 
Kopfschmerzen  leichte  Nackenstarre  und  Kieferklemme  hinzu,  so  dass 
die  bisher  dunkle  Krankheit  sich  als  Meningitis  zu  entpuppen  schien, 
zumal  der  Stuhl  angebalten,  und  das  Sensorium  etwas  benommen  war. 
— Am  17,  und  18.  Juli  Erbrechen  der  gereichten  Medikamente  (Chinin, 
Antipyrin).  Am  20.  Juli  (dem  7.  Krankheitstage)  trat  unter  Nachlass 
der  Nackenstarre  und  Kopfschmerzen  ein  intensiver  Ikterus  auf,  mit 
nachweisbarer  Lebervergrösserung;  der  Urin  zeigte  sich  frei  von  Gallen- 
farbstoff, enthielt  hingegen  reichliches  Eiweiss.  Unter  Zunahme  des 
Ikterus  zeigten  sich  (24.  7.)  am  ganzen  Rumpf  zahlreiche  punktförmige 
Petechien.  Das  hohe  Fieber,  das  io  den  ersten  Tagen  mit  Chinin  und 
Antipyrin  bekämpft  wurde  (so  dass  die  resp.  Temperaturkurve  nichts 
Charakteristisches  bieteu  kann),  verlor  sich  nach  6 Tagen,  stellte  sich 
aber  vom  26.  7.  bis  1.  8.  wieder  in  geringerem  Grade  ein  (leichtes 
Rezidiv).  Der  Ikterus  Hess  bald  an  Intensität  nach,  zeigte  sich  aber 
noch  wochenlang  durch  gelbe  Sklera  und  blasse  gelbliche  Hautfarbe. 
Während  der  langsamen  Rekonvaleszenz:  Gliederschwäche,  Blutleere, 
Ohnmacbtsanwandlungen  bei  raschem  Bücken.  — Nach  42  Lazareth- 
behsndlungs  - Tagen  geheilt  (in  dreiwöchentlichen  Erholungsurlaub) 
entlassen. 

2)  Pionier  D.  (1.  Dienstjahr,  Zivilbcruf  Bäcker)  erkrankte  am 
10.  8.  87  in  der  Kaserne  (Bastion  21,  1.  Stock,  Zimmer  17)  plötzlich 
aus  unbekannter  Ursache  mit  Kopfweb,  Schwindel,  allgemeiner  Ab- 
geschlagenheit,  Gliederweh,  Hitze,  Appetitmsngel  und  hohem  Fieber  (39,9°) 
und  wurde  Tags  darauf  (11.  8.)  ins  Garnisonlazareth  verbracht.  Daselbst: 
Temperatur  39,5°,  Puls  95,  Respiration  24.  — Röthung  und  Schwellung 
von  Mandeln  und  Gaumenbögen.  — 12.  8.:  Schmerzen  in  Gliedern  und 
Gelenken;  weissbelegte  Zunge,  etwas  Eiweiss  im  Urin.  — In  der  folgenden 
Nacht  heftige  Wadenscbmerzen,  katarrhalische  Erscheinungen  der  unteren 


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LangeopartieeD;  aDgebaltener  Stahl;  Stechen  in  beiden  Rippenweichen. 

— Am  15.  8.  (6.  Erkrankangstag) : AaegeBprocbener  Ikterus;  dabei  grosse 
Mattigkeit  and  Wadenschmerzen;  Kopf  angeblich  frei.  Am  folgenden 
Tag;  Erbrechen;  Zunahme  der  Gelbsucht;  Oeffoung  (auf  EinlauO  dünn* 
breiig,  hellgrau.  — Am  18.  8.:  Abfall  des  Fiebers,  hingegen  Klagen  über 
Schlaflosigkeit,  sowie  Schmerzen  und  Spannen  in  den  Beinen.  Hoch- 
gradige Gelbsacht.  Leber  und  Milz  vergrössert;  Urin  rothbraun  (nicht 
eehwarzgrnn !),  ei  weisshaltig.  Zunge  grau  mit  rothem  Rand,  trocken, 
etwas  klebrig.  — 20.  8.:  Bröckliger,  grünbraoner  Stuhl,  deshalb  am 
22.  8.:  Calomel,  worauf  reichliche  breiige,  grünliche  Ausleerungen,  mit 
blutigem  Schleim  durchsetzt  Sehr  langsame  Genesung  unter  allmäligem 
Schwinden  der  grossen  Muskelschwäche  und  der  ikteriscben  Hautfärbung. 

— Am  7.  9.  (nach  27  Lazarethbebandlungs-Tagen)  mit  noch  merklicher 
Abmagerung  und  leicht  gelblicher  Hautverfärbung  als  geheilt  (in  vier- 
wücbentlichen  Erholungsurlaub)  entlassen. 

3)  Dragoner  K.  (1.  Dienstjahr,  Zivilberuf  Bauer)  erkrankte  plötzlich 
(Zeugbauskaserne  1.  Stock,  Zimmer  4)  am  10.  8.  87  mit  Schmerzen  in 
allen  Gliedern,  Appetitmangel,  starker  Hitze  und  Kopfweb.  Am  folgenden 
Morgen  fiel  K.,  beim  Versuch,  das  Bett  zu  verlassen,  ohnmächtig  zu 
Boden.  Bei  der  Aufnahme  ins  Lazaretb  (11.  8.  87):  Temperatur  40,0°; 
Puls  115;  Respiration  24.  — Heftiger  Durchfall  seit  einigen  Tagen; 
Gurren  im  Unterleib;  Röthung  von  Rachen  und  Gaumen.  Die  dick  weiss- 
belegte Zunge  zeigt  Eindrücke  der  Zähne.  — 12.  8.:  Klagen  über  un- 
bestimmte Schmerzen  in  den  Gliedmaassen.  — 14.  8.:  Leicht  ikterische 
Hautfarbe;  dickweisser  Zungenbelag;  grosser  Durst.  — Lungen  und 
Unterleib  bieten  nichts  Abnormes.  Grosses  Mattigkeitsgefübl;  hohes 
Fieber  (39°  bis  40,0°)  mit  morgendlichen  Remissionen.  — 15.  8.:  Uebligkeit, 
Wadenschmerzen.  — 16.  8.:  Klagen  über  Bangigkeit  und  Uebligkeit  bei 
Nacht  und  über  grosses  Scbwächegefühl.  Weicher,  breiiger,  hellgrauer 
Stuhl.  — Rothbrauner  eiweissbaitiger  Urin.  — 18.  8.:  Zunahme  der 
Gelbsucht  (Kanariengelb!).  — 20.  8.:  Kompakte  geformte  hellgraue  Aus- 
leerungen mit  weisslichen  häutigen  Fetzen  bedeckt.  Zunahme  des 
Appetits;  keine  besonderen  Beschwerden  mehr.  Vom  24.  8.  an  Normal- 
temperatur  (das  Fieber  schwankte  bei  starken  Morgenremissionen  seit 
15.  8.  zwischen  38,0  und  39,6°,  zu  letzterer  Höhe  am  21.  8.  unvermnthet 
wieder  ansteigend).  — 23.  8.:  Urin  immer  gelbbraun,  jetzt  eiweissfrei. 
Die  weissfetzigen  Beimengungen  des  schleimigen,  breiigen  Stuhls  ver- 
lieren sich  allmälig  auf  Darreichung  von  Calomel.  — 25.  8.:  Objektives 
and  subjektives  Wohlbefinden,  manifestirt  dnrch  nunmehr  wieder  heiteren 


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Gesicbtsaosdnick.  — Laogsame  OenesDog  bei  gutem  Appetit,  normaler 
Verdauung  und  allmäligem  langsamem  Schwinden  der  Gelbsucht.  Am 
15.  9.  (nach  35  Lazarethbehandlongs-Tagen)  geheilt  entlassen.  — 

4)  Grenadier  Sch.  (1.  Dienstjahr,  Zivilberuf  Verwaltnngskandidat), 
von  etwas  schwächlichem  Körperbau  und  ziemlicher  Magerkeit,  aber 
bisher  immer  gesund,  kasernirt  Wilhelmsburg  (Defensivkasematte),  Erd- 
geschoss, Zimmer  116,  erkrankte  plötzlich  am  9.  8.  1887  ans  unbekannter 
Ursache  mit  heftigem  Frieren  und  allgemeiner  Abgeschlagenheit.  Tags 
darauf  starke  Schlingbeschwerden,  Hitze,  Husten,  Brustschmerzen  und 
Durchfall.  — Am  11.  8.  ins  Lazareth  verbracht:  Temperatur  38,5°, 
Puls  100,  Respiration  24.  — Dick  weissbelegte  Zunge,  starke  Röthnng 
von  Rachen  und  weichem  Gaumen,  foetor  ex  ore;  — keine  nachweisbare 
Milzvergrösserung.  — 12.  8, . Klagt  über  Brustschmerzen  bei  tieferem 
Athmen  (Lungenbefund  negativ);  trockene  heisse  Haut;  vollständiger 
Appetitmangel;  heftiges  Kopfweh;  hohes  Fieber  (39  bis  40,0°),  des 
Morgens  wie  des  Abends;  Pols  110  bis  120;  vom  14.  8.  an  morgendliche 
Remissionen;  vom  18.  8.  ab:  normale  Temperatur.  — 13.  8.:  Grosse 
Schwäche  und  hochgradiges  Mattigkeitsgefübl;  Zunge  scbmutziggran 
belegt;  im  rotbbraunen  Urin  reichlich  Eiweiss;  Brustschmerzen.  — 
15.  8.:  Ikterische  Hautfarbe,  Klagen  über  Schwerathmigkeit;  heftiger  Durst, 
starkes  Kopfweh,  Gliederschmerzen,  angehaltener  Stuhl.  — 16.  8:  Zu- 
nahme der  Gelbsucht;  Zunge  gelblich  belegt  mit  rothem  Rand.  — Klagen 
über  heftiges  Kopfweh;  mehrmaliges  Erbrechen;  Schlaflosigkeit;  diffuse 
Erschütterung  der  Herzgegend ; Stuhl  theils  breiig,  theils  geformt,  letzterer 
weisslicbgran  (wie  Hundekoth);  Urin  rothbraun.  — 18.  8.;  Schwinden 
des  Ikterus,  Abfall  des  Fiebers;  Kopf  nunmehr  frei,  Appetit  fehlt  noch. 
— 20.  8.:  Stuhl  breiig,  geformt,  braungrün.  — 21.  8.:  Oberfläche  des 
geformten  graubraunen  Stuhles  rüthlicb  und  gelblich  gefleckt  (Blot 
u.  s.  w.).  — 28.  8.;  Wieder  Kopfschmerz,  Hitze,  Abnahme  des  Appetits, 
Fieber  zwischen  38°  und  39,0°  (Rezidiv!).  — 30.  8.:  Wieder  Normal- 
Temperatur;  Zunge  reiner;  Kopf  frei;  Stuhl  angebalten.  — Nunmehr 
langsame  Rekonvaleszenz,  ohne  besondere  weitere  Störung  bei  allmäligem 
Schwinden  der  Mattigkeit  und  des  grossen  Scbwächegefübls.  — Am 
22.  9.  87  (nach  41  Lazarethbehandlungs-Tagen)  als  „geheilt“  in  drei- 
wöchentlichen Erholungsurlaub  entlassen. 

Während  der  Abfassung  dieser  Arbeit  tbeilte  mir  zufällig  Stabs- 
arzt a.  D,  Dr.  Lebsanft  mit,  dass  er  vor  zwei  Jahren,  als  ordinirender 
Arzt  der  Inneren  Station  des  Gamisoulazareths  Ulm,  drei  ähnliche  Fälle 
beobachtet  habe.  In  dem  mir  freundlicbst  überlassenen  Konzept  des 


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StaiioDsberichts  für  das  Rapportjahr  1885/86  schreibt  der  Oenaoote 
wörtlich : 

,Id  der  Reihe  der  30  gastrischen  Fieber  des  Rapportjahres  sind 
3 Fälle  anfgefuhrt,  welche  mit  Ikterns  komplizirt  waren  nnd  bei  denen 
die  Diagnose  febris  recnrrens,  bezw.  biliöses  Typhoid,  gerechtfertigt 
erscheinen  würde,  wenn  diese  Krankheit  in  hiesiger  Garnison  schon 
eiamal  beobachtet  worden  wäre.“ 

Die  (von  mir  noch  gekürzten)  im  Anschlnss  gegebenen  drei  Kranken- 
geschichten seines  Berichtes  lauten : 

1)  Pionier  R.  (3.  Dienstjabr;  Fabrikarbeiter;  kasernirt  Bastion  24, 
2.  Stock,  Zimmer  13)  erkrankte  plötzlich  am  16.  6.  1885  (angeblich  nach 
Geonss  schlechten  Trinkwassers  ansserhalb  der  Kaserne)  mit  Frost, 
Schwindel,  Kopfschmerz,  Appetitlosigkeit,  Brechneigung  und  angehaltenem 
Stuhl.  — Bei  der  Aufnahme  ins  Lazareth  am  17.  6.:  Hohes  Fieber  (41,0°), 
Pols  100;  stark  belegte  Zunge;  Druckempfindlichkeit  des  Bauches.  — 
18.  6 : Auf  Calomel  dünne  Stühle;  Nackensteifigkeit;  Druckempfindlicbkeit 
der  Kniekehlen.  — Temperatur  39,0°.  — 20.  6.:  Zunahme  des  Kopfwehs 
und  der  Wadenscbmerzen;  Schwinden  der  Nackensteife,  aber  grosse 
Empfindlichkeit  der  Lendengegend  (beim  Aufrichten  n.  s.  w.);  mehr- 
maliges Nasenbluten;  Urin  eiweissfrei;  Milzschwellung;  dickbelegte  Zunge: 
Temperatur  M.  39,1°  — A.  40,0°.  — 21.  6.;  Ikterus  der  Haut  und  Con- 
jooetira  bnlbi:  heller  Koth;  massiges  Fieber  (38,0°).  — 22.  und  23.  6.: 
graobranner  Koth,  dunkler  Urin,  Abfall  des  Fiebers.  — 24.  6.;  Fieberfrei. 
— 25.  6.:  Unter  Frost  wieder  hohes  Fieber  (40,3°),  Husten  mit  Auswurf, 
Milzvergrösserung;  dabei  nur  massiges  Kopfweh  mit, Schwindel;  dünner 
gelber  Stuhl.  — 27.  6.:  Schlaflosigkeit;  etwas  Blut  im  Auswurf;  Herpes 
labialis;  2 dünne  gefärbte  Stühle;  neuerdings  Kopfweh,  Schwindel, 
Wadenschmerzen;  Abnahme  der  Gelbsucht;  hellrothbranner  Urin;  Milz- 
tomor;  Leber  kaum  vergrössert.  — Temperatur  39,7°,  Puls  102.  — Im 
Blut  keine  Spirillen  zu  finden.  — 28.  6.  bis  2.  7.:  Status  idem;  dabei 
mehrmals  Nasenbluten;  konsistenter  schwärzlicber  Stuhl  (Blutbei- 
mengung?);  Urin  nicht  ikterisch  (bei  Fortbestehen  der  Gelbsucht);  blut- 
haltiger Auswurf  (bei  negativem  Lnngenbefund).  — Allabendlich  39°  bis 
10,0°.  _ — 3.  7.:  Allmäliger  Fieberabfall  unter  Auftreten  von  Schweiss; 
Milz  wird  kleiner;  Ikterus  noch  vorhanden.  — Auf  der  Bauchhant  einige 
kleinere  Petechien;  dünne,  braune  Ausleerungen.  — 4.  7.:  Normale 
Temperatur;  konsistenter  brauner  Stuhl.  — 6.  7.:  Objektives  und 

■objektives  Wohlbefinden;  immer  noch  Milzschwellung;  Gelbsucht  kaum 
noch  sichtbar.  — Weiterhin  sichtliche  Erholung.  — 1.8.  Geheilt  entlassen 
(15  Lazarethbehandlungstage). 


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2)  Pionier  H.  (1.  Dienätjabr,  Gärtner;  — kasernirt  Bastion  24, 

2.  Stock,  Zimmer  7),  am  18.  6.  1885  plötzlich  aus  unbekannter  Ursache 
mit  Frost,  Hitze,  Kopfweh,  Mattigkeit,  Seitenstechen  links  und  Erbrechen 
erkrankt.  — Bei  der  Aufnahme  ins  Lazareth  am  19.  6.:  Stark  geröthetes 
Gesiebt  und  reichliche  Schweissbildung,  weissbelegte  Zunge,  auffallend 
rother  Rachen;  angebaltener  Stuhl;  Temperatur  38,7°.  — 20.  6.:  Un- 
ruhiger Schlaf,  Delirien;  wiederholtes  Erbrechen  mit  Blntbeimengnng; 
Appetitlosigkeit;  Temperatur  39,6.  — 21.  6.:  Auf  kalte  Bäder  etwas 
Nachlass  des  Fiebers  (38,8°)  und  etliche  Stunden  Schlaf;  Gesicht  (trotz 
Eisbeutel)  noch  auffallend  rotb.  Klagen  über  Kopfschmerz  und  Schwindel. 
Im  spärlichen  Auswurf  einige  Mal  dunkles  Blut.  Druckempfindlicbkeit 
der  Magengrube.  Vergrösserte  Milzdämpfung.  Rötbung  des  Rachens. 
— 22.  bis  25.  6.:  Status  idem;  starker  Durst;  Bluthusten  (ohne  nach- 
weisbaren Ursprung).  — Zunge  trocken,  rissig,  etwas  bräunlich.  Abend- 
temperaturen  zwischen  39°  und  40,0°.  — 26.  6.:  Leichter  Ikterus.  — 
27.  6.  :i  Fieberabfall  (ohne  Schweiss);  blutiger  Auswurf;  dunkler,  gallen- 
farbstoffbaltigcr  Urin.  — 28.  6.:  Apyrexie;  Milztumor;  Leber  nicht  nach- 
weisbar Tergrössert;  Fortbestehen  des  Ikterus;  Koth  nicht  entfärbt.  — 

3.  7.:  Ausser  leichtem  Ikterus  nnd  angehaltenem  Stuhl  subjektives  und 
objektives  Wohlbefinden.  — Langsame  Rekonvaleszenz.  — 6.  8.:  Geheilt 
entlassen  (nach  48  Lazarethbehandlungs-Tagen).  — 

3)  Grenadier  St.  (2.  Dienstjahr;  Bauer;  kasernirt  Wilbelmsburg 
2.  Stock,  Zimmer  2)  erkrankte  plötzlich  ohne  bekannte  Ursache  am 
6.  7.  85  unter  Schweissausbruch  mit  Kopfweh,  Schwindel,  Schwäche- 
gefübl,  Gliederschmerzen,  Appetitlosigkeit  nnd  Uebligkeit.  Am  7.  7, 
ins  Lazareth  verbracht:  Schlaflosigkeit,  schweres  Krankheitsgefühl; 
Temperatur  39,0°.  — 8.  7.;  Heftiges  Kopfweb,  Scbwindelgefnbl, 
Gliederschmerzen;  Appetitmangel;  belegte  Zunge;  ein  dünner  Stuhl; 
Temperatur  39,7°;  objektiv  nichts  Pathologisches  aufzufinden.  — 9.  7.: 

‘ Stark  geröthetes  Gesicht;  Temperatur  M.  39,0°  — A.  39,4°.  — 10.  7.; 
Anhaltende  Verstopfung,  weshalb  Calomel  gereicht;  Erbrechen  eines 
Spulwurmes.  — Herpes  labialis.  Röthung  des  weichen  Gaumens  mit 
Schlingbeschwerden.  Temperatur  M.  39,2  — A.  39,4°.  — 11.  7.:  Dick- 
belegte Zunge,  Durchfall.  — 12.  7.:  Wiederholtes  Erbrechen  (enthielt 
5 Tage  zuvor  gegessenes  Fleisch);  allmäliger  Fieberabfall  (ohne 
Schweiss).  — 13.  7.;  Auftreten  von  Ikterus.  — 14.  7.:  Apyrexie;  starke 
Gelbfärbung  von  Haut  und  Augen;  zahlreiche  Petechien  auf  Brust  und 
Bauch;  wiederholtes  bluthaltiges  Erbrechen;  hochgradige  Apathie:  ver- 
grösserte Milzdämpfung;  Leber  nicht  nachweisbar  vergrössert;  Zunge 


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schwärzlich  helegt.  — 15.  7.:  Milztumor;  angehaltener  Stuhl;  grosse 
Mattigkeit;  Brennen  beim  Uriniren.  — 16.  7.:  Auf  Ol.  Ricini  mehr* 
mals  braun  gefärbte  Ausleerungen;  Milzvergrösserung;  Auftreten  neuer 
Petechien.  — 17.  bis  20.  7.:  Status  idem;  befriedigendes  Befinden;  Ab- 
nahme des  Ikterus  und  des  Milztumors;  anhaltende  Apyrexie.  — 21.  7. 
Abends;  Schüttelfrost  mit  plötzlicher  Temperatursteigerung.  — 23.  7.: 
Heftiger  Kopfschmerz;  anhaltend  hohes  Fieber  (39,0  bis  40,0°),  trotz 
Chinin.  — 24.  7.:  Harn  wieder  stärker  ikteriscb;  Haut-Ikterns  scheinbar 
unverändert;  Leber  nicht  nachweisbar  vergrössert.  Temperatur  M.  38,4 

— A.  39,4°.  — 25.  und  26.  7.:  Wiederholtes  Nasenbluten;  neuerdings 
Gliederschmerzen;  Zunahme  der  Milzdämpfung.  Abendtemperator  39,4°. 

— 27.  7.;  Schwinden  von  Ikterus  und  Gliederschmerzen;  Zunge  feucht 
und  fast  rein;  Ausleerungen  braun  gefärbt.  Temperatur  M.  38,0°  — 
A.  39,2°.  — 28.  7.:  Subjektives  Wohlbefinden;  allmäliger  Fieberabfall 
(ohne  Schweiss).  — In  den  folgenden  Tagen  langsames  Zurückgehen  der 
Milzscbwellung.  Zunahme  des  Kräfteznstandes.  — Am  21.  8.  (nach 
45  Lazarethbebandlungstagen)  als  geheilt  (in  mehrwöchentlichen  Erholungs- 
urlaub) entlassen. 

Die  im  Sommer  1887  von  mir  beobachteten  4 Fälle  zeichnen  sich 
sämmtlich  — gleich  den  drei  Fällen  Lebsanft’s  vom  Sommer  1885  — 
durch  die  Schwere  des  gesammten  Krankheitsbildes  aus,  besonders  wenn 
man  in  Betracht  zieht,  dass  die  Betroffenen  der  Blüthe  des  Mannesalters 
angehörten  und  bis  zu  ihrer  plötzlichen  Erkrankung  vollkommen  gesund 
und  kräftig  waren.  Meine  4 Fälle  gehörten  sämmtlich  dem  1.  Dienstjabr 
an,  eine  Bestätigung  der  wichtigen  Rolle,  welche  die  individuelle  Disposition 
beim  Zustandekommen  einer  jeden  Infektionskrankheit  spielt,  denn  die 
Mannschaften  des  1.  Dienstjahres  haben  sich  den  spezifischen  Schädlich- 
keiten des  militärischen  Dienstes  — (als  deren  hauptsächlichste  mir  das 
Einathmen  unreiner  Loft  zur  Nachtzeit  gilt)  — noch  nicht  vollständig 
aogepasst.  — Interessant  ist,  dass  die  geschilderten  Erkrankungen 
(wenigstens  die  4 Fälle  Weil's,  die  4 Hüeber's  und  die  3 Lebsanft’s) 
auf  die  beisse  Jahreszeit  fielen  (die  2 Fälle  Wagner’s  auf  September), 
was  möglicherweise  damit  zu  erklären  ist,  dass  der  ursächliche  spezifische 
Infektionsstoff  (Mikroorganismus)  bei  seiner  Entwickelung  an  das  Herrschen 
einer  hohen  Aussentemperatnr  gebunden  ist  (analog  Cholera,  Gelb- 
fieber u.  s.  w.). 

Nach  der  vorstehenden  Schilderung  der  bis  jetzt  beobachteten  Er- 
krankungen erübrigt  es  noch,  eine  kurze  Betrachtung  der  einzelnen 


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Krankheitssymptome  aoiureihen.  Deren  erstes  ond  aaffsllendstes  is 
jedenfalls  der  Fieberverlanf.  Die  von  mir  beschriebenen  7 neaen  Br* 
kranknngen  batten  eine  dnrchscbnittliche  Fieberdaner  von  8 Tagen; 
4 derselben  hatten  hierzn  noch  ein  Rezidiv.  Eine  Ansnahme  hiervon 
machte  No,  3 mit  einer  primären  14  tägigen  Fieberdaner,  doch  kann  man 
(wie  Weil  bei  seinen  4 Kranken)  ancb  hier  nach  der  Beschaffenheit 
der  Fieberkurve  recht  wohl  annehmen,  dass  der  zweite  Fieberanfall  sich 
unmittelbar  an  den  noch  nicht  völlig  abgelaofenen  ersten  anreihte  (Nach* 
schnb).  — Sämmtiicbe  7 Mann  gaben  eine  plötzliche  Erkrankung  unter 
Frost  n.  s.  w.  an  und  wurden  alsbald  dem  Lazareth  überwiesen,  woselbst 
durchgängig  eine  sehr  hohe  Temperatur  konstatirt  wurde;  hieraus  lässt 
sich  wohl  der  Schloss  ziehen,  dass  das  Fieber  rasch  zu  bedeutender  Höhe 
anstieg.  — Abweichend  von  Weil’s  Fällen,  der  ein  fastigiom  vermisst, 
hielt  sich  bei  meinen  Kranken  das  Fieber  mehrfach  einige  Tage  hindurch 
auf  sehr  grosser  Höhe  (39°  bis  41,0°),  fing  dann  aber  bald  allmälig  ond 
staffelförmig  zu  sinken  an,  mit  bedeutenden  Morgenremissionen  (lytische 
Defervescenz),  wobei,  wie  bei  Weil,  die  Morgen-  nnd  Abendtemperator 
des  folgenden  Tages  stets  um  ein  Gewisses  (>/>°  bis  1°)  niedriger  war, 
als  die  des  vorhergegangenen.  — Schweisse,  wie  sie  für  das  Recurrens 
charakteristisch  sind,  fehlten  beim  Fieberabfall  meiner  7 Fälle  durch* 
gebende  (mit  alleiniger  Ansnahme  des  Rezidivs  bei  No.  1 Lebsanft’e). 
— Bei  dem  bis  zu  einem  gewissen  Grade  für  die  geschilderte  neue 
Krankheit  charakteristischen  Rezidiv  nach  vorhergegangener  mehrtägiger 
Apyrexie  waren  jedoch,  im  Gegensatz  zum  ersten  Fieberanfall,  die 
Abendtemperatnren  stets  niedriger,  die  Morgeoremissionen  ausgeprägter 
und  die  weiteren  subjektiven  wie  objektiven  Begleiterscheinungen  meist 
nur  mehr  schwach  angedeutet  oder  fehlten  gänzlich.  — Das  fieberfreie 
Intervall  der  4 Fälle  mit  Rezidiv  (unter  7)  schwankte  zwischen  1 und 
10  Tagen  ond  betrog  im  Durchschnitt  6 Tage;  das  Rezidiv  selbst 
dauerte  *2  bis  8 Tage,  im  Durchschnitt  6 Tage.  — Die  Pulsfrequenz 
ging  auch  bei  meinen  Fällen  parallel  mit  der  Höhe  der  Temperatur  und 
schwankte  im  Anfang  der  Erkrankung  zwischen  lOO  nnd  120.  — Weil's 
Kurven  sind  Seite  218,  39.  Band  des  Deutschen  Archivs  zu  finden. 
Meine  eigenen  Kurven  können  leider  keinen  Anspruch  auf  Originalität 
erheben,  weil  das  Fieber  in  seinem  natürlichen  Verlauf  mehrfach  durch 
gereichte  Antipyretica  oder  Bäder  beeinflusst  wurde.  — Sehr  ausgeprägt 
waren  in  sämratlichen  bis  jetzt  beobachteten  Fällen  die  Gehirn- 
erscheinungen;  Kopfschmerz,  Schwindel,  unruhiger  Schlaf,  Delirien, 
Somnolenz  (Erbrechen?)  nnd  grosse  Hinfälligkeit,  besonders  in  der  ersten 


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Zeit  der  Erkrankang.  Der  nie  fehlende  Ikterns  mit  mehr  oder  weniger 
nachweisbarer  Leberschwellung  war  in  meinen  4 Fällen  sehr  intensiv 
and  ging  nnr  einmal  (Grenadier  Sch.)  verhältnissmässig  bald  zorück; 
sein  Auftreten  fiel,  was  sehr  charakteristisch,  nie  mit  dem  Beginn  der 
Erkrankang  zasaromeu,  sondern  traf  aaf  den  5.  bis  7.  Tag,  ähnlich  wie 
bei  den  anderen  Berichterstattern.  Auffallend  und  abweichend  vom  Bild 
der  gewöhnlichen  katarrhalischen  Oelbsncht  war  die  fehlende  Fnls* 
Verlangsamung,  die  keineswegs  schwarzgröne,  sondern  mehr  rothbraune 
Verfärbung  des  Urins  (Bierfarbe)  und  die  (wie  aus  den  Kranken- 
geschichten zu  ersehen)  sehr  unregelmässige,  oft  von  Tag  zu  Tag 
wechselnde  Entfärbung  der  Stähle  (haematogener  Ikterus?).  — Eine 
genaue  regelmässig  wiederholte  physikalische  Diagnostik  und  chemisch- 
mikroskopische  Untersuchung  war  in  meinen  4 Fällen,  wie  schon  oben 
erwähnt,  leider  durch  die  Ungunst  der  äusseren  Verhältnisse  ausgeschlossen; 
doch  finden  sich  immerhin  in  den  resp.  Journalblättern  vielfache  Notizen, 
besonders  was  die  Störungen  des  Digestionsapparats  (Appetitmangel, 
belegte  Zunge,  Erbrechen,  Durchfall,  Verstopfung  u.  s.  w.)  anbelangt. 
Dass,  wie  Weil  glaubt,  das  häufige  Erbrechen  dem  gereichten  Calomel 
ausschliesslich  zuzuschreiben  wäre,  konnte  ich  nicht  finden.  Kennzeichnend 
für  die  Krankheit  als  solche  ist,  meiner  Ansicht  nach,  wohl  auch  der 
häufige  Wechsel  zwischen  Durchfall  und  Verstopfung,  sowohl  im  Beginn, 
als  auch  im  weiteren  Verlauf.  Der  Harn  meiner  4 Fälle  war,  wie  bei 
denen  Weil's,  stets  trübe,  schmutzigroth,  eiweissbaltig, — Herz,  Lungen 
und  Luftröhren  zeigten  (gleichfalls  wie  bei  Weil)  keine  nennenswerthe, 
physikalisch  nachweisbare  Betheiligung  an  der  Erkrankang,  obwohl 
gerade  diese  Organe,  bei  dem  dunklen  Symptomenkomplex,  behufs  Fest- 
stellung der  Diagnose,  wiederholt  und  eingehend  untersucht  wurden.  — 
Die  Hantaflfektionen : Roseola,  Petechien,  Herpes  labialis,  waren  nicht 
konstant.  — Für  ein  ganz  charakteristisches  Kennzeichen  der  geschilderten 
Krankheit  halte  ich  hingegen  die  Muskelschmerzen,  insbesondere  der 
Waden.  — Auch  möchte  ich  auf  ein  weiteres  Merkmal  dieser  Krankheit, 
^das  Weil  nicht  als  solches  herrorhebt,  noch  besonders  aufmerksam 
machen : es  ist  die  akut-entzündliche  Affektion  der  gesummten  Schleimhaut 
auf  der  Höhe  des  Krankheitsprozesses,  manifestirt  durch  die  auffallende 
Röthung  von  Rachen  und  Gaumen,  durch  das  häufige  Nasenbluten,  durch 
Blntbeimengung  im  Answarf,  Erbrochenen,  selbst  im  Kotb,  wahrscheinlich 
auch  im  Urin,  Erscheinungen,  welche  im  Vergleich  mit  anderen  Infektions- 
krankheiten and  in  Berücksichtigung  des  raschen,  verhältnissmässig 
knrzen  Fieberverlaufs  den  Rückschluss  auf  einen  äusserst  giftigen 
Infektionsträger  nahe  legen. 

12 


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178 


Der  VersDch,  die  in  Vorstehendein  beschriebene  Krankheit  za  deuten 
und  in  einer  der  bisherigen  Krankheitsgruppen  unterznbringon , macht 
— wie  Weil  des  Näheren  ausfuhrt  — erhebliche  Schwierigkeiten;  da« 
ganze  Bild  ist  so  charakteristisch,  dass  es  nicht  wohl  als  Modifikation, 
Variation  oder  Komplikation  einer  der  bekannten  Infektionskrankheiten 
(z.  B.  des  Typhus)  betrachtet  werden  kann,  es  ist  zweifellos  eine  neue 
Krankheit,  welche  in  keinen  der  bisherigen  Rahmen  passt.  Betrachten 
wir  die  ähnlichen  Krankheitsprozesse,  so  ist  vorerst  die  akute  gelbe 
Leberatrophie  aaszaschliessen , in  Anbetracht  des  plötzlichen  Einsetzens 
der  schweren  Krankheitserscheinungen  bei  unseren  Kranken  und  in  An- 
betracht der  Beschaffenheit  des  Fiebers,  ganz  abgesehen  von  dem  bei  der 
akuten  Leberatrophie  fast  ausnahmslos  letalen  Ausgang.  Die  ganze  Art 
des  Krankheitsbeginns  der  geschilderten  Fälle,  die  subjektiven  Symptome 
sowohl,  wie  die  weiterhin  anftretenden  objektiv  nachweisbaren  Erkrankungen 
der  verschiedenen  lebenswichtigen  Organe  deuten  — wie  Weil  bemerkt  — 
auf  eine  allgemeine  Erkrankung  hin,  auf  eine  gleichzeitig  auf  den 
Oesammtorganismus  heftig  einwirkende  Schädlichkeit,  d.  h.  auf  eine 
Infektionskrankheit  Nahe  liegt  es  zwar,  an  febris  recurrens  zu  denken, 
in  Berücksichtigung  der  bei  der  Mehrzahl  der  Fälle  durch  einen  fieber- 
freien Zwischenraum  getrennten  Temperatursteigernng,  aber  gegen  diese 
Annahme  spricht  das  sporadische  Auftreten,  gar  manches  Abweichende 
im  Symptomenkomplex,  der  nicht  plötzliche,  nicht  von  Schweissen 
begleitete  Fieberabfall  n.  s.  w.  — Uebrigens  war  das  von  Weil  vermisste 
Fastigium  in  der  Fieberkurve  in  meinen  Fällen  mehrfach  nicht  zu  ver- 
kennen, während  Weil  stets  nur  den  absteigenden  Tbeil  der  Kurve  zu 
sehen  bekam  (wohl  in  Folge  des  spätem  Zugangs  seiner  Kranken?).  — 
Eine  noch  grössere  Aehnlichkeit  als  im  Recurrens  findet  Weil  im 
biliösen  Typhoid  Oriesinger's  (das  jedoch  nichts  mit  dem  Typhus 
gemein  habe,  sondern  eine  schwerere  Form  von  Recurrens  in  Anlehnung 
an  das  Gelbfieber  darstelle),  allein  es  finden  sich  auch  hier  wieder  sehr 
scharfe  Differenzen  im  klinischen  Bilde. 

Alle  diese  Krankheiten;  Recurrens,  Gelbfieber  und  biliöses  Typhoid 
pfiegen  aber  nur  epidemisch  anfzutreten,  während  die  von  mir  in  vor- 
stehender Arbeit  gesammelten,  bisher  veröffentlichten  Fälle  ausschliess- 
lich isolirt  zur  Beobachtung  kamen  (die  Fälle  1 und  2 Lebsanft’s 
stammten  zwar  aus  der  gleichen  Kompagnie,  aber  aus  verschiedenen, 
nicht  einmal  aneinander  stossenden  Zimmern)  und  nirgends  die  Ver- 
breitung von  einem  Erkrankten  auf  andere  nacbgewiesen  werden  konnte. 
Betrachtete  man  diese  neue  Krankheit  ätiologisch  als  einen  mit  Ikterus 


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179 


Dod  Nephritis  komplizirten  Abdominaltyphas,  so  würde  sie  sich  (Weil) 
all  , einheimisches  biliöses  Typhoid"  zom  Abdominaltyphas  verhalten 
wie  Griesinger's  biliöses  Typhoid  zum  einfachen  febris  recurrensl 
Aber  ähnliche  Erscheinnngen  heim  Abdominaltyphas  pflegen  erfahrungs- 
gemäss  meist  tödtlich  za  enden,  während  die  geschilderten  Fälle  einen 
immerhin  raschen'  Aasgang  in  Genesung  nahmen,  überdies  auch  der 
gleichzeitig  auftretende  Ikterus  mit  Nephritis  noch  in  die  1.  Woche  fiel, 
im  Gegensatz  za  der  ähnlichen  Typhus-Komplikation.  — Gegen  die  An- 
nahme eines  Abortivtyphns  sprechen  von  vornherein  die  häufigen 
Rezidive,  ganz  abgesehen  von  dem.  inneren  Widersprach,  bei  leichter 
Infektion  mit  typhösem  Gift  (Abortiv-Typhus)  gerade  ein  so  schweres 
Rrankheitsbild,  eine  so  hochgradige  frühzeitige  und  gleichzeitige  Ein- 
wirkung dieses  Giftes  auf  die  lebenswichtigsten  Organe  anzunehmen. 

Wenn  nun  auch  ähnliche  Fälle  bisher  noch  von  keinem  weiteren 
■Schriftsteller''^)  erwähnt  wurden,  so  kann  allerdings  der  strikte  Beweis  der 
spezifischen  Eigenart  der  geschilderten  Krankheit  trotz  des  wohl 
charakterisirten  Krankheitsbildes  — (bei  Fehlen  von  Aetiologie,  epide- 
mischem Auftreten  und  Kontagiosität)  — erst  durch  das  Beibringen  des 
anatomischen  Befundes  und  das  Auffinden  des  spezifischen  Krankheits- 
erregers als  vollständig  erbracht  angesehen  werden,  denn  die  Sympto- 
matologie als  solche  genügt  nicht  zom  Ziehen  einer  scharfen  Grenze, 
zumal  die  typischen  Krankheitsfälle  in  praxi  nicht  so  häufig  wie  in 
den  Lehrbüchern  zu  sein  pflegen.  — Weil  erklärt  seinen  fieberhaften 
Ikterus  einstweilen  als  eine  akute  Infektionskrankheit  mit  charakteristischem 
Fieberverlauf,  mit  gleichzeitigem,  sofort  vom  Beginn  des  Leidens  an  nach- 
weisbarem Erkranken  von  Milz,  Leber  und  Nieren  neben  schweren 
Allgemeinerscheinungen  und  gleichwohl  völlig  eigenartigem  raschen 
günstigen  Ausgang.  Hierbei  seien  sämmtlicbe  Veränderungen  und 
Störungen  im  Krankbeitsverlauf  anfzufassen  als  Wirkung  der  die 
spezifische  Infektion  verursachenden  Mikroorganismen  und  der  von  ihnen 
aasgeschiedenen  chemischreizenden  Substanzen,  wodurch  die  trübe 
Schwellung  der  Organe  (parenchymatöse  Degeneration)  bedingt  werde. 
So  verlege  z.  B.  die  trübe  Schwellung  der  Leberzellen  (deren  höherer 
Grad  zum  Icterus  gravis  führen  kann)  die  kleineren  Gallengänge  und 
iühre  hierdurch  zom  Resorptions-lkterus,  wobei  jedoch  diese  und  die 
anderen  anatomischen  Veränderungen  (in  den  Nieren  u.  s.  w.),  in  An- 
betracht der  Fähigkeit  zur  raschen  Rückbildung,  keine  besonders  hoch- 
gradigen sein  können. 

•)  Cf.  nächstes  Heft  dieser  Zeitschrift.  l‘J* 


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180 


Diese  neue  Krankheit,  deren  Taufe  Weil  zwar  ablehnt,  die  aber 
doch  einen  Namen  haben  muss,  soll  sie  weiter  verfolgt  werden,  und  die 
deshalb  bis  auf  Weiteres  „fieberhafter  Ikterus  Weil“  heissen  mag, 
bildet  seiner  Ansicht  nach  mit  der  idiopathischen  akuten  I^beratrophie,  mit 
febris  recurrens,  Gelbem  Fieber  und  biliösem  Typhoid  (Griesinger) 
gleichsam  eine  Verwandtschaftsgroppe,  und  es  lässt  sich  wohl  annebmen, 
dass  deren  Infektionsträger  möglicherweise  je  nach  den  gebotenen  äusseren 
Verhältnissen  (zeitliche  und  örtliche  Disposition  Fetten kofer's)  variirt, 
wie  ja  auch  praktische  Erfahrung  und  Statistik  zeigen,  dass  z.  B.  unser 
endemischer  Abdominaltyphus  zu  verschiedenen  Zeiten,  an  verschiedenen 
Orten  und  unter  verschiedenen  Verhältnissen  mit  sehr  verschiedener 
Bösartigkeit  und  sehr  verschiedener  Mortalität  anfzutreten  vermag.  — 
Der  Genius  epidemicns  ist,  wie  die  Geschichte  der  Medizin  lehrt,  ein 
wechselnder:  alte  Krankheiten  verschwinden  und  sterben  ans  (Fest  n.  s.  w.), 
neue  Seuchen  tauchen  auf  und  gewinnen  mit  den  Jahren  an  Boden 
(Cholera  n.  s.  w.).  Warum  sollte  in  unserem  Jahrhundert  des  Dampfes 
und  des  gesteigerten  Verkehrs  nicht  einmal  ein  ans  fremden  Landen  ein- 
geschleppter Kokkos  sich  durch  Anpassung  das  mitteleuropäische  Bürger- 
recht erwerben? 

Die  Hoffnung  Weil’s,  durch  seine  Arbeit  Anstoss  zu  weiteren  Mit- 
theilungen  zu  geben,  hat  mich  zu  dieser  Zusammenstellung  veranlasst, 
und  die  Aufmerksamkeit  der  Kollegen  auf  diesen  nunmehr  genau  be- 
schriebenen, neuen,  unliebsamen  Gast  zu  lenken,  ist  Zweck  dieser  Zeilen. 

Ulm,  Oktober  1887. 


Referate  und  Kritiken. 

Sanitätsbericht  über  die  Deutschen  Heere  im  Kriege  gegen 
Frankreich  1870/71.  Heransgegeben  von  der  Militär  - Medizinal- 
Abtheilung  des  Königlich  Frenssischen  Kriegsministerinms  unter  Mit- 
wirkung der  entsprechenden  Königlich  Bayerischen,  Königlich  Sächsischen 
und  Königlich  W ürttembergiseben  Behörden.  Dritten  Bandes  spezieller 
Tbeil,  Erste  Abtheilung,  III.  Chirurgischer  Theil:  A.  Verwundungen 
desKopfes*)  and  Rumpfes.  Mit  3 Lichtdrncktafeln  und  3 Zeichnungen 
im  Text  Berlin,  E.  S.  Mittler  & Sohn.  1888.**) 

Der  dritte  Band  des  oben  genannten  Werkes,  welcher  nach  dem  im 
Vorwort  zum  ersten  Bande  mitgetbeilten  Flaue  die  „Verwundungen  durch 

•)  Vergl.  hierzu  Jas  Referat  über  die  Verwundungen  der  Augen  iui 
laufenden  Jahrgang  dieser  Zeitschrift  S.  131  ff. 

**)  cf.  A.-V.-Bl.  No.  3,  Berlin  14.  2.  »8,  J.  N.  1398/88.  M.  A.  (Aintl.  Bei- 
blatt .S.  23). 


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181 


Rriegswaffen*^  amfassen  soll,  hat,  wie  die  neueste  Veröffentlichung  zeigt, 
in  nicht  weniger  als  drei  Bände  zerlegt  werden  müssen,  von  denen  einer 
den  allgemeinen  kriegschirurgischen  Betrachtungen  Vorbehalten  ist, 
während  zwei  andere  durch  die  Verwundungen  der  einzelnen  Körper- 
gegenden ansgefüllt  werden. 

Der  umfassende  Charakter  der  Bearbeitung  geht  aus  dem  kurzen  Vor- 
wort hervor,  welches  der  vorliegenden  Ersten  Abtheilung  des  speziellen 
Theils  (Verwundungen  des  Kopfes  und  Rumpfes)  vorangeschickt  ist. 
Danach  beruht  dieselbe  zwar  — gleich  allen  anderen  Tbeilen  des 
Berichtes  — überwiegend  auf  der.  Akten  der  auf  dem  Titelblatt  genannten 
Deutschen  Centralbehörden,  es  sind  jedoch  auch  sorgfältig  die  bisher  er- 
schienenen Veröffentlichungen  berücksichtigt  worden.  Insbesondere  um- 
fasst die  Statistik  der  einzelnen  Kapitel  ausserdem  Aktenmateriale  alle 
zur  Kenntniss  der  Bearbeiter  gekommenen  Mittbeilungen  ans  einzelnen 
Lazarethen  oder  dem  Beobachtungskreise  einzelner  kriegschirurgiscber 
Schriftsteller,  soweit  dabei  Doppel^hlungen  mit  Sicherheit  ausgeschlossen 
werden  konnten.  Dass  die  so  ermittelte  Oesammtübersicht  in  vielen 
Einzelheiten  von  dem  ans  sehr  viel  kleineren  Zusammenstellungen  ge- 
wonnenen Bilde  abweicht,  ist  selbstverständlich. 

In  der  Kasuistik  sind  bereits  veröffentlichte  Kfankengeschichten 
nur  soweit  wiedergegeben,  als  sic  durch  Zusätze  aus  den  Akten  mit  aus- 
giebiger Benutzung  derjenigen  über  die  Invaliden  ergänzt 
werden  konnten  oder  von  besonderem  Interesse  für  die  Bearbeitung 
erschienene  — Neben  den  Verwundungen  durch  Kriegswaffeu  sind 
mechanische  Verletzungen  (durch  Hufschlag,  Sturz  n.  s.  w.)  gelegentlich 
mit  berücksichtigt  worden,  auch  die  an  französischen  Kriegsgefangenen 
gemachten  Beobachtungen  sind  zur  Bereicherung  der  Kasuistik  mit  heran- 
gezogen,  die  eigentliche  kriegschirnrgische  Statistik  aber  ist  der  Ver- 
gleicbsfäbigkeit  halber  überall  auf  die  Deutschen  Heeresangehörigen  be- 
schränkt gehlieben. 

Das  ungeheure  Quellenmaterial  ist  in  allen  Abschnitten  des  Werkes 
übersichtlich  geordnet  und  kritisch  beleuchtet.  Verschiedene  Kapitel 
stellen  wiederum,  wie  in  den  früher  erschienenen  Bänden,  umfassende 
Monographien  dar,  deren  Studium  für  künftige  einschlägige  Arbeiten  gänzlich 
unentbehrlich  sein  wird.  Nicht  möglich  erscheint  es,  ans  dem  über- 
reich Oebotenen  alles  Interessante  in  dem  Rahmen  eines  Referates  nnter- 
znbringen,  es  kann  nur  ein  Versuch  gemacht  werden,  einiges  Hauptsächliche 
bervorznheben. 

Insgesammt  wurden  während  des  Krieges  1870/71  116  821  Deutsche 
Heeresangebörige  (98  "/o  durch  Geschoss,  2"/o  durch  blanke  Waffen)  ver- 
wundet: 17  25.')  «=  14,8  "/o  fielen  auf  dem  Schlachtfelde,  99  566  = 85,2  »/o 
gingen  in  ärztliche  Behandlung  über;  in  Lazaretbpflege  gelangten 
92  164  Verwundete,  von  denen  11023  starben,  während  88  543  geheilt 
(bezw.  als  invalide  entlassen)  wurden. 

Die  Einleitung  beschältet  sich  mit  der  Vertheilung  dieser  gewaltigen 
Zahlen  auf  die  einzelnen  Körpergegenden  und  Vergleichung  derselben 
mit  Angaben  ans  früheren  Kriegen  nach  den  verschiedensten  Gesichts- 
punkten. Ans  den  kleinen  Zahlen,  welche  unter  den  auf  dem  Schlacht- 
felde Gefallenen  auf  die  Wunden  der  Gliedmaassen  entfallen  (0,8°/o  auf 
solche  der  oberen,  1,8  "/o  auf  solche  der  unteren  Gliedmaassen),  wird  unter 
Hinweis  darauf,  dass  ein  Theil  dieser  Verwundeten  sicher  dem  Schock 
erlag,  gefolgert,  dass  die  Gefahr  der  Verblutung  auf  dem  Scblacbtfelde, 


uy  vjOOgle 


182 


mindesteDS  soweit  Wunden  der  Oliedmasssen  in  Betracht  kommen,  viel 
geringer  ist  als  hier  und  da  angenommen  wird.  Von  hohem  Interesse 
ist  der  anf  einem  ganz  neuen  Gedanken  bernhende  Nachweis,  dass  die 
Vertheilnng  der  Wunden  der  einzelnen  Körpertheile  in  der  That  genau 
der  Treffflsche  dieser  Theile  entspricht.  So  oft  dies  auch  früher  schon 
behauptet  worden  ist,  so  konnte  doch  bisher  der  Beweis  dafür  nicht  er> 
bracht  werden,  weil  man  unter  Trefffläche  lediglich  die  wirkliche  Fläche 
der  Glieder  in  irgend  einer  bestimmten  Stellung  verstand.  Die 
Richtigkeit  des  Gedankens  springt  in  die  Augen,  dass  als  Trefffläche  der 
Gliedmaassen  diejenigen  Ebenen  angesehen  werden  müssen,  welche 
der  Weite  ihrer  gewöhnlichen  Bewegungen  entsprechen. 

Die  einzelnen  Kapitel  beginnen  mit  allgemeinen  Bemerkungen  über 
einschlägige  siatistiscne  Verhältnisse,  zum  Theil  auch  mit  anatomisch- 
physiologischen Erörterungen.  Trotz  des  hohen  Interesses,  welches  die 
I klare  und  sorgsame  Statistik  bietet,  müssen  wir  es  uns  versagen,  über 
dieselbe  an  dieser  Stelle  zu  berichten:  gerade  durch  die  Sorgfalt  der  Be- 
arbeitung, welche  genugsam  bereits  durch  die  früher  erschienenen  Bände 
des  Berichtes  bekannt  geworden  ist,  werden  der  Zahlen  für  ein  Referat 
zu  viele;  wir  wollen  nur  in  Kürze  erwähnen,  dass  den  vielseitigsten  Be- 
dürfnissen Rechnung  getragen  ist,  dass  die  Zahlen  trotz  ihrer  .Menge  nicht 
ermüden,  sondern  sicherlich  überall  mit  Interesse  nacbgesehen  werden, 
— sie  sind  eben  ein  verarbeiteter  Theil  des  Ganzen. 

Das  erste  Kapitel  behandelt  die  Verwundungen  des  Kopfes 
(S.  13-156). 

Bei  Besprechung  der  verwundenden  Gewalten  wird  zunächst  an  einer 
Reihe  von  Beispielen  gezeigt,  wie  schwer,  ja  wie  unmöglich  es  durch  die 
Vervollkommnung  der  Artillerie-Spreuggeschosse  häufig  geworden  ist,  za 
entscheiden,  ob  eine  Wunde  durch  Gewehr-  oder  Artilleriefeoer  hervor- 
gebracht wurde.  Es  folgen  interessante  Erörterungen  (wie  überall,  mit 
Krankengeschichten  belegt)  über  die  Rolle,  welche  der  Luft  nach  Art 
fortgeschleoderter  Körper  (indirekter  Geschosse)  unter  Umständen  zu- 
fällt. „Damit  soll“  — wie  es  wörtlich  in  dem  Berichte  heisst  — „keines- 
wegs die  abgethane  Lehre  von  den  Luftstreifschüssen  wieder  auferweckt 
werden,  wie  schon  daraus  hervorgeht,  dass  cs  sich  bei  den  in  Rede 
stehenden  Fällen  meist  nicht  um  vorbeifliegende,  sondern  um  in  der  Nähe 
explodirende  Geschosse  bandelt.“  Unter  Hinweis  auf  die  Friedens- 
Beobachtougen  anf  Artillerie-Schiessplätzen  wird  dargelegt,  dass  die  Kraft 
von  Luftwellen  bei  Geschoss-Explosionen  jedenfalls  ausreicbt,  um 
wenigstens  den  feingebauten,  daher  wenig  widerstandsfähigen  Sinnes- 
organen wirkliche  Verletzungen  zuzufügcn.'*)  Eine  andere  Reihe  von 
Beispielen  erläutert  den  äusserst  problematischen  Werth,  welchen  der 
Helm  als  Schutzwaffe  gegenüber  den  heutigen  Projektilen  besitzt.'*^*') 
Mit  Recht  wird  die  Bedeutung  der  natürlichen  Oeffnungcn  am  Kopfe 
für  die  Diagnose  der  Scbnssverletznngen  nachdrücklich  hervorgehoben: 
in  44  sicheren  Beobachtungen  hatte  das  kleine  Kaliber  der  modernen 
Geschosse  den  Ein-  oder  Austritt  durch  Mund  oder  Nase  ermöglicht! 

•)  In  dem  2.  Kapitel  (AuKeiivcrwiimliingen)  winl  dieser  (iegenstand  ebenfalls 
erörtert.  (.Siehe  Heft  3 des  laufenden  .lahrgangs  dieser  Zeitsehrifl,  S.  132.) 

**)  Dem  5.  Kapitel  fV’erwiindnngen  der  Brust)  ist  eine  Zeichnung  eines  auf 
der  Wartburg  aufbewahrten  Küra.sses  beigefügt,  dessen  beide  Platten  von  einem 
Chasseputgeschuss  glatt  durchschlagen  worden  sind. 


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183 


Bei  den  Vcrwondungen  des  Schädels  (2.  Abschnitt)  werden  in 
eingehender  Weise  die  Verletzungen  der  Weichtheile,  der  Knochen  und 
endlich  des  Gehirns  gesondert  betrachtet;  daran  scbliessen  sich  die 
Komplikationen  and  Folgezastände  nach  Schädelverletzangen.  Ale 
bemerkenswertb  heben  wir  vor  Allem  hervor  den  Abschnitt  Qher  die 
Gehirn  Verletzungen  im  Hinblick  auf  das  Interesse,  welches  gerade  diesem 
Gegenstände  gegenwärtig  in  so  reichem  Maasse  zugewendet  wird.  Vortreff- 
lich gelangen  ist  die  Darstellung  der  Gehirnerschütterung  und  -Quetschung, 
sowie  des  Gehimdruckes,  welcher  sich  würdig  diejenige  der  unmittel- 
baren Gehirnverletzung  anschliesst.  In  der  Kasuistik  über  die  letztere 
bieten  2 Fälle  (S.  84 — 87)  ganz  merkwürdige  Beispiele  von  der  Toleranz 
des  Gehirns;  trotz  ausgedehntester  Zerstörung  und  jahrelanger  An- 
wesenheit von  Fremdkörpern  blieb  jahrelang  nicht  nur  das  Leben 
erhalten,  sondern  auch  die  Hirnthätigkeit  verhältnissmässig  unversehrt. 
Insgesammt  sind  übrigens  8 Fälle  von  Heilung  nach  direkter  Gehirn- 
verletEuag  bekannt  geworden ! Die  Kasuistik  des  ganzen  Abschnittes 
ist  vorzüglich  geordnet  and  eine  so  reichhaltige,  dass  kaum  ein  Leser 
etwas  ihn  vorwiegend  Interessirendes  vergeblich  suchen  dürfte. 

Bei  den  Verwundungen  des  Gesichts  (3.  Abschnitt,  S.  127 — 156) 
beschränkt  die  Bearbeitung  sich  auf  eine  ausführliche  Statistik  und  sorg- 
same Ordnung  der  ebenfalls  lehrreichen  Kasuistik,  welche  wiederum  die 
Weichtheil-  und  Knochenverletzungen  gesondert  aufführt;  die  weitere 
Eintheilung  der  letzteren  gebt  sowohl  von  anatomischen  als  chirurgischen 
Gesichtspunkten  aus.  Zahlreiche  Hinweise  machen  es  dem  Leser  leicht. 
Gesuchtes  aufznfinden.  Eine  beigegebene  Tafel  veranschaulicht  in 
6 Lichtdruckbildern  das  vorzügliche  Endergebniss  eines  unter  schwierigen 
Verhältnissen  unternommenen  Versuches,  eine  arge  Entstellung  des 
Gesichtes  durch  plastische  Operation  zu  vermindern. 

Ueber  das  2.  Kapitel,  welches  in  umfassendster  monographischer 
Darstellung  die  Verwundungen  der  Augen  behandelt,  ist  bereits  im 
3.  Heft  des  laufenden  Jahrganges  dieser  Zeitschrift  (S.  131  ff.)  aus- 
führlich berichtet. 

Drittes  Kapitel  (S.  268 — 344):  Verwundungen  der  Wirbelsäule. 
In  dem  schon  vor  längerer  Zeit  (1885)  erschienenen  7.  Bande  des 
Berichtes  sind  im  2.  Abschnitt  des  4.  Kapitels  zahlreiche  Beobachtungen 
zusammengetragen,  welche  sich  auf  „nervöse  Störungen  nach  Verletzungen 
der  Wirbelsäule  und  des  Rückenmarkes*^  beziehen.  In  einer  Anmerkung 
wurde  dort  auf  das  zu  erwartende  Kapitel  „Verwundungen  der  Wirbel- 
säule“ im  3.  Bande  verwiesen.  Eis  durfte  hierin  die  Verheissnng  eines 
die  Kasuistik  erläuternden  Textes  gefunden  werden,  welcher  gerade 
wegen  der  trefflichen  Beleuchtung,  die  verschiedenen  sonstigen  Affektionen 
des  Nervensystems  zu  Theil  geworden  war,  zunächst  schmerzlich 
vermisst  wurde.  Diese  Verheissnng  ist  nunmehr  in  würdigster  Weise 
erfüllt.  Zum  Theil  unter  Hinweis  auf  die  erwähnte  Kasuistik  im 
7.  Bande,  zum  Theil  auf  Grund  zahlreicher  neu  eingefügter  Beobachtungen 
werden  nach  allgemeineren  Ausführungen  über  die  eigenartigen  anatomischen 
Verhältnisse  der  in  Betracht  kommenden  Körpergegend,  sowie  über  die 
Häufigkeit  und  Gefährlichkeit  der  Wunden  der  Wirbelsäule  überhaupt 
die  einzelnen  Verwundungsarten  und  ihre  klinischen  Erscheinungen 
hauptsächlich  im  Anschluss  an  die  Verletzungen  des  HalstheÜes 
besprochen.  Von  den  gesammten  367  bekannt  gewordenen  Verwundungen 
der  Wirbelsäule  bei  Deutschen  mit  231  = 63,0  *>/«  Todesfällen  kamen  auf 


184 


den  beweglichen  Theil  2b9  Verwundungen  mil  1 96  = fi7,6  "/o  Tode»- 
fallen  und  zwar 

auf  den  Haletbeil  93  Verwundungen  mit  57  = 6l,3”/o  Todealällen 

- Brnsttheil  134  - - 95  = 70,9  - 

- Lendentbeil  62  - - 44  =71,0  - 

ausserdem  auf  das 

Kreuzbein  78  - - 35  = 44,9  - 

Im  Allgemeinen  richtet  sich  die  Vorhersage  bei  Wunden  der 
Wirbelsäule  hauptsächlich  nach  der  Betheiligung  des  Markes.  Wenn 
des  Weiteren  im  Text  hinzugefügt  wird,  dass  die  Beschädigung  des 
Markes  uro  so  lebensgefährlicher  sei,  an  je  höher  gelegener  Stelle  die- 
selbe Btattflnde,  so  scheint  Dies  allerdings  zunächst  mit  obigen  Zahlen 
nicht  in  Uebereinstimmnng  zu  stehen.  Der  scheinbare  Widerspruch 
findet  jedoch  seine  Lösung  einmal  darin,  dass  muthmaasslich  ein  grösserer 
Theil  der  am  Halsmark  Verletzten  todt  auf  dem  Schlachtfelde  geblieben 
ist,  sodann  in  der  Tbatsache,  dass  in  Folge  der  anatomischen  Verhält- 
nisse Wundkrankheiten  unter  den  am  Brust-  und  Lendentheil  Ver- 
letzten verderblicher  gehaust  haben.  Mit  Recht  weist  der  Bericht  darauf 
hin,  dass  der  entscheidende  Einfluss  der  Mark  Verletzung  voraussichtlich 
in  Zukunft  stärker  hervortreten  werde.  Jedenfalls  können  Funktions- 
störungen der  Nervencentren  im  Halsmark  augenblicklichen  Tod  znr 
Folge  haben.  Der  sofortige  Tod  bei  manchen  Schössen  in  das  Brust- 
oder Lendenmark  erklärt  sich  nach  Meinung  des  Berichtes,  abgesehen 
vom  Schock,  am  ungezwungensten  durch  eine  Fernwirkung  der  auf- 
treffenden  Gewalt;  Erschütterung  oder  Quetschung  des  Hirns,  des  ver- 
längerten Markes  oder  Halsmarkes.  Selbstverständlich  ist  im  Uebrigen 
überall  der  Grad  der  Mark  Verletzung  entscheidend. 

Die  motorischen  und  sensiblen  Lähmungen  und  Reizerscheinnngen, 
Störungen  der  Harnentleerung,  des  Scblnckens,  der  Athembewegungec, 
der  Sprache,  des  Wärmehaushalts,  der  Blutbeweguug,  desgleichen  die 
Hirnerscheinnngen  werden  an  der  Hand  der  Kasuistik  und  unter  Bezug- 
nahme auf  die  wichtigsten  einschlägigen  litterarischen  Veröffentlichungen 
besprochen.  Hinsichtlich  der  Häufigkeit  des  Druckbrandes  sei  hier 
noch  erwähnt,  dass  bei  53  in  die  Kasuistik  aufgenommenen  Beschädigungen 
der  Halswirbelsäule  6,  bei  66  der  Hrustwirbelsäule  16,  bei  30  der  Lenden- 
wirbelsäule llmal  Druckbrand  verzeichnet  ist.  Die  Anschauung  Brodie's, 
nach  welchem  diese  Komplikation  um  so  eher  eintritt,  eine  je  höher 
gelegene  Stelle  des  Rückenmarks  von  der  Verletzong  betroffen  war,  wird 
danach  durch  die  Feldzugsbeobachtungen  nicht  bestätigt 

Das  vierte  Kapitel  (S.  .345—389)  berichtet  über  die  Verwun- 
dungen des  Halses,  die  in  der  Zahl  von  17(X)  = 2,1  "/oo  der  Durch- 
scbnittskopfstärke  zur  Behandlung  gelangten.  — Der  Schwerpunkt  ist 
auf  die  Darstellung  der  Halswunden  mit  gleichzeitiger  Verletzung  lebens- 
wichtiger Organe:  des  Kehlkopfes,  der  Speiseröhre,  der  grossen  Gefässe 
und  der  Nervenstämme  gelegt,  welche  durch  eine,  bO  Beobachtungen 
umfassende  kasuistische  Lebersicht  gestützt  wird.  Nachdrücklich  wird 
die  hohe  Bedeutung  der  prophylaktischen  Tracheotomie  bei  allen 
Verwundungen  des  Kehlkopfes  und  der  Luftröhre  hervorgehoben;  dieselbe 
wird  auch  da  als  erforderlich  hingestellt,  wo  noch  keine  Erscheinungen 
von  Athmungsbehindernng  vorhanden  sind  und  die  Richtung  des  Sebnss- 
kanals  (zumal  bei  blinden  Schusskanälen)  es  nur  wahrscheinlich 
mucht,  dass  eine  Kehlkopfverletzung  stattgefnnden  hat.  Nicht  rasch 


Digilizr.r;  . (.  .OO.^U 


185 


genag  kann  nnter  solchen  Umatänden,  wie  der  Bericht  dsrlegt,  die 
Operation  aasgeföhrt  werden.  «Eia  kann  danach  nicht  zweifelhaft  sein“, 
heisst  PS  wörtlich,  «dass  die  Tracheotomie  za  denjenigen  Operationen  za 
rechnen  ist,  denen  die  Kriegssanitätsordnang  (§.  29, 4)  schon  auf  den 
Trnppenverbandplätzen  ein  Recht  eingeräumt  bat.“  Im  Kriege  1870/71 
wurde  der  BingrifF  bei  Deutschen  Verwundeten  14  mal  (d.  h.  im  Ganzen 
za  selten  and  mehrfach  erst  zu  spät)  vorgenoromen,  nur  5 mal  mit 
günstigem  Erfolge.  Betreffs  der  interessanten,  zaro  Tbeil  höchst  merk- 
würdigen Kasuistik  müssen  wir  auf  das  Original  verweisen.  Hier  sei 
Dor  noch  erwähnt,  dass  2 mal  über  ein  Darchscblüpfen  der  Kogel 
zwischen  Speiseröhre  und  Luftröhre  ohne  Verletzung  dieser  Organe  be- 
richtet ist.  (Fortsetzung  folgt.) 


lieber  die  Wirksamkeit  des  Jodoforms  auf  Infebtionsniikro- 
organismen.  Inaag.  Diss.  von  Aag.  Konz.  (Enthalten  in  den 
«Beiträgen  znr  pathologischen  Anatomie  und  Physiologie“,  2.  Band, 
2.  Heft.  Arbeiten  aus  dem  pathologischen  Institute  zu  Königsberg  i.  Pr. 
Heransgegeben  von  Dr.  E.  Neumann  und  Dr.  P.  Baumgarten. 
1887.  Verlag  von  G.  Fischer,  Jena.) 

Nach  eingehendem  Studium  der  neuen  Litteratnr  über  das  Jodoform 
macht  K.  den  Versuch,  durch  sehr  geschickt  angeordnete  Tbierinfektionen 
ein  entscheidendes  Urtheil  über  die  antibakterielle  Wirkung  dieses  Mittels 
herbeizuführen.  Angeregt  wurde  K.  zu  diesen  Versuchen  durch  das  Ex- 
periment von  Baumgarten,  der  bei  Meerschweinchen  durch  subkutane 
Applikation  von  Taberkelbacillenreinkultar  mit  der  lÜ — 40  fachen  Jodo- 
formmenge stets  lokale,  wie  allgemeine  Tuberkulose  mit  derselben 
Schnelligkeit  bervorrnfen  konnte,  wie  bei  den  Kontrolthieren  durch 
Impfung  nicht  jodoformirter  Tuberkelbacillen. 

K.  setzte  diese  Untersuchungen  unter  Baarogarteii's  Aegide  fort 
und  dehnte  sie  auch  noch  auf  folgende  Mikroorganismen  aus: 

1)  Milzbrandbacillen. 

2)  Kaninchenseptichämiebacillen. 

3)  Staphylococcus  aureus  pyogenes. 

4)  Rotzbacillen. 

5)  Fäulnissbakterien. 

Der  Infektionsmodus  bestand  in  dem  Zusammenbringen  einer  innigen 
Mischung  von  Jodoform  und  den  betreffenden  Mikroorganismen  mit  dem 
tbierischen  Gewebe  durch  Anlegung  von  Hanttaschen,  die  danach  mittelst 
Knopfnaht  geschlossen  wurden.  Auf  die  sehr  sorgfältig  ausgeführten 
Versuche,  denen  stets  Konirolversuche  gegenübergestellt  wurden,  kann 
hieb  nicht  des  Näheren  eingegangen  werden.  Bei  Mäusen  zeigte  sich 
eine  Idiosynkrasie  gegen  Jodoform,  indem  sie  schon  10—12  Stunden 
nach  Einimpfung  reinen  J.s  in  die  Scbwanzwurzel  ohne  eine  bei  der  Sektion 
nachweisbare  Todesursache  starben.  Es  wurden  demnach  Kaninchen  und 
Meerschweinchen  zu  den  27  angestellten,  verschieden  modifizirten  Ver- 
suchen verwendet. 

K.  kommt  zu  folgenden  Resultaten: 

Trotz  der  von  Behring  (Ueber  Jodoform  und  Acetylen.  Deutsche 
medizin.  Wochenscbr.  1887,  No.  20)  angenommenen  jodabspaltenden 
Kraft  des  lebenden  Gewebes  und  seiner  Säfte  und  trotz  der  von 


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186 


de  Rayter  (Zur  Jodoformfrage.  Archiv  f.  klin.  Chir.  Bd.  XXV.  1887) 
gefnndenen  Eiter  - Ptomaine,  durch  welche  aus  dem  Jodoform  Jod  leb- 
haft abgespalten  wurde,  BedingongeD,  die  in  K.'s  Versuchen  durch  8ein^ 
Anordnung  in  günstiger  Weise  vorhanden  waren,  zeigte  sich  kein  wesentlich 
störender  Einflnss  des  Jodoforms  auf  die  Entwickelung  des  Staphylo- 
coccns  aureus,  die  Abszessbildung  wird  nicht  verhindert.  Der  Staphylo- 
coccus  wurde  in  mehreren  Fällen  aus  dem  Wundsekret  wieder  heraus- 
gezüchtet. 

Die  tödtliche  Infektion  mit  Milzbrand  und  Kaninchenseptichämie 
wurde  durch  das  Miuel  nicht  verhindert,  nur  etwas  verzögert.  Beide  Bacillen- 
arten zeigten  in  der  Jodoformmasse  trotz  tagelangen  Liegens  in  der  Hant- 
lasche  bei  der  mikroskopischen  üntersuchnng  ein  normales  morpho- 
logisches Verhalten,  auch  hatten  sie  in  den  angelegten  Kulturen  nichts 
von  ihrer  Wachsthnmsfähigkeit  eingebüsst.  Ebensowenig  konnte  das 
Jodoform  die  Infektion  mit  Rotz  verhüten,  die  Bacillen  wurden  morpho- 
logisch und  biologisch  nicht  alterirt.  Im  Einklang  mit  den  Beobachtungen 
von  Banmgarten  Hess  sich  ein  spezifischer  Einfluss  des  Jodoforms  auf 
den  Tuberkelbacillus  nicht  erkennen.  In  keinem  Versuche  konnte  dadurch 
lokale,  sowie  allgemeine  Tuberkulose  verhindert  werden.  Als  Erklärung 
für  die  von  Chirurgen  (Bruns  und  Nauwerk)  beschriebenen  Heilerfolge 
mit  Jodoform  bei  tuberkulösen  Affektionen  (besonders  Abszessen)  nimmt 
K.  eine  „Umstimmung  des  Gewebes^  an,  die  nach  Marchand  darin  be- 
steht, dass  durch  das  Mittel  die  Bildung  von  Riesenzellen  verhindert  wird, 
die  Auswanderung  der  weissen  Blutkörperchen  aber  zunimmt 

Zn  einem  eigentbümlicbeu  Ergebniss  kommt  K.  in  Bezug  auf  die 
Wirksamkeit  des  Mittels  gegenüber  den  Fänlnissbakterien.  Im  Knltur- 
glas  mit  faulendem  Eiter  wurden  diese  Bakterien  in  ihrer  Lebensfähig- 
keit nicht  gestört,  in  den  Jodoformtaschen  verschwanden  sie  sehr  bald; 
im  ersten  Falle  waren  für  sie  als  Saprophyten  die  Ernährungsverhältnisse 
bessere,  als  in  den  Hauttaschen,  wo  ausserdem  noch  dem  lebenden  Ge- 
webe ein  direkt  schädlicher  Einflnss  zuzuschreiben  ist,  da  bekanntlich 
Fänlnissbakterien  iro  Thierkörper  sehr  leicht  untergehen.  Das  Jodoform 
wäre  demnach  als  ein  Antisapropbyticum  zu  bezeichnen.  Der  Chirurg 
vermag  also  durch  Behandlung  fauliger  Wunden  mit  Jodoform  nicht  der 
Gefahr  der  Infektion  mit  spezifisch  pathogenen  Mikroorganismen  vor- 
zubeugen.  septische  Intoxikation  kann  verhütet  werden,  die 

septische  Infektion  aber  nicht“  Steinberg. 


Dr.  Maximilian  Schaechter,  Operateur  der  I.  cbirurg.  Universitätsklinik 
zu  Budapest.  Anleitung  zur  Wundbehandlung.  Wiesbaden  1H87. 
J38  S. 

Es  könnte  fast  scheinen,  dass  bei  der  bereits  schon  so  reichen 
Litteratur  über  die  Antisepsis  in  der  Wundbehandlung  es  heutigen  Tages 
ein  müssiges  Unternehmen  ist,  eben  diesen  Gegenstand  einer  ausführlichen 
wissenschaftlichen  Erörterung  zu  unterziehen.  Und  doch  wird  Jeder,  der 
das  vorliegende  Buch  gelesen,  es  mit  Befriedigung  ans  der  Hand  legen, 
weniger,  weil  er  viele  neue,  ihm  bisher  noch  unbekannte  wissenschaftliche 
Erfabrungsthatsachen  und  Forschungsergebnisse  sich  zu  eigen  gemacht 
hat,  sondern  hauptsächlich  wegen  der  lebhaften,  das  Interesse  des  Lesers 
stets  wach  erhaltenden  eigenartigen  Darstellung,  welche  sich  nicht  bloss 


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187 


saazeiebnet  durch  nüchtern-skeptische  Urtheile  über  die  antiseptische 
Wundbehandlung,  ihre  verschiedenen  Methoden  und  die  durch  sie  erreichten 
nnd  erreichbaren  Resnltate,  sondern  auch  reich  ist  an  anregenden,  fmcht- 
baren  Gedanken  über  so  manche  zur  Zeit  noch  ungelöste  mit  derWnnd- 
beilnng  und  -Behandlung  im  Zusammenhang  stehende  Frage.  Ganz 
besonders  zeichnet  sich  hierdurch  der  erste  Theil  des  Buches  aus.  Beispiels- 
weise findet  in  dem  Kapitel  über  das  Wesen  der  Sepsis  die  Frage:  ,In 
welcher  Beziehung  stehen  die  Mikroorganismen  zu  den  septischen 
Wunden?“  eine  eingehende,  die  Ergebnisse  der  neueren  Arbeiten  streng 
kritisch  verwerthende  Besprechung,  deren  Endresultat  dabin  zusammen- 
gefasst  wird:  „Es  giebt  keine  Mikroorganismenart,  welche  ausschliesslich 
nnr  bei  septischer  Wunderkrankong  vorkime,  es  giebt  keinen  Mikro- 
organismus, der,  rein  gezüchtet  und  auf  Thiere  geimpft,  sämmtliche 
Symptome  der  Sepsis  hervorzubringen  im  Stande  wäre,  es  giebt  keine 
septische  W nnderkrankung  des  Menschen , bei  welcher  nnr  eine  Art  der 
Mikroorganismen  zu  finden  wäre.“  — Man  sieht,  der  Verfasser  giebt 
mehr,  als  der  Titel  des  Boches  verspricht:  sein  erster  Theil  (64  Seiten) 
bandelt  „über  die  Arten  der  Wnndbeiinng  und  deren  Hindernisse“.  Erst 
im  zweiten  wird  der  eigentlichen  Aufgabe  näher  getreten,  es  werden  anf 
66  Seiten  „die  Verhältnisse  der  Wundbeilong  und  die  Aufgaben  der 
Wundbehandlung“  besprochen.  Im  dritten  werden  „die  Antiseptika  und 
die  mit  denselben  verbundenen  Wondbehandlnngsmaterialien  und  anti- 
septischen  Wundbehandlungsmetboden“  abgehandelt.  Es  folgt  im  vierten 
die  ., Anwendung  der  verschiedenen  Wundbehandlungsmaterialien  und 
Wundbehandlungsmetboden  bei  den  Wunden  verschiedener  Körpertbeile 
und  den  verschiedenen  Arten  der  Verwundungen“.  Den  Schluss  bildet 
(h.  Theil)  ein  Anhang  über  die  „Wundbehandlung  an  der  I.  chirurgischen 
Universitätsklinik  zu  Budapest“. 

Der  antiseptischen  Wundbehandlung  in  der  Kriegscbirurgie  — dies 
dürfte  besonders  interessiren  — ist  ein  eigenes  Kapitel  gewidmet.  Die 
Grundsätze,  nach  welchen  Verf.  dieselbe  gebandbabt  wissen  will,  treffen 
wohl  nirgends  anf  Widerspruch.  Leitendes  Motiv  ist  „das  anf  die  Ver- 
hinderung der  Infektion  gerichtete  gewissenhafte  Streben,  das  auch  hier 
io  der  erreichbaren  grössten  Reinlichkeit  und  in  der  rationellen  An- 
wendung der  Antiseptika  zum  Ausdruck  gelangt“.  Kein  übereiltes  und 
übereifriges  Untersuchen  der  Wunden  auf  dem  Verbandplätze,  eingreifende 
Operationen  möglichst  erst  in  den  Spitälern.  „Als  Wnndbehandlungs- 
methode  eignet  sich  für  die  Kriegscbirurgie  die  antiseptische  Okklusion. 
Sie  gewährt  den  verbältnissmässig  sichersten  Schutz  gegen  die  Infektion; 
je  früher  sie  der  Wunde  zu  theil  wird,  desto  günstiger  der  Heilungsver- 
lanf.  Diese  frühe  antiseptische  Okklusion  strebt  auch  die  Institution  der 
Verbandpäckchen  an.“  Befremdend  ist  die  Unentschiedenheit  der  Stellung- 
nahme des  Verfs.  letzterem  gegenüber.  Während  er  dasselbe  in  Ueber- 
einstimmnng  mit  einer  Reibe  von  Autoren  prinzipiell  verwirft,  acceptirt 
er  es  schliesslich  doch  mit  der  Motivirong,  es  sei  doch  besser  als  Nichts. 
Ganz  gerechtfertigt  erscheint  seine  Zurückweisung  des  Vorschlags  Fischer’s, 
der  in  der  Kriegscbirurgie  eine  gewisse  genau  umschriebene  und 
scbablonisirte  Wundbebandinngs-  nnd  Verbandsmethode  für  zweckmässig 
erachtet,  „weil  bei  der  Mannigfaltigkeit  der  Fälle  allgemein  gültige  Regeln 
aofzostellen  überhaupt  nnmöglich  ist,  nnd  weil  dies  einerseits  die  Ver- 
werthnng  der  individuellen  Erfahrung  beschränkt  und  andererseits  das 
Gefühl  der  persönlichen  Verantwortlichkeit  verringert“. 


188 


Die  in  einer  „Uebersicht“  am  Schlüsse  des  Buches  angefährten  Sätze 
werden  wie  viele  der  im  fortlaufenden  Text  angeführten  Ansichten  des 
Verfs.  (beispielsweise  die  über  die  Erfolglosigkeit  des  Jodoforms  gegen 
osteomyelitische,  kariöse  Erkrankungen  der  Knochen  sowie  gegen  fungose 
d.  h.  tuberkulöse  Entartung  der  Weichtbeile)  meist  auf  Zustimmung 
rechnen  können,  da  sie  hei  gleichzeitiger,  maassvoller  Beurthcilung  der 
Anschauungen  Anderer  von  der  strengen  gesunden  Kritik  Zeugniss  ab- 
legen,  mit  welcher  der  Verf.  auf  Grund  einer  reichen  Erfahrung  und  einer 
jahrelangen  Betbätigung  als  Chirurg  das  heranshebt,  was  ihm  als  das 
Wichtigste  und  Werthvollste  bei  der  Anwendung  des  antiseptischen  Wund- 
verfahrens  erscheint.  „Es  giebt  kein  allgemein  gutes,  in  allen  Phasen 
der  Wundbehandlung  und  bei  wie  immer  gearteter  und  geformter  Wunde 
mit  gleich  gutem  Erfolge  anwendbares  Antiseptikum;  es  giebt  keine  in 
allen  Fällen  sich  gleich  gut  bewährende  Wnndbehandlnngsmethode  etc." 
„Das  Antiseptikum,  mag  es  Karbol  oder  Jodoform  oder  Sublimat  sein, 
tritt  in  den  Hintergrund,  und  die  Technik:  die  Haemostase,  die  Vereinigung 
der  Wundflächen,  die  Drainage  und  das  Anlegen  des  Verbandes  lösen  den 
grössten  Theil  der  Aufgabe.  Dies  ist  der  Schlüssel  zu  den  mit  ver- 
schiedenen Mitteln  erzielten  guten  Erfolgen.“  — „Einen  Faktor  jedoch 
kann  kein  Mittel  und  keine  Methode  entbehrlich  machen,  ja  alle  Mittel 
und  Methoden  können  nur  mit  Hülfe  dieses  Faktors  reüssiren,  und  dieser 
Faktor  ist  die  Reinlichkeit.“ 

So  können  wir  denn  dem  Buche  eine  gute  Aufnahme,  auch  speziell 
in  den  militärärztlichen  Kreisen,  Voraussagen.  Viel  des  Belehrenden, 
noch  mehr  aber  des  zum  Nachdenken  Anregenden.  Görlitz. 


Münchener  Medizinische  Wochenschrift.  Separatabdruck  aus 
No.  21,  Jahrgang  1887.  Aus  der  chirurgischen  Klinik  zu  Greifswald. 
Die  praktische  Bedeutung  der  sekundären  Wundnaht.  Von 
Prof.  Dr.  Helferich. 

Kocher  wies  zuerst  nach,  dass,  wenn  die  Wunde  in  den  ersten 
24  Stunden  mit  Wismuthkrüllgaze  anstamponirt  werde,  nachher  dieselbe 
ohne  Drain  völlig  geschlossen  werden  könne  und  meist  anstandslos  heile. 
Bergmann  hob  hervor,  dass  man  bei  Höhleownnden  der  Gefahr  einer 
Wundinfektion  entgehen  könne,  wenn  man  die  Wunde  zunächst  offen 
lasse  und  mit  lockeren  Jodoformgazetampons  fülle;  entferne  man  diese 
nach  2 Tagen,  so  könne  man  die  Wunde  mit  gutem  Erfolge  wie  eine 
frische  durch  die  Naht  scbliessen.  Er  nimmt  die  Sekundärnaht  jetzt  nach 
vorhergehender  Jodoformtamponade  vor,  meist  2,  längstens  6 Tage  nach 
der  Operation  1)  bei  tuberkulösen  Affektionen,  besonders  bei  Gelenk- 
resektionen,  2)  bei  Wunden,  namentlich  Höblenwnnden , in  denen  völlige 
Blutstillung  nicht  möglich  und  Störung  der  Wnndheilung  nach  primärer 
Naht  zu  befürchten  wäre.  Verf.  empfiehlt  sie  ebenfalls  1)  nach  operativen 
Eingriffen  wegen  septischer  Lokalaffektionen  in  entzündetem  oder 
doch  verdächtigem  Gewebe.  Der  Zeitpunkt  für  die  Nabtanlegung  hängt 
hier  ab  vom  Fortbestehen  des  Fiebers.  Verf.  warnt  vor  frühzeitigem 
Verschluss  selbst  bei  günstigem  Zustande  der  Wunde.  Er  wendet  auch 
bei  der  Sekundärnabt  stets  Drains  an.  Er  zieht  diese  Naht  auch  in  Gebrauch 
zur  Heilung  von  Abszessen,  eitrigen  Scbleimbeutelentzündnngen  n.  s.  w. 
Bezüglich  der  Technik  des  Verfahrens  bemerkt  er,  dass  in  der  Zeit 


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189 


xwMcheD  Operation  nnd  Naht  ein  trockener,  autiaeptiscber,  leicht  auf- 
saogender  Verband  benutzt  werden  kann,  wenn  der  Eingriff  in  normalem 
Gewebe  geschehen;  bei  entzündetem  empfiehlt  er  Behandlung  mit  feuchten, 
desinfizirenden  Verbänden,  z.  ß.  mit  täglich  erneuerten,  in  Sprozentige 
•seigsanre  Tbonerde  getauchten  Kompressen.  Der  erste  Verband  nach 
der  Naht  soll  möglichst  8—10  Tage  liegen;  zur  Vermeidung  des  Durch- 
schneidens der  Nähte  kann  man  die  Wnndrereinigung  noch  durch  Heft- 
pflasterstreifen  (amerikao.  Heftpflaster  in  heisser  Karbollösung  rasch  des- 
infizirt)  unterstützen.  2)  Bei  Operationen  wegen  tuberkulöser  Prozesse. 
Verf.  ist  geneigt,  die  lokale  Jodoformwirkung  bei  der  provisorischen 
Tamponade  mit  Jodoformgaze  in  solchen  Fällen  als  eine  spezifische  an- 
zoseben.  Die  Wnndfläche  erfährt  inzwischen  Veränderungen  im  Sinne 
einer  beginnenden  Granulation.  Bei  Kniegelenksresektionen  möchte  Verf. 
die  sekundäre  Naht  nicht  später  als  2 Tage  nach  der  Operation  angelegt 
wissen,  da  sonst  durch  die  sich  vordrängenden  Weicbtbeile  eine  Adaptirung 
sehr  erschwert  wird.  Bei  tuberkulösen  Knochenoperationen  empfiehlt 
Verf.  den  Knochen  mit  Silk  zu  bedecken,  da  die  Jodoformgaze  sich  sonst 
zu  sehr  mit  jenem  verfilzt.  3)  Bei  Höblenwunden  und  bei  grösseren  Ampu- 
tationen, wenn  nicht  Zeit  zu  exakter  Blutstillung  ist,  z.  B.  im  Kriege. 
4)  Bei  Operationen  am  After  und  den  Harnwegen  oder  in  nächster  Nähe 
dieser  Theile.  Verf.  scbliesst  damit,  dass  die  Sekundärnaht  in  jedem 
Stadium  der  Wundheiinng  ausführbar  sei,  wenn  nur  die  Wunde  antiseptisch 
sei;  bisweilen  sei  dazu  die  Narkose  uneotbebrlicb,  z.  B.  bei  Hüftgelenk- 
resektionen. Rh. 


.Mittheilungen  ans  dem  Kölner  Bnrgerhospital.  Heransgegeben 
vom  Oberarzt  Prof.  Ür.  Bardenheuer. 

a.  Erstes  Heft:  Osteoplastische  Resektion  des  Manubrium 
sterni.  Mit  10  Tafeln  in  Lichtdruck.  Köln  und  Leipzig.  Druck  und 
Verlag  von  Albert  Ase.  1886.  79  Seiten. 

Die  Resektion  des  Manubrium  sterni  dient  entweder  zur  Entfernung  des 
erkrankten  Manubrium  resp.  der  anschliessenden  Brustwand  oder  znr  Er- 
möglicbnng  der  Ausführung  anderer  Operationen  (präliminzure  Resektion).  Für 
dieselbe  stellt  er  folgende  Indikationen  auf:  1)  Zur  Ermöglichung  der 
Unterbindung  der  a.  anonyma  und  subclavia  und  der  a.  carotis  intra  tboracem 
linkerseits.  Diese  kann  nuthwendig  werden  a)  behufs  Stillung  einer 
peripheren  Blutung  der  a.  subclavia  nnd  carotis  in  Folge  Verletzung  der- 
selben. Die  lokale  Unterbindung,  die  immer  zuerst  zu  versncbeii  ist, 
kann  sehr  schwierig,  ja  bisweilen  selbst  unmöglich  sein.  In  solchen 
Fällen  räth  Verf.  zunächst  nach  Resektion  des  Brustbeins  central  eine 
provisorische  Ligatur  anzulegen  und  dann  die  lokale  Blutstillung  vor- 
zunehmen,  nnd  nur,  wenn  sie  auch  dann  noch  misslingt,  definitiv  die  centrale 
Unterbindung  auszufübren.  Die  gegen  die  provisorische  Ligatur  zu  machenden 
Einwände  widerlegt  Verf.  ausführlich;  er  bespricht  dann  die  Ursachen  der 
bisherigen  schlechten  Erfolge  bei  der  centralen  Unterbindung  und  glaubt, 
dass  sich  diese  vermeiden  lassen,  die  Nachblutungen  durch  gleichzeitige 
Unterbindung  der  benachbarten  Oefässe  a.  vertebralis  und  truncns 
tbyreocervicalis,  die  Gefahr  der  Sepsis  nnd  Gangrän  durch  gründliche 
Desinfektion  der  primären  Wundböhle  und  Ausstopfung  mit  Tbymol- 
gaze  zur  Sicherung  des  Sekretabflusses,  die  Verletzung  der  der  Ligatur- 


190 


stelle  benachbarten  wichtigen  Gebilde  (Venen,  Nerven,  Pleura,  Lunge  etc.) 
durch  genügende  Freilegung  des  Operationsgebietes,  b)  Behufs  Heilung 
eines  Aneurysma  traomaticum  et  spurium.  Die  Gründe  sind  im  Wesent- 
lichen die  eben  angegebenen,  c)  Behufs  Heilung  einer  absichtlich  während 
der  Operation  herbeigeführten,  resp.  wahrscheinlich  herbeisuführenden 
Verletzung  der  grossen  Hals-  und  Brustgefasse,  wenn  sie  von  Geschwülsten 
ganz  umwachsen  sind. 

2)  Zur  Blosslegung  und  Entfernung  der  hinter  dem  roanubrium  sterni 
gelagerten  Geschwülste.  Verf.  hält  die  Eröffnung  des  mediastinum  anticnm 
für  absolut  gefahrlos,  wenn  man  nur  für  guten  Abfluss  des  Sekretes 
sorgt.  Oie  Verletzung  der  Pleura  lässt  sich  nach  ihm  meist  umgehen 
und  ist  nicht  gefährlich,  wenn  man  die  Oeffnnng  nur  gleich  verschliesst, 
die  Wunde  mit  Thymolgaze  völlig  ausstopft  und  den  Verband  8 — 12  Tage 
liegen  lässt.  3)  Zur  retrosternalen  Tracheotomie  bei  inoperablen,  ma- 
lignen Tumoren  der  Schilddrüse.  4)  Zur  Blosslegnng  eines  retroster- 
nalen Abszesses.  Meist  handelt  es  sich  hier  um  Senkungsabszesse,  die 
von  der  Schilddrüse  oder  von  eitrigen  Prozessen  am  Kehlkopfe  und 
Zungenbein  ansgehen,  indem  der  Eiter  sich  in  dem  lockern  Zellgewebe 
hinter  dem  tiefen  Blatt  der  fascia  profunda  nach  unten  senkt  und  sich  in 
dem  mediastinum  anticnm  oder  posticum  anstaut  Bisweilen  kommt  es 
znm  Durchbruch  durch  einen  Rippenzwischenraum  oder  durch  die  fascia 
profunda  nach  aussen.  •'>)  Zur  Entfernung  der  selbsterkrankten  Brustwand 
entweder  in  Folge  der  Entwickelung  einer  Neubildung  oder  eines  ent- 
zündlichen Prozesses  (Karies);  bei  Karies  tritt  Heilung  nur  dann  ein, 
wenn  der  ganze  knöcherne  Tbeil,  soweit  das  Periost  durch  Eiter  ab- 
gehoben ist,  entfernt  wird. 

Verf.  geht  dann  über  zur  Ausführung  der  Operation  und  zwar  1)  zur 
präliminaren  Resektion  des  Brustbeins  behufs  Unterbindung  der  a.  ano- 
nyma.  Er  schildert  hier  zuerst  die  anatomischen  Verhältnisse,  die 
Schwierigkeiten  der  Operation,  die  früheren  Operationsmethoden  (Graefe, 
Pirogoff,  Mott),  die  er  zugleich  kritisch  beleuchtet,  und  giebt  dann  die 
Technik  seines  Verfahrens  (s.  Original).  Im  Anschluss  erwähnt  er 
noch  einen  glücklich  verlaufenen  Fall  von  Unterbindung  der  v.  anonyma. 
An  zweiter  Stelle  bespricht  er  in  derselben  Weise  wie  ad  1 die  Unter- 
bindung in  der  ersten  Portion  der  Bubclavia  mit  Resektion  des  Sterno- 
clavicnlargelenks  sowie  fünf  von  ihm  operirte  Fälle,  von  denen  2 gestorben 
sind.  Drittens  schildert  er  4 Fälle  (1  gestorben),  wo  er  die  Resektion  des 
Brustbeins  ausgefübrt  bat,  zur  Freilegung  eines  retrosternalen  Abszesses. 

Zuletzt  wendet  er  sich  zur  Entfernung  des  kariösen  Sternociavlcular- 
gelenks  und  des  kariösen  Sternums  selbst  unter  kurzer  Besprechung  der 
bezüglichen  Fälle.  Daran  schliesst  er  eine  Kritik  der  Operation,  in  der 
er  sich  bemüht,  die  dagegen  zu  machenden  Einwände  ausführlich  zu 
widerlegen.  Die  Nachbehandlung  besteht  selbstverständlich  in  korrekter 
Durchführung  der  Antisepsis  und  regelrechter  Ableitung  des  Sekrets 
durch  Ansstopfnng  der  Wnndhöhle  mit  Tbymolgaze.  Wird  dann  nach 
8 Tagen  der  Verband  gewechselt,  so  ist  die  ganze  Wunde  schon  mit 
Granulationen  bedeckt.  Mit  Verkleinerung  der  Wundhöhle  verringert 
sich  durch  gegenseitige  Annäherung  der  Schlüsselbeine  und  Kippen  der 
Breitendurchmesser  der  Brust  bedeutend,  die  Schultern  verschieben  sich, 
es  entsteht  Kyphose  resp.  Skoliose.  Bei  Erhaltung  des  Periosts  ersetzt 
sich  Brust-  und  Schlüsselbein  in  verjüngtem  Maassstabe  wieder  und  bildet 
sich  zwischen  ihnen  auch  ein  neues  Gelenk.  Znm  Schluss  spricht  Verf.  noch 


j^lt 


191 


über  die  Bezeichnung  ^oeteoplastische  Resektion“  des  Brustbeins,  zu  deren 
Begriff  die  Wiedereinpflanznng  des  resezirten  Knochens  gehören  würde. 
Verf.  selbst  hat  die  Operation  in  dieser  Weise  noch  nicht  ansgefübrt, 
Terspricht  sich  aber  gewisse  Vortbeile  davon,  wenn  auch  die  Nach- 
behandlung sehr  erschwert  würde,  und  schlägt  ein  neues  Verfahren  zur 
Ausfübrnng  derselben  vor. 

b.  Zweites  Heft:  Die  Querexzision  der  Fusswurzelknochen.  Von 
Dr.  J.  Schmidt.  Mit  4 Tafeln  in  Lichtdruck.  35  Seiten. 

Bardenbeuer  übt  diesVerfabren  bei  Karies  derTarsal-  und  Metatarsal- 
koochen  seit  1882,  da  die  Auslöstelung  und  subperiostale  Resektion  oft 
siebt  ansreicbe,  indem  der  krankhafte  Prozess  trotzdem  weiter  schreite, 
die  Amputation  aber  die  Gehfähigkeit  zu  sehr  beeinträchtige.  Denn  diese 
werde  um  so  schlechter,  je  mehr  vom  Fnsse,  von  den  Zehen  ab  ge- 
rechnet, amputirt  werde.  Da  nnn  meist  von  der  Karies  nur  die  kleineren 
Fosswurzelkuocben  ergriffen  werden,  so  bleibe  bei  Erhaltung  der 
Zehen  eine  grössere  Fläche  zum  Auftreten  übrig,  der  Gang  daher 
ein  besserer.  Den  von  Hüter  gemachten  Ein  wand,  dass  durch 
die  Resektion  der  Fusswurzelknochen  die  Tragfähigkeit  des  Fusses 
zu  sehr  beeinträchtigt  werde,  hält  Verf.  für  nicht  begründet,  da  dem 
Wegfall  des  Fussgewölbes  dadurch  Rechnung  gelrageu  werden  könne, 
dass  der  noch  stebengebliebene  vordere  Skelettheil  mit  dem  hintern  in 
eine  feste,  womöglich  knöcherne  Vereinigung  gebracht  werde,  so  dass 
Jener  mit  diesem  einen  der  Fusssohle  zngewendeten  stumpfen  Winkel 
bildet.  Bei  Besprechung  der  Litteratur  erwähnt  Verf.,  dass  früher  auch 
andere  Chirurgen  (Mikulicz,  Nenber,  Kappeier)  schon  ein  ähnliches 
aber  nicht  so  vollkommenes  Operationsverfabren  anwandten.  Barden- 
beuer  führt  zuerst  einen  Schnitt  quer  oder  im  Bogen  über  den  Fuss- 
rücken  bis  auf  den  Knochen,  entsprechend  dem  Sitze  der  Erkrankung, 
meist  von  der  Basis  des  1.  bis  zu  der  des  5.  Metatarsalknocbens  resp.  um- 
gekehrt; von  den  Endpunkten  dieses  dann  noch  Schnitte  an  den  Fuss- 
rändern  nach  hinten  behufs  Ablösung  der  Weichtheile,  event.  verlängert  er 
an  einem  Fnssende  den  Schnitt  nach  vorn,  um  vordere  Tbeile  noch  rese- 
ziren  zu  können,  nicht  an  beiden,  um  Absterben  des  vorderen  Lappens 
zu  vermeiden.  Wenn  möglich,  werden  die  zum  Hallux  führenden  Sehnen 
dabei  geschont.  Die  Stümpfe  der  durchschnittenen  Strecksehnen  treten 
bei  Adaptirung  der  beiden  Fnsstheile  genügend  hervor,  um  sie  aneinander 
legen  zu  können;  eine  Nabt  ist  deshalb  nicht  nötbig.  Nach  ausreichender 
Ablösung  der  Lappen  von  den  Knochen  werden  diese  durch  Säge  oder 
Meissei  abgetrennt  nnd  von  der  Fusssohle  abgelöst.  Die  Sägefläcben 
sollen  parallel  oder  höchstens  schwach  divergent  sein.  Gelenkflächen 
bleiben  nicht  stehen,  sondern  es  ist  besser,  stets  den  Knochen  anzufrischen. 
Zuletzt  werden  die  Weichtheile  von  den  Granulationsmassen  gereinigt,  die 
Blutung  gestillt  nnd  entweder  die  Wunde  mit  Tbymol-  oder  Jodoform- 
gaze ausgestopft  und  später  erst  beide  Fnsstheile  aneinander  gedrängt 
und  genäht  oder  sofort  genäht  und  drainirt.  Der  Verlauf  ist  meist  völlig 
reaktionslos;  nach  2 — 3 Wochen  konnte  der  vordere  Fusstbeil  gut  bewegt 
werden,  nach  1 Monat  war  die  Heilung  meist  beendet.  Ist  die  Verbindung 
zu  locker  oder  schlecht,  dann  Gypsverband,  mit  dem  die  Kranken  event. 
hemmgehen  können.  Für  das  spätere  Geben  ist  das  Tragen  eines  Platt- 
fusssebubes  sehr  nützlich.  Die  Verbindung  zwischen  vorderem  und 
hinterem  Fusstbeil  geschieht  durch  Bildung  eines  neuen  Gelenks.  Es  folgen 


uy  vioogle 


192 


dann  die  Krankengeschichten  von  17  Fällen,  deren  Endresnltate  durch 
Bilder  veranschaulicht  werden.  Den  Schloss  bildet  eine  kurze  Epikrise, 
nach  der  unter  den  Operirten  6 Kinder,  11  Erwachsene  waren.  12  von 
diesen  wurden  durch  die  Operation  direkt  geheilt  (3  starben  später  an 
Tuberkulose),  in  3 Fällen  waren  Nacbresektionen  nötbig  (bei  2 Kranken 
2 mal),  in  1 t'all  erfolgte  Heilung  erst  nach  der  Amputation,  ein  Fall, 
in  dem  die  Amputation  verweigert  wurde,  endete  tödtliob.  Verf.  glaubt, 
dass  die  erzielten  Resultate  für  ausgedehnte  Anwendung  der  Methode 
sprächen;  selbst  bei  nicht  zu  vorgeschrittener  Lungenschwindsucht  sei  sie 
nicht  eingreifender  als  die  Amputation,  die  dann  immer  noch  möglich  sei. 
— In  einem  Anhang  erwähnt  Verf.  noch  kurz  einen  Fall,  bei  dem  die 
Operation  mit  gutem  Erfolge  zur  Deckung  eines  grossen  llautdefekts 
vorgenonimen  wurde.  Rb. 


Baroffio.  Diagnosi  medico  - legale  militare  della  amaui^osi 
e deir  amblyopia  monoculare.  Oiornale  medico  del  R.  esercito 
e della  R.  marina.  Anno  XXXV.  N.  8.  Agosto  1887. 

Zur  Feststellung  von  Simulation  einseitiger  Blindheit  oder  Schwach- 
sichtigkeit schlägt  B.  ein  durch  Einfachheit  sich  anszeichnendes  Ver- 
fahren vor,  wobei  er  an  das  Ei  des  Colombos  erinnert  Eine  Brille, 
deren  eines  Glas  plan,  deren  anderes  eine  Konvex-  oder  eine  Konkavlinse 
(von  3 — 4 Dioptrien)  ist,  wird  so  aufgesetzt,  dass  die  Linse  dem  gesunden 
Auge  entspricht.  Wenn  non  der  Mann  mit  dem  Konvexglas  in  der  Ferne 
oder  mit  dem  Konkavglas  in  der  Nähe  deutlich  zu  sehen  angiebt,  so  ist  es 
sicher,  dass  er  dies  mit  dem  angeblich  schwachsichtigen  Auge  thot. 
Ametropie  erfordert  natürlich  entsprechende  Berücksichtigung.  Dasselbe 
erreicht  man,  wenn  in  das  gesunde  Auge  Eserin  oder  Atropin  eingeträufelt 
wird,  wobei  Refraktionsanomalien  die  gleichzeitig  Anwendung  des 
korrigirenden  Glases  erfordern.  (Nach  Lage  der  Bestimmungen  über 
Militärdienstbrauchbarkeit  bat  die  Feststellung  des  Grades  der  Schwach- 
sichtigkeit auf  dem  schlechteren  Auge  in  der  italienischen  Armee  eine 
hervorstechendere  Bedeutung  als  bei  uns.  Ref.)  Kern. 


Ovdrttckt  in  d«r  K6aiflichen  Hof hDchdmckvrvi  von  E.  S.  Mittler  ä Sobn,  Kocbiftr.  48^70« 


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Deutsche 


Miiitärärztliche  Zeitschrift. 


Redaciion: 

Dr.  Jl.  Generalarit, 

Berlin,  TMben»tr«ßsa  6, 

0.  Dr.  Stabsarst, 

Berlin,  Knijer  Fnns  Grenndier-PUtz  11/12. 


Verlag : 

e.  pitibt  & $e9n, 

Köoiglicbe  Hofbüchhandlang, 

Berlin,  Kochstrasire  68—70. 


\ 


Konztlich  «ncbeint  ein  Heft  ron  mindestens  3 Druckbogen;  dazu  ein  „AmtUcbee  Beiblatt^.  Der 
ZeiUchrift  wird  dne  Werk;  „Jabreiberieht  über  die  Forticbritte  anf  dem  Gebiete  de«  MiliUr- 
Saaitlti-Weaeni**,  berausgegeben  toid  Generalarzt  Dr.  Rotb,  nnentgeltUch  beigegeben.  Bestellung 
nehmen  alle  Postlmter  und  Buehbandlungen  an.  Preis  des  Jahrgangs  lö  Hark. 

XVII.  Jahrgang.  1888.  Heft  5. 


Eine  Epidemie  von  fieberhafter  Gelbsucht. 

Von 

Oberstabsarat  Dr.  Kircbner  in  Breslau. 


Im  Tergangenen  Jahre  berichtete  Prof.  Weil  in  Heidelberg  über 
4 Fälle  von  fieberhafter  Gelbsacht,  welche  im  Jahre  1870  und  1882  auf 
der  dortigen  Klinik  beobachtet  worden  waren,  and  deren  Krankheitsbild 
für  eine  akate  Infektion  sprach,  aber  von  dem  der  bekannten  Infektions- 
krankheiten so  sehr  abwicb,  dass  die  Vermuthang  gerechtfertigt  erschien, 
es  handele  sich  am  eine  völlig  eigenartige,  bisher  nicht  geschilderte 
Krankheitsspezies  (Deutsches  Archiv  fnr  klin.  Medizin  Bd.  39,  S.  209). 

Seitdem  sind  ein  ebensolcher  Fall  aus  dem  Krankenhause  zu  Nürn- 
berg und  je  zwei  von  Aufrecht  in  Magdeburg  und  £.  Wagner  ver- 
öffentlicht worden.  Ersterer  bezeichnet  die  Krankheit  vorläufig  als  akute 
Parenchymatöse,  letzterer  als  einheimisches  biliöses  Typhoid  (ibid.  Bd.  40, 
S.  238,  618  und  628).  Alle  diese  Fälle  waren  durchaus  sporadisch. 

Während  dieses  Sommers  habe  ich  Gelegenheit  gehabt,  eine  kleine 
Epidemie  von  8 Fällen  dieser  Krankheit  im  hiesigen  Garnison -Lazareth 
10  beobachten,  die  ich  bei  dem  grossen  Interesse  derselben  nachstehend 
mittbeile. 

1)  Unteroffizier  Kr.  (51.  Regt.)  fühlte  sich  seit  Mitte  Juli  unwohl, 
litt  an  Kopfschmerz,  Nasenbluten,  Appetitlosigkeit,  Mattigkeit.  Ende  Jnli 
wurde  der  Stahl  unregelmässig,  häufiger.  Am  2.  August  trat  plötzlich 
starke  Verschliramerang  ein  mit  heftigem  Kopfschmerz  und  grosser 

13 


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194 


Schwäche.  Bei  der  Lazarethaafnahme  am  3.  Auguat  batte  Patient  fahles 
blasses  Aussehen,  fühlte  sich  sehr  matt,  klagte  über  starke  Kopfscbmenen, 
Hitze  und  ziehende  Schmerzen  in  allen  Gliedern,  besonders  in  den  Waden, 
die  gegen  Palpation  sehr  empfindlich  sind.  Zunge  katarrhalisch  belegt. 
Puls  frequent,  leicht  unterdrückbar.  T.  39,9. 

4.  August.  Wenig  unruhiger  Schlaf,  Zustand  unverändert,  die 
•Muskelscbmerzen  haben  zngenommeu.  T.  38,4 — 39,7.  P.  100 — 108. 
Ord.:  Laues  Bad.  Acid.  mur. 

5.  August.  Dasselbe  Befinden.  Beginnende  ikterische  Färbung  der 
Haut,  besonders  der  Sklera.  Leber  auf  Druck  empfindlich,  Perknssions- 
grenzen  natürlich,  ebenso  die  der  Milz.  Geringer  Broncbialkatarrh. 
T.  38,1 — 40,0.  Ord.:  Natr.  salic.,  Bad. 

6.  August.  Ikterus  sehr  vermehrt.  Urin  rötblich  trübe,  gallenfarbstoff' 
haltig,obne  Eiweiss.  Subjektives  Befinden  wenig  besser.  T.  39,0 — 39,5.  Bad. 

7.  August.  Hautfarbe  tief  citronengelb.  Urin  stark  galleufarbetofiTbaltig. 
Starkes  Nasenbluten  durch  Tamponade  gestillt.  Stuhlgang  seit  zwei 
Tagen  sistirt.  T.  38,4 — 39,2.  Ord.;  Inf.  rhoi. 

8.  August.  Ruhige  Nacht,  Gliederschmerzen  mässig.  Stuhl  thon- 
farben.  Herpes  labial.  T.  37,1 — 38,3.  Ord.:  Chin.  mit  Acid.  mnr. 

10.  August.  Beginnende  Rekonvaleszenz.  T.  36,6. 

20.  August.  Wohlbefinden.  Ikterus  fast  ganz  verschwunden. 

30.  August  Geheilt  entlassen. 

2)  Gren.  Br.  (10.  Regt.)  erkrankte  am  30.  Juli  Nachmittag  plötzlich 
mit  Frost,  Hitze  und  Kopfschmerz.  Bei  der  Aufnahme  am  31.  Juli  war 
die  Zunge  stark  belegt,  sonst  keine  Veränderung.  T.  39,2. 

1.  August.  Grosse  Schwäche,  Muskelschmerz,  besonders  der  Waden 
bei  Berührung.  Nasenbluten.  Leichter  Husten  mit  geringem  schaumigen 
Auswnrf.  T.  39,4 — 38,4.  Ord.:  Inf.  Ipecac. 

2.  August.  Schlaf  und  etwas  Schweiss.  Leichter  Ikterus  der  Sklera. 
Reg.  epigastr.  auf  Druck  empfindlich.  Leber  nicht  vergrössert,  Milz 
wenig.  T.  37,3. 

3.  August.  Deutlicher  Ikterus.  Stuhl  fest,  thonfarben.  Deutliche 
Milzvergrösserung.  Urin  gallenfarbstoffhaltig,  ohne  Eiweiss.  Muskel* 
schmerzen  au  den  Beinen,  Appetitlosigkeit,  Schwäcbegefühl  dauern  an. 
T.  36,8 — 37,2.  Ord.;  Tr.  rhei.  vin. 

5.  August.  Fieberfrei.  Grosses  Schwächegefühl. 

6.  August.  Starke  Wadenschmerzen.  Epigastr.  druckempfindlich. 
Milz  reicht  bis  zum  untern  Rippenbogen.  Ikterus  hochgradig.  T.  37,7 — 38. 


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195 


7.  Aagast.  Seit  gestern  wieder  fieberfrei  und  beginnendes  Wohl- 
befinden. Urin  bierbraun,  stark  gallenfarbstofifbaltig.  Stuhl  tboiifarben. 

15.  August.  Zunehmendes  Wohlbefinden.  Hautfarbe  und  Urin  heller, 
Stuhl  gelblich. 

2.  September.  Gesund  entlassen. 

3)  Gren.  Kr.  (11.  Kegt.)  erkrankte  ohne  erkennbare  Ursache  am 
'2.  August  unter  starkem  Kopfschmerz,  Schwindel,  Appetitlosigkeit  und 
zeigte  bei  der  Aufnahme  am  3.  August  starken  Kollapsus.  Puls  sehr 
frequent,  kaum  fühlbar.  T.  40,4.  Ord.;  Kühles  Bad.  Wein. 

4.  August.  Zunge  belegt,  Leibschmerzeu  und  breiige  Durchfälle. 
T.  39,4—40,4.  Kalom.,  Eis. 

5.  August.  Grosse  Schwäche,  Kopf-  und  Gliederschmerzen.  Geringer 
Broncbialkatarrh.  Beginnende  ikterische  Hautfärbung.  Kalomelstüble. 
T.  39,4—39,8. 

6.  August.  Ikterus  vermehrt.  Urin  gallenfarbstoiThaltig,  ohne  Eiweiss. 

7.  August.  Subjektives  Befinden  unverändert.  Starker  Ikterus. 
Lebergegend  schmerzhaft.  Milz  nicht  vergrossert.  Thonfarbige  Stühle. 
Cbin.  mit  Acid.  mur. 

8.  August  Starkes  Nasenbluten  durch  Tamponade  gestillt  Kollapsus. 
Leber  einen  Finger  breit  nach  unten  vergrossert.  Haut  mahagonifarben. 
T.  37,2—38. 

11.  August.  Stark  ikterische  Erscheinungen.  Fieberfrei. 

20.  August.  Stuhl  gefärbt.  Urin  natürlich. 

4.  September.  Gesund  entlassen. 

4)  Gren.  H.  (11.  Regt.)  erkrankte  plötzlich  am  8.  August  mit  Frost, 
Hitze,  Kopf-  und  Kreuzschmerzen,  Druck  und  Völle  in  der  Magengegend. 
Bei  der  Aufnahme  am  10.  August  bestand  äusserste  Schwäche,  lebhafte 
Gliederschmerzen  besonders  der  Waden  und  Unterarme.  Zunge  belegt. 
Extremitäten  kühl,  [Puls  klein  und  häufig.  Stuhl  angehalten.  Organe 
der  Brust  und  des  Unterleibes  ohne  nachweisbare  Veränderung.  T.  39,5. 
Ord.:  Chin.  mit  Acid.  mur. 

11.  August  Stuhl  natürlich.  Urin  röthlich  trübe,  sedimentirend. 
Leber  auf  Druck  empfindlich,  nicht  vergrössert,  auch  nicht  die  Milz. 
T.  37,4-38,4. 

12.  August  Allgemeinbefinden  besser.  Muskelschmerzeu  sehr  stark. 
Allgemeine  Gelbsucht. 

13.  August  Starke  Gelbsucht.  Im  Urin  viel  Gallcnfarbstoff,  kein 
Eiweiss.  Leber*  und  Milzgrenzen  natürlich.  T.  36,6 — 38,0. 

13* 


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196 


14.  Angnst.  Grosse  Schwäche.  Lebergegeod  empfindlich.  Milz 

etwas  vergrössert.  T.  36  — 38,2. 

15.  August.  Zustand  unverändert.  T.  37,2 — 38,0. 

16.  August.  Stuhl  fest,  thonfarben.  Urin  bierbrann.  T.  36,8 — 37,8. 

17.  August.  Herpes  lab.  Lebergegend  noch  wenig  empfindlich. 

Fieberfrei.  Tr.  rhei.  vin. 

19.  August.  Beginnendes  Wohlbefinden.  Stuhl  thonfarben.  Milt 
vergrössert  bis  zum  untern  Rippenbogen  und  anf  Drnck  empfindlich. 
Hautjucken. 

26.  August.  Gelbsucht  beseitigt.  Rasche  Rekonvaleszenz. 

6.  September.  Gesund  entlassen. 

5)  Füs.  J.  (10.  Regt.)  erkrankte  am  10.  August  plötzlich  mit  Kopf- 
schmerz, Schwindel,  starkem  Frost,  Gliederschmerzen,  Durchfall  und 
grossem  Schwächegeföhl.  Bei  der  Aufnahme  am  11.  August  ist  der 
Kranke  äusserst  schwach  und  kollabirt,  die  Gesichtsfarbe  bleich,  die 
Augen  eingesunken.  Haut  kühl.  Puls  kaum  fühlbar,  120  p.  M.  Zuufe 
belegt,  Magen-  und  Lebergegend  anf  Druck  empfindlich.  Leber  und 
Milz  nicht  vergrössert.  Geringer  Husten  mit  schaumigem  Auswvf. 
T.  39,2.  Ord. ; Kognakwasser.  Chin.  mit  Säure. 

12.  August.  Unterleib,  Lenden,  Extremitäten  äusserst  empfindlich. 
Beginnende  gelbliche  Hautfärbnng.  Nach  der  Morgen-  und  Mittagsuppe 
Erbrechen.  Ein  dünner  gelblicher  Stuhl.  T.  36,8 — 37,2.  P.  80. 

13.  August.  Früh  Erbrechen.  Ausserordentliche  Schwäche.  Gelb- 
sacht  hat  bedeutend  zugenommen.  Urin  reich  an  GallenfarbstoEf.  Die 
Schmerzen,  besonders  der  Extremitäten,  unverändert.  Drei  thonfarben« 
dünne  Stühle.  T.  36,8 — 37,0.  P.  64,  klein. 

14.  August.  Haut  mahagonifarben.  Nasenbluten.  T.  36,8 — 37,4. 
P.  70. 

15.  August.  Urin  bierbrann,  stark  gallenfarbstoffhaltig,  ohne  Eiweia«. 
Leber  empfindlich,  Vergrössernng  nicht  bestimmt  nachweisbar.  Keine 
Milzscbwcllung.  T.  38,2.  Ord.:  Salzsäure. 

16.  August.  Der  Kranke  ist  soporös  und  schläft  viel.  Schnaerzen 
im  Unterleib  und  Gliedmaassen  unverändert.  Vermehrte  thonfarben« 
Stühle.  T.  37,2 — 37,8.  Warmes  Bad  mit  kalter  Begiessnng. 

17.  August.  T.  37,2—38,2.  Keine  Veränderung.  Bad  mit  Begiessong. 

18.  August.  Ein  Exanthem  am  ganzen  Körper,  welches  nur  du 
Gesicht  frei  lässt  und  von  oben  nach  unten  fortschreitet:  linsengroue, 
rosarotbe  Flecke,  die  zum  Theil  zusammenfliessen,  auf  Druck  verschwinden. 
Allgemeinbefinden  unverändert.  T.  38,0—38,6. 


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0 


19.  Angast  Exanthem  vermehrt  Gelbsacht  anverändert  Im  Urin 
neben  reichlichem  OalleDfarbstoff  etwas  Eiweiss  nnd  einzelne  gelbliche 
bjaline  Cyliuder.  Stahl  breiig,  thonfarben.  T.  38,0 — 39,4. 

30.  Angnst  Ansscblag  fast  überall  znsammengeflossen.  Kopf-  and 
Gliederschmerzen.  Schwäche  nnverändert.  T.  38,9 — 39,2.  Ord.:  Chin. 
Lanes  Bad. 

21.  Angnst  Allgemeinbefinden  besser,  Aasschlag  blasst  ab.  Gelb- 
sucht anverändert.  T.  38,2 — 38,4. 

23.  Angnst  Linksseitige  Parotitis.  Milz  nicht  vergrössert  Leber 
auf  Drnck  empfindlich.  Stahl  thonfarben,  sonst  natürlich.  T.  38,4—38,8. 
P.  88. 

24.  Angnst  Aasschlag  verschwanden.  Leichte  Hantabschilfernng. 
Grosse  Schwäche.  T.  39,0. 

25.  Angust.  Parotitis'nimmt  zn,  Gelbsncbt  ab.  T.  39,2 — 39,0. 

26.  Angust  Rechtsseitige  Parotitis.  Urin  sehr  reichlich.  Sensorium 
frei.  T.  39,6—40,0.  P.  120,  klein. 

28.  Angnst  Flnktnation  in  der  linken  Parotis.  Inzision  entleert 
dicken  gelben  Eiter.  T.  39,2 — 39,4. 

30.  Angnst.  Reichliche  Eiterentleernng  dnrcb  Inzision  ans  der  rechts- 
seitigen Parotis,  Gelbsncbt  rückgängig,  T.  39,0 — 39,6. 

6.  September.  Starke  Eitemng.  Langsamer  Fieberabfall. 

15.  September.  Fieberfrei. 

27.  September.  In  Genesung. 

6)  Train-Gem.  J.  erkrankte  plötzlich  am  15.  Angust  unter  Frost, 
Fieber,  Kopf-  und  Halsschmerzen,  Nasenbluten.  Bei  der  Aufnahme  am 

16.  August  besteht  doppelseitige  Mandelentzündung.  T.  38,9 — 40,0. 

17.  August  Grosses  Schwächegefühl.  Heiserkeit.  T.  39,0—39,8. 

18.  August  Beginnende  Gelbsucht  Urin  rötblicb- trübe,  ohne  Ei- 
weisa.  T.  38,8 — 39,6.  Ord.;  Acid.  mur. 

19.  Angust.  Allgemeinbefinden  besser.  Mandelentzündung  rück- 
gä.ngig.  Vermehrte  Gelbsucht  Milz  und  Leber  nicht  vergrössert.  Ham 
in  natürlicher  Menge,  gallenfarbstoffhaltig,  ohne  Eiweiss.  Nasenbluten. 
T.  38,1—39,0. 

21.  Angnst.  Starke  Gelbsucht.  Nasenbluten.  Erbrechen.  Grosse 
Schwäche.  T.  38,5—38,0. 

23.  Angnst.  Urin  hoch  ikterisch.  Stahl  thonfarben.  T.  37,5. 

24.  Angust.  Fieberfrei.  Leber  nicht  vergrössert  Milz  geschwellt. 
Ord.:  Tr.  rhei  vin. 

26.  August  Milz  reicht  bis  zum  Rippenrand.  Gelbsucht  in  Abnahme. 


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28.  Aagnst.  Stuhl  natürlich. 

20.  September.  Gesund  entlassen. 

7)  Gefr.  D.  (11.  Regt.)  erkrankte  am  16.  August  plötzlich  mit  Frost, 
Kopfschmerz  und  grossem  Scbwächegefübl.  Appetitlosigkeit.  Durchfall. 
Bei  der  Aufnahme  am  18-  August  war  die  Zunge  belegt,  Magengegend 
auf  Druck  empfindlich,  ebenso  die  Unterschenkel.  Sonst  keine  Ver- 
änderung. T.  38,2 — 38,6.  Ord.:  Kalomel. 

19.  August  Erbrechen  von  saurem  Mageninhalt,  dünne  gelbliche 
Stühle.  T.  37,9—39,0. 

20.  August.  Heftige  Gliederschmerzen.  Milz  vergrössert  T.  38,8— 39,6. 

21.  August.  Grosse  Schwäche.  Beginnende  Gelbsucht  T.  37,4— 38,2. 
Ord.:  Chin.  and  Säure. 

23.  August.  Starke  Gelbsucht  Urin  deutlich  gallenfarbstoffhaltig, 
ohne  Eiweiss,  2300  g,  sauer.  Subjektives  Befinden  besser.  T.  37,9 — .39,0. 

24.  August.  Hautjucken.  Thoniger  Stuhl.  Nasenbluten.  Keine 
Milz-  oderLebervergrösserung  oder  Empfindlichkeit  daselbst  T.  37,0 — 39,2. 
P.  60. 

25.  August  Fieberfrei.  Gelbsucht  unverändert. 

4.  September.  Haut  noch  schwach  gelblich.  Stuhl  und  Urin 
natürlich. 

6.  September.  Geheilt  entlassen. 

8)  Gren.  S.  (11.  Regt.)  erkrankte  am  18.  August  plötzlich  mit 
Kopfschmerz,  Frost  und  grossem  Schwäcbegefühl.  Stuhl  vermehrt.  Bei 
der  Aufuabme  an  demselben  Tage  bestand  Appetitlosigkeit,  belegte  Zunge, 
Schmerzhaftigkeit  der  Magengegend,  geringer  Bronchialkatarrh  mit 
schaumigem  Auswurf  ohne  besonderen  Charakter.  T.  40,4. 

20.  Angast.  Diffuse  mittelblasige  Rasselgeräusche.  T.  39,4—39,6. 
P.  94,  klein.  Ord.:  Inf.  digit.  mit  Liq.  ammon.  anis. 

21.  August.  Gelb  gefärbte  Durchfälle.  Muskelschmerzen  der  Beine. 
Leicht  gelbliche  Hautfärbung. 

22.  August.  Deutliche  Gelbsucht.  Stuhl  schwach  thonfarben.  Urin 
röthlich,  gallenfarbstoffhaltig,  ohne  Eiweiss.  Milz  und  Leber  nicht  ver- 
grössert und  nicht  empfindlich.  Allgemeinbefinden  besser.  T.  38,6— 39,0. 

24.  August.  Schleimiges  Erbrechen  von  saurer  Reaktion.  Bronchial- 
katarrh beseitigt.  T.  37,6 — 38,8. 

25.  August.  Starke  Gelbsucht.  Urin  1700  ccm,  Spez.  Gew.  1012, 
kirschroth,  deutlich  gallenfarbstoffbaltig.  Stuhl  thonfarben.  T.  37,4 — 37,6. 

26.  August.  Rekonvaleszent. 


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199 


5.  September.  Stahl  and  Urin  natürlich.  Wohlbefinden. 

16.  September.  Geheilt  entlassen. 

Diese  acht  Krankheitsfälle  bieten  ein  einheitliches  klinisches 
Bild,  dessen  Haaptcharakter  akute  fieberhafte  Gelbsucht  ist. 
Die  Krankheit  trat  plötzlich  ein  mit  Frost,  Kopfschmerz,  Schwindel  and 
grossem  Schwäcbegefnhl.  Nur  im  Fall  No.  1 ging  14  tägiges  Unwohl- 
sein Toraos  mit  Kopfschmerz,  Appetitlosigkeit,  Mattigkeit,  Nasenbluten. 
Das  Fieber  erreichte  binnen  24  Standen  seine  höchste  Höhe  bis  40  ° und 
darüber,  am  sogleich  wieder  stafleiförmig  rasch  abzafallen  innerhalb 
2 — 5 Tagen.  Stärkere  Schweissbildung  fehlte  dabei.  Nach  1—2  fieber- 
freien Tagen  trat  in  sechs  Fällen  erneutes  kurzes  Ansteigen  der  Tem- 
peratur ein,  das  einmal  mit  Hautansschlag  resp.  Parotitis  zasammenfiel, 
zweimal  nach  Gebrauch  Ton  Kalomel.  Dieses  erneute  Fieber  erreichte 
jedoch  niemals  die  Anfangstemperatur. 

Die  Palsfreqaenz  entsprach  im  Allgemeinen  anfangs  der  Höhe  der 
Temperatur,  um  sich  in  den  nächsten  Tagen  rasch  zu  rerringern  und 
mit  Beginn  der  Gelbsucht  in  auffallende  Verlangsamung  überzugehen. 
In  der  ersten  Periode  war  die  Pulswelle  meist  schwach  und  leicht  zu 
unterdrücken,  in  der  zweiten  mehr  voll  und  kräftig. 

Die  Gelbsucht  war  in  sämmtlichen  Fällen  hochgradig,  in  einigen 
bis  zur  Mabagonifärbung  der  Haut;  dabei  war  der  Urin  stark  galleufarh- 
stoffbaltig  und  der  Stuhl  vollkommen  thonfarben.  Die  Gelbsucht  trat 
mit  beginnendem  Fieberabfall  hervor  und  war  in  3 — 4 Wochen  ver- 
schwunden. 

Nebst  Fieber  und  Gelbsucht  waren  die  Gehirnerscheinnngen  sehr 
ausgeprägt:  Kopfschmerz,  Schwindel,  wenig  und  unruhiger  Schlaf,  grosse 
Hinfälligkeit,  Neigung  zur  Somnolenz.  Diese  Erscheinungen  gingen  mit 
Abfall  des  Fiebers  meist  rasch  zurück. 

Bei  beginnender  Krankheit  entstand  häufig  geringer  Bronchial- 
katarrb  ohne  charakteristischen  Auswurf.  Verhältnissmässig  oft  und 
heftig  traten  in  der  Fieberperiode  Blutungen  aus  der  Nase  ein. 

Im  Verdanungsapparate  war  die  Zunge  belegt,  am  Rande  roth, 
zuweilen  trocken.  Appetitlosigkeit  und  Erbrechen.  Der  Stuhl  war 
theils  natürlich,  theils  durchfällig,  ohne  Charakteristisches  und  bald  vor- 
übergehend. Dabei  bestanden  oft  massige  Schmerzen  und  Druck- 
empfindlichkeit  des  Leibes.  Leber  und  Milz  waren  wiederholt  geschwellt 
und  druckempfindlich.  Der  Urin  war  reichlich,  von  mässigem  spezifi- 
schen Gewicht;  nur  in  einem  Falle  enthielt  er  mit  Beginn  eines  Haut- 
ausscblags  etwas  Eiweiss  und  einige  hyaline  Cylinder.  Dieser  Ausschlag 


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200 


zeigte  im  Allgemeinen  den  Charakter  ^er  Roseola,  die  allmälig  vielfach 
konflairte.  Wiederholt  erschien  mit  eintretender  Entfieberung  Herpes 
lahialis.  Allgemein  war  die  Silage  über  Maskelschmerzen  der 
Lenden,  Arme,  Beine,  besonders  der  Waden,  znmal  bei  Druck,  ohne 
wahrnehmbare  Veränderung  dieser  Theile. 

In  einem  Falle  trat  doppelseitige  eitrige  Parotitis  hinzu,  ein  Fall 
begann  mit  Mandelentzündung. 

Alle  Erkrankten  waren  junge  kräftige  Leute  von  gesunder  Körper- 
beschaffenheit. 

Keiner  wusste  eine  bestimmte  Schädlichkeit  als  mnthmaassliche  Ur- 
sache anzugebeu,  doch  wollten  einige  dem  Baden  in  der  Oder  Schuld 
geben.  Sechs  resp.  sieben  gehörten  den  drei  Infanterie- Regimentern  hiesiger 
Garnison  an  in  ziemlich  gleichmässiger  Betheilignng,  einer  dem  Train. 
Die  beiden  Artillerie  - Abtheilungen  und  das  Leib  - Kürassier  - Regiment 
blieben  verschont,  obgleich  erstere  in  demselben  Kasernenkomplex 
wohnen,  wie  der  Train,  1.  Bataillon  51.  Infanterie-,  und  Füsilier- Bataillon 
11.  Grenadier  - Regiments.  Das  1.  und  2.  Bataillon  11.  Regiments  und 
des  10.  Regiments  liegen  in  zwei  getrennten  Kasernements.  Ein  Mann 
des  letzteren  vom  Füsilier-Bataillon  (Fall  No.  5,  der  besonders  schwer  ver- 
lieO  war  24  Stunden  vor  seiner  Erkrankung  aus  seiner  Garnison  Frei- 
bnrg  i.  Scbles.  in  den  hiesigen  Untersucbungsarrest  übergeführt  worden. 

Lage  und  Beschaffenheit  der  Kasernements  im  Allgemeinen  und  der 
einzelnen  Quartiere  lassen  eine  Ursache  der  in  Rede  stehenden  Er- 
krankungen nicht  erkennen.  Ebensowenig  die  Ernährung  und  sonstigen 
Lebensverhältnisse.  Vergiftung  ist  ausgeschlossen.  Wasser  hatte  Fall 
No.  5 in  Breslau  noch  nicht  getrunken. 

Alle  Erkrankungen  fielen  in  ziemlich  gleichmässiger  Vertheilnng  in 
die  Zeit  vom  30.  Juli  bis  18.  August.  Zu  dieser  Zeit  übt  die  Infanterie 
meist  Aussendienst,  welcher  bei  den  grossen  Entfernungen  hier  besonders 
anstrengend  ist,  und  der  Umstand,  dass  Kavallerie  und  Artillerie  ver- 
schont blieben,  könnte  an  einen  Zusammenhang  dieser  Anstrengungen 
mit  den  Erkrankungen  denken  lassen. 

Der  Monat  Juli  war  andauernd  und  zunehmend  heiss.  Ende  des 
Monats  erreichte  die  Temperatur  im  Schatten  33,6°  C.,  um  im  Beginn  des 
August  wieder  erheblich  abzufallen.  Dabei  herrschte  im  Juli  vorwiegend 
Süd-  und  Südwestwind.  Aetiologisch  drängt  sich  diese  exzessive  Sommer- 
hitze als  eine  Schädlichkeit,  der  alle  Erkrankten  ausgesetzt  waren,  am 
meisten  in  den  Vordergrund. 


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201 


Id  der  Civilbevölkerang  sind  keine  ähnlichen  Krankheitsfälle  hier 
bekannt  geworden,  bestimmt  nicht  vorgekommen  in  der  Universitäts- 
klinik und  Poliklinik.  Unter  der  Garnison  traten  seit  Beginn  des  Früh- 
jahrs kapilläre  Bronchitis  and  katarrhalische  Longenentzündong 
(Bronchopnenmonie)  in  grösserer  Anzahl  anf ; akute  Infektionskrankheiten 
im  engeren  Sinne,  besonders  Typhns,  fehlten. 

Et  kann  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  die  in  Rede  stehende 
Krankheit  za  der  Groppe  der  akuten  Infektionskrankheiten 
gehört  Ausser  dem  klinischen  Bilde  spricht  dafür  besonders  das 
epidemische  Auftreten. 

Weit  schwieriger  ist  bei  dem  .Mangel  anatomischer  Befunde  und 
spezifischer  Krankheiterreger  zu  bestimmen,  welche  Stellung  dieser 
Krankheit  unter  den  akuten  Infektionskrankheiten  anzuweisen  sei. 

Wiederholte  Untersuchungen  von  Blutproben  zeigten  dieselben  frei 
TOD  spezifischen  Organismen,  speziell  waren  keine  Spirochäten  darin 
anfzofinden.  Ebenso  waren  Urin  und  Longenauswnrf  frei  von  spezifischen 
Gebilden. 

Von  den  epidemisch  auftretenden,  mit  Gelbsucht  verlaufenden  akuten 
Infektionskrankheiten  ist  Febris  recurrens  durch  das  Fehlen  von  Spiro- 
chäten ausgeschlossen.  Dasselbe  gilt  von  dem  biliösen  Typhoid,  sofern 
sein  von  Griesinger  gegebenes  Bild  mit  Rücklauffieber  identisch  ist. 
Andererseits  bietet  das  biliöse  Typhoid  rein  symptomatisch  die  aller- 
grösste  Aehnlichkeit  mit  dem  Gelbfieber,  und  in  dieser  Beziehung  wüsste 
ich  keinen  wesentlichen  Unterschied  zwischen  diesem  und  den  hier  be- 
obachteten Krankheitsfällen  anfzofinden.  Beide  Krankheitsbilder  gleichen 
sich  bis  ins  Einzelne  und  sind  sich  auch  ätiologisch  ähnlich.  Sie  er- 
scheinen symptomatisch  nur  dem  Grade  nach  unterschieden,  und  ich 
würde  vorläufig  keinen  Anstoss  nehmen,  die  in  Rede  stehende  Krankheit 
als  einheimisches  Gelbfieber  zu  bezeichnen,  bis  es  gelingt,  die 
Krankheitserreger  dieser  nnd  ähnlicher  infektiösen  Gelbsüchten  aufzu- 
finden  und  damit  ihre  genauere  Gruppirung  zu  begründen. 

Breslau,  Oktober  1888. 


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202 


Ein  Fall  von  fleberhaftom  Ikterns. 

Beitrag  cur  Keuntoiss  der  neuen  Infektionskrankheit  Weil's. 

Von 

Oberstabsarzt  Dr.  Schaper,  Braunschweig. 


Im  August  dieses  Jahres  ging  der  inneren  Station  des  hiesigen 
Gamison-Laxareths  ein  Krankheitsfall  zu,  welcher  in  seinem  Verlaufe 
mit  der  von  Weil  im  39.  Bande  des  deutschen  Archivs  für  klinische 
Medizin  geschilderten  lofektionskrankheit  so  auffallend  nbereinstimmtc, 
dass  ich  ihn  dem  Wunsche  Weil's  gemäss  der  Oeffentlichkeit  übergebe. 

W.  J.,  Regt.  No.  92,  22  Jahre  alt,  bisher  ganz  gesund,  erkrankte 
am  6.  August  nach  dem  Baden  ganz  plötzlich  mit  Leibschmerzen  und 
Uebelkoit,  wozu  sich  Tags  darauf  noch  Kopfschmerzen,  Schmerzen  im 
Rücken  und  in  den  Gliedern,  allgemeines  Krankheitsgefühl  hinzngesellten ; 
am  8.  August,  dem  III.  Krankheitstage,  wurde  er  in  das  Lazareth  auf- 
genomroen  und  an  diesem  Tage  folgender  Status  praesens  aufgezeichnet; 

Kräftig  gebauter  Mann,  welcher  auf  den  ersten  Anblick  den  Ein- 
druck eines  schwer  Kranken  macht;  er  liegt  mit  den  Zeichen  äusserster 
Schwäche  und  Hinfälligkeit  in  ansgestreckter  Rückenlage  im  Bett,  klagt 
über  heftige  Schmerzen  im  Kopf,  im  Rücken,  ganz  besonders  im  unteren 
Tbeile  desselben,  in  den  Muskeln  der  Gliedmaassen,  namentlich  in  den 
Waden,  welche  so  empfindlich  sind,  dass  Pat.  bei  leisem  Druck  auf 
dieselben  zusammenzuckt;  er  klagt  ferner  über  Eingenommenheit  des 
Kopfes,  Appetitlosigkeit,  Durst,  allgemeine  Abgeschlagenheit. 

Die  Untersuchung  crgiebt  hohes  Fieber  (40,2;  112;  32  — Abd.  40,5; 
118;  32);  die  Haut  ist  trocken;  Zunge  dick  weiss  belegt,  Bauch  auf- 
getrieben,  sehr  druckempfindlich,  besonders  in  der  Lebergegend;  wegen 
des  hochgradigen  Meteorismus  sind  die  Grenzen  der  Leber  und  Milz 
nicht  genau  festzustellen.  Beim  Versuch  des  Aufrichtens,  was  nur  mit 
doppelter  Hülfe  möglich  ist,  klagt  Pat.  über  sehr  heftige  Schmerzen  im 
Kreuz,  die  Nierengegend  ist  beiderseits  auf  Druck  in  hohem  Grade 
empfindlich;  in  den  Longen  ist  nichts  Abnormes  zu  konstatiren,  ebenso- 
wenig am  Herzen;  Arterien  weit,  von  geringer  Spannung,  Pulswelle  von 
mittlerer  Höhe,  dikrot.  Seit  vier  Tagen  ist  kein  Stuhl  erfolgt.  Ord. 
Flüssige  Diät;  Eisblase  auf  den  Kopf,  Hydropatbische  Umschläge  auf 
den  Unterleib;  Eingiessung;  Acid.  muriat. 


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203 


9.  Aagust,  IV.  Tag.  M.  38,4;  116;  28.  — Abd.  .39,5;  108;  40. 

Nach  nnnibiger  Nacht  sind  Schwindel  and  Eingenommenheit  des 

Kopfes  heute  stärker;  die  Sclerae  leicht  gelblich  gefärbt;  nach  der  Ein- 
giessnng  ist  ein  gallig  gefärbter  Stnhl  erfolgt;  Kopf-  and  Mnskel- 
scbmerxen  unverändert,  Krencscbmerren  etwas  geringer,  die  Druck- 
empfindlichkeit  des  meteoristisch  aufgetriebenen  Bauches,  namentlich  in 
der  Gegend  des  linken  Leberlappens,  noch  gesteigert;  Leber-  und  Milz- 
scb  Wellung  nicht  deutlich  nachweisbar. 

10.  August,  V.  Tag.  M.  38,3;  100;  28.  — Abd.  39,5;  104;  32. 

Intensiver  allgemeiner  Ikterus,  über  den  ganzen  Rumpf  verbreitet 

zahlreiche  Petechien.  Eingenommenheit  des  Kopfes  nach  unruhig  durch- 
schlafener Nacht  stärker  als  gestern,  Augenbindebäute  lebhaft  injizirt; 
die  Drnckempfindlicbkeit  der  Lebergegend  bat  noch  zugenommen,  ein- 
mal galliges  Erbrechen,  Leib  noch  aufgetrieben,  Leber-  und  Milz- 
schwellung nicht  mit  Bestimmtheit  nachweisbar;  der  sehr  reichlich 
gelassene  Urin  ist  dunkelbraun,  enthält  viel  Eiweiss  und  GallenfarbstofT; 
ein  grauer  harter  Stuhl. 

11.  August,  VI.  Tag.  M.  38,2;  108;  24.  — Abd.  38,8;  92;  26. 

Schlaf  noch  ziemlich  unruhig,  Eingenommenheit  des  Kopfes  geringer, 

Allgemeinbefinden  besser,  die  Schmerzen  haben  überall  nachgelassen, 
der  Leib  ist  nieht  mehr  aufgetrieben,  weich,  mässige  Schwellung  der 
Milz  und  Leber  nachweisbar,  letztere  überragt  den  Rippenrand  in  der 
Brustwarzenlinie  um  1 cm.  Nachts  ist  eine  starke  Blutung  aus  dem 
rechten  Nasenloch  erfolgt,  Pat.  hustet  ziemlich  viel,  der  sehr  reichliche 
Auswurf  ist  schleimig,  enthält  viel  Blut.  Die  Untersuchung  der  Lungen, 
bei  welcher  sich  J.  allein  und  ohne  Schmerzen  aufrichtet,  ergiebt  sowohl 
vorn  als  hinten  überall  Pfeifen  und  Schnarren,  bei  vesikulärem  Athem- 
geräusch.  Urin  und  Stuhl  in  Menge  und  Beschaffenheit  wie  gestern. 
Ord.  Nat.  sulf.  und  Nat.  bicarb. 

12.  August,  VII.  Tag.  M.  38,1;  80;  24.  — Abd.  39,4;  72;  24. 

Nach  ruhig  durchschlafener  Nacht  ist  das  Allgemeinbefinden  besser, 

alle  Krankbeitsersebeinungen  haben  sich  bedeutend  vermindert,  namentlich 
ist  auch  die  Leberschwelluog  zurückgegangen;  Nasenbluten  ist  nicht 
wieder  aufgetreten,  der  an  Menge  sehr  viel  geringere  schleimige  Aus- 
wurf  ist  trotzdem  mit  frischem  Blut  vermischt;  der  Urin  ist  sehr  reichlich, 
ikterisch  gefärbt  und  enthält  noch  viel  Eiweiss;  ein  breiiger  lehm- 
farbener  Stuhl. 

13.  August,  VIII.  Tag.  M.  37,4;  .52;  20.  — Abd.  38,0;  66;  20. 

Fortschreitende  Besserung;  Ikterus  sichtlich  geringer,  der  Appetit 


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204 


beginnt  zurückznkebren;  in  den  Langen  ist  nichts  mehr  nachznweisen, 
Pat.  hastet  nar  noch  ganz  wenig  rein  schleimige  Massen  aus. 

Vom  14.  bis  zam  22.  Aagust  war  Pat.  vollkommen  fieberfrei,  sein 
Allgemeinbefinden  hob  sich  schnell,  die  gelbe  Farbe  der  Haut  schwand 
fast  vollständig,  nur  die  Sclerae  blieben  gelb  gefärbt;  Leber-  and  Milz- 
Schwellung  nicht  mehr  vorhanden;  der  Eiweissgehalt  des  Urins  schwand 
ebenfalls,  während  Gallenfarbstoffe  andaaernd  darin  nachweisbar  waren; 
vom  20.  Aagust  (XV.  Tag)  an  war  der  Stuhl  wieder  gallig  gefärbt 

23.  August,  XVIII.  Tag.  M.  38,2;  72;  22.  — Abd.  40,0;  76;  28. 

Morgens  klagt  Pat.  über  Schwindel,  Kopfschmerz  und  erneutes 

allgemeines  Eraukbeitsgefübl;  Nachmittags  tritt  ein  Schüttelfrost  ein, 
worauf  die  Temperatur  wieder  auf  40,0  steigt;  die  gelbe  Farbe  der  Haut 
ist  wieder  stärker  sichtbar,  Pat  klagt  über  heftige  Leberschmerzen. 
Ord.  wie  früher. 

24.  August,  XIX.  Tag.  M.  38,6;  60;  20,  - Abd.  39,3;  68;  24. 

Nach  sehr  unruhigem,  von  lebhaften  Delirien  nnterbrochenem  Schlaf 

ist  Pat.  sehr  benommen;  Ikterus  stärker,  einmal  galliges  Erbrechen; 
Zunge  dick  belegt,  die  auf  Druck  sehr  empfindliche  Leber  geschwollen, 
die  absolute  Dämpfung  misst  in  der  Parasternallinie  15,  in  der  Brust* 
warzenlinie  16  cm;  der  sehr  reichlich  gelassene  Urin  dunkelbraun, 
ikterisch  gefärbt,  aber  eiweissfrei;  ein  brauner  Stuhl. 

25.  August,  XX.  Tag.  M.  37,6;  72;  20.  — Abd.  38.6;  64;  24. 

Nach  ruhiger  Nacht  sind  sowohl  die  allgemeinen  als  die  örtlichen 

Erscheinungen  zurückgegangen,  und  nachdem  am  26.  August,  dem 
XXI.  Krankbeitstage,  die  definitive  Entfieberung  erfolgt  ist,  erholt  Pat. 
sich  so  rasch,  dass  er  am  28.  September  nach  etwas  über  sieben- 
wöchentlicher  Krankheit  geheilt  entlassen  werden  kann. 

Fassen  wir  die  geschilderten  Krankheitserscheinungen  kurz  zu- 
sammen, so  bandelt  es  sich  um  eine  schwere,  bei  vorher  ganz  gesundem, 
kräftigem  Manne  plötzlich  eiosetzende,  mit  hohem  Fieber,  schweren 
nervösen  Ersebeinnngen,  Ikterus,  mehrfachen  Blutungen,  Leber-  und 
Milzschwellung,  Eiweissharn  verlaufende  Allgcmeinerkrankung,  deren 
bedrohliche  Symptome  rasch  schwinden;  nach  neuntägiger  Fieberpause 
tritt  am  XVIII.  Krankheitstage  ein  Rückfall  ein,  schon  am  XXI.  Krankbeits- 
tage definitive  Entfieberung,  welcher  eine  ungestörte  Genesung  folgt, 
und  nachdem  Pat.  im  Oktober  noch  auf  vier  Wochen  in  die  Heimath 
beurlaubt  war,  hat  er  sich  jetzt  (Anfang  Dezember)  in  dem  Grade 
erholt,  dass  er  blühender  und  kräftiger  ist,  als  vor  seiner  Erkrankung. 


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205 


Das  geschilderte  Krankheitsbild  entspricht,  wie  ich  oben  bereits 
erwähnte,  der  von  Weil  1.  c.  und  nach  ihm  von  Goldschmidt, 
Aufrecht,  Wagner  und  Roth  im  40.  and  41.  Bande  des  genannten 
Archivs  beschriebenen  Infektionskrankheit,  unterscheidet  sich  von  allen 
anderen  Fällen  aber  dadurch , dass  die  Krankheit  mit  mehrfachen 
Blutungen  (Petechien,  Nasenbluten,  blutiger  Auswurf)  verbunden  war, 
so  dass  anfänglich  die  Aehnlichkeit  mit  den  der  akuten  gelben  Leber- 
atrophie angebörenden  Symptomen  noch  grösser  war,  als  in  den  Fällen 
von  Weil  und  Roth,  und  ich  demgemäss  bei  der  ersten  Erkrankung 
zunächst  mehr  an  eine  abortive  Form  der  akuten  Leberatrophie  dachte, 
bis  dann  durch  den  weiteren  Verlauf  und  besonders  durch  den 
charakteristischen  Rückfall  sichergestellt  werden  konnte,  dass  es  sich 
um  dieselbe  Infektion  handeln  musste,  wie  in  den  Weil’schen  Fällen. 
Das  Fehlen  einer  hämorrhagischen  Diatbese  ist  von  Weil  besonders 
zum  Unterschied  von  der  akuten  Atrophie  bervorgeboben.  Der  oben 
geschilderte  Fall  liefert  aber  den  Beweis,  dass  auch  bei  der  in  Rede 
stehenden  Infektionskrankheit  Hämorrhagieen  Vorkommen  können;  im 
dritten  Fall  Weil’s  waren  vereinzelte  etwa  kleinkreuzergrosse  rothe 
Flecke  auf  der  Haut  vorhanden,  im  vierten  Fall  fand  sich  am  Rumpf 
und  im  Gesicht  eine  fleckige  Röthe,  so  dass  also  Ausscheidungen  nach 
der  Haut  auch  in  diesen  Fällen  konstatirt  waren,  denen  gegenüber  die 
Petechien  und  die  Blutungen  ans  den  Schleimhäuten  der  Nase  und 
Lnftröbrenäste  in  meinem  Fall  nur  eine  hochgradigere  Infektion  kenn- 
zeichnen würden. 

Besonders  charakteristisch  war  auch  in  meinem  Fall  der  Verlauf 
des  Fiebers,  welches  rasch  zu  bedeutender  Höbe  anstieg,  kein  Fastigium 
zeigte,  und  staffelförmig  abfiel;  die  fieberfreie  Zeit  war  etwas  länger, 
als  sonst  beobachtet  wurde,  indessen  war  in  den  früher  beschriebenen 
Fällen  die  Dauer  dieser  Zeit  ganz  verschieden,  von  1 — 8 Tagen 
schwankend.  Auch  die  Pulskurve  ist  beachtenswerth , weil  sie  nach 
Auftreten  des  Ikterus  von  der  Temperaturkurve  erheblich  abweicht, 
während  die  Respirationskurve  der  letzteren  entsprechen  würde  (s.  die 
beiliegende  Kurve). 

Die  nervösen  Krankheitssymptome,  die  Erscbeinnngen  von  Seiten 
der  Leber,  Milz  und  Nieren  sind  dieselben,  wie  Weil  sie  beschrieben 
hat,  und  ich  möchte  schliesslich  noch  darauf  aufmerksam  machen,  dass 
der  Beginn  der  Erkrankung  unmittelbar  nach  dem  Baden  erfolgte, 
während  Weil  in  seinem  zweiten  Fall  eine  Durchnässnng  als  Krankheits- 
ursache angiebt;  wahrscheinlich  bat  unser  Kranker  das  infektiöse  Virns 


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— 206  — 


yijiiu,  Lhargt'  u.  rrugpcntlu-il:  W,  J.  Muskclicr.  liraunschw.  l.-R.  No.  92. 
Alter:  22.  Zugang:  8.  87.  Krankheit:  Hilioses  Typhoid. 


— 'J07  — 


beim  Baden  verschluckt,  nnd  wenn  auch  sonst  infektiöse  Krankheiten  in 
der  hiesigen  Garnison  infolge  des  Badens  gar  nicht  vorgekommen  sind, 
so  darf  doch  nicht  nnberöcksichtigt  bleiben,  dass  die  Ocker  auch  ober- 
halb Brannschweigs  durch  Fabrikabfälle  und  dgl.  schon  verunreinigt  ist. 
Ebenso  wie  bei  Weil’s,  Goldschmidt's,  Wagner’s  und  Roth’s 
Kranken  erfolgte  die  Erkrankung  hier  in  der  heissen  Jahreszeit. 

In  den  Krankheitsgruppen  unseres  Rapportschenias  würde  sich  die 
geschilderte  Infektionskrankheit  am  besten  unter  No.  39,  „Andere  all- 
gemeine Erkrankungen^  verzeichnen  lassen,  da  die  verschiedensten  Organe 
sich  io  ganz  gleicher  Weise  an  der  Erkrankung  betheiligten  und  dadurch 
eben  das  Bild  der  allgemeinen  Infektion  bewirkt  wnrde.  Weil  nnd 
Wagner  halten  für  möglich,  die  Fälle  als  Abortivtyphen  mit  Ikterus 
nnd  Nephritis  anzusehen,  aber  Weil  sagt  gleichzeitig,  dass  es  etwas 
Gezwungenes  bat,  gerade  bei  leichter  Infektion  mit  typhösem  Gifte  eine 
so  hochgradige  Einwirkung  des  letzteren  auf  Leber  und  Nieren  an- 
zunebmen,  und  in  meinem  Falle  würden  weder  die  Darmerscheinungen 
noch  die  Uämorrhagieen  sich  dadurch  erklären  lassen.  Auch  für  die 
Bezeichnung  des  Leidens  als  „einheimisches  biliöses  Typhoid“  liegen 
bisher  keine  genügenden  Anbaltspnnkte  vor,  ich  habe  daher  in  der 
Ueberschrift  meinen  Fall,  ebenso  wie  Wagner  es  gethan  hat,  als 
„fieberhaften  Ikterns“  bezeichnet,  wodurch  schon  angedentet  ist,  dass  es 
sich  um  eine  Infektion  handelt,  deren  nähere  Natur  wir  freilich  erst 
durch  den  Nachweis  der  spezifischen  Ursache  werden  erkennen  können. 


Referate  nnd  Kritiken. 


Vom  17.  Kongress  der  Deutschen  fiesellschaft  fiir  Chirurgie. 

Berlin  4. — 7.  April  1888. 

Würdig  nnd  erhebend  wurden  die  diesjährigen  Verhandlungen  am 
Abend  des  3.  April  durch  die  Tudtenfeier  für  B.  von  Langenbeck 
eingeleitet.  Wohl  selten  mag  das  Andenken  an  einen  berühmten  Arzt 
in  einer  gleich  grossartigen  Weise  gefeiert  sein,  wie  es  hier  geschehen. 
Der  stattliche  in  reicher,  der  Feier  entsprechender  Art  geschmückte 
Saal  der  Philharmonie  war  bis  auf  die  letzten  Plätze  gefüllt;  voll  Wehmuth 
nnd  Stolz  hafteten  die  Blicke  der  zahlreich  von  Nah  und  Fern  erschienenen 
Angehörigen  des  grossen  Todten,  der  hervorragenden  Gäste  — von  denen 
wir  besonders  Seine  Königl.  Hoheit,  den  Grossherzog  von  Baden, 
mehrere  Minister,  sowie  hochgestellte  Militärs  und  Civilbeamte  hervor- 
beben — und  der  ganzen  Trauer-Versammlung  auf  der  Marmorbüste  des 
Entschlafenen,  welche  den  hochverehrten  Altmeister  der  Deutschen  Chirurgie 


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208 


in  seiner  Uniform  als  Generalarzt  darstellte,  in  der  Uniform,  welche  er 
oft  und  eeme  trog  nnd  „die  er  ehrte,  wie  sie  ihn“.  — Dass  die  militär- 
ärztliche  Uniform  neben  vielen  anderen  ganz  besonders  zahlreich  vertreten 
war,  bedarf  besonderer  Erwähnung  nicht;  hervorgehoben  sei  es  indessen, 
dass  auch  diejenigen  hervorragenden  Universitätslehrer,  welche  k la  suite 
des  Sanitätskorps  stehen  oder  demselben  in  anderer  Weise  angehören, 
fast  sämmtlich  in  Uniform  erschienen  waren. 

Nach  feierlichem  Tranergesange  — Mendelssohn  op.  116  — entrollte 
Gebeimrath  v.  Bergmann  in  der  Uniform  als  Generalarzt  in  meisterhafter 
längerer  Rede  ein  Lebensbild  seines  grossen  Vorgängers  im  Amte.  — 

„B.  von  Laogenbeck  gehörte  zwar  nicht  zu  jenen  Denkern  nnd 
Entdeckern,  welche  durch  neue  Ideen  neue  geistige  Bewegnngen  schufen 
und  ungeahnte  Schätze  des  Wissens  erschlossen,  aber  bahnbrechend  und 
bestimmend  wurde  er  den  Deutschen  Aerzten  nnd  Chirurgen.  Er  drückte 
der  vaterländischen  Chirurgie  ein  eigenartiges  Gepräge  auf  nnd  zeichnete 
ihr  eine  besondere  Richtung  vor.  Sein  Verdienst  ist  es,  dass  die 
Deutschen  Chirurgen  mehr  als  ebenbürtig  ihren  Nachbarn  geworden  sind; 
dadurch,  dass  er  sich  auf  streng  naturwissenschaftlichen  Boden  stellte, 
wurde  er  zum  Vorbilde  einer  chirurgischen  Schule,  die  von  jedem  ihrer 
Jünger  verlangt,  dass  er  im  Mikroskopiren  wohl  geschnlt  und  mit  den 
experimentellen  Untersuchungsmetboden  des  Physiologen  vertrant  sein 
muss,  ehe  er  sich  der  chirurgischen  Beobachtung  nnd  der  operativen 
Kunst  zuwendet 

Als  erstes  und  vornehmstes  Merkmal  der  modernen 
Deutschen  Chirurgie  sehe  ich  die  Entwickelung  ihrer  Schule  an, 
welche  der  Privatdozent  der  Physiologie  nnd  Pathologie  Lan|;enbeck 
genommen  bat;  von  der  Physiologie  zur  Chirurgie,  von  dem  Mikroskope 
zum  Resektionsmesser.  Darin  liegt  die  Bürgschaft  für  die  Erhaltung  der 
Chirurgie  auf  wissenschaftlichem  Boden.  Nicht  braucht  der  deutsche 
Chirurg,  wie  es  anderweitig  üblich,  die  Hülfe  des  Anatomen  in  Anspruch 
zu  nehmen,  um  z.  B.  eine  elastische  Faser  oder  eine  Epitbelialzelle  im 
Sputum  zu  erkennen. 

Die  zweite  Eigenthümlichkeit  der  Deutschen  Chirurgie, 
welche  ich  versuche  auf  Langenbeck  zurückzuführen,  ist  die  Er- 
öffnung neuer  Operationsgebiete,  gegründet  auf  wissenschaftlicher,  alles 
regulirender  und  den  Uebergriff  von  vornherein  aosschliessender  Basis, 
vereint  mit  Kühnheit  des  Vorgehens  und  dem  Streben,  die  Grenzen 
der  Chirurgie  immer  weiter  zu  stecken,  das  sind  die  lang  dauernden 
nnd  lange  nachwirkenden  Impulse,  welche  Langenbeck  der  Deutschen 
Chirurgie  gegeben  und  hinterlassen  hat. 

Als  dritten  Charakterzng  verdankt  eie  dem  Vorgehen  Langen- 
beck’s  ihre  Beziehungen  zur  Kriegschirurgie  und  dem  Sanitäts- 
wesen unserer  Armee.  Auf  den  Schauplätzen  der  Schleswig-Holstein- 
schen  Kriege  gewann  der  jugendliche  Professor  der  Chirurgie  im  Fluge  die 
hohe  Anerkennung  der  prenssischen  Militärärzte,  derer,  die  heute  es  sich 
zu  besonderem  Ruhme  rechnen  nnd  voll  Stolz  bekennen,  dass  er  mit 
ganzem  Herzen  nnd  mit  voller  Kraft  einer  der  Ihrigen  gewesen  ist.  1864 
konsnltirender  Chirurg  nnd  Generalarzt,  seit  1865  Mitglied  des  Sanitäts- 
korps  hat  Langenbeck  die  eine  grosse,  aber  echt  Deutsche  Auf- 
gabe erfüllt,  das  gesammte  ärztliche  Wissen  im  Frieden,  wie 
im  Kriege  den  Lebensverhältnissen  der  Armee  dienstbar  zu 
machen.  Germania  armis  pariter  ac  literis  paratal 


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— 209  — 


Langeubeck's  Herz  war  mit  Preussens,  Deatechlands  Heere  ver- 
wacbseD ; den  Verwundeten  war  er  ein  Retter  und  Helfer,  den  Aerzten  ein 
Freand  und  Führer. 

Auf  seine  so  grosse  und  ernste  Pflichttreue,  auf  den  tiefen  idealen 
Sinn  und  das  doch  so  schlicht  und  einfach  angelegte  Gemnth  gründet 
sich  Langenbeck’s  Begabung  zum  akademischen  Lehramt.  Erwirkte 
nicht  durch  den  Glanz,  sondern  durch  den  Ernst  seiner  Rede,  denn 
das  Gemeine  entweihte  seine  Lippen  nicht.  Seine  Natur,  die  den  Stempel 
der  Wahrheit  in  sich  trug,  wirkte  anregend  auf  Alle,  die  ihm  nahe 
kamen;  nie  scheute  er  sich,  seine  Schüler  neben  seinen  chirurgischen 
Grossthaten  seine  Fehler  sehen  zu  lassen.  Indem  er  sie  anwies,  dieselben 
zu  verstehen  und  zu  durchschauen,  lehrte  er  sie  am  allerbesten.  Selten 
sah  man  Würde  und  Ruhe  mit  so  viel  warmem,  ja  lebhaftem  Interesse 
gepaart,  welches  der  Meister  dem  schüchternen  Jünger  entgegenbrachte, 
Wohlwollend  und  freundlich  im  Geiste  und  Herzen,  anmutbig  und  (ein, 
doch  dabei  auch  herzlich  in  der  Form,  erfreute  er  stets,  wohin  er  kam. 
Er  gehörte  zu  den  gottbegnadeten  Menschen,  die  ohne  gerade  jeden 
Augenblick  etwas  Besonderes  zu  sagen,  oder  zu  tbun,  schon  allein  durch 
ihre  Gegenwart  befriedigend  und  erfreuend  auf  jeden  Kreis  wirken,  in 
welchen  sie  gerade  bineintreten. 

ln  das  letzte  Quinquennium  seiner  akademischen  und  klinischen 
Thätigkeit  fällt  die  Wiederherstellung  seines  Kaiserlichen  Herrn  von  der 
Verwundung  durch  die  Hund  eines  ruchlosen  Verbrechers.  Langen- 
beck  hat  durch  diese  Heilung  von  Preussens  Volke  die  Schmach  der 
Blutschuld  am  gesalbten  Haupte  seines  Königs  abgewandt  und  allein 
hierdurch  schon  seinen  Namen  jedem  Deutsch  fühlenden  Herzen  unver- 
gesslich und  theuer  gemacht.“ 

„Was  recht  geschafft,  was  freudig  Du  gethan. 

Was  Edles  Du  gedacht,  wird  nie  vergehen. 

Die  Saat  wird  einst  als  Ernte  auferstehen. 

Dem  Reich  der  Ewigkeit  gehört  sie  an.“ 

Das  Danklied  zu  Gott  (J.  Haydn)  „Du  bist's,  dem  Ruhm  und  Ehre 
gebühret“  schloss  die  erhebende  Feier. 

4.  April. 

Herr  Koenig  (Göttingen)  erörtert  die  Prognose  der  Karzinome. 

Die  Operation  der  Karzinome  ist  seit  Einführung  der  Antiseptik 
iusofern  eine  erheblich  bessere  geworden,  als  Todesfälle  in  Folge  der 
Operation  — wenigstens  an  solchen  Stellen,  welche  die  Durchführung 
der  Antiseptik  gestatten  — zu  den  Seltenheiten  gehören;  es  gilt  dies 
leider  nicht  io  demselben  Maasse  von  den  Operationen,  welche  — wie 
am  Oberkiefer,  After  und  dergl.  — eine  freie  Handhabung  der  Antiseptik 
nicht  gestatten. 

Bei  der  Frage  der  Heilung  der  Karzinome  ist  zwischen  zeitlicher 
und  dauernder  Heilung  zu  unterscheiden.  Die  letztere  kann  zur 
Zeit  nicht  mit  Sicherheit  vorausgesagt  werden,  auch  wenn  bereits  ein 
freier  Zeitraum  von  vielleicht  3 Jahren  verflossen  ist.  Das  Eintreten 
der  Rückfälle  kann  man  sich  am  ungezwungensten  durch  die  Annahme 
„ruhender  Keime“  erklären  (Tuberkulose),  welche  gelegentlich  plötzlich 
direkt  von  der  Narbe  aus  oder  von  infizirten  Drüsen  aus  ihre  unheilvolle 

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•210 


Wirkung  entfalten.  K.  beleuchtet  seine  Satze  durch  einschlägige  persön- 
liche Erfahrungen. 

Bei  der  grossen  Gefährlichkeit  der  Operation  des  Mastdarmkrehses, 
welche  im  günstigsten  Falle  fast  immer  einen  Krüppel  setzt,  empfiehlt 
Redner  dringlichst  für  diese  Form  des  Karzimons  die  Kolotomie,  welche 
ungleich  bessere  allgemeine  und  besonders  funktionelle  Resultate  ergebe, 
als  die  schwere  verstümmelnde  Operation  an  Ort  und  Stelle. 

In  der  Diskussion  schliesst  sich  E.  Hahn  (Berlin)  der  Koenig’schen 
Empfehlung  der  Kolotomie  an  und  hebt  die  Zweckmässigkeit  seines  Ver- 
fahrens, das  centrale  und  periphere  Darmende  gesondert  einzunäben,  her- 
vor, da  man  so  im  Stande  sei,  das  periphere  Ende  durchznspülen.  — 
Gussenbauer  (Prag)  greift  die  Ansicht  Koenig’s  über  das  Eintreten 
der  Rezidive  durch  Selbstimpfung  von  den  „ruhenden  Keimen'^  an  und 
glaubt,  dass  es  sich  bei  Spätrezidiven  um  eine  neue  Infektion  bandele. 
Bardenbeuer  (Köln)  und  v.  Bergmann  (Berlin)  beben  ihre  verhältniss- 
mässig  günstigen  Mortalitätsziffern  in  Folge  der  Rektaloperationen  her- 
vor; durch  Schaffung  einer  grossen  äusseren  Wunde,  sorgfältigste  Blut- 
stillung und  Jodoformtamponade  ezielte  Letzterer  besonders  günstige 
Resultate  (nur  ca.  8<>/o  Todte  in  Folge  der  Operation). 

Petersen  (Kiel)  beobachtete  in  den  letzten  Monaten  eine  eigen- 
tbümliche  dem  berpes  tonsnrans  ähnliche  Hautaffektion,  welche  er  eitrige 
d urchlöc bernd e Hautentzündung  nennt.  Es  bilden  sich  bei  der- 
selben an  verschiedenen  Körperstellen,  besonders  im  Gesichte  und 
im  Bereiche  der  behaarten  Kopfhaut  kleine  rolhe  leicht  vorragende 
Stellen,  welche  sich  allmälig  vergrössern  und  gleichzeitig  mit  gelben 
Borken  bedecken ; entfernt  man  die  letzteren,  so  wird  die  oberste  Epidermis- 
schicht  mit  abgezogen,  andernfalls  bilden  sich  subepidermoidale  Eitcr- 
bläscben  mit  kleinen  rothen,  nicht  blutenden  Substanzverlusten.  Der 
Prozess  dehnt  sich  unregelmässig  aus;  die  Haare  verkleben  mit  den 
gelben  Borken,  werden  jedoch  nicht  brüchig.  Im  weiteren  Verlaufe  wird 
die  durchlöcherte  Kopfhaut  eitrig  unterminirt,  und  sieht  man  auf  Druck 
Eiter  ans  den  feinen  Löchern  hervorquellen.  — P.  glaubt,  dass  es  sich 
um  eine  Mischinfektion  der  Art  handele,  dass  ein  übrigens  nicht  nach- 
gewiesener Pilz  den  Boden  für  das  Eindringen  des  Staphylokokkus  be- 
reite; die  bezüglichen  Pilz-Untersuchungen  wurden  von  Fischer  (Kiel) 
angestellt.  — Therapeutisch  empfiehlt  P.  breite  Spaltung  der  unterminirten 
Haut  und  energische  Anwendung  des  Löffels  in  der  Narkose. 

Stcinthal  (Heidelberg)  berichtet  über  chirurgische  Behandlung 
ulceröser  Perforativ  - Peritonitis  im  Anschlüsse  an  drei  auf  der 
Czerny’schen  Klinik  beobachtete,  tödtlich  verlaufene  Fälle.  Er  betont 
die  Wichtigkeit  einer  exakten  Diagnose,  wodurch  allein  es  möglich  sei, 
rasch  und  zweckmässig  chirurgische  Hülfe  zu  leisten;  es  war  dies  in 
seinen  Fällen  nur  einmal  möglich.  — In  der  Diskussion  erklärt  Lauen- 
stein (Hamburg)  eine  ausreichende  Desinfektion  der  Bauchhöhle  für  un- 
möglich; die  allein  denkbare  Ausspülung  sei  durchaus  unzureichend,  be- 
sonders unzugänglich  sei  die  Gegend  zwischen  Zwerchfell  und  Leber  und 
Milz.  In  d en  kasuistischen  Mittheilnugen  der  anderen  Redner  wurde  be- 
sonders die  Schwierigkeit  einer  genauen  Diagnose  hervorgehoben,  zu 
deren  Sicherung  Sonnenburg  (Berlin)  Inzision  bis  auf  das  Bauchfell 
empfahl. 


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2.  Sitzungstag,  5.  April  1888. 

Brieger  (Berlin)  demonstrirt  die  Wirkung  dreier  Toxieii 
( Ptomaine)  *).  — Br.  erinnert  an  die  Arbeiten  v.  Bergmann'g 
über  das  Sepsin  und  die  wichtigen  Untersuchungen  Nencki's  und  reicht 
nach  einigen  allgemeinen  Bemerkungen  über  die  Darstellungsmetbode  die 
von  ihm  in  Oold-,  Platin-  und  Pikrinsäure  • Verbindungen  gewonnenen 
Ptomaine  herum.  — An  3 Kaninchen  zeigt  sodann  der  Vortragende  die 
Wirkung  des  von  ihm  dargestellten  Tetanotoxin,  durch  welches 
rasch  die  charakteristischen  Anfälle  von  Starrkrampf  mit  folgendem  Tod 
aasgelöst  worden,  sodann  des  Nenrin  (den  Ammoniumbasen  aogehörig), 
welches  starken  Speichelfluss,  Kespirations-  und  Cirkulationsstörungen, 
unwillkürlichen  Urin-  and  Stahlabgang  bedingt,  bis  nnter  klonischen 
Konvulsionen  der  Tod  erfolgte,  endlich  des  Methylotoxin,  des  Produktes 
einer  Krankheit  der  Miesmuscheln. 

Die  dem  Kurare  ähnliche  Wirkung  dieses  Körpers  veranlasste  Br. 
zu  einschlägigen  therapeutischen  Versuchen,  und  wenn  diese  auch  bislang 
zu  sicheren  Erfolgen  nicht  geführt  haben,  so  erscheint  ihm  doch  die 
Hoffnung  wohl  berechtigt,  dass  auf  diesem  Wege  auch  praktische, 
d.  h.  therapeutisch  verwerthbare  Resultate  in  der  Folge  gewonnen  werden. 

Fischer  (Breslau)  stellt  einige  trepanirte  Kranke  vor.  — Ein  Mann 
von  47  Jahren  wurde  nach  einer  schweren  Kopfverletzung  bemiplegiscb; 
die  Lähmung  besserte  eich  im  Laufe  der  Zeit,  indessen  stellten  sich  bald 
bei  dem  hereditär  nicht  belasteten  Manne  epileptische  Anfälle  ein,  welche 
immer  häufiger  anftraten.  Die  Konvulsionen  begannen  an  der  gelähmten 
Seite  und  griffen  weiterhin  auf  die  andere  Seite  über.  F.  trepanirte  im 
Dezember  1887  in  der  Gegend  der  vorderen  Centralwindung  und  fand  die 
tabula  int.  zerschellt  und  deprimirt,  das  Gehirn  ohne  Pulsation.  Die  de- 
primirten  Stücke  wurden  entfernt,  worauf  sich  alsbald  wieder  Pulsation 
des  Gehirns  zeigte;  seit  der  Operation  sind  keine  Anfälle  mehr  aufgetreten, 
auch  ist  die  Lähmung  in  vorzüglicher  Weise  zurückgegangeu. 

2)  Eine  33jährig;e  Frau  litt  seit  längerer  Zeit  an  otitis  supp.,  in 
Folge  deren  sich  Ijabmungserscheinungen  und  Bewnsstseinsverlust  ein- 
stellten.  Trepanation  hinter  dem  Ohre  im  Januar  er.  und  Auffinden  des 
vermutheten  Hirnabszesaes,  nach  dessen  Entleerung  sehr  bald  das  Be- 
wusstsein nnd  das  Sprachvermögen  wiederkehrten;  zurückgeblieben  ist 
lediglich  eine  Facialis -Parese,  welche  alle  Charaktere  einer  peripheren 
Lähmung  zeigt. 

3)  Knabe  mit  schwerem,  durch  stumpfe  Gewalt  verursachten  Schädel- 
broeb,  starke  Fissurirung  und  Depression  mit  Oehirnquetschung;  7 Tage 
nach  der  Operation  kehren  Bewusstsein  und  Sprache  wieder,  völlige 
Wiederherstellung. 

Tbiem  (Cottbus),  Verrenkung  des  Unterkiefers  nach  hinten. 
Tb.  hatte  7 mal  bei  ö weiblichen  Kranken  Gelegenheit,  dieses  seltene, 
in  der  Litteratur  kaum  berücksichtigte  und  wenig  gekannte  Leiden  zu 
beobachten.  Das  Zustandekommen  der  Verrenknng  wird  durch  eine 
Konfiguration  der  Gelenkgegend  ermöglicht,  welche  beim  Manne  eine 
wesentlich  andere  als  beim  Weibe  ist;  bei  ersterem  trennt  ein«  verbältniss- 
mässig  hohe  Leiste  die  Gelenkgrube  von  einer  nach  hinten  von  derselben 


•)  cf.  Referat:  Diese  Zeitsclirift  1887,  S.  283 — 288. 

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•212 


gelegenen  Vertiefung,  welche  Th.  fossa  tympunico  - stylo  - niastoideu  zu 
nennen  rorschlägt  und  in  welche  hinein  der  Gelenkkopf  luxirt  wird. 
Beim  weiblichen  Schädel  — demonstrirt  an  guten  Präparaten  — ist  diese 
f.  tymp.-8t.-ma8t.  verhältnissmässig  gross  und  der  trennende  Vorsprung 
niedrig;  hierdurch  wird  es  bedingt,  dass  reine  Luxationen  wohl  beitn 
Weibe,  jedoch  nicht  beim  Manne  Vorkommen  können.  Der  Mechanismas 
der  Luxation  vollzieht  sich  im  wesentlichen  durch  einen  plötzlichen 
Krampf  des  m.  temporalis,  dessen  hintere  Fasern  ein  Uebergewicht  über 
die  nach  oben  und  vorn  wirkenden  kontrahirten  mm.  pterygoidei  und 
masseter  erhalten.  Bei  einer  65  jährigen  Frau  kam  die  Luxation  bei 
starkem  Gähnen  zu  Stande  (3  mal  beobachtet),  an  einer  andern  Frau  ge- 
legentlich des  Herabdrückens  der  Zunge  bei  einer  ärztlichen  Untersuchung: 
ein  plötzliches  Schliessen  des  Mundes,  und  der  Kiefer  stand  unbeweglich  ; 
gewaltsame  Oeffnuog  des  Mondes  führte  sofort  zur  Reposition.  In  den 
anderen  3 Fällen  trat  die  Luxation  plötzlich  in  der  Nacht  ein  unter  leb- 
haften Schmerzen.  Th.  ist  geneigt,  hier  eine  myositis  rheumatica  m. 
temporal,  anzunebmen. 

Küster  (Berlin),  Ueber  Ankylose  des  Kiefergelenks.  K.  stellt 
4 Patienten  vor,  welche  er  vor  längerer  Zeit  mit  zum  Theil  recht  gutem, 
zum  Theil  mit  ungenügendem  dauernden  Erfolge  operirt  hatte.  Gemein- 
sam ist  allen  die  Kleinheit  des  Unterkiefers,  wodurch  das  eigentbümliclie 
Bild  des  Vogelgesichts  entsteht;  hierfür  kann  nicht  ohne  Weiteres  eine 
Inaktivitätsatrophie  als  Grund  angenommen  werden,  da  in  einem  Falle 
die  Kleinheit  angeboren  war,  in  anderen  aber  die  ungleiche  Atrophie, 
welche  letztere  keineswegs  immer  auf  der  leidenden  Seite  besteht,  dagegen 
spricht.  K.  neigt  deshalb  mehr  der  Annahme  einer  Innervationsstörung 
als  Erklärung  hierfür  zu. 

Die  Anl^lose  kommt  zu  Stande  bei  Erkrankungen  des  Knochens 
(Frakturen,  Osteomyelitis),  nach  eitrigen  Ohrenentzündungen,  besonders 
im  Gefolge  von  Infektionskrankheiten,  endlich  nach  rheumatischen 
(arthritis  def.,  auch  tuberculos.)  Gelenkleiden;  sie  ist  entweder  eine  feste 
knöcherne  oder  theilweise,  durch  Knorpelschwund  und  weitere  nicht 
knöcherne  Verwachsungen  bedingte.  K.  macht  1 — l'/icm  nach  vorn  vom 
Kieferwinkel  eine  senkrechte  2 cm  lange  Inzision  und  dringt  unter  sorg- 
fältigster Schonung  der  Nerven,  des  Periostes  u.  s.  w.  nach  oben  gegen 
die  Gelenkgegend  hin  vor,  welche  auf  diese  Weise  ziemlich  leicht  dem 
Hohlmeissel  zugänglich  wird.  Auch  bei  den  natürlich  schwerer  zu 
operirenden  knöchernen  Ankylosen  bat  er  keine  Scbädelperforation  zu 
beklagen  gehabt  und  war  im  Stande,  ausgiebiger  zu  operiren,  als  es  bei 
der  Koenig'schen  Methode  (Fortnahme  des  Gelenkkopfes)  möglich  ist, 
und  dadurch  bessere  Resultate  (keine  Lähmungen,  grössere  Beweglichkeit) 
zu  erzielen;  allerdings  schütze  sein  Operationsverfahren  nicht  vor  Rück- 
fällen, wie  einer  seiner  Patienten,  bei  dem  cs  sich  wabrscbeinlicb  um 
Narbenkontraktur  handelt,  zeigt,  aber  für  diese  Rückfälle  dürfte  zum 
Theil  wohl  die  Nachbehandlung,  die  ein  fleissige  Uebung  erheischt,  ver- 
antwortlich zu  machen  sein. 

In  der  Diskussion  spricht  Koenig  (Göttingen)  zu  Gunsten  seiner 
späterhin  etwas  veränderten  Methode,  welche  er  für  knöcherne  Ankylosen 
beibehalten  will,  während  er  die  Vorzüge  des  K.’schon  Verfahrens  bei  den 
nicht  knöchernen  Verwachsungen  anerkennt.  Rose  (Berlin)  berichtet  über 
einen  Fall  von  Ankylose,  bedingt  durch  übermässiges  Wachsthum  des 
Kronenfortsatzes,  welches  zur  Resektion  des  Jochbogens  Veranlassung  gab. 


DiQÜLiCeO  uy  CniO^lt 


213 


V.  Berf;nianD  (Riga)  Btellt  einen  Patienten  vor,  bei  welchem  vor 
3 Jahren  die  Totalexstirpation  des  Kehlkopfes  wegen  Krebs 
(Diagnose  mikroskopisch  gesichert)  ansgeföhrt  worden  und  welcher  bis 
jetzt  reaidivfrei  geblieben  ist.  Das  Lumen  des  Kehlkopfes  war  fast  völlig 
aosgefollt,  erhebliche  Dyspnoe,  Tracheotomie  io  einem  Erstickaiigsaofalle; 
totale  Entferonng  des  Kehlkopfes  mit  Epiglottis;  Naht,  Jodoformgaze- 
Tamponade,  Ernährung  mittelst  Schinndsoude.  Glatte  Heilung.  Ein 
Sprechapparat  konnte  nicht  angebracht  werden;  Put.  trägt  eine  ver- 
längerte Kanüle  mit  oberer  Oeffnnng,  welche  letztere  beim  Essen  ver- 
schlossen wird,  er  kann  sich  zur  Noth  — jedoch  ohne  Stimme  — ver- 
ständlich machen. 

Hahn  (Berlin)  berichtet  über  24  Larynx- Operationen,  welche  er  seit 
gemacht  hat.  Unter  vier  grösseren  Operationen  bei  Larynx-Stenosen 
hatte  er  keinen  Todesfall  zu  beklagen,  auch  waren  die  Endresultate  zu- 
friedenstellend; 20  mal  operirte  er  bei  Kehlkopfgeschwülsten  (Karzinom 
nnd  Sarkom),  davon  starben  7 an  den  Folgen  der  Operation,  6 an  Re- 
zidiven bezw.  anderweitigen  Erkrankungen. 

Helferich  (Greifswald).  Geheilter  Fall  von  schwerer  trauma- 
tischer Epi  physeulösung  am  oberen  Ilomcruseude. 

Ein  16  jähriger  Knabe  batte  sich  durch  Fall  auf  die  rechte  Schulter 
einen  Epipbysenbruch  des  oberen  Humerusendes  zngezngen  mit  starker 
Dislokation  des  unteren  Fragments  nach  oben  innen;  da  alle  Versuche  der 
Reposition  misslangen,  breite  Inzision,  welche  auf  eine  mit  Blut  gefüllte 
Höhle  führte;  auch  jetzt  gelang  die  Reposition  nur  mühsam,  nachdem 
das  obere  Fragment  kräftig  nach  oben  nnd  der  Spalt,  durch  welchen  die 
Diapbyse  sich  dislozirt  hatte,  auseinandergezogen  war.  Die  Fragmente 
wurden  jetzt  durch  Pfriemen , welche  einige  Tage  liegen  blieben 
miteinander  vereinigt.  Die  Heilung  erfolgte  rasch  und  ohne  jede  Störung; 
das  Resultat  ist  ein  vorzügliches  (nach  ca.  Jahren);  die  Nach- 
behandlung bestand  in  Anwendung  der  Elektrizität  und  Massage. 
H.  empfiehlt  sein  Verfuhren,  welches  keineswegs  immer  grössere  nnd 
tiefe  Inzisionen  erfordere,  für  alle  die  Fälle,  bei  denen  ans  irgend  einem 
Grunde  die  Reposition  gebrochener  Knoebentheile  nicht  zu  erreichen, 
bezw.  zu  erhalten  sei. 

Bruns  (Tübingen)  berichtet  über  zwei  ähnliche  Fälle,  in  welchen  er 
wegen  der  erheblichen,  durch  Schiefheilung  bedingten,  funktionellen  Störung 
zur  Resektion  schreiten  musste;  — sodann  Wölfler  (Graz)  über  einen 
einschlägigen  Fall,  bei  welchem  nach  Spaltung  der  Gelenkkapsel  die  Re- 
position des  luxirten  Kopfes  ohne  Resektion  gelang. 

Petersen  (Kiel).  Vorstellung  eines  Falles  von  ischämischer 
Mnskellähmnug. 

Das  4 Va  jährige  Mädchen  erlitt  durch  Fall  eine  komplizirte  Ober- 
armfraktur,  welche  unter  Mooskissen -Verband  in  6 Wochen  verheilte. 
Der  Arm  wurde  jetzt  iin  Ellbogengelenk  gebeugt  gehalten,  welches  nur 
wenig  ausgiebige  Bewegungen  gestattete,  die  Finger  konnten  nicht  ge- 
streckt werden;  gleichzeitig  war  die  Sensibilität  bis  zum  Ellbogen  er- 
heblich beeinträchtigt,  so  dass  stärkste  faradische  Ströme  ohne  Schmerz 
ertragen  wurden.  Nach  einer  Inzision  in  der  Ellbogengegend  fand  P.  den 
n.  medianus  an  einer  Stelle  etwas  eingeschuürt,  die  art.  brachialis  nach 
abwärts  in  einen  dünnen  Strang  verwandelt;  die  mikroskopische  ünter- 
sochung  ergab  fibröse  Veränderung  der  Muskulatur  (Lesser).  — Die 


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214 


weitere  Behandlung  (Massage  nnd  Elektrizität)  brachte  nur  eine  geringe 
Bessernng  zu  Stande. 

In  der  Diskussion  betont  Koeni^  (Oöttingen)  den  Werth  der 
Elektrizität  und  Massage  gegenüber  Kol  liker  (Leipzig),  welcher  nach 
Beobachtung  zweier  Fälle  ischämischer  Muskellähmnng  geneigt  ist,  die 
Möglichkeit  einer  Verbesserung  der  Lähmung  durch  Nachbehandlung 
auszuschliessen.  Wagner  (Eönigshntte)  glaubt,  dass  es  sieb  bei  den 
meisten  Fällen  von  Lähmungen  im  Gefolge  von  Frakturen  gar  nicht  um 
ischämische  Lähmungen  handele,  sondern  um  eine  Neuritis,  welche  letztere 
F.  für  seinen  Fall  jedenfalls  nicht  geneigt  ist,  anzunebmen. 

V.  Bergmann  (Berlin)  stellt  einen  Mann  vor,  bei  welchem  vor 
4 Jahren  eine  ausgedehnte  Darmresektion  wegen  Krebs  gemacht 
wurde.  Ein  Rezidiv  ist  bisher  nicht  aufgetreten,  das  Allgemeinbefinden 
ein  gutes. 

In  der  Nachmittagssitzung  (Aula  der  Universität)  spricht 

Lauenstein  (Hamburg)  über  Heilung  der  Wunden  unter  dem 
feuchten  Blntschorfe  auf  Grund  der  Erfahrungen,  welche  er  in  den 
letzten  2 Jahren  bei  74  grösseren  Operationen  gewonnen  hat.  Nur  in 
10  Fällen  versagte  die  Methode,  in  allen  übrigen  war  der  Erfolg  ein  aus- 
gezeichneter. — Nicht  empfehlenswerth  ist  das  Verfahren,  wenn  Heilung 
per  primam  angestrebt  wird,  wenn  die  sekundäre  Naht  ausgefubrt 
werden  soll  oder  die  Tamponade  zweckmässiger  erscheint,  z.  B.  Rektnm- 
operation  etc.;  ausgeschlossen  ist  es  natürlich  bei  Inzisionen  wegen 
Phlegmone  oder  bei  Senkungsabszessen  o.  dergl. 

Ganz  besonders  geeignet  für  die  Behandlung  unter  dem  feuchten 
Blotschorfe  sind  dagegen  die  Verletzungen  des  Kopfes,  der  Hände  — ins- 
besondere der  Sehnen  — , die  partiellen  Resektionen  und  überhaupt  die 
Operationen  an  den  Knochen,  auch  diejenigen  der  tuberkulösen  Herde, 
endlich  gewisse  plastische  Operationen.  L.  verwahrt  sich  ausdrücklich 
gegen  die  event.  Unterschiebung,  als  könnten  derartige  Verletzungen 
nicht  auch  unter  jedem  andern  antiseptischen  Verbände  heilen,  hält  aber 
die  Schede’sche  Methode  bei  allen  einschlägigen  Fällen,  bei  denen  es 
sich  um  Defekte  bandelt,  deshalb  für  besser,  weil  man  Heilung  unter 
einem  Verbände  erzielen  könne.  — Todesfälle  hatte  L.  bei  Ausübung 
des  Verfahrens  nicht  zu  beklagen:  2 mal  trat  Erysipelas  auf,  wohl  eine 
Folge  mangelhafter  Asepsis;  in  den  anderen  Misserfolgen,  zum  Theil  nach 
Nekrosen,  traten  keine  stürmischen  Erscheinungen  ein.  Haupterforderniss 
für  ein  gutes  Resultat  ist  ausser  peinlichster  Antiseptik,  wobei  Vortragender 
bemerkt,  dass  er  kein  sterilisirtes  Verbandmaterial  hatte,  nach  der 
Operation  Ruhe,  welche  für  die  Organisation  des  Blutgerinnsels  unent- 
behrlich erscheint.  L.  lässt  nach  sorgfältiger  Blutstillung,  um  Nach- 
blutungen zu  vermeiden,  die  entstandenen  Höhlen  möglichst  voll  Blut 
laufen,  drainirt  nicht,  legt  auch  keinen  komprimirenden  Verband  an. 

In  der  Diskussion  sprechen  sich  Rydygier  (Krakau)  und  Länderer 
(Leipzig)  abfällig  über  das  ganze  Verfahren  aus;  Ersterer  hält  das  Blut- 
koagnlum  für  einen  gefährlichen  Nährboden,  Letzterer  lediglich  für  einen 
Fremdkörper,  welcher  in  keiner  Weise  sich  an  der  Organisation  betheilige, 
sondern  eher  die  Wundheilung  als  solche  verzögere;  die  vorzüglichen 
Resultate  bei  Anwendung  der  Schede'scben  Methode  seien  lediglich 
eine  Folge  exaktester  Antiseptik.  — Mikulicz  (Königsberg)  berichtet 


DiQÜuceu  uy 


— 21  f)  — 


kare  über  seine  Resultate  nach  Schede's  Methode:  8G  Heilungen  unter 
45  Fällen.  — Nenber  (Kiel)  erkennt  im  Allgemeinen  die  Vorzüge  der 
Scbede’scben  Methode  an,  welche  übrigens  sich  nur  dadurch  von  der 
seinigen  unterscheide,  dass  Schede  für  den  Abfluss  des  zuviel  ergossenen 
Blutes  den  höchsten  Theil  der  Wunde  wähle,  während  er  selbst  den 
niedrigsten  Punkt  sich  aussuche,  mithin  mit  kleinem  Blutkoagulum  arbeite, 
Schede  mit  grossem.  Drainage  wende  er  bei  Qeschwulstoperatiouen 
und  Osteotomien  ebenfalls  nicht  an.  — Die  Methode  der  Blutfnllung  von 
Knochenhöblen  hat  N.  bereits  1870  auf  der  Esm arch’schcn  Klinik  ver- 
sucht, dieselbe  aber  verlassen;  bei  Nekrotomien  hält  er  das  Verfahren 
nach  seinen  Beobachtungen  für  direkt  gefährlich.  — Schede  selbst  ist 
fortgesetzt  mit  seinen  Resultaten  sehr  zufrieden;  in  manchen  Fällen  von 
Nekrotomien  kann  man  allerdings  die  Methode  nicht  anwenden,  weil  es 
unmöglich  ist,  rein  zu  operiren;  hervorragende  Erfolge  werden  bei  den 
Verletzungen  mit  Blosslegung  der  Sehnen  gewonnen.  Im  Uehrigen  ist  er 
lediglich  ein  Feind  der  übermässigen  Kompression,  und  das  Einzige,  was 
er  erreichen  will,  ist  eine  völlige  Ausfüllung  der  Wuudböble  mit  einem 
Blutkoagulum. 

Schleich  glaubt  nach  bezüglichen  Experimenten,  dass  es  sich  bei 
der  Schede’schen  Methode  um  Vorgänge  handelt,  analog  denjenigen 
bei  der  subkutanen  Frakturenheilung;  dass  der  Hauptwerth  in  einer 
Wundheiinng  ohne  Sekretion  besteht  die  hei  anderer  Behandlung  nicht  zu 
vermeiden  ist:  das  Blut  wirkt  in  den  günstigen  Fällen  wie  eine  poröse 
organische  Masse. 

Wölfler  (Graz),  lieber  die  Technik  und  den  Werth  von 
Schleimbaut-Uebertragungen. 

Abgesehen  von  den  Schleimhaut  • Uebertragungen,  welche  von 
Ophthalmologen  versucht  wurden,  sind  derartige  Heilversuche  bisher 
nicht  veröfifentlicht  worden.  W.  kam  bei  3 Fällen  von  Harnröhren- 
striktur  auf  den  Gedanken,  Schleimhaut  zu  übertrugen,  welche  ihm  über- 
reichlich bei  Frauen  mit  prolapsns  Uteri  zur  Verfügung  stand.  W.  ent- 
fernte das  Narbengewebe  und  tapezirte  die  Wunde  mit  1 — 2 cm  langen 
Stücken  Schleimhaut  aus,  welche  er  nach  Thierscb’er  Methode  ab- 
getragen hatte  und  nicht  zu  vernähen  brauchte.  Nach  3 Tagen  fand  sich 
eine  grauliche,  etwas  schmierige  Masse  an  der  Operalionsstclle,  welche 
wieder  nach  3 Tagen  wie  mit  einem  Schleier  überzogen  aussah;  3 Tage 
hernach  war  die  SN'undfläche  glatt  und  glänzend.  Der  eine  Pat.  konnte 
2 Jahre  nach  der  Operation  gut  in  dickem  Strahle  uriniren;  ein  anderer 
verstarb  6 Monate  nach  der  Operation  an  interkurrenter  Krankheit:  an 
der  Harnröhre  desselben  war  das  Lumen  völlig  gut  hergestellt,  und  konnte 
die  Grenze  zwischen  alter  und  neuer  Schleimhaut  erst  daran  erkannt 
werden,  dass  nach  längerem  Liegen  in  Alkohol  die  neue  Schleimhaut 
etwas  blasser  — wegen  des  Gcfässmangels  — geworden  war.  — Nach 
einer  Karzinom-Operation  am  innern  Augenwinkel  wurde  der  Defekt  mit 
Schleimhaut  vom  prolabirten  After  eines  Kindes  erfolgreich  austapezirt; 
bei  einer  ausgedehnten  Nasenoperation  transplantirte  er  die  Schleimhaut 
eines  amputirten  Uterus  mit  demselben  Erfolge. 

Angeregt  durch  die  günstigen  Resultate  versuebteW.  Transplantationen 
von  Thier-Schleimhäuten;  des  Froschmagens,  der  Kaninchenblase,  eines 
Taubenniagens.  Er  warnt  vor  übereilten  HoiTnungen,  zumal  er  nicht  in 
der  Lage  war,  genügende  histologische  Untersuchungen,  mit  denen  er 


Digi’i 


noch  beschäftigt  ist,  anzustellen.  Nur  das  ist  sicher:  man  kann  ebenso 
gut  Schleimhaut,  wie  gewöhnliche  Haut  übertragen;  was  aus  den  trans* 
plantirten  Stücken  im  Kampfe  um  das  Dasein  mit  ihrer  Umgebung  wird, 
ist  vor  der  Hand  nicht  zu  bestimmen;  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
werden  die  übertragenen  Stücke,  umgrenzt  von  anderer  Schleimhaut,  eher 
ihren  Schleimhautcharakter  wahren  können,  als  wenn  sie  von  Haut 
umgeben  sind,  wo  sie  ihren  Charakter  zumeist  zu  verlieren  scheinen. 

Anknüpfend  bemerkt  Thiersch  unter  warmer  Anerkennung  der 
Versuche  W.’s,  dass  sich  gelegentlich  leider  nicht  der  Charakter  traus- 
plantirter  Stücke  in  fremder  Umgebung  ändere;  einem  vor  langen  (21) 
Jahren  Operirten  wächst  noch  immer  der  Bart  im  Innern  des  Mundes 
von  dem  am  Gaumen  eingeheilten  Wangenstücke  herab  — allerdings 
vielleicht,  weil  die  ganze  Dicke  der  Haut  verwandt  war.  — Sodann  b^ 
richtigt  er  eine  irrthümliche  Auffassung  von  früher,  dass  weisse  Haut, 
auf  Neger  übertragen,  weise  bleibe  und  umgekehrt:  Stabsarzt  Karg 
fand,  dass  Wanderzellen  unter  und  in  dem  rete  Malpighi  des  Negers, 
beladen  mit  Pigment  erscheinen  und  in  dem  transplantirten  weisseo 
Stücke  ihr  Pigment  absetzen;  wo  die  „Kohlenwagen“  hernach  blieben, 
konnte  nicht  beobachtet  werden;  im  andern  Falle  wird  Negerhaut  so 
lange  schwarz  bei  einem  Weissen  bleiben,  bis  das  Pigment  des  Stückes 
verbraucht  ist. 


6.  April.  Königliche  Klinik. 

Nach  einigen  Demonstrationen  von  Rhinoplastik  durch  Israel  (Berlin) 
und  Helferich  (Greifswald)  berichtet  Wehr  (Lemberg)  über  Impfungen 
von  Karzinomstückeben  von  Hund  auf  Hund.  Nach  seinen  Untersuchungen 
bildeten  sich  nach  etwa  8 Tagen  kleine  Knote'n,  die  sich  langsam  ver- 
grösserten,  um  später  wieder  spurlos  zu  verschwinden.  Bardeleben 
und  V.  Bergmann  (Berlin)  äussern  ihre  gewichtigen  Bedenken. 

Thiersch  (Leipzig)  und  Rehn  (Frankfurt  a.  M.)  berichten  über 
Versuche  mit  Intubation  des  Kehlkopfes  nach  O’Dwyer.  — Die 
Einführung  von  Dauerkanülen  in  den  Kehlkopf  anstatt  der  Tracheotomie 
ist  neuerdings  wieder  — verbessert  — von  Amerika  empfohlen,  nachdem 
diese  Methode  früher  bereits  (1858)  in  der  Pariser  Akademie  als  un- 
geeignet bezeichnet  und  verlassen  war. 

Ein  sehr  günstiger  Bericht  über  806  Fälle  mit  27^  pCt.  Heilungen 
veranlasste  Th.,  die  Methode  bei  32  Kranken  zu  prüfen,  was  er  vielleicht 
unterlassen  hätte,  wenn  er  vorher  gewusst,  welche  Arbeit  und  Noth  da- 
mit verknüpft  war.  (Demonstration  des  Instrumentariums.)  Von  den 
.32  Diphtheritiskranken  wurde  im  weiteren  V'erlaufe  die  Tracheotomie 
doch  bei  18  Patienten  noch  erforderlich,  und  nur  3 — bei  denen  es  ohne 
Tracheotomie  abging  und  die  zu  den  leichteren  Erkrankungen  gehörten, 
genasen.  Th.  glaubt,  dass  an  diesem  schlechten  Erfolge  die  Schwere 
der  diphtherischen  Erkrankungen  in  Leipzig  wohl  die  Hauptschuld  trage, 
bei  denen  es  selten  ohne  ernste  Komplikationen  abgehe.  Die  Kanüle,  no- 
gefähr  in  ihrer  Form  der  Glottisspalte  entsprechend,  wird  befestigt  au 
einem  Führungsstabe  eingeführt,  so  zwar,  dass  eine  überstehende  obere 
Ringplatte  auf  den  Stimmbändern  ruht  und  ein  Herabgleiten  der  Kanüle, 
welche  bis  in  die  Trachea  reicht,  verhindert.  Tb.  ist  zu  folgendem 
Resultate  bisher  gelangt: 


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217 


1)  bei  starker  MembraDbildang  wird  man  selten  ohne  Tracbeotnmie 
anskommen,  weil  stärkere  Membranen  das  enge  Lumen  der 
Kanäle  nicht  passiren; 

2)  bei  Schwellung  des  Kehldeckels  und  der  Schleimhaut  unterhalb 
des  Kehlkopfs  kann  die  Intubation  Nichts  helfen;  so  dass  also 
eigentlich  nur  die  Falle  für  die  Intnbation  geeignet  erscheinen, 
bei  denen  die  eben  angeführten  Punkte  nicht  beobachtet  werden. 

AlsznmTheil  rechtbedenkliche  Unzuträglichkeiten  führtTh.  das  häufige 
Verschlucken  beim  Essen  (Schluckpnenmonie,  Verweigerung  der  Nahrung) 
und  die  gelegentlich  erhebliche  Schmerzhaftigkeit  an;  im  Allgemeinen 
werden  zwar  grössere  Veränderungen  nicht  gesetzt,  es  kommt  jedoch 
aacb  zu  tiefem  Dekubitus;  ab  nnd  an  wird  die  Kanüle  ansgehnstet  mit 
nachfolgender  Expektoration  grösserer  Membranen.  Nach  Allem  ist  die 
Intubation  immerhin  ein  Verfahren,  welches  eine  Prüfung  verdient,  zumal 
wenn  es  gelingen  sollte,  das  Instrumentarium  zu  verbessern;  die  unaus- 
gesetzt nöthige  ärztliche  Ueberwachung  der  intubirten  Patienten  muss 
allerdings  stattfinden  können. 

Rehn  erklärt  sich  durchaus  einverstanden  mit  den  Sätzen  Th’s.;  er 
hat  die  Intnbation  in  14  Fällen  gemacht,  bei  welchen  sechsmal  die 
Tracheotomie  nöthig  wurde,  Heilungen  erzielte  er  drei.  R.  hebt  besonders 
das  erschwerte  Schlucken  hervor,  welches  ihn  zu  Nährkljstieren  bz.  zur 
Anwendung  der  Scblnndsonde  veranlasste;  zweimal  wurde  die  Kanüle 
verschluckt,  ging  jedoch  ohne  Nachtheil  per  anum  ab;  die  gangränösen 
Formen  der  Diphtherie  kontraindiciren  nach  ihm  die  Intubation. 

Nachdem  Th.  noch  .ganz  besonders  anf  grösste  Vorsicht  bei  der 
Einführung  aufmerksam  gemacht  hat,  um  Scblcimhautvcrletznngen  mit  ihren 
Gefahren  zu  vermeiden,  erwähnt  Rose  (Berlin),  dass  die  Intubation  auch 
früher  in  Deutschland  bereits  geübt  sei  nnd  dass  er  aus  Amerika  einen 
DDgünstigeren  Bericht  als  Thiersch  erhalten  habe;  er  selbst  übt  stets 
die  Tracheotomie  und  ist  im  Stande  über  etwa  2000  Tracheotomien  be- 
richten zu  können,  er  erzielte  27,,  pCt.  sicher  konstatirte,  bz.  28,,  pCt. 
Qosichere  Heilungen;  viele  seiner  Kranken  gingen  nachträglich  aber  an 
Komplikationen  zu  Grande. 

Thiersch  stellt  zwei  Personen  vor,  welchen  er  grössere  Hant- 
slücke  nach  seiner  Methode  überpflanzt  bat.  Die  Resultate  sind 
vorzügliche.  Socin  (Basel)  hat  das  Thiersch’e  Verfahren  etwas  ab- 
geändert: er  nimmt  recht  grosse  (20  cm  lange  und  4 bis  5 cm  breite) 
Lappen  nnd  legt  ihre  Ränder  etwas  übereinander,  um  möglichst  die 
narbigen  Zusammenziebungen  zu  vermeiden  nnd  die  Resultate  kosmetischer 
zn  gestalten ; die  Lappen  gewinnt  er  durch  die  Schneide  eines  grossen 
Mikrotoms.  Th.  erkennt  dies  Verfahren  gerne  als  eine  Verbesserung  an. 

Völker  (Braunschweig)  zeigt  einen  Gypsabguss  der  unteren 
Femur-Epiphyse,  an  deren  innerem  Gelenkknorren  eine  Grube  sich 
befand,  in  die  eine  bohnengrosse  Gelenkmaos  hiiieinpasste,  — Ein  vorher 
gesunder  Mann  stürzte  während  einer  Reserveübnng  beim  Laufen  nnd 
schlag  mit  dem  Knie  gegen  das  Gewehr;  Ohnmacht,  zwei  Tage  revierkrank; 
nenn  Wochen  später  wurde  die  Diagnose  auf  Gelenkmaus  gestellt,  welche 
jedoch  ärztlicherseits  nicht  deutlich  gefühlt  werden  konnte.  Etwa  ein 
Vierteljahr  nach  dem  Unfälle  Eröffnung  des  Gelenks,  wobei  es  nur  ganz 
znfällig  gelang,  die  Gelenkmaus,  welche  in  ihrer  oben  beschriebenen 


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218 


Hoble  lag  und  gar  nicht  über  das  Niveau  des  Gulenkknorpels  hervorragte, 
aufzufiuden ; auf  leichten  seitlichen  Druck  sprang  dieselbe  hervor.  Die 
Heilung  erfolgte  ohne  alle  Störung.  — 

Helfericb  (Greifswald)  hat  in  einigen  Fällen  den  oberen  Theil 
der  Symphyse  — etwa  bis  zur  Hälfte  — entfernt,  ohne  dass  die 
betreffenden  Patienten  späterhin  Stbrungen  ihrer  Gehfäbigkeit  davon 
hatten.  Er  empfiehlt  dies  Verfahren  bei  solchen  Operationen  an  der 
Hlasc,  welche  einen  recht  breiten  Einblick  in  das  Operationsgebiet 
wün.schenswerth  erscheinen  lassen  und  bei  welchen  die  einfache  Anfüllung 
des  Mastdarms  zur  Hebung  und  Hervordräugung  der  Blase  nicht  ausreicbt. 

Lanenstein  (Hamburg)  wendet  bei  der  Behandlung  der  Frakturen 
des  Ellenbogengelcnks  nicht  mehr  die  fast  allgemein  empfohlene 
Beugung  im  Ellenbogen  an,  sondern  fixirt  den  Arm  stets  und  mit  bestem 
Erfolge  anfänglich  gestreckt.  Veranlasst  wurde  er  hierzu  vor  etwa  sechs 
Jahren  durch  die  post  mortem  Untersuchung  eines  in  Beugung  ankylosirten 
Elleiibogengelenks,  welches  er  nach  der  alten  Methode  mit  anfänglicher 
Beugung  behandelt  hatte.  In  Streckung  sei  die  Koaptation  der  Fragmente 
auch  bei  den  T-Brücheti  ungleich  besser  möglich,  als  in  Beugestellung,  wo 
eine  geringe  Ilotation  im  Gelenke  sofort  die  richtige  Lagerung  verändere 
und  zur  Schief heiinng  (cubitns  varus  und  valgus)  führen  könne.  — Koenig 
(Göttingen)  wendet  ebenfalls  häufig  die  Strecksteilung  an,  welche  jedoch 
exakt  nur  in  der  Klinik,  nicht  ambulant  angewendet  werden  kann. 
Wagner  (Königshütte)  und  Sonnenburg  (Berlin)  halten  es  nicht  für 
richtig,  schematisch  vorzugeben,  man  muss  unbedingt  iudividualisiren; 
Barden  heuer  (Köln)  empfiehlt  neben  der  erforderlichen  Adaptation  der 
Fragmente  in  der  Längsrichtung  (durch  Extenslou)  auch  die  ebenso  noth- 
wendige  in  der  Quere  zu  berücksichtigen. 

Nachmittags,  in  der  Aula  der  Universität. 

Rosenbach  (Göttingen):  Ueber  Eiterbildung  durch  chemische 
Agentien. 

Durch  die  Arbeiten  von  Scheuerlen,  Klemperer  u.  A.  war  die 
Ansicht  verbreitet,  dass  weder  chemische  noch  thermische  Agentien  im 
Stande  seien,  Eiterung  hervorzurufen,  dass  Eiterung  vielmehr  stets  nur 
durch  den  Einfluss  von  Bakterien  entstehe.  Während  der  Nachprüfung 
dieser  für  R.  nicht  recht  glaubhaften  Resultate  erschienen  die  gegentbeiligen 
von  Gravitz  und  de  Bary.  R.  benutzte  bei  seinen  Untersuchungen 
lediglich  Quecksilber,  dessen  energische  Wirkung  auf  thierisches  Gewebe 
ihm  von  anderen  Arbeiten  bekannt  war;  er  wandte  es  bei  Hunden  an,  denen 
er  '1  bis  8 g Hg  unter  allen  Käutelen  subkutan  injizirte,  — stets  mit 
dem  Resultate:  Entzündnng  und  Eiterung  olinc  Mikroorganismen, 
sobald  die  eingefuhrten  Röhrchen  zerbrochen  waren  und  Hg  seine  Ein- 
wirknng  entfalten  konnte.  Die  ersteren  Experimentatoren  haben  deu 
Fehler  begangen,  Resultate,  welche  sie  bei  einer,  bz.  gewissen  Thier- 
arten (Kaninchen,  Raiten,  Meerschweinchen)  gewonnen  batten,  ohne 
Weiteres  zu  verallgemeinern. 

Uebrigens  ist  die  Frage  der  Möglichkeit  einer  Eitererregung  durch 
chemische  Agentien  von  keiner  prinzipiellen  Bedeutung  mehr,  nachdem 
durch  neuere  Untersuchungen  festgestellt  ist,  dass  die  Ptomaine,  die  chemisch 
darstellbaren  Produkte  der  Schaffungskraft  der  Bakterien,  im  Stande  sind, 
Eiterung  zu  erregen. 


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219 


Scbimmelbagcb  (Halle):  lieber  die  Tbrombose. 

Durch  Deuere  Forschaugen  ist  es  bekannt,  dass  der  marantische  Tbrom- 
bas  der  Hirnsinns  weiss  ist  und  dass  es  sich  hierbei  nicht  et\ra  um  die  Ent- 
färbnng  eines  anfänglich  rotben  Thrombus,  bezw.  einfache  Blutgerinnung 
handelt  (Zahn).  Iro  Verein  mit  Eberth  untersuchte  S.  die  bezüglichen 
Anfangsvorgänge  unter  dem  Mikroskope.  Als  Resultat  ergab  es  sieb, 
daas  bei  der  Thrombenbildung  (Druck  bezw.  Verletzung  der  Oefässe)  die 
Hauptrolle  den  Blutplättchen  zukommt,  welche  sich  rasch  an  der  insultirten 
Stelle  des  Gefässes  ansammeln  und  einen  weissen  Thrombus  bilden;  dieser 
besteht  anfangs  ausschliesslich  aus  diesen  Plättchen  und  enthält  erst 
weiterhin  auch  Leukocyten  und  Pibrinfäden.  Das  Fibrin  ist  bei  dem 
ersten  Verschlüsse  einer  Aderwunde  ohne  jede  Bedeutung,  in  älteren 
Thromben  (2.  bis  3.  Tag)  durchzieht  es  in  balkenförmigen  Formationen 
den  Pfropf;  die  Lenkoevten  kann  man  mit  Lastwagen  (Thiersch)  ver- 
gleichen, welche  die  Trümmerhaufen  hinwegschaffen  und  für  den  Aufbau 
des  Thrombus  am  unwesentlichsten  erscheinen.  — Aus  dieser  Art  des 
Thrombenaufbaues,  nicht  aus  den  korpuskularen  Elementen  des  Blutes, 
sondern  aus  den  Blutplättchen,  folgt  auch,  dass  die  Bildung  und  Ver- 
grösserung  sich  nicht  in  stagnirendem,  sondern  nur  in  strömendem  Blute 
vollzieht,  da  nur  so  es  möglich  ist,  weiteres  Material  heranzusebaffen. 
Uebrigens  muss  man  hierbei  auch  die  Art  des  Strömens  in  den  Gefässen 
berücksichtigen:  die  Blutkörperchen  iliessen  sämmtlich  in  der  Axe  der 
Gefässe  und  sind  von  einer  Zone  Plasma  umgeben,  welche  letztere  die 
Körperchen  gleichsam  schützt;  stösst  der  Strom  auf  ein  Hindemiss  oder 
verlangsamt  er  sich  allmälig,  dann  vermögen  die  Blutplättchen  sich  an 
der  Gefässwand  festzusetzen,  und  die  Thrombenbildung  ist  im  Gange. 

7.  April.  Königliche  Klinik. 

von  Wahl  (Dorpat)  spricht  lieber  Frakturen  der  Schädelbasis 
unter  Demonstration  einer  reichhaltigen  prächtigen  Sammlung.  In  Betraff 
der  Theorie  über  das  Zustandekommen  sei  auf  den  Vortrag  in  den  Volk- 
mann’scben  Heften  No.  228  lieber  Fraktur  der  Schädelbasis  verwiesen. 

Schlange  (Berlin)  zeigt  Durchschnitte  gefrorener  Leichen 
in  der  Medianlinie,  vorzüglich  geeignet  zur  Darstellung  der  durch 
Prostata-Hypertrophie  gesetzten  anatomischen  Veränderungen 
an  der  Blase  und  Harnröhre.  Bei  der  starken  Verlängerung  und  fast 
rechtwinkeligen  Knickung  der  letzteren  durch  die  Prostata- Geschwulst 
warnt  er  vor  Versuchen,  die  Blase  derartiger  Personen  mit  Metallkatbeter 
zu  entleeren,  da  hierdurch  fast  stets  Verletzungen  gesetzt  werden  müssten. 
Hiergegen  wendet  sich  energisch  Koenig  (Göttingen),  welcher  hervor- 
bebt, dass  er  nach  Roser’s  Beispiel  immer  die  dicksten  silbernen 
Katheter  mit  langem  Schnabel  und  flacher  Krümmung  in  solchen  Fällen 
gebrauche  und  für  die  zweckmässigsten  halten  müsse;  gelegentliche 
Schwierigkeiten  der  Einführung  beseitige  er  durch  Spaltung  des  orißc. 
ext.  urethr.;  es  sei  ihm  nur  ein  einziges  Mal  nicht  geglückt,  in  die  Blase 
zu  gelangen;  es  komme  hinzu,  dass  man  die  Bougies  nicht  so  exakt 
reinigen  könne,  und  ihm  sei  eine  eventuelle  kleine  Verletzung  lieber  als 
Sepsis.  Seiner  Auffassung  scbliesst  sich  Küster  (Berlin)  durchaus  an; 
v.  Bergmann  spricht  zu  Gunsten  des  dicken  elastischen  Bougies,  welches 
sich  ebenso  gut  desinfiziren  lasse,  wie  Jedes  Drainrohr.  Socin  (Basel) 
betont,  dass  vor  Allem  nothwendig  sei,  in  solchen  Fällen  einen  recht 


220 


dicken  Katheter  anza wenden;  hei  dem  Gebrauclie  silberner  Sonden  ist 
es  durcbans  erforderlich,  den  Kranken  mit  dem  Becken  hoch  za  lagern; 
für  gewöhnlich  benutzt  er  weiche  (No.  30  Charriere)  Katheter,  ebenso 
wie  Thier  sch,  welchen  schon  die  Rücksicht  aaf  den  Patienten  hierzu 
veranlasst 

Waldeyer  (Berlin)  demonstrirt  anatomische  Präparate  der 
vorderen  Blasenwand  und  des  Beckenausganges. 

Langenbuch  (Berlin)  batte  ihm  ein  Operationsverfahren  gezeigt, 
durch  das  er  die  Blase  unter  der  Symphyse  erreichte,  ohne  eine  Ver- 
letzung der  Gefässe  zu  machen.  W.  hat  daraufhin  das  vorliegende  In- 
jektionspräparat angefertigt  und  empfiehlt  die  Methode  zur  Prüfung.  — 
Zur  Vermeidung  einer  sehr  bedenklichen  Verletzung  des  plexus  puden- 
dalis  u.  der  vena  dors.  penis  räth  W.,  auf  diesen  Theilen  ein  dünnes 
Blatt  der  Fascie  liegen  zu  lassen,  welche  in  die  fascia  pelvis  übergeht; 
erforderlich  sei  es  auch,  sich  strenge  in  der  Medianlinie  zu  halten,  da 
der  Plexus  zu  beiden  Seiten  der  Blase  liege. 

Neuber  (Kiel)  übt  die  sectio  alta  seit  etwa  6 Jahren  in  zwei 
Zeiten  und  empfiehlt  sein  Verfahren  zur  Vermeidung  von  Urinfiltrationen 
angelegentlichst.  Er  durcbtrennt  durch  6 bis  8 cm  langen  Schnitt  die 
Baachdecke  in  der  Medianlinie  bis  auf  die  vordere  Blasenwand,  durch 
welche  er  Seidennähte  legt,  deren  Enden  er  am  Unterleibe  befestigt;  nach 
b bis  8 Tagen  wird  der  Wnndtampon  entfernt  und  die  mit  den  Fäden 
angezogene  Blasenwand  bequem  in  der  Mittellinie  inzidirt.  Nach  Ent- 
fernung des  Steins  etc.  werden  die  Fäden  zur  Anlegung  der  Blasennaht 
benutzt.  — König  (Göttingen)  spricht  zu  Gunsten  der  llelferich’schen 
Methode,  welche  er  einmal,  ebenso  wie  TTendelenbnrg,  zur  Heilung 
einer  Blasenscbeidenfistel  versucht  bat,  Rosenbach  zur  Entfernung  eines 
grossen  Steins.  — Trendelenburg  hält,  ebenso  wie  v.  Bergmann, 
die  gewöbnlirhe  sectio  alta  für  die  einfachste  und  ungefährlichste  Operation; 
beide  haben  keine  Misserfolge  davon  gesehen:  Ersterer  räth  bei  der 
Operation  die  Ilochlagerung  des  Beckens  an. 

Stabsarzt  Alberti  (Potsdam)  stellt  einen  von  ihm  durch  Radikal- 
operation geheilten  Fall  von  Meningocele  vor;  v.  Bergmann 
(Berlin)  zwei  geheilte  Fälle  von  Encephalocele.  — 

Stabsarzt  Alb.  Köhler  (Berlin)  eine  Schussverletzung  des  n.  opticus 
zwischen  foramen  optic.  und  bulbus  durch  ein  Revolvergeschoss;  gleich- 
zeitig berichtet  er  über  einen  entsprechenden  Fall,  wo  die  Spitze  eines 
Sonnenschirmes  den  Opticus  verletzt  batte;  in  beiden  Fällen  trat  sofort 
Blindheit  ein;  im  ersteren  folgte  eine  deutliche  Sehnervenatrophie. 

Sonnonburg  (Berlin)  berichtet  unter  Vorstellung  des  Kranken  über 
eine  Patellarfrak  tur,  welche  1884  zuerst  ligamentös  geheilt,  durch  einen 
erneuten  Sturz  wieder  entstanden  war.  Der  weite  Abstand  der  Fragmente 
gestattete  nicht  die  einfache  Naht;  S.  machte  deshalb  mit  sehr  gutem  Er- 
folge von  dem  v.  Bergm ann’schen  Rathe  der  Abmeisselung  der  Tube- 
rositas  tibiae  Gebrauch;  S.  räth,  von  der  Tuberositas  nicht  zu  viel  abzu- 
meisseln,  da  sonst  leicht  störende  Gelenkveränderungen  entstehen  könnten. 

Küster  (Berlin):  Bei  einem  I8jäbrigen  Gymnasiasten  batte  sich 
ein  Aneurysma  trauroat.  art.  poplit.  gebildet  und  zwar  veranlasst 
durch  ein  Oslcophyt  an  der  hinteren  Wand  der  Tibia,  welches  die  Arterie 


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221 


dnrchgerieben  hatte.  Nach  Exstirpation  des  verletzten  Arterienstnckes 
erfolgte  glatte  Heilung. 

Rosenberger  (Würzburg):  Ueber  eine  eigenartige  Erkrankung 
des  condylus  intern,  femoris. 

Es  bandelte  sich  um  ein  26jähriges  Mädchen,  welches  Anfang  1886 
mit  Schmerzen  im  Knie  erkrankte;  Jodpinselungen,  auch  Karbolinjectionen 
blieben  ohne  Erfolg,  die  Schmerzen  wurden  excessiv,  so  dass  Patientin 
die  anfänglich  verweigerte  Operation  verlangte;  diese  wurde  Dezember 
1886  ansgeführt.  Nach  Inzision  floss  bernsteingelbe  Flüssigkeit  ab; 
condyl.  int.  völlig  geschwunden  und  durch  weiche  Massen  ersetzt, 
Knochen  rauh,  der  Knorpelüberzug  erhalten.  Ausschabung  der  weichen 
Massen,  deren  Untersuchung  Riesen-  und  Spindelzellen  ergab.  Der 
Heilungsverlauf  war  ein  günstiger:  jetzt,  nach  17  Monaten,  kann  Patientin 
recht  gut  gehen.  — Esmarcb  (Kiel)  und  v.  Bergmann  haben  derartige 
Affectionen  gesehen;  es  hat  sich  wohl  um  ein  relativ  gutartiges  centrales 
Riesenzellensarkom  gehandelt. 

Köster  (Berlin):  Demonstration  der  Präparate  hämorrhagischer 
Sarkome  von  38-  bezw.  Sbjährigen  Männern  mit  eigenartigem  Verlaufe. 

Bernays  (St.  Louis)  macht  eine  kurze  Mittbeilung  über  .3  Fälle  von 
Kontinuitätsunterbindung  der  art.  Vertebralis  bei  Epilepsie. 
— Alexander  machte  auf  Veranlassung  von  Jackson  bei  21  Epi- 
leptikern die  Unterbindung  der  vertebralis  und  erzielte  angeblich  3 Hei- 
lungen, 9 Besserungen  des  Zustandes.  H.  operirte  Kinder  von  14  und 
16  Jahren  und  ein  Mädchen  von  20  Jahren.  Der  angenblickliche  Erfolg 
war  gut,  jedoch  traten  alsbald  die  Anfälle  wieder  auf,  und  werde  er  jetzt 
die  schwierige  und  gefährliche  (wegen  der  Venenplexus,  etc.  -Pleura) 
Operation  nicht  wieder  machen.  Bemerkenswerth  war,  dass  sofort  nach 
der  Unterbindung  der  Puls  enorm  frequent,  jedoch  nach  etwa  14  Tagen 
wieder  normal  wurde. 

Graser  (Erlangen)  empfiehlt  für  die  Klumpfnssbehandlung  das 
Verfahren  der  Heincken'schen  Klinik:  kräftiges  Redressement,  Gyps- 
rerband,  keine  Operation.  Die  guten  Resultate  entschädigen  für  die  ge- 
legentlich lange  Dauer  der  Behandlung.  Beely  (Berlin)  hält  die  lang- 
dauernde  Immobilisirung  durch  feste  Verbände  für  gefährlich  und  gebraucht 
deshalb  Apparate  — Demonstration  orthopädischer  Apparate,  — welche 
dem  Kranken  Bewegungen  gestatten.  — Petersen  (Kiel)  räth  zur  Vor- 
sicht in  der  Prognose:  er  sah  selbst  dann  noch  Klumpfüsse  rückfällig 
werden,  wenn  inzwischen  infolge  der  Behiindlnng  ein  Plattfuss  sich  aus- 
gebildet hatte.  — Hahn  (Berlin)  macht  frühzeitig  die  Tcnotomie  der 
Achillessehne  und  gebraucht  mit  bestem  Erfolge  einfache  Maschinen. 

Zum  Schlüsse  spricht  Walzberg  (.Minden)  über  Dammbildung,  dar- 
auf Schluss  des  Kongresses. 

Anm.:  Die  Rede  v.  Bergmann’s  bei  der  Langenbeck-Feier 
ist  in  vornehmer  Ausstattung  bei  August  Hirschwald,  Berlin,  er- 
schienen; wir  machen  besonders  auf  die  werthvollen  den  Text  erläuternden 
Anmerkungen  anfnierksam. 


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2-22 


Der  7.  Kongress  für  innere  Medizin,  welcher  vom  9.  bis  12.  April 
d.  J.  unter  dem  Vorsitz  von  Prof.  Leube  in  Wiesbaden  tagte,  bot 
in  Referaten  und  Vorträgen  so  viel  Wissenswerthes,  dass  es  — bei 
der  Lnmöglicbkeit,  Alles  zu  bringeo  — schwer  hält,  eine  Auswahl  im 
Sinne  des  Leserkreises  dieser  Zeitschrift  zu  treffen. 

lieber  dasThema„Die  chronischen  Herzmuskel -Erkrankungen 
und  ihre  Behandlung“  hatten  Oertel  (.München)  und  Lichtheim 
(Bern)  das  Referat  übernommen,  doch  gestaltete  sich  letzteres  mehr  als 
eine  Darlegung  bezw.  Kritik  der  Verwendbarkeit  des  Gerte l'scben 
diätetisch-mechanischen  Heilverfahrens  bei  Herzkrankheiten 
überhaupt.  Nachdem  Oertel  einen  Abriss  seines  bekannten  Ver- 
fahrens gegeben  und  dasselbe  begründet  hatte,  sprach  sich  Lichtheim 
dahin  aus,  dass  dasselbe  zwar  in  manchen  Fällen  — besonders  bei  Fett- 
herz üppig  lebender  Menschen,  auch  zur  symptomatischen  Behandlung 
der  Oedeme  — gut  zu  verwerthen,  dass  aber  seine  die  Herzwand  dehnende 
Wirkung  bei  Degeneration  der  letzteren  zu  fürchten  und  die  Anwendung 
des  ganzen  Verfahrens  stark  einzuschränken  sei.  Für  die  Zulässigkeit 
desselben  gebe  der  Grad  der  vorhandenen  Athemnoth  einen  gewissen 
praktischen  Anhalt.  Allerdings  sei  der  Werth  des  Verfahrens  nicht 
allein  nach  theoretischen  Erwägungen,  sondern  auch  auf  Grund  seiner 
Resultate  zu  beurtheilen,  doch  wären  letztere  noch  nicht  in  genügender 
Zahl  veröffentlicht  und  zum  Theil  nicht  günstig.  — Die  arzneiliche 
Behandlungder  Herzmuskel-Erkrankungen,  fand  nur  kurze  Berücksichtigung ; 
von  den  Konkurrenten  der  Digitalis  wurden  nur  Coffein  und  Strophantns 
als  manchmal  mit  Vortheil  verwendbar  bezeichnet,  Kalomel  gegen  den 
Hydrops.  Der  Korreferent  fasste  seine  Ansicht  dahin  zusammen,  dass  bei 
der  Behandlung  der  Herzkrankheiten  der  arzneilichen  Methode  nach 
wie  vor  die  erste  Stelle  einzuräumen  sei.  — Die  in  der  Dis- 
kussion laut  werdenden  Ansichten  neigten  der  Lichtbeim’schen  Auf- 
fassung zu.  Schott  (Nauheim)  gedachte  der  Bebandlungsweise  mit 
warmen  Bädern,  Gymnastik  und  lokaler  Hitze-Applikation.  Edlefsen 
(Kiel)  erinnerte  an  den  Nutzen  des  Eisens,  das  er  oft  in  Verbindung 
mit  Kampher  verwendet. 

lieber  das  Thema:  „Der  Weingeist  als  Heilmittel“  referirte 
Binz  (Bonn)  vom  physiologischen  Standpunkte  aus  und  wandte  sich 
gegen  die  in  neuester  Zeit  laut  gewordenen  Stimmen,  welche  die  Er- 
scheinungen nach  Alkohol-Gebrauch  nicht  als  Zeichen  einer  Erregung 
sondern  einer  Lähmung  des  Central- Nervensystems  deuten.  Die 
Ergebnisse  der  Untersuchungen  von  Parkes,  dass  bei  Gesunden  nach 
Zuführung  von  Alkohol  die  Pulszahl  steigt  und  die  Zusammenziehnngen 
des  Herzens  rascher  und  energischer  von  statten  gehen,  konnte  Binz 
auch  durch  Versuche  an  Hunden  erhalten,  die  er  durch  Vergiftung  mit 
Morphium  und  Blutentziehung  in  künstlichen  Kollaps  versetzt  hatte. 
Ausserdem  fand  er,  dass  die  Luftmenge,  welche  die  Lungen  in  bestimmter 
Zeit  passirte,  nach  Zuführung  von  Weingeist  durchschnittlich  um  6“/« 
zunahm  (nach  Zunz  sogar  um  9 <*/o).  Die  Erscheinungen  der  rascheren 
und  energischeren  Herzbewegungen  würden  sich  allerdings  auch  lediglich 


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223 


aus  der  Erweiterang  der  arteriellen  Bahnen  erklären,  doch  sei  kein 
Beweis  erbracht,  dass  der  Alkohol  nur  eine  derartige  Wirkung  auf  die 
Blutgefässe  habe,  abgesehen  davon,  dass  schon  ein  rascheres  Ourch- 
strömen  des  Blutes  durch  die  Gewebe  als  erregender  Vorgang  aufgefasst 
werden  müsste.  Auch  wird  die  Magenverdauung  durch  kleinere  Gaben 
Alkohol  nicht  ungünstig  beeinflusst,  wie  die  Versuche  von  Claude  Bernard 
an  Hunden  zeigen  und  wie  wohl  Jeder  an  sich  selbst  bei  Magen- 
verstimmungen erfahren  hat.  — Der  Nähr-  (Spar-)  Werth  des  Wein- 
geistes ist ' unbestreitbar.  Nach  den  Versuchen  von  Binz  werden  von 
dem  eingeföhrten  Alkohol  beim  Menschen  etwa  3 "/o  durch  Nieren,  Haut 
und  Lungen  ausgesebieden,  der  Rest  wird  im  Körper  verbrannt.  Du 
nun  nach  anderen  Versuchen  die  Sauerstoffaufnahme  bei  Zuführung  von 
Alkohol  sich  kaum  ändert,  so  geht  ^oraus  hervor,  dass  der  letztere  für 
andere  Körperbestandtheile  als  Brennmaterial  eingetreten  ist.  Auch  ist 
allgemein  anerkannt,  dass  bei  Weingeistaufnahme  in  müssiger  Menge  die 
Zerfallsprodukte  der  Eiweisskörper  im  Urin  siuken.  Die  Thatsache, 
dass  Alkohol  ,die  Körpertemperatur  berabsetzt,  scheint  im  Widerspruch 
mit  der  Annahme  zu  stehen,  dass  er  ein  Nlihrmittel  sei,  doch  findet 
ersteres  nnr  nach  grossen  Gaben  statt;  andere  lassen  die  Temperatur 
unverändert.  Referent  schloss  seine  durch  vorgezeigte  Tabellen  vielfach 
unterstützten  Ausführungen  mit  dem  Ausspruch,  dass  der  Alkohol  stets 
eine  Wohlthat  für  die  Kranken  bleiben  würde.  — Ganz  in  dem- 
selben Sinne  behandelte  der  Korreferent  v.  Jaksch  cGraz)  die  Heil- 
wirkungen der  verschiedenen  zur  Anwendung  kommenden  Formen  des 
Alkohols  vom  klinischen  Standpunkte  aus.  Die  erregenden  Wirkungen 
seien  unbestreitbar  bei  drohendem  oder  eingelretenem  Kollaps,  doch  sei 
es  nicht  nöthig,  ihn  bei  allen  an  akuten  fieberhaften  Krankheiten 
Leidenden  anzuwenden,  auch  sei  er  ein  wichtiges  Sparmittel  für  die 
Körperbestandtheile.  Bei  gewissen  Krankheiten,  z.  B.  der  Diphtherie,  bei 
Typhus  und  septischen  Prozessen  sei  er  besonders  zu  empfehlen.  Die 
Verdauung  werde,  — das  Fehlen  von  erheblichen  Magenläsionen  voraus- 
gesetzt — nicht  ungünstig  beeinflusst;  bei  manchen  Formen  von  Nerven- 
leiden sei  die  hypnotische  Wirkung  gut  zu  verwerthen.  — In  der  auf 
die  Referate  folgenden  längeren  Diskussion  betonte  Erb  (Heidelberg), 
dass  man  auch  an  die  möglicherweise  eintretenden  üblen  Nach- 
wirkungen des  Alkohols  denken  müsse,  nervöse  Verstimmung  bei 
zarten,  nicht  daran  gewöhnten  Kranken  (Frauen,  Kindern),  Reizung  der 
krankhaft  affizirten  Organe  bei  der  Ausscheidung,  Gewöhnung  an  den 
Alkohol-Genuss,  Gewebsveränderungen  (ähnlich  wie  bei  Alkoholisten) 
nach  längerem  medikamentösen  Gebrauch,  z.  B.  bei  Phthise.  Gegenüber 
Merke  (Nürnberg),  welcher  gefunden  hat,  dass  jüngere  Aerzte  geneigt 
sind,  bei  allen  fiebernden  Kranken  ohne  Auswahl  Alkohol  anzuwenden, 
und  die  klinischen  Lehrer  dem  zu  steuern  bittet,  bemerkt  Nothnagel 
(Wien),  dass  wohl  von  allen  Klinikern  gelehrt  werde,  bei  der  Verordnung 
von  Alkohol  zu  individualisiren.  v.  Jürgensen  (Tübingen)  hat  die  von 
Erb  befürchteten  Wirkungen  des  Alkohols  bei  verständiger  Anwendung 
nie  gesehen,  hält  sie  für  unwahrscheinlich  — zumul  Genesene  vielfach 
Widerwillen  gegen  die  vorher  als  Medikament  genossenen  schweren 
Getränke  äussern  — und  empfiehlt  Anwendung  des  Alkohols  schon  in 
früheren  Stadien  der  Krankheit,  um  dem  Kollaps  vorziibeugen. 
Löwenthal  (Lausanne)  spricht  sich  gegen  den  Gebrauch  des  Alkohols 


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224 


* 

bei  Neurasthenie  aus,  die  dadurch  nur  verschlimmert  werde.  Rühle 
(Bonn)  erinnert  an  die  Heilwirkungen  desWeingeistes  bei  Herzkrankheiten, 
besonders  den  entzündlichen  Entartungen  der  Herzmuskulatur.  — 

lieber  Verhütung  und  Behandlung  der  asiatischen 

Cholera“  referirten  A.  Pfeiffer  (Wiesbaden)  und  Catani  (Neapel). 
Ersterer  behandelte  die  Maassregeln  zur  Verhütung  der  Krankheit  und 
theilte  sie  in  solche,  welche  in  ihrem  Heimatbslande  Indien  selbst, 
besonders  auch  in  Bezug  auf  den  Schiffsverkehr  nach  dem  Anslande  hin, 
und  in  solche,  welche  im  eigenen  Lande  vom  Staat  und  vom  Einzelnen 
getroffen  werden  müssten.  Nach  kurzem  historischen  Rückblick  bis  zur 
Koch 'sehen  Entdeckung  des  Cholerabacillus  und  einer  knapp  gehaltenen 
Darlegung  der  gegensätzlichen  ätiologischen  Auffassung  der  Cholera 
seitens  der  Kontagionisten  und  Lokalisten  brachte  er  vom  Standpankt 
der  ersteren  aus  io  seiner  Ausführung  eine  Zusunimeusielluug  der  all- 
genaein  bekannten  Maassregeln  und  Vorschriften,  ohne  neue  Gesichts- 
punkte zu  eröffnen.  — lieber  die  Behandlung  der  Cholera  referirte 
Catani  (Neapel).  Nach  der  Koch’schen  Entdeckung  ist  anzunebmen, 
dass  die  Gefahr  der  Krankheit  von  den  Oholerabacillen  her  droht,  welche 
durch  ihre  Entwickelung  im  Darm  letzteren  reizen  und  Wasserverlusi 
des  Körpers  und  ßluteindickung  herbeiführen  und  in  manchen  Fällen  ein 
spezifisches  Gift,  ein  Ptomain  erzeugen.  Für  letztere  Annahme  sprechen 
die  beobachteten  rasch  tödtlichen  Fälle  ohne  vorhergegangenen  Wasser- 
verlust. Der  Tod  kann  durch  eine  von  beiden  Ursachen  oder  auch 
durch  beide  vereint  verursacht  werden.  Das  Heilverfahren  muss  alsti 
bestrebt  sein:  1)  die  Entwickelung  der  Bacillen  im  Darm  zu  hemmen, 
2)  den  von  ihnen  (direkt  oder  indirekt)  erzeugten  Giftstoff  unschädlich 
zu  machen,  3)  die  Blutcindickung  und  Wasserverarmung  der  Gewebe 
zu  beseitigen.  Da  die  vom  Munde  aus  beigebrachten  Heilmittel  bald 
wieder  entleert  werden,  griff  Catani  zur  Euteroelyse.  Eine  Tannin- 
lösung von  5 — 20g  auf  l'/i — 2 Liter  Wasser  von  ca.  40°  C.  (meist  mit 
20  Tropfen  Tinct.  Opii)  bringt  er  durch  Eingiessung  io  den  Mastdarm 
mit  Ueberwindung  der  Bauhin’schen  Klappe  bis  io  den  Dünndarm. 
Nachdem  er  die  Beobachtung  gemacht,  dass  in  Italien  die  Arbeiter  in 
Lohgerbereien  verschont  blieben,  in  anderen  Gerbereien  aber  von  der 
Krankheit  befallen  wurden,  stellte  er  durch  Versuche  die  den  Parasiten 
verderbliche  Wirkung  des  Tannin  fest.  Bei  seinem  Verfahren  ist  ausser- 
dem die  adstringirende  Eigenschaft  des  letzteren  nützlich;  der  Darminhalt 
wird  leicht  angesäuert  und  zum  ungünstigen  Nährboden  gemacht,  der 
Körper  durch  die  heisse  Eingiessung  erwärmt.  Auch  das  zweite  Ziel 
der  Behandlung,  die  Unschädlichmachung  der  Ptomaine,  wird  durch  das 
Verfahren  mit  Erfolg  angestrebt.  Spritzte  Catani  Hunden  sterilisirle 
Pepton -Fleischbrühe,  welche  unschädlich  gemachte  Cholerabacillen  ent- 
hielt, in  die  Bauchhöhle,  so  erkrankten  sie  unter  Cholera-ähnlichen 
Erscheinungen,  blieben  aber  gesund,  wenn  ebensolche  Flüssigkeit  ein- 
gespritzt wurde,  die  mit  schwacher  Tanninlösung  versetzt  war  (ebenso 
auch  wenn  sterilisirte  Pepton-Fleischbrühe  ohne  Cholerabacillen  benutzt 
wurde).  Zur  Beseitigung  des  Wasserverlustes  der  Gevyebe  empfiehlt  er 
die  von  ihm  angewandte  Hy podermocly se,  Einführung  grösserer 
Mengen  einer  auf  ca.  40°  C.  erhitzten  Lösung  von  3 Theilen  Natrium 
carbon.,  und  4 Theilen  Natrium  chlorat.  auf  KXK)  Wasser.  Geeignet  als 
Ort  der  Einführung  (durch  Irrigator)  seien  die  Unterbanchgegend, 


V, 


Digitiiieo  uy 


225 


Scbeukel,  Glotaeen,  nur  die  Ualsj^egend  sei  zu  meiden  wegen  oft  eiii- 
tretender  Erstickungs* Zufälle.  — Die  Catani'schen  Bebandlungsweison 
(je  nach  dem  Stadium  der  Krankheit  wurden  eine  oder  beide  zugleich 
angewendet)  haben  — allerdings  erst  in  einigen  hundert  Fällen  — ' 
ziemlich  gute  Resultate  ergeben,  von  schwereren  wurden  61  °/s  geheilt, 
39  ®/o  starben. 

Nach  Schluss  des  io  lliessendem  Deutsch  vorgetragenen  mit  sehr 
lebhaftem  Beifall  aufgenommenen  Referates  verlas  der  Vorsitzende  ein 
Schreiben  v.  Pettenkofer’s,  in  welchem  derselbe  seine  bekannte 
Stellung  zur  Aetiologie  der  Cholera  nochmals  io  kurzen  Sätzen  zu- 
sammenfasste und  eine  Entgegnung  auf  den  Koch’-Gaff ky’schen 
Bericht  der  Cholerakommission  in  Aegypten  durch  die  Presse  in  nahe 
Aussicht  stellte.  — In  der  sich  anschliessenden  Diskussion  warnten 
Büchner  (München)  und  später  auch  Hüppe  (Wiesbaden)  davor,  den 
Faktoren,  welche  ausser  den  Cbolerabacilleu  zum  Erzeugen  der 
Epidemie  nötbig  sind,  zu  wenig  Gewicht  beizulegen.  — Verschiedene 
aus  den  Bacillen  gewonnene  Ptomaine  bezw.  Toxine  wurden  vorgezeigt. 

Liebreich  (Berlin)  hat  durch  sehr  zahlreiche  Versuche  festgestellt, 
dass  viele  der  verschiedenartigsten  organischen  und  anorganischen  Sub- 
stanzen, z.  B.  Salmiak,  Napellin,  Hydrochinon,  Antipyrin,  Terpentin, 
Kamillenöl,  sogar  destillirtes  Wasser,  — Thieren  unter  die  Haut 
gespritzt  eine  oft  Stunden  lang  anhaltende  lokale  Anästhesie  der 
Haut  erzeugen,  oft  auch  solche  der  Hornhaut  bei  lokaler  Einwirkung. 
Salmiakeinspritzung  wurde  beim  Menschen  naebgeprüft,  sie  erregte 
starkes,  anhaltendes  Brennen  bei  Aufhebung  der  Empfindlichkeit 
der  Nervenenden.  (Anaesthesia  dolorosa.)  Die  Hoffnung,  die 
anästbesirende  Wirkung  des  einen  oder  andern  Mittels  für  therapeutische 
Zwecke  nutzbar  zu  machen,  sei  trotz  des  wenig  ergiebigen  Resultates 
seiner  Untersuchungen  bezüglich  Art  der  Wirkung,  Zusammenhang  der 
einzelnen  Stoffe  n.  s.  w.  nicht  aufzugeben.  — Ein  Tbeil  der  Versuche 
wurde  an  Kaninchen  demonstrirt. 

Leyden  (Berlin)  zeigteeine  Dauerkanüle  vor,  welche  nach  Abreisseu 
der  Fäden  10  Monate  lang  in  der  durch  Krebs  verengten  Speiseröhre 
einer  Frau  gelegen  hatte.  Letztere  starb  an  anderer  Krankheit  und 
die  Obduktion  stellte  fest,  dass  die  Kanüle  keinerlei  üblen  Einfluss  auf 
die  Neubildung  (Verschwärung  u.  dgl.)  gehabt  batte,  letztere  war  sogar 
nur  wenig  gewachsen.  — ln  der  Diskussion  betonte  Leyden,  dass  die 
Kanüle  langsam,  nach  vorangegangener  oft  an  mehreren  Tagen  wieder- 
holter Einführung  der  Scblundsonde  an  ihren  Ort  gebracht  werden 
müsse;  ein  etwaiges  Hinabfallen  in  den  Magen  habe  nichts  Bedenkliches. 
— Jaworski  (Krakau)  hat  (soweit  den  Worten  des  schwer  verständ- 
lichen Redners  zu  folgen  möglich  war),  um  die  lästigen  aus  dem  Mund 
des  Patienten  hängenden  Fäden  zu  vermeiden,  die  innere  Kanülenwand 
mit  einer  Furche  versehen  lassen,  in  welche  nach  Einfübren  der  Sonde 
zwei  sich  spreizende  Schenkel  der  letzteren  eingreifen  und  so  ein  Heraus- 
zieben  der  Kanüle  ermöglichen. 

Cornet  (Berlin)  stellte  Untersuchungen  über  die  Verbreitung  der 
Tuberkelbacillen  in  der  Weise  an,  dass  er  mit  einem  sterilisirten 
Schwamm  den  Staub  von  der  W'and  des  Zimmers,  der  Möbel  u.  s.  w. 
in  Räumen,  wo  Tuberkulöse  sich  aufgebalten  hatten,  an  solchen  Stellen 
abwisebte,  die  mit  den  Sputis  nicht  direkt  io  Verbitidung  gekommen  sein 


D- - i zed  oy  Google 


226 


konnten,  (z.  B.  an  der  Ziminerdeuke).  Der  Suliwainniinb»lt  wurde  dann 
unter  entsprechenden  Vorsichtsmaassregelii  in  sterilisirter  Bouillon  auf- 
gelöst und  Meerschweinchen  in  die  Bauchhöhle  eingespritzt.  Zur  Vor- 
sicht — um  anderweite  Infektion  auszuschliessen  — wurden  frische 
Thiere  gewählt,  welche  schon  getödtet  wurden,  ehe  noch  die  Erscheinungen 
der  Tuherknlose  anderwärts  als  in  der  Bauchhöhle  zu  Tage  getreten 
.sein  konnten.  Er  untersuchte  so  21  Krankensäle  in  7 Berliner  Hospitälern, 
15  davon  lieferten  ein  Tuberkulose  erzeugendes  Material.  Verwendet 
wurden  94  Thiere,  52  davon  starben  unmittelbar  bezw.  sehr  bald 
nach  der  Injektion,  von  den  übrigen  42  wurden  20  tuberkulös,  22  blieben 
gesund.  Auch  bei  der  Untersuchung  des  Scbwarominhalts  ans  Brivat- 
wohnungen  von  Schwindsüchtigen  erzielte  er  20  mal  positiven  Erfolg  und 
zwar  fast  stets  dann,  wenn  die  Kranken  eingestanden,  nicht  nur  in  das 
SpeigefäsB,  sondern  auch  auf  den  Boden  oder  ins  Taschentuch  gespuckt 
zu  haben.  Kontrollprüfungen,  welche  mit  Staub  aus  chirurgischen 
Krankensälen  oder  Zimmern  Gesunder  angestellt  wurden,  Hessen  die 
Versuchsthiere  gesund.  Im  Ganzen  hat  Cornet  (die  Zahlen  können 
keinen  Anspruch  auf  absolute  Genauigkeit  machen)  .311  Thiere  mit 
Lösungen  geimpft,  welche  Staub  aus  Aufentbaltsräumen  Tuberkulöser 
enthielten;  von  den  Tbieren  gingen  167  rasch  an  den  Folgen  des  Ein- 
griffs zu  Grunde,  von  den  übrigen  144  wurden  59  tuberkulös,  85  blieben 
gesund.  75  Thiere  wurden  mit  Staublösungen  aus  den  Wohnurgen 
Gesunder  geimpft,  alle,  welche  nicht  an  den  unmittelbaren  Folgen  des 
Eingriffs  starben,  blieben  gesund.  Staub  von  dem  Arbeitstisch  des  Vor- 
tragenden, wo  er  seit  Jahren  — aber  unter  entsprechenden  Vorsichts- 
maassregeln  — mit  Tuberkel-Bacillen  enthaltendem  Material  sich 
beschäftigt  hat  — Hess  bei  Versuchen  damit  die  Thiere  gesund.  — 

Cornet  bat  noch  sehr  zahlreiche  Versuche  angestellt,  ob  durch 
Einführung  von  Medikamenten,  wie  Sublimat,  Tannin,  Menthol,  Kreosot 
u.  8.  w.,  in  den  Thierkörper  in  grossen  eben  noch  ertragenen  Mengen 
die  thieriseben  Gewebe  sich  zu  ungünstigem  Nährboden  für  die  Tuberkel- 
Bacillen  machen  Hessen,  es  ist  dies  jedoch  nicht  gelungen.  Die  Arbeit 
des  Vortragenden  soll  demnächst  in  einer  wissenschaftlichen  Zeitschrift 
in  ausführlicher  Form  veröflFentlicht  werden. 

Bnchner  (München)  sprach  „über  den  experimentellen  Nach - 
weis  der  Aufnahme  von  Infektionserregern  ans  der  Athem- 
luft“.  Er  zerstäubte  trocknen  mit  Milzbrandsporen  vermischten  Staub 
und  mit  Milzbrandstäbchen  gemengte  Flüssigkeiten  und  Hess  sie  von  Thieren 
einatbroen.  Er  bediente  sich  dazu  eines  Sprays  mit  einer  Vorlage,  aus 
der  — um  Durchnässung  der  Thiere  zu  verhüten  — die  letzteren  nur 
ein  feiner  Nebel  durch  ein  Glasrohr  erreichte.  Ebenso  wurden  Versuche 
mit  den  Infektionsträgern  des  Rotzes,  der  Hübnercholera,  des  Schweine- 
rothlaufs,  der  Mäuseseptikämie  angestellt  und  es  wurden  zugleich  eine 
Reihe  von  Thieren  mit  den  Infcktionsstolfcn  gefüttert  Von  140  Meer- 
schweinchen, Kaninchen,  Mäusen,  welche  inbalirt  hatten,  waren  96  in 
2 — 4 Tagen  todt,  von  79  gefütterten  starben  überhaupt  7.  Bei  der 
Obduktion  der  durch  Milzbrandsporen  zu  Grunde  gegaegenen  zeigten 
sich  die  Longen  äusserlicb  unverändert,  doch  waren  Milzbrandbacillen 
in  der  Longe  sowohl  mikroskopisch  als  durch  Kultur  nachzuweisen  und 
zwar  war  23  '/•  Std.  nach  der  Inhalation  schon  Ilineinwachsen  der 
Stäbchen  in  die  Capillaren  zu  sehen.  Die  auf  nassem  Wege  inhalirten 


DiQlitzeu  üy  vjvjO^Il 


227 


Milzbrandstäbchen  erzeugten  entzündliche  Veränderungen  der  Lungen 
und  wucherten  lebhaft,  riefen  aber  geringere  Allgemeininfektion  hervor, 
80  dass  also  der  Reizzustand  der  Lunge  ihrem  Durchtritt  dnrch  die 
Blutgefässwand  hinderlich  zu  sein  schien.  Zu  letzterem  erschienen 
besonders  die  „Blutparasiten‘‘  (die  sich  im  Blut  vermehren)  geeignet, 
Typhus-,  auch  Tuberkel-  und  Cholera-Bacillen  sind  keine  solche,  daher 
die  Misserfolge  Flügge’s  bei  Einspritzungen  von  Typhusbacillen  in  die 
Ijuftröhre  von  Tbieren. 

Dehio  (Dorpat)  schlägt  behufs  einer  „physikalischen  Dia- 
gnostik der  mechanischen  Insuffizienz  des  Magens**  vor,  den 
nüchternen  Magen  mit  bestimmten  Quantitäten  Wasser  nach  und  nach 
anznfüllen  (durch  Trinken)  und  die  allmälige  Vergrösserung  desselben 
perkutorisch  festzustellen.  Die  untere  Dämpfungsgrenze  des  gesunden 
•Magens  erreicht  nur  selten  die  Nabelhöhe,  bei  Atonie  der  Magenwand, 
muskulärer  Insuffizienz,  rückt  die  untere  Dämpfungsgrenze  sehr  rasch 
nach  unten  und  reicht  bald  über  den  Nabel  hinaus,  bei  wirklicher 
(dauernder)  Ektasie,  wo  auch  der  leere  Magen  wie  ein  schlaffer 
Beutel  herunter  hängt,  erscheint  die  durch  das  eingeführte  Wasser  ver- 
ursachte Dämpfung  sofort  an  der  tiefsten  Stelle.  Das  Verfahren  sei 
der  Ausdehnung  des  Magens  dnrch  Kohlensäure-Entwickelung  vorzuziehen, 
da  es  eine  differentielle  Diagnose  zwischen  muskulärer  Insuffizienz  und 
Ektasie  ermögliche,  während  die  Kohlensäure-Anwendung  bei  beiden 
Krankbeitszuständen  das  gleiche  Bild  gebe. 

Finkler  (Bonn),  davon  ausgehend,  dass  ein  noch  genaueres  Studium 
der  einzelnen  Formen  der  Lungenentzü  ndung  nöthig  sei,  um  über  ihren 
einheitlichen  (^baraktec  ins  Klare  zu  kommeu,  schildert  eine  Reihe  von 
ihm  beobachteter  Fälle  von  infektiöser  Pneumonie,  welche  bei  geringen 
Luugenerscheinungen  unter  dem  Bilde  eines  Abdominal-Typbus  verliefen, 
zum  Theil  nach  4 Wochen  ohne  weitere  Komplikationen  tndtlicb  endeten 
und  bei  der  Obduktion  keinerlei  Darmerkrankung,  aber  die  anatomischen 
Zeichen  einer  kroupösen  tbeils  mehr  frischen,  theils  abgelaufenen  Pneu- 
monie wabrnehmen  Hessen.  Von  Mikrobien  waren  aus  dem  Lungen- 
gewebe Staphylococcus  aureus  und  ein  Streptococcus  erhältlich.  Er- 
krankung anderer  Organe  war  nicht  vorhanden. 

A.  Pfeiffer  (Wiesbaden)  zeigte  üppig  wachsende  T ab  er k el-  Bacillen. 
Kulturen,  die  in  Blutserum  mit  Zusatz  von  6 — 8 Tropfen  sterilisirten 
Glycerins  gezüchtet  waren.  Die  Erstarrung  des  Nährbodens  wird  durch 
den  Zusatz  nicht  gehindert. 

Catani  (Neapel)  sprach  über  „Fortpflanzung  des  Wuthgiftes 
längs  der  Nerven“.  Er  spritzte  starkes  (fixes)  Virus  der  Tollwuth 
z.  B.  in  den  linken  Ischiadicus  von  Thieren;  wurde  das  Rückenmark 
durchschnitten,  so  erwies  sich  später  dasselbe  nur  unterhalb  der 
Schnittstelle  bei  Weiterimpfungen  (unter  die  Dura)  infektiös,  eigenthüm- 
licber  Weise  auch  der  rechte  (unverletzte)  Ischiadicus,  das  Gift  verbreitet 
sich  also  anscheinend  nicht  nur  in  centripetaler,  sondern  auch  in  um- 
gekehrter Richtung.  Catani  glaubt,  dass  sich  das  Wutbgift,  welches 
durch  Biss  eingeführt  wurde,  meist  durch  die  Nervenbahnen  nach 
dem  Gehirn  verbreite,  durch  das  Gefässsystem  vielleicht  nur  in  den 
Fällen  mit  kurzer  Inkubation.  Catani  hält  sein  Verfahren  geeignet  für 
die  physiologische  Nachprüfung  der  Wirksamkeit  der  Pasteur’scheii 
Schutzimpfung. 


Digr 


‘228 


In  der  letzten,  am  12.  April  abgehaltenen,  Sitzung  wurde  ala  Ort 
für  den  nächsten  Kongress  wiederum  Wi^baden  gewählt,  obwohl  von 
Seiten  des  Geschäfts -Komitees  Berlin  vorgeschlagen  war.  Da  sich  die 
Zahl  der  Vorträge  von  Jahr  zu  Jahr  steigert,  ist  in  Aussicht  genommen, 
nur  2 Tage  für  die  Referate  zu  bestimmen.  Als  Themata  für  letztere 
waren  vorgescblagen : von  Curschmann  (IlambDrg)  „die  Behandlung 
des  Ileus“.  — „Angina  pectoris“,  von  Nothnagel  (Wien)  „Pathologie 
und  Therapie  der  Gicht.“ 

Diederich  (Wiesbaden). 


Sanitätsbericht  über  die  Deutschen  Heere  im  Kriege  gegen 
Frankreich  1870/71.  Hcrausgegeben  von  der  Militär  - Medizinal- 
Abtheilung  des  Königlich  Preussiseben  Kriegsministeriums  unter  Mit- 
wirkung der  entsprechenden  Königlich  Bayerischen,  Königlich  Sächsischen 
und  Königlich  Württembergiseben  Behörden.  Dritten  Bandes  spezieller 
Theil,  Erste  Abtheilung,  III.  Chirurgischer  Theil:  A.  Verwundungen 
des  Kopfes*)  und  Rumpfes.  Mit  3 Lichtdrucktafeln  und  3 Zeichnungen 
im  Text.  Berlin,  E.  S.  Mittler  & Sohn.  1888.**) 

(Schluss.) 

Das  fünfte  Kapitel  (S.  390— .557)  ist  den  Verwundungen  der 
Brost  gewidmet. 

In  ärztliche  Behandlung  gelangten  insgesammt  9460  Deutsche  mit 
Wunden  an  Brost  und  Rücken  (ansschl.  Schulter),  von  denen  2035  — 
21,5  ■’/o  starben.  Dieses  Sterblicbkeitsverbältniss  bleibt  nicht  unerheblich 
hinter  dem  ans  6 grösseren  Kriegen  berechneten  Durchschnitt  von  25,7°/o 
zurück,  übertrifFt  jedoch  das  im  Amerikanischen  Kriege  ermittelte  um 
ein  Weniges.  Der  Bericht  erinnert  hier  und  an  anderen  Stellen  an  die 
Ausführungen  im  II.  Bande,  woselbst  dargelegt  ist,  dass  eine  verbesserte 
erste  Hülfe  die  Sterblichkeit  in  den  Lazarethen  nothwendig  scheinbar 
vermehren  muss. 

In  den  dem  ersten  Abschnitte  eingefügten  statistischen  Uebersichten 
sind  6434  Brustwunden  mit  1778  Todesfällen  und  3789  Scbulterwunden 
mit  1291  Todesfällen  (zusammen  also  10  223  Verwundungen  mit 
2069  Todesfällen)  mannigfach  groppirt. 

Die  den  'folgenden  Abschnitten  ein  verleibte  Kasuistik  bildet  eine 
nicht  leicht  zu  erschöpfende  Fundgrube  für  alle  einschlägigen  Verhält- 
nisse. Systematisch  behandelt  die  unserer  Meinung  nach  zu  den  ge- 
lungensten Theilen  des  Berichtes  gehörige  Bearbeitung  der  Brustver- 
wuvdungen  in  Abschnitt  2 die  Quetschungen  und  Erschütterungen  ohne 
äussere  Wunden  bezw.  die  Verletzungen  der  Weichtheile  ohne  Eröffnung 
der  Brusthöhle,  — in  Abschnitt  3 die  Verletzungen  des  knöchernen  (^> 
rüstes  ohne  Eröffnnng  der  Brusthöhle,  im  4.  die  durchbohrenden  Brust- 


*)  Vergl.  hierzu  eins  Referat  über  die  Verwundungen  der  .\ugeii  im 
laufenden  Jahrgang  dieser  Zeitschrift  8.  131  ff. 

**)  cf.  A.-V.-Bl.  No.  3,  Berlin  14.  •>.  88,  J.  N.  1398/88.  .M.  A.  (Aintl.  Bei- 
blatt S.  23). 


Digitized  by  Googlc 


«nnden  ohne  and  mit  Verletzung  des  knöchernen  Gerüstes.  Jeder  dieser 
Abschnitte,  insbesondere  jedoch  der  .3.  und  4.,  erscheint  gleich  bedeutend 
dnreh  das  grossartige  Quellenmaterial , wie  durch  die  einsichtsvolle 
tiearbeitung.  Auf  mehr  als  450  Einzelbeobachtongen  vermag  sich  allein 
die  Besprechung  der  durchbohrenden  ßrnstwunden  zu  stützen;  nicht  wenige 
dieser  Fälle  konnten  durch  eine  lange  Reihe  von  Jahren  verfolgt  werden ; 
bäofig  war  es  angängig,  das  Ergebniss  genauer  Autopsien  zu  berück- 
sichtigen! — Als  Unterlage  und  Beweismaterial  für  die  in  den  Ab- 
schnitten 2 und  3 gezogenen  Schlüsse  dienen  163  Krankengeschichten! 

Von  besonderem  militärärztlichen  Interesse  erscheinen  die  Erörterungen 
über  die  Kontnsionspneumonie,  welche  seitens  der  Feldärzte  nur  bei- 
läufige Erwähnung  gefunden  bat,  „inöglichervveise  deswegen,  weil  sie 
in  allen  wesentlichen  Tbeilen  mit  der  genuinen  Lungenentzündung  über- 
einstimmt“, oder  aber  „weil  die  Feldärzte  einen  unmittelbaren  Zusammen- 
hang zwischen  der  mechanischen  Verletzung  und  der  Longenerkrankung 
Dicht  anerkannten“.  Nimmt  man  die  Entstehnng  durch  Quetschung  an, 
so  beläuft  sich  die  Häufigkeit  der  sekundären  Lungenentzündung  bei 
491  (!)  Brustkorbersebütternngen  ohne  äussere  Wunde  auf  1,8  ° o. 

Gleich  im  Anschlüsse  hieran  sei  erwähnt,  dass  in  einem  Anhänge 
zu  dem  in  Rede  stehenden  Kapitel  der  Frage  des  Zusammenhanges 
zwischen  Tuberkulose  und  Brnstwonden,  d.  i.  der  Frage,  inwieweit  durch- 
bohrende und  nicht  durchbohrende  Brostwunden  eine  Disposition  zur 
Erkrankung  an  Tuberkulose  zu  schaffen  vermögen,  vorsichtig  näher  ge- 
treten wird.  Mit  Recht  ist  hervorgehoben,  dass  zur  Klärung  dieser  An- 
Itelegenheit  eine  „genaue  Kenntniss  von  der  Herkunft  und  dem  Vorleben  des 
Kranken,  von  dem  Zustande  der  Lungen  unmittelbar  vor  der  Verwundung, 
desgleichen  von  der  Beschäftigung,  dem  Lebenswandel,  den  gesundheits- 
schädigenden Einflüssen  nach  derselben  unentbehrlich“  ist.  Das  Kriegs- 
material lässt  trotz  seiner  Massenhaftigkeit  in  dieser  Beziehung  vielfach 
im  Stich,  und  selbst  von  einer  umfassenden  Invaliden-Statistik  kann  wohl 
Auskunft  darüber  erwartet  werden,  wie  oft  auf  Brustverletzungen 
schliesslich  Tuberkulose  gefolgt  ist,  aber  höchstens  beschränkter 
Aufschluss  über  den  inneren  Zusanimenbang  zwischen  beiden  Vorgängen. 
Die  spärlichen  Angaben  (17)  über  Tuberkulose  in  den  384  mitgetbeilten 
Krankengeschichten  Solcher,  welche  nicht  der  Brustwnnde  erlegen  sind, 
der  fast  gänzliche  Mangel  anderer  sicherer  Nachrichten  über  traumatische 
Pbthisis  nach  Verletzungen  der  Brust  durch  Kriegs  Waffen,  die  ausdrück- 
liche Angabe  im  Amerikanischen  Bericht,  dass  keine  Krankengeschichte 
und  kein  Sektionsbefnnd  aus  dem  Rebellionskriege  eine  Beziehung  zwischen 
Verwundungen  der  Brust  und  wahrer  tuberkulöser  Schwindsucht  erkennen 
lasse,  gestatten  übrigens  immerhin  den  Schluss,  dass  Verwundungen  der 
Lunge  viel  seltener  eine  tuberkulöse  Disposition  hervorrofen,  als  vielfach 
angenommen  werden  mag. 

Gleichzeitige  Verletzungen  des  knöchernen  Gerüstes  des  Brustkorbes 
haben  bei  durchbohrenden  Brnstwonden  die  Vorhersage  nur  wenig  ver- 
schlechtert. Auf  290  sichere  derartige  Beobachtungen  entfielen  165  — 
56,9'’/i>  Todesfälle,  auf  1135  durchbohrende  Brnstwunden  ohne  Knochen- 
betheiligong  598  =52,7%.  Die  Kleinheit  des  Chassepotgeschosses,  welches 
leicht  zwischen  den  Rippen  dorchschlüpfte,  erklärt  die  verhältnissmässig 
kleine  Zahl  der  mit  Knochenverletzung  komplizirten  Wunden  der  in  Rede 
stehenden  Art. 

ln  Betreff  der  Herz  wunden,  Verwundungen  beider  Longen,  des 


230 


Langeo Vorfalls,  des  Ilaotemphysenis  bei  Brustwundeii  und  anderer  be- 
gleitender Umstände  muss  wiederum  auf  das  Original  verwiesen  werden. 

Operationen  nach  ßrustwunden  sind  entsprechend  der  damaligen 
Anschauung  über  die  Gefährlichkeit  der  Eröffnung  der  Brusthöhle  nur 
selten  gemacht  worden:  abgesehen  von  14  Unterbindungen  grosser  Ge- 
fässstämme  mit  11  Todesfällen  konnten  nur  4ü  Berichte  über  Thoraco- 
centesen  zusammengustellt  werden,  von  denen  22  einen  günstigen  Verlauf 
nahmen. 

In  gleich  würdiger  Weise  stellt  sich  das  6.  Kapitel,  Verwundungen 
des  Unterleibs  (S.  558 — 652),  dar,  welches  statistisch  über  5743  Fälle 
mit  1475  Todten  berichtet. 

Mehr  als  die  leichte  Zugänglichkeit  der  Baueborgane  für  die  von 
Aussen  kommenden  Gewalten  prägen  3 anatomische  Eigentbümlicbkeiten : 
der  ausserordentliche  Gefässreichthum,  der  ungewöhnliche  Nervenreich- 
tbum,  endlich  der  Charakter  des  Bauchfells,  den  Verletzungen  der  Bauch- 
höhle den  Stempel  besonderer  Gefährlichkeit  auf.  Hinzu  kommt,  dass 
der  flüssige  Darminhalt  als  eine  mehr  oder  weniger  in  Zersetzung  und 
Fäulniss  begriffene  Masse  anzuseben  ist,  in  welcher  Ptomaine  (Briegcr) 
von  starker  und  rascher  Giftwirkung  reichlich  enthalten  sind.  Diese 
letzteren  Verhältnisse  finden  durch  die  Kriegsbeobaebtungen  rein  zahlen- 
mässig  eine  gute  Beleuchtung,  indem  57,2  sämmtlicber  Todesfälle  an 
durchbohrenden  Unterleibswunden  auf  die  ersten  3 Tage  nach  der  Ver- 
wundung entfallen!  — Mit  Recht  warnt  der  Bericht  aus  diesem  Grunde 
davor,  allzu  weitgehende  Hoffnungen  bezüglich  der  künftigen  Behandlung 
von  Unterleibswunden  an  die  antiseptiseben  Methoden  zu  knüpfen. 

Als  günstiger  Umstand  wirkt  allerdings  die  grosse  Plastizität  des 
Bauchfells,  welcher  die  im  3.  Abschnitte  über  durchbohrende  Unterleiba- 
wunden  aufgefübrten  überraschend  zahlreichen  Heilungen  von  Darm- 
sebüesen  (26  unter  59  sicheren,  ausführlicher  mitgetheilten  Beobachtungen) 
zuzuschreiben  sind. 

Die  eben  erwähnte  Kasuistik  der  Darmsebüsse  und  deren  Besprechung 
darf  vielleicht  als  der  Glanzpunkt  des  Kapitels  bezeichnet  werden.  Auch 
jeder  andere  Unterabschnitt  aber  ist  reich  an  neuen,  werthvolleu 
Mittbeilungen.  So  werden  unter  den  Verwundungen  der  Harnblase  allein 
15  Kraukengeschiebten  zum  ersten  Mal  veröffentlicht,  welche  also  auch 
in  der  seiner  Zeit  von  Bartels  veranstalteten  Zusammenstellung  fehlen. 
Die  schon  bekannte  Krankengeschichte  eines  derartig  Verwundeten,  bei 
welchem  Wilms  1879  die  blumenkoblartig  mit  Harnsalzen  bedeckte 
Chassepotkugel  entfernte,  ist  durch  Zusätze  und  Abbildungen  des  Fremd- 
körpers bereichert.  Von  reinen  Bauch  feil  wunden  (ohne  Verletzung 
anderer  innerer  Organe)  werden  verhältnissmässig  zahlreiche  Beispiele 
beigebracht. 

Das  Haupteintheilungsprinzip  ist  von  der  Verletzung  des  Bauchfells 
hergenommen.  Unter  den  Unterleibswunden  ohne  Eröffnung  des  Banch- 
fellsacks  (2.  Absehnitt)  werden  die  blossen  Quetschungen  und  Weichtheil- 
wunden,  die  Verletzungen  der  Geschlechtstheile,  der  Beckenknocheii 
und  der  ausserhalb  des  ßauchfellsacks  gelegenen  Organe  besprochen; 
unter  den  mit  Eröffnung  des  Bauchfellsacks  einhergegangenen  (durch- 
bohrenden) Unterleibswunden  (3.  Abschnitt)  die  reinen  Baucbfellwundeii 
und  die  Verletzungen  der  innerhalb  des  Bauchfellsacks  gelsgenen  Organe. 

Verletzungen  mit  gleichzeitiger  Eröffnung  der  Brust-  und  Bauch- 
höhle (4.  Abschnitt)  kamen  66  Mal  zur  Beobachtung  mit  75,7  «/o  Todes- 


DiQÜucou  uy  vjn>U^lt 


231 


filleo.  Ueber  27  Verwundete  liegen  genauere  Nachricbten  vor,  von 
denen  5,  ein  gewiss  erfreuliches  Ergebniss,  geheilt  wurden;  es  befinden 
sich  unter  denselben  2 mal  Verletzungen  der  Leber,  1 mal  des  Dickdarms. 
2 mal  anscheinend  nur  des  Bauchfells.  Einer  von  den  Geheilten  erlag 
nach  etwa  7>/i  Jahren  der  Darmeinklemmung  durch  den  zurückgebliebenen 
Zwerchfellspalt,  ein  bemerkenswerthes  Beispiel  für  die  von  Pirogoff 
angegebene  Art  des  Heilnngsvorganges  bei  Zwercbfellwuoden. 

Im  Anhang  zum  6.  Kapitel  werden  die  widerspruchsvollen  An- 
sichten neuerer  Chirurgen  über  die  operative  und  nicbtoperative 
Behandlung  der  durchbohrenden  Unterleibswnnden,  insbesondere  der 
Darmschnsswunden  ohne  Darmvorfall,  nebeueinandergestellt.  Aus  den  im 
Vorangegangenen  mitgetheilten  Krankengeschichten  wird  der  Schluss 
gezogeu,  dass  bis  auf  Weiteres  im  Felde  bei  derartigen  Verwundungen 
im  Allgemeinen  eine  zuwartende  antise  Pt  ische  Behandlungs- 
methode mit  Darreichung  grosser  Dosen  von  Opium  in  Ver- 
bindung mit  fast  völliger  Nahrungsentziehung,  subkutanen  Morpbinm- 
Einspritzungen  und  geeigneter  Lagerung  die  empfehlenswertheste  sei. 

Erwähnung  verdient  schliesslich,  dass  das  bereits  in  den  zuletzt 
erschienenen  Bänden  des  Kriegs-Sanitätsberichtes  stufenweise  zu  Tage 
getretene  Bestreben,  anch  die  deutsche  medizinische  Sprache  von  der 
Belastung  mit  entbehrlichen,  lediglich  auf  Gewohnheit  und  Bequemlichkeit 
zurückzuführenden  Fremdwörtern  zu  befreien,  in  dem  vorliegenden 
III.  Bande  einen  sehr  vollständigen  Sieg  über  alle  theils  wirklich,  theils 
scheinbar  entgegenstehenden  Schwierigkeiten  davon  getragen  bat.  Die 
angenehme  Empfindung,  welche  sich  des  Lesers  dieses  Bandes  bemächtigt, 
beruht  nicht  zum  kleinsten  Theil  auf  der  entschiedenen,  gleichwohl  jede 
Gewaltsamkeit  weislich  vermeidenden  Sprachreinigung.  Bei  dem  immer 
weitere  Kreise  ergreifenden  Gefühl  für  die  Ausdrucksfähigkeit  der, 
deutschen  Sprache,  ihre  Würde  und  Schönheit,  darf  gehofift  werden, 
dass  das  in  grossem  Stil  gegebene  Beispiel  nicht  ohne  Folgen  für  die 
medizinische  Ausdrucksweise  bleiben  und  wesentlich  dazu  beitragen  wird, 
dass  bald  auch  manches  heut  noch  unvermeidlich  erscheinende,  im 
Bericht  daher  zunächst  wohl  mit  Absicht  beibehaltene  Fremdwort  ver- 
schwindet. 


Desselben  Werkes  fünfter  Band.  III.  C.  Kasuistik  der  im  Kriege 
gegen  Frankreich  1870/71  nach  Verwundung  durch  Kriegswaffen  auf 
Verbandplätzen  oder  in  Lazaretheu  der  Deutschen  Heere  ausgeführten 
grösseren  Operationen  in  tabellarischer  Anordnung.  Berlin,  E.  S.  Mittler 
und  Sohn.  18.84. 

Der  Inhalt  des  fünften  Bandes  des  Gesammtwerkes  wird  durch  den 
Titel  in  aller  wünsebenswertben  Vollständigkeit  ausgesprochen.  Hinzu- 
zafügen  bleibt  nur,  dass  — wie  im  Vorwort  bemerkt  wird  — auch  die 
Wenigen  Aufnahme  gefunden  haben,  welche  nach  Operation  durch 
Französische  Aerzte  in  Deutschen  Lazaretben  verpflegt  worden  sind. 
Diese  gewaltige  Kasuistik  umfasst  alle  diejenigen  grösseren  Operationen 
au  Deutschen  und  Franzosen,  über  welche  die  Feldzugs- Akten  ein- 
gehendere Berichte  oder  doch  mindestens  die  zur  Feststellung  der 
Persönlichkeit  des  Operirten  unerlässlichen  Angaben  enthalten.  Ent- 
sprechend den  im  ganzen  Bericht  maassgebend  gebliebenen  Grundsätzen 


Digi‘' 


232 


sind  MittheiluDgen , welche  der  letzteren  Forderung  nicht  genügen, 
unberücksichtigt  geblieben. 

In  Folge  des  Umstandes,  dass  in  den  Berichten  der  Feldärzte  ebenso 
wie  in  der  gedruckten  Litteratur  die  Personen-Vermerke  häufig  fehlen, 
mussten  viele  an  sich  wertbvolle  Beschreibungen  und  Sektionsberiebte 
unbenutzt  gelassen  werden,  weil  trotz  aller  darauf  verwandten  Mühe  es 
nicht  mehr  gelang,  mit  Sicherheit  festzustcllen,  auf  welchen  der  Operirten 
sie  sich  beziehen.  Häufig  konnte  aus  diesem  Grunde  in  dem  vorliegenden 
Bande  neben  dem  Namen,  der  Art  und  dem  Tage  der  Verletzung  nnr 
etwa  noch  die  Art  und  der  Tag  der  Operation,  sowie  der  Ausgang 
vermerkt  werden. 

Im  Interesse  einer  der  Wahrheit  möglichst  nahe  kommenden 
Statistik  kann  dem  eingescblagenen  Verfahren  nur  voll  zngestimint 
werden.  Allerdings  bleibt  dabei  die  Möglichkeit  bestehen,  dass  auch  die 
blosse  Zahl  der  Operirten  sich  vielleicht  um  ein  Geringes  kleiner  dar- 
stellt als  der  Wirklichkeit  entspricht,  obwohl  die  namentlichen  Listen 
der  Operirten,  welche  vorschriftsgemäss  den  Monatsberichten  der 
Lazaretbe  beizufügeo  waren,  eine  annähernde  Vollständigkeit  hinsichtlich 
der  grösseren  Eingriffe  gewährleisten;  andererseits  ist  auf  dem  gewählten 
Wege  — und  nur  auf  diesem  — jede  Doppelzählung  mit  Sicherheit 
auszuschliessen.  Für  Kriegs-  und  Friedens-Berichterstattungen,  desgleichen 
für  litterarische  V'eröffentlichnngen  aber  erwächst  daraus  eine  dringliche 
Mahnung,  jeden  Verwundeten  oder  Kranken  auch  bei  scheinbar  minder 
wichtigem  Anlass  grundsätzlich  stets  so  genau  zu  bezeichnen,  dass 
derselbe  für  künftige  Zusammeostcllnngen  deutlich  erkennbar  und  unter- 
scheidbar wird.*)  Es  erscheint  dies  ebenso  sehr  als  eine  Pflicht  gegen- 
über der  Wissenschaft  als  eine  gebotene  Rücksicht  gegenüber  Denjenigen, 
welche  sich  der  Zusammenfassung  von  Einzelarbeiten  unterziehen. 
Welcher  unendliche,  verdriessliche  und  schliesslich  oft  erfolglose  Auf- 
wand von  Zeit  und  Mühe  dazu  gehört,  um  nach  längerer  Zeit  das 
anfangs  so  bctniem  sich  darbietende,  zur  Vermeidung  von  Doppelrecbnungen 
unerlässlich  Nothwendige  zu  ermitteln,  wird  Jeder  bestätigen,  der  auch 
nur  auf  einem  beschränkten  Gebiete  einmal  unternommen  hat.  zerstreute 
kasuistische  Mittheilungen  zu  einem  Ganzen  zu  vereinigen. 

Die  im  vorliegenden  Bande  mitgetheilten  Operationen  sind:  dio 
Gliedabsetzungen,  die  Gelenk- Aussägungen,  die  Aussägungen  im  Verlaufo 
der  OTOSsen  Röhrenknochen,  die  Kiefer-Aussägungen,  die  Trepanationen 
der  Bcbädelknochen,  einige  andere  Eingriffe  an  Knochen  und  Gelenken, 
die  Unterbindungen  grösserer  Schlagadern,  die  Transfusionen,  die  Nerven- 
Ausschneidungen,  die  plastischen  Operationen  am  Gesicht,  die  Eröffnungen 
der  Luftwege,  die  Eröffnungen  des  Brustfellraums,  die  Operationen  am 
Bauch,  an  den  Geschlechtstheilen,  endlich  diejenigen  an  den  Augen  und 
Augenlidern. 


*)  Der  vollen  Namensnennung,  welche  den  .Sanitätsoffizieren  hei  privaten 
Veröffentlichungen  amtlichen  Materials  aus  naheliegenden  Gründen  untersagt  ist, 
bedarf  es  dazu  oflenhar  nicht.  Die  AnfaiigBhuehataben  des  Vor-  und  Zunamens 
werden  in  Verbindung  mit  anderen  Angaben  (Truppentheil , Charge,  Dalum  und 
Art  der  Verwundung  oder  Krkrankung  u.  s.  w.)  ausnahmslos  zur  Krreiehung  des 
oben  angedeuteten  Zweckes  genügen.  Ein  Itlii'k  in  medizinische  Zeitschriften  aber 
lehrt,  wie  häufig  jede  derartige  Bezeichnung  der  Person  mangelt,  welche  ,dcr 
Kall“  betrifft. 


V, 


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Zar  weiteren  Andeutung  der  Fülle  des  Gebotenen  diene  noch  die 
Angabe,  dass  der  (allerdings  weitaus  umfangreichste)  Abschnitt,  welcher 
sich  auf  Amputationen  am  Oberschenkel  bezieht,  abgesehen  von  einigen 
Nachträgen  nicht  weniger  als  1436  Beobachtungen  (1076  Deutsche, 
360  in  Dentschen  Sanitälsanstalten  behandelte  Franzosen)  umfasst. 

Die  Krankengeschichten  sind  innerhalb  jedes  dieser  Hauptabschnitte 
zunächst  nach  Deutschen  nnd  Franzosen  gesondert;  in  jeder  dieser  Unter- 
abtheilnngen  weiterhin  nach  Geheilten  nnd  Gestorbenen,  endlich  in  jeder 
der  letzteren  Groppen  alphabetisch  nach  dem  Zunamen  des  Verwundeten. 

Von  allen  oben  erwähnten  Operationen  haben  bisher  nur  die  Ge- 
lenk-Aussägungen  durch  die  bekannten  Veröffentlichungen  von  Ernesti, 
Dominik,  v.  Scheven,  Deininger,  Heinzei,  Grossheim  in  früheren 
Jahrgängen  dieser  Zeitschrift,  schliesslich  durch  das  verdienstvolle  Werk 
von  Gurlt  eine  Zusammenfassung  erfahren.  Auch  letzteres  ist  in  einer, 
dem  Gesammtplane  des  vorliegenden  Bandes  entsprechenden  Weise  be- 
nutzt worden;  eine  mässige  Zahl  von  Gelenk-Aossägnngen  (meist  tüdtlich 
verlaufene  F'älle),  welche  selbst  bei  Gurlt  noch  fehlen,  ist  besonders 
kenntlich  gemacht. 

Ans  dem  Titel  geht  hervor,  dass  der  erst  jetzt  ansgegebene  fünfte 
Band  schon  im  Jahre  1884  seinen  Abschluss  und  seine  Druckherstellung 
erfahren  hat  Der  Grund  für  die  geübte  Zurückhaltung  darf  wohl  mit 
Recht  darin  gesucht  werden,  dass  dieser  Theil  des  Berichtes  ausschliess- 
lich Material  enthält,  dessen  statistische  Verwerthuog  nnd  sonstige 
Erläuterung  dem  lil.  Bande  Vorbehalten  geblieben  ist  Im  Vorwort  zu 
der  vorliegenden  Kasuistik  6ndet  sich  ein  ausdrücklicher  Hinweis  auf 
eine  „Statistik  der  grösseren  Operationen“  im  III.  Bande,  welche 
vermuthlich  in  dem  noch  ausstehenden  „Allgemeinen  Theil“  des 
letzteren  erwartet  werden  darf.  Erläuterungen  zu  den  Operationen  an 
Brost,  Bauch  und  an  den  Augen  &ndcn  sich  bereits  in  den  betreffenden 
Kapiteln  der  soeben  erschienenen,  oben  besprochenen  ersten  Abtheilung 
des  Speziellen  Tbeils  des  III.  Bandes  (Verwundungen  des  Kopfes  und 
Rumpfes). 

Der  hier  in  Rede  stehende  fünfte  Band  gewährt  mehr  als  andere 
einen  Einblick  in  die  Werkstatt  der  verdienstvollen  Verfasser  des 
Gesammtwerkes  und  lässt  die  trockene  Mühe  ungefähr  ermessen,  welche 
aolgewandt  werden  muss,  bevor  der  Leser  durch  die  geistvolle  und 
gefmlige  Darstellung,  au  welche  der  Text  des  Berichtes  uns  gewöhnt 
hat,  zugleich  belehrt  und  gefesselt  werden  kann. 

Red. 


Dr.  A.  Koehler,  Stabsarzt.  Bericht  über  die  chirurgische  Klinik 
des  Geh.  Rath  Bardeleben  pro  188.5.  Separat-Abdrnck  aus  den 
Charite-Annalen,  XII.  Jahrgang.  Berlin  1887.  144  Seiten. 

Der  an  werth vollen  Beobachtungen  reiche,  mit  grossem  Fleisse  und 
besonders  daukenswerther  Benutzung  nnd  Angabe  der  einschlägigen 
Litteratur  gearbeitete  Bericht  bespricht  in  der  Einleitung  die  auf  der 
Bardeleben’schen  Klinik  zur  Zeit  gchandhabte  Methode  der  anti- 
septischen  Wundbehandlung  und  führt  die  Resultate  an,  welche  die  mit 
einigen  neueren  Antisepticis  (Chinojodin,  Jodol)  im  Berichtsjahre  an- 


234 


gustellteu  Vereuche  ergeben  haben.  — In  dem  darauf  folgenden  Abschnitte 
Verbrennungen  und  Anätzungen  werden  3 dnreb  (zu  konzentrirte) 
Karbollösung  (ohne  Rezept)  entstandene  Anätzungen  in  ihrem  Verlaufe  und 
Ausgange  beschrieben  (in  einem  Falle  [7.5 jähriger]  Lisfranc'sche  Ex- 
artikulation, Tod).  Mit  bestem  Erfolge  wurde  bei  Verbrennungen  von  der 
Uebergiessung  mit  2 prozentiger  Arg.  nitr.- Lösung  und  nachfolgender  Watte- 
ein wickelung  Gebrauch  gemacht.  LeichtereBrfrierungen  wurden  nachvor- 
ansgegangener  Reinigung  mit  Sublimatlösung  durch  Aufstreichen  von  Frost- 
collodiura  (Ol.  Ricini  1,  Res.  Tcrebinth.  .5,  Collod.  100)  in  8—14  Tagen 
zur  Heilung  gebracht.  — Alle  anderen  chirurgischen  Krankheiten  und 
Verletzungen  werden  regionär  (in  9 Abschnitten)  abgehandelt.  Unter 
den  Kopfverletzungen  interessirt  insbesondere  ein  genau  mitgetbeilter 
Fall  von  Komminutiv-Fraktur  der  Schädelbasis  wegen  der  während  des 
kurzen  Krankheitsverlaufes  — Tod  in  4 Tugen  — beobachteten  nn- 
koordinirten  Augenbewegungen  und  des  ophthalmoskopischen  Befundes 
(keine  Stauungspapille  trotz  Meningitis  an  der  Basis,  im  Gegentheil 
Anämie).  Ebenfalls  wegen  seines  ophthalmoskopischen  Befundes  (an- 
fangs normal,  nach  3 Wochen  Atrophie)  bemerkenswerth  ist  eine  Ver- 
letzung des  Sehnerven  (Stoss  mit  der  Spitze  eines  Sonnenschirms  in  die 
rechte  Orbita).  Die  genaue  Beschreibung  siehe  diese  Zeitschrift  1886; 
Koehler,  über  Augenverletzungen  bei  Kopfverletzten.  — Bei  den  (Je- 
schwülsten des  Halses  wird  die  auf  extralaryngealem  Wege  bei  herab- 
hängendem Kopfe  erfolgreich  ausgeführte  Exstirpation  eines  fibrösen 
Kehlkopfpolypen  beschrieben.  Von  7 totalen  Kropfexstirpationen  endeten 
3 letal  (2  mal  starke  Veränderungen  an  der  Luftröhre,  Pneumonie,  1 mal 
Str.  sarcomat.  mit  Metastasen). 

Die  Besprechung  eines  anfänglich  durch  Unterbindung  geheilten, 
schliesslich  aber  doch  noch  tödlich  geendeten  Falles  von  Aneurysm. 
trnnc.  anonym,  veranlasst  Verf.  darauf  hiozuweisen,  dass  die  Lumina  der 
mit  Katgut  unterbundenen  Gefässe  vollständig  wieder  bergestellt  waren. 
— Der  Abschnitt  JV  (Wirbelsäule)  führt  auf:  3 Kontusionen  (nur  bei 
ruhiger  Rückenlage  keine  Schmerzen,  keine  Sensibilitätsstörung,  Urin- 
und  Stnhlentleerung  normal,  Beine  können  von  der  Unterlage  abgehoben 
werden),  eine  luxat.  vertebr.  cerv.  IV.  und  V.  (Tod  in  14  Tagen,  be- 
merkenswerth sind  die  Temperaturschwankungen:  bei  der  Aufnahme  34,3 
(im  Rektum!),  l'A  Tage  später  40,0,  dabei  kein  einleitender  Frost,  kein 
Hitzegefübl,  keine  Pulsbeschleunignng),  eine  fractura  vertebr.  dors.  IV 
(tödtlicb),  eine^  Scbussverletzung  am  Halse,  bei  welcher  die  Kugel  von 
der  Seite  her  an  Gefässen  und  Nerven  vorbei  in  einen  Wirbelkörper  ein- 
itedrungen  zu  sein  schien,  keine  Symptome  einer  Rückenmarksverletzung 
Heilung  nach  4'/j  Monaten.  — Abschnitt  V (Brust  und  Rücken)  berichtet 
von  einer  Kontusions-Pneumonie,  einem  Ilaemopneumothorax  ohne  nach- 
weisbare Rippenfraktur.  3 Scbussverletzungen  der  Brust  verliefen  ohne 
Suchen  und  Sundiren  — auf  Kosten  der  Verletzten  zur  event.  Vervollstän- 
digung der  Diagnose — fast  reaktionslus.  Unter  den  subpektoralen  Abszessen 
ist  einer  seiner  Aetiologie  wegen  (Lymphangitis  in  Folge  Hundebisses  in  die 
rechte  Hand)  von  Interesse.  Von  2 Empyemen  heilte  eins  spontan  nach 
Entleerung  des  Eiters  durch  Husten.  Geschwülste  kamen  22  mal  zur 
Behandlung:  unter  4 gutartigen  1 Echinokokkus  unter  dem  pektoral.  major; 
von  17  Karzinomen  der  Mamma  wurden  10  operirt  (bei  den  zum  ersten 
Mal  Operirten  immer  Freilegung  und  Ausräumung  der  Achselhöhle).  — 
Bei  der  in  der  letzten  Zeit  wieder  lebhafter  gewordenen  Diskussion  über 


,^lc 


235 


Bebsndluug  des  Ileus  und  der  diffusen  akuten  Peritonitis  ist  von  den  ver- 
schiedensten Seiten  die  Schwierigkeit  der  Diagnose  sowohl  wie  des  Ent- 
scheides darüber,  ob  operativ  vorzugehen  sei  oder  nicht,  betont  worden. 
Abschnitt  VI  (Unterleib)  bringt  einige  Fälle,  welche  dies  Beides  sowohl 
als  auch  die  ganz  besonderen  Schwierigkeiten  ins  rechte  Licht  setzen, 
mit  denen  die  Antiseptik  bei  der  Behandlung  der  akuten  diffussen  jauchig- 
eitrigen Bauchfellentzündung  zu  kämpfen  hat.  — Von  den  zur  Heilung 
gebrachten  Striktnren  erforderte  eine  mit  Phlegmone  koroplizirte  gleich- 
zeitig die  Uretbrotomia  int.  und  ext.  — Ungewöhnlich  war  bei  einem 
F'all  von  umfangreichem  Blasenkrebs  die  erst  4 Wochen  vor  der  Auf- 
nahme bemerkte  Hämaturie  sowie  die  Besserung,  welche  nach  der 
Urethrot.  ext.  mit  stumpfer  Erweiterung  des  Blasenhalses  eintrat.  — In 
Abschnitt  VII  (Becken-  und  Lumbalgegend)  wird  als  von  besonderem 
Interesse  hervorgehoben  ein  Fall  von  Verletzung  der  ven,  femoral.  comm. 
bei  der  Drüseuexstirpation.  Doppelte  Unterbindung  und  Durebsebneidung, 
Heilung  in  4 Monaten.  — Aus  der  reichen  F'ölle  kasuistischen  Materials, 
weiches  bei  VIII.  und  IX.  (Extremitäten)  znsammengetragen  ist,  kann 
nur  Weniges  beransgegriffen  werden.  In  2 Fällen  von  Durebsebneidung 
der  Extensorensebnen  am  Handrücken  wurde  mit  bestem  Erfolge  die 
Sehneunaht  gemacht,  in  einem  dritten  wurden  die  durchschnittenen  dehnen 
des  flex.  sublim,  und  zugleich  der  durchschnittene  n.  median,  mit  Wieder- 
herstellung der  Funktion  durch  die  Naht  vereinigt.  — Ein  mit  Eröffnung 
des  Gelenks  komplizirter  rechtsseitiger  Olekranonbroch  heilte  nach  Re- 
sektion des  Olekranon  reaktionslos  unter  Tamponade  und  nachberigem 
einfachen  antiseptischen  Verbände.  Nach  2‘/r  Monaten  vollständig  brauch- 
bares Gelenk.  — Ausserordentlich  günstig  ist  das  Resultat  der  5 wegen 
fnngöser  Entzündung  ausgeführten  Ellenbogenresektionen:  4 Heilungen 
mit  guter  Gebrauebsfäbigkeit.  — Nur  in  einem  F'alle  von  traumatischem 
Haemarthos  (unter  38  Kontusionen)  musste  das  Kniegelenk  eröffnet  und 
ansgespült  werden.  — Die  fraetnra  patellae  erforderte  nur  1 mal  die  Er- 
öffnung des  Gelenks  und  die  Knochennaht,  sonst  gelang  es  immer  durch 
Heftpflasterkompression  den  Bluterguss  zum  Schwinden,  die  Fragmente 
aneinander  zu  bringen,  ln  einem  F'alle  wurde  ein  gefensterter  Gyps- 
verband  angelegt,  und,  während  die  Fragmente  aneinander  gehalten 
worden,  wurde  das  F'enster  mit  Gyps  ausgegossen  und  so  das  Ans- 
einanderweichen der  Bruchstücke  verhindert.  — Ein  Ilygrom  der  bursa 
praepatell.  wurde  durch  Exstirpation  des  verdickten  Sackes  zur  Heilung 
gebracht.  — Von  4 tuberknlösen  Kniegelenkserkrankungen  des  Kindes- 
alters heilte  eine  durch  Inzision  und  Ausspülung  in  l’/,,  3 nach  Resektion 
in  4 — 12  Monaten  (mit  Ankylose  und  brauchbarem  Bein).  In  einem 
Fall  von  tnmor  alb.  mit  Osteomyelitis  femoris  führte  Resektion  mit  Aus- 
räamnng  der  Markböhle  des  Femur  in  ihrer  ganzen  Länge  (33  cm) 
mittelst  scharfen  Löffels  zur  Heilung.  Gegenüber  anderen  Beobachtungen 
kam  es  bei  keiner  der  wegen  tuberkulöser  Lokalerkrankung  ausgeführten 
Operationen  zu  einer  Generalisation  der  Tuberkulose  durch  Inokulation 
der  Wunde.  — Die  bei  Kindern  ausgefübrte  Hüftgelenksresektion  (G)  batte 
ein  sehr  günstiges  Resultat:  5 Heilungen.  — Bei  genu  valgum  wurde 
1 mal  am  Oberschenkel,  1 mal  am  Unterschenkel  die  keilförmige  Exzision, 
in  2 Fällen  die  Ogston’sche  Operation  gemacht;  letztere  ergab  gute 
Beweglichkeit  und  Stellung  des  Beins,  während  in  Fall  1 geringe  Beweg- 
lichkeit, aber  gute  Stellung  erreicht  wurde.  — In  Chloroform  - Narkose 


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236 


ereigneten  sich  2 Todesfälle  (der  eine  betraf  ein  dekrepides  Indindnom, 
der  andere  einen  Potator). 

Interesse  bieten  noch  die  beiden  am  Schluss  detaillirt  beschriebenen 
Fälle  von  Actinomycosis,  von  denen  einer  tödtlich  ablief,  der  andere 
zur  Heilung  kam.  — G.  — 


Beiträge  zur  Beurtheilung  des  Nutzens  der  Scbntzpocken- 
impfung  nebst  Mittbeilnngen  über  Maassregeln  zur  Beschaffung  un- 
tadeliger TbierWmphe.  Bearbeitet  im  Kaiserlichen  Oesundheitsamte. 
Mit  6 Tafeln.  Berlin,  Verlag  von  Julius  Springer,  1888.  4.  192  S. 

Die  vorliegende  Denkschrift  ist  hervorgernfen  dnreh  einen  Beschloss 
der  Petitionskommission  des  Deutschen  Reichstages  vom  23.  März  1886, 
welche  das  Ergebniss  der  im  Reichs  - Gesundbeitsamte  eingeleiteteu 
statistischen  Ermittelungen  über  den  Nutzen  der  Schntzpockenimpfong, 
insbesondere  der  Bearbeitung  von  Ur-Pockenlisten,  ebenso  die  Maassregeln, 
welche  zur  Beschaffung  untadeliger  tbieriseber  Lymphe  ergriffen  sind, 
kennen  zu  lernen  wünschte. 

Das  in  Rede  stehende  Werk,  welches  unter  den  zahlreichen  Schriften 
neuesten  Datums  über  den  nämlichen  Gegenstand  einen  der  ersten  Plätze 
beanspruchen  darf,  trägt  den  beregten  Wünschen  der  Reichstags- 
Kommission  in  ausgiebiger  Weise  Rechnung,  indem  zunächst  die  schon 
im  Jahre  1883  im  Kaiserlichen  Gesundbeitsamte  zur  Veranschaulichung 
der  Wirkung  des  Reichs-Impfgesetzes  entworfenen  Tafeln  nochmals  mit 
ErgUnzungen  und  Erlänternngen,  auch  unter  Hinzufügong  der  den  Tafeln 
zu  Grunde  liegenden  Tabellen,  vorgeführt  werden.  Es  folgen  die  Er- 
gebnisse einer  Statistik  der  Pockentodesfülle  im  Deutschen  Reiche  für 
das  Jahr  1886,  die  Besprechung  der  während  des  Jahres  1886  in  mehreren 
Staaten  des  Deutschen  Reiches  vorgekommenen  Erkrankungen  an  den 
Pocken,  eine  Darlegung  des  Einflusses  der  Schotzpockenimpfong  auf  die 
Pockensterblichkeit  in  Schweden,  eine  Erörterung  des  Impfwesens  in  den 
nenn  älteren  Provinzen  Prensseus  bis  zum  Jahre  1874  nnd  in  der  König- 
lich Preussischen  Armee,  die  Ergebnisse  der  Bearbeitung  sogenannter 
Ur  - Pockcnlisten , endlich  Mittbeilnngen  über  die  Maassregeln  zur  Be- 
schaffung untadeliger  Thierlymphe  und  über  die  Zunahme  der  Verwendung 
von  Thierlymphe  bei  den  im  Deutschen  Reiche  ausgeführten  öffentlichen 
Impfungen. 

Der  Werth  der  Militär  - Statistik  gerade  für  die  Frage  der  Schutz- 
kraft der  Pockenimpfung  ist  längst  allseitig  anerkannt.  So  bilden  auch 
in  dem  vorliegenden  Werk  die  auf  den  Friedens  - Sanitätsberichten  der 
Armee  nnd  dem  sechsten  Bande  des  Kriegs-Sanitätsberichtes  für  1870/71 
fassenden  Darlegungen  nicht  den  am  wenigsten  beweiskräftigen  Tbeil 
der  überall  fesselnden  Ausführungen. 

Gegenüber  dem  vielfachen  Hinweis  der  Impfgegner  auf  die  so- 
genannten „Ur-Pockenlisten“  ist  die  Thatsache  von  besonderem  Interesse, 
dass  die  mühselige  Prüfung  dieses  Materials  durch  die  bewährten  Kräfte 
des  Reichs  - Gesundheitsamtes  die  grobe  Mangelhaftigkeit  and  Unzuver- 
lässigkeit der  Listen  dargethan  bat.  Die  Ergebnisse  der  Bearbeitung 
derselben,  welche  von  impfgegneriseber  Seite  als  hauptsächlich  ent- 
scheidend hingestellt  wurden,  sind  im  übrigen  mit  folgenden  Worten  zn- 
sammengefasst : 


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237 


.Die  Ur - Pockealigten  sind  nicht  geeignet,  die  anf  Erfahrung  und 
WisseDRchaft  begründete  Ueberzeugung,  dass  die  Impfung  einen  beträcht- 
lichen Schutz  gegen  das  Erkranken  und  Sterben  an  Pocken  gewährt,  zu 
erschüttern,  dienen  vielmehr  zur  Verstärkung  derselben;  sie  be- 
stätigen ferner  den  Erfabrungssatz,  dass  das  einmalige  Uebersteben  der 
Pocken  mit  seltenen  Ausnahmen  gegen  eine  neue  Erkrankung  an  den- 
selben schützt.“ 

Wer  mit  der  impfgegnerischen  Litteratur  auch  nur  oberflächlich  be- 
kannt ist,  weiss,  dass  dieselbe  auf  dem  Gegentheile  wissenschaftlicher 
Anschauung  und  wissenschaftlichen  Verfahrens  beruht,  daher  nicht  wissen- 
schaftlich bekämpft  werden  kann.  Mit  Recht  hält  sich  dem  entsprechend 
die  Darstellung  der  Denkschrift  von  jedem  Streite  fern,  begnügt  sich  viel- 
mehr mit  ruhiger  objektiver  Entwickelung  und  Erläuterung  der  Ziffern. 
Da  wir  die  grosse  Mehrzahl  der  eigentlichen  Impfgegner  für  unbelehrbar 
halten,  glauben  wir  auch  nicht  an  eine  Bekehrung  derselben.  Aber 
angesichts  der  immer  erneuten  Versuche,  an  dem  Reichs  - Impfgesetze, 
der  grossartigsten  Maassuahme,  welche  die  öffentliche  Gesund- 
heitspflege zu  verzeichnen  hat,  zu  rütteln,  muss  jede  Arbeit  als 
dem  öffentlichen  Interesse  im  höchsten  Maasse  dienend  bezeichnet  werden, 
welche  dazu  beiträgt,  das  Bewusstsein  der  Wohltbat,  welche  der  Nation 
durch  jenes  Gesetz  zu  Tbeil  geworden  ist,  bei  den  Aerzten  zu  befestigen 
und  in  immer  weitere  nicht-ärztliche  Kreise  hineinzutragen. 

# 


Mittheilongen. 


Berliner  militärärztlichc  Gesellschaft. 

Sitzung  vom  21.  November  1887. 

Nachdem  der  bisherige  Vorstand  durch  Akklamation  für  das  nächste 
Jahr  von  Neuem  gewählt  ist,  spricht  Herr  Herrlich  über  einen  Fall 
von  Tremor,  Herr  Nicolai  über  das  erste  Obdach  des  Kriegsverwundeten. 
Beide  Vorträge  sollen  in  dieser  Zeitschrift  ausführlich  mitgetheilt  werden. 

Sitzung  vom  21.  Dezember  1887. 

1)  Herr  Nicolai  theilt  folgende  Beobachtung  mit:  Am  17.  No- 
vember 1887  wurde  ein  Soldat  geimpft,  wobei  einige  Blottröpfchen  auf  die 
Oberfläche  der  Haut  traten.  Um  dieselben  schneller  zum  Eintrocknen  zu 
bringen,  stellte  der  Mann  sich  an  den  gebeizten  Ofen.  Dort  wurde  der- 
selbe von  einer  Ohnmacht  befallen;  der  Arm  erlitt  dabei  durch  Berührung 
mit  der  Ofenfläche  eine  Verbrennung  1.  und  2.  Grades.  Verband  mit 
Borsalbe,  Ung.  parafflni  mit  Sublimat,  später  Berieselung.  Nach  12  bis 
14  Tagen  traten  an  den  Impfstellen  Schwellung  und  Wucherung  der 
Cutis  auf;  es  bildeten  sich  zweifellose  Pusteln  ohne  Epidermis,  keine 
Blasen,  sondern  pülpige,  schwammige  Protuberanzen.  Der  Vortragende 


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äus8ert  die  V crmulbuog,  dass  die  Organismeo,  auf  denen  die  Wirksamkeit 
der  Lymphe  beruht,  bei  der  Verbrennung  der  Haut  vielleicht  (nach  Ana- 
logie des  Leiden  fr  OS  t’ sehen  Versuches)  durch  einen  Dampfwall  ge- 
schützt worden  seien;  jedenfalls  sei  übrigens  ihre  Entwickelung  bedeutend 
verlangsamt  worden. 

2)  Herr  Leyden  schliesst  seinen  in  der  Oktober-Sitzung  begonnenen 
V' ortrag  über  die  Entzündung  der  peripheren  Nerven.  (Derselbe  ist  io 
Heft  2 und  3 des  laufenden  Jahrganges  dieser  Zeitschrift  abgedruckt.) 

3)  Herr  Reger  macht  Mittheilung  über  io  jüngster  Zeit  ge- 
lungene photographische  Aufnahmen  von  Gewehrgeschossen  im  Fluge  bei 
.“iOO  m Geschwindigkeit  (Prof.  Mach  in  Prag  und  Prof.  Salcber  in 
Fiume)  unter  Vorzeigung  von  Originalaufnabmen  auf  Glas  und  photo- 
graphirter  Ansichten.  Dieselben,  durch  den  elektrischen  Funken  einer 
Flaschenbatterie  mittelst  der  „Schlierenmetbode'*  auf  gewöhnlichen 
Trockenplatten  fixirt,  — wozu  vielleicht  'h  oooooo  Sekunde  verwandt  ist  — 
zeigen  das  Geschoss  in  voller  Schärfe  mit  einem  Mantel  verdichteter  Duft 
umgeben  in  Form  eines  Hyperbelastes,  dessen  Scheitel  vor  der  Geschoss- 
^itze  und  dessen  Axe  in  der  Flugbahn  liegt.  Von  der  Peripherie  der 
Geschossbasis  aus  sich  schräg  nach  hinten  aussen  ziehende  scharfe  Linien 
begrenzen  die  abfliessende  Luftwelle  und  schliessen  einen  kegelförmigen 
luftleeren  resp.  stark  luftverdünnten  Raum  zwischen  sich  ein,  in  welchem 
Wölkchen  — wahrscheinlich  die  in  diesen  luftleeren  Raum  naebstürzeude 
und  dadurch  erwärmte  Luft  — sichtbar  sind.  Das  ganze  Bild  gleicht 
genau  demjenigen,  welches  ein  schnellfahrendes  SchilT  ini  Wasser  erzeugt. 
Die  Dicke  der  komprimirten  Luftschicht  vor  der  Spitze  des  Geschosses 
variirt  je  nach  der  Gestalt  desselben  und  dessen  Geschwindigkeit  zwischen 
2 — 4 mm.  Sichtbar  wird  der  Vorgang  erat  bei  Geschwindigkeiten  von 
über  340  m,  also  bei  solchen,  welche  die  Schallgeschwindigkeit  über- 
treffen. 

Wennschon  Prof.  Mach  selbst  nach  einer  brieflichen  Mittbeilung  an 
den  Vortragenden  die  Wirkung  dieser  verdichteten  Luftwelle,  welche  er 
vor  dem  Geschosse  in  den  Körper  eintreten  las.oen  will,  bei  dem  Zustande- 
kommen der  Schusswunden  speziell  der  explosionsartigen  Zerstörungen 
bei  den  Nahschüssen,  in  den  Hintergrund  treten  lässt  gegenüberden  mächtigen 
Vorgängen,  welche  die  neueren  Experimente  als  Wirkung  des  hydraulischen 
Drucks  unwiderleglich  festgcstellt  haben,  so  haben  doch  andere 
Kommentatoren  kühn  behauptet  — und  diese  Erklärung  hat  durch  mehrere 
grosse  politische  und  andere  Zeitschriften  eine  sehr  grosse  Verbreitung 
gefunden  — , dass  die  beregte  Wirkung  nur  die  der  vor  dem  Geschosse 
in  den  Körper  gelangenden,  sich  daselbst  erwärmenden  und  nun  zerstörend 
wirkenden  Luft  sei. 

Wegen  des  „semperaliquid  haeret“  dürfte  es  vielleicht  angezeigt  sein, 
das  Grundlose  der  Theorie  kurz  klarzulegen. 

Bekanntlich  ist  diese  nicht  neu;  Morin  und  Meltens  stellten  sie  zu- 
erst auf,  Busch  nahm  sie  auf,  verwarf  sie  aber  später.  Vor  allen  lässt 
Neodörfer  io  seiner  „modernen  Chirurgie  iu  Theorie  und  Praxis“  einen 
auf  2'/j  Atmosph.  komprimirten,  auf  ca.  90“  R.  erwärmten  Lufteylinder 
von  60 — 90  m Länge  vor  dem  Geschosse  cindringen.  Das  blosse  Be- 
trachten der  Photographie  widerlegt  ihn  am  besten.  Dass  das  Hioein- 
dringen  eines  so  winzigen  Cylinders  kompriniirtor  Luft  von  doch  höchstens 
kalibercutsprechender  Gruiiddäche  und  einigen  Millimetern  Höhe  vor  dem 
Geschosse  in  den  Körper  — falls  ein  solches  überhaupt  möglich  wäre. 


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239 


— keine  wesentliche  Wirkung  hervorbringen  kann,  ist  wohl  klar.  In- 
dessen ist  es  undenkbar,  dass  dieser  Fall  eintreten  könnte.  Soll  die  Loft 
Tor  dem  Geschosse  eindringen,  so  muss  sie  bis  sur  Dichtigkeit  eines  festen 
Körpers  znsammengepresst  sein,  was  niemals  eintreten  wird.  Da  aber 
mit  der  Zunahme  der  Dichtigkeit  auch  die  Elastizität  der  Luft  zunimmt, 
so  wird  beim  Treffen  auf  Widerstand  die  so  überaus  labile  Luft  nach  allen 
Seiten  ausweichen. 

Abgesehen  von  dieser  physikalischen  Nothwendigkeit,  abgesehen  da- 
von, dass  die  Lehre  von  der  hydraulischen  Druckwirkung  bei  den  Schuss- 
wunden theoretisch  und  praktisch  bestens  fundirt  ist,  ist  der  Vortragende 
in  der  Lage,  mehrfache  direkte  Beweise  aus  den  Ergebnissen  seiner 
Schiessversucbe  mittheilen  zu  können,  welche  absolut  die  Theorie  von 
der  Wirkung  vor  dem  Geschoss  eindringender  Luft  widerlegen; 

1)  Fehlen  von  Imbibition  mit  Luft  in  den  Geweben  und  in  der  Um- 
gebung des  Zerstörungsberdes. 

2)  Auftreten  von  Druckerscheinungen  nur  im  Knochen,  während  die 
vor  demselben  gelegenen  Weichtheile  keine  solchen  zeigen  (z.  H.  bei 
Weichblei  100 — 200  m). 

3)  Verschieden  grosse  Zerstörung  bei  Geschossen  gleichen  Kalibers, 
gleichen  Gewichtes,  gleicher  Form,  gleicher  Geschwindigkeit,  aber  ver- 
schiedenen Stauch ungsvermögens,  während  doch  in  allen  Fällen  dieselbe 
die  gleiche  sein  müsste,  da  doch  immer  ein  gleich  grosser  Lufteylinder 
io  den  Körper  hineingelangen  müsste. 

4)  Beweise,  dass  bei  den  Schüssen  auf  wasscrgefüllte  Blechbüchsen 

— ans  verzinntem  Eisenblech  — bei  denen  die  hintere  Wand  vom  Ge- 
schosse gar  nicht  berührt  wird,  da  sie  durch  den  hydraulischen  Druck 
bereits  zum  Klaffen  gebracht  ist,  ehe  das  Geschoss  dieselbe  erreicht: 

a.  Spuren  von  Verzinnung  an  den  Kupfergeschossen. 

b.  Aufsitzen  des  runden  Stückchens  Blech  aus  dem  Einsebusse  auf 
der  Spitze  resp.  der  vorderen  Fläche  des  gestauchten  Geschosses 
durch  Einstanzung.  (Der  V'ortragende  legt  hierfür  beweisende 
Geschosse  vor.) 

!))  Auftreten  der  explosiven  Wirkung  bis  zu  200  m Geschwindigkeit 
in  den  fast  flüssigen  resp.  flüssigkeitgefüllten  Organen,  während  die 
Welle  der  komprimirten  Luft  nur  bei  Geschwindigkeiten  über  340  m 
auftritt. 

Da  alle  Anwesenden  vollkommen  von  der  Haltlosigkeit  dieser  „Luft “- 
Theorie  überzeugt  waren,  so  fand  hierüber  eine  Diskussion  nicht  statt. 
Herr  Geh.  Rath  Leyden  brachte  aber  die  Rede  auf  die  sogenannten 
„Lnftstreifsebüsse'^,  welche  durch  die  Photograrome  eine  gewisse 
Stütze  erhielten.  Der  Vortragende  verneinte  die  Möglichkeit  der  Ent- 
stehung solcher  bei  den  Kleingewehrprojektilen,  gab  aber  immerhin  zu, 
dass  durch  Vorbeisausen  von  Geschossen  mit  so  grosser  Geschwindigkeit 
dicht  vor  den  Augen  resp.  Obren  durch  psychischen  Einfluss  eine  ge- 
wisse Schädigung  der  Funktion  eintreten  könne. 

Stabsarzt  Krocker  erklärte  dann,  dass  nach  den  Erfahrungen  des 
letzten  Krieges  „Luristreifscbüsse“  bei  grobem  Geschosse  als  bestehend 
angenommen  werden  müssten.  Trotz  fehlender  äusserer  Verletzungen 
seien  Leute  umgefallen  resp.  hätten  schwerwiegende  Störungen  des  Nerven- 
systems davongetragen.  SVievicl  dabei  von  der  Wirkung  auf  den  wirk- 
lichen Luftdruck,  wieviel  auf  das  psychische  Moment  komme, 
Hesse  sich  natürlich  nicht  unterscheiden.  Dass  der  Druck  komprimirter 


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240 


Luft  allein  ausreicbe,  wichtige  Folgen  nach  sich  zu  ziehen,  lehrten  ja 
doch  unsere  Artillerie-Schiessplätze,  wo  öfter  Zerstörungen  des  Trommel- 
felles vorkämen. 


Sitzung  vom  20.  Januar  1888. 

Nachdem  über  die  diesjährige  Feier  des  Stiftungsfestes  der  Gesell- 
schaft (siehe  Heft  .3  des  laufenden  Jahrganges  dieser  Zeitschrift)  Beschloss 
gefasst  worden  ist,  spricht  Herr  Martins  über  , Lähmungen  und  Kon- 
trakturen“. Der  Vortrag  soll  in  dieser  Zeitschrift  ausführlich  veröffent- 
licht werden. 


Unter  zahlreicher  Betheiligung  fand  am  28.  April  er.  seitens  des 
Kameradschaftlichen  Vereins  der  Sanitäts  - Offiziere  des 
Land  webr-Regiments-Bezirks  (.Berlin  ein  gemeinschaftliches 
Abendessen  statt,  zu  welchem  als  Ehrengäste  des  Vereins  die  Herren 
Generalärzte  Roth  (Dresden)  und  v.  Bergmann  (Berlin)  erschienen 
waren.  — In  warmen  Worten  begrüsste  der  Vorsitzende,  G.-A.  d.  L. 
Wasserfuhr,  die  Ehrengäste,  welche  sich  in  anerkennendster  Weise  über 
die  Bestrebungen  und  Erfolge  des  Vereins  äusserten  und  auf  sein  Ge- 
deihen und  das  Wohl  seines  Begründers  und  Vorsitzenden  toasteten.  — 
Der  Abend  verlief  in  der  gemüthlichsten  Weise  und  hat  sicher  dazu  bei- 
getragen, die  Interessen  des  Vereins,  das  Gefühl  kameradschaftlicher 
Zusammengehörigkeit  zu  fördern.  — 


Dass  die  Ausstattung  der  Soldaten  mit  Verbandmaterial  zur  ersten 
Hülfe,  wie  bei  uns  mit  Verbandpäckchen,  keineswegs  eine  Errungenschaft 
der  Neuzeit  ist,  vielmehr  gegen  KK)0  Jahre  zurückreicht,  wurde  mir  von 
dem  z.  Z.  sich  in  Berlin  aufhaltenden  japanischen  Generalarzt  Ishigur» 
mitgetheilt.  Derselbe,  mit  Abfassung  einer  Geschichte  der  japanischen 
Militär-Medizin  beschäftigt,  fand  im  Kapitel  der  Heeresorganisation  einer 
vor  1152  Jahren  verfassten  japanischen  Gesetzsammlung  (Engishiki)  die 
Vorschrift,  „einem  jeden  Krieger  sei  ein  Stück  Leinwand  mit  Sensöku 
(d.  h.  Tausend- Wundpflaster)  mit  auf  den  Weg  zu  geben“. 

Ishiguro  vermuihet,  dass  dies  Verfahren  lange  schon  geübt  worden 
ist,  bevor  es  in  die  Gesetzsammlung  Aufnahme  fand. 

Scheibe. 


(Ifünickt  in  der  KGnif’iiclien  Honmchdrockervi  von  K.  B.  Midier  a.  Solin  in  Ilorlin,  Koebhtr. 


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Deutsche 


Militärärztliche  Zeitschrift. 


Redaction: 

Dr.  Jt.  Generalarzt, 

T*ob«iutn»«  6, 

n.  Dr.  Stobsarzt, 

Bvlin.  K&iMr  Fnois  Gr«nftdier>PUtt  11/12. 


Verlag: 

f.  $.  SBfUbt  & ^#5», 
Königliche  Hofbachhandlang, 

Berlin,  Kochetnsee  68—70. 


Honntlich  ereebeint  ein  Heft  ron  mindeetena  8 Druckbogen;  dazu  ein  ,^mtlichee  Beiblatt**.  Der 
Zeitecbriit  wird  daa  Werk:  „Jahreabericht  über  die  Portachritte  anf  dem  Gebiete  dea  Milit&r- 
Banitita-Weaens**,  beranagegeben  Tom  Generalarzt  Dr.  Botb,  onentgeltlich  beigegeben.  ßeateUnog 
nebmeo  alle  Poattmier  and  Bachbandlnngen  an.  Preia  dea  Jahrgänge  15  Hark. 


XVII.  Jahrgang.  1888.  Heft  6. 


Sarkomatöse  Neubildung  in  den  Fisteln  einer  15  Jabre  lang 
bestehenden  Schusswunde  mit  Retention  der  Kugel. 

Von 

Dr.  Krevot,  Mühlhausen  i.  Th. 


Georg  Friedr.  August  A.  aas  Körner,  während  des  Feldzuges  1870/71 
bei  der  1.  Kompagnie  des  Infanterie -Regiments  No.  95,  wurde  am 
12.  Januar  1871  bei  Le  Maus  verwundet.  Er  erhielt  auf  hoher  Strasse 
von  untenstehenden  Franktireurs  einen  Schoss  vorn  oben  in  die  rechte 
Brostseite.  Wichtigere  Theile  waren  nicht  verletzt,  so  dass  im  Lazareth 
nur  ein  Verband  angelegt  wurde;  nach  der  Kugel  wurde  nicht  gesucht. 
Der  rechte  Oberarm  blieb  unbeweglich.  Am  19.  Februar  wurde  ein 
Abszess  an  demselben  in  Wetzlar  geöffnet.  Von  da  kam  Patient  nach 
Aachen,  im  September  wurde  er  als  Ganz- Invalide  nach  Hause  ent- 
lassen. Sein  Zustand  war  in  den  folgenden  Jahren  ein  leidlicher,  die 
Wauden  eiterten  wenig;  bin  and  wieder  brach  an  Brost,  Arm  und 
Schalter  rechterseits  ein  kleiner  Eiterherd  anf,  Schmerzen  waren  inter- 
mittirend.  Im  Jahre  1878  wurde  ärztlicherseits  an  der  inneren  Seite  des 
Oberarmes  and  unterhalb  der  rechten  Brustwarze  inzidirt  nnd  viel  Eiter 
entleert,  dabei  auch  nach  der  Kugel  gesncht,  aber  vergeblich.  So  war 
das  Befinden  in  den  15  Jahren  gewesen,  Patient  verband  sich  selbst, 
Salbe  and  Karbolwasser  genügten.  Die  Eiterung  war  abwechselnd  stärker 
nnd  schwächer.  Im  September  1886  zeigte  sich  in  der  rechten  Achsel- 

IG 


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242 


höhle  an  einer  lange  schon  bestehenden  Fistel  ein  Gewächs  wie  wildes 
Fleisch;  der  dortige  Arct  ätcte  es  wiederholt,  aber  ohne  Erfolg.  Viel* 
mehr  wurde  die  Wacherang  znsehends  grösser;  da  Patient  fieberte  and 
yon  Kräften  kam,  wurde  ich  mitzugezogen.  Am  6.  November  nahm  ich 
den  ersten  operativen  Eingriff  vor;  Patient  bot  damals  folgenden  Zn- 
Btand  dar; 

Er  ist  43  Jahr  alt,  von  grossem  starken  Körperbau;  die  Haut  ist 
schmatzigbraun,  fahl,  auf  dem  Rücken  weissgefleckt.  Reichliches  Fett- 
polster, am  auffallendsten  am  Bauch  entwickelt.  Die  Schleimhäute  sind 
sehr  blass;  an  den  inneren  Organen  nichts  Abnormes.  Es  besteht  mittleres 
Fieber,  der  Puls  ist  klein  und  beschleunigt;  der  Kranke  matt  und  schwach 
trotz  aller  Körperfülle.  Der  rechte  Oberarm,  Schalter  und  Brust  haben 
Narben.  Zwei  Finger  breit  innen  und  unterhalb  vom  verdickten  pro- 
cessus  coracoideuB  liegt  die  Schussöffnung;  sie  hat  schlecht  granulireude 
Ränder  und  ist  für  eine  dicke  Sonde  durchgängig,  welche  unter  dem 
pectoralis  major  hindurch  zur  Achselhöhle  herausführt.  Auf  der  Brust 
sind  in  der  Gegend  der  3.  und  5.  Rippe  am  Ansatz  des  Brustbeins  zwei 
Fisteln  mit  flachen,  hinfälligen  Granulationen;  dieselben  kommuniziren 
ebenfalls  mit  der  Schusswunde.  In  der ' Achselhöhle  befindet  sich  nah 
am  vorderen  Rande  eine  Geschwulst,  die  fast  fingerdick  über  das  Niveau 
der  Haut  hervorragt,  von  ungefähr  12  cm  Länge  und  9 cm  Breite.  Die 
Oberfläche  derselben  ist  ulcerirt,  mit  schmierig  eitrigem  Sekret  bedeckt, 
von  unregelmässiger,  höckeriger  Gestalt;  es  lassen  sich  mit  den  Fingern 
ohne  besondere  Gewalt  und  ohne  jede  erwähnenswerthe  Blutung  grosse 
Stücke  einer  auffallend  trockenen,  bröcklichen  Masse  wie  Pilztheile  heraus- 
schälen.  An  den  Rändern  geht  der  Tumor  diffus  in  die  stark  verdickte 
und  geröthete  Haut  über.  Ebenso  wenig  wie  an  der  Peripherie  ist  die 
Geschwulst  in  der  Tiefe  scharf  abgegrenzt;  sie  reicht  in  das  Unterhaut- 
zellgewebe  hinein  und  ist  nicht  von  den  Granulationen  der  Fistelgäage 
zu  sondern.  Es  lassen  sich  deren  zwei  in  den  Wucherungen  aufflndeD, 
wovon  der  eine,  wie  schon  erwähnt,  unter  dem  pectoralis  major  zur 
Schussöffnung  verläuft  und  ist  die  Haut  in  ganzer  Ausdehnung  darüber 
hart  und  schmerzhaft.  Wie  weit  diese  Veränderung  der  Haut  als  in- 
filtrirte  Randzone  der  Geschwulst,  wie  weit  als  Phlegmone  aufzufassen 
ist,  bedingt  durch  Eiterverhaltung  in  den  Fisteln,  lässt  sich  nicht  fest- 
stellen. Der  andere  Fistelgang  führt  nach  der  costalen  Seite  des 
Schulterblattes  und  endet  blind  auf  dem  subscapularis.  Nirgends  in  der 
Nachbarschaft  ist  Drüsenanschwellung  zu  finden;  das  Scbultergelenk  ist 
nicht  geschwollen  noch  schmerzhaft,  die  Muskulatur  daselbst  geschwunden. 


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243 


Der  Oberarm  ist  unbeweglich,  Vorderarm  und  Hand  frei  in  der  Be- 
wegung. Es  besteht  keine  Innervations - noch  Zirkulationsstörung,  nur 
die  Gegend  an  und  über  dem  Ellbogen  ist  leicht  ödematös.  Von  der 
Kugel  ist  nichts  zu  entdecken. 

Die  Aufgabe  der  Therapie  war  demnach:  die  Neubildung  zu  ent- 
fernen, die  Engel  zu  finden  und  die  Fisteln  zum  Verheilen  zu  bringen. 
Die  Wucherungen  hatten  dem  Aetzen  widerstanden,  sie  waren  in  den 
2 Monaten  bedeutend  gewachsen.  Die  Schnelligkeit  des  Wachsens  sprach 
für  ihre  Bösartigkeit  und  somitjfür  die  sofortige  operative  Beseitigung. 
In  der  Narkose  wird  die  Geschwulst  in  der  Achselhöhle  mit  Scbeere  und 
Messer  abgetragen,  die  beiden  Fistelgänge  ausgekratzt  und  drainirt  und 
der  Paquelin  auf  den  Boden  der  Wunde  aufgesetzt.  Auf  der  Brost,  wo 
sich  der  ganze  pectoralis  major  unterminirt  zeigt,  werden  die  Fisteln 
erweitert,  mit  dem  scharfen  Löffel  die  Höhle  gereinigt  und  Drains  durch- 
gezogen. Die  Engel  wird  dabei  nicht  gefunden.  Patient  wird  von  dem 
dortigen  Arzt  regelmässig  verbunden.  Am  26.  November  sah  ich  den 
Kranken  wieder:  die  Fisteln  auf  der  Brust  haben  gutes  Aussehen,  ihre 
Sekretion  versiegt,  so  dass  die  Drains  entfernt  werden  konnten.  Die 
Gegend  zwischen  processns  coracoideus  und  Achselhöhle  ist  wenig 
empfindlich  und  dementsprechend  ist  das  Fieber  bis  auf  geringe  abend- 
liche Steigerung  verschwunden.  Dagegen  zeigt  sich  in  der  Achselhöhle 
keine  Tendenz  zur  Heilung.  Die  morschen  Wucherungen  sind  wieder- 
gekehrt und  haben  sich  an  der  Peripherie  noch  weiter  ansgebreitet.  Die 
Wnndfläche  bildet  eine  hellrothe,  feucbtglatte  Decke,  die  leicht  dem 
scharfen  Löffel  weicht.  Ans  den  beiden  Fisteln  der  Achsel  lassen  sich 
grössere  Massen  ausschaben,  sie  sind  weiter  geworden  und  die  hintere 
lässt  sich  höher  hinauf  auf  dem  subscapnlaris  verfolgen.  An  der  innerei) 
Seite  des  Oberarmes,  die  das  Dacb  der  Höhle  bildet,  greift  die  Neu- 
bildung in  das  intermnsknläre  Bindegewebe  hinein.  Es  wird  überall  in 
der  Tiefe  mit  scharfem  Löffel  und  Paquelin  ansgeränmt  und  der  infiltrirte 
Hautrand  rings  weggescbnitten.  Darauf  untersuchte  ich  den  Kranken 
am  8.  Dezember,  und  bei  der  diesmal  vorgenommenen  Operation  — es 
ist  wieder  ein  lokales  Rezidiv  vorhanden  — gelinget  es,  die  Kugel  zu 
finden  und  anszuziehen.  Ich  finde  die  Fisteln  über  der  Brust  geschlossen 
und  die  Schnssöffnung  am  processns  cor.  dem  Verheilen  nab,  aber  desto 
schlimmer  sieht  es  in  der  Achsel  ans.  Die  Geschwürfläche  nimmt  die 
ganze  Achselhöhle  ein.  Die  gesammte  Fascienschicht  ist  von  der  Neu- 
bildung durchdrungen  und  wird  entfernt,  so  dass  die  Muskulatur  der 
Brust  und  der  Schulter  blossliegt  Dabei  wird  ein  Gang  entdeckt,  der 

16* 


Digiti. 


244 


auf  dem  serratos  anticos  major  nach  unten  zieht,  und  in  dessen  Ende 
unter  dem  vorderen  Rande  des  latissimns  dorsi  steckt  die  KugeL  Die- 
selbe wird  dnrcb  äusseren  Schnitt  extrahirt.  Sie  ist  stark  verbogen, 
zackig,  wiegt  15  g,  augenscheinlich  eine  Minie-Kngel.  Doch  auch  diese 
Operation  vermochte  nicht  das  Weiterschreiten  des  Tumors  aufznhalten, 
wie  die  Besichtigung  am  3.  Januar  1887  ergab.  Ich  versuchte  noch 
zweimal  der  Wucherungen  Herr  zu  werden,  doch  vergeblich,  sie  breiteten 
sich  stetig  weiter  ans.  Dabei  wurde  Patient  immer  schwächer  and 
anämischer;  an  den  Fussen  traten  Oedeme  auf.  Nach  jedem  operativen 
Eingriff  fühlte  er  sich  sehr  angegriffen,  das  Chloroform  vertrag  er 
schlecht,  es  bestand  danach  regelmässig  ein  paar  Tage  hindurch  starker 
Kollaps.  Anfang  März  sah  Herr  Professor  Oberst  den  Kranken  and 
rietb  von  jeder  weiteren  operativen  Vornahme  ab.  In  dieser  Zeit  reicht 
das  Gewächs  weit  über  den  Raum  der  Achselhöhle.  Bei  jeder  Operation 
war  in  der  Peripherie  infiltrirte  Haut  abgetragen  worden  and  immer 
batte  die  Neubildung  darauf  neues  Terrain  ergriffen.  Sie  erstreckt  sich 
nach  vorn  über  den  vorderen  Rand  der  Achselhöhle  auf  die  angrenzende 
Haut  der  Brust;  nach  hinten  liegt  die  Mosknlatar  am  äusseren  Rande 
des  Scbnlterblattes  frei,  nach  oben  gebt  die  Geschwulst  auf  der  Innen- 
seite des  Oberarmes  ein  Stück  abwärts,  sie  reicht  in  das  intermaskniäre 
Bindegewebe  und  umgreift  aufwärts  die  grossen  Gefässe.  Blnt  ist  bis- 
her dem  Sekret  wenig  beigemiscbt  gewesen,  doch  ist  jederzeit  eine 
Blutong  ans  grösseren  Gefässen  zu  besorgen.  Nach  nuten  ist  der  Tumor 
auf  der  seitlichen  Brustwand,  deren  Mnsknlatnr  bloss  liegt,  bis  über  die 
Extraktionsöffnnng  der  Kogel  herabgewachsen,  die  im  Dezember  noch 
10  cm  von  der  unteren  Hantgrenze  entfernt  gelegen  war.  Die  Tiefe  der 
Höhle  schliesst  zwischen  Brust  und  medialem  Rande  des  Schulterblattes 
ab,  alles  ansgefüllt  mit  bröcklicben  Wucherungen;  die  Oberfläche  ist 
uneben,  die  Ränder  wulstig  verdickt,  die  umgebende  Haut  stellenweis 
bis  über  2 Finger  breit  livid  und  hart.  Ein  dem  Rande  entnommenes 
Gewebsstück  hat  auf  dem  Durcbscfanitt  ein  blassröthliches  Ansehen, 
jedoch  sind  auch  hier  schon  in  den  tieferen  Geschwnlsttheilen  gelbe, 
trockene,  verkäste  Partien  zu  bemerken.  Mikroskopisch  finden  sich 
— nach  Bericht  des  Herrn  Professor  Oberst  — in  einem  sehr  spärlichen 
and  zarten,  bindegewebigen  Retikulum  kleine,  mit  ein  oder  mehreren 
Kernen  und  feinkörnigem  Protoplasma  versehene  Randzellen;  Gefässe 
spärlich,  ansserordentlicb  dünnwandig.  Hier  und  da  findet  sich  zwischen 
den  Zellen,  dieselben  anseinanderdrängend,  freie  Blutung,  die  indessen 
nirgends  eine  nennenswerthe  Ausdehnung  annimmt  In  den  gelblichen. 


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trockeDen  Partien  des  Tumors  ist  von  einer  Struktnr  überhaupt  nichts 
mehr  nachxnweisen  — nekrotische,  zum  Theil  feinkörnige,  in  den  mit 
Alauncarmin  behandelten  Präparaten  ungefärbte  Maasen,  in  denen  hier 
und  da  noch  kleine  Rnndzellen  zu  erkennen  sind.  Es  handelt  sich  so- 
mit zweifellos  um  ein  sehr  zellenreiches  Rnndzellen-Sarkom  mit 
aasgedehnten  Verkäsungen. 

Patient  wurde  seitdem  regelmässig  weiter  verbunden.  Gegen  die 
zerklüfteten,  schnell  wachsenden  und  zerfallenden  Massen  erwies  der 
antiseptische  Verband  sich  ohnmächtig.  Eiterretention  und  Phlegmone 
stellten  sich  wieder  ein.  Der  Oberarm  schwoll  stärker  an,  die  Fisteln 
anf  der  Brust  brachen  ebenfalls  wieder  auf,  die  Wucherungen  drängten 
znr  SchussöfiPnung  hervor.  Bei  der  profusen  Sekretion  der  grossen 
Wandfläche  war  der  Säfteverlost  enorm.  Der  Allgemeinzostand  ver- 
schlechterte sich  zusehends,  während  das  Fettpolster  immerhin  noch 
beträchtlich  blieb.  Der  Urin  enthielt  Eiweiss.  Nachdem  der  Tumor 
sich  stetig  weiter  vergrössert  hatte,  ging  der  Kranke  unter  fortwährendem 
Fieber  in  den  ersten  Tagen  des  April  marastiach  zu  Grande.  Sektion 
warde  nicht  gestattet 

Dass  der  Patient  der  Nenbildung  erlag,  war  die  Folge  ihrer 
Malignität  Von  den  Sarkomen  sind  die  zellreichen  und  von  diesen 
wieder  die  kleinzelligen  die  gefährlichsten,  weil  ihnen  der  stärkste 
Proliferationstrieb  innewohnt  Die  Kleinheit  der  Zelle  gilt  als 
Beweis  für  die  Schnelligkeit  ihrer  Bildung.  Ebenso  sind  die  umfang- 
reichen Nekrosen  in  der  Nenbildong  gerade  den  rapid  wachsenden 
eigenthümlich,  sie  entstehen,  wenn  die  Gefässentwickelnng  nicht  Schritt 
hsdten  kann,  mit  dem  Zellenwachsthum  (Ackermann,  Samml.  klinischer 
Vorträge,  233 — 34).  Ist  dadurch  der  verhängnissvolle  Charakter  der 
Geschwulst  gekennzeichnet,  so  kommen  weiter  die  lokalen  Verhältnisse 
in  Betracht  Das  Sarkom  fand  in  der  geiäss-  and  bindegewebsreichen 
Gegend  der  Achselhöhle  den  günstigsten  Ort  zu  reichlicher  Ernährung 
und  schrankenloser  Ausbreitung;  wir  wissen,  dass  nächst  der  Art  and 
Natar  der  Zelle  der  Blutreichtbnm  des  Matterbodens  von  bestimmendem 
Einfluss  auf  das  Wacbsthum  der  Geschwulst  ist.  Und  wenn  die  zell- 
reichen Sarkome  schon  durch  die  Art  ihres  Wachsthums  — Substitution 
— ein  diffuses  Uebergeben  in  die  Umgebung  zeigen  und  dadurch  schwer 
abgrenzbar  sind,  so  walteten  hier  in  diesem  Falle  noch  besonders 
schwierige  Umstände  ob,  die  es  anmöglich  machten,  die  Grenzen  der 
Geschwulst  sofort  zu  bestimmen.  Die  in  der  Tiefe  ulcerirte  Achselhöhle 
war  dem  Auge  schwer  zugänglich,  da  der  Oberarm  nur  durch  Mit- 


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bewegoDg  des  Scbniterblattes  von  der  Brast  zu  entfernen  war.  Die  Nea- 
bildung  war  an  dem  Ansfuhrungsgange  alter  Fisteln  entstanden,  von 
denen  die  eine  mit  einer  Eiterböhle  in  Verbindung  stand,  die  von  der 
Acbselböble  bis  zum  Brustbein  reichte.  In  der  Tiefe  Hess  sich  nicht 
feststellen,  wo  das  Sarkom  aufbörte  und  die  Granulation  anfing,  noch 
war  aussen  auf  der  Haut  die  Phlegmone  von  den  peripheren  Ausläufern 
der  Geschwulst  zu  unterscheiden.  Erst  ans  dem  verschiedenen  Erfolg 
der  Operation  wurde  es  klar,  dass  die  längs  des  Schulterblattes  ver- 
laufende Fistel  durchweg  sarkomatös  war,  dagegen  die  unter  dem 
pectoralis  major  hinziehende  nur  im  unteren  Theile  zum  Bereich  des 
Tumors  gehörte.  Aber  selbst  mit  der  Erkenntniss  der  Grenzen  der 

Geschwulst  war  noch  nicht  die  Möglichkeit  gewonnen  zu  ihrer 
radikalen  Entfernung,  sie  scheiterte  an  den  lokalen  Verhältnissen.  Das 
Sarkom  führte  innerhalb  7 Monate  den  Tod  des  Individuums  herbei. 
Aus  der  Litteratur  ist  es  bekannt,  dass  das  Sarkom  in  noch  kürzerer 
Zeit,  in  4 — 5 Monaten,  tödtlicb  verlaufen  kann.  So  erwähnt  Scbnchardt 
(Samml.  klin.  Vorträge,  257)  2 Fälle  ans  v.  Volkmann’s  Klinik,  die, 
in  direktem  Anschluss  an  eine  äussere  Verletzung  entstanden,  in  solch 
rapider  Weise  das  Leben  vernichteten,  in  dem  eie  nach  jeder  Operation 
rezidivirten  und  unter  allgemeinen  Metastasen  das  Ende  herbeiführten. 
Ob  es  in  dem  von  mir  beschriebenen  Falle  zur  Metastasenbildnng  in 
inneren  Organen  gekommen  war,  muss  unentschieden  bleiben,  da  keine 
Sektion  stattfand. 

Das  Interesse  des  Falles  aber,  welches  denselben  mittheilenswerth 
erscheinen  lässt,  liegt  darin,  dass  sich  das  Sarkom  an  den  Fisteln  einer 
15  Jahre  alten  Schusswunde  entwickelte.  Die  Kogel  war  in  der  Zeit  nicht 
eztrahirt  worden;  ob  und  wie  weit  der  in  der  Wunde  zurückgebliebene 
Fremdkörper  durch  andauernde  Reizung  zur  Sarkombildnng  Veranlassung 
gab,  — diese  Frage  führt  uns  auf  das  dunkele  Gebiet  der  Aetiologie  der 
Geschwülste.  Von  den  Carcinomen  ist  es  bekannt,  dass  sie  sich  häufig 
auf  chronisch  entzündlichem  Boden  (alten  Unterschenkelgeschwüren, 
Nekrosenfisteln,  Brandnarben,  Lupus  u.  s.  w.)  entwickeln,  ja  dass  an- 
scheinend bisweilen  rein  änsserliche  Ursachen  ihrer  Entstehung  zu  Grunde 
liegen  (Schornsteinfegerkrebs,  Paraffinkrebs).  Und  so  hat  man  ans  der 
Erfahrung  den  Satz  aufgestellt,  dass  wiederholte,  an  sich  mässige  Reize 
die  Gelegenheitsnrsache  für  Krebsbildung  ansmachen.  Von  den  Sarkomen 
ist  dieser  Hergang  viel  seltener  beobachtet;  Birch- Hirschfeld  erwähnt 
(Lehrbuch  der  pathol.  Anatomie),  dass  sie  in  Narben  und  Frak torstellen 
Vorkommen;  weit  mehr  sind  dagegen  Fälle  in  der  Litteratur  verzeichnet. 


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wo  sie  nach  einem  einmaligen,  heftig  einwirkenden  Tranma,  in  nn- 
mittelbarem  Anschlnss  an  einen  Stoss  oder  Fall  entstanden  sind.  Unser 
Fall  würde  sn  den  wenigen  gehören,  wo  ein  chronischer  Reisznstand 
die  Sarkombildnng  begünstigte.  Denn  die  Kngel  hatte,  indem  sie 
Eiterung  and  Fistelbildnng  vernrsachte,  eine  andanernde  Irritation  anter- 
balten.  Ob  sie  dadurch,  dass  sie  ihren  Platz  unter  dem  pectoralis  major, 
wo  sie  bis  dahin  gesteckt  haben  soll,  verliess,  den  Anstoss  zur  Oeschwulst- 
bildung  gab,  erscheint  sehr  fraglich,  da  die  Wanderung  der  Kugel 
ebenso  gut  als  Folge  der  durch  die  Neubildung  bedingten  Auflockerung 
aofgefasst  werden  kann.  Jedenfalls  entspricht  es  der  modernen  Auf- 
fassung, wenn  wir  in  Anbetracht,  dass  Sarkome  in  der  Achselhöhle 
selten  sind,  die  jahrelange  Anwesenheit  des  Fremdkörpers  in  der  Wunde 
als  sogenannte  Oelegenheitsursache  für  die  Sarkombildnng  ansprechen, 
ohne  damit  die  Möglichkeit  des  rein  znfilligen  Zusammentreffens  beider 
Umstände  ganz  in  Abrede  zu  stellen.  Im  Gegensatz  zu  der  Auffassung, 
die  dem  Trauma  einen  wichtigen  Einfluss  auf  die  Oeschwnlstbildung  sn- 
erkennt,  bat  Cohnheim  die  HTpothese  aufgestellt,  dass  alle  Geschwulst 
aus  überscbüssigen  embryonalen  Zellen  hervorgehe.  Diese  Hypothese 
ist  nicht  allgemein  haltbar  und  von  dem  Antor  selbst  zur  Lehre  von  der 
potentiellen  Anlage  nmgeändert  worden,  die  sich  wieder  der  alten  An- 
schauung von  der  Prädisposition  und  Erblichkeit  nähert  Heutzutage 
neigen  Chirurgen  wie  Pathologen  der  Auffassung  zu,  dass  zweierlei  Um- 
stände die  Geschwulstbildung  bestimmen:  die  Anlage,  die  angeboren 
oder  auch  erworben  sein  kann,  und  der  äussere  Anstoss,  der  Reis,  der 
die  Anlage  zur  Entfaltung  bringt  und  den  Ort  der  Geschwulst  bestimmt 
Da  die  Anlage  sich  bisher  dem  Mikroskop  verschlossen  hält,  auch  die 
Wesenheit  der  Geschwulst,  ihr  ezcessives  und  atypisches  Wachsthnm, 
ihre  Verschiedenartigkeit,  warum  in  dem  einem  Falle  epithel-,  im  anderen 
bindegewebsartige  Wucherung,  uns  noch  völlig  räthselhaft  bleibt,  so 
sind  wir  zur  Zeit  darauf  angewiesen  zu  versuchen,  dnrch  fleissiges 
Beobachten  der  äusseren  Umstände  dem  inneren  Verständnisse  näher  zu 
kommen.  Wir  sammeln  Material  und  so  mag  auch  dieser  Krankheits- 
fall als  Beitrag  zur  Kasuistik  der  Gelegenheitsnrsachen  dienen.  Für  die 
Praxis  aber  würde  eich  noch  eine  wichtige  Folgerung  ergeben.  Ist  nach 
unseren  jetzigen  Anschauungen  das  Zurückbleiben  der  Kngel  als  der  Reiz 
anzusehen,  der  die  schlummernde  Anlage  zur  Geschwulstbildung  weckte, 
so  steht  der  Tod  des  Patienten  in  Beziehung  zu  der  einstigen  Kriegs- 
verletzung. Dieser  Zusammenhang  würde  selbst  bei  der  etwaigen  An- 
nahme eines  infektiösen  Ursprunges  des  Sarkoms  bestehen  bleiben;  — 


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ich  denke  dabei  weniger  an  den  Carcinombacillns  (Schearlen,  Freire, 
Schill),  als  an  den  Umstand,  dass  Geschwülste,  die  man  früher  zu 
den  Sarkomen  rechnete  (Perlsacht,  Aktinomjkose),  jetzt  als  infektiöse 
erkannt  sind.  In  diesem  Falle  würde  die  Kogel  durch  die  Fisteln  die 
Eingangspforten  für  die  Infektion  geschaffen  und  so  ebenfalls  die 
Gelegenbeitsarsacbe  für  die  Nenbildnng  abgegeben  haben.  Die  Erwägung 
dieser  Umstände  wird  das  kriegscbirurgische  Handeln  beeinflussen:  die 
Möglichkeit  der  späteren  Entstehung  einer  bösartigen  Geschwulst  in  der 
Schusswunde  wird  als  eine  Indikation  mehr  zur  frühzeitigen  Heraus- 
nahme des  Geschosses  gelten. 


Zar  Rasoistik  des  epileptischen  Schlafes. 

Von 

Dt.  UibeleUsn. 

SUbs-  tmd  Bit&iUoiuarzt  im  k,  Bajer.  2.  Jägor-BaUillon. 


Die  Seltenheit  dieser  Znstflnde,  welche  jedoch  unter  Umständen  in 
gerichtsärztlicher  Beziehung  von  grosser  Wichtigkeit  sein  können,  dürfte 
die  Veröffentlichung  des  nachstehenden  Gutachtens  rechtfertigen.  — 

Auf  Requisition  des  Staatsanwaltschaftsvertreters  des  Militär-Unter- 
gerichts der  Königl.  Kommandantur  Aschaffenbnrg  gebe  ich  hinsichtlich 
der  Frage,  ob  der  Jäger  Friedrich  G.,  geboren  am  21.  Oktober  1864  zu 
Heidelberg,  Verwaltungsbezirk  daselbst  im  Grossherzogthum  Baden, 
katholisch,  ein  Schuster,  am  7.  November  1885  in  den  aktiven  Dienst 
getreten  als  ansgebobener  Ersatzrekrut  des  Bezirkes  Schweinfurt  (Land), 
mit  einer  aktiven  Dienstzeit  von  2 Jahren  und  4 Monaten,  an  Anfällen 
von  krankhafter  Schlafsucht  leidet,  auf  Grund  der  anliegenden  dienst- 
lichen Erhebungen  und  persönlicher  Untersuchung  nachstehendes  Gut- 
achten ab: 

I.  Die  Tbatsacben,  welche  obige  Requisition  veranlasst  haben,  sind 
folgende : 

Jäger  G.  war  am  2'J.  November  1887  Abends  10  Uhr  als  NachU 
posten  im  sogenannten  Holzhofe  aufgezogen.  Dieser  Holzhof  stösst  an 
die  Nordostseite  der  hiesigen  Kaserne.  Das  Schilderhaus  steht  im  Hinter- 


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gronde  eines  etwa  3 m breiten  and  30  Schritt  langen  Ganges,  welcher 
SD  der  einen  (nordöstlichen)  Seite  von  einem  etwa  ■/>  m breiten  Rasen- 
streifen  eingefasst  and  von  einem  Zanne  begrenzt  ist  Jenseits  des 
Schilderbaases  wird  der  Gang  so  eng,  dass  er  eben  einem  Manne  Raum 
ZDm  Durchgänge  bietet.  Die  visitirende  Patrouille  traf  den  G.  zwischen 
ll'/>  and  12  Uhr  schlafend  an  and  zwar  in  folgender  Situation; 

G.  lag  rollständig  mit  Helm  and  Mantel  bekleidet  in  dem  erwähnten 
Gange  and  zwar  im  vorderen  weiteren  Tbeile  desselben,  welcher  von 
der  Goldbacherstrasse  aus  gut  eingesehen  werden  kann,  nar  etwa 
16  Schritte  von  letzterer  entfernt,  etwas  nach  rechts  von  der  Mitte  gegen 
den  Zaan  za  auf  dem  Bauche.  Ueber  die  sonstige  Lage  des  Körpers 
geben  die  Zeagenaossagen  etwas  aaseinander;  während  ein  Mitglied  der 
Patrouille  — dieselbe  bestand  ans  einem  Sergeanten  and  zwei  Jägern  — 
aogiebt,  6.  habe  das  eine  Bein  krampfhaft  beraafgezogen,  das  andere 
aosgestreckt  gehabt,  die  Hände  unter  dem  Bauche,  sagt  der  andere 
Jäger  (E.)  ans,  G.  sei  gerade  aasgestreckt  auf  Gesicht  and  Baach  ge- 
legen, was  auch  der  fahrende  Sergeant  im  Allgemeinen  bestätigt.  Das 
Gewehr  fand  sich  in  der  Nähe  an  den  Gartenzaan  gelehnt.  Die  Stelle, 
wo  G.  lag,  war  schmutzig  und  nass  — es  hatte  in  den  letzten  Tagen 
geregnet  — , fast  ohne  Rasen,  and  daher  zam  Schlafen  nicht  günstig, 
während  weiter  hinten  am  Schilderbaaae  viel  bessere  Gelegenheit  zam 
Schlafen  gewesen  wäre.  Der  erste  Eindruck,  den  die  Visitirenden 
empfingen,  war  der,  dass  sie  einen  Todten  vor  sich  hätten.  Denn  ihrer 
Erfahmng  nach  pflegen  sich  Soldaten,  die  schlafen  wollen,  aaf  den  Rücken 
tn  legen,  schon  des  Helmes  wegen,  weil  die  Ranpe  hierbei  als  Eopf- 
Doterlage  dient.  In  Folge  dessen  berührte  ihn  der  die  Patronille  führende 
Sergeant  nicht,  sondern  rief  ihn  nar  an,  worauf  er  gleich  anfsprang,  sein 
Gewehr  ergriff  and  nach  kurzem  Erschrecken  sein  volles  Bewasstsein 
erlangt  hatte.  Er  rief;  „O  Jesns,  Maria  and  Joseph!  Herr  Sergeant, 
lassen  Sie  mich  gehen!“  Weiter  bat  er  den  Sergeanten,  ihn  doch  nicht 
ni  melden,  and  fügte  später  noch  hinzu,  er  sei  schon  einmal  wegen  eines 
gleichen  Vergebens  (Schlafen  aaf  Posten)  bestraft  worden  and  würde 
diesmal  wohl  noch  strengere  Strafe  erhalten.  Von  einem  krankhaften 
Anfall  sagte  er  nichts;  den  beiden  Jägern  der  Visitirpatroaille  — weniger 
dem  Sergeanten  — fiel  es  jedoch  anf,  dass  G.  krankhaft  blass  anssab,  wie 
Einer,  der  nnwohl  ist.  Für  genauere  Beobachtangen,  z.  B.  ob  das  Ge- 
sicht mit  Schmatz  oder  Schweiss  bedeckt  war,  fehlte  das  genügende 
Licht,  wenn  anch  die  Nacht  sonst  relativ  hell  and  znr  Erkennung 
gröberer  Gegenstände  wohl  geeignet  war  (in  der  folgenden  Nacht  war 
Vollmond). 


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Erst  am  andern  Tage  machte  O.  seinem  Kompagnie -Chef  ond  dann 
dem  Garnisonältesten  gegenüber  die  Angabe,  dass  er  einen  krankhaften 
Anfall  mit  Bewusstseinsstörung  gehabt  habe,  und  solche  Anfälle  schon 
mehrmals  bei  ihm  anfgetreten  seien. 

In  Folge  dessen  stellte  die  Kompagnie  weitere  Nachforschungen  an 
and  es  ergab  sich,  dass  in  der  That  einmal  sn  Anfang  Norember 
folgende  Beobachtung  gemacht  war: 

Jäger  S.  Bass  eines  Nachmittags  auf  dem  Aborte  und  zwar  auf  dem 
dritten  Sitze,  wo  er  weder  selbst  gegen  die  Thüre  sehen,  noch  ron  einem 
Eintretenden  bemerkt  werden  konnte.  Er  hörte  nur,  dass  Jemand  ein- 
trat and  gleich  darauf  ein  Oeränsch,  als  ob  der  Betreffende  zu  Fall  käme 
Er  eilte  hinzu  und  sab  den  O.  bewusstlos  in  halbsitzender,  halbliegender 
Stellung  nach  rechts  an  die  Wand  gelehnt,  durch  welche  er  am  TÖlligen 
Umfallen  gebindert  wurde.  S.  richtete  ihn  mühsam  auf  und  lehnte  ihn 
gegen  die  Ecke,  wobei  er  ihn  beim  Namen  rief.  Aber  es  dauerte  mehrere 
Minuten,  bis  das  Bewnsstsein  znrückkehrte,  und  zwar  erfolgte  dies  unter 
einem  tiefen  Seufzer.  Dann  schaute  G.  dem  S.  noch  kurze  Zeit  — einige 
Sekunden  — ins  Gesicht,  ohne  zu  sprechen  (Halbbewnsstsein),  und  sagte 
endlich  auf  dessen  Frage,  was  denn  mit  ihm  gewesen  sei:  ,Las8  mich 
g^ben,  das  war  so  ein  Anfall,  wie  ich  schon  öfters  gehabt  habe.‘‘  So- 
wohl während  des  Anfalles  von  Bewusstlosigkeit  als  auch  unmittelbar 
nach  demselben  sah  G.  auffallend  blass  aus  und  schwitzte  heftig,  besonders 
im  Gesicht,  so  dass  S.  ihm  den  Schweiss  abtrocknen  musste,  was  G.  nach 
der  Rückkehr  des  Bewusstseins  auch  selbst  that.  Er  war  dann  voll- 
ständig wie  früher,  heiter,  lachte,  klagte  auch  nicht  über  Müdigkeit, 
Kopfschmerz,  Schwindel  und  dergl.  Der  ganze  Anfall  hatte  nur  einige 
Minuten  gedauert.  Ueber  die  früheren  Anfälle  äusserte  er  sich  nicht  weiter. 

Ein  dritter  Vorfall  war  folgender: 

Am  20.  Juli  1887  zog  G.  Nachts  12  Uhr  auf  Posten,  und  zwar  am 
Schlosse,  wo  er  etwa  5 Minuten  nach  12  Uhr  ankam;  20  Minuten  nach 
12  Uhr,  also  nur  eine  Viertelstunde  später,  traf  ihn  eine  Visitirpatronille 
schlafend  an.  Er  lag  auf  dem  Rücken,  halb  unter  einem  Busche,  das 
Gewehr  im  Arm.  Die  visitirenden  Leute  mussten  ihn  mehrmals  mit  dem 
Fasse  austossen,  bis  er  erwachte.  Er  sprang  dann  auf,  nahm  dsm  Ge- 
wehr auf,  war  auf  barsches  Anfahren  sofort  bei  Bewusstsein  und  bat  des 
führenden  Sergeanten,  ihn  nicht  zu  melden,  er  könne  nichts  dafür,  sei 
sehr  müde  gewesen.  Ob  er  blasses  Gesicht,  Schweissbildnng,  stiere 
Augen  n.  dergl.  batte,  können  die  Zeugen  nicht  angeben,  da  die  Nacht 
sehr  dunkel  war,  so  dass  sie  längere  Zeit  nach  ihm  suchen  mussten, 


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bis  sie  ibn  fanden,  nnd  schliesslich  nnr  durch  seine  belle  Drillichbose 
sof  die  Stelle,  y>o  er  lag,  aafmerksam  gemacht  worden. 

Im  Allgemeinen  hatten  die  Zeugen  den  Eindruck  bekommen,  dass 
es  sich  um  einen  normalen  Schlaf  gebandeK  habe,  nnr  fiel  ihnen  auf, 
dass  O.  schon  gleich  im  Anfang  des  Wachestchens  vom  Schlaf  über- 
mannt nnd  dass  er  durch  das  Geräusch  ihrer  Schritte  anf  dem  Pflaster 
and  das  laute  Sprechen  nicht  erweckt  worden  war,  während  doch  ein 
auf  Posten  Schlafender  nur  unruhigen  leisen  Schlaf  zu  haben  pflegt 

Dies  sind  die  drei  Vorfälle,  welche  während  der  Hilitärdienstzeit 
des  6.  — derselbe  diente  im  dritten  Jahre  — beobachtet  wurden. 

II.  Es  bandelt  sich  non  um  Entscheidung  der  Frage: 

Fallen  alle  drei,  und  speziell  der  am  29.  November  in  das  Gebiet 
des  Krankhaften,  Unverschuldeten , oder  hat  sich  G.  wiederholt  einer 
schweren  Pflichtverletzung  durch  Schlafen  auf  Posten  schuldig  gemacht? 

Zur  Entscheidung  dieser  Frage  ist  es  nothwendig,  alle  Momente 
heranznzieben,  welche  die  wissenschaftliche  Erfahrung  an  die  Hand 
giebt,  und  speziell  das  Vorleben  und  die  Familienverbältnisse  des  G.  so- 
wie seine  körperliche  und  geistige  Beschaffenheit  soweit  als  möglich  zu 
beleuchten. 

Die  Familienverbältnisse  des  G.  sind  die  traurigsten  und  ungünstig- 
sten, die  man  sich  denken  kann.  Er  ist  ein  uneheliches  Kind  nnd  kennt 
seinen  Vater  nicht,  auch  nicht  die  Eltern  seiner  Matter.  Als  er  4 oder 
5 Jahre  alt  war,  heirathete  seine  Matter,  die  von  Heidelberg  nach  Landau 
in  die  Pfsdz  verzogen  war,  einen  Tagelöhner  G.,  welcher  ihren  unehe- 
lichen Sohn  adoptirte,  seine  väterlichen  Pflichten  jedoch  in  Form  einer 
beispiellosen  Rohheit  und  Gransamkeit  aasübte.  Er  misshandelte  den 
Sohn  G.  fortgesetzt  derartig,  dass  dieser  oft  davonlief  und  aus  Furcht 
vor  weiteren  Misshandlungen  mehrere  Tage  nnd  Nächte  ausser  dem 
Hause  zubrachte,  ja  oft  bei  bitterer  Kälte  im  Freien  übernachtete,  ehe 
er  sich  wieder  nach  Hanse  getraute.  G.  giebt  glaubwürdig  an,  dass  ibn 
sein  Stiefvater  nicht  bloss  häufig  auf  den  Kopf  geschlagen,  sondern  oft 
an  den  Ohren  gepackt  und  mit  dem  Kopfe  gegen  die  Decke  geschleudert 
habe.  Dass  diese  Angaben  nicht  übertrieben  sind,  beweisen  nicht  bloss 
die  jetzt  noch  sichtbaren  Sparen  dieser  Misshandlungen  in  Form  von 
Narben  im  Gesichte  des  G.,  sondern  vor  Allem  auch  die  Tbatsache,  dass 
sein  Stiefvater,  der  Tagelöhner  G.,  wegen  fortgesetzter  „unmenschlicher 
Missbandlongen“  eines  anderen  Sohnes  zu  fünf  Jahren  Zuchthaus  ver- 
ortheilt  wurde,  welche  er  zur  Zeit  verbüsst  Der  jüngere  Stiefbruder 
des  G.  befindet  sich  jetzt  als  geisteskrank  in  der  Pfälzischen  Kreis-Irren- 


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252 


anstalt,  and  swar  iat  dessen  Krankheit  nach  der  Ansicht  des  Eönigl. 
Landgerichtsarztes  za  Laudan  und  nach  dem  Gatachten  der  Kreis-Irren- 
anstalt KUngenmänster  lediglich  Folge  jener  Misshandlungen.  Eine  ^here- 
ditäre psychopathische  Beanlagangf  ist  nach  dem  gerichtsärztlichen  Gut- 
achten für  den  Jäger  Friedrich  G.  nicht  nachzuweisen. 

Die  Mutter  giebt  an,  sie  habe  an  letzterem,  so  lange  er  zu  Hause 
war,  „weder  Schwiudelanfälle,  Bewusstlosigkeit  noch  sonstige  Störungen” 
wabrgenommen.  Auch  seien  ausser  dem  Irrsinn  des  obengenannten 
Sohnes  bis  jetzt  in  der  Familie  keine  nervösen  Erkrankungen  irgend 
welcher  Art  vorgekommen.  Mit  dem  leiblichen  Vater  ihres  Sohnes 
Friedrich  sei  sie  nicht  blutsverwandt  Diese  Konstadrung  erschien 
wichtig,  da  unter  den  Ursachen  der  Epilepsie  Blutsverwandtschaft  an- 
geführt wird,  ebenso  Trunkenheit  des  Vaters  während  des  Zengungsaktes 
(Strümpell,  Krankheiten  des  Nervensystems,  3.  Auflage  1886  8.  421). 
Auch  der  letztere  Umstand  wird  von  der  Matter  negirt.  Geistige  Ab- 
normität der  Matter  ist  nicht  nachgewiesen,  über  den  Vater  ist  nichts 
Näheres  bekannt 

Was  nun  die  körperliche  und  geistige  Beschaffenheit  des  An- 
geschnldigten  selbst  betrifft,  so  haben  wiederholte  Untersuchungen  und 
Beobachtungen  desselben  — er  wurde  zu  diesem  Behufe  auf  einige  Tage 
in  das  Lazareth  aufgenommen  — Folgendes  ergeben. 

G.  ist  von  schlankem,  proportionirtem  Körperbau,  168,5  cm  gross, 
ziemlich  schlechtem  Ernährungszustaude , geringem  Fettpolster  der  Haut, 
mittelkräftiger  Muskulatur,  von  ziemlich  blasser  Gesichtsfarbe,  die  einen 
leichten  Stich  ins  Gyanotische  hat;  die  Hände  werden  bei  ihm  leicht 
blaurotb  bis  über  die  Handgelenke  hinauf,  und  zwar  schon  bei  geringer 
Kälteeinwirkung,  wenn  er  nur  einige  Minuten  bei  einer  Anssentemperatur 
von  -f-  1 bis  2 ° R.  ausserhalb  des  warmen  Zimmers  verweilt  An  der 
rechten  Hand  treten  dabei  einige  ziegelrothe  Flecken  und  Streifen  auf, 
ganz  wie  in  dem  Falle  von  epileptischer  Schlafsucht,  welchen  Mendel 
in  der  Deutschen  medizinischen  Wochenschrift  1880  No.  20  veröffentlicht 
hat.  Auf  Druck  entfärbt  sich  die  Haut  vollständig  und  es  dauert  ziem- 
lich lange,  über  eine  Minute,  bis  die  blaurothe  Färbung  sich  wieder 
herstellt 

In  der  Kopfbildung  ist  nichts  Abnormes  nachzuweisen,  nur  ist  der 
Hinterkopf  etwas  abgeflacht,  der  Kopfumfang  über  die  Stirne  gemessen 
beträgt  53,  über  Kinn  und  Scheitelwirbel  60  cm.  Der  Schädel  erscheint 
demnach  in  seinem  Höhendnrchmesser  ziemlich  lang,  jedoch  innerhalb 
der  normalen  Grenzen.  Beide  Gesichtsbälften  sind  gleich;  weder  Ohren- 


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253  — 


floss  Docb  Darmparaeiten  sind  nachsDweisen.  An  der  Zange  keine  Ver- 
leuoDgen.  Papillen  ciemlich  eng,  normal  reagirend.  Keine  Spur  von 
Syphilis,  will  aach  nie  infizirt  gewesen  sein.  2^itweises  Onaniren  wird  za- 
gegeben.  Ueber  der  linken  Aagenbraae  findet  sieb  eine  2 cm  lange  nicht 
Terwaebsene  Narbe,  ferner  2 cm  über  der  rechten  Aagenbraae  eine  kleine 
roodliche,  nicht  verwachsene  Narbe,  etwa  wie  von  einem  Blntegelbiss,  and 
eine  dritte  ganz  ähnliche  an  der  Nasenwurzel.  Diese  Narben  röhren  nach 
seiner  Angabe  von  den  Misshandlnngen  seitens  seines  Stiefvaters  her.  Anf 
dem  behaarten  Schädel  sind  keine  Narben  za  finden,  vielleicht  wegen  des 
ziemlich  dichten  Haarwuchses,  auch  am  übrigen  Körper  nirgends  nennens- 
werthe  Narben.  Die  Halswirbel  sind  nicht  schmerzhaft  bei  Druck,  der 
Brostomfang  beträgt  81 — 91  cm,  Lungen  and  Herz  ohne  nachweisbare 
Veränderungen,  ebenso  die  Verdaaungsorgane.  Motilität  and  Sensibilität 
der  Extremitäten,  Cremaster-  and  Sehnenreflexe  normal,  ebenso  die  gal- 
vanische and  faradische  Erregbarkeit  der  Nerven  and  Muskeln.  Dem- 
nach zeigt  O.  körperlich  keinerlei  auffallende  Abnormitäten,  ausser 
der  gesteigerten  vasomotorischen  Erregbarkeit  der  Extremitäten  und  der 
leicht  cyanotischen  Färbung  des  Gesiebtes. 

In  der  psychischen  Sphäre  ist  bei  G.  lediglich  ein  etwas  düsterer, 
melancholischer  Gesichtsausdruck  bemerkenswerth,  welcher  übrigens  aas 
den  trüben  Eindrücken  seiner  Jagend  sich  leicht  erklärt.  Im  Uebrigen 
sind  keinerlei  Störungen  der  Intelligenz,  des  Gedächtnisses,  keine  ge- 
müthlicben  Perversitäten  nachzuweisen.  Das  Zeagniss  der  Kompagnie 
lautet:  „Besitzt  ganz  gute  Anlagen,  ist  auch  gewandt  and  aasrichtsam, 
doch  oberflächlich  und  leichtsinnig.“  Von  seinen  Kameraden  worden 
niemals  geistige  Abnormitäten  an  ihm  beobachtet,  auch  keine  besonderen 
exzessiven  Neigpingen. 

Die  an  ihn  gestellten  Fragen  beantwortet  G.  prompt  and  richtig  and 
zeigt  dabei  gute  Anffassaog,  treaes  Gedächtnisa  and  eine  gut  entwickelte 
Intelligenz,  sowie  keinerlei  Neigung  zu  Uebertreibung  oder  Entstellung 
von  Tbatsachen,  er  macht  keine  Versuche  zur  Beschönigung  seines  Ver- 
haltens, sondern  antwortet  anscheinend  vollkommen  wahrheitsgemäss  and 
verlässig;  selbst  ihm  günstig  scheinende  Suggestivfragen  verneint  er,  wenn 
sie  nicht  zotrefien. 

Ueber  die  oben  erwähnten  Vorfälle  befragt,  giebt  er  Folgendes  an: 

Als  er  im  Jali  vorigen  Jahres  auf  Nachtposten  gezogen  war,  sei 
ihm  plötzlich  „unwohl“  geworden,  er  habe  sich  nieder  gesetzt  and  sei  ein- 
geschlafen. Ueber  die  Art  dieses  „Unwohlseins“  näher  befragt,  giebt  er 
an:  Als  er  auf  Posten  zog,  sei  er  noch  ganz  wohl  gewesen;  kurze  Zeit  dar- 


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254 


nach  habe  er  leichten  Kopfschmera  nnd  Schwindel,  sowie  ein  Gefühl  von 
schmerzhaften]  Druck  ^hinter  den  Augen“  (in  beiden  Stirnlappen)  ver- 
spürt; er  sei  dann  gegen  die  Kapelle  zugegangen  und  habe  plötzlich  das 
Bewusstsein  verloren. 

Beim  Postenstehen  im  November  (HolzhoO  sei  es  ihm  gegen  ll</i  oder 
11 V«  Uhr  ebenfalls  plötzlich  unwohl  geworden,  eine  Art  Schwindel 
habe  ihn  ergriffen  nnd  dann  habe  er  das  Bewusstsein  verloren.  Dass  er 
das  Gewehr  zuvor  weggestellt  habe,  erinnert  er  sich  nicht. 

Aehnlich  war  es  mit  dem  Vorfall  auf  dem  Abtritt 

Ausser  den  erwähnten  drei  Anfällen  könne  er  sich  nur  noch  eines 
vierten  erinnern,  welchen  er,  soweit  er  sich  entsinne,  im  Jahre  1884 
dnrchgemacht  habe.  Er  sei  damals  bei  einem  Schuhmacher  in  Wipfeld 
bei  Schweinfort  im  Dienst  gewesen  nnd  habe  eines  Vormittags  mit  beim 
Dreschen  geholfen.  Da  sei  es  ihm  plötzlich  unwohl  (schwindlig)  ge- 
worden, so  dass  er  die  Arbeit  verlassen  und  in  das  Haus  gehen  musste. 
In  der  Werkstatt  habe  er  dann  einen  Anfall  von  Bewusstlosigkeit  gehabt 

Diese  Angabe  wird  durch  amtliche  Erhebungen  bestätigt  Der  da- 
malige Dienstherr  des  G.  giebt  an,  dieser  sei  anscheinend  gesund  ge- 
wesen, als  er  sich  damals  (im  Jahre  1885  kurz  nach  der  Ernte)  an  der 
Arbeit  des  Dreschens  auf  einer  Dampfdreschmaschine  betbeiligte.  Kaum 
hatte  er  die  Arbeit  begonnen,  so  wurde  er  plötzlich  unwohl  und  musste 
sich  nach  Hanse  begeben.  Ale  dann  der  Dienstherr  nach  Verlauf  einer 
Stunde  nach  Hanse  kam,  sass  G.  ganz  bleich  auf  einem  Stuhl  in  der 
Werkstätte,  nnd  es  sei  demselben  unmöglich  gewesen,  die  Schuster- 
arbeit zu  verrichten;  er,  der  Dienstherr,  habe  ihn  hierauf  veranlasst,  sich 
zu  Bett  zu  begeben,  was  er  auch  getban  habe.  Er  sei  dann  bis  zum 
folgenden  Mittag  liegen  geblieben.  Die  Ehefrau  des  Dienstherrn  sagte 
dasselbe  ans. 

Weiterer  als  der  vier  genannten  Anfälle  kann  sich  G.  nicht  erinnern, 
namentlich  nicht,  dass  er  in  der  Jugend  schon  daran  gelitten  habe.  Ala 
Ursache  bezeichnet  er  die  Misshandlungen  seines  Stiefvaters  nnd  die  Er- 
kältungen, welchen  er  sich  bei  dem  Uebernachten  im  Freien  ans  Furcht 
vor  seinem  Stiefvater  ansgesetzt  habe. 

Dem  Eintritt  der  Anfälle  sei  in  der  Regel  ein  kurzes  „Unwohlsein“, 
welches  er  schwer  schildern  könne,  eine  Art  von  Schwindel  und 
leichtem  Kopfschmerz  von  nur  einigen  Minuten  Dauer,  voraugegangen, 
nach  den  Anfällen  sei  er  rasch  wieder  wie  früher  gewesen,  höchstens 
habe  er  einige  Minuten  sich  noch  matt  gefohlt.  (Bei  dem  Anfälle  in 
Wipfeld  hat  aber  diese  Mattigkeitsperiode  offenbar  länger  gedauert,  wie 
aus  den  Angaben  des  Dienstherrn  hervorgeht.) 


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— 2ft5  — 


Im  ersten  Augenblick  nach  der  Wiederkehr  des  Bewusstseins  habe 
er  bei  den  Anfällen  im  Juli  and  November  das  Qeföhl  des  Elrschreckens 
ftehabt 

Seinen  Kameraden  and  den  beiden  Visitirpatronillen  gegenüber  habe 
er  nichts  von  diesen  krankhaften  Anfällen  verlauten  lassen,  weil  er  „in 
der  Kompagnie  nicht  darum  angesehen  sein  wollte“.  Dagegen  habe  er 
schon  nach  dem  Anfalle  im  Joli  bei  der  Vorstellang  vor  dem  Herrn 
Oamisonältesten  plötzliches  „Unwohlsein“  als  Ursache  seines  Schlafens 
auf  Posten  angegeben,  es  sei  aber  darauf  kein  Gewicht  gelegt  worden. 

Das  sind  abo  die  Erhebungen,  welche  gesammelt  werden  konnten. 
Wenn  auch  dieselben  in  mancher  Hinsicht  nnvolbtändig  sind  — nament- 
lich wegen  der  mangelnden  Anskonft  über  die  geistige  Beschaffenheit  des 
Vaters  — , so  lassen  sie  doch  ein  genügendes  Bild  über  das  Vorleben 
des  Beschuldigten  gewinnen.  Als  nicht  unwichtig  ist  noch  beizufügen, 
dass  O.  längere  Zeit  ein  unstätes  Wanderleben  geführt  hat.  Nach  seiner 
Angabe  zog  er  vom  8.  bis  zum  12.  Lebendjahre  mit  „Spiellenten“,  d.  h. 
fahrenden  Leuten,  auf  Jahrmärkten  herum  (mit  einem  Kasperltheater 
0.  dergl.),  war  dann  kurze  Zeit  zu  Hause,  kam  mit  12V>  Jahren  in  eine 
Erziehungsanstalt  in  Speyer,  wo  er  Schulunterricht  genoss  und  das 
Schahmacherhandwerk  erlernte.  In  dieser  Anstalt  war  er  „vom 
14.  März  1877  hb  21.  Oktober  1880“.  Dann  trat  er  in  Landau  bei 
einem  Schuster  in  die  Lehre  und  zog  im  März  1881  in  die  Fremde.  Er 
wechselte  sehr  häufig  seine  Meister  und  Aufenthaltsorte,  war  in  Schwan- 
beim  zwischen  Frankfurt  und  Mainz,  Bieberach,  Weissenan  (bei  Mainz), 
Momenbeim  (Hessen),  Bodenheim,  Kitzingen,  Wipfeld  (bei  Schweinfnrt), 
selten  länger  als  ein  Jahr  bei  ein  und  demselben  Meister,  gewöhnlich 
nur  ein  halbes  bis  einige  Monate.  Ob  dieser  häufige  Wechsel  Folge 
eines  ihm  im  Blute  steckenden  nnstäten  Wandertriebes  bezw.  seiner  Er- 
ziehung ist,  oder  ob  dies,  wie  er  angiebt,  bei  Schuhmachern  die  Regel 
sei,  da  das  Bedürfnies  nach  Arbeitern  ein  sehr  wechselndes  sei,  lasse  ich 
dahin  gestellt. 

Soviel  ist  also  konetatirt,  dass  G.  bereits  vor  seinem  Einrücken  zum 
Militärdienste  einmal  einen  Anfall  von  plötzlich  und  ohne  nachweisbare 
Veranlassung  eintretender  Bewusstlosigkeit  mit  nachfolgender  Blässe  des 
Gesichts  und  länger  dauernder  Mattigkeit  erlitt,  dieser  Anfall  war  ein- 
geleitet von  einem  kurzen  Unwohlsein  (Schwindel)  und  zeigt  demnach  die 
Merkmale  eines  epileptischen  Anfalles,  wenn  auch  während  der  Periode 
der  Bewusstlosigkeit  selbst  keine  Zeugen  zugegen  waren,  daher  dahin 
gestellt  bleiben  muss,  ob  er  mit  klonischen  und  tonischen  Zuckungen 


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256 


(Krämpfen)  einber^ing,  was  übrigens  nscb  Analogie  der  genauer  bei  ibm 
beobachteten  Anfälle  nnwabrscbeinlicb  ist. 

Besonders  wichtig  erscheint  mir  der  Anfall  lu  Anfang  November 
vorigen  Jahres  auf  dem  Aborte,  weil  er  von  Anfang  bis  zum  Ende  von 
einem  zuverlässigen  und  unbefangenen  Zeugen  beobachtet  ist  und  gewisse 
Erscheinungen  zeigte,  welche  jede  Simnlation  ausscbliesaen.  Ich  meine 
namentlich  die  Blässendes  Gesichts  nnd  die  profusen  Schweisse,  welche 
mit  dem  Wiederkehren  des  Bewusstseins  anftraten  und,  wie  sie  einerseits 
für  epileptische  Anfälle  charakteristisch  sind,  andererseits  absolut  nicht 
simnlirt  werden  können.  Die  Krämpfe  des  typischen  epileptischen  An- 
falles waren  auch  in  diesem  Falle  nicht  vorhanden,  dagegen  das  charak- 
teristische tiefe  Aufseufzen  beim  Erwachen. 

Dieser  Anfall  liefert  nach  meiner  Ansicht  den  untrüglichen  Beweis, 
dass  O.  an  der  sogenannten  Epilepsia  mitior  (Petit  mal  der  Franzosen), 
d.  h.  der  leichteren  Form  der  Epilepsie  leidet,  welche  ohne  motorische 
Reizerscheinungen  (Krämpfe)  verläuft  nnd  zuweilen  nur  durch  rasch  vor- 
übergehenden Schwindel,  eine  leichte  Ohnmachtsanwandlnng  oder  kurzen 
Bewusstseinsverlnst,  zuweilen  auch  durch  „plötzliches  Einschlafen* 
sich  kennzeichnet  (Strümpell,  Krankheiten  des  Nervensystems,  3.  Auf- 
lage S.  426  ff.,  Enlenbnrg,  Real  - Encyklopädie,  2.  Auflage  6.  Band, 
S.  425  ff.).  Fälle  der  letzteren  Art  sind  von  Westphal  („Eigenthüm- 
liche,  mit  Schlaf  verbundene  AnfSlle",  Archiv  für  Psychiatrie  VII,  631; 
Fischer,  „Epileptoide  Schlafzustände“,  ebendaselbst  VIII,  200;  Siemens, 
„Zur  Lehre  vom  epileptischen  Schlaff,  ebendaselbst  IX,  72  und  Mendel, 
„Ueber  Anfälle  von  Einschlafen“,  Deutsche  medizinische  Wochenschrift 
1880,  No.  20)  beobachtet  und  beschrieben  worden. 

Nach  meiner  festen  Ueberzeugung  gehören  die  beiden  Fälle  von 
Einschlafen  auf  Posten,  welche  bei  G.  beobachtet  wurden,  in  dieselbe 
Kategorie,  d.  h.  ich  halte  dieses  Einschlafen  für  eine  krankhafte,  durch 
einen  epileptischen  Anfall  (Petit  mal)  verursachte  Erscheinung,  welcher 
er  ohne  sein  Verschulden  unterlag. 

Zur  Motivirung  dieser  meiner  Annahme  ist  es  nothwendig,  die 
Gründe,  welche  dafür  nnd  welche  dagegen  sprechen,  hier  kurz  znsammen- 
znstellen. 

Für  meine  Annahme  spricht  Folgendes: 

1)  Wir  haben  es  bei  G.  mit  einem  Individuum  zu  tbnn,  welches  als 
uneheliches  Kind  in  den  ungünstigsten  Verhältnissen  aufgewachsen,  in 
früher  Jugend  durch  einen  unglaublich  rohen  Stiefvater  fortgesetzt  miss- 
handelt nnd  dadurch  mit  Furcht  und  Schrecken  erfüllt  wurde.  Der 


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‘257 


mdanchoHsche  Oesichtsaosdrack  des  ADgescholdigten  ist  mit  Wahr- 
scbeialichkeit  auf  diese  entsetzlichen  Eindrücke  seiner  Jugendzeit  zurück- 
zofähren.  Dass  solche  depressiven  Geznüthsaffekte  und  besonders 
Furcht  nnd  Schrecken  unter  den  Ursachen  der  Epilepsie  eine 
wichtige  Rolle  spielen,  ist  allgemein  anerkannt  (Eulenburg  a.  a.  0. 
S.  415).  Ausserdem  auch  unzureichende  schlechte  Ernährung  von  Jugend 
auf  (ebendaselbst  S.  412),  welches  Moment  sicherlich  bei  6.  unter  den 
geschilderten  Verhältnissen  ohne  Weiteres  als  zweifellos  vorhanden  he> 
leichnet  werden  kann  und  auch  in  seiner  jetzigen  Körperkonstitution  noch 
Dachzuweisen  ist 

2)  G.  ist  von  gesteigerter  vasomotorischer  Erregbarkeit,  welche  sich 
io  den  oben  geschilderten  Erscheinungen  an  seinen  Händen  nnd  der 
leichten  Cjanose  des  Gesichts  zu  erkennen  giebt  und  mit  dem  von 
Mendel  veröfiFentlichten  Falle  von  epileptischer  Schlafsucht  übereinstimmt 

3)  Es  sind  bei  G.  zwei  Anfälle  beobachtet  (in  Wipfeld  im  Jahre  1885 
und  hier  im  November  1887  auf  dem  Aborte),  welche  charakteristische 
Merkmale  der  Epilepsie  erkennen  Hessen  nnd  eine  Simulation  ausschliessen. 

4)  Die  beiden  Fälle  von  Schlafen  auf  Posten  zeigten  gewisse  Eigen- 
tbümlicbkeiten,  welche  seihst  den  einfachen,  ungeschulten  Beobachtern, 
wie  es  die  Mannschaften  der  betreffenden  Visitirpatrouillen  waren,  anf- 
fielen  and  in  ihnen  den  Gedanken  erweckten,  dass  es  sich  hier  nicht  um 
gewöhnlichen  Schlaf,  sondern  nm  eine  Art  von  „Unwohlsein“  handele, 
d.  b.  dass  sie  krankhafter  Natur  seien,  und  zwar  fiel  ihnen 

a.  bei  dem  Vorfall  vom  29.  November  auf,  dass  G.  auf  Gesicht  nnd 
Bauch  lag,  nnd  zwar  an  einer  Stelle,  welche  bei  der  mondhellen  Nacht 
schon  von  der  Strasse  aus  eingesehen  werden  konnte,  welche  ferner 
schmntzig,  nass,  fast  ohne  Rasen  und  daher  zum  Schlafen  nicht  günstig 
war;  ferner  dass  G.  im  Gesicht,  als  er  sich  erhob,  krankhaft  blass 
aassah; 

b.  bei  dem  Vorfall  im  Jnli  v.  Js.,  dass  G.  schon  zu  Anfang  des 
Wachestebens  vom  Schlaf  übermannt  worden  war. 

Beide  Male  war  der  Schlaf  für  einen  in  dieser  Situation,  d,  h.  im 
Freien  auf  Nachtposten  Befindlichen  auffallend  fest;  denn  wenn  auch  G. 
beim  Rütteln  bezw.  Anrufen  gleich  erwachte  — was  der  Annahme  eines 
epileptischen  Schlafes  nicht  widerspricht,  wie  die  in  der  Litteratur  an- 
geführten Fälle  zeigen  — , so  wäre  doch  ein  per  nefas  Eingescblafener 
vermnthlicb  schon  durch  den  Schritt  der  Visitirpatronille  auf  dem  Pflaster 
erweckt  worden. 

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258 


Gegen  die  Annahme  eines  krankhaften  (epileptischen)  Schlafanfallea 
scheint  zunächst  Folgendes  zu  sprechen: 

1)  Das  G.  im  Holzhof  vor  dem  Einschlafen  das  Gewehr  noch  sorg* 
^Itig  an  die  Wand  gelehnt  hatte.  Mir  scheint  dies  jedoch  kein  Gegen- 
beweis zu  sein,  sondern  im  Gegentbeil  fnr  meine  Annahme  eines  krank- 
haften Anfalles  zn  sprechen.  Denn  wenn  G.  absichtlich  schlafen  wollte, 
so  hätte  er  viel  wahrscheinlicher  das  Gewehr  im  Arm  behalten,  nm  beim 
etwaigen  Nahen  einer  Visitirpatrouille  es  gleich  bei  der  Hand  so  haben  und 
nicht  erst  darnach  greifen  oder  suchen  zn  müssen.  Ergiebt  glanbwnrdig  an, 
dass  er  nichts  von  dem  Wegstellen  des  Gewehres  weiss.  Dasselbe  fällt 
demnach  schon  in  den  Zustand  des  schwindenden  Bewusstseins  und  ist 
analog  dem  instinktiven  Aufziehen  der  Uhr  bei  Schlaftrunkenen  vor  dem 
Niederlegen  bei  bereits  mangelndem  Bewusstsein.  Siemens  hat  in  seiner 
geistvollen  Arbeit  über  den  „epileptischen  Schlaf  die  durchgehende  Ana- 
logie desselben  mit  dem  gewöbnlichen  Schlaf  nachgewiesen  (a.  a.  O.). 

2)  Dass  G.  seinen  Kameraden  gegenüber  weder  unmittelbar  beim 
Erwachen  noch  nachher  etwas  davon  sagte,  dass  er  an  solchen  krank- 
haften Anfällen  leide.  Dies  stimmt  aber  ganz  mit  dem  sonstigen  Ver- 
halten Epileptischer  überein,  welche  sich  bekanntlich  scheuen,  ihrer 
Krankheit  Erwähnung  sn  thnn,  vielmehr  dieselbe  möglichst  geheim  zu 
halten  suchen.  Es  ist  dies  ja  auch  vollkommen  erklärlich  und  in  der 
menschlichen  Natur  begründet.  G.  hat  mir  gegenüber  sein  diesbezügliches 
Verhalten  auch  ganz  richtig  und  glaubwürdig  motivirt,  seinen  Vor- 
gesetzten gegenüber  bat  er  aber  die  krankhafte  Natur  der  genannten 
Scblafanfälle  ganz  korrekt  angegeben.  Der  Visitirpatrouille  gegenüber 
batte  er  keine  Veranlassung,  sein  epileptisches  Leiden  zn  erwähnen,  da 
er  wohl  wusste,  dass  der  Entscheid  über  seine  Bestrafung  der  Königl. 
Kommandantur  znstehe. 

Bei  dem  Anfalle  auf  dem  Aborte  hat  er  übrigens  io  der  ersten  Ueber- 
raschnng  beim  Erwachen  auf  das  Befragen  des  Zengen  S.  erwidert,  dass 
er  solche  Anfälle  schon  öfters  gehabt  habe. 

3)  Es  könnte  Bedenken  erregen,  dass  Heredität,  Syphilis,  Alkoholis- 
mns  und  Traumen,  welche  bei  der  Entstehung  der  Epilepsie  eine  so  her- 
vorragende Rolle  spielen,  in  unserem  Falle  nicht  nachznweisen  sind. 
Hierzu  ist  aber  zu  bemerken,  dass  wir  über  seinen  Vater  überhaupt 
nichts  Näheres  wissen,  und  daher  möglicherweise  der  fehlende  Nachweis 
über  hereditäre  Beanlagung  nur  unserer  Unkenntniss  zuzuschreiben  ist. 
Ferner  haben  wir  gesehen,  dass  G.  in  seiner  Jugend  fortgesetzt  den 
gröbsten  Misshandlungen  ausgesetzt  war,  welche  sich  sehr  häufig  gegen 


i 

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259 


«eioeD  Kopf  richteten  and  Gehirnerschötterangen  zur  Folge  haben  mussten. 
Unter  den  Ursachen  der  Epilepsie  werden  nun  aber  „vornehmlich  Kopf- 
rerletcnngen  nnd  Kopferschüttemngen**  aafgeföbrt,  welche  „nicht  an- 
mittelbar mittelst  anatomisch  fassbarer  Schädel-  resp.  Hirnläsionen'‘  tu 
wbken  brauchen  (Enlenbarg,  a.  a.  O.  S.  414).  Noch  ein  anderes 
ätiologisches  Moment  der  Epilepsie,  nämlich  Furcht  und  Schrecken, 
haben  wir  ebenfalls  in  seiner  Jagend  wiederholt  und  in  starkem  Maasse 
anf  ihn  einwirken  sehen. 

Man  könnte  nun  aber  fragen:  Warum  ist  dann  die  Epilepsie  nicht 
schon  im  Eindesalter  bei  ihm  aasgebrochen,  sondern  erst  so  lange  Zeit 
nach  den  einwirkenden  Ursachen?  Der  erste  nachgewiesene  Anfall  ist 
ja  erst  im  Jahre  1885,  also  im  21.  Lebensjahre,  bei  ihm  aufgetreten.  Eis 
ist  nun  aber  bekannt,  dass  in  einer  Reibe  von  Fällen  erst  mit  oder  nach 
dem  Eintritte  der  Pubertät  die  Epilepsie  zum  Ausbruche  kommt,  und 
man  ninamt  an,  dass  dies  mit  den  allgemeinen  Veränderungen  im  Nerven- 
leben zusammenbängt,  welche  sich  an  diesen  physiologischen  Vorgang 
knüpfeo.  Man  kann  vielleicht  auch  die  Verlangsamung  des  Stoffwechsels 
und  der  Herzaktion,  die  Abnahme  der  Innervations-Energie,  welche  in  dem 
genannten  Alter  sich  einstellt,  in  einen  gewissen  Zusammenhang  mit  dem 
ersten  Auftreten  der  Epilepsie  bringen,  insofern  als  die  Elastizität  und 
Widerstandsfähigkeit  der  Nervencentren  ebenso  wie  der  übrigen  Organe 
offenbar  schon  in  dieser  Periode  eine  gewisse  Einbusse  erleidet,  wie  ja 
auch  z.  B.  der  Ausbruch  der  Lungenschwindsucht  ebenfalls  in  diese 
Periode  zu  fallen  pflegt,  obwohl  die  Tuberkel  - Bacillen  oft  schon  lange 
vorher  im  Organismus  sich  eingenistet  und  die  Erscheinungen  der  Skrofu- 
löse erzeugt  hatten. 

4)  Auffallend  könnte  es  ferner  erscheinen,  dass  O.  gerade  auf  Nacbt- 
posten  zweimal  solche  Anfälle  bekommen  hat,  während  er  ausserdem 
überhaupt  nur  zweimal,  und  zwar  bei  Tage,  daran  litt.  Wir  sehen  den 
ersten  Anfall  etwa  im  September  1885;  dann  eine  fast  zweijährige  Pause, 
dann  drei  Anfälle  im  Zeitraum  vom  Juli  bis  Ende  November  1887  auf- 
treten.  Diese  Art  des  Verlaufes  ist  jedoch  bei  der  Epilepsie  sehr  häufig. 
(Strümpell  a.  a.  O.  S.  428:  „Sehr  häufig  beobachtet  man  gewisse 
Schwankungen  des  Verlaufes,  so  dass  die  Krankheit  Perioden  mit  häufiger 
wiederkehrenden  Anfällen  zeigt,  auf  welche  dann  wieder  längere  anfalls- 
freie  Pansen  folgen“,  nnd  umgekehrt.)  Wir  wissen  ferner,  dass  das 
häufigere  und  seltenere  Auftreten  der  epileptischen  Anfälle  zuweilen  mit 
gewissen  äusseren  Einflüssen  zusammenbängt,  und  dass  hierbei 
psychische  Erregungen,  körperliche  U eberanstrengnngen 

17* 


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260 


o.  dergl.  „fast  immer  einen  merklichen  schädlichen  Einfluss“  ansüben 
(Strümpell,  a.  a.  O.).  Es  ist  nun  nicht  zn  verkennen,  dass  bei  nacht* 
lichem  Wachestehen  diese  Bedingungen  gegeben  sind,  dass  anfangs 
eine  gewisse  Erregung  und  Anspannung  aller  Sinne  eintreten  wird,  wo- 
rauf  gegen  Ende  der  Wache  eine  gewisse  Abspannung  and  Uebermüdang 
folgt.  Hieraus  erklärt  sich  vielleicht,  dass  in  dem  einen  Falle  (im  Joli) 
zu  Anfang  der  Wache,  im  anderen  (November)  gegen  Ende  derselben 
der  Anfall  eintrat.  Ferner  kommt  noch  die  Einwirkung  der  Kälte  hinzu, 
welche  bei  O.,  wie  wir  gesehen  haben,  gewisse  vasomotorische  Störungen 
hervorruflt,  die  für  die  Entstehung  des  epileptischen  Anfalles  von  Wichtig- 
keit sind.  Warum  freilich  bei  O.  diese  Einwirkungen  sich  nur  im  Jnli 
und  November  1887  geltend  machten,  während  er  doch  vorher  und  nachher 
auch  zu  öfteren  Malen  auf  Nachtposten  war,  ohne  zn  erkranken,  dies  ent- 
zieht sich  unserer  Erkenntniss,  stimmt  jedoch  mit  der  oben  erwähnten 
Thatsache  der  periodenweisen  Häufung  der  Anfälle  überein. 

Für  den  Fall  in  Wipfeld  lässt  sich  vielleicht  die  ungewohnte  Arbeit 
sm  der  Dreschmaschine  einigermaassen  verantwortlich  machen,  während 
für  den  auf  dem  Aborte  zn  Anfang  November  1887  eben  wieder  die 
Periode  grösserer  Häufigkeit  herangezogen]  werden  muss;  denn  G. 
war  ja  vorher  unzählige  Male  auf  dem  Abort,  ohne  daselbst  etwa  in  Folge 
des  intensiven  die  Nerven  reizenden  Geruches  einen  Anfall  zu  bekommen. 

Fassen  wir  also  nochmals  die  Momente  zusammen,  welche  speziell 
das  Schlafen  auf  Posten  am  29.  November  v.  Js.  als  ein  ungewolltes, 
durch  Krankheit  veranlasstes  wahrscheinlich  machen,  so  sind  dies  folgende : 

Hätte  O.  absichtlich  schlafen  wollen,  so  hätte  er  sicherlich  nicht  den 
vorderen  Theil  des  Ganges  gewählt,  wo  er  von  einer  visitirenden  Patrouille 
sofort  gesehen  werden  musste,  ja  in  der  mondhellen  Nacht  sogar  schon 
von  der  Strasse  aus  gesehen  werden  konnte,  sondern  er  hätte  eich  in  den 
hinteren  engeren  Theil  des  Ganges  begeben , wo  nicht  bloss  das  Schlafen 
wegen  dichteren  Rasens  bequemer,  sondern  auch  sicherer  war,  da  er  nicht 
sofort  gesehen  werden  und  erwarten  konnte,  durch  das  Geräusch  der 
Schritte  im  vorderen  Gange  erweckt  zu  werden  und  noch  rechtzeitig 
anfspringen  zu  können.  Zu  diesem  Behnfe  hätte  er  auch  jedenfalls  das 
Gewehr  im  Arme  behalten,  um  gleich  bereit  zu  sein. 

Er  hätte  sich  ferner  voraussichtlich  nicht  auf  Gesicht  und  Bauch 
gelegt,  in  welcher  Lage  er  der  Aussenwelt  viel  mehr  entrückt  war,  sondern 
in  die  gewöhnliche  Lage  schlafender  Soldaten  auf  den  Rücken,  um  so 
mehr  als  der  Boden  damals  schmutzig  und  nass  war  und  daher  nicht 
zum  Aufdrücken  des  Gesichts  einlnd.  Der  relativ  feste  Schlaf  in  dieser 


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SitnatioD  spricht  ebenfalls  für  das  Krankhafte  derselben.  Denn  eine 
marscbirende  Patronille  wird  in  stiller  Nacht  von  einem  auf  dem  Boden 
Liegenden  nnd  leise  Schlafenden  leicht  schon  ans  einiger  Entfernnng 
wabrgenommen  nnd  diesen  in  den  meisten  Fällen  wenigstens  in  nächster 
Nähe  dnrch  das  blosse  Oeränsch  der  Schritte  znm  Erwachen  zn  bringen. 

Für  die  krankhafte  Natnr  des  Schlafes  spricht  ferner  noch  die  von 
zwei  Zengen  bemerkte  krankhafte  Blässe  des  Gesichts  des  G.,  welche 
sich  ebenso  bei  dem  Anfalle  anf  dem  Aborte  zn  Anfang  November  des- 
selben Jabres  gezeigt  batte. 

Weiter  ist  noch  zn  bemerken,  dass  bei  epileptischen  Anfällen  die 
Kranken  meistens  vornüber  fallen  (Strümpell,  S.  245),  was  mit  der 
Lage,  in  der  G.  gefunden  wurde,  übereinstimmt. 

Bei  dem  Anfalle,  welchen  G.  im  Juli  1887  anf  Nachtposten  hatte, 
lag  er  allerdings  auf  dem  Rücken,  was  ja  ebenfalls,  wenn  auch  seltener, 
bei  Epilepsie  vorkommt;  jener  Anfall  zeigt  überhaupt  mehr  Analogie  mit 
einem  normalen  Schlafe,  obgleich  ich  auch  ihn  ans  oben  erwähnten 
Gründen  für  einen  krankhaften  halte.  Bei  diesem  scheint  G.  sich  bei 
— bereits  zn  Anfang  der  Wacbel  — eintretender  überwältigender  Müdig- 
keit noch  halb  instinktiv  nnd  bei  bereits  schwindendem  Bewusstsein  eine 
günstigere  Stelle  zum  Niederlegen  ansgesncht  zu  haben. 

Ferner  stimmt  die  Schildemng,  welche  G.  von  den  einzelnen  Fällen 
giebt,  and  speziell  auch  von  dem  am  29.  November,  das  vorhergehende 
kurze  „Unwohlsein“  (Schwindel  nnd  Kopfschmerz),  das  plötzliche  Ein- 
treten von  Bewnsstlosigkeit,  die  nachfolgende  kurze  Mattigkeit  ohne  Er- 
innerung an  den  eigentlichen  Anfall  genau  mit  dem  Bilde  der  Epilepsia 
mitior  überein,  wie  es  die  wissenschaftliche  Erfahrnng  lehrt.  Erfindung 
oder  znfSllige  Kenntniss  dieser  Erscheinnngen  lässt  sich  wohl  mit  Sicher- 
heit ansschliessen. 

Endlich  ist  bervorznheben,  dass  G.  weit  davon  entfernt  ist,  ans 
seinem  Leiden  Kapital  zn  schlagen,  nm  sich  durch  Betonung  desselben 
rein  zu  waschen  nnd  straflos  aaszugehen,  und  das  spricht  entschieden 
wieder  zu  seinen  Gunsten.  Die  gewonnene  Kenntniss  seines  Leidens 
war  vielmehr  nur  durch  eingehende  mühsame  Fragestellung  und  Re- 
cherchen zu  erzielen,  während  ein  Simulant  mit  grosser  Zungengeläufig- 
keit  und  Redeschwall  dasselbe  möglichst  phantastisch  zu  schildern  und 
breitzutreten  versucht  haben  würde. 

Ans  diesen  Gründen  und  nach  genauer  Erwägung  des  Für  nnd  Wider 
in  der  vorwürfigen  Frage  gelange  ich  zn  dem 


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Schlass-Gotachten: 

„Der  Untersuchte,  Jäger  Friedrich  G.,  leidet  an  Epilepsia  mitior, 
d.  h.  Fallsucht  milderen  Grades  ohne  Krämpfe,  wovon  bisher  vier  An- 
fälle bei  ihm  beobachtet  wurden.  Das  Schlafen  auf  Posten  im  Juli  1887 
und  desgleichen  im  November  1887  wurde  höchst  wahrscheinlich  durch 
je  einen  Anfall  dieser  Krankheit  verursacht.“ 

Aschaffenburg,  März  1888. 


Schwere  Contasio  bulbi  mit  gftnstigem  Ausgang.*) 

Von 

Stabsarzt  Dr.  Kirchner  (Rastatt). 

Meine  Herren!  Ich  gestotte  mir.  Ihnen  hier  einen  im  Herbst  1886 
eingestellten  Füsilier  vorzustellen,  welcher  am  rechten  Ange  einen  höchst 
interessanten  Befund  darbietet. 

Rechtes  Ange,  vergrössert  (schematisch). 


Gleich  auf  den  ersten  Blick  bemerken  wir  an  diesem  Ange  in  der 
lateralen  Hälfte  der  Regenbogenhaut,  vorzugsweise  dem  nntern  Quadranten 
angehörig,  eine  dreieckige  schwarze  Stelle:  Die  Basis  des  Dreiecks  ist 
die  entsprechende  Stelle  des  Hornhantrandes,  die  dieser  Basis  gegenüber- 
liegende Spitze  zeigt  nach  der  Pupille.  Die  Schwärze  dieses  Dreiecks 
ist  von  derselben  dunkeln  Klarheit,  wie  die  des  normalen  Pupillargebiets, 
das  Dreieck  bedeutet  daher  einen  Defekt  in  der  Regenbogenhaut  an 
dieser  Stelle.  In  diesem  Defekt  bemerken  wir  bei  genauerem  Zusehen 

*)  Nach  einem  in  der  militärärztlichen  Geselischaft  zu  Hannover  im  Januar  1887 
gehaltenen  Vorträge. 


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Mbon  mit  blossem  Aage  nach  der  Spitze  des  Dreiecks  zu  eine  matte, 
grtae,  mit  dem  Hornbautrande  parallellaufeode  Linie,  an  welche  sich 
eine  den  Raum  bis  zur  Spitze  ansfnllende,  noch  etwas  matter  graue 
Fläche  anschliesst.  Dieses  kleine  maltgraue  Dreieck,  welches  in  dem 
grösseren  schwarzen  liegt,  ist  offenbar  ein  kleiner  kataraktöser  Linsen- 
zosschnitt,  die  graue  Linie  ein  Stuck  Linsenrand.  Die  Pupille  erscheint 
io  der  Richtung  von  rechts  oben  nach  links  unten  schrägoval,  und  zwar 
ist  dieses  Oval  insofern  unregelmässig,  als  der  nach  rechts  unten,  somit 
nach  der  Spitze  des  dreieckigen  Regenbogenhantdefekts  zu,  belegene 
Eorvenabschnitt  nach  dem  Zentrum  des  Ovals  zu  abgeplattet  ist,  also 
mehr  geradlinig  erscheint,  der  nach  links  oben  liegende  Abschnitt  da- 
gegen mehr  halbkreisförmig  ist,  also  dem  Rund  der  normalen  Pupille 
entspricht.  Betrachten  wir  die  Regenbogenhaut  etwas  genauer,  so  zeigt 
sie  sich,  besonders  in  dem  schmalen  Abschnitt  zwischen  Pupillarrand 
and  Spitze  des  Defekts,  deutlich  zirkulär  gefältelt.  Diese  Falten  werden 
nach  dem  oberen  und  unteren  Regenbogenhantrande  zu  niedriger  und 
sind  in  der  medialen  Irishälfte  völlig  verstrichen.  In  dieser  ist  die  radiäre 
Streifung  der  Iris  deutlich  ausgesprochen,  während  in  der  lateralen  Hälfte 
diese  Streifung  weit  weniger  deutlich  'ist.  Um  ein  triviales  Bild  zu  ge- 
brauchen, gleicht  diese  zirkuläre  Fältelung  der  Regenbogenhaut  dem 
Faltenwurf,  welcher  entsteht,  wenn  der  untere  Rand  des  Umhangs  eines 
weiblichen  Gewands  nach  einer  höher  befindlichen  Rosette  oder  Schleife 
XD  aufgeschnrzt,  und  so  ein  Ausschnitt  in  diesem  Umhang  her- 
gestellt wird. 

Die  Papille  reagirt  auf  Lichtreiz  sehr  gut,  der  dreieckige  Defekt 
bleibt  unbeweglich. 

Lassen  wir  den  Mann  rasche  Bewegungen  des  Bulbus  nach  rechts 
oder  links  ansfnbren,  so  bemerken  wir  deutliches  Irisschlottern,  be- 
sonders in  der  Defektgegend.  In  dieser  scheint  die  um  ihre  vertikale 
Axe  pendelnde  Linse  die  in  wellenförmige  Bewegungen  versetzte  Regen- 
bogenhant  stärker  vorzuwölben  als  medianwärts. 

Bei  fokaler  Beleuchtung  erscheint  der  kleine  kataraktöse  Linsen- 
sektor in  dem  der  Spitze  des  Defekts  zngelegenen  Abschnitt  desselben 
sehr  scharf  begrenzt  — besonders  der  Linsenrand  tritt  sehr  deutlich 
hervor  — und  von  hellgrauer  Farbe.  An  der  Basis  des  Defekts  am 
Hornbautrande,  da  wo  sonst  die  Iris  inserirt,  bemerken  wir  einige  kleine 
fetzige  oder  zackige  dunkelbraune  bis  schwarze  Prominenzen,  sonst  ist 
io  dem  Zwischenraum  zwischen  Basis  des  Defekts  und  Linsenrand,  speziell 
io  grösserer  Tiefe,  nichts  zu  bemerken.  Bei  fokaler  Beleuchtung  des 


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Papillargebiets  finden  sich  in  der  im  Uebrigen  klaren  Linsensobetans 
einige  schmale  horizontal  verlanfende  grane  Streifen,  die  von  rechts  her 
kommend  bis  etwas  über  das  Linsenzentrum  nach  links  ziehen.  Sie  sind 
offenbar  die  Aasläufer  der  nach  dem  rechten  Linsenrand  zu  befindlichen 
absoluten  kataraktösen  Trübung. 

Ophthalmoskopisch  ist  das  Pupillargebiet  sehr  gut  zn  durch- 
leuchten, nur  die  vorhererwäbnten  Kataraktausläufer  erscheinen  als 
schwarze  Striche.  Die  Spitze  des  Defekts,  da  wo  der  kataraktöse 
Linsenabscbnitt  liegt,  erscheint  völlig  dunkel,  dagegen  kann  man  zwischen 
der  Basis  des  Defekts  and  dem  Linsenrande  bequem  in  den  Glaskörper- 
raum  hineinleucbten,  besonders  beim  Blick  nach  rechts:  Dieser  Abschnitt 
(b  in  der  Figur)  erscheint  dann  als  hellrothes  Segment.  Vom  Corpus 
ciliare  ist  nichts  zu  sehen.  Der  Augenbintergrund  ist  normal,  die 
Papille  scharf,  nur  in  ihren  lateralen  (i.  n.  B.  medialen)  Partien  leicht 
verwaschen,  offenbar  infolge  der  kataraktösen,  das  Pupillargebiet  zum 
Theil  durchziehenden  Linsentrübungen;  die  Intervaskularränme  sind  stark 
pigmentirt.  Ausserdem  finden  sich  einige  leichtbeweglicbe  Glaskörper- 
trübungen. 

Aeusserlich  ist  am  Bulbus,  an  Cornea,  Eonjunktiva  oder  Sklera 
keine  Narbe,  noch  sonst  etwas  Pathologisches  zu  entdecken. 

Die  Tension  des  Bulbus  ist  rechts  etwas  geringer  als  links. 

Die  Untersuchung  des  Refraktionszastandes  und  der  Seh- 
schärfe des  rechten  Auges  ergiebt: 

R — '/i4  oder  — 2,75  D,  S = "/» 

— Vti  oder  — 3,5  D,  0,8  in  35  cm  etwas  mühsam 
L ES  = 1. 

Ophthalmoskopisch  ist  das  linke  Auge  normal,  die  Intervasknlar- 
räume  ebenfalls  stark  pigmentirt. 

Anamnestisch  Hess  sich  Folgendes  feststellen.  Als  der  Vorgestellte 
ungefähr  drei  Jahre  alt  war,  erhielt  er  von  einem  älteren  Knaben  beim 
Ballspiel  aus  Unvorsichtigkeit  mit  einem  Knüppel  einen  Schlag  in  das 
rechte  Auge.  Dasselbe  soll  sehr  schlecht  ausgesehen  haben,  so  dass  es 
der  hinzugezogene  Arzt  herausnebmen  wollte.  Die  Eltern  gingen  jedoch 
hierauf  nicht  ein,  und  nach  fünf  bis  sechs  Wochen  war  das  Auge  frei 
von  Entzündung  und  ging  allmählich  in  den  jetzigen  Zustand  über. 

M.  II.  I Die  durch  das  Trauma  im  Moment  des  Schlages  gegen  das 
rechte  Auge  an  diesem  gesetzten  Veränderungen  waren  meiner  Ansicht 
nach  folgende:  1)  Partielle  Irisruptur  mit  der  Ausdehnung  derselben  ent- 
sprechender Zertrümmerung  des  Corpus  ciliare;  2)  partielle  Ruptur  der 


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ZoQola  Zinnii;  3)  Ruptur  der  Linsenkapsel.  Letztere  batte  sehr  bald 
die  bestehende  Katarakt  zur  Folge. 

Der  von  mir  oben  so  bezeichnete  Irisdefekt  ist  nur  ein  scheinbarer. 
Tbatsäcblich  batte  das  Trauma  eine  Irisruptnr  zur  Folge  und  zwar  eine 
Ablösung  des  Ciliarrandes  der  Iris  von  seiner  Insertion  am  Homhant- 
rande  und  dem  Corpus  ciliare  an  der  Stelle,  wo  sich  die  Basis  des 
schwarzen  Dreiecks  befindet.  Vielleicht  durch  den  im  Gefolge  der  Iris* 
mptnr  auftretenden  Bluterguss  wurde  der  abgelöste  Ciliarrand  pupillar* 
wärts  verschoben,  die  im  Anschluss  an  das  Trauma  sich  einstellende 
adhäsive  (fibrinöse)  Iritis  bewirkte  eine  Verklebung  dieses  CUiarrand- 
Stückes  mit  der  vorderen  Linsenfläche,  mit  der  Resorption  des  Blutergusses 
löste  sich  die  hintere  Synechie  nicht,  durch  die  Retraktion  des  an  die 
Stelle  des  fibrinösen  Exsudats  tretenden  Bindegewebes  wurde  die  Mitte 
des  abgelösten  Ciliarrandes  noch  mehr  pupillarwärts  verzogen,  und  so 
entstand  das  jetzige  Bild.  Die  ganze  Breite  der  Iris  ist  an  der  Ruptnr- 
stelle  auf  die  Entfernung  zwischen  der  Spitze  bezw.  den  dort  zusammen- 
stossenden  Seiten  des  schwarzen  Dreiecks  und  dem  der  Dreieckspitze 
gegenüberliegenden  Pupillarrande  zusammengescboben,  daher  die  Fältelung 
m diesem  Irisabschnitt.  Diese  in  der  Spitze  zusammenstossenden  Seiten  ' 
des  Dreiecks  sind  der  abgelöste  Ciliarrand. 

Der  durch  die  Irisruptur  hervorgerufene  Bluterguss  war  gewiss  nicht 
unbedeutend.  Denn  da  der  Rest  bis  über  den  Aequator  des  Auges  nach 
oben  reichte,  so  musste  die  fast  genau  im  Aequator  verlaufende  laterale 
Art.  ciliaris  post,  longa  selbst  oder  jedenfalls  deren  unterer  Ast  dnrch- 
riuen  sein.'*'')  Ohne  Zweifel  füllte  der  Bluterguss  die  vordere  Kammer 
ganz  ans,  wahrscheinlich  fand  auch  eine  mehr  oder  minder  erhebliche 
Durchtränknng  des  Glaskörpers  mit  Blut  durch  den  Zonulariss  und  den 
mit  diesem  zusammen  sicher  eingetretenen  Riss  der  Hyaloidea  hindurch 
statt.  Denn  die  vorhandenen  Glaskörpertrübungen  lassen  sich  wohl  am 
leichtesten  als  Residuen  von  Blutungen  anffassen,  da  keine  chorioidealen 
Veränderungen  nachweisbar  sind.  Die  leichte  Beweglichkeit  dieser 
Trübungen  lässt  auf  eine  wenn  auch  nur  partielle  Verflüssigung  des  Glas- 
körpers schliessen. 

Das  Corpus  ciliare-  ist  an  der  Rnptnrstelle  völlig  geschwunden; 
auch  bei  scharfem  Rechtssehen  lässt  sich  von  den  Ciliarfortsätzen  nichts 
entdecken,  wenn  man  nicht  die  obenerwähnten  kleinen  zackigen  Pro- 


*)  Die  Theilung  dieser  Art.  in  einen  oberen  und  unteren  Ast  findet  bereits  statt, 
ehe  sie  den  ClUarrand  der  Iris  erreicht. 


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mioenzen,  die  ebensogot  als  Irisreste  angesprochen  werden  können,  für 
Reste  der  Ciliarfortsätze  halten  will.  Durch  das  Tranma  war  das  Corpus 
ciliare  an  der  Rnpturstelle  offenbar  völlig  zerrissen  nnd  zertrnmniert, 
seine  Reste  worden  später  resorbirt  oder  atrophirten  soweit,  dass  nichts 
Charakteristisches  von  ihm  mehr  sichtbar  ist. 

Dass  mit  der  Zertrnmmemng  des  Corpus  ciliare  an  der  Irisrnptor- 
stelle  auch  die  Linse  ihre  normale  Befestigung  in  dieser  Gegend  ein- 
gebüsst  haben  musste,  kann  an  sich  schon  keinem  Zweifel  unterliegen. 
Entweder  war  die  Zonnla  intakt  geblieben  nnd  mit  Theilen  des  Corpus 
ciliare  von  ihrer  Befestigungsstelle  an  letzterem  losgetrennt,  oder  sie  war 
selbst  zerrissen.  Wahrscheinlich  das  Letztere,  da  ja  der  Schlag  auch 
auf  die  Linse  wirkte,  nicht  allein  auf  die  Ansatzstelle  der  Regenbogenhaut 
an  die  Hornhaut.  Die  Folgen  dieser  partiellen  Zonnlarnptnr,  die  natnr- 
gemäss  nicht  heilen  konnte,  sehen  wir  in  dem  Irisscblottern  nnd  meiner 
Ansicht  nach  in  der  Myopie  des  rechten  Anges.  Dieselbe  beruht  sehr 
wahrscheinlich  nur  auf  einer  stärkeren  Wölbung  der  Linse,  d.  b.  einer 
Verlängerung  des  sagittalen  Linsendnrchmessers  gegen  den  des  linken 
emmetropiscben  Anges  unter  gleichzeitiger  Verkleinerung  des  vertikalen 
nnd  transversalen  Durchmessers.  Gegen  eine  angeborene  oder  erworbene 
Myopie  in  Folge  von  Verlängerung  der  Sebaxe  spricht  der  Angenspiegel- 
befund,  der  keine  Spur  eines  Skleralstreifs  anfweist.  Das  Vorhandensein 
von  E mit  voller  Sehschärfe  auf  dem  linken  Auge,  die  fast  volle  Seh- 
schärfe auf  dem  rechten,  die  gewiss  nur  durch  die  kataraktösen 
Trübungen  im  Pnpillargebiet  verringert  ist,  der  beiderseits  gleiche  Befund 
am  Angenhintergmnd  lassen  annehmen,  dass  das  rechte  Auge  ein  von 
Geburt  emmetropisches  mit  voller  Sehschärfe  war  gleich  dem  linken  nnd 
dass  seine  Sebaxe  noch  jetzt  die  Länge  derjenigen  des  emmetropiscben 
linken  Auges  hat  Die  Myopie  ist  in  Folge  des  Traumas  dadurch  ent- 
standen, dass  in  Folge  der  Zerreissnng  der  Zonnla  auf  der  rechten 
Seite  ihre  elastische  Zngwirknug  auf  die  Linsenperipherie  auf  dieser 
Seite  anfhörte,  die  Linse  in  ihrer  Gestaltung  nur  mehr  durch  ihre 
eigene  Elastizität  beeinflusst  wurde,  unter  deren  Wirkung  die  Linse  das 
Bestreben  bat,  sich  der  Kugelgestalt  zu  nähern,  daher  ihr  sagittaler 
Durchmesser  znnebmen,  die  beiden  anderen  abnebmen  mussten.  Dass 
übrigens  die  rechte  vordere  Linsenfläche  tbatsächlich  stärker  konvex  ist 
als  die  linke,  konnte  ich  direkt  nach  weisen  durch  die  Beobachtung  der 
Reflexbildchen:  das  rechtseitige  ist  kleiner  als  das  linkseitige. 

Auffallend  könnte  es  erscheinen,  dass  wir  trotz  des  zweifellosen 
Vorhandenseins  einer  21onularnptnr  keine  Ortsverändemng  (Luxation)  der 


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267 


Liese  finden,  dieselbe  bst  anscheinend  ihre  Lage  in  der  tellerförmigen 
Grabe  völlig  beibehalten.  Dies  hat  offenbar  seinen  Grand  in  der  hinteren 
Synechie.  Der  abgelöste,  in  seiner  Mitte  winkelige  geknickte  Irisrand, 
der  an  der  vorderen  Linsenfläche  nahe  ihrem  lateralen  Rande  festhaftet, 
ersetzt  in  gewisser  Weise  an  der  Rupturstelle  die  Zonola,  ohne  natürlich 
die  Linse  völlig  fbtiren  cn  können. 

Die  durch  das  Traama  verursachte  Katarakt  betrifft  nur  die  rechte 
Hälfte  der  Linse  und  ist  absolut  nur  in  ihrem  äussersten  rechten  Ab- 
schnitt, wie  wir  dies  in  dem  im  Irisdefekt  zu  sehenden  Keilchen  erkennen. 
Von  dieser  kleinen  absoluten  Trübung  strahlen  einige  striebförmige  nach 
dem  Linsenzentrum  zu  aus.  Die  Katarakt  kann  nur  eingetreten  sein  in 
Folge  eines  Einrisses  der  Linsenkapsel, wahrscheinlich  am  lateralen 
Linsenrande,  indem  hart  an  diesem  vielleicht  stellenweise  die  Zonula  ab- 
und  gleichzeitig  die  Linsenkapsel  einriss.  Gemeinhin  ist  die  Folge  solcher 
Verletzung  der  Linsenkapsel  Trübung  und  Quellung  der  Linsensubstanz, 
dieselbe  quillt  aus  der  Rissstelle  heraus,  wird  allmählich  resorbirt,  es 
folgt  weitere  Linsensubstanz  nach,  die  Linse  schrumpft  mehr  und  mehr. 
Meistens,  besonders  bei  jugendlichen  Individuen  wie  in  unserem  Fall, 
tritt  auf  diese  Weise  eine  Trübung  der  ganzen  Linse  ein  mit  mehr  oder 
minder  erheblichem  Anstritt  von  Linsensubstanz  in  die  vordere  Kammer 
und  Resorption  daselbst,  wie  wir  diesen  Vorgang  von  der  Diszision  her 
kennen.  Im  vorliegenden  Fall  ist  jedoch  offenbar  nicht  die  mindeste 
Verkleinerung  der  Linse  eingetreten.  Dies  bat  meiner  Meinung  nach 
seinen  Grund  darin,  dass  erstens  vielleicht  der  Kapselriss  nur  klein  war, 
und  zweitens,  nachdem  derselbe  entstanden,  allerdings  durch  Imbibition 
der  ihm  zunächst  liegenden  Linsensubstanz  eine  Trübung  derselben  auftrat, 
ihr  Austritt  in  die  vordere  Kammer  aber  in  Folge  des  dort  im  Anschluss 
an  den  Irisriss  aufgetretenen  Blutergusses,  der  einen  nicht  unbedeutenden 
Druck  auf  die  Linse  ausüben  musste,  nicht  erfolgen  konnte.  Aus  eben 
diesem  Grande  trat  offenbar  rasch  Verklebung  und  definitiver  Schluss 
der  Kapselwuiide  ein,  so  dass  die  Linse  auch  nicht  den  mindesten 
quantitativen  Verlust  an  ihrer  Substanz  erlitt  Nur  so  konnte  eine  so 
vorzügliche  Sehschärfe  erhalten  bleiben. 

Dem  vorliegenden  Befunde  nach,  m.  H.,  ist  anzunehmen,  dass  der 
Schlag  mit  dem  Knüppel  direkt  gegen  den  Bulbus,  nicht  etwa  gleich- 


*}  Die  sehr  seltene  traumatische  Katarakt  ohne  Kapselriss  ist  für  den  vor- 
liegenden Fall  wegen  der  Schwere  der  Verletzung  und  der  gleichzeitigen  Zonula- 
ruptor  nicht  anzunehmen. 


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268 


zeitig  gegen  die  Augenhöblenränder  erfolgte;  io  letzterem  Fzlle  bitte 
nicht  eine  so  schwere  Balbnsverletzang  stattfinden  können.  Wahrscheinlich 
traf  das  vordere  Ende  des  Knüppels  mit  seinem  Rande  gerade  aaf 
den  lateralen  Hornhantraod  anf  ond  bewirkte  so  die  vorliegenden  Ver- 
letzungen. Ob  and  inwieweit  die  Konjanktiva,  Sklera  oder  Cornea  verletzt 
gewesen  sind,  dafür  lässt  sich  jetzt  kein  Anbaltspnnkt  mehr  finden.  Eine 
Narbe  oder  sonstige  pathologische  Beschaffenheit  lasst  sich  an  diesen 
Theilen  nicht  konstatiren. 

Die  Dienstbranchbarkeit  des  Mannes  anlangend,  so  liegt  kein  Oitmd 
vor,  aus  welchem  dieselbe  bezweifelt  werden  könnte.  Als  ich  den  Mann 
vierzehn  Tage  nach  seiner  Einstellung  wiedersab,  bemerkte  ich  aUerding* 
eine  geringe  perikorneale  Injektion  am  rechten  Auge,  und  er  klagte 
damals,  dass  er  beim  Kommando  „Augen  rechts“  oder  „Augen  links* 
einen  leichten  Schmerz  um  dieses  Auge  empfinde.  Dieses  war  indess 
nur  eine  vorübergebende  Reizerscheinung  in  Folge  der  ungewohnten 
rackweisen  Kopfbewegungen,  bei  denen  die  in  ungewöhnlich  heftige 
Schwingungen  versetzte  Linse  auf  Iris  und  Corpus  ciliare  stärker  als 
sonst  zerrend  einwirkte.  Nach  Verlauf  von  weiteren  vierzehn  Tagen  war 
von  irgend  welchen  Reizerscheinungen  nichts  mehr  zu  sehen,  und  der 
Mann  hatte  nicht  die  geringsten  Klagen  mehr.  Auch  heute  besteht  dieser 
reizlose  Zustand  weiter.  Wir  haben  es  hier  offenbar  mit  einem  schon 
längst  konsolidirten  Zustande  zu  thnn;  der  Mann  bat  nach  Heilung  der 
Verletzung  nie  cyklitische  Reizerscheinungen  gehabt  und  wird  voraus- 
sichtlich, nachdem  sich  sein  Cvealtrakt  an  die  ihm  neuen  dem  Militär- 
dienste eigenen  Bewegungen  gewöhnt  hat,  auch  weiterhin  keine  solchen 
Reizerscheinungen  bekommen. 

Fälle  wie  der  vorliegende  gehören  durchaus  nicht  zu  den  häufigen 
Vorkommnissen.  Einfache  Iridodialjsen  kommen  in  Folge  von  Contusio 
bolbi  öfter  vor,  dagegen  bezeichnet  Becker*)  Fälle  von  Liosenkapsel- 
zerrcissung  in  Folge  einer  solchen  Verletzung  als  sehr  selten.  Freilich  ist 
dieselbe  auch  im  vorliegenden  Falle  nicht  erwiesen,  sondern  nur  mit 
grosser  Wahrscheinlichkeit  anzunehmen.  Ganz  besonders  bemerkenswerth 
ist  die  vorzügliche  Erhaltung  der  Sehschärfe.  Ich  finde  hierüber  in  der 
mir  zu  Gebote  stehenden  Litteratur  keine  Angaben,  indess  ist  die  Seh- 
schärfe meist  bei  derartigen  Verletzungen  schon  durch  die  in  Folge  der 


*)  G rarfe-Saemisch,  Handbuch  der  gesammten  Angenbeilkiinde,  V.  S.  181 


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ZerreiMoni;  der  Zoonla  eingetretene  Sabluxation  der  Linse  sehr 
beeinträchtigt. 

Der  Ort  der  Verletcang  ist  der  für  Eontnsionsverletiongen  des 
Bolbos  gewöhnliche,  im  lateralen  nntem  Quadranten. 


Referate  und  Kritiken. 


Handbuch  der  Eriegsheilk unde.  Für  die  schweizerischen  Sanitäts- 
Offiziere  bearbeitet  von  Oberstlieutenant  Dr.  H.  Bircher,  Divisions- 
Arzt,  Dozent  für  Chirurgie  an  der  Universität  Bern.  Benno  Schwabe, 
Basel.  1886. 

Auch  die  Schweiz  bereitet  sich,  wenigstens  in  Bezug  auf  das  Sanitäts- 
wesen,  für  einen  zukünftigen  Erieg  vor,  wie  der  Titel  obenbenannten 
Werkes  bezeugt. 

Dasselbe  zerfällt  in  drei  Tbeile,  von  welchen  der  erste  von  der 
Organisation  des  schweizerischen  Sanitätswesens  in  der  vergangenen  und 
in  der  jetzigen  Zeit  bandelt,  allerdings  ist  diese  Organisation,  wie  die 
Vorrede  belehrt,  theil weise  noch  prinzipiell  io  Entwürfen  festgesetzt; 
nichts  desto  weniger  ist  gerade  dieser  Theil  für  uns  von  grösserem 
Interesse  und  fordert  zu  einem  Vergleiche  mit  unseren  Einrichtungen 
heraus. 

Von  dem  historischen  Abschnitte,  mit  dem  15.  Jahrhundert  beginnend, 
ist  nur  kurz  zu  erwähnen,  dass  die  Bezeichnung  «Sanitätsoffizier'^  in  der 
Schweiz  im  Jahre  1862  eingeführt  worden  ist,  nachdem  schon  zwei 
Jahre  vorher  die  letzte  Unterordnung  des  Sanitätswesens  unter  die 
Intendantur  entfernt  wurde. 

Die  jüngste  Reorganisation  der  Heereseintheilung  wird  auf  die 
Erfahrungen  des  Erieges  1870/71  zurückgeführt;  es  wurde  eine  eigene 
Truppengattung,  die  Sanitätstruppe  genannt,  errichtet,  die  Oberleitung 
des  gesammten  Sanitätsdienstes  im  Frieden  bat  der  Oberfeldarzt, 
nnter  dem  Militärdepartement  stehend,  im  Eriege  der  Armeearzt;  den 
Transportdienst  leitet  der  Oberetappenarzt;  der  Chef  des  Spital- 
dienstes und  derjenige  des  Hülfsvereinswesens  stehen  nnter  dem  Ober- 
feldarzt. 

Bei  der  Division  wird  der  Sanitätsdienst  vom  Divisionsarzt 
geleitet,  unter  welchem  das  gesammte  Sanitätspersonal  und  das  Feld- 
lazareth  stehen;  im  Frieden  dem  Oberfeldarzt  untergeordnet,  besorgt 
derselbe  die  Rekmtirnng,  führt  die  Eontrole  über  das  Sanitätspersonal, 
ernennt  die  Unteroffiziere,  sein  Stellvertreter  ist  der  Eommandant  des 
Feldlazarethes,  Feldlazarethcbef  genannt,  welcher  im  Frieden  das 
Material  des  Feldlazarethes  zu  inspiziren  bat,  dieser  wieder  besitzt  einen 
Stellvertreter  bei  der  Division. 

Die  subalternen  Militärärzte  (Hauptlente,  Oberlientenants)  sind 
den  Truppen  und  den  Sanitätsanstalten  zngetheilt. 


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270 


Die  Militärapotheker  (gleichfalls  Sanitätsoffiziere)  verwalten  das 
Material  der  Sanitätsanstalten  während  des  Dienstes. 

Die  Mannschaft  gehört  entweder  zu  den  Trnppentheilen  oder  zn 
den  Sanitätsanstalten. 

Der  Krankenwärter  (nnseren  Lazarethgehilfen  entsprechend)  hat 
eine  sogenannte  Bulge,  in  welcher  sich  die  Verbandgegenstände 
befinden;  dieselbe  muss  ziemlich  gross  sein,  da  sich  allein  12  Verband- 
tücher,  ein  Verbaudbecken,  eine  Blendlaterne  n.  s.  w.  in  ihr  befinden, 
sowie  eine  Wasserflasche,  die  Krankenträger  eine  Verbandtascbe,  die 
Unteroffiziere  ausserdem  noch  ein  Rufborn;  jeder  Arzt  muss  sein  eigenes 
chirurgisches  Tascbenetui  haben,  diejenigen  bei  der  Truppe  erhalten 
eine  Arzttasche. 

Jedes  Feldlazareth,  deren  die  Schweiz  8 bat,  besteht  aus 
dem  Stabe,  dessen  Chef  ein  Militärarzt  im  Majorsrang  ist  und  als 
Adjutanten  den  Arzt  des  Trainbataillons  besitzt,  5 Ambnlancen,  jede 
wiederum  mit  einem  Chef  (Militärarzt  im  Hauptmannsrange)  und  drei 
Aerzten,  einem  Verwaltungsoffizier  und  einem  Apotheker  u.  s.  w.,  der 
Fnhrwerkskolonne,  welche  ans  2 Materialreservefourgons,  12  Requisitions- 
wagen  für  Verwnndetentransport,  5 Fourgons,  5 Blessirten  wagen, 
7 Froviantwagen,  7 Gepäckwagen,  darunter  2 mit  angehängien  Fahr- 
kücben,  besteht,  und  der  vom  Landwebrtrainbataillon  gelieferten  Bespannung; 
das  ganze  Feldlazareth  bat  19  Reitpferde,  108  Zugpferde  und  88  Fuhr- 
werke — eine  etwas  sehr  lan^e  Wageuburg,  deren  Vorwärtskommen 
nicht  sehr  leicht  sein  dürfte,  übrigens  kann  jede  der  fünf  Ambulancen 
auch  für  sich  verwendet  werden  und  ist  derartig  eingerichtet,  dass  sie 
sowohl  einen  Hauptverbandplatz  als  ein  Feldspital  errichten  kann. 

Ausserdem  ist  noch  das  Material  für  zwei  Ambulancen,  für  den 
Gebirgskrieg  eingerichtet,  mit  Tragbahren,  Krankenschlitten,  einem 
Zelte  und  8 Sanmthieren,  vorhanden. 

Der  Transportdienst  wird  durch  5 Transportkolonnen  und 
3 Sanitätszüge,  die  unter  dem  Oberetappeuarzte  stehen,  vollzogen;  der 
Dienst  in  denselben  wird  ebenso  wie  in  den  stehenden  Spitälern  von  der 
Landwehr,  event.  von  der  freiwilligen  Hülfe  besorgt. 

Sämmtliche  Sanitätstrnppen  einschliesslich  Landwehr  bestehen  aus 
859  Offizieren,  6155  Mannschaften;  die  freiwillige  Hülfe  hat  eich  der 
offiziellen  zn  unterordnen  und  erhält  einen  Sanitätsstabsoffizier  als  Chef. 

Die  Behandlung  und  Verpflegung  der  Verwundeten  soll  in  drei 
Hülfslinien,  Truppenverbandplatz,  Hauptverbandplatz  und  Spital,  geschehen. 

Ob  dieses  Ineinanderfügen  von  Sanitätsdetachements  und  Feld- 
lazarethen  in  eine  einzige  Formation  eine  praktische  ist,  muss  erst  die 
Erfahrung  im  Kriege  zeigen,  jedenfalls  ist  hervorzuheben,  dass  zu  den 
Ambulancen  (nnseren  Sanitätsdetachements  entsprechend)  kein  Offizier 
kommandirt  ist,  sondern  nur  Sanitätsoffiziere;  die  höchste  militärische 
Charge  beim  Feldlazaretbstab  ist  ein  Feldweibel  und  der  gehört  auch 
der  Sanitätstruppe  an. 

Der  trnppenärztliche  Dienst.  Beim  Aufmärsche  zum  Gefecht 
tritt  das  Sanitätspersonal  hinter  der  Fenerlinie  zusammen  und  etablirt 
den  Truppenverbandplatz,  bei  jeder  Kompagnie  etc.  bleibt  nur  ein 
Krankenwärter. 

Im  Gegensätze  zu  unserer  Organisation  marschirt  kein  Arzt  mit 
der  Truppe  in  das  Gefecht  — und  trotzdem  Sanitätshauptmann, 
Oberstlientenant  n.  s.  w.? 


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271 


Dass  vor  der  Erricbtang  des  Verbandplatfes,  die  entweder  anf 
Befebl  des  Vorgesetzten  oder  von  dem  gradältesten  Sanitätsoffizier 
geacbiebt,  ein  Tbeil  der  Mannscbaft  in  nabe  gelegene  Dörfer  geschickt 
werden  soll  zum  Reqniriren  von  Material,  sowie  Brfriscbnngsmitteln  nnd 
Wein,  erscheint  doch  mehr  als  bedenklich  und  erinnert  etwas  an  die 
Zeiten  des  dreissigjährigen  Krieges. 

Der  Truppenverbandplatz  soll  höchstens  ein  Kilometer  hinter  der 
Fenerlinie  sein  nnd  zwar  in  gedeckter  Stellung  abseits  von  der  Rnckzugs- 
linie;  eingetheilt  wird  derselbe  in  eine  Dntersncbungsstelle,  Verband-  nnd 
Operationsetelle,  Lagerstätte  der  zu  Transporti renden  und  der  Marsch- 
fähigen  nnd  Lagerstätte  der  Hoffnungslosen.  Die  Krankenträger,  welche 
den  Transport  vom  Schlachtfeld  zum  Truppenverbandplatz  aasführen, 
haben  sich  nm  die  Wauden  nicht  zu  kümmern  and  dieselben 
unter  keinen  Umständen  zu  berühren  (Errungenschaft  der Antiseptik), 
lebensgefährliche  Blutungen  erhalten  einen  aseptischen  Tampon  aaf- 
gedrückt. 

Niemals  darf  auf  dem  Truppenverbandplatz  die  Ilaoptaufgabe,  das 
Sammeln  und  Sortiren  der  Verwundeten,  ausser  Acht  gelassen  werden; 
vom  Truppenverbandplatz  wird  nach  dem  Haaptverbandplatz  evakuirt, 
als  Grundsatz  steht  fest,  dass  das  Truppensanitätspersonal  mit  seinem 
Material  den  Tr^peobewegungen  folgt;  vom  Truppenverbandplatz  wird 
nötbigen  Falles  Personal  an  den  Haaptverbandplatz  abgegeben. 

Auf  ersterem  soll  nur  bei  drohender  Lebensgefahr  operirt  werden, 
auf  letzterem  auch  zur  Durchführung  der  Antiseptik  und  zum  Erlangen 
der  Transportfähigkeit,  allerdings  nur  bei  genügender  Zeit  und  genügendem 
Personal. 

Die  Thätigkeit  des  Feldlazareth-  und  Ambalancendienstes 
besteht  in  vorübergebender  Verwendung  als  Feldspitäler,  Absondernngs- 
bäuser,  Etappenspitäler  oder  Kantonnementskrankenhäoser,  auf  dem 
Marsche  sollen  die  Ambulaocen  auch  die  Marscbunfäbigen  mit  sich 
führen,  event.  soll  eine  solche  in  einer  Ortschaft  zu  diesem  Zwecke 
Zurückbleiben  — dies  scheint  uns  doch  eine  Vergeudung  des  Personals 
und  Materials  zu  sein.  Die  Hauptthätigkeit  ist  jedoch,  die  Kranken  und 
Verwundeten  zu  übernehmen,  zu  pflegen  nnd  nach  erlangter  Transport- 
fähigkeit an  die  stehenden  Spitäler  abzugeben.  Als  erster  Grundsatz 
gilt,  stets  nur  so  viele  Theile  in  Thätigkeit  zu  setzen,  als  absolut  noth- 
wendig  ist,  und  den  Rest  als  Reserve  zu  behalten. 

Während  des  Gefechtes  werden  einzelne  Ambulancen  als  Haupt- 
verbandplätze etablirt,  den  Befehl  hierzu  giebt  der  Divisionsarzt  oder  der 
Feldlazarethchef.  Der  Haaptverbandplatz  gliedert  sich  in  eine 
Empfangsstelle  mit  Diagnosen-  und  Rapportunterabtbeilnng,  in  eine 
cbirnrgiscbe  Hülfsstelle  mit  Verband-  und  Operationsabtheilung  — anf 
letzterer  nur  Vornahme  der  zur  Transportfähigkeit  der  Verwundeten 
nötbigen  Operationen  — eine  Verpflegsstelle  mit  Küche  und  Vorlege- 
abtheilung,  ein  Feldspital  für  nicht  Transportable,  eine  Lagerstätte  für 
Transportable  nnd  zwar  sitzend  und  liegend  zu  Transportirende,  einen  Raum 
für  Marschfäbige  und  eine  Lagerstätte  für  Hoffnungslose  — wahrhaftig 
ein  etwas  sehr  compendiöser  und  komplizirter  Apparat,  der  hoffentlich 
im  Felde  ebenso  funktionirt,  wie  auf  dem  grünen  Tisch.  Ein  Vergleich 
mit  unserer  Empfangs-,  Verband-  und  Operationsabtheilung  liegt 
hier  nahe. 

Merkwürdig  nimmt  es  sich  in  einer  Organisation  der  freien  Schweiz, 


uy  vjOOgle 


272 


dem  Eldorado  aller  missvergongten  Umstarzeleroente,  ans,  dass  auf  dem 
Verbandplätze  fnr  den  Polizeidienst  (wörtlich  so  zu  lesen)  leicht 
verwundete  Unteroffiziere  bestimmt  werden  sollen,  auch  soll  jede  der 
vielen,  oben  angeführten,  Stellen  einen  Posten  zur  Wache  erhalten,  von 
wem,  wird  nicht  gesagt. 

Als  zweite  Aufgabe  des  Feldlazareths  ist  die  Etablirung  der  Feld- 
spitäler angeführt,  welche  vom  Divisionsarzt  oder  event.  vom  Feldlazaretb- 
chef  angeordnet  wird,  dieselben  sollen  unter  gewissen  Bedingungen  aus 
dem  Hauptverbandplatz  direkt  bervorgehen. 

Transportdienst,  Der  Transport  der  Verwundeten  vom  Schlacht- 
felde  zum  Truppenverbandplatz  geschieht  durch  Feldtragbahren  and 
improvisirte  Tragbahren,  von  da  zum  Hauptverbandplatz  durch  Blessirten- 
wagen,  den  bergerichteten  Gepäck-  und  Proviantwagen  der  Ambalancen 
und  den  requirirten  Fuhrwerken  des  Feldlazarethes,  von  da  durch  die 
Transportkolonnen,  Sanitätszüge  event.  Dampfschiffe  und  für  kürzere 
Strecken  auch  durch  die  Transportfuhrwerke  der  Feldlazaretbe  in  die 
stehenden  Spitäler.  Der  Transportdienst  steht  unter  dem  Oberetappen- 
kommandanten, welchem  der  Oberetappenarzt  beigegeben  is^  die 
letzte  Etappenstation  hinter  der  Armee  heisst  Endetappe,  dazu  kommt 
noch  eine  Marschetappe  zwischen  letzterer  und  der  Eisenbahnstation; 
eine  Vermischung  von  Kranken  und  Verwundeten  soll  strengstens 
vermieden  werden  (ob  wohl  immer  durchführbar?,  selbstverständlich 
mit  ansteckenden  Krankheiten  Behaftete  ausgenommen).  Die  vom 
Verbandplatz  zu  Evakuireuden  sollen  eine  Diagnosentafel  oder  einen 
Krankenpass  besitzen  (dass  dürfen  allerdings  nicht  viel  Verwundete  sein, 
weun  Jedem  noch  ein  Pass  ausgestellt  werden  kann).  Dazu  kommen 
noch  Etappenspitäler,  gewissermaassen  als  Rubepunkte  im  Transport 
zu  vorübergehender  Aufnahme  von  Kranken  und  Verwundeten,  und 
Erfrischungsstationen,  von  der  freiwilligen  Hülfe  errichtet. 

Stehende  Militärspitäler  werden  nur  im  Kriege  aus  bereits 
bestehenden  Gebäuden  eingefübrt,  dazu  kommen  Absonderungshäuser, 
Zelte  und  Baracken;  der  Dienst  ist  durch  ein  Reglement  bestimmt,  das 
Material  lagert  tbeilweise  in  den  Magazinen,  das  Personal  wird  ans  der 
Landwehr  oder  der  freiwilligen  Hülfe  entnommen.  Bei  der  mit  Ab- 
bildungen versehenen  Beschreibung  der  Baracken  ist  die  bei  uns  theil- 
weise  eingeführte  transportable  Docker 'sehe  Lazaretbbaracke  noch 
nicht  berücksichtigt. 

Den  Schluss  dieses  Theiles  bildet  ein  historischer  Abschnitt  über 
die  Genfer  Konvention  und  das  rothe  und  das  weisse  Kreuz. 

Wir  vermissen  in  dem  ganzen  Abschnitte  Einrichtungen,  welche 
unserem  Kriegslazarethpersonal,  Lazarethreservedepot  und  unserer 
Krankentransportkommission  entsprächen. 

Der  zweite,  bei  weitem  umfangreichere  kriegschirurgische  Theil  des 
Baches  enthält  die  Verletzungen  durch  Schusswaffen  und  kann  nur  kurz 
an  dieser  Stelle  abgehandelt  werden. 

Die  allgemeine  Unterabtbeilnng  bespricht  das  Entstehen  und  die 
Arten  der  Schnssverletzungen , die  Deformirung  der  Geschosse  unter 
Berücksichtigung  der  neuesten  Erfahrungen  sowie  eigener  Versuche  des 
Verfassers  hierüber,  die  hydraulische  Pressung,  die  Statistik  der  Schuss- 
verletzungen,  die  Diagnose  und  allgemeine  Prognose  derselben;  diesem 
schliesst  sich  die  allgemeine  'Wundbehandlung  an,  zunächst  in  ihrer 
historischen  Entwickelung  vom  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  an  bis  auf 


273 


die  neaeete  Zeit;  der  antiseptischen  Wandbehandlnng  ist  ein  besonderes 
Kapitel  gewidmet,  aus  demselben  ersehen  wir,  dass  auch  in  der  Schweiz 
wie  bei  uns  das  Feldsanitätsmaterial  zur  Dnrchfährung  der  Antisepsis 
amgestaltet  ist,  auch  hier  soll  die  Methode  derselben  dem  Chefarzt 
aoheimgestellt  sein,  der  Grundsatz  aber  bleiben,  doch  soll  auch  die 
offene  Wundbehandlung  nicht  ganz  aus  der  Kriegschirurgie  nach  dem 
Verfasser  verbannt  sein,  so  bei  profusen  Eiterungen,  ausgedehnten 
Nekrosen  and  Phlegmonen  u.  s.  w. 

Die  Vertheiluug  von  Verbandzeug  an  die  Trappen  (unser  Verband* 
päckchen  im  linken  Vorderschoss  des  Waffenrockes  zwischen  Futter  und 
Tuch  eingenäbt)  findet  in  der  Schweiz  grundsätzlich  nicht  statt;  so- 
genannte Verbandpatronen  befinden  sich  zum  Gebrauch  für  das  Sanitäts- 
personal in  den  Verbandtaschen,  Sanitätstornistern  n.  s.  w.,  dieselbe 
eotbält  eine  zweiköpfige  Gazebinde,  5 g 10  prozentige  Borwatte  und  eine 
Sicherheitsnadel;  ausserdem  ist  hauptsächlich  in  den  Sanitätskisten  noch 
Jodoform  vorräthig,  welches  der  Verfasser,  gestützt  auf  Mosetig’s  An- 
gaben, warm  empfiehlt,  in  den  Ambulancen  befinden  sich  Karbolsäure, 
Borsäure,  Sublimat,  bypermangansaures  Kali  nebst  den  nötbigen  Gerätben, 
ferner  für  Lagerung  der  Glieder  Spreukissen,  Holz-  und  Pappschieuen, 
Siebdraht,  Sch nyder'sche  Tucbscbienen,  Gips,  Eisendraht 

Als  Anhang  ist  eine  kurze  Operationslebre  der  Amputationen  and 
Exartiknlationen  mit  Zeichnungen  beigegeben,  welche  sich  naturgemäss 
Dar  auf  das  Allernothwendigste  erstrecken  kann. 

Im  Speziellen  sind  dann  aufgezählt  die  Schassverletznngen  der 
Weichtheile  (Haut,  Bindegewebe,  Muskeln)  nach  Arten,  Diagnose, 
Prognose,  Verlauf  und  Therapie,  dann  folgen  diejenigen  der  Knochen 
oud  Knorpel  nach  Kontusionen,  blinden  Scbusskanälen,  einfachen 
Frakturen,  Fissuren,  Locbschüssen  eiugetheilt  mit  entsprechender 
Behandlung  im  Feld  und  im  Spital,  begleitet  von  vielen  erläuternden 
Zeichnungen,  ferner  die  Gelenk  Verletzungen  nebst  Resektionsmetboden 
der  einzelnen  Gelenke  und  Lagerungsapparaten ; die  Verletzungen  der 
platten  Knochen  (Schädel,  Becken  etc.),  die  Schusswunden  des  Herzens 
und  der  Gefässe  nebst  Methoden  der  Blutstillung  (Digitalkompression  der 
verschiedenen  Arterien),  die  Scbussverletzungen  des  Centralnervensystems 
und  zwar  des  Gehirns  nebst  Folgezuständen  (Meningitis,  Gehirnabszess, 
Gehirnvorfall,  Hirndrock)  und  Therapie,  des  Rückenmarkes  und  des 
peripherischen  Nervensystems  — die  Verletzungen  des  Auges,  welche  in 
unserem  Kriegs -Sanitäts- Bericht  eine  so  hervorragende  Bearbeitung 
gefunden  haben,  sind  nur  wenig  berücksichtigt  — ; den  Schluss  bilden 
die  Verletzungen  des  Brustkorbes,  der  Respirationsorgane  und  diejenigen 
der  Bauch-  und  Beckeuhöhle  nebst  ihren  Eingeweiden,  bei  den  Darm- 
sebusswonden  findet  man  eine  genaue  Angabe  der  verschiedenen  Darin- 
nähte  nach  Lembert,  Jobert,  Czerny. 

Den  letzten  Abschnitt  bilden  die  Komplikationen  des  Wundverlanfes, 
zunächst  äussere  Verhältnisse  wie  Ermüdungszustände,  Gemüthsstimmung, 
Nationalität  und  Klima,  dann  Hinzugesellung  innerer  Krankheiten,  als 
Rohr,  Typhus,  Cholera,  Scharlach,  Lues,  Alkoholismus,  endlich  die 
accidenteÜen  Wundkrankbeiten,  einfaches  Wandfieber,  Hospitalgangrän, 
Phlegmone,  Erysipelas,  Septhaemie,  Pyobaemie  und  Tetanus. 

Der  dritte  Theil  endlich  berührt  nur  ganz  kurz  auf  7 Seiten  die 
Vetletzungen  durch  blanke  Waffen;  diese  stiefmütterliche  Behandlung 
derselben  wird  von  dem  Verfasser  auf  das  Prävaliren  der  Schuss- 

18 


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274 


Verletzungen  znrückgeführt,  eo  dass  die  Kriegscbirnrgie  ebenso  gut  die 
Lebre  von  den  Scbussverletzungen  genannt  werden  könnte;  ganz  so 
wegwerfend  darf  man  nach  den  statistischen  Erbebangen  nnseres  Kriegs- 
SanitätS'Bericbtes  von  den  Verletzungen  durch  blanke  Waffen  denn  doch 
nicht  sprechen,  indem  sich  unter  den  in  ärztlicher  Behandlung  Oewesenen 
des  Krieges  1870/71  immerhin  551  Fälle  von  Hiebwunden  and  1245  Fälle 
von  Stichwunden,  darunter  650  durch  Bajonette  verursacht,  welche 
meistenlheils  keine  unbedeutenden  Verletzungen  sind,  befanden. 

Druck  und  Papier  des  Werkes  sind  recht  gut,  hingegen  lassen  die 
zahlreichen  im  Texte  enthaltenen  zinkolithographischen  Abbildungen,  für 
deren  Beschaffung  dem  hoben  Bandesrath  noch  besonders  vom  Verfasser 
gedankt  wird.  Manches  zu  wünschen  übrig. 

C.  Fr.  (Heidelberg). 


Flashar,  Die  Verwaltung  des  Garnison  • Lazareths.  Berlin. 

Julius  Springer.  1888.  Oktav.  122  S. 

Seit  über  Jahresfrist  veröffentlicht  Oberstabsarzt  Dr.  Frölich- 
Leipzig  — in  der  Vierteljahrsscbrift  für  gerichtliche  Medizin  und  öffent- 
liches Sanitätswesen  unter  dem  Titel  „Der  Friedensdienst  des  Chefarztes“ 
Auszüge  aus  dem  Friedenslazarethreglement  nebst  Nachträgen  and 
sonstigen  Verfügungen,  sowie  seine  Erfahrungen  als  Chefarzt  des  Gami- 
sonlazaretbes  Leipzig;  diesen  periodischen  Veröffentlichungen  reiht  sich 
unter  obigem  Titel  in  Form  eines  Leitfadens  eine  ähnliche  Arbeit  des 
preussischen  Stabsarztes  Flashar  an. 

Da  es  schon  längst  kein  Geheimniss  mehr  ist,  dass  seit  einer  Reihe 
von  Jahren  — nonum  prematur  in  annom  — an  der  Centralstelle  eine 
Neubearbeitung  des  veralteten  Friedenslazaretbreglements  vom  Jahre  1852 
ausgefeilt  wird,  da  ferner  wiederholt  Verfügungen  darauf  bingewiesen 
haben  und  auch  schon  die  Bezeichnung  „Friedens-Sanitäts-Ordnung“  er- 
wähnt wird,  erscheint  es  immerhin  zweifelhaft,  ob  der  gegenwärtige  Zeit- 
punkt gerade  für  derartige  litterariscbe  Leistungen  glücklich  gewählt  ist. 

Jedenfalls  aber  ist  letztgenannte  Arbeit  eine  ungemein  fleissige  und 
verhältnissmässig  kurz  abgefasste  Zusammenstellung,  welche  für  junge 
Chefärzte  — das  Epitheton  „jung“  nicht  ausschliesslich  dem  Lebensalter 
nach  verstanden  — sehr  gut  zu  benutzen  sein  dürfte.  Wenn  Referent 
in  einigen  Punkten  anderer  Meinung  ist,  auch  Einzelnes  richtig  zu  stellen 
hat,  so  möge  der  Verfasser  dies  nicht  als  Liebelwollen  gegen  das  ganze 
Werk  anffassen. 

Der  I.  Theil  beschäftigt  sich  mit  der  administrativen  Verwaltung, 
fügt  eine  Eintheilung  der  betreffenden  Behörden  bei,  bezeichnet  die 
Pflichten  des  Chefarztes  im  Allgemeinen,  giebt  dann  Aufschlüsse  über 
die  Kontrole  des  Personals,  des  Materials  und  des  Krankenpflegedienstes, 
sowie  über  den  schriftlichen  Dienstverkebr. 

Der  II.  umfangreichere  Theil  bezweckt  dem  Militärärzte  das  Ver- 
ständniss  für  die  ökonomische  Verwaltung  des  Lazareths  zu  erleichtern 
und  umfasst  in  genauester  Weise  selbst  die  Einzelheiten  des  Rechnungs- 
wesens in  seiner  ganzen  Mannigfaltigkeit,  er  handelt  zunächst  von  der 
Kassenverwaltnng,  der  Buchführung  der  Kassenbücher  und  der  Geld- 
rechnungslegung, ferner  von  der  Verwaltung  des  Materials,  im  Speziellen 
der  Lazaretbgrundstücke,  des  Inventarinms,  der  Nabrungsbedürfnisse,  der 


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275 


Feaernngs-,  Erleachtongs-  und  Reinigung»  - Materialien  und  der  Druck- 
sacben,  endlich  von  der  Verwaltung  des  Personals  im  Allgemeinen  und 
im  Besonderen;  vorzugsweise  dürfte  dieser  Tbeil  vielen  Kollegen,  welche 
noch  nicht  so  genau  in  die  engeren  Geheimnisse  der  gewaltigen  Ver- 
wsltnngsmaschine  eingedrungen  sind,  recht  willkommen  sein. 

Wohl  nnr  in  Folge  langjähriger  Gewohnheit  und  als  lapsus  calami 
mag  es  verzeihlich  erscheinen,  dass  in  dem  Buche  die  oberste  Behörde 
der  Lazarethe  noch  mit  der  früheren  Bezeichnung  „ Militär- Medizinal- 
Abtheilnng“,  welcher  Titel  bekanntlich  schon  seit  dem  1.  Oktober  1886 
etwas  kürzer  geworden  ist,  wiederholt  angeführt  wird. 

Inwieweit  das  Oekonomie  - Departement  — hier  hingegen  fehlt 
merkwürdigerweise  das  Beiwort  „Militär“,  welches  doch  letztere  Behörde 
zu  beanspruchen  hat  — auch  jetzt  noch  als  Centralverwaltungsbehörde 
für  die  Garnisonlazarethe  ressortmässig  betheiligt  ist,  kann  diesseits  nicht 
übersehen  werden,  jedenfalls  aber  ist  die  namentlich  bei  Lazaretbnen- 
baaten  sehr  rege  ressortmässige  Betheiligung  der  Bauabtheilung  des 
Kriegsministerinms  unerwähnt  geblieben. 

Der  Chefarzt  soll  durch  Frontmachenlasscn  der  militärischen  Kranken- 
wärter ihr  Ajustement  (warum  nicht  deutsche  Bezeichnung?)  prüfen; 
dieses  erscheint  doch  bedenklich,  da  der  Militärarzt  zu  dieser  Form  des 
militärischen  Grusses  durchaus  nicht  berechtigt  ist,  denn  nur  der  Nach- 
satz der  Verfügung  vom  3.  März  1874,  durch  welche  das  Frontmachen 
der  Unterärzte  und  einjährig-freiwilligen  Aerzte  ebenfalls  als  nicht  vor- 
schriftsmässig  bezeichnet  wurde,  ist  durch  die  Verfügung  vom 
10.  Februar  1885  wieder  aufgehoben  worden,  während  der  Vordersatz, 
dass  das  Frontmachen  als  Ehrenbezeugung  den  Sanitätsoffizieren  nicht 
gebühre,  nach  wie  vor  in  Kraft  geblieben  ist. 

Mit  der  Auffassung  des  Verfassers  über  die  dienstlichen  Beziehungen 
zwischen  Chefarzt  und  ordinirenden  Aerzten  kann  sich  Referent  gleich- 
falls nicht  einverstanden  erklären,  da  dieselbe  dem  Chefarzt  eine  weiter- 
gehende Befugniss  einräumen  würde,  als  nach  den  gegenwärtig  herrschen- 
den Bestimmungen  vorgesehen  ist,  so  solle  sich  u.  A.  die  Frage,  wann 
ein  Geheilter  zu  entlassen  sei,  am  häufigsten  zur  Konsultirung  des  Chef- 
arztes eignen;  nach  diesseitiger  Ansicht  liegt  jedoch  dies  ausschliesslich 
in  dem  Ermessen  des  ordinirenden  Arztes  und  ausserhalb  der  Berechtigung 
des  Chefarztes,  so  dass  letzterer  auch  nicht  das  Recht  besitzen  durfte, 
über  den  Zustand  des  zu  Entlassenden  — es  ist  nicht  etwa  der  Anzug 
gemeint  — vorher  sich  zu  überzeugen,  wie  dies  der  Verfasser  meint;  es 
darf  nicht  ausser  Acht  gelassen  werden,  dass  der  Chefarzt  im  Sinne  des 
§.  14  der  Bestimmungen  betreffend  die  Einführung  von  Chefärzten  in  den 
Friedenslazarethen  zu  Konsultationen  nur  kommen  kann,  wenn  ihn  die 
ordinirenden  Aerzte  dazu  auffordern.  Es  kann  ja  sein,  dass  die  neue 
Ordnung  hierin  Aenderungen  bringt,  aber  vorläufig  dürfte  noch  einzig 
und  allein  der  ordinirende  Arzt  zu  entscheiden  haben,  wann  ein  Mann 
als  geheilt  ans  dem  Lazareth  bezw.  aus  der  ärztlichen  Behandlung  zu 
entlassen  ist 

Seit  geraumer  Zeit  wird  von  den  militärischen  Behörden  auf  Ver- 
minderung des  Schreibwesens  hingewirkt,  die  Verwaltungsbehörden 
allerdings  können  sich  nur  schwer  von  dem  Wüste  der  vielfach  unnöthigen 
Schreiberei  trennen. 

Doch  ench  des  Schreibens  ja  befleisst 
Als  diktirt'  euch  der  Heilig’  Geist  I 

18* 


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■276 


Jeder,  aach  der  des  Schreibens  nicht  ungewohnte  Chefarzt  seufzt  unter 
dem  Drucke  des  ungemein  schwerfälligen  Rechnung-  und  Schreibwesens 
und  sieht  mit  boflfnnngsvoller  Sehnsucht  der  Zukunftsansgabe  der  Friedens- 
SanitätS'Ordnuug  entgegen,  aber  dem  Verfasser  obigen  Leitfadens  scheint 
noch  immer  viel  zu  wenig  in  diesem  Punkte  geleistet  zu  werden,  denn 
er  verlangt  ausser  dem  Bestehenden  noch  ein  Lazareth-Befeblsboch , ein 
Kontrolbuch,  eine  Eommandirliste,  eine  Strafliste,  eine  Liste  für  die 
Personalien  der  Lazaretbgebülfen  mit  entsprechender  Führung  der  Kon- 
dnite,  eine  tägliche  Krankenübersiebt,  ein  Verzeiebniss  der  Diensl- 
reglements,  der  Krankenbücher  n.  s.  w.  — Herr,  beschütze  mich  vor 
meinen  Freunden  I 

Nicht  nur  in  einzelnen  Änsnahmefällen  ist  auf  Wunsch  der  Anver- 
wandten eine  Leichenöffnung  zu  unterlassen,  wie  Verf.  behauptet,  sondern 
nach  einer  Allerhöchsten  Eabinets-Ordre  in  allen  Fällen,  in  welchen  dies 
die  Verwandten  verlangen. 

Bei  dem  Abschnitte  über  die  militärischen  Krankenwärter  vermisst 
man  die  Angabe,  dass  dieselben  im  Gegensätze  zu  früher  vorher  ein 
Jahr  bei  der  Infanterie  gedient  haben  müssen,  ehe  sie  den  Lazarethen 
überwiesen  werden.  Seite  117  steht  sogar  zu  lesen,  dass  die  Kranken- 
wärter bei  der  Einstellung  aus  eigenen  oder  Gemeindemitteln  2 Hemden 
und  1 Paar  Stiefel  mit  zum  Lazareth  bringen  müssen  (?). 

Wenn  auch  nicht  direkt  zur  Verwaltung  gehörend,  hätte  doch  viel- 
leicht neben  manchem  Anderen  auch  die  innere  und  äussere  Ausstattung 
eines  modernen,  neu  errichteten  Garnisonlazarethes,  bestehend  in  Doppel- 
fenstern, Jalousien,  Tonnensystem,  Desinfektionsapparaten,  Wasserleitung, 
Gasbeleuchtung,  Belegen  der  Korridore  mit  Kokosmatten  n.  s.  w., 
wenigstens  kurz  erwähnt  werden  können. 

Zum  Schlosse  noch  Eins:  das  Lazarethreglement,  schon  die  Bezeich- 
nung weist  darauf  hin,  wimmelt  leider  noch  von  allen  möglichen  Fremd- 
wörtern, während  glücklicherweise  alle  neueren  Ordnungen  diese  Klippe 
nach  Möglichkeit  zu  vermeiden  bestrebt  sind;  wie  viele  Lazaretbinspek- 
toren  mögen  schon  mit  ihrer  Zunge  über  die  verschiedenen  Justifikatorien, 
Viktoalien -Einnahme- Manuale  u.  s.  w.  gestolpert  sein,  warum  dies  auch 
noch  uunöthig  in  einem  derartigen  Buche  vermehren. 

Die  Ausstattung  ist  recht  gut,  das  Buch  handlich,  das  Papier  und 
der  Druck  für  ein  Nachschlagebuch  entsprechend.  Der  Preis  beträgt 
1 Mk.  60  Pf.  C.  Fröhlich  (Heidelberg). 


Statistischer  Sanitätsber iebt  über  die  Kaiserlich  Deutsche 
Marine  für  den  Zeitraum  vom  1.  April  1885  bis  31.  März  1887. 
(Beilage  zum  Marineverurdnungsblatt  No.  4 für  1888.) 

Der  vorliegende  Bericht  erstreckt  sich  wie  der  letzt-vorhergegangene 
über  einen  zweijährigen  Zeitraum  und  schliesst  sich  diesem  in  seiner 
Anordnung  völlig  an.  Im  I.  Theil  wird  die  Kränklichkeit,  der  Abgang 
durch  Dienstnnbrauchbarkeit  und  Invalidität,  sowie  die  Sterblichkeit  im 
Allgemeinen  erörtert,  im  II.  Theil  werden  die  Krankheitsverhältnisse  auf 
den  verschiedenen  Schiffsstationen  im  Auslände,  in  der  Heimath  und  bei 
den  Marinetbeilen  am  Lande  im  Einzelnen  besprochen  und  im  III.  Theil 
folgen  tabellarische  Krankheitsübersichten. 


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‘277 


Die  wichtigsten  Zahlen  der  Krankenbewegnng  ergeben  sich  ans  der 
folgenden  Zosammenstellnng: 


An  Bord  der  Schiffe  in 

-ö 

Im 

O 

a 

a 

d 

a 

a 

a 

CO 

An  Land 

Ueberhaupt  in  der 
Marine 

e 

1 

o 

o 

V 

•3 

tS 

cc 

C8 

•c 

Ol 

a 

< 

« 

a 

ä 

«6 

5 

< 

heimischen 

Gewässern 

B««tzung»-  p885/8fil 
■irte  aafZeitJ  /Mann 

rttttiirt  ll  886/87 J 

194 

228 

424 

428 

1808 

1774 

560 

60 

2402 

1783 

2185 

3144 

6640 

6766 

14213 

14183 

£mkenzugang{|**^'*®}o/oo 

1345,4 

1535,1 

978,8 

1502,» 

888,8 

870,9 

701,8  1473.8 
95O.0  1130,7 

895,7 

868,9 

1079,2 

990,0 

HiH 

1097.4 

1023.4 

Aigang  »'co 

gestorben  | 

. 1 1883 '86 

evakuirt  | jggg^j,^ 

1144.4 

1311.4 

170,1 

197,4 

922,* 

1446,3 

2,4 

2,3 

25,9 

44,4 

804,8 

776,* 

71,8 

80,0 

541,1 
900, 0 
1,8 

114,3 

16,7 

1401,3 

102.3,0 

2,1 

5,1 

4.5,4 

70,1. 

643.0 

623.0 
1,0 

246.7 

236.7 

1034,3 

987,4 

4,4 

4,7 

21,7 

17,3 

985,7 

903,4 

2,7 

.3,3 

72,4 

84,1 

tm  Bestand  /1885/861p. 
terblieben  11886/87/ 

30,9 
26,  .1 

28,3 

9,3 

12,* 

13,0 

44,8 

33,3, 

25,0  1 
32,5. 

5,0 

9,3 

17,9 

16,4 

57,8 
50, 6 

36,8 

32,7 

Der  Oesammt-Krankenzngang  hatte  gegen  das  Vorjahr  im 
1.  Berichtjahr  nm  63, < ®/oo  »'cti  vermehrt,  im  ‘2.  nm  74,o  ®/oo  abgenommen. 
An  Bord  batte  eine  Abnahme  des  Krankenzoganges  im  1.  Jahre  nm 
66,s,  im  2.  nm  89,*  V««  stattgefnnden , an  Land  aber  war  im  1.  Jahre 
eine  Zunahme  am  200,i  °/o«i  ^i»^  Abnahme  um  58,*  °/o«  eingetreten. 

Die  durchschnittliche  Behandlnngsdauer  stellte  sich  1885/86 
im  Ganzen  anf  ll,t  und  1886/87  auf  12,sl^ge.  Im  ersten  Jahr  war  sie 
an  Bord  und  an  Land  gleich  lang,  im  zweiten  an  Bord  etwas  kürzer. 

Der  tägliche  Krankenstand  — im  Ganzen  1885/86  36,!^  °/o<> 
1886/87  38,<  ®/oo  — war  an  Bord  um  3,o  bezw.  lJ®/oo  höher  als  am 
Lande.  Am  höchsten  war  er  auf  den  Schiffen  der  Ostasiatischen  Station, 
wo  er  56,*  bezw.  73,»  »/o«  betrog. 

Von  den  Scbiffskranken  wurde  im  1.  Berichtjahr  etwa  der  achte, 
im  2.  etwa  der  fünfzehnte  Theil  auf  Krankenkost  verpflegt. 

Unter  den  allgemeinen  Erkrankungen  (13(),s  bezw.  99,r  °/oo) 
waren  die  eigentlichen  akuten  Infektionskrankheiten  mit  99,»  bezw. 
66,4  °/oo  vertreten.  Am  häufigsten  kamen  unter  ihnen  die  Malaria fi eher 
vor  (93,»  bezw.  55,*®/oo),  welche  vorwiegend  im  Auslande  sich  zeigten 
und  anf  den  Schiffen  in  Afrika  den  höchsten  Zugang,  nämlich  375,» 
bezw.  294,4  “/oo  erreichten.  Von  remittirenden  Fiebern  wurden  1885/87 
an  Bord  im  Ausland  220  Fälle  beobachtet  und  zwar  7 mit  1 Todesfall 
auf  den  Schiffen  in  Ostasien,  89  mit  günstigem  Ansgang  in  der  Südsee 
und  124  mit  8 Todesfällen  in  Afrika.  — Abdominalty phns  kam  mit 
63  Erkrankungs-  und  6 Todesfällen  vor;  34  derselben  entfielen  auf  den 


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278 


Krenzer  „Naatilus"  in  Ostasien,  5 auf  den  Aviso  „Loreley“  im  Mittel- 
meer  und  1 auf  das  Kanonenboot  „Hyäne“  in  der  Südsee;  auf  den 
Schiffen  in  der  Ileimatb  und  am  Lande  gingen  22  vereinzelte  Fälle  za.  — 
Ruhr  zeigte  sich  in  beiden  Jahren  mit  22  sporadischen  Erkranknt^en 
and  zwar  bis  auf  1 Fall,  welcher  in  der  Heimath  zuging,  aber  in  Ost- 
asien  entstanden  war,  ansschliesslich  an  Bord  im  Auslände.  Mit  Tod 
endete  nur  1 Fall  in  der  Südsee.  — Asiatische  Cholera  trat  im 
Herbst  1886  in  9 Fällen  auf  und  zwar  mit  1 auf  „Nautilns“  in  Nagasaki, 
mit  einer  Epidemie  von  8 Erkrankungs-  und  3 Todesfällen  anf  „Carola“ 
im  Woosung.  — Epidemische  Genickstarre  zeigte  sich  an  Land 
and  auf  den  Schiffen  in  der  Heimath  mit  18  Fällen,  von  welchen  6 zam 
Tode  führten.  — Akute  Exantheme  worden  überwiegend  an  Land 
beobachtet  (6  Scharlach-  und  26  Masemfälle);  an  Bord  gingen  4 Scharlach- 
nnd  11  Masern-Erkrankungen  zu,  aber  nur  in  je  1 Fall  hatte  die  An- 
steckung im  Aaslande  stattgefunden;  alle  übrigen  stammten  aus  der 
Heimath.  — Skorbut  blieb  auf  4 vereinzelte  Fälle  auf  Schiffen  im 
Auslände  und  1 am  Lande  beschränkt  — Von  Hitzschlag  wurden 
40  Mann  befallen  und  zwar  34  au  Bord  im  Ausland,  von  welchen 
2 starben,  und  6 auf  Schiffen  in  heimischen  Gewässern.  — An  Trichi- 
nose erkrankten  5 Leute  von  „Olga“.  — Akuter  Gelenkrheumatismus 
war  1885/86  an  Land  and  auf  den  Schiffen  im  Ausland  gleich  häufig, 
1886/87  auf  letzteren  häufiger  als  am  Lande;  aber  in  beiden  Bericht- 
jahren betrug  der  Zugang  anf  den  Schiffen  in  der  Heimath  etwa  das 
Doppelte  des  Zugangs  am  Lande. 

Krankheiten  derAtbmungsorgane  — 98, t bezw.  91,so/„„  — waren, 
wie  schon  seit  einer  Reibe  von  Jahren,  am  Lande  weit  überwiegend  und 
namentlich  auf  den  Schiffen  in  tropischen  Gegenden  sehr  wenig  zahlreich. 

Die  Krankheiten  der  Ernährungsorgane  beliefen  sich  1885/86 
auf  I84,s,  1886/87  auf  170,8  »/o»;  sie  waren  am  Lande  (221, s bezw. 
192,7  ®/oo)  häufiger  als  an  Bord  im  Ausland  (147,7  bezw.  157,3  <>/„<,)  und 
als  auf  den  Schiffen  in  der  Heimath  (162, s bezw.  14I,s°/o«).  Schliesst 
man  aber  die  Mandelentzündungen,  welche  eigentlich  den  Krankheiten 
der  ' Athmungsorgane  zuzurechnen  wären,  aus,  so  ändert  sich  dieses 
Verhältniss  von  Grund  aus:  dann  stellen  sich  einem  Zugang  von  79, t 
bezw.  89.S  “/oo  am  Lande,  102, o bezw.  111,3  «jao  an  Bord  im  Anslande 
und  52,6  bezw.  62,3  »/oo  auf  den  Schiffen  in  der  Heimath  gegenüber. 
Die  alte  Erfahrung,  dass  akute  und  chronische  Katarrhe  des  Magens 
und  Darms  an  Bord  im  Auslände  erheblich  häufiger  sich  zeigen  wie  auf 
den  Schiffen  in  der  Heimath  und  am  Lande,  wurde  auch  dieses  Mal 
wieder  bestätigt  gefunden. 

Venerische  Leiden,  in  beiden  Jahren  je  107,7  ®/oo  betragend, 
waren  am  zahlreichsten  in  Ostasien  (283,s  bezw.  245,6  »/oo),  wo  hierdurch 
täglich  14  bezw.  15,9  »/oo  der  Iststärke  dem  Dienst  entzogen  wurden;  am 
Lande  betrug  der  Zugang  87, a bezw.  101,6  »/oo  und  der  tägliche  Kranken- 
stand 5,5  bezw.  7,3  »/oo. 

Die  mechanischen  Verletzungen  beliefen  sich  1885/86  auf 
234,6  und  1886/87  auf  230,8  »/oo.  ln  der  Häufigkeit  bestand  kein 
wesentlicher  Unterschied  zwischen  den  Schiffen  und  den  Marinetbeilen 
am  Lande,  aber  die  schweren  Verletzungen  waren  an  Bord  zahlreicher 
als  am  Lande,  z.  B.  kamen  von  175  Knocbenbrüchen  und  Verrenkungen 
115  au  Bord  und  nur  60  am  Lande  vor. 


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279 


Von  den  Terschiedenen  Besatsangskategorien  der  Schiffe  hatte,  wie 
froher,  das  Matrosenpersonal  den  höchsten  Zugang,  demnächst  folgte 
das  Maschinenpersonal;  den  niedrigsten  Zugang  hatten  die  Schiffsjungen, 
Handwerker  und  Seesoldaten.  Die  Offiziere  etc.  standen  in  der  Mitte. 

Als  dienstunbranchbar  wurden  in  beiden  Jahren  zusammen- 
genommen 405  Mann  (14,2°/oo)  entlassen  und  zwar  224  (7,9  °/oo)  entweder 
sofort  nach  der  Einstellung  oder  innerhalb  der  nächsten  3 Monate. 
Den  häufigsten  Anlass  zur  Dienstnnbraucbbarkeit  gaben  wie  in  früheren 
Jahren  Leiden  der  Augen  und  der  Bewegungsorgane  ab. 

Als  halbinvalide  kamen  83  Mann  (3,o  »/o,)  und  als  ganzinvalide 
99  Mann  (3,s  «/««)  zur  Entlassung.  Den  häufigsten  Anlass  zur  Invalidität 
gaben  Leiden  der  Bewegungsorgane  und  Eingeweidebruche.  Die 
Invalidität  war  115  mal  durch  äussere,  27  mal  durch  innere  Dienst- 
bescbädignng  und  40  mal  nach  vieljähriger  Dienstzeit  entstanden. 

Die  Zahl  der  Todesfälle  belief  sich  auf  157  (5,5<>/(>o),  von  denen 
71  (4,7  o/oo)  an  Bord  und  86  (6,'*  “/w)  am  Lande  verkamen.  An  Bord 
endeten  SjOO/oo  durch  Krankheit  und  1,7  »/so  durch  Unglücksfall,  während 
an  Land  hfiofoo  durch  Krankheit,  0,7  <>/ou  durch  Selbstmord  und  ebenso 
viele  durch  Unglücksfall  ihr  Leben  verloren.  Die  Sterblichkeit  durch 
Unglücksfall  war  demnach  an  Bord,  diejenige  durch  Krankheit  an  Land 
grösser.  Von  den  Krankheiten  waren  Lungenschwindsucht  (.34  mal)  und 
Lungen-  und  Brustfellentzündung  (16  mal)  die  häufigste  Todesursache; 
von  diesen  50  Todesfällen  kamen  37  am  Lande  und  13  an  Bord  vor. 
Dagegen  ereigneten  sich  sämmtliche  Todesfälle  durch  Malaria  (9)  an 
Bord  im  Anslande,  auch  die  Todesfälle  an  Cholera,  Ruhr  und  Ilitzschlag 
kamen  ausschliesslich  an  Bord  vor.  — Durch  Selbstmord  starben  9 Mann 
und  zwar  sämmtlich  am  Lande,  durch  Unglücksfall  endlich  35  und  zwar 
25  an  Bord  und  10  am  Lande.  Ausserdem  gehört  hierher  aber  noch 
der  Verlost,  welcher  durch  den  Untergang  der  Krenzerkorvette  „ Aogusta“ 
Anfang  Juni  1885  in  einem  Cyklon  im  Golf  von  Aden  entstand  und 
223  Mann  (15,7  o/oo)  betrug. 

Von  den  speziellen  Krankbeitsverhältnissen  auf  den  einzelnen 
Schiffen  und  am  Lande,  die  im  II.  Theil  ausführlich  besprochen  werden, 
kann  hier  nur  Folgendes  andeutungsweise  erwähnt  werden. 

In  Ostasien  befanden  sich  3 Schiffe  mit  471  — auf  Zeit  reduzirt 
422  Mann  Besatzung.  Der  Krankenzugang  betrug  605  Mann  (1433,7  o/oo), 
Ton  welchen  3 (7,i  o/oo)  starben.  — An  Abdominaltyphns  erkrankten 
34  Leute  von  „Nautilus“,  von  welchen  1 starb.  Im  1.  Berichtjahr  kamen 
2 vereinzelte  Typhen  vor,  im  2.  entstand  eine  Epidemie  von  32  Fällen. 
Ausgangspunkt  für  diese  Epidemie  war  ein  Handwerker,  welcher 
wahrscheinlich  in  Tschifu  oder  Shanghai  sich  angesteckt  hatte.  Da  eine 
Ausschiffung  nicht  angängig  war,  so  wurde  der  Kranke,  so  lange  das 
Wetter  günstig,  klar  und  trocken  war,  auf  dem  Stormdeck  hinter  einem 
Segeltuch  verschlag  abgesondert,  als  aber  regnerisches  und  stürmisches 
Wetter  eintrat,  musste  er  2 Tage  lang  vorn  im  Zwischendeck  unter- 
gebracbt  werden,  bis  er  unmittelbar  nach  dem  Einlaufen  in  Nagasaki 
dem  Landlazareth  übergeben  werden  konnte.  Dort  starb  er  nach  3 Tagen 
und  die  Leichenöffnung  bestätigte  die  Diagnose  vollkommen;  7 Tage 
nach  der  Ankunft  in  Nagasaki  erkrankten  gleichzeitig  13  Leute  und  in 
den  folgenden  3 Wochen  in  allmählicher  Abnahme  noch  weitere 
18  Mann  an  Unterleibstyphus  und  zwar  vom  seemännischen  Personal  21 
(27  o/o),  vom  Maschinenpersonal  6 (33  o/«)  und  vom  Handwerkerpersonal  5 


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280 


(50  "/o).  Offiziere  and  Deckoffiziere  blieben  verschont;  Heizer  und  Hand- 
werker waren  am  frühesten  and  schwersten  befallen.  Man  hatte  deshalb 
die  Bilge  als  den  Herd  der  Krankheit  im  Verdacht,  um  so  mehr  als 
dieselbe  wegen  Unzugängigkeit  der  Reinigung  grosse  Schwierigkeiten 
machte  und  damals  starken  Schwefelwasserstoffgeruch  entwickelte. 
Indessen  bestand  der  üble  Bilgegerncb  auch  zu  anderen  Zeiten,  ohne 
dass  Typbus  sich  zeigte,  und  es  ist  viel  wahrscheinlicher,  dass  aus  den 
Entleerungen  jenes  ersten  Typbuskranken  die  Typhnskeime  trotz  aller 
getroffenen  Vorsichtsmaassregeln  in  das  Schiff  und  zwar  in  das  Zwischen- 
deck, den  Schlaf-  und  Wohnraum  der  Mannschaft,  hineingelangt  sind. 
Von  den  32  Fällen  waren  18  leicht,  5 mittelschwer,  9 schwer.  Bei  24 
derselben  wurde  im  Beginn  an  zwei  aufeinanderfolgenden  Tagen  l,o  bis 
l,s  g Kalomel  gegeben  und  der  Berichterstatter  gewann  den  Eindruck, 
als  ob  der  Verlauf  dadurch  abgekürzt  und  gemildert  worden  sei.  — 
Malariafieber  wurden  bei  59  Mann  mit  1 Todesfall  beobachtet;  sie 
röhrten  vorwiegend  aus  l'schifu,  Shanghai  und  Nagasaki  her  und  fielen 
fast  stets  in  die  heisse  Jahreszeit.  — Ruhr  blieb  auf  2 vereinzelte  Fälle 
beschränkt,  welche  nach  Ausschiffung  günstig  verliefen.  — Asiatische 
Cholera  befiel  1 Mann  von  „Nautilus“  im  Oktober  1886  in  Nagasaki,  wo 
damals  diese  Krankheit  stark  verbreitet  war;  derselbe  hatte  bereits  das 
Reaktionsstadium  erreicht,  als  er  dem  Cholerahospital  an  Land  übergeben 
wurde,  und  kehrte  nach  4 Tagen  geheilt  von  dort  an  Bord  zurück. 

Im  Marine-Lnzareth  zu  Yokohama  wurden  140  Kranke  mit  3588 
Bebandlungstagen  verpflegt:  16  gehörten  deutschen,  6 russischen  und 
5 italienischen  Kriegsschiffen  an,  ausserdem  wurden  28  Angehörige  des 
Deutschen  Reiches,  10  Asiaten  und  74  Zivilisten  fremder  Nationen 
behandelt. 

Die  5 in  der  Südsee  befindlichen  Schiffe  batten  eine  Besatzung  von 
1060  — auf  Zeit  reduzirt  von  852  Köpfen.  Eis  erkrankten  1046  Mann 
(1227,7  ®/(io),  von  welchen  4 (4,7  o/oo)  starben.  An  Malaria  kamen  120 
Neu- Erkrankungen  und  71  Rückfälle  zur  Behandlung,  worunter  bei  106 
der  Fieberverlauf  remittirend  war.  Am  häufigsten  stammte  diese  Krank- 
heit aus  Mauritius,  aus  Apia  und  von  dem  Bismarck- Archipel  her.  Aus 
letzterem  und  zwar  von  But-But  an  der  Ostküstc  Neu- Mecklenburgs 
rührten  23  Malariainfektionen  auf  „Adler“  her;  21  davon  betrafen  Leute 
des  34  Köpfe  starken  Laudnngskorps,  welches  zur  Bestrafung  von  Ein- 
geborenen ausgeschifft  war,  bei  regnerischem  ungünstigem  Wetter  an- 
strengende Märsche  längs  der  aus  Korallen  bestehenden  Küste  zu  machen 
gehabt  und  6 bezw.  2 Nächte  an  Land  zugebracht  batte.  Von  der 
ganzen  übrigen  Besatzung  wurden  damals  nnr  2 Leute  von  Wechselfieber 
ergriffen,  von  welchen  1 ein  Brandungsboot  von  But-But  an  Bord  geholt 
und  1 eine  Nacht  im  Dampfkutter  dort  an  Land  zngebracht  batte.  Die 
Inkubationszeit  betrug  zwischen  16  und  30  Tage.  — Ruhr  zeigte  sich 
in  10  vereinzelten  E'ällen,  von  welchen  1 auf  Albatross,  der  aus  Apia 
stammte,  am  7.  Krankbeitstage  zum  Tode  führte.  — In  den  Kämpfen, 
welche  „Albatross“  im  Frühjahr  1886  mit  den  Eingeborenen  von  Nen- 
Pommern  und  Neu-Mecklenburg  zu  bestehen  hatte,  kamen  3 Schuss- 
wunden und  3 Stichwunden  durch  Speere  vor,  welche  sofort  mit  Jodoform 
und  trockener  Sublimatwatte  verbunden  wurden.  Das  Verbandwasser 
zur  Reinigung  dieser  Wunden  war  durch  Eingiessen  stärkerer  Sublimat- 
lösung  in  die  Milch  frisch  aufgebrochener  Kokosnüsse  hergestellt  worden. 
Die  Heilung  ging  überall  ohne  Fieber  und  mit  ganz  spärlicher  Ab- 
sonderung von  Statten. 


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281 


Aaf  der  amerikaniBchen  Station  befanden  sich  9 Schiffe  mit 
3948  — anf  Zeit  rednzirt  3582  Mann  Besatzung.  Der  Krankenzugang 
betmg  hier  3130  Mann  (873,s  “/oo) , von  welchen  7 (1,*  ®/oo)  starben. 
Septicämie  mit  tödtiicbem  Ausgang  am  8.  Krankbeitstage  nahm  bei 
1 Matrosen  von  ^Prinz  Adalbert“  ihren  Ursprung  von  Ausschlagsborken 
an  Kinn  nnd  Mundwinkel;  dort  bildete  sich  unter  hohem  Fieber  eine 
brettbarte  blanrothe  Anschwellung.  Durch  tiefe  Einschnitte  wurde  aus 
derselben  nur  wenig  Eiter  entleert  nnd  der  Prozess  nicht  anfgebalten.  — 
Malariafieber  kamen  in  70  Fällen  vor,  welche  zum  Theil  aus  der  Heimath, 
namentlich  ans  Wilhelmshaven,  zum  Theil  von  den  westindischen  Inseln 
herrübrten  und  meistens  leicht  und  schnell  verliefen.  — Rnhr  stammte 
in  2 gleichzeitigen  schweren  und  langwierigen  Fällen  anf  , Stein“  und 
„Moltke“  aus  La  Ouayra,  wo  Rnhr  unter  der  Bevölkerung  nicht  selten 
war;  2 später  aufgetretene  Rnhrfliile  anf  «Mnsquito“  nnd  „Prinz  Adalbert“ 
verliefen  leichter.  — Die  Schiffe  verbrachten  den  Sommer  (durchschnittliche 
Temperatur:  9 — 16°  C.)  in  heimischen  Gewässern  und  den  Winter  (durch- 
sebnittlicbe  Temperatur:  21  — 26°  C.)  in  tropischen  Gegenden.  Dem- 
entsprechend kamen  einerseits  im  Sommer  1.57,  im  Winter  63  Mandel- 
entzündungen, andererseits  im  Sommer  30  und  im  Winter  90  akute 
Darmkatarrhe  in  Zugang,  weil  Erkältungen  und  Durcbnässungen  im 
rauheren  heimischen  Klima  überwiegend  Mandelentzündungen,  in  den 
Tropen  dagegen  Durchfälle  verursachen.  Als  Ursache  von  25  im 
Lazareth  nnd  17  ohne  Dienstbefreinng  im  Dezember  1886  anf  „Prinz 
Adalbert“  behandelten  Durchfällen  wurde  mangelhafte  Beschaffenheit  des 
an  Bord  destillirten  Wassers  gefunden,  dessen  Kocbsalzgebalt  in  dem 
mit  Filtrirvorrichtnng  versehenen  Trink wasserkasten  in  der  Batterie 
sonst  3,s — 4,6  Theile  anf  100  000  Theile  Wasser  betragen  batte,  damals 
aber  anf  42,i  gestiegen  war.  Von  den  Wasserkasten  der  Last  hatten 
nur  2 einen  Kochsalzgehalt  innerhalb  der  gestatteten  Grenzen,  bei  2 
betrog  derselbe  10,  bei  5 zwischen  16  und  1()4  Theilen.  Hierdurch  war 
Beimischung  von  Seewasser  zum  Destillat  erwiesen.  Seitdem  unter 
schärferer  Aufsicht  das  destillirte  Wasser  dauernd  gut  blieb,  hörten  auch 
die  Durchfälle  anf. 

Im  Mittelmeer  waren  2 Schiffe  mit  620  — anf  Zeit  rednzirt 
620  Mann  Besatzung  stationirt.  Hier  erkrankten  425  Mann  (68.5, s o/o«), 
Tou  welchen  3 (4,s  »/oo)  Starben.  Unterleibstyphus  ergriff  auf  „Loreley“ 
im  Winter  1885  in  Konstantinopel  5 Personen,  von  welchen  1 infolge 
einer  Darmblutung  starb.  Die  Krankheit  ist  dort  alljährlich  im  Winter 
sehr  häufig. 

Die  meisten  Schiffe  befanden  sich  auf  der  afrikanischen  Station, 
nämlich  13  mit  zusammen  4864  — auf  Zeit  rednzirt  4185  Köpfen 
Besatzung.  Der  Krankenzugang  betrug  hier  5496  Mann  (1313,2  »/oo), 
von  welchen  27  (6,4  »/oo)  und  zwar  20  durch  Krankheit  und  7 durch 
Verunglückung  starben.  Am  zahlreichsten  waren  die  Allgemein- 
Erkrankongen  (379,4  »/oo),  von  welchen  “/,o  Malarialeiden  waren.  Die 
Zahl  derselben  betrug  1885/86  902  Fälle  (375,5»/oo)  und  1886/87  525  Fälle 
(294,4  »/oo)  mit  einer  durchschnittlichen  Bebandlnngsdauer  von  8,s  bezw. 
12,0  Tagen.  An  der  Westküste  waren  die  Fieber  zahlreicher,  schwerer 
and  hartnäckiger  als  an  der  Ostküste.  Am  meisten  betroffen  waren  die 
beiden  Schiffe,  welche  ihren  ständigen  Aufenthalt  im  Kamerunfluss  nur 
selten  und  auf  kurze  Zeit  unterbrachen:  die  Zahl  der  Wechselfieber 
erreichte  im  1.  Jahre  auf  „Habicht“  die  Höhe  von  1596,8  »/oo,  anf  „Cyclop“ 


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282 


soxar  TOD  1918,0  »/«o,  im  2.  Jahre  stellte  sie  sich  etwas  niedriger.  Die 
Rückfälle  waren  fast  doppelt  so  zahlreich  wie  die  Nen-Erkranknogen. 
Anf  „ Bismarck fielen  von  56  Malaria-Neoerkrankungen,  welche  1885/86 
beobachtet  worden,  anf  den  viermonatlicben  Aufenthalt  in  Kamerun 
von  April  bis  Juli  44  mit  141  Rückfallen,  dagegen  anf  die  übrigen 
8 Monate  nur  12  mit  2 Rückfällen;  ausserdem  betrafen  noch  50  Rück- 
fälle Leute,  welche  im  Jahre  zuvor  schon  in  Kamerun  erkrankt  waren. 
Zwar  nahmen  an  der  westafrikaniscben  Küste  5 Malariafälle  tödtlichen 
Ausgang,  aber  im  Allgemeinen  waren  dort  von  Anfang  an  schwere 
Erkrankungen  selten  und  nur  von  der  Häufigkeit  der  Rezidive  und  von 
den  damit  verbundenen  Störungen  im  Bereich  der  Verdaunngsorgane,  vom 
Krüfteverfall  und  der  mangelhaften  ßlutbereitnng  drohte  Gefahr,  um  so 
mehr,  als  die  Schwierigkeiten  einer  geeigneten  Ernährung  und  Pflege, 
namentlich  auf  kleineren  Schiffen,  keineswegs  immer  zu  überwinden 
sind.  Wie  gross  dieser  Einfluss  im  Laufe  der  Zeit  wird,  ergiebt  sich 
daraus,  dass  auf  „Cyclop*^  die  durchschnittliche  Bebandlungsdauer  der 
Malariafälle  im  2.  Jahre  bei  der  alten  Besatzung,  welche  im  November 
abgelöst  wurde,  27</<  Tage,  bei  der  neuen  dagegen  nur  5'/i  Tage  betrug; 
auf  „Habicht“  war  der  Unterschied  nicht  ganz  so  gross,  da  die 
betrefiPenden  Zahlen  hier  10,r  und  4,i  Behandlungstage  aosmacbten.  An 
der  Oslküste  Afrikas  entstanden  an  dem  Hanptanfenthaltsorte  der  Scbifie, 
in  Sansibar,  nur  wenige  leichte  Fieber;  einzelne  Schiffe  blieben  dort 
sogar  völlig  frei  von  Malaria.  Wenn  der  Zugang  eine  grössere  Höhe 
erreichte,  so  war  dies  meistens  die  Folge  von  Besuchen  ungesunder 
Plätze  des  Festlandes,  von  Bootsfahrten  und  Jagdpartien  in  sumpfigen 
Flussmündungen  und  von  ähnlichen  Veranlassungen. 

Im  2.  Bericbtjahr  wurde  auf  Anordnung  des  Generalarztes  der 
Marine  anf  einer  Anzahl  von  Scbiflen  Arsenik  zur  Verhütung  von 
Malaria  in  der  von  Tommasi-Crudeli  angewandten  Weise  mit  allmählich 
steigenden  Gaben  von  Fowler’scher  Lösung  versucht  und  zwar  von  dem 
Zeitpunkt  an,  wo  die  Besatzung  entweder  ganz  oder  theil weise  abgelöst 
wurde.  Bis  jetzt  Hess  sich  aus  diesen  Versuchen,  welche  weiter  fort- 
gesetzt werden,  nur  der  Eindruck  gewinnen,  als  ob  bei  den  mit  Arsenik 
behandelten  Leuten  zwar  nicht  die  Zahl  der  Malaria -Erkrankungen 
gemindert,  wohl  aber  Form  und  Verlauf  derselben  gemildert  worden  wäre. 

Von  asiatischer  Cholera  mit  8 Erkrankungen  und  3 Todesfällen 
wurde  „Carola“  im  September  1886  im  Woosungflusse  befallen;  in  dem 
naben  Shanghai  herrschte  die  Krankheit  — Hitzschlag  kam  in  27  Fällen, 
wovon  2 mit  Tod  endeten,  zur  Beobachtung;  11  derselben  traten  an 
einem  Tage  anf  „Carola“  im  Rothen  Meer  bei  33  bis  34°  Lufttemperatur 
und  Windstille  anf;  sonst  wurden  überwiegend  Heizer  bei  angestrengter 
Arbeit  vor  den  Feuern  betroffen.  — Bei  einer  Schiessubung  auf 
„Elisabeth“  worden  durch  eine  im  Rohr  platzende  Granate  2 Seekadetten 
und  8 Matrosen  verwundet;  von  letzteren  starb  1,  bei  welchem  die  Ab- 
setzung eines  Oberarms,  des  andern  Vorderarms  und  eines  Oberschenkels 
nöthig  und  ferner  das  Gesicht  zerrissen  und  das  Becken  gebrochen  war, 
nach  5 Stunden. 

In  den  heimischen  Gewässern  befand  sich  eine  grosse  Zahl 
von  Schiffen,  meist  zu  Uebongszwecken,  im  Dienst;  die  Besatzung  der- 
selben betrog  106(10  — auf  Zeit  reduzirt  5329  Köpfe.  Es  erkrankten 
hiervon  4678  Mann  (877,8  ®/oo),  von  welchen  27  (5  ®/»o)  starben.  Am 
häufigsten  waren  mechanische  Verletzungen. 


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283 


Die  an  Land  befindlichen  Marinetbeile  hatten  eine  Darchschnitts- 
»tirke  von  6703  Mann.  Im  Ganzen  wurden  in  beiden  Jahren  14213  Mann 
(1060,2  o/oo)  behandelt,  von  welchen  86  (6,4  °/oo)  starben.  Im  1.  Jahr  war 
die  Ostsee-Station,  im  2.  die  Nordsee-Station  stärker  betroffen.  Die 
Allgemein-Erkrankungen  waren  zwar  in  beiden  Jahren  bei  der  Nordsee- 
Station  noch  immer  häufiger  als  bei  der  Ostsee-Station,  aber  der  Unter- 
schied verringert  sich  von  Jahr  zu  Jahr  (1885/86  80,s : 40,8  ®/oo;  1886/87 
58,1 : 39,0  Voo).  Diese  Besserung  hängt  mit  der  stetigen  Abnahme  der 
Wecbselfieber- Erkrankungen  in  Wilhelmshaven  zusammen,  welche  seit 
einer  Reibe  von  Jahren  vorhanden,  auch  in  den  beiden  letzten  weitere 
Fortschritte  auf  50,2  bezw.  26,«  "/oo  gemacht  hat.  Ol  obig. 


Vorlesungen  über  Akiurgie  von  Dr.  B.  v.  Langenbeck.  Mit 

Benutzung  hinterlassener  Manuskripte  heransgegehen  von  Prof.  Gluck. 

Berlin  1888. 

Wer  sich  noch  des  Enthusiasmus  erinnert,  mit  dem  jeder  Student 
ond  mancher  alte  Herr  sich  zu  diesen  Vorlesungen  des  verewigten 
liebenswürdigen  Lehrers  drängte,  so  dass  das  Auditorium  die  Hörer  nie 
fassen  konnte,  der  wird  Gluck  dankbar  sein,  dass  er  sich  der  Mühe 
nnterzogen  bat,  mit  Hülfe  von  Manuskripten  Langenbeck's  und  Steno- 
grammen eines  Schülers,  sowie  aus  eigener  Erinnerung  als  klinischer 
Assistent  dieses  Werk  als  einen  Denkstein  an  den  grossen  Chirurgen  der 
Nachwelt  zu  überliefern.  Der  Herausgeber  sagt  in  der  Vorrede:  „mögen 
in  den  akiurgischen  Vorlesungen  manche  Lehren  sich  ausgesprochen 
finden,  die  nicht  eigentlich  modern  und  unseren  heutigen  Ansichten  ab- 
solut entsprechend  genannt  werden  können“,  die  Abschnitte  über  Plastik 
und  Resektionen  werden  immer  klassisch  bleiben.  Mehr  denn  für  jede 
andere  Kunst  gilt  für  die  unsere  das  Dichterwort:  Was  Du  ererbt  von 
Deinen  Vätern  hast,  erwirb  es,  um  es  zu  besitzen.  Nene,  weitere  Gesichts- 
punkte sind  uns  eröffnet  durch  geniale  Entdeckungen  und  emsige  Arbeit 
der  jüngsten  Zeit,  aber  ein  steter  sicherer  Fortschritt  ist  doch  erst  dann 
möglich,  wenn  man  den  Standpunkt  kennt,  auf  dem  die  Besten  ihrer 
Zeit  gestanden.  Und  grade  die  nunmehr  publizirten  Vorlesungen  bilden 
di«  einzige  Quelle,  aus  der  man  das  Material  für  ein  Oesammtbild  des 
grossen  Chirurgen  und  Lehrers  schöpfen  kann.  Ti  mann. 


Lehrbuch  der  Physiologie  für  akademische  Vorlesungen  und  zum 
Selbststudium.  Begründet  von  Rud.  Wagner,  neu  herausgegeben  von 
Dr.  A.  Gruenbagen,  Professur  der  medizinischen  Physik  au  der 
Universität  zu  Königsberg  i.  Pr.  — 7.  Auflage  mit  285  in  den  Text 
eingedruckten  Holzschnitten.  Verlag  von  Leopold  Voss. 

Mit  der  13.  Lieferung  (zu  je  10  Bogen)  liegt  der  Schluss  des  Werkes 
vor,  welches  seiner  Aufgabe,  in  knapper  Weise  alles  durch  exakte  For- 
schuDgen  in  dem  weiten  Gebiete  Sicbergestellte  zu  bringen,  in  vor- 
trefiflicber  Weise  gerecht  geworden  ist.  Die  Darstellung  ist  eine  sehr 
präzise  und  anregende  und  dürfte  dem  Werke  manche  Freunde  gewinnen 
auch  in  solchen  Kreisen,  welche  das  Studium  der  Physiologie  lediglich 
aus  Interesse  für  die  Lebeusvorgänge  im  menschlichen  Körper  betreiben.  — 


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284 


Sehr  erleichternd  fnr  das  Stndiam  sind  die  sahireichen  in  den  Text  ein- 
gedrnckten  schematischen  Abhildangen  nnd  die  Anordnung,  dass  ein' 
gehendere,  hezw.  erläuternde  Betrachtungen  über  einzelne  Vorgänge  in 
Kleindruck  zwischen  den  Text  eingeschaltet  sind.  — Als  ein  besonderer 
Vorzug  erscheinen  die  zumeist  recht  ausführlichen  Litteratnrangabeo. 

Ein  genaues  Sachregister  (61  Seiten)  befindet  sich  am  ScUnsse  der 
13.  Lieferung.  Lue. 


A.  Zemanek.  Zusammenstellung  und  Kritik  der  wichtigsten 
Publikationen  in  der  Impffrage  mit  besonderer  Berncksichtignng 
der  militärischen  Verhältnisse.  Wien,  Verlag  von  Moritz  Perles,  1887. 

8.  84  S. 

Dem  schon  durch  andere  militärstatistische  Arbeiten  bekannten  Ver- 
fasser ist  die  Oenngtbnnng  zu  Theil  geworden,  dass  obige  Arbeit  nicht 
nur  vom  K.  K.  Militär-Saoitäts-Komit4  mit  einem  Preise  gekrönt,  sondern 
auch  Anlass  zur  Binführnng  der  Zwangsimpfung  hezw.  Wiederimpfung 
(und  zwar  thnnlichst  mit  thierischer  Lymphe)  der  Rekruten  in  der 
österreichisch  - ungarischen  Armee  geworden  ist  Wir  freuen  uns  der 
letzteren  Thatsache  und  gönnen  dem  fleissigen  Verfasser  von  Herzen  die 
verliehene  Medaille.  Der  Hanpttrumpf,  welchen  derselbe  ansspielt,  ist 
die  bekannte  Pocken  • Freiheit  der  Prenssischen  Armee,  welche  sich 
namentlich  im  Deutsch  - Französischen  Kriege  so  glänzend  gezeigt  hat 
Leider  war  ihm  bei  Abfassung  der  Arbeit  der  sechste  Band  des  Krieg»- 
SanitSts-Bericbtes  für  1870/71  anscheinend  nicht  zugänglich,  welcher  ihn 
noch  weit  nachdrücklicher  unterstützt  hätte,  als  die  Friedensberichte  nnd 
Gnttstadt’s  verdienstliche  Arbeit  über  die  Pockenepidemie  in  Preussen 
1870 — 72  es  zu  thnn  vermochten.  Die  Znsammeustellnog  der  haupt- 
sächlichsten, von  impfgegnerischer  Seite  in  verschiedenen  Ländern  ge- 
machten Einwände  ist  nicht  ohne  Verdienst  nnd  Interesse;  auch  halten  j 

wir  es  für  richtig,  dass  nur  einigermaassen  erörternngswürdige  und  er-  | 

örterungstähige  Aeusserungen  gegen  die  Impfung  vorgefübrt  werden, 
wenngleich  die  impfgegnerische  Litteratur  dadurch  in  einem  viel  zu 
günstigen  Liebte  erscheint.  Neues  Material  zur  Beleuchtung  des 
(iegenstandes  enthält  die  iStbrift  nicht.  Den  höchst  anfechtbaren  Hin- 
weis auf  die  angebliche  „genaueste  Analogie'^  zwischen  der  bewährten  , 
Scbntzpocken -Impfung  und  der  fragwürdigen  Pasteur’schen  Wntbgifi-  ! 
Impfung  hätten  wir  dem  Verf.  gern  erlassen. 


H.  Frölich,  Geschichte  des  Königl.  Sächsischen  Sanitätskorps. 

Leipzig,  Verlag  von  F.  C.  W.  Vogel,  1888.  8.  148  S.  (Preis  4 Mk.) 

Das  obige  neueste  Werk  des  bekannten,  unermüdlichen  Verfassers 
zahlreicher,  für  die  Geschichte  des  Militär -Medizinalwesens  bedeutsamer 
Schriften  wird  zunächst  von  dem  Königl.  Sächsischen  Sanitätskorps  mit 
begründetem  Danke  entgegengenommen  werden.  Aber  auch  ausserhalb 
dieses  engeren  Kreises  der  Nächstbetheiligten  verdient  die  sorgsame,  an- 
geuebm  zu  lesende  Arbeit  Interesse  nnd  Schätzung,  sowohl  deshalb,  weil 


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285 


die  WandlangeD,  welche  iDnerhalb  der  kleineren  Genaeinscbaft  sieb  voll- 
togen  haben,  in  vieler  Beziehong  in  grösseren  Verhältnissen  sich  wieder- 
spiegeln, als  wegen  der  eingefneten  Bilder  ans  dem  Feld -Sanitätsdienste. 
So  muss  es  insbesondere  dem  Verf.,  dessen  aosgebreitete  Eenntniss  der 
älteren  militärärztlichen  Litieratnr  wohl  unerreicht  dastebt,  zum  Verdienet 
angerechnet  werden,  den  Bericht  Rascbig's  (später  Generalstabsarzt) 
über  die  Sächsischen  Feldspitäler  während  des  Rhein-Feldzuges  1793—96 
weiteren  Kreisen  zugänglich  gemacht  zu  haben.  Die  eindrucksvolle 
Schilderung  des  Senchen-Elends  zur  Zeit  der  Befreiungskriege,  manche 
mühsam  zusammengetragene  Bemerkung  ans  Eriegswerken  früherer  Jahr- 
hunderte, desgleichen  die  Mittheilungen  über  das  Königl.  Sächsische 
Collegium  medico  - cbimrgicum  (1748 — 1814)  und  die  Königl.  Sächsische 
Chirurgisch  - medizinische  Akademie  (1815 — 1861)  seien  der  Beachtung 
aller  Sanitäts-Offiziere  empfohlen. 


Bakteriologische  Diagnostik.  Hülfstabellen  zum  praktischen 
Arbeiten  von  James  Eisenberg,  Dr.  med.  n.  phil.  2.  Auflage.  Ver- 
lag von  Leopold  Voss,  Hamborg  und  Leipzig  1888. 

Verf.  hat  den  — wie  das  rasche  Erscheinen  der  2.  Auflage  bestätigt 
— erfolgreichen  Versuch  gemacht,  übersichtliche  kurze  Tabellen  aofzu- 
stellen,  an  der  Hand  deren  es  Jedem  ermöglicht  sein  soll,  sich  über  das 
Wesen  der  einzelnen  Organismen  schnell  zu  unterrichten  und  ev.  nach 
dem  entworfenen  Schema  weitere  Aufzeichnungen  vorznnebmen.  — In 
der  neuen  Auflage  fanden  verschiedene  Bemerkungen,  welche  seitens  der 
Kritik  über  die  erste  gemacht  waren,  gebührende  Verwerthnng,  insbesondere 
solche  des  hochverdienten  Baumgarten  und  des  verstorbenen  Fried- 
länder. — Die  Tabellen  sind  unter  reicher  Berücksichtigung  von 
Litteratnrangaben  und  des  umfassenden  Flügge'seben  Werkes  «Die 
Mikroorganismen“  znsammengestellt  und  enthalten  Aufschlüsse  über  138 
wichtigere,  genauer  studirte  Organismen,  Aufschlüsse,  welche  vielfach 
durch  direkte  Angaben  der  betr.  Autoren  an  Bedeutung  gewinnen. 

Die  Ausstattung  des  Werkes,  dessen  BeschafTung  jedem  auf  diesem 
Gebiete  Arbeitenden  auf  das  Dringendste  empfohlen  werden  kann , ist 
eine  ganz  vorzügliche.  Ltz. 

Dr.  F.  Ecklnnd  (Stockholm),  Hygiene  der  Turnsäle.  Journal 
d'bygiene,  12.  April  1888,  Ko.  603. 

In  einem  kurzen  Aufsatze  lenkt  der  bekannte  Hygieniker  die  Auf- 
merksamkeit auf  den  Staub  unserer  Turnsäle,  welchen  er  als  unangenehm 
und  g^efäbrlich  bezeichnet. 

Gemeiniglich  werden  die  Schüler  etc.  ohne  vorhergehende  Unter- 
suchung zu  den  Turnübungen  herangezogen;  der  Auswurf  der  gelegentlich 
unter  den  Gebenden  befindlichen  Schwindsüchtigen  trocknet  am  Boden, 
so  dass  die  in  dem  Auswnrfe  enthaltenen  Mikroben  mit  dem  Staube 
emporgewirbelt  werden  und  ihre  schädigende  Wirksamkeit  entfalten 
können.  Dass  dies  letztere  in  der  Tbat  häufig  geschieht,  glaubt  E.  nach 
seinen  Beobachtungen  behaupten  zu  können. 

Um  diese  Gefahr  nach  Möglichkeit  zu  beseitigen,  macht  £.  Vor- 
schläge, welche  in  der  Theorie  wohl  schwerlich  auf  Widerspruch  stossen 


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and  überall  da,  in  ihren  Orandzügen  wenigstens,  befolgt  werden  dürften, 
wo  die  Geldmittel  es  gestatten. 

Die  Dielnng  sei  eine  doppelte,  völlig  fagenfreie  und  von  dem  Boden 
durch  eine  andurchläesige  Aspbaltschicht  getrennt;  der  Tbeeranstrich 
der  Dielen  muss  3 — 4 mal  jährlich  erneut  werden,  am  dieselben  haltbar 
za  machen,  leicht  reinigen  und  desinfiziren  zu  können;  eine  tägliche 
feuchte  (ev.  mit  WasserdampO  Reinigung  des  Fussbodens,  sowie  der  mit 
Oelanstrich  und  Firniss  versehenen  Wände  und  Decke  ist  dabei  er- 
forderlich. — Die  Temperatur  soll  ca.  15°  (C.  oder  R.?)  betragen  und 
die  Luft  (deren  Austrocknung  und  nachherige  Anfeuchtung,  wenn 
möglich,  empfohlen  wird)  weder  zu  feucht  noch  zu  trocken  (ca.  50— 70®/o) 
sein;  eine  Lüftung  durch  Fensteröffnen  ist  unstatthaft,  da  hierdurch  die 
Gefahr  von  Erkältungen  der  erhitzten  Turner  gesetzt  wird;  zum  Aus- 
und  Ankleiden  erscheinen  2 Vorzimmer  erforderlich,  da  die  liebenden 
nur  mit  besondern  Turn-Anzügen  und -Schuhen  den  Saal  betreten  sollen; 
wünscbenswerth  ist  ein  ganz  besonderes,  gut  bezahltes  Wartepersonal. 

Daher:  Personen,  mit  Schwindsucht  oder  anderen  ansteckenden  Krank- 
heiten behaftet,  dürfen  am  Turnunterrichte  nicht  theilnehmen,  auch 
Trinker,  Raucher  und  Schlemmer  wegen  ihrer  Disposition  zu  Er- 
krankungen an  Phthisis  nicht  als  Lehrer  verwandt  werden.  Die  Letzteren 
sind  alle  3 Jahre  auf  ihren  Gesundheitszustand  hin  zu  untersuchen. 

Ltz. 


Dr.  Fr.  Eck  1 und,  Stockholm.  Considörations  pratiques  sur  l’hygiene 
de  la  peau.  L’hygiöne  pratique  No.  313.  22.  Januar  1888. 

Verf.  beginnt  eine  Reibe  von  Aufsätzen  mit  einer  Betrachtung  der 
militärischen  Fussbekleidung,  welche  neuerdings  wohl  verbessert, 
aber  noch  lange  nicht  zu  wünschenswerther  Vervollkommnung  gediehen  sei. 

In  erster  Linie  hebt  er  das  überaus  häufige  Missverhältniss  zwischen 
Sohle  und  Oberleder  hervor,  durch  welches  gar  oft  der  Fuss  in  übelster 
Weise  cingepresst  werde;  ganz  besonders  mache  sich  dieses  Moment  in 
den  Biwaks  geltend,  wo  unter  dem  Einilasse  der  strahlenden  Wärme 
der  Feuer  das  Leder  sieb  zusammenziebe  und  der  Blut -Kreislauf  erst 
recht  in  dem  sich  gleichzeitig  ausdehuenden  Fasse,  ja  bis  zur  Gangrän 
behindert  werde.  Sodann  betont  er  die  Nothwendigkeit,  die  Nähte 
zwischen  Sohle  and  Oberleder  so  anzolegen,  dass  sie  „absolument 
impenötrables  anx  baetöries“  werden,  weil  der  Fuss  des  marschierenden 
Soldaten  wie  der  Kolben  einer  Säugpumpe  wirke,  wodurch  ein  undichter 
Stiefel  sehr  bald  eine  Ablagerangsstätte  aller  möglichen  schädlichen 
Keime  werde.*) 

Zum  Schlüsse  plädirt  Ecklund  für  eine  tägliche  Fasswaschung 
des  Soldaten,  welcher  täglich  reine,  wohl  desinfizirte  und  reichlich  mit 
Tannin,  Salicyl-  oder  Borsäure  etc.  imprägnirte  Strümpfe  anziehen  soll. 
Mit  der  Aufsicht  hierüber  will  er  die  Truppen-Lazarethgebilfen  betrauen, 
denen  er  auch  die  Sorge  für  die  allabendliche  Wäsche  der  Strümpfe 
der  Soldaten  (blancbissage  des  bas  des  troapiers)  auferlegen  möchte!  — 

Theoretisch  vielleicht  sehr  schön,  ob  aber  praktisch  durchführbar? 

Ltz. 


•)  cf.  diese  Zeitschrift,  Jahrgang  1887  S.  524 — 531. 


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287 


Topographische  Anatomie  des  menschlichen  Orbitalinhalts 
io  Tafeln  von  Dr.  med.  Otto  Lange,  Augenarzt  in  Brannschweig, 
früher  Assistenzarzt  an  der  Angenheilanstalt  in  St.  Petersburg. 
Brannschweig,  Harald  Brnhn.  1887.  Preis  10  Mark. 

Der  Mangel  an  verwendbaren  Frontalabschnitten  des  Orbital- 
iohaltes  — abgesehen  von  den  in  der  Merkel’scben  topographischen 
Anatomie  befindlichen  sind  Frontalansicbten  nur  über  den  vordersten, 
den  Bnlbns  enthaltenden  Theil  der  Orbita  veröffentlicht  — hat  den  Verf. 
veranlasst,  diese  Lücke  auszofüllen.  Auf  9 prächtig  ausgeführten  Tafeln 
bietet  L.  10  Dnrchschnitte  des  Orbitalinhaltes,  vom  for.  opticnm  an  bis 
durch  den  hinteren  Bulbus- Abschnitt,  gezeichnet  mit  Benutzung  der 
Laterna  magica  bei  öfacher  Vergrössernng.  Verf.  wünscht,  dass  seine 
Arbeit  zur  exakteren  klinischen  Benrtheilnng  der  verschiedensten 
Orbitalerkranknngen,  Tumoren,  Aneurysmen  n.  s.  w.  beitragen  möge; 
dass  er  dies  wirklich  und  in  hervorragender  Weise  gethan,  lehrt  ein 
Blick  anf  die  Tafeln. 

Oer  Preis  mnss  bei  der  vortrefflichen  Ausstattung  als  ein  recht 
massiger  bezeichnet  werden.  Ltz. 


Oberstabsarzt  Dr.  Koehler.  Ein  seltener  Fall  von  Spondylitis 
deformans.  (Sonder-Abdruck  aus  den  Cbarit6-Annalen,  XII.  Jahrg.) 

Verf.  beobachtete  auf  der  äusseren  Station  der  Charite  einen 
61jährigen  Patienten  mit  folgeudem  Symptomencomplex:  starke  Ab- 
magerung, Muskelschwund  besonders  auffällig  am  Kücken,  kraftlose 
Zuckuogeo  der  Rückenmnskulatur  bei  Anwendung  stärkster  Ströme, 
Nackenmnskulatur  brettartig  hart.  Pat.  ist  nicht  im  Stande,  den  Kopf 
willkürlich  vom  Kopfkissen  zu  erheben,  auch  passiv  gelingt  dies  nicht, 
ohne  dass  man  gleichzeitig  den  ganzen  Rumpf  hebt  Mässige 
Skoliose  des  Brusttheils  der  Wirbelsäule,  keine  Deformität,  keine  Druck- 
empfindlicbkeit  an  den  Wirbeln.  Beugung  und  Rotation  des  Kopfes  in 
minimalstem  Maasse  ausführbar.  Vom  Schlunde  aus  fühlt  man 
bohnengrosse,  knochenharte,  unregelmässig  geformte  An- 
schwellungen der  Wirbelkörper.  An  der  Sympbysis  sacro-iliaca 
knochenharte,  zackige  Auftreibungen.  Die  Condyli  beider  Femora 
nngleicbmässig  geschwollen,  die  Kniegelenke,  ebenso  rechtes  Hüftgelenk 
nur  unter  starkem  Krachen  beweglich,  linkes  Hüftgelenk  vollkommen 
ankylotisch.  — Während  tiefer  Narkose  wird  Pat  nacheinander  so 
gelagert,  dass  1)  der  Kopf-  und  Halstheil,  2)  der  Brust-  und  Lendentheil 
der  Wirbelsäule  über  den  Tischrand  binausragen:  die  ganze  Wirbel- 
säule inkl.  Kopf  hängt  frei,  starr  wie  ein  Brett,  in  der  Luft. 
Diagnose:  Totale  Ankylose  der  ganzen  Wirbelsäule  vom  Kreuzbein  bis 
zum  Kopf  in  Folge  von  Wirbelgicht  oder  Spondylitis  deformans. 

Bei  Erörterung  der  Aetiologie  der  Erkrankung  kommt  Verf.  unter 
Heranziehung  dessen,  was  Bardeleben  und  Braun  hierüber  änssem,  za 
der  Ansicht,  dass  in  vorliegendem  Falle  es  sich  um  eine  typische  Ar- 
thritis deformans  der  Wirbelsäule  und  der  grossen  Oelenke  handele. 

- G.  — 


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£.  Angerstein,  Dr.  med.,  Stabsarzt  a.  D.  and  O.  Eckler,  Oberlehrer. 

Hans- Gymnastik  für  Gesunde  and  Kranke.  Berlin  1887. 

Verlag  von  Th.  Chr.  Fr.  Enslin. 

Das  vorliegende  Bach  zeichnet  sich  durch  klare,  leicht  verständliche 
Beschreibung  der  einzelnen  Uebnngen,  welche  durch  recht  gut  aus*  \ 
geführte  Zeichnungen  noch  des  Näheren  veranschaulicht  werden , aus, 
dürfte  somit  auf  das  Beste,  seinem  Zweck,  selbstständig  von  Laien 
gebraucht  zu  werden,  entsprechen.  Der  Haupt werth  der  Uebungen 
wird  mit  Recht  in  der  Erhaltung  and  Kräftigung  der  Gesundheit,  in  der 
Bewahrung  vor  Erkrankung  gesucht,  wenn  man  auch  in  einzelnen 
Krankheitsfällen,  wie  Schwäche  der  Athmungsorgane,  Unterleibsstockungeo,  . 
Fettleibigkeit  sich  von  ihnen  Nutzen  versprechen  darf.  Ueber  ihre  Zu- 
lässigkeit bei  einer  ernsteren  Störung  der  Gesundheit  bat  der  vorher  um 
Rath  zu  befragende  Arzt  zu  entscheiden.  Dieser  doppelten  Aufgabe 
entsprechend  sind  die  Uebnngen  für  Gesunde  sowie  für  Kranke  gesondert 
abgebandelt  und  durch  Uebungsbeispiele  erläutert  Eine  dem  Buch  bei- 
gegebene Tafel  stellt  übersichtlich  alle  im  Texte  enthaltenen  Abbildungen 
zusammen.  — G.  — 


MittheUnngen. 


Bei  der  61.  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und 
Aerzte,  welche  vom  18.  bis  23.  September  d.  J.  in  Köln  statt- 
findet,  wird  sich  eine  Sektion  für  das  Militär-Sanitätswesen  bilden. 

Einführender  wird  Oberstabsarzt  1.  Klasse  Dr.  Neumann, 
Schriftführer  Stabsarzt  Dr.  Glasmacher  in  Köln  sein. 


Bericlitignng 

ZU  Autoreferat  S.  238 — 240  dieses  Jahrgangs.  S.  238  Zeile  12/13  von  oben  lies 
photolithographirU^r  statt  photographirter  u.  Zeile  9 von  unten  Melsens  statt 
Meltens.  — Seite  239  bei  Absatz  4 ist  hinter  ,ehe  das  Geschoss  dieselbe  erreicht' 
zu  setzen:  «die  Geschosse  das  Metall  der  Büchsen  am  Eiuscbusse 
direkt  berührt  haben**.  R. 


U»drackt  in  U«r  K6nigL  Hof  locLdmckerei  von  £.  S.  Uittl«r4  Sohn,  Borlio  SW.,  Kochntr.  — 70. 


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Deutsche 


Militärärztliche  Zeitschrift. 


Radietlen: 

Dr.  3U  Generalarzt, 

Berlin«  Tubenetnwe  6« 

a.  Dr.  ,j(K9at|,  Stabsarzt, 

Berlin,  Enieer  Fnnz  Qrentdier-Platz  11/12. 


Vtrlag: 

9.  $.  A 

Königliche  Hofbachhandlnng, 

Berlin,  Kochsirasse  68—70. 


lIoDatlicb  emcheint  ein  Heft  von  mindeetens  3 Druckbogen;  dazu  ein  «Amtliche«  Beiblatt**.  Der 
ZeiUcbrift  wird  daa  Werk;  «Jahreabericht  fiber  die  Fortachritte  anf  dem  Oebiete  de«  Uilitir- 
Sanitit«>Wes«n«**«  heranagegeben  vom  Oeneralarct  Dr.  Roth,  nnentgeltlich  beigegeben,  ßestelinng 
nehmen  alle  Postimter  und  Bncbhandlnogen  an.  Freie  de«  Jahrgangs  15  Hark. 


XVll.  Jahrgang. 


1888. 


Heft  7. 


Kaiser  Friedrich  f. 

In  dem  Charakter  einer  Monatsschrift  liegt  es  unabänderlich 
begründet,  dass  in  einer  solchen  der  eingreifendsten  Zeitereignisse 
unter  Umständen  erst  spät  gedacht  werden  kann.  Wochen  schon 
sind  vergangen,  seit  die  vorausgesehene,  darum  jedoch  nicht  minder 
erschütternde  Kunde  von  dem  Ableben  des  gekrönten  Dulders 
durch  die  deutschen  Lande  gegangen  ist.  Aber  die  Liebe,  welche 
der  verewigte  Monarch  während  der  kuraeii  Spanne  Zeit  seines 
Herrscherthums  und  durch  viele  vorangegangene  Jahre  in  alle 
Herzen  gesät  hat,  ist  zu  nachhaltig  aufgegangen,  als  dass  nicht 
jetzt  noch  das  Bedürfniss  bestehen  sollte,  davon  Zeugniss  abzulegen. 
Das  Sanitätskorps  umfasst  noch  zahkeiche  Mitglieder,  denen  es 
vergönnt  war,  unter  dem  Befehl  und  unter  den  Augen  des  dahin- 
geschiedeneu  Helden  auf  den  böhmischen  und  französischen  Schlacht- 
feldern zu  wirken;  noch  Mancher  darf  mit  Rührung  und  Stolz 
anerkennender  Worte  aus  dem  Munde  des  ruhmgekrönten  Feldherrn 
gedenken  und  Jeder  war  gewöhnt,  in  ihm  ebenso  wie  in  Kaiser 


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Wilhelm  ein  Vorbild  der  Pflichttreue,  des  Hochsinns,  jeder 
soldatischen  und  jeder  menschlichen  Tugend  zu  erblicken.  Und 
wie  sollte  schliesslich  die  traurige  Geschichte  seiner  Leiden  in  den 
Herzen  der  Mitglieder  des  Sanitätskorps  nicht  zwiefach  tönenden 
Wiederhall  erwecken! 

Noch  steht  die  Armee,  das  deutsche  Volk,  die  zivilisirte 
Welt  unter  dem  ergreifenden  Eindruck  der  Ereignisse  vom  9.  März 
und  15.  Juni.  Reiner,  der  dieselben  mit  durchlebt  hat,  kann  sie 
jemals  vergessen,  — so  wenig,  wie  die  Tage  von  Königgrätz, 
Wörth  und  Sedan.  UnauslöschUch  bleibt  die  ehrwürdige  Gestalt 
des  einen,  die  ritterliche  des  andern  grossen  Todten  zugleich  mit 
den  Ehrfurcht  und  Liebe  erweckenden  hohen  Eigenschaften  Beider 
dem  Gedächtnisse  eingegraben  und  weit  über  das  Grab  hinaus 
leben  und  wirken  sie  fort  durch  die  anfeuernde  Kraft  ihres 
Beispiels! 


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Einige  Bemerknngen  über  das  Aaftreten  der  Endocarditis. 


Von 

Oscar  Fraentzel. 


Ich  habe  es  immer  am  zweckmissigsten  gefunden,  die  Endocarditis, 
je  nachdem  sie  za  anserer  klinischen  Wahrnehmung  gelangt,  in  drei  grosse 
Krankheitsgruppen  zu  theilen:  1.  in  die  Endocarditis  maligna,  ulcerosa, 
bacterica,  die  schwere  Infektionskrankheit,  welche  uns  schon  zu  einer 
Zeit  bekannt  war,  in  welcher  unsere  Kenntniss  über  die  durch  Mikro- 
organismen erzeugten  Krankheiten  noch  in  den  Windeln  lag;  2.  in  die 
Endocarditis  simplex,  bei  welcher  zuerst  an  den  Rlappenapparaten  mehr 
oder  weniger  ernste  Entzündungen  nicht  infektiöser  Natur  zur  Entwickelung 
kommen  und  sogenannte  Klappenfehler  im  Gefolge  haben,  sei  es,  dass 
diese  Entzündungen  vorher  intakte  Klappen  ergreifen,  sei  es,  dass  sie 
recurrirende  Entzündnugen  sind,  und  3.  in  die  Endocarditis  secundaria 
der  alteren  Individnen,  bei  denen  zunächst  eine  Arteriosklerose  in  der 
Intima  der  Aorta  sich  entwickelt  und  allmälig  sich  nach  dem  Herzen 
hin  verbreitend  als  Endocarditis  auf  die  Intima  der  Klappenapparate 
übergeht  So  entstehen  mehr  oder  weniger  schwere  Veränderungen  am 
Endocard  der  Aortenklappen  oder  auch,  während  letztere  nnr  ganz 
leicht  affixirt  bleiben,  an  dem  der  mitralis.  Eine  4.  Gruppe,  die  an- 
geborenen Herzfehler,  welche  durch  während  des  fötalen  Lebens  ver- 
laufene Endocarditis  veranlasst  sind,  kann  hier  wohl  zweckmässig  ansser 
Betracht  bleiben. 

Die  erste  Form  der  Endocarditis,  die  man  wohl  am  richtigsten 
als  die  „maligne**  bezeichnet,  ist  schon  zu  einer  Zeit,  wo  die  Bakterien- 
kunde  und  -Lehre  in  den  ersten  An^gen  vorhanden  war,  als  eine  durch 
Bakterieninvasion  auf  die  Herzklappen  bedingte  anerkannt  worden.  Mit 
dem  Fortschreiten  der  Bakterienkunde  sind  unsere  Auffassungen  sicherere 
und  sicherere  geworden  und  haben  weitere  Anerkennung  unter  den  Aerzten 
gefunden,  obgleich  uns  noch  heute  eine  Reihe  von  Thatsachen 
fehlt,  welche  zur  festen  Begründung  einer  durch  Bakterien  erzeugten 
Krankheit  nothwendig  sind.  Welche  Organismen  die  Krankheit 
erzeugen,  ist  uns  noch  heute  nicht  bekannt;  und  es  knüpft  sich  gerade 

19* 


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292 


an  diese  Frage  eine  so  grosse  Zahl  weiterer  Erörternngen , welche  ans 
mehr  und  mehr  noch  in  eine  terra  incognita  fuhren.  Gehen  wir 
einfach  darauf  znrnck,  wer  nns  die  besten  klinischen  Bilder  dieser 
Krankheit  gezeichnet  hat,  so  mnss  ich  zn  meinem  Erstaunen  die  Tbai- 
sache  hervorheben,  dass  nicht  einem  einzelnen  Antor  das  Verdienst  ge- 
bührt, mit  scharfen  nnd  markigen  Zügen  das  Krankheitsbild  gezeichnet 
zn  haben,  sondern  erst  allmälig  sind  von  Chirurgen,  Klinikern  und 
pathologischen  Anatomen  einzelne  Beiträge  zusammengetragen.  Unter 
allen  diesen  ist  vielleicht  die  von  Litten  in  den  Charitd -Annalen 
gelieferte  Darstellung  die  beste  nnd  vollständigste.  Aber  schon  lange 
vorher,  schon  im  Jahre  1860,  war  ich,  damals  als  Unterarzt  auf  der 
Tranbe'schen  Klinik  beschäftigt,  im  Stande,  die  Diagnose  einer  solchen 
malignen  oder,  wie  man  zn  sagen  pflegte,  einer  nlcerösen  Endocarditis 
zu  stellen.  Meist  gesellt  sich  die  Affektion  zu  chirurgischen 
Erkrankungen,  den  sogenannten  pyämischen  Affektionen,  wo  sich 
infektiöse  Embolie  von  den  Wnndflächen  ablösen,  in  die  Zirkulation 
gelangen,  da  oder  dort  wieder  festhaften  und  weiter  wuchern,  oder  sie 
erscheint  bei  der  phlebitiscben  Form  des  Puerperalfiebers,  wo  ja  ähnliche 
Vorgänge  von  den  Uterusvenen  ans  znr  Entwickelung  kommen.  Mit 
diesen  Erkrankungen  Hand  in  Hand  gehend  sehen  wir  nicht  selten 
eine  maligne  Endocarditis  frisch  entstehen.  Dieselbe  zeigt  öfters 
sehr  ausgedehnte  Ulcerationen,  grössere  ulceröse  Flächen  nnd  offenbar 
von  hier  ausgehende  maligne  Embolien  mit  ihren  Folgeerscheinungen. 
Bald  lernte  man  auch  andere  Ausgangspunkte  der  Emboli  kennen, 
welche  sich  mit  solcher  malignen  Endocarditis  komplizirten , so  z.  B. 
die  Caries  anris  internae,  die  Pylephlcbitis  und  andere  änsserst  seltene 
chirurgische  Affektionen.  So  habe  ich  einmal  einen  Prostata-Abszess  mit 
jauchiger  Thrombose  der  dort  gelegenen  Venenstämme  als  Ausgangs- 
punkt der  Pyämie  und  der  concomittirenden  Endocarditis  gesehen. 

In  verhältnissmässig  seltenen  Fällen  tritt  nun  diese  Endocarditis  ohne 
alle  Komplikationen  selbstständig  auf.  Das  Krankheitsbild  ähnelt  io 
vielen  Fällen  einem  Ileotyphns.  Meist  wird  der  Kranke  ohne  bekannte 
Veranlassung  und  oft  ohne  anßnglichen  Schüttelfrost  fieberhaft  affizirL 
Das  Fieber  steigt  langsam  höher,  bis  dann  und  wann  heftige  unregel- 
mässige Frostanfälle  eintreten.  Es  machen  sich  häufig  täglich  zunehmende 
gastrische  Störungen  bemerkbar,  das  Sensorinm  wird  mehr  nnd  mehr 
benommen,  ein  Milztnmor  ist  deutlich  nachweisbar,  auf  der  Haut  machen 
sich  mehr  oder  weniger  deutlich  Hantembolien , namentlich  in  der  Brust- 
und  Bauchgegend,  bemerkbar,  die  verhältnissmässig  leicht  von  den 


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Rogeolaflecken  des  Ileotyphng  nnterschieden  werden  können.  Dae  Herz 
zeigt  sich  ganz  allmälig  vergrössert,  bald  nach  linke,  bald  nach  rechts, 
bald  gleicbmässig  nach  beiden  Seiten.  Dabei  hört  man  da  oder  dort 
deutliche  Geräosche,  die  in  der  Regel  die  Diagnose  eines  Klappenfehlers 
ermöglichen.  Freilich  sind  manchmal  die  Oeränscbe  so  dumpf,  so 
wechselnd,  dass  eine  bestimmte  Klappenfehler-Diagnose  nicht  möglich 
ist,  andererseits  muss  man  Terhältnissmässig  nicht  selten  auf  Klappen- 
affektionen am  rechten  Herzen  znrückschliessen.  Während  letztere  doch 
Mnst  im  Extranterinleben  zn  den  grössten  Seltenheiten  gehören,  kommen 
sie  bei  Endocarditis  maligna  verhältnissmässig  hänfig  vor.  Hand  in 
Hand  damit  gehen  weitere  sekundäre  Erkrankungen:  durch  infektiöse 
Embolie  bedingte  Brandherde  in  den  Longen,  jauchige  pleuritiscbe 
Exsudate,  Pyopneumotborax  etc. 

Das  charakteristiscbte  aller  Symptome,  welches  wir  bei  der  Pyämie, 
der  uterinen  Phlebitis,  der  Caries  auris  internae,  der  Pylepblebitis  und 
der  selbstständig  anftretenden  Endocarditis  maligna  beobachten,  ist  das 
Auftreten  unregelmässiger  — von  Traube  schon  als  erratisch  bezeich- 
oeter  — Schüttelfröste. 

Das  Auftreten  von  Schüttelfrösten  überhaupt  bildet,  wie  bekannt, 
immer  ein  Zeichen  ernster  Bedeutung.  Ein  Schüttelfrost  leitet  ja  eine 
Reihe  von  akuten  Krankheiten  ein,  und  namentlich  solche  akuten 
Krankheiten,  welche  durch  eine  Infektion  mit  Mikroorganismen  bedingt 
sind,  wie  dies  die  Pneumonie,  die  Febris  recurrens  und  andere  Krankheiten 
beweisen.  Dieser  Schüttelfrost  bleibt  als  initialer  ein  einmaliger;  tritt  er 
mehrmals  anf,  so  schliessen  wir  daraus  ohne  Weiteres,  dass  eine 
besonders  ernste  Komplikation  vorhanden  sein  mnss,  nnd  zwar  wahr- 
scheinlich eine  Komplikation  mit  einer  Krankheit,  bei  der  infektiöse 
Thrombusmassen  als  Emboli  in  die  Zirkulation  gelangen.  Man  mnss 
allerdings  bei  den  wiederkehrenden  Frostanfällen  noch  berücksichtigen, 
dass  dieselben  nur  dann  eine  wesentliche  diagnostische  Bedeutung  haben, 
wenn  die  Patienten  beim  ersten  Auftreten  des  Schüttelfrostes  das  Bett 
aofgesncbt  haben  and  nicht  wieder  anfgestanden  sind.  Denn  es  ist  ja 
eine  wohlbekannte  Erfabmng,  dass  selbst  mässig  fiebernde  Kranke, 
selbst  Menschen  mit  einem  einfachen  Schnnpfenfieber,  wenn  sie  nicht 
ins  Bette  gehn , wiederholt  von  neuen  leichten  Frostanfällen  heimgesucht 
werden,  bis  entweder  das  Fieber  ganz  verschwindet  oder  sie  dauernd 
ans  Bett  gefesselt  werden. 

Im  Gegensatz  zn  den  einfachen  initialen  Schüttelfrösten  sind  wir 
Beil  langer  Zeit  an  die  Beobachtung  regelmässig  in  Intervallen  wieder- 


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kehrender  sogenannter  typischer  Schüttelfröste  gewöhnt.  Dieselben 
betrachten  wir,  naögen  sie  als  Febris  intermittens  qnotidiana,  tertiana 
oder  qnartana,  anteponens  oder  postponens,  Simplex  oder  dnplex  auf- 
treten,  als  Zeichen  einer  Malariainfektion.  Aber  wir  wissen,  dass  derartig 
regelmässig  auftretende  Scbütteliröste  in  Form  einer  Febris  qnotidiana 
manchmal  auch  ohne  jede  Spur  von  Malariainfektion  sich  seigen  können. 
Am  häufigsten  sehen  wir  diese  Form  des  Fiebefs  bei  nicht  klaren 
internen  Eiterungen  erscheinen  und  hier  in  erster  Linie  bei  der  Langen' 
tuberkulöse.  In  vielen  derartigen  Fällen  wird  die  Diagnose  verfehlt, 
weil  man  zu  wenig  Werth  legt  auf  dos  Fehlen  der  Milzanschwellung, 
und  man  andererseits  eine  genaue  Untersuchung  der  Lungen  vernachlässigt. 
Wenn  nun  gar  die  Darreichung  einiger  Dosen  Chinin  die  Fieberanfälle  für 
einige  Tage  verhindert,  dann  glaubt  man,  dass  die  Diagnose  der  Malaria- 
infektion sicher  festgestellt  ist,  und  erkennt  seinen  Irrthum  oft  erst  spät, 
nicht  selten  zu  spät,  um  noch  erfolgreich  gegen  das  Langenleiden 
einzugreifen.  Wie  häufig  sieht  man,  namentlich  in  Malariagegenden 
dass  sich  fiebernde  Schwindsüchtige  immer  wieder  bei  Eintritt  des 
Fiebers  mit  dem  Gedanken  trösten,  sie  litten  unter  Malariaeinflüsseo, 
während  sie  ihre  Lungen  gesund  wähnen.  Aber  auch  weniger  ernste 
Erkrankungen  imponiren  uns  zuweilen  als  Malariaintermittens.  Manchmal 
sind  es  einfache  Magenkatarrhe,  welche  mit  täglichen  Froetanfällen 
einhergehen.  Folgt  man  nun  dem  Rath  der  alten  Aerzte,  bei  jeder 
Malariaintermittens,  ehe  man  zum  Gebrauch  des  Chinins  übergeht,  die 
Unsanberkeiten,  die  Sordes  ans  den  ersten  Wegen  durch  ein  Brechmittel 
zu  entfernen,  so  sieht  man  oft  die  angebliche  Malariaintermittens  geheilt 
werden,  ehe  das  Chinin  in  Gebrauch  gezogen  ist. 

Ganz  anders  dagegen  gestalten  sich  die  FrostanHUle,  welche  bei  den 
verschiedenen  oben  erwähnten  Krankheiten  aaftreten,  und  bald  mit, 
bald  ohne  Endocarditis  maligna  verlaufen.  Ebenso  erscheinen  die  Frost- 
anfälle  bei  der  malignen  Endocarditis,  die  ohne  Komplikationen  zar 
Beobachtung  gelangt. 

Für  alle  diese  Fälle  sind  die  zn  unregelmässigen  Zeiten  auftretenden 
Schüttelfröste  charakteristisch.  Wenn  also  z.  B.  ein  solcher  Schüttel- 
frost mit  nachfolgender  Hitze  und  Schweiss  an  einem  Tage  zweimal, 
dann  mehrere  Tage  gar  nicht,  dann  wieder  ein  paar  Tage  lang  täglich 
einmal  u.  s.  w.  auftritt,  dann  muss  man  sagen,  hier  werden  infektiöse 
Stoffe  in  die  Zirkulation  geführt.  Ein  Irrthnm  in  der  Diagnose  ist  kaum 
möglich,  wenn  man  sich  bewusst  bleibt,  dass  die  erratischen  Fröste  für 
die  eben  erwähnten  Krankheitsgruppen  charakteristisch  sind,  and  niemals. 


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«eoigstena  in  unseren  Landen,  bei  der  Malariaintermittens  gefunden 
werden,  sobald  man  nicht  das  Krankheitsbild  durch  vorher  gereichte 
grössere  Chinindosen  alterirt  hat.  Es  wird  immer  noch  dann  und  wann 
die  Diagnose  einer  Malariaintermittens  trotz  solcher  nnregelmüssigen 
Frastanfälle  gestellt,  und  immer  noch  erweisen  sich  solche  ärztlichen 
Fehler  als  verhängnissvoll,  weil  leider  die  Anschauung  unter  den 
Aerzten  noch  nicht  allgemein  anerkannt  ist,  dass  unregelmässige  Fröste 
nichts  mit  der  Malaria  zu  thnn  haben.  Letztere  können  allerdings  auch 
bei  Vorhandensein  von  Nieren*  und  Gallensteinen  auftreten.  Die 
Diagnose  ist  hier  eher  verhältnissmässig  nicht  schwer.  Kann  man  diese 
Erkrankungen  ausschliessen,  dann  müssen  die  Fröste  durch  das 
Eintreten  infektiöser  Massen  in  die  Zirkulation  veranlasst  sein.  Man 
iDius  jetzt  Zusehen:  woher  stammen  diese  Massen?  besteht  irgend  ein 
chirurgisches  Leiden?  wie  verhält  sich  der  Uterus?  das  Ohr?  die  Leber? 
ood  schliesslich  das  Herz?  Oft  findet  man  dann  neben  anderen 
Organen  das  Herz  affizirt.  ln  anderen  Füllen  ist  letzteres  allein 
erkrankt  Nor  ganz  ausnahmsweise  fehlen  bei  Affektionen  des  Endo- 
cardinms  direkte  Zeichen,  welche  auf  die  Erkrankung  hindeuten.  Der 
Verlauf  der  ELrankheit  ist  in  der  Regel  sehr  stürmisch.  Die  schwersten 
Cerebralerscbeinnngen  treten  so  in  den  Vordergrund,  dass  die  Symptome 
am  Herzen,  die  Haute mbolieen,  die  Milzschwellong,  die  event  gleichzeitige 
Nierenerkrankung  wenig  beachtet  werden.  Zuweilen  sieht  man  furibonde 
Delirien  mit  der  Endocarditis  ulcerosa  Hand  in  Hand  gehen  und  in 
wenigen  Tagen  den  Tod  veranlassen,  so  dass  es  den  Anschein  gewinnen 
kann,  als  wenn  ein  Fall  von  sogenanntem  Hirnrheumatismus  vorliege, 
lod  erst  die  Autopsie  lehrt,  dass  nicht,  wie  bei  letzterem,  der  makro- 
ikopische  Befund  am  Herzen  negativ  ist,  sondern  schwere  ulceröse 
Veränderungen  am  Endocard  vorhanden  sind. 

Zuweilen  verläuft  die  Krankheit  aber  ancb  anfangs  nur  sehr  langsam 
ent  allmälig  führen  die  unregelmässigen  Frostanfälle  zur  Diagnose.  Der 
Tod  erfolgt  dann  erst  nach  einigen,  selbst  vielen  Monaten.  Hier 
kilft  man  sich  im  Anfang  off  mit  eigentbümlichen  Diagnosen  durch, 
Dater  denen  der  Name  der  cryptogenetischen  Septicopyämie  in  der 
letzten  Zeit  eine  gewisse  Beliebtheit  gewonnen  hat. 

Dass  alle  diese  Fälle  von  Endocarditis  ulcerosa  durch  Bakterien- 
ioTznonen  hervorgemfen  werden,  ist,  wie  gesagt,  schon  seit  ungefähr 
% Jahren  angenommen.  Es  wurde  aber  schon  damals  nach  Erklärungen 
dafür  gesucht,  wie  bei  der  nur  auf  das  Endocard  beschränkten  Er- 
krankung die  Bakterien  in  die  Zirkulation  hinein  gelangen  kbnnten, 


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29C 


während  ja  dies  bei  den  anderen  Fallen  ganz  klar  erscheint.  Man  musste 
die  Ansicht  schon  zu  jener  Zeit  für  richtig  anerkennen,  dass  durch 
gewisse  oft  ganz  anbemerkt  gebliebene  kleine  Risse  in  der  Hant  oder 
in  irgend  einer  Schleimhaut  die  Mikroorganismen  in  den  Körper  und 
schliesslich  in  die  Zirkulation  eindringen,  hier  sich  weiter  entwickeln 
und  schliesslich  das  schwere  Krankheitsbild,  von  dem  wir  eben  gesprochen 
haben,  in  die  Erscheinung  treten  lassen. 

Ueber  die  Morphologie  der  Bakterien,  welche  die  Bndocarditis 
ulcerosa  erzeugen,  wissen  wir  bis  jetzt  nur  wenig  und  dieses  Wenige  ist 
auch  noch  zweifelhaft.  Die  meisten  bakteriologischen  Dntersneher 
nehmen  an,  dass  es  verschieden  gestaltete  Organismen  wären,  welche 
die  Krankheit  erzeugen  könnten. 

Bei  dieser  ulcerösen  Form  der  Bndocarditis  sieht  es  von  vornherein 
so  aus,  als  ob  unsere  Therapie  ganz  machtlos  wäre.  Trotsdem  kann 
man  dies  bei  reichlicher  Erfahrung  nicht  zugeben.  In  einzelnen  aller- 
dings seltenen  Fällen,  namentlich  wenn  die  Bndocarditis  ulcerosa  sich  mit 
der  phlebitischen  Form  des  Puerperalfiebers  komplizirt  batte,  habe  ich 
von  grossen  Dosen  Alkohol,  Cognac,  Sherry,  Portwein  u.  s.  w.  in 
Verbindung  mit  mehreren  täglich  gereichten  Gaben  von  einem  halben 
Gramm  Chininum  muriatienm  entschiedene  Erfolge  gesehen,  meist  dauerte 
es  allerdings  Wochen  und  Monate,  ehe  die  erratischen  Schüttelfröste 
ganz  verschwanden  und  ehe  man  wirklich  sagen  konnte,  der  Kranke 
wäre  geheilt. 

Bei  der  zweiten  Form  der  Bndocarditis  werden  entweder  die 
vorher  intakten  Klappenapparate  von  einer  Entzündung  ergriffen  oder  die 
Entzündung  entwickelt  sich  an  vorher  schon  entzündet  gewesenen  Klappen 
als  eine  reknrrirende.  Die  Summe  der  hier  in  Betracht  kommenden 
Krankheitsersebeinungen  ist  eine  viel  weniger  schwere,  der  Charakter 
einer  Infektionskrankheit  wird  für  gewöhnlich  ganz  vermisst  und  manch- 
mal nur  ganz  zufällig  das  Vorhandensein  der  fi[rankheit  entdeckt.  Früher 
glaubte  man,  dass  das  Auftreten  dieser  Bndocarditis  mit  dem  Elrscheinen 
der  Polyarthritis  rhenmatica  in  direktem  Zusammenhang  stehe.  Man  hatte 
sich  lange  mit  dem  Gedanken  getragen,  dass  bei  dieser  Krankheit  eine 
materia  peccans  im  Blute  kreise,  die,  in  die  Gelenke  ausgeschieden,  den 
Gelenkrheumatismus  erzeuge,  die  aber,  wenn  sie  in  das  Endocard,  das 
Pericard,  die  Pleura  abgesondert  würde,  eine  Entzündung  dieser  Theile 
bervorriefe.  Man  glaubte  eine  Zeit  lang,  dass  die  Milchsäure  diese  materia 
peccans  bildete.  Damit  stimmten  vortrefflich  die  Experimente  von 
Richardson,  der,  wenn  er  Hunden  grössere  Quantitäten  Milchsäure  in 


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die  JagnlarTeDen  spritste,  zaoächst  bei  diesen  Händen  Anschwellungen 
sn  den  Gelenken  der  Extremitäten  und  dann,  wenn  er  die  Tbiere 
nach  Monaten  tödtete,  die  exquisiteste  Endocarditis  an  den  Klappen- 
apparaten fand.  Ans  diesen  Experimenten  glaubte  sich  Richard son  zu  dem 
Schluss  berechtigt,  dass  die  Milchsäure  Gelenkrheumatismus  und  Endocarditis 
erzeuge.  Bei  genauerer  Prüfung  der  Experimente  fand  man  aber,  dass 
erstens  immer  diejenigen  Gelenke  schwollen,  mit  denen  die  Hunde 
auf  das  Experimentirbrett  angebunden  waren,  während  die  übrigen  Gelenke 
intakt  blieben;  zweitens  stellte  es  sich  heraus,  dass  eigentlich  sämmtliche 
Hunde  in  nicht  mehr  jugendlichem  Alter  an  Endocarditis  und  dadurch 
Teranlassten  Herzklappenfehlern  leiden.  Letztere  Tbatsacbe  war  mir, 
als  sie  gegen  Richardson  eingewendet  wurde,  noch  nicht  genügend  be- 
kannt,  ich  stellte  sie  daher  den  zahlreichen  meine  Vorlesungen  besuchen- 
den Herren  Kollegen  von  der  Tbierarzneischule  zur  Diskussion  und  fand 
sie  von  allen  Seiten  bestätigt.  Damit  fällt  natürlich  die  Beweiskraft  der 
Richardson’schen  Experimente  in  nichts  zusammen,  aber  nicht  die 
Meinung,  dass  bei  dem  Gelenkrheumatismus  eine  materia  peccans  im 
Blote  vorhanden  ist.  Traube  fand  in  den  sechziger  Jahren,  als  er  die 
sogenannte  Davies'sche  Methode,  welche  sich  in  England  bei  der  Be- 
handlung des  akuten  Gelenkrheumatismus  einen  gewissen  Ruf  verschafft 
batte,  in  Deutschland  anwandte,  sich  durch  seine  therapeutischen  Er- 
folge ebenfalls  zu  der  Annahme  gedrängt,  dass  hier  eine  schädliche 
Substanz  im  Blot  vorhanden  sein  müsse.  Die  Davies’sche  Methode 
besteht  bekanntlich  darin,  dass  um  die  erkrankten  Gelenke  Abends 
mehrere  querfingerbreite  Streifen  von  spanisch  Fliegenpflaster  gelegt 
werden,  während  man  gleichzeitig  eine  genügende  Morphiumeinspritzung 
macht,  um  die  entstehenden  Schmerzen  zu  beseitigen.  Am  nächsten 
Morgen  werden  die  entstandenen  Blasen  anfgestochen , die  abgehobene 
Haut  abgeschnitten,  bis  zum  Abend  warme  Umschläge  auf  die  wunden 
Stellen  gemacht,  und  dann  am  Abend  ein  einfacher  Heilverband  an- 
gelegt. Traube  behauptete  non,  dass  hier  beim  Gelenkrheumatismus  das 
Fieber  einerseits  dadurch  hervorgerufen  werde,  dass  eine  materia  peccans 
im  Blute  kreist  und  dass  andererseits  dieselbe  materia,  in  die  Gelenke 
ausgeschieden , dort  Entzündung  und  Fieber  hervorriefe.  Den  aus- 
gezeichnetsten Erfolg  hatte  die  Davies’sche  Methode,  wenn  die  Gelenk- 
affektion eine  ganz  exquisite  war.  Hier  war  nach  Traube 's  Ansicht 
die  materia  peccans  ganz  ans  dem  Blute  verschwunden  und  in  die  Gelenke 
abgeschieden.  Deswegen  hatte  die  ausschliessliche  Behandlung  der  Ge- 
lenke einen  absoluten  Heilerfolg,  ln  einer  zweiten  Reibe  von  Fällen, 


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wo  nur  eine  wesentliche  Besserung  der  Oelenkaffektionen  und  eine  er- 
hebliche Herabeettnng  des  Fiebers  festsostellen  war,  mnsste  die  materia 
peccans  erst  theilweise  in  die  Gelenke  abgeschieden  sein  und  das  Fieber 
zom  Theil  durch  die  Erkrankung  der  Gelenke,  zum  Theil  durch  die 
im  Blute  noch  zirkulirende  materia  peccans  gedeutet  werden.  Die 
Gelenkaffektion  wurde  durch  die  Vesicatore  günstig  beeinflusst  In 
der  dritten  Reihe  von  Fällen  endlich,  in  welcher  die  Gelenkaffektiou 
nur  sehr  wenig  angedeutet  ist  und  das  Fieber  wohl  wesentlich  durch 
die  im  Blote  befindliche  materia  peccans  erklärt  werden  muss,  prallt 
die  Methode  ganz  ab. 

Aber  sehr  bald  änderten  sich  unsere  Anschauungen  über  den  akuten 
Gelenkrheumatismus  mehr  und  mehr.  Schon  im  Jahre  1865  erklärte 
Lange  in  Kopenhagen,  dass  der  akute  Gelenkrheumatismus  ganz  un- 
abhängig von  bestimmten  Witterungseinflüssen  epi-  und  endemisch  auf- 
trete,  und  diese  Behauptung  konnte  nur  von  allen  Seiten  mit  dem  Fort- 
schreiten unserer  Kenntnisse  bestätigt  werden.  Allmälig  gelangte  noan 
zu  der  Ueberzeogung,  dass  auch  der  akute  Gelenkrheumatismus  in  die 
Kategorie  der  durch  Mikroorganismen  erzeugten  Krankheiten  gehöre. 
Man  hat  zwar  den  betreffenden  Organismus  noch  nicht  bestimmt  nach- 
gewiesen, und  es  mag  ja  immer  noch  zweifelhaft  bleiben,  ob  dies  jemals 
geschehen  wird,  trotzdem  kann  meiner  Ansicht  nach  nicht  abgeleoguet 
werden,  dass  der  akute  Gelenkrheumatismus  eine  durch  Mikroben 
erzeugte  Krankheit  ist 

Andererseits  haben  wir  im  Laufe  der  Jahre  die  Erfahrung  gemacht, 
dass  das  Auftreten  dieser  einfachen  Endocarditis  durchaus  nicht  immer 
an  den  akuten  Gelenkrheumatismus  gebunden  ist,  sie  begleitet  nicht 
selten  Pocken,  Scharlach,  Masern,  Erythema  nodosum,  Angina,  dann 
Diphtherie,  Pneumonie,  also  eine  Reihe  von  Krankheiten,  bei  denen  man 
heut  zu  Tage  gewisse  Organismen  als  Krankheitserreger  ansehen  muss, 
aber  auch  einzelne  Krankheiten,  wie  die  Pleuritis,  bei  welchen  die 
event  Mitbetheiligung  von  Mikroorganismen  zu  ihrer  Entstehung  doch 
sehr  zweifelhaft  ist 

Schliesslich  sehen  wir  zuweilen  die  einfache  Endocarditis  als  selbst- 
ständige Krankheit  auftreten  ohne  jede  Komplikation  mit  anderen  Krank- 
heiten. Man  hat  ja  gerade  von  dieser  Endocarditis  behauptet,  dass 
ihr  alle  vier  Kardinalsymptome  der  Entzündung  fehlten.  Aber  schon 
vor  mehr  als  28  Jahren  bin  ich  bei  meinem  Doktorexamen  mit 
einem  meiner  hochverehrten  Lehrer  in  Bezog  auf  diesen  Punkt  in 
Disharmonie  gerathen,  denn  nach  meinen  auf  der  Traube 'sehen 


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Klinik  gesammelteD,  damals  ja  noch  sehr  geringeD  ErfahrangeD  wnsste 
ich,  dass  bei  der  Krankheit  Ja  natürlich  der  Tumor  und  der  Rubor  fehlte, 
«her  der  Dolor  und  der  Calor  vorhanden  wären.  Im  Laufe  der  Jahre 
(^machte  Beobachtungen  haben  mich  ein  bestimmtes  Krankbeitsbild  für 
diese  selbstständige  Endocarditis  gewinnen  lassen:  Schmerzen  in  der 
Herzgegend  und  unter  dem  Brustbein,  geringe  Fieberbewegungen  (37,8 
bis  38,5  C.),  erhöhte  Pulsfrequenz  (80 — 120),  erhöhte  Athemfreqnenz 
(24  — 40),  dabei  starke  Dyspnoe,  zuweilen  auch  Orthopnoe.  Diese  selbst- 
ständige Endocarditis  steht  demnach  in  gewisser  Analogie  zu  der  malignen 
Endocarditis  ohne  Komplikation. 

Da  non  schon  bei  dem  Rheumatismus  articolorom  acutus  und  bei 
den  verschiedenen  anderen  mit  Mikroorganismen  in  Verbindung  stehenden 
Krankheiten  und  im  Vergleich  mit  der  malignen  Form  der  Oedanke 
nabe  liegt,  dass  bei  dieser  ganzen  Groppe  der  Endocarditis  Mikroben  dem 
Prozesse  zn  Grunde  liegen,  sind  in  den  letzten  Jahren  von  verschiedenen 
Seiten  darauf  hingerichtete  Untersuchungen  angestellt  worden. 

Das  Resultat  derselben  ist  im  Grossen  und  Ganzen  folgendes: 

In  der  grössten  Mehrzahl  sind  Mikroorganismen  in  den  endocarditi- 
ichen  Vegetationen  nachgewiesen  worden  und  diese  Mikroorganismen  haben 
»ehr  verschiedene  Gestalt. 

Wir  werden  nun  deswegen  einerseits  nicht  Unrecht  thon,  zu  schliessen, 
dass  die  Mikroben  wohl  immer  vorhanden  sein  werden,  namentlich  wenn 
wir  bedenken,  wie  schwierig  derartige  Untersuchungen  sind,  wieviel  dabei  auf 
Zufälligkeiten  ankommt  und  wie  wir  oft  diese  endocarditischen  Vegetationen 
erst  nach  jahrelangem  Bestehen  zur  genaueren  Prüfung  bekommen,  wo 
daun  die  früher  vorhanden  gewesenen  Mikroben  auch  verschwunden  sein 
können.  Der  in  der  bei  weitem  grössten  Mehrzahl  der  Fälle  gelungene 
Nachweis  der  Mikroorganismen  rechtfertigt  wohl  diesen  meinen  für 
die  Gesammtheit  gezogenen  Schluss.  Andererseits  muss  man  mit  Be- 
stimmtheit sagen,  dass  morphologisch  verschieden  gestaltete  Organismen 
die  Krankheit  erzeugen  können.  Darüber,  ob  jede  verschiedene  Infektions- 
krankheit einen  besonderen  Organismus  bat,  welcher  die  Endocarditis 
bewirkt,  können  wir  bei  unserm  jetzigen  Stande  des  bakteriologischen 
Wissens  nichts  sagen.  Ebensowenig  darüber,  ob  unter  Umständen  dieser 
einfachen  Endocarditis  und  jener  malignen  derselbe  Mikroorganismus  zu 
Grunde  liegt.  Die  Möglichkeit  können  wir  durchaus  nicht  bestreiten,  denn  es 
liegen  mancherlei  klinische  Beobachtungen  vor,  wie  z.  B.  die  in  jüngster  Zeit 
von  A.  Fränkel  in  den  Charite  - Annalen  mitgetheilte,  wo  unter  dem 
bilde  der  malignen  Endocarditis  aufgetretene  Krankheitsfälle  allmälig 


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den  Charakter  der  einfachen  Endocarditis  annahmen  und  unter  Zurück- 
bleiben eines  einfachen  Herzklappenfeblers  ans  der  Behandlung  der  be- 
treffenden Aerzte  geschieden  sind. 

In  Bezug  auf  diese  Fragen  haben  die  Bakteriologen  noch  viel  Klar- 
heit zu  schaffen;  es  ist  aber  bei  dem  rüstigen  Portscbreiten  dieser 
Herren  in  Bezog  auf  die  in  Betracht  kommenden  Fragen  zu  hoffen,  dass 
wir  bald  weitere  wesentliche  Fortschritte  zu  konstatiren  haben  werden. 

Fragen  wir  schliesslich,  was  wir  heut  zu  Tage  therapeutisch  bei 
der  Endocarditis  vorzonehmen  haben,  so  ist  natürlich  in  erster  Linie  an 
Mittel  zu  denken,  die  einer  Weiterwirkong  der  hier  in  Betracht  kommenden 
Bakterien  Einhalt  tbon.  Da  aber  unsere  Kenntnisse,  wie  eben  dargelegt, 
in  Bezog  auf  die  Bakterien  selbst  noch  sehr  lückenhafte  sind,  so  werden 
vorläufig  auch  noch  unsere  therapeutischen  Hoffnungen  sehr  gering  sein. 

Im  Grossen  und  Ganzen  wird  man  sich  auf  die  Exspektative  beschränken 
müssen.  Die  in  früheren  Zeiten  vielfach  gerühmte  Qoecksilberbebandlung 
habe  ich  in  verhältnissmässig  vielen  Fällen  und  mit  Ausdauer  angewendet, 
ohne  sie  besonders  rühmen  zu  können.  Dass  ohne  alle  Therapie  eine 
Reihe  von  Klappenfehlern  heilen  kann,  ist  eine  allbekannte  Tbatsache. 
Selten  geschieht  dies  in  der  Weise,  dass  die  auf  das  Endocard 
gesetzten  Wncbernngen  allmälig  durch  den  Blutstrom  weggeführt  und  an 
unschuldigen  Stellen  des  Organismus  abgelagert  werden.  Viel  häufiger 
erweitert  sich  die  eine  oder  die  andere  Klappe  in  ganz  auffälliger  Weise 
und  deckt  dadurch  ganz  allmälig  den  durch  Retraktion  einer  anderen 
Klappe  berbeigeiührten  Snbstanzverlnst. 

Die  dritte  Form  der  Endocarditis  ist  diejenige,  welche  sekundär  die 
Herzklappen  ergreift,  nachdem  vorher  schon  kürzere  oder  längere  Zeit 
an  der  Intima  der  Aorta  entzündliche  Prozesse  zur  Entwickelung  ge- 
kommen sind.  Die  Elndartritis  deformans  greift  dann  langssun  auf  das 
Endocard  über,  vermittelt  eine  losnfficienz  der  Aortenklappen  durch 
Retraktion,  durch  Verdickung  und  andere  Veränderungen  dieser  oder 
jener  Klappe,  oder  es  kommt  durch  Auflagerungen  am  Klappenapparat 
zur  Stenose  des  Ostium  arteriosum.  Ein  anderes  Mal  bleibt  der  Aorten- 
klappenapparat ganz  intakt,  dagegen  entwickelt  sich  ein  zu  Klappen- 
erkrankungen führender  Prozess  am  Ostium  venosum  sinistrnm.  Am 
rechten  Herzen  kommen  derartige  Erkrankungen  fast  gar  nicht  vor. 
Von  Mikroorganismen  ist  hier  selbstverständlich  nicht  die  Rede. 

Wir  sehen  diese  Klappenerkrankungen  im  höheren  Lebensalter  an 
Menschen  erscheinen , die  früher  ein  Master  von  Leistungsfähigkeit  und 


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Kraft  waren,  so  z.  B.  bei  Offizieren,  alten  in  der  Landwirthschaft  er- 
granten  and  körperlich  viel  bewährten  Männern. 

Ganz  allmälig  beginnen  solche  Leute  darüber  za  klagen,  dass  sie  leicht 
knrzathmig  werden,  dass  ihnen  grössere  Gänge  za  Fass  schwer  fallen; 
beim  Reiten  vermeiden  sie  das  Traben,  lieben  nur  den  Galopp  and  den 
Schritt,  allmälig  müssen  sie  auf  jede  Bewegang  za  Pferde  verzichten. 
Schliesslich  wird  es  klar  und  ist  bei  genauer  Untersncbong  sicher  fest- 
znstellen,  dass  ein  Herzklappenfehler  vorliegt. 

In  früherer  Zeit,  wo  man  die  Entstehnng  der  Endocarditis  anf  die 
hier  geschilderte  Weise  noch  nicht  kannte,  sachte  man  immer  die  Dia- 
gnose in  Frage  za  stellen,  weil  solche  Menschen  keinen  Gelen krhenmatis- 
mas  überstanden  hätten,  aber  allmälig  hat  sich  doch  immer  mehr  and 
mehr  die  Ansicht  Bahn  gebrochen,  dass  anter  den  alten  Leuten  ein 
grosser  Theil  durch  Herzerkrankangen  za  Grande  geht  und  von  diesen 
Herzkranken  ein  Theil  durch  Klappenfehler  stirbt,  welche  ihren  Ausgang 
von  einer  Endartritis  deformans  aus  nehmen,  ein  anderer  Theil  durch 
sogenannte  idiopathische  Herzerkrankangen  das  Lpben  beschliesst 

Die  hier  erwähnten  Thatsachen  kommen  um  so  deutlicher  zum  Be- 
wusstsein, wenn  man  das  Material  der  Siechenhänser  ansieht  und 
namentlich  durch  sorgfältig  gemachte  Autopsien  ausnutzt.  Da  sehen 
wir  manchen  Kranken,  der  kurzathmig  wird,  angeblich  wegen  Alters- 
schwäche, später  hindert  ihn  die  Altersschwäche  Treppen  zu  steigen,  er 
bekommt  allmälig  Oedeme  an  den  Unterschenkeln  und  gebt  schliesslich 
an  Altersschwäche  zu  Grande.  Eine  genaue  Sektion  lässt  diese  Alters- 
schwäche als  ein  ausgesprochenes  Herzleiden  erkennen. 

Anf  welche  Punkte  müssen  wir  bei  solchen  Erkrankungen  besonders 
therapeutisch  achten? 

Zunächst  ist  darauf  zu  sehen,  dass  der  einzelne  Mensch  schon  in 
jungen  Jahren  vermeidet,  unregelmässig  zu  leben,  namentlich  viel  zu 
trinken,  denn  wir  wissen  ja,  dass  bei  einem  abnsus  spirituosorum  schon 
in  den  dreissiger  Jahren  Arteriosklerose  und  sekundäre  Klappenfehler  ent- 
stehen können.  Früher  dachte  man,  dass  nur  der  Schnaps  derartige  nach- 
theilige Folgen  hätte.  Wer  aber  in  Weinländern  gelebt  bat,  wird  auch  nicht 
geneigt  sein,  den  Wein  als  ätiologisches  Moment  anszuscbliessen,  und  das 
Uebermaass  des  Biertrinkens,  namentlich  des  Trinkens  von  schweren 
Bieren,  wie  es  in  den  letzten  Jahren  in  Norddeutschland  immer  mehr 
und  mehr  Mode  geworden  ist,  wird  uns  auch  in  Bezug  auf  dieses  Genuss- 
mittel immer  mehr  und  mehr  den  Schaden  des  Uebermaasses  klar 
machen. 


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302 


Ist  der  Klappenfehler  einmal  gebildet,  dann  mnss  man  die  Energie 
des  Herzmuskels  möglichst  zn  erhalten  suchen,  um  eine  Kompensation 
recht  lange  zn  ermöglichen. 

Wir  haben  nun  seit  langer  Zeit  erfahren,  dass  die  Kraft  jedes  quer- 
gestreiften Muskels,  also  auch  des  Herzmuskels,  erlahmt,  wenn  der  Muskel 
nicht  in  der  nöthigen  Debung  erhalten  wird.  Deswegen  müssen  wir 
solche  Herzkranke  nicht  in  ihre  Zimmer  einsperren,  sondern  sich  regel- 
mässig bewegen  lassen,  nur  darf  diese  Bewegung  nicht  zn  anstrengend 
sein.  Im  Grossen  und  Ganzen  wird  es  sich  daher  nicht  empfehlen,  solche 
Kranke  viel  Treppen  oder  Berge  steigen  zn  lassen.  Methoden,  wie  die 
von  Oertel  angegebene,  werden  nur  in  seltenen  Fällen  keinen  Miss- 
erfolg erzielen.  Es  wird  für  solche  Kranke  immer  geboten  sein,  mög- 
lichst niedrig,  womöglich  zn  ebener  Erde  zn  wohnen,  imWinter  im  sonnigen, 
im  Sommer  io  schattigen  Zimmern;  auf  die  Auswahl  einer  leichten  nnd  doch 
kräftigen  Diät  muss  man  Werth  legen,  Alkoholika  nicht  ganz  entziehen, 
aber  nur  geringe  Mengen  Wein  und  Bier  reichen,  und  auch  die  geistigen 
nnd  körperlichen  Beschäftigungen  auf  ein  mittleres  Maass  rednziren. 
Wenn  man  in  dieser  Weise  einen  bereits  entstandenen  Klappenfehler 
therapeutisch  beeinflusst,  dann  werden  wir  oft  jahrelang  den  Kranken  in 
leidlicher  Gesundheit  und  arbeitsfähig  in  seinem  Amte  erhalten.  Natür- 
lich darf  ein  solcher  Mensch  nicht  verlangen,  Reitergeneral  oder  Leiter 
einer  grossen  Staats-  oder  Privatverwaltung  zu  bleiben.  Bei  derartigen 
Beschäftigungen  werden  sehr  bald  Kompensationsstörungeu  beginnen  und 
den  Anfang  vom  Ende  einleiten. 


Das  erste  Obdach  des  Kriegsverwundeten. 

V o r 1 1-  a g . 

gehalten  in  der  militärärztlichen  Gesellschaft  zu  Berlin 
am  21.  November  1887 

Ton 

Dr.  H.  F.  Nicolai. 

SUbturxt  im  Eisenbibn-R^giintint. 

(Mit  3 Tafeln.) 

Die  taktischen  Gründe,  wfilche  ein  Biwakiren  von  Truppen  erheischen, 
sind  in  der  letzten  Zeit  immer  mehr  eingeschränkt  worden  nnd  somit 
dürfte  für  einen  zukünftigen  Feldzng  die  Häufigkeit  des  Biwaks  sich  fast 


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303 


nor  nach  den  äusseren  Verhältnissen,  nach  der  OrSsse  nnd  Dichtigkeit 
der  Ortschaften,  hier  und  da  vielleicht  noch  nach  den  besonderen 
Eigenthömlichkeiten  des  Geländes  richten.  Immerhin  jedoch  lässt  sich 
das  Biwak  nicht  abschaffen,  ja  es  kann  nnd  wird  in  dännbewohnten 
Gegenden,  wenn  auch  in  Bezng  anf  den  Lagerplatz  wechselnd,  doch  oft 
für  längere  Reihen  von  Tagen  die  einzig  erübrigende  Art  der  Unter- 
kanfl  sein. 

Das  Biwak  gilt  somit  in  Dentschland  nur  für  einen  unvermeidlichen, 
auf  das  Nothwendigste  einsnschränkenden  Behelf  nnd  nicht,  wie  bei 
manchen  anderen  Armeen,  für  eine  stabile  Formation.  Diesem  Zustande 
ist  wohl  auch  einzig  nnd  allein  der  Umstand  znznschreiben,  dass  in  der 
deutschen  Armee  bis  jetzt  die  dem  Soldaten  für  das  Biwak  gebotenen 
Schutzmittel  sich  ebenfalls  auf  dem  Standpunkte  des  änssersten  Notb- 
behelfes  befinden.  Der  deutsche  Soldat  ist  infolge  dessen  in  seinen  An- 
sprüchen an  die  Ausstattung  seines  Biwaks  durchaus  nicht  verwöhnt; 
während  andere  Armeen  längst  mit  einem  nach  nnseren  Begriffen 
umfangreichen  Comfort  für  das  Marschbiwak  ansgestattet  sind,  baut  sich 
heute  noch  der  deutsche  Soldat  aus  Stroh  — wenn  er  welches  hat  — 
einen  nothdürftigen  Windschirm  um  das  Lagerfeuer  nnd  streckt  die  müden 
Glieder  anf  die  magere  Strohschüttnng  in  gott-  nnd  dienstergebener 
Resigpiation.  Wenn  nun  auch  die  jetzige  Anffassung  über  die  militärische 
Nothwendigkeit  der  Biwaks  selbst  dort  das  Beziehen  von  Quartieren 
(Alarmqnartier,  Ortsbiwak)  gestattet,  wo  früher  Biwaks  vorgeschrieben 
oder  üblich  waren,  so  werden  doch  immer  diejenigen  Truppen  biwakiren 
müssen,  welche  in  den  überfüllten  Ortschaften  kein  Unterkommen  mehr 
finden.  Nicht  die  Avantgarden  werden  biwakiren,  aber  die  Gros,  und 
zwar  diejenigen  Tbeile  derselben  am  meisten,  welche  sich  der  Queue 
zunächst  befinden:  die  Sanitätstrnppen  und  die  Kolonnen.  Und  doch 
ist  der  Sanitätssoldat  der  Ruhe  ebensosehr  bedürftig,  wie  der  Kämpfer 
in  Reib  nnd  Glied,  denn  die  Anforderungen,  welche  an  seine  physische 
nnd  moralische  Leistungsfähigkeit  gestellt  werden,  sind  durchaus  nicht 
geringer  anznschlagen.  Ein  müder,  erschöpfter  nnd  hungriger  Kranken- 
träger kann  seiner  schweren  Bestimmung  nur  schlecht  dienen.  Ober- 
stabsarzt Dr.  Port  hat  gewiss  mit  Recht  den  Ausspruch  gethan:  „yfnB 
man  den  Krankenträgern  giebt,  kommt  den  Verwundeten  zu 
gute“.  Aber  hieran  ist  auch  gar  kein  Zweifel,  es  sind  eben  nur  die 
äusseren  natürlichen  Verhältnisse,  welche  die  Sanitäts-Detachements  und 
die  denselben  folgenden  Feldlazarethe  zwingen,  mehr  als  andere  Truppen 
im  Freien  zu  nächtigen.  heisst  es  dann  beim  Befehlsempfang 


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304 


mit  frenndlich  tröstender  Apostrophe,  „Sie  haben  ja  Zelte  Damit  sind 
die  Verbindezelte  gemeint,  welche  man  vielleicht,  wenn  der  Boden  fest 
genug,  das  Wetter  nicht  zu  windig  and  es  überhaopt  noch  nicht  za 
spät  in  der  Nacht  ist,  für  die  Offiziere  und  Beamten  anfschlagen  kann. 
Aber  welchen  Nutzen  haben  die  Krankenträger  davon?!  Ja,  wenn  wir 
Zelte  hätten!  Auch  an  diesen  würde  sich  der  Port’sche  Spruch 
bewähren.  Den  Krankenträgern  gäbe  man  sie,  aber  den  Verwundeten 
kämen  sie  zn  gute! 

Dass  es  nothwendig  wird,  für  die  Verwundeten  auf  dem  Verband- 
plätze Obdachvorrichtungen  zu  errichten,  geht  aus  der  Thatsache  hervor, 
dass  bei  grossen  Schlachten  immer  eine  grosse  Anzahl  Verwundeter 
längere  Zeit  im  Freien  aasharren  muss,  ehe  sie  verbunden  und  fort- 
traosportirt  werden  können. 

Dieselben  Gründe,  welche  die  Trappen  zum  Biwakiren  zwingen, 
bedingen  auch  die  Nothwendigkeit,  den  Verbandplatz  theilweise  oder 
ganz  im  Freien  aufznscblagen.  Und  wer  hätte  sich  da  nicht  im 
Kriege  1870/71,  welcher  doch  ein  reiches,  dichtbewohntes  Land  znm 
Schauplätze  batte,  einmal  in  der  Lage  befunden,  bedauern  zu  müssen, 
dass  er  seinen  Verwundeten  kein  schützendes  Obdach  zu  verschaffen 
vermochte.  Oberstabsarzt  Dr.  Port  beschreibt  in  seinem  Aufsätze  über 
die  „Selbstherstellung  von  Unterkunftsräumen  für  Kriegsverwundete'‘ 
Heft  2,  1887  der  Deutschen  militärärztlichen  Zeitschrift  eine  solche 
Situation  und  knüpft  daran  die  Bemerkung,  „es  scheine  fast,  als  ob  man 
allerseits  von  dem  Versuche  der  Lösung  dieser  wirklich  schwierigen 
Aufgabe  in  stummer  Resignation  zurückgetreten  sei“. 

Im  deutsch -französischen  Kriege  trat  der  Mangel  an  vorbereiteten 
Mitteln  zur  ersten  Beherbergung  der  Verwundeten  oftmals  recht  fühlbar 
auf.  Um  nnr  ein  Beispiel  anzufübren,  erinnere  ich  an  die  Tage 
von  Weissenburg  und  Wörth.*)  Beim  Forsthause  Haardt  (1.  S.  D. 
XI.  A.  C.)  mussten  die  Verwundeten  bei  Unzulänglichkeit  der 
Räumlichkeiten  trotz  der  ungünstigen  Witterung  zumeist  unter  freiem 
Himmel  gelagert  werden.  Auch  bei  Görsdorf  (Wörtb)  wurden  die 
Verwundeten  zunächst  im  Freien  gelagert  and  später,  als  die  Temperatur 
recht  fühlbar  sank,  mussten,  nachdem  alle  Wohngebäude,  Schale  und 
Kirche  mit  Verwundeten  angefüllt  waren,  die  sänimtlichen  Scheunen 
belegt  werden.  An'  dem  Hülfsplatze  am  Sauerbach  hei  Görsdorf, 


*)  Kriegx-Ssnitäts-Bericlit.  Bd.  I.  S.  94  ff. 


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305 


welcher  nur  durch  einige  Weidenbäume  nothdörftig  geschützt  war, 
mussten  viele  Verwundete  einen  Theil  der  Nacht  im  Freien  znbringen. 

In  Spachbach,  Eisasshansen,  Günstedt  waren  die  sämmtlicheii 
Geblude  io  Beschlag  genommen  und  diese  selbst  waren  so  zerschossen, 
dass  sie  vor  dem  strömenden  Regen  kaum  Schutz  gewährten.  Die 
Lagerung  im  Freien,  so  bitter  sie  auch  war,  konnte  nicht  vermieden 
werden.  Schliesslich  wurden  auf  dem  Bahnhofe  von  Wörth  ans  Latten 
und  Hopfenstangen  von  den  nahen  Feldern  Baracken  zu  je  25  Betten 
errichtet.  Wie  unzureichend  selbst  eine  mit  Ortschaften  dicht  besäete 
Gegend,  wie  die  von  Wörth,  gegenüber  der  Anzahl  der  unterzubringenden 
Verwundeten  ist,  leuchtet  ein,  wenn  man  die  Grösse  der  zu  über- 
windenden Arbeit,  die  Zahl  der  hülfesuchenden  Verwundeten  in  Betracht 
zieht.  So  z.  B.  betrugen  die  Verluste  an  Todten  und  Verwundeten 
bei  Weissenbnrg  91  Offiziere  1460  Mann 
bei  Wörth  490  - 10153 

581  Offiziere  11613  Mann 
Somme  12  194  Mann, 

7.0  deren  ärztlicher  Verpflegung  13  Sanitäts-Detachements  und  7'/>  Feld- 
lazarethe  mit  129  etatsmässigcn  Aerzten  (1  Arzt  auf  100  Verwundete) 
zur  Verfügung  waren. 

Ehe  wir  uns  nun  an  die  praktische  Ueberlegung  begeben,  wie  wir  am 
besten  der  Nothwendigkeit,  die  Kriegsverwundeten  mit  einem  schützen- 
den Obdach  zu  versehen,  gerecht  werden  können,  dürfte  es  am  Platze 
sein,  sich  bei  denjenigen  Armeen,  welche  in  der  letzten  Zeit  in  der 
Lage  waren  Erfahrungen  in  dieser  Richtung  zu  machen,  nach  den 
Ergebnissen  dieser  letzteren  umzusehen. 

Die  Engländer  führen  konische  Zelte  mit,  welche  bei  Zo- 
sammenstössen  mit  dem  Feinde,  wenn  auch  wegen  ihrer  schlechten 
Ventilation  nicht  gerade  sehr  gute,  aber  immerhin  doch  nicht, von  der 
Hand  zu  weisende  Unterkunft  darbieten.  Besser  ist  das  englische 
Marquisenzelt,  welches  dem  deutschen  Lazarethzelte  ähnlich  konstruirt 
ist  und  im  Sudan  gute  Dienste  geleistet  hat.  Solche  umfangreiche  ' 
Obdachmittel  erfordern  jedoch  einen  besonderen  Tross,  welcher  nicht 
immer  in  der  Nähe  der  kämpfenden  Truppe  mitgeführt  werden  kann, 
ja  meist  so  weit  zurückgelasseu  werden  muss,  dass  eine  Verwerthong 
seiner  Ladung  während  und  kurz  nach  der  Schlacht  unmöglich  ist. 

Hau  müsste  sonst  besondere  Kolonnen  errichten,  welche  mit  Zeltmaterial 
folgen  und  nach  Abgabe  desselben  den  Abschnb  der  Verwundeten  vom 
Schlachtfelde  nach  den  Lazarethen  zu  bewerkstelligen  hätten.  So 

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wänscheoswertb  eine  solche  Einrichtnng  snch  wäre,  so  dürfte  doch  die 
Armeeleitung  einer  Vermehrong  der  Kriegstrains  nnr  schwerlich 
geneigt  sein. 

* Die  Franzosen  brachten  in  Tonkin  ihre  Verwondeten  im  Delta 
zumeist  in  den  Hätten  der  Eingeborenen  und  in  den  Pagoden  onter,  in 
den  höher  gelegenen  Landstrichen  in  Bambushütten,  welche  die  Kulis 
sehr  geschickt  herzuricbten  verstanden  und  welche  gegen  die  Oktober- 
sonne sowohl,  als  auch  gegen  die  Witterangsnnbilden  des  Februar  und 
März  guten  Schutz  gewährten.'’*') 

Wo  sie  mit  Gepäck  in  den  Kampf  zogen,  bedienten  sich  die 
Franzosen,  wenn  sie  verwundet  auf  dem  Schlachtfelde  lagen,  auch  schon 
im  Jahre  1870/71  gern  ihrer  Marschzelte.  Auch  die  grossen  französischeo 
Lagerzelte  (tente  Harabout),  von  konischer  Form  mit  Ventiladons- 
öfifnnng  an  der  Spitze,  leisteten  in  verschiedenen  Feldzügen  gute  Dienste. 
Für  sie  trifft  das  über  die  englischen  Zelte  Gesagte  zu. 

Auch  die  Italiener  bedienten  sich  in  Abessinien,  wie  Pauars 
berichtet,'’*')  in  dem  Lager -Lazareth  bei  Massauah  zuerst  der  konischen 
Zelte;  später  worden  dieselben  durch  Baracken  ersetzt.  Jetzt  besitzen 
die  Italiener  theil weise  Tollet’sche  Baracken,  theil weise  besondere 
Tropenbaracken  aus  doppelter  Leinwand  und  Holzgerüst. 

Einen  gewissen  Vortheil  geniessen  die  Verwondeten  derjenigen 
Armeen,  welche  mit  Marscbzelten  aosgestattet  sind,  für  den  Fall,  da« 
sie  mit  Gepäck  in  den  Kampf  gezogen  sind.  Wenn  es  auch  nur  der 
Theil  eines  Zeltes  ist,  welchen  der  einzelne  Mann  bei  sich  führt,  so 
kilnnen  doch  ans  mehreren  solchen  Theilen  immer  kleine  Schutzdächer 
hergestellt  werden.  Ja  im  Nothfalle  kann  sich  der  Verwundete  nnr  mit 
seinem  Zelttheil  bedecken  und  sich  so  vor  der  änssersten  Wiltenings* 
unbill  schützen. 

Die  russische  Armee  ist  mit  Marschzelten  nach  Art  der  französischen 
tentes  d'abri  ansgestattet.  Ein  solches  Marschzelt  besteht  ans  4 zusammen- 
knöpfbaren  Stücken  zu  zwei  Arschin  (1,.5  m)  ins  Geviert  nebst  den 
nothwendigen  zusammenlegbaren  Stäben,  Schnüren  und  Giebelstücken. 
Jeder  Soldat  trägt  seinen  Zeltantheil,  ein  kleines  Bündel,  auf  dem 
Tornister.  Das  anfgestellte  Zelt  bat  eine  Länge  von  2,85  m,  eine  Breite 
von  1,95  m und  eine  Höhe  von  1,06  m.  In  einem  solchen  2^1te  sollen 
C Mann  liegen,  doch  ziehen  es  die  Soldaten  häufig  vor,  zu  Dreien  in 
einem  halben  Zelte  zu  lagern.  Ein  französisches  Harschzelt  wiegt  1,5  kg. 


*)  Rotb,  Jahresberiulit  pro  I88C. 


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dn  roasiflchea  etwas  mehr.  Dasselbe  wird  in  15  Minaten  aafgestellt  and 
gestattet  allerlei  Modifikationen  in  der  Anfstellnng.  Aach  dem  einzelnen 
abseits  gerathenen  Soldaten  kann  sein  Zelttheil  sehr  zn  statten  kommen, 
wie  vorher  bemerkt  wnrde. 

Das  Offizierzelt  ist  ebenso  eingerichtet,  nnr  grösser  (6  Arschin  ^ 
4,26  m lang,  3'/i  A.  breit,  2'/>  A.=  1,77  m hoch). 

Nach  dem  Zeugnisse  rassischer  Aerzte  (Golden berg,*)  Oeltowsky) 
bewähren  sich  diese  Zelte  sehr  gnt,  doch  stagnirt  die  Loft  leicht  in 
denselben  and  bei  Sonnenhitze  steigt  die  Temperatnr  nicht  selten  bis 
auf  40°  R.  (Bulgarien),  so  dass  man  dann  vorziebt,  die  Zelte  nur  ein- 
seitig als  Schirm  aafzastellen.  Gegen  Regen  schätzen  dieselben  vor- 
föglich,  wenn  derselbe  nicht  za  plötzlich  nillt,  so  dass  die  Fasern  des 
Gewebes  Zeit  haben  sich  vollznsaugen.  Platzregen  dringt  in  Form 
eines  feinen  Staubregens  durch,  namentlich  wenn  die  Zelte  vorher  sehr 
losgetrocknet  waren. 

Ein  Uebelstand  ist  die  Niedrigkeit  and  Enge  des  Zeltes.  Am 
schlimmsten  macht  sich  dies  bei  schlechtem  Wetter  fühlbar,  wenn  die 
Soldaten  Gepäck  und  Waffen  mit  hineinnehmen  and  mehr  auf  den 
Aufenthalt  innerhalb  des  Zeltes  angewiesen  sind.  Aufrecht  sitzen  kann 
man  nur  nnter  dem  First.  „Für  den  Winter  leiden  sie  an  denselben 
Mängeln,  wie  eine  Sommerkleidang“,  schreibt  Korpsarzt  Geltowsky: 
Sie  sind  kalt,  zugig,  eng,  der  Hann  schleppt  Schmatz  und  Nässe  hinein, 
so  dass  man  sich  im  Kriege  1877/78  vor  der  Nasskalte  und  vor  dem 
Winde  kaum  zu  bergen  wusste  und  schliesslich  seine  Zuflucht  za  allen 
den  Nothbehelfen  nehmen  musste,  von  denen  die  wichtigeren  weiterhin 
betprochen  werden  sollen. 

Diese  Uebelstände  machen  sich  natnrgemäss  mehr  fühlbar  bei 
längerem  Aufenthalt  an  derselben  Stelle  als  im  Marschbiwak.  Für 
onsere  Zwecke  und  Verhältnisse  brauchen  wir  jedoch  ein  mitznführendes 
Obdachroittel  nnr  für  den  Platzwechsel  und  bei  Standlagern  nnr  so  lange, 
bis  darcb  andere,  nmfangreichere  Mittel  für  ein  besseres  Obdach  gesorgt  ist. 

Eis  würde  ans  also  mit  einem  solchen  Zelte,  womöglich  ohne  die 
sogeführten  Mängel  der  rassisch -französischen,  recht  gut  gedient  sein; 
wir  würden  dasselbe  bei  Marschbiwaks  für  die  Krankenträger  and 
während,  sowie  nach  dem  (^fecht  so  lange  für  die  Verwandeten 
gebraachen,  als  diese  obdachlos  sind.  Aach  für  die  Verwandeten  soll  es 


•)  Wojenno  sau.  Djelo  1881. 
Ventilation  der  Zelte. 


Goldenberg;  Unsere  Zelte.  Geltowsky; 

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ja  nar  ein  yorübergehendes  Unterkommen  sein.  — Einige  Vorschläge 
über  die  Eonstraktion  solcher  Unterkanftsräame  werde  ich  mir  die  Ehre 
geben  später  Ihrer  Benrtheilang  za  anterbreiten.  Zunächst  möchte  ich 
noch  weiter  aasfahren,  in  welcher  Weise  bei  den  Rassen  auf  Grund 
dieses  Marscbzeltes  gegenüber  den  Unbilden  der  Witterung  sich  ein 
förmliches  System  von  Biwakanlagen  herausbildete,  welches,  je  nach  der 
Dauer  und  der  Oertlichkeit  in  verschiedenartiger  Weise  angewendet,  den 
Soldaten  zu  einem  warmen  Quartier  verhalf  und  das  auch  für  unsere 
Zwecke  manches  Bemerkenswerthe  bietet. 

In  dem  russischen  militärärztlichen  Wochenblatte  „Wojenno  sanitarnoe 
D51o“  pro  1881  beschreiben  Geltowsky  und  Goldenberg  in  mehreren 
Aufsätzen  die  russischen  Zelteinrichtungen  von  1877/78. 

Die  Marschzelte  erwiesen  sich  nach  diesen  Autoren  nicht  als  ein 
genügender  Schatz  gegen  die  Unbilden  eines  bulgarischen  Winters. 
Bereits  im  Angnst  1877  fror  man  des  Nachts  in  denselben.  Der 
September  war  windig,  regnerisch  and  zeitweise  zeigte  sich  Schnee. 
Das  Leben  in  den  Zelten  wurde  fast  anerträglich.  Die  Leute  schleppten 
Nässe  and  Schmutz  mit  hinein.  Die  nassen  Stiefel  und  Mäntel  durch- 
nässten die  ohnedies  schon  feuchten,  kleinen  Feldbetten,  von  Entkleiden 
konnte  keine  Rede  sein,  ja  selbst  zum  Trocknen  der  Kleider  fehlte  es 
an  Gelegenheit.  Die  durchnässten  Soldaten  hatten  die  ganze  Nacht  nor 
mit  der  Kälte  und  dem  Winde  zu  kämpfen  und  des  Morgens  musste  der 
von  Nässe  und  Frost  erstarrte  Mann  wieder  hinaus  in  den  Regen  and 
Morast  (Geltowsky).  Hier,  als  es  kaum  noch  aaszuhalten  war,  wurden 
die  sonst  so  wenig  zu  eigener  Initiative  geneigten  Leute  auch  schliesslich 
findig,  energisch  und  beweglich.  Einige  machten  aus  Stroh  Windschirme 
andere  bedeckten  die  Zelte  mit  Stroh  oder  Maisstengeln,  doch  hielten 
die  Zelte  häufig  diese  Last  nicht  ans.  Ein  guter,  dichter  Zeltstoff  und 
das  Umgeben  des  Zeltes  mit  einem  Graben  vermag  zwar  die  Nässe 
einigermaassen  hintanzubalten , gegen  die  Kälte  aber  ist  der  Insasse 
immer  noch  nicht  geschätzt. 

„Da  also  auf  der  Erde  keines  Bleibens  mehr  war“,  schreibt 
Goldenberg,  „so  musste  man  sich  in  dieselbe  verkriechen,  d.  h.  man 
kam  zu  einer  eigenartigen  Anlage,  den  Erdhütten“.  Die  Entwickelung 
dieser  Erdhütten  lässt  deutlich  mehrere  Stadien  erkennen,  deren  erstes 
durch  das  „Grabenzelt“  (semljanka-palatka)  dargestellt  wird.  Es 
wurde  eine  Grube  entsprechend  der  Grundfläche  des  Zeltes  in  einer 
Tiefe  von  0,75  bis  1,5  m aasgeworfen  und  das  Zelt  als  Dach  darüber 
gespannt.  Einige  Stufen  an  einer  Giebelseite  bildeten  den  Eingang.  In 


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der  gegenöberliegenden  Seite  wurde  eine  kaminartige  Höhle  aasgestochen 
and  von  derselben  ein  senkrechter  Schacht  anf  die  Erdoberfläche  geführt. 
Damit  dieser  besser  zog,  wurde  die  Oefihnng  mit  einem  Schornstein 
ron  Rasen  oder  Erde  versehen.  Wenn  der  Frost  nicht  zu  heftig  war 
oder  der  Regen  nicht  zu  reichlich  fiel,  boten  diese  Grabenzelte  leidlichen 
Schatz,  aber  der  Wind  drang  immer  noch  hinein  und  bei  strenger  Kälte 
fror  man  immer  noch. 

Man  ging  tiefer  in  die  Erde  und  schuf,  um  die  Wärme  mehr 
zasammenzuhalten,  einen  Plafond,  indem  man  die  Grube  mit  Maisstengeln 
bedeckte  und  das  Zelt  als  Dach  darüber  spannte.  Dieses  selbst  sachte 
man  durch  Bedeckung  mit  Maisstengeln  oder  Stroh  gegen  Dnrchnässnng  zu 
verwahren. 

Je  nach  den  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  und  nach  der  Oertlichkeit 
waren  diese  Grabenzelte  verschieden.  Die  gprösste  Mannigfaltigkeit 
zeigten  diejenigen  der  Offiziere.  Manche  verstanden  sich  darauf,  ihre 
Hütten  nicht  nur  behaglich  zu  gestalten,  sondern  dieselben  sogar  mit 
einem  gewissen  Comfort  ausznstatten.  Die  Eingänge  wurden  mit  Thüren 
versehen  oder  mit  Decken  verhängt.  In  manchen  Hütten  konnte  man 
bequem  stehen,  in  vielen  fanden  mehrere  Personen  ausreichend  Platz. 

Die  Werthschätzung  dieser  Art  Obdach  hängt  namentlich  von  den 
gegebenen  Bodenverhältnissen  ab.  Am  besten  eignet  sich  lehmiger 
Boden.  Wenn  dann  die  Heizvorrichtung  gut  angelegt  und  kein  Mangel 
an  Brennmaterial  ist,  so  trocknen  die  Wände,  werden  hart  und  stürzen 
nicht  ein.  Ausserdem  kann  man  solche  Erdgrube  vor  dem  Beziehen, 
um  sie  auszutrocknen,  mit  Stroh  oder  Reisig  etc.  anfüllen  und  aasbrennen, 
wodurch  die  Wand  in  Ziegelmasse  verwandelt  wird.  In  Bulgarien 
bewährten  sie  sich  sehr  gut,  waren  trocken  und  bequem,  die  Luft  stets 
rein,  da  man  sie  durch  Aufheben  der  Zeltdecke  oder  auch  durch  blosses 
Oeffnen  der  Thüre  lüften  konnte. 

Nach  diesen  Erfahrungen  ging  man  weiter  und  gelangte  zu  der 
Anlage  der  „Grabenhütten“  (Zemljanki-schalaschi),  d.  h.  anstatt  sich 
des  Zeltes  als  Dach  zu  bedienen,  baute  man  ein  solches  aus  Sparren, 
welche  man  mit  einer  Schicht  Reisig  oder  Maisstroh  überzog  und  dann 
mit  Erde  bedeckte.  Man  war  nun  nicht  mehr  an  die  Grösse  der  Zelt- 
bodenfläche gebunden  und  konnte  die  Erdhütten  je  nach  dem  vorhandenen 
Bedachungsmaterial  in  verschiedener  Grösse  anlegen.  Man  schachtete 
die  Grube  in  der  gewünschten  Grösse  und  Tiefe  aus  und  liess  au  einer 
Seite  eine  Erhöhung  des  Bodens  stehen,  welche  als  Lagerpritsche  diente. 
In  den  Ecken  und  längs  der  Wand  wurden  Pfosten  eingerammt,  auf 


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welchen  eine  Eappenschwelle  befestigt  wnrde,  worauf  die  Sparren 
aaflagen;  darauf  kam  dann  die  vorherbezeichnete  Bedeckung.  Man 
brachte  sogar  Fenster  mit  Oelpapierscheiben  und  Thören  ans  Knüppel* 
rahmen  mit  Maisstrohbezog  an.  Die  Heizung  geschah  wie  in  den 
Ornbenzelten.  Es  gab  solche  Erdhütten  bis  zu  3 und  mehr  SaZen 

(•  6,4  m)  Länge  und  1 bis  2 SazCn  (=  2,14—4,3  m)  Breite,  je  nach  der 
Länge  des  vorhandenen  Bcdacbongsmateriales.  Die  Höhe  erreichte  meist 
in  der  Mitte  3 Arschin  (2,13  m).  Die  Hütten  der  2.  Infanterie-Division 
nahmen  jede  30 — .öO  Mann  auf. 

Diese  Art  Obdach  bewährte  sich  in  jeder  Hinsicht  gut;  natürlich 
konnten  nur  solche  Truppen  davon  Gebrauch  machen,  welche  lange  Zeit 
an  derselben  Stelle  zu  verbleiben  hatten. 

Eine  dritte  Art  waren  die  überirdischen,  eigentlichen  Erdhütten, 
deren  Wände  aus  übereiiiandergelegten  Rasenstreifen  aufgebaut  wurden. 
Die  Bedachung  war  wie  bei  den  vorigen.  Sie  waren  kühler  als  die 
Unterirdischen,  dafür  aber  die  Luft  in  denselben  besser.  Die  Feuchtigkeit 
in  denselben  hing  von  den  Bodenverhältnissen  ab.  Hatte  man  Heiz- 
material genug,  so  trockneten  sie  bald.  Vor  Plewna  auf  dem  harten 
Kalkboden  leisteten  sie  sehr  gute  Dienste. 

Alle  diese  Obdacharten  haben  den  gemeinsamen  Fehler,  dass  sic  bei 
stärkeren  Regengüssen  dnrcbweichen,  was  unter  Umständen  selbst  ihren 
Bestand  bedroht.  Abbülfe  kann  geschaffen  werden,  indem  man  die  Eck- 
pfosten gut  io  der  Erde  befestigt,  das  Dach  an  den  Seiten  etwas  über- 
stehen lässt  und  die  auf  dasselbe  aufgeschicbtete  Erde  mit  dem  Spaten 
gut  glättet.  Um  die  Hütte  herum  muss  ein  guter  Graben  gezogen 
werden.  Die  innere  Einrichtung  richtet  sich  nach  den  Bewohnern. 
In  Bulgarien  sah  es  in  denselben,  nach  dem  Zeugnisse  Goldenberg's, 
wegen  der  Indolenz  der  Soldaten,  sowie  häufig  wegen  der  Unsauberkeit 
derselben  wenig  anziehend  aus.  Besonders  in  den  kleineren  Hütten,  in 
welchen  keine  Pritsche  angelegt  war,  so  dass  die  Leute  ihr  Lager  auf 
der  platten  Erde  hatten  und  auf  dem  Lagerstroh  mit  ihren  schmutzigen, 
nassen  Stiefeln  herumtraten,  bis  es  sich  in  einen]^düngerartigen  Detritus 
verwandelte,  war  es  nicht  schön  und  auch  die  Luft  infolge  dessen  nicht 
sehr  gut.  Allein  dies  sind  Uebelstände,  welche  durch  eine  fleissige 
Aufsicht  fern  gehalten  werden  können. 

Die  Konstruktion  der  russischen  Hospitalzelte  ist  derjenigen  des 
prenssischen  Lazaretbzeltes  sehr  ähnlich  und  bietet  uns  daher  weder 
selbst  noch  in  denjenigen  Modifikationen  und  Improvisationen,  welche 
eine  Wiederholung  des  Originaltypus  bezwecken,  etwas  besonders 


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BemerkeDSwerthes.  Die  in  dieser  Hinsicht  im  rnssiscb'tnrkischen  Kriege 
gemscbten  Erfabmngen  laufen  darauf  hinaus,  dass  ein  solches  grosses 
Zelt  vor  allen  Dingen  ein  starkes  Gerüst  haben  und  gut  anfgestellt 
werden  muss,  damit  es  die  noth wendige  Widerstandskraft  gegen  Sturm 
(Schipka)  und  gegen  Schnee  (Simnitsa  [Pirogow])  besitzt.  Interessant 
ist  die  Improvisation  der  Beheizung,  wie  sie  im  russisch-türkischen 
Feldzuge  bewerkstelligt  wurde. 

Die  türkischen,  runden  Zelte  wurden  gern  über  einer  kreisförmigen 
Grube  von  etwa  1 m Tiefe  anfgestellt  und  wie  die  Grnbenzelte  geheizt 
Vor  den  Eingang  der  Hospitalzelte  stellte  man  einen  Windschirm  nach 
Art  eines  Tambours. 

Eine  höchst  originelle  Art  der  Heizung  war  folgende  auch  von 
Pirogow  beschriebene  und  gelobte  Anlage. 

In  der  Mitte  des  Zeltes  wurde  eine  tiefe  Grube  ansgeworfen  und 
mit  Kalk-  oder  Lehmsteinen  oder,  wenn  solche  zu  haben  waren,  mit 
Ziegelsteinen  ansgemanert,  jedoch  so,  dass  die  Feuerung  tiefer  kam  als 
der  Boden  des  Zeltes.  Nach  oben  wurde  dann  die  Grube  zngewölbt. 
Von  dem  Fenerranme  wurde  in  der  Längsrichtung  dicht  auf  der  Erde 
eine  Röhre  ans  demselben  Material  gezogen,  welche  ausserhalb  des 
Zeltes  mit  einem  kurzen  Knie  vertikal  endigte.  Der  Ofen  heizt  vor- 
züglich, hat  nur  den  Nachtheil,  dass  die  Herstellung  ziemlich  lange 
Zeit  in  Anspruch  nimmt  und  dass  die  Kalksteine  oder  der  Lehm  so 
lange  einen  unangenehmen  Dunst  von  sich  geben,  bis  sie  trocken  sind. 

In  der  Ukraine  bauen  die  Landleute  in  ihren  Hütten  ähnliche  Oefen 
überirdisch.  Eine  Art  umgestülpter  Korb  ans  Weidengeflecht  wird  mit 
Lehm  überzogen,  ebenso  ein  Zngrobr  hergestellt,  welches  in  dem  Haus- 
flnr  endigt.  Beim  Heizen  brennt  das  Geflecht  ans  und  der  hartgebrannte 
Lehm  behält  die  ursprüngliche  Form. 

Im  letzten  Sommer  sab  ich  bei  Herrn  Oberstabsarzt  Dr.  Port  in 
München  einen  ebensolchen  Ofen,  welcher  gut  brannte  und  sehr  schnell 
heiss  wurde. 

Einen  für  uns  interessanteren  Gegenstand  bilden  die  im  russisch- 
türkischen  Kriege  zu  einem  besonderen  Typus  entwickelten  Hütten  oder 
Baracken  ans  Matten  und  Flechtwerk,  als  deren  Prototyp  die  von 
Goldenberg  näher  beschriebene  Anlage  bei  der  Station  Frateschti 
gelten  kann. 

Eine  Art  Vogelbauer  ans  einem  hölzernen  Gkrippe  wird  mit  Matten 
oder  Flechtwerk  ein-  oder  zweischichtig  überzogen  und  mit  ebensolcher 
Thür  und  Fenstern  versehen.  Im  Inneren  standen  eiserne  Oefen.  Die 


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erste  Hätte  dieser  Art  war  von  den  Aerzten  der  Evaknationsstation  io 
Fratescbti  konstmirt  worden  und  nach  diesem  Master  entstand  alsbald 
eine  förmliche  kleine  Mattenstadt,  in  welcher  Aerzte  und  Kranke  ihr 
Unterkommen  fanden.  Später  konnte  man  auf  der  ganzen  Linie  der 
Evakuationsstationen  Baracken  dieser  Art  sehen.  Ihre  Werthschätzung 
beruht  namentlich  in  der  Billigkeit  und  leichten  Beschaffung  des  Materiales, 
der  leichten  Herstellung,  guter  Ventilirbarkeit,  Reinlichkeit,  gutem  Schutz 
und  Wohnlichkeit  Ein  Mangel  ist,  dass  man  ununterbrochen  heizen 
muss,  da  sonst  die  Temperatur  schnell  fällt.  Auf  die  Wände  musste 
man  sehr  achten,  da  sich  in  denselben  leicht  Ungeziefer  einnistete. 
Auch  das  Feuer  erheischte  eine  stete,  aufmerksame  Ueberwachung. 
Aerzte,  welche  lange  in  diesen  Hätten  zu  wohnen  hatten,  waren  mit 
denselben  sehr  zufrieden.  Nach  den  wirklichen  Baracken  nnd  den 
etatsmässigen  Lazarethzelten  hält  Goldenberg  diese  Art  des  Obdachs 
fär  die  praktischste  von  allen  Kriegsimprovisationen. 

In  dieselbe  Kategorie  fallen  die  im  Uebrigen  ebenso  konstruirten 
Hätten  ans  Maisstroh.  Die  Wände  und  das  Dach  werden  mit  nn- 
entblätterten  Maisstengeln  äberzogen,  indem  man  dieselben  entweder  als 
Geflecht  oder  bändelweise  geordnet  aneinanderfägt.  Damit  die  Wand 
gleicbmässig  mit  Blättern  bedeckt  wird,  lässt  man  die  Stengel  ab> 
wechselnd  mit  der  Spitze  nach  oben  und  nach  unten  verlanfcn.  Ihr  Vor- 
zug besteht  in  Mais  bauenden  Gegenden  in  der  Billigkeit  und  leichten 
Beschaffung  des  Materiales. 

Aehnlich  worden  auch  Hätten  aus  Faschinen  hergestellt,  welche 
mit  einem  Ende  in  einen  Graben  gestellt  wurden,  den  man  nachher 
zuwarf  nnd  feststampfte,  während  die  anderen  Enden  an  dem  Geräsl 
befestigt  wurden.  Das  obere  Ende  der  Faschinen  wurde  auch  oft  äber 
einem  Spreizrahmeu  mit  der  gegenäberliegenden  Reibe  nach  Art  eines 
gothiscben  Spitzbogens  — oder  wie  Tollet'sche  Baracken  — zusammen- 
gezogen  und  verbunden,  so  dass  Seitenwand  und  Dach  aus  einem  Stück 
waren.  Dann  baute  man  eine  zweite  Reihe  Faschinen  ringsherum  und 
legte  über  das  Ganze  eine  besondere  Dachlage.  Sie  boten  hinreichend 
Schatz  vor  Wind  und  Regen;  wie  sie  sich  im  Winter  bewähren,  darüber 
fehlt  es  meinem  Gewährsmanne  an  Erfahrung.  Man  baute  solche  Hüttea 
nicht  nur  für  Kranke,  sondern  auch  als  Aufenthaltsort  für  Mannschaften, 
als  Speise-  und  Tbeehäuser. 

Gute  Dienste  leisteten  nach  dem  Zeugnisse  J.  N.  Pirogows  noch 
die  kirgisischen  Filzjurten  (Orenburger  Jurten)  nnd  die  ebenfalls  leicht 
herstellbaren  Johnson'scben  Zeltbaracken  aus  mit  Leinwand  über- 


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BpaoDten  lasammenfügbaren  Rahmen  ond  Pappdach.  Aus  denselben  war 
das  Qoarantaine-Lazareth  bei  Odessa  bergestellt. 

Herr  Oberstabsarzt  Dr.  Port  beschreibt  in  Heft  3 pro  1887  der 
Deotschen  Militärärztlichen  Zeitschrift  ein  Zelt  znr  ersten  Beherbergung 
von  Kriegsverwundeten. 

Als  Grundsätze  für  die  Beschaffenheit  von  Nothschntzdächern  stellt 
Oberstabsarzt  Dr.  Port  auf:  erstens,  dass  sie  noch  am  Tage  der  Schlacht 
znr  Aufstellung  kommen  können,  ond  zweitens,  dass  dieselben  von 
primitiver,  anspruchsloser  Beschaffenheit  und  wegen  der  Angriffe  des 
Windes  nicht  höher  sein  dürfen,  als  dass  die  Verwundeten  aufrecht 
darunter  sitzen  können.  Für  Aerzte  und  Pflegepersonal  brauchen  sie 
nicht  zugänglich  zu  bein,  da  die  Pflege  bei  geeigneter  Stellung  der 
Krankenlager  von  aussen  her  erfolgen  könne. 

Das  Zelt,  dessen  Aufstellung  indessen  nach  der  Beschreibung,  selbst 
wenn  es  vollständig  vorbereitet  ist,  20  Minuten  erfordern  dürfte,  hat 
eine  Bodenfläche  von  5 m Länge,  2,5  m Breite  und  eine  Firsthöhe  von 
1,5  m.  Dasselbe  erfordert  einen  Zeitplan  von  5 m Länge  und  4 m 
Breite  = 20  qm,  nebst  den  nothwendigen  Giebelstücken,  sowie  eine  Leine 
von  54  m Länge,  3 Giebelstangen  von  1,75  und  eine  zweitheilige  First' 
Stange  von  5 m. 

Das  Zelt  soll  4 Verwundete,  welche  auf  den  Tragen  von  den 
Giebelseiten  eingeschoben  werden,  aufnehmen. 

Dasselbe  ist  gewiss  sehr  sturmsicher  und  wetterfest,  allein  ich 
glaube  dem  von  mir  besonders  hoch  verehrten  Autor  nicht  zu  nahe  zu 
treten,  wenn  ich  der  Meinung  Ausdruck  gebe,  dass,  abgesehen  von  der 
Umständlichkeit  der  Aufstellung,  die  Unzugänglichkeit  der  Verwundeten 
eine  nicht  unbedenkliche  Unbequemlichkeit  ist,  sowie  auch,  dass  ein 
solches  Zelt  die  vorher  von  den  russischen  Marschzelten  beschriebenen 
Uebelstände  nicht  vermeidet. 

Ich  glaube  daher,  dass  es  gut  sein  wird,  bevor  man  irgend  einer 
Konstruktion  das  Wort  redet,  die  Grundsätze,  nach  denen  eine  solche 
sich  zu  richten  hätte,  etwas  ausführlicher  aufzustellen. 

1)  Entsprechend  den  Verhältnissen  des  Verbandplatzes  handelt  cs 
sich  nicht  um  ein  Unterkommen  für  längere  Zeit,  sondern  nur  für  so 
lange,  als  die  Verwundeten  am  Platze  bleiben,  bezw.  so  lange,  als  noch 
Verwundete  obdachlos  sind.  Es  wird  also  unter  diesen  Schutzdächern 
ein  steter  Wechsel  der  Insassen  stattfinden.  Auch  erfordert  die 
Beobachtung  der  Verwundung  eine  stete  Möglichkeit  der  Ueberwachung 
durch  Augenschein. 


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Die  Schntzdächer  mässen  daher  dem  SaDitätspersonal 
zagänglich  sein. 

2)  Ebenso  wie  die  Verbindezelte,  mässen  anch  die  Schntzdächer 
leicht  anfstellbar  und  ebenso  leicht  abznreissen  sein. 

Wird  ein  Verbandplatz  weiter  vorwärts  geschoben,  so  wird  man  an 
dem  neuen  Etablirongsorto  wieder  ebenso  viele  obdachlose  Verwundete 
finden  als  am  vorherigen  Platze  und  daher  in  die  Notbwendigkeit  versetzt 
sein,  die  Schntzdächer  ebenfalls  weiter  nach  vorwärts  zu  sebafifeo. 
Man  wird  daher  beim  Rücktransport  der  Verwundeten  immer  zuerst 
die  Schntzdächer  frei  zu  machen  haben,  oder  man  mnss  solche  von  dem 
ablösenden  Feldlazareth  einstweilen  übernehmen. 

Die  Schutzdächer  müssen  daher  leicht  beweglich  sein. 

3)  Eine  naturgemässe  Forderung  ist,  dass  bei  der  Verwendung 
einer  gegebenen  Menge  Materiales  eine  möglichst  grosse  Anzahl 
von  Verwundeten  untergebraebt  werden  kann. 

4)  Dieselben  müssen,  um  in  Massen  mitgeführt  werden  zu  können, 
leicht  an  Gewicht  und  nicht  zu  kostspielig  sein; 

5)  Schutz  gegen  Regen  und  Sonnenschein,  Wind  und  Kälte 
bieten  und  endlich 

6)  womöglich  den  Krankenträgern  als  Marschzelte  dienen 
können. 

Mit  Berücksichtigung  dieser  Gesichtspunkte  glaube  ich  ein  Zelt  zur 
Prüfung  auf  seine  Brauchbarkeit  empfehlen  zu  können,  welches  ich 
selbst  in  nunmehr  5 Manövern,  in  15  Biwaks  benutzt  und  wochenlang 
in  meinem  Garten  in  Freiburg  aufgestellt  gelassen  habe,  ohne  dass 
dasselbe  jemals  umgeworfen  worden  wäre.  Auch  von  Seiten  der  Offiziere, 
welche  oftmals  mit  mir  unter  demselben  den  Abend  verbracht  haben, 
fand  dasselbe  nngetheilten  Beifall. 

Dasselbe  unterscheidet  sich,  wie  das  hier  aufgestellte  Modell  zeigt 
(Tafel),  von  anderen  dachförmigen  Zelten  nur  dadurch,  dass  die 
Stirnseite  keinen  Schlitz  als  Eingang  hat,  sondern  dass  beide  Stirnseiten 
auf  einer  Seite  an  die  eine  Dachfläche  angenäht  sind,  während  die 
andere  Dachfläche  mit  den  Stirnseiten  durch  Schnallen  verbunden  wird. 

Das  Gerüst  besteht  aus  zwei  Giebelstangcn  und  einer  Firststange, 
sämmtlich  zweitbeilig  und  mittelst  Gasrohrhülsen  zusammenznstecken. 

Die  eine  Dachseite  ist  somit  frei  beweglich  und  kann  zu  beliebiger 
Höhe  aufgehoben  und  über  zwei  senkrechte  Stangen  gespannt  werden, 
so  dass  ein  einerseits  offener,  andererseits  mit  einem  geschlossenen  Grund 
versehener  Schirm  entsteht. 


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Das  Zelt  würde  für  Mannschaften,  mit  einer  Giebelbasis  Ton  2 m 
and  einer  Höhe  von  1,80  m ansgestattet,  bei  einer  Länge  von  3 m 
genügend  Raum  bieten  für  4 Kranke  mit  75  cm  oder  für  5 mit  60  cm 
Ranmbreite.  Die  Verwundeten  werden  der  Quere  nach  gelagert. 

Die  Aufstellung  des  Zeltes  ist  sehr  einfach  und  in  wenigen  Minuten 
zu  bewerkstelligen.  Man  orientirt  dasselbe  so,  dass  die  feststehende 
Breitseite  dem  Winde  zugewandt  wird.  Nachdem  der  Zeitplan  mit  der 
linken  Seite  nach  oben  ansgebreitet  ist,  legt  man  die  Firststange  auf 
die  Firstnaht,  steckt  die  Spitzen  der  Seitenstangen  durch  die  Löcher  in 
den  Enden  der  Firststange  und  in  dem  Zeltplane.  Nun  zieht  man  die 
bewegliche  Breitseite  über  die  Firststange  zurück  (wie  beim  Verbinde- 
zeit)  und  stellt  das  Zelt  auf  den  erwählten  Platz.  Darauf  werden  über 
die  aus  den  Oiebelspitzen  hervorragenden  Dorne  der  Seitenstangen  die 
Sturmleinen  geschlungen  und  in  nicht  zu  grosser  Entfernung  — je  zwei 
an  jedem  Giebel  — festgepflockt.  Dann  pflockt  man  die  drei  fest- 
stehenden Seiten  fest  und  spannt  die  freie  Breitseite  über  zwei  senk- 
rechte Stangen,  welche  an  den  Ecken  untergestellt  werden,  mittelst 
zweier  Leinen  fest.  Das  Zelt  wird  nun  mit  einem  Graben  umgeben  und 
die  ausgegrabene  Erde  als  Wall  an  die  Zeltwand  angeworfen.  Den 
jeweiligen  Verhältnissen  entsprechend  kann  man  den  Erdboden  im 
Inneren  zum  Schutz  gegen  das  Wasser  noch  etwas  erhöhen,  oder  zum 
Schutz  gegen  die  Kälte  vertiefen. 

Zur  grösseren  Stnrmsicberbeit  kann  mau  noch  eine  dritte  Stütz- 
Stange,  unter  der  Mitte  des  Firstes  schräg  an  die  Hinterwand  angelegt, 
unterstellen. 

Je  nach  Gefallen  kann  man  die  freie  Breitseite  hoch  oder  niedrig 
stellen  oder  auch  das  Zelt  scbliessen.  Die  Seitenscblitze  gewährleisten 
eine  gute  Ventilation,  ohne  Zugluft  zu  veranlassen,  und  die  Verwundeten 
sind  von  allen  Seiten  zugänglich. 

Die  Kranken  sind  gegen  Regen  nnd  Sonnenstrahlen  geschützt. 

Die  Fläche  einer  jeden  Breitseite  beträgt  bei  einer  Zelthöbe  von 
1,80  m,  einer'  Giebelbasis  von  2 m und  einer  Länge  von  3 m 
2,06  X 3 = 6,18  qm,  also  doppelt  = 12,36  qm  Fläche.  Jede  Giebelwand 
misst  2x0,9  = 1,8  qm  nnd  doppelt  = 3,6;  die  ganze  Fläche  des  Zeit- 
planes somit  15,96  qm,  worunter  ganz  bequem  5 Kranke  Platz  finden. 

Das  Port’sche  Nothschntzdach  bat  eine  Oberfläche  von  20  qm,  die 
Oiebelwände  je  1,85  X 2 = 3,7,  total  also  23,7  qm  und  nimmt  nur 
4 Kranke  auf. 


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Mein  Zelt  bietet  daber  eine  Ersparniss  von  ’/>  des  Materiales  and 
gewährt  20  % mehr  Verwundeten  Raum. 

Ich  führe  bei  dem  Zelte  ein  Beil  znm  Einschlagen  and  event  Zn- 
haaen  von  Pflöcken  mit,  sowie  einen  Strohsack  aus  ganz  leichter  Sack- 
leinwand. Derselbe  bietet  den  Vortbeil,  dass  das  Strohlager  besser 
znsammenhält,  und  gewährleistet  auch  grössere  Fenersicherheit.  Die 
Mitführang  eines  solchen  in  der  Grösse  der  Belegfläche  würde  sich  sehr 
empfehlen.  Dies  böte  ansserdem  die  Möglichkeit,  bei  Vorwärtsbewegungen 
das  Stroh  anf  den  zam  Ver wundsten transport  requirirten  Landwagen 
mitzunehmen  und  so  gleich  wieder  ein  gutes  Lager  für  die  Verwaudeten 
zur  Hand  zu  haben. 

Um  einer  noch  grösseren  Zahl  von  Verwundeten  mit  möglichst 
geringem  Aufwands  an  Material  und  Arbeitskräften  ein  Unterkommen 
zu  verschaffen,  Hesse  sich  auch  folgende  zweite  Konstruktion  in  Er- 
wägung ziehen. 

Dieselbe  hat  die  Zeltdächer  der  Lebküchler  auf  den  Märkten  in 
Oesterreich  zum  Vorbilde. 

Vier  Stangen  von  je  3 m Länge  werden  mit  den  gleichnamigen 
Enden  so  übereinander  gelegt,  dass  immer  die  nachfolgende  auf  der 
vorhergehenden  ruht  und  so  die  Form  eines  Kreuzes  entsteht.  Dann 
tritt  ein  Mann  an  die  Kreuzung  und  hebt  dieselbe  bis  zu  seiner  Brust- 
höhe auf;  ein  Zweiter  schlingt  um  die  Kreuzung  einen  Strick  in  der 
Form  eines  Kranzes,  so  dass  die  Enden  in  demselben  hängen.  Die 
Stangen  bilden  nun  eine  vierseitige  Pyramide,  welche  sich  in  sich  selber 
trägt.  Ein  Nagel  an  jedem  Stangenende  verhindert  ein  Rutschen  des 
Strickbundes.  Von  dem  Letzteren  lässt  man  ein  Ende  von  etwa  4 m 
Länge  senkrecht  herunterhängen  — eine  zentrale  Sturmleine.  Jetzt 
deckt  man  über  dieses  Gerüst  einen  Plan  von  Segeltuch,  zusammen- 
geuähten  Woilachs  oder  dergl.,  welcher  die  Form  der  vierseitigen 
Pyramide  wiederholt,  also  in  der  Mitte  der  seitlichen  Dreiecke  eine 
Einschlagnaht  besitzen  muss,  und  befestigt  die  vier  Ecken  an  den  freien 
Stangenenden.  Nun  ist  das  Zelt,  oder  vielmehr  der  Schirm,  fertig. 

Derselbe  kann  von  4 Mann  an  den  erwählten  Platz  gebracht  werden, 
und  wird  dort  mit  einer  Seite  in  einen  flachen  Graben  gestellt,  während 
die  entgegengesetzte  Seite  auf  zwei  senkrecht  stehende  Stützstangen  in 
beliebiger  Höhe  befestigt  wird.  Nun  würde  das  Dach  immer  noch 
nicht  im  Stande  sein,  einem  Windstosse  zu  widerstehen.  Zu  diesem 
Zwecke  verankert  man  dasselbe  mittelst  der  in  der  Mitte  herabbängenden 
Leine  an  einem  starken  Astpflocke,  welchen  man  etwas  vor  die  Senk- 


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rechte  — io  der  Richtung  auf  den  Eingang  — einschlägt  Je  straffer 
man  die  Leine  anzieht,  desto  mehr  spannt  sich  das  Zeltdach  und  desto 
fester  steht  dasselbe.  Das  Dach  ist  infolge  seiner  gewölbeartigen  Form 
gegen  von  hinten  kommende  Windstösse  sehr  widerstandsfähig,  solange 
die  anfstehenden  Stangenenden  nicht  nach  vorn  geschoben  werden. 
Hieran  hindert  der  Rand  des  Grabens,  in  welchem  dieselben  stehen.  Zur 
grösseren  Sicherheit  kann  man  die  beiden  aufsitzenden  Stangenenden  mit 
einer  kurzen  Schlaufe  versehen  und  diese  anpflocken.  Um  auch  gegen 
unerwartetes  Umschlagen  des  Windes  — das  Zelt  wird  stets  mit  dem 
Rücken  gegen  den  Wind  gestellt  — sicher  zu  sein,  kann  man  auch  an 
den  vorderen  Enden  Sturmleinen  befestigen. 

Noch  weniger  Mühe  macht  das  Anfstellen  des  Daches,  wenn  man 
anstatt  des  Strickbundes  an  der  Stangenkreuznng  sich  eines  Hülsenkreuzes 
bedient,  welches  ans  in  der  Mitte  platt  geschlagenen  und  mit  einem 
Loche  versehenen  kurzen  Enden  Gasrohr  hergestellt  werden  kann. 
Durch  das  Loch  wird,  indem  man  die  beiden  entsprechend  auf  die 
Fläche  gekrümmten  Doppelhülsen  über  Kreuz  aufeinanderlegt,  eine 
Schraube  gesteckt  und  mit  einer  Flügelmutter  befestigt.  In  die  offenen 
Enden  der  Hülse  steckt  man  die  Stangenenden. 

Will  man  für  die  Bedeckung  des  Daches  Stroh  oder  Reisig  verwenden, 
so  müssen,  um  die  Spannung  in  dem  Dache  herznstellen,  die  peripheren 
Enden  der  Stangen  mit  einer  Leine  — Fonragirleine  — verbunden 
werden.  Die  Seitendreiecke  werden  dann  mit  konzentrisch  verlaufenden 
Stricken  oder  Stäben  bezogen  und  auf  diesen  das  Deckmaterial  befestigt. 
Strohmatten  lassen  sich  wie  Stoff  anfspannen. 

Wenn  man  Zeit  genug  hat,  oder  die  Verwundeten  längere  Zeit  unter 
den  Dächern  verweilen  sollen,  kann  man  diese  Dächer  zur  Herstellung 
von  Grnbenzelten  nach  der  russischen  Art  verwenden:  Eine  Grube 
von  1 m Tiefe,  die  ausgeworfene  Erde  zu  einem  Walle  auf  dem  Rande 
aofgeschichtet,  das  Dach  darüber  gestellt  und  an  allen  4 Ecken  verankert. 
Den  Eingang  kann  man  mit  einer  Thür  oder  einem  Vorhang  aus  einer 
Pferdedecke  oder  ans  einem  Woilach,  Mantel  oder  dergl.  versehen. 
Selbst  eine  Heizvorriebtung , ein  Kamin  mit  Schlot,  lässt  sich  in  kurzer 
Zeit  herstellen. 

Auch  bei  flacher  Aufstellung,  wenn  nur  das  Dach  mit  einem  Erd* 
walle  umgeben  ist,  wird  dasselbe  genügend  Schutz  gewähren. 

Durch  höheres  oder  tieferes  Anfstellen  der  vorderen  Enden  kann 
man  den  Verhältnissen  der  Witterung,  Regen,  Wind,  Sonnenschein  und 
Hitze,  Rechnung  tragen.  Die  Verwundeten  sind  leicht  zugänglich,  die 


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Zelte  kÖDDen  mit  grösster  Leichtigkeit  aafgestellt  und  abgerissen,  nach 
jeder  Richtung  mit  geringer  Mühe  verstellt  nnd  übertragen  werden. 

Wenn  die  Stangen  3 m lang  sind,  so  ist  die  Basis  der  Seiten- 
dreiecke 4 m,  die  bedeckte  Bodenfläche  somit  16  qm,  woranf  8 Verwundete 
reichlich  Raum  finden. 

Die  Fläche  eines  jeden  Dreieckes  beträgt  4,52  qm,  die  4 Flächen 
somit  18,08  qm  für  6 — 8 Kranke.  Beide  Arten , sowohl  die  vorhin 
demonstrirten  Zelte  als  auch  die  Schirmdäcber,  würden  auch  für  die 
Krankenträger  als  Marschzelte  verwendet  werden  können. 

Wenn  ein  Sanitäts-Detachement  auf  jeden  Krankentransportwagen 
4 solcher  Schirmdficher  oder  Zelte  verladen  würde,  so  wäre  dies  ein 
Belastnngszuwachs  von  nur  1 bis  1,2  Centner;  die  Zeitpläne  könnten 
in  den  Wagen,  die  Stangen  obenauf  Platz  finden.  Im  Augenblicke  der 
Etablirung  des  Verbandplatzes  würden  die  Zelte  abgeladen  und  auf- 
gestellt werden,  was,  wenn  sämmtliche  Mannschaften  sich  daran 
betheiligen  würden,  etwa  20  Minuten  in  Anspruch  nehmen  dürfte.  Da- 
mit wäre  für  eine  kaum  in  Betracht  kommende  Verzögerung  ein  an- 
endlicher Vortheil  für  die  Verwendeten  gewonnen.  Unter  den  so 
vorhandenen  32  Schirmen  könnten  zu  gleicher  Zeit  200 — 250  Mann 
Obdach  finden. 

Auch  die  Feldlaiaretbe  könnten  vielleicht  eine  Anzahl  solcher 
Schirme  mit  sich  führen. 

Man  kann  endlich  anch  Schutzdächer  improvisiren,  wenn  man  nur 
über  genügende  Mengen  von  Decken,  Mänteln  oder  sonstigen  Gegen- 
ständen, welche  eine  ausznbreitende  Fläche  darstellen,  verfügt.  Aus 
Mänteln  kann  man  solche  Flächen  herstellen,  wenn  man  mehrere  der- 
selben, immer  die  Knopflöcher  des  einen  an  die  Knöpfe  des  anderen, 
aneinander  knöpft. 

Eine  Anzahl  Latten  an  eine  Wand  schräg  angelehnt  und  mit  solchen 
Decken  behängen;  niedrige  Dächer  ans  Latten  oder  Brettern  mit  Stroh- 
bündeln überzogen  und  was  dergleichen  Nothbehelle  mehr  sind,  werden 
in  Ermangelung  eines  Besseren  immerhin  ihre  Dienste  leisten.  Das 
Einfachste  ist  immer  das  Beete. 

Wie  sich  der  Einzelne,  auf  Selbsthülfe  angewiesen,  helfen  wird,  ist 
Sache  der  Umsicht  nnd  der  raschen  Benntznng  der  gegebenen  Hülfs- 
mittel  auf  Grund  von  Sachkenntniss  und  Erfahrung,  die  aber  auch  auf 
diesem  Gebiete  nur  durch  Uebung  im  Frieden  gewonnen  werden  kann. 


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319 


Referate  and  Kritiken. 


Handbacb  der  Ohrenbeilkande  für  Aerzte  und  Studirende  von 
Dr.  Wilbelm  Kirchner,  Dozent  der  Obrenbeilknnde  an  der  Königl. 
Universität  in  Würzborg.  II.  Auflage.  Berlin.  Verlag  von  Friedrich 
Wrede.  1888.  Preis  4,60  Mk. 

Wie  in  der  ersten  Auflage  des  vorliegenden  Handbuches,  das  in  dieser 
Zeitschrift  1885  Heft  11  bereits  besprochen  wurde,  werden  auch  in  der 
soeben  erschienenen  zweiten  die  Krankheiten  des  Ohres  in  kurzer,  aber 
Tollkommen  erschöpfender  Darstellung  in  fliessender,  anregender  Diktion 
behandelt.  Die  rasche  Folge  der  zweiten  Auflage  ist  der  beste  Beweis, 
dass  die  Absicht  des  Verfassers,  besonders  den  Aerzten  ein  praktisches 
Handbuch  für  die  Behandlung  der  so  wichtigen  Erkrankungen  des  Ohres 
tu  bieten,  vollkommen  erreicht  wurde.  Dieser  Absicht  entsprechend  finden 
wir  alle  Details  und  Streitfragen  über  Anatomie  und  Physiologie  nur  auf 
das  praktisch  Wichtigste  beschränkt,  während  das  Hauptgewicht  auf  eine 
möglichst  ausführliche  und  gründliche  Darstellung  der  Therapie  gelegt 
wird. 

Ein  näheres  Eingehen  auf  den  reichen  Inhalt  des  Buches  würde  zu 
weit  führen  und  es  sei  daher  nur  noch  hervorgeboben , dass  auch  den 
Verletzungen  des  Trommelfells,  den  Simulationen,  dem  wichtigen  Kapitel 
der  Fremdkörper  eine  besondere  Berücksichtigung  gewidmet  ist 

Die  Ausstattung  des  Boches  ist  wie  in  der  ersten  Auflage  eine  sehr 
gute,  sehr  übersichtlich  bezüglich  der  Eintheiluog  des  Stoffes,  ferner 
finden  wir  auf  die  218  Seiten  Text  42  ausgezeichnete  Holzschnitte  sehr 
instrnktiv  vertheilt. 

Dr.  Krampf  (Würzborg). 


Elektrodiagnostik  und  Elektrotherapie  einschliesslich  der 
physikalischen  Propädeutik  für  praktische  Aerzte  von  Reg.- 
Arzt  Dr.  Rndolf  Lewandowski,  k.  k.  Professor  in  Wien.  Mit 
170  Illustrationen.  Wien  und  Leipzig.  Urban  und  Schwarzen- 
berg. 1887.  440  Seiten. 

Verf.  theilt  sein  Werk  in  drei  Theile:  Physikalische  Propädeutik, 
Elektrodiagnostik  und  Elektrotherapie.  Der  erste  Tbeil  enthält  in  ein- 
facher und  klarer  Darstellung,  ohne  besondere  physikalische  Kenntniss 
voranszusetzen , die  Omndlehren  der  Elektropbysik,  soweit  sie  für  den 
praktischen  Arzt  zum  Verständniss  und  Gebrauch  der  elektro-mediziniscben 
Apparate  notbwendig  sind.  Eingeflochten  sind  hier  sehr  dankenswerthe 
praktische  Winke  über  die  Wahl  und  Handhabung  der  zu  ärztlichen 
Zwecken  verwendbaren  elektrischen  Apparate.  Der  zweite  Theil  behandelt 
laoäcbst  in  ähnlicher  Weise  die  Grnndzüge  der  Elektropbysiologie,  der 
eine  genaue  Darstellung  der  motorischen  Punkte  sich  anschliesst,  und 
geht  dann  zur  Elektropathologie  über,  in  der  erst  die  elektrodiagnostischen 


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320 


Methoden  nnd  nachher  vorzngsweise  die  Veränderungen  der  normalen 
elektrischen  Erregbarkeit  der  motorischen  Nerven  und  der  Muskeln,  sowie 
der  sensiblen  Nerven  ausführlich  besprochen  werden.  Die  Elektropatbo- 
logie  der  Sinnesorgane  und  des  Zentralnervensystems  wird,  als  noch  zo 
wenig  Feststehendes  enthaltend,  nur  kurz  berührt.  Im  Anschluss  wird 
nach  der  Verwendung  des  elektrischen  Lichts  zu  Heilzwecken  der  medi- 
zinischen Mikrotelepbonapparate  nnd  des  Thermo-Elektroskops  Erwähunng 
gethan.  — Der  dritte  Tbeil  zerfällt  in  die  allgemeine  und  die  spezielle 
Elektrotherapie.  In  jener  werden  sämmtliche  elektro-therapeutischen 
Methoden  einschliesslich  der  Metallo-  und  Magnetotherapie,  sowie  der 
Galvanokaustik  einzeln  nach  ihren  Wirkungen  nnd  Indikationen  ein- 
gehend erläutert.  In  dem  speziellen  Tbeil  werden  zunächst  die  vorzugs- 
weise mit  Elektrizität  erfolgreich  behandelten  Krankheiten  gruppenweise 
znsammengefasst  und  für  jede  einzelne  die  entsprechenden  Behandlungs- 
methoden angegeben.  Doch  bat  sich  Verf.  nicht  allein  auf  das  Gebiet 
der  Neuropathologie  beschränkt,  sondern  anch  die  geeigneten  Fälle  ans 
allen  anderen  Disziplinen  (Chirurgie,  Geburtshülfe,  Augen-,  Obren-, 
Kehlkopf- Krankheiten  u.  s.  w.)  zur  Besprechung  berangezogen.  Den 
Schluss  bildet  ein  sorgfältig  bearbeitetes  Sach-  und  Namenregister. 
Nicht  minder  verdienen  volle  Anerkennung  die  zahlreichen  in  den  Text 
eingefügten  vortrefflichen  Abbildungen,  die  das  Verständniss  überall 
wesentlich  fördern  helfen.  — Das  Buch  bietet  also  dem  praktischen  Arzte, 
der  sich  mit  Elektrotherapie  beschäftigen  will  oder  mnss,  eine  änsserst 
vollständige  nnd  übersichtliche  Zusammenstellung  alles  dessen,  was  ihm 
in  dieser  Hinsicht  zu  wissen  nothwendig  und  nützlich  ist,  und  kann  ihm 
daher  mit  Recht  bestens  empfohlen  werden.  Rb. 


Organ  der  militär-wissenschaftlichen  Vereine.  Bd.  24.  Heft  1. 

Bd.  25.  Heft  1 und  3.  1887. 

I.  Der  Krieg  im  Winter.  Vortrag  von  Oberstlientenant 

Llmansky. 

Ehedem  ruhten  die  Waffen  im  Winter,  die  Truppen  bezogen  in 
besonders  ausgesuchten  Gegenden  Quartiere.  Die  französische  Revolution 
mit  ihren  Kriegen  brachte  auch  in  diese  bequeme  Gemächlichkeit 
Wandel.  Von  non  an  galt  das  Prinzip,  den  Gegner  mit  Aufbietung 
aller  Kräfte,  ohne  Rücksicht  auf  die  Jahreszeit,  niederzowerfen  und 
zum  Frieden  zn  zwingen.  Das  erfordert  unter  Umständen  Riesenopfer, 
wie  Smolensk  nnd  Berezina,  Sebastopol  und  die  Balkanpässe  beweisen. 
Aber  der  Neuzeit  sind  durch  die  Technik  die  Mittel  zum  Schutz  und 
zugleich  die  Kräfte  vervielfältigt.  — In  drei  Richtungen  muss  eine 
vorsorgliche  Heeresleitung  Schutz  zu  schaffen  suchen  gegen  die  Gefahren 
eines  Winterfeldznges:  1)  in  zweckentsprechender  Bekleidung;  2)  kräftiger 
Nahrung;  3)  im  Unterstand  während  der  Ruhe. 

Für  die  richtige  Verwendung  der  zur  Verfügung  gestellten  Gegen- 
stände mnss  vor  Allem  der  Truppen -Offizier  sorgen.  Der  Soldat 
verfällt  bei  anhaltenden  Strapazen  nnd  Entbehrungen  leicht  in  Apathie. 
Der  Offizier  muss  daher  dauernd  1)  die  Bekleionng  überwachen,  für 


n;,  - hy  Googk' 


321 


BeonUang  von  Ohrenklappen,  wollenen  Socken  nnd  Handschnhen  sorgen; 
2)  möglichst  häufiges  Abkochen  ermöglichen,  Genuss  von  Alkohol 
beschränken,  von  Kaffee  nnd  Tbee  begünstigen;  3)  auch  bei  unmittel- 
barer Fühlung  mit  dem  Feinde  die  Truppen  unter  Dach  nnd  Fach  zu 
bringen  suchen.  Bei  der  grossen  Defensivkraft  der  heutigen  Infanterie- 
waffen ist  eine  Ueberrnmpelnng  nicht  zu  befürchten.  — Sind  keine 
Ortschaften  für  die  Unterkunft  vorhanden,  dann  muss  wenigstens  auf 
Hätten  oder  Scbntzscbirme  Bedacht  genommen  werden  und  vor  Allem 
für  Beschaffung  von  hinreichendem  Fenernngsmaterial.  Vedetten  und 
Schildwachen  müssen  rechtzeitig  abgelöst  werden.  gOer  Kommandant 
soll  von  der  Mehrzahl  seiner  Leute  etwas  weniger  erwarten,  als  er 
selbst  zu  ertragen  im  Stande  ist*  Der  Offizier  muss  sich  aber  auch 
selbst  gesund  erhalten.  Gute  Jucbtenstiefel,  Wollwäscbe  nnd  Socken, 
ein  Halstuch,  Pelzbandschnbe,  Leibbinde,  eine  Lagermütze  nnd  Decke 
müssen  seine  Friedens-Ausrüstung  ereänzen. 

Eine  besondere  Abhärtung  im  Frieden  erscheint  dem  Redner  nicht 
Dothwendig.  Sie  ergiebt  sich  durch  den  Dienst  von  selbst  Dem 
Sanitäts-Offizier  ist  in  diesem  zeitgemässen  Drama  keine  Rolle  zngetbeilt 

II.  Ueber  Antisepsis  im  Felde,  Vortrag  von  Oberstabsarzt 

Dr.  Zinner. 

III.  Der  Sonnenstich.  Vortrag  vom  Regimentsarzt 
Dr.  Jacoby. 

Beide  Vorträge  bezwecken  einem  militärischen  Zubörerkreise  in 
populärer  Form  die  grosse  Bedeutnng  ihres  Gegenstandes  für  die  Hygiene 
des  Soldaten  vor  Augen  zu  führen. 

Dr.  Zinner  betont  besonders,  dass  der  Sanitätssoldat  und  jeder,  der 
kein  aseptisches  Verbandmaterial  in  Händen  hat,  die  Wunde  „allein 
lassen*  soll,  und  zitirt  zum  Schluss  aus  einem  Vortrage  des  General- 
stabsarztes Podratzky:  „Dieser  Antrag  (sc.  des  rothen  Kreuzes,  den 
Regierungen  die  obligatorische  Einführung  der  Antisepsis  im  Felde  zu 
empfehlen)  kommt  um  Vieles  zu  spät,  bei  uns  in  Oesterreich -Ungarn 
sowohl,  als  bei  allen  Militärstaaten  Europas.  Wir  haben  längst  die 
SDsreichendste  Vorsorge  getroffen,  dass  die  antiseptische  Wundbehandlung 
ron  den  Hülfsplätzen  angefangen,  bis  in  die  fernsten  Spitäler  des 
Hinterlandes  durchgefuhrt  werden  könne.  Die  Prinzipien  der  Antisepsis 
sind  längst  ein  Gemeingut  aller  Militärärzte  geworden,  nnd  sie  darin 
mehr  und  mehr  zu  vervollkommnen,  ist  das  beständige  Bestreben  der 
Heeresleitung.“ 

Jacoby  folgt  in  seinen  theoretischen  Deduktionen  den  An- 
Khanongen  von  Dr.  F.  Müller,  die  in  dieser  Zeitschrift  (Jahrgang  1887, 
S.  452)  von  Hiller  mit  Recht  angegriffen  sind.  Schon  das  Subsumiren 
ton  Insolation,  lokomotorischem  und  statischem  Hitzschlag  unter  den 
einen  Begriff;  „Sonnenstich“  kann  nur  dazn  beitragen,  den  Laien  zu 
verwirren.  Timann. 


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322 


Anleitung  zu  wiBsenschaftlicben  Beobachtungen  anf  Reisen, 
in  Einzelabhandlungen.  Herausgegeben  vonDr.  6.  Nenmayer, 
Direktor  der  Deutschen  Seewarte.  2.  völlig  nnigearbeitete  und 
vermehrte  Auflage.  In  2 Bänden.  Berlin  bei  Oppenheim  1888. 

Bei  der  hervorragenden  Betheilignng  von  Angehörigen  der  Armee 
an  wissenschaftlichen  Forschungsreisen,  welche  theils  als  Vorläufer,  theils 
als  Folgen  der  kolonialen  Bestrebungen  Deutschlands  ansgefübrt  und 
geplant  werden,  ist  es  der  Redaktion  eine  angenehme  Pflicht,  auf  ein 
Werk  aufmerksam  zu  machen,  dessen  Studium  bei  der  Vorbereitung  xu 
solchen  Elxpeditionen  nicht  übersehen  werden  darf.  Für  unseren  Leser- 
kreis gewinnt  dasselbe  noch  dadurch  ein  besonderes  Interesse,  dass 
Militärärzte  von  jeher  gern  Theilnehmer  wissenschaftlicher  Reisen  gewesen 
sind:  ich  erinnere  an  Nachtigal,  Link,  Falkenstein,  Wolf,  Pauli. 
Ferner  dadurch,  dass  den  Marineärzten  anf  ihren  zahlreichen  Dienstreisen, 
sowie  während  des  Aufenthaltes  auf  auswärtigen  Stationen  Gelegenheit 
zu  wissenschaftlichen  Beobachtungen  und  Erfahrungen  gewährt  ist,  zu 
deren  Ordnung  und  fnichtbarer  Verwerthnng  ihnen  eine  Anleitung  wie 
die  vorliegende  nur  willkommen  sein  kann.  Die  Zusammensetzung  d^ 
Werkes  aus  Einzelabhandlnugen,  welche  der  Feder  der  kompetentesten 
Bearbeiter  entstammen,  bürgt  dafür,  dass  dem  Suchenden  in  gedrängter 
Form  die  Summe  dessen  geboten  wird,  was  dem  heutigen  Standpunkt 
des  betreffenden  Faches  entspricht 

Selbstredend  kann  es  nicht  die  Aufgabe  des  Arztes  sein,  Beobachtungen 
in  sämmtlichen  Gebieten  anznstellen,  welche  hier  in  Frage  kommen.  So 
enthält  der  I.  Band  die  geographische  Ortsbestimmung,  topographische 
Aufnahme,  Geologie,  Erdmagnetismus,  Meteorologie,  Astronomie,  Hydro- 
graphie und  das  Verkehrsleben  der  Völker.  Der  II.  Band:  die  Landeskunde, 
Statistik,  Heilkunde,  Landwirthschaft,  Botanik,  Anthropologie  (Virchow), 
Ethnographie  (Bastian),  Linguistik,  Zoologie,  mikroskopische  und  photo- 
graphische Technik  (Fritsch).  Die  Aufführung  der  Kapitel  zeigt,  dass 
beide  Bände  dem  Charakter  nach  verschieden  angelegt  sind,  indem  jener 
die  allgemeinen,  namentlich  physikalischen  Fächer,  dieser  diejenigen 
Beobachtungsreihen  behandelt,  welche  die  Erde  als  einen  belebten  und 
bewohnten  Organismus  kennzeichnen.  Für  den  Mediziner,  der  sich  an 
Forschungsreisen  betheiligt,  werden  die  Kapitel  des  II.  Bandes  fast  aus- 
nahmslos Interesse  bieten;  ans  denen  des  ersten  Bandes  wohl  haupt- 
sächlich die  Meteorologie  und  die  Beobachtungen  des  Verkebrslebens. 

Es  ist  für  den  Umfang  eines  Referates  nicht  möglich,  anf  Einzelheiten 
näher  einzngehen,  doch  wird  es  als  natürlich  angesehen  werden,  wenn 
Ref.  als  Arzt  das  Kapitel  über  Heilkunde  wenigstens  streift.  Ans  der 
Feder  des  wohlbekannten  Hygienikers  Prof.  Gärtner  in  Jena,  der 
während  seiner  Beschäftigung  als  Stabsarzt  der  Marine  auf  umfangreichen 
Reisen  Gelegenheit  gefunden  hat,  die  einschlägigen  Verhältnisse  fremder 
Völker  und  Zonen  gründlich  kennen  zu  lernen  — bietet  dies  Kapitel 
eine  Reihe  werthvoller  Winke,  von  denen  manche  schon  für  Beobachtungen 
in  der  Heimath  nutzbringend  verwendet  werden  können.  Verf.  lenkt  die 
Aufmerksamkeit  zunächst  anf  anatomische,  physiologische  und  pharma- 
kologische Beobachtungen;  geht  dann  kurz  auf  die  geographische  Ver- 
breitung und  Aetiologie  der  nicht  infektiösen  Krankheiten  und  der  Haut- 
krankheiten über,  um  io  dem  für  uns  wichtigsten  Tbeile  seiner  Arbeit 
die  Infektionskrankheiten  zu  behandeln.  Die  Kenntniss  der  modernen 


323 


Untersucbangsmethoden  ist  fär  diese  Stodieo  nnerlässlich.  Bin  etwas  zu 
kurz  gerathener  Hinweis  anf  Luft-,  Wasser-  und  Bodenuntersuchungen, 
sowie  ein  Programm  für  die  Gesammtanlage  der  medizinischen  Be- 
obachtnngen  schliessen  das  interessante  Kapitel.  Körting. 


Jahrbuch  für  praktische  Aerzte.  Unter  .Mitwirkung  von  Fach- 
gelehrten herausgegeben  von  Dr.  Paul  Outtmann.  X.  Band.  Bericht 
über  das  Jahr  1886.  Berlin,  Hirschwald  1887. 

Je  mehr  die  Spezialisirnng  innerhalb  des  weiten  Reiches  unserer 
Wissenschaft  zur  Noth Wendigkeit  geworden  ist,  desto  dringender  wird 
der  Wunsch  nach  übersichtlichen  Zusammenstellungen  des  auf  den 
Einzelgebieten  alljährlich  Geleisteten,  zumal  bei  dem  Militärarzt,  welcher 
dienstlich  verpflichtet  ist,  vorkominenden  Falles  auf  allen  Gebieten  nicht 
nur  theoretisch  zu  Hause  zu  sein,  sondern  auch  praktisch  zu  handeln. 

Nun  giebt  es  Ja  in  Deutschland  bereits  genug  derartige  ,Jahr- 
bücher“,  aber  gerade  die  älteren  und  bewährteren  haben  durch  das 
sonst  recht  anerkennenswerthe  Streben  nach  Vollständigkeit  allmälig  ein 
immer  unhandlicher  werdendes  Format  angenommen  und  laufen  überdies 
Gefahr,  durch  die  Ueberfülle  des  Gebotenen  ihren  Zweck  zu  verfehlen. 

Demgegenüber  zeichnet  sich  das  vorliegende  Werk  dadurch  aus, 
dass  es  in  einem  Oktavband  von  800  Seiten  l^iglich  praktisch  Wichtiges 
enthält,  wobei  der  ausländischen  Litteratur  das  gleiche  Recht  eingeräumt 
wird,  wie  der  einheimischen.  Die  Mitarbeiter,  welche  wohl  absichtlich 
nur  zu  einem  geringen  Theil  den  eigentlichen  Professorenkreisen  ent- 
nommen sind,  stehen  offenbar  mitten  im  praktischen  Leben  und  haben 
daher  auch  diu  Auswahl  in  glücklichster  Weise  getroffeu,  ohne  übrigens 
das  Material  so  knapp  zu  bemessen,  dass  es  nicht  auch  für  litterarische 
Arbeiten  eine  genügende  Grundlage  zu  bieten  im  Stande  wäre. 

Der  Umstand,  dass  das  Jahrbuch  trotz  einer  scharfen  Konkurrenz 
bereits  den  X.  Jahrgang  erreicht  hat,  dürfte  allein  schon  für  seine 
praktische  Brauchbarkeit  sprechen. 

Sommerbrodt. 


B.  Leyden.  Ueber  Herzaffektionen  bei  der  tabes  dorsalis. 

(Separatabdruck  aus  dem  Centralbl.  für  klin.  Medizin,  1887,  No.  1.) 

Während  der  innere  Zusammenhang  der  ausser  von  Leyden  auch 
von  Anderen  (O.  Berger,  O.  Rosen  bach)  bei  Tabischen  beobachteten 
Klappenfehler  (meist  Insuffizienz  der  Aortenklappen)  mit  der  Rücken- 
markskrankbeit fraglich  erscheint,  sind  die  bisher  allerdings  nur  selten  im 
Verlaufe  der  Tabes  beobachteten  Herzanfälle  als  Tbeilerscbeinung  der 
Krankheit,  analog  den  gastrischen,  Laryngo-  und  Broncho-Krisen , auf- 
zufassen.  Sie  charakterisiren  sich  durch  anfallsweise  auftretende 
Beklemmung  mit  Angstgefühl  und  in  der  Herzgegend  empfundene, 
nicht  selten  in  den  linken  Arm  ansstrahlende  Schmerzen.  Sie  ähneln 
offenbar  der  angina  pectoris  und  können  daher  auf  eine  neuralgische 
betheiligung  des  n.  vagns  bezogen  werden. 

21* 


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324 


Die  Untersucbangen  von  Oppenheim,  welcher  diesen  Nerven  in 
einem  von  heftigen  gastrischen  Krisen  begleiteten  Falle  deutlich 
atropbirt  fand,  lassen  die  Vermathnng  zu,  dass  Degeneration  der 
Vagnsfasern  nicht  nur  gastrische  Krisen,  sondern  auch  Herzznfälle 
hervorzurufen  im  Stande  ist.  — Die  vier  genau  mitgetheilten  Fälle 
Lejden's  sind  dadurch  ausgezeichnet,  dass  die  Herzznßlle  unabhängig 
von  gastrischen  Krisen  auftraten.  — O.  — 


E.  Leyden.  Beitrag  zur  Lehre  von  der  Lokalisation  im  Gehirn. 

Separatabdruck  ans  der  Deutschen  medizin.  Wochenschrift  1887  No.  47. 

Berlin  und  Leipzig  1887. 

L.  bespricht  in  einem  im  Verein  für  innere  Medizin  gehaltenen  Vor- 
trage zwei  auf  seiner  Klinik  beobachtete  Krankheitsfälle,  welche  verwerthet 
werden  können  für  die  Lehre  von  der  Lokalisation  im  Gehirn.  Bei  dem 
ersten  Patienten  ergab  die  nach  der  ersten  Aufnahme  (Anfang  1886)  vor- 
genommene Untersuchung  beim  Fehlen  jeder  Motilitäts-  und  Sensibilitäts- 
störnng  eine  nicht  ganz  komplete  Hemianopsia  homonym,  sinistra;  bei 
der  zweiten  Aufnahme  (Mai  1^6)  linksseitige  Hemiplegie;  Gesichtsfeld- 
prüfung bei  dem  benommenen  Zustande  des  Pat.  nicht  möglich,  opbthalm. 
deutliche  nenritis  opt.  Die  Diagnose  des  lokalen  Sitzes  des  Leidens  ist 
intra  vitam  nicht  gestellt  wurden.  Die  Sektion  ergab  einen  , Tumor  im 
Occipitallappen  (sc.  rechten,  Ref.) , welcher  einen  grossen  Theil  des 
Hinterbau^appens  und  zwar  wesentlich  den  basalen  Theil  einnimmt,  so 
dass  die  Konvexitätsgroppe  frei  bleibt.  Er  durchsetzt  die  Mark- 
sobstanz  und  dringt  von  der  basalen  Fläche,  sowohl  medianwärts,  wie 
basalwärts  in  die  Kinde  ein - — Der  zweite  Fall  gehört  zur  Groppe 
der  Läsionen  der  motorischen  Riodenzentren.  Die  Diagnose  intra  vitam 
lautete:  Tumor  in  sulco  centrali,  sie  basirte  auf  folgenden  klinischen  Er- 
scheinungen: linksseitige  Hemiplegie,  vom  Bein  anf  die  obere  Extremität 
fortschreitend,  klonische  Zuckungen  in  den  gelähmten  Extremitäten, 
schliesslich  epileptischer  Anfall  (Rindenepilepsie),  vorübergehende  Hemi- 
anopsie. Die  Autopsie  ergab  einen  Tumor  im  mittleren  Theile  der  vorderen 
Zentralwindung.  — G.  — 


H.  Nothnagel  und  B.  Naunyn.  Ueberdie  Lokalisation  derGebirn- 
krankheiten.  Mit  2 Doppeltafeln.  Separatabdrnck  ans  den  Ver- 
handlungen des  VI.  Kongresses  für  innere  Medizin  zu  Wiesbaden  1887. 
Wiesbaden.  Verlag  von  Bergmann.  1887.  56  S. 

Wie  im  Allgemeinen  die  Referate  über  die  anf  den  Kongressen  für 
innere  Medizin  verhandelten  Themata  die  beste  Orientirung  darüber 
geben,  wie  weit  die  zur  Verhandlung  und  Diskussion  gebrachten  Fragen 
zur  Zeit  gefördert  und  abgeklärt  sind,  so  finden  wir  auch  in  den  beiden 
uns  vorliegenden  Referaten  die  Summe  alles  dessen  zusammengestellt, 
was  wir  augenblicklich  in  der  Lehre  von  der  Lokalisation  der  Gebirn- 
krankheiten  als  gesicherten,  wissenschaftlichen  Besitz  ansehen  dürfen. 

Beide  Referenten  halten  sich  in  ausschliesslicher  Berücksichtigung 
der  Rindenerkrankungen  und  unter  Anwendung  der  Methode  der  kleinsten 
Herde,  d.  h,  möglichst  eng  umschriebener  Läsionen,  nur  an  das,  was 


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325 


durch  die  Beobscbtang  am  kranken  menschlichen  Gehirn,  durch 
die  klinische  and  pathologisch-anatomische  üntersnchnng  bisher  festgestellt 
werden  konnte.  — Durch  Erkrankungen  der  Hirnoberfläche  traten  nach 
Nothnagel  ein:  I.  Störungen  des  Gesichtssinnes,  sich  äussemd  in 
1) Hemianopsie  (—Blindheit  in  den  homonymen,  meist  lateralen  Gesichts- 
feldpartien), 2)  vollständige  Blindheit  (—doppelseitige  Hemianopsie  zu- 
folge doppelseitiger  Herde),  3)  Seelenblindheit  (verschieden  von  Wort- 
blindheit, diese  kann  bestehen,  ohne  dass  gleichzeitig  erstere  vorhanden 
ist),  d.  h.  die  Aufnahme  der  Lichteindrücke  als  solcher  besteht  fort,  nur 
vermag  der  Kranke  die  Retinaleindrücke  nicht  mehr  zu  deuten,  da  er 
der  optischen  Erinnerungsbilder  verlustig  gegangen  ist,  4)  Farbenblindheit 
(einige  Male  neben  Seelenblindheit  ermittelt),  5)  subjektiven  Licht- 
erscheinungen  undballacinatorischenGesichtsvorstellnngen  (Effekt  irritativer 
Vorgänge  in  denjenigen  Rindengebieten,  deren  andersartige  Erkrankung 
sonst  Hemianopsie  und  Seelenblindheit  bedingt).  — Das  Auftreten  der 
genannten  Sehstörungen  als  dauernde  Ausfallserscheinungen  ist  aus- 
schliesslich an  Erkrankung  des  Occipitallappens  gebunden;  Hemianopsie 
wird  hervorgerufen  durch  umschriebene  Herde  des  cuneus  und  der  ersten 
Occipital  Windung,  da  diese  das  optische  Wabmebmungszentmm  enthalten, 
Erkrankung  der  übrigen  Occipitalrinde  führt,  da  in  ihr  das  optische  Er- 
innerungsfeld liegt,  zur  Seelenblindheit. 

II.  Motorische  Störungen  als  Folge  von  Läsionen  der  gyri  cen- 
trales und  des  lobulos  paracentralis ; (vom  Medianspalt  nach  der  Basis 
fortschreitend  folgt  auf  das  Feld  für  die  obere  Extremität  das  für  die 
untere,  darauf  das  für  den  facialis  und  bypoglossus,  vom  Paracentral- 
läppchen scheinen  obere  und  untere  Extremitäten  gelähmt  werden  zu 
können).  Die  Vorstellung  von  der  Lagerung  des  gelähmten  Gliedes  bleibt 
bei  Rindenhemiplegie  erhalten. 

III.  Lähmungen  des  sogenannten  Mnskelsinnes  (ohne  gleich- 
zeitige motorische  Lähmung).  Die  Atuie  bedingt  nicht  gleichzeitig 
Störung  der  Hantsensibilität.  Das  Rindenfeld  für  den  Mnskelsinn  liegt 
im  Scheitellappen. 

IV.  Sensibilitätsstörnngen  (Ilypaesthesie,  Hyperaesthesic).  Viele 
der  kortikalen  Paralysen  sind  von  solchen  begleitet,  dabei  kann  der 
Mnskelsinn  intakt  sein.  Als  Rindenfeld  haben  vielleicht  die  Parietal- 
windungen  zu  gelten. 

Naunyn  bespricht  in  seinem  Korreferat  die  Lokalisation  der 
sphatiscben  Störungen  in  der  Grossbirnrinde.  Da  maassgebende 
Autoren  in  wichtigen  Punkten  dieser  Lehre  im  Gegensatz  zu  einander 
stehen,  ihre  weitere  Entwickelung  seit  Wer  nicke  von  sehr  gewichtiger 
Seite  (Kussmaul)  angefochten  wird,  hat  sich  N.  die  Aufgabe  gestellt, 
aus  dem  schon  vorhandenen  Material  brauchbarer  Sektionsfälle  zu  ent- 
scheiden, ob  den  apbatischen  Störungen  regelmässig  die  Läsion  bestimmter 
Hirntheile  zu  Grande  liegt,  und  welche  Theile  dies  sind.  Bei  ausschliess- 
licher Berücksichtigung  solcher  Fälle,  in  denen  Läsionen  in  den  Gross- 
birnwindungen  selbst  oder  in  den  diesen  unmittelbar  unterliegenden 
Tbeilen  der  Markstrahlung  Vorlagen,  findet  er,  dass  drei  grosse  Gruppen 
von  Apbasien  zu  unterscheiden  sind:  1)  motorische  oder  ataktische  Apb. 
(die  Kranken  sind  unfähig,  die  Worte  zu  bilden,  eine  Lähmung  der 
Sprachmuskeln  ist  selbstverständlich  ausgeschlossen);  2)  sensorische  Aph. 
oder  Aph.  mit  Worttaubheit  (trotz  erhaltener  Hörfähigkeit  ist  das  Ver- 


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326 


ständniss  für  gesprochene  Worte  and  Laote  gestört);  3)  unbestimmte 
Aph.  (sie  umfasst  diejenigen  Fälle,  in  welchen  eine  Störung  wie  ad  1 
und  2 nicht  vorliegt;  sie  sind  unter  sich  sehr  verschieden,  einzelne  sind 
Paraphasien  [Verwechselung  von  Worten  oder  Silben],  andere  sind  Am> 
nesien  [Verlust  des  Wortgedächtnisses],  andere  endlich  sind  Grashey- 
sche  Apbasien  [die  Dauer  der  Sinneseindröcke  ist  vermindert]). 

N.  hat  aus  der  Oesammt-Litteratnr  71  Fälle  (24  motorische,  18  sen- 
sorische [mit  Worttaubheit],  36  unbestimmte  — 8 zählen  doppelt)  zu- 
sammenstellen  können,  bei  welchen  einerseits  der  Sektionsbefund  brauch- 
bar war  und  andererseits  die  Krankheitsgeschichte  wenigstens  ausreicbte. 
zu  bestimmen,  welcher  der  3 Gruppen  sie  angehörten.  Erst  das  ein- 
gehendere Studium  des  Materials  hat  ihn  von  seiner  früheren  Abneigung, 
verschiedene  Formen  der  Aphasie  und  eine  über  Brojca  hinansgehende 
Lokalisation  anzuerkenneo,  abgebracht. 

Das  Ergebniss  seiner  Untersuchungen  hat  er  in  der  Weise  ver- 
wertbet, dass  er  in  gleich  grosse  Quadrate  einer  schematischen  Him- 
oberfläcben-Zeichnung  die  Nummern  der  betreffenden  Fälle  — die  mo- 
torische Aph.  roth,  die  sensorische  (akustische)  blau,  die  unbestimmte 
schwarz  — eintrug,  so  dass  sofort  der  Sitz  der  Läsion  in  den  einzelnen 
Krankheitsfällen  in  die  Augen  fällt;  fast  alle  derselben  besetzen  mehrere, 
manche  sehr  viele  Quadrate.  Schon  der  einfache  Ueberblick  über  Tafel  1 
zeigt  die  Lokalisation  der  motorischen  Aphasie  in  der  Gegend  der  Broca- 
schen  Windung,  der  sensorischen  in  der  Gegend  des  Schläfenlappens;  die 
unbestimmten  Aph.  erscheinen  zunächst  über  den  ganzen  Rand  der  fossa 
Sylvii  zerstreut,  am  dichtesten  stehen  die  schwarzen  Zahlen  indess  eben- 
falls in  der  Gegend  der  unteren  Stirn-  und  oberen  Schläfenwindung.  — 
Auf  einer  zweiten  dem  Referat  beigegebenen  Tafel  sind  die  Rindenfelder 
für  die  3 Groppen  in  roth,  blau,  schwarz  veranschaulicht.  N.  ist  dabei 
so  verfahren,  dass  er  in  Tafel  1 diejenigen  Quadrate  aufsuchte,  welche 
besetzt  sein  müssen,  damit  alle  Fälle  von  Aph.  der  betreffenden  Form 
mit  ihren  Läsionen  vertreten  sind.  Die  so  gewonnenen  Bezirke  stellen 
das  Rindenfeld  für  die  Aphasie  dar.  Es  ergab  sich,  dass  unter  den 
24  Fällen  motorischer  Aphasie  sich  kein  einziger  fand,  bei  welchem  nicht 
die  Broca'sche  Windung  und  unter  den  18  von  sensorischer  Aph.  kein 
einziger,  in  welchem  nicht  die  Wernicke’sche  Windung  verletzt  war. 
Die  Broca'sche  und  Wernicke'scbe  Lehre  finden  somit  ihre  Bestätigung. 
— Auch  die  Mehrzahl  der  unbestimmten  Apbasien  beruht  auf  Läsion  der 
genannten  beiden  Windungen:  58  <’/s  entfallen  auf  beide  Rindenfelder, 
30  o/o  auf  das  Rindenfeld  der  motorischen,  33  «/o  auf  das  der  sensorischen 
Aph.  allein.  Für  die  Hälfte  des  Restes  (etwa  40<>/o)  ergiebt  sich  ein 
drittes  Rindenfeld,  nämlich  da,  wo  der  gyrus  angularis  in  den  Hinter- 
hanptslappen  übergeht,  nabe  der  Stelle  für  Hemianopsie  oder  Wortblind- 
beit. Das  letzte  Fünftel  der  unbestimmten  Apbasien  vertbeilt  sich  auf 
die  Insel,  den  gyr.  front.  II,  den  gyr.  snpramargin.,  d.  b.  auf  die  der  Broca- 
schen  und  Wernicke'schen  Windung  sehr  nahe  gelegenen  Stellen  der 
Hirnoberfläche. 

Den  Schluss  des  Referates  von  N.  bildet  eine  Zusammenstellnng  der 
aus  der  Litteratur  gesammelten  71  Fälle  von  den  für  die  Lehre  der  Lokali- 
sation verwerthbaren  Apbasien.  — G.  — 


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Dr.  Oppenheim.  lieber  das  Wesen  and  den  nosologischen 
Charakter  der  sich  nach  Eisenbabnunfällen  entwickelnden 
Erkrankungen  des  Nervensystems.  (Sep.-Abdr.  ans  Berliner 
irstlichee  Korrespondensblatt.  1887.  No.  5.) 

Erichsen  vertritt  die  Aaffassnng,  dass  der  nach  Eisenbahnanfällen 
sich  entwickelnde  manni^ache  Symptomenkomplex  seine  Grundlage  hat 
in  roeningo-myelitischen  Prozessen.  Auch  die  Hirnsymptome  sieht  er  als 
den  Effekt  eines  vom  Rückenmark  auf  das  Gehirn  sich  fortpflanzenden 
Entzündungsvorganges  an.  Leyden  und  Erb  tbeilen  im  Wesentlichen 
seinen  Standpunkt,  nur  legen  sie  einen  grösseren  Werth  auf  das  Moment 
des  Shocks.  Westphal  spricht  in  vielen  Fällen  zerstreute  myelitiscbe 
und  encepbalitiscbe  Herde  für  die  Grundlage  der  Krankheitserscbeinungen 
an.  Erst  Rigler  lenkte  die  Aufmerksamkeit  auf  die  begleitenden  eigen- 
thümlicben  psychischen  Anomalien  hin,  welche  er  unter  dem  Namen 
Siderodromophobie  zusammenfasst  und  als  Spinalirritation  verbunden  mit 
allgemeiner  hysterischer  Verstimmung  definirt.  Moeli  betont,  dass  für 
einzelne  Fälle  die  Bezeichnung  Railway-spi ne  unzutreffend  sei,  da  die 
Symptome  auf  eine  Seelenstöruug,  auf  eine  Erkrankung  des  Gehirns  hin- 
weisen.  Walton  gebt  in  dieser  Anschauung  noch  weiter,  er  bezieht  alle 
Symptome  auf  einen  cerebralen  Sitz  der  Krankheit  und  nennt  dieselbe 
Railway-brain.  Ihm  scbliesst  sich  Page  an,  der  die  Aflektion  als  trau- 
matische Neurasthenie  bezeichnet.  Charcot  endlich  ist  der  Ansicht,  dass 
die  Railway-spine  sich  mit  dem  Begriff  der  Hysterie  decke,  ohne  jedoch 
dem  traumatischen  Irresein  jede  Bedeutung  abzusprechen;  er  sieht  indess 
nicht  in  dem  Trauma  an  sich,  sondern  in  dem  psychischen  Shock,  in  dem 
Schreck  das  wesentliche  ätiologische  Agens. 

Dem  gegenüber  hat  sich  bei  Oppenheim  auf  Grund  der  Beobachtung 
zahlreicher  Krankheitsfälle  folgende  Auffassung  heransgebildet:  Nur  in 
einer  Minderzahl  von  Fällen  liegen  materielle  Veränderungen  des  centralen 
Nervensystems  vor.  Myelitis,  Meningomyelitis  spielen  kaum  eine  Rolle, 
während  Spinalblutnng,  Erscbeinnngeii  der  Tabes,  der  Poliomyelitis  nie- 
mals, an  multiple  Sklerose  erinnernde  Krankheitsbilder  nur  einige  Male 
von  ihm  gesehen  worden  sind. 

In  den  meisten  Fällen  ist  nach  O.  die  Krankheit  als  traumatische 
Psychose,  traumatische  Neurose  oder  Neuropsychose  aufzufassen,  entstanden 
entweder  durch  den  psychischen  Schreck  allein  (Charcot)  oder  in  Ver- 
bindung mit  der  körperlichen  Erschütterung.  Das  Trauma  ruft  oft  erst 
durch  Vermittelung  der  Psyche  Lähmungserscbeinungen  hervor.  In  vielen 
Fällen  ist  der  Alkoholismus  ein  kunknrrirendes  Moment  für  die  Entstehung 
des  Leidens.  Auffallend  häufig  sind  nervöse  Herzbeschwerden,  die  sich 
später  zu  einem  organischen  Herzleiden  (Dilatation  beider  Ventrikel) 
entwickeln  können.  — G.  — 


Dr.  Herrn.  Oppenheim:  lieber  Olivendegeneration  bei  Athero- 
matbose  der  basalen  Hirnarterien.  (Separatabdruck  aus  der 
Berl.  klin.  Wochenschr.,  1887,  No.  34.) 

Den  in  der  Litteratnr  bereits  niedergelegten  Beobachtungen  über 
Druckatropbie  einzelner  Tbeile  des  Hirns  durch  Anen^smen  von  Hirn- 
arterien (Lebert),  speziell  den  über  Drnckschwund  in  Folge  Erweiterung 
der  vertebralis  und  basilaris  (Crnveilbier,  Griesinger,  Moeser) 


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fügt  O.  drei  neue  hinza.  Es  war  stets  die  Olive  betroffen.  Das  Nene 
seiner  Beobachtungen  liegt  darin,  dass  die  StruktnrverSndernngen,  welche 
durch' die  atheromatös  entartete  und  erweiterte  vertebralis  hervorgebracbt 
werden,  manchmal  erst  durch  eine  genaue  histologische  Untersnchung 
festgestellt  werden  k5nnen.  Nur  in  einem  der  drei  Fälle  konnte  schon 
makroskopisch  ans  einer  sichtbaren  Depression  auf  eine  Atrophie  der  Olive 
geschlossen  werden.  — Im  ersten  und  zweitenFalle  hatten  im  Leben  schwere 
bulbäre  Symptome  bestanden,  im  dritten,  welcher  auch  anatomisch  die  ge- 
ringsten Veränderungen  zeigte,  waren  erst  in  der  letzten  Zeit  vor  dem 
Tode  Artikulations-  und  Deglntitionsbeschwerden  hervorgetreten. 


Prof.  Dr.  L.  Brieger.  Zur  Eenntniss  der  Stoffwechselprod  nkte 
des  Cholerabazilins.  (Sep.-Abdr.  aus  Berlin,  klin.  Wochenschrift. 
1887.  No.  44.) 

Die  schon  in  seiner  ersten  Publikation  von  Koch  geänsserte  An- 
sicht, dass  die  dem  Choleraprozess  eigenartigen  Erscheinungen  von 
giftigen  Stoffwechselprodukten  herrnhren,  führten  zu  Versuchen,  das 
wirksame  Prinzip  der  Cholerabazillen  zu  isoliren:  Pouchet  und  Villiers 
fanden  ein  die  Herzthätigkeit  schwächendes  und  schliesslich  lähmendes, 
Nicati  und  Rietsch  ein  krampferregendes  und  temperaturhcrabsetzendes. 
Kleb 8 und  Lange  endlich  neuerdings  ein  in  geringer  Dosis  Mnskel- 
zittern,  in  grösserer  Gabe  heftige  allgemeine  Krämpfe  und  den  Tod 
herbeiführendes  Toxin. 

Brieger  fand  ausser  einem  rothen  und  blauen  Farbstoff,  welche 
der  Einwirkung  von  durch  den  Cholerabazilins  prodnzirten  Nitriten  auf 
Indol  ihre  Entstehung  verdanken  (cf.  Nachtrag),  1)  Ptomaine,  wie  sie 
bei  jedem  Fänlnissprozess  Vorkommen:  Cadaverin,  Putrescin,  Cholin, 
2)  spezifische,  allerdings  nur  in  Spuren  zu  gewinnende  Toxine:  ei'SteDS 
ein  möglicherweise  dem  Trimethylendiamin  sehr  nahe  stehendes  Diamin, 
zweitens  ein  bis  dahin  unbekanntes  Toxin,  welches,  subkutan  eingespritzt, 
Mäuse  in  einen  lähmungsartigen  Zustand  versetzt,  die  Respiration  und 
die  Herzaktion  verlangsamt,  die  Temperatur  herabsetzt  und  schliesslich 
in  12  bis  24  Stunden  den  Tod  herbeifuhrt. 

- G.  — 


Dr.  Emil  Rotter,  Stabsarzt  des  Königl.  Bayer.  Inf.-Leibregts.  Die 
persönliche  Feldausrüstung  des  deutschen  Offiziers, 
Sanitätsoffiziers  und  Militär  beamten.  2.  Anfl.  München  1887. 
15  Seiten. 


Verf.  hat  sich  der  dankenswerthen  Mühe  unterzogen,  das,  was  der 
Offizier,  Sanitätsoffizier  und  Militärbeamte  im  Kriege  nothwendig  mit 
sich  führen  muss,  übersichtlich  geordnet  zuaammenzustellen.  Er  ist 
dabei  sehr  gründlich  zu  Werke  gegangen,  es  ist  nicht  das  Geringste, 
auf  den  ersten  Blick  manchmal  sorgar  unwesentlich  Erscheinende, 
vergessen.  Er  unterscheidet:  I)  was  man  bei  sich  bezw.  umgehängt 
trägt,  II)  was  an  dem  Sattel  an-  bezw.  in  dem  Tornister  unter- 
gebracht  ist,  III)  was  von  dem  Bedienten  zu  tragen,  IV)  was  im  Koffer 
mitzunehmen  ist.  Im  Einzelnen  wird  der  Eine  dies,  der  Andere  Jenes 


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für  Eberflässig  halten,  bezw.  vermissen,  was  er  fSr  seinen  Bedarf  für 
Qoth wendig  hält;  speziell  dürfte  die  angeführte  medikamentöse  Aus- 
stattung des  Arztes  nicht  überall  Billigung  finden.  Indessen  sind  dies 
subjektive  Ansichten,  welche  dem  praktischen  Werthe  der  Arbeit,  einen 
Anhalt  für  die  zweckraässigste  Feldausrüstung  zu  geben,  keinen  Ab- 
bruch thnn.  — Wir  können  die  Beschaffung  der  Anleitung  auch  für 
das  Manöver  nur  dringlichst  empfehlen. 

Goerlitz. 


SlktheilnogeB. 


Ans  dem  Inhalt  der  Archives  de  medecine  et  de  pharmacie 
militaires.  Band  XI.  Januar  bis  Juni  1888. 

ä.  1.  Train  sanitaire  permanent  No.  1 de  la  Compagnie 
des  cbemins  de  fer  de  l’Onest,  par  Ameline,  Ingönienr  etc.  et 
Granjux,  Med.  maj.  1 cl.'^'') 

Die  Mehrzahl  der  bekannten  Lazarethzüge  sind  eigens  für  den  Zweck 
des  Verwundetentransportes  konstrnirt  und  können  im  Frieden  nicht  zu 
anderen  Zwecken  benutzt  werden.  Sie  sind  thener,  verrotten  leicht  in 
den  Magazinen  und  gewähren  daher  keine  Sicherheit  sofortiger  Oebrauchs- 
fähigkeit  im  Falle  eines  Krieges.  Die  französische  Heeresverwaltung 
wünschte  diese  Missstände  zu  vermeiden  und  berief  daher  188ü  eine  Kom- 
mission, der  die  Aufgabe  gestellt  wurde,  das  russische,  deutsche,  öster- 
reichische sowie  verschiedene  französischerseits  vorgeschlagene  Systeme 
zu  probiren  und  danach  das  beste  festznstellen.  Die  Kommission  bestand 
onter  dem  Vorsitz  eines  Sous-Intendanten  ans  2 Militärärzten  nnd  machte 
mit  den  verschieden  eingerichteten  Waggons  eine  Reihe  von  Fahrten 
zwischen  Paris  nnd  Brest  mit  45 — 60  km  Schnelligkeit  in  der  Stunde. 
39  Mann  verschiedener  Waffengattungen  waren  zu  dem  Versuch  komman- 
dirt.  Der  vorliegende  Bericht  beschreibt  die  versuchten  Systeme  und 
bildet  sie  auf  einer  Reihe  sorgfältig  ansgeführter  Tafeln  ab.  Br  ist  da- 
durch besonders  lehrreich.  Kein  System  befriedigte.  Dem  deutschen 
wird  speziell  der  meines  Erachtens  rein  theoretische  Vorwurf  gemacht, 
dass  es  schwierig  einznrichten  nnd  auf  einen  bestimmten,  nicht  überall 
vorhandenen  Wagentypus  zngeschnitten  sei.  Ausserdem  schützt  es  zu 
wenig  vor  horizontalen  und  vertikalen  Scbwanknngeu , wird  leicht  be- 
schädigt nnd  sichert  die  Tragen  nicht  vor  häufigem  Fallen  (?  Ref.) 

Am  17.  Juni  1881  wurde  deshalb  die  genannte  Eisenbahngesellschaft 
ersucht,  im  Vereine  mit  einer  anderen  Kommission  eine  allseitig  genügende 
Konstruktion  festznstellen.  Die  in  Folge  dessen  vorgenommenen  Versuche 


*)  Cf.  Deutsche  militärärztl.  Zeitscbr.  1886,  S.  32. 


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und  Erwägnngen  danerten  mehrere  Jahre;  erst  im  November  1884  wurde 
ein  Programm  vorgelegt,  welches  die  Billigung  der  obersten  Militär- 
Eisenbahn -Behörde  erhielt.  Die  wichtigsten  Punkte  desselben  waren 
folgende : 

1)  Keine  Aufhängung  von  Tragen  genügt  für  weitere  Entfernnugen. 
Die  snr  Verminderung  der  Fahr-Erscbütterungen  erforderliche  Elasticität 
muss  vielmehr  in  erster  Linie  durch  die  Aufhängung  des  Waggons  selbst 
bewerkstelligt  werden.*) 

2)  Auf  den  Wagen  sollen  nicht  mehr  wie  8 Verwundete  gerechnet 
nnd  so  gelagert  werden,  dass  sie  sieb  bequem  aufrichten  können  und  der 
Arst  sie  verbinden  kann,  ohne  in  zu  lästiger  Körperhaltung  verharren  zu 
müssen. 

3)  Kommunikation  zwischen  den  Wagen, 

4)  Ventilation  und  Erleuchtung, 

5)  Heizung  bieten  nichts  Bemerkenswerthes. 

6)  Der  Fussboden  ist  mit  Linoleum  zu  belegen,  sowohl  aus  Rein- 
lichkeitsrücksicbten,  als  um  die  Spalten  im  Boden  zu  verdecken. 

Das  Programm  umfasst  ausserdem  die  Einrichtung  der  nicht  für 
Verwundete  bestimmten  Wagen  nnd  bietet  hier  manche  interessanten 
Einzelheiten,  die  aus  Raummangel  im  Referat  übergangen  werden.  — 

Bis  zum  Juli  1887  wurde  nach  den  skizzirten  Gesichtspunkten  und 
mit  Hülfe  von  60CKK)  Fr.,  die  seitens  des  Kriegsministeriums  hierzu  be- 
willigt waren,  von  der  Compagnie  de  l’Ooest  ein  Lazaretbzug  anfgestellt, 
der  folgende  Zusammensetzung  bot: 

Am  Anfang  nnd  Ende  ein  Vorraths-  bezw.  Wäsche-Wagen  ohne 
Verbindung  mit  den  anderen. 

Dazwischen  21  kommunizirende  Wagen,  sämmtlich  aus  Güterwagen 
hergestellt,  in  dieser  Zahl  16  Krankenwagen.  Bei  diesen,  wie  bei  den 
Wagen  für  das  Personal  wurden  die  gewöhnlichen,  in  den  Grenzen  von 
8,8  cm  spielenden  Federe  durch  solche  von  9 cm  Spielraum  ersetzt.  Die 
Kommunikation  zwischen  den  Wagen  war  durch  Stirnthüren  mit  Fall- 
brücken gesichert,  im  Uebrigen  blieben  für  den  ärztlichen  und  administra- 
tiven Hauptverkehr  an  den  Aufenthaltsorten  die  Thüren  der  Längsseiten 
in  Benutzung. 

Ventilation  und  Erleuchtung  geschieht  durch  eine  grosse  Laterne 
auf  der  Mitte  des  Waggons,  deren  vier  Seiten  mit  Glasjalousieen  versehen 
sind;  ferner  dnreh  Jalousie-Einsätze  in  den  Stirn-  und  Längsthüren. 

Im  Wagenboden  ist  eine  Klappe  angebracht,  durch  welche  Abgänge 
entfernt  werden  können. 

Die  Heizung  wird  durch  kleine  eiserne  Mantelöfen  vermittelt,  welche 
reine  Luft  unter  dem  Wagen  aiisaugen  und  an  den  Innenraum  abgebeu. 
Da  sie  ihren  Platz  vor  den  Läiigstbnren  haben,  so  ist  auf  Vorkehrungen 
Bedacht  genommen,  welche  gestatten,  sie  auf  die  entgegengesetze  Lang- 
seite zu  setzen,  wenn  dies  beim  Einladen  etc.  erforderlich  wird.  — Eine 
Einrichtung,  die  man  nicht  als  sehr  vollkommen  erachten  kann. 

Jeder  Wagen  trägt  aussen  ein  weisses  Schild  mit  dem  Genfer  Kreuz 
und  der  Bezeichnung  des  Zuges.  In  der  Friedensbenutzung  als  Güter- 
wagen trägt  jenes  Schild  die  Worte:  „Ne  doit  pas  sortir  du  reseau  Ouest*. 


•)  Ein  Prinzip,  welches  in  Doutsehlanil  seit  langem  bekannt  und  für  die 
Aptining  von  Güterwagen  /.um  Verwundetentransport  in  Gebrauch  ist.  Unsre.s 
Wissens  zuerst  von  Schmidt  in  Ludwigshafen  vorgeschlageu. 


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331 


Dies  erlaobt  im  Mobilmachaogsfalle,  die  designirten  Wagen  sehr  schnell 
za  vereinigen. 

In  den  Krankenwagen  weicht  die  Unterbringung  der  Lagerstellen 
völlig  von  jeder  bisher  bekannten  Konstruktion  ab.  Es  ruhen  nämlich 
je  2 Tragen  übereinander  in  einem  Gerüst,  dessen  Füsse  frei  auf  dem 
Wagenboden  und  zwar  auf  mehrfachen  Lagen  von  Teppichplüsch  stehen, 
der  Erschütterungen  besser  abbalten  soll,  als  Kautschoklager  und  federnde 
Füsse.  Die  Gerüste  mit  je  2 Tragen  sind  frei  beweglich  und  bieten  so 
den  Vorzug,  dass  der  Arzt  unter  Umständen  von  jeder  Seite  an  die  Lager- 
stätten berangelangen  kann.  Die  Bettstatt  besteht  aus  einem  19.5  cm 
langen,  6G,5  cm  breiten  Holzrabmen,  der  mit  gekreuzten  Gurten  bespannt 
ist  und  an  seinen  (senkrecht  gestellten)  Längeträgern  je  2 kräftige  Seil- 
griffe, sowie  Oesen  zum  Anstecken  einer  kleinen  Tischplatte  trägt.  Die 
Befestigung  der  Betttragen  in  den  Gerüsten  ist  keine  federnde.  Das 
eigentliche  Lager  wird  durch  eine  Wollmatratze  von  175  cm  Länge, 
75  cm  Breite,  ein  Kopfkissen,  2 Decken  und  die  nöthige  Wäsche  gebildet. 
Zwischen  den  Gerüsten  sind  an  der  Waggondecke  Netze  angebracht, 
welche  zur  Aufnahme  der  Kleidungsstücke  und  Tornister  der  Leute  dienen. 

Die  Arzt-,  Verwaltungs-,  Küchen-  etc.  Wagen  bieten  keine  prinzipiellen 
Abweichungen  bekannter  Typen.  — 

Am  4.  Juli  1887  wurde  der  Lazaretbzug  zwischen  Paris  und  Havre 
probirt.  Mödecin  Major  Granjnx  war  Chefarzt,  30Infirmiers  verrichteten 
den  Dienst  der  Krankenträger,  88  Infanteristen  stellten  die  Verwundeten 
dar.  Das  Ein-  und  Ausladen  geschah  durch  die  Tbüren  an  den  Längs- 
seiten; die  Betttrage  war  hierzu  herausgebracht,  Umladung  im  Wagen 
also  vermieden.  Lagerung,  Ventilation  und  Erleuchtung  erwiesen  sich  als 
vollkommen,  die  Vertheilnng  des  Eissens,  namentlich  der  flüssigen  Nahrungs- 
mittel, ging  während  der  Fahrt  nicht  so  glatt  von  statten,  wie  auf 
den  Halten. 

In  Frankreich  wird  der  beschriebene  Lazaretbzug  als  ein  bedeutender 
Fortschritt  gegenüber  anders  gebränchlicben  Konstruktionen  angesehen. 
Die  Erschütterungen  während  der  E'abrt  waren  zwar  nicht  völlig  auf- 
gehoben; dies  zu  erreichen,  wird  aber  nach  den  grundlegenden  Versuchen 
für  unmöglich  erklärt.  — 

8.  71.  Les  militaires  alienös  k l’asile  de  Marseille,  par  Aulin. 

Am  häufigsten  wurde  bei  Soldaten  Scbwermnth  mit  Stupor  beobachtet, 
oft  war  Alkobolismus  als  ursächliches  Moment  festznstellen.  Geistige 
Schwäche  trat  besonders  bei  Militärsträflingen  in  den  Vordergrund.  Ihr 
Vorhandensein  Hess  sich  nicht  selten  bis  über  den  Beginn  der  Geistes- 
krankheit hinaus  verfolgen.  Paralyse  war  bei  Gemeinen  selten,  dominirte 
dagegen  bei  Offizieren;  auch  bei  diesen  wurde  der  Einfluss  des  Miss- 
brauches geistiger  Getränke  verhältnissmässig  häufig  erwiesen. 

S.  77.  L’hopital  militaire  de  Varsovie.  Eine  neue  Ilospital- 
einrichtung  in  alten  Gebäuden,  mit  Zelten  und  Baracken  für  den  Sommer- 
gebraucb.  Im  Frieden  auf  900  Kranke  berechnet,  soll  es  im  Kriege  bis 
zu  2000  anfnehmen  können.  Besondere  Räume  sind  bestimmt  1)  für 
kranke  Offiziere;  2)  für  Geisteskranke;  3)  für  Offiziersdamen,  welche 
dort  umsonst  verpflegt  werden  und  sogar  Entbindungen  abwarten  können. 
Die  Damen  liegen  zu  3 bis  4 in  einem  Zimmer.  Den  Pflegedienst  ver- 
sehen 22  Laiendamen  vom  rothen  Kreuz.  Diese  Vereinigung  ergänzt 


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332 


sich  aas  jangen  Frauen  und  Mädchen,  welche  6 Jahre  hintereinander 
medizinischen  und  chirurgischen  Uebnngen  obliegen  und  die  Aerxte  nicht 
allein  unterstützen,  sondern  sogar  vertreten  sollen  — sicherlich  eine  der 
wunderlichsten  Blüthen,  die  der  Sport  der  weiblichen  Krankenpflege  ge- 
trieben hat!  Im  Kriege  sollen  diese  weiblichen  Medicochirurgen  haupt- 
sächlich zur  Anleitung  freiwilliger  Pflegerinnen  dienen.  | 

S.  240.  Cystite  simulee,  par  Dumas.  Militärsträfling,  wegen  ^ 
Blutharnens  ins  Lazaretb  genommen.  Urin  leicht  blutig,  ohne  sonstige 
Beimischungen  als  einen  schleimigen  Satz.  Im  Verlauf  der  Beobachtung 
ergab  sich,  dass  Patient  täglich  Blut  vom  Zahnfleisch  durch  einen  in 
seinem  Besitz  befindlichen  elastischen  Katheter  in  seine  Harnblase  einblies.  1 
Die  Entdeckung  wurde  durch  Katheterismus  herbeigeföhrt.  ! 

S.  264.  Procädä  pour  reconnaitre  la  Simulation  de  1' Amau- 
rose et  de  1' Amblyopie  monoculaires,  par  Michand.  Rothe  Schrift 
auf  weissem  Papier  wird  durch  ein  rothes  Glas  nicht  gesehen.  Bringt 
man  bei  behaupteter  einseitiger  Blindheit  oder  Sehschwäche  ein  rothes 
Glas  vor  das  gesunde  Auge  und  lässt  rothe  Schrift  betrachten,  so  ist  die- 
selbe im  Falle  ihrer  Entzifferung  durch  das  angeblich  amblyopische  Auge  | 
gesehen.  Um  dem  Einwand  zuvorzukommen,  dass  überhanpt  nichts  geseheu 
wird,  und  die  Aufmerksamkeit  des  zu  Prüfenden  von  demllotb  der  Schrift 
abzulenken,  hat  Verf.  mehrfarbige  Buchstaben  derart  zusammengestellt,  dass  | 
nach  Ausfall  der  rothen  Scbrifttheile  ein  anderes  Wort  entsteht,  als  mit 
denselben.  Ein  deutsches  Beispiel:  Wird  in  dem  Wort  FELLE  das  F 
und,  soweit  erforderlich,  der  untere'.Qnerstrich  des  ersten  L zinnoberrotb 
dargestellt,  der  übrige  Theil  des  Wortes  aber  in  schwarz,  grün,  blau, 
braun  (nicht  gelb),  so  erscheint  dem  gesunden  Auge  durch  ein  rothes 
Glas  das  Wort  EILK  Liest  der  Untersuchte  „FELLE“,  so  kann  dies 
nur  mit  dem  andern,  angeblich  amaurotischen  oder  amblyopischen  Auge 
geschehen  sein.  Für  Analphabeten  treten  mehrfarbige  Punktgruppeu 
au  die  Stelle  der  Buchstaben;  durch  die  Grössen-Abstufong  der  letztereu 
lässt  sich  bei  der  Prüfung  gleichzeitig  ein  Schluss  auf  die  Sehschärfe  des 
angeblich  minderwertbigen  Auges  machen.  Die  Täuschung  des  Unter- 
suchten wird  noch  vollständiger,  wenn  man  ihm  gleichzeitig  ein  grüne«  | 

Glas  vor  das  angeblich  schlechte  Auge  hält.  Das  Farbennnterscheiaungs-  | 
vermögen  des  letzteren  hört  dann  völlig  auf;  sieht  das  Auge,  so  wird  ' 
Alles  angegeben,  was  auf  der  Probetafel  steht;  sieht  es  nicht,  so  bleiben 
die  rothen  Zeichen  verschwiegen.  Dann  liest  eben  nur  das  gesunde  Auge,  j 
und  diesem  verschwinden  durch  das  rothe  Glas  die  rothen  Schrifttbeile.  | 

S.  38  und  467.  Des  pansements  cn  Chirurgie  d'armde, 
par  Redon. 

Eine  ausführliche,  höchst  leseiiswerthe  Studie  über  den  antiseptiscbeu  I 
Verband  im  Feldlazareth  und  Sanitätsdetachement,  sowie  über  die  Ver- 
sorgung in  der  ersten  Linie,  in  specie  über  das  Verbandpäckchen.  Beide« 
Fragen,  die  in  der  französischen  Armee  noch  nicht  endgültig  regle- 
mentarisch gelöst  sind. 

Für  den  Verband  auf  dem  Hauptverbandplatz  und  im  Feldlazareth  | 
ist,  um  nicht  Zeit  zu  verlieren,  die  Mitnahme  fertig  präformirter  Ver- 
bände unbedingtes  Erforderniss.  Dieselben  sollen  nach  einem  einbeii-  | 
liehen  Modell  gemacht  sein,  sicher  antiseptisch  wirken  und  ein  besonder« 


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333 


grosses  Absorptioosvermögen  für  Flüssigkeiten  besitzen.'* **)'')  Ferner  ist  zn 
verlangen  ein  sicherer  Wnndabschluss,  eine  schmiegsame  impermeable 
Schicht,  geringes  Voinmen  bei  genügendem  Umfange,  leichte  Verwendbarkeit, 
Transportfäbigkeit  und  geringer  Preis.  Diesen  10  Forderungen  genügt 
nach  der  Ansicht  des  Herrn  Verf.  von  den  bekannten  bezw.  in  Armeen 
eingefübrten  Verbänden  keiner,  — wohl  aber  der  von  ihm  in  Vorschlag 
gebrachte  Kriegsverband.  Derselbe  besteht  ans  einer  komprimirten  und 
mit  Sublimat  getränkten  Toi^latte  von  1.0  cm  im  Quadrat  bei  1 cm  Dicke. 
Eine  ihrer  Flächen  ist  mit  Sublimatmnll  überzogen,  die  andere  mit  un- 
durchlässigem Stoff,  der  den  Rand  etwas  überragt  Die  Platten  werden 
zu  20  und  40  Stück  übereinanderliegend  verpackt,  jede  von  der  andern 
durch  ein  Blatt  Sublimatpapier  getrennt  Die  Packete  ihrerseits  sind  in 
undurchlässiges  Papier  eingeschlagen  und  nochmals  konmrimirt,  so -dass 
1.  B.  40  Verbände  einen  Würfel  von  30  cm  Länge  und  Breite  bei  15  cm 
Höhe  darstellen.  Jede  Platte  soll  für  einen  Verband  mittleren  Umfanges 
genügen,  die  Vereinigung  mehrerer  für  grosse  Wunden  bietet  keine 
Schwierigkeiten.  Die  Applikation  ist  trocken  gedacht,  die  Entfernung 
durch  den  der  Wunde  zunächst  anliegenden  Sublimatmnll  leicht  und  voll- 
kommen. Der  Preis  stellt  sich  im  Grossen  für  die  Platte  auf  noch  nicht 
10  Centimes. 

Interessanter  für  uns  ist  der  zweite Theil  der  Abhandlung  Redon’s, 
welcher  das  Verbandpäckchen  des  Soldaten  behandelt.  Zunächst 
werden  alle  Gründe  aulgezäblt  und  bestritten,  welche  gegen  die  Mitgabe 
des  Päckchens  geltend  gemacht  worden  sind.*'*'^) 

Diese  Gründe  sind  folgende: 

1)  Das  Päckchen  ist  für  den  Mann  mali  ominis',  weil  es  ihn  für 
einen  Zustand  vorbereiten  soll,  an  den  er  nicht  gern  denkt. 

2)  Es  wird  zn  Allem  andern  eher  verwandt  werden,  als  zn  seinem 
eigentlichen  Zweck. 

3)  Es  ist  nicht  voranszusetzen , dass  der  verwundete  Soldat  im 
Gefecht  die  Ueberlegung  bat,  an  seinen  Verband  durch  eigene  Kraft 
zn  denken. 

4)  Die  Verzögerung  des  ersten  Verbandes  bis  zur  Ankunft  auf  dem 
Verbandplätze  hat  um  so  weniger  etwas  zu  bedeuten,  als  wir  dies  bei 
Verletzungen  im  bürgerlichen  Leben  ohne  Schaden  für  die  Wunde  all- 
täglich sehen. 

5)  Zwei  Drittel  der  Verwundeten  sind  im  Stande,  sich  selbst  zum 
Arzt  zn  begeben,  bedürfen  also  keiner  Selbsthülfe. 

6)  Der  Verwundete  wird  seine  Wunde  beschmutzen,  wenn  er  sie  mit 
den  eigenen,  niemals  sauberen  Händen  anrübrt. 

7)  Die  Krankenträger  sollen  nur  ganz  ausnahmsweise  Verbände  an- 
legen  und  führen  dazu  geeignetes  Material  mit  sich. 

8)  Ein  durch  den  Verwundeten  selbst  angelegter  Verband  wird  nie 
ordenüich  sitzen; 

9)  kann  daher  gefährlich  sein. 

10)  Das  Päckchen  ist  eine  vermeidbare  Mehrbelastung  des  Mannes; 


*)  Bekanntlich  auch  Langenbuch's  Forderung  nach  den  Erfahrungen  iui 
setbisch-bulgarischen  Kriege,  cf.  Deutsche  militärärztl.  Zeitschr.  1887.  S.  340. 

**)  Wer  »ich  fOr  die  Frage  näher  interessirt,  findet  eie  in  unsrer  Ze  itechrift  mehrfach 
gewürdigt.  .So  1886  S.  45  und  399;  188C  S.  125,  291  und  355;  1887  S.  14Ü. 


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334 


11)  ausserdem,  wie  aas  den  früheren  Ein  würfen  erhellt,  eine  Ver- 
geadang  von  Staatsmitteln. 

12)  Anch  der  Vorschlag,  das  Material  für  mehrere  Leate  durch  einen 
fortbringen  za  lassen,  ist  unpraktisch,  weil  dann  die  Gefahr  drohend  wäre, 
dass  dasselbe  im  Moment  des  Gebraacbes  nicht  zur  Stelle  ist.  — 

Gründe  für  das  Verbandpäckchen: 

1)  Dringlichkeit  der  Hülfe  in  gewissen  Fällen,  besonders  bei  Blatangen 
oder  grosser  Schmerzhaftigkeit  der  Wunde  an  der  Luft. 

2)  Unvermeidliche  Verzögerung  des  ersten  ordentlichen  Verbandes 
durch  technische  Kräfte. 

3)  Abwesenheit  von  Sanitätspersonal  bei  kleinen  Unternehmungen, 
Patronillengängen  etc.  Grade  hier  wird  nicht  sowohl  die  eigene  Verband- 
thätigkeit  der  Verwundeten,  als  besonders  die  Hülfe  der  Kameraden 
(Samariterinstraktion  für  Offiziere  and  Mannschaften)  and  der  Hülfs- 
krankenträger  in  Änspracb  genommen  werden. 

4)  Unvermeidlicher  Mangel  an  Verbandmaterial  in  der  ersten  Linie 
bei  namhaftem  Zasammenstromen  von  Verwundeten. 

5)  Zeit-,  Platz-  and  Personalersparniss , welche  den  schwerer  Ver- 
wundeten zu  gute  kommen  würde. 

6)  Erleichterung  des  Dienstes  für  den  Militärarzt,  der  ein  gewisses 
Quantum  von  Verbandstoffen  überall  findet. 

7)  Verminderung  des  Trosses  beim  Heere  durch  Einzelvertbeilnng 
eines  in  seiner  Gesammtheit  grossen  Materiales. '’‘^) 

8)  Die  Meinung  kriegserfahrener  Militärärzte.  — 

Wird  Sorge  getragen,  dass  das  Päckchen  genügendes  Material  für 
einen  mittleren  Wandverband  enthält,  seine  antiseptiscbe  Beschaffenheit 
sicher  bewahrt  und  zuvörderst  durch  den  Arzt  angewandt  werden  soll, 
so  dürfte  nach  Verf.  die  Beibehaltung  bezw.  Einführung  desselben  nirgends 
mehr  Widerspruch  begegnen. 

Das  Verbandpäckchen  der  deutschen  Kriegs-Sanitäts-Ordnung  erfüllt 
nach  Ansicht  des  Verf.  seinen  Zweck  sehr  ungenügend,  weil  es  keinen 
ordentlich  aufsaugenden  Bestandtheil  enthält  und  unzureichend  verschlossen 
ist.  Redon  bringt  ein  Modell  in  Vorschlag,  welches  ans  einer  der  oben 
beschriebenen  Torfplatten  von  14  cm  Länge,  12  cm  Breite,  1 cm  Dicke 
besteht.  Dazu  kommt  eine  Sublimatmallkompresse,  eine  3,5  m lange,  5 cm 
breite  Binde  von  appretirter  Sublimatgaze  und  eine  Sicherheitsnadel.  Alles 
in  Pergamentpapier  geschlagen  und  in  ein  Stück  wasserdichten  Stoffes  ein- 
geklebt. Durch  letztere  Hülle  läuft  ein  Faden,  mittels  dessen  sie  schnell 
anfgerissen  werden  kann.  Das  Päckchen  kostet  33  Centimes. 

Der  Raum  verbot  leider,  auf  die  interessanten  Ausführungen  Redon 's 
auch  kritisch  einzugehen,  obgleich  meines  Erachtens  die  Ein  wände 
Delorme's  und  Nimier’s  gegen  das  Verbandpäckchen,  denen  ich  beistimme, 
keineswegs  widerlegt  sind.  Immerhin  sind  die  Studien  des  Verf.  sehr  wichtig. 
Die  Frage  nach  der  Verwendung  von  Verbandstoffen,  welche  stärker  auf- 
saugen  als  Mull  und  namentlich  Watte,  ist  nach  den  neuesten  Erfahrungen 
eine  recht  wichtige  geworden.  Es  wird  in  späteren  Feldzügen  eine  dankens- 
werthe  Aufgabe  der  freiwilligen  Hülfstbatigkeit  sein,  durch  derartiges 
Material  die  Feldärzte  wirksam  zu  unterstützen.  Körting. 

*)  Vetgl.  Deutsche  militärSrztl.  Zeitschr.  1881  S.  373  in  der  Arbeit  des 
Referenten  über  Erankcnträgerausbildung. 


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335 


Die  darch  das  Geschoss  des  Lebelgewehres  erzeagten  Ver- 
woDdnngeD. 

In  der  Sitzung  der  Pariser  Akademie  der  Medizin  vom 
29.  Mai  d.  Js.  berichtete  Delorme  auf  Grund  zahlreicher  Versuche,  dass, 
abgesehen  von  unwesentlichen  und  nebensächlichen  Unterschieden,  das 
8 mm  Geschoss  des  Lebelgewebrs  ähnliche  Wirkungen  wie  das  11  mm 
Gewehr  erzeuge.  Ein-  und  AusschussöfFhungen  der  Weicbtheilschüsse 
bieten  die  gewöhnlichen  charakteristischen  Anzeichen  dar.  Die  Ein- 
schussöffnung wird  mit  abnehmender  Geschwindigkeit  des  Geschosses 
kleiner,  mit  zunehmender  Geschwindigkeit  grösser.  Der  Durchmesser 
der  Ausschnssöffnung  ist  etwas  grösser  als  der  der  Einschussöffnung.  — 
Auf  Entfernungen,  die  300m  nicht  übersteigen,  besonders  aber  auf  eine 
Entfernung  von  200  m und  noch  weniger,  kann  man  explosive  Wirkungen 
beobachten ; an  den  Knochen  konstatirt  man  sämmtliche  typische 
Verletzungen,  wie  sie  das  Geschoss  des  Grasgewebres  erzeugt;  aber 
entgegengesetzt  der  beim  Grasgewebr  gemachten  Beobachtung  sieht  man, 
dass  diese  Schussfrakturen  schlechterdings  nicht  mehr  durch  das  direkte 
Anftreffen  des  Geschosses  voll  auf  den  Knochen  entstanden  sind;  viel- 
mehr sind  die  Frakturen  durch  tangential  den  Knochen  treffende 
Geschosse  erzeugt.  Da  die  Geschosse  von  8 mm  sich  bei  diesem  Auf- 
treffen  nicht  deformiren,  wie  das  bei  den  Geschossen  des  Grasgewebres 
der  Fall  war,  so  können  weder  die  Dimensionen  noch  das  sonstige 
Aussehen  der  Ansschussöffnangen  als  Stützpunkte  für  die  Diagnose  einer 
solchen  Schussfraktnr  dienen,  znmal  letztere  häufig  ohne  Dislokation  von 
Knochensplittern  Vorkommen. 

Die  kurzen  Knochen  werden  durch  das  neue  Geschoss  durchschlagen, 
gefurcht,  ausgezackt  wie  durch  das  alte;  in  gleicher  Weise  zeigen  die 
platten  Knochen  die  gleichen  Verletzungen  wie  früher. 

Um  die  Durchschlagskraft  des  8 mm  Geschosses  kennen  zu  lernen, 
wurden  hintereinander  drei  Geschosse  mit  voller  Ladung  gegen  eine 
65  cm  im  Durchmesser  haltende  Pappel  abgefeuert  (Distanz?).  Die 
erste  Kugel  blieb  im  Baum  stecken,  die  beiden  anderen  darcbschlugen 
den  Stamm.  Unmittelbar  nach  dem  Einschlagen  des  ersten  im  Stamm 
steckenbleibenden  Geschosses  bemerkte  man  ans  der  Einschussöffnung 
das  Hervortreten  und  ^ringen  von  grossen  Luftblasen,  was  bei  den 
Scbnsskanälen  der  die  Pappel  durchschlagen  habenden  Geschosse  nicht 
bemerkt  wurde.  Diese  Luftentwickelung  scheint  darauf  hinzudenten, 
dass  das  erste  Geschoss  eine  gewisse  Luftmenge  vor  sich  her  getrieben 
batte  (und  in  den  Stamm  hinein?  Das  ist  wohl  nicht  gut  denkbar! 
Vor  allen  Dingen  scheint  hieraus  hervorzugehen,  dass  das  8 mm  Geschoss 
härter  bleibt  wie  das  frühere,  womit  seine  knochenzerschmetternde 
Kraft  zunehmen  müsste.  Es  stimmt  das  mit  der  Thatsache,  dass 
schon  tan^ntial  den  Knochen  treffende  Geschosse  Schnssfraktnren 
erzeugen.  Ref.) 

(Nach  Sem.-Med.  No.  22.)  Villaret. 


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336 


Das  ueae  Verbandpäckchen  der  österreichischen  Armee  ist 
7 cm  lang,  3 breit.  Es  enthält  in  Pergamentpapier:  eine  Jodoform-Moll- 
kompresse  von  15  an  20  cm;  eine  Kalikotkompresse;  eine  anfgeroUte 
2 m lange  Binde  mit  Sicherheitsnadel,  4 g entfettete  Watte  und  ein  Stack 
undarchlässigen  Stoffes.  Das  Gewicht  beträgt  etwa  25  g.  Körting. 


Inmitten  der  vielen  Kongresse  mit  mehr  oder  weniger  motivirtem 
Vordergründe  und  der  immer  mehr  sich  geltendmachenden  ,KoDgre« 
müdigkeit“  war  es  wirklich  eine  herz-  und  geisterfrischende  Erscheinang, 
wie  io  den  an  das  Pfingstfest  anschliessenden  Tagen  in  Berlin  eia 
„Kongress*^  zusammentrat,  welcher  nar  sich  selbst  Zweck  war  and  keinen 
anderen,  aber  auch  keinen  geringeren  Grund  hatte,  als  die  Pflege  und 
Wiederauffrischung  alter  Freundschaft  und  Kameradschaft,  deren  Band 
vor  nunmehr  20  Jahren  die  Mitglieder  desselben  umschlossen  hatte.  — 
Das  nunmehr  42,  Semester  der  ehemaligen  Stndirenden  der  militär- 
ärztlichen Bildungsanstalten,  soweit  dieselben  in  die  Armee  über. 
gegangen  sind,  hatte  sich  versammelt,  um  sein  20jähriges  Studien- Jubiläam 
zu  feiern.  Auf  Einladung  der  drei  in  Berlin  stehenden  Stabsärzte 
Timann,  Werner  und  Nicolai  waren  von  den  16  Mitgliedern  des 
Semesters  11  am  22.  Mai  erschienen. 

Die  Begrüssung  in  einem  besonderen  Zimmer  des  bekannten  Bier- 
hanses  Siechen,  diese  Freude  des  Wiedersehens  lässt  sich  kaum  be- 
schreiben! Theilweise  ans  weiter  Ferne,  von  Strassbnrg  i.  E.  (St.-A. 
Wald),  Jena  (Prof.  Gaertner),  Gleiwitz  (Kr.-W.-A.  Hoppe),  Rügen 
^r.  A.  Dr.  Meyer),  Flensburg  (Kr.-Phys.  Barnick),  Janer  (St.-A. 
Kiesewetter),  Zelle  (St.-A.  Hüsker),  von  den  Näheren,  aus  Spandau 
(St.-A.  Ruprecht)  und  anderen  Orten  waren  die  Kollegen  und  Jugend- 
freunde erschienen.  Welch  ein  Wiedersehen!  Vor  ^ Jahren  junge 
Studenten  mit  frohem  Sinn  und  leichter  Tasche,  — jetzt  gereifte  Männer, 
mitten  im  Leben  stehend,  in  Amt  und  Würden,  ehrbare  Philister.  Aber 
das  Herz  war  noch  ebenso  jung  wie  damals,  als  im  Jahre  1867  das  liebe 
alte  Haus  in  der  Friedrichstrasse  sie  in  seine  ehrwürdigen  Hallen  auf- 
nahml 

Am  zweiten  Kongresstage  wurde  beim  Frühschoppen  eine  Photogr^hie 
anfgenommen  (in  situ),  am  Nachmittage  vereinte  ein  gemeinsames  Fest- 
mahl die  alten  Kameraden.  — Am  dritten  Tage  wurde  zum  Schlüsse  der 
Feier  eine  gemeinsame  Partie  mit  den  anwesenden  Gattinnen  und  mit 
alten  Freunden  des  Semesters  unternommen,  welche  in  heiterster  Stimmung 
verlief  und  mit  dem  allseitigen  Wunsche  endete,  dass  zur  Feier  des 
50.  Semesters  wieder  eine  ebensolche  Zusammenkunft  veranstaltet  werden 
möge.  — 

Dieser  Wunsch  wurde  zum  einzigen  Beschluss  erhoben  und  wir  wollen 
hoffen,  dass  auch  zu  dieser  Feier  die  sämmtlichen  Mitglieder  des  Semesters 
in  der  Lage  sind,  zu  erscheinen.  — N.  — 


Utfdnickt  in  der  Königlichen  Hofbachdmckerfi  von  E.  S.  Mittler  Jt  Sohn,  Berlin,  Eochetr  68—70. 


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Deutsche 

Militärärztliche  Zeitschrift. 


R«d*ction: 

Dr.  91.  Generalarzt, 

Berlin,  Tnabenstrasee  6, 

n.  Dr.  e^rnfai#,  Stabsarzt, 

Berlin,  KeUer  Frans  Grefisdier-Platz  11/12. 

MonatUcb  enckeint  ein  Heft  ron  mindeeteoe  3 Druckbogen;  dazu  ein  MAmtlichee  Beiblatt**.  Der 
ZeiUehrift  wird  das  Werk:  „Jahresbericht  über  die  Fortschritte  aof  dem  Gebiet«  dee  MiliUr* 
Saaitlte-Weeena**,  heransgegeben  vom  Generalarzt  Dr.  Roth,  nnentgeltlich  beigegeben.  Bestellnng 
nehmen  alle  Posttmter  ond  Bnchbandlongen  an.  Preis  des  Jahrgangs  16  MarL 

XVII.  Jahrgang.  1888.  Heft  8. 


Verlag: 

f.  §.  ^mitr  & 
Königliche  Hofbnchhandlnng, 

Berlin,  Kochstnsee  68— 70. 


lieber  den  antiseptischen  Werth  des  Creolins  nnd  Bemerkungen 
über  die  Giftwirknng  antiseptischer  Mittel. 

Von 

Stabsarzt  Dr.  Behring. 

(Ans  dem  pharmakologischen  Institut  der  Universität  Bonn.) 

Das  Creolin  vereinigt  nach  Angabe  kompetenter  Untersacher  zwei 
Eigenschaften,  welche  bisher  bei  einem  Mittel  noch  nicht  zusammen 
gefunden  sind;  es  soll  ein  Antiseptikum  und  Desinfiziens  ersten  Ranges 
nnd  dabei  absolnt  ungiftig  sein. 

Nach  E.  V.  Esmarch*)  übertrifft  das  Creolin  die  Karbolsäure 
an  desinfizirender  Wirksamkeit,  und  nnr  in  künstlichen  Faulflüssigkeiten 
fand  er  die  letztere  überlegen.  Eisenberg**)  bestätigte  die  Angaben 
von  Esmarch  nnd  hob  noch  besonders  die  sehr  bedeutende  entwickelungs- 
bemmende  Wirkung  des  Creolins  hervor.  Dieselbe  sei  gegenüber  den 
Milcbrandorganismen  schon  bei  1 : 15  000  zn  beobachten. 

Auf  Ornnd  dieser  Angaben  und  auf  Grund  des  Nachweises  der 
Ungiftigkeit  des  Creolins  durch  Fröhner***)  ist  dasselbe  auch  für  die 
Wandbehandlnng  und  für  die  interne  Therapie  warm  empfohlen  worden. 

*)  E.  V.  Esmarch  .Das  Creolin“.  Ceotralblatt  für  Bakteriologie  und 
l’arasitenkunde.  1887.  II.  Band,  No.  10  und  11. 

*•)  James  Eiseiiberg:  Wiener  medizin.  Woebenschrift.  1888.  No.  17,  18 
und  19.  .Ueber  die  desinfizirendc  Wirkung  und  praktische  Anweudungsweise  des 
Creolins“. 

*•*)  Prof.  Fröhner:  „Ueber  das  Creolin“.  Arch.  für  wissensehaftl.  u.  prakt. 
Thierheilkunde  1887  No.  H,  und  „Lcbrbucb  der  tliierärzll.  Arzneimittellehre“.  1888. 

22 


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338 


Die  Richtigkeit  aller  jener  Angaben  ist  nicht  za  bezweifeln,  and 
trotzdem  könnte  es  ein  folgenschwerer  Trrtharo  werden,  wenn  man  sich 
aaf  die  desinfizirenden  und  antiseptischen  Eigenschaften  des  Creolins 
auch  für  solche  Verhältnisse  verlassen  wollte,  wie  sie  z.  B.  in  der 
Waudbehandlnng  vorliegen. 

Alle  jene  Zahlen,  welche  den  hohen  antiseptischen  Werth  des 
Creolins  illastriren  sollen,  gelten  nämlich  nur  für  solche  Fälle,  in  denen 
das  Creolin  in  einem  eiweissfreien  Medium  zur  Wirkang  gelangt. 

Es  treffen  ja  für  einzelne  Mittel,  wie  für  die  Karbolsäure,  die  Grenz- 
werthe  für  die  antiseptische  Leistangsfähigkeit  in  eiweisshaltigen  and 
eiweissfreien  Nährböden  nahe  zusammen;  für  die  meisten  Antiseptika 
haben  sich  jedoch  sehr  beträchtliche  Unterschiede  in  dieser  Beziehung 
heraasgestellt;  ich  habe  z.  B.  für  das  Sublimat  gefunden,  dass  die 
entwickelungshemmende  Fähigkeit  desselben  im  Blatseram  etwa  40  mal 
geringer  ist,'’*')  als  in  Peptongelatine  and  in  Boailion,  in  welchen  Nähr- 
Substraten  bekanntlich  keine  durch  Hitze  koagulirbaren  Eiweisskörper 
vorhanden  sind,  and  habe  ganz  besonders  auch  darauf  bingewiesen,  dass 
diese  Verringerang  der  entwickelangshemmenden  Wirkang  nicht  etwa 
auf  die  Unlöslichkeit  des  Sublimats  im  Blatseram  and  auf  die  Bildung 
von  Niederschlägen  zorückzuführen  sei. 

Es  lag  nan  nahe,  zu  untersuchen,  welches  der  antiseptische  Werth 
des  Creolins  in  eiweisshaltigen  Flüssigkeiten  ist,  speziell  in 
Flüssigkeiten  von  der  Zusammensetzaug  des  Blutserums,  des  Blotes  and 
der  Wundsekrete. 

Eine  besondere  Veranlassung  zu  einer  solchen  Untersuchung  ergab 
sich  noch  aus  dem  Umstande,  dass  in  jüngster  Zeit  auch  in  den 
Garnisonlazarethen  das  Creolin  ausgedehnte  Anwendung  findet,  and  dass 
ich  bei  Verwendung  eines  aus  der  Verbandmittelreserve  in  Cobleuz 
bezogenen  Präparats  Ursache  fand , Zweifel  an  der  gerühmten  Des- 
infektionskraft des  Creolins  za  hegen.  . 


Zar  schnellen  Orientirang  über  den  Grad  der  entwickelungs- 
hemmenden  Eigenschaften  antiseptischer  Mittel  im  Blatseram  hat  sich 
mir  diejenige  Untersuchungsmethode  am  meisten  bewährt,  welche  ich  in 
meiner  Arbeit  ,Der  antiseptische  Werth  der  Silberlösangen  u.  s.  w.“'**) 
genau  beschrieben  habe,  and  welche  darin  besteht,  dass  Seidenfädchen, 

•)  Behring:  Dentsche  medizin.  Wochenschrift.  1887.  No.  37  und  38. 

**)  Behring:  Deutsche  nicdiziii.  Wochenschrift.  1887.  No.  37  und  38. 


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339 


aa  welchen  Milzbrandbazillen  und  Sporen,  sowie  andere  Mikroorganismen 
aogetrockoet  sind,  auf  Deckgläschen  gebracht  werden,  dass  dann  ein 
Tröpfchen  Blutserum,  welches  einen  bestimmten  Prozentgehalt  des  zu 
Qutersuchenden  antiseptiscben  Mittels  enthält,  mit  einer  Platinöse  hinzu- 
gefügt  wird,  und  dass  nun  im  bohlen  Objektträger  beobachtet  wird,  ob 
and  event.  wie  schnell  von  den  Seidenfäden  aus  ein  Wachsthum 
erfolgt 

Für  das  Creolin  gestaltete  sich  die  Untersuchung  in  folgender 
Weise:  Von  einer  2prozentigen  Creolin-Emulsion  setzt«  ich  genau  so 
viel  zu  sterilem  Blutserum  in  Reagensgläsern  hinzu,  dass  das  Blutserum 
den  gewünschten  Prozentgehalt  an  Creolin  erhielt,  und  brachte  dann 
eine  Platinöse  voll  von  der  Blutserum-Creolinlösung  auf  mit  Milzbrand- 
sporen-Seidenßdchen  beschickte  Deckgläschen.  Von  den  stärkeren 
Verdünnnngen,  die  ich  anfangs  prüfte,  musste  ich  bis  auf  1 : 400  steigen, 
ehe  sich  eine  bemerkbare  Entwickelungsbemmung  zeigte,  während  eine 
solche  in  meiner  Bouillon  schon  bei  1 : 5000,  ja  bei  noch  geringerem 
Creolingehalt  begann;  Wachsthumsaufhebung  trat  erst  bei  1 : 150  bis 
1 : 175  im  Blutserum  ein. 

Gleichzeitig  in  derselben  Weise  ansgeführte  Versuche  mit  Karbol- 
säure ergaben,  dass  dieselbe  im  Blutserum  bei  1 : 850  sehr  beträchtlich 
die  Entwickelung  hemmte  und  bei  1 : 600  das  Wachsthum  aufhob. 

Um  dem  Einwand  zu  begegnen,  dass  das  Resultat,  wie  ich  es  bei 
der  Beobachtung  in  hohlen  Objektträgern  bekommen  habe,  Fehler- 
qnellen  einschliesse,  habe  ich  dann  die  Untersuchung  ganz  ebenso 
eingerichtet,  wie  sie  R.  Koch*)  für  die  Karbolsäure  beschrieben  hat; 
es  wurden  Ubrschälchen  mit  Creolin-Blutserum  verschiedener  Konzentration 
beschickt  und  mit  Milzbrandsporen  tragenden  Seidenfäden  infizirt. 

Hier  war  makroskopisch  hei  einem  Gehalt  von  1 g Creolin  in 
500  ccm  Blutsernm  deutliche  Entwickelungshemmung  zu  bemerken,  und 
bei  1 ; 200  konnte  makroskopisch  überhaupt  kein  Wachsthum  erkannt 
werden.  Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigte  aber,  dass  bei 
1:200  ein  dichtes  Milzbrandfadengeflecht  den  Seidenfaden  einhüllte;  das 
Resultat  war  demnach  übereinstimmend  mit  dem  an  hohlen  Objekt- 
trägern gewonnenen. 

In  Reagensgläsem  fand  ich  bei  1:200  auch  mikroskopisch  kein 
Wachsthum;  als  ich  nun  der  Ursache  dieser  Differenz  nachforschte. 


■•)  K.  Koch:  „lieber  Desinfcktiou“. 
Bd.  I,  S.  *244. 


Mitth.  aus  dem  Reichsgesundlieitsamt. 


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340 


xei(;te  sich,  dass  in  der  nnteren  Blatserumschicht  im  Reagensglas,  in 
welcher  sich  der  Seidenfaden  befand,  das  Creolin  in  reichlicherer 
Menge  vorhanden  war,  als  in  der  oberen;  and  als  ich  die  obere  Schicht 
in  einem  anderen  Qlase  nntersnchte,  erfolgte  noch  reichlichere  Ent- 
wickelung, als  in  den  Uhrscbälchen. 

Gegenüber  dem  Stapbylococcns  aareos  ist  die  entwickelangs- 
hemmende  and  wachsthumsaufhebende  Kraft  noch  geringer. 

Die  desinfizirenden  Wirkungen  des  Creolins  prüfte  ich  nach  der- 
selben Untersuchungsweise,  welche  ich  meiner  Arbeit*)  „Ueber  Qneck- 
silbersablimat  in  eiweisshaltigen  Flüssigkeiten“  eingehend  beschrieben 
habe.  In  einer  1 prozentigen  and  2 prozentigen  Creolin -Blutserum- 
miscbung  waren  in  10  Minuten  Staphylokokken  und  selbst  die  viel 
empfindlicheren  Milzbrandbazillen  nicht  getödtet  worden. 

Durch  5 prozentiges  Blutserum-Creolin  werden  Milzbrandsporen  nicht 
beeinflusst. 

Eis  verdient  noch  hervorgehoben  zu  werden,  dass  das  Creolin  im 
Blutserum  etwa  10  mal  löslicher  ist,  als  in  Bouillon,  und  dass  somit  die 
so  geringe  antiseptische  Leistangsfähigkeit  nicht  etwa  anf  die  Bildung 
von  Niederschlägen  znrückzuführen  ist. 

Ich  komme  demnach  zu  dem  Resultat,  dass  in  eiweisshaltigen 
E'lüssigkeiten  von  ähnlicher  Zusammensetzung,  wie  Blutsernro, 
das  Creolin  ein  minderwerthiges  Antiseptikum  ist  and  etwa 
3 bis  4 mal  weniger  leistet  als  die  Karbolsäure. 

Im  Uebrigen  liegt  es  mir  fern,  die  günstigen  Heilwirkungen  zu 
bezweifeln,  die  seitens  guter  Beobachter  vom  Creolin  berichtet  sind, 
aber  es  scheint  mir  mindestens  fraglich,  ob  die  Annahme  noch  zu  Recht 
bestehen  darf,  dass  diese  Heilwirkungen  durch  bakterientödtende  und 
entwickelungshemmende  Fähigkeiten  dieses  Mittels  zu  erklären  sind,  wenn 
ich  berücksichtige,  dass  im  Organismus  nicht  Nährsubstrate  von  der 
Zusammensetzung  der  Bouillon  und  Peptongelatine  vorhanden  sind, 
ausser  etwa  im  Urin. 

Von  Versnchsresnltaten,  welche  für  die  Wundbehandlung  von 
Interesse  sein  dürften,  führe  ich  noch  folgende  an: 

Bei  einem  Panaritinm  des  Daumens  hatte  sich  ein  bohnengrosses, 
reichlich  mit  Eiter  darchtränktes,  nekrotisches  Gewebsstück  so  voll- 


*)  Buhriii);:  Centralblatt  für  Bakteriologie  und  Parasiteiikunde.  ISSä. 

No.  1 und  2. 


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sündig  von  der  Umgebong  losgelöst,  dass  ich  dasselbe  ohne  Blatung 
mit  der  Pinzette  wegnehmen  konnte.  Die  mikroskopische  Untersuchung 
ergab  das  Vorhandensein  einer  massigen  Anzahl  von  Staphylokokken  im 
Deckglaspräparat 

Dieses  Oewebsstück  zerschnitt  ich  in  drei  gleiche  Theile.  Einer 
derselben  wurde  8 Minuten  lang  in  2'/i  prozentige  Blutserum •Creolin- 
mischung  gel^t,  der  zweite  ebensolange  in  2 prozentige  wässerige 
Creolin-Emnlsion.  Beide  wurden  dann  mit  sterilisirtem  Wasser  abgespült. 

Die  drei  Stücke  wurden  nnnmehr  mit  ausgeglühten  Instrumenten 
zerfetzt,  in  Peptongelatine  in  Reagensgläsern  gebracht,  die  Fetzen  sorg- 
fältig mit  einer  dicken  Platinnadel  in  der  Gelatine  verrieben,  und 
schliesslich  wurde  die  Gelatine  in  Petr i'sche  Doppelschalen  I,  II  und  III 
ausgeschüttet 

In  I (nicht  mit  Creolin  behandeltes  Stück)  wuchsen  ausser  unzähligen 
Stapbylokokkenkolonien  auch  andere  Organismen,  die  wahrscheinlich 
von  der  Oberfläche  des  nekrotischen  Gewebsstückes,  an  welche  sie  von 
aussen  gelangt  waren,  herstammten. 

ln  II  (aus  Creolin -Blntserum)  waren  fast  ansschliesslich  Staphylo- 
kokken in  reichlicher  Anzahl  gewachsen. 

Auch  in  III  gelangten  — allerdings  wenig  zahlreich  — Staphylo- 
kokken zur  Entwickelung.  Es  ist  bemerkenswerth,  dass  die  nicht 
pathogenen  Organismen,  die  jedenfalls  als  Fänlnissorganismen  anznsehen 
sind,  früher  zu  Grunde  gingen,  als  die  Staphylokokken.  Hatte  doch 
V.  Esmarch*)  gefunden,  dass  das  Creolin  diesen  gegenüber  unwirksamer 
ist,  als  gegenüber  den  pathogenen  Organismen  und  speziell  auch  gegen- 
über den  Staphylokokken. 

Ich  bin  nun  — nicht  bloss  auf  Grund  dieses  Versuchs,  sondern 
nach  durch  andere  Beobachtungen  — zu  der  Ansicht  gelangt,  dass  eine 
derartige,  von  v.  Esmarch  angenommene  Spezialenergie  dem  Creolin 
nicht  znkommt,  und  dass  die  Beobachtung  E.'s  in  anderer  Weise  zu 
erklären  ist 

E.  prüfte  die  Wirkung  des  Creolins  auf  pathogene  Organismen  in 
dünner  Bouillon,  auf  Fänlnissorganismen  dagegen  in  einer  Flüssigkeit, 
welche  „ans  Eoth,  ansgepresstem  Fleisch  n.  s.  w.  und  Wasser  im 
Verhältniss  von  1 : IO**  bestand.  Diese  Flüssigkeit  war  demnach 
eiweisshaltig,  und  an  einer  solchen  hat  E.  gefunden,  dass  ein  Gehalt 


*)  E.  T.  Esmarch:  ,Das  Creolin*.  Centralblatt  für  Bakteriologie  und 

Parasitenkunde.  1887.  II.  Band.  No.  10  und  11. 


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342 


von  '/>  % Creolin,  also  1:200,  nicht  zur  Wachsthamsaafhebung  genagte, 
während  ein  gleicher  Gehalt  an  Earbolsänre  dazu  führte,  dass  die  Faol- 
flüssigkeit  steril  wurde. 

Nach  den  früheren  Auseinandersetzungen  sehe  ich  in 
diesem  Yersuchsresultat  E.'s  eine  Bestätigung  meiner  eigenen 
Beobachtungen. 

Dass  2 prozentige  wässerige  Creolin-Emulsion  auch  nicht  im  Stande 
ist,  flüssigen  Eiter  zu  desinfiziren,  beweist  folgende  Versuchsreihe. 

Bei  einem  Patienten  mit  Phlegmone  der  grossen  linken  2^he  und  des 
Fussrückens  war  an  einer  Stelle  Fluktuation  zu  fühlen.  Es  wurden  zn- 
nächst  24  Stunden  lang  mit  2 prozentiger  Karbolsäure  Umschläge  gemacht, 
dann  inzidirt  und  ein  grosser  Tropfen  dickflüssigen  Eiters  in  ein  sterili- 
sirtes  Reagensglas  entleert. 

In  dieses  Glas  wurden  eine  Stande  später  10  ccm  2 prozentige  wässerige 
Creolin-Emulsion  hineingegossen.  Der  Eitertropfen  vertheilte  sich  nicht 
in  der  Flüssigkeit,  sondern  blieb  zusammengeballt;  er  wurde  l5Minntec 
lang  in  der  Creolin-Emulsion  gelassen. 

Darauf  wurde  der  Eiter  zunächst  mit  sterilem  Blutserum  abgespült, 
dann  in  ein  Reagensglas  mit  15  ccm  sterilisirtem  Wasser  gebracht  und 
mit  diesem  energisch  geschüttelt.  Das  Wasser  wurde  hierbei  milchig 
trüb  durch  Creolin. 

Nunmehr  stellte  ich  folgende  Versuche  an: 

1)  Das  zum  Äbspülen  benutzte  Blutserum  wurde  im  Reagensglsc 
in  den  Brütschrank  gestellt. 

2)  Von  dem  Spülwasser  wurden  5 Platinösen  mit  Näbrgelatiof 
vermischt  und  davon  eine  Platte  gegossen. 

3)  Der  aus  dem  Wasser  herausgenommene  Eiter,  wurde  an  der 
Wand  eines  flüssige  Nährgelatine  enthaltenden  Glases  flüchtig  verriebcD 
und  dann  wieder  herausgenommen.  Die  an  der  Glaswand  zurück- 
gebliebenen kaum  sichtbaren  Eitertheilchen  wurden  in  der  Gelatine 
durch  Hin-  und  Herneigen  des  Glases  anfgeschwemmt,  dann  mit  5 Oeses 
dieser  Mischung  ein  zweites  Reagensglas  mit  flüssiger  Gelatine  geimpft. 
Aus  beiden  Gläsern  wurde  die  Gelatine  io  Petri’sche  Doppelschalen 
I und  II  gegossen. 

Nach  2 mal  24  Standen  war  das  Resultat  folgendes: 

1)  Im  Blutserum  war  reichliche  Kokkenentwickelung  eingetreten. 

2)  Die  Platte  mit  5 Oesen  Spülwasser  war  steril  geblieben. 

3)  In  der  Petri’schen  Doppelschale  I waren  überaus  reichlich  kleinste, 
bei  schwacher  Vergrösserung  rund  und  gelblich  aassehende  Kolonien 


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gewachsen;  an  einem  anf  die  Gelatine  aufgelegten  Deckglas  blieben 
sehr  viele  Kolonien  in  Form  kleinster  Pünktchen  haften;  dieselben 
erwiesen  sich  bei  starker  mikroskopischer  Vergrösserung  als  ans- 
schliesslich  ans  Kokken  bestehend,  welche  die  Grösse  nnd  Anordnung 
der  Staphylokokken  bcsassen. 

In  der  Schale  II  waren  noch  sehr  sahlreichc,  etwas  grössere 
Kolonien  gewachsen.  24  Stunden  später  wurde  eine  der  Kolonien  aus 
Schale  II  mit  einer  Platinnadel  herausgehoben  nnd  damit  eine  Gelatine- 
Stichknltnr  angelegt. 

Nach  3 Tagen  zeigte  sich  in  dieser  die  charakteristische  Ent- 
wickelung von  Staphylokokkus  aureus. 

4)  Auf  dem  erstarrtem  Blutserum  wuchs  Staphylokokkus  aureus. 

Es  ist  danach  kein  Zweifel,  dass  eine  2 prozentige  wässerige  Creolin- 
Emulsion  nicht  im  Stande  ist,  bei  15  Minuten  dauernder  Einwirkung 
die  Staphylokokken  im  Eiter  zu  tödten. 

Geber  die  Giftwirkung  antiseptischer  MitteL 

Anf  Gmnd  von  Untersuchungen,  welche  ich  im  Laufe  des  letzten 
Jahres  über  die  Wirkung  antiseptischer  Mittel  auf  den  gesunden  und 
infizirten  Thierorganismns  in  sehr  grosser  Zahl  angestellt  habe,  glaube 
ich,  dass  wir  das  Problem  „Infektionskrankheiten  abortiv  zu  heilen“ 
mit  Leichtigkeit  lösen  könnten,  wenn  wir  ein  Mittel  fänden,  welches 
für  Verhältnisse,  wie  sie  im  thierischen  Körper  vorliegen,  ein  hervor- 
ragendes Desinfiziens  nnd  dabei  absolut  ungiftig  wäre  — Eigenschaften, 
welche  dem  Creolin  allgemein  zugeschrieben  werden. 

Schon  durch  das  bisher  Gesagte  glaube  ich  bewiesen  zu  haben, 
dass  leider  auch  das  Creolin  dies  nicht  leistet. 

Aber  ich  glaube  im  Folgenden  auch  zeigen  zu  können,  dass  es  mit 
der  „absoluten  Ungiftigkeit“  des  Creolins  ein  eigenes  Ding  ist. 

Ich  fand  nämlich  nach  systematisch  durchgefuhrten  Versuchen,  dass 
ein  beinahe  gesetzmässiges  Verhältniss  besteht  zwischen  der  antiseptischen 
Wirkung  eines  Mittels  und  seiner  Giftwirknng  für  den  thierischen 
Organismus,  wenn  ich  als  Maass  der  antiseptischen  Wirkung  die  Auf- 
hebung des  Wachsthnms  von  Milzbrandorganismen  im  Blutserum 
aonahm. 

Ich  stellte  die  wachsthnmsanfhebende  Wirkung  im  hohlen  Objekt- 
träger fest,  nnd  wenn  ich  nun  beispielsweise  gefunden  batte,  dass  ein 
Mittel  im  Verhältniss  von  1 ; 6000  diese  Wirkung  besass,  so  injizirte  ich 
dasselbe  gelöst  subkutan  in  einer  solchen  Menge,  dass  auf  1000  g 


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344 


Körpergewicht  von  Kaninchen  nnd  Maasen  1 g des  Hitteb  kam  and 
fand  dann  in  der  Regel,  dass  diese  Dosis  tödtlich  wirkte,  während 
nennenswerth  darunterliegende  Dosen  den  Tod  der  Thiere  nicht  cor 
Folge  hatten.  Mit  anderen  Worten:  Auf  das  Körpergewicht  der 
Kaninchen  und  Mäuse  bezogen  erwiesen  sich  antiseptische 
Mittel  als  tödtlich  wirkend  in  Gfach  geringerer  Dosis  alt 
diejenige,  welche  nöthig  war,  um  im  gleichen  Gewicht  Blot* 
Serum  das  Wachsthum  von  Milzbrandhakterieo  aufzuheben. 

In  dieser  Weise  habe  ich  u.  A.  untersucht  lösliche  Salze  von 
Silber,  Quecksilber,  Platin,  Gold,  Eisen;  ferner  arsenige  Säure,  Jod- 
trichlorid  und  andere  Jodverbindungen,  B'luor  in  Form  eines  antiseptiseh 
ausserordentlich  wirksamen  Doppelsalzes  von  Fluorantimon  nnd  Fluor- 
natrium,  welches  zum  Zweck  des  Beizens  in  der  Färbetecboik  im  Grosses 
dargestellt  wird;  und  ich  habe  nur  selten  erhebliche  Abweichungen  nach 
oben  oder  unten  von  dem  genannten  Verhältniss  gefunden. 

Nun  sind  freilich  die  übergrosse  Mehrzahl  der  bisher  von  mir 
untersuchten  Mittel  anorganischer  Natur,  und  es  ist  mir  selbst  fraglich, 
ob  für  organische  Antiseptika  ein  gleiches  Verhältniss  besteht.  Bisher 
aber  fand  ich  es  auch  bei  den  untersuchten  organischen  Körpern. 

An  dieser  Stelle  will  ich  nur  die  wichtigsten  und  am  genauestes 
untersuchten  Antiseptika  aufführen. 

Für  die  Karbolsäure  kommt  man  nach  obiger  Rechnung,  da  die- 
selbe nach  meiner  Beobachtung  im  bohlen  Objektträger  bei  1 ; 600  das 

1 7 

Wachsthum  aufhebt,  also  bei  ca.  1,7:1000  zu  der  Zahl  -^  = nicht  ganz 

0,3  g pro  Kilo  Thier,  nnd  ich  finde  in  der  That  in  Uebereinstimmnug 
mit  Riedel^),  dass  dies  eine  tödtliche  Dosis  der  Karbolsäure  bei 
subkutaner  Injektion  ist. 

Für  das  Quecksilber  fand  ich,  dass  dasselbe  bei  1 : 8000  bis  1 : 10  000 
das  Wachsthum  aufhebt,  also  bei  ca.  0,1: 1000,  was  nach  der  Rechnung 
als  tödtlich  wirkende  Dosis  0,017  pro  Kilo  Kaninchen  ergeben  wü^d^ 
Nun  findet  Riedel,*^)  dass  auf  je  10  g Kaninchen  0,000096  Sublimai 
subkutan  injizirt  noch  nicht  tödtlich  wirken,  dass  aber  bei  0,00015  bif 
0,00017  die  Thiere  nach  2 bis  3 Tagen  sterben;  pro  Kilo  Thier  erhalten 


*)  O.  Riedel:  .Versuche  über  die  desiufizirenden  und  antiseptischen  Eigen- 
schaften des  Jodtrichlorids,  wie  über  dessen  Giftigkeit*.  Arbeiten  aus  dem 
Kaiserlichen  Gesundheitsamte.  1887.  S.  481  u.  482. 

♦*)  O.  Riedel:  1.  c.  S.  480. 


X. 


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345 


wir  danach  als  tödtliche  Dosis  0,015  bis  0,017,  also  ziemlich  genan  die 
darch  Rechnung  gefundene  Zahl. 

Fnr  Jodtrichlorid  fand  ich  Wachsthnmsanfbebung  der  Milzbrand- 
bazillen bei  1:3000;  die  tödtliche  Dosis  nach  der  Rechnung  wäre  danach 
ca.  0,055  pro  Kilo  Thier;  Riedel'^)  fand,  dass  bei  0,046  pro  Kilo  ein 
Kaninchen  nach  10  Tagen  starb;  und  man  siebt,  dass  auch  hier  die 
Zahlen  gut  übereinstimmen,  wenn  berücksichtigt  wird,  dass  die  sicher 
tödtliche  Dosis  — wie  ich  in  eigenen  Versuchen  fand  — etwas 
höher  liegt 

Im  Laufe  der  Zeit  ist  mir  das  Anffinden  der  giftigen  Dosis  dadurch 
ansserordentlich  erleichtert  worden,  dass  ich  vorerst  die  wachsthums- 
aufbebende  Wirkung  feststellte  und  danach  die  zu  wählende  Dosis  zur 
subkutanen  Injektion  für  Tbiere  bestimmte. 

Wenden  wir  nun  diese  Rechnung  auch  für  das  Creolin  an,  so 
bekommen  wir  als  sicher  wachstbumsanfhebende  Wirkung  1 : 150  = 
6,6 ; 1000,  danach  als  giftige  Dosis  pro  Kilo  Thier  ca.  1,1  g,  in  welcher 
Menge  in  der  Tbat  auch  die  Oiftwirknng  des  Mittels  eintritt  Man 
begreift  leicht,  dass  sich  in  Verdünnungen  mit  Wasser  die  Injektion  kaum 
ausführen  lässt  wegen  der  zu  grossen  Snbstanzmenge;  ich  habe  dann 
konzentrirte  ölige  Lösung  gewählt,  schliesslich  aber  das  reine  Creolin. 

Neudörfer'’*’*)  hat  gefunden,  dass  bei  direkter  Injektion  in  die 
Blotbahn  das  Creolin  tödtliche  Giftwirknng  äossert  bei  0,5  g pro  Kilo 
Thier,  und  es  würde  das  gut  mit  meiner  Rechnung  übereinstimmen,  da 
intravenös  injizirte  Medikamente  in  geringerer  Dosis  wirksam  sind,  als 
bei  subkutaner  Injektion.  Nun  bat  Fröhner'*'** ***))  den  Einwand  gemacht, 
dass  es  sich  dabei  um  eine  mechanische  Wirkung  bandle,  welche  sich 
auch  durch  andere,  sonst  indifferente  Emulsionen,  z.  B.  Milch,  erreichen 
lasse.  Fröhner  berücksichtigt  dabei  aber  nicht,  dass  das  Creolin  im 
Blot  löslich  ist,  und  bis  auf  Weiteres  muss  ich  annebmen,  dass  die 
von  Neudörfer  beobachteten  Intoxikationserscheinungen  nicht  notb- 
wendig  im  Sinne  von  Fröhner  ansgelegt  werden  müssen. 

Im  Einzelnen  ergaben  meine  Thierversuche  Folgendes. 


*)  O.  Riedel:  I.  c.  S.  479. 

**)  Ign.  NendSrfer:  Internat,  klin.  Rundjichaa.  1888.  No.  12. 

***)  E.  Fröhner:  , Bemerkungen  Ober  die  Ungiftigkeit  des  Creolin.“  Internat, 
klin.  Rundschau.  IVien  1888.  No.  20. 


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346 


Die  akate  Creoliovergiftang. 

Als  ich  Tcrsuchte  festznstellen , ob  aach  das  Creolin  Giftwirknog 
aoszoäbcn  vermag,  durfte  ich  nach  den  vorher  mitgetheilten  Erfahrungen 
eine  solche  erst  bei  einer  Dosis  von  ca.  1,0  g pro  Kilo  Thier  erwarten. 

Bei  Mäusen,  an  welchen  ich  die  Versuche  zuerst  machte,  konnte  ich 
mich  in  der  That  leicht  davon  überzeugen,  dass  die  berechnete  Dosis 
von  ca.  0,025  g Creolin  für  dieselben  ein  tödtlicbes  Gift  ist , wenn  es 
in  einer  zur  Resorption  möglichst  geeigneten  Form  subkutan  injizirt  wird. 

Als  solche  darf  noch  am  ehesten  eine  Lösung  von  Kreolin  in  er- 
wärmtem Ricinnsöl  betrachtet  werden.  In  der  Kälte  erstarren  lOprozentige 
nnd  20  prozentige  Lösungen  zu  einer  festen  Masse,  die  erst  durch  Er- 
wärmen wieder  flüssig  wird.  Als  Ersatz  des  Ricinusöls  kann  auch  raffl- 
nirtes,  sogenanntes  abgezogenes  Rüböl  genommen  werden. 

Man  kann  die  Giftwirkung  auch  mit  Blntserum-Creolin  nnd  mit 
wässerigen  Emulsionen  in  der  angegebenen  Dosis  erreichen,  wenn  nur 
für  eine  genügende  Vertheilung  unter  der  Haut  gesorgt  wird. 

Am  besten  zur  Demonstration  eignet  sich  aber  die  Injektion  von 
unverdünntem  Creolin,  wenn  dasselbe  in  einer  Dosis  von  0,05  g und 
darüber  eingespritzt  wird.  Durch  diese  Creolindosis  werden  Mäuse  in 
ganz  kurzer  Zeit  getödtet.  Schon  5 bis  10  Minuten  nach  der  Injektiou 
werden  sie  unruhig,  zucken  oft  zusammen  nnd  zeigen  zitternde  Bewegung 
des  ganzen  Körpers.  Legt  man  sie  dann  auf  die  Seite,  so  gerathen  die 
Extremitäten  in  heftige  zitternde  Bewegung;  zuerst  sind  die  Thiere  noch 
im  Stande,  sich  wieder  anfzurichten,  bald  aber  bleiben  sie  dauernd  auf 
der  Seite  liegen,  nnd  unter  fortwährenden  klonischen  Krämpfen  der 
Glieder  sterben  sie  in  der  Regel  nach  1 bis  2 Stunden. 

Bei  der  Sektion  findet  man  als  regelmässige  krankhafte  Verändemug 
Ueberfüllung  der  Lungen  mit  Blut.  Von  dem  Creolin  bildet  ein  erheb- 
licher Rest,  mindestens  die  Hälfte  der  Einspritzung,  eine  schmierige, 
schmutzig  braune  Schicht,  nach  deren  Entfernung  von  Anätznng  oder 
von  weitergehenden  Veränderungen  nichts  zu  erkennen  ist.'’^) 

Bei  jungen  Meerschweinchen  habe  ich  mit  Creolinlösnngen  durch  In- 
jektion von  0,35  g auf  225  g Körpergewicht  und  0,5  g auf  400  g ganz 
ähnliche  Erscheinungen  bervorrufen  können.  Die  Krämpfe  traten  jedoch 
erst  nach  mehreren  Stunden  auf;  der  Tod  der  Thiere  erfolgte  nach  12 

*)  Auch  beim  Menschen  findet  eine  eigentliche  Anätzung  durch  unverdünntes 
Creolin  an  granulirenden  Wunden  z.  B.  nicht  statt,  und  es  ist  sehr  merkwürdig, 
dass  die  Patienten  angeben,  dass  sie  durch  reines  Creolin  weniger  Wundschmetz 
empfinden,  als  bei  ' bis  2 prozentiger  Emulsion. 


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347 


beiw.  24  Standen.  Aach  hier  waren  die  Langen  das  am  auiTälligsten 
veränderte  Organ. 

Bei  Kaninchen,  von  denen  ich  nur  grössere  Thiere  znr  Verfngang 
hatte,  bedarf  es  schon  so  grosser  Sabstanzmengen  verdünnten  Creolins, 
dass  in  Folge  dieses  Umstandes  eine  Vergiftung  dnrch  einmalige  subkutane 
Injektion  kaum  aasfübrbar  ist. 

Die  Resorption  von  reinem  Creolin  erfolgt  aber,  wie  man  sich  bei 
der  Sektion  überzeugen  kann,  ausserordentlich  langsam. 

Um  jedoch  mich  davon  zu  überzeugen,  dass  auch  Kaninchen  unter 
den  charakteristischen  Vergiftungserscbeinungen  in  kurzer  Zeit  sterben, 
habe  ich  schliesslich  bei  einem  Kaninchen  von  1700  g an  mehreren  Stellen 
gleichzeitig  Injektionen  in  einer  Oesammtmenge  von  4,0  g gemacht,  um 
dem  Creolin  eine  grosse  Resorptionsfläche  darzubieten;  das  Thier  ging 
unter  ähnlichen  Erscheinungen  wie  Mäuse  und  Meerschweinchen  nach 
20  Standen  zu  Grunde,  und  bei  der  Sektion  fand  ich  noch  mindestens 
die  Hälfte  des  Creolins,  zum  Theil  in  flüssiger  Form  unter  der  Haut 
liegend. 

Bei  Meerschweinchen  und  Kaninchen  habe  ich  anch  die  Körper- 
temperatnr  gemessen  und  gefunden,  dass  durch  vergiftende  Dosen  die 
Temperatur  ausserordentlich  niedrig  wird. 

Das  Creolin  erzeugt  aber  ausser  dieser  akuten  Vergiftung  noch  ein 
Krankheitsbild,  welches  wesentlich  anders  aassieht. 

Bei  solchen  Kaninchen,  welche  nicht  tödtlich  wirkende  Creolindosen 
erhalten  batten,  stieg  auffallenderweise  die  Körpertemperatur.  Die 
Thiere  sahen  zuerst  struppig  und  krank  ans;  wenn  dann  aber  mit  den 
Injektionen  anfgebört  wurde,  erholten  sie  sich  wieder  vollständig. 

Solch  ein  Thier,  welches  mehrere  Tage  hintereinander  kein  Creolin 
mehr  erhalten  hatte,  infizirte  ich  mit  sehr  virulentem  Milzbrand  und  in* 
jizirte  nun  gleichzeitig  wieder  Creolin,  um  die  etwaige  Einwirkung  auf 
den  Verlauf  der  Milzbranderkrankang  zu  beobachten;  als  nun  das  Ver* 
snchstbier  an  Milzbrand  zn  Grunde  gegangen  war,  fand  ich  bei  der 
Sektion  blutigen  Urin  in  der  Blase  und  die  Nieren  im  Zustande  exquisiter 
parenchymatöser  Nephritis. 

Diese  Beobachtung  veranlasste  mich,  den  Einfluss  des  Creolins  auf 
die  Nieren  bei  Kaninchen  genauer  zu  studireu.  Ueber  die  Resultate 
meiner  diesbezüglichen  Untersuchungen  will  ich  an  dieser  Stelle  nur  das 
berichten,  dass  Creolin,  wenn  es  in  einer  Dosis  von  0,5  g pro  Kilo 
Thier  täglich  injizirt  wird,  nach  mehreren  Tagen  eiweisshaltigen  Urin 


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348  — 


macht.  Bei  fortgesetzten  Creolingaben  magern  die  Tbiere  aosserordentlich 
stark  ab  and  gehen  ohne  Krampferscbeinangen  zn  Grande. 

Von  dem  Sektionsbefnnde  ist  bei  dieser  snbakuten  oder  chronischen 
Form  der  Greolinvergiftang  besonders  die  Nierenerkranknng  hervor- 
zaheben. 

Gelegentlich  dieser  Versncbe  konnte  ich  auch  feststellen, 
dass  eine  Desinfektion  des  Darminhalts  bei  diesen  krank- 
machenden  Creolingaben  nicht  erreicht  wird;  anch  vom  Magen 
aus  vermag  Creolin  nicht  den  Darminbalt  zn  desinfiziren. 

Auf  Grund  der  mitgetbeilten  Versuche  komme  ich  schliesslich  in 
folgendem  Resum6. 

I.  Zur  Orientirnng  über  den  antiseptischen  Werth  eines  Mittels, 
welches  in  der  Wundbehandlung  Verwendung  finden  soll,  ist  die  Prüfnng 
seiner  entwickelnngshemmenden  und  bakterientödtenden  Fähigkeit  in 
einem  ei  weisshaltigen  Nährsubstrat  zu  fordern. 

II.  In  eiweisshaltigen  Flüssigkeiten  hat  das  Creolin  sehr  viel 
geringere  antiseptische  Wirkung  als  in  eiweissfi~eien;  in  eiweissbaltigem 
Nährsubstrat  leistet  es  3 bis  4 mal  weniger  als  die  Karbolsäure. 

III.  Zur  Desinfektion  von  infizirten  Wanden,  bezw.  von  Wand- 
flüssigkeiten und  Eiter,  erweist  sich  2 prozentige  wässerige  Creolin- 
Emulsion  als  ganz  ungenügend. 

IV.  Creolin  ruft  bei  Mäusen  und  Meerschweinchen,  subkutan 
injizirt,  charakteristische  Giftwirkungen  hervor;  die  tödtliche  Dosis 
ist  etwa  4 mal  grösser,  als  bei  der  Karbolsäure. 

V.  Auf  den  antiseptiscben  Werth  im  Blutserum  und  Blut  bezogen 
ist  für  kleinere  Thiere  die  relative  Giftigkeit  des  Creolins,  der  Karbol- 
säure, des  Sublimats  etc.  ungefähr  gleich  gross. 

VI.  Für  grössere  Thiere  ist  es  schwer,  in  kürzerer  Zeit  die  tödtliche 
Creolin -Dosis  subkutan  beizubringen.  Das  Creolin  wird  schnell  wieder 
ausgescbieden  und  darf  bei  vorübergehendem  Gebrauch  für  grössere 
Thiere  als  ungiftig  angesehen  werden. 

VII.  Bei  fortgesetztem  Gebrauch  des  Creolins  ist  auch  für  grössere 
Thiere  und  für  den  Menschen  die  Gefahr  der  Erkrankung  nicht  aos- 
zuschliessen;  und  es  empfiehlt  sich,  bei  ausgedehnterer  längerer  An- 
wendung dieses  Mittels  regelmüssige  Hamuntersuchungen  vorzunehmen. 


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Leber  die  blutige  Naht  bei  j^annlirenden  Wanden. 

V'oii 

Dr.  Wutzdorff, 

Stabsarzt  im  l.  Hessisrhen  InH-Rrgt.  No.  81. 


Dem  lebhaften  Wonsche  des  Cbirargen,  granalirende  Wundfläcben, 
wie  sie  c.  B.  bei  sobkataner  Phlegmone,  bei  Karbunkeln,  Faronkeln  u.  A. 
Dach  der  Inzision  und  nach  Ablanf  des  eigentlichen  Krankheitsprozesses 
sich  bilden,  möglichst  schnell  zur  Vemarbnng  zu  bringen,  entspricht  die 
Zahl  der  hierfür  Torgeschlagenen  Mittel,  and  dieser  wiederum  die  Un- 
zulänglichkeit ihrer  Wirksamkeit.  Unter  dem  antiseptischen  Verbände, 
unter  welchem,  und  dank  welchem  das  ursprüngliche  Leiden  alsbald 
seinen  Abschluss  findet,  wachsen  die  Granulationen  empor,  sie  füllen  bald 
die  Wundhöble  aus  und  überschreiten  alsdann,  wenn  nicht  im  günstigsten 
Falle  noch  Schorfheilnng  eintritt,  das  Niveau  der  Haut.  Trotz  An- 
wendung des  scharfen  Löffels,  des  Aetzstiftes,  der  Ilöllensteinsalbe  u.  A.  m. 
benarbt  die  Wandfläche  sich  so  langsam,  dass  namentlich  die  Geduld 
des  Militärarztes,  welcher  naturgemäss  seine  Patienten  möglichst  bald  dem 
Dienste  zurückzngeben  bestrebt  ist,  hart  auf  die  Probe  gestellt  wird.  Doch 
nicht  genug.  Die  nach  wochenlangem  Bemühen  erzielte  breite,  dnnkel- 
rothe  Narbe  bricht  oft  wieder  auf,  weil  sich  unter  der  jungen  Epidermis 
blutig -seröse  Flüssigkeit  angesammelt  hat;  und  dabei  hat  man,  um  dies 
zu  verhüten,  den  Kranken  der  Vorsicht  halber  noch  einige  Tage  lang 
nach  der  vermeintlichen  Heilung  im  Bett  verweilen  lassen.  Wer  hätte 
dies  nicht  zur  Genüge  erfahren! 

Anlässlich  einer  Kopfwunde,  welche  ich  etwa  14  Tage  nach  ihrer 
Entstehung  mit  bestem  Erfolge  genäht  hatte,  und  aufgemuntert  durch  die 
schnelle  Heilung  einer  sekundären  Naht,  mit  welcher  eine  grössere 
Uperationswnnde  nach  Entfernung  der  durch  die  Operation  nothwendig 
gewordenen  Tampons  vereinigt  worden  war,  beschloss  ich,  auch  grana- 
lirende Wunden  nach  genügender  Auskratzung  mit  dem  scharfen  Löffel 
und  nach  gründlichster  Desinfektion  zu  nähen.  Der  Erfolg  war  sowohl 
bezüglich  der  Heilnngsdaner,  als  auch  betreffs  der  Narbenbeschaffenheit 
für  mich  ein  so  zufriedenstellender,  dass  ich  das  Verfahren  der  weiteren 
Prüfung  nur  empfehlen  kann.  Wanden,  welche  sonst  nach  ihrer  Länge 
und  Breite  erst  in  vier  oder  noch  mehr  Wochen  zu'  vernarben  Aussicht 


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360 


hatten,  heilten  ansnahmslos  in  etwa  einer  Woche  und  mit  ganz  schmaler 
Narbe.  Störungen  des  Wundverlaufes  sind  bisher  nicht  vorgekommen, 
abgesehen  von  leichten  Eiterungen  aus  einzelnen  Stiebkanälen,  die 
meistens  nur  spärlich,  einmal  einem  kleinen  Abszesse  ähnlich  waren,  aber 
stets  nach  einem,  höchstens  nach  zwei  Tagen  versiegten,  ohne  weitern 
Schaden  angerichtet  zu  haben. 

Im  Folgenden  will  ich  eine  kurze  Schilderung  des  Krankheitsverlaufes 
der  in  obiger  Weise  von  mir,  bisher  behandelten  Fälle  geben: 

1.  Friedrich  F.,  am  4/1.  88  wegen  Zellgewebsentzöndang  im 
unteren  Drittel  des  rechten  Unterschenkels  aufgenommen.  Eine  6 cm 
lange  Inzision  entleert  dicken  Eiter.  Snblimatmullverband.  Am  9/1.  88 
ist  der  Grund  der  Wunde  mit  guten  Granulationen  bedeckt;  die 
Wunde  wird  ausgelöffelt,  mit  1 o/«a  Snblimatlösung  gründlich  desiufizirt 
und  durch  vier  Seidennähte  vereinigt  Snblimatmullverband.  Am  15/1. 
werden  die  Nähte  entfernt;  die  Wunde  ist  strichförmig  und  ohne  Spur 
von  Eiterung  vernarbt  Entlassung  erst  am  2.5/1.,  weil  das  von  der  Zell- 
gewebsentzündung zurückgebliebene  kollaterale  Oedem  einen  früheren 
Wiederantritt  des  Dienstes  verhinderte. 

2.  Johannes  Sch.,  am  31/12.  87  wegen  eines  Karbunkels  im 
Nacken  aufgenommen.  Eis  werden  zwei  Längsschnitte  angelegt;  die  Haut 
zeigt  sich  in  Handtellergrösse  abgelöst  Nachdem  sich  die  nekrotischen 
Gewebsfetzen  sämmtlich  abgestossen  haben,  die  Hautbrucke  zwischen  den 
beiden  Inzisionen  mit  der  Unterlage  verwachsen  ist,  werden  die  bis  zu 
1,5  cm  breiten  Granulationsstreifen  am  13/1.  88  ausgelöffelt  und  die 
Wunde  mit  6 bezw.  3 Nähten  vereinigt.  Snblimatmullverband.  Am 
23/1.  Entfernung  der  Nähte;  die  kleinere  Inzisionswunde  ist  geheilt;  die 
grössere  ist  an  einzelnen  stecknadelkopfgrossen  Stellen  noch  offen ; einige 
Stichkanäle  eitern  ein  wenig.  Am  29/1.  wird  Sch.  mit  zwei  glatten 
linearen  Narben  (5  bezw.  3 cm  lang)  als  geheilt  entlassen. 

3.  Jakob  L.,  am  12/1.  88  wegen  eines  Karbunkels  im  Nacken  aaf- 
genommen.  Durch  eine  4,5  cm  lange  Inzision  wird  die  infiltrirte  Stelle 
gespalten.  Bis  zum  19/1.  haben  sich  alle  abgestorbenen  Gewebstheile 
abgestossen,  die  Höhle  granulirt  gut,  daher  Auslöffelung  und  Vereinigung 
der  Inzisionswunde  durch  6 Nähte;  vorher  noch  wird  an  der  Peripherie 
der  grossen  Wundhöhle  eine  3 cm  lange  Gegenöffnung  angelegt  und  auch 
von  hier  aus  die  Höhle  gehörig  ausgeräomt;  schliesslich  wird  auch  diese 
Wunde  mittelst  3 Nähte  geschlossen.  Am  24/1.  werden  die  Nähte  entfernt; 
die  Wunden  sind  ohne  jede  Sekretion  und  ohne  Eiterung  aus  den  Stich- 
kanälen vernarbt.  Am  28/1.  Entlassung  des  Patienten  mit  zwei  glatten 
strichfürmigen  Narben  von  3 bezw.  5 — 6 cm  Länge. 


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— 3nl  — 


4.  Jakob  R.,  am  20/1.  88  wegen  eines  Karbunkels  im  Nacken  auf* 
genommen.  Sofortige  5 cm  lange  Inzision.  Am  27/1.  werden  nach 
obigem  Verfahren  6 Nähte  angelegt  Snblimatmnllverband.  Am  1/2. 
werden  die  Nähte  entfernt;  geringe  Eiterung  ans  den  Stichkanälen;  die 
Wunde  ist  fest  vernarbt  bis  auf  eine  oberflächliche,  2 cm  lange  und  2 mm 
breite  Stelle,  welche  sehr  wenig  Wundsekret  liefert.  Am  2/2.  findet  eine 
Eiterung  ans  den  Stichkanälen  nicht  mehr  statt;  die  wunde  Stelle  heilt 
unter  dem  Schorfe.  Am  11/2.  Entlassung  als  geheilt;  Narbe  5 cm 
laug  und  schmal. 

5.  Raimund  K.,  am  29/1.  88  wegen  eines  grossen  Karbunkels  im 
Nacken  anfgenommen.  Inzision  7 cm  lang.  Am  3/2.  ist  bereits  die  An- 
legung von  7 Nähten  möglich,  welche  am  8/2.  entfernt  werden:  die 
Wunde  ist  strichförmig  vernarbt;  ans  einzelnen  Stichkanälen  entleert  sich 
theils  etwas  Blut,  theils  seröse  Flüssigkeit,  theils  etwas  Eiter.  Am 
folgenden  Tage  keine  Absonderung  mehr  ans  den  Stichkanälen.  Am 
11/2.  wird  K.  als  geheilt  entlassen  mit  einer  6’/i  cm  langen,  feinen  Narbe. 

6.  Heinrich  H.,  am  25/1.  88  wegen  eines  Furunkels  am  Halse  auf- 
genonamen.  Inzision  und  am  29/1.  Wiedervereinigung  durch  4 Nähte. 
Am  3/2.  ist  die  Wunde  verheilt;  eitrig-blutige  Absonderung  ans  den 
Stichkanälen,  welche  bis  zum  5/2.  vollkommen  geschwunden  ist  Narbe 
4 cm  lang. 

7.  Franz  R.,  am  25/1.  88  wegen  zweier  Furunkel  an  Stirn  bezw. 
Nacken  anfgenommen.  Inzision  und  am  28/1.  Wiedervereinigung  durch 
je  4 Nähte.  Entfernung  der  letzteren  am  2/2.  Wunden  strichförmig 
und  fest  vernarbt;  geringe  Eiterung  ans  einzelnen  Stichkanälen.  Am 
3/2.  keine  Absonderung  mehr.  Narbe  an  der  Stirn  über  2 cm  lang,  im 
Nacken  3 cm. 

8.  Carl  P.,  am  22/1.  wegen  sehr  heftiger  Zellgewebsentzündung  auf 
dem  rechten  Fussrücken  aufgenommen.  Die  Inzision,  welche  nachträglich 
Doch  bat  verlängert  werden  müssen,  erreicht  schliesslich  eine  Ausdehnung 
von  8cm.  Am  28/1.  starkes,  über  den  ganzen  Fussrücken  verbreitetes 
Sublimatekzem.  Am  31/1.  wird  die  Wunde  durch  6 Nähte  wieder  ver- 
einigt; wegen  des  Ekzems  sehr  vorsichtige  Wnnddesinfektion  (mit  Sub- 
limat); Jodoform  und  Sublimatwatte,  kein  Snblimatmnll.  Am  7/2.  werden 
die  Nähte  entfernt;  die  Wunde  ist  verheilt,  nur  fehlt  noch  in  etwa  2 mm 
Breite  die  oberflächliche  Vernarbung  an  einzelnen  Stellen.  Heilung  der 
letzteren  unter  dem  Schorf  bis  zum  12/2.;  Narbe  7 cm  lang  und  schmal. 

9.  Wilhelm  H.,  am  22/1.  88  wegen  Zellgewebsentzündung  in  der 
rechten  Kniekehle  anfgenommen.  Mittelst  2 Inzisionen  wird  die  eiternde 


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352 


Höhle  geöffnet.  Am  31/1.  Anlegung  von  je  4 Nähten,  die  am  5.  bexw. 
7/2.  entfernt  werden.  Die  Wanden  sind  in  ihrer  gansen  Aasdehnung  mit 
Ausnahme  von  ganz  vereinzelten  Stellen  mit  einander  verklebt;  letztere 
sind  unter  dem  Schorf  bis  12/2.  gleichfalls  geheilt.  Narben  je  4,5  cm 
lang  und  schmal. 

Beispiele  der  angeführten  Art  mehren  sich  von  Tag  zu  Tag,  nach- 
dem ich  obige  Behandlnngsweise  der  granulirenden  Wanden  in  jedem 
einschlägigen  Krankheitsfalle  anwende.  Doch  glaube  ich,  solcher  vor- 
läufig nicht  mehr  zu  bedürfen. 

Ich  bin  der  Meinung,  dass  bereits  die  oben  kurz  berührten  9 Eranken- 
gescbicbten  keinen  Zweifel  darüber  aufkommen  lassen,  dass  die  blutige 
Naht  bei  granulirenden  Wunden  ebensoviel  leistet  wie  bei  frischen 
Wanden,  vorausgesetzt,  dass  man  die  Verhältnisse  der  ersteren  durch 
Entfernung  schwammiger  Oranulationen  und  durch  die  Wunddesinfektion 
denjenigen  der  letzteren  möglichst  nahe  bringt.  Alsdann  gleichen  sich 
auch  der  Wund  verlauf  und  die  Heilung,  bezüglich  ihrer  Dauer  und  ihres 
Resultates,  einer  schmalen,  strich  förmigen  Narbe. 

Februar  1888. 


Kasuistische  Mittheilnn^en. 

Von 

Oberstabsarzt  Pr.  Meisner  in  Rendsburg. 


1.  Der  sogenannte  entzündliche  Plattfass  (Tarsalgie  des 
adolesceuts). 

Anfang  Oktober  18  . . meldete  sich  ein  junger  Mann,  der  eben  das 
20.  Lebensjahr  erreicht  hatte  und  bis  dahin  Kutscher  war,  zum  drei- 
jährig-freiwilligen Eintritt  in  ein  Feld- Artillerie-Regiment  Er  gab  damals 
an,  vollständig  gesund  gewesen  zu  sein,  bis  auf  eine  Quetschung  des 
linken  Fasses  durch  ein  darüber  rollendes  Fass,  die  indessen  keine 
weiteren  Folgen  hinterlassen  habe.  Bei  der  Untersuchung  wurde  ausser 
einer  etwas  zarten  Körperkonstitution  beiderseits  ein  leichter  Grad  von 
unausgebildetem  Plattfass  gefunden,  links  mehr  wie  rechts,  und  der 
Untersuchte  demgemäss  eingestellt 

Seine  erste  Ausbildung  war  vorwiegend  auf  das  Reiten  gerichtet 
erst  später,  gegen  Mitte  November  nach  Einstellung  der  Elekruten,  bestand 


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353 


der  Dieost  haoptsächlicb  im  Exerziren  za  Faaa  and  damit  anch  in  einer 
iDigiebigen  Anwendnng  des  langsamen  Schrittes. 

Während  bis  dahin  von  dem  Untersuchten  niemals  Klagen  laut  ge- 
worden waren,  begannen  jetzt  Schmerzen  im  linken  Mittelfass  aafzntreten, 
die  schliesslich  so  heftig  worden,  dass  er  hinkte.  Die  Untersachang  er- 
gab keine  Veränderung;  die  Abdrücke  beider  Fasse  Hessen  nach  wie  vor 
die  Kontoren  des  unaasgebildeten  Plattfasses  erkennen.  Nachdem  der  X. 
mehrere  Wochen  im  Lazareth  im  Gipsverband  gelegen,  hatten  sich  die 
sobjektiven  Beschwerden,  auch  beim  gewöhnlichen  Gehen,  verloren, 
lodess  mit  der  weiteren  militärischen  Aasbildang  im  Exerziren  zu  Fass 
kehrten  dieselben  in  der  alten  Weise  wieder  and  eine  nochmalige 
Lazarethbebandlang  war  erforderlich. 

Deber  die  Entstehung  seines  Leidens  befragt,  bezog  der  X.  dasselbe 
jetzt  in  einem  vollständigen  Gewirr  von  Widersprüchen  bald  auf  die 
schon  erwähnte  Qaetschung  des  linken  Fusses,  bald  auf  eine  Ver- 
stanchung  desselben  bei  einem  Sprang  vom  Kutscherbock  — beides  vor 
seiner  Einstellang  — , bald  auf  einen  Starz  vom  Pferde,  bald  auf  einen 
Fall  mit  einem  Querbaum  beim  Aufräumen  von  Turngeräthen  — beides 
nach  seiner  Einstellang  — , indem  er  das  eine  Mal  angab,  dass  er  seit  jener 
Verletzung  niemals  habe  ordentlich  auftreten  können,  und  das  andere 
Mal  behauptete,  dass  er  vor  seiner  Einstellang  vollständig  gesund  ge- 
wesen sei. 

Eine  sehr  genaue  Beobachtung  des  X.,  auch  nach  seiner  Entlassung 
ans  dem  Lazareth,  konnte  den  Erweis  von  Simulation  nicht  erbringen, 
anch  lagen  die  persönlichen  Verhältnisse  des  X.  so,  dass  eine  solche  von 
romherein  auszuschliessen  war. 

Der  objektive  Befand  ergab  nach  wie  vor,  dass,  links  mehr  als 
rechts,  das  Köpfchen  des  Kahnbeins  etwas  stark  unter  dem  inneren 
Knöchel  hervortrat,  dass  Beugung  und  Streckung  vollständig  frei,  Pro- 
nnd  Supination  etwas  behindert  waren  und  dass  beim  gewöhnlichen 
Stehen  und  Geben  der  innere  Fassrand  weder  rechts  noch  links  die  Erde 
berührte. 

Da  ich  nnnmebr  auch  auf  weiteres  Befragen  erfuhr,  dass  der  X.  seit 
Miner  Entlassung  aus  der  Schule  bei  Gelegenheit  des  Beladens  von 
Frsebtwagen  sehr  häufig  schwere  Lasten  gehoben  batte,  so  kam  ich  zu 
üer  Annahme,  dass  es  sich  um  einen  entzündlichen  Plattfass  (Tarsalgie 
de«  adolescents),  wie  ihn  Lücke  in  den  Volkmann’schen  Heften  I,  35, 
beschreibt,  bandeln  müsse,  ohne  indessen  sogleich  die  von  jenem  Autor 
beschriebenen  charakteristischen  objektiven  Symptome  finden  zu  können. 

23 


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— 354 


Analog  jenem  von  Lücke  erwähnten  Fall,  in  welchem  er  bei  einer  jangen 
Dame  durch  Zunahme  der  Belastung  der  Füsse  in  Folge  von  Korpulent 
das  Leiden  entstehen  sah,  entschloss  ich  mich  non  wegen  des  geringen 
Körpergewichtes  des  X.  eine  künstliche  Mehrbelastung  der  einzelnen 
Füsse  durch  längeres  Stehen  auf  einem  Fusse  eintreten  zu  lassen. 

Während  nun  der  rechte  Foss  seine  Gestalt  nicht  wahrnehmbar 
veränderte,  sank  im  Verlaufe  von  etwa  5 Minuten  der  benetzte  linke 
Fass  in  seiner  ganzen  Breite  auf  den  Erdboden  und  hinterliess  dort  den 
Abdruck  des  ausgebildeteu  Plattfnsses;  Figur  b auf  Seite  1119  des 
2.  Bandes  von  König’s  Chirurgie  ging  gewissermaassen  in  Figur  c über. 

Das  eingeforderte  Gutachten  lautete  nunmehr  unter  Anführung  des 
Befundes: 

Der  Unterzeichnete  kann  keiner  der  von  dem  X.  angegebenen  Ver- 
letzungen einen  Einfluss  auf  die  linksseitige  Plattfüssigkeit  zusprecheu, 
da  auch  rechts  annähernd  dieselbe  Deformität  des  Fusses  vorhanden  ist; 
vielmehr  handelt  es  sich  hier  um  ein  Leiden,  welches  aus  der  etwas  zarten 
Kürperkonstitution  des  X.  und  der  frühzeitigen  häufigen  Belastung  der 
Füsse  durch  das  Heben  schwerer  Lasten  in  der  Wachsthumsperiode  als 
sogenannter  entzündlicher  Plattfuss  (Tarsalgie  des  adolescents)  seinen 
Ursprung  genommen  bat  und  in  einer  Erschlaffung  der  die  Knochen  des 
Fussgewölbes  verbindenden  Bänder  besteht.  Der  X.  ist  demnach,  da  zur 
Beseitigung  dieses  Leidens  längere  Zeit  erforderlich  ist,  nach  Anlage  3 
der  R.-0.  für  jetzt  unbraoebbar  zum  Militärdienst. 

Erst  fünf  Jahre  später  kam  ein  zweiter  Fall  dieser  im  Allgemeinen 
wohl  nicht  häufigen  Krankheit  zu  meiner  Beobachtung.  Derselbe  betraf 
einen  Rekruten,  welcher  mit  der  Bezeichnung:  , Breitfass,  besonders 
rechts“  zur  Einstellung  gelangte.  Der  X.  war  zwar  ein  kräftig  gebauter 
Mensch,  indessen  von  ausgesprochen  skropholüsem  Habitus.  Die  erste 
Rekrutenzeit,  in  welcher  vorwiegend  geturnt  wurde,  überstand  er  ohne 
Beschwerden;  als  indessen  das  Fussexerziren  und  der  langsame  Schritt 
häufiger  geübt  wurden,  stellten  sich  auch  bei  ihm,  und  zwar  ebenfalls  im 
linken  Fuss,  Schmerzen  ein,  die  ihm  diesen  Dienst  unmöglich  machten. 
Eine  kurz  dauernde  Schonung  von  diesem  Dienstzweige  schuf  anch  hier 
Besserung,  indess  ebenfalls  nicht  von  Bestand.  Die  beigegebene  Abbildung 
zeigt  das  Verhalten  der  Füsse,  sie  ist  die  direkte  Verkleinerung  der  Ab- 
drücke der  geschwärzten  Füsse  mittelst  des  Storchschnabels. 

Auch  hier  war  das  Leiden  in  der  Wachsthumsperiode  entstanden, 
in  welcher  der  X.  als  Kaufmannslebrling  häufig  schwere  Säcke  zu  tragen 


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355 


batte.  Das  von  der  Militärbehörde  eingeforderte  Oatachten  lautete  wie 
oben.  Beiden  wurde  empfohlen,  das  Leiden  durch  den  Gebrauch  einer 
federnden  Sohle  zu  beseitigen. 

Stellung  auf  dem  linken  ^ein.  Natürliche  Stellung  auf  beiden  Beinen. 

Linker  PotiB.  Linker  Pa.<u.  K«cht«r  Fiue. 


Zu  der  Beurtheilung  dieses  Zustandes  ist  indessen  die  Beobachtung 
einiger  Kautelen  erforderlich.  Zunächst  muss  das  Kippen  des  Fusses 
beim  einbeinigen  Stehen  dadurch  vermieden  werden,  dass  man  den  zu  Unter- 
suchenden das  im  Knie  gebeugte  Bein  hart  an  dem  Standbein  nach  hinten 
heben  lässt,  auch  ein  leichtes  Anhalten  mit  den  Händen  an  eine  Stuhl- 
lehne gestattet.  Dann  aber  erhält  man  auch  annähernd  ähnliche  differente 
Abdrucke  desselben  Fusses  bei  gleichzeitig  bestehendem  un ausgebildeten 
Plattfuss  und  X-Bein,  besonders  auf  einer  Seite,  wie  es  bei  den  meisten 
Tischlern  vorkommt.  Hierbei  wird  der  Richtungsfehler  des  Beines  heim 
gewöhnlichen  Gehen  sehr  häufig  durch  Einwärtsstellung  des  Fusses 
korrigirt.  Der  Fuss  lässt  dann  in  dieser  natürlichen  Stellung  den  Ab- 
druck des  leichten  Plattfusses  zurück,  während  er  bei  der  militärischen 
Auawärtsstellung  der  Füsse  unter  dem  Einfluss  des  Richtungsfehlers  des 
Beines  mit  seinem  innern  Rande  dem  Erdboden  mehr  genähert  wird. 
Indessen  die  dadurch  entstehenden  Unterschiede  sind  niemals  so  erheblich 
wie  bei  dem  entzündlichen  Plattfuss,  und  die  daraus  entspringenden  Be- 
schwerden meistens  durch  die  Gewöhnung  zu  überwinden. 

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2.  ZerrDog  der  BicepS'Sehne. 

Vor  mehreren  Jahren  entkorkte  ich  mit  aller  Kraftanstrengnng  eine 
sehr  fest  verkorkte  Flasche,  nm  einer  ohnmächtigen  Patientin  Wein  ein- 
zuflössen.  Einige  Tage  darauf  verspürte  ich  eigen  auf  die  Stelle  des 
Bolcus  bicipitalis  lokalisirteu  Schmerz  am  rechten  Oberarm,  der  bei  Druck 
znnabm  und  das  Erheben  des  Armes  besonders  beim  militärischen  Grosse 
sehr  erschwerte.  Diese  Erscheinungen  steigerten  sich  in  wenigen  Tagen 
zu  den  heftigsten  Schmerzen  bei  der  geringsten  Bewegung  und  dem  voll- 
ständigen Unvermögen,  den  Arm  zu  bewegen.  Da  auch  das  blosse 
Hängen  des  Armes  sehr  schmerzhaft  war,  trug  und  unterstützte  ich  den- 
selben mit  der  linken  Hand,  bis  eine  angelegte  Mitelle  diese  Unter- 
stützung ersetzte.  Eis  und  Blutegel  und,  da  auch  an  akuten  RheumaUs- 
mus  gedacht  wurde,  Salicyl  brachten  mir  nicht  die  geringste  Besserung. 
Erst  als  mir  der  ganze  Arm  in  Mitellenstellung  an  den  Brustkorb  gegipst 
wurde,  besserte  sich  der  Zustand  von  Tag  zu  Tag,  so  dass  nach 
etwa  lü  Tagen  der  Verband  abgenommen  und  allmälig  und  vorsichtig 
der  Arm  wieder  ohne  Schmerz  gehoben  werden  konnte.  Weitere  8 Tage 
brachten  mir  die  vollständige  Gebranchsfähigkeit  desselben. 

Auch  hier  vergingen  Jahre,  ehe  die  ebenfalls  wohl  seltene  Krank- 
heit wieder  in  meine  Behandlung  kam;  indessen  jetzt  innerhalb  einer 
Woche  in  merkwürdiger  DuplizitJ^'.  Der  eine  Fall  betraf  einen  Offizier, 
der  ein  eifriger  Turner  mit  Hantel  und  Trapez  war  und  der  angab,  schon 
früher  dasselbe  Leiden  in  geringerem  Grade  gehabt  zu  haben,  das  damals 
als  Rheumatismus  ohne  Erfolg  mit  grossen  Mengen  von  Salicyl  behandelt 
worden  sei;  der  andere  einen  Beamten,  der  auf  der  Jagd  auf  den  vor- 
gebaltenen  Arm  gestürzt  war;  hier  links,  dort  rechts.  Bei  beiden  tbat 
der  Gipsverhand  in  gleich  überraschender  Weise  seine  Schuldigkeit. 

Es  ist  zu  bemerken,  dass  die  Diagnose  dadurch  erschwert  wird,  dass 
die  Ursache,  wahrscheinlich  doch  wohl  Hyperextension  des  Biceps, 
mehrere  Tage  vor  den  ersten  Anfängen  der  Beschwerden  wirksam  ist 
und  von  den  Patienten  selber  wegen  ihrer  Geringfügigkeit  nur 
wenig  beachtet  wird.  Indessen  die  Symptome  dieser  Affektionen  sind  so 
charakteristisch,  dass,  wenn  man  sie  einmal  kennen  gelernt  bat,  sie  auch 
keinen  Zweifel  an  der  Natur  des  Leidens  lassen.  Das  Tragen  des 
Armes  mit  der  andern  Hand,  als  ob  es  sich  um  eine  Verrenkung  oder 
gar  nm  einen  Enochcnbrnch  handele,  die  Unmöglichkeit,  den  Arm,  be- 
sonders nach  vorn  zum  militärischen  Grosse,  zu  heben,  der  lediglich  auf 
dem  sulcus  fixirte  Schmerz  bei  Bewegung  und  Druck  schliessen  bei  dem 


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gleichzeitigen  Fehlen  jeglicher  Deformität  and  Geachwalst  des  Gelenkes 
eine  verbreitete  tranmakische  oder  rheamatische  Entzändaog  oder  sonstige 
Verletzang  desselben  aas. 

Zar  Technik  des  Gipsverbandes  möchte  ich  noch  bemerken,  dass 
man  denselben  so  anlegt,  dass  man  Schulter  and  Ellenbogen  durch  ein 
Wattepolster  schätzt  and  zweckmässig  auch  einen  Bausch  hydrophiler 
oder  noch  besser  aatiseptischer  Watte  zur  Aufnahme  and  Desodorisirung 
des  Schweisses  in  die  Achselhöhle  schiebt  nnd  dann  mit  der  losen  Ein* 
wickelnng  mit  nassen,  breiten,  angegipsten  Gazebinden  beginnt.  Schob 
laf  die  erste  Lage  derselben  wird  von  einem  Gehülfen  ein  dünner  Gips* 
brei  verrieben,  während  man  fortfährt,  weitere  Gazeschicbten,  stets  unter 
weiterer  Aaftragnng  von  Gipsbrei,  etwa  4 — 6 an  der  Zahl,  herzastellen. 
Diese  Gipsverbände  haben  den  Vorzug  grosser  Elastizität,  so  dass  man 
sie,  selbst  wenn  sie  ganz  erstarrt  sind,  noch  unter  der  gesunden  Schalter 
anfscbneiden,  abnehmen  and  zum  Schnüren  herrichten  lassen  kann.  Ich 
habe  sie  auch  am  Fass-,  Knie-  und  Ellenbogen-Gelenk  mit  Erfolg  an- 
gelegt and  würde  kein  Bedenken  tragen,  sie  auch  bei  Skoliose  oder 
Rippenbrach  am  Thorax  anzulegen,  am  den  Trikotstoff,  der  nicht  über- 
all za  haben  and  recht  theuer  ist,  entbehren  zu  können. 


Die  militärärztlichen  Fortbildanpkurse  für  das  XII.  (Königlich 
Sächsische)  Armeekorps  im  >Yinterhaibjahr  1887/88. 

Von 

Dr.  W.  Roth, 

Qeoer&lant  ].  Kl.  Diid  Kor|>sant  des  XIL  (Eönigl.  Sachs.)  Armeekorps. 


Das  XII.  (Königl.  Sächs.)  Armeekorps  besitzt  seit  1871  die  Ein- 
richtang  der  Fortbildnngsknrse,  über  welche  in  dieser  Zeitschrift  laufend 
berichtet  worden  ist.  Die  ursprüngliche  Einrichtung  derselben  ist  nicht 
wesentlich  verändert  worden.  Lebrgegenstände  bilden  pathologische 
Sektionen,  Operalionsknrse,  innere  Militär  - Medizin  and  Diagnostik, 
bakteriologische  Untersachangen,  Augen-  and  Obrenuntersachungen, 
Militär-Gesundheitspflege  praktisch  und  theoretisch,  Militär-Medizinal-Ver- 
fassung,  praktischer  Lazarethdienst,  Traindienst  and  Reiten.  Die  Theil- 
nehmer  waren  hauptsächlich  Stabsärzte,  Assistenzärzte,  Unterärzte  und 
eiojährig  - freiwillige  Aerzte,  nur  1876  and  1881  nahmen  Je  10  resp. 


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7 Oberstabsärzte  von  Oktober  bis  Weihnachten  an  den  Kursen  Theil. 
Die  Zeitdauer  dieser  Kurse  ist  nur  insofern  abgeändert  worden,  als  die- 
selben bis  zum  Jahre  1884  von  Milte  Oktober  bis  Mitte  Februar  dauerten, 
seitdem  aber  für  die  von  auswärts  kommandirten  Sanitätsoffiziere  nur 
bis  Weihnachten  währten  und  die  praktischen  Uebungen  nach  Weihnachten 
nur  für  die  in  Dresden  stehenden  Aerzte  fortgesetzt  wurden. 

Seit  Oktober  1887  ist  non  in  den  Fortbildnngsknrsen  eine  wesentliche 
prinzipielle  Veränderung  eingetreten,  für  welche  der  äussere  ^nstoss 
durch  die  Nothwendigkeit  der  Wiederholung  eines  Oberstabsarztkurses 
gegeben  war.  Es  ist  nicht  nur  eine  zeitliche,  sondern  auch  eine  sach- 
liche Trennung  in  den  Kursen  für  Oberstabsärzte  und  solchen  für  die 
übrigen  Sanitätsoffiziere,  Unter-  nhd  einjährigen  Aerzte  erfolgL  Die 
Kurse  für  die  Letzteren  finden  von  Mitte  Oktober  bis  Weihnachten  statt, 
und  daran  schliesst  sich  vom  10.  Januar  bis  1.  Februar  ein  Kurs  für 
Oberstabsärzte  bezw.  Stabsärzte,  die  für  chefärztliche  Stellungen  bei  der 
Mobilmachung  designirt  sind,  und  einer  wesentlich  anderen,  unten  ge- 
nauer zu  besprechenden  Fortbildung  bedürfen. 

I.  Der  Fortbildungsknrsns  für  Stabs-  und  Assistenzärzte, 
Unterärzte  und  einjährig- frei  willige  Aerzte  vom  17.  Oktober 
bis  21.  Dezember  1887. 

Zn  diesem  Kurse  (dem  17.)  waren  7 Stabsärzte,  6 Assistenzärzte  2.  Kl., 
3 Unterärzte  und  6 einjährig-freiwillige  Aerzte  befehligt.  Ausser  diesen 
nahmen  noch  3 Assistenzärzte  1.  Kl.  des  Beurlaubtenstandes  während 
einer  dreiwöchentlichen  Dienstleistung  behufs  Erlangung  der  Qualifikation 
zum  Stabsarzt  der  Reserve  an  den  Vorlesungen  und  Operationsübungen 
TheU. 

‘ Im  Lehrpersonal  ist  die  Veränderung  eingetreten,  dass  Stabsarzt 
Ileymann  unter  Assistenz  von  Stabsarzt  Gräfe  an  Stelle  des  zum 
Oberstabsarzt  2.  Kl.  beförderten  und  versetzten  Stabsarztes  Fischer  der 
Unterricht  über  Augenuntersnchungen  übertragen  ist.  Die  Lehrgegen- 
stände sind  dieselben,  wie  im  vorigen  Jahre. 

Professor  Neelsen  leitete  die  pathologisch  - anatomischen 
Uebungen.  Im  Ganzen  wurden  18  Vorträge  gehalten;  dieselben  be- 
zogen sich  zum  Theil  auf  die  technische  Ausführung  gerichtlicher 
Sektionen,  wobei  14  Brustsektionen , 11  Bauchsektionen  und  6 Gehirn- 
sektionen von  den  Knrstheilnehmern  ansgeführt  wurden.  Zum  andern 
Theil  bildete  die  allgemeine  nnd  spezielle  Pathologie  den  Inhalt  der 
Vorträge  und  es  konnten  alle  wichtigeren  Kapitel  derselben  unter  De- 


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moosCratiou  erkrankter  Organe  von  96  frischen  Leichen,  sowie  einer 
grösseren  Zahl  mikroskopischer  Präparate  und  einiger  Spirituspräparate 
berücksichtigt  werden. 

Id  dem  von  Stabsarzt  Seile  abgebaltenen  Operationskursus 
wurden  in  3G  Stunden  an  12  Leichen  904  Operationen  ausgeführt.  Sodann 
wurden  einige  ausgewählte  Kapitel  der  Kriegschirurgie,  insbesondere  die 
autiseptische  Wnudbehaudlung  auf  dem  Schlachtfelde  und  im  Feldlazareth 
uod  die  konservativ -operative  Richtung  der  heutigen  Feldcbirurgie  ein- 
gehend behandelt  und  zahlreiche  kriegschirurgischc  Apparate  und  Verband- 
Uteosilien  demonstrirt. 

Den  Unterricht  über  Augenuntersuchungen  gab  Stabsarzt 
Ileymann  unter  Assistenz  von  Stabsarzt  Gräfe.  Derselbe  umfasste 
in  15  Stunden  theils  theoretische  Vorträge,  tbeils  Uebungen  in  der  ob- 
jektiven Bestimmung  der  Refraktion,  Sehschärfe-,  Farbensinn-Prüfungen 
sowie  Liebtsinn-  und  Gesichtsfeld-Messungen.  Daneben  wurde  über  Er- 
kennung, Verlauf  und  Behandlung  zahlreicher  äusserer  und  innere  Augen- 
krankbeiten  gesprochen,  ini  Anschluss  an  Krankenvorstellungen,  die, 
soweit  der  Bestand  der  Augenstation  des  Garuison-Lazarethes  geeignete 
Fälle  nicht  darbot,  in  der  Augenabtheilung  des  Krankenhauses  der  hiesigen 
Diakonissen-Anstalt  angesehen  wurden. 

Die  Ohrenuntersuchungen  leitete  Oberstabsarzt  1.  Kl.  Becker. 
Id  17  Vorlesungen  und  Uebungen  wurden  123  Mann  untersucht,  welche 
an  156  Aifektionen  litten.  Die  Untersuchungen  erstreckten  sich  unter 
Demonstration  von  Präparaten  und  Abbildungen  auf  normale  und  patho- 
logische Trommelfelle  in  Verbindung  mit  genauen  Beschreibungen  des 
Befundes  und  Nacbzeichnen  desselben.  Daneben  wurden  die  Affektionen 
des  Mittelohres  nach  Diagnose  und  Therapie  besprochen  und  therapeutische 
Vornahmen  in  den  Kursstunden  ausgeführt.  So  wurden  Prüfungen  des 
Gehörs  vorgenummen,  sowie  die  Methoden  zur  Erkennung  von  Simulanten 
nod  die  maassgebenden  Bestimmungen  der  R.  O.  und  der  Dienstanweisung 
bezüglich  der  Beurtheilung  der  Schwerhörigkeit  in  Rücksicht  auf  Militär- 
Dieustßihigkeit  besprochen. 

Ueber  innere  Militärmedizin  hielt  Oberstabsarzt  1.  Kl.  Stecher 
10  Vorlesungen  und  behandelte  die  Krankheiten  des  Herzens  in  der 
Armee  mit  Vorstellung  von  5 Fällen,  die  Aneurysmen  unter  Vorstellung 
von  1 Aneurysma  der  Art.  subclavia  sinistra,  die  Anwendung  und 
Wirkung  der  Slrophantus  - Samen,  den  Unterleibstyphus  unter  Berück- 
sichtigung der  Massenbebandlung  nebst  Krankenvorstellung  und  in  gleicher 
Weise  die  infektiösen  Lungenentzündungen.  Sodann  besprach  derselbe 


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die  ZerreissoDg  des  Masc.  rect.  abdom.  nnd  ihre  Bedeotung  för  den 
Militärdienst;  die  Unterleibsentzändongen  nnd  Affektionen  der  Regio  iliaca 
dextra  nebst  Krankenvorstellung  and  den  gegenwärtigen  Standpunkt  der 
Cholerabehandlung. 

Der  vom  Stabsarzt  Balmer  abgehaltene  Kursus  über  innere 
Diagnostik  berücksichtigte  hauptsächlich  den  allgemeinen  Theil  der- 
selben. Die  Vorträge  über  Blut,  Sputum,  Harn,  Fäces  und  Parasiten 
waren  mit  Demonstrationen  und  mikroskopischen  und  chemischen  Unter- 
suchungen verbanden.  Namentlich  wurde  der  Nachweis  der  Tuberkel- 
Bacillen  durch  häufig  vorgenommene  Untersuchungen  geübt. 

In  den  Vorträgen  über  Militärgesnndheitspflege  behandelte 
Generalarzt  1.  Kl.  Roth  das  Wasser,  die  Beschaffenheit  und  Gestaltang 
des  Bodens  und  seinen  Einfluss  auf  die  Gesundheit,  die  Wohnungshygiene 
mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Kasernen,  Lager  und  Kranken- 
häuser. 

Gleichzeitig  wurden,  wie  im  Vorjahre,  eine  Reihe  hygienisch  inter- 
essanter Gebäude  und  Anstalten  besichtigt,  darunter  mehrere  Kasernen, 
die  Städtischen  Wasserwerke,  das  Dresdener  Hoftheater,  das  Zellen- 
gefängniss,  die  Droguen  - Appretur  - Anstalt  von  Gehe  db  Co.,  die  Gas- 
anstalt in  Dresden-Neustadt,  die  Militär-Waschanstalt,  Militär  - Bäckerei, 
Montirungsdepot  sowie  das  Stadtkrankenhaus  zu  Dresden -Friedrichstadt. 

An  mehreren  Nachmittagen  fanden  Besichtigungen  des  Garniaon- 
Lazarethes  statt,  und  im  Anschluss  daran  Vorträge  von  Oberstabsarzt  1.  El. 
Klien  über  die  Anlage,  Einrichtung  und  Dienstbetrieb  desselben,  sowie 
das  darin  enthaltene  Material  für  Feldausrüstungen. 

Ueber  hygienische  Chemie  hielt  Oberstabsarzt  2.  Kl.  Helbig 

9 Vorlesungen  im  Wesentlichen  über  dieselben  Themata,  wie  in  früheren 
Jahren.  Im  Anschluss  daran  fanden  17  Uebungen  zu  je  zwei  Standen 

10  hygienischer  Chemie  statt,  die  namentlich  Luft-  und  Wasserunter- 
suchungen  zum  Gegenstände  hatten. 

In  den  bakteriologischen  Demonstrationen  hielt  Stabsarzt 
Schill  9 Vorträge  über  Geschichte  der  Bakterienkunde,  Systematik, 
Biologie  der  Mikroorganismen  und  über  Nachweisung  der  Bakterien 
durch  Färbung,  Züchtung  und  Impfung  sowie  über  einige  Infektions- 
krankheiten. 

In  den  Vorträgen  über  Militär  - Sanitäts  wesen  sprach  Stabsarzt 
Müller  über  die  Organisation  des  Heeres-Sanitätswesens  im  Kriege  und 
im  Frieden  in  den  europäischen  Grossstaaten  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung der  Kriegs -Sanitäts -Ordnung.  Eingehend  besprochen  wurde 


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fenier  die  Kriegs- Etappen-Ordoang  vom  3.  September  1887  mit  dem  der- 
selbeo  aDgefögten  Organisationsplan  der  freiwilligen  Krankenpflege  im 
Kriege,  sowie  die  Genfer  Konvention.  (Diese  Vorträge  ober  Militär- 
Sanitätswesen  werden  nicht  nnr  während  der  Knrsperiode,  sondern  auch 
im  Sommer  für  sämmtliche  einjährig-freiwillige  nnd  Unterärzte  gehalten, 
eine  Einrichtnng,  die  gegenüber  einer  Instraktion  in  den  einzelnen  Trnppen- 
theilen  entschieden  Vorzüge  bat) 

Der  Unterricht  im  Traindienst  nnd  Reiten  wurde  von  Premier- 
lieatenant  Eccarius  und  Lieutenant  Georgi  des  Train-Bataillons  No.  12 
gegeben.  Reitnnterricht  erhielten  10  Militärärzte  in  39  Stunden  5 mal 
wöchentlich;  an  den  Vorträgen  über  Traindienst,  einmal  wöchentlich, 
nahmen  alle  zum  Kursus  kommandirten  Sanitätsofflziere  und  einjährig- 
freiwilligen  Aerzte  Theil. 

II.  Der  Fortbildnngskursus  für  Oberstabsärzte  vom  11.  Januar 
bis  1.  Februar  1888. 

Die  Thatsache,  dass  bisher  den  zu  den  Königl.  Preussiscben  nnd 
König!.  Sächsischen  Fortbildungskursen  kommandirten  Oberstabsärzten 
dieselben  Gegenstände,  wie  den  Aerzten  der  unteren  Rangstufen  gelehrt 
worden,  entspricht  nicht  den  an  die  verschiedene  Thätigkeit  derselben 
im  Kriege  gestellten  Anforderungen.  Wenn  es  auch  unbedingt  den  Ober- 
stabsärzten möglich  sein  muss,  in  diesen  Kursen  den  Fortschritten  der 
ärztlichen  Wissenschaft  zu  folgen,  so  erfordert  doch  andererseits  die 
Thätigkeit  leitender  Aerzte,  welche  in  der  Hauptsache  aus  dieser  Charge 
entnommen  werden,  eine  Summe  von  Kenntnissen,  wie  sie  nnr  militär- 
ärztliche Korse  bieten  können. 

Diese  Betrachtungen  führen  dazu,  Kurse  für  Oberstabsärzte  anders 
gestaltet  zu  wünschen  als  die  für  Stabsärzte  und  andere  jüngere  Aerzte. 
Diese  Auffassung  ist  bereits  in  anderen  Deutschen  Kontingenten  ebenfalls 
getheilt  worden,  speziell  in  der  Königl.  Bayerischen  Armee,  woselbst  seit 
dem  Jahre  1880  sehr  eingehende  Instruktionsknrse  für  Oberstabs-  nnd 
Stabsärzte  im  Traindienst  während  drei  Wochen  abgehalten  werden.  Alle 
hierauf  bezüglichen  Unterlagen  wurden  dem  Verfasser  seitens  des  Königl. 
Bayer.  Kriegsministeriums  und  des  Herrn  Generalstabsarztes  v.  Lotzbeck 
unter  Vermittelung  des  Königl.  Sächs.  Kriegsministeriums  zur  Verfügung 
gestellt. 

Diese  Kurse  umfassen  die  Mobilmachung,  Aufstellung  und  Führung 
von  Feldlazarethen  nnd  Sanitätsdetachements  sowohl  mit  Rücksicht  auf 
alle  Verhältnisse  derselben  als  Kolonnen  wie  der  technischen  Verwendung 


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derselben,  wobei  den  sämmtlichen  kommandirten  Sanitätsoffizieren  Reit- 
unterricht  crtbeilt  wird.  Diese  mit  dem  besten  Erfolge  ertheilten  In- 
struktionskurse  in  der  Königl.  Bayer.  Armee  gaben  den  Anstoss  zu  einer 
ähnlichen  Einrichtung  für  das  Königl.  Sächsische  Sanitätskorps,  welche 
in  diesem  Jahre  zum  ersten  Male  ins  Leben  trat  An  derselben  nahmen 
Theil:  der  Korps-Generalarzt,  8 Oberstabsärzte  1.  Kl.,  darunter  3 Divisions- 
ärzte, und  2 Oberstabsärzte  2.  Kl.,  von  denen  3 Oberstabsärzte  1.  Kl. 
und  1 Oberstabsarzt  2.  Kl.  von  ausserhalb  nach  Dresden  kommandirt 
waren. 

Der  nebenstehende  Stundenplan  setzt  sich  ans  wissenschaftlichen  Gegen- 
ständen (Operationsübnngen,  Sektionsübungen  und  bakteriologischen  De- 
monstrationen), sowie  aus  rein  praktischen  (Traindienst,  Mobilmachnng 
eines  Feldlazarethes,  Vorträgen  über  Feldfnnktionen,  Kartenlesen  und 
Kriegsspiel)  zusammen. 

Die  pathologischen  Sektionen  fanden  unter  Leitung  des  Professors 
Neelsen  an  dem  reichen  Material  des  Sladtkrankenhauses  in  fünf 
Doppelstunden  mit  Rücksicht  auf  die  Technik  gerichtlicher  Ob- 
duktionen statt. 

In  den  Operations-Kursen  unter  Leitung  des  Stabsarztes  Seile 
sind  in  sechs  Doppelstunden  201  Operationen  ansgeführt.  Gleichzeitig 
wurde  die  Behandlung  der  Gewehrschosswunden  eingehend  besprochen, 
wobei  auch  die  Bedeutung  der  kleinkalibrigen  Geschosse  unter  Vor- 
zeigung der  dahin  gehörigen  Projektile  und  des  komprimirten  Pulvere 
vom  militär-chirurgischen  Standpunkt  erläutert  werden  konnte. 

Die  bakteriologischen  Vorträge  durch  Stabsarzt  Schill  be- 
handelten in  fünf  Stunden  die  Desinfektion,  den  Nachweis  der  Bakterien 
durch  F'ärbung,  das  Koch’sche  Kultur  verfahren  und  gaben  zum  Schluss 
einen  Ueberblick  über  die  sicher  auf  Mikroorganismen  beruhenden 
Krankheiten. 

Die  praktischen  Fächer  waren  in  diesen  Kurs  mit  besonderer 
Rücksicht  auf  die  Thätigkeit  leitender  Sanitätsoffiziere  eingefügt.  Im 
Vordergründe  stand  hier  die  dienstliche  Aufgabe  des  Chefarztes,  welcher 
die  Vorträge  über  Traindienst,  die  Mobilmachnng  eines  F'eldlazareths  und 
theilweise  auch  das  Kartenlesen  gewidmet  waren. 

Der  Train  dienst,  vorgetragen  von  Major  Rosenmüller  vom 
Königl.  Säcbs.  Train -Bataillon  No.  12,  wurde  nach  dem  Gesichtspunkt 
behandelt,  was  für  den  Chefarzt  eines  Feldlazareths  bei  der  Mobil- 
machung und  der  ThUtigkeit  eines  Feldlazareths  von  Wichtigkeit  ist.  Hier- 
zu wurde  der  Gegenstand  io  11  Vorträge  getheilt. 


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Sit  andeu -Plan 

des  oberslabBärztlichen  FortbildungRkursus  zu  Dresden 

vom  11.  bis  31.  Januar  1888. 


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1)  KeDDtnisB  nod  Benrtheilaog  des  Pferdes.  Besprechang  der 
Qualifikation  als  Reit-  oder  Zagpferde,  der  Pferdewartung  ond  Fütterung. 

2)  Zusammenstellong  der  Pferde  eines  Feldlazaretbs  (dazu  20  Pferde 
vorgeführt).  Anleitaog  zur  Durchsicht  und  Prüfung  der  Pferde  and  zur 
Taxirung  des  Pferdealters.  Besprechung  des  Hufheschlags. 

3)  Die  hauptsächlichsten  Pferdckrankheiten  und  ihre  Behandlang. 
Besichtigung  der  Bekleidungs-  und  Oeschirrkammern  für  die  Feldlazarethe. 

4)  Kenntniss  der  Zäumung,  Sattelung  und  Beschirrung;  Verpassen 
von  Kummeten  und  Sätteln,  ausgeführt  an  Pferden.  Verpassen  und  Zu* 
sammenstellen  der  einzelnen  Geschirrtheile,  erläutert  durch  Zusammen- 
setzen von  Geschirren. 

5)  Vorbereitung  der  Geschirrtheile  etc.  zum  Gebrauch.  Behandlang 
und  Eonservirung  des  Materials  an  Bekleidung,  Beschirrung  und  Kriegs- 
fabrzengen. 

6)  Besichtigung  der  Kriegsfahrzenge  eines  Feldlazaretbs  und  An- 
weisung zu  ihrer  Beladung. 

7)  Erklärung  der  Konstruktion  der  Kriegsfahrzeuge;  ihre  Behand- 
lung, Eonservirung  und  Beladung.  Herstellnngsarbeiten  an  Fahrzeugen 
und  Geschirren. 

8)  Zäumen,  Satteln,  Schirren,  An-  und  Abspannen  (praktisch  vor- 
gefübrt).  Packordnung,  erläutert  an  vorgeführtem  Gepäck  für  Fahrer 
vom  Sattel  und  vom  Bock,  wie  für  anberittene  Pferdewärter. 

9)  Vortrag  über  Marschordnung  und  Marschdisziplin,  über  Verhalten 
im  Quartier  und  im  Biwak  unter  Bezugnahme  auf  die  einschlägigen 
Bestimmungen  der  F.-D.-O. 

10)  Einrichten  des  Biwaks  eines  Feldlazaretbs  (praktisch  auf  der 
Reitbahn). 

11)  Ueberblick  über  die  Arbeiten  eines  Kolonnenführers  während 
einer  Mobilmachung  und  Besprechung  der  Kolonnenführung  im  Felde. 

Letztere  Besprechung  erfolgte  an  der  Hand  eines  Terminkalenders; 
es  wurden  die  täglichen  Arbeiten,  die  allgemeine  Organisirung  des 
Dienstes,  die  Fassungen  im  Arsenal,  Lazarethdepot  und  Proviantamte, 
die  Behandlung  und  Eintbeilung  der  Mannschaften,  der  Verpflegungs- 
modos  bei  einer  Mobilmachung,  die  Zusammensetzung  und  die  Pflichtoi 
der  Eassen-Eommission  und  die  Einrichtung  des  Traindienstes  bei  einem 
Feldlazaretb  besprochen.  Hierbei  wurde  besonders  darauf  hingewiesen, 
wie  von  der  persönlichen  Wirksamkeit  und  Geschicklichkeit  des  Chef- 
arztes, von  seinem  festen  Willen  hauptsächlich  die  Gestaltung  seiner 
Kolonne  zu  einem  mit  beendeter  Mobilmachung  sofort  brauchbaren  zu-  ' 


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verlänig  arbeitenden  Tmppenkörper  abhängig  ist,  nnd  wie  die  Mobil- 
macbang  der  Prüfstein  seiner  organisatorischen  Fähigkeiten  bleibt. 

Neben  diesen  höchst  werthrollen  VortrSgen  and  praktischen  De- 
monstrationen konnte  leider  kein  Reit-Unterricht  ertheilt  werden,  da  die 
Zeitdazn  za  kurz  war;  trotz  alledem  mnss  dies  angestrebt  werden,  da  ein 
wesentlicher  Theil  der  Leistnngsfahigkeit  eines  Chefarztes,  wie  aller  im 
Felde  verwendeten  Aerzte  davon  abhängt,  dass  er  im  Reiten  geübt  ist. 

An  den  Vortrag  über  Traindienst  schloss  sich  die  praktische  Uebung 
in  der  Mobilmachung  eines  Feldlazareths  unter  Leitung  des  Ober- 
stabsarztes 1.  Kl.  Elien.  Es  waren  hierzu  fünf  Vormittage  angesetzt,  , 
in  welchen  folgendes  Programm  ausgeführt  wurde. 

1)  Vortrag  über  die  Organisation  der  Feldlazaretbe  und  die  Aufgaben 
des  Chefarztes  im  Besonderen. 

2)  Besichtigung  des  Lazarethdepots  mit  der  vorschriftsmässigen  Ans- 
stattong  der  Sanitätsformationen. 

3)  Besprechung  nnd  Vorführung  der  Kriegsfahrzenge  der  SanitSts- 
formationen  durch  den  Major  Rosen müller. 

4)  Formation  des  etatsmässigen  Sanitätspersonals  eines  Feldlazareths 
and  Beladung  der  Fahrzeuge. 

6)  Aufstellung  des  ganzen  Feldlazareths  mit  vorschriftsmässig  be- 
spannten Wagen  und  Trainmannschaften  io  Marschordnung.  Entladung 
der  Wagen. 

Diese  Eintheilung  hat  sich  sehr  gut  bewährt;  zu  einer  anderen 
Jahreszeit  würde  zweckmässig  ein  Uebnngsmarsch  und  eine  Etablirung 
des  Feldlazareths  sich  mit  derselben  haben  verbinden  lassen,  wie  dies 
io  den  bayerischen  Kursen  geschieht. 

Zum  Kartenlesen  waren  5 Stunden  angesetzt,  in  welchen  der 
Hanptmann  Pfeil,  kommandirt  zur  Ingenieur  - Abtheilong  des  General- 
Stabes,  die  Anforderungen  an  eine  Kriegskarte  erläuterte  nnd  einen 
kurzen  geschichtlichen  Rückblick  über  die  Entwickelung  des  Kartenwesens 
ODter  spezieller  Berücksichtigung  der  Herausbildung  der  Karte  des 
Deutschen  Reiches  1:100  OCX)  gab,  unter  Vorlage  der  alten  Sächsischen 
Meilenkarte  im  Original  sowie  deren  Photographie  und  der  Oberreit- 
Khen  Karte.  Sodann  wurde  an  der  Hand  dieser,  sowie  der  Aeqnidistanten- 
karte  in  1 : 25  000  die  Theorie  der  Bergzeichnung  mit  den  verschiedenen 
Strichmanieren  und  unter  Vorführung  einer  Sektion  der  Reliefkarte  er- 
iäntert.  Hieran  schloss  sich  eine  Vorlegung  der  Maassstäbe  und  Signa- 
len unter  Betrachtung  der  deutschen,  österreichischen,  französischen 
■tod  rassischen  Generalstabskarte.  Auf  jeder  dieser  Karten  erfolgte  die 


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Lösang  einer  kleinen,  theils  erfundenen,  tbeils  dena  Sanitäts-Bericht  über 
die  Deutschen  Heere  im  Kriege  1870  entliehenen  Aufgabe,  welche 
die  Ausnutzung  des  Eartenlesens  für  die  Ausführung  von  Eriegsmärschen 
zu  zeigen  bestimmt  war.  Diese  Vorträge  fanden  das  lebhafteste  Interesse 
und  wurden  von  allen  Theilnehmern  als  eine  wichtige  praktische  Be- 
reicherung der  Fortbildungskurse  begrüsst 

Die  Vorträge  über  Feldfunktionen,  unter  Leitung  des  Korps- 
Generalarztes  Roth,  gingen  von  der  Voraussetzung  ans,  dass  jeder  der 
Theilnehmer  die  Aufgaben  einer  Feldstellung  im  Mobilmachungsfalle  am 
, besten  sich  klar  machen  könnte,  wenn  er  an  der  Hand  seines  Mobil- 
machungskalenders, der  K.-S.-O.  und  Etappenordnung  sich  über  die  ihm 
im  Felde  obliegenden  Pflichten  ausznsprechen  hätte,  womöglich  sollte 
die  eigene  Stelle  des  Vortragenden  dafür  in  Betracht  kommen.  Der 
Vollständigkeit  wegen  wurden  zur  Erweiterung  des  Ueberblicks  alle 
leitenden  Funktionen  der  K.-S.-O.  mit  besprochen. 

An  die  Vorträge  schloss  sich  sodann  eine  freie  Diskussion,  so  dass 
jeder  seine  Erfahrungen  und  Ansichten  zum  Ausdruck  bringen  konnte. 
Es  wurden  auf  diese  Weise  behandelt:  die  Tbätigkeit  des  Feld-Sanitäts- 
chefs,  der  Armee-Generalärzte,  der  Korps-Generalärzte,  der  Divisionsärzte 
und  Chefärzte  der  Lazarethe,  der  Etappen-Generalärzte,  der  Feldlazareth- 
direktoren,  der  Chefärzte  der  Krankentransport-Kommission  und  der  stell- 
vertretenden Korpsärzte. 

Den  Schluss  bildete  eine  Darlegung  der  jetzigen  Bestimmungen  über 
die  freiwillige  Krankenpflege. 

Diese  Besprechungen  haben  sich  als  ungemein  nützlich  erwiesen, 
indem  sie  ausser  einer  genauen  Bekanntschaft  mit  dem  Gegenstände  einen 
anregenden  Austausch  zwischen  den  einzelnen  Theilnehmern  des  Kursus 
berbeiführten  und  hierdurch  eine  Anzahl  recht  wichtiger  Erfahrungen  jedes 
Theilnehmers  zum  Ausdruck  kommen  liessen.  Es  ist  zu  wünschen,  dass 
in  künftigen  derartigen  Kursen  eine  grössere  Anzahl  von  Stunden  für 
diesen  Zweck  angesetzt  wird. 

Um  endlich  die  Tbätigkeit  der  leitenden  Aerzte  im  Ernstfälle  zu 
illustriren,  fand  an  zwei  Abenden  unter  bereitwilliger  Leitung  des  Majors 
Trefurth  vom  Kriegsministerium  Kriegsspiel  statt. 

Der  erste  Abend  batte  die  Darstellung  der  ärztlichen  Tbätigkeit  bei 
einer  Division  zum  Gegenstände  und  zwar  bezog  sich  dieselbe  sowohl 
auf  die  leitende  Tbätigkeit  des  Divisionsarztes  wie  die  Bildung  der 
Truppenverbandplätze  und  die  Verwendung  des  Sauitäts- Detachements 
nebst  zwei  der  Divison  attachirten  Feldlazarethen.  Der  andere  Abend 


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illastrirte  den  Wirkungskreis  des  Korps -Generalarztes  bei  einer  Armee 
TOD  drei  Armeekorps  mit  den  auf  die  weitere  Evakuation  bezüglichen 
Maassnahmen.  Auch  diese  Uebungen  erwiesen  sich  höchst  lehrreich,  wo- 
iD  besonders  die  klare  Weise,  in  welcher  der  Leiter  des  Kriegsspiels 
die  einzelnen  Gefechtsmomente  zum  Ausdruck  zu  bringen  verstand, 
beitrag. 

Der  Gesammteindruck  dieses  oberstabsärztlichen  Kursus  ist  der  ge- 
wesen, dass  er  einem  wirklich  vorhandenen  dringenden  Bedürfniss  im 
Interesse  der  Armee  abznhelfen  geeignet  ist.  Vielleicht  würde  eine 
etwas  längere  Dauer  den  Nutzen  desselben  noch  wesentlich  erhöhen, 
anch  eine  andere  Jahreszeit  würde  den  praktischen  Uebungen  förderlich 
sein,  was  im  diesseitigen  Armeekorps  indessen  durch  die  Verbindung  mit 
den  Operationsknrsen  zur  Zeit  praktisch  nicht  angängig  ist,  wie  schon 
oben  erwähnt. 

Dem  König].  Kriegsministerium,  welches  alle  für  die  Fortbildungs- 
kurse nöthigen  Anträge,  namentlich  auch  die  Kommandirnng  von  Lehrern 
ans  dem  Offizierkorps,  auf  das  Bereitwilligste  genehmigte,  muss  auch  hier 
wieder,  wie  in  früheren  Jahren,  der  wärmste  Dank  ausgesprochen  werden. 
Die  Kurse  sind  für  alle  Theilnehmer  nicht  nur  eine  momentan  wissen- 
schaftlich anregende  und  so  die  Leistungsfähigkeit  des  Einzelnen  erhöhende 
Einrichtung,  eie  führen  auch  vermöge  des  Sanitätsoffizier  - Kasinos  die 
Theilnehmer  gesellig  zusammen  und  fördern  damit  nahe  kameradschaft- 
liche Beziehungen,  die  auf  dem  Boden  gemeinsamer  Arbeit  einen 
dauernden  Werth  behalten. 


Referate  nnd  Kritiken. 


R.  V.  Krafft-Ebing.  Lehrbuch  der  Psychiatrie.  Auf  klinischer 
Grundlage  für  praktische  Aerzte  und  Studirende.  Dritte  uragearbeitete 
Anflage.  Stuttgart.  Verlag  von  Ferdinand  Enke.  1888.  8.  734  S. 

Das  Lehrbuch  von  v.  Krafft-Ebing  ist  seit  Jahren  der  am 
meisten  in  Anspruch  genommene  und  bewährteste  Rathgeber  der 
Sanitäts-Offiziere  auf  dem  schwierigen  Gebiete  der  Beurtheilung  krank- 
hafter oder  zweifelhafter  Geisteszustände.  Die  neue  Auflage  desselben 
wird  daher  um  so  lieber  gesehen  werden,  als  dieselbe  sich  zwar  im 
Ganzen  von  der  früheren  nur  wenig,  im  Einzelnen  aber  vielfach  vortheil- 
haft  unterscheidet.  Trotz  der  Aufnahme  einer  Anzahl  neuer  Kranken- 
geschichten und  der  Erweiterung  einzelner  Kapitel  ist  der  Umfang  des 
^'erkes  nur  um  wenige  Seiten  gewachsen.  Sehr  wesentliche  Umarbeitung 


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I 


— 368  — 


and  Bereicberang  mit  den  Ergebnissea  der  neaesten  Untersnchaogeo  »af 
dem  Gebiete  der  Hirn-Anatomie  nnd  Psjsiolog^e  bat  der  erste  AWbnitt 
(Einfnbmng  in  das  Stndinm  der  Psycbiatrie)  erfahren,  desgleichen  die 
Darstellung  der  Störungen  des  Gedächtnisses,  der  Anomalien  des 
Gescblechtstriebes,  der  Sinnestänschnngen ; minder  umfassende,  aber 
ebenfalls  bedeutsame  Aendernngen  machen  sich  bemerkbar  in  dem  Ab- 
schnitt „Ursachen  des  Irreseins“,  sowie  in  der  Beschreibung  einzelner 
Krankheitsbilder  (Stupidität,  Paranoia,  Dipsomanie,  Paralyse,  moralisches 
Irresein).  In  der  Klassifikation  der  Erkranknngsformen  sind,  abweichend 
von  der  früheren  Eintbeilung,  „Ans  konstitutionellen  Neurosen  entstandene 
Geisteskrankheit“  nnd  „Chronische  Intoxikationen  (Alkoholismns  und 
Morphinismus)“  in  besondere  Gruppen  zusammengefasst;  die  Kapitel, 
welche  sich  mit  dem  „Irresein  auf  nenrastbenischer  Grundlage“  and 
mit  „Morphinismus“  beschäftigen,  sind  überhaupt  neu  hinzngelügt. 

Wir  zweifeln  nicht,  dass  die  hohe  Schätzung,  welche  dem  trefflichen 
Werke  allgemein  zn  Theil  geworden  ist,  durch  die  angedentete  An- 
passung an  neueste  Forschungen  noch  vermehrt  werden  wird;  jedenfalls 
sei  dasselbe  dem  Sanitäts-Öffizierkorps  verdientermaassen  von  Nenem 
znm  Stadium  und  Nachschlagen  angelegentlich  empfohlen. 

Beim  Dnrchlesen  derjenigen  Seiten,  welche  eich  mit  den  Einflüssen 
von  Kriegen  anf  das  Seelenleben  beziehen,  ist  ans  anfgefallen,  dass  das 
Kapitel  „Kriegs-Psychosen“  im  siebenteri  Bande  des  Kriegs-Saniläts- 
Bericbts  anscheinnnd  noch  nicht  znr  Kenntniss  des  Verfassers  gelangt  ist 


Dr.  George  Meyer.  Ans  der  städtischen  Franen-Siecbenanstalt 
zn  Berlin.  Untersuchungen  über  das  Kniephänomen.  (Separat- 
abdrnck  ans  der  Berl.  klin.  Wochenschr.  1888,  No.  2.) 

Verf.  unterzog  sich  auf  Veranlassung  Ewald' s der  Mühe,  bei  den 
vielfach  an  Affektionen  des  Zentralnervensystems  leidenden  Patientinnen 
der  städtischen  Frauen  - Siecbenanstalt  eine  genaue  Untersucbnng  der 
Sehnenreflexe  vorzunebmen.  Er  bediente  sich  hierbei  der  einfachen  Per- 
kussion aus  freier  Hand  mit  dem  Perkussionsbammer.  Zumeist  worden 
halbseitig  gelähmte  Kranke  zur  Prüfung  verwandt.  Es  handelte  sich 
darum  1.  in  der  gewöhnlichen  Weise  durch  Beobachtung  mit  dem  blossen 
Ange  die  Stärke  des  Kniephänomens  festzustellen,  2.  unter  Benotznng 
des  Lassar  - Heller’schen  Messinstrumentes  (Berl.  klin.  Wochenschrift 
1886  No.  52)  den  Ausschlag  des  Beins  aufzuzeichnen.  Es  ergab  sich, 
1.  dass  das  Kniephänomen  auf  der  gelähmten  Körperseite  meist  gegen 
die  gesunde  verstärkt  war,  2.  dass  die  Intensität  des  Patellarreflexes 
nicht  der  Extensität  desselben  zu  entsprechen  braucht.  Das 
Bein  kann  sehr  schnell  und  kräftig  vorgeschleudert  werden,  so  dass  man 
den  Eindruck  eines  verstärkten  Reflexes  bekommt,  und  doch  ist  die  Ans- 
dehnung  der  Kurve  am  Apparat  eine  sehr  geringe.  — Es  folgen  am 
Schloss  die  Resultate  der  Prüfung  bei  Anwendung  von  Physostigmin. 
Die  Intensität  des  Kniephänomens  nahm  fast  stets  nach  der  Physostigmin- 
injektion ab,  während  bezüglich  der  Einwirkung  des  Medikaments  anf 
die  Extensität  etwas  Gesetzmässiges  sich  nicht  feststellen  Hess. 

- G.  - 


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Dr.  HermaDD  Oppenheim.  Zur  Pathologie  der  disseminirten 
Skleroae.  (Sepkratabdrack  ans  der  Berlin,  klin.  Wochenscbr.,  1887, 
No.  48.) 

Verf.  macht  auf  einige  bisher  nicht  genügend  herrorgebobene  Eigen- 
tbSmiicbkeiten  im  Erankbeitsbilde  and  Yerlaufe  der  multiplen  Herd- 
sklerose  unter  Anführung  einschlägiger  Fälle  und  Demonstration  der  zu- 
gehörigen anatomischen  Präparate  aufmerksam.  Die  Krankheit  verläuft 
weit  häufiger,  als  man  im  Allgemeinen  annimmt,  unter  den  Symptomen 
der  spastischen  Spinalparalyse.  Gesichert  wird  hier  die  Diagnose  durch 
die  ophthalmoskopisch  und  perimetrisch  nachweisbare  (Atrophie  der 
äusseren  Pupillenbälften,  konzentrische  Einengung  des  Gesichtsfeldes) 
Optikus-Erkrankung.  — Verf.  bespricht  des  Weiteren  einen  sehr  seltenen 
Fall,  in  welchem  die  Rücken niarkssymptome  die  der  transversalen  Myelitis 
I waren  (ein  Herd  durchsetzte  den  ganzen  Querschnitt). 

I Die  Krankheit  befällt  nicht  ausschliesslich  Erwachsene.  O.  hat 
eioigemale  bei  Kindern  von  4 — 7 Jahren,  2 mal  bei  Knaben  von  12  bis 
I I3  Jahren  die  unanfechtbare  Diagnose  stellen  können.  Des  Oefteren  kann 
man  die  Herdsklerose  der  Erwachsenen  in  ihren  Uranfängen  bis  in  die 
! früheste  Kindheit  zurück  verfolgen,  gewöhnlich  greifen  nur  einzelne 
Symptome  so  weit  zurück.  — Der  Verlauf  ist  ein  sehr  verschiedener; 
i einmal  schleichend,  dann  aber  binnen  weniger  Jahre  zum  Tode  führend, 
ein  ander  Mal  reicht  der  Beginn  unübersehbar  weit  zurück,  die  Krankheit 
macht  während  eines  Dezenniums  keine  erheblichen  Fortschritte;  eine 
j dritte  Verlaufsweise  endlich  ist  die  apoplektiforme:  die  Hirnsyraptome 
. entwickeln  sich  unter  dem  Bilde  apoplektiformer  wiederholter  Anfälle, 
i die  Rückenmarkssymptome  unter  dem  der  akutesten  Myelitis.  Wieder 
in  anderen  Fällen  sind  die  verschiedenen  Krankheitssymptome  gekenn- 
zeichnet durch  die  akute  Entwickelung  und  die  Flüchtigkeit  ihres  Bestehens. 

Fälle,  die  ohne  Anomalie  der  Sensibilität  verlaufen,  sind  sehr 
selten  (im  Gegensatz  zu  den  Lehrbüchern,  vergl.  Strümpei);  meist  bandelt 
es  sich  um  temporäre,  fiüchtige  Anästhesien.  — Die  Lähmungs- 
eracheinungen  treten  häufig  apoplektiform  auf,  um  bald  wieder  zu  ver- 
schwinden; so  entwickelt  sich  nicht  bloss  eine  zeitweilige  Hemi-  oder 
Faraparese,  es  können  auch  einzelne  Nerven  (Facialis-,  Stimmband-, 
Peroneus-Lähmung)  plötzlich  gelähmt  werden. 

Die  Verscbiedenartigkeit  des  klinischen  Verlaufes  erklärt  sich  aus 
den  anatomischen  Befunden;  einmal  tritt  Gefässwucherung  mit  Wand- 
verdickung  in  den  Vordergrund,  ein  anderes  Mal  mehr  parenchymatöse 
I Degenerationen  u.  8.  w.,  hinzu  kommt,  dass  die  Herde  nicht  nur  in  ver- 
schiedenen Stadien  der  Entwickelung  angetroffen  werden,  sondern  auch 
) oft  das  Produkt  ganz  verschiedener  Vorgänge,  akutester  Myelitis  bezw. 
I Encephalitis  circumscripta,  oder  eines  schleichenden  Prozesses  darstellen. 


Dr.  Hermann  Oppenheim.  Die  oscillirende  Hemianopsia  bi- 
temporalis  als  Kriterium  der  basalen  Hirnsyphilis.  Vortrag, 
gehalten  in  der  Gesellschaft  der  Charite  - Aerzte  am  30.  Juni  1887. 
(Separatabdruck  ans  der  Berl.  klin.  Wochenscbr.  1887,  No.  36.) 

0.  bespricht  die  Geschichte  eines  Kranken,  welcher  an  Kopf- 
schmerzen, zeitweisem  Erbrechen,  vorübergehend  auftretendem 
Doppeltsehen,  Abnahme  der  Sehkraft,  starkem  Dnrstgefühl  litt,  und 

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370 


bei  welchem  die  perimetrische  Pröfang  einen  beiderseitigen  nnvollstÄndigen 
Gesichtsfelddefekt  temporalerseits  nachwies.  In  ^lehnung  an  einen 
anderen  Fall,  bei  welchem  das  überaus  wechselnde  Verhalten  der 
(gleichfalls  bitemporalen)  Hemianopsie  sich  als  charakteristisch  für  die 
Diagnose  der  basalen  Ilirnsyphilis  erwiesen  hatte,  stellte  O.  bei  dem  vor- 
gestellten  Kranken  die  Diagnose  auf  eine  gummöse  Neubildung  zwischen 
Chiasma  und  Schädelbasis;  der  Erfolg  der  Therapie  erwies  die  ßerecbtignng 
seiner  Annahme  (3, U Jodkali  am  Tage).  Vortragender  hält  sich  auf  Grund 
dieser  beiden  und  noch  vier  weiterer,  im  letzten  Jahre  beobachteter  (zur 
Autopsie  gelangter)  Fälle  für  berechtigt,  in  der  Ilemianopsia  bitemporalis 
fugax  ein  werthvolles  diagnostisches  Kriterium  für  die  am  Chiasma  lokali- 
sirte  Ines  cerebri  zu  sehen. 

Die  beigefügten  perimetriseben  Aufnahmen  des  Gesichtsfeldes  beider 
besprochenen  Falle  veranschaulichen  die  interessanten  Ansfuhrnngen. 

— G.  - 


Die  Therapie  der  Phthisis.  Von  Dr.  P.  Dettweiler  und  Dr. 

F.  Penzoldt.  Separatabdruck  ans  den  „Verhandlungen  des  VI.  Kon- 
gresses für  innere  Medizin  zu  Wiesbaden.  1887“.  Wiesbaden  1887. 

49  Seiten. 

Für  die  vorjährigen  Verhandlungen  des  VI.  Kongresses  für  innere 
Medizin  hatte  der  bekannte  Dirigent  der  Falkensteiner  Heilanstalt  für 
Lungenkranke  Dr.  Dettweiler  das  Referat,  Professor  Penzoldt  das 
Korreferat  über  die  zur  Zeit  geltenden  Grundsätze  für  die  Behandlung 
der  Lungenschwindsucht  übernommen.  Die  von  ihnen  vertretenen  An- 
schauungen stimmen  in  allen  wesentlichen  Punkten  miteinander  überein. 
Dettweiler’s  Darlegungen  sind  eine  ziemlich  genaue  Wiedergabe  der 
in  seinem  (1884  in  2.  Auflage  erschienenen)  Buche  „Die  Behandlung  der 
Lungenschwindsucht  in  geschlossenen  Heilanstalten“  aufgestellten  thera- 
peutischen Maximen  und  Vorschriften.  Begreiflicherweise  vertritt  er  der 
Behandlung  in  offenen  Kurorten  gegenüber  die  Anstaltstberapie.  Sie  begreift 
in  sich:  1.  die  psychische  Erziehung  des  Kranken,  welche  auf  Grund 
einer  gewissen  schonungsvollen  Aufklärung  über  den  Krankheitsznstand 
eine  richtige  Lebensführung  anstrebt.  2.  Den  speziellen  Kurplan.  Dieser 
umfasst  a)  Rathschlüge  bezüglich  des  Luftgenusses,  an  welchen  sich 
der  Kranke  erst  allmälig  gewöhnen  muss,  der  aber  als  wichtigster 
Heilfaktor  unter  steter  ärztlicher  Ueberwaebung  in  möglichst  ausgiebigstem 
Maasse  zu  gewähren  ist  (Dauerluftkur).  Das  beste  Mittel  für  die  Ge- 
wöhnung ist,  den  Kranken  liegend  an  die  Luft  zu  bringen  (gedeckte, 
vorn  offene  Hallen,  Veranden),  b)  auf  Abhärtung  gerichtete  Maass- 
nahmen, um  so  den  Phthisiker  zu  befähigen,  rasch  eintretende  Wärme- 
und  Feuebtigkeitssebwaukungen  schadlos  zu  ertragen  und  sich  so  vor 
Erkältung,  welcher  D.  eine  sehr  hohe  Bedeutung  für  Lungenkranke  bei- 
misst, zu  schützen  (Mahnung  zur  Vorsicht  beim  Luftgenuss,  rechtzeitige 
Beachtung  stärkerer  Abkühlung,  lokale  [trockene,  feuchte]  Frottirnngen 
und  Knetungen,  Bewegung,  Aenderung  in  der  Bekleidung,  der  Tageszeit 
angemessene  Temperatur  beim  Ankleiden  und  Zubettgehen,  Hintenau- 
haltung  und  Bekämpfung  stärkerer  Schweissbildung  durch  Wäschewechsel 
und  Abreibung  bis  zur  Hautröthe  ohne  Entblö.ssung),  c)  Berücksichtigung 
und  sofortige  Beseitigung  jeder  noch  so  leichten  (Schnupfen)  Er- 


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371 


kältang  durch  Diaphorese,  um  ernsten  erfabrungsgemäss  sich  leicht  aus- 
bildenden  Prozessen  (kapillare  Bronchitis,  lobulöse  Eatarrhalpneunnonie) 
Torzobeugeo:  „für  meine  Person  bin  ich  geneigt,  diesem  penibelen  Vor- 
beugungs verfahren  den  Hauptantheil  bei  unseren  Erfolgen  in  Falkenstein 
tozuschreiben“,  d)  grösste  Sorgfalt  bei  Auswahl  einer  richtigen,  genügend 
darchlässigen  Bekleidung,  e)  richtig  geleitete,  die  Schwächen  und 
Launen  des  Magens  beim  Einzelnen  berücksichtigende  Ernährung; 
kleine  häufige  Mahlzeiten,  wenn  möglich  viel  Fett  und  Kohlehydrate, 
reiche  Auswahl,  häufiger  Wechsel,  überraschende  Speisekarte,  ernsthaftes 
Zureden  bei  Unlust  zum  Essen.  Der  für  die  Ernährung  und  den  Stoff- 
wechsel so  wichtige  Alkohol  ist  in  der  Therapie  als  ein  Medikament 
in  behandeln;  durch  kleine,  dafür  lieber  häufige  Gaben  suche  man  jede 
Rauschwirkung  zu  vermeiden.  Besonderer  Werth  wird  dem  reinen 
Kognak  zugemessen  (ausser  dem  Tischwein  2stündlich  einige  Theelöffel 
bis  Zu  60g  pro  24''),  Q Behandlung  des  Fiebers  je  nach  Lage  des 
Falles:  beim  ersten  Ausbruch  absolute  Bettruhe,  diaphoretisches  Ver- 
fahren, Eisbeutel,  Abwaschungen;  tritt  nach  Ablauf  einer  Woche  kein 
Abfall  ein,  dann  dauernde  Ruhe  an  freier,  reiner,  kühler  Luft,  Ueber- 
emäbrung. 

Einer  mässigen  Verwendung  der  Antipyretica  zur  Niederhaltnng 
illzuboher  Temperaturen  (Feststellung  der  so  oft  unregelmässigen  Fieber- 
kurve durch  öftere  Messungen)  redet  D.  das  Wort:  „Gelingt  es,  den 
Kranken  an  oder  wenig  über  38°  zu  halten,  so  ist  die  Euphorie  eine 
inffaliende,  der  Appetit  hebt  sich,  vor  allem  ist  der  Schlaf  unvergleichlich 
viel  besser.  Eine  Dosis  Antipyrin  (in  Sa.:  2—4  g),  Thallin  oder 
Antifebrin  (0,25 — 0,50)  ist  das  unschätzbarste  Schlafmittel.“  Die  den 
Abfall  der  Temperatur  einleitenden  Schweisse  suche  man  durch  Ab- 
reibungen. Agaricin  (0,01),  Atropin,  Salicylstreupulver,  Salicylsäurespiritus 
unschädlich  zu  machen,  dag  Gleiche  gilt  von  den  lästigen  Nacht- 
und  Morgensebweissen.  — Gegen  das  durch  stärkere  Zerfallsprozesse 
bervorgernfene  Fieber  sind  unter  Umständen  auch  desinfizirende  In- 
halationen (permanente  Zufuhr  von  Karbol,  Kreosot,  01.  Pini  mittelst 
der  Feldbausch'schen  Nasal -Inspiratoren)  in  Anwendung  zu  ziehen. 
Bei  Rehlkopf-Ulcerationen  ist  Kokain  unentbehrlich;  ebenso  wohlthätig 
wirkt  es  bei  heftigem  trockenen  Kitzelhusten,  einer  der  häufigsten  Ursachen 
von  Würgen  und  Erbrechen.  Die  letzte  therapeutische  Anweisung  ist 
die  über  eine  zweckmässige  Ausführung  der  Athemgymnastik,  der 
Oeh-  und  Steigübungen. 

Der  Verf.  schliesst  mit  dem  beherzigeuswerthen,  an  den  Genesenen 
sich  wendenden  Rath,  sich  nie  für  gesund  zu  halten,  sondern  gerade  so 
wie  der  geheilte  Diabetiker,  der  geheilte  Nerven-  und  Gehirnkranke  für 
(inen  so  zu  sagen  unter  polizeilicher  Kontrole  Entlassenen.  Das  End- 
ergebniss  des  Referates  gipfelt  in  dem  trostreichen,  einer  langjährigen 
Erfahrung  abgewonnenen  Satze  : 

aOeheilt  in  diesem  Sinne  kann  der  Phthisiker  werden,  daran  ist  gar 
kein  Zweifel.“ 

Mit  dem  Schlusssatz  Dettweiler’s:  „die  Lungenschwindsucht  kann 
heilen“  beginnt  Penzoldt  sein  Korreferat.  Zum  Beweise  führt  er  die 
wweilen  bei  Sektionen  an  anderen  Krankheiten  verstorbener  Individuen 
u>  den  Lungenspitzen  aufgefnndenen  Bindegewebs -Indurationen  mit  oder 
ohne  Käseknoten  oder  Verkalkung  an.  Sodann  wendet  er  sich  der  Frage 

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372 


der  Verhätnog  der  Krankheit  za.  Dieselbe  kann  anf  zwei  Wegen 
angestrebt  werden:  1.  Vernichtung  oder  Beschränknng  der 

Tnberkelbacillen.  Vor  allem  ist  es  die  Aufgabe  des  Arztes,  auf  die 
Gefahren  intimen  Verkehrs  mit  Schwindsüchtigen  aufmerksam  zu  machen 
(sexueller  Verkehr,  Verbot  des  Ileiratbens  Tuberkulöser,  Isolirnng  der 
Kranken  in  eigens  dazu  erbauten  Phtbisishospitälern). — Die  vom  perl- 
süchtigen  Rindvieh  drohende  Infektionsgefahr  erfordert  schärfste 
Ueberwacbung  des  lebenden  V'iehes,  Entfernung,  womöglich  Vernicbtnag 
der  kranken  Thiere,  genaueste  Kontrole  des  Schlachtviehes  und  Fleisches. 
2.  Verhinderung  der  Ansiedelung  der  Infektionserreger  in  der 
Lunge.  Vor  allem  sind  die  Disponirten  und  unter  ihnen  ganz  be- 
sonders die  Individuen  mit  ererbter  Anlage  zu  schützen:  das  Stillen 
seitens  tuberkulöser  Mütter,  das  Küssen,  Znsammenschlafen  etc.  soll 
streng  untersagt  werden.  Hauptgewicht  ist  auf  die  Kräftigung  der 
Resistenz  zu  legen:  überreichliche  Ernährung  durch  überwiegende 
Fleischkost,  Abhärtung  der  Haut,  kräftige  Ausbildung  von  Muskeln, 
Lunge  und  Herz,  Schutz  der  Athmnngsorgane  vor  Staub  u.  s.  w.,  zweck- 
mässige Wahl  des  Berufs  (Landwirth,  Förster,  Seemann). 

Die  eigentliche  kurative  Therapie  der  Phthise  hat  zur  Vor- 
aussetzung die  Mitwirkung  des  über  seine  Krankheit  in  schonender 
Weise  unterrichteten  Patienten.  Unter  den  Kurmitteln  steht  obenan 
die  frische,  reine,  d.  h.  von  mechanischen  and  chemischen  Ver- 
unreinigungen, von  pathogenen,  den  Zerfall  des  pbthisischen  Lungen- 
gewebes  begünstigenden  Spaltpilzen  freie  Luft  immuner  oder  solcher 
Orte,  wo  schon  viele  Lungenkranke  gebessert  worden  sind. 
Nächst  der  Luftbehaudlung  ist  von  höchstem  Werth  eine  rationelle 
Ernährung:  bei  normaler  Verdannngstbätigkeit  möglichst  reichliche 
gemischte,  eiweiss-  und  fettreiche,  leicht  verdauliche,  häufig  dar- 
gereichte Nahrung,  Alkohol.  Ein  drittes  wichtiges  Moment  ist  in  ihrer  maass- 
vollen Ausführung  ärztlich  überwachte  Körperbewegung,  bei  schwereren 
Kranken  passive  Bewegung  und  Massage,  methodische  tiefe  Einathmung. 
Demnächst  ist  der  Hautpflege  Sorgfalt  zuzuwenden  (Abhärtung  durch 
Frottiruugen).  Die  am  besten  aus  leichtem  Wollenstoflf  gewählte 
Kleidung  sei  der  wechselnden  Temperatur  angepasst.  Endlich  suche  der 
Arzt  psychisch  (ermuthigend,  erheiternd,  in  Schranken  haltend)  auf  den 
Kranken  eiuzuwirken. 

Die  beste  Garantie  für  die  Durchführung  der  geforderten  Maass- 
regeln bietet  die  Krankenhausbehandlung,  möglichst  am  im- 
munen Orte.  Für  die  Armen  unter  den  Schwindsüchtigen  ist  die 
Gründung  von  Phtbisishospitälern,  womöglich  in  immunen  nnd 
heilsamen  Klimaten,  eine  herbeizusehnende  Wohlthat. 

Die  medikamentöse  Behandlung  steht  hinter  der  hygienischen 
an  Wirksamkeit  zurück,  sie  ist  meist  eine  symptomatische:  Morphin 
zur  Bekämpfung  des  Hustenreizes,  der  Dyspnoe,  des  Schmerzes,  Ein- 
athmung von  Terpentin-Dämpfen  und  zerstäubten  Tannin-Lösungen  zwecks 
der  Desinfektion  und  der  Sekretionsverminderung,  von  Salzlösungen 
zwecks  der  Expektoration.  — Haemoptoe  erfordert  absolute  Bettruhe, 
Eisapplikation,  Morphium  in  wiederholten  kleinen  Dosen.  — Gegen  das 
Fieber  kommen  zweckmässig  in  Anwendung  kalte  Abreibungen,  Anti- 
pyrin  und  Antifebrin  in  vorsichtigen,  aber  ausreichenden  Gaben.  — Von 
den  bisher  in  der  Absicht  spezifisch  einznwirken  versuchten  Mitteln 
(Kreosot,  Arsenik)  hat  sich  keines  dauernd  bewährt,  ebensowenig  erwies 


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sieb  die  lahalation  antiparasitärer  Medikamente  (Phenol,  SalicylsSare, 
Jodoform)  erfolgreich.  — Von  der  Lungenebirurgie  ist  aur  Zeit  ebenfalls 
nichts  zu  erwarten. 

Trotz  des  vielen  Negati/en,  das  er  nussprechen  musste,  betont 
Referent  zum  Schluss,  dass  ein  Fortschritt,  ein  langsam  sich  vollziehender 
Umschwung  in  der  Phthisistherapie  nicht  zu  verkennen  sei. 

— G.  — 


Lehrbuch  der  pathologischen  Mykologie.  Vorlesungen  für  Aerzte 
ond  Studirende  von  N.  P.  Baumgarten,  a.  o.  Professor  an  der 
Universität  Königsberg.  Zweite  Hälfte,  erster  Halbband.  Hraunschweig. 
H.  Bruhn.  löS7. 

Dem  Drängen  einer  nicht  unerheblichen  Zahl  von  Käufern  des 
ersten  Theiles  folgend,  lässt  die  Verlagsbuchhandlung  den  zweiten, 
speziellen  Theil  des  B.’schen  Werkes  bereits  tbeilweise  erscheinen,  ob- 
wohl derselbe  noch  nicht  vollendet  ist.  Wenn  daher  der  uns  vorliegende 
llalbband  auch  mitten  in  einem  Abschnitt  abbricht,  so  sind  wir  der 
Huchhandlung  doch  zu  Dank  verpflichtet  dafür,  dass  sie  uns  in  den 
Stand  setzt,  wenigstens  einen  Theil  dieses  entschieden  bedeutenden 
Werkes  schon  jetzt  kennen  zu  lernen. 

Die  Vorzüge  und  Fehler  des  allgemeinen  Theiles  finden  wir  in  dem 
speziellen  wieder:  dieselbe  lebendige  und  warme  Darstellung,  welche 
die  Begeisterung  des  Verfassers  für  die  noch  so  junge  und  doch  schon 
so  entwickelte  bakteriologische  Wissenschaft  bekundet;  dieselbe  Gründlich- 
keit in  der  Verwerthung  der  Quellen  und  in  der  Wiedergabe  der 
Litteratur,  welche  uns  so  recht  zum  Bewusstsein  bringt,  eine  wie  grosse 
Zabl  tüchtiger  Forscher  mit  wahrem  Bienenfleisse  und  mit  glänzenden 
Erfolgen  auf  unserem  Gebiete  thätig  sind.  Aber  auch  dieselbe  Schwer- 
fälligkeit der  Sprache  fällt  uns  auf,  die  sich  in  der  Einkapselung  von 
Sätzen  und  der  Bildung  zuweilen  übermässig  langer  Perioden  gefällt, 
ond  die  das  Verständniss  entschieden  erschwert.  Ist  die  vom  V'erfasser 
beliebte  Form  der  Vorlesung,  zumal  bei  einem  so  wenig  konsolidirten 
Stoffe,  wie  die  Bakteriologie  es  noch  ist,  unzweifelhaft  ein  Vorzug,  so 
würde  man  diese  Form  doch  glücklicher  durchgeführt  nennen  können, 
wenn  die  Vorlesungen  kürzer  wären  und  nicht,  wie  z.  B.  die  achte,  bis 
zu  einer  Länge  von  176  Seiten  anschwöllen. 

Eine  weitere  Eigenschaft  des  Werkes,  und  dies  ist  ein  Vorzug  und 
ein  Fehler  zugleich,  ist  die  durchweg  sich  bemerkbar  machende  Betonung 
der  subjektiven  Ansichten  und  Auffassungen  des  Verfassers,  ein  Umstand, 
durch  den  die  Lektüre  des  Werkes  an  Interesse  entschieden  gewinnt, 
wodurch  der  objektive  Werth  desselben  als  Lehrbuch  indessen  einigen 
Abbruch  erleidet.  Jedenfalls  setzt  es  eine  so  gründliche  Durchbildung 
und  eine  solche  Reife  des  Urtheils  voraus,  dass  es  wohl  nur  von  dem 
Arzt  und  nicht  vom  Studenten  mit  Vortheil  durebgearbeitet  werden  wird. 
Ist  ja  ohnehin  die  Bakteriologie  bis  jetzt  wenigstens  eine  Domaine  der 
auf  das  Staatsexamen  folgenden  Semester. 

Der  uns  vorliegende  Halbband  enthält  auf  398  Seiten  die  achte  und 
den  grösseren  Theil  der  neunten  Vorlesung.  Nach  einer  kurzen  Ein- 
leitung, in  welcher  die  pathogenen  Organismen  in  drei  Klassen  — Blut-, 
Gewebs-  und  Blut-  und  Gewebsparasiten  — getheilt  werden,  werden  in 


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der  achten  Vorlesang  die  pathogenen  Kokken  besprochen:  1)  die  Kokken 
des  Erysipels,  welche  mit  dem  Streptokokkns  pyogenes  idenlifizirt  werdeo; 
— 2)  die  verschiedenen  von  Friedländer,  A.  Frankel,  Artigalos 
und  Fane  als  Erzeuger  der  fibrinösen  Pneumonie  augespmcbenea 
Kapsel-Kokken,  von  denen  allein  der  FraukeTsche  als  solcher  vom 
Verfasser  anerkannt  wird;  — 3)  der  Gonokokkus  Neisser’s,  einer  der 
„bestbewieeenen  Repräsentanten  mikroparasitärer  Krankheitserreger  des 
Menschengeschlechts“;  — 4)  die  pyogenen  Kokken,  und  zwar  der 
Staphylokokkus  pyogenes  aureus,  der  ausser  der  Eiterung  die  Endokarditis, 
die  Osteomyelitis  und  die  Pyaemie  zu  erregen  im  Stande,  ferner  die  ic 
ihren  Wirkungen  von  ihm  nicht  verschiedenen  Staphylokokki  p.  atbci 
und  citreus  sowie  die  seltenen  St.  cerens  albus  und  flavus.  sodann  dir 
Varietäten  des  Streptokokkns  pyogenes,  die  mehr  flächenhaft  sich  ans- 
breitende Eiterungen  erzeugen,  die  Verfasser  jedoch  auch  als  Erreger  der 
Rachendiphtherie  angesprochen  wissen  will,  „ohne  die  ätiologische 
Bedeutung  der  später  zu  besprechenden  Klebs-Löffler'scben  Diphtherie- 
hazillen  für  diese  Krankheit  zu  unterschätzen“. 

Im  Anschlüsse  an  die  Eiterkokken  finden  eine  kurze  Besprechung 
der  Mikrokokkus  pyogenes  tennis  Rosenbacb’s,  die  von  R.  Koch  in 
seiner  epochemachenden  Schrift  über  die  Wundinfektionskrankbeiten 
bekannt  gegebenen  Kokkenarten,  nämlich  der  Kokkus  der  progressiven 
Abszessbildung  bei  Kaninchen,  der  Kokkus  der  Kaninchen -Pyaemie  and 
der  Kokkus  der  progressiven  Oewebsuekrose  der  Mäuse,  sowie  endlich 
mehrere  Septicaemie-Kokken,  als  welche  der  Fränkel’sche  Pnennionie- 
kokkus,  die  Kokken  der  Mäuse-Septicaemie  und  der  Oaffky’scbe  Mikro- 
kokkus tetragenus  angeführt  werden. 

Eingehender  werden  5)  die  Trachomkokken  behandelt  und  vom 
Verfasser  wohl  mit  Recht  mit  einem  Fragezeichen  versehen,  da  die 
bezüglichen  Arbeiten  Sattler's  und  Michel’s  als  abschliessend  nicbi 
zu  erachten  sind.  Es  folgen  6)  die  Kokken  des  Mykodesmoids  der 
Pferde  (Johne),  7)  die  Kokken  der  Pseudotuberkulose  des  Meer- 
schweinchens, 8)  die  Kokken  der  „progressiven  Granulombildnng  der 
Tbiere“,  9)  die  Kokken  der  Krankheit  der  Graupapageien,  10)  Kokkes- 
befunde  bei  Granuloma  fungoides,  Orientbeule,  H odgin 'scher  Krankhei', 
Diphtherie,  Keuchhusten,  Coryza,  Influenza,  Masern  und  Scharlach, 
akuter  gelber  Leberatrophie,  Gelbfieber,  Haemopbilia  Neonatorum. 
Variola,  Varizellen,  Pemphigus  acutus,  Syphilis,  Ulcus  molle,  Lyssi, 
„Perlicbe“,  Area  Celsi,  Maul-  und  Klauenseuche  sowie  Rinderpest  — 
endlich  11)  Kokken  als  Erreger  epidemischer  Erkrankungen  von  Insekteo, 
in  erster  Linie  der  „Schlafsucht“  der  Seidenraupen. 

Die  neunte  Vorlesung  ist  der  Besprechung  der  pathogenen  Bazilleo 
gewidmet.  Den  Reigen  eröffnet  mit  Recht  1)  der  Milzbrandbazillus,  der 
zuerst  von  Rayer  1851  gesehene,  „historisch  ruhmreichste  Vertreter  der 
pathogenen  Bakterien“.  Es  folgen  2)  die  Bazillen  des  malignen  Oedemi 
(Koch);  — 3)  die  Bazilleo  des  Rauschbrandes;  — 4)  die  Bazillen  des 
Schweioerothlaufs,  welche  zusammen  mit  den  ihnen  so  ähnlichen  BaziUeo 
der  Mäuse-Septicaemie  besprochen  werden,  ohne  dass  jedoch  die  Frage 
ihrer  Identität  entschieden  wird;  — 5)  folgt  eine  mehr  kursorisebe 
Erörterung  der  Bazillen  der  Rinderseuche,  der  septischen  Plenrupneumoaie 
der  Kälber,  Wildseuche,  Schweineseuebe,  Hübnercholera,  KaoinebeD- 
Septicaemie,  sowie  der  Bazillus  pyogenes  foetidus;  — der  Bedeutang  der 
betreffenden  Krankheiten  entsprechend  eingehend  ist  die  Würdigung 


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6)  de«  Typhös-  — und  7)  des  Toberkelbazillos,  mitten  in  dessen 
Besprechung  das  Werk  endigt. 

Genaoer  anf  die  Einzelheiten  einzugeheu  muss  Ref.  sich  versagen. 
Die  Reichhaltigkeit  des  Inhalts  gebt  aus  dem  Vorstehenden  zur  Genüge 
hervor.  Tritt,  wie  bei  dem  Verfasser  nicht  anders  zu  erwarten,  die 
pathologisch-anatomische  Seite  der  Behandlung  in  den  Vordergrund,  so 
finden  doch  auch  die  hygienischen  Fragen  volle  Würdigung,  und  das 
biologische  und  kulturelle  Verhalten  der  Organismen  eingehende 
Schilderung. 

Mehrmals  findet  sich  Gelegenheit,  des  Pasteur 'sehen  Schutz- 
impfungs-Verfahrens zu  gedenken,  so  beim  Milzbrand,  dem  Sebweiue- 
rothlauf,  der  Hühnercholera;  nach  Ansicht  des  Verfassers  ist  „dessen 
hoher  wissenschaftlicher  Werth  für  alle  Zeiten  als  gesichert  zu  betrachten“, 
dessen  praktische  Anwendbarkeit  indessen  nach  den  Kocb’schen  Unter- 
suchungen zur  Zeit  noch  zweifelhaft. 

Die  Metschnikoff’sche  Phagocytentheorie  will  Verf.  unter  keinen 
Umständen  gelten  lassen.  Da  seine  eigenen  Argumente  gegen  dieselbe 
die  Frage  für  oder  wider  nicht  entscheiden,  so  befremdet  die  bei  zahl- 
reichen Gelegenheiten  aufgenommene  Polemik  ein  wenig  durch  ihre 
Entschiedenheit. 

Beim  Milzbrand,  dann  auch  beim  Typhus  kommt  Verf.  auf  die  von 
V.  Buhl  und  von  v.  Pettenkofer  aofgestellte  Boden-  und  Grundwasser- 
theorie zu  sprechen,  die  ja  durch  die  Entdeckung  organisirter  Krankheits- 
keime und  deren  Lebensprozesse  einen  so  schweren  Stoss  erlitten  hat. 

Bei  der  Tuberkulose  verdient  die  Ansicht  des  Verfassers  über  den 
Weg  der  Infektion  bervorgeboben  zu  werden,  welche  dahin  geht,  dass 
die  Tnberkelbazillen  keineswegs  „hauptsächlich  oder  auch  nur  einiger- 
maassen  häufig  durch  die  Luft  wirksam  übertragen  werden“,  dass  viel- 
mehr die  Ansteckung  entweder  durch  die  Nahrung  (bazillenbaltige  Milch) 
oder  durch  Vererbung  resp.  intrauterine  Infektion  erfolgt.  Ob  die 
weitere  Bearbeitung  dieser  ihrer  Lüsung  noch  harrenden  Frage  die 
Ansicht  des  Verfassers  bestätigen  wird,  möchte  Ref.  doch  etwas  zweifel- 
haft erscheinen. 

Das  vortrefflich  ausgestattete  und  mit  schönen  Abbildungen  versehene 
Werk  empfiehlt  sich  selbst  zu  fleissigem  Studium. 

M.  Kirchner  (Berlin). 


Prof.  Dr.  Theodor  Kocher  in  Bern.  Eine  einfache  Methode  zur 
Erzielung  sicherer  Asepsis.  Separatabdrnck  aus  dem  Korrespon- 
denz-Blatt für  Schweizer  Aerzte,  Jahrgang  XVllI  (1888). 

Io  vorliegendem  Aufsatze  plaidirt  K.  in  erster  Linie  für  das  Fort- 
lassen  des  Katgut  aus  dem  Material  zur  antiseptischen  Wundbehandlung, 
weil  „es  Katgut  im  Handel  giebt,  welches  in  einer  Weise  infektiös  ist 
und  in  einer  Form  bergestellt  wird,  dass  unsere  besten  Antiseptika  die 
vollkommene  Sterilisirung  nicht  zu  Wege  zu  bringen  vermögen“.  Zum 
Belege  hierfür  bringt  er  zwei  Zusammenstellungen  aus  den  Operationstabellen 
seiner  Klinik  aus  zwei  aufeinanderfolgenden  Zeiträumen,  in  deren  einem 
znmeist  Katgut,  in  deren  anderem  ausschliesslich  Seide  zur  Verwendung 
kam.  Unter  den  31  Operationen  der  Katgutzeit  haben  22  Fälle,  bei 
welchen  der  den  Verhältnissen  nach  vollberechtigte  Versuch  einer  Prima- 


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Heilung  gemacht  wurde,  zweifellose  Infektionen  durcbgemacht,  in  Form 
tbeils  einfacher,  theils  jauchiger  Abszesse  oder  umschriebener  Phl^monen 
und  diffuser  nekrotisirender  Vereiterungen.  Einmal  kam  es  sogar  zum 
exitus  letalis.  In  den  Fällen,  wo  Seide  zur  Nabt,  Katgut  zur  Unter- 
bindung verwendet  worden  war,  kam  es  zu  tadelloser  prima  intentio, 
mehrere  Tage  später  aber  traten  lokale  Entzündungserscbeinnngen  in  der 
Tiefe  mit  Schwellung,  Druckempfindlichkeit  und  Fieber  auf.  War 
auch  zur  Naht  Katgut  gebraucht  worden,  so  eiterten  die  Stiebkanäle, 
und  es  kam  von  hier  aus  zu  entzündlichen  Schwellungen  und  dipbthe- 
ritischen  Belägen.  — Dem  gegenüber  trat  in  allen  unter  den 
62  üperatinnsfällen  der  Seidezeit,  bei  welchen  eine  Primabeilung  über- 
haupt in  Frage  kam,  die  tadelloseste  Heilung  der  Wunden,  eine  unmittel- 
bare Verklebung  bei  den  ausgedehntesten  Verletzungen  ein  und  dies  unter 
Beibehaltung  derselben  Aussenverbältnisse,  desselben  Lokales  mit  seinen 
Einrichtungen,  desselben  chirurgischen  Personals,  derselben  Wnod- 
bebandlungsstoffe  und  derselben  Antiseptika  mit  der  einzigen  Aenderung, 
dass  Katgut  wegblieb  und  Seide  allein  zu  Suturen  und  Ligaturen  ver- 
wendet wurde. 

Die  Blutstillung  bewirkt  K.  durch  Ligatur  der  grösseren,  Torsion 
der  kleineren  Gefässe  (mittelst  modi&zirter  Köberle-,  Pean-,  Bill- 
rotb’scher  Arterienzangen). 

Von  den  Schwämmen  verlangt  K.  nicht,  dass  sie  desinfiziren, 
sondern  nur,  dass  sie  nicht  infiziren  (Reinigung  derselben  mit  Seife  und 
warmem  Wasser,  Aufbewahrung  in  5 prozentiger  Karbollösung;  vor  der 
Operation  werden  sie  durch  eine  Rollpressmascbine  fest  ausgepresst). 

Zur  Desinfektion  der  Hände  hält  er,  entgegen  Fürbringer  und 
Kümmel,  blosses  Abbürsten  mit  Seife  und  Wasser  und  unmittelbare 
Desinfektion  mit  1 ojm  Sublimatlösung  für  ausreichend. 

Zum  Wundverschluss  wird  die  fortlaufende  Kürsebnernabt 
empfohlen.  Da,  wo  sich  Höblenbildung  nicht  vermeiden  lässt,  werden 
ausnahmslos  Olasdrains  benutzt. 

Von  den  Antisepticis  und  antiseptischen  Verbandstoffen 
hält  K.  das  Jodoform  und  die  Jodoformgaze  für  zu  kostspielig  und  nur 
wertbvoll  für  Dauerverbände.  Diese  sind  aber  zur  Erzielung  einer  prima 
intentio  nicht  nothwendig,  da  diese  schon  in  sehr  früher  Zeit  keines  anti- 
septischen Verbandes  mehr  bedarf,  da  aber,  wo  Drains  8 — 14  Tage  liegen 
bleiben,  ist  von  einer  Heilung  durch  erste  Verklebung  keine  Rede  mehr. 
Dagegen  erkennt  er  dem  Jodoform  und  anderen  Dauer-Antisepticis  ihren 
Werth  zu  für  diejenigen  Fälle,  in  denen  die  Wunde  schon  eitert  oder 
nicht  ganz  geschlossen  werden  kann  oder  nachträglicher  Infektion  aus- 
gesetzt  ist. 

Zusammenfassend  erklärt  K.  als  Hauptsache  für  die  Wund- 
behandlung, für  eine  ideale  Antisepsis,  die  Sterilisation'**')  der 
Wunden  entsprechend  der  Sterilisation  anderer  Nährböden.  — O.  — 


•)  D.  h.  gründliche  primäre  Desinfektion  der  Wunde.  Was  nachher  darauf 
kommt,  ist  weniger  wichtig,  am  besten  ein  aufsaugender,  die  Verdunstung  begünstigen- 
der Verbandstoff.  Kocher  nimmt  Waldwolle.  Die  Abhandlung  ist  deshalb  von 
besonderem  Werth,  weil  sie  der  Praxis  der  verschwenderischen  Applikation  von 
Verbandmaterial  steuert  und  die  Behandlung  auf  einfache  Grundsätze  zurückiuhrt. 


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377 


Dr.  W.  Kleinwächter.  Die  Amputationen  and  Ezartikulationen 
im  AugnBta-Hospital  in  den  Jahren  1871  — 1885.  Bin  Bild  der 
Entwickelung  der  Wundbehandlungemethoden.  Mit  einem  Vorwort 
von  Prof.  Dr.  E.  KÜBter.  Leipzig.  1887.  104  S. 

Die  fleiBBige  BtatistiBche  Arbeit  beBpricbt  die  ReBnltate  der  ver- 
schiedenen neueren  Wundbehandlungsmethoden  innerhalb  einer  einzelnen 
OperationBgrnppe  einen  seit  der  vorantineptiBchen  Zeit  bin  jetzt  unter 
dernelben  Leitung  Btehenden  KrankenbauBes  und  giebt  durch  die  vergleicbs- 
weise  GegenüberBtellung  eine  kritisch  geschriebene  Geschichte  der 
Fortschritte  der  modernen  Wundbehandlung.  Daran  schliesst  sich  die 
Besprechung  einer  Reibe  von  Fragen,  welche  sich  ans  dem  gewaltigen 
Umschwünge,  den  die  antiseptiscbe  Wundbehandlung  in  der  Chirurgie 
hervorgerufen  hat,  ergeben:  inwieweit  der  Zeitpunkt  der  Amputation, 
das  Alter,  der  Zustand  des  Patienten,  die  Veranlassung  zur  Operation, 
die  Operationstecbnik  die  Heilerfolge  beeinflussen. 

Da  im  Einzelnen  auf  den  Inhalt  der  Arbeit  nicht  eingegangen 
werden  kann,  so  seien  die  wesentlichen  Ergebnisse  heransgeboben. 

Obgleich  die  Resultate  der  vorantiseptischen  Zeit  im  Augusta- 
Hospital  (1871 — 74:  Charpie-Deckverband  nnd  offene  Wundbehandlung) 
gegenüber  denen  anderer  Hospitäler  und  Kliniken  ausserordentlich  gute 
waren,  so  fällt  doch  der  Fortschritt  seit  Einführung  der  antiseptischen 
Wundbehandlung  (1875;  typischer  Lister  seit  1879;  Sublim.,  Jodof., 
.Mooskissenverband  seit  1883)  recht  in  die  Augen:  dort  eine  Mortalität 
von  13,04  “/o  bezw.  72,7  “/o  (unkomplizirte  — komplizirte  Fälle),  hier 
3,2  o/o  bezw.  38,7  ”/o;  Heilung  per  primam  dort  13,0  »/o,  hier  61,7  »/o. 

Ein  Vergleich  der  Erfolge  der  antiseptischen  Zeiträume  unter- 
einander ergiebt,  dass  Sublimat  und  Jodoform*,  die  Anlegung  aus- 
trocknender  Dauerverbände  zu  bevorzugen  sind.  Diese  Methode  übertrifft 
bei  unkomplizirten  Fällen  mit  70  % Primär-Heilungen  die  Erfolge  der 
typischen  Lister-Behandlung  noch  nm  5 die  der  voraufgehenden  Zeit- 
räume (cf.  oben)  um  20  %.  Bezüglich  der  Mortalität  hat  sie  das  von 
Billroth  erwünschte  Ziel  der  antiseptischen  Wundbehandlung,  an  den 
Folgen  der  Operation  keinen  der  einfachen  Fälle  mehr  zu  verlieren, 
erreicht.  Auch  empfiehlt  sich  diese  Wundbehandlungsmetbode  als  die 
billigste.  Während  der  Jahresbetrag  pro  Patient  1878  sich  noch  auf 
10  Mk.  99'/i  Pf.  stellt,  beträgt  derselbe  von  1883  an  nur  noch  4 Mk.  und 
etliche  Pfennige. 

Ausgang  nnd  Verlauf  der  Amputationen  hängt  bei  unkomplizirten 
Formen  im  Wesentlichen  von  der  Wundbehandlung  und  von  der 
Möglichkeit,  aseptische,  lebensfähige  Wundflächen  zu  erhalten,  ab. 
Alter  und  Allgemeinzustand  üben  gar  keinen  Einfluss  darauf  aus,  die 
Wahl  der  Amputationsstelle  bedingt  keinen  wesentlichen  Unterschied  in 
demselben.  Der  alte  Satz:  „Je  höher  die  Amputation,  desto  grösser 
die  Gefahr"  gilt  nur  noch  für  die  Ezartikulationen  des  Oberschenkels 
und  Oberarmes,  indess  auch  nur  in  ganz  beschränktem  Maasse.  — Die 
wegen  Erkrankungen  ausgeführten  Amputationen  geben  im  All- 
gemeinen bessere  Resultate  als  die  primär-traumatischen. 

Ein  genaues  Verzeichniss  der  von  1871 — 1885  im  Augusta- Hospital 
susgeführten  typischen  Amputationen  und  Ezartikulationen  (im  Ganzen 
177  Fälle)  nebst  Angabe  des  Krankheitsverlaufes  in  jedem  einzelnen 
Falle  bescbliesst  die  an  gut  gesichtetem,  nach  einheitlichen  Gesichts- 
punkten geordnetem  Material  reiche  Arbeit.  — G.  — 


Di. 


378 


Dr.  Rudolf  Gerstacker,  Stabsarzt,  lieber  den  Tod  durch  Oewehr- 
scbusswunden  in  gerichtsärztlicher  Beziehung.  Sonderabdmck 
aus  der  , Zeitschrift  für  Heilkunde'*.  Bd.  VIII.  Prag.  1887. 

, Die  recht  lesenswerthe,  die  einschlägige  Litteratur  erschöpfende, 
dabei  übersichtlich  angeordnete  Arbeit  behandelt:  1)  die  Mechanik  und 
Charakteristik  der  Oewehrschusswunden,  2)  die  Art  des  Todes  nach 
derartigen  Verletzungen,  3)  die  Schlussfolgerungen,  welche  für  die 
Stellung  des  Thäters  aus  den  Wnndverhältuissen  sich  ableiten  lassen, 
4)  die  Anhaltspunkte,  die  sich  aus  der  Gestalt  der  Wunde,  der  Lage  des 
Erschossenen,  gewinnen  lassen  für  die  Beurtheilung  seiner  Haltung  im 
Momente  der  Exekution,  5)  die  muthmaassliche  Berechnung  der  Ent- 
fernung, aus  welcher  geschossen  wurde,  6)  die  Frage  nach  der  Zeit 
der  Verletzung,  7)  die  Momente,  die  für  Mord  oder  Selbstmord  sprechen. 

Ans  dem  Rcsumö  der  Arbeit  mögen  folgende  Sätze,  als  auch  noch 
in  anderer  als  gerichlsärztlicher  Beziehung  von  Interesse,  hier  Platz 
finden:  „Die  Zerstörungen  eines  Schusses  ä bout  portant  kann  jede  Waffe 
mit  jedem  Projektile,  sogar  mit  dem  blossen  Pfropfen  hervorbringen. 
Hydraulische  Wirkungen  sind  Eigentbümlichkeiten  moderner  Präzisions- 
gewehre,  ältere  Waffen  vermögen  sie  nur  in  unmittelbarster  Nähe  der 
Mündung  zu  erzeugen.  Bei  allen  übrigen  Schusswunden  bietet  die 
verschiedene  Propulsionskraft  des  Geschosses  und  die  daher  resultirende 
verschiedene  Tragweite  und  Auftreffgeschwindigkeit  die  Kriterien  für 
die  Beurtheilung  der  Waffe.  Aus  der  Grösse  der  Einschussöffnung  und 
des  Schusskanales  ist  nur  mit  Vorsicht  auf  die  Gestalt  der  Kogel  zu 
schliessen'*.  — „Die  Ermittelung  der  Schussrichtung  beruht  auf  der 
Distinktion  von  Einschuss-  und  Aosscbnssöffnung.  Es  giebt  gar  kein 
einzelnes,  nur  der  einen  oder  der  anderen  zukommendes  Kennzeichen, 
durch  eine  Summe  von  Merkmalen  ist  ihre  Unterscheidung  jedoch 
ermöglicht'*.  — „Eine  der  Wahrheit  sich  nähernde  Schätzung  der 
Schussweite  ist  vom  Bekanntsein  des  Gewehres,  der  Pnlverladung  und 
der  Projektile  abhängig".  — G.  — 


Stabsarzt  v.  Hase  in  Hannover:  Transport  Verwundeter  auf 

Banernwagen.  (Illustrirte  Monatsschrift  der  ärztlichen  Polytechnik. 
X.  Jahrgang.  1888.  4.  Heft.  8.  75 — 80.) 

Verf.  empfiehlt,  die  Merke’sche  Tragbahre  (mit y*förmig  gebogenen 
Pederfüssen)  mit  Flügel-  oder  Klemmschrauben  auf  Unterlegelatten  zu 
befestigen,  welche  sich  über  breite  wie  schmale  Wagen  in  querer  Richtung 
legen  lassen  und  nur  mit  Hanfschnüren  festgebunden  zu  werden  brauchen, 
so  dass  ein  Bretterboden  zur  Aufstellung  entbehrlich  wird.  Wegen  des 
hohen  Gewichtes  der  Merke'scben  Trage  (36  Pfund)  will  v.  H.  die 
gewöhnlichen  Holme  durch  solche  aus  Bambusrohr  ersetzt  wissen. 

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379 


Dr.  Tiburtius.  Leitfaden  für  den  Unterricht  in  der  Familieu- 
Kran  kenpflege.  E.  S.  Mittler  und  Sohn,  Kgl.  Hofbachhandlung, 
Berlin  SW,  Kochstr.  68 — 70. 

Verf.  ist  durch  die  alltägliche  Erfahrung,  „dass  von  im  Uebrigen 
ganz  vernünftigen,  selbst  gebildeten  Laien  in  der  Krankenpflege  ihrer 
Angehörigen  ein  durchaus  gefährlicher  Unsinn“  vielfach  verübt  wird, 
zur  Veröffentlichung  seines  Leitfadens  veranlasst  worden.  Derselbe  soll 
dem  sachverständigen  Lehrer  ein  Gerüst  bieten,  welches  er  seinen 
Vorträgen  zu  Grande  legen  und  mit  den  nöthigen  Erläuterungen 
bekleiden  mag;  dem  lernenden  Laien  soll  er  zur  Auffrischung  des  in  den 
bezüglichen  Vorträgen  Gelernten  im  Gedächtnisse  dienen.  — Verf. 
löst  seine  Aufgabe  mit  Geschick;  mag  man  auch  hier  und  da  mit  dem 
Gebotenen  nicht  ganz  einverstanden  sein,  der  Gesammteiudruck  des 
Büchleins  ist  ein  dnrchaus  guter.  Vor  Allem  glauben  wir  nicht,  dass 
durch  den  Leitfaden  irgend  wie  eine  gefährliche  Pfuscherei  angeregt  und 
befördert  wird;  ein  Blick  auf  die  Uebersicht  der  Krankheilszeichen, 
welche  die  Zuziehung  eines  Arztes  bedingen,  zeigt  ausser  Anderem  dies 
zur  Genüge. 

Im  Interesse  der  behandelnden  Aerzte,  der  Pflegenden,  sowie  vor 
Allem  der  Kranken  selbst  wünschen  wir  dem  Büchlein  die  weiteste 
Verbreitung.  Ltz. 


R.  Gerstacker,  Die  historische  Ent w ickelung  und  hygienische 
Bedeutung  der  Revaccination.  Separat'Abdruck  aus  der  Deutschen 
Vierteljabresschrift  für  öffentliche  Gesundheitspflege,  20.  Band,  1.  Heft. 
Braunschweig,  Verlag  von  Friedrich  Vieweg  u.  Sohn,  1888.  29  S. 

.Aus  der  gesammten  Impffrage  ist  in  der  vorliegenden  Abhandlung, 
wie  der  Titel  besagt,  die  Frage  der  Wiederimpfung  heransgenommen 
und  in  ansprechender  Weise  erörtert.  Die  einleitende  Uebersicht  über 
die  historische  Entwickelung  der  Wiederimpfung  zeichnet  sich  durch 
strenge  Festhaltung  des  leicht  zu  weiteren  Ausführungen  verleitenden 
Themas  und  durch  Eleganz  der  Darstellung  aus.  Ira  Weiteren  wird  die 
Nothwendigkeit  und  der  Segen  der  Wiederimpfung  an  der  Hand  der 
wichtigsten  einschlägigen  Veröffentlichungen,  insbesondere  unter  ausgiebiger 
Benutzung  des  6.  Bandes  des  Kriegs-Sanitäts-Beriebtes  für  1870/71  für 
Jeden,  der  nicht  zu  den  grundsätzlichen  Impfgegnern  gehört,  überzeugend 
dargetban. 


Ergebnisse  einer  Statistik  der  Pockentodesfälle  im  Deutschen 
Reich  für  das  Jahr  1886.  Berichterstatter:  Stabsarzt  Dr.  Rabts. 
Sonderabdruck  aus  „Arbeiten  aus  dem  Kaiserlichen  Gesundheitsamte.“ 

Das  Material  für  die  vorliegende  Arbeit  ist  gewonnen  aus  den  für 
das  Jahr  1886  aus  sämmtlichen  Deutschen  Bundesstaaten  und  aus  Elsass- 
Lothringen  dem  Kaiserlichen  Gesundbeitsamte  zugegangenen  Meldekarten 
über  Todesfälle  an  Pocken.  Die  Gesammtsumme  derselben  beträgt  15.ö 
(3,3  auf  eine  Million  Einwohner).  Von  ihnen  entfallen  mehr  als  2 Dritt- 
theile  (110)  auf  die  Grenzbezirke  des  Reichs,  so  dass  für  das  Binnen- 
land nur  45  übrig  bleiben. 


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380 


Nur  iu  10  Bezirken  und  Orten  wurde  ein  zeitliches  und  rännilicbe: 
Zusammenfällen  mehrerer  Pockentodesfülle  beobachtet,  während  sie  io 
allen  übrigen  vereinzelt  blieben.  Ergo:  Der  ein  geschleppte  Ao- 
Bteckungsstoff  hat  nieistentheils  eine  für  das  Pockengift  sehr  nnempfüngliche 
Bevölkerung  vorgefunden. 

Etwa  40  "/o  der  an  Pocken  verstorbenen  Personen  hatten  das  erste 
Lebensjahr  noch  nicht  vollendet,  standen  somit,  weil  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  zum  grössten  Theile  noch  ungeimpft,  noch  nicht  unter  dem 
Einflüsse  des  Impfschutzes. 

Die  statistische  Uebersicht  von  58  ausserhalb  Preussens  im  Deutschen 
Reiche  vorgekommenen  Pockentodesfällen  ist  um  deswillen  von  ganz  be- 
sonderem Interesse,  als  sie  über  die  Herkunft  und  über  den  Impfzustaod 
der  verstorbenen  Pockenkranken  Aufschluss  giebt.  Von  ihnen  entfallen 
nämlich  12  auf  das  Lebensalter  vom  2.  bis  2.5.  Lebensjahre.  Diese  bei 
dem  in  Deutschland  bestehenden  Impfungs*  und  Wiederimpfungszwange  auf- 
fallende Erscheinung  findet  ihre  Erklärung  darin,  dass  in  G Fällen  nn- 
geimpfte  Ausländer  betroffen  waren,  und  dass  unter  den  übrigeu  6 sich 
2 noch  ungeimpfte  Kinder  im  13.  Lebensmonate  befunden  haben.  Vom 
13.  Lebensmonate  bis  zum  12.  Lebensjahre,  d.  h.  in  der  Periode  zwischen 
Impfung  und  Wiederimpfung,  ist  nur  ein  einziges  Kind,  vom  12.  bis  22.  Lebern- 
jahre,  d.  i.  innerhalb  des  auf  die  Wiederimpfung  folgenden  Dezeuniums 
ebenfalls  nur  eine  Person,  ein  12 jähriges  noch  nicht  wiedergeimpfte» 
Kind,  gestorben.  Da  fast  die  Hälfte  aller  Lebenden  auf  die  .Altersklassen 
von  0 — 22  Jahren  entfällt,  *8o  erhellt  hieraus  der  Schutz  vor  tödtlicher 
Erkrankung  an  Pocken,  welchen  die  gesetzliche  Impfung  und  Wieder- 
impfung bis  zum  22.  Lebensjahre  gewähren. 

Der  letzte  (5.)  Abschnitt  der  Arbeit  giebt  eine  tabellarische  Ver- 
gleichung der  Pocken-Mortalitätsziflfer  der  Gesammtheit  Deutscher  grosser 
Städte  (193)  mit  der  ausländischer  Städtegrnppen.  Der  Vergleich  falb 
sehr  zu  üngunsten  letzterer  aus.  Es  hatten  nämlich  die  Städte  Oesterreichs 
das  81  fache,  die  Ungarns  das  G07  fache  (1),  die  der  Schweiz  das  54  fache, 
die  Belgiens  das  48  fache  der  Pockensterblichkeit  der  Dentschen  Städte. 
Bekanntlich  besteht  in  Oesterreich,  Ungarn,  in  der  Schweiz  und  in  Belgien 
kein  allgemeiner  gesetzlicher  Impfzwang. 

Die  Arbeit  hat  selbstverständlich  nicht  die  Absicht,  Propaganda  fär 
eine  gute  Sache  zu  machen,  sie  giebt  auf  Grund  amtlichen  i.  e.  absolut 
zuverlässigen  Materials  eine  objektiv-nüchterne  Darlegung  der  währeail 
eines  Jahres  festgestellten  Mortalität  an  Pocken  im  Deutschen  Reich« 
und  vergleicht  hiermit  zum  Schluss  die  in  Staaten  ohne  Impfzwang  ge- 
wonnenen Zahlenergebnisse.  Ueberzeugender  konnte  die  mühevolle  Arbeit 
nicht  ausfallen:  ob  sich  wohl  endlich  einmal  die  bekannten  Verfeebter 
gegentbeiliger  Ansicht,  die  Gegner  des  gesetzlichen  Impfzwanges,  über 
zeugen  lassen  werden? 


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381 


Mittheilnngen. 


Saoitäts-Offizier-Oesellschaft  zn  Dresden. 

1.  (172.)  Sitzung. 

Donnerstag,  am  20.  Januar  1887. 

Oberstabsarzt  Dr.  Helbig:  Bericht  nber  die  13.  Versammlung  des 

Deutschen  Vereins  für  öffentliche  Gesundheitspflege. 

Nachdem  Redner  zunächst  einen  in  der  Ausstellung  der  59.  Ver- 
sammlung Deutscher  Naturforscher  und  Aerzte  zn  Berlin  vorhandenen 
Raomwinkelmesser,  nach  Weber's  Angabe  von  Heydrich  io  Breslau 
konstrnirt,  beschrieben,  giebt  er  den  angekündigten  Bericht,  der  sich  auch 
nach  stenographischen  Grundlagen  im  1.  Hefte  des  19.  Bandes  der 
Deutschen  Vierteljahresschrift  für  öffentliche  Gesundheitspflege  befindet. 
Im  Anschlüsse  daran  schildert  Redner  noch  die  Wasserversorgung  und 
.\bfallbeseitignng  Breslaus. 

2.  (173.)  Sitzung. 

Donnerstag,  den  17.  Februar  1887. 

Stabsarzt  Dr.  Schill:  Die  Ausrüstung  des  Sanitäts- Offiziers  im  Felde. 

Der  Vortragende  bespricht  in  der  Einleitung  die  dem  Feldarzte  zum 
Transport  seiner  Ausrüstung  zur  Verfügung  stehenden  Mittel.  Diese  sind: 

a)  Der  Packwagen  der  Sanitätsdetachements  nnd  Feldlazarethe  oder 
der  Raum  über  der  Vorderachse  des  Truppen-Medizinwageos, 

b)  das  Reitpferd, 

c)  die  eigene  Person, 

d)  der  unberittene  Pferdewärter. 

Nach  Erwähnung  der  die  Feldansrüstnng  des  Offiziers  behandelnden 
Broschüren  (Memmingen,  v.  Egidy,  Rotter)  und  der  empfohlenen 
ärztlichen  Taschen  (Flashar,  Frölich,  Pöscbke)  geht  Redner 
zur  Schilderung  der  von  ihm  empfeblenswerth  erachteten  Ausrüstung 
über.  Als  Regel  beachte  man,  dass  nur  ganz  neue  Sachen  mitzunehmen 
iind,  dass  man  sich  der  Wollwäsche  bediene.  Darauf  folgt  eine  detaillirte 
Angabe  der  noihwendigen  Kleider.  Utensilien  u.  s.  w.  und  der  Art  ihrer 
Dnterbringnng,  sowie  die  Vorlegung  einer  Instrumenten-  und  Verband- 
tssche;  letztere  bat  ein  Gewicht  von  noch  nicht  9(X)g.  Am  Schluss 
wird  die  Nothwendigkeit  der  Mitführung  möglichst  vieler  Nahrungsmittel 
in  kompakter  Form  (Cervelatwurst,  gestossener  Zwieback  in  Pergament- 
darm,  Kaffee  nnd  Thee)  betont. 

3.  (174.)  Sitzung. 

Donnerstag!,  den  17.  März  1887. 

AMistenzarzt  Dr.  Lübbert:  Der  Sanitätsdienst  in  der  Französischen 
Armee. 

Nach  einigen  einleitenden  Worten  über  die  historische  Entwickelung 
des  Sanitätsdienstes  in  der  französischen  Armee  seit  Ambroise  Pare  be- 
«pricht  der  Vortragende  die  Verhältnisse,  wie  sie  durch  das  Gesetz  vom 
16.  März  1882  gestaltet  wurden,  auf  Grund  dreier  Prinzipien: 


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382 


1.  Die  Unterordnang  der  Vcrwaltnng  ODter  die  Kommando-Behörde, 

2.  die  Unabhängigkeit  des  Sanitätsdienstes  gegenüber  der  Verwaltung,  und 

3.  die  Einrichtung  einer  selbstständigen  Kontrolbehörde. 

Nach  Hervorhebung  der  Rangstellung  der  französischen  Sanitäts- 
offiziere wird  die  Leitung  des  Sanitätsdienstes  und  die  Ergänzung  des 
militärärztlicben  Korps  dnrch  die  militärärztlicbe  Schule  des  Val-de-gräce 
auseinandergesetzt.  Einer  Besprechung  des  Truppendienstes  im  Krieg 
und  Frieden  scbliessen  sich  Referate  über  die  Iiistruktionsbücher  der 
Lazaretbgebülfen  und  Krankenträger  an,  und  wird  im  Folgenden  die  Art 
und  Weise  erörtert,  nach  der  die  Sanitätsinstitutionen  im  Felde  Ver- 
wendung finden,  entsprechend  dem  Reglement  über  den  Sanitätsdienst 
der  französischen  Armee  im  Felde  vom  25.  August  1884. 

4.  (175.)  Sitzung. 

Donnerstag,  den  21.  April  1887. 

Stabsarzt  Dr.  Schill:  Referat  über  den  6.  Band  des  Sanitäts- Berichtes 
von  1870/71 : Die  Seuchen  bei  den  Deutschen  Heeren  im  Kriege  gegen 
Frankreich  1870/71. 

5.  (176.)  Sitzung. 

Donnerstag,  den  26.  Mai  1887. 

Stabsarzt  Dr.  Evers:  Referat  über  den  Sanitäts -Bericht  über  die  Deutschen 
Heere  im  Kriege  gegen  Frankreich  1870/71,  2.  Band.  (II.  Statistischer 
Theil.) 

6.  (177.)  Sitzung. 

Donnerstag,  den  16.  Juni  1887. 

Stabsarzt  Dr.  Seile;  Bericht  über  den  diesjährigen  Kongress  deutscher 
Chirurgen  in  Berlin. 

Redner  referirt  im  Besonderen  über  Madelung's  Vortrag  über 
„innere  Darmeinklemmnng,  Peritonitis  und  Darmperforation  vom  operativen 
Standpunkte“,  über  Kümmel’s  Thema:  „Laparotomie  bei  Bauchfell- 
Tuberkulose“,  über  Helferich's  Vorschläge  zur  künstlichen  Vermehrung 
der  Kuocbenneubildnng  bei  schlecht  konsoTidirten  Frakturen  n.  s.  w.  und 
über  die  publizirten  neuen  Untersuchungen,  Wirksamkeit  des  Jodoforms 
betreffend.  Am  Schlosse  demonstrirte  der  Vortragende  zahlreiche  vom 
Hofratb  Stelzner  auf  operativem  Wege  aus  Magen  und  Darm  entfernte 
Fremdkörper. 

7.  (178.)  Sitzung. 

Donnerstag,  den  21.  Juli  1887. 

Stabsarzt  Dr.  Balmer:  Mittheilnngen  über  den  Kongress  für  innere 
Medizin  zu  Wiesbaden. 

In  diesem  Vortrage  finden  folgende  Gegenstände  eingehende  Be- 
sprechung: Lokalisation  der  Oehirnkrankheiten,  Therapie  der  Phthise, 
Behandlung  der  Neuralgien  mittelst  Kataphorese , Behandlung  von 
Emphysem  und  Asthma  mittelst  des  Zoberbier'schen  Athemstubles. 

8.  (179.)  Sitzung. 

Donerstag,  den  20.  Oktober  1887. 

Generalarzt  1.  Kl.  Dr.  Roth:  Uebersicht  über  die  wichtigsten  Er- 
scheinungen auf  dem  Gebiete  des  Militär-Sanitätswesens  im  Jahre  1886. 
Redner  schickt  seinem  Vortrage  eine  Uebersicht  über  das  Wirken 
des  verstorbenen  Professors,  Wirklichen  Geheimen  Rathes,  Excellenz  und 


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383 


Generalarztes  ä la  suite  des  Sanitäts  - Offizier  - Korps  v.  Langenbeck 
roraos.  Die  Anwesenden  erbeben  sich  hierauf  in  ehrender  Erinnerung 
an  den  Verstorbenen  von  ihren  Sitzen. 

In  der  angekündigten  Uebersicht  giebt  der  Vortragende  zahlreiche 
Daten  ans  dem  2.  Bande  des  Sanitäts  • Berichtes  über  die  Deutschen 
Heere  im  Kriege  1870/71  und  bespricht  auch  den  6.  Band  desselben 
Berichtes.  Im  Weiteren  folgen  Mittbeilungen  über  den  Sanitätsdienst  im 
Donau  * Feldzüge  ans  dem  russisch  • türkischen  Kriege,  im  serbisch- 
bulgarischen  Fddzuge,  im  Kriege  der  Franzosen  in  Tonking. 

9.  (180.)  Sitzung. 

Donnerstag,  den  17.  November  1887. 

Oberstabsarzt  Dr.  Helbig:  Vorweisung  einer  neuen  Pulsionslampe  mit 
Erläuterung. 

Stabsarzt  Dr.  Müller:  Erinnerungen  an  die  Oeneralstabsübungsreise  1887. 

Stabsarzt  Dr.  Müller  hebt  die  Bedeutung  hervor,  welche  die  Heran- 
ziehung des  Sanitätskorps  zur  Lösung  einer  sonst  nur  bevorzugten  Truppen- 
offizieren zugestandenen  Aufgabe  für  den  Sanitätsdienst  bat,  und  schildert 
zunächst  die  Einrichtungen  und  den  Verlauf  der  Uebungsreise  im  All- 
gemeinen, sowie  die  hierzu  für  ihn  nothwendig  gewordenen  Vorbereitungen, 
welche  nicht  nur  in  theoretischer  Vorbildung  bestanden;  Hebungen  im 
Kartenlesen,  Croquiren  und  Orientirung  im  unbekannten  Terrain  gingen 
der  Reise  voraus. 

Ein  detaillirtes  Bild  seiner  Thätigkeit  entwirft  der  Vortragende  an 
der  Hand  zweier  ihm  gestellter  Aufgaben.  Der  Kern  der  einen  Aufgabe 
lag  in  der  Entscheidung  der  Frage,  ob  in  dem  betreffenden  Falle  und 
zwar  während  eines  supponirten  Waffenstillstandes  Feldlazarethe  etablirt 
werden  sollten  oder  nicht;  die  andere  Aufgabe  beschäftigte  sich  mit  der 
Regelung  des  Sanitätsdienstes  während  eines  Gefechtes. 

10.  (181.)  Sitzung. 

Donnerstag,  den  15.  Dezember  1887. 
Korpsetabsapotbcker  Schneider:  Neuigkeiten  von  der  Ausstellung  zu 
Wiesbaden  1887. 

Oberstabsarzt  1.  Kl.  Dr.  Becker:  Einige  otiatrische  Mittbeilungen  von 
der  Naturforscher-Versammlung  zu  Wiesbaden  1887. 

Korpsstabsapotheker  Schneider  besprach  die  auf  genannter  Aus- 
stellung zur  Anschauung  gebrachten  wichtigsten  Erscheinungen  auf  dem 
Gebiete  neuer  Drognen  und  Pflanzenstoffe,  neuer  Medikamente  und 
pharmazeutischer  Präparate,  Verbandstoffe  nud  Reaktionen,  wobei  eine 
Anzahl  von  Präparaten  zur  Demonstration  gelangte. 

Oberstabsarzt  Becker  entwirft  zunächst  eine  Schilderung  der  von 
Guye  „Aprosexie“  genannten  Kränkelt,  die,  besonders  im  jugendlichen 
Alter  vorkommend,  sich  dadurch  charakterisirt,  dass  die  betreffenden 
Patienten  nicht  fähig  sind,  ihre  Aufmerksamkeit' auf  einen  bestimmten 
Punkt  zu  richten. 

Die  Erklärung  hierfür  sucht  Ouye  in  einer  Retentions- Erschöpfung 
des  Gehirns  in  Folge  verhinderten  Lymphabflusses  aus  demselben,  der 
seinen  Grnnd  io  ad^enoiden  Geschwülsten  in  der  Nase  und  im  Nasen- 


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384 


racbenranm  hat.  Die  Entfernoog  der  krankhaften  Vegetationen  wird  ein- 
gehend besprochen.  Schliesslich  demonstrirt  der  Vortragende  noch  einen 
elektrischen  Beleuchtongsapparat,  der,  anf  der  Stirn  befestigt,  besonders 
bei  operativen  Eingriffen  im  Kehlkopf  seinen  Zweck  voll  erfüllen  wird. 


( 

Staderini:  II  snblimato  corrosivonellacnradellaconginntivite 
grannlosa.  (II  Morgagni.  Anno  XXIX.  Giugno  1887.) 

Im  Anschluss  an  die  im  Jahre  1880  erfolgten  Publikationen  von  Gnaita 
und  von  Debenedetti  berichtet  St.  über  weitere  Beobachtungen  in  der  An- 
wendung des  Sublimats  bei  der  Behandlung  der  Conjunctivitis  grannlosa  und 
bestätigt  die  glänzenden  Resultate  dieser  von  Gnaita  empfohlenen  Be- 
handlungsweise.  Das  Sublimat  sei  in  allen  Formen  und  Stadien  nützlich, 
es  sei  insbesondere  das  spezifische  Heilmittel  des  Trachoms;  die 
Wirkung  sei  eine  antiseptische,  gegen  die  Infektionskeime  gerichtete,  sie 
erfolge  ansserordentlicb  rasch,  sicher  und  vollständig  nnd  gewährleiste 
das  gänzliche  Verschwinden  der  Granulationen.  Die  Behandlung  besteht 
in  täglichen  Pinselungen  der  Conj.  palp.  mit  einer  Lösung  von  1 ; 400 
(ev.  1 : 30ü  oder  1 : 5U0),  neben  Irrigationen  des  Auges  mit  einer  lauen 
Lösung  von  1 : 7CXX)  (alle  zwei  Tage  einmal  wiederholt).  Nur  bei  akut 
entzündlichen  Symptomen  mit  starker  eitriger  Sekretion  sei  Arg.  nitr. 
vorzuziehen,  anfangs  allein,  später  abwechselnd  mit  Sublimat,  schliesslich 
letzteres  allein.  Kern. 


Im  verflossenen  Jahre  hielt  unser  geschätzter  Mitarbeiter,  Stabsarzt 
Dr.  A.  Hiller  vor  dem  Offizierkorps  seines  Regiments  einen  Vortrag 
über  Hitzschlag  etc.,  welcher,  in  einem  Beihefte*)  des  Militär-Wochen- 
blatts  1887  veröffentlicht,  eine  vorzügliche,  gemeinverständliche  Dar- 
stellung der  Ursachen,  des  Symptomenkomplexes  und  der  Verhütung 
dieser  unheilvollen  Erkrankung  bietet. 

Kurz  nach  der  Veröffentlichung  erschien  mit  Erlaubniss  des  Ver- 
fassers eine  von  Lieutenant  D.  Jung,  attachirt  dem  belgischen  Kriegs- 
ministerinm,  besorgte  Uebersetznng  des  Vortrags,  'Welche  in  den  maass- 
gebenden belgischen  nnd  französischen  Blättern  höchste  Anerkennung 
gefunden  bat. 

Vor  uns  liegen  die  Augnst-Ansgaben  (1887)  von  La  Belgique 
militaire  (Organe  de  la  defense  Nationale),  S 156 — 157  und  Archives 
mensuelles  de  medecine  et  de  Chirurgie  pratiques,  S.  221 — 222,  in  welchen 
rühmend  die  lichtvolle,  auch  dem  Laien  verständliche  Darstellung  hervor- 
gehoben  nnd  betont  wird,  dass  der  Vortrag  H.’s  viele  wichtige,  bisher 
nicht  bekannte  Betrachtungen  über  das  Wesen  etc.  des  Hitzscblags 
enthält  nnd  dass  die  vom  Vortragenden  angegebenen  Modifikationen  der 
Militär-Bekleidung  die  grösste  Aufmerksamkeit  aller  Betbeiligten  verdienen. 

Ltz. 


*)  No.  5,  bei  E.  S.  Mittler  & Sohn,  Preis  Mk. — ,50. 


(tedinckt  in  der  Könii^lichon  Ilorbnchdrackerei  Ton  E.  S.  Mittler  A Solin,  Berlin  , Kochstr.  66—10. 


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Dentsche 


Militärärztliche  Zeitschrift 


Redaction: 

Dr.  91.  Generalarzt, 

Berlin,  Tnobenstrattse  6, 

a.  Dr.  c^rn9ot^>  Stabsarzt, 

Berlin,  Kaiear  Franz  Grenadier-Platz  11/12. 


Verlag: 

f.  $.  aBtUfcr  & f ep«, 

Königliche  Hofbnchhandlong, 

Berlin«  Kochütrafiee  68^70. 


MeaaUirh  eracheint  ein  Beft  ron  znindeetena  3 Druckbogen;  dazn  ein  „Amtlichea  Beiblatt“.  Der 
ZeitMbrifl  irird  das  Werk:  „Jahresbericht  ftber  die  Fortschritte  auf  dem  Gebiete  des  Militir- 
Saa)tIts«Wesens“,  heraasgegeben  Tom  Generalarzt  Dr.  Roth,  nneotgeltlich  beigegebon.  ßestellnng 
nehmen  alle  Postlroter  nnd  Bncbhandlnngen  an.  Preis  des  Jahrgangs  16  Mark. 


XVII.  Jahrgang. 1888.  Heft  9 u.  10. 


Ans  dem  tiamisonlazareth  Altona. 

Typhtis  abdominalis  mit  Ikterus. 

Von 

Oberatabsarzt  Dr.  Pfuhl. 


Der  Sommer  1885  gab  Gelegenheit  zur  Beobachtung  einer  Typhus- 
epidemie  im  1.  Thüringischen  Infanterie-Regiment  No.  31,  welche  nach 
verschiedenen  Richtungen  hin  Belehrung  zu  bieten  im  Stande  ist.  Ich 
habe  daher  geglaubt,  gerade  in  unserer  Zeitschrift  eine  Besprechung  jener 
üassenerkrankang  eintreten  lassen  zu  sollen,  zugleich  in  der  Hoffouug, 
dass  sich  an  dieselbe  vielleicht  von  anderer  Seite  einschlägliche  Mit- 
tbeilungen  oder  Erörternngen  anknüpfen  dürften,  welche  zur  Klärung 
noch  dunkler  Punkte,  oder  Richtigstellung  irrthümlicher  Auffassungen 
meinerseits  dienen  könnten. 

Das  Hauptinteresse  der  Epidemie  bezieht  sich  auf  zwei  Momente; 
nämlich  erstens  die  Entstehungsweise  der  Erkrankungen  und 
zweitens  eine  wichtige  Komplikation,  den  Ikterus. 

Das  Regiment  No.  31,  welches  ini  vorigen  Jahrzehnt,  als  der  grösste 
Theil  desselben  in  alten,  noch  ans  dänischen  Zeiten  stammenden,  mitten 
'n  der  Stadt  in  engen,  winkeligen  Strassen  gelegenen  Kasernements 
ontergebracht  war,  unr  wenig  nnter  typhösen  Erkrankungen  zu  leiden 
batte,  weist  seit  Beginn  der  achtziger  Jahre,  nach  dem  Bezieheu  der  drei 
neuen  Kasernen  1880,  bezw.  1882  und  1883,  einen  ziemlich  hohen  jähr- 

25 


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386 


liehen  Zugang  an  Abdominaltyphns  auf.  Ja  in  den  letzten  Jahren  hat 
sich  sogar  ein  immer  grösseres  Anwachsen  dieser  Krankheit  im  Regi- 
ment bemerklich  gemacht.  (In  den  14  Jahren  vom  1.  April  1873  bis  1887 
gingen  vom  Regiment  211  Fälle  zu,  von  denen  13  tödtlich  verlaufen  sind.) 

Die  Ursachen  dieser  eigenthümlichen  Verhältnisse  sind  bisher  nn- 
aufgeklärt  geblieben,  und  alle  bezüglichen  Deutnngsversuche  liegen  fast 
gänzlich  auf  dem  Gebiete  der  reinen  Hypothese.  Indess  mag  schon  hier 
vorweg  bemerkt  werden,  dass,  wie  weiter  nnten  ausführlicher  zu  be- 
sprechen, der  Typhus  auch  unter  der  Zivilbevölkerung  Hamburg-Altonas, 
ans  bisher  unbekannten  Gründen,  in  letzter  Zeit  immer  mehr  um  sich 
gegriffen,  ja  einen  epidemischen  Charakter  angenommen  hat.  — Ob  der 
interessante  „Beitrag  zur  Aetiologie  des  Abdominaltyphus“  von  Stabsarzt 
Gel  au  (Heft  6 des  Jahrgangs  1887  dieser  Zeitschrift)  — wenn  er  auch 
hinsichtlich  der  Zivilbevölkerung  aus  nahelicgcuden  Gründen  weniger  vou 
Belang  sein  dürfte,  — vielleicht  geeignet  ist,  für  die  fraglichen  ur- 
sächlichen Verhältnisse  im  Regiment  No.  31  einen  Fingerzeig  zu  geben, 
lasse  ich  dahingestellt.  Möglich  ist  es  immerhin,  dass  auch  hier  der 
Typhuskeim  nicht  in  erster  Linie  in  den  Kasernements  selbst,  sowie 
deren  Untergründe  nnd  nächster  Umgebung  zu  suchen  ist,  sondern  der 
Bekleidung  der  Mannschaften  bezw.  den  Montirungsstücken  — selbst- 
verständlich den  getragenen. — anhaftet,  von  welchen  aus  er  immer  wieder 
(beim  Klopfen,  Bürsten  u.  s.  w.)  von  Neuem  in  den  Wohnräumen  aus- 
gestrent  wird.  Das  Trinkwasser,  welches  ans  der  städtischen  Wasser- 
leitung entnommen  wird,  besitzt  und  besass  speziell  im  Sommer  1885, 
wie  durch  zahlreiche  bakterioskopische  Untersuchungen  meinerseits  fest- 
gestellt ist  (s.  diese  Zeitschrift  1886,  Heft  1)  eine  vorzügliche  Qualität 
und  kann  mit  ziemlicher  Sicherheit  als  schädigendes  Moment  ausgeschlossen 
werden.*)  Freilich  haben  auch  die  im  Herbst  1886  vorgenommenen 
bakteriologischen  Untersuchungen  der  Beinkleider  nnd  Unterbeinkleider 


*)  Wenn  Simmonds  das  epideiniselic  Auftreten  des  Typhus  unter  der  Ziril- 
bcTölkerung  Altonas  darauf  zurüekführt-n  zu  können  glaiiht  (Deutsche  Vierteljahres- 
Schrift  für  öffentliche  Gesundheitspflege.  Ilund  XVIII,  Heft  4),  dass  dieselbe  ihr 
Wasser,  ebenso  wie  die  Hamburger,  aus  der  Elbe  bezieht,  so  Übersicht  er  eben, 
dass  das  Altonaer  Elbwasser  in  vorzüglichen  Filterwerken  der  Reinigung 
unterworfen  wird,  was  bedauerlicherweise  in  Hamburg  nicht  geschieht.  Ohne 
W’eiteres  aber  annchmen,  da.ss  die  unter  sachkundiger  Aufsicht  und  Kontrolle 
arbeitenden  Wasserwerke  Altonas  den  Typhusbazillen  den  freien  Durchtritt  durch 
die  Filter  gestatten,  heisst  doch  nur,  die  z.  Z.  besten  aller  bygienisehen  Ein- 
richtungen zur  Herstellung  tadellosen  Trink wasssers  für  grosse  Städte  auf  Gruiul 


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r 


— 387  — 


erkrankter  Mannschaften  auf  Typhnsbazillen  zu  keinem  positiven  Er- 
gebniss  geführt.  Dieselben  sind  indess  noch  nicht  zahlreich  genug,  um 
ein  bestimmtes  Urtheil  in  der  fraglichen  Richtung  zu  gestatten.*) 

Im  Winter  1884/8.5  hatten  sich  die  typhösen  Erkrankungen  im 
.^1.  Regiment  in  verhältnissmässig  engen  Grenzen  gehalten,  indem  im 
Ganzen  nur  10  Fälle  zngingen;  nnd  zwar  1 im  November,  4 im 
Dezember  1884,  1 im  Januar  nnd  4 im  März  1885.  Das  Sommersemester 
1885  setzte  im  April  und  Mai  mit  je  4 Fällen  ein.  Scheinbar  ohne  jede 
äussere  Veranlassnng  erhob  sich  indess  die  Erkrankungszahl  im  Juni  auf 
das  Doppelte  (8  Zugänge  bis  28.  Juni).  Nach  einer  siebentägigen  Pause 
schnellte  plötzlich  die  Morbiditätsziffer  im  Juli  weiter  rapide  in  die  Hohe 
and  erreichte  die  stattliche  Zahl  von  26  Zugängen,  welchen  sich  im 
.^ngust  noch  weitere  15  Fälle  anschlossen.  Von  da  ab  erlosch  die 
Massenerkrankung  ebenso  plötzlich,  wie  sie  begonnen  hatte. 
Dieselbe  umfasste  also  in  den  drei  genannten  Monaten  im  Ganzen  49  Fälle. 

Die  beifolgende  Tabelle  bezw.  Kurven  machen  die  betreffenden  Ver- 
hältnisse im  Halbjahr  deutlich. 

Was  nun  die  Beschaffenheit  der  49  KrankheitsfSlle  betrifft,  so  ge- 
hörten der  schweren,  ausgesprochenen  Form  des  Typhus  ab- 
dominalis mit  allen  charakteristischen  Erscheinungen  desselben  an: 
10  Fälle  (No.  11  der  Krankheitsnbersicht).  Es  folgten  15  weniger  aus- 
gesprochene, unter  „gastrisches  Fieber“  (No.  10)  geführte  Zugänge. 
Nebenher  gingen  noch  24,  unter  dem  Bilde  eines  fieberhaften  Magen- 
Darmkatarrhs  einsetzende,  abortive  Erkranknngsformen  (No.  81/85), 
velche  in  so  charakteristischer  Weise  anftraten  und  verliefen,  dass  sie 
anzweifelhaft  auf  dieselbe  Entstebnngsursache  zurückgefnhrt  werden 
mossten. 


einer  blossen  , Möglichkeit“  hin  diskreditircii.  Und  dass  Sinimonds  im  Grunde 
genommen  dies  selbst  nicht  will,  geht  aus  den  Schlussausführungen  seiner  Arbeit 
terror,  in  welchen  er  sowohl  für  die  grüsstmögliche  Fernhaltimg  von  Ver- 
nnreinigungen,  als  auch  die  Filtration  des  Elbwassers  im  Grossen  für  die  Stadt 
Hamburg  ausdrücklich  eintritt. 

*)  Die  betreffenden  Untersuchungen  geschahen  in  folgender  Weise:  Mit 

ttwiler  Schere  wurden  schmutzige  resp.  mit  Kothmassen  verunreinigte  Stellen  der 
f«-iis8gegend  der  betreffenden  Kleidungsstücke  entfernt  und  theils  in  sterilem  Wasser 
»nigenommen,  theils  in  steriler  Schule  fein  pulverisirt.  Aus  beiden  Proben  wurden 
alsdann  in  bekannter  Weise  Gelatineplatten  hcrgcstellt,  welche  uusuaiimslos  ver- 
Kliiedene,  indess  immerhin  nur  wenige  llukterienarten  (Kokken  und  Bazillen)  ent- 
biellen,  aber  niemals  Xypbusbazilleu  erkeuueu  liesscu. 

25* 


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Typhus  im  Sommer  16S5. 


Datum. 

April 

Mai 

Jani 

Juli 

August 

September 

SoniK 

1. 

— 

— 

— 

— 

4 

— 

4 

2. 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

3. 

— 

— 

2 

— 

— 

— 

i 

4. 

— 

— 

— 

— 

1 

— ' 

1 

5. 

— 

1 

1 

— 

4 

— 

i 

6. 

— 

— 

— 

1 

2 

— 

3 

7. 

— 

— 

— 

1 

3 

• — 

. 4 

8. 

— 

— 

2 

— 

1 

— 

3 

9. 

— 

— 

— 

3 

— 

— 

3 

10. 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

i 

11. 

— 

— 

— 

2 

— 

— 

i 

12. 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

13. 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

1 

14. 

1 

— 

— 

2 

— 

— 

3 

15. 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

1 

18. 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

1 

17. 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

18. 

1 

— 

1 

— 

— 

— 

i 

19. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

- 

20. 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

1 

21. 

— 

— 

— 

4 

— 

— 

4 

22. 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

l 

23. 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

1 _ 

24. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

- _ 

2ü. 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

1 ^ 

2G. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

- 

27. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

- _ 

28. 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

4 

29. 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

1 _ 

30. 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

1_ 

31. 

— 

— 

— 

2 

— 

— 

.Summe 

8 

2G 

15 

57 

8 49 

67 


Digitizc 


389 


Typhus  im  Sommer  1885. 


2.  Typhui  (No.  11  der  KrankheitsDbersicht)  — o — o — 

3.  Gattrieche*  Fieber  (No.  10  - - ) 

4.  Magendarmkaiarrhe  (No.  81/85  - - ) 


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390 


Auf  das  I,  Bataillon  entfallen  im  Ganzen  14,  auf  das  II.  21,  anf 
das  Füsilier- Bat.  14  Zugänge.  Von  ansgesprochenem  Typhus  gehürten 
4 dem  I.,  5 dem  II.  und  1 dem  Füsilier-Bat.  an,  während  von  gastrischem 
Fieber  7 dem  I.,  3 dem  II.  uud  5 dem  Füsilier-Bat.  zufallen.  Von  den 
Abortivformen  kommen  auf  das  I.  Bat.  3,  auf  das  II.  Bat.  13,  auf  das 
Füsilier-Bat.  8 Fälle. 


Die  einzelnen  Compagnien  sind  folgendermaassen  betheiligt : 


Typhus 

Gastrisches  Fieber 

Magenkatarrh 

1.  Comp.  = 

1 

Mann, 

= 0 Mann, 

= 2 Mann, 

2. 

= 

2 

- 

= 2 

- 

= 0 

- 

3. 

= 

0 

- 

= 4 

- 

= 1 

- 

4. 

= 

1 

- 

= 1 

- 

= 0 

- 

5. 

* s=: 

0 

- 

= 0 

- 

= 4 

- 

6. 

== 

3 

- 

= 0 

- 

= 3 

- 

7. 

= 

1 

- 

= 1 

- 

= 3 

- 

8. 

= 

1 

- 

= 2 

- 

= 3 

- 

9. 

= 

0 

- 

= 2 

- 

= 4 

- 

10 

= 

1 

- 

= 1 

- 

= 1 

- 

11. 

- = 

0 

- 

= 1 

- 

= 1 

- 

12. 

0 

- 

= 1 

= 2 

- 

10  Mann 

15  Mann 

24  Mann 

Wie  die  Kurve  lehrt,  traten  fast  alle  schweren  Erkrankungen  im 
Jnli  und  Augnst  auf:  nämlich  von  Typhus  10  (Juli  6),  von  gastrischem 
Fieber  15  (Juli  10),  während  von  den  leichten  Formen  8 dem  Juni  and 
10  bezw.  6 dem  Jnli  und  Augnst  angehörten. 

Der  Verlauf  der  einzelnen  Erkrankungen  wich  bei  der  Mehrzahl  der 
Fälle  im  Allgemeinen  von  dem  gewöhnlichen  nicht  ab  und  endete,  mit 
Ausnahme  eines  einzigen,  mit  dem  Tode  abgegangenen  Falles,  mit  völliger 
Wiederherstellung  der  Kranken.  Bei  einer  Anzahl  von  Patienten  jedoch 
nahm  die  Krankheit  ein  ganz  eigenthümliches  Gepräge  an;  es  stellte  sich 
nämlich  frühzeitig  ein  mehr  oder  weniger  intensiver  Ikterus  von  ver- 
schieden langer  Dauer  ein.  Auf  diese  Fälle  non,  9 an  der  Zahl,  kou- 


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391 


sentrirt  sich,  wie  gesagt,  das  Interesse  der  Epidemie  und  ich  lasse  die- 
selben daher  im  möglichster  Kürze  nach  den  Journalblättern  and  Privat- 
Dotizen,  nnd  zwar  in  der  Reihenfolge  ihres  Zugangs,  hier  folgen; 

1.  Musketier  W.  der  3.  Comp.,  6.  7.  85  zugegangen,  7.  8.  85  ent- 
lassen. (Mittelschwerer  Fall.) 

Anamnese:  Am  5.  7.  in  der  Kaserne  No.  III,  Stube  151,  mit  Kopf- 
schmerz, Schwindel,  Frost  und  Hitze  erkrankt,  am  6.  krank  gemeldet 
und  dem  Lazareth  überwiesen.  Hat  vom  21.  Juni  bis  5.  Jnli  gebadet 

Status  praesens  bei  der  Aufnahme:  Klagen  über  grosse 

Schwäche,  Schwindel,  Ilinterbauptskopfschmcrz  und  Appetitmangel.  Zunge 
stark  belegt,  an  der  Spitze  roth,  trocken.  Tympauie.  Bauchdecken  ziemlich 
stark  gespannt.  Milzdämpfung  vergrössert,  reicht  bis  zur  vorderen 
Axillarlinie.  Ueber  beiden  Lungen  hinten  trockenes  Rasseln,  keine 
Dämpfung.  Am  Herzen  keine  Abnormitäten.  Temp.  39,G,  Puls  96. 
Radialis  mittelweit,  Pulswelle  schwach  dikrot,  mittelboch.  Spannung 
gering.  Stuhl  angeblich  diarrhöiscb. 

Diät:  Milch,  Bouillon,  Wein.  Innerlich  Acid.  muriat  Bad  von  16°, 
sowie  Temp.  39,5  im  Rektnm  (Tag  nnd  Nacht). 

7.  Juli.  Klagen  über  Husten  [und  stärkere  Kopfschmerzen,  sowie 
Schmerzen  im  Halse.  Racbengebilde  stark  geröthet  nnd  mässig  ge- 
schwollen. Alhmungsgeräuscb  R.  II.  U.  verschärft  vesikulär,  Rasseln 
wie  gestern.  Milzdämpfnng  noch  mehr  vergrössert.  Temp.  39,4  bis  40,1, 
Puls  90  bis  104. 

8.  7.  Temp.  38,3,  Puls  80.  Abdomen  auf  Druck  überall  empfindlich, 
Zunge  unverändert,  nur  etwas  feuchter;  zwei  dünne,  hellbraune  Stühle. 
Temp.  38,7,  Puls  86. 

9.  7.  Die  Farbe  der  Haut  zeigt  ein  gelbliches  Kolorit,  auch 
die  Konjunktiven  leicht  ikterisch;  Stuhl  breiig,  gelbbraun;  Urin 
dunkelgelb,  klar,  spez.  Gew.  1019,  Menge  1200  ccm.  Temp.  38,7  bis  38,9, 
Puls  82  bis  83,  leicht  dikrot. 

10.  7.  Ikterus  hat  bedeutend  zugenommen;  Urin  braungelb  mit 
einem  Stich  ins  grünliche  (schwache  Gallenfarbstoffreaktion),  spez.  Gew. 
1020.  Ord.:  Infusum  rad.  Rhei.  mit  Natr.  bicarb.  Temp.  38,8,  Puls  75. 
Stuhl  graugelb,  dickbreiig. 

12.  7.  Temp.  seit  gestern  bedeutend  gesunken:  Abends  38,3,  Puls  56. 
Allgemeinbefinden  besser,  hin  und  wieder  etwas  Hautjucken.  Temp.  37,2. 
Puls  48.  Abends  37,3,  P.  50. 

16.  7.  Der  Ikterus  hat  abgenommen,  Allgemeinbefinden  gut.  Temp. 
normal.  Puls  50. 


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7.  8.  Nachdem  W.  sich  seit  Mitte  Juli  gut  befanden  und  der  Ikterus 
mit  seinen  Begleiterscheinungen  völlig  geschwunden  ist,  wird  derselbe 
geheilt  entlassen.  — 

2.  Musketier  L.  der  8.  Comp.,  9.  7.  zagegangen,  9.  8.  85  entlassen. 
(Mittelschwerer  Fall.) 

Anamnese:  L.  erkrankte  angeblich  am  8.  7.  nach  dem  Baden  mit 
Frost,  nachfolgender  Hitze,  Kopf-  und  Halsschmerzen;  will  vor  2 Jahren 
kaltes  Fieber  gehabt  haben.  Kaserne  II,  Stube  64. 

Status  praesens  bei  der  Aufnahme:  Rachengebilde  geröthet, 

Mandeln  geschwollen.  Unter  dem  rechten  Unterkieferrand  diffuse 
Schwellung  der  Weichtheile.  Zunge  stark  weiss  belegt,  Bauch  nicht  anf- 
getrieben.  Milzdämpfong  vergrössert;  in  den  Langen  nichts  Abnormes, 
ebensowenig  am  Herzen.  Temp.  40,0,  Puls  100.  Ord.:  flüssige  Diät, 
Gurgeln  mit  Kal.  chloric.  15,0 : .500,0,  Eispillen,  ein  Gramm  Chinin. 

10.  7.  Zustand  unverändert.  Temp.  39,4,  Puls  96,  leicht  dikrot. 
Abends  Temp.  40,3,  Puls  120.  Radialis  eng,  Welle  niedrig,  sehr  geringe 
Spannung. 

11.  7.  Heut  Morgen  Nasenbluten,  Diarrhöe  (5  Stähle).  Temp. 
38,0,  Puls  96;  sonst  wie  gestern.  Abends  39,6,  Puls  104. 

12.  7.  Auch  heute  wieder  sehr  starkes  Nasenbluten,  welches 
erst  auf  vordere  Tamponade  des  rechten  Nasenlochs  zum  Stehen 
kam.  Temp.  40,3,  Puls  100.  Antipyrin,  wonach  die  Temperatur  auf 
38,1  heruntergeht.  Pols  96. 

13.  7.  Leicht  ikteriscbe  Färbung  der  Haut  und  Konjunktiven. 
Leberdämpfung  nicht  vergrössert.  Auf  dem  Abdomen  einige  Roseola- 
flecke. Stuhl  graubraun,  dickbreiig.  Urin  1600  ccm,  spez.  Gew.  1010, 
schwache  Gallenfarbstoffreaktion.  Temp.  38,8,  Puls  86.  Abends  38,6, 
Puls  80. 

15.  7.  Ikterus  unverändert.  Allgemeinbefinden  etwas  besser.  Temp. 
38,6,  Puls  75.  Abends  38,1,  Puls  71.  Stuhl  fast  thonfarben,  dickbreiig. 

17.  7.  Stat.  idem.  Temp.  37,.5,  Puls  70. 

18.  7.  Ikterus  deutlich  schwächer  geworden.  Temp.  und  Puls 
normal,  Urin  frei  von  Gallenfarbstoff. 

25.  7.  Ikterus  verschwunden,  Allgemeinbefinden  gut.  Pat.  ausser  Bett. 

9.  8.  Nachdem  die  Rekonvaleszenz  ungestört  fortgeschritten,  wird 
L.  zur  Beurlaubung  ins  Revier  entlassen.  — 

3.  Füsilier  G.  der  10.  Comp.,  am  9.  7.  zngegangen,  am  22.  8.  85 
entlassen.  (Mittelschwerer  Fall.) 

Anamnese:  G.  will  schon  längere  Zeit  nach  dem  Bade  Kopf- 


Diniu,  .id  i)y  Giioglc 


393 


acbmerxen  gehabt  haben.  Am  8.  7.  werden  dieselben  nach  dem  Bade 
sehr  heftig.  Es  stellte  sich  mehrmals  Frost  and  am  Nachmittag  in  der 
[nstmktion  Schwindel  und  Hitze  ein.  Am  9.  7.  krank  gemeldet  (hat  vom 
25.  Juni  bis  8.  Jnli  gebadet).  Kaserne  II,  Stabe  70. 

Status  praesens  bei  der  Aufnahme:  Zunge  belegt,  Rachengebild« 
gerötbet,  leicht  geschwollen;  Bauch  flach,  weich,  nicht  druckempfindlich. 
Milzdämpfung  kaum  vergrössert.  Ueber  den  Lungen  normaler  Schall, 
hinten  beiderseits  spärliche  Rhonchi.  Herztöne  laut  und  rein.  Temp. 
40,2,  Puls  96.  Angeblich  Diarrhöe. 

10.  7.  Schlechter  Schlaf,  sonst  im  Wesentlichen  derselbe  Zustand. 
Temp.  38,9,  Puls  80.  Abends  39,2,  Puls  86.  Acid.  muriat.,  flüssige  Diät. 

11.  7.  Milzdämpfung  vergrössert,  Klagen  über  Brust-  und  Hals- 
scbmerzen.  Objektiv  keine  weiteren  Veränderungen.  Temp.  39,.5, 
Pnls  90. 

12.  7.  Haut  und  Konjunktiven  ikterisch  gefärbt.  Leber- 
dämpfnng  von  der  5.  Rippe  bis  einen  Finger  breit  über  den  Rippenrand 
reichend  (in  der  Parasternallinie) ; Organ  druckempfindlich.  Urin  bräun- 
lich grün,  ohne  Eiweiss,  spez.  Gewicht  1009,  Temp.  38,1,  Puls  82.  Drei 
dünne  Stühle  von  graubrauner  Farbe. 

13.  7.  Die  Temperatur  ist  mit  der  zunehmenden  ikterischen  Hant- 
färbung  gesunken,  36,9,  Puls  70.  Allgemeinbefinden  gut.  Urin  wie 
gestern.  Stuhl  ebenfalls. 

16.  7.  Klagen  über  Hautjucken  und  grosse  Mattigkeit.i  Temp. 

normal.  Puls  60.  Infus.  Rbei  mit  Natron  bicarb. 

18.  7.  Zustand  fieberfrei  geblieben.  Noch  immer  grosse  Hinfällig- 
keit. Sonst  keine  Veränderung.  Stuhl  hellbraun,  fest. 

25.  7.  Appetit  gut.  Urin  dunkelgelb,  ohne  deutliche  Gallenfarb- 
Btoffreaktion. 

3.  8.  Patient  ausser  Bett;  Allgemeinbefinden  gut. 

13.  8.  Rekonvaleszenz  ungestört  fortgeschritten , doch  besteht  noch 
immer  ein  gewisser  Grad  von  Gelbsucht. 

18.  8.  Erste  Form  bei  sehr  gutem  Allgemeinbefinden.  Sklera 

noch  leicht  ikterisch. 

22.  8.  Ins  Revier  zur  Beurlaubung  entlassen.  — 

4.  Füsilier  D.,  der  11.  Comp.  Am  10.  7.  zugegangen,  15.  10.  8.5 
entlassen.  (Mittelschwerer  Fall.) 

Anamnese:  Angeblich  am  10.  7.  beim  Gewehrputzen  mit  Schwindel, 
Frost  und  nachfolgender  Hitze  erkrankt.  Meldete  sich  am  Mittag  revier- 
krank und  wurde  sofort  ins  Lazareth  überführt.  Ursache  der  Erkrankung 
oobekannt  (hat  4 Wochen  gebadet).  Kaserne  11,  Stube  56. 


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Status  praesens  bei  der  Aufnahme:  Zunge  intensiv  belegt, 
Heiserkeit.  Racbenscbleimhaut  dunkelroth,  feucht  Bauchdecken  etwas 
gespannt.  Milz  nicht  deutlich  vergrössert,  desgl.  die  Leber.  Seit  2 Tagen 
Durchfall.  Temp.  4Ü,3,  Puls  96.  Ueher  den  Lungen  keine  Dämpfung, 
einige  Rhoncbi.  Ilerzdämpfung  von  normalem  Umfang.  Töne  etwas 
schwach,  aber  rein.  Ord.;  Acid.  muriat.  1,0:180,0. 

13.  7.  Nachdem  sich  am  11.  und  12.  der  Zustand  nicht  verändert 
hatte,  findet  sich  heute  leichter  Ikterus.  (Temp.  am  11.  7.  39,2, 
P.  96,  Abends  40,1,  P.  118.  Am  12.  7.  38,6,  P.  92,  Abends  39,1,  P.  96.) 
Leberdämpfung  reicht  von  der  5.  Rippe  in  der  Parasternallinie  bis  2 cm 
über  den  Rippenrand;  Organ  nicht  druckempfindlich.  Milz  bis  über  die 
vordere  Axiilarlinie,  nicht  zu  fühlen.  Einige  Roseolaflecke  auf  dem  Ab- 
domen. Im  Urin  geringe  Mengen  Eiweiss.  Ausser  einigen  Rund- 
zelleu  und  frischen  Nierenepithelien,  keine  Formbestandtheile.  Stuhl 
hellbraun,  dünnbreiig.  Temp.  38,3  bis  38,9,  Puls  80  bis  86. 

14.  und  15.  7.  Keine  Veränderung.  Temp.  zwischen  38,3  und  39,5. 
Radialis  mittelweit,  Welle  niedrig,  nicht  deutlich  dikrot,  geringe  Spannung, 
80  bis  90  Schläge.  Stühle  gelbbräunlich. 

16.  7.  Der  Ikterus  hat  bedeutend  zngenommen.  D.  fühlt  sich 
sehr  matt,  doch  ist  das  Fieber  gesunken:  Temp.  38,0  bis  38,2,  Puls 
60  bis  70.  Urin  braungelb,  spez.  Gew.  1012;  etwas  Eiweiss;  einige 
hyaline  Cylinder  neben  wenig  veränderten  Nierenepithelien,  vereinzelte 
Rundzellen.  Stuhl  unverändert,  hell. 

18.7.  Seit  gestern  Morgen  ist  D.  fieberfrei;  er  bekommt  Appetit. 
Puls  48. 

26.  7.  Subjektives  Wohlbefinden,  nur  etwas  Mattigkeit. 

13.  8.  Rekonvaleszenz  ungestört  fortgeschritten,  doch  besteht  noch 
immer  etwas  Ikterus. 

20.  8.  Die  Sklera  und  der  weiche  Gaumen  noch  leicht  ikterisch. 
Stuhl  gut  gefärbt,  Urin  hellgelb.  Pat.  erholt  sich  nur  langsam.  Mattigkeits- 
gefühl besteht  fort.  Vegetative  Funktionen  sonst  in  Ordnung.  Gegen 
Ende  August  beginnt  ein  starkes  Ausfallen  der  Haare. 

19.  9.  Pat.  sehr  anämisch;  es  besteht  nahezu  Kahlköpfigkeit.  Ord.; 
Tinct.  ferri  pomat.,  3 mal  täglich  15  Tropfen. 

15.  10.  Eisen  bis  jetzt  fortgebraucht,  doch  sieht  Pat.  immer  noch 
anämisch  aus.  Kräfte-  und  Ernährungszustand  indess  befriedigend,  daher 
geheilt  entlassen.  — 

5.  Musketier  St.  der  6.  Comp.  15.  7.  zugegangen,  14.  8.  85  ent- 
lassen. (Mittelscbwerer  Fall.) 


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395 


Anamnese;  Erkrankte  am  13.  7.  mit  Kopf-  nud  Krencschmerzen, 
Appetitlosigkeit  nnd  Hitze,  meldete  sich  15.  7.  krank  nnd  wurde  sofort 
ins  Lazareth  anfgenommen  (bat  3 Wochen  gebadet).  Kaserne  I,  Stube  114. 

Status  praesens  bei  der  Aufnahme:  Zunge  belegt,  Leib  druck- 
empfindlich, überall  Gurren.  Keine  Roseola.  Milzdämpfung  vergrössert. 
Ueber  den  Lungen  hinten  stellenweis  verschärftes  Vesikulärathmen,  etwas 
Pfeifen  und  Schnurren.  Am  Herzen  keine  krankhaften  Veränderungen. 
Temp.  40,0,  Puls  116.  Ord.:  Flüssige  Diät  Oleum  Ricini,  dann  Acid. 
mur.,  zweistündlich. 

16.  nnd  17.  7.  Keine  Veränderung.  Mehrere  dünne  Stühle  von 
hellbrauner  Farbe.  Urin  ohne  Albernen.  (16.  7.:  Temp.  39,6,  Abends 
40,3;  P.  100  bis  118.  17.  7.:  Temp.  39,9,  Abends  41,0;  P.  106  bis  128.) 

18.  7.  Unruhige  Nacht  Sensorium  benommen,  Milzdämpfung  bis 
etwas  über  die  vordere  Acbsellinie,  Organ  nicht  palpabel.  Urin  ohne 
Eiweiss,  spez.  Gew.  1015.  Drei  dünne  Stühle.  Temp.  38,9  bis  39,7. 
Puls  90  bis  96. 

19.  7.  Die  Haut  hat  eine  ikterische  Färbung.  Sensorium  frei. 
Leber  1 bis  2 cm  unter  dem  Rippenbogen  fühlbar,  etwas  druckempfindlich. 
Temp.  38,6  bis  38,8.  Puls  80  bis  90. 

20.  7.  Pat.  ist  fieberfrei.  Urin  gelbbrännlich , spez.  Gew.  1010, 
1200  ccm  in  24  Stunden.  Kein  Eiweiss. 

26.  7.  Fieberfrei  geblieben.  Appetit  beginnt  sich  einznstellen. 
Stuhl  dickbreiig,  hellbraun,  2 mal  täglich.  Urin  in  den  letzten  Tagen 
zwischen  1009  bis  1012  spez.  Gew.,  Menge  ca.  1400. 

14.  8.  Die  Rekonvalescenz  ist  ungestört  fortgeschritten,  St.  sieht 
gut  aus  nnd  wird  zur  Beurlaubung  ins  Revier  entlassen.  — 

6.  Füsilier  H.  der  12.  Comp.  Am  22.  7.  zngegangen,  am  14.  8.  85 
entlassen.  (Mittelschwerer  Fall.) 

Anamnese:  H.,  der  am  17.  7.  mit  dem  Schwimmen  fertig  geworden, 
leidet  schon  seit  ca.  14  Tagen  an  zeitweiligen  Durchfällen.  In  den 
letzten  3 Tagen  will  er  mehrmals  Frost  nnd  Hitze  mit  nachfolgendem 
Schweiss  gehabt  haben.  Am  21.  krank  gemeldet,  am  22.  7.  ins  Lazareth 
anfgenommen.  Kaserne  II,  Stube  185. 

Status  praesens  bei  der  Aufnahme:  Temp.  39,0,  Puls  96.  Zunge 
belegt  Milz  vergrössert.  Druck  in  der  Milzgegend  unter  dem  Rippen- 
raod  sehr  empfindlich,  Milz  nicht  zu  fühlen.  Hinten  über  beiden 
Longen  trockenes  Rasseln  und  verschärftes  Vesikulärathmen.  Herz  ohne 
Abnormitäten.  Ord.:  Flüssige  Kost  Inf.  Ipecacuanh.  0,5  : 200,0,  Syr. 
simpl.  10,0  2 stündlich  1 Esslöffel.  Bad  von  18  ° bei  Temp.  39,5  im 
Rectnm. 


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23.  7.  Wenig  Schlaf,  unangenehrae  Träume.  Schmers  in  der  Mili- 
gegend  geringer.  Sonst  stat.  idem.  Temp.  38,6  bis  39,3,  Puls  86  bis  90. 

24.  nnd  23.  7.  Im  Wesentlichen  derselbe  Zustand.  Fieber  Abends 
bis  39,6. 

26.7.  Schlaf  unruhig.  I.«icbter  allgemeiner  Ikteriis.  Temp.  39,4, 
Puls  92.  5 dünne,  hellbraune  Stühle.  Urin  dunkelgelb,  ohne  Eiweiss. 

30.  7.  Das  Fieber,  welches  zwischen  39,0  und  40,0  geschwankt,  ist 
seit  28.  7.  beruntergegangen;  gestern  Abend  Temp.  38,0.  Heute 
Morgen  ist  Pat  fieberfrei.  Puls  48.  Durchfälle  haben  aufgehört,  täg- 
lich ein  geformter,  hellbrauner  Stubl. 

2.8.  In  den  letzten  Tagen  sehr  starker  anhaltender  Sch  weiss. 
IlantHirbaog  noch  ikterisch.  Stühle  beinahe  thonfarben,  fest 

14.  8.  Gutes  Allgemeinbefinden,  objektiv  nichts  Krankhaftes  nach- 
weisbar. Zur  Beurlaubung  entlassen.  — 

7.  Musketier  D.  2.  Comp.  Am  25.  7.  zugegangen,  am  13.  9.  85 
geheilt  entlassen.  (Schwerer  Fall.) 

Anamnese:  Erkrankte  am  25.  7.,  unmittelbar  nach  dem  Bataillons- 
exerziren  mit  Kopf-  und  Nackenschmurzen  und  grosser  Schläfrigkeit 
Er  meldete  sich  am  selben  Tage  revierkrank  nnd  wurde  sofort  dem 
Lazareth  überwiesen.  (Hat  vom  1.  bis  24.  Juli  gebadet.)  Kaserne  III, 
Stube  116. 

Status  praesens  bei  der  Anfnabme:  D.  liegt  mit  geschlossenen 
Augen  da,  öffnet  dieselben  jedoch  auf  Anrufen  nnd  giebt  verständige 
Antworten,  um  aber  dann  wieder  in  den  somnolenten  Zustand  zu  ver- 
fallen. Bewegungen  des  Kopfes  werden  ausgeführt,  sind  aber  angeblich 
schmerzhaft  Erbrechen  war  nicht  vorhanden.  Pupillen  gleich  weit, 
träge  reagirend.  Bauchdecken  etwas  gespannt,  nicht  druckempfindlich. 
Milz  vergrössert.  Lungen  ohne  Dämpfung,  hinten  wenige  Rhonchi. 
Spitzenstoss  des  Herzens  im  5.  I.  C.  R.,  nicht  verbreitert,  nur  etwas 
höher  als  gewöhnlich.  Der  erste  Ton  war  etwas  dumpf,  die  übrigen  laut 
und  rein.  Zweiter  Pulmonalton  etwas  stark  accentuirt.  Temp.  40,0,  Puls 
120,  nicht  dikrot,  etwas  celer,  mittelhocb,  mittlere  Spannung.  Ord.: 
Milch,  Bouillon.  Acid.  mur.  Eisblase  auf  den  Kopf. 

26.  7.  Gestern  zweimal  galliges  Erbrechen.  Es  besteht  eine  gewisse 
Steifigkeit  der  Nacken  m uskulatnr,  aktive  und  passive  Bewegungen 
sind  schmerzhaft.  Ueberhäupt  verzieht  der  Kranke  bei  jeder  Bewegung 
das  Gesicht,  weil  durch  dieselben  die  Kopf-  und  Nackenschmerzen  ge- 
steigert würden.  Lähmungen  oder  Kontrakturen  bestehen  nicht,  dagegen 
leichter  Tremor  der  Hände. 


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397 


Baach  und  Brust  sind  mit  ca.  linsengrossen,  rothen,  im  Niveau 
der  Haut  liegendeu,  Flecken  bedeckt,  welche  auf  Fingerdruck  nicht 
gani  verschwinden. 

Bauch  etwas  eingesunken.  Sensorium  ist  frei,  doch  besteht  die 
Schläfrigkeit  noch  fort. 

Temp.  39,5,  Puls  120,  Rad.  ziemlich  eng,  Welle  niedrig,  ohne  Irre- 
gularität, sehr  geringe  Spannung.  Respiration  20.  Ord.:  Eisblase  in 
den  Nacken  und  auf  den  Kopf.  1 TheelöfFel  Carlsbader  Salz.  Temp. 
Abends  40,9,  Puls  126.  Herztöne  schwach,  aber  rein. 

27.  7.  Kein  Schlaf,  beängstigende  Träume.  Sensibilität  vollkommen 
erhalten,  aber  nicht  gesteigert  Klagen  über  Halsschmerzen.  Druck 
unmittelbar  unter  dem  rechten  Unterkiefer winkel  sehr  empfindlich;  eine 
Drüse  daselbst  stark  angeschwollen.  Racbengebilde  dunkelroth,  ödematös 
geschwollen.  Stimme  heiser.  Temp.  39,6  bis  40,3,  Puls  96  bis  116.  Im 
Urin  kein  Eiweiss. 

28.  7.  Fast  gar  kein  Schlaf.  Sensorium  vollständig  frei.  Klagen 
über  heftige  Schmerzen  im  Kopf,  Nacken  und  allen  Gliedern.  Sensibilität 
der  Haut  in  der  Gegend  des  Nackens  bedeutend  erhöht  Man  fühlt  unter 
dem  rechten  Unterkieferwinkel  deutlich  einen  festen,  ca.  6cm  langen 
Strang,  welcher  sich  vor  dem  Sternocleidomastoideus  in  die  Tiefe  senkt 
(Thromben  in  der  vena  jugularis?).  Druck  auf  denselben  ist  äusserst 
schmerzhaft  Stauungsersebeinungen  fehlen.  (Ausfluss  aus  den  Obren 
bat  nie  bestanden.) 

Arme  und  Beine  können  nur  mit  Anstrengung  ein  wenig  bewegt 
werden,  doch  scheinen  eigentliche  Lähmungen  zu  fehlen.  Die  linke 
Papille  ist  etwas  weiter  als  die  rechte.  Reaktion  sonst  wie  bei  der  Auf- 
nahme. Bauch  kahnförmig  eingesunken,  einmal  Erbrechen.  Temp.  40,3, 
Puls  138,  kaum  fühlbar,  irregulär.  Abends  Temp.  40,8,  Puls  132. 

30.  7.  Seit  gestern  ist  ein  intensiver  Ikterus  der  Haut  und 
Konjunktiven  aufgetreten.  Hand  in  Hand  damit  ging  ein  Sinken  des 
Fiebers:  Gestern  Temp.  38,6  bis  38,8,  Puls  116;  heut  Temp.  37,7. 
Sensorium  vollständig  frei.  D.  klagt  jetzt  hauptsächlich  über  Schmerzen 
in  der  Magen-  und  Lebergegend.  Kopf-  und  Nackenschmerzen,  sowie 
die  Nackensteifigkeit  verschwunden.  Leib  noch  kabnförmig  eingezogeii, 
last  bretthart.  (Während  der  Visite  tritt  einmaliges  Erbrechen  ein.)  Die 
Leber  überragt  den  Rippenrand  um  2 Querfingcr  und  ist  auf  Druck  sehr 
empfindlich.  Milzdänipfnng  unverändert  gross,  Organ  nicht  palpabel. 
Puls  noch  sehr  frequent,  120.  Am  Herzen  und  den  Lungen  nichts  Ab- 
normes nachweisbar.  Urin  bierbraun,  trübe,  deutliche  Gallenfarbstoflf- 
reaktion.  Kein  Eiweiss.  Spez.  Gew.  1016. 


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398 


31.  7.  Klagen  beziehen  sich  heute  nnr  anf  Leibschmerzen,  die  nicht 
nur  auf  die  Lebergegend  beschränkt  sind.  Schlaf  war  etwas  besser.  Pols 
bedeutend  kräftiger,  doch  noch  immer  sehr  frequent,  120.  Herztöne 
rein,  Temperatur  normal  geblieben,  Urin  wie  gestern,  viel  Sediment, 
spez.  Gew.  1020. 

1.  8.  Leibschmerzen  geringer,  D.  klagt  nur  über  grosse  Schwäche. 
Puls  bei  Temp.  37,6=114;  Arterie  eng,  Welle  niedrig,  etwas  ungleich, 
Spannung  gering.  Ikterus  bat  noch  an  Intensität  zngenommen, 
so  dass  besonders  die  Konjunktiven  grün  gefärbt  sind.  Stuhl  besteht  ans 
festen,  trockenen,  thonfarbenen  Bröckeln.  Im  Urin  reichlich  Gallcnfarb* 
Stoff,  sowie  Gallensäuren  mittelst  Reaktion  nachweisbar.  Viel  roth-gelbes 
Sediment,  kein  Albnmen.  Spez.  Gew.  1018. 

2.  8.  Ziemlich  gute  Nacht,  subjektives  Befinden  besser.  Die  Leib- 
schmerzen beschränken  sich  jetzt  auf  die  Gegend  des  unteren  Leber- 
randes. Puls  heut  78,  Arterie  über  mittelweit,  Welle  mittelboch,  lang- 
sam, Spannung  besser. 

7.  8.  Schlaf  dauernd  gut,  keine  Klagen  mehr.  Ikterus  im  Abnehmen 
begriffen.  Appetit  gesteigert. 

17.  8.  Ikterus  hat  bedeutend  abgenommen,  das  subjektive  Befinden 
sehr  gut. 

20.  8.  Sklera  nnd  Gaumen  noch  deutlich  ikteriscb.  Stnhl  andauernd 
normal  gefärbt.  Urin  desgleichen.  Pat.  seit  2 Tagen  ausser  Bett. 

30.  8.  Zunehmende  Kräftigung,  vegetative  Funktionen  in  bester 
Ordnung. 

13.  9.  Rekonvaleszenz  hat  ihren  ungestörten  Fortgang  genommen, 
so  dass  Pat  bei  gutem  Kräfte-  und  Ernährungszustand  entlassen 
werden  kann.  — 

8.  Musketier  Sch.  der  3.  Comp.  Am  5.  8.  zugegangen,  am 
15.  10.  85  entlassen.  (Mittelschwerer  Fall.) 

Anamnese:  Erkrankte  am  3.  8.,  nachdem  er  vor  14  Tagen  mit 
dem  Baden  fertig  geworden  war,  — er  hat  übrigens  nur  8 Tage  gebadet, 
da  er  stets  heftige  Kopfschmerzen  danach  bekam  — mit  Frost  Hitze, 
Kopfschmerzen  und  allgemeiner  Schwäche.  Frost  und  Hitze  wieder- 
holten sich  am  4.;  am  5.  meldete  sich  Sch.  krank  und  kam  an  dem- 
selben Tage  ins  Lazaretb.  Kaserne  III,  Stube  207. 

Status  praesens  bei  der  Aufnahme:  Zunge  belegt,  Milz- 
dämpfung wegen  ziemlich  starker  Tympanie  nicht  zu  bestimmen.  Bauch 
nirgends  druckempfindlich.  In  den  Lungen  wenige  Rhonchi,  sonst 
nichts  Abnormes.  Herz  ohne  Veränderung,  Töne  rein,  nirgends  ver- 


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399 


stärkt.  Tenp.  39,2,  Pols  86.  Stuhl  angeblich  diarrhöiscb.  Ord.:  Acid. 
mor.  zweistündlich. 

6.  8.  Stat.  idem.  Temp.  39,3  bis  39,8,  Puls  86  bis  92,  Zwei  dünne 
hellbraune  Stühle. 

7.8.  Beginnender  Ikterus.  Dreimaliges  Erbrechen.  Ueber  beiden 
Lungen  hinten  lauter  Schall,  stellenweise  verschärftes,  vesikuläres 
Athmungsgeräusch  und  diffuses,  trockenes  Rasseln.  Temp.  38,9,  Puls  88. 

8.  8.  Ikterus  intensiver  geworden.  Hand  io  Hand  damit  Sinken  der 
Temperatur  und  des  Pulses;  Gestern  Abend  37,9,  heut  Morgen  37,2, 
Pols  68.  — Indess  besteht  die  Brechneigung  fort,  so  dass  fast  alles 
Genossene,  auch  die  Getränke,  wieder  entleert  wird.  Urin  gelbbraun, 
ohne  Eiweiss,  spez.  Gew.  1010,  Menge  1400  ccm.  Ord.:  Eisstückchen 
und  Tinct.  Opii.  Zwei  dünnbreiige,  ziemlich  belle  Stühle. 

9.  und  10.  8.  Erbrechen  hat  sich  nur  noch  am  9.  zweimal  wieder- 
holt, seitdem  nicht  mehr.  Sonst  keine  Veränderung.  Zustand  fieberlos. 
Puls  zwischen  58  und  68. 

11.  8.  Zunahme  des  Ikterus.  Starkes  Nasenbluten.  Urin 
trübe,  stark  sedimentierend,  1800  ccm,  spez.  Gew.  1014,  eiweissfrei* 
Stuhl  fest,  graogelb. 

13.  8.  Weitere  Zunahme  des  Ikterus.  Geringes  Nasenbluten 
heute  Morgen.  In  den  Konjunktiven  einzelne,  Stecknadelkopf-  bis  fast 
iiosengrosse  Hämorrbagien.  Puls  andauernd  sehr  niedrig,  48  bis  56. 
Urin  1900,  spez.  Gew.  1013,  trübe;  Spuren  von  Albumen,  einzelne 
Cjlinder,  einige  Rundzellen  und  gut  erhaltene  Nierenepithelien. 

15.  8.  Abermaliges,  weniger  reichliches  Nasenbluten.  Sonst 
keine  Veränderung.  Kein  Stuhl.  Urin  wie  am  13.  8. 

18.  8.  Nasenbluten  seit  15.  8.  nicht  wiedergekehrt.  Haut  goldgelb 
gefärbt.  Auf  Eingiessung  ist  fester,  theils  entfärbter,  theils  brauner 
Stuhl  erfolgt.  Urin  bierbraun,  Spuren  von  Eiweiss,  einzelne  Epithel- 
cylioder  und  mehr  oder  minder  verfettete  Nierenepithelien.  Pols  60, 
Welle  mittelhocb,  Spannung  gut. 

19.  8.  Heute  einmaliges  Erbrechen,  angeblich  nach  dem  Ein- 
nehmen. 

22.  8.  Erbrechen  hat  sich  nicht  wiederholt,  dagegen  klagt  Pat.  heute 
über  grosse  Lichtscheu.  Die  Untersuchung  (Stabsarzt  Dr.  Seiler- 
heck) ergiebt  eine  doppelseitige  Iridochorioiditis.  Ord.:  Atropin- 
eintränfclnng  zweistündlich.  — Pat.  wird  zur  kombinirten  Station  verlegt. 

24.  8.  Geringe  Glaskörpertrübung  beider  Augen. 

29.  8.  Keine  Lichtscheu  mehr,  Sehschärfe  normal. 


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400 


5.  9.  Gates  Allgemcinbefindea.  Ikterische  Färbung  nimmt  deutlich  ab. 

15.  9.  Bei  ruhigem  Fortgang  der  Rekonvaleszenz  bat  sich  starkes 
Ausfallen  der  Haare  eingestellt. 

21.  9.  Kräfte-  und  Ernährungszustand  wesentlich  gebessert.  Kopf 
ziemlich  kahl.  Ikterische  Hautfärbung  kaum  noch  wahrnehmbar. 

15.  10.  Pat.  geheilt  ins  Revier  entlassen.  — 

9.  Musketier  H.  der  2.  Comp.  Am  1.  8.  aufgenommen,  am 
20.  10.  85  entlassen.  (Schwerer  Fall.) 

Anamnese:  H.,  welcher  erst  am  30.  Juli  mit  dem  Schwimmeu 
fertig  geworden  war,  erkrankte  am  1.  August  auf  dem  Schiessstand  mit 
Frösteln,  Hitze,  Kopf-  und  Leibschmerzen.  Er  wurde  noch  am  Abeuii 
des  1.  8.  ins  Lazareth  überführt  Ursache  der  Erkrankung  unbekannt- 
Kaserne  III,  Stube  167. 

Status  praesens  bei  der  Aufnahme:  Zunge  intensiv  belegt. 
Abdomen  etwas  aufgetrieben.  Milzdämpfung  vergrössert,  Diarrhöe. 
Temp.  39,0.  Puls  80.  An  Lungen  und  Herz  nichts  Abnormes,  doch  nnd 
die  Herztöne  etwas  dumpf  und  schwach  wahrnehmbar,  nur  der 
zweite  Pulmonalton  lauter. 

Am  2.  und  3.  8.  Keine  nennenswerthe  Veränderung.  Temp.  39,1 
bis  39,9  resp.  39,3  bis  40,8.  P.  zwischen  90  und  100. 

4.  8.  Gesichtsfarbe  leicht  ikterisch.  Starker  Foetor  ex  ore. 
Stuhl  dünnflüssig,  braun.  Urin  dunkelgelb,  ohne  Eiweiss.  Temp.  36,9 
bis  39,7.  Puls  84  bis  96. 

5.  8.  Der  Ikterus  hat  bedeutend  an  Intensität  zugenommec, 
erstreckt  sich  über  den  ganzen  Körper  und  die  Konjunktiven.  Baocb- 
decken  ziemlich  stark  gespannt.  Leberdämpfung  beginnt  mit  der  4., 
wird  intensiv  an  der  5.  Rippe  und  reicht  ca.  2 Finger  breit  über  den 
Rippenrand.  Organ  etwas  druckempfindlich.  Statt  des  Spitzenstosses 
systolische  Erhebungen  im  4.  und  5.  Interkostalraum.  Herzdämpfnog 
am  linken  Brustbeinrande  von  der  .3.  bis  6.  Rippe,  von  der  linken 
Mamillarlinie  bis  zum  rechten  Sternalrand.  Töne  dumpf,  sehr  leUe, 
doch  kein  eigentliches  Geräusch.  Zweiter  Pulmonalton  verstärkt.  Puls  96, 
etwas  unregelmässig.  Rad.  kaum  mittelweit,  Welle  niedrig,  ungleich, 
etwas  celer,  Spannung  gering.  Temp.  38,7  bis  39,1. 

6.  8.  Stat.  idem.  Drei  dünne,  hellbräunliche  Stühle,  Urin  gelb- 
bräunlich, Schaum  grünlich.  Temp.  38,0  bis  38,1.  Puls  92  bis  96. 

7.  8.  Ikterus  noch  stärker  geworden.  Temper, '.tur  aber  gleichzeitig 
heruntergegangen:  heute  Morgen  37,4.  Grosses  Schwächegefühl; 
Herztöne  noch  immer  sehr  leise;  Puls  86  bis  90.  Welle  sehr  niedrig. 


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401 


SpannDOg  minimal.  Urin  fast  bierbrann,  viel  Sediment,  kein  Eiweiss. 
Spea.  Gew.  1015. 

8.  8.  H.  wurde  in  der  Nacht  von  plötzlichem  Blntbrechen 
befallen.  £a  soll  dabei  ca.  '/i  Liter  theils  geronnenen,  theils  flüssigen 
Blotes  von  hellrotber  Farbe  entleert  worden  sein.  Heute  hat  der  Ikterus 
noch  mehr  an  Intensität  zugenommen,  so  dass  die  Färbung  zwischen 
gelbgrnn  und  mahagonibraun  schwankt.  Augen  eingesunken, 
dunkel  halonirt.  Temp.  37,0,  Puls  78;  seine  sonstigen  Qualitäten  wie 
gestern.  Schwächegefühl  hat  noch  zugenommen. 

Auf  Brust  und  Bauch  zahlreiche  Stecknadelkopf-  bis  hirse- 
korngrosse  Hämorrhagien.  Lebergegend  spontan  und  auf  Druck 
schmerzhaft;  Milzdämpfung  bis  etwas  über  die  vordere  Achsellinie, 
Organ  nicht  zu  fühlen.  Am  Morgen  ein  Stuhl,  welcher  nur  aus 
ca.  Liter  dunkelem,  geronnenem  Blute  bestand.  Ord,:  Eisblase 
auf  das  Epigastrium,  Eispillen,  Opiumtinktur  2,0  : 200,0,  zweistündlich 
1 Esslöffel. 

9.  8.  Urin  enthält  kein,  bezw.  nur  Spuren  von  Eiweiss,  doch 
finden  sich  mikroskopisch  zahlreiche  frische  resp.  wenig  veränderte  rothe 
Blutkörperchen  und  einzelne  Fettkörnchenzellen,  indess  keine  Cylinder. 
Gestern  Nachmittag  noch  ein  Stuhlgang,  welcher  lediglich  aus  ca.  300  g 
theils  flüssigen,  theils  geronnenen,  dunklen  Blutes  bestand.  Blutbrechen 
ist  nicht  wieder  dagewesen,  auch  kein  Nasenbluten.  Puls  hat  sich  etwas 
gehoben. 

10.  8.  Subjektives  Befinden  bis  auf  grosse  Schwäche  ziemlich 
gut.  Puls  kräftiger,  75.  Herztöne  etwas  lauter.  Der  Ikterus  hat  noch 
mehr  zugenommen.  Erbrechen  und  blutiger  Stuhlgang  haben  sich  nicht 
wiederholt.  Im  Urin  heute  nach  längerem  Stehen  ein  geringer,  flockiger 
Eiweissniederschlag;  es  finden  sich  einzelne  breite,  hyaline  Cylinder 
mit  verfetteten  Nierenepithelien  und  Fettdetritus,  einige  Rundzellen. 
Menge  1900,  Spez.  Gew.  1012. 

11.  8.  Puls  68,  von  guter  Beschaffenheit 

12.  8.  Auch  in  den  Konjunktiven  finden  sich  beut  kleine 
Hämorrhagien.  Sonst  derselbe  Zustand. 

14.  8.  Der  Ikterus  hat  bereits  an  Intensität  abgenommen;  Haut- 
farbe quittengelb;  subjektives  Befinden  gut,  H.  bekommt  Appetit 
Puls  nicht  über  60. 

30.  8.  Ikterus  hat  sehr  erheblich  abgenommen,  doch  besteht  starkes 
Hautjucken,  welches  durch  ein  warmes  Bad  beseitigt  wird.  Appetit  gut. 
Pat  täglich  einige  Stunden  ausser  Bett. 

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402 


5.  9.  In  letzter  Nacht  schlechter  Schlaf,  Klagen  über  Leibschinerzen. 
Objektiv  ausser  belegter  Znnge  nichts  Abnormes  nachweisbar.  Temp. 
38,8,  Abds.  40,1.  Ord.:  Kalte  Umschläge  aufs  Abdomen. 

7.  9.  Befinden  etwas  besser.  Temp.  38,3  bis  39,1.  Seit  5.  9.  kein 
Stnhl.  — 01.  Ricini. 

15.  9.  Nach  mehrmaligen  reichlichen  Stnhlentleemngen  nnd 
lediglich  flüssiger  Diät  ist  Fat.  heut  fieberfrei.  Appetit  kehrt  wieder, 
Zunge  fast  rein. 

25.  9.  Zustand  andauernd  gut  geblieben. 

12.  10.  Pat.  fühlt  sich  noch  schwach  und  sieht  sehr  anämisch  us, 
im  Uebrigen  ist  das  Allgemeinbefinden  gut. 

20.  10.  H.  wird  zur  weiteren  Erholung  4 Wochen  in  die  Heimath 
beurlaubt.  — 

Der  einzige  Todesfall  im  Semester  betrifft  den  Musketier  L.  der 
2.  Comp.  (Kaserne  III,  Stnbe  63),  dessen  Krankheitsgeschichte  hier 
kurz  angeschlossen  werden  mfige: 

L.,  ein  schwächlicher,  abgemagerter  Mann,  ging,  nachdem  er  am 
31.  7.  mit  dem  Schwimmen  fertig  geworden  war,  am  1.  August  zu 
mit  stark  belegter  Zunge,  Diarrhöe,  Kopfschmerz  und  Temp.  40,3, 
Pols  120,  klein.  Wegen  starken  Meteorismos  Milzdämpfung  nicht  genau 
abzugrenzen.  In  beiden  Lungen  keine  Dämpfung,  hinten  trockenes 
Rasseln.  Unter  ziemlich  gleicbbleibenden  hohen  Temperaturen,  zwischen 
40,0  bis  41,0  und  sehr  frequentem,  stark  dikrotem,  niedrigen  Pulse,  stellt 
sich  am  5.  August  Somnolenz  ein.  Milz  jetzt  deutlich  vergrössert,  auf 
dem  Abdomen  einzelne  Roseolaflecken.  In  den  nächsten  Tagen  Zunahme 
der  Benommenheit;  Roseolen  werden  sehr  zahlreich;  Pols  immer  kleiner, 
Atbmung  stertorös.  Starkes  Zittern  der  Znnge  und  Glieder,  Sprache 
lallend.  Unfreiwillige  Entleerungen.  Nach  ausgiebigem  Gebrauch  von 
Wein,  Kampber,  Aether  u.  s.  w.  geringe  Besserung. 

Am  8.  8.  tritt  quälender  Husten  auf.  Ueber  den  Longen  beiderseits 
reichliches  trockenes  Rasseln,  hinten  leicht  gedämpft-tympanitischer 
Schall,  Athmen  verschärft,  vesikulär;  kein  Auswurf.  Diese  Erscheinungen 
blieben  in  den  nächsten  Tagen  fast  nnverändert  bestehen;  die  Temperatur- 
kurve  zeigte  eine  fortdauernd  hohe  Kontinua  von  40,5  bis  41,0. 

Am  13.  8.  im  Urin  reichlich  Eiweiss,  hyaline  Cylinder  und 
weisse  Blutkörperchen.  Expektoration  sehr  schwierig,  Sputum  zäh, 
stark  eitrig.  Dyspnoe  nimmt  zu.  Hochgradiger  Meteorismos,  starke 
Diarrhöe  (Bismuth.  sobnitric.  0,3,  Pulv.  gummös.  0,5,  3 mal  täglich). 
Unter  Zunahme  der  Athemnoth  und  Herzschwäche  erfolgt  18.  8.  der 


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403 


Exittu  letalis.  Die  Sektion  wurde  von  den  Angehörigen  nicht 
gestattet.  — 

Wenn  wir  ans  nnnmehr  ansere  Epidemie  etwas  näher  ansehen,  so 
atossen  wir  zunächst  betreffs  der  Frage  nach  den  Entstehangs- 
arsachen  derselben  auf  nicht  geringe  Schwierigkeiten. 

Wie  oben  erwähnt,  herrscht  der  Typhus  in  dem  genannten  Truppen- 
theil  endemisch;  man  könnte  also,  wie  das  ja  anderweitig  oft  genug 
beobachtet  ist,  an  eine  einfache  Steigerung  der  Frequenz  denken,  bedingt 
durch  das  einmal  vorhandene  Krankheitsgift.  Hiergegen  spricht  aber 
zunächst  der  Umstand,  dass  gerade  diese  Zunahme  in  eine  Jahreszeit 
fällt,  welche  erfahrnngsgemäss  im  Allgemeinen  die  niedrigste  Erkrankungs- 
ziffer anfzuweisen  pflegt,  während  das  eigentliche  Anschwellen  der 
typhösen  Erkrankungen  Ja  in  der  Regel  den  Herbstmonaten  angehört. 
Ferner  aber  deutet  die  ganze  Art,  sowie  die  näheren  Umstände  des 
Auftretens  der  fraglichen  Massenerkrankung  auf  ein  anderes,  neu 
binzngekommenes,  schädigendes  Moment  bin.  Die  Hauptzogänge  im 
Juli  und  August  nämlich  vertheilen  sich  auf  eine  relativ  ganz  kurze 
Zeit,  indem  von  sämmtlichen  49  in  Frage  kommenden  Fällen  41  inner- 
halb 24  Tagen  auftraten.  Von  diesen  entfallen  wiedernm,  wie  die 
Tabelle  ergiebt,  je  4 Zugänge  auf  3 und  je  3 auf  2 Tage.  — Weiter 
aber  muss  betont  werden,  dass  auch  im  Regiment  31  regelmässig  die 
grösste  Typhnsfrequenz  in  den  Herbst  und  Winter  gefallen  war  und  eine 
so  hohe  Morbiditätsziffer  innerhalb  so  enger  zeitlicher  Grenzen  bis 
dahin  überhaupt  niemals  erreicht  hatte.  Auch  bot  der  Verlauf  der 
Epidemie  selbst,  und  zwar  speziell  das  Auftreten  von  Ikterus  bei  den 
oben  beschriebenen  Fällen,  Merkmale  dar,  welche  auf  ein  besonderes, 
allen  gemeinsames  Entstehnngsmoment  hinweisen.  Eigenthümlich  und 
besonders  hervorzuheben  ist  in  dieser  Hinsicht,  dass  die  Epidemie  sofort 
erlosch,  als  das  Regiment  zum  Manöver  ansrückte  und  das 
Baden  resp.  Schwimmen  aufhörte. 

Der  letzte  Zugang  nämlich  fällt  auf  den  8.  August,  den  letzten 
Schwimmtag.  Am  12.  August  verliess  der  Trnppemheil  die  Garnison 
und  fortan  kamen,  auch  während  der  ganzen  Herbstübungen, 
keine  Erkrankungen  mit  ähnlichem  Verlauf  und  ähnlichen 
Symptomen  wieder  vor.  Am  18.  9.  kehrte  das  Regiment  in  die 
Garnison  zurück,  blieb  bis  zum  20.  Oktober  verschont  und  hatte  erst 
am  21.  Oktober  die  erste  Neuerkrankung  an  typischem  Abdominal- 
typhus.  Von  da  ab  stellte  sich  das  gewohnte  Verhältniss  im  Laufe  des 
Winters  1885/86  wieder  her. 

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404 


Von  der  öberwiegenden  Mehrzahl  der  Erkrankten  steht  fest  (nach 
den  eigenen  Aassagen  der  auf  der  Station  behandelten  Leute  selbst  tod 
85  bis  87°/o),  dass  sie  gebadet  resp.  mehr  oder  weniger  lange 
Schwimmunterricht  genossen  hatten;  und  zwar  die  schwereren, 
sowie  die  oben  aufgefübrten,  Fälle  ansnahmlos,  ehe  die 
Krankheit  zum  Ausbruch  kam.  Bei  vielen  stellte  sich  gleich  nach 
dem  Bade  Unwohlsein  und  Frost  ein;  und  die  meisten  gaben  noch 
besonders  an,  schon  vor  ihrer  Erkrankung  unmittelbar  nach  dem  jedes- 
maligen Baden,  von  Uebelkeit  und  Erbrechen,  Kopfschmerz  und 
Diarrhöe  befallen  worden  zu  sein.  Eine  bedeutende  Erhöhung  der 
Krankheitsziffer  machte  sich  ferner  gegen  das  Ende  der  Badezeit 
geltend,  besonders  nahmen,  wie  schon  angedeutet,  die  schwereren 
Fälle  in  dieser  Zeit  erheblich  zu  (cf.  Tabelle  und  Kurven). 

Was  das  prozentuarische  Verhältniss  der  Erkrankungen 
betrifft,  so  hatten  an  dem  Baden  resp.  Schwimmen,  welches  am  5.  Jnni 
begonnen  hatte,  Theil  genommen: 

vom  I.  Bat.  9 Schwimmlehrer,  117  Schüler 
II.  - 9 - 119 

- Füs.-  - 9 - 92 

in  Summa:  27  Schwimmlehrer,  328  Schüler, 

gleich  355  Manu. 

Von  diesen  sind  erkrankt  im  Juni,  Juli  uud  August  zusammen 
49  Mann  = 13,8  "/oj  von  welchen  wiederum  9 Mann,  also  2,5  “/o  der 
Gesammtsummc  und  18,3  % der  Erkrankten  von  Gelbsucht  befallen 
wurden. 

Unter  diesen  Umständen  musste  sich  naturgemäss  die  Vermutbung 
bei  uns  immer  mehr  befestigen,  dass  möglicherweise  im  Bade  selbst, 
bezw.  in  dem  zum  Bade  benutzten  Wasser  ein  ätiologisches  Moment 
für  die  Entstehung  der  Massenerkrankung  anzunehmen  oder  za 
suchen  sei. 

Um  diese  Vermuthuug  dem  Uneingeweihten  gegenüber  zu  begründen, 
bin  ich  gezwungen,  einen  kurzen,  orientirenden  Blick  auf  die  damals 
vom  31.  Regt,  benutzte  Badeanstalt  zu  werfen. 

Dieselbe,  einem  Privatmanne  W.  gehörig,  liegt  einige  Hundert  Meter 
unterhalb  der  westlichen  Grenze  Altonas,  dicht  am  rechten  Ufer  der  Elbe 
und  wird  auch  von  der  Zivilbevölkerung  stark  besucht.  Sie  stellt  eines 
der  bekannten,  auf  verankerten  Tonnen  schwimmenden  Holzbassins  dar, 
mit  einer  Wasserliefe  von  5 Fuss  und  festem  Holzboden.  Die  grössere 
Hälfte  ist  für  Erwachsene,  die  kleinere  für  Kinder  bestimmt.  Etwa 


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405 


20m  oberhalb  derselben  liegt  die  städtische  Gasanstalt,  deren  Ab- 
wässer sich  in  die  Elbe  ergiessen.  Da  ferner  beide  Städte  Altona  nnd 
Hamborg  an  demselben  Ufer  elbaufwärts  gelegen  sind,  so  ist  die  Folge, 
dass  auch  die  sämmtlichen  Effluvien  dieser  oberhalb  der  Schwimm- 
anstalt in  die  Elbe  gelangen.  Von  der  Hamburger  Grenze  ab, 
zwischen  dem  Altonaer  Fischmarkt  nnd  der  Badeanstalt,  münden  auf 
Altouaer  Terrain  allein  6 Siele,  2 grosse,  das  Grenz-  nnd  Parallelsiel, 
welches  letztere  den  grössten  Antheil  der  Abwässer  Altonas  aufnimmt, 
und  4 kleinere,  das  letzte  ca.  500  m von  der  Anstalt  entfernt.  Die  ganze 
Entfernung  vom  ersten,  dem  Grenzsiel,  ab,  beträgt  ca.  1200  m.  Auch 
die  benachbarte  Stadt  Ottensen  betbeiligt  sich  mit  einigen  in  die  Elbe 
mundenden  Abzngskanälen.  Zu  den  Effluvien  der  Kanalisation  kommen 
SOU  noch  ungezählte  Abwässer  von  Fabriken  und  Speichern  aller 
Art,  sowie,  was  wohl  zu  beachten  ist,  von  zahlreichen  Schiffen  aus 
aller  möglichen  Herren  Länder. 

Von  dem  Grade  der  Verunreinigung  des  Elbwassers  im  Bereich 
der  betreffenden  Städte  kann  man  sich  hiernach  ungefähr  eine  Vorstellung 
machen.  Und  diese  Verhältnisse  werden  durch  den  Umstand  komplizirt, 
d.  h.  erschwert,  dass  nicht  etwa,  wie  bei  anderen  Städten,  ein  glatter, 
fortdauernder  Abfluss  der  Wassermassen  stattfindet,  sondern  im  Gegen- 
theil,  durch  die  herrschenden  Ebbe-  und  Flutbströmungen  bedingt,  nicht 
bloss  eine  mehr  oder  minder  lange  dauernde  Stagnation,  sondern  viel- 
mehr sogar  eine  Anfwärtsstauung  des  Wassers  von  weiter  abwärts 
gelegenen  Ortschaften  her  stattfindet.  Diese  Fluthrnckstauung  geht,  wie 
von  bantechnischer  Seite  festgestellt  ist,  so  weit,  dass  sie  sich  sogar  bis 
einige  Kilometer  oberhalb  Hamburgs  zu  erkennen  giebt. 

Dass  aber  das  zum  Baden  in  der  betreffenden  Anstalt  benutzte 
Wasser  erst  recht  unrein,  ja  geradezu  unappetitlich  sein  wird,  ist  der 
Oertlicbkeit  entsprechend  von  vornherein  klar,  und  ich  habe  mich  selbst 
mehrmals  hiervon  überzeugen  können.  Es  finden  sich  nicht  bloss  die 
verschiedenartigsten  faulenden,  mehr  oder  minder  groben,  pflanzlichen 
und  thierischen  Abfälle,  nein  sehr  häufig  auch  menschliche  Fäkal- 
massen in  dem  Badewasser  vor. 

Nun  liegt  aber  die  Frage  sehr  nahe:  Wie  hat  sich  denn  in 
früheren  Jahren  der  schädigende  Einfluss  besagter  Bade- 
anstalt auf  die  Mannschaften  des  Regts.  31  kundgegeben?  Warum 
sind  nicht  schon  eher  ähnliche  Epidemien  aufgetreten,  und  wie  stellt 
sich  endlich  das  Morbiditäts-Verhältuiss  unter  den  die  Anstalt  gleich- 
falls benutzenden  Zivilpersonen  dar? 


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406 


1 


Um  die  letzte  Frage  gleich  vorweg  za  erledigen,  so  maas  gesagt 
werden,  dass  die  bezüglichen  Anfragen  und  Nachforschangen  — wie  voo 
vornherein  voranszasetzen  war,  und  bei  einer  grossen,  über  100  000  Ein- 
wohner zählenden  Stadt,  wie  Altona  auch  nicht  Wunder  nehmen  kann 
— äusserst  unbefriedigende  Resultate  ergeben  haben.  Der  Hauptsacbe 
nach  Hess  sich  eben  nur  ganz  allgemein  ermitteln,  dass  in  der  fraglichen 
Zeit  (vom  2.  Quartal  1885  ab)  sich  wohl  auch  unter  der  Zivilbevölkerung 
der  Stadt  eine  Steigerung  der  typhösen  Krankheiten  bemerklich  gemacht 
habe  (die  Gesammtsumme  derselben  beträgt  1884:  276,  1885:  432);  voo 
einer  Vermehrung  mit  Ikterus  einhergehender  Erkrankungen,  oder  des: 
Auftreten  von  den  unseren  ähnlichen  Leiden  der  Verdannngsorgane  da- 
gegen war  nichts  Sicheres  festzustellen. 

Vergleicht  man  hiermit  die  Verhältnisse  in  der  Nachbarstadt 
Hamburg,  so  begegnet  man  folgenden  eigentbümlichen  Morbiditätazifiem. 

Während  in  dem  fünfjährigen  Zeitraum  von  1879  bis  einschl.  1883 
verbältnissmässig  nur  wenig  typhöse  Krankheiten  beobachtet  worden 
waren  (nach  einer  Berechnung  aus  den  Zahlen  des  ofßziellen  Berichts 
über  die  medizinische  Statistik  des  Hamburgischen  Staates  jährlich  in 
Durchschnitt » 537  Fälle),  so  machte  sich  bereits  1884  eine  er- 
hebliche Steigerung  derselben  bemerkbar  und  erreichte  die  Höhe 
von  1255  Zugängen,  also  über  das  Doppelte  des  früheren  Jahres- 
durchschnitts. Im  Jahre  1885  trat  eine  weitere,  noch  stärkere  Zu- 
nahme der  bezüglichen  Erkrankungen  auf,  indem  im  Ganzen 
2310  Fälle  gemeldet  wurden.  Diese  Zahl  ist  grösser,  als  irgend  eine  io 
den  vorhergehenden  14  Jahren  I (Der  höchste  Zugang  1300,  fällt  anf 
das  Jahr  1872,  der  niedrigste  = 598,  auf  das  Jahr  1879.)  Die  Er- 
krankungen vertheilten  sich  1885  der  Zeit  nach  so,  dass  die  Zugangs- 
ziffer im  1.  Halbjahr  ca.  25  pro  Woche  betrug;  dann  trat  etwa  mit  der 
28.  Woche  eine  rapide,  stetige  Steigerung  ein,  bis  sich  im  Herbst  bis 
zum  Schluss  des  Jahres  eine  Typhusepidemie  von  ca.  100  Erkrankungen 
in  der  Woche  aosbildete. 

Dass  übrigens  die  eigentliche  Zunahme  des  Typhus  schon  vor  der 
28.  Woche  ihren  Anfang  hatte,  und  sich  bereits  in  der  21.  und  22.  Woche 
zu  erkennen  giebt,  geht  aus  einem  Blick  auf  das  Verhalten  anderer 
akuter  Krankheiten  der  Verdauungsorgane  1885  unzweideutig  hervor. 
Wir  sehen  z.  B.,  dass  die  unter  „Durchfall  und  Brechdurchfall“  auf- 
geführten  Krankheiten  schon  im  Juni  eine  stetige  Steigerung  erfahren 
haben.  Unter  diesen  aber  wird  sich  — abgesehen  von  der  gewiss 
nicht  kleinen  Zahl  unangemeldet  gebliebener  bezüglicher  Fälle  — 


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407 


bestimmt  eine  gewisse  Quote  von  „Magendarmkatarrhen"  befanden  haben, 
welche  dem  Typhasgift  ihre  Entstehung  verdankte  und  daher,  wie  in 
unserer  Epidemie,  auch  unter  dieser  Erankheitsform  ihre  Verrechnung 
hätte  finden  müssen. 

Bezüglich  der  ursächlichen  Verhältnisse  dieses  epidemischen  An- 
wachsens des  Typhus  in  den  fraglichen  Jahren  möge  auch  der 
interessante  Umstand  nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  dasselbe  mit  einer, 
durch  den  Eintritt  Hamburgs  in  den  Zollverein  bedingten  Reihe 
mächtiger  baulicher  Umwälzungen  zusammenfällt.  „Ganze  Stadtviertel 
sind  in  den  letzten  Jahren  niedergerissen  worden,  Dämme  wurden  auf- 
geschüttet,  breite  Kanille  angelegt  — und  alle  diese  grossartigen  Auf- 
grabnngen  und  Aufschüttungen  sind  sämmtlich  am  Ufer  der  Elbe  und, 
was  noch  besonders  betont  werden  muss,  in  der  Nachbarschaft  unserer 
Scböpfstellen  (der  Wasserleitung.  Der  Verf.)  ausgefübrt  worden. 
Welche  Unmassen  Verunreinigungen,  zumal  beim  Durchstich  des  früher 
dicht  bevölkerten  Viertels,  mögen  bei  diesen  Arbeiten  in  die  Elbe  gelangt 
seinl"  (Simmonds  1.  c.  S.  543.) 

In  diesen  Verhältnissen  nun  dürfte  der  Schlüssel  für  die  Beantwortung 
auch  der  jersten  der  obigen  Fragen  liegen:  In  früheren  Jahren  war  in 
Folge  der  geringen  Häufigkeit  des  Typhus  unter  der  Zivilbevölkerung 
Hamburgs  auch  das  Elbwasser  relativ  wenig  infizirt,  daher  zu  einer 
Steigerung  der  gleichartigen  Erkrankungen  unter  den  badenden  Mann- 
schaften des  31.  Regiments  wenig  Gelegenheit  gegeben.  Dies  Verhältniss 
änderte  sich  sofort,  als  mit  dem  Entstehen  einer  immer  mehr  überband- 
□ehmenden  Epidemie  seit  1884  von  oberhalb  der  Badeanstalt 
her  eine  starke  Verseuchung  des  Elbstroms  eingetreten  war. 
Man  kann  sich  in  der  That  kaum  eine  promptere  Beziehung  zwischen 
Ursache  und  Wirkung  in  sanitären  Dingen  denken,  als  sie  in  unserer 
Epidemie  gegeben  ist.  Denn  ich  brauche  hier  wohl  nicht  erst  auf  die 
neueren  bakteriologischen  Errungenschaften  ausdrücklich  hinzuweisen, 
welche  die  längst  vermnthete  und  vielfach  ausgesprochene  Gefährlich- 
keit der  Typhnsdejektionen  betreffs  der  Weiterverbreitung  der 
Krankheit  zur  Evidenz  erhoben  haben.  Es  gelingt  eben  bei  Aufwendung 
einiger  Zeit  und  Mühe  unschwer,  in  den  Stuhlgängen  der  meisten  Typhus- 
kranken  den  spezifischen  Bazillus  nachzuweisen. 

Was  den  Modus  der  Infektion  selbst  anlangt,  so  liegt  es  wohl  am 
nächsten,  an  eine  direkte  Einverleibung  des  Krankheitskeimes 
durch  gelegentliches  Hinunterschlacken  von  Wasser  beim 
Schwimmen,  Tauchen  u.  s.  w.  zu  denken.  Für  diese  Annahme  scheinen 


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408 


swei  sehr  interessante  Typhnsfälle  zn  sprechen,  welche  erst  im  Garnison- 
Lazareth  Harburg,  dann  hier  behandelt  worden  nnd  in  ätiologischer 
Beziehung  mit  den  in  Rede  stehenden  sehr  viele  Aehnlichkeit  darbietea 
Es  handelt  sich  hier  nm  zwei  Patienten  vom  Königl.  Sächsischen 
Pionier-Bataillon  No.  12,  welche  beide  zu  der  am  23.  Juli  1885  begonnenen 
Pioniernbnng  nach  Harbnrg  gekommen  waren.  Beide  gaben  an,  dass 
weder  in  ihrem  Quartier  in  Moorbnrg  bei  Harburg,  noch  in  der  Nähe 
desselben  gleichzeitig  irgend  welche  Krankheiten  vorhanden  gewesen 
wären;  dass  sie  aber  sowohl  in  ihrem  Quartier  in  Moorbnrg,  als  auch 
vorher  während  der  13  tägigen  Wasserfahrt  zu  Kahn  von  Dresden  hier- 
hier,  stets  das  Wasser  aus  der  Elbe  geschöpft  und  getrunken 
hätten.  Der  erste  Mann  kam  am  4.  8.,  der  zweite  am  6.  8,  also  28 
resp.  30  Tage  nach  dem  Verlasssen  der  Garnison,  in  Zugang. 
In  diesen  Fällen  darf  man  wohl  mit  ziemlicher  Sicherheit  dsis  infizirte 
Elbwasser  als  Ursache  der  Erkrankung  ansehen. 

Selbstverständlich  ist  es  sowohl  während  der  Epidemie,  als  auch 
nach  dem  Erlöschen  derselben  eine  unserer  Hauptaufgaben  gewesen,  das 
Wasser  in  der  vielgenannten  Schwimmanstalt  einer  Prüfung  nach 
bakteriologischen  Grundsätzen  zu  unterwerfen  nnd  im  Besonderen 
den  Nachweis  von  dem  Vorhandensein  des  Typhusbazillus  in  demselben 
zu  erbringen. 

Es  würde  zu  weit  führen,  wenn  ich  die  zahlreichen,  hierher  ge- 
hörigen Untersuchungen  in  ihren  Einzelheiten  aufführen  wollte;  ich  muss 
mich  vielmehr  mit  der  Wiedergabe  des  allgemeinen  Ganges  und  der 
wichtigsten  Resultate  derselben  begnügen. 

Die  Wasserproben  wurden  mittelst  sterilisirter,  etwa  200  g fassender 
Flaschen  mit  weitem  Halse  und  eingeschliffenem  Glasstöpsel,  auf  welche 
eine  gut  passende,  sterilisirte  Gummikappe  aufgesetzt  war,  und  zwar  stets 
arn  frühen  Morgen  zwischen  6 und  8 Uhr,  bei  einer  Wassertemperator 
zwischen  8 und  11°  R.,  entnommen.  Die  Proben  glichen  sich  alle 
ziemlich  genau;  Das  Wasser  war  stets  trübe,  von  schmutzig  graugelber 
Farbe  und  enthielt  sehr  zahlreiche,  verschieden  grosse,  bräunliche  Flocken, 
Krümel  und  Fäden.  Der  Geruch  war  mehr  oder  minder  stark  faulig 
nnd  glich  dem  eines  schmutzigen  Rinnsteins.  In  mehreren  Proben 
fanden  sich  einzelne  lebende  Exemplare  von  Daphnia  polex. 

Die  Aussaat  des  Wassers  erfolgte  regelmässig  zwischen  10  und 
11  Uhr  Vormittags  am  Tage  der  Entnahme.  Schon  bei  direkter  Unter- 
suchung desselben  wurden  stets  zahlreiche,  verschiedenartige  Mikro- 


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Organismen,  speziell  mehrere  Bazillenarten  von  wechselnden  Grössen- 
rerbältnissen,  und  pflanzliche  Abfälle  gefunden. 

Die  ersten  Gelatineplatten  ans  nnrerdünnten  Wasserproben  ergaben 
aber  eine  so  kolossale  Yeranreinigung  und  wurden  bei  Zimmertemperatur 
unter  Entwickelung  eines  penetranten  Fäulnissgestanks  in  2 mal  24  Stunden 
so  total  verflüssigt,  dass  sofort  zu  starken  Verdünnungen  geschritten 
«erden  musste  (zuletzt  1 Tropfen  Elbwasser  auf  10  ccm  sterilen  Wassers, 
und  hiervon  Platten  zn  je  10,5  und  1 Tropfen),  ehe  es  gelang,  sowohl 
die  Keimzahl  für  den  Cubikcentimeter  zu  bestimmen,  als  auch  die 
Isolirung  der  einzelnen  Mikroorganismen  vorzunebmen. 

Es  fanden  sich  schliesslich  in  1 ccm  durchschnittlich  etwa  600  000 
bis  600000  entwickelnngsfähige  Keime,  darunter  der  Mehrzahl  nach  ver- 
flüssigende Bazillen,  im  Wesentlichen  vier  Arten.  Von  nicht  ver- 
flüssigenden konnten  drei  Arten  festgestellt  werden,  von  denen  eine 
sowohl  in  den  Plattenkultnren,  als  auch,  was  von  besonderer  Wichtig- 
keit ist,  weil  es  bei  nicht  ganz  methodischer  Untersuchung  immerhin 
SU  Täuschungen  Veranlassung  geben  kann,  auf  Kartoffel 
scheiben  ein  den  T3rphusbazillen  ausserordentlich  ähnliches  Verbalten- 
za  erkennen  gab.  Auf  letzteren  nämlich  stellte  die  Kultur  nach 
mehreren  Tagen  einen  kaum  sichtbaren,  leicht  feuchten,  hell- 
grauen, geruchlosen  Rasen  dar,  welcher  ohne  Weiteres  von  dem  des 
Tjpbusbazillus  durch  nichts  zu  unterscheiden  war.  Das  einzige,  aller- 
dings sofort  den  Ansschlag  gebende  Merkmal  war  die  fehlende 
Beweglichkeit  jenes  im  Gegensatz  zu  dem,  bekanntlich  mit  überaus  leb- 
haftem Lokomotionsvermögen  begabten  Bazillus  des  Abdominaltyphus.  — 
Auch  eine  anaerobe  Stäbchenform  Hess  sich  ermitteln,  welche  unter  den 
Glimmerplättchen  (andere  bezügliche  Apparate  standen  mir  damals  noch 
nicht  zu  Gebote)  die  Gelatine  unter  gleichzeitiger  Entwickelung  eines,  den 
charakteristischen  Geruch  des  Schwefelwasserstoffs  darbietenden  Gases 
langsam  verflüssigten.  Agar- Agar -Platten,  in  gleicher  Weise  behandelt, 
leigten  ebenfalls  Gasbildung  von  sehr  unangenehmem,  aber  nicht  deutlich 
charakterisirtem  Geruch.  Der  Bazillus  war  klein  und  dick  und  mit  ab- 
gerundeten Enden  und  träger  Eigenbewegung  versehen. 

Von  Mikrokokkenarten  waren  nur  zwei  festznstellen,  welche  beide  den 
Nährboden  nicht  verflüssigten  und  sich  morphologisch  namentlich  durch  ihre 
Grösse  unterschieden.  Die  eine  Art  bestand  aus  sehr  kleinen  Individuen; 
beide  gehörten  der  Klasse  der  Traubenkokken  an.  Im  Uebrigen  boten 
iie  nichts  Bemerkenswerthes  dar. 

Der  Typhnsbazillus  dagegen  konnte,  trotz  des  sorgfältigsten, 


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410 


eifrigsten  Sacbens,  in  keiner  der  Wasserproben  anfgefanden  werden. 
Wie  nmständlich  und  zeitraubend  gerade  derartige  Feststellungen  sind, 
weiss  nur  der  Eingeweihte  richtig  zu  benrtheilen  und  beweist  die  That- 
sacbe,  dass  — soweit  ich  die  Litteratur  zu  übersehen  vermag  — bis  jetzt 
(August  1887)  nur  drei  Autoren  in  der  glücklichen  Lage  gewesen  sind, 
den  fraglichen  Bazillus  mit  Sicherheit  in  Wasserarten  nacbznweisen. 
1.  fand  Moers  bei  der  Untersuchung  dreier  Brunnen,  in  deren  Umgebung 
wiederholt  Tjphnserkranknngen  (Mülheim  am  Rhein)  vorgekommen 
waren,  in  einem  Falle  Typbnsbazillen;  2.  gelang  dieser  Nachweis 
Michael  in  einem  typhusverdächtigen  Wasser  in  Grossburgk  i.  S.,  dessen 
chemische  Untersuchung  zu  einer  Beanstandung  hygieniscberseits  keine 
Veranlassung  gegeben  batte.  3.  Endlich  hat  Beumer  neuerdings  in 
einem  Brunnen  des  Gutes  Wackerow  bei  Greifswald,  woselbst  seit  einer 
Reibe  von  Jahren,  in  einer  sonst  fast  typbnsfreien  Gegend,  Typbnsfälle 
anfgetreten,  waren,  den  spezifischen  Bazillus  festgestellt.  4.  Als  nicht 
sicher  bewiesen  anznsehen  ist  der  Fsdl  Galbucci,  weil  die  Prüfung  der 
verdächtigen  Bazillen  auf  Eartoffelscbnitten  unterlassen  wurde.'"') 

Es  erübrigt  noch,  mit  einigen  Worten  des  Morbiditätsverbältnisses 
der  3 Bataillone  des  31.  Regiments  untereinander  zu  gedenken.  Während 
nämlich  das  I.  und  Füs.-Bat.  nur  je  14  Erkrankungen  anfweisen,  lieferte 
das  II.  Bataillon  auffälligerweise  deren  21.  Bei  genauerer  Prüfung 
dieser  Differenz  fand  sich,  dass  das  II.  Bataillon  ausser  der  allen  gemein- 
samen, noch  einer  besonderen  Schädlichkeit  unterworfen  gewesen  war. 

Die  Mannschaften  des  I.  und  Füs.-Bats.  hatten  eich  nämlich  auf  den 
Genuss  des  ihnen  angewiesenen  Leitungswassers  in  der  Kaserne  be- 
schränkt, wogegen  die  Kranken  des  II.  Bataillons  eingestandenermaassen 
und  zwar  dem  Verbote  zuwider,  ihr  Trink wasser  griisstentheils  aus 
den  verdächtigen  Brunnen  No.  1 und  2 am  Ost-  und  Wesiflügel  der 
Kaserne  I entnommen  hatten  — ans  welchen  besonderen  Gründen,  bat 
sich  nicht  anfklären  lassen.  Das  Wasser  dieser  Brunnen  soll 
nach  eigener  Aussage  der  Leute  trübe  ausgesehen  und  einen 
schlechten  Geschmack  gehabt  haben.  Nach  der  am  17.  Juni  1885 
vorgenommenen  chemischen  Untersuchung  enthielt  dasselbe  iu 
100  000  Theilen: 


*)  Deutsche  med.  'Wochenschrift  No.  28,  1887,  woselbst  sich  stich  die  fibrigen 
hczQglichen  Litteraturangaben  finden. 


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an  organischen  Substanzen  . . 

. 6,49  bezw. 

7,0 

- Salpetersäure 

. 0,0 

0,0 

- salpetriger  Säure  . . . . 

, 0,0 

Grenze 

- Ammoniak 

. 8,0 

4,0 

- Chlor 

. 3,19  - 

3,55 

Oie  bakterioekopiecbe  Untersuchung  im  August  1885  ergab  eine 
äusserst  hochgradige  Verunreinigung  beider  Bronnen,  Das  Wasser 
war  stark  getrübt,  graogelblich  gefärbt  und  enthielt  eine  grosse  Menge 
SDSpendirter  Partikelchen.  Der  Geruch  war  deutlich  faulig,  an  Schwefel- 
wasserstofif  erinnernd.  Der  Geschmack  bitterlich-fade.  Der  Cubikcentimeter 
der  betreffenden  Proben  enthielt  je  viele  Hunderttansende  entwickelungs- 
fähiger Keime  und  die  Gelatineplatten  wurden  regelmässig  in  2 Tagen 
unter  geradezu  aashaftem  Gestank  verflüssigt  Unter  den  gefundenen 
Bakterienarten  worden  indessen  stets  bekannte  pathogene  Arten  be- 
stimmt vermisst 

In  Folge  dieser  ätiologischen  Ermittelungen  erging  an  das  Regiment 
No.  31  das  Verbot  der  ferneren  Benutzung  der  W.’schen  Bade- 
anstalt in  Altona. 

Der  Erfolg  dieser  Maassregel  dürfte  sich  in  dem  Ausbleiben 
ähnlicher  Massenerkrankungen  während  der  Sommermonate  sowohl 
des  Jahres  1886,  als  auch  1887  zu  erkennen  geben.  Ja,  das  laufende  Halb- 
jahr (1887)  weist  sogar  eine  so  geringe  Erkrankongsziffer  an  Typhus  auf  (bis 
1.  August  6 Fälle),  dass  die  Möglichkeit  der  völligen  Beseitigung  der 
Krankheit  im  genannten  Truppentheil  nicht  ausgeschlossen  erscheint 
Vielleicht  dürfte  zur  Erreichung  dieses  Zieles  eine  gründliche 
systematische  Desinfektion  aller  Kasernen -Utensilien,  nebst 
Fenstern,  Fussböden,  Decken  und  Wänden  (durch  Waschen  mit  5 prozentiger 
Karbollösung  bezw.  Abreiben  letzterer  mit  frischem  Brot)'*^),  sowie, 
was  ich  besonders  betone,  auch  sämmtlicher  Bekleid  ungs-  und 
Ausrüstungsstücke  des  Regiments  — lezierer  natürlich,  die  Leder- 
sachen ausgenommen,  nach  den  modernen  Prinzipien  mit  ICK)  grädigem, 
strömenden  Dampf  — am  meisten  geeignet  seien. 


*)  Esmarch,  Der  Keimgcljalt  der  Wände  und  ihre  Desinfektion  (Zeitschrift 
für  Hygiene,  II.  Baud,  3.  Heft  1887,  Seite  491). 


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412 


Noch  grösseren  Schwierigkeiten  als  bei  der  Ermittelnng  der 
ätiologischen  Verhältnisse  der  Epidemie  im  Allgemeinen  begegnen  wir 
gegenüber  dem  Versuche  einer  befriedigenden  Dentnng  und  Er- 
klärnng  der  symptomatologischen  Besonderheiten  der  anf- 

gefnhrten  Krankheitsfälle. 

• 

Wenn  wir  die  Einzelerkranknngen  einheitlich  zusammenfassen , so 
sehen  wir  zunächst,  dass  dieselben  einander  auffällig  gleichen  und 
scheinbar  nur  graduelle  Unterschiede  erkennen  lassen.  Wir  haben  eine 
akute  Krankheit  vor  uns,  welche  im  Wesentlichen  folgende  charakteristische 
Erscheinungen  darbietet; 

1.  Meist  plötzlicher  Beginn,  mit  Ausnahme  des  Falles  6,  bei 
welchem  angeblich  schon  14  Tage  vor  Eintritt  der  Fröste  zeitweilige 
Durchfälle  bestanden  haben  sollen. 

2.  Ausgesprochene  Hirnerscheinnngen,  bestehend  in  starkem 
Kopfschmerz,  Schwindel,  Schläfrigkeit;  mehrmals  Nackenschmerzen; 
Schlaflosigkeit,  beängstigende  Träume. 

3.  Hohes  Fieber  mit  von  vornherein  deutlicher  Herzschwäche 
(frequenter  Puls  meist  über  1(X) , enge  Arterie,  niedrige,  oft  stark 
dikrote  Welle,  geringe  Spannung.)  Die  Temperatur  setzt  mit  hoben 
Ziffern  ein  (die  niedrigste  39,0),  hält  sich  nur  2 bis  3 Tage  so,  um  sehr 
rasch,  und  zwar  staffelförmig,  herunter  zu  gehen;  oder  zeigt  von 
Anfang  an  eine  ausgesprochene  Tendenz  zum  Abfall.  Nur  ein  Fall 
macht  eine  Ausnahme,  und  zwar  No.  6,  bei  welchem  sich  das  Fieber 
fünf  volle  Tage  hindurch  zwischen  38,3  und  40,0  hielt.  Der  Abfall  tritt 
ausnahmslos  gleichzeitig  oder  wenigstens  unmittelbar,  d.  h. 
1 bis  2 Tage  nach  dem  Oelbwerden  der  Haut  ein.  Das  Bemerkens* 
wertheste  hierbei  ist,  dass  mit  der  Ueberschwemmung  des  Blutes  und 
der  Gewebssäfte  mit  den  Oallenbestandtheilen  beide  Fieberkomponenten 
gleichmässig,  ich  möchte  sagen  in  geradezu  kritischer  Weise, 
betroffen  werden:  es  fällt  die  Temperatur  und  der  Puls  gleichzeitig 
und  stetig  ab.  Die  Fieberkurven  sind  io  8 Fällen  ziemlich  gleich  (Fall  6 
zeigt,  wie  gesagt,  ein  fünftägiges  Fastigium)  und  hauptsächlich  nur 
durch  die  Höhe  der  Anfangstemperaturen,  weniger  durch  die  Dauer 
des  Abfalls  selbst,  von  einander  abweichend. 

Der  Wichtigkeit  der  Sache  wegen  lasse  ich  dieselben  sämmtlich 
hier  folgen: 


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Temperatur.  Puls. 


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Temperatur  ' Puls 


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Temperatur.  Puls. 


416 


Id  Kurve  VII  tritt  der  Parallelismus  cwischen  Temperatur  und 
Puls  Dicht  so  deutlich  hervor,  wie  io  deo  ührigeo  Fälleo.  Dieser  zeichoete 
sich  aber  vod  vorobereio  durch  sehr  hochgradige  Herzschwäche  aus. 

4.  Grosse  Hiofälligkeit  uod  starkes  Sch wächegefübl,  neben 
heftigen  Glieder-  und  Muskelschmerzen,  welche  in  Fall  7 (Nacken- 
steifigkeit, eingezogenes  Abdomen)  so  hochgradig  wurden,  dass  an  das 
Bestehen  resp.  den  Beginn  einer  Meningitis  gedacht  wurde. 

5.  Gleich  bei  Beginn  oder  bald  nachher  Störungen  von  Seiten  der 
Yerdauungsorgane  (Appetitlosigkeit,  starke  Schwellung  und  Röthung 
der  Rachenschleimbaut,  Erbrechen  und  Diarrhöen). 

6.  Die  Milz  ist  regelmässig  vergrössert,  doch  in  keinem  Falle  fühl- 
bar. In  Fall  6 war  der  Druck  in  der  Milzgegend  unter  dem  Rippenrande 
einige  Tage  hindurch  sehr  empfindlich. 

7.  Nach  wenigen  Tagen,  meist  schon  in  der  ersten  Krankheits- 
woche,  rascher  Eintritt  von  allgemeinem  Ikterus:  im  ersten  Falle  am 
4.  Tage,  im  zweiten  am  6.,  im  dritten  am  5.,  im  vierten  am  4.,  im 
fünften  am  6.,  im  sechsten  am  7.,  im  siebenten  am  5.,  im  achten  am  4. 
und  im  neunten  am  5.  Tage.  Die  Leber  ist  zugleich  vergrössert, 
palpabel  und  in  mehreren  Fällen  ziemlich  schmerzhaft  auf  Druck. 

8.  Der  Urin  zeigt  im  Allgemeinen  durchschnittlich  eine  mittlere 
Menge  und  ein  ebensolches  spezifisches  Gewicht.  Er  enthält  in  allen 
Fällen,  mit  Eintritt  des  Ikterus,  Gallenfarbstoff,  mehrmals  in  grossen 
Mengen,  sowie  in  den  schwereren  Fällen  Gallensäuren.  Er  weist 
durchweg  eine  starke  Absonderung  von  Uraten  auf  und  in  3 Fällen  die 
Produkte  einer  Nephritis:  Eiweiss,  hyaline  Cylinder,  Nierenepithelien  und 
rothe  und  weisse  Blutkörperchen. 

9.  In  den  Lungen  nichts  Krankhaftes,  oder  doch  nur  die  Er- 
scheinungen des  mässigen  Katarrhs;  am  Herzen  keine  anatomischen 
Veränderungen. 

10.  An  der  Haut  zeigten  sich  einige  Male  deutliche  Roseolen,  so 
wie  mehr  oder  minder  ausgedehnte  Petechien.  Einmal,  Fall  6,  wurde 
in  der  zweiten  Woche  starker,  mehrere  Tage  anhaltender  Sebweiss 
beobachtet. 

11.  In  drei  Fällen  (No.  2,  8 und  9)  ausgesprochene  Neigung  zu 
abundanten  Blutungen  (Nasenbluten,  Blutbrechen,  blutige  Stühle). 

12.  Bei  Fall  B trat  in  der  Rekonvaleszenz  eine  beiderseitige 
Iridochorioiditis  auf. 

Sämmtliche  Fälle  gehen  nach  dem  Temperaturabfall  gleich- 
mässig  in  die  Rekonvaleszenz  über,  und  zwar  in  durchschnittlich 


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8 Wochen.  Diese  Terhältnissmässig  iange  Däner  erklärt  sich  dadurch, 
dass  bei  3 Fällen  (4,  8 und  9)  in  Folge  von  hochgradiger  Anämie,  bezw. 
Komplikationen,  die  Rekonvaleszenz  ungewöhnlich  protrahirt  verlief. 
Bei  den  6 übrigen  Fällen  betrug  die  Behandlnngsdauer  durchschnittlich 
nur  4'/>  Wochen. 

Beim  Ueberblicken  die'ses  Syroptomenkomplexes  könnten  Bedenken 
anftauchen,  ob  es  sich  überhaupt  um  Abdominaltyphns  und  nicht  viel- 
mehr um  eine  Krankheit  besonderer  Art  gehandelt  habe.  Jedenfalls 
stimmt  die  Mehrzahl  der  Symptome  nur  wenig  mit  dem  Bilde  des 
gewöhnlichen  Ileotyphns  überein. 

Wenn  man  nun  das  geschilderte  Krankheitsbild  mit  bekannten, 
unter  ähnlichen  Erscheinungen  verlanfenden  Krankheitsformen  vergleicht, 
80  ist  es  nicht  leicht,  dasselbe  zu  rubriziren. 

Von  einem  einfachen  Stauungsikterns,  bedingt  durch  einen 
Katarrh  der  oberen  Darmabscbnitte,  oder  der  Gallengänge  selbst,  kann 
schon  in  Anbetracht  des  hohen  Fiebers  und  der  übrigen  schweren  Er- 
scheinungen keine  Rede  sein,  wenn  auch  nicht  zu  leugnen  ist,  dass  alle 
Fälle  die  exquisitesten  Symptome  eines  solchen  darboten.  Um  einen, 
etwa  durch  den  hohen  Konzentrationsgrad  der  Gallenbestandtheile, 
speziell  der  Gallensäuren,  im  Blut  herbeigeführten  cholämischen 
Zustand,  welcher  namentlich  die  Hirnerscheinungen,  sowie  die  hämor- 
rhagische Diathese  bedingt  haben  könnte,  kann  es  sich  ebensowenig  ge- 
handelt haben.  Denn  die  Besserung  des  Allgemeinbefindens  trat  ja  ein- 
mal bald  nach  Beginn  des  Ikterus  auf,  und  dieser  war  ferner,  wenn 
auch  mehrmals  sehr  hochgradig,  doch  von  einer  verhaltnissmassig  nur 
kurzen  Dauer. 

Die  schnelle  Vergrösserung  und  bei  den  schwereren  Fällen  recht 
hochgradige  Schmerzhaftigkeit  der  Leber,  der  Milztumor,  die  Nephritis 
D.  8.  w.  lassen  dagegen  eine  gewisse  Aehnlicbkeit  mit  der  akuten 
gelben  Leberatrophie  erkennen.  Allein  auch  mit  dieser  sind  unsere 
Erkrankungen  nicht  in  völlige  Ucbereinsiimmung  zu  bringen.  Es  spricht 
dagegen  1.  der  plötzliche  Beginn  derselben  mit  hohen  Temperaturen  und 
schweren  Allgemeinerscheinungen;  2.,  was  die  Hauptsache  ist,  der  Um- 
stand, dass  wir  keinen  Patienten  verloren  haben.  Auch  konnte  im  Urin 
unserer  Kranken,  selbst  wenn  wir  eine  leichtere  Form  des  fraglichen 
Leidens  aunehmen  wollten,  weder  Leucin  noch  Tyrosin  nacbgewiesen 
werden;  3.  ist  endlich  die  akute  Leberatrophie  eine  seltene  und  meines 
Wissens  auch  niemals  in  epidemischer  Weise  auftretende  Krankheit. 

Es  bleiben  hiernach  zum  Vergleich  mit  den  vorliegenden  Fällen  nur 

27 


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Doch  folgende,  gelegentlich  mit  Ikterus  einhergehende  Infektionskrankheiten 
übrig:  die  Rekurrens,  das  biliöse  Typhoid,  das  gelbe  Fieber 
und  pyämische  oder  septicämiscbe  Infektionen.  Lässt  sich 
mit  einer  dieser  Krankbeitsformen  die  unsrige  identiiiziren?  Ich  glaube 
— nein.  > 

> 

Rekurrens  ist  ohne  Weiteres,  und  zwar  aus  dem  Grunde  mit 
Sicherheit  auszuschliessen,  als  in  dem  Blute  unserer  Kranken  in  keinem 
Falle  Spirochäten  gefunden  werden  konnten.  Diese  wären  uns,  bei  der 
relativen  Leichtigkeit  ihres  Nachweises,  gewiss  um  so  weniger  entgangen, 
als  sämmtliche  Fälle  im  fieberhaften  Stadium  in  Behandlung  kanaen. 
Auch  ging  die  Krankheit  gleichmässig  in  Heilung  über,  und  eine  noch* 
malige  Temperatorsteigerung  nach  einmaligem  Eintritt  der  EntBeberong 
wurde  in  8 Fällen  nicht  beobachtet.  — Bei  Fall  9,  welcher  am  6.  August 
zum  ersten  Male  normale  Temperaturen  zeigte  und  in  nächster 
Zeit  behielt,  stellte  sich  zwar,  während  Patient  bereits  über  8 Tage 
ausser  Bett  war,  am  5.  September,  also  nach  einer  Pause  von  30  Tagen, 
von  Neuem  Fieber  ein.  Da  indess  gleichzeitig  Appetitlosigkeit,  Leib- 
schmerz und  Stuhlverstopfung  bestand  und  das  F^‘ber  nach  Gebrauch 
von  Ol.  ricini  nach  einigen  Tagen  verschwand,  so  wird  diese  Exacerbation 
wohl  lediglich  als  sekundärer  Natur,  bedingt  durch  eine  neuerliche  Darm* 
reizung  und  nicht  als  ein  eigentliches  Rezidiv,  im  Sinne  etwa  eines 
zweiten  Rekurrensanfalles,  aufzufassen  sein.  Aus  diesem  Grunde  ist 
auch  in  Kurve  IX  diese  spätere  Temperaturerhebung  nicht  eingetragen. 

Auch  von  dem  Vorhandensein  von  gelbem  Fieber  kann  wohl  in 
Anbetracht  der  Bcnignität  unserer  Fälle  und  besonders  des  nie 
fehlenden  Milztumors  mit  ziemlicher  Bestimmtheit  abgesehen  werden. 
Es  müsste  denn  abermals  zu  der  nichts  beweisenden  Annahme  einer 
abortiven  Form  auch  dieser  Krankheit  gegriffen  werden,  wofür  um  so 
weniger  Grund  vorlag,  als  weder  zur  Zeit  der  Epidemie,  noch  in  vorher- 
gehenden Jahren  irgend  ein  als  gelbes  Fieber  zu  deutender  Krankheits- 
fall weder  unter  der  Civilbevölkerung  Hamburg-Altonas,  noch  auf  einem 
der  in  den  Häfen  liegenden  Schiffe  vorgekommen  war. 

Ebenso  steht  es,  und  zwar  hauptsächlich  aus  dem  ersten  der  oben- 
genannten Gründe  und  dem  schnellen  Eintritt  der  Gelbsucht  in  unseren 
Fällen,  mit  der  Annahme  einer  pyämischen  oder  septicämischen  Allgemein- 
erkrankung. 

Am  meisten  Aehnlichkeit  oder  Verwandtschaft  würde  noch  zwischen 
dem  biliösen  Typhoid  und  den  vorliegenden  Erkrankungen  bestehen. 


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419 


Griesinger'g  Fälle*)  wenigstens  bieten,  insbesondere  in  ätiologischer 
Beziehnng,  recht  gleichartige  Verhältnisse  dar.  Auch  hier  handelte  es 
sich  hanptsächlicb  nna  „die  Einwirkung  von  Feuchtigkeit'^,  verbunden 
mit  „öfteren  Erkältungen**  und  den  „Genuss  schlechten  Trinkwassers“, 
sowie,  was  für  unsere  Epidemie  ja  allerdings  wegfällt,  „Lnftverderbniss 
in  den  Schlafräumen“.  Das  Hauptkontingent  zu  den  Erkrankungen 
stellten  Soldaten  der  Arbeiterdivision  (es  ist  von  Aegypten  die  Rede). 
„Das  Trinkwasser  dieser  Arbeiter  kam  ausschliesslich  aus  einem  tiefen 
Brunnen  und  war,  wie  Alles,  was  aus  Brunnen  dieser  Stadt  (Cairo) 
kommt,  von  bitterem  und  fadem  Geschmack;  der  Schöpfplatz  um 
den  Brunnen  war  zu  einer  in  der  Sonne  gähreuden,  schlammigen  Pfütze 
geworden,  enthielt  den  Ablauf  der  hier  vorgenommenen  Waschungen  und 
deutliche  Zeichen  von  Verunreinigung  mit  Exkrementen;  das  Schlamra- 
wasser  dieser  Pfütze  rieselte  und  tropfte  beständig  wieder  in  den 
Bronnen  herunter.“ 

Griesinger  nun  spricht  allerdings  sein  biliöses  Typhoid  — worin 
ihm  viele  Autoren  beistimmen  — als  eine  schwere  Rekurrensform 
an.  Damit  würde  aber  jene  Aehnlicbkeit  wiederum  eine  geringere 
d.  h.  lediglich  klinische,  bezw.  pathologisch  - anatomische  sein;  denn 
unsere  Tage  verlangen  stets  in  letzter  Instanz  bei  Krankheiten  vor- 
liegender Art  den  Nachweis  der  spezifischen  veranlassenden 
El  emente.  Daher  ist  diese  Frage  eben  z.  Z.  noch  eine  offene  und 
wird  sie  bleiben,  so  lange  nicht  in  beiden  Erkrankungen  dieselbe 
Spirillenart  mit  Sicherheit  und  völlig  einwandfrei  fest- 
gestellt  ist.  Nun  haben  freilich  bereits  Heidenreich,  Münch  und 
Maczntkowsky  vor  längerer  Zeit  und  neuerdings  Lübimoff**)  Spirillen 
in  dem  Blute  von  an  Typhus  biliosus  Erkrankten  gefunden;  ja 
Maczntkowsky  ist  es  sogar  gelungen,  durch  Ueberimpfen  des  Blutes 
eines  Kranken  mit  biliösem  Typhoid  gewöhnliche  Rekurrens  zu  erzeugen. 
Indess  spricht  sich  doch  auch  Lübimoff  — und  man  kann  ihm  hierin 
nur  Recht  geben  — hinsichtlich  der  Identität  beider  Krankheiten  sehr 
vorsichtig  ans  und  vertritt  lediglich  den  Standpunkt  Griesingers, 
indem  er  beide  Krankheiten  nur  für  sehr  nahe  verwandt  erklärt.***) 

•)  Gesammelte  Abhandlungen.  IF.  Bd.  1872.  S.  511  u.  f. 

**)  Virchow’s  Archiv.  Bd.  98.  1884.  S.  IGO  u.  s.  w.  Es  finden  sich  da- 

Klbst  auch  die  I..itteraturangabcn  bezüglich  der  drei  anderen  genannten  Autoren. 

”*)  In  einem  unlängst  erschienenen  Aufsatz:  „Ueber  das  hiliuse  Typhoid“ 

(Demsclie  med.  Wochenschrift,  No.  4,  5 und  G,  1888)  änssert  sich  Kartulis 
Ale.xandrien)  über  die  Natur  dieser  Krankheit  folgendermaassen:  „Vnser  biliöses 

27* 


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420 


Bei  Durchsicht  der  neueren,  mir  zugänglichen  Litteratur  hinsichtlich 
etwaiger,  den  unseren  gleicher  oder  ähnlicher  Erkrankungen  hat  sich  im 
Allgemeinen  nur  wenig  brauchbares  Material  ergeben. 

Die  ausführlichste,  alle  einschläglichen  Verhältnisse  am  gründlichsten 
erörternde  Arbeit  ist  die  von  Weil*):  „Ueber  eine  eigenthümliche,  mit 
Milztumor,  Ikterus  und  Nephritis  einhergehende,  akute  Infektions- 
krankheit" 

Weil  beschreibt  4 Fälle,  welche  mit  den  schwereren  der  oben  mit- 
getheilten  eine  so  merkwürdige  Uebereinstimmung  zeigen,  dass  man  sie 
ohne  Weiteres  für  dieselbe  Krankheit  halten  könnte.  In  dem  Weil'schen 
Falle  Dr.  Fr.  stellte  sich  in  der  Rekonvaleszenz  sogar  ein  ähnliches 
Augenleiden  ein,  wie  bei  unserem  Kranken  No.  8 (Mnsk.  Sch.), 
dort  eine  Iridocyclitis,  hier  eine  Iridochorioiditis.  Und  doch  widerspricht 
jener  Annahme  scheinbar  ein  wesentlicher  Umstand.  Die  Weil'schen 
Fälle  kamen  nämlich  im  Verlaufe  von  12  Jahren  völlig  isolirt  zur 
Beobachtung.  Es  liess  sich  in  keinem  Falle  weder  ein  Zusammenhang 
mit  anderen  ähnlichen  Erkrankungen  nachweisen,  noch  verbreitete  sich 
die  Krankheit  von  den  Befallenen  aus  auf  andere  Individuen.  Die 
ersten  beiden  Fälle  traten  9 Jahre  vor,  die  letzten  beiden  3 Jahre 
nach  einer  kleinen  Rekurrensepidemie  auf,  welche  1879  in  Heidelberg 
geherrscht  hatte  und  von  Friedreich**)  beschrieben  ist.  Muss  man 
bei  dem  Auftretender  unseren  auf  eine  gemeinsame  Ursache  schliessen, 
so  ist  dies  bei  den  Weil’schen  Fällen,  ans  demselben  Grunde,  nicht 

durchaus  notbwendig. 

Auch  weichen  die  bezüglichen  beiderseitigen  Kurven  deutlich  von 
einander  ab.  Bei  Weil  blieb  nur  ein  Kranker  dauernd  fieberfrei,  während 
bei  den  drei  übrigen,  nach  einem  fieberfreien  Intervall  von  1 bis  7 tägiger 
Dauer,  erneutes  Fieber  auftrat.  Es  handelt  sich  hier  also  um  wohl 

charakterisirte  Rezidive,  welche  in  2 Fällen  6 Tage,  im  dritten  eben- 
falls 6 Tage,  und  zwar  hier  bei  gleichzeitigen,  noch  länger  auftretenden 

Typhi>i<l  aber  bat  mit  Ueiurrciis  nichts  gemein;  denn  abgesehen  davon,  dass  das 
Fieber  im  ersteren  keinen  Hriekf.ill  zeigt,  kommen  die  Spirochätespirillen  i“ 
Blute  der  an  biliösem  Typhoid  erkrankten  Personen  niemals  vor.  Es  bleibt  slso 
auzunehmen,  dass  bei  sogenanntem  biliösen  Typhoid  ausserhalb  Kgypten.s,  wo 
Spirillen  im  Blute  vorgefunden  sind,  es  sieb  um  echten  Ueeurrens  mit  ikterisehen 
Symptomen  handelte.  Damit  aber  soll  uiehl  gesagt  sein,  dass  die  Krankheit  nur 
in  Egypten  auftrete.“ 

*)  Demsehes  Archiv  für  klinische  Medizin.  Bii.  39.  188G.  S-  209. 

Deutsches  Archiv  für  klinische  Medizin.  Bd.  25.  1880.  S.  518. 


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421 


leichten  Abendsteigerungen,  dauerten.  In  unseren  Fällen  ist,  wie  wir 
gesehen  haben,  von  einem  solchen  Verhalten  nicht  die  Rede;  die 
Deferveszenr  vollzog  sich  vielmehr  durchweg  in  .5  bis  6 Tagen  gleich- 
mässig  und  ohne  die  Spur  einer  Unterbrechung.  Ob  dieses  Verhältniss 
nun  lediglich  auf  einen  rein  graduellen  Unterschied  zwischen  beiden 
Arten  von  Erkrankungen  hinausläuft,  will  ich  unerörtert  lassen. 

Was  den  Ikterus  anlangt,  so  war  er  in  den  Weil 'sehen  Fällen 
„kein  sehr  hochgradiger",  während  bei  den  unseren  gerade  das  Um- 
gekehrte stattfand:  bei  Fall  9 schwankte  die  Hautfarbe  sogar  zwischen 
olivengrün  und  mahagonibraun.  Auch  verschwand  die  Gelbfärbung 
bei  jenen  durchschnittlich  in  kürzerer  Zeit,  als  bei  unseren,  besonders 
den  schwereren  Fällen.  Gallenbestandtheile,  speziell  Gallenfarbstofife, 
fanden  sich  im  Harn  in  drei  der  Weil'schon,  bei  uns  in  sämmtlichen 
Fällen,  wenn  auch  in  den  vier  leichtesten  nur  spurenweise,  mehr  oder 
weniger  lange. 

Unsere  Kranken  gingen  ausnahmslos  mit  Durchfällen  zu,  mehrere 
hatten  sogar  schon  einige  Zeit  vorher  daran  gelitten.  Bei  Weil  sind 
spontane  Diarrhöen  in  3 Fällen  notirt,  bei  einem  Kranken  war  dagegen 
von  vornherein  Neigung  zur  Obstipation  vorhanden.  In  einem  Falle  waren 
die  Stühle  entfärbt,  was  bei  uns  in  der  Mehrzahl  in  mehr  oder  minder 
ausgesprochener  Weise  vorkam. 

Während  Weil  im  Harn  seiner  Kranken  konstant  beträchtliche 
Mengen  Eiweiss  fand,  gelang  dies  nur  bei  dreien  unserer  Fälle  (4,  8 und  9). 
Sonst  stimmen  die  Befunde  beiderseits  ziemlich  genau  überein. 

Endlich  differiren  unsere  Fälle  von  jenen  noch  durch  die  aus- 
gesprochene Neigung  zu  abundanten  Blutungen,  welche  Weil 
gänzlich  vermisste.  (Nur  in  Falll,  Dr.  Fr.,  einmal  Nachts  „etwas 
Nasenbluten“.) 

Eine  gewisse  Beziehung  zu  den  Weil’schen  und  den  unseren,  lassen 
zwei  von  Chauffard*)  beschriebene  Ikterusfälle  erkennen.  Beide  Patienten 
zeigten  anfangs  ziemlich  hochgradig  gestörtes  Allgemeinbefinden  nnd 
Fieber;  der  eine  auch  von  Anfang  an,  lange  vor  Ausbruch  des  Ikterus, 
Albuminurie.  Mit  Beginn  der  Gelbsucht  trat  eine  Entleerung  grosser 
Urin-  nnd  gleichzeitig  auch  grosser  Harnstofifmengen  ein,  so  dass 
Chauffard  von  einer  eigentlichen  „Harnkrise“  spricht.  Diese  Aus- 
scheidungen hielten  einige  Tage  an , um  dann  rasch  zur  Norm  zurück- 


*)  Revue  de  medecine.  1886.  1.  (Referat  in  Fortschritte  der  Medizin  III. 

1885.  S.  183.) 


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422 


zukehren.  Mit  Beendigung  der  Urinkride  trat  Besserung  des  Allgemein- 
befindens ein.  ’ 

Es  schliesst  sich  hieran  die  Beobachtung  von  Mathien*).  Anch 
hier  Fieber,  von  der  initialen  Höbe  allmälig  absinkend,  nach  4 Tagen 
rezidivirend,  staifelfnrmig  wieder  ansteigend  und  lytisch  znni  zweiten 
Male  heruntergehend.  Die  Fieberkurven  haben  bei  beiden  Autoren  die 
grösste  Aehnlichkeit.  Dabei  bei  Matbieu  ebenfalls  Ikterus,  schwere 
Cerebralsymptome,  Milztumor  und  Albuminurie.  Der  mikroskopische 
Harnbefund  ist  nicht  mitgetheilt.  Die  Stühle  des  Matbieu'schen 
Patienten  waren  während  /des  Ikterus  entfärbt  und  Nasenbluten  und 
Ileocoecalschmerz  vorhanden.  Die  Besserung  wurde  durch  das  Absinken 
des  Fiebers  und  durch  ein  markirtes  Ansteigen  der  Urinmenge  ein- 
geleitet.  Im  Gegensatz  zu  den  Weil 'sehen  und  unseren  Fällen  konnte 
Matbieu  keine  Lebervergrösscrung  nachweisen. 

Weil  bespricht  in  sehr  ausführlicher  Weise  die  verwandtschaftlichen 
Beziehungen  seiner  Fälle  mit  den  bekannten,  oben  angeführten 
Infektionskrankheiten  und  kommt  zu  dem  Schlüsse,  dass  es  sich 
möglicherweise  um  eine  Kraukheit  sui  generis  bandele,  deren 
spezifische  Ursachen  noch  unbekannt  seien.  Indess  giebt  er  auch  zu, 
dass  man  die  Krankheit  als  eine  besondere  Form  des  Abdominaltypbus, 
als  Abortivtypbus  mit  Ikterus  und  Nephritis  auüassen  könne- 
Matbieu  lässt  diese  Frage  ebenfalls  unentschieden,  ist  aber  gleichfalls 
geneigt,  die  Krankheit  als  Ileotypbus  zu  registriren. 

Chauffard  glaubt  seine  Fälle  wegen  ihres  cyklischen  Verlaufs  als 
Allgemeinkrankheit  des  Organismus  auflfassen  zu  müssen.  Er  denkt 
dabei  weniger  an  die  Einwirkung  einer  infektiösen  Ursache,  als  an  das 
Vorhandensein  abnormer  spezifischer  Zersetzungsprodukte  im  Magen  und 
Darmkanal  und  an  die  von  hier  ausgegangene  Resorption  toxischer 
Substanzen  und  deren  Einwirkung  auf  Leber  und  Gallenwege,  sowie 
auf  den  übrigen  Organismus. 

Gehen  wir  nunmehr  über  zu  der  Häufigkeit  des  Auftretens 
von  Ikterus,  speziell  im  Verlaufe  von  Typbusepidemien,  so 
stimmen  alle  Autoren  darin  überein,  dass  dasselbe  ein  sehr  seltenes  sei. 

Gleichwohl  ist  diese  Kombination,  wie  Weil  sagt,  ,von  hervor- 
ragenden Pathologen  eingehend  gewürdigt  und  ausserdem  durch  eine 
ziemlich  umfangreiche  Kasuistik  erhärtet“. 


■*)  Revue  de  medecine.  188G.  VII.  (Referat  in  Fortscliritto  der  Medizin.  Y. 
1887.  S.  26.) 


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423 


Lieberme  iater*)  führt  folgende  Zahlen  an:  Unter  1420  Fällen 
des  Baseler  Spitals  ist  26  mal  Ikterus  notirt,  14  mal  bei  Männern, 
12  mal  bei  Weibern.  Hoffmann  fand  unter  250  Sektionen  in  10  Fällen 
stark  ansgeprägten  Ikterus.  Griesinger  beobachtete  unter  600  Er- 
krankungen 10  mal  Ikterus. 

Letzterer  Autor**)  erwähnt  von  Ikterus  formen  bei  Ileotyphus 
folgende:  1.  einen  schon  frühzeitig  auftretenden,  leicht  vorübergehenden, 
auf  den  Krankbeitsverlauf  einflusslosen,  höchst  wahrscheinlich 
katarrhalischen;  2.  Ikterus  als  Theilerscheinung  ausgesprochener  Pyämie 
oder  Septicämie  in  der  zweiten  Periode  der  Krankheit;  3.  kommt,  und 
zwar  ebenfalls  erst  in  der  zweiten  Periode  des  Typhus,  ein  Ikterus  mit 
Schwellung  und  Empfindlichkeit  der  Leber,  schweren  Nervenerscheinungen 
mit  Prostration  und  gewöhnlich  tödtlichem  Ausgang  zur  Beobachtung. 
Dabei  wird,  wie  sonst  beim  Ikterus  gravis,  anatomisch  die  Leber  bald 
vergrössert,  bald  verkleinert,  ferner  Milztnmor,  Ekcbymosen,  akute  Er- 
krankung der  Nieren  gefunden.  Griesinger  hat  indess  auch  von  dieser 
Ikternsform  zwei  in  Genesung  endende  Fälle  beobachtet,  beide  während 
eines  Typhusrezidivs  am  15,  und  11.  Tage;  4.  rasch  vorübergehender 
Ikterus  in  der  dritten  oder  vierten  Krankheitswoche  mit  leichter 
Empfindlichkeit  und  Schwellung  der  Leber,  ohne  erschwerenden  Ein- 
fluss auf  den  Krankheitsverlauf. 

Liebermeister  erklärt  den  im  Verlauf  des  Typhus  auftretenden 
Ikterus  in  manchen  Fällen  für  einen  katarrhalischen,  in  vielen 
anderen  aber  für  einen  hämatogenen.  Denn  in  diesen  Fällen  besteht 
gewöhnlich  eine  besonders  starke  Degeneration  der  Leberzellen,  mit 
entsprechender  Beeinträchtigung  der  Funktionen  der  Leber,  von  welchen, 
ähnlich  wie  bei  der  akuten  gelben  Leberatrophie,  der  Ikterus  abznleiten 
ist.  Unter  Umständen  hat  demnach  der  Ikterus  eine  schlimme  pro- 
gnostische Bedeutung,  indem  er  den  Verdacht  einer  weit  vorgeschrittenen 
Degeneration  der  Leber  begründet;  namentlich  dann,  wenn  der  Ikterus 
aof  der  Höhe  der  Krankheit  bei  einem  schweren  Falle  auftritt,  wenn 
weder  Entfärbung  der  Stuhlgänge,  noch  andere  Umstände  dafür  sprechen, 
dass  er  als  katarrhalischer  oder  überhaupt  als  Stauungsikterus  gedeutet 
werden  kann,  und  wenn  gleichzeitig  vorhandene  Albuminurie,  Herz- 


*)  Handbuch  der  speziellen  Pathologie  und  Therapie  von  v.  Ziemssen. 
Bd.  II.  I.  Thcil.  1876. 

*•)  Virchow  spezielle  Pathologie  und  Therapie.  Bd.  II,  2.  1864  und  Weil 
(1.  c.  S.  227). 


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424 


schwäche  u.  s.  w.  auf  Torgeschritteue  parenchymatöse  Degeneration 
anderer  Organe  hinweisen.  Uebrigens  hat  Liebermeister  auch  schon 
in  leichten  oder  abortiven  ITällen  Ikterus  auftreten  sehen. 

Wir  stehen  wieder  vor  der  speziellen  Frage:  Waren  unsere  Fälle 
Abdominaltyphen?  Wenn  ja,  können  wir  sie,  und  zwar  in  welche 
der  von  Griesinger  und  Lieberroeister  aufgestellten  Kategorien  von 
Ikterus  unterbringen? 

Wie  endlich  haben  wir  nns  überhaupt  diese  Komplikation  patho* 
genetisch  zu  denken? 

Wir  sind  zunächst  mit  Weil  einverstanden,  wenn  er  sowohl  den 
Beginn,  als  auch  besonders  den  Fieberverlauf  seiner  Fälle  als 
mit  einer  grossen  Zahl  von  Abortivtyphen  für  völlig  überein- 
stimmend erklärt.  Die  unseren  bieten  diese  Uebereinstimmung  insofern 
io  noch  höherem  Grade  bezw.  noch  reinerer  Form  dar,  als  sie  eine 
zweite  Temperatursteigerung,  ein  Rezidiv,  durchaus  vermissen 
lassen.  Merkwürdig  bleibt  hierbei  allerdings  immer,  dass  Temperatur- 
abfall und  Ikterns  völlig  synchron  verliefen.  Ob  man  geradezu  an 
ein  ursächliches  Verhältniss  dieser  Erscheinungen  denken  soll,  vielleicht 
in  dem  Sinne,  dass  die  Galle  im  Blut  und  den  Körpersäften  eine  ab- 
schwücbende,  oder  gar  tödtende  Einwirkung  auf  die  fiebererregenden 
Potenzen  ausgeübt  habe,  oder  aber  vielmehr  die  Entfieberung  lediglich 
der  Ausdruck  des  Ueberganges  der  Krankheit  io  Heilung  gewesen  ist, 
mag  dahin  gestellt  bleiben.  Uebrigens  repräsentiren  auch  anscheinend 
die  Fälle  4,  8 und  9 gleich  den  Weil’schen  ausgesprochene  Typen  des 
von  diesem  Autor  (1.  c.  p.  231)  in  der  Liiteratur  vermissten  Verhält- 
nisses: nämlich  des  gleichzeitigen,  frühzeitigen  Auftretens  von 
Ikterus  und  Nephritis  bei  Abortivtyphus.  Allerdings  liegen  ja 
in  unseren  Fällen  zwischen  Beginn  der  Gelbfärbung  der  Haut  und  Nach- 
weis des  Albumens  u.  s.  w.  im  Urin  einige  Tage.  Doch  ist  dies  wohl 
mehr  eine  Schuld  der  Untersuchung  selbst,  welche  nicht  in  allen 
9 Fällen  täglich  vorgenommen  wurde.  Möglich,  dass  eben  sonst  die 
nephritischen  Produkte  viel  früher  konstatirt  worden  wären. 

Das  Auftreten  unserer  Erkrankungen  ferner  im  Verlauf  einer 
Typhusepidemie  lässt  sie  nur  noch  mehr  als  durch  dieselbe  Noxe 
entstanden  erscheinen.  Die  Identität  mit  den  gleichzeitigen  klassischen 
Typhusformen  würde  znr  Evidenz  erhoben  worden  sein,  wenn  wir  in 
den  Dejektionen  unserer  Kranken  den  Typhusbazillus  nachgewiesen 
hätten.  Abgesehen  aber  von  der  Ungunst  der  Verhältnisse,  d.  h.  dem 
schnellen,  gehäuften  Zugang  der  Kranken  und  der  raschen  Entfiebernng 


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derselben,  welche  den  bezüglichen  umständlichen  bakteriologischen 
Untersuchungen  einfach  unüberwindliche  Schwierigkeiten  entgegen- 
setzten, mnsB  es  noch  ausserdem  als  im  höchsten  Grade  unwahrscheinlich 
bingestellt  werden,  ob  es  in  den  leichteren  Formen  der  Krankheit  je 
möglich  sein  wird,  den  spezifischen  Bazillus  überhaupt  anfzufinden. 
Denn  in  diesen  dürfte  es  im  Wesentlichen  über  eine  Schwellung  und 
Infiltration  der  Lympbapparate  im  Darm  nicht,  oder  nur  wenig  hinaus- 
kommen, und  freie  Typhusbazillen  im  Darmluinen  demgemäss  nicht 
vorhanden  sein,  welche  mittelst  der  Stuhlgänge  entleert  werden  könnten. 
Dies  ist  eben  nur  bei  ausgesprochener  Geschwürsbildung,  wie  wir  sie 
von  den  typischen  Formen  der  Krankheit  kennen,  möglich,  wo  die  aus- 
gestossenen  nekrotischen  resp.  geschwürigen  Massen,  besonders  der 
Peyer’schen  Haufen,  den  Träger  der  Bazillen  darstellen.  In  zwei 
Fällen  (8  und  9)  hatten  jedenfalls  die  bakteriologischen  Untersuchungen 
der  Dejektionen  nur  ein  negatives  Erge’bniss.  — Auch  von  Blut- 
uutersuebuogen  hielten  uns  bezügliche  frühere,  stets  resultatlose 
Bemühungen  zurück.  Mit  wie  grossem  Recht,  haben  die  späteren 
gleich  negativen  Erfolge  aller  Autoren  — Nenhaus^)  ausgenommen 
— bewiesen. 

Aber  selbst  wenn  uns  der  fragliche  Nachweis  in  sämmtlichen  Fällen 
gelungen  wäre,  würden  wir  hinsichtlich  des  Verständnisses  des  gleich- 
zeitigen Ikterus  um  nichts  gefördert  sein.  Denn  zu  dem  Bilde  des 
lleotyphus  gehört  derselbe  schlechterdings  nicht,  — das  beweist 
schon  das  numerische  V'erbältniss  seines  Vorkommens.  Meiner  Meinung 
uach  haben  daher  Klassifikationen,  wie  die  von  Griesinger  und 
Liebermeister,  im  Wesentlichen  nur  einen  deskriptiven  resp.  klinischen 
Werth  und  lassen  die  (ätiologische)  Wesenheit  der  jedesmaligen  Gelb- 
sucht im  Ganzen  recht  unberührt. 

Von  unseren  Fällen  würden  wir  vielleicht  nur  No.  1,  3,  5 und  6 
Zur  ersten  Kategorie  der  genannten  Autoren  rechnen  können.  Die 
übrigen  repräsentiren  ein  entschieden  schwereres,  wenn  auch  sonst 
gleichartiges  Krankheitsbild  und  könnten  also  unter  No.  3 Griesingers 
zusammengefasst  werden.  Aber  auch  sie  kommen  nicht  in  einem 
."päteren,  speziell  dem  zweiten  Stadium  des  Typhus,  wie  besonders 
Griesinger  will,  vor,  sondern  stehen  zeitlich  auf  derselben  Stufe  wie 
die  erstgenannten  Fälle.  Und  auch  Liebermeister  betont,  dass  der  in 
prognostischer  Beziehung  ungünstige  Ikterns  in  der  Regel  der  Höhe  des 

*)  Berliner  klinische  Wochenschrift.  1886.  No.  6 und  24. 


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typhösen  Leidens,  and  zwar  der  schwereren  Form  desselben,  zn- 
komme. 

Meiner  Meinung  nach  ist  jede  Form  von  Ikterns  (der  hepatogene 
wie  der  baematogene  bezw.  anhepatogcne) , mag  sie  nnn  in  einem 
Stadium  des  Ileotyphus  Vorkommen,  in  welchem  sie  wolle,  der  Ansdmck 
einer  bestimmten  Sonder-  oder  Mischinfektion  resp.  Intoxikation, 
bedingt  durch  eine  bisher  noch  nicht  festgestellte  Schädlichkeit,  wahr- 
scheinlich bakterieller  Art.  Demnach  stelle  ich  diese  Komplikation 
genau  auf  dieselbe  Stufe,  wie  so  viele  andere,  den  Typhus  mehr  oder 
minder  regelmässig  resp.  häufig  begleitende:  also  z.  B.  die  Pnenmonie, 
die  eitrige  Pleuritis  und  Meningitis,  die  Parotitis,  die  phlegmonösen 
Prozesse  der  tieferen  Rachengebilde  u.  8.  w.  Wie  man  bei  diesen 
Prozessen  bisher  stets  besondere  Mikroben,  and  zwar  hauptsächlich 
Kokkenarten  — (Brieger,*)  FrSnkel  und  Simmonds,**)  Seitz***) 
und  Andere;  ich  selbst  in  pnenmonischen  Herden  nur  Kokken,  entweder 
nur  eine  kleine  Art  allein,  oder  eine  kleine  und  eine  ziemlich  grosse 
zusammen)  — aber  niemals  den  Typhusbazillns  als  erregende  Ursache 
gefunden  bat,  ebensowenig  kann  ich  dem  letzteren  dio  Fähigkeit 
zusprechen,  Ikterus  zu  erzeugen.  Hierfür  sprechen  zunächst  die  dem 
fraglichen  Mikroben  völlig  abgehenden  primäre,  lokale  Ent- 
zündung and  Eiterung  erregenden  Eigenschaften,  welche  im  Darm 
und  den  Unterleibsdrüsen  doch  sicherlich  nie  fehlen  würden  und  im 
Thierexperiment  stets  vermisst  werden.  Ferner  wird  diese  Ansicht 
gestützt  durch  die  regelmässigen  Befunde  der  Typhusleber.  Wohl 
keinem  Beobachter  nämlich  werden  bei  der  bakterioskopischen  Unter- 
suchung gefärbter  Lebersebnitte  neben  einer  mehr  oder  minder  hoch- 
gradigen körnigen  Beschaffenheit  der  Leberzellen  (trübe  Schwellung) 
jene  bereits  vielfach  beschriebenen  Veränderungen,  und  zwar  eine  mehr 
oder  weniger  deutliche  und  ausgedehnte,  kleinzellige  Infiltration 
des  Bindegewebes,  sowie  jene  seltsamen,  gewöhnlich  nahezu  kreisrunden, 
inmitten  der  Leberläppchen  gelegenen,  als  Lymphome  bezeichneten 
Bildungen  entgangen  sein.  Wenn  man  diese  Herde  nun,  zu  denen  noch 
eine  grosse  Anzahl  lediglich  Reste  von  Leberzellen,  oder  verändertes 
Lebergewebe  darstellende  Partieen  hinzukommen  (welche  wohl  alle 
insgesammt  ursprünglich  als  koagulations-nekrotisebe  Gewebsabschnitte 

*)  Zeitschrift  für  klinische  Medizin.  Bd.  XI.  S.  264. 

•*)  Die  ätiologische  Bedeutung  des  Typliusbazillus.  1886.  S.  21  u.  f.  und 
Zeitschrift  für  Hygiene.  II.  Bd.,  1.  Heft.  1887.  S.  142  u.  f. 

*♦♦)  Bakteriologische  Studien  zur  Typhus-Aetiologie.  1886.  S.  22  u.  f. 


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mit  deren  Folgezuständen  zu  beachten  sind)  — wenn  man,  sage  ich, 
alle  diese,  in  Snmma  den  Untergang  grosser  Mengen  von  Leber- 
substanz  hedentenden  Veränderungen  sieht,  so  findet  man  es  kaum 
begreiflich,  dass  zu  dem  Bilde  des  Äbdominaltjphus  nicht  regel- 
mässig „OelbsDcbt“  gehört.  Denn  hier  haben  wir  doch  scheinbar 
Alles  Das,  oder  wenigstens  genug  von  Dem,  was  wir  für  das  Zustande- 
kommen der  „gelben  Atrophie“,  sei  es  auch  nur  niederer  Grad  derselben, 
für  nothwendig  halten  zu  sollen  glauben.  Es  muss  also  nothwendiger- 
weise  zum  gewöhnlichen,  so  zu  sagen  „normalen“  Typhnsbazillus  und 
dessen  spezifischen  Wirkungen  (denn  auch  die  regelmässigen,  toxischen 
Produkte  desselben  machen  es  nicht)  noch  ein  Plus  hinzukommen,  wenn 
wir  im  gegebenen  Falle  „Gelbsucht“  eintreten  sehen  sollen.  Dass  diese 
nene,  sei  es  nun  infektiöse  oder  rein  toxische,  Schädlichkeit  einen  ver- 
schiedenen Grad  von  Intensität  besitzen  wird,  scheint  bereits  aus  dem 
klinischen  Bilde  obiger  Fälle  hervorzngehen  und  würde  den  Eigen- 
schaften anderer,  belebter  sowohl  wie  unbelebter,  Krankheitserreger  nur 
entsprechen. 

Dass  übrigens  in  unseren  Fällen  Gelegenheit  genug  zu  einer  der- 
artigen bakteriellen  Mischinfektion  oder  komplizirenden  Darm- 
reizung  gegeben  war,  kann  aus  dem  Resultat  der  bakteriologischen 
Wassernntersucbungen  unschwer  entnommen  werden.  Wenn  wir  auch 
im  Allgemeinen  die  nachtheiligen  Wirkungen  der  gewöhnlichen  „Sapro- 
pbjten“  auf  den  Verdauungskanal  und  dessen  Inhalt  noch  wenig  kennen, 
so  wissen  wir  doch,  dass  einer  grossen  Zahl  derselben,  ganz  allgemein 
ausgedrückt,  ein  äusserst  intensives,  spezifisches  Zersetzungsvermögen 
gegenüber  todten  und  unter  Umständen  ancb  lebenden  Substraten  zu- 
kommt (fakultativer  Parasitismus!).  Es  liegt  also  nichts  näher,  als  die 
■Möglichkeit,  dass  irgend  welche,  bisher  noch  unbekannte  Stoffwecbsel- 
produkte,  vielleicht  der  Reibe  der  Alkaloide  bezw.  Ptomalne  angehörig, 
sei  es  rein  örtlich,  sei  es  vom  Blute  aus,  Wirkungen  äussern,  welche  an 
sich  eigenartige  Veränderungen  setzen  (Polycholie,  schwere  Störung  oder 
Aufhebung  der  Leberfunktiou  u.  dergl.),  oder  aber,  im  Sinne  der  Symbiose 
oder  Metabiose,  als  präparatorisebe  oder  prädisponireude  Schädlichkeiten 
dem  eigentlichen  Krankheitserreger  den  Boden  ebnen,  oder  zu  einer  be- 
sonders intensiven  Kraftentwickolung  befähigen.  Welcher  der  gefundenen 
obigen  Bakterienarten  ich  eine  solche  Thätigkeit  zuschreiben  möchte, 
lasse  ich,  angesichts  des  Fehlens  von  Thierversueben,  dahingestellt. 

Indess  bedarf  es  im  gegebenen  Falle  durchaus  nicht  nothwendig  der 
Annahme  eines  contagium  vivum  zur  Erklärung  des  Ikterus;  es  können 


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vielmehr  auch  grob  chemische  Wirkungen  in  Frage  kommen.  Wenn 
man  sich  erinnert,  dass  zu  den  Abfallsstoffen  der  Gasanstalten  neben 
verschiedenen  Kohlenwasserstoffen  Ammoniak-  und  Schwefelver- 
bindungen in  Menge  gehören,  so  liegt  es  gar  nicht  so  fern,  unter  Be- 
rücksichtigung der  lokalen  Verhältnisse  der  W.'schen  Badeanstalt  an  rein 
ätzende,  mindestens  aber  stark  irritirende  Einwirkungen  zn  denken,  welche 
die  Verdannngsorgane  der  Badenden  beim  zufälligen,  wiederholten  Wasser- 
schlucken  getroffen  und  eine  Gastroenteritis  im  Gefolge  gehabt  haben. 
Ja  wir  können  noch  weiter  gehen  und  Einflüsse  beschuldigen,  welche 
nach  Art  gewisser  Gifte  {ich  denke  namentlich  an  Phosphor,  Arsen- 
wasserstoff, Phenol  und  Gifischwämme)  tbätig  gewesen  sind,  d.  b.  einen 
schnellen  und  ausgedehnten  Untergang  von  rothen  Blutkörperchen  znr 
Folge  gehabt  haben  (Cythaemolyse),  um  im  Verein  mit  dem  Typhus- 
bazillns  ein  Krankheitsbild  wie  in  unseren  Fällen  zn  erzeugen.  Die  bei 
vielen  der  Kranken  aufgetretene  Uebelkeit  und  das  Erbrechen  bald  nach 
dem  Bade  würden  deutlich  genug  für  beide  Eventualitäten  sprechen. 

Wenn  ich  nach  alledem  mein  Urtheil  über  die  während  der  Typhus- 
erkrankungen im  Sommer  1885  aufgetretenen  Fälle  von  Ikterus  zusamroen- 
fasse,  so  würde  dasselbe  folgendermaassen  lauten: 

1.  Die  betreffenden  Erkrankungen  gehören  der  Abortivform  des 
Abdominal  typhus  »n. 

2.  Der  im  Verlaufe  derselben  beobachtete  Ikterus  verdankt  seine 
Entstehung  nicht  dem  typhösen  Krankbeitsgift  als  solchem,  sondern 
einer  anderen,  nicht  ermittelten,  spezifischen  Schädlichkeit,  gehört 
also  in  das  Gebiet  der  sogenannten  „Mischinfektionen“. 

Zukünftigen  Beobachtungen,  speziell  der  bakteriologischen  Unter- 
suchung von  Leichentheilen  in  den  unseren  gleichenden  Fällen,  muss  es 
Vorbehalten  bleiben,  Klarheit  in  die  fraglichen  Verhältnisse  zn  bringen. 
Insbesondere  wird  es  darauf  ankommen,  das  Wesen,  also  eventuell  die 
morphologischen  und  biologischen  Eigentbümlichkeiten  jenes  hypothetischen 
Ikteruserregers  festzustellen  und  vor  Allem  zu  ermitteln,  ob  demselben  in 
der  That  dem  Typhusbazillus  antagonistisch  wirkende  Eigen- 
schaften innewobnen,  welche  es  vermögen,  das  Kraokbeitsbild  gänzlich 
nmzuändern  oder  die  Krankeit  doch  jso  abzukürzen,  dass  ans  einer 
legalen  eine  rudimentäre,  abortive  Form  derselben  hergcstellt  wird. 

Ick  kann  das  Thema  nicht  verlassen,  ohne  mit  einigen  Worten 
meinen  Standpunkt  hinsichtlich  der  Therapie  des  Typbus  abdominalis 
zu  kennzeichnen. 


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Bekanotlich  ist  im  letzten  Dezenniam  die  Behandlung  des  Typhus, 
welche  in  den  sechziger  und  siebziger  Jahren  zu  einem  gewissen  Ab- 
schluss gelangt  zu  sein  schien,  wieder  in  starkes  Schwanken  gerathen: 
Die  bydriatische  und  antipyretische  (medikamentös  - sympto- 
matische) Methode  stehen  einander  wieder  schroffer  gegenüber,  denn 
je  zuvor.  — Meinen  Erfahrungen  nach,  welche,  entsprechend  den  hiesigen 
Verhältnissen  (ich  meine  die  Städte  Harburg,  Hamburg  und  Altona) 
gerade  bezüglich  der  fraglichen  Erankbeitsformeu  keine  ganz  geringen 
sind,  muss  ich  diese  Thatsache  als  einen  therapeutischen  Rückschritt  be- 
klagen. Denn  der  Grad  von  Sicherheit,  welcher  dem  Praktiker  durch 
die  Methode  Brand  in  der  Bekämptung  des  Unterleibstyphus  gegeben 
war,  ist  nun  abermals  in  das  Gegentheil  verwandelt;  ja,  man  laugt 
bereits,  unter  Berufung  auf  einzelne  Autoritäten,  an  vielen  Stellen  an, 
eine  bisher  vorzügliche  Waffe  als  stumpf  und  unbrauchbar  anzusehen 
und  in  die  Autiquitätenkammer  „zu  dem  Uebrigen“  zu  legen.  Und  doch 
leistet  die  systematische  Wasserbehandlung  noch  immer  das,  was  wir 
ihr  früher  verdankt  haben  und  was  sie  stets  leisten  wird,  wenn  mau  sie 
nur  richtig  und  konsequent  anwendet.  Jedenfalls  ist  sie  unbedingt  zur 
Zeit  noch  immer,  speziell  für  die  militärärztliche  Praxis,  die  beste, 
d.  h.  diejenige,  welche  die  Krankheit  subjektiv  und  objektiv  am 
Wesentlichsten  in  günstiger  Richtung  zu  beeinflussen  ver- 
mag; Das  Erankbeitsbild  wird  — gegen  diesen  Satz  giebt  es  keinen 
Widerspruch  — ein  völlig  anderes,  durchweg  leichteres,  und  die 
Mortalität  (ich  denke  hier  natürlich  nur  an  die  schwereren  Formen 
mit  dem  bekannten  Symptomenkomplex)  hält  sich  in  engen  Grenzen. 
Ich  stehe  also  hier  ganz  auf  dem  Standpunkt  von  Brand  und  Ober- 
stabsarzt Vogel'’^)  in  München,  welchen  auch,  allerdings  in  etwas  modi- 
fizirier  Form,  Oberstabsarzt  Fraentzel*) **')  vertritt,  und  bringe  daher  bei 
meinen  Typhuskrauken  durchweg  folgendes  Verfahren  in  Anwendung: 
Alle  3 Stunden  ein  Vollbad  von  15  bis  18°  R.  (je  nach  der 
Konstitution  der  Kranken)  von  15  .Minuten  Dauer,  Tag  und  Nacht 
hindurch,  solange  die  Temperatur  im  Rektum  39,5  erreicht. 
Dabei  nur  flüssige  Diät:  Milch,  Bouillon  und  Portwein.  Bei  allen 
Kranken  ausserdem  innerlich  Acid.  muriat.,  zweistündlich,  hauptsächlich 

*)  lieber  Typhustherapie  im  Mriiubener  Garuisoiilazaretb.  Ilcutsclie»  Archiv 
für  kliiii.«elie  Medizin,  Bd.  XXXVI,  Heft  5 u.  6.  Bd.  XXXVII,  Heft  1 u.  2,  eine 
Arbeit,  deren  Studium  besonders  den  jüngeren  Militärärzten  niebt  dringend  genug 
empfohlen  werden  kann. 

•*)  Diese  Zeitschrift  1886,  No.  3. 


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des  psychischen  Eindrncks  wegen,  den  jede  Medikation,  namentlich  auf 
den  weniger  gebildeten  Patienten  macht.  Die  Badewannen  stehen,  mit  eioem 
Laken  zugedeckt,  stets  im  Typhuszimmer  bereit;  das  Wasser  wird  nur 
im  Winter  entsprechend  tomperirt  und  nur  jeden  Tag  einmal  erneuert. 

So  sind  auch  im  Wesentlichen  die  oben  beschriebenen  Erkrankua^eu 
behandelt  und  aus  diesem  Grande  bei  den  einzelnen  Kratikengeschicbtec 
die  Angaben  über  Bäder,  deren  Temperatur,  Anzahl  u.  8.  w.  nicht  auf- 
geführt  worden. 

Ich  habe  es  nur  ganz  ausnahmsweise  nöthig  gehabt,  über  die  dritte 
Krankbeitswocbe  hinaus  zu  baden  und  mich  andauernd  einer  sehr  genügen 
Mortalität  erfreut.  (In  der  Epidemie  1885  gleich  4'’/o  der  schwerer.. 
2"/o  der  Gesamraterkrankungen.)  Unangenehme  Nebenwirkungen  oder 
gefahrdrohende  Ereignisse  sind  mir  bei  dieser  Bäderbehandlung  nie  zu 
Gesicht  gekommen. 

V'on  den  innerlichen  A ntipy  reticis,  speziell  dem  Chinin, 
Naphthalin,  Natron  salicylicum  und  Antipyrin  habe  ich  dagegen,  betrefft 
des  Verlaufs  und  Ausgangs  der  Krankheit,  auch  nicht  das  mindeti« 
Gute  gesehen,  wohl  aber  ab  und  zu,  besonders  nach  den  letzten  beiden 
Mitteln,  Kollapszustände,  Erbrechen,  starken  Kopfschmerz  und  Aehnlicbei 
Der  Typhus  erschien  eben  wieder  als  solcher,  wie  wir  ihn  Tor  der 
Wasserbehandlung  allgemein  kannten,  d.  b.  als  eine  mit  Umnebelun'i 
der  Sinne  bczw.  Betäubung  einhergeheude,  fieberhafte  Krank- 
heit von  mehrwöcbeutlicber  Dauer!  Auch  wurde  die  Behandlung»- 
zeit  im  Ganzen  nicht  etwa  durch  die  innerliche  Therapie  herabgesetzt 
— im  Gegentheil  erlangten  die  bydriatisch  behandelten  Leute  ccteris 
paribus  durchschnittlich  viel  eher  ihre  Kräfte  und  ihr  Körpergewicli! 
wieder.  Für  den  Militärarzt  im  Besonderen  gewiss  kein  zu  uuter- 
sebätzendes  Moment. 

Auch  dem  neuerdings  wieder  in  den  Vordergrund  getretenen  Kalonrl 
kann  ich  zum  Mindesten  nichts  Hervorragendes  nachrühmen.  Es  ist 
gewiss  rationell,  den  Darm  bei  einer  beginnenden  fieberhaften  Krankheit  zoent 
zu  evakuiren;  aber  warum  man  sich  hierzu  gerade  eines  zweisebneidigea 
Instruments  bedienen  soll,  sehe  ich  nicht  recht  ein.  Das  kann  auch  mit 
Ol.  Ricini  (eventuell  in  Kapseln),  oder  einer  Eingiessung  prompt  ued 
gefahrlos  erreicht  werden. 

Wenn  wir  unsere  Patienten  in  Behandlung  bekommen,  ist,  mit  oar 
ganz  seltenen  Ausnahmen,  das  Prodromalstadium  der  Krankheit  vorüber; 
wir  haben  bereits  die  Wirkungen  der  Infektion  oder,  wenn  m»“ 
lieber  will,  der  Intoxikation  vor  uns.  Die  spezifischen  Bazillen,  resp. 


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deren  Sporen,  oder  sonstigen  Dsnerformen,  sind  längst  vom  Lymph* 
ipparate  des  Darms  ans  in  der  Milz,  Leber  u.  s.  w.  deponirt.  Das 
beweisen  wenigstens  die  Thierversuche  für  das  fragliche  Krankheits- 
stadinm  und  die  postmortale  bakteriologische  Untersuchung  von  Milz, 
Leber,  Nieren  u.  s.  w.  für  den  menschlichen  Typhus.  Was  soll  also  die 
etwa  beabsichtigte  „lokale  Wirkung“  des  im  Organismus  ans  dem 
Ealomel  abgespaltenen  Sublimats?  Denn  an  eine  bakterientödtende 
Allgem  ein  w irkung  des  Letzteren  wird  doch  angesichts  so  homöo- 
pathischer Dosen,  wie  sie  hier  nur  in  Frage  kommen  können,  im  Ernste 
Niemand  denken.  Der  Typhusbazillus  ist  eben  zur  Zeit  für  keins  der 
aus  bekannten  innerlichen  Medikamente  im  lebenden  menschlichen 
Organismus  angreifbar.  Und  ein  Spezifikum  gegen  die  Krankheit, 
im  Sinne  des  Chinins,  der  Salicylsäure  und  des  Quecksilbers  bei  der 
Malaria,  dem  Gelenkrheumatismus  und  der  Syphilis,  gehört  noch  immer 
zu  den  frommen  Wünschen.  Die  ätzenden,  resp.  nekrotisirenden 
Wirkungen  dagegen  auf  die  Darmschleimhaut  (abgesehen  von  dem  so  oft 
eintretenden  Erbrechen),  welche  ich  mehrmals  nach  Kalomelgebrauch  in 
Form  dipbtheritischer  Veränderungen,  besonders  auf  der  Höhe  der 
Schleimbantfalten  im  Ilenm,  bei  Sektionen  gesehen,  bei  anderen  Medi- 
kationen dagegen  niemals  gefunden  habe,  lassen  mich  das  genannte 
Medikament  beim  Typhus  geradezu  perhorresziren.  Meiner  Ueberzeugung 
nach  beruhen  die  so  oft  gerühmten  Prohibitiv-  oder  Abortiv- 
Wirknngen  des  Ealomels  eben  zum  grössten  Theil  auf  Täuschungen, 
im  Wesentlichen  bedingt  durch  die  relative  Gutartigkeit  der  bezüglichen 
Krankheitsfälle. 

Hinsichtlich  des  in  jüngster  Zeit  gerade  beim  Abdominaltyphus  viel- 
zeitig  gerühmten  Antifebrins  besitze  ich  noch  keine  genügend  zahlreichen 
Erfahrungen,  um  ein  bestimmtes  Urtheil  abgeben  zu  können. 

Dezember  1887. 


Nachtrag:- 

In  der  vorstehenden  Arbeit,  welche  bereits  im  Sommer  1887  an- 
gefertigt und  zum  Abschluss  gekommen  war,  konnten  ans  verschiedenen 
ansseren  Gründen  die  einschlägigen  Veröffentlichungen  von  Hüeber, 
Kirchner  und  Schaper  (No.  4 und  5 des  laufenden  Jahrgangs  dieser 
Zeitschrift)  eine  Berücksichtigung  nicht  mehr  finden.  — 


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Es  ist  mir  indess  nicht  zweifelhaft,  dass  aach  die  mitgetheilten  Fälle 
der  genannten  Antoron  eine  ähnliche  Deutung  zulassen,  wie  die  unseren; 
und  zwar  nm  so  mehr,  als  sie  vor  Allem  hinsichtlich  des  zeitlichen 
Auftretens  (Juni,  Juli  und  August  kurz  nacheinander)  genau  mit 
letzteren  übereinstimraen.  Die  drei  Lebsanft'schen  Fälle  kamen  sogar 
in  einer  Reibe  von  30  gastrischen  Fiebern  im  Sommer  1885  vor.  Auch 
ätiologisch  scheint  eine  merkwürdige  Aehnlichkeit,  besonders  zwischen 
einem  Theil  der  Kirchner’schen  und  dem  Schaper’schen  Falle,  mit 
den  unseren  vorhanden  zu  sein:  Von  ersteren  gaben  einige  dem  Baden 
in  der  Oder  Schuld  an  ihrer  Erkrankung,  und  der  Schaper’scbe 
Patient  wurde  ebenfalls  ganz  plötzlich  nach  dem  Baden  von  Leib- 
schmerzen und  Uebelkeit  befallen.  Auch  ein  Kranker  bei  Lebsanft 
führte  sein  Leiden  auf  den  Genuss  schlechten  Trinkwassers  zurück. 

Ans  dem  bisher  vorliegenden,  rein  klinischen  Material  (die  beiden 
Anfrecht’schen  Fälle  — No.  4 dieser  Zeitschrift  Seite  167  und  168  — 
können  ebenfalls,  abgesehen  von  der  nicht  feststehenden  Identität  der- 
selben mit  den  nicht  tödtlich  verlaufenen,  bei  dem  Fehlen  einer  metho- 
dischen bakteriologischen  Untersuchung  (Kulturverfahren !)  von  Leichen- 
theilen  nicht  als  zweifellos  beweiskräftig  angesehen  werden)  eine  völlig 
neue  Krankheit  herzuleiten,  scheint  mir  unbedingt  ein  verfrühtes 
Beginnen. 

Mag  man  indess  von  der  in  Rede  stehenden  Krankheitsform  denken 
wie  man  wolle,  so  tritt  doch  jedenfalls  angesichts  des  höchst  auffälligen 
mehrfachen  Erscheinens  derselben  in  der  Armee  bei  ganz  verschiedenen 
Truppenkörpern  und  in  weit  von  einander  entfernten  Garnisonen  inner- 
halb der  letzten  Sommerbalbjahre,  an  uns  die  dringende  Mahnung  heran, 
vor  Allem  der  ätiologischen  Seite  der  Frage  unsere  gespannteste 
Aufmerksamkeit  zuzuwenden.  Unter  all  den  verschiedenen,  hierbei  in 
Rechnung  kommenden  .Möglichkeiten  weisen  aber  die  geschilderten  Krank- 
heitsfälle in  erster  Linie  auf  das  von  den  Truppen  im  Sommer  benutzte 
Badewasser  hin.  Dieses  also  wird  unbedingt  einer  regelmässigen 
bakteriologisch-chemischen  Kontrolle  und  Ueberwachung  bedürfen,  wenn 
wir  — abgesehen  wie  gesagt  von  eventuellen  Leichenuntersuchungen  — 
einerseits  den  Krankheitserregern  an  sich  auf  die  Spur  kommen  and 
andererseits  dem  Neuauftreten  und  immerhin  möglichen  Weiterverbreiten 
bezw.  Einuisten  (Endemischwerden)  der  fraglichen  Krankheitsform  be- 
gegnen wollen. 

Dass  demgemäss  bei  Neoanlage  von  Militärschwimm-  und  Bade- 
anstalten oder  Mitbenutzung  gleichartiger  Privatanlageu  seitens  der 


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Trappen  nnsere  prophylaktischen  Bestrebangen  vor  allen  Dingen,  — und 
vielleicht  mehr  als  bisher  geschehen,  — auf  die  Nachbarschaft  von 
Fabriken  (Färbereien,  Gasanstalten,  chemischen  Fabriken  und  dergl.), 
peren  Abfälle  in  das  zu  benutzende  Wasser  gelungen  können,  sowie 
namentlich  auf  die  eventuelle  Fernhaltnng  von  Ca  nalisationsab  wässern, 
Rücksicht  zu  nehmen  haben  werden,  bedarf  wohl  keiner  besonderen 
Hervorhebung. 

Trier,  Mai  1888.  ' 


Zur  militärärztlichen  Rasnistik. 


Im  Folgenden  berichte  ich  über  einige  Fälle  von  Verletzungen, 
welche  tbeils  wegen  der  Seltenheit  ihres  Vorkommens,  theils  aber  auch 
wegen  der  Eigentbümlicbkeit  ihres  Verlaufes  von  besonderem  Interesse  sind. 

1.  Fall  von  Beckenfraktnr. 

Der  im  zweiten  Dienstjahre  stehende  Füsilier  P.  war  am  24.  12.  1884 
mit  Schmerzen  an  der  linken  Seite  des  Afters  erkrankt,  wo  eine  sich 
allmälig  entwickelnde  Geschwulst  ihn  veranlasste,  sich  am  7.  1.  1885 
krank  zn  melden.  Es  fand  sich  ein  links  neben  dem  anus  gelegener, 
mit  dem  Mastdarm  nicht  kommnnizirender,  kaum  wallnussgrosser  Abszess, 
der  gespalten  wurde.  Als  die  Abszesshöhle  sich  nicht  schliessen  wollte, 
wurde  in  der  Annahme,  dass  ein  paraprostatischer  Abszess  vorläge,  der 
zur  Bildung  einer  fistnla  ani  incompleta  externa  geführt  hätte,  die 
Sphincterotomie  gemacht.  Trotzdem  wucherten  aber  in  der  Folge 
blasse,  schlaffe  Granulationen  empor  und  die  Wundränder  zeigten  sich 
anhaltend  geröthet  und  infiltrirt,  ohne  dass  hierdurch  das  Allgemein- 
befinden wesentlich  getrübt  worden  wäre.  Man  fand  dabei  das  os  sacrum 
mehr  als  gewöhnlich  mit  seinem  linken  seitlichen  Abschnitt  nach  vorn 
stehend,  seine  hintere  Fläche,  namentlich  nach  der  synchondrosis  sacro- 
iliaca  sinistra  hin  verdickt,  aufgetrieben  und  bei  Druck  schmerzhaft; 
anch  die  vordere  Fläche  des  Kreuzbeines  zeigte  sich  bei  der  Untersuchung 
vom  Mastdarm  her  in  der  Richtung  von  links  nach  rechts  convex  und 
anscheinend  nach  links  hin  verbreitert.  Von  der  linken  synchondrosis 
sacro-iliaca  her,  deren  vordere  Fläche  bei  der  Berührung  ausserordentlich 
empfindlich  war,  fühlte  man  einen  mehr  als  daumendicken  und  ziemlich 

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^ 434 


festen  Gewebsstrang  nach  der  linken  änsseren  Umgrenznng  des  Mast- 
darmes  herabsteigen,  und  eine  durch  die  äussere  FistelöflFnung  eio* 
geführte  Zinnsonde  konnte  in  diesem  Gewebsstrang  ca.  22  cm  nach  oben 
vorgeschoben  werden,  wo  sie  in  der  Gegend  der  linken  seitlichen  Partie 
des  Kreuzbeines  auf  rauben  Knochen  stiess.  Ausserdem  zeigte  sich  der 
linke  horizontale  Scbambeinast  auf  seiner  vorderen  und  oberen  Fläche 
im  Vergleich  zum  rechten  verdickt 

P.,  der  bisher  eine  Entstehungsursachc  für  die  anfängliche  An- 
schwellung neben  dem  Mastdarm  nicht  angeben  konnte,  war  schon 
wiederholt  über  etwa  erlittene  Verletzungen  befragt  worden,  als  er 
endlich  berichtete,  dass  er  als  Ackerknecht  7 Wochen  vor  seiner  Ein- 
stellung in  das  Heer  — also  ca.  1 Jahr  5 Monate  vor  seiner  Krank- 
meldung — von  der  Deichsel  eines  beladenen  Düngerwagens,  auf  welcher 
sitzend  er  die  Pferde  lenkte,  beim  Fahren  herabgefallen  sei,  und  während 
er  mit  dem  Bauche  auf  dem  Erdboden  lag,  sei  der  Wagen  mit  einem 
Rade  von  links  her  auf  die  Gegend  seines  Kreuzbeines  hinanfgefabren. 
Obwohl  er  in  dieser  peinlichen  Situation  fürchterliche  Schmerzen 
empfunden  und  namentlich  nicht  hätte  atbmen  können,  sei  es  ihm  doch 
gelungen,  die  Pferde  zum  Stehen  zu  bringen,  so  dass  das  Rad  des  Wagens 
„etwa  1 — 2 Minuten*  lang  auf  seinem  Kreuzbeine  gestanden  hätte.  Der 
hinzugekommene  Oberknecht  Hess  nach  kurzem  Besinnen  die  Pferde 
anziehen,  wodurch  das  Rad  von  der  Kreuzbeingegend  und  zwar  anf 
deren  rechter  Seite  wieder  herabgeglitten  sei.  Ausser  Stande,  sich  zn 
erheben  und  zn  gehen,  sei  er  einige  Stunden  darauf  zn  einem  Schäfer 
gebracht  worden,  welcher  bemerkt  haben  soll,  dass  die  Gegend  zn  beiden 
Seiten  der  Schamhaare  blauschwarz  gefärbt  gewesen  sei.  Ob  Damm- 
gegend oder  Hodensack  eine  ähnliche  Färbung  gezeigt  hätten,  entsano 
P.  sich  nicht  mehr,  jedoch  gab  er  mit  Bestimmtheit  an,  dass  Urin-  nnd 
Darmentleernng  bald  nach  der  Verletzung  und  auch  in  der  Folge  stets 
ohne  Besonderheit  vor  sich  gegangen  sei.  Nachdem  der  Schäfer  um 
den  Leib  Binden  gelegt,  sei  P.  nur  5 Wochen  bettlägerig  gewesen  nnd 
hätte  sich  darauf  noch  ca.  14  Tage,  weil  er  Schmerzen  im  Kreuz  beim 
Geben  und  Bücken  empfunden,  von  schwerer  Arbeit  fembalten  müssen. 
Nach  seinem  Eintritt  in  das  Heer  aber  waren  seine  Beschwerden  so 
gering  gewesen,  dass  er  namentlich  die  ganze  Rekruten- Ansbildnngs- 
periode  ohne  Unterbrechung  durch  Krankheit  dnrchmachen  konnte; 
nur  seit  den  letzten  6 Monaten  vor  seiner  Krankmeldung  hatte  er  beim 
Marscbiren  und  bei  den  Uebungen  am  Schnursprnnggestell  Schmerzen 
in  der  Gegend  des  Kreuzbeines  empfunden.  Als  die  oben  beschriebene 


v 


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435  — 


Oeschwolst  am  After  aafgetreten,  meldete  er  sich  — zam  ersten  Male  in 
seiner  Dienstzeit  — krank. 

Der  weitere  Verlauf  des  Falles  ergab,  dass  bald  mehr,  bald  weniger 
eiterige  Absonderung  aus  dem  neben  dem  Mastdarme  gelegenen  Kanäle 
erfolgte  und  dass  bei  sonst  dauernd  gutem  Ernährungszustände  nur  zeit- 
weise über  Schmerzen  beim  Geben  und  Stehen  in  der  Gegend  der  linken 
sjncbondrosis  sacro-iliaca  geklagt  wnrde;  in  diesem  Zustande  kam  P.  als 
dienstunbrauchbar  zur  Entlassung. 

Höchst  wahrscheinlich  bat  es  sich  in  dem  vorliegenden  Falle  um 
eine  Beckenringfraktnr  gebandelt,  bei  welcher  das  Kreuzbein  aus  seiner 
Verbindung  mit  dem  linken  Darmbein  gelöst  und  — wie  die  Verdickung 
des  linken  horizontalen  Schambeinastes  sowie  die  blanschwarze  Färbung 
in  der  Nähe  der  Schambaare  gleich  nach  der  Verletzung  andeuten  — 
such  an  der  vorderen  Wand  der  linken  Beckenhälfte  Kontinuitäts- 
Trennungen  eingetreten  waren,  obwohl  der  letzteren  Annahme  das 
Bedenken  entgegenstebt,  dass  Störungen  beim  Harnlassen  nicht  vor- 
handen gewesen  sind,  welche  doch  häufig  derartige  Verletzungen 
begleiten  und  die  schwere  Bedeutung  derselben  bedingen. 

Aber  selbst  wenn  wir  auch  den  Bruch  des  horizontalen  Schambein- 
astes als  erwiesen  nicht  ansehen,  da  die  Verdickung  desselben  ja  auch 
aaf  einfach  periosteale,  durch  das  Trauma  hervorgerufene  Auflagerungen 
znrückgeföbrt  werden  könnte,  so  lässt  sich  doch  ans  der  Verdickung 
and  der  Dislokation  des  Kreuzbeines  nach  vorn  die  Annahme  mit 
liemlicber  Gewissheit  herleiten,  dass  eine  Trennung  des  Zusammen- 
hanges von  Kreuzbein  und  linkem  Darmbein  in  der  geschilderten  Weise 
beim  Auffahren  des  Rades  auf  die  Krenzbeingegend  stattgefunden  hat, 
wobei  wir  uns  den  Entstehnngs- Mechanismus  dieses  Bruches  durch 
Losreissen  der  synchondrosis  sacro-iliaca  höchst  wahrscheinlich  vom 
Darmbein  im  Moment  der  Verletzung  ebenso  erklären  möchten,  wie 
viele  Bruche  in  der  unteren  Epiphyse  des  Radius  durch  Abreissen  des 
Ligamentum  carpi  volare  proprium  hervorgerufen  werden. 

Schwieriger  ist  die  Aetiologie  der  Eiterung  festznstellen , welche 
erst  fast  l‘/>  Jahr  nach  geschehener  Verletzung  neben  dem  anus  zum 
Vorschein  kam,  nachdem  sie  links  am  Mastdarm  entlang  einen  Kanal 
sich  gebildet  hatte,  welcher  nach  oben  in  der  Gegend  des  linken 
seitlichen  Abschnittes  auf  der  Vorderfläche  des  Kreuzbeines  auf  rauben, 
blossliegenden  Knochen  führte.  Da  ursprünglich  die  Trennung  zwischen 
Kreuzbein  und  linkem  Darmbein  eine,  wie  angenommen  werden  muss, 
sobkntane  gewesen  ist,  welche  an  sich  eine  Neigung  zur  Eiterung  nicht 

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besass,  so  lässt  sich  zur  Erklärung  der  letzteren  nach  den  beatigen 
pathologisch  - mykologischen  Anschanangen  über  die  Entstehang  der 
Eiternng'^)  nur  die  Möglichkeit  in's  Aage  fassen,  dass  bei  mangelhafter 
Koaptation  der  getrennten  Tbeile  in  Folge  von  unzweckmässigem 
Verhalten  des  Verletzten,  dem  sachverständige  Hülfe  ja  nicht  za  Theil 
geworden  war,  Mikroorganismen  ans  dem  Mastdarme  zwischen  die  Brach- 
fläcben  gelangt  sind  and  hier  ostitische  und  periostitische  Eiter- 
Frodnktion  bewirkt  haben.  Der  Umstand,  dass  die  materiellen 
Veränderungen  auf  der  vorderen  Fläche  des  Kreuzbeines  an  einer  Stelle 
wesentlich  nachweisbar  waren,  welche  nach  der  anatomischen  Lage  des 
Mastdarmes  eine  derartige  Invasion  von  Mikroorganismen  besonders 
begünstigten,  scheint  diese  Annahme  nicht  unwesentlich  zu  stützen. 
Nachdem  der  Senkungsabszess  aber  gebildet  war,  trat  er  erst  nach  Jahr 
und  Tag  links  neben  dem  Mastdarm  unter  der  äusseren  Haut  zum  Vot^ 
schein,  da  er  auf  diesem  Wege  die  mannigfachen,  sich  ihm  in  Faszien 
und  Muskeln  darbictenden  Hindernisse  des  kleinen  Beckens  nur  schwer 
und  sehr  allmälig  durchbrechen  konnte,  wie  dies  auch  aus  der  verhältoiss- 
mässig  dicken  und  festen  Beschaffenheit  der  Wände  des  neben  dem 
Mastdarm  gelegenen  Kanals  gefolgert  werden  muss. 

Nach  seinem  Verlauf  vermehrt  dieser  Fall  nicht  nur  die  Zahl  der- 
jenigen ähnlichen  Verletzungen,  welche  die  relativ  günstige  Prognose 
der  Beckenbrüche  bezüglich  der  Erhaltung  des  Lebens  beweisen,  sondern 
er  zeigt  auch  noch  ferner,  dass  die  bedeutungsvollen  Störungen,  die  man 
von  jeder  mangelhaften  Wiedervereinigung  einer  getrennten  sjnchondrosis 
sacro-iliaca  für  die  ganze  Mechanik  des  Stehens  und  Gehens  a priori 
erwarten  sollte,  sich  nicht  immer  und  zu  jeder  Zeit  in  erheblichem 
Maassstabe  bemerkbar  machen,  denn  unser  Patient  hatte  bis  zum 
Durchbruche  des  Senkungsabszesses  mehr  als  l'/i  Jahr  jeglichen  Dienst 
in  der  Truppe  gethan.  Freilich  soll  damit  nicht  gesagt  sein,  dass  der 
verhältnissmässig  günstige  Zustand  für  alle  Zeiten  erhalten  bleiben  wird. 
Sätte-Verlust  durch  die  anhaltende  Eiterung  sowie  weitere  lokale 
Destruktions-Vorgänge  am  Kreuz-  und  Darmbein,  die  nur  schwierig 
einer  zweckmässigen  und  erfolgreichen  Behandlung  zugängig  gemacht 
werden  können,  werden  gewiss  weiterhin  ernste  Gefahren  für  den 
Patienten  mit  sich  bringen. 


Ituunigarten.  Lelirlmcli  der  patliolog.  Mykologie.  1 Bd.  1888.  S.  205  »•  ff 


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2.  Fall  voD  doppeltseitigem  Muskelbruch  der  Adduktoren 
der  Oberschenkel. 

Der  durch  seine  Seltenheit  henierkenswerthe  Krankheitsfall  ereignete 
sich  bei  dem  wohlgebauten,  gesunden  und  kräftigen  Trompeter  S.,  welcher 
io  9.  Jahre  diente. 

Derselbe  empfand,  als  er  beim  Reiten  in  der  Abtbeiluug  wiederholt 
mit  einem  schwierig  zu  reitenden  Pferde  über  die  Hürde  sprang,  wäbreud 
des  Sprunges  plötzlich  einen  heftigen  Schmerz  ira  oberen  Drittel  der 
Innenfläche  beider  Oberschenkel,  als  ob  hier  Etwas  geplatzt  wäre  und 
nun  durch  den  I^ss  sich  eine  weiche  Masse  hindurch  drängte.  Als  ich 
den  Verletzten  bald  darauf  sah,  zeigten  beide  Oberschenkel  im  oberen 
Abschnitte  ihrer  Innenfläche  ira  Bereiche  der  Adduktoren-Gruppe  je  eine 
länglich-ovale,  bei  der  Berührung  nur  wenig  schmerzhafte  Geschwulst, 
welche  dicht  unterhalb  des  Dammes  begann  und  deren  senkrechter  sowie 
grösster  sagittaler  Durchmesser  rechts  8 und  5 cm,  links  11  und  7 cm 
betrog.  Während  die  rechte  Geschwulst  stärker  als  die  linke  gewölbt 
war,  fühlten  sich  beide  weich  und  glatt  an,  und  Haut  und  Fettpolster 
waren  in  gewöhnlicher  Weise  über  ihnen  verschieblich.  Nur  an  der 
vorderen  Seite  der  Geschwulst  des  rechten  Oberschenkels  Hess  sich  ein 
hinter  ihr,  anscheinend  der  fascia  lata  angehörender,  etwa  federkiel dicker 
Strang  fühlen,  welcher  gleichsam  als  starre  Wand  in  die  weiche 
Geschwulst  hineinragte,  indem  diese  sich  über  den  Strang  nach  vorn 
etwas  hinüberlagerte.  Sobald  S.  die  Adduktoren  der  Oberschenkel  an- 
spannte,  zeigten  beide  Geschwülste  vermehrte  Wölbung  und  steinharte 
Konsistenz,  um  beim  Eintritt  der  Erscblafifung  der  genannten  Muskeln 
wiederum  den  ursprünglichen  Zustand  darzubieten,  in  welchem  man  sie 
durch  Druck  mit  den  Fingern  gleichwie  eine  bewegliche  Bruchmasse 
durch  Reposition  zum  fast  völligen  Verschwinden  bringen  konnte.  Als- 
dann Hess  sich  im  Bereich  der  reponirten  Geschwulst  Haut  und  Fett- 
polster ca.  2 bis  3 cm  tief  in  eine  Von  weicher,  nur  wenig  empfindlicher 
■Masse  aasgefüllte  Höhlung  hineindrücken,  welche  von  glatten,  mehr  oder 
weniger  scharfen  Rändern,  die  der  fascia  lata  angehörten,  eingeschlossen 
wurde.  Von  diesen  Rändern  zeigte  sich  nur  der  vordere  der  am  rechten 
Oberschenkel  vorhandenen  Höhlung  mehr  rundlich  und  dick. 

Die  hierdurch  bedingten  Störungen  bestanden  in  den  ersten 
6 Wochen  nach  der  Verletzung  in  Schmerzen  beim  Gehen  und  Stehen 
im  Bereich  der  Adduktoren;  später  blieb  nur  ein  Gefühl  von  Schwäche 
)o  den  unteren  Gliedmaassen  beim  Gehen  zurück. 


- '■'ioogle 


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Dass  es  sich  im  vorliegenden  Falle  am  Maskelbröcbe  in  der  Groppe 
der  Adduktoren  beider  Oberschenkel  bandelte,  welche  durch  Oeffnuogen 
der  fascia  lata  hindurchgetreten  waren,  folgert  ans  der  Beschaffenheit 
der  Geschwülste,  über  welchen  Fettpolster  und  Haut  frei  verschieblich 
waren,  — aus  dem  Uebergang  der  anfänglich  weichen  in  die  feste 
und  harte  Konsistenz  bei  der  Kontraktion  der  Adduktoren  sowie 
daraus,  dass  die  weichen  prolabirten  Geschwülste  nach  dem  Erschlaffen 
der  genannten  Muskelgruppe  in  eine  dem  Gebiet  der  Adduktoren  an- 
gehörende Höhlung  hineingedrückt  und  damit  sum  fast  völligen  Ver- 
schwinden gebracht  werden  konnten. 

Nach  dem  Sitz  der  Geschwülste  musste  angenommen  werden,  dass 
dieselben  wesentlich  dem  M.  adductor  longus  und  dem  nach  hinten 
von  diesem  gelegenen  M.  gracilis  angehörten,  welche  beide  in  dem 
bezeichneten  Abschnitte  der  Oberschenkel  ja  auch  unter  normalen 
Verhältnissen  dicht  unter  der  fascia  lata  gelegen  sind;  jedoch  konnte 
selbst  nicht  einmal  in  der  breiteren  und  umfangreicheren  Bmchmasse  des 
linken  Oberschenkels  durch  das  Gefühl  die  Abgrenzung  beider  Muskeln 
mit  Sicherheit  festgestellt  werden,  wie  auch  ein  bestimmtes  Urtbeil  dar- 
über zu  gewinnen  nicht  möglich  war,  ob  nur  die  genannten  Muskeln 
oder  ob  auch  noch  Theile  der  tiefer  gelegenen  Hm.  adductor  brevis  und 
magnus  die  Bruchgcschwulst  zusammensetzten. 

Bemerkenswerth  war  die  Entstehung  dieser  Brüche  an  zwei 
symmetrischen  Stellen  der  Oberschenkel.  Indem  wir  für  die  Erklärung 
derselben  nicht  unerwähnt  lassen  möchten,  dass  die  Ruptur  der  fascia 
lata  in  einem  Bezirke  erfolgte,  wo  sie  gegenüber  ihren  Abschnitten  an 
der  vorderen  und  äusseren  Seite  der  Oberschenkel  schon  an  sich  eine 
geringere  Festigkeit  darbietet,  machen  wir  für  die  Verletzung  der  fascia 
selber  eine  verstärkte  und  aussergewöhnlich  heftige  Aktion  der 
Adduktoren  verantwortlich.  Der  Sitz  des  Reiters  beim  Springen  des 
Pferdes  nimmt  die  Adduktoren  nicht  nur  zum  kraftvollen  Andrücken 
der  Oberschenkel  an  das  Pferd  in  Anspruch,  sondern  es  müssen  diese 
Muskeln  ausserdem  auch  noch  bei  fixirten  Schenkeln  zum  Anfricbten 
und  Vornüberbengen  des  Oberkörpers  während  des  Sprunges  des 
Pferdes  beitragen.  Berücksichtigt  man  neben  der  dünnen  Beschaffenheit 
der  fascia  lata  an  der  bezeichneten  Stelle  diese  doppelte  Aufgabe,  welche 
die  Adduktoren  beider  Oberschenkel  in  dem  vorliegenden  Falle  wieder- 
holt und  in  schneller  Aufeinanderfolge  zu  erfüllen  batten,  so  wird  mt» 
es  erklärlich  finden,  dass  auch  bei  einem  kräftigen  und  gesunden  Macoe 
die  fascia  lata  durch  das  mehrmalige,  anhaltende  und  kräftige  Andräogeo 


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der  anter  ihr  gelegenen  Maskein  endlich  gesprengt  and  so  ein  Maskel- 
bmch  an  jedem  Oberschenkel  bervorgerafen  wurde. 

Die  Behandlang  sachte  bei  ruhiger  Lage  durch  Flanell-  später  durch 
Gammi-Binden  die  Muskelbrüche  dauernd  reponirt  zn  erhalten,  was 
jedoch  nnr  bis  za  einem  gewissen  Grade  gelang.  Von  einem  operativen 
Eingriff  wurde  Abstand  genommen,  weil  ein  solcher  kaum  einen  besseren 
Znstand  schaffen  konnte,  als  er  sich  ohne  denselben  darstellte,  denn  eine 
Operation  hätte  doch  nar  nach  breiter  Spaltung  von  Haat  and  Fett- 
polster vornehmlich  in  dem  Versuch  der  Wiedervereinigung  des  Risses 
in  der  fascia  lata  bestehen  können.  Diesen  Versuch  musste  man  aber  bei 
der  Ausdehnung  der  Verletzung  und  der  anatomischen  Beschaffenheit 
der  fascia  lata  an  den  betreffenden  Stellen  als  ziemlich  aussichtslos 
bezeichnen,  so  dass  von  der  Operation  nur  eine  ausgedehnte  Narben- 
bildung  zu  erwarten  gewesen  wäre,  welche  leicht  bedeutendere  und  im 
Voraus  nicht  zu  übersehende  funktionelle  Störungen  für  den  Gebrauch 
der  Gliedmaassen  hätte  bedingen  können. 

3.  Zwei  Fälle  von  Verrenkungen  der  Zehen, 
a)  Verrenkung  des  Zehen  - Mittelfnssgelenkes  der  linken  zweiten  Zehe. 

Der  Musketier  G.,  zur  Disposition  des  Regiments  entlassen,  war 
Anfangs  März  1687  von  einem  Haftritt  derart  getroffen  worden,  dass  der 
Vorderstollen  des  Hufeisens  auf  die  Rückenfläche  des  Zehen -Mittelfuss- 
gelenkes  der  linken  zweiten  Zehe  aufgeschlagen  war.  Bei  seiner 
Wiedereinziebung  zum  aktiven  Dienst  fand  man  am  3.  April  desselben 
Jahres  die  Basis  der  Grundpbalanx  der  linken  zweiten  Zehe  etwa  bis 
zur  Hälfte  ihres  vertikalen  Durchmessers  nach  oben  vorspringend, 
während  das  unter  der  Zehe  befindliche  Sohlenpolster  flacher  und  das 
Grundglied  der  Zehe  um  Etwas  gegen  den  rechten  Fass  verkürzt 
erschien.  Durch  Zug  an  der  im  Zeben-Mittelfussgelenk  plantarflektirten 
Zehe  und  gleichzeitigen  Druck  auf  das  vorstehende  Ende  ihres  Grund- 
gliedes Hess  sich  letzteres  mit  knurbscbendem  Geräusch  in  seine 
gewöhnliche  Stellung  bringen,  das  ganze  Zeben-Mittelfussgelenk  zeigte 
sich  aber  jetzt  im  Vergleich  zum  rechten  verdickt  und  ziemlich  schmerz- 
haft bei  der  Berührung.  Warden  die  Zehen  des  linken  Fasses  nun 
wieder  gebeugt,  so  trat  alsbald  unter  Schmerzen  das  Grundglied  der 
zweiten  Zehe  gegen  den  Mittelfussknochen  in  der  früheren  Art  nach 
oben  vor  und  es  wurde  zugleich  ein,  anscheinend  namentlich  hinter  und 
unter  dem  inneren  Knöchel  fühlbares  knarrendes  Geräusch  wabr- 
genommen. 


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Beim  Gehen  und  Stehen  wurde  die  Berührung  des  Bodens  mit  den 
Zehen  vermieden  und  der  linke  Fuss  wesentlich  nur  mit  der  Ferse  und 
dem  äusseren  Fussrand  aufgesetzt. 

b)  Verrenkung  des  Zehen- Mittel fnssgelenkes  der  linken  grossen  Zehe. 

Bei  dem  nnausgebildeten  Musketier  O.  zeigte  sich  am  linken  Fusse 
ein  deutliches  Vorspringen  des  Köpfchens  vom  ersten  Mittelfussknocben 
nach  oben,  während  die  Gelenkfläche  des  Grundgliedes  der  grossen 
Zehe  um  ca.  5,0 — 6,0  mm  nach  unten  dislozirt  war.  Der  Grosszeben- 
bullen  war  zugleich  flacher  und  kleiner  als  der  der  rechten  Seite  und 
die  Haut  des  ersteren  Hess  schwielige  Beschaffenheit  kaum  erkennen. 
Die  Zehe  selbst  stand  iu  leichter  Plantarflexion,  bot  aber  bezüglich 
ihrer  Länge  im  Wesentlichen  keinen  Unterschied  gegenüber  der  rechten 
dar.  Trotz  der  weichen  Beschaffenheit  des  Grosszehenballens  konnte 
man  die  Plantarseite  am  Köpfchen  des  ersten  Mittelfussknochens  von 
der  Fusssoble  aus  nur  sehr  undeutlich  und  anscheinend  höher  stehend 
als  am  rechten  Fuss  fühlen,  während  das  metatarsale  Ende  der 
Basalpbalanx  hier  sehr  viel  deutlicher  nachweisbar  war.  Durch  Zug  an 
der  Zehe  und  gleichzeitigen  Druck  auf  die  plantarwärts  vorspringende 
Basis  ihrer  Grundphalanx  Hess  sich  das  Vorspringen  der  letzteren  zom 
Verschwinden  bringen,  worauf  das  Zehen -Mittelfussgelenk  gegenüber 
dem  rechten  sich  verdickt  und  jetzt  auch  bei  stärkerem  Drucke  schmerz- 
haft erwies.  Beim  Nachlass  der  drückenden  und  ziehenden  Ein- 
wirkungen auf  das  Gelenk  trat  alsbald  die  frühere  Difformität  wieder 
hervor.  Das  ganze  linke  Bein  war  bis  zu  2 cm  schwächer  und  die 
Muskulatur  schlaffer  als  am  rechten.  Beim  Gehen  und  Stehen  berührte 
der  linke  Grosszehenballen  nicht  den  Erdboden. 

Ueber  den  Ursprung  dieser  Verletzung  konnte  O.  nur  angeben,  dass 
er  in  seinem  5.  Lebensjahre  „ein  Malheur“  am  linken  Fuss  erlitten  hätte. 

Beide  Verrenkungen,  namentlich  aber  wohl  die  der  zweiten  Zehe, 
sind  sehr  seltene  Verletzungen.*)  Bei  der  im  ersten  Falle  beschriebenen 
Luxation  der  zweiten  Zehe  war  die  luxirte  Gelenkfläcbe  nach  oben 
dislozirt  und  es  bestand  als  Komplikation  Tendovaginitis  crepitans  an  den 
Sehnen  des  M.  flexor  digitorum  communis  longus,  welche  wohl  gleich- 
zeitig mit  der  Gelenkverletzung  hervorgerufen  war  und  durch  die  letzterer 
folgenden  entzündlichen  Vorgänge  am  Gelenke  unterhalten  wurde. 


•)  Künig.  Spezielle  Chirurgie.  1.  Aufl.  II.  Baud.  S.  1073. 


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441 


Während  diese  anvollkommene  Luxation  der  zweiten  Zehe  eine,  wie 
aus  der  Anamnese  hervorging,  verhältnissmässig  frische  und  durch 
direkte  Gewalteinwirkung  entstandene  Verletzung  war,  stellt  der  zweite 
io  ätiologischer  Hinsicht  unklare  Fall  eine  bereits  mehrere  Jahre 
bestehende  unvollkommene  Verrenkung  der  linken  grossen  Zehe  dar, 
welche  nach  der  Beschaffenheit  der  Haut  am  Orosszehenballen  sowie 
nach  der  Umfangsabnahme  des  ganzen  Gliedes  eine  gewisse  funktionelle 
Störung  des  letzteren  bedingt  hatte.  Von  der  grösseren  Zahl  der 
bereits  beobachteten  Fälle  dieser  Art  unterscheidet  sich  der  beschriebene 
insofern,  als  die  luxirte  GclenkBüche  nicht  nach  oben,  sondern  nach 
unten  hin  dislozirt  war.  Aus  dieser  Dislokation  wäre  a priori  ein 
gewisser  Grad  von  Dorsalilexiou  der  Zehe  zu  erwarten  gewesen;  dass 
statt  derselben  Plantarflexion  vorhanden  war,  hat  wohl  seinen  Grund 
in  einem  mit  der  Zeit  permanent  gewordenen  kontrakturartigen  Zustande 
der  Flexoren,  durch  welchen  das  schmerzhafte  Aufsetzen  des  verletzten 
Gelenkes  auf  den  Erdboden  beim  Gehen  und  Stehen  vermieden  werden 
sollte.  Die  Art  und  der  Grad  der  Dislokation  erklärt  auch  das  Gelingen 
der  Reposition  selbst  bei  so  langer  Dauer  der  Verletzung  gegenüber 
den  Schwierigkeiten,  denen  die  Einrichtung  der  kompleten  Luxation 
nach  oben  in  den  beobachteten  Fällen*)  begegnet  ist;  denn  während  in 
letzteren  das  Hinderuiss  zum  Theil  darin  beruhte,  dass  die  Grund- 
phalanx  das  Köpfchen  des  Metatarsalknochens  vollkommen  verlassen  und 
nach  oben  auf  den  Metatarsus  hinauf  sich  verschoben  hatte,  befanden 
sich  in  dem  beschriebenen  Falle  beide  Gelenkilächen  noch  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  in  Berührung  und  zugleich  waren  trotz  der  schon  Jahre 
lang  vorhandenen  Verletzung  deformireud-arthritische  Veränderungen 
an  den  Gelenken  jedenfalls  nur  in  verhältnissmässig  geringer  Ausdehnung 
zur  Entwicklung  gekommen. 

Stabsarzt  Dr.  Styx  (Höxter). 


*)  König,  1.  c. 


Digitir"'  '''no-J- 


442 


Zur  Behandlung  der  Unerbrüche  der  Kniescheibe. 

Von 

Stubsarat  Dr.  Pochhammer  (Stralsund). 


Als  einen  Beitrag  znr  Frage  der  Behandlnng  der  Eniescheibenbrnche 
möchte  icb  mir  erlauben  den  nacbstebenden  Fall  von  Querbrucb  der 
Kniescheibe,  den  icb  vor  zwei  Jahren  za  beobachten  Gelegenheit  batte, 
mitzutheilen. 

Der  Füsilier  W.,  welcher  an  einer  Verstauchang  im  linken  Knie- 
gelenk mehrere  Wochen  im  Lazareth  behandelt  and  am  24.  Februar  18Ü6 
als  geheilt  aas  demselben  entlassen  worden  war,  glitt  am  Tage  nach 
seiner  Entlassang  auf  einer  glatten,  mit  Eis  bedeckten  Stelle  der  Strasse 
aas  nnd  fiel  sehr  heftig  mit  dem  linken  Knie  auf  das  Steinpflaster.  Mit 
grosser  Mühe  vermochte  er  sich  aufzuraifen  und  mit  Unterstütznog 
mehrerer  Kameraden  die  nahe  gelegene  Kaserne  za  erreichen,  von  wo 
er  mit  Tragekorb  nach  dem  Lazareth  gebracht  wurde.  Als  icb  ihn 
drei  Standen  später  sah,  fand  ich  das  Kniegelenk  sehr  beträchtlich  an- 
geschwollen  und  von  einem  Blutergasse  in  ungewöhnlichem  Grade  aus- 
gedehnt. Das  Gelenk  bot  einen  7 bis  8 cm  stärkeren  Umfang  als  das 
gesunde  Kniegelenk  dar,  und  bei  der  prallen  Schwellung  der  Gelenk- 
kapsel war  es  unmöglich,  die  Kniescheibe  nnd  die  Kondylen  des 
Oberschenkel-  and  Schienbeines  darchzufühlen;  dem  entsprechend  konnte 
die  Diagnose  zunächst  nur  aaf  eine  sehr  starke  Blntung  in  die  Gelenk- 
höhle aus  nnbekanntcr  Ursache  gestellt  werden,  wenngleich  die  grosse 
Schmerzhaftigkeit  and  die  ungewöhnlich  starke  Blutung  von  vornherein 
eine  Knocbenläsion  wahrscheinlich  machten.  Am  folgenden  Tage 
gelang  cs,  am  oberen  Umfange  der  Geschwulst,  ungefähr  in  der  Gegend 
der  oberen  Grenze  des  Recessus,  einen  beweglichen  knochenharten 
Körper  zu  fühlen,  der  sich  alsbald  bei  genauerer  Untersnehang  als  das 
obere,  von  der  Sehne  des  Quadriceps  stark  in  die  Höbe  gezogene 
Fragment  der  qaer  darchgebrochenen  Kniescheibe  erwies.  In  den 
nächsten  Tagen  nahm  die  pralle  Beschaffenheit  der  Anschwellung  etwas 
ab,  das  noch  immer  stark  aufgetriebene  Gelenk  zeigte  dentliche 
Fluktuation,  and  man  war  nan  im  Stande  die  Gelenkenden  der  Knochen 
und  anch  das  untere  kleine  Fragment  der  Kniescheibe  durchzufühlen. 
Die  sehr  bedeutende  Diastase  der  Brachenden  betrug  gegen  7 cm  und 


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— 443 


durch  Herabziehen  des  oberen  Endes  gelang  es  nur,  dieselben  bis  auf 
ca.  4 cm  einander  zu  nähern.  Die  Extremität  war  gleich  nach  der  Auf- 
nahme des  Kranken  in  eine  Drahthose  gelegt  und  das  Kniegelenk  mit 
einer  Eiskappe  bedeckt  worden;  hierdurch  wurde  es  zwar  erreicht,  dass 
die  Schmerzhaftigkeit  abnahm,  aber  eine  ziemlich  starke  Allgemein- 
reaktioD  gegen  das  erlittene  Trauma  machte  sich  insofern  geltend,  als 
schon  am  zweiten  Bebandlungstage  Fieber  und  häufiges  Frösteln  ein- 
traten und  die  Temperatur  allabendlich  auf  39°  und  darüber  stieg. 
Unter  diesen  Umständen  handelte  es  sich  darum,  festznstellen,  nach 
welchem  Plane  der  recht  ungünstige  Verhältnisse  darbietende  Qner- 
bruch  der  Kniescheibe  weiter  zu  behandeln  sei.  Die  ältere  Methode 
der  einfachen  Koaptation  der  Brochenden  durch  Bandagen  erschien  von 
vornherein  aussichtslos,  da,  wie  bereits  erwähnt,  die  Brechenden  sich 
nur  bis  auf  4 cm  einander  nähern  Hessen.  Auch  eine  vorgängige 
Pnnktion  des  Gelenkes  zur  Entleerung  des  ergossenen  Blotes  bot  keine 
besonderen  Vortheile,  da  die  Heransbefördernng  so  grosser  geronnener  Blut- 
massen durch  eine  einfache  Pnnktionsöffnung  nicht  möglich  erschien  nnd 
sich  bei  einer  unvollständigen  Entleerung  der  Gelenkhöhle  eine 
vollkommene  Annäherung  der  Bruchenden  nicht  erwarten  Hess.  Unter 
diesen  Umständen  wurde  beschlossen,  die  knöcherne  Naht  der  Knie- 
scheibe zu  machen,  und  am  9.  März  wurde  die  Operation  in  der 
folgenden  Weise  ansgeführt  In  tiefer  Chloroformnarkose  wurde  das 
Kniegelenk  durch  einen  nach  unten  konvexen  Querschnitt  zwischen  den 
Bruchenden  der  Kniescheibe  breit  eröffnet,  und  hierdurch  eine  mässige 
Menge  dunklen  flüssigen  Blutes  und  sehr  reichliche  Kruormassen  entleert 
Die  Bruchenden  der  Kniescheibe  waren,  wie  eine  Messung  ergab,  7 cm 
auseinandergewichen,  es  bestand  ein  Sc^rägbrueb,  und  die  Bruchlinie 
verlief  schräg  von  vorn  oben  nach  unten  hinten.  Das  obere  Bruchende 
zeigte  sich  ungefähr  dreimal  so  gross  als  das  untere,  welches  von 
sehr  weicher  Beschaffenheit  war  und  von  welchem  mehrere  Knochen- 
stückeben  von  der  Grösse  einer  Erbse  abgesplittert  waren  und  nur  noch 
eine  ganz  lose  Vereinigung  mit  dem  fibrösen  Ueberzug  der  Patella 
zeigten.  Diese  Knochentrümmer  worden  entfernt,  alsdann  die  vordere 
Fläche  der  Brnchenden  nicht  ohne  gewisse  Schwierigkeiten  freigelegt, 
und  hierauf  in  jedes  der  Bruchenden,  unter  Vermeidung  des  Knorpel- 
Überzuges,  je  zwei  Löcher  mittelst  eines  Drillbohrers  eingebohrt  Durch 
je  zwei  gegenüberliegende  Löcher  wurde  ein  mittelstarker,  vorher 
geglühter  Eisendraht  hindurchgeführt,  das  obere  Bruchende  stark 
herabgezogen  und  an  das  untere  angefügt  und  schliesslich  die 


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1 


— 444  — 


auf  der  vorderen  Fläche  der  Kniescheibe  zasammengedrehten  Drähte  knrz 
abgeschnitten.  Obgleich  sich  der  Kranke  in  tiefster  Narkose  befand,  so 
bedurfte  es  doch  eines  recht  kräftigen  Zuges,  um  die  Brucbenden  an- 
einander zu  bringen,  und  auch  nach  vollendeter  Knochennaht  war  die 
Spannung  des  Ligatnentnm  patellae  nnd  der  Sehne  des  Quadriceps  eine 
nicht  unbeträchtliche.  Darauf  wurden  die  Weicbtheile  nnd  die  Haut- 
wunde genäht,  in  beide  Wnndwinkel  ein  kurzes  Drainrohr  gelegt  und 
ein  antiseptiscber  Verband  gemacht;  die  Extremität  wurde  sodann  io 
eine  Drabtbose  gelagert  und  zur  Entspannnng  der  Muskulatur  des- 
Oberschenkels  auf  eine  schiefe  Ebene  gelegt.  Das  Fieber  schwand 
unmittelbar  nach  der  Operation  nnd  kehrte  auch  im  weiteren  Krankheits- 
verlaufe  nicht  wieder.  Bei  dem  acht  Tage  später  vorgenommenen 
ersten  Verbandwechsel  war  die  Hautwunde  bis  auf  die  Wundwinkel  per 
priraam  verheilt;  die  Drains  wurden  beransgelassen  und  der  Verband 
in  der  angegebenen  Weise  erneuert.  Eine  Verzögerung  erfuhr  die 
vollständige  Schliessung  der  Gelenk  wunde  dadurch,  dass  ziemlich  genau 
vier  Wochen  nach  der  Operation  sich  ein  kleines  nekrotisches,  wahr- 
scheinlich von  dem  unteren  weichen  Brocbcnde  der  Kniescheibe  her- 
stammendes Knochenstückeben  abstiess.  Nach  ferneren  zwei  Wochen 
war  die  Gelenkwunde  definitiv  verheilt  und  waren  die  beiden  Bruch- 
endeo  der  Kniescheibe  wieder  zu  einem  Knocbenstücke  fest  mitein- 
ander verschmolzen.  Es  begannen  nun  die  ersten  Gehversuche,  anfangs 
mit  Hülfe  zweier  Krücken,  dann  mit  zwei  Stöcken,  bald  ohne  alle 
Unterstützung,  auch  worden  täglich  passive  Bewegungen  im  Knie- 
gelenke vorgenommen.  Die  Beweglichkeit  war  anfänglich  eine  sehr 
geringe  und  betrug  nicht  mehr  als  10  Grad;  bei  der  am  1.  Juli  erfolgenden 
Entlassung  aus  dem  Lazareth  batte  sich  die  aktive  Beweglichkeit 
bis  30,  die  passive  bis  33  Grad  gesteigert.  Das  Kniegelenk  war  von  fast 
normaler  Konfiguration,  die  Streckmuskulator  des  Oberschenkels  hatte 
an  der  gut  konsolidirten  Kniescheibe  wieder  einen  festen  sicheren 
Angriffspunkt  gewonnen,  und  innerhalb  des  angegebenen  Ezkursions- 
winkels  erfolgten  die  Bewegungen  prompt  und  gleichmässig  wie  in  einem 
normalen  straffen  Cbarniergeleuke.  Der  Gang  war  sicher  und  unter- 
schied sich  bei  gewöhnlicher  Geschwindigkeit  nicht  von  dem  Gange 
eines  ganz  Gesunden.  Der  Mann  wurde  als  dienstunbrauebbar  ein- 
gegeben und  kurze  Zeit  darauf  aus  dem  Militärdienst  entlassen.  Seit 
dieser  Zeit  hat  sich  die  aktive  Beweglichkeit  bis  50°  gesteigert,  der 
Mann  bat  eine  Stellung  im  äusseren  Eisenbahndienst  angenommen  und 
ist  im  Stande,  dieselbe  vollständig  auszufüllen  und  weite  Strecken  zu  Fass 
zorückzulegen. 


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445 


In  Bezog  aof  die  Entsteh6ng  des  Leidens  and  die  Schwere  der 
VerleUoDg  scheint  mir  die  kürze  Zeit  vorangegangene  Distorsiou  in  dem 
linken  Kniegelenke  von  besonderer  Bedeutung  zu  sein.  W.  hatte  sich 
eine  Yerstaucbnng  in  diesem  Gelenke  mit  deutlichem  Ergüsse  in  die 
Gelenkkapsel  zngezogen  und  war  hieran  mehrere  Wochen  im  Lazareth 
behandelt  worden.  An  dem  Tage  nach  seiner  Entlassung  gleitet  er  auf 
der  Strasse  aus  und  bricht  sich  angeblich  die  linke  Kniescheibe  dadurch, 
dass  er  mit  dem  linken  Knie  auf  das  Steinpflaster  ßllt.  Wahrscheinlich 
ist  aber  auch  in  diesem  Falle  der  Mechanismus  der  Fraktur  der 
gewöhnlich  beobachtete  gewesen,  dass  nämlich  W.  das  ins  Schwanken 
gerathene  Gleichgewicht  seines  Körpers  durch  starke  plötzliche  An- 
spannung der  Streckmuskulatur  beider  Oberschenkel  zu  erhalten  suchte 
und  das  hierbei  die  in  ihrer  Konsistenz  und  Kohäsion  veränderte  linke 
Kniescheibe  sich  der  plötzlichen  ruckweisen  Kontraktion  des  Quadriceps 
nicht  gewachsen  zeigte  und  quer  durcbgerissen  wurde.  Der  hiernach 
eintretende  Fall  auf  die  Kniee,  der  natorgemäss  folgen  musste,  wurde 
fälschlicherweise  von  W.  als  die  Ursache  der  ganzen  Verletzung 
gedeutet  Für  dieses  Sachverhältniss  spricht  nicht  allein  der  Umstand, 
dass  die  Merkmale  einer  stattgefundenen  stärkeren  Quetschung  des 
linken  Kniegelenkes  wie  Hautabschürfungen  oder  Einrisse  der  Haut  voll- 
ständig fehlten,  sondern  es  sprechen  auch  hierfür  die  bei  der  Eröffnung 
des  Kniegelenkes  Vorgefundene  weiche  Konsistenz  der  Bruchenden, 
namentlich  die  fast  bröcklich  zu  nennende  Beschaffenheit  des  unteren 
Segmentes  an  der  Bruchfläche  und  die  vollständige  Ablösung  mehrerer 
kleiner  Knochenfragmente  von  demselben.  So  hochgradige  Veränderungen 
erklären  sich  schwer  durch  einen  einfachen  Fall  auf  das  Knie  ans 
geringer  Höbe,  aber  sie  stehen  vollständig  im  Einklänge  mit  der  Auf- 
fassung, dass  nach  einem  mehrere  Wochen  andauernden,  durch  eine 
Verstauchung  angeregten  entzündlichen  Prozess  im  Kniegelenke  eine 
gewisse  Sprödigkeit  und  Brüchigkeit  der  Kniescheibe  zurückgeblieben 
war  und  dass  diese  letztere  bei  einem  sehr  gewaltsamen  Zuge  unter 
gleichzeitiger  Splitterung  anseinanderbarst.  In  gleicher  Weise  erklärt 
sich  auch  das  ungewöhnlich  starke  Anseinanderweicben  der  Brnchenden 
sehr  gut  aus  der  vorangegangenen  Distorsion,  da  durch  diese  jedenfalls 
gewisse  Kapseltheile  verletzt  waren,  aber  die  frisch  verheilte  Kapsel- 
wnnde  gegen  einen  neuen  Insult  eine  abgeschwächte  Widerstands- 
fähigkeit zeigte  and  nun  die  Kapsel  sehr  weit  einreissen  konnte. 

In  Bezog  aof  die  Ausführung  der  Operation  möchte  ich  noch 
bemerken,  dass  es  mir  bei  der  sehr  starken  Diastase  der  Bruchenden 


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der  Eniescbeibe  gewagt  erschien,  Katgut  cam  Nähen  anzn wenden,  da 
eine  tu  frühzeitige  Resorption  desselben  den  Erfolg  des  ganzen  Ein- 
griffes in  Frage  stellen  massle.  Thatsächlich  ist  ja  in  den  meisten 
veröffentlichten  Fällen  Eatgut  zur  Naht  der  Eniescheibe  gewählt  worden 
und  hat  auch  für  den  erstrebten  Zweck  vollkonamen  genügt.  Aber  ich 
glaube,  dass  ich  in  einem  ähnlich  ungünstigen  Falle,  wie  der  geschilderte 
es  war,  doch  wieder  zum  Eisendraht  greifen  würde,  da  der  Zeitpunkt, 
bis  zu  dem  das  Eatgut  voraussichtlich  resorbirt  sein  wird,  sich  bisher 
nicht  mit  absoluter  Sicherheit  berechnen  lässt.  Ausserdem  hat  das 
Zurückbleiben  eines  aseptischen  geglühten  Eisendrahtes  in  dem  genähten 
Enochen  in  der  Regel  keinerlei  Nachtheile;  auch  in  dem  vorliegenden 
Falle  sind  weder  unmittelbar  noch  längere  Zeit  nach  der  Operation 
irgend  welche  Reizerscheinnngen  in  Folge  des  Zurückbleibens  des  Eisen- 
drahtes beobachtet  worden. 

List  er  nahm  gegen  Ende  der  siebziger  Jahre  Veranlassung,  auf  die 
oft  recht  ungenügenden  Heilresultate  der  Qnerbrüche  der  Eniescbeibe  bio- 
zuweisen und  unter  Mittheilung  mehrerer  einschlägiger  Fälle  die 
knöcherne  Naht  der  Patella  als  die  typische  Behandlungsmethode  dieser 
Enochenbrüche  zu  empfehlen.  Diese  Empfehlnng  scheint  mir  in  ihrer 
Allgemeinheit  zu  weit  zu  gehen;  denn  in  den  leichteren  Fällen, 
in  welchen  der  fibröse  Ueberzug  der  Patella  gar  nicht  oder  nur  unvoll- 
ständig zerrissen  und  keine  oder  nur  eine  geringe  Dislokation  der  Brach- 
enden eingetreten  ist,  wird  man  durch  zweckmässige  Bandagen  sowie 
durch  Lagerung  der  Extremität  auf  ein  planum  inclinatum  recht  gute 
therapeutische  Resultate  erzielen.  Auch  in  den  mit  stärkerem  Blutergüsse 
in  die  Gelenkhöble  und  massiger  Dislokation  der  Enochenfragmente  ver- 
bundenen Fällen  wird  man  durch  die  von  Volkmann  und  Schede 
empfohlene  Punktion  des  Gelenkes  und  möglichste  Entleerung  des  er- 
gossenen Blutes  die  Verhältnisse  dergestalt  bessern  können,  dass  nun 
eine  mehr  oder  weniger  vollständige  Eoaptation  der  Brnchcnden  gelingt. 
Aber  in  allen  schwereren  Fällen,  bei  welchen  mit  dem  Bruche  der 
Eniescheibe  auch  die  Gelenkkapsel  weit  eingerissen  und  das  obere  Brach- 
ende sehr  stark  in  die  Höhe  gezogen  ist,  bei  welchen  ferner  das  Gelenk 
von  Blutextravasaten  prall  aasgefüllt  und  traumatische  Gelenkentzündung 
mit  hohem  Fieber  eingetreten  ist,  wird  man  mit  der  Enocbennaht  die 
relativ  besten  Heilerfolge  erzielen  und  die  vonLister  in  die  Praxis  eio- 
geführto  Behandlung  der  Eniescheibenbrüche  als  einen  wirklichen  Fort- 
schritt der  Therapie  begrüssen  müssen. 


V 


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Fall  Ton  Epilepsie,  Ersticknngsanfall,  Traeheotemia  snperior. 

Mitgctheilt  von 

Dr.  Glasmacher, 

aUbsantt  des  II.  Eataillons  3.  WeatlSUfichen  Infanterio-Keffimenta  No.  16. 


Am  13.  September  1887  bezog  das  II.  und  IV.  Bataillon  des  3.  West- 
fälischen Infanterie-Regiments  No.  16  Vorposten-Biwak  bei  Marienbanm, 
etwa  1 Stande  von  Xanten  gelegen.  Die  Anstrengungen  des  Manövers 
waren  bei  günstigem  Wetter  gering  gewesen.  Bei  Znbereitnng  der 
Mittagskost  war  mir  der  Gefreite  H.,  welcher  als  Hülfsschreiber  zum 
Bataillonsstabe  kommandirt  war,  behülflich  gewesen.  Als  ich  nach  dem 
Essen  im  Zelte  mit  Umkleiden  beschäftigt  war,  hörte  ich  plötzlich,  dass 
dringend  nach  mir  verlangt  wurde;  ich  stürzte  hinaus  und  fand  den 
Gefreiten  El.  bewnsstlos  mit  hochgradig  blauem  Gesichte  auf  dem  Boden 
liegend;  es  folgten  noch  einige  Zuckungen  der  Gliedmaassen  und  noch 
wenige  Versuche,  mit  geöffnetem  Munde  zu  athmen.  Der  ganze  Mund 
war  mit  Speisen  gefüllt;  von  diesen  räumte  ich  so  viel,  wie  möglich, 
mit  dem  Finger  bis  zum  Kehlkopfeingang  vorgehend,  ans,  musste  aber 
nach  zweimaligem  Eingehen,  da  mein  Finger  zwischen  den  Zähnen  ein- 
geklemmt wurde,  von  weiteren  Versuchen,  ein  etwa  vorhandenes 
Hinderniss  zu  beseitigen,  Abstand  nehmen.  Die  Zähne  waren  fest  auf- 
einander geklemmt,  und  es  war  unmöglich,  dieselben  zu  öffnen.  Durch 
Hin-  und  Ilerschieben  des  Kehlkopfes,  sowie  durch  die  Versuche  der 
künstlichen  Athmnng,  die  ich  mit  Hülfe  einiger  Soldaten  machte,  wurde 
nichts  erreicht.  Das  Bild,  welches  der  Kranke  bot,  war  das  eines 
Menschen,  der  in  kürzester  Zeit  an  Erstickung  zu  Grande  gehen  wird; 
Gesicht  blan,  ohne  Lebenszeichen,  Pupillen  ohne  Reaktion,  Blick  stier, 
leblos.  Puls  kaum  fühlbar,  Glieder  und  Rumpf  schlaff  daliegend.  In 
diesem  kritischen  Momente  entschloss  ich  mich,  ohne  Assistenz  von 
Lazarethgehülfen  des  Bataillons  und  des  Stabsarztes  des  andern 
Bataillons  die  bestehende,  hochgradige  Erstickungsgefahr  durch  Er- 
öffnung der  Luftröhre  zu  beseitigen.  Da  mein  Bursche  die  Satteltaschcn, 
in  denen  mein  Taschenbesteck  und  Verbandzeug  sich  befanden,  noch 
nicht,  wie  ihm  befohlen  war,  zum  Zelte  gebracht  hatte,  war  ich  gezwungen, 
mit  einem  Federmesser,  welches  mir  auf  Verlangen  aus  dem  Kreise  der 
Umgebenden  gereicht  wurde,  zu  operiren.  Der  schlaffe  Oberkörper  des 


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Krauken  wurde  so  weit  sufgerichtet , dass  der  Nacken  über  mein 
gebeugtes  Knie  zu  liegen  kam,  der  Kopf  wnrde  zurückgebogen , tod 
einem  Soldaten  fixirt;  mit  der  linken  Hand  stellte  ich  den  Keblkopf  fest 
und  stach  mit  dem  Federmesser  unter  dem  Ringknorpel  ein,  direkt  durch 
Haut,  Muskulatur  und  Luftröhre  durchgehend;  die  Wunde  erweiterte  ich 
auf  2 bis  2 '/2  cm,  musste  nun,  da  ich  keine  Instrumente,  keine  Nadel  etc., 
nichts  zur  Fixirung  und  zum  Klaffen  der  Trachealwunde  hatte,  wieder 
ans  der  Wunde,  ans  der  ein  Strom  dunkeln  Blutes  quoll,  herausgebeo, 
um  die  Oeffnung  in  der  Luftröhre  durch  eingelegten  Finger  zu  erweitern. 
Ich  vernahm  jetzt  erst  deutlich,  dass  Luft  in  die  Luftröhre  einströmte; 
in  diesem  Augenblicke  kamen  die  Lazarethgehülfen  hinzu,  welche  sofort 
auf  mein  Gcheiss  mit  Einleitung  der  künstlichen  Atbmnng  begannen. 
Bei  jedem  Ausatbmungsdruck  wurde  dunkles  Blut  ans  der  Luftröhre 
hinausgeschleodert.  Die  Blutung,  die  zur  Hauptsache  aus  dem  obem 
Wundwinkel  kam,  wurde  durch  scharfes  Einhaken  des  linken  Zeige- 
fingers und  Gegendruck  des  Daumens  gelindert.  Erst  nach  etwa 
5 Minuten  begann  der  Patient  selbst  einige  Athembewegnngen  zu  machen, 
welche  aber  so  flach  und  wenig  ausgiebig  waren,  dass  sie  durch  direkten 
Druck  aufs  Zwerchfell  unterstützt  werden  mussten.  Patient  kam  noch 
nicht  zum  Bewusstsein,  sondern  bekam  bei  stierem  Blicke  und  reaktions- 
loser  Pupille  Krämpfe,  warf  sich  sinnlos  umher  und  geberdete  sich  so 
ungestüm,  dass  es  bei  Aufwendung  aller  Kräfte  der  Nächstknieenden 
nicht  möglich  war,  ihn  so  weit  zu  bändigen,  dass  mein  Finger  in  der 
Trachealwunde  bleiben  konnte.  Bei  einem  Versuche,  dem  Körper  eine 
erträgliche  Lage  auf  Stroh  zu  geben,  stellte  sich  reichliches  Erbrechen 
von  Speisemassen  ein.  Die  Athmnng  wurde  dadurch  bedeutend  freier 
und  es  zeigte  sich  bald,  dass  ein  V'erschluss  der  Wunde  mit  antiseptisebem 
Verbandmaterial  die  Respiration  nicht  hinderte.  Die  Krämpfe  Hessen 
nach  etwa  10  Minuten  vollständig  nach,  und  das  Bewusstsein  kehrte 
nach  Vi  Stunde  langsam  wieder.  Die  Hautwunde  wurde  mit  einer  Nabt 
geschlossen,  ein  antiseptischer  Verband  angelegt,  und  der  Patient  io  das 
nächste  Krankenhaus  nach  Xanten  transportirt.  Als  ich  nach  2 Tagen 
den  Patienten  besuchte,  war  die  Wunde  äusserlich  schon  vollkommen 
verheilt  Patient  erzählte  mir,  dass  er  in  frühester  Jugend  und  auch 
später  in  Zwischenräumen  von  mehreren  Jahren  Krampfanfälle  mit  Auf- 
hebung des  Bewusstseins  gehabt  habe.  In  seinen  Ueberweisnngspapiereu 
stand  verzeichnet:  nSoll  an  Krämpfen  leiden,  nicht  konstatirt*'. 

Im  Sommer  dieses  Jahres  batte  der  Patient  einen  OhnmachU- 
anfall  gehabt,  der  sehr  schnell  vorübergegangen  war.  Die  sofortige  Auf- 


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oibme  ins  Lazareth  und  die  beim  Trnppentheile  angestellten  Recherchen 
gaben  über  die  Natur  des  Anfalles  keine  Gewissheit.  Mit  Bezug  auf 
den  Ersticknngsanfall  erzählte  Patient,  dass  er  sich  schon  am  Morgen 
sicht  wohl  gefühlt,  er  habe  wegen  Appetitmangels  wenig  gegessen  und 
bald  anfgehört;  während  des  Essens  sei  er  nicht  bewusstlos  geworden. 
Für  diese  Angabe  spricht  der  Umstand,  dass  das  Kochgeschirr  bei  dem 
Anfälle  neben  ihm  stand.  Es  durfte  demnach  darüber  wohl  kein 
Zweifel  sein,  dass  der  Gefreite  direkt  nach  dem  Essen  einen  epileptischen 
Anfall  bekam,  und  das  Hineingelangen  von  Speisen  in  den  Kehlkopf 
nicht  auf  dem  direkten  Wege  stattfand,  sondern  in  der  Weise  wie 
Koenig,  Lehrbuch  der  speziellen  Chirurgie  Seite  .547,  schildert: 
, Bewusstlose  Menschen,  z.  B.  trunkene,  betäubte,  durch  Chloroform 
narkotisirte,  bekommen,  während  sie  auf  dem  Rücken  liegen,  Erbrechen. 
Meist  halten  sie  dabei  die  Zähne  fest  geschlossen  und  so  sammeln  sich 
grosse  Mengen  von  Speisen  oberhalb  der  Glottis  an,  welche  entweder 
einfach  durch  mechanischen  Druck  bei  mangelnden  ReSexbewegungen 
von  Seiten  der  Glottis  die  letztere  verschlossen  halten,  oder  die  Glottis 
eröffnet  sich,  und  bei  einem  jetzt  folgenden  inspiratorischen  Akt  werden 
grosse  Mengen  des  Breies  in  den  Kehlkopf  aufgenommen.“  Für  mich 
war  es  für  das  künftige  Handeln  bestimmend,  dass  ich  in  dem  Munde 
des  Patienten,  der  für  kurze  Zeit  geöffnet  war,  Speisetheile  bemerkte, 
für  den  möglichen  Zusammenhang  mit  Epilepsie  hatte  ich  keine  Anhalta- 
ponkte.  Es  bestand  ein  hochgradiges  inspiratorisches  Hinderniss  ent- 
weder am  Eingänge  zum  Kehlkopfe  oder  in  demselben  resp.  in  der  Luft- 
röhre, welches  entweder  beseitigt  oder  umgangen  werden  musste,  sollte 
Patient  nicht  in  kürzester  Zeit  zu  Grunde  gehen.  Das  möglichst  tiefe 
Eingehen  mit  dem  Finger  gegen  den  Kehlkopfeingang  war  das  Nächst- 
liegende; als  dieses  aber  nach  Ausränmen  einiger  Speisetheile  ohne 
Erfolg  blieb,  und  der  Yerscblnss  des  Mundes  einen  weitern  Versuch 
vereitelte,  blieb  mir  unter  den  geschilderten  Verhältnissen  nichts  anderes 
übrig,  als  das  Hinderniss  für  die  Athmnng  durch  Eröffnung  der  Luft- 
röhre zu  umgehen.  Wäre  eine  Schlundsonde  oder  ein  elastischer 
Katheter  zur  Stelle  gewesen,  so  hätte  man  noch  den  Versuch  machen 
können,  durch  Einführung  derselben  durch  den  respiratorischen  Nasen- 
gang  etwaige  Hindernisse  in  der  Nähe  des  Kehlkopfes  zu  lockern.  Das 
Gleiche  sucht  Czerny  zu  erreichen  (Handbuch  der  chirurgischen 
Technik  von  Dr.  Albert  R.  v.  Mosetig-Moorhof),  indem  er  den 
Kehlkopf  von  aussen  her  stark  nach  vorne  zieht.  Mosetig  fügt  hinzu; 
«Nur  wenn  der  V'erunglückte  schon  asphyktisch,  und  kein  noch  so 

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450 


geringer  Zeitverlust  mehr  zulässig  ist,  soll  rasch  zur  Eröffnung  der 
Luftröhre  geschritten  werden.  Das  beste  Verfahren  ist  dann  die  Laiyngo- 
tomie,  weil  sie  am  raschesten  ansgefuhrt  werden  kann.'‘  An  einer 
andern  Stelle  sagt  er  über  solche  Operation:  „Die  Laryngotomie  wird 
als  die  einfachste  und  am  leichtesten  durchzuführende  Methode  erscheinen; 
ihr  zunächst  reiht  sich  die  Tracheotomia  snperior  und  die  Laryngo- 
Tracheotomie  an.  Wenn  ein  asphyktisches  Individuum  vorliegt  und  die 
grösste  Eile  noth  thut,  so  wird  man  stets  zwischen  beiden  wählen  und  bei 
mangelhafter  Assistenz  der  absoluten  Eröffnung  des  Ligamentum  conicnm 
den  Vorzug  geben.  — Man  sticht  das  Spitzbistouri  in  senkrechter 
Richtung  durch  Deckschichten  und  Lig.  conicnm  in  die  Kehlkopfböble, 
— sofort  schneidet  man  sägend  nach  oben  zu,  und  lässt  rasch  zwei 
stumpfe  Haken  in  die  Wunde  gleiten.  — Da  hierbei  die  Arteria  crico- 
tbyreoidea  mitverletzt  werden  kann  und  deren  Sicherung,  ausser  durch 
perkutane  Umstechung,  unmöglich  ist,  so  muss  man  dafür  sorgen,  dass 
der  Wundspalt  von  der  nachträglich  eingelegten  Kanüle  vollends  aus- 
gefüllt  werde  und  sie  als  Tampon  wirke.“  Morell  Mackenzie  „die 
Krankheit  des  Halses  und  der  Nase“  schlägt  bei  Fällen  von  plötzlicher 
Erstickungsgefahr  ebenfalls  die  Laryngotomie  vor:  „Schnitt  in  Median- 
linie 2,5  cm  lang  in  der  Mitte  des  Schildknorpels  beginnend,  dann  Er- 
üffnnng  des  Ligamentum  conoideum  durch  Querschnitt,  der,  wenn  es  uoth- 
wendig  ist,  nach  beiden  Seiten  verlängert  werden  muss,  so  dass  eine 
kreuzweise  Inzision  resnltirt.“ 

In  dem  Augenblicke  der  Gefahr,  wo  jede  Sekunde  entscheidend  für 
das  Leben  des  Patienten  und  das  Gelingen  eines  operativen  Eingriffes 
sein  musste,  war  ich  mir  der  Schwierigkeit  des  Unternehmens,  ohne 
Assistenz,  ohne  Instrumentarium  auf  nacktem  Felde  zu  operiren,  wohl 
bewusst.  Ich  überlegte  mir,  dass  bei  dem  Fehlen  einer  Kanüle  und 
sonstiger  Hülfsmittel,  vermittelst  deren  die  Wnnde  klaffend  erhalten 
werden  konnte,  die  blosse  Durchschneidung  des  Ligamentum  conoideum 
zur  Einführung  eines  Fingers  unzureichend  sein  musste,  eine  Spaltung 
des  Ringknorpels,  sowie  ebenso  des  Schildknorpels  (letzteres  auch  wegen 
der  möglichen  Blutung)  durch  die  zweifelhafte  Schärfe  des  Messers 
erschwert  sein  könnte,  und  wählte  deshalb  zum  Einschnitte  die  Stelle 
unter  dem  Ringknorpel,  welche  nach  Palpation  frei  von  Drüsensubstanz 
zu  liegen  schien  (Tracheotomia  superior).  Der  Gefreite  H.  ist  wegen 
konstatirter  Epilepsie  als  dienstunbranchbar  entlassen  worden. 


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4öl 


Referate  nnd  Kritiken. 


Traitd  de  Chirurgie  de  gnerre  par  E.  Delorme,  M6d.  maj.  de 
1.  cl.,  Prof,  de  clinique  cbirurgicale  et  de  blessures  de  guerre 
an  Val  de  Grüce.  Toniel.  Ilistoire  de  la  Chirurgie  militaire 
fran^aise;  Plaies  par  armes  ä feu  des  parties  molles.  668  S., 
!)3  Fig.  Paris  1888.  Felix  Alcan. 

Ein  gross  angelegtes  Werk,  welches  freilich  in  Deutschland  kaum 
«ehr  bekannt  werden  dürfte,  ln  erster  Linie  für  den  französischen  Leser 
berechnet,  wahrt  es  den  nationalen  Standpunkt  in  Anlage  und  Durch- 
führung, ohne  die  wichtigsten  Erscheinungen  der  nicht-französischen 
kriegscbirurgischeu  Litteratur  — einige  ausgenommen  — ans  den  Augen 
zu  lassen. 

Das  Interesse  des  Lesers  wird  zunächst  und  ganz  hervorragend  auf 
das  historische  Gebiet  geführt;  eine  Anordnung,  für  die  es  unter  deutschen 
Lehrbüchern  kein  Analogon  giebt.  Der  bei  weitem  grösste  Theil  des 
vorliegenden  Bandes  ist  der  Entwickelungsgeschichte  der  französischen 
Eriegscbirnrgie  gewidmet  und  zwar  in  Form  biographischer  Abhandlungen 
über  die  grossen  Meister  des  Fachs,  von  Ambroise  Pare  bis  auf  unsere 
Tage.  Indem  Verf.  den  Lebensgang  dieser  Männer  nnd  ihre  Mitwirkung 
an  den  kriegerischen  Ereignissen  ihrer  Zeit  ausführlich  und  zum  Theil 
nach  neuen  Quellen  darstellt,  führt  er  zugleich  die  Erscheinungsformen 
vor  Augen,  welche  die  Kriegschirurgie  in  jeder  Epoche  dargeboten  hat. 
Die  Geschichte  dieser  Wissenschaft  ist  stets  ein  Stück  der  Kriegsgeschichte. 
Verf.  hat  es  vortrefflich  verstanden,  den  Leser  chirurgisch  durch  die 
lauge  Reihe  von  Feldzügen  zu  führen,  welche  Frankreich  im  Laufe  der 
letzten  drei  Jahrhunderte  unternommen  hat.  Diese  Anordnung  wie  die 
fesselnde  Sprache  machen  die  Lektüre  anziehend,  namentlich  für  die 
Landsleute  des  Verfassers,  denen  erhebende  Beispiele  zur  Nacheiferung 
gezeigt  werden. 

Die  uns  bekannter  gewordenen  französischen  Kriegscbirurgen  ge- 
hören vornehmlich  dem  19.  Jahrhundert  an.  Ihr  erster  und  bedeutendster 
Vertreter  ist  der  ältere  Larrey,  dessen  Memoiren  bei  uns  volle 
Würdigung  gefunden  haben.  F'reilich  hält  manches  Legendenhafte  in 
ihnen  vor  der  nüchternen  Kritik  nicht  Stich,  obwohl  Verf.  in  dem  sehr 
aosführlichen  Abschnitt  über  L.  dergleichen  als  Tbatsacbe  aiiführt.'tt') 

Aus  der  neuen  bezw.  neuesten  Zeit  begegnet  uns  die  sympathische 
Gestalt  Chenu's.  Seine  Wirksamkeit  erstreckt  sich  über  die  sämmtlichen 
Kriege  des  zweiten  Kaiserreiches;  sie  gipfelt  in  seiner  Thätigkeit  während 
des  Feldzuges  von  1870/71.  Was  Verf.  über  diesen’  Krieg  mittbeilt,  an 
Welchem  er  selbst  theilgenommen,  basirt  fast  ausnahmslos  auf  französi- 


*)  So  S.  170,  Anmerkung  1,  nach  der  es  den  Anschein  gewinnt,  als  oh  erst 
Larrey  während  des  Waffenstillstandes  zu  Dresden  1813  den  sächsischen  Chirurgen 
•isa  zweizeitigen  Zirkelschnitt  und  die  Grundhegrifl’e  über  Blutstillung  bei  Anipu- 
tatioaen  beigebracht  hätte. 

29* 


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452 


sehen  Quellen.  Deutsche  Arbeiten  sind  für  das  Wissenschaftliche  hier 
und  da  benutzt,  die  allerreichste  und  maassgebendste,  der  amtliche  Kriegs- 
SanitätS'Bericbt,  jedoch  gar  nicht.  Er  wird  nur  als  eins  der  statistisebea 
Werke  beiläufig  und  mit  unvollständiger  Bezeichnung  aufgezäblt  (S.  Ml). 
Delorme’s  Zablenangaben  stammen,  soweit  deutschen  Ursprungs, 
sämmtlich  aus  Engel,  der  doch  durch  den  K.-S.-B.  längst  berichtigt  ist. 
Schwerer  wiegt  die  gänzliche  Vernachlässigung  dieser  wichtigsten  Quelle 
bei  den  rein  wissenschaftlichen  Theilen,  wie  z.  B.  in  der  Besprechung 
der  nervösen  Nachkrankheiten  nach  Schnssverletznngen.  Der  V'orwurf 
der  Unvollständigkeit  kann  dem  Verf.  hierin  nicht  erspart  werden,  zumal 
ihm  eines  der  an  die  französische  Regierung  gehenden  Exemplare  des 
Berichtes  doch  wohl  zur  Verfügung  gestanden  haben  würde. 

Aus  einem  Abschnitt,  der  die  auf  französischer  Seite  gemachten  Er- 
fahrungen von  1870/71  zusammenfasst,  ersehen  wir,  dass  auch  dort  von 
Lister's  Entdeckung  noch  nicht  Gebrauch  gemacht  wurde.  Gnerin's 
Watteverband  wird  als  Vorläufer  der  Antiseptik  gefeiert.  In  einer  An- 
merkung dieses  Abschnittes  beklagt  es  Verf.,  dass  die  deutschen  Militär- 
behörden das  Verbleiben  der  französischen  Militärärzte  bei  ihren  Ver- 
wundeten erschwert  hätten.  Ref.  hat  unmittelbar  nach  den  grössten 
Aktionen  oft  genug  französische  Verwundete  in  Menge  versorgt,  jedoch 
nie  einen  französischen  Militärarzt  bei  ihnen  getroffen;  wohl  aber  hat  er 
es  in  den  späteren  Phasen  des  Krieges  miterlebt,  dass  deutsche  Militär- 
ärzte, welche  bei  ihren  Verwundeten  geblieben  waren,  von  den 
französischen  Militärbehörden  unter  sehr  unwürdiger  Behandlung  durch 
halb  Frankreich  geschleppt  wurden,  um  endlich  in  Italien  über  die 
Grenze  gebracht  zu  werden.  Solche  Dinge,  in  denen  ja  doch  jede  Partei 
bei  ihrer  Ansicht  bleibt,  werden  in  wissenschaftlichen  Werken  besser 
nicht  aufgewärmt.  Mit  mehr  Befriedigung  registriren  wir  einen  Satz, 
welcher  die  Thätigkeit  des  rotben  Kreuzes  in  einer  Armee 
ebarakterisirt,  die  sich  auf  ihre  staatlichen  Einrichtungen  nicht  verlassen 
konnte.  Delormc  sagt  Seite  358: 

„Nous  devons  nous  arrdter  au  röle  jone  par  la  Societe  inter- 
nationale et  faire  voir,  en  empruntant  nos  doenments  ä celui- 
1&  mdme,  qui  contribua  ä l'organiser,  que  les  Services  qu'elle  a 
rendus,  ont  ete  bien  loin  d'atteindre  Tetendue  de  ses  promesses. 
La  gnerre  de  1870/71  a demontre,  qu’elle  ötait  incapable 
d’assurer  les  Services  de  premiere  ligne  et  que  pour  Ini  permettre 
de  remplir  un  röle  effectif  aux  armöes,  il  ctait  indispensable,  de 
snbordonner  ses  agents  actifs  ä rantoritö  militaire  et  au  corps 
de  santö  militaire.“ 

Das  ist  gottlob  durch  das  französische  Feld  - Sanitätsreglement  vom 
25.  August  1884  und  die  deutsche  Kriegs  - Etappen  - Ordnung  vom 
3.  September  1887  gründlich  geschehen. 

Nur  mit  einem  kleinen  Theile  des  vorliegenden  Bandes  tritt  D.  in 
die  kriegsebirurgisebe  Lehre  ein.  Ein  interessantes  Kapitel  über  die 
gebräuchlichen  Waffen  leitet  sie  ein.  Wir  finden  eine  durch  viele  Ab- 
bildungen erläuterte  Beschreibung  der  Hieb-,  Stich-  und  Schusswaffen 
einschl.  feiner  und  grober  Geschosse  bei  der  französischen,  wie  den 
hauptsächlichsten  anderen  Armeen.  Betreffs  der  deutschen  Armee  ist  der 
inzwischen  thatsächlichen  Einführung  des  Repetirgewehrs  nicht  gedacht. 
Eine  Vergleichung  der  modernen  Schusswaffen  zeigt  nicht  nur  für  die 
Gewehre,  sondern  auch  für  Geschütze  bezw.  deren  Geschosse  in  Form, 


453 


KoDstraktioD,  ADfangsgescbwiadigkeit,  Rasanz  etc.  nur  wenig  von  ein- 
ander abweichende  Typen  bei  den  verschiedenen  Armeen,  so  dass  jetzt 
auch  im  pathologischen  Effekt  eine  Gleichheit  erzielt  sein  dürfte,  wie 
solche  seit  der  allgemeinen  Verbreitnng  des  glatten  Geschützes  und  des 
Steinschloss-  oder  des  Perknssionsgewehres  nicht  mehr  dagewesen  ist. 
Die  Wirkungsweise  der  verschiedenen  Waffen  auf  den  Körper  ist  aus- 
führlich, aber  mehr  referirend  als  kritisch  dargentellt.  Dass  bei  der 
Lehre  von  der  hydraulischen  Pressung  die  grundlegenden  Untersuchungen 
Reger's  and  der  4.  Band  des  K.-S.-B.  nicht  erwähnt  werden,  ist  zu 
bedauern;  wenngleich  ich  D.  darin  beistimme,  dass  zu  einer  Zeit  die 
Schätzung  der  hydraulischen  Pressung  zur  Erklärung  der  zertrümmernden 
Wirkung  der  Nahschüsse  übertrieben  worden  ist. 

Zu  dem  eigentlich  praktischen  Theil  kommt  D.  mit  dem  Kapitel  von 
den  unmittelbaren  Wundkomplikationen.  Dasselbe  beginnt  mit  den  Ver- 
letzungen der  Blutgefässe.  Ein  grosses  kasuistisches  Material  ist  hier 
verarbeitet;  sehr  schöne  Abbildungen  in  zinkographischer  Wiedergabe 
von  Zeichnungen  und  Präparaten  erläutern  sowohl  die  pathologischen 
Verhältnisse  wie  die  Enebeiresen,  namentlich  die  verschiedenen  Blut- 
stillungsmethoden,  welche  für  die  Feldpraxis  vorläufig  und  endgültig  in 
Betracht  kommen.  Der  neueren  Anschauung,  Aufsuchung  des  Oe^sses 
am  verletzten  Ort  gegenüber  der  früher  vorzugsweise  geübten  Unter- 
bindung des  Hauptstammes,  ist  genügend  Rechnung  getragen.  Eine 
besondere  Betrachtung  ist  der  Synkope  und  akuten  Anaemie  nach  grossen 
Blutverlusten  gewidmet.  liier  findet  die  Transfusion  ihre  Besprechung, 
und  zwar  als  eine  gesicherte  Errungenschaft  der  Kriegschirurgie.  Die 
neueren  Arbeiten  über  den  wahren  Werth,  beziehentlich  die  Deutung  des 
etwaigen  Nutzens  dieser  Iteration  sind  nicht  berücksichtigt.  Im  Gegen- 
theil  wird  sogar  noch  die  Thierbluttransfusion  als  erlaubt  bezeichnet  und 
ihre  Technik  neben  der  von  Mensch  zu  Mensch  beschrieben.  V'ergeblich 
sacht  man  dagegen  eine  Beschreibung  der  Mittel  zur  Erhöhung  des  durch 
akuten  Blutverlust  jäh  herabgesetzten  Blutdruckes,  wie  solches  in  der 
Kocbsalzinfnsion  naebgewiesen  ist. 

Die  Abhandlung  über  die  Verletzung  der  Nerven  und  ihre  unmittel- 
baren Folgen  ist  ebenfalls  durch  eine  meist  bisher  nicht  bekannte 
Kasuistik  nnd  sehr  gute  Abbildungen  bereichert.  In  dem  dann  folgenden 
Kapitel  von  den  Fremdkörpern  vermisse  ich  bei  der  Frage  der  zu- 
lässigen oder  gebotenen  Extraktion  die  Beleuchtnug  dieses  Gegenstandes 
vom  antiseptischen  Standpunkte.  D.  nennt  zwar  die  heutige  Richtung 
im  Allgemeinen  eine  abwartende,  er  führt  aber  nicht  die  Gründe  an, 
welche  diese  Anschauung  zur  Zeit  berechtigt  erscheinen  lassen. 

Mit  besonderem  Interesse  muss  in  jedem  neueren  kriegschirurgischen 
Lehrbuch  die  Frage  der  Wundbebandlnng  verfolgt  werden.  Zumal 
seitdem  die  Antiseptik  allgemein  anerkannt  nnd  bei  den  Armeen  ein- 
geführt ist.  D.  behandelt  dieses  Thema  ziemlich  kurz,  namentlich  fehlt 
eine  Darstellung  der  Feldverbandmetboden,  welche  in  den  grossen  Heeren 
Europas  eingefuhrt  sind.  Die  Kenntniss  dieser  Dinge  ist,  abgesehen  vom 
wissenschaftlichen  Interresse,  für  den  französischen,  deutschen,  öster- 
reichischen, italienischen  etc.  Militärarzt  auch  praktisch  wichtig,  da 
keiner  wissen  kann,  ob  er  nicht  gelegentlich  mit  dem  Material  einer 
andern  Armee  zu  arbeiten  haben  wird.  Unrichtig  ist  es,  wenn  Verf.  den 
deutschen  Militärchirurgen  noch  heute  Vorliebe  für  Juteverbände  zu- 
ichreibt.  Unbegreiflich  auch  deshalb,  weil  die  neuere  Gestaltung  der 


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454 


Feldantiseptik  im  deotechen  Heere  seitens  der  französischen  Archires  de 
mödecine  et  de  pharmacie  militaires  aufmerksam  verfolgt  und  mehrfach 
besprochen  worden  ist.  D.  konnte  wissen,  dass  die  Jute  bei  uns  ah* 
geschafft  ist  und  nicht  einmal  zu  Verbandzwecken  anfgebraucbt  wird. 
Ingleichen  würde  man  gern  an  dieser  Stelle  des  Werkes  eine  Würdigung 
der  Verbandpäckchenfrage  gesehen  haben,  in  der  Delorme  oft  und  be- 
stimmt genug  seinen  ablehnenden  Standpunkt  betont  hat,  den  Ref.  theilt 

Den  Schluss  des  Bandes  bildet  die  Besprechung  der  Komplikationen, 
welche  sich  an  Schusswunden  im  Allgemeinen  schliessen  können.  Hier 
finden  entzündliche  Vorgänge,  Nachblutungen,  Tetanus  und  sonstige 
nervöse  Nacbkrankbeiten,  zuletzt  der  Ilospitalbrand  ihre  Stelle,  Trotz 
der  antiseptischen  Aera,  in  der  wir  leben,  und  unter  deren  Schutz  sich 
künftige  Kriege  vollziehen  dürften,  hält  Verf.  das  Auftreten  entzündlicher 
Komplikationen  wie  des  Hospitalbrandes  nicht  für  gänzlich  ausgeschlossen. 
Er  fordert  deshalb,  dass  sich  der  Studirende,  der  diese  Dinge  jetzt  nicht 
mehr  in  den  Kliniken  kennen  lernt,  wenigstens  theoretisch  mit  ihnen 
vertraut  mache.  Gewiss  mit  Recht.  Langenbuch’s  Erfahrungen  in 
Serbien'*^)  haben  es  bewiesen;  und  Umstände,  welche  D.  als  begünstigend 
aufführt;  Fremdkörper  in  Wunden,  Schwierigkeit  nach  grossen  Schlachten 
alle  Verwundeten  rechtzeitig  mit  sicher  antiseptischen  Verbänden  zu  ver- 
sehen, Lockerung  der  Verbände  auf  Massentransporten,  Erschütterungen 
auf  Land  wagen,  Anhäufung  vieler  Verwundeter  an  Nothunterkünften  etc.  etc. 
werden  auch  in  künftigen  Kriegen  das  Auftreten  von  Komplikationen  zu 
Anfang  erleichtern,  selbst  wenn  man  die  von  D.  noch  angenommene 
besondere  Disposition  der  Schusswunden  zu  solchen  Prozessen  nicht  zu- 
giebt.  Immerhin  darf  man  heute  die  Erwartung  aussprechen,  dass  man 
im  Kriege  bienen  Kurzem  solcher  Komplikationen  Herr  werden  wird, 
so  dass  es  zu  Epidemieen  des  Hospitalbrandes  oder  des  akut  pumlenten 
Oedems  unseligen  Angedenkens  nicht  mehr  kommen  dürfte. 

Unter  den  weiteren  Störungen  des  Wundverlaufes  behandelt  D.  hier 
erst  den  Wundstarrkrampf  und  andere  nervöse  Nacbkrankbeiten.  Dies 
Kapitel  leidet  noch  mehr  wie  die  früher  erwähnten  unter  der  Unbekanut- 
schaft  des  Verfs.  mit  dem  Kriegs-Sanitäts-ßeriebt,  dessen  VII.  Band  für 
die  Betrachtung  der  hierher  gehörenden  Affektionen  von  ausschlaggebender 
Bedeutung  ist. 

Eine  Gesammtwürdigung  des  hervorragenden  Werkes  bleibt  bis  zur 
Vollendung  desselben  Vorbehalten. 

Körting. 


Die  Chirurgie  des  Pankreas,  gestützt  auf  Versuche  und 
klinische  Beobachtungen,  von  Nikolaus  Senn,  Volkmano’s 
Sammlung  klinischer  Vorträge  No.  313/314. 

Verf.  gewinnt  die  Grundlagen  für  eine  rationelle  chirurgische  Be- 
handlung der  häufigsten  Verletzungen  und  Krankheiten  des  Pankreas  auf 
Grund  der  von  ihm  angestellten  Tbierversuche,  durch  welche  er  diejenigen 
chirurgischen  Eingriffe  methodisch  geprüft  hat,  deren  Indikationen  er  aus 
dem  von  ihm  gesammelten  und  geordneten  klinischen  und  patbologisch- 


*)  Ucutsche  militärürztl.  Zeitzehrift  1S86,  S.  605. 


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455 


»DitomischeD  Material  folgert.  Diese  Aufgabe  hat  er  mit  grossem  Ge- 
schick gelöst,  wenn  auch  der  bisher  erreichte  Effekt  bezüglich  einer 
praktischen  Yerwerthang  noch  nicht  als  ein  grosser  angesehen  werden 
kann.  Denn  die  Hindernisse,  welche  sich  lediglich  wegen  der  anatomischen 
Lage  des  Pankreas  dem  Messer  des  Chirurgen  bieten,  sowie  die  Schwierig- 
keiten, welche  einer  trotz  seiner  eingehenden  Zusammenstellungen  noch 
keineswegs  genugsam  geklärten  und  gestützten  Diagnosen-Stellung  ent- 
gegentreten, beschränken  das  diesbezügliche  Gebiet  in  hohem  Grade. 
Dagegen  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  dass  bei  einem  etwa  gelegentlich 
einer  Laparotomie  gemachten  Befunde  einer  Pankreas-Afifektion  die  Ver- 
werthang der  Seon’schen  Erfahrungen  von  der  grössten  Bedeutung  sein 
würde. 

Die  15  Abschnitte  des  Vortrages  enthalten;  1.  Vergleichende  Anatomie 
des  P.,  2.  Entwickelung,  3.  Physiologie  des  P.,  4.  Thierversuche  über 
das  P.,  5.  Wunden  des  P.,  6.  Acute,  7.  chronische  Pankreatitis  oder 
Sclerose  des  P.,  8.  Gangrän,  9.  Abszess,  10.  Haemorrhagie,  11.  Cysten, 
12.  Geschwülste,  13.  Tuberkulose,  14.  Lipomatose,  15.  Litbiasis  des 
Pankreas.  Zunächst  betont  der  Verf.  die  wichtige  Thatsache,  dass  bei 
den  meisten  Säugethieren  noch  ein  zweiter  dem  Duodenum  paralleler 
Tbeil,  sowie  zwei  resp.  mehrere  Ausführungsgänge  vorhanden  sind,  was 
bei  allen  denjenigen  Versuchen  zu  berücksichtigen  bleibt,  welche  nach 
einer  Unterbindung  des  Ganges  eine  Abstanung  des  Drnsensekrets  be- 
zwecken. — Bezüglich  der  Physiologie  des  Pankreas  bieten  die  Be- 
trachtungen des  Verf.  nichts  wesentlich  Neues,  er  weist  am  Schlüsse  des 
Abschnittes  darauf  hin,  dass  anhaltende  unzureichende  Verdauung  und 
Assimilation  stärke-  und  fetthaltiger  Nahrungsmittel  die  Aufmerksamkeit 
des  Arztes  auf  eine  etwaige  Pankreas-Erkrankung  lenken  und  ihn  ver- 
anlassen müsste,  die  Exkremente  genau  zu  untersuchen.  — Die  43  an 
Hunden  und  Katzen  angestellten  Thierversuche  gabeu  folgende  Resultate: 

1.  Eine  vollständige  Durchschneidung  des  P.  ist,  wenn  die  Blutung 
in  geeigneter  Weise  vermieden  wird,  ungefährlich;  das  Lumen  des  ductus 
an  der  durchschnittenen  Stelle  stellt  sich  nicht  wieder  her.  — 2.  Zer- 
reissang des  Pankreas  giebt  keine  tödtliche  Blutung.  — 3.  Zertrümmertes 
Pankreas-Gewebe  wird  schnell  und  vollständig  vom  Peritoneum  resorbirt, 
sofern  jede  Infektion  von  aussen  abgehalten  wird.  — 4.  Totale  Exstir- 
pation des  Pankreas  ist  stets  tödtlicb  in  Folge  der  Verletzung  oder  des 
Absterbens  des  Duodenums.  — 5.  Partielle  Exstirpation,  speziell  des 
Kopfes,  führt  erst  nach  etwa  4 Wochen  allmälig  zum  Tode  in  Folge 
von  Marasmus,  trotzdem  kein  P.-Saft  in  den  Darm  gelangt,  wahr- 
scheinlich deshalb,  weil  das  während  dieser  Zeit  langsam  degenerirende 
Drüsengewebe  sein  eigenes  Sekret  wieder  aufsaugt,  und  weil  dieser  somit 
wieder  in  den  Kreislauf  eintretende  Saft  den  nöthigen  Einfluss  auf  die 
Verdauung  so  lange  ausübt,  bis  eine  völlige  Drüsengewebs-Degeneration 
eingetreten  ist.  Jeder  aus  dem  Zusammenhang  mit  dem  Darm  gelöste 
Theil  des  P.  unterliegt  unabänderlich  der  Rückbildung,  und  das  Parenchym 
wird  spätestens  in  4 Wochen  funktionsunfähig  und  verschwindet  schliesslich. 
— 6.  Völliger  Verschluss  des  Ausführungsganges  ohne  pathologische  Ver- 
änderung im  Drüsengewebe  führt  niemals  zur  Cystenbildung.  Wohl  tritt 
eine  mässige  Erweiterung  des  Ausführungsganges  ein,  indessen  wird  das 
Sekret  wieder  resorbirt,  später  atropbirt  der  abgeschnürte  Theil  des 
Drüsengewebes.  Hieraus  wird  die  praktisch  wichtige  Thatsache  gefolgert, 
dass  es  bei  Operationen  am  P.  nicht  wesentlich  ist,  die  gut  ernährten 


oy  Coogle 


456 


peripheren  abgetrennten  Theile  der  Drüse  ans  Furcht  vor  Retentions- 
cysten  abzutragen,  sondern  es  genügt,  wenn  sie  ligirt  ruhig  an  Ort  und 
Stelle  gelassen  werden,  wodurch  natürlich  der  Eingriff  wesentlich  geringer 
wird.  Dagegen  sind  ungenügend  ernährte  Theile  des  P.  stets  zu  ent- 
fernen, da  das  Gewebe  eine  znr  Fäulniss  höchst  geneigte  Masse  ist  — 
7.  Eine  äussere  Pankreasiistel  sondert  so  lange  (etwa  4 Wochen)  ab,  bis 
vollständige  Degeneration  des  abgetrennten  Drüsentheils  eingetreten  ist 
— 8.  Bei  inneren  Pankreasfisteln  (Versenkung  des  abgetrennten  Stückes 
in  die  Bauchhöhle)  wird  der  Saft  ohne  Schaden  vom  Peritoneum  resorbirt 
Bei  dem  Nichthineingelangen  des  Saftes  in  den  Darm  kann  Leben  uud 
Gesundheit  längere  Zeit  ungestört  bleiben. 

Im  folgenden  (5.)  Abschnitte  werden  13*)  Fälle  von  Pankreas-Ver- 
letzungen zusammengestcllt.  Bezüglich  der  Behandlung  schlägt  der  Verf. 
vor,  die  in  Verbindung  mit  anderen  Bauch-Eingeweiden  erfolgten  Kon- 
tusionen und  Zerreissungen  nach  den  Gesetzen  der  modernen  Chirurgie 
vermittelst  des  Baucbscbnittes  zu  behandeln,  den  gequetschten  Tbeil  nach 
vorhergegangener  doppelseitiger  Unterbindung  abzntragen,  und  wegen 
grosser  Infektionsgefahr  etwa  vorhandene  zertrümmerte  Drüsenmassen 
gründlich  aus  der  Bauchhöhle  zu  entfernen.  Dagegen  ist  es  nicht  ohne 
Weiteres  erlaubt,  dun  Pankreaskopf  nebst  Ansfübrungsgang  total  zn 
exstirpiren,  sondern  erscheint  hier  nötbigenfalls  nur  eine  partielle  Exstir- 
pation mit  Erhaltung  des  Ausführungsgangs  geboten.  — Bezüglich  der 
Schossverletzungen  und  der  Vorfälle  des  P.  sowie  ihrer  Behandlung  gilt 
das  bisher  hierüber  Bekannte.  — Die  folgenden  Abschnitte  6 bis  15  geben 
Zusammenstellungen  klinischer  Beobachtungen  entsprechend  der  oben  ge- 
nannten Anordnung  des  Stoffes,  auf  welche  genauer  einzogeben  uns  der 
Raum  verbietet.  Die  wesentlichen  Resultate  für  eine  hierbei  in  Frage 
kommende  chirurgische  Behandlung  sind  folgende: 

1.  Die  Anlegung  einer  äusseren  Pankreasfistel  durch  Baochschnitt 
ist  bei  Behandlung  von  Cysten,  Abszessen,  Gangrän  und  Blutung  des 
Pankreas  aus  örtlichen  Gründen  angezeigt. 

2.  Der  Bauchschnitt  mit  lumbaler  Drainage  ist  in  allen  Fällen  von 
Abszess  oder  Gangrän  der  Drüse  angezeigt,  in  welchen  die  Anleguag 
einer  vorderen  Praukreasfistel  unmöglich  ist. 

3.  Das  Durchlegcn  von  Drains  von  vorne  nach  hinten  ist  in  allen 
Fällen  von  diffuser  Eiterung  im  Retroperitonealranm  angezeigt. 

4.  Wird  der  dnctus  choledochns  durch  einen  Pankreasstein  kom- 
primirt  oder  verschlossen,  und  droht  deshalb  Cholaemie  und  Tod,  so 
mnss  das  Konkrement  entweder  ins  Duodenum  gedrängt  oder  herans- 
gescbnitteu  werden.  Hierbei  muss  der  hauptsächlichsten  Gefahr,  dem 
Ausfluss  von  Galle  in  die  Bauchhöhle,  durch  vorausgescbickte  Aspiration 
der  ausgedehnten  Gallenwege,  genauen  Verschluss  der  Drüsenwunde  und 
völlige  Ruhe  der  Verdanongsorgane  während  der  Heilung  vorgebengt 
werden. 

Die  Uebersetznng  des  ursprünglich  vor  der  American  Snrgical 
Association  gehaltenen  Vortrages  ist  von  Dr.  Lühe  in  fliessender  Weise 
vorgenommen.  Edler  (Metz). 

*)  Dieselbe  Zulil  vergl.  auch  Langeiibcck's  Archiv,  Band  XXXIV. 


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457 


L.  Brieger,  Beitrag  zar  Kenntniss  der  Erkrankung  der  Hirn- 
oberfläche. (Separat-Abdruck  aus  Berlin,  klin.  Wochenschr.  1887, 
No.  47.) 

Br.  geht  in  seinem  im  Verein  für  innere  Medizin’  gehaltenen  Vor- 
trage des  Näheren  auf  einen  auf  der  I.  medizinischen  Klinik  der  Charit^ 
beobachteten  Fall  von  tumor  cerebri  ein,  bei  welchem  schon  intra  vitam 
durch  sorgfältige  Analyse  der  klinischen  Erscheinungen  die  Diagnose 
quoad  locum  affectionis  gemacht  werden  konnte.  Bei  der  76jährigen 
Patientin  bestanden  bei  Fehlen  aller  für  die  Annahme  eines  Tumor  ver- 
werthbaren  Allgemeinerscheinungen  (Kopfschmerz,  Schwindel.  Erbrechen, 
Staunngspapille)  Ausfallerscheinungen  (Lähmung  des  linken  Beines  und 
Armes),  welche  auf  eine  Herderkrankuog  in  der  Nähe  der  Centralfurcbe 
recbterseits  schliessen  Hessen.  Zuckungen  in  den  gelähmten  Extremitäten, 
wie  solche  bei  der  grossen  Mehrzahl  der  Hirntumoren  nie  auszubleiben 
pflegen,  wurden  niemals  während  des  ganzen  Krankbeitsverlaufes 
beobachtet.  — Durch  Uebergreifen  der  lokalen  Druckwirkung  auf  die 
linke  Hemisphäre,  welche  sich,  wie  die  Sektion  erwies,  anatomisch  durch 
eine  halbkuglige  Depression  kennzeichnete,  kam  es  zu  Parese  des  rechten 
Beines.  In  dieser  paretischen  Extremität  traten  später  rasch  an  Intensität 
zunehmende  Zuckungen  auf.  Acht  Tage  darauf  wurde  auch  der  bisher  frei 
bewegliche  Arm  von  diesen  epileptischen  Anfällen  (Rindenepilepsie)  er- 
griffen, 3 Tage  später  auch  noch  der  Kopf.  Der  Tod  erfolgte  unter 
zunehmender  Somnolenz.  — Die  Sektion  ergab  ein  Sarkom  der  pia  mater 
und  des  cerebrum  in  der  ersten  und  zweiten  Stirnwindung  recbterseits, 
soweit  dieselben  der  vorderen  Centralwindung  benachbart  sind,  über- 
greifend auf  einen  Theil  der  vorderen  und  hinteren  Centralwindung  und 
das  rechte  Scheitelläppchen.  Auf  dem  Frontaldurchscbnitt  erwies  sich 
der  grösste  Theil  der  Geschwulst  als  der  Rinde  angehörig.  — G. — 


Jahresbericht  über  die  Fortschritte  in  der  Lehre  von  den 
pathogenen  Mikroorganismen,  umfassend  Bakterien,  Pilze 
and  Protozoen.  Von  Dr.  P.  Banmgarten,  Prof,  an  der  Universität 
Königsberg.  III.  Jahrgang,  1887.  — Braunschweig,  Harald  Brubn. 
Verlagsbuchhandlung  für  Naturwissenschaft  und  Medizin. 

Soeben  — Anfang  August  — gelangt  der  III.  Jahrgang  des  berühmten 
„Banmgarten’schen  Jabresberichis“  an  die  Oeffentlichkeit.  Wenn  es 
auch  in  der  Natur  aller  derartigen  Zusammeustellungen  liegt,  dass  sie 
stets  etwas  verspätet  erscheinen,  so  erregt  doch  der  Grad  von  Fleiss 
und  Schaffenskraft,  welcher  in  dem  vorliegenden  Werke  — der  Arbeit 
nur  eines  halben  Jahres  — von  Neuem  zum  Ausdruck  gelangt,  unsere 
höchste  Bewunderung.  Dass  der  vorliegende  Bericht  sich  seinen  beiden 
Vorgängern  würdig  anschliesst,  bedarf  keiner  weiteren  Hervorhebung. 
Ebensowenig  kann  es  Aufgabe  des  Referenten  sein,  ein  periodisches 
Werk,  dessen  Unentbehrlichkeit  sowohl  für  den  Spezialisten,  als  auch  für 
das  Gebiet  der  Gesammtmedizin  längst  endgültig  feststebt,  jedesmal  mit 
einer  neuen  Anpreisung  zu  versehen:  Wir  begrüssen  vielmehr  den 

Baumgarten'schen  Bericht  etwa  wie  ein  alljährlich  wiederkehrendes 
Festgeschenk. 


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458 


Der  Bericht  ist  im  Ganzen  nach  demselben  Programm,  wie  seine 
Vorgänger,  aasgearbeitet;  nar  sind  die  Referate  noch  strenger  innerhalb 
der  Grenzen  des  Gebiets  der  pathogenen  Mikroorganismen  gehalten 
und  die  in  die  Fflanzen-Pathologie  einschlagenden  Abhandlangen  — 
ein  onverkennbarer  Vorzog  der  diesmaligen  Zasammenstellong  — g^< 
anberöcksichtigt  gelassen.  Trotz  dieser  „Einengung  des  Referirgebiets“ 
und  trotz  dem  Wegfall  eines  Tbeiles  der  Arbeiten  des  Jahres  1887, 
welche  bereits  im  vorjährigen  Bericht  besprochen  wurden,  hat  der  Um- 
fang des  laufenden  Jahrgangs  wiederum  um  ein  Beträchtliches  gegen 
seine  Vorgänger  zugenommen  — ein  sprechender  Beweis  für  das  mächtig 
fortschreitende  Wacbsthum  der  bakteriologischen  Wissenschaft.  Das 
Litteraturverzeichniss  des  diesmaligen  Berichts  weist  die  Schlussziffer  817, 
gegenüber  535  Abhandlungen  des  Vorjahres  aufi  Mit  vollem  Recht 
betont  der  Verfasser  in  der  Vorrede,  dass  dieser  Umstand  nur  der 
Gesammtwissenschaft  zu  gute  gekommen  sei,  indem  alle  Zweite  der 
medizinischen  Wissenschaften  in  ihrer  Entwickelung  durch  die  Verbmdung 
mit  der  Bakteriologie  eine  ausserordentliche  Förderung  erfahren  hätten: 
Nicht  allein  die  Aetiologie  ist  aufgeklärt  worden,  sondern  auch  das 
Studium  der  pathologischen  Anatomie  und  speziell  der  Histologie  hat 
durch  die  modernen  bakteriologischen  Ermittelungen  einen  ganz  neuen 
Änstoss  erhalten. 

Hoffen  wir  daher,  dass  auch  der  folgende  Jahrgang  Zeugniss  ab- 
legen  werde  von  dem  rüstigen  Vorwärtsschreiten  der  Bakteriologie  aaf 
den  eingeschlagenen  Bahnen  und  der  quantitativen  und  qualitativen  Zu- 
nahme des  zu  referirenden  Materials. 

Pfuhl  (Trier). 


Die  neueren  Arzneimittel.  Für  Apotheker,  Aerzte  und  Drogisten 
bearbeitet  von  Dr.  Bernhard  Fischer,  Assistent  am  Pharmakologischen 
Institut  der  Universität  Berlin.  Mit  in  den  Text  gedruckten  Holz- 
schnitten. Zweite  vermehrte  Auflage.  Verlag  von  Julius  Springer 
Berlin.  230  Seiten. 

Die  überaus  rasch  eingetretene  Noth Wendigkeit  einer  zweiten  Auflage 
des  Werkchens  — dessen  Preis  von  5 M.  bei  der  vorzüglichen  Ausstattung 
ein  geringer  ist,  darf  als  ein  Beweis  dafür  gellen,  dass  der  Verf.  einem 
wirklich  vorhandenen  Bedürfnisse  genügt. 

Die  Vermehrung  dieser  Auflage  um  42  Seiten  ist  zum  Theil  durch 
Umarbeitungen  und  Zusätze,  zumeist  jedoch  durch  Besprechung  neu  auf- 
genommener  Mittel;  Acetphenetidin,  Amylenh^drat,  Antithermin,  Brom- 
äthyl, Quecksilber^henylate  u.  A.  m.  bedingt  — Den  wichtigeren 
Arzneistoffen  hat  Verf.  in  dankenswerther  Weise  einige  in  der  Praxis 
bewährte  Arzneiformeln  beigegeben,  auch  die  Anwendung  und  Wirkung 
der  einzelnen  Mittel  etwas  ausführlicher  behandelt  Die  Arbeit  ist  hier- 
durch um  vieles  nutzbarer  für  den  praktischen  Arzt  geworden  und  wird 
diese  Anordnung  sicher  dazu  beizutragen,  dem  Werke  noch  mehr  Freunde 
unter  den  Aerzten  zu  gewinnen,  als  es  vielleicht  bisher  schon  geschehen 
ist  (Cf.  16.  Jahrg.  d.  Z.  Seite  496 — 499.)  Ltz. 


( 

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459 


Hermann  Le nhartz.  Leipzig.  Experimentelle  Beiträgezur  Kennt- 
niss  der  Vergiflnng  durch  chlorsaure  Salze.  Sonderahdrnck. 

In  den  letzten  Jahren  ist  eine  ziemlich  grosse  Zahl  tödtlicher 
Vergiftungen  durch  chlorsanres  Kali  berichtet  worden.  Der  klinische 
Verlauf  der  Krankheit,  die  demselben  zu  Grunde  liegenden  pathologisch- 
anatomischen  Störungen  fanden  seitens  der  mit  dieser  Frage  sich 
beschäftigenden  Autoren  eine  verschiedene  Auffassung.  Marchand 
und  Lenbartz  glaubten  die  Todesursache  in  einer  intra  vitam  sich 
ausbildenden  Metbaemoglobinaemie  finden  zu  müssen.  Demgegenüber 
behauptete  Stokvis,  die  Metbaemoglobinaemie  ginge  erst  im  absterben- 
den  Blote  vor  sich,  das  Hauptgewicht  wäre  auf  die  Kali  Wirkung  zu 
legen;  in  der  Leiche  fänden  sich  Anätznngen  der  Magenschleimhaut, 
intensive  und  ausgedehnte  Blutungen  und  Erscheinungen  von  Nephritis. 
Des  Weiteren  sprach  er  die  Ansicht  aus,  die  Vergiftungserscbeinungen 
bei  innerlicher  Darreichung  von  chlorsaorem  und  gewöhnlichem  Koch- 
salz wären  gleichartige.  Grund  genug  für  den  Autor  der  vorliegenden 
Arbeit  sich  der  Frage  von  Neuem  und  zwar  diesmal  experimentell 
zuzuwenden,  wozu  er  noch  besondere  Auffbrderong  fand  durch  einen 
io  seiner  Praxis  selbst  erlebten  und  in  seinem  Ablauf  genauer  beobachteten, 
durch  Gurgeln  mit  einer  Sprozentigen  Lösung  herbeigeführten  Vergiftnngs- 
fall.  Die  chemische  Seite  der  Frage  ausser  Acht  lassend,  war  es 
Verfasser  vor  Allem  darum  zu  thon,  die  spektroskopischen 
Veränderungen  des  Blutes  während  der  Vergiftung  genau  zu 
kontrolliren  und  womöglich  den  unwiderleglichen  Beweis  zu  führen, 
dass  die  Methaemoglobinbildung  schon  im  lebenden  Blute  sich 
vollziehe.  Gleichzeitig  war  zu  erweisen,  dass  die  Stokvis’sche 
Anschauung  über  die  gleichartige  Wirkung  von  NaClOj  und  NaCl  un- 
richtig sei.  Bei  Anwendung  von  NaClOj  statt  KCIO3  war  zugleich  die 
Kaliwirknng  ausgesclialtet.  Verf.  ist  es  geglückt,  die  von  ihm 
angestrebten  Beweise  spektroskopisch  zu  erbringen.  — 
Verabreichung  des  Salzes  per  us,  Versuchsobjekte:  mit  einer  Ausnahme 
(Kaninchen)  Hunde.  Versuch  I:  Rasch  hintereinander  .3,7  Na  CI  Oj 
pro  Kilo  exitus  S'/,  Stunden  später.  Versuch  II!:  In  8 Stunden  3,1 
Na  CI  O}  pro  Kilo  in  allmälig  steigenden  Tbeilgaben:  exitus  2‘/3  Stunden 
nach  letzter  Dosis.  Schon  eine  Stunde  vor  dem  tödtlichen  Ende 
Nachweis  des  Methaemoglobin-Streifens  in  entnommenen 
Blutproben.  Keine  Spur  von  Magen-Darmstörung,  kein  entzündlicher 
Vorgang  in  den  Nieren.  — Versuch  II:  Der  zu  Versuch  III  verwandte 
Hund  erhielt  einige  Tage  vorher  5,2  pro  Kilo  Na  CI  in  kurzer  Zeit. 
Es  traten  nur  vorübergehende  lokale  Störungen  ein  (öftere, 
meist  rein  wässerige  Entleerungen  mit  Tenesmus),  nach  ca.  6 Standen 
wieder  völliges  Wohlbefinden.  In  Versuch  IV  wurde  das  lebende  Blut 
(am  rasirten  Ohr)  spektroskopisch  untersucht:  eine  Stunde  vor 
dem  Tode  Nachweis  des  Methaemoglobin-Streifens. 

In  Versuch  V,  VI  und  VII  Verabreichung  des  NaClOj  in  kleinen, 
2.0  nicht  übersteigenden  Tbeilgaben,  keine  Nahrung,  nur  geringe 
Wassermengen.  Tod  in  allen  3 Fällen  nach  3 bis  4 mal  24  (Die  in 
gleichem  Sinne  von  Anderen  angestellten  Versuche  waren  bis  jetzt 
erfolglos  geblieben.)  Auch  hier  deutlich  intra  vitam  nach- 
weisbare Metbaemoglobinaemie,  dagegen  niemals  eine  Spur 
einer  entzündlichen  Reizung  oder  gar  Verschwärung  und 


460 


Hlotang  im  Magen-Darmkanal.  — Aas  den  letzten  3 Versuchen 
erhellt  die  grosse  Gefahr,  welche  bei  mangelnder  Ernährung  aus  der 
Anwendung  sonst  vielleicht  unschädlicher  Dosen  folgen  kann:  es  bandelt 
sich  um  knmulirende  Intoxikations-Wirkungen.  Die  meisten  der  bis 
jetzt  beim  Menschen  zur  Beobachtung  gelangten  Vergiftungsfälle 
betrafen  Patienten  mit  heftiger  Angina,  denen  die  Schlingbeschwerden 
nur  eine  geringe  Nabrungszufuhr  gestatteten;  die  verschluckten  Einzel- 
dosen  waren  klein,  daher  die  Störung  erst  einige  Tage  nach  Gebrauch 
des  Mittels  einsetzte,  um  nach  Ablauf  von  weiteren  1 bis  3 Tagen  zum 
Tode  zu  führen. 

Der  Verf.  schliesst  mit  der  Aufforderung,  dem  Publikum  grössere 
Vorsicht  bei  der  Anwendung  der  Chlorsäuren  Salzlösungen  einznschärfen, 
selbst  aber  die  Verordnung  derselben  mehr  einzuscbränken.  In  Fällen 
heftiger  Angina,  in  denen  die  Nahrungszufnhr  erheblich  gestört  ist, 
soll  das  Gurgeln  mit  chlorsanrer  Salzlösung  ganz  unterbleiben. 

Goerlitz  (Wahlstatt). 


Ueber  die  toxischen  Wirkungen  des  Zinns  mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung der  durch  den  Gebrauch  verzinnter  Konservenbüchsen 
der  Gesundheit  drohenden  Gefahren.  Von  Dr.  Emil  Meyer,  Privat- 
docenten,  und  Dr.  Guido  Bodländer,  gewesenem  Assistenten  des 
Pharmakologischen  lustituts  in  Bonn.  Separatabdruck  aus  der  Zeit- 
schrift für  Hygiene.  Zweiter  Band.  1887. 

Die  Verf.  batten  schon  in  einer  früheren  Arbeit  nachgewieson,  dass 
die  sehr  verbreitete  Ansicht,  Zinn  gebe  nicht  in  den  Inhalt  der  Kon- 
servenbüchsen über,  unrichtig  sei. 

Sie  stellten  nnn  eine  neue  Reihe  eigener  Versuche  an,  um  zu  prüfen, 
ob  und  in  wie  weit  aus  der  Aufnahme  des  Zinns  in  den  Säftekreislanf 
eine  Schädigung  der  Gesundheit  erwachsen  könne.  Sie  bedienten  sich 
hierzu  des  Weinsäuren  Zinnoxydulnatrinms  und  des  cssigsauren  Zinn- 
triaetbyls,  das  sie  den  Versuchstbieren  theils  subkutan,  theils  per  os  bei- 
brachten. In  einem  Versuche  wurde  auch  Zinnchlornr  in  Milch  gereicht. 
Auf  die  Einzelheiten  der  Versuche  kann  hier  nicht  eingegangen,  sondern 
nur  das  Schlussresultat  angegeben  werden:  Nachdem  der  Nachweis  ge- 
liefert, dass  1.  das  Zinn  ein  dem  Organismus  durchaus  nicht  indüTerentes 
Metall  bildet,  2.  durch  die  längere  Zeit  fortgesetzte  Aufnahme  selbst 
kleinster  Mengen  Zinn  in  den  Säftekreislauf  eine  chronische  Intoxikation 
erfolgen  kann,  3.  eine  solche  chronische  Zinnvergiftung  nur  durch  Anf- 
nähme  des  Zinns  per  os  erfolgen  kann,  glauben  Verf.  die  Frage,  ob 
durch  den  Genuas  zinnhaltiger  Konserven,  abgesehen  von  einer  etwaigen 
Lokal  Wirkung,  eine  Ällgemeinintoxikation,  eine  chronische  Zinnvergiftang 
erfolgen  könne,  bejahen  zu  müssen.  Wenn  auch  eine  solche  Gefahr  fnr 
die  Gesundheit  nicht  von  dem  zeitweisen  Genuss  von  in  verzinnten 
Büchsen  aufbewahrten  Nahrungsmitteln  zu  befürchten  sei,  so  werde  es 
doch  nicht  gleichgiltig  sein,  wenn  zinnhaltige  Konserven  in  grösserem 
Umfange  zur  Ernährung  gelangen,  wie  auf  grösseren  Seereisen,  anf 
längeren  Expeditionen,  bei  Verpflegung  der  Truppen  im  Felde.  Dass 
bisher  sichere  ärztliche  Beobachtungen  hierüber  nicht  vorliegen,  beruht 
wohl  darauf,  dass  man  durch  das  Zinn  veranlasste  KrankbeitserscheiDUD- 
gen  theils  übersehen,  theils  falsch  gedeutet  habe,  weil  man  dieses  eben 
für  unschädlich  hielt.  Freilich  werden  ja  nicht  alle  in  Büchsen  auf- 


461 


bewahrten  Nahrungsmittel  gleich  schädlich  sein,  sondern  nur  die  mit 
höherem  Zinngehalt,  also  besonders  saure  Speisen,  oder  wo  ein  Zusatz 
Ton  freier  Säure  gemacht  sei,  da  Zinn  schon  durch  verdünnte  organische 
Säuren  angegriffen  und  gelöst  werde.  Dies  gelte  auch  von  der  Wein- 
säure, die  zuletzt  den  Früchten  und  Gemüsen  zur  Feruhaltung  der  Spalt- 
pilze gern  zngesetzt  wird.  Auch  stärkerer  Kochsalz-  und  Salpetergebalt, 
sowie  stärkerer  Zusatz  von  Alkalien  werden  höheren  Zinngehalt  bedingen. 
Leider  lassen  sich  für  längere  Transporte  die  verzinnten  Konserven- 
büchsen wegen  ihrer  vielfachen  anderen  Vorzüge  bisher  nicht  entbehren, 
während  sie  im  Haushalt  durch  solche  aus  Glas  oder  Steingut  ersetzt 
werden  können.  Das  über  die  Blechbüchsen  Gesagte  gelte  natürlich 
auch  für  die  Aufbewahrnng  von  Speisen  und  Getränken  in  zinnernen 
Gefässen  überhaupt.  Riebel. 


Klinische  Stadien  aus  der  hydriatischen  Abtheilung  der 
allgemeinen  Poliklinik  in  Wien.  Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  Wilhelm 
Winternitz.  II.  Heft.  Zur  Pathologie  und  Hydrotherapie  der 
Langenphthise.  Von  Prof.  Dr.  Wilhelm  Winternitz  unter  Mit- 
wirkung der  Herren  Dr.  K.  Pick,  Dr.  E.  Loewy,  Dr.  Z.  Utschik, 
Dr.  L.  Sebweinborg,  Dr.  Z.  Pollak,  Dr.  A.  Winternitz  und 
Doctorand  0.  Pospischil.  Leipzig  und  W'ien.  Toeplitz  und 
Deuticke.  1887. 

Von  der  wohl  allgemein  anerkannten  Ansicht  ausgehend,  dass  die 
Lungenschwindsucht  zu  ihrer  Entwickelung  erst  einer  gewissen  Anpassung 
des  Körpers  bedürfe,  wie  sie  namentlich  durch  schwächende  Momente 
aller  Art  gegeben  werde,  und  dass  sie  nicht  selten  zum  Stillstand  komme, 
wenn  es  gelänge,  die  Ernährung  zu  bessern  und  Zunahme  des  Körper- 
gewichts herbeizuführen,  legt  Verf.  (W.  Winternitz)  in  dem  ersten 
Artikel  das  Hauptgewicht  für  die  Prophylaxe  und  die  Behandlung  auf 
ein  im  Allgemeinen  tonisirendes  Verfahren.  Leider  werde  hierbei  der 
mächtig  tonisirende  Effekt  einer  rationellen  Hydrotherapie  viel  zu  wenig 
gewürdigt.  Unbestritten  werde  die  Hauptrolle  bei  Prophylaxe  und 
Therapie  der  Phthise  dem  möglichst  unbeschränkten  Luftgenuss  zuerkannt, 
ihr  hauptsächlichstes  Hemmniss  aber  bilde  das  oft  freilich  ganz  reale 
Gespenst  der  Erkältung.  Diese  Kollisionsgefabr  zu  beseitigen,  sei  aber 
einer  der  wichtigsten  Effekte  einer  rationellen  und  methodischen  Wasser- 
kur. Denn  indem  sie  die  Reflexerregbarkeit  der  peripheren  sensiblen 
Ilautnerven  herabsetze,  härte  sie  den  Körper  ab  und  mache  ihn  wider- 
standsfähiger gegen  Erkältungen.  Aber  auch  bei  der  sich  entwickelnden 
und  florirenden  Phthise  fallen  der  Wasserbehandlung  wichtige  Aufgaben  zu. 
Es  sei  längst  erwiesen,  dass  Entzündungsprodukte  in  Geweben,  die  eine 
geschwächte  oder  gehemmte  Blutzirkulation  darbieten,  zu  nekrobiotiseben 
Veränderungen  neigen.  Fast  alle  katarrhalischen  und  entzündlichen 
Longenerkrankungen  aber  führten  aus  mehrfachen  Gründen  zu  mehr 
oder  weniger  grossen  Zirkolationshindernissen,  und  gerade  in  der 
Zirkulationsschwäche  in  dem  entzündlich  gereizten  Gewebe  liege  das 
begünstigende  Moment  für  die  Ansiedelung  und  Wucherung  des  Tuberkel- 
hazillus.  Es  müsse  also  der  mit  unabweisbarer  Nothwendigkeit  sich  auf- 
drängenden geradezu  kausalen  Indikation  Rechnung  getragen  werden, 
eine  möglichst  intensive  aktive  Fluxion,  vermehrte  Blutzufuhr  und  Blut- 
abfuhr  in  dem  erkrankten  oder  bedrohten  Organe  hervorzurufen.  Denn 
nur  so  könne  entweder  die  lokale  Ernährungsstörung  beseitigt,  eine 


462 


restitutio  ad  integrum  berbeigeföhrt  oder  wenigstens  die  Abgrenzung, 
der  Zerfall,  die  Ausstossung  des  Krankhaften  angebabnt  werden.  Diesen 
natürlicben  Heilungsvorgang  scheine  aber  gerade  die  Hydrotherapie 
wesentlich  zu  fördern.  Dadurch,  dass  sie  sucht,  1.  die  Herzaktion  zu 
kräftigen,  2.  den  Gefässtonus  zu  erhöhen,  3.  lokale  Treibhausverhält- 
nisse in  und  über  dem  erkrankten  Organe  berzustellen  (erzengt 
durch  erregende  BrusturoscblSge,  deren  feuchter  Dunst  und  gleichmässige 
Wärme  die  organischen  Vorgänge,  ähnlich  wie  im  Treibhanse,  beeinflussen 
sollen),  3.  den  ganzen  Organismus  zu  kräftigen  und  die  Blntbescbaffen- 
heit  zu  beeinflussen.  — Die  hydriatiscbe  Behandlung  der  Lungenblutungen 
muss  je  nach  der  Natur  derselben  eine  wesentlich  symptomatische  sein. 
— Für  die  Behandlung  des  hektischen  Fiebers  bestehen  die  Aufgaben 
der  Hydrotherapie  1.  in  Lösung  der  Wärmerctention,  2.  in  der  Verhütung 
allzu  hoher  Fiebertemperaturen,  3.  in  der  Bekämpfung  der  Schweisse. 
Ohne  in  Einzelheiten  eingehcn  zu  wollen,  sei  hier  nur  erwähnt,  dass 
Verf.  für  die  schwereren  Fülle  besonders  die  feuchten  Einpackungen  mit 
darauf  folgenden  feuchten  Abreibungen  (15  bis  16°)  oder  kurze  Regenbäder 
empfiehlt.  — In  dem  zweiten  Artikel:  Statistisches  und  Kasuistisches 
zur  Hydrotherapie  der  Lungenphthise  weisen  Dr.  Pick  und  Dr.  Loewy, 
Assistenten  von  Winternitz,  in  dem  Verhalten  des  Körpergewichts 
nach,  dass  der  Hydrotherapie  in  der  Behandlung  jener  Krankheit 
ein  beaebtenswerther  Platz  gebührt.  In  einer  grossen  Anzahl  von  Ta- 
bellen werden  die  169  seit  dem  Jahre  1874  der  Winternitz’schen  Heil- 
anstalt zugegangenen  Lungenaffektionen  einzeln  aufgefnhrt  Bei  76% 
der  Kranken  konnte  eine  Zunahme  des  Körpergewichts  konstatirt  werden. 
Da  jedoch  hieraus  allein  sich  ein  Maassstab  für  die  Bedeutung  der 
Hydrotherapie  für  die  Schwindsochtsbehandlnng  nicht  ablciten  lasse,  in- 
dem bei  den  häufig  durch  verschiedene  Umstände  sehr  stark  Geschwächten 
auch  das  veränderte  diätetische  Regime  im  Vereine  mit  dem  Aufenthalt 
im  B'reien  viel  zur  Gewichtszunahme  beitrage,  so  wurden  die  mit  hekti- 
schem Fieber  verlaufenden  Fälle  besonders  heransgehoben.  Hierbei  zeigte 
sich  nun,  dass  von  58  derartigen  Fällen  bei  16,  also  27%,  ein  länger 
dauernder  Stillstand  unter  der  Behandlung  eingetreten  war,  ein  Beweis, 
welch  mächtiger  Werth  einer  Steigerung  und  Veränderung  der  Haut- 
funktion und  dem  Einfluss  auf  die  sensiblen  peripherischen  Hautnerven 
zugeschrieben  werden  müsse.  — Im  dritten  Artikel:  Die  hydriatische 
Technik  bei  der  Lungenpbtbise  giebt  Dr.  Utschik  eine  genauere  Be- 
schreibung der  hierbei  vorzugsweise  benutzten  hydriatischen  Prozeduren: 
der  Abwaschung,  der  Brustumschläge,  Kreuzbinden,  der  feuchten  Ein- 
packung, der  Abreibung  und  des  Regenbades  oder  der  Donche.  — Im 
vierten  Artikel  wird  von  den  Assistenzärzten  der  hydriatischen  Ab- 
theilung Dr.  Schweinburg,  Dr.  Pollak  und  Dr.  A.  Winternitz  auf 
Grund  mehrerer  Versuchsreihen,  deren  Einzelheiten  in  einer  besonderen 
Tabelle  aufgefübrt  sind,  das  V'erhalten  der  Hauttemperatur  unter  ver- 
schiedenen Umschlägen  erläutert.  Im  fünften  Artikel:  Analecta  bespricht 
Doctorand  Pospischil  eine  Arbeit  des  Prof.  Achille  de  Giovanni  in  Padua; 
Beobachtungen  über  das  Verhalten  des  Herzens  bei  der  Lnngenphthise. 
Die  daraus  gezogenen  Schlüsse  sind  im  Wesentlichen  folgende:  Bei  zur 
Phthise  disponirten  Individuen,  wie  bei  solchen,  wo  die  Krankheit  schon 
ansgebroeben  ist,  herrscht  im  Gebiete  der  Pulmonalis  ein  grösserer  Blut- 
druck. Die  unregelmässige  Entwickelung  der  Zirkulationeosgaue  ist  eine 
der  disponirenden  Ursachen  für  diese  Krankheit  und  bedingt,  wo  sie 


463 


schon  aoSKebrocbeu  ist,  eine  Yerschlimmerang  des  Verlaufes.  Deshalb 
mnss  bei  j^em  Phthisiker,  besonders  in  den  Anfangsstadien,  stets  das 
Herz  nnd  die  Zirkulation  genau  untersucht  werden.  Für  die  Behandlung 
ergiebt  sich  daraus,  dass  die  Kraft  des  liuken  Ventrikels  gestärkt  und 
die  nngleichmässige  Blntvertheilnng  durch  Vermehrung  mancher  Se- 
kretionen, namentlich  der  Hautfunktion  beeinflusst  werden  muss.  Rb. 


Zur  Iridotomia  extraocularis.  Von  Prof.  Dr.  Schoeler.  (Separat- 
abdmck  ans  Berlin,  klin.  Wochenschr.,  1887.  No.  44.) 

Das  bis  jetzt  bei  Ausführung  der  Iridotomie  gehandhabte  Operations- 
rerfahren  (v.  Graefe,  Bowman,  Wecker)  ist  nicht  bloss  technisch 
schwierig,  sondern  auch  mit  Gefahren  (Linsenverletzung,  Glaskürper- 
rerlust,  Quetschung  der  Gewebe)  verbunden,  zudem  giebt  das  längere 
Klaffen  der  Wnndränder  sowie  die  Einführung  von  Instrumenten  in  die 
vordere  Kammer  immer  der  Besorgniss  der  septischen  Infektion  Kaum. 
Sch.  schlägt  darum  eine  andere  Methode,  durch  Schnitt  einen  Spalt  in 
der  Iris  herzustellen,  vor.  An  einem  in  der  Irisbreite  des  cocainisirtcn 
Auges  mehr  oder  weniger  medianwärts  gelegenen  Punkte  der  Cornea 
punktirt  er  diese  mit  spitzer  Iridektomielanze  (Breite:  3 bis  4,  Länge 
& bis  8 mm);  prolabirt  die  Iris,  so  wird  der  Vorfall  mittels  ungezähnter 
Pinzette  angezogen  und  auf  der  Cornea  (daher  praecorneale  oder 
extraocnlare  Iridotomie)  ausgebreitet.  Durcbschneidung  des  Sphincter 
senkrecht  auf  den  Faserverlauf  mit  im  Knie  gebogener  Scheere.  War 
die  Iris  nicht  vorgefallen,  so  muss  sie  mit  der  in  die  Kammer  eingeföhrten 
Pinzette  hervorgezogen  werden  (dann  ist  der  V'ortheil,  welchen  die 
Methode  durch  Vermeidung  der  Einführung  von  Instrumenten  voraus 
haben  soll,  illusorisch.  Ref.).  Darauf  Reposition  der  durchschnittenen 
Hälften  mit  Stilet.  — Eine  Abart  des  Verfahrens  ist  die  sogenannte 
Brücken  • Iridotomie,  bei  welcher  zwischen  den  Hälften  eine 
bröckenförmige  Verbindung  bestehen  bleibt.  Von  dieser  dem  Ideal 
des  stenopäischen  Spaltes  nahe  kommenden  (weil  von  annähernd 
parallelen  Wandungen  begrenzten)  Irisspalte  verspricht  sich  der  .Autor 
Doch  grösseren  Erfolg  für  Besserung  des  Sehvermögens,  ohne  freilich 
bis  jetzt  über  genügende  Erfahrungen  zu  verfügen. 

Für  besonders  geeignet  hält  er  die  Anwendung  der  extraocularen 
Iridotomie  bei  Scbicbtstaar,  bei  Leucoma  adbaerens  und  ausgedehnten 
Hornhauttrübungen  mit  schmaler  durchsichtiger  Randpartie;  hier  ergab 
die  Methode,  vornehmlich  für  das  Sehen  in  der  Nähe,  sehr  zufrieden- 
stellende Resultate.  Als  Beleg  wird  eine  Reibe  Krankengeschichten 
mitgetheilt.  — G.  — • 


Slittheilnngen. 

Programm  (auszüglich)  der  61.  Versammlung  deutscher 
Naturforscher  nnd  Aerzte  zu  Köln  1888. 

Montag,  den  17.  September:  Abends  8 Uhr:  Gegenseitige  Be- 

grüssung  der  Gäste  im  Kasino  am  Augustinerplatze. 

Dienstag,  den  18.  September:  Vm.  bis  12  Uhr:  I.  Allgemeine 
Sitzung  im  grossen  Gürzenich-Saale;  12'/i  Uhr:  Einführung  nnd  Bildung 


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464 


der  Abtbeilungen.  Nm.  3 bis  5 Uhr:  SiUung  der  Abtheilungen,  ö Uhr: 
Besuch  der  Flora- Ausstellung  und  Fest  in  der  Flora. 

Mittwoch,  den  19.  September:  Vm.  8 bis  1 Uhr:  Sitzungen  der 
Abtheilungen.  Nm.  2 bis  .">  Uhr:  Besichtigung  der  Krankenhäuser,  des 
Huhenstaufenbades,  der  Wasserwerke,  der  Kanalisations-EinricbtungeD, 
des  Domschatzes  und  der  Domkapelle.  6 Uhr:  Festessen  im  Gürzenich. 

Donnerstag,  den  20.  September:  Vm.  9 bis  1 Uhr:  II.  All- 

gemeine Sitzung.  Nm.  2 bis  ä Uhr:  Sitzungen  der  Abtheilungen.  5.  Uhr: 
Besuch  des  Zoologischen  Gartens.  7.  Uhr:  Festvorstellnng  im  Theater. 

Freitag,  den  21.  September:  Vm.  8 bis  1 Uhr,  Nm.  3bis5Uhr: 
Sitzungen  der  Abtheilungen.  6 Uhr:  Fest  auf  der  Marienbnrg. 

Samstag,  den  22.  September:  Vm.  8 bis  12  Uhr:  III.  Allgemeine 
Sitzung.  Nm.  3 bis  6 Uhr:  Sitzungen  der  Abtheilungen.  Nm.  8 Uhr: 
Festtrunk  der  Stadt  Köln  im  grossen  Gürzenich-Saale. 

Sonntag,  den  23.  September:  Vm.  9 Uhr:  Ausflug  zu  Schiff 

nach  dem  Siebengebirge,  Rückkunft  Abends  9 Uhr. 

Das  Anmelde-  und  Auskunftsbürean  wird  vom  I.  bis  12.  September 
die  Mitglieder-  und  Theilnebmerkarten  und,  wenn  erwünscht,  auch  die 
Karten  für  das  Festessen  am  19.  September,  letztere  zum  Preise  von 
5 Mark  gegen  Einsendung  des  Betrages  übermitteln. 

Vorausbesiellung  der  Wohnung  ist  den  Mitgliedern  und  Tbeilnebmern 
der  Versammlung  dringend  zu  empfehlen. 

Während  der  Dauer  der  Versammlung  erscheint  das  Tageblatt, 
welches  die  Liste  der  Mitglieder  und  Theilnehmer  nebst  Angabe  der 
Wohnung,  die  angekündigten  Vorträge  etc.  sofort  veröffentlicht. 

Dahingegen  ist  es  für  zweckmässig  erachtet  worden,  die  Referate 
über  die  gehaltenen  Vorträge  erst  spater,  etwa  nach  14  Tagen  bis 
3 Wochen  im  wissenschaftlichen  Theile  des  Tageblattes  nach  den  Ab- 
theilungeu  geordnet  zur  Kenntniss  der  Theilnehmer  zu  bringen.  Wir 
haben  geglaubt,  diese  Anordnung  im  Interesse  der  korrekten  Wiedergabe 
und  der  besseren  Uebersicht  der  Vorträge  treffen  zu  sollen. 

Die  Vorausbestellung  von  Legitimationskarten  kann  seitens  der  aus- 
wärtigen Mitglieder  gegen  Einsendung  von  12  .Mark  für  die  Mitgliedkarte 
und  6 Mark  für  die  Damenkarte  an  den  Vorsitzenden  des  Finanz- 
ausschusses, Herrn  Banquier  Moritz  Seligmann,  Kasinostrasse  12 
und  14  erfolgen. 

In  dem  Auskunftsbureau,  Bahnhofstrasse  6,  werden  die  Legitimations- 
karten nebst  den  Erkennungsscbleifen  für  die  Mitglieder  und  deren 
Damen,  die  Festschrift  sowie  das  Tageblatt  etc.  verausgabt;  daselbst 
können  auch  die  Karten  für  das  Festessen,  zum  Theater  und  zu  der 
Rbeinfabrt  in  Empfang  genommen  werden. 

Es  wird  dringend  gebeten,  dass  die  Mitglieder  und  Theilnehmer  ihre 
Namen,  Titel,  ihren  Heimatbsort  sowie  die  Adresse  während  des 
Aufenthaltes  in  Köln  deutlich  aufschreiben,  da  nur  auf  diese  Weise  eine 
korrekte  Besorgung  der  Korrespondenz  erwartet  werden  kann. 

Abtheilung  25.  Militär-Sanitäts wesen:  Einführender;  Ober- 

stabsarzt Dr.  Neumann;  Schriftführer:  Stabsarzt  Dr.  Glasmacher, 
Köln.  Real-Gymnasium:  Tertia  inf.  b. 


Uedrnckl  in  der  KönigHchon  Hofboebdrackerei  von  £.  S.  Mittler  & SohOf  Berlin,  Eochstr. 


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Deutsche 

Militärärztiiche  Zeitschrift. 


Redaction: 

Dr.  Oeneralarit, 

Bert  in,  Tnnb^nütru»«  6, 

0.  Dr.  Stabsarzt, 

Berlin,  Kni«er  Fmu  Grenadier-Platz  11/12. 

Monatlich  encheint  ein  lieft  von  mindestena  3 Dmckb<^en;  dazn  ein  „AmtHchea  Beiblatt“.  Der 
Zeitschrift  wird  da«  Werk:  H<^*hreabericht  Aber  die  Forteebritt«  auf  dem  Gebiete  dea  Militfcr- 
äanitlU-Weeens“,  beranagegeben  vonn  Generalarzt  Dr.  Koth,  nnentgelilich  beigegeben.  ßeateUnng 
nehmen  alle  Poetlroter  and  Bucbhandlnngen  an.  Preis  dea  Jahrgangs  lö  Hark. 

XVll.  Jahrgang. 1888.  Heft  11. 


Vsrlag: 

f.  $.  & $oJ«, 

Königliche  Hofbnchhandlang, 

Berlin«  Kochatraaae  68^70. 


Krampfadern  als  Erfinde  der  Unbraaehbarkeit  bei  Militärpflichtigen 
and  Soldaten,  ßenrtheiinng  hinsichtlich  der  Dienstbeschädignng. 

Von 

Stabsarzt  Dr.  Neumann  (Angermilnde). 


Das  Yenensystem  des  meoschlichen  Körpers  zeigt  in  seiner  ganzen 
Verzweigung  Neignng  za  Erweiternogen  einzelner  Stellen , grösserer 
Zweige  oder  ganzer  Netze.  Bald  sind  es  die  Blutadern  der  Körperober- 
fläche, bald  die  des  Körperinnern,  welche  geschlängelt  and  gedehnt  er- 
scheinen, bald  beschränkt  sich  die  Erweiterung  auf  ganz  bestimmte 
omsebriebene  Gefässgebiete,  nnd  unter  diesen  sind  es  besonders  die 
Hämorrhoidalvenen,  die  Venen  des  Samenstranges  and  vor  Allem  das  sich 
zur  grossen  Schenkelvene  vereinigende  Netzwerk  der  Venen  der  unteren 
Extremität,  welche  am  häufigsten  Varicenbildungen  zeigen.  Wenn  auch 
bin  und  wieder  Formen  ausgedehnter  Venenerweiternng  an  den  oberen 
Extremitäten,  an  Baach,  Brust  etc.  (caput  mednsae)  zur  Beobachtung 
gekommen  nnd  mitgetheilt  sind,  wie  der  anf  dem  Chirurgen-Kongress 
1879  von  Schädel,  der  in  der  Zeitschrift  für  Chirurgie  1881  von 
Liodner  beschriebene  und  andere,  so  ist  die  Anzahl  derselben  doch 
verschwindend  klein  im  Vergleich  zn  den  zahlreich  vertretenen  Fällen 
von  Varicenbildungen  an  den  nuteren  Extremitäten,  die  wir  als  eigentliche 
Krampfadern  zn  bezeichnen  pflegen. 

Erstere  haben  bisher  immer  mehr  als  Seltenheiten  gegolten,  ihr 
verhältnissmässig  seltenes  Vorkommen  hat  die  davon  Befallenen  (vergl.  anch 

30 


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466 


den  io  Band  VII  des  Kriegs-Sanitätsberichts  1870/71  S.  71  erwähnten, 
mit  capnt  mednsae  behafteten  Invaliden  Paul  Jüch)  mehrfach  veran- 
lasst, „als  wandelndes  Demonstrationsobjekt“  aus  ihrem  Leiden  Vortheil 
zu  erlangen,  ohne  dass  sie  wesentlich  durch  die  Venenveränderungen  in 
ihrem  Allgemeinbefinden  gestört  worden  wären. 

Wissenschaftlich  von  grossem  Interesse,  haben  solche  Fälle  stets  za 
lebhaften  Verhandlungen  unter  den  Chirurgen  geführt,  die  allerdings 
meist  ohne  besonderen  Erfolg  endeten;  zu  einer  so  hohen  allgemeinen 
praktischen  Bedeutung,  wie  die  in  Unzahl  immer  wieder  auftretenden, 
die  Tbatkraft  und  das  Wohlbefinden  vieler  Menschen  in  den  besten 
Lebensjahren  störenden  Venenerweiternngen  der  unteren  Extremitäten, 
haben  sie  nie  gelangen  können.  Dem  die  heerpflicbtige  Mannschaft 
musternden  Militärärzte  ist  alljährlich  genug  Gelegenheit  geboten,  sich  von 
dem  häufigen  Vorkommen  des  Leidens,  selbst  bei  sonst  kräftigen  and 
gesunden  Leuten,  zu  überzeugen,  und  die  in  den  Jahren  1878  bis  18S2 
laut  Sanitätsbericht  für  die  Königlich  Preussische  Armee  (iukl.  XIII.  Korps) 
als  dienstunbrauchbar,  resp.  Invalide  wegen  Krampfadern  der  unteren 
Extremitäten  entlassenen  681  Mann  legen  beredtes  Zeugniss  von  der 
grossen  allgemeinen  Wichtigkeit  des  die  Leistungsfähigkeit  des  Menschen 
in  so  hohem  Grade  herabsetzenden  Leidens  ab.  Den  Erweiterungen  der 
Blutadern  der  unteren  Extremitäten  stehen  die  der  Venen  des  Samen- 
Stranges  an  Häufigkeit  am  nächsten.  England  (Gaujot,  de  l'^tiologie  du 
varicocele.  1878)  zählt  in  einer  10jährigen  Rekrutirungsperiode  23,4  pro 
mille  an  Varicocele  Erkrankte,  und  wenn  Frankreich  in  derselben  Zeit 
nur  1,6  pro  mille  zählt,  so  muss  diese  anffalleude  Differenz  wohl  eher 
einer  verschiedenen  Auffassung  der  Grenze  zwischen  Normalem  und  Patho- 
logischem resp.  des  Begriffes  der  Dienstunbranchbarkeit  zugeschrieben 
werden,  als  dass  man  ein  so  seltenes  Vorkommen  der  Varicocele  unter 
der  militärpflichtigen  Bevölkerung  in  Frankreich  im  Vergleich  zu  anderen 
Staaten  annehmen  k'dnnte.  In  der  preussischen  Armee  sind  in  der  oben 
erwähnten  4jährigen  Periode  195  an  Varicocele  erkrankte  Leute  als  dienst- 
unbrauchbar  resp.  invsdide  entlassen  worden. 

Die  Erweiterungen  der  Hämorrhoidalvenen  spielen  trotz  ihres 
häufigen  Vorkommens  für  die  körperliche  Leistungsfähigkeit  sonst  ge- 
sunder Menschen  keine  wesentliche  Rolle,  wie  denn  auch  von  1878  bis 
1882  in  der  preussischen  Armee  im  Ganzen  nur  14  Leute  „grösserer  leicht 
blutender  Hämorrhoidalknoten“  wegen  invalidisirt  worden  sind;  übrigens 
alles  Leute  von  mehr  als  zwölfjähriger  Dienstzeit. 


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467 


r 


, Unter  normalen  Verhältnissen  steht  dem  gesammten  Venenblote  der 
, Qotern  Gliedmaassen  nur  ein  einziger  Abflusskanal  in  das  Becken  zur 
I Verfügung,  der  Stamm  der  vena  femoralis  am  ligamentum  Poupartii. 
Dieser  Satz  ist  durch  die  hervorragende  Arbeit  von  W.  Braune'^)  mit 
Bestimmtheit  erwiesen.  Der  Zusammenhang  der  Venen  in  der  regio 
iiehiadica  und  obtnratoria  batte  in  früherer  Zeit  zu  der  Annahme  geführt, 
dass  neben  dem  Stamme  der  Femoralis  noch  ein  Neben-Krelslaof  bestände, 
durch  den  das  Blut  der  unteren  Gliedmaassen  der  Iliaca  zugeföhrt  werden 
könnte,  und  die  an  der  Leiche  mehrfach  vorgenommenen  Injektions* 
versuche  schienen  diese  Ansicht  auch  zu  bestätigen.'^'’^)  Die  Fälle,  wo 
nach  Unterbindung  der  vena  femoralis  nicht  nur  Oedem  sondern  Gangrän 
der  ganzen  unteren  Extremität  eingetreteu  war,  führten  dazu,  dass  man 
die  Trennung  der  Schenkelvene  als  Grund  zur  Absetzung  (Roux,Linhart) 
betrachtete. 

Ja,  Hyrtl  soll  noch  seinen  Studenten  gesagt  haben,  dass  die  Ver- 
letzung der  Schenkclvene  und  das  Kopfabschneiden  gleich  gefährlich  seien. 

Gensoul  hat  dann  bereits  im  Jahre  183G  den  Vorschlag  gemacht, 
zur  Regulirnng  des  Zu-  und  Abflusses  des  Blutes  neben  der  Vene  auch 
die  Arterie  zu  unterbinden;  B.  v.  Langenbeck  zog  es  vor,  an  die 
^ Vene  überhaupt  nicht,  wohl  aber,  bei  Verletzung  der  Vene,  an  die 
Arterie  die  Ligatur  anzulegen,  während  Volkmann  wiederum  als  eifriger 
( Vertreter  der  Venenligatur  auftrat***),  weder  die  Thrombose  und  Embolie 
I noch  die  Gangrän  fürchtend,  nachdem  er  mehrfach  nach  Geschwulst- 
I Operationen,  Exartiknlationen  etc.,  theils  von  ihm  selbst,  theils  von  an- 
deren Chirurgen  ausgeführt  und  beschrieben,  vollkommene  Heilung  hatte 
eintreten  sehen.  So  neigte  man,  trotz  der  durch  die  Injektionsversncbe 
TOD  Sappey  anscheinend  bewiesenen  gegentheiligen  Ansicht,  doch  wieder 
^ der  Annahme  zu,  dass  Kollateraläste  für  den  Venenabfluss  beständen, 
und  die  mit  glücklichem  Erfolg  ansgeführten  Unterbindungsversuche  von 
Larrey  und  Malgaigne,  sowie  die  Injektionen  von  Riebet  und 
Nicaise  sprachen  von  Neuem  für  das  Vorhandensein  ausreichender 
Anastomosen.  Das  Verdienst,  der  Lösung  dieser  Frage  eine  sichere 
anatomische  Grundlage  gegeben  zu  haben,  gebührt  jedenfalls  W,  Braune. 
Er  wies  nach: 

1.  „In  die  vena  femoralis  am  ligam.  Ponp.  münden  nicht  nur  sämmt- 
liehe  Venen,  die  Blut  von  der  arteria  femoralis  und  ihren  Aesten  ge- 


•)  Die  Oberzehcnkclvenc  des  Menschen.  Leipzig  1871. 

•*)  König,  Chirurgie,  S.  915.  Albert,  Chirurgie  IV.,  S.  539. 

**•)  Deutsche  Klinik  No.  49.  18tl8. 

30* 


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4G8 


sammelt  haben,  sondern  auch  eine  Ansahl  Venen,  die  von  benachbarten 
Gefässprovincen  herkommen  und  znm  Theil  sogar  in  peripherischer 
Richtung  aus  dem  Rumpfe  heraus  cur  Extremität  gehen." 

2.  Von  allen  diesen  Venen  kommt  für  einen  etwaigen  Kollateralweg 
der  Femoralis  zur  Iliaca  hauptsächlich  die  vena  circumflexa  femoris  interna 
in  Betracht  durch  ihre  Verbindung  mit  den  im  foramen  obtnratoriuni 
liegenden  Venen  — pubica,  obturatoria  und  dorsalis  penis  (Luschka) — 
und  durch  den  Verbindnngsast  mit  den  Ausläufern  der  vena  glotaea  in- 
ferior in  der  fossa  trochanterica. 

3.  An  ihrer  Einmnndungsstelle  findet  sich  entweder  ein  Klappen- 
ventil mit  nach  der  Schenkelvene  zufübrender  Richtung  oder  die  Ein- 
mündung selbst  erfolgt  in  so  schiefer  Richtung,  dass  dadurch  eine  gleich- 
wirkende Ventileinrichtnng  zu  Stande  kommt. 

4.  Beide  Veutileinrichtungen  werden  erst  bei  starkem  Druck  des 
Veneninhalte  insuffizient. 

5.  Durch  obige  Verbindung  werden  wohl  zwei  venöse  Gefässzirkel 
zwischen  der  vena  femoralis  und  iliaca,  aber  trotzdem  kein  Kollateralweg 
zum  Stamme  hergestellt,  da  die  Verbindungsäste  Klappen  enthalten,  die 
im  unteren  Ende  gegen  die  Femoralis,  im  oberen  gegen  die  Iliaca  den 
Blutstrom  richten  und  ein  neutrales  Mittelstück  haben. 

6.  Nur  der  circulus  obtnratorius  kann  in  seltenen  Fällen,  wenn  er  kein 
Ausgangsventil  hat,  als  venöser  Kollateralstamm  von  der  fossa  ovalis  ans 
zur  vena  iliaca  funktioniren. 

7.  Am  Oberschenkel,  besonders  in  der  Gegend  der  fossa  ovalis  und 
am  Anfangsstück  der  vena  femoralis  in  der  Kniekehle,  bilden  die  Knochen, 
Muskeln,  Fascicn  und  Venen  mit  ihren  Klappen  einen  Saug-  und  Druck- 
apparat,  so  dass  die  ganze  Vene  in  einen  Hobiranm  gelagert  ist,  dessen 
Wandungen  abwechselnd  drückend  und  saugend  das  Blut  nach  aufwärts 
fortbewegen  können. 

8.  Die  Oberschenkelvene  ist  für  gewöhnlich  nur  einfach,  ebenso 
findet  man  einfache  Venen  fast  stets,  wo  zwischen  den  Muskeln  grössere 
mit  Fett  und  Bindegewebe  gefüllte  Hohlräume  liegen.  Doppelt  und 
gleichzeitig  durch  Anastomosen  verbunden  sind  die  Venen  überall  da, 
wo  sie  zwischen  zwei  aufeinander  liegenden  Muskeln  verlaufen  und  somit 
durch  die  sich  kontrahirenden  Muskeln  zusammengedrückt  werden. 

9.  Bei  Thrombose  der  Schenkeirene  ist  nicht  immer  das  Venen- 
volnmen  vollkommen  verschlossen,  sondern  sehr  häufig  bestehen  Lücken 
in  dem  Thrombus,  die  noch  einen  venösen  Rückfluss  ermöglichen. 


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469 


Mancher  der  Branne'acben  Schlüsse  aas  seinen  anatomisch  und 
klinisch  experimentellen  Untersuchungen  hat  sich  seitdem  als  falsch 
erwiesen. 

So  haben  v.  Bergmann  und  nach  ihm  Maas*)  und  H.  Braun  sich 
weiter  mit  der  Frage  beschäftigt  und  naebgewiesen,  dass  weder  die 
Klappenricbtung  noch  die  schiefe  Einmündung  der  betreffenden  Venenäste 
den  Rückfluss  des  Blutes  zu  verhindern  im  Stande  sind,  wenn  nur  die 
Herzaktion  eine  kräftige  ist.  Einem  Drucke  von  180  mm  Hg.  gelingt 
es  stets  den  Widerstand  der  in  den  Anastomosen  befindlichen  Klappen 
zu  überwinden  und  nur  io  überaus  wenigen  Fällen  wird  auch  durch 
höheren  Druck,  nach  Unterbindung  der  vena  femoralis,  vom  Schenkel  in 
dos  Becken  kein  Blut  übergefübrt.  Immerhin  bleiben  die  Braune'schen 
Untersuchungen  sehr  werthvolle  und  bieten  besonders  für  die  uns  be- 
schäftigende Frage  der  Entstehung  der  Varicen  manchen  Anhaltspunkt. 

Die  unter  dem  ligamentum  Poupartii  in  das  Becken  einmündende 
Schenkelvene  setzt  sich  zusammen  aus  hohen  und  tiefliegenden  Venen. 
Die  hoben,  aus  dem  Venennetze  des  Fussrückens  entstehend,  vereinigen 
sich  allmählich,  an  der  Innenseite  des  Fasses  über  dem  Knöchel  auf- 
steigend,  zur  vena  saphena  magna,  die  an  der  Innenseite  des  Unter- 
schenkels, dann  über  den  inneren  Kondjlus  verläuft  und  endlich  in  der 
fossa  ovalis  in  die  vena  cruralis  einmündet.  Das  am  äusseren  Fassrande 
gelegene  Netz  oberflächlicher  Venen  vereinigt  sich  zur  vena  saphena 
minor,  die,  um  den  äusseren  Knöchel  herumgehend,  neben  der  Achilles- 
sehne aufsteigt  und  zwischen  beiden  Köpfen  des  gastroenemius  verlaufend 
in  die  Kniekehle  steigt,  wo  sie,  die  fascia  poplitea  durchbohrend,  in  die 
vena  poplitea  einmündet.  Die  vena  poplitea,  ans  den  tiefliegenden  Venen 
des  Unterschenkels,  den  tibiales  snticae,  posticae  mit  peroneae,  plan- 
tares ex-  und  internae  hervorgegangen,  tritt  dann  als  vena  cruralis 
durch  die  Sehne  des  adductor  magnus  und  mündet,  nach  Aufnahme  ver- 
schiedener tiefer  Venenäste  am  Oberschenkel  and  der  vorerwähnten 
saphena  magna,  endlich  in  die  Bauchhöhle.  — Wir  wissen,  dass  die 
Cruralis,  Poplitea  und  die  Saphena  fast  stets  durch  einfache  Stämme  dar- 
gestellt werden,  während  die  tiefliegenden  anderen  Venen  des  Unter- 
schenkels paarig  vorzukommen  pflegen,  dass  ferner  die  oberflächlichen 
Venen  sowohl  nntereinander  durch  ein  Anastomosennetz  mit  breiten 
Maschen,  als  auch  mit  den  tiefen  Venen,  besonders  am  Unterschenkel, 


*)  Zeitschrift  für  Chirurgie  1882.  Die  Zirkulation  der  unteren  Extremität 
S.  197  bis  207. 


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470 


darcb  zahlreiche  Anastomosen  in  Verbindung  stehen.  Diese  letzteren 
Anastomosen  mit  den  tiefen  Venen  sind  theils  intra-,  tbeils  inter- 
muskuläre,  das  heisst,  sie  durchbohren  die  Muskeln  oder  bilden  ohne 
dieses  eine  direkte  Verbindung  der  einzelnen  Venenstämme,  weshalb  man 
letztere  als  direkte,  erstere  als  indirekte  Anastomosen  bezeichnet  hat. 

Französische  Forscher'*'')  haben  zuerst  sich  eingehender  mit  der 
Anordnung  der  Venen  und  ihren  Anastomosen  beschäftigt,  and  ihnen  ver- 
danken wir  speziell  auch  einige,  wenn  auch  nur  wenige  BestimmnngeD 
der  Klappenrichtung  in  den  Anastomosen,  die  für  die  Entstehung  von 
Varicen  manchen  Anhaltspunkt  geben,  wenn  auch  die  Eintheilung  in  die 
verschiedenen  und  genau  abgegrenzten  Systeme  venöser  Gefässe  am 
Unterschenkel,  wie  sie  von  Sappey,  le  Dentu  und  anderen  angegeben 
sind,  sich  in  so  strenger  Begrenzung  wohl  kaum  als  Regel  festhalten 
lassen  wird.  Jedenfalls  wissen  wir  zunächst,  um  mit  den  Venen  des 
Fasses  zu  beginnen,  dass  zwischen  saphena  interna  und  plantaris  interna 
und  eben  so  zwischen  saphena  externa  und  plantaris  externa,  also  zwischen 
den  tiefen  und  den  oberflächlichen  Venen  des  Fusses  Anastomosen  be- 
stehen, welche,  rein  interrauskulär,  eine  direkte  Verbindung  ermöglichen 
und  mit  je  1 bis  2 Klappenpaaren  versehen  sind.  Die  Klappen  sind  mit 
ihrem  freien  Ende  gegen  die  Peripherie  gerichtet,  so  dass  eine  Zirkulation 
nur  aus  der  Tiefe  in  die  Oberfläche  stattfinden  kann.  Am  Unterschenkel 
finden  sich  an  der  vorderen  Fläche  nur  wenige  Aeste,  die  vom  ober- 
flächlichen Netz  zur  tibialis  anterior  verlaufen,  theils  als  intermnsknläre, 
zwischen  extensor  digitorum  communis  und  extensor  hallucis  longus  ver- 
laufend, theils  als  intramuskuläre,  die  vordere  Schenkelfläche  durch- 
bohrend. In  der  hinteren  Gegend  bestehen  direkte  Anastomosen  zwischen 
den  beiden  Saphenae  einerseits  und  den  Tibiales  und  Peroneae  anderer- 
seits, ferner  indirekte  (intramuskuläre),  welche  auf  ihrem  Wege  die 
Muskulatur  durchbohren.  Die  ersteren,  als  zwei  oder  eine  Vene,  je 
nachdem  sie  aus  den  Aesten  oder  aus  den  Hauptstämmen  kommen,  die 
letzteren  immer  nur  einzeln.  In  allen  diesen  Anastomosen  der  tiefen  mit 
den  oberflächlichen  Venen  sind  die  Klappen  so  angeordnet,  dass  der  Blut- 
Strom  gegen  die  Tiefe  gerichtet  ist. 

Soviel  zunächst  über  die  Anastomosen  zwischen  oberflächlichen  und 
tiefen  Venen.  — 


*)  le  Dentu,  Reeherches  anatomiijues  sur  les  reines  du  pied  et  de  la  Jambe. 
These  1867  und  Vcnieuil.  — Sappey,  Anatomie  descriptiro  (augeiologie). 


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Bezüglich  der  Aoastomoeen  der  tiefen  Venen  unter  sich,  so  finden 
lieh  zwischen  den  Begleitvenen  der  Arterien  am  Unterschenkel  zahlreiche 
klappenlose  Anastomosen,  von  denen  le  Den  tu  angiebt,  dass  sie,  sobald 
sie  rein  intermnsknlär  sind,  also  eine  direkte  Verbindnng  darstellen,  einen 
Bogen  bilden,  dessen  Höhepunkt  dicht  vor  der  Einmündung  in  die  andere 
Vene  gelegen  ist,  dagegen  ganz  gerade  verlaufen,  wenn  sie  auf  ihrem 
Wege  den  Muskel  durchbohren.  Ebenso  zahlreiche  Verbindungsäste  finden 
sich  zwischen  tibiales  ant.  nnd  posteriores  and  zwischen  den  Venen  des 
Tarsus  und  den  Peroneae  Aeste,  welche  auf  ihrem  Wege  das  Skelett  resp. 
die  zwischen  den  Knochen  liegenden  Bandapparate  durchbohren  müssen. 

Den  Verlauf  der  intramuskulären  Venen  glaubt  nun  le  Dentn  be> 
soodei-s  für  den  mnsc.  gemellns  und  für  den  soleus  genauer  bestimmen 
zu  können.  Nach  ihm  trennen  sich  die  die  Arterienäste  des  musc.  gemellns 
begleitenden  beiden  Venen  in  der  Tiefe  des  Muskels  sehr  bald;  während 
die  eine  sich  in  ihre  Ursprungsästchen  anflöst,  verbindet  sich  die  andere 
nnverästelt  direkt  mit  einer  von  den  oberflächlichen  Venen  kommenden 
Aosstomose. 

Für  den  mnsc.  soleus  schildert  er  die  Sache  noch  etwas  komplizirter. 

Von  den,  den  Arterienast  begleitenden  und  mit  in  den  Muskel  ein- 
driogenden  beiden  Venen  nimmt  die  eine  bald  ihren  Lauf  nach  oben,  um 
mit  einer  darüber  gelegenen  Begleitvene  eines  anderen  Arterienastes, 
welche  von  oben  entgegenkommt,  zu  anastomosiren,  die  andere  wendet 
sich  nach  unten,  um  mit  einer  Begleitvene  eines  darunter  gelegenen 
Arterienastes,  welcher  sich  wieder  nach  oben  wendet,  Verbindungen  ein- 
zugehen.  Die  Begleitvenen  einer  Arterie  kommnniziren  ferner  mitein* 
ander  durch  einen  geraden  Verbindungsast.  Zwischen  diesen  Anastomosen 
and  den  Hanptvenenstämmen  sind  für  jede  Begleitvene  zwei  Klappen  ge- 
lagert, welche  den  Blutstrom  in  den  Anastomosen  nach  der  Peripherie 
des  Gliedes  dirigiren.  So  kann  also  eventuell  ein  selbstständiger  Kreis- 
lauf durch  diese  Anastomosen  stattfinden.  — Endlich  sprechen  die  fran- 
zösischen Forscher  noch  von  venösen  Gefässen,  die  sie  als  „cananx  de 
suretö“  bezeichnen  nnd  welche  gleichartig  sind  mit  den  früher  von 
Sappej  als  „d'anastomoses  par  commnnication  longitudinale**  für  die 
venae  saphenae  beschriebenen,  deren  gleichzeitiges  Vorkommen  für  die 
anderen  Venen  des  Unterschenkels  Vernenil  nachgewiesen  hat.  Sie 
verbinden  ein  oberes  Stück  mit  dem  darunter  gelegenen  derselben  Vene 
und  sind  klappenlos,  nnd  le  Den  tu  spricht  ihnen  die  Bestimmung  zu, 
den  Druck  in  den  verschiedenen  Segmenten  derselben  Vene  auszngleicben, 


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472 


wofür  sich  ein  physikalischer  Omnd  allerdings  nicht  recht  finden  lässt. 
Sie  scheinen  übrigens  identisch  mit  den  als  ,canaux  de  ddriration*  be> 
zeichneten  zn  sein. 

Nach  den  Cntersacbungen  von  Honz6  de  I’Anlnoit^)  besitzt  die 
vena  saphena  magna  eine  sehr  grosse  Zahl  von  Klappen,  von  denen 
allein  sieben  anf  das  Oberschenkelstück  fallen.  Von  diesen  sieben  sollen 
allerdings  meist  drei  inkomplet  sein,  nnd  zn  diesen  drei  soll  überans 
häufig  die  an  der  Einmündnngsstelle  der  Saphena  in  die  Cruralis  gelegene 
gehören**),  woraus  man  das  Entstehen  der  ampnllenartigen  Erweiterung 
der  saphena  magna  an  der  Einmündangsstelle,  sowie  das  Entstehen  der 
Saphena -Varicen  überhaupt  erklärt  hat. 

Histologisch  bemerke  ich  noch,  dass  nach  Soboroff***)  bei  den 
Venen  der  unteren  Extremität  in  normalem  Zustande  der  grosse  Reich- 
thum  an  Muskelfasern  in  den  Wandungen  zwar  allen  Menschen  gemeinsam 
ist,  dass  indessen  die  Stärke  der  Venen  bei  sonst  gleichartigen  Individuen  doch 
ganz  bedeutende  Verschiedenheiten  zeigt  und  dass  vor  allen  Dingen  die  Wan- 
dung derselben  Vene  eines  Individuums  an  verschiedenen  Stellen  sehr 
verschiedene  Dickenverhältnisse  aufweistf) 

Der  Blutkreislauf  der  unteren  Extremität  ist  wie  in  allen  anderen 
Körpergegenden  zunächst  zwar  lediglich  abhängig  von  der  Herztbätigkeit, 
indessen  ist  zu  beachten,  dass  dem  Blutrückfluss,  der  an  und  für  sich 
schon  bei  aufrechter  Stellung  durch  die  Schwere  der  Blutsäule  wesentlich 
behindert  ist,  nur  ein  Kanal,  die  vena  cruralis,  offen  steht.  Die  Wirkung 
der  Schwere  wird  überwunden  vor  allem  durch  die  Herztbätigkeit,  die 
vis  a tergo  und  mit  ihr  durch  die  aspiratorische  Wirkung  der  Tborax- 
bewegungen;  ferner  sind  es  die  zahlreichen  Klappen  der  Venen,  welche  die 
Blotsäule  stützen  und  fortbewegen  helfen,  und  endlich  tragen  die  oben 
erwähnten  Sang-  und  Drockapparate  in  der  Scbenkelbeoge  nnd  Kniekehle 
nicht  wenig  zur  Blutbewegung  bei.  Zu  diesen  an  und  für  sich  schon 
gewaltigen  Faktoren,  welche  der  durch  die  Schwere  bedingten  Blutstauung 
entgegenwirken,  kommt  noch  die  Muskulatur  der  Extremität  hinzu. 
Diese  wirkt  durch  ihre  Kontraktion  wesentlich  fördernd  anf  den  Rückfluss 

*)  Paris,  These  de  1884. 

*•)  Rieh  et,  Anatomie  medico-ehirurgicale  1887  und  Forgoron,-Des  dilataüoin 
anipiillaires  de  la  saphenc  1881.  These. 

***)  Untersuchungen  überden  Bau  normaler  und  ektatischer  Venen.  Virchow'i 
Archiv  1872  S.  137  und  306. 
f)  cfr.  1.  c.  S.  149. 


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473 


des  Blotes  ein,  indem  sie,  die  Venen  komprimirend,  das  Blut  in  die  durch 
die  Elappenanordnung  gegebene  Richtung  treibt,  eine  Bewegung,  die  am 
Foss  noch  durch  das  Auftreten,  durch  die  bei  der  Berührung  des  Erd- 
bodens mit  der  Sohle  eintretende  mechanische  Kompression  der  an  der 
Ferse  und  Fusssoble  in  und  unter  dem  Fettpolster  gelegenen  Venen, 
verstärkt  wird.  — Am  Fusse  kann  das  Blut  der  durch  das  Auftreten 
und  die  Muskelkontraktion  komprimirten  tiefen  Venen  gemäss  der  oben- 
beschriebenen Elappenstellung  nur  in  die  Saphenae  entweichen.  In  diese 
durch  die  Muskelkontraktionen  beim  Ansschreiten  fortgetrieben,  kann  es 
weiter  in  die  Saphenae,  in  die  intermusknläreu  und  intramuskulären,  zu 
den  tiefen  Venen  führenden  Anastomosen  ansströmen.  In  den  Saphenae 
wird  das  weitere  Aufsteigen  bald  durch  die  die  Blutsänle  stützenden 
Klappen  gesichert.  Aus  den  tiefliegenden  Venen  des  Unterschenkels 
bleibt  dem  Blote  bei  normaler  Klappenbescbaffenheit  der  Anastomosen  nur 
der  eine  Weg  in  die  Poplitea  aufwärts,  eine  Blutbewegung,  die  durch 
Muskelkontraktion,  sowie  durch  die  bei  derselben  in  Kraft  tretenden 
Saogapparate  in  der  Kniekehle  nur  gefördert  werden  kann.  Derselbe 
Saogapparat,  am  Oberschenkel  gebildet  durch  die  Fascien,  Muskeln  etc., 
sichert  in  Verbindung  mit  den  Klappen  der  vena  cruralis  das  Fort- 
Bcbreiten  des  Blutstroms  in  dieser.  Somit  wäre  unter  physiologischen 
Verhältnissen  die  Wirkung  der  Schwere  vollkommen  paralysirt,  wenn 
nicht  im  Moment  starker  Muskelkontraktion  doch  gleichzeitig  an  be- 
stimmten Stellen,  selbst  unter  normalen  Verhältnissen,  dem  Blutstrome  ein 
Hioderniss  durch  die  Fascien-Aponeurosen  und  Muskelringe,  Schlitze  und 
Ränder  geboten  wäre,  welche  die  Venenstämme  zu  passiren  haben.  Die 
Bedeutung  dieser  Verhältnisse  für  die  Verlangsamung  und  Behinderung 
des  Blotrückflusses  ist  für  Verneuil  eine  so  hohe,  dass  er  die  Ent- 
stehung der  tiefliegenden  Varicen  wesentlich  auf  diese  Einschnürung  der 
Gefässe  zorückführt.  Auch  spielt  bei  der  Entstehung  der  Varicen  der 
saphena  magna  unserer  Ansicht  nach  der  Durchtritt  der  Vene  durch  den 
Spalt  der  fascia  cribrosa  und  das  Reiten  derselben  auf  dem  proc.  falci- 
formis  in  seinem  unteren  Theile  eine  mindestens  ebensogrosse  Rolle,  wie 
die  Insufflzienz  der  Klappen  an  der  Einmündung.  Wir  werden  auf 
diese  Verhältnisse  bei  Besprechung  der  Saphenae-Varicen  noch  einmal 
zurückkommen. 

Unter  den  allgemeinen  Ursachen  für  die  Entstehung  der 
Varicen  stellt  B irch-Hirschfe Id'’^)  die  ererbte  und  angeborene 
Schwäche  der  Venenwand  in  die  erste  Reihe. 

*)  Patholog.  Anatomie  II.  S.  109. 


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474 


Ebenso  spricht  Negretti*)  von  der  Vererbnng  des  Leidens  and 
auch  Ganjot,**)  welcher  wanderbarerweise  in  der  Varicocele  den  Be- 
ginn einer  allgemeinen  Varicosität  erblickt,  spricht  der  Vererbang  eine 
sehr  grosse  Bedeutung  für  die  Varicocele  sowohl  wie  für  die  Varicen 
der  unteren  Extremitäten  zu.  Wir  haben  für  diese  Ansicht,  die  sich 
übrigens  noch  bei  vielen  anderen  Autoren  findet,  einen  Anhaltspunkt  nicht 
finden  können.  Unter  860  Fällen  von  Varicenbildungen  der  unteren  flxtremi- 
täten,  welche  uns  ans  der  Armee  zur  Verfügung  gestellt  waren  und 
Leute  betrafen,  die  dieses  Leidens  wegen  im  Laufe  der  letzten  7 Jahre 
als  dienstunbrauchbar  bezw.  als  Invalide  zur  Entlassung  gelangten,  ist 
die  Frage  der  etwaigen  Vererbang  nur  dreimal  beantwortet 

Allerdings  dürfte  diese  Frage  bei  Ausstellung  der  bezüglichen  Atteste 
kaum  berücksichtigt  sein.  Hit  Sicherheit  ergeben  aber  unsere  Erhebungen, 
dass  die  Gaujot'sche  Ansicht  des  Zusammenhangs  der  Varicocele  mit 
der  Varicenbildung  im  Allgemeinen  der  Grundlage  entbehrt:  unter  den 
860  Fällen  waren  nur  .55  mit  Varicocele  komplizirt,  Hämorrhoidalknoten 
gleichzeitig  nur  bei  9 vorhanden! 

Der  Ansicht  der  Vererbang  der  Varicen  huldigen  ferner  vor  Allem  auch 
die  Autoren,  welche  bei  den  Varicen  den  geschwulstartigen  Charakter, 
die  Aehnlichkeit  mit  den  sonstigen  Gefässgeschwülsten  und  Neubildungen 
betonen  zu  müssen  glauben.  Nachdem  bereits  Crn  vei  Ihier**'*^)  die  Varicen 
der  Schamlippen  der  Frauen  als  varix  serpentinus,  Virchow,f) 
Alibertft)  nnd  andere  die  Hämorrhoidalvaricen  als  angioma  anale, 
die  Varicocele  als  angioma  racemosum  venosum  bezeichnet  haben,  hat  in 
letzter  Zeit  v.  Lesserfff)  nachzuweisen  versucht,  dass  Krampfadern  mit 
Knotenbildung  lediglich  auf  Gefässwucherungen  beruhen,  und  dass  andere 
Ursachen,  wie  vor  Allem  Verschluss  oder  Verengerung  der  Venenstämme 
— durch  äussere  oder  innere  Prozesse  — , einfache  Stauung  etc.,  niemals 
zu  Knotenbildungen  führen.  Wenn,  wie  v.  Lesser  behauptet,  die 
Form  knotiger  Venenkonvolute  in  Wahrheit  nur  da  zur  Beobachtung 
käme,  wo  auch  sonst  Gefässwucherungen  und  Neubildungen  besonders 
zahlreich  vorzukommen  pflegen,  und  wenn  die  geschwulstartige  Form 
der  Varicen  sich  an  den  unteren  Extremitäten  wirklich  nur  da  zeigte, 

*)  Contribuzione  alla  sludio  rarici  degli  arti  inferiuri.  1880. 

**)  G.  Gaiijot,  De  l’etiologic  du  varicocele.  1878. 

••*)  Traite  d'anatom.  patholog. 

+)  GeschwilUte  III.  S.  .135. 

++)  Nosologie  naturelle, 
t+t)  Virchow's  Archiv  1885  Heft  lU. 


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475 


wo  die  Venen  dicht  über  den  snbkntanen  Lympbgefässen  verlaufen, 
wie  ja  die  Angiome  meist  an  diesen  Stellen  sich  finden,  so  wäre  für  die 
Frage  der  Vererbung  wohl  eher  ein  Anhaltspunkt  geboten.  Indessen 
gerade  die  grossen  subkutanen  Venen  sollen  nach  v.  Lesser,  wenn  auch 
erweitert,  zunächst  ihren  normalen  Verlauf  und  ihre  Form  beibehalten, 
während  doch  die  Varicenbildung,  wie  sie  im  Verlaufe  der  vena  saphena 
magna,  besonders  am  Oberschenkel,  vorkommt,  häufig  sehr  starke 
Schlängelung  mit  Knotenbildnng  zeigt  und  noch  am  ersten  einen  ge- 
schwulstartigen Charakter  darbietet.  Und  hier  liegen,  wie  bekannt,  die 
Liymphdrnsen  und  Stränge  nicht  unter,  sondern  über  der  Vene. 

Unsere  bereits  oben  erwähnten  drei  Fälle  von  angeblicher  Vererbung 
des  Leidens  betrafen  Varicenbildung  im  Gebiete  der  saphena  magna  am 
Oberschenkel  mit  besonders  starker  Knotenbildnng  und  Schlängelung,  so 
dass  die  Knoten  in  langer  gewundener  Kette  in  der  Grösse  von  Hasel- 
nüssen über  die  Haut  hervorragten.  Einen  diesen  gleichen  Fall  haben 
wir  seiner  Zeit  auf  der  chirurgischen  Abtheilung  der  Charitö  zu  sehen 
Gelegenheit  gehabt.  Ein  Mann  in  mittleren  Jahren,  der  übrigens  eines 
Lungenleidens  wegen  aufgenommen  war,  batte  von  Jugend  auf  eine 
längs  des  ganzen  subkutanen  Verlaufs  der  vena  saphena  interna  auf- 
tretende Varikosität  bemerkt,  ohne  dass  an  anderen  Venen  Erweite- 
rungen sichtbar  waren.  Die  Knoten  waren  sehr  zahlreich  und  überragten 
die  Fläche  der  Haut  bis  zu  Wallnussgrösse,  geschlängelt  an  einander 
gereiht.  Irgend  weiche  Unbequemlichkeiten  hatte  der  Mann  von  diesem 
seinem  Leiden  angeblich  bisher  niemals  verspürt. 

Neben  Alter  und  Geschlecht  hat  dann  der  Beruf  für  die  Entstehung 
der  Varicen  immer  eine  grosse  Rolle  gespielt.  Bäcker,  Tischler  etc., 
welche  stehend  zu  arbeiten  gezwungen  sind,  gelten  im  Allgemeinen  als 
die  Hauptrepräsentanten  der  Varicenerkranknngen. 

Leider  ist  es  uns  nicht  möglich  gewesen,  Einsicht  in  die  Listen  der 
zur  Musterung  gestellten  Leute  zu  erhalten,  dagegen  stehen  uns  ans  zwei 
Armee-Korps  bei  den  wegen  Krampfaderbildnngen  entlassenen  Unter- 
offizieren und  Mannschaften  auch  die  Angaben  über  den  früheren  Beruf 
zar  Verfügung,  und  unter  diesen  sind  fast  alle  Berufsarten  vertreten,  ohne 
dass  sich  ein  besonderes  Ueberwiegen  einer  bestimmten  stehenden  Be- 
schäftigung aus  früherer  Zeit  unter  den  Erkrankten  nachweisen  Hesse. 
Puchelt*')  erklärt  das  Vorkommen  der  Varicositäten  durch  konstitutio- 
nelles Ueberwiegen  des  Venensystems  (Venosität),  Pigeauz**)  leitet  sie 
von  Anastomosen  der  Varicen  mit  Arterien  ab,  und  Rima'’^^)  spricht  von 

*)  Das  Vencnsystem  in  seinen  krankhaften  Verhältnissen.  Leipzig  1843. 

Rokitansky,  patholug.  Anatomie.  II.  S.  367. 


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einer  rücklänfigen  Bewegung  des  Blntes  ans  der  vena  cruralis  in  die 
saphena,  von  der  Leiste  gegen  den  Fnss  hinab. 

Alle  diese  Ansichten  haben  kaum  mehr  als  eine  geschichtliche  Be- 
deutung. In  erster  Linie  ist  es  unserer  Ansicht  nach  immer  die  Behiu- 
dernng  des  venösen  Abflusses,  welche  die  Varicenbildung  veranlasst,  eine 
Behinderung,  die,  wie  aus  den  oben  geschilderten  anatomischen  Ver- 
hältnissen hervorgeht,  gerade  im  Gebiet  der  vena  femoralis  sehr  leicht 
eintritt. 

Der  Blutabfluss  kann  behindert  sein,  — 

1.  sobald  ein  die  Wirkung  der  Schwere  aufhebendes  Mittel  des 
Kreislaufs  ausfällt,  d.  h.  sobald  die  Klappen  insuffizient  werden,  sobald 
die  blattreibende  Kontraktion  der  Muskeln  geschwächt  ist  oder  sobald  die 
Thoraxbewegungen  mit  ihrer  Saugkraft  des  Herzens  für  die  Ueberwiudang 
der  Schwere  der  Blntsäule  insuffizient  werden; 

2.  durch  Hindernisse,  welche  auf  den  abführenden  Gefässstamm 
komprimirend  einwirken.  Hierhin  gehören  Entzündungen  in  der  Umgebung 
desselben,  Geschwülste  verschiedener  Art  und  ferner  auch  die  unter  nor- 
malen Verhältnissen  verengenden  Muskelränder,  Fascien  etc.; 

3.  durch  Thromben  und  entzündliche  Prozesse  an  der  Gefasswand 
selbst,  die  wir  unter  dem  Namen  Phlebitis  und  Endopblebitis  zusammen- 
zufassen  pflegen. 

Die  saugende  Kraft  des  Thorax  und  speziell  des  rechten  Herzens 
lässt  nach,  wie  wir  wissen,  sobald  krankhafte  Veränderungen  am  Herzen 
oder  den  Lungen  sich  einstellen  oder  sobald  die  Herzthfitigkeit  im  Allge- 
meinen geschwächt  wird  oder  bei  gleichzeitiger  Erkrankung  der  Unterleibs- 
organe abnorme  Widerstände  zu  überwinden  hat.  So  finden  wir  denn 
auch  unter  unseren  860  Fällen  als  ätiologisches  Moment,  besonders  bei 
Leuten,  die  über  12  Jahre  gedient,  zum  Theil  eine  20jäbrige  Dienstzeit 
hinter  sich  haben,  chronische  Langen-  und  Brouchialkatarrhe  (3  mal), 
Emphysem  der  Lungen  (7 mal),  Herzfehler,  Mitralinsuffizienz  und  Aorten- 
stenose (2  mal),  chronische  Mageokatarrhe  und  Leberschwellungen  (4  mal), 
allgemeine  Fettleibigkeit  (3 mal),  chronischen  Gelenkrheumatismus  (2mal) 
und  verminderte  Leistungsfähigkeit  im  Allgemeinen  mit  geschwächter  nnd 
unregelmässiger  Herzaktion,  Atrophie  der  Muskulatur,  Dünnheit  der 
Venenhäute  etc.  (8  mal)  vertreten. 

ln  allen  diesen  Fällen  waren  die  Venen  an  den  unteren  Extremitäten 
so  hochgradig,  bald  cylindriscb,  bald  knotenförmig  erweitert,  dass  sie  den 
Grund  für  die  Dienstentlassung  resp.  Invalidisirung  abgaben. 


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477 


Dass  das  langjährige  Spielen  von  Blasinstrumenten  Erweiterungen 
der  snbkntanen  Venen  veranlassen  kann,  ist  bekannt  und  aus  der  Ver- 
minderung der  Saugkraft  des  emphysematosen  Thorax  leicht  erklärlich, 
und  so  verfügen  wir  denn  auch  über  mehrere  Fälle  der  Art. 

Sehr  häufig  ist  uns  von  den  Attestansstellern  als  Qrund  für  die 
Entstehung  des  Leidens  einfach  die  langjährige  Dienstzeit  angegeben 
worden,  und  in  der  Tbat  sind  ja  die  Anforderungen,  die  der  militärische 
Dienst  an  die  Körperkraft  im  Allgemeinen,  wie  an  die  Thätigkeit  ein- 
zelner inneren  Organe,  speziell  der  Longen  und  des  Herzens  stellt,  der- 
artige, dass  eine  Abnutzung  während  längerer  Dienstzeit  wohl  erklärlich 
ist,  welche  dann  ohne  äussere  oder  innere  Zirkulationsbindernisse  doch 
eine  Stauung  im  Venenblutahfluss  herbeiföhren  kann;  allerdings  muss 
dann  eine  gewisse  Schwäche  der  Venen  wände  sJs  prädisponirendes 
Moment  angenommen  werden.  Dieselbe  Schwäche  der  Venen  Wandungen 
und  Ungleichheit  in  ihrer  Dicke  an  verschiedenen  Stellen  (cfr.  oben 
Soboroff)  müssen  wir  auch  in  den  Fällen  annehmen,  wo  nach  längerem 
Stillliegen,  ohne  dass  die  Herzkraft  verringert  oder  die  Venen  etwa 
thrombosirt  sind,  sich  Venenerweiternngen  ausgebildet  haben,  wenn  auch 
dem  Fehlen  der  bluttreibenden  Kontraktion  der  Muskeln  bei  den  nach 
längerem  Stillliegen  sich  entwickelnden  Venenerweiterungen  eine  grosse 
Bedeutung  zoznschreiben  ist. 

Ein  hierauf  bezüglicher  Fall  ist  uns  ans  einem  Feld  - Artillerie- 
Regimente  der  Armee  mitgetheilt  worden,  und  da  derselbe  nicht  auf 
Grund  der  Dienstbeschädignng,  sondern  der  mehr  als  8jährigen  Dienst- 
zeit zur  Entlassung  kann  und  somit  auch  späterhin  keine  Erwähnung 
finden  wird,  wollen  wir  ihn  hier  kurz  mittheilen:  Der  Trompeter  K. 
stürzte  am  18.  Juli  1881  mit  dem  Pferde  und  zog  sich  dadurch  eine 
Erschütterung  der  Wirbelsäule  zu,  die  Schwäche  und  Tanbsein  in  den 
Beinen  hinterliess,  auf  welche  sehr  bald  „ohne  äussere  Beschädigung  oder 
Thrombosirong  der  Venen,  ohne  dass  eine  länger  anhaltende  Muskel- 
läbmung  des  Schenkels  mit  ihrem  nothwendig  retardirenden  Einfluss  auf 
die  Fortbewegung  des  Blutes  in  den  venösen  Oefassen  nachgewiesen 
Verden  konnte“  ausgedehnte  Varicenbildungen  an  den  unteren  Extremi- 
täten folgten,  welche  die  Entlassung  des  K.  veranlassten. 

Hier  hat  die  durch  die  Erschütterung  der  Wirbelsäule  veranlasste 
Lähmung  der  muskulösen  Elemente  der  Gefässwandungen,  die  wir  trotz 
der  fehlenden  Muskellähmung  doch  wohl  anzunehmen  gezwungen  sind, 
za  Erweiterungen  an  einzelnen  dünneren  oder  in  ihrer  Lage  beengten 
Stellen  geführt  und  die  dadurch  bedingte  Zerrung  und  Inaktivitälsatropbie 


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478 


der  Klappen  hat  dann  der  weiteren  Dilatation  und  Stauung  Vorschub  ge- 
leistet. — Der  verminderten  Saugkraft  des  Herzens  bei  gleichzeitiger 
Prädisposition  der  Venenwandungen  zu  Erweiterungen  sind  dann  auch 
wohl  alle  die  Fälle  znznschreiben,  wo  oberflächliche  Varicen  in  direktem 
Anschluss  an  anstrengende  Märsche,  längere  Bergpartien  etc.  entstehen. 
Der  ermüdende  Marsch  wirkt  auch  ermüdend  auf  die  Herzlhätigkeit,  der 
Blutabflnss  ans  den  unteren  Extremitäten  wird  trotz  der  kräftigen  Muskel- 
aktion  doch  bei  der  gleichzeitig  verminderten  Saugkraft  des  Herzens  ver- 
langsamt und  erschwert.  Fälle  der  Art  sind  uns  ans  der  Armee  mehr- 
fach mitgetheilt  worden  und  Anden  sich  auch  unter  den  ersten  18  der 
Dienstbeschädigungen  verzeichnet. 

Wir  kommen  bei  der  Besprechung  der  verschiedenen  Formen  der 
Varicen  sowie  bei  Beurtheilung  der  Dienstbescbädigung  noch  einmal  auf 
die  Entstehung  der  oberflächlichen  Erweiterungen  nach  starken  Mnskel- 
anstrengungen  zurück;  es  sei  nur  hier  schon  angedeutet,  dass  den  ober- 
flächlichen oft  tiefe  Varicen  vorangegangen  sind. 

Nur  ein  einziger  Oefässstamm  führt,  wie  wir  gesehen  haben,  das 
Blut  aus  der  unteren  Extremität  in  das  Becken  zurück;  eine  direkte 
Kompression  dieses  Stammes  am  annnlns  crnralis  muss  also  nothwendig 
eine  Stauung  des  Blutes  herbeifübren.  Dass  dieser  Stauung  eine  Aus- 
buchtung der  Venenwandungen  an  verschiedenen  Stellen  folgen  kann,  ist 
nach  der  oben  (Soboroff)  beschriebenen  Beschaffenheit  der  Venen- 
wandungen  etc.  wohl  leicht  erklärlich,  wenn  auch  v.  Lesser*)  durch 
Tbierexperimente  nacbznweisen  versucht  bat,  dass  die  Wirkung  des 
Verschlusses  der  vena  femoralis  sich  nur  in  einer  cylindrischen  Er- 
weiterung sämmtlicber  und  besonders  der  oberflächlich  gelegenen  Venen- 
stämme äussert,  eine  knotige  Erweiterung  niemals  zur  Beobachtung 
käme. 

Die  Erfahrung  lehrt,  dass  beim  Menschen  cylindrisebe  und  knotige 
Erweiterungen  als  direkte  Folge  einer  Verengerung  des  ausführenden 
Stammes  nebeneinander  sehr  häufig  auftreten. 

So  verfügen  wir  über  acht  Fälle,  wo  nach  Leistendrüsenentzündungen, 
Tripper-  und  syphilitischen  Bubonen  und  Ausschälung  der  Drüsen  Krampf- 
aderknoten zur  Entlassung  der  Leute  führten,  nachdem  der  abführende 
Stamm  bald  durch  Narbenbildung  oder  entzündliche  Schwellung  in  der 
Umgebung,  bald  durch  harte  Drüsenpackete  verengt  oder  längere  Zeit 
hintereinander  komprimirt  war.  Einmal  führte  Quetschung  des  Hodens 

*)  1.  c. 


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479 


und  der  Leistengegend  nasser  Varicocele  auch  noch  Varicen  an  der  ver- 
letzten Seite  herbei.  — In  fünf  Fällen  ferner  übte  das  Bruchband  bei 
luguinalhernien  diesen  Druck  aus,  und  zweimal  war  es  eine  Schenkel- 
bernie,  welche  die  Verengerung  an  dem  abführenden  Stamme  berbei- 
fübrte.  In  allen  diesen  Fällen  handelte  es  sich  um  Krampfaderknoten 
theils  ohne,  tbeils  mit  cylindriscber  Erweiterung  der  Blutadern. 

Erwähnen  will  ich  an  dieser  Stelle  auch  noch  des  vereinzelt  da- 
stehenden Falles,  wo  ein  Mann  wegen  einer  recbteeitigen  Varicocele  mit 
gleichzeitig  bestehenden  cylindrischen  Erweiterungen  der  Blutadern  der 
rechten  unteren  Extremität  entlassen  werden  musste,  nach  Perityphlitis, 
welche  ein  deutlich  nachweisbares  Exsudat  hinterlassen  hatte.  Leider 
gebt  aus  dem  Attest  nicht  hervor,  inwieweit  die  Krampfadern  mit  dem 
Exsudat  in  Beziehung  zu  bringen  sind,  doch  scheint  uns  eine  nahe  Be- 
ziehung zwischen  beiden  bei  dem  vorher  gesunden  Manne  wohl  erklärlich. 
Auch  Verstauchung  des  Hüftgelenkes  mit  grösserem  Blutanstritt  in  die 
Umgebung  wird  vorgeschichtlich  zweimal  für  die  Krampfaderbildung  an- 
gezogen, ferner  Bruch  beider  Oberschenkelknochen  mit  massiger  Callus- 
bildung  und  Quetschung  der  Oberscbenkelweichtheile  durch  grosse  Ge- 
walteinwirkung  je  einmal.  Nächst  der  Leistengegend  ist  es  die  Kniekehle, 
wo,  wie  wir  gesehen  haben,  schon  von  Natur  im  Moment  starker 
Muskelanstrengnng  eine  Verengerung  des  Venenstammes  durch  die  eiu- 
klemmende  Fascie  und  eine  Hemmung  des  Blutrückflusses  stattzufinden 
pflegt,  eine  Hemmung,  die  besonders  wirksam  wird,  wenn  noch  die  Um- 
gebung des  Venenstammes  bei  Schwellung  nach  entzündlichen  Vorgängen 
komprimirend  einwirkt.  Chronische  Kniegeleukentzünduugen  und  Ver- 
stauchungen mit  nachweislichen  Residuen  in  der  Umgebung  des  Gelenkes 
sind  dann  auch  unter  unseren  Fällen  siebenmal  als  Grund  für  die  Ent- 
stehung von  Varicen  an  den  Unterschenkeln  anfgeführt. 

Hieran  reiben  sich  vier  Fälle  von  Distorsionen  des  Fussgelenkes, 
zwei  Fälle  von  Erfrierung  der  Füsse,  zwei  Schass  Verletzungen  des  Fusses 
and  eine  solche  des  Oberschenkels,  denen  Krampfaderbildungen  in  direkter 
Folge  sich  anschlossen.  Zellgewebs-  und  Lymphgefässentzündungen  mit 
den  nachfolgenden  und  bleibenden  Narben  und  Verwachsungen,  aus 
inneren  oder  äusseren  Ursachen  entstanden,  oft  mit  Phlebitis  im  Gefolge 
liefern,  wie  wir  wissen,  mit  das  häufigste  Hinderniss  für  den  Venen- 
kreislanf  an  der  unteren  Extremität.  Besonders  bei  jüngeren  Leuten  sind 
die  von  Varicen  umgebenen  Hautnarben,  die  wir  so  häufig  in  grösserem 
Umfange  bei  Varicenbildungen  antreffen,  nicht  die  Folge  varicöser  Ge- 
schwüre, sondern  in  der  grossen  Mehrzahl  der  Fälle  handelt  es  sich  um 


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480 


änsaere  Einflägse,  Stiefeldrack,  Hufschlag,  KoDtasionen  aller  Art,  welche 
nach  Ablauf  der  durch  sie  bedingteu  ZellgewebsentzünduDgen  die  Varicen 
erst  entstehen  Hessen. 

In  10  unserer  Fälle  war  auf  solche  äusseren  Einflüsse  hin  entstandene 
Zell-  und  Lymphgefässentzündnng  die  direkte  Veranlassung  zur  Ent- 
stehung der  vordem  auch  nicht  in  Andeutungen  vorhandenen  Varicen; 
und  weitere  22  Leute,  die  der  Varicen  wegen  zur  Entlassung  kamen, 
zeigten  Narben  von  früher  überstandenen  Entzündungen,  die,  bald  mit 
dem  Knochen  verwachsen,  bald  weit  in  die  Tiefe  reichend,  als  Grand 
für  die  Entstehung  der  Varicen  angesehen  werden  mussten. 

Besondere  Erwähuung  verdient  auch  das  Hinderniss,  welches  durch 
den  sogenannten  Plattfuss  dem  Venenblutkreislauf  geboten  ist.  Schon 
bei  normal  gewölbtem  Fusse  veranlasst  das  Auftreten  ein  Entweichen 
des  Blutes  aus  den  tiefgelegenen  Venen  der  Richtung  der  Klappen  ent- 
sprechend in  die  Saphenae;  um  wie  viel  mehr  müssen  die  letzteren  be- 
lastet werden,  wenn,  wie  es  beim  Plattfuss  der  Fall,  die  aponeorosis 
plantaris  erschlafft,  die  Bänder  gedehnt  sind,  der  Druck  des  Auf- 
tretens auf  die  ganze  Sohlenfläcbe  vertheilt  und  gleichzeitig  bei  starker 
Kontraktion  der  Unterschenkelmuskeln  ein  Entweichen  des  Blutes  in  die 
tiefen  Venen  (der  Klappenrichtnng  gemäss)  in  hohem  Grade  erschwert 
ist.  Da  Leute  mit  ausgebildetem  Plattfuss  nicht  zur  Einstellung  kommen, 
so  ist  das  diesbezügliche  Material  in  unserer  Sammlung  auch  nicht 
reichhaltig.  Immerhin  finden  wir’ aber  achtmal  Plattfuss  mit  Varicen 
komplizirt  und  ersteren  als  Grundursache  für  die  Entstehung  der  letzteren 
aufgefübrt. 

Gaujot*)  rechnet  zu  den  Ursachen  für  die  Entstehung  der  Varicen 
wie  der  Varicocele  bei  Soldaten  auch  noch  die  Einengung  des  Leibes 
durch  Kleidung  und  Lederzeug,  sowie  die  allgemeine  Belastung  durch 
Gepäck  und  Waffen.**)  Das  häufige  Vorkommen  beider  linkerseits, 
was  er  der  Varicocele  wie  den  Varicen  gleichmässig  zuspricht,  erklärt 
er  daraus,  dass  bei  den  meisten  militärischen  Anstrengungen  die  links- 
seitige Muskulatur  in  Kontraktionsstellnng  immobilisirt  werde,  um  als 
Stützpunkt  zu  dienen  für  die  aktive  Bewegung  der  rechten,  freigelassenen 
Seite.  Die  dadurch  bedingten  wiederholten  und  andauernden  Muskel- 
kontraktionen des  Abdomens  und  der  linken  Seite  sollen  eine  Stauung 
und  Erweiterung  der  Venen,  besonders  der  des  Samenstranges,  aber 
auch  der  Venen  der  linken  unteren  Extremität  berbeiführen,  wie  denn 

*)  I.  e. 

**)  Fall  10  der  Dienstbeschüdigungeii. 


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481 


aach  nach  Ganjot  Varicen  wie  Varicocele  mehr  links,  Hernien,  die 
durch  denselben  Mechanismas  entstehen,  mehr  rechts  Vorkommen.  Nan 
steht  ja  in  der  That  das  vorwiegende  Vorkommen  der  Varicocele  auf 
der  linken  Seite  fest,  wie  denn  anch  unter  unseren  mit  Varicen  kompli* 
zirten  55  Fällen  50  die  linke  Seite  betreffen  und  unter  den  uns  sonst 
aus  der  Armee  mitgetheilten  160  Fällen  von  Varicocele  149  linksseitige, 
nnr  3 rechtsseitige  (8  beiderseits)  sind;  indessen  sollte  man  doch  vor 
allen  Dingen  die  anatomischen  Verhältnisse  berücksichtigen,  — die 
rechtwinkelige  Einmündung  der  vena  spermatica  sinistra  in  die  vena 
renalis,  während  rechts  die  Einmündung  der  vena  spermatica  in  die 
Cava  spitzwinkelig  ist,  den  Druck,  welchen  die  Samengefässe  links  durch 
die  flexura  sigmoidea  erleiden,  das  tiefere  Herabhängeu  des  linken  Hodens 
an  und  für  sich,  — ehe  man  die  besonderen  Eigenthümlichkeiten  des 
aktiven  Militärdienstes  für  die  Entstehung  des  anch  bei  Nichtsoldaten 
meist  links  vorkommenden  Leidens  verantwortlich  macht;  besonders  in 
dem  Lebensalter,  wo  anch  die  Thätigkeit  der  samenhereitenden  und  zu- 
führenden  Organe  mit  dem  Erwachen  des  Geschlechtstriebes  eine  leb- 
haftere wird  und  grössere  Blntzafnhr  veranlasst  — Bezüglich  des  vor- 
wiegenden Vorkommens  der  Varicen  linkerseits  bei  den  Soldaten  ist 
zunächst  zu  betonen,  dass  unter  unseren  oben  erwähnten  55  Fällen  von 
Varicocele  nnr  18  mit  linksseitigen,  31  mit  beiderseitigen,  6 mit  rechts- 
seitigen Varicen  vergesellschaftet  waren. 

Für  unsere  sämmtlichen  860  Fälle  von  Varicen  bei  Soldaten  stellen 
sich  die  Zahlen  so,  dass  auf  die  linke  Seite  281,  auf  die  rechte  l9l,  und 
auf  beide  Seiten  zugleich  388  entfallen.  Die  Vorliebe  der  linken  Seite 
für  die  Erkrankung  ist  demnach  doch  wohl  kaum  eine  so  grosse,  wie 
sie  Ganjot  glaubt  annehmen  zu  müssen. 

Immerhin  wollen  auch  wir  dem  militärischen  Rüstzeug  etc.  in  Ver- 
bindung mit  den  militärischen  Anstrengungen,  dem  vielen  Aufrechtstehen, 
forcirten  Märschen  etc.  nicht  jede  Bedeutung,  besonders  für  die  Ver- 
schlimmernng  einer  schon  bestehenden  Venenerweiterung  absprechen, 
zumal  erfahrnngsgemäss,  wenigstens  bei  den  mit  Varicocele  in  den  Dienst 
tretenden  Leuten,  das  Leiden  im  Dienst  gewöhnlich  bald  znnimmt.  So 
wurden  laut  Statistischen  Sanitätsberichts  in  den  vier  Jahren  1878  bis 
1882  174  Mann,  und  zwar  nach  Anlage  I zu  § 7 d.  R.  O.  Bachstabe  r: 
10,  nach  Anlage  4 zu  § 9 d.  R.  O.  sub  56:  142,  und  nach  Anlage  IVa 
d.  D.  A.  sub  56:  22  als  dienstunbrauchbar  entlassen.  Von  den  142  bald 
nach  der  Einstellnng  oder  doch  vor  vollendeter  Ausbildung  Entlassenen 
hatten  129  das  Leiden  schon  vor  der  Einstellung,  und  von  den  22  bereits 

31 


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48-2 


aasgebildeten  Leuten  10,  so  dass  — die  ersten  10  abgerechnet  — bei  139 
von  164,  also  bei  84,75  pCt.  der  wegen  Varicocele  Entlassenen  eine  V'er- 
schlimmerung  des  Leidens  während  der  Dienstzeit  oder  doch  nach  der 
Einstellung  eintrat,  wenn  auch  wohl  ein  grosser  Theil  jener  129  Mann 
gleich  nach  der  Einstellung,  noch  bevor  der  Dienst  etwaige  schädliche 
Einflüsse  äussern  konnte,  zur  Entlassung  gekommen  ist.  Jedenfalls  er- 
sehen wir  aus  diesen  Zahlen,  dass  die  Einstellung  der  mit  leichter 
Varicocele  behafteten  Militärpflichtigen  einige  Vorsicht  erheischt. 

Die  den  Blutkreislauf  hemmende  Wirkung  der  militärischen  Kleidung 
finden  wir  bei  unseren  Soldaten  nur  in  den  auch  aus  anderen  Gründen 
schon  vielfach  angefochtenen  hohen  Stiefeln  der  Kürassiere.  Die  beim 
Reiten  in  der  Kniekehle  sich  bildende  Falte,  die  vielfach  zu  Haut- 
entzündungen etc.  Veranlassung  zu  geben  pflegt,  übt  offenbar  auch  einen 
Druck  auf  die  abführenden  Gefässstämme  ans,  der  bei  der  unter  starker 
Muskelkontraktion  schon  an  und  für  sich  gerade  in  der  Kniekehle  be- 
hinderten Blutströmung  recht  bedeutungsvoll  werden  kann.  Fall  24  unserer 
Dienstbeschädigungen  giebt  hierfür  ein  Beispiel. 

Noch  ein  anderes  ätiologisches  Moment  für  die  Varicenbildungen, 
welches  besonders  unter  militärischen  Verhältnissen  wohl  eine  grosse 
Rolle  spielen  kann,  wird  von  mehreren  Autoren  und  besonders  von 
Negretti*)  als  bisher  immer  noch  nicht  genug  gewürdigt  aufgeführt. 
Das  ist  für  die  Varicenbildung  der  unteren  Extremitäten  — neben  den 
äusseren  Verletzungen  und  mechanischen  Einflüssen,  denen  gerade  die 
unteren  Gliedmaassen,  und  zwar  im  militärischen  Dienste  mehr  als  unter 
anderen  Verhältnissen  ausgesetzt  sind,  und  deren  Häufigkeit  oben  bereits 
Erwähnung  gefunden  hat,  auch  aus  der  Zahl  der  Dienstbescbädignngen 
zur  Genüge  zu  ersehen  ist  — der  Einfluss  von  Erkältungen,  die  ebenso 
wie  die  Kontusionen  subakute  und  chronische  Phlebitis  hervorrnfen, 
welche  dann  mit  allen  ihren  Folgezuständen  und  Ausgängen,  wie  Ver- 
engerung oder  Dilatation  der  Venen,  Auflagerung,  Verdickung,  Verfettung 
der  Wandungen,  Zerstörung  der  Klappen,  Verkalkung  etc.,  die  Varicen 
entstehen  lässt.  Auch  unter  unseren  Fällen  finden  sich  mehrere,  wo  uns 
lediglich  „Manöverdurchnässungen“  als  Grund  für  die  Entstehung  des 
Leidens  angegeben  sind.  — Die  Thätigkeit  der  Muskulatur  trägt  (vergl. 
oben)  im  Allgemeinen  dazu  bei,  den  Rückfluss  des.  Blotes  in  den  Venen 
zu  fördern;  nur  wenn  die  Kontraktion  der  Muskeln  eine  anhaltende, 
sehr  energische  ist,  werden  die  abführenden  Venenstämme  durch  Mnskel- 

*)  1.  c. 


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483 


and  Fascienringe  abgeschnürt,  oder  doch  verengert.  So  iet  der  Druck, 
den  die  Aponeurose  in  der  Kniekehle  anf  die  EinmündnngBStelle  der 
vena  saphena  posterior  in  die  Poplitea,  am  Schenkelring  auf  die  Ein- 
mündung der  saphena  magna  in  die  vena  cruralis  ausnbt,  in  dieser 
Hinsicht  von  grosser  Bedeutung. 

Wie  verhält  es  sich  nun  am  Schenkel  mit  den  intra-  und  inter- 
muskulären  Venen,  sobald  die  Muskulatur  sich  kontrahirt? 

Dieselben,  in  der  Tiefe  «wischen  und  in  den  Muskelbänchen  gelegen, 
mit  ihren  bald  geraden,  bald  im  Bogen  verlaufenden  Anastomosen,  müsseu 
DOtbwendigerweise  gezerrt  und  zusammengepresst  werden.  Die  znsammen- 
gepressten  Gefässe  erhalten,  der  Klappenanordnuug  gemäss,  Blut  von  der 
Oberfläche  her,  das  sie  nicht  anfzunehmen  im  Stande  sind,  es  entsteht  eine 
Stauung  im  Kreislauf,  die  sich  in  der  dem  Blutstrom  entgegengesetzten 
Richtung  fortpflanzt,  und  bei  häufiger  Wiederholung  dieser  Stauung  an  be- 
stimmter Stelle  kommt  es  zu  einer  Erweiterung  der  Venen  in  der  Tiefe 
die,  sobald  die  Klappen  insuffizient  werden,  sich  in  der  Richtung  nach  der 
Oberfläche  zu  ansdehnt.  Meist  werden  derartige  Varicen  in  der  Tiefe 
sieb  langsam  entwickeln,  durch  fortgesetzte  energische  Kontraktion  der- 
selben Muskeln  veranlasst,  und  sie  werden  für  gewöhnlich  erst  zur 
KeDntniss  des  Patienten  wie  des  Arztes  kommen,  wenn  die  Erweiterungen 
sieb  bis  an  die  Oberfläche  ausgedehnt  haben. 

Indessen  kann  ein  solcher  tiefliegender  Varix  auch  wohl  plötzlich 
entstehen,  wenn  eine  plötzliche  besonders  starke  Anstrengung  bestimmter 
Muskeln  eine  hochgradige  Zerrung  und  Kompression  und  bei  ununter- 
brochen weiterem  Blutzufluss  zu  der  gezerrten  oder  komprimirten  Stelle 
eine  besonders  hohe  Spannung  daselbst  berbeifuhrt.  In  letzterem  Falle 
wird  die  Entstehung  des  Varix  nicht  ohne  Schmerzempfindnng  vor  sich 
gehen. 

Die  plötzliche  Blutstauung  an  umschriebener  Stelle,  die  unmittelbar 
darauf  folgende  Dehnung  und  Zerrung  der  Oefässwand  wird  nun  in  der 
Thst  häufig  als  ein  plötzlich  in  der  Tiefe  auftretender  Schmerz  em- 
pfanden, auf  den  die  Verletzten  die  weitere  Entwickelung  ihrer  Krampf- 
adern zurückzuführen  versuchen. 

Dass  — bei  Fehlen  sonstiger  Strömungshindernisse  — durch 
energische  Muskelanstrengung  am  Schenkel  zuerst  oberflächliche  Varicen 
entstehen,  ist  somit  schon  der  Klappenrichtnng  wegen  ausgeschlossen.  Nur 
in  den  Venen  - Anastomosen  des  m.  solens  sind  die  Etappen  nach  der 
Peripherie  bin  gerichtet,  hier  wurde  also  eine  Ueberfüllung  oberflächlicher 
Venen  bei  Kontraktion  des  Muskels  möglich  sein.  Allerdings  wird  man 

31* 


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sehr  bänfij;  kaum  in  der  Lage  sein,  die  tiefliegenden  Varicen,  die  doch 
unter  solchen  Umständen  bei  dem  Bestehen  von  oberflächlichen  stets 
schon  vorher  vorhanden  waren,  durchzufühlen.  Indessen  hat  V erneuil*) 
doch  einige  Symptome  tiefliegender  Varicen  hervorgehoben,  die  schon 
frühzeitig,  bevor  sich  oberflächliche  zeigen,  für  die  Diagnose  vervrerthbar 
sind  und  die  auch  wir,  besonders  nach  Einstellung  der  Bekruten,  hin 
und  wieder  von  Nenem  zu  beobachten  Gelegenheit  hatten. 

Nach  längerem  angestrengten  Marschiren  oder  Äufrechtstehen  klagen 
die  betreffenden  Patienten  über  ein  Gefühl  von  Schwere  und  Vollsein  in 
den  Waden,  von  Stechen  nnd  Prickeln  in  der  Tiefe  wie  anf  der  Ober- 
fläche und  fast  immer  über  das  immer  von  Nenem  wiederkebrende 
Gefühl  von  Eingeschlafensein  der  Beine.  Während  von  äusseren  Venen- 
erweiterungen  nichts  zu  sehen  ist,  erscheint  die  Enöcbelgegend  ge- 
wöhnlich ganz  leicht  ödematös  und  an  dieser  Stelle,  wie  in  dem  Knie- 
gelenk empfinden  die  Patienten  dann  anch  ein  Gefühl  von  Schwäche 
und  leichter  Schmerzhaftigkeit  bei  Bewegung.  Alle  diese  Erscheinungen 
gehen  bei  horizontaler  Lagerung  und  Einwickelnng  des  Gliedes  zurück, 
wiederholen  sich  indessen  nach  neuen  Anstrengungen,  bis  nach  Ablauf 
längerer  Zeit  auch  die  Erweiterung  der  subkutanen  Venen  sichtbar  wird. 
Zuweilen  gelingt  es  schon  frühzeitig,  in  der  Tiefe  feste  Venenknoten 
durchznfühlen,  nnd  bei  intramuskulären  Venen  bietet  der  Muskel  nach 
VerneniTs  Angabe  dem  tastenden  Finger  zuweilen  das  Gefühl  dar, 
wie  man  es  bei  der  Varicocele  findet.  Der  erschlaffte  Muskel  ist  von 
unebener  Oberfläche  und  es  gelingt,  die  in  ihm  liegenden  Varicen,  an- 
einandergereiht oder  vereinzelt,  als  weich  elastische  Knoten  innerhalb 
des  Muskels  abzugrenzen. 

Als  weiteres  Symptom  kommt  hinzu  der  plötzlich  anftretende  und 
bei  Horizontallagerung  schwindende  Schmerz , der  besonders  intensiv  bei 
intramuskulären  Varicen  sein  muss,  da  hier  die  erweiterten  Venen  nicht 
so  auszuweichen  vermögen,  wie  in  dem  lockeren  Bindegewebe,  — ausser- 
dem aber  auch  häufig  im  Bogen  um  das  erweiterte  GeGiss  herumgehen 
nnd  so  erst  recht  dem  Druck  eines  Varix  ausgesetzt  sind.  Anch  die 
sogenannten  Wadenkrämpfe,  die  krampfhaften  Muskelkontraktionen  — 
nach  Birch  - Hirsch feld  die  Folge  der  gestörten  Zirkulation  im 
Muskel  — pflegen  gerade  bei  intramuskulären  Phlebektasien  am  stärksten 
zu  sein.  Wenn  somit  schon  der  Schmerz  die  intramuskulären  Varicen 
häufig  recht  unerträglich  macht,  so  ist  ausserdem  die  Gefahr  einer 
Beratung  bei  diesen  ganz  besonders  gross. 

*)  cfr.  S.  134  No.  10  der  Litteratur. 


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485 


Während  die  intermusknlären  Anastomosen  der  Venen  meist  im 
Bogen  Tcrlanfen  und  ihnen  somit  in  dem  lockeren  Zellgewebe  die  Mög- 
lichkeit gegeben  ist,  einem  Muskeldruck  zn  weichen  oder  eine  Zerrung 
aaszuhalten,  dnrchschneiden  die  intramuskulären  den  Muskel  in  gerader 
Linie.  Zieht  letzterer  sich  zusammen,  so  erfährt  die  in  ihm  fest  ein- 
gelagerte Vene,  die  der  Kontraktion  zn  folgen  gezwungen  ist,  eine 
Zerrung,  die  bei  yaricöser  Erweiterung  leicht  zu  einer  Zerreissnng  mit 
allen  ihren  schweren  Folgezuständen  führen  kann.  Der  bei  einer  solchen 
plötzlich  anftretende  heftige  Schmerz,  verbunden  mit  vollkommener  Oe- 
branchsnnfäbigkeit  des  Gliedes,  von  den  Franzosen  als  ^coup  de  fouet“ 
bezeichnet,  ist  in  früheren  Jahren  bald  auf  Muskel-,  bald  auf  Sehnen- 
zerreissungen  zurückgeführt  worden,  bis  Vernenil,  gestützt  auf  mehrere 
schwere,  tödtlich  verlaufene  und  secirte  Fälle  die  Zerreissnng  tiefer 
Krampfadern  als  Grund  für  denselben  nachwies. 

Diese  Behinderung  im  Venenkreislauf  durch  die  Muskelkontraktionen 
mit  der  nachfolgenden  Entwickelung  tiefer  Varicen  spielt  unserer  Ansicht 
nach  gerade  im  militärischen  Leben  eine  gewaltige  Rolle.  Es  wird  Jeder 
gern  zugeben,  dass  der  Soldat,  selbst  wenn  er  vordem  in  der  Heimath 
angestrengt  zu  arbeiten  gewohnt  war,  doch  an  seine  Muskulatur  wesent- 
lich höhere  Anforderungen  zu  stellen  genöthigt  ist  als  vordem,  und  dass 
er  häufig  in  die  Lage  kommt,  bestimmte  Muskelgruppen  plötzlich  in 
energische  Kontraktion  versetzen  zn  müssen. 

Wenn  uns  bei  einer  grossen  Zahl  unserer  Krampfaderfälle  ans  der 
Armee  bald  „angestrengter  Marsch  im  Manöver“,  bald  „Schenkelschluss 
bei  fortgesetztem  Reiten  schwieriger  Pferde“,  bald  „Heben  schweren  Ge- 
schützes“ als  einzige  Ursache  für  die  Entstehung  des  Leidens  angegeben 
wird,  so  können  wir  uns  die  Entwickelung  der  Krampfadern  eben  nur  in 
der  oben  beschriebenen  Weise  denken  und  müssen  annehmen,  dass  zu- 
oächst  tiefe  Varicen,  dann  erst  im  Lauf  der  Zeit  oberflächliche  ent- 
standen sind. 

Uebrigens  ist  auch  mehrfach  angegeben  worden,  dass  ein  plötzlich 
bei  irgend  einer  Uebung  in  der  Tiefe  der  Weichtbeile  aufgetretener 
Schmerz,  das  Zeichen  für  die  plötzliche  Dehnung  der  Gefflsswand  an 
umschriebener  Stelle,  als  Ausgangspunkt  für  das  später  zur  Entwickelung 
gekommene  Leiden  von  den  Erkrankten  betrachtet  und  festgehalten  worden 
ist.  — Auch  die  Fälle,  wo  die  Krampfadern  infolge  von  Karrenschieben 
auf  der  Festung,  oder  stundenlangem  Tragen  starker  Fallisaden  entstanden 
sein  sollen,  gehören  hierher. 


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Inwieweit  in  jedem  einselnen  Falle  schon  tiefe  Vsricen  vor  dem 
Eintritt  bestanden  haben,  wird  sich  nur  schwer  entscheiden  lasseu. 
Jedenfalls  würde  manche  Invalidisirang  sich  vermeiden  lassen,  wenu 
jeder  Mann,  der  gleich  nach  der  Einstellung  mit  leichten  Oedemen  und 
den  sonstigen  oben  genannten  Anzeichen  tiefer  Varicen  zur  Revier- 
behandlung  kommt,  genau  hierauf  untersucht  und  eventuell  entlassen 
würde,  bevor  die  militärischen  Verhältnisse  für  die  Entstehung  der  bald 
folgenden  oberflächlichen  Venenerweiterungen  verantwortlich  gemacht 
werden  oder  gar  auf  eine  dienstliche  Veranlassung  hin  die  Ruptur  eines 
tiefen  Variz  erfolgt  Ferner  würde  manche  Streitigkeit  über  eine  etwaige 
Dieustbeschädigung  vermieden  werden  können,  wenn  man  bei  der  all- 
jährlich wiederkehreuden  Untersuchung  der  Kapitulanten  allgemein  auch 
auf  die  Veränderungen  der  tiefliegenden  Venen  Acht  geben  würde,  deren 
knotige  Beschaffenheit  inner-  oder  ausserhalb  des  Muskels  sich  doch  bin 
und  wieder  durchfühlen  lässt 

Zu  diesen  so  verschiedenartigen  Hindernissen  im  Venenblutrückflnss, 
für  welche  sich  auch  unter  den  hinten  angeführten  Dienstbeschädigungen 
Beispiele  finden,  kommt  noch  die  Verstopfung  eines  Venenstammes  durch 
den  Thrombus  als  Ursache  für  die  Entstehung  von  Varicen  hinzu.  Wir 
haben  der  Phlebitis  und  Thrombose  in  Verlauf  von  Zellgewebsentzün- 
dungen etc.  schon  oben  Erwähnung  gethan  und  wollen  hier  nur  noch 
der  Fälle  gedenken,  wo  Thrombenbildung  im  Anschluss  an  fieberhafte 
Krankheiten  den  Ausgangspunkt  für  die  Entwickelung  der  später  zur 
Dienstunbrauchbarkeit  führenden  Varicen  abgegeben  hat  Wir  finden 
Fälle  der  Art  unter  den  Dienstbeschädigungen;  und  auch  unter  den  als 
dienstunbrauchbar  Entlassenen  finden  sich  mehrere,  welche  die  Thrombose 
einem  Abdominaltjpbns  zu  danken  batten;  selbst  Varicenbildnng  und 
zwar  von  sehr  erheblicher  Ausdehnung  nach  Thrombose  infolge  von 
ezanthematisebem  Typhus  ist  unter  unseren  Fällen  einmal  zur  Beob- 
achtung gekommen.  Dass  eine  solche  Verlegung  eines  Venenstammes 
gerade  für  die  untere  Extremität  von  grosser  Bedeutung  ist,  liegt  bei 
den  überaus  mangelhaften  Abflnssverhältnissen  des  Vencnblutes  auf  der 
Hand.  Selbst  wenn,  wie  Braune  angiebt,  der  Thrombus  der  Femoralis 
meist  nicht  vollkommen  schliesst,  sondern  dem  Blotrückfluss  noch 
Kaum  lässt,  so  möchte  doch  nach  längeren  fieberhaften  Krankheiten  die 
Herzkraft  kaum  ausreichen,  um  das  Blut  in  genügender  Menge  durch  die 
verengte  Stelle  zu  treiben,  noch  viel  weniger  aber  genügen,  um  den 
Widerstand  der  dem  Blutrückfluss  entgegenstehenden  Klappen  in  den 
Anastomosen  zu  überwinden.  Hat  sich  aber  unter  solchen  Umständen 


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im  Laafe  der  Zeit  erst  eine  Erweiterung  der  Venen  gebildet,  so  wird 
bei  der  Zunahme  der  Erweiterung  in  der  dem  Blutstrom  entgegen- 
gesetzten Richtung  sehr  bald  die  Insuffizienz  der  Klappen  folgen  und 
damit  auch  jede  Möglichkeit  des  Schwindens  der  Varicen  nach  etwaigem 
Dnrchgängigwerden  der  thrombosirten  Stelle  ausgeschlossen  sein,'* ••)^) 

Die  Zahl  der  Varicenfälle,  bei  denen  kein  Grund  für  die  Entstehung 
angegeben  werden  konnte,  ist  indessen  doch  eine  bei  Weitem  grössere. 
In  allen  diesen  Fällen  bleibt  uns  nur  übrig,  mit  Birch-Hirscbfeld 
eine  angeborene  Schwäche  der  Venenwandnogen , wenn  es  sich  um 
cylindrische  Erweiterungen  handelt,  anzunehmen,  oder  mit  Soboroff 
bei  Krampfaderknoten  die  Ungleichheit  der  Stärke  der  Venenwand  an 
verschiedenen  Stellen  für  die  Entstehung  der  Knuten  verantwortlich  zu 
machen.  Im  Uebrigen  ist  das  besonders  häufige  Vorkommen  solcher 
anscheinend  grundloser  Phlebektasien  bei  Männern  gerade  in  der  mitt- 
leren Lebensperiode  allgemein  anerkannt;  bald  gehen  dieselben  von  den 
Stämmen  aus  und  setzen  sich  von  dort  auf  die  Verzweigungen  fort,  bald 
beginnt  die  Entwickelung  an  den  kleinsten  Venenwurzeln  und  geht  von 
dort  auf  die  Stämme  über;  nach  Hasse'^'^)  ist  indessen  ersteres  besonders 
bei  Männern,  letzteres  bei  Frauen  der  Fall.  Dass  an  den  unteren  Ex- 
tremitäten subkutane,  inter-  und  intramuskuläre  Venen  gleich  häufig  und 
oft  unabhängig  von  einander  erweitert  sind,  haben  wir  bereits  gesehen, 
indessen  müssen  doch  einzelne  Venen  als  besonders  bevorzugt  in  dieser 
Hinsicht  betrachtet  werden.  Zu  diesen  gehört  vor  allen  die  vena 
saphena  interna.  Wird  man  auch  der  schon  oben  erwähnten  ein- 
sebnürenden  Wirkung  des  processns  falciformis,  dem  Durchtritt  der 
Vene  durch  die  fascia  cribrosa  an  der  Stelle,  wo  auch  der  Schenkel- 
bruch durebtritt,  und  somit  zu  komprimiren  oder  zu  verengen  im  Stande 
ist,  den  an  der  Mündungsstelle  der  Venen  massenhaft  vertretenen  glan- 
dalis  lymphaticis,  der  Dünnheit  der  fascia  superficialis,  wodurch  den 
Wänden  der  Vene  der  rechte  Halt  fehlt,***)  der  häufig  schon  vorher  vor- 
handenen Insuffizienz  der  Klappen  an  der  Einmündungsstelle  etc.  ein 
wesentliches  Verdienst  für  die  Entstehung  der  ampullenartigen  Er- 
weiterung zngestehen  müssen,  so  ist  damit  doch  keineswegs  die  stark 
geschlängelte  und  sackig  ausgebnehtete  Form  erklärt,  die  gerade  im 

*)  Für  Krampfaderbildung  nach  Geschwülsten  der  Bauchhöhle  (Druck  auf  die 
Iliaca)  haben  wir  Beispiele  aus  der  Armee  nicht  erhallen. 

••)  Spee.  patholog.  Anatomie. 

***)  Forgeron,  Des  dilatations  ampullaires  de  la  saphene  ä son  embouchure. 
Thbe  1881. 


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Verlauf  der  saphena  interna  zur  Beobachtung  kommt  Hier  einfach 
cylindrisch  oder  spindelförmig  erweitert  mit  hypertrophischer  Wand  und 
atrophischer,  insuffizienter  Klappe,  dort  stark  verlängert  und  geschlängelt 
mit  knotenförmigen  Ausbuchtungen,  die  wiederum  untereinander  ver* 
schmolzen  sind  und  fast  den  Ban  des  kavernösen  Gewebes  zeigen,  bietet 
die  Vene  in  ihrem  Verlauf  ein  Bild  aller  Formen  der  Stammerweitemngen 
dar,  mit  Stasen,  Thromben,  Organisation  der  Gerinnsel,  Schrumpfung  der 
Knoten,  Pblebolithbildung  u.  dergl.  Gerade  die  auf  den  subkutanen 
Verlauf  des  Ilauptstammes  der  saphena  interna  beschränkten  Phlebektasien 
sind  trotz  der  geschwnlstartigen  Knotenbildnngen,  die  oft  die  Grösse 
einer  Wallnnss  und  darüber  erreichen,  meist  vollkommen  frei  von  den  io 
der  Umgebung  der  Knoten  an  anderen  Stellen  so  häufig  beobachteten 
Reiz*  und  Enczündongserscheinnngen : sie  zeigen  keine  Neigung  zu  Phlebitis 
und  Periphlebitis,  zum  Durchbruch  oder  zu  jauchiger  Erweichung  der 
Thromben,  sie  sind  nicht  von  Oedemen,  Ekzemen  und  Verdickungen  der 
Haut  gefolgt,  sondern  häufig  von  früher  Jugend  an  bestehend,  noch 
bevor  von  einer  besonderen  stehenden  Beschäftigung  des  Individuums  die 
Rede  sein  konnte,  sind  sie,  mit  dem  übrigen  Körper  allmählich  wachsend, 
von  den  Trägem  selbst  höchstens  als  ein  Curiosum,  kaum  aber  als  ein 
die  körperliche  Leistungsfähigkeit  irgend  wie  beeinträchtigendes  oder 
störendes  Leiden  empfunden  worden.  So  verhielt  es  sich  auch  in  dem 
oben  erwähnten  in  der  Charite  beobachteten  Falle;  ein  zweiter  derartiger 
ist  uns  in  der  Praxis  begegnet,  wo  die  Schlängelung  und  Knotenbildung 
am  Oberschenkel  Stärke  und  Gestalt  kindlicher  Darmwindungen  er- 
reichte und  zu  gleicher  Zeit  zahlreiche  Lipome  über  die  ganze  Oberfläche 
vertheilt  bestanden.  Noch  ein  zweiter  mit  Lipombildung  komplizirter 
derartiger  Fall  ist  uns  aus  der  Armee  mitgetheilt  worden. 

Liegt  non  nicht  bei  dieser  Form  der  Saphenenvaricen,  wenn  man 
das  Fehlen  aller  Reizerscheinnngen  in  der  Umgebung,  das  Fehlen  jeder 
Zirkulationsstörung  in  der  Extremität  berücksichtigt,  der  Gedanke  nahe, 
dass  es  sich  hier  um  eine  gutartige  Neubildung,  eine  Hyperplasie  der 
Elemente  der  Venenwandungen  handelt? 

Und  ist  dasselbe  nicht  anzunehmen  bei  den  besonders  auf  dem  Fass- 
rücken beobachteten,  durch  keinerlei  Zirknlationshindernisse  erklärten 
Wurzelerweiterungen,  die  oft  von  Handtellergrösse  sich  als  dicht  ver- 
zweigtes feinstes  Venennetz  in  der  Haut  abheben?  — Während  in 
letzterem  Falle  sich  die  Hauptstämme  fast  gar  nicht  an  der  Dilatation 
betheiligen,  zeigen  die  feinsten  Aeste  ein  dichtes  Netzwerk  kleinster 
Venen,  die  meist  röthlich  violett  durch  die  Haut  dorchschimmern,  hin 


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Dod  wieder  sich  aber  auch  als  dookelbraun,  fast  spezifisch  aussehende 
Flecke  (Ektasien  kapillarer  Venen)  darstellen  und  ohne  Trauma  beob- 
achtet sind.  Dass  solche  kapillaren  Ektasien  je  die  allgemeine  Leistungs- 
fähigkeit des  Trägers  besonders  behindert  hätten,  oder  dass  sie  durch 
die  sonst  bei  Varicen  beobachteten,  noch  weiter  zu  erwähnenden  Folge- 
xDStände  bedeutungsvoll  geworden  wären,  davon  ist,  soweit  uns  bekannt, 
bisher  nirgend  etwas  erwähnt  worden.  Für  diese  Formen  folgen  wir 
gern  der  Ansicht  v.  Lesser’s,*)  der  die  Varicen  auf  Neubildnng  zn- 
röckznführen  bestrebt  ist. 

Ueber  das  Vorkommen  der  Erweiternngsformen  an  den  unteren 
Extremitäten  lässt  eich  nur  sagen,  dass  alle  Formen,  cylindriscbe  und 
knotenförmige.  Kapillar-  und  Stammektasien,  oberflächliche  und  tiefe 
Varicen  wohl  an  jeder  beliebigen  Stelle  beobachtet  sind,  wenn  auch 
einzelne  an  bestimmten  Stellen  zu  den  Seltenheiten  gerechnet  werden 
müssen.  So  sind  uns  z.  B.  „knotenförmige  Ektasien  auf  der  vorderen 
Schienbeinfläcbe  und  auf  der  Patella“,  „ein  Kranz  von  Knoten  um  die 
Patella  herum“,  „ringförmige  Ausbreitung  von  Knoten  um  die  Mitte  des 
Oberschenkels  hemm“,  „feinstes  Kapillarvenennetz  in  der  Kniekehle  und 
io  der  Leistenbeuge“  ans  der  Armee  mitgetheilt  worden,  Formen,  wie 
sie  doch  gewiss  nicht  häufig  beobachtet  werden.  Dass  der  Sitz  des 
Leidens  für  die  Gebrauchsfähigkeit  des  Gliedes  von  grosser  Bedeutung 
ist,  liegt  auf  der  Hand.  Varicenknoten  grösseren  Umfanges  auf  dem 
Fussrücken  oder  in  der  Knöchelgegend  machen  den  Fussdienst  ebenso 
Domöglicb  wie  die  an  der  Innenseite  des  Knies  gelegenen,  in  der  Armee 
überaus  häufig  konstatirten  Krampfadern  den  Dienst  zu  Pferde,  nnd 
tiefliegende  Varicen  lassen  eine  energische  und  immer  wiederholte  Muskel- 
kontraktion, wie  sie  der  Militärdienst  erfordert,  überhaupt  nicht  zu,  oder 
es  entwickeln  sich  wenigstens  sehr  bald  bei  weiterem  Fortschreiten  der 
Dilatation  nnd  der  daraus  folgenden  Insuffizienz  der  Klappen  umfang- 
reiche cylindriscbe  Erweiterungen  der  subkutanen  Venen. 

Wenn  so  an  einzelnen  Stellen,  die  im  militärischen  Leben  dem  Druck 
TOD  aussen  besonders  ausgesetzt  sind,  Varicen  immer  Beschwerden  ver- 
orsacben  werden,  so  giebt  es  doch  wiederam  sehr  umfangreiche  Venen- 
erweiternngen,  bei  denen  die  Beschwerden  in  keinem  Verhältniss  zu  der 
grossen  Ausbreitung  des  Leidens  stehen.  Ebenso  erfolgt  keineswegs  anf 
ein  Zirkulationshinderniss  bin  immer  eine  Varicenentwickelung.  Wir 
sehen  in  der  Schwangerschaft  bald  Varicosi täten,  bald  Oedem,  bald 


•)  I.  c. 


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beides  entstehen , also  als  Folge  des  Hindernisses  bald  Ektasie,  bald 
Transsndation , beides  in  seiner  Entstehnng  unerklärlich.  — Vielfach 
ebenso  unerklärlich  wie  die  Aetiologie  sind  die  mannigfachen  Beschwerdeo, 
Folgen  und  Ausgänge  der  Varicen.  Die  Wirkung  der  verlangsamteo 
Zirkulation  auf  die  Gewebe  zeigt  sich  an  der  Haut  in  ekzematöser  Ent- 
zündung, oft  recht  quälender  Art,  in  bräunlicher  Pigmentimng  und 
Hypertrophie  des  Zellgewebes  und  der  Haut,  bald  mit,  bald  ohne  Oedem. 
Dazu  kommt  das  Gefühl  von  Ermüdung  und  Schwere,  verbunden  mit 
Schmerzen  neuralgischer  Art  Die  Haut  büsst  bald  ihre  Widerstands- 
fähigkeit gegen  schädigende  äussere  Einflüsse  ein,  es  kommen  und  geben 
Erysipele,  Phlegmonen,  Excoriationen  und  Geschwüre  mit  Entzündnog 
und  Aufbruch  der  Knoten,  Blutungen  infolge  von  Atrophie  der  Varix- 
wand durch  Druck  nach  Verwachsung  mit  der  Haut  oder  durch  Ver- 
dünnung der  letzteren  folgen  bald  und  machen  das  Leben  oft  unerträg- 
lich. Alle  diese  Beschwerden  fehlen  in  vielen  Fällen  recht  ausgedehnter 
Venenerweiterungen  und  machen  sich  wiederum  unverhältnissmässig  stark 
bemerkbar  bei  anscheinend  kleinen,  vordem  kaum  beachteten  Knoten 
und  Strängen. 

Wenn  somit  die  Aetiologie  unendlich  vieler  Formen  von  Varicen 
und  die  Folgezustände  derselben  bisher  noch  immer  der  Erklärung  harren, 
und  es  noch  nicht  gelungen  ist,  das  Fehlen  aller  Beschwerden  hier,  das 
starke  Auftreten  bestimmter  Störungen  dort,  wissenschaftlich  zu  erklären, 
so  sind  die  Versuche  der  Heilung  der  Varicositäten  bisher  noch  bei 
weitem  fruchtloser  gewesen.  Ans  der  geschilderten  Entstehnng,  Ver- 
breitung u.  dergl.  geht  zur  Genüge  hervor,  dass  es  weder  den  verschieden- 
artigsten Injektionen,  sei  es  io  die  Vene  selbst  oder  in  deren  Umgebung, 
nach  der  sorgfältigsten  Isolirnng  der  Vene  unter  Einfluss  der  Loft  gelingen 
wird,  eine  Verödung  ausgebreiteter  Varicositäten  berbeiführen.  Ebenso- 
wenig wird  man  durch  stetige  Einwickelungen  das  Leiden  ganz  beseitigen 
können,  wenn  auch  manche  Erleichterung  dadurch  erzielt  werden  wird. 
Die  in  den  letzten  Jahren  so  vielfach  geübten  und  gepriesenen  Excisionen 
grösserer  Venenstücke  und  Knoten  unter  streng  antiseptischen  Kanteten, 
welche  ja  gewiss  auf  die  Heilung  torpider  Unterschenkelgeschwüre  nnd 
auf  die  Heilung  lästiger  chronischer  Ekzeme  von  sehr  segensreichem 
Einfluss  sind,  kommen  für  die  Heilung  von  Varicen  bei  Soldaten,  selbst 
wenn  es  sich  nur  um  eine  beschränkte  Ausdehnung  derselben  haudelt, 
kaum  in  Betracht.  Wird,  was  gewiss  selten  geschieht,  einmal  die  Ein- 
willigung zu  einer  solchen  Operation  gegeben,  so  wird  durch  den  Eingriff 
an  die  Stelle  der  vorher  besonders  behindernden  Varicen  eine  Narbe 


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gesetzt,  die  den  Druck  der  Kleidung,  der  Stiefel  beim  Marschiren  uud 
Reiten  ebensowenig  zu  vertragen  im  Stande  ist  wie  die  vordem  lästigen 
Krampfadern.  Bezügliches  Material  steht  uns  allerdings  ans  der  Armee 
nicht  zur  Verfügung  bis  auf  einen  Fall,  den  wir  vor  einigen  Jahren  in 
einem  Artillerie-Regiment  zn  beobachten  Gelegenheit  hatten.  Bin  etwa 
6 bis  8 cm  langes  Stück  einer  varicösen  Vene,  an  der  Innenseite  des 
Unterschenkels  dicht  unter  dem  Knie  gelegen,  welches  beim  Reiten  dem 
Träger  grosse  Beschwerden  verursachte,  wurde  excidirt.  Die  Heilung 
ging  ganz  glatt  von  statten,  indessen  machte  die  Narbe  später  der  bei 
jedem  angestrengten  Dienst  infolge  des  Druckes  auftretenden  Reiz- 
erschelnungen  wegen  die  Entlassung  des  Mannes  notbwendig. 

Die  Rekrntirungsordnung  rechnet  zu  den  geringen  körperlichen 
Fehlern,  welche  die  Tauglichkeit  im  Allgemeinen  nicht  aufheben,  unter 
Buchstabe  s auch  „einzelne  Blutadern  an  den  Beinen  ohne  Knotenbildnng“, 
spricht  dagegen  dauernde  Untauglichkeit  den  Leuten  zu,  die  mit  (Anlage  4 
sub  68)  Blntaderknoten  an  den  Beinen  behaftet  sind,  „welche  durch  ihre 
weite  Verbreitung  oder  Grösse  oder  schon  durch  ihre  ungünstige  Lage 
den  Gebrauch  der  Extremitäten  im  Militärdienst  stören“.  Nächst  dem 
Umfang,  der  mehr  oder  weniger  starken  Ausdehnung  des  Leidens  über 
eine  grössere  Fläche  der  Extremitäten,  ist  also  besonderes  Gewicht 
gelegt  auf  die  „Knotenbildnng“.  Dasselbe  finden  wir  bei  der  Beurtheilung 
der  Unfähigkeit  zur  Fortsetzung  des  Garnison-  bezw.  Felddienstes  bei 
militärisch  ausgebildeten  Mannschaften  (Beilage  IV  sub  68  d.  D.  A.) 
betont.  Wenn  die  Dienstanweisung  vom  8.  April  1877  in  Beilage  IVa 
sub  68  bei  „stärkeren  über  einen  grossen  Theil  der  unteren  Gliedmaassen 
verbreiteten  cylindrischen  Erweiterungen  der  Blutadern“  nur  die  Feld- 
dienstfähigkeit, nicht  aber  auch  die  Garnisondienstfäbigkeit  aufhebt,  so 
können  wir  darin  nur  eine  Bestätigung  unserer  Ansicht  erblicken,  dass 
gerade  Erweiterungen  oberflächlicher  subkutaner  Venen,  selbst  wenn  sic 
sehr  verbreitet  sind,  unendlich  viel  weniger  Beschwerden  zu  machen 
pflegen  als  selbst  kleine,  sei  es  tief,  sei  es  oberflächlich  gelegene  Knoten, 
die  sich  nicht  nur  mit  dem  überaus  heftigen  krampfhaften  Schmerz, 
sondern  vor  Allem  auch  mit  den  übelsten  aller  Folgeznstände  der 
^aricen,  den  varicösen  Geschwüren  und  Fisteln,  zu  kompliziren  pflegen. 
Dazu  kommt,  dass  wir  das  Entstehen  der  cylindrischen  Erweiterungen 
oberflächlicher  Venen  in  vielen  Fällen  als  einen  Ausgleich  der  vorher 
durch  tiefe  Varicen  gestörten  Zirkulation  betrachten  müssen  und  er- 
fabrungsgcmäss  eine  Erleichterung  der  vorher  vielleicht  heftigen  Be- 
schwerden erwarten  können. 


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Leute  mit  irgendwie  erheblicher  Knotenbildung  werden  wir  jeden* 
falls  ein  für  alle  Male  vom  Militärdienst  ansschliessen  müssen.  Zn  Fass 
wie  zn  Pferde  werden  dieselben  nicht  nur  von  grossen  Beschwerden  — 
besonders  wenn  es  sich  am  tiefe  Knoten  handelt  — geplagt  sein,  sondern 
anhaltende  starke  Maskeikontraktion  wird  für  sie  auch  die  Gefahr  der 
Berstang  eines  Knotens  an  der  Oberfläche  oder  gar  in  der  Tiefe  be* 
dingen,  ancb  wenn  die  Knoten  an  Stellen  liegen,  wo  sie  keinem  äosseren 
Druck  aasgesetzt  sind.  Kann  man  bei  subkutanen  cylindrischen  £r- 
weiternngen  das  gleichzeitige  Bestehen  tiefer  Knoten,  auf  die  wir  be* 
sonders  hinweisen  zu  müssen  glauben,  mit  Bestimmtheit  ansschliessen,  so 
werden  solche  Militärpflichtige 'nur  dann  als  dienstnnbrauchbar  bezeichnet 
werden  müssen,  wenn  sich  das  Bestehen  eines  äusseren  oder  inneren 
Hindernisses  für  den  Venenblutabfluss  nach  weisen  lässt. 

Zur  Benrtheilung  der  Frage,  inwieweit  eine  dienstliche  Veranlassong 
der  Entstehung  von  Krampfadern  zu  Grande  liegen  und  inwiefern  das 
in  leichtem  Grade  schon  bestehende  Leiden  durch  den  Dienst  in  ein 
hochgradiges  verwandelt  werden  kann,  stehen  uns  40  Fälle  zur  Ver- 
fügung. 

Die  ersten  16  haben  das  Gemeinsame,  dass  die  dienstliche  Ver- 
anlassung, welclie  dem  Leiden  zu  Grande  liegen  soll,  in  keinem  der 
Fälle  genau  spezialisirt  ist.  „Dienstliche  Anstrengungen,  der  mechanische 
Einfluss  des  anstrengenden  und  ermüdenden  Marsches,  Tarnen,  Elzerziren 
und  Marschübungen,  Manöveranstrengungen  und  Märsche,  Marschiren 
über  einen  steilen  Berg,  Beengung  durch  Kleider,  Lederzeug  und  Gepäck 
bei  anstrengendem  Marsch das  sind  die  einzigen  Angaben,  die  uns  als 
Grund  für  die  Entstehung  oder  Verschlimmerung  des  Leidens  geboten 
werden. 

ln  solchen  Fällen  müssen  wir  annehmen,  dass  entweder  mit  der 
gesammten  Muskulatur  auch  das  Herz  erschlafft  und  ermüdet  und  infolge 
dessen  nicht  mehr  im  Stande  ist,  hinreichend  saugend  auf  das  Venenblot 
zu  wirken  oder  dass  es  infolge  wiederholter,  starker  Kontraktion  be- 
stimmter Muskelgrnppen  zur  Bildung  tiefer  intra-  oder  intermusknlären 
Vsn-icen,  denen  erst  später  oberflächliche  folgen,  kommt. 

In  ersterem  Falle  werden  die  Venenerweiterungen  der  unteren  Ex- 
tremitäten für  gewöhnlich  über  grössere  Bezirke  verbreitet  sein  and 
mehr  in  Form  cylindrischer  Erweiterungen  im  Gebiet  der  subkutanen 
Venen  auftreten,  obwohl  knotenförmige  Erweiterungen  bei  bestehender 
Ungleichheit  der  Venenwand  an  verschiedenen  Stellen  auch  hierbei  nicht 
ausgeschlossen  sind.  Diese  Ungleichheit  sind  wir,  falls  Knotenbildongen 


V 


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493 


Torhandea  sind,  bei  angeblicher  Entetehnng  der  Varicen  durch  Ermiidang 
des  Herzens  stets  ebenso  anznnebmen  gezwungen,  wie  wir  bei  cjlindrischen, 
aus  derselben  Ursache  entstandenen  Erweiterungen  eine  angeborene 
Schwäche  der  Yenenwandnngen  voranssetzen  müssen.  Dazu  kommt  eine 
gewisse  Neigung  der  Herzmusknlatnr  zur  Erschlaffung;  denn  unter  den 
vielen  beim  Compagnie-Exerziren,  Manövermarsch  etc.  denselben  An- 
strengungen ansgesetzten  Leuten  wird  nur  einer  oder  der  andere  in 
seiner  Herzthätigkeit  so  gescbwttcht,  dass  es  zur  Yaricenentwickelung 
kommt,  während  die  Herzen  aller  übrigen  ihre  Saugkraft  unverändert 
weiter  ansüben.  Dass  nicht  die  Herzverändemng,  das  Ornndleiden, 
sondern  eine  Folge  desselben  die  Ursache  zur  Dienstentlassung  des 
Mannes  abgiebt,  hat  darin  seinen  Grund,  dass  es  selten  möglich  ist, 
eine  Yeränderung  am  Herzen  nachznweisen.  Eine  Hypertrophie  des 
Herzens  wird,  wenn  überhaupt,  sich  erst  später  einstellen  und  die  Un- 
regelmässigkeiten in  der  Aktion  und  das  Beängstignngsgefühl,  als  Folge 
der  Ermattung  des  Herzmuskels,  wird  auch  nur  in  den  seltensten  Fällen 
vorhanden  sein.  Nach  Yernenirs  Untersuchungen  entstehen  oberfläch- 
liche Yaricen  stets  nur  im  Anschluss  an  tiefgelegene,  so  dass  letztere  wohl 
ohne  die  ersteren,  oberflächliche  aber  nie  ohne  das  gleichzeitige  Yor- 
bandensein  von  tiefen  beobachtet  werden.  Wir  haben  uns  also  das 
Zustandekommen  der  subkutanen  Yaricen  infolge  von  Ermüdnng  des 
Herzmuskels  in  der  Weise  zu  denken,  dass  bei  mangelhafter  Saugkraft 
des  Herzens  eine  Stauung  des  Yenenblntes  z.  B.  in  den  in  der  Tiefe 
der  Wade  schon  erweiterten  Yenen  stattfindet,  und  dass  sich  die  Er- 
weiterung infolge  der  Stanuhg  bei  Kontraktion  der  Muskulatur  in  der 
dem  Blutatrom  entgegengesetzten  Richtung  unter  allmählichem  Insnffizient- 
werden  der  Klappen  bis  an  die  Oberfläche  fortpflanzt.  Warum  sollten 
iodessen  nicht  auch  einmal,  die  oben  besprochene  Neigung  der  Yenen- 
wandnngen zu  Erweiterungen  vorausgesetzt,  oberflächliche  Yaricen  infolge 
solcher  Stauung  des  Blutes  primär  entstehen? 

Dass  viele  Leute  mit  tiefen  Yaricen  eingestellt  werden,  ist  wohl 
sicher.  Ebenso  müssen  wir  zugeben,  dass  diese  Leute,  wenn  sie  den 
militärischen  Strapazen  nicht  ausgesetzt  worden  wären,  voraussichtlich 
kein  Fortschreiten  ihrer  tiefen  Yenenerweiterungen  an  die  Oberfläche 
erfahren  hätten;  bestimmte  Bernfsarten  natürlich  ausgenommen.  Wir 
werden  mithin,  wenn  Yenenerweiterungen  in  direktem  Anschluss  an 
eben  anstrengenden  Marsch  etc.  entstehen,  mit  vollem  Recht  „die  be- 
sonderen Eigenthümlichkeiten  des  aktiven  Militärdienstes“,  wenn  auch 
vielleicht  nur  selten  für  die  Entstehung,  so  doch  jedenfalls  für  die  Yer- 


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494 


Bchlimmerung  des  Leidens  verantwortlich  machen  können,  ohne  Röcksicbt 
darauf,  dass  die  eigentlichen  Beschwerden  der  tiefen  Varicen,  sobald  die 
Erweiterung  sich  bis  auf  die  subkutanen  Venen  ansdehnt,  nachznlassen 
pflegen.  Die  so  entstandene  Dienstbeschädignng  ist  demnach,  im  Grunde 
genommen  durch  die  Ermüdung  des  Herzmuskels  bedingt,  als  eine 
innere  anfzufassen.  Unserer  Ansicht  nach  gebührt  der  Ermüdung  des 
Herzmuskels  im  militärischen  Leben  für  die  Frage  der  Dienstbescbädigong 
überhaupt  eine  grössere  Beachtung,  als  ihr  im  Allgemeinen  geschenkt 
wird.  Manche  der  Fälle,  in  denen  Rekruten  einige  Monate  nach  der 
Einstellung  „nervösen  Herzklopfens“  wegen  als  dienstunbranchbar  ent- 
lassen werden,  möchten  doch  vielleicht  auf  die  Ermüdung  des  Herz- 
muskels durch  den  Dienst  zurückznführen  sein,  und  somit  in  der  dienst- 
lichen üeberanstrengung  ein  „den  militärischen  Verhältnissen  zur  Last 
zu  legendes  Moment“,  mithin  eine  Dienstbeschädignng,  zu  finden  sein. 

Dass  wir  der  militärischen  Kleidung,  Rüstzeug  und  Gepäck'’*')  keine 
besondere  zirknlationshindernde  Eigenschaft  beimessen  können,  und  dass 
die  Vorliebe  der  linken  Seite  für  Varicenerkranknngen die  hiermit  in 
Znsammenhang  gebracht  ist,  sich  nicht  wohl  anerkennen  lässt,  mithin 
auch  für  die  Dienstbeschädignng  nicht  in  Frage  kommen  kann,  ist 
bereits  oben  erwähnt;  auf  den  hohen  Stiefel  der  Kürassiere  kommen  wir 
noch  zurück. 

Um  innere  Dienstbeschädigungen  handelt  es  sich  auch  in  Fall  39 
und  40  unserer  Zusammenstellung. 

Im  ersteren  Fall  gab  ein  Thrombus  der  vena  femoralis  das  Zirkn- 
lationshinderniss  ab;  vorangegangen  war  ein  nicht  auf  dienstliche  Ur- 
sachen zurückzuführender  Typhus  abdominalis.  Die  Venenerweiternogen 
haben  sich  erst  zu  besonderer  Höbe  entwickelt  und  komplizirten  sich  mit 
Oedem,  als  bei  Wiederaufnahme  des  Dienstes  nach  der  Genesung  bei 
aufrechter  Stellung  höhere  Anforderungen  an  die  Mnskelthätigkeit  gestellt 
wurden. 

Im  zweiten  Fall  scheint  der  Typhus  abdominalis,  dem  Phlebitis 
und  Ektasien  folgten , als  epidemische  Krankheit  am  Oamisonorte 
geherrscht  zu  haben  und  dies  als  innere  Dienstbeschädignng  betrachtet 
zu  sein. 

•)  cfr.  Fall  10. 

**)  Unter  den  ersten  IG  infolge  «lienstlicher  Anstrengnng  entstandenen  Varicen- 
erkrankungen  finden  sich  7 linksseitige. 

(Schluss  folgt.) 


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495 


Zar  Kasaistik  der  Bicepssehnen-Zermag. 

Von 

Stabsarzt  Dt.  Sommerbrodt 

Die  Mittbeilang  des  Herrn  Oberstabsarst  Meisner  im  8.  Hefte  des 
laofenden  Jahrgangs  dieser  Zeitschrift  (S.  356)  erinnert  mich  an  einen 
vor  ca.  3 Jahren  beobachteten  Fall,  welcher  sich  durch  das  ganz  anf- 
fällige,  übrigens  mit  Meisner's  Schilderung  völlig  übereinstimmende 
Krankheitsbild  sowie  durch  den  Umstand  meinem  Gedächtniss  eingeprägt 
bat,  dass  in  keinem  der  gangbaren  Lehrbücher  auch  nur  eine  Andeutung 
über  den  so  charakteristischen  Symptomenkoniplex  zu  finden  war. 

Ein  überaus  kräftiger  und  muskulöser  Offizier  des  Eisenbahn-Regiments 
erwachte  Nachts,  wie  er  glaubt  nach  heftigem  Umdrehen  im  Bett,  mit 
intensivem  Schmerz  in  der  rechten  Schulter  und  völliger  Unfähigkeit  den 
rechten  Oberarm  zu  bewegen.  Ich  fand  den  kranken  Arm  dicht  am 
Brustkorb  anliegend;  bei  jeder  Bewegung  des  Körpers  wurde  er  mit  der 
linken  Hand  unterstützt  und  thunlichst  in  seiner  Lage  erhalten.  Aktive 
Bewegungen  des  Armes  waren  vollkommen  unmöglich,  und  auch  dem 
Untersucher  gelang  es  nicht,  denselben  passiv  auch  nur  einen  Centimeter 
weit  lateralwärts  vom  Oberkörper  abzuheben,  wobei  sich  allerdings  nicht 
genau  feststellen  Hess,  ob  hier  lediglich  ein  energischer  Widerstand  seitens 
der  massigen  Schultermnskulatur  oder  ein  knöchernes  Hinderniss  vorlag. 
Gegen  letzteres  sprach  freilich  von  vornherein  die  vollkommen  unver- 
suderte  Gestalt  des  Schnltergelenkes,  dessen  Betastung  nur  an  einer 
ganz  bestimmten  Stelle,  nämlich  im  Bereiche  der  Bicepssehncnfurcbe, 
hier  aber  ganz  enorm  schmerzhaft  war. 

Da  es  sich  um  den  rechten  Arm  eines  aktiven  Offiziers  handelte,  so 
hielt  ich  den  Fall  für  wichtig  genug,  um  unter  gütiger  Assistenz  meines 
damaligen  Regimentsarztes  die  Diagnose  unter  Chloroform  festznstellen. 
Es  ergab  sich  hierbei  die  völlig  freie  Beweglichkeit  des  anscheinend 
absolut  normalen  Gelenks,  welche  mit  der  vor  und  nach  der  Narkose 
vorhandenen  Funktionsstörung  in  seltsamster  Weise  contrastirte. 

Gegen  den  nunmehr  als  Zerrung  und  entzündliche  Reizung  der 
Bicepssehne  aufgefassten  Zustand  erwiesen  sich  auch  in  diesem  Falle 
Blutegel  und  Eisblase  vollkommen  machtlos  und  ich  hatte  dem  Patienten 
vorsichtige  Massage  in  Aussicht  gestellt,  der  er  sich  aber,  offenbar  aus  Ab- 


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neiguDg  gegen  eine  noch  weitere  Steigerung  des  nnerträglichen  Schmerzes, 
dnrch  Aufkleben  eines  in  einer  befreundeten  Familie  seit  Jahren  bewährten 
Pflasters  entzog.  Meine  gegen  die  eigenmächtige  Behandlung  einer  an- 
scheinend so  schweren  und  vielleicht  für  die  Oebranchsfähigkeit  des 
Armes  verhängnissvollen  AfFektion  ausgesprochenen  ernsten  Bedenken 
wurden  glücklicherweise  sehr  rasch  widerlegt,  denn  — das  Pflaster  half; 
d.  h.  unter  einfacher  Ruhigstellnng  in  einer  Armbinde  verschwanden 
Schmerz  und  Bewegnngshemmnng  ganz  allmählich  und  in  kaum  14  Tagen 
war  der  Arm  wieder  völlig  gebrauchsfähig.  Der  von  Meisner  empfohlene 
Gipsverband  scheint  also  nicht  absolut  nothwendig  zu  sein,  wenn  er  aoeh 
gewiss  dem  Rnhebedürfniss  am  sichersten  Rechnung  trägt 

Diejenigen  Quellen,  in  welchen  ich  damals  nichts  über  den  frag- 
lichen Gegenstand  gefunden  batte,  waren  Bardeleben's  und  Eönig’s 
Cbirnrgie,  sowie  Panl’s  „Chirurgische  Krankheiten  der  Bewegungsorgane*^, 
drei  Bücher,  in  denen  man  sonst  eigentlich  „Alles“  findet  Die  infolge 
der  Meisner'scben  Veröfientlicbnng  fortgesetzten  Nachforschungen  er- 
gaben, dass  anch  Billroth-Pitha  die  Angelegenheit  mit  Stillschweigen 
übergeht,  und  erst  die  Durchsicht  einiger  Dutzend  Bände  von  Schmidt's 
Jahrbüchern  brachte  die  gewünschte  Aufklärung.  Nach  dem  daselbst 
im  Jahrgang  1867,  Band  136,  Seite  61  enthaltenen  ansführlichen  Referat 
über  einen  Aufsatz  von  Jarjavay  in  der  Gazette  hebdomadaire  von  1867 
(2.  Serie,  IV,  No.  21,  23,  25)  scheint  die  in  Rede  stehende  Affektion 
früher  allgemein  als  Luxation  der  Bicepssehne  angesprochen  worden 
zu  sein,  ohne  dass  sich  jedoch  die  mitgetheilten  Befunde  mit  dieser  An- 
nahme vereinigen  Hessen.  Denn  wie  Jarjavay  an  der  Hand  der,  übrigens 
spärlichen,  einschlägigen  älteren  Litteratnr  (Cooper,  Bromfield, 
Monteggia)  zeigt,  fehlt  darin  regelmässig  der  objektive  Nachweis  einer 
Dislokation  der  Sehne.  Er  selbst  theilt  vier  einschlägige  Fälle  mit,  von 
denen  einer  genau  dieselbe  Aetiologie  wie  der  von  Meisner  an  sich 
selbst  beobachtete  (Entkorken  einer  Flasche)  anfweist;  in  allen  vier 
Fällen  war  der  Arm  heftig  nach  innen  gedreht  worden,  wobei  offenbar 
eine  Luxation  der  intakt  gebliebenen  Sehne  ohne  grosse  Nebenverletznngen 
kaum  Vorkommen  könne.^)  Jarjavay  behauptet  nun,  den  fixen  Schmerz 


*)  In  einem  von  l’rince  (St.  Louis  medical  and  surgical  Journal  1S70) 
l>eschriebenen  zweifellosen  Falle  von  Verrenkung  der  Bicepssehne  auf  das  Tuber- 
culum majus  handelte  ca  sich  dementsprechend  inuthmaasslich  um  gleichzeitige  Ab- 
reissuug  der  Muscnli  supra-  und  infraspinatus  infolge  Einwirkung  einer  grossen  Gew»*' 
(Ueberfahrenwerden  durch  einen  tiastwagen). 


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497 


nicht  im  Verlaafe  der  Bicepssehne,  sondern  2 cm  weiter  nach  aussen 
konstatirt  za  haben,  und  glaubt  das  ganze  Erankheitsbild  durch  die  An- 
nahme einer  entzündlichen  Affektion  des  vom  Deltoidens  bedeckten,  dicht 
unter  dem  Acromion  gelegenen  kleinen  Schleimbeutels  erklären  zu  können. 
Er  theilt  einen  fünften  Fall  mit,  in  welchem  er  diesen  Schleimbeutel 
mehrfach  punktirte;  gerade  in  diesem  Falle  handelte  es  sich  aber  um 
eine  nicht  unbedeutende  entzündliche  Anschwellung  des  Schultergelenks, 
welche  in  den  vorher  von  ihm  selbst  beschriebenen  sowie  in  meinem  und 
Meisner’s  Fällen  völlig  fehlte.  Zudem  war  bei  uns  der  Schmerz  in 
der  Tbat  in  der  Bicepsfnrche  lokalisirt,  so  dass  man  die  Diagnose  „Sehnen- 
zerrung“, zumal  in  Anbetracht  der  überall  betonten  Veranlassung  durch 
eine  heftige  Bewegung,  wohl  wird  aufrecht  erhalten  müssen. 

Bei  nochmaligem  Nacbscblagen  in  König’s  Chirurgie  stellte  sich 
übrigens  heraus,  dass  dieser  (Bd.  II,  S.  638)  die  Arbeit  von  Jarjavay 
in  der  That  erwähnt,  aber  nur  in  Form  eines  kurzen  objektiven  Referats, 
so  dass  es  scheinen  will,  als  ob  er  selbst  derartige  Fälle  nicht  beobachtet 
habe;  dieselben  dürften  demnach  nicht  allzu  häufig  sein. 


Der  Herbstknrsns  in  Berlin  1888. 

Ein  Erinnernngsblatt 

von 

einem  Xhcilnchmer. 


Wie  alljährlich,  so  vereinigte  auch  im  laufenden  Jahre  der  Fort- 
bildungsknrsus  eine  grössere  Anzahl  von  Stabsärzten  der  Armee  und 
Marine  zu  Berlin.  Das  Programm  der  Kurse  ist  vor  der  Hand  ein  fest- 
stehendes. Es  umfasst  Operationsübungen,  Vorlesungen  mit  Demon- 
strationen ans  der  Anatomie,  innere  Diagnostik,  Augenspiegeluntersuchungcn 
und  hygienische  Arbeiten.  Im  Rahmen  desselben  bot  der  verflossene 
Kursus  BO  reichliche  Anregung,  zeigte  nach  verschiedenen  Richtungen  so 
viel  Neues,  förderte  endlich  so  fruchtbringenden  Gedankenaustausch 
Zwischen  Lehrern  und  Theilnehmern  einerseits,  den  letzteren  unter  sich 
andererseits,  — dass  es  mehr  wie  einem  der  kommandirt  Gewesenen 
angenehm  sein  wird,  seine  Erinnerungen  an  die  inhaltreichen  drei  Wochen 

32 


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498 


fixirt  ca  sehen.  Gleichseitig  dürfte  dieser  oder  jener  von  den  andereii 
Kollegen  hieraos  gern  entnehmen,  dass  and  nach  welchen  Gesichtspnnkten 
eine  Vorbereitung  auf  die  Theilnabme  an  künftigen  Korsen  erspriesslich 
werden  kann.  Schliesslich  ist  es  vielleicht  der  hohen  Behörde,  von 
welcher  die  Kurse  eingerichtet  sind,  nicht  unerwünscht,  aas  den  ja  leicht 
auf  ihre  Richtigkeit  za  prüfenden  Aafzeichnangen  Bericht  über  Punkte 
cn  erhalten,  deren  Berücksichtigung  der  Erwägung  werth  erscheint, 
wenn  das  Endziel:  möglichst  allseitige  Ausbildung  des  Militärarztes 
für  seinen  Kriegs-  und  Friedensdienst,  immer  vollständiger  erreicht 
werden  soll. 

Das  Tagewerk  begann  um  7 Uhr  morgens  mit  zweistündigen 
Operationsübungen  an  der  Leiche,  unter  Leitung  des  Geheimen  Rathes 
V.  Bergmann.  Der  gefeierte  Lehrer  gab  in  der  ersten  Stande  mit 
einer  kurzen  Ansprache  die  Gesichtspunkte  kund,  nach  welchen  er  die 
operative  Ausbildung  des  Militärarztes  geleitet  wissen  will:  Gründliche 
Beherrschung  der  typischen  Operationsmetboden , gestützt  auf  gensne 
Kenntniss  der  anatomischen  Grundlagen.  Nur  derjenige  Chirurg,  welcher 
hierin  völlig  sicher  ist,  wird  im  vorkommenden  Falle  berechtigt  sein, 
an  den  einzelnen  Vorschriften  Kritik  zu  üben  und  von  der  Freiheit  der 
Abänderungen  Gebrauch  zu  machen,  die  das  antiseptische  Verfahren 
mehr  als  früher  gestattet.  Wenn  man  erwägt,  dass  der  Mehrzahl  der 
Militärärzte  erat  im  Kriege  Gelegenheit  gegeben  wird,  grössere  Opera- 
tionen häufiger  zu  sehen  und  aaszuführen,  so  wird  man  jene  Forderung 
als  eine  durchaus  berechtigte  und  höchst  beherzigenswertbe  ansehen 
müssen.  Sprach  sich  doch  schon  B.  v.  Langenbeck  in  ähnlichem 
Sinne  ans.'’^)  — Herr  v.  Bergmann  hielt  während  des  ganzen  Kursus 
daran  fest,  nur  typische  Operationen  machen  zu  lassen.  Bei  diesen  aber 
gab  er  so  scharfe  anatomische  Anhaltspunkte  für  die  Schnittrichtungen 
und  so  leicht  fassliche  Ausführungsbestimmungen,  dass  er  des  Dankes 
aller  Hörer  gewiss  ist.  Ich  erinnere  nur  an  die  allgemeinen  Vorschriften 
für  die  Kontinnitätsunterbindungen  und  für  die  Absetzung  von  Olied- 
maassen.  Stets  die  antiseptische  Nachbehandlung  im  Auge  behaltend, 
zieht  er  die  einfachsten  Schnittfübrnngen,  bei  den  Amputationen  vor 
Allem  den  zweizeitigen  Zirkelschnitt  vor.  Die  Assistenz  wurde  bei 
jeder  Operation  mit  aufgerufen  und  in  ihrer  zweckmässigen  Anstellung 
kontrollirt.  Hierdurch  wurde  erreicht,  dass  stets  mindestens  zwei  Herren 
an  der  Ausführung  einer  Operation  betheiligt  waren,  von  deren  Aus* 


*)  Deutsche  militärärztliche  Zeitschrift  1887.  S.  470. 


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föhmog  übrigens  zahlreiche  Zuschauer  Nutzen  zu  ziehen  suchten.  Für 
die  Vorbereitung  wurde  von  Herrn  v.  B.  der  Leitfaden  des  Stabsarztes 
Dr.  Rotter  in  München  empfehlend  erwähnt  In  der  That  entspricht 
du  sorgsam  gearbeitete  Buch  den  Anforderungen;  namentlich,  wenn 
man  sieh  der  kleinen  Mühe  unterzieht,  die  Abweichungen  v.  B.'s  darin 
iD  vermerken.  Durch  Handlichkeit  und  Richtigkeit  empfiehlt  es  sich 
aoch  für  den  Feldarzt  mehr  als  manches  grössere  Lehrbuch.  Eine  sehr 
dankenswerthe  Vertiefung  gab  Herr  v.  B.  seinem  Unterricht  dadurch, 
dus  er  die  Theilnehmer  zweimal  in  die  Klinik  lud  und  ihnen  dort  an 
frisch  gesetzten  wie  an  vorhandenen,  also  bereits  infizirten  Wunden  die 
Nutzanwendung  des  Vorgetragenen  zeigte.  Besonderes  Interesse  verdient 
das  aseptische  Verfahren  bei  frisch  angelegten  Wunden.  Es  ist  in  seiner 
heutigen  Ausführung  so  erstaunlich  einfach,  dabei  im  Allgemeinen 
wenigstens  in  der  Provinz  noch  so  wenig  bekannt,  dass  eine  kurze 
Skizzirung  Interesse  finden  dürfte.  Grundsatz  bleibt;  Fernbaltung  von 
iofektionskeimen  unter  Ausschluss  chemischer  Agenden,  möglichste 
Beschränkung  der  Wundsekredon.  Dies  wird  folgendermaassen  zu 
erreichen  gesucht:  Verbandmull,  Watte,  Binden,  Bett-  und  Krankenwäscbe, 
Röcke  und  Schürzen  des  ärztlichen  und  Warte- Personals  werden  täg- 
lich im  Rietschel-Henneberg'schen  Desinfektionsapparat  durch  strömenden 
Wasserdampf  sterilisirt,  obwohl  die  Behandlung  von  Wäsche  etc.  mit 
dem  Bügeleisen  schon  in  hohem  Grade  desinfizirend  wirkt.  Die  Instru- 
mente liegen  bis  jetzt  noch  in  Earbollösnng,  da  sie  durch  den  Wasser- 
dampf mehr  angegriffen  werden,  als  durch  diese.  Hände  und  Arme 
des  Personals  sowie  das  Operationsfeld  werden  nach  Fürbringer’s 
Methode  desinfizirt,  also  mit  Seife  und  heissem  Wasser,  Alkohol  und 
Sublimatlösung  hintereinander.^)  Selbstverständlich  gehört  zu  der 
sonstigen  Vorbereitung  der  Patienten  auch  das  warme  Bad.  Jedes 
Operationsfeld  wird  rasirt,  wenn  auch  nur  Lanugo  und  Hautschüppchen 
ID  entfernen  sind.  Esmarch’sche  Blutleere,  wo  angängig,  aber  ohne 
Anwendung  der  Bindeneinwickelung,  die  durch  ein  ein  bis  zwei  Minuten 
währendes  senkrechtes  Erheben  des  Gliedes  in  milderer  Form  doch  zweck- 
entsprechend ersetzt  wird.  Bei  der  Operation  peinlichste  Blutstillung; 
Ahtnpfen  mit  sterilisirten  trocknen  Mullbäuschen ; keine  oder  ganz 
geringe  Spülung  ans  kleiner  Glaskanne  mit  '/>  °/m  Sublimatlösung,  die 
V.  B.  jedoch  ebenfalls  noch  entbehren  zu  können  hofft.  Wir  sahen  die 
Radikaloperation  einer  kindskopfgrossen  inkarzerirten  Schenkelhernie 


*)  Ausführlich  besprochen  in  der  Zeitschrift  1888.  S.  39. 

32* 


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600 


oliDe  einen  Tropfen  Spülflüssigkeit  sasführen;  die  Amputation  eines 
Oberschenkels  mit  vielleicht  100  g derselben.  Sorgfältige  Naht  unter 
OiTenhalten  einer  Drainöffnnng.  Der  erste  Verband  wird  in  der 
Regel  nach  swei  his  drei  Tagen  entfernt  und  nun  erst  durch  einen 
Danerverband  ersetzt,  nachdem  es  feststeht,  das  Sepsis  vermieden  ist. 

Anders  bei  infizirten  Wunden.  Hier  tritt  die  Spülung  und  die  Jodo- 
formtamponade in  ihre  Rechte.  Von  letzterer  mit  folgender  Sekundär- 
naht  wird  ausgiebig  Qebranch  gemacht.  Der  eigentliche  Verband  besteht 
auch  hier  ans  sterilisirten  Mnllkompressen.  — Wenn  ich  recht  verstanden 
habe,  betragen  die  Kosten  der  jetzigen  Verbandmetbode  nur  ein  Fünftel 
des  Preises  der  früheren  mit  imprägnirtem  Material. 

Selbstredend  ist  die  v.  B.’sche  Methode  der  Wundbehandlnng  nur 
da  zu  riskiren,  wo  ein  durchaus  zuverlässiges  Assistenten-  und  Pflege- 
personal zur  Verfügung  steht.  Trotzdem  erscheinen  die  Resultate  in  der 
Berliner  Klinik  auffallend,  wenn  man  erwägt,  wie  schwer  ein  Audito- 
rium mit  zehn  Sitzreihen  sauber  zu  halten  ist,  namentlich,  wenn  es  voo 
der  ab-  und  znströmenden,  von  dranssen  kommenden  Menge  der  Zuhörer 
erfüllt  wird.  Die  Luft  über  dem  Operirten  kann  da  nicht  annähernd  ao 
keimfrei  sein,  wie  in  den  modernen  Operationsränmen  geschlossener 
Krankenhäuser.  — 

Den  chirurgischen  Uebnngen  folgten  von  9 bis  11  Uhr  anatomische 
Demonstrationen.  In  der  ersten  Zeit  lehrte  Prof.  Hartmann  über  die 
topographischen  Verhältnisse  des  Halses  und  der  Extremitäten;  später 
trug  Qeh.  Rath  Prof.  Waldeye  r den  Situs  der  Brust,  des  Bauches  und  der 
Schädelböhle  vor.  Die  schönen  Lehrmittel  des  anatomischen  Institntes 
an  Wachs-  und  Gipsmodellen,  sowie  Durchschnitten  gefrorener  Leichen 
kamen  hierbei  reichlich  zur  Anwendung.  Namentlich  erregten  die 
His’schen  Modelle  des  Situs  der  Brust-,  Bauch-  und  Beckenhöhle  all- 
gemeine Bewunderung.  Es  dürfte  nicht  leicht  möglich  sein,  sich  topo- 
graphisch-anatomische Vorträge  in  anziehenderer  Form  zu  denken,  als 
die  des  Herrn  Wald ey er  waren,  dessen  ungewöhnlich  klare  nnd 
fesselnde  Darstellung  durch  die  Beigabe  meisterhaft  entworfener  Kreide- 
zeichnungen einen  besonderen  Reiz  erhielt.  Es  dürfte  nicht  zu  viel 
gesagt  sein,  wenn  man  behauptet,  dass  Manchem  der  Zuhörer  hier  zom 
ersten  Male  gewisse  Verhältnisse  am  menschlichen  Körper  klar  wurde», 
mit  welchen  man  sieb,  nach  der  mechanischen  Einpaukung  für  das 
Staatsexamen,  niemals  enger  befreundet  hatte,  weil  man  sie  nicht 
verstand.  Ich  erinnere  an  die  Fascien  der  hinteren  Rauchwand,  an  die 
gegenseitigen  Beziehungen  der  grossen  drüsigen  Organe  des  Oberbaacbes, 


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501 


an  die  Uraprangspnnkte  der  Hirnnerven  und  Anderes  mehr.  Auch  in 
dieser  Vorlesung  wurde  mehr  als  ein  Punkt  ron  praktisch  diagnostischer 
Wichtigkeit  gestreift.  So  z.  B.  die  Unfruchtbarkeit  der  Bemöbungen, 
die  hintere  Milzgrenze  perkutorisch  zu  bestimmen,  und  Anderes  mehr. 

Die  fünfte  Arbeitsstunde  führte  die  Kommandirten  in  die  Cbaritö  zu 
der  Vorlesnng  des  Oberstabsarztes  1.  Kl.  Prof.  Fraentzel.  Derselbe 
brachte  diesmal  die  idiopathischen  Herzerkrankungen  zur  Darstellung. 
Eis  kann  nur  dankbar  anerkannt  werden,  dass  ein  Kapitel  aus  der 
Pathologie  gewählt  war,  welches  in  seiner  praktischen  Bedeutung 
keinem  der  Uebrigen  nacbstebt,  in  den  Lehrbüchern  aber  noch  stiel- 
mütterlich behandelt  wird.  Dasselbe  hat  auch  militärärztlich  ein 
hervorragendes  Interesse,  insofern  die  Herzerkrankungen  durch  Ueber- 
anstrengung  hierher  geboren.  Sie  wurden  seitens  des  Herrn  Vortragenden 
um  so  eingehender  gewürdigt,  als  derselbe  an  der  richtigen  Erkennt- 
uiss  nnd  Würdigung  dieser  Formen  wesentlichen  Antheil  gehabt  hat. 
Es  bleibt  Vorbehalten,  auf  den  vorgetragenen  Gegenstand  gelegentlich 
noch  eingehender  zurückznkommen.  Die  letzten  Stunden  benutzte 
Prof.  Fraentzel  dazu,  seine  Ansichten  über  die  Therapie  der  Pnenmonie, 
Pleuritis  und  des  Typhus  auszusprechen.  Den  Lesern  der  Zeitschrift 
werden  die  früheren  Mittheilungen  E'raentzel’s*)  im  Oedächtoiss  sein. 
Noch  schärfer  wie  damals,  warnte  Fr.  jetzt  vor  dem  Missbrauch  der 
Antipyrese,  namentlich  auch  vor  der  schablonenmässigen  Hydrotherapie 
des  Typhus,  wie  solche  aus  der  einseitigen  Würdigung  der  Temperatur- 
steigerang als  angeblich  allein  schädliches  Moment  sich  entwickelt  hatte. 
Jetzt,  wo  im  Allgemeinen  — und  namentlich  nach  dem  Vorgänge  der 
Hamburger  mit  ihrem  gewaltigen  Material  — eine  grössere  Mässigung 
Platz  gegriffen  bat,  mag  solche  Warnung  minder  dringlich  erscheinen. 
Eis  bleibt  jedoch  zu  berücksichtigen,  dass  Prof.  F r.  schon  zu  einer  Zeit 
gegen  den  Missbrauch  der  Bäder  anftrat,  in  der  ein  Militärarzt  in 
etlichen  Gegenden  noch  Kopf  und  Kragen  riskirte,  wenn  er  einen 
Typbuskranken  mit  40°  liegen  liess,  anstatt  ihn  coup  sur  coup  zu 
baden,  um  zuvörderst  das  Fieber  berabzudrücken.  Aus  grosser  praktischer 
Erfahrung  geschöpft,  werden  F r’s.  Vorlesungen  immer  zu  dem 
Besten  gehören,  was  im  Kursus  geboten  wird. 

Von  12  bis  1 Uhr  worden  in  der  Universitäts- Augenklinik  unter 
Leitung  Prof.  Schweigger's  Augenspiegelantersuchungen  abgehalten. 

*)  DeuUcbe  militärärztliohe  Zeitschrift  1886,  S.  117.  1887,  S.  213.  1888 

S.  291. 


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502 


Um  2 Uhr  endlich  versammelten  sich  die  Theilnehmer  im 
hygienischen  Institut  der  Universität,  um  hier  in  die  neueren  ätiologischen 
Forschungen  theoretisch  und  praktisch  eingefnhrt  zu  werden.  Im  Auf- 
träge des  Geh.  Rathes  Koch  hielt  Herr  Stabsarzt  Kirchner  diesen 
Kursus  ab.  Seine  Vorträge  fanden  ungetheilten  Beifall.  Vorzüglich 
vorbereitet  und  recht  klar  wiedergegeben,  erreichten  sie  den  beab- 
sichtigten Zweck  in  hohem  Grade.  Nicht  zum  Wenigsten  soll  hierbei 
der  experimentellen  Seite  dieser  Vorlesung  gedacht  werden.  Die  Anf- 
stellung  von  ausgezeichneten  mikroskopischen  Präparaten,  die  Vor- 
zeigung und  Erläuterung  von  Modellen,  Apparaten,  Kulturen  etc.  trug 
wesentlich  zum  Verständniss  der  Vorlesung  bei,  in  welcher  Stabsarzt 
Kirchner  allmälig  die  Ilauptrepräsentanten  der  Mikroorganismen  nod 
ihre  Untersuchungsmethoden  vorstellte.  Den  etwa  l'/i  Stunden  danemdeo 
Vorträgen  schlossen  sich  praktische  Uebuogen  an,  an  denen  sich  die 
kommandirten  Stabsärzte  anfangs  eifrig  betheiligten.  Wenn  dieser 
Eifer  im  Laufe  der  3 Wochen  nachliess,  so  kann  Niemand  daraus  ein 
Vorwurf  gemacht  werden.  Denn  eine  acht-  bis  neunstündige,  streng 
wissenschaftliche  Thätigkeit  ist  zu  anstrengend,  um  auf  die  Dauer  mit 
gleichem  Interesse  durchgeführt  zu  werden;  ausserdem  gereicht  die 
Verquickung  des  Kursus  mit  dem  obermilitärärztlichen  Examen 
ersterem  nicht  zum  Vortheil.  Ein  grosser  Theil  der  kommandirten 
Stabsärzte  hatte  beiden  Bedingungen  zu  genügen  und  war  naturgemäss 
durch  die  Sorge  um  eine  Prüfung,  von  deren  Ausfall  die  militärärztliche 
Existenz  abhängen  kann,  tagelang  so  in  Anspruch  genommen,  dass 
darunter  der  Fortgang  der  hygienischen  Arbeiten  leiden  musste;  zumal 
sie  auf  den  Nachmittag  fielen.  Nach  meinem  Erachten  würde  die 
vom  Staat  aufgewandte  Fürsorge  mehr  erreichen,  wenn  sie  weniger 
verlangte.  So  etwa,  wenn  den  Stabsärzten  in  der  Hygiene  nur  eine  Vor- 
lesung mit  Demonstrationen  gehalten,  den  Assistenzärzten  aber,  unter 
Wegfall  der  anatomischen  und  inneren  Vorträge  (ophthalmologische 
Kurse  haben  dieselben  nicht)  Gelegenheit  gegeben  würde,  die  Vormittags- 
stunden von  9 Uhr  ab  zu  dem  bakteriologischen  Praktikum  zu  ver- 
wenden. Da  alle  Assistenzärzte  des  Dienststandes  ein  bis  mehrere  Male 
an  den  Provinzial-Kursen  für  die  Aerzte  des  Beurlaubtenstandes  tbeil- 
nehmen,  so  würde  der  Ausfall  an  Lehrstoff  bei  den  Berliner  Kursen 
keine  Gefahr  für  die  wissenschaftliche  Fortbildung  dieser  Aerzte  im 
Gefolge  hkben. 

Mit  besonderem  Dank  bleiben  die  Theilnehmer  Herrn  Kollegen 
Kirchner  für  die  Schlussdemonetrationen  verbunden,  welche  derselbe 


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503 


im  Hygiene'Museom  Tornahm.  Ebenso  für  den  hochinteressanten, 
zosammenfassenden  Rückblick  am  11.  Oktober,  welchen  er  durch  die 
Vorführung  zahlreicher  schöner  Photogramme  von  Bakterien  mittels 
des  Scioptikons  im  wörtlichsten  Sinne  , erleuchtete“;  endlich  für  die 
Mühe,  der  er  sich  unterzog,  indem  er  am  letzten  Tage  einen  Theil 
der  Herren  durch  die  Anlagen  der  berliner  Desinfektionsanstalt  in  der 
Reichenbergerstrasse  führte. 

Werfen  wir  einen  Oesammtrückblick  auf  den  Verlauf  des  Kursus, 
so  kann  nur  mit  lebhaftem  Dank  der  Medizinalabtheilnng  gedacht 
werden,  durch  deren  Bemühungen  die  Feststellung  eines  so  reichen 
Programmes  ermöglicht  worden  ist  Für  die  Durchführung  aber  gebührt 
allen  Lehrern  Anerkennung.  Es  wurde  so  viel  geboten,  dass  die  völlige 
Aufnahme  innerhalb  der  gegebenen  Zeit  ausgeschlossen  bleiben  muss. 
Erst  die  ruhige  Verarbeitung  zu  Hause  kann  es  jedem  Einzelnen  er- 
möglichen, theoretisch  und  praktisch  für  seine  Fortbildung  die  Summe 
dessen  zu  ziehen,  was  in  Berlin  angeregt  wurde. 

Eine  nicht  zu  unterschätzende  Seite  dieser  Vereinigung,  wie  aller 
früheren,  war  der  kameradschaftliche  Verkehr  der  Theilnehmer  untereinander 
und  mit  den  Lehrenden.  Diese  schöne  Frucht  des  Kursus  zeigte  sich 
besonders  in  dem  Abschiedsfest,  welches  am  12.  Oktober  die  kommandirten 
Stabsärzte  mit  den  Lehrern  in  froher  Gemeinschaft  lange  zusammenhielt 


Referate  und  Kritiken. 


Der  Militärarzt  im  Felde.  Mit  gleichmässiger  Berücksichtigung  der 
deutschen  und  österreichischen  Vorschriften.  Von  Dr.  W.  Derblich, 
K.  K.  Oberstabsarzt  1.  Kl.  d.  R.  Wien  und  Leipzig.  Urban  und 
Schwarzenberg.  1888.  Taschenformat  190  S.  3 Mk. 

„Praevenire  melius  quam  praeveniri.“  Von  diesem  Grundsatz  aus- 
gehend hat  Verf.  unter  dem  Eindruck  der  kriegerischen  Aussichten  des 
Vorjahres  im  Verein  deutscher  Aerzte  zu  Prag  Vorträge  über  Militär- 
Sanitätswe6en  gehalten,  welche  er  nunmehr  in  zusammenhängender 
Bearbeitung  der  Oeffentlicbkeit  übergiebt  Er  will  damit  für  jüngere  Aerzte 
einen  Leitfaden  schaffen,  nach  welchem  sie  im  Stande  sein  sollen,  ihre 
Kenntnisse  den  besonderen  Anforderungen  des  Dienstes  in  befriedigender 
Weise  anznpassen.  Gleichzeitig  soll  OilSzieren  und  Zivilärzteu  ein  Ein- 
blick in  den  bedeutungsvollen  Wirkungskreis  des  Militärarztes  im  Felde 
gewährt  werden.  Möglichst  streng  den  Dienstvorschriften  folgend,  ver- 


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504 


webt  Verf,  doch  zahlreiche  Erfahrungen  aus  seiner  langen  Dienstlaufbahn 
in  die  Darstellung,  welche  dadurch,  sowie  durch  eine  lebendige  Schreib- 
weise einen  gewissen  Reiz  erhält.  Angesichts  des  deutsch-österreichischen 
Bündnisses  hielt  es  Verf.  ferner  für  angezeigt,  auch  die  deutschen  Ver- 
ordnungen zu  berücksichtigen  und  theilweise  aniuführen. 

Der  Inhalt  des  Büchleins  behandelt  eingangs  die  persönliche  Mobili- 
sirung  des  Militärarztes,  sodann  in  sieben  Abschnitten  sein  Wirken  in 
allen  Zweigen  des  Dienstes  bei  den  Truppen  wie  Sanitätsformationen. 
So  wird  dem  jungen  österreichischen  Kollegen  ein  brauchbarer  Rathgeber, 
dem  deutschen  eine  vergleichende  Reglementsstndie  geboten,  deren  Lektüre 
zur  Erweiterung  der  speziellen  Fachkenntnisse  und  des  Urtheils  wohl 
empfohlen  werden  kann.  Dies  unbeschadet  des  Umstandes,  dass  Referent 
in  seinen  Anschauungen  und  Wünschen  hinsichtlich  der  organisatoriscbeu 
Fortentwickelung  des  Sanitätskorps  in  mehreren  wesentlichen  Punkten 
von  dem  ab  weicht,  was  Verf.  als  erstrebenswerth  bezeichnet. 

Körting. 


Lehrbuch  der  allgemeinen  Chirurgie,  nach  dem  heutigen 

Standpunkte  der  Wissenschaft.  Von  Prof.  H.  Fischer,  Geh. 

Med.-Rath  in  Breslau.  Verlag  von  Ferd.  Enke.  Stuttgart  1887. 

Wir  begrüssen  das  vorliegende  Buch  von  H.  Fischer,  der  einer 
der  berufensten  Lehrer  der  Chirurgie  als  Verfasser  des  klassischen 
Lehrbuchs  der  allgemeinen  Kriegschirurgie  und  früher  Einer  der 
Unsrigen  den  Militärärzten  besonders  nahe  steht,  mit  grosser  Freude 
und  mit  berechtigtem  Stolz  über  dies  neue  mustergültige  und  bedeutungs- 
volle Werk.  Nachdem  H.  Fischer,  dessen  stannenerregende  Gründlich- 
keit und  Litteratnrkenntniss  schon  lange  im  Mnnde  und  in  der  Ueber- 
zengnng  der  Fachgenossen  lebt,  sich  entschlossen,  eine  Allgemeine 
Chirurgie  zu  schreiben,  war  nur  etwas  Ausserordentliches  zu  erwarten, 
und  eine  solche  ausserordentliche  Leistung  ist  das  vorliegende  Werk. 
Man  glaubt  es  dem  Verfasser  gerne,  dass  es  die  Frucht  21  jähriger 
akademischer  Lehrthätigkeit,  klinischer  Erfahrung  und  dreijähriger 
zusammenstellender  und  aufbauender  Arbeit  ist.  Nach  der  Vorrede 
wollte  Verfasser  ein  Lehrbuch  schreiben,  welches  nicht  nur  dem  An- 
fänger Belehrung  und  Anregung  zum  weiteren  Forschen,  sondern  auch 
dem  schon  geförderten  Arzt  eine  bequeme  Handhabe  zum  Nacbscblagen 
und  zur  Orientirung  über  den  jeweiligen  Stand  der  einzelnen  Fragen 
bringt.  Die  Fülle  des  Gebotenen  wird,  glaube  ich,  für  den  Anfänger 
etwas  erdrückend  wirken,  und  wird  derselbe  der  altbewährten,  mehr 
elementaren  Einführung  in  die  Chirurgie,  wie  sie  meine  Zeitgenossen 
mit  mir  wohl  durch  die  Billroth’sche  allgemeine  Chirurgie  genossen 
haben,  nicht  ganz  entbehren  können.  Aber  das  Fischer'sche  Lehrbuch 
ist  ein  Nachschlagewerk  in  des  Wortes  bester  Bedeutung  und  entbehrt 
doch  nicht  saebgemässer,  kompendiöser  Kürze,  wo  dieselbe  am  Platz  ist. 
Wenn  der  Verfasser,  wie  er  ausspricht,  es  anstrebte,  in  jedem  Kapitel 
' für  sich  eine  znsammengedrängte  Monographie  zu  bringen,  so  erhellt 
daraus  die  Grundrichtung  des  Werkes  als  eines  gewissermaassen  encyklo- 
pädischen.  — Ein  eigenartiges  Gepräge  erhält  ferner  das  Buch  dadurch, 
dass  ein  grosses  Stück  der  speciellen  Chirurgie  mit  in  den  Rahmen  der 
allgemeinen  Chirurgie  eingeßgt  und  vom  Gesichtspunkt  der  letzteren 


505 


dargestellt  ist.  Diese  VerBchmeltong  erweist  sich  als  eine  darchans 
naturgemässe  and  dem  Lehrer  erprobte.  Man  findet  jedoch  mehr  als 
,ab  und  zu“  einen  Streifzag  in  das  benachbarte  Gebiet  der  speziellen 
Chirurgie,  wie  Verf.  diese  Seite  seines  Werkes  aukündigt  Man  wird 
vielmehr  anf  Schritt  und  Tritt  mit  speziell  chirurgischen  Fragen  be- 
schäftigt. Nach  meiner  Ansicht  gereicht  das  nicht  zum  Schaden  des 
Ganzen,  sondern  belebt  und  befruchtet  die  Lektüre  besonders  für  den 
„geförderten'^  Arzt,  dem  sonst  — man  wird  mir  zugeben  — das  Lesen 
von  dickleibigen  Büchern  eines  rein  theoretischen  Lehrstoffes  weniger 
anziehend  zu  sein  pflegt.  Die  spezialisirende  Richtung  des  Buches  zeigt 
sich  vor  Allem  auch  in  dem  therapeutischen  Tbeil,  der,  so  sehr  die  all- 
gemeinen Grundsätze  des  chirurgischen  Handelns  an  die  Spitze  gestellt 
sind,  doch  sehr  in's  Detail  geht,  und  dabei  durch  die  knappe,  führende 
Kritik  ausgezeichnet  ist,  welche  das  ganze  Werk  erfüllt.  Da  somit  die 
allgemeine  Chirurgie  auf  die  breiteste  Basis  gestellt  wurde,  ist  selbst- 
verständlich, dass  alle  Hülfswissenschafteo,  Anatomie,  Physiologie, 
Bakteriologie,  und  experimentelle  Wissenschaften  die  ausgiebigste  Bei- 
steuer liefern.  Auch  die  Geschichte  der  Medizin  kommt  bezüglich  des 
Entwickelungsganges  chirurgischer  Streit-  und  Lebensfragen  zu  ihrem 
Recht.  — Mit  einer  gewiesen  Vorliebe  sind  an  manchen  Stellen,  ent- 
sprechend der  universellen  Auffassung  des  Antors  und  dem  heut  zu  Tage 
berechtigten  Standpunkte  der  Chirurgie,  die  Beziehungen  zur  inneren 
Medizin  gepflegt.  Insbesondere  sind  es  die  Erkrankungen  des  Nerven- 
systems, welche  diese  Berührungspunkte  abgeben.  Für  die  erschöpfende 
und  zusammenfassende  Darstellung  der  nervösen  Gelenkleiden,  der 
neurotischen  Gelenkaffektionen  bei  Tabes  etc.,  der  Gelenkneuralgie , 
hysterischen  Gelenkaffektionen  kann  man  dem  Verf.  besonders  dankbar 
sein.  Bei  anderen  Gelegenheiten  gebt  es  ohne  einige  Ungleichmässig- 
keilen  der  StofiFbebandlung  nicht  ab.  So  finden  sich  die  verschiedenen 
Formen  der  centralen  (spinalen)  und  peripheren  Lähmungen  vielleicht 
etwas  zu  ausführlich  besprochen,  so  sehr  dieselben  in  ihren  Folge- 
wirkungen  am  Körper  das  Auge  und  auch  gelegentlich  das  praktische 
Interesse  des  Chirurgen  beschäftigen  mögen.  Bei  den  Krankheiten  der 
Muskeln  sind  auf  mehreren  Seiten  die  degenerativen  Formen,  die  pro- 
gressive Muskelatropbie  eingehend  bis  zur  myopatbischen  und 
nenropatbischen  Entstebungstheorie,  inclusive  innerer  und  elektrischer 
Therapie  abgehandelt,  desgleichen  die  Pseudohypertropbie,  auch  die 
Thomeen’sche  Krankheit.  Daneben  ist  der  Exerzirknocben  mit  vor- 
wiegend chirurgischem  Interesse  etwas  kurz  auf  einer  halben  Seite  und  ohne 
Erörterung  derTherapie  besprochen.  — Unter  den  chirurgischen  Krankheiten 
des  Centralnervensystems  haben  u.  A.  die  contusio  cerebri,  sowie Gebirndruck 
and  Gehirnerschütterung  eine  ausserordentlich  klare  und  eng  znsammen- 
gefasste  Darstellung  erfahren,  die  Jedem  willkommen  sein  wird,  der 
einmal  beim  Nachscblagen  an  der  Länge  der  dasselbe  Thema  behandelnden 
Ausführungen  der  neueren  Lehrbücher  der  speziellen  Chirurgie  gescheitert 
ist.  — Wahre  Glanzleistungen  des  Werkes  sind  die  Kapitel  über  den 
antiseptischen  Verband,  S.  60  bis  92,  sowie  die  Kapitel  über  Wund- 
infektionskrankheiten,  S.  212  bis  .107.  Hier  ist  das  Ideal  der  mono- 
graphischen Darstellung,  welche  sich  harmonisch  dem  Ganzen  einfügt, 
entschieden  erfüllt.  — Im  Uebrigen  ist  es  aus  naheliegenden  Gründen 
kaum  möglich,  den  Inhalt  des  Buches  im  Einzelnen  zu  referiren.  Sehr 
ausführlich  sind  die  Krankheiten  der  Knochen  und  Gelenke  abgehandelt. 


506 


Die  Knochen*  und  Gelenktuberknlose  füllt  mit  Recht  den  breitesten  Raum 
aas.  Hier  ist  das  ungeheure  Untersachnngs-  und  Fundmaterial  der  letzten 
2 Jahrzehnte  übersichtlich  geordnet,  kritisch  gesichtet  und  nach  thera- 
peutischen Ergebnissen  verwerthet.  — Auffällig  ist  dem  Leser  gewesen, 
dass  in  dem  Bncbe  so  wenig  von  Schnssverletzungen,  Schnssfraktnren  etc. 
die  Rede  ist.  Es  ist,  als  verwiese  der  Antor  stillschweigend  auf  seine 
allgemeine  Kriegscbirurgie.  — Kap.  VIII  Allgemeine  Orthopädie,  enthält 
im  Wesentlichen  die  spezielle  Pathologie  und  Therapie  der  Deformitäten 
des  Fasses  (Klnmpfuss,  Plattfuss  etc.),  des  genu  valgnm,  der  Skoliose  in 
durchaus  lichtvoller,  klärender  Form.  — Das  Schlusskapitel  XI  behandelt 
die  Geschwülste.  Die  spezielle  Gescbwulstlehre  ist  verhältnissmässig  kurz 
gefasst.  Dies  mit  Recht,  da  ein  grosser  Tbeil  dessen,  was  sonst  diesen 
Abschnitt  der  Lehrbücher  über  allgemeine  Chirurgie  anschwellen  lässt, 
der  pathologischen  Anatomie  angebört.  — Die  Sprache  des  Lebrbncbes 
ist  kurz,  frisch  und  lebendig.  Kurze  Sätze  illnstriren  oft  einen  ganzen 
Gedankengang.  — Die  Bezeichnung  der  Unterabtheilnngen  der  einzelnen 
Kapitel,  welche  neben  der  Eintheilnng  in  Paragraphen  durch  römische  and 
arabische  Zahlen,  grosse  und  kleine  Buchstaben,  auch  a ß y etc.  geschieht, 
hat  anscheinend  etwas  Gekünsteltes,  erweist  sich  aber  beim  Lesen  als 
durchaus  praktisch,  indem  beim  Rückblicken  das  Recapituliren  und  das 
AufBnden  der  leitenden  Eintheilnng  erleichtert  wird.  — Die  Ausstattung 
ist  die  von  der  Verlagsfirma  bekannte  mustergültige.  — Illustrationen 
(der  Zahl  nach  101)  sind  fast  nnr  insofern  angewandt,  als  dieselben 
znr  Veranschaulicbnng  therapeutischer  Maassnahmen  dienen.  Der  An- 
fänger, anf  welchen  der  Verf.  bei  der  Schöpfung  seines  schönen  Werkes 
ebenfalls  gerücksichtigt  hat,  wird  der  Bilder  zur  Verdeutlichnng 
theoretischer  Anseinandersetzungen  schwerlich  ganz  entrathen  können.  — 
Am  Schluss  können  wir  das  Werk  allen  Faebgenossen  anf  das  An- 
gelegentlichste empfehlen.  Es  wird  sich  in  allen  chirurgischen  Tages- 
fragen als  ein  zuverlässiger  Berather  erweisen.  H — ch  (Berlin). 


Znr  Schnhfrage.  Von  Prof.  Hermann  von  Meyer  in  Zürich.  Zeit- 
schrift für  Hygiene.  III.  Bd.,  S.  487  bis  507. 

Es  sind  jetzt  31  Jahre  her,  seit  der  hochverdiente  Verf.  mit  seinem 
humoristischen  Schriftchen  nProcrustes  ante  portas'^  die  so  wichtige 
Frage  einer  rationellen  Fnssbekleidnug  in  Anregung  brachte.  Man  ist 
daher  wohl  berechtigt,  sich,  wie  es  der  Verf.  in  dem  vorliegenden  Anf- 
satze  gethan,  die  Frage  vorznlegen,  weshalb  wohl  seine  theoretisch  doch 
allseitig  gebilligten  Vorschläge  es  bislang  nicht  vermocht  haben,  sich  den 
gebührenden  Eingang  in  die  Praxis  zu  verschaffen. 

M.  sacht  die  Schuld  daran  theils  beim  Publikum,  theils  bei  den 
Technikern.  Unter  dem  Publikum  verhält  eich  die  Mehrzahl  überhaupt 
gleichgültig  gegen  die  Sebuhfruge,  Andere  finden  den  Meyer’schen 
Stiefel  wohl  praktisch,  aber  nicht  elegant  genug,  die  Dritten  endlich 
haben  mit  demselben  einen  Versneh  gemacht,  ihn  jedoch  bald  aufgeben 
müssen,  weil  eie  sich  nicht  wohl  dabei  befanden. 

Die  Schuhmacher  ihrerseits  lehnten  aus  Unverstand,  Schlendrian, 
Böswilligkeit  oder  ans  anderen  Gründen  jedes  Eingehen  auf  M.'s  Ideen 
ab  oder,  was  noch  schlimmer,  sie  kündigten  unter  dem  Namen  „rationeller 


Digitiiöu  oy 


507 


Schuhe“  Fussbekleiduogen  an,  die  diesen  Namen  nicht  im  Entferntesten 
verdienen,  und  brachten  so  das  richtige  Prinzip  beim  Pabliknm  erst  recht 
in  Misskredit  Liessen  sie  sich  aber  auch  wirklich  zur  Herstellung  von 
Scbnhwerk  nach  M.’s  Angaben  herbei,  so  machten  sie  dabei  eine  Reihe 
von  Fehlern,  welche  der  Verbreitung  desselben  hinderlich  sein  mussten. 

In  dem  früher  üblich  gewesenen  Schohw'erk  war  die  Sohle  symmetrisch 
nn>  die  Mittellinie,  und  das  Oberleder  so  zugeschnitten,  dass  es  seine 
grösste  Höhe  in  der  Mitte  batte  und  nach  vorn  ganz  flach  auf  die  Sohle 
anslief.  In  derartigen  Schuhen  können  die  Zehen  sich  nicht  frei  vom 
Boden  abwickeln,  werden  vielmehr  nach  der  Mittellinie  zusammengeqnetscht 
und  erleiden  im  Laufe  der  Zeit  Missgestaltungen  tiefgreifender  Art,  die 
tu  bekannt  sind,  um  hier  näher  auf  dieselben  eingehen  zu  müssen. 

Um  den  Zehen,  besonders  der  für  den  Oeh-Akt  wichtigsten  grossen 
Zehe,  freien  Spielraum  zu  gewähren,  muss  die  Fussbekleidnng  über  einer, 
unter  dem  Namen  der  Meyer'scben  allbekannten  Linie  erbaut  werden, 
welche  von  der  Mitte  der  Ferse  durch  die  Mitte  des  ersten  Metatarsal* 
knochens  nach  vorn  verläuft.  Der  Innenrand  der  Sohle  muss  dieser 
Linie  parallel  verlaufen,  und  das  Oberleder  muss  genau  über  derselben 
seine  grösste  Höhe  haben. 

Die  Fehler  nun,  welche  die  Schuhmacher  bei  der  Herstellung  natur- 
gemässer  Stiefel  zu  machen  pflegen,  sind  folgende  drei: 

1.  Sie  machen  die  Schuhe  vom  spitz.  Da  dieselben  aber  am  Innen- 
rand  gerade,  am  Anssenrand  stark  konvex  sind,  so  erscheinen  sie  auffallend 
lang,  ausserdem  krumm  und  erregen  die  Spottinst  des  Publikums.  Oder 
sie  machen  sie,  wie  es  sich  gehört,  vorn  breit,  schneiden  sie  aber  nach 
alter  Gewohnheit  so  zu,  dass  die  vorderen  Ränder  beider  Schube  in  eine 
gerade  Linie  fallen;  infolge  dessen  bildet  die  innere  Ecke  des  vorderen 
Randes  einen  spitzen,  die  äussere  einen  stumpfen  Winkel,  und  der  Schuh 
erscheint  wiederum  krumm.  Ein  gefälliges  Aussehen  erhält  dagegen  der 
Meyer'sche  Stiefel,  wenn  sein  vorderer  Rand  senkrecht  zur  Meyer’scben 
Linie  angefertigt  wird. 

2.  Die  Schuhmacher  führen  die  für  normale  Füsse  gegebenen  Regeln 
schematisch  durch,  ohne  den  etwa  schon  vorhandenen  Missbildungen  an 
den  Füssen  ihrer  Kunden  gebührend  Rechnung  zu  tragen.  Ist  es  schon 
zu  „Frostballen“,  d.  b.  zur  Abknickung  der  grossen  Zehe  nach  aussen 
und  entzündlicher  Verdickung  der  Haut  über  dem  ersten  Metatarso- 
Pbalangeal- Gelenk  gekommen,  so  nutzt  keine  noch  so  gewaltsame  Auf- 
treibung des  Oberleders  an  der  Stelle  des  Frostballens,  wie  sie  die 
Schuhmacher  zu  machen  pflegen.  Da  hilft  nur  eine  genügende  Länge 
des  Schuhes,  welche  der  grossen  Zehe  auch  dann  genügenden  Raum 
gewährt,  wenn  sie  in  ihre  natürliche  Lage  zurückgekehrt  ist.  Um  einen 
solchen  Schuh  machen  zu  können,  muss  der  Schuhmacher  die  grosse 
Zehe  in  ihre  natürliche  Lage  bringen,  bevor  er  das  Maass  der  Sohle 
nehmen  will. 

3.  Die  Schuhmacher  pflegen  zwar  die  Sohle  richtig  nach  der 
Meyer'scben  Linie  zu  schneiden,  das  Oberleder  aber  nicht  selbst  anszu- 
Bchneiden,  sondern  die  ihnen  fertig  gelieferten,  nach  alter  Manier  sym- 
metrisch angefertigten  Schäfte  zu  verwenden,  die  ihre  grösste  Höhe  nicht 
über  der  Meyer'scben  Linie,  sondern  über  der  Mittellinie  des  ITusses 
haben.  Sie  lassen  sich  zwar  über  dem  Leisten  mit  Gewalt  in  die  richtige 
Gestalt  zwicken,  gleiten  aber  im  fertigen  Stiefel  in  ihre  alte  Gestalt  zu- 
rück und  bedingen  beim  Tragen  des  Stiefels,  dass  der  Fuss  nach  aussen 


608 


geführt  and  am  Kleiozehenrande  gegen  das  Oberleder  angedrückt  wird. 
Ein  Schuhmacher,  der  also  wirklich  rationelles  Scbuhzeug  liefern  will, 
muss  sich  daher  entschliessen,  auch  das  Oberleder  selbst  zu  schneiden. 

Erst  wenn  die  Schuhmacher  gelernt  haben  werden,  die  angeführten 
Fehler  zu  vermeiden,  werden  sie  dem  rationellen  Schubwerk  Eingang 
beim  Publikum  verschaffen. 

Bemerkens  werth  sind  noch  des  Verfassers  Ansichten  über  den  Plattfass, 
welcher  nicht  durch  Einsinken  des  Fus.^gewölbes  zu  Stande  kommen  soll, 
sondern  durch  eine  Umlegung  desselben,  so  zwar,  dass  dessen  Scheitel 
nach  innen  umfällt,  während  die  Stützpunkte  nach  aussen  ratschen. 
Diese  Missbildung,  eine  gewaltsame  Pronation,  ist  M.’s  Ansicht  nach  eine 
nothwendige  Folge  fehlerhaften  Scbubwerks.  Sie  kann  daher  auch  nicht, 
wie  es  gewöhnlich  von  Schuhmachern  und  Chirurgen  geschieht,  durch 
Einlegen  einer  starken  Unterlage  von  innen  her  in  die  Fusshöhlnng  and 
durch  einen  niedrigen  Absatz  bekämpft  werden.  Wirksam  zur  Verhütang 
bezw.  Heilung  des  Plattfasses  ist  vielmehr  nur  ein  richtig  geschnittenes 
Oberleder,  dessen  Nutzeffekt  man  M.'s  Erfahrungen  nach  noch  dadurch 
erheblich  steigern  kann,  dass  man  den  Fersentheil  der  Sohle  um  ca. 
1 cm  vertieft,  so  zwar,  dass  die  grösste  Tiefe  dieser  Grube  etwas  nach 
innen  von  der  Mitte  der  Ferse  liegt.  Ein  ziemlich  hoher  Absatz,  dessen 
vorderer  Rand  jedoch,  ebenso  wie  derjenige  der  Sohle,  auf  der 
Meyer’schen  Linie  senkrecht  stehen  muss,  hat  sich  M.  gleichfalls 
bewährt. 

Die  Wichtigkeit  der  Schahfrage  für  die  Schlagfertigkeit  der  Armee 
möge  die  Genauigkeit  des  Referates  entschuldigen. 

M.  Kirchner  (Berlin). 


Dr.  Vorster.  Zur  operativen  Behandlung  des  Priapismns. 

Separatabdruck  aus : Deutsche  Zeitschrift  für  Chirurgie. 

Verf.,  Assistenzarzt  am  Diakonissenhanse  Bethanien  in  Berlin,  veröffent- 
licht zwei  mit  günstigem  Erfolge  zur  operativen  Behandlung  (Prof.  Rose) 
gekommene  Fälle  von  Priapismus.  Der  eine  der  Patienten  war  Haemopbile, 
seine  Aufnahme  in  das  Hospital  erfolgte  wegen  unstillbarer  Epistaxis, 
welche  zwar  bald  stand,  aber  bedrohliche  Erscheinungen  akuter  Gebirn- 
anämie  zurückliess;  Kopfschmerzen,  Erbrechen,  hochgradige  Schwäche 
im  rechten  Arm  und  Bein.  Der  Priapismus  stellte  sich  ein  im  Anschluss 
an  eine  erschwerte  Defäkation,  dabei  kam  es  gleichzeitig  zu  cerebralen 
Krankheitserscheinungen:  Schlaflosigkeit,  Kopf-  und  Nackenschmerzen, 
Abducensläbmung,  Bewusstseinsstörung.  Verf.  ist  demzufolge  geneigt, 
den  Priapismus  durch  eine  in  das  Gehirn  erfolgte  Blutung,  hervorgernfen 
durch  die  Anstrengungen  bei  der  Defäkation,  zu  erklären.  — Alle  thera- 
peutischen Maassnahmen  (örtlich  Kälte,  innerlich  Kampher,  Morphinm, 
Chloral,  Cbloroformnarkose;  protrahirte  lauwarme  Bäder)  erwiesen 
sich  als  erfolglos.  Nach  32  tägiger  Dauer  der  Erektion  entschloss  sich 
Rose  trotz  der  bestehenden  Haemopbilic  zu  einer  Incision,  um  die  in- 
zwischen zur  Ausbildung  gelangte  (atrophische)  Parapbimose  zu  heben; 
dreistündige  Blutung  nicht  aus  der  Schnittwunde,  sondern  aus  den  Stieb- 
kanälen, danach  allmäliger  Rückgang  des  Priapismus,  am  vierten  Tage 
post  operationem  vollständige  Erschlaffung  des  Gliedes.  Später  Ent- 


V .1  >i  i'jk 


509 


Wickelung  ausgeeprocbener  lienaler  Leukaemie.  Verf.  hält,  obgleich 
Litteratnrangaben  über  Koinzidenz  von  Lenkaeroie  und  Priapiemus  vor* 
liegen,  die  Lenkaemie  nicht  für  das  ursächliche  Moment  des  Priapismus, 
weil  sie  erst  nachträglich  (?  Ref.)  sich  herausgebildet  bat 

Im  zweiten  Falle  war  der  Priapismus  bedingt  durch  einen  naeh 
Trauma  entstandenen  Bluterguss  in  das  rechte  corpus  cavernosum. 
Dieser  druckte  auf  die  durch  die  Wände  der  corpora  cavernosa  hindnrch- 
gehenden  tv.  profundae  und  führte  so  zur  Stauung  des  venösen  Blutes 
in  den  Schwellkörpern.  Wegen  der  diagnostisch  sichergestellten  gleich- 
zeitigen Zerreissung  der  Harnröhre  führte  Rose  die  uretbrotomia  externa 
aus,  um  die  prall  gespannte  Blase  zu  entleeren.  Dabei  kam  das  sich  in 
die  Urethra  vorwölbende  Haematom  zu  Gesicht.  Die  Incision  desselben 
führte  bald  zur  Abschwellung  des  Gliedes.  Heilung  in  sieben  Wochen. 

Es  erwiesen  sich  somit  heilsam  in  Fall  1 die  Operation  der  Para- 
phimose, in  Pall  2 die  Incision  eines  circumscripten  Blutergusses  in  das 
corp.  cavern.  dextrnm.  — G.  — 


Dlittheilnngen. 


.Natvirrorscher -Versa.minlung'  in  Köln. 

Sektion  für  HilitSr-Sanitätswesen. 

Sitzung  am  Montag  den  17.  September  12'/>  Uhr. 

Einführender:  Oberstabsarzt  Dr.  Neumann. 

Schriftführer:  Stabsarzt  Dr.  Glasmacher. 

Die  Sektion  knnstitnirt  sich  und  wählt  zu  ihrem  Vorsitzenden 
Herrn  Professor  Dr.  Roth,  Generalarzt  L Kl.  des  XII.  (Königl. 
Sächsischen)  Armeekorps.  — Frequenz:  12. 

Sitzung  am  Mittwoch  den  19.  September  ll’/i  Uhr. 

Vorsitzender:  Generalarzt  I.  Kl.  Dr.  Roth. 

Schriftführer:  Stabsarzt  Dr.  Glasmacher. 

Vortrag:  Professor  Dr.  v.  Mnndy  (Wien): 

Ueber  Jodoformverband  im  Frieden  und  im  Kriege  in  der 
ersten  Linie. 

Ein  Verband  bei  plötzlichen  Unglücksfällen  im  Frieden  und  im 
Kriege  muss  antiseptisch  sein.  Ein  Jodoformverbaud  genügt  den  anti- 
septischen Kantelen,  er  ist  leicht  anzulegen,  ist  schmerzlindernd,  blut- 
stillend und  dauerhaft.  Es  wird  der  Vorschlag  gemacht,  der  SanitSts- 
soldat  möge  im  Frieden  bei  grösseren,  plötzlichen  Unglücksfällen  zur 
Hülfeleistung  herangezogen  werden.  Genügt  der  Jodoformverband  im 
Frieden,  wie  dies  durch  zahllose  B'älle  bewiesen  ist,  so  ist  auch 
anzonehmen,  dass  er  im  Kriege  in  der  ersten  Linie  gute  Dienste 
leisten  wird. 

Generalarzt  Dr.  Roth  ist  der  Ansicht,  dass  sich  Jodoform  wegen 
seines  durchdringenden  Geruches  nicht  eigne,  in  Verbandpäckchen  dem 
Soldaten  zum  ersten  Verbände  mitgegeben  zu  werden. 


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510 


Vortrag  von  Stabgarst  Dr.  Olasmacher: 

Extemporirte  Tracheotomie. 

Extemporirte  Tracheotomie  ist  eine  solche,  welche  bei  höchster 
ErstickoDgsgefabr  ohne  präparatorische  Freilegung  des  Kehlkopfes  oder 
der  Luftröhre  in  einem  Zuge  gemacht  wird.  Veranlassung  giebt  Verleguuf 
der  Luftwege  durch  Haematom  oder  Emphysem  nach  Verwundungen  im 
Munde  und  am  Kehlkopfe,  nach  Bruch  des  Kehlkopfes  und  Zungenbeines, 
ferner  durch  aspirirte  oder  direkt  verschluckte  grössere  Fremdkörper, 
meist  durch  kronpöse  und  diphtheritische  Membranen.  Eine  weitere  Ver> 
anlassung  zur  schleunigen  Tracheotomie  kann  gehen  plötzliche  Asphyxie 
nach  Anwendung  von  Chloroform  und  Einathmung  von  irrespirabelD 
Oasen.  Das  Krankheitsbild  ist  ein  verschiedenes,  je  nach  der  die 
Asphyxie  bewirkenden  Ursache.  Bevor  man  zur  Operation  achreitei, 
muss  man  den  Mond  und  Rachen  nntersncben,  mit  Finger  oder 
Zange  eingehen,  Fremdkörper  entfernen  oder  Schlnndsonde  einföhreo. 
Wenn  keine  Besserung  erzielt  wird,  muss  der  Kehlkopf  kräftig  hin  und 
her  geschoben  werden,  um  etwaige  Fremdkörper  zu  lockern.  Bei  höchster 
Oefabr  ist  die  extemporirte  Tracheotomie  das  ultimum  remedinm. 

Tracheotome  sind  höchst  selten  zur  Stelle,  zudem  sind  sie  nnzweck- 
massig,  wenn  es  sich  gleichzeitig  um  Entfernung  von  Fremdklirpeit 
handelt,  nnd  wegen  möglicher  Mitverlelzung  der  hinteren  Lnftröhrenwznd 
und  der  Speiseröhre,  besonders  bei  Kindern,  gefährlich.  Bei  Ausfuhroog 
der  Tracheotomie  en  bloc  ist  bestimmend,  ob  eine  Trachealkanüle  icr 
Hand  ist  oder  nicht.  Ist  eine  solche  zur  Hand,  so  genügt  ein  Schaitt, 
welcher  am  oberen  Rande  des  Ringknorpels  beginnt,  nicht  bis  zum 
Scbildknorpel  reicht,  um  eine  Blutung  aus  der  Art.  crico-tbyreod.  so 
vermeiden,  vom  oberen  Rande  des  Einschnittes  zwei  seitliche  Incisiooen 
gemacht,  so  dass  eine  T förmige  Wunde  entsteht.  Die  Durchschneidong 
des  Ringknorpels  wird  so  zu  umgehen  sein.  Ist  keine  Trachealkanüle 
zur  Stelle,  ebenso  auch  wenn  es  sich  um  Entfernung  von  Fremdkörpern 
handelt,  ist  die  Tracheotomia  snperior  am  zweckmässigsten  und  zwar  in 
der  Weise  ausgefübrt,  dass  die  seitlichen  Luftröhrentheile  direkt  unter 
dem  Ringknorpel  durch  den  Daumen  nnd  Zeigefinger  der  linken  Hand 
komprimirt  nnd  die  vorderen  bedeckenden  Tbeile  gespannt  werden,  dann 
Einschnitt  2'/9  cm  lang;  in  diesen  wird  bei  Blutung  und  wenn  Nichts 
zur  Stelle  ist,  nm  die  Wunde  der  Luftröhre  klaffend  zu  erhalten,  der 
rechte  Zeigefinger  eingelegt.  Bei  stärkerer  Blutung  in  die  Luftröhre  ist 
das  Ansaugen  des  Blutes  durch  einen  Katheter  empfeblenswertb,  verbunden 
mit  künstlicher  Athmung.  Bei  weiterer  Blutung  ist  dann  Umstechung 
oder  Unterbindung  nothwendig.  In  dem  Falle,  dass  sich  vermntbeo 
lässt,  selbst  nach  gehobener  Asphyxie,  es  sei  noch  ein  Fremdkörper  in 
den  Athmnngswcgen,  muss  die  Wunde  umsäumt  werden,  es  darf  keine 
Kanüle  eingelegt  werden,  sondern  durch  Fäden,  welche  durch  die  Seiten- 
theile  der  Luftröhren  wände  gehen,  wird  ein  stärkeres  Klaffen  dadurch 
hervorgebracbt,  dass  dieselben  auf  dem  Nacken  geknotet  werden.  Bei 
ruhiger  Athmung  kann  die  Trachealwnnde  wieder  durch  Naht  geschlossen 
werden.  — Kurz  wird  eines  Falles  Ewähnung  gethan,  welcher  ans- 
führlich  io  der  Deutschen  militärärztlichen  Zeitschrift  S.  447  d.  J.  mit- 
getheUt  worden  ist. 

Frequenz  25. 


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511 


Sitzang  am  21.  September  ll</>  Uhr. 

Vorsitzender:  Generalarzt  I.  Kl.  Dr.  Roth. 

Schriftführer:  Stabsarzt  Dr.  Glasmacher. 

Vortrag:  Herr  Generalarzt  I.  El.  Dr.  Roth: 

Ueber  die  nenesten  Leistongen  anf  dem  Gebiete  des  Militär* 
Sanitätswesens  im  Jahre  1887. 

Redner  erwähnt  zuerst  den  Sanitätsbericbt  über  den  russisch* 
türkischen  Krieg  von  Eoslow,  welcher  in  seinem  dritten  Theile  die 
Okkupation  von  Bulgarien  und  die  kriegsgefangenen  Türken  behandelt; 
er  weist  auf  die  grossen  Differenzen  bin  in  der  Angabe  der  Anzahl  der 
kriegsgefangenen  Türken;  die  Angaben  schwanken  zwischen  113  015 
und  57  638.  Die  Sterblichkeit  unter  den  gefangenen  Türken  beziffert 
sich  anf  841  pro  mille.  Redner  schildert  alsdann  die  Gesnnd- 
beitsverbältnisse  im  Kriege  Italiens  gegen  Abyssinien.  Abjssinien  ist 
sehr  ungesund  wegen  schlechten  Wassers,  hoher  Temperatur  (32 
bis  42°  Celsius)  hohen  Feuchtigkeitsgehalts  der  Luft.  Die  erste  Expedition 
zählte  4000  Mann,  erwies  sich  als  unzureichend;  eine  Kolonne,  die 
Lebensmittel  bringen  sollte,  wurde  vollständig  aufgerieben,  zwei  Aerzte 
(Gasparri,  Feretti)  fielen.  Die  folgende  Expedition  zählte  17  ÜOO  Mann. 
Eine  besondere  Instruktion,  betreffend  die  sanitären  Maassnahmen  bei  der 
Truppe,  wurde  ausgearbeitet;  die  Bekleidung  und  Ausrüstung  der  Offiziere 
ist  darin  sehr  reichhaltig;  pro  Kopf  und  Tag  wurden  5 Liter  Wasser 
gerechnet;  vor  Allem  sollte  für  gute  Köche  gesorgt  werden;  als  Latrinen 
sollten  Tonnen  dienen,  welche  in  besondern  Zelten  anf  Handkarren 
stehen  sollten.  Es  waren  Revierkrankenstuben  vorgesehen;  die  Schwer* 
kranken  sollten  in  Feldlazarethen  und  zwar  in  Doppelzelten  Aufnahme 
finden:  diese  Feldlazaretbe  sollten  sich  anf  Schiffslazarethe  stützen. 

Die  Leichen  sollten  durch  Uebergiessen  leicht  brennbarer  Flüssig- 
keiten und  Anfschicbten  von  Holz  verbrannt  werden.  Der  Feldzug 
scheint  noch  nicht  zu  Ende  zu  sein,  und  finden  diese  Sanitätseinrichtungen 
noch  Anwendung. 

Redner  schildert  die  im  Kriege  Frankreichs  gegen  Tonkin  zu 
Tage  getretenen,  ungünstigen  Verhältnisse.  Das  Klima  ist  tropisch,  und 
durch  die  mit  der  Reiskultnr  verbundenen,  beständigen  Ueberflnthnngen 
treten  nach  dem  Sanitäts* Berichte  des  französischen  Marinearztes  Rey 
die  perniziösesten  Malariaerkranknngen  (Waldfieber)  anf.  Cholera  ist 
vollständig  endemisch. 

Ein  Krieg  der  Engländer  in  Aegypten  besteht  nur  noch  in  kleinen 
Elxpeditionen;  die  Engländer  haben  Detaileinricbtungen  für  den  Sanitäts- 
dienst getroffen,  die  mustergültig  genannt  werden  können,  so  bestehen 
z.  B.  in  Abu  Fatma  sehr  zweckmässig  eingerichtete  Baracken. 

Redner  bespricht  weiter  in  hygienischer  Beziehung  den  Krieg  von 
Japan  gegen  Formosa  1884;  das  Heer  war  5990  Mann  stark;  es  bestanden 
dort  ebenfalls  sehr  ungünstige  Verhältnisse.  Beriberi  trat  daselbst  in 
bedeutender  Ausdehnung  anf;  diese  Krankheit  sei  den  Erscheinungen 
nach  als  vasomotorische  Neurose  anzusehen,  welche  vielleicht  durch 
mangelhafte  Verpflegung  entsteht,  da  nach  dem  Jahresberichte  der 
»panischen  Flotte  durch  Aenderung  und  Besserung  der  Kost  bessere 
Verhältnisse  herbeigefnhrt  worden  seien. 


Din"'- 


512 


Redner  weist  auf  sanitäre  Vorbereitungen  hin,  welche  in  Frue 
kommen  bei  einem  eTentuellen  Kriege  Russlands  gegen  England;  rar 
Russland  sei  bei  einem  solchen  maassgebend  die  transkaspische  Eisen* 
bahn,  welche  von  Krassnowodsk  nach  Merw  und  von  da  nach  Tarsh’oi 
bis  zum  Amu  Darja  führt  Diese  Bahn  erleichtere  in  eminenter  Weise 
die  Anhäufung  von  Kriegsmaterial.  Die  Engländer  würden  sich  stützen 
auf  die  Indus-Eisenbahn  und  die  davon  ausgehenden  Zweigbahnen.  Es 
würde  ein  Vordringen  der  Russen  von  Kandahar  angenommen,  wohin 
von  Indien  ans  die  Wege  über  Bolan  und  Harnai  führen,  während  die 
Abwehr  des  Angriffes  auf  den  Linien  Kandahar — Herat  oder  Kandahar- 
Kabul  erfolgen  würde.  O’Farell  giebt  einen  Mobilisirungsplan , nach 
welchem  die  englische  Armee  sich  auf  26  284  Soldaten  und  einen  Tross 
von  35  000  Mann  beziffern  würde.  Als  Transportmittel  für  Kranke  und 
Verwundete  würde  man  Kameele  gebrauchen;  die  Krankenzabl  würde  sof 
12  bis  14<*/o  zu  berechnen  sein.  Von  Werken,  welche  über  den  Sanitäts- 
dienst erschienen  sind,  bespricht  Redner  zuerst  das  Werk  des  Franzosen 
Robert,  welcher  eine  motivirte  Sanitätsordnnng  abgefasst  hat.  Ein 
ähnliches  Werk  sei  in  der  deutschen  Armee  dringend  erwünscht.  Ein 
Aufsatz  von  Thurnwald  handelt  über  Bekämpfung  der  Kriegsseuchen  in 
einem  Feldzüge  jenseits  der  Karpathen.  Podratzki  verlege  das  Haupt- 
gewicht der  Militärsanität  in  einem  Znkunftsfeldznge  auf  eine  Salubritäts- 
kommission  hinter  der  Front  Als  eine  vorzügliche  Leistung  znr 
ersten  Hülfe  wird  hervorgehoben  ein  Werk  von  Fr oe lieh  über  Oebirgs- 
sanitätsdienst. 

Redner  kommt  alsdann  znr  Besprechung  der  Einrichtungen  zur 
Unterbringung  von  Kranken;  er  giebt  der  transportablen  Doecker' sehen 
Baracke  den  Vorzug;  dieselbe  habe  vor  Allem  einen  guten  Fussboden 
und  sei  leicht  zu  etabliren;  die  Wellblecbbaracken  seien  auch  gut,  doch 
lassen  sie  sich  schwieriger  aufstellen  und  leiden  durch  das  Abbrechen. 

In  Betreff  der  Krackenhülfe  bemerkt  Redner,  dass  die  freiwillige 
Krankenpflege  auf  der  vorhandenen  Basis  der  Einfügung  in  die  amtliche 
Krankenpflege  in  ihrer  Stellung  präzisirt  worden  sei. 

Der  Redner  hebt  hervor,  dass  der  Sanitätsdienst  in  Norwegen  nach 
dem  Prinzip  der  technischen  Waffen  eingerichtet  sei,  wie  auch  in  Italien 
und  der  Schweiz. 

In  Russland  seien  in  Organisation  des  Sanitätsdienstes  keine 
Aendernngen  anzuführen;  als  Fortschritt  sei  in  Russland  die  Stiftung 
militärärztlicher  Gesellschaften  aufznfassen,  welche  unter  Mitwirkung 
aller  offlziellen  Organe  gestiftet  sind  und  ein  sehr  reges  Leben  ent- 
wickeln. Die  bisherigen  Kurse  znr  Ausbildung  von  Frauen  im  Sanitäts- 
dienste, welche  im  Nikolai  - Hospitale  in  Petersburg  stattfauden,  sind 
geschlossen. 

Redner  erwähnt  zum  Schlosse  dankbar  Bernhard  v.  Langenbeck’s, 
wegen  seiner  grossen  Verdienste  um  das  Militär-Sanitätswesen,  als  den- 
jenigen, welcher  das  Institut  der  konsultirenden  Chirurgen  in  die  Armee 
eiegeführt  hat,  und  schliesst,  da  keine  weiteren  Vorträge  angemeldet  sind, 
die  Sitzung  der  Sektion. 

Frequenz:  28. 

Glasmacher  (Köln). 


Gedruckt  io  der  EOnigUebeD  Hofbuchdmekerei  von  E.  S.  Mittler  & SohU|  Berlin,  Kochstrasse  68—^70. 


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Deutsche 


Militärärztiiche  Zeitschrift. 


Redactlon: 

Dr.  Generalarzt, 

B«rlin,  XanbenstnsM  5, 

n.  Dr.  Stabsarzt, 

B«rUo,  Kaiser  Franz  6rensdier>PlaU  11/12. 


V«rlig: 

f.  aBI«bt  & 

Königliche  Hofbachhandlang, 

Berlin,  Kockstraase  68^70. 


Moaitlich  «ncheint  ein  Heft  Ton  mindestens  8 Dnickbogea;  daxn  ein  „Amtlicbes  Beiblatt**.  Der 
Zeitschrift  wird  das  Werk:  „Jahresbericht  über  die  Fortschritte  auf  dem  Gebiete  des  Milit&r- 
SanitSto>Weeens**,  herans|^egeben  vom  Generalarzt  Dr.  Roth,  anentgeltlich  beigegeben,  ßesiellnng 
nehmen  alle  Foetlmter  and  Bachhandiangen  an.  Preis  des  Jahrgangs  15  Mark. 


XVII.  Jahrgang.  1888.  Heft  12. 


Zum  IS.  Dezember, 


Einem  Feste  gelten  diese  Zeilen,  — einem  Feste  so  selten  und  erlesen, 
wie  das  gesegnete  Leben  des  Mannes,  der  dasselbe  begeht. 

Se.  Excellenz  der  Generalstabsarzt  der  Armee  und  Chef  des 
SanitStskorps  Herr  Dr.  t.  Lauer  feiert  am  12.  Dezember  sein  GOjäbriges 
Militärdienst- Jubiläum.  Unsere  Zeitschrift  kann  bei  solchem  Anlass  am 
wenigsten  znräckbleiben  in  dem  Ausdruck  herzlicher  Freude  über  diesen 
Tag  nnd  warmen  Dankes  für  den  allmächtigen  Walter,  der  das  Leben 
des  Jnbilars  so  gnädig  geschützt,  der  Gesammtbeit  za  Nutz  so  segensvoll 
emporgeführt  hat. 

60  Jahre:  fürwahr  eine  gewaltige  Zeit,  hochragend  über  die 
Frist,  die  im  Durchschnitt  menschlichem  Wirken  gewährt  wird,  nabe  hinan- 
reichend  an  die  Grenze,  von  der  das  Bibelwort  sagt,  dass  sie  unserem 
Leben  gesetzt  sei! 

„Und  wenn  es  köstlich  gewesen,  so  ist  es  Mühe  and  Arbeit  gewesen“ 
— auch  das  trifft  zu.  Ein  Leben,  reich  an  Glück  and  Erfolg,  aber  auch 
voll  zielbewnssten  Strebens,  anstrengender  Arbeit  nnd  ernster  Ereignisse. 

Möge  es  heute  vergönnt  sein,  ein  Bild  desselben  zn  entrollen  als 
bleibende  Erinnernng  an  den  festesfrohen  Tag  and  als  ein  pietätvolles 
Blatt  za  der  Geschichte  des  ausgezeichneten  Mannes. 

Als  Sohn  des  Pfarrers  Peter  Christoph  Laaer  in  Wetzlar  am 
10.  Oktober  1808  geboren,  erhielt  der  Jubilar  in  der  Taufe  die 
Namen  Gnstav  Johann  Ludwig  Christian  Friedrich,  besachte  die 

83 


Digi'.izci  t,  Gofigk 


514 


i 


Schale  und  das  Gymnasiam  seiner  Vaterstadt,  trat  mit  16  Jahren  za 
Ostern  1825  in  das  medizinisch-chirurgische  Friedrich-Wilhelms-lostitat 
ein  und  studirte  auf  demselben  bis  Dezember  1828.  Am  12.  Dezember  1828 
als  Cbaritä'Cbirurg  in  die  Armee  getreten,  wurde  er  am  1.  April  183*1 
ab  Compagnie-Chirurg  zum  11.  Infanterie-Regiment  nach  Breslaa  and 
von  dort  am  1.  Mai  1833  zum  1.  Garde-Regiment  z.  F.  versetzt.  Am 
15.  April  1830  erfolgte  seine  Promotion  zum  Doktor  der  Medizin;  seine 
Dissertation  (de  sanguinis  differentia  in  morbis)  erschien  im  18.  Bande 
(S.  265)  der  I itterarischen  Hecker’schen  Annalen  der  gesammten  Heil- 
kunde.  Nachdem  er  die  Staabprüfungen  im  Winter  1834/35  bestanden, 
erhielt  er  am  18.  Januar  1838  die  Approbation  mit  dem  Prädikat  .vor- 
züglich gut“.  Inzwischen  war  er  am  22.  August  1836  als  Pensionär- 
Arzt  zum  Friedrich  - Wilhelms  - Institut  und  1836/37  behufs  weiterer 
Ausbildung  zum  Allgemeinen  Krankenbaase  in  Hamburg  kommandirt, 
darauf  am  6.  April  1839  zum  Stabsarzt  am  medizinisch- chirnrgisebeii 
Friedrich- Wilhelms-Institut  ernannt  worden,  in  welcher  Eigenschaft  es 
ihm  im  Jahre  1839  vergönnt  war,  aus  Staatsmitteln  eine-wissenscbafUiebe 
Reise  nach  Frankreich  und  Belgien  zu  unternehmen.  In  diese  Zeit  fällt, 
wie  aus  der  beigefügten  Uebersicht  seiner  litterarbchen  Arbeiten  hervor- 
gebt,  eine  Reihe  chirurgisch -medizinischer  Schriften,  welche  erkennen 
lassen,  mit  welchem  Eifer  der  junge  Militärarzt  seine  Aufgabe  verfolgte 
und  wie  lebhaft  er  bemüht  war,  die  damals  noch  weniger  gekannte 
wissenschaftliche  Tbätigkeit  der  besuchten  fremden  Länder  den  heimatb- 
lichen Fachgelehrten  näher  zu  bringen,  auch  neue  Methoden  der  Behand- 
lung, die  er  als  erfolgreich  kennen  gelernt,  bei  uns  einzubürgem. 

Der  5.  Januar  1843  brachte  die  Beförderung  zum  Regimentsarzt  des 
2.  Dragoner-Regiments  in  Schwedt,  aber  schon  der  29.  August  desselben 
Jahres  die  Versetzung  zum  Kaiser  Alexander  Garde-Grenadier-Regiment 
No.  1.  Am  22.  März  1859  erhielt  v.  Lauer  als  Oberstabs-  und  Regiments- 
arzt  den  Majorsrang,  am  22.  März  1861  den  Charakter  als  Generalarzt. 
Am  19.  Januar  1864  erfolgte  seine  Ernennung  zum  General-  und  Korps- 
arzt des  Gardekorps.  Als  solchem  wurde  ihm  am  18.  Juni  1865  der 
Rang  als  Oberstlieutenant  verliehen,  am  22.  August  1870  der  Bang  als 
Oberst,  am  22.  März  1877  als  Generalmajor.  Seit  dem  13.  Dezember  1879 
wirkt  der  Jubilar  als  Generalstabsarzt  der  Armee,  Chef  des  Sanitätskorpi 
und  der  Medizinal- Abtheiluug  des  Kriegsministeriums,  sowie  als  Direktor 
der  militärärztlicben  Bildungsanstalten,  und  zwar  seit  dem  22.  März  1881 
mit  dem  Range  als  Generallientenant. 


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515 


Von  wichtigeren  VorkomniDiseen  in  dieser  ruhmvollen  Laufbahn 
sind  zu  erwähnen: 

1848  Theilnahme  am  Kriege  gegen  Dänemark, 

1849  desgl.  an  der  Bekämpfang  des  Aufstandes  io  Dresden, 

1866  Feldzug  gegen  Oesterreich  (Schlacht  bei  Königgrätz), 

1870/71  desgl.  gegen  Frankreich  (Schlachten  bei  Oravelotte,  Beaumont, 

Sedan,  Belagerung  von  Paris,  Ausfallgefecht  bei  La  Malmaison,  Schlacht 
am  Mont  Valerien). 

Während  der  beiden  zuletzt  genannten  Feldzüge  befand  sich  der 
Jubilar  im  grossen  Hauptquartier  Sr.  Majestät  des  Kaisers  nnd  Königs 
Wilhelm  1. 

1860,  1867  und  1872  war  der  damalige  Regiments-  hezw.  General- 
arzt V.  Lauer  kommandirt  als  Mitglied  der  Kommissionen  znr  Berathung 
über  ein  neues  Militär-Lazareth-Reglemeot  und  eine  neue  Militär-Phar- 
makopoe, nher  die  Reorganisation  des  Militär- Sanitätswesens  nnd  über 
Verbessernngen  des  Feld-Sanitätswesens. 

In  den  April  1844  fällt  das  für  seinen  Lebensgang  vielleicht  ent- 
scheidendste Ereigniss:  die  Ernennung  zum  Leibarzt  Sr.  Königlichen 
Hoheit  des  damaligen  Prinzen  von  Prensseu.  Ununterbrochen  hat  seitdem 
Ezcellenz  v.  Lauer  bei  weiland  Sr.  Majestät  dem  Kaiser  und  König 
Wilhelm  I.,  bei  Sr.  Majestät  dem  Kaiser  und  König  Friedrich  III., 
endlich  bei  des  jetzt  regierenden  Kaisers  nnd  Königs  Wilhelm  II.  Majestät 
die  Stellung  als  Leibarzt  innegehabt. 

Aus  dieser  hochehrenvollen  Vertrauensstellung,  welche  Se.  Ezcellenz 
für  immer  mit  der  Geschichte  seines  Herrscherhauses  und  seines  Landes 
in  nnvergesslicher  Zeit  und  mit  den  grossen  Gestalten  in  der  Umgebung 
des  Heldenkaisers  verknüpft  hat,  stammt  eine  Reihe  Allerhöchster  Gunst- 
und  Gnadenbeweise,  von  denen  ein  Theil  sich  aus  den  Tagen  der 
Verleihung  unschwer  erkennen  lässt;  hervorzoheben  ist  ausserdem, 
neben  der  grossen  Zahl  hoher  Dekorationen,  die  am  1.  Januar  1866  erfolgte 
Erhebung  in  den  erblichen  Adelstand  ,in  Rücksicht  auf  die  langjährigen 
treuen  Dienste  um  die  Person  des  Kaisers  und  Königs  sowie  in  Betracht 
der  erfolgreichen  Wirksamkeit  in  seiner  amtlichen  Stellung  bei  der  Armee'^. 

Am  12.  Dezember  1878  beging  Se.  Ezcellenz  sein  50jähriges  Dienst- 
jubilänm,  über  dessen  Verlauf  diese  Zeitschrift  (Jahrgang  1878,  Heft  12) 
eingehend  berichtet  bat. 

Wie  in  dieser  glänzenden  militärischen  Laufbahn  war  inzwischen 
V.  Lauer  auch  io  den  Graden  der  Wissenschaft  nnd  als  Beamter  der 
civilärztlichen  Verwaltung  von  Stofe  zu  Stufe  emporgestiegen.  1845 

33* 


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habilitirte  er  sich  als  Privatdozent  an  der  Berliner  Universität,  erhielt 
1S54  die  Ernennnng  znm  ausserordentlichen  Professor  der  medizinisch* 
chirnrgischen  Akademie  für  das  Militär,  und  1880,  nachdem  er  bereits 
1847  Mitglied  der  Ober-Examinationskommission  für  das  medizinische 
Staatsexamen  geworden  war,  die  Ernennnng  znm  ordentlichen  Honorsr- 
professor  der  Universität  Berlin. 

Schon  1854  dnrch  den  Titel  eines  Geheimen  Sanitätsrathes  ausgezeichnet, 
wurde  er  am  29.  April  1880  mit  dem  Charakter  als  Wirklicher  Oebeimer 
Ober-Medizinalrath  beliehen  und  erhielt  damit  zugleich  den  Rang  eines 
Raths  1.  Klasse  nebst  den  Befugnissen  eines  Vortragenden  Ratbes  im 
Ministerium  der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medizinal- Angelegenheiteu. 

Seit  dem  11.  März  1843  ist  Se.  Excellenz  verheirathet  mit  Georgine, 
Tochter  des  Geheimen  Kommerzienraths  Wilhelm  Ermeler  zu  Berlin. 
Ans  dieser  glücklichen  Ehe  entsprossen  zwei  Söhne  und  zwei  Töchter. 
Eine  der  letzteren  ist  an  den  Königlichen  Regierungspräsidenten  und 
Kammerherrn  v.  Colmar  verheirathet,  während  beide  Söhne  dem  Eltem- 
paare  früh  entrissen  wurden:  der  Eine  fiel  als  Lieutenant  im  1.  Garde- 
Regiment  zu  Fnss  am  18.  August  1870  beim  Sturm  auf  St.  Privat;  der 
Andere,  demselben  Regiments  angehörig  and  zur  Unteroffizierschule  io 
Potsdam  kommandirt,  erlag  vor  wenigen  Monaten  einem  tückischeu 
schleichenden  Uebel.  — Es  sollte  dem  sonst  so  reich  gesegneten  Vater 
nicht  beschieden  sein,  den  Namen,  den  er  von  schlichtem  Anfänge  za 
höchsten  Ehren  geführt  hat,  von  Kind  zu  Kindeskind  vererben  zu  könneo. 

So  bat  dasselbe  Jahr,  welches  sein  Wirken  dnrch  die  nur  wenigen 
Sterblichen  beschiedene  Feier  des  60jährigen  Dienst-Jubiläums  zu  krönen 
bestimmt  war,  auch  die  denkbar  grössten  Schmerzen  gezeitigt;  erst  mit 
dem  ganzen  Lande  die  Klage  um  den  Hingang  zweier  unvergleichlicher 
Monarchen,  denen  menschlich  nahe  zu  treten  ihm  wie  Wenigen  vergönnt 
war,  sodann  die  herbe  Trauer  im  eigenen  Hause. 

In  ungebeugter  Rüstigkeit  und  vollendeter  geistiger  Frische  steht 
gleichwohl  der  Herr  Jubilar  heut  vor  unseren  Augen,  und  dankbarer  Ver- 
ehrung voll  bewundern  wir  die  Vielseitigkeit  seines  Wirkens. 

Fast  zwei  Lustra  hindurch  hat  Excellenz  v.  Lauer  das  Sanitäts- 
wesen der  Armee  und  das  Sanitätskorps  geleitet.  Mit  hoher  Befriedigung 
darf  Se.  Excellenz  auf  das  stetig  wachsende  Vertrauen  blicken,  welches 
die  Armee  dem  Sanitäts-Offizierkorps  entgegenbringt,  auf  die  Anerkennung, 
welche  demselben  in  wissenschaftlichen  Kreisen  nicht  vorentbalten  wird, 
auf  die  Sorgfalt,  mit  welcher  im  Auslande  die  Einrichtungen  des 
Preussisch-Deutschen  Militär -Medizinalwesens  studirt  und  nachgebildet 


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werden.  Das  „Snam  qnisqoe“,  welches  bei  Uebernahme  seines  hohen 
Amtes  der  neue  Chef  als  Ergänzung  und  nothwendiges  Korrelat  des 
,Saom  cnique*^  seinen  Untergebenen  zurief,  ist  von  diesen  im  Sinne  des 
Chefs  verstanden,  gewürdigt  und  niemals  vergessen  worden. 

Für  zwei  Generationen  war  Se.  Elxcellenz  das  VorbUd  eines  ausübenden 
Arztes. 

Ein  grosser  Tbeil  der  heutigen  Militärärzte  hat  in  seiner  Vorlesung 
über  allgemeine  Therapie  seinen  schlichten  Grundsatz  anssprechen  hören: 
^9e^antvety  heisst  dienen,  der  Arzt  ist  der  Diener  seiner  Kranken*. 
Diesem  Wort  ist  er  treu  gebliehen  in  seinem  Wirken,  das  er  trotz  nm- 
fassender  anderweiter  Thätigkeit  noch  jetzt  mit  voller  Hingebung  am 
Krankenbette  entfzJtet,  ein  echter  menschenfreundlicher  Arzt,  getragen 
von  der  Freude  über  die  erfüllte  Pflicht,  von  der  dankbaren  Liebe  in 
Palast  und  Hütte! 

Und  wer  möchte  nicht  heissesten  Dankes  und  bewundernder  Ver- 
ehrung voll  hinhlicken  auf  das  schönste  Blatt  im  Ruhmeskranze  des  erfolg- 
reichen Arztes,  auf  sein  Wirken  als  Leibarzt  unseres  dahingesebiedenen 
grossen  Kaisers  I Was  Excellenz  v.  Lauer  mit  nie  ermüdender  Sorge  und 
mit  beispiellosem  Erfolge  getban  bat,  um  dieses  kostbare  Leben  weit  über 
die  gewöhnliche  Dauer  hinaus  zu  erhalten,  das  sichert  ihm  für  alle  Zeit 
den  Dank  nnd  die  pietätvolle  Anerkennung  der  Nation,  macht  seinen 
Namen  schon  allein  zu  einem  gefeierten  weit  über  die  Grenzen  des 
Vaterlandes. 

Und  nicht  Wenigen  ist  er  nahe  getreten  als  Lehrer. 

Das  eingehende  Wissen  auf  dem  Gebiete  der  Chirurgie  sowohl  wie 
auf  dem  der  Pathologie  und  Therapie,  zu  welchem  sich  bald  ein  stetig 
wachsender  Schatz  praktischer  Erfahrung  gesellte,  drängte  naturgemäss 
rar  Mittheilniig  desselben  an  Nachstrebende.  Einige  vor  anderem 
Zubörerkreise  in  Vereinen  gehaltene,  der  Oeffentlichkeit  übergebene 
Vorträge  (siche  das  Verzeichniss  der  Schriften)  gewähren  ein  deutliches 
Bild  der  eindringlichen  Weise,  in  welcher  der  Jubilar  auch  vor  Studirenden 
die  Gegenstände  der  Besprechung  zn  entwickeln  und  eigenartig  zu 
beleuchten  pflegte.  In  Vielen  hat  er  dadurch  das  tiefere  Verständniss  für  den 
Zusammenhang  wissenschaftlicher  Einzelheiten  mit  der  gesammten 
Wissenschaft  einerseits,  mit  dem  praktischen  Leben  andererseits  frühzeitig 
geweckt,  die  Neigung  zu  selbstständigem,  znsammenfassendem  Denken 
auf  der  sicheren  Grundlage  ansgebreiteter  Kenntnisse  gefördert, 
aagleich  so  Manchen  als  Examinator  in  der  Staatsprüfung  durch 
freundlich  wohlmeinenden  Ernst  zur  Anspannung  der  besten  Kraft 
arlfogreich  ermntbigt. 


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So  ist  es  dem  hochverehrten  Manne  vergönnt  gewesen,  in  überall 
hervorragender  Stellnng  auf  einer  ganzen  Reihe  von  Gebieten  eine 
Thatigkeit  zn  entfalten,  von  welcher  jeder  einzelne  Zweig  ein  arbeits- 
vnlles  Menschenleben  auszufnllen  ira  Stande  wäre,  — jederzeit  eine  Ver- 
körperung des  Wortes:  aliy  aQi<ntvciy  xai  vntlQo^oy  tfifuycu  äiXuy  ! 

Wie  sollten  nicht  wir,  denen  die  Früchte  seines  Thnns  täglich  zu 
Oute  kommen,  des  heutigen  Tages  uns  freuen,  denselben  als  gemeinsames 
Fest  begehen,  den  geistigen  Inhalt  desselben  als  allgemeine  Angelegenheit 
des  Sanitätskorps  nns  aneignen I 

Aufrichtigen  Dankes  voll  begrüsst  das  Sanitäts-Offizierkorps  seinen 
all  verehrten  Chef  als  Vorbild  dienstlichen  Wirkens,  wissenschaftlichen 
Strebens,  nicht  am  wenigsten  als  fürsorglichen  Vater  seiner  Dntergebenen, 
für  welche  das  „Snum  euique“  in  der  Leitung  der  Angelegenheiten  des 
Sanitätskorps  stets  leicht  erkennbar  zn  Tage  getreten  ist.  Möge  es 
dem  Jubilar  vergönnt  sein,  sich  noch  lange  selbst  davon  zu  überzeugen, 
wie  innig  das  „Suum  qnisque“  mit  dem  Denken  aller  Mitglieder  des  Korps 
verwachsen  ist  und  wie  feste  Wurzeln  in  ihren  Herzen  die  Ehrfurcht  vor 
Dem  geschlagen  hat,  welcher  den  inneren  Zusammenhang  jener  beiden 
Devisen  so  nachdrücklich  betont,  jede  einzelne  derselben  durch  sein 
eigenes  Beispiel  ebenso  leuchtend  bethätigt  hat  wie  den  Wahlsprucb 
seines  Wappens:  Veritas  et  Constantia! 


Verzeichniss  der  Schriften  Sr.  Exceiienz  des  Generaistabsarztes 
der  Armee  Dr.  y.  Lauer. 

1830.  Dissertation:  „De  sanguinis  diiferentia  in  morbis“. 

(Ueber  die  Verschiedenheit  des  Blutes  in  Krankheiten.) 

Litterarische  (Hecker'sche)  Annalen  der  gcs.  Heilkunde  1830. 
18.  Bd.  S.  265. 

Einige  Betrachtungen,  betreffend  Weber’s  Versuche  über  die  Kraft,  durch 
welche  der  Schetikelkopf  in  der  Pfanne  erhalten  wird. 

Hamb.  Zeitschrift  für  die  ges.  Med.  Bd.  II.  Heft  3.  1836. 
(Schmidt’s  Jahrb.  XII,  4.) 

Referat  über  Baudens,  Clinique  des  plaies  par  armes  ä feu.  Paris  1836. 

In  Hamburger  Zeitschrift  für  die  gesammte  Medizin.  1837.  S.  36 
u.  169. 

Referat  über  Mayor,  Sur  le  Catheterisme  simple  et  fored,  et  sur  le 
Traitement  des  Retrecissements  de  l'Uretre  et  des  Fistules  nrinaires. 
Paris  1836. 

In  Hamburger  Zeitschrift  für  die  gesammte  Medizin.  1837.  S.  213. 


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Referat  über  Mayor,  Sar  l’usage  da  fil  en  fer  et  du  cotton  en  Chirurgie. 
Bemerkungen  über  die  Anwendung  des  Matterspiegels  und  einige  Verhält- 
nisse der  weiblichen  Genitalien. 

Hamburger  Zeitschrift  für  die  gesamrate  Medizin.  1838.  Bd.  IX. 
Heft  3. 

Vier  Fälle  von  Eclampsia  parturientium  et  puerperarum  mit  glücklichem 
Ausgang. 

Med.  Zeitung  1842.  No.  15  und  16. 

Oertliche  Anwendung  des  Caiomel  gegen  die  Angenentzündung  der  Neu- 
geborenen. 

Med.  Zeitung  1842.  No.  23. 

Mittbeilnogen  über  die  Medizinal-Verhältnisse  und  einige  damit  zusammen- 
hängende Gegenstände  in  Frankreich. 

Magazin  für  die  gesammte  Heilkunde.  1842.  17.  Band.  Heft  1 
und  2 und  1843,  18.  Band.  S.  96. 

Beitrag  zur  Lehre  von  der  Unterbindung  und  der  Torsion  der  Arterien. 
Med.  Zeitung  1844.  No.  4. 

Behandlung  der  Frostbeulen  mit  Argentum  nitricum  fusum. 

Med.  Zeitung  1845.  No.  20.  Auszug  aus  amtlichen  Berichten. 
Halbseitige  Lähmung,  welche  wahrscheinlich  nicht  vom  Gehirn  ausging. 

Med.  Zeitung  1847.  No.  34.  S.  164. 

Beitrag  zur  Kenntniss  der  Tuberkeln  des  Bauchfells. 

Med.  Zeitung  1848.  No.  26  und  27. 

Mittheilung  über  die  in  den  Militär- Lazarethen  der  Stadt  Schleswig 
während  des  dänischen  Feldzuges  vorgenommenen  wichtigeren 
Operationen. 

Med.  Zeitung  1849.  No.  1 und  2. 

Beitrag  zur  Kenntniss  der  Einwirkung  des  Chloroforms  auf  die  Muskel- 
Kontraktion. 

Med.  Zeitung  1849.  No.  18.  S.  76. 
lieber  die  Ophthalmia  granulosa. 

Med.  Zeitung  1851.  No.  38  und  39.  S.  177. 

Roptur  der  Aorta. 

Med.  Zeitung  1854.  No.  27.  S.  132. 

Der  vorherrschende  Charakter  der  Krankheiten  der  jetzigen  Generation. 

Vortrag  im  wissenschaftlichen  Verein.  Berlin  1862. 

Gesundheit,  Krankheit,  Tod.  Ein  Vortrag.  Berlin  1865. 


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Krampfadern  als  GrUnde  der  (Jnbranchbarkeit  bei  Hilitarpfliehti^ei 
und  Soldaten.  Benrtheilnng  hinsichtlich  der  DienstbeschädJ^iui;. 

Von 

Stabsarzt  Dr.  Neumtnn  (Angermünde). 


(Schloss.) 


Nächst  der  Ermüdang  des  Herzens  machten  wir  dann  die  energische 
plötzliche  oder  häufig  wiederholte  Kontraktion  bestimmter  Moskel- 
grappen  für  die  Entstehung  von  Varicen  infolge  allgemeiner  dienstlicber 
Anstrengungen  bei  unseren  ersten  16  Fällen  verantwortlich. 

In  diesen  Fällen  bestehen  entweder  schon  intramuskuläre  Erweite- 
rungen geringen  Grades,  die  im  Moment  energischer  MuskelkontraktioD 
schnell  in  der  Richtung  nach  der  Oberfläche  zu  auf  weitere  Oefiis- 
strecken  nbergreifen  oder  es  wird  die  (vorher  normale)  tiefe  Vene  erst 
durch  die  Muskelkontraktion  an  umschriebenen  Stellen,  wo  sie  gezerrt 
oder  in  ihrer  Lage  beengt  wird,  durch  die  plötzliche  Blutstauung  erweitert 
und  ansgebnchtet 

Beide  Fälle  bieten  für  die  Diagnose  grosse  Schwierigkeiten  dar  ood 
man  wird  bei  angeblicher  Entstehung  solcher  infolge  einer  angestrengten 
Marschübung  etc.  nur  dann  eine,  und  zwar  äussere,  Dienstbeschädignng 
annehmen  dürfen,  wenn  in  direktem  Anschluss  an  den  anstrengendeo 
Marsch  etc.  sich  die  oben  geschilderten  Symptome  der  tiefen  Varicen 
konstaliren  lassen.  Hierzu  gehört  vor  allen  Dingen  die  Angabe  des 
plötzlich  in  der  Tiefe  empfundenen,  von  der  gewaltsamen  Dehnung  der 
Ge^swand  herrübrenden  Schmerzes,  der  fast  nie  zu  fehlen  und  meist 
noch  in  der  Ruhe  zunächst  anznhalten  pflegt,  das  Gefühl  von  Schwere 
im  Gliede  etc. 

Immerhin  werden  solche  Fälle  als  Folge  allgemeiner  dienstlicher 
Anstrengungen  sehr  selten  und  jeder  einzelne  verschieden  zu  benr- 
theilen  sein. 

Anders  stellt  sich  die  Sache  für  Entstehung  und  Verschlimmerung, 
d.  h.  weitere  Verbreitung  tiefer  Varicen  schon  in  den  Fällen,  wo  die- 
selben  während  der  Ausübung  einer  dienstlichen  Handlung,  bei  der  ohne 
weitere  Ermüdung  des  Herzens  bestimmte  Muskelgruppen  besonders  is 
Aktion  treten,  entstehen.  Fall  17  giebt  nns  ein  Beispiel  für  die  weitere  Ver- 
breitung schon  vorher  vorhandener  tiefer  Varicen  nach  der  Oberfläche  zu 


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infolge  eines  Sprunges  über  den  Graben,  nnd  im  Fall  18  ist  die  Erweiterung 
plötzlich  beim  Wassertragen  entstanden.  Im  Fall  19  bat  die  starke  Be- 
lastung des  Trägers  durch  einen  Holzklotz  nnd  die  durch  die  Mnskel- 
koDtraktion  bedingte  Stauung  des  Blutes  in  einer  schon  erweiterten  Vene 
sogar  zur  Ruptur  der  Varixwand  an  der  Stelle  der  grössten  Spanuung 
geführt. 

Der  kavalleristische  Dienst  ist  es  dann  vor  allen,  der  zu  Varicen- 
bildungen  durch  Muskelkontraktion  an  den  unteren  Extremitäten  Veran- 
lassung giebt.  Der  , Schluss“  beim  Reiten,  die  immer  wiederholte  hoch- 
gradige Anstrengung  der  Ober-  wie  Unterschenkel  - Muskulatur  beim 
Zureiteo  der  Pferde  kann  sowohl  tiefe  Varicen  entstehen,  wie  schon  be- 
stehende sich  weiter  verbreiten  lassen  und  somit  eine  Beschädigung 
herbeiführen  (cfr.  Fall  20  bis  28),  die  wohl  jeder  gern  als  äussere  Dienst- 
beschädigung  anerkennen  wird,  besonders  wenn,  wie  bei  den  Kürassieren, 
noch  die  zirkulationshindernde  Wirkung  der  Falte  des  hoben  Stiefels  in 
der  Kniekehle  (cfr.  Fall  24)  hinzukommt. 

Nun  zu  den  äusseren  Beschädigungen  durch  „Stoss,  Schlag,  Sturz 
und  andere  Verletzungen“  dienstlicher  Natur,  die  Krampfaderbildungen 
im  Gefolge  batten.  Fall  29  bis  38  geben  uns  hierfür  Beispiele  verschie- 
denster Art.  Wir  haben  oben  unter  den  Entstehuugsursachen  für  Varicen 
auch  der  in  diesen  Fällen  angegebenen  verschiedenen  Zirkulationshinder- 
nisse,  Venenentzündungen  etc.  gedacht,  so  dass  wir  uns  hier  mit  dem 
Hinweis  auf  den  Inhalt  des  Ältestes  begnügen  können.  Erwähnen  wollen 
wir  nur,  dass  in  einzelnen  der  Fälle  wohl  eben  so  gut  das  primäre 
Leiden  wie  die  sekundären  Varicen  den  Grund  für  die  Unbrauchbarkeit 
des  Mannes  abgeben  konnten.  Jedenfalls  wird  man  die  Dienstbesebädiguug 
in  keinem  der  Fälle  anzweifeln  können.  — Zweifelhaft  wird  die  Dienst- 
beschädignng  nur  dann  sein,  wenn  die  Varicen  erst  nach  Ablauf  längerer 
Zeit  bei  vielleicht  gar  nicht  mehr  im  aktiven  Dienst  befindlichen  Mann- 
schaften aufgetreten  sind.  Wenn  wir  auch  anerkennen  müssen,  dass 
oberflächliche  Venenerweiterungen  sich  oft  erst  später,  nach  der  Ent- 
stehung von  tiefen  Varicen,  einstellen,  so  wird  es,  wenn  der  angeblich 
früher  im  Dienst  Verletzte  in  der  Zwischenzeit  schon  seiner  bürgerlichen 
Beschäftigung  naebgegangen  ist  (§  22.  8.  d.  D.  A.),  doch  meist  sehr 
schwer  sein,  den  Zusammenhang  der  subkutanen  Varicen  mit  der  an- 
geblich im  Dienst  entstandenen  Verletzung  nachzuweisen  nnd  wissen, 
schaftlich  zu  begründen. 

Die  genaue  Untersuchung  der  zu  Entlassenden  auch  auf  etwaige 
tiefe  Varicen  hin  nnd  die  Nachforschungen  bei  den  früheren  Vorgesetzten 


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werden  bei  derartigen  Ansprüchen  allein  eine  richtige  Benrtheilang  des 
Falles  sichern. 

Was  die  Frage  des  Grades  der  Dienstnnbrauchbarkeit  betrifft,  so  ist 
für  die  Beurtheilung  desselben  nicht  nur  die  Lage,  Form  and  Grösse  der 
Varicen  maassgehend,  sondern  vor  allen  die  Folgeznstände  and  Kompli- 
kationen derselben,  die  wir  oben  besprochen  haben,  und  auch  die  sab- 
jektiven  Beschwerden.  Wir  wissen,  dass  sehr  amfangreiche  oberflächliche, 
cylindrische  wie  knotenförmige  Varicen  oft  ohne  alle  Komplikationen, 
wie  Ekzeme,  Oedeme  and  Ulcerationen,  lange  Jahre  bestehen  können,  and 
wir  sehen  wiederum  sehr  häufig  kleine  Knoten  and  wenig  stark  ent- 
wickelte Stränge  schnell  schwere  Folgeznstände  nach  sich  ziehen. 
Andererseits  lehrt  die  Erfahrung,  dass  gerade  tiefliegende,  kaum  erkenn- 
bare Knoten  häufig  die  heftigsten  Beschwerden  machen,  bevor  die  Er- 
weiterung sich  auf  die  subkutanen  Venen,  an  denen  sie  vielleicht  sehr 
umfangreich  anftritt,  ausgedehnt  hat  Auch  wird  sich  die  Trennung  von 
cylindrischen  und  knotenförmigen  Erweiterungen,  wie  sie  in  Beilage  IV 
der  Dienstanweisung  vom  8.  April  1877  durchgeführt  ist,  nicht  in  jedem 
einzelnen  Fall  aufrecht  erhalten  lassen;  beide  werden  oft  nebeneinander 
Vorkommen.  Trotzdem  dürfte  es  nicht  schwer  fallen,  den  einzelnen  Fall 
an  der  Hand  der  Dienstanweisung  auf  Halb-  oder  Ganzinvalidität  hin  zn 
prüfen. 

Unter  unseren  40  Fällen  sind  25  Ganzinvalide,  14  Halhin valide, 
1 unbestimmt. 

Schwieriger  dürfte  es  schon  sein,  die  Dauer  der  Dienstunbranchbarkeit 
in  dem  einzelnen  Fall  zu  bestimmen.  Hier  stehen  wir  vor  der  Frage: 
Sind  Varicenbildungen  an  den  unteren  Extremitäten,  welche  aus  irgend 
einem  Grunde  die  Dienstunbrauchharkeit  des  Trägers  veranlasst  haben, 
überhaupt  heilbar,  oder  lässt  sich  „eine  Besserung  durch  Heilmittel  und 
die  Zeit  mit  Sicherheit  ausschliessen  ?“ 

Ueher  die  Bedeutung  der  operativen  Eingriffe  für  die  militärischea 
Verhältnisse  bei  umschriebenen  Krampfaderbildnngen  haben  wir  uns 
schon  oben  ausgesprochen. 

Dass  sonstige  Heilmittel,  auch  die  immer  wiederholte  Einwickelang 
nicht  im  Stande  sein  werden,  eine  definitive  Beseitigung  der  Varicen 
herbeizuführen,  liegt  auf  der  Hand,  wenn  man  berücksichtigt,  dass  doch 
in  der  grossen  Mehrzahl  der  Fälle  die  Insuffizienz  der  Klappen  der  Er- 
weiterung auf  dem  Fasse  folgt  und  somit  einer  der  wichtigsten  Faktoren 
für  die  Rückbewegung  des  Blutes,  die  Stütze  der  Blutsäule,  der  Damm 
gegen  eine  etwaige  Blutstauung  ein  für  alle  Male  aasgeschaltet  wird. 


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523 


So  lange  die  Fanktion  der  Klappen  eine  normale  bleibt,  ist,  wenn  die 
Erweiternng  z.  B.  die  Folge  einer  vornbergehenden  Kompression  irgend 
eines  Venenstammes  ist,  nach  Beseitigung  des  Zirkulationshindernisses 
anch  wohl  eine  Heilung  der  Varicen  möglich;  doch  dürften  diese  Fälle 
zu  den  allergrössten  Seltenheiten  gehören.  Von  einer  Besserung  des 
Leidens  oder  wenigstens  der  Beschwerden  desselben  können  wir  nnr 
dann  sprechen,  wenn  die  durch  tiefliegende  Varicen  bedingte  Stauung 
beim  Fortscbreiten  der  Erweiterung  auf  die  subkutanen  Venen  in  ge- 
wissem Grade  ansgeglichen  wird,  nnd  mit  dem  Erscheinen  eines  umfang- 
reichen subkutanen  Venennetzes,  die  vorher  vielleicht  sehr  bedeutenden 
Beschwerden  nachlassen.  Demnach  würde  eine  temporäre  Invalidität  nnr 
in  seltenen  Fällen  anszusprechen  sein.  Unter  unseren  40  Dienstbeschä- 
digungen sind  27  dauernde,  12  temporär  Invalide  (1  unbestimmt). 

Inwieweit  die  Erwerbsfähigkeit  der  Ganzinvaliden  durch  das  Leiden 
beeinträchtigt  ist,  anch  das  wird  wiederum  ganz  von  den  Komplikationen 
der  Varicen  nnd  von  den  subjektiven  Beschwerden  abhängig  sein.  Allge- 
meine Gesichtspunkte  lassen  sich  unserer  Ansicht  nach  hierfür  nicht 
geben;  sowohl  die  Grade  wie  die  Dauer  der  Erwerbsunfähigkeit  werden 
in  jedem  einzelnen  Falle  besonders  entschieden  werden  müssen. 

Zwei  unserer  Ganzinvalideu  (19  und  20)  sind  für  grösstentheils 
erwerbsunfähig,  der  eine  temporär,  der  andere  dauernd  erklärt  worden, 
die  übrigen  22  (1  unbestimmt)  sind  als  nnr  theilweise  erwerbsunfähig, 
nnd  zwar  12  davon  temporär,  10  auf  die  Dauer  invalidisirt  worden. 


Dienstbeschädigungen. 

1.  Sergeant  L.,  Dienstzeit  vom  1.  November  1876  bis  4.  November 
1884;  entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  dauernd  halbinvalide. 
Inhalt  des  Attestes:  Aeussere  Dienstbeschädigung.  Krampfadern 
am  linken  Unterschenkel,  infolge  einer  anstrengenden  Uebung  am  29.  Juni 
1882  entstanden,  zeigten  sich  unmittelbar  nach  derselben.  Die  Krampf- 
adern sind  dem  mechanischen  Einflüsse  des  anstrengenden,  ermüdenden 
Marsches  zuznschreiben. 

2.  Musketier  G.,  Dienstzeit  vom  9.  November  1881  bis  18.  April 

1884;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  temporär  theilweise  erwerbs- 
unfähig, temporär  ganzinvalide.  Inhalt  des  Attestes:  Die  Verschlimme- 
rung der  bei  der  Einstellung  vorhandenen  linksseitigen  Krampfadern  ist 
bedingt  durch  die  militärdienstlichen  schädlichen  Einflüsse:  Turnen, 

Exerziren  und  vor  Allem  Marschübungen.  (Zugleich  links  Varicocele.) 


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524 


S.  Uoteroffiiier  S.,  Dienstzeit  vom  7.  Novenaber  1876  bis  28.  Aa|;ast 
1881;  entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  dauernd  halbinvslide. 
Inhalt  des  Attestes:  Aenssere  Dienstbeschädigung.  Während  der 
Periode  des  Compagnieexerzirens  im  März  1881.  Oberflächliche  Krampf- 
adern am  linken  Unterschenkel. 

4.  Sergeant  O.,  Dienstzeit  vom  1.  März  1871  bis  9.  Juni  1884; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  dauernd  ganzinvalide  und  dauernd 
theilweise  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Attestes:  Innere  Dienstbeschä- 
dignng.  Entstanden  in  der  Zeit  vom  1.  Mai  bis  24.  Juni  1883  durch 
vielen  und  schweren  Dienst.  Das  Leiden  ist  beiderseitig,  besonders  aber 
am  linken  Ober-  und  Unterschenkel  vorhanden  und  es  besteht  ober  der 
linken  Wade  besonders  starke  Knotenbildung.  Am  rechten  Unterschenkel 
nur  massig  stark  geschwollene  Blutadern  vorhanden. 

5.  Unteroffizier  B.,  Dienstzeit  vom  23.  Dezember  1878  bis  4.  Juli 
1884;  entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  dienstunbranchbar,  nnd  bat 
später  Invalidenbenefizien  erhalten.  Inhalt  des  Attestes;  Entstehung  ev. 
Verschlimmerung  durch  den  Dienst  angenommen.  Bei  der  Untersuchung 
zum  Zweck  der  Kapitulation  im  Herbst  1883  keine  Krampfadern.  Während 
seiner  Erkrankung  an  Gelenkrheumatismus  vom  17,  Januar  bis  24.  Fe- 
bruar 1884  wurden  im  Lazareth  leichte  Ausdehnungen  der  Venen  an  den 
Beinen  gefunden.  Anfang  April  wurden  nach  anstrengendem  Dienst 
allgemeine  Varicen  an  beiden  Beinen  gefunden,  die  bis  zur  Mitte  des 
Oberschenkels  binaufreichten  und  schnell  Zunahmen.  Kein  Herzfehler. 

6.  Unteroffizier  D.,  Dienstzeit  vom  10.  Oktober  1874  bis  20.  Juli 
1883;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  dauernd  ganzinvalide  und 
dauernd  theilweise  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Attestes:  Innere  Dienst- 
beschädigung: Infolge  anstrengenden  Marsches  während  der  Herbst- 
Übungen  am  9.  September  1882  Blutaderknoten  am  linken  Bein. 

7.  Unteroffizier  H,  Dienstzeit  vom  3,  Dezember  1877  bis  10.  Juli 
1883;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  temporär  ganzinvalide, 
temporär  theilweise  erwerbsunrähig.  Inhalt  des  Attestes:  Entstehung 
cylindrisch  erweiterter  Blutadern  und  Knoten  am  rechten  Unterschenkel 
durch  Anstrengungen  des  Manövermarsebes  am  18.  September  1882. 

8.  Füsilier  L.,  Dienstzeit  vom  1(5.  November  1880  bis  30.  August 

1884;  entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  dauernd  balbinvalide. 
Inhalt  des  Attestes:  Aenssere  Dienstbeschädigung.  Anstrengung 

beim  Exerziren  und  Springen  (durch  Muskelkontraktion  gehemmter 


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Räckflnss  des  Veneoblates  am  Beine)  als  Ursache  angenommen.  Beider- 
seitige Krampfadern  als  Folge  dieser  Anstrengung  am  26.  Juli  1884. 

9.  Füsilier  J.,  Dienstzeit  vom  9.  November  1884  bis  27.  Jannar  1885; 
entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  temporär  balbinvalide.  Inhalt 
des  Ättestes:  Aeussere  Diens tbescbädigung.  Varicen  beider  Unter- 
schenkel. Nachweislich  durch  den  Dienst  verschlimmert. 

10.  Gefreiter  M.,  Dienstzeit  vom  6.  Dezember  1883  bis  21.  Juli  1685; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  dauernd  ganzinvalide,  dauernd 
theilweise  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Ältestes:  Innere  Dienstbeschä- 
digung. Anstrengung  des  Dienstes,  besonders  Marschiren  mit  Gepäck 
während  der  Dienstzeit.  Die  linksseitig  anfgetretenen  Krampfadern 
sind  als  direkte  Folge  der  Beengung  durch  Kleider,  Lederzeug,  Gepäck 
bei  anstrengenden  Märschen,  Felddienstöbnngen  etc.  aufzufassen. 

11.  Grenadier  G.,  Dienstzeit  vom  6.November  1883  bis  4. Oktober  1884; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  temporär  ganzinvalide,  temporär 
theilweise  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Ältestes:  Die  am  linken  Ober- 
and  Unterschenkel  entwickelten  Varicen  haben  in  der  Anlage  bereits 
bestanden  und  sind  durch  allmähliche  Zunahme  des  Leidens  infolge  dienst- 
licher Anstrengungen  zu  ihrer  jetzigen  Höhe  entwickelt. 

12.  Unteroffizier  G.,  Dienstzeit  vom  8.  April  1877  bis  8.  April  1881; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  temporär  ganzinvalide,  temporär 
theilweise  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Ältestes:  Innere  Beschädigung. 
Beiderseitige  Krampfadern.  Ist  attestirt  nach  § 20  2 c.  d.  D.  A. 

13.  Unteroffizier  S.,  Dienstzeit  vom  7.  November  1876  bis  18.  Juni 
1883;  entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  dauernd  halbin  valide.  Inhalt 
des  Ältestes:  Aensserliche  Dienstbeschädignng.  Weder  bei  der 
Einstellung  noch  bei  der  alljährlichen  Untersuchung  behufs  Kapitulation 
sind  Krampfadern  gefunden  worden.  Dieselben  sind  plötzlich  entstanden 
nach  dem  Compagnieexerziren  im  Frühjahr  1881 , nachdem  heftige 
Schmerzen  im  rechten  Unterschenkel  vorangegangen  waren.  Krank- 
meldung am  14.  Juni  1881.  Darauf  weitere  Entwickelung  der  Varicen. 

14.  Sergeant  L.,  Dienstzeit  vom  11.  Oktober  1870  bis  27.  Juli  1879; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  ganzinvalide,  dauernd  theilweise 
erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Ättestes:  Aeussere  Dienstbeschädigung. 
Marschiren  über  einen  steilen  Berg  im  Manöver  1876.  Danach  Ader- 
erweiternng  konstatirt.  Verschlimmerung  beim  Compagnieexerziren 
Frühjahr  1877.  Krampfadern  links. 

15.  Sergeant  und  Oberlazarethgehülfe  E.,  Dienstzeit  vom  23.  Oktober 
1874  bis  28.  Oktober  1882;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als 


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danernd  ganziovalide  und  tbeilweise  erwerbsuofähig.  Inhalt  des  Ältestes; 
Aeussere  Dienstbeschädigong.  Krampfadern  höheren  Grades  an 
der  unteren  Extremität  infolge  eines  anstrengenden  Marsches  im  Manörer 
am  22.  August  1882. 

16.  Unteroffizier  A.,  Dienstzeit  vom  6.  April  1876  bis  3.  April  1884; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  ganzinvalide,  dauernd  tbeilweise 
erwerbsnofähig.  Inhalt  des  Ältestes;  Durch  dienstliche  Anstrengungen 
entstanden. 

17.  Sergeant  F.,  Dienstzeit  vom  16.  Dezember  1869  bis  1.  August 
1878;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  ganziovalide,  dauernd  theil- 
weise  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Ältestes:  Aeussere  Dienstbesebä- 
di  gong.  Nachdem  zuvor  schon  längere  Zeit  hindurch  schmerzhafte 
Empfindungen  im  linken  Unterschenkel  bestanden  hatten,  nach  einem 
Sprung  über  den  Graben  beim  Gefechtssebiessen  Entwickelung  ausge- 
dehnter Erweiterungen  der  Venen  am  linken  Unterschenkel  mit  knoten- 
förmigen Ausbuchtungen. 

18.  Ulan  L.,  Dienstzeit  vom  1.  Oktober  1878  bis  20.  Dezember  1881; 
entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  halbinvalide  auf  zwei  Jahre. 
Inhalt  des  Ältestes;  Aeussere  Dienstbeschädigong.  Beim  Wasser- 
tragen am  29.  November  1881.  Entstehung  starker  cylindriseber  und 
knotenförmiger  Venenerweiterungen  am  Unterschenkel. 

19.  Gefreiter  G.,  Dienstzeit  vom  4.  Dezember  1882  bis  26.  Angust 
1885;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  69  als  temporär  ganzinvalide, 
temporär  grösstentbeils  erwerbsunfähig  (vorläufig  auf  ein  Jahr).  Inhalt 
des  Ältestes;  Aeussere  Dienstbeschädigung.  Infolge  starker  An- 
strengung am  7.  Juli  1885  erfolgte  beim  Fortschaffen  eines  Holzklotzes 
eine  erhebliche  Blutung  aus  einer  erweiterten  Blutader  am  linken  Unter- 
schenkel. An  einzelnen  Stellen  der  linken  erweiterten  vena  saphena 
magna  fühlte  man  härtere,  griesig  anzufühlende,  linsengrosse  Knötchen 
(V  enensteinchen). 

20.  Sergeant  T.,  Dienstzeit  vom  5.  November  1872  bis  7.  Februar 
1882;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  ganzinvalide,  dauernd 
grösstentbeils  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Ältestes:  Aeussere  Dienst- 
beschädigong, welche  sich  ohne  bestimmtes  Datum  im  Laufe  der 
Zeit  durch  den  kavalleristischen  Dienst,  besonders  das  Reiten,  geltend 
gemacht  hat.  Zweimal  im  Jahre  1881  an  entzündlicher  Verstopfung  der 
Blutaderknoten  der  rechten  Wade  im  Revier  behandelt. 

21.  Sergeant  W.,  Dienstzeit  vom  27.  November  1872  bis  9.  Dezember 
1883;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  dauernd  ganziuvalide. 


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Inhalt  des  Ältestes;  Laat  Dienstbeschädignngsattest  von  Seiten  der  Batterie 
als  Folge  des  Reitens.  — Linksseitig. 

22.  Sergeant  N.,  Dienstzeit  vom  1.  November  1875  bis  27.  Oktober 
1884;  entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  dauernd  halbinvalide. 
Inhalt  des  Ältestes ; Aeussere  Dienstbeschädignng,  entstanden  durch 
Reiten  eines  sehr  schwierigen  Pferdes  im  Jahr  1883.  — Beiderseitig. 

23.  Dragoner  T.,  Dienstzeit  vom  1.  Oktober  1878  bis  13.  August 
1880;  entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  dauernd  halbinvalide. 
Inhalt  des  Ältestes:  Mit  leichten  Venenerweiterungen  beiderseits  eingestellt. 
Im  Dienst  verschlimmert. 

24.  Gefreiter  L.,  Dienstzeit  vom  1.  Oktober  1877  bis  19.  Juli  1882; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  dauernd  ganzinvalide,  dauernd 
theilweise  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Ältestes:  Aeussere  Dienst- 
beschädigung. Andauerndes  Reiten  schwieriger  Pferde  unter  Mitwirkung 
der  hohen  Stiefel.  (Druck  der  Falte  in  der  Kniekehle.) 

25.  Unteroffizier  W.,  Dienstzeit  vom  4.  Dezember  1874  bis  5.  Oktober 
1879;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  69  als  dauernd  ganzinvalide, 
temporär  theilweise  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Ältestes:  Aeussere 
Dienstbeschädignng.  Vor  der  Aushebung  Narben  von  Unterschenkel- 
gesebwüren  links,  die  von  Verdickung  des  Zellgewebes  mit  Blutader- 
knoten  umgeben  sind.  Am  20.  Mai  1879  während  des  Remontereitens 
Durchsebenerung  der  Haut  am  linken  Unterschenkel. 

26.  Unteroffizier  M.,  Dienstzeit  vom  10.  November  1874  bis  10.  No- 
vember 1879;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  dauernd  ganzinvalide, 
theilweise  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Ältestes:  Angestrengtes  Reiten  im 
Sommer  1879.  Varicen  beiderseits. 

27.  Ulan  A.,  Dienstzeit  vom  1.  Oktober  1880  bis  20.  Juli  1883; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  temporär  (auf  zwei  Jahre)  ganz- 
invalide  und  theilweise  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Ältestes:  Anhaltendes 
Reiten  eines  heftigen  und  unbequemen  Pferdes  seit  Herbst  1882  (kürzere 
Zeit)  und  seit  Frühjahr  1883.  Bedeutende  Krampfadern  mit  Knoten- 
bildung  am  linken  Beine. 

28.  Ulan  H.,  Dienstzeit  vom  1,  Oktober  1882  bis  18.  August  1885; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  dauernd  ganzinvalide,  temporär 
theilweise  erwerbsunfähig  (auf  ein  Jahr).  Inhalt  des  Ältestes:  Oe- 
sammteinwirkung  der  anstrengenden  Uebungen  im  Jahre  1885  (wieder- 
holt einwirkender  Druck  während  anstrengenden  Reitens).  Varicen 
beiderseits  mit  beginnender  Knotenbildung. 


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29.  Sergeant  M.,  Dienstzeit  vom  21.  Januar  1874  bis  21.  Jani  1882; 
entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  danernd  halbinralide.  Inhalt  des 
Attestes:  Aenssere  Dienstbeschädigung.  Ansgleitcn  mit  dem 

rechten  Fass  bei  einem  Uebungsmarsch  am  22.  Mai  1880. 

.30.  Sergeant  M.,  Dienstzeit  vom  10.  Oktober  1874  bis  27.  Dezember 
1882;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  G8  als  dauernd  ganzinvalide, 
temporär  (zwei  Jahre)  theilweise  erwerbsunHihig.  Inhalt  des  Attestes: 
Aeusscre  Dienstbesebädignng.  Verstauchung  des  rechten  Fasses 
am  13.  Juli  1881  durch  Aasgleiten  beim  llerabsteigen  von  einem  Wagen. 
Infolge  dieser  Verstanchung  andauernde  Schwäche  im  rechten  Fass, 
nnd  etwa  ein  Jahr  nach  der  Besebädigang  Auftreten  starker  Varicen 
am  rechten  Beine.  Das  beschädigte  Fnssgelenk  and  seine  Umgebang 
ist  so  hochgradig  geschwollen,  dass  Befreiung  des  Patienten  von  allen 
Marschübungen  nöthig  ist  und  dass  derselbe  nur  im  inneren  Dienst  ver- 
wendbar ist. 

31.  Vizefeldwebel  St.,  Dienstzeit  vom  27.  November  1872  bis 
28.  August  1883;  entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  danernd  halb- 
invalide  (theilweise  erwerbsunfähig).  Inhalt  des  Attestes:  Aenssere 
Dienstbeschädigung,  entstanden  am  18.  April  1883  bei  Ausöbang 
des  Wachtdienstes  durch  Venenzerreissang  am  linken  FossknöchcL 
Infolge  dessen  stärkere,  über  einen  grossen  Theil  des  linken  Unter- 
schenkels verbreitete  Krampfadern. 

32.  Sergeant  W.,  Dienstzeit  vom  1.  Oktober  1876  bis  9.  Dezember 

1884;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  ganziuvalide,  dauernd  theil- 
weise erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Attestes:  Aenssere  Dienstbe- 

schädigung. Quetschung  des  linken  Unterschenkels  am  11.  Juni  1881 
durch  Ilufscblag. 

33.  Unteroffizier  E.,  Dienstzeit  vom  9.  Oktober  1880  bis  10.  De- 
zember 1882;  entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  dauernd  balbinvalide. 
(K.  M.  Verf.  vom  25.  Februar  1878.)  Inhalt  des  Attestes:  Aenssere 
Dienstbeschädigung.  Vor  dem  Eintritt  einzelne  Blutadern  cylindriscb 
erweitert  ohne  Knotenbildnng.  Darch  Marschübung  am  5.  nnd  6.  Sep- 
tember 1883  Zellgewebsentzündung  am  linken  Unterschenkel.  Hierdnrch 
entstand  (nach  Entscheidang  des  Korps-Oeneralarztes  vom  3.  November 
1883)  eine  Verschlimmerung  des  Leidens. 

34.  Musketier  V.,  Dienstzeit  vom  6.  November  1878  bis  20.  Juli 
1881;  entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  temporär  halbinvalide. 
Inhalt  des  Attestes.  Aenssere  Dienstbeschädigung.  Durch  Knie- 
aufschwung beim  Turnen  am  6.  Mai  1881. 


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35.  Unteroffizier  G.,  Dienstzeit  vom  1.  Oktober  1879  bis  12.  Jnni 
1885;  entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  temporär  ganzinvalide 
and  tbeilweise  erwerbsanfähig.  Inhalt  des  Attestes:  Aeossere  Dienst- 
beschädigung. Am  16.  Juli  1884  Sturz  mit  dem  Pferde,  so  dass  das 
rechte  Bein  unter  das  Pferd  zu  liegen  kam.  Darauf  Venenentzündung 
des  rechten  Beins,  die  eine  fnnfwöchentliche  Lazarethbehandlnng  noth- 
wendig  machte.  Im  Anschluss  daran  Entwickelung  von  Blotaderknoten 
and  Strängen  mit  gleichzeitiger  Verdickung  des  rechten  Beins  um  4 cm. 

36.  Pionier  F.,  Dienstzeit  vom  8.  November  1881  bis  13.  Juli  1884; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  temporär  ganzinvalide  und  theil- 
weise  erwerbsanfähig.  Inhalt  des  Attestes:  Aeussere  Dienstbe- 
schädigung.  Bei  der  Einstellung  unbedeutende  Varicen  ohne  Knoten 
an  beiden  Unterschenkeln.  Am  17.  Januar  1883  Quetschung  der  Unter- 
schenkel durch  einen  Streckbalken.  Es  entwickelte  sich  eine  linksseitige 
starke  Venenentzündung  nebst  Verstopfung  einer  Blutader  (Thrombose). 
Bis  zum  19.  Februar  1883  Lazareth-,  dann  14  Tage  Revierbehaodlung. 
Seit  jener  Zeit  Krampfaderknoten  und  häufige  teigige  Anschwellung  der 
Unterschenkel  mit  wiederholten  Krämpfen  der  Wadenmuskeln. 

37.  Sergeant  H.,  Dienstzeit  vom  21.  Oktober  1876  bis  7.  März  1883; 
entlassen  nach  Beilage  IVa  No.  68  als  dauernd  halbinvalide.  Inhalt  des 
Attestes:  Aeussere  Dienstbescbädignng.  Im  Oktober  1879  beim 
Sprung  über  den  Kasten  Quetschung  der  linken  Leistengegend,  infolge 
deren  sich  eine  ausgedehnte  Entzündung  und  Vereiterung  der  Lyraph- 
drüsen  dieser  Stelle  entwickelte,  welche  eine  fünfmonatliche  Lazareth- 
behandlung  nothwendig  machte.  Die  in  der  Leistengegend  zurück- 
gebliebenen geschwollenen  Drüsen  sowie  die  mit  diesen  verwachsenen 
Schnittnarben,  anfangs  bei  jeder  Anstrengung  schmelzend,  übten  einen 
solchen  Druck  auf  die  abführende  grosse  Vene  aus,  dass  sich  zuerst 
erweiterte  Blutadern  am  linken  Unterschenkel  entwickelten,  die  sich  im 
Laufe  der  Jahre  vergrösserten  and  zu  denen  sich  auch  solche  am  linken 
Oberschenkel  gesellten. 

38.  Unteroffizier  H.,  Dienstzeit  vom  7.  November  1878  bis  1.  Juli 
1882;  entlassen  nach  Beilage  IV'a  No.  68  als  dauernd  halbinvalide.  Inhalt 
des  Attestes:  Aeussere  Dienstbeschädigung.  Verstauchung  des 
Fassgelenks  am  20.  März  1882.  Darauf  cylindrisebe  Erweiterungen  der 
Blutadern  mit  Geschwürsbildung. 

39.  Füsilier  K.,  Dienstzeit  vom  6.  November  1880  bis  15.  Juli  1883; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  dauernd  ganziuvalide  und  temporär 
theilweise  erwerbsanfähig.  Inhalt  des  Attestes:  Innere  Dienstbe- 

34 


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630 


Bcbädigung.  Im  Herbst  1881  Typhus  abdominalis  (dessen  Entstehang 
ans  dienstlichen  Ursachen  nicht  nacbzuweisen  war).  In  Anschluss  daran 
Tbrombosis  venae  femoralis  sinistrae,  welche  nicht  wieder  wegsaro  wurde. 
Nach  langwieriger  Rekonvalescenz  hat  der  p.  K.  erst  vom  November 
1882  bis  Mai  1883  praktischen  Dienst  gethan.  Am  29.  Mai  Krank- 
meldung, da  die  durch  die  Anstrengungen  des  Dienstes  erzeugte  hoch- 
gradige Verschlimmerung  der  anfangs,  d.  h.  nach  der  Thrombose  ge- 
ringen Krampfadern  bei  starker  Schwellung  des  ganzen  Beines  den  Dienst 
unmöglich  machten. 

40.  Jäger  R.,  Dienstzeit  vom  6.  November  1883  bis  25.  Juni  1885; 
entlassen  nach  Beilage  IVb  No.  68  als  temporär  ganzinvalide,  temporär 
theilweise  erwerbsunfähig.  Inhalt  des  Attestes:  Innere  Dienstbe- 
Bchädigung.  Ende  November  1883  Typhus  abdominalis.  Ende  De- 
zember 1883  Phlebitis  sinistra.  Bald  darauf  Entwickelung  von  Krampf- 
adern am  linken  Bein. 

Das  Endergebniss  der  Arbeit  fassen  wir  in  folgenden  Sätzen  ta- 
sammen: 

1.  Ausser  der  Behinderung  des  venösen  Abflusses  ist  für  die  Ent- 
stehung von  Varicen  an  den  unteren  Extremitäten  die  angeborene 
Schwäche  und  Ungleichheit  der  Venenwandungen  verantwortlich 
zu  machen. 

2.  Tiefe  Varicen  sind  ebenso  häufig  wie  oberflächliche;  erstere 
gehen  sogar  meist  der  Bildung  oberflächlicher  voraus. 

3.  Eine  Vorliebe  der  linken  Seite  für  die  Erkrankung  besteht  nicht. 

4.  Ausser  den  Leuten  mit  umfangreichen,  cylindrischen  oder  knoten- 
förmigen, oberflächlichen  Varicen  sind  sämmtliche  mit  tiefen 
Krampfadern  behafteten  Leute,  selbst  wenn  es  sich  nur  um 
kleine  Knoten  handelt,  vom  Militärdienst  auszusch Hessen. 

6.  Auf  dienstliche  Veranlassung  hin  können  sowohl  oberflächliche 
wie  tiefe  Varicen  entstehen , letztere  häufiger  wie  erstere. 
Ebenso  muss  die  Möglichkeit  der  Verschlimmerung  schon  be- 
stehender (besonders  tiefer)  Varicen  durch  dienstliche  Veran- 
lassung zugegeben  werden. 

6.  Sowohl  innere  wie  äussere  Dienstbeschädigung  ist  bei  Ent- 
stehung von  Krampfadern  denkbar. 

7.  Eine  Beseitigung  des  Leidens  durch  Heilmittel  oder  die  Zeit  ist 
für  gewöhnlich  ausgeschlossen. 


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531 


Littcratur. 

1.  Statistischer  Sanitätsbericht  1878  bis  1882. 

2.  Sanitätsbericht  über  die  Deutschen  Heere  im  Kriege  gegen  Frankreich. 

3.  Gaujot,  de  l'ütiologie  du  varicocele  1878. 

4.  Branne,  Wilhelm,  Die  Oberschenkelvcne  des  Menschen  in  anato- 
mischer und  klinischer  Beziehung.  1871. 

5.  Maas,  Die  Zirkulation  der  unteren  Extremität,  Zeitschrift  für  Chi- 
rurgie 1882,  S.  197  bis  207. 

6.  Soboroff,  S.,  Untersuchungen  über  den  Ban  normaler  und  ekta- 
tischer  Venen,  Virchow’s  Archiv  1872,  S.  137  und  306. 

7.  Puchelt,  Das  Venensystem  in  seinen  krankhaften  Verhältnissen. 

8.  Sappey,  Anatomie  descriptive. 

9.  LeDentu,  Recherches  anatomiques  sur  les  veines  du  pied  et  de  la 
jambe. 

10.  Verneuil,  Ar.,  Note  sur  les  varices  profondes  de  la  jambe  envi- 
sagees  au  point  de  vne  clinique;  Symptomatologie,  diagnostic  et 
traitement  de  cette  lesion,  Gazette  hebdomad.  1861,  pag.  428  , 446, 
477,  532. 

11.  Forgeron,  De  dilatations  ampullaires  de  la  saphene. 

12.  Negrelli,  Contribuzioneallastudio  delle  varici  degli  arti  inferior!.  1880. 

13.  Verneuil,  Du  siüge  reel  et  primitif  des  varices  de  membres  infö- 
rieurrs.  Gazette  medical  1855,  pag.  524. 

14.  V.  Besser,  Ueber  Varicen,  Virchow’s  Archiv,  Band  100,  3.  Heft,  1885. 

15.  Clary,  Ruptures  des  varices  profondes  du  membre  inferienr. 

16.  Hasse,  Spezielle  pathologische  Anatomie. 

17.  Rokitansky,  Pathologische  Anatomie,  Band  2. 

18.  Birch'Hirschfeld,  Pathologische  Anatomie. 

19.  Lebert,  Krankheiten  der  Blut-  und  Lymphgefässe,  Virchow’s 
Handbuch  der  speziellen  Pathologie  und  Therapie  V.  2,  S.  573 
bis  577  und  S.  107. 

20.  Pitha  und  Billrotb,  Chirurgie,  Band  2,  zweite  Abtheilung. 

21.  Albert,  Chirurgie,  IV.  Band. 

22.  Bardeleben,  Chirurgie,  1871,  II.  S.  216  bis  257. 

23.  König,  Chirurgie,  S.  915,  919,  1029. 

24.  Virchow,  Geschwülste,  Band  3. 

25.  Sotniscbewsky,  Staunngsödem,  Virchow’s  Archiv,  Band  77,  1879. 

26.  Centralblatt  für  Chirurgie,  Referate. 

27.  Verhandlungen  der  Cbirurgenkongresse. 

34* 


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Einige  Bemerkungen  zur  Frage  der  Heilbarkeit  der  Hernien. 

VoD 

Stabsarzt  Dr.  VillareL 

Die  Frage,  in  welcher  Zeit  eine  Hernie  geheilt  werden  könne,  so 
dass  weder  eine  Darmschlinge  ans  der  Bauchhöhle  heraustritt,  noch  der 
Betreffende  eines  Bruchbandes  bedarf,  ist  von  ganz  besonderem  Interesse 
für  die  Militärärzte.  Einige  eigene,  weiter  unten  mitgetheilte  Erlebnisse 
hatten  mich  bereits  veranlasst,  dieser  Frage  näher  zu  treten,  als  ich  ia 
der  Lancet  vom  20.  Februar  1887  folgenden,  hier  ansznglich  mitgetheilten 
Fall  las: 

Dr.  Velleman  in  Brüssel  untersucht  im  Juni  1883  einen  18jährigen 
jungen  Menschen,  der  über  Schmerzen  in  der  Leistengegend  klagte. 
V.  konstatirt  eine  sehr  kleine  Hernie  (Hcrnia  inguino-interstitialis),  die 
reponirt  und  darauf  durch  ein  Bruchband  zurückgehalten  wird.  Vier 
Tage  später  bescheinigt  V.  diese  Fakta  auf  Bitten  der  Mutter,  weiss  aber 
nicht  wozu.  Im  August  wird  Dr.  V.  vor  den  Richter  gefordert,  da 
inzwischen  der  junge  Mann  roilitärärztlich  untersucht  war,  an  ihm  kein 
Bruch  gefunden  wurde,  und  die  untersuchenden  Militärärzte  das  Attest 
V.'s  für  gefälscht  erklärten,  da  es  unmöglich  sei,  dass  der  Unter- 
suchte im  voraufgegangenen  Juni  eine  Hernie  gehabt  habe. 
V.  constatirte  selbst,  dass  der  Mann  jetzt  keinen  Bruch  mehr  hatte. 

Die  Anklage  wurde  erhoben,  und  der  Staatsanwalt  beantragte  5 Jahre 
Gefängniss  für  Velleman,  der  freigesprochen  wurde.  Ersterer  legte 
Berufung  ein,  letzterer  wurde  endlich  definitiv  freigesprochen,  da  er 
folgende  Gutachten  beibrachte:  ,1.  Von  Soupart,  Professor  der  Chirurgie 
in  Gent,  der  besonders  sich  mit  dem  Ausdruck  „interstitialis'^  einverstanden 
erklärte  und  die  Möglichkeit  der  Heilung  eines  Bruches  in  zwei 
bis  drei  Monaten  durchaus  aufrecht  erhielt;  2.  von  Debaisieux, 
Professor  der  Chirurgie  in  Löwen  (Louvain),  der  bestimmt  erklärte,  dass 
eine  plötzliche,  durch  Körperanstrengung  entstandene  Hernie, 
die  sofort  in  Behandlung  genommen,  d.  h.  sofort  reponirt  und 
zurückgehalten  sei,  recht  gut  in  einigen  Tagen  oder  Wochen 
definitiv  heilen  könne. 

.Diesem  Falle  füge  ich  folgende  selbst  beobachtete  hinzu: 

Im'  November  1886  erklärte  ich  einen  am  1.  Oktober  desselben  Jahres 
eingestellten  Einjahrig-Freiwilligen  wegen  eines  plötzlich  entstandenen, 

\ 

S 

V 


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533 


aber  unzweifelhaften  Leistenbrucbes  für  dienstunbrauchbar.  Der  Mann 
wurde  als  dienstunbrauchbar  anerkannt  und  entlassen  und  am  24.  Mai  1887 
Buperrevidirt.  Der  snperrevidirende  Arzt  konnte  keinen  Bruch  mehr  kon- 
statiren.  Der  Mann  wurde  demgemäss  sofort  seinem  Troppentheil  zum 
Weiterdienen  wieder  zugeschickt,  mir  wieder  vorgestellt,  und  auch  ich 
konstatirte  normale  Verhältnisse  an  der  Stelle  des  früheren  Bruches.  Der 
Mann  hat  seine  Zeit  ausgedient,  jeden  Dienst,  auch  ein  Manöver,  mit- 
gemacht, ohne  von  einem  Leiden  wieder  heimgesucht  worden  zu  sein. 
Von  seiner  Entlassung  bis  zur  Superrevision  trug  er  ein  Bruchband,  liess 
es  aber  vom  Tage  der  Wiedereinstellung  an  fort,  da  er  sagte,  wenn  er 
keinen  Bruch  habe,  brauche  er  auch  kein  Bruchband  zu  tragen.  — 

Wenn  ich  nun  auch  nicht  einmal  wegen  dieser  Sache  befragt, 
geschweige  denn  unter  Anklage  gestellt  worden  bin,  wie  Dr.  Veilem  an, 
so  batte  doch  dieser  Vorgang  meine  Aufmerksamkeit  in  besonderer 
Weise  auf  die  Hernien  gelenkt,  so  dass  ich  analogen  Fällen  eine  ganz 
besondere  Aufmerksamkeit  zuwandte.  So  konstatirte  ich  im  vorigen 
Jahre  bei  dem  Füsilier  Pr.,  der  beim  Tragen  einer  schweren  Last  auf 
die  Knie  gefallen  und  sich  aus  dieser  Lage  ohne  Unterstützung  — die 
mit  den  Händen  festgehaltene  Last  dabei  auf  der  Schulter  (also  starker 
Anstrengung  der  Bauchpresse)  — wieder  erhoben  batte,  einen  Leisten- 
brach. Ich  meldete  die  Dienstonbrauebbarkeit  des  Mannes  darauf  bin 
an;  den  Bruch  hatte  ich  sofort  reponirt.  Der  Mann  bekam  ein  Bruch- 
band. Ala  ich  nach  etwa  vier  Tagen  den  Befehl  zur  Attestausstellung 
bekam,  liess  ich  mir  den  Mann  wieder  vorführen  und  — konnte  keinen 
Bruch  mehr  konstatiren.  Selbst  bei  forcirtem  Hasten  trat  eine  Darm- 
scblinge  nicht  einmal  in  den  Leistenkanal.  Der  Bruch  war  also  geheilt. 
Der  Mann  hat  zwei  Jahre  gedient,  ohne  je  wieder  einen  Bruch  gehabt  zu 
haben,  ohne  jemals  überhaupt,  sei  es  durch  Schmerzen  u.  s.  w. , wieder 
an  den  Bruch  erinnert  zu  sein.  Ein  diagnostischer  Irrthum  ist  absolut 
ausgeschlossen,  da  ausser  mir  zufällig  noch  zwei  Kollegen  den  Bruch 
als  solchen  erkannt  hatten.  In  den  letzten  Monaten  habe  ich  zwei 
weitere  dem  eben  erwähnten  ganz  und  gar  gleichende  Fälle  von  Heilung 
einer  Leistenhernie  beobachtet.  Da  mir  nun  auch  Kollegen  mitgetheilt 
haben,  u,  a.  kürzlich  Stabsarzt  Dr.  Schwarze,  Posen,  ähnliche 
Beobachtungen  gemacht  zu  haben,  so  muss  es  doch  fraglich  erscheinen, 
ob  es  richtig  ist,  dass  jeder  Mann,  der  plötzlich  einen  Bruch  infolge 
einer  ganz  aussergewöhnlicben,  nur  durch  besondere  Verhältnisse  hervor- 
gerufenen, also  nur  ausnahmsweise  entwickelten  Anstrengung  der  Bauch- 
presse bekommt,  — ohne  Weiteres  als  mit  einem  Gebrechen  behaftet 


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angeßebcn  wird,  welches  ihn  lunäcbst  unter  die  Klasse  der  körperlich 
minderwerthigen  Leute  einrechnet?  (Selbstverständlich  handelt  es  sich 
hier  nur  um  militärische  Gesichtspunkte.)  — Diese  Frage  würde  sofort 
erledigt  sein,  wenn  man  erklären  müsste:  ein  Mann,  der  ein  Bruchband 
trägt,  ist  dadurch  allein  dienstunbrauchbar.  Das  ist  aber  keineswegs 
der  Fall.  Immer  war  in  der  preussiseben  Armee  ein  bestehender  Bruch 
ein  Grund  für  die  Untauglichkeitserklärnng  eines  noch  nicht  ansgehobeuea 
Mannes.  Aber  ein  in  der  Dienstzeit  erworbener  Bruch  war  bis  zom 
2.  April  1876  kein  Entlassungsgrnnd.  Erst  au  diesem  Tage  wurde  die 
Verfügung  erlassen,  dass  jede  konstatirte  Hernie  den  Besitzer  für  den 
Militärdienst  unbrauchbar  mache.  Aber  auch  damals  musste  man  schon 
eine  Ausnahme  machen,  indem  man  die  mit  einem  Bruchschaden  behafteten 
Kapitulanten  sehr  gerechter  Weise  weiter  dienen  Hess,  weil  diese  Leute 
doch  zur  Zeit  ihres  Kapitnlationsabschlusses  keineswegs  hatten  vorsos- 
sehen  können,  dass  ihr  früher  nicht  beanstandetes  Gebrechen  auf  eiomal 
als  ihre  Leistungsfähigkeit  vermindernd  oder  gar  anfbebend  angesehen 
werden  würde.  Somit  steht  also  fest,  dass  lange,  lange  Jahre  hindurch 
in  unserer  Armee  mit  Bruchschäden  behaftete  und  ein  Bruchband  tragende 
Leute  nicht  nur  gedient  haben,  sondern  auch  im  Dienste  genügten. 

Nichtsdestoweniger  kann  darüber  kein  Zweifel  bestehen,  dass  Leute, 
welche  einen  ausgebildeten  Bruch  haben  und  auf  das  Tragen  eines 
Bruchbandes  angewiesen  sind,  für  felddienstunfähig  erachtet  werden  müssen. 
Im  Felde  kann  z.  B.  ein  Bruchband  defekt  werden,  ohne  dass  ein  Ersatz 
möglich  ist,  ohne  Bruchband  aber  ist  der  Mann  nicht  leistungsfähig,  also 
bedingt  schon  diese  Möglichkeit  allein  die  Felddienstunfähigkeit  eines 
Bruebbaudträgers.  Darin  liegt  aber  auch  nicht  der  Schwerpunkt  der 
Frage.  Dieser  gipfelt  darin:  muss  jeder  junge  Mann,  welcher  dnreh  irgend 
eine  plötzliche  Anstrengung  einen  Bruch  bekommen  hat,  sofort  als  dienst- 
unbrauchbar  angesehen  werden?  Und  an  diese  Frage  knüpft  sich  sofort 
die  zweite:  welche  Zeit  könnte  man  wohl  für  ausreichend  erachten,  nm 
einen  frisch  entstandenen  Bruch  zur  Heilung  zu  bringen?  Letztere  Frage 
wird  n.  a.  auch  durch  folgende,  sicher  von  jedem  älteren  Militärärzte 
öfter  erlebte  Thatsacbo  illustrirt,  dass  sich  bei  der  Musterung,  besonders 
der  Einjährigen,  d.  h.  der  Kinder  ans  den  besseren  Ständen,  junge  Leute 
mit  einem  Bruchbande  vorstellen.  Deutlich  zeigt  die  Druckstelle,  wo  die 
Pelotte  liegt,  dass  das  Band  lange  Jahre  getragen  ist.  Der  Untersuchte 
giebt  an,  er  habe  seit  der  Kindheit  einen  Bruch  und  trage  auch  so  lange 
ein  Bruchband.  Man  findet  einen  völlig  verschlossenen  Leistenkaoal, 
stellt  den  Mann  ein,  und  dieser  dient  ohne  Beschwerde  aber  auch  ohne 
Bruchband  sein  Jahr  ab. 


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Hieraas  resaltirt,  dass  wir  die  1.  frisch  entstandenen,  und  2.  die 
lange  bestehenden  und  ein  Brachband  erfordernden  Hernien  von  ein- 
ander za  trennen  haben. 

Die  erste  Klasse  von  Leuten  eine  Zeit  lang  noch  bei  der  Truppe  zu 
behalten,  um  zu  sehen,  ob  es  sich  um  einen  heilbaren  oder  um  einen 
bleibenden  Bruch  handelt,  könnte  man  schon  verantworten,  denn  es 
giebt  eine  ausserordentlich  grosse  Anzahl  von  Leuten,  welche  den  An- 
forderungen eines  ausserordentlich  schwere  Arbeit  verlangenden  Civilberufes 
gerecht  werden,  obwohl  sie  mit  einem  Bruche  behaftet  sind  und  in 
Folge  dessen  ein  Bruchband  tragen  müssen.  Im  Fall  der  Mobilmachung 
mossten  allerdings  solche  Leute,  falls  sie  sich  noch  so  zu  sagen  in  der 
Heiluogsperiodc  ihres  Bruches  befänden,  dem  Ersatzbataillon  überwiesen 
werden,  sonst  aber  könnten  dieselben  mit  gut  verpasstem  Bruchband 
allen  Dienst  mitmachen  und  wären  höchstens  von  einigen  Turnübungen 
za  dispensiren,  was  ebensowenig  ins  Gewicht  fiele,  als  das  Ausschliessen 
eines  mit  Trommelfellperforation  Behafteten  vom  Schwimmen,  und  dergl. 
Aebniicbes.  — 

Eis  käme  hierbei  nur  noch  darauf  an,  ungefähr  zu  wissen:  io  welcher 
Zeit  kann  ein  frischer  Bruch  heilen  und  unter  welchen  Bedingungen? 
Denn  wir  erwähnten  schon,  dass  wir  uns  nur  mit  den  frisch  entstan- 
standenen  Hernien  hier  befassen  können.  Diese  Frage  der  Zeit  der  Heil- 
barkeit einer  Hernie  ist  nun  aber  eine  noch  offene;  dass  diese  Heilbarkeit 
als  durchaus  möglich  anerkannt  ist,  bat  auch  schon  das  Invaliden- 
Departement  unseres  Kriegsministeriums  ausgesprochen,  indem  es  zum 
Schluss  einer  Verfügung  vom  30.  Juni  1878  sagte:  „Es  empfiehlt  eich, 
in  der  Regel  die  Anerkennung  von  Invalidität  in  Folge  von  Bruchschäden 
nicht  von  vornherein  als  eine  dauernde  eintreten  zu  lassen,  vielmehr  sie 
möglichst  lange  auf  Zeit  auszuspreeben,  da  erfahrungsraässig  in  manchen 
Fällen  die  Heilung  von  Bruchschäden  und  damit  die  Wiederkehr  der 
Felddienstfähigkeit  bei  den  Betreffenden  stattfinden  wird.“ 

Nun  scheinen  aber  doch  einige  — und  nicht  wenige  — Hernien  in 
verliältnissmässig  recht  kurzer  Zeit  zu  heilen,  so  dass  zum  Nutzen  des 
Staates  sowohl  wie  des  Betreffenden  eine  Entlassung  aus  dem  Armee- 
verbande,  der  dann  doch  eine  Wiedereinstellung  folgen  würde,  gar  nicht 
lohnt. 

Welche  Art  von  Brüchen  sind  aber  diese  schnell  heilenden?  Ein 
Fingerzeig  io  dieser  Richtung  scheint  mir  folgender  E'all  zu  sein:  Mir 
wurde  einst  in  Coblenz  ein  Offizieraspirant  zur  Untersuchung  vorgefübrt. 
Ich  erklärte  ihn  für  brauchbar.  Bei  der  Untersuchung  war  mir  auf- 


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gefallen,  daas  der  rechte  Leisteiikanal  sehr  weit  war,  and  dass  auch  eine 
ausserordentlich  weite  Bruchpforte  vorhanden  war.  Der  junge  Mann 
sagte  auf  Befragen,  dass  er  von  einem  Bruch  nichts  wisse.  Er  wurde 
zur  Einstellung  in  das  Pionier- Bataillon  nach  M. — geschickt  Drei  Tage 
darauf  kam  von  dort  die  Nachricht,  dass  der  X.  bei  der  Untersuchung  mit 
einem  rechtsseitigen  ausgebildeten  äusseren  Leistenbrnch  behaftet  befunden 
und  in  Folge  dessen  für  dienstunbrauchbar  erklärt  worden  sei.  Selbstver- 
ständlicher Weise  ging  mir  von  der  über  dieses  Resultat  etwas  ver- 
wunderten Pionier-Inspektion  dieses  Faktum  zur  Kenntnissnabme  zu.  Ich 
selbst  war  nicht  weniger  erstaunt,  denn  übersehen  batte  ich  den  Bruch 
bestimmt  nicht.  Er  mnsste  also  in  den  verflossenen  drei  Tagen  enstauden 
sein.  Bei  der  Erinnerung  an  den  weiten  Leistenkanal  und  die  weite 
Brachpforte  konnte  man  sich  denken,  dass  bei  der  bestehenden  Brach- 
anlage auf  der  Reise  beim  mehrmaligen  Einsteigen  in  Waggons,  d.  h. 
bei  wiederholter  lebhafterer  Anstrengung  der  Baachpresse,  der  Bruch 
entstanden  war.  Hieraus  möchte  ich  dann  zunächst  scbliessen,  dass  bei 
gewöhnlichem  Anlass,  jedenfalls  nicht  bei  besonders  grosser  Anstrengung' 
sondern  bei  gewöhnlichen,  häufiger  und  regelmässiger  im  Leben  sich 
wiederholenden  Körperbewegungen  entstandene  Brüche,  noch  dazu  bei 
vorhandenem  weiten  Leistenkanal  und  offener  Bruebpforte  (Brachanlage), 
nicht  zu  denen  gehören,  denen  eine  rasche  Heilbarkeit  zu  vindizireu 
ist.  Ueberhaupt  wird  cs  bei  Beurtheilung  der  Heilungsfähigkeit  neu 
entstandener  Hernien  wesentlich  auf  die  Entstebnngsart  ankommeu. 
Entstand  der  Bruch  bei  einer  gewöhnlichen,  häufig  wiederkehrenden 
Körperbewegung,  wird  die  Prognose,  quoad  Heilung,  angünstig  sein. 
Wurde  im  Oegentheil  der  Bruch  erzeugt  bei  ganz  aussergewöhnlicber 
Veranlassung  — also  z.  B.  beim  sich  Erheben  eines  auf  die  Kniee 
gefallenen,  eine  schwere  Last  auf  den  Schaltern  mit  Hülfe  der  Hände 
(die  also  als  Stütze  nicht  benutzt  werden  können)  tragenden  Mannes,  so 
ist  nach  vollbrachter  Reposition  eine  Heilung  eher  zu  erwarten.  Zweifellos 
weisen  derartige  Fälle  wie  die  mitgetheilten  darauf  hin,  dass  wir  auch 
bezüglich  der  Hernien  in  strengster  Weise  individualisiren  müssen,  dass 
keineswegs  alle  Leistenbrüchc  von  einem  und  demselben  Oesiebtspunkte 
aus  zu  beurtheilen  sind.  Den  neinerseits  haben  wir  es  zu  thun  mit  Leuten, 
deren  Bruchschäden  Jahre  lang  existiren,  die  nur  mit  einem  Bruchband 
die  Leistungsfähigkeit  erreichen,  welche  für  den  Erwerb  ihres  Lebens- 
unterhaltes uötbig  ist,  und  andererseits  haben  wir  Leute,  bei  denen  durch 
eine  einzige  plötzliche  Anstrengung  ein  Bruch  hervortritt;  dieser  wird 
binnen  kürzester  Frist  vom  Arzte  reponirt  und  durch  ein  Bruchband  am 


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537 


Wiedererscheinen  verhindert,  so  dass  diese  Leute,  abgesehen  von  der 
nicht  nennenswerthen  Belästignng  durch  die  Bandage,  keine  Beschwerden 
von  diesem  Bruche  verspüren. 

In  folgenden  Sätzen  möchte  ich  das  Resultat  vorstehender  Erwägungen 
susammenfassen : 

1.  Neu  entstandene  Hernien  sind  im  Prinzip  als  heilbar  anzusehen, 
jedenfalls  sind  sie  nicht  von  vornherein  den  länger  bestehenden  Brüchen, 
welche  nnr  mittelst  eines  dauernd  getragenen  Bruchbandes  zurückgehalten 
werden,  gleichzustellen. 

2.  Die  Prognose  für  die  Heilbarkeit  ist  um  so  günstiger,  je  frischer 
die  Hernie  ist  und  um  so  weniger  Zeit  zwischen  dem  ersten  Auftreten 
des  Bruches  und  seiner  Reposition  und  demnächstigen  dauernden  Zurück- 
haltung verstrichen  ist. 

3.  Eine  Hernie,  welche  bei  einer  nicht  aussergewöhnlichen  Anstrengung 
und  bei  einer  öfter  wiederkehrenden  Körperbewegung  oder  -austrengung 
entstand,  bietet  weniger  Aussicht  auf  Heilung  als  eine  bei  aussergewöhn- 
licber  Kraftanstrengung  und  nur  selten  vorkommender  Lage  oder  Haltung 
des  Körpers  entstandene. 

4.  Weiter  Leistenkanal,  offene  Bruebpforte  (Bruchanlage)  verschlechtern 
die  Prognose  bezüglich  der  Heilbarkeit  erheblich, 

[).  Mit  Hernien  behaftete  Mannschaften  sind  erst  dann  vom  Truppen- 
arzt als  dienstunbrauchbar  anzusehen,  wenn  eich  nach  einer  je  nach  dem 
konkreten  Falle  verschiedenen  Beobachtungszeit  herausstellt,  dass  der 
Besitzer  des  Bruches  durchaus  ein  Bruchband  zu  tragen  gehalten  ist, 
weil  ohne  ein  solches  der  Broch  stets  rezidivirt. 

Wie  bedeutend  die  Zahl  der  alljährlich  wegen  Hernien  aus  der 
Armee  ausscheidenden  Unteroffiziere  und  Mannschaften  ist,  ergiebt  sich 
aus  folgender  Uebersicht,  welche  die  in  Folge  von  Hernien,  die  durch 
eiu  Bruchband  zurückgehalten  werden  können,  dienstnnbrauchbar  und 
die  in  Folge  eben  solcher  Hernien  für  halbinvalide  erklärten  Leute  um- 
fasst. Leider  lässt  sich  die  Uebersicht  nur  bis  1882  geben.  (Tabelle 
siehe  umstehend.) 

Wir  sehen  also,  welch’  eine  grosse  Zahl  von  Leuten  in  Folge  von 
Hernien  der  Armee  verloren  geht.  Nehmen  wir  nur  die  ausgeb ildeten 
Dienstunbrauebbaren  und  die  Halbinvaliden  der  letzten  drei  Jahre 
aus  obiger  Tabelle,  da  wir  bei  diesen  a priori  annehmeu  können,  dass 
der  die  Unbrauchbarkeit  bezw.  Invalidität  bedingende  Bruch  während  der 
Dienstzeit  entstand,  also  ein  frischer  Bruch  war,  so  gingen  in  diesem 
Zeitraum  1345  Mann,  also  fast  ein  halbes  kriegsstarkes  Regiment  und 


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538 


4 vom  Taosend,  der  Armee  verloren,  da  gerade  von  diesen  kaam  einer 
wieder  für  dienstfähig  erklärt  wird.  Rechnet  man  aber  die  nnaos- 
gebildeten  Brochkranken  dieser  dreijährigen  Periode  noch  hinio,  nämlich 
1441  Mann,  so  ergiebt  sich  eine  Gesnmmtzahl  von  2785  Mann,  d.  h.  von 
je  10  000  Mann  worden  84  in  dieser  dreijährigen  Periode  in  Folge  von 
Brachschäden  nnbraochbar  for  den  Königlichen  Militärdienst. 

Sehr  erfreolich  wäre  es,  wenn  dorch  obige  Zeilen  andere  Eollegeo  mit 
reicherer  Erfahrong  wie  die  meine  sich  zo  weiteren  Mittheilongen  in 
dieser  wichtigen  Sache  veranlasst  sähen. 

Zahl  der  Dienstnnbranchbarkeits*  nnd  Halbin validitäts- 
Erklärongen  in  Folge  von  Hernien,  welche  dorch  ein  Bruch- 
band zornckgebalten  werden  können,  in  der  deotschen  Armee 
in  der  Zeit  vom  1.  April  1873  bis  30.  März  1882. 


Zahl  der  durch  Bruchschäden  für 
dienstunbrauchbar  Erklärten 

Zahl  der 

in  Folge 

von  Kruchschaden 

Rapport- 

Iststärke 

davon 

für  h 

alb- 

der 

a)  ausgebildete 

in  va 

lide 

jahr 

Armee 

b)  unausgebildete 
Leute 

erklärten  Lieute 

absolute 

»/oo 

absolute 

“/oo 

absolute  i 

Zahl 

Zahl 

Zahl 

1873/74 

298  876 

344 

1,15 

_ 

6 

0,02 

1874/75 

311609 

330 

1,06 

— 

— 

4 

0,01 

1875/76 

327  594 

351 

1,07 

— 

— 

5 

0,01 

Am 

2.  April  1876  wurde  die  neue  Vorschrift  betreffend 

veränderte  Bearthcilung  der  Leistenbrüche  erlassen. 

1876/77 

330  646 

728 

2,20 

— 

— 

284 

0,86 

1877/78 

327  271 

632 

1,93 

— 

265 

0,81 

1878/79 

327  298 

588 

1,80 

a)  199 

b)  389 

a)  0,60 

b)  1,20 

274 

0,84 

1879/80 

330  430 

629 

1,90 

a)  168 

b)  461 

8)  0,51 
b)  1,39 

288 

0,84 

1880/81 

331  747 

614 

1,94 

a)  163 

b)  481 

8)  0,49 
b)  1,45 

261 

0,78 

1881/82 

335  794 

701 

1,94 

a)  202 

b)  499 

a)  0,54 

b)  1,40 

263 

0,74 

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539 


lieber  Schirmbetten  und  Freiluftlazarethe. 

Von 

Oberstabsarzt  Port. 


Nachdem  jüngst  in  dieser  Zeitschrift  die  Angelegenheit  der  Noth- 
Bchuttdächer  durch  Herrn  Kollegen  Nicolai  in  dankenswerther  Weise 
wieder  xur  Sprache  gebracht  worden  ist,  möchte  ich  mir  erlanben,  über 
diesen  Gegenstand  einige  weitere  Betrachtongen  anxnstellen. 

Es  ist  längst  allgemein  anerkannt,  dass  zur  Aufnahme  der  Ver- 
wundeten die  auf  den  Kriegsschauplätzen  TorUndlichen  Gebäude  allermeist 
unzureichend  sind,  dass  daher  Baracken  und  Zelte  in  entsprechender 
Menge  zn  Hülfe  genommen  werden  müssen.  Es  ist  auch  selbstverständ- 
lich, dass  Baracken  und  Zelte  in  der  Regel  nicht  rasch  genug  zur  Stelle 
geschafft  werden  können,  und  dass  in  der  Zwischenzeit  die  Verwundeten 
unter  Nothschutzdüchern  untergebracht  werden  müssen,  wie  dies  die 
Kriegs-Sanitätsordnnng  ausdrücklich  vorschreibt.  Die  Aufstellung  von 
Nothschutzdäcbern  bildet  also  eine  ganz  selbstständige,  nach  jeder  Schlacht 
anftretende  Kriegsaufgabe.  Dieselben  werden  bisher  nicht  geliefert, 
sondern  sollen  durch  Improvisation  beschafft  werden. 

Um  dieser  Anforderung  wirksam  entsprechen  zn  können,  müssen  die 
Chefärzte  der  Feldlazarethe  nicht  erst  im  letzten  Augenblick,  sondern 
schon  auf  dem  Vormarsch  das  hierzu  dienliche  Material  sich  zu  ver- 
schaffen suchen  und  so  weit  als  möglich  schon  unterwegs  vorbereiten 
lassen.  Die  Nothschutzdächer  müssen  die  sofortige  Bergung  der  Ver- 
wundeten ermöglichen,  sonst  verfehlen  sie  ihren  Zweck.  Sie  müssen 
schon  möglichst  fertig  auf  dem  Scblachtfelde  ankommen,  so  dass  ihre 
Aufstellung  unmittelbar  erfolgen  kann.  Es  wird  sich  dabei  nur  um  die 
Anfertigung  von  niederen  Leinwandzelten  handeln  können,  wie  eie  von 
Nicolai  und  mir  angegeben  worden.  Ich  bemerke  gleich  von  vorn- 
herein, dass  ich  keinen  Anstand  nehme,  dem  von  Nicolai  beschriebenen 
Notbzelt  den  Vorzug  vor  dem  meinigen  eiuzoräumen,  denn  es  ist  wie 
Alles,  was  uns  dieser  vielgewandte  Kollege  bietet,  ein  Muster  von  Ein- 
fachheit und  Zweckmässigkeit. 

Ich  würde  also  bei  Ausbruch  eines  Krieges  den  Lazareth- Chefärzten 
den  Rath  ertheilen  zu  müssen  glauben,  so  frühzeitig  wie  möglich  auf  die 
Herstellung  von  Nicolai’schen  Nothzelten  Bedacht  zu  nehmen.  Ich  ver- 
hehle mir  aber  nicht,  dass  dieser  Rath  nur  von  den  Allerwenigsten  be- 


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540 


fol((t  werden  wnrde,  ans  dem  einfachen  Grunde,  weil  man  sich  von  dea 
anfzuwendenden  Bemühungen  keinen  Erfolg  verspricht,  wenn  dieselben 
nicht  von  oben  herab  kräftige  Unterstützung  finden.  Es  hat  diese  Meinung 
auch  in  der  That  eine  gewisse  Berechtigung.  Wie  jeder  andere  Dienst, 
so  muss  auch  der  Improvisationsdienst  organisirt  sein.  Um  die  viel- 
köpfige Schaar  der  Aerzte  zu  planmässigem  Zusammenwirken  nach  einem 
bestimmten  Ziele  zu  veranlassen,  bedürfte  es  einer  Instruktion,  in  welcher 
Zeichnung  und  Beschreibung  des  Nothzeltes  gegeben  ist,  durch  welche 
den  Korps-  und  Divisionsärzten  kräftigste  Förderung  der  Herstellongs- 
arbeiten  vorgeschrieben  wird,  und  welche  den  Chefärzten  die  Befugniss 
ertheilt,  zur  Fortschaffung  des  unterwegs  vorbereiteten  Materials  ein  oder 
zwei  requirirte  Fuhrwerke  bei  ihren  Lazarethen  mitznführen. 

Auf  diese  Weise  wäre  es  meiner  Meinung  nach  möglich,  die  recht- 
zeitige Bescbaflfung  der  Nothunterknnftsräume  unter  günstigen  Verhält- 
nissen auf  dem  Improvisationswege  sicher  zu  stellen.  Ohne  eine  derartige 
Anleitung  werden  die  Meisten  sich  an  die  Errichtung  von  Nothscbntz- 
dächern  erst  in  dem  Augenblick  machen,  wo  dieselben  bereits  fertig  auf- 
gestellt sein  sollten.  Man  wird  erst  angesichts  der  Verwundeten  aus 
zusammengesuchten  Latten,  Stangen  oder  Brettern  ein  paar  nothdürftige 
Gerüste  zusammensetzeu,  unter  denen  nur  ein  verschwindender  Bmcbtbeil 
der  Verwundeten  Platz  finden  kann,  während  die  Mehrzahl  derselben 
hülflos  im  Freien  liegen  bleiben  muss.  Es  wird  also  gegen  frühere 
Zeiten  sich  kein  wesentlicher  Fortschritt  bemerkbar  machen;  es  wird 
anch  in  Zukunft  statt  einer  raschen  und  umfassenden  Ilülfeleistung  das 
Gegentheil  davon  stattfinden. 

Nun  entsteht  aber  noch  eine  smdere  Frage,  ob  es  denn  überhaupt 
richtig  ist,  Bedürfnisse,  wie  es  die  Nothzelte  sind,  auf  dem  Improvisations- 
wege  decken  zu  lassen.  Ich  bin  gewiss  der  Letzte,  der  Improvisations- 
aufgaben ans  dem  Wege  gebt;  es  wird  mir  ja  sogar  von  vielen  Kollegen 
der  Vorwnrf  gemacht,  dass  ich  in  der  Bereitwilligkeit  zu  Improvisationen 
viel  zu  weit  gehe  und  den  Pflegern  Leistungen  znmntbe,  mit  denen  sie 
verschont  werden  sollten.  Wenn  ich  non  die  Ueberzeugung  aossprechen 
muss,  dass  den  Lazarethen  mit  der  Selbstberstellung  von  Nothnuterknnfts- 
ränmen  wirklich  eine  etwas  grosse  Zumutbung  gemacht  wird,  und  dass 
es  besser  wäre,  derartige  Artikel  den  Lazaretbärzten  fertig  in  die  Hände 
zu  geben,  so  werde  ich  mich  nicht  dem  Verdacht  eines  leichtfertigen 
Widerspruches  gegen  bestehende  Bestimmungen  aussetzen.  Ich  kann 
diese  Ueberzeugung  durch  den  woblkonstatirten  enormen  Aufwand  von 
Zeit  und  Mühe  begründen,  der  zur  Herstellung  einer  grösseren  Anzahl 


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541 


voD  Nothzelten  erforderlich  ist.  Um  die  Nothzelte  anf  dem  Vormarsch 
fertig  za  stellen,  würden  die  Arbeitskräfte  der  Lazarethe  niemals  aus- 
reichen;  es  müssten  an  den  jeweiligen  Einqnartierongsorten  der  Lazarethe 
Zivilarbeiter  berangezogen  werden,  welche  die  ganzen  Nächte  darch- 
znarbeiten  hätten,  nnd  diese  pächtliche  Zwangsarbeit  müsste  je  nach  der 
Zahl  der  aufcntrcibenden  Arbeitskräfte  unter  Umständen  Wochen  lang 
fortgesetzt  werden.  Wenn  die  erste  Schlacht  nicht  sehr  frühzeitig  ge- 
schlagen wird,  so  können  die  Nothzelte  allerdings  rechtzeitig  fertig 
werden;  aber  wenn  das  Oegentheil  der  Fall  ist,  so  wird  trotz  aller  An- 
strengungen die  Arbeit  nicht  zu  erledigen  sein. 

Ich  bin  überhaupt  der  nnmaassgeblicben  Meinung,  dass  alle  Gegen- 
stände, welche  in  Massen  verbraucht  werden,  grundsätzlich  geliefert 
werden  sollten.  Die  Improvisationstbätigkeit  sollte  nur  zur  Ausfüllung 
kleinerer  Lücken  in  Anspruch  genommen  werden,  und  für  Massenbedürf- 
nisse nur  dann,  wenn  dieselben  unvorhergesehen  anftreten.  In  diese 
Kategorie  gehören  aber  die  Nothunterkunftsräume  nicht;  von  ihnen  weiss 
man,  dass  sie  nach  jeder  Schlacht  in  grossen  Mengen  benöthigt  sind; 
und  daher  möchte  ich  es  für  angezeigt  halten,  sie  in  die  Zahl  der  regel- 
mässig zu  liefernden  Gegenstände  anfzunehmen. 

Wenn  ich  nun  gefragt  würde,  ob  ich  für  die  von  den  Kriegsverwal- 
tungen  oder  Ilülfsvereinen  etwa  zu  übernehmenden  Lieferungen  an  Noth- 
schutzdächern  auch  das  Nicolai’sche  Nothzelt  empfehlen  würde  wie 
für  die  Improvisationen,  so  würde  ich  entschieden  mit  Nein  antworten. 
An  Liefernngsgegenstände  stelle  ich  ganz  andere  Ansprüche,  als  an  Im- 
provisationsgegenstände. Bei  den  letzteren  muss  man  über  kleinere  und 
oft  selbst  grössere  Gebrechen  mitunter  ein  Auge  zndrücken;  bei  den  im- 
provisirten  Nothzelten  muss  man,  wenn  auch  mit  innerstem  Widerstreben, 
die  nicht  genug  zu  verabscheuende  Bodenlagerung  mit  in  den  Kauf 
nehmen.  Bei  den  zu  liefernden  Nothschutzdächern  wäre  unbedingt  die 
Verwendung  regelrechter  Betten  ins  Auge  zu  fassen. 

Die  Nothschutzdächer  werden  je  nach  der  Jahreszeit  und  der  Lage 
des  Kriegsschauplatzes  häufig  nicht  nur  wenige  Tage,  sondern  vielleicht 
eine  Reihe  von  Wochen  lang  in  Benutzung  bleiben.  Wenn  die  Ver- 
wundeten während  dieser  Zeit  des  regelrechten  Bettes  entbehren  sollen, 
so  verzichtet  man  des  armseligen  Obdaches  halber  auf  einen  Pflege- 
gegenstand, ohne  den  ein  geordneter  Krankendienst  gar  nicht  zu  denken 
ist.  Nach  dem  Bett,  dem  wichtigsten  aller  Pflegeartikel,  der  dem  Ver- 
wundeten nicht  frühzeitig  genug  gereicht  werden  kann , muss  eich  das 
im  Frieden  vorbereitete  Obdach  nothwendig  richten.  Man  braucht  da 


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nicht  gleich  an  eigentliche  Krankcncelte  ca  denken,  die  ja  eben  den 
Nachtheil  haben,  dass  aie  häufig  nicht  rasch  genug  cur  Stelle  geschafft 
werden  können.  Mit  dem  Bett  verträgt  sich  ein  anendlich  viel  ein- 
facheres Obdach,  das  einfachste,  das  überhaupt  gedacht  werden  kann, 
nämlich  für  die  obere  Körperhälfte  ein  surückschlagbarer  Schirm,  wie 
er  an  Katschen  und  Kinderwagen  sich  findet,  and  eine  Regendecke  für 
die  entere  Körperhälfte.  Ein  solches  Schirmbett  ist  Lager  and  Hans 
zugleich,  and  solche  Betten,  die  überall  im  Freien  anfgestellt  werden 
können,  würde  ich  zur  Bereitstellung  für  den  Kriegsfall  anstatt  der  Noth* 
zelte  empfehlen. 

Dadurch  erhöbt  sich  freilich  der  nrsprüngliche  Anspruch,  der  nur 
auf  die  Lieferung  von  Nothscbatzdächern  gerichtet  war,  um  ein  sehr 
Bedeutendes,  allein  ich  glaube,  dass  der  Wunsch  der  gleichzeitigen 
Lieferung  von  Betten  durchaus  nicht  unbillig  ist.  Die  Betten  gehören 
eben  wegen  des  ungehearen  Bedarfes  an  solchen  auch  in  die  Gattung 
der  zn  liefernden,  nicht  der  zur  Improvisation  geeigneten  Gegenstände, 
and  dies  um  so  mehr,  weil  hier  die  Improvisationsarbeit  nicht  schon  auf 
dem  Vormarsch  vorbereitet,  sondern  erst  am  Btablirungsorte  begonnen 
werden  kann.  Es  ist  einleuchtend,  dass  nach  Jeder  Schlacht  eine  sehr 
beträchtliche  Zeit  bis  zur  Fertigstellang  der  erforderlichen  Lagerstätten 
vergehen  muss,  and  dass  während  dieser  ganzen  Zett  der  Dienstbetrieb 
in  den  Lazarethen  ein  höchst  mangelhafter  und  beschwerlicher  ist  Es 
unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  der  Mangel  an  Betten  die  hauptsächlichste 
Ursache  der  nach  jeder  Schlacht  in  den  Lazarethen  Platz  greifenden 
Dienstbedrängniss  and  der  damit  verbundenen  Ueberanstrengung  des 
Pflegepersonals  ist  Die  Periode  der  noch  nicht  ordnungsgemäss  durch- 
geführten  Lagerung  der  Verwundeten  ist  nicht  nur  für  die  letzteren, 
sondern  auch  ganz  besonders  für  die  Aerzte  und  ihre  Gehülfen  so  über- 
aus peinlich,  dass  sich  dieselben  vor  einer  Ablösung  des  Lazarethos, 
welche  die  Aussicht  auf  eine  demnächstige  abermalige  Etablirung  er- 
öffnet, geradezu  fürchten;  sie  verharren  lieber  viele  Monate  lang  in  un- 
unterbrochener Tbätigkeit,  nur  um  sobald  nicht  wieder  in  die  Lage  zu 
kommen,  die  Etablirungsdrangsale  durcbmachen  zu  müssen. 

Um  gleich  von  Anfang  an  Ordnung  und  Ruhe  in  den  Lazaretbdienst 
zn  bringen,  giebt  cs  kein  besseres  Mittel,  als  rechtzeitige  Lieferung  von 
Betten.  Wie  der  Aufbau  einer  Armee  vom  Magen,  so  wird  der  Aufbau 
der  Kriegskrankenpflege  vom  Bett  aus  zu  geschehen  haben.  Die  Vor- 
räthe  an  Betten  müssten  so  reichlich  bemessen  sein,  dass  auch  bei  ausser- 
gewöbnlich  grossen  Schlachten  kein  Mangel  eintreten  könnte.  Die 


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richtigen  Grondsätze  wären  wohl  die,  dass  cs  Betten  ohne  Verwundete, 
aber  niemals  Verwundete  ohne  Betten  geben  dürfe;  dass  jeder  Soldat, 
der  wegen  Krankheit  oder  Verwundung  seine  Waffe  ablegt,  sofort  ein 
Bett  dafür  zu  empfangen  habe;  dass  der  Sanitätsdienst  als  unzulänglich 
zu  betrachten  sei,  wenn  am  Tage  nach  einer  Schlacht  noch  Verwundete 
am  Boden  herumliegen. 

In  diesen  Ansprüchen  liegt  durchaus  nichts  Unerhörtes  und  Unerfüll- 
bares. Bei  der  ersten  Einrichtung  der  bayerischen  Feldlazarethe,  die 
noch  in  das  Ende  der  fünfziger  Jahre  fiel,  worden  Betten  als  ein  ganz 
selbstverständlicher  Ansrüstongsgegenstand  betrachtet;  die  Zahl  derselben 
war  sogar  ziemlich  reichlich  bemessen.  Damals  konnte  das  erste  Ge- 
schäft bei  Etablirnng  eines  Lazareths  in  der  Aufstellung  von  Betten  be- 
stehen, es  konnten  gleich  von  Anfang  an  normale  Lazarethverbältnisse 
geschaffen  werden.  Auf  ähnliche  Einrichtungen  wird  es  nützlich  sein 
zurückzukommen.  Freilich  waren  die  bayerischen  Feldlazarethe  sehr 
schwer  beweglich.  Es  stellte  sich  als  unthunlich  heraus,  die  Betten  auf 
Schritt  und  Tritt  den  Truppen  naebzufahren.  Sie  mussten  aus  den 
Lazaretb wagen  entfernt  werden  und,  so  lange  als  noch  keine  Lazareth- 
Reserve-Depots  in  Aussicht  genommen  waren,  vorübergehend  ganz  ans 
der  Feldausrüstung  verschwinden.  Aber  zu  einem  dauernden  Verzicht 
auf  Lieferung  der  Betten  liegt  seit  Schaffung  von  Lazareth-Reserve- 
Depots  keine  Nothwendigkeit  mehr  vor.  In  den  letzteren  können  Betten 
in  grossen  Massen  in  nächster  Nähe  der  operirenden  Armeen  bereit  ge- 
halten und  von  hier  ans  den  Lazarethen  mit  der  erforderlichen  Schnellig- 
keit zugeführl  werden. 

Wenn  die  Betten  in  der  oben  angedeuteten  Weise  mit  Wetterschutz- 
Vorrichtungen  versehen  sind,  so  ergiebt  sich,  wenigstens  in  der  günstigen 
Jahreszeit,  eine  solche  Unabhängigkeit  der  Verwundeten  von  besseren 
Unterkunftsräumen,  sowohl  Häusern,  als  Baracken  und  Zelten,  dass  die 
Lazarethe  überall  im  Freien  sich  einriebten  können.  Man  wird  sich 
einen  passenden  Platz  mit  möglichst  festem  Boden  aussuchen,  in  dessen 
Nähe  Wasser  zu  haben  ist,  und  daselbst  die  Betten  in  regelmässigen 
Reihen,  nach  Stationen  gesondert,  aufstellen,  mit  solchem  Zwischenräume 
zwischen  den  einzelnen  Betten,  dass  man  den  letzteren  je  nach  der 
Richtung  des  Windes  oder  dem  Stande  der  Sonne  jederzeit  die  geeignetste 
Stellung  geben  kann.  Bei  gänzlichem  Mangel  an  Häusern  wären  einige 
Zelte  für  chirurgische  Verrichtungen  und  zur  Wohnung  für  die  Aerzte, 
ferner  eine  Anzahl  von  Notbzelten  für  das  Pflegepersonal  erforderlich. 

Wir  wären  auf  diese  Weise  für  die  Zeit,  die  zwischen  einer  Schlacht 


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und  der  Ankunft  von  Baracken  verstreicht,  zu  einer  eigenartigen  Unter- 
bringung der  Verwundeten,  nämlich  zu  der  Einrichtung  von  Preilnft- 
lazarethen  gekommen,  die  in  sanitärer  und  administrativer  Beziehung 
manche  ungeahnte  Vortbeile  bieten. 

Dass  die  Verwundeten  in  den  Freiluftlazarethen  besser  untergebracht 
sind,  als  in  Bauernhäusern,  Scheunen  oder  Ställen,  wo  es  an  Luft  und 
Licht  und  an  der  nöthigen  Zugänglichkeit  zu  den  einzelnen  Lagern  fehlt, 
wo  es  schwer  ist,  über  die  auf  zahlreiche  kleine  Räume  vertheilten 
Pfleglinge  die  erforderliche  Uebersicht  zu  gewinnen,  und  wo  bei  Ans- 
bruch eines  Feuers  fast  Alles  rettungslos  verloren  ist,  kann  nicht  be- 
zweifelt werden. 

Von  Ueberfüllung  kann  in  diesen  Lazarethen  niemals  die  Rede  sein; 
im  Freien  kann  man  sich  ja  nach  Belieben  ansbreiten.  Bei  gehöriger 
Aufsicht  wird  eine  Verunreinigung  des  Bodens  schwerlich  eintreten,  und 
wenn  dies  etwa  doch,  besonders  bei  herrschenden  Diarrhöen,  mit  der 
Zeit  der  Fall  wäre,  so  entschliesst  man  sich  eben  zu  der  hier  so  leicht 
ausführbaren  motio  castrorum  und  zieht  mit  Sack  und  Pack  una  einige 
Hundert  Schritte  weiter.  Ansteckung  von  Bett  zu  Bett  lässt  sich  hier 
so  vollständig  ausschliessen,  dass  bei  Ausbruch  von  ansteckenden  Krank- 
heiten die  Einrichtung  von  Freiluftlazarethen  eigentlich  das  einzig  richtige 
Anskunftsmittel  zu  sein  scheint. 

Es  kommen  also  mit  solchen  Lazarethen  eine  ganze  Reihe  von 
Sorgen  und  Gefahren,' die  sonst  in  Bezug  auf  die  Unterbringung  grosser 
Krankenmassen,  auf  Isolirung,  auf  Verhütung  der  Bildung  von  Krankheits- 
herden n.  8.  w.  bestanden,  einfach  in  Wegfall.  Der  Sanitätsdienst  ge- 
staltet sich  nicht  nur  bei  der  Etablirung  der  Lazarethe,  sondern  auch 
weiterhin  so  einfach,  dass  man  sich  in  der  günstigen  Jahreszeit  mit  der 
Uebcrsiedelung  in  Baracken  wahrscheinlich  nicht  beeilen  wird,  um  so 
weniger,  als  sich  die  Verwundeten  und  auch  der  grösste  Theil  der 
Innerlicbkranken  im  Freien  jedenfalls  viel  behaglicher  fühlen,  als  in  der 
verbältnissmässig  drückenden  Luft  der  Baracken.  Wenn  nicht  ausnahms- 
weise im  Winter  Krieg  geführt  wird,  so  können  die  Baracken  ganz 
gelegentlich  und  allmälig  auf  den  Kriegsschauplatz  hinansgesebafft  werden, 
man  braucht  sie  auch  nach  ihrer  Ankunft  nicht  mit  übertriebener  Hast 
aufzuschlagen,  sondern  kann  eich  hierzu,  sowie  zur  Vorbereitung  des 
Bodens,  auf  den  sie  gestellt  werden  sollen,  alle  wünschenswertbe  Masse 
gönnen;  überhaupt  bleibt  all  das  Rennen  und  Jagen,  das  unter  anderen 
Verhältnissen  den  Kriegssanitätsdienst  so  aufreibend  macht,  den  bc- 
tbeiligten  Organen  erspart. 


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545 


Damit  sind  aber  die  Vortheile,  welche  die  Schirmbetten  bieten,  noch 
nicht  erschöpft.  Dieselben  treten  nämlich  auch  bei  der  Evakuation  der 
Kranken  noch  ganz  besonders  hervor.  Bei  richtiger,  d.  h.  bnhrenartiger 
Bauart  können  die  Scbirmbetten  den  Kranken  und  Verwundeten  beim 
Transport  mitgegeben  werden  und  machen  auch  hier  die  Sorge  für  Be- 
schafTung  eines  besonderen  Obdaches  überflüssig,  das  übrigens  den  Ver- 
wundeten neben  dem  gebotenen  Schutze  auch  meist  recht  viel  Belästigung 
verursacht.  Die  Scbirmbetten  können  auf  jedem  beliebigen  offenen 
Fuhrwerk,  auf  jedem  Karren  oder  Bauernwagen,  auf  den  Wagen  der 
flüchtigen  Feldbahnen,  auf  offenen  Eisenbabngüterwagen,  auf  dem  Ver- 
deck von  Schiffen  ohne  Weiteres  untergebracht  werden.  Abgesehen  von 
der  verringerten  Mühewaltung  für  die  Besorger  des  Transportes  muss  es 
den  Verwundeten  jedenfalls  eine  grosse  Wohlthat  sein,  wenn  sie  nicht 
in  gedeckte  Güterwagen  oder  in  die  unteren  Räume  von  Schiffen  ver- 
packt werden  müssen,  sondern  überall  Luft  und  Licht  und  Aussicht  ge- 
messen können.  Bei  offenen  Güterwagen  wird  sich  ohne  Schwierigkeit 
ein  V'erkehr  der  Wärter  zwischen  den  einzelnen  Wagen  während  der 
Fahrt  ermöglichen  lassen,  wodurch  ein  weiterer  Missstand,  der  sonst  der 
Benutzung  von  Eisenbabngüterwagen  anhaftet,  in  Wegfall  kommt. 

Aus  dem  Angeführten  ergiebt  sich  klar,  dass  die  Ausstattung  der 
Lazareth- Reserve- Depots  mit  Scbirmbetten  nicht  etwa  ein  Luxus,  sondern 
ein  Bedürfniss  ist.  Von  den  Kriegsverwaltungen  wird  man  allerdings 
nach  den  sehr  bedeutenden  Opfern,  die  in  jüngster  Zeit  für  die  Aus- 
rüstung der  Armee  mit  antiseptischen  Verbandmitteln  gebracht  wurden, 
die  Ansführnng  dieses  Planes  zunächst  nicht  erwarten  dürfen;  desto 
mehr  eignet  sich  derselbe,  von  den  Hülfsvereincn  ins  Auge  gefasst  zu 
werden.  Diese  sind  ja  darauf  angewiesen,  hauptsächlich  solche  Gegen- 
stände zu  liefern,  die  der  Staat  ausnahmsweise  nicht  zu  liefern  beab- 
sichtigt. Unter  diesen  Gegenständen  könnten  sie  schwerlich  ein  dank- 
bareres Objekt  ihrer  Fürsorge  Anden,  als  das  in  Rede  stehende.  Wer  den 
Verwundeten  Betten  und  das  erste  Obdach  liefert  und  dies  mit  solcher 
Raschheit  thut,  dass  die  Verwundeten  unmittelbar  nach  der  Schlacht 
darin  untergebracht  werden  können,  der  greift  an  die  Wurzel  des  Kriegs- 
elendes,  unter  dessen  Bann  die  Verwundeten  aller  Völker  und  Zeiten  bis 
auf  den  heutigen  Tag  standen.  Wenn  sich  der  Sicherstellung  der  anti- 
septischen Wundbehandlung,  die  durch  den  Staat  erfolgt  ist,  die  Sicher- 
stellung der  Lagerstätten  und  des  ersten  Obdaches  von  Seite  der  Hülfs- 
vereine  anschlösse,  so  würde  für  den  Kriegssanitätsdienst  ein  neuer, 
glücklicherer  Zeitabschnitt  beginnen. 

35 


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546 


Ich  hatte  ein  Schirmbett  für  die  bener  in  Brüssel  beabsichtigte,  aber 
Dicht  KU  Stande  gekommene  Ausstellung  des  rothen  Kreuzes  hergestellt. 
Bevor  ich  im  Nacbstehendeu  an  die  Beschreibung  desselben  gehe,  möchte 
ich  mir  gestatten,  die  Eigenschaften,  die  ein  Kriegsbett  meiner  Meinaog 
nach  haben  muss,  im  Allgemeinen  zu  entwickeln. 

1)  Ein  Kriegsbett  soll  möglichst  fest  und  unzerbrechlich  sein.  Leichtig- 
keit und  Zierlichkeit  sind  bei  einem  Gebrauchsgegenstand , auf  dem  sich 
Lasten  von  l'/s  bis  2 Centner  in  nicht  immer  sehr  schonender  Weise 
bewegen,  kein  Vorzug,  sondern  ein  Fehler.  Ein  zierliches  Feldbett  ist 
so  unpraktisch,  wie  ein  zierliches  Kriegsfahrzeug.  Ob  Eisen  oder  Holt 
zu  wählen  ist,  ergiebt  sich  am  einfachsten  aus  den  Erfahrungen  in  den 
Friedenslazaretben.  Die  seit  einiger  Zeit  eingeführten  eisernen  Bettstellen 
haben  sich  verbältnissmässig  wenig  widerstandsfähig  gezeigt;  obwohl  sie 
kräftig  gebaut  sind,  kommen  Brüche  und  Verbiegungen  häufig  an  den- 
selben vor,  während  die  alten  hölzernen  Betten  geradezu  unverwüstlich 
waren.  Man  hat  hier  ähnliche  Erfahrungen  gemacht,  wie  mit  den  Wagen- 
rädern, wo  man  sich  auch  überzeugte,  dass  die  hölzerne  Nabe  von  allen 
bisher  bekannten  Einriebtungeu  immer  noch  die  beste  und  solideste  ist 
Für  die  Bevorzugung  des  Holzes  spricht  auch  die  Erwägung,  dass  die 
Betten  während  der  Friedenszeit  schwerlich  in  genügender  Menge  vor- 
räthig  gehalten  werden  können,  und  dass  deshalb  bei  Ausbruch  eines 
Krieges  Massenfabrikation  derselben  Platz  greifen  muss.  Die  letztere 
kann  wohl  nur  daun  mit  genügender  Sicherheit  und  Raschheit  durch- 
geführt  werden,  wenn  ein  Material  gewählt  wird,  welches  überall  in 
Menge  vorhanden  ist  und  von  gewöhnlichen  Handwerkern  mit  dem  ein- 
fachsten Handwerkszeug  bearbeitet  werden  kann. 

2)  Das  Kriegsbett  soll  der  leichteren  Transportirbarkeit  halber  bis 
zu  einem  gewissen  Grade  zusammenlegbar  sein,  darf  aber  keine  losen, 
dem  Verlust  ausgesetzten  Stücke  enthalten.  Vor  übertriebener  Künstelei 
ist  jedoch  dringend  zu  warnen.  Man  muss  immer  bedenken,  dass  jedes 
Cbarnier  einen  halben  Bruch  vorstellt.  Wenn  man  an  Charnieren  nicht 
sparen  wollte,  so  könnte  man  eiserne  Betten  herstellen,  die  sich  auf  ein 
sehr  geringes  Format  Zusammenlegen  lassen,  aber  solche  Betten  sind 
nicht  kriegstüchtig. 

3)  Das  Kriegsbett  mnss  mit  Handgriffen  versehen  sein,  damit  die 
Kranken  bei  Feuers-  oder  Beschiessungsgefahr  leicht  in  Sicherheit  ge- 
bracht und  damit  sie  sammt  ihrem  Lager  auf  Wagen  verladen  werden 
können,  denn  es  ist  als  Grundsatz  zu  betrachten,  dass  die  ELranken  und 


H. 


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547  — 


Yerwandeten,  wenn  sie  nicht  sitiend  trsnsportirt  werden  können,  bei  der 
Evakuation  ihr  Bett  mitbekommen. 

4)  Das  Eriegsbett  darf  nicht  za  breit  sein,  damit  auf  Bauernwagen 
in  der  Höhe  der  oberen  Leiterbäume  zwei  and  in  jeder  Bucht  eines 
Eisenbahngnterwagens  drei  Betten  nebeneinander  Platz  haben. 

6)  Das  Eriegsbett  soll  so  beschaffen  sein,  dass  es  leicht  und  gründ- 
lich desinfizirt  werden  kann. 

Nach  diesen  Grundsätzen  habe  ich  meinem  Schirmbett  folgende  Ein- 
riehtang  gegeben  (s.  Abbildung) : 


Dasselbe  besitzt  hölzerne,  aas  einem  Stück  bestehende  Tragstangen 
von  2,40  m Länge,  8 cm  Höhe  und  5 cm  Breite.  30  cm  einwärts  der 
Enden  sind  die  Tragstangen  durch  ebenso  starke  Qaerstangen  von  47  cm 
Länge  verbanden. 

Die  Füsse  von  derselben  Holzstärke  wie  die  Tragstangen  haben 
58  cm  Höhe  nnd  drehen  sich  am  zwei  eiserne  Achsen,  die  an  der  unteren 
Seite  der  Tragstangen  angebracht  sind.  Die  Füsse  können  an  der  Aussen- 
seite  der  Tragstangen  in  der  Richtung  gegen  die  Mitte  der  letzteren 
binanfgescblagen  werden,  wodurch  eine  fusslose  Bahre  von  66  cm  Breite 
gebildet  wird,  wie  sie  zur  Versendung  der  Lagerstätten  und  zur  Ver- 
ladung der  Verwundeten  auf  Wagen  geeignet  ist.  Wenn  die  Füsse  herab- 

35* 


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518 


geschlagen  sind,  so  stellen  sich  dieselben  za  den  Tragstangen  in  einen 
Winkel  von  110®,  wobei  sie  sich  an  eine  von  der  Oberkante  der  Trag- 
stangen nach  aassen  vorragende  Eisenplatte  ansterameo.  Durch  Kettchen 
werden  die  F'üsse  in  dieser  Lage  festgebalten.  Die  za  jedem  Fosspaar 
gehörigen  Fasse  sind  durch  zwei  eiserne  Bänder  miteinander  verbanden. 

Der  von  den  Querstangen  begrenzte,  1,80  m lange  Zwischeoraam 
zwischen  den  Tragstangen  ist  oben  von  längs  and  quer  verlaafenden 
Blechbändern  überspannt.  Auch  an  der  unteren  Seite  der  Tragslangeo 
befinden  sich  im  mittleren  Theil  des  Bettes  eine  Anzahl  von  queren 
Blechbändern.  Der  gegen  das  Kopf-  und  Fassende  zu  fehlende  Theil 
des  unteren  Blecbstreifenüberzuges  wird  bei  Hinaufscblagong  der  Fasse 
durch  die  Eisenbänder  ergänzt,  welche  je  zwei  Füsse  miteinander  ver- 
binden. Wenn  also  die  Fasse,  wie  dies  z.  B.  bei  der  Aufbewahrung  der 
Betten  in  den  Depots  der  Fall  ist,  an  die  Seite  der  Tragstangen  hinauf- 
geschlagen  sind,  so  befindet  sich  innerhalb  des  Babrenrahmens  ein  all- 
seitig abgeschlossener  Raum  von  der  Höhe  der  Tragstangen,  nämlich 
von  8 cm,  in  welchem  die  Bett-  und  Kranken- Ansrüstuogsgegenstände 
verpackt  werden  können. 

Nahe  der  Mitte  der  Tragstangen  ist  jederseits  an  der  Aussenseite 
derselben  eine  eiserne  Hülse  angebracht  zum  Einsetzen  des  Wetterdaches, 
welches  aus  drei  mit  Leinwand  überspannten  Reifen  besteht,  und  welches 
bei  90  cm  Höhe  eine  untere  Breite  von  80  cm  hat.  Durch  eine  rechts 
und  links  angebrachte  Flügelscbraube  kann  das  Wetterdach  in  beliebiger 
Stellung  fixirt  werden ; zum  Aufspannen  desselben  dienen  auch  unter 
Umständen  noch  zwei  zum  Fassende  des  Beltes  gehende  Schnüre.  Bei 
Regen  Wetter  soll  das  Dach  die  obere  Körperbälfte  des  Kranken  decken, 
während  ein  Stück  starken  wasserdichten  Stoffes  die  untere  Körperhälfte 
schützt.  Die  wasserdichte  Decke  bat  an  ihrem  unteren  Scbmolraude 
zwei  Fenster,  mittelst  deren  sie  über  die  unteren  Bahrengriffe  gesteckt 
wird,  so  dass  sie  vom  Wind  nicht  aufgehoben  werden  kann.  Wenn  das 
Kopfende  des  Bettes  der  Windseite  zugekebrt  wird,  so  bleibt  der  Kranke 
vor  der  Einwirkung  des  Regens  vollkommen  geschützt  bei  unbeschränktem 
Luftzutritt 

Der  Strohsack,  an  den  das  Kopfpolster  festgenäbt  ist,  wird  mit 
Riemen  so  an  das  Bettgestell  befestigt,  dass  ein  Abgleiten  desselben  un- 
möglich ist. 

In  dem  bereits  erwähnten  Zwischenraum  zwischen  oberem  und  unterem 
Blechbandüberzug  wird  verpackt:  1.  das  Wetterdach;  2.  die  wasserdichte 
Decke;  3.  der  leere  Strohsack;  4.  zwei  Leintücher;  5.  zwei  wollene 


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549 


Decken;  6.  ein  Hemd;  7.  ein  Paar  Strümpfe;  8.  eine  Erankenjacke; 
9.  ein  Handtuch;  10.  ein  Sacktuch.  Wenn  ein  Bett  aus  dem  Depot 
empfangen  wird,  so  ist  demselben  also  bereits  Alles  beigepackt,  was  zur 
Lager-  und  Krankenausstattung  gehört  Es  braucht  zur  vollständigen 
Bereitstellung  des  Lagers  nur  noch  der  Strobsack  gestopft  zu  werden. 

Wenn  das  Bett  aufgestellt  und  der  Kranke  darin  nntergebracht  ist, 
so  können  in  dem  freigewordenen  Zwischenraum  zwischen  den  beiden 
Blechbandlagen  Bekleidungsstücke  und  sonstige  Habseligkeiten  des  Kranken 
geborgen  werden.  Zur  Unterbringung  des  Sacktuches,  eines  Buches  and 
sonstiger  kleiner  Gegenstände  dienen  ferner  zwei  Taschen,  die  zu  beiden 
Seiten  des  Kopfpolsters  angebracht  sind. 

Das  Bettgestell  wiegt  leer  26  Kilo,  vollständig  gepackt  37  Kilo. 


Freiluftlazaretbe  brauchen  auch  Freiluftküchen.  Selbst  wenn  später 
die  Baracken  ankommen,  wird  es  immer  erwünscht  sein,  für  die  Küche 
keinen  gedeckten  Raum  in  Anspruch  nehmen  zu  müssen.  Eine  Ein- 
richtung dieser  Art  ist  die  folgende; 

A.  Geräthschaften  zum  Sieden  und  Dünsten. 

Ein  cyliudrischer  Kochkessel  von  Weissblecb,  40  cm  hoch  und  26  cm 
breit,  mit  gut  scbliessendem  Deckel,  wird  in  einen  oben  und  unten  offenen 
Sch warzblechcy linder  von  43cm  Höhe  und  31cm  Breite,  der  als  Ofen 
dient,  auf  einen  abnehmbaren  Rost  gestellt.  Die  Heizung  erfolgt  theils 
durch  einige  unterhalb  des  Rostes  angebrachte  Oeffnungen  im  Ofen,  theils 
dadurch,  dass  Reisigstäbe  von  oben  her  zwischen  Kessel  und  Ofen  ein- 
geschoben werden,  so  dass  der  Boden  und  die  Wände  des  Kochkessels 
überall  von  der  Flamme  bestrichen  werden.  Wegen  dieser  allseitigen 
Erwärmung  und  weil  der  Ofen  selbst  bei  starkem  Winde  das  Feuer  voll- 
kommen zusammenbält,  kommt  der  Inhalt  des  Kessels  sehr  rasch  zum 
Sieden.  Damit  die  Speisen  nicht  aubrennen  können,  befindet  sich  ini 
Innern  des  Kochkessels  auf  niedrigen  Füssen  ein  zweites  Weissblecb- 
gefäss  ohne  Deckel,  in  welches  das  Fleisch  und  die  Suppeneinlagen  ge- 
bracht werden,  während  das  zugegosseue  Wasser  noch  über  den  Rand 
dieses  zweiten  Gefässes  binaufreiebt.  In  diesem  Apparat  können  20  Por- 
tionen ä 1 Liter  gekocht  werden. 

Wenn  gedünstet  werden  soll,  wird  das  innere  Blechgefäss  nach 
Füllung  mit  Fleisch  ohne  Wasserzusatz  mit  einem  Deckel  verschlossen 
und  der  Kochkessel  nur  so  weit  mit  Wasser  gefüllt,  dass  dasselbe  beim 
Aufwallen  den  Rand  des  inneten  Gefässes  nicht  erreichen  kann. 


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550 


B.  Oeräthschaften  zum  Braten. 

Ein  23  cm  hoher  und  30  cm  breiter  Ofen  von  Schwarablech  trägt 
anf  seinem  oberen  Rande  eine  tiefe  eiserne  Pfanne,  die  mit  zwei  Band- 
grififen  nnd  einem  öbergreifenden  Deckel  versehen  ist. 

Die  Oeräthschaften  zum  Sieden  nnd  Braten  lassen  sich  so  ineinander 
hineinstecken,  dass  sie  bei  der  Verpackung  sämmtlich  in  dem  grösseren 
Scbwarzblechofen  nntergebracht  werden  können. 


Noch  eine  weitere  Vorrichtnng  wäre  für  Freilnftlazarethe  and  über- 
haupt für  jedes  Lazareth  erwünscht,  nämlich  ein  Heisswasserapparat  zu 
Verband-  und  Operationszwecken.  Ich  habe  mir  hierzu  einen  Satz  von 
Weissblechgefässen  machen  lassen,  von  denen  das  grösste,  als  Koch- 
kessel dienende,  6 Liter  fasst.  Dieser  Kochkessel  wird  in  einen  schwarz- 
blechernen, zerlegbaren  Ofen  anf  beweglichen  Rost  gestellt.  Die  beiden 
Hälften  des  Ofens  lassen  sich  bei  der  Verpackung  so  ineinander  schieben, 
dass  sie  sich  dem  Kochkessel  dicht  anlegen,  so  dass  der  ganze  Apparat 
sehr  wenig  Raum  einnimmt.  Durch  die  schon  bei  der  Kücheneinrichtung 
erwähnte  Art  des  Heizens  mit  Reisig  kann  man  den  Inhalt  des  Koch- 
kessels in  12  Minuten  zum  Sieden  bringen.  Es  empfiehlt  sich,  im 
innersten  Blecbgefässe  eine  Büchse  mit  Schmierseife  unterzubriogen, 
durch  welche  die  berussten  Theile  nach  dem  Gebrauche  rasch  gereinigt 
werden  können. 


Referate  nnd  Kritiken. 

Aus  der  Sitzung  der  medizinischen  Akademie  zu  Paris  vom  9.  Ok- 
tober 1888.  (Aus  Sem.  möd.) 

Zwei  Fälle  später  Extraktion  von  Geschossen,  welche  in  den 
Gesichtsknochen  sitzen  geblieben  waren,  mit  einer  zusätzlichen 
Bemerkung. 

Herr  Perrin:  1.  Fall:  Ein  Marineoffizier  wird  1884  verwandet 
Das  Geschoss,  angeblich  ein  Granatsplitter,  zerstörte  das  rechte  Auge 
und  blieb  in  den  Knochen  des  Gesichts  stecken.  Mehrere  Monate  später 
kam  der  Verwundete  in  Paris  an;  an  der  Stelle  der  Verwundung  hatte 
sich  eine  Fistel  gebildet.  Letztere  wurde  mittelst  Laminaria  dilatirt, 
worauf  es  gelang,  einige  Korkstückchen,  Tuchfetzen  (wohl  vom  Pfropfen. 
Ref.)  und  eine  abgeplattete  nnd  deformirte  Revolverkugel  zu  extrahiren. — 
2.  Fall;  Ein  Sekondlientenant  wurde  im  Februar  1885  durch  ein  Geschoss 
am  Kopfe  verwandet:  das  Geschoss  blieb  in  der  Wunde  stecken.  Zwei 
Extraktionsversuche  waren  von  keinem  Erfolg  gekrönt.  Im  November 
1885  wurde  der  inzwischen  nach  Frankreich  zurückgekommene  Offizier 


V 


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551 


im  Val  de  Oräce  aafgenommen.  Unter  dem  linken  nnteren  Augenhöhlen* 
fand  befand  sich  eine  kleine,  die  Eintrittsstelle  des  Geschosses  markirende 
Narbe.  Das  Geschoss  hatte  das  Septum  Narium  durchschlagen 
und  war  tief  in  der  rechten  Maxilla  snperior  steckengeblieben.  Aus  dem 
Nstaenloch  floss  jauchiger  Eiter.  Eine  Extraktion  auf  dem  Wege  durch 
die  Nase  war  unmöglich.  Chauvel  löste,  deu  Schnitt  in  die  rechte 
Nasen-Wangenfurcbe  verlegend,  die  Nase  ab  und  legte  eine  fest  in  die 
äussere  Wand  der  rechten  Fossa  nasalis  eingekeilte  Kugel  bloss,  deren 
Entfernung  nur  mit  grösster  Schwierigkeit  gelang. 

Ans  diesen  beiden  Fällen  zieht  Chauvel  die  praktische  Schluss- 
folgerung, dass  man  in  allen  ähnlichen  Fällen  stecken- 
gebliebene Fremdkörper  unmittelbar  nach  der  Verwundung 
aufsuchen  soll,  weil  I.  dann  die  Extraktion  immer  möglich  sein 
wird  und  2.  der  Eingriff  ohne  Jede  Gefahr  ist,  also  spätere  grössere 
Eingriffe,  wie  im  2.  Fall,  dem  Verwundeten  erspart  bleiben.  Ausnahmen 
von  dieser  Regel  will  Chauvel  nur  bei  penetrirenden  Schädelwunden 
und  ebensolchen  Brust-  und  Bauch  wunden  znlassen.  In  diesen  Wunden 
steckengebliebene  Fremdkörper  sind  auch  nach  Chauvel  für  den 
Arzt  ein  Noli  me  tangere! 

Da  Chauvel  mit  seinem  Ausspruch  der  heutigen  durch  die  Anti- 
septik  so  sehr  begünstigten  Richtung  des  Nichteingreifens  bei  Wunden, 
die  das  verwundende  Geschoss  noch  beherbergen,  entgegentritt,  schien 
uns  die  Mittheilung  obiger  Fälle  nicht  ohne  Interesse,  um  so  mehr,  als 
wir  auch  die  Folgerung  Chauvel’s  in  der  von  ihm  angedeuteten  All- 
gemeinheit nicht  zugeben  können.  Folgender  Fall  sei  zunächst  deu 
Fällen  Chauvel’s  gegenüber  gestellt.  Major  v.  E.  erhielt  in  der  Schlacht 
bei  Wörth  einen  Schuss  links  oben  vorne  unter  der  Schulter  (keine 
penetrirende  Brnstwunde).  Das  Geschoss  riss  die  linke  Ecke  des  Ordens- 
bleches ab  und  mit  in  die  Wunde  hinein.  Die  bald  hernach  vorgenomroene 
Extraktion  des  scharfkantigen  Blcchstückes  führte  eine  tödtliche  Blutung 
herbei.  — In  der  Regel  wird  der  Arzt  bei  Kriegs  verwundeten  im  All- 
gemeinen wohl  Schlüsse  ziehen  können  auf  die  Art  des  verwundenden 
Projektils  (eventuell  aus  den  Löchern  in  der  Kleidung,  aus  der  Art  der 
feindlichen  Truppe  etc.),  sicher  aber  kann  er  in  concreto  nie  angeben, 
welcher  Art  der  in  der  Wunde  steckende  Fremdkörper  ist,  zumal  die 
Angaben  der  Verwundeten  selbst  hierüber  häufig  ganz  unzuverlässig  sind. 
(S.  Stastitischer  Sanitätsbericht  über  die  deutschen  Heere  im 
Kriege  1870/71  Band  III  A.  Seite  15  und  16).  Hieraus  folgt,  dass  der 
Arzt  nicht  wissen  kann,  ob  er  es  mit  einem  scharfkantigen,  bei  gewalt- 
samer Extraktion  leicht  neue  Verletzungen  setzenden  deformirten 
Geschoss  oder  Fremdkörper  zu  thun  haben  wird,  oder  nicht. 

Hieraus  folgt  aber  zwingend,  dass  man  auch  nach  frischer 
Verletzung  einen  nur  mit  Gewalt  zu  entfernenden  Körper  — 
nnd  im  2.  Fall  Chauvel’s  ist  doch  sicher  anzunehmen,  dass  das  Geschoss 
vom  ersten  Augenblick  an  so  fest  in  den  Knochen  eingekeilt  war,  wie 
dies  später  konstatirt  wnrde  — ruhig  an  seiner  Stelle  belässt  und 
die  Entfernung  für  später  sich  vorbebält.  .Mag  diese  Entfernung  auch 
eine  operative  sein  müssen,  das  Risiko  ist  für  den  Verwundeten  doch 
das  kleinere  und  das  allein  ist  für  den  Arzt  das  entscheidende  Moment. 
Eine  gut  durebgeführte  antiseptisebe  Behandlung  ist  freilich  dabei  Conditio 
sine  qua  non.  Villaret. 


Di-’*'---' 


552 


Sir  William  Mac  Cormac.  lieber  den  Baucbschnitt  bei  der  Behandlung 
von  intraperitonealen  Verletznugen.  Volkmann’s  Samml.  klin.  Vortr. 
No.  316. 

ln  der  vorliegenden  Jahres-Festrede  der  Londoner  medizinischen 
Gesellschaft  (18d7)  behandelt  der  Verf.,  dessen  Name  für  die  Würdigung 
des  gewählten  Siofifes  unser  grösstes  Interesse  erweckt,  die  oben  erwähnte 
Operation,  zu  welcher  man  sich  bisher  nur  selten  früh  genug  entschliessen 
konnte,  ln  überzeugender  Weise  und  mit  aller  Macht  redet  er  diesem 
kühnen  Eingriffe  das  Wort,  „welcher,  früh  genug  geübt,  nur  Gutes  leisten 
muss  und  jedenfalls  mehr  Vortheil  bringt  als  Harren  und  Hoffen  auf 
Besserung,  welche  gewöhnlich  nicht  eintritt.'^  Es  erhält  der  Baucbschnitt 
somit  bei  den  oben  genannten  Verletzungen  als  einzig  wirksame  Therapie 
aus  dem  Munde  des  Vortragenden  eine  autoritative  Sanktion,  da  bei  der 
jetzigen  Vervollkommnung  der  Chirurgie  hierdurch  wohl  Rettung,  keinen- 
falls  aber  eine  Vergrössernng  der  trostlosen  Lage  des  Verletzten  zu 
erwarten  ist.  — 

Von  allen  Unterleibsorganeu  werden  die  Därme  am  häufigsten  von 
einer  Verletzung  betroffen,  deshalb  hält  sich  die  Abhandlung  vorzugsweise 
an  die  Besprechung  der  Darmverletzungen , während  diejenigen  der 
anderen  Unterleihsorgane  nur  nebenbei  eine  kurze  Erwähnung  finden. 
Sie  beginnt  mit  den  „Schnitt-  und  Stichwunden  der  Bauebwand 
mit  Verletzung  namentlich  der  dünnen  Därme.  Messerstiche 
und  Dolchstösse  bei  Schlägereien  geben  hierzu  die  häufigste  Veranlassung. 
Selten  prolabirt  hierbei  gleichzeitig  das  verletzte  Eingeweide,  wodurch 
die  Diagnose  sofort  gestellt  sein  würde,  und  dennoch  hängt  bei  dieseu 
Verletzungen  Alles  von  der  möglichst  schnellen  Diagnose  ab.  C.  räth 
zunächst  durch  den  ausgiebigsten  Gebrauch  der  Sonde,  nöthigenfalls 
nach  gehöriger  Erweiterung  der  Wunde,  festznstellen,  ob  überhaupt  die 
Bauchwand  durchbohrt  ist.  Sobald  man  weiterhin  unter  gleichzeitiger 
W'ürdigung  sonstiger  Anhaltspunkte,  wie  Meteorismus,  Emphysem  der 
Wundumgebuug , stärkerer  Blutung,  als  wie  sie  durch  die  Bauchwunde 
allein  erklärlich  ist,  u.  A.,  die  Ueberzeugnng  gewonnen  hat,  dass  eio 
Darm  verletzt  ist,  dann  soll  sofort  der  Baucbschnitt  vorgenoromen  uod 
hierauf  die  Durmnaht  auf  das  Sorgfältigste  ausgeführt  werden.  Die 
Anlegung  eines  künstlichen  Afters  allein  würde  .einen  Heilungszweck 
nicht  erfüllen,  da  ‘J9  mal  unter  100  Fällen  bereits  Darminhalt  iu  die 
Bauchhöhle  eingedrungen,  und  somit  der  Tod  meist  schon  nach  Stunden 
mit  grosser  Sicherheit  zu  erwarten  steht.  Selbst  die  allcrkleiusten 
Darmverletzungen  müssen  sorgfältig  genäht  werden,  da  sonst  auch  hier 
Kotbaustritt  erfolgen  würde.  Früher  wurden  solche  unter  ’/* 
Durchmesser  wohl  als  unschädlich  bezeichnet.  — Die  Ausführung  der 
Darmuaht  wird  genau  beschrieben  und  durch  beigegebene  Abbildungen 
und  mehrere  von  Anderson  gegebene  anatomisebe  Bemerknngen  bezüg- 
lich des  Verhaltens  der  Serosa  in  der  Gegend  der  Mesenterialinsertion, 
sowie  der  Dicke  der  Muskularis  bei  den  einzelnen  Darmabsebuitten 
erläutert.  Es  wird  nemlich  am  Gekrösrande  des  Darms  durch  das  Aus- 
einanderweichen der  beiden  GekrÖsblätter  ein  dreieckiger  mit  Zellgewebe 
und  Blutgefässen  ausgefüllter  Raum  gebildet,  an  dessen  Basis  die  Darm- 
wand selbst  keinen  serösen  Ueberzug  hat.  Dieser  Zwischenraum  bat 
beim  Krumm-  und  Leerdarm  eine  Breite  von  etwa  '/<  Zoll.  Die  Musku- 
laris verliert  in  der  Richtung  nach  abwärts  um  '/»  bis  '/»  ihrer  Dicke, 


•V 


553 


weshalb  aach  die  Schwierigkeit  und  die  Gefahr  der  Naht  vom  Magen 
nach  abwärts  wächst,  — Zur  erfolgreichen  Anlegung  der  bereits  1H26 
von  Lembert  angegebenen  Darmnaht  gehören  drei  Bedingungen. 
Erstens  müssen  die  serösen  Flächen  in  gleicher  Breite  aneinander  gelegt 
werden,  zweitens  darf  die  Schleimhaut  des  Darms  nicht  mitgefasst  werden, 
und  endlich  muss  die  Operation  so  schnell  wie  möglich  beendet  werden. 
Bei  kleineren  Schnittwunden  wird  die  niässig  gekrümmte  Nadel 
1 bis  2 Linien,  bei  gequetschten  Wundrändern  bis  3'/j  Linien  vom 
Rande  ein-  resp.  herausgeführt  werden.  Bei  Längswunden  sollen  ferner 
einige  Nähte  noch  über  die  W'uudwinkel  hinaus  angelegt  werden.  Die 
Zahl  der  Nähte  soll  sehr  reichlich  sein,  aber  die  Fäden  (feine  karboli- 
sirte  Seide)  dürfen,  um  Gangrän  zu  vermeiden,  nicht  zu  stark  angezogen 
werden.  Sie  werden  sodann  kurz  abgeschnitten  und  versenkt.  Die 
genaueste  Reinigung  der  Bauchhöhle  (mit  3Yo  Borlösung  [38°  C.])  und 
der  Verschluss  der  Wunde  bilden  das  Ende  der  Operation.  — 2.  Die 
Schusswunden  des  Darmes  kommen  wegen  ihrer  enormen  Mortalität 
nur  wenig  zu  weiterer  ärztlicher  Behandlung.  Am  häufigsten  findet 
sich  der  Krummdarm  und  dann  meist  mehrfach  von  der  Kugel  durch- 
bohrt. Die  Erweiterung  der  Eingangsnifnung  stellt  auch  hier  in  zweifel- 
haften Fällen  zunächst  die  Thatsacbe  der  Perforation  der  Bauebwand 
fest.  Meist  sind  es  erhebliche  Blutungen,  welche  io  Verbindung  mit  dem 
Schock  zur  baldigsten  Todesursache  werden.  Kotbaustritt  erfolgt  selten 
nach  aussen,  sondern  fast  immer  in  die  Peritonealhöhle,  da  die  Darm- 
schleimhaut, entgegen  der  bisherigen  Anschauung,  nicht  einmal  das 
Loch  des  kleinsten  Projektils  zu  verstopfen  im  Stande  ist.  Die  Blutungen 
stammen  häufig  nur  aus  kleinen  Gefässen,  und  kommen  vielfach  zum 
Stehen,  sobald  durch  den  Bauchschnitt  die  Luft  ausgiebig  freien  Zutritt 
hat  und  Gerinnung  bervorruft.  Grössere  Gefässverletzungen  können 
sofort  geschlossen  werden.  Schon  ans  diesem  Grunde  liegt  in  der 
Bauchschnittoperation  der  einzig  sichere  Weg  zur  Erhaltung  oder  Ver- 
längerung des  Lebens.  „Jedenfalls  wird  der  Verletzte  hierdurch  io  eine 
weniger  ernste  Lage  gebracht,  als  wenn  man  lediglich  auf  die  Annahme 
hin,  dass  möglicherweise  die  Kugel  die  Unterleibsböble  nur  einfach 
durchquert  habe,  ihn  den  tödlichen  Gefahren  aussetzt,  welche  eine  Ver- 
letzung des  Darms  oder  seiner  Gelässe  mit  sich  bringt.“  — Die  Operation 
selbst  kann  nicht  auf  dem  Scblachtfelde,  sondern  nur  nach  schleunigstem 
Transport  iro  nächstliegenden  Feldlazaretb  ausgefübrt  werden,  dort  aber 
sofort.  Der  Einschnitt  in  der  Mittellinie  muss  lang  genug  sein,  um  eine 
Uebersicht  über  die  ganze  Bauchhöhle  zu  gewähren  und  um  die  Hand 
des  Operateurs  zuzulassen.  Mau  lässt  die  sämmtlichen  Darmtheile  genau 
vom  Coecum  aus  nach  dem  Magen  bin  durch  d>e  Finger  gleiten.  Alle 
blutenden  Gefässe  werden  unterbunden,  die  Gerinnsel  entfernt,  und  die 
vorgezogenen  Eingeweide  durch  warme  Verbandstoffe  geschützt.  Liegen 
mehrere  Darmwuuden  nebeneinander,  so  wird  die  ganze  Stelle  nach 
Ablösung  vom  Gekröse  und  Gefässunterbinduug  herausgeschnitten. 

Kotiiaustritt  wird  am  besten  durch  Zusamme.ndrücken  des  Lumens 
mit  den  Fingern  vermieden.  Die  hervorgewölbte  Darmschleimbaut  bleibt 
erhalten.  Am  besten  beginnt  man  unter  Berücksichtigung  der  oben 
gegebenen  anatomischen  Bemerkungen  mit  etwa  drei  Nähten  am  Gekrös- 
rande,  die  vierte  am  entgegengesetzten,  die  fünfte  und  sechste  seitlich  in 
der  Mitte  und  die  folgenden  in  den  verbliebenen  Zwischenräumen.  Wird 
ein  grösserer  Darmtheil  fortgeuommen,  so  ist  es  rathsam,  die  beiden 


jOOgle 


564 


Schnittflächen  der  Enden  schräf;  £u  legen,  so  dass  der  Verlast  nach  dem 
Oekrösrande  weniger  beträgt  als  nach  dem  freien  Rande  za.  — Die 
Dickdarm  wanden  sind  weniger  gefahrdrohend,  diejenigen  des  auf-  and 
absteigenden  weniger  als  die  des  queren  Tbeils.  Erstere  eignen  sich 
weniger  für  die  Darmnaht  als  wie  für  die  Anlegung  einer  Kolhfistel, 
welche  später  mechanisch  zu  scbliessen  sein  würde.  Magenwunden  der 
vorderen  Fläche  sind  wiederholt  mit  gutem  Erfolge  genäht  worden. 
Die  übrigen  Unterleibsorgane  werden  nur  kurz  besprochen,  ohne  dass 
wesentlich  Neues  erwähnt  wird. 

3.  Subkutane  Darmverletzungen  haben  keine  direkt  beweisenden 
Symptome,  and  beruht  in  diesem  Mangel  die  grosse  Schwierigkeit,  eine 
Indikation  für  die  Ausführung  des  Bauchschnittes  zu  finden.  Von  der 
grössten  Bedeutung  bleibt  das  ätiologische  Moment,  die  Wucht  der  ein- 
wirkenden  Ursache,  ferner  ein  tiefer  langdauernder  Schock,  die 
Beschaffenheit  des  Pulses,  der  plötzlich  auftretende,  auf  Druck  gesteigerte 
Schmerz  zu  einer  Zeit,  wo  an  eine  Bauchfellentzündung  noch  nicht 
gedacht  werden  kann.  Auch  hier  findet  sich  am  häufigsten  der  Dünn- 
darm zerrissen,  gewöhnlich  dicht  hinter  der  getroffenen  Stelle  der  Bauch- 
wand. Da  bisher  bei  abwartender  Behandlung  die  Mortalität  zu  mehr 
als  96%  berechnet  ist,  so  dürfte  dieselbe  bei  Ausführung  des  Baucbschnitts 
mindestens  nicht  grösser  sein.  Selbst  durch  den  Versuchsbauchschnitt 
wird  der  Zustand  nicht  verschlechtert,  dagegen  die  Heilnngschancen  etwa 
nach  erfolgreicher  Blutstillung  und  Entfernung  des  verletzten  Stückes 
erheblich  grösser.  Die  Operation  wird  in  derselben  Weise  wie  bei  deu 
offenen  Verletznngeu  ausgeiübrt.  — 

An  diese  Erörterungen  werden  von  dem  üebersetzer  (Dr.  Tbamhayn) 
in  den  Vortrag  zwei  Fälle  von  subkutanen  Blasenzerreissungen  ein- 
geschaltet, welche  von  demselben  Verfasser  in  der  Lancet  vom  II.  De- 
zember 1886  ausführlich  geschildert  sind.  Beide  Male  waren  es  intra- 
peritoneale Blasenruptnren,  welche  nach  Eröffnung  der  Bauchhöhle  durch 
12  bis  16  feine  seidene  Lembert'scbe  Nähte  geschlossen  wurden  und  mit 
völliger  Genesung  endeten.  Die  sorgfältigste  Ansführung  der  Nähte 
durch  das  seröse  und  Muskellagcr  mit  absoluter  Vermeidung  der  Blasen- 
scbleimhant  wird  auch  hier  betont.  — C.  schliesst  seine  bedentsameo 
Erörterungen  mit  der  Erklärung,  dass  die  Vorwärtsbewegung  auf  dem 
besprochenen  Gebiete  hauptsächlich  den  Militärärzten  zu  danken  sei, 
denen  er  seine  Anerkennung  nicht  versagt.  — Es  folgt  sodann  auf 
mehreren  Tafeln  eine  höchst  interessante  tabellarische  Zusammenstellung 
derjenigen  Fälle,  im  Ganzen  79,  in  welchen  bei  Organverletzungen  inner- 
halb des  Baachfellüberzuges  der  Baucbschnitt  gemacht  wurde,  und  zwar 
I.  bei  penetrirenden  Stichwunden  18  Fälle,  10  mit  günstigem,  8 mit 
tödtlichem  Ausgange.  II.  bei  penetrirenden  Schusswunden  32  Fälle,  hier- 
von 7 günstig,  24  tödtlich,  I zweifelhaft  verlaufen.  III.  16  Fälle  von 
intraperitonealen  Blasen  Verletzungen,  und  zwar  6 geheilt,  10  gestorben. 
IV.  bei  subcutanen  Verletzungen  innerhalb  des  Unterleibs  13  Fälle,  welche 
sämmtlich  einen  ungünstigen  Verlauf  genommen  haben.  — Von  den  dem 
Original  beigegebenen  79  Abbildungen  sind  der  Uebersetzung  10  beigefügL 

Edler. 


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555 


Diagnostik  der  inneren  Krankheiten  auf  Grund  der  heutigen 
Untersuchungsmethoden.  Ein  Lehrbuch  für  Aerzte  und  Studireude 
von  Dr.  Oswald  Vierordt,  Privatdozent  an  der  Universität  Leipzig. 
Leipzig,  Verlag  von  F.  C.  W,  Vogel.  1888.  Preis  10  Mark. 

Mit  Erfolg  hat  sich  der  Verf.  bemüht,  in  seinem  Buche  nicht  nur 
eine  Schilderung  der  feineren  Untersuchungsmethoden  zu  geben,  sondern 
vor  allem  eine  gründliche  und  klare  Besprechung  derjenigen  Symptome 
za  erbringen,  welche  wir  ohne  Hülfsmitlel  durch  den  einfachen  Gebrauch 
unserer  Sinne  wahrzunehmen  vermögen.  Nicht  minder  anerkennenswerth 
ist  sein  Bestreben,  bei  der  Diagnose  nie  einzelne  Kraukbeitszeichen, 
sondern  stets  den  ganzen  Organismus  in  das  Auge  zu  fassen.  Das  bei 
Besprechung  der  an  einzelnen  Organen  bervortretenden  Erscheinungen 
häufige  Hinweisen  auf  ähnliche  oder  gleichzeitig  auftretende  Symptome, 
welche  in  anderen  Kapiteln  beschrieben  werden  mussten,  bewahrt  dem 
Leser,  weit  davon  entfernt,  Verwirrung  anzurichten,  beständig  die  all- 
gemeine Uebersicht  und  schärft  das  Kombinationsvermögen  des  An- 
fängers. — Trotz  seiner  Knappheit  im  Ausdruck,  seiner  Kürze  in  der 
Darstellung  hat  es  der  Verf.  erreicht,  nicht  in  den  trockenen  Ton  eines 
Repetitionsbuches  zu  verfallen,  sondern  stets  das  Interesse  seines  Lesers 
zu  fesseln. 

Während  in  den  einleitenden  Bemerkungen  über  die  Anamnese  mit 
Recht  die  Nothwendigkeit  für  den  Anfänger  her  vorgehoben  wird,  sich  in 
genauester  Weise  nicht  nur  über  die  Entstehung  der  vorliegenden  Krank- 
heit, sondern  auch  über  die  Vorgeschichte  des  Kranken  zu  unterrichten, 
ist  der  über  jene  handelnde  Theil  hier  etwas  kurz  gefasst,  wohl  in  der 
Voraussetzung,  dass  erst  die  zunehmende  Kenntniss  der  Krankheiten  dem 
Lernenden  die  richtige  Fragestellung  ermöglichen  werde. 

Die  Krankennntersuebung  selbst  wird  in  einem  allgemeinen  und 
einem  speziellen  Theil  geschildert.  Der  erstere  beschäftigt  sich  mit  dem 
Myebiseben  Verhalten  des  Kranken,  der  Bettlage,  dem  Körperbau,  dem 
Ernährungszustand,  der  Haut-  und  der  Körpertemperatur.  Bei  Besprechung 
der  auf  der  Haut  anftretenden  Erscheinungen  durfte  ein  genaueres  Ein- 
gehen auf  die  Arten  der  Exantheme,  insbesondere  auf  deren  leichte 
Verwechselung  mit  den  Folgen  von  Arzneimitteln,  Insektenstichen  und 
dergl.  wohl  am  Platze  gewesen  sein.  In  dem  Abschnitt:  „Subnormale 
Temperaturen fand  die  Herabsetzung  der  Körperwärme  bei  Alkohol- 
Vergiftung  keine  Erwähnung. 

Der  spezielle  Theil  beginnt  mit  dem  Kapitel  über  die  Untersuchung 
des  Rospirationsapparates.  Bemerkenswerth  ist  hier  die  hohe  Bedeutung, 
welche  der  Verf.  der  Grösse  des  epigastrischen  Winkels  zur  Klärung  des 
Verständnisses  der  einzelnen  Thorax-Formen  verleiht.  Besondere  Aner- 
kennung verdient  die  dringende  Empfehlung  einer  möglichst  grossen 
Vereinfachung  in  den  Bezeichnungen  verschiedener  Abstufungen  des 
gedämpften  Pcrkussionsscballs.  Dagegen  hätten  bei  Besprechung  der 
Probepunktion  des  Thorax  die  antiseptischen  Vorsichtsmaassregeln  vor 
deren  Ausführung  genauer  angegeben  werden  können.  Vorzüglich  ist  die 
kurze  Darstellung  der  Untersuchung  des  Sputums. 

Der  nächste,  vom  Zirkulationsapparat  bandelnde  Abschnitt  bringt 
unter  anderem  eine  durch  Klarheit  und  Uebersicbtlicbkeit  ausgezeichnete 
Schilderung  der  Symptome  bei  Klappenfehlern.  In  beachtenswerther 
Weise  ist  hier  die  Verschiedenheit  des  Pulses  für  die  Diiferentialdiagnose 


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verwcrthet  (Seite  210).  — Etwas  knapp  erscheint  die  Besprechung  der 
Fiebergeräusche  am  Herzen  (Seite  190),  wenn  man  bedenkt,  wie  oft 
dieselben,  namentlich  beim  akuten  Gelenkrheumatismus,  gar  nicht 
hestehende  Klappenfehler  Vortäuschen. 

In  den  beiden  folgenden  Kapiteln,  welche  die  Untersuchung  des 
Verdanuugs-  und  Harnapparates  enthalten,  haben  eingehende  und  leicht 
fassliche  Darstellungen  der  neuesten  Resultate  chemischer  und  mikro- 
skopischer Beobachtung  Aufnahme  gefunden.  Leider  finden  sich  über 
die  Verschiedenheiten  der  Exsudate,  Ecliinokokkusflüssigkeit  u.  s.  w.  iu 
chemischer  Beziehung  nur  einige  kurze  Bemerkungen  bei  Besprechuug 
der  Probepunktion  der  Pleura. 

Besonders  hervorgehoben  zu  werden  verdient  der  sich  mit  dem 
Nervensystem  beschäftigende  Abschnitt  des  Lehrbuches.  Wir  finden  hier 
ausführliche  Beschreibungen  aller  einschlägigen  Untersuchung>methoden 
und  ihrer  Erfolge  unter  beständiger  Berücksichtigung  der  anatomischen 
Verhältnisse. 

Im  Anhang  giebt  der  Verf.  eine  Anleitung  zur  Spiegeluntcrsuchung 
des  Kehlkopfs  und  eine  Uebersicht  über  Augenspiegelbefunde  bei  inneren 
Krankheiten. 

Das  Lehrbuch  ist  durch  15G  Abbildungen  zweckmässig  ausgestattet 
Unter  diesen  sind  namentlich  die  Zeichnungen  der  Eingeweidelage  nach 
Weil-Lus ch ka,  die  Henle’schen  Darstellungen  der  Sensibilitätsgebiete 
einzelner  Nerven  und  die  elektrischen  Reizpunkte  nach  Erb  belehrend 
und  von  Nutzen  für  das  Verständniss. 

Das  handliche,  nicht  zu  umfangreiche  Buch  (542  Seiten)  dürfte  nicht 
nur  dem  Studirenden  als  werthvolle  Hülfe  beim  Lernen,  sondern  auch 
dem  praktischen  Arzt  als  interessante  und  anregende  Lektüre  za 
empfehlen  sein. 

Kühler  (Berlin.) 


Der  antiseptische  Werth  der  Silberlösungen  und  Behandlung 
von  Milzbrand  durch  Silberlösungcn.  V'on  Stabsarzt  Dr.  Behring. 
Separatabdruck  aus  der  Deutschen  Medizinischen  Wochenschrift.  1887. 
No.  37  und  38.  Berlin  und  Leipzig.  Verlag  von  Georg  Thieme. 
1887. 

Bei  Versuchen  mit  Pentamethylendiamin  bemerkte  Verf.,  dass  die 
entwicklungshemmenden  und  bakterientödtenden  Eigenschaften  dieses 
Präparates  ausschliesslich  auf  Rechnung  der  darin  gelösten  Silber- 
verbindung (Silberoxyd)  zu  setzen  waren.  Vergleichende  Versuche 
mit  Lösungen  jenes  Körpers,  sowie  von  Silbernitrat  und  Sublimat  zu- 
nächst an  Nährlösungen,  unter  denen  sich  am  besten  flüssiges  Rlul- 
serum  eignete,  ergaben,  dass  die  Silberlösungen  vom  Sublimat  ülierall  da 
bedeutend  übertroffen  werden,  wo  wir  es  mit  reichlichem  Chlorgehalt  zu 
thun  haben,  ferner  da,  wo  Oberflächen  zu  desiufiziren  sind,  uid  iu 
Flüssigkeiten  von  geringem  Eiweissgehalt,  während  überall  da,  wo  wir 
es  mit  dem  Blute  selbst  oder  mit  Flüssigkeiten  zu  thun  haben,  die  den 
Blute  in  ihrer  Zusammensetzung  mehr  ähnlich  sind,  als  künstliche 
Nährlösungen,  das  Silber  in  seinen  Lösungen  unter  allen  bisher 
geprüften  nntiseptiseben  Mitteln  das  leistungsfähigste  ist  und  etwa 
5 mal  mehr  leistet  als  Quecksilberchlorid.  Da  es  Verf.  bei  Versuchen 


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an  mit  Milzbrand  vergifteten  Tbieren  ‘2  mal  gelang,  dorcli  Einfübrang 
genügend  grosser  Mengen  Silbers  (‘2 — 3 Tage  lang  in  einer  Konzentration 
von  1:15  0CK))  in  die  Blotbahn,  die  Milzbrandbazillen  za  tödten  and  die 
Thiere  am  Leben  za  erhalten,  so  glaabt  er,  entgegen  der  Ansicht,  eine 
Antisepsis  im  lebenden  Körper  sei  bis  jetzt  noch  unaasführbar,  den 
Nachweis  geführt  za  haben,  dass  eine  so  sicher  bazilläre  Infektions- 
krankheit wie  der  Milzbrand  doch  durch  ein  chemisches  Agens  günstig 
beeinflusst  werden  kann  und  zwar  ausschliesslich  durch  direkte  Ein- 
wirkung auf  die  Krankheitserreger,  sowie  gezeigt  zu  haben,  dass  anti- 
parasitäre Mittel  im  lebenden  Oiganismus  dieselbe  Wirkung  ausüben, 
wie  aussrrhalb,  so  dass  man  Voraussagen  kann,  welche  Mengen  des 
Mittels  nothwendig  einverleibt  werden  müssen,  um  eine  antibakterielle 
Wirkung  auszuüben.  Wenn  er  auch  für  die  allgemeine  Milzbrand- 
infektion  davon  keine  praktisch  verwerthbaren  Resultate  erwartet,  da  die 
erforderlichen  Silbermengen  meist  eine  dauernde  Schädigung  oder  Ver- 
nichtung des  Organismus  herbeiführen  werden,  so  zeigt  er,  dass  doch 
lokale  durch  Mikroorganismen  bedingte  Erkrankungen  günstig  beeinflusst 
werden  können.  Zum  Beweise  führt  er  mehrere  Fälle  von  auffallend 
schneller  Heilung  frischer  Tripper  durch  Anwendung  starkverdünnter 
alkalischer  Silberlösungen  an  und  glaubt  auch  die  Rachendiphtherie  als 
weiteres  geeignetes  Augriffsobjekt  empfehlen  zu  können. 

Rb. 


Klin.  Beitr.  zur  Lehre  von  der  Innervation  der  Blase,  des 
Mastdarms  und  der  Geschlecbtsfnnktion  (beim  Manne)  von 
Prof.  Dr.  M.  Bernhardt.  (Berl.  klin.  Wocbenschr.  1888,  No.  32). 

Verf.  theilt  den  von  ihm  beobachteten  Verlauf  der  Krankheit  eines 
Maurers  mit,  bei  welchem  sich  unmittelbar  nach  einem  Sturz  auf  das 
Gesäss  Harnverhaltung,  iucoutiuentia  alvi  und  absolute  Anaestbesie  der 
Haut  an  der  inneren  Seite  der  Hinterbacken,  an  der  Hinterfläche  der 
beiden  oberen  Drittel  der  Oberschenkel,  am  Damm,  am  Hodeusack  und 
am  ganzen  Penis  eingestellt  hatten.  Am  ganzen  übrigen  Körper,  ins- 
besondere in  der  Regio  snprapubica  nnd  an  den  übrigen  Stellen  der  Ober- 
schenkel blieb  das  Gefühl  erhalten.  Dagegen  wurde  gleich  nach  dem 
Fall,  besonders  bei  aufrechter  Körperhaltung,  über  Schmerzen  in  der  Gegend 
vom  7.  bis  12.  Rückenwirbel  geklagt,  welche  jedoch  allmählich  abnahmen 
und  schliesslich  ganz  verscbwaiideu.  Erectio,  inimissio  penis  und  ejaculatio 
seminis  waren  möglich;  doch  blieb  der  secernirte  Samen  in  der  Harn- 
röhre zurück  und  floss  erst  post  cohabitationem  langsam  nnd  tropfenweise 
ab.  Die  Reflexe,  speziell  der  Cremaster-Reflex,  blieben  erhalten.  — 

Es  war  somit  das  Innervationsgebiet  des  plex.  pudend.,  des  plex. 
coccyg.  und  des  mit  dem  Nerv,  perin.  vom  plex.  pudend.  anastoraosirenden 
Nerv,  cutan.  femor.  post,  durch  das  Trauma  betroffen. 

Nach  Anführung  ähnlicher  von  Thorbarn,  Kirebhoff,  Westphal 
und  Rosenthal  mitgetbeilter  Fälle  kommt  Verf.  auf  Grund  seiner 
Beobachtung  zu  dem  Schlüsse,  „dass  die  Blasenmustdarmfunktion  ab- 
hängig zu  machen  ist  von  der  normalen  Beschaffenheit  des  untersten, 
unterhalb  der  Lendeuanschwellung  gelegenen  Rückenmarksabschnittes 
und  der  aus  ihm  ihren  Ursprung  nehmenden  Nerven,  dass  eine  isolirte 


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Erkrankung  dieses  Nervengebietes  (ohne  den  Sachverhalt  verdunkelnde 
Begleiterscheinungen  in  Folge  eines  Traumas)  möglich  ist,  dass  die  dem 
Erektions-  und  Ejakulatioosakt  dienenden  Nervenbahnen  noch  gesondert 
von  denen  verlaufen,  welche  die  Blasen-  und  Mastdarmfunktion  beherrschen, 
endlich,  dass  Potentia  und  Libido  coeundi  bestehen  und  doch  wegen 
Lähmung  der  austreibenden  Kräfte  eine  Impotentia  generandi  vorhanden 
sein  kann.** 

Kühler  (Berlin). 


üeber  die  praktische  Verwendbarkeit  des  Haemometers  von 
V.  Fleischl.  Von  Dr.  LudwigWick,  k.  k.  Regimentsarzt.  Separat- 
Abdruck  ans  der  Allgemeinen  Wiener  mediz.  Zeitung.  1887.  No.  21, 
22  und  23. 

Verf.  will  durch  seine  Schrift  auch  die  Militärärzte  zu  Cntersnchnngen 
mit  jenem  Instrument  bei  gesunden  und  kranken  Soldaten  anregen  und 
hofft,  dass  sich  dadurch  nicht  nur  die  Feststellung  einer  gewissen  Norm 
des  Haemoglobingehaltes  eines  gesunden  Menschen  in  verschiedenen 
Altersstufen  werde  gewinnen  lassen,  sondern  auch  eine  Grenze,  unter  der 
entweder  schon  entschieden  Krankheit  besteht  oder  doch  gewisse 
Funktionsstörungen  als  Folge  des  geringen  Haemoglobingehaltes.  Er 
betont  dabei  noch,  von  wie  grossem  Werthe  es  wäre,  wenn  jenes 
Instrument  sich  als  ein  verlässliches  Mittel  zur  Prüfung  so  komplizirter 
Verhältnisse,  wie  Konstitution  und  Dienstßhigkeit,  erweisen  würde. 

(Separat -Abdruck  aus  den  Medizinischen  Jahrbüchern.  Nene  Folge 
Jahrgang  1887.)  Rb. 


Nittheilangen. 


I.  Ueber  die  habituelle  Hyperhidrosis  pedum.  Eine  hygienische 
Skizze  von  Dr.  J.  V.  Brandau,  prakt.  Arzt  in  Lichtenan,  Reg.-ßez. 
Kassel.  Sonderabdruck  aus  , Deutsche  Medizinal  - Zeitung*'  1886 
No.  68/69.  Berlin  1888.  Verlag  von  Eugen  Grosser. 

II.  Ueber  den  Zusammenhang  des  Asthmas  mit  der  habituellen 
Hyperhidrosis  pedum.  Von  Dr.  J.  V.  Brandau,  prakt.  Arzt  in 
Lichtenan  etc.  Deutsche  Medizinal-Zeitnng  1887  No.  69. 

Die  Veranlassung  zu  den  vorliegenden  Arbeiten  gaben  Versuche, 
welche  der  Verf.  mit  den  verschiedensten  bekannten  Mitteln  zur  Be- 
seitigung seiner  eigenen  Hyperhidrosis  pedam  angestellt  bat.  Er  glaubt 
ein  wirksames  Mittel  io  seinem  „Liquor  antibidrorhoicus*',  einem  in 
überschüssiger  Salzsäure  gelösten  gechlorten  Aether,  gefunden  zu  haben. 
Die  Erfolge,  welche  er  mit  der  etwas  umständlichen  Anwendung  dieses 
Mittels  theils  an  sich,  theils  an  Patienten  seiner  Praxis  und  der 
medizinischen  Klinik  zn  Halle  erreichte,  veranlassten  Herrn  cand. 


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med.  Spener,  weitere  Versocbe  damit  anzustellen,  deren  Resultat  er  in 
seiner  Dissertation  „Die  habituelle,  lokale  Hyperhidrosis,  ihre  Folgen  und 
ihre  Behandlung“  niedergelegt  hat.  In  den  von  Spener  mitgetbeilten 
14  Fällen  trat  tbeils  bedenteude  Besserung,  theils  vollkommene  Heilung 
des  Leidens  ein.  Vorzügliche  Resultate  hat  auch  Herr  Dr.  Stohmann 
mit  dem  Liquor  sowohl  an  sich,  als  an  drei  Patienten  seiner  Praxis  erreicht. 
(Deutsche  Medizinal-Zeitnng  1887  No.  87.  S.  989.) 

Brandau  will  nun  nach  der  Beseitigung  der  Hyperhidrosis  auch 
andere  Krankbeitserscbeinungen  haben  schwinden  sehen  und  sucht  daher 
in  seinen  Arbeiten  eine  Erklärung  hierfür  zu  geben.  So  soll  die  durch 
die  fortwährende  Verdunstung  des  im  Uebermaasse  secernirten  Schweisses 
hervorgerufene  Abkühlung  des  Körpers  die  Ursache  von  Schüttelfrösten, 
Rheumatismen,  Neurosen  und  Katarrhen  sein.  Chronische  Rhinitis  und 
Pharyngitis  hat  Brandau  nach  Beseitigung  von  Hyperhidrosis  wiederholt 
schnell  verschwinden  sehen,  ja,  er  führt  in  seiner  zweiten  Arbeit 
drei  Fälle  an.  in  welchen  nicht  nur  diese  katarrhalischen  Erscheinungen 
durch  die  Heilung  der  Hyperhidrosis  zurückgingen,  sondern  auch 
asthmatische  Anfälle  ausblieben,  welche  anscheinend  reflektorisch  durch 
den  Nasenkatarrh  bervorgerufen  worden  waren. 

Die  durch  den  Reiz  der  Verdunstungskälte  vermittelte  Gefäss- 
kontraktion  soll  Migräne-Anfälle  bewirken. 

Endlich  will  Verf.  durch  Heilung  der  Hyperhidrosis  chlorotische 
Erscheinungen  beseitigt  haben,  ohne  jedoch  vor  der  Hand  eine  Erklärung 
hierfür  zu  finden. 

Die  von  vielen  Aerzten  gefürchteten  schädlichen  Folgen  einer 
Heilung  der  Hyperhidrosis  pedum  will  Brandau  niemals  beobachtet 
haben. 


Kalender  für  1889. 

1.  Dr.  Paul  Börner's  Reichs-Medizinal-Kalender  für  Deutschland 
auf  das  Jahr  1889.  — Herausgegeben  vom  Sanitätsrath  Dr.  S.  Gntt- 
mann,  Verlag  von  Georg  Thieme^  Leipzig. 

Erschienen  ist  der  I.  Theil:  Geschäftliches  Taschenbuch  mit 
seinem  bekannten  reichhaltigen  Inhalte  und  zwei  Beiheften,  deren  eines 
(.56  Seiten)  als  neu  die  üblichen  diätetischen  und  physikalisch-mechanischen 
Heilmethoden  (S.  R.  Dr.  Blaschko),  die  neueren  Methoden  der  Diagnostik 
and  Therapie  der  Magenkrankheiten  (Dr.  J.  Boas),  endlich  therapeutische 
Notizen  aus  Dr.  Lassar’s  Klinik  für  Hautkrankheit  und  Syphilis  bringt, 
während  das  andere:  „Kurzgefasste  Essays  über  wichtige  Kapitel  ans 
der  medizinischen  Praxis“  (122  S.*)  die  meisten  der  von  früher  her  schon 
wohlbekannten,  geschätzten  Aufsätze  enthält. 

Der  Supplementband  (38  Bogen  stark,  käuflich  für  die  Abnehmer 
des  Kalenders  zum  Vorzugspreise  von  5 Rm.)  wird  demnächst  in  gewohnter 
Weise  erscheinen. 


*)  Für  sich  allein  zum  Preise  von  80  Pf. 


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SCO 


3.  Medizinal  - Kalender  für  den  Frenssischen  Staat  anf  das 
Jahr  1889.  Mit  Genehmignnjij  Sr.  Excellenz  des  Herrn  Ministers  der 
geistlichen,  Unterrichts-  und  Medizinal -Angelegenheiten  und  mit  Be- 
nutzung der  Ministcrial-Akten.  Verlag  von  Aug.  Ilirscbwald. 

Erste  Abtheilung:  Geschäfts-Kalender — Ileilapparat;  Verordnungs- 
lehre — diagnostisches  Nachschlagebuch  — von  Dr.  A.  Wernich,  Reg.- 
und  Medizinal-Rath  in  Köslin. 

Zweite  Abtheilung:  Verfügungen  und  Personalien  des  Civil-  und 
Militär-Medizinal-Wesens  in  Preussen  und  in  sämmtlichen  weiteren 
deutschen  Staaten  mit  alphabetischem  Namen- Register. 

Anordnung  des  reichen  Inhaltes  wie  früher. 

Als  Supplement  zu  dem  ermässigten  Preise  von  M.  I,b0  ist  ange- 
kündigt: Wernich,  Zusammenstellung  der  gültigen  Medizinalgesetze 
Preussens.  Mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  Reicbsgesetzgebung. 

3.  Taschen-Kalender  (1889  II.  Jahrgang)  für  die  Aerzte  des 
Deutschen  Reiches.  Herausgegeben  von  Lorenz,  Prakt.  Arzt 
(Militscb).  Im  Verlage  des  Berliner  Lith.  Instituts  (Julius  Moser,  Pots- 
damerstrasse 110.) 

Das  Tageskalendarium  nimmt  den  weitaus  grössten  Theil  des  kleinen 
Taschen-Kalenders  ein,  es  zeigt  eine  wochenweise  Anordnung,  welche 
in  übersichtlicher  Weise  die  Eintragung  der  ärztlichen  Besuche  und  dergl. 
gestattet.  — 

Angebängt  sind  anf  65  Seiten  in  Kleindruck  mit  Inhalts-Verzeichniss 
zahlreiche  kurze  Bemerkungen  über  die  häufigeren  oder  sofortige  Hülfe 
erfordernden  Krankheiten  etc.  Dosirung  der  Arzneimittel  für  Kinder  etc. 
und  andere  den  praktischen  Arzt  besonders  interessirende  Dinge. 

Das  kleine  Büchlein  kann  und  will  nicht  die  bekannten  Kalender 
grösseren  Formats  ersetzen,  erscheint  jedoch  für  den  täglichen  Gebrauch 
seiner  Handlichkeit,  auch  seiner  Anordnung  wegen  empfehlenswert b. 


T.  Lauer  «Kommers. 

Zur  Feier  des  60jährigen  Militärdienst- Jubiläums  Sr.  Excellenz  des 
Herrn  General-Stabsarztes  der  Armee  Dr.  v.  Lauer,  ihres  hochverehrten 
Direktors,  veranstalten  die  Studirenden  der  MilitärärzUicben  Bildungs- 
anstalten  am  20.  Dezember  d.  J.,  Abends  8 Uhr,  im  grossen  Saale  der 
Philharmonie  einen  Kommers,  bei  welchem  zu  erscheinen  Sc.  Excellenz 
zugesagt  hat. 

Wir  bringen  dies  zur  Kenntniss  unserer  Leser  mit  dem  Bemerken, 
dass  die  Studirenden  sich  ganz  besonders  freuen  würden,  dabei  möglichst 
viele  Sanitätsoffiziere  in  ihrer  Mitte  zu  sehen. 


Gednickt  in  der  KönigL  Hofbaebdmekerei  von  E.  6.  MittlerftSobn,  Berlin  8W.,  Eochstr.  66—70. 


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Amtliches  Beiblatt 

zur 

Deutschen  militärärztlichen  Zeitschrift 

1888.  — Siebzehnter  Jahrgang.  — M 1, 


Kriegsministerium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  1.5.  November  1887. 

Dem  Ccntral-Bureau  wird  auf  das  sehr  gefällige  Schreiben  vom  25.  Oktober  d.  .7. 
ganz  ergebenst'  erwidert,  dass  den  darin  gemachten  Vorschlägen  über  die,  Aus- 
bildung freiwilliger  Krankenpfleger  in  den  Garnison-Lazarethen  um  so  bereitwilliger 
beigcireten  werden  kann,  als  dieselben  im  'Wesentlichen  mit  den  in  dem  diesseitigen 
.Schreiben  vom  22.  April  1886  — No.  535/2  M.  M.  A.  — angedeuteten  Gesichts- 
punkten übereinstimmen. 

Es  wird  demzufolge  Anweisung  ertheilt  werden,  dass  Aushildungskurse  von 
vierteljährlicher  Daper  mit  zweimal  wöchentlich  stattfindendem  zweistündigem 
Unterricht  in  den  Garnison-Lazarethen  zu  Berlin  (Gamison-Lazarelh  No.  1 in  der 
Schanihorststrasse),  Frankfurt  a.O.,  Breslau,  Liegnitz,  Königsberg,  Stettin,  Magdeburg, 
Halle,  Bonn,  Göttingen,  Cassel,  Düsseldorf,  Wesel,  Posen,  Münster,  Hannover  und 
Altona  abgehaltcn  werden  dürfen,  ohne  dass  die  Theilnehmer  in  den  Lazarethen 
wohnen'  oder  daselbst  sonst  verpflegt  werden. 

Marburg,  welches  von  dem  Central-Komite  ebenfalls  namhaft  gemacht  ist, 
kommt  nicht  in  Betracht,  weil  daselbst  ein  eigenes  Gamison-Lazareth  nicht  vor- 
handen ist,  sondern  die  Militärkranken  in  der  Universitätsklinik  Aufnahme  finden. 

Die  Vertreter  der  Genossenschaften,  welche  die  Ausbildung  von  Krankenpflegern 
in  einem  der  genannten  Lazarethe  wünschen,  würden  sich  mit  ihren  Anträgen  an 
den  Korpsgeneralarzt  des  betreffenden  Armeekorps  zu  wenden  haben,  welcher  das 
Weitere  im  Einvernehmen  mit  der  Korp.sintendantur  veranlassen  wird.  Dabei 
würden  dann  auch  entsprechende  Vereinbarungen  über  die  Zeit,  in  welcher  der 
Unterricht  von  den  damit  beauftragten  Sanitätsoffizieren  zu  ertheilen  wäre,  zu 
treffen  sein. 

Die  anszubildenden  Personen  werden  theoretischen  und  praktischen  Unterricht 
im  Krankenpflegedienste  unter  Zugrundelegung  des  Unterrichtsbuches  für  die  frei- 
willige Krankenpflege  erhalten  und  am  Schlüsse  des  Kursus  einer  Prüfung  unter- 
worfen werden. 

Die  in  der  Prüfung  bestandenen  Theilnehmer  würden  zu  Wiederholungskursen, 
wie  schon  früher  erwähnt,  alle  zwei  bis  drei  Jahre  zuzulassen  sein,  sofern  sie  nicht 
etwa  in  der  Zwischenzeit  im  Krankenpflegedienst  bei  Civilkrankenhänsem  u.  s.  v. 
Verwendung  gefunden  und  ausreichende  Unterweisung  erhalten  haben. 

Dem  Kaiserlichen  Kommissar  und  Militär-Inspekteur  der  freiwilligen  Kranken- 
pflege, Fürsten  von  Pless  Durchlaucht  ist  hiervon  gleichzeitig  Kenntniss  ge- 
geben worden. 

An  das  Central-Komite  der  deutschen  Vereine  vom  rothen  Kreuz  hier. 


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2 


Abschrift  hierroD  erhalten  Euer  Hochwohlgeboren  znr  gefälUgen  Kenntnissnalime 
und  mit  dem  Ersuchen,  etwaigen  Gesuchen  der  freiwilligen  Krankenpdege  um 
Ausbildung  von  freiwilligen  Krankenpflegern  in  einem  der  vorgenannten  Gamisun- 
Lazarethe  Folge  geben  zu  wollen. 

Der  Unterricht  ist  je  nach  der  Anzahl  dor  Theilnebmer  von  einem  oder 
mehreren,  von  Euer  Hochwohlgeboren  zu  bestimmenden  Sanitätsofflzieren  zu  den 
mit  der  betreffenden  Genossenschaft  zu  vereinbarenden  Zeiten  in  einem  geeigneten 
Kaume  des  Gamison-Lazareths  unter  Zugrundelegung  des  Unterrichtsbiiches  für  die 
freiwillige  Krankenpflege  (Auszug  aus  dem  Unterrichtsbuche  für  Lazaretbgehülfen) 
abzuhalten. 

Die  erforderlichen  praktischen  Unterweisungen  kOnnen  auf  geeigneten  Kranken- 
zimmern vorgeuommen  und  etwaiges  Unterrichtsmaterial  (Verbandmittel  u.  s.  w.) 
nSthigenfalls  leihweise  aus  der  Verbandmittel-Rescrve  oder  den  Lazarethbeständen 
entnommen  werden. 

Ueber  das  Ergebniss  der  nach  Ablauf  des  ersten  Unterrichtskurses  mit  den 
Theilnehmern  vorzunehmenden  Prüfung  wird  der  näheren  Berichterstattung  Euer  Hoch- 
wohlgeboren ergebenst  entgegengesehen. 

Dem  Königlichen  General-Kommando  ist  vom  V'orstehenden  im  Vortragswege 
Kenntniss  zu  geben  bezw.  der  Korpsintendantur  entsprechende  Mittheilong 
zu  machen. 

V.  Lauer. 

No.  1601/10.  87.  M.  A. 


Kriegsministcrium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  28.  November  1887. 

Es  wird  aus  sanitären  Rücksichten  für  dringend  wünschenswerth  erachtet,  dass 
diejenigen  zinnernen  Gerätlie  im  Lazareth-Haushalt,  für  welche  beim 
Eintritt  der  Unbrauchbarkeit  der  Ersatz  durch  solche  aus  anderem 
Material  (Glas,  Porzellan,  Fayence,  Sanitätsgut,  Zink  u.  s.  w.)  bereits 
allgemein  genehmigt  ist,  baldmöglichst  ausser  Gebrauch  gesetzt 
werden. 

Die  Königliche  Intendantur  wird  demnach  ergebenst  ersucht,  gefälligst  zu 
veranlassen,  dass  von  den  Garnison-Lazarethen  des  dortseitigen  Verwaltungs-Bezirks 
an  Stelle  etwa  noch  vorhandener  derartiger  Gerätbe  aus  Zinn  auch  vor  dem 
Eintritt  ihrer  vollständigen  Unbrauchbarkeit  die  bereits  znr  Ein- 
führung genehmigten  entsprechenden  Stücke  anderen  Materials 
insoweit  beschafft  werden,  als  die  Kosten  der  Ersatziteschaffnngen  ohne 
Inanspruchnahme  besonderer  Mittel  aus  dem  Dispositionsfonds  der  König- 
lichen Intendantur  bestritten  werden  können. 

Die  hiemacb  ausser  Gebrauch  gestellten  Gerätlie  sind  in  der  vortheilhaftesten 
Weise  zu  verwenden. 

Dem  Herrn  Korpsarzt  ist  hiervon  gefälligst  Kenntniss  zu  geben. 

V.  Lauer. 

•So.  481.  10.  87.  M.  A. 


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3 


Kripgsminist^rium.  Berlin,  den  23.  November  1887. 

GerSthe-Ansstattung  derOffizier-Krankenstnben  und  der  Lagerstellen 
für  Portepee-Unteroffiziere  in  den  Garnison-Lazarethen. 

Die  Ausstattnng  der  Offizier  - Krankenstuben  und  der  Lagerstellen  für  kranke 
Portepee-Unteroffiziere  in  den  Garnison-Lazarethen  ist  durch  Gewährung  der  in  der 
nachfolgenden  Nachweisnng  aufgeführten  Geräthe  zu  vervollständigen  bz.  zu  ver- 
bessern. 

Als  Portepee-Unteroffiziere  im  Sinne  dieser  Verfügung  sind  die  in  der  Nach- 
weisnng unter  II  aufgeführten  Chargen  zu  verstehen. 

Die  Königlichen  Korps-Intendanturen  haben  das  Erforderliche  wegen  Ergänzung 
der  bezeichneten  Geräthe-Ausstattung  nach  Lage  ihres  bezüglichen  Dispositionsfonds 
zu  veranlassen. 

Da  besondere  Zuschüsse  diescrhalb  nicht  gewährt  werden  können,  sind  die 
Besebaflungen  nöthigenfalls  auf  mehrere  Jahre  in  der  Weise  zu  vertheilen,  dass  die 
Grösse  der  Lazarethe  bz.  der  Grad  der  Inanspruchnahme  der  betreffenden  Kranken- 
stuben und  Lagerstellen  für  die  Reihenfolge  entscheidet. 

No.  790/9.  87.  M.  A.  Bronsart  v.  Schellendorff. 


Nachweisnng 

der  Geräthe,  welche  zur  Verbesserung  bz.  Ergänzung  der  Ausstattung  der  Offizier- 
Krankenstuben  und  der  Lagerstellen  für  erkrankte  Portepee  - Unteroffiziere  in  den 
Garnison-Lazarethen  dienen  sollen. 


er. 


Benennung  der  Geräthe. 


Es  sind  zu  gewähren; 


I.  Für  Offizier-Krankenstuben. 


1 Aschbecher 

2 Ausgnsseimer  von  Porzellan 

.3  Bettüberdecken,  farbige,  waschecht  . . . 

4 Bettvorleger 

j Esslöffel  von  Neusilber  oder  Alfenide  (an 

Stelle  der  bisherigen  von  Britannia- 
Metall  bz.  Komposition). 

6 Gardinen,  Paar,  einschliesslich  Halter, 

Quasten  und  Stangen  (an  Stelle  der 
Gardinen  in  Form  von  Lambrequins). 

7 Kommoden  (in  der  für  Offizierwohnnngen 

in  den  Kasernen  vorgeschriebenen  Form). 


8 


9 

10 

11 


12 


Krankentische,  Mahagoni-  (Nachttische)  (in 
der  Form  der  eichenholzartig  gestrichenen 
Krankentische  für  Kranke). 

Krankentische,  verstellbare  (Lesepulte)  . . 

Lampenschirme 

Messer  und  Gabel  von  Neusilber  oder 
Alfenide  (an  Stelle  der  bisherigen  mit 
hölzernen  Schalen). 

Saucieren  von  Porzellan 


1 für  jede  Lagerstelle. 
1 dito 

1 dito 

1 dito 

1 dito 


1 für  jedes  Fenster. 


1 für  jede  Offizier  - Krankenstube, 
jedoch  nur  in  dem  Falte,  da.ss 
letztere  den  erforderlichen  Kaum 
zur  Aufstellung  bietet. 

1 für  jede  Lagerstelle. 


1 dito 

1 für  jede  Lampe. 

1 Messer  und  1 Gabel  für  jede  Lager- 
stelle. 

1 für  jede  Lagerstclie. 


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4 


c 

2: 


Benennung  der  Gerätlie. 


Es  sind  zu  gewähren; 


13  Servietten 

14  Stühle  (Rohr-)  (an  Stelle  der  bisher  ge- 

währten 2 Rohrstühle  für  jede  Lagerstelle). 


13 

16 

17 

18 


Tablettes  (Präsentirbretter) 

Tablettes,  kleine 

Thcelöffel  von  Neusilber  oder  Alfenide 
(an  Stelle  der  bisherigen  von  Zinn). 
Tischdecken,  farbige 


19 


Waschschüsseln  von  Fayence  (bisher  nur 
je  eine  für  jede  Offizier-Krankenstube). 


6 für  jede  Offizier-Krankenstube. 

4 für  jede  Offizier  - Krankenstube, 
auch  wenn  dieselbe  nur  mit  1 Offi- 
zier belegt  ist. 

1 für  jede  Offizier-Krankenstube. 

1 für  jede  Lagerstelle. 

1 dito 

1 für  jede  Offizier- Krankenstube  bz. 

jeden  Tisch. 

1 für  jede  Lagerstelle. 


1 


2 


3 

4 

5 


C 

7 

» 

9 

10 

11 


12 


II.  Für  die  Lagerstellen  erkrankter  Oberfenerwerker,  Feldwebel, 
Wachtmeister,  Zahlmeisteraspirantcn  mit  Feldwebelrang,  etats- 
mässigeruiidüberetatsmässigerPortcpeefähnrichejVizefeldwebelund 
Vizcwachlmeist  er  einschliesslich  der  Stabshoboisten,  Stabs  ho  misten 
und  .Stabstronipeter  sowie  Unterärzte,  Rossärzte  und  Unterrossürzle. 


Kommode  aus  kiehnenem  Holze,  braun  ge- 
beizt und  poürt. 

Krankentisr.he  in  der  bisherigen  Form;  ab<T 
braun  gebeizt  und  polirt. 

Lampe  (Schirm-)  wie  für  kasemirle  Feld- 
webel etc. 

Spiegel  mit  polirtem  Holzrahmen  .... 

Stühle  (Lehn-)  mit  Polster  nnd  Lederüberzug 


Stühle  (Rohr-)  wie  für  kasemirte  Feldwebel 
(an  Stelle  der  Brettstühle). 

Teller  von  Porzellan 

Tische  mit  Schubkasten  aus  kiehnenem 
Holze,  braun  gebeizt  und  polirt. 
Tiinkgläser 

Waschbecken  von  Fayence 

Waschtoiletten  aus  kiehnenem  Holze,  braun 
gebeizt  und  polirt. 


Wasserfiasche 


1 für  jede  Stube,  in  welcher  Portepee- 
Unteroffiziere  untergebracht  werden. 

1 für  jede  Lagerstelle  für  Portepee- 
Unteroffiziere. 

1 für  jede  Lagerstellc  für  Portepee- 
Unteroffiziere. 

1 für  jede  .Stube,  in  welcher  Portepee- 
Unteroffiziere  untergebracht  werden. 

1 für  jede  Lagerstclle  für  Portepee- 
Unteroffiziere.  Eine  Beschaffung  hat 
jedoch  nur  insoweit  zu  erfolgen, 
als  die  für  die  Garnison  - Lazarethe 
bereits  etatsmässigen  Lehnstühle 
hierzu  ohne  Benachtheiligung  der- 
jenigen Kranken,  für  welche  sie 
n.ach  der  Verfügung  vom  20.  Sep- 
tember 1867  (II.  Nachtrag  z.  F. 
L.  R.  ,S.  160)  bestimmt  sind,  nicht 
ausreichen. 

1 für  jede  Lagerstelle  für  Portepee- 
Unteroffiziere 

2 für  jede  laigerstclle  für  Portepee- 
Unteroffiziere. 

1 für  jede  Stube,  in  welcher  l'ortcpee- 
Utiteroffiziere  untergebracht  werden. 

1 für  jede  Lagerstclle  für  Portepee- 
Unteroffiziere. 

I für  jede  Lagerstelle  für  Portepee- 
Unteroffiziere. 

I für  jede  Stube,  in  welcher  Portepee- 
Utiteniftizicre  untergebraeht  werden, 
zur  ausschliesslichen  Benutzung 
derselben. 

I für  jede  Stube,  in  welcher  Portepee- 
Unteroffiziere  lagern. 


t 


N 


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KriegaininiBterium. 

Medizinal- Abtheilung.^ 

zu  J.  No.  1120/10.  V.  Abthl.  Berlin,  den  2.  Dezember  1887. 

Der  Königlichen  Intcndanhir  wird  auf  den  Randbericht  vom  12.  Oktober  er. 
zur  entsprechenden  weiteren  Veranlassung  ergebenst  erwiedert,  dass  die  Kosten 
für  das  Lüften  und  Ausklopfen  der  wollenen  Decken  indenLazarethen 
sowie  etwaige  Ausgaben  für  Materialien  zum  Einsprengen  der  Decken  bei  dem 
Lazarethwirthschaftskosten- Fonds  (Titel  12  des  Kapitels  29)  zu  verrechnen 
sind. 

V.  Lauer. 

No.  1043/10.  87.  M.  A. 


A.-V.-Bl.  No.  31. 

Berlin  den  22.  Dezember  1887. 

Besetzung  einer  Freistelle  bei  der  Königlichen  Landesschule  Pforte. 

Zn  Ostern  1888  ist  eine  zur  Verfügung  des  Kriegsministeriums  stehende  Frei- 
stelle bei  der  Königlichen  Landesschule  Pforta  neu  zu  besetzen. 

Etwaige  Bewerbungen  sind  umgehend  an  die  Infanterie-Abtheilung  im  Kriegs- 
ministerium (portofrei)  einzureichen. 

Hinsichtlich  der  beizufügenden  Anmelde-Papiere  wird  auf  den  kriegsministeriellen 
Erlass  vom  19.  April  d.  J.  (Armee-Verordnungs-BIalt  S.  121)  Bezug  genommen. 

Bronsart  v.  Schellendorff. 

No.  5/12.  87.  A.  2. 


M.-V.-BI.  No.  25. 

Berlin,  den  30.  Dezember  1887. 

Betriebsunfälle  bei  der  Seeschifffahrt. 

In  Oemässheit  Allerhöchster  Verordnung  vom  2G.  Dezember  1887  (Reiebs- 
Gesetzblatt  S.  537)  tritt  das  Gesetz,  betreffend  die  Unfallversicherung  der  Seeleute 
und  anderer  bei  der  Seeschifffahrt  betheiligten  Personen,  vom  13.  Juli  1887  mit 
dem  1.  Januar  1888  seinem  vollen  Umfange  nach  in  Kraft.  Da  durch  dieses 
Gesetz  der  Seeschifffalirtsbetricb  unter  die  reichsgesctzlicli  der  Unfallversicherung 
unterliegenden  Betriebe  uufgenommen  worden  ist,  so  tindet  von  dem  letztgedachten 
Zeitpunkte  ab  das  Gesetz,  betreffend  die  Fürsorge  für  Beamte  und  Personen  des 
Suldatenstandes  in  Folge  von  Betriebsunfällen,  vom  15.  März  1886  (M.-V.-Bl.  1886 
S.  59  ff.)  auf  die  Besatzungen  S.  M.  Schiffe  und  Fahrzeuge  Anwendung,  soweit  es 
sich  um  Unfälle  handelt,  welche  mit  dem  ScliiffTahrtsbetrieb  als  solchem  zusammen- 
liängen.  Bei  denjenigen  an  Bord  S.  M.  .Schiffe  und  Fahrzeuge  vorkommenden 
Unfällen,  welche  mit  dem  eigentlichen  seemännischen  Dienste  nicht  in  Zusammen- 
hang stehen,  bewendet  es  bei  den  allgemeinen  Bestimmungen  über  Peusionirung 
und  Versorgung  von  Angehörigen  der  Kaiserlichen  Marine  bezw.  die  Bewilligungen 
für  deren  Hinterbliebene. 


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J ' 


6 


Die  Augfrihrungsbeetimmungen  vom  lö.Mai  1887  zu  dem  Gesetz  vom  15.Märt  1886 
(M.-V'.-Bl.  1887  S.  89  ff.)  finden  auf  die  beim  Seeschifffahrtsbetrieb  vorkommenden 
Unfälle  mit  der  Maassgabe  Anwendung,  dass  die  sofortige  Untersuchung  der  Betriebs- 
unfälle und  deren  Wirkungen  (A,  1)  von  dem  betrefiTenden  Schiffskommando  zu 
veranlassen  ist. 

Der  Chef  der  Admiralität. 

J.  8549.  V.  Capri vi. 


Personal -Veränderungen  im  Sanitäts-Korps. 

Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen. 

Prof.  Dr.  Koch,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  ä la  suite  des  Sanitäts-Korp.«,  zum 
Generalarzt  2.  Kl.,  — Dr.  Jahn,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Tom 
2.  Pomm.  Feld-Art.-Regt.  No.  17,  zum  Oberstabsarzt  1.  Kl.,  — Dr.  Nagel,  Stabs- 
und  Bats.-Arzt  vom  Küs.-Bat.  5.  Pomm.  Inf.-Regts.  No.  42,  zum  Oberstabsarzt  2.  KL 
und  Regts.-Arzt  des  Rhein.  Drag.-Regts.  No.  5,  — Dr.  Berckhau,  Stabs-  and 
Bats.-Arzt  vom  2.  Bat.  1.  Nassau.  Inf.-Regts.  No.  87,  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und 
Regts.-Arzt  des  Niederschles.  Keld-Art.-Rcgts.  No.  5,  — Dr.  Kannenberg,  Stabs- 
arzt von  der  Unteroffizier-Schule  in  Marienwerder,  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und 
Regts.-Arzt  des  5.  Ostpreuss.  Inf.-Regts.  No.  41,  — Dr.  Glubig,  Marine-Stabsarzt 
von  der  1.  Matrosen-Div.  zum  Marine-Oberstabsarzt  2.  Kl.,  vorläufig  ohne  Patent. — 
Dr.  Nietner,  Assist.-Arzt  1.  Kl.,  vom  1.  Garde-Regt.  z.  F.,  tum  Stabs-  und 
Bats.-Arzt  des  Füs.-Bats.  5.  Pomm.  Inf.-Regts.  No.  42,  — Dr.  Schmidt,  Assisu- 
Arzt  1.  Kl.,  in  der  etatsmässigcn  Stelle  bei  dem  General-  und  Korps-Arzt  des 
6.  Armee-Korps,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  Füs.-Bats.  7.  Ostpreuss.  Inf.-Regts. 
No.  44,  — Dr.  Schneider,  Marine-AssisU-Arzt  1.  Kl.  von  der  1.  Matrosen-Div., 
zum  Marine-Stabsarzt,  vorläufig  ohne  Patent,  befördert.  — Die  Assist.- 
Aerzte  1.  Kl.  der  Res.:  Dr.  Fischer  vom  2.  Bat.  (Mühlhausen  i.  Tli.) 

1.  Thflring.  Landw.-Regts.  No.  31,  — Dr.  Drever  vom  2.  Bat.  (2.  Braunschweig) 
Braunschweig.  Landw.-Regts.  No.  92,  — Dr.  Finger  vom  1.  Bat.  (Münsierberg) 
4.  Niederschles.  Landw.-Regts.  No.  51,  — Dr.  Dyrenfurth  vom  1.  Bat.  (Rawitsch) 
4.  Posen.  Landw.-Regts.  No.  69,  — zu  Stabsärzten  der  Res.  befördert.  — 
Die  Assist.- Aerzte  1.  Kl.  der  Landw.  Dr.  Bisentraut  vom  2.  Bat. 
(Naumburg)  4.  Thüring.  Landw.-Regts.  No.  72,  — Dr.  Sielaff  vom  1.  Bat.  (Gotha) 
6.  Thüring.  Landw.-Regts.  No.  95,  — Dr.  Sorge  vom  2.  Bat.  (Gera)  7.  Thüring. 
Landw.-Regts.  No.  96,  — Pr.  Kurr  vom  1.  Bat.  (Schleswig)  Schleswig.  Landw.-Regts. 
No.  84,  — Dr.  Hantel  vom  2.  Bat.  (Marienburg)  8.  Ostpreuss.  Landw.-Regts.  No.  45, 

— Dr.  Weber  vom  2.  Bat.  (Bonn)  2.  Rhein.  Landw.-Regts.  No.  28,  — Dr.  Ispert 
vom  2.  Bat.  (Gräfrath)  8.  Westfäl.  Landw.-Regts.  No.  57,  — Dr.  Buchholt r. 
vom  1.  Bat.  (Loetzen)  6.  Ostpreuss.  Landw.-Regts.  No.  43,  — Dr.  Emmerich, 
Dr.  Steinbach,  Dr.  Hildebrand  vom  Res.-Landw.-Regt.  (1.  Berlin)  No.  35,  — 
Dr.  Querner  vom  1.  Bat.  (Halbcrstadt)  3.  Magdeburg.  Landw.-Regts.  No.  66,  — 
Dr.  Frentrop  vom  2.  Bat.  (Recklinghausen)  5.  Westläl.  Landw.-Regts.  No.  53,  — 
zu  Stabsärzten  der  Landw.,  — Dr.  Lotsch,  Marine-Assist.-Arzt  2.  Kl. 
von  der  1.  Matrosen-Div.,  — Dr.  Spiering  Marine-Assist.-Arzt  2.  Kl.  von  der 

2.  Matrosen-Div.  — zu  Mari n e- Assi st.-A  ersten  1.  Kl.,  beide  vorläufig  ohne  Patent, 

— befördert.  — Die  Assist. -Aerzte  2.  Kl.  der  Res:  Hey  er,  vom  1.  Bau  (Thom) 

8.  Pomm.  Landw.-Regts.  No.  61,  — Dr.  Klinkenberg  vom  I.  Bat.  (Aachen) 
1.  Rhein.  Landw.-Regts.  No.  25,  — Dr.  Leyser  vom  1.  Bat.  (Donaueschingen) 
6.  Bad.  Landw.-Regts.  No.  114,  — Dr.  Strangmeier  vom  2.  Bat.  (Lingen) 
Ostfries.  Landw.-Regts.  No.  78,  — Riese,  Dr.  Feld,  Dr.  Florschütz, 


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7 


Dr.  Dantziger,  Dr.  Richter  I.  vum  Res.-Landw.-Regt.  (1.  Berlin)  No.  35, 

— Dr.  ZeckenUurf  vom  Res.-Landw.-Bat.  (Altona)  No.  86,  — Dr.  Harzmann 
vom  1.  Bat.  (Wesel)  6.  Westfäl.  Landw.-Regts.  No.  .53,  — Dr.  Breit  köpf  vom 

2.  Bat.  (Oels)  3.  Niederschles.  Landw..Regts.  Nu.  50,  — Kriese  vom  2.  Bat. 
(Andernach)  7.  Rhein.  Landw.-Regts.  No.  69,  — Dr.  Chrzescihski  vom  2.  Bat. 
(Scbneidemühl)  3.  Pomm.  Landw.-Regts.  No.  14,  — Dr.  Sichert  vom  Res.-Landw.- 
Bat.  (Frankfurt  a.  M.)  No.  80,  — Dr.  Gasters  vom  1.  Bat.  (Anclam)  1.  Pomm. 
Landw.-Regts.  No.  2,  — Dr.  Birkholz  vom  2.  Bat.  (Pr.  Holland)  7.  Ostpreuss. 
Landw.-Regts.  No.  — Dr.  Mölle  vom  2.  Bat.  (Iserlohn)  7.  Westfal.  Landw.- 
Regts.  No.  56,  — Dr.  Niessen  vom  Res.-Landw.-Bat  (Hannover)  No.  73, 

— Koch  vom  1.  Bat  (Hildesheim)  3.  Hannov.  Landw.-Regts.  Nu.  79,% — Schölte 
vom  2.  Bat.  (Celle)  2.  Hannov.  Landw.-Regts.  No.  77,  — zu  Assist-Aerzten  1.  Kl. 
der  Res.  befördert  — Die  Assist-Aerzte  2.  Kl.  der  Laiidw.: 
Dr.  Zweiböhmer  vom  2.  Bat.  (Recklinghausen)  5.  Westfäl  Landw.-Regts.  No.  53, 

— Dr.  Taenzer  vom  2.  Bat.  (Teltow)  7.  Brandenburg.  Landw.-Regts.  No.  60, 

— Dr.  Spelthahn  vom  Res.-Landw.-Regt.  (Cöln)  No.  40,  — Dr.  Kalm  vom 
Res.-Landw.-Bat.  (Hannover)  No.  73,  — Dr.  Wahrhausen  vom  1.  Bat  (Hildesheim) 

3.  Hannov.  Landw.-Regts.  No.  79,  — Dr.  Wiese  vom  1.  Bat.  (Hamburg)  2.  Hanseat. 
Landw.-Regts.  No.  76,  — Schenck  vom  2.  Bat.  (Karlsruhe)  .3.  Bad.  Landw.-Regts. 
No.  111,  — zu  Assist-Aerzten  1.  Kl.  der  Landwehr  befördert.  — 
Glendenberg,  Assist-Arzt  2.  Kl.  der  Marine-Res.  vom  2.  Bat.  (Bernbiirg) 
Anhalt  Landw.-Regts.  No.  93,  zum  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Marine-Res.  befördert.  — 
Die  Unterärzte:  Danne  vom  2.  Hannov.  Drag.-Regt.  No.  16,  — Dr.  Eckert 
vom  Gren.-Rcgt  König  Friedrich  Wilhelm  IV.  (1.  Pomm.)  No.  2,  dieser  unter 
Versetzung  zum  2.  Pomm.  Feld- Art.- Regt.  No.  17,  — B ü g e vom  Rhein.  Train-Bat. 
No.  8,  — zu  Assist-Aerzten  2.  Kl.  befördert  — Die  Unterärzte  der  Res.: 
Nickcll,  Valentiui,  Maschke  vom  Res.-Landw.-Bat  (Königsberg)  No.  33,  — 
Dr.  Kruse,  Dr.  Goldschmidt  vom  1.  Bat.  (Danzig)  8.  Ostpreuss.  Landw.-Regts. 
No.  45,  — Dr.  Telscbow,  Dr.  Schultze,  Dr.  Klaatsch  vom  Res.-Landw.-Regt. 
(1.  Berlin)  No.  35,  — Dr.  Lilie  vom  2.  Bat  (Sondershausen)  3.  Thüring.  Laudw.- 
Ktgts.  No.  71,  — Dr.  Seupel  vom  2.  Bat  (W'ohlau)  1.  Schics.  Landw.-Regts.  No.  10, 
Dr.  Berendes  vom  2.  Bat  (Paderborn)  6.  Westfäl.  Landw.-Regts.  No.  55,  — 
Dr.  Beekmann  vom  1.  Bat  (Wesel)  5.  Westfäl.  Landw.-Regts.  No.  53,  — 
Dr.  Mackenberg  vom  Res.-Landw.-Rggt.  (1.  Berlin)  Nu.  35,  — Dr.  Peerenboom 
vom  1.  Bat.  (Geldern)  4.  Westfäl.  Landw.-Regts.  No.  17,  — Dr.  Schüder  vom 
2.  Bat.  (Neu-Strelitz)  1.  Grussherzogl.  Mecklenburg.  Landw.-Regts.  No.  89,  — 
Berkhan  vom  1.  Bat.  (Schleswig)  Schleswig.  Landw.-Regts.  No.  84,  — Schmid- 
Monnard  vom  1.  Bat  (Kiel)  Holstein.  Landw.-Regts.  No.  85,  — Dr.  Schirmeyer 
vom  2.  Bat.  (Güttingen)  3.  Hannov.  Landw.-Regts.  No.  79,  — Dr.  Stephani, 
Dr.  Bügel,  Pollitz,  Dr.  du  Mesiiil  vom  Res.-Landw.-Bat.  (Hannover)  No.  73, 
Dr.  Alt  vom  1.  Bat.  (Giessen)  2.  Grossherzogi.  Hess.  Landw.-Regts.  No.  116,  — 
Schuberg  vom  2.  Bat.  (Karlsruhe)  3.  Bad.  Landw.-Regts.  Nu.  111,  Dr.  Gutmann 
vom  Res^-Landw.-Bat.  (Stettin)  No.  34,  — zu  Assist-Aerzten  2.  Kl.  der  Res., 

— Strucksberg,  Unterarzt  der  Landw.  vom  2.  Bat  (Dü.sseldorf)  4.  Westfäl. 
Landw.-Regts.  No.  17,  zum  Assist-Arzt  2.  Kl.  der  Landw.,  — befördert  — 
Die  Unterärzte  der  Marine-Res.:  Geerdts,  Dr.  v.  Meyer,  Dr.  Lorenz, 
.Stemann,  Dr.  Wahiicau,  Warnstedt,  Niels  Petersen  I.,  Breunig, 
Dr.  Matthias  Petersen  II.  vom  1.  Bat.  (Kiel)  Holstein.  Landw.-Regts.  No.  85,  — 
Witten  vom  1.  Bat.  (1.  Braunscliweig)  Braunschweig.  Landw.-Regts.  No.  92,  — 
zu  Assist.-Aerzten  2.  KL  der  Marine-Res.  befördert  — Dr.  Eichbaum, 
Assist-Arzt  1.  KL  a.  D.,  zuletzt  vom  Magdeburg.  Feld-Art. -Regt.  No.  4,  in  der 
Armee,  und  zwar  als  Assist-Arzt  1.  Kl.  bei  dem  Gren.-Regt.  König  Friedrich 
Wilhelm  IV.  (1.  Pomm.)  No.  2,  wiederangeslellt  — Dr.  Müller,  Oberstabsarzt  1.  Kl. 
vum  Invalidenhanse  zu  Berlin,  als  Chefarzt  zum  Garnisoii-Lozarelh  I zu  Berlin,  — 
Dr.  Stricker,  Oberstabsarzt  2.  KL  und  Regts.-Arzt  vom  4.  Ostpreuss.  Gren.-Regt. 
No.  5,  znm  Invalidenhause  in  Berlin.  — Dr.  Hause,  Oberstabsarzt  2.  KL  und 
Regts.-Arzt  vom  1.  Hess.  Inf.-Regt  No.  81,  zum  Kisenbahn-Regt.  — Dr.  Herter, 
Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  Niederschles.  Feld-Art.-Regt.  No.  5,  zum 


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8 


1.  Hees-  Inf.-Regt.  No.  81,  — Dr.  Strauss,  Stabs-  und  Bats.-Arit  vom  Kös.-B»t. 
7.  Osfpreuss.  Inf.-Rpgts.  No.  44,  zur  l'nteroff.-Schule  in  Marienwerder,  — Wirti, 
Assisf.-Arzt  1.  KI.  vom  3.  Rhein.  Inf.-Regt.  No.  29,  zum  Inf-Regt.  No.  136,  — 
Pr.  Galle,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  2.  Bad.  Gren.-Regt.  Kaiser  Wilhelm  Na.  110, 
zum  Magdeburg.  Feld-Art-Regt.  No.  4,  — Pr.  Grundies,  Assist.-Arzt  I.  Kl.  vom 

2.  Oberschics.  Inf-Regt.  No.  23,  in  die  etatsmässigc  Stelle  bei  dem  General-  und 
Korpsarzt  des  VI.  Armee-Korps,  — versetzt.  — Pr.  Kühne,  Oberstabsarzt  I.  KI. 
und  Regts.-Arzt  vom  Rhein.  Prag.-Regt.  No.  5,  mit  Pension  und  seiner  bisherigen 
Uniform,  — Pr.  Mnsehold,  Stabs-  und  Abtheil.-Arzt  von  der  Reitenden  Abtheil, 
des  Magdeburg.  Fcld-Art.-Regts.  No.  4,  mit  Pension,  — der  Abschied 
bewilligt.  — Pen  Stabsärzten  der  Landw.:  Pr.  Hoffmann  vom  1.  Bat. 
(Bitterfeld)  4.  Magdeburg.  Landw. -Regts.  No.  67,  — Pr.  Kistner  vom  2.  Bat. 
(Hirschberg)  2.  Niederschles.  Landw.-Regts.  No.  47,  — Pr.  Klein  vom  Res.  Land»’.- 
Regt.  (Cöln)  No.  40,  — Pr.  Scheel  vom  2.  Bat.  (Rostock)  2.  Grosshcrzogl. 
Meeklenb.  Landw.-Regts.  No.  90,  — Pr.  Minor  vom  1.  Bat.  (Oberlahnstein'i 

1.  Nassau.  Landw.-Regts.  No.  87,  — Br.  Wohlfarth  vom  Res.-Landw.-Bat 
(Frankfurt  a.  M.)  No.  80,  — Pr.  Terfloth  vom  2.  Bat.  (Attendorn)  2.  He«. 
Landw.-Regts.  No.  82,  diesem  mit  seiner  bisherigen  Uniform,  — Pr.  Biskamp. 
Pr.  iSchotten  vom  2.  Bat.  (1.  Cassel)  3.  Hess.  Landw.-Regts.  No.  83,  — 
Pr.  Lchnebach  vom  1.  Bat.  (Her.sfeld)  2.  Thüring.  Landw.-Regts.  No.  32,  — 
Pr.  Strack,  Hagedorn,  Assist.-Aerzte  1.  Kl.  der  Res.  vom  1.  Bat.  (Hambnig 

2.  Hanseat.  Landw.-Regts.  No.  76,  — der  Abschied  bewilligt.  — Pen  Assist- 
Aerzten  1.  KI.  der  Landw.:  Pr.  Uhtlioff  vom  Res.-Landw.-Regt.  (1.  BetTml 
No.  35,  — Br.  Kaufmann  vom  1.  Bat.  (Aachen)  1.  Rhein.  Landw.-Regts.  No. ß, 
— Pr.  Schmidt  vom  1.  Bat.  (Schwerin)  1.  Grossherzogi.  Mecklenburg.  Land* 
Regts.  No.  89,  — Br.  Müller  vom  1.  Bat.  (Hildesheim)  3.  Hannor.  Landw.-Regts. 
No.  79,  — Pr.  V.  Holwedc,  Pr.  Fürbringer  vom  1.  Bat.  (1.  Braunschvteigi 
Braunschweig.  Landw.-Regts.  No.  92,  — Pr.  Lindenborn  vom  2.  Bat.  (Erbach  i.  0) 

3.  Grossherzogi.  Hess.  Landw.-Regts.  No.  117,  — Br.  Schlesinger  vom  Res.- 
Landw.-Bat.  (Frankfurt  a.  M.)  No.  80,  — Pr.  v.  Kries  vom  1.  Bat.  (Freiburg' 
5.  Bad.  Landw.-Regts.  No.  113,  — Pr.  Pisque  vom  2.  Bat.  (Altkirch)  Ober- 
elsäss.  Landw.-Regts.  No.  131,  — Pr.  Kuthe  vom  1.  Bat.  (Aschersleben'; 
2.  Magdeburg.  Landw.-Regts.  No.  27,  — der  Abschied  bewilligt. 

Berlin,  den  22.  Pezember  1887. 


Ben  6.  Pezember  1887.  ^ 

Br.  Hoesch,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Landw.  vom  Res.-Landw.-Regt.  (1.  Berlin) 
Nu.  35,  aus  allen  Militär-Verhältnissen  entlassen. 


Nachweisung  der  beim  Sanitäts-Korps  im  Monat  November  1887 
eingetretenen  Veränderungen. 

Burch  Verfügung  des  Generalstabsarztes  der  Armee. 


Pen  .31.  Oktober  1887. 

Br.  Pautwiz,  Unterarzt  vom  Schlesw.  - Holstein.  Prag.-Regt.  No.  13,  zum 
Inf-Regt..  No.  131  versetzt.  , 

Ben  1.  November  1887. 

Kaiser,  einjährig-freiwilliger  Arzt  vom  6.  Bad.  Inf-Regt.  No.  114,  »um  Un 
arzt  ernannt  und  mit  Wahrnehmung  einer  bei  diesem  Regt,  vakanten  itjssist.-A 
stelle  beauftragt. 

Pen  2.  November  1887. 

Br. 

Culm, 


Unter- 

.-Arzt- 


Grflning,  Unterarzt  vom  3.  Thüring.  Inf.-Regt.  Nu.  71  zum  Ka'ilettenhaii> 


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9 


den  12.  Noeenibcr  1887. 

Dr.  Leipol z,  Unterarzt  vom  Gren.-Regt.  Kronprinz  (1.  Ostprenss.)  No.  1 zum 
6.  Uad.  Inf.-Regt.  No.  113,  — versetzt. 

Den  22.  November  1887. 

Dr.  Paiilun,  Unterarzt  vom  3.  Pomm.  Inf.-Regt.  No.  14,  — Dr.  Brecht, 
Unterarzt  vom  Feld-Art. -Regt.  No.  .31.  — Dr.  Emmerling,  Unterarzt  vom  4.  Gross - 
herzogl.  Hess.  Inf.-Regt.  (Prinz  Carl)  No.  118,  — sämmtlieh  mit  Wahrnehmung  je 
einer  bei  den  betreffenden  Truppeutheilen  vakanten  Assist. -Arztstelle  beauftragt. 


Veränderungen  im  Königlich  Bayerischen  Sanitäts-Korps. 

' Den  22.  November  188  7. 

Dr.  .Schröder,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Inf. - Leib -Regt.,  zur  Kquitations 
An.stalt,  — Schlicht  (Augsburg),  Assist.-Arzt  1.  Kl.  von^  Benriaubtenstunde  des 
.'«anitäts  Korps,  in  den  Friedensstand  des  3.  Inf.-Regts.  Prinz  Carl  von  Bayern,  — 
Dt.  Pleycr,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  vom  2.  Ulan.-Regt.  König,  zum  Inf.-Leib-Regt., — 
Seel,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  vom  13.  Inf.-Regt.  Kai.«er  Franz  Joseph  von  Oesterreich, 
zum  2.  Ulan.-Regt.  König,  — versetzt.  Dr.  Maier,  As.sist.-Arzt  1.  Kl.  von  der 
Kquitations- Anstalt,  zum  Slab.s-  und  Bnls  -Arzt  im  16.  Inf.-Regt.  vacant  König 
Alfons  von  .Spanien,  — Dr.  Weh ner  (Kissingen).  Assist.-Arzt  1.  Kl.  iin  Beurlaubten- 
stande, zum  Stabsarzt  ira  Beurlaubtenstande,  — Dr.  Bergmann,  Assist.-Arzt  2.  Kl. 
im  6.  Inf.-Regt.  Kaiser  Wilhelm  König  von  Prenssen,  zum  A.ssist.-Arzt  1.  Kl.,  — 
Ott  (Weilheim),  Dr.  Rieder  (MünehenI),  Dr.  Beisclc  (München  II),  Dr.  Link 
(Passau),  Miller  (Mindelheim),  Dr.  Klemm,  Dr.  Schmidt  (Augsburg),  Klein 
(Dillingen),  Dr.  Westphal,  Dr.  Seit I egten d a I (Hof),  Dr.  Wolfrora  (Bayreuth), 
Dr.  Rückert  (Firlangen),  Dr.  Plattfaut,  Dr.  Mennen,  Dr.  Kluge  (Kissingen), 
Dr.  Rhein  (Würzburg),  Peters,  Dr.  Becker,  Dr.  Bunne,  Rosengart, 
Dr.  Bergeat,  Lang  (Asehaffenburg),  Dr.  Klockner  (Kaiserslautern),  Fergcr 
(Speyer),  Dr.  Marzolph,  Dr.  Krimke,  Zahn,  Beer  (Landau),  Assist.- Aerzte 
2.  Kl.  des  Beurlaubtcnstandes,  zu  Assist.-Aerzten  1.  Kl.  des  Beurlaubtenstandcs,  — 
Dr.  Reuter,  Unterarzt  im  6.  Inf.-Regt.  Kaiser  Wilhelm  König  von  Preusseu, 
zum  Assist.-Airzt  2.  Kl.,  — befördert. 

Den  7.  Dezember  1 887. 

Meyer,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  des  4.  Inf.-Regts.  König  Karl  von  Württemberg, 
auf  Nacbsuchen  der  Absebied  aus  allen  Militärverhältnissen  ertbeilt. 

Den  8.  Dezember  188  7. 

Dr.  Kdelbrock  (Aschaffenburg),  Assist.-Arzt  2.  Kl.  des  Beurlaubtenstandes, 
behufs  Uebertritts  in  Königlich  Preuss.  Militärdienste,  der  Abschied  bewilligt. 

Durch  Verfügung  des  K ri egsm in is t cri um s. 

Einstein  (Mönchen  I),  Unterarzt  der  Res.,  zum  Unterarzt  des  Friedensstandes 
ira  18.  Inf.-Regt.  Prinz  Ludwig  Ferdinand  ernannt  und  zugleich  mit  Wahrnehmung 
einer  vakanten  Assist-Arztstelle  beauftragt. 


Veränderungeu  ini  Königlich  Sächsischen  Sanitäts-Koi’ps. 

Allerliochster  Beschlust)  vom  1.  Dezember  1887. 

Dr.  Wolf,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  8.  Inf.-Kegt.  Prinz  Johann  Georg  No.  107 
zum  auswärtigen  Amte  — behufs  Ausffihrung  einer  Forschungsreise  in  das  Togo- 
gebiet — unter  gleichzeitiger  Stellung  ä la  suite  des  Sanitäta-Oflizier-Korps  vom 
1.  Dezember  d.  J.  ab  auf  zunächst  2 Jahre  kommaudiit. 


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Allerhöchster  Beschluss  vom  13.  Dezember  1887. 

Dr.  Kaepplcr,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  2.  Hus.-Regts.  Kron- 
prinz Friedrich  Wilhelm  des  Deutschen  Reiches  und  von  Preussen  No.  19,  mit  der 
gesetzlichen  Pension  und  der  Erlaiibniss  zum  Forttragen  der  bisherigen  Uniform  mit 
den  vorgeschriebenen  Abzeichen  der  erbetene  Abschied  bewilligt.  — Dr.  Zocher, 
Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  6.  Inf.-Regts.  No.  106,  zum  1.  Ulan.-Regt. 
No.  17  versetzt.  — Dr.  Evers,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  Schützen-  (Füs.)  Regt. 
Prinz  Georg  No.  108,  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  6.  Inf.-Regtc 
No.  105  befördert.  — Dr.  Graefe,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  3.  Jager  - Bats. 
No.  15,  zum  Schützen-  (Füs.)  Regt.  Prinz  Georg  No.  108,  — Dr.  Machate,  Stab*- 
und  Bats.-Arzt  im  7.  Inf.  - Regt,  Prinz  Georg  No.  106,  zum  3.  Jager  - Bat.  No.  15, 

— versetzt.  — Dr.  Karg,  Assist. -Arzt  1.  Kl.  im  10.  Inf. -Regt  No.  134,  zum 
Stabs-  und  Bats.  Arzt  im  8.  Inf.-Regt.  Prinz  Johann  Georg  No.  107,  — Dr.  Kampf, 
Assist.  - Arzt  1.  Kl.  im  2.  Hus.  • Regt.  Kronprinz  Friedrich  Wilhelm  des  Deutschen 
Reiches  und  von  Preussen  No.  19,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  7.  Inf.-Regt.  Prinz 
Georg  No.  106,  — Dr.  v.  Tischendorf,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Res.  des  1.  Bats. 
(1.  Leipzig)  7.  Landw.  - Regts.  No.  106,  zum  .Stabsarzt  der  Res.,  — Dr.  Polster. 
Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  des  1.  Bats.  (Plauen)  5.  I.andw.- Regts.  No.  104,  — 
Dr.  Möckel,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  des  1.  Bats.  (1.  Leipzig)  7.  Land«.- 
Regts.  No.  106,  — zu  .Stabsärzten  der  Landw.,  — befördert.  — Dr.  Schmidt, 
Assist.-Arzt  1.  Kl.  im  1.  Hus.-Regt  Nu.  18,  zum  2.  Hus.-Regt.  Kronprinz  Friedrid 
Wilhelm  des  Deutschen  Reiches  und  von  Preussen  No.  19  versetzt  — Dr.  Schult, 
Unterarzt  im  Carabinier-Regt.,  zum  Assist.-Arzt  2.  Kl.  im  1.  Ulan.-Regt.  No.  17,  - 
Dr.  Schmidt,  Unterarzt  der  Res.  des  2.  Bats.  (2.  Dresden)  4.  Landw.-Regts.  No.  103, 

— Dr.  Elssner,  Dr.  Hertzsch,  Unterärzte  der  Res.  des  1.  Bats.  (1.  lycipziz' 
7.  Landw.-Regts.  No.  106,  — zu  Assist.- Aerzten  2.  Kl.  der  Res.,  — befördert 

Durch  Verfügung  des  Kriegsministeriums  vom  19.  November  18$T. 
Peschek,  einjährig  - freiwilliger  Arzt  des  1.  Bats.  11.  Inf.-Regts.  No.  129  sl> 
Unterarzt  des  aktiven  Dienststandes  bei  seinem  Truppentheile  unter  Beauftragung 
mit  Wahrnehmung  der  bei  diesem  Regt,  vakanten  AssisU-Arztstelle  angestellt. 


Veränderungen  im  Königlich  Württembergischen  Sanitäts- Korps. 

Den  8.  Dezember  1887. 

Dr.  Palm,  Unterarzt  <ier  Res.  im  2.  Bat.  (Ulm)  6.  Landw. -Regt.«.  No.  134, 
zum  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Res.  ernannt.  — Dr.  Süskind,  Dr.  Kreuser,  .Stabs 
ärzte  der  I>andw.  im  2.  Bat.  (Ludwigshurg)  3.  Landw.  - Regts.  No.  121,  — Dr. 
Pnricclli,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  im  Res.-Landw.-Bat.  (.Stuttgart)  No.  12", 
— der  Abschied  bewilligt. 


Ordensverleihungen. 

Prell  ssi  8 che. 

Kön igl iche r K ro n en-Ord cn  3.  Kl.: 

Oberstabsarzt  1.  Kl.  a.  D.  Dr.  Brunzlow  zu  Hamm  i.  W.,  bisher  Rcgis.-Arn 
des  Posen.  Feld-Art.-Regts.  No.  20.  — Oberstabsarzt  1.  Kl.  a.  D.  Dr.  Käthe 
zu  Frankfurt  a.  M.,  bisher  Regts.-Arzt  des  1.  Hess.  Hus.-Regts.  No.  13- 

Andere. 

Affiliirtc  silberne  Verdienst  - Medaille  des  Herzoglich  Saebses- 
Erncstiiiischen  Haus-Ordens. 

Oberlazarethgehülfc  Bernhardt  iin  7.  Thüring.  Inf.-Regt.  No.  96. 
Ritterkreuz  zweiter  Klasse  mit  Eichenlaub  des  Grossherioglich 
Badischen  Ordens  vom  Zähriiiger  Löwen: 

.Stabs-  und  Bats.-Arzt  Dr.  Stein  berg  im  4.  Ostjireuss.  Gren.-Regt.  No.  5; 


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Ritterkreuz  zweiter  Klasse  des  Herzoglich  Sachsen-Krnestinischen 
Haus-Ordens: 

Asaist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Raalznw  im  7.  Thüring.  Inf.-Regt.  No.  96; 

Dem  Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Davids,  bisher  Schiffsarzt  an  Bord  S.  M.  Fahrzeugs 
.Loreley“  iu  Constanlinupel,  die  Erlaubniss  zur  Anlegung  des  ihm  verliehenen 
Grossherrlieh  Türkischen  Medschidje-Ordens  vierter  Klasse  zu  ertheileu. 

Dem  Stabsarzt  Dr.  Landgraf  vom  medizinisch  - chinirgischen  Friedrich  • Willielms- 
Institul,  die  Erlaubniss  zur  Anlegung  der  ihm  aus  Anlass  des  50jährigen  Regierungs- 
Jubiläums  Ihrer  Majestät  der  Königin  von  Grossbritannien  und  Irland  verliehenen 
silbernen  Medaille  ertheilt. 


Familien-Nachricbten. 

Verlobungen:  Dr.  Pannwitz,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  im  1.  Rhein.  Inf.-Regt.  No.  25, 
mit  Frl.  Marie  Gundlaeh  (Strassburg  im  Eisass).  — Dr.  Sellerheck,  Stabs- 
und Bats.-Arzt  im  1.  Thüring.  Inf.-Regt.  No.  31,  mit  Frl.  Willeminc  Blaauw 
(Altona).  — Dr.  Josef  Sandtner,  Künigl.  Bayer.  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Res., 
mit  Frl.  Marie  Picchler  (l’arsberg — Vilshofen).  — Dr.  Lauff,  Assist.-Arzt  1.  Kl. 
Im  Thüring.  Ulan.-Regt  No.  6,  mit  Frl.  Martha  Günther  (Langensalza). 

V erheirathet:  Dr.  Henry  Menger.  Stabsarzt  der  Landw.,  mit  Frl.  Magdaleue 
Knorre  (Berlin — Welzin  bei  Treptow  an  der  Tollensc). 

Geburten:  (Sohn)  Dr.  Bäcker,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  beim  Korpsarzt  VIII.  Armee- 
Korps  (Ehrenbreitstein). 

Todesfälle:  Dr.  Robert  Pohl,  Generalarzt  a.  D.  (Wiesbaden).  — Dr.  Uhl, 
Oberstabsarzt,  Sohn  Wilhelm  Heinrich  (Strassburg  im  Eisass).  — Dr.  Georg 
Mayer,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  4.  Garde-Gren.-Regts.  Königin  (Wiesbaden). 


General-Rapport 

von  den  Kranken  der  Königlich  Prengsiseben  Armee,  des  XII.  (Königlich 
Sächgischeu)  und  des  XIII.  (Königlich  Wnrttembergigchen)  Armee-Korps, 
sowie  der  dem  XV.  Armee-Korps  attachirten  Königlich  Bayerischen 
Besatznngs-Brigade  pro  Monat  Oktober  1887. 

1)  Bestand  am  30.  September  1887  : 6 858  Mann  und  38  Invaliden. 

2)  Zugang: 

im  Lazareth  6 678  Mann  und  2 Invaliden, 
im  Revier  10  215  - - 10  - 

Summa  I6  893  Mann  und  12  Invaliden. 
Mithin  Summa  des  Bestandes  und  Zuganges  23  751  Mann  und  50  Invaliden, 
in  Prozenten  der  Effektivstärke  7,l®/o  und  17,9“/o. 


3)  Abgang: 

geheilt  .... 

15  534  Mann,  12  Invaliden, 

gestorben  . . . 

52  - — - 

invalide  .... 

2l9  - — 

dienstunbrauchbar 

289  - — 

anderweitig . . . 

538  - 2 - 

Summa  . 

. 16  632  Mann,  14  Invaliden. 

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4)  Hiernach  sind: 

geheilt  65,4°/o  der  Kranken  der  Armee  nnd  24,0"/o  der  erkrankten 
Invaliden, 

gestorben  der  Kranken  der  Armee  nnd  — “/o  der  erkrankten 

Invaliden. 

5)  Mithin  Bestand; 

am  31.  Oktober  1887  7 119  Mann  nnd  36  Invaliden, 

in  Prozenten  der  Effektivstärke  2,1%  and  12,9%. 

Von  diesem  Krankenstände  befanden  sieb: 

im  Lazaretb  4 997  Mann  und  4 Invaliden, 
im  Revier  2 122  - - 32 

Es  sind  also  von  4.'>7  Kranken  298,9  geheilt,  1,0  gestorben,  4,2  als 
invalide,  5,6  als  dienstunbrauchbar,  10,4  anderweitig  abgegangen,  136,9  im 
Bestand  geblieben. 

Von  den  Gestorbenen  der  aktiven  Truppen  haben  gelitten  an: 
Diphtheritis  1,  Blutvergiftung  1,  Unterleibstyphus  13,  Ruhr  1,  akuter 
Alkoholvergiftung  1,  Bluifleckenkrankheit  1,  Hirn-  und  Hirnhautleideo  2, 
Croup  1,  Lungenentzündung  6,  Lungenschwindsucht  9,  Herzleiden  1, 
Venenentzündung  1,  Darmverschlingung  2,  Blinddarmentzündung  1, 
Bauchfellentzündung  2.  Nierenleiden  3,  Knoebenentzündung  1;  an  den 
Folgen  einer  Verunglückung:  Hufscblag  1,  Oberschenkelbruch  durci 
Fall  1,  Sturz  in  den  Wallgraben  im  angetrunkenen  Zustande  1 ; an  des 
Folgen  eines  Selbstmordversuchs:  Ersebiessen  1,  Erhängen  1. 

Mit  Hinzurechnung  der  nicht  in  militärärztlicber  Behandlung  Ver- 
storbenen sind  in  der  Armee  im  Ganzen  noch  20  Todesfälle  vorgekomiaefi. 
davon  2 durch  Krankheit,  2 durch  Verunglückung,  16  durch  Selbst- 
mord; so  dass  die  Armee  im  Ganzen  72  Mann  durch  den  Tod  ver- 
loren bat. 


Gedruckt  in  der  KOuigUcheu  Hof huchdruvkerei  von  E.  ä.  Hittier  u.  Sohn  io  Borlio,  KochsU.  A 


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Amtliches  Beiblatt 

fur 

Deutschen  miiitärärztiichen  Zeitschrift 

1888,  — Siebzehnter  Jahrgang.  — ^2. 


Kriegsministerium. 

Medizinal- Abtheilung.  Berlin,  den  11.  Dezember  1887. 

Der  Königlichen  Intendantur  übersendet  die  Abtheilung  znr  geßlligen  weiteren 
Veranlassung  nachfolgend  Exemplare  von  der 

,Nachweisnng  der  für  das  ärztliche  Sanitätsmaterial  der  Armee  zahlbaren 
Höchstpreise  (Preisverzeichniss)  1888“. 

Die  unterm  10.  Februar  1877  No.  750/2.  M.  M.  A.  herausgegebene  PreUnach- 
Weisung  und  die  sonstigen  Preisfestsetzungen,  welche  dem  anliegenden  Preisver- 
zeichniss  widersprechen,  werden  hierdurch  ausser  Kraft  gesetzt. 

V.  Lauer. 

No.  506/12.  87.  M.  A. 


Kriegsministerinm. 

Medizinal -Abtheilung.  Berlin,  den  3.  Januar  1888. 

Um  den  Unterricht  der  Lazarethgehülfen,  die  Ausbildung  der  Krankenträger 
u.  8.  w.  durch  Anschauungsmittel  noch  mehr  zu  fordern,  als  es  bereits  durch  das 
Cnterrichtsbucb  für  Lazarethgehülfen  geschehen,  ist  das  Werk:  Anatomische  Wand- 
tafeln für  den  Schnlunlerricht  von  Dr.  Fiedler  beschafft  worden,  welches  jedem 
Gamison-Lazareth  in  einem  Exemplar  (4  Blatt)  überwiesen  werden  soll. 

Euer  Hochwohlgeboren  werden  ergebenst  ersucht,  gefälligst  bis  zum  20.Januarl888 
hierher  den  Bedarf  für  das  dortseitige  Armeekorps  unter  namentlicher  Aufführung 
der  Lazarethe  anzngeben. 

Ausserdem  werden  Euer  Hochwohlgeboren  3 Exemplare  der  Samaritertafeln 
von  Esmarch  (4  Blatt)  zugehen,  welche  neben  den  obengenannten  Fiedler'schen 
Tafeln  die  Oamison-Lazarethe  am  Sitze  des  Qeneralkommandos  und  der  Divisionen 
erhalten  sollen. 

Die  Vertheilung  etwa  öberschiessender  Exemplare  bleibt  Euer  Hochwohlgeboren 
überlassen,  doch  dürften  damit  vornehmlich  diejenigen  Garnison  - Lazarethe,  in 
denen  freiwillige  Krankenpfleger  ausgebildet  werden  sollen,  auszustatten  sein. 

Sämmtliche  Tafeln  sind  bei  den  Lazarethen  zn  inventarisiren. 

Das  Gamison-Lazareth  No.  1 hiersclbst  wird  die  Tafeln  seiner  Zeit  an  die 
dortseitige  Verbandmittelreserve  senden. 

Euer  Hochwohlgeboren  wollen  hiervon  dem  Königlichen  Generalkommando 
gefälligst  Vortrag  machen. 

T,  Lauer. 

No.  218.  1.  88.  M,  A. 


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14 


A.-V.-Bl.  No.  1. 

Kriegsminbteriam.  Berlin,  den  31.  Dezember  1887. 

Wittwen-  und  Waisengeldbeiträge  bei  der  Beförderung  der  Offiziere 
nnd  während  der  Probedienstlcistung  in  Beamtenstellen. 

Die  Witt  wen-  und  Waisengeldbeiträge  der  Offiziere  sind  schon  während  des 
«rsten  Jahres  nach  der  Beförderung  in  eine  höhere  Charge  nach  dem  vollen  pensions- 
fihigen  Diensteinkommen  dieser  Charge  zu  bemessen.  Die  Spezialbestimmnng 
des  §.  C des  Militär-Pensions-Gesetzes,  nach  welcher  unter  gewissen  Voraussetzungen 
nicht  das  pensionsfähige  Diensteinkommen  derjenigen  Charge,  welche  der  betreffende 
Offizier  bekleidet,  sondern  das  pensionsfähige  Einkommen  einer  anderen  Charge  bei 
Berechnung  der  Pension  zu  Grunde  zu  legen  ist,  ist  für  die  Auslegung  de«  §.  4 des 
Reliktengesetzes  ohne  Einfluss. 

Die  zur  Probedienstleistung  in  Beamtenstellen  der  Militärverwaltung  heran- 
gezogenen Personen  fallen  lediglich  dieses  Verhältnisses  wegen  nnd  so  lange  sie 
nicht  etatsmissig  angesteBt  nnd  aus  der  Stelle  pensionsberechtigt  sind,  nicht  unter 
das  Gesetz  vom  17.  Juni  1887 ; sie  haben  deshalb  auch  keine  Wittwen-  nnd  Waisen 
geldbeiträge  zu  entrichten. 

Bronsart  v.  Schellendorffi 

No.  672/9.  87.  A.  6. 


Personal -Veränderungen  ira  Sanitäts-Korps. 

Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen. 

Befördert  werden:  Dr.  Marqnard,  Oberstabsarzt  2.  El.  und  Regta-Arit 
vom  7.  Ostpreuss.  Inf.-Regt.  No.  44,  zum  Oberstabsarzt  1.  KI.  — Dr.  Schüler, 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  1.  Bat.  4.  Niederschles.  Inf.-Regts.  No.  51,  zum  Ober- 
stabsarzt 2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  Ostpreuss.  Ulan.-Regts.  No.  8.  — Dr.  Buch, 
Stabs-  und  Abtheil.-Arzt  von  der  Reitenden  Abtheilung  des  1.  Garde-Feld-Art.-Regts. 
zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Gamisonarzt  in  Danzig.  — Dr.  Marsch,  Assist.-Arzt 
1.  Kl.  vom  Regt,  der  Gardes  du  Corps,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  4.  Bals. 
Hess.  Füs.-Regts.  No.  80.  — Dr.  Spilling,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Magdeburg. 
Feld-Art.-Regt.  No.  4,  zum  Stabs-  nnd  Bats.-Arzt  des  2.  Bats.  1.  Nassau.  Inf.-Regts. 
No.  87.  — Dr.  Becker,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  4.  Rhein.  Infi-Regt.  No.  30,  rum 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats.  1.  Bad.  Leib-Gren.-Regts.  No.  109.  — Dr.  Egger, 
Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  2.  Grossberzogl.  Hess.  Drag.-Regt.  (Leib-Drag.-Regt.)  No.  24, 
zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  Füs.-Bats.  7.  Westßl.  Inf.-Regts.  No.  56.  — 
Dr.  Fritz,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Garde-Jäger-Bat-,  zum  Stabs-  und  Abthcil.-Arit 
der  Reitenden  Abtheiinng  des  Magdeburg.  Feld-Art.-Regts.  No.  4.  — Dr.  Dnvinsge. 
Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Bezirkskommando  des  Res.-Landw.-Regts.  (2.  Berlin)  No.  35, 
zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  4.  Bats.  1.  Posen.  Inf.-Regts.  No.  18.  — Dr.  Lang- 
hoff, Assist,-Arzt  1.  Kl.  vom  Kaiser  Franz  Garde-Gren.-Regt  No.  2,  zum  Stabs- 
und  Bats.-Arzt  des  Füs.-Bats.  4.  Garde-Gren.-Regts.  Königin.  — Die  Assis t- 
Aerzte  2.  Kl.  der  Res.;  Dr.  Richter  II.,  Dr.  Vorster,  Dr.  Klau,  Dr.  Wild, 
Dr.  Nasse  vom  Res.-Landw.-Regt  (1.  Berlin)  No.  35,  — Dr.  Donitzky  vom 
Res.-Landw.-Bat.  (Hannover)  No.  73,  — Dr.  Thümmel  vom  Res.-Landw.-Bst. 
(Magdeburg)  No.  36,  — Dr.  Oehmke  vom  1.  Bat.  (Dessau)  Anhalt.  Landw.-Regts. 
No.  93,  — Gorke  vom  1.  Bat.  (Mflnsterberg)  4.  Niederschles.  Landw.-Regts. 
No.  51,  — Geist  vom  1.  Bat.  (Darmstadt  II)  3.  Grossherzogi.  Hess.  Landw.*- 
Regts.  No.  117,  — Eisfeld  vom  1.  Bat.  (1.  Braunsebweig)  Braunsebweig.  Landw.- 


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Regts.  No.  92,  — Dr.  Rompe  vom  2.  Bat.  (Mühlhausen  i.  Th.)  1.  Thüring. 
Landw.-Regts.  No.  31,  — Dr.  Stauff  vom  Res.-Landw.-Regt.  (Cöln)  No.  40,  — 
Dr.  Weg  lau  vom  2.  Bat.  (Recklinghausen)  5.  Westfäl.  Landw.-Regts.  No.  53,  — 
Dr.  Roth  vom  2.  Bat.  (Weilbnrg)  2.  Nassau.  Landw.-Regts.  No.  88,  — Dr.  Herbst 
vom  Res.-Landw.-Bat.  (Königsberg)  No.  .33,  — Dr.  Arntz  vom  2.  Bat.  (Bielefeld) 

2.  WestfSl.  Landw.-Regts.  No.  15,  — Dr.  Kayser  vom  2.  Bat.  (Cöslin)  2.  Pomm. 
Landw.-Regts.  No.  9,  — Dr.  Vieweger  vom  1.  Bat.  (St.  Wendel)  4.  Rhein. 
Landw.-Regts.  Nu.  30.  — zu  Assist.- Aerzten  1.  Kl.  der  Res.  — Die  Assist- 
Aerzte  2.  Kl.  der  Landw.;  Dr.  Miessner,  Dr.  Glugauer  vom  Res.-Landw.- 
Regt.  (1.  Berlin)  No.  35,  — Dr.  Ostertag  vom  1.  Bat.  (Marburg)  1.  Hess.  Landw.- 
Regts.  No.  81,  — Dr.  Krhr.  v.  Babo  vom  2.  Bat.  (Karlsruhe)  3.  Bad.  Landw.-Regts, 
No.  111,  — Dr.  Herms  vom  2.  Bat.  (Burg)  1.  Magdeburg.  Landw.-Regts.  No.  26, 

— Dr.  Feustell  vom  1.  Bat.  (1.  Brannschweig)  Braunschweig.  Landw.-Regts. 
No.  92,  — Dr.  Garms  vom  1.  Bat.  (Soest)  3.  Westfäl.  Landw.-Regts.  No.  16,  — 
zu  Assist.- Aerzten  1.  KL  der  Landw.  — Die  Unterärzte:  Dr.  Paulun 
vom  3.  Pomm.  Inf.-Regt.  No.  14,  unter  Versetzung  zur  Marine,  — Dr.  Seyffert 
vom  5.  Rhein.  Inf.-Regt.  No.  65,  unter  Versetzung  zum  Rhein.  KOr.-Regt.  No.  8, 

— Dr.  Emmerling  vom  4.  Grossherzogl.  Hess.  Inf.-Regt.  (Prinz  Carl)  No.  118, 
unter  Versetzung  zum  1.  Grossherzogl.  Hess.  Drag.-Regt.  (Garde. Drag.-Regt.) 
No.  23,  — Dr.  Brecht  vom  Feld-Art.-Regt.  No.  31  unter  Versetzung  zum  I.  Garde- 
Regt.  zu  Fuss,  — zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  — Die  Unterärzte  der  Res.: 
Dr.  Fähndrich  vom  1.  Bat.  (Frankfurt  a.  O.)  1.  Brandenburg.  Landw.-Regts. 
No.  8,  — Oestreicher  vom  2.  Bat.  (Teltow)  7.  Brandenburg.  Landw.-Regts. 
No.  60,  — Dr.  Schimmelbusch  vom  2.  Bat.  (Halle)  2.  Magdeburg.  Landw.- 
Regts.  No.  27,  — Dr.  Ober  vom  Res.-Landw.-Bat.  (Glugau)  No.  37,  — Dr.  Barthel, 
Dr.  Goldfeld,  Dr.  Adler,  Ittmann  vom  Hes.-Landw.-RagL  (1.  Breslau)  No.  38, 

— Dr.  Scheyer  vom  1.  Bat.  (Gleiwitz)  3.  Überschles.  lAndw.-Regts.  No.  62,  — 
Dr.  Ullrich  vom  2.  Bat.  (Samter)  1.  Posen.  Landw.-Regts.  No.  18,  — Tenckhoff 
vom  1.  Bat,  (Freiburg)  5.  Bad.  Landw.-Regts.  No.  113,  — Dr.  Gödde  vom  1.  Bat. 
(Soest)  3.  Westfäl.  Landw.-Regts.  No.  16,  — Dr.  Neustadt  vom  2.  Bat.  (Paderborn) 
6.  Westfäl.  Landw.-Regts.  No.  55,  — Dr.  Paschen  vom  Res.-Landw.-Bat.  (Barmen) 
No.  39,  — Dr.  Longard  vom  2.  Bat.  (Bonn)  2.  Rhein.  Landw.-Regts.  No.  28,  — 
Dr.  Recbtmann  vom  Res.-Landw.-Regt.  (Cöln)  No.  40,  — Dr.  Sohnlzc-Berge 
vom  1.  Bat.  (Aachen)  1.  Rhein.  Landw.-Regts.  No.  25,  — Dr.  Bodet  vom  2.  Bat 
(Jülich)  5.  Rhein.  Landw.-Regts.  No.  65,  — Dr.  Wackerzapp  vom  1.  Bat  (Neuss) 
6.  Rhein.  Landw.-Regts.  No.  68,  — Dr.  Rüdiger  vom  1.  Bat  (1.  Trier)  8.  Rhein. 
Landw.-Regts.  No.  70,  — Dr.  Rothenberg  vom  1.  Bat.  (Hamburg)  2.  Hanseat. 
Landw.-Regts.  No.  76,  — Dr.  Hönck  vom  Res.-Landw.-Bat  (Altona)  No.  86,  — 
Dr.  Nicolaier  vom  2.  Bat  (Göttingen)  3.  Hannov.  Landw.-Regts.  No.  79,  — 
Grevemeyer  vom  2.  Bat.  (Nienburg)  1.  Hannov.  Landw.-Regts.  No.  74,  — 
Dr.  Hillebrecht  vom  Res.-Landw.-Bat  (Hannover)  No.  73,  — Dr.  Brackei  vom 

1.  Bat.  (Osnabrück)  1.  Hannov.  Landw.-Regts.  No.  74,  — Dr.  Günter  vom  1.  Bat. 
(Hildesbeim)  3.  Hannov.  Landw.-Regts.  No.  79,  — Dr.  Gesenius  vom  1.  Bat. 
(Weimar)  5.  Thüring.  Landw  -Regts.  No.  94,  — Dr.  Heilbrun  vom  2.  Bat  (1.  Cassel) 

3.  Hess.  Landw.-Regts.  No.  83,  — Dr.  Dedolph  vom  2.  Bat.  (Göttingen)  3.  Hannov. 
Landw.-Regts.  No.  79,  — Dr.  Cahen,  Dr.  Mayer  vom  Res.-Landw.-Bat. 
(Frankfurt  a.  M.)  No.  80,  — Dr.  Spies  »om  2.  Bat.  (Stockaeh)  6.  Bad.  Landw.-Regts. 
Ro.  114,  — Dr.  Burkarth  vom  1.  Bat  (Freiburg)  5.  Bad.  Landw.-Regts.  No.  113, 

— Keller  vom  2.  Bat.  (Heidelberg)  2.  Bad.  Landw.-Regts.  No.  110,  — Dr.  Feld- 
hauBch  vom  Unterelsäss.  Res.-Landw.-Bat  (Strassburg)  No.  98,  — zu  AsslsL- 
Aerzten  2.  Kl.  der  Res.  — Dr.  Stölting,  Unterarzt  der  Landw.  vom  Res.- 
Lindw.-Bat.  (Hannover)  No.  73,  — Dr.  Longinus,  Unterarzt  der  Landw.  vom 

2.  Bat  (Eupen)  1.  Rhein.  Landw.-Regts.  No.  25,  — zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl. 
der  Landw.  — Wicke,  Stabsarzt  ä la  suite  des  Sanitätskorps,  kommandirt  zur 
Dienstleistung  beim  Auswärtigen  Amt,  ein  Patent  seiner  Charge  verliehen.  — 
Dr.  Wallmüller,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Garnisonarzt  in  Danzig,  als  Regts.- 
Arzt  zum  4.  Ostpreuss.  Gren.-Regt.  No.  5,  — Dr.  Benzler,  Stabsarzt  vom 
Kadettenhause  zu  Oranienstein,  als  Bats.-Arzt  zum  3.  Bat.  des  Hannov.  Füs.-Regts. 


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16 


No.  73,  — Dr.  Weitz,  Subs-  und  Bsts.-Arzt  rom  Ffls.-Bat.  4.  Niederzchles.  Inf.- 
RegU.  No.  öl,  zum  1.  Bat.  desselben  Regts.,  — Dr,  Amende,  Ktabsaizt  vom 
medizinisch-chirurgischen  Friedrich-Wilhelms-Institut  als  Abtheil. -Arzt  znr  Reitenden 
Abtheilung  des  1.  Garde-Feld-Art.-Regts.,  — Dr.  Leu,  Stabs-  und  Bats.-Arrt  vom 
Ffls.-Bat.  2.  Magdeburg.  Inf.-Regts.  No.  27,  zum  medizinisch-chirurgischen  Friedrich- 
Wilhelms-Institut,  — Dr.  Vüllers,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  Ffls.-Bat  7.  WestfliL 
Inf.-Regts.  No.  56,  als  Abtheil.-Arzt  zur  Reitenden  Abtheilung  des  1.  Hannov.  Feld- 
Art.-Regts.  No.  10,  — Dr.  Krause,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  4.  Bat  des  Hess. 
Ffls.-Regts.  No,  80,  zum  Kadettenhause  in  Uranienslein,  — Dr.  Kretzschmar, 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  2.  Bat.  1.  Bad.  Leib-Gren.-Regts.  No.  109,  zum  Militär- 
Knaben-Erziehuugsinstitut  in  Annaburg,  — Dr.  Kurth,  Assist-Arzt  1.  Kl.  vom 
Ostfries.  Inf.-Regt.  No.  78,  zum  2.  Garde-Feld-Art.-Regt.,  — Dr.  Grassmann, 
Assist-Arzt  2.  Kl.  vom  1.  Oberschles.  Inf.-Regt.  No.  22,  zum  Regt,  der  Gardes 
du  Corps,  — versetzt.  — Dr.  Metzner,  Marine-Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Marine- 
Stationsarzt  der  Marinestation  der  Nordsee,  als  Generalarzt  2.  Kl.  mit  Pension  und 
seiner  bisherigen  Uniform,  — Dr.  Frankel,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt 
vom  Ostpreuss.  Ulan.-Regt.  No.  8,  mit  Pension  und  seiner  bisherigen  Uniform,  — 
Dr.  Berg,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  4.  Brandenburg.  Inf.-Regt 
No.  24  (Grossherzog  Friedrich  Franz  II.  von  Mecklenburg-.Schwerin),  mit  Pension, 

— Dr.  Richter,  Stabs-  und  Abtheil.-Arzt  von  der  Reitenden  Abtheilung  des 

1.  Hannov.  Feld-Art.-Regts.  No.  10,  als  Oberstabsarzt  2.  Kl.  mit  Pension  und  seiner 
bisherigen  Uniform,  — Geseke,  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Res.  vom  2.  Bat.  (Cflslin) 

2.  Pomm.  Landw.-Regts.  No.  9,  mit  Pension,  — Dr.  Albert,  Stabsarzt  der  Landtr.- 
vom  1.  Bat.  (Kirn)  7.  Rhein.  Landw.-Regts.  No.  69,  — Dr.  Bayer,  Stabsarzt  der 
Landw.  vom  2.  Bat  (Dortmund)  3.  Westfal.  Landw.-Regts.  No.  16,  — Dr.  Cuntz, 
Stabsarzt  der  Landw.  vom  2.  Bat.  (Wiesbaden)  1.  Nassau.  Landw.-Regts.  No.  87, 

— Dr.  Krantwurst,  Stabsarzt  der  Landw.  vom  2.  Bat  (Ratibor)  1.  Oberschles. 
Landw.-Regts.  No.  22,  — der  Abschied  bewilligt.  — Dr.  Wachsmann, 
Assist-Arzt  1.  Kl.  vom  4.  Pomm.  Inf.-Regt.  No.  21,  aus  dem  aktiven  Sanitätskorps 
ausgeschieden  und  zu  den  Sanitätsof&ziereu  der  Landw.  übergetreten. 

Berlin,  den  24.  Januar  1888. 


Nachweisung  der  beim  Sanitäts-Korps  im  Monat  Dezember  1887 
eingetretenen  Veränderungen. 

I.  Durch  Verfügung  des  Kriegsministeriums. 

Den  23.  November  1887. 

Dr.  Plagge,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats.  8.  Rhein.  Inf.-Regts.  No.  70, 
von  seinem  Kommando  als  Assistent  zum  Hygienischen  Institut  der  Universität 
Berlin  entbunden.  — Dr.  Kirchner,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  Füs.-Bats.  3.  Thflring. 
Inf.-Regts.  No.  71,  als  Assistent  zum  Hygienischen  Institut  der  Universität  Berlin 
bis  auf  Weiteres  kommaudirt. 

Den  3.  Dezember  1887. 

Dr.  Weisser,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats,  2.  Hanseat  Inf.-Regts. 
No.  76,  von  seinem  Kommando  als  Assistent  zum  Hygienischen  Institut  der  Uni- 
versität Berlin  entbunden.  — Dr.  Pfeiffer,  .Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats. 
Inf.-Regts.  No.  136,  als  Assistent  zum  Hygienischen  Institut  der  Universität  Berlin 
bis  auf  Weiteres  kommandirt 

Den  30.  Dezember  1887. 

Dr.  Rieder,  Assist.  - Arzt  1.  Kl.  vom  5.  Brandenburg.  Iuf.-Rcgt  No.  48,  von 
seinem  Kommando  zum  Kaiserlichen  Gesundheitsamt  entbunden.  — Dr.  Schiller, 
Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  2.  Garde-Feld-Art.-Regt.,  bis  auf  Weiteres  zum  Kaiserlichen 
Gesundheitsamt  kommandirt. 


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17 


II.  Durch  VerfQgung  des  General -Stabsarztes  der  Armee. 

Den  1.  Dezember  1887. 

Dr.  Seyffert,  Unterarzt  vom  5.  Rhein.  Inf.-Regt.  No.  65; 

den  15.  Dezember  1837. 

Ahlemann,  bisher  einjährig  - freiwilliger  Arzt  von  der  1.  Matrosendir.,  znm 
Unterarzt  ernannt; 

. den  27.  Dezember  1887. 

Dr.  Bock,  Unterarzt  vom  4.  Pomm.  Inf.-Regt.  No.  21,  — sämmtlich  mit 
Wahmehmnng  je  einer  bei  den  betreffenden  Tmppentheilen  bezw.  bei  der  Kaiser- 
lichen Marine  vakanten  Assist.-Arztstelle  beauftragt. 


Veränderungen  im  Königlich  Bayerischen  Sanitäts-Korps. 

Den  10.  Januar  1838. 

Rilling,  Dr.  Haverkamp,  Konrad,  Leiser,  Rfilig  (München  I), 
Dr.  Braune  (Ansbach),  Dr.  Alberts,  Dr.  Anton  (Würzbnrg),  Schäfer  (Speyer), 
Unterärzte  der  Res.,  zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  des  Benriaubtenstandes  befördert. 


Veränderungen  im  Königlich  Sächsischen  Sanitäts-Koi’ps. 

Allerhöchster  Beschluss  vom  23.  Dezember  1887. 

Dr.  Jacobi,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  1.  (Leib-)  Gren.-Regts. 
No.  100,  der  Titel  und  Rang  eines  Königlichen  Leibarztes  verliehen. 

Allerhöchster  Beschluss  vom  21.  Januar  1888. 

Dr.  Lange,  Stabs'  und  Bats.-Arzt  im  4.  Inf.-Regt.  No.  103,  zum  Oberstabs- 
arzt 2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  2.  Hus.-Regts.  Kronprinz  Friedrich  Wilhelm  des 
Deutschen.  Reichs  und  von  Preussen  No.  19,  — Prof.  Dr.  Bardelcbcn,  Stabsarzt 
der  Res.  des  Bats.  (Glauchau)  6.  Landw.-Regts.  No.  105,  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl. 
der  Res.,  — Dr.  Hesse,  Stabsarzt  der  Landw.  des  2.  Bats.  (Schneeberg)  5.  Landw.- 
Regts.  No.  104,  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  der  Landw.,  — Dr.  Rudloff,  Assist.- 
Arzt  1.  Kl.  des  2.  Ulsn.-Regts.  No.  18,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  bei  dem 
4.  Inf.-Regt.  No.  103,  — Dr.  Schmidt  I.,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Res.  des  1.  Bats. 
(1.  Leipzig)  7.  Landw.-Regts.  No.  106,  zum  Stabsarzt  der  Res.,  — Günther, 
Unterarzt  des  2.  Gren.-Regts.  No.  101  Kaiser  Wilhelm  König  von  Preussen,  — 
Krumbholz,  Unterarzt  des  1.  (Leib-)  Gren.-Regts.  No.  100,  unter  Versetzung  zum 
7.  Inf.-Regt.  Prinz  Georg  No.  106,  — Dr.  Wagner,  Unterarzt  des  2.  Jäg.-Bats. 
No.  13,  unter  Versetzung  zum  9.  Inf.-Regt.  No.  133,  — zu  Assist.-Aerzten 

2.  Kl.,  — Glaeser  und  Dr.  Böttger,  Unterärzte  der  Res.  des  Res.-Landw.-Bats. 
(1.  Dresden)  No.  108,  — Dr.  Clauss,  Unterarzt  der  Res.  des  2.  Bats.  (Zittau) 

3.  Landw.-Regts.  No.  102,  — Dr.  Obenaus,  Unterarzt  der  Res.  des  1.  Bats. 
(1.  Leipzig)  7.  Landw.-Regts.  No.  106,  — Dr.  Lufft,  Unterarzt  der  Res.  des 
Res.-Landw.-Bats.  (1.  Dresden)  No.  108,  — Jähkel,  Unterarzt  der  Res.  des 

1.  Bats.  (1.  Leipzig)  7.  Landw.-Regts.  No.  106,  — zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl. 
der  Res.  — befördert.  — Dr.  Radestock,  Assist.-Arzt  I.  Kl.  des  5.  Inf.-Regts. 
Prinz  Friedrich  August  No.  104,  unter  Enthebung  von  seinem  Kommando  zum 
Stadtkrankenhause  in  Friedrichstadt-Dresden,  zum  2.  Ulan.-Regt.  No.  18,  Garnison 
Oeithain,  versetzt.  — Dr.  Geier,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  des  Schützen-  (Füs.-)  Regts. 
Prinz  Georg  No.  108,  aus  dem  aktiven  Sanitäts-Korps  ausgeschiedeu  und  zu  den 
Sanitätsoffizieren  der  Res.  öbergeführt.  — Dr.  Friederich,  charakt.  Oberstabsarzt 

2.  Kl.  z.  D.,  in  Genehmigung  seines  Gesuchs  aus  Allerhöchsten  Kriegsdiensten  unter 
Fortgewährung  der  gesetzlichen  Pension  und  mit  der  Erlaubniss  zum  Forttragen  der 
bisherigen  Uniform  mit  Inaktivitätsabzeichen  verabschiedet. 


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Veränderungen  im  Königlich  Württembergischen  Sanitäts- Korps. 

Den  8.  Januar  1888. 

Effinger,  Dr.  Habermaas,  Unterärzte  der  Res.  im  Res.-Landw.-Bat  (Stutt- 
gart) No.  127,  zu  Assist.  - Aerzten  2.  KI.  der  Res.  ernannt.  — Dr.  Reichmann, 
Stabsarzt  der  Landw.  im  1.  Bat.  (Leonberg)  3.  Landw.  - Regts.  No.  121,  — Dr. 
Paimer,  Stabsarzt  der  Landw.  im  2.  Bat.  (Biberach)  2.  Landw.  - Regts.  No.  120, 
— Dr.  Teuffel,  Assist.>Arzt  1.  Kl.  der  Res.  im  2.  Bat.  (Reutlingen)  1.  Landw.- 
Regts.  No.  119,  — der  Abschied  bewilligt. 


Ordensverleihungen. 

Frenssische. 

Den  Rothen  Adler-Orden  3.  KI.  mit  der  Schleife; 

Generalarzt  2.  Kl.  und  Korpsarzt  Dr.  Strube  vom  VI.  Armee-Korps. 

Rother  Adler-Orden  4.  Kl.; 

Stabsarzt  ä la  suite  des  Sächsischen  Sanitäts-OfSzierkorps  Dr.  Wolf.  — Ober- 
stabsarzt 1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Dr.  Berkofsky  vom  Inf.-Regt.  Print 
Friedrich  Karl  von  Preussen  (8.  Brandenburg.)  No.  64.  — Oberstabsant 
2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Dr.  Lorenz  vom  8.  Pomm.  Inf.-Regt.  No.  61.  — 
Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Dr.  Richter  vom  3.  Magdeburg.  Inf- 
Regt.  No.  66.  — Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Dr.  Goetting  rt« 

1.  Westfal.  Hus.-Regt.  No.  8.  — Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.- An: 
Dr.  Claus  vom  4.  Rhein.  Inf.-Regt.  No.  30.  — Oberstabsarzt  2.  Kl. 
Regts.-Arzt  Dr.  Haertel  vom  Westfül.  Füs.-Regt.  No.  37.  — Oberstabsint 

2.  KI.  und  Garnisonarzt  Dr.  Huyn  zu  Mainz.  — Oberstabsarzt  2.  Kl.  lad 
Regts.-Arzt  Dr.  Graf  vom  7.  Thüring.  Inf.-Regt.  No.  96,  — Oberstabssta 
2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Dr.  Heimlich  vom  Drag.-Regt.  Prinz  Albreeht  ton 
Preussen  (Litthau.)  No.  1.  — Stabs-  und  Bats.-Arzt  Dr.  Senftleben  vom 
2.  Schles.  Gren.-Regt.  No.  11.  — Stabs-  und  Bats.-Arzt  Dr.  Mulnier  vom 
2.  Hess.  Inf.-Regt.  No.  82.  — Stabsarzt  der  Landw.  a.  D.  Dr.  Marnn;, 
zuletzt  vom  2.  Bat.  (Neu-Strelitz)  1.  Grossherzoglich  Mecklenb.  Land».- 
Regts.  No.  89. 

Den  Königlichen  Kronen-Orden  3.  Kl.: 

Oberstabsarzt  1.  Kl.  Dr.  Grossheim  vom  Kriegsministerium.  — Oberstabsant 
1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Dr.  Kirchner  vom  Leib-Kör.-Regt.  (Schles.)  No.  1. 
— Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Dr.  Rothe  vom  Gren.-Regt.  Priai 
Carl  von  Preus.sen  (2.  Brandenburg.)  No.  12.  — Oberstabsarzt  1.  Kl.  und 
Regts.-Arzt  Dr.  Kohlhardt  vom  1.  Hannov.  Drag.-Regt.  No.  9. 

Das  Allgemeine  Ehrenzeichen: 

Oberlazarethgehfllfe  Mühlhaus  vom  4.  Thüring  Inf.-Regt.  No.  72.  — Ober- 
lazarethgehülfe  Beier  vom  3.  Oberschles.  Inf.-Regt.  No.  62.  — Oberlaiaretb- 
gehOlfe  Janas  vom  Hannov.  Jäg.-Bat.  No.  10. 

Andere. 

Bayerischer  Militär-Verdienst  - Orden,  aus  der  zweiten  in  die  erste 
Klasse  der  Ritter  befördert: 

Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Garn.-Arzt  Dr.  Neuhöfer  bei  der  Kommandantur 
der  Haupt-  und  Residenzstadt  München.  — Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Gam.- 
Arzt  Dr.  Albert  bei  der  Kommandantur  der  Festung  Germersheim.  — 
Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Dr.  Wagner  des  2.  Inf.-Regts.  Kron- 
prinz, Div.-Arzt  der  1.  Div. 

Verdienst-Orden  vom  heiligen  Michael  4.  Kl.: 

Oberstabsarzt  1.  Kl.  Dr.  Kühbacher,  Regts.-Arzt  im  16.  Inf.-Regt.  vakant 
König  Alfons  von  Spanien. 


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Familien-N  achrichten. 

Verlobungen:  Dr.  Dieckmann,  Stabsarzt  bei  dem  König!,  med.-chir.  Friedrich' 
'Wilhelms-Institut,  mit  Frl.  Marie  Thoms  (Berlin— Neustrelitz). — Dr.  Krieger, 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats.  6.  Pomm.  Inf.  - Regts.  No.  49,  mit  Frl.  Julie 
Krieger  (Gnesen — Berlin).  — Dr.  Heinrich  Siemon,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  im 
1.  Westfil.  Feld-Art -Regt.  No.  7,  mit  Frl.  Margarethe  Richter  (Wesel). 
Gehörten:  (Sohn)  Dr.  Fricke,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  Oldenburg.  Inf. -Regt 
No.  91.  — Dr.  Arendt,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  Füs.-Bats.  6.  Ostprenss. 
Inf.-Regts.  No.  43. 

Todesfälle:  Dr.  Haitwig  Gribbohm,  Stabsarzt  der  Landw.  im  2.  Bat  (Rends- 
burg) Holstein.  Landw.-Regts.  No.  85  (Wiesbaden).  — Dr.  Landruck,  Assist- 
Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  im  2.  Bat.  6.  Xhüring.  Landw.-Regts.  No.  95  (Berlin). 
— Dr.  Heinrich  Stipanski,  Oberstabsarzt  a.  D.  (Zerbst). 


General-Stabsarzt  der  Armee  Dr.  t.  Lauer  feiert  am  12.  Dezember  1888  sein 
sechzigjähriges  Dienstjubiläum. 


General-Rapport 

von  den  Kranken  der  Königlich  Prenssischen  Armee,  des  XII.  (Königlich 
Sächsischen)  nnd  des  XIII.  (Königlich  'Wörttemberj^schen)  Armee- Korps, 
sowie  der  dem  XV.  Armee-Korps  attachirten  Königlich  Bayerischen 
Besatzongs-Brigade  pro  Monat  November  1887. 

1)  Bestand  am  31.  Oktober  1887:  7 119  Mann  und  36  Invaliden. 

2)  Zugang: 

im  Lazareth  12  151  Mann  und  — Invaliden, 

im  Revier  15  848  - - 10  • 

Summa  27  999  Mann  nnd  10  Invaliden. 
Mithin  Summa  des  Bestandes  nnd  Zuganges  35  118  Mann  nnd  46  Invaliden, 
in  Prozenten  der  Effektivstärke  8,5%  und  16,1%. 

3)  Abgang: 


geheilt  .... 

. 22  420  Mann,  5 Invaliden, 

gestorben  . . . 

57  - — - 

invalide  .... 

212  - — 

dienstuobranchbar 

482  - — 

anderweitig  . . 

428  - — 

Summa  . 

. 23  599  Mann,  5 Invaliden. 

4)  Hiernach  sind: 

geheilt  63,8%  der  Kranken  der  Armee  nnd  10,9%  der  erkrankten 
Invaliden, 

gestorben  0,16%  der  Kranken  der  Armee  und  — % der  erkrankten 
Invaliden. 

5)  Mithin  Bestand: 

sm  30.  November  1887  11519  Mann  und  41  Invaliden, 

in  Prozenten  der  Effektivstärke  2,8%  nnd  14,4%. 

Von  diesem  Krankenstände  befanden  sich: 

im  Lazareth  7 874  Mann  nnd  4 Invaliden, 
im  Revier  3 646  - - 37 


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Es  sind  also  von  616  Kranken  393,3  geheilt,  1,0  gestorben,  3,7  als 
invalide,  8,5  als  dienstonbraacbbar,  7,5  anderweitig  abgegangen,  202,0  im 
Bestand  geblieben. 

Von  den  Oestorbenen  der  aktiven  Trappen  haben  gelitten  an: 
Diphtberitis  1,  Blntvergiftung  2,  Unterleibstjpbas  9,  akatem  Oelenk- 
rhenmatismos  1,  Skorbut  1,  Zuckerruhr  1,  Epilepsie  1,  Lungenent- 
zündung 12,  Lungenschwindsucht  5,  Brustfellentzündung  4,  Herzleiden  2, 
Leberleiden  1,  Banchfellentzündnng  4,  Nierenleiden  6,  Ohrenleiden  1; 
an  den  Folgen  einer  Verunglückung:  Sturz  in  die  Tiefe  1,  Hofschlag  1, 
Schädelbrnch  in  Folge  Schlägerei  1;  an  den  Folgen  eines  Selbstmord- 
versuchs; Erscbiessen  1,  Vergiftung  2. 

Mit  Hinzurechnung  der  nicht  in  militärärztlicher  Behandlung  Ver- 
storbenen sind  in  der  Armee  im  Ganzen  noch  20  Todesfälle  vorgekommen, 
davon  3 durch  Krankheit,  1 durch  Verunglückung,  16  durch  Selbstmord; 
von  den  Invaliden:  durch  Krankheit  1;  so  dass  die  Armee  im  Ganzen 
77  Mann  und  1 Invaliden  durch  den  Tod  verloren  hat. 

Nachträglich: 

pro  Oktober  1887:  1 Selbstmord  durch  Ertränken. 


Oednickt  ia  der  KüniglicUen  Hofbachdruckerei  von  E.  8.  Mittler  a.  Sohn  in  Borlia,  KocktU;  dd'-TO. 


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Amtliches  Beiblatt 

zar 

Deutschen  militärärztlichen  Zeitschrift. 

1888.  — Siebzehnter  Jahrgang.  — M 8. 


Kriegsminuteriam. 

Medizinal  • AbtheiluDg.  Berlin,  den  18.  Januar  1888. 

Behufs  Herbeiführung  eines  einheitlichen  Verfahrens  bei  der 
Aufzeichnung  der  Temperatur-,  Puls-  u.  s.  w.  Schwankungen  in 
wichtigeren  Krankheitsfällen  sind  fortan  die  von  der  Abtheilung 
entworfenen  Fiebertabellen  zu  verwenden,  von  welchen  Buer  Hoch- 
wohlgeboren seitens  des  Korpsarztes  des  XL  Armeekorps  35  Stück  zur  Vertheilung 
en  die  Gamison-Lazarethe  als  Muster  für  künftige  Beschaffungen  zugeben  werden. 
Dieselben  sind  als  Bestandtheil  der  Kranken-Journalblätter  auzusehen  und  nach 
Bedarf  auf  Kosten  des  Medizinalfonds  zu  beschaffen. 

Die  Königliche  Waisenhausbuchdrurkerei  in  Cassel  hat  sich  bereit  erklärt, 
100  Stück  dieser  Tabellen  für  80  Pfennige  zu  liefern.  Dieser  Preis  darf  auch  bei 
anderweitigem  Bezüge  nicht  überschritten  werden. 

Der  Königlichen  Intendantur  wollen  Euer  Hochwohlgeboren  hiervon  gefälligst 
Kenntniss  geben. 

V.  Lauer. 

No.  1081/13.  87.  M.  A. 

Kriegs  ministerium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  20.  Januar  1888. 

In  Verfolg  der  Verfügungen  vom  7.  Juni  1886  No.  212.  6.  86.  M.  A.,  und 
rom  7.  April  1867  No.  109.  2.  87.  M.  A.*),  werden  die  Intendanturen  ergebenst 
benachrichtigt,  dass  die  Fabrikanten  Kietschel  und  Henneberg  hierselbst  den 
Uenneberg’schen  Desinfektoren  eine  verbesserte  Einrichtung  gegeben 
haben,  durch  welche  insbesondere  die  Erreichung  eines  über  100°  C.  hinausgehenden 
Dampf-Hitzegrades  möglich  gemacht  ist,  auch  wird  die  Einmanerung  der  Feuerung 
künftig  entbehrlich.  Nach  der  von  den  Genannten  ausgegebenen  Preisliste  No.  11 
Werden  die  neuen  Muster  T.  L und  T.  II.  hinsichtlich  der  Grösse  und  Leistungs- 
fähigkeit ungefähr  den  früheren  Mustern  A.  II.  und  A.  III.  entsprechen,  sich  aber 
im  Preise  billiger  stellen  (1250  Mk.  und  1750  Mk.). 

Ausserdem  haben  die  genannten  Fabrikanten  unter  Anwendung  einer  Des- 
infektionskammer  von  Holz  anstatt  von  Eisen  noch  einen  erheblich  billigem 
Apparat  hergestellt,  welchen  dieselben  nach  der  Preisliste  No.  Ha  als  Muster  T.  o. 
für  600  Mk.  liefern,  für  Gamison-Lazarethe  indess  in  Erwartung  eines  umfang- 
teichem  Bedarfs  für  500  Mk.  abgeben  wollen.  Hinsichtlich  der  Einrichtung  und 
Leistungsfähigkeit  soll  dieser  Apparat  den  in  der  Preisliste  No.  11  aufgeführlen 
Apparaten  gleichstehen.  Diesseits  findet  sich  Nichts  dagegen  zu  erinnern,  wenn  für 

*)  cf.  S.  44  ff.  Amtliches  Beiblatt  Jahrg.  1887  d.  Z. 


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kleinere  Lazsrethe  an  Stelle  der  in  der  Verfügung  vum  7.  April  v.  Js.  vorgeeehenen 
einfachem  Einrichtungen  dieier  Desinfektor  T.  o.  bescbafil  wird. 

Ein  für  den  Herrn  Korpsarzt  beetinmites  Exemplar  dieser  Mittheiinng  ist 
hier  beigefügt, 

T.  Lauer. 

No.  994.  12.  87.  M.  A.  U.  Angabe. 


Eriegsministerium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  4.  Februar  1888. 

Da  die  Uebungen  von  Mitgliedern  der  freiwilligen  Krankenpflege  in  den 
Gamison-Lazarethen  es  haben  nothwendig  erscheinen  lassen,  dass  den  unterrichtenden 
SanitSts-Offlzieren  das  .Unterrichtsbuch  für  freiwillige  Krankenpfleger*  zur  Hand 
ist,  so  ist  diesseits  eine  Anzahl  Exemplare  desselben  beschafft  worden,  von  denen 
Euer  Hochwohlgeboren  20  Stück  seitens  des  Garaison-Lazareths  No.  1 zugeheo 
werden.  Dieselben  sind  bei  dem  Gamison-Lazareth  am  Sitze  des  Geueralkommandoi 
zu  inventarisiren  und  leihweise  an  die  mit  dem  betreffenden  Unterricht  beauftragten 
Sanitäts-Offiziere  gegen  Quittung  zu  verausgaben. 

Dem  Königlichen  General-Kommando  wollen  Euer  Hochwohlgeboren  hierüber 
gefälligst  Vortrag  machen,  auch  der  Königlichen  Intendantur  Kenntniss  geben. 

V.  Lauer. 

No.  226.  2.  88.  M.  A. 

A.-V.-B1.  No.  2. 

Kriegsministerium.  Berlin,  den  14.  Febraar  1888. 

Gesetz,  betreffend  Aenderungen  der  Wehrpflicht,  vom  11.  Februar  1888 
sowie  vorläufige  Ausfährungs-  und  militärische  Ergänzungs- 
Bestimmungen  zu  demselben. 


1)  Der  heutigen  Nummer  des  Armee-Verordnungs-Blattes  liegt  in  besonderer 
Anlage  das 

Gesetz,  betreffend  Aenderungen  der  Wehrpflicht,  vom  11.  Febmar  1888 
nebst  vorläufigen  AnsfÜhmngs-  und  militärischen  Ergänzungs  - Be- 
stimmungen zu  demselben, 
bei. 

2)  Der  unterm  27.  Januar  1888  No.  480/1.  88.  A.  I.  zur  Versendung 
gelangte  Entwurf  des  Gesetzes  u.  s.  w.  ist  zu  vernichten. 

3)  Die  durch  die  vorläufigen  Ausführuugs-  und  militärischen  Ergänzungs- 
Bestimmungen  vorgeschriebenen  Formulare  sind  nach  den  vom  Kriegs- 
ministerium genehmigten  Proben  in  der  Reichsdruckerei  vorräthig. 
Letztere  ist  ermächtigt,  den  noch  vorhandenen  Bestand  an  Ueberweisungs- 
Nationalen  für  die  verschiedenen  Waffengattungen  zunächst  nocli  auf- 
zubrauchen. 

4)  Besondere  Abdrücke  der  Anlage  sind  bei  der  Königlichen  Hofbuchhandlung 
von  E.  S.  Mittler  und  Sohn,  Berlin  SW.,  Kochstrasse  68 — 70,  auf 
direkte  Bestellung  zum  Preise  von  60  Pf.  für  das  Exemplar  zu  haben. 

Bronsart  v.  Schellendorff. 

No.  211/2.  88.  A.  1. 


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A.-V.-BI.  No.  2. 

Kriegsminiaterium.  Berlin,  den  14.  Februar  1888. 

Ergänzungs-Bestimmungen  des  Chefs  der  Admiralität  zu  dem  Gesetz, 
betreffend  Aenderungen  der  Wehrpflicht,  vom  11.  Februar  1888. 
Den  Königlichen  Generalkommandos  werden  die  von  dem  Chef  der  Admiralität 
zu  dem  Gesetz,  betreffend  Aenderungen  der  Wehrpflicht,  vom  11.  Februar  1888 
erlassenen  Ergänzungs-Bestimmungen  behufs  Vertheilung  an  diejenigen  Stellen, 
welche  von  hier  aus  Exemplare  der  Marineordnung  erhalten  haben,  mittelst  Post- 
sendung zugeheii. 

Bronsart  r.  Schellendorff. 

No.  212/2.  88.  A.  1. 


A.-V.-BI.  No.  2. 

Kriegsministerium.  Berlin,  den  27.  Januar  1888. 

K rankenträger - Ordnung. 

Oie  Instruktion  für  die  Militärärzte  zum  Unterricht  der  Krankenträger  vom 
2.i.  Juni  1875  tritt  ausser  Kraft  und  wird  durch  die  neubearbeitete  Krankenträger- 
Ordnung  ersetzt.  Letztere  wird  den  Kommandobehörden  in  der  erforderlichen 
Anzahl  von  Exemplaren  mit  Verfheilungsplan  unter  Umschlag  übersandt  werden. 

Die  Krankenträger-Ordnung  erscheint  in  dem  Verlage  der  Königlichen  Hof- 
hnchhandlung  von  E.  S.  Mittler  und  Sohn  — Berlin  SW.,  Kochstrasse  68 — 70  — 
und  ist  bei  unmittelbarer  Bestellung  aus  der  Armee  geheftet  zum  Preise  von  65  Pf. 
und  gebunden  (Pappband  mit  Leinwandrücken)  zum  Preise  von  80  Pf.  für  das 
Exemplar  zu  beziehen. 

Bronsart  v.  Schellendorff. 

No.  609/1.  88.  M.  A. 


A.-V.-BI.  No.  3. 

Kriegsministerium.  Berlin,  den  14.  Februar  1888. 

Sanitätsbericht  über  die  deutschen  Heere  im  Kriege  gegen 
Frankreich  1870/71. 

Der  3.  Band  (Spezieller  Theil,  I.  Abtheiinng)  sowie  der  5.  Band  des  Sanitäts- 
berichts  über  die  deutschen  Heere  im  Kriege  gegen  Frankreich  1870/71  werden 
nebst  einem  Vertheilungsplan  mittelst  Umschlags  versandt  werden. 

Die  vorerwähnten  Bände  sind  bei  der  Königlichen  Hofbuchhandlung  von 
E.  S.  Mittler  und  Sohn,  Berlin  SW.,  Kochstrasse  68 — 70,  zum  Ladenpreise  von 
36  bezw.  40  Mk.  käuflich. 

Die  Offiziere,  Sanitätsoffiziere  und  Beamten  des  deutschen  Heeres  können 
dieselben  durch  Vermittelung  der  Medizinal-Abtheilung  zum  ermässigten  Preise 
von  30  bezw.  32  Mk.  beziehen. 

Bronsart  v.  Schellendorff. 

No.  1398/1.  88.  M.  A. 


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Personal -Veränderungen  im  Sanitäts-Korps. 

Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen. 

Dr.  Cammerer,  Generalarzt  2.  KI.  und  Korpearzt  des  IX.  Annee-Korpg,  znm 
Generalarzt  1.  KI.,  — Dr.  Gähde,  Oberatabsarzt  1.  KI.  und  Gamitonarzt  in 
Magdeburg,  znm  Generalarzt  2.  KI.  und  Korpzarzt  dez  X.  Armee-Korpa,  — 
Dr.  Schnee,  Azzizt.-ATZt  1.  KI.  vom  2.  Hanzeat.  Inf.-Regt.  No.  76,  zum  Stabz- 
und  Batz.-Arzt  dez  Füs.-Batz.  4.  Rhein.  Inf.-Regts.  No.  30,  — Dr.  Matz,  Azzist.- 
Arzt  1.  KI.  Tom  Garde-Huz.-Regt.,  zum  Stabz-  und  Bats.-Arzt  dez  3.  Batz.  4.  Bad. 
Inf.'Regtz.  Prinz  Wilhelm  No.  112,  — Munter,  Azaist.-Arzt  1.  KI.  rom  1.  Garde- 
Regt.  zu  Fuaz,  zum  Stabz-  und  Batz.-Arzt  dez  Ffiz.-Bata.  2.  Magdeburg.  InC-Regtz. 
No.  27  befördert.  — Die  Azsizt-Aerzte  2.  KI.  der  Rez.:  Dr.  Schirmer 
vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Weizzenfelz,  — Dr.  Kalliefe  vom  Ijmdw.-Batz.-Bezirk 
Görlitz,  — Dr.  Appuhn  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Hannover,  — Dr.  Dorn  vom 
Landw.-Bata.-Bezirk  I.  Brannzchweig,  — Dr.  Olzhanzen,  Dntting,  Srhönwilder 
vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Hamburg,  — Dr.  DDhrazen,  Dr.  Mozberg,  Dr.  Frinkel 
vom  Landw.-Regtz.-Bezirk  I.  Berlin,  — Dr.  Quetach  vom  Landw.-Batz.-Bezirk 
Altona,  — Dr.  Ricger  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Brieg,  — Dr.  Loewenhardt 
vom  Landw.-Regta.-^zirk  I.  Brezlan,  — Dr.  Kapuate  vom  Landw.-Batz.-Beiirk 
Neizze,  — Dr.  Stacke  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Erfurt,  — Dr.  Wroblewzki  vom 
Landw.-Batz.-Bezirk  Neutomizchel , — Dr.  Cajetan  vom  Landw.-Batz.-Bezirk 
Bonn,  — Dr.  Killiau  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Freiburg,  — Dr.  Hoffmann 
vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Weimar,  — Dr.  Moog  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Offen- 
burg, — Dr.  Wanke  vom  Landw.-Bata.-Bezirk  &hlawe,  — Prebel  vom  Land«.- 
Batz.-Bezirk  Woldenberg,  — Dr.  Gelpke  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Karlsruhe,  — 
Dr.  Howitz  vom  Landw.-Bata.-Bezirk  Schivelbein,  — Dr.  Haacke  vom  Landw.- 
Batz.-Bezirk  Burg,  — zu  Assist.- Aerzten  1.  KI.  der  Res.  befördert.  — 
Die  Assist.-Aerzte  2.  KI.  der  Landw.;  Dr.  Mahler  vom  Landw.-Bats.-Beiirk 
II.  Brannzchweig,  — Dr.  Decker  vom  Landw .-Batz.-Bezirk  Bremen,  — Neisel- 
mann  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Marienburg,  — Dr.  Berendzen  vom  Landw.- 
Batz.-Bezirk  Lübeck,  — Dr.  Germer  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Kirn,  — za 
Assizt.-Aerzten  1.  Kl.  der  Landw.,  — Dr.  Biedermann,  Aazizt-Arzt  2.  Kl. 
der  Marine -Res.  vom  Königl,  Sachs.  Landw. -Batz. -Bezirk  Borna,  zum  AszizL-Arzt 
I.  KI.  der  Marine-Res.,  — Dr.  Bock,  Unterarzt  vom  4.  Pomm.  InL-Regt.  No.  21, 
unter  Verzetznng  zum  Ostfriez.  Inf.-Kegt.  No.  78,  — Dr.  Ipscher,  Unterarzt  vom 
4.  Brandenburg.  Inf.-Regt.  No.  24  (Grozzherzog  Friedrich  Franz  II.  von  Mecklen- 
hurg-Schwerin),  unter  Versetzung  znm  Fusz  - Art.  - Regt.  No.  10,  — zu  Assist- 
Aerzten  2.  Kl.  ^ — befördert.  — Die  Unterärzte  der  Res.:  Dr.  Kunz, 
Dr.  Engelien,  Hohnfeldt  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Königsberg,  — Weber 
vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Gumbinnen,  — Haagen  vom  Landw.-Batz.-Bezirk 
Raztenburg,  — Dr.  Plehn  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Grandenz,  — v.  Trnszczjrnski 
vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Deotsch-Kylau,  — Dr.  Hartwich  vom  Landw.-Batz.- 
Bezirk  Marienburg,  — Dr.  Dalmer  rom  Landw.-Batz.-Bezirk  Stralsund,  — 
Dr.  Dietrich  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Brandenburg  a.  H.,  — Dr.  Jacoby, 
Dr.  Bardeleben,  Dr.  Marquardt  vom  Landw. -^gts.- Bezirk  I.  Berlin,  — 
Dr.  Bonde  vom  Landw.-Batz. -Bezirk  Heidelberg,  — Dr.  Nürnberg  vom  Landw.- 
Batz.-Bezirk  Halle,  — Dr.  Jacobi,  Dr.  Gramer  vom  Landw. -Regts.- Bezirk  I. 
Breslau,  — Dr.  Neuber  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Gels,  — Dr.  Löwenstein 
vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Minden,  — Dr.  Bartz,  Dr.  Baron  vom  Landw.-Bats.- 
Bezirk  Jfliieh,  — Dr.  Demmer  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Neuwied,  — Dr.  Rosen- 
thal vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Hamburg,  — Dr.  Oblsen,  Dr.  Elfeldt  vom 
Landw.-Bats.-Bezirk  Rostock,  — Dr.  Juhl  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Schlesvrig,  — 
Dr.  Koch,  Schliephake,  Dr.  Poppert  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Giezaen,  — 
Kuhn  vom  Landw.-Batz.-Bezirk  Herzfeld,  — Cahn  vom  Landw. -Bats. -Bezirk 
Mainz,  — zu  Assist.- Aerzten  2.  Kl.  der  Res.,  — Hitzegrad,  Friedrich, 
Martens,  Unterärzte  der  Marine-Res.  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Kiel,  zu  Assist- 


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25 


Aenten  3.  Kl.  der  Marine-Ree.,  — befördert.  — Dr.  Wenzel,  Marine-General- 
arzt 1.  Kl.,  — Dr.  Buech,  Oberatabearzt  1.  Kl.  nnd  Regta.-Arzt  vom  5.  Bad.  Inf.- 
Regt.  No.  113,  beauftrag!  mit  Wahrnehmung  der  diTisioniärztlicben  Funktionen  bei 
der  29.  Dir.,  — ein  Patent  ihrer  Charge  rerliehen.  — Schacht,  Unterarzt 
der  Marine-Ree.  rom  Landw.-Bata.-Bezirk  Kiel,  im  aktiren  Sanititakorps,  und  zwar 
unter  Beförderung  zum  Marine -Auist.- Arzt  3.  Kl.,  bei  der  Marine  angeetellt.  — 
Dr.  Edelbrock,  Königl.  Bajer.  Aaeiet.-Arzt  2.  Kl.  a.  D.  im  Landw.-Bate.-Bezirk  I. 
Müneter,  bisher  Assisu-Arzt  2.  Kl.  der  Res.  rom  Königl.  Bayer.  Landw.-Bat. 
Aschaffenborg,  im  Prenss.  Sanitätskorpe,  und  zwar  als  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Res. 
mit  Patent  rom  7.  April  1886,  angestellt  — Dr.  Sommer,  Stabsarzt  vom 
medizinisch  - chirurgischen  Friedrich -Wilhelsss  - Institut,  zur  Unteroff.  - Schule  in 
Potsdam,  — Dr.  Go e bei,  Stabsarzt  Tom  medizinisch  • chirurgischen  Friedrich- 
Wilhelms-Institot  als  Bats.-Arzt  zum  Füs.-Bat  4.  Niederschi.  Inf.-Regts.  No.  öl, — 
Dr.  Hertel,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  rom  Ffis.-Bat.  4.  Rhein.  Inf.-Regts.  No.  30,  zum 
medizinisch-chirurgischen  Friedrich-Wilhelnu-Institut,  — Dr.  Hünermann,  Assist.- 
Arzt  1.  Kl.  vom  2.  Westfäl.  Hus.-Regt.  No.  11,  zum  2.  Hanseat  Int-Regt  No.  76, — 
Dr.  Machatins,  Assist-Arzt  1.  Kl.  rom  Kadettenhanse  in  Potsdam,  zum  Beziiks- 
kommando  II.  Berlin,  — Dr.  Paalzow,  Assist-Arzt  1.  Kl.  vom  7.  Thüring.  Inf.- 
Regt  No.  96,  zum  Garde-Hns.-Regt , — Dr.  Wernicke,  Assist-Arzt  1.  KI.  vom 
1.  Bad.  Leib -Gren.- Regt.  No.  109,  in  die  etatsmäss.  Stelle  bei  dem  General-  und 
Korpsarzt  des  XIV,  Armee-Korps,  — Dr.  Pretzsch,  Assist-Arzt  1.  Kl.  vom 
3.  Magdeburg.  Inf.-Regt  No.  66,  zum  4.  Pomm.  Inf.-Regt  No.  21,  — Dr.  Hoenow, 
Assist-Arzt  2.  Kl.  vom  Fuss-Art.-Regt.  No.  10,  zum  Kadettenhause  in  Potsdam,  — 
Dr.  Appell  US,  Assist.-Arzt  2.  KI.  vom  Leib-6ren.-Regt  (1.  Brandenburg.)  No.  8, 
zum  Kaiser  Franz  Garde-Gren.-Regt  No.  2,  — versetzt  — Dr.  Glozin,  Stabs- 
nnd  Bats.-Arzt  vom  3.  Bat  4.  Bad.  Inf.-Regts.  Prinz  Wilhelm  No.  112,  mit  Pension 
und  seiner  bisher.  Uniform,  — Dr.  Gallenkamp,  Stabsarzt  von  der  Unteroff.- 
Schule  in  Potsdam,  mit  Pension,  — Dr.  Bauer,  Stabsarzt  der  Landw.  vom  Landw.- 
Bats.-Bezirk  Stettin,  mit  seiner  bisher.  Uniform,  — Dr.  Schnitze,  Stabsarzt  der 
Landw.  vom  Landw.-Regts.-Bezirk  I.  Berlin,  mit  seiner  bisher.  Uniform,  — Dr.  Roth, 
Stabsarzt  der  Landw.  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Gera,  — Dr.  Hermanns,  Stabs- 
arzt der  Landw.  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Eupen,  letzterem  als  Oberstabsarzt  2.  Kl. 
mit  seiner  bisher.  Uniform,  — Dr.  Scbroedter,  AssisL-Arzt  1.  KI.  der  Landw. 
vom  I.mndw.-Bats.-Bezirk  Naugard,  — Dr.  Marcnse,  Assist.-Arzt  1.  KL  der 
Landw.  vom  Landw. -Regts.-Bwirk  I.  Berlin,  — Goder,  Assist.-Arzt  1.  KI.  der 
Landw.  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  St.  Wendel,  — Dr.  Diesterweg,  Assist-Arzt 
1.  Kl.  der  Landw.  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Weilburg,  — Dr.  Mohr,  Assist-Arzt 
1.  Kl.  der  Marine-Res.  vom  Königl.  WürtSemberg.  Landw.-Bats.-Bezirk  Stuttgart,  — 
der  Abschied  bewilligt 

Berlin,  den  25.  Februar  1888. 


Nachweisung  der  beim  Sanitäts-Korps  im  Monat  Januar  1888 
eingetretenen  Veränderungen. 

Durch  Verfügung  des  Kriegsministeriums. 

Den  27.  Januar  1888. 

Nuszkowski,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  vom  2.  Obeneiiles.  Inf.-Regt.  Nn.  23,  zur 
Dienstleistung  bei  der  Kaiserlichen  Marine  kommandirt 


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26 


. Veränderungen  im  Königlich  Bayerischen  Sanitäts-Korps. 

Den  7.  Febrnar  1888. 

Dr.  Held,  Sek.  Lieut.  des  2.  Fuss-Art.-Regts.  (Landw.),  zum  Assist.-Arzt 
2.  KI.  des  Beiirlaubtenstandei  mit  einem  Patent  vom  1.  Dezember  1878  ernannt.  — 
T,räger,  Unterarzt  vom  16.  Inf.-Kegt.  vakant  König  Alfons  von  Spanien,  im 
13.  Inf.  - Regt.  Kaiser  Franz  Joseph  von  Oesterreich,  — Einstein,  Unterarit 
im  18.  Inf.-Regt.  Prinz  Ludwig  Ferdinand,  — zu  Assist- Aerzten  2.  KI.,  — 
Dr.  Mertsching,  Dr.  Hurtig,  Finsterlin,  Staudacher  (München  D>  Simon 
(Bamberg),  Dr.  Schweitzer,  Dr.  Bootz  (Würzburg),  Dr.  Hermann,  (LandanX 
Unterärzte  der  Res.,  zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  des  Beurlaubtenstandes,  — befördert 

Den  14.  Februar  1888. 

Dr.  De  Ah  na  (Hof),  Stabsarzt  der  Res.,  der  Abschied  bewilligt 

Den  17.  Februar  1888. 

Dr.  V.  Kolb,  Unterarzt  im  4.  Chev.-Regt.  König,  zum  Assist-Arzt  2.  Kl. 
befördert. 


Veränderungen  im  Königlich  Sächsischen  Sanitäts- Korps. 

Allerhöchster  Beschluss  vom  22.  Februar  1888. 

Dr.  Lufft,  Assist-Arzt  2.  Kl.  der  Res.  des  Res.  - Landw.  - Bats.  (1.  Dresden) 
No.  108,  im  aktiven  Saniläts-Ofhzier-Korps  und  zwar  vom  1.  März  d.  Ja.  ab  bei 
dem  Carab.-Rcgt  (Garnison  Borna)  angestellt  — Dr.  Sinz,  Dr.  Reuter  und 
Dr.  Grosse,  Unterärzte  der  Res.  des  1.  Bats.  (1.  Leipzig)  7.  Landw.-Regts.  No.  106, 
zu  Assist-Aerzten  2.  Kl.  der  Res.  befördert  — Dr.  Sommerey,  Assist-Arzt  2.  Kl. 
des  Schützen-  (Füs.-)  Regts.  Prinz  Georg  No.  108,  unter  gleichzeitiger  Kommandiiung 
als  Hilfsarbeiter  zur  Sanitäts-Direktion,  zum  4.  Inf.-Regt.  No.  103  versetzt.  — 
Dr.  Gruschky,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  z.  D.,  unter  Fortgcwähmng  der  gesetzlichen 
Pension  und  mit  der  Erlaubuiss  zum  Forttragen  der  bisherigen  Uniform  mit  den 
vorgeschriebenen  Abzeichen,  — Dr.  Lorrmann,  Stabsarzt  der  Res.  dos  2.  Bats. 
(Zittau)  3.  Landw.-Regts.  No.  102  und  — Dr.  Roth,  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Res. 
des  1.  Bats.  (1.  Leipzig)  7.  Landw.-Regts.  No.  106  der  erbetene  Abschied 
bewilligt 

Durch  Verfügung  des  Kriegsministerinms. 

Den  17.  Februar  1888. 

Dr.  Burdach,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  des  11.  Inf.-Regts.  No.  139,  an  das  Stadt- 
krankenbaus zu  Friedrichstadt — Dresden  unter  Enthebung  von  seinem  bisherigen 
Kommando  als  Hilfsarbeiter  bei  der  Sanitäts-Direktion  vom  1.  März  d.  Js.  ab 
kommandirt 

Allerhöchster  Beschluss  vom  5.  Februar  1888. 

Dr.  Walther,  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  des  1.  Bats.  (Planen)  5.  Landw.- 
Regts.  No.  104,  aus  allen  Militärverhältnissen  entlassen. 


Ordensverleihungen. 

Preussisc  he. 

Den  Königlichen  Kronen-Orden  3.  KI.: 

Oberstabsarzt  1.  Kl.  a.  D.  Dr.  Kühne  zu  Charlottenburg,  bisher  Regts.-Arzt 
des  Rhein.  Drag.-Regts.  No.  5. 

Andere. 

Kommandeurkreuz  2.  Kl.  des  Königlich  Schwedischen  Wasa-Ordens; 
Oberstabsarzt  1.  KI.  Dr.  Grossheim  im  Kriegsministerinm. 


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27 


Familien  -N  aclirichten . 

Verlobungen;  Dr.  Heinrich  Schülein,  KOnigl.  Bayer.  Agsist-Arzt  1.  Kl.  der 
Reg.,  mit  Frl.  Babette  Besold  (Fottenstein , Frank.  Schweiz — Pegnitz).  — 
Dr.  Arthnr  Ooebel,  Stabgarzt  bei  dem  KOnigl.  med.  chimrg.  Friedrich-Wilhelms- 
Ingtitnt,  mit  Frl.  Margarethe  Hei  ge  (Berlin).  — Dr.  Kubier,  Aggist.-Arzt  2.  Kl. 
im  5.  Bad.  Inf.-Regt.  No.  113,  mit  Miss  Dorette  Elmira  Malcolm  (Freiburg 
i.  Baden).  — Dr.  Rudolf  Witte,  Stabsarzt  der  Landw.,  mit  Frl.  Emmi  Preise 
(Berlin — Conradswaldau  in  Schlesien). 

Verheirathet:  Dr.  med.  Theobald  Meier,  Agsist.-Arzt  im  KOnigl.  Bayer.  4.  Feld- 
Art.-Regt.  KOnig  (Augsburg).  — Georg  Fischer,  Assist-Arzt  im  KOnigl.  Bayer. 
3.  Inf.-Kegt  Prinz  Carl  von  Bayern,  mit  Frl.  Marie  Kohlndorfer  (Landshut  — 
Lindau).  — Dr.  Emil  Stark,  Assist.-Arzt  der  Res.,  mit  Frl.  Bertha  Brunotte 
(Fürth).  — Dr.  OttoNenmann,  Assist-Arzt  im  Westfälischen  Füs.-Regt  No.  37, 
mit  Frl.  Helene  Lachmann  (Krotoschin).  — Dr.  Siems,  Assist-Arzt  2.  Kl. 
des  1.  Feld-Art-Regts.  No.  12,  mit  Frl.  Olga  Israel  (Dresden). 

Geburten:  (Sohn)  Dr.  Hoepner,  Assist-Arzt  1.  Kl.  im  Feld-Art.-Regt.  No.  IS 
[General-Feldzeugmeister]  (Frankfurt  an  der  Oder).  — Dr.  Witte,  Assist-Arzt 
1.  Kl.  am  Festungsgeßngniss  (Spandau).  — (Tochter)  Dr.  von  Miel^cki, 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats.  6.  Thüring.  Inf.-Kegts.  No.  95  (Hildburghausen). 
— Dr.  Martins,  Stabsarzt  (Berlin).  — Dr.  Muttray,  Stabsarzt  (Oldenburg). 

Todesfälle:  Dr.  August  Voelkel,  Stabsarzt  der  Landw.  a.  D.  (Berleburg).  — 
Dr.  Berthold,  KOnigl.  Generalarzt  1.  Kl.  und  Korpsarzt  des  X.  Armee-Korps 
(Hannover).  — Dr.  Friedrich  Lotsch,  Generalarzt  a.  D.  (Berlin).  — Dr.  GOtze, 
Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Res.  des  2.  Bats.  (Zittau)  3.  Landw.  - Regts.  Nu.  102 
(Leipzig). 


General-Rapport 

von  den  Kranken  der  Königlich  Prenssischen  Armee,  des  XII.  (Königlich 
Sichsischen)  und  des  XIII.  (Königlich  Wärttember^ischen)  Armee-Korps, 
sowie  der  dem  XV.  Armee-Korps  attaebirten  Königlich  Bayerischen 
Besatzungs-Brigade  pro  Monat  Dezember  18S7. 

1)  Bestand  am  30.  November  1887 : 11  519  Mann  u.  41  Invaliden. 

2)  Zugang: 

iffl  Lazaretb  10  136  Mann  und  1 Invaliden, 
im  Revier  16  509  - - 10  - 


Summa  26  645  Mann  und  11  Invaliden. 
Mithin  Summa  des  Bestandes  und  Zuganges  38  164  Mann  und  52  Invaliden, 
in  Prozenten  der  Effektivstärke  9,1%  und  18,6%. 

3)  Abgang: 

geheilt 25  967  Mann,  16  Invaliden, 

gestorben  ....  74  - — 

invalide 220  - — 

dienstunbrauchbar  . 643  - — 

anderweitig  . . . 434  - — 


Summa 


27  338  Mann,  16  Invaliden. 


4)  Hiernach  sind: 

geheilt  68,1%  der  Kranken  der  Armee  und  30,8%  der  erkrankten 
Invaliden, 

gestorben  0,19%  der  Kranken  der  Armee  und  — % der  erkrankten 
Invaliden. 


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28 


5)  Mithin  BesUnd: 

am  31.  Deaember  1887  10  826  Mann  and  36  Invaliden, 

in  Proienten  der  Effektivstärke  2,6%  and  12,9%. 

Von  diesem  Krankenstände  befanden  sich: 

im  Lazareth  7 367  Mann  and  3 Invaliden, 
im  Revier  3 459  - • 33 

Eis  sind  also  von  516  Kranken  351,1  geheilt,  1,0  gestorben,  3,0  als 
invalide,  8,7  als  dienatnnbraacbbar,  5,9  anderweitig  aJbgegangen,  146,3  im 
Bestände  geblieben. 

Von  den  Oestorbenen  der  aktiven  Trappen  haben  gelitten  an: 
Scharlach  1,  Rose  1,  Dipbtheritis  2,  Blatvergiftang  1,  Unterleibstjpbos  3, 
Blatfleckenkrankheit  1.  Zackerrabr  1,  Trichinose  1,  Epilepsie  1,  Hirn- 
and  Hirnbaatleiden  2,  Lnngenentzündung  21,  Langenblatang  1,  Lnngen- 
scbwindsacht  14,  Bra8tfellentzöndang4,  Herzleiden  2,  Palsadergeschwalst  1, 
Lympbdrüsenentzundang  2,  Magenblatang  1,  Banchfellentzändong  3,  Nieren- 
leiden 4,  Ohrenleiden  1,  Knochen-  and  &}Ocbenhaatentzändang  2;  an  den 
F'olgen  einer  Verunglöckang:  Hofscblag  3,  Sturz  mit  dem  Pferde  1. 

Mit  Hinsurecbuang  der  nicht  in  militärärztlicher  Behandlung  Ver- 
storbenen sind  in  der  Armee  im  Ganzen  noch  16  Todesfälle  vorgekommen, 
davon  4 durch  Krankheit,  2 darob  Verunglöckang,  10  durch  Selbstmord; 
von  den  Invaliden : durch  Krankheit  1 ; so  dass  die  Armee  im  Ganzen 
90  Mann  and  1 Invaliden  durch  den  Tod  verloren  hat. 

Nachträglich: 

pro  Oktober  1887:  1 VernnglSckung  durch  Ertrinken. 


Utdrnckt  in  d«r  Kßnif Heben  Hofbocbdnickvrai  Ton  B.  S.  Mittler  k Sobn,  Berlin,  Kocd»tr.  68~7<L 


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Amtliches  Beiblatt 

sar 

Deutschen  militärärztlichen  Zeitschrift. 

1888.  — Siebzehnter  Jahrgang.  — Jü 


Berlin,  den  18.  Februar  1888. 

In  neuester  Zeit  sind  die  pharmaaeutischen  Pressen  nach  dem  Differential- 
Hebels^atem  Patent  Ducbseher  in  Aufnahme  gekommen,  und  haben  vielfach  die 
gewöhnlichen  Spindelpressen  verdrängt,  weil  sie  hei  vurscliriftsmässig  geringer  Kruft- 
anwendung die  Erzielung  eines  bedeutenden  Drucks  gestatte.],  und  Presstücher  nicht 
erfordern.  Dem  gegenüber  ist  die  Bauart  der  Duchseber'scben  Pressen  eine 
entsprechend  zusammengesetztere  und  die  Handhabung  erfordert  mehr  Aufmerksamkeit, 
als  diejenige  der  älteren  Spindelpresseiu 

Es  liegt  nun  nicht  in  der  diesseitigen  Absicht,  die  Differential-Hebelpresse  aus 
den  Korps -Arznei -Reserven  auszuschliessen.  Demgemäss  wird  genehmigt,  dass  an 
Stelle  der  in  Anlage  1 zur  diesseitigen  Verfügung  vom  12.  12.  87.  No.  64U.  12.  87.  M.  A. 
unter  1,  A,  68  etatisirten  Pressen  mit  Zinn -Einsatz  Differential  - Uebelpressen 
entsprechender  Grösse  beschafft  werden  dürfen,  falls  Euer  Hochwuhlgeburen  dies 
für  zweckmässig  erachtet. 

Wo  eine  Presse  mit  Zinneinsatz  bereits  beschafft  sein  sollte,  ist  erst  nach 
völligem  Unbrauchbarwerden  der  Ersatz  derselben  durch  eine  Differential -Hebel- 
prease  statthaft. 

Im  Anschluss  hieran  wird  noch  bemerkt,  dass  auf  Seite  30  der  Anlage  1 zur 
diesseitigen  Verfügung  vom  12.  12.  87.  No.  646.  12.  87.  M.  A.  unter  No.  61  eine 
Flasche  zu  260  ccm,  und  ein  Pulverglas  hat  etatisirt  werden  sollen. 

V.  Lauer. 

No.  442.  2.  88.  M.  A. 


Berlin,  den  22.  Februar  1888. 

Zur  Anlegung  des  ersten  Verbandes  bei  Verletzungen  der  Arbeiter  und 
Arbeiterinnen  bei  den  Artilleriedeputs,  Laboratorien  u.  s.  w.  sollen,  sofern  das 
Bedürfniss  dazu  vorliegt,  in  der  Nähe  des  Gefahrortes  Verbandmittel  niedergelegt 
werden,  welche  von  den  Garnisun-Lazaretheu  auf  Erfordern  der  Artilleriedeputs  für 
dir  Zeit  des  möglichen  Bedarfs  leihweise  und  unentgeltlich  herzugebeu  sind. 

In  der  Regel  werden  für  ein  Laboratorium 
20  Verbandpäckchen, 

20  kleine  dreieckige  Verbandtücher, 

6 kleine  Pressstücke  Sublimatwundwatle, 

250  Sublimatmullkompressen, 

20  mittlere  Gazebinden  und 

5 Paar  hölzerne  Schienen  mit  Blechhülsen  zum  Zusammenfügeu, 


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30 


für  ein  Fort 

10  Verbandpäckchen, 

10  kleine  dreieckige  Verbandtücher  und 

2 Paar  hölzerne  Schieneti  mit  Blechhalsen  zum  ZusammenfQgen 

genügen. 

Euer  Hochwohlgeboren  wollen  gefälligst  dem  KOoigliclien  Generalkommando 
liierilber  Vortrag  halten  und  nach  Einvernehmen  mit  der  Korpsintendantur  die 
betreffenden  Garnisonlazarethe  mit  Anweisung  versehen. 

Die  hölzernen  Schienen  sind  den  Lazarethen  über  ihren  Etat  von  der  Verband- 
mittelreserve zu  überweisen. 

V.  Lauer. 

No.  1268.  I.  88.  M.  A. 


Berlin,  den  29.  Februar  1888. 

Die  zahlreichen  Veranlassungen,  welche  sich  in  der  Militär-Krankenbebandlung 
für  die  Anwendung  der  Massage  bieten  und  zu  deren  Verbreitung  in  den  letzten 
Jahren  geführt  haben,  Hessen  zugleich  vielhtch  das  Bedürfniss  nach  einer  sich- 
geniässen  Unterweisung  darüber  bei  den  Sanitäts-Offizieren  hervortreten.  Bisher  ist 
eine  solche  nur  einem  kleinen  Theil  derselben  zugänglich  geworden,  während  eine 
allgemeinere  Beherrschung  der  Grundsätze  über  die  Benutzung  dieses  Heilverfahren» 
und  seiner  Technik  für  die  Sanitäts-Offiziere  um  so  mehr  erwünscht  ist,  als  ihnen 
bestimmnngsgeniäsB  auch  der  Unterricht  des  unterstellten  Ijizaretli-Gehülfen-Personals 
und  die  Uebung  desselben  in  der  Massage  ziifällt. 

Hierbei  kommen  vorwiegend  die  Assistenzärzte  in  Betracht.  Es  ist  deshalb 
diesseits  in  Erwägung  genommen  worden,  ob  sich  bei  den  Provinzial-Fortbildungs- 
kursen  die  Massage  als  Unterrichtsgegensland  für  die  dazu  konimandirten  Assistcni- 
ärzte  des  Dieiuttstandes  einfügen  Hesse. 

Es  wird  von  den  lokalen  Verhältnissen  abhängen,  ob  dieser  Unterrichtsiweig 
einem  hierfür  geeigneten  Obermi Htärarzt  der  Garnison,  in  welcher  diese  Kurse 
stattfinden,  schon  jetzt  zu  übertragen  ist,  oder  ob  nicht  für  den  Anfang  wenigsten» 
diu  Mitwirkung  des  die  OperationsObiingen  leitenden  Professors  der  Chirurgie  in 
Anspruch  zu  nehmen  sein  mOi'hte.  In  letzterem  Falle  wollen  Euer  Hochwohlgeboreii 
Sich  gefälligst  mit  dem  betreffenden  Herrn  darüber  in  Verbindung  setzen,  ob  und 
unter  welchen  näheren  Bedingungen  er  das  die.sseitige  Vorhaben  zu  unterstützen  in 
der  Lage  sein  würde. 

Einem  gefälligen  Bericht  hierüber  bezw.  über  das  dort  einzuschlagende  Verfahren 
sieht  die  Abtheilung  demnächst  ergebenst  entgegen. 

Im  Anschluss  hieran  wird  das  ergebene  Ersuchen  ausgesprochen,  gefälligst  darauf 
Bedacht  zu  nehmen,  dass  nach  Heranbildung  geeigneter  Instruktoren  die  theoretisi'bc 
und  praktische  Unterweisung  in  der  Massage  bei  den  durch  diesseitige  Verfügung 
vom  17.  April  1887  No.  752/4  M.  A.  angeordneten  Uebnngskursen  für  Lazsreih- 
gebülfen  eingeführt  werde,  unbeschadet  der  Verfolgung  des  gleichen  Zieles  bei  dem 
regelmässigen  Unterricht  der  Lazarethgehülfen  in  den  einzelnen  Garnisonen. 

v.  Lauer. 

No.  C5T.  1.  88.  M.  A. 


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31 


Berlin,  den  8.  März  1888. 

Wie  Euer  Hochwohlf;eboren  bekannt  sein  dürfte,  hat  der  Direktor  des  Kaiser- 
lichen Gesundheitsaints  in  einer  BekannunacbunK  vom  7.  November  1887  die  Auf- 
forderung ergeben  lassen,  dass  ibm  Beobachtungen  und  Vorschläge,  welche  für  die 
Arbeiten  der  ständigen  Kommission  zur  Bearbeitung  der  Pharmakopoe 
forderlich  sein  könnten,  von  Fachmännern  mitgetheilt  werden  möchten. 

Um  den  der  ständigen  Kommission  angehOrenden  Mitgliedern  der  Militär- 
verwaltung auch  die  in  den  Lazarethen  gemachten  bezüglichen  Krfahningen  zu- 
gänglich zu  machen,  werden  Euer  Hochwohlgeboren  ergebenst  ersucht,  entsprechende 
Berichte  von  den  unterstellten  Sanitäts-Offizieren  gefälligst  vierteüährlich  einzufordern 
und  gesammelt  hierher  vorzulegen. 

L V. 

V.  Ooler. 

No.  »65.  3.  88.  M.  A. 

Berlin,  den  13.  März  1888. 

Von  den  Vorschlägen,  welche  in  Folge  des  diesseitigen  Erlasses  vom  6-  Oktober  v.  J. 

— No.  439/10.  87  M.  A.  — seitens  der  einzelnen  Intendanturen  bezüglieh  der 
vortheilhaften  Beschaffung  des  Weinbedarfs  für  die  Garnison-Lazarethe 
gemacht  worden  sind,  erscheinen  diejenigen  beachtenswerth  und  auch  ausführbar, 
welche  sich  auf  eine  Centralisation  der  Weinverdingung  in  der  Art  beziehen,  dass 
die  Lieferung  des  Bedarfs  für  den  ganzen  Korps-Bereich  von  einem  Garnison-Lazareth 
ausgeboten  und  verdungen  wird,  die  Lieferung  selbst  aber  in  Flaschen  an  die 
einzelnen  Lazarethe  mit  der  Verpflichtung  erfolgt,  dass  nur  volle  bezw.  halbe  Liter- 
flaschen zur  Anwendung  kommen. 

Der  Königlichen  Intendantur  wird  ergebenst  anheimgestellt,  ein  solches  Verfahren 

— sofern  es  nicht  bereits  geschehen  bezw.  soweit  nicht  bereits  bestehende  Vertrags- 
Verhältnisse  entgegenstehen  — für  das  kommende  Fitatsjahr  einzuführen  und  zum 
15.  Februar  1889  Ober  die  dabei  gewonnenen  Erfahrungen  zu  berichten.  Der  dort- 
seitigen Erwägung  nach  Maassgabe  der  lokalen  Verhältnisse  bleibt  es  überlassen, 
ob  die  Maassnahmen  für  den  ganzen  Korps-Bereich  einzuführen,  oder  etwa  nur  für 
einzelne  solche  kleineren  I.Azarethe,  für  welche  die  WeinbeschaATong  am  Orte  selbst 
Schwierigkeiten  bet  eitet. 

Eine  Abänderung  des  einfachen  Wein-Portionssatzes  wird  diesseits  nicht 
beabsichtigt. 

Dem  Herrn  Korpsarzt  ist  hiervon  Kenntniss  zu  geben. 

I.  V. 

No.  672.  2.  88.  M.  A.  v.  Coler. 


A.-V.-Bl.  No.  10,  1888. 

Gesetz,  betreffend  den  Erlass  der  Wittwen-  und  Waisengeldbeiträge 
von  Angehörigen  der  Reichs-Zivil  Verwaltung,  des  Reichsheeres  und 
der  Kaiserlichen  Marine.  Vom  5.  März  1888.  (R.-G.-B1.  S.  65.) 

Wir  Wilhelm  von  Gottes  Gnaden  Deutscher  Kaiser,  König  von 
Preussen  etc.  verordnen  im  Namen  des  Reichs,  nach  erfolgter  Zustimmung  des 
Bundesraths  und  des  Reichstags,  was  folgt: 


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32 


Artikel  I. 

Die  Wittwen-  und  Waisengeldbeitrage,  welche  auf  Grund  des  Geseties,  betreffend 
die  Fürsorge  für  die  Wittwen  und  Waisen  der  Rcicbsbeamten  der  Zirilrerwaltung, 
vom  30.  April  1881  (Reichs - Gesetzbl.  S.  85),  sowie  des  Gesetzes,  betreffend  die 
Fürsorge  für  die  Wittwen  und  Waisen  von  Angehörigen  des  Reichsheeres  und  der 
Kaiserlichen  Marine,  vom  17.  Juni  1887  (Reichs-Geselzbl.  S.  237)  zu  entrichten  sind, 
werden,  unbeschadet  des  an  diese  Verpflichtung  geknüpften  Anspruchs  auf  Witlwen- 
und  Waisengeld,  vtyn  1.  April  1888  ab  nicht  erhoben. 

Artikel  II. 

§.  1.  Verzichte  auf  Wittwen-  und  Wafsengeld,  welche  auf  Grund  der  §§.  23, 
24  des  Gesetzes  vom  20.  April  1881  oder  der  §§.  26,  27  des  Gesetzes  vom  17.  Juni  1887 
erklärt  sind,  dürfen  bis  zum  30.  Juni  1888  einschliesslich  widerrufen  werden.  Auf 
Rechtsnachfolger  geht  diese  Befugniss  nicht  über. 

Der  Reichskanzler  kann,  soweit  die  dienstlichen  Verhältnisse  der  Betheiligten 
es  erfordern,  die  Frist  angemessen  verlängern. 

§.  2.  Der  Widemifende  hat  denjenigen  Betrag  an  Wittwen-  und  Waisengeld- 
heiträgen  zur  Reicbskasse  nachzuentrichten,  welcher  ohne  Erklärung  des  Verzichts 
von  ihm  hätte  entrichtet  werden  müssen. 

Die  Tilgung  dieser  Schuld  geschieht  in  Theilbcträgen  von  drei  Prozent  lic* 
Diensteinkommens,  des  Wartegeldes  oder  der  Pension  nach  den  für  die  Erhebung 
iler  Wittwen-  und  Waisengcldbeiträge  bestehenden  Vorschriften  mit  der  Maassgabe, 
dass  es  dem  Beitragspflichtigen  jederzeit  freisteht,  den  Rest  seiner  Schuld  zur  Reichs- 
kasse  zu  zahlen. 

Der  nach  dem  Tode  des  Beitragspflichtigen  etwa  noch  ungedeckte  Betrag  wird 
von  den  zunächst  fälligen  Katen  des  Wittwen-  und  Waisengeldes  vorweg  in  Abzug 
gebracht. 

§.  3.  Mitgliedern  einer  der  im  §.  22  des  Gesetzes  vom  20.  April  1881  und  im 
35  des  Gesetzes  vom  17.  Juni  1887  bezeichncten  Landesanstalten,  welche  gemäss 
§.  1 den  Verzicht  widerrufen  und  gleichzeitig  aus  der  Landesanstalt  ausscheiden, 
sind  die  an  die  letztere  seit  der  Verzichtleistung  entrichteten  Beiträge  auf  die  nach 
§.  2 zu  machenden  Nachzahlungen  anzurechnen. 

§.  4.  Gehört  der  Widerrufende  einer  Militär-Wittwenkasse  als  Mitglied  an,  so 
ist  die  Erhöhung  der  von  ihm  hei  der  letzteren  versicherten  Pension  nnznlissig 
und,  soweit  sie  nach  dem  .30.  Juni  1887  erfolgt  ist,  ohne  Wirkung. 

Ist  nach  den  für  eine  Landesanstalt  geltenden  Normen  die  Höhe  der  Beitrags- 
pflicht,  sowie  der  Wittwen-  und  Waisenpeusionen  von  Dienstzeit,  Dienstrang  oder 
Diensteinkommen  abhängig,  so  werden  für  die  fernere  Beitragspflicht  des  Wider- 
nifenden  zur  Landesanstalt  und  Berechnung  der  von  dieser  zu  leistenden  Wittwen- 
und  Waisenpensionen  Dienstzeit,  Dienstrang  und  Diensteinkommen  nur  insoweit  in 
Ansatz  gebracht,  als  sie  am  1.  Juli  1887  erreicht  waren. 

Artikel  III. 

Die  Bestimmungen  dieses  Gesetzes  kommen  in  Bayern  nach  Maassgabe  des 


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33 


BSndniiMTertrag«s  vom  23.  November  1870  (Bundes -Gesetrbl.  1871  S.  9)  inr^  An- 
wendung. 

Urkundlich  unter  Unserer  Höchsteigenhändigen  Unterschrift  und  beigedrucktem 
Kaiserlichen  Insiegel. 

Gegeben  Berlin  den  ö.  März  1888. 

(L.  S.)  ITilhelm. 

V.  Boetticher. 


Personal -Veränderungeo  im  Sanitäts-Korps 

Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen. 

Charlot  tenb II  rg,  den  12.  März  1888. 

Dr.  Schräder,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  3.  Garde-Kegts.  z.  F., 
der  Charakter  als  Generalarzt  2.  Kl.  verliehen. 

Charl  ottenbu rg,  den  22.  März  1888. 

Dr.  May 8,  Assist. -Arzt  2.  Kl.  der  Res.  vom  Landw.-Bals.-Bczirk  Heidelberg, 
aus  allen  Militär-Verhältnissen  entlassen. 

Charlottenburg,  den  3.  April*1888.  ' 

Dr.  Lorenz,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  8.  Pumm.  Inf.-Regt. 
No.  61,  zum  Oberstabsarzt  1.  Kl.,  — Dr.  Schweiger,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom 
Ffis.-Bat.  b.  Ostpreuss.  Inf.-Regts.  No.  41,  zum  Oberstabsarzt  2.  KI.  und  Regts.- 
Arzt  des  Litthaii.  Ulan.-Regts.  No.  12,  — Dr.  Ludewig,  Stabs-  und  Bats.-Arzt 
vom  Füs.  - Bat.  4.  Magdeburg.  Inf.  - Regts.  No.  67,  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und 
Regts.-Arzt  des  Inf.-Regts.  No.  131,  — Dr.  Joetzc,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom 

1.  Bat.  7.  ThQring.  Inf.-Regts.  No.  96,  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt 
des  3.  Schles.  Drag.-Regts.  No.  15,  — Dr.  Miinter,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom 
Füs.-Bat.  3.  Oberschles.  Inf.-Regts.  No.  62,  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.- 
Arzt  des  Inf.-Regts.  No.  137,  — Wirtz,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Inf.-Regt  No.  136, 
zum  .Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  .3.  Bats.  dieses  Regte.,  — Dr.  Grünert,  Assist- 
Arzt  1.  Kl.  vom  2.  Hannov.  Ulan.  - Regt.  No.  14,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des 

2.  Bats.  des  Inf.-Regts.  No.  97,  — Dr.  Pauli,  Assist-Arzt  1.  Kl.  vom  Kaiser 
Alexander  Garde  - Gren.  - Regt.  No.  1,  zum  Stabs-  und  Bats.  Arzt  des  Füs.  • Bats. 
I.  Nassau.  Inf.-Regts.  No.  87,  — Dr.  Pusch,  Assist  - Arzt  1.  Kl.  in  der  etats- 
uiässigen  .Stelle  bei  dem  General-  und  Korpsarzt  des  III.  Armee-Korps,  zum  Stabs- 
uud  Bats.-Arzt  des  Füs.-Bate.  5.  Ostpreuss.  Inf.-Regts.  No.  41,  — Dr.  Strauch, 
Asslst.-Arzt  1.  Kl.  vom  Kaiser  - Drag.  - Regt.  No.  8,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des 
Füs.  Bats.  3.  Oberschles.  Inf.-Regts.  No.  62,  — Dr.  Hampe,  Assist-Arzt  1.  Kl. 
von  der  vereinigten  Art-  und  Ingen.-Schule,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats- 
7.  Thüring.  Inf.-Regts.  No.  96,  — Dr.  Bürger,  Marine-Assist.-Arzt  1.  KI.  von  der 
I.  Matrosendiv.,  zum  Marine-Stabsarzt,  vorläufig  ohne  Patent,  — Kaiser,  Unterarzt 
vom  6.  Bad.  Inf.-Regt.  No.  114,  zum  Assist.-Arzt  2.  Kl.  — befördert  — Die 
Unterärzte  der  Res.:  Dr.  Schinke  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Anclam,  — Dr. 
Schmalle  vom  Landw.- Bats. -Bezirk  Landsberg  a.  W.,  — Dr.  Liebrecht  vom 
Landw.-Regts.-Bezirk  I.  Berlin,  — Dr.  Din k 1er  vom  Landw. -Bau. -Bezirk  Gera, 
— Dr.  Roether  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Rybnik,  — Dr.  Kbeling  vom  Landw.- 
Bats.-Bezirk  .Striegau,  — Brieger  vom  Landw.-Regts.-Bezirk  I.  Breslau,  — Ten- 
baum  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  I.  Münster,  — Dr.  Riffart  vom  Landw.-Bats.- 
Bezirk  Weilburg,  — Dr.  Koch  vom  Landw.-Regts.-Bezirk  Cöln,  — Dr.  Overhamm 
vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Aachen,  — Dr.  Heerlein,  Dr.  Hagemann  vom  Landw.- 
Bats.-Bezirk  Bonn,  — Terbrüggen  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  II.  Münster,  — 
Böwing  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  I.  Braunschweig,  — Dr.  Seelig  vom  Landw.- 
Bats.-Bezirk  Hannover,  — Dr.  Meyer  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Osnabrück,  — 


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34 


Dr.  Keilmann  vom  Ijandw.-Batt.-Bezirk  Mainz,  — Dr.  Hasa  vom  Landw.-Batz.- 
Bezirk  Rendabarg,  — Dr.  Boie  vom  Landw.  - Bata.  - Bezirk  Kiel,  — Dr.  Brauch 
vom  Landw.  - Bata.  - Bezirk  Straaaburg,  — zu  Aaaiat.  - Aerzten  2.  Kl.  der  Rei. 
beffirdert.  — Dr.  Lieber,  Oberatabaarzt  1.  Kl.  und  Gam.-Arzt  zu  Straaaburg  i.  K., 

— Dr.  Kügler,  Marine-Oberatabaarzt  2.  Kl.,  — ein  Patent  ihrer  Charge  ver- 
liehen. — Dr.  Bäuerlein,  Marine-Oberatabaarzt  1.  Kl.  von  der  2.  Matroaendiv. 
zum  Slationaarzt  der  Marineatation  der  Nordace  ernannt.  — Dr.  Grändler,  Ober- 
stabaarzt 2.  Kl.  und  Regta.-Arzt  vom  Litthau.  Ulan.-Regt.  No.  12,  zum  Magdeburg. 
Kür.-Regt.  No.  7,  — Dr.  Kellermann,  Oberatabaarzt  2.  Kl.  und  Regta.-Arzt  vom 
Int-Regt.  No.  131,  als  Gam.-Arzt  nach  Magdeburg,  — Dr.  Schultze,  Stabs-  und 
Bata.-Arzt  vom  Füa.-Bat.  des  Inf.-Regta.  No.  132,  zum  2.  Bat.  1.  Obersrblea.  Inf.- 
Regts.  No.  22,  — Dr.  Schröder,  Stabs-  und  Bata.-Arzt  vom  2.  Bat.  1.  Oberschles. 
Inf.-Regta.  No.  22,  zum  Föa.-Bat.  des  Inf.-Regta.  No.  132,  — Dr.  Gröbensrhütz, 
Stabs-  und  Bata.-Arzt  vom  Brandenburg.  Jäger-Bat.  No.  3,  zum  1.  Bat.  des  Gren.- 
Kegta.  Prinz  Karl  von  Preusaen  (2.  Brandenburg.)  No.  12,  — Dr.  Salzwedel, 
•Stabs-  und  Bata.-Arzt  vom  Föa.-Bat.  1.  Nassau.  Inf.-Regta.  No.  87,  zum  mediziniach- 
chirurgiaehen  Friedrich -Wilhelme- Institut,  — Dr.  Pfeiffer,  Stabs-  und  Bata.-Arzl 
vom  3.  Bat.  des  Inf.-Regta.  No.  136,  zum  Fils.-Bat.  4.  Magdeburg.  Inf.-Regta.  No.  67, 

— Dr.  He  Im  bo  Id,  Stabs-  and  Bata.-Arzt  vom  2.  Bat.  des  Inf.-Regta.  No.  97,  zum 
Brandenburg.  Jäger-Bat  No.  3,  — Dr.  Pannwitz,  Aasiat.-Arzt  l.KI.  vom  1.  Rhein. 
Inf.-Regt  No.  23,  zum  Inf.-Regt.  Nu.  132,  — Dr.  Stolzenberg,  Assist-Arzt  l.KI. 
vom  Ostpreusa.  Drag.-Regt  No.  10,  zum  Kaiser- Drag. -Regt  No.  8,  — Dr.  Hert- 
mann, Assist-Arzt  1.  Kl.  vom  2.  Hess.  Hus.-Regt.  No.  14,  zur  vereinigten  An.- 
iind  Ingen.-.Schule,  — Dr.  Körner,  Assist-Arzt  1.  Kl.  vom  Braunschweig.  Int- 
Kegt.  No.  92,  zum  Kaiser  Alexander  Garde-Gren.-Regt  No.  1,  — Dr.  Wassmund, 
Assist-Arzt  2.  Kl.  vom  3.  Brandenburg.  Inf.-Regt  Nu.  20,  io  die  etatamäsa.  Stelle 
bei  dem  General-  und  Korpaarzt  des  III.  Armee-Korps,  — Dr.  Grosser,  Assist- 
Arzt  2.  Kl.  vom  Grossherzugl.  Hess.  Feld-Art-Regt.  No.  25  (Grossherzogi.  Art.- 
Korps),  zum  2.  Hess.  Hus.-Regt.  No.  14,  — Dr.  Krüger,  Assist-Arzt  2.  Kl.  vom 
Inf.-Regt.  No.  132.  zum  1.  Rhein.  Inf.-Regt  No.  25,  — versetzt  — Dr.  Schilling, 
Oberstabsarzt  I.  Kl.  und  Regta.-Arzt  vom  Magdeburg.  Kür.-Regt  No.  7,  als  Gen.- 
Arzt  2.  Kl.  mit  Pension  und  seiner  bisher.  Vniform,  — Dr.  Jnzi,  Obeiatabsar« 
I.  Kl.  und  Regta.-Arzt  vom  Inf.-Regt.  No.  137,  mit  Peiuiiun  und  seiner  bisherigen 
Uniform,  — Dr.  Busse,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  I.  Rat.  des  Gren.-Regta.  Prinz 
Carl  von  Preusaen  (2.  Brandenburg.)  No.  12,  als  Oberstabsarzt  2.  Kl.  mit  Pension 
und  seiner  bisher.  Uuifurm,  — Belau,  Assisi.-Arzt  1.  Kl.  von  der  1.  Provinzial- 
Invaliden-Kompagnie,  als  Stabsarzt  mit  Pension  und  seiner  bisherigen  Uniform,  — 
•Schirmer,  Assist-Arzt  l.KI.  von  der  2.  Provinzial-Invaliden-Kompagnie,  als  Subs- 
arzt  mit  Pension,  — Dr.  Da II mann,  Stabsarzt  der  Res.  vom  Landw.-Bats. -Bezirk 
Frankfurt  a.  O.,  — Dr.  Stoevesandt,  Stabsarzt  der  Landw.  1.  Angebots  vom 
Landw.-Bats.-Bezirk  Bremen,  diesem  mit  seiner  bisher.  Uniform,  — Dr.  Hoppe, 
Assist- Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  I.  Aufgebots  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  Frankfurt  a.  0., 

— Dr.  Fromme,  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  I^ndw.  1.  Aufgebots  vom  lasndw.-Bats.- 
Bezirk  Bremen,  — der  Abschied  bewilligt  — Dr.  Sarganek,  Assist  - Arzt 
1.  Kl.  vom  1.  Pomm.  Feld -Art. -Regt.  Nu.  2,  aus  dem  aktiven  Sanitätskorps  aus- 
geschieden und  zu  den  Sanitätsoffizieren  der  Res.  ühergetreten. 


Nachweisung  der  beim  Sanitäts-Korps  imMonat  Februarund  März  1888 
eingetretenen  Wränderungen. 

Den  2.  Februar  1888. 

Lösener,  einjährig -freiwilliger  Arzt  vom  Garde- Jäger-Bat.,  zum  Unterarzt 
ernannt  und  mit  Wahrnehmung  einer  bei  diesem  Truppentheil  vakanten  Assist-Ant- 
stelle  beauftragt. 

Den  28.  Februar  1888. 

Heins,  Unterarzt  vom  3.  Rhein.  Inf.-Regt  No.  29,  mit  Wahrnehmung  einer 
hei  diesem  Truppentheil  vakanten  Assist-Arztstelle  beauftragt. 


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35 


(Chef  d.  Adm.  ».  8.  2.  88.) 

Or.  Kuntzen,  Oberstabsarzt  2.  Kl.,  nach  RQckkehr  S.  M.  S.  .Stein*  von 
diesem  Schiffe  ab-  und  als  Oberarzt  der  II.  Matrosendivision  kommandiit. 

(Chef  d.  Adm.  v.  8.  2.  88  ) 

Schreuer,  Stabsarzt,  Anfang  April  er.  von  Lebe  nach  Wilhelmshaven,  — 
Dr.  Kichter,  Stabsarzt,  gleichzeitig  von  Wilhelmshaven  nach  Lehe,  — Wefers 
Assisn-Arzt  1.  Kl.,  nach  Kflckkehr  von  S.  M.  S.  .Gneiseuau*  von  Kiel  nach. 
Friedrichsort,  — Dr.  Bassenge,  Assist.-Arzt  I.  Kl.,  von  Friedrichsort  nach  Kiel 

— versetzt. 

Kommandirungen  S.  M.  Schiffe. 

(Chef  d.  Adm.  v.  27.  3.  88.) 

Für  .Niobe*:  Dr.  Schneider  II.,  Stabsarzt;  — für  .Nixe“:  Dr.  Rnnkwitz, 
Assist.-Arzt  1.  Kl.:  — für  .Victoria*:  Dr.  finge,  Assist-Arzt  2.  Kl.;  — für 
.Albatross*:  Dr.  Wilm,  Assist.  2.  Kl.;  — für  .Pommerauia*:  Schumann, 
Assist-Arzt  2.  Kl.;  — für  den  Stab  der  Manüverilotte:  Sander,  Stabsarzt,  als 
Geschw.-Arzt;  — für  .Baden*:  Sander,  Stabsarzt,  Dr.  Fischer  II.,  Assist.-Arzt 
2.  KI.;  — für  .Bayern*:  Schubert,  Stabsarzt,  Fischer  I,  Assist-Arzt  2.  KI.;  — 
für  .Kaiser*;  Dr.  Brnnhoff,  Stabsarzt,  Dr.  Frentzel-Beyme,  Assist-Arzt  2.  Kl.; 

— für  .Friedrich  der  Grosse“:  Schreuer,  Stabsarzt,  Dr.  Loewenhardt,  Assist- 
Arzt  2.  Kl.;  — für  .Zielen“:  Jahn,  Assist-Arzt  2.  Kl.;  — für  den  Stab  des 
Schulgeschwaders:  Dr.  Globig,  Oberstabsarzt  2.  Kl.,  als  Geschw.-Arzt;  — für 
-Stein“:  Dr.  Globig,  Oberstabsarzt  2.  Kl.,  Greifenhagen,  Assist-Arzt  2.  Kl.;  — 
für  .Gneisenau“:  Dr.  Fritz,  Stabsarzt,  Dr.  Erdmann,  Assist-Arzt  2.  Kl.:  — für 
.Moltke“:  Dr.  Düsterhoff,  Stabsarzt,  Dr.  Griebsch,  Assist-Arzt  2.  Kl.;  — 
für  .Prinz  Adalbert*:  Prinz,  Stabsarzt,  Dr.  Kremkau,  Assist.-Arzt  2.  Kl.;  — 
für  den  Stab  der  Torpedoboots- Flottille:  Dr.  Arendt,  Assist-Arzt  1.  Kl.,  als 
Flottillen-Arzt;  — für  .Blitz“:  Dr.  Arendt,  Assist-Arzt  1.  Kl.;  — für  Torpedo- 
divisionsboot ,D  l*:  V.  KOppeti,  Assist-Arzt  2.  Kl.;  — für  Torpedodivisionsboot 
,D  2“:  Dr.  Spiering,  Assist-Arzt  1.  Kl.;  — für  .Leipzig“:  Dr.  Groppe,  Stabs- 
arzt, Dr.  Arimond,  .Assist-Arzt  2.  Kl.:  — für  den  Stab  des  Kreuzergeschwaders, 
Abgelöst:  Dr.  Diehl,  Oberstabsarzt  2.  Kl.;  kommandirt:  Dr.  Gruppe,  Stabsarzt, 
als  (veschw.-Arzt;  — für  .Carola“,  an  Bord  kommandirt:  Dr.  Weiss,  Stabsarzt; 

— für  .Wolf*,  ahgelüst:  Dr.  Di  rksen  I.,  Assist.-Arzt  I.  Kl.;  an  Bord  kommandirt: 
Hohenberg,  Assist.-Arzt  1.  KI.;  — für  .Möwe“,  abgelüst:  Dr.  Koch,  Assist- 
Arzt  1.  KI.;  an  Bord  kommandirt:  Dr.  Bassenge,  Assist-Arzt  1,  Kl. 


Veränderungen  im  Königlich  Bayerischen  SanitÄts-Korps. 

Den  8.  März  1888. 

Dr.  Hartmann,  Unterarzt  im  16.  Inf.-Regt.  vakant  König  Alfons  von  Spanien, 
zum  Assist-Arzt  2.  Kl.  befördert 

Den  24.  März  1888. 

Wiederangestellt; 

Im  Lsndw.-Bats.-Bezirk  Hof:  den  Stabsarzt  Dr.  Rinne,  die  Assis t.-Aerzte 
1.  Kl.  Dr.  Braun,  Dr.  Martin;  — im  Landw.-Bats. -Bezirk  Kitzingen:  den 
Assist-Arzt  2.  Kl.  Hartig;  — im  Landw.-Bats.-Bezirk  Kitsingen;  die  Assist. - 
Aerzte  1.  Kl.  Dr,  Langenkamp,  Dr.  Eschenburg,  Dr.  Börner,  den  Assist.- 
Arzt  2.  Kl.  Dr.  Kode;  — im  Landw.-Bats.-Bezirk  Würzburg:  die  Assist- 
Aerzte  1.  Kl.  Dr.  Nieberding,  Dr.  Müller,  Dr.  Wunderlich;  — im  Landw.- 
Bats.-Bezirk  Aschaffenburg:  die  Assist.- Aerzte  1.  Kl.  Dr.  Grüdel,  Dr.  Holling, 
Dr.  Kräh;  — in:  Landw.-Bats.-Bezirk  Kaiserslautern:  den  Stabsarzt  Dr.  Hendrichs, 
die  Assist -Aerzte  1.  KI.  Dr.  Kaulen,  Dr.  Diederichs,  Dr.  Held;  — im 
Landw.-Bats.-Bezirk  Landau;  den  Assist-Arzt  1.  KI.  Dr.  Straub;  — im  Landw.- 
Bats.-Bezirk  Zweibrüeken:  die  Assist.-Aerzte  1.  Kl.  Dr.  Renner,  Willigens, 


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36 


Ben  31.  März  188B. 

Wiederangestellt: 

Im  Landw.-Bats.-Bezirk  I.  München:  die  Assist.- Aerzte  1.  Kl.  Br.  Frobe- 
nius,  Br.  Walther,  Br.  Panizza,  den  Assist.-Arzt  i.  Kl.  Br.  Prunhuber;  — 
im  Landw.-Bats.-Bezirk  II.  München:  den  Assist.-Arzt  2.  Kl.  Br.  Urlaub;  — im 
Landw.-Bats.-Bezirk  Mindellieim:  den  Stabsarzt  Br.  Luchbrunner,  den  Assist.- 
Arzt  1.  Kl.  Br.  Wille;  — im  Landw.-Bats.-Bezirk  Augsburg:  den  Assist. -Arzt 
l.  Kl.  List;  — im  Landw.-Bats.-Bezirk  Billingen:  die  Assist.- Aerzte  1.  Kl. 
Br.  Wezel,  Br.  Bnndschii;  — im  Landw.-Bats.-Bezirk  Ingobitadt:  den  Stabsarzt 
Br.  Van  sei  uw. 

Ben  1.  April  1888. 

Br.  Vossschulte,  Stabsarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  (Kaiserslautern),  der 
Abschied  aus  allen  MilitirTerbältnissen  ertheilt. 

Burch  V'erfügung  des  Kriegsministeriums. 

Ben  5.  März  1888. 

Br.  Hanf,  Unterarzt  der  Kes.,  in  den  Friedensstand  des  12.  Inf.-Regts.  Priiu 
Arnulf  versetzt  und  mit  Wahrnehmung  einer  vakanten  Assist. -Arztstelle  beauitrigt. 

Ben  1.  April  1888. 

Bühm,  einjährig-freiwilliger  Arzt  vom  1.  Inf.-Regt.  Kdnig,  zum  Unterarzt  im 
3.  Chev.-Regt.  Herzug  Maximilian  ernannt  und  mit  Wahrnehmung  einer  vakanten 
Assist.-Arztstelie  beauftragt. 


Veränderungen  im  Königlich  Sächsischen  Hanitäts- Korps. 

Allerhöchster  Beschluss  vom  21.  März  1888.  ' 

Br.  Wilke,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  4.  Inf.-Regt  No.  103,  zum  1.  Peld-Ait- 
Regt.  No.  12,  — Br.  Siems,  Assist.-Arzt  2.  RI.  vom  1.  Feld-Art-Regt.  No.  18, 
zum  8.  Inf.-Regt.  Prinz  Johann  Georg  No.  107,  — versetzt.  — Peschek,  Unter- 
arzt vom  11.  Inf.-Regt  No.  139,  unter  Versetzung  zum  5.  Inf.-Regt  Priiu  Friedrich 
August  No.  104,  zum  Assist.-Arzt  2.  Kl.,  — Br.  Ludwig,  Br.  Hoffmann,  Unter- 
ärzte der  Res.  vom  Landw.-Bats.-Bezirk  I.  Bresden,  zu  Assist.-Aerzteu  2.  Kl.  der 
Res.,  — befördert  — Br.  Klinger,  Stabsarzt  der  Res.  a.  B.,  in  der  Res.  des 
Sanitäts-Uffizierkurps  mit  einem  Patent  vom  20.  Februar  1879  £ wiederaugestellt. 


Veränderungen  im  Königlich  Württembergischen  Sanltäts-Korpa. 

Ben  3.  März  1888. 

Br.  Jäger,  Stabsarzt  im  Inf.-Regt  König  W’ilhelm  No.  124,  kommaudirt  zum 
Kaiserlichen  Gesundheitsamt  in  Berlin,  auf  ein  weiteres  Jahr  in  diesem  Kommando- 
verhältnisse belassen. 

Ben  10.  März  1888. 

Bie  Unterärzte  Br.  Beck  im  Ulan.- Regt.  König  Wilhelm  No.  20,  — 
Br.  Heise  ini  2.  Brag.-Kegt.  No.  2G,  — Br.  Haasis  im  4.  Inf.-Regt  No.  122, 
dieser  unter  Versetzung  in  das  Inf.-Regt  König  Wilhelm  No.  124  — zu  Assist.- 
Aerzteu  2.  Kl.  ernannt 

Ben  31.  März  1888. 

Br.  Reinhardt,  Assist-Arzt  1.  Kl.  im  Inf.-Regt.  Kaiser  Friedrich  Köiüg 
von  Preussen  No.  125,  in  die  etatsmässige  Stelle  beim  Korps-Generalarzt  versetzt 

Ben  7.  April  1888. 

Br.  Müller,  Oberstabsarzt  I.  Kl.  und  Regts.-Arzt  im  Inf.-Regt  Kaiser  Wilheloi 
König  von  Preussen  No.  120,  mit  Pension  und  mit  der  Erlaubniss  zum  Tragen  der 
bisherigen  Uniform  der  Abschied  bewilligt. 


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Durch  Verfügung  des  Korps-Generalarztes. 

Den  14.  Februar  1888. 

Schoffer,  einjährig -freiwilliger  Arzt  im  8.  Inf.- Regt  No.  12G,  mit  Wirkung 
vom  14.  Kebruar  d.  J.  ab  zum  Unterarzt  des  Friedensstandes  in  dem  genannten 
Regiment  ernannt  und  mit  Wahrnehmung  einer  vakanten  Assist-Arztstelle  beauftragt. 


Ordensverleihungen. 

Preussische. 

Kreuz  der  Grosskomthure  des  Königlichen  Haus-Ordens  von  Hohen- 
zol lern: 

Generalstabsarzt  der  Armee  und  Chef  des  Sanitätskorps,  Wirkt.  Geheimen  Ober- 
Medizinalrath  und  Professor  Dr.  v.  Lauer. 

Kreuz  der  Komthure  desselben  Ordens: 

Generalarzt  2.  RI.  und  Regts.-Arzt  des  Garde-Kür.-Regta.  Dr.  Leuthold. 
Kreuz  der  Ritter  desselben  Ordens: 

Stabs-  und  Bats.-Arzt  Dr.  Ti  mann  vom  Kaiser  Alexander  Garde-Gren.-Regt. 
No.  1. 

Andere: 

Kommandeurkreuz  2.  KI.  des  Königlich  Schwedischen  Wasa-Ordens: 
Oberstabsarzt  1.  Kl.  Dr.  Michel,  Chefarzt  des  2.  Gam.-Lazareths  für  Berlin 
zu  Tempelliof. 


Familien-Nachrichten. 

Verlobungen:  Dr.  Paul  Seifert,  Assi.st  - Arzt  1.  Kl.  der  Res.,  mit  Frl.  Marie 
Hübler  (Dresden).  — Dr.  Felix  Berthold,  Assist.  - Arzt  1.  Kl.  im  Hannor. 
Train-Bat.  No.  10,  mit  Frl.  Bertha  Meineke  (Hannover).  — Dr.  Benda,  Stabs- 
und Bats.-Arzt  im  Garde-Füs.-Regt.,  mit  Frl.  Hanna  Blew  (Berlin — Angermünde). 
— Dr.  Friedrich  Bull  er,  Assist. -Arzt  im  KOnigl.  Bayer.  3.  Jäger-BaL,  mit  Frl. 
Josephine  Ruppert  (Eichstädt).  — Dr.  Balmer,  Stabsarzt  in  der  KOnigl.  Sächs. 
Sanitätsdirektion,  mit  Frl.  Ida  Werner  (Dresden — Leipzig). 

Verheirathet:  Dr.  Pfuhl,  Stabsarzt  bei  dem  mediz.-chirurg.  Friedrich -Wilhelms- 
Institut,  mit  Frl.  Gertrud  Koch  (Berlin).  — Dr.  Joseph  Sandtner,  KOnigl. 
Bayer.  Assist.  - Arzt  1.  Kl.  der  Res.,  mit  Frl.  Marie  Piechler  (Ottenburg).  — 
Dr.  Eduard  Richter,  Assist.-Arzt  im  3.  Garde-UIan.-Regt.,  mit  Frl.  Ines  Ebert 
(Potsdam — Berlin). 

Geburten:  (Sohn)  Dr.  Demuth,  Stabsarzt  im  Eisenbahn  - Regt.  (Berlin).  — 
(Tochter)  Dr.  Brodführer,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  Füs.  - Bats.  7.  Thüring. 
Inf.-Regt.  No.  96  (Rudolstadt). 

Todesfälle:  Dr.  Berg,  Oberstabsarzt  a.  D.  (Neu  - Ruppin).  — Dr.  Heinrich 
Wächter,  Marine  - Stabsarzt  a.  D.,  Frau  Maria  Theresa,  geb.  d’ArauJo  Nabuco 
(Maroim,  Provinz  Sergipe,  Brasilien).  — Dr.  Georg  Müller,  KOnigl.  Bayer. 
Generalarzt  1.  Kl.  z.  D.  (München).  — Schlott,  KOnigl.  Sanitätsrath  und 
Stabsarzt  a.  D.  (Halle  a.  S.).  — Dr.  Jacob  Plien,  Stabsarzt  der  Landw.  a.  D. 
(Süchteln).  — Dr.  Georg  Dietil,  Kgl.  Bayer.  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  a.  D. 
(Kirchheimbolanden). 


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General -Rapport 

von  den  Kranken  der  Königlich  Prenssischen  Armee,  des  XII.  (Königlich 
Sächsischen)  und  des  XIII.  (Königlich  Wörttembergischen)  Armee-Korps, 
sowie  der  dem  XV.  Armee-Korps  attachirten  Königlich  Bayerischen 
Besatzongs-Brigade  pro  Monat  Jannar  1888. 

1)  Bestand  am  31.  Dezember  1887  : 10  826  Mann  n.  36  Invaliden 

2)  Zugang: 

im  Lnzareth  14  175  Mann  und  1 Invaliden, 
im  Revier  24  577  - - 10  • 


Summa  38  752  Mann  nnd  11  Invaliden. 


Mithin  Summa  des  Bestandes  und  Zuganges  49  578  Mann  und  47  Invaliden, 
in  Prozenten  der  Effektivstärke  ll,7®/o  und  17,2“/o. 

3) 


geheilt  .... 

. 33  842 

Mann, 

10 

Invaliden, 

gestorben  . . . 

87 

- 

1 

- 

invalide  .... 

165 

- 

— 

- 

dienstunbranchbar 

466 

- 

— 

- 

anderweitig  . . 

382 

- 

1 

- 

Summa  . 

. 34  942 

Mann, 

12 

Invaliden. 

4)  Hiernach  sind: 

geheilt  68,3°/a  der  Kranken  der  Armee  und  21, 3%  der  erkrankten 
Invaliden, 

gestorben  0,18’’/o  der  Kranken  der  Armee  und  2,1%  der  erkrankten 
Invaliden. 

5)  Mithin  Bestand: 

am  31.  Januar  1888  14  636  Mann  nnd  35  Invaliden, 

in  Prozenten  der  Effektivstärke  3,5%  und  12,8%. 

Von  diesem  Krankenstände  befanden  sich: 

im  Lazareth  9 951  Mann  und  2 Invaliden, 
im  Revier  4 68.5  - - 33 

Es  sind  also  von  570  Kranken  389,1  geheilt,  1,0  gestorben,  1,9  als 
invalide,  5,4  als  dienstnnbraucbbar,  4,4  anderweitig  abgegangen,  168,2  im 
Bestände  geblieben. 

Von  den  Gestorbenen  der  aktiven  Truppen  haben  gelitten  an: 
Rose  1,  Diphtheritis  2,  Karbunkel  1,  Blutvergiftung  4,  gastrischem  Fieber  1, 
Unterleibstyphus  4,  epidemischer  Genickstarre  4,  akutem  Gelenk- 
rheumatismus 4,  Blutarmuth  2,  bösartigen  Geschwülsten  1,  Hirn- und 
Hirnbantleiden  3,  Lungenentzündung  20,  Lungenschwindsucht  18,  Brustfell- 
entzündung 4,  Herzleiden  7,  Darmentzündung  3,  Bauchfellentzündung  1, 
Nierenleiden  5,  Ohrenleiden  1,  Knocbenentzündung  1.  Von  den  Invaliden: 
an  Lungenentzündung  1. 

Mit  Hinzurechnung  der  nicht  in  militärärztlicher  Behandlung  Ver- 
storbenen sind  in  der  Armee  im  Ganzeu  noch  25  Todesfälle  vorgekommen, 
davon  3 durch  Krankheit,  6 durch  Verunglückung,  16  durch  Selbstmord; 
von  den  Invaliden : durch  Krankheit  1 ; so  dass  die  Armee  im  Ganzeo 
112  Mann  und  2 Invaliden  durch  den  Tod  verloren  hat. 


Nachträglich: 

pro  November  1887:  1 Selbstmord  durch  Vergiftung. 


Gddrackt  in  der  Königlichen  Uofbucbdruckerei  von  E.  S.  Mittler  & Sohn,  Berlin,  Kochstruse  SS— 10 


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Amtliches  Beiblatt 

Enr 

Deutschen  militärärztlichen  Zeitschrift. 

1888.  — Siebzehnter  Jahrgang.  — M 5. 


Berlin,  den  13.  März  1888. 

In  Verfolg  der  Verfügung  vom  18.  5.  87  — J.  Na  750.  M.  A.  — werden 
der  Königlichen  Intendantur  zum  Anhalt  bei  künftigen  Beschaffungen  anbei: 

....  Stoffproben  von  blau  und  weiss  gestreiftem  Drillich  zu  den 
KrankenrOcken  und  Krankenhosen  — in  gekrumpfenem  Zustande  — • ■ . > 
dergl.  in  nicht  gekrumpfenem  Zustande 

ganz  der  unterm  20.  4.  85  — J.  No.  190/3.  M.  A.  — herausgegebenen  Probe 
entsprechend,  jedoch  in  der  Küpe  unzweifelhait  echt,  nur  mit  Indigo  gefärbt,  er- 
gebenst übersandt. 

Die  Vertheilung  dieser  Proben  hat  an  die  in  der  vorgedachten  Verfügung  vom 
20.  4.  85  bezeichneten  Empfangssielten  stattznfinden.  Die  mit  dieser  Verfügung 
herausgegebenen  Stoffproben  treten  ausser  Kraft  und  sind  nach  Ablösung  und 
Vernichtung  der  Bczeichuiingstafeln  im  Lazareth-Haushalt  entsprechend  zu  ver- 
wenden. 

Vorschriftsmässige  Empfangs  - Bescheinigung  über  die  Probestücke  ist  der 
Intendantur  des  Gardekorps  baldgefälligst  zu  übersenden. 

I.  V. 

V.  Cot  er. 

J.  No.  323.  3.  88.  M.  A. 


Berlin,  den  21.  März  1888. 

Die  von  dem  Militär -Oekonomie- Departement  unterm  25.  November  v.  Js., 
No.  799.  10.  87.  B.  4.,  getroffenen  abändemden  Bestimmungen  über  die  Geld- 
Anweisungen  auf  die  unter  einmaligen  Ausgaben  des  Etats  bewilligten  Spezial-Bau- 
fonds finden  vom  Jahre  1888/89  ab  auch  im  Lazareth-Verwaltungsbereich  Anwendung, 
wobei  aber  im  Besondern  Folgendes  zu  beachten  ist: 

1)  Für  Bauten  bei  solchen  Lazarethen , welche  eine  eigene  Jahresrechnnng 
legen,  dürfen  nach  Ablauf  eines  Etatsjahres  für  Rechnung  desselben  bis 
zum  1.  Mai  nur  Anweisungen  über  solche  Beträge  erlassen  werden, 
welche  noch  in  der  betreffenden  Jahresrechnung  des  Lazareths  zur  Ver- 
einnahmung  kommen  (Verfügungen  vom  18.  November  1876  No.  202.  11. 
M.  M.  A.  und  vom  22.  Dezember  1879  Nu.  866,  11.  M.  M.  A.). 

2)  Die  Mittheilung  der  Etats-Titel,  Etats -Beträge  etc.  für  die  im  Jahre  1888/89 
im  Gange  befindlichen  Lazarethbauten  bleibt  Vorbehalten.  Hinsichtlich 
aller  noch  das  Etatsjahr  1887/88  betreffenden,  bis  I.  Mai  d.  Js.  zu 


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40 


erlaMenden  Anweisnngen  verbleibt  ee  für  den  dieeeeitigen  Geechältehereicb 
bei  den  bisherigen  Bestinunnngen  (Verfügung  vom  13.  Mörz  187R  No.  919. 
2.  76.  M.  M.  A.),  wonach  die  einstweilen  vorschussweise  anznweisenden 
Baugelder  zur  Erstattung  hier  anznmelden  sind. 

r.  V. 

V.  Col  er.  V 

No.  639/1.  88.  M.  A. 


Berlin,  den  24.  März  1888. 

Es  wird  darauf  hingewirsen,  dass  bei  allen  Beschaffungen  von  Apotheken- 
geräthen , also  auch  bei  den  gemSss  Verfügung  vom  4.  2.  88  Geheim  A.  7.  88  M.  A. 
in  Aussicht  stehenden,  zunächst  die  im  Ko^sbezirk  vorhandenen  diesseitigen  Dh- 
positionsbestände,  sowie  auch  anderweitige  etwa  in  den  Gamisonlazarethen  oder  io 
Traindepot  vorhandene  verfügbare  Bestände,  soweit  sie  den  Anforderungen  ent- 
sprechen, heranzuziehen  sind  und  wird,  behufs  besserer  Uebersichtlichkeit,  eine 
Vereinigung  dieser  Bestände  im  Gamisonlazareth  am  Sitze  des  Generalkommandoi 
anheimgestellt. 

V.  Lauer. 

No.  653.  3.  88.  M.  A. 


Berlin,  den  38.  März  1888. 

Der  Königlichen  Intendantur  wird  auf  den  Bericht  vom  11.  Februar  d.  Jb. 
ergebdtist  erwidert,  dass  sich  diesseits  Nichts  dagegen  zu  erinnern  findet,  wenn  die 
allgemeinen  Verfügungen  des  Königlichen  Militär-Oekonomie-Departements  vom 
28.  Juli  V.  Js.  — No.  1201/6.  B.  4.  — und  10.  Dezember  v.  Js.  — 131.  11.  B.  2.  — 
betreffend  den  Wirthschaftsbetrieb  bei  den  Garnison-  and  Magazinverwaltungen, 
insbesondere  die  diesfälligen  Weisungen  für  Beschränkung  des  BOreaudienstes  zn 
Gunsten  des  äusseren  Dienstes  auch  auf  den  Geschäftsbetrieb  bei  den  Gamison- 
Lazarethen,  sowie  auf  den  Verkehr  derselben  mit  den  Intendanturen  sinngemässe 
Anwendung  finden. 

Hierbei  wird  auch  auf  Absatz  3 des  Erlasses  vom  28.  Juli  v.  Js.  bezüglich 
der  auf  die  Lazareth-Baulichkeiten  zu  richtenden  Aufmerksamkeit  zur  Beachtung 
besonders  hingewiesen. 

Bezüglich  der  empfohlenen  abgekürzten  Formen  für  die  Berichterstattung  gilt 
es  als  selbstverständlich,  dass  dadurch  die  ausreichende  Begründung  solcher  An- 
träge, welche  Abweichungen  von  den  Vorschriften  bezwecken,  nicht  leiden  darf 

Schliesslich  wird  noch  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  in  den  betreffenden 
Verfügungen  der  Intendanturen  an  die  Lazarethe  das  dieserhalb  vorher  einzuholendc 
Einverständniss  des  Korpsarztes  besonders  zum  Ausdruck  zu  bringen  ist,  damit  auch 
der  Dienstverkehr  der  Gamison-Lazaretbe  mit  diesem  entsprechend  vereinfacht  wird. 

An  die  Königliche  Intendantur  des  XI.  Armee-Korps  zu  Cassel.  Abschrifi 
hiervon  wird  der  Königlichen  Intendantur  zur  gefälligen  Kenntnissnahme  und 
weiteren  Veranlassung  im  Benehmen  mit  dem  Herrn  Korpsarzt  ergebenst  übersandt. 

I.  V. 
v.  Co  1er. 

J.  No.  701/2.  88.  M.  A. 


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41 


Berlin,  den  13.  April  1888. 

Die  Königliche  Intendantur  wird  unter  Bezugnahme  auf  die  an  das  General- 
kommando gerichteten  Erlasse  vom  3.  3.  88  — No.  690.  2.  A.  1.  — und  vom 
31.  3.  88  — No.  596.  3.  88  A.  1.  — ergebenst  ersucht,  die  Gamisonlazarethe  des 
dortseitigen  Verwaltungsbezirks  bezüglich  der  für  die  Lazareth-Bibliotheken  zur 
Beschaffung  auszuwühlenden  Bücher  und  Zeitschriften  auf  die  in  vorerwähnten  Er- 
lassen empfohlene  Unteroffizier-Zeitung  bezw.  das  aus  verschiedenen  Nummern 
dieser  Zeitung  für  die  Armee  hergestellte  Gedenkblatt  aufmerksam  zu  machen. 

V.  Lauer. 

No.  419.  4.  88.  M.  A. 


Berlin,  den  16.  April  1888. 

Unter  Bezugnahme  auf  die  Verfügung  vom  31.  Juli  1876  No.  755.  7.  76. 
M.  M.  A.  werden  Euer  Hochwohlgeboren  ergebenst  davon  in  Kenntniss  gesetzt, 
dass  die  chemische  Fabrik  auf  Aktien  (vormals  E.  Schering)  Berlin  W.  Fenn- 
strasse 11/13  jetzt  im  Stande  ist,  die  sogenannte  lOOprozentige  Karbolsäure 
(Acidum  carbolicum  erudum  Fh.  O.  II)  zum  Preise  von  60  Mark  für  100  kg  ein- 
schliesslich Barrels  oder  Ballons  frachtfrei  einer  jeden  Deutschen  Bahnstation  zu 
liefern.  / 

In  Zukunft  werden  dergleichen  Mittheilungen  von  hier  aus  nicht  mehr  er- 
folgen, und  ist  die  Beschaffung  der  rohen  Karbolsäure  zu  zeitgemässen  Preisen  nach 
den  allgemeinen  Grundsätzen  für  die  Arznei- Versorgung  zu  bewirken. 

V.  Lauer. 

Ko.  1063.  3.  88.  M.  A. 


' A.-V.-B1.  No.  13,  No.  93. 

Kriegsministerium.  Berlin,  den  13.  April  1888. 

Lazarethaufnahme  inaktiver  Mannschaften. 

Die  Entscheidung  auf  etwaige  Anträge  wegen  der  Lazarethaufnahme  inaktiver 
Mannschaften  wird  unter  Aufhebung  der  entgegenstehenden  Bestinunungen  des  all- 
gemeinen Erlasses  vom  4.  Mai  1872  — No.  1451/3.  72.  M.  M.  A.  — uneingeschränkt 
den  Königlichen  Generalkommandos  hiermit  übertragen.  Indessen  sind  die  in  dem 
gedachten  Erlasse  angegebenen  leitenden  Gesichtspunkte  für  die  diesfälligen  Ent- 
scheidungen auch  fernerhin  als  maassgebend  anzusehen. 

Brunsart  v.  Schellendorff. 

No.  863/3.  88.  M.  A. 


Personal -VeränderuDgen  im  Sanitäts-Korps. 

Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen. 

Den  27.  April  1888. 

Dr.  Kley,  Oberstabsarzt  3.  Kl.  und  Kegts.-Arzt  vom  3.  Hannov.  Drag.-Regt. 
No.  16,  zum  Oberstabsarzt  1.  Kl.,  — Dr.  Sellerbeck,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom 
Bat.  1.  Thfiring.  Inf.-Regt  No.  31,  zum  Oberstabsarzt  3.  Kl.  und  Regts.-Arzt 
des  1.  Magdeburg.  Inf.-Regts.  No.  26,  mit  einem  Patent  vom  2.  April  1888,  — 
Ur.  Goldborn,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  2.  Bat.  3.  Hannov.  Inf.-Regts.  No.  79, 
zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  3.  Rhein.  Inf.-Regts.  No.  29,  — 


Digit  Ized 


42 


Dr.  Jonas,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  Füs.-Bat.  2.  Garde-Kegts.  zu  Fuas,  unter 
vorläuliger  Bclassung  in  seiner  gegenwärtigen  Stellung,  zum  Obeniabsarzt  2.  Kl., 

— Dr.  Hellwig,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  Niedersehlcs.  Fion.-Bat.  No.  5,  zum 
Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts. -Arzt  des  6.  Ostpreuss.  Inf.-Regts.  No.  43,  — 
Dr.  Buchs,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  Füs.-Bat.  3.  Niedersehles.  Inf.-Regts.  No.  30, 
zum  Oberstabsarzt  2.  KI.  und  Regts.-Arzt  des  ü.  Pomm.  Inf.-Regts.  No.  49,  — 
Dr.  Wolff,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  2.  Bat.  1.  Sehles.  Gren.-Regts.  No.  10,  zum 
Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  4.  Brandenburg.  Inf.-Regts.  No.  24  (Gross- 
herziig  Friedrich  Franz  II.  von  Mecklenburg-Schwerin),  — Dr.  Bogge,  Assist-Arzt 

1.  Kl.  vom  Invalidenhause  zu  Berlin,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  de«  Füs.-Bats. 
3.  Niedersehles.  Inf.-Regts.  No.  50,  — Dr.  Kowalk,  Assist-Arzt  1.  Kl.  in  der 
etatsmäss.  Stelle  bei  dem  General-  und  Korpsarzt  des  II.  Armeekorps,  zum  Stabs- 
und Bats.-Arzt  des  3.  Bats.  Schien.  Füs. -Regts.  No.  38,  — Dr.  Schwarze,  Assist- 
Arzt  1.  Kl.  in  der  etatsmäss.  Stelle  bei  dem  Generad-  und  Korpsarzt  des  Garde- 
korps, zum  Stabs-  und  Abtheil.-Arzt  der  I.  Abtheilung  des  Posen.  Feld- Art-Regts. 
No.  20,  — Dr.  Schneider,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Neumärk.  Drag.-Regt  No.  3, 
zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  3.  Bats.  Ostpreuss.  Füs. -Regts.  Nu.  33,  — Dr.  Bücker, 
Assist-Arzt  1.  Kl.  in  der  etatsmäss.  Stelle  hei  dem  General-  und  Kuipsarzt  des 
VIII.  Armeekorps,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats.  3.  Hannov.  Inf.-Regts. 
No.  79,  — Dr.  Herrmann,  Assist-Arzt  1.  Kl.  vom  7.  Pomm.  Inf.-Rcgt  No.  54, 
zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats.  8.  Ostpreuss.  Inf.-Regts.  No.  45,  — 
Dr.  Hahn,  Unterarzt  vom  1.  Westfäl.  Inf.-Regt  Nu.  13,  zum  A^ist.-Arzt  2.  Kl., 

— Ahlemaun,  Marine-Unterarzt  von  der  1.  Matrosendiv.,  zum  Marine-Assist-Arzi 

2.  Kl.,  — befördert.  — Die  Unterärzte  der  Res.:  Goldstein  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Königsberg,  — Heidenreieh  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Insterburg,  — 
Dr.  Konietzko  rum  Landw.-Bats.-Bez.  Lötzen,  — Rusettenstein  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Stettin,  — Dr.  Seeger  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Naumburg,  — Dr.  Lands- 
berg vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bernau,  — Nischkowsky  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I. 
Breslau,  — Dr.  Körber  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Breslau,  — Dr.  Schmalfust 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Düsseldorf,  — Dr.  Lackmann  vom  Landw.-R^ts.-Ber 
Cöln,  — Dr.  Nerger  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Rostock,  — Schmalmack  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Altona,  — Dr.  Becker  vom  Landw.-Bats.-Bez.  II.  Oldenburg, 

— Dr.  Burhenne  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hannover,  — Dr.  Büttner  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Eisenach,  — Dr.  Hueter  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Marburg,  — Dr.  Hecken- 
hayn vom  Landw.-Bats.-Bez.  Gotha,  — Dr.  Baldus  vom  Landw.-Bats.-Bez.  I. 
Cassel,  — Weinkanff  vom  I.,andw.-Bats.-Bez.  Heidelberg,  — Griesenbeck  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Strassburg,  — Heraucourt  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Strassburg, 

— zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  der  Res.,  — Dr.  Müller,  Unterarzt  der  Landw. 
1.  Angebots  vom  Landw.  - Bats.  - Bezirk  Kiel,  zum  Assistenz  - Arzt  2.  Kl.  der  Land- 
wehr 1.  Aufgebots,  — befördert.  — Dr.  Weiss,  Dr.  Nocht,  Schubert, 
Dr.  Renvers, 'Marine  - Stabsärzte,  ein  Patent  ihrer  Charge  verliehen.  — Lutz, 
Unterarzt  der  Res.  vom  I..andw.  - Bats.  - Bcz.  Mainz,  im  aktiven  Sanitätskorps 
und  zwar  unter  Beförderung  zum  As8ist.-Arzt  2.  Kl.  bei  dem  Hess.  Feld-Art--Regt. 
No.  11  angestellt.  — Dr.  Wollenberg,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Garn. -Arzt  zu 
Königsberg  i.  Pr.,  mit  Wahrnehmung  der  divisionsärztlichen  Funktionen  bei  der 
1.  Div.  beauftragt.  — Dr.  Schondorff,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom 
1.  Magdeburg.  Inf.-Regt.  No.  2G,  zum  3.  Pomm.  Inf.-Regt.  No.  14,  — Dr.  Pfeiffer, 
Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.  - Arzt  vom  Pomm.  Füs.-Regt.  No.  34,  zum  3.  Bad. 
Inf.-Regt  No.  111,  — Dr.  Boehr,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  3.  Bat.  Sehles.  Füs.- 
Regts.  No.  38,  zum  2.  Bat.  1.  Sehles.  Gren.-Regts.  No.  10,  — Dr.  Kaegler,  Stabs- 
iind  Ahtheil.-Arzt  von  der  1.  Abtheil,  des  Posen.  Feld-Art.-Regts.  No.  20,  als  Bats.- 
Arzt  zum  Niedersehles.  Pion.-Bat  No.  5,  — Dr.  Schönlein,  Stabs-  und  Bats.-Arzt 
vom  3.  Bat.  Ostpreuss.  Füs.  - Regts.  No.  33,  zum  2.  Bat  1.  Thüring.  Inf.  - Regts. 
No.  31,  — Dr.  Keitel,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Kaiser  Franz  Garde -Gren.- Regt 
Nu.  2,  in  die  etatsmäss.  Stelle  bei  dem  General-  und  Korpsarzt  des  Gardekorps,  — 
Dr.  Vollmer,  Assist-Arzt  1.  Kl.  vom  8.  Rhein.  Inf.-Regt  No.  70,  zum  3.  Branden- 
burg. Inf.-Regt.  No.  20.  — Dr.  Matthes,  Assist-Arzt  1.  Kl.  vom  1.  Hannov.  Ulan.- 
Kegt.  No.  13,  zum  7.  Thüring.  Inf.-Regt  Nu.  9G,  — Dr.  Stern,  Assist.-Arzt  2.  Kl. 


Diyiiizöu  uy 


4^^ 


vom  Feld  - Art. -Regt.  No.  15,  zum  Invalidenhause  in  Berlin,  — versetzt.  — Dr. 
Weber,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Kegts.-Arzt  vom  6.  Ostpreuss.  Iiif.-Uegt.  No.  4d, 
beauftragt  mit  Wahrnehmung  der  divisionsärztlichen  Funktionen  bei  der  I.  Div.,  als 
Generularzt  2.  Kl.  mit  Pension  und  seiner  bisher.  Uniform,  — Dr.  Schneider, 
Oberstabsarzt  I.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  3.  Bad.  Inf.-Regt.  No.  111,  mit  Pension 
und  seiner  bisher.  Uniform,  — Dr.  Boether,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.- 
Arzt  vom  3.  Ponim.  Inf.  - Regt.  No.  14,  als  Oberstabsarzt  1.  Kl.  mit  Pension  und 
seiner  bisher.  Uniform,  — Dr.  Dilsterhoff,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.- 
Arzt  vom  6.  Porom.  Inf.  - Regt.  No.  49,  mit  Pension  und  seiner  bisher.  Uniform, 
— Dr.  Riebau,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  3.  Rhein.  Inf.-Regt.  No.  29, 
mit  Pension,  — Dr.  Campe,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  2.  Bat.  8.  Ostpreuss.  Inf.- 
Regts.  No.  45,  mit  Pension,  — Dr.  Engelbrecht,  Stabsarzt  der  Landw.  1.  Auf- 
gebots vom  Landw.  - Bats.  - Bez.  Bartenstein,  als  Oberstabsarzt  2.  Kl.  mit  seiner  bis- 
her. Uniform,  — Dr.  Saenger,  Stabsarzt  der  Res.  vom  Land w.-Bats.-Bez.  Weimar, 
mit  seiner  bisher.  Uniform,  — Dr.  Berner,  Stabsarzt  der  Res.  vom  Landw.-Bats.- 
' Bez.  Neustrelitz,  mit  seiner  bisher.  Uniform,  — Dr.  Wende,  Stabsarzt  der  Landw. 
1.  Aufgebots  von  demselben  Landw.-Bats.-Bez.,  mit  seiner  bisher.  Uniform,  — Dr. 
Mingrumm,  Assist.  - Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebou  vom  Landw.'- Bats.- 
Bez.  Hamburg,  — der  Abschied  bewilligt.  — Ni,emann,  Marine -Stabsarzt 
von  der  2.  Matrosendiv.,  als  halbinvalido  mit  Pension  aus  dem  aktiven  Sanitüts- 
korps  ausgeschieden  und  zu  den  .Sanitätsoffizieren  der  Seewehr  2.  Aufgebots  über- 
getreten. 


Charlottenburg,  den  10.  April  1888. 

Wicderangestellt: 

Stabsarzt  Dr-  Toeplitz,  zuletzt  von  der  Res.  des  Res.-Landw.-Regts.  (1.  Breslau) 
No.  38,  beim  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Breslau,  — Stabsarzt  Dr.  Lesser,  zuletzt  von 
der  Landw.  des  Res.-Landw.-Regts.  (1.  Breslau)  No.  38,  beim  Landw.-Regts.-Bez. 
I.  Breslau,  — charakteris.  Stabsarzt  Dr.  Schäfer,  zuletzt  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der 
Landw.  vom  Res.  - Landw.  - Regt.  (1.  Breslau)  No.  38,  beim  Landw.-Regts.-Bez. 
I.  Breslau,  — charakteris.  Stabsarzt  Dr.  Kratzert,  zuletzt  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der 
Landw.  vom  1.  Bat.  (Rybnik)  1.  Oberschles.  Landw.-Regts.  No.  22,  beim  Landw.- 
Bats.-Bez.  Rybnik,  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Dyhrenfurth,  zuletzt  von  der  Res. 
des  Res.-Landw.-Regts.  (l.  Breslau)  No.  38,  beim  I-andw.-Re^.-Bez.  I.  Breslau,  — 
Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Janike,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Res.-Landw.-Regts. 
(1.  Breslau)  No.  38,  beim  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Breslau. 

Berlin,  den  17.  April  1838. 

Wicderangestellt: 

Dr.  Koeniger,  Marine  - Assist.  - Arzt  1.  Kl.  a.  D.,  im  Landw.  - Bats.  - Bez. 
I.  Darmstadt,  zuletzt  von  der  Seewehr,  — Dr.  Spenkuch,  Marine  - Assist.  - Arzt 

1.  Kl.  a.  D.,  im  Laudw.  - Bats.  - Bez.  Mosbach,  zuletzt  von  der  Seewehr,  — Dr. 
Seidel,  Mariue-Assist.-Arzt  1.  Kl.  a.  D.,  im  Landw. -Bats .-Bezirk  I.  Brauiuchweig, 
zuletzt  von  der  Marine  - Res.,  — als  Marine  - Assist.  - Aerzte  1.  Kl.  der  Seewehr 

2.  Aufgebots. 

Den  25.  April  1888. 

Wieder  angest  el  It: 

Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Erl  er,  zuletzt  von  der  Res.  des  Landw.-Bats.  Görlitz, 
heim  Landw.-Bats.-Bez.  Görlitz. 


Den  1.  Mai  1888. 

Wiederangestellt: 

Assist.  - Arzt  1.  Kl.  Dr.  Frantz,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats. 
Hu:g,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Burg,  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Wendel,  zuletzt 
»Oll  der  Landw.  des  Landw.-Buts.  Weimar,  beim  Landw. -Bats. -Bez.  Magdeburg,  — 
Asskt.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Marechaiix,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw. -Bat.s.  Magde- 


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44 


barg,  (lesgl.,  — A88ist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Schede,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats., 
desgl.,  — Asgist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Rausche,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats., 
desgl.,  — Assist. -Arzt  1.  Kl.  Dr.  Hennige,  znletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats., 
desgl.,  — Assist.-Arzt  l.KI.  Dr.  Stühmer,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats-, 
desgl.  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Philipp,  zuletzt  von  der  Res.  des  Laudw.-Bats. 
llalberstadt,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Halberstadt,  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Re  lisch, 
zuletzt  von  der  laindw.  des  Landw. -Bats.  Halle,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Halle,  — 
Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  v.  Hake,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Bitter- 
feld,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Bitterfeld,  — Assist.  -Arzt  1.  Kl.  Dr.  Lesser,  znletzt 
von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — AssisL-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Oertmann,  zu- 
letzt von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Torgau,  beim  Landw.-Bats.-Bez,  Turgan,  — 
Stabsarzt  Dr.  WeihI,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Bemburg,  beim 
Landw.-Bats.-Bez.  Bemburg,  — Agsist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Ksleben,  zuletzt  von  der 
Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Wiegand,  zuletzt  von 
der  Res.  des  Landw.-Bats.  Sangerhausen , beim  I>andw.-Bat8. -Bez.  Sangerhausen, 
— A8’nst.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Lotb,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Erfurt, 
beim  Landw.-Bats.-Bez.  Erfurt,  — Stabsarzt  Dr.  Stampf,  zuletzt  von  der  Landw: 
dl«  Landw.-Bats.  Weissenfcls,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Weissenfels,  — Assist.-Arzt 
1.  Kl.  Dr.  Kutsch bach,  zuletzt  von  der  Res.  des  Landw.-Bats.  Altenburg,  beim 
Landw.-Bats.-Bez.  Altenburg,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Mandowski,  zuletzt  von 
der  Landw.  des  Landw.  - Bats.  Gers,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Gera. 


Nachweisung  der  beim  Sanitäts-Korps  im  Monat  März  1888 
eingetretenen  Veränderungen. 

Durch  Verfügung  des  Generalstabsarztes  der  Armee. 

Den  G.  März  1888. 

Dr.  Hahn,  Unterarzt  vom  1.  Westfäl.  Inf.-Rcgt  No.  13, 

den  15.  März  1888. 

Dr.  Altmann,  einjährig- freiwilliger  Arzt  vom  Fuss-Art-Regt  No.  10,  unter 
Verretzung  zum  4.  Magdeburg.  Inf.-Regt.  No.  67  zum  Unterarzt  ernannt, 

den  18.  März  1888. 

< 

Dr.  Duden,  einjährig-freiwilliger  Arzt  vom  2.  Gardc-Regt.  z.  F.  unter  Vrr- 
setznng  zum  Westfäl.  Drag.-Regt.  No.  7 zum  Unterarzt  ernannt, 

den  1».  März  1888. 

Dr.  Eichel,  Unterarzt  vom  1.  Posen.  Inf.-Regt.  No.  18,  — Huth,  Unterarzt 
vom  I.  Westpreuss.  Gren.-Regt.  No.  6,  — sämmtlich  mit  Wajirnnh mu n|g  je 
einer  bei  den  betreffenden  Truppentheilen  vakanten  Assist.- Arzistelle 
beau  ft  ra  gt. 


Veränderungen  im  Königlich  Bayerischen  Sanitäts-Korps. 

Den  4.  April  1888. 

Dr.  Fab  er,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  des  3.  Chev.-Regts.  Herzog  Maximilian,  in  den 
Beurlaubtenstand  des  Sanitätskorps  versetzt. 

Den  16.  April  1888. 

Silberstein,  Unterarzt  im  3.  Inf.-Regt.  Prinz  Karl  von  Bayern,  zum  Assist.- 
Arzt  2.  Kl.,  — Dr.  Valentin,  Wagner,  Dr.  Pflüger,  Dr.  Freymadl,  Dyese 
(1.  München),  Dr.  Merkel  (Nürnberg),  Petzolt  (Würzburg),  Dr.  Sick  (Spey.-r), 
lloffmanii  (Landau),  Unterärzte  der  Res.  zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  des  Beurlautou- 
Standes.  — befördert. 


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45  - 


Veränderungen  im  Königlich  Sächsischeii  Sanitäts-Koqts. 

Allerhöchster  Beschluss  vom  12.  April  1888. 

Auf  Grund  des  Reichsgesetzes  vom  11.  Februar  1888,  betr.  Aenderungen  der 
Wehrpflicht,  wieder  dienstpflichtig  gewordene  Sanitits-Offizierc  a.  D.  mit  Bclassung 
des  alten  Patentes  wieder  angestellt. 

A.  In  der  Reserve: 

Stabsarzt  Dr.  Cahnheim  im  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Dresden. 

B.  In  der  Landwehr  1.  Aufgebots:  Vakat. 

C.  In  der  Landwehr  2.  Aufgebots;' 

Stabsarzt  Dr.  Hartung  im  Landw.-Bats.-Bez.  Pirna,  — Assist. -Arzt  I.  Kl. 
Dr.  Schneider  im  Landw.-Bats.-Bez.  Zittau,  — Stabsarzt  Dr.  Stobbe  im  Landw.- 
Bats.-Bez.  Bautzen,  — Stabsarzt  Dr.  Rasch  im  I.andw.-Bat8.-Bez.  II.  Dresden,  — 
die  Stabsärzte  Dr.  Köstlin,  Dr.  Freytag  und  Dr.  Meyburg,  sowie  die  Assist.- 
Aerzte  1.  Kl.  Dr.  Meunier  und  Dr.  Weber  im  Landw.-Bats.-Bez.  Plauen,  — 
Stabsarzt  Dr.  Becker  im  Landw.-Bats.-Bez.  Schneeberg,  — die  Stabsärzte  Dr. 
V.  Zimmermann,  Dr.  Böttger,  Dr.  Simon,  Dr.  Gnauck,  Dr.  Zinssmann, 
Dr.  Troitzsch  und  Dr.  Bertheau,  sowie  die  Assist-Aerzte  1.  Kl.  Dr.  Lüttich, 
Dr.  Schettler  und  Dr.  Schwabe  im  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Leipzig,  — Stabsarzt 
Dr.  Sernau,  sowie  die  Assist.  - Aerzte  1.  Kl.  Dr.  Weber  und  Bv.  Rothe  im 
I.andw.-Bats.-Bez.  Borna,  — Stabsarzt  Dr.  Engel  im  Landw.-Bats.-Bez.  Freiborg, 
— Assist-Arzt  1.  Kl.  Rothe  im  Landw.-Bats.-Bez.  Chemnitz,  — Stabsarzt  Dr. 
Findeisen  im  Landw.  - Bats.  - Bez.  Meissen,  — die  Stabsärzte  Dr.  Reiche,  Dr. 
Ritter,  Dr.  Heyde,  Dr.  Zumpe,  Dr.  Rau  und  Dr.  Gast,  die  Assist.-Aerzte  l.KI. 
Dr.  Bertram,  Dr.  Schmaltz  und  Dr.  Buch,  Assist  - Arzt  2.  Kl.  Dr.  Riedel 
im  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Dresden.  < 

Durch  Verfügung  des  Kriegsministeriums. 

Den  7.  April  1888. 

Haiigg,  einjährig-freiwilliger  Arzt  des  2.  Gren.-Regts.  No.  101  Kaiser  Wilhelm, 
König  von  Prenssen,  als  Unterarzt  des  Aktivstandes  bei  diesem  Regimente  unter 
gleichzeitiger  Beauftragung  mit  Wahrnehmung  einer  vakanten  Assist.  - Arztstelle 
angestellt. 

Allerhöchster  Beschluss  vom  21.  April  1888. 

Dr.  Wengler,  Unterarzt  der  Res,  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Meissen,  — Müller 
und  Kuntze,  Unterärzte  der  Res.  vom  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Dresden,  zu  Assist- 
Aerzten  2.  Kl.  der  Res.  befördert.  — Dr.  Meyer,  Assist-Arzt  1.  KI.  der  Landw. 
1.  Aufgebots  vom  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Leipzig,  aus  Allerhöchsten  Kriegsdiensten 
behufs  Ueberführung  in  den  Landsturm  2.  Aufgebots  verabschiedet. 


Veränderungen  im  Königlich  Württembergi sehen  Sanitäts- Korps. 

Den  21.  April  1888. 

Wiederangestellt: 

Im  Landw.-Bats.-Bez.  Calw:  Dr.  Nuding,  Stabsarzt,  zuletzt  von  der  Landw., 

— im  Landw.-Bats.-Bez.  Reutlingen;  Dr.  Willemer,  Dr.  Tenffel,  Assist-Aerzte 
1.  Kl.  zuletzt  von  der  Res.,  — im  Landw.-Bats.-Bez.  Stuttgart:  Dr.  Schlosser, 
Stabsarzt,  zuletzt  von  der  Res.,  Dr.  Brudi,  Dr.  Wächter,  Stabsärzte,  Dr.  Fick, 
Assist-Arzt  1.  Kl.,  zuletzt  von  der  Landw.,  — im  Landw.-Bats.-Bez.  Leunberg: 
Or.  Reichmann,  Stabsarzt,  zuletzt  von  der  Landw.,  — im  Landw,  • Bats. . Bez. 
Ludwigsbnrg:  Dr.  Süskind,  Dr.  Kreuser,  Stabsärzte,  zuletzt  von  der  Landw.,  — 
im  Landw.-Bats.-Bez.  Gmünd:  Dr.  Wiedenmann,  Stabsarzt,  zuletzt  von  der  Landw., 

— im  Landw.-Bats.-Bez.  Ulm;  Behrle,  Dr.  Brand,  Stabsärzte,  zuletzt  von  der 
Landw.,  — im  Landw.-Bats.-Bez.  Bibcrach:  Dr.  Palmer,  Stabsarzt,  zuletzt  von  der 
Landw. 


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Ordensverleihungen. 

Preussisc  he. 

Königlicher  Kronen-Orden  3.  Kl.: 

Oberstabsarxt  1.  KI.  a.  D.  Dr.  Juzi,  büher  Regts.-Arzt  des  Inf.-Regbi.  No.  137. 

Andere: 

Ritterkreuz  1.  Kl.  des  Sächsischen  Verdienst-Ordens: 

Oberstabsarzt  2.  KI.  Dr.  Fischer,  Regts.-Arzt  des  9.  Inl-Regts.  No.  139.  — 
Oberstabsarzt  2.  Kl.  Dr.  Brause,  Regts.  - Arzt  des  5.  Int  - Kegts.  Prinz 
Friedrich  August  No.  104. 

Ritterkreuz  1.  KI.  des  Sächsischen  Albrechts-Ordens: 

Stabsarzt  Dr.  Mutze-Wobst,  Bats.-Arzt  im  9.  Inf.-Regt.  No.  133.  — Stabs- 
arzt Dr.  Sussdorf  vom  Kadetten  - Korps.  — Stabsarzt  Dr.  Schaffrath, 
Bats.-Arzt  im  5.  Inf.  - Regt.  Prinz  Friedrich  August  No.  104.  — Stabsarzt 
Dr.  Gräfe,  Bats.-Arzt  im  Schützen-  (Füs.-)  Regt.  Prinz  Georg  No.  108. 

Ritterkreuz  2.  Kl.  desselben  Ordens: 

.Stabsarzt  Dr.  Trautschold,  Bats.-Arzt  im  5.  Inf.-Regt.  Prinz  Friedrich 
August  No.  104.  — Assist.  - Arzt  1.  Kl.  Dr.  Kockel  vom  10.  Inf.-Regt. 
No.  134.  — Assist.  - Arzt  2.  Kl.  Goesmann  vom  1.  (Leib-)  Gren.  - Regt 
No.  100.  — Assist-Arzt  2.  KI.  Dr.  Wagner  vom  9.  Inf.-Regt.  No.  133. 

Khren  - Ritterkreuz  2.  KI.  des  Grossherzoglich  Oldenbiirgischen  Haus- 
und Verdienst-Ordens  des  Herzogs  Peter  Friedrich  Ludwig: 

Oberstabsarzt  2.  RI.  Dr.  Lindemann,  Regts.-Arzt  des  Westfäl.  Kür.  - Regts. 
No.  4. 

Fürstlich  Waldeckisches  MilitäV-Verdienstkreuz  3.  KL: 

Stabsarzt  Dr.  Brodführer  im  7.  Thflring.  Inf.-Regt.  No.  96. 

Allgemeines  Ehrenzeichen: 

Oberlazarcthgeh.  Schünke  vom  9.  Inf.  - Regt.  No.  133.  — Oberlazarethgeh. 
Vogel  und  Wagner  vom  6.  Inf.-Regt  Prinz  Friedrich  August  No.  104.  — 
Lazarethgeh.  Jander  vom  1.  Ulan.-Regt  No.  17.  — Lazarethgeh.  Henniger 
vom  Schützen-  (Füs.-)  Regt.  Prinz  Georg  No.  108.  — Krankenwärter 
Ehrlich  vom  Gam.-Lazareth  zu  Zittau. 


Familien-Nachrichten. 

Verlobungen:  Dr.  Pani  Goerlitz,  Stabsarzt  am  Kadettenhause  zu  Wahlstatt, 
mit  Frl.  Helene  Moser  (Berlin).  — Dr.  Otto  Körner,  Assist.  - Arzt  1.  KI.  im 
Kaiser  Alexander  Garde-Gren.-Regt.  No.  I,  mit  Frl.  Anna  Lerche  (Braun.schweig). 

— Dr.  Balmer,  Stabsarzt  bei  der  Sanitäts  - Direktion , mit  Frl.  Ida  Werner 
(Leipzig).  — Dr.  Machate,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  3.  Jäger-Bats.  No.  15. 
mit  Frl.  Martha  Lindemann  (Dresden). 

Geburten:  (Sohn)  Dr.  Kirchner,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  3.  ThOring.  Inf.-Regt. 
No.  71  (Berlin).  — Stolze,  Stabsarzt  im  Inf.-Regt.  No.  93  (Bemburg).  — 
(l'ochter)  Dr.  Rath,  Stabsarzt  (Potsdam). 

Todesfälle:  Dr.  v.  Steinberg-Stirbs,  Gen.-Arzt  der  Marine  z.  D.  (Königsberg) 

— Dr.  Galezowski,  Stabsarzt  a.  D.  (Düsseldorf). 


tiedrnckt  in  der  KSuigl.  Uof  bnchilruckerei  von  £.8.  MittleraSohn,  Berlin  bW.,  Kochair.  68— 7S. 


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Amtliches  Beiblatt 

zur 

Deutschen  militärärztlichen  Zeitschrift 

1888.  — Siebzehnter  Jahrgang.  — .A»  6. 


Kriegsministeriiim. 

Medizinal  - Abiheiluiig.  Berlin,  den  21.  April  1888. 

Kuer  Hochwohlgehuren  thcilt  die  Abthriliing  anliü<slieh  einer  hierher  gelangten 
Anfrage  Nachstehendes  ergebenst  mit: 

1)  Leute  mit  myopischem  sowohl  als  hypermetropischem  Astigmatismus  sind 
hinsichtlich  ihrer  Dienstfähigkeit  lediglich  nach  den  das  Sehvermögen  be- 
treffenden Vorschriften  in  den  Anlagen  zur  Rekrutirungs- Ordnung  bezw. 
zur  Dienstanweisung  zu  beurtheilen. 

2)  Entsprechende  eylindrische  Gläser  dürfen  in  geeigneten  Fällen  ohne 
Weiteres  beschafft  werden,  auch  wenn  die  dadurch  entstehenden  Kosten 
den  für  gewöhnliche  Brillen  festgesetzten  Preis  überschreiten. 

3)  Der  Einholung  diesseitiger  Genehmigung  bedarf  es  hei  solchen  Be- 
schaffungen nicht. 

V.  Lauer. 

An  die  Korps  - Generalärzte  des  Gardekorps,  des  L,  II.,  IV. — XL,  XIV.  und 
XV.  Armeekorps. 

No.  725/4.  88.  M.  A.  

Kriegsministerium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  23.  April  1888. 

Euer  Hochwohlgehoren  erwidert  die  Abtheilung  auf  das  gefällige  Schreiben 
vom  1.  Februar  d.  Js.  No.  470  ergebenst,  dass  bisher  zwar  durch  den  „Kontrol- 
vermerk  des  Chefarztes“  unter  den  Krankenjournalen  gemäss  der  Verfügung  vom 
26.  6.  74,  No.  864.  6.  74.  M.  M.  A.  nur  die  richtige  Ablieferung  des  .Tuumai- 
blattes  seitens  der  Stationen  an  das  Lazareth  bescheinigt  wurde,  dass  es  sich  jedoch 
als  wünschenswerth  herausgestellt  hat,  von  jetzt  an  diesen  Kontrol vermerk  auch 
auf  die  vorschriftsmässige  Führung  des  Joumalblattes  — soweit  sie  die  äussere 
Form  betrifft  — auszudehnen. 

Dagegen  steht  dem  Chefarzt  eine  Einwirkung  auf  den  sachlichen  Inhalt  des 
Joumalblattes  nicht  zu,  da  dieses  ein  Bild  der  Krankenbehandlung  gehen  soll,  in 
welcher  der  ordinirende  Arzt  nach  §.  13  al.  3 der  Bestimmungen,  betreffend  die 
Einführung  von  Chefärzten  in  die  Friedens  - Lazarethe  vom  24.  10.  72,  durchaus 
selbstständig  ist. 

An  den  Königlichen  Generalarzt  1.  Kl.  und  Korpsarzt  des  III.  Armeekorps  Herrn 
Dr.  V.  Stuckrad,  Hochwohlgeboren  hier. 

Abschrift  hiervon  nachrichtlich. 

V.  Lauer. 

An  die  Königlichen  Korpsärzte  des  Gardekorps,  des  I.,  II.,  IV. — XL,  XIV.,  und 
XV.  Armeekorps. 

No.  145.  2.  88.  M.  A. 


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No.  11. 

Gesetz,  betreffend  die  ZnrOckbefOrdernng  der  Hinterbliebenen  im 
Auslände  angeatellter  ßeichsbeamten  und  Personen  des  Soldaten. 
Standes.  Vom  1.  April  1888. 

Wir  Friedrich,  von  Gottes  Gnaden  Deutscher  Kaiser,  König  von 
Pre  usse  n etc. 

verordnen  im  Namen  des  Reichs,  nach  erfolgter  Zustimmung  des  Bundesraths  und 
des  Reichstags,  was  folgt: 

Artikel  1. 

Die  im  §.  8 des  Gesetzes,  betreffend  die  Organisation  der  Bundeskonsulate  etc., 
vom  8.  November  1867  (Bundes-Gesetzbl.  S.  137)  enthaltene  Bestimmung,  wonach 
die  Familien  der  Berufskonsuln,  wenn  letztere  während  ihrer  Amtsdauer  sterben, 
auf  Bundeskosten  in  die  Heiraath  zurückbefördert  werden,  wird  auf  die  Hinter- 
bliebenen sämmtlicher  aus  der  Reichskasse  tesoldeten  pensionsberecbtigten  Reichs- 
beamten  und  Personen  des  Soldatenstandes,  deren  dienstlicher  Wohnsitz  sich  im 
Auslande  befindet,  ausgedehnt. 

Ausgenommen  bleiben  die  Hinterbliebenen  solcher  Reichsbeamten,  welche  in 
Grenzorten  oder  in  dem  Zollgebiet  angeschlossenen  ausländischen  GebietstheilcD 
angestellt  sind, 

Artikel  2. 

Dieses  Gesetz  tritt  mit  dem  1.  Januar  1888  in  Kraft. 

Urkundlich  unter  Unserer  Höchsteigenhändigen  Unterschrift  und  beigedrucktm 
Kaiserlichen  Insiegel, 

Gegeben  Charlottenburg,  den  1.  April  1888. 

(L.  S.)  Friedrich. 

Fürst  von  Bismarck. 


A.-V.-Bl.  No.  15. 

Verordnung,  betreffend  die  Abänderung  und  Ergänzung  der  Aus- 
führnngsbestimmungen  zu  dem  Gesetze  über  die  Kriegsleistungen. 
Vom  14.  April  1888. 

Wir  Friedrich,  von  Gottes  Gnaden  Deutscher  Kaiser,  König  von 
Preussen  etc. 

verordnen  zur  Ausführung  des  Gesetzes  über  die  Kriegsleistungen  vom  13.  Juni  18TS 
(Reichs-Gesetzbl.  S.  129)  im  Namen  des  Reichs,  nach  erfolgter  Zustimmung  des 
Bnndesraths,  was  folgt: 

Artikel  I. 

§.  1.  Im  Abschnitt  I der  Verordnung,  betreffend  die  Ausführung  des  Gesetzes 
vom  13.  Juni  1873  über  die  Kriegsleistungen,  vom  1.  April  1876  (Reichs -Gesetihl. 
S.  137)  treten  folgende  Bestimmungen: 

a.  An  die  Stelle  der  Festsetzung  unter  Ziffer  3,  l zu  §.  10  des  Gesetzes: 

Die  tägliche  Feidmundportion  (Feldkost),  welche  den  mit  Verpflegung 
Einquartierten  — Offizieren,  Militärärzten  im  Offiziersrang  und  oberen 
Beamten,  wie  Mannschaften  und  Unterbeamten  — zu  gewähren  ist,  beträgt' 


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49 


1) 

750  Gramm 

Brot; 

2) 

375 

rohes  Fleisch,  fnsches  oder  gesalzenes,  oder 

200 

geräuchertes  Rind-,  Schweine-  oder  Hammelfleisch. 
Speck,  geräucherte  Fleisch-  oder  Dauerwurst: 

3) 

125 

Reis,  Graupe  oder  Grütze,  oder 

250 

Hülsenfrüchte  oder  Mehl,  oder 

1500 

Kartoffeln ; 

4) 

25 

Salz;  sowie 

5) 

25 

Kaffee  in  gebrannten  Bohnen,  oder 

30 

Kaffee  in  ungebrannten  Bohnen. 

Ausser  der  KaSeeportion  hat  der  Kinquartierte  Getränke  nieht  zu  be- 
anspruchen. 

Die  Brotportion  vertheilt  sich  glcichmässig  auf  die  Morgen-,  Mittags- 
und Abendkost.  Als  Morgenkost  ist  Kaffee  oder  eine  Suppe,  als  Mittags- 
kost Fleisch  und  Gemflse,  als  Abendkost  Gemüse  zu  verabreichen.  Falls 
das  Brot  den  Truppen  aus  den  Magazinen  geliefert  wird,  bat  der  Quartier- 
geber solches  nicht  zu  verabreichen. 

b.  An  die  Stelle  der  Festsetzungen  unter  Ziffer  3,  i,  Absatz  1 und  2 zu  §.  10 
des  Gesetzes; 

Die  Vergütung  für  Naturalverpflcgung  erfolgt  — sowohl  für  Offiziere, 
Militärärzte  im  Offiziersrang  und  obere  Baamte,  als  auch  für  Mami- 
schaften  und  Unterbeamte  — nach  §.  9 No.  2 Absatz  1 des  Gesetzes 
über  die  Naturalleistungen  für  die  bewaffnete  Macht  im  Frieden  vom 
13.  Februar  1875.  Danach  beträgt  die  Vergütung  für  Naturalverpflegung 


für  den  Kopf  und  Tag: 

mit  Brot  ohne  Brot 

a.  für  die  volle  Tageskost  ...  80  Pfennig,  65  Pfennig, 

b.  - • Mittagskost  .....  40  - 35 

c.  - - Abendkost 25  - 20 

d.  - - Morgenkost 15  - 10 


Wenn  der  Preis  des  Winterroggens  nach  dem  Durchschnitt  der 
November-Marktpreise  in  Berlin,  München,  Königsberg  und  Mannheim  für 
1000  Kilogramm  mehr  als  160  Mark  beträgt,  so  wird  im  folgenden 
Jahre  für  je  10  Mark  dieses  Mehrbetrages  die  Vergütung  der  vollen  Tages- 
kost mit  Brot  um  5 Pfennig  bis  zum  Satze  von  einer  Mark  erhöht  und 
tritt  entsprechende  Erhöhung  der  übrigen  Sätze  ein. 

c.  An  die  Stelle  der  Festsetzungen  unter  Ziffer  4,1  zu  §.11  des  Gesetzes: 
Die  Fourage  ist  in  guter  Beschaffenheit  und  nach  Gewicht  zu  ver- 
abreichen. 

Der  Tagesfouragesatz  (schwere  Kriegsration)  für  die  Pferde  der  auf 
Märschen  und  in  Kantonnirungen  befindlichen  Theile  der  bewaffneten 
Macht,  einschliesslich  des  Heeresgefolges,  beträgt  zur  Zeit: 

6000  Gramm  Hafer, 

1500  - Heu, 

1500  - Futterstroh, 


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50 


Die  Dienstpferde  des  Regiments  der  Gudes  da  Corps  erhalten  sasser- 
dem  eine  Futterzulage  von  ÖOO  Gramm  Hafer  und  1500  Gramm  Heu  für 
Pferd  und  Tag. 

Rtwaige  Aenderungen  in  den  Bestimmungen  über  die  Grösse  und 
Zusammensetzung  der  Ration  werden  durch  den  Reichskanzler  zur 
öffentlichen  KenntnUs  gebracht  werden, 
d.  An  die  Stelle  der  Festsetzungen  unter  Ziffer  5,  S zu  §.  13  des  Gesetzes; 

Fuhrwerke,  welche  roraussichtlich  länger  als  48  Stunden  ron  ihrer 
Heimath  femgehalten  werden,  haben  neben  freiem  Quartier  auf  der  ihneu  | 
vorzuschreibenden  Ktappenstrasse , von  dem  auf  die  Gestellung  folgenden  ' 
Tage  ab  Anspruch  auf  freie  Verpflegung  für  Führer  und  Zugthierc  ohne  '• 
Kürzung  ihrer  Fahrpreise,  und  zwar  auch  für  die  Rückfahrt,  wenn  sie 
nach  der  hierüber  dem  Führer  von  der  entlassenden  Behörde  beziehungs- 
weise Truppe  auszustellenden  Bescheinigung  nicht  an  demselben  Tage  ■ 
heimzukehren  vermögen,  an  welchem  ihre  Entlassung  erfolgt  ist.  Zur  | 

freien  Verpflegung  des  Führers  gehört  neben  der  Mundportion  ein  täglicher  I 

Baarzuschuss  in  Höhe  der  Gemeinenlöhnung  der  Infanterie.  Vorspann- 
Vergütung  sowie  freies  Quartier  und  Verpflegung  für  die  Rückfahrt  wird 
ihnen  nur  insoweit  gewährt,  als  letztere  ohne  verschuldete  Verzögerung 
bewerkstelligt  worden  ist. 

§.  2.  An  die  Stelle  der  Beilage  A 3 zur  Verordnung,  betreffend  die  Ausführung 
des  Gesetzes  vom  14.  Juni  1873  über  die  Kriegsleistungen,  vom  1.  April  1876  tntt 
das  Muster  einer  Bescheinigung  über  empfangene  Fouroge  (cf.  dieses). 

Artikel  II. 

§.  1.  Die  Ziffer  3 in  dem  laut  Verordnung  vom  13.  April  1882  (Reichs-Gesctibl. 

S.  47)  genehmigten  Formular  der  Marschrouten  für  Kricgsvcrhiltnisse  erhält  folgende 
Fassung: 

An  Verpflegung  für  die  Pferde  nach  Gewicht 


(Zahl.) 

(Zahl.) 

j 

Gramm  Hafer, 

Rationen  ä ( 

Heu, 

1 

t 

Zuschussrationen  a l 

[ - Heu. 

§.  2.  An  die  Stelle  der  Abschnitte  B,  C,  D und  E der  , Bestimmungen*  zu 
dem  im  §.  1 bezeichneten  Marschroutenfonnular  treten  folgende  Festsetzungen: 

1.  B.  Mimdverpflegung. 

Die  Verpflegung  der  Truppen  (einschliesslich  des  Heercsgefolges)  auf 
dem  Marsche,  und  zwar  sowohl  für  die  Marsch-  und  Ruhetage  als  auch 
für  die  auf  dem  Marsche  eintretenden  Aufenthaltstage,  sowie  io  Kan- 
tonnirungen  liegt  nach  Maassgabe  des  Gesetzes  über  die  Kriegsleistungen 
vom  13.  Juni  1873  (Reichs  - Gesetzbl.  S.  139)  den  Gemeinden  und  den 
Quaitiergebem  ob. 


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51 


Der  mit  Verpflegung  Einquartierte  — sowohl  der  Offizier,  Arzt  nnd 
Beamte,  als  auch  der  Soldat-  — hat  sich  in  der  Regel  mit  der  Kost  des 
Quartiergebers  zu  begnügen  (§.  10  a.  a.  O.). 

Die  tigliche  Feldmundportion  (Feldkost),  auf  welche  der  Einquartierte 
Anspruch  hat  und  welche  ihm  in  gehöriger  Zubereitung  und  in  guter 
Beschaffenheit  gewährt  werden  muss,  besteht  in: 


1) 

750  Gramm 

Brot; 

2) 

375 

rohes  Fleisch,  Arisches  oder  gesalzenes,  oder 

200 

geräuchertes  Rind-,  Schweine-  oder  Hammelfleisch, 
Speck,  geräucherte  Fleisch-  oder  Dauerwurst; 

3) 

125 

Reis,  Graupe  oder  Grütze,  oder 

250 

Hülsenfrüchte  oder  Mehl,  oder 

1500 

Kartoffeln ; 

*) 

25 

Salz;  sowie 

6) 

25 

Kaffee  in  gebrannten  Bohnen,  oder 

30 

Kaffee  in  ungebrannten  Bohnen. 

Ausser  der  Kaffeeportion  hat  der  Einquartierte  Getränke  nicht  zu  be- 
anspruchen. 

Die  Brotportion  rertheilt  sich  gleichmässig  auf  die  Morgen-,  Mittags- 
nnd  Abendkost.  Als  Morgenkost  ist  Kaffee  oder  eine  Suppe,  als  Mittags- 
kost  Fleisch  nnd  Gemüse,  als  Abendkost  Gemüse  zu  rerabreichen. 

Erfolgt  das  Eintreffen  im  Quartier  erst  zur  Abendzeit,  so  ist,  sofern 
nicht  laut  der  Marschroute  nur  Abendkost  zu  rerabreichen  ist,  die  volle 
Tageskost  — mit  Ausnahme  der  Frühstückspottion  — in  einer  Mahlzeit 
zu  gewähren. 

Falls  den  Truppen  Brotgeld  gewährt  oder  das  Brot  aus  den  Magazinen 
geliefert  wird,  hat  der  Quattiergeber  solches  nicht  zu  verabreichen. 

2.  C.  Verpflegung  der  Pferde. 

Die  Fourage  ist  in  guter  Beschaffenheit  und  nach  Gewicht  zu  ver- 
abreichen. Ist  dieselbe  im  Gemeindebezirk  nicht  vorhanden,  so  muss  der 
Bedarf  von  der  Gemeinde  durch  Ankauf  herbeigesebafft  werden  (§§.  3 
und  11  a.  a.  0.  Art.  I.  §.  1 c der  gegenwärtigen  Verordnung  und 
Abschn.  2 und  3 der  Ziffer  4 der  Ausführungsverordnung  vom  1.  April  1876, 
Reicbs-Gesetzbl.  S.  137). 

3.  D.  Oestellung  von  Vorspann,  Wegweisern  and  Boten. 

Die  Gemeinden  sind  zur  Ueberlassung  der  im  Gemeindebezirk  vor- 
handenen Transportmittel  nnd  Gespanne  für  militärische  Zwecke  und 
Stellung  der  in  der  Gemeinde  anwesenden  Mannschaften  zum  Dienst  als 
Gespannführer,  Wegweiser  und  Boten  verpflichtet  (§.  3 No.  3 des  Gesetzes 
vom  13.  Juni  1873). 

Die  Belastung  der  Fuhrwerke  hat  unter  Beröcksichtignng  der  Be- 
schaffenheit der  zurückznlegendcn  Wege  nnd  der  Gespanne  stattzufinden. 
Sofern  nicht  anssergewOhnlicbe  Verhältnisse  ausnahmsweise  etwas  Anderes 
bedingen  und  sofern  die  Beschaffenheit  der  Gespanne  und  die  Beschaffen- 
heit der  zurückzulegenden  Wege  eine  grössere  Belastung  nicht  zulassen,  hat 


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ein  einspänniges  Fuhrwerk  . . . 

• • . 

bis  600  Kilogramm, 

ein  zweispänniges  Fuhrwerk  . . . 

. 600 

- 1000 

ein  dreispänniges  Fuhrwerk  . . . 

. 1000 

- 1400 

ein  vierspänniges  Fuhrwerk  . . . 

. 1400 

- 1800 

zu  laden. 

Fulirwerk  mit  anderer  als  Pferdebespannong  darf  nur  da  gestellt 
beziehungsweise  in  Anspruch  genommen  werden,  wo  Pferdegespanne  nicht 
in  genügender  Anzahl  vorhanden  sind. 

Fuhrwerke,  welche  voraussichtlich  länger  als  48  Stunden  von  ihrer 
Heimath  fern  gehalten  werden,  haben  neben  freiem  Quartier  auf  der 
ihnen  vorzuschreibenden  Etappenstrasse,  von  dem  auf  die  Glestellung 
folgenden  Tage  ab,  Anspruch  auf  freie  Verpflegung  für  Führer  und  Zug- 
thiere  ohne  Kürzung  ihrer  Fubrpreisc,  und  zwar  auch  für  die  Rückfahrt 
wenn  sie  nach  der  hierüber  dem  Führer  von  der  entlassenden  Behörde 
beziehungsweise  Truppe  auszustellenden  Bescheinigung  nicht  an  demselben 
Tage  heimzukehren  vermögen,  an  welchem  ihre  Entlassung  erfolgt  ist. 
Zur  freien  Verpflegung  des  Führers  gehört  neben  der  Mundportion  ein 
täglicher  Baarzuschuss  in  Höhe  der  Gemeinenlühnung  der  Infanterie.  Vor- 
spannvergütung  sowie  freies  Quartier  und  Verpflegung  für  die  Rückfahrt 
wird  ihnen  nur  insoweit  gewährt,  als  letztere  ohne  verschuldete  Ver- 
zögerung bewerkstelligt  worden  ist. 

Ist  der  Kommandoführer  genöthigt,  Vorspann  und  Spanndienste  auf 
eine  voraussichtlich  48  Stunden  übersteigende  Zeitdauer  oder  auf  un- 
bestimmte Zeit  in  Anspruch  zu  nehmen,  so  ist  die  Absicht  einer  solchen 
Inanspruchnahme  in  der  Requisition  auszusprechen;  auch  sind  derartige 
Requisitionen,  wenn  irgend  möglich,  so  zeitig  zu  erlassen,  dass  die  vor 
dem  Abgänge  vorzunehmende  Abschätzung  von  Zugthieren,  Wagen  und 
Geschirren  ordnungsmässig  ausgeführt  werden  kann. 

Ist  eine  solche  Abschätzung  nicht  möglich,  so  hat  — wenn  die  ob- 
waltenden Verhältnisse  es  gestatten  — das  Marschkommando  durch  eine 
seinerseits  zu  bildende  Kommission  eine  Taxe  und  Beschreibung  der 
requirirten  Zugthiere,  Wagen  und  Geschirre  aufzunehmen,  welche  bei  der 
nachträglichen  Werthsfeststellung  im  vorgeschriebenen  Verfahren  der  Ab- 
schätzungskommission  mit  vorznlegen  sind. 

£!.  Quittungaleistung  und  Liquldirimg;. 

Ueber  die  seitens  der  Gemeinden  etc.  erfolgte  Gewährung  von  Mund- 
verpflegung,  Fourage  und  Vorspann,  sowie  an  sonstigen  Transportmitteln, 
an  Wegweiser-  und  Botendiensten,  Feuerungsmaterial  und  Lagerstroll 
werden  von  dem  Kommandoführer  Bescheinigungen  ertheilt.  Die  Bei- 
lagen A 1,  3 und  5 der  Ausführungsverordnung  vom  1.  April  1876  und 
die  Beilage  A 2 zu  Artikel  I §.  2 der  gegenwärtigeu  Verordnung  finden 
hierbei  hinsichts  der  verabreichten  Mundverpflegung  und  Fourage,  des 
gestellten  Vorspanns,  sowie  des  gelieferten  Feuernngsmaterials  und  Lager- 
strohs Anwendung.  Eine  Baarzahlung  zur  Stelle  findet  bezüglich  dieser 
Leistungen  nicht  statt. 


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53 


Die  Liquidirung  der  VergütmigaangprQche  und  die  Kealieirung  hat 
nach  Maawgabe  der  §§.  20  bis  22  des  Gesetzes  über  die  Kriegs- 
leishingen  vom  13.  Jnni  1873  und  der  bezüglichen  Vorschriften  der  Ans- 
führungsrerordnung  vom  1.  April  1876  zu  erfolgen. 

Urkundlich  unter  Unserer  Hüchsteigenhändigen  Unterschrift  und  heigedrucktem 
Kaiserlichen  Insiegel. 

Gegeben  Charlottenburg,  den  14.  April  1888. 

(L.  S.)  Friedrieh. 

V.  Boetticher. 


M.-V.-B1.  No.  10.  Berlin,  den  8.  Hai  1888. 

Krankenpflege  an  Bord. 

In  Folge  der  Bestimmungen  des  Schiffsverpflegungs-Reglements  vom  27.  v.  Mts. 
treten  im  Reglement  über  den  Sanitätsdienst  an  Bord  folgende  Aendemngen  ein: 

1)  Zusatz  zu  §.  59. 

An  Skorbutkranke  kann  die  im  §.  11, 9 des  Schiffsverpflegungs- 
Reglements  verordnete  Limonade  in  doppelter  Portion  verabreicht 
werden.  Vergl.  §.  12  b der  Instruktion  für  die  Aerzte  an  Bord 
S.  M.  Schiffe  über  die  Gesundlieitspflege  an  Bord  Seite  423. 

2)  Im  §.  60  Absatz  6 ist  statt  ,dem  Zahlmeister*  zu  setzen:  ,der  Ver- 
pflegungs-Kommission*. 

3)  An  Stelle  von  §.  60  Absatz  7 ist  zu  setzen: 

Auf  Schiffen  mit  weniger  als  200  Mann  Besatzung  und  bei  Indienst- 
stellungen für  heimische  Gewässer  unterbleibt  die  Mitnahme  von 
Krankenproviant,  wenn  sich,  was  bei  der  Indienststellung  anzustreben 
ist,  eine  Vereinbarung  seitens  des  Schiffskommandos  mit  der  Offizier- 
messe dahin  treffen  lässt,  dass  die  Kranken  gegen  eine  Vergütung  in 
Höhe  der  halben  Tafelgelder  für  den  Kopf  und  Krankenverpflegungs- 
tag ans  dieser  Messe  die  Verpflegung,  mit  Ausschluss  des  Weines, 
erhalten. 

In  Ansnahmefällen  kann  auch  auf  grösseren  für  ausserheimische 
Gewässer  in  Dienst  gestellten  Schiffen,  wenn  der  Schiffsarzt  seine 
Zustimmung  erklärt  hat,  mit  Genehmigung  des  Stationschefs  eine 
derartige  Vereinbarung  getroffen  werden. 

Sowohl  das  Schiffskommando  auf  Antrag  des  Arztes  als  auch 
die  Offiziermesse  ist  berechtigt,  die  Vereinbarung  jeder  Zeit  zu 
kündigen.  Letztere  bleibt  in  diesem  Falle  nur  noch  so  lange  in 
Kraft,  bis  das  Schiff  sich  mit  der  nothwendigen  Ausrüstung  für  die 
Krankenbeküstigung  versehen  hat. 

Wein  ist  nach  Bedarf  gegen  Erstatmng  der  Selbstkosten  von 
der  Offiziermesse  zu  entnehmen.  Porter,  Ale,  Bairisches  Bier  und 
Schinken  wird  entweder  in  gleicher  Weise  von  der  Offiziermesse 
bezogen  oder  für  den  nächsten  Bedarf  in  den  einzelnen  Häfen 
angekauft. 

Die  den  Offlziermessen  für  entnommene  Krankenkost  gezahlte 
^ Vergütung  ist  bei  dem  Etatstitel  .Krankenpflege*  zu  verrechnen. 


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4}  An  Stell«  des  §.  83  nebst  Zusatz  und  Ergänzung  tritt  folgender  neue 
Paragraph; 

Aus  den  im  §.  61  erwähnten  Diät-Verordnungen  — Beilage  L — trägt 
der  Arzt  täglich  die  benüthigten  Portionen  Krankenproriant  in  die 
monatliche  Zusammenstellung  der  Diät-Verordnungen  — Beilage  M — 
ein  und  fertigt  am  Monatsschluss  aus  diesen  Eintragungen  die  auf 
der  letzten  Seite  befindliche  Berechnung  der  verbrauchten  Lebens- 
mittel an.  Der  weitere  Nachweis  wird  durch  die  von  der  Ver- 
pflegnngs- Kommission  aufzustellende  rierteljährliehe  Krankenproviant- 
Kechnung  — Beilage  MI  — geführt.  Dieselbe  wird  am  Schlüsse 
jeden  Ealenderquartals,  sowie  nach  der  Ausserdienstatellung  ab- 
geschlossen und  mit  den  zugehörigen  Einnahme-Nachweisungen,  den 
monatlichen  Zusammenstellungen  der  Diät- Verordnungen,  den  letzteres 
selbst  und  den  sonstigen  Bejägen  der  betrefi'enden  Stationsiutendantur 
übersandt. 

Die  Stationsintendantur  revidirt  die  Krankenproviant-Rechnung 
und  sendet  sie  mit  den  Diät-Verordnungen  an  den  betreffenden 
Marine-Stationsarzt  zur  ärztlich-technischen  Prüfung,  nach  welcher  sie 
mit  den  etwa  gemachten  Ausstellungen  an  die  Stationsintendantur 
zurückgelaugt  Letztere  sorgt  für  die  Erledigung  dieser  Ausstellungen, 
sowie  ihrer  eigenen  Bemerkungen  und  nimmt  die  Krankenproviant- 
Rechnung  mit  Zubehör  vorläufig  in  Verwahrung,  um  sie  später  mit 
der  Jahresrechnnng  der  General-Miliiärkassc  über  den  Krankenpflege- 
fonds (Kapitel  Ö7  des  Marine-Etats)  dem  Rechnungshöfe  einzureichen. 

Die  Diät -Verordnungen,  welche  der  Revision  des  Rechnungs- 
hofes in  der  Regel  nicht  unterliegen,  sind  von  den  Stationsintendanraren 
den  Marinc-Iuizsrethen  in  Kiel  bezw.  Wilhelmshaven  versiegelt  in 
Aufbewahrung  zu  geben,  damit  sie  erforderlicheo  Falles  dem  Rechnungs- 
höfe auf  Verlangen  vorgelegt  werden  können. 

In  den  Fällen,  in  welchen  die  Verpflegung  der  Schiffskranken 
aus  den  Offiziermeasen  stattfindet  — §.  60  — , ist  über  den  Verbrauch 
des  als  Extradiät  an  die  Kranken  verabfolgten  Weines  keine 
besondere  Verbrauchsnachweisung  aufzustellen.  Jedoch  ist  auf  der 
Rechnung  der  Offlziermesse  über  die  Entnahme  des  Weines  eine 
Bemerkung  über  die  Portionszahl,  die  Namen,  die  Krankheiten  und 
die  Krankheitsdauer  der  einzelnen  damit  Verpflegten  zu  machen. 

Die  Verfügungen  vom  8.  März  1878  — Marinevorordnungsblatt  Seite  45/47 
— und  vom  21.  Oktober  1881  — Marineverordnungsblatt  Seite  179  — treten 
ausser  Kraft. 

Zu  den  vorstehenden  Aenderungen  unter  No.  I,  3 und  4 nebst  Anlage  werden 
Deckblätter  ausgegeben  werden.  Die  Berichtigung  zu  2 ist  handschriftlich  vor- 
znnehmen. 


Der  Chef  der  Admiralität. 


C.  2351.  XI. 


V.  Caprivi. 


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56 


A.-V.-Bl.  No.  16. 

Krieggminiateriam.  Berlin,  den  13.  Mai  1888. 

Besetzung  einer  Freistelle  bei  der  Königlichen  Landesscbnle  Pforta. 

Zu  Michaelis  d.  J.,  ist  eine  zur  VerfSgung  des  Kriegsministeriums  stehende 
Freistelle  bei  der  Königlichen  Landesschule  Pforta  neu  zu  besetzen. 

Etwaige  Bewerbungen  sind  bis  zum  1.  Juli  d.  J.  an  die  Infanterie-Äbtheilung 
im  Kriegsministerium  (portofrei)  einzusenden.  Hinsichtlich  der  beizufOgenden 
Anmeldepapiere  wird  auf  den  kriegsministeriellen  Erlass  vom  19.  April  1887  (Armee- 
Verordnungs-Blatt  S.  121)  Bezug  genommen. 

Es  wird  noch  besonders  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die  Aufnahme- 
Prüfung  sich  auch  auf  den  Sommerkursus  derjenigen  Klasse,  für  welche  die  An- 
meldung erfolgt,  zu  erstrecken  haben  würde  und  dass  Knaben  mit  mangelhaften 
Schulzeugnissen  überhaupt  nicht  berücksichtigt  werden  können. 

Bronsart  v.  Schellendorff. 

No.  173/5.  88.  A.  2. 


M.-V.-B1.  No.  11.  Berlin,  den  27.  Mai  1888. 

Leihbinden. 

Ich  bestimme  unter  Aufliebung  der  Verfügung  vom  16.  Februar  1887  — 
C.  801.  XI.  — Nachstehendes: 

1)  Auf  der  westafrikanischen  Station  sind,  sobald  die  Schiffskommandos  es 
für  nothwendig  erachten,  von  den  Mannschaften  wollene  Leibbinden 
anzu  legen. 

2)  Jeder  Mann  erhält  beim  Eintreffen  auf  der  westafrikanischen  Station 
2 Leibbinden  zum  abwechselnden  Tragen. 

Es  ist  darauf  zu  halten,  dass  das  Wechseln  so  oft  als  erforderlich 
geschieht,  sowie  dass  die  abgelegten  Binden  jedesmal  sofort  gewaschen 
bezw.  getrocknet  werden. 

3)  Die  Leibbinden  werden  den  Leuten  unentgeltlich  verabfolgt,  nach  Bedarf 
ergänzt  und  beim  Verlassen  der  Station  zum  Aufträgen  belassen.  Die 
Ersatzbedürftigkeit  der  im  Besitze  der  Mannschaft  befindlichen  Binden  ist 
bei  den  regelmässigen  Kleidermusterungen,  gelegentlich  welcher  dieselben 
zu  besichtigen  sind,  festzustellen. 

4)  Schiffe  und  Fahrzeuge,  welche  nach  der  westafrikanischeii  Station  ah- 
gehen,  haben  sich  mit  den  erforderlichen  Leibbinden  auszurüsten.  Die 
Bemessung  des  Ausrüstungsvorraths , auf  welchen  die  etwa  mit  der 
Tropenansrüstung  — vergl.  Verfügung  vom  24.  Juli  1885  — Marine- 
verordnungsblatt S.  119/120  — empfangenen  Binden  zunächst  in  Anrechnung 
kommen,  ist  den  Schiffskommandos  überlassen.  Nach  den  bisherigen 
Erfahrungen  beträgt  der  Jahresverbrauch  an  Leibbinden  200  bis  300<*/o 
der  etatsmässigen  Besatznngsstärke. 

5)  Die  Ueberweisung  des  Bedarfs  erfolgt  auf  Requisition  der  Schiffskommandos 
durch  die  Bekleidungsämter  ohne  Werthausgleich.  Die  Ergänzung  des 
Vorraths  im  Auslande  kann  ebenfalls  durch  Heranziehung  aus  der 


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Ueimath,  oder  je  nach  Umständen  durch  Anfertigung  an  Bord  ans  mit- 
genommenem weissen  Moltong  nnd  weiss  leinenem  Bande  bewerkstelligt 
werden. 

6)  Die  Leibbinden  werden  wie  die  Tropenausrüstung  — an  Bord  als 
ausseretatsmässiges  Inventar  — verwaltet  und  nachgewiesen.  Die  Kosten 
der  Anfertigung  bei  den  Bekleidnngsämtern  bczw.  an  Bord  fallen  dem 
Kapitel  62  Titel  3 des  Marine-Etats  zur  Last. 

V crausgabungen  an  die  Mannschaft  sind  durch  V erbranchsbescheinigungen 
der  Kommandanten  zu  belegen. 

7}  Beim  Verlassen  der  westafrikanischen  Station  sind  die  Bestände  an  Leib- 
binden, soweit  sie  nicht  zur  weiteren  Verwendung  im  Auslande  für  die 
Tropenausrüstung  erforderlich,  anderen  auf  der  Station  verbleibenden 
Schiffen  zu  überweisen. 

Der  Chef  der  Admiralität. 

C.  2504.  XI.  V.  Caprivi. 


Personal -Veränderungen  im  Sanitäts-Korps. 

Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen. 

Befördert  werden:  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Kegts.-Arzt  I)r.  Haertel  vom 

1.  Posen.  Inf.-Regu  No.  18,  zum  Oberstabsarzt  1.  Kl.;  — Marine -Oberstabsarzt 

2.  Kl.  Dr.  Kuegler  von  der  2.  Matrosen-Div.,  zum  Marine-Oberstabsarzt  1.  KL, 
vorläufig  ohne  Patent;  — Marine-Stabsarzt  Dr.  Groppe  von  der  2.  Matrosen-Div., 
zum  Marine -Oberstabsarzt  2.  KI.,  vorläufig  ohne  Patent;  — die  AssisL-Aerzte 

2.  Kl.  Dr.  Schwarzlose  vom  1.  Oberschles.  Inf.-RegL  No.  22,  — Dr.  Walger  vom 

3.  Hess.  Inf.-Regt.  No.  83,  — Seeliger  vom  Wcstprciiss.  Feld-ArL-Regt.  No.  IG, 

— Fischer  vom  5.  Bad.  Inf.-Regt.  No.  113,  — Dr.  Hagen  von  der  Haupt- 
Kadetten-Anstalt,  — Rougemont  vom  Oberschles.  Feld-ArL-Regt.  No.  21,  — 
Dr.  Hahn  vom  4.  Wostfäl.  Inf.-RegL  No.  17,  — Dr.  Schiefer  vom  5.  Rhein. 
Inf.-RegL  No.  65,  — Beckmann  vom  Pomm.  Drag.-Regt.  No.  11,  — Dr.  Kremer 
vom  Kür.-RegL  Königin  (Pomm.)  No.  2,  dieser  unter  Versetzung  in  die  etats- 
mässige  Stelle  bei  dem  General-  und  Korpsarzt  des  2.  Armee-Korps,  — Dr.  Baege 
vom  1.  Magdeburg.  Inf.-Regt.  No.  26,  — Dr.  Arndt  vom  Ostprenss.  Füs.-RegL 
No.  33,  — Dr.  Uhl  vom  Brandenburg.  Fuss-ArL-Regt.  No.  3 (General-Feldzeug- 
meister), zu  Assist- Aerzten  1.  KL;  — die  Unterärzte  Dr.  Oppermann  vom 
8.  Ostpreuss.  Inf.-RegL  No.  45,  — Huth  vom  1.  Westpreuss.  Gren.-Regt  No.  6, 
dieser  unter  Versetzung  zum  3.  Posen.  Inf.-RegL  No.  58,  — Dr.  Eichel  vom 
1.  Posen.  Inf.-Regt.  No.  18,  unter  Versetzung  zum  5.  Pomm.  Inf.-RegL  No.  42,  — 
Dr.  Heins  vom  3.  Rhein.  Inf.-RegL  No.  29,  zu  Assi st.-Aerzten  2.  KL; 
die  U nterärzte  der  Res.  Russak  und  Toop  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Königsberg, 

— Blümcke  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Cöslin,  — Thormann  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Anclam,  — Paul  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bromberg,  — Wolff  vom  Landw.- 
Regts.-Bez.  L Berlin,  — Dr.  Eichler  vom  Land w. - Bats. - Bez.  Frankfurt  a.  O.,  — 
Dr.  Voegeding  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Laehr  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Teltow,  — Dr.  Fromm  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Soran,  — Dr.  Körner 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Brandenburg  a.  H.,  — Dr.  Rosenthal  vom  Landw.-Regts.- 
Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Krawezyfiski,  Dr.  May,  Dr.  Mertz  vom  Landw.-Regts.- 
Bez.  I.  Breslau,  — Dr.  Biesing  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bonn,  — Dr.  Fisch  vom 


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57 


Landw.-Regti.-Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Adam,  Dr.  Seeligmann  vom  Landw.-Bata.- 
Bex.  Hamburg,  — Dr.  Clebsch  vom  Landw.-Bats.-Bes.  Hannover,  — Dr.  Rumpel 
vom  Landw.-Bata.-Bez.  Marbnrg,  — Dr.  Lenne rt  vom  Landw.-Bata.-Bez.  Erbach, 

— Clemens  vom  Landw.-Bata.-Bez.  Weimar,  — Dr.  Kehr  vom  Landw.-Bata.-Bez. 
Gotha,  — Dr.  Knoblauch  vom  Landw.-Bata.-Bez.  Frankfurt  a.  M.,  — Rupp, 
Dr.  Claessen,  Wagner  vom  Landw.-Bata.-Bez.  Straasburg,  — zu  Aasist.- 
Aerzten  2.  Kl.  der  Rea.;  — die  Unterärzte  der  Marine-Ree.:  Harttung 
Tom  Landw.-Bata.-Bez.  Frankfurt  a.  O.,  — Dr.  Bargum,  Dr.  Behrendt  vom 
Landw.-Bata.-Bez.  Kiel,  — zu  Assiat-Aerzten  2.  Kl.  der  Marine-Ree.;  — 
der  Unterarzt  der  I^ndw.  1.  Aufgebote  Wörner  vom  Landw.-Bata.-Bez.  Offenburg, 
zum  Assiat.-Arzt  2.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots.  — Oberstabsarzt  1.  Kl.  und 
Regta.-Arzt  Dr.  Wolff  vom  4.  Oberscblea.  Inf.-Regt.  No.  63,  beauftragt  mit  Wahr- 
nehmung der  diviaionsärztlichen  Funktionen  bei  der  12.  Dir.,  sowie  den  Marine- 
Assist.-Aerzten  1.  Kl.  Dr.  Ilse,  Hohenberg,  Dr.  Lotsch,  ein  Patent  ihrer 
Charge  verliehen.  — A8Bist.-Arzt  2.  Kl.  Dr.  Schultzen  vom  6.  Rhein.  Inf.-Regt 
No.  68  wird  in  die  etatamäaaige  Stelle  bei  dem  General-  und  Koipsarzt  des 
8.  Armee-Korps  versetzt  — Dem  Assist-Arzt  2.  Kl.  Kloidt  vom  Hohenzollem. 
FSs.-Regt  No.  40  wird  zu  dem  ihm  mittelst  Ordre  vom  22.  November  pr.  behufs 
Wiederherstellung  seiner  Gesundheit  bewilligten  aechsmonatlichen  Urlaub  ein  sechs- 
monatlicher  Nachurlaub  mit  ganzem  Gehalt  nach  GSrbersdorf  bewilligt  — Der  Ab- 
schied wird  bewilligt:  dem  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Dr.  Wustandt 
vom  2.  Magdeburg.  Inf -Regt.  No.  27,  beauftragt  mit  Wahrnehmung  der  diviaions- 
ärztlichen hSinktionen  bei  der  7.  Division,  — dem  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.- 
Arzt  Dr.  Krause  vom  Ulan.-Regt  Kaiser  Alexander  III.  von  Rnasland  (Westprenss.) 
No.  1 , beiden  mit  dem  Charakter  als  Generalarzt  2.  Kl.,  der  gesetzlichen  Pension 
und  der  Erlaubnisa  zum  Tragen  ihrer  bisherigen  Uniform  mit  den  für  Verabschiedete 
rorgeschriebenen  Abzeichen;  — dem  Stabsarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  Dr.  Wilde 
vom  Landw.-Bata.-Bez.  Osterode  mit  dem  Charakter  als  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und 
der  Erlaubniss  zum  Tragen  seiner  bisherigen  Uniform  mit  den  für  Verabschiedete 
vorgeachriebenen  Abzeichen;  — dem  Stabsarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  Dr.  Kleine 
vom  Landw. -Bats.-Bez.  Schweidnitz,  unter  Ertheilung  der  Erlaubniss  zum  Tragen 
seiner  bisherigen  Uniform  mit  den  für  Verabschiedete  vorgeschriebenen  Abzeichen; 

— den  Stabsärzten  der  Landw.  1.  Aufgebots:  Dr.  Hillefeld  vom  Landw.- 
Bata.-Bez.  Lüneburg,  — Dr.  Hopff  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Siegen,  beiden  mit  der 
Krlaubniss  zum  Tragen  ihrer  bisherigen  Uniform  mit  den  für  Verabschiedete  vor- 
geschriebenen Abzeichen;  — dem  Stabsarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  Dr.  Käse- 
model vom  Landw.-Bata.-Bez.  Bitterfeld,  — dem  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Landw. 

1.  Aufgebots  Dr.  Wieger  vom  Landw.-Bata.-Bez.  Straasburg,  — dem  Assist.-Arzt 

2.  Kl.  der  Res.  Dr.  Krieger  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Fulda,  — dem  Morine-Assist.- 
Arzt  2.  Kl.  Greifcnliagen  von  der  2.  Matrosen-Div.,  letzterem  behufs  Nach- 
suclmng  des  Auswanderungs-Konsenses.  — Der  Stabs-  und  Bats.-Arzt  Dr.  Langen - 
mayr  vom  Füs.-Bat.  des  Inf.-Regts.  No.  131  scheidet  mit  der  gesetzlichen  Pension 
aus.  — Der  Stabs-  und  Bats.-Arzt  Dr.  Rahts  vom  2.  Bat.  des  Kaiser  Gren.-Regts. 
No.  1 scheidet  ans  dem  aktiven  Sanitäts- Korps  ans  und  tritt  zu  den  Sanitäts- 
offizieren der  Res.  über. 

Berlin,  den  30.  Mai  1888. 


Den  1.  Mai  1888. 

Wicdcrangestellt: 

Stabsarzt  Dr.  Berthold,  zuletzt  von  der  Res.  des  Landw. -Bats.  KSnigsberg, 
beim  Landw.-Bats.-Bez.  Königsberg,  — Assist.-Arzt  1,  Kl.  Dr.  Gentzen,  zuletzt 
von  der  I.andw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Unterberger, 
zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Schröter, 
zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.  - Bats.  - Bez.  Danzig,  beim  Landw.  - Bats.  - Bez. 
Danzig,  — Assist.-Arzt  1,  Kl.  Dr,  Bessau,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.- 
Bats.  Marienburg,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Marienburg,  — Stabsarzt  Dr.  Witte, 


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58 


znletxt  Ton  der  Landv.  des  Londw.-Bats.  Strslsund,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Stral- 
sand,  — As8ist.-Aret  1.  Kl.  Dr.  Lemcke,  zuletzt  von  der  Laudw.  deeselbeo  Baza., 
desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Wegner,  zuletzt  tod  der  Landw.  desselben  Bats., 
desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Parsenow,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.- 
Bats.  Stettin,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Stettin,  — charakteris.  Stabsarzt  Dr.  Aug- 
stein,  zuletzt  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Bromberg,  beim 
Landw.-Bats.-Bez.  Bromberg,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Kasemeyer,  zuletat  von 
der  Landw.  des  Landw.  - Bats.  1.  Mflnster,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Münster,  — 
Stabsarzt  Dr.  Schäfer,  zuletzt  von  der  I-andw.  des  Landw.-Bats.  2.  Münster,  beim 
Landw.-Bats.-Bez.  II.  Münster,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Flaskamp,  zuletzt  von 
der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Wesel,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Wesel,  — Aasisz.- 
Arzt  1.  Kl.  Dr.  Sahlmen,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Bielefeld,  beim 
Landw.-Bats.-Bez.  Bielefeld,  — Assist  - Arzt  1.  Kl.  Dr.  Roeper,  zuletzt  von  der 
Landw.  des  Landw.-Bats.  Paderborn,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Paderborn,  — Stabs- 
arzt Dr.  Lepper,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Dortmund,  beim 
I^ndw.  - Bats.  - Bez.  Dortmund,  — Assist. -Arzt  1.  Kl.  Dr.  Lind,  zuletzt  von  der 
Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Wortmann,  zuletzt  von 
der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Graeve,  zuletzt  von 
der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Bochum,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Bochum,  — Assist- 
Arzt  1.  Kl.  Dr.  Falckenberg,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgL, 
— Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Moeller,  zuletzt  von  der  Landw.  des  damaligen  Landw.- 
Bats.  Iserlohn,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Hagen,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Vogt, 
zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Mayer, 
zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.  - Bats.  Düsseldorf,  beim  Landw.  - Bats.  - Bez. 
Düsseldorf,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Schultze,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben 
Bats.,  desgl.,  — Assist. -Atzt  1.  Kl.  Dr.  Thomashoff,  zuletzt  von  der  Landw 
desselben  Bats.,  desgl.,  — Stabsarzt  Dr.  Klingholz,  zuletzt  von  der  Landw.  des 
Landw.-Bats.  Essen,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Essen,  — Assist  - Arzt  1.  Kl.  Dr. 
Racine,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl..  — Assist  • Arzt  1.  Kl. 
Dr.  Büren,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Grafrath,  beim  Landw.-Bats.- 
Bez.  Grafrath,  — Stabsarzt  Dr.  Sndhoff,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.- 
Bats.  Barmen,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Barmen,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Nieden, 
zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Fricken- 
haus,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Stabsarzt  Dr.  Hommels- 
heim, zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Aachen,  beim  Landw.  - Bats.  - Bez. 
Aachen,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  van  Erckelens,  zuletzt  von  der  taindw.  des- 
selben Bats.,  desgl.  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Compes,  zuletzt  von  der  Landw. 
des  Landw.-Bats.  Neuss,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Neuss,  — Stabsarzt  Dr.  Vogel, 
zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Regts.  Cöln,  beim  Landw.-Rcgte.-Bez.  Cöln,  — 
Stabsarzt  Dr.  Klein,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Regts. , desgl.,  — Assist- 
Arzt  1.  Kl.  Dr.  Apfel,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Regts.,  desgl.,  — Stabs- 
arzt Dr.  Staub,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  St  'Wendel,  beim 
Landw.-Bats.-Bez.  St  Wendel,  — Stabsarzt  Dr.  Ti  Hessen,  zuletzt  von  der  Landw. 
des  Landw.-Bats.  Saarlouis,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Saarlouis,  — Assist-Arzt  1.  Kl. 
Dr.  Schissei,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Stabsarzt  Dr. 
Bayer,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Strassburg,  beim  Landw.-Bats.- 
Bez.  Strassburg,  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Metzenthin,  zuletzt  von  der  Landw. 
des  Landw.-Bats.  Strassbnrg,  beim  Land  w.  - Bats.  - Bez.  Strassburg,  — Assist -Arzt 
1.  Kl.  Dr.  Ungerer,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist.- 
Arzt  1.  Kl.  Dr.  Jaeger,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Mülhausen  i.  E., 
beim  Landw.-Bats.-Bez.  Mülhausen  i.  E.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Disque,  zu- 
letzt von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Altkirch,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Altkirch. 

Den  4.  Mai  1888. 

Wiederangestellt: 

Stabsarzt  Dr.  Waitz,  zuletzt  von  der  Idindw.  des  Landw.-Bats.  Hamburg,  beim 
Landw.-Bats.-Bez.  Hamburg,  — Stabsarzt  Dr.  Garvens,  zuletzt  von  der  Landw. 
desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist  - Arzt  1.  Kl.  Dr.  Wiesinger,  zuletzt  von  der 
Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist -Arzt  1.  Kl.  Dr.  Prochownik,  znletzt 


■ Liy 


59 


▼on  der  Landw.  dewelben  Bäte.,  deagl.,  — Assist.-Aizt  1.  Kl.  Dr.  Lsuensteiui 
coletzt  TOD  der  Landtr.  desselben  Bats.,  desgl.,  — ABsist.-Arzt  1.  KI.  Dr.  Schmidti 
znletzt  TOD  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist.  - Arzt  1.  Kl.  Dr.  Piza, 
zuletzt  TOD  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist. -Arzt  1.  Kl.  Dr.  Hage- 
dorn, znletzt  Ton  der  Reserve  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr. 
Nebel,  zulelzt  Ton  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist.  - Arzt.  1.  Kl. 
Dr.  Strack,  zuletzt  Ton  der  Res.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist.  - Arzt  1.  Kl. 
Dr.  Oberg,  znletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl. 
Dr.  Schmidt,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Schwerin,  beim  Landw.- 
Bata.-Bez.  Schwerin,  — Stabsarzt  Dr.  Soltsien,  zuletzt  Ton  der  Res.  des  Landw.- 
Bats.  Altona,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Altona,  — Assist-Arzt  2.  KI.  Raetber,  zu- 
letzt von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Schwerin,  desgl.,  — Stabsarzt  Dr.  Weiss, 
zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Heidelberg,  beim  Landw.-Bats.-Bez. 
Heidelberg,  — Assist.  - Arzt  1.  Kl.  Dr.  Rüge,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben 
Bats.,  desgl.,  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Burck,  zuletzt  Tun  der  Landw.  des  Landw.- 
Bats.  Bruchsal,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Bruchsal,  — Stabsarzt  Dr.  Wilser,  zuletzt 
von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Karlsruhe,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Karlruhe,  — 
Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  H offmann,  znletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl., 

— Assist -Arzt  1.  Kl.  Dr.  Schünemann,  zuletzt  von  der  Res.  desselben  Bats., 
desgl.,  — Stabsarzt  Dr.  Knies,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Freiburg, 
beim  Landw.-Bats.-Bez.  Kreiburg,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  v.  Kries,  zuletzt  von 
der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Fischer,  zuletzt  von  der 
Landw.  des  Landw.-Bats.  Lbrrach,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Lfirracb. 

Den  11.  Mai  1888. 

Wiederangestellt; 

Assist  - Arzt  1.  Kl.  Dr.  Krause,  zuletzt  von  der  Res.  des  Landw.-Bats. 
Frankfurt  a.  O.,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Frankfurt  a.  O.,  — Assist.-Arzt  1.  Kl. 
Dr.  Niclou,  zuletzt  von  der  Res.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist  - Arzt  1.  Kl. 
Dr.  Pelizaeus,  zuletzt  von  der  I,andw.  des  Landw.-Bats.  Calau,  beim  Landw.- 
Bats.-Bez.  Calau,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Behla,  zuletzt  von  der  Landw.  des- 
selben Bats.,  desgl.,  — charakteris.  Stabsarzt  Dr.  Thiem,  zuletzt  Assist-Arzt  1.  KI. 
der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Cottbus,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Cottbus,  — Assist- 
Arzt  1.  Kl.  Dr.  Kuhnt,  znletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Teltow,  beim 
Landw.-Bats.-Bez.  Teltow,  — Assist-Arzt  1.  KI.  Dr.  Grochtmann,  zuletzt  von 
der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Stabsarzt  Dr.  Jacobsthal,  znletzt  von  der 
Res.  des  Landw.-Regts.  1.  Berlin,  beim  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin,  — Stabsarzt 
Dr.  Bernheim,  zuletzt  von  der  Res.  desselben  Regts.,  desgl.,  — Stabsaizt  Dr. 
Sefaoetz,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Regts.,  desgl..,  — Assist -Arzt  1.  KI. 
Dr.  Riedel  I.,  znletzt  von  der  Landw.  des  damaligen  Landw.-Regts.  Berlin,  desgl., 

— Assist-Aizt  1.  Kl.  Dr.  Peters,  znletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Regts. 
1.  Berlin,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Boegehold,  zuletzt  von  der  Res.  des- 
selben Regts.,  desgl..  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Veit,  zuletzt  von  der  Res.  desselben 
Regts.,  desgl.,  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Schmidt,  znletzt  von  der  Res.  desselben 
Regts.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Saatz,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben 
Regts.,  desgl.,  — Assist -Arzt  1.  Kl.  Dr.  Benary,  zuletzt  von  der  Res.  desselben 
Regts.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Riedel  II.,  zuletzt  von  der  Landw.  des 
damaligen  Landw.-Regts.  Berlin,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  KI.  Dr.  Borcherdt,  zu- 
letzt von  der  Res.  des  Landw.-Regts.  1.  Berlin,  desgl.,  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr. 
Kossel,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Regts.,  desgl.,  — Assist.-Arzt  1.  Kl. 
Dr.  Michelet,  znletzt  von  der  Landw.  desselben  Regts.,  desgl.,  — Assist.-Arzt 
1.  Kl.  Dr.  Uhthoff,  znletzt  von  der  Landw.  desselben  Regts.,  desgl.,  — Assist- 
Arzt  1.  Kl.  Dr.  Lehr,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Wiesbaden,  beim 
Landw.-Bats.-Bez.  Wiesbaden,  — Stabsarzt  Dr.  Wohlfahrt,  zuletzt  von  der 
Landw.  des  Landw.-Bats.  Frankfurt  a.  M.,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Frankfurt  a.  M. 

— Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Bresgen,  znletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl., 

— Assist.-Arzt  1.  KI.  Dr.  Lange,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl. 


60 


— Ä8(i8t,-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Sippel,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  deagl., 

— Assist.'Arzt  1.  Kl.  Dr.  Zeh,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — 
AssiBL-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Schlesinger,  zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats-, 
desgl.,  — Stabsarzt  Dr.  Eichenberg,  zuletzt  Bats.-Arzt  des  Küs.-Bats.  8.  Rhein. 
Inf.-Regts.  No.  70,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Cassel,  — Stabsarzt  Dr.  Bislcamp, 
zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  1.  Cassel,  desgl.,  — Stabsarzt  Dr.  Schotten, 
zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Schenk, 
zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Weimar,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Weimar, 

— charakteris.  Stabsarzt  Dr.  Maurer,  zuletzt  Assist.  - Arzt  I.  Kl.  der  Landw.  des 
Landw.-Bats.  Darmstadt  I.,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Darmstadt,  — Assist.  - Arzt 
1.  Kl.  Dr.  Stamm,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Giessen,  beim  Landw.- 
Bats.-Bez.  Giessen,  — A88ist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Hofmeier,  zuletzt  von  der  Landw. 
des  Landw.-Regts.  1.  Berlin,  desgl.,  — Assi8t.-Aizt  1.  KI.  Dr.  Lindenborn,  zu- 
letzt von  der  Landw.  des  Landw.  - Bats.  Erbach  i.  O.,  beim  Landw.  - Bats.  - Bez. 
Erbach,  — Stabsarzt  Dr.  Koenig,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Mainz, 
beim  Landw.-Bats.-Bez.  Mainz. 


Den  16.  Mai  1888. 

Wiederangestellt; 

Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Fürbringer,  zuletzt  von  der  liandw.  des  Landw.-Bats. 
I.  Braunschweig,  beim  Landw,  - Bats.  - Bez.  I.  Braunschweig,  — Aasi8t.-Arzt  1.  Kl. 
Dr.  Focke,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  Lingen,  beim  Landw.-Bats.- 
Bez.  Lingen,  — Stabsarzt  Dr.  Schläger,  zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats. 
Hannover,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Hannover,  — Assist-Arzt  1.  KI.  Dr.  Halle, 
zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  dc.sgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Krab, 
zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist- Arzt  1.  Kl.  Dr.  Müller, 
zuletzt  von  der  I-andw.  des  Landw.-Bats.  Hildesheim,  beim  Landw.-Bats.-Bez. 
Hildesheim,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Wachsmuth,  zuletzt  von  der  Landw.  des 
Landw.-Bats.  Celle,  beim  Landw.-Bats.-Bez.  Celle,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Stein- 
meyer, zuletzt  von  der  Landw.  des  Landw.-Bats.  I.  Braunschweig,  beim  Landw.- 
Bats.-Bez.  I.  Braunschweig,  — Assist.-Arzt  1.  Kl.  Dr.  v.  Holwede,  zuletzt  von 
der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Henking,  zuletzt 
von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  KI.  Dr.  Engel  brecht, 
zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl.,  — Assist-Arzt  1.  Kl.  Dr.  Kleinau, 
zuletzt  von  der  Landw.  desselben  Bats.,  desgl. 


Nachweisung  der  beim  Sanitäts-Korps  im  Monat  April  1888 
eingetretenen  Veränderungen. 

Durch  Verfügung  des  Generalstabsarztes  der  Armee. 

Den  10.  April  1888. 

Dr.  Oppermann,  Unterarzt  vom  8.  Ostpreuss.  Inf.  - Regt.  No.  45,  — Dr. 
Barth,  Unterarzt  vom  1.  Rhein.  Inf.-Regt.  No.  25,  — Dr.  Koch,  Unterarzt  vom 
Gren.-Regt.  Kronprinz  Friedrich  Wilhelm  No.  11,  — sämmtlich  mit  Wahrnehmung 
je  einer  bei  den  betreffenden  Truppentheilen  vakanten  Assist -Arztstelle  beauftragt 

Den  19.  April  1888. 

Schwehs,  Assist.-Arzt  3.  Kl.  vom  Schleswig-Holstein.  Füs.-Regt  No.  86,  zur 
Dienstleistung  bei  der  Kaiserl.  Marine  kommandirt. 

Den  21.  April  1888. 

Dr.  Gillet,  Unterarzt  vom  1.  Rhein.  Feld-Art.-Regt  No.  8,  mit  Wahrnehmung 
einer  bei  diesem  Truppentheil  vakanten  Assist-Arztstelle  beaufiragt 


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61 


Den  26.  April  1688. 

Dr.  Gerdeck,  Unterarzt  vom  4.  Brandenburg.  Inf.-Regt.  No.  24  (Groeaberzog 
Friedrich  Franz  II.  von  Mecklenburg-Schwerin;  zum  Inf.-Regt.  No.  131  versetzt 

(Chef  d.  Adm.  v.  23.  5.  88.) 

Dt.  Dippe,  Stabsarzt  bisher  zum  Charite-Krankenhanse  kommandirt,  tritt  mit 
dem  1.  Oktober  er.  zur  Marinestation  der  Ostsee  zurück.  — Dr.  Bornträger, 
Stabsarzt  bisher  zum  Friedrich -Wilhelms  - Institut  kommandirt,  mit  dem  gleichen 
Zeitpunkte  der  Charite  überwiesen.  — Dr.  Brandstaeter,  Stabsarzt  mit  dem 
1.  Oktober  er.  zum  Friedricb-Wilhelms-Institut  kommandirt. 

(Chef  d.  Adm.  v.  25.  5.  88.) 

Dr.  Olsbausen,  Assist. -Arzt  1.  Kl.,  an  Bord.  S.  M.  S.  „König  Wilhelm“, 
— Dr.  Panlun,  Assist-Arzt  2.  Kl.,  an  Bord  S.  M.  S.  „Irene“  — kommandirt. 


Veränderungen  im  Königlich  Bayerischen  Sanitäts-Korps. 

Den  8.  Mai  1888. 

Dr.  Scbmidtlein  (Hof),  Assist  - Arzt  1.  Kl.  a.  D.,  bei  den  Sanitätsoffizieren 
der  Landw.  2.  Aufgebots  wiederangestellt. 

Den  9.  Mai  1888. 

Dr.  Josenhans  (Augsburg),  Wild  (Hof),  Dr.  Hedrich,  Kellner  fWürzburg), 
Unterärzte  der  Kes.,  zu  Assist-Aerzten  2.  Kl.  im  Beurlaubtenstande  befördert. 

Durch  Verfügung  des  Kriegsministeriums. 

Bischoff,  einjährig-freiwilliger  Arzt  im  18.  Inf.-Regt.  Prinz  Ludwig  Ferdinand, 
— Kellermann,  einjährig  - freiwilliger  Arzt  im  9.  Inf.-Regt.  Wrede,  — Nagel, 
einjährig-freiwilliger  Arzt  vom  1.  Inf.-Regt  König,  im  13.  Inf.-Regt.  Kaiser  Franz 
Joseph  von  Oesterreich,  — Stammler,  einjährig-freiwilliger  Arzt  vom  9.  Inf.-Regt 
Wrede,  im  2.  Chev. -Regt.  Taxis,  — sämmtlicb  unter  Beauftragung  mit  Wahr- 
nehmung vakanter  Assist.-Arztstellen,  zu  Unterärzten  ernannt 

Den  20.  Mai  1888. 

Dt.  Falle r (Mindelheim),  Stabsarzt  von  der  Landw.  1.  Aufgebots,  — 
Dr.  Wetzel  (Bamberg),  Assist-Arzt  2.  Kl.  von  der  Landw.  1.  Aufgebots,  — der 
Abschied  bewilligt 


VeränderuDgen  im  Königlich  Sächsischen  Sanitäts-Korps. 

Allerhöchster  Beschluss  vom  20.  Mai  1888. 

Dr.  Riedel,  Assist -Arzt  2.  Kl.  der  Landw.  2.  Aufgebots  des  Landw.  - Bats.- 
Bez.  I.  Dresden,  zum  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  2.  Aufgebots,  — Dr.  Koliath, 
Dr.  Grünewald,  Unterärzte  der  Res.  des  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Leipzig,  zu  Assist- 
Aerzten  2.  Kl.  der  Res.  — befördert 

Durch  Verfügung  des  Kriegeministeriums. 

Den  15.  Mai  1888. 

Körner,  einjährig-freiwilliger  Arzt  des  7.  Inf.-Regts.  Prinz  Georg  No.  106,  — 
Müller,  einjährig-freiwilliger  Arzt  des  2.  Feld-Art-Regts.  No.  28,  als  Unterärzte 
des  Aktivstandes  bei  ihren  Tmppentheilen  unter  gleichzeitiger  Beauftragung  mit 
Wahrnehmung  vakanter  Assist-Arztstellen  angestellt 


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62 


Veränderungen  im  Königlich  Württembergischen  Sanitäts-Korps. 

Den  5.  Mai  1888. 

Dr.  Hoffmann,  Oberstabsarzt  2.  KI.  nnd  Regts.  - Arzt  des  8.  Inf.  - Reg^. 
No.  126,  unter  Beförderung  zum  Oberstabsarzt  1.  Kl.,  als  Regts.-Arzt  in  das  Inf.- 
Regt.  Kaiser  Wilhelm  König  von  Preussen  No.  120  versetzt  — Dr.  Dotter,  Staba- 
und  Bats.  - Arzt  des  Ffis. -Bats.  Inf. -Regts.  Kaiser  Friedrich  König  von  Preussen 
No.  125,  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  8.  Inf.-Regts.  No.  126  be- 
fördert — Steiff,  Stabsarzt  ä la  suite  des  Sanitätskorps,  unter  Entbindung  von 
dem  Kommando  beim  medizinisch-chirurgischen  Friedrich-Wilhelms-lnstitnt,  in  das 
Sanitätskorps  wieder  einrangirt  und  zum  Bats.-Arzt  des  Füs.-Bats.  Inf.-Regts.  Kaiser 
Friedrich  König  von  Preussen  No.  125  ernannt.  — Dr.  Dietlen,  Stabs-  nnd  Bats.- 
'Arzt  des  Füs.-Bats.  Gren.-Regts.  König  Karl  No.  123,  unter  Stellung  ä ta  suite  des 
Sanitätskorps,  behufs  Verwendung  in  einer  Stabsarztstelle  beim  medizinisch- 
chirurgischen Friedrich-Wilhelms-lnstitnt,  nach  Preussen  kommandirt.  — Dr.  Find- 
eisen, Assist-Arzt  1.  KI.  der  Landw.  im  Landw.-Bats.-Bez.  Heilbronn,  zum  Stabs- 
arzt der  Landw.,  — Dr.  Köstlin,  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Res.  im  Landw.-Bats.-Bez. 
Ludwigsbnrg,  — Dr.  Steinbrück,  Assist. -Arzt  1.  Kl.  der  Res.  im  Landw.-Bats. 
Bez.  Reutlingen,  — zn  Stabsärzten  der  Res.,  — Dr.  Pfeilsticker,  Assist- 
Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  im  Landw.-Bats.-Bez.  Hall,  — Dr.  Ganpp,  Assist-Arzt 

1.  Kl.  der  Landw.  im  Landw.-Bats.-Bez.  Gmünd,  — zu  Stabsärzten  der 
Landw.,  — Dr.  Wörner,  Assist.-Arzt  1.  KI.  der  Res.,  im  Landw.-Bats.-Bez. 
Reutlingen,  zum  Stabsarzt  der  Res.,  — Dr.  Kleinmann,  Assist  - Arzt  1.  Kl.  im 
4.  Inf.-Regt  No.  122,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  Füs.-Bats.  Gren.-Regts.  König 
Karl  No.  123,  — befördert.  — Die  Assist.  - Aerzte  2.  KI.  der  Res.: 
Dr.  Rödelheimer,  Dr.  Banr,  im  Landw.-Bats.-Bez.  Ehingen,  — Dr.  Bernhard, 
im  I>andw.-Bats.-Bez.  Stuttgart,  — Gajrler,  im  Landw.-Bats.-Bez.  Reutlingen,  — 
zn  Assist  - Aerzten  1.  Kl.  der  Res.,  — Dr.  Neidert,  Assist-Arzt  2.  Kl.  im 
Inf.  - Regt.  König  Wilhelm  No.  124,  zum  Assist.  - Arzt  I.  Kl.  — befördert.  — 
Dr.  Jäger,  Unterarzt  der  Res.  im  Landw.-Bats.-Bez.  Stuttgart,  — Dr.  Eiwert, 
Unterarzt  der  Res.  im  Landw.-Bats.-Bez.  Reutlingen,  — zu  Assist  - Aerzten 

2.  Kl.  der  Res.  ernannt 

Durch  Verfügung  des  Korps-Generalarztes. 

Den  7.  Mai  1888. 

Dr.  Frank,  Unterarzt  des  aktiven  Dienststandes  im  Inf.-Regt.  Kaiser  Friedrich 
König  von  Preussen  No.  125,  mit  Wahrnehmung  einer  bei  dem  genannten  Regt 
vakanten  Assist.-Arztstelle  beauftragt 


Ordensverleihungen. 

Preussische. 

Rother  Adler-Orden  2.  Kl.  mit  Eichenlaub: 

Dr.  V.  Stuckrad,  Generalarzt  1.  Kl.  und  Korpsarzt  des  III.  Armee  - Korps. 
— Dr.  Kuhn,  Generalarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  der  Gardes  du  Corps. 

Derselbe  Orden  3.  Kl.  mit  der  Schleife: 

Dr.  B ecker,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  nnd  Regts.-Arzt  des  Thüring.  Feld  - Art- 
Regts.  No.  19,  beauftragt  mit  Wahrnehmung  der  divisionsärztlichen  Funktionen 
bei  der  8.  Div.  — Dr.  Neubanr,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt 
des  2.  Brandenburg.  Drag. -Regts.  No.  12. 


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63 


Derselbe  Orden  4.  Kl.: 

Dr.  Oiehl,  Marine-Oberstabsarzt  2.  Kl.  — Dr.  Qlobig,  Marine-Oberstabsarzt 
2.  Kl.  — Dr.  Groos,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  Niederrhein. 
Füs.-Regts.  No.  39.  — Dr.  Jahn,  Oberstabsarzt  1.  KI.  und  Regts.-Arzt  des 
2.  Ponini.  Feld-Art.- Regts.  No.  17.  — Dr.  Kley,  Oberstabsarzt  2.  KI.  und 
Regts.-Arzt  des  2.  Hannov.  Drag.-Regts.  Na.  Iti,  — Dr.  KShler,  Oberstabs- 
arzt 2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  2.  Garde-Regts.  zu  Fuss.  — Dr.  Kuntzen, 
Marine -Oberstabsarzt  2.  KI.  — Dr.  s.  Meyeren,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und 
Regts.-Arzt  vom  Thüring.  Ulan.  - Regt.  No.  6,  — Dr.  Varenhorst,  Ober- 
stabsarzt 1.  Kl.  und  Regts.  - Arzt  des  2.  Hannov.  Inf.  - Regle.  No.  77.  — 
Dr.  Vater,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Gam.-Arzt  von  Spandau,  — Dr. 
Wilekens,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  l.Pomm.  Ulan.-Regts. 
No.  4. 

KSniglicher  Kronen-Orden  2.  Kl.; 

Dr.  Löwer,  Generalarzt  2.  Kl.  und  Korpsarzt  des  XI.  Armee-Korps. 

Derselbe  Orden  3.  KI.: 

Dr.  Becker,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  1.  Thüring.  Inf.-Regts. 
No.  31.  — Dr.  Becker,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  5.  Rhein. 
Inf.-Regts.  No.  66.  — Dr.  Gutschow,  Marine  - Oberstabsarzt  1.  Kl.  — 
Dr.  Müller,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Chefarzt  des  Gam.-Lazareths  I Berlin. 
— Dr.  Steinhausen,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  1.  Hess. 
Hus.  - Regts.  Nu.  13,  beauftragt  mit  Wahrnehmung  der  divisionsärztlichen 
Funktionen  bei  der  21.  Div.  — Dr.  Viedebantt,  Oberstabsarzt  1.  Kl. 
und  Regts.-Arzt  des  7.  Pomm.  Inf.-Regts.  No.  54. 

.Allgemeines  Ehrenzeichen: 

Berghoff,  Lazarethwärter  beim  Kadettenhause  zu  Beiisberg.  — Grüne,  Ober- 
lazarethgeh.  vom  Anhalt.  Inl-Regt.  No.  93. 

In  den  Adelsstand  erhoben: 

Dr.  Wegner,  Generalarzt. 


Familien-Naclirichten. 

Verlobungen:  Dr.  Kleinmann,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  Füs.-Bats.  Gren.-Regts. 
König  Karl  (5.  Württemberg.)  No.  123,  mit  Frl.  Clara  Beck  (Heilbronn). 

Verbindungen:  Dr.  Theodor  Pleyer,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  im  Künigl.  Bayer.  Inf.- 
Leib  - Regt.,  mit  Frl.  Euphrosine  Dorfner  (Theuern).  — Dr.  Carl  Bossbach, 
Assist.-Arzt  im  Künigl.  Bayer.  17.  Inf.  - Regt,  ürff,  mit  F'rl.  Magdalena  Klee- 
berger (Speyer  a.  Rh. — Germersheim).  — Dr.  Rudolf  Witte,  Stabsarzt  der  Landw., 
mit  Frl.  Emmy  Preise  (Berlin — Conradswaldaii). 

Geburten:  (Tochter)  Dr.  Timann,  Stabsarzt  (Berlin). 

Todesfälle:  Dr.  Oskar  Gallenkamp,  Stabsarzt  a.  D.  (Görlitz).  — Dr.  Eduard 
August  Remacly,  Oberstabsarzt  a.  D.,  zuletzt  im  5.  Westfäl.  Inf.-Regt.  No.  53 
(Schneidemühl).  — Dr.  Boether,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  a.  D.  (Graudenz).  — 
Franz  Träger,  Assist-Arzt  2.  Kl.  im  Künigl.  Bayer.  13.  Inf.-Regt.  Kaiser  Franz 
Joseph  von  Oesterreich  (Kelheim).  — Dr.  Kleinpaul,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  a.  D. 
(Meissen).  — Hennicke,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  a.  D.  (Dresden).  — Dr.  Gustav 
Weise,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  a.  D.  (Blasewitz).  — Dr.  Nuding,  Künigl. 
Württemberg.  Stabsarzt  der  Landw.  des  Landw.-Bata.-Bez.  Calw. 


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64 


General'Rapport 

von  den  Kranken  der  Königlich  Preueeischen  Armee,  des  XII.  (Königlich 
Sächsischen)  und  des  XIll.  (Königlich  Württembergiscben)  Armee-Korps, 
sowie  der  dem  XV.  Armee-Korps  atUcbirten  Königlich  Bayerischen 
Besatzangs-Brigade  pro  Monat  Februar  1888. 

1)  Bestand  am  31.  Januar  1888:  14  636  Mann  und  35  Invaliden. 

2)  Zugang: 

im  Lazareth  12  687  Mann  und  1 Invaliden, 
im  Revier  23  385  - - 7 - 

Summa  36  072  Mann  und  8 Invaliden. 
Mithin  Summa  des  Bestandes  und  Zuganges  50  708  Mann  und  43  Invaliden 
in  Prozenten  der  Effektivstärke  12,0<>/a  und  15,4<>/s. 

3)  Abgang: 

geheilt 33  671  Mann,  6 Invaliden, 

gestorben  ....  105  - 1 - 

invalide 166  - — 

dienstunbranchbar  . 372  - — 

anderweitig . . . . 420  - — 

Summa  . . 34  734  Mann,  7 Invaliden. 

4)  Hiernach  sind: 

geheilt  66,4<>/o  der  Kranken  der  Armee  und  ll,6<>/o  der  erkrankten 
Invaliden, 

gestorben  0,21%  der  Kranken  der  Armee  und  2,3%  der  erkrankten 
Invaliden. 

5)  Mithin  Bestand: 

am  29.  Februar  1888  15  974  Mann  und  36  Invaliden, 

in  Prozenten  der  Effektivstärke  3,8%  und  12,9%. 

Von  diesem  Krankenstände  befanden  sich: 

im  Lazareth  10  584  Mann  und  3 Invaliden, 
im  Revier  5 390  - - 33 

Es  sind  also  von  483  Kranken  320,7  geheilt,  1,0  gestorben,  1,6  als 
invalide,  3,5  als  dienstunbrauchbar,  4,0  anderweitig  abgegangen,  152,2  im 
Bestände  geblieben. 

Von  den  Gestorbenen  der  aktiven  Truppen  haben  gelitten  an: 
Scharlach  4,  Masern  1,  Rose  1,  Unterleibstyphus  22,  epidemischer  Genick- 
starre 6,  akutem  Gelenkrheumatismus  1,  anderen  allgemeinen  Erkran- 
kungen 1,  Hirn-  und  Hirnhautleiden  3,  Rückenmarksleiden  1,  Krstokheiten 
des  Stimmapparates  1,  Lungenentzündung  27,  Lungenschwindsucht  11, 
Brustfellentzündung  5,  Krankheiten  der  Athmnn^rgane  1,  Herzleiden  1, 
Magengeschwür  1,  akutem  Darmkatarrh  1,  Blinddarmentzündung  1, 
Leberleiden  1,  Bauchfellentzündung  2,  Nierenleiden  5,  Zellgewebsent- 
zündung 2,  Knochenentzündnng  4,  Kniegelenksentzündung  1.  An  den 
Folgen  eines  Selbstmordversuchs:  Erschiessen  1.  Von  den  Invsdiden:  an 
akuter  Alkoholvergiftung  1. 

Mit  Hinzurechnung  der  nicht  in  militärärztlicher  Behandlung  Ver- 
storbenen sind  in  der  Armee  im  Ganzen  noch  16  Todesfälle  vorgekommen, 
davon  5 durch  Krankheit,  1 durch  Verunglückung,  10  durch  Selbst- 
mord; so  dass  die  Armee  im  Ganzen  121  Mann  und  1 Invaliden 
durch  den  Tod  verloren  hat. 

Nachträglich  pro  Januar  d.  J.: 
verstorben  1 Invalide. 


Uedrackt  ln  der  KOnigL  Uofbnehdmckerei  von  £.  8.  UittlerASohn,  Berlin  8W^  Eockete. 


X 


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Amtliches  Beiblatt 

car 

Deutschen  militärSrztlichen  Zeitschrift. 

1888.  — Siebzehnter  Jahrgang.  — M7. 


Kriegsministcrium. 
Medizinal  - Abtheiinng. 


Berlin,  den  30.  Mai  1888. 


Im  Verfolg  der  Verfügung  vom  12.  4.  88.  — J.  No.  1288/3.  M.  A.  — wird 
der  Königlichen  Intendantur  ergebenst  mitgetheilt,  dass  die  Herausgabe  einer  ge- 
fütterten Probe  - Krankenhose  zum  Beschaffen  von  dergleichen  Hosen  für  Peld- 
.Suniläts-Fonnationen  nicht  erforderlich  erscheint. 

Die  für  letztere  bestimmten  Hosen  werden  nach  den  Proben  für  gewöhnliche 
Krankenhosen  gefertigt,  jedoch  durchweg  mit  gekmmpfenem  Parchent  gefüttert.  Für 
die  Qualität  dieses  Futters  ist  die  aiisgegebene  Parchentprobe  für  gefütterte  Kranken 
rücke  maassgebend. 

Da  nach  der  Verfügung  vom  1.  Februar  1877  — A.-V.-Bl.  No.  3 für  1887  — 
gefütterte  Krankenhosen  bei  den  Friedens-Lazarethen  in  Wegfall  gekommen  sind, 
so  kann  eine  Auffrischung  der  für  Fe Id-Sanitäts- Formationen  vorhandenen  dergl. 
Hosen  nur  so  lange  stattlinden,  als  die  Beistände  bei  den  Friedens-Lazarethen 
noch  nicht  aiifgebraucht  sind.  Sofern  späterhin  die  gefütterten  Krankenhosen  der 
Feld-Sanitäta-Formationen  kriegsiinbrauchbar  werden  sollten,  muss  der  Krsatz  durch 
Xfubeschaffnng  von  dergl.  Hosen  bewirkt  werden. 

I.  V. 


No.  1G13/4.  88.  M.  A. 


V.  Coler. 


A.-V.-Bl.  No.  17. 

Krmächtigung  des  Marincstabsarztes  Dr.  Kleffel  in  Yokohama  zur 
Ausstellung  von  Zeugnissen  für  Deutsche  Militärpflichtige  in  Japan. 

Im  Verfolg  der  Bekanntmachung  vom  2G.  Dezember  1884  wird  hierdurch  zur 
öffentlichen  Kenntniss  gebracht,  dass  dem  Marinestabsarzt  Dr.  Kleffel  in  Yoko- 
hama, derzeitigem  Chefarzt  des  dortigen  Marine-Lazareths  — an  Stelle  des  zu  ander- 
weiter dienstlicher  Verwendung  abkommandirten  Marine-Oberstabsarztes  Dr.  Kügler 
— auf  Gnind  des  §.  41  No.  2 und  3 Theil  I der  Wehrordnung  vom  28.  Sep- 
tember 1875  die  Krraäelitigung  zur  Ausstellung  der  daseltst  hezeiehneten  Zeugnisse 
über  die  TJntauglichkeit  bezw.  bedingte  Tauglichkeit  derjenigen  militärpflichtigen 
Dentschen,  welche  ihren  dauernden  Aufenthalt  in  Japan  haben,  mit  der  Maassgabe 
CTtheilt  worden  ist,  dass  es  liei  den  bezüglichen  Untersuchungen  der  unter  No.  3 a.  a.  (). 
vorgeschriebenen  Zuziehung  eines  Offiziers  der  Kaiserlichen  Marino  nicht  bedarf. 

Berlin,  den  29.  Mai  1888. 

Der  Reichskanzler. 

In  Vertretung. 

V.  Boetticher. 


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66 


A.-V.-B1.  No.  17. 

Anlegen  hoher  Stiefel  eeitens  der  Offiiiere  der  Fasstruppen. 

Ich  bestimme,  dass  die  berittenen  Offiziere  der  Fnsstruppen  bei  jedem  Dienst 
zn  Pferde  hohe  Stiefel,  wie  für  Dragoner  Torgeschrieben,  anzulegen  haben.  Auch 
soll  den  unberittenen  Offizieren  der  Fnsstruppen  das  Anlegen  solcher  Stiefel  (ohne 
Sporen)  bei  jedem  Dienst  gestattet  sein,  in  welchem  die  Hosen  von  den  Uann- 
schailen  bestimmnngsgemäss  in  den  Stiefeln  getragen  werden  dürfen. 

Schloss  Friedrichskron,  den  7.  Juni  1888. 

Friedrich. 

Bronsartv.  Schellendorff. 


M.-V.-Bl.  No.  13. 


Berlin,  den  9.  Juni  1888. 


Aerztliche  Ausrüstung  an  Bord. 


In  den  .Vorschriften  für  die  ärztliche  Ausrüstung  S.  M.  Sehifie  und  Fahrzeuge‘ 
vom  18.  Mai  1886  — vergl.  Marineverordnungsblatt  1886  S.  112  — treten  folgende 
Abänderungen  ein: 

(auszüglich) 

3.  Als  §.  9 wird  Folgendes  zngefügt: 

§.  9.  Vorschriften  betreffend  die  gute  Erhaltung  einiger 
Ausrüstungsgegcnstände. 


1.  Für  gute  Erhaltung  der  Gegenstände  ans  Gummi  und  gnmmirlen 
Stoffen  ist  an  Bord  in  nachstehender  Weise  Sorge  zu  tragen: 

a)  Die  Anfbewahnmg  der  Gegenstände  aus  Gummi,  welche  sich 
nicht  im  Gebrauch  befinden,  erfolgt  in  gut  schliessenden  Schub- 
fächern bezw.  starken  Holzkisten. 

b)  Am  geeignetsten  ist  eine  Temperatur  nicht  unter  + 10°  und  nicht 
über  20°  C. 

c)  Die  einzelnen  Gegenstände  sind  möglichst  vor  Druck  und  Ein- 
knickungen zu  schützen.  Luftkissen  werden  leicht  aufgeblasen 
verstaut. 

d)  Wirksame  Mittel,  Gummisachen  brauchbar  zn  erhalten,  sind:  Be- 
wegen der  Gummimasse  und  Beseitigung  etwa  anhaftender  Aus- 
schwitzungen; zu  diesem  Zwecke  sind  die  Gegenstände  monatlich 
mindestens  1 mal  warm  abzuwaschen  und  Stück  für  Stück  ab- 
zutrocknen. Dem  Waschwasser,  welches  nicht  über  30°  G.  warm 
sein  darf,  ist  etwas  Seife  beizumischen.  Die  Luftkissen  sind  vor 
dem  Waschen  aufznblasen. 

e)  Hart  und  brüchig  gewordene  Gegenstände  von  Gummi  werden 
wieder  weich  und  elastisch,  wenn  man  sic  2 bis  3 Minuten  lang 
in  einer  5 bis  6 prozentigen  wässerigen,  auf  50  bis  60°  C.  er- 
wärmten Lösung  von  Ammoniak  oder  in  einer  2 bis  3 prozentigen 
Lösung  von  Soda  oder  Pottasche  von  gleicher  Temperatur  knetet. 
Aufgerollte  Binden  müssen  zuvor  entrollt  werden. 


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2.  Für  das  richtige  Abwägen  von  Arzneistoffen,  namentlich  stark 
wirkender  Art,  ist  die  gute  Erhaltung  der  Medizinalgewichte  und 
Rezcptirwagen  wichtig: 

a)  Das  scharfe  Putzen  von  Medizinalgewichten  ist  verboten;  die 
Reinigung  derselben  beschränkt  sich  auf  Abwischen  des  Staubes 
mittelst  eines  weichen  leinenen  Lappens  bezw.  auf  Abwaschen 
mit  reinem  Wasser. 

Wenn  Gewichte  ganz  unansehnlich  and  durch  Anhaften  von 
Unreinlichkeit  zu  schwer  geworden  sind,  findet  eine  kräftigere 
Reinigung  statt,  welche  in  dem  Einlegen  der  Gewichte  in  Ammoniak 
auf  einige  Sekunden,  in  Abspfllen  in  reinem  Wasser  nnd  Abreiben 
mit  einem  reinen  Tuche  bestehL 

b)  Die  tbunlichst  schonende  Behandlung  der  Rezeptirwagen  ist  ge- 
boten. Das  Putzen  der  Wagebalken,  anf  denen  die  Empfindlich- 
keit der  Wagen  beruht,  ist  überhaupt  untersagt  und  ist  dem 
Mechaniker  zu  überlassen.  Bei  den  Tarirwagen  dürfen  die 
Schalen  geputzt  werden,  da  letztere  durch  Auflagen  in  das  Gleich- 
gewicht gebracht  werden  können. 

Der  Chef  der  Admiralität. 

G.  2947.  V.  CaprivL 

A.-V.-Bl.  No.  19. 

Kriegsministerium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  9.  Juni  1888. 

Anstellung  verabschiedeter  Offiziere  als  Lazarethbeamte  bezw.  als 
Rendant  beim  medizinisch-chirurgischen  Friedrich  Wilhelms-Institut. 

Die  Bestimmungen  Ober  die  Anstellung  verabschiedeter  Offiziere  als  Lazareth- 
beamte bezw.  als  Rendant  beim  medizinisch-chirurgischen  Friedrich  Wilhelms-Institut 
sind  den  Kommandobehörden , Bezirkskommandos,  Intendanturen  und  Korpsärzten 
sowie  dem  Subdirektor  des  medizinisch  - chirurgischen  Friedrich  Wilhelms  - Instituts 
übersandt  worden. 

I.  V. 

V.  Coler. 

No.  91/6.  88.  M.  A.  

Kriegsministerium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  16.  Juni  1888. 

Wegfall  der  Krankenlöhnung  für  Militär-Gefangene  des 
Unteroffizierstandes. 

Der  auf  Seite  173  der  Fortsetzung  der  Abänderungs-  bezw.  Ergänzungs-Be- 
stimmungen zum  Friedens-Lazareth-Reglement  abgedruckte  Erlass  vom  20.  Oktober  1879 
— No.  549/10.  79.  M.  M.  A.  — , betreffend  die  Zuständigkeit  der  Krankenlöhnung 
für  die  Militär  - Gefangenen  des  Unteroffizierstandes,  ist  durch  die  Bestimmung  im 
§.  256  der  Militär-Strafvollstreckungs -Vorschrift  vom  9.  Februar  d.  J.  aufgehoben. 

I.  V. 

No.  328/6.  88.  M.  A.  v.  Coler. 


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Personal -Veränderungen  im  Sanitäts-Korps. 
Emeimungen,  Befördeningen,  Versetzungen. 

Befördert  werden:  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.  - Arzt  Dr.  Schmiedt 
vom  4.  Magdeburg.  Inf.  - Regt.  No.  G7  zum  Oberstabsarzt  1.  Kl.,  — Stabs-  uud 
Bats.-Arzt  Dr.  Roeber  vom  Füs.-Bat.  3.  Magdeburg.  Inf.-Regts.  No.  66,  zum  Ober- 
stabsarzt 2.  Kl.  und  Regts.  - Arzt  des  2.  Magdeburg.  Inf.-Regts.  No.  27,  — Stal>s- 
nnd  Bats.-Arzt  Dr.  Prahl  vom  Füs.-Bat  des  Holstein.  Inf.  - Regts.  No.  85,  zum 
Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  Pomm.  Füs.-Regts.  No.  34,  — Stabs-  und 
Bats.-Arzt  Dr.  Ti  mann  vom  Füs.-Bat  des  Kaiser  Alexander  Garde-Gren. -Regts.  No.  1, 
zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  Lcib-Gardc-Hus.-Regts. ; — die  Assist- 
Aerzte  2.  Kl.  der  Res.;  Matzdorff  vom  Landw.  - Bats.  - Bez.  Bernau,  — Dr. 
Edelbrock  vom  Landw.  - Bats.  - Bez.  Recklinghausen,  — Dr.  Wollermann  vom 
Land  w.-Bats. -Bez.  Braunsberg,  — Dr.  Schlange  vom  Landw.-Regts.-Bez.  L Berlin, 

— Dr.  Diekmann  vom  Landw. -Bats.-Bez.  Neuss,  — Dr.  Castenholz  vom  Landw.- 
Regts.-Bez.  Cöln,  — Dr.  Lehmann  II.  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin,  — Dr. 
Merz  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Freibnrg,  — Dr.  Meyer  vom  Landw.  - Bats.  - Bez. 
Lüneburg,  — Dr.  Schick  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Neuss,  — Dr.  Rüdel  vom 
Landw.  - Regts.  - Bez.  I.  Berlin,  — Zielitiski  vom  Landw.  - Bats.  - Bez.  Könitz,  — 
Dr.  Brumm  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Teltow,  — Dr.  Reinke  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Schivelbein,  — Dr.  Fleincr  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Heidelberg,  — Dr. 
Herrmaiin  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hamburg,  — Dr.  Scbörnich  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Ncuhaldensleben,  — Dr.  Frey  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Stockach,  — Dr. 
Voss  vom  Landw.-Regts.-Bez.  Cöln,  — Dr.  Gross  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hagen, 

— Dr.  Harder  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Rendsburg,  — Dr.  Bluth  vom  Landw.- 
Regts.-Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Poklatecki  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Dt  Eylau,  — 
Dr.  Ebcrle  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Freiburg,  — Dr,  Lang  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Donaueschingen , — Dr.  Hoffmann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bremen,  — Dr. 
Deicke  vom  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Braunschweig,  — Dr.  Rosenberg  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Minden,  — Dr.  Classen  vom  Landw. - Bats.-Bcz.  II.  Oldenburg,  — Dr. 
Badt  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Sonntag  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Freiburg,  — Dr.  Kühn  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Neustrelitz,  — Dr.  Locherer  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Freiburg,  — Dr.  Plinke  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Celle,  — Dr. 
Hoffmann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Neuhaldensleben,  — Dr.  Kirchner  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Erfurt,  — Dr.  Brenssel  vom  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Cassel,  — Dr.  Ratz 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Meiningen,  — Dr.  Bock  I.  vom  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Berlin, 

— Dr.  Hoffmann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Trier,  — Dr.  Finck  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Karlsruhe,  — Dr.  Kirberger  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Frankfurt  a.  M., 

— Dr.  Reinecke  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hildesheim,  — Dr.  Orth  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Ratibor,  — zu  Assist.-Aerzten  1.  Kl.  der  Res.;  — die  Assist.- 
Anrzte  2.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots:  Dr.  Schroeder  vom  Landw.-Regts.- 
Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Orth  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Karlsruhe,  — Rosendorf  vom 
Landw.  - Bats.  - Bez.  Stade,  — Dr.  F e I d m a n n vom  Landw.-Bats.-Bez.  Stettin,  — 
Dr.  Welcher  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Gera  — zu  Assist.-Aerzten  1.  Kl.  der 
Landw.  1.  Aufgebots;  — die  Unterärzte:  Lösener  vom  Garde  - Jäger  - Bat., 

— Dr.  Koch  vom  Gren.-Regt.  Kronprinz  Friedrich  Wilhelm  (2.  Schics.)  No.  11, — 
Dr.  Duden  vom  Westfäl.  Drag.-Regt.  No.  7,  — Dr.  Nothnagel  vom  3.  Hcs.s. 
Inf -Regt.  No.  83,  — Dr.  Bartel  vom  1.  Badischen  Feld  - Artillerie  - Regiment 
No.  14,  — Dr.  Barth  vom  1.  Rlieinischcn  Inf.  - Regt.  No.  25,  letzterer  unter 
gleichzeitiger  Versetzung  zum  4.  Westfäl.  Inf-Regt.  No.  17,  — zu  Assist.- 
Aerzten  2.  Kl.  — Die  Unterärzte  der  Res.:  Dr.  Cohn  und  Cohn  vom 
Landw.-Kegts.-Bcz.  I.  Berlin,  — Dr.  Schliep  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Stargard,  — 


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Herbing  vom  Lamlw. -Bats.-Bez.  L Braunschweig,  — Dr.  Magnussen  und 
Dr.  Reiche  vom  Landw.-Regts.-Bcz.  1.  Berlin,  — Dr.  Eisenberg  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Teltow,  — Dr.  Solecki  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Breslau,  — 
Dr.  Eisner  vom  Landw. - Bats. - Bez.  Gleiwitz,  ' — Dr.  Beckmann  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Essen,  — Dr.  Fricdmaiin,  Dr.  Meyer  und  Dr.  Sonder  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Hamburg,  — Dr.  Diederichs  vom  Landw.-Bats.-Bez.  II.  Braunschweig, 
— Dr.  Busse  vom  Landw.- Bats. -Baz.  Hannover,  — Dr.  Dommes  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  II.  Braunschweig,  — Dr.  Kunze  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Siegen,  — 
Scbleussner  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Frankfurt  a.  M.,  — zu  Assist.- 
Aerzten  2.  Kl.  der  Res.  — Die  Unterärzte  der  Landw.  1.  Aufgebots: 
Dr.  Semon  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Weimar,  — Dr.  Sardemann  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Marburg,  — Dr.  Tross  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Karlsruhe  — zu 
Assist.- Aerzten  2.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots.  — Der  Unterarzt  der 
Res.  Dr.  Varenhorst  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hannover  wird  im  aktiven  Sanitäts- 
Korps  und  zwar  unter  Beförderung  zum  Assist- -Arzt  2.  Kl.  bei  dem  1.  Hannov. 
Feld- Art.-Regt.  No.  10  angestellt.  — Der  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt 
Dr.  Richter  vom  3.  Magdeburg.  Inf.-Regt.  No.  66  wird,  unter  Verleihung  des 
Charakters  als  Oberstabsarzt  1.  Kl.,  mit  Wahrnehmung  der  divisionsärztlichen 
Funktionen  bei  der  7.  Div.  beauftragt.  — Versetzt  werden:  Der  Stabs-  und 
Bats.-Arzt  Dr.  Funcke  vom  Füs.-Bat.  des  Leib-Gren.-Regts.  (1.  Brandenburg.) 
No.  8 zum  Füs.-Bat.  des  Kaiser  Alexander  Garde -Gren.-Regts.  No.  1,  — der 
Marine-Stabsarzt  Dr.  Fischer  von  der  1.  Matr.-Div.  zur  Armee  und  zwar  als 
Bats.-Arzt  zum  Füs.-Bat.  des  Holstein.  Inf.-Rcgts.  No.  85,  — der  Assist.-Arzt  1.  Kl. 
Dr.  Heidepriem  vom  1.  Hess.  Hus.-Regt.  No.  13  zum  4.  Ostpreuss.  Gren.-Regt. 
No.  5,  — der  Assist.-Arzt  1.  KI.  Dr.  Thomas  vom  3.  Posen.  Inf.-Regt.  No.  58 
zum  3.  Magdeburg.  Inf.-Regt.  No.  66,  — der  Assist-Arzt  2.  Kl.  Rochr  vom 
4.  Ostpreuss.  Gren.-Regt.  No.  5.  zum  8.  Pomm.  Inf.-Regt.  No.  61,  — der  Assist- 
Arzt  2.  Kl.  Dr.  Jahn  vom  8.  Pomm.  Inf.-Regt  No.  61  zum  Braunschweig.  Inf.- 
Regt.  No.  92,  — der  Assistenz -Arzt  2.  Kl.  Nuszkowski  vom  2.  Oberschlosischen 
Infanterie  - Regiment  No.  23  zur  Marine.  — Der  Stabs-  und  Bataillons  - Arzt 
Dr.  Breitung  vom  2.  Bat.  6.  Westfälischen  Inf.  - Regts.  No.  55  ä la  suite  des 
Sanitäts-Korps  gestellt.  — Der  Abschied  wird  bewilligt:  Dem  Oberstabsarzt 
1.  Kl.  und  Regiments  - Arzt  Dr.  Puhlmann  vom  Leib-Garde-Husaren-Regiment, 

— dem  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Dr.  Heck  vom  Nenmärkischen 
Drag.-Regt.  No.  3,  — beiden  mit  der  gesetzlichen  Pension  und  der  Erlaubniss  zum 
Tragen  ihrer  bisherigen  Uniform  mit  den  für  Verabschiedete  vorgeschricbenen  Ab- 
zeichen, — dem  Oberstabsarzt  2.  Kl.  der  Landw.  1.  Auijgebuts  Dr.  Freycr  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Naiigard,  — den  Stabsärzten  der  Landw.  1.  Aufgebots 
Dr.  Wilke  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Gnesen,  diesem  mit  der  Erlaubniss  zum  Tragen 
seiner  bisherigen  Uniform  mit  den  für  Verabschiedete  vorgeschriebenen  Abzeichen, 

— Dr.  Dertz  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Brandenburg  a.  H.,  — Dr.  Broll  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Gleiwitz,  diesem  mit  der  Erlaubniss  zum  Tragen  seiner  bisherigen 
Uniform  mit  den  für  Verabschiedete  vorgesehriebenen  Abzeichen,  — Dr.  Ziel  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Düsseldorf,  — Dr.  Bachem  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bonn,  diesem 
mit  dem  Charakter  als  Oberstabsarzt  2.  Kl.,  — Dr.  Kühne  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
I-  Braunschweig,  — Dr.  Parnemann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Siegen,  letzUiren 
beiden  mit  der  Erlaubniss  zum  Tragen  ihrer  bisherigen  Uniform  mit  den  für  Ver- 
abschiedete vorgeschriebenen  Abzeichen,  — dem  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Landw. 
1.  Aufgebots  Dr.  Hufer  vom  Laudw.-Bats.-Bez.  Frankfurt  a.  M.,  — dem  Stabsarzt 
der  Landw.  2.  Aufgebots  Dr.  Pahlke  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin,  diesem 
mit  der  Erlaubniss  zum  Tragen  seiner  bisherigen  Uniform  mit  den  für 
Verabschiedete  vorgeschriebenen  Abzeichen,  — den  Assish-Aerzten  1.  Kl.  der 
Landw.  2.  Aufgebots  Dr.  Laudowicz  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Gnesen,  — 
Dr.  Luge  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Frankfurt  a.  M. 

Potsdam  den  10.  Juli  1888. 


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Nachweisung  der  beim  Sanitäts-Korps  im  Monat  Mai  1888 
eingetretenen  Veränderungen. 

Durch  Verfügung  des  Generalstabsarztes  der  Armee. 

Den  16.  Mai  1888. 

Dr.  Gerdeck,  Unterarzt  vom  Inf.-Regt.  No.  131,  — Dr.  Nothnagel,  Unter- 
arzt vom  3.  Hess.  Inf.-Kegt.  No.  83,  — Dr.  Dautwiz,  Unterarzt  vom  Inf.-Regt. 
No.  131,  — Dr.  Bartel,  Unterarzt  vom  1.  Bad.  Feld- Art. -Regt.  No.  14,  — 
Schelle,  Unterarzt  vom  Inf.-Regt.  Prinz  Friedrich  Karl  von  Preussen  (8.  Branden- 
burg.) No.  64; 

Den  17.  Mai  1888. 

Dr.  Seiffert,  Unterarzt  vom  Brandenburg.  Füs.-Regt.  No.  35; 

Den  24.  Mai  1888. 

Dr.  Kaotber,  Unterarzt  vom  Hohenzollern.  Füs.-Regt.  No.  40; 

Den  28.  Mai  1888. 

Dr.  Metsch,  Unterarzt  vom  3.  Magdeburg.  Inf.-Regt.  No.  66,  — sämmtlich 
mit  Wahrnehmung  je  einer  bei  den  betreffenden  Truppenthcilen  vakanten  Assist- 
Arztstelle  beauftragt. 

(Chef  d.  Adm.  v.  15.  6.  88.) 

Uthemann,  Unterarzt,  bisher  zum  Friedrich  Wilhelms  - Institut  kommandiit, 
4 nach  Beendigung  der  medizinischen  Staatsprüfung  der  Marinestation  der  Ostw 
überwiesen. 

(Chef  der  Adm.  v.  16.  6.  88.) 

Dr.  Bonte,  Assist-Arzt  2.  Kl.,  von  Kiel  nach  Friedrichsort  versetzt  — 
Dr.  Nuszkowski,  Assist-Arzt  2.  KL,  an  Bord  S.  M.  S.  , Stein*  kommandirt 

(Chef  d.  Adm.  v.  21.  6.  88.) 

Dr.  Thörner,  Stabsarzt,  an  Bord  S.  M.  Yacht  .Hohenzollern*  kommandirt 
(A.  K.  O.  V.  21.  6.  88.) 

Dr.  Prior,  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Res.  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bonn,  ans  allen 
Militär -Verhältnissen  entlassen. 


Yeränderungen  im  Königlich  Bayerischen  Sanitäts-Korps. 

Den  9.  Juni  1888. 

Dr.  Straub  (Landau),  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  2.  Aufgebots,  zum 
Stabsarzt,  — Dr.  Hanf,  Unterarzt  im  12,  InL-Rcgt  Prinz  Arnulf,  zum  Assist-Arzt 
2.  KL,  — Dr.  Weismann,  Dr.  Sacki  (I.  München),  Seherb  (Hof),  Dr.  Simon 
(Erlangen),  Dr.  Krämer  (Würzburg),  Unterärzte  der  Res.,  — zu  Assist- 
Aerzteu  2.  KL  der  Res.,  — Dr.  Limpert  (Kissingen),  Unterarzt  der  Landw. 
I.  Aufgebots,  zum  Assist-Arzt  2.  Kl.,  — befördert 

Den  12.  Juni  1888. 

Dr.  Dietrich  (Aschaffenburg),  Assist-Arzt  1.  KL  a.  D.,  bei  den  Sanitäts- 
offizieren der  Landw.  2.  Aufgebots  wicderangestellt 


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71 


Den  19.  Juni  1888. 

Dr.  Albert,  Oberstabsarzt  1.  Kl.,  Gamisonarzt  bei  der  Kommandantur  der 
Festung  Germersheim,  unter  Verleihung  des  Charakters  als  Generalarzt  2.  KI.,  mit 
Pension  nnd  mit  der  Erlaubniss  zum  Tragen  der  Uniform  der  Abschied  bewilligt. 

Den  26.  J uni  1888. 

Dr.  Braun,  Assist -Arzt  2.  Kl.  des  12.  Inf.  - Regts.  Prinz  Arnulf,  auf  Nach- 
suchen zn  den  Sanitätsof&zieren  der  Res.  versetzt 

Durch  Verfügung  des  Kriegsministerioms. 

BQx,  einjährig  - freiwilliger  Arzt  vom  2.  Feld -Art. -Regt  Horn,  zum  Unterarzt 
im  2.  Schweren  Reiter-Regt  Kronprinz  Erzherzog  Rudolf  von  Oesterreich,  unter  Be- 
auftragung mit  Wahrnehmung  einer  vakanten  Assist-Arztstelle,  ernannt. 


Veränderungen  im  Königlich  Sächsischen  Sanitäts-Korps. 

AllerhSchster  Beschluss  vom  21.  Juni  1888. 

Gebauer,  Ludwig,  Unterärzte  der  Res.  des  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Leipzig,  — 
Dr.  Rieke,  Unterarzt  der  Res.  des  Landw.-Bats.-Bez.  Chemnitz,  zn  Assist-Aerzten 
2.  KI.  der  Res. — befördert  — Dr.  Buch,  Assist-Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  2.  Auf- 
gebots des  Iiandw.-Bats. -Bez.  I.  Dresden,  zu  den  Sanitäts  - Offizieren  der  I^andw. 
1.  Aufgebots  dessellien  Bezirks  versetzt  — Dr.  Koellner,  Assist-Arzt  1.  Kl.  der 
Res.  des  Landw.-Bats.-Bez.  Pirna,  wegen  überkommener  Diene tunfahigkeit  aus 
Allerhöchsten  Kriegsdiensten  verabschiedet 


Veränderungen  im  Königlich  Württembergischen  Sanitäts 'Korps. 

Den  8.  Juni  1888. 

Dr.  Mayer,  Unterarzt  der  Res.  im  Landw.-Bals.-Bez.  Ellwangen,  zum  Assist- 
Arzt  2.  Kl.  der  Res.,  — Dr.  Frank,  Unterarzt  im  Inf.-Regt  Kaiser  Friedrich 
König  von  Preussen  Mo.  125,  zum  Assist-Arzt  2.  Kl.,  — Dr.  Zeller,  Unterarzt 
der  Res.  im  Landw.-Bats.-Bez.  Ludwigsburg,  zum  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Res.,  — 
Schoffer,  Unterarzt  im  8.  Inf. -&gt.  No.  126,  zum  Assist.-Arzt  2.  Kl., 
— Dr.  Fischer,  Unterarzt  der  Res.  im  Landw.-Bats.-Bez.  Lndwigsburg,  zum 
Assist-Arzt  2.  KL  der  Res.,  — ernannt 

Den  19.  Juni  1888. 

Dr.  Schmidt,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  im  Ulan.-Regt  König 
Wilhelm  No.  20,  zum  überzähl.  Oberstabsarzt  1.  Kl.  befördert 

Durch  Verfügung  des  Korps-Generalarztes. 

Den  22.  Juni  1888. 

Dr.  Widenmann,  Unterarzt  im  Inf.-Regt  Kaiser  Wilhelm  König  von  Preus.sen 
No.  120,  mit  Wahrnehmung  einer  bei  dem  genannten  Regt,  vakanten  Assist.  - Arzt- 
stelle beauftragt. 


Familien  -Nachrichten. 

Verlobungen:  Dr.  med.  H.  Banke,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Res.,  mit  Frl.  Ella 
Braune  (Sonneberg  in  Thüringen — Erfurt). 

Verbindungen;  Dr.  Krieger,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  mit  Julie  Krieger 
(Giiesen — Berlin).  — Dr.  Schrcyer,  Assist-Arzt  1.  Kl.,  mit  Frl.  Helene  Stoltz 
(Brandenburg  a.  H. — Berlin).  — Dr.  Machate,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des 
3.  Jäger-Bats.  No.  15,  mit  Frl.  Martha  Lindemann  (Dresden). 

Todesfälle:  Dr.  BOttner-Wobst,  Assist-Arzt  I.  Kl.  der  Res.  des  Landw.-Bats.- 
Bez.  Zittau  (Görbersdorf).  — Dr.  med.  Franz  Kroeger,  Assist-Arzt  1.  Kl.  der 
liandw.  (Soest).  — Dr.  Senftleben,  Stabsarzt,  Sohn  Richard  (Breslau). 


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72 


' General-Rapport 

von  den  Kranken  der  Königlich  Prenssischen  Armee,  des  XII.  (Königlich 
Sächsischen)  nnd  des  XIII.  (Königlich  Württembergischen)  Armee-Korps, 
sowie  der  dem  XV.  Armee-Korps  attachirten  Königlich  Bayerischen 
Besatznngs-Brigade  pro  Monat  Märe  1888. 

1)  Bestand  am  29.  Febrnar  1888;  15  974  Mann  n.  36  Invaliden. 

2)  Zugang: 

im  Lazaretb  11  2ö8  Mann  nnd  — Invaliden, 
im  Revier  21 459  - - 1 1 

Summa  32  717  Mann  nnd  11  Invaliden. 
Mithin  Snmma  des  Bestandes  nnd  Zuganges  48  691  Mann  nnd  47  Invaliden, 
in  Prozenten  der  EfTektivstärke  11,4%  und  16,8%. 


3)  Abgang: 

geheilt  .... 

37  027  Mann,  14  Invaliden, 

gestorben  . . . 

109  - 1 - 

invalide  .... 

184  - — - 

dienstunbrauchbar 

414  - _ 

anderweitig . . . 

448  - 3 

Summa  . 

. 38  182  Mann,  18  Invaliden. 

4)  Hiernach  sind: 

geheilt  76,0%  der  Kranken  der  Armee  nnd  20,8%  der  erkrankten 
Invaliden, 

gestorben  0,22%  der  Kranken  der  Armee  und  2,1%  der  erkrankten 
Invaliden. 

5)  Mithin  Bestand; 

am  31.  März  1888  10  509  Mann  nnd  29  Invaliden, 

in  Prozenten  der  Effektivstärke  2,5%  nnd  10,4% 

Von  diesem  Krankenstände  befanden  sich; 

im  Lazareth  7 789  Mann  nnd  2 Invaliden, 
im  Revier  2 720  - - 27 

Es  sind  also  von  447  Kranken  339,9  geheilt,  1,0  gestorben,  1,7  als 
invalide,  3,8  als  dienstunbranchbar,  4,1  anderweitig  abgegangen,  96,5  im 
Bestände  geblieben. 

Von  den  Gestorbenen  der  aktiven  Truppen  haben  gelitten  an: 
Diphtheritis  1,  Blutvergiftung  1,  Unterleibstyphns  23,  epidemischer  (jenick- 
starre  1,  akntem  Gelenkrbenmatismns  1,  Blntarmuth  2,  Hirn-  nnd  Hirn- 
hautleiden  6,  Nervenleiden  1,  Lnngenentzöndung  24,  Lnngenschwind- 
snebt  20,  Brustfellentzündung?,  Herzleiden  2,  Magengeschwür  1,  Gelbsucht  1, 
Leberleiden  1,  Bauchfellentzündung  4,  Nierenleiden  3,  Harnleiden  1, 
Ührenleiden  1,  Zellgewebsentzündung  2,  Knochcnentzündnng  4.  An  den 
Folgen  einer  Verunglückung:  Hufscblag  1.  An  den  Folgen  eines  Selbst- 
mordversuchs: Erschiessen  1.  Von  den  Invaliden:  Leberleiden  1. 

Mit  Hinzurechnung  der  nicht  in  militärärztlicher  Behandlung  Ver- 
storbenen sind  in  der  Armee  im  Ganzen  noch  30  TodesHille  vorgekommen, 
davon  12  durch  Verunglückung,  18  durch  Selbstmord;  so  dass  die  Armee 
im  Ganzen  139  Mann  und  1 Invaliden  durch  den  Tod  verloren  hat. 

Nachträglich  pro  Febrnar  d.  J.: 

1 Selbstmord  durch  Erhängen. 


Oednicki  in  der  KünigL  llof  bocbdnickerei  von  E.  S.  MUtlerftSohn,  Berlin  SW^  Kochsti.  68— 


I 

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Amtliches  Beiblatt 

zur 

Deutschen  militärärztlichen  Zeitschrift.  - 

1888.  — Siebzehnter  Jahrgang.  — ^8. 


Kriegsminiatorium. 

Medizinal  - Alitheiluug. 

Zn  No.  1063.  6.  88.  Abth.  III.  Berlin,  den  18.  .luni  1888. 

Auf  den  gefälligen  Antrag  vom  12.  d.  Mta.  wird  die  BoaehalTung  eines 
geeigneten  Mess-Inatrumcntes  zur  Prüfung  von  Alkohol  für  die  Diapenair-Anstult 
des  2.  Gamiaonlazuretba  Berlin  hierdureh  genehmigt. 

Mit  RQckaiuht  auf  die  nach  Maasagabe  der  Bestimmung  der  Kaiserlichen 
Normal-Aiuhunga-Koniiuiasion  vom  4.  Mai  1888  zum  1.  Oktober  d.  Ja.  in  Kraft 
tretenden  Vorschriften  für  Messwerkzeuge  weingeiatiger  Flüssigkeiten  erscheint  die 
Niederlegung  eines  Alkoholometers  nach  Tralles  nicht  geeignet,  vielmehr 
rmphehlt  es  sich,  dafür  die  Beschaffung  eines  den  obigen  Vorschriften  entsprechenden 
Thermo-Alkoholometers  in  Aussicht  zu  nehmen , dessen  Alkoholometerskala  An- 
gaben nicht  unter  65  Prozent  umfasst  und  nach  Fflnftclprozcnten  forlseh reitet, 
während  die  Thermometerskala  in  halbe  Grade  nach  Celsius  gctheilt  ist 

Der  Königlichen  Intendantur  wird  anheimgegeben,  den  Ankauf  eines  solchen 
Messwerkzeuges  nach  zuvoriger  Rücksprache  mit  dem  Haupt -Steuer- Amt  herbei- 
zuführen. 

Die  Beschaffungskosten  sind  auf  den  laufenden  Fonds  für  Apothekeugeräthe  zu 
übernehmen. 

An  die  Königliche  Intendantur  des  Gardekorps  hier. 

Abschrift  hiervon  wird  Euer  Hochwohlgeboren  zur  gefälligen  Kenntnissnahme 
und  mit  dem  Hinznfügen  ergebenst  übersandt,  dass  ein  gleiches  Thermo- Alkoholo- 
meter an  Stelle  des  nach  Anlage  1,  1 B.  unter  2 des  Etats  vom  12.  12.  87 
Nu.  646.  12.  87  M.  A.  aufgeführten  Alkoholometers  nach  Tralles  für  die  Arznei- 
Reserven  zu  beschaffen  sein  wird. 

' I.  V. 

V.  Coler. 

An  sämmtliche  Königliche  Korps-Generalärzte. 

No.  663.  6.  88  M.  A. 

Kriegsministerinm. 

Medizinal  ■ Abtheilung.  Berlin,  den  30.  Juni  1888. 

In  dem  zufolge  der  Verfügung  vom  10.  9.  87  — J.  No.  449.  9.  87  M.  A.  — 
erstatteten  Berichten  über  die  Benutzung  der  Döcker'schcn  Lazaivtbbaracken  ist 
mehrfach  die  Art  der  Anlage  des  Klosetraumes  bemängelt  und  die  Anbringung 
eines  verdeckten  bezw.  geschlossenen  Verbindungsganges  (eines  Vorbaues  u.  s.  w.) 


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74 


beantragt  worden,  um  die  Kranken  bei  Benutzung  des  Klosets  vor  Erkältung 
zu  schützen. 

Dem  gegenüber  wird  bemerkt,  dass  ans  hygienischen  Gründen  grundsätzlich 
daran  festgehalien  werden  muss,  das  Kloset  mit  dem  Krankenraum  ausser  Ver- 
bindung zu  lassen. 

Das  Bedürfniss  eines  entspreclienden  Schutzes  der  Klosetbesuchcr  wird  nur  bei 
besonders  kaltem  ungünstigem  Wetter  — also  nur  für  kürzere  Zeit  — hervor- 
treten  und  dürfte  es  ausführbar  sein,  sieh  in  solchen  Fällen  durch  einen  Stoff- 
vurbang  (übergespannte  Leinewand  etc.),  oder  andere  dergleichen  provisorische 
Muassnabmen  zu  helfen.  Ausserdem  kann  erforderlichen  Falls  die  Dielung  des 
Vorraums  durch  ein  passendes  Ansatzstück  (ein  leicht  herstellbares  Trittbrett)  ver- 
breitert werden. 

Derartige  Verbesserungen  können  jedoch  nur  bei  der  Friedensbenutznng  und 
im  Kriege  im  Bedürfnissfalle  aus  bereiten  Hülfsmittcln  getroffen  werden,  ohne  dass 
dadurch  die  ins  Feld  mitzunebmenden  Konstruktionstheile  vermehrt  werden. 

Euer  Hochwühlgcburcn  wird  hiernach  anheimgestellt,  im  Benehmen  mit  der 
hiervon  benachrichtigten  Intendantur  nach  Lage  der  Verhältnisse  die  entsprechenden 
Anordnungen  zu  treffen,  soweit  es  sich  um  die  Verwendung  der  Lazarethbaracken 
im  Frieden  handelt. 

An  sämmtliche  Königliche  Korpsärzte. 

Abschrift. 

I.  V. 

V.  Coler. 

An  sämmtliche  Königliche  Intendanturen. 

No.  481.  6.  88  M.  A. 


Kriegsministerium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  9.  Juli  1888. 

Von  ärztlicher  Seite  ist  hierher  berichtet  worden,  dass  zu  dauernder  Be- 
seitigung des  Fussschweisses  die  Chromsäure  ein  sicheres,  unbedenkliches  und 
billiges  Mittel  sei,  dessen  Anwendung  auch  keine  vorübergehende  Dienststörung 
nothwendig  mache. 

Durch  einmalige  Bestreichung  der  Fusssoble  und  der  Haut  zwischen  den 
Zehen  mit  Verbandwalte,  welche  mit  Hülfe  einer  Komzange  in  eine  lOprozentige 
Chromsänrelösung  getaucht  worden  ist,  soll  eine  sofortige  Wirkung  erzielt  werden. 
Bei  SchweissfOssen  mittleren  Grades  genügen  angeblich  einige,  in  Zwischenräumen 
von  6 — 8 Wochen  zu  wiederholende  derartige  Bepinselungen,  während  höhere 
Grade  in  den  ersten  Monaten  häufigere  Anwendung  des  Mittels  (alle  2 — 3 Wochen) 
erheischen.  Bei  wunden  Füssen  wird  empfohlen  zunächst  einige  Tage  hinter- 
einander eine  bprozentige  Lösung  zu  benutzen  und  erst  nach  Wiederherstellung  der 
Haut  zu  der  stärkeren  Lösung  überzugehen.  Zuweilen  soll  sich  nach  dem  Gebrauch 
des  Mittels , namentlich  im  Hochsommer,  eine  vermehrte  Schweissabsondemng  am 
ganzen  Körper  einstelleu,  die  indessen  sclmu  nach  1 — 2 Tagen  sich  ohne  Nach- 
thcile  wieder  verliere. 


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75 


Euer  Hochwohlgeboren  werden  ergebenst  ersucht,  hierBber  dem  Königlichen 
Generalkommando  gefälligst  Vortrag  halten  und  bezügliche  Versuche  — namentlich 
auch  während  der  Herbstühnngen  der  Truppen  — in  die  Wege  leiten  zu  wollen. 

Einem  Bericht  über  den  Ausfall  der  Versuche  wird  zum  1.  Februar  1889 
ergebenst  entgegengesehen. 

I.  V. 

T.  Coler. 

An  sämmtliche  Königliche  Korps-Generalärzte. 

No.  443.  6.  88.  M.  A. 


Personal -Veränderungen  im  Sanitäts-Korps. 

Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen. 

Befördert  werden:  Dr.  Schellmann,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  Tom  Lcib-Füs.- 
Bat.  4.  Grossherzogi.  Hess.  Inf.  - Regts.  (Prinz  Carl)  No.  118,  zum  Oberstabsarzt 
2.  Kl.  und  Kegts.-Arzt  des  3.  Rhein.  Inf.-Regts.  No.  29,  — I)r.  Schnitze,  Stabs- 
and Bats.-Arzt  vom  3.  Bat.  des  Magdeburg.  Füs.-Regts.  No.  36,  zum  Oberstabsarzt 
2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  Ulan.-Regts.  Kaiser  Alexander  III.  von  Russland  (West- 
preuss.)  No.  1,  — Dr.  Stabbert,  Stabsarzt  vom  Kadetteiihause  zu  Culm,  zum 
Oberstabsarzt  2.  KJ.  und  Regts.-Arzt  des  Nenmärk.  Drag.  - Regts.  No.  3,  — Dr. 
Föhlisch,  Assist.  - Arzt  1.  KI.  vom  2.  Bad.  Drag. -Regt.  No.  21,  zum  Stabs-  und 
Bats.  - Arzt  des  Leib  - Füs.  - Bats.  4.  Grossherzogi.  Hess.  Inf.  - Regts.  (Prinz  Carl) 
No.  118,  — Dr.  Lasser,  Assist. -Arzt  1.  KI.  in  der  etatsmäs.sigen  Stelle  bei  dem 
Gen.-  und  Korpsarzt  des  XV.  Armee  - Korp.s,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  Füs.- 
Bats.  Inf.-Regts.  No.  131,  — Dr.  Ewermann,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Ostpreuss. 
Feld- Art. -Regt.  No.  1 , zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats.  Gren. -Regts.  König 
Friedrich  III.  (1.  Ostpreuss.)  No.  1,  — Dr.  Krause,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom 
Westpreuss.  Kür.  - Regt.  No.  5,  zum  Stabs-  und  Abtheil.  - Arzt  der  2.  Abtheil. 
2.  Brandenburg.  Feld-Art.-Regts.  No.  18  (Gcneral-Feldzeugmeister),  — Dr.  Schiller 
Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  2.  Garde-Feld-Arb-Regt.,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des 
Füs.-Bats.  des  Leib  - Gren.  - Regts.  (1.  Brandenburg.)  No.  8,  — Dr.  Klamrotli, 
Assist.-Arzt  1.  Kl.  in  der  etatsmässigen  Stelle  bei  dem  Gen.-  und  Korpsarzt  des 
XI.  Armee-Korps,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  Füs.-Bats.  4.  Thüring.  Inf.-Regts. 
No.  72,  — Dr.  Kluge,  Assist-Arzt  1.  Kl.  vom  Hannov.  Hus.-Regt  No.  16,  zum 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  3.  Bats.  Magdeburg.  Füs.-Regts.  No.  36,  — Dr.  Herr- 
mann, Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Bezirkskommando  I.  Berlin,  zum  Stabs-  und  Bats.- 
Arzt  des  Füs.-Bats.  3.  Magdeburg.  Inf.-Regts.  No.  66,  — Dr.  Runkwitz, 
Marine- Assist-Arzt  1.  KI.  von  der  2.  Matroseiidiv.,  zum  Marine  - Stabsarzt , vor- 
läufig ohne  Patent,  — die  Assist.  - Aerzte  1.  Kl.  der  Res.:  Dr.  Gottschau 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Gotha,  — Dr.  Kahle  vom  Landw.  - Bats.  ■ Bez.  Danzig,  — 
Dr.  Lerche  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Jauer,  — Dr.  Lehmann  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Minden,  — Dr.  Volkbauscn  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Detmold,  — Dr. 
Schultz  II.  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Wesel,  — Dr.  Steinmetz  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Colmar,  — Dr.  Tiessen  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Marienburg,  — Dr.  Dezes 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bremen,  — Dr.  Evers  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Wesel,  — 
Dr.  Geiss  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Kim,  — Dr.  Krause  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Königsberg,  — Dr.  Schlüter  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Woldenbcrg,  — Dr. 
Coranda  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Königsberg,  — Hensel  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Stockacb,  — Dr.  Poetschki  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Thom,  — Dr.  Eisfeld  vom 
Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin,  — zu  Stabsärzten  der  Res.,  — die  Assist.- 
Aerzte  1.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots:  Dr.  Wclcker  vom  Landw. -Bats.- 


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76 


Bez.  Halle,  — Dr.  KraiUhaiuier  Tom  Landw.  - Bats.  - Bei.  Bruchsal,  — Dr’ 
Frflchtnicht  vom  Landw.-Bats.-Bcz.  Bremen,  — We.ber  vom  Landw.-Bats.-Bez' 
Weilburg,  — Dr.  Rittcrbnseh  vom  Landw.-Bais.-Bez.  Hildesheim,  — Dr.  Reinecke 
vom  Landvr.-Bata.-Bez.  Siegen,  — Dr.  Mecke  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bremen,  — 
Dr.  Schomburg  vom  I.,andw.-Bats.-Bez.  Gera,  — Dr.  Dubuis  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Lützen,  — Dr.  Trompetter  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Geldern,  — Dr.  Riehn 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hiblesbeiin,  — Dr.  W i nd el schmi dt  vom  Landw.-Regts.- 
Bez.  COln,  — Dr.  Claus  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Wesel,  — Dr.  Schmidt  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Bonn,  — Dr.  Alexander  vom  Landw.-Bats.-Bez.  C.Üslin.  — 
Dr.  Kümmel  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hamburg,  — Dr.  Niesemann  vom  Landw.- 
Bat.s.  - Bez.  Barmen,  — Dr.  Duis  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Aurich,  — Dr.  Navo 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Glatz,  — Dr.  Wodtke  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Marienburg, 

— Dr.  Körner  vom  Landw.-Bats.-Bez.  II.  Breslau,  — Dr.  v.  Kicken  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Wesel,  — Dr.  Tboma  vom  Landw.-Bats.-Bcz.  Küpen, — Dr.  Neumann 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Gleiwitz,  — Dr.  Opielinski  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Schroda,  — Dr.  Neussei  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Kirn,  — Dr.  Pitschke  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Halle.  — Dr.  Fr  icke  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hannover,  — Dr. 
Ströbing  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Anclam,  — Janzer  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Bruchsal,  — Dr.  Busolt  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bitterfeld,  — Dr.  Lew  in  vom 
Landw.-Kegts.-Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Schultz  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Rostock,  — 
Dr.  Nissen  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Magdeburg,  — Dr.  Buschbeck  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Görlitz,  — Dr.  Reiss  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Schneidemühl,  — Dr. 
l’eiss  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Neuwied,  — Dr.  v.  Blociszewski  vom  Ijandw.- 
Bats.  - Bez.  Ostrowo,  — Dr.  Lorenczewski  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Cnstrin,  — 
Dr.  Tils  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Diedenhofen,  — Dr.  Born  vom  l^andw.-Bats.- 
Bez.  Hannover,  — Dr.  Lenhartz  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Biiterfeld,  — Dr.  Keller- 
mann vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bruchsal,  — Dr.  Ruhlmann  vom  Landw.-Bats.-Ber. 
Strassbiirg,  — Dr.  Wachenfeld  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Mainz,  — Dr.  Gutsch 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Karlsruhe,  — zn  .Stabsärzten  der  Landw.  1.  Auf- 
gebots, — Dr.  Uilsmann,  Assist.  - Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  2.  Aufgebots,  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Meschede,  zum  Stabsarzt  der  Landw.  2.  Aufgebots,  — die 
A88iat.-Acrzte  1.  Kl.  der  Seewehr  1.  Aufgebots:  Dr.  Drost  vom  Landw.- 
Bats.  - Boz.  Altona,  — Dr.  Ciintz  vom  Landw.  - Bats.  - Bez.  Wiesbaden,  — Dr, 
Markw  ort  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Aachen,  zu  Stabsärzten  der  Seewehr 

1.  Aufgebots,  — Thalen,  Marine-Assisb-Arzt  2.  Kl.  von  der  2.  Matrosendiv.,  — 
Dr.  Lange,  Murine- Assisl.-Arzt  2.  Kl.  von  der  1.  Matrosendiv.,  — zu  Marine- 
Assist. -Aerzten  I.Kl.,  vorläufig  ohne  Patent,  — die  Marine-Assist.  - Aerzte 

2.  Kl.  der  Res.:  Dr.  Kresin  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Danzig,  — Aue  vom  Landw.- 
Bats -Bez.  Hildesheim,  — Neuinan  n vom  Landw.-Bats.-Bez.  Königsberg,  — Dr. 
Dom m er  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Marienburg,  — Dr.  Lnnenborgvom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Recklinghausen, — Dr.  Lüssem  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Neuwied,  — Dr.Mirbach 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Siegen,  — Dr.  Greiff  vom  Landw.-Bats.-Bez.  II.  Münster, 

— Dr.  Fleischhauer  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hamburg,  — Dr.  Knauer  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Weissenfcls,  — Dr.  Oettinger  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hamburg, 

— Weinert  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Muskau,  — Dr.  Schmitz  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Bochum,  — Dr.  Laffert  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Stargard,  — Dr.  Müller 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  •Sangerhansen , — Dr.  Denekc  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Hamburg,  — Dr.  Neglein  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Kssen,  — Dr.  Meridies  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Görlitz,  — Dr.  Schlief  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Neutomischel, 

— Heidenhein  vom  Landw.  Bats. -Bez.  Teltow,  — Dr.  Scliacfer  vom  Landw.- 
Rogts.-Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Sepp  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Magdeburg,  — Dr. 
Stcniann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  II.  Braun.sebweig,  — Dr.  Wachsmuth  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Halle,  — Dr.  Gress  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Rastatt,  — Dr. 
Heptner  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Gleiwitz,  — Dr.  Schaeffer  vom  Landw. -Regts.- 
Bez  I.  Berlin,  — Dr.  Polzin  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Anclam,  — Dr.  Bissmeyer 
vom  Landw.-Bats.-Bcz.  Andernach,  — Dr.  Buebholz  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Heidelberg,  — Ackermann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Weimar,  — Dr.  Giesler 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Kiel,  — Dr.  Hesselbach  vom  Land w.-Bats.- Bez.  Halle, — 


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77 


Ejles  vom  Landw.-Bate.-Bcz.  Düsseldorf,  — Dr.  Drobnik  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
KSnigsberg,  — Dr.  Haag  vom  I,andw.-Bats.-Bez.  Altona,  — Dr.  Wallentin  vom 
Landw.-Regts.-Bez.  I.  Breslau,  — Dr.  Scbleid  vom  Landw.  - Bau.- Bez.  Bruchsal, 

— Dr.  Kornblum,  Dr.  Kleinwächter  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Breslau,  — 
Dr.  Uiddolscbulte  vom  Landw.  - BaU.  - Bez.  Dortmund,  — Dr.  Schmidt  vom 
Landw.-Kegts.-Bezirk  I.  Berlin,  — Dr.  Himsch  vom  Landw.-BaU.-Bcz.  Hirschberg, 

— Dr.  Schubert  vom  Landw.-BaU.-Bez.  Glatz,  — Dr.  Siemon  vom  Landw.-BaU.- 
Bez.  Cottbus,  — Dr.  Ruckert  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Arolsen,  — Dr.  Fuchs 
vom  Landw.  - Regte.  - Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Boetticher  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Kuppin,  — Dr.  Behnke  vom  Landw.  - RegU.  - Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Knauf  vom 
I>andw.  - Bau.  - Bez.  Weimar,  — Dr.  Keil  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Torgau,  — 
Hiemenz  vom  Landw.-BaU.-Bez.  Andernach,  — Dr.  Weiland  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Aschen,  — Dr.  Pfeifer  vom  Landw.-BaU.-Bez.  Weimar,  — Dr.  Jordan  ' 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Marienbnrg,  — Dr.  Weiler  vom  Landw.-BaU.-Bez.  Hamburg, 

— Dr.  Diesing  vom  Landw.-Bats.-Bez.  1.  Brannschweig,  — Löffler  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Naumburg,  — Dr.  Schmidt  vom  Landw.-BaU.-Bez.  Wohlan,  — Dr. 

V.  Lukowicz  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Halle,  — Genrich  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Brandenburg  a.  H.,  — Dr.  Helming  vom  Landw.  - Bats.  - Bez.  Recklinghausen, 

— Goehlich  vom  Landwehr  - Bataillons-Bezirk  Schweidnitz,  — v.  Jagodziiiski 
vom  Landwehr  - Bataillons  - Bezirk  Gnescn,  — zu  Assist.  - Aerzten  1.  Kl.  der 
Reserve,  — Dr.  Beyer,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Landw.  1.  AufgeboU  vom  Landw.- 
BaU.-Bez.  Gera,  — Dr.  Burkhard,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Meiningen,  — zu  Assist.-Aerzten  1.  Kl.  der  Landw. 

1.  Aufgebots,  — Dr.  Trainer,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Marine-Res.  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Bochum,  — Dr.  Höpfner,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Marine-Res.  vom 
Landw.-BaU.-Bez.  Hamburg,  — zu  Assist.  - Aerzten  1.  Kl.  der  Marine-Res. 

— Die  Unterärzte:  Dr.  Rahnke  vom  2.  Ostpreuss.  Greu.  - Regt,  No.  .3,  — 

Schelle  vom  Inf. -Regt.  Prinz  Friedrich  Karl  von  Preussen  (8.  Brandenburg.)  No.  64, 

— Dr.  Seiffert  vom  Brandenburg.  Füs.-Regt.  No.  .35,  — Dr.  Metsch  vom 

3.  Magdeburg.  Inf.-Regt.  No.  66,  dieser  unter  Versetzung  zum  2.  Magdeburg.  Inf.- 
Regt.  No.  27,  — Dr.  Gillet  vom  1.  Rheiu.  Feld-Art.-Regt.  No.  8,  — Dr.  Kaether 
vom  HohenzoIIem.  Füs.-Regt.  No.  40,  — Dr.  Gerdeck  vom  Inf.-Regt.  No.  131, 

— Dr.  Daiitwiz  von  demselben  Regt.,  dieser  unter  Versetzung  zum  1.  Hannov. 
I>rag.-Regt.  No.  9,  — Dr.  Alt  mann  vom  4.  Magdeburg.  Inf.-Regt.  No.  67,  — zu 
Assist.-Aerzten  2.  Kl.,  — die  Unterärzte  der  Res.:  Neubauer,  Baserin, 
Crüger  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Königsberg,  — Dr.  Mendel  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Stettin,  — Kuss  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Stargard,  — Dr.  Buddeberg  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Bielefeld,  — Dr.  Dunkelberg  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin, 

— Dr.  Seyler  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Prcnzlau,  — Dr.  .Schuster,  Dr.  Wagner 
vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  .laworowicz  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Neutomisehel,  — Dr.  Katz  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Beuthen,  — Hoffinann  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Neutomisehel,  — zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  der  Res.,  — 
die  Unterärzte  der  Res.:  Dr.  Perls,  Dr.  Men  de,  Dr.  Klinke  vom  Landw.- 
Regts.-Bez.  I.  Breslau,  — Dr.  Hlubeck  vom  Ijjndw.-Bats.-Bez.  Gleiwitz,  — Dr. 
Ressemann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bssen,  — Dr.  Bunsmann,  Martini  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  I.  Münster,  — Dr.  Wilmans  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hamburg, 

— Frhr.  v.  Blomberg,  Findeisen  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Weimar,  — Dr. 
Kigenbrodt  vom  l>andw. -Bats. -Bez.  I.  Darmstadt,  — Dr.  Ritschel  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Freiburg,  — zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  der  Res.,  — Dr.  Jahlo- 
Dowski,  Unterarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Schwerin,  zum 
Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots.  — Dr.  Blieduiig,  Marine  - Stabsarzt 
ein  Patent  seiner  Charge  verliehen.  — Dr.  Wallis,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Res. 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Stralsund,  im  aktiven  Sanilätskorps,  und  zwar  als  Assist.- 
Arzt  2.  Kl.  mit  Patent  vom  18.  März  1887  bei  dem  7.  Ponun.  Inf.-Regt.  No.  54, 

— Dr.  Peerenboom,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Res.  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Geldern, 
im  aktiven  Sanitätskorps , und  zwar  als  Assist.-Arzt  2.  Kl.  mit  Patent  vom 

4.  August  1888  bei  der  Marine,  — angestellt.  — Dr.  Lohriseh,  .Stabs-  und 
Abtheil.  - Arzt  von  der  2.  Abtbeilung  2.  Brandenburg.  Feld  - Art.  - Regts.  No.  18 


78 


(General-Fcidzeugmeister),  znm  Kadettenhausp  in  Culm,  — Dr.  Koehlau,  Staba- 
und  Bats.-Arzt  vom  Fös.-Bat.  4.  Thüring.  Inf.-RegM.  No.  72,  lum  2.  Bat.  6.  West- 
fal.  Inf.  - Regt».  No.  55,  — Dr.  Pannwitz,  Azsist  - Arzt  1.  Kl.  vom  Inf.  - Regt. 
No.  132,  in  die  etat«mä»sige  Stelle  bei  dem  Gen.-  und  Korpaarzt  dea  XV.  Armee- 
Korps,  — Dr.  Letz,  Aaaist.-Arzt  1.  KI.  vom  Nassau.  Feld-Art.-Regt.  No.  27,  in 
die  etatsmäs.sige  Stelle  bei  dem  Gen.-  und  Korpsarzt  des  XI.  Armee-Korps,  — Dr. 
Kubier,  AssisL-Arzt  2.  Kl.  vom  5.  Bad.  Inf. -Regt.  No.  113,  zum  Bez.-Kommando 
I.  Berlin,  — Schweb»,  Asaist.-Arzt  2.  Kl.  vom  Schleswig  - Holatein.  Füs.  - Regt. 
No.  86,  zur  Marine,  versetzt.  — Dr.  Gloyer,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Schleswig. 
Inf.-Regt.  No.  84,  mit  Pension,  — Dr.  Schumann,  Stabsarzt  der  Landw.  1.  Auf- 
gebots vom  Landw.-Bats.-Bez.  Aschersleben,  — Dr.  Rosenthal,  Assist.-Arzt  1.  Kl. 
der  Landw.  1.  Aufgebots  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Tilsit,  diesem  mit  seiner  bisherigen 
Uniform,  — Dr.  Breycr,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Res.  vom  Landw.  - Regt».  - Bez. 
I.  Breslau,  — Müller,  Assist- Arzt  1.  Kl.  der  Marine-Res.  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Giessen  — der  Abschied  bewilligt.  — Wefers,  Marine-Assist-Arzt  1.  Kl.  von 
der  1.  Matrosendiv.,  aus  dem  aktiven  Sanitätskorps  ausgesohieden  und  zu  den 
Sanitäts-Offizieren  der  Res.  der  Armee  Qbergctreten. 

Potsdam,  den  4.  August  1888. 

Nachweisung  der  beim  Sanitäts-Korps  im  Monat  Juni  1888 
eingetretenen  Veränderungen. 

Durch  Verfügung  des  Generalstabsarztes  der  Armee. 

Den  1.  Juni  1888. 

Dr.  Kuhlmey,  einjährig  - freiwilliger  Arzt  vom  2.  Garde  - Drag.  - Regt.,  unter 
Versetzung  zum  Nassau.  Feld-Art-Regt.  No.  27  zum  Unterarzt  ernannt; 

den  9.  Juni  1888. 

Dr.  Kuchendorf,  einjährig -freiwilliger  Arzt  vom  4.  Niederschle».  Inf.-Regt. 
No.  51,  zum  Unterarzt  ernannt; 

den  11.  Juni  1888. 

Dr.  Altgelt,  Unterarzt  vom  2.  Hannov.  Inf.-Regt.  No.  77,  — Dr.  v.  Staden, 
Unterarzt  vom  Oldenburg.  Inf.-Regt.  No.  91; 

den  14.  Juni  1888. 

Bormann,  Unterarzt  vom  Inf.-Regt.  Prinz  Friedrich  der  Niederlande 
(2.  Westfäl.)  No.  15; 

den  20.  Juni  1888. 

Dr.  Schildener,  Unterarzt  vom  8.  Westfäl.  Inf.-Regt.  No.  57,  — Gunder- 
loch,  Unterarzt  vom  3.  Hannov.  Inf.-Regt.  No.  79,  — Dr.  Rahnke,  Untersrzt 
vom  2.  Ostpreuss.  Gren.-Regt.  No.  3,  — Bauck,  Unterarzt  vom  3.  Garde-Gren.- 
Regt.  Königin  Klisabeth; 

den  21.  Juni  1888. 

Dr.  Uthemann,  Unterarzt  von  der  Kaiserl.  Marine; 

den  23.  Juni  1888. 

Kröger,  Unterarzt  vom  Anhalt.  Inf.-Regt.  No.  93,  — Dr.  Löhr,  Unterarzt 
vom  Hannov.  Füs. -Regt.  No.  73; 

den  27.  Juni  1888. 

Dr.  Ockcl,  Unterarzt  vom  Pomm.  Füs.-Regt.  No.  34; 


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79 


den  28.  Juni  1888. 

Dr.  Merten,  Unterarzt  vom  Magdeburg.  Kür.-Regt.  No.  7; 

den  29.  Juni  1888. 

Dr.  Weber,  Unterarzt  vom  2.  Grossheizogl.  Hess.  Drag.  - Regt.  (Leib  - Drag.- 
Regt.)  No.  24,  — »ämmtlich  mit  Wahrnehmung  je  einer  bei  den  betreffenden 
Truppentheilen  bezw.  bei  der  Kaiser).  Marine  vakanten  Assist.'Arzt-Stelle  beauftragt. 

Potsdam,  den  12.  Juli  1888. 

Dr.  Koenig,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  1.  Qarde -Ulan.-Regts., 
der  Charakter  als  Oberstabsarzt  1.  Kl.  verliehen. 

Peterhof,  den  22.  Juli  1888. 

Dr.  Kraepelin,  Assist.-Arzt  1.  KI.  a.  D.,  zuletzt  von  der  Landw.  des  2.  Rats. 
(Wohlau)  1.  Schles.  Landw.-Regts.  No.  10,  bei  den  Sanitätsoffizieren  2.  Aufgebots 
des  Lsndw.-Bats.-Bez.  Wohlau  wiederangestellt. 


Veränderungen  im  Königlich  Bayerischen  Sanitäts-Korps. 

Durch  Vertagung  des  Kriegsministeriums. 

Dr.  Dieudonne,  Unterarzt  der  Res.,  zum  Unterarzt  des  Friedensstandes  im 
1.  Chev.-Regt.  Kaiser  Alexander  von  Russland  ernannt  und  mit  Wahrnehmung 
einer  vakanten  Assist.-Arzt-Stelle  beauftragt. 

Den  4.  Juli  1888. 

Dr.  Mannheimer,  Königlich  Preuss.  Assist.- Arzt  1.  KI.  a.  D.,  als  Assist.-Arzt 
1.  Kl.  der  Landw.  2.  Aufgebots  (Ansbach)  angestellt. 

Den  27.  Juli  1888. 

Dr.  V.  Varennes-Mondasse,  Stabsarzt  des  1&.  Inf.-Regts.  König  Albert 
von  Sachsen,  mit  Pension  und  mit  der  Erlaubniss  zum  Tragen  der  Uniform  der 
Abschied  bewilligt.  — Böhm,  Unterarzt  im  3.  Chev.-Regt.  Herzog  Maximilian, 
znm  Assist.-Arzt  2.  Kl.  befördert. 


Veränderungen  im  Königlich  Württembergiechen  Sanitäts-Korps. 

Den  6.  Juli  1888. 

Dr.  Kloos,  Unterarzt  der  Res.  im  Landw.  - Bats.  - Bez.  Ellwangen,  — Dr. 
Finckh,  Unterarzt  der  Bes.  im  Landw. -Bats.- Bez.  Stuttgart,  — zu  Assist.- 
Aerzten  2.  Kl.  der  Res.  ernannt. 

Durch  Verfügung  des  Korps-Generalarztes. 

Den  2C.  Juni  1888. 

Dr.  Wendel,  einjährig-freiwilliger  Arzt  im  4.  Inf.-Regt.  No.  122,  mit  Wirkung 
vom  22.  Mai  d.  J.  znm  Unterarzt  des  aktiven  Dienststandes  ernannt  und  vom 
26.  Juni  ab  mit  Wahrnehmung  einer  bei  dem  genannten  Regt,  vakanten  Assist.- 
Arzt-Stelle  beauftragt. 


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Ordensverleihungen. 

Prenssische: 

Stern  und  Kreuz  der  Comthnre  des  Königlichen  Haus-Ordens  von 
HohenzoUern: 

Generalarzt  1,  Kl.,  Geheimer  Medizinalrath  und  Professor  Dr.  r.  Bergmann 
zu  Berlin. 

Andc  re; 

Das  Ritterkreuz  1.  Kl.  des  Herzoglich  Sachsen-Ernestinischen  Haus- 
Ordens: 

Stabs-  und  Bats.-Ärzt  Dr.  Qroschke  im  C.  Thüring.  Inf.-Regt.  No.  95. 
Ritterkreuz  des  Königlich  Norwegischen  St.  Olafs-Ordens: 

Stabsarzt  Dr.  Löffler  vom  medizinisch-chirurgischen  Friedrioh-Wilhelms-Institnt. 

Kaiserlich  Japan  isclier  Verdienst-Orden  der  aufgehenden  Sonne  4.  Kl.: 
Stabsarzt  Dr.  Scheibe  im  1.  Magdeburg.  Inf.-Regt.  No.  26,  kommandirt  zur 
Medizinal-Abtbeilnng  des  Kriegsministeriums. 


Familien  -Nachrichten. 

Verlobungen:  Dr.  Martin  Siegfried,  Stabsarzt  im  Leib  - Gren.- Regt.,  mit  Frl. 
Magarethe  Riemer  (Frankfurt  a.  O.).  — Dr.  Otto  Bungeroth,  Stabs-  und  Bats.- 
Arzt  im  Niederrhein.  Füs.  - Regt.  No.  39,  mit  Frl.  Margarethe  Mannesminn 
(Düsseldorf — Remscheid  - Bliedinghausen).  — Dr.  Otto  Biümcke,  Assist.  - Arzt; 
2.  Kl.  der  Res.,  mit  Frl.  Elsbeth  Henning  (Berlin). 

Verbindungen:  Dr.  Dietrich,  Assist.  - Arzt  2.  Kl.  der  Res.,  mit  Frl.  Gertrud 
Hahn  (Schwedt  a.  O. — Rüdersdorf  bei  Berlin). 

Geburten:  (Sohn)  Stabsarzt  Dr.  Krause  (Kadettenhaus  Oranienstein).  — Dr. 

Kapff,  Stabsarzt  a.  D.  (Schlettstadt).  — Dr.  Krcyscrn,  AssisL-Arzt  1.  Kl.  ün 
4.  Oberschles.  Inf.-Regt.  No.  63  (Ncisse). 

Todesfälle;  Dr.  Hesse,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Gamisonarzt,  Sohn  Gustav 
Adolf,  cand.  Juris  (Cöln).  — Dr.  Hugo  Goldhorn,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und 
Regts.-Arzt  im  H.  Hannov.  Inf.-Regt.  No.  79  (Hildesheim).  — Dr.  Franz  Büttner, 
Generalarzt  z.  D.  ^Berlin).  — Dr.  Sebuchardt,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  Inf.- 
Regt.  Nu.  98,  Tochter  Elli  (Metz). 


üedrackt  in  der  Königl.  Hof bnchdructerei  von  £.  S.  Mittler  k Sohn,  Berlin  SW.,  Koebetr.  C8 — 70. 


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Amtliches  Beiblatt 

zur 

Deutschen  militärärztlichen  Zeitschrift 

1888.  — Siebzehnter  Jahrgang.  — ^ 9 u.  10. 


KTiegsministerium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  16.  Juli  1888. 

Da  zur  Diirchfnbning  des  neuen  Etats  an  Apothekengeräthen  vom  12.  De- 
zember 1887  — No.  646/12.  87.  M.  A.  — besondere  Mittel  zur  Zeit  hier  niebt 
verfügbar  sind,  so  kümicn  die  erforderlichen  Beschaffungen  zunächst  nur  nach 
Maassgabe  des  dortseitigen  Dtensiliengelder-Konds  statttinden. 

Es  wird  Wertb  darauf  gelegt,  dass  in  erster  Linie  die  Ausstattung  der  Korps- 
Arznei-Reserve  und  der  Dispensir  - Anstalt  am  Sitze  des  Generalkommandos  zur 
Ausführung  gelangt. 

Ob  nicht  durch  Umbezeichnung  alter,  bezw.  in  den  dortseitigen  Dispositions- 
beständen vorhandener  Standgefässe  sich  wesentliche  Ersparnisse  erzielen  lassen, 
wäre  in  Betracht  zu  ziehen. 

Die  seither  im  Gebrauche  befindlichen  Repositorien  — Arzneigerüste  — sind 
zunächst  beizubehalten  und  würden  Neubeschuffungen  nur  da  zulässig  sein,  wenn 
die  Umänderungen  zu  erhebliche  Ko.sten  verursachen  oder  aus  anderen  Gründen 
nicht  durchführbar  erscheinen  sollten.  Wegen  der  neuen  Zeichnungen  für  diese 
Arzneigenlste  sind  die  Verhandlungen  noch  niebt  ganz  abgeschlossen. 

Auch  die  Beschaffung  neuer  Dampf-  und  Destillir-Apparatc  kann  nur  allmälig 
nach  Maassgabe  der  verfügbaren  Mittel  erfolgen. 

Euer  Hochwohlgeboren  wollen  das  hiernach  Erforderliche  im  Einvernehmen 
mit  der  Korps-Intendantur  gefälligst  in  die  Wege  leiten. 

Zum  15.  April  ist  zu  melden,  welche  Kosten  für  die  weiteren  Ergänzungen 
nach  dem  neuen  Etat  erforderlich  werden  und  welcher  Betrag  hierfür  im  Korps- 
bezirk verfügbar  ist. 

I.  V. 

No.  999/5.  88.  M.  A.  v.  Coler. 

Kriegsministerium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  28.  Juli  1888. 

Tekturen  zur  Kriegs-Sanitäts-Ordnung  vom  10.  Januar  1878. 
Beilage  6 Seite  405/445  — Oekonomischer  Etat  — nebst  Packordnungen. 

Beschreibung  des  Kranken-  und  Verbindezeltes  nebst  Abbildungen. 

Die  vorbezeichneten  Nachträge  sind  im  Verlage  der  Königlichen  Hofbueb- 
handlung  von  E.  S.  Mittler  & Sohn,  Berlin  SW.,  Kochstrasse  68 — 70,  und  zwar 
bei  unmittelbarer  Bestellung  zum  Preise  von  45  Pf.  für  das  Exemplar  zu  beziehen. 

I.  V. 

V.  Coler. 

No.  1287/7.  88.  M.  A. 


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82 


Kriegsministerium.  ' ’ 

Allgemeines  Kriegs-Departement.  Berlin,  den  27.  Juli  1888. 

Ansrüitangs-Nachweisniig  für  ein  Sanitäls-Detaehemcnt 
Den  Koromandobelirirden  wird  die  vorbezeichnotc  Ausrüstungs-Nai’hweisuiig, 
welche  au  Stelle  der  im  Druckvorschriften-Etat  unter  A 3 No.  25  aufgeführten  tritt, 
mit  Vertheiluiigsplan  unter  Umschlag  übersandt  werden. 

V.  Blume. 

No.  30/7.  88.  A.  3. 


Personal -Veränderungen  im  Sanitäts-Korps. 

Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen. 

Befördert  werden:  Dr.  Leuchert,  Assist.-ArU  2.  Kl.  vom  4.  Bad.  Inf.- 
Regt.  Prinz  Wilhelm  No.  112,  — Dr.  Kühler,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  vom  Bezirks- 
kommando  I.  Berlin,  — Dr.  Roland,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  vom  Kadettenbause  zn 
Plön,  — zu  Assist.- Aerzten  1.  Kl.,  — Löchner,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der 
I>andw.  1.  Aufgebots  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Torgau,  zum  Assist.-Arzt  1.  Kl.,  — 
Dr.  Sander,  Marine  - Assist.  - Arzt  1.  Kl.  von  der  1.  Matrusendiv.,  zum  Marine- 
Stabdarzt,  vorlüulig  ohne  Patent,  — Dr.  Erdmann,  Marine-Assist.-Arzt  2.  KL  von 
der  1.  Matroseudiv.,  zum  Marine-Assist.-Arzt  1.  KL,  vorläufig  ohne  Patent;  — die 
Unterärzte:  Dr.  Ockol  vom  Pomm.  Küs.-Regt.  No.  34,  unter  Versetzung  zum 
Inf.-Regt.  No.  129,  — Krüger  vom  Anhalt.  Inf.-Regt.  No.  93,  unter  Versetzung 
zum  1.  Hessischen  Hus.  - Regt.  No.  13,  — Dr.  Merten  vom  Magdeburgisehen 
Kürassier-Regiment  No.  7,  unter  Versetzung  zum  Infanterie-Regiment  No.  128,  — 
Dr.  Kuchendorf  vom  4.  Niederschlesischen  Infanterie-Regiment  No.  51,  — Bor- 
mann vom  Inf.-Regt.  Prinz  Friedrich  der  Niederlande  (2.  Westfäl.)  No.  15,  dieser 
unter  Versetzung  zum  Inf.-Regt.  No.  132,  — Dr.  Altgclt  vom  2.  Hanuov.  Inf.- 
Regt.  No.  77,  — Gunderloch  vom  3.  Hannov.  Inf.-Regt.  No.  79,  dieser  unter 
Versetzung  zum  2.  Bad.  Gren.-Regt.  Kaiser  Wilhelm  I.  No.  110,  — Dr.  v.  Staden 
vom  Oldeuburg.  Inf.-Regt.  No.  91,  unter  Versetzung  zum  Schleswig.  Inf.-Regt. 
No.  84,  — Dr.  Löhr  vom  Hannov.  Ffls. -Regt.  No.  73,  unter  Versetzung  zum 
1.  Hannov.  Ülan.-Regt  No.  13,  — Dr.  Weber  vom  2.  Grossherzogi.  Hess.  Drag.- 
Regt.  (Lcih-Drag.-Regt.)  No.  24,  — zu  Assist. - Aerzten  2.  KL,  — Dr.  Uthemann, 
Marine-Unterarzt  von  der  1.  Matrosendiv.,  — Dr.  Hoffmann,  Marine  - Unterarzt 
von  der  2.  Matrosendiv.,  — z u Ma ri n e- AssisL -Aerzten  2.  KL;  — die  Unter- 
ärzte der  Res.:  Dr.  Höniger  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Inowrazlaw,  — Dr. 
Westphal  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Heidelberg,  — Dr.  Kreich  vom  Landw.-Regts.- 
Bez.  I.  Berlin,  — Rocco  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Halle,  — Dr.  Jadassohn  von» 
Landw.  - Regls.  - Bez.  I.  Breslau,  — Dr.  Pietrusky  I.,  Dr.  Pietrusky  II.  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Striegau,  — Dr.  Lasker  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Beuthen,  — 
Dr.  van  Perlstein,  Dr.  Sjüström  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Cöln,  — Dr.  Pohl 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hamburg,  — Dr.  Jaspersen  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Kiel, 

— Dr.  Grüneberg,  Dr.  Hahn  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Altona,  — Dr.  Fallmeier 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Nienburg,  — Dr.  Schmidt  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Hannover,  — Dr.  Leymann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Arolsen,  — Dr.  Durlach 
vom  Landw.-Bals.-Bez.  II.  Brannsehweig,  — Bartikowski  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
I.  Oldenburg,  — Dr.  Vogel  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Mainz,  — Wallot  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Worms,  — Breiderhoff,  Dr.  Meyer  vom  Landw.-Regts.-Bcz.  I.  Berlin, 

— Wenderoth  vom  Landw.-Bats.-Bez.  L Cas.sel,  — Besser  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Freiburg,  zu  Assist.-Aerzteu  2.  Kl.  der  Res.,  — Steffan,  Unterarzt  der 


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Landw.  1.  Aufgebots  vom  Landw.  - Bsts.  - Bez.  Heidelberg,  zum  Assist.-Arzt  2.  Kl. 
— Dr.  Ernesti,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  1.  Garde-Regt.  zu  Fuss, 
der  Charakter  als  Oberstabsarzt  I.  KU  verliehen.  — Dr.  Heinzei,  Oberstabsarzt 

1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  Hess.  Fils.-Regt.  No.  80,  — Dr.  Augstein,  Stabsarzt 
der  Landw.  2.  Aufgebots  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bromberg,  — Dr.  Maurer,  Stabs- 
arzt der  Landw.  2.  Aufgebots  vom  l..andw.-Bats.-Bez.  I.  Darmstadt,  — Dr.  Thiem, 
Stabsarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Cottbus,  — ein  Latent 
ihrer  Charge  verliehen.  — Dr.  Heraucourt,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Res.  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Strassburg,  im  aktiven  Sanitätskorps,  und  zwar  als  Assist.-Arzt 

2.  Kl.  mit  einem  Patent  vom  25.  August  1888  bei  dem  Fcld-Art.-Rcgt.  No.  31,  an- 
gestcUt  — Dr.  Müller,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  Garde-Füs-BaU  1.  Grossherzogi. 
Hess.  Int-  (Leibgarde-)  Regte.  No.  115,  zum  2.  Bat.  4-  Grossherzogl.  Hess.  Iiit- 
Regts.  (Prinz  Carl)  No.  118,  — Dr.  Weber,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  4.  Westfäl. 
Int-Regt.  No.  17,  zum  5.  Bad.  Inf.-Regt.  No.  113,  — versetzt.  — Dr.  Kappesser, 
Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  1.  Grossherzogl.  Hess.  Drag.-Regt.  (Garde- 
Drag.-Regt.)  No.  23,  beauftragt  mit  Wahrnehmung  der  divisionsürztlichen  Funktionen 
bei  der  Grossherzogl.  Hess.  (25.)  Div.,  als  Generalarzt  2.  Kl.  mit  Pension  und 
seiner  bisherigen  Uniform,  — Dr.  Kittel,  Stabsarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Tilsit,  mit  seiner  bisherigen  Uniform,  — der  Abschied  be- 
willigt — Dr.  Oelkers,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  2.  Bat  4.  Gro.ssberzogl. 
Hess.  Inf.  - Regts.  (Prinz  Carl)  No.  118,  mit  Pension  aiisgesehieden.  — Prof.  Dr. 
Loeffler,  Stabsarzt  vom  medizinisch-chirurgischen  Friedrich-Wilhelms-Institut,  aus 
dem  aktiven  Sanitätskorps  ausgeschieden  und  zu  den  Sanitätsoffizieren  der  Res.  über- 
getreten. 

Berlin,  den  25.  August  1888. 


Naebweisung  der  beim  Sanitäts-Korps  sonst  eingetretenen 
Veränderungen. 

Durch  Verfügung  des  Generalstabsarztes  der  Armee. 

Den  4.  Juli  1888. 

Dr.  Ziemann,  einjährig -freiwilliger  Arzt  vom  Gren.-Regt.  König  Friedrich 
Wilhelm  IV.  (1.  Pomm.)  No.  2,  unter  gleichzeitiger  Versetzung  zum  5.  Pomm. 
Inf.-Regt  No.  42  zum  Unterarzt  ernannt; 

den  6.  Juli  1888. 

Dr.  Hoffmann,  Unterarzt  von  der  KaiserL  Marine; 

den  14.  Juli  1888. 

Boeck,  Unterarzt  vom  5.  Ostpreuss.  Inf.-Regt  No.  41,  — Dr.  Barchewitz, 
Unterarzt  vom  7.  Pomm.  Inf.-Regt  No.  54,  — Gralow,  Unterarzt  vom  König 
Wilhelm  I.  Gren.-Regt  (2.  Westpreuss.)  No.  7; 

den  16.  Juli  1888. 

Dr.  Brunk,  Unterarzt  vom  Niederschles.  Feld-Art.-Regt  No.  5; 

den  17.  Jnli  1888. 

Reischauer,  Unterarzt  vom  6.  Westfäl.  Inf.-Regt  No.  55,  — Dr.  Ueuduck, 
Unterarzt  vom  2.  Hannov.  Feld-Art-Regt.  No.  26; 

den  19.  Juli  1888. 

Dr.  Esselbrügge,  Unterarzt  vom  Niederrhein.  Füs.-Regt.  No.  39,  — Dr.  Meyer, 
Unterarzt  von  der  Kaiser!.  Marine; 


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den  25.  Juli  1888. 

Lorentz,  Unterarzt  vom  Hiis.-Regt.  Kaiser  Franz  Joseph  von  Oesterreich  Küiiig 
von  Ungarn  (Schleswig-Holstein.)  No.  16,  — Dr.  Buschow,  Unterarzt  vom  Col- 
herg.  Gren.-Regt.  (2.  Pomm.)  No.  9,  — Brinker,  Unterarzt  vom  8.  Rhein.  Inf.- 
Regt.  No.  70,  — Dr.  Münzer,  Unterarzt  vom  Brandenburg.  Füs.-Regt.  No.  33,  — 
Dr.  Christoffers,  Unterarzt  vom  Schles.  Feld-Art. -Regt.  No.  6; 

den  28.  Juli  1888. 

Dr.  Hofman,  Unterarzt  vom  Garde-Fuss-Art.-Regt.,  — Dr.  Wimmer,  Unter- 
arzt vom  Magdeburg.  Fiis.-Regt.  No.  36,  — Dr.  Strein,  Unterarzt  vom  1.  Gross- 
herzogl.  Hess.  Inf.- (Leibgarde-)  Regiment  Nu.  115; 

den  3.  August  1888. 

Dr.  Priessnitz,  einjährig -freiwilliger  Arzt  von  der  II.  Matrosendiv. , zum 
Unterarzt  ernannt,  — sämmtlich  mit  Wahrnehmung  Je  einer  bei  den  betreffenden 
Truppentbeilen  hezw.  bei  der  Kaiserl.  Marine  vakanten  Assist.-Arzt-Stelle  beauftragt. 

(Chef  d.  Adm.  v.  10.  8.  88.) 

Dr.  Pecrenboom,  Assist.-Arzt  2.  Kl.,  der  Marinestation  der  Nordsee  zu- 
getbeilu 


Veränderungen  im  Königlich  Bayerischen  Sanitäts-Korps. 

Den  8.  August  1888. 

Dr.  Pfaff,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  des  18.  Inf.-Regts.  Prinz  Ludwig  Ferdinand, 
auf  Nachsucheii  zu  den  Sanitätsoffizieren  der  Ros.  versetzt. 

Den  13.  August  1888. 

Dr.  Neumayr,  Ober-Stabsarzt  2.  Kl.  und  Regts-Arzt  vom  17.  Inf.-Regt.  Orff, 
als  Gam.-Arzt  zur  Kommandantur  der  Festung  Germersheim,  — Dr.  Bergmüller, 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  17.  Inf.-Regt.  Orff,  zum  2.  Pion.-Bat.,  — Jacoby, 
Assist.- Arzt  2.  Kl.  vom  17.  Lif.-Regt.  Orff,  zum  4.  Inf.-Regt.  König  Karl  von 
Württemberg,  — Ehehalt,  A.ssist.-Arzt  2.  Kl.  vom  15.  Infanterie-Regiment  König 
Albert  von  Sachsen,  zum  9.  Inf.-Regt.  Wrede,  — versetzt.  — Dr.  Feuerbach, 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  2.  Pion.-Bat.,  zum  Ober- Stabsarzt  2.  Kl.  und  Regts- 
Arzt  im  17.  Inf.-Regt.  Orff,  — Dr.  Patin,  Assist.-Arzt  I.  KL  vom  2.  Feld-Art.- 
Rcgt,  Hom,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  13.  Inf.-Regt.  König  Albert  von  Sachsen. 
— Dr.  Ludwig,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  9.  Inf.-Regt.  Wrede,  zum  Stabs-  und  Bats.- 
Arzt  im  17.  Inf.-Regt.  Orff,  — Dr.  Hoffmann  (Augsburg),  Dr.  Küllikcr  (Hof), 
Assist.-Aerzte  1.  Kl.  der  Res.,  zu  Stabsärzten  der  Res.,  — Dr.  Müller  (Rosenheim), 
Dr.  Henkel  (Wasserburg),  Dr.  Ritter  v.  Dall’Armi,  Dr.  Brunner  (I.  München), 
Dr.  Rott  (Ingolstadt),  Dr.  Salecker  (Hof),  Dr.  Richrath,  Dr.  Baumeister 
(Kaiserslautern),  Assist. -Aerzte  1.  Kl.  in  der  Landw.  1.  Aufgebots,  zu  Stabsärzten 
der  Landw.,  — Dr.  Pleycr,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  im  Inf.-Leib-Rcgt.,  — Dr.  Miller, 
Assist.-Arzt  2.  Kl.  im  6.  Chev.-Regt.  Grossfürst  Constantiu  Nieolajewitsch,  — zu 
AssisL- Aerzten  1.  KL,  — Dr.  Orth  (I.  München),  Dr.  Bachl  (Vilshofen), 
Dr.  Marzodko,  Dr.  Guttmann  (llof),  Dr.  (Wiener  (Ansbach),  Dr.  Graser 
(Erlangen),  Dr.  Bäudler  (Bamberg),  Dr.  Willerding,  Dr.  Trier,  Dr.  Heyne, 
Dr.  Buss,  Dr.  Carlsou  (Kissingen),  Dr.  Ginlini  (Würzbnrg),  Steinhoff 
(Aschaffenhurg) , Dr.  Lindner,  Dr.  Sturm,  Dr.  Fischer,  Dr.  Meyer  (Kaisers- 
lautern), Dr.  Pollack,  Dr.  Fischer  (Speyer),  Assist.-Aerzte  2.  Kl.  in  der  Res., 
zu  AssisL -Aerzten  1.  Kl.  der  Res.,  — Dr.  Held  (I.  München),  Dr.  Maul  (Ingol- 
stadt), Francke  (Würzbnrg),  Dr.  Stern  (Aschaflenburg) , Dr.  Sichert  (Speyer), 
AssisL-Aerzte  2.  KL  in  der  Landw.  1.  Aufgebots.,  — Dr.  Urlaub  (IL  München), 


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Hsrtig  (Kitzingen),  Dr.  Rode  (Kissingen),  Assist. -Aerzte  2.  Kl.  in  der  Landw, 
2.  Aufgebots,  — zu  Assist.-Aerzten  1.  Kl.  der  Landw.,  — Pürckhauer, 
Schnlze-Kump,  Dr.  Jäger,  Dr.  Enderlen,  Martin,  Dr.  Elten,  Einbaus, 
Israel,  Dr.  Deutschländer  (I.  München),  Erhard  (Dillingen),  Schütz  (Würz- 
burg),  Unterärzte  in  der  Res.,  zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  der  Res.,  — befördert. 

Durch  Verfügung  des  Kriegsministeriums. 

Dr.  Mchltrettcr,  einjährig-freiwilliger  Arzt  Tom  9.  Inf.-Regt  Wrede,  zum 
Unterarzt  im  4.  Inf.-Regt.  König  Karl  von  Württemberg  ernannt  und  mit  Wahr- 
nehmung einer  vakanten  Assist.-Arzt-Stelle  beauftragt. 


Veränderungen  im  Königlich  Sächsischen  Sanitäts-Korps. 

Den  10.  August  1888. 

Dr.  Rudloff,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  4.  Inf.-Regt.  No.  103,  zu  den  Sanitäts- 
offizieren der  ReS.  mit  der  Aussicht  auf  Wiedcranstellung  im  aktiven  Sanitäts- 
Offizierkorps  versetzt.  — Dr.  Roescli,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  im  Carabinier-Hcgt.,  zum 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  4.  Inf.-Regt.  No.  103  befördert.  — Dr.  Hesselbach, 
Assist-Arzt  1.  Kl.  im  8.  Inf.-Regt.  Prinz  Johann  Georg  No.  107,  zum  Carabinier- 
Regt.,  — Dr.  Zimmer,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  im  3.  Inf.-Regt.  No.  102  Prinz-Regent 
Luitpold  von  Bayern,  zum  8.  Inf.-Regt.  Prinz  Johann  Georg  No.  107,  — versetzt. 
— Ilangg,  Unterarzt  im  2.  Gren.  - Regt  No.  101  Kaiser  Wilhelm  König  von 
Preussen,  unter  Versetzung  zum  Pion.  - Bat.  No.  12,  zum  Assist.-Arzt  2.  Kl.,  — 
Seile,  Unterarzt  der  Res.  vom  Landw,  - Bats. - Bez.  I.  Dresden,  zum  Assist.  - Arzt 
2.  Kl.  der  Res.,  — befördert. 

Durch  Verfügung  des  Kriegsministeriums. 

Den  26.  August  1888. 

Dr.  Friedrich,  einjährig -freiwilliger  Arzt  des  3.  Jäger-Bats.  No.  15,  als 
Unterarzt  des  Aktivstandes  bei  dem  2.  Gten.-Uegt.  No.  löl,  unter  Beauftragung 
mit  Wahrnehmung  der  bei  diesem  Truppentheile  vakanten  assist. -ärztlichen  Stelle 
vom  1.  September  er.  ab  augestellt. 


Veränderungen  im  Königlich  Württembergischen  Sanitäts-Korps. 

Den  26.  Juli  1888. 

Dr.  Müller,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  im  Gren.-Regt.  Königin  Olga  No.  119,  in  das 
Ulan.-Regt.  König  Karl  No.  19  versetzt. 

Den  6.  August  1888. 

Dr.  Klopfer,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  im  Gren.-Regt.  Königin  Olga  No.  119, 
kommandirt  zur  Universität  Tübingen,  bis  zum  31.  März  1889  in  diesem  Kommando- 
verhältniss  belassen. 


Den  12.  August  1888. 

Dr.  Widenmann,  Unterarzt  im  Inf.-Regt.  Kaiser  Wilhelm  König  von  Preussen 
No.  120,  unter  Versetzung  in  das  Gren.-Regt.  Königin  Olga  No.  119,  zum  Assist.- 
Arzt  2.  Kl.  ernannt. 


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Ordensverleihungen. 

Preussiach  e: 

Rother  Adler-Orden  4.  KI.: 

Dr.  lleutcl,  Stabsarzt  der  Landw.  zu  Elbing. 

Königlicher  Kronen-Orden  dritter  Klasse: 

Ober  - Stabsarzt  1.  Kl.  a.  D.  Dr.  Puhlmann  zu  Potsdam,  bisher  Regts.-A.rzt 
des  Leib-Garde-Uua.-Regts. 

Andere: 

Ritterkreuz  zweiter  Klasse  mit  Eichenlaub  des  Grossherzoglich 
Badischen  Ordens  vom  Zähringer  Löwen: 

Stabsarzt  Wicke,  ä la  suite  des  Sanitätskorps  und  kommandirt  zuin  Aus- 
wärtigen Amte  als  Arzt  des  Togogebietes. 

Fürstlich  Reusaisches  Ehrenkrenz  3.  Kl.; 

Ober-Stabsarzt  a.  D.  Dr.  Kidder  (Bückeburg). 


Familien -Nachrichten. 

Verlobungen:  Dr.  Julius  Kriese,  Assisb-Arzt  1.  Kl.  d.  Ree.  mit  Frl.  Anna 
Kreuzburg  (Ahrweiler). 

•Verbindungen:  Dr.  Balmer,  Stabsarzt,  mit  Frl.  Ida  Werner  (Leipzig). 

Geburten;  (Sohn)  Dr.  Hecker,  Stabsarzt  (Düsscldorl).  — Dr.  Schaffrath, 
Stabsarzt  (Chemnitz).  — (Tochter)  Dr.  Heinrici,  Stabsarzt  (Krummhübel). 

Todesfälle:  Dr.  Eduard  Storch,  Stabs-  und  Bats.-Aizt  im  Hohenzollern.  Ffis.- 
Regt.  No.  40  (Cöln).  — Dr.  W’agner,  Oberstabsarzt,  Frau  Eleonore,  geb.  Htrtb, 
(München).  — Dr.  Friedrich  Kremers,  Generalarzt  a.  D.  (Wiesbaden).  — 
Dr.  Ilelbig,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  z.  D.  (Dresden).  — Dr.  Ferdinand  Gronert, 
Generalarzt  a.  D.  (Berlin).  — Dr.  Hahn,  Oberstabsarzt  1.  Kl.,  Regts.-Arzt  im 
Kaiser  Alexander  Garde-Gren.-Regt.  No.  1,  Tochter  Ilse  (Berlin).  — Dr.  Karl  Moritz 
Ziegler,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  z.  D.  (Blasewitz). 


General -Rapport 

von  den  Kranken  der  Königlich  Prensaiechen  Armee,  des  XII.  (Königlich 
Sächsischen)  and  des  XIII.  (Königlich  Württembergiseben)  Armee-Korps, 
sowie  der  dem  XV.  Armee-Korps  attachirten  Königlich  Bayerischen 
Besatznngs-Brigade  pro  Monat  April  1888. 

1)  Bestand  am  31.  März  1888;  10  509  Mann  and  29  Invaliden. 

2)  Zugang: 

im  Lazaretb  10  G84  Mann  und  1 Invaliden, 
im  Revier  19  214  - - 7 - 

Summa  29  898  Mann  and  8 Invaliden. 
Mithin  Summa  des  Bestandes  and  Zuganges  40  407  Mann  and  37  Invaliden, 
in  Prozenten  der  Effektivstärke  9,4°/o  und  20,7%. 


3)  Abgang: 

geheilt  .... 

26  896  Mann,  3 Invaliden, 

gestorben  . . . 

94  - — - 

invalide  .... 

162  - — 

dienstanbraachbar 

295  - — 

anderweitig . . . 

407-11 

Summa  . 

. 27  854  Mann,  14  Invaliden. 

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4)  Hiernach  sind: 

geheilt  66,6<>/o  der  Kranken  der  Armee  und  8,1  % der  erkrankten 
Invaliden, 

gestorben  0,23o/o  der  Kranken  der  Armee  and  — % der  erkrankten 
Invaliden. 

5)  Mithin  Bestand: 

am  30.  April  1888  12  553  Mann  and  23  Invaliden, 

in  Proaenten  der  E£Fektivstärke  2,9<>/«  and  12,8‘’/o* 

Von  diesem  Krankenstände  befanden  sich: 

im  Lazareth  8 627  Mann  und  1 Invaliden, 
im  Revier  3 926  - - 22 

Es  sind  also  von  430  Kranken  286,2  geheilt,  1,0  gestorben,  1,7  als 
invalide,  3,1  als  dienstanbranchbar,  4,4  anderweitig  abgegangen,  133,6  im 
Bestände  geblieben. 

Von  den  Gestorbenen  der  aktiven  Trappen  haben  gelitten  an: 
Rose  1,  Diphtheritis  2,  Eitervergiftung  1,  Unterleibstyphns  5,  epidemischer 
Genickstarre  5,  akutem  Gelenkrheumatismus  3,  Blutkrankbeit  1,  Zucker- 
rohr 1,  Starrkrampf  1,  Nervenleiden  2,  Hirn-  und  Hirnhautleiden  8, 
Rückenmarksleiden  2,  Kehlkopfkatarrh  1,  Lungenentzündung  19,  Lungen- 
blutung  2,  Lungenschwindsucht  16,  Brustfellentzündung  3,  Herzleiden  2, 
Lymphdrüsenvereiterung  1,  Darmentzündung  2,  Leberleiden  1,  Bauchfell- 
entzündung 7,  Nierenleiden  1,  Furunkel  1,  Knochenentzündung  2,  Knie- 
gelenksentzündung  1.  An  den  Folgen  einer  Verunglückung:  Erstochen 
durch  Kameraden  1.  An  den  Folgen  eines  Selbstmordversuchs: 
Erscbiessen  1,  Phosphorvergiftung  1. 

Mit  Hinzurechnung  der  nicht  in  militärärztlicher  Behandlung  Ver- 
storbenen sind  in  der  Armee  im  Ganzen  noch  23  Todesfälle  vorgekommen, 
davon  8 durch  Krankheit,  3 durch  Verunglückung,  12  durch  Selbst- 
mord; so  dass  die  Armee  im  Ganzen  117  Mann  durch  den  Tod 
verloren  hat. 

Nachträglich  pro  Januar  d.  J.: 

1 Verunglückung  durch  Ertrinken. 


General -Rapport 

von  den  Kranken  der  Königlich  Preussischen  Armee,  des  XII.  (Königlich 
Sächsischen)  und  des  Xlll.  (Königlich  Wörttembergischen)  Armee-Korps, 
sowie  der  dem  XV.  Armee-Korps  attachirten  Königlich  Bayerischen 
Besatzungs-Brigade  pro  Monat  Mai  1888. 

1)  Bestand  am  30.  April  1888:  12  553  Mann  und  23  Invaliden 

2)  Zugang: 

im  Lazareth  9 497  Mann  und  2 Invaliden, 

im  Revier  16  400  - - 6 - 

Summa  25  897  Mann  und  8 Invaliden. 
Mithin  Summa  des  Bestandes  und  Zuganges  38  450  Mann  und  31  Invaliden, 
in  Prozenten  der  Effektivstärke  9,0%  uud  16,6%. 


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3)  Abgang: 


geheilt  .... 

. 25  857  Mann, 

9 Invaliden, 

gestorben  . . . 

120  - 

— 

invalide  .... 

203  - 

— 

dienstunbranchbar 

318  - 

— 

anderweitig  . . 

394  - 

— 

Summa  . 

. 26  892  Mann, 

9 Invaliden. 

4)  Hiernach  sind: 

geheilt  der  Kranken  der  Armee  und  2,9Vo  der  erkrankten 

Invaliden, 

gestorben  0,31<>/o  der  Ejtmken  der  Armee  und  — »/o  der  erkrankten 
Invaliden. 

5)  Mitbin  Bestand: 

am  31.  Mai  1888  11  558  Mann  und  22  Invaliden, 

in  Prozenten  der  Effektivstärke  2,7°/o  und  12,2'>/o. 

Von  diesem  Krankenstände  befanden  sich: 

im  Lazaretb  7 818  Mann  und  3 Invaliden, 
im  Revier  3 740  - - 19 

Es  sind  also  von  321  Kranken  215,9  geheilt,  1,0  gestorben,  1,7  als 
invalide,  2,7  als  dienstnnbrauchbar,  3,3  anderweitig  abgegangen,  96,4  im 
Bestände  geblieben. 

Von  den  Gestorbenen  der  aktiven  Truppen « haben  gelitten  an: 
Scharlach  2,  Dipbtheritis  1,  Blutvergiftung  3,  Unterleibstyphus  9,  epidemi- 
scher Genickstarre  2,  akutem  Gelenkrheumatismus  3,  Blutarmuth  1, 
Hitzscblag  1,  Darmtuberkulose  1,  Hirn-  und  Hirnbautleiden  9,  Kiicken- 
marksleiden  1,  Lungenentzündung  36,  Lungenschwindsucht  30,  Brustfell- 
entzündung 5,  Herzleiden  1,  Mandelentzündung  1,  Krebs  der  Speiseröhre  1, 
innerem  Darmverschluss  1,  Leberleiden  1,  Bauchfellentzündung  3,  Nieren- 
leiden 3,  Blasenleiden  1,  Zellgewebsentzündung  1.  An  den  Folgen  einer 
Verunglückung:  Gebirnschlag  durch  Fall  vom  Schemel  1,  Erschiessen 
ans  Unvorsichtigkeit  1.  An  den  Folgen  eines  Selbstmordversuchs:  Er- 
bängeu  1. 

Mit  Hinzurechnung  der  nicht  in  militärärztlicher  Behandlung  Ver- 
storbenen sind  in  der  Armee  im  Ganzen  noch  30  Todesfälle  vorgekommen, 
davon  1 durch  Krankheiten,  8 durch  Verunglückung,  21  durch  Selbstmord; 
so  dass  die  Armee  im  Ganzen  149  Mann  durch  den  Tod  verloren  hat. 

Nachträglich  pro  April  d.  J.: 

1 Mann  an  Lungenentzündung,  1 Mann  an  Brnstfellentzündnng;  ferner: 

1 Selbstmord  durch  Ertränken. 


Gednickt  io  der  Königlichen  HofbucbUrnckerei  von  E.  S.  Mittler  k Sohn,  ßerlin,  Kochbiruse  6ö — 70. 


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Amtliches  Beiblatt 

zur 

Deutschen  militärärztlichen  Zeitschrift 

1888.  — Siebzehnter  Jahrgang.  — ^11. 


KriegsmiDistciium. 

Medizinal  - Abtbeilnng.  Berlin,  den  26.  Juli  1888. 

Krankenthermometcr. 


Nach  Mittheilung  der  l’hysikalisfh-technischen  Reichsanstalt,  Abtheilung  II, 
vom  25.  Mai  d.  J.  werden  in  den  von  derselben  ausgestellten  Früfungsbescheini- 
gungen  für  ärztliche  Thermometer  die  Prüfungsergebnisse  auf  das  Gasthermometer 
bezogen,  und  es  sind  die  Angaben  des  letzteren  in  Temperaturen  zwischen  20  und 
30  Grad  durchschnittlich  0,1  Grad  niedriger  als  die  Angaben  desjenigen  Normal- 
Thermometers,  welches  bei  den  früher  von  der  Kaiserlichen  Normal- Aichungs- 
Kommission  ausgegebenen  Prüfungsbesoheinigungen  zu  Grunde  gelegen  hat. 

Um  nun  die  für  die  Krankenbehandhing  durchaus  erforderliche  Gleichheit  der 
Thermometerangaben  zn  erzielen  und  um  Schwierigkeiten  bei  der  Neubeschaffung 
von  Krankenthermometern  zu  vermeiden,  wdrd  Folgendes  bestimmt: 

Jede  Korps-Vcrbandmittelreserve  sendet  sogleich  ihr  Normal-Thermometer  der  oben 
bezeichneten  Rcicbsanstalt  ein  zur  Bewirkung  des  Anschlusses  an  das  Gasthermometer 
durch  eine  neue  Vergleichung.  Diese  Vergleichung  erfolgt  gebührenfrei. 

Sobald  das  Nomial-Thcrmometcr  mit  neuem  Fehlerverzeichniss  zurückgelangt 
ist,  prüft  die  Verbandmitteircserve  die  Vergleichs-Thermometer  sämmtlicher  Garnison- 
Lazarethe  und  des  Traindepots  und  stellt  neue  Fehlerverzeiehnisse  ans. 

Demnächst  prüft  jedes  Gamison-Lazareth  und  Traindepot  sämmtliche  ihm 
gehörige  Krankenthermometer  nach  dem  Vergleichs-Thermometer. 

Bei  der  Prüfung  der  Vergleichs-Thermometer  und  der  Krankenthermomefer  ist 
nach  der  Verfügung  vom  28.  8.  83.  No.  1499/6.  M.  M.  A.  zu  verfahren. 

Euer  Hochwohlgeboren  wollen  gefälligst  das  Weitere  den  Lazarethen  etc.  gegen- 
über veranlassen  und  dafür  Sorge  tragen,  dass  s.  Zeit  allen  behandelnden  Militär- 
ärzten von  der  Aeuderung  der  Kraiikenthermometer  Kenntniss  gegeben  wird. 

Dem  Traindepot  gegenüber  wird  die  Königliche  Korps-Intendantur,  welche 
Abschrift  hiervon  erhält,  das  Weitere  veranlassen. 


No.  1377/5.  88.  M.  A. 


I.  V. 

v.  Coler. 


Kriegsministerium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  27.  September  1888. 

Zur  Behebung  vorgekommener  Zweifel  in  Bezug  auf  die  Verrechnung  der  Kosten 
für  bewegliche  Lazareth-Bnraeken  (Döckersche  u.  s.  w.)  wird  der  Königlichen 
Intendantur  Nachstehendes  ergebenst  mitgetheilt. 

Die  Kosten  für  derartige  Baracken,  wie  solche  von  den  Lieferanten  fertig 
geliefert  werden,  sowie  die  Kosten  der  Versendung,  der  Aufstellung  und  der  Unter- 


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90 


haltting  sind  — wenn  nicht  ein  anderer  ausserordentlicher  Fonds  diesseits  besonders 
bestimmt  wird  — ans  dem  Utensiliengelder-Fonds  (Titei  15  Kapitel  29)  lu  bestreiten. 
Dasselbe  gilt  für  die  Fussbüden,  Welche  als  Zeltzubebür  gleichzeitig  von  den  Lieferanten 
mitbeschafft  werden. 

Etwa  entstehende  Kosten  für  Aufhöhung  und  Befestigung  des  Fussbodens,  sowie 
für  eine  ausnahmsweise  Untermauerung,  ferner  die  Kosten  für  die  anf^tellcndcn 
Oefen  und  für  die  Fussbüden,  welche  nicht  mit  den  Baracken  geliefert,  sondern  an 
Ort  und  Stelle  beschafft  werden,  sind  dagegen  auf  den  Baufonds  (Titel  16  Kapitel  29) 
zu  übernehmen. 

Falls  von  Vorstehendem  seither  in  einzelnen  Fällen  etwa  abweichend  verfahren 
sein  sollte,  würde  diesseits  nichts  dagegen  zu  erinnern  sein,  wenn  von  einer  nach- 
träglichen Fonds -Ausgleichung  Abstand  genommen  wird. 

I.  V. 

V.  Coler. 

J.  No.  1044/9.  88.  M.  A. 


Kricgsministeriiim. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  16.  Oktober  1888. 

A.-V.-Bl.  No.  27,  Ko.  230. 


Termin  für  die  Befürderungs-  bz.  Verabschiedungs-Vorschläge  von 
Apothekern  des  Beurlaubtenstandes. 


Befürderungs-  bz.  Verabschiedungs-Vorschläge  von  Apothekern  des  Beurlaubten- 
standee  sind  in  Zukunft  nicht  mehr  monatlich,  sondern  vierteljährlich  der  Medizinal- 
Abthcilung  vorzulcgen. 


I.  V. 

V.  Coler. 


No.  851/10.  88.  M.  A. 


Kriegsministerium. 

Medizinal- Abtheilung.  Berlin,  den  18.  Oktober  1888. 

A.-V.-Bl.  No.  27,  No.  241. 

Gewährung  eines  Entlassungsanzuges  an  Militärkrankenwärter. 

Zur  Behebung  von  Zweifeln  wird  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  für  die 
Gewährung  eines  Entlassungsanziiges  an  Militärkrankcuwärter  die  Bestimmungen 
des  §.  10  der  Bekleidungs-Ordnung  maassgebend  sind. 

I.  V. 

T.  Coler. 

1176/9.  88.  M.  A. 


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91 


Kricgsminitteriiun. 

Aiutelhings-Abtheilong.  Berlin,  den  19.  Oktober  1888. 

A.-V.-B1.  No.  27.  No.  242. 

Wiederbolnng  derMeldungen  der  in  den  BewerberTerzeichniieen  der 
Behörden  snfgefQhrten  Miiitüranwärter. 

Unter  Hinweis  auf  §.  15  der  Ansteiinngsgrundsätze  wird  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dass  zur  Vermeidung  der  Streichung  der  in  den  Bewerberrerzeichnissen 
der  Behörden  aufgefflhrten  Miiit&ranwärtcr  die  Wiederhoiung  der  Meidung  derseiben 
bis  zum  1.  Dezember  d.  J.  bei  der  betreffenden  Behörde  eingeiien  muss. 

Krokisius. 

Ko.  980/10.  88.  C.  3. 


Personal -Veränderungen  im  Sanitäts-Korps. 
Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen. 

Befördert  werden;  Dr.  Niemeier,  Oberstabsarzt  2.  Ki.  und  Regts.-Arzt 
vom  1.  Niederschics.  Inf.-Regt.  No.  46,  zum  Oberstabsarzt  1.  Ki.,  — Dr.  v.  Kranz, 
Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  6.  Bad.  Inf.-Regt.  Kaiser  Friedrich  III. 
No.  114,  zum  Oberstabsarzt  1.  Ki.,  — Dr.  Grethe,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom 
1.  Hannov.  Feld-Art.-Regt.  No.  10,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  Garde-Füs.-Bats. 

1.  Grosshcrzogl.  Hess.  Inf.  (Leibgarde-)  Regts.  No.  115,  — Dr.  Schünfcld,  Assist. 
Arzt  1.  KI.  vom  Kadetteubause  zu  Wahlstatt,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des 

2.  Bats.  Schles.  Füs.-Regts.  No.  38;  — die  Assist.-Aerzte  2.  Kl.:  Dr.  Stern 
vom  Invalidenhause  zu  Berlin,  — Dr.  Johannes  vom  3.  Pomm.  Inf.-Regt.  No.  14, 

— Dr.  Loewe  vom  Schleswig.  Feld-Art.-Regt.  No.  9,  — Dr.  Orassmann  vom 
Regt,  der  Gurdes  du  Corps,  — Dr.  Wilberg  vom  1.  Hess.  Inf.-Regt.  No.  81,  — 
Dr.  Hoenow  vom  Kadettenhause  zu  Potsdam,  — Dr.  Parthey  in  der  etatsmäss. 
Stelle  bei  dem  Gen.-  und  Korpsarzt  des  X.  Armee-Korps,  — Dr.  Scbola  vom 
1.  Schics.  Greu.-Regt.  No.  10,  — M üuek  vom  Westfal.  Train-Bat.  No.  7,  — 
Dr.  Gerlach  vom  1.  Grossherzogi.  Hess.  Inf.  (Leibgarde-)  Regt.  No.  115,  — 
Dr.  Dunbar  vom  1.  Pomm.  Feld-Art.-Regt.  No.  2,  — Dr.  Rotbamel  vom 
Westfäl.  Ulan. -Regt.  No.  5,  — Dr.  Uppen kamp  vom  1.  Westfäl.  Hus.-Regt. 
No.  8,  — Dr.  Thiele  vom  2.  Rhein.  Hus.-Regt.  No.  9,  — Dr.  Nenmanu  vom 
Westfil.  Füs.-Regt.  No.  37,  — Dr.  Nickel  vom  2.  Ostpreuss.  Gren.-Regt.  No.  3, 

— Steuber  vom  Magdeburg.  Train-Bat.  No.  4,  — Dr.  Fcstenberg  vom 
1.  Nassau.  Inf.-Regt.  No.  87,  — Schmidt  vom  3.  Thüring.  Inf.-Regt.  No.  71,  — 
Roebr  vom  8.  Pomm.  Inf.-Regt.  No.  61,  — Dr.  Reiubrecht  vom  Brandenburg. 
Hus.-Regt.  (Zietensehe  Husaren)  No.  3,  — Dr.  Paeprer  vom  Thüring.  Hns.-Regt, 
No.  12,  — Kloidt  vom  Hobenzollern.  Füs.-Regt.  No.  40,  — Dr.  Wassmund  in 
der  etatsmäss.  Stelle  bei  dem  Gen.-  und  Korpsarzt  des  lU.  Armee-Korps,  — 
Baebr  vom  4.  Posen.  Inf.-Regt.  No.  59,  — zu  Assist-Aerzten  1.  Kl.;  — 
Dr.  Rüge,  Marine-Assist.-Arzt  2.  KI.  von  der  2.  Matrosendiv.,  zum  Marino-Assist.- 
Arzt  1.  Kl.;  — die  Unterärzte:  Dr.  Buschow  vom  Colberg.  Gren.-Regt. 
(2.  Pomm.)  No.  9,  — Dr.  Ziemann  vom  5.  Pomm.  Inf.-Regt.  No.  42,  — 
Dr.  Münzer  vom  Brandenburg.  Füs.-Regt.  No.  35,  dieser  unter  Versetzung  zum 
Westpreuss.  Kür.-Regt.  No  5,  — Dr.  Cbristoffers  vom  Scbles.  Feld-Art.-Regt. 
No.  6,  unter  Versetzung  zum  2.  Brandenburg.  Ulan.-Regt.  No.  11,  — Dr.  Reischauer 
vom  6.  Westfäl.  Inf.-Regt.  No.  55,  — Dr.  Ksselbrügge  vom  Niederrhein.  FQa.- 
Regt.  No.  39,  — Dr.  Lorentz  vom  Hus.-Regt.  Kaiser  Franz  Joseph  von  Oester- 


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92 


reich  K6nig  von  Ungarn  (Schleswig-Holstein.)  No.  16,  — Dr.  Heuduclt  TOm 
2.  HannoY.  Feld-Art.-Kegt.  No.  26,  dieser  unter  Versetzung  zum  3.  Bad.  Inf. -Regt. 
No.  111,  — Kublmey  vom  Nassau.  Feld-Art.-Kegt.  No.  27,  — zu  Assisl.- 
Aerzten  2.  Kl.;  — I>r.  Meyer,  Marine-Unterarzt  von  der  1.  Matrosendiv.,  zum 
Marine-Assist-Arzt  2.  Kl.;  — die  Unterärzte  der  Kcs.:  Dr.  Foschmann  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Bartenstein,  — Dr.  Aronson  vom  Landw.-Regts.-Bez.  L Berlin, 

— Dr.  Schmidt  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Schlawc,  — Dr.  Besser  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Wohlau,  — Kann  vom  I-andw. - Regts. - Bez.  I.  Breslau,  — Stein  von 
demselben  Landw.-Regts.-Bez.,  — Sennwitz  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Schweidnitz, 

— Dr.  Staats  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bremen,  — Dr.  Starck  vom  Landw.-Regts.- 
Bez.  Cöln,  — Dr.  Kbcrmaier  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bonn,  — Dr.  Ricken  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Grafrath,  — Dr.  Peeck  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Altona,  — 
Jacobsen  von  demselben  Landw.-Bats.-Bez.,  — Dr.  Bayer  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Hannover,  — Lieben'ow  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Marburg,  — Dr.  Wittich  von 
demselben  Landw.-Bats.-Bez.,  — Dr.  Fuchs  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bruchsal,  — 
zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  der  Res.  — Dr.  Richter,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und 
Regts.-Arzt  vom  3.  Magdeburg.  Inf.-Regt.  No.  66,  beauftragt  mit  Wahrnehmung 
der  divisionsürztl.  Funktionen  bei  der  7.  Division,  — Dr.  .Spicring,  Thalen, 
Dr.  Lange,  Dr.  Krdmann,  Marinc-Ass  ist.- Aerzte  1.  Kl.,  — ein  Patent 
ihrer  Charge  verliehen.  — Dr.  Rath,  Unterarzt  der  Res.  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Hannover,  im  aktiven  Sanitätskorps,  und  zwar  unter  Beförderung  zum  Assist.- 
Arzt  2.  Kl.  bei  dem  Hannor.  Füs.-Regt.  No.  73,  angestellt.  — Dr.  Weichei, 
Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  2.  Grosslierzogl.  Hess.  Drag.-Rcgt.  (Leib- 
Drag.-Regt.)  No.  24,  mit  Wabrnebmung  der  divisionsürztl.  Funktionen  bei  der 
Grossberzogl.  Hess.  (25.)  Div.,  — Dr.  Neubaur,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.- 
Arzt  vom  2.  Brandenburg.  Drag.-Regt.  No.  12,  mit  Wahrnehmung  der  divisiousärztl. 
Funktionen  bei  der  5.  Div.,  — beauftragt.  — Dr.  Roland,  Generalarzt  2.  Kl. 
und  Regts.-Arzt  vom  Leib -Gren. -Regt.  (1.  Brandenburg.)  No.  8,  unter  Kntbindung 
von  den  divisionsürztl.  Funktionen  bei  der  5.  Div,  und  gleichzeitiger  Beauftragung 
mit  Wahrnehmung  der  divisionsürztl.  Funktionen  bei  der  lU.  Div.,  als  Gam.-Atzt 
nach  Posen  versetzL  — Dr.  Schoenleben,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt 
vom  Posen.  Feld -Art. -Regt.  No.  20,  zum  2.  Leib -Hus.- Regt.  Kaiserin  No.  2,  — 
Dr.  Maedcr,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Gam.-Arzt  in  Posen,  als  Regts.-Arzt  zum 
Posen.  Feld-Art.-Kegt.  No.  20,  — Dr.  Rabenau,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.- 
Arzt  vom  2.  Grossberzogl.  Mecklenburg.  Drag.-Rcgt.  No.  18,  zum  1.  Grossberzogl. 
Hess.  Drag.-Regt.  (Garde-Drag.-Regt.)  No.  23,  — Dr.  Voigt,  Oberstabsarzt  1.  KI. 
und  Regts.-Arzt  vom  Pomm.  Drag.-Regt.  No.  11,  unter  Belassung  in  dem  Ver- 
hällniss  als  mit  Wahrnehmung  der  divisionsürztl.  Funktionen  bei  der  4.  Dir. 
beauftragt,  zum  Ncumärk.  Drag.-Regt.  No  3,  — Dr.  Stabbert,  Oberstabsarzt 
2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  Ncumärk.  Drag.-Regt.  No.  3,  zum  Pomm.  Drag.-Regt. 
No.  11,  — Dr.  Wcstphal,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  2.  Bat.  des  Inf.-Regts. 
No.  136,  zum  medizinisch-chirurgischen  Friedrich-Wilhelms-Institut,  — Dr.  Lodder-. 
staedt,  Stabsarzt  vom  medizinisch -chirurgischen  Friedrich-Wilhelms-Institut,  als 
Bats.-Arzt  zum  2.  Bat.  des  Hohenzollem.  Füs.-Regts.  No.  40,  — Dr.  Goerne, 
Stabs-  und  •'Bats.-Arzt  vom  2.  Bat.  des  Inf.-Regts.  No.  137,  zum  medizinisch- 
chirurgischen  Friedrich-Wilhelms-Institut,  — Dr.  Schumburg,  Assist.-Arzt  1.  Kl. 
vom  1.  Bad.  Lcib-Gren.-Rcgt.  No.  100,  mit  dem  1.  Oktober  er.  zur  Unterofl'.  V'or- 
schnle  in  Neu-Breisach,  — Dr.  Haase,  A.ssist.-Arzt  1.  Kl.  vom  3.  Bad.  Inf.-Regt. 
No.  111,  zum  3.  Bad.  Drag.-Regt.  Prinz  Karl  No.  22,  — Dr.  Gossner,  Assist.- 
Arzt  2.  Kl.  vom  3.  Bad.  Drag.-Regt.  Prinz  Karl  No.  22,  zum  2.  Bad.  Feld-Art.- 
Kegt.  No.  30,  — Dr.  F clmy,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  vom  2.  Bad.  Feld-Art.-Regt.  No.  30, 
zum  Kadettenhause  in  Beusberg,  — Dr.  Schuster,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  vom  Posen. 
Feld-Art.-Regt.  No.  20,  zum  Kadettenhause  in  Wahlstatt,  — Dr.  Altgcit,  Assist.- 
Arzt  2.  Kl.  vom  2.  Hannov.  Inf.-Regt.  No.  77,  zum  1.  Garde- Regt,  zu  Fuss,  — 
Dr.  Vollbrecht,  Assist.-Arzt.  2.  Kl.  vom  1.  Grossherzogi.  Mecklenburg.  Drag.- 
Rcgt.  No.  17,  zum  Hannov.  Hus.-Regt.  No.  15,  — Dr.  Bartel,  Assist.-Arzt  2.  Kl. 
vom  1.  Bad.  Feld-Art.-Kegt.  No.  14,  zum  1.  Bad.  Leib -Gren. -Regt.  No.  109,  — 
Kimmle,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  vom  Inf.-Regt.  No.  137,  zum  Feld-Art.-Regt.  No.  15, 


Diyiiizöu  uy 


93 


— versetzt.  — Dr.  Müller,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  2.  Leib- 
Hns.-Regt.  Kaiserin  No.  2 und  beauftragt  mit  Wahrnehmung  der  divisionsärztl. 
Funktionen  bei  der  10.  Dir.,  als  Gcn.-Arzt  2.  KI.  mit  Pension  und  seiner  bisherigen 
Uniform,  — Dr.  Nieter,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Gam.-Arzt  in  Neisse,  mit 
Pension  und  seiner  bisherigen  Uniform,  — Dr.  Karpinski,  Oberstabsarzt  1.  Kl. 
und  Regts.-Arzt  vom  3.  Garde-Gren.-Regt.  Königin  Elisabeth,  mit  Pension  und 
seiner  bisherigen  Uniform,  — Dr.  Schmidt,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Eisenbahn- 
Regt.,  mit  Pension,  — Dr.  Daniel  ewicz,  A8sist.-Arzt  1.  Kl.  der  Res.  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Samter,  — der  Abschied  bewilligt.  — Dr.  Doepner,  Stabs-  und 
Rats. -Arzt  vom  2.  Bat.  Schles.  Füs. -Regts.  No.  38,  als  balbinvalidc  mit  Pension 
ans  dem  aktiven  Sanitätskorps  ausgeschieden  und  zu  den  Sanitätsoffizieren  der 
Uandw.  2.  Aufgebots  fibergetreten.  — Dr.  Jacobi,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  vom  Lcib- 
Kür.-Regt.  (Schles.)  No.  1,  aus  dem  aktiven  Sanitätskorps  ausgesebieden  und  unter 
BeiÖrdening  zum  Assist-Arzt  1.  Kl.,  zu  den  Sanitätsoffizieren  der  Res.  übergetreten. 

Potsdam,  den  24.  September  1888. 

Pistoja,  den  11.  Oktober  1888. 

Dr.  Levinstein,  Assist.-Arzt  2.  KI.  von  der  Landw.  1.  Aufgebots  des  Landw.- 
Bats.-Bez.  Weimar,  aus  allen  Militärrerhältnissen  entlassen. 


Nachweisnng  der  beim  Sanitäts-Korps  sonst  eingetrelenen 
Veränderungen. 

Durch  Verfügung  des  Generalstabsarztes  der  Armee. 

Den  1.  August  1888. 

Dr.  Eble,  einjährig- freiwilliger  Arzt  vom  1.  Rhein.  Inf.-Regt.  No.  25  zum 
Unterarzt  ernannt  und  mit  Wahrnehmung  einer  bei  diesem  Regt,  vakanten  Assist.- 
Ärzt-Stelle  beauftragt. 

Den  3.  August  1888. 

Die  nachstehend  aufgeffihrten  bisherigen  Studirenden  der  militärärztlichen 
Bildungsanstalten  werden  vom  G.  August  d.  J.  ab  zu  Unterärzten  ernannt  und  bei 
den  genannten  Trnppcntheilen  augestellt,  und  zwar: 

Dr.  Drcnkhahn  beim  Holstein.  Inf.-Regt.  No.  85,  — Dr.  Huber  beim  Inf.- 
Regt.  No  132,  — Dr.  Bussenius  heim  1.  Hannov.  Inf.-Regt.  No.  74,  Dr.  Diehl 
beim  2.  Bad.  Gren.-Hegt.  Kaiser  Wilhelm  I.  No.  110,  — Dr.  Müller  I.  beim 
3.  Niedersehles.  Inf.-Regt.  No.  50,  — Müller  II.  beim  1.  Posen.  Inf.-Regt.  No-  18, 

— Oertcl  beim  3.  Thüring.  Inf.-Regt.;  No.  71,  — Dr.  H ammerschmidt  beim 
Grcn.-Regt.  König  Friedrich  111.  (1.  Ostpreuss.)  No.  1,  — Dr.  Aschenbach  beim 
7.  Thüring.  Inf.-Regt.  No.  96,  — v.  Förster  beim  4.  Ostpreuss.  Gren.-Rcgt.  No.  5, 

— Dr.  Knoch  beim  2.  Westfäl.  Feld- Art. -Regt.  No.  22,  — Hcllmann  beim  Inf.- 
Regt.  No.  129,  — Behrendsen  beim  Grcn.-Regt.  Prinz  Carl  von  Preussen 
(2.  Brandenburg.)  No.  12. 

Den  7.  September  1888. 

Dr.  Leipolz,  Unterarzt  vom  5.  Bad.  Inf.-Regt.  No.  113,  mit  Wahrnehmung 
der  bei  diesem  Truppentheil  vakanten  Assistenzarztstelle  beauftragt.  — Reich, 
einjährig -freiwilliger  Arzt  von  der  2.  Matrosen-Div.,  zum  Unterarzt  ernannt  und 
mit  Wahrnehmung  einer  bei  derselben  vakanten  Assistcnzarztstelle  beauftragt. 


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94 


Den  13.  September  1888. 

Dr.  Stoldt,  einjährig  - freiwilliger  Ant  vom  3.  Garde-Regt.  m Fnaa  unter 
gleicbzcitiger  Versetzung  zum  Inf.-Regt.  No.  137  zum  Unterarzt  ernannt  und  mit 
Wahrnehmung  einer  bei  diesem  Regiment  vakanten  Assistenzarxtstelle  beanftragt. 


(Chef  d.  Adm.  v.  7.  9.  88.) 

Ffir  S.  M.  S.  ,St08ch*:  Dr.  Globig,  Oberstabsarzt  2.  Kl.;  Nnszkowski, 
Aaaist.-Arzt  2.  Kl.,  — fOr  S.  M.  8.  , Charlotte*;  Dr.  Brunhoff,  Stabsarzt; 
Dr.  Kromkau,  AssisL-Arzt  2.  Kl.,  — fürS.  M.  S.  .Gneisenau*:  Dr.  Dreising, 
Stabaarst;  Dr.  Erdmann,  Assist.-Arzt  1.  Kl.,  — für  S.  M.  S.  .Moltka*: 
Dr.  Dippe,  Stabsarzt;  Dr.  Griebecb,  Assist.-Arzt  2.  Kl.,  — für  S-  M.  Kreuzer 
.Habicht*:  Dr.  Dirksen  U.,  As8ist..Arzt  1.  Kl.,  — für  S.  M.  Kbt  .Hyäne*: 
Bischof,  Assist-Arzt  1.  Kl.,  — an  Bord  kommandirt 

(Chef  d.  Adm.  v.  18.  9.  88.) 

Sander  I.,  Stabsarzt,  als  Oberarzt  zur  I.  Werftdivision  kommandirt 


Veränderungen  im  Königlich  Bayerischen  Sanitäts-Korps. 

Den  G.  September  1888. 

Dr.  Ekl,  Ober-Stabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  1.  Cbev.-Regts.  Kaiser 
Alexander  von  Russland  und  beauftragt  mit  Wahrnehmung  der  Funktion  als 
Divisionsarzt  der  3.  Div.,  unter  Verleihung  des  Charakters  als  Generalarzt  2.  Kl. 
mit  Pension  und  mit  der  Erlaubniss  zum  Tragen  der  Uniform  der  Abschied  bewilligt. 

Den  14.  September  1888. 

Dr.  Ullmann,  Ober -Stabsarzt  1.  Kl.  und  Garn.-Arzt  bei  der  Kommandantur 
Nürnberg,  unter  Verleihung  des  Charakters  als  Generalarzt  2.  Kl.,  mit  Pension  und 
mit  der  Erlaubniss  zum  Tragen  der  Uniform  der  Abschied  bewilligt  — Dr.  Scheiding 
(Hof),  Assist-Arzt  2,  Kl.  von  der  Imndw.  1.  Aufgebots  zur  Res.  des  Saniiätskorpa 
versetzt 

Den  IG.  September  1888. 

Kellermann  im  9.  Inf.-Regt.  Wrede,  — Nagel  im  13.  Inf.-Regt  Kaiser 
Franz  Joseph  von  Oesterreich,  — B ischo  ff  im  18.  Inf.-Regt  Prinz  Ludwig  Ferdinand, 
— Stammler  vom  2.  Chev.-Regt  Taxis,  im  2.  Feld-Art.-Regt.  Horn,  Unterärzte,  — 
zu  Assist-Aerzten  2.  Kl.  befördert 

Den  7.  Oktober  1888. 

Dr.  Freymadl  (I.  München),  Assist-Arzt  2.  Kl.  der  Res.,  behufs  Uebertritts  in 
das  Sauitätskorps  der  Kaiserlichen  Marine,  der  Abschied  bewilligt 


Durch  Verfügung  des  Kriegsministeriums. 

Held,  einjährig-freiwilliger  Arzt,  zum  Unterarzt  im  11.  Inf.-Regt  von  der 
Tann  ernannt  und  mit  Wahrnehmung  einer  vakanten  Assist-Arzt-Stelle  beauftragt. 
— Korbachcr,  einjährig-freiwilliger  Arzt  des  2.  Inf.-Regts.  Kronprinz,  zum  Unter- 
arzt im  2.  Chev.-Regt.  Taxis  ernannt  und  mit  Wahrnehmung  einer  vakanten  Assist- 
Arztstelle  beauftragt 


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95 


Veränderungen  im  Königlich  Sächsischen  Sanitäts-Korps. 


Durch  VerfSgung  des  Kriegs-Ministeriums 
TOB  12.  September  1888. 

Dr.  Kampf,  Stabsarzt  des  7.  Inf.-Regts.  Prinz  Georg  No.  106,  — Dr.  Meyer, 
Assist.-Arzt  1.  Kl.  des  .3.  Inf.-Regts.  No.  102  Prinz-Regent  Luitpold  von  Bayern,  von 
ihren  Kommandos  zur  Universität  Leipzig  bezw,  zum  Stadtkrankenhause  in  Kriedrich- 
stadt-Dresden  unter  dem  30.  September  d.  J.  abgelSst.  — Dr.  Kockel,  Asslst.- 
Am  1.  Kl.  des  10.  Inf.-Regts.  No  134  zum  Stadtkrankenhause  in  Friedrichstadt- 
Dreaden  vom  1.  Oktober  d.  J.  ab  kommandirt. 


Den  16.  September  1888. 

Dr.  Fichtner,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  des  2.  Feld-Art.-Regts.  No.  28,  zum  2.  Hus.- 
Regt.  No.  19  (Garn.  Lausigk),  unter  gleichzeitiger  Entbindung  von  dem  Kommando 
zur  Universität  Leipzig,  — Dr.  Trenkicr,  Assist.-Arzt  l.Kl.  des  Fuss-Art.-Regt.  No.  12, 
zum  9.Inf.-Regt.  No.  133,  — Dr.  Schmidt,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  des  2.Hus.-Regts.  No.  19, 
zum  2.  Feld-Art.-Regt.  No.  28,  unter  gleichzeitiger  Befehligung  zur  Universität 
Leipzig,  — versetzt.  — Dr.  Siems,  Assist.  - Arzt  2.  Kl.  des  8.  Inf.-Regts. 
Prinz  Johann  Georg  No.  107,  zum  Assist.-Arzt  1.  Kl.  befördert.  — Die 
Assist.  - Aerzte  2.  Kl.  der  Res.;  Dr.  Stephan  des  Landw.-Bats.-Bezirks 
Pirna,  Schwarzer,  Seyffert,  Monse  des  I.Andw.  - Bats.  - Bezirks  Zittau,  — 
Dr.  Stiehlor,  Arens  des  Landw.-Bats.-Bezirks  Bautzen,  — Dr.  Schulze  des 
Landw.-Bats.-Bezirks  II.  Dresden,  — Dr.  Keil  des  Landw.-Bats.-Bezirks  Plauen, 

— Dr.  Edelmann,  Dr.  Leonhardt,  Dr.  Timpe  des  Landw.-Bats.-Bezirks  Schnee- 
berg, — Dr.  Mackenthun,  Dr.  Resch,  Dr.  Beneke,  Dr.  Feldmann,  Dr.  Flathc, 
Dr.  Hofmann,  Dr.  Spalteholz,  Dr.  Nicolai,  Dr.  Bloos,  Woerner,  Dr.  Geier, 
Dr.  Manteuffel,  Dr.  Fischer,  Dr.  Obermann,  v.  Gostkowski,  Lindner 
des  Landw.-Bats.-Bezirks  I.  Leipzig,  — Dr.  Herkner,  Dr.  Döring  des  Landw.- 
Bats.-Bezirks  Borna,  — Dr.  Schwarzbach  des  Landw.-Bats.-Bezirks  Wurzen,  — 
Dr.Schmidt,  Roch  des  Landw.-Bats.-Bezirks  Annaberg,  — Dr.  Feucht,  Dr.  Hauffe, 
Dr.  Strcubel,  Dr.  Dürr  des  Laudw.-Bats.-Bezirks  Chemnitz,  — Dr.  Schiller  des 
Landw.-Bats.-Bezirks  Dübeln,  — Dr.  Qnenzel  des  Landw.-Bats.-Bezirks  Meissen, 

— Dr.  Klopflcisch  des  Landw.-Bats.-Bezirks  I.  Dresden,  — zu  A88ist.-Aerzten 

I.  Klasse  der  Reserve  befördert.  — Die  Assistenz  - Aerzte  2.  Klasse 
der  Landwehr  1.  Aufgebots:  Dr.  Petzholdt  des  Landwehr-Bataillons-Bezirks 

II.  Dresden,  — Dr.  Glöckner,  Dr.  Weber  des  Landwehr-Bataillons-Bezirks 
I.  Leipzig,  — Dr.  Riedel  des  Landw.-Bats.-Bezirks  Borna,  — Dr.  Rauprich  des 
Landw.-Bats.-Bezirks  Wurzen,  — Dr.  Praeger  des  Landw.-Bats.-Bezirks  Chemnitz, 

— Dr.  Koerner  des  Landw.-Bats.-Bezirks  I.  Dresden,  — zu  Assist.-Aerzten 

1.  Kl.  der  Landw,  1.  Aufgebots  befördert.  — Kretzschmar,  Assist.-Arzt 

2.  Kl.  des  Garde-Reiter-Regts.,  zum  7.  Inf.-Regt.  Prinz  Georg  No.  106,  unter 
gleichzeitiger  Befehligung  zur  Universität  Leipzig,  — Günther,  Assist.  - Arzt 
2.  KI.  des  2.  Gren.-Regts.  No.  101  Kaiser  Wilhelm  König  von  Preussen, 
zum  Garde -Reiter -Regt.,  — Dr.  Wagner,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  des  9.  Inf.-Regts. 
No.  133,  zum  Fuss-Art.-Regt.  No.  12,  — versetzt.  — Körner,  Unterarzt  des 
7.  Inf.-Regts.  Prinz  Georg  No.  106,  zum  Assist.-Arzt  2.  Kl.  bei  dem  4.  Inf.-Regt. 
No.  103,  — Müller,  Unterarzt  des  2.  Feld-Art.-Regts.  No.  28,  zum  Assist.-Arzt 
2.  Kl.  bei  dem  1.  Hus.-Regt.  No.  18,  — Dr.  Kobitzsch,  Unterarzt  der  Landw. 
1.  Aufgebots  des  Landw.-Bats.-Bezirks  Chemnitz,  zum  Assist.-Arzt  2.  KL  der  Landw, 
1.  Aufgebots,  — befördert. 


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96 


Allerhöchster  Beschluss  vom  17.  Oktober  1888, 

Krctzschmar,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  des  7.  Inf.-Regts.  .Prinz  Georg*  No.  106, 
— Dr.  BOhringer,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  des  6.  Inf.-Regts.  No.  105,  — Dr.  Sommerey, 
Assist-'Arzt  2.  Kl.  des  4.  Inf.-Regts.  No.  103,  — zu  Assist.- Acrztcn  1.  Kl.;  — 
Dr.  Knauf,  Dr.  Risse,  Assist.-Aerzte  2.  Kl.  der  Res.  des  Landw.-Bats.-Bez. 
Planen,  — Dr.  Einer t,  Assist.-Arzt  2.  KI.  der  Res.  des  Landw.-Bats.-Bez. 
I.  Dresden,  — zu  Assist-Aerztcn  1.  Kl.  der  Res.  befördert.  — 
Dr.  Schlesier,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  4.  Inf.-Regts.  No.  103, 
in  Genehmigung  seines  Abschiedsgesuches  unter  Gewährung  der  gesetzlichen 
Pension  und  mit  der  Erlaubniss  zum  Forttragen  der  bisherigen  Uniform  mit  den 
vorgesehriebenen  Abzeichon,  sowie  unter  gleichzeitiger  V'erlcihung  des  Ritterkreuzes 
1.  Kl.  des  Verdienstordens  zur  Disposition  gestellt.  — Dr.  Gelbke,  Stabsarzt  der 
Landw.  1.  Aufgebots,  — Dr,  Pässler,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Res.  des  Landw.- 
Bats.-Bez.  Borna,  aus  Allerhöchsten  Kriegsdiensten  verabschiedet. 


Veränderungen  im  Königlich  Württembergischen  Sanitäts-Korps. 

Den  11.  September  1888. 

Käfer,  Unterarzt  der  Ree.  im  Landw. -Bats.- Bezirk  Hall,  — Dr.  Oppel, 
Unterarzt  der  Res.  im  Landw. -Bats. -Bezirk  Stuttgart,  — zu  Assist.  - Aerzten 
2.  Kl.  der  Res.  befördert. 


Den  8.  Oktober  1888. 

Dr.  Wendel,  Unterarzt  im  4.  Inf.-Regt.  No.  122,  zum  Assist--Arzt  2.  Kl. 
ernannt.  — Dr.  Gärtner,  Dr.  CIcss,  Assist.-Aerzte  2.  Kl.  der  Res.  im  Landw.- 
Bats.-Bez.  Stuttgart,  — Dr.  Volz,  Assist,- Arzt  2.  Kl.  der  Res.  im  Landw.-Bats.- 
Bez.  Ulm,  — zu  Assist.-Aerzten  1.  Kl.  der  Res.,  — Dr.  Scheurlen,  Assist.- 
Arzt  2.  Kl.  ä la  suite  des  Sanitätskorps,  zum  Assist.-Arzt  1.  Kl.,  — befördert 
— Dr.  Wiedenmann,  Stabsarzt  der  Landw.  2.  Aufgebots  im  Landw.-Bats.-Bez. 
Gmünd,  in  die  Landw.  1.  Aufgebots  zurückversetzt 


Ordensverleihungen. 

Preussischc: 

Rother  Adler-Orden  dritter  Klasse  mit  der  Schleife: 

Dr.  Weydener,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  Brandenb.  Kür.-Regt. 
(Kaiser  Nicolaus  I.  von  Russland)  No.  6,  beauftragt  mit  Wahrnehmung  der 
divisionsärztlicben  Funktionen  bei  der  6.  Div. 

Rother  Adler-Orden  vierter  Klasse: 

Dr.  Assmann,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  4.  Garde-Regts.  zu  Fuss. 
— Dr.  Lentz,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  1.  Brandenburg. 
Drag.-Regts.  No.  2,  — Dr.  Richter,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt 
. des  Brandenb.  Füs.-Regts.  No.  35,  — Dr.  Jaroseh,  Oberstabsarzt  2.  Kl. 

. und  Regts.-Arzt  des  2.  Brandenb.  Ulan.-Regts.  No.  11,  — Dr.  Hering,  Slabs- 

und  Bats.-Arzt  vom  Gren.-Regt.  Prinz  Carl  von  Preussen  (2.  Brandenburg.) 
No.  12,  — Sander  I.,  Stabsarzt  und  Geschw.-Arzt. 


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97 


Königliclier  Kronen-0  rdcn  dritter  Klasse: 

Ober-Stabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  Dr.  Rotbe  des  Mceklenburg.  Fils.-Regts. 
No.  90.  — Dr.  Horn,  Oberstabsarzt  1.  KI.  und  Regts.-Arzt  des  1.  Garde- 
Drag.-Regts. 

Königlicher  Kronen-Orde'n  vierter  Klasse: 

Sehaller,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  a.  D.,  zu  Olvenstedt  im  Kreise  Wolmirstedt. 

Das  Kreuz  der  Ritter  des  Königlichen  Haus-Ordens  von  Hohenzollern: 

Dr.  Krautwurst,  Generalarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  Garde-Fils.-Regt., 
beauftragt  mit  Wahrnehmung  der  divisionsärztlicheii  Funktionen  bei  der 
1.  Garde-Inf.-Div. 


Andere: 

Ritterkreuz  des  Ordens  der  Württembergiselien  Krone: 

Dr.  Burk,  Ober-Stabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  1.  Feld-.Art.-Regts.  No.  13. 

Verdienst-Orden  vom  heiligen  Michael  zweiter  Klasse: 

General-Stabsarzt  der  Armee  Dr.  Ritter  v.  Lotzbeck. 

Ritterkreuz  zweiter  Klasse  mit  Eichenlaub  des  Grossherzoglich 
Badischen  Ordens  vom  Zähringer  Löwen: 

Dr.  Gloxin,  Stabsarzt  a.  D.  zu  Berlin. 

Ritterkreuz  erster  Klasse  des  Grossherzoglich  Hessischen  Verdienst- 
Ordens  Philipp  des  G rossmöthigen: 

Dr.  Martin,  Stabsarzt  vom  1.  Inf.-  (Leibgarde-)  Regt,  No.  115.  — Dr.  Thörner, 
Stabsarzt  und  Schifisarzt  S.  M.  Yacht  »Hohenzollern“. 

Comtburkreuz  mit  Stern  des  Grossherzoglich  Sächsischen  Ordens  der 
Wachsamkeit  oder  vom  weissen  Falken: 

Generalarzt  I.  Kl.  Dr.  v.  Bergmann,  a la  suite  des  Sanitätskorps. 

Kaiserlich  Russischer  St.  Stanislaus-Orden  zweiter  Klasse  mit  dem 
Stern,  Comthurkreuz  erster  Klasse  des  Königlich  Schwedischen 
Wasa-Ordens,  Comtburkreuz  erster  Klasse  des  Königlich  Dänischen 
Danebrog-Ordens: 

Dr.  Leuthold,  Leibarzt  Sr.  Majestät  des  Kaisers,  Generalarzt  2.  Kl.  und  Regts.- 
Arzt  des  Garde-Kür.-Regts. 

Kaiserlich  Russischer  St.  Stanislaus-Orden  zweiter  Klasse: 

Dr.  Thörner,  Stabsarzt  und  Schifisarzt  S.  M.  Yacht  »Hohenzollern*. 


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98 


Familien -Nachrichten. 

Verlobungen:  Dr.  Prüfer,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Res.,  mit  Frl.  .\nna  Grobe 
(Oberfrolina). 

Verbindungen:  Dr.  Paul  Seifert,  Assist. -Arzt  1.  Kl.  der  Re».,  mit  Frl.  Marie 
Hübler  (Dresden).  — Dr.  Schwcndlcr,  Assist. -Arzt  1.  Kl.  der  Res.,  mit 
Frl.  Anna  Simniig  (Loschwitz).  — Dr.  v.  Mangoldt,  Assist.-Arzt  1.  KI.  der 
Res.,  mit  Frl.  Anna  Lampe  (Leipzig).  — Dr.  Winkler,  As.«ist.-Arzt  1.  Kl.  der 
Landw.,  mit  Frl.  Charlotte  Katliariiie  Menrer  (Dresden).  — Dr.  Rabenhorst, 
Stabs-  nnd  Rats. -Arzt  des  3.  Rats.  3.  Inf.-Regis.  No.  102  «Prinz  Regent  Luitpold 
von  Rayem“,  mit  Frl.  Margarethe  ROttiuher  (Dresden). 

Geburten:  (Sohn)  Dr.  Dütsehke,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  im  2.  Hannover,  l’lanen- 
Regt.  No.  14  (Falkenberg  i.  Lothr.).  — Dr.  Landgraf,  Stabsarzt  am  mediziniseh- 
chirurgischen  Friedrieh-Wilhelms- Institut  (Rerlin).  — Dr.  Koehlau,  .Stabsarzt 
(Dielefeld).  — Dr.  Schucliardt,  Stabs-  und  Rats. -Arzt  im  Inf.-Regt.  No.  98  (Metz). 
— (Tochter)  Dr.  Hahn,  Ober -Stabsarzt  I.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  Kaiser 
Alexander  Garde-Gren.-Regts.  No.  1 (Rerlin).  — Dr.  Körner,  .Stabs-  und  Rais.- 
Arzt  des  1.  Jäger-Rats.  No.  12.  — Dr.  Recker,  Stabs-  und  Abtheil.- Arzt  der 
3.  Abtheil.  2.  Feld-Art.  Regts.  No.  28  (Pirna).  — Dr.  Haase,  Stabs-  und  Rats.- 
Arzt  im  8.  Inf.-Regt.  «Prinz  Johann  Georg“  No.  107  (I.#ipzig). 

Todesfälle:  Dr.  Hedinger,  Generalarzt,  Sohn  Richard  (Rerlin).  — Dr.  Hermann 
Pohlenz,  Sanitätsratli,  Ober-Stabsarzt  a.  D.  (Cottbus).  — Dr.  Wilhelm  Dietrich, 
Künigl.  Dayer.  Assi8t.-Arzt  1.  Kl.  (Malag,-!).  — Dr.  Schieck,  Assist.-Arzt  1.  Kl. 
der  Landw.  1.  Aufgebots  (auf  einer  Reise  in  Tyrol). 


Geo  eral-Rapport 

von  den  Kranken  der  Königlich  Preussischen  Armee,  des  XII.  (Königlich 
Sächsiscbcu)  und  des  XIII.  (Königlich  Württemhergischen)  Armee-Korps, 
sowie  der  dem  XV.  Armee-Korps  attachirten  Königlich  Bayerischen 
Besatzungs-Brigade  pro  Monat  Juni  1888. 

1)  Bestand  am  31.  Mai  1888:  11  558  Mann  und  22  Invaliden. 

2)  Zugang: 

im  Lazareth  1(3  284  Mann  und  2 Invaliden, 
itn  .Revier  17  772  - - 10 

Sumina  28  05G  Mann  und  12  Invaliden. 
Mithin  Summa  des  Bestandes  und  Zuganges  39G14  Mann  und  34  Invaliden, 
in  Prozenten  der  Effektivstärke  8,7«/<,  und  16,7®/o. 


3)  Abgang: 

geheilt  .... 

. 27  235 

Mann, 

8 Invaliden, 

gestorben  . . . 

87 

- 

1 

invalide  .... 

216 

- 

— 

dienstunhrauchbar 

.314 

- 

— 

anderweitig.  . . 

592 

- 

3 

Summa  . 

. 28  444  Mann, 

12  Invaliden. 

4)  Hiernach  sind: 

geheilt  68,8<’/o  der  Kranken  der  Armee  und  23,5%  der  erkrankten 
Invaliden, 

gestorben  0,22%  der  Kranken  der  Armee  und  2,9  % der  erkrankten 
Invaliden. 


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99 


5)  Mithin  Bestand; 

am  30.  Juni  1888  11  170  Mann  und  22  Invaliden, 

in  Prozenten  der  Effektivstärke  2,5%  und  10,8%. 

Von  diesem  Krankenstände  befanden  sich: 

im  Lazareth  7 745  Mann  und  3 Invaliden, 
im  Revier  3 4’J6  • - 19 

Es  sind  also  von  455  Kranken  312,8  geheilt,  1,0  gestorben,  2,5  als 
invalide,  3,6  als  dienstunbrancbbar,  6,8  anderweitig  abgegangen,  128,3  im 
Bestände  geblieben. 

Von  den  Oestorbenen  der  aktiven  Truppen  haben  gelitten  an: 
Dipbtberitis  1,  Unterleibstyphus  5,  Hitzschlag  1,  allgemeiner  Fettsucht  1, 
akuter  Miliartuberkulose  4,  Lungenentzündung  24,  Lungenschwindsucht  25, 
Brustfellentzündung  2,  Hirn*  und  Hirnhautleiden  3,  Herzleiden  .3,  Nieren- 
leiden 5,  Leberleiden  1,  Bauchfellentzündung  4,  Zellgewebsentzündung  2. 
An  den  Folgen  einer  Verunglückung;  Stichverlelznng  des  Magens 
(Schlägerei)  1,  Gehirnblutung  durch  Fall  1,  Sturz  aus  dem  Fenster  1, 
Sturz  beim  Reiten  1,  Schnssverletznng  (Art  unbekannt,  XII.  Armee- 
Korps)  1.  An  den  Folgen  eines  Selbstmordversuchs:  Nach  Schussver- 
letzung  1.  Von  den  Invaliden:  an  Krankheiten  1. 

Mit  Hinzurechnung  der  nicht  in  militärärztlicher  Behandlung  Ver- 
storbenen sind  in  der  Armee  im  Ganzen  noch  63  Todesfälle  vorgekommen, 
davon  6 durch  Krankheit,  35  durch  Verunglückung,  22  durch  Selbst- 
mord; so  dass  die  Armee  im  Ganzen  150  Mann  nnd  1 Invaliden 
durch  den  Tod  verloren  hat. 


General-Rapport 

von  den  Kranken  der  Königlich  Preussischen  Armee,  des  XII.  (Königlich 
Sächsischen)  und  des  XI 11.  (Königlich  Württembergischen)  Armee-Korps, 
sowie  der  dem  XV.  Armee-Korps  attachirten  Königlich  Bayerischen 
Besatzungs-Brigade  pro  Monat  Juli  1888. 

1)  Bestand  am  30.  Juni  1888:  11  170  Mann  und  22  Invaliden 

2)  Zugang: 

im  Lazareth  9 679  Mann  und  2 Invaliden, 

im  Revier  16  874  - - 5 - 

Summa  26  553  Mann  und  7 Invaliden. 
Mithin  Summa  des  Bestandes  und  Zuganges  37  723  Mann  und  29  Invaliden, 
in  Prozenten  der  Effektivstärke  8,6%  und  13,5%. 

3)  Abgang: 


geheilt  .... 

. 26  012 

Mann, 

6 Invaliden, 

gestorben  . . . 

89 

- 

— 

invalide  .... 

241 

- 

— 

dienstunbrancbbar 

285 

- 

— 

anderweitig  . . 

548 

- 

2 

Summa  . 

. 27  175 

Mann, 

8 Invaliden. 

4)  Hiernach  sind: 

geheilt  69,0%  der  Kranken  der  Armee  und  20,7%  der  erkrankten 
Invaliden, 

gestorben  0,24®/o  der  Kranken  der  Armee  und  — % der  erkrankten 
Invaliden. 


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100 


5)  Mithin  Bestand: 

am  31.  Juli  1888  10  548  Mann  und  21  Invaliden, 

in  Prozenten  der  Effektivstärke  2,4‘'/o  nnd 
Von  diesem  Krankenstände  befanden  sich; 

iro  Lazareth  7 336  Mann  nnd  4 Invaliden, 
im  Revier  3 212  - - 17 

Es  sind  also  von  424  Kranken  292,3  geheilt,  1,0  gestorben,  2,7  ab 
invalide,  3,2  als  dienstnnbranchbar,  6,2  anderweitig  abgegangen,  118,6  im 
Bestände  geblieben. 

Von  den  Oestorbenen  der  aktiven  Trappen  haben  gelitten  an; 
Rose  1,  Dipbtberitis  1,  Unterleibstyphus  7,  akutem  Gelenkrhenma- 
tismus  2,  Blutarmuth  2,  bösartigen  Oeschwülsten  1,  anderen  allgemeinen 
Erkrankungen  1,  Hirn-  und  Hirnhautleiden  9,  Langenentzündung  14. 
Lungenschwindsucht  26,  Brustfellentzündung  8,  Herzleiden  1,  Magen* 
blutung  1,  Leberleiden  1,  Bauchfellentzündung  3,  Krankheiten  der 
Ernährungsorgane  1,  Nierenleiden  3,  Blasenkatarrh  1,  konstitutioneller 
Syphilis  1.  An  den  Folgen  einer  Verunglückung:  Sturz  mit  dem  Pferde  1, 
Sturz  von  der  Höhe  1,  Hufschlag  2,  Erschiessen  aus  Unvorsichtigkeit  1. 

Mit  Hinzurechnung  der  nicht  in  militärärztlicber  Behandlung  Ver- 
storbenen sind  in  der  Armee  im  Ganzen  noch  41  Todesfälle  vorgekommea, 
davon  7 durch  Krankheiten,  16  durch  Verunglückung,  18  durch  Selbstmord; 
so  dass  die  Armee  im  Ganzen  130  Mann  durch  den  Tod  verloren  hat. 

Nachträglich  pro  Juni  er.  verstorben: 

1 Mann  an  Lungenentzündung. 


(Jtfdniekt  in  der  Königlicboo  Bofbachdrnckerei  TOn  E.  S.  Mittler  k Sohn,  Berlin,  Kochttr. 


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101 


!N'  achtrcigrlicli. 


Befördert  werden:  Dr.  Goetting»  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Rogts.-Arzt  vom 

1.  Westfäl.  Hus.-Kcgt.  No.  8 znm  Oberstabsarzt  1.  Kl.,  — Dr.  Jacobi,  Stab»*  und 
Babt.'Arzt  vom  3.  Bat.  Hohenzoll.  Füs.’Rcgts.  No.  40  zum  Oberstabsarzt  2.  KL  und 
Rcgts.-Arzt  de»  Inf.-Regts.  No.  137,  — Dr.  Pochhammer,  Stabs-  und  Bat». -Arzt 
vom  1.  Bat.  5.  Pomm.  Inf.-Regt».  No.  42  zum  Oberstabsarzt  2.  KI.  und  Regt».-Arzt 
des  2.  Grossherzogl.  Mecklenburg.  Drag.-Kegts.  No.  18,  — Dr.  Schuster,  Stabs- 
und Bats.-Arzt  vom  2.  Bat.  des  Inf.>Kegts.  No.  98  zum  Oberstabsarzt  2.  KI.  und 
Regts.-Arzt  des  Niederrhcin.  Fus,-Regt8.  No.  39,  — Dr.  Scnftleben,  Stabs-  und 
Bats.-Arzt  vom  2.  Bat,  des  Gren.-Regts.  Kronprinz  Friedrich  Wilhelm  (2.  Schics.) 
No.  11  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regt».-Arzt  desselben  Regts..  — Dr.  Riebe, 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  2.  Bat.  4.  Posen,  Inf.-Regts.  No,  59  zum  Oberstabsarzt 

2.  KL  und  Regts.-Arzt  des  2.  Schles.  Bus.-Regts.  No.  6,  — Dr.  Stahl,  Stabs-  und 
Bats.-Arzt  vom  2.  Bat.  Braunsohweig.  Inf.-Regts.  No.  92  zum  Oberstabsarzt  2.  KL 
und  Regts.-Arzt  dos  Leib -Gren.- Regts.  (1.  Brandenburg.)  No.  8,  — die  Assist- 
Aerzte  1.  KL,  — • Dr.  Halm  v.  Dorsche  vom  Westpreuss.  Kür.-Regt.  No.  5 zum 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bat».  Braunschweig.  Inf.-Regtg.  No.  92,  — Dr.  Menzel 
vom  Regt,  der  Gardes  du  Corps  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  3.  Bat».  Brandenburg. 
Fus.-Regts.  No.  35,  — Dr.  Korscli  in  der  etatsinässigen  Stelle  bei  dem  Oeueral- 
und  Koqisarzt  des  1.  Armeekorpt  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats.  des  Inf.- 
Regts.  No.  136,  — Dr.  Wichura  vom  Schles.  Ulan.-Regt.  No.  2 zum  Stabs-  und 
Bats.-Arzt  des  3.  Bat».  Hohenzoll.  Fös.-Hegfs.  No.  40,  — Dr.  Lauff  vom  Thuring. 
Ulan.-Regt.  No.  6 zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  Fus.  Bats.  1.  Bad.  Leib. -Gren.- 
Regts.  No.  109,  — Dr.  Blnmberg  vom  5.  WestfäL  Inf.-Regt.  No.  53  zum  Stabs- 
und Bats.-Arzt  des  2.  Bats.  2.  Rhein.  Inf.-Regts.  No.  28,  — Dr.  Goerlitz  vom 
4.  Nicderschles.  Inf.-Regt.  No.  51  zum  Stabs-  und  Bats -Arzt  des  2.  Bats.  des  Inf.- 
Regts.  No.  137,  — Dr.  Korbitz  vom  Milirär-Reit-Iiistitut  zum  Stabs-  und  Bats.- 
Arzt  des  1.  Bats.  5.  Pnmm.  Inf.-Regts.  No.  42.  — Dr.  Bramann,  Assist.-Arzt  1.  KL 
der  Res.  vom  Laiulw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin  zum  Stab.'jarzt  der  Res.,  — die  Assist. - 
Aerztü  2.  Kl.  der  Res.:  — Dr.  Düsterwald  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bremen, 

— Dr.  Sperling  vom  Lamlw.-Regts.-Boz.  1.  Berlin,  — Dr.  Bernhard  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Brieg,  — Zdrulek  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Ryhnik,  — Braun 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Wetzlar,  — Dr.  Cramer  vom  Laiulw'.-Bats.-Bczirk  Lübeck, 

— Dr,  Aye  vom  Landw.- Regts.- Bez.  I.  Berlin,  Weng  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Bruchsal,  — Burgtorf  vom  Landw.-Bats.-Bez.  II.  Oldenburg,  — Dr.  Fisebbein 
vom  I^andw.-Bats.- Bcz.  Dortmund,  — Dr.  Löviuson  vom  Land w.- Regts.- Bez. 
I.  Berlin,  — Funck  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Dt-  Croue,  — Dr.  Westendorf  vom 
I>andw.- Bills.- Bez,  Wismar,  — - Simons  vom  Laiidw.- Bats.- Bez.  Andernach,  — 
Dr.  Homeister  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hannover,  — Dr.  Bu blitz  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Stolp,  — Dr.  Langerhans  vom  Landw.- Regts.- Bez.  I.  Berlin,  — 
Dr.  Steffen  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Kottbns,  — Dr  Keil  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Halle,  — Dr.  Apolant  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Detmold,  — Dr.  Messersebmidt 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Anclam,  — Dr.  Franke  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Striegau, 

— Dr.  Wachs ner  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Gleiwiiz,  — Dr.  Kittsteiner  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Frankfurt  a.  M.,  — Dr.  Hassenstein  vom  Landw'.- Bats.- Bez. 


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102 


Loetzen,  — Dr.  Ott  vom  Lamlw.-Bats.-Bcz.  I.  Oldenburg,  — Dr.  Vagedes  vom 
I^andw.-Bats.-Bez.  Barmen,  — Dr.  Grobe  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Meiningen,  — 
Dr.  Jacobi  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Gera,  — Günter  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Hildesbeim,  — Dr.  Poggendorff  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Anclam,  — Dr.  Lehzen 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hannover,  — Dr.  Gerhartz  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Köln, 

— Dr.  Wagner  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Pr.  Stargardt,  — Dr.  Regge  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Gumbinnen,  — Dr.  Gelpke  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Güttingen,  — 
Dr.  Walter  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bremen,  — Dr.  Kriege  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Strassburg,  — Schuitz  vom  Laudw.-Bats.-Bez.  Hamborg,  — Dr.  Thormählen 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hannover,  — Dr.  Aly  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Halle,  — 
Dr.  Lorenz  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Mühlhausen  i.  Th.,  — Dr.  Beckmann  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  I.  Münster,  — Dr.  Levy  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin,  — 
Dr.  Braun  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Osnabrück,  — Dr.  Streicher  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Lörrach,  — Dr.  Baumgarten  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Koblenz,  — 
Dr.  Sauer  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Erfurt,  — Fischer  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Danzig,  — Dr.  Zerrath  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Wehlau,  — Dr.  Keller  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  St.  Wendel,  — Dr.  Fassbender  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
II.  Münster,  — Dr.  Guttenberg  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Rastatt,  — Dr.  Gereon 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Karlsruhe,  — Dr.  Linke  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Görlitz, 

— Dr.  Rennebaum  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Halberstadt,  — Dr.  Israel  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  I.  Kassel,  — Dr.  Bickel  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Wiesbaden,  — 
Dr.  Weicrmiller  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Insterburg,  — Dr.  Paschen  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Hamburg,  — Dr.  Broll  vom  Landw.-Bats.-Bez.  II.  Breslau,  — 
Dr.  Hillebrand  vom  Laudw.-Bats.-Bez.  Düsseldorf,  — zu  AssisL-Aerzten  I.  Kl. 
der  Res.;  — die  Assist.-Aerztc  2.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots;  — 
Dr.  Wilhelm  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Karlsruhe,  — Dr.  Korth  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Rostock,  — Dr.  Altmann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Lüneburg,  — Dr.  Polzin 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hildesheim,  — Dr.  Esmarch  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Kiel, 

— zu  Assist-Aerzten  1.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots;  — die  Assist.- 

Aerzte  2.  Kl.  der  Marine-Res.;  — Tjarks  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Aurich,  — 
Dr.  Marxsen  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Rendsburg,  — zu  Assist.-Aerzten  1.  Kl. 
der  Marine-Res.;  — Dr.  Brunk,  Unterarzt  vom  Niedersehles.  Feld-Art.-Regt  No.  5 
zum  As.sist.-Arzt  2.  Kl.;  — die  Unterärzte  der  Res.;  — Grünberg  vom 
Landw.-Regts.-Bez.  I.  Breslau,  — Dr.  Piro  vom  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Trier,  — 
Dr.  Krabbel  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bonn,  — Dr.  Dabeistein  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Rostock,  — Dr.  Schrooder  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Schwerin,  — Lauenstein 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hamburg,  — Dr.  Cohn  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Altona,  — 
Dr.  Wollheim  de  Fonseca  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Kiel,  — Schermer  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Freiburg,  — Eytel  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Strassbnrg,  — 
Dr.  Kürbs  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Weimar,  — Dr.  Lindemann  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Strassburg,  — zu  Assist.- A erzten  2.  Kl.  der  Res.;  — die  Unter- 
ärzte der  Marine-Res.:  v.  Herff  vom  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Darmstadt,  — 

Dr.  Soreth  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Frankfurt  a.  M.,  — Dr.  Rohwedder,  Wittrock 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Kiel,  — Dr.  Sauer  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Görlitz,  — zu 
Assist.-Aerzten  2.  Kl.  der  Marine-Res.;  — die  Unterärzte  der  Landw. 
1.  Aufgebots:  Dr.  Weinhold  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Breslau,  — Schnlze 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hildesheim,  — Dr.  Mittmann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Brieg, 

— Dr.  Holtermann,  Unterarzt  der  Landw.  2.  .\ufgebots  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Schwerin,  — zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots;  — 
Dr.  Ebmeier,  Oberstabsarzt  I.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  3.  Gardc-Ulan.-Regt.  der 
Charakter  als  Generalarzt  2.  Kl.  verliehen.  — Dr.  Krause,  Marine  - Stabsarzt 
ein  Patent  seiner  Charge  erhalten.  — Versetzt  werden;  Dr.  Bahr,  Oberstabs- 
arzt 1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  Gren.-Regt.  Kronprinz  Friedrich  Wilhelm  (2.  Schles.) 
No.  11  zum  Niedersehles.  Feld-Art.-Regt.  No.  5,  — Dr.  Wolff,  Oberstabsarzt  1.  KI. 
und  Regts.-.\rzt  vom  4.  Oberschles.  Inf.-Regt.  No.  63,  unter  Bela.ssung  in  dem  Ver- 
bältniss  als  mit  Wahrnehmung  der  divisionsärztlichen  Funktionen  bei  der  12.  Division 
beauftragt,  in  die  Garnisonarztstelle  zu  Ncisse,  — Dr.  Pflugmacher,  Oberstabs- 
arzt 2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  2.  Schles.  Hus.-Regt.  No.  6 zum  3.  Garde-Gren.- 


103 


Regt.  Königin  Elisabeth.  — Dr.  Berckhan,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt 
vom  Niederschlcs.  Feld-Art.-Regt.  No  5 zum  4.  Oberschles,  Inf.-Regt.  No.  03,  — 
Dr.  Statz,  Stabsarzt  vom  mediziniseh- chirurgischen  Friedrich- Wilhelms-Institut  als 
Bats.-Arzt  zum  2.  Bat.  des  Inf-Regts.  No.  98,  — Dr.  Flach,  Stabs-  und  Bats.-Arzt 
vom  3.  Bat.  Brandenburg.  Füs.-Regts.  No.  35  zum  2.  Bat.  4.  Posen.  Inf.-Regts.  No.  59, 

— Dr.  Loos,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  Füs.-Bat.  1.  Bad.  Leib-Gren.-Rcgt.  No.  109, 
zum  2.  Bat.  des  Greu.-Rcgts.  Kronprinz  Friedrich  Wilhelm  (2.  Schics.)  No.  II,  — 
Dr.  Behring,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  2.  Bat.  2.  Rheinischen  Inf.-Regts.  No.  28 
zum  medizinisch-chirurgischen  Friedrichs-Wilhelms-Institut,  — Dr.  Abesser,  Assist. - 
Arzt  1.  Kl.  vom  Schleswig- Holstein.  Füs.-Regt.  No.  86  zum  ThOring.  Ulan.- Regt. 
No.  6,  — Dr.  Schumann,  Assish-Arzt  1.  Kl.  vom  4.  Garde -Gren.- Regt.  KOnigin 
zum  Regt,  der  Gardes  du  Corps,  — Dr.  Müller,  Assish-Arzt  1.  Kl.  vom  Litthau. 
Ulan.-Rcgt.  No.  12  in  die  etatsmässige  Stelle  bei  dem  General-  und  Korpsarzt  des 
I.  Armeekorps,  — Dr.  Händel,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Anhalt  Inf.-Regt.  No.  93 
zum  Schleswig-Holstein.  Füs.-Regt  No.  86,  — Dr.  Reinhardt,  Assist-Arzt  1.  Kl. 
vom  Hannov.  Füs.-Regt.  No.  73  znm  Militär-Reit-Institut  — Dr.  Rahnke,  Assist- 
Arzt  2.  Kl.  vom  2.  Ostpreuss.  Gren.-Regt.  No.  3 zum  Litthau.  Ulan.-Regt.  No.  12, 

— Dr.  Lorentz,  Assist.-Arzt  2.  KI.  vom  Hus.-Regt  Kaiser  Franz  Joseph  von 

Oesterreich,  Künig  von  Ungarn  (Schleswig-Holstein.)  No.  16  zum  Holstein.  Inf.-Regt 
No.  85.  — Der  Abschied  bewilligt:  Dr.  Groos,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und 

Regts.-Arzt  vom  Niederrh.  Füs.-Regt  No.  39,  — Dr.  Munter,  Oberstabsarzt  2.  Kl. 
und  Regts.-Arzt  vom  Inf.-Regt  No.  137,-  — beiden  mit  der  gesetzlichen  Pension 
und  der  Erlaubniss  znm  Tragen  ihrer  bisherigen  Uniform  mit  den  für  Verabschiedete 
vorgeschriebenen  Abzeichen;  — Dr.  Heidemann,  Stabsarzt  der  Laudw.  1.  Auf- 
gebots vom  Landw.-Bats.-Bez.  Nienburg. 

Leipzig,  den  31.  Oktober  1888. 


Wie  wir  soeben  vernehmen,  soll  das  Diner  zur  Feier  des 
60jährigen  Dienstjubiläums  Sr.  Excellenz  des  Herrn  General-Stabs- 
arztes der  Armee  v.  Lauer  nicht  am  Jubiläumstage  (12.  Dezember), 
sondern  erst  am  14.  Dezember  stattfinden. 

Red. 


Gidrackt  in  der  KSniglichsn  HofkachdraoVerci  von  E.  S.  Mittler  k Sohn,  Berlin,  Eochstruse  68—70. 


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Amtliches  Beiblatt 

zur 

Deutschen  militärärztlichen  Zeitschrift 

1888.  — Siebzehnter  Jahrgang.  — M 12. 


Kriegsministerium. 

Medizinal -Abthcilung.  Berlin,  den  16.  Oktober  1888. 

Uebereinstimniend  mit  dem  §.  4 des  Gesetze»  vom  27.  März  1872,  betreffend 
die  Pensionirung  der  unmittelbaren  Staatsbeamten  (Preussische  Gesctz-S.  S.  268  bis 
276)  ist  in  der  Anmerkung*)  zu  §.25  der  Dienstanweisung  vom  8.  April  1877  zum 
Ausdruck  gelangt,  d.ass  bei  Gensdamien,  sofern  ihre  Dienstunfähigkeit  Folge  des 
Friedcnsdienstes  ist,  die  Bestimmungen  des  vorerwähnten  Gesetzes  Platz  greifen, 
die  für  Soldaten  gfiltigen  Bestimmungen  aber  zur  Anwendung  kommen,  sobald  es 
sieh  um  Dienstunbrauchbarkeit  diireh  den  Krieg  handelt. 

In  der  kriegsministeriellen  Verfügung  vom  22.  November  1877  (S.  5 des 
1.  Nachtrages  zur  D.  A.)  ist  ferner  nochmals  besonders  ausgesprochen,  dass  die 
Untersuchung  und  Attestausstcllung  bei  Gensdarmen  nur  dann  zum  Dienste  der 
Militärärzte  gehöre,  wenn  es  sich  um  solche  Gensdarmen  handelt,  die  ihre 
Invalidität  auf  eine  Kriegsdienstbeschädigung  zurilckführcn. 

Wenn  nun  nach  der  auf  §.  20  Absatz  2 des  oben  genannten  Gesetzes 
gestützten  Verfügung  vom  9.  April  1879  (S.  4 bis  5 des  2.  Nachtrags  zur  D.  A.) 
in  ausnabmsweisen  Fällen  auf  Antrag  des  Chefs  der  Landgensdarmeric  seitens  des 
Kriegsministeriums  eine  militärärztliche  Untersuchung  auch  von  solchen  Gensdarmen 
veranlasst  wird,  welche  ihre  Dienstunfähigkeit  mit  dem  Friedensdienst  in 
Zusammenhang  bringen,  so  ist  das  bezügliche  Attest  zwar  als  dienstliches  nach 
Anleitung  des  §.  34  der  Dienstanweisung  abzufassen,  in  dem  roilitäi ärztlichen 
Schlussurtheil  genügt  es  aber,  lediglich  die  Bestimmungen  des  §.  1 Absatz  1 und  2 
des  Gesetzes  vom  27.  März  1872  zu  Grunde  zu  legen  und  kurz  zum  Ausdruck  zu 
bringen,  ob  der  Untersuchte  zur  ferneren  Erfüllung  des  Gensdarmeriedienstes  dauernd 
unfähig  ist  oder  nicht. 

Da  bisher  nicht  von  allen  Attesfaussfellcm  in  dieser  Weise  verfahren  worden 
ist,  so  werden  Euer  Hochwohlgeboren  ergebenst  ersucht,  nach  Vortrag  bei  dem 
Königlichen  Generalkommando  sämmtlichen  Ihnen  unterstellten  Herren  Sanitäts- 
offizieren von  Vorstehendem  gefälligst  Kenntnis»  zu  geben. 


No.  1040/8.  88.  M.  A. 


I.  V. 

V.  Co  1er. 


M.-V.-Bl.  No.  24,  No.  190.  Berlin,  den  27.  Oktober  1S88. 

Aerztliches  Attestwesen. 

In  der  Dienstanweisung  für  Marineärzte  zur  Beurtheilung  der  Dienstfähigkeit  etc. 
vom  10.  April  1884  treten  in  der  zweiten  Anmerkung  zum  §.  20, 6 folgende  Ab- 
änderungen ein ; 


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— 106 


1.  Absatz  1 und  2 fallen  fort;  an  deren  Stelle  tritt  folgender  Salz: 

Die  Entstehung  eines  Bruches  oder  richtiger  das  Hcraustreten  eines 
solchen  wird  in  der  Regel  durch  äussere  Dienstboschädigung  rer- 
anlasst  Die  Entscheidung  hierfiber  wird  sich  leicht  trefien  lassen, 
wenn  die  veranlassende  Ursache  nach  $.  20, 3 bis  s technisch  klar 
gelegt  wird. 

2.  Im  Absatz  3 fällt  die  Parenthese:  ,(die  beiläufig  in  der  Regel  einmalig 
nnd  plötzlich  einwirkt)*  weg. 

3.  An  Stelle  von  Absatz  4 tritt  folgender  Wortlaut: 

Auch  ist  es  nicht  nothwendig,  dass  die  Einwirkung  nur  einmalig  und 
plötzlich  erfolgt  ist,  vielmehr  kann  auch  bei  allmäliger  und  wieder- 
holter Einwirkung,  z.  B.  auch  dann,  wenn  durch  das  Blasen  eines 
Instruments  und  dcrgl.  das  llervortretcn  des  Bruchs  bewirkt  ist, 
äussere  Diensibeschädigung  ungenommen  werden,  vorausgesetzt,  dass 
die  festgestellte  Entstehungsursache  überhaupt  als  Dienstbeschädigung 
naefagewiesen  ist. 

Für  die  unter  1 und  3 angegebenen  Aenderungen  werden  Deckblätter  heraus- 
gegeben.  Die  Berichtigung  zu  2 ist  handschriftlich  vorzunehmen. 

Der  Chef  der  Admiralität. 

Allerhöchst  zur  Stellvertretung  kommandirt. 

G.  5173.  Graf  von  Monts. 


Kriegsmiuisterium. 

Medizinal  -Abtheilnng.  Berlin,  den  31.  Oktober  1888. 

Es  liegt  Veranlassung  vor,  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass  in  sulchen 
Fällen,  wo  aus  Anlass  besonderer  Festlichkeiten  eine  Beleuchtung  der  öfientlicben 
Gebäude  für  Rechnung  der  betreffenden  Bedürfnissfonds  allgemein  genehmigt  wird, 
die  Militär-Lazarctbc  zu  den  zu  beleuchtenden  Gebäuden  wegen  der  daraus  für  die 
Kranken  entstehenden  Störungen  in  der  Regel  nicht  zu  rechnen  sind. 

Dem  Königlichen  Generalkommando  bleibt  indessen  ganz  ergebenst  anbeim- 
gcstellt,  hiervon  abweichende  Bestimmungen  dann  zu  treffen,  wenn  besondere 
örtliche  Verhältnisse  (Lage  des  Gamison-Lazareths  an  einer  Hauptstrasse  nnd  dergL) 
oder  die  im  einzelnen  Falle  vorliegende  Veranlassung  solches  angezeigt  er- 
scheinen lassen. 

V.  Lauer. 

No.  774/10.  88.  M.  A. 


Kriegsministerinm. 

Allgemeines  Kriegs- Departement.  Berlin,  den  2.  November  1888. 

A.-V.-Bl.  No.  28,  No.  254. 

Meldung  nach  Berlin  beurlaubter  Offiziere. 

Im  Anschluss  an  §.  27  der  Garnisondicnst-Vorschrift  vom  13.  September  1888 
hat  das  Gouvernement  zu  Berlin  unterm  18.  Oktober  1888  Folgendes  be.stimmt: 

„Nach  Berlin  beurlaubte  Offiziere  auswärtiger  Garnisonen  sind  nur 
zu  einmaliger  persönlicher  Meldung  bei  Gouverneur  mid  Komman-lant 
— zu  Beginn  ihres  Aufenthalts  — verpflichtet.  Die  Meldung  i* 


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107  — 


unter  allen  Umständen  in  die  in  den  Geschäftsräumen  des 
Gouvernements  und  der  Kommandantur  ansliegenden  Meldebücher 
unter  Aufführung  der  Wohnung  cinzutragen.* 

Dies  wird  hierdurch  mit  dem  Bemerken  zur  Kenntniss  der  Armee  gebracht, 
dass  im  eigenen  Interesse  der  betreffenden  Offiziere  deutliche  Schrift,  besonders  des 
Namens,  geboten  ist. 

V.  Blume. 

No.  595/10.  88.  A.  2.  

Kriegsministerium.  Berlin,  den  4.  November  1888. 

A.-V.-Bl.  No.  28,  No.  248. 

Besetzung  von  zwei  Freistellen  bei  der  Königlichen  Landesschule 

Pforta. 

Zu  Ostern  1889  sind  voraussichtlich  zwei  zur  Verfügung  des  Kriegs- 
ministcriums  stehende  Freistellen  bei  der  Königlichen  Landesscbule  Pforta  neu 
zu  besetzen. 

Etwaige  Bewerbungen  sind  bis  zum  10.  Januar  k.  J.  an  die  Infanterie- 
Abtheilnng  im  Kriegsministerinm  (portofrei)  einzusenden. 

Hinsichtlich  der  beizufügenden  Anmeldepapiere  wird  auf  den  kriegsministeriellen 
Erlass  vom  19.  April  1887  (Armee- Verordnungs-Blatt  Seite  121)  Bezug  genommen. 
Bronsart  v.  Schellendorff. 

No.  686/10.  88.  A.  2. 

Kriegsministerium. 

Medizinal  - Abtheilung.  Berlin,  den  5.  November  1888. 

Nach  Maassgabe  der  Verfügung  vom  26.  Oktober  1868  No.  104/9.  68.  M.  M.  A. 
würden  im  Febniar  k J.  wieder  vollständige  Gebäude  - Nachweisungen  der 
Gamison-Lazarethe  cinzureichen  sein.  Den  Königlichen  Intendanturen  wird 
ergebenst  anheimgestellt,  von  der  Neuaufstelluug  derartiger  Nachweisungen  und  von 
der  Vorlegung  derselben  bis  auf  Weiteres  abzusehen  bezw.  zu  dem  betreffenden 
Termine  Veränderungs-Nachweisungen  cinzureichen,  da  Anordnungen  über  die 
anderweitige  Einrichtung  der  Gebäude-Nachweisungen  in  Aussicht  stehen. 

V.  Lauer. 

No.  93/11.  88.  M.  A. 

Kriegsministerium. 

Departement  für  das  luvalidenwesen.  Berlin,  den  13.  November  1888. 

A.-V.-Bl.  No.  28,  No.  256. 

Anstellung  als  Konstabler  hei  der  Freien  und  Hansestadt  Hamburg. 
Unter  Bezugnahme  auf  die  im  Armee-Verordnungs-Blatt  für  1888  Seite  154 
veröffentlichte  Bekanntmachung  vom  9.  Juli  1888  wird  zur  Kenntniss  gebracht, 
dass  fiirtan  in  das  Konstablerkorps  der  Freien  und  Han.sestadt  Hamburg  nur  die 
Einstellung  von  Unteroffizieren  staitfinden  wird,  welche  mindestens  9 Jahre  im 
Heere  oder  iu  der  Marine  aktiv  gedient  haben. 

Die  Anstcllungsgesuche  von  Unteroffizieren  mit  einer  kürzeren  Dienstzeit 
können  daher  nicht  berücksichtigt  werden. 

V.  Grolman. 

No.  235/11.  88.  C.  3. 


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Personal -Veränderungen  ira  Sanitäts-Korps. 

Ernennungen,  Beförderungen,  Versetzungen. 

Berlin,  den  20.  November  1888. 

Dr.  Braehmer,  Dr.  Kleist,  Stabsärzte  der  Landw.  1.  Aofgebots  vom 
Landw.-Rcgts.-Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Kuestcr,  Dr.  Gnttmann,  Stabsärzte  der 
Landw.  2.  Aufgebots  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin,  — zu  Oberstabsärzten 
2.  Kl.  befördert.  — Die  Assist.  - Aerztc  2.  Ki.  der  Res.:  Dr.  Gassen  vom 
Landw.  - Bats.  - Bez.  Stoekach,  — Schnitz  vom  Landw.  - Bats.  - Bez.  Liegnitz,  — 
Dr.  Robolski  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Lübeck,  — Dr.  Wolff  vom  Landw.-Regts.- 
Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Schüler  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Altona,  — Dr.  Neumann 
vom  I.andw.  - Bats.  - Bez.  Potsdam,  — Dr.  ürtwciler  vom  Landw.-Bats.-Bez. 
Weimar,  — Dr.  Hofmann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Meiningen,  — Dr.  Krnmhoff 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Magdeburg,  — Dr.  Lewy  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Kiel,  — 
Dr.  Kellendonk  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Eupen,  — Dr.  Sncll  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Stoekach,  — Dr.  Falckenthal  vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin,  — 
Dr.  Rosenthal,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots  vom  Landw.-Bats.- 
Bez.  Teltow,  — Dr.  Winckler,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  Marine-Res.  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Bremen,  — zu  Assist.  - Aerzten  1.  Kl.,  — Dr.  Friessnitz,  Marine- 
Unterarzt  von  der  2.  Matrosendiv.,  zum  Marine-Assist.-Arzt  2.  Kl.,  — befördert. 

■ — Die  Unterärzte  der  Res.:  Sommerfeld,  Korth,  Dr.  Schellong  vom 
Landw.-Bats.-Bez.  Königsberg,  — Dr.  Panek  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Neustadt,  — 
Dr.  Lepere  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hirschberg,  — Dr.  Cohnstaedt  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Erfurt,  — Dr.  Gottbrecht  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Anclam,  — 
Dr.  Tiegs  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Drambnrg,  — Dr.  Gottschalk  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Naugard,  — Heinrichsdorff  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Cöslin,  — 
Dr.  Lobert  vom  Landw.-Regts.-Bez.  1.  Berlin,  — Dr.  Gramer  vom  Ijindw.-Bats.- 
Bez.  Perlebcrg,  — Dr.  Hopmann,  Dr.  Pütter,  Dr.  Runge,  Dr.  Schweitzer 
vom  Landw.-Regts.-Bez.  I.  Berlin,  — Dr.  Otto  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Neu- 
Jiaidenslcben,  — Dr.  Niemann  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bochum,  — Dr.  Kramer 
vom  Landw.-Bats.-Bez.  Meschede,  — Dr.  Drühe  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Hamburg, 
— Dr.  Jiinkermaun  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Geldern,  — Kayser  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Hamburg,  — Dr.  Schellenbcrg  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Wiesbaden,  — 
Sattler  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Heidelberg,  — Dr.  Mankicwicz  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Strassburg,  — Dr.  Petersen,  Unterarzt  der  Marine-Res.  vom  Landw.- 
Bats.-Bez.  Kiel,  — Dr.  Kromayer,  Unterarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  vom 
Landw. -Bats. -Bez.  Hagenau,  — zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.,  — Dr.  Willems, 
Unterarzt  der  Landw.  2.  Aufgebots  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Bonn,  zum  Assist.-Arzt 
2.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots  mit  einem  Patent  vom  24.  September  d.  J.,  — 
befördert.  — Dr.  Frcymadl,  Königl.  Bayer.  Assist.-Arzt  2.  Kl.  a.  D.,  bisher 
von  der  Res.  des  Landw.-Bats.-Bez.  I.  München,  im  aktiven  Sanitätskorps,  und 
zwar  als  Assist.  - Arzt  2.  Kl.  mit  einem  Patent  vom  20.  November  1888  bei  der 
Marine  angestellt.  — Dr.  Eschie,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  6.  Bad.  Inf.-Regt. 
Kaiser  Friedrich  HI.  No.  114,  zum  Kurmärk.  Drag.  - Regt.  No.  14,  — 
Dr.  Schreycr,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Brandenburg,  Füs. -Regt,  No.  3ö,  zum 
Brandenburg.  Kür.-Regt.  (Kaiser  Nicolaus  I.  von  Russland)  No.  6, — versetzt.  — 
Dr.  Idcler,  Stabsarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  vom  Landw.-Bats.-Bez.  Teltow, 
als  Oberstabsarzt  2.  Kl.  mit  seiner  bisherigen  Uniform  der  Abschied  bewilligt.  — 
Dr.  Paul,  Assist.-Arzf  2.  Kl.  vom  1.  Po.sen.  Inf.-Regt.  No.  18,  — Dr.  Danne, 
Assist.-Arzt  2.  Kl.  vom  2.  Hannov.  Drag.  - Regt.  No.  16,  — aus  dem  aktiven 
Sauitätskorps  ausgeschieden  und  zu  den  Sanitätsoflizn.  der  Res.  übergetreten. 


(Chef  d.  Adm.  v.  10.  11.  88.) 

Dr.  Rüge,  Assist.-Arzt  1.  Ki.,  an  Bord  S.  M.  Aviso  , Pfeil“,  — Dr.  Arendt, 
Assist.-Arzt  1.  Kl.,  an  Bord  S.  M.  Kreuzer  „Schwalbe“  — kommandirt. 


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109 


Nachweisung  der  beim  Sanitäts-Korps  im  Monat  Oktober  d.  J. 
eingetretenen  Veränderungen. 

Durch  Verfügung  des  Generalstabsarztes  der  Armee. 

Die  nachstehend  aufgeführten  bisherigen  Studirenden  der  militärärztliehen 
Uilduugsanstalten  werden  vom  1.  Oktober  d.  J.  ab  zu  Unterärzten  ernannt  und  bei 
den  genannten  Truppentheileu  angestellt  und  zwar:  Doebbelin  beim  2.  Khein. 
Inf.-Rcgt.  No.  28,  — Dr.  Uormann  beim  Grossherzogi.  Mecklenburg.  Gren.-Regt. 
N’ü.  89,  — Dr.  Slawyk  beim  2.  Oberschles.  Inf.-Regt.  No.  23,  — Dr.  Haber- 
kamp beim  3.  Rhein.  Inf.-Regt.  No.  29,  — Hoffmann  beim  Schleswig.  Inf.-Regt. 
No.  84,  — Dr.  Cornelius  beim  7.  Westfäl.  Inf.-Regt.  No.  66,  — Goronzek 
beim  6.  1‘omm.  Inf.-Regt.  No.  49,  — Dr.  Schulz  beim  Feld-Art.-Regt.  No.  31,  — 
Dr.  Metzke  beim  4.  Grossherzogi.  Hess.  Inf.-Regt.  (Prinz  Karl)  No.  118,  — 
Dr.  Papenhausen  beim  2.  He.ss.  Inf.-Regt.  No.  82,  — Dr.  Iltgon  beim 
4.  Rhein.  Inf.-Regt.  No.  30,  — Dr.  Volkmann  beim  1.  Wcstpreuss.  Gren.-Regt. 
No.  6,  — Wiessner  beim  1.  Brandenburg.  Feld-Art.-Regt.  No.  3 (General- 
feldzcugmeister),  — Hinze  beim  2.  Bad.  Feld-Art.-Regt.  No.  30. 

(A.  K.  O.  V.  31.  10.  88.) 

Dr.  Krause,  Stabsarzt,  ein  Patent  seiner  Charge  erhalten.  — Tjarks, 
Dr.  Marxen,  Assist.-Aerzte  2.  Kl.  der  Mariuereserve,  zu  Assist.-Aerzten  1.  Kl.  der 
Marinereserve,  — v.  Herff,  Dr.  Soreth,  Dr.  Rohwedder,  Wittrock, 
Dr.  Sauer,  Uuter-Aerzte  der  Mariuereserve,  zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  der  Marine- 
reserve — befördert. 


Veräuderiuigen  im  Königlich  Bayerischen  Sanitäts-Korps. 

Den  27.  Oktober  1888. 

Dr.  Gassner,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  5.  Inf.-Regt.  Gross- 
herzog von  Hessen,  unter  Beauflragung  mit  Wahrnehmung  der  divisionsärztlichen 
Fuuktion  bei  der  3.  Div.  und  unter  Verleihung  eines  Patents  seiner  Charge,  zum 
1.  Chev.-Regt.  Kaiser  Alexander  von  Russland,  — Dr.  Vocke,  Oberstabsarzt 
1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  2.  Feld-Art.-Regt.  Horn,  unter  Fortführung  der 
divisionsärztlichen  Geschäfte  bei  der  4.  Dir.,  als  Garn  .-Arzt  zur  Kommandantur 
W’ürzburg,  — Dr.  Moser,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  vom  10.  Inf.-Regt. 
Prinz  Ludwig,  zum  5.  Inf.-Regt.  Grossherzog  von  Hessen,  — Dr.  Leitenstorfer, 
Stabsarzt,  Gum. -Arzt  bei  der  Kommandantur  Würzburg,  als  Bats.-Arzt  zum 
9.  Inf.-Regt.  Wrede,  — Dr.  Fruth,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  3.  Feld  - Art.  - Regt. 
Königin  Mutter,  zum  Generalkommando  I.  Armee-Korps,  — Dr.  Zcitlcr,  Assist.- 
Arzt  2.  Kl.  vom  2.  Fuss- Art. -Regt. , zum  3.  Feld-Art.-Regt.  Königin  Mutier,  — 
Rossbach,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  vom  17.  Inf.-Regt.  Orff,  zum  2.  P'uss-Art.-Regt., 

— versetzt.  — Dr.  Krug,  Stabs-  und  Abtheil.  - Arzt  vom  4.  Feld  - Art.  - Regt. 
König,  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  im  10  Inf.-Regt.  Prinz  Ludwig, 

— Dr.  Lehrnbecher,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  vom  9.  Inf.-Regt.  Wrede,  zum 
Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  im  2.  Feld-Art.-Regt.  Horn,  — befördert.  — 
Dr.  Lösch,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  vom  Generalkommando  I.  Armee-Korps,  zum 
Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  13.  Inf.-Regt.  Kaiser  Franz  Joseph  von  Oesterreich,  — 
Dr.  Fikentseber,  Assist.-Arzt  1.  Kl.,  zum  Stabs-  und  Abtbeil.- Arzt  im  4.  Feld- 
Art.  - Regt.  König,  — Dr.  Emmerich,  Dr.  Stumpf  (I.  Mönchen),  Dr.  Hug 
(Mindelheim),  Dr.  Hein  lein  (Nürnberg),  Assist.-Aerzte  1.  Kl.  in  der  Res.,  — 
Schlissleder  (Wasserburg),  Dr.  Leibold,  Dr.  Dcrr  (Kitzingen),  Dr.  Weber 
(Wörzburg),  Dr.  Haupt  (Aschaffenhurg),  Assist.-Aerzte  1.  Kl.  in  der  Landw. 
1.  Aufgebots,  — Dr.  Hesse  (Aschaflenburg),  Dr.  Renner  (Zweibrncken),  Assist.- 
Aerzte  1.  Kl.  in  der  Landw.  2.  Aufgebots,  — zu  Stabsärzten,  — Dr.  Groll, 


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110 


AssisL-Arzt  2.  Kl.  im  6.  Chev.-Regt.  Grotafünt  Constantin  Nicolajewitach,  — 
Dr.  Meier,  im  4.  Feld-Art.-Regt.  König,  — Dr.  Kuisl  (Waaserbarg),  Dr.  Kuotzen, 
Dr.  Issmer  (I.  München),  Dr.  Redenbacher,  Dr.  Niedermair  (II.  München), 
Dr.  Steininger  (Passau),  Dr.  Rapp,  Dr.  Schmid  (Dillingen),  Dr.  Rauh 
(Ingolstadt),  Dr.  Raab,  Dr.  Dörfler  (Günzenhausen),  Rieger  (Regensbnrg), 
Daumenlang  (Neustadt  a.  WN.),  Dr.  Ebstein,  Dr.  Wulschner,  Dr.  Selig- 
mann, Schlamm,  Dr.  Müiichmeyer,  Dr.  Dietz  (Hof),  Dr.  Landmann 
(Ansbach),  Dr.  Hermann  (Erlangen),  Dr.  Schlutius,  Dr.  Juhl,  Dr.  Thomson, 
Dr.  Mühl  mann  (Kissingen),  Dr.  Schmitt,  Dr.  Mayer  (Wflrzbnrg),  Dr.  Koch, 
Dr.  Creutz,  Dr.  Bonne  (Aschaffenburg),  Dr.  Feibclmann,  Dr.  Könen 
(Kaiserslautern),  Dr.  Rendelhuber  (Speyer),  Sturm  (Landau),  Assist. -Aerzte  2.  KI. 
in  der  Res.,  — Dr.  Höpfl  (\Veilheim),  Dr.  Renner,  Dr.  Bonde  (Hof), 
Dr.  Lustig  (Ansbach),  Dr.  Nöller,  Schröder,  Dr.  Gottschal k (Aschaffenburg), 
Dr.  Honcamp,  Richter  (Kaiserslautern),  Dr.  Cahn  (Speyer),  Dr.  Wagen- 
hüuser,  Dyck  (Landau),  Assist.-Aerzte  2.  Kl.  in  der  Landw.  1.  Aufgebots,  — 
zu  Assist.-Aerzten  1.  Kl.,  — Bü.x,  Unterarzt  vom  2.  Schweren  Reiter-Regt. 
Kronprinz  Erzherzog  Rudolf  von  Oesterreich,  zum  Assist.-Arzt  2.  Kl.  im  17.  Inf.- 
Regt.  Orff,  — Dr.  Ikenberg,  Dr.  Wendland  (Würzburg),  Unt.-Aerzte  in  der 
Res.,  zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.,  — befördert.  — Dr.  Held,  Oberstabsarzt  1.  Kl. 
und  Regts.-Arzt  vom  6.  Chev.-Regt.  Grossfflrst  Constantin  Nicolajewitsch,  ein 
Patent  seiner  Charge  verliehen.  — Dr.  Russwurm,  Oberstabsarzt  2.  Ki.  nnd 
Regts.-Arzt  vom  6.  Inf.-Regt.  Kaiser  Wilhelm  König  von  Preussen,  als  Ober- 
stabsarzt 1.  Kl.  eharakterisirt. 

Den  12.  November  1888. 

Einstein,  Assist.-Arzt  2.  Kl.  des  18.  Inf.-Regts.  Prinz  Ludwig  Ferdinand,  auf 
Nacheuchen  zu  den  Sanitüts- Offizieren  der  Res.  versetzt.  — Dr.  Prinzing,  Sing, 
Dr.  Englberger,  Dr.  Lukas,  Dr.  Schmidt  (I.  München),  Rosenfeld  (Augs- 
burg), Dr.  Hartenfeld  (Ansbach),  Thomsen  (Würzburg),  Dr.  Reiter 
(Aschaffenhurg) , Zizold  (Zweibrücken),  Unterärzte,  zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  der 
Res.  befördert 

Veränderungen  im  Königlich  Sächsischen  Sanitäts-Korps. 

Durch  Verfügung  des  Kriegsministeriums  vom 
14.  November  1888. 

Dr.  Smitt,  einjährig  - freiwilliger  Arzt  des  Schützen-  (Ffis.-)  Regts.  , Prinz 
Georg“  No.  108,  als  Unt-Arzt  des  aktiven  Dienststandes  unter  Beauftragung  mit 
Wahrnehmung  einer  vakanten  a^sistenzärztlichen  Stelle  bei  diesem  Regiment  angestellt 
Allerhöchster  Beschluss  vom  20.  November  1888. 

Dr.  Stecher,  charukteris.  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  2.  Gren.- 
Regts.  No.  101  Kaiser  Wilhelm  König  von  Preussen,  zum  etatsmässigen  Ober- 
stabsarzt 1.  Kl.  ernannt  — Dr.  Reichel,  Stabs-  und  Abtheil. -Arzt  im  2.  Feld- 
Art.-Regt.  No.  28,  zum  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.-Arzt  des  4.  Inf.-Regts. 
No.  103  befördert  — Dr.  Roesch,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  4.  Inf.-Regt.  No.  103, 
als  Abtheil. -Arzt  zur  3.  Abtheil,  des  2.  Fcld-Art.-Regts.  No.  28  (Garnison  Pirna), 
— Dr.  Becker,  Stabs-  nnd  Abtheil.-Arzt  der  3.  Abtheil,  des  2.  Feld-Art. -Regts. 
No.  28,  zur  2.  Abtheil,  desselben  Regiments  (Garnison  Freiberg),  — versetzt.  — 
Dr.  Meyer,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  im  3.  Inf.-Regt  No.  102  Prinz-Regent  Luitpold 
von  Bayern,  zum  Stabs-  und  Bats.-Arzt  im  4.  Inf.-Regt  No.  103,  — Goes- 
mann, Assist-Arzt  2.  Kl.  im  1.  (Leib-)  Gren.-Rcgt  No.  100,  zum  Assist.-Arzt 
1.  Kl.,  — befördert.  — Die  Assist.-Aerzte  2.  Kl.  der  Res.:  Dr.  Seidel, 
Dr.  Röstcl  des  Londw.-Bats.-Bez.  Zittau,  — Gattermann  des  Landw.-Bats.-Bez. 
Plauen,  — Dr.  Prüfer,  Dr.  Meyer  des  Landw.-Bats.-Bez.  Chemnitz,  — 
Dr.  Marschner,  Dr.  Dillner  des  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Dresden,  — Dr.  Buch- 
heim  des  Landw.-Bats.-Bez.  I.  Leipzig,  — zu  A ss is t- Aerzten  1.  Ki.  der 
Res.  befördert  — Die  Unterärzte  der  Res.:  Dr.  Kandier  des  Landw.- 


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Bat8.  - Bez.  Plauen,  — Dr.  Schmorl,  Dr.  Roesgcr  des  Landw.-Bats.-Bez. 
I.  Leipzig,  — Dr.  Freitag  des  Landw.  - Bats.  - Bez.  Chemnitz,  — Dr.  Ilberg, 
Dr.  Kessler,  Dr.  Königsdörffcr,  Dr.  Gilbert  des  Landw.  - Bats.  - Bez. 
I.  Dresden,  — zu  Assist.-Aerzten  2.  Kl.  der  Kes.  befördert. 


Veränderungen  im  Königlich  Württembergischen  Sanitäts-Korps. 

Den  10.  November  1888. 

Dr.  Tafel,  Unterarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  im  Landw.  - Bats.  - Bez. 
Ludwigsburg,  zum  Assist.-Arzt  2.  Kl.  der  I.andw.  1.  Aufgebots,  — Dr.  Greeff, 
Unterarzt  der  Res.  im  Landw.  - Bats.  - Bez.  Stuttgart,  — Dr.  Höckel,  Dr.  Baur, 
Unterärzte  der  Res.  im  Landw.-Bats.-Bez.  Reutlingen,  — zu  Assist.- Aerzten 
2.  Kl.  der  Res.,  — ernannt.  — Stegmeyer,  Oberstabsarzt  2.  Kl.  und  Regts.- 
Arzt  im  Inf.-Regt.  Kaiser  Friedrich  König  von  Preussen  No.  125,  zum  überzähl. 
Oberstabsarzt  1.  Kl.,  — Dr.  Al  brecht,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats.  Grcn.- 
Regts.  König  Karl  No.  123,  — Dr.  Wegelin,  Stabs-  und  Bats.-Arzt  des  2.  Bats. 
Gren.-Regts.  Königin  Olga  No.  119,  — Dr.  Sperling,  Stabs-  und  Bats.-Arzt 
des  Füs.-Bats.  3.  Inf.  - Regts.  No.  121,  — Dr.  Bückling,  Stabs-  und  Gam.-Arzt 
in  Stuttgart,  — Dr.  Koch,  Stabs-  und  Gam.-Arzt  in  Ludwigsburg,  — zu  über- 
zähl. Oberstabsärzten  2.  Kl.,  — befördert.  — Nies,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  im 
Gren.-Regt.  König  Karl  No.  123,  aiisgeschieden  unter  gleichzeitigem  Uebertritt  zu 
den  beurlaubten  Sanitätsoffizieren  der  Landw.  1.  Aufgebote.  — Dr.  Willemer, 
Dr.  Teuffel,  Assist.-Aerzte  1.  Kl.  der  Landw.  2.  Aufgebots  im  Landw.-Bats.-Bez. 
Reutlingen,  in  die  Landw.  1.  Aufgebots  zurückversetzt. 

Durch  Verfügung  des  Korps-Generalarztes. 

Den  9.  November  1888. 

Dr.  Fischer,  einjährig-freiwilliger  Arzt  im  4.  Inf.-Regt.  No.  122,  zum  Unt.- 
Arzt  des  aktiven  Dienststandes  ernannt  und  mit  Wahrnehmung  einer  bei  dem 
genannten  Regt,  vakanten  Assist.-Arztstelle  beauftragt. 


Ordensverleihungen. 

Preussische: 

Königlicher  Kronen-Orden  zweiter  Klasse: 

Generalarzt  a.  D.  Dr.  Sebmundt  zu  Guhrau. 

Familien -Nachrichten. 

Verlobungen:  Dr.  Rückart,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Res.,  mit  Frl.  Margarethe 
Reumuth  (Glauchau).  — Dr.  Hermann  Uppenkamp,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  im 
Westiäl.  Hus.-Regt.  No.  8,  mit  Frl.  Gertrud  Hechel  mann  (Paderborn). 

Verbindungen:  Dr.  Stiehler,  Assist.  - Arzt  1.  Kl.  der  Res.,  mit  Frl.  Gertrud 
Thiele  (Döbeln). 

Geburten:  (Sohn)  Dr.  Wegelin,  Stabsarzt  (Stuttgart).  — Hans  Buch,  Ober- 
Slab.s-  und  Gam.-Arzt  (Danzig).  — Dr.  Kaehler,  Stabsarzt  der  Landw. 
(Charlottenburg). 

Todesfälle:  Dr.  med.  Alexander  Meyer,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  1.  Auf- 
gebots (Liebenwerda).  — Dr.  Tietz,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  z.  D.  (Dresden).  — 
Dr.  med.  Gustav  Vollmer,  Stabsarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  (Bentschen). 
— Dr.  med.  Max  Heimbs,  Assist.-Arzt  1.  Kl.  der.  Landw.  1.  Aufgebots 
(Königsberg  i.  Pr.).  — Dr.  Anton  Moser,  Oberstabsarzt  1.  Kl.  und  Regls.-Arzt 
des  6.  Bayer.  Chev.-Regts.  Krzherzog  Albreebt  von  Oesterreich  (Saargemünd).  — 
Dr.  Hermann  Lorent , Stabsarzt  der  Landw.  1.  Aufgebots  (St.  Remo).  — Dr.  Beyer, 
Assist.-Arzt  1.  Kl.  der  Landw.  1.  Aufgebots  (Halle  a.  S.).  — Dr.  Tutscliek, 
Königl.  Bayer.  Gen.-Arzt  2.  Kl.  und  Leibarzt  weiland  Sr.  Majestät  des  Königs 
Ludwig  I.  von  Bayern  (München), 


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General-Rapport 

von  den  Kranken  der  Königlich  PrenssUchen  Armee,  dea  XII.  (KöniglioK 
Sächsischen)  und  des  XIII.  (Königlich  Württembergischen)  Armee-Korp^ ; 
sowie  der  dem  XV.  Armee-Korps  attachirten  Königlich  Bayerischen  i 
Besatzungs-Brigade  pro  Monat  August  1888.  I 

1)  Bestand  am  31.  Jnli  1888;  10  548  Mann  und  21  InTalideaJ 

2)  Zugang: 

im  Lazareth  8 263  Mann  und  1 Invaliden, 
im  Revier  13  606  - - 3 - 

Summa  21  869  Mann  und  4 InvalidenJ 

■ r“ 

Mithin  Summa  des  Bestandes  und  Zuganges  32  417  Mann  nnd  25  Invaliden 
in  Prozenten  der  Effektivstärke  7,5«/o  nnd  12,2«/«. 


3)  Abgang: 

geheilt  .... 

22  901  Mann,  2 Invaliden, 

|;estorben  . . . 

79  - - - 

invalide  .... 

227  - — 

dienstnnbrauchbar 

273  - — 

anderweitig.  . . 

473  - 2 - 

Summa  . 

. 23  953  Mann,  4 Invaliden. 

4)  Hiernach  sind: 

geheilt  7ü,6«/o  der  Kranken  der  Armee  und  8,0®/«  der  erkrankten 
Invaliden, 

gestorben  0,24«/o  der  Kranken  der  Armee  nnd  — “/«  der  erkrankten 
Invaliden. 

5)  Mithin  Bestand: 

am  31.  August  1888  8 464  Mann  nnd  21  Invaliden, 

in  Prozenten  der  Effektivstärke  l,9°/o  und  10,2«/«. 

Von  diesem  Krankenstände  befanden  sich: 

im  Lazareth  6 251  Mann  nnd  3 Invaliden, 
im  Revier  2 213  - - 18 

Es  sind  also  von  410  Kranken  289,6  geheilt,  1,0  gestorben,  2,9  als 
invalide,  3,5  als  dienstunbraucbbar,  6,0  anderweitig  abgegangen,  107,0  im 
Bestände  geblieben. 

Von  den  Gestorbenen  der  aktiven  Truppen  haben  gelitten  an: 
Scharlach  1,  Unterleibstyphus  21,  akutem  Gelenkrbeumatismns  1, 
Blutarmuth  1,  Ilitzscblag  4,  Epilepsie  1,  Hirn-  nnd  Hirnbantleiden  3, 
Lungenentzündung  11,  Lungenblntung  2,  Lungenschwindsucht  14,  Brust- 
fellentzündung ,5,  Herzleiden  1,  Magenkrebs  1,  innerem  Darmverschlnss  1, 
Darmentzündung  1,  Leberleiden  1,  Nierenleiden  2,  Knocbenentzündung  2, 
Muskelrhenmatismus  1.  An  den  Folgen  einer  Vernnglncknng:  Ueber- 
fahren  nach  Sturz  vom  Wagen  1,  Sturz  beim  Exerziren  1,  Fall  vom 
Querbaum  beim  ausserdienstlichen  Turnen  1,  Scbädelbruch  durch  einen 
Schlag  gelegentlich  eines  Ueberfalls  durch  Civilisten  1.  An  den  Folgen 
eines  Selbstmordversuchs:  Erstochen  1. 

Mit  Hinzurechnung  der  nicht  in  militärärztlicher  Behandlung  Ver- 
storbenen sind  in  der  Armee  im  Ganzen  noch  33  Todesfälle  vorgekommen, 
davon  1 durch  Krankheit,  15  durch  Verunglückung,  17  durch  Selbstmord; 
So  dass  die  Armee  im  Ganzen  112  Mann  durch  den  Tod  verloren  hat. 


OoJnJckt  in  der  Kuniglicheii  Hofbachdruckerei  von  E.  S.  Mittler  & Sohn,  Berlin,  Kochstnsse  68—70. 


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