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Dentsche
Miiitärärztliche Zeitschrift.
Herausgegeben
von
Dr. B. l^euthold, und Dr. O. Itenhartz,
Generalarzt, Stabsarzt.
17. Jahrgang.
i
i
Berlin 1888.
Ernst Siegfried Mittler und Sohn
Königliche Hofbuchhandlung
Kochstruse 68—70.
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CATALOGUEO
MAY 7 1908
E. H. B.
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Inhalt des siebzehnten Jahrgangs (1888).*)
I. Ori^nal-Abhandlangen nnd Berichte.
8eiU
Vntenachungen über die Brauchbarkeit porüa-wasserdiebt gemachter Kleider-
stoffe für die Militärbckleiduug. Von Stabsarzt Dr. A. Hill er , . . . 1
Zwei Fälle von Gclcnkmans des Kniegelenkes. Mitgetheilt von Stabsarzt
Dr. Pfahl 29
Nachtrag zn den Beiträgen zur T^phus-Aetiologie ans Bayern. Jahrgang 1887,
S. 278 — 283. Von Stabsarzt Dr. Rahts 33
Die Entzündung der peripheren Nerven (Polyneuritis — Neuritis multiplex),
deren Pathologie und Behandlung. Mit einer Tafel. Von E. Leyden 49. 100
Selbstverstümmelung durch Durchbohrung des Trommelfells. Von Dr. Justyn
Karlinski, k. k. Oberarzt 66
Kaiser Wilhelm f 97
Zum Gedächtniss des Generalarztes Dr, HugoBerthold 97
Ein Fall von Epilepsie, komplizirt durch Tetanie. Von Assistenzarzt
Dr. Herhold 127
Mittheilungen aus dem Garnison-Lazareth zu Hannover. Von Oberstabsarzt
Dr. Schaper 145
1. Statistik und Aetiologie des akuten Gelenkrheumatismus.
2. Ueber Antifebrin 160
Die neue Infektionskrankheit Weil's in der Armee. Von Stabsarzt
Dr. H ü e b e r 165
Eine Epidemie von fieberhafter Gelbsucht. Von Oberstabsarzt Dr. Kirchner 193
Ein Fall von fieberhaftem Ikterus. Beitrag zur Kenntniss der neuen Infektions-
krankheit Weil's. Von Oberstabsarzt Dr. Schaper 202
Sarkomatüse Neubildung in den Fisteln einer 15 Jahre lang bestehenden
Schusswunde mit Retention der Kugel. Von Dr. Krevet 241
Zur Kasuistik des epileptischen Schlafes. Von Stabsarzt Dr. Uibeleisen . 248
Schwere Contusio bulbi mit günstigem Ausgang. Von Stabsarzt Dr. Kirchner 262
Kaiser Friedrich f 289
Einige Bemerkungen über das Auftreten der Endocarditis. Von Oscar
Fraentzel 291
*) Ausführliche Sach- und Personal-Register am Schlüsse des VI. und XII. Jahr-
gangs.— Der Roth'sche Jahresbericht hat eigenes Register.
De' '"I
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IV
Seit«
Das erste Obdach des Eriegsverwundeten. Vortrag, gehalten in der
miUtärSrztlichen GcselUchalt zu Berlin am 21. November 1887 von
Dr. H. F. Nicolai. Mit drei Tafeln 302
lieber den antiseptischen Werth des Creolins und Bemerkungen über die Gift-
wirkung antiseptischcr Mittel. \'on Stabsarzt Dr. Behring 337
Ueber die blutige Naht bei granulirenden Wunden. Von Stabsarzt
Dr. Wutzdorff 349
Kasuistische Mittheilungen. Von Oberstabsarzt Dr. Meisner 352
1. Der sogenannte entzündliche Plattfuss (Tarsalgie des adoleseents).
2. Zerrung der Biceps-Sehue.
Die militärärztlichen Fortbildungskurse für das XII. (Königlich Sächsische)
Armeekorps im Winterhalbjahr 1887/88. Von Generalarzt 1. Kl.
Dr. W. Roth 357
Aus dem Garnisoulazareth Altona. Typhus abdominalis mit Ikterus. Von
Oberstabsarzt Dr. Pfuhl 385
Zur militärärztlichen Kasuistik . . . . ' 433
1. Fall von Beckenfraktur.
2. Fall von doppeltseitigem Muskcibruch der Adduktoren der Ober-
schenkel.
3. Zwei Fälle von Verrenkungen der Zehen.
Von Stabsarzt Dr. Styx (Höxter).
Zur Behandlung der Querbrücbe der Kniescheibe. Von Stabsarzt Dr. Poch-
hammer 442
Fall von Epilepsie, Erslickungsanfall, Tracheotomia superior. Mitgethcilt von
Stabsarzt Dr. Glasmacher 447
Krampfadern als Gründe der Unbrauchbarkeit bei Militärpflichtigen und
Soldaten. Beurtheilung hinsichtlich der Dienstbeschädigung. Von Stabs-
arzt Dr. Nenmann 4C5. 520
Zur Kasuistik der Bicepssebnen-Zeming. Von Stabsarzt Dr. Sommerbrodt 495
Der Herbstkursus in Berlin 1888. Ein Erinneningsblatt von einem Theil-
nehmer 497
Zum 12. Dezember. Dienstjubiläum Sr. Excellenz v. Lauer 513
Einige Bemerkungen zur Heilbarkeit der Hcinien v. Stabsarzt Di. Villaret . 532
Ueber Schirmbetten und Freiluftlazarcthe von Oberstabsarzt Fort .... 539
n. Referate und Kritiken.
Goldschei der, Alfred: Eine neue Methode der Temperatursinnprüfung . 35
•Tahresbcricht über die Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikro-
organismen, umfassend Bakterien, Pilze und Protozoen. Von Dr. Baum-
garten 36
, Ueber Mikroorganismen im Konjunktivalsack.“ Von A. Eugen Fick . . 36
.Die Laryngitis haemorrhagica.* Von Dr. P. Strübing 38
Untersuchungen und Vorschriften über die Desinfektion der Hände des Arztes.
Von Professor P. Fürbringer 39
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V
8«it«
Zar Ealtwawerbehandlung des Typhus. 1. J. A. Gläser, Bericht über die
TempeniturTerhältnisse in 200 tödtlich verlaufenen Typhusfällen, nebst
einigen ketzerischen Bemerkungen über Antipyrese. 2. Port, lieber die
Abnahme der Typhussterblicbkeil 73
Hygienische Instruktion für die nach Afrika bestimmten italienischen Truppen,
vom Sanitätsgencralmajor Machiavelli, Vorsitzenden des obersten
Militär-Gesundheits-Kathes. Im Anszuge mitgetheilt von Oberstabsarzt
Körting 77
Kriegs-Etappen-Ordnung vom 3. September 1887 82
Dietz, Geistesstörungen in der Armee im Frieden und Krieg 84
Kompendium der allgemeinen Chirurgie, sowie der Operationslehre. Von
Dr, ArnoKrOche 87
Ueber Beziehungen der Faulniss zu den Infektionskrankheiten. Von Ferdinand
Hüppe 88
lieber eyklisehe Albuminurie. Von Dr. G. Klempercr (Berlin) 89
l'eher den tuberkulösen Himabscess. Von Professor A. Fraenkel .... 89
Mittbeilungen aus der chirnrgischen Klinik des Herrn Geh. Kaths Bardelebcn.
Von Stabsarzt Dr. A. Koehler.
A. Die Hemiotomien des Jahres 1883 90
B. Ueber 24 seit dem Jahre 1876 ausgeführte Kropfexstirpationen . 91
Tabellen zum Gebrauch bei mikroskopischen Arbeiten. Zusammengestellt von
W. Behrens 92
Sypliilis in ihrer Rückwirkung auf die Berufs-Armee im Frieden und im Kriege
und die Möglichkeit ihrer thunlichsten Eindämmung. V'on Dr. A. Zemanek,
k. k. Regimentsarzt 92
Anleitung für die erste Hülfe bei Erkrankungen und Verletzungen an Bord
in Ermangelung ärztlichen Beistandes. Von Dr. Alexius Uhlik,
k. k. Linienschiflsarzt 93
Sanitätsbericht über die deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71.
Dritten Bandes specieller Theil I, III A: Verwundungen des Kopfes und des
Rumpfes 131. 180. 228
Fünfter Band III C: Kasuistik der grösseren Operationen 231
Krankenträger-Ordnung 134
Bericht über die Thätigkeit der zur Erforschung der Cholera im Jahre 1883
nach Egypten und Indien entsandten Kommission, unter Mitwirkung von
Dr. R, Koch, Geh. Med.- Rath, bearbeitet von Dr. G. Gaffky, Kaiserl.
Regierungsrath 137
Prof. Dr. Ritter von Mosetig - Moorhof. Vorlesungen über Kriegs-
chirurgie 140
Ueber die Wirksamkeit des Jodoforms auf Infektionsmikroorganismen. Von
Au g. Kunz 185
Dr. Maximilian Schaechter, Operateur der I. chiriirg. Universitätsklinik
zu Budapest. Anleitung zur Wundbehandlung 186
Die praktische Bedeutung der sekundären WundnahL Von Prof. Dr. Helferich 188
Mittheilungen aus dem Kölner Bürger-Hospital. Von Oberarzt Professor
Dr. Bardenheuer 189
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VI
SoiU
Bsroffio. Diagnosi medico-Iegale militare della amauroii e dell' amblyopia
monocalaro 192
Vom 17. Kongreaa der Deutachen GeaelUchaft für Chirurgie. Berlin, 4. bin
7. April 1888 207
Der 7. Kongresa für innere Medizin in Wieabaden 222
Dr. A. Koehler, Stabsarzt. Bericht über die ohimrgiache Klinik dea Geh.*
Ratha Bardeleben pro 1885 233
Beiträge zur Beurtbeilung dea Nntzena der Schutzpockenimpfang nebst Mit-
theilungen über Maaasregeln zur Beschaffung untadeliger Thieriympho.
Bearbeitet im Kaiserlichen Gesundheitaamte. Mit sechs Tafeln .... 236
Handbuch der Kriegshcilkunde. Bearbeitet von Oberstlieutenant Dr. U. Bircher 269
Flashar, Die Verwaltung des Gamison-Lazareths 274
Stadstiscber Sanitätsbericht über die Kaiserlich Deutsche Marine für den Zeit-
raum vom 1. April 1885 bis 31. März 1887 276
Vorlesungen über Akiurgte von Dr. B. tr. Langenbeck. Heraasgegeben von
Prof. Gluck 283
Lehrbuch der Physiologie für akademiache Vorlesungen und zum Selbststudium.
Begründet von Rud. Wagner, neu herausgegeben ron Dr. A. Gruen-
hagen, siebente Auflage 283
A. Zemanek, Zusammenstellung und Kritik der wichtigsten Publikationen
in der Impffrage mit besonderer Berücksichtigung der militärischen Ver-
hältnisse 284
H. FrSlich, Geschichte des KSniglich Sächsischen Sanitätskorps 284
Bakteriologische Diagnostik. Von James Eiaenberg 285
Dr. F. Eckliind, Hygiene der Turnsäle 285
Dr. F. Eckland, Considirations pratiques sur l'hygiene de ja peau . . . . 286
Topographisclie Anatomie des menschlichen Orbilalinhalts in Tafeln von
Dr. mcd. Otto Lange 287
Oberstabsarzt Dr. Koehler, Ein seltener Fall von Spondylitis deformans . 287
Stabsarzt Dr. E. Angerstein und Oberlehrer G. Eckier, Haus4xymnaslik
für Gesunde und Kranke 288
Handbuch der Ohrenheilkunde fürAerzte und Studirende. Von Dr. Wilhelm
Kirchner 319
Eiektrodiagnostik und Elektrotherapie einschliesslich der physikalischen Pro-
pädeutik für praktische Aerzte. Von Regimentsarzt Dr. Rudolf
Lewandowski 319
Krieg im Winter, Sonnenstich 320
Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen, in Einzelabhand-
lungcn. Von Dr. G. Neumayer 322
Jahrbuch für praktische Aerzte. Von Dr. Paul Guttmann 323
E. Leyden, lieber Herzaffektionen bei der tabes dorsalis 323
E. Leyden, Beitrag zur I.ehre von der Lokalisation im Gehirn 324
H. Nothnagel und B. Naunyn, lieber die Lokalisation der Gehimkrank-
heiten 324
Dr. Hermann Oppenheim, lieber das Wesen und den nosologischen
Charakter der sich nach Eisenbahnunfällen entwickelnden Erkrankungen
des Nervensystems 327
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VII
S«ite
Dr. Hermann Oppenheim, Ueber OlWendegeneration bei Atheromatose
der basalen Himarterien 327
Prof. Dr. L. Brieger, Zur Kenntniss der Stoffwechselprodakte des Cholera-
bazillns 328
Dr. Emil Rotter, Die persönliche Feldansriistung des deatscben Offiziers,
Sanitätsoffiziers und MUitärbeamten 328
R. T. Krafft-Ebing, Lehrbuch der Psychiatrie 367
Dr. George Meyer, Ans der städtischen Franen-Siechenanstalt zu Berlin.
Untersnchnngen über das Kniephänomen 368
Dr. Herrmann Oppenheim, Zur Pathologie der disseminirten Sklerose . 369
Dr. Herrmann Oppenheim, Die oscillirende Hemianopsia bitemporalis als
Kriterium der basalen Himsyphilis 369
Die Therapie der Phthisis. Von Dr. P. Dettweiler und Dr. F. Penzoldt 370
Lebrbnch der pathologischen Mykologie. Von Dr. P. Banmgarten . . . 373
Prof. Dr. Theodor Kocher in Bern, Eine einfache Methode zur Erzielung
sicherer Asepsis 375
Dr. W. Kleinwächter, Die Amputationen und Exartikulationen imAugnsta-
Hospital in den Jahren 1871 — 1885 377
Dr. Rudolf Gerstacker, Stabsarzt, Ueber den Tod durch Gewehrschuss-
wunden in gerichtsärztlicber Beziehung 378
Stabsarzt t. Hase in Hannorer, Transport Verwundeter auf Bauemwagen . 378
Dr. Tibnrtius, Leitfaden für den Unterricht in der Familien-Krankenpflege 379
R. Gerstacker, Die historische Entwickelung und hygienische Bedeutung
der Reraccination 379
Ergebnisse einer Statistik der Pockentodesfälle im Deutschen Reich für das
Jahr 1886. Von Stabsarzt Dr. Rahts 379
Traite de Chirurgie de guerre par E. Deforme 451
Die Chirurgie des Pankreas, gestützt auf Versuche nnd klinische Beobachtnngen.
Von Nikolaus Senn 454
L. Brieger, Beitrag zur Kenntniss der Erkrankung der Himoberfläche . . 457
Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikro-
organismen, umfassend Bakterien, Filze und Protozoen. Von Dr. P. B a n m -
garten 457
Die neueren Arzneimittel. Von Dr. Bernhard Fischer 468
Hermann Lenbartz, Leipzig, Experimentelle Beiträge zur Kenntniss der
Vergiftung durch chlorsaure Salze 459
Ueber die toxischen Wirkungen des Zinns mit besonderer Berücksichtigung der
durch den Gebrauch verzinnter Konservenbüchsen der Gesundheit drohenden
Gefahren. Von Dr. Emil Meyer und Dr. Guido Bodländer . . . 460
Klinische Studien aus der hydriatischen Abtheilung der allgemeinen Poliklinik
in Wien. Herausgegeben von Prof. Dr. Winternitz 461
Zur Iridotomia extraocnlaris. Von Prof. Dr. Schoeler 463
Der Militärarzt im Felde. Von Dr. W. Derblich 503
Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie, nach dem heutigen Standpunkte der
Wissenschaft. Von Prof. H. Fischer 504
Zur Schnhfrage. Von Prof. Hermann von Meyer 506
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VIII
Seite
Dr. Vortter, Zur operativen Behandlung des Priapismus 508
Späte Extraktion von Geschossen aus Gesichtsknochen 550
Sir William Mac Co rmac, Bauchschnitt bei intraperitonealen Verletzungen 552
O. Vierordt, Diagnostik der inneren Krankheiten 555
Behring, Stabsarzt, Antiseptischer Werth der Silberlfisung 550
M, Bernhardt, Klinischer Beitrag zur Innervation der Blase, des Mastdarnis
und der Gesohlechtsfunktion 557
V. Fleischl, Praktische Verwendbarkeit des Haemometers 558
III. Hittlieilangen.
Ans dem Inhalte der Archives de medecine et de pharmacie militaires . 41. 329
Die chirurgische Behandlung der LymphdrSsenabscesse. Von Dr. Stocqnart 46
Erkrankungen der Uro-Gcnitalwege 47
Ein sanitärer Vorschlag für die Exerzirplätze, . besonders der Kavallerie ... 47
Imprägniren des Fussbodens mit Thecr 47
Die F^Iastizität von Kautschukgeräthen wieder herzustellen 48
Dr. Paul Börner's Reichs-Medizinal-Kalender für Deutschland auf das
Jahr 1888 48
Keimfreie Flüssigkeiten zu Einspritzungen 48
Zu dem Artikel: Neue Erfahrungen über die Ventilation der Krankenwaggons
in Heft XII. 1887 48
Berliner militärärztliche Gesellschaft. Sitzungsberichte. Geissler: Stauungs-
papille nach Kopfrose, Leyden: Ceber die Entzündung der peripheren
Nerven, Sommerbrodt: Demonstration und Geschichte eines Myeloidsarkoms
der Tibia, Herrlich: Fall von Tremor, Nicolai: Erfahrung beim Impf-
geschäft, Reger: Mittheilung über gelungene photographische Aufnahmen
von Gewehrgesebossen im Fluge, Martins: Lähmungen und Kon-
trakturen 93. 141. 237
Kameradschaftlicher Verein der Sanitätsoffiziere des Reserve-Landwehr-Regi-
ments (I. Berlin) No. 35. Petri, transportable Lazarethbaracke . 95. 240
Bernhard von Langcnbeck's Portrait 96
Der 17. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in Berlin . . . 144
Verbandpäckchen in Japan vor ca. 1000 Jahren 240
Die 61. Versammlung Naturforscher und Aerzte in Köln . . . 288. 463. 509
Die durch das Geschoss des Lebelgc wehre erzeugten Verwundungen .... 335
Das neue Verbandpäckchen der österreichischen Armee 336
Das 42. Semester der ehemaligen Studirenden der militärärztlichen Bildungs-
Anstalten 336
Sanitäts-Offizier-Gesellschaft zu Dresden. Sitzungen im Jahre 1887 .... 381
Staderini: H subllmato corrosivo nella cura della congiuntivite granulosa . 384
Vortrag über Hitzschlag etc. Von Stabsarzt Dr. A. Ui Iler 384
Brandau J. V., Hyperhidrosis pedum 558
Kalender für 1889 559
T. Lauer -Kommers 560
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IX
IV. Allerhöchste Kabinets- Ordres, Ministerial-Verfflgnngen
and General -Rapporte.
Amtliehps Beiblatt.
. Seite
Personal- Veränderuogen im Sanitäts-Korps . 6. 14. 24. 33. 41. 56. 68.
75. 82. 91. 101. 108
Ordensverleihungen 10. 18. 26. 37. 46. 62. 80. 86. 96. 111
Familiennachrichten 11. 19. 27. 37. 46. 63. 71. 80. 86. 98. 111
General-Rapporte 11. 19. 27. 38. 64. 72. 86. 87. 98. 99. 112
Ausbildung freiwilliger Krankenpfleger in Gamison-Lazarethen 1
Beschaffung des Unterricbtsbuches derselben für die Unterrichtenden .... 22
Ersatz von Geräthen des Lozarcth-Hanshaltes aus Zinn 2
Geräthe-Ausstattung der Offizier- etc. Krankenstuben 3
Verrechnung der Kosten für das Lüften und Ansklopfen wollener Decken in
den Lazarethen 5
Besetzung von Freistellen in Pforta 5. 55. 107
Betriebsunfälle bei der Seeschifffahrt 5
Naebweisung der Höchstpreise für das ärztliche Sauitätsmaterial 13
Lazarethgehülfen - Unterricht, Besehaff'nng der anatomi.«clien Wandtafeln von
Dr. Fiedler, Vertheilung Ksmarch'scber Samaritertafeln 13
Wittwen- und Waiscngeld-Beiträge bei Beförderungen und während der Probe-
dieustleistung 14
Gesetz über den Erlass derselben 31
Temperatnrtafeln 21
Henneberg'scbe Desinfektoren, verbesserte Einrichtung derselben .... 21
Gesetz, betreflfend Aenderungen der Wehrpflicht, Ausfühmngsbestimmungen 22 — 23
Krankenträger-Ordnung, Versendung 23
Sanitätsbericht über die deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71,
Versendung des dritten und fünften Bandes 23
Duchseber'sche Diffcrential-Hebelpressen betreff'end 29
Verbandmittel-Niederlage in der Nähe der Gefahrorte bei Artillerie-Depots,
Laboratorien und dergl 29
Massage, Unterweisung der Sanitäisoffiziere in derselben 30
Pharmakopoe: Vorschläge zur Bearbeitung derselben 31
Weinbedarf-Beschaffung für Gamison-Lazarethe 31
Drillich-Stoffproben- Versendung 39
Baugelder- Verrechnung 39
Apothekengeräthe-Bescbaff'ung 40
Geschäftsbetrieb bei den Gamison-Lazarethen, Beschränkung des Büreaudieustes 40
Lazareth-Bibliotheken, Beschaffung der Unteroffizier-Zeitung für dieselben . . 41
Karbolsäure-Lieferung dureh die chemische Fabrik auf Aktien (Schering) . . 41
Lazarethaufnahme inaktiver Mannschaften 41
Brillen-Beschaffung für Leute mit Astigmatismus 47
Kontrolvermerk des Chefarztes auf den Kraiikenjournaleu 47
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X
Seite
Ziiriickbefördcnmg der Hinterbliebenen im Auslande angcstellter Beamten etc. 48
Verordnung zu dem Gesetze über die Kriegsleistungcn -48
Krankenpflege an Bord 53
Leibbinden-Vernusgabung in den Tropen \ < 55
Gefütterte Krankenhosen C5
Zeugnisse für denUche Militärpflichtige in Japan 65
Aidegen hoher Stiefel seitens der Offiziere der Fusstruppen 66
Aerztliehe Ausrüstung an Bord 66
Anstellung verabschiedeter Offiziere als Lazarethbeamtc 67
Wegfall der KrankenlOhnung für Militär-Gefangene des Unteroffizierstandes . 67
Besehaffuiig eines Messinstrumentes zur Prüfung von Alkohol 73
Döckcr'sche Lazarcthbarackc ; Anlage des Klosetraumes, 73
Kosten-Verrechnung für beschafite Baracken 89
Chromsäure gegen Fussschweiss 74
Apothekengeräthe- etc. Beschallung 81
Kriegs-Sanitäts-Ordnung; Tekturen-Versand 81
Sanitäts-Detachement, Ausrüstungs-Nachweisung 8'2
Krankenthermometer, Aiehung derselben 89
Apotheker des Beurlaiibtenstandes, Termin für Befördemngs-Vorsehläge etc. . 90
Entia.s.sungsanzug für Militärkrankenwärter 90
Bewerber-Verzeichnisse der Militäranwärter 91
Dienstjnbiläiim Sr. Execllcnz v. Lauer hetrefTend 103
Gensdarmcn-Untersuchung etc. durch Militärärzte 105
Dienstanweisung für Marineärzte, Aenderung 105
Beleuchtung der Lazarethe bei Festlicbkeiten 106
Meldung beurlaubter Offiziere in Berlin 106
Konstabler-Anstellung in Hamburg 107
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Deutsche
MonatHcb mcbeint «io Heft roo mind«Ht«ni 3 Drockbopes; daza «in ^Aatlicbe« B«ibUU**, D«r
Z«il*cbrift wird du Werk: nJabre«b«richt bb«r dt« ForUrhritt« aaf dem G«bi«t« de« MiUtkr-
S4iiit&t*>We«i«as^, benoK^ei^ebAn Toro Generalarzt Dr. Roth, onentgeltlieh beig^e^eben. BeaiellaoK
oehmen alle Postämter ood Bttthhandlaiigen an. Preis des Jahrgangs 15 Uaik.
XVII. Jahrgang.
1888.
Heft 1.
rntersnchnn^en lU»fr die Branobliarkeit porös -wasserdicht
^'emaehter Kleiderstoffe für die Militärbekleidnn?.
Von
Dr. A. Hiller,
im 2. Scbles»eb«D 6rrna<]i.r.K.-rnment Ko. II luul Priratilozeiit .n der CnirorfitAt Bresl.ii,
Das Bestreben des Menschen, sich vor Durchnässuny! zn schützen,
ist nralt. Die nackten Bewohner der heissen Zone flüchten bei Regen-
güssen unter das schützende Laubdach der Bäume oder verkriechen sich
in ihrer Hütte. Der bekleidete Mensch der gemässigten Zone erfand den
Regenschirm, eine getreue Nachbildung des um Jahrtausende älteren
Sonnenschirms, und bis auf den heutigen Tag ist der Regenschirm der
ständige Begleiter des Kulturmenschen zur Regenzeit geblieben. Erst
das letzte Jahrhundert suchte dieses lästige Geräth entbehrlich zu machen,
indem man die Kleider selbst wasserdicht herstellte durch Tränken oder
Ueberziehen mit gewissen für Wasser undurchlässigen Stoffen (Gummi,
Theer, W'achs, Harz, Leinöl). Die Wirksamkeit solcher Regeiiröcke und
Regenmäntel ist in der That eine vollkommene und die Kunst ihrer Her-
stellung gegenwärtig eine weit vorgeschrittene. Allein Wissenschaft und
Erfahrung stehen dieser Neuerung ablehnend gegenüber. Die gleichzeitige
Behinderung der Hautausdünstung des Körpers macht das längere Tragen
eines Gummirockes für das Wohlbefinden unerträglich und für die Gesund-
heit nachtheilig.
Diese Nachtheile scheint ein Verfahren zu umgehen, welches seit etwa
zwei Dezennien bekannt geworden ist und von Jahr zu Jahr mehr Anhänger
1
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2
findet. Dies Verfahren besieht darin, das Oewehe der Kleider mit ge-
wissen, in Lösung befindlichen Stoffen zu dnrchtränken (imprägniren),
welche sich beim Trocknen auf der Faser des Gewebes niederschlagen
und dem Gewebe wasserfeindlicbe Eigenschaften verleihen, ohne seine
Durchgängigkeit für Luft zu beeinträchtigen. Das Verfahren würde, wenn
seine Voraussetzungen sich bestätigen, einen ausserordentlichen Fortschritt
in der Bekleidungskunst bedeuten; ja, es würde das Prinzip der wasser-
dichten Kleider überhaupt erst lebensfähig machen. Zwar liegen bereits
zahlreiche günstige Urtheile über die Brauchbarkeit solcher „porös-
wasserdichten“ Kleider, namentlich aus Offizierkreisen, vor, doch fehlt
bis jetzt jeder genauere wissenschaftliche Anhalt für die Beurtheilung
des Werthes dieses Verfahrens. Da die Gesundheitspflege unseres Heeres
ein sehr lebhaftes Interesse daran hat, den Soldaten vor Durchnässungen
zu schützen, so habe ich die Brauchbarkeit der neuen Methode für die
Armeebekleidung im letzten Sommer einer Untersuchung unterzogen.
Als brauchbar für die Militärbekleidung betrachte ich den Kleider-
stoff, wenn durch die Imprägnirung mit wasserabhaltenden Stoffen weder
seine Durchgängigkeit für Luft, noch seine Farbe und seine Festigkeit
beeinträchtigt werden, und andererseits seine Fähigkeit, Wasser (Regen)
abzubalten, für das Bedürfniss unseres Klimas ausreichend ist.
1. Die Durchgängigkeit wasserdicht gemachter Kleiderstoffe
für Luft.
Die Methode, welcher ich mich bediente, ist dieselbe, welche
von Pettenkofer*) früher zu gleichen Untersuchungen angewendet bat.
Es wurden kreisrunde Stücke der zu untersuchenden Stoffe vor die
Mündung eines weiten Glasrohrs luftdicht aufgesetzt. Mittels eines
Gasometers wurde sodann unter gleichmässigem Druck Luft durch das
Glasrohr getrieben. Die Menge Luft, welche in einer bestimmten Zeit
durch das Rohr hindurchging, gab den Maassstab ab für die Durch-
gängigkeit des Stoffes für Luft.
Als Glasrohr benutzte ich der zweckraässigeren Form wegen eine
konische Glasflasche ohne Boden; letzterer wurde ersetzt durch die
Stoffprobe. Die von Luft durchströmte Fläche derselben betrug 36,4 qcm.
Um ein Aufblähen des Stoffes beim Versuch, wodurch seine Permeabilität
wesentlich verändert wird, zu verhüten, legte ich die Stoffproben zwischen
zwei ebenso grosse Platten aus feinmaschigem Drahtsieb und band sie dann
*) M. von Pettenkofer: Ueber die Piinktiuii der Kleider. — Zeitschrift für
Biologie, Band I, S. UH). 1SÜ5.
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3
mittels einer Gummibinde aoi den durch einen Kautschnkring geglätteten
Rand des Glases fest. Durch Eontrolversnche wurde vorher ermittelt,
dass diese Art des Verschlusses am Rande absolut luftdicht war. —
Der kleine Gasometer, welchen ich mir für diese Versuche anfertigen
liess, fasste ungefähr 50 Liter Luft. Er trieb die Luft mit gleich-
mässiger Geschwindigkeit unter geringem Drucke (= 2,8 cm Wasser-
säule) zunächst durch eine Gasuhr,*) an welcher die innerhalb einer
bestimmten Zeit hindurchgegangenen Luftmengen direkt abgelesen werden
konnten. Von der Gasuhr ging die Luft durch einen Schlauch in das
konisch erweiterte Glasrohr und von hier mit verminderter Geschwindig-
keit durch das Tuch hindurch.
Zur Prüfung benutzte ich theils Tnchproben, welche ich von der be-
kannten „Fabrik porös-wasserdichter Stoffe“ von F. Falkenburg in
Magdeburg bezogen hatte, theils Stoffproben aus dem hiesigen Königlichen
Montirungs-Depot, welche ich selbst wasserdicht gemacht habe. Stets
wurden imprägnirle und nicht imprägnirte Proben miteinander in Vergleich
gezogen. Im Durchschnitt wurde für jede Bestimmung das Mittel aus
3 bis 6 gut übereinstimmenden Versuchen genommen. Versuche mit
auffällig abweichenden Resultaten blieben unberücksichtigt. Für die
Zusammenstellung wurden die Resultate auf einheitliches Maass (1 qm)
und gleiche Zeitdauer (1 Sekunde) umgerechnet.
Es gingen durch 1 qm Stoff in 1 Sekunde hindurch .... Liter Luft
a. Stoffe aus der Fabrik von F. Falkenbnrg.
Bezeichnung des Stoffes
Nicht
imprägnirt
Imprägnirt
1
Differenz
Schwarzgranes Manteltuch
(Liefertuch)
54,77
52,98
— 1,79
Sommertuch
zu Offizier-Paletots
63,45
56,22
-7,23
Ganztnch
desgleichen
60,49
57,16
— 3,33
Doeskin
desgleichen
48,41
44,33
- 4,08
*) Diese Gasahr wnrde mir von der Gasmesserfabrik von Jul. Pintseh in
Breslau für diese Versuclie bereitwilligst zur Verfügung gestellt und von dem
1*
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4
b. Stoffe aus dem Moctirungsdepot.
(Von mir imprägnirt.)
Bezeichnung des Stoffes
Nicht
imprägnirt
1 Imprägnirt
i
j Differenz
Graues Manteltuch
. für Mannschaften
54,:w
52,72
1
1 — 1,58
1
Blaues Waffenrocktuch
desgleichen
58,62 ,
1
55,09
i - 3,53
Hosentuch
desgleichen
1
52,18
47,67
— 4,51
Graues Manteltuch
aus der Regiments-Handwerkstätte
64,59
56,95
— 7,64
Die imprägnirten Stofle zeigen demnach durchweg eine Abnahme
der Durchgängigkeit für Luft; doch ist dieselbe verbältnissmässig sehr
gering. Sie schwankt zwischen 3 pCt. und 11 pCt. der in der Zeiteinheit
hindurch gehenden Luft. Es lässt sich hieraus der Schluss ziehen, dass
die Imprägnirung des Mantel-, Waffenrock-, Hosen- und
Offizier-Paletottuches mit wasserabhaltenden Stoffen kein
wesentliches Hindorniss für die Hautausdünstung des Körpers
abgiebt.
Verglichen untereinander, zeigen die Resultate einige Verschiedenheiten.
Die grösste Abnahme der Durchgängigkeit wurde gefunden bei den
ursprünglich durchgängigsten TuchstoiTen (Soramertuch und Manteltuch
aus der Regiments-Handwerkstätte), die geringste beim Manteltuch für
Mannschaften sowohl aus Magdeburg, als auch aus dem Montirungsdepot,
während die übrigen, durchweg kräftigen Tuchstoffe sich nahezu gleich
verhalten. Zur Erklärung dieser Verschiedenheiten ist in Betracht zu
ziehen, dass die Stoffe nach erfolgter Imprägnation gewöhnlich mit einem
Bügeleisen geglättet oder gerollt werden, um dem Tuch wieder Glanz
Gesihäftsführer derselben, Herrn Breuer in meiner Gegenwart vorher auf ihre
richtige Gangart nach dem für die Aiehuiig vorgesehrieheiien Verfahren geprüft.
l)ie grösste gefundene Dift'erenz im Gange Itetrug 1 Liter pro 100 Liter Luft oder
1 p('t., war also im Verliältiiiss zu den gebräiiehlicheu (Jastiiessern sehr gering.
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5
(Appretur) zu verleiben. Dadurch wird gleichzeitig auch die Dichtigkeit
des Tucbgewebes verändert und zwar bei den lockeren Geweben in
stärkerem Masse als bei den dichten.
Sehr auffällig ist der Unterschied in der Durchlässigkeit zwischen dem
(nicht imprägnirten) Manteltuch für Mannschaften ans dem Montirnngs-
depot und demjenigen aus der Regiments-llandwerkstätte. Auch änsserlich
war dieser Unterschied leicht wahrnehmbar; hielt man das Tuch zwischen
den Händen ansgespannt vor beide Augen und sah nun nach dem Fenster
bin, so erschien das letztere Manteltuch wie mit zahlreichen feinen
Nadelstichen besetzt und deutlich durchscheinend, während das erstere
vollkommen undurchsichtig war. Offenbar bestehen also wesentliche
Unterschiede in der Dichtigkeit der verschiedenen Liefertuebe, selbst
einer und derselben Gattung, welche auf die Brauchbarkeit derselben
nicht ohne Einfluss sind.
Diese Wahrnehmung veranlasste mich, in einer besonderen
Versuchsreihe
2. die Durchgängigkeit sämmtlicber prenssischen Militär-
Bekleidungsstoffe für Luft ‘
einer genaueren Prüfung zu uoterzieben. Diese Untersuchung erschien
um so wünsebenswerther, als eine derartige Prüfung bisher meines
Wissens nicht ausgefübrt worden ist. Die Methode war die oben an-
gegebene. Sämmtlicbe Stoffe wurden mir in den erforderlichen kleinen
Abschnitten vom hiesigen Montirungsdeput zur Verfügung gestellt. Die
Tuebstoffe der Firma F. Falkeuburg wurden hiermit in Vergleich ge-
zogen. — Um gleichzeitig den Einfluss der Durchnässung (Kegen) auf
die Durchgängigkeit für Luft festzustellen, wurden die Stoffproben zum
grösseren Tbeil im trocknen und im nassen /.ustande geprüft. Die
Durchnässung wurde in der Weise ausgefübrt, dass die Stoffproben
</i — 1 Stunde lang auf Wasser gelegt wurden, bis sie untersanken. Kurz
vor dem Versuch wurden sie mittels einer Pinzette herausgehobeu und
so lange senkrecht schwebend erhalten, bis kein Wasser mehr abtropfle.
Bei einigen Tuchproben gelang die Durchtränkung nicht vollständig,
wahrscheinlich wegen zu starker Appretur; die Resultate mit diesen
Proben blieben daher unberücksichtigt.
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Es gingen durch 1 qm Stoffe in 1 Sekunde hindurch (Liter Luft):
No.
Bezeichnung des Stoffes
Trocken
Nass
Differenz
1
Sommertnch zu
Offizier-Paletots
63,5
miss-
laogeo
—
j: tc
o u
2
Oanztuch,
desgleichen
60,5
do.
—
M U
a
3
Doeskin,
desgleichen
48,4
2,9
— 45,5
4
Schwarzgraues Manteltuch
(Liefertuch)
54,8
14,9
— 40,1
9
«8
5
Manteltuch für Mannschaften
.54,3
4,6
— 49,7
0)
u
CQ
6
Waffenrocktuch
58,6
5,3
— 53,3
9
N
7
Hosentuch
52,2
9,2
— 43,0
0
CU
o;
Q
1
8
Baumwollen-Röper für
Unterhosen (festes Gewehe)
53,8
4,8
— 49,0
bC
9
9
9
Baumwollen-Kalikot für
Unterhosen (leichtes Gewebe)
63,1
6,0
— 57,4
C
C
s
g
10
Segelleinewand, jetzt zu
Hosen, früher Fntterleinewand
57,0
20,7
— 37,3
0>
'O
11
Hemden-Kalikot
29,3
7,3
- 22,0
9
12
Drillich für Mannschaften
34,3
13,7
-20,6
13
Drillich für Offiziere
55,9
—
—
€
«s
o
14
Flanell.
69,7
—
—
0>
15
Barchend, zu Fusslappen
68,5
—
w
*S
Im
16
Wollen-Trikot zu Unterjacken
73,7
—
—
c
<
17
Wollener Strumpf, neu
67,2
—
—
18
Wollener Strumpf, ult
77,2
—
—
^ DIgitized by Go
1
7
Setzt man, nm die Resultate besser vergleichen zu können, die
Durchgängigkeit des Flanells — 100, so erhält man für die übrigen
Stoffe im trockenen Zustande folgende Verhähnisszahlen:
Wollener Strumpf (alt) .... 111,
Wollen-Trikot 105,
Flanell 100,
Barchend 98,
Wollener Strumpf, neu .... 96,
Sommertuch zu Offizier-Paletots 91,
Kalikot zu Unterhosen .... 91,
Ganztucb zu Offizier- Paletots 87,
Waffenrocktuch für Mann-
schaften 84,
Segelleinewand 82,
Offizier-Drillich 80,
Manteltuch für Mannschaften
(Magdeburg) 79,
Manteltuch, desgl. (Breslau) . 78,
Baumwollen- Köper zu Unter-
hosen 77,
Hosentuch für Mannschaften . 7.5,
Doeskin, zu Offizier-Paletots 62,
Drillich für Mannschaften . . 49,
Hemden-Kalikot 42.
Man sieht hieraus, dass die wollenen Kleiderstoffe der Ausdünstung
des Körpers ein weit geringeres Hinderniss entgegensetzen, als die baum-
wollenen und leinenen. Die Unterschiede zwischen den Stoffen derselben
Kategorie, z. B. den Tuchen und den baumwollenen Stoffen, sind offenbar
im Wesentlichen durch die verschiedene Dichtigkeit des Gewebes
bedingt. Sehr auffallend in dieser Beziehung ist die geringe Durch-
lässigkeit des Soldatenhemdes (42) gegenüber einem Flanellhemde (100),
ferner der Unterschied zwischen einem wollenen Strumpf (96 — 111),
einem Fusslappen aus Barchend (98) und einem solchen aus Hemden-
leinewand (42), endlich der Unterschied in der Durchlässigkeit zwischen
einer wollenen Trikot-Unterhose (105) und einer Köper-Unterhose (77). Bei
den Tuchgeweben, welche zur Herstellung der Oberkleidung (Rock,
Hose, Mantel) dienen, sind die Unterschiede nicht so bedeutend; bei den
Mannscbaftstnchen liegen sie innerhalb der Grenzen von 84 (Waffenrock)
und 7.5 (Hose), bei den Offizier-Paletot Stoffen schwanken sie zwischen
Sommertucb (91) und Doeskin (62). Ein Sommer-Paletot aus genanntem
Stoff würde also in der That ein ziemlich luftiges Kleidungsstück sein,
wenn er nicht noch gefüttert wäre ; durch die Fütterung mit einem festen
baumwollenen oder andersartigen Gewebe (77 resp. 82) verliert seine
Durchlässigkeit für Luft und Wasserdampf (Schweiss) sehr beträchtlich,
ja wird minimal. Dieser Einfluss der verschiedenen Dichtigkeit macht
sich nicht bloss auf den Gaswechsel der Körperoberfläche (Haut-
ansdünstung, Hantathmung), sondern auch auf die Wärmeabgabe der
Digilized by Google
8
Haat in empfindlicher Weise geltend. Ich habe schon früher'^) diesen
Einflnss in einer Reihe von Versuchen genauer nachgewiesen.
Da die Durchgängigkeit eines Gewebes für Luft (Porosität) abhängig
ist von der Anaahl, der Weite und der Länge der Poren bezw. von der
Länge des io den Poren zurückzulegeoden Weges, so kommt für die
verschiedene Permeabilität der Kleiderstoffe nicht bloss die Dichtigkeit
des Gewebes, sondern auch die Dicke der Gewebsschicht in Betracht.
Dieselbe lässt sich nur schwer direkt an den Geweben messen. Ich
habe daher einen Maassstab dafür zu gewinnen gesucht durch Bestimmung
des Gewichts der einzelnen Stoffe. Gleichzeitig hiermit verband ich
eine Untersuchung ihrer Aufnahmefähigkeit für Wasser (Absorptions-
fähigkeit) bezw. ihrer wasserhaltenden Kraft, indem ich diejenige
Wassermenge ermittelte, welche gleich grosse Stücke der Zeuge von be-
stimmtem Gewicht nach vollständiger Durchnässung in sich zurück-
znhalten vermochten.
Die Grösse der Stücke betrug 40,72 qcm; es waren kreisrunde
Stücke, welche mit einem scharfen cylindrischen Instrument von 7,2 cm
Durchmesser herausgcscblagen wurden. Sie wurden nach der ersten
Wägung auf Wasser von ■+- 12® R. gelegt, bis sie untersanken, alsdann
mit einer Pinzette herausgeboben, so lange freischwebend erhalten bis
kein Wasser mehr abtropftc, und abermals gewogen. Die Temperatur des
Zimmers betrog + 16° R.
Die Resultate sind folgende:
Bezugs-
quelle 1
No.
Bezeichnung des Stoffes
Gewicht
Trocken
g
[Gewicht
Nass
g
1
Aufge-
nommenes
W asser
g
1
Manteltuch für Mannschaften
(Liefertnch)
1
2,49 !
t
5,43
2,94
0 u
-o g
ö
q?
2
Doeskin zu
Offizier-Paletots
2,43
7,46
5,03
< s
Cbi
a
3
Ganzlucb,
desgleichen
1,565
Nicht vollständig
durchnässt
4
Sommertuch,
desgleichen
1,285
1
2,86
1,575
*) Deutsche Mililärärztlichc Zeitschrift, 1885, Heft 7 und 8, und 1886, Heft 9;
Abkühlungsversuche,
Digitized by Google
9
»
00 9
g 1
No.
Bezeichnung des Stoffes
I
Gewicht
Trocken
g
Gewicht
Nass
g
Aufge-
nommenes
Wasser
g
s
«s
*3
4?
u
ffl
a
**
o
a
«
Q
m
U
a
s
u
’S
a
c
s
5
Mantelluch für Mannschaften
2,36
i
: 5,70
3,34
6
Maiiteltnch,
desgleichen
2,21
4,80
2,59
7
Waffenrocktuch
2,04
7,42
5,38
8
Hosentuch
2,28
6,105
3,83
9
Baumwollen-Köper zu
Unterhosen
1,0
2,82
1
1,82
10
Baumwollen-Kalikot,
desgleichen
0,82
2,11
1,29
11
Segelleinewand
1,62
3,16
1,54
12
Hemden-Kalikot
0,74
2,06
1,32
13
Drillich für Mannschaften
1,6
3,78
2,13
£
14
Drillich für Offizier -Röcke
1,21
j 2,32
1,11
15
Barchend zu Fusslappen
1,54
1 7,05
!
5,51
o
«
9
Xi
V
w
*S
fe
•o
o
<
16
Wollen-Trikot zu
Unterkleidern
0,97
1
' 3,97
1
3,00
17
Flanell
1,35
I 5,76
4,41
18
Wollener Strumpf, neu
2,12
9,26
7,14
19
W'ollener Strumpf, alt
1,96
8,76
6,80
Digitized by Google
10
Ein Ueberblick über die Gewichte der trockenen Stoffe lehrt, dass
die obige Voraaseetzang von der Uebereinstimmong des Gewichte mit
der Dicke der Zengstoffe im Allgemeinen zutrifft, insofern die dickeren
Wollstoffe, insbesondere die Tnche, durchweg ein grösseres Gewicht
haben, als die dünneren Banmwollenstoffe. Da dieses Gewicht als ein
Ansdruck des in der Flächeneinheit (40,72 qcm) enthaltenen Rohmaterials
(Wolle bezw. Baumwolle) gelten kann, so lasse ich — mit Rücksicht auf
die praktische Benutzung solcher Bestimmnngen für Korps-Bekleidungsämter
bei der Kontrole von Lieferungen von Bekleidnngsstoffen — eine nochmalige
Zusammenstellung dieser Gewichte, geordnet nach den Stoffarten und be-
zogen auf eine Flächeneinheit von 1 qm, folgen. Die zweite Zahlenreihe
enthält wiederum das Gewicht des Wassers, welches 1 qm Stoff auf-
nehmen kann.
a. Feste wollene Gewebe (Tnche) zu Oberkleidern.
enthält
kann anf-
1 qm
Manteltnch für Mannschaften
Wolle
nehmen Wasser
(Magdeburg)
611 g . .
720 g.
Doeskin
596 - . .
. . . . 1235 -
Manteltnch (Depot)
580 - . .
.... 820 -
Hosentnch für Mannschaften
560 - . .
.... 940 -
Manteltnch (andere Qualität)
543 - . .
.... 636 -
Waffenrocktncb
500 - . .
.... 1321 -
Oanztnch für Offiziere ....
384 - . .
. . . . 7
Sommertuch für Offiziere. . .
315 - . .
.... 387 -
Die feineren Tncbgewebe (Waffenrock, Doeskin) haben somit die
grösste Aufnahmefähigkeit für Wasser, näcbstdem das Hosentuch.
b. Lockere wollene Gewebe zu Unterkleidern.
enthält
nimmt
1 qm
Wolle
Wasser auf
Wollener Strumpf (nen) .
. 520 g . .
1753 g.
Wollener Strumpf (alt). .
. 481 - . .
. . . . 1670 -
Barcbend zn Fnsslappen .
. 378 - . .
. . . . 1353 -
Flanell
. . 331 - . .
.... 1083 -
Trikot-Unterhemd
. 238 - . .
. . . . 737 -
Bei diesen Stoffen deckt sich
durchweg das
grössere Gewicht mit
der grösseren Absorptionsfähigkeit
für Wasser.
Letztere übertrifft die
Absorptionsfähigkeit der Tuche um
ein Bedeutendes (etwa das Doppelte),
Digitized by Google
11
diej«oige der baamwolleneD Gewebe om mehr als das Dreifache. Die
sor Fassbekleidnng dieneeden Gewebe dieser Groppe eignen sich dem-
nach ▼orsnglich lor Anfsangung des Schweisses, besiUen ausserdem
eine grosse Elastisität nnd Weichheit.
c. Banrowollene Gewebe so Unterkleidern.
enthält nimmt
1 qm Baomwolle Wasser aof
Köper so Unterhosen 246 g 447 g,
Kalikot, desgl 201 - 317 •
Hemden-Kalikot 182 - 324 -
d. Leinene (hänfene) Gewebe so Sommerkleidern.
1 qm
enthält
Hanf
nimmt
Wasser auf
Drillich für Mannschaften .
. 405 g . .
. . . . 523 g.
, . 400 - . . ,
. . . . 378 -
Drillich für Offiziere . . . .
. 297 - . . .
, . . . 272 -
Diese Ergebnisse erweisen Ton Nenem die grossen Vorsäge des
wollenen Hemdes vor dem leinenen and baomwollenen. Das preossiscbe
Soldatenbemd (Kalikot) besitst von allen nntersochten Bekleidongsstoffen
die geringste Durchlässigkeit für Luft (42, gegen Flanell 1(X)), seist also
der Haotansdönstung des Körpers ein relaUr grosses Hinderniss entgegen.
Es vermag bei geringerem Gewicht (182 g pro qm, gegen 331 g Flanell)
noch nicht ein Drittheil soviel Schweiss aofzonehmen wie ein Flanell-
hemd und steht letzterem an Elastizität und Weichheit bedeutend nach.
Dazu kommt, dass Wolle die Wärme viel schlechter leitet als Leinen
oder Baumwolle, mithin als Kleidungsstück io den kühleren Jahres-
zeiten den Körper wärmer hält als diese, in den wärmeren hingegen
trotzdem die Abkühlung des Körpers durch gesteigerte Schweissverdunstong
nicht hindert; und endlich dass, wie von Pettenkofer nachgewiesen
hat, diese Schweissverdunstong bei stark erhitztem Körper im wollenen
Hemd in viel milderem nnd für den Körper gefahrloserem Grade vor sich
geht, insofern die Wolle zwar sehr viel mehr Wasser in sich anfnehmen
kann als Leinewand, aber das Wasser (Schweiss) langsamer aufnimmt
und langsamer wieder (durch Verdunstung) abgiebt, mithin eine all-
zu plötzliche Abkühlung des erhitzten Körpers (Erkältung) verhütet
Wollene Hemden, welche die deutsche Marine schon seit Dezennien
besitzt nnd wohl niemals wieder mit den leinenen vertauschen wird,
sind zwar erheblich tbeurer als die baumwollenen Kalikot- Hemden,
Digitized by Goegle
— ]2 —
kHein die Mehrkosten, welche ihre Einführung in die Armee erfordert,
werden reichlich anfgewogen durch die alljährlichen Ersparnisse an
Lazarethverpflegungs- und Invaliden-Pensionskosten und viel mehr noch
durch die Ersparnisse an Gesundheit und Leben von Hunderten von
Soldaten.
3. Die Durchgängigkeit wasserdicht gemachter Kleiderstoffe
für W asser.
Die Methode der Untersuchung war eine zweifache.
a. In der ersten Reihe wurden die zu prüfenden Stoffe einem
künstlich erzeugten Regen von verschiedener Stärke mehrere Stunden
hindurch ansgesetzt und die Zeit beobachtet, nach Ablauf welcher der
Regen die Stoffe durchdrang. Es wurde Regen in 3 Stärken angewendet:
1) feiner Sprühregen,
2) gewöhnlicher Landregen, mittelstark,
3) Gewitterregen (Platzregen).
Den Sprühregen erzeugte ich durch einen Zerstänbungsapparat
(Spray), wie er für chirurgische Zwecke gebraucht wird. Die beiden
anderen Regensorten worden mittelst des Pumpwerks eines Zimmer-
Dooebe- Apparates hergestellt, indem das Wasser durch zwei Brausen
von entsprechender Lochgrösse hindurch gepresst wurde. Der direkte,
senkrechte Auffall des Regens auf die Tuchproben, ähnlich wie bei der
Kopfbrause, bewährte sich nicht; er war im Vergleich mit dem natürlichen
Regen viel zu stark, einer Traufe gleich. Besser gelang die Nachahmung,
wenn das Wasser ans der Brause horizontal im Bogen, ähnlich wie bei
der Gartenspritze, über die Tuchstücke geworfen wurde; die Wasser*
tropfen fielen auch hier immer noch sehr dicht und massenhaft nieder,
stärker als beim Naturregen, ähnelten aber doch dem natürlichen Regen-
fall weit mehr.
Die zu prüfenden Tucbstöcke wurden in ca. 2 Meter Entfernung
vom Doucheapparat io einer Badewanne über Querstäbe gehängt und
von '/, zu '/« Stunde auf Durchnässung geprüft. Stets wurden im-
prägnirte und nicht imprägnirte Tnchproben mit einander in Vergleich
gezogen. Die Dauer des Regenfalles betrug fast in allen Versuchen
2 Stunden, nur in einem Versuche mit Landregen 2i/, Stunde. Um das
Hindnrchdringen des Wassers leichter erkennen zu können, legte ich
unter jedes Tuch ein kleineres Stück trockenen, mit .Methylenblau schwach
gefärbten Fliesspapiers, welches die hindorchdringende Feuchtigkeit
begierig aufsog und durch stärkere Bläuung anzeigte. Abgesehen von
einigen Unregelmässigkeiten in der Beregnung — die im Centrum des
Digilized by Google
13
Rpgengebietes hangendeD Stoffe bekamen gewöhnlich mehr Regen
ala die peripheren — waren die Resultate doch im Allgemeinen
befriedigende. Ich habe sie in nachfolgender Tabelle cnsammengestellt:
0 = nicht dnrchgeregnet.
Bezugs-
quelle
Bezeichnung
des Stoffs
Ob
imprägnirt
oder nicht
I.
Sprühregen
von 2 Std. !
Dauer
II. j
Landregen
von 2 bis
2'/. Std.
Dauer
III.
Platzregen
von V» Std.
Dauer
Von der Firma F. Falkenbnrg in Magdeburg.
Manteltucb |
für Mann-
schaften. 1
(Liefertuch.)
Nicht
imprägnirt.
0
Nach 1
1'/. Std. !
durch.
Nach 'A Std.
durch.
Imprägnirt.
0
1
0 i
0
Sommertnch
für Offizier-
1 Paletots.
1 Nicht
imprägnirt.
Einzelne
Wasser-
flecken.
Nach
'A Std.
vollständig
durch.
Nach 'A Std.
durch.
Imprägnirt.
0
Nach
1 Std.
durch.
Nach '/« Std.
durch.
Ganztuch
I für Offizier-
1
Paletots.
Nicht
imprägnirt.
0
Nach j
V. Std. ;
durch.
’ Nach ’A Std.
durch.
Imprägnirt.
0
0
Einzelne
Wasserflecken.
j Doeskin,
desgl.
1 Nicht
imprägnirt.
0
Nach
1 Std.
I durch.
1
1 Nach 'A Std.
‘ durch.
1
Imprägnirt.
0
0
0
Aus dem Montirungs-Depot.
Von mir imprägnirt.
Manteltucb
1 für Mann-
schaften.
Nicht
imprägnirt.
0
Nach 1 Std.
durch.
Nach 'A Std.
durch.
Imprägnirt.
0
0
0
1
1 Manteltucb
1 für Mann-
! schäften.
' (andere Quali-
tät, 8. oben.)
1
Nicht
imprägnirt.
0
Nach
V4 Std.
durch.
Nach ’A Std.
durch.
1
' Imprägnirt.
i
0
0
1 Nach <A Std.
durch.
Digitized by Gor
14
Bezugs-
quelle
Bezeichnung
des Stoffes
Ob
imprägnirt
oder nicht
I.
Sprühregen
von 2 Std.
Dauer
n.
1 Landregen
1 von 2 bis
1 2'/, Std.
! Dauer
III.
Platzregen
von V> Std.
Dauer
Aus dem Montirungs-Depot.
Von mir imprägnirt.
Waffenrock-
tuch.
Nicht
imprägnirt.
0
Nach
V. Std.
durch.
Nach '/< Std.
durch.
Imprägnirt.
0
1
1 Ö
Beil. Einzelne
Wasserflecken.
Bei 2. und 3.
= 0.
Hoeentuch.
Nicht
imprägnirt.
0
Nach
V. Std.
durch.
Nach '/> Std.
durch.
Imprägnirt.
0
0
0
Dorch diese Ergebnisse ist nberzeagend nachgewiesen, dass es in
derThat gelingt, dichtere Tucb ge webe durch Imprägnation mit
gewissen Stoffen in solchem Orade „wasserdicht“ so machen,
dass sie einen fast unnnterbrochenen, mittelstarken Land-
regen von 2‘/tStündiger Däner aashalten, ohne durchnässt zu
werden. Diese Eigenschaft zeigten alle von mir antersuchten , gut
imprägnirten Tuchstoffe für Mantel, Waffenrock und Hose der Mann-
schaften und für Paletots der Offiziere, mit Ausnahme des leichten und
auch schon für Luft in höherem Orade durchgängigen Sommertnchs für
Offiziere. Anstatt sich für Regentage im Sommer einen besonderen,
wasserdicht gemachten „Sommer- Paletot“ anznschaffen, kann ich daher
nur empfehlen, sich Mütze, Waffenrock und Hose „wasserdicht“ machen
zu lassen. Schon äusserlich war die Wirkung des Imprägnireus nach
beendetem Versuch an den Tuchen deutlich zu erkennen, insofern
dieselben in der Regel nur an den fest aufliegenden Stellen ober-
flächlich durchnässt, dagegen an den herabhängenden Theilen nur dicht
mit kleinen Wassertropfen durchsetzt oder bedeckt waren, welche sich
grösstentheils wieder abschütteln Hessen.
Feiner Sprühregen blieb auch auf die nicht impräguirten Stoffe,
wiederum mit Ausnahme des Sommertuches, wirkungslos. Grober Platz-
regen hingegen überwand die wasserabhaltende Kraft der dünneren
*) Es wurden drei nach verschiedenen Methoden imprägnirtc Waffenrooktnehe
auf diese Weise geprüft.
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15
imprägnirten Tuchstoffe (Ganz-Tuch für Offiziere, Waffenrock, leichteres
Manteltuch) durchschnittlich noch ■/< stündiger Dauer. Nur die dickeren
Tuchgewebe (Doeskin, gutes Manteltuch, Hosentnch) boten auch für
gröberen Regen '/> Stunde lang wirksamen Widerstand dar.
Dieses letztere Ergebniss erscheint unserer landläufigen Vorstellung
von der durchdringenden Wirkung des natürlichen Gewitter - Regens
befremdlich. Zur Erklärung diene folgendes : beim natürlichen Regen
fallen die Tropfen ans beträchtlicher Höhe und dementsprechend mit
grosser Geschwindigkeit auf die Kleider nieder, haben also eine viel
grössere durchschlagende Kraft; der künstliche Regen in meinen Ver-
suchen zeichnete sich zwar durch grössere Massenhaftigkeit (Dichtigkeit)
ans, jedoch fielen die Tropfen nur aus geringer Höhe (von kaum 1 m)
auf die Tuchstücke hernieder. Ferner ist zu berücksichtigen, dass es
sich bei den Versuchen fast durchweg um ganz neue Tuchstücke
bandflte, welche an und für sich schon in Folge der Appretur und des
Reicbtbums an Wolle, wie man sich leicht durch den Versuch (Besprengen
mit Wasser) überzeugen kann, Wasser schwer annebmen. Ein guter
neuer Doeskin-Paletot hält daher schon ohne Imprägnation einen mittel-
starken Landregen über 1 Stunde lang ab. Gewöhnlich trägt man aber, wenn
es regnet, nicht den neuen, sondern einen alten, abgetragenen Paletot.
Diese Erwägungen Hessen es wünschenswerth erscheinen, die
Durchgängigkeit der imprägnirten Kleiderstoffe für Wasser noch durch
eine andere, unzweideutige Methode zu prüfen.
b. Die Filtrirmethode. Die zu untersuchenden Tuchstücke,
0,3 bis 0,5 m im Quadrat gross, worden locker über grosse cylindrische
Einmachegläser mit umgebogenem Rand festgebunden, so dass die Mitte
des Tuches, io das Glas hineingestülpt, eine trichterförmige Molde
von bestimmter Tiefe bildete, in welche nun vorsichtig Wasser hioein-
gegossen wurde. Die Höbe dieser Wassersäule an der tiefsten Stelle
betrug 6 bis 8 cm. Es wurde non beobachtet, wie lange die
Tochmulde diese Wassersäule zu tragen vermochte, ohne auch nur
einen Tropfen Wasser hindnrchzulassen.
Diese ausserordentlich einfache Methode, die von Jedem leicht
nacbgemacbt werden kann, ergab sehr zuverlässige und hinsichtlich der
Wirksamkeit der imprägnirten Stoffe geradezu überraschende Resultate.
Schon beim Eingiessen des Wassers erkennt man deutlich die
wasserabbaltende Eigenschaft der imprägnirten Tuchstoffe, indem die
einzelnen Wassertropfen wie Quecksilberkogeln über das Tuch hinweg-
rollen, ohne es zu beuetzen, und zwischen Tuch und Wasserkegel eine
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Luftscbicbt besteben lassen, welche den Grund des Wassers silberbell
glänzend erscheinen lässt. Erst nach einiger Zeit gelingt es dem Drucke
des Wassers, an den jtiefsten Stellen die Luft zu verdrängen und in
die oberflächlichen Schichten des Tuches einzndringen; das Tuch
erscheint nun an diesen Stellen schwarz. Bei den nicht imprägnirten
Stoffen, wenn sie neu sind und Appretur haben, sieht man anfänglich
Aehnlicbes; doch verschwindet hier der Silberspiegel im Wassergrunde
viel schneller. Bei den imprägnirten Stoffen ist die Oberfläche des
Wassers am Rande deutlich konvex, geradeso wie Quecksilber in einem
Glasgefäss, bei den nicht imprägnirten Stoffen verflacht sich der konvexe
Meniskus am Rande sehr bald und wird dann konkav, geradeso wie
beim Wasser in einem Glase.
Die Resultate der Prüfung habe ich in nachfolgender Uebersicht zu-
sammengestellt. Die Höbe der Wassersäule bezeichnet nicht das Maximum
des Wasserdruckes, welchen ein imprägnirtes Tucbstück tragen kann, ohne
zu durchnässen, sondern nur den im V'ersnch verwendeten Wasserdruck.
Bezugs-
quelle
Bezeichnung
des Stoffes
Ob
imprägnirt
Höbe
des
W asser-
drnckes
cm
Durchgängigkeit
des Tuchfilters
Aus der Fabrik von F. Falkenbnrg
in Magdeburg. '
Manteltuch
für Mannschaften
(Liefertueb)
Nicht
imprägnirt
6,0
Nach 20 Min. der erste
Tropfen. Nach 1 Std.
entleert
Imprägnirt
6,4
Nach 24 Std. noch
unverändert
Sommertnch
für Offizier-
Paletots
Nicht
imprägnirt
6,3
Nach Vt Std. deutliches
Abtropfen. Nach b Std.
fast entleert*)
Imprägnirt
6,8
Nach 1'/, Std. beginnt
Abtropfen. Nach 5 Std.
vollständig entleert
Ganztneh,
desgl.
Nicht
imprägnirt
6,3
Nach 20 Min. der erste
Tropfen. Nach 2 Std.
ganz leer
Imprägnirt
7,2
Nach 24 Std. noch
unverändert
Doeskin, desgl.
Nicht
imprägnirt
7,4
Nach 10 Min. der erste
Tropfen. Nach 1 '/, Std.
entleert
Imprägnirt
8,0
Nach 24 (resp. 36 ) Std.
noch unverändert
•) Das Sonimertuch hatte ziemlich starke Appretur. Beim Trocknen des
durchnässten Tuches blieb auf der Oberfläche, besonders am Runde des Wassers,
eine deutliche Leimkrnste sichtbar.
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17
Bezugs-
quelle
Bezeichnung
des Stoffes
Ob
imprägnirt
Höhe
des
Wasser-
druckes
cm
Durchgängigkeit
des Tuchfilters
Aus dem HontirongS' Depot. Von mir imprägnirt.
Manteltuch
für Mannschaften
Nicht
imprägnirt
6,0
Nach 15 Mio. der erste
Tropfen. Nach 1 Std.
leer
Imprägnirt
6,0
Nach 24 Std. noch
unverändert
Manteltuch
für Mannschaften
(andere Qualität)
Nicht
imprägnirt
6,2
Nach 10 Min. der erste
Tropfen. Nach */4 Std.
vollständig entleert
Imprägnirt
6,5
Nach 24 Std. noch
unverändert
Waffenrocktnch
für Mannschaften
Nicht
imprägnirt
7,0
1
Nach 20 Min. der erste
Tropfen. Nach 2 Std.
entleert
Imprägnirt
7,0
Nach 24 Std. noch
unverändert
Hosentuch
für Mannschaften
Nicht
imprägnirt
7,3
Nach 15 Min der erste
Tropfen. Nach l>/i Std.
leer
Imprägnirt
7,8
Nach 24 Std. noch
unverändert
Im Allgemeinen entsprechen also diese Resultate denjenigen der
Regen • Versuche. Mit Ausnahme des dünnen Sommertnches
haben sämmtliche imprägnirten Tachstoffe den Druck einer
Wassersäule von 6,0 — 8,0cm Höhe 24Stunden lang getragen,
ohne einen Tropfen Wassers hindurcbzulassen.
Die Beweiskraft dieser Versuche gewinnt dadurch noch an Be-
dentnng, dass in ihnen das Tuchgewebe durch den Druck des Wasser-
kegels eine erhöhte Spannung und Dehnung erleidet, welche dem Hin-
durcbdringen von Wasser durch die Poren erfahrungsgemäss günstig
ist Nach Analogie dieser Versuche kann man also einen wasserdicht
gemachten Mantel im Felde oder Manöver ganz gut als Wasserbecken
zum Waschen benutzen. Ja, es kann eine mit wasserdicht gemachten
Hosen bekleidete Kompagnie, wofern die Schuhe wasserdicht und die
2
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18
Hosen ober den Knöcheln zngescbnürt sind, in voller kriegsmässiger
Aasrüstnng bis über die Kniee durch einen Bach hindarchwaten, ohne
nasse Fasse za bekommen.
Die Versache lehren aber auch weiterhin, dass nur die dichteren
Tachgewebe sich zur Imprägnirang mit wasserabhaltenden
Stoffen eignen, dass hingegen hei dünneren and leichteren
Stoffen (Sommertuchen) das Verfahren sich als unwirksam
oder doch nicht ausreichend wirksam erweist. Von Zivilkleider-
stoffen würden daher nur die Winter- Paletotstoffe und die dichteren
Tnche (Buckskins) zum Wasserdichtmachen geeignet sein, die meisten
Sommerstoffe hingegen nicht
Welche Vorzüge eine wasserdichte und gleichzeitig die Hant-
ausdünstungen des Körpers nicht hindernde Oberkleidung für die
Gesundheitspflege des Soldaten besitzt, bedarf keiner weiteren Begründung.
Nächst der Annehmlichkeit, welche das Trockenerhalten des eigenen
Körpers bei andauerndem Aufenthalt im Regen oder in feuchter Luft
für unser Hantgcfühl hat, ist namentlich hoch anzuschlagen die Ver-
meidung der nicht geringen Zahl derjenigen alljährlichen Krankheits-
fKlle in unserer Armee, welche als die Folge von Durchnässnngen des
Körpers auf Märschen, bei Felddienstübungen, beim Exerzieren, im
Biwak u. s. w. anzuseben sind und so häufig zu danernden Störungen
der Gesundheit bezw. zur Invalidität führen. Es gehören dahin viele
Fälle von akutem und chronischem Gelenkrheumatismus (mit Ilerz-
affektionen), von chronischem Muskelrbenmatismus, von Entzündungen
der Nieren, von Entzündungen des Brustfells und der Athmungsorgane,
von Blasenkatarrh u. A.
Aber noch in einer anderen Beziehung verdienen wasserdicht
gemachte Kleidungsstücke vor der gewöhnlichen Kleidung den Vorzug.
Nicht imprägnirte Kleider sind nicht bloss durchlässig für Regen, sondern
sie saugen sich gleichzeitig mit Wasser voll und werden dadurch fast
undurchlässig für Luft, wie ich bereits im Abschnitt 2 für die einzelnen
Stoffe genauer nachgewiesen habe. Sie hindern in diesem Zustande die
Hautausdünstung des Körpers in mehr oder minder beträchtlichem Grade,
ähnlich wie ein impermeabler Gummianzug, und üben damit eine
hemmende Wirkung auf die sezernirende Thätigkeit der Sebweissdrüsen
aus, was erfahrungsgemäss von nachtheiligen Folgen für die Gesundheit,
insbesondere für die Thätigkeit der Nieren, begleitet ist Bekanntlich
spielt in der Aetiologie der chronischen Nierenentzündungen (Morbus
Brightii) die andauernde Behinderung der Wasseraussebeidnng durch die
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Bt>suf^0quello
19
Haut, X. B. beim Äafenthalt in einer mit Feuchtigkeit gesättigten Lnft,
io feuchten Wohnungen, in feuchtem Klima (Holland), eine wichtige, ja
wohl die wichtigste Rolle.
Um festcnstellen, in welchem Grade die Imprägnirnng mit wasser-
abbaltenden Stoffen die Kleidung vor Durchnässung und Impermeabilität
schützt, habe ich die Wasseraufnahmefähigkeit der imprägnirten Stoffe in
einer besonderen Versuchsreihe genauer untersucht
4. Die Aufsaugungsfähigkeit wasserdicht gemachter Kleider-
stoffe für Wasser und ihre Durchgängigkeit für Loft im
nassen Zustande.
Zum Zwecke der Aufsaugung von Wasser wurden die Tocbstücke,
wie schon früher bei den ähnlichen Versuchen des Abschnitts 2, auf
eine Wasserfläche von Zimmertemperatur geworfen und hier 1 — l'/t Stunden
liegen gelassen. Hatten sie sich vollgesogen, so sanken sie unter,
and zwar um so früher, je schneller die Vollsaugung erfolgte^
War die Anfsaagang aber eine unvollständige, und blieb noch eine
hinreichende Menge Lnft in den Poren des Tuches zurück, so blieben
sie schwimmen oder sanken nur theilweise unter. Das letztere Verhalten
zeigten sämmtliche imprägnirten Tnchstoffe, ausser ihnen aber einige
der nicht imprägnirten Tuche, z. B. Sommertuch uud Ganztuch aus
Magdeburg, letztere wohl in Folge stärkerer Appretur, welche, wie ich
bereits im vorigen Abschnitt erwähnte, bei ganz neuen Tuchen die
W'asseranfnahme erschwert. Ich konnte daher Stoffe der letzteren Art
zur Bestimmung der Aufsaugungsfähigkeit für Wasser nicht verwerthen.
Im Uebrigen waren die Methoden die früher beschriebenen.
a. Anfsaugung von Wasser. (Temp. -I- 13® R.)
40,72 qcm Tuch. Gewicht in Grammen.
Bezeichnung des
Stoffes.
Manteltuch
für Mannschaften
Sommertnch für
Offizier-Paletots
Ganztuch für
Offizier- Paletots
Doeskin
Nicht imprägnirt
00 ^ 8
2 = p “
Imprägnirt
® S I merkungen.
<C I 8 E ^
^ < =>
v: \ ^ c>
2,57 I 3,70 1,13
1,285, ? ? 1,29 2,51 i 1 22
1,16.') ? I ? 1,63 2,89 ; 1,26
2,43 7,46 I 5,03 2,505 3,66 i 1,15
Die nicht iin-
prl^irten Pro-
ben fiogen sich
nicht voll, blie-
ben «cbHim-
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20
Bezugsquelle
Bezeichnung des
Stoffes.
Nicht imprägnirt
Imprägnirt
Be-
merknngen.
a
V
o
o
u
H
Ä
CR
s s «
's B i
c
Trocken
Nass
•fs S
Vom Montirungs- Depot,
von mir imprägnirt
Graues Manteltuch für
Mannschaften
2,36
5,70
3,34
2,51
*4,16
1,65
Manteltnch anderer
Qualität
2,21
4,80
2,59
2,42
4,34
1,92
Sehr weHporiees
Tot'b, nahm
her, selbitt im-
prttipiirt. relativ
viel Wasser auf.
Waffenrocktuch,
Tmprägn. a.
2,04
7,42
5,38
2,12
3,315
1,20
Waffenrocktuch,
Imprägn. b.
2,04
7,42
5,38
2,11
3,21
1,10
Hosentuch
2,28
6,105
3,83
2,51
3,61
1,10
Die Menge des von den imprägnirten Stoffen anfgenommenen Wassers
ist, wie man sieht, eine auffallend gleicbmässige, während sie bei den
nicht imprägnirten Stoffen ziemlich erheblich Tariirt. Man kann darans
schliessen, dass das Wasser yon den imprägnirten Stoffen nicht aufge-
sogen ist, sondern nur ihrer Oberfläche anhaftet, was auch durch den
Augenschein bestätigt wird. Da stets beide Flächen des Tuches benetzt
wurden, so ist diese Wassermenge ungefähr doppelt so gross als diejenige,
welche beim Regen den Kleidern anhaften würde. Ungeachtet dessen ist
doch die von den nicht imprägnirten Tuchstoffen aufgenommene
Wassermenge um das 2- bis 4</ifsche grösser.
b. Durchgängigkeit der nassen Stoffe für Lnft.
Es gingen durch 1 qm Stoff . . . Liter Luft in 1 Sekunde
(2} m
«C—
5 §
Bezeichnung des Stoffes
Nicht imprägnirt
Imprägnirt
C
tL
Mauteituch für
Mannschaften
14,9
39,8
O S
X» x>
a ü
Sommertuch für Offiziere
? (s. oben)
49,1
M tt
Ganztuch für Offiziere
? desgl.
36,6
Doeskin für Offiziere
2,9
38,0
Digitized by Google
21
1
S 0)
M s
Bezeichnung des Stoffes
Nicht imprägnirt
Imprägnirt
Montirungs - Depot.
Manteltuch für
Mannschaften
4,6
47,0
Waffenrocktuch, Impr. a.
5,3
46,8
Waffenrocktncb, Impr. b.
5,3
34,3
Hosentnch für
Mannschaften
9,2
49,3
Darcb diese Ergebnisse wird also die obige Voraossetzang vollkommea
bestätigt. Während Darchnässnng die Permeabilität der nicht
imprägnirten Stoffe für Luft auf ein Minimum berabdrückt,
wird bei den imprägnirten Stoffen durch Benetzung die Durch-
gängigkeit zwar deutlich vermindert, aber doch in keiner den Or-
ganismus schädigenden d. b. die Hautausdünstungen wesentlich
hemmenden Weise beeinträchtigt.
5. Die Theorie der Wirkung des Imprägnirens.
Mikroskopische Beobachtungen des Verhaltens der imprägnirten
Stoffe gegen Wasser führten mich bald zur Erklärung der Wirkungsweise
des Verfahrens.
Ohne Wasser ist das imprägnirte Gewebe von dem nicht imprägnirten
mikroskopisch nicht zu unterscheiden. Setzt man Wasser hinzu, so sieht
man massenhaft Luftblasen, oft von beträchtlicher Grösse, im Gewebe
eiogeschlossen und dem Druck des Wassers bezw. des Deckgläschens wider-
stehen. Lässt man von einer Seite her Wasser gegen das Gewebe an-
dringen, so sieht man, wie es am Rande des Tuches halt macht, in einzelne
Zwischenräume und Lücken Fortsätze bineinschiebt, aber fast niemals
das Gewebe bezw. die Fasern selbst berührt. Isolirt man die Gewebs-
fasern durch Zerzupfen des Tuches und lässt nun Wasser einwirken, so
erhält man ein zierliches mikroskopisches Bild : alle Fasern erscheinen in
glänzende Perlenscbnüre nmgewandelt, durchzogen von schwarzen Fäden,
Zahlreiche Luftbläscben verschiedener Grösse umgeben dicht gedrängt
die einzelne schwarze Faser und haften so fest an derselben, dass weder
der Strom des hindurcbgesogenen Wassers, noch die durch den Druck
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22
des Deckglases hervorgerufenen Bewegungen sie abzulösen vermögen.
Ganz anders das nicht imprägnirte Tuch. Hier dringt das Wasser,
namentlich unter Anwendung mechanischer Einwirkungen, ziemlich leicht
in das Gewebe ein; die einzelnen Fasern benetzen sich mit dem Wasser
und halten keine Luftblasen zurück.
Die Deutung dieser Beobachtungen ist sofort klar. Durch die Im-
prägnation haben die Wollfasern ihre mechanischen Affinitätsverhältnisse
zum Wasser und zur Luft geändert. Die Adhäsion der Wollfaser
zum Wasser ist vermindert und zwar in solchem Grade, dass
die an und für sich geringe Kohäsion der W'assertheilcben
untereinander durch sie nicht überwunden wird. Es ist vielmehr
andererseits die Adhäsion der Wollfaser zur Luft stärker
geworden, so dass weder die Gegenwart des Wassers an und
für sich, noch auch die gleichzeitige Anwendung mechanischen
Druckes genügt, die Luft von der Oberfläche der Faser zu
verdrängen. Nach dem Ergcbiiiss der Filtrirversuche des Abschnitts 3
reicht selbst der Druck einer Wassersäule von 8 cm bei dichtem Tuch-
gewebe noch nicht hin, diesen Widerstand zu überwinden.
Die Affinitätsverhältnisse zwischen dem Tuch und dem Wasser sind
somit ähnliche geworden, wie zwischen Glas und Quecksilber, wie zwischen
einer fettigen Substanz und Wasser oder, noch zutreffender, wie zwischen
den Federn einer Ente und dem Wasser, auf welchem sie schwimmt.
Eine Ente wird bekanntlich niemals nass im Wasser, ebenso wenig wie
alle anderen Wasservögel. Taucht die Ente unter das Wasser, so laufen
beim Wiederanfrichten die Wassertropfen schnell vom Gefieder ab, wie
Quecksilber von einer Glasplatte und wie Wasser von einer Fettflächc.
Und doch ist weder das Gefieder der Ente, noch die Faser des
imprägnirten Tuches fettig. Taucht man ein Stück imprSgnirten Tuches
in Wasser ein, so erscheint die Oberfläche des Wassers am Rande des
Tuches eingezogen und konvex abgerundet, wie wenn man Glas in
Quecksilber cintaucht; zieht man das Tuchstück wieder heraus, so
ist es kaum benetzt vom Wasser, und die wenigen anbängenden Wasser-
tropfen lassen sich leicht abscbütteln. Beim nicht imprägnirten Tuch
sieht man, wenn es neu ist (Appretur), anfangs Aehnliches, doch geht der
konvexe Rand des Wassers allmälig in einen horizontalen und schliesslich
konkaven Meniskus über. Der Silberspiegel am Bodeu des Wassers bei
den Filtrirversuchen (Abschnitt 3) beruht ebenfalls auf der Anwesenheit
einer Schicht Luft, welche von der Oberfläche des Tuches zäh fest-
gehalten wird.
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23
Durch diese Eigenschaft der imprägnirten Wollfaser wird es nun
auch Tollkommen verständlich, warum das Wasser in einem solchen
Tncbgewebe nicht anfsteigen kann, oder, wie wir gewöhnlich
sagen, von einem solchen Tuche nicht anfgesogen wird. Denken wir
uns die Poren eines Tnchgewebes als glatte, geradverlaufende Kapillnr-
röbrchen, so verhält sich das Wasser in diesen Röhrchen genau so, wie
Quecksilber in einem Glasrohr, d. h. es bildet eine konvexe Oberfläche,
welche keine Tendern hat in die Höhe zu steigen, da die Kohäsion des
Wassers grösser ist als die Adhäsion desselben zur Wand bezw. zur im-
prägnirten Faser. Ist das Röhrchen von Glas, so bildet das Wasser be-
kanntlich einen konkaven Meniskus; die Adhäsion des Wassers an die
Glaswand ist stärker als die Kohäsion ; durch kontinuirliches Zusammen-
fliessen der erhobenen Randschicbten steigt das Wasser in die Höhe
(Kapillarität). Auf diesem Vorgänge beruht bekanntlich die Erscheinung
des Anfsaugens von Wasser durch einen Schwamm, durch gewöhnliches
Tnchgewebe und andere poröse Körper.
In einem imprägnirten Tuche haben also die Poren in Folge ver-
minderter oder aufgehobener Adhäsion zwischen Wollfaser und Wasser
die Eigenschaft der Kapillarität verloren. Dem Hineindringen des
Wassers wird ausserdem noch dadurch ein Widerstand entgegengesetzt,
dass die Poren nicht glatt und gerade verlaufend sind, sondern rauh,
sehr ungleich weit und mannigfach verschlungen, so dass die Bewegung
des Wassers in ihnen gehemmt wird durch Reibung. Dieser Umstand
erklärt es, dass dicht gewebte und sehr dicke Tuche die stärkste wasser-
abbaltende Kraft durch die Imprägnirung erlangen, während umgekehrt
bei weitporigen, locker gewebten und dünnen Tucbstoffen die wasser-
abhaltende Wirkung der Imprägnation nur eine geringe ist. —
6. Die Methoden der Imprägnation.
Die bisherigen Methoden der Imprägnation sind rein empirisch
gefunden und stammen von der Färberei her. Das Wesen derselben
besteht darin, dass man auf den Fasern des Gewebes festhaftende
Niederschläge erzeugt von Stoffen, welche in Wasser un-
löslich sind und eine geringe Affinität (Adhäsion) zum
Wasser haben. Zn dem Zweck wird das Gewebe mit der Auflösung
eber in Wasser löslichen Substanz behandelt, aus welcher Lösung als-
dann entweder durch die Flächenwirkung der Gespinnstfasern beim
Trocknen oder durch Hinzufügung einer zweiten Substanz der fragliche
unlösliche Körper als festhaftender Niederschlag auf der Faser sich
abscheidet
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24
Unter den mannigfacben löslichen, snr Brsengong nnlöslicber
Niederschläge geeigneten Sabstanien haben die stärkste mechanische
Affinität znm organischen Oewebe die sauren Salze der Thonerde
(Alaun, essigsanre Thonerde nnd phosphorsaure Thonerde), welche auch
als , Beizen* in der Färberei zur Erzeugung festhaftender (d. i. wasch-
echter) Farbenniederschläge die ausgedehnteste Anwendung finden. In
einem mit einer heissen Alaunlösnng getränkten (gebeizten) Oewebe z. B.
haftet das Thonerdesalz so fest, dass es selbst durch wiederholtes
Spulen in Wasser nicht gelingt, die letzten Spuren von Alaun ans dem-
selben zu entfernen. Die Niederschläge aus diesen Salzen werden auf
zweifache Weise erzeugt.
Bei Anwendung von Alaun als Beize lässt man nachher eine
Seifenlösnng einwirkeo. Es bildet sich auf der Faser ein weisser
oder grauer Niederschlag yon Thonerdeseife (stearinsanrem und
palmitinsaurem Alumininmoxyd), welcher in Wasser vollständig un-
löslich ist und sehr fest haftet. Die Reduktion der essigsanren
Thon erde zu unlöslichen Verbindungen dagegen wird, ohne fremde
Zusätze, ganz allein durch die Kontaktwirkung der Oewebsfasern beim
Verdunsten bewirkt Das saure Tbonerdesalz wird dabei durch Ab-
spaltung von Essigsäure, welche in die Luft entweicht, in eine basische
und in Wasser unlösliche essigsanre Tbonerde verwandelt, welche zu-
gleich die Adhitsion der Oewebsfaser zum Wasser vermindert, ohne ihre
Elastizität und Festigkeit zu beeinträchtigen. Dieses Verfahren ist zum
Wasserdichtmachen gegenwärtig das gebräuchlichste und bei den
farbigen Tuchen ausschliesslich angewendete. Lässt man diese Reduktion
beim Trocknen in der Wärme (über 30° R.) vor sich gehen, so erfolgt
die Umwandlung nicht in der angegebenen Weise, sondern es wird die
essigsanre Tbonerde vollständig zerlegt in Aceton, Kohlensäure nnd
Tbonerde (Alnminiumoxyd), welche letztere als staubiges Pulver im
Gewebe zurückbleibt.
(C, H, ” Al 0, + 3 (C, H, 0) -1- 3 C 0,.
(Essigsanre Thonerde) (Aceton).
Dieselbe Zerlegung findet bekanntlich bei der trockenen Destillation
essigsaurer Salze statt. Höhere Wärmegrade sind daher bei der Im-
pragiiirnng zum Zwecke des Wasserdichtmachens zu vermeiden.
Die hier dargelegten Grundzüge bilden das Wesentliche bei allen
bisher angewendeten und weiter unten beschriebenen Methoden. Die
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25
Abweichnngen, welche einzelne Fabrikanten darin zur Anwendung
bringen nnd gewöhnlich als gFabrikgeheimniaa“ betrachten, sind, soweit
oir bekannt, anwesentlich nnd berühren das Prinzip der Methode nicht.
a. Die Imprägnation wollener Gewebe (Tuche).
K. Aeltere Methode. Die Stoffe werden zuerst in einer 2 prozentigen Alaun -
lösung bis zum Sieden erhitzt, dann ausgerungen nnd noch 10 — 15 Minuten lang in
einer gleichfalls heissen, klaren Auflösung von weisser Natronseife 2 — 3 **/o
gelassen. Alsdann werden sie heransgenommen , in Wasser gespölt, ausgerungen
and znm Trocknen aufgehängt. Nach dem Trocknen rollt oder bügelt man sie
wieder glatt
Für Kleidertnche ist dies Verfahren nicht zu empfehlen. Waffenrocktucb und
Manteltuch, welches ich auf diese Weise imprägnirte, wurde grau durch die ein-
gelagerten feinen Niederschläge (Thonerdeseife) und war fettig (seifig) anzufühlen.
Aber dieses Tuch hielt vorzüglich Wasser abl Ich möchte das Verfahren
daher znm Wasserdichtmachen von Pferdedecken empfehlen.
ß. Modifikation dieses Verfahrens. Man bestreicht das Gewebe auf der
Rückseite (!) mit der nachfolgenden heissen Lösung mittels einer Bürste und lässt
(s trocknen. Alsdann bürstet man das Gewebe gegen den Strich und glättet es
wieder mit einer in reines Wasser getauchten Bürste, um ihm den Glanz zu
nehmen. Die Lösung ist folgende ; 15 g Hausenblase in 1 1 Wasser, 30 g Alaun in
II Wasser und 30 g Seife in l/zl Wasser; jede Lösung wird für sich bereitet,
klar filtrirt und dann mit den übrigen gemischt. Das Gemisch wird znm Sieden
erhitzt nnd heiss aufgetragen.
Das Verfahren ist nicht brauchbar. Schon beim Sieden des Gemisches wird
da grösste Theil des Alauns und der Seife zersetzt. Der Niederschlag bildet sich
also nicht erst auf der Faser und haftet in Folge dessen auf derselben nur sehr
lose. Das stark trübe Gemisch erstarrt beim Trocknen zu einer grauen Kruste,
welche erst durch Zerreiben locker gemacht werden muss und gleichzeitig die Durch-
lässigkeit des Gewebes für Luft beinträchtigt.
Y- Die Imprägnation mit reiner Lösung von essigsaurer Thonerde.
Man dnrchtränkt das Tuchgewebe mit einer heissen Lösung von essigsaurer
Thonerde 1 **/(), entweder indem man es t/s Stunde lang in einer solchen Lösung
kocht, oder indem man eine kochende Lösung auf das Tuch bis zur vollständigen
Ourchtränkung aufträgt. Das erstere Verfahren ist wirksamer und empfiehlt sich
für noch nicht verarbeitete Militärtuche. Das letztere Verfahren ist nur bei bereits
fertigen Kleidungstücken anznwenden. Man breitet im letzteren Falle die
Kleidungsstücke auf einen Tisch ans; während der Eine die heisse Lösung mittels
einer weichen Bürste oder noch besser mit einer feinlöcherigen Giesskanne gleich-
mässig auf dem Tuche rertheilt , sucht der Andere durch beständiges Klopfen der
benäsiten Stellen mit den flachen Händen die Flüssigkeit in das Innere des
Gewebes hineinzupressen. Dies muss so oft wiederholt werden, als bis das Gewebe
in seiner ganzen Dicke mit der Lösung durchtränkt ist, wozu nach meiner Er-
fahrung eine etwa dreimalige Berieselung derselben Fläche erforderlich isL Als-
dann hängt man die durchnässten Stücke in gut ventilirten Räumen zum Trocknen
auf. Das Trocknen muss so lange dauern, bis das Tuch nicht mehr sauer (nach
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26
entweichender hissigeäure) riecht. Krst wenn keine Essigeüure mehr entweiclit und
das Tuch genichlos ist, ist der Redoktionsprozess als beendet anzuseheii. Nach dem
Trocknen muss das Tuch gerollt oder mit einem Bügeleisen geglättet werden, um
ihm wieder Ansehen zu geben.
Dieses Verfahren eignet sich für alle farbigen Militär- und Civil-
Tuchstoffe, da es die Farbe, die Festigkeit und Elastizität des Gewebes
nicht merklich verändert und hinsichtlich der wasserabhaltenden Kraft
dem Bedürfnisse unseres Klimas im Allgemeinen genügt.
Die Lösung darf nicht lange vorrälhig gehalten werden, da sich das Salz schon
spontan unter dem Einfluss der Ziiunierwärme langsam zersetzt. Am besten wird
die Lösung jedesmal frisch bereitet und zwar auf folgende Weise: Man löst
getrennt 20 g krystallisirten Alaun auf 1 I Wasser und 26 g Bleizuckcr
auf 1 I Wasser, mischt beide Lösungen, lässt den unter Umschüttcln sich bilden-
den weissen Niederschlag von schwefelsaurem Blei sich absetzen und liltiirt die
darüber stehende Lösung. Das Filtrat ist eine ziemlich reine, annähernd 1 prozentige
Lösung von essigsaurer Thonerde.*)
In grösseren Städten bekommt man eine konzentrirte Lösung von essigsaurer
Thonerde von ca. 8<’/o (Liquor Aluminis aeetici) vorräthig zu kaufen, man hat dann
nur nölhig, diese Lösung mit der 6 — 7 fachen Menge Regen-, Fluss- oder destillirten
Wassers zu verdünnen. —
(I. Als sehr zweckmässig habe ich es gefunden, die zuvor mit essigsaurer Thon-
erde imprägiiirten Gewebe nachher noch mit einer dünnen Leimlösung zu
tränken, als welche sich am besten eine Auflösung von guter, glashellcr
Gelatine 1:400 Wasser eignet, weniger eine klare Hausenblasenlösung 1:600.
Die Lösung wird gleichfalls heiss auf das Tuch aufgetragen, jedoch nur ober-
flächlich, so dass letzteres nur damit benetzt ist. Das Tuch wird dann wieder
zum Trocknen aufgehängt und zum Schluss gerollt oder gebügelt. Es bekommt
danach einen schönen Glanz, wie neues Tuch mit guter Appretur, und hält
vorzüglich W'asser ab. Sehr lockeres, durchsichtiges Manteltuch, welches
nach Imprägnation mit essigsaurer Thunerde allein noch Wasser bei ä,ä cm
Druck leicht hindurchlies.s, hielt nach nachträglicher Durchtränkung mit Gclatine-
lösung eine Wassersäule von 6,0 cm volle 24 Stunden ab (vergl. die Tabellen des
Abschnitts 3).
Noch zahlreiche andere Imprägnatiunsmittel habe ich versucht (Alaun, A. mit
Kalk Wasser, A. mit Soda, Thonerdenatron, Aluminiumoxydhydrat, phosphorsaure
Thonerdc u. A.). Keins von ihnen hat sich bewährt. Die Imprägnation mit essig-
saurer Thonerde (mit oder ohne Gelatine) ist für alle wollenen Gewebe die wirk-
samste und zugleich einfachste, auch relativ billig.
•) Anmerkung: Obige Gewichtsverhältnisse habe ich aus den Atomgewichten
Ka)
beider Salze berechnet. Alann = Al l Os -4- 24 nq., I Mol. wiegt 921, . 3 K.
4 SOi )
Bleizucker = (Cs Hs f>z)z Pb 3 aq., 1 Mol. wiegt 40ö K. Zur Bildung von
AI 1
essigsaurer Thonerde ~ (Cj O)« ) erforderlich 3 Moleküle Blei-
zucker und 1 Moleküi Alaun = 1215 Th. Bleizucker -f- 9‘-l Th. Alaun, oder
1,3 + 1,0.
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Ich habe Dachfolgend den Preis berechnet, welchen die Impräg-
nation der Mannschafts - Mäntel eines Bataillons (600 Mann)
kosten würde:
Zur Imprägnation eines Mantels sind erforderlich 5 1 Lösung von
essigsaurer Thonerde 1%, mithin pro Bataillon 3(XX) 1, enthaltend
30 kg essigsaurer Thonerde. Zur Bereitung dieser letzteren sind er-
forderlich 30 kg Alaun und 39 kg Bleizucker (Bleiacetat); diese
kosten (gegenwärtig) 30 x 0,30 Mk. 39 X 0,60 Mk. = 9 + 23,4 =
32,4 Mark. Dazu kommen pro Mantel 2 1 Oelatinelösung ’/« Vo, pro
Bataillon 1200 1 = 3,0 kg Gelatine = 9,90 Mark. In Summa 42,30 Mark.
Truppen in grösseren Städten würden am besten tbun, sich die Lösung
von essigsaurer Thonerde 1 ”ja fertig von der Apotheke oder einer
chemischen Fabrik liefern zu lassen. Truppen, welche über eine Wasch-
küche verfügen, würden am einfachsten und wirksamsten die Mäntel,
nach Ablösung der Knöpfe, direkt in die Kessel mit siedender Lösung
eintancben und etwa 10 Minuten darin kochen lassen. Das Trocknen
geschieht am besten auf einem luftigen Bodenraum. Nach dem Trocknen
müssen die Mäntel gerollt oder besser gebügelt werden.
Bei allgemeiner Einführung wasserdichter Kleidungsstücke in die
Armee würde es sich empfehlen, das Tuch noch vor der Verarbeitung,
am besten im Korps-Bekleidungsamt, welches hierzu mit entsprechenden
Einrichtungen zu versehen wäre, imprägniren zu lassen. Nicht bloss der
Mantel, sondern auch die Mütze, der Waffenrock und die Hose des Soldaten
würden, am ihn vor Durchnässnng zu schützen, wasserdicht zu
machen sein. Nur für Reithosen ist das Verfahren erfabrnngsgemäss
nicht ausreichend; die Kniee werden in Folge der Spannung der Hose
ziemlich leicht durchnässt. Reiter bedürfen daher znm Schatze der Kniee
bei stärkerem oder anhaltendem Regen des Mantels.
b. Die Imprägnation grobleinener und hänfener Gewebe.
Um Zelt- and Segelleine wand, Wagendecken, Scboberpläne n. dergl.
Stoffe wasserdicht zu machen, bedient man sich ähnlicher Methoden,
welche jedoch weniger Rücksicht auf Farbe und Aussehen nehmen. Da
es sich auch hier in der Regel um sehr dicht gewebte, relativ derbe
Stoffe handelt , welche für Luft nicht durchgängiger sind als Mantel- oder
Waffenrocktnch (s. die Tabelle im Abschnitt 2), so gelingt ihre Impräg-
nirnng auch leicht und vollständig. Die Fabrikanten machen ausgedehnten
Gebrauch davon. Fast auf jeder gewerblichen und landwirthscbaftlichen
Ausstellung sieht man Stoffe dieser Art ausgestellt.
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a. Aeltere Methode. Man tränkt das Gewebe mit einer heissen Alaun-
ISsung 5^/o (Beize) und trägt dann mittels Pinsels eine Aiiflüsnng von Kolopho-
ninmseife and weisser Kernseife ää 1:30 Wasser anf. (1Tb. Kolopboniom
wird mit 1 Th. kryst. Soda in 10 Th. Wasser gekocht, die sich bildende Seife mit
Vs Theil Kochsalz abgeschieden.) Alsdann spült man den Stoff in Wasser aus,
trocknet nnd rollt ihn.
Das Verfahren ist für grobe Stoffe (Schoberpläne u. A.) sehr brauchbar. Der
Stoff fühlt sich aber fettig (seifig) an.
Es giebt mehrere Variationen dieser Methode. Anstatt Alaun wird als Beize
auch Kupfervitriol, chromsaures Kali, Eisenoxydsalze gebraucht.
Die Imprägnation mit essigsaurer Thonerde 2^/o allein (genan
wie oben) findet gegenwärtig vielfach Anwendung, namentlich bei Zelt- nnd
Segelleinewand, bei Jagdanzügen daraus, bei Leinenstoffen zu häuslichen und ge-
werblichen Zwecken. Vielleicht bewährt sich auch hier die nachträgliche Imbibition
mit GelatinelSsung 1 : 400.
y. Beizung mit heisser Alaunlüsung 2Vo, 13 Minuten lang; darnach
Spülen in Wasser. Darauf Eintauchen in eine heisse Auflösung von Katron-
seife 3Vo, 13 Minuten lang. Alsdann wieder Spülen in reinem Wasser; Trocknen;
Rollen.
Diese Methode ist nach meinen Versuchen weitaus die beste dieser Gattung.
So behandelte Segelleinewand ist in Farbe, Konsistenz und Aussehen von
gewöhnlicher, nicht imprägnirter Leinewand nicht zu unterscheiden, bei sorgfältiger
Spülung frei von fettigem Gefühl, und dabei vorzüglich wasserdicht. Ich
kann diese Methode zum Wasserdicbtmachen von Offizier- und Mannschafiszelten,
von Windschirmen, von Brotbeuteln, von Küchen- und Arbeitsanzügen, von Jagd-
und Feuerwehr-Anzügen, vou Schober-Plänen and dergl. nur warm empfehlen.
Die DrillicbkleiduDgsBtncke des Soldaten (Rock, Jacke, Hose) wasser-
dicht za maclien, ist nicht rathsam, wiewohl die Imprägnation
der neuen Drillichsachen, im Hinblick anf ihre relativ geringe Durch-
lässigkeit für Luft, sicherlich sehr wirksam sein würde. Aber diese
Wirksamkeit würde mit jeder Seifenwäsche erheblich abnehmen.
Von praktischer Wichtigkeit ist es, zu wissen, wie lange ein nach
obiger Methode wasserdicht gemachtes Militärtnch seine
Wirksamkeit behält.
Eine bestimmte Antwort auf diese Frage lässt sich zur Zeit noch
nicht geben. Auf Grund der Analogie mit den echt gefärbten Tuchen lässt
sich annehmen, dass ein imprägnirter Waffenrock die auf seinen Fasern
im Entstebungsmomente niedergeschlagene, wasserabhaltende Substanz
ungefähr eben so lange festhalten wird, wie den durch analogen Vorgang
niedergeschlagenen Farbstoff, z. B. Indigo. Nach den Mittheilungen von
Offizieren, welche sich im Besitze von imprägnirten Paletots befinden,
hat sich die Wasserdichtigkeit mehrere Jahre hindurch vollkommen
erhalten. Ich selbst besitze einen solchen Paletot, welcher im Sommer 1878
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mit essigsaorer Tbonerde impräguirt worden ist; ich habe ihn bis 1882
nnr wenig nnd von 1883 ab in jedem Manöver getragen. Diesen Paletot
bängte ich am 24. Mai v, Js. anf dem platten Dache eines niedrigen Hauses
während eines nnunterbrochenen, meist feinen Landregens aasgebreitet über
die Pässe eines umgekehrten Lehnstuhls. Nach diesem iständigen
Regen war das Unterfutter und die Innenfläche des Tuches in
dem 8Jabre alten Paletot noch ganz trocken. An der äussern
Fläche waren die oberflächlichen Schichten des Tuches durchnässt, an
den abhängigen Theilen sogar bis zu erheblicher Tiefe. Nirgends aber
war das Wasser nach innen hindurch gedrungen.
Wir stehen hier offenbar erst am Anfänge der Erkenntniss. Nach-
dem nun aber das Wesen der Wirksamkeit des Wasserdichtmacbens von
Kleiderstoffen erschlossen worden ist, dürfen wir hoffen, dass die rastlos
tbätige chemische Technologie uns in nicht zu ferner Zeit Stoffe und
Methoden kennen lehren wird, welche die bisherigen an Wirksamkeit
noch übertreffen. Als das Ideal aller dieser Bestrebungen möchte ich
bezeichnen, die äussere Kleidung des Menschen in demselben Grade
wasserabhaltend zu machen, wie es das Gefieder der Ente ist
Zwei Fälle von Gelenkmaas des Kniegelenkes.
Mitgetheilt von
Stabsarzt Dr. Pfahl in Zabem i. EU.
Als ich im November 1883 den ersten der beiden Krankheitsfälle,
über welche ich an dieser Stelle berichten will, beobachtete, bot derselbe
für mich deshalb ein besonderes Interesse, weil ich bis dahin noch niemals
Gelegenheit gehabt hatte, eine Gelenkmaas anders als aus Büchern nnd
pathologisch -anatomischen Sammlungen kennen zu lernen. Vor wenigen
Monaten kam mir in meiner kleinen Garnison die zweite Erkrankung
dieser Art zu Gesicht, und ich musste unwillkürlich an die „Duplizität
der Fälle“ denken; in meiner bisherigen Meinung von der relativen Selten-
heit dieser Vorkommnisse wurde ich jedoch stutzig, ich sah mich daher
in der Litteratur um, fand indessen meine Annahme durch eine Bemerkung
Billroth's,'*^) dass die Gelenkkörper „überhaupt änsserst selten, vielleicht
*} Billrotb, Allgeni. Chirurg. Pathologie u. Therapie, III. Auflage, Seite 55b.
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die eelteoste Gelenkkrankbeit“ seien, bestätigt. Dieser Umstand sowie
namentlich der äusserst günstige Heilnngsverlanf nach der operativen
Entfcrnnng der Gelenkkörper veranlassen mich zur Veröffentlichnng meiner
beiden Beobachtungen.
In der vorantiseptischen Zeit, wo man die Eröffnung der grösseren
Gelenke als einen gefährlichen, oft zu Vereiterung des Gelenkes, ja
selbst zu Pyämie nnd anderen tUdtlichen Wundkrankheiten führenden
Eingriff scheute, haben sich die Militärärzte mit Recht nur bei
zwingender Nothwendigkeit zur Eröffnung des Kniegelenkes verstanden.
Aber auch heutzutage sind es noch oft genug Gründe äusserer Natur,
welche in der militärärztlicben Praxis von nicht strikte gebotenen opera*
tiven Eingriffen abhalten. Werden jedoch dem Patienten die Vortheile,
welche er von einer Operation zu erwarten hat, genügend klar gemacht,
so wird er sich um so eher dazu entschliessen, als ja jetzt fast stets
die Versicherung hinzugefügt werden kann, dass eine Lebensgefahr mit
der Operation nicht verbunden. Auf diese Weise werden gewiss in Zu-
kunft manche Leute dem Dienst erhalten bleiben, die früher als unbrauch-
bar entlassen und denen auch meist Invalidenbenefizien zugebilligt
werden mussten. — Meine beiden Kranken waren mit der Operation
nicht nur einverstanden, trotzdem sie Versorgungsanspräche hätten geltend
machen können, sondern sie wünschten auf die Versicherung, dass die
Beseitigung ihres Uebels gefahrlos sei, dringend dieselbe.
1) Der Jäger M. ging am 3. Februar 1885 zum ersten Male dem
Lazareth zu; er diente im 2. Jahre. Früher war er angeblich stets gesund
gewesen, namentlich batte er nie an Schmerzen im rechten Knie gelitten.
Am 1. 2. war er beim Springen über das Schnnrspranggestell binge-
scfalagen nnd hatte gleich darauf Schmerzen am rechten Knie verspürt,
besonders nach aussen von der Kniescheibe. Der Umfang des rechten
Kniegelenks betrug 1’/, cm mehr wie links, die Kniescheibe war abge-
hoben. Schmerzhaftigkeit bei Druck massig, heftig beim Versuch das
Knie zu beugen an dessen äusserer Seite. Nach 4 Tagen waren unter
Anwendung von Kälte und Druckverbänden die Schmerzen und nach
weiteren 8 Tagen auch die Anschwellung geschwunden. Patient wurde
am 7. 3. anscheinend völlig geheilt entlassen. — Am 24. 4. wurde er
zum zweiten Male in das Lazareth aufgenommen; 2 Tage vorher waren
nach Ausführung des Ilocbsprnngs Schmerzen im rechten Knie aufgetreten^
die sich bei dem darauf folgenden Exerzieren noch gesteigert hatten.
Das Kniegelenk war von Neuem angeschwollen nnd besonders beim
Dnrchdröcken klagte M. über Schmerzen in der Tiefe des Gelenks.
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Nach wcDigen Tagen hatten sich diese Erscheinnngen wieder verloren,
der Kranke wurde jedoch noch längere Zeit, bis som 25. 5., im Lazareth
behalten. Er that dann wieder allen Dienst, ohne am Knie irgend etwas
zu verspüren. — Am 21. 11. stolperte er in dem mit Steinplatten beleg-
ten Flur der Kaserne über einen Koblenkasten, wobei er mit dem rechten
Knie auf den Boden schlag. Sofort stellten sich Schmerzen ein und bei
der Lasaretbanfnahme am 22. 11. betrag der Umfang des Gelenks 2 cm
mehr wie der des linken. Vier Tage später, wo das Knie um 1 cm abge-
scbwollen war, fühlte ich an der äusseren Seite desselben einen beweg-
lichen harten Körper, der sich nach allen Richtungen bin verschieben
Hess, sowohl unter die Kniescheibe wie auch auf deren innere Seite. M.
glaubte, dass er schon seit einigen Monaten eine der Grösse dieses Körpers
entsprechende Anschwellnng, die jetzt verschwunden, an der äusseren
Seite des Gelenks, etwa in der Höhe des unteren Randes der Kniescheibe
gefühlt, die dort festgesessen und ihm niemals Unbequemlichkeiten ver-
ursacht habe. — Die Beschwerden, welche der Gelenkkörper machte,
waren die für dieses Leiden charakteristischen ; fast Null bei ruhiger
Lage, ein Gefühl von Spannung beim Geben und gelegentlich Auftreten
von heftigerem Schmerz bei Einklemmung des Körpers zwischen den
Knochen des Gelenks.
Am 19. 12. wurde die Gelenkmaus entfernt. Die Eröffnung des
Gelenks erfolgte selbstredend unter peinlicher Beobachtung der Antiseptik
— ohne Chloroform — und zwar an dessen äusserer Seite; ich folgte dabei
den genauen Anweisungen von Koenig'**'). Nachdem die Haut etwas nach
der Kniescheibe hin verzogen war, wurde auf dem Condylus ext. eine von
oben nach unten verlaufende 4 cm lange Inzision über der gut fixirten
Gelenkmaus durch die Haut und eine etwas kleinere durch die Kapsel
gemacht. Die Blutung war unbedeutend. Der Gelenkkörper wurde
durch leichten Druck entfernt, die Wundränder durch 3 tiefgreifende,
auch die Kapsel wunde scbliessende Seiden- und 3 oberflächliche Katgut-
fäden genau vereinigt. Darüber Karbolspiritusjute-Verband. Die Gelenk-
maus stellte sich als ein etwas unregelmässig geformter, knorpelbarter,
fast 2>/> cm langer, 1,6 cm breiter 0,7 cm dicker Körper dar, dessen eine
Fläche glänzend weiss und spiegelglatt, während die andere etwas rauh
war. Der Verband blieb 6 Tage liegen, da weder Fieber noch Schmerzen
aufiraten. Alsdann wurden die Nähte entfernt, die Wunde war völlig
geheilt. Das Gelenk zeigte jedoch eine geringe Schwellung, die sich in-
*) Koenig, Sperielle Chirurgie, 111. Band, Seite 477, 3. Auflage.
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dessen nach wenigen Tagen völlig verlor. Am 14. 1. 1886 verliess Pa-
tient das Bett und am 23. 1. das Lasareth. Er hat später nie mehr
über Beschwerden am Knie su klagen gehabt nnd ist im vorigen Herbst
sur Reserve entlassen worden.
2) Der am 1. 1. d. J. ins Lazareth aufgenommene Jäger W. hatte
am 30. 12. 86 beim Ausfuhren der Wendung „links um* im Marscbiren
einen heftigen Schmerz im linken Knie verspürt, welcher sich am folgen-
den Tage so steigerte, dass W. sich krank melden musste. Er gab zu-
nächst an, dass er noch nie krank gewesen, insbesondere, dass er nie
am linken Knie gelitten; erst durch eingehenderes Befragen liess sich
feststellen, dass er vor 8 Jahren einmal auf das Knie gefallen, und dass
dasselbe danach etwa 14 Tage lang angeschwollen nnd schmerzhaft ge-
wesen sei. — Bei der Lazaretbanfnahme war das Oelenk bei Druck nnd
bei Bewegungen schmerzhaft, besonders an seiner inneren Seite, die An-
schwellung eine mässige. Die Schmerzhaftigkeit verlor sich rasch, lang-
samer die Schwellung; ein Gefühl von Steifigkeit nnd Spannung bestand
noch, als ich am 30. 1. bei einer gelegentlichen Betastung an der inneren
Seite des Gelenks einen barten Körper fühlte, der sich nach allen Rich-
tungen hin nnd her bewegen nnd sich unter die Kniescheibe verschieben
liess. Niemals jedoch wurde derselbe an der äusseren Seite der Knie-
scheibe bemerkt, auch gelang es nie, denselben durch Druck hier zum
Vorschein zu bringen; wohl aber war derselbe öfter Tage lang in der
Tiefe des Gelenks verschwunden nnd erschien erst wieder, wenn Patient
umherging. Die Beschwerden waren ähnliche wie in dem vorhin ge-
schilderten Falle. — Die Entfernung wurde am 2. 3. durch Eröffnung
der Gelenkkapsel auf dem Condylns int. vorgenommen. Der Haut-
schnitt batte eine LÄnge von 4 cm, die Kapselwnnde wurde etwas mehr
als halb so gross angelegt; eine spritzende Arterie musste unterbunden
werden. Es gelang leicht, den Körper mit der Pinzette zu extrahiren
Die Kapselwunde wurde durch 5 Katgutfäden, darüber die Hautwunde
durch 6 Seidenfäden exakt geschlossen. Mit einem antiseptischen Ver-
bände versehen, wurde das Knie in der Drahthose festgestellt. Der Ge-
lenkkörper erwies sich von ovaler, etwas unregelmässiger Gestalt, 2,8 cm
lang, 1,9 breit nnd 0,7 cm dick. An dem einen Ende befand sich ein
6 mm langes, schmales knorpeliges Anhängsel. Die eine Fläche desselben
erschien glatt, die andere mehr rauh. — Die Heilung war eine völlig
ungestörte. Nach 6 Tagen entfernte ich den Verband und die Seiden-
fäden; bei Lösung der obersten Naht entleerten sich ein paar kleine
Blutgerinnsel nnd wenig blutig - wässrige Flüssigkeit; der übrige Theil
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der Wände war geheilt, das Gelenk weder empfindlich, noch im Gering-
sten angeschwollen. Der zweite Verband blieb 8 Tage liegen. Ende des
Monats war Patient ansser Bett, alle Bewegungen des Gelenks waren
vollkommen frei, die Narbe beweglich. W. ist inzwischen ans dem La*
zareth entlassen und thnt wieder allen Dienst.
Nachtrag zu Seite 278—283. 1887.
Nachdem meine Bemerkungen im Heft 7 dieser Zeitschrift zu
gewissen, die Typhnsverbreitnng betreffenden Deduktionen ans den Kriegs-
erfahrungen der Jahre 1870 und 1871 Herrn Geheimen Rath
von Pettenkofer zu einer Entgegnung in einem Hefte seines Archivs
für Hygiene (Bd. VII, S. 80, 81) Anlass gegeben haben, sind mir
seitens der verebrlichen Redaktion znr Reproduktion dieser Einwurfe
und zugleich zu wenigen sachlichen Worten der Vertheidignng einige
Zeilen zur Disposition gestellt.
1) Den von mir dem Generalberichte über die Sanitätsverwaltung
im Königreiche Bayern entnommenen Zahlen über die höbe Typhns-
sterblicbkeit in der Zivilbevölkerung Bayerns während des Jahres 1871
wird entgegengehalten, dass hierbei die Zahl der in ihre Heimath
evaknirten, an Typhus verstorbenen bayerischen Militär-Personen mit-
eingerechnet sei, dass sogar die vom Typhus stark heimgesuchten
Kriegsgefangenen jene Zahlen beeinflnsst hätten.
Wie die beamteten bayerischen Zivilärzte, auf deren Mittheilnngen
der angezogene Generalbericht fasst, dazu gekommen sein sollen, bei
ihren Zablenangaben aktive Soldaten und Kriegsgefangene einzurechnen,
ist schwer begreiflich. Kranke Militärpersonen gehören in die Armee-
rapporte, auch wenn sie in heimathlichen Lazarethen an Typhus sterben,
und gar französische Kriegsgefangene zur Zivilbevölkerung eines deutschen
Staates zu rechnen, ist mindestens ungewöhnlich. Die bayerischen
Medizinalbeamten hätten sich, wenn der mir gemachte Einwand znträfe,
durch Mitanfhahme solcher Todten in ihre Sterblichkeitsstatistik und in
die Prozentberechnnngen ohne ausdrückliche Bemerkung einer argen
statistischen Sünde schuldig gemacht. Die Vertheidignng gegen solchen
Vorwurf muss ich den Veranstaltern des bayerischen Generalberichts
überlassen, deren Verfasser leider nicht mehr unter den Lebenden weilt;
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meioeraeite bemerke ich Dar, dass eine derartige Vertheidignng aas dem
sonstigen Inhalte der Oeneralbericbte keine grosse Schwierigkeiten
bieten durfte.
2) Mein Hinweis darauf, dass bei der grossen Dürftigkeit statistischer
Angaben für die ZiTÜbevölkernng Deutschlands aus dem Jahre 1871
lokale Tjphusepidemien , welche durch Einschleppung des Typhnskeims
seitens kranker Soldaten bedingt waren, nicht zur allgemeinen Eenntniss
der Aerzte gekommen seien, soll entkräftet werden durch die Ent-
gegnung, dass selbst in der Türkei solche Epidemien nicht unbemerkt
blieben.
Bei aller Hochachtung vor der Autorität, die Solches behauptet,
wird der kundige Leser doch sein leises Bedenken hegen, ob nicht der
derzeitige Stand der türkischen Medizinalstatistik etwas zu hoch taxirt ist.
3) Nach Anführung zweier deutschen Städte, München und Hamburg,
in denen nach 1871 zeitweise eine höhere Typhussterblichkeit als im
Kriegsjahre herrschte — welche Möglichkeit ich gewiss nie in Zweifel
gezogen habe — , benutzt Herr Geh. Rath von Pettenkofer mein
Citat von Martins über den Grundwasserstand in München dazu, um
meine Anschauungen über Grandwasserverhältnisse zu tadeln.
Abgesehen von diesen Anschauungen, über die ich Belehrungen
von so maassgebender Seite gern entgegennebme, muss ich allerdings
zugestehen, dass dies Citat nnnöthig war, denn das Interesse an den
Grandwasserschwankungen bei jeder Verbreitung des Abdominaltyphus
ist in ärztlichen Kreisen erheblich gesunken, seitdem Wernich nnd
namentlich Pistor (in ihren Generalberichten über das öffentliche
Gesundheitswesen Berlins pro 1881 — 1885) unzweideutig bewiesen haben,
dass in Berlin schon seit vielen Jahren eine Abhängigkeit der Typhns-
verbreitung oder der Typhussterblichkeit vom jeweiligen Grundwasser-
stande keineswegs zutrifft Dennoch halte ich im Hinblick auf solche
Publikationen, wie z. B. die im Archiv für Hygiene (Bd. VI, S. 257 — 302)
mitgetheilte Studie (in welcher die bezüglichen Berliner Verhältnisse im
Gegensatz zu Pistor’s etc. Berechnungen benutzt werden), einen gelegent-
lichen Hinweis auf statistische Ergebnisse wie die von Wern ich und Pistor
nicht für überflüssig. Sicherlich aber hätte ich das Citat von Martins
in meinem Referate fortgelassen, wenn ich geahnt hätte, dass ich damit
an gewichtiger Stelle so argen Anstoss erregen würde.
Berlin, Mitte August 1887. Dr. Rahts,
Königl. Prenssischer Stabsarzt.
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Referate nad Kritiken.
Alfred Ooldscheider: Eine nene Methode der Temperatur*
sinnpröfang. Westphal’s Archiv Bd. XVIII. Heft S. Mit vier
lithographirten Tafeln.
Die von dem Verfaaaer ermittelte Exiatenz getrennter Sinneaapparate
io der Haut aowie die von ihm featgeatellten Thataachen bezüglich der
Erregbarkeit nnd Topographie deraelben aind von anaachlaggebender
Bedeotnng für die Benrtbeilnog pathologiacher Verbältniaae nnd machen
ea znm Erforderniaa, nnaere Präfnngametboden auf dem Gebiete der
Senaibilität im Sinne der von dem Antor ermittelten Geaetze, aoweit aie
denaelben nicht achon Rechnung tragen, umzugeatalten.
In der vorliegenden Abhandlnng batVerf. nun aelbat eine auf aeinen
Beobachtungen baairende nene Methode der Temperatnrainnprnfung
entworfen, die auf dem Prinzip beruht, die abaolnte Temprratnr-
empfindlichkeit für Kälte und Wärme der in Frage kommenden Tcrraina
der Hantoberfläcbe durch Vergleich mit der Empfindnngagröaae normaler
Hantpartien von bekannter Empfindungawertbigkeit zn beatimmen. £a
werden alao die lokalenDifferenzeninderAnlagedeaTemperatur-
ainnaznrRichtacbnnr der Prüfung genommen. Zn dieaem Bebufe aind
anf der Hantoberfläcbe einzelne Felder gegeneinanderjabgegrenzt, die nach
der Wertbigkeit der daselbst waltenden Temperatnrempfindlictikeit mit
Ziffern (Stnfen) von 1 — 8 für den Wärme-, von 1 — 12 für den Kälteainn
bezeichnet aind. Die Berechtigung für diese Art der Bestimmnng ist
gegeben durch die Tbatsacbe, dass diese topographischen Abstufungen
eine genügende Konstanz bei den verschiedenen Menachen zeigen.
Nach den Ausführnngen des Verfassers bestehen nun die diagnosti-
schen Merkmale der Herabsetzung der Empfindlichkeit (Hyperästhesie)
darin, dass einmal die Stnfen der betroffenen Region eine Verschiebung
gegenüber den normalen äquivalenten Stellen anderer Regionen erkennen
lassen und dass andererseits die innerhalb des Terrains selbst sonst
vorhandenen Abstufungen mehr oder weniger verwischt werden. — Die
Schwierigkeiten, welche der Methode anbaften, werden von dem Autor
selbst genügend gewürdigt nnd die Tragweite derselben erörtert. Er
hebt besonders hervor die Ermüdung der Hautstellen durch wiederholte
Reizung sowie die durch Abkühlung bedingte Abnahme der Sensibilität,
die ganz entsprechende Zustände des Temperatursions bervorrufen kann,
wie sie durch pathologische Verhältnisse bedingt werden. Am Schlüsse
weist G. auf die dem Kliniker wohl genügend bekannte Tbatsacbe hin,
dass die Störungen des Temperatursinns nicht bloss als „rara avis** Vor-
kommen, sondern als ein integrirender Bestandtheil der Veränderungen
der Hautsensibilität erscheinen.
In einem Referate können nur die Prinzipien der Methode gekenn-
zeichnet werden ; wer sich genauer unterrichten will, ist auf die Original-
arbeit mit den beigegebenen Tafeln zu verweisen; dass die Methode auf
einem grossen Fortschritte in der Erkenntniss physiologischer Thatsachen
beruht, ist zweifellos; ob sie aber in ihrem jetzigen Ausbau auf dem
Gebiete der klinischen Untersuchung zur Herrschaft gelangen wird, lässt
sich noch nicht übersehen.
Oppenheim.
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Jahr esbericht über die Fortschritte in der Lehre von den
pathogenen Mikroorganismen, amfassend Bakterien, Pilze
and Protozoen. Von Dr. Baumgarten, Professor an der Universität
Königsberg. Zweiter Jahrgang 1^6. Braunschweig, Harald Brahn,
Verlagsbachhandlang für Naturwissenschaft und Medizin.
B. hat im zweiten Jahrgang seines Jahresberichts nicht nur das
dem ersten Bande allseitig entgegengebrachte Wohlwollen voll und ganz
gerechtfertigt, sondern die von dem Werke gehegten Erwartungen sogar
noch übertroffen. Schon der Umfang des Bandes — 458 gegen
192 Seiten im vorigen Jahre — spricht deutlich genug für die Reich*
haltigkeit desselben. Hierzu kommt, dass der Verf. sich fast durchweg
an die Originale selbst halten konnte und dass er die von der Kritik
hervorgehobenen Mängel der ersten Jabreszusammenstellung nach Kräften
beseitigt bat.
Der Plan der Arbeit und die Anordnung des überreichen Stoffs
sind dieselben geblieben, wie im ersten Bande. Auch die im vorigen
Jahre bereits an dieser Stelle rühmend hervorgehobenen kritischen
Bemerkungen und Zusätze des Verf. finden wir erfreulicherweise, und
zwar in erheblich vermehrter Zahl und derselben Sacbgemässheit, wieder,
wie früher. Wir möchten dieselben als einen geradezu integrirenden
Bestandtheil auch in künftigen Jahrgängen nicht vermissen.
Neu hinzugekommen ist der Abschnitt „allgemeine Mikrobienlebre“,
welcher die Referate über Arbeiten allgemeineren Inhalts, deren Unter-
bringung in anderen Kapiteln auf Schwierigkeiten stiess, umfasst.
Den Schluss bildet die „allgemeine Methodik, Desinfektionslehre
und Technisches“ (Mittbeilungen über neue Apparate, neue Kultur-
methoden, Photographie von Bakterien, Desinfektion n. s. w.).
Ausser den betreffenden Leistungen des Jahres 1886 haben noch
einige unberücksichtigt gebliebene Erzeugnisse des Vorjahrs, sowie vor
Allem auch ein Tbeil der wichtigeren Arbeiten des Jahres 1887
in der diesmaligen Zusammenstellung Aufnahme gefunden.
Einer besonderen nochmaligen Empfehlung des Werkes bedarf es
nach Alledem nicht — Schliesslich möchte Kef. nicht unterlassen, den
Vorf. bezüglich der Färbbarkeit der Tuberkelbazillen (S. 195) mit ein-
fachen verdünnten wässrigen oder alkoholischen Farbstoff-
lösungen (Fuchsin, Methylviolet) auf die bezüglichen Mittbeilungen in
dieser Zeitschrift, Jahrgang 1884, Heft 3, sowie 1886, Heft 1, aufmerksam
zu machen.
Pfuhl (Trier),
„Ueber Mikroorganismen im Konjunktivalsack“. Von A. Engen
Fick, Privatdozent in Zürich. Verlag von J. F. Bergmann, Wies-
baden 1887.
F. stellt sich die Aufgabe, diejenigen Augenkrankheiten kurz zu
besprechen, deren Aetiologie spezifischen Mikroorganismen zugescbrieben
wird und zwar beschränkt er sich auf die Krankheiten der Konjunktiva,
Cornea, Thränenwege und der Lider, worüber er eigene Untersuchungen
angestellt hat.
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Im ersten Theil bespricht er die bexöglichen mykotischen Krank-
heiten nach der gegenwärtigen Litteratnr. Für die Blennorrhoea scheint
der Gonococcns Neisser nach den Untersnchnngen von Bockhardt
and Bnmm erwiesen. — Für das Trachom ist die Frage noch nicht
abschliessend beantwortet — Der von Knschbert und Neisser als
Xerosebazillns angesprocbene Mikroorganismus scheint nach Anderer
Untersnchnng nicht spezifisch zu sein, — Für Tuberkulose und Lupus
conjunctivae ist durch den von verschiedenen Seiten erbrachten Befund
des Tuberkulose-Bazillus dieser als Erzeuger zu betrachten. — Bei der
Conjunctivitis acuta sind verschiedene Spaltpilze beschuldigt, doch ist
über den ursächlichen Zusammenhang derselben und der betreffenden
Krankheit noch nichts ermittelt. — Die mykotische Natur der Conjuncti-
vitis crouposa und Conjunctivitis diphtheritica wird allgemein als
selbstverständlich betrachtet, doch ist bei der gewaltigen Schwierigkeit
der Untersuchung gerade dieser Krankheit eine Uebereinstimmnng über
die wichtigsten Fragen noch nicht erzielt. Zunächst bat die allgemeine
Pathologie erst das Verständniss der Diphtherie überhaupt völlig zu
erscbliessen. — Die Frage nach den Erregern der ekzematösen Conjuncti-
vitis bleibt, trotz der Arbeiten von Oifford, der mit seinen Rein-
kulturen beim Kaninchenange keine Phlyctaenen erzeugen konnte, eine
offene. — Ueber den spezifischen Mikroorganismus des ulcus corneae
serpens herrscht trotz vielfacher Untersuchungen noch keine bestimmte
Klarheit. — Sicher ist nur, dass es erzeugt wird durch Einimpfung
septischer Substanzen und durch bestimmte Bakterienarten (z. B. durch
die Spielarten des Staphylococcus pyogenes) und auch durch Schimmel-
pilze. — Ueber Betbeiligung von Mikroorganismen bei Erkrankungen
der Tbränenwege und Lider haben die bisherigen Untersuchungen auch
Doch kein allgemein zu acceptirendes Resultat ergeben. —
Im nächsten Abschnitt Kommt Verfasser zu seinen eigenen Unter-
suchungen.
Er stellt sich zunächst die Aufgabe, die Bakterien kennen zu lernen,
die im normalen Konjunktivalsack als „harmlose Schmarotzer“ weilen
und die auf verschiedene Weise dahin gelangen können (durch die
Aussenlnft, Waschwasser, Taschentuch, Finger etc., auch aus der Nasen-
höhle durch die Tbränenwege). Das Material zu diesen Untersuchungen
stellten die Pfründner des Juliusspitals zu Würzburg, wo auch am
Institut des Professor Michel diese Arbeiten vorgenommen wurden.
Untersucht wurden 85 Bindehäute bei 57 Personen, darunter waren nur
6 ohne Mikroorganismen -Befund. Es wurden zunächst in bekannter
Weise von dem Konjnnktivalsekret Deckgläschen-Trocken prÜparate an-
gefertigt und mit Metbylviolet gefärbt, sodann wurden Plattenkultnren
angelegt, zu denen drei verschiedene Nährböden verwandt wurden:
1) Fleischdekokt-Pepton-Agar,
2) Fleischdekokt-Pepton-Gelatine,
3) Blutserum-Agar.
Näcbstdem wurde noch das Gedeihen der gefundenen Mikroorganismen
auf gekochten Kartoffeln untersucht und Impfungen von Reinkulturen in
die Kaninchen-Cornea gemacht
Untersuchungs-Resultate:
F. fand sechs Bazillus -Arten , von denen zwei pathogen waren,
vier Kokken-Arten mit einer pathogenen (Staphylococcus pyogenes aureus).
Bei fünf anderen Mikroben-Arten war die Herkunft aus dem Konjunk-
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ti valsack nicht einwandsfrei, so dass sie nicht weiter verfolgt worden.
Sieben der anfgesäblten Bakterien>Arten sind von gesunden und pathologischen
Konjunktiven gezüchtet, also höchst wahrscheinlich Schmarotzer ohne
spezifische Wirkung. —
Bei der Xerosis conjunctivae berichtet Verfasser, nach kritischer
Beleuchtung der bislang darüber erschienenen Arbeiten, über einen Fall
von Hemeralopie, den er bei einem fünQührigen Knaben zu untersuchen
Gelegenheit hatte. Hiernach neigt er Bezold's Auffassung (1874) zu,
dass unter mannigfachen Umständen (schlechte Ernährung, entkräftende
Krankheiten) ein harmloser und häufiger Schmarotzer der Bindehaut sich
auf der Conjunctiva bulbi des Lidspaltes so stark vermehrt, dass er mit
blossem Auge erkennbare weiss- graue, fettig glänzende Schüppchen
bildet, ohne sonstige Störungen irgendwelcher Art zu verursachen.
In Bezug auf die Details der Untersuchungsergebnisse muss auf das
Original verwiesen werden.
Schliesslich erwähnt F. der von ihm gemachten Beobachtung, dass
die Menge der Bakterien eines Sekretes mit der Bösartigkeit der resp.
Erkrankung sehr häufig im umgekehrten Verhältniss steht.
Zur leichteren Orientirnng theilt F. die Mikroorganismen des
Konjunktivalsackes folgendermaassen ein:
1) in solche, die, auf gesunde unversehrte Konjunktivs gebracht,
sich vermehren und eine spezifische Erkrankung herbeiführen
(Oonococcns und Trachomcoccus),
2) in solche, die im Bindehautsack, nur unter besonderen Umständen,
etwa bei Epitbeldefekten , sich einznnisten vermögen und dann
gleichfalls eine spezifische Erkrankung erzeugen (Bazillus
tuberculosis),
3) in solche, die auf gesunder sowohl, als pathologischer Konjunk-
tivs zwar wachsen, trotzdem aber keine pathologischen Prozesse
auslösen („Loftstäbcben“; Neisser's Xerose-Bazillos),
4) in solche, die sich im Bindehautsack nicht vermehren können
und früher oder später durch den Thränenstrom fortgeschwemmt
werden.
Um den Ring der vorstehenden Untersuchungen zu schliessen, hätte
noch erübrigt, bei den als pathogen befundenen Organismen durch
pathologisch-anatomische Untersuchungen der infizirten Corneae nacb-
zuweisen, dass auch nur der infizirende Spaltpilz darin vorhanden war,
resp. ihn wieder aus dem Erkrankungsherd ids Reinkultur zu züchten.
Steinberg.
„Die Laryngitis haemorrbagica“ von Dr. P. Strübing, Privat-
dozent in Greifswald. (Verl. v. Bergmann, Wiesbaden 1886.)
Strübing versteht unter Laryngitis baemorrhagica einen mit
Scbleimbaotblntnngen einhergehenden Katarrh des Larynx. Die Berech-
tigung, dieser Krankbeitsform eine Sonderstellung in dem breiten Rahmen
der Laryngitis acuta zu geben, etwa analog dem Krankheitsbilde des
Pseudocroup, sieht er In dem Umstande, dass die Schleimhaotblntungen
bei ihr in oder auf der unverletzten nicht nlcerirten Schleimhaut auftreten.
Conseqnenterweise scbliesst er die Fälle, in welchen aus einem Ulcus
bei gleichzeitiger Laryngitis Blutungen erfolgen, aus, ebenso die Fälle
von sogenannter Laryngitis sicca, bei denen es in Folge von Borken-
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bildang za EoDtianitätstreDDaDgen der Schleimbant kommt, und die Fille,
in denen ohne bestehenden KsUrrh die Blntnngen darch eine plötzliche
gewaltsame Anstrengnng der Stimme entstehen.
An der Hand einer eigenen Beobachtung and von fünf in der
Litteratnr genaaer beschriebenen and mehrerer kürzer erwähnten Fälle
bespricht Ströbing zunächst die Symptome der Krankheit, Nachdem
eine aknte oder eine exacerbirende chronische Laryngitis einige 2ieit
bestanden, treten Haemorrhagien hinzn. Dieselben werden meist durch
forcirte Exspirationsbewegungen bervorgerafen , können jedoch anch bei
fast völliger Robe des Kranken entstehen. Die Blutungen erfolgen ent-
weder anf die Oberfläche der Schleimhaut, das häufigere Vorkommniss,
oder in das submncöse Gewebe resp. die Schleimbant. Die Grösse der
Blutung ist nicht abhängig von der Intensität des Katarrhs. Je nach
der durch Schwellung des Gewebes plus Blutung bedingten Stenosirnng
kommt es zu dyspnoischen Zuständen. Gefahrdrohend werden diese
meist während der Nacht. Die Blutgerinnsel haften fest in den Falten
und Unebenheiten der geschwollenen Schleimhaut. Einmalige Blutungen
können relativ bedentende Mengen, bis zn einem Tassenkopf, Blut liefern.
Die Expektoration dieses flüssigen nicht mit Luft gemiscbteu Blutes
geschieht leicht. Ueber die Quelle der Blutung giebt die laryngoskopische
Untersuchung Aufschluss. Die Blutung erfolgt per Rbexis. Die
selteneren Blutungen in die Schleimhaut oder das submucöse Gewebe
sind bei geringer Grösse der Schwellung und der Blutung bedeutungslos.
Bei stärkerer Blutung und Schwellung kann es zu blutigem Larynxödem
kommen, wie in zwei kurz angeführten Fällen die Autopsie bestätigte.
Hinsichtlich der Aetiologie der Krankheit hält Ströbing wenigstens
für die schwereren Fälle die von den anderen Autoren gegebene Erklärung,
dass die Blutungen hervorgemfen werden durch die Steigerung des Blut-
drucks in den Oefässen während der forcirten Exspiration beim Hasten,
nicht für ausreichend. Man müsse eine Alteration der Gefässwandnng
annebmen, die vorübergehend oder dauernd vorhanden sein könne und
in letzterem Falle es erklärlich mache, dass eine recidivirende Laryngitis
wieder als hämorrhagische auftrete.
Für die Behandlung verwirft Ströbing im Prinzip jeden Eingriff,
der eine, wenn anch nur geringe, mechanische Reizung der Schleimhaut
setze, ohne leugnen zu wollen, dass vorsichtige Pinselungen mit Arg.
nitr. von kunstgeübter Hand nicht anch zum Ziel führen Könnten. Er
empfiehlt häufig zu wiederholende Inhalationen tbeils lösender, theils
adstrinnrender Mittel. Dabei Aufenthalt in gleichmSssig temperirter
Luft, Vermeidnng lauten Sprechens, bei heftigem Hasten Narkotika, und
Ableitungen anf den Darm.
Eventuell in schweren Fällen Tracheotomie.
Landgraf.
Untersuchungen und Vorschriften über die Desinfektion der
Hände des Arztes von Professor P. Fürbringer, Direktor am
Berliner Krankenbaase Friedricbshain. Wiesbaden, Bergmann, 1888.
55 Seiten.
Verf. ist auf Grund eingehender bakterioskopiscber Versuche zu
Resultaten gelangt, welche die über den gleichen Gegenstand pnblizirten
Erfahrungen Kümmell’s (C. Bl. f. Chir. 1886 No. 17 und D. med.
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Wochenachr. 1886 No. 32) in werthToller Weise ergänzen. Er bat in dem
Alkohol dasjenige Glied in der Reihe der Reinigungsmittel festgestellt,
welches hervorragend geeignet ist, die für eine wirkliche Desinfektion
der Hände (bezw. des zu operirenden Theiles) unbedingt erforderliche
Adhäsion zwischen Epidermis und antiseptiscber Lösung in kurzer
Zeit und ohne Schädigung der Haut zu bewerkstelligen. Während
Kumm eil zur Desinfektion der Hände eine energische Behandlung mit
Seife und 5 proz. Karbolsäure von mindestens 7 Minuten Dauer fordert,
erreicht F. bei Einschaltung von Alkohol die vollständige Keimfreiheit
der Hände innerhalb 3 Minuten. Das Verfahren ist Folgendes:
1) Die Nägel werden auf trockenem Wege von sichtbarem Schmutze
befreit.
2) Die Hände 1 Minute lang mit Seife und sehr warmem Wasser
gründlich abgebnrstet, insbesondere die Unternagelränme bearbeitet,
3) dann 1 Minute lang in Alkohol (80 %) gewaschen und sofort,
vor dessen Abdnnsten,
4) mit 2 o/oo Snblimatlösung 1 Minute lang gründlich bearbeitet
Als Vorzüge dieser Methode bezeichnet F. Sicherheit der Desinfektion,
Zeitersparniss und Schonung der Hände.
Ref. kann dies nach eigner Erfahrung am Hamburger Franenvereins-
hospital vollauf bestätigen. Trotz häufigster Bearbeitung der Hände in
der beschriebenen Weise hat er seit Einführung der Alkoholwascbung
nicht mehr unter der empfindlichen Schrundenbildung zu leiden, welche
vordem von einer gründlichen Desinfektion der Hände, namentlich in der
kalten Jahreszeit, unzertrennlich war. —
Die bei dieser Gelegenheit an Stelle der Karbollbsnng empfohlene
Snblimatlösung bat den Herrn Verf. gleichzeitig veranlasst. Versuche
mitzntheilen, die er, tbeilweise schon in Jena, über den Einfluss der im
Brunnenwasser enthaltenen Bicarbonate der alkalischen Erden auf Queck-
silberchlorid gemacht hat. Eine schwerwiegende Frage, wenn man nur
bedenkt, in welchem Maasse wir im Kriege von der Verwendung nicht-
destillirten Wassers zur Herstellung von Snblimatlösnngen abhängig sein
werden. Das Resultat F.’s ist überraschend genug. Bei der Lösung
von IgSnblimatin 11 harten Brunnenwassers fallen über 0,8 g
der Zersetzung anheim, es resultirt alsbald nach der Berei-
tung nicht eine 1 Voo, sondern eine 0,2°/«) Lösung! Ein bald
anftretendes braunes Sediment von Hydrargyritetraoxychlorid kennzeichnet
die Umwandlung. Kochen beseitigt die Erden nur, wenn es mindestens
2 Stunden fortgesetzt wird; dagegen ist dasselbe Resultat durch Zusatz
von Säuren zu erreichen, welche fähig sind, die kohlensauren Salze zn
zersetzen, ohne auf das Sublimat Einfluss zn üben. Auf 1 1 Brunnen-
wasser von 0,2 Kalkgehalt war zur Erhaltung der vollen Snblimatwirkung
nöthig ein Zusatz von :
Acid. snlpb. pur. Ph. G 0,37 g
hydrochlor. pur. Ph. G 1,04 g
nitric. pur. Ph. G 1,50 g
salicylic 0,99 g
acetic. Ph. G 0,45 g
Acetum Ph. G 7,15 g
In abgerundeten Zahlen wäre also einem Liter Sublimat- Brunnen-
wasser 1 g Salicylsäure oder 0,5 g Essigsäure zuzufügen, um Lösungen
zn erhalten, welche nach des Verf.'s Prüfung noch nach Monaten einer
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mit deatillirtem Wasser bereiteten 1 °/o« Soblimatlösong gleichwerthig
bleiben.
Da sich beide Säoren in den Feld-Etats befinden, die q. Zusätze
auch fir Wnnden dnrcbans nnbedenklicb sind, so ist die Berücksichtigung
dieser Forschungsergebnisse den Militärärzten dringend zu empfehlen.
Sckliesslich mag nicht unerwähnt gelassen werden, dass es dem
Bednrfniss des Praktikers entgegeukommen wurde, wenn es gelänge,
durch itechauische Kompression ans Sublimat und Acid. salicyl. aa 1,0
Tablettea für je 1 1 antiseptiscbcr Lösung herzustellen — nach Art der
bereits bekannten Snblimatkochsalztabletten.
Körtiug.
Nittheilnngen.
Ans den Inhalte der Archives de medecine et de pharmacie
militaires. Juni bis November 1887.
Band IX. Heft 6. S. 451. De l'acces pernicienz apoplecti-
forme avec et par hömorrhagie cerdbrale par Blanc.
Ein Fall von tödtlicher Hirnapoplexie im Verfolge schwerer Malaria-
infektion giebt Veranlassung, in einer ausführlichen Studie die klinischen
und pathologisch anatomischen Erscheinungen dieser Zufälle zu unter-
suchen. Ans den Folgernngen interessircn die nachstehenden: Treten
bei Malaria äussere Blutungen wiederholt auf, so wird man an die
Möglichkät einer Hirnblutung denken und die Prognose vorsichtig stellen
müssen. 2s kommen im Oehirn sowohl Herdblntnngen wie Kongestiv-
Zustände Tor. Während des apoplektischen Anfalles ist die Temperatur
in der Rtgel eine mittlere; sie erreicht weder die Höhe des Fieber-
anfalles, loch die Tiefe des ihm folgenden Abfalles. Anatomisch fehlt
MelanämU und Melanose der Organe fast nie. Erstere kann makroskopisch
mit parenchymatöser Entzündung verwechselt werden; die stets vor-
handenen miliaren Blntnngsherde sichern die Diagnose. Selten, aber
konstatirt, sind grössere Parenchymblutungen in Unterleibsorganen. Die
Hirnblutung sitzt — im Gegensatz zur primären Apoplexie — fast immer
in der Binde, sogar mit Vorliebe in den Meningen; ihr klinisches Bild
wird in diesen Fällen durch Konvulsionen und Kontrakturen gekenn-
zeichnet.
Banj X. S. 21. De l’Antipyrine dans les formes continnes
de l’intoxication malarienne par Antony. 9 Beobachtungen, in
denen sick das Antipyrin sowohl anfangs wie im kachektischen Stadium
von Malariafällen als zweckdienlich erwies, in denen Chinin erfolglos
gegeben war. Die Einzelgabe überstieg 1,5 nicht.
S. 81 und 187. Relation medico-chirnrgicale de la Campagne
du Snd-Oranais en 1881 — 1882 par Delmas. Der Feldzog ist
charakterisirt durch grosse Anstrengungen in einem wasserarmen
Gebirgsgelände, in welchem der Sommer glühende Hitze, der Winter
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»asserordeotliche Eälte(;rade zu ertragen zwang. Dem entspricht die
Erkranknngsziffer des 10000 Mann starken Exp^itionscorps:
Erkrankungen 13 226 — 1322,6 o/oo E.
Verwundungen 106 = 10,6 “/oa -
Tod an Erankheiten . . . 643 = 64,3 ®/« -
Tod vor dem Feinde . . . 122 = 12,2 »/o» -
Selbstmorde 35 = 3,5 ®/oo -
Unter den Erkrankungen stehen die Infektionskrankheiten obenan
und zwar
Abdominaltyphns . . . 1847 Fälle mit 472 Todten. 25 ®/»
andere akute Exantheme 37 - - 1
akute Tuberkulose ... 9 • - 3
Die Typhusepidemie, über welche wir bereits nach einer Arbeit von
Czernicki (S. 375 des Jahrgangs 1884 der Zeitschrift) kurz berichtet
haben, war besonders mörderisch durch die klimatischen Umstände und
den Mangel an Pflegepersonal. Der Einzelfall kennzeichnet« sich von
vornherein durch grösste Adynamie, durch das Hervortreten der Oehim-
erscbeinnngen (mit häufiger Selbstmordneigung), durch stark ausgeprägte
Unterleibssymptome und durch Unregelmässigkeit im Gange des Fiebers.
Partielle Gangrän war nicht selten, plötzlicher Tod durch Herzlähmung
ohne Vorboten wurde siebenmal beobachtet. Die Behandlung musste
hygienisch expektstiv bleiben. Bäder konnten kaum gegeben werden,
denn es fehlte an Wasser. Chinin, Ssdicyl' und Carbolsäure erwiesen
sich durch starke Beeinträchtigung der Herz- und Verdaunngsthätigkeit
direkt schädlich.
Unter den anderen Erkrankungen verdienen, als für Algier besonders
bemerkenswerth, 50 Fälle von Erfrierung Erwähnung; sielen davon
führten zum Verlost einzelner Zehenglieder.
Die Eriegsverletznngen, unter denen sich nur 10 Schufsfraktnren
befanden, bieten kein besonderes Interesse. Wie in allen Feldzögen
gegen nncivilisirte Völkerschaften, war auch hier das Verhiltniss der
Todten mit 122 gegenüber 106 Verwundeten ein besonders hohes.
S. 161. Notes sur les effets de la Melinite par Tachard.
Am 10. März 1887 explodirte im Laboratorium zu Beifort ohne äussere
Veranlassung eine Melinitbombe, durch welche 17 Artilleristen getroffen
wurden. Hiervon waren 5 sofort todt, 4 starben in den nächstec Stunden,
2 an sekundären Eomplikationen, 6 worden bergestellt. Da in kcmmenden
Eriegen mit Verletzungen durch brisante Sprengstoffe zu rechnen sein
wird, so interessiren die allgemeinen, bei dieser Gelegenheit gemachten
und grösstentheils anatomisch festgestellten Beobachtungen ganz besonders.
Das gusseiserne Geschoss war in zahllose Sprengstücke von kleinstem
Umfange, bis zu Sandkorngrösse, zerschellt In Folge dessen zeigten
sich die getroffenen Weicbtheile mit ganz engen, tiefgehenden Wond-
kanälen vollkommen durchsetzt Die Haut machte an solchen Stellen
den Eindruck der Tättowining. Auf die Enochen übte die ungeheuere
Gewalt eine ganz lokale Wirkung aus. Der getroffene Theil war
fänzlich zermaJmt, nirgends aber erstreckten sich Fissuren von der
Irochstelle nach oben oder unten. Alle Verwundeten zeigten eine hoch-
gradige Erschütterung des Nervensystems, ein gelblich fahles Aussehen
und abundante Blutungen.
Die Prognose dieser Verletzungen wird in allen Fällen eine änsserst
zweifelhafte, in der Therapie dem Streben nach Erhaltung getroffener
Glieder eine enge Grenze gezogen sein.
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8. 177. Contribation a r^tnde da diagoostic de la fai blesse
de constitDtioo an point de vne dn recrotement militaire.
Deax Doaveaax eignes confirmatife par DapoDcbel.
Verf. siebt in dem abnormen Tiefstand der Herzspitze bei jnngen
Leuten im militärpflichtigen Alter das Zeichen für eine Entwickelung des
Herzens, welche der Gesammtentwickelung des Körpers Torangeeilt ist,
also eine relative Hypertrophie darstellt. Man wü^e vielleicht besser
sagen: Der Körper ist zu schwach im Verhältniss zu seinem Herzen.
Ein zweites Zeichen ist die verlängerte Exspiration der Lungenspitzen,
vorab der rechten. Verf. denkt hier keineswegs sofort an drohende
Tuberkulose, sondern sieht in jenem Phänomen nnr ein Minus an
Elastizität des Thorax, welches durch allgemeine Körperschwäche
bedingt wird. Ohne beiden Anzeichen für sich allein einen entscheidenden
Werth beizumessen, glaubt Verf. aus seinen Untersuchungen schliessen
zu dürfen, dass sie im Stande sein werden, das Urtheil „zu schwach“
in gewissen Fällen zu stützen, in denen der sonstige Anschein Zweifel
lassen könnte.
S. 246. Relation d’une epidömie de Pneumonies; Amiens
Janvier — Mars 1887, par Manier. Vom 9. Januar bis 11. März 1887
gingen vom 8. Jäger-Bataillon bei einer Kopfstärke von rund Ö30 Mann
19 Pneumonien zu, von denen 4 tödtlich endeten. 2 Fälle waren abortiv,
am 3. Tage beendet. Bei den übrigen war 11 mal die rechte, 4 mal
die linke, 2 mal die rechte und linke Lunge befallen. Beide Doppel-
pneumonien starben. Uns interessirt vor Anderem die Frage nach der
Aetiologie. Ueberanstrengung, Bodeninfektion, Einfluss der Verpflegung
waren anszuscbliessen; „Erkältung“ bot sich angesichts der Jahreszeit und
der besonders zugigen Lage des Exerzirplatzes als naheliegendes Moment.
Allein Verf. fragt mit Recht, ob man diesem Umstande die ihm von der
klassischen Schale zugeschriebene Rolle belassen dürfe, wenn man
erwäge, dass 1) der Platz für die Garnison stets derselbe war, in
anderen Jahren aber, und gegenüber den gleichzeitig dort übenden anderen
Trappen auch 1887, solch deletären Einfluss nicht zeigte; dass 2) mehrere
Leute des Bataillons erkrankten, welche nicht mit exerzirt hatten; dass
endlich 3) keiner der Erkrankten den stets plötzlichen Ansbruch der
Pneumonie auf eine bestimmte Erkältung zu beziehen im Stande war.
Nichtsdestoweniger bleibt es anfiallend, dass die Epidemie mit Vor-
herrschen von N.- und O.-Wind einsetzte, mit dem Eintritt von W.-Wind
verschwand. Ohne dass die parasitäre Theorie eine volle Erklärung
gestattet, scheinen dem Verf. folgende Umstände für sie zu sprechen:
1) Das plötzliche Auftreten der verbältnissmässig bedeutenden Anzahl
von Erkrankungen in einer Zeit, die in den Vorjahren fast frei davon
war. 2) Der klinische Verlauf, welcher durch die ausnahmslos beobach-
teten starken Himerscheinungen und die gleicbmässige Betheilignng des
Verdanungstraktes (trockene Zunge, Meteorismus , Diarrhöe) an das
allgemeine Bild der Infektion erinnerte. 3) Die ungewöhnliche Schwere
der Krankheit und 4) die bei der Autopsie der vier Gestorbenen konstante
Leber- und Milzschwellung. Welcher Art letztere war, wird nicht
erwähnt, anf Kokken wurde nicht untersucht.
8. ^1. Re CU eil des traveaux du Comite consultatif d'bygihne
publique et des actes officiels de l’administration sanitaire.
t. XVI. annee 1886. Referat. Bericht Brouardel's über eine
anssergewöbnlicbe schwere Impfschädigung. Am 13. März 188Ö impfte
DiQ'
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ein Arst in Agprieres 42 Kinder. Am folgenden Tage waren 6 todt, die
sämmtlichen anderen schwer erkrankt Die ersten &scheinnngen waren
9 — 10 Stunden nach der Impfnng anfgetreten, das Fieber 18 Standen
danach; es dauerte bei den Geheilten 2 — 4 Tage, and war von Erbrechen
nnd Durchfall, in einigen Fällen von Konvulsionen begleitet Der Her*
gang wurde folgendermaaseen ergründet. Es war zuerst ein Kind mit
animaler Lymphe bekannten Ursprunges geimpft. Dasselbe zeigte normale
Pusteln. Von diesem Kinde impfte derselbe Arzt 20 andere mit
gutem Erfolge, nur bestand ein wenig Erythem an den Impfstellen nnd
leichtes Vaccinefieber. Eines dieser Kinder diente der dritten Weiter-
impfung als Lympbquelle. Bei dreien der hiervon Geimpften waren schon
ernstere Störungen nacbznweisen , höheres Fieber nnd vorzeitige Pustel*
entwickelung mit phlegmonöser Entzündung. Trotzdem Weiterimpfang
von einem so erkrankten Kinde, als deren Erfolg bei zwei Impflingen
die ebengeschilderten Erscheinungen in erhöhtem Maasse zur Beobachtung
kamen. Von diesen beiden Kindern veranlasste bei der — fünften —
Weiterimpfung auf 42 andere eines jene unseligen Schädigungen. Selbige
stellen somit eine Steigerung der Virulenz im dritten Gliede dar, wenn
als erstes die Abimpfung bezeichnet wird, bei der eine bereits nicht mehr
normale Pustel die Lymphe gab.
Die Erkrankungen verliefen unter dem Bilde der akuten Septichämie,
genau so, wie solche experimentell an Tbieren durch Impfung hervor*
gerufen zu werden pfl^t. Der Grund ist durch die Untersuchung nicht
aufgedeckt worden. Die erste animale Lymphe war offenbar unver-
dächtig; ebenso die Lanzette, denn bei der vorletzten nnd vorvorletzten,
nicht mehr normalen Impfung waren die erkrankten Kinder die letzt*
geimpften. Berichterstatter ist mit Recht trotz des negativen Unter-
suchungeergebnisses der Ansicht, dass die offene Besprechung solcher
Vorkommnisse nur nützlich sein kann. Militärärztlicn haben sie ein
unbestreitbares Interesse, indem sie zur Vorsicht in denjenigen Fällen
mahnen, in welchen man noch auf die Impfung von Arm zu Arm
zurückgreifen muss.
S. 315. Anestbösie locale dans l’extraction dentaire par
Bontemps. Referat. Der Bart des Zahnschlüssels wird mit WMte
gepolstert, welche durch ein Stückchen Mull festgehalten wird. Dies
Polster wird mit 2 — 3 Tropfen Chloroform getränkt; jeder Schmerz beim
Ansetzen des Instrumentes soll aasbleiben. Ein einfacher Kunstgriff,
der zu versuchen wäre.
Le Congres d’bygiene et de Demographie de Vienne p. M
M. Richard et Longnet. Band X S. 47Ö.
Die Arbeit beginnt mit einer Betrachtung über dieErgänznng und
Organisation des österreichisch -ungarischen militärärztlichen Korps.
Die beklagenswertbe Aufhebung des Josephinums hat den Ersatz immer
schwieriger gestaltet; Verabschiedung Aelterer ist daher sehr schwer;
infolge dessen stagnirt das Avancement in der Hauptmannscharge rund
18 Jahre (in Preussen zur Zeit 23 Jahre).
Fortbildungskurse in unserem Sinne sind in Oesterreich nicht
üblich, alljährlich werden jedoch 18 Oberärzte oder jüngere Regiments-
ärzte auf 1, höchstens 2 Jahre an die Kliniken verschiedener UniversitSten
kommandirt. Diese Herren geben dann einen Stamm von Instruktoren
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für die Aercte ihrer OarniaoneD. Eine gnte Schale fär die DienstpraxU
bildet Bosoien, von dem französischeD Autor mit Algier in Vergleich
gestellt. Die Militärärzte bleiben dort 3Vt Jahre. Sie haben in der
öffentlichen wie gerichtlichen Medizin, nicht minder in der privaten
Thätigkeit einen hervorragenden Platz and dadurch vorzügliche Gelegenheit,
lieh för selbstitändige Aufgaben in der Heimatb vorzubereiten.
Von hohem Interesse sind die Aeusserungen über die Aussteliung des
Ereussischen Kriegsministeriums , zumal die Herren Richard und
longuet nicht nur referiren, sondern auch kritisiren. Unser Bandagen-
tornister hat ihren ungetheilten Beifall; ebenso die Lazarethgehülfentasche.
„II serait difficile de reunir sous nn plus petit volume une plus grande
variätd de medicaments, et mieux choisis parmi ceuz qui peuvent repondre
aux besoins urgents du Soldat etc.“ Auch der Kasten für die Antiseptika
beim Sanitätsdetachement gefällt; nicht aber der Batteriemedisin-
k asten, an welchem sie die Unmasse von Medikamenten tadeln.
— Neu war in der preussischen Abtheilung ein Wasserbett für den
Eisenbahntransport einzelner Schwerverletzter. Die Verf. halten dasselbe für
zu schwer, ausserdem für anzweckmässig, sehen es auch nur als einen
Versuch an, der durch die Luftbetten bereits überholt ist. Letztere
bestehen im Wesentlichen aus einzelnen mit Luft zu füllenden Säcken
oder ScblSucben, welche zweckmässig untereinander sowie mit ihrer
Unterlage zu verbinden sind und in sehr vollkommener Weise die senk-
rechten wie wagereebten Stösse des Waggons pariren sollen. Komplizirtheit
und theurer Preis lassen auch diese Betten vorläufig nur als Versuche
auf dem Wege weiterer Vereinfachung erscheinen. Von den preussischen
Baracken war die Döcker'scbe neuen Modells und die eiserne
Orove’scbe ausgestellt. Die Verf. haben sich augenscheinlich bemüht,
die sich zum Theil entgegenstehenden Urtbeile der in Wien anwesenden
preussischen Militkrärzte gründlich zu erfahren und kommen schliesslich
dabin, den Döcker’scben Typus als einen für Improvisationen ausser-
ordentlich nützlichen anzusehen, und dessen Vorrätbighaltung im Frieden als
eine weise Maassregel zu betrachten. Ref. tritt dieser Ansicht nach den
bisherigen Erfahrungen mit den in Altona neuerdings errichteten Baracken
gern bei.
Die Betrachtung über das österreich-ungarische Rothe Kreuz und
die Wiener freiwillige Rettnngsgesellschaft bietet nichts Neues für den,
der die Berliner Hygiene-Aasstcllung 1883 besucht hat.
Aus dem Friedenslazaretbdienst in Wien interessirt die That-
sache, dass auch dort die Typhen durchaus mit kalten Bädern behandelt
werden. Die Verpfiegung der Kranken erfolgt nicht mehr in eigener
Regie, sondern durch Unternehmer. Dies System bat zu lebhaften
Klagen Veranlassung gegeben, so dass Rückkehr zur Selbstver-
waltung gewünscht wird, ln den Verwaltungsvorscbriften, der Rechnungs-
legung etc. der Lazaretbe haben die Verf. dieselbe Schwerfälligkeit ge-
funden, wie in Frankreich. — Wir in Prenssen können ebenfalls damit
dienen I Volle Vemrtheilung findet die Dreiköpfigkeit der Lazaretbleitnng;
die Theilung der Autorität zieht selbstverständlich immerwährende
Konflikte nach sich, denen kein noch so bestimmtes Reglement ab-
helfen kann.
Was über die Desinfektion in Lazarethen mitgetbeilt ist, interessirt
nur insofern, als die Versammlung in Wien die in der französischen
Armee noch ziemlich allgemein empfohlene Verwendung gasförmiger
Mittel, vorab der schwefligen Säure, für unnütz erklärt bat.
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Ads der Besicbtigang der Wiener Kasernen interessirt besonders
die Bemerkung über das Seltenerwerden des Typbns mit den allgemeinen
hygienischen Verbessernngen, zn denen namentlich auch die Versorgung
mit besserem Trinkwasser gehört Die Herren Verf. hüten sich, auf
letzteres Moment ein bestimmendes Gewicht zu legen, und mit Recht;
Altona bietet ein Beispiel, wie eine ganz neue, mit gutem Wasser und
allen gesundheitlichen Vorkehrungen ausgestattete, sauber gehaltene
Kaserne zn einem Typhnsherde werden kann. Da ist noch Vieles
unerforscht
Die Kleidung der österreichischen Truppen gefiel; wir nehmen
übrigens das Lob gern an, welches bei dieser Gelegenheit den auf der
Reise in München und Constanz gesehenen deutschen Soldaten hinsichtlich
der Sauberkeit und Straffheit ihrer Erscheinung gespendet wird.
lieber die Impfung in der Armee erfahren wir, dass die Lymphe
auf ca. 20 Centimes für den Kopf kommt Das Impfreglement (s. Deutsche
militärärztliche Zeitschrift 1886 S. 406) wird besprochen. Ein Gesetz ist in
Vorbereitung, welches die Impfung auch im Civil obligatorisch machen
soll, und es besteht die Absicht, bei dieser Gelegenheit ein Staats-lmpf-
Institut zn gründen, dem auch die Aufgabe Zufällen würde, den Bedarf
der Armee zu decken.
Schliesslich werden die beiden Resolutionen angeführt, welche der
Kongress hinsichtlich der Ilundswuthimpfnngen gefasst bat; 1) Todes-
fälle nach der Impfung sind bis jetzt stets auf Rechnung des Bisses ge-
kommen, nicht auf solche der Impfung. 2) Es ist zweckentsprechend,
Mannschaften, welche von verdächtigen Hunden gebissen sind, der
Präventivimpfung zu unterziehen.
Streng wissenschaftlich und doch unterhaltend geschrieben, mit
eleganter Ausdrucks weise, lesen sich die besprochenen Mittheilungen sehr
angenehm. Wir sind dankbar, von den Verfassern so viel Interessantes
aus dem Militär-Sanitäts wesen unserer österreichisch-ungarischen Freunde
gehört zn haben. Körting.
Die chirurgische Behandlung der Lymphdrüsenabscesse. Von
Dr. Stocquart. Brüssel. Sep. Abdruck ans Monatshefte für prakt.
Dermatologie. 1886 No. 5. —
Die Vortbeile der bisher bei der Behandlung von Lymphdrüsen-
abscessen geübten Methoden — Einstich mit spitzem Bistouri, Einstich einer
lanzettförmigen Nadel mit nachfolgender Einführung eines stumpfen
Hoblstilets — sind bekannt. Beide Methoden haben aber auch ihre
Nachtheile; sichtbare, oft recht unangenehme Narbenbildnng im ersten,
Verlangsamung der Heilung im zweiten Falle. Verf. empfiehlt nun
folgende Methode, die er erprobt und für gut befunden hat Der Eiter
wird mittelst solcher Instrumente entleert, die den Kranken nicht
erschrecken; die Operation ist einfach, wenig schmerzhaft, fuhrt rasche
Heilung herbei und binterlässt keine Narben. Erforderlich sind zwei
Instrumente; eine kleine Hohlnadel und ein schmales zweischneidiges
Bistouri mit Knopf. — Der Abscess wird mit der Nadel punktirt und
kann dann je nach Befinden mit dem geknöpften, sehr schmalen (2 mm)
Messer erweitert werden., — Es würde sich in der militärärztlichen Praxis
ein Versuch wohl empfehlen.
Breitung.
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Gegen die Erkranknogen der Uro-Oenitalwege empfiehlt Sanne
in der therap. QeselUchaft von Paris (15. März 1886) Kava. —
Es reizt weder Magen noch Darm, wirkt schnell und sicher. —
Verf. heilte chronische Blasenkatarrhe, die jeder Behandlung getrotzt
hatten, in wenigen Tagen, desgL chronische Blennorrhöen. Bei akuter
Gonorrhöe hörten Schmerzen und Ausfluss sehr bald auf und hatte die
Anwendung selbst gleich im Anfang der Krankheit gar keine üblen
Nebenwirkungen. — Es wurde angewendet ein eztract. aqna-alcobolic.
und wurden ^ Centigramm bis 1 Gramm innerhalb 24 Stunden verab-
reicht in allmäliger Steigerung.
Breitung.
Ein sanitärer Vorschlag für die Exerzirplätze, besonders der
Cavallerie. Mil. Wochenbl. 1886 No. 59.
Verf. wünscht zur Benutzung bei etwaigen Unglücksfällen in den
nächstgelegenen Ortschaften solcher Exerzirplätze, die weit von der
Garnison entfernt sind, einen Rettungskasten aufgestellt zu sehen, der das
nöthige Material enthalten soll, um einen Transportverband auch für
schwerere Verletzungen anzulegen. Dass hierbei auf das fachtechnisch
gebildete Sanitätspersonal und nicht auf „Samariter* aus der Truppe
reflektirt wird, zeugt von sachkundiger Beurtheilong der Verhältnisse.
Im Uebrigen können wir uns auf diese Andeutung beschränken, da das
Mil. Wochenblatt unseren Lesern ausnahmslos zugänglich ist.
Imprägniren des Fussbodens mit Theer.
Luft- und wasserdichte Herstellung der Fussböden zur Verhütung
von Infektion der Zwischendecken ist eine der berechtigtsten Forderungen
der Hygiene. Ihre Erfüllung ist bei Unbescbränktheit der Mittel auf ver-
schiedenen Wegen möglich. Schwierig wird die Sache, wenn man billig
bauen muss oder grössere vorhandene Fussböden schnell in einen hygienisch
sichereren Zustand versetzen soll. In dieser Hinsicht erfordern die
Versuche des österreichischen Regimentsarztes Dr. Schaffer die Auf-
merksamkeit der Militärverwaltung. Er imprägnirte Kasernenfussböden
mit Steinkoblentbeer, der durch Erwärmen soweit verflüssigt wird, dass
er gut streichfähig ist. Man benöthigt für je 10 qm eines Bodens aus
weichen Brettern 1 kg. Das Trocknen währt 2 — 3 Tage, der Theer-
femcb verliert sich bald. Die Kosten betrugen in Wien 5 fl. für 100 kg.
ünmalige Erneuerung des Anstriches im Jahre genügte zur Instandhaltung
des Fussbodens; bei Neubauten wird man allerdings auch die untere
Seite der Bretter streichen. Der Anstrich bewährte sich nach dem
kompetenten Urtheil der betr. Truppenkommandeure zur Verhütung von
Staub, Beseitigung des Ungeziefers und Erhaltung der Fussböden sehr
gut, die Reinigung war durch feuchtes Wischen leicht zu erzielen, der
Geruch belästigte die Insassen nicht (? Ref). Diesen Vortheilen gegen-
über dürfte die düstere Farbe des Anstrichs kein Hinderniss für dessen
Verwendung sein. Gesdhts. Ing. 1886. S. 434. — . —
48
Die Elastizität von Eantschakgeräthen wiederherzustellen.
Es ist bekannt, dass Kautschnk, wenn er trocknet, brüchig wird,
was ihn meist zn seiner Bestimmung untauglich macht Um ihm seine
ursprünglichen Eigenschaften wiederzugeben genügt es, ihn einer Hitze
von 50— 60 ° anszusetzen , indem man ihn gleichzeitig dem Einfluss
ammoniakhaltiger Dämpfe unterwirft Im Reichs-Gesundheitsamt ist seiner-
zeit dasselbe durch wiederholtes Einlegen der Schläuche etc. in 5 — 6 pro-
zentige warme Lösungen von Liqn. Ammon, caust erreicht worden.
In einem sehr stattlichen Bande ist zn Ende des Jahres 1887 der
II. Theil von Dr. Paul Börner's Reichs - Medizinal- Kalender
für Deutschland auf das Jahr 1888, herausgegeben von
S. Outtmann, erschienen. Anordnung des Inhalts wie im Vorjahre.
Von dem Apothekenbesitzer G. Marpmann in Gross- Neuhausen
(Sachsen - Weimar) wurden der Redaktion Proben „keimfreier“ („bei
niederer Temperatur sterilisirter“) Flüssigkeiten zn Einspritzungen ein-
gesandt, welche, in „bestimmten Konzentrationen dargestellt, luftdicht in
kleine Olascylinder von 4 — 5 cm Länge eingeschmolzen sind“. Je
12 Röhrchen sind in festen Pappetuis von 12 cm Länge, 6'/« cm Breite und
etwas mehr als 1 cm Höbe untergebracht , in denen sie bequem und
sicher mitgefübrt werden können.
Für jede Injektion ist ein Röhrchen erforderlich ; der Preis für
12 Röhrchen beträgt 2—3 Jt.; — 100 Morphium-Injektionen von 1—2 ®/o
kosten 12 JL
Das Probeschäcbtelchen enthält ausser Morphium noch Cocain,
Strychnin, Apomorphin, Jodoform und Sublimat, letzteres mit 1,0 Sub-
stanz und bestimmt zur Vermischung auch event. mit Brunnenwasser, was
ohne Nachtheile geschehen kann, „weil die Zersetzung durch Carbonate
durch die Lösung des Sublimates aufgehoben wird“.
Versuche mit den Injektionen erscheinen empfehlenswertb.
Zn dem Artikel: Neue Erfahrungen über die Ventilation der
Krankenwaggons in Heft XII vorigen Jahrgangs, S. 522, letzter Ab-
satz, ersucht der Herr Verfasser behufs schärferer Präzisirnng seiner Vor-
schläge noch hinzuzufugen*. für den Abgang und für die Zufuhr
(sc. „räumlich möglichst getrennte Oeffnnngen in den Wagen anzobringen“).
Die Red.
Otdrmcki ia der KuaifL Hofbachdruckerei von E. 8. MittlerASobn, Berlin SW., Koehstr. 68— 70„
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Dentsche '
Militärärztliche Zeitschrift.
Redactlon: i
Dr. 3». Generalarzt, | ff S 2
Berlin. Tnnbenetranse 5, < _ * ®
o. Dr. 0. Stabsarzt, | Königliche
BerUn, Kilwr Fnni Gr«n»dior-Pl»li U/12. ? Kochstruse 68-70.
Moutlicb embeint ein Heft vod mindesteos 3 Dnickbogea; dun ein „Amtliches Beiblatt“. Der
Zeitschrift wird das Werk: „Jahresbericht über die Fortschritte auf dem Gebiete des Uilit&r-
Saaittte-Weseos“, beraoagegeben Tom Generalarzt Pr. Roth« nnontgeltlich beigegeben. BesteUnng
nehmen alle Poetlnter and Bnchhandlnngen an. Preis des Jahrgangs 15 Mark.
XVll. Jahrgang;. 1888. Heft 2.
Verlag:
tUfbr & ^o9tt,
Hofbuchhandlung,
Die Entzündung der peripheren Nerven
(Polyneuritis — Neuritis multiplex),
deren Pathologie und Behandlung.
Mit einer Tafel.
Vorgetragen in der militärärztlichen Gesellschaft zu Berlin
von V
E. Leyden.
I. Vortrag
am 21. Oktober 1887.
Wer einen Blick auf die Entwickelung der Nervenpatbologie in den
letzten 30 Jahren zuruckwirft, wird nicht umhin können, überrascht zu
sein von der totalen Umgestaltung, welche sich seither vollzogen bat.
Das ganze Gebiet ist einer neuen, fruchtbaren Bearbeitung unterworfen
worden, eine Reihe von wichtigen Entdeckungen sind gemacht, neue Krank-
heiten beschrieben, und die früher nnr oberflächlich bekannten Prozesse auf
das Genaueste studirt worden. Der Umfang nnd Inhalt der Nerven-
krankheiten hat sich um ein Vielfaches vergrössert. — Wer dies anerkennt,
wird nicht in den Vorwurf einstimmen, dass die innere Medizin in dem
letzten Jahrhundert fast gar keine Fortschritte gemacht hat; für den-
jenigen, der sehen will, sind die Fortschritte augenfällig. Eher vielleicht
könnte ein ähnlicher Vorwurf nach der Richtung berechtigt sein, dass
das ärztliche Können mit dem Wissen nicht gleichen Schritt gehalten
habe. Man könnte sagen, dass die moderne Forschung mehr die „Wissen-
sebaft“ gefördert und weniger daran gedacht hat, dass die Medizin auch
4
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50
eineKanst ist and ein Können verlangt Aber wir dürfen auch diesen
Vorwarf mit dem wohlbekannten Erfahrungssatze zaröckweisen , dass das
Erkennen einer Krankheit schon die halbe Kor derselben ist. — Ich
erlaube mir, diese allgemeinen Bemerkungen voraasznschicken , weil sie
durch diejenige Krankheit, über welche ich heute vorzutragen gedenke,
in augenfälliger Weise erläutert werden.
Unter den vielen neuerkannten Nervenkrankheiten ist die multiple
Neuritis eine der jüngsten. — Wenn ich mir erlauben darf, meine Arbeit
über Neuritis und Poliomyelitis'^) als den Zeitpunkt zu bezeichnen, womit
die multiple Neuritis als eine selbstständige, klinisch wohicbarakterisirte
Krankheitsform eingeführt ist, so datirt diese selbstständige Existenz erst
seit dem Jahre 1879. Seitdem ist nun aber eine grosse Anzahl von
Beobachtungen und eine Fülle von Arbeiten über denselben Gegenstand
zu Tage gefördert, so dass dieses^, zuerst so kleine Gebiet
beute bereits einen ziemlf^'^^^racbuicm^ulHf^ annimmt, der Art,
dass ich fast fürchten JI^W, Ibrc~6i^uld zu mllkokauchen, wenn ich aus-
führlich in die Besprechung f^^j^yEl^z^^^p^'n ^^ben wollte. — Wenn
schon durch diese schnuV Entwickelung alleir)||dj|h multiple Neuritis ein
erhöhtes Interesse in Ans^ira^ nimmt, s(^tl)^t sie es gewiss nicht minder
dadurch, dass wir hier mit'‘'€Ufitt^lftfli§---Äuf die Leistungen der ärzt-
lichen Kunst zurückblicken dürfen, welche schöne Heilungsresultate za
verzeichnen bat.
Das Krankheitsbild, unter welchem die multiple Neuritis auftritt, ist
ein eigenthümliches und beachtenswerthes. Dasselbe unterscheidet sich
wesentlich von den seit langer Zeit bekannten peripheren Lähmungen
einzelner Nerven und Muskeln dadurch, dass die Lähmungen der multiplen
Neuritis vielfache sind, vornehmlich die Extremitäten betreflfen -»■ diese
meist doppelseitig — , und endlich noch dadurch , dass diese Lähmungen
in der Mehrzahl der Fälle zu Muskelatrophie führen.
Dieses Symptomenbild schliesst sich vielmehr an den Typus der
spinalen Erkrankungen an, und ist früher zweifellos zu den Rücken-
markserscheinungen gezählt worden. Denn dass analoge Krankheitsfälle
schon früher beobachtet sind, kann nicht wohl zweifelhaft sein; nur war
ihre Symptomatologie unsicher, ihre nosologische Deutung unklar. Jene
Fälle, welche man als rheumatische Extremitätenlähmnng oder als
Refrigerationslähmung bezeichnete, sind grösstentheils hierher zu rechnen.
Besonders aber von Bedeutung für uns ist die zuerst von Duchenne
•) Zeitschrift für klinische Medizin Bd. I. S. 387 — 43-t.
«
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- 51
als akute oder subakote allgemeine spinale Paralyse beschriebene und
später als Poliomyelitis acuta s. subacuta bezeichnete Krankheit.
Die Beziehung derselben zur multiplen Neuritis bildet ein besonders
interessantes Kapitel in der modernen Nervenpathologie, so dass wir
glauben, mit einigen Worten näher darauf eingehen zu sollen. — Bereits
Ch. Bell hatte die Aufmerksamkeit auf gewisse Krankheitsformen gelenkt,
welche früher zu den Lähmungen gerechnet wurden, welche sich aber
durch einen auffälligen Schwund zahlreicher Muskeln anszeichneten.
Auch Romberg bat ähnliche Krankheitsfälle gesehen und beschrieben.
Indessen erst durch die bekannte ausführliche Bearbeitung von Aran
und Duchenne wurde die progressive Muskelatropbie zu einem
woblcbarakterisirten klinischen Krankheitstypus. Freilich fehlte der
Nachweis einer pathologisch -anatomischen Läsion, welche Klarheit über
die Natur dieser Krankheit verbreitete; man zählte sie bald zu den
peripheren, myopathischen, bald zu den sympathischen, bald zu den
spinalen Erkrankungen. Ebenso erging es der zweiten typischen Form
der atrophischen Lähmung, der Kinderlähmung, deren klassische Be-
schreibung durch Heine in Stuttgart gegeben wurde and welche auch
bald zu den peripheren, bald zu den spinalen Formen gerechnet wurde.
In diese Unsicherheit und Unklarheit wurde nun zu Ende der 60er
Jahre unerwartet Licht gebracht durch die schönen Beobachtungen und
Entdeckungen, welche wir im Wesentlichen Cbarcot und seinen
Schülern zu danken haben: sie gipfelten in der Tbatsache, dass jenen
amyotrophischen Lähmungen eine ausgesprochene Atrophie der grossen
mnltipolaren Ganglienzellen io den grauen Vorderhörnern des Rücken-
marks zu Grunde liegt. Anknüpfend an die früheren Untersuchungen
von Waller formnlirte Cbarcot die physiologische Bedeutung dieser
Entdeckungen dahin, dass jene mnltipolaren Ganglienzellen als das trophische
Centrnm für die Muskeln und motorischen Nerven zu betrachten seien,
und dass der pathologischen Atrophie dieses Centrums auch die Atrophie
der betreffenden Muskeln folge. Bei der progressiven Muskelatropbie
ergaben die Untersuchungen eine mehr oder minder gleichmässig durch
das ganze Rückenmark verbreitete Atrophie jener Zellen, häufig
mit einer Degeneration der Pyramidenseitenstrangbabnen verbunden
(amyotrophisebe Lateralski erose). Die atrophische Kinderlähmung setzt
nicht diffuse Veränderungen , sondern kleine sklerotische Herde in der
Cervikal- und Lendenaiischwellung (Tafel Fig. 1), in welcher ebenfalls die
Ganglienzellen zu Grunde gehen. Zu diesen zwei wohl charakterisirten
Typen der atrophischen Rückenmarkslähmungen kam nun noch ein dritter,
4*
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52
nicht 80 scharf charakterisirt and nicht so sicher fundirt, nämlich die bereits
oben erwähnte atrophische Lähmung der Erwachsenen, von Duchenne
zuerst symptomatisch beschrieben, dann von Duchenne und Joffroy
in die Gruppe der spinalen amyotrophischen Lähmungen hineingezogen
und als Poliomyelitis (Tephromyelitis) acuta und subacuta bezeichnet.
So bereitwillig vom ärztlichen Publikum diese von dem berühmten Autor
gegebene Deutung der Krankheit anfgenommen wurde, so Hessen doch
Leichenbefunde, welche den sicheren Beweis für die Richtigkeit der
mit so grosser Sicherheit aufgestellten Hypothese lieferten, zu lange
auf sich warten. Im Oegentheil, es kamen Beobachtungen zur Kenntniss,
welche einen ganz andern Oedankengang eröffneten. Schon in meiner
Arbeit über die atrophische Kinderlähmung (1875) konnte ich die Be-
merkung nicht unterdrücken, dass mir ein Theil der Symptome auf
peripheren Nervenerkrankungen zu beruhen schien. Ebenso führte ich
in meiner Klinik der Rückenmarkskrankbeiten aus, dass viele Lähmungen
nach akuten Krankheiten den Charakter , peripherer Prozesse tragen;
überdies hatte ich einige Fälle von Neuritis mit verbreiteten Lähmungen
und Mnskelatrophien beobachtet. Ferner wurde man jetzt auf die
interessanten Mittheilungen von Dumünil*) aufmerksam, welcher in
mehreren Fällen von ausgebreiteter atrophischer Lähmung durch eine
äusserst scharfsinnige klinische Analyse den Nachweis geführt hatte, dass
es sich dabei um eine periphere Neuritis handeln müsse. Endlich kamen
Beobachtungen von Eisenlohr u. A. hinzu, welche in einzelnen Fällen
atrophischer Lähmungen p. m. das Rückenmark intakt, dagegen die
Nerven atrophisch fanden. Auch über die Blei lähmnng entwickelte sich nun
eine Diskussion: die Einen sprachen sie als eine periphere (nenritisebe), die
Andern als eine spinale (poliomyelitische) Affektion an. Uebereinstimmend
ergaben die Untersuchungen starke Atrophie in den peripheren Nerven-
ästen, welche zu den gelähmten und atrophischen Muskeln führten (Fig. 3).
Die meisten Autoren traten der Anschauung der peripheren, nenritischen
Natur bei, indessen hatte docli auch der gegentheilige Standpunkt gewichtige
Vertreter.
Im Flusse dieser Diskussionen haben meine Untersuchungen und De-
duktionen, welche ich im Jahre 1879/80 in zwei Arbeiten niederlegte (Ueber
einen Fall von multipler Neuritis: Charite - Analen 1880 8.206 — und
Ueber Poliomyelitis und Neuritis: Zeitschrift für klin. Medizin 1880
Band I S. 387 ff.) in gewissem Sinne eine entscheidende Bedeutung ge-
*) Gar. hebdum. 1864 u. 1866.
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53
habt, insofern sie das klinische Bild der maltiplen Neuritis zum ersten
Male mit Sicherheit formolirten und dasselbe durch unzweifelhafte
anatomische Untersuchungen begründeten. Die multiple Neuritis ist seit
dieser Zeit als eine selbstständige Erankheitsform anerkannt. Gleichzeitig
ergab es sich, dass die Mehrzahl jener Fälle, welche von Duchenne
als Paralysie antdrienre spinale beschrieben waren, hierher gerechnet
werden mussten.
Die beiden von mir beobachteten Fälle boten ein sehr überein-
stimmendes Krankheitsbild dar; sie betrafen Junge Männer, welche
unter fieberhaften Symptomen erkrankten und bei denen sich unter grosser
Schmerzhaftigkeit eine Lähmung der vier Extremitäten entwickelte. Die
Lähmung war am intensivsten an den Fingern, sie war geringer an der Hand,
nahm weiter aufwärts am Vorderarm noch mehr ab und erreichte kaum
die Schulter. An den unteren Extremitäten war das Bild ein analoges,
d. b. die stärkste Lähmung bestand an Fuss und Zehen, dann am Unter-
schenkel, — die geringste Lähmung war am Oberschenkel ausgebildet.
Die afficirten Extremitäten lagen fast vollkommen regungslos da und
konnten nur in den Schultern und Hüften ein wenig bewegt werden; die
Oliedmaassen waren geschwellt, und in dem einen Falle bestand beträcht-
liches Oedem. Die Kranken hatten sehr schmerzhafte Empfindungen,
reissende Schmerzen, welche sich nach dem Ende der Extremität bin
steigerten und mit einem Gefühl von Kriebeln verbunden waren. Auch
die Haut war ausserordentlich empfindlich, im Uebrigen bestanden keine
Erscheinungen, welche mit spinaler Lähmung übereinstimmten. Die
Sphinkteren waren frei, es trat kein Dekubitus auf, auch Kopf und
Augen blieben frei, so dass man schon durch die Anordnung der
Symptome auf die peripheren Nerven bingewiesen wurde. Die Muskeln
der affizirten Gliedmaasseu waren welk, auf Druck ausserordentlich
empfindlich und boten bei der elektrischen Prüfung eine Veränderung
der Erregbarkeit dar, wie sie den peripheren Lähmungen an-
gehört. Die elektrische Erregbarkeit war im Ganzen herabgesetzt, an
den atrophischen Muskeln wurde Entartungsreaktion konstatirt. Der
Verlauf war nicht ungünstig. In dem ersten Falle trat tbeilweise Heilung
ein; die Beine worden vollständig wieder hergestellt; an den Annen
zeigte die Lähmung nur eine geringe Besserung, sie blieb bestehen und
hatte in ihrem Typus Aehiilichkeit mit der Bleilähmong. Dieser Patient
ging nach Verlauf eines Jahres an Nierenschrnmpfnng zu Grande. Auch
der zweite Patient starb nicht an der Lähmung, sondern an einem inter-
knrrirendcn Typhus. Die Autopsie des ersten Falles ergab die folgenden
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— M —
erwähnenswertben Resolute: entsprechend der Verbreitong der Moskel-
atrophie an den Vorderarmen Hess sich in den Nerven eine deotliche
intensive Atrophie wabrnebmen. Die einzelnen Nervenbündel enthielten
zom grössten Tbeile ganz atrophische Nervenfasern, so dass sie sich mit
Karmin fast vollkommen roth färbten und nur noch sehr wenige mark-
haltige Fasern umschlossen; die Nervenscheide dieser Bündel war etwas
verdickt, wellig znsammengezogen; von Kernwncherung keine Spur.
Makroskopisch hatte der Nerv kaum ein abnormes Ansehen, namentlich
keine Schwellung oder auffällige Verfärbung. Ala deutliches Zeichen einer
voraufgegangenen Entzündung durfte indessen die Ablagerung ziemlich
reichlichen gelbbraunen Pigments angesehen werden, welches die Gefässe
in dem interneurotiscben Fettgewebe umgab, offenbar das Residuum
voranfgegangener Hämorrhagieen. Diese Degeneration der Nervenfasern
bestand am stärksten in der Höbe des Ellbogengelenks; weiter hinauf
bekamen die Fasern bald ein besseres Aussehen, und der Acbselböhleonerv
Hess eine Abweichung vom normalen Verhalten nicht mehr erkennen.
Die Nerven der unteren Extremitäten zeigten sich normal, desgleichen
bot das Rückenmark trotz genauester Untersuchung nichts Abnormes.
Noch interessanter war das Ergebniss der Untersuchung des zweiten
Falles; dieser Pat. war in einem viel früheren SUdium der Krankheit
gestorben: bei ihm ergab die Untersuchung sehr intensive Erkrankung
der peripheren Nerven an den oberen und unteren Extremitäten (Fig. 4
und ö). Am grössten waren die Veränderungen in der Nähe des Ellbogen-
und Kniegelenks; sie nahmen nach oben hin schnell ab. ln dem Nerven-
plexus fand sich nichts Abnormes, und ebenso war das Rückenmark voll-
kommen gesund. — Es wurden mikroskopische Schnitte für verschiedene
Vergrössernugeu angefertigt: die kleinsten Vergrösserungen zeigten gefleckte
Beschaffenheit der Nervenbündel, wie sie für atrophische Prozesse charak-
teristisch ist; bei stärkerer Vergrösserung nahm man noch deutlicher
wahr, dass zwischen den markhaltigen Nervenfasern zahlreiche atrophische
gelegen waren. Daneben war sehr bemerkenswertb eine Infiltration der
Nervenscheide (Fig. 4), bestehend in einer ziemlich breiten Zone, welche
die Scheide vom Nerven gleichsam abgehoben batte (Fig. 4 A). Die
Nervenbündel selbst, durch diese Exsudation gleichsam komprimirt, er-
schienen bei kleiner Vergrösserung anffäUig fleckig, bei stärkerer und an
Znpfpräparaten Hess sich eine sehr starke Degeneration der Nervenfasern
nachweisen (Fig. 5), — an den einzelnen Stellen von verschiedener In-
tensität: theils sah mau fettig degenerirte Nervenfasern, theils ver-
breiterte, gequollene, glasige, körnige, theils sehr schmale, blasse, gänz-
l
k
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55 -
lieh tnarklose. Zwischen diesen Nervenfasern war eine Proliferation von
Kernen in oder zwischen den Nervenscheiden nicht sicher nachweisbar,
nnr nm die kleinen arteriellen Blatgefässe fand sich gewöhnlich eine
zeitige Infiltration der Adventitia. Am auffälligsten war die reichliche
Zetlenproduktion in dem verbreiterten Raume zwischen Nerv und Nerven-
scheide; derselbe war mit zahlreichen runden oder länglichen, zum Theil
gelbkömig punktirten Zellen erfüllt, am deutlichsten ebenfalls in der Gegend
der arteriellen Gefässe.
Diese auffällige neuritisebe Erkrankung war am stärksten in den
Nervenstämmen der Arme in Höbe der Ellbogen, an den üntere>ftremi-
täten in der Gegend des Knies, vorzüglich im N. peroneus ausgeprägt.
Nach der Peripherie hin nahm die Intensität des Prozesses, vornehmlich
die zeitige Infiltration, ab; schneller noch verringerte sich die ganze Er-
krankung nach oben zu: hier hatten die gesammten Nerven alsbald ihr
normales Aussehen.
Die Untersuchung des Rückenmarks fiel vollkommen negativ aus.
Es hatte sich also in entschiedenster Weise als anatomische Grund-
lage der Krankheit eine multiple degenerative Neuritis ergeben, welche
die Nerven der vier Extremitäten ergriffen, aber sich vorzüglich auf die
Gegend der Ellbogen und Kniegelenke beschränkt batte. In ihrem histo-
logischen Befunde erschien diese Neuritis sehr eigenartig und erinnerte
mich an eine bis dabin nnr wenig beachtete sehr interessante Beobachtung
von Eichhorst (Virchow, Archiv Band 69, 1876, S. 265), welche
der Autor als Neuritis acutissima progressiva bezeichnet und mit der
akuten aufsteigenden Landry’scben Paralyse vergleicht. In diesem
Falle hatte sich bei einer bejahrten Frau unter lebhaften Schmerzen eine
aasgebreitete Lähmung entwickelt, die Extremitäten, und auch die Angen-
muskeln betreffend; der Tod trat in wenigen Tagen ein. Eichhorst
fand p. m. in grosser Ausdehnung eine degenerative Erkrankung zahl-
reicher peripherer Nerven, welche mit dem geschilderten Befunde meines
zweiten Falles auffällig übereinstimmt.
Durch diese Beobachtungen war festgestellt, dass Krankheitsfälle,
welche unter dem bisher als Poliomyelitis bezeichneten Bilde aufgetreten
waren, sich als eine multiple Neuritis erwiesen. Ich durfte die Ver-
mnthung ansspreeben, dass die Mehrzahl der Fälle von akuter und sub-
akuter (atrophischer) Paralyse der Erwachsenen auf eine gleiche multiple
Neuritis zurückzufuhren sein würden , obwohl ich gleichzeitig eine Ein-
schränkung dieser Ansicht machte und die Möglichkeit zuliess, dass auch
eine gleichzeitige Betheiligung des Rückenmarks (sc. seiner grauen Sub-
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56
stanz) Vorkommen möge. Denn in Wirklichkeit bestehen absolute
Schranken in der Verbreitung pathologischer Prozesse nicht, und es ist
nicht einzusehen, warum zwischen den Erkrankungen des Rückenmarks
und der peripheren Nerven ein absoluter Gegensatz existiren sollte. Eis
scheint durchaus möglich, dass sich beiderlei Prozesse kombiniren, wie ich es
für die atrophische Kinderlähmung vermutbete. Das Gleiche scheint auch
für unsere Fälle stattzuhaben. Diese Einschränkung machte ich schon
in meiner ersten Arbeit, bewogen nicht nur durch eine gewisse Vorsicht,
sondern auch durch die direkte Beobachtung, wonach neuritiscbe Pro-
zesse sich mit Rückenmarkskraiikbeiten verbinden können. — Ich habe
die Genugthuung, dass II. Oppenheim meine Ansicht kürzlich bestätigt
hat; er beschreibt eine älmliche Beobachtung, bei welcher sich neben
peripherer Neuritis auch ein kleiner Herd im Rückenmark fand (Tafel
Fig. 2), aber — was Oppenheim ebenfalls deduzirt — dieser kleine
Herd kann unmöglich für die verbreiteten atrophischen Lähmungen
allein verantwortlich gemacht werden.
Man wird zugestehen, dass das Ergebniss dieser Untersuchungen
befriedigender war, wie die frühere Auffassung der Krankheit als
Rückenmarksaffektion, denn es stand mit den am Krankenbette beob-
achteten Symptomen und dem V'erlaufe derselben besser in Einklang. Die
klinische Erfahrung lehrte, dass diese Lähmungsformen, so schwer sie
zuerst erscheinen, im Ganzen eine gute Prognose geben und unter
günstigen Verhältnissen nach Wochen oder Monaten in Heilung über-
gehen können, auch wenn eine deutliche Muskelatropbie bestanden hatte.
Dieser Verlauf Hess sich bei einer Krankheit des , Rückenmarks, bei
welcher noch gar die Ganglienzellen der grauen Substanz zur Atrophie
gekommen waren, nur schwer begreifen, denn die Regenerationskraft des
Rückenmarks resp. die der Ganglienzellen ist, soweit uns bisher bekannt,
eine sehr beschränkte. Dagegen ist es ebenso bekannt, dass die Regene-
rationskraft der peripheren Nerven eine ausserordentlich energische ist, wie
uns jeder Durchschneidungsversuch am Nerven lehrt. Daher ist es auch
leicht verständlich, dass eine Krankheitsursache, welche nur periphere
Nervenfasern zur Atrophie bringt, keine irreparablen Folgen setzt. Sobald
die Krankbeits - Ursache eliminirt ist, regeneriren sich die degenerirten
Nerven mit ihrer energischen Lebenskraft und kommen, ebenso wie die
Lähmung, zur Heilung.
An meine Arbeiten haben sich seither eine grosse Anzahl werth-
voller Untersuchungen über denselben Gegenstand angescblossen , sowohl
klinische, wie pathologisch-anatomische. Im Interesse der Kürze muss ich
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57
«
es mir versagen, auf die einzelnen einzageben; nur auf eine Arbeit
möchte ich binweisen, die mir in pathologiscb-anatomiscber Beziehung be-
sonders interessant and wichtig erschienen ist, ich meine die Unter-
suchongen von Paul Meyer in Strassbarg (Virchow’s Archiv Band 85
S. 181 — 225) über einen Fall von verbreiteter schwerer diphtheritischer
Läbmnng, in welchem Veränderungen an den peripheren motorischen
Nervenstämmen nachgewiesen worden, welche mit den meinigen genau
nbereinstimmten.
In Bezug auf das klinische Krankheitsbild im Allgemeinen
habe ich nur wenig hinzuzusetzen, da die wesentlichsten Symptome bereits
oben bei dem Berichte über die beiden Krankheitsfälle vorweggenommen
sind. Beide entsprechen den typischen Fällen in den regelmässigsten
Symptomen. Die Entwickelung der motorischen und sensibeln Symptome
zeigt sich dort in ganz typischer Weise. Ich möchte indessen noch
besonders auf die Symptome der sensiblen Sphäre hinweisen, da sie
mir gerade für die Natur der Neuritis und für die Diagnose von Be-
deutung zu sein scheinen. Die Schmerzhaftigkeit der Nerven und Muskeln
entspricht durchaus den entzündlichen Prozessen; auch die Zeichen sub-
jektiver Hyperästhesie fehlen nicht; es bestehen schiessende, brennende,
schneidende Schmerzen, welche sich bei jeder Bewegung steigern; gegen
die Finger und Zehen hin besteht Taubheit des Gefühls und eine oft
schmerzhafte Empfindung des Eingeschlafenseius, welche an die be-
kannten Druckerscbeinungen der Nerven erinnert; auch die Nerveustkmme
selbst weiter oben sind auf Druck sehr empfindlich; hieran schliessen
sich trophische und vasomotorische Symptome, namentlich das mitunter
sehr stark ausgesprochene schmerzhafte Oedem.
Neben diesen regelmässigen und typischen Symptomen sind noch
einige seltenere zu erwähnen. Als solche nenne ich die Betheiligung
des N. facialis, sodann die Affektion der Äugenmnskeln, Stra-
bismus, Nystagmus, Pupillenerweiterung und selbst Papillenstarre ist
beobachtet. Ferner kann ich bemerken, dass zuweilen auch Störungen
der Blasen- und Mastdarmfunktionen Vorkommen, welche der Krankheit
noch mehr Uebereinstimmung mit Rückenmarkskrankheiten geben. Es
scheint indessen, dass es sich auch hierbei um eine periphere Affektion
der Schlidssmuskeln resp. deren Nerven handelt, wenigstens verliefen die
zwei Fälle, in denen ich diese Komplikation beobachtete, ganz typisch
zur Heilung, ohne Residuen zu hinterlassen. — Als weitere Komplikationen
sind zu erwähnen: Delirien, Anfregungszustände, Schlaflosigkeit, wobei
auch der Alkohol-Delirien und Psychosen zu gedenken ist. Bemerkens-
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werth ist die Komplikation von Seiten des Herzens; Palpitationen, er-
höhte Pulsfrequenz, Beklemmungen und Zeichen von Herzschwäche sind
mehrfach beobachtet. Am bekanntesten ist diese Komplikation bei der
Lähmung nach Diphtherie, leicht erklärlich bei der alkoholischen Form
der Neuritis, aber sie kommt auch io anderen spontanen Fällen vor und
ist besonders bei der Kak-ke (Beri-beri) bervorgeboben.
Die Entwickelung der Krankheit ist akut oder subakut. Io den
ersten Tagen (bei subakuten Fällen) zeigt sich eine auffällige fort-
schreitende Ermüdung der Muskeln mit abnormer Empfindlichkeit, dann
treten deutliche Läbmuogserscheinungen auf. Zuerst können die Zehen
und Finger nicht bewegt werden, dann schreitet die Lähmung immer
weiter. Dieser Fortschritt ist oft ein sehr schneller: von den Zehen
gebt die Lähmung auf die Füsse und Schenkel, dann auf die Arme und
selbst Schulterrauskeln über — analog der anfsteigenden Landry’schen
Paralyse. Ohne Zweifel ist diese erste Periode der fortschreitenden
Entwickelung mit Lebensgefahr verbunden, sie bat etwas sehr Beun-
ruhigendes und Bedrohliches; wir können nicht sicher voraussehen, wann
der Prozess zum Stehen kommen wird. Der Fall von Eichborst zeigt,
wie das Leben bedroht ist, und wie wir io der ersten Periode den Fort-
schritt der Krankheit nicht in unserer Gewalt haben. Sobald jedoch der
Prozess still steht, atbmen wir auf, wir wissen nun, dass die Krankheit eine
periphere Lähmung ist, und dass die Therapie bei einer solchen für die
Mehrzahl der Fälle einen guten Ausgang verbürgen kann; nicht nur
für das Leben, auch für die vollkommene Heilung ist die Prognose
keine ungünstige. Im Ganzen gelten hier dieselben Grundsätze der
Prognose wie für andere periphere Lähmungen, besonders die Facialis-
paralyse, und werden wir sie hauptsächlich aus dem elektrischen Ver-
halten der gelähmten Muskeln entnehmen. Die zahlreichen und
sorgfältigen Beobachtungen bei Facialisparalyse geben eine grosse
Sicherheit für die prognostische Beurtheilung auch dieser Fälle analoger
peripherer Lähmungen.
Was Verlauf und Dauer der Krankheit betrifft, so ist beides sehr
wechselnd. Es giebt Fälle von sehr akutem Verlaufe: nicht nur die
schnell tödtlicben pernieiösen, sondern auch solche mit schnell eiiitretender
Genesung; hier>ron sab ich einen Fall, welcher bei dem Gebrauch von
Natr. salicyl. in 8 Tagen geheilt wurde. In der Mehrzahl der Fälle ist
jedoch die Krankheit keine so schnelle, sie erstreckt sich auf Wochen
und Monate. In diesem Verlaufe kann man drei Stadien unterscheiden:
1) das der fortschreitenden Muskellähmung, 2) das des Stillstandes
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— —
and 3) das der Regeneration. Die Däner der Stadien ist nach der
Schwere der Krankheit sehr Terschieden. In der Regel umfasst der Ab-
lauf mehrere Moante; aber auch nach der im Wesentlichen erreichten
Herstellung persistiren häufig noch einige markante Symptome, e. B.
leichte Ermüdbarkeit, abnorme Sensationen, Herzklopfen, Nervosität, und
es vergebt häufig Jabr und Tag, ehe der Fat. vollkommen hergestellt
ist; das Wiedererscheinen der Sehnenreflexe lässt oft Jahre lang auf
sich warten.
Mitunter ist der Verlauf der Krankheit exquisit chronisch. Die be-
kanntesten und vollständigsten Fälle der Art sind die schönen Beobach-
tungen von Dnmönil in Rouen. Der Verlauf dieser Fälle erstreckte
sich über mehrere Jahre und war durch abwechselnde Heilungen und
Rückfälle gekennzeichnet. —
Neben diesen typischen Fällen von multipler Neuritis sehen wir auch
atypische, unregelmässige Formen auftreten, unter ganz analogen
Ursachen und Symptomen, z. B. sekundär nach akuten Krankheiten oder
spontan nach Erkältungen. Diese Formen, auf eins oder nur wenige
Nervengebiete beschränkt, weichen vom Typus der Lähmung wesentlich ab
und lassen eine zusammenfassende Schilderung nicht w'ohl zu; sie werden
nach denselben Prinzipien beurtheilt und behandelt, wie die typischen
Formen.
Was die Aetiologie der Krankheit betrifft, so sind meine Unter-
suchungen von der spontanen oder rheumatischen Form ausgegangen, ich
habe aber gleichzeitig die akuten Infektionskrankheiten, die Syphilis und
den Alkoholismus als ursächliche Momente genannt, auch dieBleilähmug bin-
zugezogen. Seither haben sich die Beobachtungen bedeutend gehäuft,
nnd eine grosse Zahl ätiologischer Momente ist nachgewiesen. Die
speziellere Betrachtung erfordert eine Eintheilung in Gruppen. Indem
ich diese übersichtliche Eintheilung hier anschliesse, behalte ich mir mit
Ihrer gütigen Einwilligung vor, in einem späteren Vortrage auf die
einzelnen Gruppen und Formen etwas näher einzugeben. Ich unterscheide
folgende 5 Gruppen:
1) Die infektiöse Form.
2) Die toxische Form: Blei, Alkohol, Arsen, Phosphor.
3) Die spontane Form: Rheuma und Ueberanstrengnng.
4) Die atrophische (dyskrasischc, kachektische) Form.
5) Die sensible Form: Neuritis der peripheren sensiblen Nerven,
Pseudotabes oder Nervotabes peripherica.
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Gor
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Gehen wir nnn anf die Therapie der Krankheit ein, so erinnere
ich daran, dasa ich bereits Eingangs meines Vortrages hervorhob:
die multiple Nenritis ist eine Krankheit, bei welcher der Arzt mit Be-
friedignng auf seine Leistungen sehen kann. Nnr in den seltensten
Fällen wird das Leben bedroht, selten auch bleiben Residuen zu-
rück, bestehend in unheilbaren Muskelatrophien und Kontrakturen; die
grösste Mehrzahl der Fälle wird vollkommen geheilt.
Freilich lässt es sich nicht leugnen, dass an den günstigen Heil*
resultaten die aktive Therapie nur in bescheidenem Maasse betheiligt ist.
Die Medikamente, welche uns zur Bekämpfung dieser Krankheit zu Ge-
bote stehen, sind nur gering an Zahl, und ihre Heilwirkung ist keines-
wegs eine sehr zuverlässige. Selbst die Elektrizität, deren wir in dieser
Krankheit nicht entbehren können, findet nur in eingeschränktem
Maasse Anwendung und vermag nicht den Krankbeitsverlanf in ent-
scheidender Weise zu beeinflussen. — Gelegentlich bietet die ätiologische
und sjmptomatologische Behandlung wichtige Indikationen, auf welche
wir noch zurückkommen.
Derjenige Heilplan, welcher sich als der richtige bewährt bat, ist
ein hygienisch • exspektativer. Die Erfahrung bat gelehrt, dass bei
dieser Krankheit, wie bei vielen anderen, ein unruhiges hastiges Eingreifen
nur Schaden bringt, indem es die vorhandenen, in der Entwickelnng be-
griffenen Reizungen und Degenerationen zu steigern droht. Namentlich
ist ira Anfänge der Krankheit die frühzeitige Anwendung der Elektrizität,
wozu die Aerzte häufig geneigt sind, ein entschiedener Fehler, und ich kann
es nur als eine sehr vortheilhafte Einrichtung der Natur bezeichnen,
wenn die gewöhnlich vorhandene lebhafte Schmerzhaftigkeit Jede einiger-
maassen ergiebige elektrische Behandlung unmöglich macht. Dasselbe
ist von der Massage und Muskelübung zu sagen: sie sind im Anfänge
schädlich und verbieten sich meist in Folge der Schmerzhaftigkeit von
selbst. Auch in Bezog auf die Muskelthätigkeit werden oft Fehler ge-
macht, man lässt die Patienten mit ihren schwachen Muskeln omhergehen,
um sie durch Ucbnng zu stärken; aber nicht zum Segen der Kranken,
denn die entzündeten Muskeln bedürfen durchaus der Ruhe und Schonung. —
1) Unter den Medikamenten, W’elche in dieser Krankheit von Nntzen
sind, nenne ich in erster Linie die Salicyl säure bezw. dasNatronsali-
cylicum, welches gerade im Beginne der Krankheit oft Erleichterung
bringt und unter Umständen selbst eine coupirende Heilwirkung entfaltet.
Namentlich bei der rheumatischen Form wirkt dies Mittel meist günstig;
in vielen Fällen aber lässt es uns leider auch in Stich und äussert
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weder anf die Schmerzen noch auf den Erankheitsverlauf die geringste
Wirkung.
An dieses Medikament schliessen sich die analogen Mittel der Neu'
zeit an, das Antipyrin und Antifebrin. Beide werden um so mehr
indizirt sein, als sie nach G. See eine günstige Wirkung auf neuralgische
Schmerzen ausüben. Ich selbst habe noch keine Gelegenheit gehabt, sie
in Fällen von multipler Neuritis anznwenden, zweifele aber nicht, dass
sie eine ähnliche, vielleicht noch bessere Wirkung haben werden, als
das erstgenannte Medikament. Als spezifische Mittel, von denen ein
Conpiren der Krankheit erwartet werden darf, sind sie nicht wohl zu
betrachten.
An anderen wirksamen Mitteln für unsere Krankheit sind wir nicht
reich: Jodkali, Bromkali event. Colchicum sind nach allgemeinen thera-
peutischen Grundsätzen indizirt, versprechen jedoch kaum wesentliche
Erfolge. — Somit ist unser Heilplan zum wesentlichen Tbeile anf die-
jenigen Heilpotenzen und Methoden angewiesen, welche die exspekta-
tive Methode oder, wie sie beute vielfach genannt wird, die hygienische
Therapie liefert. Die Medikamente spielen dabei nnr eine nebensäch-
liche Rolle, der wesentliche Plan der Therapie basirt anf der Fürsorge
für die günstigsten Verhältnisse des natürlichen Krankheitsverlaufes. Die-
jenigen Heilpotenzen, welche hierfür in erster Linie in Betracht kommen,
sind zwei der wichtigsten, auf welchen die hygienische Therapie über-
haupt basirt, die Ruhe, i. e. Bettruhe, und die Diät
Manche von Ihnen, m. H. Kollegen, werden von dieser meiner Dar-
stellung wenig befriedigt sein und es nicht als einen Glanzpunkt der
ärztlichen Kunst betrachten, wenn wir auf diese hygienische Methode
angewiesen sind, ohne die Macht eines spezifischen scharf eingreifenden
Mittels zn besitzen. Aber ich bitte Sie, sich zu vergegenwärtigen, dass
die Aufgabe der ärztlichen Kunst nur allgemein dahin definirt werden
darf, dass sie den Patienten, dessen Leben und Gesundheit durch den
Angriff der Krankheit geRlhrdet ist, mit denjenigen Mitteln, welche
durch die Erfahrung als die besten erkannt sind, schützt und wo möglich
zur völligen Gesundheit zurückführt. Es ist eine unberechtigte
dogmatische Einseitigkeit, zu verlangen, dass die Heilung gerade nur auf
dem einen, allein seligmacbenden Wege der aktiven Therapie, durch
Medikamente, geschehen soll. Wenn der andere Weg schneller und
sicherer zum Ziele führt, so ist er auch der bessere. Der Arzt, welcher
sein Heil ausschliesslich auf Medikamente baut, wird sich oft genug
getäuscht finden. Die Methode der hygienischen Therapie findet
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nicht nur in Frankreich, sondern auch bei uns mehr und mehr An-
erkennung und richtige Würdigung. Sie stellt sich freilich nicht die Aufgabe,
die Krankheit selbst zu bekämpfen, sondern das erkrankte In-
dividuum zu schützen, seine Resistenzfähigkeit gegen die Krankheit zu
erhoben und ihm damit zum Siege zu verhelfen. Die Bedeutung und
Wirksamkeit dieser Heilmethode wird Jedem in überraschender Weise ein-
leuchten, der sich mit ihrer Methode und ihren Leistungen genügend
bekannt gemacht bat. Der Thatendurst unserer durch die Erfolge der
Chirurgie verwöhnten Zeit bat diese Methode, welche in der internen
Therapie eine so grosse und erfolgreiche Rolle spielt, in den Schatten
gestellt und auch hier einen Thatendrang gezeitigt, welcher häufig zu kritik-
loser Anwendung zahlloser Medikamente führt, während die einfachsten
Regeln der Hygiene und Diät vernachlässigt werden. So sehr man
heute gewohnt ist, alles Heil von Medikamenten zu erwarten, so sehr
man geneigt ist, auf die hygienische Therapie berabzuseben, so wäre
doch derjenige sehr im Irrthum befangen, welcher meinte, dass diese
eine leichtere Aufgabe sei. Im Gegeutheil ist beute nichts leichter und
bequemer, als wenn der Arzt sich darauf beschränkt, seinen Kranken ein
Rezept von zweifelhafter Wirkung zu verschreiben. Dagegen erfordert
die Durchführung der hygienischen Therapie die äusserate Umsicht,
Sorgfalt und Pünktlichkeit. Man wird die Schwierigkeit nicht unter-
schätzen, welche mit der Durchführung einer bestimmten Diät und
welche mit der Verordnung der Bettruhe verbunden ist.
2) Die Bedeutung der Ruhe als Heilmittel ist in neuester Zeit
wiederum durch das bekannte, aber meiner Ansicht nach noch immer
nicht genügend gewürdigte Weir-Mitchell’sche Heilverfahren in ihr
altes Recht eingesetzt. Wer sich die Mühe giebt, objektiv zu beobachten,
wird sich leicht von der grossen Wirksamkeit dieser Heilpotenz in den
verschiedensten Krankbeitszuständen überzeugen können. Bei richtiger
Indikation kann sie durch Nichts ersetzt werden, und das Verkennen
dieser Indikation stellt den ganzen Kurerfolg in Frage. Dieser Fall
trifft bei unserer Krankheit in vollem Maasse ein. Ruhe der affizirten
Muskeln, in der Mehrzahl der Fälle Bettruhe, ist die erste und
wichtigste Indikation. So leicht es erscheint, die Verordnung zu treffen,
so schwer ist es häufig, sie mit der erforderlichen Strenge und Konsequenz
durcbznfübren. Es giebt vielleicht keine schwierigere Aufgabe für den
Arzt, als die Ungeduld seiner Patienten zu zügeln, welche den Heilnngs-
prozess zu stören droht und die schon erreichten Heilerfolge in Frage
stellt. Ein an eifrige Thätigkeit gewöhnter Patient ist ebenso schwer
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in Rabe tu halten, wie ein stupider, bei welchem Gründe and Autorität
nichts ausrichten. Beide können sich von der Bedeutung der Ruhe keine
Vorstellung machen und betrachten sie kaum als Heilmittel. Der Arzt
ist häufig genöthigt, Medikamente zu verordnen, welche an sich über-
flüssig sind, aber den Ideen der Kranken entsprechen und dadurch
helfen, das Hauptziel, die Ruhe des Patienten, durchzusetzen. In der
Tbat bedarf der Arzt der grössten Autorität, der Konsequenz und festen
Ueberzeugung, um die erforderliche Bettruhe so lange durchzusetzen, als
sie nothwendig ist. Der Arzt darf sich auch der Aufgabe nicht ent-
ziehen, seinen Patienten die Ausführung der Verordnungen zu erleichtern,
ihren Math, ihre Geduld, ihre Ausdauer zu stärken, bis sie die Krankheit
überwanden haben.
Die Erfahrung bei unserer Krankheit lehrt, dass fast ausnahmslos
die Neuritis und die davon abhängigen Zustände von Lähmung und
Degeneration in den Muskeln am besten und schnellsten verlaufen, wenn
man die erkrankten Organe durch Ruhe schont und von Reizungen fern
hält. Nur selten erreicht bei einer solchen schonenden Behandlung die
Muskeldegeiieration einen so hohen Grad, dass Entartnngsreaktion eintritt.
3) Gewöhnlich ist der Patient mit dieser zuwartenden, hygienischen
Behandlung nicht zufrieden, und wir sehen uns schon um dieserhalb
veranlasst, die elektrische Behandlung berbeizuziehen. Hierzu sind
wir um so mehr berechtigt, als bei vorsichtiger Zurückhaltung ein Schaden
nicht geschieht und als wir mit der Elektrizität ein Mittel in der Hand
haben, den Zustand der Muskeln und Nerven, und den Ablauf der Stadien des
degenerativen Prozesses zu kontrolliren. Dass diese Erkenntniss aber, selbst
wenn man den direkten therapeutischen Werth der in Anwendung gezogenen
Elektrizität nicht hoch schätzt, für das ärztliche Urtheil und damit für die
Sicherheit der Prognose und der Therapie von grösster Bedeutung ist,
bedarf keiner Auseinandersetzung. Aus diesen Gründen bediene ich mich
auch vorzugsweise des konstanten Stromes, obgleich derselbe für den
Patienten fast schmerzhafter ist als der induzirte. Der Fortschritt der
Regeneration zur Heilung wird in der Wiederkehr der normalen Reaktions-
verhältnisse sehr deutlich erkannt und methodisch verfolgt. Erst jetzt in der
Periode der Regeneration wird die Prognose zuversichtlich, und wir dürfen
nun dem Kranken von der verordneten strengen Ruhe Erleichterung ver-
schaffen und allmählich von einem vorsichtigen Gebrauche der Muskeln
zu methodischen Uebungen übergeben.
4) Hieran schliesst sich die Diät. Wenn im Anfänge unter dem
Fieber und den Schmerzen der Appetit und die Ernährung stark gelitten
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haben, so ist weiterhin eine vorsichtige, gut roborirende Diät indieirt.
Namentlich unterliegt es keinem Zweifel, dass in der zweiten Periode
der Regeneration die Herstellung durch eine reichliche, nahrhafte Diät
wesentlich gefördert wird und dass unter Zunahme der gesammten Körper-
kraft auch die Kraft der erkrankten Muskeln und Nerven sich wiederfindet
Uebrigeiis entspricht dieser Heilplan ganz den Oruudsätzen, welche
Onbler, bekannt durch seine Arbeiten über die Lähmungen nach
akuten Krankheiten, für die Behandlung dieser Affektionen anfstellte;
sie heilen, wie er angiebt, am besten unter einem roborirenden Regime.
Es erübrigen noch einige Worte über die ätiologische und die
symptomatische Behandlung.
5) Die ätiologische Behandlung ist für mehrere Formen wichtig
und von Erfolg. Die rheumatischen Formen lassen am ehesten eine gute
Wirkung der Salicylsäure (des Antipyrins) erwarten; die Bleilähmung
erfordert ausser dem Schutze vor weiterer Einwirkung des Bleis die An-
wendung von Schwefel und Jod; die alkoholische Lähmung erfordert die
absolute Abstinenz, die syphilitische die spezifische Therapie und so fort.
Ja wir können hierher auch rechnen, dass die kachektische und anämische
Form die Behandlung dieser zu Grunde liegenden Diathesen in erster
Linie erfordert.
6) Die symptomatische Therapie hat einige wichtige Indikationen
zu erfüllen. Die wichtigste Indikation ist gegeben durch den Schmerz,
welcher zuweilen so heftig und so anhaltend ist, dass die Patienten nngC'
duldig und erschöpft werden. Der Schlaf ist verscheucht, der Appetit gestört,
der moralische Muth gesunken. Die Situation kann auf solche Weise
eine sehr ernste werden. Wir müssen und wir können die Narcotica
anwenden, am besten Morphium, weil es sich am besten vertbeilen —
dosiren lässt. So leicht es non ist, Schmerzen, selbst ganz intensive
Schmerzen, durch Morphium zu besänftigen, den Patienten das Gefühl
der Erleichterung und den Schlaf zu verschaffen, so schwer ist es, dieser
Indikation zu genügen, wenn der Schmerz anhaltend und heftig ist.
Dann wirkt die das erste Mal dargereichte Morphium-Dosis zum zweiten
Male nicht so gut, nicht so lange, und wir werden veranlasst, zu grösseren
Dosen zu schreiten. So geht man auf abschüssiger Bahn der Morphium-
sneht entgegen; nicht allein wird die Wirkung des Morphiums unsicher
und kurzdauernd, sondern es gesellt sich eine allgemeine Hyperästhesie
hinzu, bei welcher die Schmerzen immer heftiger werden. In solchen
Fällen ist es Aufgabe des Arztes, ökonomisch zu sein und, ohne dem
Patienten die Erleichterung durch Morphium zu entziehen, dennoch der
Morphinmsucht vorzubeugen. Interkurrent können Mittel, wie Antipyrin,
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ADtifebrin, selbst Kokain angewandt werden, um den Morphinmgebrauch
XU unterbrechen.
Von sehr sweifelhafter Wirkung auf die Schmerlen sind warme
Bäder und Einreibungen, sie sind im Anfänge der Krankheit bei be>
stehender Elyperästbesie eher geeignet, die Emp6ndlichkeit su steigern;
schon die vielfache Bewegung der schmerzhaften Glieder steigert die
Schmerzhaftigkeit. In solchen Fällen muss man davon Abstand nehmen, um
allenfalls in den späteren Stadien der Krankheit wieder dazu überzugehen.
7) Der Vollständigkeit halber sei noch der Nachkur gedacht. Die
Residuen der Krankheit ziehen sich zuweilen sehr in die Länge. Eine
gewisse Schwäche der Muskeln, namentlich^ an den Beinen, bleibt für
lange Zeit zurück und bedingt leichte Ermüdung beim Gehen. Der
Kranke ist daher oft lange Zeit noch nicht im Stande, seiner gewöhnlichen
Beschäftigung resp. seinem Erwerbe io gewohnter Weise nachzugehen.'
Ebenso bleiben Parästbesien und Dysästhesien mitunter lange Z^it, bis
Jahresfrist und noch länger, bestehen. Taubes Gefühl in den Füssen,
den Zehen, den Hacken, Kriebeln, Kältegefühl etc. bestehen nicht selten
lange fort. Ein Herr, den ich vor 2 Jahren wegen einer multiplen
Neuritis behandelte, und der sich nach einem vier Monate langen
Krankenlager gut erholt hatte, bot im vorigen Jahre, als er mich auf
der Durchreise konsultirte, noch einige Symptome von Schwäche nnd
Sensibilitätsslörungen, welche an Tabes erinnerten, in diesem Jahre eine
lästige Empfindung von Kälte und Brennen am Perinaeum, welche sich
gelegentlich mit einem Krampf des Sphincter resicae verband nnd Harn*
bescbwerden verursachte.
Diese Verhältnisse bedingen die Nothwendigkeit von Nachkuren.
Dieselben sollen, wie die Mehrzahl der Rekonvaleszentenknren, eine
Kräftigung des Patienten im Allgemeinen im Auge haben: dnreh frische
>. Loft, heitere Umgebnng, Entfernung von den Geschäften; ausserdem
Bewegung mit Rohe abwechselnd, gute Diät. — Ausser diesen allgemeinen
Indikationen sind die bei Nervenkrankheiten mit Recht in hohem An-
sehen stehenden indifferenten Thermen, wie Teplitz, Wiesbaden, Ragaz,
Gastein, sowie die Sool- und Moorbäder (Rehme, Nauheim, Wiesbaden etc.)
indizirt; in den späteren Stadien leisten die Kaltwasserkuren dnreh ihren
erregenden stärkenden Einfluss gute Dienste. — Dass diese Badekuren mit
Elektrotherapie nnd Kinesotberapie (Massage und Gymnastik) verbunden
werden können und sollen, bedarf kaum einer besonderen Erwähnung.
(Schluss folgt.)*)
*) Erklämng der Abbildungen S. 96. 5
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SelbstTerstttmmelang durch Dnrcbhohrnng des Trommelfells.
Von
Dr. Juttyn Karliniki,
k. k. Oberarzt
In seinem aasgezeichneten Stadium über „Simnlation and ihre Be-
bandlung'‘ äussert sieb Herr Oberstabs- and Regimentsarzt Dr. E. Heller,
dass die Verletzung des Trommelfells als Selbstverstümmelung sehr selten
Torkomme. Allerdings dürfte die grosse Schmerzhaftigkeit eines solchen
Eingriffes, die Schwierigkeit, durch den meistens etwas gekrümmten
und durch Ohrenschmalz verunreinigten äusseren Oehörgang mit einem
spitzigen, durch eine ungeübte Hand geführten Instrumente bis zu jener
Membran hin zu gelangen, dessen Ursache sein.
Nachstehend will ich drei Fälle ans meiner bisherigen mililärärztlichen
Praxis beschreiben, wo ich mit aller Sicherheit eine Selbstverstümmelnng
durch Durchbohrung des Trommelfells vor mir zu haben glaube. Alle
drei Fälle haben sich in kurzem Zeiträume bei Soldaten rumänischer
Nationalität ereignet — hei einer Nationalität, welche, was Simulation
der Krankheiten, das Vorkommen wirklicher oder übertriebener Nostalgie
und in Folge dessen Unlust zum Dienen, anbelangt, gewiss ihresgleichen
sucht. Man denke sich einen Soldaten von meistens kräftiger Körper-
beschaffenheit, dessen Intelligenz auf sehr niedriger Stufe steht, der sein
Leben lang nur Schaf- oder Ochsenhirt war, dessen Leben in grenzen-
loser Freiheit und Nichtsthun verflossen ist, versetzt plötzlich in fremde
Gegenden, gezwungen zur Ordnung und Pflichterfüllung, wobei er sich
seiner Lieblingsbeschäftigung „muncare'^ (Essen) und „dormire“ (Schlafen)
nicht gänzlich ergeben kann, und man wird wohl nicht staunen, dass
derselbe schon nach kurzer Zeit sich unglücklich fühlt und auf allerlei
Mittel, durch welche er sich diesen lästigen Einflüssen entziehen könnte,
denkt. Während meiner bisherigen Dienstzeit bin ich fast mit allen in
der österreichischen Armee repräsentirten Nationalitäten in dienstlichem
Kontakt gewesen, ich kann offen gestehen, dass, was die Hartnäckigkeit
der zur Schau getragenen Simulationen anbelangt, die Rumänen die
Meister sind. Während ein der Simulation überführter Soldat polnischer
oder ungarischer Nationalität dieselbe in den meisten Fällen gleich nach
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der UeberfühniDg aafgiebt, während man bei Soldaten böbmiacber oder
deatscher Nationalität vermöge ihrer Intelligenz auf Pflichtgefühl appelliren
kann, steht man einem von Natur aus ungemein wehleidigen und zugleich
verstockten Rumänen fast machtlos gegenüber, und Fälle, in welchen ein
der Simulation öberführter Soldat, nachdem er die Erfolglosigkeit des
Durchschwindelns eingesehen hat, einen Selbstmord- oder Selbst-
verstümmelnngsversuch macht, sind gar nicht selten.
Ich will damit der rumänischen Nationalität gar nicht nahe treten,
ich weiss aus eigener Erfahrung die Sparsamkeit und Ausdauer der zu
dieser Nationalität gehörenden Soldaten zu würdigen und zu schätzen.
Ich konstatire nur den Fakt, dass meiner Erfahrung nach dieselben zu
den hartnäckigsten Simulanten gehören.
I. Infanterist G. M. reizte während einer Uebung den befehlenden
Unteroffizier durch seine Unfolgsamkeit dermaassen, dass derselbe sich
so weit vergase und ihm im Zorn einen Backenstreich auf die rechte
Wange gab. Den nächsten Tag erschien Infanterist O. M. bei der
Maroden- Visite mit der Angabe, seit der am gestrigen Tage erhaltenen
Ohrfeige Ohrensausen, Stechen im linken Ohre und vollkommene Taubheit
verspürt zu haben. Die vorgenommene Untersuchung ergab Folgendes:
am Antitragus und Spina (crista) helicis des linkes Obres je ein ein-
getrockneter 3—5 qmm grosser Blotschorf, nach dessen Wegnahme ein
oberflächlicher Verlost der Epidermis zum Vorschein kommt. In dei
Fossa conchae drei beinahe parallele, ebenfalls mit eingetrocknetem Blute
bedeckte, gegen den Introitus meati auditorii externi sich hinziehende
Ritze. Nach Vornahme der Ohraosspritznng, wobei grössere Mengen
von Ohrenschmalz und Schmutz zum Vorschein kamen, ergiebt die
Ohrenspiegel-Untcrsncbung ein vollkommen normales, intaktes, glänzendes
Trommelfell, ebenso normalen äusseren Gehörgang, dessen äusserer
Oeffnongsrand durch jene oben beschriebene Ilautritze tangirt ist. Genaue
Untersuchung ergab keine Kommunikation zwischen dem mittleren und
äusseren Obre, Mangel an Perforationsgeränscb, Knocbenleitong vorhanden,
keine schmerzhaften Punkte an den Schädelknochen, die Eatheterisation
der Tuba Enstaebii wie auch das Politzer'sche Verfahren gehen anstandslos
vor sich. Die Herabsetzung des Gehörvermögens am linken Ohr bis
zu 1 m für Flüstersprechen wurde durch Kontrolverfahren für unwahr
erwiesen und der Patient nach Jodoform - Einstäubung der Haut-
absebürfungen mit dem Bedeuten entlassen, dass in seinem Ohr nichts
Krankhaftes nachzuweisen ist, dass die Ilaatabschürfnngen io keinem
Zusammenhänge mit jener auf die rechte Wange erhaltenen Ohrfeige ge-
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nommen werden können, dass dieselben wahrscheinlich von ihm in boshafter
Absicht selbst erzeugt worden sind. Der Patient schien mit diesem Ans-
sprnche nicht zufrieden zu sein und versicherte hoch und theuer die
Wahrheit seiner ersten Angaben. Derselbe wurde in den nächstfolgenden
Tagen wiederum vorgeföhrt unter denselben Angaben, die jedesmal vor-
genommene Untersuchung ergab die Verheilung der äusserst oberöächlichen
Suhstanzverluste, dagegen Röthung und Schwellung der tieferen Partien
des äusseren Gehörganges, ohne dass eine Injektion oder Röthung des
Trommelfells oder eine Kontinultäistrennuog an demselben gefunden
wurde. Der Patient wurde nochmals ermahnt und einprozentige Zinc. sulf.
Lösung eingetränfelt. Am folgenden Tage (5. Tag nach der Ohrfeige)
wurde ich in die Dislokation der Kompagnie, wo der Patient über
heftige Kopf- und Ohrenschmerzen, über Ohrenduss und Sausen klagte,
gerufen. Ich Hess denselben in meine nur einige Schritte entfernte
Wohnung bringen und nahm eine Untersuchung vor, welche folgenden
Befund ergab: Beim Ausspritzen des Obres kommen spärliche Eiterflecken
und Epidermissebuppen zum Vorschein; der ganze äussere Gebbrgang
gerötbet und geschwellt, einzelne Partien des Epithels weisslicb verfärbt,
tbeils eingetrocknet, theils in Blasen gehoben, geätzt, lassen sich mittelst
Watte und gekrümmter Pinzette entfernen; Trommelfell intakt und von
vollkommen normalem Aussehen. Es unterlag für mich keinem Zweifel,
dass hier eine künstliche Aetzung des äusseren Gehörganges stattfand und
dass dieselbe durch die schwache Zinklösung nicht entstehen konnte,
durfte ich annebmen, da ich die Lösung gleichzeitig bei einem anderen
Patienten, der an einer Otitis externa und starker Lockerung des Gewebes
litt, ohne dies jemals gesehen zu haben, angewendet batte. Eine Ver-
wechselung der Medikamente ist io dem Falle vollkommen ausgeschlossen.
Da mir die Dienstes -Entziehung des Mannes durch Ilinschicken ins
Spital wegen einer so oberflächlichen Lädirung des äusseren Gebör-
ganges unrathsam schien, habe ich dem Patienten kategorisch erklärt,
dass ich von seinen Selbstverstümmelnngsversucben überzeugt bin und
gedroht, bei Wiederholung derselben eine Strafanzeige machen zu müssen.
In den Gehörgang wurde Jodoformglycerin eingeträufcit, und in 2 Tagen
heilte der Prozess. An jenem Tage konnte die Untersuchung nur das
normale Aussehen des Trommelfells und keine Spor von einer Mittel-
ohraffektion konstatiren. Auf 10 Tage bekam ich den Patienten nicht
zur Sicht; er wurde nämlich während meiner eintägigen Abwesenheit
von dem mich vertretenden Kollegen mit Angenbindehaotkatarrh ins
Troppeo-Spital geschickt, wo er, wie ich nachträglich erfahren habe.
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niemals aber Ohrenscbmerzen klagte. Als Rekonraleszent mir vorgefübrt,
klagte er wieder über Obrenscbmerzea. Bei Ausspritzung des Ge'iör-
gangcs kam unter Obrenscbmalz, Epidermisscbnppen und Eiterfetzen ein
za einem ordinären Fbospbor-Zündbölzcben gehörendes Köpfchen zum
Vorschein, über dessen Vorkommen ich nicht wenig erstaunt, der Patient
bestürzt war. Die Spiegelnntersuchung ergab eine intensive Röthung
and Schwellung des ganzen Trommelfells, in dem unteren äusseren
Quadranten desselben eine mit stark injizirten Rändern umgebene, fast
runde Oeffnung, ausserdem alle Symptome einer Mittelohrafifektion, wegen
welcher der Patient ins Spital kam und der Vorfall zur Amtshandlung um-
somehr übergeben werden musste, als die Zimmerkameraden von oft-
maligem Bohren mit dem Finger in dem Ohre erzählten.
Dass im obigen Falle keine traumatische Ruptur des Trommelfells
vorhanden war, konnte ich durch wenigstens 15 mal vorgenommene
Spiegeluntersuchnng nachweisen — dasselbe gilt auch für die traumatische
Mittelohraffektion mit nachfolgendem Eiterdurchbrnch, da sonst die
Zeichen der sich selbst langsam entwickelnden Affektion durch die an-
gewandten Methoden entdeckt sein müssten. Dagegen spricht die Vor-
gefundene Aetznng des äusseren Gebörganges, das anfgefundene Phospbor-
Zündbölzchenköpfchen im Ohr und die offene Absicht, seinem Vorgesetzten
za schaden, dafür, dass der Infanterist G. M. sich selbst die Durch-
bohrung des Trommelfells hervorgerufen hat.
Von militärischen Simulanten wird meines Wissens Phosphor
recht selten zu Selbstbescbädigungszwecken benutzt. Ein einziges Mal
habe ich gesehen, dass ein mit chronischem Tripper behafteter Ulan,
um die Sekretion zu erhalten und länger im Spital verbleiben ku können,
nebst Reizung mit einem Strohhalme (ein recht beliebtes Mittel, um die
Sekretion zu erhalten, besonders bei älteren „erfahrenen*^ Soldaten),
wiederholt sich ein Phosphor-Zündhölzchen in die Harnröhre hineinführte.
Dass eine ursprünglich traumatische Fissur des Trommelfells beim
Hinzntreten verschiedener Schädlichkeiten durch Eiterung und Entzündung
nait der Zeit ihr spaltförmiges Aussehen verlieren und eine locbförmige
Durchbohrung Vortäuschen kann, konnte ich vor kurzer Zeit bei einem
bosnischen Hirtenknaben sehen. Derselbe war von einem Felsen herab-
gestürzt und batte sich dabei mehrere Hautabschürfungen und Quetschungen
sowie Nasen- und Ohrenbluten zugezogen. Bei der Untersuchung, zu
welchem Zwecke erst immense Mengen von Schmutz und Ohrenschmalz
entfernt werden mussten, wurde eine von oben innen nach unten aussen
laufende spaltförmige Fissur mehr als der Hälfte des Trommelfells mit
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einigen punktförmigen Blutaustritten konstatirt. Unter Ruhe und
antiseptischer Behandlung ging die Verheilung rasch vor sich, bis der
Patient, eich schon ganz gesund fühlend, seiner Beschäftigung nacbging und
in die gewohnte Unreinlichkeit verfiel. Nach etwa 2 Wochen präsentirte
er sich mit einem ausgiebigen Ohrenfluss ; die Fissur war bis zu >/>
verheilt, das untere Ende aber bedeutend erweitert, fast lochförmig, mit
entzündlich gerötheten Rändern, dabei manifeste Mittelohraflfektion,
die gewiss dadurch entstand, dass durch das unreine Verhalten binzu-
tretender Staub und Schmutz der aseptischen Heilung der Fissur
hinderlich wurde und, durch die Oefifnung in das Cavum tympani
gerathend, dort die Entzündung hervorgerufen hat.
II. Infanterist Th. R, zngetheilt zur Assistenz der bosniscb-herzego-
vinischen Gendarmerie, von sehr kräftiger Körperbeschaffenheit, legte
schon nach kurzer Zeit Unlust zu dem schweren und verantwortlichen
Oendarmendienst an den Tag. Er wurde mir öfters unter verschiedenen
Vorwänden zur Maroden- Visite vorgeführt, ohne dass ich etwas Krankhaftes
bei ihm nachweisen konnte. Im Juni 1. J. musste er durch einige Tage
im Marodenzimmer wegen starker Conjunctivitis verbleiben, deren lang-
samer Verlauf mir schon damals den Verdacht erweckte, dass der Prozess
künstlich unterhalten und die Heilung verzögert wurde, ohne dass es
mir gelang, dies nachzuweisen. Nach energischer Argcnt. nitr. Behandlung
kam die Bindehaut-Entzündung zur Heilung, der Patient fing an über
Ohrenstechen und Sausen zu klagen. Die vorgenommene Ohransspritznng
förderte grosse Mengen von Ohrenschmalz und Schmutz zu Tage, und
das Ohrensausen verschwand, nm nach 2 Tagen wiederzukehren. Da
trotz der genauen Untersuchung kein Grund nacbgewiesen werden konnte,
wurde der Patient strenge wegen oft wiederholten Marodirens verwarnt
und mit einer Patrouille in den Dienst weggescbickt. Nach 5 Tagen
meldete er sich wiederum unter Angabe starker Obrenschmerzen^
Taubheit, Brennen und Stechen in der Ohrgegend. Ich fand die linke
Ohrmuschel geröthet und geschwellt, den äusseren Gebörgang stark an-
geschwollen und für den dünnsten Obrtricbter unpassirbar. Die Aus-
spritzung förderte einige weisse Schorfe, abgefallenes Epithel, Blut und
Eiter, ausserdem einige weisse körnige Parti kelchen, welche in Berührung
mit Wasser unter Gasentwickelung sich auflösten; es entstand deshalb
sogleich bei mir der Verdacht, dass hier eine absichtliche Aetzung mit Kalk
stattgefunden batte; einige noch nicht aufgelöste Körner wurden zur
mikrochemischen Untersuchung aufgehoben. Da ich ohne den Obrtricbter
durch das Vorhandensein des Perforationsgeräusches die Durchbohrung
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71
des Trommelfells nachweisen konnte, ohne deren Dimensionen und AuS'
sehen konstatiren za können, ordnete ich kalte Umschläge an die Ohren-
gegend an, welche durch den Leiteri'schen Wärmeregnlator durch mehrere
Standen unterhalten wurden, tröpfelte Leinöl und Opiumtinktur ins Ohr
und beschränkte mich auf das Beobachten des Verlaufes. Nach einem
Tage konnte ich den Ohrtricbter anwenden, entdeckte, dass der äussere
Gehörgang verbrannt, das Trommelfell stark gerötbet und injizirt war
und im unteren äusseren Quadranten eine etwa 2 qmm grosse, mit einem
blutigen Schorfe zum Tbeil bedeckte Perforation batte. Unter öfters des
Tags wiederholten Einträufelungen von Jodoformgljcerin-Emnlaion und
kalten Umschlägen ging der Heilungsprozess rasch vor sich, so dass schon
am 3. Tage durch die Spiegeluntersnchung die beginnende Vernarbung
der Perforation und Heilung der Aetzwunden konstatirt werden konnte.
Am 10. Tage war der ganze Prozess nnter Hinterlassung einer strahligen
Narbe am Trommelfell und mässiger Retraktion desselben abgelaufen.
Die Funktion des Trommelfells blieb unversehrt, und da die mikro-
chemische Untersnchnng das Vorhandensein von ungelöschtem Kalk
bestätigte, unterlag es für mich keinem Zweifel, dass in diesem Falle die
Aetzung des äusseren Gehörganges and die Perforation des Trommelfells
durch Einführung des ungelöschten Kalkes und Zusatz von Wasser
entstand. Der Fall wurde zur Amtshandlung abgetreten. Dass Trachom-
Kranke zur Reizung der Angenbindehaut und Verlängerung ihres Spitals-
anfenthaltes neben Tabak auch Kalk verwenden, konnte ich während
meiner Dienstleistung im Garnisous-Spitale in Krakau und in Wien
konstatiren.
III. Nach dem feldmässigen Schiessen im Sommer 1887 meldete
Infanterist F. P. bei der Maroden -Visite, dass er während des Schnell-
feuers plötzlich einen Knall im rechten Ohr verspürt habe und seit der
Zeit Sausen im Ohr und vollkommene Taubheit empfinde. Eine Beratung
des Trommelfells in Folge der starken Lufterschütterung im Gewehrfeuer
schien mir umsomehr wahrscheinlich, da der Patient unaufgefordert das
Perforationsgeränsch vordemonstrirte, ich unterzog ihn deshalb einer
Ohrenspiegel'Untersucbung. Wie war ich aber enttäuscht, statt einer
rissförmigen Ruptur ein ganz anderes Bild sehen zu müssen! Im oberen
inneren Quadranten des Trommelfells, knapp vor dem Hammergriff, befindet
sich ein Substanzverlust von l'/> mm Durchmesser mit theilweise nach
innen eingestülpten Rändern, welcher die Kommunikation zwischen dem
äusseren und inneren Ohr befördert; in dessen Umgebung befinden sich
zwei kleine Blutextravasate und an dem inneren Rande des hier endigenden
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72
iassercn Oehörganges cwei faat parallele, seichte Sabstancverloste des
Epithels, durch einen blutigen eingetrockneten Schorf bedeckt. Keine Spur
von sonstiger Mittelohraffektion. Da ich zufällig einige Tage früher den-
selben Mann unter yielen anderen zur Uebung im Ohrenspiegeln ver-
wendet und ein vollkommen normales Verhalten des Trommelfells ver-
zeichnet hatte, war mir dieses plötzliche Bersten des Trommelfells in
Folge der Lufterschütterung verdächtig, ich konnte aber leider nur das
Vorhandensein jener zwei Risse im äusseren Oehörgang als Verdacht
erweckendes Moment betrachten. Die in Folge der Lufterschütterung
entstandenen Trommelfellperforationen haben, was ihr Aussehen anbelangt,
so wenig Charakteristisches an sich, dass sie nur im allerfrübesten
Stadium von Durchbohrung in Folge Mittelobraffektion unterschieden
werden können. Ich habe besonders bei jungen Leuten fast ebenso oft
lochförmige Kontinuitäts-Trennungen in Folge eines Sturzes gesehen, wie
spaltförmige Fissuren. Die Blntextravasate am Trommelfell haben ebenfalls
nichts Charakteristisches an sich. Ich habe sie einigemal in Begleitung
der Trommelfellrupturen und auch ohne dieselben beim plötzlichen
Luftdruckwechsel gesehen. Die deutlich nach innen eingestülpten
Ränder konnten ebensogut durch Eindringen eines spitzigen Gegen-
standes wie durch die spätere Einziehung beim Wechsel der Druck-
Verhältnisse in beiden Ohrpartien entstehen; nur das Vorhandensein
jener Hantrisse im inneren Gehörgange lassen die Vermuthung zu, dass
hier eine Selbstverstümmelung Platz gefunden hatte. Die sorgfältig
gepflogene Untersuchung des Falles ergab doch, dass laut den Aussagen
der Zimmerkameraden Infanterist P. P. — ein im Uebrigen fleUsiger
und selten marodirender Soldat — sich öfters früher mit eingekrümmtem
Drahte das angesammelte Ohrenschmalz entfernt batte und noch am
Morgen vor dem feldmässigen Scbiessen ebenfalls im Ohr bohrend
angetroffen wurde. Ob unter diese» Umständen eine Selbstverstümmelung
anznnebmen ist, vermag ich nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Unter
antiseptischer Behandlung heilte die Ruptur innerhalb einer Woche ohne
Nacbtheil für die Funktion.
V
Blockbaus Celebic in Bosnien im August 1887.
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73
Referate nnd Kritiken.
Zur Kaltwasserbehandlung des Typhus.
1. Gläser, J. A., Bericht über die Temperaturverhältnisse in
200 tödtlich verlaufenen Typhusfkllen , nebst einigen
ketieriscben Bemerk nngen über Antipyrese. Deutsches Archiv
für klinische Medizin. Bd. 41., Heft 1.
2. Port, lieber die Abnahme der Typhussterblichkeit. Münchener
medizinische Wochenschrift. 1887. No. 30.
Die grossen Vorzüge der Kaltwasserbehandlung in fieberhaften
Krankheiten und namentlich beim Abdominaltypbus und der unzweifel-
hafte Segen, den sie gestiftet hat, sind gewiss von uns Militärärzten am
dankbarsten und unumwundensten anerkannt worden. Um so mehr sind
wir verpflichtet, von denjenigen Publikationen Kenntniss zu nehmen, '
welche den immer von Neuem auftaucbenden Versuchen, diese Methode
in irgend einer bestimmten schematischen Form als die alleinselig-
machende hinzustellen, ernste Bedenken entgegensetzen.
Gläser (1) geht von der Erwägung aus, wie die Kaltwasser-
behandlung und die antipyretische Behandlung überhaupt mit der
Voraussetzung stehe und falle, dass die Erhöhung der Körpertemperatur
das wesentlich lebengefährdende Element des Abdomiualtyphus sei.
Eine darauf hin vorgenommene sehr sorgfältige Durchsicht der
Temperaturtabellen von 200 im Hamburger Allgemeinen Krankenbanse
verstorbenen Typhuskranken zeigte nun, dass darunter erstens kein Fall
enthalten war, welcher Temperaturmaxima aufwies, die nach den bisherigen
Erfahrungen mit der Fortdauer des Lebens unvereinbar sind, sowie
dass ferner unter 188 jener tödtlich verlaufenen Fälle, deren Beobachtung
absolut einwandfrei ist, nur 15 sich finden, von welchen sich (unter
Zugrundelegung einer von Wunderlich mitgetbeilten Durchschnitts-
Kurve) behaupten Hesse, dass sie unter „hohen Temperaturen'^ verlaufen
seien. Uebrigens sei die Grenze der mit der Fortdauer des Lebens
noch vereinbar erachteten Temperaturen (43,8° C. nach Liebermeister)
bei uns bisher sicher zu niedrig angenommen, da n. A. in der Lancet
vom 6. März 1875 ein zur Genesung führender Fall von trau-
matischer Myelitis mitgetheilt ist, in welchem die unter allen Kautelen
ansgeführte Messung in der Achselhöhle wiederholt 49,9° C. (sic) auf-
wies, während die Temperatur 7 Tage lang zwischen 45 und 47° C.
schwankte nnd 7 Wochen lang nicht unter 42,1° C. fiel. Der Nachweis,
dass die parenchymatöse Degeneration (zudem nach G. ein nicht
allzuscbwerer und jedenfalls reparabler Zustand) Folge der hoben
Temperaturen ist, sei ebenfalls bisher nicht geliefert, und der Begriff
„feb^e Consumtion“ sei ebenso unsicher (Cohnheim).
O. weist hier noch auf die (im VI. Bande des Kriegssanitäts-
Beriebtes übersichtlich znsammengestellten) Beobachtungen Strobe ’s und
Fraentzel's bezüglich einer mit niedrigen Temperaturen und hoher
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Mortalität einherp;eheDden Form des Abdomioaltyphns hin, wendet sich
dann gegen einige offenbare Tragscblüssc der fanatischen Verfechter
der Kaltwasserbehandlung und erklärt schliesslich rundweg, dass er
nicht an den Einfluss einer Methode glaube, deren Resultate zwischen
0% (Weidner und Brand) und 18,5®/o Mortalität (Leube) schwanken.
Indem er hiernach die Sterblichkeitsziffer beim Abdominaltypbas im
Wesentlichen von dem Charakter der jedesmaligen Epidemie abhängig
erscheinen lässt, begegnet er sich mit denjenigen Anscbanungen, welche
— freilich (ans naheliegenden Gründen) nicht so prägnant und nicht
so drastisch — in dem Kapitel „typhöse Erkrankungen“ des Kriegs»
Sanitäts* Berichtes zum Ausdruck gebracht worden sind und auf Grund
deren daselbst ausgesprochen wird; „dass den deutschen Feldärzten die'
Freiheit ihres therapeutischen Handelns anch fernerhin gewahrt
bleiben müsse“. '^) Auch von der innerlichen Antipyrese will er
nichts wissen und hält „im Allgemeinen die innere wie äussere Anti-
pyrese in der Schablonenmanier, in welcher sie Brand, Vogl u. 8. w.
anwenden, für verwerflich“, was ihn „natürlich nicht abhält, unter
angemessenen Umständen ein Bad zu geben“. In diesen Schlussfolgerungen
geht G., selbst wenn man sich ganz auf seinen Standpunkt stellen wollte,
entschieden viel zu weit; denn man kann eine methodische Bäder-
behandlung für sehr segensreich halten, ohne deren Hauptschwerpunkt
in der Temperaturherabsetzung zu suchen.
Port (2) unterzieht die in der letzten Zeit so berühmt gewordene
und namentlich von Brand mit Begeisterung zu Gunsten der „strikten“
Kaltwasserbehandlung ins Feld geßhrte Vogl 'sehe Statistik**) (die
übrigens auch von dem vorigen Autor heftig angegriffen wird) einer
sach- und ortskundigen Kritik, in welcher er nach weist, dass ein Theil
der günstigen Behandlungsresnltate auf der von Vogl geleiteten
I. Intern-Station des Münchener Garnisonlazareths ganz entschieden dem
Zufall zu danken ist. Er verwahrt sich bei dieser Gelegenheit gegen
die Behauptung, dass die notorische Abnahme der Typhustodesfälle in
den Armeen und unter der Zivilbevölkerung erst seit der Einführung
der Kaltwasserbehandlung datire nnd deshalb lediglich oder doch
vorwiegend dieser zu danken sei. Hiergegen spreche schon die Lang-
samkeit und vor allen Dingen die Stetigkeit dieser Erscheinung,
deren Anfänge in der sehr weit zurückreichendeu Bayerischen Militär-
statistik in der That schon am Ende der fünfziger Jahre sich erkennen
lasse. Die Preussische Militärstatistik zeige ausserdem, dass mit der
geringer werdenden Mortalität auch eine Abnahme der Morbidität
parallel gehe, und dass beides mit einer Regelmässigkeit geschehe, welche
auf irgend ein den menschlichen Maassnahmen sich völlig entziehendes
Naturgesetz hindeute, wenn man auch der Verbesserung der hygienischen
Verhältnisse einen gewissen Antheil werde zuerkennen müssen.
Ref. möchte demgegenüber nur hervorbeben, dass ein gewisser Ein-
fluss des klinischen nnd therapeutischen Umschwnuges der sechziger
Jahre auf die Typhusstatistik sich doch kaum wird ableugnen lassen.
Denn das, was wir jetzt unter dem Begriffe des Abdominaltypbas
*) Kriegs-Sanitäts-Bericht 1870/71. Band VI. S. 336.
**) Deutsches Archiv fSr klinische Medizin. Band 36 und 37.
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vereinigen, dürfte doch wesentlich verschieden sein von dem, was vor
Einführung der Tbermometrie so genannt wurde. Während man früher
nur die ganz schweren Fälle als Typhus bezeichnete, die übrigen aber
zur Febris gastrica (bezw. pituitosa) rechnete, lehrten die Temperatur*
kurven, dass ein grosser Tbeil der letzteren Fälle recht eigentlich dem
Typbus zugehöre. Und wer wollte leugnen, dass diese Verschiebung
durch das unwillkürliche Bestreben, die inzwischen von Brand nnd
Anderen veröffentlichten niedrigen Mortalitätsziifern gleichfalls zu erreichen,
wesentlich befördert worden ist.
Um die hieraus sich ergebende Fehlerquelle thunlicbst auszuschliessen,
empfiehlt eich ein Verfahren, welches der Kriegs -Sanitäts- Bericht schon
aus anderen Gründen einschlagen musste: die Zusammenfassung der
Rubriken Typhus abdominalis und Febris gastrica unserer Rapporte.
Wendet man dieses Verfahren an, so kommt man, wie die nachstehende
Tabelle*) zeigt, zu einem etwas anderen Resultate als Fort, dem nämlich,
dass die .Mortalität der „typhösen Erkrankungen“ in Bezug auf die Zahl
der Behandelten während der 3 Quinquennien von 1868 bis 1882/83
nahezu völlig konstant geblieben ist, dass demnach die Abnahme der-
selben in Bezug auf die Kopfstärke lediglich der Verminderung der
typhösen Krankheiten überhaupt zu danken ist. Der oben angedeutete
Einfluss der Tbermometrie im Verein mit der Kaltwasserbehandlung
spricht sich sehr deutlich in den Kolumnen 3, 6 und 9 aus; besonders
schlagend ist die rapide Abnahme der gastrischen Fieber im 2. Quin-
quenuium, während die absolute Ziffer des Ahdominaltypbus sogar
zugenommen hat. Den Glanzpunkt der Tabelle bilden jedenfalls die
Kolumnen 10 und 13, welche zeigen, dass sich die Zahl der in der
Armee zur Behandlung gelangenden typhösen Erkrankungen in dem
gedachten Zeitraum absolut um die Hälfte, im Verhältniss zur Kopf-
stärke aber sogar um ’/i vermindert hat. Der einzige Einwurf, welcher
(wie bereits der Kriegs-Sanitäts- Bericht hervorhebt) gegen diese
Berechnung noch gemacht werden könnte, wäre der, dass sich in Folge
der verbesserten Diagnostik vielleicht die untere Grenze der „typhösen
Erkrankungen“ im Laufe der Zeit verschoben hätte, indem ein Theil
der früher als Febris gastrica aufgefassten Krankbeitszustände später
den einfachen Mageukatarrhen zugerechnet worden wäre.
Dann müsste sich aber eine allmälige Zunahme der Erkrankungen
an akutem Magenkatarrh konstatiren lassen. Dies ist jedoch, wie aus
Tabelle 2 bervorgeht, wenigstens während der letzten 2 Quinquennien,
für welche eine solche Berechnung möglich war, nicht der Fall
gewesen; vielmehr bat auch die Zahl der akuten Magenkatarrhe absolut
und relativ abgenommen.
Wenn hierdurch die Zulässigkeit einer Zusammenziehung der
Rubriken „Typhus abdominalis“ und „Febris gastrica“ zum Zweck
statistischer Untersuchungen eine wesentliche Stütze erhält, so dürfte
auf der anderen Seite ans den doch wesentlich abweichenden End-
ergebnissen die Nothwendigkeit der Anwendung dieses Verfahrens, wo
es überhaupt angängig ist, sei es auch nur der Kontrole halber, zur
Genüge hervorgehen.
•) Cf. felgende Seite.
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*) Von 1872 ab cinwhlU-sglich dpa XUI. (Königlich Württenibcrgischen), während des Hap]iortjahres 1882/83 auch einschliesslich
des XII. (Königlich Sächsischen) Armeekorps.
if) Al.s , Behandelte“ sind nur die in Zugang gekommenen Mannschaften aufgcführt; die kleinen Zahlen der bei Beginn jeder fünf-
jährigen Periode in Bestund Verbliebenen haben auf die S’erhältiiigszahlen keinen Einfluss.
Tabelle I.
MorbiditSt und Mortalität an Abdominaltyphus und gastrischen Fiebern in der Preussischen Friedens-Armee')
während der Jahre 1868 bis 1882/83.
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Tabelle II.
MorbiditSt und Mortalität an akutem Magenkatarrh während
der Rapportjahre 1873/74 bis 1882/83.
Zeitraum.
Durch-
schnitts-
Kopf-
stärke
der
Armee.
Be-
handelt
sind
(nur Zu-
gangs-
zahlen).
Ge-
stor-
ben
sind.
Von
100 Be-
han-
delten
sind
ge-
storben.
Zahl
der
Behandelten
auf 1000
der Durch-
schnitts-
Kopfstärke.
Zahl
der
Gestorbenen
auf 1000
der Durch-
schnitts-
Kopfstärke.
Mittel der
Jahre 1873/74
bis 1877/78
319131
139 54
4.2
0,03
4.3,7
0,013
Mittel der
Jahre 1878/79
bis 1882/83
34.j 492
126 39
0,2
—
36,4
—
Sommer
•brodt.
Hygieoiscbe Instruktion für die nach Afrika bestimmten
italienischen Truppen, vom Sanitätsgeneralmajor Macbia-
velli, Vorsitzenden des obersten Militär-Gesundbeits-Ratbes.
Im Auszuge mitgctheilt von Oberstabsarzt KSrting.
Die Gazetta medica italiana-lombardia bringt in ihren No. 38—40
des Jahres 1887 die obige, offizielle Dienstanweisung, deren Wichtigkeit
ihre Mittheilung ohne Weiteres rechtfertigt. Die Italiener sind hierin
den Engländern gefolgt, die in ihrer mustergültigen hygienischen An-
weisung für ihr Expeditions-Korps in Suakin 1883 (cf. deutsche militär-
ärztliche Zeitschrift 1886 S. 3ö2) den Weg gezeigt haben, anf welchem
wesentlich dazu beigetragen werden kann, Armeen im Felde soviel wie
möglich vor Krankheiten zu bewahren.
I. Auswahl der Mannschaften. Die Berücksichtigung der
ausserordenilicb heissen, und namentlich bei SO- nnd S-Wind drückend
feuchten Lnft fordert, nur völlig gesunde Leute auszusuchen, die namentlich
keinen Fehler der Atbmungs- und Kreislaufsorgane oder Angenkrankheiten
haben. Leute, deren Körperbeschaffenbeit Zweifel verursacht, sollen vorerst
in der tleimath nnter Beobachtung bleiben.
II. Bekleidung und Ausrüstung der Offiziere. Als Kopf-
bedeckung wird ein Helm mit breitem Schirm und Nackenschleier
empfohlen, wie er bei Europäern in den Trtjpen international ist. Der^
Kopf des Helmes soll so buch sein, dass man bei excessiver Hitze ein
angefeuchtetes Taschentuch oder dergl. darin unterbringen kann. Zur Ver-
meidung von Augenentzündnngen sind rauebgrane Schutzbrillen erforderlich,
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deren Form und Grösse das Sehorgan gleichzeitig vor dem Wästensande
schützt. — Der Anzug sei leicht, hell und weit, baumwollen ; zum Schutz
in kühlen Nächten wollene Decken; gegen die Muskitos ein kapuzenartiger
Mullscbleier; daneben Räucherungen mit Herba Pyrcthri rosei oder Ab-
waschungen der exponirten Knrpertheile mit einer Abkochung desselben.
Die Füsse sind häufig zu waschen. Vor dem Marsche werden sie
mit einer Mischung von .50 g Talg und 5 g Magnesia carbonica oder
von Acid. salicyl. 10, Glycerin 26 g eingerieben. Nach Märschen er-
weisen sich heisse Fussbäder als äusserst nützlich. Die niedrigen Stiefel
sollen stark sein und nicht geschwärzt. Sie behalten ihre Geschmeidigkeit
lange, wenn man Oberleder und Nähte häufig mit einem Lederfett
bearbeitet, welches aus 100 g Schweineschmalz, 30 g Talg, 100 g Thran
und 25 g Terpentin bereitet ist. Leinene Gamaschen, die au der äussern
Seite geschnürt werden, sichern den Unterschenkel.
Ein wasserdichter Mantel ist sowohl bei Regengüssen, wie als
Unterlage auf feuchtem Buden werthvoll.
Uuentbehrlicb ist das Zelt, und zwar ein konisches, geräumiges
und möglichst wasserdichtes; für höchstens 3 Mann oder 2 Ofüziere.
Die iu der Instruktion vollständig mitgctheilten Einrichtungserfordernisse
dürfen wir wohl übergehen. Sie umfassen eine bedeutende Reihe von
Gegenständen, welcher zwar angenehm sind, aber doch in das Gebiet
eines Luxus gehören, der den Tross des Heeres ausserordentlich ver-
mehren müsste, wenn er jedem Offizier gestattet würde. So z. B. das
eiserne Klappbett, die Kautsebukbadewanne, die 4 Wascbschwämme, die
Flasche mit Chinarindentinktur als Haar- und Zahnwasser und dergl.
mehr. Auch die Bekleidung des Offiziers würde nach den Vorschlägen
der Instruktion einen ansehnlichen Koffer erfordern. Ein Theil der Ober-
nnd Unterkleidung soll übrigens für jeden Fall auch vom Offizier in
einer Umhängetasche mitgefuhrt werden.
III. Bekleidung und Ausrüstung der Mannschaft. Erfordert
wird ein leichter Hot mit breiter Krempe und Nackenschntz. Grane
Blonse und Hose aus Baomwollenstoff. Wollene Leibbinde, Flanellbemd
für die Nacht; für den Tug ein baumwollenes Wams, ein weisses weiches
Baumwollenhalstuch, baumwollene Unterhosen, ein kurzer Tuchmantel.
Alpenschnhe von ungeschwärztem Leder, dazu Gamaschen von Leinewand,
endlich Fusssalbc. Wichtig ist ein Stück wasserdichten Stoffes von 2 m
Länge, 1,2 m Breite, als Unterlage bei Nacht zur Abhaltung der Boden-
feuchtigkeit, Im Brotbeutel sollen ein paar Socken, ein Handtuch, ein
Flaoellbemd, ein Wams, ein Trinkbecher aus wasserdichtem Stoff und
ein Taschenfilter Platz finden, um stets zur Hand zu sein. Der Filter-
apparat besteht aus einem hölzernen Rohr mit Mundstück, an dessen
anderem Ende ein kleiner Sack aus Haargewebe befestigt ist, der mit
Koblenstückchen vegetabilischen oder animalen Ursprunges zu füllen
wäre. Dies Filter soll zweifelhaftes Wasser in Geruch und Geschmack
sicher reinigen, vorausgesetzt, dass die Kohle öfter erneut und das
Instrument sauber gehalten wird. Ob letzteres im Felde regelmässig
dnrcbznführen, wird bezweifelt — wenn aber nicht, so dürfte ein solches
Filter bald das Gegentheil von dem leisten, was cs soll.'^)
Zur Ausrüstung gehört ferner die eiserne Ration, ein Trinkgefäss
aus Kautschuk, eine Seifendose und eine Staubbrille; auch werden Zelte
für nothwendig gehalten.
*) Cf. Uffelmann. 4. Jahresbericht für Hygiene. 1887. S. 46.
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IV. EinscbiffoDg, Fahrt. Die Forderungen möglichet gerünmiger
Iranaportdampfer mit auagiebigater Ventilation und peinlichster
Reiolicbkeit bedürfen ala allgemeine und aelbatverständlicbe keiner
oiberen Wiedergabe. Verf. verlangt namentlich auch für die Schlafstellen
einen genügenden Luftkubua, sowie eine Anzahl auch am Tage benutzbarer
Lageratellen für Seekranke. Alle, oder wenn das nicht gebt, wechselnd
ein Tbeil der Mannschaften soll tagüber auf Deck sein, namentlich soll
hier gespeist werden. Häufige Bäder sind erwünscht.
V. Ausschiffung und Wahl des Lagers. Gleich nach der
Ankunft werden die Mannschaften noch einmal einer ärztlichen Unter-
anchnng unterzogen. Kranke werden überhaupt nicht oder als letzte
toagesebifft, um unter ärztlicher Obhut zu verbleiben.
Das Tropenklima, in welchem die Mannschaften sich nach der Aua-
schiffnng befinden, wird zu willkürlichen Aenderungen der Bekleidung
verleiten. Dies zu verhindern, muss Gegenstand besonderer Sorge sein.
Für das Lager ist ein trockener, wenig durchlässiger, leicht geneigter
Boden zu wählen; möglichst entfernt von Sümpfen, aber mit gutem
Wasser. In der Umgebung des Lagers sind nachts, bis gegen Tages-
aabrueb grosse Feuer zu unterhalten, um die Morgennebel zu zerstreuen.
Ein geräumiges Zelt oder eine Baracke ist zum Baden oder Waschen für
die Mannschaften bestimmt, eine andere dient als Revierkrankenstube.
Letztere ist doppelwandig herzustellen, um, wie Verf. glaubt, eine
isolirende Luftschicht zwischen ihrem Innern und dem übrigen Lager
in sichern.
VI. Trink Wasser Gutes Trinkwasser ist in den hier in Betracht
kommenden Gegenden Afrikas selten, auch den Oasen ist nicht zu
trauen, da sie oft stagnirendes Wasser enthalten und dann ein Herd der
Malaria sein können. Man wird in solchen F'ällen die amerikanischen
Röhrenbrunnen (Fat. Norton) und Destillirapparate zu Hülfe nehmen.
Blosse Trübungen lassen sich durch das Filter bezw. durch Alaunzusatz
rerbessern. Besonders ist auch Abkochen des Wassers zu empfehlen,
und seine Verabreichung als Tbee- oder Kaffee-Anfgusss; ferner Zusatz
von Citronensaft, Wein, Essig. Im Lager sind grössere Filter aus
Fässern zu errichten; ihre Herstellung weicht nicht von den bekannten
Modellen ab. Ist man zur genauen Eintheilung des verfügbaren Wassers
genöthigt, so werden als Minimalsatz pro Kopf 5 1 gefordert; hierbei ist
der Gesammtbedarf zum Trinken, Kochen und Waschen eingerechnet,
auch ein im Tropenklima mit zu veranschlagender Verdampfungsverlust
Wüeksichtigt. Bei unmittelbarer Benutzung stehenden Wassers ist
übrigens auf die häufigen Blutegel zu achten.
VII. Speisen und Getränke. Die Einflüsse des erschöpfenden
Klimas erfordern eine besonders gute und zweckmässige Natnralverpflegnng.
Verf. empfiehlt zur Anregung des Appetits eine bedeutende Reihe von
Gewürzen, wie Salz, FfeflFer, Zwiebeln, Lauch, Paprika, Safran, Senf etc.
im Ganzen mehr als bei uns üblich. Ausserdem verlangt er gut ans-
gebildete Köche unter einem erfahrenen Küchenchef und möglichst
seltenen Wechsel in diesem Personal. Von animalen Nahrungsmitteln
stehen Rind- und Schöpsenfleisch in erster Linie; Schweinefleisch ist in
beisseo Klimaten ungesund, dagegen würde das allgemeine Vorurtheil
gegen Pferdefleisch zu besiegen sein, wenn der Zufall dasselbe in guter
B^chaffenheit liefert. Frischer Fisch kann bin und wieder für das
Fleisch eintreten, doch muss dann die Ration um ■/• erhöht werden, um
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den minderen Nährwerth des Fischfleisches aoszoeleichen. Eier werden
selbstredend willkommen sein; ebenso Milch. Von Vegetabilien stehen
gut ausgebackenes Brot und Reis obenan, demnächst Erbsen, Bohnen
und Kartoffeln. Letztere werden den Truppen am besten in Gestalt
getrockneter Scheiben ans Italien nachgefübrt.
In Reserve stehen Konserven und Biscuit. Sie sollen Nothbehelfe
bleiben, da ihr häufiger Gebrauch Magenkatarrh verursacht. Bisqnit
wird geniessbarer, wenn man ihn anfeuchtet, salzt und für eine Stunde
in feuchtes Linnen schlägt.
Grüne Gemüse können in die Mahlzeit angenehmen Wechsel bringen,
sie sind auch in konservirter Gestalt zu empfehlen. Da der italienische
Soldat ferner an Früchte gewöhnt ist, so muss auch deren Verabreichung
im Auge behalten werden. Das nahe Aegypten wird Bananen, Datteln
und Orangen liefern können, trockene Feigen sind uacbzusenden.
Südamerikaniscbem Brauch folgt Verf., wenn er ausser Kaffee, Thee
und Wein auch das Kauen von Cocablättero empfiehlt. Prophylaktisch
gegen Malaria und Skorbut kommt die Vertheilnng von China-Elixir und
Rum mit Citroncnsaft in Betracht; dies soll jedoch dem Ermessen
des Arztes Vorbehalten bleiben.
Als höchst nützlich wird endlich die Ausgabe von Eis empfohlen,
um bei den Mahlzeiten die Getränke zu kühlen; nicht zum Gebrauch in
den Zwischenzeiten.
VIII. Küchen und Backöfen müssen unter Dach gebracht werden,
um vor Regen und Sonnenhitze geschützt zu sein. Für die Abfälle und
die Asche sind eiserne Behälter bestimmt; ein grosses Filter dient für
den Gebrauch der Küche allein und wird in deren Nachbarschaft er-
richtet. Nach Erfahrungen in Italien unterliegt es keinen Bedenken,
zum Backen des Brotes auch Seewasser zu verwenden. Das Kücben-
geschirr ist von croaillirtem Eisen. Lässt es sich irgend machen, so
würde eine besondere Baracke als Speisesaal vom hygienischen Stand-
punkt zu begrüssen sein. Dieselbe könnte auch als Instruktionsraum
dienen.
IX. Latrinen. Beseitigung der Abfälle. Tonnen auf Schub-
karrengestellen in offenen Zelten, mit täglicher Abfuhr sind als das
zweckmässigste Latrinensystem anzuseben. Die Desinfektion des Tonnen-
inhaltes kann mit salzsaurem Eisenoxydul 174 g auf das kg, oder mit
eisenhaltigem Alnminiumcblorid (Chloralum), 10 1 auf 100 kg Inhalt
geschehen. 16 Tonnen für die Mannschaften und 6 für die Offiziere
genügen für ein Bataillon. Ein besonderer, geschlossener, fahrbarer
Behälter führt täglich die Lagerabfälle anderer Art ab. Dieselben
werden am besten mit Petroleum getränkt und verbrannt.
X. XI. Schlachtvieh, Schlachterei. Der Platz für das
Schlachtvieh wird 300 m vom Lager entfernt eingezäunt und womöglich
theilweise eingedeckt. Peinliche Reinlichkeit ist auch hier Erforderniss,
und unter Anderem durch tägliche Abfuhr des Mistes zu sichern. Nicht
weit von dem Thierpark wird die Schlachterei in einer eigenen Baracke
mit cementirtem Fussboden, grossen Fenstern und Jalousien eingerichtet
Der Fussboden ist mit Rinnen versehen, weiche den Spülicht in Sammel-
becken leiten, die ihrerseits regelmässig abgefahren werden. Auch die
festen Abgänge müssen gewissenhaft entfernt werden. Für reichliche
Wassermengen ist zu sorgen. Das nicht sofort zur Verausgabung
kommende Fleisch muss kühl und vor Fliegen etc. sicher aufbewabrt
werden.
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Xn. Last-, Reit- and Zugthiere. In ähnlicher Weiae, wie
du Schlachtvieh, werden die Nutithiere untergebracht. Da diese zur
Tiiuke geführt werden müssen, so sind Maalkörbe aus Haargewebe an-
lafertigen nnd beim Tränken za benutzen, um das Verschlucken der
sehr häufigen Blutegel zu verhüten. Geschirr, Sättel etc. werden in
eioer besonderen Baracke untergebracht; ebenso das Kutter.
XIII. Militärische Uebungen. Unterhaltungen. Wäsche-
reinigung. Da die Malaria ihre schädlichen Einflüsse io den ersten
Morgen- und in den Abendstunden am schlimmsten entfaltet, so sind
diese Standen von den Uebungen im Freien möglichst auszuschliessen. In
den anderen Tagesstunden ist freilich an Sonnenstich und Hitzschlag zu
denken. Mittags ist deshalb zu ruhen. Die Luft im Zelte kann durch
Bespritzen der Wände mit Wasser ein wenig abgeküblt werden. Besser
sind Pnnkas. Dieselben lassen sich durch einen mit Baumwollenstoff
überzogenen Rahmen, der aufgebängt nnd durch Seile in Bewegung
gesetzt wird, unschwer berrichten. Zur Erholung der Leute empfiehlt
Verf. vor Allem eine gut aasgewählte Lektüre, namentlich patriotischen
and kriegerischen Inhaltes. Für die Raucher ist Tabak zu liefern.
Der Wäsche- und Körperreinigung dient eine eigene Baracke. Die
Soldaten werden eine Zerstreuung darin finden, sich mit der Pflege ihres
Körpers und ihres Zeuges zu beschäftigen. (?)
XIV. Krankentransport. Die Bataillons- Packwagen können
sehr gut zum Krankentransport benutzt werden, wenn ihr Deckplan
etwas verbreitert und der Boden mit Matratzen belegt wird. Für kurze
Transporte genügen die vorhandenen oder improvisirte Krankentragen.
XV. Revierkrankeostaben. Bei jedem Detachement mit eigenem
Lager werden besondere Baracken zu diesem Zweck errichtet, und mit
Tonnenlatrinen, einem grossen Filter und einem stets bewegten indischen
Luftfäcber ausgestattet. Es werden nur Leichtkraoke behandelt, auch
soll die prophylaktische Verabreichung von Chinin und Rom mit
Citronensaft dort erfolgen. Der aufsiebtfübrende Sanitätsoffizier ist
dafür verantwortlich, dass mit letzterem kein Missbrauch getrieben werde.
Gesundbeitsrevisionen der Trappen werden übrigens nicht in der Revier-
itobe vorgenommen.
XVI. Feldlazaretbe werden mindestens 500 m vom Lager entfernt
stablirt. In ihnen kommen Schwerkranke zur Behandlung, welche nicht
iofektiös sind. Ausstattung im Ganzen wie zu XV. Ein besonderes
ooter dem Wind belegenes Zelt dient als Todtenkammer.
XVII. Schiffshospitäler werden 1) für Infektiöse, 2) für zu
Beobachtende, 3) für Konvaleszenten vor ihrem Rücktransport nach
Italien in Aussicht genommen. Näheres über ihre Einrichtung und Aus-
stattung ist nicht mitgetheilt.
XVIII. Leichenbestattung. Die Beerdigung empfiehlt sich in
Afrika nicht. Die unter der tropischen Hitze ausserordentlich schnelle
Zersetzung der Leichen würde die Todtengräber ernstlich gefährden,
auch würde eine selbst starke Schicht Sand den Fäulnissgasen nicht den
Weg an die Luft versperren. Damit aber wäre unberechenbaren
Ansteckungen Thor und Thür geöffnet. Es sollen daher fern vom
Lager und unter der herrschenden Windrichtung zwei mit Pallisaden
amscblossene Plätze abgetheilt werden, in deren einem die menschlichen,
dem andern die Thierleichen zu verbrennen sind. Die Verbrennung
Verstorbener Soldaten denkt eich Verf. folgendermaassen : Auf einem
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CemeDtfondament von 2 m Länge und 1'/, m Breite wird eine Schicht
Kohlen auBgebreilet, denen theergetränktcs Werg in genügender Menge
beigemiscbt ist. Der Kadaver wird mit Pech oder Harz reichlich bedeckt
und dann in ein getheertes Tuch geschlagen. In diesem Zustande
gelangt er auf den Scheiterhaufen, wird daselbst mit Kohle, Harz,
Petroleum und Holz eingedeckt und angezündet. Die vollkommene
Verbrennung zu Asche soll in wenigen Stunden vor sich gehen. Soll
die Asche des Leichnams ohne Verunreinigungen bleiben, so wurde
derselbe vor der Verbrennung in ein Tuch aus Asbestgewebe zu hüllen
sein. Auf den ausgebrannten Scheiterhaufen können Grabdenkmäler
aus Gement oder Kalk errichtet werden. Die Verbrennung von Tbier-
leichen würde m. m. nach gleichen Grundsätzen erfolgen.
Eine Kritik der Direktiven Machia velli's lag im Allgemeinen
nicht in der Absicht des Berichterstatters. Nur den letzten Vorschlag
möchte derselbe für etwas phantastisch erklären. Man vergegenwärtige
sicti nur die enormen Kosten und die ausserordentliche Arbeitslast,
welche die Herbeiscbaifung der Massen von Brennmaterial und der
Aufbau der Katafalke verursachen würden, wenn die Sterblichkeit nicht
minimal bliebe. Bei alledem würde es, wie die Erfahrungen auf dem
Scblachtfelde von Sedan 1870 gezeigt haben fraglich bleiben, ob die
Verbrennung der Leichen auf diese Weise vollkommen zu erreichen ist.
Kriegs-Etappen-Ordnung vom 3. September 1887. E. S. Mittler
und Sohn.
Vorliegende Ordnung umfasst die oberste Leitung des Etappenwesens,
die Organisation desselben im Allgemeinen, die Thätigkeit der Etappen-
Inspektion, die Einrichtung der Etappenorte und Kommandanturen, und
endlich die gerichtlichen und Diszipliuar-Befugnisse der Etappenbehörden.
Von fünf Anlagen enthält die zweite den für uns wichtigsten Theil des
Ganzen: den lange erwarteten Organisationsplan der freiwilligen
Krankenpflege im Kriege.
Das Sanitätswesen, welches den Schwerpunkt seiner stabileren
Thätigkeit auf dem Kriegsschauplätze in dem Bereiche der Etappen hat,
wird mittelbar von den meisten Bestimmungen der neuen Ordnung
berührt. Deshalb ist die Kenntniss derselben als einer Ergänzung der
Kriegs-Sanitäts-Ordnnng von den Militärärzten zu fordern. Unmittelbar
handeln nur wenige Paragraphen vom Sanitätspersonal bezw, -Dienst.
So fasst §. 6 unter der Ueberschrift „Chef des Feld- Sanitäts-
wes ens** die Thätigkeit und Befugniss dieser Centralstelle genauer
zusammen, als es die hierdurch modifizirten §§. 19 und 141 t der Kriegs-
Sanitäts- Ordnung thun. Neu ist die ausdrückliche Regelung der Ver-
tretung des Chefs bis zu seiner Ernennung und für die Vorbereitungen
im Frieden durch den Chef der preussischen Medizinal- Abtheilung; ein
Vcrhältniss, welches faktisch auch schon bisher bestandeu haben dürfte.
Absatz 5 des §. 6 enthält die kurzen Festsetzungen über die Spitze der
freiwilligen Krankenpflege, wie sie in §§. 206 und 207 i der Kriegs-
Sanitäts-Ordnung getrennt gegeben sind.
CjO'
') Kriega-Öauitaw-ßericht IÖ70/71 I. 88
83
r'
§. 24 bandelt vom Etappen - Generalarzt. Ausser den in §. 101
Absatz ö, 2, 9, 7, 14, 13, 11 und 12 der Kriegs Sanitäts-Ordnung ihm
beigelegteu Obliegenheiten ist durch die Kriegs- Etappen -Ordnung sein
Einfluss auf die Ergänzung des Materials der etablirten Feldlazarethe,
sowie auf die Rücksendung Geheilter und Invalider erweitert. (Absatz 8
des §. 24.) Die Sanitätsoffiziere, welche für die Leitung von Feldlazarethen
in betracht kommen, werden dies beim Studium der §§. 82 i und 98 t
resp. 63 3 der Kriegs-Sanitäts-Ordnung im Auge zu behalten haben.
Was für die Unterbringung und Verpflegung durchkommender
Kranker an Etappen-Hauptorten unter Mitwirkung von Krankentransport-
Kommissionen geschehen soll (Kriegs-Sanitäts-Ordnung §§. 128 T, 172),
findet sich in §. 33 6 der Kriegs-Etappen-Ordnung kurz zusammengefasst,
während §. 36 4 die Errichtung von Etappenlazaretben und von Leicht-
kranken-Sammclsteilen an Land-Etappen im Sinne der §§. 104 und 103
der Kriegs-Sanitäts-Ordnung behandelt. Die Lazarethlokalitäten bestimmt
(§. 37 4) der Kommandant, nöthigenfalls nach Anhörung des Arztes,
ln §. 104 3 der Kriegs-Sanitäts-Ordnung fehlt das Wort „nöthigenfalls“,
was zur Vermeidung von Meinungsverschiedenheiten zu beachten bleibt.
Anlage II bringt in dem Organisationsplan der freiwilligen
Krankenpflege einen Ausbau des Theil VI der Kriegs-Sanitäts-
Ordnung von prinzipieller Bedeutung.^) Ein kurzer Auszug wird das
zeigen.
Zugelassen sind die Deutschen Vereine vom Rothen Kreuz und die
Ritterorden , sofern sie sich den diesbezüglichen Anordnungen der
Militärbehörde unbedingt unterwerfen. Sonstige Gesellschaften sind in
der Regel ausgeschlossen. An der Spitze steht der Kaiserliche Kommissar
and Militärinspekteur, ihm sind das Centralkomite der Vereine vom
Rothen Kreuz und die Ordensvorstände unterstellt. Bereich der
Wirksamkeit der freiwilligen Krankenpflege ist das Inland und das Etappen-
gebiet, nur besondere Notbstände können die Verwendung von Forma-
tionen derselben in der ersten Linie bedingen. Hierzu ist dann die
Genehmigung des Oberkommandos erforderlich. Das Kriegsministerium
hat sich schon für den Frieden die Kontrolle über den Bestand an
Personal und Material der freiwilligen Pflege Vorbehalten.
Der Kaiserliche Kommissar leitet die freiwillige Krankenpflege auf
dem Kriegsschauplätze. Er bat sich dauernd mit den Kriegsministerien
and dem Chef des Feld- Sanitäts Wesens in Verbindung zu erhalten, um
für seine Tbätigkeit die leitenden Gesichtspunkte zu gewinnen. Im In-
lande wird er durch einen stellvertretenden Militär-Inspekteur vertreten.
Organe bei der Feld- und Besatzungsarmee sind die Delegirten. Ihre
Tbätigkeit erfolgt im innigsten Verein mit den leitenden Militärärzten,
welchen in Bedürfnissfragen und sachlichen Beziehungen die Ent-
-scheidung zustebt. Zur Etappen-Inspektion jeder Armee tritt ein Armee-
Delegirter; Jedem Feldlazareth - Direktor ist ein Korps-; jeder
Krankentransport-Kommission ein Etappen-Delegirter beigegeben. Auf
den Sammelstationen fungiren Unterdelegirtc. Aehnlich schliessen sich
im Bereiche der Besatzungsarmee jeder leitenden Instanz Delegirte an.
Die Auswahl aller Delegirten trifft der Kaiserliche Kommissar, sie
müssen vom Kriegsministerium bestätigt werden.
*) Der Leser wolle liierzii Jahrgang 1884 der Zeitschrift S. 518 vergleichen:
Das französische Präsidialdekrct über den gleichen Gegenstand vom 3. Juli 1884.
6*
Dir;--
84
Das Pflegepersonal darf nur deutscher Nationalität sein. Inter*
nationale Hülfe kann ausnahmsweise im Inlande mit besonderer Geneh-
migung des Kriegsministeriums zugelassen werden. Die Auswahl und
Annahme des Personales ist Sache der freiwilligen Krankenpflege,
engagirte Aerzte bedürfen jedoch der kriegsministeriellen Bestätigung.
Das gesammte Personal ist auf dem Kriegsschauplätze den Kriegsgesetzen
und der Disziplinär- Strafordnung für das Heer unterworfen. Die
Gliederung des Personales ist folgende: 1) Zur Unterstützung der
Kriegslazaretbe wird für jedes Armeekorps ein Lazarethdetachement ge-
bildet, dem u. A. auch Köche und Köchinnen angehören sollen. Zur
Unterstützung des Krankentransportes, wie zur Besetzung von Verband-
nnd Erfrisebungsstationen dient ein Begleitdetachement; während ein
Transportdetacbement im Anschluss an die Trainkolonne des Lazareth-
Reserve- Depots die Bestimmung erhält, die ' vorgeschobenen Lazarethe
mit dem Etappen- Hauptort zu verbinden. Ein Depotdetachement end-
lich unterstützt die Depotverwaltungen auf den Sammelstationen und
sonstigen Etappen.
Ganz ähnlich ist das Personal im Inlande gegliedert. Auch hier
Anden wir ein Lazaretb-, Transport- und Depot-Personal in Verbindung
mit dem Reservelazareth-, dem inneren Transport- und dem Depotver-
waltnngsdienst. Reservelazareth- und Festungs-Delegirte werden dem
freiwilligen Personal dieses Dienstbereiches nach Bedarf vorgesetzt.
Enmich ist die Betheiligung der freiwilligen Krankenpflege an dem
im Kriegsministerium vorbereiteten Central- Nachweise -Börean plan-
mässig geregelt.
Dies die Grundzüge einer Organisation, welche den Worten des
§. 206 der Kriegs -Sanitäts- Ordnung schwerwiegenden Nachdruck giebt.
Gewissen internationalen Ideen des Rothen Kreuzes dürfte hiermit , wie
seit 1884 in Frankreich, so nun auch in Deutschland für immer der
Boden entzogen sein.
Körting.
Dietz, Geistesstörungen in der Armee im Frieden und Krieg.
Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie. 44. Bd.
Verfasser, zur Zeit Assistenzarzt an der Leipziger psychiatrischen
Klinik und Württembergischer Landwehr-Assistenzarzt, hat obige Arbeit
schon im Jahre 1886 verfasst und dieselbe, angeregt durch die ähnliche
Veröffentlichung Sommer’s (vcrgl. diese Zeitschrift, XVI. Jahrgang,
Seite 302) nachträglich dem Druck übergeben.
Mit vollem Rechte ist zur Begründung dieser Publikation bemerkt,
dass die Benrtheilung der Geisteskrankheiten beim Militär ein ebenso
wissenschaftliche^ Interesse für den Psychiater, als hervorragend
praktisches für den Militärarzt darbicte.
Zunächst wird die allerdings ohne statistischen Nachweis wieder-
holt bei ähnlichen Auseinandersetzungen angeführte Ansicht Esquirol’s
und Anderer erwähnt, dass beim Militär psychische Erkrankungen
häufiger seien, als beim Zivil; Dietz bemüht sich unter Zuhilfenahme
der Selbstmordstatistik diese Angabe einigermaassen richtig zu stellen
und kommt nach Beurtheilung aller einschlägigen Umstände zu dem
Resultate, dass das Verhältniss der Geisteskranken, ans den
Digii'' hy CjOO-';'-
1
85
Motiven des Selbstmordes berechnet, genau dasselbe sei im
Zirilstande, wie beim Militär. Trotzdem nimmt derselbe im Qegen-
utze za Sommer and Anderen an, dass der militärische Dienst der
Entwickelung von Geisteskrankheiten sehr günstig sei, da die Armee
gewissermaassen die gesundheitliche Elite des Volkes repräsentire, und
deshalb Geisteskrankheiten bei derselben relativ häu6g''r seien; der
Unterschied zwischen Kriegs- und Friedensdienst ist bei obiger
Betrachtung unberücksichtigt geblieben.
Für die Erkrankungen im ersten Dienstjabre wird nun allerdings
io weiterem Verlaufe zugegeben, dass weitaus in den meisten Fällen
Prädisposition die Grundlage für die Psychose bilde, — der militärische
Dienst giebt demnach gewissermaassen den günstigen Nährboden für die
bisher schlummernde Psychose ab — dadurch wird die oben angeführte
Behauptung bedeutend abgescbwächt.
Bei Bräprechang der Maassregeln zur Verhütung von Einstellung
prädisponirter Individuen stimmt Verf. mit früheren Beobachtern darin
überein, dass die theoretische Forderung, jede Anlage zu einer
psychischen Störung solle vom Militärdienst befreien, praktisch nicht
durcbgeführt werden kann, auch sei bei einer Musterung selbst ein
zogezogener Irrenarzt nicht im Stande, versteckte geistige Störungen zu
erkennen. Er verlangt hingegen vorherige anamnestischc Erhebungen
TOD der Zivilbehörde, damit auf derartig belastete Leute der zuständige
Truppenarzt besonders aufmerksam gemacht würde — eine Maassregel,
welche mau schon jetzt hie und da vorzufinden Gelegenheit hat —
ohne dass jedoch jeder Missbrauch von Seiten der Angehörigen zum
Versuche der Militärbefreiung ausgeschlossen wäre. Referent bat
selbst Auslassnngen von Lehrern, Geistlichen und Ortsbehörden in
einem Falle gelesen, welche einstimmig ihre Verwunderung über die
Eiostellnng eines von Kindheit anf beinahe blödsinnigen Mannes aus-
sprachen, der Betreffende war zwar kein hervorragend geistig begabter
Mensch, hat aber seine drei Jahre redlich als Soldat ohne irgend welche
Störungen gedient, nachdem er allerdings in der Rekrutenausbildungs-
periode einige Zamathungeu an die Geduld des Ansbildungepersonales
gestellt hatte; hätte man dem eigenen Urtheile nicht mehr zagetraut, als
den anamnestischen Erhebungen, so wäre der Mann — und wie sich
nachträglich auch herausstellte — sehr mit Unrecht als dienstunbranch-
bar entlassen worden.
Anlage zu Geistesstörung oder selbst erbliche Belastung darf, um
sich eines banalen Ausdruckes zu bedienen, nicht bei den Haaren
herbeigezogen werden, sonst kann es hier auch dem Militärärzte gehen,
wie gerichtlichen Sachverständigen mit der Diagnose „moralisches Irre-
sein“, von welcher Binswanger^) mit Recht sagt, „wir sind dem Zeit-
punkte nahe gerückt, wo diese Begriffsbestimmung bei den Richtern
gerade die entgegengesetzte Wirkung, als beabsichtigt, hervorrufen und
das gerichtsärztliche Gutachten diskreditiren wird“.
Vorsicht ist gut in allen Dingen. Das Haupterforderniss wird sein
und bleiben, dass jeder Militärarzt psychiatrisch gut ansgebildet werde,
ein Erfordernlss, das sich von Jahr zu Jahr bessert.
Bei Beurtheilung der Kriegspsychosen, welchen die zweite
*) Ueber die Beziehungen des muralischen Irreseins zu der erblich dcgeneraliven
Geistesstörung. Sanuulnug klinischer Vortrüge Nu. 299. 1897.
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Hälfte des Aufsatzes gewidmet ist, kommt erstens eine Summe aller
schädigenden Momente, kurzweg als Kriegsslrapazen bezeichnet, in
Betracht, zweitens mechanische und psychische Einflüsse, drittens Prä-
disposition, letzterem Umstande allein werden aus einer Zusammen-
stellung der bis jetzt erschienenen Publikationen bezw. der beschriebenen
Fälle 41 pCt. aller Erkrankungen zugeschoben.
Nach den Erfahrungen des Feldzuges 1870/71 entwickelt sich durch
die Eigenthümlicbkeiteu des Kriegslebeiis ein nenropatbischer Zustand
auch bei psychisch Intakten mit sehr langsamem Verlaufe und erzeugt
selbst wiederum Prädispositionen zu späterer psychischer Erkrankung;
ira Kriege wirken dieselben ätiologischen Momente ein, wie im Frieden,
nur unter günstigeren Bedingungen für ihre Wirksamkeit und in
reicherem Maasse.
Der Aetiologie nach sind zu trennen die akut ini Felde aus-
brechenden Psychosen und die später sich entwickelnden , ferner primär
traumatisches Irrsein und sekundär-traumatisches, letzteres hat namentlich
für Militärärzte ein praktisches Interesse wegen des mehr oder weniger
schwierigen Nachweises des Zusammenhanges zwischen Trauma und
Ausbruch der Geisteskrankheit, auch ist dasselbe viel häufiger, als
das primäre.
Manchmal tritt nach scheinbar freien Intervallen die Psychose ohne
Gelegenheitsursache auf, eine Thatsache, welche hauptsächlich für
militärärztliche Gutachten von hervorragender Bedeutung ist, ebenso
wichtig ist der Umstand, dass derartige Kranke Gehirnreizen irgend
welcher Art, seien dieselben psychischer, sexueller oder alkoholischer
Natur, viel zugänglicher sind; kommt hierzu noch die lange Dauer des
Zwischenraumes, so ist es leicht erklärlich, dass derartige Fälle bei
Beurtheilung etwaiger Invalidisirung zu den schwierigsten Entscheidungen
des Arztes gehören.
Berücksichtigt werden muss und ausser Acht darf jedoch nicht
gelassen werden, dass andererseits Angehörige nur zu leicht die Neigung
besitzen, jedwede Beschädigung im Kriege als Ursache des später auf-
getretenen Gehirnleidens anzusehen, nachträgliche Schädlichkeiten hin-
gegen entweder zu ignoriren oder sogar zu verheimlichen; so sind Fälle
bekannt geworden, in welchen der Ausbruch der Psychose erst 10 oder
12 Jahre nach dem vorausgegangenen Trauma erfolgte.
Nachdem die bezügliche Litteratur entsprechend berücksichtigt und
ein Auszug aus dem Kapitol , Kriegspsychosen“ des deutschen Kriegs-
sanitätsberiebtes 1870/71 beigefügt worden ist, wird aus dem Gesammt-
resultate der Schluss gezogen, dass der Krieg den Geisteskrankheiten
ein eigenes Gepräge verleihe, welches lediglich eine Wirkung der so-
genannten Kriegsstrapazen sei, charaktorisirt durch ausgesprochene
psychische Schwäche, frühzeitiges Auftreten derselben, ungünstige Pro-
gnose nod häufigen Ausgang in progressive Paralyse; diese Wirkung tritt
bei Belasteten früher ein, die Prognose verschlechtert sich mit der Länge
der Zeit bis zum Ausbruche der Krankheit und bis zur Aufnahme des
Erkrankten in Behandlung.
Die weitaus grösste Zahl geisteskranker Soldaten aus dem Felde
fiel der allgemeinen Wirkung der Kriegsstrapazen zum Opfer.
Den Schluss bildet die Sorge für Unterbringung der Geisteskranken;
dies sowohl, wie der gewiss berechtigte Wunsch nach Errichtung einer
deutschen Militär- Irrenanstalt, wie es in England, Russland und Öester-
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reich schon längst der Fall ist, kann hier übergangen werden, da es
mit dem oben schon angeführten Referate über Sommer’s Beiträge zur
Kenntniss der Militärpsychosen übereinstimmt.
Verf. hat die — wie dies schon die häufigen Veröfifentlicbnngen
beurkunden — psychiatrisch hochwichtige Frage der Geisteskrankheiten
beim Militär sorgfältig studirt, die betreffende Litteratur mit in den
Kreis seiner Beobachtung gezogen, das pro und contra der einzelnen
sich gegenübersteheuden Ansichten wohl erwogen und sich sichtlich
bemüht, aus den verschiedenen Meinungen ein selbstständiges, unparteiisches
and nicht durch Vorurtheile getrübtes Unheil zu bilden, wofür dem-
selben alle Anerkennung gebühren dürfte. Zu wünschen wäre nur,
dass einmal eine auf genaue Berechnung basirte Statistik der Irren-
anstalten über die wirkliche Zahl der geisteskranken Invaliden des
Feldzuges 1870/71 znsammengestellt würde, damit endlich die angeblichen
2000deutschen geistigen Kriegsinvaliden Sch waab’s aus dem französischen
Kriege nach einer einzigen Irrenanstalt (Werneck) approximativ berechnet,
aus der Litteratur definitiv verschwinden möchten. C. Fr.
Kompendium der allgemeinen Chirurgie, sowie der Operations-
lehre. Zum Gebrauch für Studirende und Aerzte (zugleich als erster
Band zu Th. Schmidt’s spezieller Chirurgie dienend). Von
Dr. med. Arno Kröche, prakt. Arzt und Dirigent der Heilanstalt
Brunnthal-München. Zweite gänzlich umgearbeitete Auflage. Mit
24 Abbildungen. 8°. 442 Seiten. Leipzig, Verlag von Ambr. Abel.
1887.
In sechs Abtheilungen des 1. Theiks (allgemeine Chirurgie) handelt
Verf. die örtlichen Störungen des Kreislaufes, die Entzündung, den Brand,
die Verschwärung, das Trauma, die Neubildung und die für den Chirurgen
wichtigsten Krankheiten und Anomalien einzelner Organe ab, in zwei
Abtheiluugen des 2. Theiles die allgemeine Operationslebre einschl.
Verbandlebre und die spezielle topographische Operationslehre.
Das kleine Handbuch zeichnet sich durch klare Darstellung und
knappe Form aus. Diesem Umstande verdankt es wohl zumeist seine
innerhalb kurzer Zeit entstandene 2. Auflage. Ein dringendes Bedürfniss
für dasselbe lag im Hinblick auf die grosse Anzahl gleicher und ähnlicher
vortrefilicher, meist jedoch ausführlicherer Werke kaum vor. Neues und
Originelles bringt es nicht ; vielleicht nur das, dass es bei Schusswunden
grösserer und komplizirter Gelenke dringend die Abnahme des Gliedes
verlangt, wenn die aseptische Behandlung nicht exakt durchgeführt
werden kann, oder wenn der Patient nicht gleich in geeignete Behandlung
kam, sondern bereits mehrere Tage verstrichen sind; es möchte ihm
schwer werden zu beweisen, dass sich während des letzten Krieges viele
Hospitalvorstände in Deutschland, welche häufig nicht diagiiostizirte
Gelenkschüsse von weither zuge.«chickt erhielten, darüber beklagt hätten;
auch dürften selbst 'dürftige antiseptiscbe rcsp. sonstige Kautelen einen
Unterschied in der Behandlung zwischen jetzt und früher gestatten. —
Die Begriffe virus und veneuum unterscheidet der Verf. nur dem Her-
kommen gemäss, hofft aber diesen Unterschied mit den Fortschritten der
bakteriologischen Forschung immer mehr verschwinden zu sehen; da
kann er lauge warten! Schwieger.
Di ■ ■
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Ueber Beziehungen derFSnlniss zo den Infektionskrankheiten.
Vortrag, gehalten in der dritten allgemeinen Sitzung der 60. Ver-
sammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte zu Wiesbaden am
Ü4. September 1887 von Ferdinand Hueppe. Berlin 1887, Verlag von
August Hirscbwald.
Verf. schildert im Eingänge seines Vortrages, wie schon von Alters
her die Fäulniss zu den Infektionskrankheiten in Beziehung gesetzt
worden sei, und wie man später erkannt habe, dass beide von dem Leben
von Mikroorganismen abhängig seien. Er geht dann zu den neuen
Forschungen auf dem Gebiete der Bakteriologie über, die namentlich
durch Züchtungsversuche zo der Erkeontniss geführt hätten, dass eine
ganze Reihe von pathogenen Bakterien ein saprophytisches Stadium be-
sitzen, wie gewöhnlicbe Fäulnissorganisraen, dass ihr Parasitismus für
die Arterbaltung nicht absolut nöthig, sondern etwas mehr Zufälliges
oder Gelegentliches sei. Damit war der Beweis geliefert, dass die all-
gemeine Grenze zwischen krankheitserregenden und nicht krankheits-
erregenden Infektionserregern keine scharfe sei. Ferner wurde ermittelt,
dass gewisse Bakterien im Körper nur wie gewöhnliche Fänlnissbakterien
durch ihre giftigen Produkte wirken; damit musste also die schroffe
Schranke zwischen Intoxikation durch Fäninissgift und der spezifischen
Infektion fallen; es kann niemand die Fäulniss als mögliche Hulfsursache
für Infektionskrankheiten bestreiten. Naegeli erklärt dies so, dass die
echten endogenen Kontagienpilze schon in geringster Menge zur Infektion
führten, die ektogenen Miasmen- und Fäninisspilze in der Regel nur die
Kontagion vorbereiteten, indem sie den Körper schwächten. Aber in
grösserer Menge könnten auch die Miasmenpilze und in noch grösserer
auch die Fäolnisspilze direkt infiziren. Ausserdem nahm er das Ent-
stehen der Kontagienpilze aus Miasmenpilzen und dieser wieder ans Fänl-
nisspilzen als möglich an. Andererseits hatte Wernich darauf aufmerk-
sam gemacht, dass auch die im Darmkanal stets vorhandenen, scheinbar
ganz harmlosen Darmbakterien unter dem Einflüsse von Fänlnissprodukten
sich schnell zu invasiven Krankheitserregern umbilden könnten. — Die
Vorstellung, dass es sich bei der Fäulniss um etwas Einheitliches handelt,
kann nicht mehr gelten, denn es giebt nur eine Vielheit von heterogenen
Fäulnissprozessen. Die Fäulnissorganismen haben sich in den ver-
schiedenen Oertlicbkeiten als Theil der örtlichen Kryptogamenflora ent-
wickelt; es giebt vielleicht überall vorkommende, aber sicher auch den
Floren eigenthümliche, für die jeweilige Fäulniss spezifische Arten. Das
konstante physiologische Merkmal aller ist die Eiweissspaltnng, und gerade
die in der Anpassung an diese ausserhalb erworbenen Eigenschaften
müssen als ächte Artmerkmale gelten. Für manche Arten stellen diese
konstanten Eigenschaften zugleich, ohne jedes weitere Hinzuthun, einen
minimalen Grad von pathogener Wirkung dar. Dies gilt nicht nur für
die Erreger der verschiedenen Malariakrankheiten, sondern auch für die
Spirochäten der asiatischen Cholera; ähnlich wie diese in Indien, ver-
halten sich bei uns die anaerobiotischen Bakterien des Unterleibstyphus.
Für viele Fälle decken sich demnach Fäulnissursacbe und Infektionsursache
vollständig. Auch in prophylaktischer Beziehung lässt sich nachweisen, dass
die Grenze zwischen Intoxikation durch Fäulnissgifte und der Infektion
gefallen ist, dass die Quelle aller Infektionen in den Fäulnissprozessen
liegt. Wir können nun zwar diese als nothwendiges Zwischenstadium
v.^lc
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xwischen Thier- nnd Pflanzenleben nicht beeeitigen, aber wir mäsaen sie
aas nnserer nächsten Umgebang verbannen durch strengste Reinlichkeit.
Durch diese Art der Bekämpfung der Infektionskrankheiten können wir
die Sterblichkeit bedentend berabseUen und grossartige hygienische Er-
folge ersielen. Rb.
Ueber cyklische Albuminurie. Von Dr. G. Kleinperer (Berlin).
(Separat - Abdruck ans der Zeitschrift für klinische Medizin, Bd. XII,
Heft 1 o. 2.)
Nachdem Lenbe die physiologische Albuminurie festgestellt, sind
einschlägige Fälle in grösserer Anzahl mitgetheilt worden. Pavy machte
auf den cykliscben Verlauf der Eiweüssausscbeidung aufmerksam und be-
teichnete diese B^älle daher als cyklische Albuminurie. Verf. theilt nun
nach kurzer Uebersicbt über die bisher veröffentlichten Fälle von Pavy,
Nnorden nnd Bull einen eben solchen ausführlich mit, der während
mehrerer Monate genau beobachtet und auch zu mannigfachen Versuchen
benutzt wurde, um den Einfluss äusserer Verhältnisse auf die Eiweiss-
aosscheidung festzustellen. Hierbei ergab sich Folgendes: Die cyklische
Albuminurie ist ein wohlcbarakterisirtes Krankbeitsbild und befällt vor-
logsweise junge Männer mit neurasthenischen Beschwerden. Gemeinsam
ist bei allen Fällen das Fehlen des Eiweisses im Nacbtnrin. Bei Tage
zeigt die Ausscheidung regelmässige Schwankungen , indem sie von
Null bis zum Maximum ansteigt, um dann endgültig auf Null abzufallen,
oder nach dem Nullpunkt ein zweites Maximum Abends zu erreichen.
Keinen Einfluss auf dieselbe übt die Zeit der Nahrungsaufnahme und
Zusammensetzung der Nahrung, dagegen um so stärkeren die Muskel-
bewegung (durch absolute Ruhe im Bett lässt sich die Eiweissausscbeidung
stets unterdrücken) nnd geistige Anstrengungen. Der Krankeitsverlanf
ist stets ein chronischer, die Prognose ist nicht ungünstig. Die Behand-
laug muss im Wesentlichen eine roborirende sein, da diese erfahrnngs-
gemäss auch heilsam auf die Verminderung des Eiweisses binwirkt
Ueber den tuberkulösen Hirnabscess. Von Prof. A. Fraenkel.
Separat-Abrnck aus der Deutschen medizinischen Wochenschrift 1887,
No. 18. Berlin und Leipzig, Verlag von Georg Tbieme.
Verf. schildert einen Fall von tuberkulösem Hirnabscess, der dadurch
sosgezeiebnet war, dass die eigentliche Natur des Abscesses bei der
Sektion nicht erkannt wurde, da weder Reste käsigen resp. tuberkulösen
Materials, noch auch io der dicken Balgmembran der Eitercyste Tuber-
kelkuötcben bemerkbar waren. Erst die Untersuchung des Eiters ergab
eine Unzahl von Tuberkelbazillen, dagegen keine der gewöhnlichen Eiter-
mikrobien.
In der Epikrise fuhrt Verfasser ans, wie die Erankheitserscheinnngen
im Leben auf einen cirknmskripten Krankheitsherd in der Gegend des
hinteren Stirnlappens und der benachbarten Centralwindungen gedeutet,
jedoch die Diagnose stets zwischen Tumor und Abscess geschwankt hätte.
Bei der mikroskopischen Untersuebuog der Balgmembran habe sich die
Orannlationsschicbt im buchstäblichsten Sinne durchsetzt von zahllosen
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Tuberkel bazillen gezeigt. Bezüglich der Frage nach der Entstehung des
Abscesses neigt Verf. zu der Ansicht, dass die Tnberkelbazillen selbst
für die Eiterung verantwortlich zu machen seien, und begründet dies da-
mit, dass durch diese ja auch eitrige pleuritische Exsudate erzeugt werden
könnten. Er glaubt daher, dass die bakterioskopisebe Untersuchung der
Hirnabscesse manchen werthvollen Fingerzeig für die Aetiologie derselben
und besonders auch für die Frage der primären Ilirntuberkulose er-
geben werde. Rb.
Mittheilungen aus der chirurgischen Klinik des Herrn Geh.
• Rath Bardeleben. Von Stabsarzt Dr. A. Koehler. A. Die
Herniotomien des Jahres 1885. Separat-Abdruck aus der Deutschen
Zeitschrift für Chirurgie IV.
Zur Beobachtung kamen 30 Kranke mit Hernien, darunter ein 1 Tag
altes Kind mit kindskopfgrossem Nabelbruch, in dem Leber und grosse
Mengen Dünndarraschlingen lagen. Die übrigen 29 hatten 34 Hernien
{22 Leisten-, 12 Schenkel - Hernien), die im Allgemeinen die bekannte
Statistik der Unterleibsbrüche bestätigen. Die Kranken waren im Alter
von 19 — 81 Jahren. Betreffs der Entstehung gab die Mehrzahl an, dass
der schon lange bestehende Bruch nach äusserer Veranlassung mehr her-
vorgetreten und nun schwer oder gar nicht zurückzubringen sei. Meist
war die Bruchanlage auch auf der andern Seite vorhanden. Einlache,
durch passendes Bruchband zu beseitigende Beschwerden kamen bei
2 Schenkel- und 11 Leisteiibrüchen vor. Die Taxis gelang in tiefer
Narkose 12 Stunden bis 8 Tage nach angeblichem Beginn der Einklemmung
bei 4 Leisten- und 1 Schenkelbruch, doch war stets grosse Vorsicht
nöthig wegen der meist schon ausserhalb sehr energisch gemachten Ver-
suche. Ging dabei der Bruch nicht leicht zurück, so wurde sofort operirt.
Die Herniotomie war IC Mal (7 Leisten-, 9 Schenkelbrüche) nöthig,
wenige Stunden bis 5 Tage nach angeblichem Beginn der Einklemmung.
Die grössere Zahl der Brüche war lange Jahre durch Bruchband leicht
zurückgehaltcn worden mit Ausnahme von 2 Schenkelbrüchen bei Frauen.
Unter den operirten Fällen, über die kurz einzeln berichtet wird, war
ein Schenkelbrucb besonders bemerkenswertb durch Grösse und Inhalt:
das entfernte Netzstück wog 257, der Bruchsack 50, das Brnchwasser
ca. 250 g, die Geschwulst hatte also zusammen ca. 557 g Gewicht. Im
Anschluss wird noch erwähnt ein durch Platzen eines Bauchbruchs (vor
3 Jahren Ovariotomie) entstandener Eiugeweidevorfall, der nach Reinigen
und Zurückdrängen der 84 cm langen Dünndarmschlingcn, Anfrischen
und Vernähen der Wände des Loches in den Bauchdecken heilte.
Bei den Herniotomien wurde als Inhalt des Brnch.sackes gefunden:
nur Netz 4 mal (2 Leisten-, 2 Schenkelbrüche), nur Darm 8 mal
(3 Leisten«, 5 Schcnkelbrüche), Darm und Netz 3 mal (2 Leisten-
1 Schenkelbruch), Bruchsack leer, mit Cysten besetzt 1 mal (Schenkel-
bruch).
Der Bruchsack wurde immer geöffnet, an der Bruchpforte fixirt und
entweder nach Abbinden mit dickem Katgut abgeschnitten oder die Oeff-
nung durch Tabaksbeutelnaht geschlossen. Einmal verwuchs der Darm
mit der Hautnarbe ohne nachfolgende Beschwerden. Die beiden Todes-
fälle betrafen Frauen, bei denen vor der -4nfnahme zu heftige und an-
haltende Taxisversuche stattgefundeu hatten. Bei beiden bestand Peri-
tonitis, einmal wabrscbeinlich schon vor der Operation.
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91
B. üeber 24 seit dem Jahre 1876 ausgeführte Kropfexstir-
pationen.
1) Von 1876—85 wurden 11 Kröpfe operirt, 6 mal durch Total-,
5 mal durch partielle Exstirpation ; unter letzteren keine, unter ersteren
2 Todesfälle (stmma carcinom. mit multipler Metastase und sehr grosser
lymphatischer Gefässkropf (720 gr.) mit starker Veränderung der Luftröhre
Wi gravida mens VII). Die Kranken waren 4 Männer (18 — 59 J.) und
7 Frauen (26—54 J.). Wenige stammen aus Kropfgegenden; 2 hatten
mehrere Verwandte mit Kröpfen. Die 4 Total-Exstirpationen sind Jahre
lang beobachtet und gesund geblieben. Die einzelnen Fälle werden zum
Schluss kurz aufgefnhrt.
2) 1885 wurden 7 totale Kropfexstirpationen ausgeführt. Von diesen
endeten 3, bei denen die Tracheotomie nöthig war, tödtlich, darunter
1 Sarkom der Schilddrüse, ein Beweis, wie sehr durch Lufiröhrenschnitt
die Prognose verschlechtert wird, da eine ausreichende Antiseptik dabei
unmöglich ist Sie darf daher nur im äussersten Nothfalle gemacht
werden. Verf. gedenkt hier auch der temporären Kompression \Volffs,
die seiner Ansicht nach höchstens bei einfachen Cystenkröpfen mit ge-
ringer Blutung ausreichen kann, und die ausserdem durch die Möglichkeit
des Lufteintritts in eine Vene bei Nachlass des Druckes sogar direkt
gefährlich werden könnte. — Die Exstirpation wurde mit einem senk-
rechten Hautschnitt begonnen und ein oder zwei obere Scbrägschnitte
zugefügt, um die oberen Zapfen der seitlichen Lappen und die oberen
Scbilddrüsengefässe übersehen zu können. N. recurrens wird am besten
geschont durch gründliche Isolirung der a. tbyreoid. inf. Ausgespült
wurde mit Salicylborax — oder 0,5 “/«« Subliniatlösiing. Weglassung des
Drains wurde nicht gewagt trotz Verzögerung der Heilung. Ausschälung
einzelner Knoten und partielle Exstirpation war in keinem Falle anwend-
bar, doch sind Zeichen von Cachexia strumipriva (Myxödem) nicht auf-
getreten. Dass der Grund dafür in dem jedesmaligen Zurückbleiben
kleiner Schilddrüsen liegen solle, ist nach Verf. schwer anzunehmen. Da
nun Myxödem auch nach elektrischer Zerstörung, sowie nach partieller
Exstirpation beobachtet sei, so müsse man eben sagen, dass diese Frage
noch unklar sei. Jedenfalls dürfe mau die Total-Exstirpation nicht mehr
ans rein kosmetischen Gründen ausführen (empfohlen entweder partielle Ex-
stirpation oder Jod innerlich und äusscrlich, doch keine Injektionen wegen
der Erschwerung späterer Operation), sondern nur bei Indicatio vitalis
oder bei Atbem- und Schlingbeschwerden durch anhaltendes schnelles
Wachsen der Geschwulst.
3) 1886 wurden 2 Total-Exstirpationen mit Ausgang in Heilung, 1887
4 partielle mit gleichem Erfolge gemacht.
Von den 24 Exstirpationen waren 9 partiell, 15 total; von letzteren
starben 5: 1 Karcinom, 1 Sarkom, 2 mit starken Veränderungen der
Luftröhre, die deren Eröffnung nöthig machten, in Folge von Pneumonie
1 kurz nach der Operation (Ursache mangels der Sektion nicht auf-
geklärt). Die übrigen sind Jahre lang beobachtet und gesund geblieben.
Myxödem ist nicht aufgetreten. Kb.
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92
Tabellen cnm Gebrauch bei mikroskopischen Arbeiten. Za-
sammengestellt von W. Behrens. Braunschweig, Harald Br ahn 1887.
76 Seiten.
Die Tabellen sind sehr geeignet und passend für den Arbeitstisch
des Mikroskopikers im Laboratorium und im Studirzimmer. Man findet
in ihnen schnell, was man sonst durch Nachschla^en in grösseren Werken
der Physik, Chemie und mikroskopischen Technik mit Zeitaufwand cu-
sammensuchen oder sich erst selbst berechnen muss. Beginnend mit der
Vergleichung von verschiedenen Gewichten, Maassen und Thermometer-
graden giebt Verf. in der Folge Uebersicht über Schmelz- und Siede-
punkte einiger Stoffe, Eältemischungen, Umrechnungen von Aräometer-
graden in spezifische Gewichte, über diese und die Prozentgehalte ver-
schiedener Chemikalien, die Atomgewichte, die Löslichkeitsverhältnisse
von ätherischen Gelen, Harzen und Balsamen, Tabellen über das Ver-
halten der gebräuchlichen Anilinfarben, diese zumeist nach eigenen Ver-
suchen, ferner über verschiedene einschlägige Punkte ans dem Gebiete
der Optik. Die zweite Hälfte des Werkchens bringt Zusammenstellungen
der gebräuchlichen Mittel zum Erhärten, Fixiren, Aufhellen, Einbetten
u. 8. w. von mikroskopischen Präparaten und schliesst mit einer Auf-
führung von mikroskopischen Reagentien, Färbe- und Imprägnations-
mitteln, deren Zubereitung und Verwendung übersichtlich geordnet ist.
Bei der Schilderung der zahlreichen Färbemethoden hätte die Gram'sche,
diejenige mit Löffler’s starker alkalischer Methylenblaulösung und die
Verwendung des Earbolfucbsin Berücksichtigung finden sollen; für eine
folgende Auflage dürfte auch die Aufnahme des Kühne'scheu Färbe-
verfahrens vortbeilhaft erscheinen. Heim.
Syphilis in ihrer Rückwirkung auf die Berufs -Armee im
Frieden und im Kriege und die Möglichkeit ihrer thunlich-
sten Eindämmung. Von Dr. A. Zemanek, k. k. Regimentsarzt.
Wien 1887.
Der Verf. bespricht zunächst in einer 18 Seiten umfassenden Ein-
leitung die Etymologie des Wortes Syphilis iptiia bezw. Hirt Syphilns),
womit er alle ansteckenden Krankheiten der Genitalien zusammenfasst.
Hierauf folgt eine knapp gehaltene Geschichte der Syphilis von der Zeit
des Hippokrates bis heute.
Das Thema selbst behandelt der Verfasser in 53 Seiten unter An-
fübrnng eines reichen statistischen Materials und vergleicht die syphi-
litischen Erkrankungsverhältnisse der Heere fast aller Staaten Europas,
wobei er zu dem Resultat kommt, dass die Syphilis seit den letzten
10 Jahren weitaus mehr Behandlungstage in Anspruch nimmt, als jede
andere Krankheit, von allen Armeekrankheiten mithin dem Staate die
meisten Kosten verursacht und der Armee die meisten Arbeitstage ent-
zieht. Im Schluss skizzirt er erschöpfend die modernen Behandlun«-
metboden der syphilitischen Krankheiten und plaidirt dringlichst tur
möglichst strenge ärztliche Visitationen der Mannschaften, sowie der
Prostitnirten. Herr manu.
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93
Anleitung für die erste Hülfe bei Erkrankungen und Ver-
letzungen an Bord in Ermangelung ärztlichen Beistandes.
Von Dr. Alexius Uhlik, k. k. LinienschifTsarzt. Wien 1887. Carl
Gerold’s Sohn.
Das 15 Seiten umfassende Büchlein wird dem Seeoffizier in Er-
mangelung ärztlicher Hülfe an Bord ein erwünschter Rathgeber bei der
Behandlung von leichteren Erkrankungen und Verletzungen sein. Die
TOD dem Verfasser für die Fahrzeuge angegebene ärztliche Ausrüstung
ist eine reichhaltige und zweckentsprechende. v. Harhou.
MittheUnngen.
Berliner militärärztliche Gesellschaft.
Sitzung vom 21. Oktober 1887.
1. Herr Geissler: Stauungspapille nach Kopfrose.
Der Dragoner N. der 3. Eskadron 2. Garde- Dragoner-Regiments
überstand ein Erysipelas faciei et capitis im Garnisonlazareth 2 zu
Tempelhof, woselbst er vom 19. 8. bis 24. 9. 87 behandelt wurde.
Die Schwellung ging vom oberen Tbeil des Gesichtes zur behaarten
Kopfhaut über und befiel die Augenlider, besonders das rechte in
ziemlich starkem, wenn auch nicht übermässigem Grade. Nach der
Entfieberung und dem Ablaufe des entzündlichen Prozesses, der kaum
6 Tage anhielt, blieben heftige Kopfschmerzen zurück, denen Bromkali
keine Erleichterung brachte.
Nach 5 Tagen trat ein 2tägiger leichter Rückfall des E^sipelas anf.
Vier Wochen nach dem Beginn der Rose traten die Klagen über
allgemeine Mattigkeit und Scbwindelgefübl in den Vordergrund unter
gleichzeitiger Verstärkung der Kopfschmerzen. Die Beschwerden wurden
auf die bestehende Anämie bezogen und Eisen mit geringem Elrfolge
gereicht. Der Zustand blieb ein so geschwächter, dass ärztlicherseits
eine 14 tägige Beurlaubung in die Heimatb beantragt wurde. Gut
gekräftigt kehrte N. zurück und meldete sich 2 Tage darauf im Revier
mit der Klage, dass er nicht mehr so gut sehen könne wie früher,
namentlich sei am Rande des Gesichtsfeldes stets eiu schleierartiger
Nebel.
Die Untersuchung ergab nur eine geringe Herabsetzung der Seh-
schärfe; er las links Snellen 20 theilweise, rechts Sn 30, beides in
20 Fass. Farben werden richtig erkannt, das Gesichtsfeld ist durchaus
nicht eingeschränkt
Die ziemlich weiten Papillen reagiren auf Lichteinfall ausser-
ordentlich träge. Ophthalmoskopisch zeigt sich eine hochgradige Neuro-
retinitis beiderseits. Die Papillen sind stark hjperämiscb, in ihren Grenzen
vollständig verwischt, so dass man ihre Lage erst aus dem Verlaufe der
grösseren Gefässe erschliessen muss. Letztere sind auf den Papillen
selbst fast ganz verdeckt von dem stark geschwollenen Nervengewebe.
Der Papillenkopf, deutlich erhaben über dem Niveau des Augenhinter-
grundes, ergiebt eine Refraktion von -H während der übrige Theil
emmetropisch ist
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94
Am linken Auge zeigt die temporale Hälfte der Papille viele grau-
liche bis weissgraiilicbe Herde, die Reste früherer Blutungen, wie solche
sich noch deutlich an einzelnen Stellen neben den grossen Gefässen
finden. Im aufrechten Bilde bemerkt man radienförmig geordnet feine
graue Striche und Punkte in der Netzhaut; am rechten Auge ziehen
dieselben reiserförmig nach der macula lutea hin. Sonst ist die Gegend
der macula lutea selbst beiderseits normal.
Das Allgemeinbefinden ist jetzt ein gutes. Hin und wieder treten
leichte Kopfschmerzen und Scbwindelanfälle auf. Eiweiss im Urin wurde
am Tage der Krankmeldung im Revier nachgewiesen, fehlt aber seitdem
vollständig, ebenso wie jedwede morphologischen Elemente. Der Schädel
ist nirgends druckempfindlich; Muskelkontraktionen werden durch Be-
klopfen des ligam. patellare durchaus nicht ausgelöst. Bei geschlossenen
Augen und nebeneinander gestellten Füssen schwankt der Kranke deutlich.
Eine Erklärung des Zusammenhanges zwischen dem erysipelatösen
Prozess und dieser Papillitis lässt sich nicht sicher geben. Entweder
kann man sich dieselbe durch eine vom Zentrum her fortgeleitete Peri-
neuritis descendens entstanden denken, wie diese ihr, häufiges Auftreten bei
Meningitis, besonders tuberculosa, und anderen Basilarprozcssen des
Gehirns erklärt und durch Obduktion schon nachgewiesen ist, oder
aber — wahrscheinlicher — kann man annehmen, dass der erysipelatöse
Entzündnngsprozess durch das orbitale Zell- und Fettgewebe weiterkriecht.
Vereiterung dieser Gewebe, sowie Gangrän der Lider sind nach Gesichts-
rose mehrfach beobachtet. Bei den als Nachkrankbeit aufgetreteneu
Erblindungen hat man als ophthalmoskopischen Befund bisher nur Seh-
nervenatropbie gefunden und zwar schon sehr frühzeitig; v. Gräfe un-
mittelbar nach der Abschwellung der ausserordentlich stark infiltrirtcn
Lider. Inwieweit hier die Atrophie ciutreten wird , lässt sich noch
nicht 'Voraussagen; doch ist die Vorhersage nicht unbedingt ungünstig,
da bisher die Nervenfasern ihre Leitungsfäbigkeit nicht verloren haben.
2. Herr Leyden; Ueber die Entzündung der peripheren Nerven
(neuritis multiplex etc.). (Der Vortrag gelangt in diesem and dem
nächsten Hefte der Zeitschrift ausführlich zum Abdruck.)
3. Herr Sommerbrodt zeigt das obere Ende einer linken Tibia
vor, welches äusserlich so wenig verändert ist, dass es Wunder nehmen
würde zn hören, das Präparat sei durch Amputatio femoris gewonnen
und habe den Anlass zu dieser Operation geboten. Der Knochen gehört
einem Pionier der neuformirten 15. (König!. Sächsischen) Kompagnie des
Eisenbahn-Regiments an, welcher seit April dieses Jahres ohne nach-
weisbare Veranlassung Schmerzen unterhalb des linken Kniees empfand,
die ihn beim Gehen hinderten und auch beim Sitzen störten (er war nur
auf dem Kompagniebureau beschäftigt und that keinen äusseren Dienst).
Ende Juni erfolgte deshalb die Aufnahme in das Garnisonlazareth
Tempelhof, wo bei völlig freiem Kniegelenk eine geringe Verdickung in
der Gegend der Tibiaepiphyse konstatirt wird, die aber bei ruhiger
Bettlage eher ab- als zunimmt. Das Hauptsymptom sind auch hier die
Schmerzen, welche nur bei absoluter Ruhe und Hochlagerung des Gliedes
nacblassen. Jodeinpinselungen, Eis, Streckverband sind ohne Erfolg,
am besten wird Suspension vertragen. Fieber war nie vorhanden.
Mitte August wird an einer groschengrossen Stelle nach innen von
der Tnberositas eine flache Hervorwölbung mit immer deutlicher werdender
Pulsation bemerkbar. Zur endlichen Feststellung der Diagnose wird an
yiLi tnj uy Google
95
dieser Stelle am 13. September eine ausgiebige Probe>Inzision unter
antiseptiscben Kautelen vorgenommen, bei der das Messer sofort
mehrere Centimcter tief in den völlig erweichten Knochen
eindringt; die Pulsation röhrte von mehreren grossen ins Innere
führenden Arterien her, welche unterbunden werden. Der jetzt ein-
geföhrte Finger gelangt durch weiche markige Massen nahezu bis an die
Hinterwand der Tibia; die mikroskopische Untersuchung ergiebt, dass
diese Massen überwiegend ans kleinen Kund- und Spindelzellen bestehen,
zwischen welche vielkernige Riesenzellen in beträchtlicher Anzahl ein-
gesprengt sind. Diagnose: Myeloidsarkom.
Die nunmehr einzig indizirte Amputation ward (etwas oberhalb
der Grenze zwiscfaeii unterem und mittlerem Drittel des Oberschenkels)
mit Einwilligung des sehr verständigen Patienten schon am folgenden
Tage vorgenommen, da die Schmerzen noch heftiger geworden sind und
zugleich — wohl in Folge der Aufnahme zertrümmerten Materials in die
Blutbahn — hohes Fieber (39,5) eingetreten ist. Die Operation verlief
glatt, und die Heilung erfolgte im Wesentlichen durch erste Vereinigung;
die Temperatur stieg nur noch zwei Mal über 39° C. und war vom
8. Tage ab normal.
Das der Gesellschaft vorgelegte, durch einen sagittalen Sägeschnitt
erhaltene Präparat zeigt, dass die gesammte Epiphyse der Tibia, mit
Ausnahme des hintersten Fünftels, in eine weiche, markähnliche, gelblich
weisse, zum Thei^ mit Blutextravasateu, zum Theil mit grossen Öefäss-
lakonen durchsetzte Neubildung verwandelt ist, weiche nach unten bereits
in die Diapbyse bineinreiebt, nach oben noch gerade durch die Knorpel-
schicht vom Gelenke getrennt wird.
Die Gelegenheit zur operativen Entfernung eines primären zentralen
Knochensarkoms in einem so frühen St^ium — noch ehe es zu einer
eigentlichen Geschwulstbildung gekommen ist — dürfte sich wohl nur
selten, ausserhalb der Militürpraxis vielleicht überhaupt nicht, darbieten.*)
Kameradschaftlicher Verein der Sanitätsoffiziere desReserve-Landwehr-
Regiments (1. Berlin) No. 35. — Sitzung 10. 1. 88.
Nach einigen geschäftlichen Mittbeilungen hält Assist. -Arzt 1. Kl.
der Res. Dr. Petri den angekündigten Vortrag über die transportable
Lazarethbaracke. Nach einer Einleitung über die geschichtliche
*) Die Hauptarbeit über Sarkome der laiij'en Knochen, welche mir zur
Zeit der obigen Demon.ttration leider noch nicht zur Verfügung stand, ist die von
i^amael W. Gross: Sarcoma of the long bones; based upon a study of 1B5 ca.ses.
American Journal of the medical scieuces. .luly 1879. Es sind darin 70 in der amerika-
nischen. englischen und deutschen Littcralur mitgctbeilte Fälle von Kicsenzellensarkom
berücksichtigt, aber nur von 51 ist Näheres über den Verlauf bekannt. Von diesen
endeten 3 ohne Operation tödtlich, 48 mul wur<le amputirt oder (aus.sclilie.“8lieh an
den Vorderarmknoehen) resezirt. Bei den 33 Patienten, welche die Operation über-
ftanden, reicht 1 1 mal die Beobachtung nicht über 2 Monate nach dem Eingriff
hinaus; schlie.sst man diese aus, so bleiben 22 länger beobachtete Patienten übrig,
hei denen 5 mal (also in 22,7 pCt.) tödtliche Itezidivc aufiraten. Bei letzteren
handelte es sich stets um Metastasen in den Bungen, 4 mal war zngleich örtliches
Rezidiv vorhanden. Die Dauer des Besteheius der Geschwulst war auf die
Malignität ohne Einfluss, dagegen schien eine durch Einlagerung von Kalksalzen
und neugehildetem Knoclieiigewebe ausgezeichnete Form besonders bö.sarlig zu sein
(7 Fälle mit 4 Rezidiven).
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Entwickelong präzisirt Redner an der Hand des für die Antwerpener
Ansstellnng veröffentlicbten Programms und im Anschlüsse an das aber
diese Ansstellnng veröffentlichte Werk; Die transportable Lazaretb-
Baracke etc., beransgegeben von v. Langenbeck, v, Coler, Werner
(Berlin 1886. Aug. Hirschwald) die Erfordernisse, welche an eine
verwendbare Lazaretb -Baracke gestellt werden müssen. — Leider ge-
stattete die vorgeschrittene Zeit nicht, den interessanten Vortrag za Ende
zn führen. — Bei dem gemeinschaftlichen Abendessen begrüsste der Vor-
sitzende Herr Wasserfuhr den Ehrengast des Vereins, Herrn General-
arzt 1. Kl. Dr. V. Coler, welcher in warmen Worten seinen Dank
anssprach und auf das Gedeihen des Vereins toastete. Als Gäste waren
aus dem aktiven Sanitäts - Korps die Herren Stabsärzte Krocker and
Werner, vom Bayerischen Sanitäts- Korps Herr Assist. -Arzt der Reserve
Dr. Ziemer and vom Sächsischen Sanitäts-Korps Herr Assist-Arzt der
Reserve Dr. v. Esmarch anwesend.
Im Kanst-Verlage von Albert Frisch (Berlin W, Lützowstr. 66) —
in welchem, wie wir nicht verfehlen za bemerken, anch die Tafeln za
Heft 11/1886 und 2/1888 bergestellt sind — ist nach einer Kreide-
Zeichunng von Anton Hasslacher ein Lichtdruck - Portrait Bernhard
von Langenbeck’s erschienen, dessen Beschaffung den Verehrern unsere
verewigten Altmeisters nur angelegentlichst empfohlen werden kann.
Das vorzügliche, in jeder Beziehung wohlgelongene Portrait stellt
B. von Langenbeck in Uniform dar, die Brust geschmückt mit
den zahlreichen hoben, wohlverdienten Orden; es ist unterzeichnet mit
dem bekannten charakteristischen Namenszage.
Der Preis von 3 Mark muss bei der vorzüglichen Ausführung als
ein sehr billiger bezeichnet werden.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1. Lendenanechwcllung bei einem Falle spinaler Kindcriälimung.
a — a Pie sklerotischen (atrophischen) Herde der grauen VorderhSmer
(Poliomyelitis).
Fig. 2 (nach H. Oppenheim). Lendenanschwellung bei einem Falle von multipler
Neuritis mit einem sklerotischen Herde (a) im rechten grauen Vorderhome.
Fig. 3. Durchschnitt eines Astes des N. radialis bei einem Falle von Bleilähmung.
Atrophie. — Der Durchschnitt der Nervenbündel ist ungleichmässig Seckig;
die hellen Stellen durch Schwund des Nervenmarkes bedingt; die Nerven-
scheide stark verdickt.
Fig. 4. Nervendurchschnitt bei subakuter multipler Neuritis. Der Querschnitt der
Nervenbündel ist gefleckt in Folge ungleichmüssiger Atrophie und De-
generation. Die Nervenscheide (V) ist durch eine breite, mit Zellen
reichlich durchsetzte Zone (E) abgehoben. Um die Geffisse (A) reichliche
Zellenwucherung.
Fig. 5. Längsschnitt eines degenerirten Nen’enzwciges hei Neuritis. — Unglcich-
mässige Atrophie und fettige Degeneration der einzelnen Nervenfasern;
unter der Scheide (V) reichliche Proliferation von Kernen.
Gedruckt in der Königlichen Hofbncbdruckerei von £. S. Uittler ä Sohn, Berlin, Eochstr. 08 — 70.
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Im IWffl f
Die Tniuer})otseliatt, weldie am Mori;eii
des 1). März die deutschen Lande durch II oi>-
lind jedes deutsche Herz mit tiider Iraner
ertnllte, hat unsere Leser län.ü’st auf anderen
Wegen erreiclit. Xocli frisch aber Idntet
die M unde, welche das Daliinscheiden des
allgeliebten HeiTschers jedem Einzelnen
geschlagen hat und unauslöschlich, wie die
Liebe, welche den Lebenden umgab, ist
der Schmerz um den Entschlalenen.
Neben dem Vater des Vaterlandes, dem
gewaltigen, ruhmgekrönten Kriegs- und
Friedenstursten, dem ehrfurchtgebietenden
(Ireise ehrt das Sanitätskorjis in Kaiser
Wilhelm seinen gnädigen Begründer und
bewahrt in treuem, dankertÜlltem Herzen
das Andenken an die Hnld seines unver-
gessli(*hen erhabenen Stifters.
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Deutsche
Militärärztliche Zeitschrift.
Redieiion:
Dr. Generalarzt,
B«rlin, Tanbenstnsse 6,
□. Di-, (b. Stabsarzt,
Berlio, KaiMr Franx Oreoadior-PlaU U/12.
Verlag:
#. f. SRUlbr & 509»,
Königliche Hofbachhandlnng,
Berlin, Kochstraue
Monatlicb arfcbeint ein Heft Ton mindestens 3 Dnchbogen; dazu ein „Amtliches Beiblatt”. Der
Zeitschrift wird das Werk: „Jahresbericht über die Fortschritte auf dem Gebiete des Uilltir-
S«ttitats-Weeens‘*, heraosgegeben rom Generalarzt Dr. Roth, nnentgeltlich beigegeben. Bestellong
nehmen alle PoetAmtor und Bnchhandlnngen an. Preis des Jahrgangs 15 Hark.
XVI 1. JahrganfT. 1888. Heft 3.
Zam Gedächtniss
des
Generalarztes Dr. Hugo Berthold.
Am Morgen des 2. Februar 1888 verbreitete sich in Hannover
die Tranerkunde, der Generalarzt 1. Klasse und Korps -Arzt des
10. Armee’-Korps Dr. Bertbold sei plötzlich gestorbeul — Diese
Schreckensbotschaft traf die Gemüther der ihm Näberstebenden nm
so schwerer, als der allseitig geliebte und verehrte Mann noch bis
zum Tage vor seinem Tode anscheinend gesund sowohl in seinem
Amte tbätig gewesen war, als auch iu der ihm eigenen wohlwollend
heiteren Art sich im Kreise der ihm unterstellten Sanitätsoffiziere
bewegt hatte.
Dr. Hugo Bertbold war am 4. Jani 1824 zu Gross-Lubbikow
im Kreise Sternberg als Sohn des Hauptmanns a. D. Ernst Berthold
geboren; er besuchte die Gymnasien in Frankfurt a. O. und Hirsch-
berg i. Schl, und trat, nachdem er schon im Alter von 16 Jahren
das Abitnrienten- Examen bestanden, als Eleve in das Friedrich-
Wilbelms-Institut. Nach Beendigung der Stadien promovirte er im
Sommer 1844, nnd am 1. Oktober wurde der erst 20jährige Doktor
als Unterarzt in die Charite kommandirt, wo er sich durch sein
vielseitiges Wissen und seine grosse Pflichttrene am Krankenbett
ganz besonders das Wohlwollen des Chefs der damaligen lateinischen
Klinik, des Geheimen Medizinalratbs und Professors, Generalarzt
Dr. Wolff erwarb, zn welchem er bis zu dessen Tode in freundschaft-
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liehen Beziehungen gestanden bat Als äusseres Zeichen der ^Anerkennung
seines vorzüglichen Fleisses und sittlichen Betragens“ erhielt er am
1. Mai 1845 die ErUnbniss zum Tragen des ^als Auszeichnung anzulegenden
goldenen Portepees“. — Vom 1. Oktober 1845 bis zum 1. Juni 1848 stand
er als Kompagnie- Chirurg zuerst in Magdeburg, dann beim Kadetten-
hanse in Berlin, in welcher Stellung er auch die ärztlichen Staatsprüfungen
und zwar in allen Fächern mit dem Prädikat „sehr gut“ bestand. —
Am 1. Juni 1848 wurde B. als Oberarzt zum 1. Garde -Regiment z. F.
versetzt Als in Potsdam damals die Cholera epidemisch auftrat, wurde
Bertbold zum Allerhöchsten Dienst bei dom hocbseligen König Friedrich
Wilhelm IV. auf Schloss Sanssouci kommandirt; seine Ruhe, das sichere
und bestimmte, dabei bescheidene Auftreten und Eingreifen, als der König
von leichten Verdauungsbesebwerden befallen wurde, — die Bertbold
beseitigen konnte, ehe einer der Leibärzte zur Stelle war, — machten
schon damals den König und seinen Leibarzt, den verstorbenen General-
stabsarzt Dr. Grimm auf ihn aufmerksam, und wie Briefe von Grimm's
Hand beweisen, erwarb er eich schnell dessen Gunst und Wertbsebätzung.
Vom 11. September 1849 bis zum 8. Juli 1854 stand Bertbold als
Stabsarzt beim Friedrich Wilhelms-Institut, beim Invalidenbause und der
Charitö und erhielt am 28. Juni 1852 einen Gmonatlichen Urlaub nach
Oesterreich, Italien und Frankreich mit dem Aufträge, die Sanitäts-
einrichtungen in Frankreich, besonders die kriegsmässige Ausstattung der
Feldformationen, nach einem von Grimm's Hand aufgestellten Unter-
snchungsplan eingehend zu studiren.
Am 8. Juli 1854 wurde Bertbold zum Stabs- und Garnisonarzt in
Magdeburg ernannt, und so zu einer selbstständigen Stellung gelangt
schloss er bald darauf den Ebebund mit Fräulein Elise Persius, Tochter
des Ober-Hofbauratbs Persius in Potsdam, zu dessen Familie er schon
während seines Kommandos nach Sanssouci in nähere Beziehung
getreten war. Aus dieser Ehe erblühten ihm drei Söhne und eine Tochter;
die ersteren batte der Verewigte das Glück, alle in angesehenen
Stellungen im Heere oder in der Civilverwaltung zu sehen, während die
Tochter, nach dem vor 8 Jahren erfolgten Ableben der Mutter, die treue
Pflegerin des Vaters wurde.
In Magdeburg verlebte Bertbold in ungetrübtem häuslichen Glück
eine lange Reihe arbeitsreicher Jahre, in denen seine dienstliche
Tüchtigkeit durch die am 15. November 185G erfolgte Ernennung zum
Oberstabsarzt in seiner bisherigen Stellung Anerkennung fand, während
er durch seine Umsicht und Erfahrung am Krankenbett als einer der
gesuchtesten Aerzte auch in der Civilbevölkerung Magdeburgs in hohem
Ansehen stand. Nachdem er während des Feldzuges in Böhmen als
Feldlazarethdirektor des 4. Armeekorps sich in hervorragender Weise
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bewährt batte, wurde er am ]. Dezember 1866, erst 42 Jahre alt, za
der StelluDg des General- und Korps-Arztes des 10. Armee-Korps
berufen, welche damals ganz besondere Schwierigkeiten darbot and
einen Mann von grosser Umsicht und Tbatkraft erforderte. Im Feld-
zuge 1870/71 in derselben Stelle, als Korps-Arzt des mobilen 10. Armee-
Korps, machte er alle Gefechte, Schlachten und Belagerungen mit, in denen
dieses betheiligt war. Unermüdlich sorgte er stets dafür, dass überall
die rechte Hülfe am rechten Ort zur Stelle war, und stand dabei den
jüngeren Sanitätsoffizieren in so kameradschaftlicher Weise in dienst-
lichen and persönlichen Fragen zur Seite, dass nicht nur die aktiven
Sanitätsoffiziere, sondern auch die grosse Zahl der nach dem Kriege in
bürgerliche Verhältnisse zurückgetretenen Kollegen ihrem früheren Korps-
General-Arzt stets ein dankbares Andenken bewahrt haben. Nach dem
Friedensschluss war Berthold vorübergehend als Armee-Arzt nach
Nancy kommandirt und kehrte dann in seine Friedensstellung nach
11 annover zurück, die er, am 28. Oktober 1880 zum Generalarzt 1. Klasse
ernannt, bis zu seinem Tode inne gehabt bat; mit welcher Anerkennung,
das beweist die 1881 erfolgte Verleihung des Kronen-Ordens 2. Klasse
mit Schwertern am Ringe.
Einige Monate vor seinem Tode halte Berthold sich durch Sturz
mit dem Pferde eine Verletzung zugezogen, welche ihn zwar vorüber-
gehend durch heftige Schmerzen in der Herzgegend quälte, aber keines-
wegs von der treuesten Erfüllung seiner Pflichten zurückhielt. — Treu
hat Berthold in der ehrenvollen Stellung, zu der er jung berufen,
gewirkt bis zuletzt, so dass ihm in der vom Divisionspfarrer Delbrück
gehaltenen Gedächtoissrede mit vollem Recht naebgerühmt werden
konnte, er habe sich eine Krone der Ehren erworben im treuen Dienst.
Mitten aus der Arbeit, die er grade am letzten Lebenstage mit besonderer
Freude und Heiterkeit ausgeführt hatte, riss ihn der Tod. Wie gross
in weiten Kreisen die Anerkennung der Verdienste des Verewigten
gewesen, bewies das zahlreiche Leichengefolge, iu welchem ausser sämmt-
lichen Sanitätsoffizieren Hannovers und der umliegenden Garnisonen die
Spitzen der Militär- und Civilbehörden , ferner eine grosse Zahl von
Civilärzten und sonstigen Verehrern des Entschlafenen vertreten waren. —
Der Leichenzug bewegte sich von dem Sterbehause nach dem Bahn-
hof, von wo die Ueberführung der Leiche auf den Friedhof in Potsdam
erfolgte, entsprechend dem Wunsche des Verstorbenen, an der Seite seiner
dort ruhenden Gemahlin bestattet zu werden. S.
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Die Entzündung der peripheren Nerven
(Polyneuritis — Neuritis multiplex),
deren Pathologie und Behandlung.
Vorgetrsgen in der militärärztlichen Gesellschaft zu Berlin
von
E. Leyden.
II. Vortrag
am 21. Dezember 18S7.
(Schluss.)
M. H.l In dem ersten Theile meines Vortrages über multiple Neu-
ritis, den ich vor zwei Monaten an dieser Stelle zu halten die Ehre
hatte, habe ich zunächst die geschichtliche Entwickelung unserer Kennt-
nisse von dieser Krankheitsgruppe und dasjenige, was wir über die
pathologische Anatomie derselben wissen, dargelegt. Ich versuchte sodann
ein typisches Krankheitsbild zu zeichnen, an welches sich die Be-
sprechung der Diagnose, der Prognose, des Verlaufes und der Behaudlung
anscbloss. Schliesslich musste ich hervorheben, dass die multiple
Neuritis in diesem Augenblicke nicht mehr eine einzige Krankheit,
sondern eine Gruppe von Krankheiten darstellt, deren einzelne
Formen in ihrem Typus zwar übereinstimmen, jedoch im Einzelnen
viele Verschiedenheiten darbieten. Die genaue Kenntniss dieser Mannig-
faltigkeit ist für das Verständniss, die prognostische Beurtheilung,
sowie für die Behandlung des speziellen Falles oft von entscheidender
Wichtigkeit.
Die Lehre von der multiplen Neuritis ist ebenso von wissenschaft-
lichem Interesse, wie von praktischer Bedeutung. Wir haben die wichtige
Tbatsacbe gewonnen, dass ein Theil derjenigen Krankheitsformen, welche
den Typus spinaler Erkrankungen tragen, d. h. welche umfangreiche
Lähmungen der Extremitäten, begleitet von Sensibilitälsstörungen und
Muskelatropbien , setzen, nicht auf eine Läsion des Rückenmarks,
sondern auf eine Erkrankung vielfacher peripherer Nerven znrückzu-
führen ist. Wir haben das Vorkommen einer bemerkenswertheu Form
der peripheren Nervenerkrankungen kennen gelernt, gleichzeitig damit aber
auch die praktisch wichtige Einsicht erlangt, dass diese Krankheiten eine
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wesentlich bessere Prognose für die Erhaltang des Lebens und die völlige
Ilerstellang zalassen , als sie bei der Annahme von Rückenmarks-
erkranknngen gestattet wäre. Die Erkrankungen der peripheren Nerven
eröffnen für eine erfolgreiche Behandlung bei weitem günstigere Aussichten.
Am Schlüsse meines ersten Vortrages habe ich eine übersichtliche
Eintheiinng der verschiedenen Formen von multipler Nenritis gegeben,
welche ich zunächst wiederhole, da wir heute näher in das Detail der-
selben eintreten wollen:
1) Die infektiöse Form der m. N.: Lähmungen nach Diphtherie,
Typhus und anderen infektiösen Krankheiten. — Theorie der
infektiösen m. N. — Primäre infektiöse m. N. Beri-Beri-Krank-
beit (Kakke). — M. N. nach Syphilis und Tuberkulose.
« 2) Die toxische Form der m. N. : Bleilähmung, Arsenlähmung,
Pbosphorlähmnng, Lähmungen nach Kohlenoxyd-, Schwefel-
kohlenstoff-Vergiftung, Ergotismus, merknrielle Lähmungen, alko-
holische Neuritis.
3) Die spontane m. N.; nach Ueberanstrengung, nach ungewöhn-
lichen Erkältungen.
4) Die atrophische (dyskrasische, kachektiscbe) Form; nach
Anämien (perniciöse Anäm.), Chlorose, Kachexie, Marasmus,
Krebskachexie.
Diabetes (Tuberkulose, Kakke).
5) Die sensible Nenritis: Pseudotabes, Nervotabes peripherica.
a. Die sensible Form der multiplen Nenritis.
b. Die sensible Neuritis bei Tabes.
Sie ersehen aus dieser Uebersicht, dass wir es mit einer stattlichen An-
zahl von Erkrankungen zu thun haben, welche bei aller Uebereinstimmung
eine grosse Mannigfaltigkeit der Symptome und des Verlaufes darbieten.
Hierbei drängt sich aber fast von selbst die Frage auf, ob wir
es in allen aufgezäblteu Fällen mit völlig gleichen Prozessen zu thun
haben oder ob sich wesentliche Verschiedenheiten unter denselben dar-
bieten.
Was den pathologisch-anatomischen Prozess betrifft, so liegt
das Uebereinstimmende aller Fälle darin, dass sich an verschiedenen peri-
pheren (grösseren oder kleineren) Nervenstäinraen degenerative Krank-
heitsprozesse vorfinden, welche von einer Rückenmarkskrankheit ganz
unabhängig sind; in der Regel sind auch die Rückenmarks wurzeln sowie
die grossen Nervenstämme ganz frei, während sich erst in den kleineren
vom Rückenmark entfernteren Zweigen die Erkrankung vorfiudet. Ist
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nun aber der hier etablirte Prozess in allen Fällen vollkommen der
gleiche? Das ist, wie es scheint, nicht der Fall. In einzelnen Beob-
achtungen, und hierher gehören gerade diejenigen, welche ich selbst
publizirt habe, sowie auch der Fall von Eich borst, trägt der ana-
tomische Prozess durchaus den Charakter des entzündlichen. Wir
finden ausser den degenerativen Veränderungen der Nervenfasern reich-
liche Proliferation von Zellen um die Gefässe sowie in der Nervenscheide,
ja in dem einen Fall war eine Art Exsudation zwischen Nervenbündeln
und deren Scheide vorhanden. In dem andern Falle gaben abgelagerte
Pigmente den Beweis, dass ein hämorrhagischer Vorgang stattgefunden
habe. Ein solches mikroskopisches Verhalten muss ohne Bedenken für
den Beweis eines entzündlichen Prozesses angesehen werden, und wir
können auch durch den Vergleich mit den vorangegangenen Krankheits-
symptomen und deren entschieden irritativem Charakter die Ueberzeugung
bestätigen, dass es sich um einen entzündlichen Prozess handelte.
Indessen in anderen Fällen lässt weder die anatomische Untersuchung
der Nerven, noch der Charakter der Kraukheitssymptome auf einen
echt entzündlichen Vorgang schliessen, es scheinen vielmehr passive
(degenerativ-atrnphirende) Vorgänge stattzufinden. Die einzelnen Fasern
der Nervenbündel und Nervenstämme zeigen sich mehr oder minder
atrophisch degenerirt; sie sind schmal, marklos oder doch arm an Nerven-
mark, das noch vorhandene bietet deutliche Zeichen des Zerfalles, der
Zerklüftung, der fettigen Degeneration. Dagegen bestehen keine Zeichen
früherer Kongestionen oder Ilämorrhagien, keine Zellenwucherung, keine
Exsudation. Dementsprechend sind auch die vorangegangenen Symptome
nnr passive, sie bestehen in Schwäche, Muskelschlaifheit, Muskelatrophie.
Schmerzen, Schwellungen etc. fehlen entweder ganz oder sind von
untergeordneter Bedeutung.
Wir können also eine multiple Neuritis und eine multiple Nerven-
degeneration oder Atrophie unterscheiden.
Da indessen beiderlei Prozesse weder anatomisch noch klinisch sympto-
matisch scharf zu trennen sind, so dürfen wir auch die Fälle der
multiplen Neuritis und Degeneration nicht dogmatisch von einander
trennen, sondern müssen sie unter ein und demselben Krankheitstypns
zusammenfassen. Aber nach einer anderen Richtung hin können wir
die multiple Neuritis in zwei Gruppen trennen, sofern sie nämlich vor-
herrschend resp. ausschliesslich die motorischen oder die sensiblen
Nerven ergreift. Zwar findet auch hier keine ganz scharfe Trennung statt:
meist sind beide Formen gemischt, dennoch ist die Unterscheidung ganz
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berechtigt. In der Mehrzahl der Fälle tritt die Betheiligung der moto-
rischen Symptome entschieden in den Vordergrund, die sensiblen
Symptome sind Nebensache; dann giebt es auch Fälle, wo die Affektion
der motorischen Nerven in den Hintergrund tritt und die der sensiblen
Hauptsache wird. Diese sensible Form trennt sich wieder in swei
Gruppen, deren Unterscheidung von Bedeutung ist, nämlich die akute
oder subakute Form, welche sich ihrem Wesen nach der typischen
multiplen Neuritis anschliesst , nnd die chronisch - atrophische oder
sklerotische Form, welche in naher Beziehung zur Tabes steht.
Die Unterscheidung der motorischen und der sensiblen multiplen Nen-
ritis ist auch symptomatisch von Bedeutung. In der ersten (häufigsten)
Form tritt die motorische Lähmung und Atrophie in den Vordergrund;
dies ist die motorisch-paralytische oder amyotrophische Form der multiplen
Neuritis. In der zweiten Form dagegen überwiegen die sensiblen Symptome,
nnd die motorischen Störungen stellen sich nicht sowohl als Paralysen,
sondern vielmehr als Ataxie dar; dies ist die sensible oder ataktische
(tabische) Form der multiplen Neuritis, auch Psendotabes oder Nervotabes
peripherica genannt. Auf diese auch in theoretischer Beziehung höchst inter-
essante Unterscheidung haben wir noch später einzngehen; ich beschränke
mich daher zunächst auf die gegebenen kurzen Andeutungen.
Wir müssen noch eine andere Krankheit in den Bereich unserer
Erörterungen ziehen und deren Verhältniss zur multiplen Neuritis er-
örtern, nämlich die akute aufsteigende oder Landry'sche Paralyse.
Diese Krankheit besteht, wie bekannt, darin, dass eich — in der Regel
ohne deutliche Vorboten — Schwächezustände der unteren Extremitäten
entwickeln, von den Füssen resp. Unterschenkeln beginnend, welche
schnell an Intensität zunebmen nnd sich gleichzeitig schnell aufsteigend
verbreiten. Während die Lähmung an den Füssen und Unterschenkeln
hochgradig wird, steigt sie gleichzeitig empor zu den Oberschenkeln,
dem Abdomen, dem Thorax, ergreift die oberen Extremitäten und auch
hier zuerst die Hände, darauf die Vorderarme, erst weiterhin Oberarme
nnd* Schultern. Indem sie nunmehr die Muskeln des Halses, die
Respirationsmuskeln, auch Gesicht, Zunge, Pharynx etc. ergreift, bedroht
sie durch Respirationslähmnng das Leben. In der Mehrzahl der Fälle
tritt der Tod nach kurzem Verlauf durch Erstickung (Respirationslähmung)
ein, zuweilen bleibt die Krankheit stehen oder wird wieder rückgängig
und kann vollkommen geheilt werden. Ueber die Natur und Bedeutung
dieser Krankheit sind sehr verschiedene Meinungen geäussert, aber, da
entscheidende Obduktionsbefunde sowie entscheidende Ergebnisse mikro-
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ekopischer Untersachaogen nicht vorliegen, so lässt sich anch heute ein
definitives Urtheil noch nicht abgeben. Indessen seit der oben citirten
Beobachtung von Eichborst ist die Ansicht begründet, dass diese
Krankheit, wenigstens in einer Anzahl von Fällen, zur multiplen Neuritis
zu zählen ist. Hierfür spricht anch der Umstand, dass die akute auf-
steigende Paralyse trotz der Seltenheit ihres Auftretens doch dieselbe
mannigfaltige Aetiologie hat, wie die multiple Neuritis: sie ist wie
diese nach akuten Krankheiten (Pneumonie , Pocken , — einen Fall
nach Keuchhusten berichtet Moebius), sie ist spontan, sie ist nach
Syphilis beobachtet worden; auch eine toxische Form giebt es, indem
die Alkohollähmong io der Weise der akuten aufsteigenden Paralyse
auftreten kann. Man bat sie ferner wegen ihrer Beziehung zu den akuten
Krankheiten und wegen ihres pernieiösen Verlaufes zu den infektiösen
Erkrankungsformen zählen wollen. Die Analogie mit der multiplen Nea-
ritis ist also unverkennbar, dennoch dürfen wir nicht übersehen, dass
beweisende Untersuchungen bis beute anssteben und dass Eichhorst's
Fall in mancher Beziehung von dem typischen Bilde der aufsteigenden
Paralyse abweicht. Ich selbst hatte, seit der Zeit meiner Arbeiten über
multiple Neuritis, nur einmal Gelegenheit, einen Fall von akuter auf-
steigender Paralyse zu sehen, derselbe verlief tödtlich. Trotz der sorg-
fältigsten und konsequentesten Untersuchung p. m. habe ich ebenso-
wenig in den Nervenstämmen wie im Rückenmark und in den Muskeln
etwas Pathologisches nach weisen können. Das einzige, was anch in
diesem Fall für einen peripheren Sitz (Neuritis) sprach, war der Um-
stand, dass die Muskellähmung der Extremitäten eine schlaffe war, dass
die Sehnenreflexe fehlten und dass an mehreren Muskeln ein elektrisches
Verhalten nachweisbar war, welches sich bereits der Entartungsreaktion
annäberte. Ich halte daher die Ansicht, dass die akute aufsteigende
Paralyse zu der Groppe der Erkrankungen durch multiple Neuritis ge-
hört, für wahrscheinlich aber noch keineswegs für erwiesen.
Indem wir nunmehr in die Spezialbetrachtong eingehen, beginnen
wir mit der *
I. infektiösen Form der multiplen Neuritis.
Die ersten genauer untersuchten Fälle von multipler Neuritis und
gerade die Fälle von Eichhorst und mir halten ein Krankbeitsbild und
einen Krankbeitsverlauf dargeboten, wie er den akuten infektiösen Krank-
heiten entspricht. Auch die japanische Kakke war bei der Aehnlicbkeit
der Symptome von mehreren Seiten als eine infektiöse Krankheit an-
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gesprochen worden. Noch entschiedener wurde diese Auffassung durch
den Nachweis gestutzt, dass Lähmungsformen nach akuten Krankheiten
ebenfalls auf die anatomische Grundlage einer multiplen Neuritis znrück-
zoführen seien. In dieser Beziehung waren die Untersuchungen von
P. Meyer in Strasshurg von Bedeutung, welcher in einem Falle schwerer
letal verlaufener Lähmung nach Diphtherie an den kleinen peripheren
motorischen Nervenstämmen dieselben anatomischen Vorgänge nachwies,
wie ich sie bei der multiplen Neuritis beschrieben batte, während das
Rückenmark, die spinalen Wurzeln und die grossen Nervenstämme sich
ganz intakt erwiesen. Nachdem dieser Beweis für die diphtheritische
Lähmung geführt war, während gleichzeitig das Studium des elektrischen
Verhaltens der Muskeln, sowie der Krankbeitsverlauf die Auffassung als
multiple Neuritis bestätigten, so durfte man weiter schliessen, dass eine
grosse Anzahl derjenigen Lähmungsformen, welche nach akuten Krank-
heiten auftreten, ebenfalls in das Gebiet der multiplen Neuritis gehören.
Die Analyse der Symptome, das Verhalten der Muskeln, die ziemlich
häufige Atrophie derselben, insbesondere auch der Verlauf der meisten
dieser Krankheitsformen, vervollständigen den Beweis, dass hier in der
Mehrzahl der Fälle periphere neuritische Prozesse vorliegen. Indessen
möchte ich mich doch gegen die Unterstellung eines dogmatischen
Scheroatisirens verwahren und das Vorkommen spinaler Erkrankungen
nach akuten Krankheiten keineswegs in Abrede stellen. In meiner
Klinik der Rückenmarkskrankheiten (II a S. 237. ff.) habe ich den
Lähmungen nach akuten Krankheiten ein eigenes ziemlich umfangreiches
Kapitel gewidmet, dabei auch angegeben, dass einige Formen als spinale
Erkrankungen angesehen werden müssen, während andere den Charakter
peripherer neuritischer Prozesse tragen.
Die Kenntniss von den Lähmungen nach akuten Krankheiten ist
viel älter, als die Kenntniss von der anatomischen Natur der ihnen zu
Grunde liegenden Prozesse. Aber auch die Kenntniss dieser Lähmungen
selbst ist nicht alt. Sie sind wohl früher nur als Schwächezustände an-
gesehen worden oder ihr Zusammenhang mit einer vorangegangenen akuten
Krankheit wurde nicht erkannt. Die am frühesten gekannte Läbmungsform
dieser Groppe ist die zuerst von Mainganlt 1850 beschriebene, seitdem
vielfach beobachtete und studirte diphtheritische Lähmung. Weiter-
hin wurden die Lähmungen nach akuten Krankheiten von dem Französi-
schen Kliniker Gubler (Archives generales 1860 — 1862) eingehend studirt
and beschrieben, und sind seither auch von deutschen Autoren gründ-
lichen Bearbeitungen unterworfen. Ich verweise betreffs der näheren
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EinzellieiteD auf das betreffeade Kapitel in meiner Klinik der Rücken-
markskrankbeiten. Die Mannigfaltigkeit dieser Lähmungsformen ist eine sehr
grosse. Obgleich sie im Ganzen unter sich viel Uebereinstimmung darbieten,
zeigt doch jede der verschiedenen Infektionskranklieiten eine individnelle
Verschiedenheit in der l'orm und dem Verlaufe der ihr nachfolgenden
Lähmungen. Besonders zahlreich sind die Lähmnngsformen nachTypbns,
nach Variola, nach Scharlach und Masern; auch nach Pneumonie nnd
Pleuritis sind solche beobachtet, desgleichen nach Scpticämie und £ry-
sipelas. Von der letzteren selteneren Form sah ich vor vier Jahren ein
exquisites Beispiel bei einem 50jährigen Arzte, welcher sich bei einer
Operation eine Verwundung zuzog, an die sich ein schweres Erysipel
anschloss. Diesem folgte eine Lähmung beider N. peronaei mit leb-
hafter Schmerzhaftigkeit nnd Muskelatrophie, ganz von dem Charakter der
Lähmungen infolge von multipler Neuritis.
Dass ein grosser Theil der Lähmungen nach akuten Krankheiten
zur multiplen Neuritis gerechnet werden muss, ist heute nicht mehr
zweifelhaft. Die Analogie der Symptome und des Verlaufes, der direkte
anatomische Nachweis bei der Diphtherie-Lähmung geben hierfür ge-
nügenden Beweis. Der Verlauf der Lähmungen ist meist ein günstiger,
und die Prinzipien der Behandlung, welche bereits Gubler anfgestellt
bat und welche sich seither in der ärztlichen Erfahrung bewährten, sind
die gleichen, welche ich oben für die multiple Neuritis entwickelt habe.
Die grösste Mehrzahl dieser Lähmungen gehört der motorischen
Form der multiplen Neuritis an und führt zu Schwächezuständen, Para-
lysen, Muskelatropbien. Aber auch die sensible Form ist nicht selten,
es kommt zu Neuritiden mit heftigen Schmerzen, Dysaesthcsieen nnd auch
zur Ataxie (Pscndotabes). Solche Ataxien sind nach Diphtherie, Pocken,
Typhus mehrfach beobachtet und beschrieben (Eisenmanu, C. West-
phal)und von mir als akute Ataxien bezeichnet worden (vergl. Klinik
der Rückenmarkskrankheiten II. S. 203).
Wodurch sollen wir uns die Entstehung der multiplen Neuritis nach
akuten Krankheiten bedingt denken ? Sollen wir annehmen, dass die
pathogenen Mikroben sich auch in den Nerven resp. in deren Scheiden
lokalisiren und hier zu Krankbeit.serscheinungen Anlass geben? Dies
ist für die Lähmungen nach akuten Krankheiten sehr unwahrscheinlich,
abgesehen davon, dass niemals der Nachweis von pathogenen Bakterien
in den neuritischen Herden gelungen ist. Auch der Verlauf der Neuritis
korrespondirt so wenig mit dem der Infektionskrankheit, dass eine gleiche
Ursache kaum denkbar ist. V’iel wahrscheinlicher ist die Annahme,
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dass gewisse durch die Infektionskraukbeit gebildete giftige Sab-
stanzen (Ptoroaine), wie solche überhaupt einen Theil der Krankbeits-
symptome hervorrufen, auch die Ursache der multiplen Neuritis sind.
Ich scbliesse mich in dieser Hinsicht ganz den Anscinandersetzongen an,
welche Dr. Rosenheim*) kürzlich in einer hemerkenswerthen Arbeit
über unsere Krankheit nicdergelegt hat: „Nicht ein organisirtes Virus,
sondern die deletäre Wirkung chemischer Stoffe (Stoffwechselprodukte
der Bakterien) ist die Ursache der infektiösen Form der multiplen Nea-
ritis.* Ganz zutreffend ist der Vergleich mit der infektiösen Nephritis,
welche Fürbringer bereits früher mit vollkommenem Rechte auf die
chemische Wirkung gleicher Stoffwechselprodukte zurückgeführt hat.
Diese Auffassung findet auch noch darin eine Stütze, dass sie für
die Entstehung der infektiösen multiplen Neuritis eine analoge Ursache
annimmt, wie sie die toxische Form darbietet. Eine solche Analogie
erleichtert das Verständniss der Erkrankung. Ja, auch die dritte Gruppe
der kachektischen (anämischen) multiplen Neuritis lässt sich unschwer
auf dasselbe Verbältniss, nämlich die Einwirkung einer schädlichen
(toxischen) Substanz auf die Nerven zurückfübren, und wir gewinnen auf
solche Weise eine klare und befriedigende Theorie aller Formen der mul-
tiplen Neuritis. Wir dürfen uns den Vorgang derartig vorsteilen, dass
sich die toxische Subslanz mit einer Substanz der peripheren Nerven ver-
bindet und dadurch die trophische Degeneration oder den entzündlichen Reiz
setzt. In einem Falle ist die einwirkende chemische Substanz ein Krank-
heitsprodnkt (ein Ptomain), im andern Falle ein Metall, Alkohol u. dergl.
Bei einer solchen Theorie ist es einerseits bemerkenswerth genug, au
sehen, wie eine grosse Anzahl chemischer Stoffe, welche anscheinend
sehr different sind, zu denselben Substanzen der peripheren Nerven Ver-
wandtschaft zeigen und sie zersetzen, andererseits wie solche chemische
Stoffe ausschliesslich oder doch wenigstens vorherrschend ihre Attraktion
zu den peripheren Nerven zeigen. Dies deutet auf feine und doch
wirkungsvolle Verschiedenheiten der chemischen Konstitution in den Nerven
hin, welche unsere bisherigen chemischen Kenntnisse weit übertrifft.
Ja, wenn wir weiter in Betracht ziehen, dass jede Infektionskrankheit
trotz der generellen Uebereinstiramung der multiplen Neuritis doch grosse
und beaebtungswerthe Differenzen der Lokalisation, der Symptome und
des Verlaufes darbietet, so wird die Vorstellung von der Mannigfaltigkeit
•) Zur Kenntiiiss der akuten infektiüseii multiplen Neuritis. Areli. f. Psycli.
XVIII. 3.
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der chemischen Konstitution sowohl der Ptomaine wie der einzelnen
Nervenstämme noch erhöht. Das Gleiche gilt übrigens von der toxischen
Nenritis, bei welcher ebenfalls jede Form eine wesentliche Verschieden-
heit von den übrigen darbietet.
Im Anschluss an die infektiöse Nenritis müssen wir noch einige
Fälle betrachten, welche eine kurze gesonderte Besprechung verdienen.
a. Die japanische Kakke oder Beri-beri, eine Krankheit, welche
für uns infolge ihrer Bearbeitung durch deutsche Aerzte (Wernich, Balz,
Scheube)^) und ihren Vergleich mit der multiplen Neuritis an Inter-
esse gewonnen hat. Scheube und Balz haben auf die Aebnlicbkeit
der Symptome, welche die Kakke mit der multiplen Neuritis darbietet,
hingewiesen und bei der anatomischen Untersuchung p. m. die ent-
sprechende Degeneration der Nerven gefunden. Die Krankheit tritt in
grosser Verbreitung in Japan, China und den holländischen Kolonien anf,
befällt hauptsächlich das männliche Geschlecht und wiederum vorzugs-
weise Individuen im Jünglingsalter. Am stärksten ist die Krankheit im
Juli, August und September und erreicht in Gefängnissen, Kasernen,
Fabriken eine oft ansserordentlicbe Häufigkeit. Scheube unterscheidet
a. eine leichte Form mit mässiger Schwäche der Beine, Oedemen, Herz-
klopfen; diese Form geht nach mehreren Wochen "oder Monaten Ln
Heilung über; b. eine atrophische Form mit Schwäche der Beine bis
zur vollständigen Lähmung und Muskelatrophie. Dazu gesellt sich
Lähmung der Arme, seltener der Zunge, des Gesichts etc. Diese Form
kann durch Erschöpfung zum Tode führen oder gelangt erst nach lang-
wierigem Verlaufe zur Heilung, c. Die hydropische oder hydropisch-
atropbische Form. d. Die akute pernieiöse Form. Das Krankheitsbild
hat grosse Aehnlickkeit mit dem der multiplen Neuritis und selbst mit
dem der anfsteigenden Paralyse. Balz und Scheube fanden nun in der
That die peripheren Nerven erkrankt, in einer Weise, welche der mul-
tiplen Neuritis durchaus entspricht; das Rückenmark wurde intakt be-
funden. Die Autoren bezeichnen demnach die Beri-beri-Krankheit als
eine Nenritis multiplex subacuta endemica oder Panneuritis endemica und
sprechen sie als eine infektiöse Krankheit an, obgleich es ihnen nicht
gelungen ist, einen pathogenen Parasiten derselben zu finden. V'or 1'/, Jahren
wurden von der holländischen Regierung die Herren Peckelhering und
Winkler nach den Kolonien entsandt, nm die Krankheit, welche dort
unter den Soldaten und den Eingeborenen sehr verderblich haust, zu
*) Die japanisclie Kakke. Deutsches Aroh. f. klin. Med. XXXI ii. XXXII.
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Stadireo. Der Bericht dieser Herren ist vor nicht langer Zeit publizirt.
Sie erklären die Krankheit ebenfalls für eine mnltiple Neuritis, sie fanden
in den peripheren Nerven degenerativc und regenerative Vorgänge, An-
schwellnngen and Zellwacherungen in denselben, auch an den Herz-
nerven fanden sie gleiche pathologische Veränderungen. Sie erklären
sich für die infektiöse Natur der Krankheit and geben an, dass sie
Stäbchen- und Diplokokken gefunden haben, von denen sie eine Form für
die wirklichen Erreger der Krankheit halten; denn sie bewirkte, anf
Kaninchen und Hunde übertragen, eine multiple Nervendegeneration.
Eine Bestätigung dieser interessanten Befunde wird immerhin abznwarten
sein, ehe man sie für völlig sicbergcstellt ansehcn kann. Neben dieser
Auffassung findet jedenfalls von anderer Seite auch diejenige ihre Ver-
treter, welche die Krankheit nicht für eine infektiöse, sondern für eine
trophisch-degenerative hält. Der bölländische Vize-Quartiermeister in
Sumatra van der Driesch hat eine Denkschrift über die Beri-beri-
Krankheit verfasst, in welcher er den Genuss des unreifen und schlechten
chinesischen Reises als Ursache derselben bezeichnet.
b. Wir haben noch in Bezug auf zwei infektiöse Krankheiten,
welche sich von den akuten Infektionskrankheiten nicht unwesentlich
unterscheiden, das Verhältniss zur multiplen Neuritis zu erörtern, näm-
lich von der Syphilis und der Tuberkulose. Die Syphilis betreffend,
so ist in den neueren Arbeiten über multiple Neuritis wenig von ihr die
Rede, ich halte es aber nach meinen Erfahrungen nicht wohl für zweifel-
haft, dass diese Krankheit eine multiple Neuritis hervorrufen kann.
Neuralgien und Neuritis intolge von Syphilis sind ja ,kein seltenes Er-
eigniss, selten aber ist' die Form der multiplen Neuritis. Einen ganz
typischen Fall mit neuritischer Lähmung der Unterextremitäteu habe ich
freilich nicht beobachtet, wohl aber einen Fall von amyotrophischer Neu-
ritis beider Arme. Dieser Fall betraf einen blühenden jungen Mann,
welcher seine Muskeln durch Hanteln zu üben gewohnt war, und welcher
unter reisseuden Schmerzen eine läbmungsartige Schwäche der Arme
mit deutlicher Atrophie und mit pathologischem V^erhalten der elektrischen
Erscheinungen bekam. Als er mich konsultirte, hatte er gleichzeitig eine
floride sekundäre Syphilis, auf welche ich auch die Neuritis bezog.
Der Patient hatte das Hanteln seit Jahren und für seine Konstitution
keineswegs im Uebermaasse geübt; ich sah daher die Muskelanstreugung
nur als die eine von zwei Ursachen an. Patient hatte später schwere
Form der Syphilis (Lebersyphilis) zn übersteben, ist aber schliesslich
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vollkommen sowohl von der Neuritis, wie von der konstitutionellen
Syphilis hergestellt worden.*)
Was die Tuberkulose betrifift, so ist das Vorkommen der multiplen
atrophischen Neuritis von mehreren Seiten hervorgehoben, auch ich habe
einige vollkommen typische Fälle gesehen. Vaillard (Des nevrites
peripheriqnes chez les tuhcrculeux. Revue d. Mäd. 1887) unterscheidet
das Vorkommen einer symptomenlos verlaufenden Nervendegeneration
und einer durch ausgedehnte atrophische Muskellähmnngen und sensible
Formen mit Anaesthesien und Hyperaesthesien charakterisirten multiplen
Neuritis. Sofern die Tuberkulose zu den Infektionskrankheiten gehört,
rechnen diese Fülle auch zur infektiösen Form, indessen bin ich doch der
Meinung, dass nicht sowohl ein von den Tuberkelbacillen produzirter
chemischer Giftstoff, als vielmehr die der Pbthisis eigene Kachexie und
Atrophie als die hauptsächlichste Ursache der Neuritis anzuprechen ist, dass
diese Form daher richtiger zu der kachcktischen (marastischen) Form
als zur infektiösen gezählt werden müsse.
II. Die toxische multiple Neuritis.
Die Thatsache, dass durch eine Anzahl von giftigen Substanzen
beim Menschen Lähmungen hervorgerufen werden, ist eine lange bekannte.
Nach den neuerdings gewonnenen Untersuchungen scheint es, dass die
Mehrzahl dieser Lähmungen der multiplen Neuritis angehört. Wir be-
gegnen auch hier einer grossen Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, welche
derjenigen der infektiösen Neuritis nach akuten Krankheiten kaum nach-
steht. Ebenso bemerkenswerth ist es, dass toxische Substanzen von sehr
verschiedener chemischer Konstitution Lähmungsformen und neuriiischc
Prozesse zu erzeugen vermögen, welche unter sich viel Analogie zeigen.
Freilich bietet auch hier wieder jede Form der toxischen Lähmungen
ihre Eigenart nach Lokalisation, Symptomen und Verlauf dar. Indem ich
iro Folgenden die wichtigsten Formen und besonders diejenigen, welche
durch neuere Untersuchungen in ein unerwartetes Licht gestellt sind,
näher bespreche, betrachte ich es nicht als meine Aufgabe, eine voll-
ständig erschöpfende Darstellung zu geben und verweise in dieser Be-
ziehung auf das betreffende Kapitel: „Ueber Intoxikationslähmungen“ in
meiner Klinik der Rnckenmarkskraiikheiten (Ila. S. 280 ff.).
•) Aelmliche Beobachtungen habe ich schon in meiner Klinik der Rückemnark.s-
krankheiten II. S. 277 miigetheilt. Rodet heobaehtete einen Fall von progressiver
Muskelatruphie, welchen er auf Byphilis ziirückfrilirt, da er durch Jodkali gebellt
wurde.
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— 111 —
a. Die Bleilähmao); verdieot die erste Erwähnung, weil sie die
älteste und am besten bekannte Form der Intoxikationslähmung ist und
weil sich an sie viele bedeutungsvolle Diskussionen über das Kapitel der
multiplen Neuritis angeschlossen haben.
Die Bleilähmnng ergreift, wie bekannt, mit ausgesprochener Vorliebe
die Extensoren des Vorderarmes, fast immer beiderseitig, während die
Supinatoren und der Änkonaeus frei bleiben. Die Paralj'se entwickelt sich
fast immer ohne Schmerzen, hänfiger mit abnormen Sensationen. Die
elektrische Erregbarkeit der aificirten Muskeln wird alsbald in merk-
licher Weise verändert, es kommt zur Entartungsreaktion und schliesslich
zum Erlöschen jeglicher Reaktion unter totaler absolut irreparabler
Atrophie der Muskeln. Die anatomischen Untersuchungen, von denen
gegenwärtig eine ziemlich grosse Zahl vorliegt, haben eine sehr ent-
schiedene Atrophie der zu den gelähmten Muskeln gehörigen Nerven-
stämme (Fig. 3), sowie Atrophie der Muskeln ergeben. Nach oben, d. h.
nach dem Rückenmark zu, verschwindet die Atrophie der Nerven. Ob-
gleich eine Zeit lang von mehreren Autoren die Meinung festgehalten
wurde, dass auch die Bleilähmung eine spinale sei und zur Poliomyelitis
gerechnet werden müsse, so dürfte gegenwärtig kein Zweifel darüber be-
stehen, dass sie in ihrem eigentlichen Typus eine periphere atrophische
Affektion sei. Die eigenthümlicbe und fast ausnahmslos ganz bestimmte
Lokalisation ist insofern besonders interessant, als sie auf ebenso be-
schränkte chemische Eigcnthümlichkeiten scbliessen lässt, von welchen
wir uns kaum eine bestimmte Vorstellung machen können.
Nicht nur durch die ganz eigenthümlicbe Lokalisation, sondern auch
durch die verbältnissmässig schnell eintretende absolut irreparable Degene-
ration unterscheidet sich die Bleilähmung von fast allen Formen der
multiplen Neuritis.
In seltenen Fällen tritt die Bleilähmnng in allgemeinerer Verbreitung
auf, sie ergreift nicht nur die oberen, sondern auch die unteren Extremi-
täten in dem entsprechenden (dem Peronaeus-) Gebiete. Sie hat alsdann eine
grosse Aebnlichkeit mit dem gewöhnlichen Typus der multiplen Neuritis.
Auch noch weiter kann sich die Bleilähmung generalisiren, indem
Schulter- und Rumpfmuskeln Theil nehmen. In solchen generalisirten
Fällen sind auch im Rückenmark mehr oder minder erhebliche Alterationen
gefunden worden, welche der Poliomyelitis entsprechen, so dass auch die
Bleilähmung den Beweis liefert, wie zwischen den Affektionen der peri-
pheren Nerven und denen des Rückenmarks keine absolute Grenze ge-
zogen werden kann.
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Von einer genanen Besprecbang der Therapie der Bleilähmang
dürfen wir wohl an dieser Stelle absehen, obgleich sie sich von der
oben verceicbneten Therapie der mnltiplen Neuritis in vieler Beiiehnng
unterscheidet. Ausser der elektrischen Behandlung kommt wesentlich
die für die Bleiintoxikation überhaupt indizirte Therapie der Prophylaxe
(Enthaltung der Schädlichkeit) sowie die Anwendung der Jodpräparate,
des Schwefels und der Schwefelbäder in Betracht.
b. Die Phosphor- und Arsenläh mungen. — Sowohl nach akuten
wie chronischen Phosphor Vergiftungen sind Lähmungen beobachtet worden,
doch liegen spezielle Untersuchungen über deren anatomische Natur nicht
vor. In ihrem Typus schliessen sie sich den Arseniklähmnngen an, über
welche wir reichlichere Erfahrungen und Untersuchungen besitzen.
Die Arsenik Vergiftungen sind schon seit langer Zeit bekannt
(Zacchias 1600), sie ergreifen zuerst die unteren Extremitäten, gebeo
aber auch auf die oberen über. Sie entwickeln sich unter Schmerzen
und führen zu Taubheit und Muskelschwäche. Selten kommt es zu deut-
licher Mnskelatrophie, häufiger wurde die elektro- muskuläre Erregbarkeit
herabgesetzt gefunden. Neuerdings sind die Arsenlähmungen von Naunyn
und von Dana'*'') genauer stndirl worden. Beide Autoren kommen zu
dem Resultat, dass es sich um periphere neuritisebe Lähmungen handele,
eine Ansicht, welcher ich bereits in meiner Klinik der Rückenmarkskrank-
beiten II a. S. 296 Ausdruck gegeben habe. Dana bebt besonders die
Betheiligung der sensiblen Nerven und der daraus resultirenden Form der
Ataxie (Psendotabes) hervor.
c. AufdieLähmnngen nach Kohlenoxydvergiftung**;, Schwefel-
kohlenstoff, Anilin Vergiftung, ebenso die nach Ergotismus ent-
stehenden, von Tuczek in einer sehr interessanten Arbeit genauer studirten
Läbmungsformen will ich nicht näher eingehen, da eine absolute Voll-
ständigkeit der Besprechung nicht im Plane dieses Vortrages liegen kann.
Einige Worte über
d. die merkuriellen Lähmungen, über welche neuere Untersuchungen
vorliegen. A. Letulle***) lenkt in einer bemerkenswertben Arbeit die
*) On psendotabes from arsenical poisoiiing witli a eonsideration of arsenieal
parat jsis. Brain 1887,
•*) Von Interesse ist, dass M. Bernhardt bereits 1871 (Bert. Klin. Wochen-
-sehrift No. 2) einen Fall von Schwefelkohlenstoff- Vergiftung mit hochgradiger Ataxie
und erheblichen Sensibilitätöstömngen beschrieben hat. Neuerding.s berichtet«
Mendel über mehrere Fälle solcher Vergiftungen mit Taubheit des Gefühls,
Aiueiäeiikriechen und Steiflieit der Muskeln in verschiedenen Bezirken.
•*•) Recherches cliuiqucs et experimentales sur les piiralysies mercurielles. .\rch.
de physiol. norm, et pathol. 1887.
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Aofmerkgamkeit aaf die TbaUacbe, dass, abgesehen von dein Tremor
mercarialis, sowohl bei akuter wie bei chronischer Quecksilbervergiftung
nicht selten Lähmungen Vorkommen. Diese Lähmungen sind schlaffe,
selten totale, selten mit deutlicher Atrophie verbundene. Die Sehnenreflexe
waren in einigen Fällen abgeschwächt, in anderen erhalten. Die elektrische
Erregbarkeit gegen den f- wie den g-Strom war meist nicht verändert.
Fast regelmässig bestanden Sensibilitätsstörnngon und zwar fleckweise
(inselweise) Herabsetzung der Empfindung, an anderen Nerven gesteigerte
Empfindung (Hyperästhesie, Hyperakusie, Hyperosmie). Experimentelle
Untersuchungen ergaben ebenfalls infolge von Quecksilbereinwirkung
Zerfall des Markes in den peripheren Nervenstämmen, welche jedoch
nicht als entzündliche, sondern als degenerative anzuseben seien.'^)
Hieran scbliesse ich sogleich
e. einige Angaben über experimentelle Neuritis, welche durch
zafällige oder experimentell intendirte subkutane Injektionen von
toxischen Stoffen erzeugt wurden. Namentlich sind einige derartige
Erfahrungen nach Injektionen von Aether beobachtet, ähnliche nach
Injektionen von Chloroform, Alkohol, Ammoniak, Flumb. acet.
Pitres und Vaillard haben in einer kürzlich erschienenen Arbeit
die durch Aetherinjektionen entstandene Neuritis einer besonderen Be-
arbeitung unterzogen. Sie fanden, dass die Wirkung des Aethers auf
den Nerven die gleiche ist, wie eine Durcbschneidung. Unterhalb der ge-
getroffenen Stelle kommt es zu einer typischen Nervendegeneration und
zwar vom 4. Tage ab. Die Wirkung des Aethers ist also die einer un-
mittelbaren Nekrose an der betroffenen Stelle. Fälle von Neuritis nach
Aetherinjektionen sind auch von Mendel, E. Remak u. A. mitgetheilt
worden.
Wir kommen nun zur interessantesten Form der toxischen Neuritis,
nämlich:
f. der Alkoholneuritis, über welche bereits eine eigene umfang-
reiche Litteratur namentlich Deutscher, doch auch Englischer und Französi-
•cher Arbeiten vorliegt.
Die paralytischen Äffektionen der Trinker sind leicht zu beobachten
Qod daher auch lange bekannt. Da sie vorzugsweise die unteren Elx-
tremitäten befallen, so war man geneigt, sie auf eine durch die Ein-
•) Ich habe zweimal nach lange fortgesetzten antisyphilltiscehn Hg -Kuren
Herzbeschwerden (Palpitationen, Unregelmässigkeit des Pulses, Asthma) beobachtet,
"hne physikalisch nachweisbare V'erändemug am Herzen.
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wirkoDg des Alkohols bedingte Affektion des Rückenmarks za beziehen,
über deren anatomische Natar zunächst nichts Sicheres bekannt war. Da
sowohl der akute wie chronische Alkobolismus leicht das Gehirn befällt,
Delirien und sogar Dementia erzeugen kann, so lag es nahe, eine analoge
Betheilignng des Rückenmarks und auch ähnliche anatomische Vorgänge
anzunehmen, Velcbe tbeils in einer bloss funktionellen Störung ohne
nachweisbare anatomische Läsion, theils in chronischer Meningitis ihren
Ausdruck finden sollten. Bei dem Fehlen entscheidender anatomischer
Untersuchungen blieb man zunächst auf die Symptomatologie beschränkt.
In dem betreffenden Kapitel meiner Klinik der Rückenmarkskrankheiten
II. S. 281 habe ich folgende Formen der Alkohol-Neurosen anfgestellt:
1) Den Tremor alcoholicus, über dessen physiologische Ursache nichts
Bestimmtes zusagenist. 2) Die al koholische Faraplegie, eine mehr
oder minder intensive motorische Paralyse der unteren Extremitäten.
3) Die Ataxie der Säufer, dem Symptomenbilde der Tabes dors.
sehr ähnlich. 4) Die hyperästhetische Form des chronischen
Alkobolismus (Lendet).
Ich schloss mich 1. c. der Ansicht Leudet’s an, dass es sich vermuth-
licb um spinale Erkrankungen der Alkoholiker handelt und wiederum
am wahrscheinlichsten um meningitiscbe Affektionen, indessen positive Be-
obachtungen lagen nach dieser Richtung noch nicht vor. Seitdem ist im
Anschluss an die Untersuchungen über multiple Neuritis das häufige Vor-
kommen von Neuritis bei Alkoholisten erkannt worden, und es ist sehr
wahrscheinlich, dass alle drei obigen Formen (denn vom Tremor alcoholicus
muss hier abgesehen werden) auf Neuritis beruhen. Den beiden schon
mehrfach besprochenen Formen der multiplen Neuritis, der paralytischen
und der ataktischen Form, gesellt sich noch die hyperästhetische durch
ausserordentliche Schmerzen bedingte Form hinzu.
Sehr daukenswerthe Untersuchungen über die Alkohol-Neuritis be-
sitzen wir von Modi, H. Oppenheim, Lilienfeld, M. Bernhardt,
R. Schulz, Loewenfeld, O. Fischer u. A., von englischen Autoren
ist namentlich Dreschfeld in Manchester, von französischen Masins
und Francotta zu nennen. Wie Oppenheim nach den Erfahrungen
auf der Nervenklinik der Charite mittbeilt, trifft der Beginn der Alkohol-
Neuritis häufig mit dem Ausbruch des Delirium tremens zusammen. Ausser
dem Alkohol scheinen Gelegenheitsursachen mitzuwirken, die meisten
Kranken schuldigen eine nachweisbare Erkältung als Ursache an. Immer
sind die unteren Extremitäten ergriffen. Die Krankheit beginnt mit
Schwäche, leichter Ermüdbarkeit; die Muskeln sind schlaff, die Sehnen-
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re£eze fehlen. Die Lähmung schreitet nun unaufhaltsam fort und er-
reicht in der Regel einen so hohen Grad, dass die Patienten nur mit
Mühe gehen oder stehen können. Nicht leicht steigert sich die Lähmung
bis zur Tollständigen Bewegungslosigkeit. In dieser Zeit magern die
teblaffun Muskeln ab und verlieren ihre normale elektrische Erreg-
barkeit, fast niemals jedoch ist die Atrophie hochgradig, fast niemals
kommt es zu hoher ausgesprochener Entartungsreaktion. In dieser Weise
rerbarrt der Zustand Wochen und selbst Monate lang, dann treten all-
milig Zeichen der Besserung ein und fast immer kommt es nach einer
mehrere Monate langen Dauer zur vollkommenen Heilung. Die Therapie
besteht vor allen Dingen in der Entziehung des Alkohols, in ruhiger
Lage (oder Sitzen), reichlicher Ernährung und vorsichtiger Anwendung
der Elektrotherapie. Uebung der Muskeln tritt entsprechend den oben
entwickelten therapeutischen Grundsätzen erst im Rekonvaleszenz-
Stadium ein. Da die Patienten, sobald sic hergestellt und der ärztlichen
Aufsicht entwachsen sind, in der Mehrzahl der Fälle ihrem Gewobnheits-
laster von Neuem verfallen, so kommen auch Rezidive der Lähmung
ror, jedoch nach meinen Erfahrungen nicht so häufig, als man nach der
Häufigkeit des Rückfalles zum Trinken erwarten sollte. Auch diese Re-
zidive der Neuritis geben, soweit meine Erfahrungen bis jetzt reichen,
keine ungünstigere Prognose als die erstmalige Affektion.
Von besonderem Interesse ist die ataktische Form des Alkobolis-
mns, die Ataxie der Säufer, von welcher wir gegenwärtig nicht mehr
zweifeln, dass sie ebenfalls auf einer Neuritis und zwar einer sensiblen
beruht Indessen kommt sie fast nie isolirt vor, sondern in Verbindung
mit der motorischen Form. Je weniger die motorische Paralyse hervor-
tritt, je mehr die sensible entwickelt ist, desto deutlicher ist die Ataxie.
Es ist sehr bemerkenswerth, dass diese Ataxie der Potatoren die aller-
grösseste Aehnlichkeit bat mit der typischen Ataxie I. pr., der Tabes, so dass
selbst der geübteste Diagnostiker eich irren würde, wenn er die Aetio-
logie nicht kennt. Dieselbe Art der Funktionsstörung, dieselbe Ab-
stumpfung des Gefühls, häufig eine Art von lancinirenden Schmerzen, die
Sebnenreflexe fehlen, die Muskeln sind schlaff, bei geschlossenen Augen
tritt Schwanken ein. Die oberen Extremitäten bleiben fast immer frei,
dagegen treten an den Augen Symptome auf, welche ebenfalls der Tabes
eutsprechen; Doppeltsehen, Pnpillcndifferenz, träge Reaktion, einmal so-
gar Pupillenstarre und einmal Amblyopie. In der That ist die Aehnlich-
keit der Symptome so gross, dass nur die Berücksichtigung der Aetio-
logie znr richtigen Diagnose führt Diese aber ist um so wichtiger, als
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die Prognose der alkoholischen Ataxie eine verhältnissmässig günstige
ist, sie geht nach mehrmonatlicbem Verlaufe der Regel nach in Genesung
über, unter einer Therapie, welche den oben entwickelten Grundsätzen
entspricht.
Die dritte Form, die hyperästhetische, gehört ebenfalls zur
Neuritis. Die Schmerzen, welche gewöhnlich die Unterextremitäten er-
greifen und vornehmlich in denselben lokalisirt bleiben, sind in diesen
Fällen von besonderer Intensität und Hartnäckigkeit. Neben ihnen kann
motorische Schwäche und Sensibilitätsstörung bestehen, indessen die
excessive Schmerzhaftigkeit beherrscht die Scene derart, dass die anderen
nicht so quälenden Symptome in den Hintergrund treten. Von dieser
Form habe ich zwei Fälle beobachtet, der eine betraf einen Gastwirth
aus Danzig, welcher einige Monate mit Remission und Exacerbation laborirte
und schliesslich hergestellt wurde. Der zweite betraf eine Frau, welche
dem Äbusus Spirituosorum in excessivem Maasse huldigte und von der
Krankheit in ausserordentlich hohem Grade befallen wurde. Die
Schmerzen, in den oberen wie unteren Extremitäten etablirt, waren von
so enormer Heftigkeit, dass selbst die höchsten Dosen von Morphium
und Chloral nur vorübergehende Linderung schafften. Patientin verliess
später Berlin und soll nach nicht sehr langer Zeit an Erschöpfung za
Grunde gegangen sein.*)
Ich füge noch die bemerkenswerthe Thatsache hinzu , dass die
Alkoholneuritis nicht selten von Herzsymptomen begleitet ist: Tachy-
cardie, Herzklopfen, Dyspnoe, Asthma, Herzschwäche. Dejörino wies
in solchen Fällen einige Male Degeneration in den Nervenfasern des
Vagus nach. Thomsen in einer soeben erschienenen Arbeit**) giebt an,
dass er in einem Falle von Tachyeordie bei Alkoholneuritis die Vagus-
kerne degenerirt gefunden habe, ebenso konstatirte er den nuclefiren
Ursprung der Augenmuskellähmung bei Alkoholischen. Thomsen ver-
tritt also den Standpunkt, dass auch die Alkobolnenritis nicht ohne
Ausnahme auf die peripheren Nerven beschränkt ist , dass sie viel-
*) Ich schliesue hieran die Bemerkung, liaÄs man nicht mir bei der Alkohol-
neuritis, sondern auch bei den anderen Neuritisformen wohl eine besondere hyper-
Hsthetische Fonu uiilerseheideii konnte, nur sind solche Fülle selten. Kürzlich sah
icii einen solchen bei einen Phthisiker, welcher keine sichtlichen motorischen
Storungen, aber ausserordentlich heftige iieuritische Schmerzen an den Cuterxtremi-
taten darbot. Auch bei Diabetes habe ich diese hyperästhetische Form beobachtet.
**) Zur Pathologie und Anatomie der akuten alkoholischen Augemuuskellähmung.
Berl. klin. Woebenschr. 1888. No. 2.
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mehr auch auf das Rückenuiark (resp. Med. obig.) übergreifen kann
(er fand Blutungen am hinteren Umfang des Rückenmarks). Die Herz-
affektion, welche die Alkoholneuritis begleitet, scheint mir in zweierlei
Beziehung interessant. Einmal weil auch andere Formen der multiplen
Neuritis sich mit Herzaffektion kompliziren, namentlich die infektiöse
multiple Neuritis (Herzaffektion nach Diphtherie von diphtberitischer
Lähmung begleitet, Herzaffektion bei Eakke), so dass wir geneigt sein
dürfen, auch in jenen Fällen eine ähnliche Ursache anzunehmen. Sodann
ist daran zu erinnern, dass die Alkoholischen auch ohne gleichzeitige
Neuritis von Herzaffektionen, zuweilen schweren Charakters, befallen werden,
und dass auch für diese Fälle die Frage zu erörtern ist, ob und wann sie
derjenigen Herzaffektion entsprechen, welche die Alkoholneuritis begleitet.
III. Die spontane oder primäre Form der multiplen Neuritis.
Die spontaneForm entwickelt sich ohne eine vorhergehende Krank-
heit selbstständig, primär. Die gewöhnlichsten Ursachen sind Erkältungen
oder Muskelüberanstrengnngen, häufig beide miteinander kombinirt. Ge-
wöhnlich halten sie die Form der symmetrischen Lähmung aller vier
Elxtremitäten inne, öfters sind die unteren, sehr selten die oberen allein
befallen; häufig besteht, wenigstens eine Zeit lang, Fieber. Symptome
und Verlauf entsprechen in hohem Grade dem im ersten Vortrage ver-
zeichneten Typus des Krankheitsbildes. Am häufigsten ist die motorische
resp. amyotrophische Form, doch habe ich auch mehr oder minder aus-
gesprochene Uebergänge zur ataktischen Form gesehen.
Den ersten Fall der Art beobachtete ich im Jahre 1865 auf der
medizinischen Klinik zu Königsberg; er betraf einen 25jährigen Barbier G.,
welcher zu Ende des Monats September eine Schwimmfahrt von Königs-
berg den Pregel hinab zu dem eine Stunde abwärts liegenden Dorfe
Holstein gemacht hatte. Schon nach wenigen Tagen trat Fieber mit
Delirien auf, welches nach kurzem Verlaufe abfiel, nun aber stellte sich die
Lähmung ein, ergriff beide Vorderarme und beide Unterschenkel, deren
wegen er sich in die Klinik anfnehmen Hess. Ich betrachtete die Krankheit
damals als myopathische Lähmung und exzidirte ein Stückchen des ge-
lähmten Eztensor communis, fand jedoch nur eine leichte pnnktirtc Be-
schaffenheit der Muskelfasern. Der Patient blieb ungebeilt, die Lähmung
ging in absolute Atrophie der Muskeln über. Später zählte ich diesen
Fall, der mich im hohen Maasse interessirte, zur Poliomyelitis, während
ich ihn jetzt mit Sicherheit als multiple Nenritis auffasse. Einen ähn-
lichen Fall — jedoch zur Heilung gekommen — sah ich kürzlich bei
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einem jangen Kaufmann , der im Rhein bei Strassburg bei 9° Wasser-
temperatur eine Stunde lang gebadet hatte, er wurde Ton einer allgemeinen
Lähmung befallen, von welcher er nach drei Monate langem Kranken-
lager vollkommen geheilt worden ist.
IV. Die atrophische (dystrophische), anämische, kachektische
Form der multiplen Neuritis.
Diese Form ist bisher am wenigsten bekannt und studirt. Indessen
ist doch die Beobachtung nicht neu, dass sich im Gefolge verschiedener
chronischer, von tieferen Nutritionsstörungen begleiteter Krankheiten auch
lähmungsartige Schwächeznstände der Muskeln, besonders in den unteren
Extremitäten einstellen. Schon die ältere Pathologie beschreibt kachek-
tische, anämische, chlorotische Lähmungen; sie stellen Schwächezustände
dar, ähnlich etwa denen der Rekonvaleszenten nach schweren Krank-
heiten, und sind wie diese zum Theil als einfache Schwächezustände der
Muskeln gedeutet. Jedenfalls lagen keine Anhaltspunkte vor, sie für
centrale, etwa vom Rückenmark ausgehende Prozesse zu betrachten. So
wenig derartige Fälle scharf charakterisirt erscheinen, so hat man doch
öfters Gelegenheit zu beobachten, dass marastische Kranke mitunter
auffallend früh die Möglichkeit verlieren, zu gehen, zu stehen und selbst
die Extremitäten zu bewegen. Diese Schwäche trifft zuerst meistens
allein die Unterextremiiäten. Die Muskeln werden auffällig schlaff, mager,
energielos. Nor mit Mühe vermag der Patient noch im Bett die Beine
zu erheben, oder überhaupt sie zu bewegen. Beim Versuch, ihn auf die
Beine zu stellen, knickt er sofort zusammen. Dabei bestehen zuweilen
Schmerzen, selbst lebhafte, besonders nach den einigermaassen an-
strengenden Bewegungen, die Sehnenreflexe bleiben fast immer
erhalten, die elektro • muskuläre Erregbarkeit ist häufig herabgesetzt,
kaum je erloschen. Die betreffenden Patienten gehören häufiger dem
weiblichen Geschlecht an, sind meist deutlich anämisch , aber nicht
selten noch ziemlich fettreich. Am auffälligsten erschien mir diese ,
Läbmungsform in der Rekonvaleszenz von schweren Erschöpfongsneorosen
und Anämien. Wenn die Patientinnen schon bei reichlicher Ernährung an
Körperfülle zugenommen hatten, wenn die Färbung der Lippen, der Nägel,
der Ohren schon erheblich an Farbe gewonnen hatte, und wenn man
nun jetzt den Versuch machte, sie aufstehen zu lassen, so waren eie kaum
im Stande zu sitzen, noch viel weniger zu stehen. Auch wenn man den
Versuch mehrere Tage fortselzte, so knickten die Beine in den Knieen
wie schwache Halme zusammen und die Patientinnen waren io Gefahr,
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unter Gefühlen der Synkope znsanimenzabrechen. Erst nach einer noch
mehrere Wochen selbst Monate lang fortgesetzten roborirenden Behandlung
and Ernährung erreicht man eine langsam fortschreitende Besserung und
CTentnelle Heilung.
Form und Verlauf der Krankheit erinnern in hohem Maasse an die
schweren, aber nicht zu auffälliger Atrophie fortschreitenden Lähmungen
nach akuten Krankheiten.
Anatomische Untersuchungen über diese Form der multiplen Neuritis
liegen bis jetzt nicht vor. Aber eine sehr willkommene Stütze für
die eben gegebenen Beobachtungen ergeben die interessanten Unter-
snchnngen von Oppenheim und Siemerling.'^) Diese Autoren
nntersucbten , um die periphere Nervendegeneration bei Tabes dorsalis
zn studiren, zum Vergleiche die peripheren Nerven bei einer Anzahl von
Leichen, welche an den verschiedensten anderen Krankheiten gestorben
waren. Sie fanden hierbei die sehr beachtenswerthe Tbatsache, dass
alle Prozesse, welche mit einem schweren und langen Siecbtbum einher-
gehen, gewöhnlich von einer oft recht beträchtlichen Alteration der Nerven
begleitet sind. Solche peripheren Veränderungen fanden sie bei einfaeher
Inanition, bei Marasmns senilis, Krebskacbexie, Alkoholismns, akuten
Infektionskrankheiten.
Diese Untersuchungen geben eine anatomische Gmndlage für die
Beobachtungen am Krankenbett.
Sehr bänfig beobachtet man solche läbmnngsartige Schwächezustände
bei schweren Anämien und Chlorosen,'^*) ebenfalls bei der perniziösen
Anämie. Die Muskeln werden schlaff, energielos, selbst wenn noch ein
reichliches Fettpolster besteht; es kommt selbst zur deutlichen Muskel-
atrophie und zur Herabsetzung der elektrischen Erregbarkeit. Solche
Beobachtungen erinnern an das Verhalten der japanischen Kakke, welche
ebenfalls zn nenritischen Lähmungen führt.
Aebnlicbe Zustände beobachtet man bei anämischen Greisen.** •••)^)
Zu diesen marastischen Formen von multipler Neuritis bin ich nun
eher geneigt, die multiple Neuritis der Tuberkulösen zn rechnen, als zu
den infektiösen.
*) Beiträge zur I’atliulogie der Tabes dorsalis und der pcri|dieren Nerven-
erkrankung. Areh. f. Psycb. XVIII. 2.
•*) Vergl. Klin. d. Kückenmarkskr. If., S. 23: Die chlorotische Lähmung.
•••) Die progressive Muskelsehwäehe der Greise. Klin. d. Rückenniarkskr. II.,
.S. 49.
Digitizsjd ! ‘ "1(
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Noch eine andere Form mnhipler nenritischer Lähmnngen rechne ich
hierher, nämlich die Lähmnngen bei Diabetes. Mnskelschwäche,
läbmnngsartige Zustände bei Diabetes, selbst aufsteigende Paralyse sind
schon von Marshall beschrieben worden (Sur les Ilions cerebro-spinales
consäeutives aux diabetes. Compt rend. LVIL); besonders hat Dickinson
(Ueber die krankhafte Veränderung des Gehirns und Rückenmarks bei
Diabetes. 1870) sich mit den nervösen Erscheinungen bei dieser Krankheit
beschäftigt. Er sucht freilich die Ursache derselben in anatomischen Lä-
sionen der Med. oblong, im Bereich des vierten Ventrikels, wie für ihn
überhaupt der Diabetes eine Krankheit des Nervensystems ist. In dem
letzten Jahrzehnt ist auf die Häufigkeit nervöser Erscheinungen bei Dia-
betes mehrfach hingewiesen worden. Veit machte auf die Häufigkeit von
Neuralgien (Ischias, Tic douloureux) bei Diabetes aufmerksam. Auer-
bach veröffentlichte 1885 im Deutschen Archiv für klinische Medizin
einen Aufsatz: Ueber das Verbältniss der Diabetes mellitus zu Affektionen
des Nervensystems. Althaos in London war einer der Ersten, welcher
darauf hinwies, dass die Sensibilitätsstörnngen bei Diabetes grosse Ueber-
einstimmuDg mit dem Bilde der Tabes zeigten. Raven machte auf den
Verlust des Kniephänomens aufmerksam (Disappearence and retnm of
Knee-jerk in Diabetes. Brit. med, Journ. 1887). Ziemssen theilte in der
Münchener medizinischen Wochenschrift 1885 Fälle von ausgesprochener
Neuritis bei Diabetes mit. Endlich bat Hoesselin theils in der Münchener
Wochenschrift 1886, theils in dem Aerztlichen Bericht über seine Privat-
heilaustalt wertbvolle Mittheilungen über diesen Gegenstand gegeben.
Die lähmungsartigen Zustände, welche den Diabetes begleiten können,
haben grosse Aehnlichkeit mit denen nach chronischem Alkoholimna.
Man kann auch hier drei Formen unterscheiden: 1) Die hyperästbetische
oder neuralgische Form besteht in dem Auftreten mehr oder minder leb-
hafter Schmerzen. Dieselben treten entweder io der Form von Neuralgien
auf (Ischias, Trigeminus-Neuralgie etc.) oder nach der Art der multiplen
Neuritis, indem sie an den Füssen, Unterschenkeln, zuweilen auch an den
Händen io symmetrischer Weise erscheinen. Gewöhnlich gehen sie mit
Schwächeznständen einher, indessen zuweilen tritt die Schmerzhaftigkeit,
ebenso wie beim Alkoholismus ganz in den Vordergrund.
2) Die motorische, paralytische Form besteht in Schwäche der
Unterextremitäten bis zur mehr oder minder ausgesprochenen Lähmung.
Die Muskeln sind schlaff, dünn, die Sehnenreflexe fehlen, elektro-mnsku-
läre Abnormitäten werden konstatirt. Auch diese motorische Form
ist häufig von neuritischen Schmerzen begleitet.
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3) Endlich die ataktische Form, Pseudotabes der Diabetischen mit
Sensibilitätsstörnngen, tanbem Gefühl, Pelzigsein in den Füssen, und
weitergehenden Sensibilitätsstörungen, wobei die grobe Muskelkraft er-
halten oder doch nicht wesentlich herabgesetzt ist. Sehnenreilexe anf-
gehoben, keine Pupillenstarre.
Wir sind berechtigt, alle diese Zustände für nenritische zu halten,
da die Symptome und der V'erlauf mit den bekannten Formen der Neu-
ritis, besonders der alkoholischen Neuritis übereinstimmen. Ueberdiess
haben die mehrfach angestellten Untersuchungen des Rückenmarks keine
deutlichen Erkrankungen desselben ergeben.
Ich selbst habe ausser mehreren Fällen von diabetischer Muskel-
scbwäche zwei sehr exquisite Fälle von multipler Neuritis beob-
achtet. Den ersten sah ich bereits vor 10 Jahren bei einem 55jährigen
Herrn aus Kurland, welcher an Diabetes massigen Grades litt. Er hatte,
als ich ihn sah, nur 2 pCt. Zucker und befand sich in einem leidlichen
Ernährungszustände. Unter lebhaften reissenden Schmerzen hatte sich
eine Schwäche der Unterextremitäten entwickelt, so dass Patient ganz
unfähig war, zu gehen. Ich erkannte schon damals die Krankheit als
Neuritis und behandelte sie mit Opium, Elektrizität, Diät. Der Patient
ist im Verlaufe eines Jahres ganz hergestellt, ich habe noch mehrere
Jahre später von seinem guten Befinden Nachricht erhalten. Der zweite
Fall war ein Gutsbesitzer aus Westpreussen, der seit mehreren Jahren
an Diabetes massigen Grades litt (5 bis 1 pCt.), übrigens sehr gut ge-
nährt nnd kräftig war. Er hatte mehrmals Carlsbad besucht. Vor drei
Jahren kam er zu mir wegen häufiger und zum Theil sehr heftiger
Schmerzen in den Unterextremitäten. Ich behandelte ihn hier 6 Wochen
ohne sonderlichen Erfolg und sah ihn dann nicht wieder bis vor Kurzem.
Er berichtete mir gegenwärtig, dass nach einiger Zeit die Schmerzen nach-
Hessen, aber dafür eine grosse Schwäche der Extremitäten sich eingestellt
habe. Er sei mittelst sehr strenger Diät behandelt, aber obgleich der
Zucker längere Zeit ganz verschwunden war, habe die Schwäche sich
nur vermehrt. Er sei über 20 Pfund abgemagert. Dann habe er von
den strengen Regeln Abstand genommen und sich allmälig wieder erholt,
gleichzeitig seien nnn die Muskelschwächc und die Schmerzen besser ge-
worden, ohne jedoch schon ganz geheilt zu sein.
Ich glaube nach diesen Beobachtungen, dass man die diabetische
Neuritis nicht ohne Weiteres von der Belastung des Blutes mit Zocker
herleiten kann, denn sie entwickelt sich keineswegs am häufigsten bei
den hochgradigen Formen der Diabetes, und die Intensität der Erscheinungen
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and des Verlaafes wird keineswegs nnmittelbar dadurch beeinflnsst, dass
man den Zucker durch strenge Diät zum Verschwinden bringt Das
Auftreten der Neuritis ist zwar an den Diabetes, aber ebenso wenig, wie
die Lähmnngen nach akntcn Krankheiten, ansscbliesslich an die Fälle
von grosser Intensität gebunden. *) Die meisten Aerzte stellen bezüglich
der Therapie dieser Läbmnng die Indikation, dass der Znckergehalt des
Harns möglichst schnell zum Verschwinden gebracht werde und es daher
der strengsten diätetischen Maassregeln bedürfe. Indessen man täuscht
sich, wenn man glaubt, dass hierdurch der Verlauf der Neuritis direkt
beeinflusst wird. Ebenso wie sie sich bei Diabetikern mit geringem Zncker-
gehalt entwickeln kann, ebenso besteht sie trotz des Verschwindens von
Zucker fort, sie hat nun ihren eigenen gewöhnlich sehr schleppenden
Verlauf. Dennoch ist die Prognose nicht ungünstig, Heilungen sind mehr-
fach beobachtet, ebenso wie in den von mir behandelten Fällen. Ich
bin indessen der Meinung, dass eine zweckmässige Diät, welche znr
Kräftigung und Erholung der Patienten führt, ferner Rahe und Schonnng
der affizirten Muskeln am meisten zur Herstellung beiträgt Die gal-
vanische Behandlung ist, wie auch Hoesselin angiebt, von nntergeordneter
Bedeutung.
Wir kommen nnn — last not least — zur letzten Form der multiplen
Nenritis, der
IV. sensiblen oder ataktischen Form der multiplen Nenritis,
der Nervotabes peripherica oder Pseudotabes,
deren Kenntniss, auch im Verhältniss zu dem jungen Alter der mnltiplen
Neuritis überhaupt fast ganz neueren Datums ist Die hierher gehörigen
Beobachtungen und Tbatsachen haben sowohl in praktischer wie in patho-
logisch-physiologischer Beziehung eine grosse Bedeutung, and Sie werden
es begreiflich finden, dass ich dieselben mit ganz besonderem Interesse
verfolgt habe, da sie zu der Theorie der Ataxie resp. der Tabes in naher
Beziehung stehen.
Sie wissen, m. II., dass ich seit meiner im Jahre 1863 erschienenen
Monographie „Ueber die graue Degeneration der hintern Rückenmarks-
stränge“ (Tabes dorsalis) die Theorie aufgestellt and vertreten habe,
dass diese Krankheit in einer allmälig fortschreitenden Degeneration and
Atrophie sensibler Leitungsfasern bestehe, und dass sie anatomisch sich
•) Amh Thomas in Kreitiiirg berichtet einen Fall von Polyneuritis bei einem
Diabetiker, welcher nur Va l’Cl- Zucker hatte.
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saf die der Sensibilität dienenden Stränge im Rückenmark, sowie die der
Sensibilität dienenden hinteren Rückenmarkswnrzeln erstrecke. Dos
auffälligste und wichtigste Symptom der Krankheit, die Ataxie habe
ich von dem Verlost an Sensibilität bergeleitet und mich bemüht, durch
Untersuchungen an Kranken sowie durch experimentelle Forschungen
den Beweis für die Richtigkeit meiner Theorie zu führen. Indessen, da
es nicht möglich war, die Beweise bis zur Sicherheit einer mathematischen
Formel zu führen, so bin ich meiner Theorie wegen vielfach angegriffen
worden, habe mich aber niemals veranlasst gesehen, die Waffen zu
strecken. Einen der heftigsten Angriffe erfuhr ich s. Z. von Dr. E. Cyon
in Petersburg, welcher mir n. a. vorwarf, ich hätte die durch Nichts
begründete Theorie anfgestellt, dass die Tabes in den peripheren Nerven
beginne. Ich musste zu meiner Vertheidigung darlegen, dass ich diese
Behauptung gar nicht aufgestellt hatte, aber sie lag in der That in der
Konsequenz der von mir durchgeführten Anschauungen, und ich bedanre
heute, dass ich diese Zumnthüng damals so bestimmt von mir abweisen
musste. Nachdem die Diskussionen über die Theorie der Tabes in ein
ruhiges Fahrwasser eingelenkt hatten, sind in den letzten Jahren That-
sachen und Untersuchungen bekannt geworden, welche ich als wichtige
und willkommene Bestätigung der von mir seit 1863 vertretenen Theorie
der Tabes begrüsse. Im vorigen Semester hat Herr Stabsarzt Oold-
scheider in dieser Gesellschaft seine sehr interessanten und ingeniösen
Versuche vorgetragen, welche in das Gebiet der Ataxie fallen; er hat
an seinen Fingern (Fingerspitzen) durch Benutzung des sekundären In-
duktionsstromes eine Herabsetzung der sensiblen Leitung in den peripheren
Nervenenden erzeugt, und unter Anwendung geeigneter Zeichenapparate
nachgewiesen, dass die Wahrnehmung von passiven und aktiven Be-
wegungen, sowie der Muskelsinn in einer W^eise abgeschwächt wurde,
welche den bei Ataxie resp. Tabes beobachteten Phänomenen durchaus
entspricht. Eis ist hier nicht der Ort, auf diese interessanten Untersuchungen,
welche bereits gedruckt vorliegen, näher einzugehen.
Die zweite Reibe von Beobachtungen, welche ich als Bestätigung
meiner Theorie von der Ataxie 1. pr. betrachte, sind die Beobachtungen
über die sensible E'orm der multiplen Neuritis. Diese Form, hauptsäch-
lich von französischen Autoren studirt, wird allgemein gleichzeitig als
ataktische E'orm der multiplen Neuritis, als Pseudotabes oder Nervotabes
peripb. bezeichnet, und das Auftreten atektischer Bewegungsstörungen,
welches sie von der paralytischen Form wesentlich unterscheidet, auf die Be-
theilignng der sensiblen Nerven znrüekgeführt. Dass hierbei eine scharfe
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Trennang zwischen motorischer and sensibler Form in der Regel nicht
stattfindet, dass auch die Psendotabes häufig mit Mnskelschwäche verbanden
ist, habe ich übrigens schon oben hervorgehoben.
Als derjenige Autor, welcher die meisten Verdienste um die Kennt-
niss dieser sensiblen Neuritis bat, ist Dejärine zu bezeichnen.
Die multiple sensible Neuritis zerfällt in zwei Formen:
a. Die akute resp. subakute Form, welche sich der typischen mul-
tiplen Neuritis anscbliesst und dieselbe häufig begleitet. Hierher gehören
die Fälle von akuter Ataxie nach akuten Krankheiten, welche schon
Eisenmann beschreibt und welcher wir oben bereits gedacht haben.
Nach Diphtherie, Pocken, Typhus und anderen Infektionskrankheiten
sind mehr oder minder deutliche Ataxieen beobachtet worden, häufig von
Mnskelschwäche begleitet. Auch die übrigen Ursachen, welche wir für
die typische (motorische) multiple Neuritis angeführt haben, treffen für
diese akuteAtaxie zu. Die spontane multiple Neuritis kann sich mit
Ataxie verbinden, unter den toxischen Formen haben wir nach Blei-
vergiftung, nach Arsenikvergiftung, besonders aber nach chronischem
Alkoholismus exquisite Ataxieen erwähnt, welche derTabes in hohem Grade
ähnlich sind. Endlich haben wir unter der IV. Form, der kachektischen
multiplen Neuritis vor allen Dingen den Diabetes mellitus als Ursache der
Psendotabes kennen gelernt.'^)
Alle diese Fälle von Ataxie stimmen darin überein, dass sie mit
Sensibilitätsstörungen, Pelzigsein, Schmerzen etc. verbanden sind, welche
wir als die Ursache der Ataxie betrachten müssen.
Es gicbt, sagt Dejcrine,'*^'^) klinische Krankheitsbilder mit Störungen
der Sensibilität und Motilität, welche der klassischen Tabes gleichen, bei
welchen jedoch die Mednlla spinalis gesund ist, dagegen eine Läsion der
peripheren Nerven als Ursache der Krankheitserscheinungen sich ergiebt.
Als die zweite Form der sensiblen multiplen Neuritis ist diejenige
zu bezeichnen, welche zur typischen Tabes in naher Beziehung steht,
welche, wie diese, meist chronisch ist und in einer sklerosirenden Atrophie
*) In der These von Leval-Piqueclief, Paris 18fi7, .De Pseudolabes“ ist
noeh als eine besondere Form die neurastbenische Form. Tabes illiisoria, aiif-
gestellt. Ich balle die Aiifslelbing dieser Form für ganz bereebtigl, möehle aber
auf dieselbe hier nicht näher eingeben.
**) Sur le nervotabcs peripb^rique (alaxie lueumütuiru par nevrilis peripbcriqucs
avec inlegrilc ahsolue des raeines poslerieiires, des ganglions spinaux ct de la moC-lle
epiniere. Compt. rend. de I’Acad. 1883.)
V.
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125
der peripheren sensiblen Nerven besteht Aach diese Form, erst seit
einigen Jahren näher studirt, hat ein grosses Interesse, da bisher De-
generationen der peripheren Nerven bei der Tabes wenig bekannt waren
(ausser der Atrophie des Opticns).
Im Jahre 1879 nnd 1880 wies Pierret nach, dass bei Tabikern die
spinalen and cerebralen sensiblen Nerven, ebenso wie der N. Opticns
Sita peripherer Veränderungen sein könnten, welche ohne kontinairliche
Beciebnng an der centralen (spinalen) A£fektion bestehen. Seine Unter-
Buchnngen lehrten ihn, dass diese Läsionen nicht konstant Vorkommen und
dass sie heilen könnten, namentlich nntcr dem Gebrauch von Thermen.
Sodann pnblizirte D^jerine in dem Arch. d. physiologie et path. 1883
eine interessante Abhandlung, in welcher er der sensiblen peripheren
Neuritis eine wichtige Rolle für die sensiblen und trophiscben Störungen
in der Haut der Tabiscben zuscbreibt Er glaubt, dass sie unter den-
jenigen Ursachen mitwirken, welche im zweiten Stadium der Tabes die
Ataxie erzeugen. Döjerine untersuchte bei einer Frau, welche nach
zehnjähriger Tabes gestorben war, die zu den anästhetischen Hautstellen
gehörigen Nerven und fand dieselben hochgradig degenerirt. Diese De-
generation stand mit der Degeneration der Spinalwurzeln weder im Ver-
hältniss noch im kontinuirlichen Zusammenhänge. Auch die Atrophie
des Opticus sei eine rein periphere.
Die Priorität für die Entdeckung dieser neuen Thatsacben kommt,
wie Dejörine anerkennt, unserm verehrten Kollegen C. Westphal zu,
welcher bereits 1878 Untersuchungen über die Degeneration peripherer
sensibler Nerven bei Tabes publizirt hat. Eine Vervollständigung dieser
Beobachtungen geben die kürzlich erschienenen sorgfältigen Untersuchungen
ans der hiesigen Nervenklinik von Dr. Oppenheim und Dr. Siemerling.
Sie fanden in der Mehrzahl der Fälle von typischer Tabes in den Ver-
zweigungen der Ilautnerven so beträchtliche Alterationen, wie sie nur
noch in Fällen von Neuritis gefunden werden. Die periphere Natur
ergiebt sich daraus, dass die grösseren Nervenstämme sehr viel weniger
an dieser Degeneration Theil nehmen, und dass die Rückenmarkser-
krankung in keinem Verhältnisse zur Erkrankung der peripheren Nerven
steht. Dennoch kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Ent-
wickelung der Tabes aus einer peripheren Neuritis durch keine Thatsache
sichergestellt erscheint.
Pitres und Vaillard haben in einem Aufsatz der Revue d. Mede-
cine*) 1886 eine kritische Zusammenstellung aller bis dabin bekannt
Contribiitiiin a l'eeudc des ni-vrites periplieriqnes cliez leji tabetiques.
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126
gewordeoen BeobachtaDgen über periphere Neuritis bei Tabes gegeben und
haben sieben eigene Beobachtungen hinzugefngt. Sie heben hervor, dass
diese Alterationen allemal nur mikroskopische waren, häufiger an den
kleineren Aesten als am Stamm der Nerven sich fanden. Die typischen
Symptome der Tabes wollen die Autoren nicht hiervon herleiten, sondern
nur die ungewöhnlichen i. e. nur die Plaques d’anesthesie, die trophi-
schen Erscheinungen, Arthropathien, Enochenfrakturen etc. Pitres und
Vaillard konstatirten bei Tabischen gelegentlich auch Erkrankungen
der motorischen peripheren, ebenso der gemischten und der visce-
ralen Nerven. Endlich scheint es auch möglich, dass zu Tabes eine
mehr oder minder akute motorische Neuritis hinzutritt, welche wieder
rückgängig werden kann. So berichtet Dejerine einen Fall von Para-
plegie in Folge von peripherer Neuritis bei einem morphiumsüchtigen
Tabiker,*)
Trotz aller dagegen vorgebrachten Bedenken legen die mitgetheilten
Beobachtungen die Frage nahe, ob die Tabes einen peripheren Ursprung
haben könne und ob sie zu einer gewissen Zeit ihrer Entwickelung, wo sie
jedoch schon charakteristische Symptome darbietet, auf eine periphere
Erkrankung beschränkt sein könne, frei von jeder Läsion des Rücken-
marks.**) Diese Frage ist ebenso interessant in wissenschaftlicher Be-
ziehung, wie sie praktisch wichtig ist. Denn wenn wir berechtigt sind an-
zunehmen, dass periphere neuritische Prozesse viel leichter zur Heilung zu
bringen sind, wie centrale (spinale), so muss es von grosser Bedeutung
sein, wenn im Beginne der Tabes ein Stadium besteht, in welchem sie eine
rein periphere Krankheit ist Wenn Pierret behauptet, dass die periphere
Neuritis bei Tabes wieder geheilt werden könne, besonders durch den Ge-
brauch von Thermalbädern, so klingt dies durchaus wahrscheinlich. Ebenso
berechtigt ist die Frage, ob jene zwar nicht häufigen Fälle von angeblich ge-
heilter Tabes, welche veröffentlicht wurden, diesem peripheren Stadium an-
gehörten. Ja, auch die mechanische oder operative Behandlung würde eher
eine Begründung finden können, wenn man ein solches Stadium der Tabes
annehmen könnte. So sehr ich mich non auch der Ansicht zuneige, dass
*) Hieran sriilirsst sich noth die soeben erschienene Arbeit von Dr. Xonna
Zur Kasuistik der Betlieiligung der peripberen Nerven bei Tabes dorsales. Areiiiv
für Psyeh. XII S. 357.
**) Kür lien peripheren UrspruiiR der Tabes ist v. Keuz in Wildbad schon
18S4 (Krienmeyer s Cenlralblatt für Nervenheilkunde) eingetretca; er spricht hier
die Ansicht aus, dass die Tabes in den peripheren Emlansbreittingen des Ple.vus
piidendo-haemorrhodalis iliren Aiisj^ang nehme.
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127
die peripheren Degenerationen der sensiblen Nerven nichts Znfälliges sind,
sondern dass sie auf eine von der Peripherie aus fortschreitende Ent-
wickelnng der sklerotischen Degeneration hindeuten, so ist doch kaum
aozunehmen, dass deutliche Symptome der Ataxie schon zu einer Zeit
hervortreten dürften, wo der Prozess noch auf die Peripherie beschränkt
ist. Für einzelne Fälle, wo die blitzartigen Schmerzen lange bestanden
und erst nach Jahren zu den ersten Symptomen der entschiedenen Tabes
führten, ist der Oedanke kaum abznweisen, dass der Prozess Jahre lang
nor in der Peripherie der Nerven bestanden habe.
Fragen wir endlich noch, ob die akute Ataxie, d. h. die sensible
Form der multiplen Neuritis in die chronisch-degenerative Form über-
gehen, auf das Rückenmark übergreifen und damit zur typischen Tabes
führen könne, so liegen auch hierfür noch keine Beweise vor, aber bei
der Mannigfaltigkeit und den vielfachen Verkettungen der Erscheinungen
werden weitere Beobachtungen auch auf diese Möglichkeit Rücksicht zu
nehmen haben.
Ein Fall von Epilepsie, komplizirt durch Tetanie.
Von
Dr. Herhold, Assistenzarzt im 8. Westfal. Inf.-Kogt. No. 57 in Wesel.
Musketier L., im November 1885 eingestellt, hatte nach Angabe seiner
Stubenkameraden Januar 1886 einen „Krampfanfall“ mit Bewusstseins-
Verlust; eine 14 tägige Beobachtung auf Epilepsie im Lazaretb blieb
resnltatlos, und tbat L. bis zum Dezember 1886 ohne weitere Krank-
meldung Dienst, obschon er öfter allgemeine Krampfanfälle wie auch
die später zu beschreibenden Fingerkrämpfe bekam. Im Dezember 1886
ging L. mit einer sehr starken Kontusion der linken Augengegend, welche
er während eines Krampfanfalles erlitten, im Revier zu. Unwillkürlich
übte ich in Erinnerung an zwei Fälle von Tetanie, — die sich einige
Monate vorher auf der inneren Abtbeilung unseres Lazaretbs befanden,
leider aber ein wenig klares Bild genannter Krankheit boten und sich
infolgedessen nicht zur Veröffentlichung eigneten, — einen Druck auf
die Gegend des Oberarms ans, wo das Armnervengefleebt und die art.
brachialis dicht unter der Haut liegen, und konstatirte eine kurz darauf
eintretende Steifheit und Krümmung der Finger an dem betreffenden
Arme; L. wurde dem Lazareth überwiesen.
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128
Hier gab der sehr wenig intelligente Mann vorgescbichtlich an, dass
elterlicherseits keinerlei Nerven- oder Geisteskrankheiten beständen, dass
jedoch ein älterer Bruder in den Entwicklnngsjahren Krampfanfälle
gehabt habe, — welche später verschwunden sein sollen, — und dass
eine brustkranke Schwester an öfters nach Handarbeiten anftretenden
Fingerkrämpfen leide. Er selbst habe in seinem 7. Lebensjahre einen
schweren Typhus überstanden; seit seinem 16. Lebensjahre werde er
häufig sowohl von Fingerkrämpfen, deren Eintreten namentlich durch
Arbeiten im Freien bei nasskalter Witterung hervorgerufen werde, als
auch von allgemeinen, mit Verlust des Bewusstseins eiohergehenden, und
nach gemüthlichen Erregungen sich häufiger einstellenden Krampf-
anfällen heimgesucht. Den Fingerkrämpfen ginge stets ein Gefühl von
Kribbeln und Taubheit in den Fingerspitzen vorher.
Der kräftig, untersetzt gebaute und gut genährte Mann zeigt zu-
nächst keine besonderen Anomalien; am linken Daumen befindet sich eine
kleine nicht druckempfindliche Hautnarbe, die von einer im 10. Lebens-
jahre acquirirten Messerscbnittwunde herrührt. Die Organe der Brust-
und Bauchhöhle erscheinen intakt.
Zeichen einer gröberen Erkrankung des Ccntral-Nervensystems
fehlen. Am linken Unterschenkel werden Knopf und Spitze einer Steck-
nadel weniger deutlich unterschieden als rechterseits ; auch scheint hier
der Drucksinn und das Gefühl für Temperaturunterschiede weniger
deutlich ausgeprägt zu seiu. Während der Untersuchung stellten sich
häufig fibrilläre Zuckungen in den Muskeln der Extremitäten und des
Rumpfes ein. — Die Untersuchung der motorischen Nerven mit dem
faradischen Strome ergab eine deutliche Erhöhung der Erregbarkeit der
Nerven an den oberen und unteren Extremitäten; an den nn. faciales
war diese Uebererregbarkeit nicht vorhanden. Andere Nerven wurden,
weil sie einer Untersuchung weniger zugänglich waren, nicht untersucht. —
Mit dem galvanischen Strome konstatirte ich ebenfalls eine deutliche
Uebererregbarkeit an den motorischen Nerven der Extremitäten, sowohl für
die Schliessungs- als auch für die Oefifnungszuckung: so erhielt ich z. B.
bei Anwendung von zwanzig Elementen Schliessungszuckung und starke
Oeffnungszuckung, während bei möglichst unter gleichen Verhältnissen
augestellteu Farallelversuchen nur eine starke Schliessungszuckung und
eine schwache Oeffnungszuckung eintrat. Zugleich war das rasche Ein-
treten von Oeffnungszuckung bei L. bemerkenswerth. Dieselbe zeigte
sich bei ihm im Gegensatz zum normalen Verhältniss bei Einschaltung
von weniger Elementen, als es deren zum Hervorbringen einer Schliessnngs-
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129
Euckang bedarfte. Diese Versuche auf galvanische Uebererregbarkeit
wurden nur auf die motorischen Nerven der Extremitäten und den n. facialis
ausgedehnt; letzterer Nerv zeigte dabei eine erhöhte Erregbarkeit nicht.
Die mechanische Erregbarkeit der motorischen Nerven ist ebenfalls
beträchtlich gesteigert, und ist diesmal der n. facialis nicht allein nicht
ausgeschlossen, sondern zeigt sich die Uebererregbarkeit an > ihm am
deutlichsten ausgeprägt: leichtes Beklopfen des Nerven mit dem Per-
kussionsbammer rief sehr lebhafte Zuckungen in der Muskulatur der
betreffenden Gesicbtshälfte hervor. — Druck auf die arteria brachialis
resp. auf das Oberarm-Nervengeflecht bedingt die unter dem Namen des
Trousseau' sehen Phänomens bekannte Erscheinung: sehr schnell ein-
tretendes Gefühl von Kribbeln und Tanbsein in den Fingerspitzen, dann
starke Adduktion des Daumens und Beugung der stark aneinander
gepressten, in den Phalangeal- Gelenken gestreckten Finger in den
Metacarpopbalangeal- Gelenken. Gleichzeitig trat Flexion der Hand
ein. Nach dem Aufhören des Druckes löste sich der Krampf innerhalb
zweier Minuten, jedoch blieb noch eine gewisse Steifigkeit der Finger
zurück. Dasselbe Experiment gelang am anderen Arm und an beiden
unteren Extremitäten, an anderen Körperstellen versagte es. Druck auf
die arteria und den n. cruralis löste eine Kontraktur der Zehen ans; die-
selben wurden dabei krampfartig aneinander gepresst, die grosse Zehe
lag unter den anderen; die Fnsssohle wurde infolge dessen ähnlich wie
der Handteller ausgehöhlt, die Ferse etwas in die Höhe gezogen und
dadurch eine pes-equinus -artige Stellung geschaffen.
Während der längeren Beobachtung im Lazareth wurde nur ein für
Tetanie charakteristischer, ohne Bewnsstseinsverlnst einhergehender An-
fall konstatirt; es ist dies erklärlich, da L. derartige Anfälle anscheinend
spontan nur nach Arbeiten im Freien bei nasskalter Witterung beob-
achtete, und derartige schädigende Momente im Lazareth eben fortfielen.
Ein ^ veranlassendes Moment war übrigens hier nicht zu konstatiren.
Nach Bestätigung seiner Mitkrankeu batte L. die Fingerkrämpfe in der
vorher beschriebenen Weise fast 7 Stunden lang.
Typische An^le von Epilepsie hatte L. im Lazareth häufiger, ohne
dass es möglich gewesen wäre, dieselben ärztlicherseits genauer zu
beobachten. Einmal hinzngerufen, fand ich L. bewusstlos, ziemlich rnhig
am Boden liegend; Gesiebt geröthet, Nase und Lippen cyanotisch,
Pupillen weit und gegen Licbteinfall reaktionslos, Schaum vor dem
Munde; nach dem Anfalle tiefer Schlaf. Wie aus den Angaben seiner
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Zimmergenössen za schliessen war, hatte L. klonische Krämpfe vor dem
von mir beobachteten soporösen Stadium gehabt.
L. leidet also an Epilepsie and Tetanie. Die für letztere Krankheit
charakteristischen Symptome: faradische, galvanische and mechanische
üebererregbarkeit der Nerven, das Troasseaa'sche Phänomen, die
gelegentlich auch spontan aaftretenden Kontrakturen der Finger, welche
lediglich die Flexoren and Adduktoren ergreifen, sind in ausgeprägter
Form vorhanden.
In Bezog auf die Entstehung beider Krankheiten haben wir zwei
Momente ins Auge za fassen: die prädisponirenden and die occasionellen
Ursachen. Erstere sind laut anamnestischer Angaben für die Epilepsie
und Tetanie in erblicher (?) Belastung za suchen. Wenn L. auch
nichts von Nervenkrankheiten seiner Eltern weiss, so spricht das Er-
kranken mehrerer Geschwister an „Krämpfen“ dafür, dass irgendwo in
der Ascendenz constitntionelle Neuropathien vorhanden gewesen sind.
Bekanntlich ist es durchaus nichts Seltenes, dass hereditäre Krankheiten
eine Generation verschonen, um in der darauf folgenden wieder deutlich
anfzutreten.
Als occasionelle Ursache für die Tetanie kann der von L. über-
standene Typhns ausgeschlossen werden, da der Zeitraum zwischen
dieser Krankheit und dem ersten Auftreten der Fingerkrämpfe ein zu
grosser ist. Ebenso wenig ist die am Daumen befindliche, oberflächliche
und nicht druckempfindliche Narbe von Bedeutung. Es scheint vielmehr
der durch nasskalte Witterung bedingte, die peripheren Nerven treffende
Reiz auf dem Wege des Reflexes den Fingetkrampf ausznlösen und so-
mit auch die occasionelle Ursache zu sein. Durch welches Moment die
epileptischen Anfälle ansgelöst werden, lässt sich schwer erkennen. Am
meisten Wahrscheinlichkeit haben in Bezug auf diesen Punkt die
psychischen Erregungen. L. giebt selbst an, dass er seinen ersten An-
fall im 16. Lebensjahre nach voraufgegangenem Aerger bekommen habe;
während seiner Dienstzeit habe Schreck öfter den Krampf hervorgernfen.
Entnzoa des Darmkanals waren bei L. nicht vorhanden.
Eine wesentliche Aenderung trat in dem Zustande des L. während
seines Lazarethaufenthaltes trotz Behandlung mit Nervinis, Elektrizität
und Bädern nicht ein. Zeitweise — namentlich bei milder Witterung —
waren die für Tetanie charakteristischen Symptome etwas weniger
deutlich ausgeprägt. Nachdem ein epileptischer Anfall ärztlicherseits
konstatirt war, wurde L. nach Beilage IVb. 17 der Dienstanweisung
vom S. April 1877 als für jetzt unbrauchbar zur Disposition der Ober-
Ersatzbehörden entlassen.
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131
Referate nnd Kritiken.
Sanitätsbericbt über die deotscben Heere im Kriege gegen
Frankreich 1870/71. Herausgegeben von der Mediz. Abtbl. des
Preass. Kriegsministeriams unter Mitwirkung etc. III. Bd. Spez. Tbeil.
2. Kapitel. Verwundungen der Augen.
Das vorliegende Kapitel schliesst sich würdig den bisher veröfTent-
licbten Theilen des monumentalen Werkes .an, ja im gewissen Sinne
Dbertrifft es dieselben, indem ein bisher etwas vernachlässigtes Gebiet
der Kriegschirurgie hier zum ersten Male anf der Grundlage eines gross-
artigen Materials eine gesonderte und nmfassende Darstellung findet.
Dass dieselbe keine erschöpfende sein kann, liegt in der Natur des
Materials, doch verdient besonders bervorgchnben zu werden, dass das-
selbe ungleich eingehender nnd wertbvoller ist, als irgend welche ans
früheren Kriegen stammende Mittheilnngen und so aufs Nene Zeugniss
ablegt nicht nur für die aufopferungsvolle und hingehende Thätigkeit der
deutschen Sanitätsoffiziere im Felde, sondern auch für den wissenschaft-
lichen Geist, in dem sie ihre Aufgabe erfassten. Es ist gewiss der
höchsten Anerkennung werth, dass sie bei aller aufreibenden Thätigkeit
am Krankenbette sich nicht nur der Mühe unterzogen, ihre Beobachtungen
in den Krankenjonrnalen zu fixiren, sondern auch zeitraubende und
schwierige ophthalmoskopische Untersuchungen anzustellen. Hiermit ist
zugleich der im Berichte über den .Amerikanischen Rebellionskrieg gemachte
Ausspruch, der Angenspiegel sei für den Kriegsgebrauch prakti.sch nutz-
los, entschieden nnd endgültig widerlegt. Eine werthvolle Erweiterung
findet das Material durch Benutzung der Ergebnisse späterer Unter-
suchungen. welche behufs Feststellung von Invaliden - Ansprüchen
erfolgt sind.
Die Verwertbnng dieses Materials, die Bearbeitung nnd Darstellung
zeugen nicht nur von einem seltenen Fleiss, sondern bekunden eine Klar-
heit des Unheils nnd eine Sicherheit der Kritik, welche ein, was syste-
matische Gliedernng nnd harmonische Abrundung anbelangt, meisterhaftes
Ganze geschaffen haben. Durch Heranziehung des bisher in der Litteratnr
nicht benutzten Materials aus den früheren Kriegen bat das Kapitel eine
Vervollständigung erfahren, welche es im besten Sinne zu einer Mono-
graphie der Kriegsverletzungen des Sehorgans erhebt. Für alle künftigen
Bearbeitnngen dieses Gegenstandes wird es daher die notbwendige Grund-
lage bilden müssen. Aber auch der Friedensophtbalmologe findet hier
eine Fülle unschätzbarer Beobachtungen und Erfahrungen niedergelegt,
ln dieser Beziehnng sei besonders anf den Abschnitt über die sympathischen
Angenerkrankungen bingewiesen.
Am besten werden wir über den Umfang und den Zweck, welchen
der Berichterstatter im Auge hatte, durch eine kurze Vorbemerkung
orientirt; „Der Bearbeitung der Augen Verletzungen ist ein allgemeinerer
und umfassenderer Charakter als den übrigen Kapiteln dieses Bandes
gi'geben worden, im Interesse der Förderung einer bisher noch wenig im
Zn'ammenhange behandelten Disziplin: der Kriegschirurgie des Sehorgans.
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Kg bedarf zar Zeit keiner Erörterung mehr, dass innerhalb der Kriegs-
chirnrgie überhaupt den Verwundungen der Äugen ein eigenartiger Platz
gebührt: nöthiger ist es, zu betonen, dass gegenüber den Äugenverletznngen
durch Unglückgfälle im Frieden den Verwundungen des Sehorgans durch
Kriegswanen eine abweichende und selbstständige Bedeutung zukoramt.
Die Eigenartigkeit der verwundenden Gewalten und ihrer Wirkungen,
die andere Verwundungsentfernung, der mannigfaltige Wechsel der Stellung
der Augen gegenüber der Angriffsrichtung. Alles dies bedingt die hervor-
gehobene Selbstständigkeit des kriegschirnrgischen Gebiets, dessen
Charakteristik vornehmlich auf Grund des aus dem Deutsch-Französischen
Kriege vorliegenden Materials versucht werden soll.''
Das ganze Kapitel zer^llt in fünf Abschnitte. Der erste giebt eine
allgemeine statistische und kasuistische Uebersicht der Augenverwundungen.
Das Material aus dem Kriege 1870/7] erstreckt sich auf 860 Fälle von
Verletzungen des Sehorgans durch KriegswaiTen, wobei indess die auf
dem Schlacbtfelde Gefallenen ausser Betracht geblieben sind. Von
sämmtlichen Verwundungen bilden dieselben 0,86%. Bezüglich der Art
der Verletzung entfallen 96,2% auf Schuss, 9,8% auf Hieb und Stich.
Weiterhin ergiebt sich, dass die Anschauung, als ob die unmittelbaren
Kriegsverletzungen des Augapfels an dessen vorderem Umfange stets ohne
Weiteres zum Verluste desselben führen müssten, nicht stichhaltig ist,
indem im Ganzen nur 39,4% diesen Ansgang aufweisen. 298 Fälle oder
37,9“/o ergeben Störungen des Sehvermögens bei erhaltenem Augapfel,
der Rest 22,5% betrifft Bewegongsstörnngen ohne Beeinträchtigung des
Sehvermögens, Lidverletzungen und Sehstörungen ohne nähere Angabe.
Bei der ganzen Berechnung sind 74 Fälle von Sehstörungen nach Ver-
letzungen weit abgelegener Gegenden des Schädels und Gehirns ausser
Betracht geblieben. Auf .3.3 grossen Quartseiten folgen dann die Kranken-
geschichten für 247 Fälle der dnreh Verwundung erzeugten Affektionen
des Sehorgans, übersichtlich in Tabellenform zusammengestellt, so dass
man sich mit Leichtigkeit über Ort, Art und 2^it der Verwundung über-
haupt, Art der Augenverletzung bezw. Sehstörung, Ausgang der Verletzung
zu orientiren im Stande ist. Diese Zusammenstellung berücksichtigt
ausschliesslich Verwundungen bei deutschen Heeresangehörigen und
zwar lediglich durch Kriegswaffen bedingte.
Im zweiten Abschnitte wird eine Charakteristik der Augen-
verwnndungen nach der Ursache der Verletzung gegeben. Ans dem
interessanten Inhalte heben wir nur hervor, dass die Frage der so-
genannten Luftstreifschüsse, bei welchen durch das blosse Vorbeifliegen
eines Geschosses zerstörende Wirkungen auf das Sehorgan ausgeubt
werden sollen, weder durch die Mittheilungen aus früheren Kriegen, noch
durch die Erfahrungen des Deutsch-Französischen Krieges eine zweifel-
freie Bestätigung erfährt. Die Annahme stützt sich in der Regel auf die
Angaben der Verletzten. Bei näherer Betrachtung ist aber meist
Explosionswirkung namentlich durch in der Nähe platzende Spreng-
geschosse nicht auszuschliessen. Wiederholt handelte cs sich auch um
wirkliche Berührung durch Streifschüsse, Splitter und dergleichen. In
den übrig bleibenden Fällen erscheint die Annahme einer Beeinflussung
des Geisteslebens gerechtfertigt, wie dies besonders durch einen von
Szokalski berichteten Fall wahrscheinlich wird. Wir würden es dann
mit einem ähnlichen Vorgang wie bei der Schrecklähmung zu thun haben.
133
Der dritte Abschnitt behandelt die typischen Augenverwundungen
im Allgemeinen, der vierte die Verwundungen und traumatischen
Affektionen des Sehorgans nach der Art des Verletzungsvorganges und
nach den betroffenen Geweben. Das reichhaltige Material ist hier ebenso
eingehend und übersichtlich behandelt wie kritisch gesichtet. Von allen
gewagten Schlussfolgerungen hält sich der Berichterstatter fern, alle
weitergebenden Betrachtungen geben ein Zeugniss für das sichere Urtheil
und die vorsichtige Kritik, welche ihn bei der Abfassung des ganzen
Kapitels leiteten. Wir müssen uns leider versagen auf den Inhalt näher
einzugehen und wollen hier nur noch auf den Tbeil, welcher die
Affektionen des Sehnerven behandelt, besonders hinweisen. Derselbe
bietet durch die zahlreichen und sorgfältigen ophthalmoskopischen Unter-
suchungen, welche im späteren Verlaufe der Krankheit vorgenommen
worden, ein besonders werthvolles Material. Es hat sich auch hier die
häufig beobachtete Tbatsache konstatiren lassen, dass die schliesslicbe
Sehnervenverfärbung sich in einzelnen Fällen erst nach Jahre langem
Bestehen des Krankheitsvorganges heransstellte.
Der fünfte Abschnitt, welcher über die sympathischen Augen-
erkrankungen handelt, bildet eigentlich eine Monographie für sich und
rechtfertigt allein schon den hohen Werth, welchen wir dem ganzen
Kapitel nicht bloss für die Kriegscbirurgie, sondern für die Augenheil-
kunde überhaupt beilegen. Die Bedeutung, welche dieser Abschnitt für
erstere hat, erhellt schon aus dem Umstande, dass die sympathischen
Angenerkrankungen bisher nur einmal in der kriegschirnrgischen Statistik
berücksichtigt „worden sind, nämlich in dem Berichte über den Nord-
amerikanischen Rebellionskrieg, in welchem 41 Fälle mit sympathischer
Erkrankung des unverletzt gebliebenen Auges unter 254 Fällen von
2^rstörunng eines Auges berechnet werden. Der vorliegenden Abhandlung
liegt eine Kasuistik von 99 Fällen zu Grunde, welche, übersichtlich
zusammengestellt, mit Leichtigkeit eine Orientimng über Art und Verlauf
der Verwundung, späteren Zustand des verwundeten Auges, sympathische
Erkrankung ermöglichen. Diese Zusammenstellung umfasst sämmtlicbe
sympathische Erkrankungen, welche bei deutschen Verwundeten auf
Verletzung des einen Auges durch Kriegswaffen gefolgt sind. Alle
anderen Verletzungen, ebenso die von Mannschaften der französischen Armee
blieben unberücksichtigt.
Es kann nicht der Zweck dieser kurzen Besprechung sein auf den
reichen Inhalt näher einzugehen, wir begnügen uns auf die hohe Be-
deutung dieses Abschnittes für die gesammte Augenheilkunde hinzu-
weisen, indem wir uns der Hoffnung hingeben, hierdurch zu einem ein-
gehenden Studium desselben anzuregen. Wir beschränken nns hier auf
die Anführung der Schlusssätze, welche die Resultate der ganzen müh-
seligen Untersuchung in prägnanter Form hinstellen:
1) Von den Schussverletzungen der Augen während des Feld-
zuges 1870/71 haben diejenigen Affektionen, nach welchen crfabrnngs-
gemäss sympathische Erkrankung des zweiten Auges häufiger aufzutreten
pflegte — die verschiedenen Formen von V'erlust und Schwund des Aug-
apfels, cyclitische Prozesse, Fremdkörper — , in 56,5 pCt. zu sympathischen
Erscheinungen geführt.
2) An diesem Häufigkeitsverhältniss sind die vorgenannten Affektionen
des verwundeten Auges, darunter auch die Fanophtbalmie io annähernd
gleicher Weise betheiligt — mit Ausnahme derjenigen Verletzungen,
134
welche ohne beträchtliche Entzündanggerscheinungen znm langsamen
Schwand des Augapfels geführt haben und für die sympathischen
Alfektionen ein Prozentverb^tniss von nur 33,3 aufweisen. Verletzungen
mit cyclitischen Erscheinungen haben etwas häufiger sympathische
Erkrankungen und besonders häufig schwere Formen der letzteren
verursacht.
3) Auch unmittelbare vollständige Zerstörung des Augapfels durch
Schussverletzung führte bei 62,7 pCt. der Betroffenen zu sympathischer
Erkrankung, in entschiedenem Gegensatz zu der kunstgerechten Entfernung
des Augapfels durch Enukleation, nach deren frühzeitiger, d. b. vor der
Entwickelung sympathischer Erscheinungen erfolgter Ausführung spätere
sympathische Erkrankung des anderen Auges selten vorkommt. Nach
Entwickelung sympathischer ErkrSnkung ist der Erfolg der Operation
unberechenbar; mit Ausnahme eines einzigen Falles bat dieselbe nie zu
dauernder Gesundheit des andern Auges geführt.
4) Trotz ihrer Häufigkeit ist der Charakter der sympathischen
Erkrankungen ein durchaus milder gewesen. 51 pCl. sämmtlicher
sympathischen Erkrankungen bestanden ausschliesslich in subjektiven
Keizungserscheinungen ; höchstens 17,9 pCt. der in Betracht gezogenen
Verletzungen haben wirklich entzündliche Vorgänge im zweiten Auge
hervorgerufen.
5) Betreffs der Zeit des Beginns der ersten sympathischen
Erscheinungen steht voran die zweite Hälfte des ersten Jahres, welcher
sich zunächst die ersten, sodann die zweiten drei Monate nach der
Verletzung anschliessen. Nicht unerheblich ist auch noch die Zahl der
im zweiten und dritten Jahre Erkrankten.
6) Im Beginn aufgetretene subjektive Reizungsersebeinungen sind
zum grössten Theile unverändert bestehen geblieben; Mittbeilungen über
dauerndes, selbst über vorübergebendes Verschwinden derselben sind
vereinzelt; dagegen ist später Komplikation mit Bindehantveränderungen
6 mal, mit entzündlichen Krankheitserscheinungen und Entartungs-
vorgängen 14 mal (unter 71 Beobachtungen) berichtet worden.
So bildet auch dieses Kapitel einen weiteren Baustein zu dem Ehren-
denkmal, welches sich das deutsche Sanitätsoffizierkorps in dem gross-
artigen Werke über den Deutsch-Französischen Krieg gesetzt hat, und
giebt ein neues Zeugniss ab für den hingebenden Eifer seiner Mitglieder
im Dienste des Vaterlandes und der Wissenschaft.
Pusch (Berlin).
Krankenträger-Ordnung. Mit .36 Abbildungen im Text; 1()4 S. kl.
Oktav. Berlin 1888 bei E. S. Mittler und Sohn, Königl. Hofbuch-
handlung, SW. Koebstr. 68—70. — Bei unmittelbarer Bestellung ans
der Armee geheftet Preis 65 Pf., gebunden (Pappband mit Leinwand-
rücken) 80 Pf.
ln rascher Aufeinanderfolge erscheinende V'^eröffentlichungen — wir
erinnern, abgesehen von dem Kriegs-Sanitäts-Bericht, von welchem jetzt
eben wieder zwei stattliche Bände zur V'ersendung gelangen, an die im
verfiossenen Jahre berausgegebenen Unterrichtsbücher für Lazarethgehülfen
und freiwillige Krankenpfleger — geben auch entfernter stehenden Kreisen
Kunde von der rastlosen Thätigkeit und Fürsorge, welche an der Central-
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1S5
stelle herrscht, um dem verwundeten Kämpfer für König und Vaterland
im Felde alles Dasjenige zu bieten, was die Erfahrung als zweckmässig
erkannt bat.
Die neue Krankenträger • Ordnung, welche durch Verfügung des
Kriegsministerinms vom 27. Januar 1888 (A.-V.-BI. 1888 No. 2) an Stelle
der „Instruktion für die Militärärzte zum Unterricht für Krankenträger'^
vom 25. Juni 1875 getreten ist, enthält alle einschlägigen Bestimmungen,
welche früher in verschiedenen Instruktionen verstreut waren; sie präseutirt
sich in dem bereits bekannten handlichen Formate des Unterricbtsbnches
für freiwillige Krankenpfleger. Lehrer wie Schüler, welchen Letzteren
auch die „Ordnung“ durch den Buchhandel zugänglich ist (ein nicht hoch
genug anzuschlagender Vortheil), werden sicherlich diese Einrichtung mit
Genugthuung begrüssen; das Format ist höchst praktisch.
Die Anordnung des Inhaltes ist eine wesentlich andere, als diejenige
der alten Instruktion war. Alles Gute und Brauchbare der letzteren mit
ihren Nachträgen ist selbstverständlich in die neue Ordnung übernommen,
welche io fünfTbeilen: I. Die Eintbeilung und Bestimmung der Kranken-
träger (§. 1 — 3), II. Die allgemeinen Bestimmungen über die Ausbildung
(§. 4 — 12), III. Die nothwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten der Kranken-
träger (§. 13 — 29), IV. Den Verwundeten-Transport im Felde (§. 30 — 53),
ond V. Die besonderen Dienstleistungen der Krankenträger — Begleitung
grösserer Verwundeten - Transporte nnd Dienstleistung in Lazarethen
(§.54 —55) — behandelt. Als Beilagen (Seite 86 — 104) werden die be-
kannte Vorschrift zur Herstellung von Stroh verbänden, das Aufschlagen
des Verbindezeltes, das Herabnehmen und Verladen der leeren Kranken-
tragen, endlich die Herrichtung von Leiterwagen zum Verwundeten-
Transport nach norwegischer Art gegeben.
Die Ausbildung der Krankenträger, welche unter möglichster Ver-
meidung von Fremdwörtern — worin die Ordnung mit gutem Beispiele vor-
angebt — dem Fassungsvermögen der Mannschaften anzupassen ist, zerfällt
in den Unterricht nnd dieUebung. Als Richtschnur der Ausbildung gilt,
dass die Krankenträger grundsätzlich bestimmt sind, die Ver-
wundeten schleunigst der ärztlichen Hülfe, namentlich dem
Hauptverbandplätze znznfübren nnd nur ganz ausnahmsweise
(bei starken Blutungen oder bei der Unmöglichkeit eines Transportes
ohne Stützverbaod, §. 20,<) selbst den Verwundeten die erste Hülfe
leisten.
Der Unterricht findet in 20 Lehrstunden statt und wird in der Regel
unter der oberen Leitung von Stabs- bezw. Oberstabsärzten, im Laufe
des Winters von Assistenzärzten ertheilt. — Die Zahl der Auszubildenden
der Infanterie, Jäger ond Schützen bestimmt jedes Generalkommando
alljährlich so, dass sein Bedarf an Hülfskrankenträgern wie an Kranken-
trägern für die Sanitäts-Detachements durch die im aktiven Dienststande,
wie im Benrlanbtenstande befindlichen Ansgebildeten gedeckt wird. Bei
der Kavallerie, Fuss-Artillerie, den Pionieren und Eisenbahntruppen be-
trägt die Zahl der alljährlich — nur zu Hülfskrankenträgern — Auszu-
bildenden für jede Elskadron oder Kompagnie 4, bei der Feld-Artillerie für
jede Batterie 2. — Ausserdem nehmen an dem Unterricht die Hoboisten nnd
Hülfshoboisten der Infanterie nnd die Hornisten der Jäger, Schützen und
Pioniere des ersten Dienstjahres Theil, soweit sie körperlich zum Dienst
als Krankenträger geeignet sind, endlich die Unterlazarethgebülfen und
Lazaretbgehnlfeolebrlinge, während die älteren Gehülfen für die Verband-
Dic-'
136
□bongen als Hülfsinstroktoren herangezogen werden können. — Wieder-
holungen des Unterrichts finden statt mit den im 3. Dieostjahre stehen-
den Aasgebildeten, mit den bez. Hoboisten etc. des 2. nnd 3. Dienstjahres,
sowie mit den zom ersten Male Aasgebildeten anmittelbar vor der Uebong.
Als höchst zweckmässig in jeder Beziehung muss die Anordnong be-
zeichnet werden, dass die zur Aasbildang kommandirten Unterofl^ere
Tor jeder Lehrstande eine halbe Stande noch besonders nnterricbtet werden.
Für die 10 tägige Uebnng unter Leitung der Train-Bataillonskomman-
denre bezw. eines Stabsof^iers der Infanterie wird angeordnet, dass
zur Ueberwachnng des fachtechnischen Dienstes der Sanitätsoffiziere ein
Divisionsarzt kommandirt wird. Sonst werden an Sanitätsoffizieren
ausser einem Stabsarzte, welcher dem leitenden Stabsoffizier zar Seite
steht, auf je 100 Mann 2 Assistenzärzte kommandirt, mit der Maassgabe
jedoch, dass ein zweiter Assistenzarzt schon zulässig ist, sobald die Zahl
der übenden Leute 50 übersteigt — Alle diensttbnenden Offiziere sind
während der Uebung oder wenigstens an den Tagen der Uebnng mit be-
spannten Fahrzeugen im Gelände beritten zu machen. An 1 oder 2 Tagen
findet eine Eisenbahnübnng mit Ein- und Ausladen der Verwundeten,
sowie Herrichtnng der Güterwagen nach Hamburger und Orund'schem
Systeme statt; auch werden unter Zuziehung der nicht unmittelbar bei
der Krankenträgeransbildung betheiligten Sanitätsoffiziere, sowie der
Militärapotheker der Garnison Packübungen an dem Materiale der Feld-
Sanitätsformationen vorgenommen.
Als sehr angenehm wird es im Interesse der einheitlichen Aas-
bildang empfanden werden, dass für alle einzelnen Verrichtungen ganz
bestimmte Kommandos vorgeschrieben sind.
Die Krankenträgerübungen werden durch einen General besichtigt;
der Besichtigung wohnt der Korpsarzt bei. Der General sowie der
Korpsarzt reichen jeder für sich einen Bericht über ihre Wahrnehmungen
an das Generalkommando ein.
Der Unterricht wird in dankenswerther Weise durch zweckmässig
im Texte eingestreute Abbildungen über das Zudrücken der Schlagadern
und das Anlegen der Tücher verbände erleichtert; übrigens sollen auch
die Abbildungen des U. f. L. zur Erläuterung benutzt werden. — Die
Darstellung über die nothwendigste Hülfeleistung bei den wichtigsten
Kriegsverletzungen und über die erste Hülfe bei plötzlicher Lebens-
gefahr durch Unglücksfälle u. dergl. ist unter Vermeidung allen Beiwerks
kurz, aber umfassend und klar. Eindringlich werden dem Krankenträger
die Grundsätze der Antiseptik eingescharft: „Jede Unreinlichkeit,
welche in eine Wunde kommt, kann dem Verwundeten das Leben
kosten. Deshalb berühre der Krankenträger die Wunde nicht
mit den Fingern oder etwa gar mit dem Taschentnche, dem
Hemde des Verwundeten n. s. w., auch unterlasse er jedes Aus-
wischen von Blut ans der Wunde, sowie die Entfernung von
Fremdkörpern.'^ — Das sind goldene Worte, durch deren Befolgung
sicherlich manchem Soldaten das Leben erhalten bleiben wird.
Theil IV behandelt in 4 Kapiteln den Verwundetentransport im
Felde, bis zum Wagenhalteplatz, auf den Krankenwagen, mittelst anderer
Fuhrwerke und auf der Eisenbahn. — Die Belehrung der Krankenträger
über das Sanitätsdetachement, seine Eintheilung und seinen Aufmarsch,
über das Aufschlagen der Verbindezelte und das Verfahren auf dem
Wagen halteplatze, den Verwundetentransport auf den Krankenwagen,
Dh--
137
endlich über die Herrichtaog anderer Fuhrwerke und den Transport auf
denselben ist während der Uehnng den Trainoffizieren überwiesen,
während die Sanitätsoffiziere die Krankenträger über alle Maassnahmen
Ton ihrer Ankunft bei dem Verwundeten an bis zu seiner Ueberführung
auf den Wagenhalteplatz, ferner über den Transport auf der Eisenbahn
za unterweisen haben. — Zahlreiche (25) instruktive Figuren erläutern
den Text und sind eine willkommene Beigabe.
Die Sprache der Krankenträger- Ordnung ist streng sachlich, mili-
tärisch kurz nnd leicht verständlich. — Wir zweifeln nicht, dass sie dazu
beitragen wird, den Unterricht zu erleichtern und in den Krankenträgern
das Bewusstsein zu erwecken und rege zu erhalten, dass sie sich die Liebe
und den Dank ihrer leidenden Kameraden, wie die Anerkennung ihrer
Vorgesetzten erwerben, wenn sie ihren schweren, aber segensreichen Beruf
treu erfüllen. Ltz.
Bericht über die Thätigkeit der zur Erforschung der Cholera
im Jahre 1883 nach Egjpten und Indien entsandten
Kommission, unter Mitwirkung von Dr. R Koch, Geb. Med.-
Rath, bearbeitet von Dr. 6. Oaffky, Kaiser!. Regiernngsrath. Mit
Abbildungen im Text, 30 Tafeln nnd einem Titelbilde. Berlin, Verlag
von J. Springer, 1^7.
Der vorliegende Bericht, eine detaillirte Darlegung der „gesammten
Thätigkeit nnd Reiseerlebnisse“ der allbekannten, vielbewanderten und
gefeierten „Cholerakommission“ unter Führung R. Koch's, ist ein Werk
ersten Randes nnd steht in seiner Art geradezu einzig da. —
ln mnstergiltiger Darstellung wird ans eine Fülle der interessantesten
and wichtigsten Einzelheiten betreffs der Verbreitungsweise und der
ätiologischen Verhältnisse der Cholera überhaupt vorgeführt, sind die
Mittel und Wege geschildert, auf denen es, unter Ueberwindung aller
äusseren Schwierigkeiten gelangen ist, an der Hand einer vollendeten
Technik den Erreger der gefürchteten Seuche anfzufinden.
Wir beschränken ans auf einen kurzen Auszug des überaus reichen
Inhalts des Werkes und wollen nur bei einzelnen, besonders lehrreichen
Kapiteln das Wichtigste hervorheben.
In der Einleitung wird zunächst die Veranlassung zur Entsendung
einer deutschen Kommission zur Erforschung der Cholera im Jahre 1883,
die Vorbereitung der Expedition nnd die Reise von Berlin bis Kairo
besprochen. Darauf folgt eine Schilderung des Gesundheitszustandes
Damiette's vor Ansbruch der Epidemie, der ersten Cholerafälle daselbst
und des weiteren Verlaufs der Epidemie, sowie der während derselben
getroffenen hygienischen Maassregeln und der möglichen Entstehnngs-
weise der Seuche. — Die nächsten Kapitel behandeln den weiteren
Verlauf der Epidemie in Egypten nnd ihr Erlöschen, die Cholera in
Kairo, in Alexandrien, Port Said, Ismailia und Suez, und bringen ver-
gleichende Bemerkungen zu den bisherigen Cholera-Epidemien Egyptens,
insbesondere den beiden letzten im Jahre 1863 und 1883.
Da es der Kommission nicht gelangen war, in Egypten ihre Auf-
gabe völlig zu Ende zu führen, so beschloss dieselbe, das im Bereich des
Gangesdelta, der eigentlichen Heimath der Cholera, gelegene Kalkutta
als demnächstiges Arbeitsfeld zu wählen. Sie begab sich daher zunächst
Dr-
138
von Kairo über Igmailia und Suez nach Colombo. Anaführlicb werden
hier die Quarantäneanatalten in Egypten und am Rothen Meere (and zwar
die za Alexandrien, Damiette, Suez, £1 Tor, Bl Wedj and anf der Insel
Kamaran) beschrieben. — Das nächste Kapitel — eines der interessantesten
und lehrreichsten, da es ein am wenigsten bekanntes Qebiet betrifft, —
ist das über die Mckkapilger und die Cholera im Hedjaz. Die Mekka-
pilger rekratiren eich aus der gesammlen mahamedanischen Welt and
ihre Zahl beläuft sich znr Zeit der religiösen Feste in Mekka oft bis
auf 100000 and mehr. Ein gutes Drittel derselben (darcbschuittlich
37 000) kommt auf dem Seewege and betritt meistens bei Djeddah das
Land. Die am stärksten benutzte Lands trasse ist die von Damaskus
herführende. Da nun, mit einer einzigen Ausnahme, bisher alle Cholera-
Epidemien im Hedjaz znr Zeit der Pil^erzüge aufgetreten sind,
so liegt die Annahme nahe, dass die Pilger den Infektionsstoff im-
portirten und alsdann nach den verschiedensten Richtungen verschleppten.
Disponirende Schädlichkeiten für die Krankheit sind in den körperlichen
and geistigen Anstrengungen der Pilger, der mangelhaften, nngewojinten
Ernährnng, dem Genuss verunreinigten Wassers u. s. w. genügend
gegeben. — Obwohl nun die von den Epidemien im Hedjaz drohende
Gefahr dem Berichte nach stets eine sehr grosse ist, so tritt doch diese
Gefahr vielleicht gegen diejenige wesentlich zurück, welche dadurch
gegeben ist, dass die Eisenbahnverbindung zwischen dem
endemischen Gebiete der Cholera mit den Ländern Europas
(die Transkaspische Bahn hat bereits den Ama-Darja erreicht) eine
immer direktere wird.
Nach einigen kurzen Mittheilungen über die Insel Ceylon und die
^gienischen Verhältnisse Colombos, sowie über die Reise nach
Kalkutta, führt uns ein neues Kapitel die Thätigkeit der Kommission in
dieser Stadt vor. Es wird in extenso das ganze Vorgehen, die mikro-
skopischen Untersuchungen an Choleraleicben , das Kulturverfahren und
die Thierexperimente abgehandelt, welche endlich dazu führten, in dem
schon in Egypten beobachteten „Kommabacillus“ den tbatsäcblichen
Cholerainfekiionsstoff zu erkennen. Schon damals wurden umfangreiche
Studien über die Lebenseigenschaften und die Verbreitung dieses Mikro-
organismus angestellt (der Bericht bringt ihre Ergebnisse) , . Und es
gelang unter Anderem, in dem Wasser des Tanks von Saheb-
Bagan, in dessen Umgebung eine Choleraepidemie herrschte,
den betreffenden Bacillus aufzufinden. Der Tank, umgeben von
etwa 40 Lehmhütten, diente zum Baden, zum Waschen der schmutzigen
Wäsche, zur Entnahme des Trink- und Gebrauchswassers u. s. w. In
seiner unmittelbaren Nähe befanden sich die höchst primitiven Aborte
(halbzerbrochene, grosse irdene Töpfe, mit der unteren Hälfte in die
Erde eingegraben, ohne jedwede Sitzvorrichtung). Bei einer Unter-
suchung von 4 Proben des trüben, aber nicht übelriechenden Wassers
wurden zweimal, bei einer 3 Tage später vorgenommenen Untersuchung
von 7 Proben dreimal Cbolerabacillen nachgewiesen. Nach dem
Erlöschen der Cholera in der Nachbarschaft des Tanks konnte nur noch
in einer Wasserprobe eine einzige spezifische Kolonie anfgefunden
werden.
Das folgende Kapitel: „Die Cholera in Kalkutta**, enthält eine
Darstellung der Wasserversorgung, der Kanalisation und Cholera-
mortalität dieser Stadt. — Mit dem Jahre 1870, seit der Uebergabe der
yii i tnj uy Google
139
grosaen Wasaerleitung, deren Wasser sich chemisch and bakterioskopisch
Ton guter Qualität erwies, ist eine entscheidende Aenderung in den
Cboleraverbältnissen Kalkuttas eingetreteu. Plötzlich und dauernd sank
nämlich die Cboleramortalität in der Stadt auf etwa ein Drittel der
früheren herab, während ein ähnlicher Abfall in Bengalen überhaupt
weder im Jahre 1870, noch später zu verzeichnen ist. Einen günstigen
Einfluss der Kanalisation und der vermehrten Reinhaltung Kalkuttas
auf die Cholerasterblicbkeit konnte die Kommission dagegen nicht
nschweisen.
Das Fort William war in früheren Jahren in sehr hohem Grade
von der Cholera beimgesucht. Seit 1865 ist dasselbe von der Seuche
verschont, und zwar ebenfalls unmittelbar nach der Herstellung einer
guten, von der der Stadt unabhängigen, Wasserversorgung der Trappen.
Das folgende Kapitel liefert weitere Belege für die fundamentale
Bedeutung, welche der Wasserversorgung für die Choleraverhältniste,
namentlich in den Orten Pondichcrry und Madras, sowie ferner in
Nagpur und Guntur, beizumessen ist.
lieber das Vorkommen der Cholera auf den Kalischiffen, das
Pilgerwesen und die Cholera in Indien belehren uns zwei weitere
Abschnitte. — Im Jahre 1872 trat die Cholera noch auf ca. '/i aller
von Kalkutta auslaufenden Schilfe auf. Die seit 1874 bemerkbare,
wesentliche Abnahme der Krankheit wird auf sanitäre Verbesserungen,
namentlich auf die Versorgung der Schiffe mit gutem Trinkwasser,
zurückgeführt.
Die Erörterung der Cboleraverhältnisse in dem Pilgerorte Pari
gipfelt in dem Satze: dass dieselben, obwohl bisher vielfach als ein
Beweis gegen die Verbreitung der Cholera durch den mensch-
lichen Verkehr verwerthet, sich im Gegentheil bei genauerer Unter-
suchung gerade als ein ausgezeichnetes Beispiel für den Einfluss
des Verkehrs erweisen. Die Cholerafrequenz in Puri entspricht
nämlich genau der Pilgerfrequenz, und selbst die meteorologischen Ein-
flüsse (Regenzeit) treten dem mächtigen Faktor des menschlichen Ver-
kehrs gegenüber in den Hintergrund.
Mit den Kapiteln; „von Kalkutta nach Bombay“, „die Cholera in
Bombay“ und „von Bombay nach Berlin“ schliesst der Bericht.
Acht Anlagen — (betreffend die Ausrüstung der Expedition, die
Berichte über die Tbätigkcit der Kommission an das Staatsministerium,
Dekret betreffend die Organisation des Conseil sanitaire, maritime et
qnarantenaire, die Leprahospitäler zu Colombo, Madras und Kalkutta,
Aufzeichnungen über die ausgefübrten Obduktionen von Choleraleicben,
Beobachtungen über verschiedene andere Krankheiten in Egypten und
Indien, Aufzeichnungen über einige von der Kommission besichtigte
Trnppenkantonnements, Gefängnisse und Hospitäler, nebst Mittheilungen
über Maassregeln zur Bekämpfung der Cholera unter den Truppen in
Indien und über die ärztliche Behandlung der Cholerakranken, Zusammen-
stellung der durch die Entsendung der Kommission erwachsenen
Kosten) — bilden die Vervollständigung des Werkes.
Welche Fundgrube für das Studium nach Alledem der Bericht
darstellt, bedarf keiner weiteren Hervorhebung.
Pfuhl (Trier).
p:..;-:
140
Prof. Dr. Ritter von Mogetig-Moorhof. Vorlegungen über
Krieggcbirnrgie. Wien und Leipzig. Urban nnd Schwarzen-
berg. 1887. S. 332. 1 Band.
Aug der Feder deg nicht nnr alg Chirurg, gondern auch in gpecie als
Feldarzt bewährten Mogetig liegt ung eine in klarer, gefälliger Dar-
gtellang, in knappen, kurzen Sätzen geschriebene, den umfangreichen
Stoff in übersichtlicher Anordnung in Form von V'orlesnngen abhandelnde
Kriegschirurgie vor. Dass sie nichts Obsoletes bringt, dass die neuesten
Arbeiten auf dem eingcblägigen Gebiete der Chirurgie berücksichtigt nnd
verwerthet sind, braucht als etwas Selbstverständliches nicht erst besonders
hervorgeboben zu werden. Was das Buch so überaus werthvoll macht,
so dass seine Anschaffung jedem Sanitätsoffizier nur auf das Wärmste
anempfohlen werden kann, ist der aus der Auswahl der Materie, der
Umgrenzung des Inhaltes sowohl als auch ans der Besprechung der ein-
zelnen kriegschirnrgischen Thematen bervorlenchtende praktische Stand-
punkt, welcher den Verfasser bei Abfassung des Werkes geleitet hat.
Wollte man einen Vergleich ziehen mit einem schon in der Litteratur
vorhandenen, das gleiche Gebiet behandelnden Buche, so wäre es der mit
der jetzt veralteten, ihrer Zeit aber, weil praktisch brauchbar, sehr
beliebten kriegschirurgiscben Technik von Landsberger. Mosetig giebt
uns nicht ein Theorie und Praxis vollständig umfassendes Lehrbuch, wie
etwa das zweibändige Fischer’sche, sondern einen kurzen, die Theorie
nur, soweit sie für das praktische Handeln des Feldarztes in Frage
kommt, berücksichtigenden Leitfaden der modernen Kriegschirurgie in die
Hand. — Die vorliegende Arbeit verdankt ihre Entstehung einer Reihe
extemporirter freier Vorträge, welche M. vor einer Anzahl von seiner
Krankenbausstation zu ihrer weiteren chirurgischen Ausbildung zugetheilter
k. k. österreichischen Militärärzten theils am Krankenbette theils am
Operationstische zu halten Veranlassung fand. Er hat sich für diese
Vorträge von vornherein ganz bestimmte Grenzen gezogen: er berührt
absichtlich nur bin nnd wieder flüchtig die chirurgische Uülfeleistung in
derersten Linie i. e. auf dem Verbandplätze der Truppen, des Detachements,
im Feldlazareth, scbliesst somit auch die Besprechung der verschiedenen
Verwundeten-Transportmittel ans. Auch für sein spezielles Thema d. i. das
chirurgische Wirken in den stabilen SanitStsanstalten (nach unserer
Terminologie: stehende Kriegslazarethe, Reservelazarethe, Lazarethe in
der Heimath) lehnt er die Schilderung und Erörterung der Unterbringungs-
Örtlichkeiten (Zelt- und Barackeufrage) ab. Dieser engen Umgrenzung
seiner Vortragstbemata (21 Vorlesungen) ist es zu danken, dass in einem
so kompendiösen Werkchen grade die wichtigsten Kapitel der Kriegs-
chirurgie ihre Besprechung finden. — Die in dem Buche uns entgegen-
tretende besondere Vorliebe für das Jodoform als Antiseptikum und für
die auf dasselbe sich gründenden Verbandmethoden erscheint uns natürlich,
ist doch der Verf. der Vater des Jodoform. Schon eher könnte man
den Vorwurf erheben, dass bei dem Kapitel der Transfusion noch viel
zu sehr der Bluttransfusion das Wort geredet wird und die doch zum
Mindesten sehr berechtigten von von Bergmann in seiner Festschrift
vom 2. 8. 1883 niedergelegten Einwände gegen dieses seiner Anschauung
nach nicht bloss nutzlose, sondern geradezu gefahrvolle Operationsverfahren
keine Erwähnung und Berücksichtigung ^et^unden haben. Der Standpunkt
des Verf. der Mikroparasiten-Lebre gegenüber erscheint noch allzu skeptisch
V
yiiiztxj uy Google
141
UDil allza weuig vertrauensvoll, äussert er sieb bezüglich der den Tetanus
hervorrnfenden Noxe doch wie folgt: „Wir nehmen also einen typischen
Stoff, ein spezifisches Gift als Ursache des Tetanus an, ohne uns weiter
zu kümmern, ob er als Ptomain i. e. als Stoffwecbselprodukt spezifischer
Mikrobien aufzufassen sei oder anders entstehe, „erfahren werden wir
es doch kaum je“, und Seite 87 spricht er sich über die Aetiologie
des Erv'sipel folgendermaassen aus: „Wir glauben ans den Unter-
snehnngen von Febleisen zu wissen, dass das Wesen des Rothlaufes
in der Einimpfung einer eigenen Kokkusart bestehe etc.“ „Der Kokkus
lasst sich auf geeignetem Nährboden züchten und „soll“ die Impfung
der Reinkultur stets wieder Erysipel herbeiführen.“ Wozu die Verdienste
unserer jungen Doktrin und ihrer Vertreter schmälern wollen? Eher,
könnte man meinen, wäre etwas mehr Skepsis am Platze einem so neuen
Medikamente gegenüber wie dem Kokain. Denn ob die überaus warme
Empfehlung (S. 105) dieses in seiner unter Umständen deletären Wirkung
doch noch nicht genügend gekannten pharmazeutischen Präparates für
im Felde ausznfübrende kleinere Operationen allerseits Billigung finden
wird, erscheint zweifelhaft; sind doch erst neuerdings wieder einige Fälle
von Intoxikation gerade bei Vornahme kleiner chirurgischer Hülfeleistungen
bekannt geworden und dazu bei der vom Verf. empfohlenen Dosirung (5%).
Cf. Deutsche med. Wochensebr. 1888, No. 1, Mittbeilung von Löbker.*)
Gegenüber den grossen, oben bereite hervorgehobenen Vorzügen des
Buches fallen indess alle diese, zudem ja subjektiven Ausstellongen nicht
ins Gewicht. Zweifellos ist dasselbe berufen, eine sicher von Vielen
empfundene Lücke auf dem Büchermärkte auszufüllen, da kriegsebirnr-
gische, dem neuesten Standpunkte der Wissenschaft angepasste Ab-
handlungen, wie Verf. mit Recht im Vorwort hervorhebt, fehlen.
Die Ausstattung (Druck, Papier, Einband) ist, wie bei der rühmlichst
bekannten Verlagsbuchhandlung nicht anders zu erwarten ist, eine über
jeden Tadel erhabene. Ein den Schloss bildendes alphabetisches Inhalts-
verzeichniss erleichtert das Anfsnehen der im Einzelnen interessirenden
Abhandlungen. Goerlitz.
Mittheiinngen.
Berliner militärärztlichc Gesellschaft.
Das diesjährige, in der gewohnten, liebgewordenen Weise am
2<). Februar durch ein Diner im Hotel Imperial begangene Stiftungsfest
der Gesellschaft unterschied eich von den früheren Veranstaltungen nicht
nur durch die grosse, nie bisher erreichte Zahl [137] einheimischer und
auswärtiger Theilnehmer, sondern erhielt auch eine besondere Weihe
dadurch, dass Se. Excellenz der Herr Kriegsminister in Begleitung seines
Adjutanten, des Herrn Baron von Ardenne, desgleichen der Direktor
des Allgemeinen Kriegsdepartements, Se. Excellenz Herr Generallieutenant
*) Die stylistisch sonst formvollendete, anziehende, in keiner Weise er-
müdende .Schrcibwei.se de.s Verf. wird bwinträchtigt durch die grosse Zahl eigen-
artiger. einem Nicht - Oesterreieher zum 't'hcil fremder, zum Theil .sehr unschön
klingender Fremdwörter, wie: teniporisiren, Operationsbrankard, Watta, fuschen,
Innokuität, mutiliren, das (juale, regardiren u. a. m. Wir in Deutschland sind
glücklicherweise in der Sprachreinigung etwas weiter.
Digitized b
142 -
von Hänisch auf Bitte Sr. Excellenz des Herrn Generalstabsarztes der
Armee dem Sanitäts-Offizierkorps die Ehre erwiesen, in dessen Mitte zu
erscheinen. Verschiedene Preussische Sanitätsoffiziere waren aus aus-
wärtigen Garnisonen herbeigeeilt; die Grüsse des Königlich Sächsischen
Sanitäts-Offizierkorps überbrachte der Generalarzt 1. Klasse Dr. Roth
in Begleitung des Stabsarztes Dr. Schill und des Assistenzarztes
2. Klasse Dr. Somroerei; auch die seit längerer Zeit zum Stadium
Deutscher militärärztlicher Einrichtungen in Berlin sich aufhaltenden
Kaiserlich Japanischen Sanitätsoffiziere; Generalarzt Jshiguro, die
Stabsärzte Taniguti und Mori, hatten der an sie ergangenen Ein-
ladung entsprochen. Die Universität and der Lehrkörper der medizinisch-
chirurgischen Akademie für das Militär war durch Mitglieder der Gesellschaft
(die Generalärzte ä la suite des Sanitätskorps, Geheimrath Dr. Bardel eben
nnd Geheimrath Dr. Koch, desgleichen der Generalarzt Professor Dr.
Leuthold and Oberstabsarzt 1. Klasse Professor Dr. Fraentzel), das
Reichsgesundbeitsamt durch seinen Direktor Herrn Geheimrath Köhler
als Gast und den Stabsarzt der Reserve, Regierungsrath Dr. Gaffky
als Mitglied der Gesellschaft vertreten. Schreiben und Telegramme des
Königlich Bayerischeu Generalstabsarztes Dr. Ritter von Lotzbeck,
des Königlich Württembergischen Generalarztes Dr. von Fichte und
des Königlich Bayerischen Generalarztes 1. Klasse Dr. Mohr gaben der
geistigen Antheilnahme der süddeutschen Kameraden herzlichen Ausdruck.
Die Reibe der Tischreden eröffnete Se. Excellenz der Herr General-
stabsarzt der Armee durch einen Toast auf das Wohl Sr. Majestät des
Kaisers und Königs unter Erinnerung an das Leid, welches zur Zeit
auf dem Kaiserhause und auf allen Deutschen Herzen lastet. Den unten
ausführlich wiedergegebenen zweiten Toast des Herrn Generalstabsarztes
der Armee auf Se. Excellenz den Herrn Kriegsministcr als Kurator der
militärärztlichen Bildungsanstalten erwiderte der Herr Minister durch
einen warm empfundenen Trinksprach auf den Chef der Medizinal-
Abtheilung seines Ministeriums und Generalstabsarzt der Armee Excellenz
von Lauer. Nachdem sodann der Generalarzt 1. Klasse Dr. Wegner
die Gäste im Namen der Gesellschaft begrüsst, der Direktor des Reichs-
gesnndheitsamtes, Geheimrath Köhler, die Gäste aufgefordert hatte,
aaf das Gedeihen der Gesellschaft zu trinken, folgte eine schwungvolle
Rede des Generalarztes 1. Klasse Dr. Roth auf das Preussische
Sanitätskorps. Beredte Worte des Generalarztes 1. Klasse ä la suite
Dr. Bardeleben über die ineinander greifende Wirksamkeit der Armee
und des Sanitätskorps der Armee im Felde veranlassten Se. Excellenz
den Herrn Kriegsministcr zu einem weiteren zündenden Hoch auf die
Deutsche medizinische Wissenschaft. Den Schluss des eigentlichen Festes
bildete — ■ wie üblich — eine launige Rede des Oberstabsarztes 1. Klasse
Dr. Nöhte, welche das noch lange währende zwanglosere Zusammen-
sein einleitete. Spät am Abend traf eine „von Bergmann, Schräder,
ßramann'^ Unterzeichnete Dresche ein; dieselbe überbraebte der
Gesellschaft die Grüsse der (Genannten aus San Remo, wohin die
geheimen Gedanken wohl aller Festtheilnehmer auch während der Fest-
freude unausgesetzt gerichtet waren.
Der oben erwähnte Toast Sr. Excellenz des Herrn Generalstabs-
arztes der Armee lautete etwa wie folgt:
„Meine Herren! Unter den vielen hier anwesenden schönen Männern
finde ich — nehmen Sie es mir nicht übel — doch keinen, auf welchen
jit.i tru uy Google
143
isaa aDweuden könate, was von Alciüiades berichtet wird, dass er bei
Weitem der Schönste seiner Zeit gewesen (multo formosissimns snae
aetotis), aber andererseits anch keinen, auf welchen die homerische
Beschreibong des Tbersites passt, die darauf hinauslänft, dass derselbe
sh der hässlichste Mann vor Ilion gekommen (oVo/«rio{ oVijp tl/id ’fXi'or
Dieser allgemeine Eindruck vereinigt sich mit dem Ergebniss der
Betrachtung einzelner Theile, z. B. der Nasen, zur Herstellung eines
Paradigma der Aristotelischen Lehre von der richtigen Mitte. Ich sehe keine
von ihnen (nämlich von den Nasen), welche durch das Zuviel, durch
Debertreibnng (vncpßaXif, Arist.) oder durch das Zuwenig, durch Beschränkt-
heit (euXritßif) das Maass überschreitet, ln ihrer Oesammtheit stehen sie
:i: in der richtigen Mitte (jurnür^;). Dies ist ein typisches Bild für alle
menschlichen Verhältnisse und Bestrebungen.
Die i'negßoXij schafft nichts Dauerndes; sie schiesst immer über das
Ziel hinaus und stiftet manchen Schaden. Doch sollen einige Philosophen
der Ansicht sein, dass bei einem Glase recht guten Weines, so vom
^altbewährten Bacchusscbatz, der lieblich duftet'^, wie es bei Euripides
heisst, ein kleines Hyperbelchen weniger bedenklich sei.
Die txXttipii schleppt sich lückenhaft erfolglos hin.
In dem Reiche der Mitte (.urou'njf) aber — dem ohne Zopf — wurzelt
and gedeiht alles Richtige und Tüchtige, das Gute, das Schöne (xorlde
xäya»iy), das Wesen, das dauernd Brauchbare, die fruchtbringende
Forschung; aus ihm stammen auch die Männer, von denen Plinins sagt:
«Ich halte diejenigen für beglückt, welchen es durch Geschenk der
Götter gegeben ist, entweder Beschreibens werthes zu thun, oder Lesens-
werthes zu schreiben (aut facere scribenda aut scribere legenda); für die
Beglücktesten aber diejenigen, denen Beides zu Tbeil wurde.
M. H! Wir feiern heute das Stiftungsfest unserer militärärztlichen
Gesellschaft und wünschen ihr ferneres Gedeihen in der Richtung ernsten
wissenschaftlichen Strebens und freundlich heiterer Kameradschaft. Mit
QDserer Gesellschaft aufs Engste verbunden sind die mililärärztlichen
Bildungsanstalten, nicht bloss durch das äusserliche Band der Personal-
noion, insofern das Ehrenpräsidinm der einen und die Direktion der
andern in meiner Person Zusammentreffen: Der Zusammenhang ist viel-
mehr ein weit innigerer, ich möchte sagen ein genetiscUer. Die
inilitärärztlichen Bildungsanstalten Sind die wesentliche Pflanzstätte für
die Sanitätsoffiziere der Preussischen Armee und somit auch für die
Mitglieder dieser Gesellschaft. Weitaus die Mehrzahl von uns, die wir
hier versammelt sind, verdanken ihre Ausbildung diesen Anstalten als
einer wirklichen, sorgsamen alma mater. Es ist daher wohl am Platze,
Wenn wir denselben eine fernere erfreuliche Entwickelung wünschen.
Mögen, wie bisher, in ihrem Lehrkörper immer recht viele von den oben
bezeicbneten Plinianischen Glücklichen sich befinden und möge unter ,
den Lernenden es niemals an einer grösseren Zahl Solcher fehlen,
welchen Deornm munere die Anlage gegeben ist, sich zu dergleichen
Männern zu entwickeln. Wir schliessen in unsere guten Wünsche anch
alle Diejenigen ein, welche wir als Freunde und Gönner dieser Anstalten
lietrachten dürfen: an ihrer Spitze den hohen Kurator derselben,
Se. Excellenz den Herrn Kriegsminister, welcher unsere Gesellschaft
durch seine heutige Anwesenheit aufs Höchste ehrt und uns alle zum
lebhaftesten Danke verpflichtet, den thätigen, wohlwollenden Förderer
des .Militär- Medizinal Wesens und des Sanitätskorps. Se. Excellenz der
Herr Kriegsminister lebe hoch!“
Digilized by Google
Beriebti^n^.
Im Heft I, Seite 26, Zeile 12 von oben lies anstatt 26 g Bleiiueker 32 g. —
K*1
Id der Anmerkung miisj die Formel für Alaun heii>sen: Al'< ; Og 24 ai|. = 948.6,
4SOsj
für essigsaiire Thonerde (noniralcs AlnminiiimaeetaO = AI,. (Cs Hs 0,)e. Zur
Bildung dieser letzteren sind erforderlich 1 Th. Alaun auf 1,6 Th. Bleizucker, wenn
die Zersetzung gegenseitig eine vollständige sein soll. (V'ergl. R. von Wagner,
Handb. der ehern. Technologie. XII. Anfl. Leipzig, 1886. S. 368.) — Der offizi-
nellc Liquor Aluminii acetici, welcher in den Apotlieken vorräthig ist, enthält
nach der Ph. Germ. ed. II nicht das neutrale Salz, sondern 7,5 — 8®/o Aluminium-
Subacetat (AI,. (OH),. (C, Hs 0,)i). ist jedoch zum Wasserdichtinachen brauchbar.
A. H.
Der 17. Kongress der Deutschen Gesellschaft fürChirnrgie
findet vom 4. — 7. April er. in Berlin statt.
Die Begrüssnng der zum Kongresse sich versammelnden Mitglieder
findet am 3. April, Abends von 9 Uhr ab im HOtel du Nord (Unter
den Linden 35) statt.
Dem Kongress geht voraus am 3. April, Abends 7 Uhr im Saale
der Philharmonie (SW. Bernburger Str. 22a/23, nabe dem Anhalter
Bahnhöfe) ein gemeinsames von der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
und der Berliner medizinischen (^Seilschaft beschlossene
Todtenfeier für Bernhard von Langenbeck.
(Anzug: Frack und weisse Binde, bezw. Uniform).
Wir verfehlen nicht, auf die Wichtigkeit der unter dem II. Dezember
1887 (Amtliches Beiblatt S. 13 d. Jahrgangs) versandten „Nachweisung
der für das ärztliche Sanitätsmaterial der Armee zahlbaren Höchstpreise
(Preisverzeichniss) 1888“ noch besonders binznweisen, da dieselbe eine
wesentliche und angenehme Erläuterung zu Beilage 5 K.-S.-O. darstellt.
Exemplare der Nachweisung befinden sich bei den Lazaretben.
<r4^<tnlcki in 4«r Königlichen llofhnchilrnckerei von E. 8. Mittler n. Sohn in Berlin, Kochatr. 68—70.
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Deutsche
Militärärztliche Zeitschrift.
Radacilon:
Dr. 3t. Generalarzt,
Berlin, Tanbeo^tnAse 5,
D. Dr. Stabsarzt,
Berlin, Kaisar Fmnx Grenndier-PUtz U/12.
Varlag:
f. snUibr & $«9a,
Königliche Hofbuchhandlung,
Berlin, KoehiftreitHe 68^70.
Monntlicli encheint ein Hefl Ton mindesten« 3 Druckbogen; dnzn ein ,Jimilich«« Beiblatt**. Der
Zeiteckrifl wird da« Werk: „Jahreibericht hber die ForUchritt« aof dem Gebiet« de« Uilitir«
ättitlU>Wcae&i**, heranige^ben vom Generalarzt Dr. Both, onentgeltlich beigegeben. BesteUaDg
nehmen alle Poetlroter und Bochhandlongen an. Preii des Jahrgang« 16 Mark.
.WIl. Jahrgan". 1888. Hoft 4.
Mlttheilangen*) ans dem Garnison-Lazareth zn Hannover.
Von
Oberstabsarzt Dr. Schaper,
Begiment&arxt de» Braondchwetgischen Infanterie'KegimectH No. 92.
I.
Zar Statistik and Aetiologie des akuteu Gele Dkrheamatismas.
Während der 14 Jabre, welche ich in der Garnison Hannover ge-
standen habe, ist mir je länger desto mehr anfgefallen, dass die Zahl
der Erkrankungen an akutem Gelenkrheumatismus in fortwährender Zn-
sabme begriffen ist, und diese Beobachtung erschien mir um so bemerkens-
werther, als nach den kriegsministeriellen Berichten über die Gesundheits-
rerbältnisse der Armee auch für diese dieselbe Tbatsache festgestellt ist.
In den letzten Jahren ist in jenen Berichten wiederholt darauf hin-
gewiesen, welche hohe Bedentung der akute Gelenkrheumatismus für
die Armee habe, weniger wegen der dadurch verursachten Todesfälle,
als wegen der von Jahr zu Jahr steigenden Zahl der Erkrankungen
und der darans resnltirenden Dienslunbranchharkeit wegen Herzfehlern.
Während im Berichtsjahr 1873/74 die Erkrankungsziffer 5,3°/oo, in dem
folgenden Quinqnennium 6,2 betrug (Armee - Bericht 1879/80 und 1880/81
S. 36), stieg sie 1879/80 auf 6,9, 1880/81 auf 7,2, 1881/82 auf 8,3, und das
*) Nach ciuem in der militärärztliehen Gesellschaft zu Hannover gehaltenen
Vortrage.
10
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146
X. Armee-Korps nahm mit 10,7 %o die zweite Stelle unter den sämmt-
licben Armee-Korps ein (Armee-Bericht 1881/82 S. 32).
Um diese Verhältnisse anch für die Garnison Hannover genauer
festzustellen, habe ich die Journale aller seit dem 1. April 1875 (bis
zum 1. April 1887) in das Lazareth aufgenommenen 476 Erkrankungen an
Gelenkrheumatismus einer genauen Durchsicht unterworfen und nach
Aussoheidung von 5.5 Fällen, in denen es sich nur um monartikuläre, in
wenigen Tagen fieberlos verlaufene Schwellungen nach leichten Traumen,
und nicht um infektiöse Erkrankungen handelte, 421 Fälle zu der folgenden
Arbeit benutzt.
In der folgenden Tabelle sind die einzelnen Erkranknngszahlen
nach Monaten und Jahren eingetragen, ferner die V'^erhältnisszahlen der
jährlichen Erkrankungen auf 1000 Mann der Kopfstärke (K) der Garnison
berechnet, und ebenso die durchschnittlichen Erkrankungszahlen der
einzelnen Monate überhaupt, und sodann auch auf 10 (XX) Mann der
Kopfstärke berechnet. Die Resultate aus diesen Berechnungen habe ich
dann durch einige Kurven zu veranschaulichen gesucht, auf welchen anch
die Erkrankungen an den übrigen inneren Krankheiten berücksichtigt
sind. Auf Tafel I habe ich 3 Kurven zusammengestellt, um 1) das Ver-
hältniss der Erkrankungen an inneren Krankheiten überhaupt auf
100 Mann der Garnisonstärke berechnet zu zeigen; 2) das Verhältniss
der rheumatoiden Erkrankungen zur Garnisonstärke auf 1000 Mann be-
rechnet; 3) das Frozentverbältniss der akuten Gelenkrheumatismen zu der
Morbiditätszahl im Ganzen. Die drei Kurven zeigen sehr deutlich, dass
die Erkrankungszahl an inneren Krankheiten etwas auf und nieder ge-
schwankt hat, ohne jedoch im Laufe des Beobachtungscyklus der 12 Jahre
wirklich zu steigen, während sich die Erkrankungszififer an akutem
Gelenkrheumatismus ganz bedeutend gehoben hat, und zwar noch mehr,
als es nach den obigen Zahlen der Armee-Berichte für diese festgestellt
ist, denn sie ist von 1,7 auf 11,1 °/oo gestiegen, und dementsprechend bat
sich auch das Verhältniss der Rbeumarthritisfrequenz zur Morbiditätszabl
der inneren Krankheiten im Ganzen zu Ungunsten der ersteren geändert,
welche sich von 2,2 auf 9,2 °/o gehoben hat.
Auf der zweiten Tafel habe ich die monatlichen Erkrankungszifferu
für die Garnison Hannover im Durchschnitt des zwölfjährigen Beob-
achtungscyklus 1875/87 durch eine in unterbrochener Linie gezeichnete
Kurve zu veranschaulichen gesucht, und hiermit eine in fortlaufender
Linie gehaltene Kurve zusammengestellt, welche dem Armee - Bericht
für 1881/82 entnommen ist und die Monats - Erkrankungsziffer für die
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147
i
I
Ännee im Darcbschnitt der 4 Jahre 1878/82 zeigt. Die dritte in
pnoktirter Linie gezeichnete, nnr über */« Tafel ansgedehnte Kurve
zeigt die monatliche Poljarthritisfreqnenz der Armee im Kriege 1870/71
Jahr
Januar
U
m
o
w
£
März
April 1
Juni
August j
September j
Oktober
November
U
B
0)
N
o;
a
Summa
®/oo K-
1875
—
—
—
4
1
3
0
0
0
0
2
2
12
1,7
1876
2
1
2
5
1
0
1
0
0
0
0
0
12
1.7
1877
ü
4
0
6
2
4
2
2
2
1
0
4
26
3,8
1878
2
2
5
1
1
1
0
1
1
0
0
1
15
2,6
1879
1
7
6
6
4
5
1
4
1
0
4
>
4v)
6,9
1880
5
5
2
7
4
1
2
1
1
2
3
0
33
5,7
1881
7
3
10
7
6
4
7
4
1
1
0
53
9,2
1882
2
3
10
7
1
1
.
3
3
47
8,1
1883
5
7
2
1
1
3
2
1
0
1
2
5
.30
5,2
1884
4
4
5
8
6
7
4
3
0
0
0
4
45
7,8
1885
4
4
0
0
2
3
2
2
2
2
4
2
27
4.7
1886
1
5
10
10
8
4
4
4
2
7
<
64
11,1
1887
3
4
10
17
Summa
36
49
55
60
46
42
30
23
11
n
23
29
421
Quartal
140
168
69
(3Ö8)
(113)
Mod. Mittel
3
4,4
4,6
5,0|3,8'3,.')
2,5 1,9 0,9 1,4 1, 8^2,4
*/*o« K.
5,3
7,7 8,o[8,7j6,6
6,0
4.3j.3,3 1,5 2,4 3,l
4,2
Dich dem neuerdings erschienenen, alle Gesnndheitsverhältnisse der
Armee in erschöpfender Weise berücksichtigenden Bericht des Kriegs*
ministerinms. Endlich befindet sich anf der Tafel noch ein kurzer dicker
Strich in den Monaten Jannar und Februar, welcher die Rhenmarthritis-
10»
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148
frequenz der nur für diese Monate zar Vernichtnog der Armee des
Generals Bonrbaki gebildeten Südarmee, unter dem Befehl der Generale
T. Mantenffel und y. Werder, yeranschaulichen soll.
Tafel I.
Yerbältniss der Erkrankongen an akotem Gelenkrbenmatismns znr
Garnison-Kopfstärke 1876—1886 anf 1000 Mann der Iststärke berechnet.
Verhältniss der Erkrankungen an inneren Krankheiten zu der
Eopfstärke der Garnison Hannover in den Jahren 1876—1886 auf
100 Mann der Iststärke berechnet.
Verhältniss der Erkrankungen an akotem Gelenkrheumatismus auf
1000 Mann der Iststärke berechnet.
Prozentrerhältniss der Erkrankungen an akutem Gelenkrheumatis-
mus zu den Erkrankungsziffem an inneren Krankheiten im All-
gemeinen auf 1000 Mann der Iststärke berechnet.
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15
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9
5
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Unter Zugrundelegung des Kalenderjahres.
Auf die Kriegskurven komme ich später zurück; zunächst möchte
ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Friedensknrven lenken, welche eine
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Tafel II.
MonaU-ErkraDkangsziffern an akatem OelenkrhentnatiBmas im Durchtchnitt der 4 Jahre 1878 — 1882 für die Armee
und 1875—1887 für Hannover auf 1000 Mann der Istatärke. (Berichtajahr vom 1. IV. — 31. III.)
149
Armee.
Hannover.
Armee-Feldzug 1870 — 1871.
■ Süd-Armee 1870/71.
e»
02
o
05
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ganz aofTallende Uebereinstimmang zeigen, und es ist dies um so be-
merkenswerther, als diesen Kurven ein aosserordentlicb grosses statistisches
Material za Grande liegt: der Armee-Karve 9599, beiden Kurven za>
sammen also, nach Abzag der in jener bereits enthaltenen 140 Er-
krankangen der Garnison Hannover in den Berichtsjahren 1878/82,
9880 Fälle.
Durch dieses ausserordentlich grosse statistische Material erhält die
Uebereinstimmung beider Kurven eine um so höhere Bedeutung, als in
den aus Zivil -Krankenhäusern und nach anderen statistischen Angaben
veröffentlichten Zusammenstellangen eine ähnliche Uebereinstimmung
durchaus nicht ersichtlich ist. (Vergl. Hirsch, Zur Statistik des akuten
Gelenkrheumatismus. Wiesbaden 1885. S. 7 ff.)
In den zitirten Armee-Berichten ist das regelmässige Ansteigen der
Erkrankungszablen von Januar bis März, bezw. April, in erster Linie
auf die ungünstigen Witternngs Verhältnisse dieser Jahreszeit zurückgeführt,
und Erkältung bei feucht • kalter Luft als wesentlichstes ätiologisches
Moment aufgestellt, was wohl den bisher am meisten unter uns ver-
breiteten Anschauungen entspricht Nach den neuerdings über die Be-
ziehungen zwischen akutem Gelenkrheumatismus und den meteorologischen
Verhältnissen von Gabbett (On the seasons of the year and the preva-
lence of acute Rbeumatisme. Lancet Octb. 1883, 20/27), Edlefsen
(Zur Statistik und Aetiologie des akuteu Gelenkrheumatismus, VI. Kon-
gress für innere Medizin 1885), Hirsch (I. c.) veröffentlichten Unter-
suchungen wird man aber in dieser Form die Witternngsverhältnisse
nicht mehr für die Entstehung des akuten Gelenkrheumatismus verant-
wortlich machen dürfen, und bezüglich der Erkältung als ätiologischen
Momentes ist der Standpunkt, welchen man heutigen Tages dieser Frage
gegenüber einnehmen muss, durch Gerhardt (Deutsche Mediz. Wochen-
schrift 1886, No. 33) und Immermann (D. M. W. 1886, No. 41) klar
gelegt.
Was die meteorologischen Verhältnisse betrifft, so konnte Gabbett
unter Benutzung eines statistischen Materials von 2000 Fällen einen
Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Erkrankungen und feucht-
kalter Witterung nicht konstatiren; er fand im Gegensatz zu unseren
militärärztlicben Kurven die grösste Zahl der Erkrankungen in der Zeit
vom Juni bis Januar, die kleinste in den Monaten Februar bis Mai.
Edlefsen fand, dass erhebliches Sinken der Niederschlagsmengen
die Entstehung des akuten Gelenkrheumatismus begünstigt, Steigen der
Niederschläge bei relativ hoher mittlerer Temperatur sie vermindert;
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151
weniger ist letzteres bei relativ niedriger Temperatnr der Fall, während
die absolote Höhe der mittleren Temperatnr und die Temperatnr-
Schwankongen für sich allein keinen wesentlichen Einflnss auf die Ent-
stehung des akuten Geienkrheumatismus zu haben scheinen.
Hirsch hat für die Jahre 1876/84 die auf der Würzburger Klinik
behandelten Fälle nach Monaten und Jahren zusammengestellt und zieht
aus dem Vergleich mit den meteorologischen Beobachtungen das Resultat,
dass der Höhe der monatlichen Niederschläge und der monatlichen
mittleren Temperaturen die Rheumarthritisfrequenz umgekehrt proportional
sei, dass man aber die Wirkung der meteorologischen Einflüsse immer
erst nach mehreren Wochen wahrnehme. Auch für die Garnison
Hannover hat Dr. Hirsch als damaliger Assistent auf der inneren
Station des Lazareths die meteorologischen ßeohachtungen für die
Jahre 1875/87 in Kurven dargestellt, es haben sich jedoch aus dem Ver-
gleich mit den monatlichen Erkranknngszahlen keine für den zwölf-
jährigen Cyklus allgemein gültigen Momente feststellen lassen; wohl
aber konnte für einzelne Monate, welche erheblich von dem Mittel der
Erkrankungszififern abwichen, wiederholt nachgewiesen werden, dass
diesen Monaten solche vorausgegangeu waren, in denen bei relativ niedriger
Temperatnr die Höhe der Niederschläge erheblich gesunken war und
umgekehrt, — was von einer Vermehrung bezw. Verminderung der Kranken-
sahl gefolgt war.
Je mehr die Ansicht allgemeine Geltung gewinnt, dass der akuteGelenk-
rbeumatiamns eine Infektionskrankheit ist, um so mehr wird man nach
Edlefsen’s Vorgang den zwischen dieser Krankheit und der Boden-
beschaffenheit, besonders den Grund wasser- Verhältnissen etwa bestehenden
Beziehungen nachforschen müssen, und da ist bemerkenswert!!, dass
solche Beziehungen für das letzte Jahr in Hannover wohl nachweisbar
sind, während für die früheren Jahre die Grundwasscr - Beobachtungen
zu unvollständig waren, als dass sie hätten verwerthet werden können.
Dem Sinken des Gmndwassers im ersten Vierteljahr 1886 entsprach ein
Ansteigen der Erkrankungszahl im Februar, und dem tiefsten Stande des
Gmndwassers im März der höchste, das für Hannover berechnete Mittel
um das Doppelte übersteigende Stand der Krankbeitsfrequenz im März
und April mit je 10 Erkrankungen; mit dem Steigen des Gmndwassers
sank die Zahl der Erkrankungen, ohne freilich in irgend einem Monat
auf die Durchschnittszahl zurückzugehen, und nach dem abermaligen
Sinken des Grnndwasserstandes in der zweiten Hälfte des Sommers wies
der Oktober, dessen Mittelzahl 1,4 beträgt, 7 Erkrankungen auf, zu der-
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152
selben Zeit, als sich in der Garnison nach längerer Panse wieder Typhns
und Scharlachfieber teigten, nnd in der Zivilbevölkernng die Scbarlach-
epidemie ihren Höhepunkt erreichte.
Diese auf das letzte Jahr beschränkte Beobachtung würde mit den
von Edlefsen (1. c. S. 339 ff.) gefundenen ätiologischen Beziehungen
zwischen den Bodenverhältnissen und der Entstehnng des akuten Gelenk'
rheumatismus öbereinstimmen, und so würde sich zum Theil die höchst
auffallende Zunahme des. letzteren in der Garnison Hannover aus der er-
heblichen Verschlechterung der Bodenbeschaffenheit der Stadt erklären.
Was nun ferner die Erkältungen als häufigste Gelegenbeitsnrsache
des akuten Gelenkrheumatismus betrifft, so ist wohl nie erwiesen, dass
derselbe dadurch allein entstanden wäre, ohne dass andere, wichtigere
Momente dabei mitgesprochen hätten, nnd ich stimme Immermann
(1. c.) ganz bei, wenn er mit der Behauptung auf Zustimmung rechnen
zu dürfen glaubt, dass abgesehen von anderen Uebeln auch allerlei
schmerzhafte Affektionen des Bewegungsapparates , ferner manche Neur-
algieen , ferner Lähmungen motorischer Nerven, namentlich des Facialis
durch plötzliche Abkühlung des betreffenden Rörpertheils, vor Allem bei
schwitzender und erhitzter Körperoberfläche wirklich entstehen können;
man sollte aber nur dann von Erkältung reden, wenn wirklich ein solches
Ereigniss in der Anamnese des Falles mit gröblicher Evidenz nach-
gewiesen werden könnte, nicht aber in jedem ätiologisch unklaren Falle.
Nicht selten kann man ja Erkältungen mit voller Bestimmtheit nach-
weisen, aber sie bilden dann immer nur ein Glied in der Kette mehrerer
Schädlichkeiten, wie dies Senator (v. Ziemssen's Handbuch XIII,
I, S. 24) an treffenden Beispielen von 2 Knaben schildert, deren einer
nach heftiger Prügelei, um nicht vom Lehrer bemerkt so werden, sich
rasch in die übergegossene Dinte setzt, der andere auf dem Heimwege vom
Turnen von einem Platzregen überrascht wird; Beide erkrankten am
Tage nach der Erkältung nnd Dnrchnässung.
Ich hatte kürzlich einen jungen Theologen auf seine Dienstonbranch-
barkeit zu untersuchen, bei dem ich eine Mitralinsuffizienz fand nnd auf
näheres Nachforschen erfuhr, dass dieselbe von einem vor 4 Jahren
überstandenen Gelenkrheumatismus herrührte, der unmittelbar nach einer
anstrengenden Gebirgstour, auf welcher der junge Mann sich erhitzt im
Walde in feuchtes Moos gelegt hatte, entstanden war. Beiläufig will ich
erwähnen, dass der Mann mir noch sagte, er werde nie vergessen, wie
schnell ihn ein Aderlass von seinen Herzbeschwerden befreit habe, gegen
die vorher der Gebrauch von Eis und Digitalis völlig wirkungslos
gewesen wäre.
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153
Im letzten Herbst erkrankte ein Soldat in der Weise, dass er am
Schloss einer sehr anstrengenden Felddienstäbnng sich schnell an einer
sumpfigen Stelle des Exerzirplatzes zur Uebnng des Zielens in liegender
Haltung hatte zu Boden werfen müssen; am Nachmittag desselben Tages
erkrankten zuerst die unmittelbar durchnässten und abgekühlten Gelenke.
Aehnlicbe Fälle werden Ihnen gewiss häufig genug vorgekommen
sein, das Primäre ist aber dabei offenbar immer eine grosse körperliche
Anstrengung, welche besonders auch an die Leistungsfähigkeit des Herzens
und der Gelenke gesteigerte Anforderungen stellte; der Inhalt der Gelenke
erleidet aber dabei nicht unerhebliche Veränderungen. Frerichs hat
zncrst nacbgewiesen, dass nach starker Bewegung die Menge der Synovia
abnimmt, während sie dabei zugleich dickflüssiger und reicher an mor-
photiscben Bestandtfaeilen wird als in der Ruhe; In der Synovia eines
anf die Weide getriebenen Ochsen fand Frerichs (Wagner’s Hand-
wörterbuch der Physiologie III, S. 463. — Kühne, Physiolog. Chemie
S. 388. Vergl. Ziemssen's Handbuch, Senator I. c. S. 31) 94% Wasser,
während diejenige eines Stallocbsen 96 enthielt; letztere hatte 0,2% Mncin,
1,5 Eiweiss, 1,0 Asche, erstere, bei gleichem Gehalt an Aschebestand-
theilen 0,5% Mucic, 3,5 Eiweiss. Bei Körperbewegung nähert sich die
Synovia in ihrem Eiweissgehalt also mehr und mehr dem Blutserum,
von dem wir durch Bo mm 's Arbeiten wissen, dass es einen sehr guten
Nährboden abgiebt für Mikrobien, welche der Polyarthritis sehr ähnliche
Krankheitsznstände hervorzurufen 'vermögen, nämlich die Gonokokken.
(Bnmm, Menschliches Blutserum als Nährboden für pathogene Mikro-
organismen. Ferner: B. Der Mikroorganismus der gonorrhoischen
Scbleimhauterkrankongen. S. Baum garten, Jahresbericht I, 181,
11 84 ff.)
Mit dem physiologischen Befund nach körperlichen Anstrengungen
hat der pathologische, durch Sektionen konstatirte (vergl. Senator 1. c.
S. 40) insofern Aehnlichkeit, als die in den Gelenkhöhlen gefundene,
alkalisch reagirende Flüssigkeit ebenfalls reich an Eiweissstoffen ist, und
in neuester Zeit ist es ja Guttmann (Zur Aetiologie des akuten Gelenk-
rheumatismus und seiner Komplikationen. Deutsche Medizin. Wochen-
schrift 1886, 46) gelungen, in einem Falle von schwerer Polyarthritis,
die mit fibrinös-eitriger Perikarditis und Abscessen in den Nieren und
der Brustmusknlatur komplizirt war, nicht nur ans dem Perikardialexsndat,
sondern auch aus dem serös-fibrinösen Gelenkinbalt den Staphylokokkus
aureus in primärer Reinkultur zu züchten. Baumgarten macht in dem
Referat über Guttmann’s Vortrag darauf aufmerksam, dass Leyden
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in der an den Vortrag sich anscbliesaenden Diekasaion bemerkt habe,
dass auf seiner Klinik 'wiederholt bakterioskopiacbe Untersncbongen
vorgenommen seien ohne entscbeidendes positives Resultat; Leyden
möchte daher die Fälle, in denen wirklich pyogene Kokken gefunden
sind, nicht zu den reinen Formen der Polyartbritis rheumatica acuta
zählen, während Baumgarten der auch von Outtmann ausgesprochenen
Ansicht ist, dass die phlogogenen Mikroorganismen nicht nothweudig in
die Exsudate überzutreten brauchen, sondern in den Oelenkmembranen,
in denen sie sich ansiedeln und vermehren, haften bleiben können.
Mit dem Nachweis pathogener Mikroorganismen im Gelenkinbalt bei
akutem Gelenkrheumatismus ist es also ebenso gegangen, wie mit dem
Nachweis der Gonokokken in gonorrhoisch infizirten Gelenken; erst
nach langen vergeblichen Versuchen sind von verschiedenen Forschern
Gonokokken in den Punktionsflüssigkeiten gefunden, und besonders be-
richtete Löwenstein in der Diskussion, welche sich an den erwähnten
Vortrag Gerhardt’s in der Berliner medizinischen Gesellschaft anschloss,
dass in dem Inhalt eines 3 Wochen nach der primären Infektion ver-
eiterten und deshalb resezirten Hüftgelenks massenhafte Gonokokken
gefunden worden sind.
Die verschiedenen Untersnchnngsresnltate sind wohl in beiden
Krankheiten bedingt durch den verschiedenen Grad der Infektion in Folge
der bald grösseren, bald geringeren Menge und dementsprechend ver-
schiedenen Entwickelung der pathogenen Mikroorganismen; ähnlich, wie
experimentell von mehreren Forschern, Wyssokowitsch, Weicbsel-
baum, Orth n. A., sowohl die verruköse, als auch die ulceröse Form
der Endokarditis durch den Staphylokokkus aureus erzeugt ist, welcher
aber nachher konstant nur bei der ulcerösen Form gefunden wurde; nach
Fraenkel und Saenger muss das Nicbtvorbandensein in den Produkten
der verrukösen Form auf ein Zugrnndegehen der infizirenden Mikrobien
bezogen werden, deren Menge eben in dieser Form sehr gering sei.
Die Tbatsache, welche wir den erwähnten Untersuchungen ver-
danken, ist diese, dass unter Umständen die Synovia eine zu der Ent-
wickelung pathogener Organismen mehr oder weniger geeignete Nähr-
flüssigkeit darstellt, von denen Staphylokokken und Gonokokken
darin nachgewiesen sind; das klinische Bild, unter welchem dann die
Krankheit verläuft, bängt von der Art und Menge, sowie von der Lokali-
sation der Krankheitserreger ab; ausserdem sprechen dabei gewiss oft
verschiedene Kombinationen von Mikroorganismen mit. Zunächst bat der
Nachweis des Staphylokokkus aureus in polyarthritisch erkrankten Ge-
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155
lenken in Verbindnog init den erwähnten experinaentellen Arbeiten über
Endokarditis grössere Klarheit in den bisher dankein Zasammenhang der
beiden den akuten Oelenkrheamatismas haaptsächlich charakterisirenden
Affektionen gebracht, and ferner wird es dadurch erklärlich, waram so
bänfig Grelenkrbeamatismos im Anschluss an irgend welche Eiterungs-
Torgänge auflritt Im Oarnisonlazareth habe ^ich 6 mal Oelenkrbeuma-
tismus nach follikulärer Mandelentzüadung beobachtet, einmal nach
abscedirender Parotitis, 4 mal nach Furunkeln in nächster Nähe der
Hüft* und Kniegelenke, einmal nach bubo inguinalis, einmal nach akuter
Bronchitis mit ungewöhnlich reichlichem schleimig* eitrigen Äuswurf,
worin massenhafte Kokken Terschiedener Art, besonders auch Strepto-
kokken nachgewiesen wurden. Die häufige Kombination des Gelenk-
rhenmatismus mit follikulären Mandelentzündungen ist schon in früheren
Jahren von verschiedenen Seiten hervorgehoben, besonders auch von
englischen Aerzten ; Stewart und Fowler (Armee-Bericht 1881/82, 33)
wollten sogar bei 80 <>/o aller Erkrankungen Amygdalitis gefunden haben,
während sie nach Mittheiinngen aus dem Strassburger Garnisonlaiareth
and meinen eigenen Beobachtungen etwa bei 12°/o der Fälle vorkommt
und im letzten Jahre bei 5 o/a den Ausgangspunkt der Erkrankung bildete.
Dass auch ohne Eiterungsprosesse die Mandeln die Einfallspforte für das
pathogene Mikrobion im Gelenkrheumatismus bilden können, erscheint
ganz erklärlich, seitdem wir aus Fraenkel’s Untersuchungen (Berliner
Klin. Wochenschr. 1886, 17, 18) wissen, dass der Staphylokokkus aureus
and albus nicht nur die Hauptmasse der bakteriellen Bestandtheile des
tonsillaren Exsudates bilden, sondern auch als Bewohner des normalen
Pharynxsekretes nachgewiesen sind. Wenn etwa von hier aus in den
Organismus eingedrungene Mikrobien in ein Gelenk gelangen, so werden
sie bei intakten örtlichen Verhältnissen, normalem Stoffwechsel, normalem
Blut, normalen Girkulalionsverbältnissen entweder rasch daraus entfernt
werden und weiterhin zu Grande gehen, oder sie mögen anch in einer
Oelenkfalte liegen bleiben, ohne Schaden anzurichten, bis die örtlichen
Verhältnisse einmal ihrer Entwicklung günstig sind. Hier würden dann
alle diejenigen Momente in Wirksamkeit treten, welche im Stande sind,
einmal die Konzentration der Synovia zu erhöhen, dann aber den Ab-
fluss der konzentrirten Synovia zu verlangsamen und die Energie des
Stoffwechsels auch in den die Kapsel umgebenden Gelenktbeilen herab-
susetzen; zu ersteren gehören in erster Reihe körperliche Anstrengungen,
SU letzteren Durcbnässungen und Erkältungen, weit häufiger sind aber
wohl kleine Verletzungen, Stösse, Quetschungen n. dgl. verantwortlich
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156
zo machen, welche oft fast nnhemerkt bleiben. Die Krankheit würde
dann nicht sowohl durch die Gegenwart der niederen Organismen be-
dingt, als vielmehr das Resultat aus bestimmten pathologischen Ver-
änderungen des Körpers und der Wirkung der auf dem kranken Boden
wuchernden fremden Organismen sein.
Bei den militärischen Uebungen aller Truppengattungen werden die
Beine am meisten angestrengt und gewiss auch am häufigsten gequetscht
und gestossen, daher beginnt der Gelenkrheumatismus am häufigsten in
den Gelenken der Untereztremitäten, Der Einfluss des verschiedenen
Gebrauchs der Gelenke ist von älteren und neueren Forschern wiederholt
betont, neuerdings wieder von Gerhardt, welcher (I, c.) öfters den
ansnabmsweisen Beginn der Krankheit in den Gelenken der oberen
Extremitäten auf vorwiegende Anstrengung gerade dieser Gelenke mit
Sicherheit zurückfübren konnte.
Nach Lebert beginnen Vi aller Erkrankungen in den Gelenken
der Untereztremitäten, nach Gerhardt’s Beobachtungen in Würzburg
73,5 o/o , nach den Kranken - Journalen des Garnison - Lazareths in
Hannover sogar 76 o/g. Die Monatsknrven (S, 149) zeigen nun ihre
Höbe im März und April, also in den Monaten, in welchen verhältnisa-
mässig die grössten Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Gelenke
gestellt werden, denn in den Monaten Februar bis April folgen
rasch aufeinander die Besichtigungen der Rekruten, Kompagnien,
Schwadronen n, s. w. Die dabei am meisten angestrengten Mannschaften
des 1. Dienstjabres liefern auch stets das stärkste Kontingent zu den in
Rede stehenden Erkrankungen, im letzten Jahre 1886/87: <59,7 o/o.
Schon die ersten militärischen Uebungen des langsamen Schritts ermüden
die betreffenden Gelenke in hohem Grade und können so heftige Schmerzen
hervorrnfen, dass manche Rekruten laute Schmerzensänssernngen zu unter-
drücken nicht im Stande sind; alltäglich erfahren wir ja dasselbe, wenn
nach längerer Panse irgend welche gymnastischen Uebungen anfgenommen
werden: danach schmerzen anfänglich nicht nur die Muskeln, sondern
besonders auch die Gelenke. Mit der zunehmenden Uebnng steigert sich
die Kraft der Gelenke, die Elastizität ihrer Bänder, so dass sie allmälig
die daran gestellten höheren Anforderungen zu bewältigen vermögen, so
lange relativ günstige Zirkulationsverbältnisse einen genügend raschen
Abfluss der konzentrirten Synovia gewährleisten; wo dies aber nicht der
Fall ist, wird es um so eher zu polyartbritischen Erkrankungen kommen
können, wenn es sich um Leute handelt, welche früher bereits daran ge-
litten haben, in deren Gelenken also wahrscheinlich Keime zurückgeblieben
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waren, deren Entwicklung unsere heutigen Heilmittel verhindert hatten,
die aber nun bei günstigen örtlichen Verhältnissen von Neuem wuchern.
Im letzten Beobachtungsjahre handelte es sich in 24 °/o der Erkrankungen
om Leute, welche kürzere oder längere Zeit vor der Einstellung an
Polyarthritis acuta gelitten hatten, ein Prozentsatz, welcher in früheren
Jahren nie erreicht ist und beweist, dass die Zunahme der Erkrankungs-
zabl nicht etwa auf die Militärbevölkerung beschränkt ist, sondern sich
in ähnlicher Weise auch in der Zivilbevölkerung geltend macht. Für
die Mannschaften, welche schon früher an Gelenkrhenmatismns gelitten
haben, würde nach Edlefsen’s Beobachtungen (1. c. S. 339 ff.) als
weiteres schädliches Moment hinzukommen, dass sich in den meisten ,
Kasernen Wohnungen finden, in denen wiederholt derartige Erkrankungen
vorgekommen sind, und auch die zunehmende Infektion des Bodens würde
für die Garnison Hannover zu berücksichtigen sein.
Verfolgen wir die Monatsknrven weiter, so sehen wir mit dem
Monat April einen Abfall eintreten bis zum September, und dem
entspricht eine Periode verhältnissmässiger Ruhe nach Beendigung der
Vorstellungen, während die späteren Debungen, besonders in den
Manövern mit der ganz veränderten, stets Anregung und Abwechselung
bietenden Lebensweise mehr den .Körper im Allgemeinen ermüden, als
dass sie besonders hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der
Gelenke stellten. Mit der Einstellung der Rekruten beginnt dann die
Mouatsknrve wieder zu steigen.
Für die auffallende Uebereinstimmung der beiden Friedensknrven
glaube ich den Hauptgrund um so mehr in den eben geschilderten, aus
der Gleichheit der Uehnngsperioden in der ganzen Armee resnltirenden
Momenten suchen zu müssen, als die Kriegskurven gerade das entgegen-
gesetzte Verhalten zeigen: die Armeekurve steigt vom Juli bis September,
hält sich während des letzten Quartals 1870 ungefähr auf gleicher Höhe
und beginnt mit dem Januar stetig zu sinken; ganz besonders bemerkens-
werth erscheint mir aber die Kurve für die Südarraee, welche von 5,2
im Januar auf 2,9 im Februar fällt. Die gegenüber der Armeekurve
hohe Erkrankungsziffer im Januar, die niedrige im Februar glaube ich
auf die ganz ausserordentlichen, kaum je von einer anderen Armee unter
gleich erschwerenden Umständen ansgefübrten Marschleistungen im
Januar, auf die dadurch verursachten Ueberanstrengnngen und kleine
unbeachtete Verletzungen der Gelenke zurückfübren zu müssen; denn die
anderen Infektionskrankheiten nahmen im Februar nicht nur nicht ab,
sondern ihre Zahl steigerte sich noch erheblich, von 10,5 °/o« im Januar
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anf 14,9 im Februar, während die gewöhnlich anf Erkältungen bezogenen
Krankheiten der Athmnngsorgane zwar etwas abnahmen, aber keines-
wegs in gleichem Maasse wie die Gelenkrheumatismen.
Bezüglich der einzelnen Rrankbeitserscheinnngen will ich nur
statistisch erwähnen, dass bei 91 Kranken => 21,6 % Herz an der
Erkrankung Theil nahm; im letzten Jahre war die Zahl etwas höher,
nämlich 27,4 ‘/o, und ebenso war die Zahl derjenigen Leute etwas grösser,
welche wegen zurückgebliebenen Herzfehlers entlassen werden mussten:
12 </• gegen 10,4 für den ganzen zwölQährigen Beobachtungscyklus.
Bemerkenswertb erscheint noch, dass im letzten Jahre bei 4 frischen
^ Fällen, in denen gleich nach der Aufnahme Endokarditis konstatirt wurde,
diese als das erste Symptom der das Leiden cbarakterisirenden Trias
angesprocben werden musste. Bezüglich des Fiebers ist mir in den
letzten Jahren anfgefallen, dass die Zahl derjenigen Fälle in der Zu-
nahme begriffen ist, in welchen dasselbe nur spurenweise anftritt oder
auch ganz fehlt; die Oelenkaffektion verläuft in diesen Fällen von vorn-
herein torpide, und es entwickelt sich gewöhnlich bald eine hochgradige
und nur sehr langsam zu beseitigende Anämie. Immermann bat in
dem erwähnten Vortrag auf derartige Krankheitsformen besonders
aufmerksam gemacht und die Ansicht ausgesprochen, dass ihr Auftreten
in den Handbüchern nicht genug gewürdigt sei; es scheint mir dies eben
darin seinen Grund zu haben, dass diese Fälle erst neuerdings zahlreicher
aufgetreten sind, und ich lasse dahingestellt, ob unsere heutige Therapie,
welche die Entwickelung des Krankbeitskeimes verhindert, ohne ihn je-
doch abzutödten, dabei von Einfluss ist, oder ob es sich um einen Wechsel
des Krankheitsgenius handelt.
Bei zwei im letzten Jahre in dieser Form Erkrankten entwickelten
sich schon in der 3.-4. Krankheitswoche psychische Störungen in Form
hochgradiger Melancholie, die in einem Fall zu hartnäckiger Nahrungs-
verweigerung führte und von mir im Wesentlichen anf die ganz extreme
Anämie bezogen wurde. Der von Tüngel iu den Schmerzen und der
Schlaflosigkeit gesuchte Grund zu geistigen Störungen konnte höchstens
im Beginn der Erkrankungen als begünstigendes Moment angesprocben
werden, denn die überhaupt nur mässigen Schmerzen waren schon nach
den ersten Tagen fast ganz geschwunden, ebenso die Schlaflosigkeit,
aber die starke Schwellung besonders der Fuss-, Hand- und Fingergelenke
blieb in beiden Fällen Monate lang bestehen, und noch weit länger zeigte
die Haut ein wachsartig bleiches Aussehen.
Trotz oft sehr bedrohlicher Erscheinungen verliefen die Erkrankungen
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159
des letzten Jahres bei Anwendnng der gewöhnlichen Mittel: Rnhigstellnng
der Gelenke, Salizyl-Priparaten , Antipyrin, dann Bädern, geeigneter
Gymnastik und Massage, alle günstig; von sämmtlichen 421 Kranken
ilarben 3 = 0,7 “/o.
Fasse ich knri das Endergebniss der im Vorhergehenden nieder*
gelegten Erfahrungen zusammen, so geht daraus hervor, dass
1) Die für die Armee festgestellte Thatsache der Zunahme der
Erkrankungen an Gelenkrheumatismus für die Garnison Hannover
in besonders hohem Maasse zutrifft.
2) Die zunehmende Zahl der Erkrankungen bei Leuten, welche vor
der Einstellung schon an Gelenkrheumatismus gelitten haben
liefert den Beweis, dass die steigende Rhenmartbritisfreqnenz
in der Armee in erster Linie auf die in der ganzen Bevölkerung
sich mehrende Erkrankungszahl zurückzuführen ist.
3) Der akute Gelenkrheumatismus ist eine Infektionskrankheit: für
die Entwickelung seiner Krankheitskeime, von denen bisher
Gnttmann den Staphylococcns aureus nachgewiesen hat, ist für
die Garnison Hannover die zunehmende Infektion des Bodens
und im letzten Jahre (1886) besonders der wiederholt abnorm
niedrige Grundwasserstand von wesentlichster Bedeutung; während
4) als weiteres ätiologisches Moment (Edlefsen) für die ad 2 er*
wähnten Erkrankungen zu berücksichtigen ist, dass in der weit-
aus grössten Zahl unserer Kasernen Fälle von Gelenkrheumatismus
früher vorgekommen sind. —
5) Allgemein gütige Beziehungen zwischen der Erkrankungszahl
und den Witterungsverhältnissen haben sich io der Garnison
Hannover nicht nach weisen lassen; nur in einzelnen Monaten,
welche eine ungewöhnlich hohe oder niedrige Krankheitsfreqnenz
zeigten, konnten solche im Sinne Edlefsen’s und Hirsch's
konstatirt werden.
6) Die auffallende Uebereinstimmung der monatlichen Friedenskurven
für die Armee und die Garnison Hannover deutet darauf hin,
dass derselben die gleiche Ursache zu Grunde liegt, welche ich
in der Gleichheit der Uebungsperioden suche; von entscheidender
Bedeutung scheint hier der Gebrauch und die damit verbundenen
kleinen, gewöhnlich unbeachtet bleibenden Verletzungen der
Gelenke so sein, was durch die ganz besonders hohe Ziffer der
zuerst befallenen Gelenke der Unterextremitätea (76 °/a) bestätigt
wird.
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Nachdem festgeatellt ist, dass die in steter Zunahme begriffenen
Erkrankungen an Gelenkrheumatismus eine Gefahr für die Schlagfertigkeit
unserer Armee einschliessen, wird es unsere nächste Aufgabe sein müssen,
dieser Gefahr vorzubeugen, zunächst durch Zurückstellung solcher
Rekruten, welche auf Grund eines Physikatsattestes nachweisen, dass sie
in den letzten Jahren wiederholt an Gelenkrheumatismus gelitten haben,
wenn auch keine anatomischen Veränderungen davon an den Gelenken
zurückgeblieben sind. Ferner würde es sich empfehlen, diejenigen
Rekruten, bei welchen sich schon im Beginn der Ausbildnngsperiode
heftigere Oelenkschmerzen zeigen, einer besonderen ärztlichen Eontrole
zu unterstellen, ohne sie dabei dem Dienste zu entziehen, nnd Maass*
regeln zur Kräftigung ihrer Gelenke anzuordnen, wie spirituöse
Waschungen, aktiv-passive Gymnastik mit zweckentsprechender Massage.
Leute, welche eine Erkrankung an Gelenkrheumatismus überstanden,
müssten bei günstigen häuslichen Verhältnissen vor der Aufnahme des
Dienstes längere Zeit beurlaubt und später nicht in den früheren
Quartieren, sondern io anderen, bisher von derartigen Erkrankungen
freien Räumen einquartiert werden. Endlich würde es sich empfehlen,
Leute, welche mehr als zwei Erkrankungen im Laufe eines Jahres dnrch-
gemacht, auch ohne nachweisbare anatomische Veränderungen an den
Gelenken ala zeitig unbrauchbar zu entlassen.
II.
üeber Antifebrin.
Ich erwähnte schon gelegentlich der Besprechung des Einflusses
der Bodenbescbaffenbeit auf die Erkrankungszabl an Rheumatismen, dass
sich im Sommer 1886 gleichzeitig mit dem abnormen Sinken des Grund-
Wasserstandes nach längerer Panse wieder Erkrankungen an Unterleibs-
typhus in der Garnison Hannover zeigten. Gleich die ersten Fälle ver-
liefen unter sehr schweren Erscheinungen, und die bald erfolgende
Erkrankung von vier l.>azarethgehülfeu, welche ausschliesslich mit der
Pflege der Typhen betraut gewesen waren, lieferte den Beweis, dass es
sich um ein ungewöhnlich infektiöses Krankheitsvirus handelte; ich
verliess daher die 'bislang von mir angewandte Therapie, welche gani
den von Fraentzel (Deutsche Militärärztliche Zeitschrift XV, S. 117 ff.)
vertretenen Grundsätzen entsprach, und wandte gleich nach den ersten,
so sehr günstig lautenden Veröffentlichungen von Cahn nnd Hepp das
Antifebrin an, und zwar ausnahmslos mit so guten Erfolgen, dass ich es
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161
dann auch bei allen möglichen anderen Krankheiten erprobte. Im
Gaoaen habe ich es angewandt bei 79 Patienten, von denen litten an
1) Masern 4
2) Scharlachfieber 14
3) Unterleibstyphus 12
4) Lnngenentzöndnng 32
5) Bnutfellentzöndung 2
6) Akut. Bronchialkatarrh 7
7) Tnherknlose der Langen 2
8) „ „ Drüsen 1
9) Aknt Oelenkrhenmatismus 5
10) Perityphlitis 1
11) Nenralg. N. supraorbiu . . . . . . . 1
. Zusammen 79
Die Wirkungen des Anlifebrin waren bezüglich der Herabsetzung
der erhöhten Körperwärme in allen Fällen dieselben, im Uebrigen waren
sie aber bei den verschiedenen Krankheiten sehr verschieden; am
glänzendsten bewährte eich das Mittel bei den Typhen, hier stimmten
meine Beobachtnogen mit den von Cabn und Hepp (Berl. Klinische
Wocbenschr. 1887, No. 1 und 2) sowie von Faust (Deutsche Medizinische
Wochenschr. 1887, No. 16, 17) veröffentlichten Erfahrungen ungefähr
überein, während ich bei anderen Krankheiten, besonders bei denjenigen
der Atbmongsorgane weniger gute, zum Theil sogar schlechte Erfolge
von dem Mittel sah.
Die chemischen Eigenschaften des Antifebrin sind in den erwähnten
Arbeiten ausführlich klar gelegt; nach seiner Zusammensetzung war nun
zwar ein einleuchtender Orund für eine vortheilhaftere Wirkung gegen-
über dem Antipyrin nicht vorhanden, aber nach der vielfach gemachten
Erfahrung des ungünstigen Einflusses des letzteren auf die Verdaunngs-
organe, welche sich mir noch kurz vor Anwendung des Antifebrin bei
einem schweren Typhus bestätigte, Hess mir gerade die Beobachtung,
dass Antifebrin auf die Verdauungsorgane ohne Wirkung sei, dasselbe
im Typhus besonders empfehleoswerth erscheinen, um so mehr, als ihm
auch die von Fraentzel mit Recht (1. c. S. 123) hervorgehobene üble
Wirkung anderer Antipyretica auf den Puls zu fehlen schien. Die
ausnahmslos bei allen Typben beobachteten Wirkungen waren folgende:
1) Das Allgemeinbefinden hob sich in ganz auffallender Weise; ja
bei frischen Fällen, in denen das Mittel gleich vom Beginn der Aufnahme
gegeben werden konnte, blieb es während des ganzen Verlaufes so günstig,
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162
dan«, wie auch mehrfach yon Kollegen dnrch den Angenschein bestätigt
wurde, den Kranken die schwere Krankheit trotz wochenlanger Morgen*
temperaturen von 39—40,5° nicht anzusehen war. 2) Das Sensorinm
blieb frei, die Kopfschmerzen schwanden, was für manche Kranke,
besonders zwei sehr schwer erkrankte Lszarethgehülfen von so grosser
Krleichterung war, dass sie selbst immer wieder um das Mittel baten.
3) Bin anderer Grund, warum dies öfters geschah, war dieser, dass es
fast stets ruhigen Schlaf machte, und zwar nicht nur in der Zeit der
febris continua, sondern auch später, als des Fiebers wegen seine
Darreichung gar nicht mehr nöthig gewesen wäre. 4) Die Temperatur
wurde stets nach halben oder ganzen Grammdosen auf oder unter die
Norm herabgesetzt, und zwar erreichte sie den tiefsten Stand erst allmälig
nach 3—5 Stunden, um dann in der Regel etwas schneller auf die frühere
Höhe, mitunter auch noch darüber hinaus zu steigen. 5) Mit ganz
seltenen Ausnahmen ging korrespondirend mit der Temperatur die Puls-
frequenz herab, zugleich hob sich die Spannung des Arterienrohrs.
6) Das Anstrocknen und Rissigwerden der Schleimhäute der Mundhöhle,
der Zunge und Lippen blieb aus. 7) Auf den lokalen Krankheitsprozess
batte das Ahtifebrin keinen direkten Einfluss, andererseits fehlten alle
üblen Nebenwirkungen auf die Verdauungsorgane. 8) Einen Einfluss auf
die Nieren habe ich nicht beobachtet. 9) Die oft ziemlich starke Schweiss-
entwickelnng und die geringe Cyanose waren bei den Typhen nie lästig.
Kollapserscheinungen sind in keinem Fall eingetreten.
Unter den geschilderten Wirkungen des Antifebrin hebe ich diejenige
auf den Puls, und den Mangel einer solchen auf die Yerdauungsorgane
ganz besonders hervor; leider habe ich die erstere nicht dnrch
sphygmographische Kurven veranschaulichen können, aber die sowohl
auf der inneren, als auch auf der äusseren Station, wo Stabsarzt
Dr. Richter das Mittel in mehreren Fällen von Erysipelas anwandte,
sorgfältig geführten Temperatur* und Pnlskurven haben übereinstimmend
mit den Kurven von Cahn, Hepp und Faust, entgegen den Behauptungen
Fränkel's (Deutsche Med. Wochenschr. 1886, No. 43, 44), bewiesen, dass
der günstige Einfluss des Mittels auf den Puls von hoher Bedeutung ist.
Den eben erwähnten Momenten messe ich auch hauptsächlich die auf-
fallende Hebung des Allgemeinbefindens bei, welche ich bei Aufzählung
meiner Beobachtungen an die Spitze gestellt habe, weil sie als erster
sichtbarer Erfolg imponirt und für den ganzen Krankheitsverlanf das
Wichtigste bleibt.
Was die Anwendung des Mittels betrifft, so ist zunächst zu
— 163 —
beröckeichtigeo, wie Cahn und Hepp schon angegeben haben, dass die
Wirkung individuell sehr verschieden ist; ich habe ferner beobachtet,
dass vrenn das Antifebrin sich von vornherein anhaltend und intensiv
wirksam erwies, der ganze Krankheitsverlauf ein leichterer war, so dass
es zugleich einen Maassstab für den Grad der 'Infektion abgab. Im
Beginn der Erkrankungen waren kleine Gaben von 0,25 stets unwirksam,
io der Regel mussten Grammdosen gegeben werden; der Versuch, durch
wiederholt gereichte halbe Grammdosen, bis zu 3,0 in 12 Stunden, die
Temperatur dauernd niedrig zu erhalten, batte nicht den erwünschten
Erfolg: die Wirkung auf Temperatur und Puls war eine sehr unvollkommene,
es trat stärkere Cyanose auf, nnd auch das Sensorinm blieb benommen,
so dass ich bald zu den grösseren, 1 — 2 Mal in 24 Stunden gereichten
Orammdosen zurückkebrte. Das Gesammtverfahren bestand darin, dass
bei Morgen temperatnren über 39,0° zuerst ein Bad von 26° gegeben nnd
so weit abgeküblt wurde, bis die Temperatur unter 38° sank; sobald sie
dann wieder über 39° gestiegen war, wurde 1,0 Antifebrin gegeben, nnd
diese Dosis musste in der Regel Nachmittags zwischen 4 nnd 6 Uhr
wiederholt werden; erreichte die Morgentemperatnr nicht 39°, so wurde
das Bad weggelassen nnd nur morgens nnd abends 0,5 — 1,0 Antifebrin
gegeben. Die Wirkung dieses Verfahrens war wie erwähnt eine ausnahms-
los günstige, nnd den besten Beweis für den auch dem Laien imponirenden
Erfolg hatte ich darin, dass die vier bei der Pflege erkrankten Lazareth-
gehülfen dasselbe mit ganz unerschütterlichem Vertrauen bei sich selbst
angewandt wünschten. Das Pulver wurde entweder in Portwein gereicht,
oder in Oblate, nnd dann wurde Portwein nachgetrunken.
Wenn ich hiermit im Wesentlichen auch nichts Neues biete, sondern
nur die Beobachtungen von Cahn, Hepp, Faust u. A. bestätige, so
erscheint mir doch wegen des immer von Neuem ausbrecbenden Kampfes
für die ELsdtwasserbehandlung als einziges Heil im Typhus die Ver-
öffentlichung der Erfolge unseres Verfahrens um so mehr angebracht, als
wir darin für den Fall eines Krieges ein vortreffliches Hülfsmittel haben
werden. Im Garnison-Lazareth zu Hannover ist in früheren Jahren die
Brandt'sche Methode genau nach dessen Vorschrift mit wechselndem
Erfolge angewandt, aber auch in günstig verlaufenen Fällen habeich nie
eio Krankheitsbild gesehen, wie hei dem oben geschilderten Heilverfahren,
durch welches das Allgemeinbefinden in einer Weise gehoben wird, dass
man kanm je den Eindruck bekommt, einen schwer Kranken vor sich
zu haben. Selbst wenn die Kaltwasserbehandlung des Typhus allgemein
als die beste anerkannt wäre, so würde uns dies meines Erachtens nicht
11*
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der Pflicht überhebeo, auch andere als gut erprobte Heilmethoden in den
Garnison -Lazaretben durch« die Erfahrung am Krankenbett kennen so
lernen, da wir im Kriege ja nur ganz ausnahmsweise in der Lage sind,
eine methodische Kaltwasserbehandlung anwenden zu können.
Bei Masern und Scharlach, auch bei Erysipel (vergl. S. 162) wirkte
das Antifebrin nicht minder günstig, und ich darf erwähnen, dass ich von
den Kollegen, welche es auf meine Empfehlung in der während des
vorigen Winters in Hannover herrschenden Scbarlachepidemie bei Kindern
in ausgedehnterer Weise anznwenden Gelegenheit hatten, gehört habe,
dass sie mit der Wirkung nur zufrieden sein konnten.
Weniger guten Erfolg hatte ich bei akuten Gelenkrheumatismen und
konnte namentlich einen ähnlich günstigen Einfluss, wie wir ihn den
Salizylpräparaten und dem Antipyrin verdanken, nicht wahrnehmen.
Ungünstig waren meine Erfahrungen bei Longenkrankheiten, sowohl
Lungen* und Brustfellentzündungen, als auch tuberkulösen Leiden.
Besonders bei Pnenmonieen blich die Wirkung aui Herz und Arterien-
rohr aus, die bei Typhen bedeutungslose Cyanose machte sich oft in
fataler Weise bemerkbar, während das Sensorium in manchen Fällen
benommen, der Schlaf unruhiger wurde, was Alles darauf hindeutet, dass
die schon durch das Lungenleiden an sich erheblich behinderte Befreiung
des Blutes von Kohlensäure hier durch das Antifebrin noch weiter
ungünstig beeinflusst wird, wShrend die Wirkung auf die Temperatur
nicht ansbleibt. Bei tuberkulösen Leiden sowohl der Lungen als der
Drüsen trat die schwcisslreibende Wirkung in störender Weise zu Tage,
sobald nur einigermaassen erfolgreiche Dosen gereicht worden.
Ganz besondere erfolgrei ch erwies sich das Antifebrin auch in dem
einen Fall von Sopraorbitalneuralgie; während ich es also hier, ferner
bei den akuten Infektionskrankheiten, in erster Linie bei dem Unterleibs-
typhus unbedingt empfehlen würde, halte ich bei seiner Anwendung in
Lungenkrankheiten grosse Vorsicht für geboten.
Braunsebweig, im November 1887.
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165
Die neue Infektionskrankheit Weil’s in der Armee.
Von
Stabsarzt Dr. HUeber in Ulm.
Profeaaor Dr. A. Weil (Heidelberg — Dorpat) hat 1886 im 39. Band dea
,Dent8cben Archivs für klinische Mediiin** über „eine eigentbümliche,
mit Milztnmor, Ikterns and Nephritis einhergehende aknte Infektions-
krankheit“ eingehend berichtet, eine Krankheit, welche ganz auffallend
von dem klinischen Bilde der bekannten Infektionskrankheiten abwich,
völlig eigenartig verlief and bisher noch nicht geschildert warde, allem
Anscheine nach ein morhos sai generis, eine neue Infektionskrankheit!
Weil hofft von seiner Veröffentlichung, dass dieselbe za weiteren
Forschungen nnd Mittheilnngen den Anstoss geben möchte.
Zwei der Weil'schen Fälle waren von Friedreich heohachtet
(Sommer 1870), zwei von ihm selbst (1882) als Leiter der medizinischen
Klinik zu Heidelberg.
1) Kaufmann £., 23 Jahre alt, schon früher an Gelenkrheumatismus
und lleotyphus behandelt, erkrankte am 18. 6. 1870 mit Leibweh,
Durchfall, grosse^ Müdigkeit, heftigen Glieder- und Mnskelschmerzen,
Appetitlosigkeit, Durst und am folgenden Tage hinzutretender gelblicher
Färbung von Haut und Augen. — 20. 6.: Hobes Fieber, starker Ikterus;
vergrösserte druckempfindliche Leber, vergrösserte Milz. — 21. 6.: Kopf-
schmerz; Erbrechen; dunkler eiweissreicher Harn. — 22. 6.: Gefärbter
Stuhl bei Zunahme des Ikterus, weissbelegte Zunge. — 24. 6. (6. Tag):
Abfall des Fiebers, Zurückgeben sämmtlicber genannter Krankheits-
erscbeinungen. — Am 26. 6.: Neuerdings Fieber mit Erbrechen n. s. w.,
bis 2. Juli. — Ungestörte Rekonvaleszenz bei ungewöhnlichem Hunger-
gefühl. — 20. 7.; Geheilt entlassen.
2) Kellner M., 22 Jahre alt, bisher stets gesund, erkrankte plötzlich
am 8. 7. 1670 mit Schmerzen auf der Brust, im Kreuz, in der Muskulatur
der Schenkel und Waden. Appetitmangel, Durst, intensives Krankheits-
gefühl, heftiger Schwindel, dünner Stuhl. — Am 11. 7. (4. Tag): Auf-
nahme in die Klinik: Temperatur 39, 0** ; Puls 112, Zunge belegt; Glieder
auf Druck empfindlich. — 12. 7: Leichter Ikterus: eingenommener Kopf;
Delirien; trockene Zunge, vergrösserte druckempfindliche Leber; trüber,
eiweisshaltiger Harn. — 13. und 14. 7. : Zunahme der Gelbsucht und der
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geoannten Symptome; Deliriea cur Nacbueit; vergrösserte Milc; trockene
Zunge; Erbrechen; Ausleerungen zum TheiL konsistent und gallig. —
15. und 16. 7.: Leichtes Fieber, fleckige Rothe am Rumpf und im Gesicht.
— 17. bis 22. 7.: Fieberfrei; objektives und subjektives Wohlbefinden.
— 22. bis 26. 7.: (16. bis 19. Tag) wieder allmäliges staffelformiges
Ansteigen des Fiebers, jedoch ohne besondere subjektive Beschwerden.
— Bei der Entlassung (4. 8. — 29. Tag) noch Sporen von Ikterus bei
auffallend schlechtem, blassem Aussehen und bedeutender Abmagerung.
3) Dr. Fr., 23 Jahre alt, io letzter Zeit an Magen- Darmkatarrh
gelitten und geistig überarbeitet, erkrankte am 8. 6. 1882 mit Fieber,
starkem Kopfweb, Schwindel, Appetitlosigkeit, Erbrechen, unruhigem
Schlaf und Durchfall. — Am 10. *6. 1882 in die Klinik aufgenommen:
Klagen über starke Hinfälligkeit, Schwäche und Schwindel; leichte
Gelbsucht, vergrösserte, druckempfindliche Leber, vergrösserte Müs;
belegte Zunge; Temperatur 40,0°; trüber eiweissreicher Harn. — 11. 6.;
Delirien des Nachts; Zunahme des Ikterus. — 14. 6.; Rückgang der
Leberscbwellung und Albuminurie. — 15. 6.; Kopf frei; Wohlbefinden;
fieberfrei. — Vom 18. bis 23. Krankheitstage wieder Fieberbewegongen,
ohne sonstige Krankheitserscbeinungen. — Wegen Iridocyclitis verlegt.
4) Soldat W., 23 Jahre alt, erkrankte am 8. 7. 1882 plötzlich mit
Frieren, Kopfschmerz, Schwindel, Abgescblagenbeit, Appetitlosigkeit,
Durchfall. — Tags darauf Eintritt in die Klinik; Temperatur 39,7°,
Puls 104; Zunge belegt, Leib aufgetrieben, Müz vergrössert, Urin trübe
und eiweissreich, enthält hyaline und epitheliale Cylinder und rotbe und
weisse Blutkörperchen. — 12. 7.: Angehaltener Stuhl, unruhiger Schlaf,
leichter Ikterus, sehr grosse Milzdämpfung. — 13. 7.: Zunahme von
Ikterus und Albuminurie, andauernder Kopfschmerz und Schwindel, kein
Stuhlgang, mittleres abendliches Fieber. — 14. 7.; Roseolaflecke;
Temperatur M. 37,8 — A. 39,2°. — Vom 15. 7. ab (8. Tag) rasche Ab-
nahme sämmtlicber Erscheinungen; vom 17. 7. ab (10. Tag) dauernd
fieberfrei. — 20. 7.; Verschwinden des Ikterus. — Entlassen am
20. September.
Ich füge hinzu Weil's eigene Rekapitulation in gekürztem Auszug;
,In diesen 4 übereinstimmenden Fällen bandelt es sich um akut
fieberhafte, mit schweren, nervösen Erscheinungen, ausser-
dem mit Schwellung der Milz und Leber, Ikterus, nephritiscben
Symptomen einhergehende Erkrankungen, die aber nach ver-
bältnissmässig kurzer Dauer des schweren Krankbeitsbil des
einen raschen günstigen Verlauf nahmen. — Aetiologie fehlt, die
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Kranken standen im kräftigsten Mannesalter und erkrankten sämmtlich in
der heissen Jahreszeit Der Beginn der Krankheit war ein
plötzlicher, ohne Prodromi; Fieber, Appetitlosigkeit, Durst, äusserste
Mattigkeit uod Abgescblagenbeit, Schmerzen in Rücken und Gliedmaassen,
Kopfschmerz, Schwindel, Neigung zu Somnolenz, schlechter Schlaf,
meist schmerzlose Durchfälle. Weiterhin (3. bis 5. Tag) ausser hohem
Fieber, grosser Hinfälligkeit und sehr entwickelten Cerebralerscbeinnngen:
Ikterns, schmerzhafte Leberschwellnng, Milzvergrössernng, Zeichen einer
Nephritis acuta, Störungen seitens des Digestionsapparats. — Am 5. bis
8. Tage; Wendung zum Bessern unter allmäligem Fieberabfall; Schwinden
des Ikterns u. s. w. — Dann meist Störung der Apyrexie durch erneutes
Fieber von 5 bis 6 tägiger Dauer, bei sonst verhältnissmässig objektivem
wie subjektivem Wohlbefinden. — Weiterhin langsame Rekonvaleszenz,
trotz der im Ganzen kurzen Dauer der fieberhaften Erkrankung; allmälige
Erholung der in Kräftezustand und Ernährung stark hernntergekommenen
Kranken.“
Goldschmidt (Nürnberg) berichtet im Deutschen Archiv f. Kl. M.
40. Band Seite 238 ff. über einen am 13. 11. 1883 ins Krankenhaus trans-
ferirten 34jährigen Taglöbner, der vor 5 Tagen bei der Arbeit plötzlich
bewusstlos und im Anschluss hieran schwer krank wurde. — Hauptklagen
Kopf-, Hals- und Gliederschmerzen, Appetitmangel, Durchfall, Erbrechen.
— Bei der Aufnahme: Fieber, beschleunigter Puls, belegte, trockene
Zunge, ausgesprochene Gelbsucht; vergrösserte, druckempfindliche Leber.
Weiterhin starke Milzschwellung, Drnckempfindlichkeit der Nierengegend,
Erbrechen, ungefärbter Stuhl, spärlicher eiweisshaltiger Urin (der mit
Kurzstäbcben dicht besetzte Cylinder zeigte). — Am 10. Tage der
Erkrankung; Abfall des Fiebers, wieder gefärbter Stuhlgang u. s. w.,
jedoch noch Fortbestehen des Ikterus. — Vom 22. bis 30. 11. Rezidiv:
hohes Fieber mit tiefen Morgenremissionen bei sonst befriedigendem
subjektivem wie objektivem Befinden. Sehr langsame Rekonvaleszenz
unter sehr verzögertem Schwinden der ikterischen Verfärbung.
Eine hiermit übereinstimmende Krankheitsschilderung gab Aufrecht
(Magdeburg) unter der Bezeichnung „Acute Parenchymatöse“ Seite 619 ff.
des 40. Bandes genannten Archivs. — Der erstere seiner beiden Fälle,
ein 33jähriger phthisischer Arbeiter, erkrankte am 22. Tage seines
Lazarethaufentbaltes (Dezember) plötzlich mit hohem Fieber (wozu sich
nach 3 Tagen Ikterns nebst Albuminurie gesellte) und starb am 11. Tage
unter Hinzntritt von Erbrechen, Somnolenz und Anurie. Die Sektion
ergab ausser dem phtbisischen Lungenbefund; vergrösserte Milz, schlaffe,
trübe, hämorrhagische Nieren und eine kleine, schlaffe, blasse Leber.
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Oer 2. Fall Aufrecht's betraf eioen bis dahin völlig gesnnden,
46 Jahre alten, den besseren Ständen angehörigen Mann, der mit den
Erscheionngen eines „aknten Magenkatarrhs*^ (Febrnar 1877) erkrankte,
wosn sich am 4. Tage leichter ,Ikterns“ gesellte; bei grosser Hinfälligkeit
nnd Absonderung eines äusserst spärlichen, eiweissreichen Urins erfolgte
der Tod unter urämischen Konvalsionen am 7. Tage der Krankheit. —
Die Sektion ergab fettiggelb aassehende Herzmuskulatur; vergrösserte,
trübgelbe Leber und geschwollene, trübe, blassgelbe Nieren, welche beiden
letzteren bei der mikroskopischen Untersuchung (statt die vermutheten
Fetttropfen zu zeigen) vollständig mit gleicbmässig grossen dunklen
Körnchen (Mikrokokken) durchsetzt waren. Weil diese Erkrankung
gleichzeitig die lebenswichtigsten parenchymatösen Organe (Leber, Nieren,
Herzmuskel) befiel, nannte sie Aufrecht „acute Parenchymatöse“.
Seite 621 ff. des gleichen Bandes beschreibt im Anschluss hieran
E. Wagner (Leipzig) zwei weitere Fälle von „fieberhaftem Ikterus
(Weil)“, welche im Jahre 1886 binnen 3 Tagen seinem Spital zugingen,
ohne vor der Aufnahme ins Krankenhaus in irgend welcher Verbindung
gestanden zu haben. Beide hatten hohes Fieher, mässigen Ikterus und
heftige Muskelschmerzen, besonders in den Waden. Der eine derselben
zeigte überdies Albuminurie, Herpes labialis und Nasenbluten.
Der 1. Fall Wagner's (ein 20jähriger Barbier) erkrankte plbtzlich
(September 1886) beim Aufwachen mit mässigem Frost und folgendem
Schweisse, mit Kopfschmerz, Schwindel und Appetitlosigkeit; weiterhin
zeigten sich grosse Schwäche, Schlaflosigkeit, stetes Scbwindelgefuhl und
Stahlverstopfung, wozu sich am 3. Tage unter hohem Fieber (.39,6°)
nnd beschleunigtem Puls (136) leichter Ikterus gesellte, bei schwach
vergrösserter Milz und Drnckempfindlicbkeit der Extremitäten, besonders
der Beine; Husten mit Auswurf; Harn nicht ikterisch, ohne Eiweiss.
Unter Abfall der hohen Temperatur besserte sich das Allgemeinbefinden,
schliesslich auch die auffallend starke Muskelschwäche, so dass Patient
19 Tage nach Beginn der Krankheit als geheilt entlassen werden konnte.
Der 2. Fall Wagner's betraf einen 23jährigen Postboten, der
(September) nach einem Nachtdienst (wobei er eine Zeitlang auf Fellen
geschlafen hatte) plötzlich mit „Kopfschmerz, starkem Schwindel nnd
heftigen Schmerzen in den Beinen* erkrankte. Am 3. Tage leichter
Ikterus, Herpes labialis, reissende Wadenschmerzen, völlige Appetitlosigkeit
und Albuminurie bei hohem Fieber (über 40,0°) nnd sehr beschleunigtem
Puls (134); weiterhin Zunahme des Ikterus, Nasenbluten und schleimige
gallenarme Stühle. Entlassung 16 Tage nach Beginn der Krankheit.
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I
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Diese etwas weite Einleitang (resp. diesen Litteraturausweis) halte
kh nicht allein deshalb für erforderlich, weil bei dem heutigen reichen
Markt an Novitäten die betreffenden Mittheilnngen sich der Kenntniss
oder Erinnerung des Einielnen mehr oder weniger enttogen haben dürften,
sondern besonders auch wegen der hierdurch ermöglichten Vergleichung
der einzelnen Krankheitsbilder genannter Autoren mit den von mir im
Sommer 1887 zu Ulm beobachteten 4 ähnlichen Fällen. — Was bei
diesen Kranken zuerst meine Aufmerksamkeit erregte, war, aufrichtig
gesagt, keineswegs die Suche nach Neuem, sondern zunächst die Ver-
legenheit, die zu beschreibenden Fälle in unserer militärärztlichen
Erankheitsübersicht nnterznbringen, da sie ebensowenig unter No. 10
(Gastrisches Fieber), als unter No. 95 (Katarrhalische Gelbsucht) passten,
denn der gewöhnliche Ikterus verläuft ja fast nie mit hohem Fieber,
Pnlsbescbleunigung, zeigt überdies den hier fehlenden schwarzgrünen
Drin u. s. w. Weiterhin erschien der Ikterus hier erst am 3. bis 7. Tage
der Erkrankung, konnte also nicht das ursächliche Krankheitsmoment
bilden, sondern musste lediglich als Begleiterscheinung einer schweren
Allgemeinerkrankung anfgefasst werden, so dass sich sogar der Gedanke
au haematogenen Ikterus, an Blutdissolution anfdrängte, eine Deutung,
die schon der verstorbene Niemeyer (8. Äufl. I, 682) dem Gallenfieber,
biliösen Typhoid der früheren Autoren, gab. — Leider weist nun die
exakte klinische Beobachtung meiner Kranken manche Lücken auf,
allein diese Fälle waren eben nicht von Anfang an zur Veröffentlichung
bestimmt, der erste Fall betraf mich bloss in meiner Eigenschaft als
Truppenarzt, und die drei weiteren fielen in eine Periode des hohen
Krankenstandes und in eine Zeit, wo sämmtliche Hölfsärzte der Garnison
in den Herbstübungen ausmarscbirt waren, und ich selbst, ausser meiner
bisherigen Station, noch die Abtheilung der innerlich Kranken für den
abwesenden Ordinarius mit zu versehen hatte. Dies zur Entgegnung auf
berechtigte kritische Bemängelungen klinischer Unterlassungssünden.
Trotzdem glaube ich so viele verlässige Daten gesammelt zu haben, um
nicht nur einen Vergleich meiner Fälle mit den oben angeführten er-
möglichen, sondern auch um den Kollegen ein nicht zu verkennendes
Bild dieser neuen Krankheit entwerfen zu können, falls dieselbe an
'anderen Orten weiterhin auftanchen sollte, was ja keineswegs auszu-
schliessen sein dürfte; und schliesslich besteht ja auch eine gewisse
moralische Verpflichtung für den Einzelnen, sein Scherflein zu der
Fundamentirung eines neuen Baues beizutragen.
1. Fall; Pionier J. (1. Dienstjahr, Zivilberuf Weingärtner) erkrankte
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plötzlich am 14. Juli 1887 (einem heissen Tage) nach der Rückkehr von
dem etwa Vi Stunden entfernten Schiessplatz in die Kaserne, Bastion 24
(Defensiv-Kasematte) 1. Stock, Zimmer 17, mit Schaudern, Mattigkeit,
Kopfweh, Kreuzschmerzen, Hitze, hohem Fieber (40,5°) und beschleunigtem,
schwachem Puls. Am folgenden Tage dem Garnisonlazareth überwiesen,
zeigte J. starke Cyanose des Gesichts, trockene Zunge, fuliginöaen Belag
auf Lippen und Zahnfleisch, grosse Somnolenz und gab nur auf lautes
wiederholtes Befragen langsam und verwirrt Antwort. — Temperatur
40,5°; Puls 110; Respiration 20. — Unterleib etwas aufgetrieben; derselbe,
sowie die Gegend der unteren Wirbelsäule auffallend druckempfindlich;
träge Pupillar-Reaktion. Am 3. Tage (16. 7.) trat zu den sehr heftigen
Kopfschmerzen leichte Nackenstarre und Kieferklemme hinzu, so dass
die bisher dunkle Krankheit sich als Meningitis zu entpuppen schien,
zumal der Stuhl angebalten, und das Sensorium etwas benommen war.
— Am 17, und 18. Juli Erbrechen der gereichten Medikamente (Chinin,
Antipyrin). Am 20. Juli (dem 7. Krankheitstage) trat unter Nachlass
der Nackenstarre und Kopfschmerzen ein intensiver Ikterus auf, mit
nachweisbarer Lebervergrösserung; der Urin zeigte sich frei von Gallen-
farbstoff, enthielt hingegen reichliches Eiweiss. Unter Zunahme des
Ikterus zeigten sich (24. 7.) am ganzen Rumpf zahlreiche punktförmige
Petechien. Das hohe Fieber, das io den ersten Tagen mit Chinin und
Antipyrin bekämpft wurde (so dass die resp. Temperaturkurve nichts
Charakteristisches bieteu kann), verlor sich nach 6 Tagen, stellte sich
aber vom 26. 7. bis 1. 8. wieder in geringerem Grade ein (leichtes
Rezidiv). Der Ikterus Hess bald an Intensität nach, zeigte sich aber
noch wochenlang durch gelbe Sklera und blasse gelbliche Hautfarbe.
Während der langsamen Rekonvaleszenz: Gliederschwäche, Blutleere,
Ohnmacbtsanwandlungen bei raschem Bücken. — Nach 42 Lazareth-
behsndlungs - Tagen geheilt (in dreiwöchentlichen Erholungsurlaub)
entlassen.
2) Pionier D. (1. Dienstjahr, Zivilbcruf Bäcker) erkrankte am
10. 8. 87 in der Kaserne (Bastion 21, 1. Stock, Zimmer 17) plötzlich
aus unbekannter Ursache mit Kopfweb, Schwindel, allgemeiner Ab-
geschlagenheit, Gliederweh, Hitze, Appetitmsngel und hohem Fieber (39,9°)
und wurde Tags darauf (11. 8.) ins Garnisonlazareth verbracht. Daselbst:
Temperatur 39,5°, Puls 95, Respiration 24. — Röthung und Schwellung
von Mandeln und Gaumenbögen. — 12. 8.: Schmerzen in Gliedern und
Gelenken; weissbelegte Zunge, etwas Eiweiss im Urin. — In der folgenden
Nacht heftige Wadenscbmerzen, katarrhalische Erscheinungen der unteren
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LangeopartieeD; aDgebaltener Stahl; Stechen in beiden Rippenweichen.
— Am 15. 8. (6. Erkrankangstag) : AaegeBprocbener Ikterus; dabei grosse
Mattigkeit and Wadenschmerzen; Kopf angeblich frei. Am folgenden
Tag; Erbrechen; Zunahme der Gelbsucht; Oeffoung (auf EinlauO dünn*
breiig, hellgrau. — Am 18. 8.: Abfall des Fiebers, hingegen Klagen über
Schlaflosigkeit, sowie Schmerzen und Spannen in den Beinen. Hoch-
gradige Gelbsacht. Leber und Milz vergrössert; Urin rothbraun (nicht
eehwarzgrnn !), ei weisshaltig. Zunge grau mit rothem Rand, trocken,
etwas klebrig. — 20. 8.: Bröckliger, grünbraoner Stuhl, deshalb am
22. 8.: Calomel, worauf reichliche breiige, grünliche Ausleerungen, mit
blutigem Schleim durchsetzt Sehr langsame Genesung unter allmäligem
Schwinden der grossen Muskelschwäche und der ikteriscben Hautfärbung.
— Am 7. 9. (nach 27 Lazarethbebandlungs-Tagen) mit noch merklicher
Abmagerung und leicht gelblicher Hautverfärbung als geheilt (in vier-
wücbentlichen Erholungsurlaub) entlassen.
3) Dragoner K. (1. Dienstjahr, Zivilberuf Bauer) erkrankte plötzlich
(Zeugbauskaserne 1. Stock, Zimmer 4) am 10. 8. 87 mit Schmerzen in
allen Gliedern, Appetitmangel, starker Hitze und Kopfweb. Am folgenden
Morgen fiel K., beim Versuch, das Bett zu verlassen, ohnmächtig zu
Boden. Bei der Aufnahme ins Lazaretb (11. 8. 87): Temperatur 40,0°;
Puls 115; Respiration 24. — Heftiger Durchfall seit einigen Tagen;
Gurren im Unterleib; Röthung von Rachen und Gaumen. Die dick weiss-
belegte Zunge zeigt Eindrücke der Zähne. — 12. 8.: Klagen über un-
bestimmte Schmerzen in den Gliedmaassen. — 14. 8.: Leicht ikterische
Hautfarbe; dickweisser Zungenbelag; grosser Durst. — Lungen und
Unterleib bieten nichts Abnormes. Grosses Mattigkeitsgefübl; hohes
Fieber (39° bis 40,0°) mit morgendlichen Remissionen. — 15. 8.: Uebligkeit,
Wadenschmerzen. — 16. 8.: Klagen über Bangigkeit und Uebligkeit bei
Nacht und über grosses Scbwächegefühl. Weicher, breiiger, hellgrauer
Stuhl. — Rothbrauner eiweissbaitiger Urin. — 18. 8.: Zunahme der
Gelbsucht (Kanariengelb!). — 20. 8.: Kompakte geformte hellgraue Aus-
leerungen mit weisslichen häutigen Fetzen bedeckt. Zunahme des
Appetits; keine besonderen Beschwerden mehr. Vom 24. 8. an Normal-
temperatur (das Fieber schwankte bei starken Morgenremissionen seit
15. 8. zwischen 38,0 und 39,6°, zu letzterer Höhe am 21. 8. unvermnthet
wieder ansteigend). — 23. 8.: Urin immer gelbbraun, jetzt eiweissfrei.
Die weissfetzigen Beimengungen des schleimigen, breiigen Stuhls ver-
lieren sich allmälig auf Darreichung von Calomel. — 25. 8.: Objektives
and subjektives Wohlbefinden, manifestirt dnrch nunmehr wieder heiteren
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Gesicbtsaosdnick. — Laogsame OenesDog bei gutem Appetit, normaler
Verdauung und allmäligem langsamem Schwinden der Gelbsucht. Am
15. 9. (nach 35 Lazarethbehandlongs-Tagen) geheilt entlassen. —
4) Grenadier Sch. (1. Dienstjahr, Zivilberuf Verwaltnngskandidat),
von etwas schwächlichem Körperbau und ziemlicher Magerkeit, aber
bisher immer gesund, kasernirt Wilhelmsburg (Defensivkasematte), Erd-
geschoss, Zimmer 116, erkrankte plötzlich am 9. 8. 1887 ans unbekannter
Ursache mit heftigem Frieren und allgemeiner Abgeschlagenheit. Tags
darauf starke Schlingbeschwerden, Hitze, Husten, Brustschmerzen und
Durchfall. — Am 11. 8. ins Lazareth verbracht: Temperatur 38,5°,
Puls 100, Respiration 24. — Dick weissbelegte Zunge, starke Röthnng
von Rachen und weichem Gaumen, foetor ex ore; — keine nachweisbare
Milzvergrösserung. — 12. 8, . Klagt über Brustschmerzen bei tieferem
Athmen (Lungenbefund negativ); trockene heisse Haut; vollständiger
Appetitmangel; heftiges Kopfweh; hohes Fieber (39 bis 40,0°), des
Morgens wie des Abends; Pols 110 bis 120; vom 14. 8. an morgendliche
Remissionen; vom 18. 8. ab: normale Temperatur. — 13. 8.: Grosse
Schwäche und hochgradiges Mattigkeitsgefübl; Zunge scbmutziggran
belegt; im rotbbraunen Urin reichlich Eiweiss; Brustschmerzen. —
15. 8.: Ikterische Hautfarbe, Klagen über Schwerathmigkeit; heftiger Durst,
starkes Kopfweh, Gliederschmerzen, angehaltener Stuhl. — 16. 8: Zu-
nahme der Gelbsucht; Zunge gelblich belegt mit rothem Rand. — Klagen
über heftiges Kopfweh; mehrmaliges Erbrechen; Schlaflosigkeit; diffuse
Erschütterung der Herzgegend ; Stuhl theils breiig, theils geformt, letzterer
weisslicbgran (wie Hundekoth); Urin rothbraun. — 18. 8.; Schwinden
des Ikterus, Abfall des Fiebers; Kopf nunmehr frei, Appetit fehlt noch.
— 20. 8.: Stuhl breiig, geformt, braungrün. — 21. 8.: Oberfläche des
geformten graubraunen Stuhles rüthlicb und gelblich gefleckt (Blot
u. s. w.). — 28. 8.; Wieder Kopfschmerz, Hitze, Abnahme des Appetits,
Fieber zwischen 38° und 39,0° (Rezidiv!). — 30. 8.: Wieder Normal-
Temperatur; Zunge reiner; Kopf frei; Stuhl angebalten. — Nunmehr
langsame Rekonvaleszenz, ohne besondere weitere Störung bei allmäligem
Schwinden der Mattigkeit und des grossen Scbwächegefübls. — Am
22. 9. 87 (nach 41 Lazarethbehandlungs-Tagen) als „geheilt“ in drei-
wöchentlichen Erholungsurlaub entlassen.
Während der Abfassung dieser Arbeit tbeilte mir zufällig Stabs-
arzt a. D, Dr. Lebsanft mit, dass er vor zwei Jahren, als ordinirender
Arzt der Inneren Station des Gamisoulazareths Ulm, drei ähnliche Fälle
beobachtet habe. In dem mir freundlicbst überlassenen Konzept des
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StaiioDsberichts für das Rapportjahr 1885/86 schreibt der Oenaoote
wörtlich :
,Id der Reihe der 30 gastrischen Fieber des Rapportjahres sind
3 Fälle anfgefuhrt, welche mit Ikterns komplizirt waren nnd bei denen
die Diagnose febris recnrrens, bezw. biliöses Typhoid, gerechtfertigt
erscheinen würde, wenn diese Krankheit in hiesiger Garnison schon
eiamal beobachtet worden wäre.“
Die (von mir noch gekürzten) im Anschlnss gegebenen drei Kranken-
geschichten seines Berichtes lauten :
1) Pionier R. (3. Dienstjabr; Fabrikarbeiter; kasernirt Bastion 24,
2. Stock, Zimmer 13) erkrankte plötzlich am 16. 6. 1885 (angeblich nach
Geonss schlechten Trinkwassers ansserhalb der Kaserne) mit Frost,
Schwindel, Kopfschmerz, Appetitlosigkeit, Brechneigung und angehaltenem
Stuhl. — Bei der Aufnahme ins Lazareth am 17. 6.: Hohes Fieber (41,0°),
Pols 100; stark belegte Zunge; Druckempfindlichkeit des Bauches. —
18. 6 : Auf Calomel dünne Stühle; Nackensteifigkeit; Druckempfindlicbkeit
der Kniekehlen. — Temperatur 39,0°. — 20. 6.: Zunahme des Kopfwehs
und der Wadenscbmerzen; Schwinden der Nackensteife, aber grosse
Empfindlichkeit der Lendengegend (beim Aufrichten n. s. w.); mehr-
maliges Nasenbluten; Urin eiweissfrei; Milzschwellung; dickbelegte Zunge:
Temperatur M. 39,1° — A. 40,0°. — 21. 6.; Ikterus der Haut und Con-
jooetira bnlbi: heller Koth; massiges Fieber (38,0°). — 22. und 23. 6.:
graobranner Koth, dunkler Urin, Abfall des Fiebers. — 24. 6.; Fieberfrei.
— 25. 6.: Unter Frost wieder hohes Fieber (40,3°), Husten mit Auswurf,
Milzvergrösserung; dabei nur massiges Kopfweh mit, Schwindel; dünner
gelber Stuhl. — 27. 6.: Schlaflosigkeit; etwas Blut im Auswurf; Herpes
labialis; 2 dünne gefärbte Stühle; neuerdings Kopfweh, Schwindel,
Wadenschmerzen; Abnahme der Gelbsucht; hellrothbranner Urin; Milz-
tomor; Leber kaum vergrössert. — Temperatur 39,7°, Puls 102. — Im
Blut keine Spirillen zu finden. — 28. 6. bis 2. 7.: Status idem; dabei
mehrmals Nasenbluten; konsistenter schwärzlicber Stuhl (Blutbei-
mengung?); Urin nicht ikterisch (bei Fortbestehen der Gelbsucht); blut-
haltiger Auswurf (bei negativem Lnngenbefund). — Allabendlich 39° bis
10,0°. _ — 3. 7.: Allmäliger Fieberabfall unter Auftreten von Schweiss;
Milz wird kleiner; Ikterus noch vorhanden. — Auf der Bauchhant einige
kleinere Petechien; dünne, braune Ausleerungen. — 4. 7.: Normale
Temperatur; konsistenter brauner Stuhl. — 6. 7.: Objektives und
■objektives Wohlbefinden; immer noch Milzschwellung; Gelbsucht kaum
noch sichtbar. — Weiterhin sichtliche Erholung. — 1.8. Geheilt entlassen
(15 Lazarethbehandlungstage).
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2) Pionier H. (1. Dienätjabr, Gärtner; — kasernirt Bastion 24,
2. Stock, Zimmer 7), am 18. 6. 1885 plötzlich aus unbekannter Ursache
mit Frost, Hitze, Kopfweh, Mattigkeit, Seitenstechen links und Erbrechen
erkrankt. — Bei der Aufnahme ins Lazareth am 19. 6.: Stark geröthetes
Gesiebt und reichliche Schweissbildung, weissbelegte Zunge, auffallend
rother Rachen; angebaltener Stuhl; Temperatur 38,7°. — 20. 6.: Un-
ruhiger Schlaf, Delirien; wiederholtes Erbrechen mit Blntbeimengnng;
Appetitlosigkeit; Temperatur 39,6. — 21. 6.: Auf kalte Bäder etwas
Nachlass des Fiebers (38,8°) und etliche Stunden Schlaf; Gesicht (trotz
Eisbeutel) noch auffallend rotb. Klagen über Kopfschmerz und Schwindel.
Im spärlichen Auswurf einige Mal dunkles Blut. Druckempfindlicbkeit
der Magengrube. Vergrösserte Milzdämpfung. Rötbung des Rachens.
— 22. bis 25. 6.: Status idem; starker Durst; Bluthusten (ohne nach-
weisbaren Ursprung). — Zunge trocken, rissig, etwas bräunlich. Abend-
temperaturen zwischen 39° und 40,0°. — 26. 6.: Leichter Ikterus. —
27. 6. :i Fieberabfall (ohne Schweiss); blutiger Auswurf; dunkler, gallen-
farbstoffbaltigcr Urin. — 28. 6.: Apyrexie; Milztumor; Leber nicht nach-
weisbar Tergrössert; Fortbestehen des Ikterus; Koth nicht entfärbt. —
3. 7.: Ausser leichtem Ikterus nnd angehaltenem Stuhl subjektives und
objektives Wohlbefinden. — Langsame Rekonvaleszenz. — 6. 8.: Geheilt
entlassen (nach 48 Lazarethbehandlungs-Tagen). —
3) Grenadier St. (2. Dienstjahr; Bauer; kasernirt Wilbelmsburg
2. Stock, Zimmer 2) erkrankte plötzlich ohne bekannte Ursache am
6. 7. 85 unter Schweissausbruch mit Kopfweh, Schwindel, Schwäche-
gefübl, Gliederschmerzen, Appetitlosigkeit nnd Uebligkeit. Am 7. 7,
ins Lazareth verbracht: Schlaflosigkeit, schweres Krankheitsgefühl;
Temperatur 39,0°. — 8. 7.; Heftiges Kopfweb, Scbwindelgefnbl,
Gliederschmerzen; Appetitmangel; belegte Zunge; ein dünner Stuhl;
Temperatur 39,7°; objektiv nichts Pathologisches aufzufinden. — 9. 7.:
‘ Stark geröthetes Gesicht; Temperatur M. 39,0° — A. 39,4°. — 10. 7.;
Anhaltende Verstopfung, weshalb Calomel gereicht; Erbrechen eines
Spulwurmes. — Herpes labialis. Röthung des weichen Gaumens mit
Schlingbeschwerden. Temperatur M. 39,2 — A. 39,4°. — 11. 7.: Dick-
belegte Zunge, Durchfall. — 12. 7.: Wiederholtes Erbrechen (enthielt
5 Tage zuvor gegessenes Fleisch); allmäliger Fieberabfall (ohne
Schweiss). — 13. 7.; Auftreten von Ikterus. — 14. 7.: Apyrexie; starke
Gelbfärbung von Haut und Augen; zahlreiche Petechien auf Brust und
Bauch; wiederholtes bluthaltiges Erbrechen; hochgradige Apathie: ver-
grösserte Milzdämpfung; Leber nicht nachweisbar vergrössert; Zunge
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schwärzlich helegt. — 15. 7.: Milztumor; angehaltener Stuhl; grosse
Mattigkeit; Brennen beim Uriniren. — 16. 7.: Auf Ol. Ricini mehr*
mals braun gefärbte Ausleerungen; Milzvergrösserung; Auftreten neuer
Petechien. — 17. bis 20. 7.: Status idem; befriedigendes Befinden; Ab-
nahme des Ikterus und des Milztumors; anhaltende Apyrexie. — 21. 7.
Abends; Schüttelfrost mit plötzlicher Temperatursteigerung. — 23. 7.:
Heftiger Kopfschmerz; anhaltend hohes Fieber (39,0 bis 40,0°), trotz
Chinin. — 24. 7.: Harn wieder stärker ikteriscb; Haut-Ikterns scheinbar
unverändert; Leber nicht nachweisbar vergrössert. Temperatur M. 38,4
— A. 39,4°. — 25. und 26. 7.: Wiederholtes Nasenbluten; neuerdings
Gliederschmerzen; Zunahme der Milzdämpfung. Abendtemperator 39,4°.
— 27. 7.; Schwinden von Ikterus und Gliederschmerzen; Zunge feucht
und fast rein; Ausleerungen braun gefärbt. Temperatur M. 38,0° —
A. 39,2°. — 28. 7.: Subjektives Wohlbefinden; allmäliger Fieberabfall
(ohne Schweiss). — In den folgenden Tagen langsames Zurückgehen der
Milzscbwellung. Zunahme des Kräfteznstandes. — Am 21. 8. (nach
45 Lazarethbebandlungstagen) als geheilt (in mehrwöchentlichen Erholungs-
urlaub) entlassen.
Die im Sommer 1887 von mir beobachteten 4 Fälle zeichnen sich
sämmtlich — gleich den drei Fällen Lebsanft’s vom Sommer 1885 —
durch die Schwere des gesammten Krankheitsbildes aus, besonders wenn
man in Betracht zieht, dass die Betroffenen der Blüthe des Mannesalters
angehörten und bis zu ihrer plötzlichen Erkrankung vollkommen gesund
und kräftig waren. Meine 4 Fälle gehörten sämmtlich dem 1. Dienstjabr
an, eine Bestätigung der wichtigen Rolle, welche die individuelle Disposition
beim Zustandekommen einer jeden Infektionskrankheit spielt, denn die
Mannschaften des 1. Dienstjahres haben sich den spezifischen Schädlich-
keiten des militärischen Dienstes — (als deren hauptsächlichste mir das
Einathmen unreiner Loft zur Nachtzeit gilt) — noch nicht vollständig
aogepasst. — Interessant ist, dass die geschilderten Erkrankungen
(wenigstens die 4 Fälle Weil's, die 4 Hüeber's und die 3 Lebsanft’s)
auf die beisse Jahreszeit fielen (die 2 Fälle Wagner’s auf September),
was möglicherweise damit zu erklären ist, dass der ursächliche spezifische
Infektionsstoff (Mikroorganismus) bei seiner Entwickelung an das Herrschen
einer hohen Aussentemperatnr gebunden ist (analog Cholera, Gelb-
fieber u. s. w.).
Nach der vorstehenden Schilderung der bis jetzt beobachteten Er-
krankungen erübrigt es noch, eine kurze Betrachtung der einzelnen
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Krankheitssymptome aoiureihen. Deren erstes ond aaffsllendstes is
jedenfalls der Fieberverlanf. Die von mir beschriebenen 7 neaen Br*
kranknngen batten eine dnrchscbnittliche Fieberdaner von 8 Tagen;
4 derselben hatten hierzn noch ein Rezidiv. Eine Ansnahme hiervon
machte No, 3 mit einer primären 14 tägigen Fieberdaner, doch kann man
(wie Weil bei seinen 4 Kranken) ancb hier nach der Beschaffenheit
der Fieberkurve recht wohl annehmen, dass der zweite Fieberanfall sich
unmittelbar an den noch nicht völlig abgelaofenen ersten anreihte (Nach*
schnb). — Sämmtiicbe 7 Mann gaben eine plötzliche Erkrankung unter
Frost n. s. w. an und wurden alsbald dem Lazareth überwiesen, woselbst
durchgängig eine sehr hohe Temperatur konstatirt wurde; hieraus lässt
sich wohl der Schloss ziehen, dass das Fieber rasch zu bedeutender Höhe
anstieg. — Abweichend von Weil’s Fällen, der ein fastigiom vermisst,
hielt sich bei meinen Kranken das Fieber mehrfach einige Tage hindurch
auf sehr grosser Höhe (39° bis 41,0°), fing dann aber bald allmälig ond
staffelförmig zu sinken an, mit bedeutenden Morgenremissionen (lytische
Defervescenz), wobei, wie bei Weil, die Morgen- nnd Abendtemperator
des folgenden Tages stets um ein Gewisses (>/>° bis 1°) niedriger war,
als die des vorhergegangenen. — Schweisse, wie sie für das Recurrens
charakteristisch sind, fehlten beim Fieberabfall meiner 7 Fälle durch*
gebende (mit alleiniger Ansnahme des Rezidivs bei No. 1 Lebsanft’e).
— Bei dem bis zu einem gewissen Grade für die geschilderte neue
Krankheit charakteristischen Rezidiv nach vorhergegangener mehrtägiger
Apyrexie waren jedoch, im Gegensatz zum ersten Fieberanfall, die
Abendtemperatnren stets niedriger, die Morgeoremissionen ausgeprägter
und die weiteren subjektiven wie objektiven Begleiterscheinungen meist
nur mehr schwach angedeutet oder fehlten gänzlich. — Das fieberfreie
Intervall der 4 Fälle mit Rezidiv (unter 7) schwankte zwischen 1 und
10 Tagen ond betrog im Durchschnitt 6 Tage; das Rezidiv selbst
dauerte *2 bis 8 Tage, im Durchschnitt 6 Tage. — Die Pulsfrequenz
ging auch bei meinen Fällen parallel mit der Höhe der Temperatur und
schwankte im Anfang der Erkrankung zwischen lOO nnd 120. — Weil's
Kurven sind Seite 218, 39. Band des Deutschen Archivs zu finden.
Meine eigenen Kurven können leider keinen Anspruch auf Originalität
erheben, weil das Fieber in seinem natürlichen Verlauf mehrfach durch
gereichte Antipyretica oder Bäder beeinflusst wurde. — Sehr ausgeprägt
waren in sämratlichen bis jetzt beobachteten Fällen die Gehirn-
erscheinungen; Kopfschmerz, Schwindel, unruhiger Schlaf, Delirien,
Somnolenz (Erbrechen?) nnd grosse Hinfälligkeit, besonders in der ersten
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Zeit der Erkrankang. Der nie fehlende Ikterns mit mehr oder weniger
nachweisbarer Leberschwellung war in meinen 4 Fällen sehr intensiv
and ging nnr einmal (Grenadier Sch.) verhältnissmässig bald zorück;
sein Auftreten fiel, was sehr charakteristisch, nie mit dem Beginn der
Erkrankang zasaromeu, sondern traf aaf den 5. bis 7. Tag, ähnlich wie
bei den anderen Berichterstattern. Auffallend und abweichend vom Bild
der gewöhnlichen katarrhalischen Oelbsncht war die fehlende Fnls*
Verlangsamung, die keineswegs schwarzgröne, sondern mehr rothbraune
Verfärbung des Urins (Bierfarbe) und die (wie aus den Kranken-
geschichten zu ersehen) sehr unregelmässige, oft von Tag zu Tag
wechselnde Entfärbung der Stähle (haematogener Ikterus?). — Eine
genaue regelmässig wiederholte physikalische Diagnostik und chemisch-
mikroskopische Untersuchung war in meinen 4 Fällen, wie schon oben
erwähnt, leider durch die Ungunst der äusseren Verhältnisse ausgeschlossen;
doch finden sich immerhin in den resp. Journalblättern vielfache Notizen,
besonders was die Störungen des Digestionsapparats (Appetitmangel,
belegte Zunge, Erbrechen, Durchfall, Verstopfung u. s. w.) anbelangt.
Dass, wie Weil glaubt, das häufige Erbrechen dem gereichten Calomel
ausschliesslich zuzuschreiben wäre, konnte ich nicht finden. Kennzeichnend
für die Krankheit als solche ist, meiner Ansicht nach, wohl auch der
häufige Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung, sowohl im Beginn,
als auch im weiteren Verlauf. Der Harn meiner 4 Fälle war, wie bei
denen Weil's, stets trübe, schmutzigroth, eiweissbaltig, — Herz, Lungen
und Luftröhren zeigten (gleichfalls wie bei Weil) keine nennenswerthe,
physikalisch nachweisbare Betheiligung an der Erkrankang, obwohl
gerade diese Organe, bei dem dunklen Symptomenkomplex, behufs Fest-
stellung der Diagnose, wiederholt und eingehend untersucht wurden. —
Die Hantaflfektionen : Roseola, Petechien, Herpes labialis, waren nicht
konstant. — Für ein ganz charakteristisches Kennzeichen der geschilderten
Krankheit halte ich hingegen die Muskelschmerzen, insbesondere der
Waden. — Auch möchte ich auf ein weiteres Merkmal dieser Krankheit,
^das Weil nicht als solches herrorhebt, noch besonders aufmerksam
machen : es ist die akut-entzündliche Affektion der gesummten Schleimhaut
auf der Höhe des Krankheitsprozesses, manifestirt durch die auffallende
Röthung von Rachen und Gaumen, durch das häufige Nasenbluten, durch
Blntbeimengung im Answarf, Erbrochenen, selbst im Kotb, wahrscheinlich
auch im Urin, Erscheinungen, welche im Vergleich mit anderen Infektions-
krankheiten and in Berücksichtigung des raschen, verhältnissmässig
knrzen Fieberverlaufs den Rückschluss auf einen äusserst giftigen
Infektionsträger nahe legen.
12
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178
Der VersDch, die in Vorstehendein beschriebene Krankheit za deuten
und in einer der bisherigen Krankheitsgruppen unterznbringon , macht
— wie Weil des Näheren ausfuhrt — erhebliche Schwierigkeiten; da«
ganze Bild ist so charakteristisch, dass es nicht wohl als Modifikation,
Variation oder Komplikation einer der bekannten Infektionskrankheiten
(z. B. des Typhus) betrachtet werden kann, es ist zweifellos eine neue
Krankheit, welche in keinen der bisherigen Rahmen passt. Betrachten
wir die ähnlichen Krankheitsprozesse, so ist vorerst die akute gelbe
Leberatrophie aaszaschliessen , in Anbetracht des plötzlichen Einsetzens
der schweren Krankheitserscheinungen bei unseren Kranken und in An-
betracht der Beschaffenheit des Fiebers, ganz abgesehen von dem bei der
akuten Leberatrophie fast ausnahmslos letalen Ausgang. Die ganze Art
des Krankheitsbeginns der geschilderten Fälle, die subjektiven Symptome
sowohl, wie die weiterhin anftretenden objektiv nachweisbaren Erkrankungen
der verschiedenen lebenswichtigen Organe deuten — wie Weil bemerkt —
auf eine allgemeine Erkrankung hin, auf eine gleichzeitig auf den
Oesammtorganismus heftig einwirkende Schädlichkeit, d. h. auf eine
Infektionskrankheit Nahe liegt es zwar, an febris recurrens zu denken,
in Berücksichtigung der bei der Mehrzahl der Fälle durch einen fieber-
freien Zwischenraum getrennten Temperatursteigernng, aber gegen diese
Annahme spricht das sporadische Auftreten, gar manches Abweichende
im Symptomenkomplex, der nicht plötzliche, nicht von Schweissen
begleitete Fieberabfall n. s. w. — Uebrigens war das von Weil vermisste
Fastigium in der Fieberkurve in meinen Fällen mehrfach nicht zu ver-
kennen, während Weil stets nur den absteigenden Tbeil der Kurve zu
sehen bekam (wohl in Folge des spätem Zugangs seiner Kranken?). —
Eine noch grössere Aehnlichkeit als im Recurrens findet Weil im
biliösen Typhoid Oriesinger's (das jedoch nichts mit dem Typhus
gemein habe, sondern eine schwerere Form von Recurrens in Anlehnung
an das Gelbfieber darstelle), allein es finden sich auch hier wieder sehr
scharfe Differenzen im klinischen Bilde.
Alle diese Krankheiten; Recurrens, Gelbfieber und biliöses Typhoid
pfiegen aber nur epidemisch anfzutreten, während die von mir in vor-
stehender Arbeit gesammelten, bisher veröffentlichten Fälle ausschliess-
lich isolirt zur Beobachtung kamen (die Fälle 1 und 2 Lebsanft’s
stammten zwar aus der gleichen Kompagnie, aber aus verschiedenen,
nicht einmal aneinander stossenden Zimmern) und nirgends die Ver-
breitung von einem Erkrankten auf andere nacbgewiesen werden konnte.
Betrachtete man diese neue Krankheit ätiologisch als einen mit Ikterus
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179
Dod Nephritis komplizirten Abdominaltyphas, so würde sie sich (Weil)
all , einheimisches biliöses Typhoid" zom Abdominaltyphas verhalten
wie Griesinger's biliöses Typhoid zum einfachen febris recurrensl
Aber ähnliche Erscheinnngen heim Abdominaltyphas pflegen erfahrungs-
gemäss meist tödtlich za enden, während die geschilderten Fälle einen
immerhin raschen' Aasgang in Genesung nahmen, überdies auch der
gleichzeitig auftretende Ikterus mit Nephritis noch in die 1. Woche fiel,
im Gegensatz za der ähnlichen Typhus-Komplikation. — Gegen die An-
nahme eines Abortivtyphns sprechen von vornherein die häufigen
Rezidive, ganz abgesehen von dem. inneren Widersprach, bei leichter
Infektion mit typhösem Gift (Abortiv-Typhus) gerade ein so schweres
Rrankheitsbild, eine so hochgradige frühzeitige und gleichzeitige Ein-
wirkung dieses Giftes auf die lebenswichtigsten Organe anzunehmen.
Wenn nun auch ähnliche Fälle bisher noch von keinem weiteren
■Schriftsteller''^) erwähnt wurden, so kann allerdings der strikte Beweis der
spezifischen Eigenart der geschilderten Krankheit trotz des wohl
charakterisirten Krankheitsbildes — (bei Fehlen von Aetiologie, epide-
mischem Auftreten und Kontagiosität) — erst durch das Beibringen des
anatomischen Befundes und das Auffinden des spezifischen Krankheits-
erregers als vollständig erbracht angesehen werden, denn die Sympto-
matologie als solche genügt nicht zom Ziehen einer scharfen Grenze,
zumal die typischen Krankheitsfälle in praxi nicht so häufig wie in
den Lehrbüchern zu sein pflegen. — Weil erklärt seinen fieberhaften
Ikterus einstweilen als eine akute Infektionskrankheit mit charakteristischem
Fieberverlauf, mit gleichzeitigem, sofort vom Beginn des Leidens an nach-
weisbarem Erkranken von Milz, Leber und Nieren neben schweren
Allgemeinerscheinungen und gleichwohl völlig eigenartigem raschen
günstigen Ausgang. Hierbei seien sämmtlicbe Veränderungen und
Störungen im Krankbeitsverlauf anfzufassen als Wirkung der die
spezifische Infektion verursachenden Mikroorganismen und der von ihnen
aasgeschiedenen chemischreizenden Substanzen, wodurch die trübe
Schwellung der Organe (parenchymatöse Degeneration) bedingt werde.
So verlege z. B. die trübe Schwellung der Leberzellen (deren höherer
Grad zum Icterus gravis führen kann) die kleineren Gallengänge und
iühre hierdurch zom Resorptions-lkterus, wobei jedoch diese und die
anderen anatomischen Veränderungen (in den Nieren u. s. w.), in An-
betracht der Fähigkeit zur raschen Rückbildung, keine besonders hoch-
gradigen sein können.
•) Cf. nächstes Heft dieser Zeitschrift. l‘J*
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180
Diese neue Krankheit, deren Taufe Weil zwar ablehnt, die aber
doch einen Namen haben muss, soll sie weiter verfolgt werden, und die
deshalb bis auf Weiteres „fieberhafter Ikterus Weil“ heissen mag,
bildet seiner Ansicht nach mit der idiopathischen akuten I^beratrophie, mit
febris recurrens, Gelbem Fieber und biliösem Typhoid (Griesinger)
gleichsam eine Verwandtschaftsgroppe, und es lässt sich wohl annebmen,
dass deren Infektionsträger möglicherweise je nach den gebotenen äusseren
Verhältnissen (zeitliche und örtliche Disposition Fetten kofer's) variirt,
wie ja auch praktische Erfahrung und Statistik zeigen, dass z. B. unser
endemischer Abdominaltyphus zu verschiedenen Zeiten, an verschiedenen
Orten und unter verschiedenen Verhältnissen mit sehr verschiedener
Bösartigkeit und sehr verschiedener Mortalität anfzutreten vermag. —
Der Genius epidemicns ist, wie die Geschichte der Medizin lehrt, ein
wechselnder: alte Krankheiten verschwinden und sterben ans (Fest n. s. w.),
neue Seuchen tauchen auf und gewinnen mit den Jahren an Boden
(Cholera n. s. w.). Warum sollte in unserem Jahrhundert des Dampfes
und des gesteigerten Verkehrs nicht einmal ein ans fremden Landen ein-
geschleppter Kokkos sich durch Anpassung das mitteleuropäische Bürger-
recht erwerben?
Die Hoffnung Weil’s, durch seine Arbeit Anstoss zu weiteren Mit-
theilungen zu geben, hat mich zu dieser Zusammenstellung veranlasst,
und die Aufmerksamkeit der Kollegen auf diesen nunmehr genau be-
schriebenen, neuen, unliebsamen Gast zu lenken, ist Zweck dieser Zeilen.
Ulm, Oktober 1887.
Referate und Kritiken.
Sanitätsbericht über die Deutschen Heere im Kriege gegen
Frankreich 1870/71. Heransgegeben von der Militär - Medizinal-
Abtheilung des Königlich Frenssischen Kriegsministerinms unter Mit-
wirkung der entsprechenden Königlich Bayerischen, Königlich Sächsischen
und Königlich W ürttembergiseben Behörden. Dritten Bandes spezieller
Tbeil, Erste Abtheilung, III. Chirurgischer Theil: A. Verwundungen
desKopfes*) and Rumpfes. Mit 3 Lichtdrncktafeln und 3 Zeichnungen
im Text Berlin, E. S. Mittler & Sohn. 1888.**)
Der dritte Band des oben genannten Werkes, welcher nach dem im
Vorwort zum ersten Bande mitgetbeilten Flaue die „Verwundungen durch
•) Vergl. hierzu Jas Referat über die Verwundungen der Augen iui
laufenden Jahrgang dieser Zeitschrift S. 131 ff.
**) cf. A.-V.-Bl. No. 3, Berlin 14. 2. »8, J. N. 1398/88. M. A. (Aintl. Bei-
blatt .S. 23).
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181
Rriegswaffen*^ amfassen soll, hat, wie die neueste Veröffentlichung zeigt,
in nicht weniger als drei Bände zerlegt werden müssen, von denen einer
den allgemeinen kriegschirurgischen Betrachtungen Vorbehalten ist,
während zwei andere durch die Verwundungen der einzelnen Körper-
gegenden ansgefüllt werden.
Der umfassende Charakter der Bearbeitung geht aus dem kurzen Vor-
wort hervor, welches der vorliegenden Ersten Abtheilung des speziellen
Theils (Verwundungen des Kopfes und Rumpfes) vorangeschickt ist.
Danach beruht dieselbe zwar — gleich allen anderen Tbeilen des
Berichtes — überwiegend auf der. Akten der auf dem Titelblatt genannten
Deutschen Centralbehörden, es sind jedoch auch sorgfältig die bisher er-
schienenen Veröffentlichungen berücksichtigt worden. Insbesondere um-
fasst die Statistik der einzelnen Kapitel ausserdem Aktenmateriale alle
zur Kenntniss der Bearbeiter gekommenen Mittbeilungen ans einzelnen
Lazarethen oder dem Beobachtungskreise einzelner kriegschirurgiscber
Schriftsteller, soweit dabei Doppel^hlungen mit Sicherheit ausgeschlossen
werden konnten. Dass die so ermittelte Oesammtübersicht in vielen
Einzelheiten von dem ans sehr viel kleineren Zusammenstellungen ge-
wonnenen Bilde abweicht, ist selbstverständlich.
In der Kasuistik sind bereits veröffentlichte Kfankengeschichten
nur soweit wiedergegeben, als sic durch Zusätze aus den Akten mit aus-
giebiger Benutzung derjenigen über die Invaliden ergänzt
werden konnten oder von besonderem Interesse für die Bearbeitung
erschienene — Neben den Verwundungen durch Kriegswaffeu sind
mechanische Verletzungen (durch Hufschlag, Sturz n. s. w.) gelegentlich
mit berücksichtigt worden, auch die an französischen Kriegsgefangenen
gemachten Beobachtungen sind zur Bereicherung der Kasuistik mit heran-
gezogen, die eigentliche kriegschirnrgische Statistik aber ist der Ver-
gleicbsfäbigkeit halber überall auf die Deutschen Heeresangehörigen be-
schränkt gehlieben.
Das ungeheure Quellenmaterial ist in allen Abschnitten des Werkes
übersichtlich geordnet und kritisch beleuchtet. Verschiedene Kapitel
stellen wiederum, wie in den früher erschienenen Bänden, umfassende
Monographien dar, deren Studium für künftige einschlägige Arbeiten gänzlich
unentbehrlich sein wird. Nicht möglich erscheint es, ans dem über-
reich Oebotenen alles Interessante in dem Rahmen eines Referates nnter-
znbringen, es kann nur ein Versuch gemacht werden, einiges Hauptsächliche
bervorznheben.
Insgesammt wurden während des Krieges 1870/71 116 821 Deutsche
Heeresangebörige (98 "/o durch Geschoss, 2"/o durch blanke Waffen) ver-
wundet: 17 25.') «= 14,8 "/o fielen auf dem Schlachtfelde, 99 566 = 85,2 »/o
gingen in ärztliche Behandlung über; in Lazaretbpflege gelangten
92 164 Verwundete, von denen 11023 starben, während 88 543 geheilt
(bezw. als invalide entlassen) wurden.
Die Einleitung beschältet sich mit der Vertheilung dieser gewaltigen
Zahlen auf die einzelnen Körpergegenden und Vergleichung derselben
mit Angaben ans früheren Kriegen nach den verschiedensten Gesichts-
punkten. Ans den kleinen Zahlen, welche unter den auf dem Schlacht-
felde Gefallenen auf die Wunden der Gliedmaassen entfallen (0,8°/o auf
solche der oberen, 1,8 "/o auf solche der unteren Gliedmaassen), wird unter
Hinweis darauf, dass ein Theil dieser Verwundeten sicher dem Schock
erlag, gefolgert, dass die Gefahr der Verblutung auf dem Scblacbtfelde,
uy vjOOgle
182
mindesteDS soweit Wunden der Oliedmasssen in Betracht kommen, viel
geringer ist als hier und da angenommen wird. Von hohem Interesse
ist der anf einem ganz neuen Gedanken bernhende Nachweis, dass die
Vertheilnng der Wunden der einzelnen Körpertheile in der That genau
der Treffflsche dieser Theile entspricht. So oft dies auch früher schon
behauptet worden ist, so konnte doch bisher der Beweis dafür nicht er>
bracht werden, weil man unter Trefffläche lediglich die wirkliche Fläche
der Glieder in irgend einer bestimmten Stellung verstand. Die
Richtigkeit des Gedankens springt in die Augen, dass als Trefffläche der
Gliedmaassen diejenigen Ebenen angesehen werden müssen, welche
der Weite ihrer gewöhnlichen Bewegungen entsprechen.
Die einzelnen Kapitel beginnen mit allgemeinen Bemerkungen über
einschlägige siatistiscne Verhältnisse, zum Theil auch mit anatomisch-
physiologischen Erörterungen. Trotz des hohen Interesses, welches die
I klare und sorgsame Statistik bietet, müssen wir es uns versagen, über
dieselbe an dieser Stelle zu berichten: gerade durch die Sorgfalt der Be-
arbeitung, welche genugsam bereits durch die früher erschienenen Bände
des Berichtes bekannt geworden ist, werden der Zahlen für ein Referat
zu viele; wir wollen nur in Kürze erwähnen, dass den vielseitigsten Be-
dürfnissen Rechnung getragen ist, dass die Zahlen trotz ihrer .Menge nicht
ermüden, sondern sicherlich überall mit Interesse nacbgesehen werden,
— sie sind eben ein verarbeiteter Theil des Ganzen.
Das erste Kapitel behandelt die Verwundungen des Kopfes
(S. 13-156).
Bei Besprechung der verwundenden Gewalten wird zunächst an einer
Reihe von Beispielen gezeigt, wie schwer, ja wie unmöglich es durch die
Vervollkommnung der Artillerie-Spreuggeschosse häufig geworden ist, za
entscheiden, ob eine Wunde durch Gewehr- oder Artilleriefeoer hervor-
gebracht wurde. Es folgen interessante Erörterungen (wie überall, mit
Krankengeschichten belegt) über die Rolle, welche der Luft nach Art
fortgeschleoderter Körper (indirekter Geschosse) unter Umständen zu-
fällt. „Damit soll“ — wie es wörtlich in dem Berichte heisst — „keines-
wegs die abgethane Lehre von den Luftstreifschüssen wieder auferweckt
werden, wie schon daraus hervorgeht, dass cs sich bei den in Rede
stehenden Fällen meist nicht um vorbeifliegende, sondern um in der Nähe
explodirende Geschosse bandelt.“ Unter Hinweis auf die Friedens-
Beobachtougen anf Artillerie-Schiessplätzen wird dargelegt, dass die Kraft
von Luftwellen bei Geschoss-Explosionen jedenfalls ausreicbt, um
wenigstens den feingebauten, daher wenig widerstandsfähigen Sinnes-
organen wirkliche Verletzungen zuzufügcn.'*) Eine andere Reihe von
Beispielen erläutert den äusserst problematischen Werth, welchen der
Helm als Schutzwaffe gegenüber den heutigen Projektilen besitzt.'*^*')
Mit Recht wird die Bedeutung der natürlichen Oeffnungcn am Kopfe
für die Diagnose der Scbnssverletznngen nachdrücklich hervorgehoben:
in 44 sicheren Beobachtungen hatte das kleine Kaliber der modernen
Geschosse den Ein- oder Austritt durch Mund oder Nase ermöglicht!
•) In dem 2. Kapitel (AuKeiivcrwiimliingen) winl dieser (iegenstand ebenfalls
erörtert. (.Siehe Heft 3 des laufenden .lahrgangs dieser Zeitsehrifl, S. 132.)
**) Dem 5. Kapitel fV’erwiindnngen der Brust) ist eine Zeichnung eines auf
der Wartburg aufbewahrten Küra.sses beigefügt, dessen beide Platten von einem
Chasseputgeschuss glatt durchschlagen worden sind.
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183
Bei den Vcrwondungen des Schädels (2. Abschnitt) werden in
eingehender Weise die Verletzungen der Weichtheile, der Knochen und
endlich des Gehirns gesondert betrachtet; daran scbliessen sich die
Komplikationen and Folgezastände nach Schädelverletzangen. Ale
bemerkenswertb heben wir vor Allem hervor den Abschnitt Qher die
Gehirn Verletzungen im Hinblick auf das Interesse, welches gerade diesem
Gegenstände gegenwärtig in so reichem Maasse zugewendet wird. Vortreff-
lich gelangen ist die Darstellung der Gehirnerschütterung und -Quetschung,
sowie des Gehimdruckes, welcher sich würdig diejenige der unmittel-
baren Gehirnverletzung anschliesst. In der Kasuistik über die letztere
bieten 2 Fälle (S. 84 — 87) ganz merkwürdige Beispiele von der Toleranz
des Gehirns; trotz ausgedehntester Zerstörung und jahrelanger An-
wesenheit von Fremdkörpern blieb jahrelang nicht nur das Leben
erhalten, sondern auch die Hirnthätigkeit verhältnissmässig unversehrt.
Insgesammt sind übrigens 8 Fälle von Heilung nach direkter Gehirn-
verletEuag bekannt geworden ! Die Kasuistik des ganzen Abschnittes
ist vorzüglich geordnet and eine so reichhaltige, dass kaum ein Leser
etwas ihn vorwiegend Interessirendes vergeblich suchen dürfte.
Bei den Verwundungen des Gesichts (3. Abschnitt, S. 127 — 156)
beschränkt die Bearbeitung sich auf eine ausführliche Statistik und sorg-
same Ordnung der ebenfalls lehrreichen Kasuistik, welche wiederum die
Weichtheil- und Knochenverletzungen gesondert aufführt; die weitere
Eintheilung der letzteren gebt sowohl von anatomischen als chirurgischen
Gesichtspunkten aus. Zahlreiche Hinweise machen es dem Leser leicht.
Gesuchtes aufznfinden. Eine beigegebene Tafel veranschaulicht in
6 Lichtdruckbildern das vorzügliche Endergebniss eines unter schwierigen
Verhältnissen unternommenen Versuches, eine arge Entstellung des
Gesichtes durch plastische Operation zu vermindern.
Ueber das 2. Kapitel, welches in umfassendster monographischer
Darstellung die Verwundungen der Augen behandelt, ist bereits im
3. Heft des laufenden Jahrganges dieser Zeitschrift (S. 131 ff.) aus-
führlich berichtet.
Drittes Kapitel (S. 268 — 344): Verwundungen der Wirbelsäule.
In dem schon vor längerer Zeit (1885) erschienenen 7. Bande des
Berichtes sind im 2. Abschnitt des 4. Kapitels zahlreiche Beobachtungen
zusammengetragen, welche sich auf „nervöse Störungen nach Verletzungen
der Wirbelsäule und des Rückenmarkes*^ beziehen. In einer Anmerkung
wurde dort auf das zu erwartende Kapitel „Verwundungen der Wirbel-
säule“ im 3. Bande verwiesen. Eis durfte hierin die Verheissnng eines
die Kasuistik erläuternden Textes gefunden werden, welcher gerade
wegen der trefflichen Beleuchtung, die verschiedenen sonstigen Affektionen
des Nervensystems zu Theil geworden war, zunächst schmerzlich
vermisst wurde. Diese Verheissnng ist nunmehr in würdigster Weise
erfüllt. Zum Theil unter Hinweis auf die erwähnte Kasuistik im
7. Bande, zum Theil auf Grund zahlreicher neu eingefügter Beobachtungen
werden nach allgemeineren Ausführungen über die eigenartigen anatomischen
Verhältnisse der in Betracht kommenden Körpergegend, sowie über die
Häufigkeit und Gefährlichkeit der Wunden der Wirbelsäule überhaupt
die einzelnen Verwundungsarten und ihre klinischen Erscheinungen
hauptsächlich im Anschluss an die Verletzungen des HalstheÜes
besprochen. Von den gesammten 367 bekannt gewordenen Verwundungen
der Wirbelsäule bei Deutschen mit 231 = 63,0 *>/« Todesfällen kamen auf
184
den beweglichen Theil 2b9 Verwundungen mil 1 96 = fi7,6 "/o Tode»-
fallen und zwar
auf den Haletbeil 93 Verwundungen mit 57 = 6l,3”/o Todealällen
- Brnsttheil 134 - - 95 = 70,9 -
- Lendentbeil 62 - - 44 =71,0 -
ausserdem auf das
Kreuzbein 78 - - 35 = 44,9 -
Im Allgemeinen richtet sich die Vorhersage bei Wunden der
Wirbelsäule hauptsächlich nach der Betheiligung des Markes. Wenn
des Weiteren im Text hinzugefügt wird, dass die Beschädigung des
Markes uro so lebensgefährlicher sei, an je höher gelegener Stelle die-
selbe Btattflnde, so scheint Dies allerdings zunächst mit obigen Zahlen
nicht in Uebereinstimmnng zu stehen. Der scheinbare Widerspruch
findet jedoch seine Lösung einmal darin, dass muthmaasslich ein grösserer
Theil der am Halsmark Verletzten todt auf dem Schlachtfelde geblieben
ist, sodann in der Tbatsache, dass in Folge der anatomischen Verhält-
nisse Wundkrankheiten unter den am Brust- und Lendentheil Ver-
letzten verderblicher gehaust haben. Mit Recht weist der Bericht darauf
hin, dass der entscheidende Einfluss der Mark Verletzung voraussichtlich
in Zukunft stärker hervortreten werde. Jedenfalls können Funktions-
störungen der Nervencentren im Halsmark augenblicklichen Tod znr
Folge haben. Der sofortige Tod bei manchen Schössen in das Brust-
oder Lendenmark erklärt sich nach Meinung des Berichtes, abgesehen
vom Schock, am ungezwungensten durch eine Fernwirkung der auf-
treffenden Gewalt; Erschütterung oder Quetschung des Hirns, des ver-
längerten Markes oder Halsmarkes. Selbstverständlich ist im Uebrigen
überall der Grad der Mark Verletzung entscheidend.
Die motorischen und sensiblen Lähmungen und Reizerscheinnngen,
Störungen der Harnentleerung, des Scblnckens, der Athembewegungec,
der Sprache, des Wärmehaushalts, der Blutbeweguug, desgleichen die
Hirnerscheinnngen werden an der Hand der Kasuistik und unter Bezug-
nahme auf die wichtigsten einschlägigen litterarischen Veröffentlichungen
besprochen. Hinsichtlich der Häufigkeit des Druckbrandes sei hier
noch erwähnt, dass bei 53 in die Kasuistik aufgenommenen Beschädigungen
der Halswirbelsäule 6, bei 66 der Hrustwirbelsäule 16, bei 30 der Lenden-
wirbelsäule llmal Druckbrand verzeichnet ist. Die Anschauung Brodie's,
nach welchem diese Komplikation um so eher eintritt, eine je höher
gelegene Stelle des Rückenmarks von der Verletzong betroffen war, wird
danach durch die Feldzugsbeobachtungen nicht bestätigt
Das vierte Kapitel (S. .345—389) berichtet über die Verwun-
dungen des Halses, die in der Zahl von 17(X) = 2,1 "/oo der Durch-
scbnittskopfstärke zur Behandlung gelangten. — Der Schwerpunkt ist
auf die Darstellung der Halswunden mit gleichzeitiger Verletzung lebens-
wichtiger Organe: des Kehlkopfes, der Speiseröhre, der grossen Gefässe
und der Nervenstämme gelegt, welche durch eine, bO Beobachtungen
umfassende kasuistische Lebersicht gestützt wird. Nachdrücklich wird
die hohe Bedeutung der prophylaktischen Tracheotomie bei allen
Verwundungen des Kehlkopfes und der Luftröhre hervorgehoben; dieselbe
wird auch da als erforderlich hingestellt, wo noch keine Erscheinungen
von Athmungsbehindernng vorhanden sind und die Richtung des Sebnss-
kanals (zumal bei blinden Schusskanälen) es nur wahrscheinlich
mucht, dass eine Kehlkopfverletzung stattgefnnden hat. Nicht rasch
Digilizr.r; . (. .OO.^U
185
genag kann nnter solchen Umatänden, wie der Bericht dsrlegt, die
Operation aasgeföhrt werden. «Eia kann danach nicht zweifelhaft sein“,
heisst PS wörtlich, «dass die Tracheotomie za denjenigen Operationen za
rechnen ist, denen die Kriegssanitätsordnang (§. 29, 4) schon auf den
Trnppenverbandplätzen ein Recht eingeräumt bat.“ Im Kriege 1870/71
wurde der BingrifF bei Deutschen Verwundeten 14 mal (d. h. im Ganzen
za selten and mehrfach erst zu spät) vorgenoromen, nur 5 mal mit
günstigem Erfolge. Betreffs der interessanten, zaro Tbeil höchst merk-
würdigen Kasuistik müssen wir auf das Original verweisen. Hier sei
Dor noch erwähnt, dass 2 mal über ein Darchscblüpfen der Kogel
zwischen Speiseröhre und Luftröhre ohne Verletzung dieser Organe be-
richtet ist. (Fortsetzung folgt.)
lieber die Wirksamkeit des Jodoforms auf Infebtionsniikro-
organismen. Inaag. Diss. von Aag. Konz. (Enthalten in den
«Beiträgen znr pathologischen Anatomie und Physiologie“, 2. Band,
2. Heft. Arbeiten aus dem pathologischen Institute zu Königsberg i. Pr.
Heransgegeben von Dr. E. Neumann und Dr. P. Baumgarten.
1887. Verlag von G. Fischer, Jena.)
Nach eingehendem Studium der neuen Litteratnr über das Jodoform
macht K. den Versuch, durch sehr geschickt angeordnete Tbierinfektionen
ein entscheidendes Urtheil über die antibakterielle Wirkung dieses Mittels
herbeizuführen. Angeregt wurde K. zu diesen Versuchen durch das Ex-
periment von Baumgarten, der bei Meerschweinchen durch subkutane
Applikation von Taberkelbacillenreinkultar mit der lÜ — 40 fachen Jodo-
formmenge stets lokale, wie allgemeine Tuberkulose mit derselben
Schnelligkeit bervorrnfen konnte, wie bei den Kontrolthieren durch
Impfung nicht jodoformirter Tuberkelbacillen.
K. setzte diese Untersuchungen unter Baarogarteii's Aegide fort
und dehnte sie auch noch auf folgende Mikroorganismen aus:
1) Milzbrandbacillen.
2) Kaninchenseptichämiebacillen.
3) Staphylococcus aureus pyogenes.
4) Rotzbacillen.
5) Fäulnissbakterien.
Der Infektionsmodus bestand in dem Zusammenbringen einer innigen
Mischung von Jodoform und den betreffenden Mikroorganismen mit dem
tbierischen Gewebe durch Anlegung von Hanttaschen, die danach mittelst
Knopfnaht geschlossen wurden. Auf die sehr sorgfältig ausgeführten
Versuche, denen stets Konirolversuche gegenübergestellt wurden, kann
hieb nicht des Näheren eingegangen werden. Bei Mäusen zeigte sich
eine Idiosynkrasie gegen Jodoform, indem sie schon 10—12 Stunden
nach Einimpfung reinen J.s in die Scbwanzwurzel ohne eine bei der Sektion
nachweisbare Todesursache starben. Es wurden demnach Kaninchen und
Meerschweinchen zu den 27 angestellten, verschieden modifizirten Ver-
suchen verwendet.
K. kommt zu folgenden Resultaten:
Trotz der von Behring (Ueber Jodoform und Acetylen. Deutsche
medizin. Wochenscbr. 1887, No. 20) angenommenen jodabspaltenden
Kraft des lebenden Gewebes und seiner Säfte und trotz der von
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de Rayter (Zur Jodoformfrage. Archiv f. klin. Chir. Bd. XXV. 1887)
gefnndenen Eiter - Ptomaine, durch welche aus dem Jodoform Jod leb-
haft abgespalten wurde, BedingongeD, die in K.'s Versuchen durch 8ein^
Anordnung in günstiger Weise vorhanden waren, zeigte sich kein wesentlich
störender Einflnss des Jodoforms auf die Entwickelung des Staphylo-
coccns aureus, die Abszessbildung wird nicht verhindert. Der Staphylo-
coccus wurde in mehreren Fällen aus dem Wundsekret wieder heraus-
gezüchtet.
Die tödtliche Infektion mit Milzbrand und Kaninchenseptichämie
wurde durch das Miuel nicht verhindert, nur etwas verzögert. Beide Bacillen-
arten zeigten in der Jodoformmasse trotz tagelangen Liegens in der Hant-
lasche bei der mikroskopischen üntersuchnng ein normales morpho-
logisches Verhalten, auch hatten sie in den angelegten Kulturen nichts
von ihrer Wachsthnmsfähigkeit eingebüsst. Ebensowenig konnte das
Jodoform die Infektion mit Rotz verhüten, die Bacillen wurden morpho-
logisch und biologisch nicht alterirt. Im Einklang mit den Beobachtungen
von Banmgarten Hess sich ein spezifischer Einfluss des Jodoforms auf
den Tuberkelbacillus nicht erkennen. In keinem Versuche konnte dadurch
lokale, sowie allgemeine Tuberkulose verhindert werden. Als Erklärung
für die von Chirurgen (Bruns und Nauwerk) beschriebenen Heilerfolge
mit Jodoform bei tuberkulösen Affektionen (besonders Abszessen) nimmt
K. eine „Umstimmung des Gewebes^ an, die nach Marchand darin be-
steht, dass durch das Mittel die Bildung von Riesenzellen verhindert wird,
die Auswanderung der weissen Blutkörperchen aber zunimmt
Zn einem eigentbümlicbeu Ergebniss kommt K. in Bezug auf die
Wirksamkeit des Mittels gegenüber den Fänlnissbakterien. Im Knltur-
glas mit faulendem Eiter wurden diese Bakterien in ihrer Lebensfähig-
keit nicht gestört, in den Jodoformtaschen verschwanden sie sehr bald;
im ersten Falle waren für sie als Saprophyten die Ernährungsverhältnisse
bessere, als in den Hauttaschen, wo ausserdem noch dem lebenden Ge-
webe ein direkt schädlicher Einflnss zuzuschreiben ist, da bekanntlich
Fänlnissbakterien iro Thierkörper sehr leicht untergehen. Das Jodoform
wäre demnach als ein Antisapropbyticum zu bezeichnen. Der Chirurg
vermag also durch Behandlung fauliger Wunden mit Jodoform nicht der
Gefahr der Infektion mit spezifisch pathogenen Mikroorganismen vor-
zubeugen. septische Intoxikation kann verhütet werden, die
septische Infektion aber nicht“ Steinberg.
Dr. Maximilian Schaechter, Operateur der I. cbirurg. Universitätsklinik
zu Budapest. Anleitung zur Wundbehandlung. Wiesbaden 1H87.
J38 S.
Es könnte fast scheinen, dass bei der bereits schon so reichen
Litteratur über die Antisepsis in der Wundbehandlung es heutigen Tages
ein müssiges Unternehmen ist, eben diesen Gegenstand einer ausführlichen
wissenschaftlichen Erörterung zu unterziehen. Und doch wird Jeder, der
das vorliegende Buch gelesen, es mit Befriedigung ans der Hand legen,
weniger, weil er viele neue, ihm bisher noch unbekannte wissenschaftliche
Erfabrungsthatsachen und Forschungsergebnisse sich zu eigen gemacht
hat, sondern hauptsächlich wegen der lebhaften, das Interesse des Lesers
stets wach erhaltenden eigenartigen Darstellung, welche sich nicht bloss
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saazeiebnet durch nüchtern-skeptische Urtheile über die antiseptische
Wundbehandlung, ihre verschiedenen Methoden und die durch sie erreichten
nnd erreichbaren Resnltate, sondern auch reich ist an anregenden, fmcht-
baren Gedanken über so manche zur Zeit noch ungelöste mit derWnnd-
beilnng und -Behandlung im Zusammenhang stehende Frage. Ganz
besonders zeichnet sich hierdurch der erste Theil des Buches aus. Beispiels-
weise findet in dem Kapitel über das Wesen der Sepsis die Frage: ,In
welcher Beziehung stehen die Mikroorganismen zu den septischen
Wunden?“ eine eingehende, die Ergebnisse der neueren Arbeiten streng
kritisch verwerthende Besprechung, deren Endresultat dabin zusammen-
gefasst wird: „Es giebt keine Mikroorganismenart, welche ausschliesslich
nnr bei septischer Wunderkrankong vorkime, es giebt keinen Mikro-
organismus, der, rein gezüchtet und auf Thiere geimpft, sämmtliche
Symptome der Sepsis hervorzubringen im Stande wäre, es giebt keine
septische W nnderkrankung des Menschen , bei welcher nnr eine Art der
Mikroorganismen zu finden wäre.“ — Man sieht, der Verfasser giebt
mehr, als der Titel des Boches verspricht: sein erster Theil (64 Seiten)
bandelt „über die Arten der Wnndbeiinng und deren Hindernisse“. Erst
im zweiten wird der eigentlichen Aufgabe näher getreten, es werden anf
66 Seiten „die Verhältnisse der Wundbeilong und die Aufgaben der
Wundbehandlung“ besprochen. Im dritten werden „die Antiseptika und
die mit denselben verbundenen Wondbehandlnngsmaterialien und anti-
septischen Wundbehandlungsmetboden“ abgehandelt. Es folgt im vierten
die ., Anwendung der verschiedenen Wundbehandlungsmaterialien und
Wundbehandlungsmetboden bei den Wunden verschiedener Körpertbeile
und den verschiedenen Arten der Verwundungen“. Den Schluss bildet
(h. Theil) ein Anhang über die „Wundbehandlung an der I. chirurgischen
Universitätsklinik zu Budapest“.
Der antiseptischen Wundbehandlung in der Kriegscbirurgie — dies
dürfte besonders interessiren — ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Die
Grundsätze, nach welchen Verf. dieselbe gebandbabt wissen will, treffen
wohl nirgends anf Widerspruch. Leitendes Motiv ist „das anf die Ver-
hinderung der Infektion gerichtete gewissenhafte Streben, das auch hier
io der erreichbaren grössten Reinlichkeit und in der rationellen An-
wendung der Antiseptika zum Ausdruck gelangt“. Kein übereiltes und
übereifriges Untersuchen der Wunden auf dem Verbandplätze, eingreifende
Operationen möglichst erst in den Spitälern. „Als Wnndbehandlungs-
methode eignet sich für die Kriegscbirurgie die antiseptische Okklusion.
Sie gewährt den verbältnissmässig sichersten Schutz gegen die Infektion;
je früher sie der Wunde zu theil wird, desto günstiger der Heilungsver-
lanf. Diese frühe antiseptische Okklusion strebt auch die Institution der
Verbandpäckchen an.“ Befremdend ist die Unentschiedenheit der Stellung-
nahme des Verfs. letzterem gegenüber. Während er dasselbe in Ueber-
einstimmnng mit einer Reibe von Autoren prinzipiell verwirft, acceptirt
er es schliesslich doch mit der Motivirong, es sei doch besser als Nichts.
Ganz gerechtfertigt erscheint seine Zurückweisung des Vorschlags Fischer’s,
der in der Kriegscbirurgie eine gewisse genau umschriebene und
scbablonisirte Wundbebandinngs- nnd Verbandsmethode für zweckmässig
erachtet, „weil bei der Mannigfaltigkeit der Fälle allgemein gültige Regeln
aofzostellen überhaupt nnmöglich ist, nnd weil dies einerseits die Ver-
werthnng der individuellen Erfahrung beschränkt und andererseits das
Gefühl der persönlichen Verantwortlichkeit verringert“.
188
Die in einer „Uebersicht“ am Schlüsse des Buches angefährten Sätze
werden wie viele der im fortlaufenden Text angeführten Ansichten des
Verfs. (beispielsweise die über die Erfolglosigkeit des Jodoforms gegen
osteomyelitische, kariöse Erkrankungen der Knochen sowie gegen fungose
d. h. tuberkulöse Entartung der Weichtbeile) meist auf Zustimmung
rechnen können, da sie hei gleichzeitiger, maassvoller Beurthcilung der
Anschauungen Anderer von der strengen gesunden Kritik Zeugniss ab-
legen, mit welcher der Verf. auf Grund einer reichen Erfahrung und einer
jahrelangen Betbätigung als Chirurg das heranshebt, was ihm als das
Wichtigste und Werthvollste bei der Anwendung des antiseptischen Wund-
verfahrens erscheint. „Es giebt kein allgemein gutes, in allen Phasen
der Wundbehandlung und bei wie immer gearteter und geformter Wunde
mit gleich gutem Erfolge anwendbares Antiseptikum; es giebt keine in
allen Fällen sich gleich gut bewährende Wnndbehandlnngsmethode etc."
„Das Antiseptikum, mag es Karbol oder Jodoform oder Sublimat sein,
tritt in den Hintergrund, und die Technik: die Haemostase, die Vereinigung
der Wundflächen, die Drainage und das Anlegen des Verbandes lösen den
grössten Theil der Aufgabe. Dies ist der Schlüssel zu den mit ver-
schiedenen Mitteln erzielten guten Erfolgen.“ — „Einen Faktor jedoch
kann kein Mittel und keine Methode entbehrlich machen, ja alle Mittel
und Methoden können nur mit Hülfe dieses Faktors reüssiren, und dieser
Faktor ist die Reinlichkeit.“
So können wir denn dem Buche eine gute Aufnahme, auch speziell
in den militärärztlichen Kreisen, Voraussagen. Viel des Belehrenden,
noch mehr aber des zum Nachdenken Anregenden. Görlitz.
Münchener Medizinische Wochenschrift. Separatabdruck aus
No. 21, Jahrgang 1887. Aus der chirurgischen Klinik zu Greifswald.
Die praktische Bedeutung der sekundären Wundnaht. Von
Prof. Dr. Helferich.
Kocher wies zuerst nach, dass, wenn die Wunde in den ersten
24 Stunden mit Wismuthkrüllgaze anstamponirt werde, nachher dieselbe
ohne Drain völlig geschlossen werden könne und meist anstandslos heile.
Bergmann hob hervor, dass man bei Höhleownnden der Gefahr einer
Wundinfektion entgehen könne, wenn man die Wunde zunächst offen
lasse und mit lockeren Jodoformgazetampons fülle; entferne man diese
nach 2 Tagen, so könne man die Wunde mit gutem Erfolge wie eine
frische durch die Naht scbliessen. Er nimmt die Sekundärnaht jetzt nach
vorhergehender Jodoformtamponade vor, meist 2, längstens 6 Tage nach
der Operation 1) bei tuberkulösen Affektionen, besonders bei Gelenk-
resektionen, 2) bei Wunden, namentlich Höblenwnnden , in denen völlige
Blutstillung nicht möglich und Störung der Wnndheilung nach primärer
Naht zu befürchten wäre. Verf. empfiehlt sie ebenfalls 1) nach operativen
Eingriffen wegen septischer Lokalaffektionen in entzündetem oder
doch verdächtigem Gewebe. Der Zeitpunkt für die Nabtanlegung hängt
hier ab vom Fortbestehen des Fiebers. Verf. warnt vor frühzeitigem
Verschluss selbst bei günstigem Zustande der Wunde. Er wendet auch
bei der Sekundärnabt stets Drains an. Er zieht diese Naht auch in Gebrauch
zur Heilung von Abszessen, eitrigen Scbleimbeutelentzündnngen n. s. w.
Bezüglich der Technik des Verfahrens bemerkt er, dass in der Zeit
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189
xwMcheD Operation nnd Naht ein trockener, autiaeptiscber, leicht auf-
saogender Verband benutzt werden kann, wenn der Eingriff in normalem
Gewebe geschehen; bei entzündetem empfiehlt er Behandlung mit feuchten,
desinfizirenden Verbänden, z. ß. mit täglich erneuerten, in Sprozentige
•seigsanre Tbonerde getauchten Kompressen. Der erste Verband nach
der Naht soll möglichst 8—10 Tage liegen; zur Vermeidung des Durch-
schneidens der Nähte kann man die Wnndrereinigung noch durch Heft-
pflasterstreifen (amerikao. Heftpflaster in heisser Karbollösung rasch des-
infizirt) unterstützen. 2) Bei Operationen wegen tuberkulöser Prozesse.
Verf. ist geneigt, die lokale Jodoformwirkung bei der provisorischen
Tamponade mit Jodoformgaze in solchen Fällen als eine spezifische an-
zoseben. Die Wnndfläche erfährt inzwischen Veränderungen im Sinne
einer beginnenden Granulation. Bei Kniegelenksresektionen möchte Verf.
die sekundäre Naht nicht später als 2 Tage nach der Operation angelegt
wissen, da sonst durch die sich vordrängenden Weicbtbeile eine Adaptirung
sehr erschwert wird. Bei tuberkulösen Knochenoperationen empfiehlt
Verf. den Knochen mit Silk zu bedecken, da die Jodoformgaze sich sonst
zu sehr mit jenem verfilzt. 3) Bei Höblenwunden und bei grösseren Ampu-
tationen, wenn nicht Zeit zu exakter Blutstillung ist, z. B. im Kriege.
4) Bei Operationen am After und den Harnwegen oder in nächster Nähe
dieser Theile. Verf. scbliesst damit, dass die Sekundärnaht in jedem
Stadium der Wundheiinng ausführbar sei, wenn nur die Wunde antiseptisch
sei; bisweilen sei dazu die Narkose uneotbebrlicb, z. B. bei Hüftgelenk-
resektionen. Rh.
.Mittheilungen ans dem Kölner Bnrgerhospital. Heransgegeben
vom Oberarzt Prof. Ür. Bardenheuer.
a. Erstes Heft: Osteoplastische Resektion des Manubrium
sterni. Mit 10 Tafeln in Lichtdruck. Köln und Leipzig. Druck und
Verlag von Albert Ase. 1886. 79 Seiten.
Die Resektion des Manubrium sterni dient entweder zur Entfernung des
erkrankten Manubrium resp. der anschliessenden Brustwand oder znr Er-
möglicbnng der Ausführung anderer Operationen (präliminzure Resektion). Für
dieselbe stellt er folgende Indikationen auf: 1) Zur Ermöglichung der
Unterbindung der a. anonyma und subclavia und der a. carotis intra tboracem
linkerseits. Diese kann nuthwendig werden a) behufs Stillung einer
peripheren Blutung der a. subclavia nnd carotis in Folge Verletzung der-
selben. Die lokale Unterbindung, die immer zuerst zu versncbeii ist,
kann sehr schwierig, ja bisweilen selbst unmöglich sein. In solchen
Fällen räth Verf. zunächst nach Resektion des Brustbeins central eine
provisorische Ligatur anzulegen und dann die lokale Blutstillung vor-
zunehmen, nnd nur, wenn sie auch dann noch misslingt, definitiv die centrale
Unterbindung auszufübren. Die gegen die provisorische Ligatur zu machenden
Einwände widerlegt Verf. ausführlich; er bespricht dann die Ursachen der
bisherigen schlechten Erfolge bei der centralen Unterbindung und glaubt,
dass sich diese vermeiden lassen, die Nachblutungen durch gleichzeitige
Unterbindung der benachbarten Oefässe a. vertebralis und truncns
tbyreocervicalis, die Gefahr der Sepsis nnd Gangrän durch gründliche
Desinfektion der primären Wundböhle und Ausstopfung mit Tbymol-
gaze zur Sicherung des Sekretabflusses, die Verletzung der der Ligatur-
190
stelle benachbarten wichtigen Gebilde (Venen, Nerven, Pleura, Lunge etc.)
durch genügende Freilegung des Operationsgebietes, b) Behufs Heilung
eines Aneurysma traomaticum et spurium. Die Gründe sind im Wesent-
lichen die eben angegebenen, c) Behufs Heilung einer absichtlich während
der Operation herbeigeführten, resp. wahrscheinlich herbeisuführenden
Verletzung der grossen Hals- und Brustgefasse, wenn sie von Geschwülsten
ganz umwachsen sind.
2) Zur Blosslegung und Entfernung der hinter dem roanubrium sterni
gelagerten Geschwülste. Verf. hält die Eröffnung des mediastinum anticnm
für absolut gefahrlos, wenn man nur für guten Abfluss des Sekretes
sorgt. Oie Verletzung der Pleura lässt sich nach ihm meist umgehen
und ist nicht gefährlich, wenn man die Oeffnnng nur gleich verschliesst,
die Wunde mit Thymolgaze völlig ausstopft und den Verband 8 — 12 Tage
liegen lässt. 3) Zur retrosternalen Tracheotomie bei inoperablen, ma-
lignen Tumoren der Schilddrüse. 4) Zur Blosslegnng eines retroster-
nalen Abszesses. Meist handelt es sich hier um Senkungsabszesse, die
von der Schilddrüse oder von eitrigen Prozessen am Kehlkopfe und
Zungenbein ansgehen, indem der Eiter sich in dem lockern Zellgewebe
hinter dem tiefen Blatt der fascia profunda nach unten senkt und sich in
dem mediastinum anticnm oder posticum anstaut Bisweilen kommt es
znm Durchbruch durch einen Rippenzwischenraum oder durch die fascia
profunda nach aussen. •'>) Zur Entfernung der selbsterkrankten Brustwand
entweder in Folge der Entwickelung einer Neubildung oder eines ent-
zündlichen Prozesses (Karies); bei Karies tritt Heilung nur dann ein,
wenn der ganze knöcherne Tbeil, soweit das Periost durch Eiter ab-
gehoben ist, entfernt wird.
Verf. geht dann über zur Ausführung der Operation und zwar 1) zur
präliminaren Resektion des Brustbeins behufs Unterbindung der a. ano-
nyma. Er schildert hier zuerst die anatomischen Verhältnisse, die
Schwierigkeiten der Operation, die früheren Operationsmethoden (Graefe,
Pirogoff, Mott), die er zugleich kritisch beleuchtet, und giebt dann die
Technik seines Verfahrens (s. Original). Im Anschluss erwähnt er
noch einen glücklich verlaufenen Fall von Unterbindung der v. anonyma.
An zweiter Stelle bespricht er in derselben Weise wie ad 1 die Unter-
bindung in der ersten Portion der Bubclavia mit Resektion des Sterno-
clavicnlargelenks sowie fünf von ihm operirte Fälle, von denen 2 gestorben
sind. Drittens schildert er 4 Fälle (1 gestorben), wo er die Resektion des
Brustbeins ausgefübrt bat, zur Freilegung eines retrosternalen Abszesses.
Zuletzt wendet er sich zur Entfernung des kariösen Sternociavlcular-
gelenks und des kariösen Sternums selbst unter kurzer Besprechung der
bezüglichen Fälle. Daran schliesst er eine Kritik der Operation, in der
er sich bemüht, die dagegen zu machenden Einwände ausführlich zu
widerlegen. Die Nachbehandlung besteht selbstverständlich in korrekter
Durchführung der Antisepsis und regelrechter Ableitung des Sekrets
durch Ansstopfnng der Wnndhöhle mit Tbymolgaze. Wird dann nach
8 Tagen der Verband gewechselt, so ist die ganze Wunde schon mit
Granulationen bedeckt. Mit Verkleinerung der Wundhöhle verringert
sich durch gegenseitige Annäherung der Schlüsselbeine und Kippen der
Breitendurchmesser der Brust bedeutend, die Schultern verschieben sich,
es entsteht Kyphose resp. Skoliose. Bei Erhaltung des Periosts ersetzt
sich Brust- und Schlüsselbein in verjüngtem Maassstabe wieder und bildet
sich zwischen ihnen auch ein neues Gelenk. Znm Schluss spricht Verf. noch
j^lt
191
über die Bezeichnung ^oeteoplastische Resektion“ des Brustbeins, zu deren
Begriff die Wiedereinpflanznng des resezirten Knochens gehören würde.
Verf. selbst hat die Operation in dieser Weise noch nicht ansgefübrt,
Terspricht sich aber gewisse Vortbeile davon, wenn auch die Nach-
behandlung sehr erschwert würde, und schlägt ein neues Verfahren zur
Ausfübrnng derselben vor.
b. Zweites Heft: Die Querexzision der Fusswurzelknochen. Von
Dr. J. Schmidt. Mit 4 Tafeln in Lichtdruck. 35 Seiten.
Bardenbeuer übt diesVerfabren bei Karies derTarsal- und Metatarsal-
koochen seit 1882, da die Auslöstelung und subperiostale Resektion oft
siebt ansreicbe, indem der krankhafte Prozess trotzdem weiter schreite,
die Amputation aber die Gehfähigkeit zu sehr beeinträchtige. Denn diese
werde um so schlechter, je mehr vom Fnsse, von den Zehen ab ge-
rechnet, amputirt werde. Da nnn meist von der Karies nur die kleineren
Fosswurzelkuocben ergriffen werden, so bleibe bei Erhaltung der
Zehen eine grössere Fläche zum Auftreten übrig, der Gang daher
ein besserer. Den von Hüter gemachten Ein wand, dass durch
die Resektion der Fusswurzelknochen die Tragfähigkeit des Fusses
zu sehr beeinträchtigt werde, hält Verf. für nicht begründet, da dem
Wegfall des Fussgewölbes dadurch Rechnung gelrageu werden könne,
dass der noch stebengebliebene vordere Skelettheil mit dem hintern in
eine feste, womöglich knöcherne Vereinigung gebracht werde, so dass
Jener mit diesem einen der Fusssohle zngewendeten stumpfen Winkel
bildet. Bei Besprechung der Litteratur erwähnt Verf., dass früher auch
andere Chirurgen (Mikulicz, Nenber, Kappeier) schon ein ähnliches
aber nicht so vollkommenes Operationsverfabren anwandten. Barden-
beuer führt zuerst einen Schnitt quer oder im Bogen über den Fuss-
rücken bis auf den Knochen, entsprechend dem Sitze der Erkrankung,
meist von der Basis des 1. bis zu der des 5. Metatarsalknocbens resp. um-
gekehrt; von den Endpunkten dieses dann noch Schnitte an den Fuss-
rändern nach hinten behufs Ablösung der Weichtheile, event. verlängert er
an einem Fnssende den Schnitt nach vorn, um vordere Tbeile noch rese-
ziren zu können, nicht an beiden, um Absterben des vorderen Lappens
zu vermeiden. Wenn möglich, werden die zum Hallux führenden Sehnen
dabei geschont. Die Stümpfe der durchschnittenen Strecksehnen treten
bei Adaptirung der beiden Fnsstheile genügend hervor, um sie aneinander
legen zu können; eine Nabt ist deshalb nicht nötbig. Nach ausreichender
Ablösung der Lappen von den Knochen werden diese durch Säge oder
Meissei abgetrennt nnd von der Fusssohle abgelöst. Die Sägefläcben
sollen parallel oder höchstens schwach divergent sein. Gelenkflächen
bleiben nicht stehen, sondern es ist besser, stets den Knochen anzufrischen.
Zuletzt werden die Weichtheile von den Granulationsmassen gereinigt, die
Blutung gestillt nnd entweder die Wunde mit Tbymol- oder Jodoform-
gaze ausgestopft und später erst beide Fnsstheile aneinander gedrängt
und genäht oder sofort genäht und drainirt. Der Verlauf ist meist völlig
reaktionslos; nach 2 — 3 Wochen konnte der vordere Fusstbeil gut bewegt
werden, nach 1 Monat war die Heilung meist beendet. Ist die Verbindung
zu locker oder schlecht, dann Gypsverband, mit dem die Kranken event.
hemmgehen können. Für das spätere Geben ist das Tragen eines Platt-
fusssebubes sehr nützlich. Die Verbindung zwischen vorderem und
hinterem Fusstbeil geschieht durch Bildung eines neuen Gelenks. Es folgen
uy vioogle
192
dann die Krankengeschichten von 17 Fällen, deren Endresnltate durch
Bilder veranschaulicht werden. Den Schloss bildet eine kurze Epikrise,
nach der unter den Operirten 6 Kinder, 11 Erwachsene waren. 12 von
diesen wurden durch die Operation direkt geheilt (3 starben später an
Tuberkulose), in 3 Fällen waren Nacbresektionen nötbig (bei 2 Kranken
2 mal), in 1 t'all erfolgte Heilung erst nach der Amputation, ein Fall,
in dem die Amputation verweigert wurde, endete tödtliob. Verf. glaubt,
dass die erzielten Resultate für ausgedehnte Anwendung der Methode
sprächen; selbst bei nicht zu vorgeschrittener Lungenschwindsucht sei sie
nicht eingreifender als die Amputation, die dann immer noch möglich sei.
— In einem Anhang erwähnt Verf. noch kurz einen Fall, bei dem die
Operation mit gutem Erfolge zur Deckung eines grossen llautdefekts
vorgenonimen wurde. Rb.
Baroffio. Diagnosi medico - legale militare della amaui^osi
e deir amblyopia monoculare. Oiornale medico del R. esercito
e della R. marina. Anno XXXV. N. 8. Agosto 1887.
Zur Feststellung von Simulation einseitiger Blindheit oder Schwach-
sichtigkeit schlägt B. ein durch Einfachheit sich anszeichnendes Ver-
fahren vor, wobei er an das Ei des Colombos erinnert Eine Brille,
deren eines Glas plan, deren anderes eine Konvex- oder eine Konkavlinse
(von 3 — 4 Dioptrien) ist, wird so aufgesetzt, dass die Linse dem gesunden
Auge entspricht. Wenn non der Mann mit dem Konvexglas in der Ferne
oder mit dem Konkavglas in der Nähe deutlich zu sehen angiebt, so ist es
sicher, dass er dies mit dem angeblich schwachsichtigen Auge thot.
Ametropie erfordert natürlich entsprechende Berücksichtigung. Dasselbe
erreicht man, wenn in das gesunde Auge Eserin oder Atropin eingeträufelt
wird, wobei Refraktionsanomalien die gleichzeitig Anwendung des
korrigirenden Glases erfordern. (Nach Lage der Bestimmungen über
Militärdienstbrauchbarkeit bat die Feststellung des Grades der Schwach-
sichtigkeit auf dem schlechteren Auge in der italienischen Armee eine
hervorstechendere Bedeutung als bei uns. Ref.) Kern.
Ovdrttckt in d«r K6aiflichen Hof hDchdmckvrvi von E. S. Mittler ä Sobn, Kocbiftr. 48^70«
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Deutsche
Miiitärärztliche Zeitschrift.
Redaciion:
Dr. Jl. Generalarit,
Berlin, TMben»tr«ßsa 6,
0. Dr. Stabsarst,
Berlin, Knijer Fnns Grenndier-PUtz 11/12.
Verlag :
e. pitibt & $e9n,
Köoiglicbe Hofbüchhandlang,
Berlin, Kochstrasire 68—70.
\
Konztlich «ncbeint ein Heft ron mindestens 3 Druckbogen; dazu ein „AmtUcbee Beiblatt^. Der
ZeiUchrift wird dne Werk; „Jabreiberieht über die Forticbritte anf dem Gebiete de« MiliUr-
Saaitlti-Weaeni**, berausgegeben toid Generalarzt Dr. Rotb, nnentgeltUch beigegeben. Bestellung
nehmen alle Postlmter und Buehbandlungen an. Preis des Jahrgangs lö Hark.
XVII. Jahrgang. 1888. Heft 5.
Eine Epidemie von fieberhafter Gelbsucht.
Von
Oberstabsarat Dr. Kircbner in Breslau.
Im Tergangenen Jahre berichtete Prof. Weil in Heidelberg über
4 Fälle von fieberhafter Gelbsacht, welche im Jahre 1870 und 1882 auf
der dortigen Klinik beobachtet worden waren, and deren Krankheitsbild
für eine akate Infektion sprach, aber von dem der bekannten Infektions-
krankheiten so sehr abwicb, dass die Vermuthang gerechtfertigt erschien,
es handele sich am eine völlig eigenartige, bisher nicht geschilderte
Krankheitsspezies (Deutsches Archiv fnr klin. Medizin Bd. 39, S. 209).
Seitdem sind ein ebensolcher Fall aus dem Krankenhause zu Nürn-
berg und je zwei von Aufrecht in Magdeburg und £. Wagner ver-
öffentlicht worden. Ersterer bezeichnet die Krankheit vorläufig als akute
Parenchymatöse, letzterer als einheimisches biliöses Typhoid (ibid. Bd. 40,
S. 238, 618 und 628). Alle diese Fälle waren durchaus sporadisch.
Während dieses Sommers habe ich Gelegenheit gehabt, eine kleine
Epidemie von 8 Fällen dieser Krankheit im hiesigen Garnison -Lazareth
10 beobachten, die ich bei dem grossen Interesse derselben nachstehend
mittbeile.
1) Unteroffizier Kr. (51. Regt.) fühlte sich seit Mitte Juli unwohl,
litt an Kopfschmerz, Nasenbluten, Appetitlosigkeit, Mattigkeit. Ende Jnli
wurde der Stahl unregelmässig, häufiger. Am 2. August trat plötzlich
starke Verschliramerang ein mit heftigem Kopfschmerz und grosser
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Schwäche. Bei der Lazarethaafnahme am 3. Auguat batte Patient fahles
blasses Aussehen, fühlte sich sehr matt, klagte über starke Kopfscbmenen,
Hitze und ziehende Schmerzen in allen Gliedern, besonders in den Waden,
die gegen Palpation sehr empfindlich sind. Zunge katarrhalisch belegt.
Puls frequent, leicht unterdrückbar. T. 39,9.
4. August. Wenig unruhiger Schlaf, Zustand unverändert, die
•Muskelscbmerzen haben zngenommeu. T. 38,4 — 39,7. P. 100 — 108.
Ord.: Laues Bad. Acid. mur.
5. August. Dasselbe Befinden. Beginnende ikterische Färbung der
Haut, besonders der Sklera. Leber auf Druck empfindlich, Perknssions-
grenzen natürlich, ebenso die der Milz. Geringer Broncbialkatarrh.
T. 38,1 — 40,0. Ord.: Natr. salic., Bad.
6. August. Ikterus sehr vermehrt. Urin rötblich trübe, gallenfarbstoff'
haltig,obne Eiweiss. Subjektives Befinden wenig besser. T. 39,0 — 39,5. Bad.
7. August. Hautfarbe tief citronengelb. Urin stark galleufarbetofiTbaltig.
Starkes Nasenbluten durch Tamponade gestillt. Stuhlgang seit zwei
Tagen sistirt. T. 38,4 — 39,2. Ord.; Inf. rhoi.
8. August. Ruhige Nacht, Gliederschmerzen mässig. Stuhl thon-
farben. Herpes labial. T. 37,1 — 38,3. Ord.: Chin. mit Acid. mnr.
10. August. Beginnende Rekonvaleszenz. T. 36,6.
20. August. Wohlbefinden. Ikterus fast ganz verschwunden.
30. August Geheilt entlassen.
2) Gren. Br. (10. Regt.) erkrankte am 30. Juli Nachmittag plötzlich
mit Frost, Hitze und Kopfschmerz. Bei der Aufnahme am 31. Juli war
die Zunge stark belegt, sonst keine Veränderung. T. 39,2.
1. August. Grosse Schwäche, Muskelschmerz, besonders der Waden
bei Berührung. Nasenbluten. Leichter Husten mit geringem schaumigen
Auswnrf. T. 39,4 — 38,4. Ord.: Inf. Ipecac.
2. August. Schlaf und etwas Schweiss. Leichter Ikterus der Sklera.
Reg. epigastr. auf Druck empfindlich. Leber nicht vergrössert, Milz
wenig. T. 37,3.
3. August. Deutlicher Ikterus. Stuhl fest, thonfarben. Deutliche
Milzvergrösserung. Urin gallenfarbstoffhaltig, ohne Eiweiss. Muskel*
schmerzen au den Beinen, Appetitlosigkeit, Schwäcbegefühl dauern an.
T. 36,8 — 37,2. Ord.; Tr. rhei. vin.
5. August. Fieberfrei. Grosses Schwächegefühl.
6. August. Starke Wadenschmerzen. Epigastr. druckempfindlich.
Milz reicht bis zum untern Rippenbogen. Ikterus hochgradig. T. 37,7 — 38.
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7. Aagast. Seit gestern wieder fieberfrei und beginnendes Wohl-
befinden. Urin bierbraun, stark gallenfarbstofifbaltig. Stuhl tboiifarben.
15. August. Zunehmendes Wohlbefinden. Hautfarbe und Urin heller,
Stuhl gelblich.
2. September. Gesund entlassen.
3) Gren. Kr. (11. Kegt.) erkrankte ohne erkennbare Ursache am
'2. August unter starkem Kopfschmerz, Schwindel, Appetitlosigkeit und
zeigte bei der Aufnahme am 3. August starken Kollapsus. Puls sehr
frequent, kaum fühlbar. T. 40,4. Ord.; Kühles Bad. Wein.
4. August. Zunge belegt, Leibschmerzeu und breiige Durchfälle.
T. 39,4—40,4. Kalom., Eis.
5. August. Grosse Schwäche, Kopf- und Gliederschmerzen. Geringer
Broncbialkatarrh. Beginnende ikterische Hautfärbung. Kalomelstüble.
T. 39,4—39,8.
6. August. Ikterus vermehrt. Urin gallenfarbstoiThaltig, ohne Eiweiss.
7. August. Subjektives Befinden unverändert. Starker Ikterus.
Lebergegend schmerzhaft. Milz nicht vergrossert. Thonfarbige Stühle.
Cbin. mit Acid. mur.
8. August Starkes Nasenbluten durch Tamponade gestillt Kollapsus.
Leber einen Finger breit nach unten vergrossert. Haut mahagonifarben.
T. 37,2—38.
11. August. Stark ikterische Erscheinungen. Fieberfrei.
20. August. Stuhl gefärbt. Urin natürlich.
4. September. Gesund entlassen.
4) Gren. H. (11. Regt.) erkrankte plötzlich am 8. August mit Frost,
Hitze, Kopf- und Kreuzschmerzen, Druck und Völle in der Magengegend.
Bei der Aufnahme am 10. August bestand äusserste Schwäche, lebhafte
Gliederschmerzen besonders der Waden und Unterarme. Zunge belegt.
Extremitäten kühl, [Puls klein und häufig. Stuhl angehalten. Organe
der Brust und des Unterleibes ohne nachweisbare Veränderung. T. 39,5.
Ord.: Chin. mit Acid. mur.
11. August Stuhl natürlich. Urin röthlich trübe, sedimentirend.
Leber auf Druck empfindlich, nicht vergrössert, auch nicht die Milz.
T. 37,4-38,4.
12. August Allgemeinbefinden besser. Muskelschmerzeu sehr stark.
Allgemeine Gelbsucht.
13. August Starke Gelbsucht. Im Urin viel Gallcnfarbstoff, kein
Eiweiss. Leber* und Milzgrenzen natürlich. T. 36,6 — 38,0.
13*
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196
14. Angnst. Grosse Schwäche. Lebergegeod empfindlich. Milz
etwas vergrössert. T. 36 — 38,2.
15. August. Zustand unverändert. T. 37,2 — 38,0.
16. August. Stuhl fest, thonfarben. Urin bierbrann. T. 36,8 — 37,8.
17. August. Herpes lab. Lebergegend noch wenig empfindlich.
Fieberfrei. Tr. rhei. vin.
19. August. Beginnendes Wohlbefinden. Stuhl thonfarben. Milt
vergrössert bis zum untern Rippenbogen und anf Drnck empfindlich.
Hautjucken.
26. August. Gelbsucht beseitigt. Rasche Rekonvaleszenz.
6. September. Gesund entlassen.
5) Füs. J. (10. Regt.) erkrankte am 10. August plötzlich mit Kopf-
schmerz, Schwindel, starkem Frost, Gliederschmerzen, Durchfall und
grossem Schwächegeföhl. Bei der Aufnahme am 11. August ist der
Kranke äusserst schwach und kollabirt, die Gesichtsfarbe bleich, die
Augen eingesunken. Haut kühl. Puls kaum fühlbar, 120 p. M. Zuufe
belegt, Magen- und Lebergegend anf Druck empfindlich. Leber und
Milz nicht vergrössert. Geringer Husten mit schaumigem Auswvf.
T. 39,2. Ord. ; Kognakwasser. Chin. mit Säure.
12. August. Unterleib, Lenden, Extremitäten äusserst empfindlich.
Beginnende gelbliche Hautfärbnng. Nach der Morgen- und Mittagsuppe
Erbrechen. Ein dünner gelblicher Stuhl. T. 36,8 — 37,2. P. 80.
13. August. Früh Erbrechen. Ausserordentliche Schwäche. Gelb-
sacht hat bedeutend zugenommen. Urin reich an GallenfarbstoEf. Die
Schmerzen, besonders der Extremitäten, unverändert. Drei thonfarben«
dünne Stühle. T. 36,8 — 37,0. P. 64, klein.
14. August. Haut mahagonifarben. Nasenbluten. T. 36,8 — 37,4.
P. 70.
15. August. Urin bierbrann, stark gallenfarbstoffhaltig, ohne Eiweia«.
Leber empfindlich, Vergrössernng nicht bestimmt nachweisbar. Keine
Milzscbwcllung. T. 38,2. Ord.: Salzsäure.
16. August. Der Kranke ist soporös und schläft viel. Schnaerzen
im Unterleib und Gliedmaassen unverändert. Vermehrte thonfarben«
Stühle. T. 37,2 — 37,8. Warmes Bad mit kalter Begiessnng.
17. August. T. 37,2—38,2. Keine Veränderung. Bad mit Begiessong.
18. August. Ein Exanthem am ganzen Körper, welches nur du
Gesicht frei lässt und von oben nach unten fortschreitet: linsengroue,
rosarotbe Flecke, die zum Theil zusammenfliessen, auf Druck verschwinden.
Allgemeinbefinden unverändert. T. 38,0—38,6.
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0
19. Angast Exanthem vermehrt Gelbsacht anverändert Im Urin
neben reichlichem OalleDfarbstoff etwas Eiweiss nnd einzelne gelbliche
bjaline Cyliuder. Stahl breiig, thonfarben. T. 38,0 — 39,4.
30. Angnst Ansscblag fast überall znsammengeflossen. Kopf- and
Gliederschmerzen. Schwäche nnverändert. T. 38,9 — 39,2. Ord.: Chin.
Lanes Bad.
21. Angnst Allgemeinbefinden besser, Aasschlag blasst ab. Gelb-
sucht anverändert. T. 38,2 — 38,4.
23. Angnst Linksseitige Parotitis. Milz nicht vergrössert Leber
auf Drnck empfindlich. Stahl thonfarben, sonst natürlich. T. 38,4—38,8.
P. 88.
24. Angnst Aasschlag verschwanden. Leichte Hantabschilfernng.
Grosse Schwäche. T. 39,0.
25. Angust. Parotitis'nimmt zn, Gelbsncbt ab. T. 39,2 — 39,0.
26. Angust Rechtsseitige Parotitis. Urin sehr reichlich. Sensorium
frei. T. 39,6—40,0. P. 120, klein.
28. Angnst Flnktnation in der linken Parotis. Inzision entleert
dicken gelben Eiter. T. 39,2 — 39,4.
30. Angnst. Reichliche Eiterentleernng dnrcb Inzision ans der rechts-
seitigen Parotis, Gelbsncbt rückgängig, T. 39,0 — 39,6.
6. September. Starke Eitemng. Langsamer Fieberabfall.
15. September. Fieberfrei.
27. September. In Genesung.
6) Train-Gem. J. erkrankte plötzlich am 15. Angust unter Frost,
Fieber, Kopf- und Halsschmerzen, Nasenbluten. Bei der Aufnahme am
16. August besteht doppelseitige Mandelentzündung. T. 38,9 — 40,0.
17. August Grosses Schwächegefühl. Heiserkeit. T. 39,0—39,8.
18. August Beginnende Gelbsucht Urin rötblicb- trübe, ohne Ei-
weisa. T. 38,8 — 39,6. Ord.; Acid. mur.
19. Angust. Allgemeinbefinden besser. Mandelentzündung rück-
gä.ngig. Vermehrte Gelbsucht Milz und Leber nicht vergrössert. Ham
in natürlicher Menge, gallenfarbstoffhaltig, ohne Eiweiss. Nasenbluten.
T. 38,1—39,0.
21. Angnst. Starke Gelbsucht. Nasenbluten. Erbrechen. Grosse
Schwäche. T. 38,5—38,0.
23. Angnst. Urin hoch ikterisch. Stahl thonfarben. T. 37,5.
24. Angust. Fieberfrei. Leber nicht vergrössert Milz geschwellt.
Ord.: Tr. rhei vin.
26. August Milz reicht bis zum Rippenrand. Gelbsucht in Abnahme.
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28. Aagnst. Stuhl natürlich.
20. September. Gesund entlassen.
7) Gefr. D. (11. Regt.) erkrankte am 16. August plötzlich mit Frost,
Kopfschmerz und grossem Scbwächegefübl. Appetitlosigkeit. Durchfall.
Bei der Aufnahme am 18- August war die Zunge belegt, Magengegend
auf Druck empfindlich, ebenso die Unterschenkel. Sonst keine Ver-
änderung. T. 38,2 — 38,6. Ord.: Kalomel.
19. August Erbrechen von saurem Mageninhalt, dünne gelbliche
Stühle. T. 37,9—39,0.
20. August. Heftige Gliederschmerzen. Milz vergrössert T. 38,8— 39,6.
21. August. Grosse Schwäche. Beginnende Gelbsucht T. 37,4— 38,2.
Ord.: Chin. and Säure.
23. August. Starke Gelbsucht Urin deutlich gallenfarbstoffhaltig,
ohne Eiweiss, 2300 g, sauer. Subjektives Befinden besser. T. 37,9 — .39,0.
24. August. Hautjucken. Thoniger Stuhl. Nasenbluten. Keine
Milz- oderLebervergrösserung oder Empfindlichkeit daselbst T. 37,0 — 39,2.
P. 60.
25. August Fieberfrei. Gelbsucht unverändert.
4. September. Haut noch schwach gelblich. Stuhl und Urin
natürlich.
6. September. Geheilt entlassen.
8) Gren. S. (11. Regt.) erkrankte am 18. August plötzlich mit
Kopfschmerz, Frost und grossem Schwäcbegefühl. Stuhl vermehrt. Bei
der Aufuabme an demselben Tage bestand Appetitlosigkeit, belegte Zunge,
Schmerzhaftigkeit der Magengegend, geringer Bronchialkatarrh mit
schaumigem Auswurf ohne besonderen Charakter. T. 40,4.
20. Angast. Diffuse mittelblasige Rasselgeräusche. T. 39,4—39,6.
P. 94, klein. Ord.: Inf. digit. mit Liq. ammon. anis.
21. August. Gelb gefärbte Durchfälle. Muskelschmerzen der Beine.
Leicht gelbliche Hautfärbung.
22. August. Deutliche Gelbsucht. Stuhl schwach thonfarben. Urin
röthlich, gallenfarbstoffhaltig, ohne Eiweiss. Milz und Leber nicht ver-
grössert und nicht empfindlich. Allgemeinbefinden besser. T. 38,6— 39,0.
24. August. Schleimiges Erbrechen von saurer Reaktion. Bronchial-
katarrh beseitigt. T. 37,6 — 38,8.
25. August. Starke Gelbsucht. Urin 1700 ccm, Spez. Gew. 1012,
kirschroth, deutlich gallenfarbstoffbaltig. Stuhl thonfarben. T. 37,4 — 37,6.
26. August. Rekonvaleszent.
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5. September. Stahl and Urin natürlich. Wohlbefinden.
16. September. Geheilt entlassen.
Diese acht Krankheitsfälle bieten ein einheitliches klinisches
Bild, dessen Haaptcharakter akute fieberhafte Gelbsucht ist.
Die Krankheit trat plötzlich ein mit Frost, Kopfschmerz, Schwindel and
grossem Schwäcbegefnhl. Nur im Fall No. 1 ging 14 tägiges Unwohl-
sein Toraos mit Kopfschmerz, Appetitlosigkeit, Mattigkeit, Nasenbluten.
Das Fieber erreichte binnen 24 Standen seine höchste Höhe bis 40 ° und
darüber, am sogleich wieder stafleiförmig rasch abzafallen innerhalb
2 — 5 Tagen. Stärkere Schweissbildung fehlte dabei. Nach 1—2 fieber-
freien Tagen trat in sechs Fällen erneutes kurzes Ansteigen der Tem-
peratur ein, das einmal mit Hautansschlag resp. Parotitis zasammenfiel,
zweimal nach Gebrauch Ton Kalomel. Dieses erneute Fieber erreichte
jedoch niemals die Anfangstemperatur.
Die Palsfreqaenz entsprach im Allgemeinen anfangs der Höhe der
Temperatur, um sich in den nächsten Tagen rasch zu rerringern und
mit Beginn der Gelbsucht in auffallende Verlangsamung überzugehen.
In der ersten Periode war die Pulswelle meist schwach und leicht zu
unterdrücken, in der zweiten mehr voll und kräftig.
Die Gelbsucht war in sämmtlichen Fällen hochgradig, in einigen
bis zur Mabagonifärbung der Haut; dabei war der Urin stark galleufarh-
stoffbaltig und der Stuhl vollkommen thonfarben. Die Gelbsucht trat
mit beginnendem Fieberabfall hervor und war in 3 — 4 Wochen ver-
schwunden.
Nebst Fieber und Gelbsucht waren die Gehirnerscheinnngen sehr
ausgeprägt: Kopfschmerz, Schwindel, wenig und unruhiger Schlaf, grosse
Hinfälligkeit, Neigung zur Somnolenz. Diese Erscheinungen gingen mit
Abfall des Fiebers meist rasch zurück.
Bei beginnender Krankheit entstand häufig geringer Bronchial-
katarrb ohne charakteristischen Auswurf. Verhältnissmässig oft und
heftig traten in der Fieberperiode Blutungen aus der Nase ein.
Im Verdanungsapparate war die Zunge belegt, am Rande roth,
zuweilen trocken. Appetitlosigkeit und Erbrechen. Der Stuhl war
theils natürlich, theils durchfällig, ohne Charakteristisches und bald vor-
übergehend. Dabei bestanden oft massige Schmerzen und Druck-
empfindlichkeit des Leibes. Leber und Milz waren wiederholt geschwellt
und druckempfindlich. Der Urin war reichlich, von mässigem spezifi-
schen Gewicht; nur in einem Falle enthielt er mit Beginn eines Haut-
ausscblags etwas Eiweiss und einige hyaline Cylinder. Dieser Ausschlag
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zeigte im Allgemeinen den Charakter ^er Roseola, die allmälig vielfach
konflairte. Wiederholt erschien mit eintretender Entfieberung Herpes
lahialis. Allgemein war die Silage über Maskelschmerzen der
Lenden, Arme, Beine, besonders der Waden, znmal bei Druck, ohne
wahrnehmbare Veränderung dieser Theile.
In einem Falle trat doppelseitige eitrige Parotitis hinzu, ein Fall
begann mit Mandelentzündung.
Alle Erkrankten waren junge kräftige Leute von gesunder Körper-
beschaffenheit.
Keiner wusste eine bestimmte Schädlichkeit als mnthmaassliche Ur-
sache anzugebeu, doch wollten einige dem Baden in der Oder Schuld
geben. Sechs resp. sieben gehörten den drei Infanterie- Regimentern hiesiger
Garnison an in ziemlich gleichmässiger Betheilignng, einer dem Train.
Die beiden Artillerie - Abtheilungen und das Leib - Kürassier - Regiment
blieben verschont, obgleich erstere in demselben Kasernenkomplex
wohnen, wie der Train, 1. Bataillon 51. Infanterie-, und Füsilier- Bataillon
11. Grenadier - Regiments. Das 1. und 2. Bataillon 11. Regiments und
des 10. Regiments liegen in zwei getrennten Kasernements. Ein Mann
des letzteren vom Füsilier-Bataillon (Fall No. 5, der besonders schwer ver-
lieO war 24 Stunden vor seiner Erkrankung aus seiner Garnison Frei-
bnrg i. Scbles. in den hiesigen Untersucbungsarrest übergeführt worden.
Lage und Beschaffenheit der Kasernements im Allgemeinen und der
einzelnen Quartiere lassen eine Ursache der in Rede stehenden Er-
krankungen nicht erkennen. Ebensowenig die Ernährung und sonstigen
Lebensverhältnisse. Vergiftung ist ausgeschlossen. Wasser hatte Fall
No. 5 in Breslau noch nicht getrunken.
Alle Erkrankungen fielen in ziemlich gleichmässiger Vertheilnng in
die Zeit vom 30. Juli bis 18. August. Zu dieser Zeit übt die Infanterie
meist Aussendienst, welcher bei den grossen Entfernungen hier besonders
anstrengend ist, und der Umstand, dass Kavallerie und Artillerie ver-
schont blieben, könnte an einen Zusammenhang dieser Anstrengungen
mit den Erkrankungen denken lassen.
Der Monat Juli war andauernd und zunehmend heiss. Ende des
Monats erreichte die Temperatur im Schatten 33,6° C., um im Beginn des
August wieder erheblich abzufallen. Dabei herrschte im Juli vorwiegend
Süd- und Südwestwind. Aetiologisch drängt sich diese exzessive Sommer-
hitze als eine Schädlichkeit, der alle Erkrankten ausgesetzt waren, am
meisten in den Vordergrund.
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Id der Civilbevölkerang sind keine ähnlichen Krankheitsfälle hier
bekannt geworden, bestimmt nicht vorgekommen in der Universitäts-
klinik und Poliklinik. Unter der Garnison traten seit Beginn des Früh-
jahrs kapilläre Bronchitis and katarrhalische Longenentzündong
(Bronchopnenmonie) in grösserer Anzahl anf ; akute Infektionskrankheiten
im engeren Sinne, besonders Typhns, fehlten.
Et kann nicht zweifelhaft sein, dass die in Rede stehende
Krankheit za der Groppe der akuten Infektionskrankheiten
gehört Ausser dem klinischen Bilde spricht dafür besonders das
epidemische Auftreten.
Weit schwieriger ist bei dem .Mangel anatomischer Befunde und
spezifischer Krankheiterreger zu bestimmen, welche Stellung dieser
Krankheit unter den akuten Infektionskrankheiten anzuweisen sei.
Wiederholte Untersuchungen von Blutproben zeigten dieselben frei
TOD spezifischen Organismen, speziell waren keine Spirochäten darin
anfzofinden. Ebenso waren Urin und Longenauswnrf frei von spezifischen
Gebilden.
Von den epidemisch auftretenden, mit Gelbsucht verlaufenden akuten
Infektionskrankheiten ist Febris recurrens durch das Fehlen von Spiro-
chäten ausgeschlossen. Dasselbe gilt von dem biliösen Typhoid, sofern
sein von Griesinger gegebenes Bild mit Rücklauffieber identisch ist.
Andererseits bietet das biliöse Typhoid rein symptomatisch die aller-
grösste Aehnlichkeit mit dem Gelbfieber, und in dieser Beziehung wüsste
ich keinen wesentlichen Unterschied zwischen diesem und den hier be-
obachteten Krankheitsfällen anfzofinden. Beide Krankheitsbilder gleichen
sich bis ins Einzelne und sind sich auch ätiologisch ähnlich. Sie er-
scheinen symptomatisch nur dem Grade nach unterschieden, und ich
würde vorläufig keinen Anstoss nehmen, die in Rede stehende Krankheit
als einheimisches Gelbfieber zu bezeichnen, bis es gelingt, die
Krankheitserreger dieser nnd ähnlicher infektiösen Gelbsüchten aufzu-
finden und damit ihre genauere Gruppirung zu begründen.
Breslau, Oktober 1888.
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Ein Fall von fleberhaftom Ikterns.
Beitrag cur Keuntoiss der neuen Infektionskrankheit Weil's.
Von
Oberstabsarzt Dr. Schaper, Braunschweig.
Im August dieses Jahres ging der inneren Station des hiesigen
Gamison-Laxareths ein Krankheitsfall zu, welcher in seinem Verlaufe
mit der von Weil im 39. Bande des deutschen Archivs für klinische
Medizin geschilderten lofektionskrankheit so auffallend nbereinstimmtc,
dass ich ihn dem Wunsche Weil's gemäss der Oeffentlichkeit übergebe.
W. J., Regt. No. 92, 22 Jahre alt, bisher ganz gesund, erkrankte
am 6. August nach dem Baden ganz plötzlich mit Leibschmerzen und
Uebelkoit, wozu sich Tags darauf noch Kopfschmerzen, Schmerzen im
Rücken und in den Gliedern, allgemeines Krankheitsgefühl hinzngesellten ;
am 8. August, dem III. Krankheitstage, wurde er in das Lazareth auf-
genomroen und an diesem Tage folgender Status praesens aufgezeichnet;
Kräftig gebauter Mann, welcher auf den ersten Anblick den Ein-
druck eines schwer Kranken macht; er liegt mit den Zeichen äusserster
Schwäche und Hinfälligkeit in ansgestreckter Rückenlage im Bett, klagt
über heftige Schmerzen im Kopf, im Rücken, ganz besonders im unteren
Tbeile desselben, in den Muskeln der Gliedmaassen, namentlich in den
Waden, welche so empfindlich sind, dass Pat. bei leisem Druck auf
dieselben zusammenzuckt; er klagt ferner über Eingenommenheit des
Kopfes, Appetitlosigkeit, Durst, allgemeine Abgeschlagenheit.
Die Untersuchung crgiebt hohes Fieber (40,2; 112; 32 — Abd. 40,5;
118; 32); die Haut ist trocken; Zunge dick weiss belegt, Bauch auf-
getrieben, sehr druckempfindlich, besonders in der Lebergegend; wegen
des hochgradigen Meteorismus sind die Grenzen der Leber und Milz
nicht genau festzustellen. Beim Versuch des Aufrichtens, was nur mit
doppelter Hülfe möglich ist, klagt Pat. über sehr heftige Schmerzen im
Kreuz, die Nierengegend ist beiderseits auf Druck in hohem Grade
empfindlich; in den Longen ist nichts Abnormes zu konstatiren, ebenso-
wenig am Herzen; Arterien weit, von geringer Spannung, Pulswelle von
mittlerer Höhe, dikrot. Seit vier Tagen ist kein Stuhl erfolgt. Ord.
Flüssige Diät; Eisblase auf den Kopf, Hydropatbische Umschläge auf
den Unterleib; Eingiessung; Acid. muriat.
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9. Aagust, IV. Tag. M. 38,4; 116; 28. — Abd. .39,5; 108; 40.
Nach nnnibiger Nacht sind Schwindel and Eingenommenheit des
Kopfes heute stärker; die Sclerae leicht gelblich gefärbt; nach der Ein-
giessnng ist ein gallig gefärbter Stnhl erfolgt; Kopf- and Mnskel-
scbmerxen unverändert, Krencscbmerren etwas geringer, die Druck-
empfindlichkeit des meteoristisch aufgetriebenen Bauches, namentlich in
der Gegend des linken Leberlappens, noch gesteigert; Leber- und Milz-
scb Wellung nicht deutlich nachweisbar.
10. August, V. Tag. M. 38,3; 100; 28. — Abd. 39,5; 104; 32.
Intensiver allgemeiner Ikterus, über den ganzen Rumpf verbreitet
zahlreiche Petechien. Eingenommenheit des Kopfes nach unruhig durch-
schlafener Nacht stärker als gestern, Augenbindebäute lebhaft injizirt;
die Drnckempfindlicbkeit der Lebergegend bat noch zugenommen, ein-
mal galliges Erbrechen, Leib noch aufgetrieben, Leber- und Milz-
schwellung nicht mit Bestimmtheit nachweisbar; der sehr reichlich
gelassene Urin ist dunkelbraun, enthält viel Eiweiss und GallenfarbstofT;
ein grauer harter Stuhl.
11. August, VI. Tag. M. 38,2; 108; 24. — Abd. 38,8; 92; 26.
Schlaf noch ziemlich unruhig, Eingenommenheit des Kopfes geringer,
Allgemeinbefinden besser, die Schmerzen haben überall nachgelassen,
der Leib ist nieht mehr aufgetrieben, weich, mässige Schwellung der
Milz und Leber nachweisbar, letztere überragt den Rippenrand in der
Brustwarzenlinie um 1 cm. Nachts ist eine starke Blutung aus dem
rechten Nasenloch erfolgt, Pat. hustet ziemlich viel, der sehr reichliche
Auswurf ist schleimig, enthält viel Blut. Die Untersuchung der Lungen,
bei welcher sich J. allein und ohne Schmerzen aufrichtet, ergiebt sowohl
vorn als hinten überall Pfeifen und Schnarren, bei vesikulärem Athem-
geräusch. Urin und Stuhl in Menge und Beschaffenheit wie gestern.
Ord. Nat. sulf. und Nat. bicarb.
12. August, VII. Tag. M. 38,1; 80; 24. — Abd. 39,4; 72; 24.
Nach ruhig durchschlafener Nacht ist das Allgemeinbefinden besser,
alle Krankbeitsersebeinungen haben sich bedeutend vermindert, namentlich
ist auch die Leberschwelluog zurückgegangen; Nasenbluten ist nicht
wieder aufgetreten, der an Menge sehr viel geringere schleimige Aus-
wurf ist trotzdem mit frischem Blut vermischt; der Urin ist sehr reichlich,
ikterisch gefärbt und enthält noch viel Eiweiss; ein breiiger lehm-
farbener Stuhl.
13. August, VIII. Tag. M. 37,4; .52; 20. — Abd. 38,0; 66; 20.
Fortschreitende Besserung; Ikterus sichtlich geringer, der Appetit
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beginnt zurückznkebren; in den Langen ist nichts mehr nachznweisen,
Pat. hastet nar noch ganz wenig rein schleimige Massen aus.
Vom 14. bis zam 22. Aagust war Pat. vollkommen fieberfrei, sein
Allgemeinbefinden hob sich schnell, die gelbe Farbe der Haut schwand
fast vollständig, nur die Sclerae blieben gelb gefärbt; Leber- and Milz-
Schwellung nicht mehr vorhanden; der Eiweissgehalt des Urins schwand
ebenfalls, während Gallenfarbstoffe andaaernd darin nachweisbar waren;
vom 20. Aagust (XV. Tag) an war der Stuhl wieder gallig gefärbt
23. August, XVIII. Tag. M. 38,2; 72; 22. — Abd. 40,0; 76; 28.
Morgens klagt Pat. über Schwindel, Kopfschmerz und erneutes
allgemeines Eraukbeitsgefübl; Nachmittags tritt ein Schüttelfrost ein,
worauf die Temperatur wieder auf 40,0 steigt; die gelbe Farbe der Haut
ist wieder stärker sichtbar, Pat klagt über heftige Leberschmerzen.
Ord. wie früher.
24. August, XIX. Tag. M. 38,6; 60; 20, - Abd. 39,3; 68; 24.
Nach sehr unruhigem, von lebhaften Delirien nnterbrochenem Schlaf
ist Pat. sehr benommen; Ikterus stärker, einmal galliges Erbrechen;
Zunge dick belegt, die auf Druck sehr empfindliche Leber geschwollen,
die absolute Dämpfung misst in der Parasternallinie 15, in der Brust*
warzenlinie 16 cm; der sehr reichlich gelassene Urin dunkelbraun,
ikterisch gefärbt, aber eiweissfrei; ein brauner Stuhl.
25. August, XX. Tag. M. 37,6; 72; 20. — Abd. 38.6; 64; 24.
Nach ruhiger Nacht sind sowohl die allgemeinen als die örtlichen
Erscheinungen zurückgegangen, und nachdem am 26. August, dem
XXI. Krankbeitstage, die definitive Entfieberung erfolgt ist, erholt Pat.
sich so rasch, dass er am 28. September nach etwas über sieben-
wöchentlicher Krankheit geheilt entlassen werden kann.
Fassen wir die geschilderten Krankheitserscheinungen kurz zu-
sammen, so bandelt es sich um eine schwere, bei vorher ganz gesundem,
kräftigem Manne plötzlich eiosetzende, mit hohem Fieber, schweren
nervösen Ersebeinnngen, Ikterus, mehrfachen Blutungen, Leber- und
Milzschwellung, Eiweissharn verlaufende Allgcmeinerkrankung, deren
bedrohliche Symptome rasch schwinden; nach neuntägiger Fieberpause
tritt am XVIII. Krankheitstage ein Rückfall ein, schon am XXI. Krankbeits-
tage definitive Entfieberung, welcher eine ungestörte Genesung folgt,
und nachdem Pat. im Oktober noch auf vier Wochen in die Heimath
beurlaubt war, hat er sich jetzt (Anfang Dezember) in dem Grade
erholt, dass er blühender und kräftiger ist, als vor seiner Erkrankung.
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205
Das geschilderte Krankheitsbild entspricht, wie ich oben bereits
erwähnte, der von Weil 1. c. und nach ihm von Goldschmidt,
Aufrecht, Wagner und Roth im 40. and 41. Bande des genannten
Archivs beschriebenen Infektionskrankheit, unterscheidet sich von allen
anderen Fällen aber dadurch , dass die Krankheit mit mehrfachen
Blutungen (Petechien, Nasenbluten, blutiger Auswurf) verbunden war,
so dass anfänglich die Aehnlichkeit mit den der akuten gelben Leber-
atrophie angebörenden Symptomen noch grösser war, als in den Fällen
von Weil und Roth, und ich demgemäss bei der ersten Erkrankung
zunächst mehr an eine abortive Form der akuten Leberatrophie dachte,
bis dann durch den weiteren Verlauf und besonders durch den
charakteristischen Rückfall sichergestellt werden konnte, dass es sich
um dieselbe Infektion handeln musste, wie in den Weil’schen Fällen.
Das Fehlen einer hämorrhagischen Diatbese ist von Weil besonders
zum Unterschied von der akuten Atrophie bervorgeboben. Der oben
geschilderte Fall liefert aber den Beweis, dass auch bei der in Rede
stehenden Infektionskrankheit Hämorrhagieen Vorkommen können; im
dritten Fall Weil’s waren vereinzelte etwa kleinkreuzergrosse rothe
Flecke auf der Haut vorhanden, im vierten Fall fand sich am Rumpf
und im Gesicht eine fleckige Röthe, so dass also Ausscheidungen nach
der Haut auch in diesen Fällen konstatirt waren, denen gegenüber die
Petechien und die Blutungen ans den Schleimhäuten der Nase und
Lnftröbrenäste in meinem Fall nur eine hochgradigere Infektion kenn-
zeichnen würden.
Besonders charakteristisch war auch in meinem Fall der Verlauf
des Fiebers, welches rasch zu bedeutender Höbe anstieg, kein Fastigium
zeigte, und staffelförmig abfiel; die fieberfreie Zeit war etwas länger,
als sonst beobachtet wurde, indessen war in den früher beschriebenen
Fällen die Dauer dieser Zeit ganz verschieden, von 1 — 8 Tagen
schwankend. Auch die Pulskurve ist beachtenswerth , weil sie nach
Auftreten des Ikterus von der Temperaturkurve erheblich abweicht,
während die Respirationskurve der letzteren entsprechen würde (s. die
beiliegende Kurve).
Die nervösen Krankheitssymptome, die Erscbeinnngen von Seiten
der Leber, Milz und Nieren sind dieselben, wie Weil sie beschrieben
hat, und ich möchte schliesslich noch darauf aufmerksam machen, dass
der Beginn der Erkrankung unmittelbar nach dem Baden erfolgte,
während Weil in seinem zweiten Fall eine Durchnässnng als Krankheits-
ursache angiebt; wahrscheinlich bat unser Kranker das infektiöse Virns
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— 206 —
yijiiu, Lhargt' u. rrugpcntlu-il: W, J. Muskclicr. liraunschw. l.-R. No. 92.
Alter: 22. Zugang: 8. 87. Krankheit: Hilioses Typhoid.
— 'J07 —
beim Baden verschluckt, nnd wenn auch sonst infektiöse Krankheiten in
der hiesigen Garnison infolge des Badens gar nicht vorgekommen sind,
so darf doch nicht nnberöcksichtigt bleiben, dass die Ocker auch ober-
halb Brannschweigs durch Fabrikabfälle und dgl. schon verunreinigt ist.
Ebenso wie bei Weil’s, Goldschmidt's, Wagner’s und Roth’s
Kranken erfolgte die Erkrankung hier in der heissen Jahreszeit.
In den Krankheitsgruppen unseres Rapportschenias würde sich die
geschilderte Infektionskrankheit am besten unter No. 39, „Andere all-
gemeine Erkrankungen^ verzeichnen lassen, da die verschiedensten Organe
sich io ganz gleicher Weise an der Erkrankung betheiligten und dadurch
eben das Bild der allgemeinen Infektion bewirkt wnrde. Weil nnd
Wagner halten für möglich, die Fälle als Abortivtyphen mit Ikterus
nnd Nephritis anzusehen, aber Weil sagt gleichzeitig, dass es etwas
Gezwungenes bat, gerade bei leichter Infektion mit typhösem Gifte eine
so hochgradige Einwirkung des letzteren auf Leber und Nieren an-
zunebmen, und in meinem Falle würden weder die Darmerscheinungen
noch die Uämorrhagieen sich dadurch erklären lassen. Auch für die
Bezeichnung des Leidens als „einheimisches biliöses Typhoid“ liegen
bisher keine genügenden Anbaltspnnkte vor, ich habe daher in der
Ueberschrift meinen Fall, ebenso wie Wagner es gethan hat, als
„fieberhaften Ikterns“ bezeichnet, wodurch schon angedentet ist, dass es
sich um eine Infektion handelt, deren nähere Natur wir freilich erst
durch den Nachweis der spezifischen Ursache werden erkennen können.
Referate nnd Kritiken.
Vom 17. Kongress der Deutschen fiesellschaft fiir Chirurgie.
Berlin 4. — 7. April 1888.
Würdig nnd erhebend wurden die diesjährigen Verhandlungen am
Abend des 3. April durch die Tudtenfeier für B. von Langenbeck
eingeleitet. Wohl selten mag das Andenken an einen berühmten Arzt
in einer gleich grossartigen Weise gefeiert sein, wie es hier geschehen.
Der stattliche in reicher, der Feier entsprechender Art geschmückte
Saal der Philharmonie war bis auf die letzten Plätze gefüllt; voll Wehmuth
nnd Stolz hafteten die Blicke der zahlreich von Nah und Fern erschienenen
Angehörigen des grossen Todten, der hervorragenden Gäste — von denen
wir besonders Seine Königl. Hoheit, den Grossherzog von Baden,
mehrere Minister, sowie hochgestellte Militärs und Civilbeamte hervor-
beben — und der ganzen Trauer-Versammlung auf der Marmorbüste des
Entschlafenen, welche den hochverehrten Altmeister der Deutschen Chirurgie
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in seiner Uniform als Generalarzt darstellte, in der Uniform, welche er
oft und eeme trog nnd „die er ehrte, wie sie ihn“. — Dass die militär-
ärztliche Uniform neben vielen anderen ganz besonders zahlreich vertreten
war, bedarf besonderer Erwähnung nicht; hervorgehoben sei es indessen,
dass auch diejenigen hervorragenden Universitätslehrer, welche k la suite
des Sanitätskorps stehen oder demselben in anderer Weise angehören,
fast sämmtlich in Uniform erschienen waren.
Nach feierlichem Tranergesange — Mendelssohn op. 116 — entrollte
Gebeimrath v. Bergmann in der Uniform als Generalarzt in meisterhafter
längerer Rede ein Lebensbild seines grossen Vorgängers im Amte. —
„B. von Laogenbeck gehörte zwar nicht zu jenen Denkern nnd
Entdeckern, welche durch neue Ideen neue geistige Bewegnngen schufen
und ungeahnte Schätze des Wissens erschlossen, aber bahnbrechend und
bestimmend wurde er den Deutschen Aerzten nnd Chirurgen. Er drückte
der vaterländischen Chirurgie ein eigenartiges Gepräge auf nnd zeichnete
ihr eine besondere Richtung vor. Sein Verdienst ist es, dass die
Deutschen Chirurgen mehr als ebenbürtig ihren Nachbarn geworden sind;
dadurch, dass er sich auf streng naturwissenschaftlichen Boden stellte,
wurde er zum Vorbilde einer chirurgischen Schule, die von jedem ihrer
Jünger verlangt, dass er im Mikroskopiren wohl geschnlt und mit den
experimentellen Untersuchungsmetboden des Physiologen vertrant sein
muss, ehe er sich der chirurgischen Beobachtung nnd der operativen
Kunst zuwendet
Als erstes und vornehmstes Merkmal der modernen
Deutschen Chirurgie sehe ich die Entwickelung ihrer Schule an,
welche der Privatdozent der Physiologie nnd Pathologie Lan|;enbeck
genommen bat; von der Physiologie zur Chirurgie, von dem Mikroskope
zum Resektionsmesser. Darin liegt die Bürgschaft für die Erhaltung der
Chirurgie auf wissenschaftlichem Boden. Nicht braucht der deutsche
Chirurg, wie es anderweitig üblich, die Hülfe des Anatomen in Anspruch
zu nehmen, um z. B. eine elastische Faser oder eine Epitbelialzelle im
Sputum zu erkennen.
Die zweite Eigenthümlichkeit der Deutschen Chirurgie,
welche ich versuche auf Langenbeck zurückzuführen, ist die Er-
öffnung neuer Operationsgebiete, gegründet auf wissenschaftlicher, alles
regulirender und den Uebergriff von vornherein aosschliessender Basis,
vereint mit Kühnheit des Vorgehens und dem Streben, die Grenzen
der Chirurgie immer weiter zu stecken, das sind die lang dauernden
nnd lange nachwirkenden Impulse, welche Langenbeck der Deutschen
Chirurgie gegeben und hinterlassen hat.
Als dritten Charakterzng verdankt eie dem Vorgehen Langen-
beck’s ihre Beziehungen zur Kriegschirurgie und dem Sanitäts-
wesen unserer Armee. Auf den Schauplätzen der Schleswig-Holstein-
schen Kriege gewann der jugendliche Professor der Chirurgie im Fluge die
hohe Anerkennung der prenssischen Militärärzte, derer, die heute es sich
zu besonderem Ruhme rechnen nnd voll Stolz bekennen, dass er mit
ganzem Herzen nnd mit voller Kraft einer der Ihrigen gewesen ist. 1864
konsnltirender Chirurg nnd Generalarzt, seit 1865 Mitglied des Sanitäts-
korps hat Langenbeck die eine grosse, aber echt Deutsche Auf-
gabe erfüllt, das gesammte ärztliche Wissen im Frieden, wie
im Kriege den Lebensverhältnissen der Armee dienstbar zu
machen. Germania armis pariter ac literis paratal
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— 209 —
Langeubeck's Herz war mit Preussens, Deatechlands Heere ver-
wacbseD ; den Verwundeten war er ein Retter und Helfer, den Aerzten ein
Freand und Führer.
Auf seine so grosse und ernste Pflichttreue, auf den tiefen idealen
Sinn und das doch so schlicht und einfach angelegte Gemnth gründet
sich Langenbeck’s Begabung zum akademischen Lehramt. Erwirkte
nicht durch den Glanz, sondern durch den Ernst seiner Rede, denn
das Gemeine entweihte seine Lippen nicht. Seine Natur, die den Stempel
der Wahrheit in sich trug, wirkte anregend auf Alle, die ihm nahe
kamen; nie scheute er sich, seine Schüler neben seinen chirurgischen
Grossthaten seine Fehler sehen zu lassen. Indem er sie anwies, dieselben
zu verstehen und zu durchschauen, lehrte er sie am allerbesten. Selten
sah man Würde und Ruhe mit so viel warmem, ja lebhaftem Interesse
gepaart, welches der Meister dem schüchternen Jünger entgegenbrachte,
Wohlwollend und freundlich im Geiste und Herzen, anmutbig und (ein,
doch dabei auch herzlich in der Form, erfreute er stets, wohin er kam.
Er gehörte zu den gottbegnadeten Menschen, die ohne gerade jeden
Augenblick etwas Besonderes zu sagen, oder zu tbun, schon allein durch
ihre Gegenwart befriedigend und erfreuend auf jeden Kreis wirken, in
welchen sie gerade bineintreten.
ln das letzte Quinquennium seiner akademischen und klinischen
Thätigkeit fällt die Wiederherstellung seines Kaiserlichen Herrn von der
Verwundung durch die Hund eines ruchlosen Verbrechers. Langen-
beck hat durch diese Heilung von Preussens Volke die Schmach der
Blutschuld am gesalbten Haupte seines Königs abgewandt und allein
hierdurch schon seinen Namen jedem Deutsch fühlenden Herzen unver-
gesslich und theuer gemacht.“
„Was recht geschafft, was freudig Du gethan.
Was Edles Du gedacht, wird nie vergehen.
Die Saat wird einst als Ernte auferstehen.
Dem Reich der Ewigkeit gehört sie an.“
Das Danklied zu Gott (J. Haydn) „Du bist's, dem Ruhm und Ehre
gebühret“ schloss die erhebende Feier.
4. April.
Herr Koenig (Göttingen) erörtert die Prognose der Karzinome.
Die Operation der Karzinome ist seit Einführung der Antiseptik
iusofern eine erheblich bessere geworden, als Todesfälle in Folge der
Operation — wenigstens an solchen Stellen, welche die Durchführung
der Antiseptik gestatten — zu den Seltenheiten gehören; es gilt dies
leider nicht io demselben Maasse von den Operationen, welche — wie
am Oberkiefer, After und dergl. — eine freie Handhabung der Antiseptik
nicht gestatten.
Bei der Frage der Heilung der Karzinome ist zwischen zeitlicher
und dauernder Heilung zu unterscheiden. Die letztere kann zur
Zeit nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden, auch wenn bereits ein
freier Zeitraum von vielleicht 3 Jahren verflossen ist. Das Eintreten
der Rückfälle kann man sich am ungezwungensten durch die Annahme
„ruhender Keime“ erklären (Tuberkulose), welche gelegentlich plötzlich
direkt von der Narbe aus oder von infizirten Drüsen aus ihre unheilvolle
14
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•210
Wirkung entfalten. K. beleuchtet seine Satze durch einschlägige persön-
liche Erfahrungen.
Bei der grossen Gefährlichkeit der Operation des Mastdarmkrehses,
welche im günstigsten Falle fast immer einen Krüppel setzt, empfiehlt
Redner dringlichst für diese Form des Karzimons die Kolotomie, welche
ungleich bessere allgemeine und besonders funktionelle Resultate ergebe,
als die schwere verstümmelnde Operation an Ort und Stelle.
In der Diskussion schliesst sich E. Hahn (Berlin) der Koenig’schen
Empfehlung der Kolotomie an und hebt die Zweckmässigkeit seines Ver-
fahrens, das centrale und periphere Darmende gesondert einzunäben, her-
vor, da man so im Stande sei, das periphere Ende durchznspülen. —
Gussenbauer (Prag) greift die Ansicht Koenig’s über das Eintreten
der Rezidive durch Selbstimpfung von den „ruhenden Keimen'^ an und
glaubt, dass es sich bei Spätrezidiven um eine neue Infektion bandele.
Bardenbeuer (Köln) und v. Bergmann (Berlin) beben ihre verhältniss-
mässig günstigen Mortalitätsziffern in Folge der Rektaloperationen her-
vor; durch Schaffung einer grossen äusseren Wunde, sorgfältigste Blut-
stillung und Jodoformtamponade ezielte Letzterer besonders günstige
Resultate (nur ca. 8<>/o Todte in Folge der Operation).
Petersen (Kiel) beobachtete in den letzten Monaten eine eigen-
tbümliche dem berpes tonsnrans ähnliche Hautaffektion, welche er eitrige
d urchlöc bernd e Hautentzündung nennt. Es bilden sich bei der-
selben an verschiedenen Körperstellen, besonders im Gesichte und
im Bereiche der behaarten Kopfhaut kleine rolhe leicht vorragende
Stellen, welche sich allmälig vergrössern und gleichzeitig mit gelben
Borken bedecken ; entfernt man die letzteren, so wird die oberste Epidermis-
schicht mit abgezogen, andernfalls bilden sich subepidermoidale Eitcr-
bläscben mit kleinen rothen, nicht blutenden Substanzverlusten. Der
Prozess dehnt sich unregelmässig aus; die Haare verkleben mit den
gelben Borken, werden jedoch nicht brüchig. Im weiteren Verlaufe wird
die durchlöcherte Kopfhaut eitrig unterminirt, und sieht man auf Druck
Eiter ans den feinen Löchern hervorquellen. — P. glaubt, dass es sich
um eine Mischinfektion der Art handele, dass ein übrigens nicht nach-
gewiesener Pilz den Boden für das Eindringen des Staphylokokkus be-
reite; die bezüglichen Pilz-Untersuchungen wurden von Fischer (Kiel)
angestellt. — Therapeutisch empfiehlt P. breite Spaltung der unterminirten
Haut und energische Anwendung des Löffels in der Narkose.
Stcinthal (Heidelberg) berichtet über chirurgische Behandlung
ulceröser Perforativ - Peritonitis im Anschlüsse an drei auf der
Czerny’schen Klinik beobachtete, tödtlich verlaufene Fälle. Er betont
die Wichtigkeit einer exakten Diagnose, wodurch allein es möglich sei,
rasch und zweckmässig chirurgische Hülfe zu leisten; es war dies in
seinen Fällen nur einmal möglich. — In der Diskussion erklärt Lauen-
stein (Hamburg) eine ausreichende Desinfektion der Bauchhöhle für un-
möglich; die allein denkbare Ausspülung sei durchaus unzureichend, be-
sonders unzugänglich sei die Gegend zwischen Zwerchfell und Leber und
Milz. In d en kasuistischen Mittheilnugen der anderen Redner wurde be-
sonders die Schwierigkeit einer genauen Diagnose hervorgehoben, zu
deren Sicherung Sonnenburg (Berlin) Inzision bis auf das Bauchfell
empfahl.
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211
2. Sitzungstag, 5. April 1888.
Brieger (Berlin) demonstrirt die Wirkung dreier Toxieii
( Ptomaine) *). — Br. erinnert an die Arbeiten v. Bergmann'g
über das Sepsin und die wichtigen Untersuchungen Nencki's und reicht
nach einigen allgemeinen Bemerkungen über die Darstellungsmetbode die
von ihm in Oold-, Platin- und Pikrinsäure • Verbindungen gewonnenen
Ptomaine herum. — An 3 Kaninchen zeigt sodann der Vortragende die
Wirkung des von ihm dargestellten Tetanotoxin, durch welches
rasch die charakteristischen Anfälle von Starrkrampf mit folgendem Tod
aasgelöst worden, sodann des Nenrin (den Ammoniumbasen aogehörig),
welches starken Speichelfluss, Kespirations- und Cirkulationsstörungen,
unwillkürlichen Urin- and Stahlabgang bedingt, bis nnter klonischen
Konvulsionen der Tod erfolgte, endlich des Methylotoxin, des Produktes
einer Krankheit der Miesmuscheln.
Die dem Kurare ähnliche Wirkung dieses Körpers veranlasste Br.
zu einschlägigen therapeutischen Versuchen, und wenn diese auch bislang
zu sicheren Erfolgen nicht geführt haben, so erscheint ihm doch die
Hoffnung wohl berechtigt, dass auf diesem Wege auch praktische,
d. h. therapeutisch verwerthbare Resultate in der Folge gewonnen werden.
Fischer (Breslau) stellt einige trepanirte Kranke vor. — Ein Mann
von 47 Jahren wurde nach einer schweren Kopfverletzung bemiplegiscb;
die Lähmung besserte eich im Laufe der Zeit, indessen stellten sich bald
bei dem hereditär nicht belasteten Manne epileptische Anfälle ein, welche
immer häufiger anftraten. Die Konvulsionen begannen an der gelähmten
Seite und griffen weiterhin auf die andere Seite über. F. trepanirte im
Dezember 1887 in der Gegend der vorderen Centralwindung und fand die
tabula int. zerschellt und deprimirt, das Gehirn ohne Pulsation. Die de-
primirten Stücke wurden entfernt, worauf sich alsbald wieder Pulsation
des Gehirns zeigte; seit der Operation sind keine Anfälle mehr aufgetreten,
auch ist die Lähmung in vorzüglicher Weise zurückgegangeu.
2) Eine 33jährig;e Frau litt seit längerer Zeit an otitis supp., in
Folge deren sich Ijabmungserscheinungen und Bewnsstseinsverlust ein-
stellten. Trepanation hinter dem Ohre im Januar er. und Auffinden des
vermutheten Hirnabszesaes, nach dessen Entleerung sehr bald das Be-
wusstsein nnd das Sprachvermögen wiederkehrten; zurückgeblieben ist
lediglich eine Facialis -Parese, welche alle Charaktere einer peripheren
Lähmung zeigt.
3) Knabe mit schwerem, durch stumpfe Gewalt verursachten Schädel-
broeb, starke Fissurirung und Depression mit Oehirnquetschung; 7 Tage
nach der Operation kehren Bewusstsein und Sprache wieder, völlige
Wiederherstellung.
Tbiem (Cottbus), Verrenkung des Unterkiefers nach hinten.
Tb. hatte 7 mal bei ö weiblichen Kranken Gelegenheit, dieses seltene,
in der Litteratur kaum berücksichtigte und wenig gekannte Leiden zu
beobachten. Das Zustandekommen der Verrenknng wird durch eine
Konfiguration der Gelenkgegend ermöglicht, welche beim Manne eine
wesentlich andere als beim Weibe ist; bei ersterem trennt ein« verbältniss-
mässig hohe Leiste die Gelenkgrube von einer nach hinten von derselben
•) cf. Referat: Diese Zeitsclirift 1887, S. 283 — 288.
14*
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•212
gelegenen Vertiefung, welche Th. fossa tympunico - stylo - niastoideu zu
nennen rorschlägt und in welche hinein der Gelenkkopf luxirt wird.
Beim weiblichen Schädel — demonstrirt an guten Präparaten — ist diese
f. tymp.-8t.-ma8t. verhältnissmässig gross und der trennende Vorsprung
niedrig; hierdurch wird es bedingt, dass reine Luxationen wohl beitn
Weibe, jedoch nicht beim Manne Vorkommen können. Der Mechanismas
der Luxation vollzieht sich im wesentlichen durch einen plötzlichen
Krampf des m. temporalis, dessen hintere Fasern ein Uebergewicht über
die nach oben und vorn wirkenden kontrahirten mm. pterygoidei und
masseter erhalten. Bei einer 65 jährigen Frau kam die Luxation bei
starkem Gähnen zu Stande (3 mal beobachtet), an einer andern Frau ge-
legentlich des Herabdrückens der Zunge bei einer ärztlichen Untersuchung:
ein plötzliches Schliessen des Mundes, und der Kiefer stand unbeweglich ;
gewaltsame Oeffnuog des Mondes führte sofort zur Reposition. In den
anderen 3 Fällen trat die Luxation plötzlich in der Nacht ein unter leb-
haften Schmerzen. Th. ist geneigt, hier eine myositis rheumatica m.
temporal, anzunebmen.
Küster (Berlin), Ueber Ankylose des Kiefergelenks. K. stellt
4 Patienten vor, welche er vor längerer Zeit mit zum Theil recht gutem,
zum Theil mit ungenügendem dauernden Erfolge operirt hatte. Gemein-
sam ist allen die Kleinheit des Unterkiefers, wodurch das eigentbümliclie
Bild des Vogelgesichts entsteht; hierfür kann nicht ohne Weiteres eine
Inaktivitätsatrophie als Grund angenommen werden, da in einem Falle
die Kleinheit angeboren war, in anderen aber die ungleiche Atrophie,
welche letztere keineswegs immer auf der leidenden Seite besteht, dagegen
spricht. K. neigt deshalb mehr der Annahme einer Innervationsstörung
als Erklärung hierfür zu.
Die Anl^lose kommt zu Stande bei Erkrankungen des Knochens
(Frakturen, Osteomyelitis), nach eitrigen Ohrenentzündungen, besonders
im Gefolge von Infektionskrankheiten, endlich nach rheumatischen
(arthritis def., auch tuberculos.) Gelenkleiden; sie ist entweder eine feste
knöcherne oder theilweise, durch Knorpelschwund und weitere nicht
knöcherne Verwachsungen bedingte. K. macht 1 — l'/icm nach vorn vom
Kieferwinkel eine senkrechte 2 cm lange Inzision und dringt unter sorg-
fältigster Schonung der Nerven, des Periostes u. s. w. nach oben gegen
die Gelenkgegend hin vor, welche auf diese Weise ziemlich leicht dem
Hohlmeissel zugänglich wird. Auch bei den natürlich schwerer zu
operirenden knöchernen Ankylosen bat er keine Scbädelperforation zu
beklagen gehabt und war im Stande, ausgiebiger zu operiren, als es bei
der Koenig'schen Methode (Fortnahme des Gelenkkopfes) möglich ist,
und dadurch bessere Resultate (keine Lähmungen, grössere Beweglichkeit)
zu erzielen; allerdings schütze sein Operationsverfahren nicht vor Rück-
fällen, wie einer seiner Patienten, bei dem cs sich wabrscbeinlicb um
Narbenkontraktur handelt, zeigt, aber für diese Rückfälle dürfte zum
Theil wohl die Nachbehandlung, die ein fleissige Uebung erheischt, ver-
antwortlich zu machen sein.
In der Diskussion spricht Koenig (Göttingen) zu Gunsten seiner
späterhin etwas veränderten Methode, welche er für knöcherne Ankylosen
beibehalten will, während er die Vorzüge des K.’schon Verfahrens bei den
nicht knöchernen Verwachsungen anerkennt. Rose (Berlin) berichtet über
einen Fall von Ankylose, bedingt durch übermässiges Wachsthum des
Kronenfortsatzes, welches zur Resektion des Jochbogens Veranlassung gab.
DiQÜLiCeO uy CniO^lt
213
V. Berf;nianD (Riga) Btellt einen Patienten vor, bei welchem vor
3 Jahren die Totalexstirpation des Kehlkopfes wegen Krebs
(Diagnose mikroskopisch gesichert) ansgeföhrt worden und welcher bis
jetzt reaidivfrei geblieben ist. Das Lumen des Kehlkopfes war fast völlig
aosgefollt, erhebliche Dyspnoe, Tracheotomie io einem Erstickaiigsaofalle;
totale Entferonng des Kehlkopfes mit Epiglottis; Naht, Jodoformgaze-
Tamponade, Ernährung mittelst Schinndsoude. Glatte Heilung. Ein
Sprechapparat konnte nicht angebracht werden; Put. trägt eine ver-
längerte Kanüle mit oberer Oeffnnng, welche letztere beim Essen ver-
schlossen wird, er kann sich zur Noth — jedoch ohne Stimme — ver-
ständlich machen.
Hahn (Berlin) berichtet über 24 Larynx- Operationen, welche er seit
gemacht hat. Unter vier grösseren Operationen bei Larynx-Stenosen
hatte er keinen Todesfall zu beklagen, auch waren die Endresultate zu-
friedenstellend; 20 mal operirte er bei Kehlkopfgeschwülsten (Karzinom
nnd Sarkom), davon starben 7 an den Folgen der Operation, 6 an Re-
zidiven bezw. anderweitigen Erkrankungen.
Helferich (Greifswald). Geheilter Fall von schwerer trauma-
tischer Epi physeulösung am oberen Ilomcruseude.
Ein 16 jähriger Knabe batte sich durch Fall auf die rechte Schulter
einen Epipbysenbruch des oberen Humerusendes zngezngen mit starker
Dislokation des unteren Fragments nach oben innen; da alle Versuche der
Reposition misslangen, breite Inzision, welche auf eine mit Blut gefüllte
Höhle führte; auch jetzt gelang die Reposition nur mühsam, nachdem
das obere Fragment kräftig nach oben nnd der Spalt, durch welchen die
Diapbyse sich dislozirt hatte, auseinandergezogen war. Die Fragmente
wurden jetzt durch Pfriemen , welche einige Tage liegen blieben
miteinander vereinigt. Die Heilung erfolgte rasch und ohne jede Störung;
das Resultat ist ein vorzügliches (nach ca. Jahren); die Nach-
behandlung bestand in Anwendung der Elektrizität und Massage.
H. empfiehlt sein Verfuhren, welches keineswegs immer grössere nnd
tiefe Inzisionen erfordere, für alle die Fälle, bei denen ans irgend einem
Grunde die Reposition gebrochener Knoebentheile nicht zu erreichen,
bezw. zu erhalten sei.
Bruns (Tübingen) berichtet über zwei ähnliche Fälle, in welchen er
wegen der erheblichen, durch Schiefheilung bedingten, funktionellen Störung
zur Resektion schreiten musste; — sodann Wölfler (Graz) über einen
einschlägigen Fall, bei welchem nach Spaltung der Gelenkkapsel die Re-
position des luxirten Kopfes ohne Resektion gelang.
Petersen (Kiel). Vorstellung eines Falles von ischämischer
Mnskellähmnug.
Das 4 Va jährige Mädchen erlitt durch Fall eine komplizirte Ober-
armfraktur, welche unter Mooskissen -Verband in 6 Wochen verheilte.
Der Arm wurde jetzt iin Ellbogengelenk gebeugt gehalten, welches nur
wenig ausgiebige Bewegungen gestattete, die Finger konnten nicht ge-
streckt werden; gleichzeitig war die Sensibilität bis zum Ellbogen er-
heblich beeinträchtigt, so dass stärkste faradische Ströme ohne Schmerz
ertragen wurden. Nach einer Inzision in der Ellbogengegend fand P. den
n. medianus an einer Stelle etwas eingeschuürt, die art. brachialis nach
abwärts in einen dünnen Strang verwandelt; die mikroskopische ünter-
sochung ergab fibröse Veränderung der Muskulatur (Lesser). — Die
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214
weitere Behandlung (Massage nnd Elektrizität) brachte nur eine geringe
Bessernng zu Stande.
In der Diskussion betont Koeni^ (Oöttingen) den Werth der
Elektrizität und Massage gegenüber Kol liker (Leipzig), welcher nach
Beobachtung zweier Fälle ischämischer Muskellähmnng geneigt ist, die
Möglichkeit einer Verbesserung der Lähmung durch Nachbehandlung
auszuschliessen. Wagner (Eönigshntte) glaubt, dass es sieb bei den
meisten Fällen von Lähmungen im Gefolge von Frakturen gar nicht um
ischämische Lähmungen handele, sondern um eine Neuritis, welche letztere
F. für seinen Fall jedenfalls nicht geneigt ist, anzunebmen.
V. Bergmann (Berlin) stellt einen Mann vor, bei welchem vor
4 Jahren eine ausgedehnte Darmresektion wegen Krebs gemacht
wurde. Ein Rezidiv ist bisher nicht aufgetreten, das Allgemeinbefinden
ein gutes.
In der Nachmittagssitzung (Aula der Universität) spricht
Lauenstein (Hamburg) über Heilung der Wunden unter dem
feuchten Blntschorfe auf Grund der Erfahrungen, welche er in den
letzten 2 Jahren bei 74 grösseren Operationen gewonnen hat. Nur in
10 Fällen versagte die Methode, in allen übrigen war der Erfolg ein aus-
gezeichneter. — Nicht empfehlenswerth ist das Verfahren, wenn Heilung
per primam angestrebt wird, wenn die sekundäre Naht ausgefubrt
werden soll oder die Tamponade zweckmässiger erscheint, z. B. Rektnm-
operation etc.; ausgeschlossen ist es natürlich bei Inzisionen wegen
Phlegmone oder bei Senkungsabszessen o. dergl.
Ganz besonders geeignet für die Behandlung unter dem feuchten
Blotschorfe sind dagegen die Verletzungen des Kopfes, der Hände — ins-
besondere der Sehnen — , die partiellen Resektionen und überhaupt die
Operationen an den Knochen, auch diejenigen der tuberkulösen Herde,
endlich gewisse plastische Operationen. L. verwahrt sich ausdrücklich
gegen die event. Unterschiebung, als könnten derartige Verletzungen
nicht auch unter jedem andern antiseptischen Verbände heilen, hält aber
die Schede’sche Methode bei allen einschlägigen Fällen, bei denen es
sich um Defekte bandelt, deshalb für besser, weil man Heilung unter
einem Verbände erzielen könne. — Todesfälle hatte L. bei Ausübung
des Verfahrens nicht zu beklagen: 2 mal trat Erysipelas auf, wohl eine
Folge mangelhafter Asepsis; in den anderen Misserfolgen, zum Theil nach
Nekrosen, traten keine stürmischen Erscheinungen ein. Haupterforderniss
für ein gutes Resultat ist ausser peinlichster Antiseptik, wobei Vortragender
bemerkt, dass er kein sterilisirtes Verbandmaterial hatte, nach der
Operation Ruhe, welche für die Organisation des Blutgerinnsels unent-
behrlich erscheint. L. lässt nach sorgfältiger Blutstillung, um Nach-
blutungen zu vermeiden, die entstandenen Höhlen möglichst voll Blut
laufen, drainirt nicht, legt auch keinen komprimirenden Verband an.
In der Diskussion sprechen sich Rydygier (Krakau) und Länderer
(Leipzig) abfällig über das ganze Verfahren aus; Ersterer hält das Blut-
koagnlum für einen gefährlichen Nährboden, Letzterer lediglich für einen
Fremdkörper, welcher in keiner Weise sich an der Organisation betheilige,
sondern eher die Wundheilung als solche verzögere; die vorzüglichen
Resultate bei Anwendung der Schede'scben Methode seien lediglich
eine Folge exaktester Antiseptik. — Mikulicz (Königsberg) berichtet
DiQÜuceu uy
— 21 f) —
kare über seine Resultate nach Schede's Methode: 8G Heilungen unter
45 Fällen. — Nenber (Kiel) erkennt im Allgemeinen die Vorzüge der
Scbede’scben Methode an, welche übrigens sich nur dadurch von der
seinigen unterscheide, dass Schede für den Abfluss des zuviel ergossenen
Blutes den höchsten Theil der Wunde wähle, während er selbst den
niedrigsten Punkt sich aussuche, mithin mit kleinem Blutkoagulum arbeite,
Schede mit grossem. Drainage wende er bei Qeschwulstoperatiouen
und Osteotomien ebenfalls nicht an. — Die Methode der Blutfnllung von
Knochenhöblen hat N. bereits 1870 auf der Esm arch’schcn Klinik ver-
sucht, dieselbe aber verlassen; bei Nekrotomien hält er das Verfahren
nach seinen Beobachtungen für direkt gefährlich. — Schede selbst ist
fortgesetzt mit seinen Resultaten sehr zufrieden; in manchen Fällen von
Nekrotomien kann man allerdings die Methode nicht anwenden, weil es
unmöglich ist, rein zu operiren; hervorragende Erfolge werden bei den
Verletzungen mit Blosslegung der Sehnen gewonnen. Im Uehrigen ist er
lediglich ein Feind der übermässigen Kompression, und das Einzige, was
er erreichen will, ist eine völlige Ausfüllung der Wuudböble mit einem
Blutkoagulum.
Schleich glaubt nach bezüglichen Experimenten, dass es sich bei
der Schede’schen Methode um Vorgänge handelt, analog denjenigen
bei der subkutanen Frakturenheilung; dass der Hauptwerth in einer
Wundheiinng ohne Sekretion besteht die hei anderer Behandlung nicht zu
vermeiden ist: das Blut wirkt in den günstigen Fällen wie eine poröse
organische Masse.
Wölfler (Graz), lieber die Technik und den Werth von
Schleimbaut-Uebertragungen.
Abgesehen von den Schleimhaut • Uebertragungen, welche von
Ophthalmologen versucht wurden, sind derartige Heilversuche bisher
nicht veröfifentlicht worden. W. kam bei 3 Fällen von Harnröhren-
striktur auf den Gedanken, Schleimhaut zu übertrugen, welche ihm über-
reichlich bei Frauen mit prolapsns Uteri zur Verfügung stand. W. ent-
fernte das Narbengewebe und tapezirte die Wunde mit 1 — 2 cm langen
Stücken Schleimhaut aus, welche er nach Thierscb’er Methode ab-
getragen hatte und nicht zu vernähen brauchte. Nach 3 Tagen fand sich
eine grauliche, etwas schmierige Masse an der Operalionsstclle, welche
wieder nach 3 Tagen wie mit einem Schleier überzogen aussah; 3 Tage
hernach war die SN'undfläche glatt und glänzend. Der eine Pat. konnte
2 Jahre nach der Operation gut in dickem Strahle uriniren; ein anderer
verstarb 6 Monate nach der Operation an interkurrenter Krankheit: an
der Harnröhre desselben war das Lumen völlig gut hergestellt, und konnte
die Grenze zwischen alter und neuer Schleimhaut erst daran erkannt
werden, dass nach längerem Liegen in Alkohol die neue Schleimhaut
etwas blasser — wegen des Gcfässmangels — geworden war. — Nach
einer Karzinom-Operation am innern Augenwinkel wurde der Defekt mit
Schleimhaut vom prolabirten After eines Kindes erfolgreich austapezirt;
bei einer ausgedehnten Nasenoperation transplantirte er die Schleimhaut
eines amputirten Uterus mit demselben Erfolge.
Angeregt durch die günstigen Resultate versuebteW. Transplantationen
von Thier-Schleimhäuten; des Froschmagens, der Kaninchenblase, eines
Taubenniagens. Er warnt vor übereilten HoiTnungen, zumal er nicht in
der Lage war, genügende histologische Untersuchungen, mit denen er
Digi’i
noch beschäftigt ist, anzustellen. Nur das ist sicher: man kann ebenso
gut Schleimhaut, wie gewöhnliche Haut übertragen; was aus den trans*
plantirten Stücken im Kampfe um das Dasein mit ihrer Umgebung wird,
ist vor der Hand nicht zu bestimmen; aller Wahrscheinlichkeit nach
werden die übertragenen Stücke, umgrenzt von anderer Schleimhaut, eher
ihren Schleimhautcharakter wahren können, als wenn sie von Haut
umgeben sind, wo sie ihren Charakter zumeist zu verlieren scheinen.
Anknüpfend bemerkt Thiersch unter warmer Anerkennung der
Versuche W.’s, dass sich gelegentlich leider nicht der Charakter traus-
plantirter Stücke in fremder Umgebung ändere; einem vor langen (21)
Jahren Operirten wächst noch immer der Bart im Innern des Mundes
von dem am Gaumen eingeheilten Wangenstücke herab — allerdings
vielleicht, weil die ganze Dicke der Haut verwandt war. — Sodann b^
richtigt er eine irrthümliche Auffassung von früher, dass weisse Haut,
auf Neger übertragen, weise bleibe und umgekehrt: Stabsarzt Karg
fand, dass Wanderzellen unter und in dem rete Malpighi des Negers,
beladen mit Pigment erscheinen und in dem transplantirten weisseo
Stücke ihr Pigment absetzen; wo die „Kohlenwagen“ hernach blieben,
konnte nicht beobachtet werden; im andern Falle wird Negerhaut so
lange schwarz bei einem Weissen bleiben, bis das Pigment des Stückes
verbraucht ist.
6. April. Königliche Klinik.
Nach einigen Demonstrationen von Rhinoplastik durch Israel (Berlin)
und Helferich (Greifswald) berichtet Wehr (Lemberg) über Impfungen
von Karzinomstückeben von Hund auf Hund. Nach seinen Untersuchungen
bildeten sich nach etwa 8 Tagen kleine Knote'n, die sich langsam ver-
grösserten, um später wieder spurlos zu verschwinden. Bardeleben
und V. Bergmann (Berlin) äussern ihre gewichtigen Bedenken.
Thiersch (Leipzig) und Rehn (Frankfurt a. M.) berichten über
Versuche mit Intubation des Kehlkopfes nach O’Dwyer. — Die
Einführung von Dauerkanülen in den Kehlkopf anstatt der Tracheotomie
ist neuerdings wieder — verbessert — von Amerika empfohlen, nachdem
diese Methode früher bereits (1858) in der Pariser Akademie als un-
geeignet bezeichnet und verlassen war.
Ein sehr günstiger Bericht über 806 Fälle mit 27^ pCt. Heilungen
veranlasste Th., die Methode bei 32 Kranken zu prüfen, was er vielleicht
unterlassen hätte, wenn er vorher gewusst, welche Arbeit und Noth da-
mit verknüpft war. (Demonstration des Instrumentariums.) Von den
.32 Diphtheritiskranken wurde im weiteren V'erlaufe die Tracheotomie
doch bei 18 Patienten noch erforderlich, und nur 3 — bei denen es ohne
Tracheotomie abging und die zu den leichteren Erkrankungen gehörten,
genasen. Th. glaubt, dass an diesem schlechten Erfolge die Schwere
der diphtherischen Erkrankungen in Leipzig wohl die Hauptschuld trage,
bei denen es selten ohne ernste Komplikationen abgehe. Die Kanüle, no-
gefähr in ihrer Form der Glottisspalte entsprechend, wird befestigt au
einem Führungsstabe eingeführt, so zwar, dass eine überstehende obere
Ringplatte auf den Stimmbändern ruht und ein Herabgleiten der Kanüle,
welche bis in die Trachea reicht, verhindert. Tb. ist zu folgendem
Resultate bisher gelangt:
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217
1) bei starker MembraDbildang wird man selten ohne Tracbeotnmie
anskommen, weil stärkere Membranen das enge Lumen der
Kanäle nicht passiren;
2) bei Schwellung des Kehldeckels und der Schleimhaut unterhalb
des Kehlkopfs kann die Intubation Nichts helfen; so dass also
eigentlich nur die Falle für die Intnbation geeignet erscheinen,
bei denen die eben angeführten Punkte nicht beobachtet werden.
AlsznmTheil rechtbedenkliche Unzuträglichkeiten führtTh. das häufige
Verschlucken beim Essen (Schluckpnenmonie, Verweigerung der Nahrung)
und die gelegentlich erhebliche Schmerzhaftigkeit an; im Allgemeinen
werden zwar grössere Veränderungen nicht gesetzt, es kommt jedoch
aacb zu tiefem Dekubitus; ab nnd an wird die Kanüle ansgehnstet mit
nachfolgender Expektoration grösserer Membranen. Nach Allem ist die
Intubation immerhin ein Verfahren, welches eine Prüfung verdient, zumal
wenn es gelingen sollte, das Instrumentarium zu verbessern; die unaus-
gesetzt nöthige ärztliche Ueberwachung der intubirten Patienten muss
allerdings stattfinden können.
Rehn erklärt sich durchaus einverstanden mit den Sätzen Th’s.; er
hat die Intnbation in 14 Fällen gemacht, bei welchen sechsmal die
Tracheotomie nöthig wurde, Heilungen erzielte er drei. R. hebt besonders
das erschwerte Schlucken hervor, welches ihn zu Nährkljstieren bz. zur
Anwendung der Scblnndsonde veranlasste; zweimal wurde die Kanüle
verschluckt, ging jedoch ohne Nachtheil per anum ab; die gangränösen
Formen der Diphtherie kontraindiciren nach ihm die Intubation.
Nachdem Th. noch .ganz besonders anf grösste Vorsicht bei der
Einführung aufmerksam gemacht hat, um Scblcimhautvcrletznngen mit ihren
Gefahren zu vermeiden, erwähnt Rose (Berlin), dass die Intubation auch
früher in Deutschland bereits geübt sei nnd dass er aus Amerika einen
DDgünstigeren Bericht als Thiersch erhalten habe; er selbst übt stets
die Tracheotomie und ist im Stande über etwa 2000 Tracheotomien be-
richten zu können, er erzielte 27,, pCt. sicher konstatirte, bz. 28,, pCt.
Qosichere Heilungen; viele seiner Kranken gingen nachträglich aber an
Komplikationen zu Grande.
Thiersch stellt zwei Personen vor, welchen er grössere Hant-
slücke nach seiner Methode überpflanzt bat. Die Resultate sind
vorzügliche. Socin (Basel) hat das Thiersch’e Verfahren etwas ab-
geändert: er nimmt recht grosse (20 cm lange und 4 bis 5 cm breite)
Lappen nnd legt ihre Ränder etwas übereinander, um möglichst die
narbigen Zusammenziebungen zu vermeiden nnd die Resultate kosmetischer
zn gestalten ; die Lappen gewinnt er durch die Schneide eines grossen
Mikrotoms. Th. erkennt dies Verfahren gerne als eine Verbesserung an.
Völker (Braunschweig) zeigt einen Gypsabguss der unteren
Femur-Epiphyse, an deren innerem Gelenkknorren eine Grube sich
befand, in die eine bohnengrosse Gelenkmaos hiiieinpasste, — Ein vorher
gesunder Mann stürzte während einer Reserveübnng beim Laufen nnd
schlag mit dem Knie gegen das Gewehr; Ohnmacht, zwei Tage revierkrank;
nenn Wochen später wurde die Diagnose auf Gelenkmaus gestellt, welche
jedoch ärztlicherseits nicht deutlich gefühlt werden konnte. Etwa ein
Vierteljahr nach dem Unfälle Eröffnung des Gelenks, wobei es nur ganz
znfällig gelang, die Gelenkmaus, welche in ihrer oben beschriebenen
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Hoble lag und gar nicht über das Niveau des Gulenkknorpels hervorragte,
aufzufiuden ; auf leichten seitlichen Druck sprang dieselbe hervor. Die
Heilung erfolgte ohne alle Störung. —
Helfericb (Greifswald) hat in einigen Fällen den oberen Theil
der Symphyse — etwa bis zur Hälfte — entfernt, ohne dass die
betreffenden Patienten späterhin Stbrungen ihrer Gehfäbigkeit davon
hatten. Er empfiehlt dies Verfahren bei solchen Operationen an der
Hlasc, welche einen recht breiten Einblick in das Operationsgebiet
wün.schenswerth erscheinen lassen und bei welchen die einfache Anfüllung
des Mastdarms zur Hebung und Hervordräugung der Blase nicht ausreicbt.
Lanenstein (Hamburg) wendet bei der Behandlung der Frakturen
des Ellenbogengelcnks nicht mehr die fast allgemein empfohlene
Beugung im Ellenbogen an, sondern fixirt den Arm stets und mit bestem
Erfolge anfänglich gestreckt. Veranlasst wurde er hierzu vor etwa sechs
Jahren durch die post mortem Untersuchung eines in Beugung ankylosirten
Elleiibogengelenks, welches er nach der alten Methode mit anfänglicher
Beugung behandelt hatte. In Streckung sei die Koaptation der Fragmente
auch bei den T-Brücheti ungleich besser möglich, als in Beugestellung, wo
eine geringe Ilotation im Gelenke sofort die richtige Lagerung verändere
und zur Schief heiinng (cubitns varus und valgus) führen könne. — Koenig
(Göttingen) wendet ebenfalls häufig die Strecksteilung an, welche jedoch
exakt nur in der Klinik, nicht ambulant angewendet werden kann.
Wagner (Königshütte) und Sonnenburg (Berlin) halten es nicht für
richtig, schematisch vorzugeben, man muss unbedingt iudividualisiren;
Barden heuer (Köln) empfiehlt neben der erforderlichen Adaptation der
Fragmente in der Längsrichtung (durch Extenslou) auch die ebenso noth-
wendige in der Quere zu berücksichtigen.
Nachmittags, in der Aula der Universität.
Rosenbach (Göttingen): Ueber Eiterbildung durch chemische
Agentien.
Durch die Arbeiten von Scheuerlen, Klemperer u. A. war die
Ansicht verbreitet, dass weder chemische noch thermische Agentien im
Stande seien, Eiterung hervorzurufen, dass Eiterung vielmehr stets nur
durch den Einfluss von Bakterien entstehe. Während der Nachprüfung
dieser für R. nicht recht glaubhaften Resultate erschienen die gegentbeiligen
von Gravitz und de Bary. R. benutzte bei seinen Untersuchungen
lediglich Quecksilber, dessen energische Wirkung auf thierisches Gewebe
ihm von anderen Arbeiten bekannt war; er wandte es bei Hunden an, denen
er '1 bis 8 g Hg unter allen Käutelen subkutan injizirte, — stets mit
dem Resultate: Entzündnng und Eiterung olinc Mikroorganismen,
sobald die eingefuhrten Röhrchen zerbrochen waren und Hg seine Ein-
wirknng entfalten konnte. Die ersteren Experimentatoren haben deu
Fehler begangen, Resultate, welche sie bei einer, bz. gewissen Thier-
arten (Kaninchen, Raiten, Meerschweinchen) gewonnen batten, ohne
Weiteres zu verallgemeinern.
Uebrigens ist die Frage der Möglichkeit einer Eitererregung durch
chemische Agentien von keiner prinzipiellen Bedeutung mehr, nachdem
durch neuere Untersuchungen festgestellt ist, dass die Ptomaine, die chemisch
darstellbaren Produkte der Schaffungskraft der Bakterien, im Stande sind,
Eiterung zu erregen.
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Scbimmelbagcb (Halle): lieber die Tbrombose.
Durch Deuere Forschaugen ist es bekannt, dass der marantische Tbrom-
bas der Hirnsinns weiss ist und dass es sich hierbei nicht et\ra um die Ent-
färbnng eines anfänglich rotben Thrombus, bezw. einfache Blutgerinnung
handelt (Zahn). Iro Verein mit Eberth untersuchte S. die bezüglichen
Anfangsvorgänge unter dem Mikroskope. Als Resultat ergab es sieb,
daas bei der Thrombenbildung (Druck bezw. Verletzung der Oefässe) die
Hauptrolle den Blutplättchen zukommt, welche sich rasch an der insultirten
Stelle des Gefässes ansammeln und einen weissen Thrombus bilden; dieser
besteht anfangs ausschliesslich aus diesen Plättchen und enthält erst
weiterhin auch Leukocyten und Pibrinfäden. Das Fibrin ist bei dem
ersten Verschlüsse einer Aderwunde ohne jede Bedeutung, in älteren
Thromben (2. bis 3. Tag) durchzieht es in balkenförmigen Formationen
den Pfropf; die Lenkoevten kann man mit Lastwagen (Thiersch) ver-
gleichen, welche die Trümmerhaufen hinwegschaffen und für den Aufbau
des Thrombus am unwesentlichsten erscheinen. — Aus dieser Art des
Thrombenaufbaues, nicht aus den korpuskularen Elementen des Blutes,
sondern aus den Blutplättchen, folgt auch, dass die Bildung und Ver-
grösserung sich nicht in stagnirendem, sondern nur in strömendem Blute
vollzieht, da nur so es möglich ist, weiteres Material heranzusebaffen.
Uebrigens muss man hierbei auch die Art des Strömens in den Gefässen
berücksichtigen: die Blutkörperchen iliessen sämmtlich in der Axe der
Gefässe und sind von einer Zone Plasma umgeben, welche letztere die
Körperchen gleichsam schützt; stösst der Strom auf ein Hindemiss oder
verlangsamt er sich allmälig, dann vermögen die Blutplättchen sich an
der Gefässwand festzusetzen, und die Thrombenbildung ist im Gange.
7. April. Königliche Klinik.
von Wahl (Dorpat) spricht lieber Frakturen der Schädelbasis
unter Demonstration einer reichhaltigen prächtigen Sammlung. In Betraff
der Theorie über das Zustandekommen sei auf den Vortrag in den Volk-
mann’scben Heften No. 228 lieber Fraktur der Schädelbasis verwiesen.
Schlange (Berlin) zeigt Durchschnitte gefrorener Leichen
in der Medianlinie, vorzüglich geeignet zur Darstellung der durch
Prostata-Hypertrophie gesetzten anatomischen Veränderungen
an der Blase und Harnröhre. Bei der starken Verlängerung und fast
rechtwinkeligen Knickung der letzteren durch die Prostata- Geschwulst
warnt er vor Versuchen, die Blase derartiger Personen mit Metallkatbeter
zu entleeren, da hierdurch fast stets Verletzungen gesetzt werden müssten.
Hiergegen wendet sich energisch Koenig (Göttingen), welcher hervor-
bebt, dass er nach Roser’s Beispiel immer die dicksten silbernen
Katheter mit langem Schnabel und flacher Krümmung in solchen Fällen
gebrauche und für die zweckmässigsten halten müsse; gelegentliche
Schwierigkeiten der Einführung beseitige er durch Spaltung des orißc.
ext. urethr.; es sei ihm nur ein einziges Mal nicht geglückt, in die Blase
zu gelangen; es komme hinzu, dass man die Bougies nicht so exakt
reinigen könne, und ihm sei eine eventuelle kleine Verletzung lieber als
Sepsis. Seiner Auffassung scbliesst sich Küster (Berlin) durchaus an;
v. Bergmann spricht zu Gunsten des dicken elastischen Bougies, welches
sich ebenso gut desinfiziren lasse, wie Jedes Drainrohr. Socin (Basel)
betont, dass vor Allem nothwendig sei, in solchen Fällen einen recht
220
dicken Katheter anza wenden; hei dem Gebrauclie silberner Sonden ist
es durcbans erforderlich, den Kranken mit dem Becken hoch za lagern;
für gewöhnlich benutzt er weiche (No. 30 Charriere) Katheter, ebenso
wie Thier sch, welchen schon die Rücksicht aaf den Patienten hierzu
veranlasst
Waldeyer (Berlin) demonstrirt anatomische Präparate der
vorderen Blasenwand und des Beckenausganges.
Langenbuch (Berlin) batte ihm ein Operationsverfahren gezeigt,
durch das er die Blase unter der Symphyse erreichte, ohne eine Ver-
letzung der Gefässe zu machen. W. hat daraufhin das vorliegende In-
jektionspräparat angefertigt und empfiehlt die Methode zur Prüfung. —
Zur Vermeidung einer sehr bedenklichen Verletzung des plexus puden-
dalis u. der vena dors. penis räth W., auf diesen Theilen ein dünnes
Blatt der Fascie liegen zu lassen, welche in die fascia pelvis übergeht;
erforderlich sei es auch, sich strenge in der Medianlinie zu halten, da
der Plexus zu beiden Seiten der Blase liege.
Neuber (Kiel) übt die sectio alta seit etwa 6 Jahren in zwei
Zeiten und empfiehlt sein Verfahren zur Vermeidung von Urinfiltrationen
angelegentlichst. Er durcbtrennt durch 6 bis 8 cm langen Schnitt die
Baachdecke in der Medianlinie bis auf die vordere Blasenwand, durch
welche er Seidennähte legt, deren Enden er am Unterleibe befestigt; nach
b bis 8 Tagen wird der Wnndtampon entfernt und die mit den Fäden
angezogene Blasenwand bequem in der Mittellinie inzidirt. Nach Ent-
fernung des Steins etc. werden die Fäden zur Anlegung der Blasennaht
benutzt. — König (Göttingen) spricht zu Gunsten der llelferich’schen
Methode, welche er einmal, ebenso wie TTendelenbnrg, zur Heilung
einer Blasenscbeidenfistel versucht bat, Rosenbach zur Entfernung eines
grossen Steins. — Trendelenburg hält, ebenso wie v. Bergmann,
die gewöbnlirhe sectio alta für die einfachste und ungefährlichste Operation;
beide haben keine Misserfolge davon gesehen: Ersterer räth bei der
Operation die Ilochlagerung des Beckens an.
Stabsarzt Alberti (Potsdam) stellt einen von ihm durch Radikal-
operation geheilten Fall von Meningocele vor; v. Bergmann
(Berlin) zwei geheilte Fälle von Encephalocele. —
Stabsarzt Alb. Köhler (Berlin) eine Schussverletzung des n. opticus
zwischen foramen optic. und bulbus durch ein Revolvergeschoss; gleich-
zeitig berichtet er über einen entsprechenden Fall, wo die Spitze eines
Sonnenschirmes den Opticus verletzt batte; in beiden Fällen trat sofort
Blindheit ein; im ersteren folgte eine deutliche Sehnervenatrophie.
Sonnonburg (Berlin) berichtet unter Vorstellung des Kranken über
eine Patellarfrak tur, welche 1884 zuerst ligamentös geheilt, durch einen
erneuten Sturz wieder entstanden war. Der weite Abstand der Fragmente
gestattete nicht die einfache Naht; S. machte deshalb mit sehr gutem Er-
folge von dem v. Bergm ann’schen Rathe der Abmeisselung der Tube-
rositas tibiae Gebrauch; S. räth, von der Tuberositas nicht zu viel abzu-
meisseln, da sonst leicht störende Gelenkveränderungen entstehen könnten.
Küster (Berlin): Bei einem I8jäbrigen Gymnasiasten batte sich
ein Aneurysma trauroat. art. poplit. gebildet und zwar veranlasst
durch ein Oslcophyt an der hinteren Wand der Tibia, welches die Arterie
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dnrchgerieben hatte. Nach Exstirpation des verletzten Arterienstnckes
erfolgte glatte Heilung.
Rosenberger (Würzburg): Ueber eine eigenartige Erkrankung
des condylus intern, femoris.
Es bandelte sich um ein 26jähriges Mädchen, welches Anfang 1886
mit Schmerzen im Knie erkrankte; Jodpinselungen, auch Karbolinjectionen
blieben ohne Erfolg, die Schmerzen wurden excessiv, so dass Patientin
die anfänglich verweigerte Operation verlangte; diese wurde Dezember
1886 ansgeführt. Nach Inzision floss bernsteingelbe Flüssigkeit ab;
condyl. int. völlig geschwunden und durch weiche Massen ersetzt,
Knochen rauh, der Knorpelüberzug erhalten. Ausschabung der weichen
Massen, deren Untersuchung Riesen- und Spindelzellen ergab. Der
Heilungsverlauf war ein günstiger: jetzt, nach 17 Monaten, kann Patientin
recht gut gehen. — Esmarcb (Kiel) und v. Bergmann haben derartige
Affectionen gesehen; es hat sich wohl um ein relativ gutartiges centrales
Riesenzellensarkom gehandelt.
Köster (Berlin): Demonstration der Präparate hämorrhagischer
Sarkome von 38- bezw. Sbjährigen Männern mit eigenartigem Verlaufe.
Bernays (St. Louis) macht eine kurze Mittbeilung über .3 Fälle von
Kontinuitätsunterbindung der art. Vertebralis bei Epilepsie.
— Alexander machte auf Veranlassung von Jackson bei 21 Epi-
leptikern die Unterbindung der vertebralis und erzielte angeblich 3 Hei-
lungen, 9 Besserungen des Zustandes. H. operirte Kinder von 14 und
16 Jahren und ein Mädchen von 20 Jahren. Der angenblickliche Erfolg
war gut, jedoch traten alsbald die Anfälle wieder auf, und werde er jetzt
die schwierige und gefährliche (wegen der Venenplexus, etc. -Pleura)
Operation nicht wieder machen. Bemerkenswerth war, dass sofort nach
der Unterbindung der Puls enorm frequent, jedoch nach etwa 14 Tagen
wieder normal wurde.
Graser (Erlangen) empfiehlt für die Klumpfnssbehandlung das
Verfahren der Heincken'schen Klinik: kräftiges Redressement, Gyps-
rerband, keine Operation. Die guten Resultate entschädigen für die ge-
legentlich lange Dauer der Behandlung. Beely (Berlin) hält die lang-
dauernde Immobilisirung durch feste Verbände für gefährlich und gebraucht
deshalb Apparate — Demonstration orthopädischer Apparate, — welche
dem Kranken Bewegungen gestatten. — Petersen (Kiel) räth zur Vor-
sicht in der Prognose: er sah selbst dann noch Klumpfüsse rückfällig
werden, wenn inzwischen infolge der Behiindlnng ein Plattfuss sich aus-
gebildet hatte. — Hahn (Berlin) macht frühzeitig die Tcnotomie der
Achillessehne und gebraucht mit bestem Erfolge einfache Maschinen.
Zum Schlüsse spricht Walzberg (.Minden) über Dammbildung, dar-
auf Schluss des Kongresses.
Anm.: Die Rede v. Bergmann’s bei der Langenbeck-Feier
ist in vornehmer Ausstattung bei August Hirschwald, Berlin, er-
schienen; wir machen besonders auf die werthvollen den Text erläuternden
Anmerkungen anfnierksam.
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2-22
Der 7. Kongress für innere Medizin, welcher vom 9. bis 12. April
d. J. unter dem Vorsitz von Prof. Leube in Wiesbaden tagte, bot
in Referaten und Vorträgen so viel Wissenswerthes, dass es — bei
der Lnmöglicbkeit, Alles zu bringeo — schwer hält, eine Auswahl im
Sinne des Leserkreises dieser Zeitschrift zu treffen.
lieber dasThema„Die chronischen Herzmuskel -Erkrankungen
und ihre Behandlung“ hatten Oertel (.München) und Lichtheim
(Bern) das Referat übernommen, doch gestaltete sich letzteres mehr als
eine Darlegung bezw. Kritik der Verwendbarkeit des Gerte l'scben
diätetisch-mechanischen Heilverfahrens bei Herzkrankheiten
überhaupt. Nachdem Oertel einen Abriss seines bekannten Ver-
fahrens gegeben und dasselbe begründet hatte, sprach sich Lichtheim
dahin aus, dass dasselbe zwar in manchen Fällen — besonders bei Fett-
herz üppig lebender Menschen, auch zur symptomatischen Behandlung
der Oedeme — gut zu verwerthen, dass aber seine die Herzwand dehnende
Wirkung bei Degeneration der letzteren zu fürchten und die Anwendung
des ganzen Verfahrens stark einzuschränken sei. Für die Zulässigkeit
desselben gebe der Grad der vorhandenen Athemnoth einen gewissen
praktischen Anhalt. Allerdings sei der Werth des Verfahrens nicht
allein nach theoretischen Erwägungen, sondern auch auf Grund seiner
Resultate zu beurtheilen, doch wären letztere noch nicht in genügender
Zahl veröffentlicht und zum Theil nicht günstig. — Die arzneiliche
Behandlungder Herzmuskel-Erkrankungen, fand nur kurze Berücksichtigung ;
von den Konkurrenten der Digitalis wurden nur Coffein und Strophantns
als manchmal mit Vortheil verwendbar bezeichnet, Kalomel gegen den
Hydrops. Der Korreferent fasste seine Ansicht dahin zusammen, dass bei
der Behandlung der Herzkrankheiten der arzneilichen Methode nach
wie vor die erste Stelle einzuräumen sei. — Die in der Dis-
kussion laut werdenden Ansichten neigten der Lichtbeim’schen Auf-
fassung zu. Schott (Nauheim) gedachte der Bebandlungsweise mit
warmen Bädern, Gymnastik und lokaler Hitze-Applikation. Edlefsen
(Kiel) erinnerte an den Nutzen des Eisens, das er oft in Verbindung
mit Kampher verwendet.
lieber das Thema: „Der Weingeist als Heilmittel“ referirte
Binz (Bonn) vom physiologischen Standpunkte aus und wandte sich
gegen die in neuester Zeit laut gewordenen Stimmen, welche die Er-
scheinungen nach Alkohol-Gebrauch nicht als Zeichen einer Erregung
sondern einer Lähmung des Central- Nervensystems deuten. Die
Ergebnisse der Untersuchungen von Parkes, dass bei Gesunden nach
Zuführung von Alkohol die Pulszahl steigt und die Zusammenziehnngen
des Herzens rascher und energischer von statten gehen, konnte Binz
auch durch Versuche an Hunden erhalten, die er durch Vergiftung mit
Morphium und Blutentziehung in künstlichen Kollaps versetzt hatte.
Ausserdem fand er, dass die Luftmenge, welche die Lungen in bestimmter
Zeit passirte, nach Zuführung von Weingeist durchschnittlich um 6“/«
zunahm (nach Zunz sogar um 9 <*/o). Die Erscheinungen der rascheren
und energischeren Herzbewegungen würden sich allerdings auch lediglich
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aus der Erweiterang der arteriellen Bahnen erklären, doch sei kein
Beweis erbracht, dass der Alkohol nur eine derartige Wirkung auf die
Blutgefässe habe, abgesehen davon, dass schon ein rascheres Ourch-
strömen des Blutes durch die Gewebe als erregender Vorgang aufgefasst
werden müsste. Auch wird die Magenverdauung durch kleinere Gaben
Alkohol nicht ungünstig beeinflusst, wie die Versuche von Claude Bernard
an Hunden zeigen und wie wohl Jeder an sich selbst bei Magen-
verstimmungen erfahren hat. — Der Nähr- (Spar-) Werth des Wein-
geistes ist ' unbestreitbar. Nach den Versuchen von Binz werden von
dem eingeföhrten Alkohol beim Menschen etwa 3 "/o durch Nieren, Haut
und Lungen ausgesebieden, der Rest wird im Körper verbrannt. Du
nun nach anderen Versuchen die Sauerstoffaufnahme bei Zuführung von
Alkohol sich kaum ändert, so geht ^oraus hervor, dass der letztere für
andere Körperbestandtheile als Brennmaterial eingetreten ist. Auch ist
allgemein anerkannt, dass bei Weingeistaufnahme in müssiger Menge die
Zerfallsprodukte der Eiweisskörper im Urin siuken. Die Thatsache,
dass Alkohol ,die Körpertemperatur berabsetzt, scheint im Widerspruch
mit der Annahme zu stehen, dass er ein Nlihrmittel sei, doch findet
ersteres nnr nach grossen Gaben statt; andere lassen die Temperatur
unverändert. Referent schloss seine durch vorgezeigte Tabellen vielfach
unterstützten Ausführungen mit dem Ausspruch, dass der Alkohol stets
eine Wohlthat für die Kranken bleiben würde. — Ganz in dem-
selben Sinne behandelte der Korreferent v. Jaksch cGraz) die Heil-
wirkungen der verschiedenen zur Anwendung kommenden Formen des
Alkohols vom klinischen Standpunkte aus. Die erregenden Wirkungen
seien unbestreitbar bei drohendem oder eingelretenem Kollaps, doch sei
es nicht nöthig, ihn bei allen an akuten fieberhaften Krankheiten
Leidenden anzuwenden, auch sei er ein wichtiges Sparmittel für die
Körperbestandtheile. Bei gewissen Krankheiten, z. B. der Diphtherie, bei
Typhus und septischen Prozessen sei er besonders zu empfehlen. Die
Verdauung werde, — das Fehlen von erheblichen Magenläsionen voraus-
gesetzt — nicht ungünstig beeinflusst; bei manchen Formen von Nerven-
leiden sei die hypnotische Wirkung gut zu verwerthen. — In der auf
die Referate folgenden längeren Diskussion betonte Erb (Heidelberg),
dass man auch an die möglicherweise eintretenden üblen Nach-
wirkungen des Alkohols denken müsse, nervöse Verstimmung bei
zarten, nicht daran gewöhnten Kranken (Frauen, Kindern), Reizung der
krankhaft affizirten Organe bei der Ausscheidung, Gewöhnung an den
Alkohol-Genuss, Gewebsveränderungen (ähnlich wie bei Alkoholisten)
nach längerem medikamentösen Gebrauch, z. B. bei Phthise. Gegenüber
Merke (Nürnberg), welcher gefunden hat, dass jüngere Aerzte geneigt
sind, bei allen fiebernden Kranken ohne Auswahl Alkohol anzuwenden,
und die klinischen Lehrer dem zu steuern bittet, bemerkt Nothnagel
(Wien), dass wohl von allen Klinikern gelehrt werde, bei der Verordnung
von Alkohol zu individualisiren. v. Jürgensen (Tübingen) hat die von
Erb befürchteten Wirkungen des Alkohols bei verständiger Anwendung
nie gesehen, hält sie für unwahrscheinlich — zumul Genesene vielfach
Widerwillen gegen die vorher als Medikament genossenen schweren
Getränke äussern — und empfiehlt Anwendung des Alkohols schon in
früheren Stadien der Krankheit, um dem Kollaps vorziibeugen.
Löwenthal (Lausanne) spricht sich gegen den Gebrauch des Alkohols
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*
bei Neurasthenie aus, die dadurch nur verschlimmert werde. Rühle
(Bonn) erinnert an die Heilwirkungen desWeingeistes bei Herzkrankheiten,
besonders den entzündlichen Entartungen der Herzmuskulatur. —
lieber Verhütung und Behandlung der asiatischen
Cholera“ referirten A. Pfeiffer (Wiesbaden) und Catani (Neapel).
Ersterer behandelte die Maassregeln zur Verhütung der Krankheit und
theilte sie in solche, welche in ihrem Heimatbslande Indien selbst,
besonders auch in Bezug auf den Schiffsverkehr nach dem Anslande hin,
und in solche, welche im eigenen Lande vom Staat und vom Einzelnen
getroffen werden müssten. Nach kurzem historischen Rückblick bis zur
Koch 'sehen Entdeckung des Cholerabacillus und einer knapp gehaltenen
Darlegung der gegensätzlichen ätiologischen Auffassung der Cholera
seitens der Kontagionisten und Lokalisten brachte er vom Standpankt
der ersteren aus io seiner Ausführung eine Zusunimeusielluug der all-
genaein bekannten Maassregeln und Vorschriften, ohne neue Gesichts-
punkte zu eröffnen. — lieber die Behandlung der Cholera referirte
Catani (Neapel). Nach der Koch’schen Entdeckung ist anzunebmen,
dass die Gefahr der Krankheit von den Oholerabacillen her droht, welche
durch ihre Entwickelung im Darm letzteren reizen und Wasserverlusi
des Körpers und ßluteindickung herbeiführen und in manchen Fällen ein
spezifisches Gift, ein Ptomain erzeugen. Für letztere Annahme sprechen
die beobachteten rasch tödtlichen Fälle ohne vorhergegangenen Wasser-
verlust. Der Tod kann durch eine von beiden Ursachen oder auch
durch beide vereint verursacht werden. Das Heilverfahren muss alsti
bestrebt sein: 1) die Entwickelung der Bacillen im Darm zu hemmen,
2) den von ihnen (direkt oder indirekt) erzeugten Giftstoff unschädlich
zu machen, 3) die Blutcindickung und Wasserverarmung der Gewebe
zu beseitigen. Da die vom Munde aus beigebrachten Heilmittel bald
wieder entleert werden, griff Catani zur Euteroelyse. Eine Tannin-
lösung von 5 — 20g auf l'/i — 2 Liter Wasser von ca. 40° C. (meist mit
20 Tropfen Tinct. Opii) bringt er durch Eingiessung io den Mastdarm
mit Ueberwindung der Bauhin’schen Klappe bis io den Dünndarm.
Nachdem er die Beobachtung gemacht, dass in Italien die Arbeiter in
Lohgerbereien verschont blieben, in anderen Gerbereien aber von der
Krankheit befallen wurden, stellte er durch Versuche die den Parasiten
verderbliche Wirkung des Tannin fest. Bei seinem Verfahren ist ausser-
dem die adstringirende Eigenschaft des letzteren nützlich; der Darminhalt
wird leicht angesäuert und zum ungünstigen Nährboden gemacht, der
Körper durch die heisse Eingiessung erwärmt. Auch das zweite Ziel
der Behandlung, die Unschädlichmachung der Ptomaine, wird durch das
Verfahren mit Erfolg angestrebt. Spritzte Catani Hunden sterilisirle
Pepton -Fleischbrühe, welche unschädlich gemachte Cholerabacillen ent-
hielt, in die Bauchhöhle, so erkrankten sie unter Cholera-ähnlichen
Erscheinungen, blieben aber gesund, wenn ebensolche Flüssigkeit ein-
gespritzt wurde, die mit schwacher Tanninlösung versetzt war (ebenso
auch wenn sterilisirte Pepton-Fleischbrühe ohne Cholerabacillen benutzt
wurde). Zur Beseitigung des Wasserverlustes der Gevyebe empfiehlt er
die von ihm angewandte Hy podermocly se, Einführung grösserer
Mengen einer auf ca. 40° C. erhitzten Lösung von 3 Theilen Natrium
carbon., und 4 Theilen Natrium chlorat. auf KXK) Wasser. Geeignet als
Ort der Einführung (durch Irrigator) seien die Unterbanchgegend,
V,
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225
Scbeukel, Glotaeen, nur die Ualsj^egend sei zu meiden wegen oft eiii-
tretender Erstickungs* Zufälle. — Die Catani'schen Bebandlungsweison
(je nach dem Stadium der Krankheit wurden eine oder beide zugleich
angewendet) haben — allerdings erst in einigen hundert Fällen — '
ziemlich gute Resultate ergeben, von schwereren wurden 61 °/s geheilt,
39 ®/o starben.
Nach Schluss des io lliessendem Deutsch vorgetragenen mit sehr
lebhaftem Beifall aufgenommenen Referates verlas der Vorsitzende ein
Schreiben v. Pettenkofer’s, in welchem derselbe seine bekannte
Stellung zur Aetiologie der Cholera nochmals io kurzen Sätzen zu-
sammenfasste und eine Entgegnung auf den Koch’-Gaff ky’schen
Bericht der Cholerakommission in Aegypten durch die Presse in nahe
Aussicht stellte. — In der sich anschliessenden Diskussion warnten
Büchner (München) und später auch Hüppe (Wiesbaden) davor, den
Faktoren, welche ausser den Cbolerabacilleu zum Erzeugen der
Epidemie nötbig sind, zu wenig Gewicht beizulegen. — Verschiedene
aus den Bacillen gewonnene Ptomaine bezw. Toxine wurden vorgezeigt.
Liebreich (Berlin) hat durch sehr zahlreiche Versuche festgestellt,
dass viele der verschiedenartigsten organischen und anorganischen Sub-
stanzen, z. B. Salmiak, Napellin, Hydrochinon, Antipyrin, Terpentin,
Kamillenöl, sogar destillirtes Wasser, — Thieren unter die Haut
gespritzt eine oft Stunden lang anhaltende lokale Anästhesie der
Haut erzeugen, oft auch solche der Hornhaut bei lokaler Einwirkung.
Salmiakeinspritzung wurde beim Menschen naebgeprüft, sie erregte
starkes, anhaltendes Brennen bei Aufhebung der Empfindlichkeit
der Nervenenden. (Anaesthesia dolorosa.) Die Hoffnung, die
anästbesirende Wirkung des einen oder andern Mittels für therapeutische
Zwecke nutzbar zu machen, sei trotz des wenig ergiebigen Resultates
seiner Untersuchungen bezüglich Art der Wirkung, Zusammenhang der
einzelnen Stoffe n. s. w. nicht aufzugeben. — Ein Tbeil der Versuche
wurde an Kaninchen demonstrirt.
Leyden (Berlin) zeigteeine Dauerkanüle vor, welche nach Abreisseu
der Fäden 10 Monate lang in der durch Krebs verengten Speiseröhre
einer Frau gelegen hatte. Letztere starb an anderer Krankheit und
die Obduktion stellte fest, dass die Kanüle keinerlei üblen Einfluss auf
die Neubildung (Verschwärung u. dgl.) gehabt batte, letztere war sogar
nur wenig gewachsen. — ln der Diskussion betonte Leyden, dass die
Kanüle langsam, nach vorangegangener oft an mehreren Tagen wieder-
holter Einführung der Scblundsonde an ihren Ort gebracht werden
müsse; ein etwaiges Hinabfallen in den Magen habe nichts Bedenkliches.
— Jaworski (Krakau) hat (soweit den Worten des schwer verständ-
lichen Redners zu folgen möglich war), um die lästigen aus dem Mund
des Patienten hängenden Fäden zu vermeiden, die innere Kanülenwand
mit einer Furche versehen lassen, in welche nach Einfübren der Sonde
zwei sich spreizende Schenkel der letzteren eingreifen und so ein Heraus-
zieben der Kanüle ermöglichen.
Cornet (Berlin) stellte Untersuchungen über die Verbreitung der
Tuberkelbacillen in der Weise an, dass er mit einem sterilisirten
Schwamm den Staub von der W'and des Zimmers, der Möbel u. s. w.
in Räumen, wo Tuberkulöse sich aufgebalten hatten, an solchen Stellen
abwisebte, die mit den Sputis nicht direkt io Verbitidung gekommen sein
D- - i zed oy Google
226
konnten, (z. B. an der Ziminerdeuke). Der Suliwainniinb»lt wurde dann
unter entsprechenden Vorsichtsmaassregelii in sterilisirter Bouillon auf-
gelöst und Meerschweinchen in die Bauchhöhle eingespritzt. Zur Vor-
sicht — um anderweite Infektion auszuschliessen — wurden frische
Thiere gewählt, welche schon getödtet wurden, ehe noch die Erscheinungen
der Tuherknlose anderwärts als in der Bauchhöhle zu Tage getreten
.sein konnten. Er untersuchte so 21 Krankensäle in 7 Berliner Hospitälern,
15 davon lieferten ein Tuberkulose erzeugendes Material. Verwendet
wurden 94 Thiere, 52 davon starben unmittelbar bezw. sehr bald
nach der Injektion, von den übrigen 42 wurden 20 tuberkulös, 22 blieben
gesund. Auch bei der Untersuchung des Scbwarominhalts ans Brivat-
wohnungen von Schwindsüchtigen erzielte er 20 mal positiven Erfolg und
zwar fast stets dann, wenn die Kranken eingestanden, nicht nur in das
SpeigefäsB, sondern auch auf den Boden oder ins Taschentuch gespuckt
zu haben. Kontrollprüfungen, welche mit Staub aus chirurgischen
Krankensälen oder Zimmern Gesunder angestellt wurden, Hessen die
Versuchsthiere gesund. Im Ganzen hat Cornet (die Zahlen können
keinen Anspruch auf absolute Genauigkeit machen) .311 Thiere mit
Lösungen geimpft, welche Staub aus Aufentbaltsräumen Tuberkulöser
enthielten; von den Tbieren gingen 167 rasch an den Folgen des Ein-
griffs zu Grunde, von den übrigen 144 wurden 59 tuberkulös, 85 blieben
gesund. 75 Thiere wurden mit Staublösungen aus den Wohnurgen
Gesunder geimpft, alle, welche nicht an den unmittelbaren Folgen des
Eingriffs starben, blieben gesund. Staub von dem Arbeitstisch des Vor-
tragenden, wo er seit Jahren — aber unter entsprechenden Vorsichts-
maassregeln — mit Tuberkel-Bacillen enthaltendem Material sich
beschäftigt hat — Hess bei Versuchen damit die Thiere gesund. —
Cornet bat noch sehr zahlreiche Versuche angestellt, ob durch
Einführung von Medikamenten, wie Sublimat, Tannin, Menthol, Kreosot
u. 8. w., in den Thierkörper in grossen eben noch ertragenen Mengen
die thieriseben Gewebe sich zu ungünstigem Nährboden für die Tuberkel-
Bacillen machen Hessen, es ist dies jedoch nicht gelungen. Die Arbeit
des Vortragenden soll demnächst in einer wissenschaftlichen Zeitschrift
in ausführlicher Form veröflFentlicht werden.
Bnchner (München) sprach „über den experimentellen Nach -
weis der Aufnahme von Infektionserregern ans der Athem-
luft“. Er zerstäubte trocknen mit Milzbrandsporen vermischten Staub
und mit Milzbrandstäbchen gemengte Flüssigkeiten und Hess sie von Thieren
einatbroen. Er bediente sich dazu eines Sprays mit einer Vorlage, aus
der — um Durchnässung der Thiere zu verhüten — die letzteren nur
ein feiner Nebel durch ein Glasrohr erreichte. Ebenso wurden Versuche
mit den Infektionsträgern des Rotzes, der Hübnercholera, des Schweine-
rothlaufs, der Mäuseseptikämie angestellt und es wurden zugleich eine
Reihe von Thieren mit den Infcktionsstolfcn gefüttert Von 140 Meer-
schweinchen, Kaninchen, Mäusen, welche inbalirt hatten, waren 96 in
2 — 4 Tagen todt, von 79 gefütterten starben überhaupt 7. Bei der
Obduktion der durch Milzbrandsporen zu Grunde gegaegenen zeigten
sich die Longen äusserlicb unverändert, doch waren Milzbrandbacillen
in der Longe sowohl mikroskopisch als durch Kultur nachzuweisen und
zwar war 23 '/• Std. nach der Inhalation schon Ilineinwachsen der
Stäbchen in die Capillaren zu sehen. Die auf nassem Wege inhalirten
DiQlitzeu üy vjvjO^Il
227
Milzbrandstäbchen erzeugten entzündliche Veränderungen der Lungen
und wucherten lebhaft, riefen aber geringere Allgemeininfektion hervor,
80 dass also der Reizzustand der Lunge ihrem Durchtritt dnrch die
Blutgefässwand hinderlich zu sein schien. Zu letzterem erschienen
besonders die „Blutparasiten‘‘ (die sich im Blut vermehren) geeignet,
Typhus-, auch Tuberkel- und Cholera-Bacillen sind keine solche, daher
die Misserfolge Flügge’s bei Einspritzungen von Typhusbacillen in die
Ijuftröhre von Tbieren.
Dehio (Dorpat) schlägt behufs einer „physikalischen Dia-
gnostik der mechanischen Insuffizienz des Magens** vor, den
nüchternen Magen mit bestimmten Quantitäten Wasser nach und nach
anznfüllen (durch Trinken) und die allmälige Vergrösserung desselben
perkutorisch festzustellen. Die untere Dämpfungsgrenze des gesunden
•Magens erreicht nur selten die Nabelhöhe, bei Atonie der Magenwand,
muskulärer Insuffizienz, rückt die untere Dämpfungsgrenze sehr rasch
nach unten und reicht bald über den Nabel hinaus, bei wirklicher
(dauernder) Ektasie, wo auch der leere Magen wie ein schlaffer
Beutel herunter hängt, erscheint die durch das eingeführte Wasser ver-
ursachte Dämpfung sofort an der tiefsten Stelle. Das Verfahren sei
der Ausdehnung des Magens dnrch Kohlensäure-Entwickelung vorzuziehen,
da es eine differentielle Diagnose zwischen muskulärer Insuffizienz und
Ektasie ermögliche, während die Kohlensäure-Anwendung bei beiden
Krankbeitszuständen das gleiche Bild gebe.
Finkler (Bonn), davon ausgehend, dass ein noch genaueres Studium
der einzelnen Formen der Lungenentzü ndung nöthig sei, um über ihren
einheitlichen (^baraktec ins Klare zu kommeu, schildert eine Reihe von
ihm beobachteter Fälle von infektiöser Pneumonie, welche bei geringen
Luugenerscheinungen unter dem Bilde eines Abdominal-Typbus verliefen,
zum Theil nach 4 Wochen ohne weitere Komplikationen tndtlicb endeten
und bei der Obduktion keinerlei Darmerkrankung, aber die anatomischen
Zeichen einer kroupösen tbeils mehr frischen, theils abgelaufenen Pneu-
monie wabrnehmen Hessen. Von Mikrobien waren aus dem Lungen-
gewebe Staphylococcus aureus und ein Streptococcus erhältlich. Er-
krankung anderer Organe war nicht vorhanden.
A. Pfeiffer (Wiesbaden) zeigte üppig wachsende T ab er k el- Bacillen.
Kulturen, die in Blutserum mit Zusatz von 6 — 8 Tropfen sterilisirten
Glycerins gezüchtet waren. Die Erstarrung des Nährbodens wird durch
den Zusatz nicht gehindert.
Catani (Neapel) sprach über „Fortpflanzung des Wuthgiftes
längs der Nerven“. Er spritzte starkes (fixes) Virus der Tollwuth
z. B. in den linken Ischiadicus von Thieren; wurde das Rückenmark
durchschnitten, so erwies sich später dasselbe nur unterhalb der
Schnittstelle bei Weiterimpfungen (unter die Dura) infektiös, eigenthüm-
licber Weise auch der rechte (unverletzte) Ischiadicus, das Gift verbreitet
sich also anscheinend nicht nur in centripetaler, sondern auch in um-
gekehrter Richtung. Catani glaubt, dass sich das Wutbgift, welches
durch Biss eingeführt wurde, meist durch die Nervenbahnen nach
dem Gehirn verbreite, durch das Gefässsystem vielleicht nur in den
Fällen mit kurzer Inkubation. Catani hält sein Verfahren geeignet für
die physiologische Nachprüfung der Wirksamkeit der Pasteur’scheii
Schutzimpfung.
Digr
‘228
In der letzten, am 12. April abgehaltenen, Sitzung wurde ala Ort
für den nächsten Kongress wiederum Wi^baden gewählt, obwohl von
Seiten des Geschäfts -Komitees Berlin vorgeschlagen war. Da sich die
Zahl der Vorträge von Jahr zu Jahr steigert, ist in Aussicht genommen,
nur 2 Tage für die Referate zu bestimmen. Als Themata für letztere
waren vorgescblagen : von Curschmann (IlambDrg) „die Behandlung
des Ileus“. — „Angina pectoris“, von Nothnagel (Wien) „Pathologie
und Therapie der Gicht.“
Diederich (Wiesbaden).
Sanitätsbericht über die Deutschen Heere im Kriege gegen
Frankreich 1870/71. Hcrausgegeben von der Militär - Medizinal-
Abtheilung des Königlich Preussiseben Kriegsministeriums unter Mit-
wirkung der entsprechenden Königlich Bayerischen, Königlich Sächsischen
und Königlich Württembergiseben Behörden. Dritten Bandes spezieller
Theil, Erste Abtheilung, III. Chirurgischer Theil: A. Verwundungen
des Kopfes*) und Rumpfes. Mit 3 Lichtdrucktafeln und 3 Zeichnungen
im Text. Berlin, E. S. Mittler & Sohn. 1888.**)
(Schluss.)
Das fünfte Kapitel (S. 390— .557) ist den Verwundungen der
Brost gewidmet.
In ärztliche Behandlung gelangten insgesammt 9460 Deutsche mit
Wunden an Brost und Rücken (ansschl. Schulter), von denen 2035 —
21,5 ■’/o starben. Dieses Sterblicbkeitsverbältniss bleibt nicht unerheblich
hinter dem ans 6 grösseren Kriegen berechneten Durchschnitt von 25,7°/o
zurück, übertrifFt jedoch das im Amerikanischen Kriege ermittelte um
ein Weniges. Der Bericht erinnert hier und an anderen Stellen an die
Ausführungen im II. Bande, woselbst dargelegt ist, dass eine verbesserte
erste Hülfe die Sterblichkeit in den Lazarethen nothwendig scheinbar
vermehren muss.
In den dem ersten Abschnitte eingefügten statistischen Uebersichten
sind 6434 Brustwunden mit 1778 Todesfällen und 3789 Scbulterwunden
mit 1291 Todesfällen (zusammen also 10 223 Verwundungen mit
2069 Todesfällen) mannigfach groppirt.
Die den 'folgenden Abschnitten ein verleibte Kasuistik bildet eine
nicht leicht zu erschöpfende Fundgrube für alle einschlägigen Verhält-
nisse. Systematisch behandelt die unserer Meinung nach zu den ge-
lungensten Theilen des Berichtes gehörige Bearbeitung der Brustver-
wuvdungen in Abschnitt 2 die Quetschungen und Erschütterungen ohne
äussere Wunden bezw. die Verletzungen der Weichtheile ohne Eröffnung
der Brusthöhle, — in Abschnitt 3 die Verletzungen des knöchernen (^>
rüstes ohne Eröffnnng der Brusthöhle, im 4. die durchbohrenden Brust-
*) Vergl. hierzu eins Referat über die Verwundungen der .\ugeii im
laufenden Jahrgang dieser Zeitschrift 8. 131 ff.
**) cf. A.-V.-Bl. No. 3, Berlin 14. •>. 88, J. N. 1398/88. .M. A. (Aintl. Bei-
blatt S. 23).
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«nnden ohne and mit Verletzung des knöchernen Gerüstes. Jeder dieser
Abschnitte, insbesondere jedoch der .3. und 4., erscheint gleich bedeutend
dnreh das grossartige Quellenmaterial , wie durch die einsichtsvolle
tiearbeitung. Auf mehr als 450 Einzelbeobachtongen vermag sich allein
die Besprechung der durchbohrenden ßrnstwunden zu stützen; nicht wenige
dieser Fälle konnten durch eine lange Reihe von Jahren verfolgt werden ;
bäofig war es angängig, das Ergebniss genauer Autopsien zu berück-
sichtigen! — Als Unterlage und Beweismaterial für die in den Ab-
schnitten 2 und 3 gezogenen Schlüsse dienen 163 Krankengeschichten!
Von besonderem militärärztlichen Interesse erscheinen die Erörterungen
über die Kontnsionspneumonie, welche seitens der Feldärzte nur bei-
läufige Erwähnung gefunden bat, „inöglichervveise deswegen, weil sie
in allen wesentlichen Tbeilen mit der genuinen Lungenentzündung über-
einstimmt“, oder aber „weil die Feldärzte einen unmittelbaren Zusammen-
hang zwischen der mechanischen Verletzung und der Longenerkrankung
Dicht anerkannten“. Nimmt man die Entstehnng durch Quetschung an,
so beläuft sich die Häufigkeit der sekundären Lungenentzündung bei
491 (!) Brustkorbersebütternngen ohne äussere Wunde auf 1,8 ° o.
Gleich im Anschlüsse hieran sei erwähnt, dass in einem Anhänge
zu dem in Rede stehenden Kapitel der Frage des Zusammenhanges
zwischen Tuberkulose und Brnstwonden, d. i. der Frage, inwieweit durch-
bohrende und nicht durchbohrende Brostwunden eine Disposition zur
Erkrankung an Tuberkulose zu schaffen vermögen, vorsichtig näher ge-
treten wird. Mit Recht ist hervorgehoben, dass zur Klärung dieser An-
Itelegenheit eine „genaue Kenntniss von der Herkunft und dem Vorleben des
Kranken, von dem Zustande der Lungen unmittelbar vor der Verwundung,
desgleichen von der Beschäftigung, dem Lebenswandel, den gesundheits-
schädigenden Einflüssen nach derselben unentbehrlich“ ist. Das Kriegs-
material lässt trotz seiner Massenhaftigkeit in dieser Beziehung vielfach
im Stich, und selbst von einer umfassenden Invaliden-Statistik kann wohl
Auskunft darüber erwartet werden, wie oft auf Brustverletzungen
schliesslich Tuberkulose gefolgt ist, aber höchstens beschränkter
Aufschluss über den inneren Zusanimenbang zwischen beiden Vorgängen.
Die spärlichen Angaben (17) über Tuberkulose in den 384 mitgetbeilten
Krankengeschichten Solcher, welche nicht der Brustwnnde erlegen sind,
der fast gänzliche Mangel anderer sicherer Nachrichten über traumatische
Pbthisis nach Verletzungen der Brust durch Kriegs Waffen, die ausdrück-
liche Angabe im Amerikanischen Bericht, dass keine Krankengeschichte
und kein Sektionsbefnnd aus dem Rebellionskriege eine Beziehung zwischen
Verwundungen der Brust und wahrer tuberkulöser Schwindsucht erkennen
lasse, gestatten übrigens immerhin den Schluss, dass Verwundungen der
Lunge viel seltener eine tuberkulöse Disposition hervorrofen, als vielfach
angenommen werden mag.
Gleichzeitige Verletzungen des knöchernen Gerüstes des Brustkorbes
haben bei durchbohrenden Brnstwonden die Vorhersage nur wenig ver-
schlechtert. Auf 290 sichere derartige Beobachtungen entfielen 165 —
56,9'’/i> Todesfälle, auf 1135 durchbohrende Brnstwunden ohne Knochen-
betheiligong 598 =52,7%. Die Kleinheit des Chassepotgeschosses, welches
leicht zwischen den Rippen dorchschlüpfte, erklärt die verhältnissmässig
kleine Zahl der mit Knochenverletzung komplizirten Wunden der in Rede
stehenden Art.
ln Betreff der Herz wunden, Verwundungen beider Longen, des
230
Langeo Vorfalls, des Ilaotemphysenis bei Brustwundeii und anderer be-
gleitender Umstände muss wiederum auf das Original verwiesen werden.
Operationen nach ßrustwunden sind entsprechend der damaligen
Anschauung über die Gefährlichkeit der Eröffnung der Brusthöhle nur
selten gemacht worden: abgesehen von 14 Unterbindungen grosser Ge-
fässstämme mit 11 Todesfällen konnten nur 4ü Berichte über Thoraco-
centesen zusammengustellt werden, von denen 22 einen günstigen Verlauf
nahmen.
In gleich würdiger Weise stellt sich das 6. Kapitel, Verwundungen
des Unterleibs (S. 558 — 652), dar, welches statistisch über 5743 Fälle
mit 1475 Todten berichtet.
Mehr als die leichte Zugänglichkeit der Baueborgane für die von
Aussen kommenden Gewalten prägen 3 anatomische Eigentbümlicbkeiten :
der ausserordentliche Gefässreichthum, der ungewöhnliche Nervenreich-
tbum, endlich der Charakter des Bauchfells, den Verletzungen der Bauch-
höhle den Stempel besonderer Gefährlichkeit auf. Hinzu kommt, dass
der flüssige Darminhalt als eine mehr oder weniger in Zersetzung und
Fäulniss begriffene Masse anzuseben ist, in welcher Ptomaine (Briegcr)
von starker und rascher Giftwirkung reichlich enthalten sind. Diese
letzteren Verhältnisse finden durch die Kriegsbeobaebtungen rein zahlen-
mässig eine gute Beleuchtung, indem 57,2 sämmtlicber Todesfälle an
durchbohrenden Unterleibswunden auf die ersten 3 Tage nach der Ver-
wundung entfallen! — Mit Recht warnt der Bericht aus diesem Grunde
davor, allzu weitgehende Hoffnungen bezüglich der künftigen Behandlung
von Unterleibswunden an die antiseptiseben Methoden zu knüpfen.
Als günstiger Umstand wirkt allerdings die grosse Plastizität des
Bauchfells, welcher die im 3. Abschnitte über durchbohrende Unterleiba-
wunden aufgefübrten überraschend zahlreichen Heilungen von Darm-
sebüesen (26 unter 59 sicheren, ausführlicher mitgetheilten Beobachtungen)
zuzuschreiben sind.
Die eben erwähnte Kasuistik der Darmsebüsse und deren Besprechung
darf vielleicht als der Glanzpunkt des Kapitels bezeichnet werden. Auch
jeder andere Unterabschnitt aber ist reich an neuen, werthvolleu
Mittbeilungen. So werden unter den Verwundungen der Harnblase allein
15 Kraukengeschiebten zum ersten Mal veröffentlicht, welche also auch
in der seiner Zeit von Bartels veranstalteten Zusammenstellung fehlen.
Die schon bekannte Krankengeschichte eines derartig Verwundeten, bei
welchem Wilms 1879 die blumenkoblartig mit Harnsalzen bedeckte
Chassepotkugel entfernte, ist durch Zusätze und Abbildungen des Fremd-
körpers bereichert. Von reinen Bauch feil wunden (ohne Verletzung
anderer innerer Organe) werden verhältnissmässig zahlreiche Beispiele
beigebracht.
Das Haupteintheilungsprinzip ist von der Verletzung des Bauchfells
hergenommen. Unter den Unterleibswunden ohne Eröffnung des Banch-
fellsacks (2. Absehnitt) werden die blossen Quetschungen und Weichtheil-
wunden, die Verletzungen der Geschlechtstheile, der Beckenknocheii
und der ausserhalb des ßauchfellsacks gelegenen Organe besprochen;
unter den mit Eröffnung des Bauchfellsacks einhergegangenen (durch-
bohrenden) Unterleibswunden (3. Abschnitt) die reinen Baucbfellwundeii
und die Verletzungen der innerhalb des Bauchfellsacks gelsgenen Organe.
Verletzungen mit gleichzeitiger Eröffnung der Brust- und Bauch-
höhle (4. Abschnitt) kamen 66 Mal zur Beobachtung mit 75,7 «/o Todes-
DiQÜucou uy vjn>U^lt
231
filleo. Ueber 27 Verwundete liegen genauere Nachricbten vor, von
denen 5, ein gewiss erfreuliches Ergebniss, geheilt wurden; es befinden
sich unter denselben 2 mal Verletzungen der Leber, 1 mal des Dickdarms.
2 mal anscheinend nur des Bauchfells. Einer von den Geheilten erlag
nach etwa 7>/i Jahren der Darmeinklemmung durch den zurückgebliebenen
Zwerchfellspalt, ein bemerkenswerthes Beispiel für die von Pirogoff
angegebene Art des Heilnngsvorganges bei Zwercbfellwuoden.
Im Anhang zum 6. Kapitel werden die widerspruchsvollen An-
sichten neuerer Chirurgen über die operative und nicbtoperative
Behandlung der durchbohrenden Unterleibswnnden, insbesondere der
Darmschnsswunden ohne Darmvorfall, nebeueinandergestellt. Aus den im
Vorangegangenen mitgetheilten Krankengeschichten wird der Schluss
gezogeu, dass bis auf Weiteres im Felde bei derartigen Verwundungen
im Allgemeinen eine zuwartende antise Pt ische Behandlungs-
methode mit Darreichung grosser Dosen von Opium in Ver-
bindung mit fast völliger Nahrungsentziehung, subkutanen Morpbinm-
Einspritzungen und geeigneter Lagerung die empfehlenswertheste sei.
Erwähnung verdient schliesslich, dass das bereits in den zuletzt
erschienenen Bänden des Kriegs-Sanitätsberichtes stufenweise zu Tage
getretene Bestreben, anch die deutsche medizinische Sprache von der
Belastung mit entbehrlichen, lediglich auf Gewohnheit und Bequemlichkeit
zurückzuführenden Fremdwörtern zu befreien, in dem vorliegenden
III. Bande einen sehr vollständigen Sieg über alle theils wirklich, theils
scheinbar entgegenstehenden Schwierigkeiten davon getragen bat. Die
angenehme Empfindung, welche sich des Lesers dieses Bandes bemächtigt,
beruht nicht zum kleinsten Theil auf der entschiedenen, gleichwohl jede
Gewaltsamkeit weislich vermeidenden Sprachreinigung. Bei dem immer
weitere Kreise ergreifenden Gefühl für die Ausdrucksfähigkeit der,
deutschen Sprache, ihre Würde und Schönheit, darf gehofift werden,
dass das in grossem Stil gegebene Beispiel nicht ohne Folgen für die
medizinische Ausdrucksweise bleiben und wesentlich dazu beitragen wird,
dass bald auch manches heut noch unvermeidlich erscheinende, im
Bericht daher zunächst wohl mit Absicht beibehaltene Fremdwort ver-
schwindet.
Desselben Werkes fünfter Band. III. C. Kasuistik der im Kriege
gegen Frankreich 1870/71 nach Verwundung durch Kriegswaffen auf
Verbandplätzen oder in Lazaretheu der Deutschen Heere ausgeführten
grösseren Operationen in tabellarischer Anordnung. Berlin, E. S. Mittler
und Sohn. 18.84.
Der Inhalt des fünften Bandes des Gesammtwerkes wird durch den
Titel in aller wünsebenswertben Vollständigkeit ausgesprochen. Hinzu-
zafügen bleibt nur, dass — wie im Vorwort bemerkt wird — auch die
Wenigen Aufnahme gefunden haben, welche nach Operation durch
Französische Aerzte in Deutschen Lazaretben verpflegt worden sind.
Diese gewaltige Kasuistik umfasst alle diejenigen grösseren Operationen
au Deutschen und Franzosen, über welche die Feldzugs- Akten ein-
gehendere Berichte oder doch mindestens die zur Feststellung der
Persönlichkeit des Operirten unerlässlichen Angaben enthalten. Ent-
sprechend den im ganzen Bericht maassgebend gebliebenen Grundsätzen
Digi‘'
232
sind MittheiluDgen , welche der letzteren Forderung nicht genügen,
unberücksichtigt geblieben.
In Folge des Umstandes, dass in den Berichten der Feldärzte ebenso
wie in der gedruckten Litteratur die Personen-Vermerke häufig fehlen,
mussten viele an sich wertbvolle Beschreibungen und Sektionsberiebte
unbenutzt gelassen werden, weil trotz aller darauf verwandten Mühe es
nicht mehr gelang, mit Sicherheit festzustcllen, auf welchen der Operirten
sie sich beziehen. Häufig konnte aus diesem Grunde in dem vorliegenden
Bande neben dem Namen, der Art und dem Tage der Verletzung nnr
etwa noch die Art und der Tag der Operation, sowie der Ausgang
vermerkt werden.
Im Interesse einer der Wahrheit möglichst nahe kommenden
Statistik kann dem eingescblagenen Verfahren nur voll zngestimint
werden. Allerdings bleibt dabei die Möglichkeit bestehen, dass auch die
blosse Zahl der Operirten sich vielleicht um ein Geringes kleiner dar-
stellt als der Wirklichkeit entspricht, obwohl die namentlichen Listen
der Operirten, welche vorschriftsgemäss den Monatsberichten der
Lazaretbe beizufügeo waren, eine annähernde Vollständigkeit hinsichtlich
der grösseren Eingriffe gewährleisten; andererseits ist auf dem gewählten
Wege — und nur auf diesem — jede Doppelzählung mit Sicherheit
auszuschliessen. Für Kriegs- und Friedens-Berichterstattungen, desgleichen
für litterarische V'eröffentlichnngen aber erwächst daraus eine dringliche
Mahnung, jeden Verwundeten oder Kranken auch bei scheinbar minder
wichtigem Anlass grundsätzlich stets so genau zu bezeichnen, dass
derselbe für künftige Zusammeostcllnngen deutlich erkennbar und unter-
scheidbar wird.*) Es erscheint dies ebenso sehr als eine Pflicht gegen-
über der Wissenschaft als eine gebotene Rücksicht gegenüber Denjenigen,
welche sich der Zusammenfassung von Einzelarbeiten unterziehen.
Welcher unendliche, verdriessliche und schliesslich oft erfolglose Auf-
wand von Zeit und Mühe dazu gehört, um nach längerer Zeit das
anfangs so bctniem sich darbietende, zur Vermeidung von Doppelrecbnungen
unerlässlich Nothwendige zu ermitteln, wird Jeder bestätigen, der auch
nur auf einem beschränkten Gebiete einmal unternommen hat. zerstreute
kasuistische Mittheilungen zu einem Ganzen zu vereinigen.
Die im vorliegenden Bande mitgetheilten Operationen sind: dio
Gliedabsetzungen, die Gelenk- Aussägungen, die Aussägungen im Verlaufo
der OTOSsen Röhrenknochen, die Kiefer-Aussägungen, die Trepanationen
der Bcbädelknochen, einige andere Eingriffe an Knochen und Gelenken,
die Unterbindungen grösserer Schlagadern, die Transfusionen, die Nerven-
Ausschneidungen, die plastischen Operationen am Gesicht, die Eröffnungen
der Luftwege, die Eröffnungen des Brustfellraums, die Operationen am
Bauch, an den Geschlechtstheilen, endlich diejenigen an den Augen und
Augenlidern.
*) Der vollen Namensnennung, welche den .Sanitätsoffizieren hei privaten
Veröffentlichungen amtlichen Materials aus naheliegenden Gründen untersagt ist,
bedarf es dazu oflenhar nicht. Die AnfaiigBhuehataben des Vor- und Zunamens
werden in Verbindung mit anderen Angaben (Truppentheil , Charge, Dalum und
Art der Verwundung oder Krkrankung u. s. w.) ausnahmslos zur Krreiehung des
oben angedeuteten Zweckes genügen. Ein Itlii'k in medizinische Zeitschriften aber
lehrt, wie häufig jede derartige Bezeichnung der Person mangelt, welche ,dcr
Kall“ betrifft.
V,
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Zar weiteren Andeutung der Fülle des Gebotenen diene noch die
Angabe, dass der (allerdings weitaus umfangreichste) Abschnitt, welcher
sich auf Amputationen am Oberschenkel bezieht, abgesehen von einigen
Nachträgen nicht weniger als 1436 Beobachtungen (1076 Deutsche,
360 in Dentschen Sanitälsanstalten behandelte Franzosen) umfasst.
Die Krankengeschichten sind innerhalb jedes dieser Hauptabschnitte
zunächst nach Deutschen nnd Franzosen gesondert; in jeder dieser Unter-
abtheilnngen weiterhin nach Geheilten nnd Gestorbenen, endlich in jeder
der letzteren Groppen alphabetisch nach dem Zunamen des Verwundeten.
Von allen oben erwähnten Operationen haben bisher nur die Ge-
lenk-Aussägungen durch die bekannten Veröffentlichungen von Ernesti,
Dominik, v. Scheven, Deininger, Heinzei, Grossheim in früheren
Jahrgängen dieser Zeitschrift, schliesslich durch das verdienstvolle Werk
von Gurlt eine Zusammenfassung erfahren. Auch letzteres ist in einer,
dem Gesammtplane des vorliegenden Bandes entsprechenden Weise be-
nutzt worden; eine mässige Zahl von Gelenk-Aossägnngen (meist tüdtlich
verlaufene F'älle), welche selbst bei Gurlt noch fehlen, ist besonders
kenntlich gemacht.
Ans dem Titel geht hervor, dass der erst jetzt ansgegebene fünfte
Band schon im Jahre 1884 seinen Abschluss und seine Druckherstellung
erfahren hat Der Grund für die geübte Zurückhaltung darf wohl mit
Recht darin gesucht werden, dass dieser Theil des Berichtes ausschliess-
lich Material enthält, dessen statistische Verwerthuog nnd sonstige
Erläuterung dem lil. Bande Vorbehalten geblieben ist Im Vorwort zu
der vorliegenden Kasuistik 6ndet sich ein ausdrücklicher Hinweis auf
eine „Statistik der grösseren Operationen“ im III. Bande, welche
vermuthlich in dem noch ausstehenden „Allgemeinen Theil“ des
letzteren erwartet werden darf. Erläuterungen zu den Operationen an
Brost, Bauch und an den Augen &ndcn sich bereits in den betreffenden
Kapiteln der soeben erschienenen, oben besprochenen ersten Abtheilung
des Speziellen Tbeils des III. Bandes (Verwundungen des Kopfes und
Rumpfes).
Der hier in Rede stehende fünfte Band gewährt mehr als andere
einen Einblick in die Werkstatt der verdienstvollen Verfasser des
Gesammtwerkes und lässt die trockene Mühe ungefähr ermessen, welche
aolgewandt werden muss, bevor der Leser durch die geistvolle und
gefmlige Darstellung, au welche der Text des Berichtes uns gewöhnt
hat, zugleich belehrt und gefesselt werden kann.
Red.
Dr. A. Koehler, Stabsarzt. Bericht über die chirurgische Klinik
des Geh. Rath Bardeleben pro 188.5. Separat-Abdrnck aus den
Charite-Annalen, XII. Jahrgang. Berlin 1887. 144 Seiten.
Der an werth vollen Beobachtungen reiche, mit grossem Fleisse und
besonders daukenswerther Benutzung nnd Angabe der einschlägigen
Litteratur gearbeitete Bericht bespricht in der Einleitung die auf der
Bardeleben’schen Klinik zur Zeit gchandhabte Methode der anti-
septischen Wundbehandlung und führt die Resultate an, welche die mit
einigen neueren Antisepticis (Chinojodin, Jodol) im Berichtsjahre an-
234
gustellteu Vereuche ergeben haben. — In dem darauf folgenden Abschnitte
Verbrennungen und Anätzungen werden 3 dnreb (zu konzentrirte)
Karbollösung (ohne Rezept) entstandene Anätzungen in ihrem Verlaufe und
Ausgange beschrieben (in einem Falle [7.5 jähriger] Lisfranc'sche Ex-
artikulation, Tod). Mit bestem Erfolge wurde bei Verbrennungen von der
Uebergiessung mit 2 prozentiger Arg. nitr.- Lösung und nachfolgender Watte-
ein wickelung Gebrauch gemacht. LeichtereBrfrierungen wurden nachvor-
ansgegangener Reinigung mit Sublimatlösung durch Aufstreichen von Frost-
collodiura (Ol. Ricini 1, Res. Tcrebinth. .5, Collod. 100) in 8—14 Tagen
zur Heilung gebracht. — Alle anderen chirurgischen Krankheiten und
Verletzungen werden regionär (in 9 Abschnitten) abgehandelt. Unter
den Kopfverletzungen interessirt insbesondere ein genau mitgetbeilter
Fall von Komminutiv-Fraktur der Schädelbasis wegen der während des
kurzen Krankheitsverlaufes — Tod in 4 Tugen — beobachteten nn-
koordinirten Augenbewegungen und des ophthalmoskopischen Befundes
(keine Stauungspapille trotz Meningitis an der Basis, im Gegentheil
Anämie). Ebenfalls wegen seines ophthalmoskopischen Befundes (an-
fangs normal, nach 3 Wochen Atrophie) bemerkenswerth ist eine Ver-
letzung des Sehnerven (Stoss mit der Spitze eines Sonnenschirms in die
rechte Orbita). Die genaue Beschreibung siehe diese Zeitschrift 1886;
Koehler, über Augenverletzungen bei Kopfverletzten. — Bei den (Je-
schwülsten des Halses wird die auf extralaryngealem Wege bei herab-
hängendem Kopfe erfolgreich ausgeführte Exstirpation eines fibrösen
Kehlkopfpolypen beschrieben. Von 7 totalen Kropfexstirpationen endeten
3 letal (2 mal starke Veränderungen an der Luftröhre, Pneumonie, 1 mal
Str. sarcomat. mit Metastasen).
Die Besprechung eines anfänglich durch Unterbindung geheilten,
schliesslich aber doch noch tödlich geendeten Falles von Aneurysm.
trnnc. anonym, veranlasst Verf. darauf hiozuweisen, dass die Lumina der
mit Katgut unterbundenen Gefässe vollständig wieder bergestellt waren.
— Der Abschnitt JV (Wirbelsäule) führt auf: 3 Kontusionen (nur bei
ruhiger Rückenlage keine Schmerzen, keine Sensibilitätsstörung, Urin-
und Stnhlentleerung normal, Beine können von der Unterlage abgehoben
werden), eine luxat. vertebr. cerv. IV. und V. (Tod in 14 Tagen, be-
merkenswerth sind die Temperaturschwankungen: bei der Aufnahme 34,3
(im Rektum!), l'A Tage später 40,0, dabei kein einleitender Frost, kein
Hitzegefübl, keine Pulsbeschleunignng), eine fractura vertebr. dors. IV
(tödtlicb), eine^ Scbussverletzung am Halse, bei welcher die Kugel von
der Seite her an Gefässen und Nerven vorbei in einen Wirbelkörper ein-
itedrungen zu sein schien, keine Symptome einer Rückenmarksverletzung
Heilung nach 4'/j Monaten. — Abschnitt V (Brust und Rücken) berichtet
von einer Kontusions-Pneumonie, einem Ilaemopneumothorax ohne nach-
weisbare Rippenfraktur. 3 Scbussverletzungen der Brust verliefen ohne
Suchen und Sundiren — auf Kosten der Verletzten zur event. Vervollstän-
digung der Diagnose — fast reaktionslus. Unter den subpektoralen Abszessen
ist einer seiner Aetiologie wegen (Lymphangitis in Folge Hundebisses in die
rechte Hand) von Interesse. Von 2 Empyemen heilte eins spontan nach
Entleerung des Eiters durch Husten. Geschwülste kamen 22 mal zur
Behandlung: unter 4 gutartigen 1 Echinokokkus unter dem pektoral. major;
von 17 Karzinomen der Mamma wurden 10 operirt (bei den zum ersten
Mal Operirten immer Freilegung und Ausräumung der Achselhöhle). —
Bei der in der letzten Zeit wieder lebhafter gewordenen Diskussion über
,^lc
235
Bebsndluug des Ileus und der diffusen akuten Peritonitis ist von den ver-
schiedensten Seiten die Schwierigkeit der Diagnose sowohl wie des Ent-
scheides darüber, ob operativ vorzugehen sei oder nicht, betont worden.
Abschnitt VI (Unterleib) bringt einige Fälle, welche dies Beides sowohl
als auch die ganz besonderen Schwierigkeiten ins rechte Licht setzen,
mit denen die Antiseptik bei der Behandlung der akuten diffussen jauchig-
eitrigen Bauchfellentzündung zu kämpfen hat. — Von den zur Heilung
gebrachten Striktnren erforderte eine mit Phlegmone koroplizirte gleich-
zeitig die Uretbrotomia int. und ext. — Ungewöhnlich war bei einem
F'all von umfangreichem Blasenkrebs die erst 4 Wochen vor der Auf-
nahme bemerkte Hämaturie sowie die Besserung, welche nach der
Urethrot. ext. mit stumpfer Erweiterung des Blasenhalses eintrat. — In
Abschnitt VII (Becken- und Lumbalgegend) wird als von besonderem
Interesse hervorgehoben ein Fall von Verletzung der ven, femoral. comm.
bei der Drüseuexstirpation. Doppelte Unterbindung und Durebsebneidung,
Heilung in 4 Monaten. — Aus der reichen F'ölle kasuistischen Materials,
weiches bei VIII. und IX. (Extremitäten) znsammengetragen ist, kann
nur Weniges beransgegriffen werden. In 2 Fällen von Durebsebneidung
der Extensorensebnen am Handrücken wurde mit bestem Erfolge die
Sehneunaht gemacht, in einem dritten wurden die durchschnittenen dehnen
des flex. sublim, und zugleich der durchschnittene n. median, mit Wieder-
herstellung der Funktion durch die Naht vereinigt. — Ein mit Eröffnung
des Gelenks komplizirter rechtsseitiger Olekranonbroch heilte nach Re-
sektion des Olekranon reaktionslos unter Tamponade und nachberigem
einfachen antiseptischen Verbände. Nach 2‘/r Monaten vollständig brauch-
bares Gelenk. — Ausserordentlich günstig ist das Resultat der 5 wegen
fnngöser Entzündung ausgeführten Ellenbogenresektionen: 4 Heilungen
mit guter Gebrauebsfäbigkeit. — Nur in einem F'alle von traumatischem
Haemarthos (unter 38 Kontusionen) musste das Kniegelenk eröffnet und
ansgespült werden. — Die fraetnra patellae erforderte nur 1 mal die Er-
öffnung des Gelenks und die Knochennaht, sonst gelang es immer durch
Heftpflasterkompression den Bluterguss zum Schwinden, die Fragmente
aneinander zu bringen, ln einem F'alle wurde ein gefensterter Gyps-
verband angelegt, und, während die Fragmente aneinander gehalten
worden, wurde das F'enster mit Gyps ausgegossen und so das Ans-
einanderweichen der Bruchstücke verhindert. — Ein Ilygrom der bursa
praepatell. wurde durch Exstirpation des verdickten Sackes zur Heilung
gebracht. — Von 4 tuberknlösen Kniegelenkserkrankungen des Kindes-
alters heilte eine durch Inzision und Ausspülung in l’/,, 3 nach Resektion
in 4 — 12 Monaten (mit Ankylose und brauchbarem Bein). In einem
Fall von tnmor alb. mit Osteomyelitis femoris führte Resektion mit Aus-
räamnng der Markböhle des Femur in ihrer ganzen Länge (33 cm)
mittelst scharfen Löffels zur Heilung. Gegenüber anderen Beobachtungen
kam es bei keiner der wegen tuberkulöser Lokalerkrankung ausgeführten
Operationen zu einer Generalisation der Tuberkulose durch Inokulation
der Wunde. — Die bei Kindern ausgefübrte Hüftgelenksresektion (G) batte
ein sehr günstiges Resultat: 5 Heilungen. — Bei genu valgum wurde
1 mal am Oberschenkel, 1 mal am Unterschenkel die keilförmige Exzision,
in 2 Fällen die Ogston’sche Operation gemacht; letztere ergab gute
Beweglichkeit und Stellung des Beins, während in Fall 1 geringe Beweg-
lichkeit, aber gute Stellung erreicht wurde. — In Chloroform - Narkose
Ci • ! zed ?y Google
236
ereigneten sich 2 Todesfälle (der eine betraf ein dekrepides Indindnom,
der andere einen Potator).
Interesse bieten noch die beiden am Schluss detaillirt beschriebenen
Fälle von Actinomycosis, von denen einer tödtlich ablief, der andere
zur Heilung kam. — G. —
Beiträge zur Beurtheilung des Nutzens der Scbntzpocken-
impfung nebst Mittbeilnngen über Maassregeln zur Beschaffung un-
tadeliger TbierWmphe. Bearbeitet im Kaiserlichen Oesundheitsamte.
Mit 6 Tafeln. Berlin, Verlag von Julius Springer, 1888. 4. 192 S.
Die vorliegende Denkschrift ist hervorgernfen dnreh einen Beschloss
der Petitionskommission des Deutschen Reichstages vom 23. März 1886,
welche das Ergebniss der im Reichs - Gesundbeitsamte eingeleiteteu
statistischen Ermittelungen über den Nutzen der Schntzpockenimpfong,
insbesondere der Bearbeitung von Ur-Pockenlisten, ebenso die Maassregeln,
welche zur Beschaffung untadeliger tbieriseber Lymphe ergriffen sind,
kennen zu lernen wünschte.
Das in Rede stehende Werk, welches unter den zahlreichen Schriften
neuesten Datums über den nämlichen Gegenstand einen der ersten Plätze
beanspruchen darf, trägt den beregten Wünschen der Reichstags-
Kommission in ausgiebiger Weise Rechnung, indem zunächst die schon
im Jahre 1883 im Kaiserlichen Gesundbeitsamte zur Veranschaulichung
der Wirkung des Reichs-Impfgesetzes entworfenen Tafeln nochmals mit
ErgUnzungen und Erlänternngen, auch unter Hinzufügong der den Tafeln
zu Grunde liegenden Tabellen, vorgeführt werden. Es folgen die Er-
gebnisse einer Statistik der Pockentodesfülle im Deutschen Reiche für
das Jahr 1886, die Besprechung der während des Jahres 1886 in mehreren
Staaten des Deutschen Reiches vorgekommenen Erkrankungen an den
Pocken, eine Darlegung des Einflusses der Schotzpockenimpfong auf die
Pockensterblichkeit in Schweden, eine Erörterung des Impfwesens in den
nenn älteren Provinzen Prensseus bis zum Jahre 1874 nnd in der König-
lich Preussischen Armee, die Ergebnisse der Bearbeitung sogenannter
Ur - Pockcnlisten , endlich Mittbeilnngen über die Maassregeln zur Be-
schaffung untadeliger Thierlymphe und über die Zunahme der Verwendung
von Thierlymphe bei den im Deutschen Reiche ausgeführten öffentlichen
Impfungen.
Der Werth der Militär - Statistik gerade für die Frage der Schutz-
kraft der Pockenimpfung ist längst allseitig anerkannt. So bilden auch
in dem vorliegenden Werk die auf den Friedens - Sanitätsberichten der
Armee nnd dem sechsten Bande des Kriegs-Sanitätsberichtes für 1870/71
fassenden Darlegungen nicht den am wenigsten beweiskräftigen Tbeil
der überall fesselnden Ausführungen.
Gegenüber dem vielfachen Hinweis der Impfgegner auf die so-
genannten „Ur-Pockenlisten“ ist die Thatsache von besonderem Interesse,
dass die mühselige Prüfung dieses Materials durch die bewährten Kräfte
des Reichs - Gesundheitsamtes die grobe Mangelhaftigkeit and Unzuver-
lässigkeit der Listen dargethan bat. Die Ergebnisse der Bearbeitung
derselben, welche von impfgegneriseber Seite als hauptsächlich ent-
scheidend hingestellt wurden, sind im übrigen mit folgenden Worten zn-
sammengefasst :
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237
.Die Ur - Pockealigten sind nicht geeignet, die anf Erfahrung und
WisseDRchaft begründete Ueberzeugung, dass die Impfung einen beträcht-
lichen Schutz gegen das Erkranken und Sterben an Pocken gewährt, zu
erschüttern, dienen vielmehr zur Verstärkung derselben; sie be-
stätigen ferner den Erfabrungssatz, dass das einmalige Uebersteben der
Pocken mit seltenen Ausnahmen gegen eine neue Erkrankung an den-
selben schützt.“
Wer mit der impfgegnerischen Litteratur auch nur oberflächlich be-
kannt ist, weiss, dass dieselbe auf dem Gegentheile wissenschaftlicher
Anschauung und wissenschaftlichen Verfahrens beruht, daher nicht wissen-
schaftlich bekämpft werden kann. Mit Recht hält sich dem entsprechend
die Darstellung der Denkschrift von jedem Streite fern, begnügt sich viel-
mehr mit ruhiger objektiver Entwickelung und Erläuterung der Ziffern.
Da wir die grosse Mehrzahl der eigentlichen Impfgegner für unbelehrbar
halten, glauben wir auch nicht an eine Bekehrung derselben. Aber
angesichts der immer erneuten Versuche, an dem Reichs - Impfgesetze,
der grossartigsten Maassuahme, welche die öffentliche Gesund-
heitspflege zu verzeichnen hat, zu rütteln, muss jede Arbeit als
dem öffentlichen Interesse im höchsten Maasse dienend bezeichnet werden,
welche dazu beiträgt, das Bewusstsein der Wohltbat, welche der Nation
durch jenes Gesetz zu Tbeil geworden ist, bei den Aerzten zu befestigen
und in immer weitere nicht-ärztliche Kreise hineinzutragen.
#
Mittheilongen.
Berliner militärärztlichc Gesellschaft.
Sitzung vom 21. November 1887.
Nachdem der bisherige Vorstand durch Akklamation für das nächste
Jahr von Neuem gewählt ist, spricht Herr Herrlich über einen Fall
von Tremor, Herr Nicolai über das erste Obdach des Kriegsverwundeten.
Beide Vorträge sollen in dieser Zeitschrift ausführlich mitgetheilt werden.
Sitzung vom 21. Dezember 1887.
1) Herr Nicolai theilt folgende Beobachtung mit: Am 17. No-
vember 1887 wurde ein Soldat geimpft, wobei einige Blottröpfchen auf die
Oberfläche der Haut traten. Um dieselben schneller zum Eintrocknen zu
bringen, stellte der Mann sich an den gebeizten Ofen. Dort wurde der-
selbe von einer Ohnmacht befallen; der Arm erlitt dabei durch Berührung
mit der Ofenfläche eine Verbrennung 1. und 2. Grades. Verband mit
Borsalbe, Ung. parafflni mit Sublimat, später Berieselung. Nach 12 bis
14 Tagen traten an den Impfstellen Schwellung und Wucherung der
Cutis auf; es bildeten sich zweifellose Pusteln ohne Epidermis, keine
Blasen, sondern pülpige, schwammige Protuberanzen. Der Vortragende
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äus8ert die V crmulbuog, dass die Organismeo, auf denen die Wirksamkeit
der Lymphe beruht, bei der Verbrennung der Haut vielleicht (nach Ana-
logie des Leiden fr OS t’ sehen Versuches) durch einen Dampfwall ge-
schützt worden seien; jedenfalls sei übrigens ihre Entwickelung bedeutend
verlangsamt worden.
2) Herr Leyden schliesst seinen in der Oktober-Sitzung begonnenen
V' ortrag über die Entzündung der peripheren Nerven. (Derselbe ist io
Heft 2 und 3 des laufenden Jahrganges dieser Zeitschrift abgedruckt.)
3) Herr Reger macht Mittheilung über io jüngster Zeit ge-
lungene photographische Aufnahmen von Gewehrgeschossen im Fluge bei
.“iOO m Geschwindigkeit (Prof. Mach in Prag und Prof. Salcber in
Fiume) unter Vorzeigung von Originalaufnabmen auf Glas und photo-
graphirter Ansichten. Dieselben, durch den elektrischen Funken einer
Flaschenbatterie mittelst der „Schlierenmetbode'* auf gewöhnlichen
Trockenplatten fixirt, — wozu vielleicht 'h oooooo Sekunde verwandt ist —
zeigen das Geschoss in voller Schärfe mit einem Mantel verdichteter Duft
umgeben in Form eines Hyperbelastes, dessen Scheitel vor der Geschoss-
^itze und dessen Axe in der Flugbahn liegt. Von der Peripherie der
Geschossbasis aus sich schräg nach hinten aussen ziehende scharfe Linien
begrenzen die abfliessende Luftwelle und schliessen einen kegelförmigen
luftleeren resp. stark luftverdünnten Raum zwischen sich ein, in welchem
Wölkchen — wahrscheinlich die in diesen luftleeren Raum naebstürzeude
und dadurch erwärmte Luft — sichtbar sind. Das ganze Bild gleicht
genau demjenigen, welches ein schnellfahrendes SchilT ini Wasser erzeugt.
Die Dicke der komprimirten Luftschicht vor der Spitze des Geschosses
variirt je nach der Gestalt desselben und dessen Geschwindigkeit zwischen
2 — 4 mm. Sichtbar wird der Vorgang erat bei Geschwindigkeiten von
über 340 m, also bei solchen, welche die Schallgeschwindigkeit über-
treffen.
Wennschon Prof. Mach selbst nach einer brieflichen Mittbeilung an
den Vortragenden die Wirkung dieser verdichteten Luftwelle, welche er
vor dem Geschosse in den Körper eintreten las.oen will, bei dem Zustande-
kommen der Schusswunden speziell der explosionsartigen Zerstörungen
bei den Nahschüssen, in den Hintergrund treten lässt gegenüberden mächtigen
Vorgängen, welche die neueren Experimente als Wirkung des hydraulischen
Drucks unwiderleglich festgcstellt haben, so haben doch andere
Kommentatoren kühn behauptet — und diese Erklärung hat durch mehrere
grosse politische und andere Zeitschriften eine sehr grosse Verbreitung
gefunden — , dass die beregte Wirkung nur die der vor dem Geschosse
in den Körper gelangenden, sich daselbst erwärmenden und nun zerstörend
wirkenden Luft sei.
Wegen des „semperaliquid haeret“ dürfte es vielleicht angezeigt sein,
das Grundlose der Theorie kurz klarzulegen.
Bekanntlich ist diese nicht neu; Morin und Meltens stellten sie zu-
erst auf, Busch nahm sie auf, verwarf sie aber später. Vor allen lässt
Neodörfer io seiner „modernen Chirurgie iu Theorie und Praxis“ einen
auf 2'/j Atmosph. komprimirten, auf ca. 90“ R. erwärmten Lufteylinder
von 60 — 90 m Länge vor dem Geschosse cindringen. Das blosse Be-
trachten der Photographie widerlegt ihn am besten. Dass das Hioein-
dringen eines so winzigen Cylinders kompriniirtor Luft von doch höchstens
kalibercutsprechender Gruiiddäche und einigen Millimetern Höhe vor dem
Geschosse in den Körper — falls ein solches überhaupt möglich wäre.
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239
— keine wesentliche Wirkung hervorbringen kann, ist wohl klar. In-
dessen ist es undenkbar, dass dieser Fall eintreten könnte. Soll die Loft
Tor dem Geschosse eindringen, so muss sie bis sur Dichtigkeit eines festen
Körpers znsammengepresst sein, was niemals eintreten wird. Da aber
mit der Zunahme der Dichtigkeit auch die Elastizität der Luft zunimmt,
so wird beim Treffen auf Widerstand die so überaus labile Luft nach allen
Seiten ausweichen.
Abgesehen von dieser physikalischen Nothwendigkeit, abgesehen da-
von, dass die Lehre von der hydraulischen Druckwirkung bei den Schuss-
wunden theoretisch und praktisch bestens fundirt ist, ist der Vortragende
in der Lage, mehrfache direkte Beweise aus den Ergebnissen seiner
Schiessversucbe mittheilen zu können, welche absolut die Theorie von
der Wirkung vor dem Geschoss eindringender Luft widerlegen;
1) Fehlen von Imbibition mit Luft in den Geweben und in der Um-
gebung des Zerstörungsberdes.
2) Auftreten von Druckerscheinungen nur im Knochen, während die
vor demselben gelegenen Weichtheile keine solchen zeigen (z. H. bei
Weichblei 100 — 200 m).
3) Verschieden grosse Zerstörung bei Geschossen gleichen Kalibers,
gleichen Gewichtes, gleicher Form, gleicher Geschwindigkeit, aber ver-
schiedenen Stauch ungsvermögens, während doch in allen Fällen dieselbe
die gleiche sein müsste, da doch immer ein gleich grosser Lufteylinder
io den Körper hineingelangen müsste.
4) Beweise, dass bei den Schüssen auf wasscrgefüllte Blechbüchsen
— ans verzinntem Eisenblech — bei denen die hintere Wand vom Ge-
schosse gar nicht berührt wird, da sie durch den hydraulischen Druck
bereits zum Klaffen gebracht ist, ehe das Geschoss dieselbe erreicht:
a. Spuren von Verzinnung an den Kupfergeschossen.
b. Aufsitzen des runden Stückchens Blech aus dem Einsebusse auf
der Spitze resp. der vorderen Fläche des gestauchten Geschosses
durch Einstanzung. (Der V'ortragende legt hierfür beweisende
Geschosse vor.)
!)) Auftreten der explosiven Wirkung bis zu 200 m Geschwindigkeit
in den fast flüssigen resp. flüssigkeitgefüllten Organen, während die
Welle der komprimirten Luft nur bei Geschwindigkeiten über 340 m
auftritt.
Da alle Anwesenden vollkommen von der Haltlosigkeit dieser „Luft “-
Theorie überzeugt waren, so fand hierüber eine Diskussion nicht statt.
Herr Geh. Rath Leyden brachte aber die Rede auf die sogenannten
„Lnftstreifsebüsse'^, welche durch die Photograrome eine gewisse
Stütze erhielten. Der Vortragende verneinte die Möglichkeit der Ent-
stehung solcher bei den Kleingewehrprojektilen, gab aber immerhin zu,
dass durch Vorbeisausen von Geschossen mit so grosser Geschwindigkeit
dicht vor den Augen resp. Obren durch psychischen Einfluss eine ge-
wisse Schädigung der Funktion eintreten könne.
Stabsarzt Krocker erklärte dann, dass nach den Erfahrungen des
letzten Krieges „Luristreifscbüsse“ bei grobem Geschosse als bestehend
angenommen werden müssten. Trotz fehlender äusserer Verletzungen
seien Leute umgefallen resp. hätten schwerwiegende Störungen des Nerven-
systems davongetragen. SVievicl dabei von der Wirkung auf den wirk-
lichen Luftdruck, wieviel auf das psychische Moment komme,
Hesse sich natürlich nicht unterscheiden. Dass der Druck komprimirter
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Luft allein ausreicbe, wichtige Folgen nach sich zu ziehen, lehrten ja
doch unsere Artillerie-Schiessplätze, wo öfter Zerstörungen des Trommel-
felles vorkämen.
Sitzung vom 20. Januar 1888.
Nachdem über die diesjährige Feier des Stiftungsfestes der Gesell-
schaft (siehe Heft .3 des laufenden Jahrganges dieser Zeitschrift) Beschloss
gefasst worden ist, spricht Herr Martins über , Lähmungen und Kon-
trakturen“. Der Vortrag soll in dieser Zeitschrift ausführlich veröffent-
licht werden.
Unter zahlreicher Betheiligung fand am 28. April er. seitens des
Kameradschaftlichen Vereins der Sanitäts - Offiziere des
Land webr-Regiments-Bezirks (.Berlin ein gemeinschaftliches
Abendessen statt, zu welchem als Ehrengäste des Vereins die Herren
Generalärzte Roth (Dresden) und v. Bergmann (Berlin) erschienen
waren. — In warmen Worten begrüsste der Vorsitzende, G.-A. d. L.
Wasserfuhr, die Ehrengäste, welche sich in anerkennendster Weise über
die Bestrebungen und Erfolge des Vereins äusserten und auf sein Ge-
deihen und das Wohl seines Begründers und Vorsitzenden toasteten. —
Der Abend verlief in der gemüthlichsten Weise und hat sicher dazu bei-
getragen, die Interessen des Vereins, das Gefühl kameradschaftlicher
Zusammengehörigkeit zu fördern. —
Dass die Ausstattung der Soldaten mit Verbandmaterial zur ersten
Hülfe, wie bei uns mit Verbandpäckchen, keineswegs eine Errungenschaft
der Neuzeit ist, vielmehr gegen KK)0 Jahre zurückreicht, wurde mir von
dem z. Z. sich in Berlin aufhaltenden japanischen Generalarzt Ishigur»
mitgetheilt. Derselbe, mit Abfassung einer Geschichte der japanischen
Militär-Medizin beschäftigt, fand im Kapitel der Heeresorganisation einer
vor 1152 Jahren verfassten japanischen Gesetzsammlung (Engishiki) die
Vorschrift, „einem jeden Krieger sei ein Stück Leinwand mit Sensöku
(d. h. Tausend- Wundpflaster) mit auf den Weg zu geben“.
Ishiguro vermuihet, dass dies Verfahren lange schon geübt worden
ist, bevor es in die Gesetzsammlung Aufnahme fand.
Scheibe.
(Ifünickt in der KGnif’iiclien Honmchdrockervi von K. B. Midier a. Solin in Ilorlin, Koebhtr.
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Deutsche
Militärärztliche Zeitschrift.
Redaction:
Dr. Jt. Generalarzt,
T*ob«iutn»« 6,
n. Dr. Stobsarzt,
Bvlin. K&iMr Fnois Gr«nftdier>PUtt 11/12.
Verlag:
f. $. SBfUbt & ^#5»,
Königliche Hofbachhandlang,
Berlin, Kochetnsee 68—70.
Honntlich ereebeint ein Heft ron mindeetena 8 Druckbogen; dazu ein ,^mtlichee Beiblatt**. Der
Zeitecbriit wird daa Werk: „Jahreabericht über die Portachritte anf dem Gebiete dea Milit&r-
Banitita-Weaens**, beranagegeben Tom Generalarzt Dr. Botb, onentgeltlich beigegeben. ßeateUnog
nebmeo alle Poattmier and Bachbandlnngen an. Preia dea Jahrgänge 15 Hark.
XVII. Jahrgang. 1888. Heft 6.
Sarkomatöse Neubildung in den Fisteln einer 15 Jabre lang
bestehenden Schusswunde mit Retention der Kugel.
Von
Dr. Krevot, Mühlhausen i. Th.
Georg Friedr. August A. aas Körner, während des Feldzuges 1870/71
bei der 1. Kompagnie des Infanterie -Regiments No. 95, wurde am
12. Januar 1871 bei Le Maus verwundet. Er erhielt auf hoher Strasse
von untenstehenden Franktireurs einen Schoss vorn oben in die rechte
Brostseite. Wichtigere Theile waren nicht verletzt, so dass im Lazareth
nur ein Verband angelegt wurde; nach der Kugel wurde nicht gesucht.
Der rechte Oberarm blieb unbeweglich. Am 19. Februar wurde ein
Abszess an demselben in Wetzlar geöffnet. Von da kam Patient nach
Aachen, im September wurde er als Ganz- Invalide nach Hause ent-
lassen. Sein Zustand war in den folgenden Jahren ein leidlicher, die
Wauden eiterten wenig; bin and wieder brach an Brost, Arm und
Schalter rechterseits ein kleiner Eiterherd anf, Schmerzen waren inter-
mittirend. Im Jahre 1878 wurde ärztlicherseits an der inneren Seite des
Oberarmes and unterhalb der rechten Brustwarze inzidirt nnd viel Eiter
entleert, dabei auch nach der Kugel gesncht, aber vergeblich. So war
das Befinden in den 15 Jahren gewesen, Patient verband sich selbst,
Salbe and Karbolwasser genügten. Die Eiterung war abwechselnd stärker
nnd schwächer. Im September 1886 zeigte sich in der rechten Achsel-
IG
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höhle an einer lange schon bestehenden Fistel ein Gewächs wie wildes
Fleisch; der dortige Arct ätcte es wiederholt, aber ohne Erfolg. Viel*
mehr wurde die Wacherang znsehends grösser; da Patient fieberte and
yon Kräften kam, wurde ich mitzugezogen. Am 6. November nahm ich
den ersten operativen Eingriff vor; Patient bot damals folgenden Zn-
Btand dar;
Er ist 43 Jahr alt, von grossem starken Körperbau; die Haut ist
schmatzigbraun, fahl, auf dem Rücken weissgefleckt. Reichliches Fett-
polster, am auffallendsten am Bauch entwickelt. Die Schleimhäute sind
sehr blass; an den inneren Organen nichts Abnormes. Es besteht mittleres
Fieber, der Puls ist klein und beschleunigt; der Kranke matt und schwach
trotz aller Körperfülle. Der rechte Oberarm, Schalter und Brust haben
Narben. Zwei Finger breit innen und unterhalb vom verdickten pro-
cessus coracoideuB liegt die Schussöffnung; sie hat schlecht granulireude
Ränder und ist für eine dicke Sonde durchgängig, welche unter dem
pectoralis major hindurch zur Achselhöhle herausführt. Auf der Brust
sind in der Gegend der 3. und 5. Rippe am Ansatz des Brustbeins zwei
Fisteln mit flachen, hinfälligen Granulationen; dieselben kommuniziren
ebenfalls mit der Schusswunde. In der ' Achselhöhle befindet sich nah
am vorderen Rande eine Geschwulst, die fast fingerdick über das Niveau
der Haut hervorragt, von ungefähr 12 cm Länge und 9 cm Breite. Die
Oberfläche derselben ist ulcerirt, mit schmierig eitrigem Sekret bedeckt,
von unregelmässiger, höckeriger Gestalt; es lassen sich mit den Fingern
ohne besondere Gewalt und ohne jede erwähnenswerthe Blutung grosse
Stücke einer auffallend trockenen, bröcklichen Masse wie Pilztheile heraus-
schälen. An den Rändern geht der Tumor diffus in die stark verdickte
und geröthete Haut über. Ebenso wenig wie an der Peripherie ist die
Geschwulst in der Tiefe scharf abgegrenzt; sie reicht in das Unterhaut-
zellgewebe hinein und ist nicht von den Granulationen der Fistelgäage
zu sondern. Es lassen sich deren zwei in den Wucherungen aufflndeD,
wovon der eine, wie schon erwähnt, unter dem pectoralis major zur
Schussöffnung verläuft und ist die Haut in ganzer Ausdehnung darüber
hart und schmerzhaft. Wie weit diese Veränderung der Haut als in-
filtrirte Randzone der Geschwulst, wie weit als Phlegmone aufzufassen
ist, bedingt durch Eiterverhaltung in den Fisteln, lässt sich nicht fest-
stellen. Der andere Fistelgang führt nach der costalen Seite des
Schulterblattes und endet blind auf dem subscapularis. Nirgends in der
Nachbarschaft ist Drüsenanschwellung zu finden; das Scbultergelenk ist
nicht geschwollen noch schmerzhaft, die Muskulatur daselbst geschwunden.
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Der Oberarm ist unbeweglich, Vorderarm und Hand frei in der Be-
wegung. Es besteht keine Innervations - noch Zirkulationsstörung, nur
die Gegend an und über dem Ellbogen ist leicht ödematös. Von der
Kugel ist nichts zu entdecken.
Die Aufgabe der Therapie war demnach: die Neubildung zu ent-
fernen, die Engel zu finden und die Fisteln zum Verheilen zu bringen.
Die Wucherungen hatten dem Aetzen widerstanden, sie waren in den
2 Monaten bedeutend gewachsen. Die Schnelligkeit des Wachsens sprach
für ihre Bösartigkeit und somitjfür die sofortige operative Beseitigung.
In der Narkose wird die Geschwulst in der Achselhöhle mit Scbeere und
Messer abgetragen, die beiden Fistelgänge ausgekratzt und drainirt und
der Paquelin auf den Boden der Wunde aufgesetzt. Auf der Brost, wo
sich der ganze pectoralis major unterminirt zeigt, werden die Fisteln
erweitert, mit dem scharfen Löffel die Höhle gereinigt und Drains durch-
gezogen. Die Engel wird dabei nicht gefunden. Patient wird von dem
dortigen Arzt regelmässig verbunden. Am 26. November sah ich den
Kranken wieder: die Fisteln auf der Brust haben gutes Aussehen, ihre
Sekretion versiegt, so dass die Drains entfernt werden konnten. Die
Gegend zwischen processns coracoideus und Achselhöhle ist wenig
empfindlich und dementsprechend ist das Fieber bis auf geringe abend-
liche Steigerung verschwunden. Dagegen zeigt sich in der Achselhöhle
keine Tendenz zur Heilung. Die morschen Wucherungen sind wieder-
gekehrt und haben sich an der Peripherie noch weiter ansgebreitet. Die
Wnndfläche bildet eine hellrothe, feucbtglatte Decke, die leicht dem
scharfen Löffel weicht. Ans den beiden Fisteln der Achsel lassen sich
grössere Massen ausschaben, sie sind weiter geworden und die hintere
lässt sich höher hinauf auf dem subscapnlaris verfolgen. An der innerei)
Seite des Oberarmes, die das Dacb der Höhle bildet, greift die Neu-
bildung in das intermnsknläre Bindegewebe hinein. Es wird überall in
der Tiefe mit scharfem Löffel und Paquelin ansgeränmt und der infiltrirte
Hautrand rings weggescbnitten. Darauf untersuchte ich den Kranken
am 8. Dezember, und bei der diesmal vorgenommenen Operation — es
ist wieder ein lokales Rezidiv vorhanden — gelinget es, die Kugel zu
finden und anszuziehen. Ich finde die Fisteln über der Brust geschlossen
und die Schnssöffnung am processns cor. dem Verheilen nab, aber desto
schlimmer sieht es in der Achsel ans. Die Geschwürfläche nimmt die
ganze Achselhöhle ein. Die gesammte Fascienschicht ist von der Neu-
bildung durchdrungen und wird entfernt, so dass die Muskulatur der
Brust und der Schulter blossliegt Dabei wird ein Gang entdeckt, der
16*
Digiti.
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auf dem serratos anticos major nach unten zieht, und in dessen Ende
unter dem vorderen Rande des latissimns dorsi steckt die KugeL Die-
selbe wird dnrcb äusseren Schnitt extrahirt. Sie ist stark verbogen,
zackig, wiegt 15 g, augenscheinlich eine Minie-Kngel. Doch auch diese
Operation vermochte nicht das Weiterschreiten des Tumors aufznhalten,
wie die Besichtigung am 3. Januar 1887 ergab. Ich versuchte noch
zweimal der Wucherungen Herr zu werden, doch vergeblich, sie breiteten
sich stetig weiter ans. Dabei wurde Patient immer schwächer and
anämischer; an den Fussen traten Oedeme auf. Nach jedem operativen
Eingriff fühlte er sich sehr angegriffen, das Chloroform vertrag er
schlecht, es bestand danach regelmässig ein paar Tage hindurch starker
Kollaps. Anfang März sah Herr Professor Oberst den Kranken and
rietb von jeder weiteren operativen Vornahme ab. In dieser Zeit reicht
das Gewächs weit über den Raum der Achselhöhle. Bei jeder Operation
war in der Peripherie infiltrirte Haut abgetragen worden and immer
batte die Neubildung darauf neues Terrain ergriffen. Sie erstreckt sich
nach vorn über den vorderen Rand der Achselhöhle auf die angrenzende
Haut der Brust; nach hinten liegt die Mosknlatar am äusseren Rande
des Scbnlterblattes frei, nach oben gebt die Geschwulst auf der Innen-
seite des Oberarmes ein Stück abwärts, sie reicht in das intermaskniäre
Bindegewebe und umgreift aufwärts die grossen Gefässe. Blnt ist bis-
her dem Sekret wenig beigemiscbt gewesen, doch ist jederzeit eine
Blutong ans grösseren Gefässen zu besorgen. Nach nuten ist der Tumor
auf der seitlichen Brustwand, deren Mnsknlatnr bloss liegt, bis über die
Extraktionsöffnnng der Kogel herabgewachsen, die im Dezember noch
10 cm von der unteren Hantgrenze entfernt gelegen war. Die Tiefe der
Höhle schliesst zwischen Brust und medialem Rande des Schulterblattes
ab, alles ansgefüllt mit bröcklicben Wucherungen; die Oberfläche ist
uneben, die Ränder wulstig verdickt, die umgebende Haut stellenweis
bis über 2 Finger breit livid und hart. Ein dem Rande entnommenes
Gewebsstück hat auf dem Durcbscfanitt ein blassröthliches Ansehen,
jedoch sind auch hier schon in den tieferen Geschwnlsttheilen gelbe,
trockene, verkäste Partien zu bemerken. Mikroskopisch finden sich
— nach Bericht des Herrn Professor Oberst — in einem sehr spärlichen
and zarten, bindegewebigen Retikulum kleine, mit ein oder mehreren
Kernen und feinkörnigem Protoplasma versehene Randzellen; Gefässe
spärlich, ansserordentlicb dünnwandig. Hier und da findet sich zwischen
den Zellen, dieselben anseinanderdrängend, freie Blutung, die indessen
nirgends eine nennenswerthe Ausdehnung annimmt In den gelblichen.
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trockeDen Partien des Tumors ist von einer Struktnr überhaupt nichts
mehr nachxnweisen — nekrotische, zum Theil feinkörnige, in den mit
Alauncarmin behandelten Präparaten ungefärbte Maasen, in denen hier
und da noch kleine Rnndzellen zu erkennen sind. Es handelt sich so-
mit zweifellos um ein sehr zellenreiches Rnndzellen-Sarkom mit
aasgedehnten Verkäsungen.
Patient wurde seitdem regelmässig weiter verbunden. Gegen die
zerklüfteten, schnell wachsenden und zerfallenden Massen erwies der
antiseptische Verband sich ohnmächtig. Eiterretention und Phlegmone
stellten sich wieder ein. Der Oberarm schwoll stärker an, die Fisteln
anf der Brust brachen ebenfalls wieder auf, die Wucherungen drängten
znr SchussöfiPnung hervor. Bei der profusen Sekretion der grossen
Wandfläche war der Säfteverlost enorm. Der Allgemeinzostand ver-
schlechterte sich zusehends, während das Fettpolster immerhin noch
beträchtlich blieb. Der Urin enthielt Eiweiss. Nachdem der Tumor
sich stetig weiter vergrössert hatte, ging der Kranke unter fortwährendem
Fieber in den ersten Tagen des April marastiach zu Grande. Sektion
warde nicht gestattet
Dass der Patient der Nenbildung erlag, war die Folge ihrer
Malignität Von den Sarkomen sind die zellreichen und von diesen
wieder die kleinzelligen die gefährlichsten, weil ihnen der stärkste
Proliferationstrieb innewohnt Die Kleinheit der Zelle gilt als
Beweis für die Schnelligkeit ihrer Bildung. Ebenso sind die umfang-
reichen Nekrosen in der Nenbildong gerade den rapid wachsenden
eigenthümlich, sie entstehen, wenn die Gefässentwickelnng nicht Schritt
hsdten kann, mit dem Zellenwachsthum (Ackermann, Samml. klinischer
Vorträge, 233 — 34). Ist dadurch der verhängnissvolle Charakter der
Geschwulst gekennzeichnet, so kommen weiter die lokalen Verhältnisse
in Betracht Das Sarkom fand in der geiäss- and bindegewebsreichen
Gegend der Achselhöhle den günstigsten Ort zu reichlicher Ernährung
und schrankenloser Ausbreitung; wir wissen, dass nächst der Art and
Natar der Zelle der Blutreichtbnm des Matterbodens von bestimmendem
Einfluss auf das Wacbsthum der Geschwulst ist. Und wenn die zell-
reichen Sarkome schon durch die Art ihres Wachsthums — Substitution
— ein diffuses Uebergeben in die Umgebung zeigen und dadurch schwer
abgrenzbar sind, so walteten hier in diesem Falle noch besonders
schwierige Umstände ob, die es anmöglich machten, die Grenzen der
Geschwulst sofort zu bestimmen. Die in der Tiefe ulcerirte Achselhöhle
war dem Auge schwer zugänglich, da der Oberarm nur durch Mit-
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bewegoDg des Scbniterblattes von der Brast zu entfernen war. Die Nea-
bildung war an dem Ansfuhrungsgange alter Fisteln entstanden, von
denen die eine mit einer Eiterböhle in Verbindung stand, die von der
Acbselböble bis zum Brustbein reichte. In der Tiefe Hess sich nicht
feststellen, wo das Sarkom aufbörte und die Granulation anfing, noch
war aussen auf der Haut die Phlegmone von den peripheren Ausläufern
der Geschwulst zu unterscheiden. Erst ans dem verschiedenen Erfolg
der Operation wurde es klar, dass die längs des Schulterblattes ver-
laufende Fistel durchweg sarkomatös war, dagegen die unter dem
pectoralis major hinziehende nur im unteren Theile zum Bereich des
Tumors gehörte. Aber selbst mit der Erkenntniss der Grenzen der
Geschwulst war noch nicht die Möglichkeit gewonnen zu ihrer
radikalen Entfernung, sie scheiterte an den lokalen Verhältnissen. Das
Sarkom führte innerhalb 7 Monate den Tod des Individuums herbei.
Aus der Litteratur ist es bekannt, dass das Sarkom in noch kürzerer
Zeit, in 4 — 5 Monaten, tödtlicb verlaufen kann. So erwähnt Scbnchardt
(Samml. klin. Vorträge, 257) 2 Fälle ans v. Volkmann’s Klinik, die,
in direktem Anschluss an eine äussere Verletzung entstanden, in solch
rapider Weise das Leben vernichteten, in dem eie nach jeder Operation
rezidivirten und unter allgemeinen Metastasen das Ende herbeiführten.
Ob es in dem von mir beschriebenen Falle zur Metastasenbildnng in
inneren Organen gekommen war, muss unentschieden bleiben, da keine
Sektion stattfand.
Das Interesse des Falles aber, welches denselben mittheilenswerth
erscheinen lässt, liegt darin, dass sich das Sarkom an den Fisteln einer
15 Jahre alten Schusswunde entwickelte. Die Kogel war in der Zeit nicht
eztrahirt worden; ob und wie weit der in der Wunde zurückgebliebene
Fremdkörper durch andauernde Reizung zur Sarkombildnng Veranlassung
gab, — diese Frage führt uns auf das dunkele Gebiet der Aetiologie der
Geschwülste. Von den Carcinomen ist es bekannt, dass sie sich häufig
auf chronisch entzündlichem Boden (alten Unterschenkelgeschwüren,
Nekrosenfisteln, Brandnarben, Lupus u. s. w.) entwickeln, ja dass an-
scheinend bisweilen rein änsserliche Ursachen ihrer Entstehung zu Grunde
liegen (Schornsteinfegerkrebs, Paraffinkrebs). Und so hat man ans der
Erfahrung den Satz aufgestellt, dass wiederholte, an sich mässige Reize
die Gelegenheitsnrsache für Krebsbildung ansmachen. Von den Sarkomen
ist dieser Hergang viel seltener beobachtet; Birch- Hirschfeld erwähnt
(Lehrbuch der pathol. Anatomie), dass sie in Narben und Frak torstellen
Vorkommen; weit mehr sind dagegen Fälle in der Litteratur verzeichnet.
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wo sie nach einem einmaligen, heftig einwirkenden Tranma, in nn-
mittelbarem Anschlnss an einen Stoss oder Fall entstanden sind. Unser
Fall würde sn den wenigen gehören, wo ein chronischer Reisznstand
die Sarkombildnng begünstigte. Denn die Kngel hatte, indem sie
Eiterung and Fistelbildnng vernrsachte, eine andanernde Irritation anter-
balten. Ob sie dadurch, dass sie ihren Platz unter dem pectoralis major,
wo sie bis dahin gesteckt haben soll, verliess, den Anstoss zur Oeschwulst-
bildung gab, erscheint sehr fraglich, da die Wanderung der Kugel
ebenso gut als Folge der durch die Neubildung bedingten Auflockerung
aofgefasst werden kann. Jedenfalls entspricht es der modernen Auf-
fassung, wenn wir in Anbetracht, dass Sarkome in der Achselhöhle
selten sind, die jahrelange Anwesenheit des Fremdkörpers in der Wunde
als sogenannte Oelegenheitsursache für die Sarkombildnng ansprechen,
ohne damit die Möglichkeit des rein znfilligen Zusammentreffens beider
Umstände ganz in Abrede zu stellen. Im Gegensatz zu der Auffassung,
die dem Trauma einen wichtigen Einfluss auf die Oeschwnlstbildung sn-
erkennt, bat Cohnheim die HTpothese aufgestellt, dass alle Geschwulst
aus überscbüssigen embryonalen Zellen hervorgehe. Diese Hypothese
ist nicht allgemein haltbar und von dem Antor selbst zur Lehre von der
potentiellen Anlage nmgeändert worden, die sich wieder der alten An-
schauung von der Prädisposition und Erblichkeit nähert Heutzutage
neigen Chirurgen wie Pathologen der Auffassung zu, dass zweierlei Um-
stände die Geschwulstbildung bestimmen: die Anlage, die angeboren
oder auch erworben sein kann, und der äussere Anstoss, der Reis, der
die Anlage zur Entfaltung bringt und den Ort der Geschwulst bestimmt
Da die Anlage sich bisher dem Mikroskop verschlossen hält, auch die
Wesenheit der Geschwulst, ihr ezcessives und atypisches Wachsthnm,
ihre Verschiedenartigkeit, warum in dem einem Falle epithel-, im anderen
bindegewebsartige Wucherung, uns noch völlig räthselhaft bleibt, so
sind wir zur Zeit darauf angewiesen zu versuchen, dnrch fleissiges
Beobachten der äusseren Umstände dem inneren Verständnisse näher zu
kommen. Wir sammeln Material und so mag auch dieser Krankheits-
fall als Beitrag zur Kasuistik der Gelegenheitsnrsachen dienen. Für die
Praxis aber würde eich noch eine wichtige Folgerung ergeben. Ist nach
unseren jetzigen Anschauungen das Zurückbleiben der Kngel als der Reiz
anzusehen, der die schlummernde Anlage zur Geschwulstbildung weckte,
so steht der Tod des Patienten in Beziehung zu der einstigen Kriegs-
verletzung. Dieser Zusammenhang würde selbst bei der etwaigen An-
nahme eines infektiösen Ursprunges des Sarkoms bestehen bleiben; —
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248
ich denke dabei weniger an den Carcinombacillns (Schearlen, Freire,
Schill), als an den Umstand, dass Geschwülste, die man früher zu
den Sarkomen rechnete (Perlsacht, Aktinomjkose), jetzt als infektiöse
erkannt sind. In diesem Falle würde die Kogel durch die Fisteln die
Eingangspforten für die Infektion geschaffen und so ebenfalls die
Gelegenbeitsarsacbe für die Nenbildnng abgegeben haben. Die Erwägung
dieser Umstände wird das kriegscbirurgische Handeln beeinflussen: die
Möglichkeit der späteren Entstehung einer bösartigen Geschwulst in der
Schusswunde wird als eine Indikation mehr zur frühzeitigen Heraus-
nahme des Geschosses gelten.
Zar Rasoistik des epileptischen Schlafes.
Von
Dt. UibeleUsn.
SUbs- tmd Bit&iUoiuarzt im k, Bajer. 2. Jägor-BaUillon.
Die Seltenheit dieser Znstflnde, welche jedoch unter Umständen in
gerichtsärztlicher Beziehung von grosser Wichtigkeit sein können, dürfte
die Veröffentlichung des nachstehenden Gutachtens rechtfertigen. —
Auf Requisition des Staatsanwaltschaftsvertreters des Militär-Unter-
gerichts der Königl. Kommandantur Aschaffenbnrg gebe ich hinsichtlich
der Frage, ob der Jäger Friedrich G., geboren am 21. Oktober 1864 zu
Heidelberg, Verwaltungsbezirk daselbst im Grossherzogthum Baden,
katholisch, ein Schuster, am 7. November 1885 in den aktiven Dienst
getreten als ansgebobener Ersatzrekrut des Bezirkes Schweinfurt (Land),
mit einer aktiven Dienstzeit von 2 Jahren und 4 Monaten, an Anfällen
von krankhafter Schlafsucht leidet, auf Grund der anliegenden dienst-
lichen Erhebungen und persönlicher Untersuchung nachstehendes Gut-
achten ab:
I. Die Tbatsacben, welche obige Requisition veranlasst haben, sind
folgende :
Jäger G. war am 2'J. November 1887 Abends 10 Uhr als NachU
posten im sogenannten Holzhofe aufgezogen. Dieser Holzhof stösst an
die Nordostseite der hiesigen Kaserne. Das Schilderhaus steht im Hinter-
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gronde eines etwa 3 m breiten and 30 Schritt langen Ganges, welcher
SD der einen (nordöstlichen) Seite von einem etwa ■/> m breiten Rasen-
streifen eingefasst and von einem Zanne begrenzt ist Jenseits des
Schilderbaases wird der Gang so eng, dass er eben einem Manne Raum
ZDm Durchgänge bietet. Die visitirende Patrouille traf den G. zwischen
ll'/> and 12 Uhr schlafend an and zwar in folgender Situation;
G. lag rollständig mit Helm and Mantel bekleidet in dem erwähnten
Gange and zwar im vorderen weiteren Tbeile desselben, welcher von
der Goldbacherstrasse aus gut eingesehen werden kann, nar etwa
16 Schritte von letzterer entfernt, etwas nach rechts von der Mitte gegen
den Zaan za auf dem Bauche. Ueber die sonstige Lage des Körpers
geben die Zeagenaossagen etwas aaseinander; während ein Mitglied der
Patrouille — dieselbe bestand ans einem Sergeanten and zwei Jägern —
aogiebt, 6. habe das eine Bein krampfhaft beraafgezogen, das andere
aosgestreckt gehabt, die Hände unter dem Bauche, sagt der andere
Jäger (E.) ans, G. sei gerade aasgestreckt auf Gesicht and Baach ge-
legen, was auch der fahrende Sergeant im Allgemeinen bestätigt. Das
Gewehr fand sich in der Nähe an den Gartenzaan gelehnt. Die Stelle,
wo G. lag, war schmutzig und nass — es hatte in den letzten Tagen
geregnet — , fast ohne Rasen, and daher zam Schlafen nicht günstig,
während weiter hinten am Schilderbaaae viel bessere Gelegenheit zam
Schlafen gewesen wäre. Der erste Eindruck, den die Visitirenden
empfingen, war der, dass sie einen Todten vor sich hätten. Denn ihrer
Erfahmng nach pflegen sich Soldaten, die schlafen wollen, aaf den Rücken
tn legen, schon des Helmes wegen, weil die Ranpe hierbei als Eopf-
Doterlage dient. In Folge dessen berührte ihn der die Patronille führende
Sergeant nicht, sondern rief ihn nar an, worauf er gleich anfsprang, sein
Gewehr ergriff and nach kurzem Erschrecken sein volles Bewasstsein
erlangt hatte. Er rief; „O Jesns, Maria and Joseph! Herr Sergeant,
lassen Sie mich gehen!“ Weiter bat er den Sergeanten, ihn doch nicht
ni melden, and fügte später noch hinzu, er sei schon einmal wegen eines
gleichen Vergebens (Schlafen aaf Posten) bestraft worden and würde
diesmal wohl noch strengere Strafe erhalten. Von einem krankhaften
Anfall sagte er nichts; den beiden Jägern der Visitirpatroaille — weniger
dem Sergeanten — fiel es jedoch anf, dass G. krankhaft blass anssab, wie
Einer, der nnwohl ist. Für genauere Beobachtangen, z. B. ob das Ge-
sicht mit Schmatz oder Schweiss bedeckt war, fehlte das genügende
Licht, wenn anch die Nacht sonst relativ hell and znr Erkennung
gröberer Gegenstände wohl geeignet war (in der folgenden Nacht war
Vollmond).
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Erst am andern Tage machte O. seinem Kompagnie -Chef ond dann
dem Garnisonältesten gegenüber die Angabe, dass er einen krankhaften
Anfall mit Bewusstseinsstörung gehabt habe, und solche Anfälle schon
mehrmals bei ihm anfgetreten seien.
In Folge dessen stellte die Kompagnie weitere Nachforschungen an
and es ergab sich, dass in der That einmal sn Anfang Norember
folgende Beobachtung gemacht war:
Jäger S. Bass eines Nachmittags auf dem Aborte und zwar auf dem
dritten Sitze, wo er weder selbst gegen die Thüre sehen, noch ron einem
Eintretenden bemerkt werden konnte. Er hörte nur, dass Jemand ein-
trat and gleich darauf ein Oeränsch, als ob der Betreffende zu Fall käme
Er eilte hinzu und sab den O. bewusstlos in halbsitzender, halbliegender
Stellung nach rechts an die Wand gelehnt, durch welche er am TÖlligen
Umfallen gebindert wurde. S. richtete ihn mühsam auf und lehnte ihn
gegen die Ecke, wobei er ihn beim Namen rief. Aber es dauerte mehrere
Minuten, bis das Bewnsstsein znrückkehrte, und zwar erfolgte dies unter
einem tiefen Seufzer. Dann schaute G. dem S. noch kurze Zeit — einige
Sekunden — ins Gesicht, ohne zu sprechen (Halbbewnsstsein), und sagte
endlich auf dessen Frage, was denn mit ihm gewesen sei: ,Las8 mich
g^ben, das war so ein Anfall, wie ich schon öfters gehabt habe.‘‘ So-
wohl während des Anfalles von Bewusstlosigkeit als auch unmittelbar
nach demselben sah G. auffallend blass aus und schwitzte heftig, besonders
im Gesicht, so dass S. ihm den Schweiss abtrocknen musste, was G. nach
der Rückkehr des Bewusstseins auch selbst that. Er war dann voll-
ständig wie früher, heiter, lachte, klagte auch nicht über Müdigkeit,
Kopfschmerz, Schwindel und dergl. Der ganze Anfall hatte nur einige
Minuten gedauert. Ueber die früheren Anfälle äusserte er sich nicht weiter.
Ein dritter Vorfall war folgender:
Am 20. Juli 1887 zog G. Nachts 12 Uhr auf Posten, und zwar am
Schlosse, wo er etwa 5 Minuten nach 12 Uhr ankam; 20 Minuten nach
12 Uhr, also nur eine Viertelstunde später, traf ihn eine Visitirpatronille
schlafend an. Er lag auf dem Rücken, halb unter einem Busche, das
Gewehr im Arm. Die visitirenden Leute mussten ihn mehrmals mit dem
Fasse austossen, bis er erwachte. Er sprang dann auf, nahm dsm Ge-
wehr auf, war auf barsches Anfahren sofort bei Bewusstsein und bat des
führenden Sergeanten, ihn nicht zu melden, er könne nichts dafür, sei
sehr müde gewesen. Ob er blasses Gesicht, Schweissbildnng, stiere
Augen n. dergl. batte, können die Zeugen nicht angeben, da die Nacht
sehr dunkel war, so dass sie längere Zeit nach ihm suchen mussten,
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251
bis sie ibn fanden, nnd schliesslich nnr durch seine belle Drillichbose
sof die Stelle, y>o er lag, aafmerksam gemacht worden.
Im Allgemeinen hatten die Zeugen den Eindruck bekommen, dass
es sich um einen normalen Schlaf gebandeK habe, nnr fiel ihnen auf,
dass O. schon gleich im Anfang des Wachestchens vom Schlaf über-
mannt nnd dass er durch das Geräusch ihrer Schritte anf dem Pflaster
and das laute Sprechen nicht erweckt worden war, während doch ein
auf Posten Schlafender nur unruhigen leisen Schlaf zu haben pflegt
Dies sind die drei Vorfälle, welche während der Hilitärdienstzeit
des 6. — derselbe diente im dritten Jahre — beobachtet wurden.
II. Es bandelt sich non um Entscheidung der Frage:
Fallen alle drei, und speziell der am 29. November in das Gebiet
des Krankhaften, Unverschuldeten , oder hat sich G. wiederholt einer
schweren Pflichtverletzung durch Schlafen auf Posten schuldig gemacht?
Zur Entscheidung dieser Frage ist es nothwendig, alle Momente
heranznzieben, welche die wissenschaftliche Erfahrung an die Hand
giebt, und speziell das Vorleben und die Familienverbältnisse des G. so-
wie seine körperliche und geistige Beschaffenheit soweit als möglich zu
beleuchten.
Die Familienverbältnisse des G. sind die traurigsten und ungünstig-
sten, die man sich denken kann. Er ist ein uneheliches Kind nnd kennt
seinen Vater nicht, auch nicht die Eltern seiner Matter. Als er 4 oder
5 Jahre alt war, heirathete seine Matter, die von Heidelberg nach Landau
in die Pfsdz verzogen war, einen Tagelöhner G., welcher ihren unehe-
lichen Sohn adoptirte, seine väterlichen Pflichten jedoch in Form einer
beispiellosen Rohheit und Gransamkeit aasübte. Er misshandelte den
Sohn G. fortgesetzt derartig, dass dieser oft davonlief und aus Furcht
vor weiteren Misshandlungen mehrere Tage nnd Nächte ausser dem
Hause zubrachte, ja oft bei bitterer Kälte im Freien übernachtete, ehe
er sich wieder nach Hanse getraute. G. giebt glaubwürdig an, dass ibn
sein Stiefvater nicht bloss häufig auf den Kopf geschlagen, sondern oft
an den Ohren gepackt und mit dem Kopfe gegen die Decke geschleudert
habe. Dass diese Angaben nicht übertrieben sind, beweisen nicht bloss
die jetzt noch sichtbaren Sparen dieser Misshandlungen in Form von
Narben im Gesichte des G., sondern vor Allem auch die Tbatsache, dass
sein Stiefvater, der Tagelöhner G., wegen fortgesetzter „unmenschlicher
Missbandlongen“ eines anderen Sohnes zu fünf Jahren Zuchthaus ver-
ortheilt wurde, welche er zur Zeit verbüsst Der jüngere Stiefbruder
des G. befindet sich jetzt als geisteskrank in der Pfälzischen Kreis-Irren-
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252
anstalt, and swar iat dessen Krankheit nach der Ansicht des Eönigl.
Landgerichtsarztes za Laudan und nach dem Gatachten der Kreis-Irren-
anstalt KUngenmänster lediglich Folge jener Misshandlungen. Eine ^here-
ditäre psychopathische Beanlagangf ist nach dem gerichtsärztlichen Gut-
achten für den Jäger Friedrich G. nicht nachzuweisen.
Die Mutter giebt an, sie habe an letzterem, so lange er zu Hause
war, „weder Schwiudelanfälle, Bewusstlosigkeit noch sonstige Störungen”
wabrgenommen. Auch seien ausser dem Irrsinn des obengenannten
Sohnes bis jetzt in der Familie keine nervösen Erkrankungen irgend
welcher Art vorgekommen. Mit dem leiblichen Vater ihres Sohnes
Friedrich sei sie nicht blutsverwandt Diese Konstadrung erschien
wichtig, da unter den Ursachen der Epilepsie Blutsverwandtschaft an-
geführt wird, ebenso Trunkenheit des Vaters während des Zengungsaktes
(Strümpell, Krankheiten des Nervensystems, 3. Auflage 1886 8. 421).
Auch der letztere Umstand wird von der Matter negirt. Geistige Ab-
normität der Matter ist nicht nachgewiesen, über den Vater ist nichts
Näheres bekannt
Was nun die körperliche und geistige Beschaffenheit des An-
geschnldigten selbst betrifft, so haben wiederholte Untersuchungen und
Beobachtungen desselben — er wurde zu diesem Behufe auf einige Tage
in das Lazareth aufgenommen — Folgendes ergeben.
G. ist von schlankem, proportionirtem Körperbau, 168,5 cm gross,
ziemlich schlechtem Ernährungszustaude , geringem Fettpolster der Haut,
mittelkräftiger Muskulatur, von ziemlich blasser Gesichtsfarbe, die einen
leichten Stich ins Gyanotische hat; die Hände werden bei ihm leicht
blaurotb bis über die Handgelenke hinauf, und zwar schon bei geringer
Kälteeinwirkung, wenn er nur einige Minuten bei einer Anssentemperatur
von -f- 1 bis 2 ° R. ausserhalb des warmen Zimmers verweilt An der
rechten Hand treten dabei einige ziegelrothe Flecken und Streifen auf,
ganz wie in dem Falle von epileptischer Schlafsucht, welchen Mendel
in der Deutschen medizinischen Wochenschrift 1880 No. 20 veröffentlicht
hat. Auf Druck entfärbt sich die Haut vollständig und es dauert ziem-
lich lange, über eine Minute, bis die blaurothe Färbung sich wieder
herstellt
In der Kopfbildung ist nichts Abnormes nachzuweisen, nur ist der
Hinterkopf etwas abgeflacht, der Kopfumfang über die Stirne gemessen
beträgt 53, über Kinn und Scheitelwirbel 60 cm. Der Schädel erscheint
demnach in seinem Höhendnrchmesser ziemlich lang, jedoch innerhalb
der normalen Grenzen. Beide Gesichtsbälften sind gleich; weder Ohren-
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253 —
floss Docb Darmparaeiten sind nachsDweisen. An der Zange keine Ver-
leuoDgen. Papillen ciemlich eng, normal reagirend. Keine Spur von
Syphilis, will aach nie infizirt gewesen sein. 2^itweises Onaniren wird za-
gegeben. Ueber der linken Aagenbraae findet sieb eine 2 cm lange nicht
Terwaebsene Narbe, ferner 2 cm über der rechten Aagenbraae eine kleine
roodliche, nicht verwachsene Narbe, etwa wie von einem Blntegelbiss, and
eine dritte ganz ähnliche an der Nasenwurzel. Diese Narben röhren nach
seiner Angabe von den Misshandlnngen seitens seines Stiefvaters her. Anf
dem behaarten Schädel sind keine Narben za finden, vielleicht wegen des
ziemlich dichten Haarwuchses, auch am übrigen Körper nirgends nennens-
werthe Narben. Die Halswirbel sind nicht schmerzhaft bei Druck, der
Brostomfang beträgt 81 — 91 cm, Lungen and Herz ohne nachweisbare
Veränderungen, ebenso die Verdaaungsorgane. Motilität and Sensibilität
der Extremitäten, Cremaster- and Sehnenreflexe normal, ebenso die gal-
vanische and faradische Erregbarkeit der Nerven and Muskeln. Dem-
nach zeigt O. körperlich keinerlei auffallende Abnormitäten, ausser
der gesteigerten vasomotorischen Erregbarkeit der Extremitäten und der
leicht cyanotischen Färbung des Gesiebtes.
In der psychischen Sphäre ist bei G. lediglich ein etwas düsterer,
melancholischer Gesichtsausdruck bemerkenswerth, welcher übrigens aas
den trüben Eindrücken seiner Jagend sich leicht erklärt. Im Uebrigen
sind keinerlei Störungen der Intelligenz, des Gedächtnisses, keine ge-
müthlicben Perversitäten nachzuweisen. Das Zeagniss der Kompagnie
lautet: „Besitzt ganz gute Anlagen, ist auch gewandt and aasrichtsam,
doch oberflächlich und leichtsinnig.“ Von seinen Kameraden worden
niemals geistige Abnormitäten an ihm beobachtet, auch keine besonderen
exzessiven Neigpingen.
Die an ihn gestellten Fragen beantwortet G. prompt and richtig and
zeigt dabei gute Anffassaog, treaes Gedächtnisa and eine gut entwickelte
Intelligenz, sowie keinerlei Neigung zu Uebertreibung oder Entstellung
von Tbatsachen, er macht keine Versuche zur Beschönigung seines Ver-
haltens, sondern antwortet anscheinend vollkommen wahrheitsgemäss and
verlässig; selbst ihm günstig scheinende Suggestivfragen verneint er, wenn
sie nicht zotrefien.
Ueber die oben erwähnten Vorfälle befragt, giebt er Folgendes an:
Als er im Jali vorigen Jahres auf Nachtposten gezogen war, sei
ihm plötzlich „unwohl“ geworden, er habe sich nieder gesetzt and sei ein-
geschlafen. Ueber die Art dieses „Unwohlseins“ näher befragt, giebt er
an: Als er auf Posten zog, sei er noch ganz wohl gewesen; kurze Zeit dar-
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254
nach habe er leichten Kopfschmera nnd Schwindel, sowie ein Gefühl von
schmerzhaften] Druck ^hinter den Augen“ (in beiden Stirnlappen) ver-
spürt; er sei dann gegen die Kapelle zugegangen und habe plötzlich das
Bewusstsein verloren.
Beim Postenstehen im November (HolzhoO sei es ihm gegen ll</i oder
11 V« Uhr ebenfalls plötzlich unwohl geworden, eine Art Schwindel
habe ihn ergriffen nnd dann habe er das Bewusstsein verloren. Dass er
das Gewehr zuvor weggestellt habe, erinnert er sich nicht.
Aehnlich war es mit dem Vorfall auf dem Abtritt
Ausser den erwähnten drei Anfällen könne er sich nur noch eines
vierten erinnern, welchen er, soweit er sich entsinne, im Jahre 1884
dnrchgemacht habe. Er sei damals bei einem Schuhmacher in Wipfeld
bei Schweinfort im Dienst gewesen nnd habe eines Vormittags mit beim
Dreschen geholfen. Da sei es ihm plötzlich unwohl (schwindlig) ge-
worden, so dass er die Arbeit verlassen und in das Haus gehen musste.
In der Werkstatt habe er dann einen Anfall von Bewusstlosigkeit gehabt
Diese Angabe wird durch amtliche Erhebungen bestätigt Der da-
malige Dienstherr des G. giebt an, dieser sei anscheinend gesund ge-
wesen, als er sich damals (im Jahre 1885 kurz nach der Ernte) an der
Arbeit des Dreschens auf einer Dampfdreschmaschine betbeiligte. Kaum
hatte er die Arbeit begonnen, so wurde er plötzlich unwohl und musste
sich nach Hanse begeben. Ale dann der Dienstherr nach Verlauf einer
Stunde nach Hanse kam, sass G. ganz bleich auf einem Stuhl in der
Werkstätte, nnd es sei demselben unmöglich gewesen, die Schuster-
arbeit zu verrichten; er, der Dienstherr, habe ihn hierauf veranlasst, sich
zu Bett zu begeben, was er auch getban habe. Er sei dann bis zum
folgenden Mittag liegen geblieben. Die Ehefrau des Dienstherrn sagte
dasselbe ans.
Weiterer als der vier genannten Anfälle kann sich G. nicht erinnern,
namentlich nicht, dass er in der Jugend schon daran gelitten habe. Ala
Ursache bezeichnet er die Misshandlungen seines Stiefvaters nnd die Er-
kältungen, welchen er sich bei dem Uebernachten im Freien ans Furcht
vor seinem Stiefvater ansgesetzt habe.
Dem Eintritt der Anfälle sei in der Regel ein kurzes „Unwohlsein“,
welches er schwer schildern könne, eine Art von Schwindel und
leichtem Kopfschmerz von nur einigen Minuten Dauer, voraugegangen,
nach den Anfällen sei er rasch wieder wie früher gewesen, höchstens
habe er einige Minuten sich noch matt gefohlt. (Bei dem Anfälle in
Wipfeld hat aber diese Mattigkeitsperiode offenbar länger gedauert, wie
aus den Angaben des Dienstherrn hervorgeht.)
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— 2ft5 —
Im ersten Augenblick nach der Wiederkehr des Bewusstseins habe
er bei den Anfällen im Juli and November das Qeföhl des Elrschreckens
ftehabt
Seinen Kameraden and den beiden Visitirpatronillen gegenüber habe
er nichts von diesen krankhaften Anfällen verlauten lassen, weil er „in
der Kompagnie nicht darum angesehen sein wollte“. Dagegen habe er
schon nach dem Anfalle im Joli bei der Vorstellang vor dem Herrn
Oamisonältesten plötzliches „Unwohlsein“ als Ursache seines Schlafens
auf Posten angegeben, es sei aber darauf kein Gewicht gelegt worden.
Das sind abo die Erhebungen, welche gesammelt werden konnten.
Wenn auch dieselben in mancher Hinsicht nnvolbtändig sind — nament-
lich wegen der mangelnden Anskonft über die geistige Beschaffenheit des
Vaters — , so lassen sie doch ein genügendes Bild über das Vorleben
des Beschuldigten gewinnen. Als nicht unwichtig ist noch beizufügen,
dass O. längere Zeit ein unstätes Wanderleben geführt hat. Nach seiner
Angabe zog er vom 8. bis zum 12. Lebendjahre mit „Spiellenten“, d. h.
fahrenden Leuten, auf Jahrmärkten herum (mit einem Kasperltheater
0. dergl.), war dann kurze Zeit zu Hause, kam mit 12V> Jahren in eine
Erziehungsanstalt in Speyer, wo er Schulunterricht genoss und das
Schahmacherhandwerk erlernte. In dieser Anstalt war er „vom
14. März 1877 hb 21. Oktober 1880“. Dann trat er in Landau bei
einem Schuster in die Lehre und zog im März 1881 in die Fremde. Er
wechselte sehr häufig seine Meister und Aufenthaltsorte, war in Schwan-
beim zwischen Frankfurt und Mainz, Bieberach, Weissenan (bei Mainz),
Momenbeim (Hessen), Bodenheim, Kitzingen, Wipfeld (bei Schweinfnrt),
selten länger als ein Jahr bei ein und demselben Meister, gewöhnlich
nur ein halbes bis einige Monate. Ob dieser häufige Wechsel Folge
eines ihm im Blute steckenden nnstäten Wandertriebes bezw. seiner Er-
ziehung ist, oder ob dies, wie er angiebt, bei Schuhmachern die Regel
sei, da das Bedürfnies nach Arbeitern ein sehr wechselndes sei, lasse ich
dahin gestellt.
Soviel ist also konetatirt, dass G. bereits vor seinem Einrücken zum
Militärdienste einmal einen Anfall von plötzlich und ohne nachweisbare
Veranlassung eintretender Bewusstlosigkeit mit nachfolgender Blässe des
Gesichts und länger dauernder Mattigkeit erlitt, dieser Anfall war ein-
geleitet von einem kurzen Unwohlsein (Schwindel) und zeigt demnach die
Merkmale eines epileptischen Anfalles, wenn auch während der Periode
der Bewusstlosigkeit selbst keine Zeugen zugegen waren, daher dahin
gestellt bleiben muss, ob er mit klonischen und tonischen Zuckungen
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(Krämpfen) einber^ing, was übrigens nscb Analogie der genauer bei ibm
beobachteten Anfälle nnwabrscbeinlicb ist.
Besonders wichtig erscheint mir der Anfall lu Anfang November
vorigen Jahres auf dem Aborte, weil er von Anfang bis zum Ende von
einem zuverlässigen und unbefangenen Zeugen beobachtet ist und gewisse
Erscheinungen zeigte, welche jede Simnlation ausscbliesaen. Ich meine
namentlich die Blässendes Gesichts nnd die profusen Schweisse, welche
mit dem Wiederkehren des Bewusstseins anftraten und, wie sie einerseits
für epileptische Anfälle charakteristisch sind, andererseits absolut nicht
simnlirt werden können. Die Krämpfe des typischen epileptischen An-
falles waren auch in diesem Falle nicht vorhanden, dagegen das charak-
teristische tiefe Aufseufzen beim Erwachen.
Dieser Anfall liefert nach meiner Ansicht den untrüglichen Beweis,
dass O. an der sogenannten Epilepsia mitior (Petit mal der Franzosen),
d. h. der leichteren Form der Epilepsie leidet, welche ohne motorische
Reizerscheinungen (Krämpfe) verläuft nnd zuweilen nur durch rasch vor-
übergehenden Schwindel, eine leichte Ohnmachtsanwandlnng oder kurzen
Bewusstseinsverlnst, zuweilen auch durch „plötzliches Einschlafen*
sich kennzeichnet (Strümpell, Krankheiten des Nervensystems, 3. Auf-
lage S. 426 ff., Enlenbnrg, Real - Encyklopädie, 2. Auflage 6. Band,
S. 425 ff.). Fälle der letzteren Art sind von Westphal („Eigenthüm-
liche, mit Schlaf verbundene AnfSlle", Archiv für Psychiatrie VII, 631;
Fischer, „Epileptoide Schlafzustände“, ebendaselbst VIII, 200; Siemens,
„Zur Lehre vom epileptischen Schlaff, ebendaselbst IX, 72 und Mendel,
„Ueber Anfälle von Einschlafen“, Deutsche medizinische Wochenschrift
1880, No. 20) beobachtet und beschrieben worden.
Nach meiner festen Ueberzeugung gehören die beiden Fälle von
Einschlafen auf Posten, welche bei G. beobachtet wurden, in dieselbe
Kategorie, d. h. ich halte dieses Einschlafen für eine krankhafte, durch
einen epileptischen Anfall (Petit mal) verursachte Erscheinung, welcher
er ohne sein Verschulden unterlag.
Zur Motivirung dieser meiner Annahme ist es nothwendig, die
Gründe, welche dafür nnd welche dagegen sprechen, hier kurz znsammen-
znstellen.
Für meine Annahme spricht Folgendes:
1) Wir haben es bei G. mit einem Individuum zu tbnn, welches als
uneheliches Kind in den ungünstigsten Verhältnissen aufgewachsen, in
früher Jugend durch einen unglaublich rohen Stiefvater fortgesetzt miss-
handelt nnd dadurch mit Furcht und Schrecken erfüllt wurde. Der
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mdanchoHsche Oesichtsaosdrack des ADgescholdigten ist mit Wahr-
scbeialichkeit auf diese entsetzlichen Eindrücke seiner Jugendzeit zurück-
zofähren. Dass solche depressiven Geznüthsaffekte und besonders
Furcht nnd Schrecken unter den Ursachen der Epilepsie eine
wichtige Rolle spielen, ist allgemein anerkannt (Eulenburg a. a. 0.
S. 415). Ausserdem auch unzureichende schlechte Ernährung von Jugend
auf (ebendaselbst S. 412), welches Moment sicherlich bei 6. unter den
geschilderten Verhältnissen ohne Weiteres als zweifellos vorhanden he>
leichnet werden kann und auch in seiner jetzigen Körperkonstitution noch
Dachzuweisen ist
2) G. ist von gesteigerter vasomotorischer Erregbarkeit, welche sich
io den oben geschilderten Erscheinungen an seinen Händen nnd der
leichten Cjanose des Gesichts zu erkennen giebt und mit dem von
Mendel veröfiFentlichten Falle von epileptischer Schlafsucht übereinstimmt
3) Es sind bei G. zwei Anfälle beobachtet (in Wipfeld im Jahre 1885
und hier im November 1887 auf dem Aborte), welche charakteristische
Merkmale der Epilepsie erkennen Hessen nnd eine Simulation ausschliessen.
4) Die beiden Fälle von Schlafen auf Posten zeigten gewisse Eigen-
tbümlicbkeiten, welche seihst den einfachen, ungeschulten Beobachtern,
wie es die Mannschaften der betreffenden Visitirpatrouillen waren, anf-
fielen and in ihnen den Gedanken erweckten, dass es sich hier nicht um
gewöhnlichen Schlaf, sondern nm eine Art von „Unwohlsein“ handele,
d. b. dass sie krankhafter Natur seien, und zwar fiel ihnen
a. bei dem Vorfall vom 29. November auf, dass G. auf Gesicht nnd
Bauch lag, nnd zwar an einer Stelle, welche bei der mondhellen Nacht
schon von der Strasse aus eingesehen werden konnte, welche ferner
schmntzig, nass, fast ohne Rasen und daher zum Schlafen nicht günstig
war; ferner dass G. im Gesicht, als er sich erhob, krankhaft blass
aassah;
b. bei dem Vorfall im Jnli v. Js., dass G. schon zu Anfang des
Wachestebens vom Schlaf übermannt worden war.
Beide Male war der Schlaf für einen in dieser Situation, d, h. im
Freien auf Nachtposten Befindlichen auffallend fest; denn wenn auch G.
beim Rütteln bezw. Anrufen gleich erwachte — was der Annahme eines
epileptischen Schlafes nicht widerspricht, wie die in der Litteratur an-
geführten Fälle zeigen — , so wäre doch ein per nefas Eingescblafener
vermnthlicb schon durch den Schritt der Visitirpatronille auf dem Pflaster
erweckt worden.
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Gegen die Annahme eines krankhaften (epileptischen) Schlafanfallea
scheint zunächst Folgendes zu sprechen:
1) Das G. im Holzhof vor dem Einschlafen das Gewehr noch sorg*
^Itig an die Wand gelehnt hatte. Mir scheint dies jedoch kein Gegen-
beweis zu sein, sondern im Gegentbeil fnr meine Annahme eines krank-
haften Anfalles zn sprechen. Denn wenn G. absichtlich schlafen wollte,
so hätte er viel wahrscheinlicher das Gewehr im Arm behalten, nm beim
etwaigen Nahen einer Visitirpatrouille es gleich bei der Hand so haben und
nicht erst darnach greifen oder suchen zn müssen. Ergiebt glanbwnrdig an,
dass er nichts von dem Wegstellen des Gewehres weiss. Dasselbe fällt
demnach schon in den Zustand des schwindenden Bewusstseins und ist
analog dem instinktiven Aufziehen der Uhr bei Schlaftrunkenen vor dem
Niederlegen bei bereits mangelndem Bewusstsein. Siemens hat in seiner
geistvollen Arbeit über den „epileptischen Schlaf die durchgehende Ana-
logie desselben mit dem gewöbnlichen Schlaf nachgewiesen (a. a. O.).
2) Dass G. seinen Kameraden gegenüber weder unmittelbar beim
Erwachen noch nachher etwas davon sagte, dass er an solchen krank-
haften Anfällen leide. Dies stimmt aber ganz mit dem sonstigen Ver-
halten Epileptischer überein, welche sich bekanntlich scheuen, ihrer
Krankheit Erwähnung sn thnn, vielmehr dieselbe möglichst geheim zu
halten suchen. Es ist dies ja auch vollkommen erklärlich und in der
menschlichen Natur begründet. G. hat mir gegenüber sein diesbezügliches
Verhalten auch ganz richtig und glaubwürdig motivirt, seinen Vor-
gesetzten gegenüber bat er aber die krankhafte Natur der genannten
Scblafanfälle ganz korrekt angegeben. Der Visitirpatrouille gegenüber
batte er keine Veranlassung, sein epileptisches Leiden zn erwähnen, da
er wohl wusste, dass der Entscheid über seine Bestrafung der Königl.
Kommandantur znstehe.
Bei dem Anfalle auf dem Aborte hat er übrigens io der ersten Ueber-
raschnng beim Erwachen auf das Befragen des Zengen S. erwidert, dass
er solche Anfälle schon öfters gehabt habe.
3) Es könnte Bedenken erregen, dass Heredität, Syphilis, Alkoholis-
mns und Traumen, welche bei der Entstehung der Epilepsie eine so her-
vorragende Rolle spielen, in unserem Falle nicht nachznweisen sind.
Hierzu ist aber zu bemerken, dass wir über seinen Vater überhaupt
nichts Näheres wissen, und daher möglicherweise der fehlende Nachweis
über hereditäre Beanlagung nur unserer Unkenntniss zuzuschreiben ist.
Ferner haben wir gesehen, dass G. in seiner Jugend fortgesetzt den
gröbsten Misshandlungen ausgesetzt war, welche sich sehr häufig gegen
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«eioeD Kopf richteten and Gehirnerschötterangen zur Folge haben mussten.
Unter den Ursachen der Epilepsie werden nun aber „vornehmlich Kopf-
rerletcnngen nnd Kopferschüttemngen** aafgeföbrt, welche „nicht an-
mittelbar mittelst anatomisch fassbarer Schädel- resp. Hirnläsionen'‘ tu
wbken brauchen (Enlenbarg, a. a. O. S. 414). Noch ein anderes
ätiologisches Moment der Epilepsie, nämlich Furcht und Schrecken,
haben wir ebenfalls in seiner Jagend wiederholt und in starkem Maasse
anf ihn einwirken sehen.
Man könnte nun aber fragen: Warum ist dann die Epilepsie nicht
schon im Eindesalter bei ihm aasgebrochen, sondern erst so lange Zeit
nach den einwirkenden Ursachen? Der erste nachgewiesene Anfall ist
ja erst im Jahre 1885, also im 21. Lebensjahre, bei ihm aufgetreten. Eis
ist nun aber bekannt, dass in einer Reibe von Fällen erst mit oder nach
dem Eintritte der Pubertät die Epilepsie zum Ausbruche kommt, und
man ninamt an, dass dies mit den allgemeinen Veränderungen im Nerven-
leben zusammenbängt, welche sich an diesen physiologischen Vorgang
knüpfeo. Man kann vielleicht auch die Verlangsamung des Stoffwechsels
und der Herzaktion, die Abnahme der Innervations-Energie, welche in dem
genannten Alter sich einstellt, in einen gewissen Zusammenhang mit dem
ersten Auftreten der Epilepsie bringen, insofern als die Elastizität und
Widerstandsfähigkeit der Nervencentren ebenso wie der übrigen Organe
offenbar schon in dieser Periode eine gewisse Einbusse erleidet, wie ja
auch z. B. der Ausbruch der Lungenschwindsucht ebenfalls in diese
Periode zu fallen pflegt, obwohl die Tuberkel - Bacillen oft schon lange
vorher im Organismus sich eingenistet und die Erscheinungen der Skrofu-
löse erzeugt hatten.
4) Auffallend könnte es ferner erscheinen, dass O. gerade auf Nacbt-
posten zweimal solche Anfälle bekommen hat, während er ausserdem
überhaupt nur zweimal, und zwar bei Tage, daran litt. Wir sehen den
ersten Anfall etwa im September 1885; dann eine fast zweijährige Pause,
dann drei Anfälle im Zeitraum vom Juli bis Ende November 1887 auf-
treten. Diese Art des Verlaufes ist jedoch bei der Epilepsie sehr häufig.
(Strümpell a. a. O. S. 428: „Sehr häufig beobachtet man gewisse
Schwankungen des Verlaufes, so dass die Krankheit Perioden mit häufiger
wiederkehrenden Anfällen zeigt, auf welche dann wieder längere anfalls-
freie Pansen folgen“, nnd umgekehrt.) Wir wissen ferner, dass das
häufigere und seltenere Auftreten der epileptischen Anfälle zuweilen mit
gewissen äusseren Einflüssen zusammenbängt, und dass hierbei
psychische Erregungen, körperliche U eberanstrengnngen
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o. dergl. „fast immer einen merklichen schädlichen Einfluss“ ansüben
(Strümpell, a. a. O.). Es ist nun nicht zn verkennen, dass bei nacht*
lichem Wachestehen diese Bedingungen gegeben sind, dass anfangs
eine gewisse Erregung und Anspannung aller Sinne eintreten wird, wo-
rauf gegen Ende der Wache eine gewisse Abspannung and Uebermüdang
folgt. Hieraus erklärt sich vielleicht, dass in dem einen Falle (im Joli)
zu Anfang der Wache, im anderen (November) gegen Ende derselben
der Anfall eintrat. Ferner kommt noch die Einwirkung der Kälte hinzu,
welche bei O., wie wir gesehen haben, gewisse vasomotorische Störungen
hervorruflt, die für die Entstehung des epileptischen Anfalles von Wichtig-
keit sind. Warum freilich bei O. diese Einwirkungen sich nur im Jnli
und November 1887 geltend machten, während er doch vorher und nachher
auch zu öfteren Malen auf Nachtposten war, ohne zn erkranken, dies ent-
zieht sich unserer Erkenntniss, stimmt jedoch mit der oben erwähnten
Thatsache der periodenweisen Häufung der Anfälle überein.
Für den Fall in Wipfeld lässt sich vielleicht die ungewohnte Arbeit
sm der Dreschmaschine einigermaassen verantwortlich machen, während
für den auf dem Aborte zn Anfang November 1887 eben wieder die
Periode grösserer Häufigkeit herangezogen] werden muss; denn G.
war ja vorher unzählige Male auf dem Abort, ohne daselbst etwa in Folge
des intensiven die Nerven reizenden Geruches einen Anfall zu bekommen.
Fassen wir also nochmals die Momente zusammen, welche speziell
das Schlafen auf Posten am 29. November v. Js. als ein ungewolltes,
durch Krankheit veranlasstes wahrscheinlich machen, so sind dies folgende :
Hätte O. absichtlich schlafen wollen, so hätte er sicherlich nicht den
vorderen Theil des Ganges gewählt, wo er von einer visitirenden Patrouille
sofort gesehen werden musste, ja in der mondhellen Nacht sogar schon
von der Strasse aus gesehen werden konnte, sondern er hätte eich in den
hinteren engeren Theil des Ganges begeben , wo nicht bloss das Schlafen
wegen dichteren Rasens bequemer, sondern auch sicherer war, da er nicht
sofort gesehen werden und erwarten konnte, durch das Geräusch der
Schritte im vorderen Gange erweckt zu werden und noch rechtzeitig
anfspringen zu können. Zu diesem Behnfe hätte er auch jedenfalls das
Gewehr im Arme behalten, um gleich bereit zu sein.
Er hätte sich ferner voraussichtlich nicht auf Gesicht und Bauch
gelegt, in welcher Lage er der Aussenwelt viel mehr entrückt war, sondern
in die gewöhnliche Lage schlafender Soldaten auf den Rücken, um so
mehr als der Boden damals schmutzig und nass war und daher nicht
zum Aufdrücken des Gesichts einlnd. Der relativ feste Schlaf in dieser
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SitnatioD spricht ebenfalls für das Krankhafte derselben. Denn eine
marscbirende Patronille wird in stiller Nacht von einem auf dem Boden
Liegenden nnd leise Schlafenden leicht schon ans einiger Entfernnng
wabrgenommen nnd diesen in den meisten Fällen wenigstens in nächster
Nähe dnrch das blosse Oeränsch der Schritte znm Erwachen zn bringen.
Für die krankhafte Natnr des Schlafes spricht ferner noch die von
zwei Zengen bemerkte krankhafte Blässe des Gesichts des G., welche
sich ebenso bei dem Anfalle anf dem Aborte zn Anfang November des-
selben Jabres gezeigt batte.
Weiter ist noch zn bemerken, dass bei epileptischen Anfällen die
Kranken meistens vornüber fallen (Strümpell, S. 245), was mit der
Lage, in der G. gefunden wurde, übereinstimmt.
Bei dem Anfalle, welchen G. im Juli 1887 anf Nachtposten hatte,
lag er allerdings auf dem Rücken, was ja ebenfalls, wenn auch seltener,
bei Epilepsie vorkommt; jener Anfall zeigt überhaupt mehr Analogie mit
einem normalen Schlafe, obgleich ich auch ihn ans oben erwähnten
Gründen für einen krankhaften halte. Bei diesem scheint G. sich bei
— bereits zn Anfang der Wacbel — eintretender überwältigender Müdig-
keit noch halb instinktiv nnd bei bereits schwindendem Bewusstsein eine
günstigere Stelle zum Niederlegen ansgesncht zu haben.
Ferner stimmt die Schildemng, welche G. von den einzelnen Fällen
giebt, and speziell auch von dem am 29. November, das vorhergehende
kurze „Unwohlsein“ (Schwindel nnd Kopfschmerz), das plötzliche Ein-
treten von Bewnsstlosigkeit, die nachfolgende kurze Mattigkeit ohne Er-
innerung an den eigentlichen Anfall genau mit dem Bilde der Epilepsia
mitior überein, wie es die wissenschaftliche Erfahrnng lehrt. Erfindung
oder znfSllige Kenntniss dieser Erscheinnngen lässt sich wohl mit Sicher-
heit ansschliessen.
Endlich ist bervorznheben, dass G. weit davon entfernt ist, ans
seinem Leiden Kapital zn schlagen, nm sich durch Betonung desselben
rein zu waschen nnd straflos aaszugehen, und das spricht entschieden
wieder zu seinen Gunsten. Die gewonnene Kenntniss seines Leidens
war vielmehr nur durch eingehende mühsame Fragestellung und Re-
cherchen zu erzielen, während ein Simulant mit grosser Zungengeläufig-
keit und Redeschwall dasselbe möglichst phantastisch zu schildern und
breitzutreten versucht haben würde.
Ans diesen Gründen und nach genauer Erwägung des Für nnd Wider
in der vorwürfigen Frage gelange ich zn dem
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Schlass-Gotachten:
„Der Untersuchte, Jäger Friedrich G., leidet an Epilepsia mitior,
d. h. Fallsucht milderen Grades ohne Krämpfe, wovon bisher vier An-
fälle bei ihm beobachtet wurden. Das Schlafen auf Posten im Juli 1887
und desgleichen im November 1887 wurde höchst wahrscheinlich durch
je einen Anfall dieser Krankheit verursacht.“
Aschaffenburg, März 1888.
Schwere Contasio bulbi mit gftnstigem Ausgang.*)
Von
Stabsarzt Dr. Kirchner (Rastatt).
Meine Herren! Ich gestotte mir. Ihnen hier einen im Herbst 1886
eingestellten Füsilier vorzustellen, welcher am rechten Ange einen höchst
interessanten Befund darbietet.
Rechtes Ange, vergrössert (schematisch).
Gleich auf den ersten Blick bemerken wir an diesem Ange in der
lateralen Hälfte der Regenbogenhaut, vorzugsweise dem nntern Quadranten
angehörig, eine dreieckige schwarze Stelle: Die Basis des Dreiecks ist
die entsprechende Stelle des Hornhantrandes, die dieser Basis gegenüber-
liegende Spitze zeigt nach der Pupille. Die Schwärze dieses Dreiecks
ist von derselben dunkeln Klarheit, wie die des normalen Pupillargebiets,
das Dreieck bedeutet daher einen Defekt in der Regenbogenhaut an
dieser Stelle. In diesem Defekt bemerken wir bei genauerem Zusehen
*) Nach einem in der militärärztlichen Geselischaft zu Hannover im Januar 1887
gehaltenen Vorträge.
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Mbon mit blossem Aage nach der Spitze des Dreiecks zu eine matte,
grtae, mit dem Hornbautrande parallellaufeode Linie, an welche sich
eine den Raum bis zur Spitze ansfnllende, noch etwas matter graue
Fläche anschliesst. Dieses kleine maltgraue Dreieck, welches in dem
grösseren schwarzen liegt, ist offenbar ein kleiner kataraktöser Linsen-
zosschnitt, die graue Linie ein Stuck Linsenrand. Die Pupille erscheint
io der Richtung von rechts oben nach links unten schrägoval, und zwar
ist dieses Oval insofern unregelmässig, als der nach rechts unten, somit
nach der Spitze des dreieckigen Regenbogenhantdefekts zu, belegene
Eorvenabschnitt nach dem Zentrum des Ovals zu abgeplattet ist, also
mehr geradlinig erscheint, der nach links oben liegende Abschnitt da-
gegen mehr halbkreisförmig ist, also dem Rund der normalen Pupille
entspricht. Betrachten wir die Regenbogenhaut etwas genauer, so zeigt
sie sich, besonders in dem schmalen Abschnitt zwischen Pupillarrand
and Spitze des Defekts, deutlich zirkulär gefältelt. Diese Falten werden
nach dem oberen und unteren Regenbogenhantrande zu niedriger und
sind in der medialen Irishälfte völlig verstrichen. In dieser ist die radiäre
Streifung der Iris deutlich ausgesprochen, während in der lateralen Hälfte
diese Streifung weit weniger deutlich 'ist. Um ein triviales Bild zu ge-
brauchen, gleicht diese zirkuläre Fältelung der Regenbogenhaut dem
Faltenwurf, welcher entsteht, wenn der untere Rand des Umhangs eines
weiblichen Gewands nach einer höher befindlichen Rosette oder Schleife
XD aufgeschnrzt, und so ein Ausschnitt in diesem Umhang her-
gestellt wird.
Die Papille reagirt auf Lichtreiz sehr gut, der dreieckige Defekt
bleibt unbeweglich.
Lassen wir den Mann rasche Bewegungen des Bulbus nach rechts
oder links ansfnbren, so bemerken wir deutliches Irisschlottern, be-
sonders in der Defektgegend. In dieser scheint die um ihre vertikale
Axe pendelnde Linse die in wellenförmige Bewegungen versetzte Regen-
bogenhant stärker vorzuwölben als medianwärts.
Bei fokaler Beleuchtung erscheint der kleine kataraktöse Linsen-
sektor in dem der Spitze des Defekts zngelegenen Abschnitt desselben
sehr scharf begrenzt — besonders der Linsenrand tritt sehr deutlich
hervor — und von hellgrauer Farbe. An der Basis des Defekts am
Hornbautrande, da wo sonst die Iris inserirt, bemerken wir einige kleine
fetzige oder zackige dunkelbraune bis schwarze Prominenzen, sonst ist
io dem Zwischenraum zwischen Basis des Defekts und Linsenrand, speziell
io grösserer Tiefe, nichts zu bemerken. Bei fokaler Beleuchtung des
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Papillargebiets finden sich in der im Uebrigen klaren Linsensobetans
einige schmale horizontal verlanfende grane Streifen, die von rechts her
kommend bis etwas über das Linsenzentrum nach links ziehen. Sie sind
offenbar die Aasläufer der nach dem rechten Linsenrand zu befindlichen
absoluten kataraktösen Trübung.
Ophthalmoskopisch ist das Pupillargebiet sehr gut zn durch-
leuchten, nur die vorhererwäbnten Kataraktausläufer erscheinen als
schwarze Striche. Die Spitze des Defekts, da wo der kataraktöse
Linsenabscbnitt liegt, erscheint völlig dunkel, dagegen kann man zwischen
der Basis des Defekts and dem Linsenrande bequem in den Glaskörper-
raum hineinleucbten, besonders beim Blick nach rechts: Dieser Abschnitt
(b in der Figur) erscheint dann als hellrothes Segment. Vom Corpus
ciliare ist nichts zu sehen. Der Augenbintergrund ist normal, die
Papille scharf, nur in ihren lateralen (i. n. B. medialen) Partien leicht
verwaschen, offenbar infolge der kataraktösen, das Pupillargebiet zum
Theil durchziehenden Linsentrübungen; die Intervaskularränme sind stark
pigmentirt. Ausserdem finden sich einige leichtbeweglicbe Glaskörper-
trübungen.
Aeusserlich ist am Bulbus, an Cornea, Eonjunktiva oder Sklera
keine Narbe, noch sonst etwas Pathologisches zu entdecken.
Die Tension des Bulbus ist rechts etwas geringer als links.
Die Untersuchung des Refraktionszastandes und der Seh-
schärfe des rechten Auges ergiebt:
R — '/i4 oder — 2,75 D, S = "/»
— Vti oder — 3,5 D, 0,8 in 35 cm etwas mühsam
L ES = 1.
Ophthalmoskopisch ist das linke Auge normal, die Intervasknlar-
räume ebenfalls stark pigmentirt.
Anamnestisch Hess sich Folgendes feststellen. Als der Vorgestellte
ungefähr drei Jahre alt war, erhielt er von einem älteren Knaben beim
Ballspiel aus Unvorsichtigkeit mit einem Knüppel einen Schlag in das
rechte Auge. Dasselbe soll sehr schlecht ausgesehen haben, so dass es
der hinzugezogene Arzt herausnebmen wollte. Die Eltern gingen jedoch
hierauf nicht ein, und nach fünf bis sechs Wochen war das Auge frei
von Entzündung und ging allmählich in den jetzigen Zustand über.
M. II. I Die durch das Trauma im Moment des Schlages gegen das
rechte Auge an diesem gesetzten Veränderungen waren meiner Ansicht
nach folgende: 1) Partielle Irisruptur mit der Ausdehnung derselben ent-
sprechender Zertrümmerung des Corpus ciliare; 2) partielle Ruptur der
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ZoQola Zinnii; 3) Ruptur der Linsenkapsel. Letztere batte sehr bald
die bestehende Katarakt zur Folge.
Der von mir oben so bezeichnete Irisdefekt ist nur ein scheinbarer.
Tbatsäcblich batte das Trauma eine Irisruptnr zur Folge und zwar eine
Ablösung des Ciliarrandes der Iris von seiner Insertion am Homhant-
rande und dem Corpus ciliare an der Stelle, wo sich die Basis des
schwarzen Dreiecks befindet. Vielleicht durch den im Gefolge der Iris*
mptnr auftretenden Bluterguss wurde der abgelöste Ciliarrand pupillar*
wärts verschoben, die im Anschluss an das Trauma sich einstellende
adhäsive (fibrinöse) Iritis bewirkte eine Verklebung dieses CUiarrand-
Stückes mit der vorderen Linsenfläche, mit der Resorption des Blutergusses
löste sich die hintere Synechie nicht, durch die Retraktion des an die
Stelle des fibrinösen Exsudats tretenden Bindegewebes wurde die Mitte
des abgelösten Ciliarrandes noch mehr pupillarwärts verzogen, und so
entstand das jetzige Bild. Die ganze Breite der Iris ist an der Ruptnr-
stelle auf die Entfernung zwischen der Spitze bezw. den dort zusammen-
stossenden Seiten des schwarzen Dreiecks und dem der Dreieckspitze
gegenüberliegenden Pupillarrande zusammengescboben, daher die Fältelung
m diesem Irisabschnitt. Diese in der Spitze zusammenstossenden Seiten '
des Dreiecks sind der abgelöste Ciliarrand.
Der durch die Irisruptur hervorgerufene Bluterguss war gewiss nicht
unbedeutend. Denn da der Rest bis über den Aequator des Auges nach
oben reichte, so musste die fast genau im Aequator verlaufende laterale
Art. ciliaris post, longa selbst oder jedenfalls deren unterer Ast dnrch-
riuen sein.'*'') Ohne Zweifel füllte der Bluterguss die vordere Kammer
ganz ans, wahrscheinlich fand auch eine mehr oder minder erhebliche
Durchtränknng des Glaskörpers mit Blut durch den Zonulariss und den
mit diesem zusammen sicher eingetretenen Riss der Hyaloidea hindurch
statt. Denn die vorhandenen Glaskörpertrübungen lassen sich wohl am
leichtesten als Residuen von Blutungen anffassen, da keine chorioidealen
Veränderungen nachweisbar sind. Die leichte Beweglichkeit dieser
Trübungen lässt auf eine wenn auch nur partielle Verflüssigung des Glas-
körpers schliessen.
Das Corpus ciliare- ist an der Rnptnrstelle völlig geschwunden;
auch bei scharfem Rechtssehen lässt sich von den Ciliarfortsätzen nichts
entdecken, wenn man nicht die obenerwähnten kleinen zackigen Pro-
*) Die Theilung dieser Art. in einen oberen und unteren Ast findet bereits statt,
ehe sie den ClUarrand der Iris erreicht.
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mioenzen, die ebensogot als Irisreste angesprochen werden können, für
Reste der Ciliarfortsätze halten will. Durch das Tranma war das Corpus
ciliare an der Rnpturstelle offenbar völlig zerrissen nnd zertrnmniert,
seine Reste worden später resorbirt oder atrophirten soweit, dass nichts
Charakteristisches von ihm mehr sichtbar ist.
Dass mit der Zertrnmmemng des Corpus ciliare an der Irisrnptor-
stelle auch die Linse ihre normale Befestigung in dieser Gegend ein-
gebüsst haben musste, kann an sich schon keinem Zweifel unterliegen.
Entweder war die Zonnla intakt geblieben nnd mit Theilen des Corpus
ciliare von ihrer Befestigungsstelle an letzterem losgetrennt, oder sie war
selbst zerrissen. Wahrscheinlich das Letztere, da ja der Schlag auch
auf die Linse wirkte, nicht allein auf die Ansatzstelle der Regenbogenhaut
an die Hornhaut. Die Folgen dieser partiellen Zonnlarnptnr, die natnr-
gemäss nicht heilen konnte, sehen wir in dem Irisscblottern nnd meiner
Ansicht nach in der Myopie des rechten Anges. Dieselbe beruht sehr
wahrscheinlich nur auf einer stärkeren Wölbung der Linse, d. b. einer
Verlängerung des sagittalen Linsendnrchmessers gegen den des linken
emmetropiscben Anges unter gleichzeitiger Verkleinerung des vertikalen
nnd transversalen Durchmessers. Gegen eine angeborene oder erworbene
Myopie in Folge von Verlängerung der Sebaxe spricht der Angenspiegel-
befund, der keine Spur eines Skleralstreifs anfweist. Das Vorhandensein
von E mit voller Sehschärfe auf dem linken Auge, die fast volle Seh-
schärfe auf dem rechten, die gewiss nur durch die kataraktösen
Trübungen im Pnpillargebiet verringert ist, der beiderseits gleiche Befund
am Angenhintergmnd lassen annehmen, dass das rechte Auge ein von
Geburt emmetropisches mit voller Sehschärfe war gleich dem linken nnd
dass seine Sebaxe noch jetzt die Länge derjenigen des emmetropiscben
linken Auges hat Die Myopie ist in Folge des Traumas dadurch ent-
standen, dass in Folge der Zerreissnng der Zonnla auf der rechten
Seite ihre elastische Zngwirknug auf die Linsenperipherie auf dieser
Seite anfhörte, die Linse in ihrer Gestaltung nur mehr durch ihre
eigene Elastizität beeinflusst wurde, unter deren Wirkung die Linse das
Bestreben bat, sich der Kugelgestalt zu nähern, daher ihr sagittaler
Durchmesser znnebmen, die beiden anderen abnebmen mussten. Dass
übrigens die rechte vordere Linsenfläche tbatsächlich stärker konvex ist
als die linke, konnte ich direkt nach weisen durch die Beobachtung der
Reflexbildchen: das rechtseitige ist kleiner als das linkseitige.
Auffallend könnte es erscheinen, dass wir trotz des zweifellosen
Vorhandenseins einer 21onularnptnr keine Ortsverändemng (Luxation) der
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Liese finden, dieselbe bst anscheinend ihre Lage in der tellerförmigen
Grabe völlig beibehalten. Dies hat offenbar seinen Grand in der hinteren
Synechie. Der abgelöste, in seiner Mitte winkelige geknickte Irisrand,
der an der vorderen Linsenfläche nahe ihrem lateralen Rande festhaftet,
ersetzt in gewisser Weise an der Rupturstelle die Zonola, ohne natürlich
die Linse völlig fbtiren cn können.
Die durch das Traama verursachte Katarakt betrifft nur die rechte
Hälfte der Linse und ist absolut nur in ihrem äussersten rechten Ab-
schnitt, wie wir dies in dem im Irisdefekt zu sehenden Keilchen erkennen.
Von dieser kleinen absoluten Trübung strahlen einige striebförmige nach
dem Linsenzentrum zu aus. Die Katarakt kann nur eingetreten sein in
Folge eines Einrisses der Linsenkapsel, wahrscheinlich am lateralen
Linsenrande, indem hart an diesem vielleicht stellenweise die Zonula ab-
und gleichzeitig die Linsenkapsel einriss. Gemeinhin ist die Folge solcher
Verletzung der Linsenkapsel Trübung und Quellung der Linsensubstanz,
dieselbe quillt aus der Rissstelle heraus, wird allmählich resorbirt, es
folgt weitere Linsensubstanz nach, die Linse schrumpft mehr und mehr.
Meistens, besonders bei jugendlichen Individuen wie in unserem Fall,
tritt auf diese Weise eine Trübung der ganzen Linse ein mit mehr oder
minder erheblichem Anstritt von Linsensubstanz in die vordere Kammer
und Resorption daselbst, wie wir diesen Vorgang von der Diszision her
kennen. Im vorliegenden Fall ist jedoch offenbar nicht die mindeste
Verkleinerung der Linse eingetreten. Dies bat meiner Meinung nach
seinen Grund darin, dass erstens vielleicht der Kapselriss nur klein war,
und zweitens, nachdem derselbe entstanden, allerdings durch Imbibition
der ihm zunächst liegenden Linsensubstanz eine Trübung derselben auftrat,
ihr Austritt in die vordere Kammer aber in Folge des dort im Anschluss
an den Irisriss aufgetretenen Blutergusses, der einen nicht unbedeutenden
Druck auf die Linse ausüben musste, nicht erfolgen konnte. Aus eben
diesem Grande trat offenbar rasch Verklebung und definitiver Schluss
der Kapselwuiide ein, so dass die Linse auch nicht den mindesten
quantitativen Verlust an ihrer Substanz erlitt Nur so konnte eine so
vorzügliche Sehschärfe erhalten bleiben.
Dem vorliegenden Befunde nach, m. H., ist anzunehmen, dass der
Schlag mit dem Knüppel direkt gegen den Bulbus, nicht etwa gleich-
*} Die sehr seltene traumatische Katarakt ohne Kapselriss ist für den vor-
liegenden Fall wegen der Schwere der Verletzung und der gleichzeitigen Zonula-
ruptor nicht anzunehmen.
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zeitig gegen die Augenhöblenränder erfolgte; io letzterem Fzlle bitte
nicht eine so schwere Balbnsverletzang stattfinden können. Wahrscheinlich
traf das vordere Ende des Knüppels mit seinem Rande gerade aaf
den lateralen Hornhantraod anf ond bewirkte so die vorliegenden Ver-
letzungen. Ob and inwieweit die Konjanktiva, Sklera oder Cornea verletzt
gewesen sind, dafür lässt sich jetzt kein Anbaltspnnkt mehr finden. Eine
Narbe oder sonstige pathologische Beschaffenheit lasst sich an diesen
Theilen nicht konstatiren.
Die Dienstbranchbarkeit des Mannes anlangend, so liegt kein Oitmd
vor, aus welchem dieselbe bezweifelt werden könnte. Als ich den Mann
vierzehn Tage nach seiner Einstellung wiedersab, bemerkte ich aUerding*
eine geringe perikorneale Injektion am rechten Auge, und er klagte
damals, dass er beim Kommando „Augen rechts“ oder „Augen links*
einen leichten Schmerz um dieses Auge empfinde. Dieses war indess
nur eine vorübergebende Reizerscheinung in Folge der ungewohnten
rackweisen Kopfbewegungen, bei denen die in ungewöhnlich heftige
Schwingungen versetzte Linse auf Iris und Corpus ciliare stärker als
sonst zerrend einwirkte. Nach Verlauf von weiteren vierzehn Tagen war
von irgend welchen Reizerscheinungen nichts mehr zu sehen, und der
Mann hatte nicht die geringsten Klagen mehr. Auch heute besteht dieser
reizlose Zustand weiter. Wir haben es hier offenbar mit einem schon
längst konsolidirten Zustande zu thnn; der Mann bat nach Heilung der
Verletzung nie cyklitische Reizerscheinungen gehabt und wird voraus-
sichtlich, nachdem sich sein Cvealtrakt an die ihm neuen dem Militär-
dienste eigenen Bewegungen gewöhnt hat, auch weiterhin keine solchen
Reizerscheinungen bekommen.
Fälle wie der vorliegende gehören durchaus nicht zu den häufigen
Vorkommnissen. Einfache Iridodialjsen kommen in Folge von Contusio
bolbi öfter vor, dagegen bezeichnet Becker*) Fälle von Liosenkapsel-
zerrcissung in Folge einer solchen Verletzung als sehr selten. Freilich ist
dieselbe auch im vorliegenden Falle nicht erwiesen, sondern nur mit
grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Ganz besonders bemerkenswerth
ist die vorzügliche Erhaltung der Sehschärfe. Ich finde hierüber in der
mir zu Gebote stehenden Litteratur keine Angaben, indess ist die Seh-
schärfe meist bei derartigen Verletzungen schon durch die in Folge der
*) G rarfe-Saemisch, Handbuch der gesammten Angenbeilkiinde, V. S. 181
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ZerreiMoni; der Zoonla eingetretene Sabluxation der Linse sehr
beeinträchtigt.
Der Ort der Verletcang ist der für Eontnsionsverletiongen des
Bolbos gewöhnliche, im lateralen nntem Quadranten.
Referate und Kritiken.
Handbuch der Eriegsheilk unde. Für die schweizerischen Sanitäts-
Offiziere bearbeitet von Oberstlieutenant Dr. H. Bircher, Divisions-
Arzt, Dozent für Chirurgie an der Universität Bern. Benno Schwabe,
Basel. 1886.
Auch die Schweiz bereitet sich, wenigstens in Bezug auf das Sanitäts-
wesen, für einen zukünftigen Erieg vor, wie der Titel obenbenannten
Werkes bezeugt.
Dasselbe zerfällt in drei Tbeile, von welchen der erste von der
Organisation des schweizerischen Sanitätswesens in der vergangenen und
in der jetzigen Zeit bandelt, allerdings ist diese Organisation, wie die
Vorrede belehrt, theil weise noch prinzipiell io Entwürfen festgesetzt;
nichts desto weniger ist gerade dieser Theil für uns von grösserem
Interesse und fordert zu einem Vergleiche mit unseren Einrichtungen
heraus.
Von dem historischen Abschnitte, mit dem 15. Jahrhundert beginnend,
ist nur kurz zu erwähnen, dass die Bezeichnung «Sanitätsoffizier'^ in der
Schweiz im Jahre 1862 eingeführt worden ist, nachdem schon zwei
Jahre vorher die letzte Unterordnung des Sanitätswesens unter die
Intendantur entfernt wurde.
Die jüngste Reorganisation der Heereseintheilung wird auf die
Erfahrungen des Erieges 1870/71 zurückgeführt; es wurde eine eigene
Truppengattung, die Sanitätstruppe genannt, errichtet, die Oberleitung
des gesammten Sanitätsdienstes im Frieden bat der Oberfeldarzt,
nnter dem Militärdepartement stehend, im Eriege der Armeearzt; den
Transportdienst leitet der Oberetappenarzt; der Chef des Spital-
dienstes und derjenige des Hülfsvereinswesens stehen nnter dem Ober-
feldarzt.
Bei der Division wird der Sanitätsdienst vom Divisionsarzt
geleitet, unter welchem das gesammte Sanitätspersonal und das Feld-
lazareth stehen; im Frieden dem Oberfeldarzt untergeordnet, besorgt
derselbe die Rekmtirnng, führt die Eontrole über das Sanitätspersonal,
ernennt die Unteroffiziere, sein Stellvertreter ist der Eommandant des
Feldlazarethes, Feldlazarethcbef genannt, welcher im Frieden das
Material des Feldlazarethes zu inspiziren bat, dieser wieder besitzt einen
Stellvertreter bei der Division.
Die subalternen Militärärzte (Hauptlente, Oberlientenants) sind
den Truppen und den Sanitätsanstalten zngetheilt.
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Die Militärapotheker (gleichfalls Sanitätsoffiziere) verwalten das
Material der Sanitätsanstalten während des Dienstes.
Die Mannschaft gehört entweder zu den Trnppentheilen oder zn
den Sanitätsanstalten.
Der Krankenwärter (nnseren Lazarethgehilfen entsprechend) hat
eine sogenannte Bulge, in welcher sich die Verbandgegenstände
befinden; dieselbe muss ziemlich gross sein, da sich allein 12 Verband-
tücher, ein Verbaudbecken, eine Blendlaterne n. s. w. in ihr befinden,
sowie eine Wasserflasche, die Krankenträger eine Verbandtascbe, die
Unteroffiziere ausserdem noch ein Rufborn; jeder Arzt muss sein eigenes
chirurgisches Tascbenetui haben, diejenigen bei der Truppe erhalten
eine Arzttasche.
Jedes Feldlazareth, deren die Schweiz 8 bat, besteht aus
dem Stabe, dessen Chef ein Militärarzt im Majorsrang ist und als
Adjutanten den Arzt des Trainbataillons besitzt, 5 Ambnlancen, jede
wiederum mit einem Chef (Militärarzt im Hauptmannsrange) und drei
Aerzten, einem Verwaltungsoffizier und einem Apotheker u. s. w., der
Fnhrwerkskolonne, welche ans 2 Materialreservefourgons, 12 Requisitions-
wagen für Verwnndetentransport, 5 Fourgons, 5 Blessirten wagen,
7 Froviantwagen, 7 Gepäckwagen, darunter 2 mit angehängien Fahr-
kücben, besteht, und der vom Landwebrtrainbataillon gelieferten Bespannung;
das ganze Feldlazareth bat 19 Reitpferde, 108 Zugpferde und 88 Fuhr-
werke — eine etwas sehr lan^e Wageuburg, deren Vorwärtskommen
nicht sehr leicht sein dürfte, übrigens kann jede der fünf Ambulancen
auch für sich verwendet werden und ist derartig eingerichtet, dass sie
sowohl einen Hauptverbandplatz als ein Feldspital errichten kann.
Ausserdem ist noch das Material für zwei Ambulancen, für den
Gebirgskrieg eingerichtet, mit Tragbahren, Krankenschlitten, einem
Zelte und 8 Sanmthieren, vorhanden.
Der Transportdienst wird durch 5 Transportkolonnen und
3 Sanitätszüge, die unter dem Oberetappeuarzte stehen, vollzogen; der
Dienst in denselben wird ebenso wie in den stehenden Spitälern von der
Landwehr, event. von der freiwilligen Hülfe besorgt.
Sämmtliche Sanitätstrnppen einschliesslich Landwehr bestehen aus
859 Offizieren, 6155 Mannschaften; die freiwillige Hülfe hat eich der
offiziellen zn unterordnen und erhält einen Sanitätsstabsoffizier als Chef.
Die Behandlung und Verpflegung der Verwundeten soll in drei
Hülfslinien, Truppenverbandplatz, Hauptverbandplatz und Spital, geschehen.
Ob dieses Ineinanderfügen von Sanitätsdetachements und Feld-
lazarethen in eine einzige Formation eine praktische ist, muss erst die
Erfahrung im Kriege zeigen, jedenfalls ist hervorzuheben, dass zu den
Ambulancen (nnseren Sanitätsdetachements entsprechend) kein Offizier
kommandirt ist, sondern nur Sanitätsoffiziere; die höchste militärische
Charge beim Feldlazaretbstab ist ein Feldweibel und der gehört auch
der Sanitätstruppe an.
Der trnppenärztliche Dienst. Beim Aufmärsche zum Gefecht
tritt das Sanitätspersonal hinter der Fenerlinie zusammen und etablirt
den Truppenverbandplatz, bei jeder Kompagnie etc. bleibt nur ein
Krankenwärter.
Im Gegensätze zu unserer Organisation marschirt kein Arzt mit
der Truppe in das Gefecht — und trotzdem Sanitätshauptmann,
Oberstlientenant n. s. w.?
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271
Dass vor der Erricbtang des Verbandplatfes, die entweder anf
Befebl des Vorgesetzten oder von dem gradältesten Sanitätsoffizier
geacbiebt, ein Tbeil der Mannscbaft in nabe gelegene Dörfer geschickt
werden soll zum Reqniriren von Material, sowie Brfriscbnngsmitteln nnd
Wein, erscheint doch mehr als bedenklich und erinnert etwas an die
Zeiten des dreissigjährigen Krieges.
Der Truppenverbandplatz soll höchstens ein Kilometer hinter der
Fenerlinie sein nnd zwar in gedeckter Stellung abseits von der Rnckzugs-
linie; eingetheilt wird derselbe in eine Dntersncbungsstelle, Verband- nnd
Operationsetelle, Lagerstätte der zu Transporti renden und der Marsch-
fähigen nnd Lagerstätte der Hoffnungslosen. Die Krankenträger, welche
den Transport vom Schlachtfeld zum Truppenverbandplatz aasführen,
haben sich nm die Wauden nicht zu kümmern and dieselben
unter keinen Umständen zu berühren (Errungenschaft der Antiseptik),
lebensgefährliche Blutungen erhalten einen aseptischen Tampon aaf-
gedrückt.
Niemals darf auf dem Truppenverbandplatz die Ilaoptaufgabe, das
Sammeln und Sortiren der Verwundeten, ausser Acht gelassen werden;
vom Truppenverbandplatz wird nach dem Haaptverbandplatz evakuirt,
als Grundsatz steht fest, dass das Truppensanitätspersonal mit seinem
Material den Tr^peobewegungen folgt; vom Truppenverbandplatz wird
nötbigen Falles Personal an den Haaptverbandplatz abgegeben.
Auf ersterem soll nur bei drohender Lebensgefahr operirt werden,
auf letzterem auch zur Durchführung der Antiseptik und zum Erlangen
der Transportfähigkeit, allerdings nur bei genügender Zeit und genügendem
Personal.
Die Thätigkeit des Feldlazareth- und Ambalancendienstes
besteht in vorübergebender Verwendung als Feldspitäler, Absondernngs-
bäuser, Etappenspitäler oder Kantonnementskrankenhäoser, auf dem
Marsche sollen die Ambulaocen auch die Marscbunfäbigen mit sich
führen, event. soll eine solche in einer Ortschaft zu diesem Zwecke
Zurückbleiben — dies scheint uns doch eine Vergeudung des Personals
und Materials zu sein. Die Hauptthätigkeit ist jedoch, die Kranken und
Verwundeten zu übernehmen, zu pflegen nnd nach erlangter Transport-
fähigkeit an die stehenden Spitäler abzugeben. Als erster Grundsatz
gilt, stets nur so viele Theile in Thätigkeit zu setzen, als absolut noth-
wendig ist, und den Rest als Reserve zu behalten.
Während des Gefechtes werden einzelne Ambulancen als Haupt-
verbandplätze etablirt, den Befehl hierzu giebt der Divisionsarzt oder der
Feldlazarethchef. Der Haaptverbandplatz gliedert sich in eine
Empfangsstelle mit Diagnosen- und Rapportunterabtbeilnng, in eine
cbirnrgiscbe Hülfsstelle mit Verband- und Operationsabtheilung — anf
letzterer nur Vornahme der zur Transportfähigkeit der Verwundeten
nötbigen Operationen — eine Verpflegsstelle mit Küche und Vorlege-
abtheilung, ein Feldspital für nicht Transportable, eine Lagerstätte für
Transportable nnd zwar sitzend und liegend zu Transportirende, einen Raum
für Marschfäbige und eine Lagerstätte für Hoffnungslose — wahrhaftig
ein etwas sehr compendiöser und komplizirter Apparat, der hoffentlich
im Felde ebenso funktionirt, wie auf dem grünen Tisch. Ein Vergleich
mit unserer Empfangs-, Verband- und Operationsabtheilung liegt
hier nahe.
Merkwürdig nimmt es sich in einer Organisation der freien Schweiz,
uy vjOOgle
272
dem Eldorado aller missvergongten Umstarzeleroente, ans, dass auf dem
Verbandplätze fnr den Polizeidienst (wörtlich so zu lesen) leicht
verwundete Unteroffiziere bestimmt werden sollen, auch soll jede der
vielen, oben angeführten, Stellen einen Posten zur Wache erhalten, von
wem, wird nicht gesagt.
Als zweite Aufgabe des Feldlazareths ist die Etablirung der Feld-
spitäler angeführt, welche vom Divisionsarzt oder event. vom Feldlazaretb-
chef angeordnet wird, dieselben sollen unter gewissen Bedingungen aus
dem Hauptverbandplatz direkt bervorgehen.
Transportdienst, Der Transport der Verwundeten vom Schlacht-
felde zum Truppenverbandplatz geschieht durch Feldtragbahren and
improvisirte Tragbahren, von da zum Hauptverbandplatz durch Blessirten-
wagen, den bergerichteten Gepäck- und Proviantwagen der Ambalancen
und den requirirten Fuhrwerken des Feldlazarethes, von da durch die
Transportkolonnen, Sanitätszüge event. Dampfschiffe und für kürzere
Strecken auch durch die Transportfuhrwerke der Feldlazaretbe in die
stehenden Spitäler. Der Transportdienst steht unter dem Oberetappen-
kommandanten, welchem der Oberetappenarzt beigegeben is^ die
letzte Etappenstation hinter der Armee heisst Endetappe, dazu kommt
noch eine Marschetappe zwischen letzterer und der Eisenbahnstation;
eine Vermischung von Kranken und Verwundeten soll strengstens
vermieden werden (ob wohl immer durchführbar?, selbstverständlich
mit ansteckenden Krankheiten Behaftete ausgenommen). Die vom
Verbandplatz zu Evakuireuden sollen eine Diagnosentafel oder einen
Krankenpass besitzen (dass dürfen allerdings nicht viel Verwundete sein,
weun Jedem noch ein Pass ausgestellt werden kann). Dazu kommen
noch Etappenspitäler, gewissermaassen als Rubepunkte im Transport
zu vorübergehender Aufnahme von Kranken und Verwundeten, und
Erfrischungsstationen, von der freiwilligen Hülfe errichtet.
Stehende Militärspitäler werden nur im Kriege aus bereits
bestehenden Gebäuden eingefübrt, dazu kommen Absonderungshäuser,
Zelte und Baracken; der Dienst ist durch ein Reglement bestimmt, das
Material lagert tbeilweise in den Magazinen, das Personal wird ans der
Landwehr oder der freiwilligen Hülfe entnommen. Bei der mit Ab-
bildungen versehenen Beschreibung der Baracken ist die bei uns theil-
weise eingeführte transportable Docker 'sehe Lazaretbbaracke noch
nicht berücksichtigt.
Den Schluss dieses Theiles bildet ein historischer Abschnitt über
die Genfer Konvention und das rothe und das weisse Kreuz.
Wir vermissen in dem ganzen Abschnitte Einrichtungen, welche
unserem Kriegslazarethpersonal, Lazarethreservedepot und unserer
Krankentransportkommission entsprächen.
Der zweite, bei weitem umfangreichere kriegschirurgische Theil des
Baches enthält die Verletzungen durch Schusswaffen und kann nur kurz
an dieser Stelle abgehandelt werden.
Die allgemeine Unterabtbeilnng bespricht das Entstehen und die
Arten der Schnssverletzungen , die Deformirung der Geschosse unter
Berücksichtigung der neuesten Erfahrungen sowie eigener Versuche des
Verfassers hierüber, die hydraulische Pressung, die Statistik der Schuss-
verletzungen, die Diagnose und allgemeine Prognose derselben; diesem
schliesst sich die allgemeine 'Wundbehandlung an, zunächst in ihrer
historischen Entwickelung vom Anfang des 16. Jahrhunderts an bis auf
273
die neaeete Zeit; der antiseptischen Wandbehandlnng ist ein besonderes
Kapitel gewidmet, aus demselben ersehen wir, dass auch in der Schweiz
wie bei uns das Feldsanitätsmaterial zur Dnrchfährung der Antisepsis
amgestaltet ist, auch hier soll die Methode derselben dem Chefarzt
aoheimgestellt sein, der Grundsatz aber bleiben, doch soll auch die
offene Wundbehandlung nicht ganz aus der Kriegschirurgie nach dem
Verfasser verbannt sein, so bei profusen Eiterungen, ausgedehnten
Nekrosen and Phlegmonen u. s. w.
Die Vertheiluug von Verbandzeug an die Trappen (unser Verband*
päckchen im linken Vorderschoss des Waffenrockes zwischen Futter und
Tuch eingenäbt) findet in der Schweiz grundsätzlich nicht statt; so-
genannte Verbandpatronen befinden sich zum Gebrauch für das Sanitäts-
personal in den Verbandtaschen, Sanitätstornistern n. s. w., dieselbe
eotbält eine zweiköpfige Gazebinde, 5 g 10 prozentige Borwatte und eine
Sicherheitsnadel; ausserdem ist hauptsächlich in den Sanitätskisten noch
Jodoform vorräthig, welches der Verfasser, gestützt auf Mosetig’s An-
gaben, warm empfiehlt, in den Ambulancen befinden sich Karbolsäure,
Borsäure, Sublimat, bypermangansaures Kali nebst den nötbigen Gerätben,
ferner für Lagerung der Glieder Spreukissen, Holz- und Pappschieuen,
Siebdraht, Sch nyder'sche Tucbscbienen, Gips, Eisendraht
Als Anhang ist eine kurze Operationslebre der Amputationen and
Exartiknlationen mit Zeichnungen beigegeben, welche sich naturgemäss
Dar auf das Allernothwendigste erstrecken kann.
Im Speziellen sind dann aufgezählt die Schassverletznngen der
Weichtheile (Haut, Bindegewebe, Muskeln) nach Arten, Diagnose,
Prognose, Verlauf und Therapie, dann folgen diejenigen der Knochen
oud Knorpel nach Kontusionen, blinden Scbusskanälen, einfachen
Frakturen, Fissuren, Locbschüssen eiugetheilt mit entsprechender
Behandlung im Feld und im Spital, begleitet von vielen erläuternden
Zeichnungen, ferner die Gelenk Verletzungen nebst Resektionsmetboden
der einzelnen Gelenke und Lagerungsapparaten ; die Verletzungen der
platten Knochen (Schädel, Becken etc.), die Schusswunden des Herzens
und der Gefässe nebst Methoden der Blutstillung (Digitalkompression der
verschiedenen Arterien), die Scbussverletzungen des Centralnervensystems
und zwar des Gehirns nebst Folgezuständen (Meningitis, Gehirnabszess,
Gehirnvorfall, Hirndrock) und Therapie, des Rückenmarkes und des
peripherischen Nervensystems — die Verletzungen des Auges, welche in
unserem Kriegs -Sanitäts- Bericht eine so hervorragende Bearbeitung
gefunden haben, sind nur wenig berücksichtigt — ; den Schluss bilden
die Verletzungen des Brustkorbes, der Respirationsorgane und diejenigen
der Bauch- und Beckeuhöhle nebst ihren Eingeweiden, bei den Darm-
sebusswonden findet man eine genaue Angabe der verschiedenen Darin-
nähte nach Lembert, Jobert, Czerny.
Den letzten Abschnitt bilden die Komplikationen des Wundverlanfes,
zunächst äussere Verhältnisse wie Ermüdungszustände, Gemüthsstimmung,
Nationalität und Klima, dann Hinzugesellung innerer Krankheiten, als
Rohr, Typhus, Cholera, Scharlach, Lues, Alkoholismus, endlich die
accidenteÜen Wundkrankbeiten, einfaches Wandfieber, Hospitalgangrän,
Phlegmone, Erysipelas, Septhaemie, Pyobaemie und Tetanus.
Der dritte Theil endlich berührt nur ganz kurz auf 7 Seiten die
Vetletzungen durch blanke Waffen; diese stiefmütterliche Behandlung
derselben wird von dem Verfasser auf das Prävaliren der Schuss-
18
joogle
274
Verletzungen znrückgeführt, eo dass die Kriegscbirnrgie ebenso gut die
Lebre von den Scbussverletzungen genannt werden könnte; ganz so
wegwerfend darf man nach den statistischen Erbebangen nnseres Kriegs-
SanitätS'Bericbtes von den Verletzungen durch blanke Waffen denn doch
nicht sprechen, indem sich unter den in ärztlicher Behandlung Oewesenen
des Krieges 1870/71 immerhin 551 Fälle von Hiebwunden and 1245 Fälle
von Stichwunden, darunter 650 durch Bajonette verursacht, welche
meistenlheils keine unbedeutenden Verletzungen sind, befanden.
Druck und Papier des Werkes sind recht gut, hingegen lassen die
zahlreichen im Texte enthaltenen zinkolithographischen Abbildungen, für
deren Beschaffung dem hoben Bandesrath noch besonders vom Verfasser
gedankt wird. Manches zu wünschen übrig.
C. Fr. (Heidelberg).
Flashar, Die Verwaltung des Garnison • Lazareths. Berlin.
Julius Springer. 1888. Oktav. 122 S.
Seit über Jahresfrist veröffentlicht Oberstabsarzt Dr. Frölich-
Leipzig — in der Vierteljahrsscbrift für gerichtliche Medizin und öffent-
liches Sanitätswesen unter dem Titel „Der Friedensdienst des Chefarztes“
Auszüge aus dem Friedenslazarethreglement nebst Nachträgen and
sonstigen Verfügungen, sowie seine Erfahrungen als Chefarzt des Gami-
sonlazaretbes Leipzig; diesen periodischen Veröffentlichungen reiht sich
unter obigem Titel in Form eines Leitfadens eine ähnliche Arbeit des
preussischen Stabsarztes Flashar an.
Da es schon längst kein Geheimniss mehr ist, dass seit einer Reihe
von Jahren — nonum prematur in annom — an der Centralstelle eine
Neubearbeitung des veralteten Friedenslazaretbreglements vom Jahre 1852
ausgefeilt wird, da ferner wiederholt Verfügungen darauf bingewiesen
haben und auch schon die Bezeichnung „Friedens-Sanitäts-Ordnung“ er-
wähnt wird, erscheint es immerhin zweifelhaft, ob der gegenwärtige Zeit-
punkt gerade für derartige litterariscbe Leistungen glücklich gewählt ist.
Jedenfalls aber ist letztgenannte Arbeit eine ungemein fleissige und
verhältnissmässig kurz abgefasste Zusammenstellung, welche für junge
Chefärzte — das Epitheton „jung“ nicht ausschliesslich dem Lebensalter
nach verstanden — sehr gut zu benutzen sein dürfte. Wenn Referent
in einigen Punkten anderer Meinung ist, auch Einzelnes richtig zu stellen
hat, so möge der Verfasser dies nicht als Liebelwollen gegen das ganze
Werk anffassen.
Der I. Theil beschäftigt sich mit der administrativen Verwaltung,
fügt eine Eintheilung der betreffenden Behörden bei, bezeichnet die
Pflichten des Chefarztes im Allgemeinen, giebt dann Aufschlüsse über
die Kontrole des Personals, des Materials und des Krankenpflegedienstes,
sowie über den schriftlichen Dienstverkebr.
Der II. umfangreichere Theil bezweckt dem Militärärzte das Ver-
ständniss für die ökonomische Verwaltung des Lazareths zu erleichtern
und umfasst in genauester Weise selbst die Einzelheiten des Rechnungs-
wesens in seiner ganzen Mannigfaltigkeit, er handelt zunächst von der
Kassenverwaltnng, der Buchführung der Kassenbücher und der Geld-
rechnungslegung, ferner von der Verwaltung des Materials, im Speziellen
der Lazaretbgrundstücke, des Inventarinms, der Nabrungsbedürfnisse, der
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275
Feaernngs-, Erleachtongs- und Reinigung» - Materialien und der Druck-
sacben, endlich von der Verwaltung des Personals im Allgemeinen und
im Besonderen; vorzugsweise dürfte dieser Tbeil vielen Kollegen, welche
noch nicht so genau in die engeren Geheimnisse der gewaltigen Ver-
wsltnngsmaschine eingedrungen sind, recht willkommen sein.
Wohl nnr in Folge langjähriger Gewohnheit und als lapsus calami
mag es verzeihlich erscheinen, dass in dem Buche die oberste Behörde
der Lazarethe noch mit der früheren Bezeichnung „ Militär- Medizinal-
Abtheilnng“, welcher Titel bekanntlich schon seit dem 1. Oktober 1886
etwas kürzer geworden ist, wiederholt angeführt wird.
Inwieweit das Oekonomie - Departement — hier hingegen fehlt
merkwürdigerweise das Beiwort „Militär“, welches doch letztere Behörde
zu beanspruchen hat — auch jetzt noch als Centralverwaltungsbehörde
für die Garnisonlazarethe ressortmässig betheiligt ist, kann diesseits nicht
übersehen werden, jedenfalls aber ist die namentlich bei Lazaretbnen-
baaten sehr rege ressortmässige Betheiligung der Bauabtheilung des
Kriegsministerinms unerwähnt geblieben.
Der Chefarzt soll durch Frontmachenlasscn der militärischen Kranken-
wärter ihr Ajustement (warum nicht deutsche Bezeichnung?) prüfen;
dieses erscheint doch bedenklich, da der Militärarzt zu dieser Form des
militärischen Grusses durchaus nicht berechtigt ist, denn nur der Nach-
satz der Verfügung vom 3. März 1874, durch welche das Frontmachen
der Unterärzte und einjährig-freiwilligen Aerzte ebenfalls als nicht vor-
schriftsmässig bezeichnet wurde, ist durch die Verfügung vom
10. Februar 1885 wieder aufgehoben worden, während der Vordersatz,
dass das Frontmachen als Ehrenbezeugung den Sanitätsoffizieren nicht
gebühre, nach wie vor in Kraft geblieben ist.
Mit der Auffassung des Verfassers über die dienstlichen Beziehungen
zwischen Chefarzt und ordinirenden Aerzten kann sich Referent gleich-
falls nicht einverstanden erklären, da dieselbe dem Chefarzt eine weiter-
gehende Befugniss einräumen würde, als nach den gegenwärtig herrschen-
den Bestimmungen vorgesehen ist, so solle sich u. A. die Frage, wann
ein Geheilter zu entlassen sei, am häufigsten zur Konsultirung des Chef-
arztes eignen; nach diesseitiger Ansicht liegt jedoch dies ausschliesslich
in dem Ermessen des ordinirenden Arztes und ausserhalb der Berechtigung
des Chefarztes, so dass letzterer auch nicht das Recht besitzen durfte,
über den Zustand des zu Entlassenden — es ist nicht etwa der Anzug
gemeint — vorher sich zu überzeugen, wie dies der Verfasser meint; es
darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass der Chefarzt im Sinne des
§. 14 der Bestimmungen betreffend die Einführung von Chefärzten in den
Friedenslazarethen zu Konsultationen nur kommen kann, wenn ihn die
ordinirenden Aerzte dazu auffordern. Es kann ja sein, dass die neue
Ordnung hierin Aenderungen bringt, aber vorläufig dürfte noch einzig
und allein der ordinirende Arzt zu entscheiden haben, wann ein Mann
als geheilt ans dem Lazareth bezw. aus der ärztlichen Behandlung zu
entlassen ist
Seit geraumer Zeit wird von den militärischen Behörden auf Ver-
minderung des Schreibwesens hingewirkt, die Verwaltungsbehörden
allerdings können sich nur schwer von dem Wüste der vielfach unnöthigen
Schreiberei trennen.
Doch ench des Schreibens ja befleisst
Als diktirt' euch der Heilig’ Geist I
18*
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■276
Jeder, aach der des Schreibens nicht ungewohnte Chefarzt seufzt unter
dem Drucke des ungemein schwerfälligen Rechnung- und Schreibwesens
und sieht mit boflfnnngsvoller Sehnsucht der Zukunftsansgabe der Friedens-
SanitätS'Ordnuug entgegen, aber dem Verfasser obigen Leitfadens scheint
noch immer viel zu wenig in diesem Punkte geleistet zu werden, denn
er verlangt ausser dem Bestehenden noch ein Lazareth-Befeblsboch , ein
Kontrolbuch, eine Eommandirliste, eine Strafliste, eine Liste für die
Personalien der Lazaretbgebülfen mit entsprechender Führung der Kon-
dnite, eine tägliche Krankenübersiebt, ein Verzeiebniss der Diensl-
reglements, der Krankenbücher n. s. w. — Herr, beschütze mich vor
meinen Freunden I
Nicht nur in einzelnen Änsnahmefällen ist auf Wunsch der Anver-
wandten eine Leichenöffnung zu unterlassen, wie Verf. behauptet, sondern
nach einer Allerhöchsten Eabinets-Ordre in allen Fällen, in welchen dies
die Verwandten verlangen.
Bei dem Abschnitte über die militärischen Krankenwärter vermisst
man die Angabe, dass dieselben im Gegensätze zu früher vorher ein
Jahr bei der Infanterie gedient haben müssen, ehe sie den Lazarethen
überwiesen werden. Seite 117 steht sogar zu lesen, dass die Kranken-
wärter bei der Einstellung aus eigenen oder Gemeindemitteln 2 Hemden
und 1 Paar Stiefel mit zum Lazareth bringen müssen (?).
Wenn auch nicht direkt zur Verwaltung gehörend, hätte doch viel-
leicht neben manchem Anderen auch die innere und äussere Ausstattung
eines modernen, neu errichteten Garnisonlazarethes, bestehend in Doppel-
fenstern, Jalousien, Tonnensystem, Desinfektionsapparaten, Wasserleitung,
Gasbeleuchtung, Belegen der Korridore mit Kokosmatten n. s. w.,
wenigstens kurz erwähnt werden können.
Zum Schlosse noch Eins: das Lazarethreglement, schon die Bezeich-
nung weist darauf hin, wimmelt leider noch von allen möglichen Fremd-
wörtern, während glücklicherweise alle neueren Ordnungen diese Klippe
nach Möglichkeit zu vermeiden bestrebt sind; wie viele Lazaretbinspek-
toren mögen schon mit ihrer Zunge über die verschiedenen Justifikatorien,
Viktoalien -Einnahme- Manuale u. s. w. gestolpert sein, warum dies auch
noch uunöthig in einem derartigen Buche vermehren.
Die Ausstattung ist recht gut, das Buch handlich, das Papier und
der Druck für ein Nachschlagebuch entsprechend. Der Preis beträgt
1 Mk. 60 Pf. C. Fröhlich (Heidelberg).
Statistischer Sanitätsber iebt über die Kaiserlich Deutsche
Marine für den Zeitraum vom 1. April 1885 bis 31. März 1887.
(Beilage zum Marineverurdnungsblatt No. 4 für 1888.)
Der vorliegende Bericht erstreckt sich wie der letzt-vorhergegangene
über einen zweijährigen Zeitraum und schliesst sich diesem in seiner
Anordnung völlig an. Im I. Theil wird die Kränklichkeit, der Abgang
durch Dienstnnbrauchbarkeit und Invalidität, sowie die Sterblichkeit im
Allgemeinen erörtert, im II. Theil werden die Krankheitsverhältnisse auf
den verschiedenen Schiffsstationen im Auslände, in der Heimath und bei
den Marinetbeilen am Lande im Einzelnen besprochen und im III. Theil
folgen tabellarische Krankheitsübersichten.
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‘277
Die wichtigsten Zahlen der Krankenbewegnng ergeben sich ans der
folgenden Zosammenstellnng:
An Bord der Schiffe in
-ö
Im
O
a
a
d
a
a
a
CO
An Land
Ueberhaupt in der
Marine
e
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5
<
heimischen
Gewässern
B««tzung»- p885/8fil
■irte aafZeitJ /Mann
rttttiirt ll 886/87 J
194
228
424
428
1808
1774
560
60
2402
1783
2185
3144
6640
6766
14213
14183
£mkenzugang{|**^'*®}o/oo
1345,4
1535,1
978,8
1502,»
888,8
870,9
701,8 1473.8
95O.0 1130,7
895,7
868,9
1079,2
990,0
HiH
1097.4
1023.4
Aigang »'co
gestorben |
. 1 1883 '86
evakuirt | jggg^j,^
1144.4
1311.4
170,1
197,4
922,*
1446,3
2,4
2,3
25,9
44,4
804,8
776,*
71,8
80,0
541,1
900, 0
1,8
114,3
16,7
1401,3
102.3,0
2,1
5,1
4.5,4
70,1.
643.0
623.0
1,0
246.7
236.7
1034,3
987,4
4,4
4,7
21,7
17,3
985,7
903,4
2,7
.3,3
72,4
84,1
tm Bestand /1885/861p.
terblieben 11886/87/
30,9
26, .1
28,3
9,3
12,*
13,0
44,8
33,3,
25,0 1
32,5.
5,0
9,3
17,9
16,4
57,8
50, 6
36,8
32,7
Der Oesammt-Krankenzngang hatte gegen das Vorjahr im
1. Berichtjahr nm 63, < ®/oo »'cti vermehrt, im ‘2. nm 74,o ®/oo abgenommen.
An Bord batte eine Abnahme des Krankenzoganges im 1. Jahre nm
66,s, im 2. nm 89,* V«« stattgefnnden , an Land aber war im 1. Jahre
eine Zunahme am 200,i °/o«i ^i»^ Abnahme um 58,* °/o« eingetreten.
Die durchschnittliche Behandlnngsdauer stellte sich 1885/86
im Ganzen anf ll,t und 1886/87 auf 12,sl^ge. Im ersten Jahr war sie
an Bord und an Land gleich lang, im zweiten an Bord etwas kürzer.
Der tägliche Krankenstand — im Ganzen 1885/86 36,!^ °/o<>
1886/87 38,< ®/oo — war an Bord um 3,o bezw. lJ®/oo höher als am
Lande. Am höchsten war er auf den Schiffen der Ostasiatischen Station,
wo er 56,* bezw. 73,» »/o« betrog.
Von den Scbiffskranken wurde im 1. Berichtjahr etwa der achte,
im 2. etwa der fünfzehnte Theil auf Krankenkost verpflegt.
Unter den allgemeinen Erkrankungen (13(),s bezw. 99,r °/oo)
waren die eigentlichen akuten Infektionskrankheiten mit 99,» bezw.
66,4 °/oo vertreten. Am häufigsten kamen unter ihnen die Malaria fi eher
vor (93,» bezw. 55,*®/oo), welche vorwiegend im Auslande sich zeigten
und anf den Schiffen in Afrika den höchsten Zugang, nämlich 375,»
bezw. 294,4 “/oo erreichten. Von remittirenden Fiebern wurden 1885/87
an Bord im Ausland 220 Fälle beobachtet und zwar 7 mit 1 Todesfall
auf den Schiffen in Ostasien, 89 mit günstigem Ansgang in der Südsee
und 124 mit 8 Todesfällen in Afrika. — Abdominalty phns kam mit
63 Erkrankungs- und 6 Todesfällen vor; 34 derselben entfielen auf den
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278
Krenzer „Naatilus" in Ostasien, 5 auf den Aviso „Loreley“ im Mittel-
meer und 1 auf das Kanonenboot „Hyäne“ in der Südsee; auf den
Schiffen in der Ileimatb und am Lande gingen 22 vereinzelte Fälle za. —
Ruhr zeigte sich in beiden Jahren mit 22 sporadischen Erkranknt^en
and zwar bis auf 1 Fall, welcher in der Heimath zuging, aber in Ost-
asien entstanden war, ansschliesslich an Bord im Auslände. Mit Tod
endete nur 1 Fall in der Südsee. — Asiatische Cholera trat im
Herbst 1886 in 9 Fällen auf und zwar mit 1 auf „Nautilns“ in Nagasaki,
mit einer Epidemie von 8 Erkrankungs- und 3 Todesfällen anf „Carola“
im Woosung. — Epidemische Genickstarre zeigte sich an Land
and auf den Schiffen in der Heimath mit 18 Fällen, von welchen 6 zam
Tode führten. — Akute Exantheme worden überwiegend an Land
beobachtet (6 Scharlach- und 26 Masemfälle); an Bord gingen 4 Scharlach-
nnd 11 Masern-Erkrankungen zu, aber nur in je 1 Fall hatte die An-
steckung im Aaslande stattgefunden; alle übrigen stammten aus der
Heimath. — Skorbut blieb auf 4 vereinzelte Fälle auf Schiffen im
Auslände und 1 am Lande beschränkt — Von Hitzschlag wurden
40 Mann befallen und zwar 34 au Bord im Ausland, von welchen
2 starben, und 6 auf Schiffen in heimischen Gewässern. — An Trichi-
nose erkrankten 5 Leute von „Olga“. — Akuter Gelenkrheumatismus
war 1885/86 an Land and auf den Schiffen im Ausland gleich häufig,
1886/87 auf letzteren häufiger als am Lande; aber in beiden Bericht-
jahren betrug der Zugang anf den Schiffen in der Heimath etwa das
Doppelte des Zugangs am Lande.
Krankheiten derAtbmungsorgane — 98, t bezw. 91,so/„„ — waren,
wie schon seit einer Reibe von Jahren, am Lande weit überwiegend und
namentlich auf den Schiffen in tropischen Gegenden sehr wenig zahlreich.
Die Krankheiten der Ernährungsorgane beliefen sich 1885/86
auf I84,s, 1886/87 auf 170,8 »/o»; sie waren am Lande (221, s bezw.
192,7 ®/oo) häufiger als an Bord im Ausland (147,7 bezw. 157,3 <>/„<,) und
als auf den Schiffen in der Heimath (162, s bezw. 14I,s°/o«). Schliesst
man aber die Mandelentzündungen, welche eigentlich den Krankheiten
der ' Athmungsorgane zuzurechnen wären, aus, so ändert sich dieses
Verhältniss von Grund aus: dann stellen sich einem Zugang von 79, t
bezw. 89.S “/oo am Lande, 102, o bezw. 111,3 «jao an Bord im Anslande
und 52,6 bezw. 62,3 »/oo auf den Schiffen in der Heimath gegenüber.
Die alte Erfahrung, dass akute und chronische Katarrhe des Magens
und Darms an Bord im Auslände erheblich häufiger sich zeigen wie auf
den Schiffen in der Heimath und am Lande, wurde auch dieses Mal
wieder bestätigt gefunden.
Venerische Leiden, in beiden Jahren je 107,7 ®/oo betragend,
waren am zahlreichsten in Ostasien (283,s bezw. 245,6 »/oo), wo hierdurch
täglich 14 bezw. 15,9 »/oo der Iststärke dem Dienst entzogen wurden; am
Lande betrug der Zugang 87, a bezw. 101,6 »/oo und der tägliche Kranken-
stand 5,5 bezw. 7,3 »/oo.
Die mechanischen Verletzungen beliefen sich 1885/86 auf
234,6 und 1886/87 auf 230,8 »/oo. ln der Häufigkeit bestand kein
wesentlicher Unterschied zwischen den Schiffen und den Marinetbeilen
am Lande, aber die schweren Verletzungen waren an Bord zahlreicher
als am Lande, z. B. kamen von 175 Knocbenbrüchen und Verrenkungen
115 au Bord und nur 60 am Lande vor.
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279
Von den Terschiedenen Besatsangskategorien der Schiffe hatte, wie
froher, das Matrosenpersonal den höchsten Zugang, demnächst folgte
das Maschinenpersonal; den niedrigsten Zugang hatten die Schiffsjungen,
Handwerker und Seesoldaten. Die Offiziere etc. standen in der Mitte.
Als dienstunbranchbar wurden in beiden Jahren zusammen-
genommen 405 Mann (14,2°/oo) entlassen und zwar 224 (7,9 °/oo) entweder
sofort nach der Einstellung oder innerhalb der nächsten 3 Monate.
Den häufigsten Anlass zur Dienstnnbraucbbarkeit gaben wie in früheren
Jahren Leiden der Augen und der Bewegungsorgane ab.
Als halbinvalide kamen 83 Mann (3,o »/o,) und als ganzinvalide
99 Mann (3,s «/««) zur Entlassung. Den häufigsten Anlass zur Invalidität
gaben Leiden der Bewegungsorgane und Eingeweidebruche. Die
Invalidität war 115 mal durch äussere, 27 mal durch innere Dienst-
bescbädignng und 40 mal nach vieljähriger Dienstzeit entstanden.
Die Zahl der Todesfälle belief sich auf 157 (5,5<>/(>o), von denen
71 (4,7 o/oo) an Bord und 86 (6,'* “/w) am Lande verkamen. An Bord
endeten SjOO/oo durch Krankheit und 1,7 »/so durch Unglücksfall, während
an Land hfiofoo durch Krankheit, 0,7 <>/ou durch Selbstmord und ebenso
viele durch Unglücksfall ihr Leben verloren. Die Sterblichkeit durch
Unglücksfall war demnach an Bord, diejenige durch Krankheit an Land
grösser. Von den Krankheiten waren Lungenschwindsucht (.34 mal) und
Lungen- und Brustfellentzündung (16 mal) die häufigste Todesursache;
von diesen 50 Todesfällen kamen 37 am Lande und 13 an Bord vor.
Dagegen ereigneten sich sämmtliche Todesfälle durch Malaria (9) an
Bord im Anslande, auch die Todesfälle an Cholera, Ruhr und Ilitzschlag
kamen ausschliesslich an Bord vor. — Durch Selbstmord starben 9 Mann
und zwar sämmtlich am Lande, durch Unglücksfall endlich 35 und zwar
25 an Bord und 10 am Lande. Ausserdem gehört hierher aber noch
der Verlost, welcher durch den Untergang der Krenzerkorvette „ Aogusta“
Anfang Juni 1885 in einem Cyklon im Golf von Aden entstand und
223 Mann (15,7 o/oo) betrug.
Von den speziellen Krankbeitsverhältnissen auf den einzelnen
Schiffen und am Lande, die im II. Theil ausführlich besprochen werden,
kann hier nur Folgendes andeutungsweise erwähnt werden.
In Ostasien befanden sich 3 Schiffe mit 471 — auf Zeit reduzirt
422 Mann Besatzung. Der Krankenzugang betrug 605 Mann (1433,7 o/oo),
Ton welchen 3 (7,i o/oo) starben. — An Abdominaltyphns erkrankten
34 Leute von „Nautilus“, von welchen 1 starb. Im 1. Berichtjahr kamen
2 vereinzelte Typhen vor, im 2. entstand eine Epidemie von 32 Fällen.
Ausgangspunkt für diese Epidemie war ein Handwerker, welcher
wahrscheinlich in Tschifu oder Shanghai sich angesteckt hatte. Da eine
Ausschiffung nicht angängig war, so wurde der Kranke, so lange das
Wetter günstig, klar und trocken war, auf dem Stormdeck hinter einem
Segeltuch verschlag abgesondert, als aber regnerisches und stürmisches
Wetter eintrat, musste er 2 Tage lang vorn im Zwischendeck unter-
gebracbt werden, bis er unmittelbar nach dem Einlaufen in Nagasaki
dem Landlazareth übergeben werden konnte. Dort starb er nach 3 Tagen
und die Leichenöffnung bestätigte die Diagnose vollkommen; 7 Tage
nach der Ankunft in Nagasaki erkrankten gleichzeitig 13 Leute und in
den folgenden 3 Wochen in allmählicher Abnahme noch weitere
18 Mann an Unterleibstyphus und zwar vom seemännischen Personal 21
(27 o/o), vom Maschinenpersonal 6 (33 o/«) und vom Handwerkerpersonal 5
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280
(50 "/o). Offiziere and Deckoffiziere blieben verschont; Heizer und Hand-
werker waren am frühesten and schwersten befallen. Man hatte deshalb
die Bilge als den Herd der Krankheit im Verdacht, um so mehr als
dieselbe wegen Unzugängigkeit der Reinigung grosse Schwierigkeiten
machte und damals starken Schwefelwasserstoffgeruch entwickelte.
Indessen bestand der üble Bilgegerncb auch zu anderen Zeiten, ohne
dass Typbus sich zeigte, und es ist viel wahrscheinlicher, dass aus den
Entleerungen jenes ersten Typbuskranken die Typhnskeime trotz aller
getroffenen Vorsichtsmaassregeln in das Schiff und zwar in das Zwischen-
deck, den Schlaf- und Wohnraum der Mannschaft, hineingelangt sind.
Von den 32 Fällen waren 18 leicht, 5 mittelschwer, 9 schwer. Bei 24
derselben wurde im Beginn an zwei aufeinanderfolgenden Tagen l,o bis
l,s g Kalomel gegeben und der Berichterstatter gewann den Eindruck,
als ob der Verlauf dadurch abgekürzt und gemildert worden sei. —
Malariafieber wurden bei 59 Mann mit 1 Todesfall beobachtet; sie
röhrten vorwiegend aus l'schifu, Shanghai und Nagasaki her und fielen
fast stets in die heisse Jahreszeit. — Ruhr blieb auf 2 vereinzelte Fälle
beschränkt, welche nach Ausschiffung günstig verliefen. — Asiatische
Cholera befiel 1 Mann von „Nautilus“ im Oktober 1886 in Nagasaki, wo
damals diese Krankheit stark verbreitet war; derselbe hatte bereits das
Reaktionsstadium erreicht, als er dem Cholerahospital an Land übergeben
wurde, und kehrte nach 4 Tagen geheilt von dort an Bord zurück.
Im Marine-Lnzareth zu Yokohama wurden 140 Kranke mit 3588
Bebandlungstagen verpflegt: 16 gehörten deutschen, 6 russischen und
5 italienischen Kriegsschiffen an, ausserdem wurden 28 Angehörige des
Deutschen Reiches, 10 Asiaten und 74 Zivilisten fremder Nationen
behandelt.
Die 5 in der Südsee befindlichen Schiffe batten eine Besatzung von
1060 — auf Zeit reduzirt von 852 Köpfen. Eis erkrankten 1046 Mann
(1227,7 ®/(io), von welchen 4 (4,7 o/oo) starben. An Malaria kamen 120
Neu- Erkrankungen und 71 Rückfälle zur Behandlung, worunter bei 106
der Fieberverlauf remittirend war. Am häufigsten stammte diese Krank-
heit aus Mauritius, aus Apia und von dem Bismarck- Archipel her. Aus
letzterem und zwar von But-But an der Ostküstc Neu- Mecklenburgs
rührten 23 Malariainfektionen auf „Adler“ her; 21 davon betrafen Leute
des 34 Köpfe starken Laudnngskorps, welches zur Bestrafung von Ein-
geborenen ausgeschifft war, bei regnerischem ungünstigem Wetter an-
strengende Märsche längs der aus Korallen bestehenden Küste zu machen
gehabt und 6 bezw. 2 Nächte an Land zugebracht batte. Von der
ganzen übrigen Besatzung wurden damals nnr 2 Leute von Wechselfieber
ergriffen, von welchen 1 ein Brandungsboot von But-But an Bord geholt
und 1 eine Nacht im Dampfkutter dort an Land zngebracht batte. Die
Inkubationszeit betrug zwischen 16 und 30 Tage. — Ruhr zeigte sich
in 10 vereinzelten E'ällen, von welchen 1 auf Albatross, der aus Apia
stammte, am 7. Krankbeitstage zum Tode führte. — In den Kämpfen,
welche „Albatross“ im Frühjahr 1886 mit den Eingeborenen von Nen-
Pommern und Neu-Mecklenburg zu bestehen hatte, kamen 3 Schuss-
wunden und 3 Stichwunden durch Speere vor, welche sofort mit Jodoform
und trockener Sublimatwatte verbunden wurden. Das Verbandwasser
zur Reinigung dieser Wunden war durch Eingiessen stärkerer Sublimat-
lösung in die Milch frisch aufgebrochener Kokosnüsse hergestellt worden.
Die Heilung ging überall ohne Fieber und mit ganz spärlicher Ab-
sonderung von Statten.
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281
Aaf der amerikaniBchen Station befanden sich 9 Schiffe mit
3948 — anf Zeit rednzirt 3582 Mann Besatzung. Der Krankenzugang
betmg hier 3130 Mann (873,s “/oo) , von welchen 7 (1,* ®/oo) starben.
Septicämie mit tödtiicbem Ausgang am 8. Krankbeitstage nahm bei
1 Matrosen von ^Prinz Adalbert“ ihren Ursprung von Ausschlagsborken
an Kinn nnd Mundwinkel; dort bildete sich unter hohem Fieber eine
brettbarte blanrothe Anschwellung. Durch tiefe Einschnitte wurde aus
derselben nur wenig Eiter entleert nnd der Prozess nicht anfgebalten. —
Malariafieber kamen in 70 Fällen vor, welche zum Theil aus der Heimath,
namentlich ans Wilhelmshaven, zum Theil von den westindischen Inseln
herrübrten und meistens leicht und schnell verliefen. — Rnhr stammte
in 2 gleichzeitigen schweren und langwierigen Fällen anf , Stein“ und
„Moltke“ aus La Ouayra, wo Rnhr unter der Bevölkerung nicht selten
war; 2 später aufgetretene Rnhrfliile anf «Mnsquito“ nnd „Prinz Adalbert“
verliefen leichter. — Die Schiffe verbrachten den Sommer (durchschnittliche
Temperatur: 9 — 16° C.) in heimischen Gewässern und den Winter (durch-
sebnittlicbe Temperatur: 21 — 26° C.) in tropischen Gegenden. Dem-
entsprechend kamen einerseits im Sommer 1.57, im Winter 63 Mandel-
entzündungen, andererseits im Sommer 30 und im Winter 90 akute
Darmkatarrhe in Zugang, weil Erkältungen und Durcbnässungen im
rauheren heimischen Klima überwiegend Mandelentzündungen, in den
Tropen dagegen Durchfälle verursachen. Als Ursache von 25 im
Lazareth nnd 17 ohne Dienstbefreinng im Dezember 1886 anf „Prinz
Adalbert“ behandelten Durchfällen wurde mangelhafte Beschaffenheit des
an Bord destillirten Wassers gefunden, dessen Kocbsalzgebalt in dem
mit Filtrirvorrichtnng versehenen Trink wasserkasten in der Batterie
sonst 3,s — 4,6 Theile anf 100 000 Theile Wasser betragen batte, damals
aber anf 42,i gestiegen war. Von den Wasserkasten der Last hatten
nur 2 einen Kochsalzgehalt innerhalb der gestatteten Grenzen, bei 2
betrog derselbe 10, bei 5 zwischen 16 und 1()4 Theilen. Hierdurch war
Beimischung von Seewasser zum Destillat erwiesen. Seitdem unter
schärferer Aufsicht das destillirte Wasser dauernd gut blieb, hörten auch
die Durchfälle anf.
Im Mittelmeer waren 2 Schiffe mit 620 — anf Zeit rednzirt
620 Mann Besatzung stationirt. Hier erkrankten 425 Mann (68.5, s o/o«),
Tou welchen 3 (4,s »/oo) Starben. Unterleibstyphus ergriff auf „Loreley“
im Winter 1885 in Konstantinopel 5 Personen, von welchen 1 infolge
einer Darmblutung starb. Die Krankheit ist dort alljährlich im Winter
sehr häufig.
Die meisten Schiffe befanden sich auf der afrikanischen Station,
nämlich 13 mit zusammen 4864 — auf Zeit rednzirt 4185 Köpfen
Besatzung. Der Krankenzugang betrug hier 5496 Mann (1313,2 »/oo),
von welchen 27 (6,4 »/oo) und zwar 20 durch Krankheit und 7 durch
Verunglückung starben. Am zahlreichsten waren die Allgemein-
Erkrankongen (379,4 »/oo), von welchen “/,o Malarialeiden waren. Die
Zahl derselben betrug 1885/86 902 Fälle (375,5»/oo) und 1886/87 525 Fälle
(294,4 »/oo) mit einer durchschnittlichen Bebandlnngsdauer von 8,s bezw.
12,0 Tagen. An der Westküste waren die Fieber zahlreicher, schwerer
and hartnäckiger als an der Ostküste. Am meisten betroffen waren die
beiden Schiffe, welche ihren ständigen Aufenthalt im Kamerunfluss nur
selten und auf kurze Zeit unterbrachen: die Zahl der Wechselfieber
erreichte im 1. Jahre auf „Habicht“ die Höhe von 1596,8 »/oo, anf „Cyclop“
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282
soxar TOD 1918,0 »/«o, im 2. Jahre stellte sie sich etwas niedriger. Die
Rückfälle waren fast doppelt so zahlreich wie die Nen-Erkranknogen.
Anf „ Bismarck fielen von 56 Malaria-Neoerkrankungen, welche 1885/86
beobachtet worden, anf den viermonatlicben Aufenthalt in Kamerun
von April bis Juli 44 mit 141 Rückfallen, dagegen anf die übrigen
8 Monate nur 12 mit 2 Rückfällen; ausserdem betrafen noch 50 Rück-
fälle Leute, welche im Jahre zuvor schon in Kamerun erkrankt waren.
Zwar nahmen an der westafrikaniscben Küste 5 Malariafälle tödtlichen
Ausgang, aber im Allgemeinen waren dort von Anfang an schwere
Erkrankungen selten und nur von der Häufigkeit der Rezidive und von
den damit verbundenen Störungen im Bereich der Verdaunngsorgane, vom
Krüfteverfall und der mangelhaften ßlutbereitnng drohte Gefahr, um so
mehr, als die Schwierigkeiten einer geeigneten Ernährung und Pflege,
namentlich auf kleineren Schiffen, keineswegs immer zu überwinden
sind. Wie gross dieser Einfluss im Laufe der Zeit wird, ergiebt sich
daraus, dass auf „Cyclop*^ die durchschnittliche Bebandlungsdauer der
Malariafälle im 2. Jahre bei der alten Besatzung, welche im November
abgelöst wurde, 27</< Tage, bei der neuen dagegen nur 5'/i Tage betrug;
auf „Habicht“ war der Unterschied nicht ganz so gross, da die
betrefiPenden Zahlen hier 10,r und 4,i Behandlungstage aosmacbten. An
der Oslküste Afrikas entstanden an dem Hanptanfenthaltsorte der Scbifie,
in Sansibar, nur wenige leichte Fieber; einzelne Schiffe blieben dort
sogar völlig frei von Malaria. Wenn der Zugang eine grössere Höhe
erreichte, so war dies meistens die Folge von Besuchen ungesunder
Plätze des Festlandes, von Bootsfahrten und Jagdpartien in sumpfigen
Flussmündungen und von ähnlichen Veranlassungen.
Im 2. Bericbtjahr wurde auf Anordnung des Generalarztes der
Marine anf einer Anzahl von Scbiflen Arsenik zur Verhütung von
Malaria in der von Tommasi-Crudeli angewandten Weise mit allmählich
steigenden Gaben von Fowler’scher Lösung versucht und zwar von dem
Zeitpunkt an, wo die Besatzung entweder ganz oder theil weise abgelöst
wurde. Bis jetzt Hess sich aus diesen Versuchen, welche weiter fort-
gesetzt werden, nur der Eindruck gewinnen, als ob bei den mit Arsenik
behandelten Leuten zwar nicht die Zahl der Malaria -Erkrankungen
gemindert, wohl aber Form und Verlauf derselben gemildert worden wäre.
Von asiatischer Cholera mit 8 Erkrankungen und 3 Todesfällen
wurde „Carola“ im September 1886 im Woosungflusse befallen; in dem
naben Shanghai herrschte die Krankheit — Hitzschlag kam in 27 Fällen,
wovon 2 mit Tod endeten, zur Beobachtung; 11 derselben traten an
einem Tage anf „Carola“ im Rothen Meer bei 33 bis 34° Lufttemperatur
und Windstille anf; sonst wurden überwiegend Heizer bei angestrengter
Arbeit vor den Feuern betroffen. — Bei einer Schiessubung auf
„Elisabeth“ worden durch eine im Rohr platzende Granate 2 Seekadetten
und 8 Matrosen verwundet; von letzteren starb 1, bei welchem die Ab-
setzung eines Oberarms, des andern Vorderarms und eines Oberschenkels
nöthig und ferner das Gesicht zerrissen und das Becken gebrochen war,
nach 5 Stunden.
In den heimischen Gewässern befand sich eine grosse Zahl
von Schiffen, meist zu Uebongszwecken, im Dienst; die Besatzung der-
selben betrog 106(10 — auf Zeit reduzirt 5329 Köpfe. Es erkrankten
hiervon 4678 Mann (877,8 ®/oo), von welchen 27 (5 ®/»o) starben. Am
häufigsten waren mechanische Verletzungen.
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283
Die an Land befindlichen Marinetbeile hatten eine Darchschnitts-
»tirke von 6703 Mann. Im Ganzen wurden in beiden Jahren 14213 Mann
(1060,2 o/oo) behandelt, von welchen 86 (6,4 °/oo) starben. Im 1. Jahr war
die Ostsee-Station, im 2. die Nordsee-Station stärker betroffen. Die
Allgemein-Erkrankungen waren zwar in beiden Jahren bei der Nordsee-
Station noch immer häufiger als bei der Ostsee-Station, aber der Unter-
schied verringert sich von Jahr zu Jahr (1885/86 80,s : 40,8 ®/oo; 1886/87
58,1 : 39,0 Voo). Diese Besserung hängt mit der stetigen Abnahme der
Wecbselfieber- Erkrankungen in Wilhelmshaven zusammen, welche seit
einer Reibe von Jahren vorhanden, auch in den beiden letzten weitere
Fortschritte auf 50,2 bezw. 26,« "/oo gemacht hat. Ol obig.
Vorlesungen über Akiurgie von Dr. B. v. Langenbeck. Mit
Benutzung hinterlassener Manuskripte heransgegehen von Prof. Gluck.
Berlin 1888.
Wer sich noch des Enthusiasmus erinnert, mit dem jeder Student
ond mancher alte Herr sich zu diesen Vorlesungen des verewigten
liebenswürdigen Lehrers drängte, so dass das Auditorium die Hörer nie
fassen konnte, der wird Gluck dankbar sein, dass er sich der Mühe
nnterzogen bat, mit Hülfe von Manuskripten Langenbeck's und Steno-
grammen eines Schülers, sowie aus eigener Erinnerung als klinischer
Assistent dieses Werk als einen Denkstein an den grossen Chirurgen der
Nachwelt zu überliefern. Der Herausgeber sagt in der Vorrede: „mögen
in den akiurgischen Vorlesungen manche Lehren sich ausgesprochen
finden, die nicht eigentlich modern und unseren heutigen Ansichten ab-
solut entsprechend genannt werden können“, die Abschnitte über Plastik
und Resektionen werden immer klassisch bleiben. Mehr denn für jede
andere Kunst gilt für die unsere das Dichterwort: Was Du ererbt von
Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen. Nene, weitere Gesichts-
punkte sind uns eröffnet durch geniale Entdeckungen und emsige Arbeit
der jüngsten Zeit, aber ein steter sicherer Fortschritt ist doch erst dann
möglich, wenn man den Standpunkt kennt, auf dem die Besten ihrer
Zeit gestanden. Und grade die nunmehr publizirten Vorlesungen bilden
di« einzige Quelle, aus der man das Material für ein Oesammtbild des
grossen Chirurgen und Lehrers schöpfen kann. Ti mann.
Lehrbuch der Physiologie für akademische Vorlesungen und zum
Selbststudium. Begründet von Rud. Wagner, neu herausgegeben von
Dr. A. Gruenbagen, Professur der medizinischen Physik au der
Universität zu Königsberg i. Pr. — 7. Auflage mit 285 in den Text
eingedruckten Holzschnitten. Verlag von Leopold Voss.
Mit der 13. Lieferung (zu je 10 Bogen) liegt der Schluss des Werkes
vor, welches seiner Aufgabe, in knapper Weise alles durch exakte For-
schuDgen in dem weiten Gebiete Sicbergestellte zu bringen, in vor-
trefiflicber Weise gerecht geworden ist. Die Darstellung ist eine sehr
präzise und anregende und dürfte dem Werke manche Freunde gewinnen
auch in solchen Kreisen, welche das Studium der Physiologie lediglich
aus Interesse für die Lebeusvorgänge im menschlichen Körper betreiben. —
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Sehr erleichternd fnr das Stndiam sind die sahireichen in den Text ein-
gedrnckten schematischen Abhildangen nnd die Anordnung, dass ein'
gehendere, hezw. erläuternde Betrachtungen über einzelne Vorgänge in
Kleindruck zwischen den Text eingeschaltet sind. — Als ein besonderer
Vorzug erscheinen die zumeist recht ausführlichen Litteratnrangabeo.
Ein genaues Sachregister (61 Seiten) befindet sich am ScUnsse der
13. Lieferung. Lue.
A. Zemanek. Zusammenstellung und Kritik der wichtigsten
Publikationen in der Impffrage mit besonderer Berncksichtignng
der militärischen Verhältnisse. Wien, Verlag von Moritz Perles, 1887.
8. 84 S.
Dem schon durch andere militärstatistische Arbeiten bekannten Ver-
fasser ist die Oenngtbnnng zu Theil geworden, dass obige Arbeit nicht
nur vom K. K. Militär-Saoitäts-Komit4 mit einem Preise gekrönt, sondern
auch Anlass zur Binführnng der Zwangsimpfung hezw. Wiederimpfung
(und zwar thnnlichst mit thierischer Lymphe) der Rekruten in der
österreichisch - ungarischen Armee geworden ist Wir freuen uns der
letzteren Thatsache und gönnen dem fleissigen Verfasser von Herzen die
verliehene Medaille. Der Hanpttrumpf, welchen derselbe ansspielt, ist
die bekannte Pocken • Freiheit der Prenssischen Armee, welche sich
namentlich im Deutsch - Französischen Kriege so glänzend gezeigt hat
Leider war ihm bei Abfassung der Arbeit der sechste Band des Krieg»-
SanitSts-Bericbtes für 1870/71 anscheinend nicht zugänglich, welcher ihn
noch weit nachdrücklicher unterstützt hätte, als die Friedensberichte nnd
Gnttstadt’s verdienstliche Arbeit über die Pockenepidemie in Preussen
1870 — 72 es zu thnn vermochten. Die Znsammeustellnog der haupt-
sächlichsten, von impfgegnerischer Seite in verschiedenen Ländern ge-
machten Einwände ist nicht ohne Verdienst nnd Interesse; auch halten j
wir es für richtig, dass nur einigermaassen erörternngswürdige und er- |
örterungstähige Aeusserungen gegen die Impfung vorgefübrt werden,
wenngleich die impfgegnerische Litteratur dadurch in einem viel zu
günstigen Liebte erscheint. Neues Material zur Beleuchtung des
(iegenstandes enthält die iStbrift nicht. Den höchst anfechtbaren Hin-
weis auf die angebliche „genaueste Analogie'^ zwischen der bewährten ,
Scbntzpocken -Impfung und der fragwürdigen Pasteur’schen Wntbgifi- !
Impfung hätten wir dem Verf. gern erlassen.
H. Frölich, Geschichte des Königl. Sächsischen Sanitätskorps.
Leipzig, Verlag von F. C. W. Vogel, 1888. 8. 148 S. (Preis 4 Mk.)
Das obige neueste Werk des bekannten, unermüdlichen Verfassers
zahlreicher, für die Geschichte des Militär -Medizinalwesens bedeutsamer
Schriften wird zunächst von dem Königl. Sächsischen Sanitätskorps mit
begründetem Danke entgegengenommen werden. Aber auch ausserhalb
dieses engeren Kreises der Nächstbetheiligten verdient die sorgsame, an-
geuebm zu lesende Arbeit Interesse nnd Schätzung, sowohl deshalb, weil
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die WandlangeD, welche iDnerhalb der kleineren Genaeinscbaft sieb voll-
togen haben, in vieler Beziehong in grösseren Verhältnissen sich wieder-
spiegeln, als wegen der eingefneten Bilder ans dem Feld -Sanitätsdienste.
So muss es insbesondere dem Verf., dessen aosgebreitete Eenntniss der
älteren militärärztlichen Litieratnr wohl unerreicht dastebt, zum Verdienet
angerechnet werden, den Bericht Rascbig's (später Generalstabsarzt)
über die Sächsischen Feldspitäler während des Rhein-Feldzuges 1793—96
weiteren Kreisen zugänglich gemacht zu haben. Die eindrucksvolle
Schilderung des Senchen-Elends zur Zeit der Befreiungskriege, manche
mühsam zusammengetragene Bemerkung ans Eriegswerken früherer Jahr-
hunderte, desgleichen die Mittheilungen über das Königl. Sächsische
Collegium medico - cbimrgicum (1748 — 1814) und die Königl. Sächsische
Chirurgisch - medizinische Akademie (1815 — 1861) seien der Beachtung
aller Sanitäts-Offiziere empfohlen.
Bakteriologische Diagnostik. Hülfstabellen zum praktischen
Arbeiten von James Eisenberg, Dr. med. n. phil. 2. Auflage. Ver-
lag von Leopold Voss, Hamborg und Leipzig 1888.
Verf. hat den — wie das rasche Erscheinen der 2. Auflage bestätigt
— erfolgreichen Versuch gemacht, übersichtliche kurze Tabellen aofzu-
stellen, an der Hand deren es Jedem ermöglicht sein soll, sich über das
Wesen der einzelnen Organismen schnell zu unterrichten und ev. nach
dem entworfenen Schema weitere Aufzeichnungen vorznnebmen. — In
der neuen Auflage fanden verschiedene Bemerkungen, welche seitens der
Kritik über die erste gemacht waren, gebührende Verwerthnng, insbesondere
solche des hochverdienten Baumgarten und des verstorbenen Fried-
länder. — Die Tabellen sind unter reicher Berücksichtigung von
Litteratnrangaben und des umfassenden Flügge'seben Werkes «Die
Mikroorganismen“ znsammengestellt und enthalten Aufschlüsse über 138
wichtigere, genauer studirte Organismen, Aufschlüsse, welche vielfach
durch direkte Angaben der betr. Autoren an Bedeutung gewinnen.
Die Ausstattung des Werkes, dessen BeschafTung jedem auf diesem
Gebiete Arbeitenden auf das Dringendste empfohlen werden kann , ist
eine ganz vorzügliche. Ltz.
Dr. F. Ecklnnd (Stockholm), Hygiene der Turnsäle. Journal
d'bygiene, 12. April 1888, Ko. 603.
In einem kurzen Aufsatze lenkt der bekannte Hygieniker die Auf-
merksamkeit auf den Staub unserer Turnsäle, welchen er als unangenehm
und g^efäbrlich bezeichnet.
Gemeiniglich werden die Schüler etc. ohne vorhergehende Unter-
suchung zu den Turnübungen herangezogen; der Auswurf der gelegentlich
unter den Gebenden befindlichen Schwindsüchtigen trocknet am Boden,
so dass die in dem Auswnrfe enthaltenen Mikroben mit dem Staube
emporgewirbelt werden und ihre schädigende Wirksamkeit entfalten
können. Dass dies letztere in der Tbat häufig geschieht, glaubt E. nach
seinen Beobachtungen behaupten zu können.
Um diese Gefahr nach Möglichkeit zu beseitigen, macht £. Vor-
schläge, welche in der Theorie wohl schwerlich auf Widerspruch stossen
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and überall da, in ihren Orandzügen wenigstens, befolgt werden dürften,
wo die Geldmittel es gestatten.
Die Dielnng sei eine doppelte, völlig fagenfreie und von dem Boden
durch eine andurchläesige Aspbaltschicht getrennt; der Tbeeranstrich
der Dielen muss 3 — 4 mal jährlich erneut werden, am dieselben haltbar
za machen, leicht reinigen und desinfiziren zu können; eine tägliche
feuchte (ev. mit WasserdampO Reinigung des Fussbodens, sowie der mit
Oelanstrich und Firniss versehenen Wände und Decke ist dabei er-
forderlich. — Die Temperatur soll ca. 15° (C. oder R.?) betragen und
die Luft (deren Austrocknung und nachherige Anfeuchtung, wenn
möglich, empfohlen wird) weder zu feucht noch zu trocken (ca. 50— 70®/o)
sein; eine Lüftung durch Fensteröffnen ist unstatthaft, da hierdurch die
Gefahr von Erkältungen der erhitzten Turner gesetzt wird; zum Aus-
und Ankleiden erscheinen 2 Vorzimmer erforderlich, da die liebenden
nur mit besondern Turn-Anzügen und -Schuhen den Saal betreten sollen;
wünscbenswerth ist ein ganz besonderes, gut bezahltes Wartepersonal.
Daher: Personen, mit Schwindsucht oder anderen ansteckenden Krank-
heiten behaftet, dürfen am Turnunterrichte nicht theilnehmen, auch
Trinker, Raucher und Schlemmer wegen ihrer Disposition zu Er-
krankungen an Phthisis nicht als Lehrer verwandt werden. Die Letzteren
sind alle 3 Jahre auf ihren Gesundheitszustand hin zu untersuchen.
Ltz.
Dr. Fr. Eck 1 und, Stockholm. Considörations pratiques sur l’hygiene
de la peau. L’hygiöne pratique No. 313. 22. Januar 1888.
Verf. beginnt eine Reibe von Aufsätzen mit einer Betrachtung der
militärischen Fussbekleidung, welche neuerdings wohl verbessert,
aber noch lange nicht zu wünschenswerther Vervollkommnung gediehen sei.
In erster Linie hebt er das überaus häufige Missverhältniss zwischen
Sohle und Oberleder hervor, durch welches gar oft der Fuss in übelster
Weise cingepresst werde; ganz besonders mache sich dieses Moment in
den Biwaks geltend, wo unter dem Einilasse der strahlenden Wärme
der Feuer das Leder sieb zusammenziebe und der Blut -Kreislauf erst
recht in dem sich gleichzeitig ausdehuenden Fasse, ja bis zur Gangrän
behindert werde. Sodann betont er die Nothwendigkeit, die Nähte
zwischen Sohle and Oberleder so anzolegen, dass sie „absolument
impenötrables anx baetöries“ werden, weil der Fuss des marschierenden
Soldaten wie der Kolben einer Säugpumpe wirke, wodurch ein undichter
Stiefel sehr bald eine Ablagerangsstätte aller möglichen schädlichen
Keime werde.*)
Zum Schlüsse plädirt Ecklund für eine tägliche Fasswaschung
des Soldaten, welcher täglich reine, wohl desinfizirte und reichlich mit
Tannin, Salicyl- oder Borsäure etc. imprägnirte Strümpfe anziehen soll.
Mit der Aufsicht hierüber will er die Truppen-Lazarethgebilfen betrauen,
denen er auch die Sorge für die allabendliche Wäsche der Strümpfe
der Soldaten (blancbissage des bas des troapiers) auferlegen möchte! —
Theoretisch vielleicht sehr schön, ob aber praktisch durchführbar?
Ltz.
•) cf. diese Zeitschrift, Jahrgang 1887 S. 524 — 531.
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287
Topographische Anatomie des menschlichen Orbitalinhalts
io Tafeln von Dr. med. Otto Lange, Augenarzt in Brannschweig,
früher Assistenzarzt an der Angenheilanstalt in St. Petersburg.
Brannschweig, Harald Brnhn. 1887. Preis 10 Mark.
Der Mangel an verwendbaren Frontalabschnitten des Orbital-
iohaltes — abgesehen von den in der Merkel’scben topographischen
Anatomie befindlichen sind Frontalansicbten nur über den vordersten,
den Bnlbns enthaltenden Theil der Orbita veröffentlicht — hat den Verf.
veranlasst, diese Lücke auszofüllen. Auf 9 prächtig ausgeführten Tafeln
bietet L. 10 Dnrchschnitte des Orbitalinhaltes, vom for. opticnm an bis
durch den hinteren Bulbus- Abschnitt, gezeichnet mit Benutzung der
Laterna magica bei öfacher Vergrössernng. Verf. wünscht, dass seine
Arbeit zur exakteren klinischen Benrtheilnng der verschiedensten
Orbitalerkranknngen, Tumoren, Aneurysmen n. s. w. beitragen möge;
dass er dies wirklich und in hervorragender Weise gethan, lehrt ein
Blick anf die Tafeln.
Oer Preis mnss bei der vortrefflichen Ausstattung als ein recht
massiger bezeichnet werden. Ltz.
Oberstabsarzt Dr. Koehler. Ein seltener Fall von Spondylitis
deformans. (Sonder-Abdruck aus den Cbarit6-Annalen, XII. Jahrg.)
Verf. beobachtete auf der äusseren Station der Charite einen
61jährigen Patienten mit folgeudem Symptomencomplex: starke Ab-
magerung, Muskelschwund besonders auffällig am Kücken, kraftlose
Zuckuogeo der Rückenmnskulatur bei Anwendung stärkster Ströme,
Nackenmnskulatur brettartig hart. Pat. ist nicht im Stande, den Kopf
willkürlich vom Kopfkissen zu erheben, auch passiv gelingt dies nicht,
ohne dass man gleichzeitig den ganzen Rumpf hebt Mässige
Skoliose des Brusttheils der Wirbelsäule, keine Deformität, keine Druck-
empfindlicbkeit an den Wirbeln. Beugung und Rotation des Kopfes in
minimalstem Maasse ausführbar. Vom Schlunde aus fühlt man
bohnengrosse, knochenharte, unregelmässig geformte An-
schwellungen der Wirbelkörper. An der Sympbysis sacro-iliaca
knochenharte, zackige Auftreibungen. Die Condyli beider Femora
nngleicbmässig geschwollen, die Kniegelenke, ebenso rechtes Hüftgelenk
nur unter starkem Krachen beweglich, linkes Hüftgelenk vollkommen
ankylotisch. — Während tiefer Narkose wird Pat nacheinander so
gelagert, dass 1) der Kopf- und Halstheil, 2) der Brust- und Lendentheil
der Wirbelsäule über den Tischrand binausragen: die ganze Wirbel-
säule inkl. Kopf hängt frei, starr wie ein Brett, in der Luft.
Diagnose: Totale Ankylose der ganzen Wirbelsäule vom Kreuzbein bis
zum Kopf in Folge von Wirbelgicht oder Spondylitis deformans.
Bei Erörterung der Aetiologie der Erkrankung kommt Verf. unter
Heranziehung dessen, was Bardeleben und Braun hierüber änssem, za
der Ansicht, dass in vorliegendem Falle es sich um eine typische Ar-
thritis deformans der Wirbelsäule und der grossen Oelenke handele.
- G. —
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288
£. Angerstein, Dr. med., Stabsarzt a. D. and O. Eckler, Oberlehrer.
Hans- Gymnastik für Gesunde and Kranke. Berlin 1887.
Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin.
Das vorliegende Bach zeichnet sich durch klare, leicht verständliche
Beschreibung der einzelnen Uebnngen, welche durch recht gut aus* \
geführte Zeichnungen noch des Näheren veranschaulicht werden , aus,
dürfte somit auf das Beste, seinem Zweck, selbstständig von Laien
gebraucht zu werden, entsprechen. Der Haupt werth der Uebungen
wird mit Recht in der Erhaltung and Kräftigung der Gesundheit, in der
Bewahrung vor Erkrankung gesucht, wenn man auch in einzelnen
Krankheitsfällen, wie Schwäche der Athmungsorgane, Unterleibsstockungeo, .
Fettleibigkeit sich von ihnen Nutzen versprechen darf. Ueber ihre Zu-
lässigkeit bei einer ernsteren Störung der Gesundheit bat der vorher um
Rath zu befragende Arzt zu entscheiden. Dieser doppelten Aufgabe
entsprechend sind die Uebnngen für Gesunde sowie für Kranke gesondert
abgebandelt und durch Uebungsbeispiele erläutert Eine dem Buch bei-
gegebene Tafel stellt übersichtlich alle im Texte enthaltenen Abbildungen
zusammen. — G. —
MittheUnngen.
Bei der 61. Versammlung deutscher Naturforscher und
Aerzte, welche vom 18. bis 23. September d. J. in Köln statt-
findet, wird sich eine Sektion für das Militär-Sanitätswesen bilden.
Einführender wird Oberstabsarzt 1. Klasse Dr. Neumann,
Schriftführer Stabsarzt Dr. Glasmacher in Köln sein.
Bericlitignng
ZU Autoreferat S. 238 — 240 dieses Jahrgangs. S. 238 Zeile 12/13 von oben lies
photolithographirU^r statt photographirter u. Zeile 9 von unten Melsens statt
Meltens. — Seite 239 bei Absatz 4 ist hinter ,ehe das Geschoss dieselbe erreicht'
zu setzen: «die Geschosse das Metall der Büchsen am Eiuscbusse
direkt berührt haben**. R.
U»drackt in U«r K6nigL Hof locLdmckerei von £. S. Uittl«r4 Sohn, Borlio SW., Kochntr. — 70.
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Deutsche
Militärärztliche Zeitschrift.
Radietlen:
Dr. 3U Generalarzt,
Berlin« Tubenetnwe 6«
a. Dr. ,j(K9at|, Stabsarzt,
Berlin, Enieer Fnnz Qrentdier-Platz 11/12.
Vtrlag:
9. $. A
Königliche Hofbachhandlnng,
Berlin, Kochsirasse 68—70.
lIoDatlicb emcheint ein Heft von mindeetens 3 Druckbogen; dazu ein «Amtliche« Beiblatt**. Der
ZeiUcbrift wird daa Werk; «Jahreabericht fiber die Fortachritte anf dem Oebiete de« Uilitir-
Sanitit«>Wes«n«**« heranagegeben vom Oeneralarct Dr. Roth, nnentgeltlich beigegeben, ßestelinng
nehmen alle Postimter und Bncbhandlnogen an. Freie de« Jahrgangs 15 Hark.
XVll. Jahrgang.
1888.
Heft 7.
Kaiser Friedrich f.
In dem Charakter einer Monatsschrift liegt es unabänderlich
begründet, dass in einer solchen der eingreifendsten Zeitereignisse
unter Umständen erst spät gedacht werden kann. Wochen schon
sind vergangen, seit die vorausgesehene, darum jedoch nicht minder
erschütternde Kunde von dem Ableben des gekrönten Dulders
durch die deutschen Lande gegangen ist. Aber die Liebe, welche
der verewigte Monarch während der kuraeii Spanne Zeit seines
Herrscherthums und durch viele vorangegangene Jahre in alle
Herzen gesät hat, ist zu nachhaltig aufgegangen, als dass nicht
jetzt noch das Bedürfniss bestehen sollte, davon Zeugniss abzulegen.
Das Sanitätskorps umfasst noch zahkeiche Mitglieder, denen es
vergönnt war, unter dem Befehl und unter den Augen des dahin-
geschiedeneu Helden auf den böhmischen und französischen Schlacht-
feldern zu wirken; noch Mancher darf mit Rührung und Stolz
anerkennender Worte aus dem Munde des ruhmgekrönten Feldherrn
gedenken und Jeder war gewöhnt, in ihm ebenso wie in Kaiser
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Wilhelm ein Vorbild der Pflichttreue, des Hochsinns, jeder
soldatischen und jeder menschlichen Tugend zu erblicken. Und
wie sollte schliesslich die traurige Geschichte seiner Leiden in den
Herzen der Mitglieder des Sanitätskorps nicht zwiefach tönenden
Wiederhall erwecken!
Noch steht die Armee, das deutsche Volk, die zivilisirte
Welt unter dem ergreifenden Eindruck der Ereignisse vom 9. März
und 15. Juni. Reiner, der dieselben mit durchlebt hat, kann sie
jemals vergessen, — so wenig, wie die Tage von Königgrätz,
Wörth und Sedan. UnauslöschUch bleibt die ehrwürdige Gestalt
des einen, die ritterliche des andern grossen Todten zugleich mit
den Ehrfurcht und Liebe erweckenden hohen Eigenschaften Beider
dem Gedächtnisse eingegraben und weit über das Grab hinaus
leben und wirken sie fort durch die anfeuernde Kraft ihres
Beispiels!
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Einige Bemerknngen über das Aaftreten der Endocarditis.
Von
Oscar Fraentzel.
Ich habe es immer am zweckmissigsten gefunden, die Endocarditis,
je nachdem sie za anserer klinischen Wahrnehmung gelangt, in drei grosse
Krankheitsgruppen zu theilen: 1. in die Endocarditis maligna, ulcerosa,
bacterica, die schwere Infektionskrankheit, welche uns schon zu einer
Zeit bekannt war, in welcher unsere Kenntniss über die durch Mikro-
organismen erzeugten Krankheiten noch in den Windeln lag; 2. in die
Endocarditis simplex, bei welcher zuerst an den Rlappenapparaten mehr
oder weniger ernste Entzündungen nicht infektiöser Natur zur Entwickelung
kommen und sogenannte Klappenfehler im Gefolge haben, sei es, dass
diese Entzündungen vorher intakte Klappen ergreifen, sei es, dass sie
recurrirende Entzündnugen sind, und 3. in die Endocarditis secundaria
der alteren Individnen, bei denen zunächst eine Arteriosklerose in der
Intima der Aorta sich entwickelt und allmälig sich nach dem Herzen
hin verbreitend als Endocarditis auf die Intima der Klappenapparate
übergeht So entstehen mehr oder weniger schwere Veränderungen am
Endocard der Aortenklappen oder auch, während letztere nnr ganz
leicht affixirt bleiben, an dem der mitralis. Eine 4. Gruppe, die an-
geborenen Herzfehler, welche durch während des fötalen Lebens ver-
laufene Endocarditis veranlasst sind, kann hier wohl zweckmässig ansser
Betracht bleiben.
Die erste Form der Endocarditis, die man wohl am richtigsten
als die „maligne** bezeichnet, ist schon zu einer Zeit, wo die Bakterien-
kunde und -Lehre in den ersten An^gen vorhanden war, als eine durch
Bakterieninvasion auf die Herzklappen bedingte anerkannt worden. Mit
dem Fortschreiten der Bakterienkunde sind unsere Auffassungen sicherere
und sicherere geworden und haben weitere Anerkennung unter den Aerzten
gefunden, obgleich uns noch heute eine Reihe von Thatsachen
fehlt, welche zur festen Begründung einer durch Bakterien erzeugten
Krankheit nothwendig sind. Welche Organismen die Krankheit
erzeugen, ist uns noch heute nicht bekannt; und es knüpft sich gerade
19*
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an diese Frage eine so grosse Zahl weiterer Erörternngen , welche ans
mehr und mehr noch in eine terra incognita fuhren. Gehen wir
einfach darauf znrnck, wer nns die besten klinischen Bilder dieser
Krankheit gezeichnet hat, so mnss ich zn meinem Erstaunen die Tbai-
sache hervorheben, dass nicht einem einzelnen Antor das Verdienst ge-
bührt, mit scharfen nnd markigen Zügen das Krankheitsbild gezeichnet
zn haben, sondern erst allmälig sind von Chirurgen, Klinikern und
pathologischen Anatomen einzelne Beiträge zusammengetragen. Unter
allen diesen ist vielleicht die von Litten in den Charitd -Annalen
gelieferte Darstellung die beste nnd vollständigste. Aber schon lange
vorher, schon im Jahre 1860, war ich, damals als Unterarzt auf der
Tranbe'schen Klinik beschäftigt, im Stande, die Diagnose einer solchen
malignen oder, wie man zn sagen pflegte, einer nlcerösen Endocarditis
zu stellen. Meist gesellt sich die Affektion zu chirurgischen
Erkrankungen, den sogenannten pyämischen Affektionen, wo sich
infektiöse Embolie von den Wnndflächen ablösen, in die Zirkulation
gelangen, da oder dort wieder festhaften und weiter wuchern, oder sie
erscheint bei der phlebitiscben Form des Puerperalfiebers, wo ja ähnliche
Vorgänge von den Uterusvenen ans znr Entwickelung kommen. Mit
diesen Erkrankungen Hand in Hand gehend sehen wir nicht selten
eine maligne Endocarditis frisch entstehen. Dieselbe zeigt öfters
sehr ausgedehnte Ulcerationen, grössere ulceröse Flächen nnd offenbar
von hier ausgehende maligne Embolien mit ihren Folgeerscheinungen.
Bald lernte man auch andere Ausgangspunkte der Emboli kennen,
welche sich mit solcher malignen Endocarditis komplizirten , so z. B.
die Caries anris internae, die Pylephlcbitis und andere änsserst seltene
chirurgische Affektionen. So habe ich einmal einen Prostata-Abszess mit
jauchiger Thrombose der dort gelegenen Venenstämme als Ausgangs-
punkt der Pyämie und der concomittirenden Endocarditis gesehen.
In verhältnissmässig seltenen Fällen tritt nun diese Endocarditis ohne
alle Komplikationen selbstständig auf. Das Krankheitsbild ähnelt io
vielen Fällen einem Ileotyphns. Meist wird der Kranke ohne bekannte
Veranlassung und oft ohne anßnglichen Schüttelfrost fieberhaft affizirL
Das Fieber steigt langsam höher, bis dann und wann heftige unregel-
mässige Frostanfälle eintreten. Es machen sich häufig täglich zunehmende
gastrische Störungen bemerkbar, das Sensorinm wird mehr nnd mehr
benommen, ein Milztnmor ist deutlich nachweisbar, auf der Haut machen
sich mehr oder weniger deutlich Hantembolien , namentlich in der Brust-
und Bauchgegend, bemerkbar, die verhältnissmässig leicht von den
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Rogeolaflecken des Ileotyphng nnterschieden werden können. Dae Herz
zeigt sich ganz allmälig vergrössert, bald nach linke, bald nach rechts,
bald gleicbmässig nach beiden Seiten. Dabei hört man da oder dort
deutliche Geräosche, die in der Regel die Diagnose eines Klappenfehlers
ermöglichen. Freilich sind manchmal die Oeränscbe so dumpf, so
wechselnd, dass eine bestimmte Klappenfehler-Diagnose nicht möglich
ist, andererseits muss man Terhältnissmässig nicht selten auf Klappen-
affektionen am rechten Herzen znrückschliessen. Während letztere doch
Mnst im Extranterinleben zn den grössten Seltenheiten gehören, kommen
sie bei Endocarditis maligna verhältnissmässig hänfig vor. Hand in
Hand damit gehen weitere sekundäre Erkrankungen: durch infektiöse
Embolie bedingte Brandherde in den Longen, jauchige pleuritiscbe
Exsudate, Pyopneumotborax etc.
Das charakteristiscbte aller Symptome, welches wir bei der Pyämie,
der uterinen Phlebitis, der Caries auris internae, der Pylepblebitis und
der selbstständig anftretenden Endocarditis maligna beobachten, ist das
Auftreten unregelmässiger — von Traube schon als erratisch bezeich-
oeter — Schüttelfröste.
Das Auftreten von Schüttelfrösten überhaupt bildet, wie bekannt,
immer ein Zeichen ernster Bedeutung. Ein Schüttelfrost leitet ja eine
Reihe von akuten Krankheiten ein, und namentlich solche akuten
Krankheiten, welche durch eine Infektion mit Mikroorganismen bedingt
sind, wie dies die Pneumonie, die Febris recurrens und andere Krankheiten
beweisen. Dieser Schüttelfrost bleibt als initialer ein einmaliger; tritt er
mehrmals anf, so schliessen wir daraus ohne Weiteres, dass eine
besonders ernste Komplikation vorhanden sein mnss, nnd zwar wahr-
scheinlich eine Komplikation mit einer Krankheit, bei der infektiöse
Thrombusmassen als Emboli in die Zirkulation gelangen. Man mnss
allerdings bei den wiederkehrenden Frostanfällen noch berücksichtigen,
dass dieselben nur dann eine wesentliche diagnostische Bedeutung haben,
wenn die Patienten beim ersten Auftreten des Schüttelfrostes das Bett
aofgesncbt haben and nicht wieder anfgestanden sind. Denn es ist ja
eine wohlbekannte Erfabmng, dass selbst mässig fiebernde Kranke,
selbst Menschen mit einem einfachen Schnnpfenfieber, wenn sie nicht
ins Bette gehn , wiederholt von neuen leichten Frostanfällen heimgesucht
werden, bis entweder das Fieber ganz verschwindet oder sie dauernd
ans Bett gefesselt werden.
Im Gegensatz zn den einfachen initialen Schüttelfrösten sind wir
Beil langer Zeit an die Beobachtung regelmässig in Intervallen wieder-
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kehrender sogenannter typischer Schüttelfröste gewöhnt. Dieselben
betrachten wir, naögen sie als Febris intermittens qnotidiana, tertiana
oder qnartana, anteponens oder postponens, Simplex oder dnplex auf-
treten, als Zeichen einer Malariainfektion. Aber wir wissen, dass derartig
regelmässig auftretende Scbütteliröste in Form einer Febris qnotidiana
manchmal auch ohne jede Spur von Malariainfektion sich seigen können.
Am häufigsten sehen wir diese Form des Fiebefs bei nicht klaren
internen Eiterungen erscheinen und hier in erster Linie bei der Langen'
tuberkulöse. In vielen derartigen Fällen wird die Diagnose verfehlt,
weil man zu wenig Werth legt auf dos Fehlen der Milzanschwellung,
und man andererseits eine genaue Untersuchung der Lungen vernachlässigt.
Wenn nun gar die Darreichung einiger Dosen Chinin die Fieberanfälle für
einige Tage verhindert, dann glaubt man, dass die Diagnose der Malaria-
infektion sicher festgestellt ist, und erkennt seinen Irrthum oft erst spät,
nicht selten zu spät, um noch erfolgreich gegen das Langenleiden
einzugreifen. Wie häufig sieht man, namentlich in Malariagegenden
dass sich fiebernde Schwindsüchtige immer wieder bei Eintritt des
Fiebers mit dem Gedanken trösten, sie litten unter Malariaeinflüsseo,
während sie ihre Lungen gesund wähnen. Aber auch weniger ernste
Erkrankungen imponiren uns zuweilen als Malariaintermittens. Manchmal
sind es einfache Magenkatarrhe, welche mit täglichen Froetanfällen
einhergehen. Folgt man nun dem Rath der alten Aerzte, bei jeder
Malariaintermittens, ehe man zum Gebrauch des Chinins übergeht, die
Unsanberkeiten, die Sordes ans den ersten Wegen durch ein Brechmittel
zu entfernen, so sieht man oft die angebliche Malariaintermittens geheilt
werden, ehe das Chinin in Gebrauch gezogen ist.
Ganz anders dagegen gestalten sich die FrostanHUle, welche bei den
verschiedenen oben erwähnten Krankheiten aaftreten, und bald mit,
bald ohne Endocarditis maligna verlaufen. Ebenso erscheinen die Frost-
anfälle bei der malignen Endocarditis, die ohne Komplikationen zar
Beobachtung gelangt.
Für alle diese Fälle sind die zn unregelmässigen Zeiten auftretenden
Schüttelfröste charakteristisch. Wenn also z. B. ein solcher Schüttel-
frost mit nachfolgender Hitze und Schweiss an einem Tage zweimal,
dann mehrere Tage gar nicht, dann wieder ein paar Tage lang täglich
einmal u. s. w. auftritt, dann muss man sagen, hier werden infektiöse
Stoffe in die Zirkulation geführt. Ein Irrthnm in der Diagnose ist kaum
möglich, wenn man sich bewusst bleibt, dass die erratischen Fröste für
die eben erwähnten Krankheitsgruppen charakteristisch sind, and niemals.
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«eoigstena in unseren Landen, bei der Malariaintermittens gefunden
werden, sobald man nicht das Krankheitsbild durch vorher gereichte
grössere Chinindosen alterirt hat. Es wird immer noch dann und wann
die Diagnose einer Malariaintermittens trotz solcher nnregelmüssigen
Frastanfälle gestellt, und immer noch erweisen sich solche ärztlichen
Fehler als verhängnissvoll, weil leider die Anschauung unter den
Aerzten noch nicht allgemein anerkannt ist, dass unregelmässige Fröste
nichts mit der Malaria zu thnn haben. Letztere können allerdings auch
bei Vorhandensein von Nieren* und Gallensteinen auftreten. Die
Diagnose ist hier eher verhältnissmässig nicht schwer. Kann man diese
Erkrankungen ausschliessen, dann müssen die Fröste durch das
Eintreten infektiöser Massen in die Zirkulation veranlasst sein. Man
iDius jetzt Zusehen: woher stammen diese Massen? besteht irgend ein
chirurgisches Leiden? wie verhält sich der Uterus? das Ohr? die Leber?
ood schliesslich das Herz? Oft findet man dann neben anderen
Organen das Herz affizirt. ln anderen Füllen ist letzteres allein
erkrankt Nor ganz ausnahmsweise fehlen bei Affektionen des Endo-
cardinms direkte Zeichen, welche auf die Erkrankung hindeuten. Der
Verlauf der ELrankheit ist in der Regel sehr stürmisch. Die schwersten
Cerebralerscbeinnngen treten so in den Vordergrund, dass die Symptome
am Herzen, die Haute mbolieen, die Milzschwellong, die event gleichzeitige
Nierenerkrankung wenig beachtet werden. Zuweilen sieht man furibonde
Delirien mit der Endocarditis ulcerosa Hand in Hand gehen und in
wenigen Tagen den Tod veranlassen, so dass es den Anschein gewinnen
kann, als wenn ein Fall von sogenanntem Hirnrheumatismus vorliege,
lod erst die Autopsie lehrt, dass nicht, wie bei letzterem, der makro-
ikopische Befund am Herzen negativ ist, sondern schwere ulceröse
Veränderungen am Endocard vorhanden sind.
Zuweilen verläuft die Krankheit aber ancb anfangs nur sehr langsam
ent allmälig führen die unregelmässigen Frostanfälle zur Diagnose. Der
Tod erfolgt dann erst nach einigen, selbst vielen Monaten. Hier
kilft man sich im Anfang off mit eigentbümlichen Diagnosen durch,
Dater denen der Name der cryptogenetischen Septicopyämie in der
letzten Zeit eine gewisse Beliebtheit gewonnen hat.
Dass alle diese Fälle von Endocarditis ulcerosa durch Bakterien-
ioTznonen hervorgemfen werden, ist, wie gesagt, schon seit ungefähr
% Jahren angenommen. Es wurde aber schon damals nach Erklärungen
dafür gesucht, wie bei der nur auf das Endocard beschränkten Er-
krankung die Bakterien in die Zirkulation hinein gelangen kbnnten,
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29C
während ja dies bei den anderen Fallen ganz klar erscheint. Man musste
die Ansicht schon zu jener Zeit für richtig anerkennen, dass durch
gewisse oft ganz anbemerkt gebliebene kleine Risse in der Hant oder
in irgend einer Schleimhaut die Mikroorganismen in den Körper und
schliesslich in die Zirkulation eindringen, hier sich weiter entwickeln
und schliesslich das schwere Krankheitsbild, von dem wir eben gesprochen
haben, in die Erscheinung treten lassen.
Ueber die Morphologie der Bakterien, welche die Bndocarditis
ulcerosa erzeugen, wissen wir bis jetzt nur wenig und dieses Wenige ist
auch noch zweifelhaft. Die meisten bakteriologischen Dntersneher
nehmen an, dass es verschieden gestaltete Organismen wären, welche
die Krankheit erzeugen könnten.
Bei dieser ulcerösen Form der Bndocarditis sieht es von vornherein
so aus, als ob unsere Therapie ganz machtlos wäre. Trotsdem kann
man dies bei reichlicher Erfahrung nicht zugeben. In einzelnen aller-
dings seltenen Fällen, namentlich wenn die Bndocarditis ulcerosa sich mit
der phlebitischen Form des Puerperalfiebers komplizirt batte, habe ich
von grossen Dosen Alkohol, Cognac, Sherry, Portwein u. s. w. in
Verbindung mit mehreren täglich gereichten Gaben von einem halben
Gramm Chininum muriatienm entschiedene Erfolge gesehen, meist dauerte
es allerdings Wochen und Monate, ehe die erratischen Schüttelfröste
ganz verschwanden und ehe man wirklich sagen konnte, der Kranke
wäre geheilt.
Bei der zweiten Form der Bndocarditis werden entweder die
vorher intakten Klappenapparate von einer Entzündung ergriffen oder die
Entzündung entwickelt sich an vorher schon entzündet gewesenen Klappen
als eine reknrrirende. Die Summe der hier in Betracht kommenden
Krankheitsersebeinungen ist eine viel weniger schwere, der Charakter
einer Infektionskrankheit wird für gewöhnlich ganz vermisst und manch-
mal nur ganz zufällig das Vorhandensein der fi[rankheit entdeckt. Früher
glaubte man, dass das Auftreten dieser Bndocarditis mit dem Elrscheinen
der Polyarthritis rhenmatica in direktem Zusammenhang stehe. Man hatte
sich lange mit dem Gedanken getragen, dass bei dieser Krankheit eine
materia peccans im Blute kreise, die, in die Gelenke ausgeschieden, den
Gelenkrheumatismus erzeuge, die aber, wenn sie in das Endocard, das
Pericard, die Pleura abgesondert würde, eine Entzündung dieser Theile
bervorriefe. Man glaubte eine Zeit lang, dass die Milchsäure diese materia
peccans bildete. Damit stimmten vortrefflich die Experimente von
Richardson, der, wenn er Hunden grössere Quantitäten Milchsäure in
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die JagnlarTeDen spritste, zaoächst bei diesen Händen Anschwellungen
sn den Gelenken der Extremitäten und dann, wenn er die Tbiere
nach Monaten tödtete, die exquisiteste Endocarditis an den Klappen-
apparaten fand. Ans diesen Experimenten glaubte sich Richard son zu dem
Schluss berechtigt, dass die Milchsäure Gelenkrheumatismus und Endocarditis
erzeuge. Bei genauerer Prüfung der Experimente fand man aber, dass
erstens immer diejenigen Gelenke schwollen, mit denen die Hunde
auf das Experimentirbrett angebunden waren, während die übrigen Gelenke
intakt blieben; zweitens stellte es sich heraus, dass eigentlich sämmtliche
Hunde in nicht mehr jugendlichem Alter an Endocarditis und dadurch
Teranlassten Herzklappenfehlern leiden. Letztere Tbatsacbe war mir,
als sie gegen Richardson eingewendet wurde, noch nicht genügend be-
kannt, ich stellte sie daher den zahlreichen meine Vorlesungen besuchen-
den Herren Kollegen von der Tbierarzneischule zur Diskussion und fand
sie von allen Seiten bestätigt. Damit fällt natürlich die Beweiskraft der
Richardson’schen Experimente in nichts zusammen, aber nicht die
Meinung, dass bei dem Gelenkrheumatismus eine materia peccans im
Blote vorhanden ist. Traube fand in den sechziger Jahren, als er die
sogenannte Davies'sche Methode, welche sich in England bei der Be-
handlung des akuten Gelenkrheumatismus einen gewissen Ruf verschafft
batte, in Deutschland anwandte, sich durch seine therapeutischen Er-
folge ebenfalls zu der Annahme gedrängt, dass hier eine schädliche
Substanz im Blot vorhanden sein müsse. Die Davies’sche Methode
besteht bekanntlich darin, dass um die erkrankten Gelenke Abends
mehrere querfingerbreite Streifen von spanisch Fliegenpflaster gelegt
werden, während man gleichzeitig eine genügende Morphiumeinspritzung
macht, um die entstehenden Schmerzen zu beseitigen. Am nächsten
Morgen werden die entstandenen Blasen anfgestochen , die abgehobene
Haut abgeschnitten, bis zum Abend warme Umschläge auf die wunden
Stellen gemacht, und dann am Abend ein einfacher Heilverband an-
gelegt. Traube behauptete non, dass hier beim Gelenkrheumatismus das
Fieber einerseits dadurch hervorgerufen werde, dass eine materia peccans
im Blute kreist und dass andererseits dieselbe materia, in die Gelenke
ausgeschieden , dort Entzündung und Fieber hervorriefe. Den aus-
gezeichnetsten Erfolg hatte die Davies’sche Methode, wenn die Gelenk-
affektion eine ganz exquisite war. Hier war nach Traube 's Ansicht
die materia peccans ganz ans dem Blute verschwunden und in die Gelenke
abgeschieden. Deswegen hatte die ausschliessliche Behandlung der Ge-
lenke einen absoluten Heilerfolg, ln einer zweiten Reibe von Fällen,
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wo nur eine wesentliche Besserung der Oelenkaffektionen und eine er-
hebliche Herabeettnng des Fiebers festsostellen war, mnsste die materia
peccans erst theilweise in die Gelenke abgeschieden sein und das Fieber
zom Theil durch die Erkrankung der Gelenke, zum Theil durch die
im Blute noch zirkulirende materia peccans gedeutet werden. Die
Gelenkaffektion wurde durch die Vesicatore günstig beeinflusst In
der dritten Reihe von Fällen endlich, in welcher die Gelenkaffektiou
nur sehr wenig angedeutet ist und das Fieber wohl wesentlich durch
die im Blote befindliche materia peccans erklärt werden muss, prallt
die Methode ganz ab.
Aber sehr bald änderten sich unsere Anschauungen über den akuten
Gelenkrheumatismus mehr und mehr. Schon im Jahre 1865 erklärte
Lange in Kopenhagen, dass der akute Gelenkrheumatismus ganz un-
abhängig von bestimmten Witterungseinflüssen epi- und endemisch auf-
trete, und diese Behauptung konnte nur von allen Seiten mit dem Fort-
schreiten unserer Kenntnisse bestätigt werden. Allmälig gelangte noan
zu der Ueberzeogung, dass auch der akute Gelenkrheumatismus in die
Kategorie der durch Mikroorganismen erzeugten Krankheiten gehöre.
Man hat zwar den betreffenden Organismus noch nicht bestimmt nach-
gewiesen, und es mag ja immer noch zweifelhaft bleiben, ob dies jemals
geschehen wird, trotzdem kann meiner Ansicht nach nicht abgeleoguet
werden, dass der akute Gelenkrheumatismus eine durch Mikroben
erzeugte Krankheit ist
Andererseits haben wir im Laufe der Jahre die Erfahrung gemacht,
dass das Auftreten dieser einfachen Endocarditis durchaus nicht immer
an den akuten Gelenkrheumatismus gebunden ist, sie begleitet nicht
selten Pocken, Scharlach, Masern, Erythema nodosum, Angina, dann
Diphtherie, Pneumonie, also eine Reihe von Krankheiten, bei denen man
heut zu Tage gewisse Organismen als Krankheitserreger ansehen muss,
aber auch einzelne Krankheiten, wie die Pleuritis, bei welchen die
event Mitbetheiligung von Mikroorganismen zu ihrer Entstehung doch
sehr zweifelhaft ist
Schliesslich sehen wir zuweilen die einfache Endocarditis als selbst-
ständige Krankheit auftreten ohne jede Komplikation mit anderen Krank-
heiten. Man hat ja gerade von dieser Endocarditis behauptet, dass
ihr alle vier Kardinalsymptome der Entzündung fehlten. Aber schon
vor mehr als 28 Jahren bin ich bei meinem Doktorexamen mit
einem meiner hochverehrten Lehrer in Bezog auf diesen Punkt in
Disharmonie gerathen, denn nach meinen auf der Traube 'sehen
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Klinik gesammelteD, damals ja noch sehr geringeD ErfahrangeD wnsste
ich, dass bei der Krankheit Ja natürlich der Tumor und der Rubor fehlte,
«her der Dolor und der Calor vorhanden wären. Im Laufe der Jahre
(^machte Beobachtungen haben mich ein bestimmtes Krankbeitsbild für
diese selbstständige Endocarditis gewinnen lassen: Schmerzen in der
Herzgegend und unter dem Brustbein, geringe Fieberbewegungen (37,8
bis 38,5 C.), erhöhte Pulsfrequenz (80 — 120), erhöhte Athemfreqnenz
(24 — 40), dabei starke Dyspnoe, zuweilen auch Orthopnoe. Diese selbst-
ständige Endocarditis steht demnach in gewisser Analogie zu der malignen
Endocarditis ohne Komplikation.
Da non schon bei dem Rheumatismus articolorom acutus und bei
den verschiedenen anderen mit Mikroorganismen in Verbindung stehenden
Krankheiten und im Vergleich mit der malignen Form der Oedanke
nabe liegt, dass bei dieser ganzen Groppe der Endocarditis Mikroben dem
Prozesse zn Grunde liegen, sind in den letzten Jahren von verschiedenen
Seiten darauf hingerichtete Untersuchungen angestellt worden.
Das Resultat derselben ist im Grossen und Ganzen folgendes:
In der grössten Mehrzahl sind Mikroorganismen in den endocarditi-
ichen Vegetationen nachgewiesen worden und diese Mikroorganismen haben
»ehr verschiedene Gestalt.
Wir werden nun deswegen einerseits nicht Unrecht thon, zu schliessen,
dass die Mikroben wohl immer vorhanden sein werden, namentlich wenn
wir bedenken, wie schwierig derartige Untersuchungen sind, wieviel dabei auf
Zufälligkeiten ankommt und wie wir oft diese endocarditischen Vegetationen
erst nach jahrelangem Bestehen zur genaueren Prüfung bekommen, wo
daun die früher vorhanden gewesenen Mikroben auch verschwunden sein
können. Der in der bei weitem grössten Mehrzahl der Fälle gelungene
Nachweis der Mikroorganismen rechtfertigt wohl diesen meinen für
die Gesammtheit gezogenen Schluss. Andererseits muss man mit Be-
stimmtheit sagen, dass morphologisch verschieden gestaltete Organismen
die Krankheit erzeugen können. Darüber, ob jede verschiedene Infektions-
krankheit einen besonderen Organismus bat, welcher die Endocarditis
bewirkt, können wir bei unserm jetzigen Stande des bakteriologischen
Wissens nichts sagen. Ebensowenig darüber, ob unter Umständen dieser
einfachen Endocarditis und jener malignen derselbe Mikroorganismus zu
Grunde liegt. Die Möglichkeit können wir durchaus nicht bestreiten, denn es
liegen mancherlei klinische Beobachtungen vor, wie z. B. die in jüngster Zeit
von A. Fränkel in den Charite - Annalen mitgetheilte, wo unter dem
bilde der malignen Endocarditis aufgetretene Krankheitsfälle allmälig
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den Charakter der einfachen Endocarditis annahmen und unter Zurück-
bleiben eines einfachen Herzklappenfeblers ans der Behandlung der be-
treffenden Aerzte geschieden sind.
In Bezug auf diese Fragen haben die Bakteriologen noch viel Klar-
heit zu schaffen; es ist aber bei dem rüstigen Portscbreiten dieser
Herren in Bezog auf die in Betracht kommenden Fragen zu hoffen, dass
wir bald weitere wesentliche Fortschritte zu konstatiren haben werden.
Fragen wir schliesslich, was wir heut zu Tage therapeutisch bei
der Endocarditis vorzonehmen haben, so ist natürlich in erster Linie an
Mittel zu denken, die einer Weiterwirkong der hier in Betracht kommenden
Bakterien Einhalt tbon. Da aber unsere Kenntnisse, wie eben dargelegt,
in Bezog auf die Bakterien selbst noch sehr lückenhafte sind, so werden
vorläufig auch noch unsere therapeutischen Hoffnungen sehr gering sein.
Im Grossen und Ganzen wird man sich auf die Exspektative beschränken
müssen. Die in früheren Zeiten vielfach gerühmte Qoecksilberbebandlung
habe ich in verhältnissmässig vielen Fällen und mit Ausdauer angewendet,
ohne sie besonders rühmen zu können. Dass ohne alle Therapie eine
Reihe von Klappenfehlern heilen kann, ist eine allbekannte Tbatsache.
Selten geschieht dies in der Weise, dass die auf das Endocard
gesetzten Wncbernngen allmälig durch den Blutstrom weggeführt und an
unschuldigen Stellen des Organismus abgelagert werden. Viel häufiger
erweitert sich die eine oder die andere Klappe in ganz auffälliger Weise
und deckt dadurch ganz allmälig den durch Retraktion einer anderen
Klappe berbeigeiührten Snbstanzverlnst.
Die dritte Form der Endocarditis ist diejenige, welche sekundär die
Herzklappen ergreift, nachdem vorher schon kürzere oder längere Zeit
an der Intima der Aorta entzündliche Prozesse zur Entwickelung ge-
kommen sind. Die Elndartritis deformans greift dann langssun auf das
Endocard über, vermittelt eine losnfficienz der Aortenklappen durch
Retraktion, durch Verdickung und andere Veränderungen dieser oder
jener Klappe, oder es kommt durch Auflagerungen am Klappenapparat
zur Stenose des Ostium arteriosum. Ein anderes Mal bleibt der Aorten-
klappenapparat ganz intakt, dagegen entwickelt sich ein zu Klappen-
erkrankungen führender Prozess am Ostium venosum sinistrnm. Am
rechten Herzen kommen derartige Erkrankungen fast gar nicht vor.
Von Mikroorganismen ist hier selbstverständlich nicht die Rede.
Wir sehen diese Klappenerkrankungen im höheren Lebensalter an
Menschen erscheinen , die früher ein Master von Leistungsfähigkeit und
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Kraft waren, so z. B. bei Offizieren, alten in der Landwirthschaft er-
granten and körperlich viel bewährten Männern.
Ganz allmälig beginnen solche Leute darüber za klagen, dass sie leicht
knrzathmig werden, dass ihnen grössere Gänge za Fass schwer fallen;
beim Reiten vermeiden sie das Traben, lieben nur den Galopp and den
Schritt, allmälig müssen sie auf jede Bewegang za Pferde verzichten.
Schliesslich wird es klar und ist bei genauer Untersncbong sicher fest-
znstellen, dass ein Herzklappenfehler vorliegt.
In früherer Zeit, wo man die Entstehnng der Endocarditis anf die
hier geschilderte Weise noch nicht kannte, sachte man immer die Dia-
gnose in Frage za stellen, weil solche Menschen keinen Gelen krhenmatis-
mas überstanden hätten, aber allmälig hat sich doch immer mehr and
mehr die Ansicht Bahn gebrochen, dass anter den alten Leuten ein
grosser Theil durch Herzerkrankangen za Grande geht und von diesen
Herzkranken ein Theil durch Klappenfehler stirbt, welche ihren Ausgang
von einer Endartritis deformans aus nehmen, ein anderer Theil durch
sogenannte idiopathische Herzerkrankangen das Lpben beschliesst
Die hier erwähnten Thatsachen kommen um so deutlicher zum Be-
wusstsein, wenn man das Material der Siechenhänser ansieht und
namentlich durch sorgfältig gemachte Autopsien ausnutzt. Da sehen
wir manchen Kranken, der kurzathmig wird, angeblich wegen Alters-
schwäche, später hindert ihn die Altersschwäche Treppen zu steigen, er
bekommt allmälig Oedeme an den Unterschenkeln und gebt schliesslich
an Altersschwäche zu Grande. Eine genaue Sektion lässt diese Alters-
schwäche als ein ausgesprochenes Herzleiden erkennen.
Anf welche Punkte müssen wir bei solchen Erkrankungen besonders
therapeutisch achten?
Zunächst ist darauf zu sehen, dass der einzelne Mensch schon in
jungen Jahren vermeidet, unregelmässig zu leben, namentlich viel zu
trinken, denn wir wissen ja, dass bei einem abnsus spirituosorum schon
in den dreissiger Jahren Arteriosklerose und sekundäre Klappenfehler ent-
stehen können. Früher dachte man, dass nur der Schnaps derartige nach-
theilige Folgen hätte. Wer aber in Weinländern gelebt bat, wird auch nicht
geneigt sein, den Wein als ätiologisches Moment anszuscbliessen, und das
Uebermaass des Biertrinkens, namentlich des Trinkens von schweren
Bieren, wie es in den letzten Jahren in Norddeutschland immer mehr
und mehr Mode geworden ist, wird uns auch in Bezug auf dieses Genuss-
mittel immer mehr und mehr den Schaden des Uebermaasses klar
machen.
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Ist der Klappenfehler einmal gebildet, dann mnss man die Energie
des Herzmuskels möglichst zn erhalten suchen, um eine Kompensation
recht lange zn ermöglichen.
Wir haben nun seit langer Zeit erfahren, dass die Kraft jedes quer-
gestreiften Muskels, also auch des Herzmuskels, erlahmt, wenn der Muskel
nicht in der nöthigen Debung erhalten wird. Deswegen müssen wir
solche Herzkranke nicht in ihre Zimmer einsperren, sondern sich regel-
mässig bewegen lassen, nur darf diese Bewegung nicht zn anstrengend
sein. Im Grossen und Ganzen wird es sich daher nicht empfehlen, solche
Kranke viel Treppen oder Berge steigen zn lassen. Methoden, wie die
von Oertel angegebene, werden nur in seltenen Fällen keinen Miss-
erfolg erzielen. Es wird für solche Kranke immer geboten sein, mög-
lichst niedrig, womöglich zn ebener Erde zn wohnen, imWinter im sonnigen,
im Sommer io schattigen Zimmern; auf die Auswahl einer leichten nnd doch
kräftigen Diät muss man Werth legen, Alkoholika nicht ganz entziehen,
aber nur geringe Mengen Wein und Bier reichen, und auch die geistigen
nnd körperlichen Beschäftigungen auf ein mittleres Maass rednziren.
Wenn man in dieser Weise einen bereits entstandenen Klappenfehler
therapeutisch beeinflusst, dann werden wir oft jahrelang den Kranken in
leidlicher Gesundheit und arbeitsfähig in seinem Amte erhalten. Natür-
lich darf ein solcher Mensch nicht verlangen, Reitergeneral oder Leiter
einer grossen Staats- oder Privatverwaltung zu bleiben. Bei derartigen
Beschäftigungen werden sehr bald Kompensationsstörungeu beginnen und
den Anfang vom Ende einleiten.
Das erste Obdach des Kriegsverwundeten.
V o r 1 1- a g .
gehalten in der militärärztlichen Gesellschaft zu Berlin
am 21. November 1887
Ton
Dr. H. F. Nicolai.
SUbturxt im Eisenbibn-R^giintint.
(Mit 3 Tafeln.)
Die taktischen Gründe, wfilche ein Biwakiren von Truppen erheischen,
sind in der letzten Zeit immer mehr eingeschränkt worden nnd somit
dürfte für einen zukünftigen Feldzng die Häufigkeit des Biwaks sich fast
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nor nach den äusseren Verhältnissen, nach der OrSsse nnd Dichtigkeit
der Ortschaften, hier und da vielleicht noch nach den besonderen
Eigenthömlichkeiten des Geländes richten. Immerhin jedoch lässt sich
das Biwak nicht abschaffen, ja es kann nnd wird in dännbewohnten
Gegenden, wenn auch in Bezng anf den Lagerplatz wechselnd, doch oft
für längere Reihen von Tagen die einzig erübrigende Art der Unter-
kanfl sein.
Das Biwak gilt somit in Dentschland nur für einen unvermeidlichen,
auf das Nothwendigste einsnschränkenden Behelf nnd nicht, wie bei
manchen anderen Armeen, für eine stabile Formation. Diesem Zustande
ist wohl auch einzig nnd allein der Umstand znznschreiben, dass in der
deutschen Armee bis jetzt die dem Soldaten für das Biwak gebotenen
Schutzmittel sich ebenfalls auf dem Standpunkte des änssersten Notb-
behelfes befinden. Der deutsche Soldat ist infolge dessen in seinen An-
sprüchen an die Ausstattung seines Biwaks durchaus nicht verwöhnt;
während andere Armeen längst mit einem nach nnseren Begriffen
umfangreichen Comfort für das Marschbiwak ansgestattet sind, baut sich
heute noch der deutsche Soldat aus Stroh — wenn er welches hat —
einen nothdürftigen Windschirm um das Lagerfeuer nnd streckt die müden
Glieder anf die magere Strohschüttnng in gott- nnd dienstergebener
Resigpiation. Wenn nun auch die jetzige Anffassung über die militärische
Nothwendigkeit der Biwaks selbst dort das Beziehen von Quartieren
(Alarmqnartier, Ortsbiwak) gestattet, wo früher Biwaks vorgeschrieben
oder üblich waren, so werden doch immer diejenigen Truppen biwakiren
müssen, welche in den überfüllten Ortschaften kein Unterkommen mehr
finden. Nicht die Avantgarden werden biwakiren, aber die Gros, und
zwar diejenigen Tbeile derselben am meisten, welche sich der Queue
zunächst befinden: die Sanitätstrnppen und die Kolonnen. Und doch
ist der Sanitätssoldat der Ruhe ebensosehr bedürftig, wie der Kämpfer
in Reib nnd Glied, denn die Anforderungen, welche an seine physische
nnd moralische Leistungsfähigkeit gestellt werden, sind durchaus nicht
geringer anznschlagen. Ein müder, erschöpfter nnd hungriger Kranken-
träger kann seiner schweren Bestimmung nur schlecht dienen. Ober-
stabsarzt Dr. Port hat gewiss mit Recht den Ausspruch gethan: „yfnB
man den Krankenträgern giebt, kommt den Verwundeten zu
gute“. Aber hieran ist auch gar kein Zweifel, es sind eben nur die
äusseren natürlichen Verhältnisse, welche die Sanitäts-Detachements und
die denselben folgenden Feldlazarethe zwingen, mehr als andere Truppen
im Freien zu nächtigen. heisst es dann beim Befehlsempfang
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mit frenndlich tröstender Apostrophe, „Sie haben ja Zelte Damit sind
die Verbindezelte gemeint, welche man vielleicht, wenn der Boden fest
genug, das Wetter nicht zu windig and es überhaopt noch nicht za
spät in der Nacht ist, für die Offiziere und Beamten anfschlagen kann.
Aber welchen Nutzen haben die Krankenträger davon?! Ja, wenn wir
Zelte hätten! Auch an diesen würde sich der Port’sche Spruch
bewähren. Den Krankenträgern gäbe man sie, aber den Verwundeten
kämen sie zn gute!
Dass es nothwendig wird, für die Verwundeten auf dem Verband-
plätze Obdachvorrichtungen zu errichten, geht aus der Thatsache hervor,
dass bei grossen Schlachten immer eine grosse Anzahl Verwundeter
längere Zeit im Freien aasharren muss, ehe sie verbunden und fort-
traosportirt werden können.
Dieselben Gründe, welche die Trappen zum Biwakiren zwingen,
bedingen auch die Nothwendigkeit, den Verbandplatz theilweise oder
ganz im Freien aufznscblagen. Und wer hätte sich da nicht im
Kriege 1870/71, welcher doch ein reiches, dichtbewohntes Land znm
Schauplätze batte, einmal in der Lage befunden, bedauern zu müssen,
dass er seinen Verwundeten kein schützendes Obdach zu verschaffen
vermochte. Oberstabsarzt Dr. Port beschreibt in seinem Aufsätze über
die „Selbstherstellung von Unterkunftsräumen für Kriegsverwundete'‘
Heft 2, 1887 der Deutschen militärärztlichen Zeitschrift eine solche
Situation und knüpft daran die Bemerkung, „es scheine fast, als ob man
allerseits von dem Versuche der Lösung dieser wirklich schwierigen
Aufgabe in stummer Resignation zurückgetreten sei“.
Im deutsch -französischen Kriege trat der Mangel an vorbereiteten
Mitteln zur ersten Beherbergung der Verwundeten oftmals recht fühlbar
auf. Um nnr ein Beispiel anzufübren, erinnere ich an die Tage
von Weissenburg und Wörth.*) Beim Forsthause Haardt (1. S. D.
XI. A. C.) mussten die Verwundeten bei Unzulänglichkeit der
Räumlichkeiten trotz der ungünstigen Witterung zumeist unter freiem
Himmel gelagert werden. Auch bei Görsdorf (Wörtb) wurden die
Verwundeten zunächst im Freien gelagert and später, als die Temperatur
recht fühlbar sank, mussten, nachdem alle Wohngebäude, Schale und
Kirche mit Verwundeten angefüllt waren, die sänimtlichen Scheunen
belegt werden. An' dem Hülfsplatze am Sauerbach hei Görsdorf,
*) Kriegx-Ssnitäts-Bericlit. Bd. I. S. 94 ff.
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welcher nur durch einige Weidenbäume nothdörftig geschützt war,
mussten viele Verwundete einen Theil der Nacht im Freien znbringen.
In Spachbach, Eisasshansen, Günstedt waren die sämmtlicheii
Geblude io Beschlag genommen und diese selbst waren so zerschossen,
dass sie vor dem strömenden Regen kaum Schutz gewährten. Die
Lagerung im Freien, so bitter sie auch war, konnte nicht vermieden
werden. Schliesslich wurden auf dem Bahnhofe von Wörth ans Latten
und Hopfenstangen von den nahen Feldern Baracken zu je 25 Betten
errichtet. Wie unzureichend selbst eine mit Ortschaften dicht besäete
Gegend, wie die von Wörth, gegenüber der Anzahl der unterzubringenden
Verwundeten ist, leuchtet ein, wenn man die Grösse der zu über-
windenden Arbeit, die Zahl der hülfesuchenden Verwundeten in Betracht
zieht. So z. B. betrugen die Verluste an Todten und Verwundeten
bei Weissenbnrg 91 Offiziere 1460 Mann
bei Wörth 490 - 10153
581 Offiziere 11613 Mann
Somme 12 194 Mann,
7.0 deren ärztlicher Verpflegung 13 Sanitäts-Detachements und 7'/> Feld-
lazarethe mit 129 etatsmässigcn Aerzten (1 Arzt auf 100 Verwundete)
zur Verfügung waren.
Ehe wir uns nun an die praktische Ueberlegung begeben, wie wir am
besten der Nothwendigkeit, die Kriegsverwundeten mit einem schützen-
den Obdach zu versehen, gerecht werden können, dürfte es am Platze
sein, sich bei denjenigen Armeen, welche in der letzten Zeit in der
Lage waren Erfahrungen in dieser Richtung zu machen, nach den
Ergebnissen dieser letzteren umzusehen.
Die Engländer führen konische Zelte mit, welche bei Zo-
sammenstössen mit dem Feinde, wenn auch wegen ihrer schlechten
Ventilation nicht gerade sehr gute, aber immerhin doch nicht, von der
Hand zu weisende Unterkunft darbieten. Besser ist das englische
Marquisenzelt, welches dem deutschen Lazarethzelte ähnlich konstruirt
ist und im Sudan gute Dienste geleistet hat. Solche umfangreiche '
Obdachmittel erfordern jedoch einen besonderen Tross, welcher nicht
immer in der Nähe der kämpfenden Truppe mitgeführt werden kann,
ja meist so weit zurückgelasseu werden muss, dass eine Verwerthong
seiner Ladung während und kurz nach der Schlacht unmöglich ist.
Hau müsste sonst besondere Kolonnen errichten, welche mit Zeltmaterial
folgen und nach Abgabe desselben den Abschnb der Verwundeten vom
Schlachtfelde nach den Lazarethen zu bewerkstelligen hätten. So
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— 306 —
wänscheoswertb eine solche Einrichtnng snch wäre, so dürfte doch die
Armeeleitung einer Vermehrong der Kriegstrains nnr schwerlich
geneigt sein.
* Die Franzosen brachten in Tonkin ihre Verwondeten im Delta
zumeist in den Hätten der Eingeborenen und in den Pagoden onter, in
den höher gelegenen Landstrichen in Bambushütten, welche die Kulis
sehr geschickt herzuricbten verstanden und welche gegen die Oktober-
sonne sowohl, als auch gegen die Witterangsnnbilden des Februar und
März guten Schutz gewährten.'’*')
Wo sie mit Gepäck in den Kampf zogen, bedienten sich die
Franzosen, wenn sie verwundet auf dem Schlachtfelde lagen, auch schon
im Jahre 1870/71 gern ihrer Marschzelte. Auch die grossen französischeo
Lagerzelte (tente Harabout), von konischer Form mit Ventiladons-
öfifnnng an der Spitze, leisteten in verschiedenen Feldzügen gute Dienste.
Für sie trifft das über die englischen Zelte Gesagte zu.
Auch die Italiener bedienten sich in Abessinien, wie Pauars
berichtet,'’*') in dem Lager -Lazareth bei Massauah zuerst der konischen
Zelte; später worden dieselben durch Baracken ersetzt. Jetzt besitzen
die Italiener theil weise Tollet’sche Baracken, theil weise besondere
Tropenbaracken aus doppelter Leinwand und Holzgerüst.
Einen gewissen Vortheil geniessen die Verwondeten derjenigen
Armeen, welche mit Marscbzelten aosgestattet sind, für den Fall, da«
sie mit Gepäck in den Kampf gezogen sind. Wenn es auch nur der
Theil eines Zeltes ist, welchen der einzelne Mann bei sich führt, so
kilnnen doch ans mehreren solchen Theilen immer kleine Schutzdächer
hergestellt werden. Ja im Nothfalle kann sich der Verwundete nnr mit
seinem Zelttheil bedecken und sich so vor der änssersten Wiltenings*
unbill schützen.
Die russische Armee ist mit Marschzelten nach Art der französischen
tentes d'abri ansgestattet. Ein solches Marschzelt besteht ans 4 zusammen-
knöpfbaren Stücken zu zwei Arschin (1,.5 m) ins Geviert nebst den
nothwendigen zusammenlegbaren Stäben, Schnüren und Giebelstücken.
Jeder Soldat trägt seinen Zeltantheil, ein kleines Bündel, auf dem
Tornister. Das anfgestellte Zelt bat eine Länge von 2,85 m, eine Breite
von 1,95 m und eine Höhe von 1,06 m. In einem solchen 2^1te sollen
C Mann liegen, doch ziehen es die Soldaten häufig vor, zu Dreien in
einem halben Zelte zu lagern. Ein französisches Harschzelt wiegt 1,5 kg.
*) Rotb, Jahresberiulit pro I88C.
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dn roasiflchea etwas mehr. Dasselbe wird in 15 Minaten aafgestellt and
gestattet allerlei Modifikationen in der Anfstellnng. Aach dem einzelnen
abseits gerathenen Soldaten kann sein Zelttheil sehr zn statten kommen,
wie vorher bemerkt wnrde.
Das Offizierzelt ist ebenso eingerichtet, nnr grösser (6 Arschin ^
4,26 m lang, 3'/i A. breit, 2'/> A.= 1,77 m hoch).
Nach dem Zeugnisse rassischer Aerzte (Golden berg,*) Oeltowsky)
bewähren sich diese Zelte sehr gnt, doch stagnirt die Loft leicht in
denselben and bei Sonnenhitze steigt die Temperatnr nicht selten bis
auf 40° R. (Bulgarien), so dass man dann vorziebt, die Zelte nur ein-
seitig als Schirm aafzastellen. Gegen Regen schätzen dieselben vor-
föglich, wenn derselbe nicht za plötzlich nillt, so dass die Fasern des
Gewebes Zeit haben sich vollznsaugen. Platzregen dringt in Form
eines feinen Staubregens durch, namentlich wenn die Zelte vorher sehr
losgetrocknet waren.
Ein Uebelstand ist die Niedrigkeit and Enge des Zeltes. Am
schlimmsten macht sich dies bei schlechtem Wetter fühlbar, wenn die
Soldaten Gepäck und Waffen mit hineinnehmen and mehr auf den
Aufenthalt innerhalb des Zeltes angewiesen sind. Aufrecht sitzen kann
man nur nnter dem First. „Für den Winter leiden sie an denselben
Mängeln, wie eine Sommerkleidang“, schreibt Korpsarzt Geltowsky:
Sie sind kalt, zugig, eng, der Hann schleppt Schmatz und Nässe hinein,
so dass man sich im Kriege 1877/78 vor der Nasskalte und vor dem
Winde kaum zu bergen wusste und schliesslich seine Zuflucht za allen
den Nothbehelfen nehmen musste, von denen die wichtigeren weiterhin
betprochen werden sollen.
Diese Uebelstände machen sich natnrgemäss mehr fühlbar bei
längerem Aufenthalt an derselben Stelle als im Marschbiwak. Für
onsere Zwecke und Verhältnisse brauchen wir jedoch ein mitznführendes
Obdachroittel nnr für den Platzwechsel und bei Standlagern nnr so lange,
bis darcb andere, nmfangreichere Mittel für ein besseres Obdach gesorgt ist.
Eis würde ans also mit einem solchen Zelte, womöglich ohne die
sogeführten Mängel der rassisch -französischen, recht gut gedient sein;
wir würden dasselbe bei Marschbiwaks für die Krankenträger and
während, sowie nach dem (^fecht so lange für die Verwandeten
gebraachen, als diese obdachlos sind. Aach für die Verwandeten soll es
•) Wojenno sau. Djelo 1881.
Ventilation der Zelte.
Goldenberg; Unsere Zelte. Geltowsky;
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ja nar ein yorübergehendes Unterkommen sein. — Einige Vorschläge
über die Eonstraktion solcher Unterkanftsräame werde ich mir die Ehre
geben später Ihrer Benrtheilang za anterbreiten. Zunächst möchte ich
noch weiter aasfahren, in welcher Weise bei den Rassen auf Grund
dieses Marscbzeltes gegenüber den Unbilden der Witterung sich ein
förmliches System von Biwakanlagen herausbildete, welches, je nach der
Dauer und der Oertlichkeit in verschiedenartiger Weise angewendet, den
Soldaten zu einem warmen Quartier verhalf und das auch für unsere
Zwecke manches Bemerkenswerthe bietet.
In dem russischen militärärztlichen Wochenblatte „Wojenno sanitarnoe
D51o“ pro 1881 beschreiben Geltowsky und Goldenberg in mehreren
Aufsätzen die russischen Zelteinrichtungen von 1877/78.
Die Marschzelte erwiesen sich nach diesen Autoren nicht als ein
genügender Schatz gegen die Unbilden eines bulgarischen Winters.
Bereits im Angnst 1877 fror man des Nachts in denselben. Der
September war windig, regnerisch and zeitweise zeigte sich Schnee.
Das Leben in den Zelten wurde fast anerträglich. Die Leute schleppten
Nässe and Schmutz mit hinein. Die nassen Stiefel und Mäntel durch-
nässten die ohnedies schon feuchten, kleinen Feldbetten, von Entkleiden
konnte keine Rede sein, ja selbst zum Trocknen der Kleider fehlte es
an Gelegenheit. Die durchnässten Soldaten hatten die ganze Nacht nor
mit der Kälte und dem Winde zu kämpfen und des Morgens musste der
von Nässe und Frost erstarrte Mann wieder hinaus in den Regen and
Morast (Geltowsky). Hier, als es kaum noch aaszuhalten war, wurden
die sonst so wenig zu eigener Initiative geneigten Leute auch schliesslich
findig, energisch und beweglich. Einige machten aus Stroh Windschirme
andere bedeckten die Zelte mit Stroh oder Maisstengeln, doch hielten
die Zelte häufig diese Last nicht ans. Ein guter, dichter Zeltstoff und
das Umgeben des Zeltes mit einem Graben vermag zwar die Nässe
einigermaassen hintanzubalten , gegen die Kälte aber ist der Insasse
immer noch nicht geschätzt.
„Da also auf der Erde keines Bleibens mehr war“, schreibt
Goldenberg, „so musste man sich in dieselbe verkriechen, d. h. man
kam zu einer eigenartigen Anlage, den Erdhütten“. Die Entwickelung
dieser Erdhütten lässt deutlich mehrere Stadien erkennen, deren erstes
durch das „Grabenzelt“ (semljanka-palatka) dargestellt wird. Es
wurde eine Grube entsprechend der Grundfläche des Zeltes in einer
Tiefe von 0,75 bis 1,5 m aasgeworfen und das Zelt als Dach darüber
gespannt. Einige Stufen an einer Giebelseite bildeten den Eingang. In
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der gegenöberliegenden Seite wurde eine kaminartige Höhle aasgestochen
and von derselben ein senkrechter Schacht anf die Erdoberfläche geführt.
Damit dieser besser zog, wurde die Oefihnng mit einem Schornstein
ron Rasen oder Erde versehen. Wenn der Frost nicht zu heftig war
oder der Regen nicht zu reichlich fiel, boten diese Grabenzelte leidlichen
Schatz, aber der Wind drang immer noch hinein und bei strenger Kälte
fror man immer noch.
Man ging tiefer in die Erde und schuf, um die Wärme mehr
zasammenzuhalten, einen Plafond, indem man die Grube mit Maisstengeln
bedeckte und das Zelt als Dach darüber spannte. Dieses selbst sachte
man durch Bedeckung mit Maisstengeln oder Stroh gegen Dnrchnässnng zu
verwahren.
Je nach den zu Gebote stehenden Mitteln und nach der Oertlichkeit
waren diese Grabenzelte verschieden. Die gprösste Mannigfaltigkeit
zeigten diejenigen der Offiziere. Manche verstanden sich darauf, ihre
Hütten nicht nur behaglich zu gestalten, sondern dieselben sogar mit
einem gewissen Comfort ausznstatten. Die Eingänge wurden mit Thüren
versehen oder mit Decken verhängt. In manchen Hütten konnte man
bequem stehen, in vielen fanden mehrere Personen ausreichend Platz.
Die Werthschätzung dieser Art Obdach hängt namentlich von den
gegebenen Bodenverhältnissen ab. Am besten eignet sich lehmiger
Boden. Wenn dann die Heizvorrichtung gut angelegt und kein Mangel
an Brennmaterial ist, so trocknen die Wände, werden hart und stürzen
nicht ein. Ausserdem kann man solche Erdgrube vor dem Beziehen,
um sie auszutrocknen, mit Stroh oder Reisig etc. anfüllen und aasbrennen,
wodurch die Wand in Ziegelmasse verwandelt wird. In Bulgarien
bewährten sie sich sehr gut, waren trocken und bequem, die Luft stets
rein, da man sie durch Aufheben der Zeltdecke oder auch durch blosses
Oeffnen der Thüre lüften konnte.
Nach diesen Erfahrungen ging man weiter und gelangte zu der
Anlage der „Grabenhütten“ (Zemljanki-schalaschi), d. h. anstatt sich
des Zeltes als Dach zu bedienen, baute man ein solches aus Sparren,
welche man mit einer Schicht Reisig oder Maisstroh überzog und dann
mit Erde bedeckte. Man war nun nicht mehr an die Grösse der Zelt-
bodenfläche gebunden und konnte die Erdhütten je nach dem vorhandenen
Bedachungsmaterial in verschiedener Grösse anlegen. Man schachtete
die Grube in der gewünschten Grösse und Tiefe aus und liess au einer
Seite eine Erhöhung des Bodens stehen, welche als Lagerpritsche diente.
In den Ecken und längs der Wand wurden Pfosten eingerammt, auf
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welchen eine Eappenschwelle befestigt wnrde, worauf die Sparren
aaflagen; darauf kam dann die vorherbezeichnete Bedeckung. Man
brachte sogar Fenster mit Oelpapierscheiben und Thören ans Knüppel*
rahmen mit Maisstrohbezog an. Die Heizung geschah wie in den
Ornbenzelten. Es gab solche Erdhütten bis zu 3 und mehr SaZen
(• 6,4 m) Länge und 1 bis 2 SazCn (= 2,14—4,3 m) Breite, je nach der
Länge des vorhandenen Bcdacbongsmateriales. Die Höhe erreichte meist
in der Mitte 3 Arschin (2,13 m). Die Hütten der 2. Infanterie-Division
nahmen jede 30 — .öO Mann auf.
Diese Art Obdach bewährte sich in jeder Hinsicht gut; natürlich
konnten nur solche Truppen davon Gebrauch machen, welche lange Zeit
an derselben Stelle zu verbleiben hatten.
Eine dritte Art waren die überirdischen, eigentlichen Erdhütten,
deren Wände aus übereiiiandergelegten Rasenstreifen aufgebaut wurden.
Die Bedachung war wie bei den vorigen. Sie waren kühler als die
Unterirdischen, dafür aber die Luft in denselben besser. Die Feuchtigkeit
in denselben hing von den Bodenverhältnissen ab. Hatte man Heiz-
material genug, so trockneten sie bald. Vor Plewna auf dem harten
Kalkboden leisteten sie sehr gute Dienste.
Alle diese Obdacharten haben den gemeinsamen Fehler, dass sic bei
stärkeren Regengüssen dnrcbweichen, was unter Umständen selbst ihren
Bestand bedroht. Abbülfe kann geschaffen werden, indem man die Eck-
pfosten gut io der Erde befestigt, das Dach an den Seiten etwas über-
stehen lässt und die auf dasselbe aufgeschicbtete Erde mit dem Spaten
gut glättet. Um die Hütte herum muss ein guter Graben gezogen
werden. Die innere Einrichtung richtet sich nach den Bewohnern.
In Bulgarien sah es in denselben, nach dem Zeugnisse Goldenberg's,
wegen der Indolenz der Soldaten, sowie häufig wegen der Unsauberkeit
derselben wenig anziehend aus. Besonders in den kleineren Hütten, in
welchen keine Pritsche angelegt war, so dass die Leute ihr Lager auf
der platten Erde hatten und auf dem Lagerstroh mit ihren schmutzigen,
nassen Stiefeln herumtraten, bis es sich in einen]^düngerartigen Detritus
verwandelte, war es nicht schön und auch die Luft infolge dessen nicht
sehr gut. Allein dies sind Uebelstände, welche durch eine fleissige
Aufsicht fern gehalten werden können.
Die Konstruktion der russischen Hospitalzelte ist derjenigen des
prenssischen Lazaretbzeltes sehr ähnlich und bietet uns daher weder
selbst noch in denjenigen Modifikationen und Improvisationen, welche
eine Wiederholung des Originaltypus bezwecken, etwas besonders
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BemerkeDSwerthes. Die in dieser Hinsicht im rnssiscb'tnrkischen Kriege
gemscbten Erfabmngen laufen darauf hinaus, dass ein solches grosses
Zelt vor allen Dingen ein starkes Gerüst haben und gut anfgestellt
werden muss, damit es die noth wendige Widerstandskraft gegen Sturm
(Schipka) und gegen Schnee (Simnitsa [Pirogow]) besitzt. Interessant
ist die Improvisation der Beheizung, wie sie im russisch-türkischen
Feldzuge bewerkstelligt wurde.
Die türkischen, runden Zelte wurden gern über einer kreisförmigen
Grube von etwa 1 m Tiefe anfgestellt und wie die Grnbenzelte geheizt
Vor den Eingang der Hospitalzelte stellte man einen Windschirm nach
Art eines Tambours.
Eine höchst originelle Art der Heizung war folgende auch von
Pirogow beschriebene und gelobte Anlage.
In der Mitte des Zeltes wurde eine tiefe Grube ansgeworfen und
mit Kalk- oder Lehmsteinen oder, wenn solche zu haben waren, mit
Ziegelsteinen ansgemanert, jedoch so, dass die Feuerung tiefer kam als
der Boden des Zeltes. Nach oben wurde dann die Grube zngewölbt.
Von dem Fenerranme wurde in der Längsrichtung dicht auf der Erde
eine Röhre ans demselben Material gezogen, welche ausserhalb des
Zeltes mit einem kurzen Knie vertikal endigte. Der Ofen heizt vor-
züglich, hat nur den Nachtheil, dass die Herstellung ziemlich lange
Zeit in Anspruch nimmt und dass die Kalksteine oder der Lehm so
lange einen unangenehmen Dunst von sich geben, bis sie trocken sind.
In der Ukraine bauen die Landleute in ihren Hütten ähnliche Oefen
überirdisch. Eine Art umgestülpter Korb ans Weidengeflecht wird mit
Lehm überzogen, ebenso ein Zngrobr hergestellt, welches in dem Haus-
flnr endigt. Beim Heizen brennt das Geflecht ans und der hartgebrannte
Lehm behält die ursprüngliche Form.
Im letzten Sommer sab ich bei Herrn Oberstabsarzt Dr. Port in
München einen ebensolchen Ofen, welcher gut brannte und sehr schnell
heiss wurde.
Einen für uns interessanteren Gegenstand bilden die im russisch-
türkischen Kriege zu einem besonderen Typus entwickelten Hütten oder
Baracken ans Matten und Flechtwerk, als deren Prototyp die von
Goldenberg näher beschriebene Anlage bei der Station Frateschti
gelten kann.
Eine Art Vogelbauer ans einem hölzernen Gkrippe wird mit Matten
oder Flechtwerk ein- oder zweischichtig überzogen und mit ebensolcher
Thür und Fenstern versehen. Im Inneren standen eiserne Oefen. Die
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erste Hätte dieser Art war von den Aerzten der Evaknationsstation io
Fratescbti konstmirt worden und nach diesem Master entstand alsbald
eine förmliche kleine Mattenstadt, in welcher Aerzte und Kranke ihr
Unterkommen fanden. Später konnte man auf der ganzen Linie der
Evakuationsstationen Baracken dieser Art sehen. Ihre Werthschätzung
beruht namentlich in der Billigkeit und leichten Beschaffung des Materiales,
der leichten Herstellung, guter Ventilirbarkeit, Reinlichkeit, gutem Schutz
und Wohnlichkeit Ein Mangel ist, dass man ununterbrochen heizen
muss, da sonst die Temperatur schnell fällt. Auf die Wände musste
man sehr achten, da sich in denselben leicht Ungeziefer einnistete.
Auch das Feuer erheischte eine stete, aufmerksame Ueberwachung.
Aerzte, welche lange in diesen Hätten zu wohnen hatten, waren mit
denselben sehr zufrieden. Nach den wirklichen Baracken nnd den
etatsmässigen Lazarethzelten hält Goldenberg diese Art des Obdachs
fär die praktischste von allen Kriegsimprovisationen.
In dieselbe Kategorie fallen die im Uebrigen ebenso konstruirten
Hätten ans Maisstroh. Die Wände und das Dach werden mit nn-
entblätterten Maisstengeln äberzogen, indem man dieselben entweder als
Geflecht oder bändelweise geordnet aneinanderfägt. Damit die Wand
gleicbmässig mit Blättern bedeckt wird, lässt man die Stengel ab>
wechselnd mit der Spitze nach oben und nach unten verlanfcn. Ihr Vor-
zug besteht in Mais bauenden Gegenden in der Billigkeit und leichten
Beschaffung des Materiales.
Aehnlich worden auch Hätten aus Faschinen hergestellt, welche
mit einem Ende in einen Graben gestellt wurden, den man nachher
zuwarf nnd feststampfte, während die anderen Enden an dem Geräsl
befestigt wurden. Das obere Ende der Faschinen wurde auch oft äber
einem Spreizrahmeu mit der gegenäberliegenden Reibe nach Art eines
gothiscben Spitzbogens — oder wie Tollet'sche Baracken — zusammen-
gezogen und verbunden, so dass Seitenwand und Dach aus einem Stück
waren. Dann baute man eine zweite Reihe Faschinen ringsherum und
legte über das Ganze eine besondere Dachlage. Sie boten hinreichend
Schatz vor Wind und Regen; wie sie sich im Winter bewähren, darüber
fehlt es meinem Gewährsmanne an Erfahrung. Man baute solche Hüttea
nicht nur für Kranke, sondern auch als Aufenthaltsort für Mannschaften,
als Speise- und Tbeehäuser.
Gute Dienste leisteten nach dem Zeugnisse J. N. Pirogows noch
die kirgisischen Filzjurten (Orenburger Jurten) nnd die ebenfalls leicht
herstellbaren Johnson'scben Zeltbaracken aus mit Leinwand über-
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BpaoDten lasammenfügbaren Rahmen ond Pappdach. Aus denselben war
das Qoarantaine-Lazareth bei Odessa bergestellt.
Herr Oberstabsarzt Dr. Port beschreibt in Heft 3 pro 1887 der
Deotschen Militärärztlichen Zeitschrift ein Zelt znr ersten Beherbergung
von Kriegsverwundeten.
Als Grundsätze für die Beschaffenheit von Nothschntzdächern stellt
Oberstabsarzt Dr. Port auf: erstens, dass sie noch am Tage der Schlacht
znr Aufstellung kommen können, ond zweitens, dass dieselben von
primitiver, anspruchsloser Beschaffenheit und wegen der Angriffe des
Windes nicht höher sein dürfen, als dass die Verwundeten aufrecht
darunter sitzen können. Für Aerzte und Pflegepersonal brauchen sie
nicht zugänglich zu bein, da die Pflege bei geeigneter Stellung der
Krankenlager von aussen her erfolgen könne.
Das Zelt, dessen Aufstellung indessen nach der Beschreibung, selbst
wenn es vollständig vorbereitet ist, 20 Minuten erfordern dürfte, hat
eine Bodenfläche von 5 m Länge, 2,5 m Breite und eine Firsthöhe von
1,5 m. Dasselbe erfordert einen Zeitplan von 5 m Länge und 4 m
Breite = 20 qm, nebst den nothwendigen Giebelstücken, sowie eine Leine
von 54 m Länge, 3 Giebelstangen von 1,75 und eine zweitheilige First'
Stange von 5 m.
Das Zelt soll 4 Verwundete, welche auf den Tragen von den
Giebelseiten eingeschoben werden, aufnehmen.
Dasselbe ist gewiss sehr sturmsicher und wetterfest, allein ich
glaube dem von mir besonders hoch verehrten Autor nicht zu nahe zu
treten, wenn ich der Meinung Ausdruck gebe, dass, abgesehen von der
Umständlichkeit der Aufstellung, die Unzugänglichkeit der Verwundeten
eine nicht unbedenkliche Unbequemlichkeit ist, sowie auch, dass ein
solches Zelt die vorher von den russischen Marschzelten beschriebenen
Uebelstände nicht vermeidet.
Ich glaube daher, dass es gut sein wird, bevor man irgend einer
Konstruktion das Wort redet, die Grundsätze, nach denen eine solche
sich zu richten hätte, etwas ausführlicher aufzustellen.
1) Entsprechend den Verhältnissen des Verbandplatzes handelt cs
sich nicht um ein Unterkommen für längere Zeit, sondern nur für so
lange, als die Verwundeten am Platze bleiben, bezw. so lange, als noch
Verwundete obdachlos sind. Es wird also unter diesen Schutzdächern
ein steter Wechsel der Insassen stattfinden. Auch erfordert die
Beobachtung der Verwundung eine stete Möglichkeit der Ueberwachung
durch Augenschein.
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314
Die Schntzdächer mässen daher dem SaDitätspersonal
zagänglich sein.
2) Ebenso wie die Verbindezelte, mässen anch die Schntzdächer
leicht anfstellbar und ebenso leicht abznreissen sein.
Wird ein Verbandplatz weiter vorwärts geschoben, so wird man an
dem neuen Etablirongsorto wieder ebenso viele obdachlose Verwundete
finden als am vorherigen Platze und daher in die Notbwendigkeit versetzt
sein, die Schntzdächer ebenfalls weiter nach vorwärts zu sebafifeo.
Man wird daher beim Rücktransport der Verwundeten immer zuerst
die Schntzdächer frei zu machen haben, oder man mnss solche von dem
ablösenden Feldlazareth einstweilen übernehmen.
Die Schutzdächer müssen daher leicht beweglich sein.
3) Eine naturgemässe Forderung ist, dass bei der Verwendung
einer gegebenen Menge Materiales eine möglichst grosse Anzahl
von Verwundeten untergebraebt werden kann.
4) Dieselben müssen, um in Massen mitgeführt werden zu können,
leicht an Gewicht und nicht zu kostspielig sein;
5) Schutz gegen Regen und Sonnenschein, Wind und Kälte
bieten und endlich
6) womöglich den Krankenträgern als Marschzelte dienen
können.
Mit Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte glaube ich ein Zelt zur
Prüfung auf seine Brauchbarkeit empfehlen zu können, welches ich
selbst in nunmehr 5 Manövern, in 15 Biwaks benutzt und wochenlang
in meinem Garten in Freiburg aufgestellt gelassen habe, ohne dass
dasselbe jemals umgeworfen worden wäre. Auch von Seiten der Offiziere,
welche oftmals mit mir unter demselben den Abend verbracht haben,
fand dasselbe nngetheilten Beifall.
Dasselbe unterscheidet sich, wie das hier aufgestellte Modell zeigt
(Tafel), von anderen dachförmigen Zelten nur dadurch, dass die
Stirnseite keinen Schlitz als Eingang hat, sondern dass beide Stirnseiten
auf einer Seite an die eine Dachfläche angenäht sind, während die
andere Dachfläche mit den Stirnseiten durch Schnallen verbunden wird.
Das Gerüst besteht aus zwei Giebelstangcn und einer Firststange,
sämmtlich zweitbeilig und mittelst Gasrohrhülsen zusammenznstecken.
Die eine Dachseite ist somit frei beweglich und kann zu beliebiger
Höhe aufgehoben und über zwei senkrechte Stangen gespannt werden,
so dass ein einerseits offener, andererseits mit einem geschlossenen Grund
versehener Schirm entsteht.
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315
Das Zelt würde für Mannschaften, mit einer Giebelbasis Ton 2 m
and einer Höhe von 1,80 m ansgestattet, bei einer Länge von 3 m
genügend Raum bieten für 4 Kranke mit 75 cm oder für 5 mit 60 cm
Ranmbreite. Die Verwundeten werden der Quere nach gelagert.
Die Aufstellung des Zeltes ist sehr einfach und in wenigen Minuten
zu bewerkstelligen. Man orientirt dasselbe so, dass die feststehende
Breitseite dem Winde zugewandt wird. Nachdem der Zeitplan mit der
linken Seite nach oben ansgebreitet ist, legt man die Firststange auf
die Firstnaht, steckt die Spitzen der Seitenstangen durch die Löcher in
den Enden der Firststange und in dem Zeltplane. Nun zieht man die
bewegliche Breitseite über die Firststange zurück (wie beim Verbinde-
zeit) und stellt das Zelt auf den erwählten Platz. Darauf werden über
die aus den Oiebelspitzen hervorragenden Dorne der Seitenstangen die
Sturmleinen geschlungen und in nicht zu grosser Entfernung — je zwei
an jedem Giebel — festgepflockt. Dann pflockt man die drei fest-
stehenden Seiten fest und spannt die freie Breitseite über zwei senk-
rechte Stangen, welche an den Ecken untergestellt werden, mittelst
zweier Leinen fest. Das Zelt wird nun mit einem Graben umgeben und
die ausgegrabene Erde als Wall an die Zeltwand angeworfen. Den
jeweiligen Verhältnissen entsprechend kann man den Erdboden im
Inneren zum Schutz gegen das Wasser noch etwas erhöhen, oder zum
Schutz gegen die Kälte vertiefen.
Zur grösseren Stnrmsicberbeit kann mau noch eine dritte Stütz-
Stange, unter der Mitte des Firstes schräg an die Hinterwand angelegt,
unterstellen.
Je nach Gefallen kann man die freie Breitseite hoch oder niedrig
stellen oder auch das Zelt scbliessen. Die Seitenscblitze gewährleisten
eine gute Ventilation, ohne Zugluft zu veranlassen, und die Verwundeten
sind von allen Seiten zugänglich.
Die Kranken sind gegen Regen nnd Sonnenstrahlen geschützt.
Die Fläche einer jeden Breitseite beträgt bei einer Zelthöbe von
1,80 m, einer' Giebelbasis von 2 m und einer Länge von 3 m
2,06 X 3 = 6,18 qm, also doppelt = 12,36 qm Fläche. Jede Giebelwand
misst 2x0,9 = 1,8 qm nnd doppelt = 3,6; die ganze Fläche des Zeit-
planes somit 15,96 qm, worunter ganz bequem 5 Kranke Platz finden.
Das Port’sche Nothschntzdach bat eine Oberfläche von 20 qm, die
Oiebelwände je 1,85 X 2 = 3,7, total also 23,7 qm und nimmt nur
4 Kranke auf.
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Mein Zelt bietet daber eine Ersparniss von ’/> des Materiales and
gewährt 20 % mehr Verwundeten Raum.
Ich führe bei dem Zelte ein Beil znm Einschlagen and event Zn-
haaen von Pflöcken mit, sowie einen Strohsack aus ganz leichter Sack-
leinwand. Derselbe bietet den Vortbeil, dass das Strohlager besser
znsammenhält, und gewährleistet auch grössere Fenersicherheit. Die
Mitführang eines solchen in der Grösse der Belegfläche würde sich sehr
empfehlen. Dies böte ansserdem die Möglichkeit, bei Vorwärtsbewegungen
das Stroh anf den zam Ver wundsten transport requirirten Landwagen
mitzunehmen und so gleich wieder ein gutes Lager für die Verwaudeten
zur Hand zu haben.
Um einer noch grösseren Zahl von Verwundeten mit möglichst
geringem Aufwands an Material und Arbeitskräften ein Unterkommen
zu verschaffen, Hesse sich auch folgende zweite Konstruktion in Er-
wägung ziehen.
Dieselbe hat die Zeltdächer der Lebküchler auf den Märkten in
Oesterreich zum Vorbilde.
Vier Stangen von je 3 m Länge werden mit den gleichnamigen
Enden so übereinander gelegt, dass immer die nachfolgende auf der
vorhergehenden ruht und so die Form eines Kreuzes entsteht. Dann
tritt ein Mann an die Kreuzung und hebt dieselbe bis zu seiner Brust-
höhe auf; ein Zweiter schlingt um die Kreuzung einen Strick in der
Form eines Kranzes, so dass die Enden in demselben hängen. Die
Stangen bilden nun eine vierseitige Pyramide, welche sich in sich selber
trägt. Ein Nagel an jedem Stangenende verhindert ein Rutschen des
Strickbundes. Von dem Letzteren lässt man ein Ende von etwa 4 m
Länge senkrecht herunterhängen — eine zentrale Sturmleine. Jetzt
deckt man über dieses Gerüst einen Plan von Segeltuch, zusammen-
geuähten Woilachs oder dergl., welcher die Form der vierseitigen
Pyramide wiederholt, also in der Mitte der seitlichen Dreiecke eine
Einschlagnaht besitzen muss, und befestigt die vier Ecken an den freien
Stangenenden. Nun ist das Zelt, oder vielmehr der Schirm, fertig.
Derselbe kann von 4 Mann an den erwählten Platz gebracht werden,
und wird dort mit einer Seite in einen flachen Graben gestellt, während
die entgegengesetzte Seite auf zwei senkrecht stehende Stützstangen in
beliebiger Höhe befestigt wird. Nun würde das Dach immer noch
nicht im Stande sein, einem Windstosse zu widerstehen. Zu diesem
Zwecke verankert man dasselbe mittelst der in der Mitte herabbängenden
Leine an einem starken Astpflocke, welchen man etwas vor die Senk-
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317
rechte — io der Richtung auf den Eingang — einschlägt Je straffer
man die Leine anzieht, desto mehr spannt sich das Zeltdach und desto
fester steht dasselbe. Das Dach ist infolge seiner gewölbeartigen Form
gegen von hinten kommende Windstösse sehr widerstandsfähig, solange
die anfstehenden Stangenenden nicht nach vorn geschoben werden.
Hieran hindert der Rand des Grabens, in welchem dieselben stehen. Zur
grösseren Sicherheit kann man die beiden aufsitzenden Stangenenden mit
einer kurzen Schlaufe versehen und diese anpflocken. Um auch gegen
unerwartetes Umschlagen des Windes — das Zelt wird stets mit dem
Rücken gegen den Wind gestellt — sicher zu sein, kann man auch an
den vorderen Enden Sturmleinen befestigen.
Noch weniger Mühe macht das Anfstellen des Daches, wenn man
anstatt des Strickbundes an der Stangenkreuznng sich eines Hülsenkreuzes
bedient, welches ans in der Mitte platt geschlagenen und mit einem
Loche versehenen kurzen Enden Gasrohr hergestellt werden kann.
Durch das Loch wird, indem man die beiden entsprechend auf die
Fläche gekrümmten Doppelhülsen über Kreuz aufeinanderlegt, eine
Schraube gesteckt und mit einer Flügelmutter befestigt. In die offenen
Enden der Hülse steckt man die Stangenenden.
Will man für die Bedeckung des Daches Stroh oder Reisig verwenden,
so müssen, um die Spannung in dem Dache herznstellen, die peripheren
Enden der Stangen mit einer Leine — Fonragirleine — verbunden
werden. Die Seitendreiecke werden dann mit konzentrisch verlaufenden
Stricken oder Stäben bezogen und auf diesen das Deckmaterial befestigt.
Strohmatten lassen sich wie Stoff anfspannen.
Wenn man Zeit genug hat, oder die Verwundeten längere Zeit unter
den Dächern verweilen sollen, kann man diese Dächer zur Herstellung
von Grnbenzelten nach der russischen Art verwenden: Eine Grube
von 1 m Tiefe, die ausgeworfene Erde zu einem Walle auf dem Rande
aofgeschichtet, das Dach darüber gestellt und an allen 4 Ecken verankert.
Den Eingang kann man mit einer Thür oder einem Vorhang aus einer
Pferdedecke oder ans einem Woilach, Mantel oder dergl. versehen.
Selbst eine Heizvorriebtung , ein Kamin mit Schlot, lässt sich in kurzer
Zeit herstellen.
Auch bei flacher Aufstellung, wenn nur das Dach mit einem Erd*
walle umgeben ist, wird dasselbe genügend Schutz gewähren.
Durch höheres oder tieferes Anfstellen der vorderen Enden kann
man den Verhältnissen der Witterung, Regen, Wind, Sonnenschein und
Hitze, Rechnung tragen. Die Verwundeten sind leicht zugänglich, die
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Zelte kÖDDen mit grösster Leichtigkeit aafgestellt und abgerissen, nach
jeder Richtung mit geringer Mühe verstellt nnd übertragen werden.
Wenn die Stangen 3 m lang sind, so ist die Basis der Seiten-
dreiecke 4 m, die bedeckte Bodenfläche somit 16 qm, woranf 8 Verwundete
reichlich Raum finden.
Die Fläche eines jeden Dreieckes beträgt 4,52 qm, die 4 Flächen
somit 18,08 qm für 6 — 8 Kranke. Beide Arten , sowohl die vorhin
demonstrirten Zelte als auch die Schirmdäcber, würden auch für die
Krankenträger als Marschzelte verwendet werden können.
Wenn ein Sanitäts-Detachement auf jeden Krankentransportwagen
4 solcher Schirmdficher oder Zelte verladen würde, so wäre dies ein
Belastnngszuwachs von nur 1 bis 1,2 Centner; die Zeitpläne könnten
in den Wagen, die Stangen obenauf Platz finden. Im Augenblicke der
Etablirung des Verbandplatzes würden die Zelte abgeladen und auf-
gestellt werden, was, wenn sämmtliche Mannschaften sich daran
betheiligen würden, etwa 20 Minuten in Anspruch nehmen dürfte. Da-
mit wäre für eine kaum in Betracht kommende Verzögerung ein an-
endlicher Vortheil für die Verwendeten gewonnen. Unter den so
vorhandenen 32 Schirmen könnten zu gleicher Zeit 200 — 250 Mann
Obdach finden.
Auch die Feldlaiaretbe könnten vielleicht eine Anzahl solcher
Schirme mit sich führen.
Man kann endlich anch Schutzdächer improvisiren, wenn man nur
über genügende Mengen von Decken, Mänteln oder sonstigen Gegen-
ständen, welche eine ausznbreitende Fläche darstellen, verfügt. Aus
Mänteln kann man solche Flächen herstellen, wenn man mehrere der-
selben, immer die Knopflöcher des einen an die Knöpfe des anderen,
aneinander knöpft.
Eine Anzahl Latten an eine Wand schräg angelehnt und mit solchen
Decken behängen; niedrige Dächer ans Latten oder Brettern mit Stroh-
bündeln überzogen und was dergleichen Nothbehelle mehr sind, werden
in Ermangelung eines Besseren immerhin ihre Dienste leisten. Das
Einfachste ist immer das Beete.
Wie sich der Einzelne, auf Selbsthülfe angewiesen, helfen wird, ist
Sache der Umsicht nnd der raschen Benntznng der gegebenen Hülfs-
mittel auf Grund von Sachkenntniss und Erfahrung, die aber auch auf
diesem Gebiete nur durch Uebung im Frieden gewonnen werden kann.
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Referate and Kritiken.
Handbacb der Ohrenbeilkande für Aerzte und Studirende von
Dr. Wilbelm Kirchner, Dozent der Obrenbeilknnde an der Königl.
Universität in Würzborg. II. Auflage. Berlin. Verlag von Friedrich
Wrede. 1888. Preis 4,60 Mk.
Wie in der ersten Auflage des vorliegenden Handbuches, das in dieser
Zeitschrift 1885 Heft 11 bereits besprochen wurde, werden auch in der
soeben erschienenen zweiten die Krankheiten des Ohres in kurzer, aber
Tollkommen erschöpfender Darstellung in fliessender, anregender Diktion
behandelt. Die rasche Folge der zweiten Auflage ist der beste Beweis,
dass die Absicht des Verfassers, besonders den Aerzten ein praktisches
Handbuch für die Behandlung der so wichtigen Erkrankungen des Ohres
tu bieten, vollkommen erreicht wurde. Dieser Absicht entsprechend finden
wir alle Details und Streitfragen über Anatomie und Physiologie nur auf
das praktisch Wichtigste beschränkt, während das Hauptgewicht auf eine
möglichst ausführliche und gründliche Darstellung der Therapie gelegt
wird.
Ein näheres Eingehen auf den reichen Inhalt des Buches würde zu
weit führen und es sei daher nur noch hervorgeboben , dass auch den
Verletzungen des Trommelfells, den Simulationen, dem wichtigen Kapitel
der Fremdkörper eine besondere Berücksichtigung gewidmet ist
Die Ausstattung des Boches ist wie in der ersten Auflage eine sehr
gute, sehr übersichtlich bezüglich der Eintheiluog des Stoffes, ferner
finden wir auf die 218 Seiten Text 42 ausgezeichnete Holzschnitte sehr
instrnktiv vertheilt.
Dr. Krampf (Würzborg).
Elektrodiagnostik und Elektrotherapie einschliesslich der
physikalischen Propädeutik für praktische Aerzte von Reg.-
Arzt Dr. Rndolf Lewandowski, k. k. Professor in Wien. Mit
170 Illustrationen. Wien und Leipzig. Urban und Schwarzen-
berg. 1887. 440 Seiten.
Verf. theilt sein Werk in drei Theile: Physikalische Propädeutik,
Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. Der erste Tbeil enthält in ein-
facher und klarer Darstellung, ohne besondere physikalische Kenntniss
voranszusetzen , die Omndlehren der Elektropbysik, soweit sie für den
praktischen Arzt zum Verständniss und Gebrauch der elektro-mediziniscben
Apparate notbwendig sind. Eingeflochten sind hier sehr dankenswerthe
praktische Winke über die Wahl und Handhabung der zu ärztlichen
Zwecken verwendbaren elektrischen Apparate. Der zweite Theil behandelt
laoäcbst in ähnlicher Weise die Grnndzüge der Elektropbysiologie, der
eine genaue Darstellung der motorischen Punkte sich anschliesst, und
geht dann zur Elektropathologie über, in der erst die elektrodiagnostischen
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320
Methoden nnd nachher vorzngsweise die Veränderungen der normalen
elektrischen Erregbarkeit der motorischen Nerven und der Muskeln, sowie
der sensiblen Nerven ausführlich besprochen werden. Die Elektropatbo-
logie der Sinnesorgane und des Zentralnervensystems wird, als noch zo
wenig Feststehendes enthaltend, nur kurz berührt. Im Anschluss wird
nach der Verwendung des elektrischen Lichts zu Heilzwecken der medi-
zinischen Mikrotelepbonapparate nnd des Thermo-Elektroskops Erwähunng
gethan. — Der dritte Tbeil zerfällt in die allgemeine und die spezielle
Elektrotherapie. In jener werden sämmtliche elektro-therapeutischen
Methoden einschliesslich der Metallo- und Magnetotherapie, sowie der
Galvanokaustik einzeln nach ihren Wirkungen nnd Indikationen ein-
gehend erläutert. In dem speziellen Tbeil werden zunächst die vorzugs-
weise mit Elektrizität erfolgreich behandelten Krankheiten gruppenweise
znsammengefasst und für jede einzelne die entsprechenden Behandlungs-
methoden angegeben. Doch bat sich Verf. nicht allein auf das Gebiet
der Neuropathologie beschränkt, sondern anch die geeigneten Fälle ans
allen anderen Disziplinen (Chirurgie, Geburtshülfe, Augen-, Obren-,
Kehlkopf- Krankheiten u. s. w.) zur Besprechung berangezogen. Den
Schluss bildet ein sorgfältig bearbeitetes Sach- und Namenregister.
Nicht minder verdienen volle Anerkennung die zahlreichen in den Text
eingefügten vortrefflichen Abbildungen, die das Verständniss überall
wesentlich fördern helfen. — Das Buch bietet also dem praktischen Arzte,
der sich mit Elektrotherapie beschäftigen will oder mnss, eine änsserst
vollständige nnd übersichtliche Zusammenstellung alles dessen, was ihm
in dieser Hinsicht zu wissen nothwendig und nützlich ist, und kann ihm
daher mit Recht bestens empfohlen werden. Rb.
Organ der militär-wissenschaftlichen Vereine. Bd. 24. Heft 1.
Bd. 25. Heft 1 und 3. 1887.
I. Der Krieg im Winter. Vortrag von Oberstlientenant
Llmansky.
Ehedem ruhten die Waffen im Winter, die Truppen bezogen in
besonders ausgesuchten Gegenden Quartiere. Die französische Revolution
mit ihren Kriegen brachte auch in diese bequeme Gemächlichkeit
Wandel. Von non an galt das Prinzip, den Gegner mit Aufbietung
aller Kräfte, ohne Rücksicht auf die Jahreszeit, niederzowerfen und
zum Frieden zn zwingen. Das erfordert unter Umständen Riesenopfer,
wie Smolensk nnd Berezina, Sebastopol und die Balkanpässe beweisen.
Aber der Neuzeit sind durch die Technik die Mittel zum Schutz und
zugleich die Kräfte vervielfältigt. — In drei Richtungen muss eine
vorsorgliche Heeresleitung Schutz zu schaffen suchen gegen die Gefahren
eines Winterfeldznges: 1) in zweckentsprechender Bekleidung; 2) kräftiger
Nahrung; 3) im Unterstand während der Ruhe.
Für die richtige Verwendung der zur Verfügung gestellten Gegen-
stände mnss vor Allem der Truppen -Offizier sorgen. Der Soldat
verfällt bei anhaltenden Strapazen nnd Entbehrungen leicht in Apathie.
Der Offizier muss daher dauernd 1) die Bekleionng überwachen, für
n;, - hy Googk'
321
BeonUang von Ohrenklappen, wollenen Socken nnd Handschnhen sorgen;
2) möglichst häufiges Abkochen ermöglichen, Genuss von Alkohol
beschränken, von Kaffee nnd Tbee begünstigen; 3) auch bei unmittel-
barer Fühlung mit dem Feinde die Truppen unter Dach nnd Fach zu
bringen suchen. Bei der grossen Defensivkraft der heutigen Infanterie-
waffen ist eine Ueberrnmpelnng nicht zu befürchten. — Sind keine
Ortschaften für die Unterkunft vorhanden, dann muss wenigstens auf
Hätten oder Scbntzscbirme Bedacht genommen werden und vor Allem
für Beschaffung von hinreichendem Fenernngsmaterial. Vedetten und
Schildwachen müssen rechtzeitig abgelöst werden. gOer Kommandant
soll von der Mehrzahl seiner Leute etwas weniger erwarten, als er
selbst zu ertragen im Stande ist* Der Offizier muss sich aber auch
selbst gesund erhalten. Gute Jucbtenstiefel, Wollwäscbe nnd Socken,
ein Halstuch, Pelzbandschnbe, Leibbinde, eine Lagermütze nnd Decke
müssen seine Friedens-Ausrüstung ereänzen.
Eine besondere Abhärtung im Frieden erscheint dem Redner nicht
Dothwendig. Sie ergiebt sich durch den Dienst von selbst Dem
Sanitäts-Offizier ist in diesem zeitgemässen Drama keine Rolle zngetbeilt
II. Ueber Antisepsis im Felde, Vortrag von Oberstabsarzt
Dr. Zinner.
III. Der Sonnenstich. Vortrag vom Regimentsarzt
Dr. Jacoby.
Beide Vorträge bezwecken einem militärischen Zubörerkreise in
populärer Form die grosse Bedeutnng ihres Gegenstandes für die Hygiene
des Soldaten vor Augen zu führen.
Dr. Zinner betont besonders, dass der Sanitätssoldat und jeder, der
kein aseptisches Verbandmaterial in Händen hat, die Wunde „allein
lassen* soll, und zitirt zum Schluss aus einem Vortrage des General-
stabsarztes Podratzky: „Dieser Antrag (sc. des rothen Kreuzes, den
Regierungen die obligatorische Einführung der Antisepsis im Felde zu
empfehlen) kommt um Vieles zu spät, bei uns in Oesterreich -Ungarn
sowohl, als bei allen Militärstaaten Europas. Wir haben längst die
SDsreichendste Vorsorge getroffen, dass die antiseptische Wundbehandlung
ron den Hülfsplätzen angefangen, bis in die fernsten Spitäler des
Hinterlandes durchgefuhrt werden könne. Die Prinzipien der Antisepsis
sind längst ein Gemeingut aller Militärärzte geworden, nnd sie darin
mehr und mehr zu vervollkommnen, ist das beständige Bestreben der
Heeresleitung.“
Jacoby folgt in seinen theoretischen Deduktionen den An-
Khanongen von Dr. F. Müller, die in dieser Zeitschrift (Jahrgang 1887,
S. 452) von Hiller mit Recht angegriffen sind. Schon das Subsumiren
ton Insolation, lokomotorischem und statischem Hitzschlag unter den
einen Begriff; „Sonnenstich“ kann nur dazn beitragen, den Laien zu
verwirren. Timann.
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322
Anleitung zu wiBsenschaftlicben Beobachtungen anf Reisen,
in Einzelabhandlungen. Herausgegeben vonDr. 6. Nenmayer,
Direktor der Deutschen Seewarte. 2. völlig nnigearbeitete und
vermehrte Auflage. In 2 Bänden. Berlin bei Oppenheim 1888.
Bei der hervorragenden Betheilignng von Angehörigen der Armee
an wissenschaftlichen Forschungsreisen, welche theils als Vorläufer, theils
als Folgen der kolonialen Bestrebungen Deutschlands ansgefübrt und
geplant werden, ist es der Redaktion eine angenehme Pflicht, auf ein
Werk aufmerksam zu machen, dessen Studium bei der Vorbereitung xu
solchen Elxpeditionen nicht übersehen werden darf. Für unseren Leser-
kreis gewinnt dasselbe noch dadurch ein besonderes Interesse, dass
Militärärzte von jeher gern Theilnehmer wissenschaftlicher Reisen gewesen
sind: ich erinnere an Nachtigal, Link, Falkenstein, Wolf, Pauli.
Ferner dadurch, dass den Marineärzten anf ihren zahlreichen Dienstreisen,
sowie während des Aufenthaltes auf auswärtigen Stationen Gelegenheit
zu wissenschaftlichen Beobachtungen und Erfahrungen gewährt ist, zu
deren Ordnung und fnichtbarer Verwerthnng ihnen eine Anleitung wie
die vorliegende nur willkommen sein kann. Die Zusammensetzung d^
Werkes aus Einzelabhandlnugen, welche der Feder der kompetentesten
Bearbeiter entstammen, bürgt dafür, dass dem Suchenden in gedrängter
Form die Summe dessen geboten wird, was dem heutigen Standpunkt
des betreffenden Faches entspricht
Selbstredend kann es nicht die Aufgabe des Arztes sein, Beobachtungen
in sämmtlichen Gebieten anznstellen, welche hier in Frage kommen. So
enthält der I. Band die geographische Ortsbestimmung, topographische
Aufnahme, Geologie, Erdmagnetismus, Meteorologie, Astronomie, Hydro-
graphie und das Verkehrsleben der Völker. Der II. Band: die Landeskunde,
Statistik, Heilkunde, Landwirthschaft, Botanik, Anthropologie (Virchow),
Ethnographie (Bastian), Linguistik, Zoologie, mikroskopische und photo-
graphische Technik (Fritsch). Die Aufführung der Kapitel zeigt, dass
beide Bände dem Charakter nach verschieden angelegt sind, indem jener
die allgemeinen, namentlich physikalischen Fächer, dieser diejenigen
Beobachtungsreihen behandelt, welche die Erde als einen belebten und
bewohnten Organismus kennzeichnen. Für den Mediziner, der sich an
Forschungsreisen betheiligt, werden die Kapitel des II. Bandes fast aus-
nahmslos Interesse bieten; ans denen des ersten Bandes wohl haupt-
sächlich die Meteorologie und die Beobachtungen des Verkebrslebens.
Es ist für den Umfang eines Referates nicht möglich, anf Einzelheiten
näher einzngehen, doch wird es als natürlich angesehen werden, wenn
Ref. als Arzt das Kapitel über Heilkunde wenigstens streift. Ans der
Feder des wohlbekannten Hygienikers Prof. Gärtner in Jena, der
während seiner Beschäftigung als Stabsarzt der Marine auf umfangreichen
Reisen Gelegenheit gefunden hat, die einschlägigen Verhältnisse fremder
Völker und Zonen gründlich kennen zu lernen — bietet dies Kapitel
eine Reihe werthvoller Winke, von denen manche schon für Beobachtungen
in der Heimath nutzbringend verwendet werden können. Verf. lenkt die
Aufmerksamkeit zunächst anf anatomische, physiologische und pharma-
kologische Beobachtungen; geht dann kurz auf die geographische Ver-
breitung und Aetiologie der nicht infektiösen Krankheiten und der Haut-
krankheiten über, um io dem für uns wichtigsten Tbeile seiner Arbeit
die Infektionskrankheiten zu behandeln. Die Kenntniss der modernen
323
Untersucbangsmethoden ist fär diese Stodieo nnerlässlich. Bin etwas zu
kurz gerathener Hinweis anf Luft-, Wasser- und Bodenuntersuchungen,
sowie ein Programm für die Gesammtanlage der medizinischen Be-
obachtnngen schliessen das interessante Kapitel. Körting.
Jahrbuch für praktische Aerzte. Unter .Mitwirkung von Fach-
gelehrten herausgegeben von Dr. Paul Outtmann. X. Band. Bericht
über das Jahr 1886. Berlin, Hirschwald 1887.
Je mehr die Spezialisirnng innerhalb des weiten Reiches unserer
Wissenschaft zur Noth Wendigkeit geworden ist, desto dringender wird
der Wunsch nach übersichtlichen Zusammenstellungen des auf den
Einzelgebieten alljährlich Geleisteten, zumal bei dem Militärarzt, welcher
dienstlich verpflichtet ist, vorkominenden Falles auf allen Gebieten nicht
nur theoretisch zu Hause zu sein, sondern auch praktisch zu handeln.
Nun giebt es Ja in Deutschland bereits genug derartige ,Jahr-
bücher“, aber gerade die älteren und bewährteren haben durch das
sonst recht anerkennenswerthe Streben nach Vollständigkeit allmälig ein
immer unhandlicher werdendes Format angenommen und laufen überdies
Gefahr, durch die Ueberfülle des Gebotenen ihren Zweck zu verfehlen.
Demgegenüber zeichnet sich das vorliegende Werk dadurch aus,
dass es in einem Oktavband von 800 Seiten l^iglich praktisch Wichtiges
enthält, wobei der ausländischen Litteratur das gleiche Recht eingeräumt
wird, wie der einheimischen. Die Mitarbeiter, welche wohl absichtlich
nur zu einem geringen Theil den eigentlichen Professorenkreisen ent-
nommen sind, stehen offenbar mitten im praktischen Leben und haben
daher auch diu Auswahl in glücklichster Weise getroffeu, ohne übrigens
das Material so knapp zu bemessen, dass es nicht auch für litterarische
Arbeiten eine genügende Grundlage zu bieten im Stande wäre.
Der Umstand, dass das Jahrbuch trotz einer scharfen Konkurrenz
bereits den X. Jahrgang erreicht hat, dürfte allein schon für seine
praktische Brauchbarkeit sprechen.
Sommerbrodt.
B. Leyden. Ueber Herzaffektionen bei der tabes dorsalis.
(Separatabdruck aus dem Centralbl. für klin. Medizin, 1887, No. 1.)
Während der innere Zusammenhang der ausser von Leyden auch
von Anderen (O. Berger, O. Rosen bach) bei Tabischen beobachteten
Klappenfehler (meist Insuffizienz der Aortenklappen) mit der Rücken-
markskrankbeit fraglich erscheint, sind die bisher allerdings nur selten im
Verlaufe der Tabes beobachteten Herzanfälle als Tbeilerscbeinung der
Krankheit, analog den gastrischen, Laryngo- und Broncho-Krisen , auf-
zufassen. Sie charakterisiren sich durch anfallsweise auftretende
Beklemmung mit Angstgefühl und in der Herzgegend empfundene,
nicht selten in den linken Arm ansstrahlende Schmerzen. Sie ähneln
offenbar der angina pectoris und können daher auf eine neuralgische
betheiligung des n. vagns bezogen werden.
21*
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Die Untersucbangen von Oppenheim, welcher diesen Nerven in
einem von heftigen gastrischen Krisen begleiteten Falle deutlich
atropbirt fand, lassen die Vermathnng zu, dass Degeneration der
Vagnsfasern nicht nur gastrische Krisen, sondern auch Herzznfälle
hervorzurufen im Stande ist. — Die vier genau mitgetheilten Fälle
Lejden's sind dadurch ausgezeichnet, dass die Herzznßlle unabhängig
von gastrischen Krisen auftraten. — O. —
E. Leyden. Beitrag zur Lehre von der Lokalisation im Gehirn.
Separatabdruck ans der Deutschen medizin. Wochenschrift 1887 No. 47.
Berlin und Leipzig 1887.
L. bespricht in einem im Verein für innere Medizin gehaltenen Vor-
trage zwei auf seiner Klinik beobachtete Krankheitsfälle, welche verwerthet
werden können für die Lehre von der Lokalisation im Gehirn. Bei dem
ersten Patienten ergab die nach der ersten Aufnahme (Anfang 1886) vor-
genommene Untersuchung beim Fehlen jeder Motilitäts- und Sensibilitäts-
störnng eine nicht ganz komplete Hemianopsia homonym, sinistra; bei
der zweiten Aufnahme (Mai 1^6) linksseitige Hemiplegie; Gesichtsfeld-
prüfung bei dem benommenen Zustande des Pat. nicht möglich, opbthalm.
deutliche nenritis opt. Die Diagnose des lokalen Sitzes des Leidens ist
intra vitam nicht gestellt wurden. Die Sektion ergab einen , Tumor im
Occipitallappen (sc. rechten, Ref.) , welcher einen grossen Theil des
Hinterbau^appens und zwar wesentlich den basalen Theil einnimmt, so
dass die Konvexitätsgroppe frei bleibt. Er durchsetzt die Mark-
sobstanz und dringt von der basalen Fläche, sowohl medianwärts, wie
basalwärts in die Kinde ein - — Der zweite Fall gehört zur Groppe
der Läsionen der motorischen Riodenzentren. Die Diagnose intra vitam
lautete: Tumor in sulco centrali, sie basirte auf folgenden klinischen Er-
scheinungen: linksseitige Hemiplegie, vom Bein anf die obere Extremität
fortschreitend, klonische Zuckungen in den gelähmten Extremitäten,
schliesslich epileptischer Anfall (Rindenepilepsie), vorübergehende Hemi-
anopsie. Die Autopsie ergab einen Tumor im mittleren Theile der vorderen
Zentralwindung. — G. —
H. Nothnagel und B. Naunyn. Ueberdie Lokalisation derGebirn-
krankheiten. Mit 2 Doppeltafeln. Separatabdrnck ans den Ver-
handlungen des VI. Kongresses für innere Medizin zu Wiesbaden 1887.
Wiesbaden. Verlag von Bergmann. 1887. 56 S.
Wie im Allgemeinen die Referate über die anf den Kongressen für
innere Medizin verhandelten Themata die beste Orientirung darüber
geben, wie weit die zur Verhandlung und Diskussion gebrachten Fragen
zur Zeit gefördert und abgeklärt sind, so finden wir auch in den beiden
uns vorliegenden Referaten die Summe alles dessen zusammengestellt,
was wir augenblicklich in der Lehre von der Lokalisation der Gebirn-
krankheiten als gesicherten, wissenschaftlichen Besitz ansehen dürfen.
Beide Referenten halten sich in ausschliesslicher Berücksichtigung
der Rindenerkrankungen und unter Anwendung der Methode der kleinsten
Herde, d. h, möglichst eng umschriebener Läsionen, nur an das, was
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durch die Beobscbtang am kranken menschlichen Gehirn, durch
die klinische and pathologisch-anatomische üntersnchnng bisher festgestellt
werden konnte. — Durch Erkrankungen der Hirnoberfläche traten nach
Nothnagel ein: I. Störungen des Gesichtssinnes, sich äussemd in
1) Hemianopsie (—Blindheit in den homonymen, meist lateralen Gesichts-
feldpartien), 2) vollständige Blindheit (—doppelseitige Hemianopsie zu-
folge doppelseitiger Herde), 3) Seelenblindheit (verschieden von Wort-
blindheit, diese kann bestehen, ohne dass gleichzeitig erstere vorhanden
ist), d. h. die Aufnahme der Lichteindrücke als solcher besteht fort, nur
vermag der Kranke die Retinaleindrücke nicht mehr zu deuten, da er
der optischen Erinnerungsbilder verlustig gegangen ist, 4) Farbenblindheit
(einige Male neben Seelenblindheit ermittelt), 5) subjektiven Licht-
erscheinungen undballacinatorischenGesichtsvorstellnngen (Effekt irritativer
Vorgänge in denjenigen Rindengebieten, deren andersartige Erkrankung
sonst Hemianopsie und Seelenblindheit bedingt). — Das Auftreten der
genannten Sehstörungen als dauernde Ausfallserscheinungen ist aus-
schliesslich an Erkrankung des Occipitallappens gebunden; Hemianopsie
wird hervorgerufen durch umschriebene Herde des cuneus und der ersten
Occipital Windung, da diese das optische Wabmebmungszentmm enthalten,
Erkrankung der übrigen Occipitalrinde führt, da in ihr das optische Er-
innerungsfeld liegt, zur Seelenblindheit.
II. Motorische Störungen als Folge von Läsionen der gyri cen-
trales und des lobulos paracentralis ; (vom Medianspalt nach der Basis
fortschreitend folgt auf das Feld für die obere Extremität das für die
untere, darauf das für den facialis und bypoglossus, vom Paracentral-
läppchen scheinen obere und untere Extremitäten gelähmt werden zu
können). Die Vorstellung von der Lagerung des gelähmten Gliedes bleibt
bei Rindenhemiplegie erhalten.
III. Lähmungen des sogenannten Mnskelsinnes (ohne gleich-
zeitige motorische Lähmung). Die Atuie bedingt nicht gleichzeitig
Störung der Hantsensibilität. Das Rindenfeld für den Mnskelsinn liegt
im Scheitellappen.
IV. Sensibilitätsstörnngen (Ilypaesthesie, Hyperaesthesic). Viele
der kortikalen Paralysen sind von solchen begleitet, dabei kann der
Mnskelsinn intakt sein. Als Rindenfeld haben vielleicht die Parietal-
windungen zu gelten.
Naunyn bespricht in seinem Korreferat die Lokalisation der
sphatiscben Störungen in der Grossbirnrinde. Da maassgebende
Autoren in wichtigen Punkten dieser Lehre im Gegensatz zu einander
stehen, ihre weitere Entwickelung seit Wer nicke von sehr gewichtiger
Seite (Kussmaul) angefochten wird, hat sich N. die Aufgabe gestellt,
aus dem schon vorhandenen Material brauchbarer Sektionsfälle zu ent-
scheiden, ob den apbatischen Störungen regelmässig die Läsion bestimmter
Hirntheile zu Grande liegt, und welche Theile dies sind. Bei ausschliess-
licher Berücksichtigung solcher Fälle, in denen Läsionen in den Gross-
birnwindungen selbst oder in den diesen unmittelbar unterliegenden
Tbeilen der Markstrahlung Vorlagen, findet er, dass drei grosse Gruppen
von Apbasien zu unterscheiden sind: 1) motorische oder ataktische Apb.
(die Kranken sind unfähig, die Worte zu bilden, eine Lähmung der
Sprachmuskeln ist selbstverständlich ausgeschlossen); 2) sensorische Aph.
oder Aph. mit Worttaubheit (trotz erhaltener Hörfähigkeit ist das Ver-
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326
ständniss für gesprochene Worte and Laote gestört); 3) unbestimmte
Aph. (sie umfasst diejenigen Fälle, in welchen eine Störung wie ad 1
und 2 nicht vorliegt; sie sind unter sich sehr verschieden, einzelne sind
Paraphasien [Verwechselung von Worten oder Silben], andere sind Am>
nesien [Verlust des Wortgedächtnisses], andere endlich sind Grashey-
sche Apbasien [die Dauer der Sinneseindröcke ist vermindert]).
N. hat aus der Oesammt-Litteratnr 71 Fälle (24 motorische, 18 sen-
sorische [mit Worttaubheit], 36 unbestimmte — 8 zählen doppelt) zu-
sammenstellen können, bei welchen einerseits der Sektionsbefund brauch-
bar war und andererseits die Krankheitsgeschichte wenigstens ausreicbte.
zu bestimmen, welcher der 3 Gruppen sie angehörten. Erst das ein-
gehendere Studium des Materials hat ihn von seiner früheren Abneigung,
verschiedene Formen der Aphasie und eine über Brojca hinansgehende
Lokalisation anzuerkenneo, abgebracht.
Das Ergebniss seiner Untersuchungen hat er in der Weise ver-
wertbet, dass er in gleich grosse Quadrate einer schematischen Him-
oberfläcben-Zeichnung die Nummern der betreffenden Fälle — die mo-
torische Aph. roth, die sensorische (akustische) blau, die unbestimmte
schwarz — eintrug, so dass sofort der Sitz der Läsion in den einzelnen
Krankheitsfällen in die Augen fällt; fast alle derselben besetzen mehrere,
manche sehr viele Quadrate. Schon der einfache Ueberblick über Tafel 1
zeigt die Lokalisation der motorischen Aphasie in der Gegend der Broca-
schen Windung, der sensorischen in der Gegend des Schläfenlappens; die
unbestimmten Aph. erscheinen zunächst über den ganzen Rand der fossa
Sylvii zerstreut, am dichtesten stehen die schwarzen Zahlen indess eben-
falls in der Gegend der unteren Stirn- und oberen Schläfenwindung. —
Auf einer zweiten dem Referat beigegebenen Tafel sind die Rindenfelder
für die 3 Groppen in roth, blau, schwarz veranschaulicht. N. ist dabei
so verfahren, dass er in Tafel 1 diejenigen Quadrate aufsuchte, welche
besetzt sein müssen, damit alle Fälle von Aph. der betreffenden Form
mit ihren Läsionen vertreten sind. Die so gewonnenen Bezirke stellen
das Rindenfeld für die Aphasie dar. Es ergab sich, dass unter den
24 Fällen motorischer Aphasie sich kein einziger fand, bei welchem nicht
die Broca'sche Windung und unter den 18 von sensorischer Aph. kein
einziger, in welchem nicht die Wernicke’sche Windung verletzt war.
Die Broca'sche und Wernicke'scbe Lehre finden somit ihre Bestätigung.
— Auch die Mehrzahl der unbestimmten Apbasien beruht auf Läsion der
genannten beiden Windungen: 58 <’/s entfallen auf beide Rindenfelder,
30 o/o auf das Rindenfeld der motorischen, 33 «/o auf das der sensorischen
Aph. allein. Für die Hälfte des Restes (etwa 40<>/o) ergiebt sich ein
drittes Rindenfeld, nämlich da, wo der gyrus angularis in den Hinter-
hanptslappen übergeht, nabe der Stelle für Hemianopsie oder Wortblind-
beit. Das letzte Fünftel der unbestimmten Apbasien vertbeilt sich auf
die Insel, den gyr. front. II, den gyr. snpramargin., d. b. auf die der Broca-
schen und Wernicke'schen Windung sehr nahe gelegenen Stellen der
Hirnoberfläche.
Den Schluss des Referates von N. bildet eine Zusammenstellnng der
aus der Litteratur gesammelten 71 Fälle von den für die Lehre der Lokali-
sation verwerthbaren Apbasien. — G. —
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327
Dr. Oppenheim. lieber das Wesen and den nosologischen
Charakter der sich nach Eisenbabnunfällen entwickelnden
Erkrankungen des Nervensystems. (Sep.-Abdr. ans Berliner
irstlichee Korrespondensblatt. 1887. No. 5.)
Erichsen vertritt die Aaffassnng, dass der nach Eisenbahnanfällen
sich entwickelnde manni^ache Symptomenkomplex seine Grundlage hat
in roeningo-myelitischen Prozessen. Auch die Hirnsymptome sieht er als
den Effekt eines vom Rückenmark auf das Gehirn sich fortpflanzenden
Entzündungsvorganges an. Leyden und Erb tbeilen im Wesentlichen
seinen Standpunkt, nur legen sie einen grösseren Werth auf das Moment
des Shocks. Westphal spricht in vielen Fällen zerstreute myelitiscbe
und encepbalitiscbe Herde für die Grundlage der Krankheitserscbeinungen
an. Erst Rigler lenkte die Aufmerksamkeit auf die begleitenden eigen-
thümlicben psychischen Anomalien hin, welche er unter dem Namen
Siderodromophobie zusammenfasst und als Spinalirritation verbunden mit
allgemeiner hysterischer Verstimmung definirt. Moeli betont, dass für
einzelne Fälle die Bezeichnung Railway-spi ne unzutreffend sei, da die
Symptome auf eine Seelenstöruug, auf eine Erkrankung des Gehirns hin-
weisen. Walton gebt in dieser Anschauung noch weiter, er bezieht alle
Symptome auf einen cerebralen Sitz der Krankheit und nennt dieselbe
Railway-brain. Ihm scbliesst sich Page an, der die Aflektion als trau-
matische Neurasthenie bezeichnet. Charcot endlich ist der Ansicht, dass
die Railway-spine sich mit dem Begriff der Hysterie decke, ohne jedoch
dem traumatischen Irresein jede Bedeutung abzusprechen; er sieht indess
nicht in dem Trauma an sich, sondern in dem psychischen Shock, in dem
Schreck das wesentliche ätiologische Agens.
Dem gegenüber hat sich bei Oppenheim auf Grund der Beobachtung
zahlreicher Krankheitsfälle folgende Auffassung heransgebildet: Nur in
einer Minderzahl von Fällen liegen materielle Veränderungen des centralen
Nervensystems vor. Myelitis, Meningomyelitis spielen kaum eine Rolle,
während Spinalblutnng, Erscbeinnngeii der Tabes, der Poliomyelitis nie-
mals, an multiple Sklerose erinnernde Krankheitsbilder nur einige Male
von ihm gesehen worden sind.
In den meisten Fällen ist nach O. die Krankheit als traumatische
Psychose, traumatische Neurose oder Neuropsychose aufzufassen, entstanden
entweder durch den psychischen Schreck allein (Charcot) oder in Ver-
bindung mit der körperlichen Erschütterung. Das Trauma ruft oft erst
durch Vermittelung der Psyche Lähmungserscbeinungen hervor. In vielen
Fällen ist der Alkoholismus ein kunknrrirendes Moment für die Entstehung
des Leidens. Auffallend häufig sind nervöse Herzbeschwerden, die sich
später zu einem organischen Herzleiden (Dilatation beider Ventrikel)
entwickeln können. — G. —
Dr. Herrn. Oppenheim: lieber Olivendegeneration bei Athero-
matbose der basalen Hirnarterien. (Separatabdruck aus der
Berl. klin. Wochenschr., 1887, No. 34.)
Den in der Litteratnr bereits niedergelegten Beobachtungen über
Druckatropbie einzelner Tbeile des Hirns durch Anen^smen von Hirn-
arterien (Lebert), speziell den über Drnckschwund in Folge Erweiterung
der vertebralis und basilaris (Crnveilbier, Griesinger, Moeser)
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fügt O. drei neue hinza. Es war stets die Olive betroffen. Das Nene
seiner Beobachtungen liegt darin, dass die StruktnrverSndernngen, welche
durch' die atheromatös entartete und erweiterte vertebralis hervorgebracbt
werden, manchmal erst durch eine genaue histologische Untersnchung
festgestellt werden k5nnen. Nur in einem der drei Fälle konnte schon
makroskopisch ans einer sichtbaren Depression auf eine Atrophie der Olive
geschlossen werden. — Im ersten und zweitenFalle hatten im Leben schwere
bulbäre Symptome bestanden, im dritten, welcher auch anatomisch die ge-
ringsten Veränderungen zeigte, waren erst in der letzten Zeit vor dem
Tode Artikulations- und Deglntitionsbeschwerden hervorgetreten.
Prof. Dr. L. Brieger. Zur Eenntniss der Stoffwechselprod nkte
des Cholerabazilins. (Sep.-Abdr. aus Berlin, klin. Wochenschrift.
1887. No. 44.)
Die schon in seiner ersten Publikation von Koch geänsserte An-
sicht, dass die dem Choleraprozess eigenartigen Erscheinungen von
giftigen Stoffwechselprodukten herrnhren, führten zu Versuchen, das
wirksame Prinzip der Cholerabazillen zu isoliren: Pouchet und Villiers
fanden ein die Herzthätigkeit schwächendes und schliesslich lähmendes,
Nicati und Rietsch ein krampferregendes und temperaturhcrabsetzendes.
Kleb 8 und Lange endlich neuerdings ein in geringer Dosis Mnskel-
zittern, in grösserer Gabe heftige allgemeine Krämpfe und den Tod
herbeiführendes Toxin.
Brieger fand ausser einem rothen und blauen Farbstoff, welche
der Einwirkung von durch den Cholerabazilins prodnzirten Nitriten auf
Indol ihre Entstehung verdanken (cf. Nachtrag), 1) Ptomaine, wie sie
bei jedem Fänlnissprozess Vorkommen: Cadaverin, Putrescin, Cholin,
2) spezifische, allerdings nur in Spuren zu gewinnende Toxine: ei'SteDS
ein möglicherweise dem Trimethylendiamin sehr nahe stehendes Diamin,
zweitens ein bis dahin unbekanntes Toxin, welches, subkutan eingespritzt,
Mäuse in einen lähmungsartigen Zustand versetzt, die Respiration und
die Herzaktion verlangsamt, die Temperatur herabsetzt und schliesslich
in 12 bis 24 Stunden den Tod herbeifuhrt.
- G. —
Dr. Emil Rotter, Stabsarzt des Königl. Bayer. Inf.-Leibregts. Die
persönliche Feldausrüstung des deutschen Offiziers,
Sanitätsoffiziers und Militär beamten. 2. Anfl. München 1887.
15 Seiten.
Verf. hat sich der dankenswerthen Mühe unterzogen, das, was der
Offizier, Sanitätsoffizier und Militärbeamte im Kriege nothwendig mit
sich führen muss, übersichtlich geordnet zuaammenzustellen. Er ist
dabei sehr gründlich zu Werke gegangen, es ist nicht das Geringste,
auf den ersten Blick manchmal sorgar unwesentlich Erscheinende,
vergessen. Er unterscheidet: I) was man bei sich bezw. umgehängt
trägt, II) was an dem Sattel an- bezw. in dem Tornister unter-
gebracht ist, III) was von dem Bedienten zu tragen, IV) was im Koffer
mitzunehmen ist. Im Einzelnen wird der Eine dies, der Andere Jenes
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für Eberflässig halten, bezw. vermissen, was er fSr seinen Bedarf für
Qoth wendig hält; speziell dürfte die angeführte medikamentöse Aus-
stattung des Arztes nicht überall Billigung finden. Indessen sind dies
subjektive Ansichten, welche dem praktischen Werthe der Arbeit, einen
Anhalt für die zweckraässigste Feldausrüstung zu geben, keinen Ab-
bruch thnn. — Wir können die Beschaffung der Anleitung auch für
das Manöver nur dringlichst empfehlen.
Goerlitz.
SlktheilnogeB.
Ans dem Inhalt der Archives de medecine et de pharmacie
militaires. Band XI. Januar bis Juni 1888.
ä. 1. Train sanitaire permanent No. 1 de la Compagnie
des cbemins de fer de l’Onest, par Ameline, Ingönienr etc. et
Granjux, Med. maj. 1 cl.'^'')
Die Mehrzahl der bekannten Lazarethzüge sind eigens für den Zweck
des Verwundetentransportes konstrnirt und können im Frieden nicht zu
anderen Zwecken benutzt werden. Sie sind thener, verrotten leicht in
den Magazinen und gewähren daher keine Sicherheit sofortiger Oebrauchs-
fähigkeit im Falle eines Krieges. Die französische Heeresverwaltung
wünschte diese Missstände zu vermeiden und berief daher 188ü eine Kom-
mission, der die Aufgabe gestellt wurde, das russische, deutsche, öster-
reichische sowie verschiedene französischerseits vorgeschlagene Systeme
zu probiren und danach das beste festznstellen. Die Kommission bestand
onter dem Vorsitz eines Sous-Intendanten ans 2 Militärärzten nnd machte
mit den verschieden eingerichteten Waggons eine Reihe von Fahrten
zwischen Paris nnd Brest mit 45 — 60 km Schnelligkeit in der Stunde.
39 Mann verschiedener Waffengattungen waren zu dem Versuch komman-
dirt. Der vorliegende Bericht beschreibt die versuchten Systeme und
bildet sie auf einer Reihe sorgfältig ansgeführter Tafeln ab. Br ist da-
durch besonders lehrreich. Kein System befriedigte. Dem deutschen
wird speziell der meines Erachtens rein theoretische Vorwurf gemacht,
dass es schwierig einznrichten nnd auf einen bestimmten, nicht überall
vorhandenen Wagentypus zngeschnitten sei. Ausserdem schützt es zu
wenig vor horizontalen und vertikalen Scbwanknngeu , wird leicht be-
schädigt nnd sichert die Tragen nicht vor häufigem Fallen (? Ref.)
Am 17. Juni 1881 wurde deshalb die genannte Eisenbahngesellschaft
ersucht, im Vereine mit einer anderen Kommission eine allseitig genügende
Konstruktion festznstellen. Die in Folge dessen vorgenommenen Versuche
*) Cf. Deutsche militärärztl. Zeitscbr. 1886, S. 32.
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330
und Erwägnngen danerten mehrere Jahre; erst im November 1884 wurde
ein Programm vorgelegt, welches die Billigung der obersten Militär-
Eisenbahn -Behörde erhielt. Die wichtigsten Punkte desselben waren
folgende :
1) Keine Aufhängung von Tragen genügt für weitere Entfernnugen.
Die snr Verminderung der Fahr-Erscbütterungen erforderliche Elasticität
muss vielmehr in erster Linie durch die Aufhängung des Waggons selbst
bewerkstelligt werden.*)
2) Auf den Wagen sollen nicht mehr wie 8 Verwundete gerechnet
nnd so gelagert werden, dass sie sieb bequem aufrichten können und der
Arst sie verbinden kann, ohne in zu lästiger Körperhaltung verharren zu
müssen.
3) Kommunikation zwischen den Wagen,
4) Ventilation und Erleuchtung,
5) Heizung bieten nichts Bemerkenswerthes.
6) Der Fussboden ist mit Linoleum zu belegen, sowohl aus Rein-
lichkeitsrücksicbten, als um die Spalten im Boden zu verdecken.
Das Programm umfasst ausserdem die Einrichtung der nicht für
Verwundete bestimmten Wagen nnd bietet hier manche interessanten
Einzelheiten, die aus Raummangel im Referat übergangen werden. —
Bis zum Juli 1887 wurde nach den skizzirten Gesichtspunkten und
mit Hülfe von 60CKK) Fr., die seitens des Kriegsministeriums hierzu be-
willigt waren, von der Compagnie de l’Ooest ein Lazaretbzug anfgestellt,
der folgende Zusammensetzung bot:
Am Anfang nnd Ende ein Vorraths- bezw. Wäsche-Wagen ohne
Verbindung mit den anderen.
Dazwischen 21 kommunizirende Wagen, sämmtlich aus Güterwagen
hergestellt, in dieser Zahl 16 Krankenwagen. Bei diesen, wie bei den
Wagen für das Personal wurden die gewöhnlichen, in den Grenzen von
8,8 cm spielenden Federe durch solche von 9 cm Spielraum ersetzt. Die
Kommunikation zwischen den Wagen war durch Stirnthüren mit Fall-
brücken gesichert, im Uebrigen blieben für den ärztlichen und administra-
tiven Hauptverkehr an den Aufenthaltsorten die Thüren der Längsseiten
in Benutzung.
Ventilation und Erleuchtung geschieht durch eine grosse Laterne
auf der Mitte des Waggons, deren vier Seiten mit Glasjalousieen versehen
sind; ferner dnreh Jalousie-Einsätze in den Stirn- und Längsthüren.
Im Wagenboden ist eine Klappe angebracht, durch welche Abgänge
entfernt werden können.
Die Heizung wird durch kleine eiserne Mantelöfen vermittelt, welche
reine Luft unter dem Wagen aiisaugen und an den Innenraum abgebeu.
Da sie ihren Platz vor den Läiigstbnren haben, so ist auf Vorkehrungen
Bedacht genommen, welche gestatten, sie auf die entgegengesetze Lang-
seite zu setzen, wenn dies beim Einladen etc. erforderlich wird. — Eine
Einrichtung, die man nicht als sehr vollkommen erachten kann.
Jeder Wagen trägt aussen ein weisses Schild mit dem Genfer Kreuz
und der Bezeichnung des Zuges. In der Friedensbenutzung als Güter-
wagen trägt jenes Schild die Worte: „Ne doit pas sortir du reseau Ouest*.
•) Ein Prinzip, welches in Doutsehlanil seit langem bekannt und für die
Aptining von Güterwagen /.um Verwundetentransport in Gebrauch ist. Unsre.s
Wissens zuerst von Schmidt in Ludwigshafen vorgeschlageu.
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Dies erlaobt im Mobilmachaogsfalle, die designirten Wagen sehr schnell
za vereinigen.
In den Krankenwagen weicht die Unterbringung der Lagerstellen
völlig von jeder bisher bekannten Konstruktion ab. Es ruhen nämlich
je 2 Tragen übereinander in einem Gerüst, dessen Füsse frei auf dem
Wagenboden und zwar auf mehrfachen Lagen von Teppichplüsch stehen,
der Erschütterungen besser abbalten soll, als Kautschoklager und federnde
Füsse. Die Gerüste mit je 2 Tragen sind frei beweglich und bieten so
den Vorzug, dass der Arzt unter Umständen von jeder Seite an die Lager-
stätten berangelangen kann. Die Bettstatt besteht aus einem 19.5 cm
langen, 6G,5 cm breiten Holzrabmen, der mit gekreuzten Gurten bespannt
ist und an seinen (senkrecht gestellten) Längeträgern je 2 kräftige Seil-
griffe, sowie Oesen zum Anstecken einer kleinen Tischplatte trägt. Die
Befestigung der Betttragen in den Gerüsten ist keine federnde. Das
eigentliche Lager wird durch eine Wollmatratze von 175 cm Länge,
75 cm Breite, ein Kopfkissen, 2 Decken und die nöthige Wäsche gebildet.
Zwischen den Gerüsten sind an der Waggondecke Netze angebracht,
welche zur Aufnahme der Kleidungsstücke und Tornister der Leute dienen.
Die Arzt-, Verwaltungs-, Küchen- etc. Wagen bieten keine prinzipiellen
Abweichungen bekannter Typen. —
Am 4. Juli 1887 wurde der Lazaretbzug zwischen Paris und Havre
probirt. Mödecin Major Granjnx war Chefarzt, 30Infirmiers verrichteten
den Dienst der Krankenträger, 88 Infanteristen stellten die Verwundeten
dar. Das Ein- und Ausladen geschah durch die Tbüren an den Längs-
seiten; die Betttrage war hierzu herausgebracht, Umladung im Wagen
also vermieden. Lagerung, Ventilation und Erleuchtung erwiesen sich als
vollkommen, die Vertheilnng des Eissens, namentlich der flüssigen Nahrungs-
mittel, ging während der Fahrt nicht so glatt von statten, wie auf
den Halten.
In Frankreich wird der beschriebene Lazaretbzug als ein bedeutender
Fortschritt gegenüber anders gebränchlicben Konstruktionen angesehen.
Die Erschütterungen während der E'abrt waren zwar nicht völlig auf-
gehoben; dies zu erreichen, wird aber nach den grundlegenden Versuchen
für unmöglich erklärt. —
8. 71. Les militaires alienös k l’asile de Marseille, par Aulin.
Am häufigsten wurde bei Soldaten Scbwermnth mit Stupor beobachtet,
oft war Alkobolismus als ursächliches Moment festznstellen. Geistige
Schwäche trat besonders bei Militärsträflingen in den Vordergrund. Ihr
Vorhandensein Hess sich nicht selten bis über den Beginn der Geistes-
krankheit hinaus verfolgen. Paralyse war bei Gemeinen selten, dominirte
dagegen bei Offizieren; auch bei diesen wurde der Einfluss des Miss-
brauches geistiger Getränke verhältnissmässig häufig erwiesen.
S. 77. L’hopital militaire de Varsovie. Eine neue Ilospital-
einrichtung in alten Gebäuden, mit Zelten und Baracken für den Sommer-
gebraucb. Im Frieden auf 900 Kranke berechnet, soll es im Kriege bis
zu 2000 anfnehmen können. Besondere Räume sind bestimmt 1) für
kranke Offiziere; 2) für Geisteskranke; 3) für Offiziersdamen, welche
dort umsonst verpflegt werden und sogar Entbindungen abwarten können.
Die Damen liegen zu 3 bis 4 in einem Zimmer. Den Pflegedienst ver-
sehen 22 Laiendamen vom rothen Kreuz. Diese Vereinigung ergänzt
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332
sich aas jangen Frauen und Mädchen, welche 6 Jahre hintereinander
medizinischen und chirurgischen Uebnngen obliegen und die Aerxte nicht
allein unterstützen, sondern sogar vertreten sollen — sicherlich eine der
wunderlichsten Blüthen, die der Sport der weiblichen Krankenpflege ge-
trieben hat! Im Kriege sollen diese weiblichen Medicochirurgen haupt-
sächlich zur Anleitung freiwilliger Pflegerinnen dienen. |
S. 240. Cystite simulee, par Dumas. Militärsträfling, wegen ^
Blutharnens ins Lazaretb genommen. Urin leicht blutig, ohne sonstige
Beimischungen als einen schleimigen Satz. Im Verlauf der Beobachtung
ergab sich, dass Patient täglich Blut vom Zahnfleisch durch einen in
seinem Besitz befindlichen elastischen Katheter in seine Harnblase einblies. 1
Die Entdeckung wurde durch Katheterismus herbeigeföhrt. !
S. 264. Procädä pour reconnaitre la Simulation de 1' Amau-
rose et de 1' Amblyopie monoculaires, par Michand. Rothe Schrift
auf weissem Papier wird durch ein rothes Glas nicht gesehen. Bringt
man bei behaupteter einseitiger Blindheit oder Sehschwäche ein rothes
Glas vor das gesunde Auge und lässt rothe Schrift betrachten, so ist die-
selbe im Falle ihrer Entzifferung durch das angeblich amblyopische Auge |
gesehen. Um dem Einwand zuvorzukommen, dass überhanpt nichts geseheu
wird, und die Aufmerksamkeit des zu Prüfenden von demllotb der Schrift
abzulenken, hat Verf. mehrfarbige Buchstaben derart zusammengestellt, dass |
nach Ausfall der rothen Scbrifttheile ein anderes Wort entsteht, als mit
denselben. Ein deutsches Beispiel: Wird in dem Wort FELLE das F
und, soweit erforderlich, der untere'.Qnerstrich des ersten L zinnoberrotb
dargestellt, der übrige Theil des Wortes aber in schwarz, grün, blau,
braun (nicht gelb), so erscheint dem gesunden Auge durch ein rothes
Glas das Wort EILK Liest der Untersuchte „FELLE“, so kann dies
nur mit dem andern, angeblich amaurotischen oder amblyopischen Auge
geschehen sein. Für Analphabeten treten mehrfarbige Punktgruppeu
au die Stelle der Buchstaben; durch die Grössen-Abstufong der letztereu
lässt sich bei der Prüfung gleichzeitig ein Schluss auf die Sehschärfe des
angeblich minderwertbigen Auges machen. Die Täuschung des Unter-
suchten wird noch vollständiger, wenn man ihm gleichzeitig ein grüne« |
Glas vor das angeblich schlechte Auge hält. Das Farbennnterscheiaungs- |
vermögen des letzteren hört dann völlig auf; sieht das Auge, so wird '
Alles angegeben, was auf der Probetafel steht; sieht es nicht, so bleiben
die rothen Zeichen verschwiegen. Dann liest eben nur das gesunde Auge, j
und diesem verschwinden durch das rothe Glas die rothen Schrifttbeile. |
S. 38 und 467. Des pansements cn Chirurgie d'armde,
par Redon.
Eine ausführliche, höchst leseiiswerthe Studie über den antiseptiscbeu I
Verband im Feldlazareth und Sanitätsdetachement, sowie über die Ver-
sorgung in der ersten Linie, in specie über das Verbandpäckchen. Beide«
Fragen, die in der französischen Armee noch nicht endgültig regle-
mentarisch gelöst sind.
Für den Verband auf dem Hauptverbandplatz und im Feldlazareth |
ist, um nicht Zeit zu verlieren, die Mitnahme fertig präformirter Ver-
bände unbedingtes Erforderniss. Dieselben sollen nach einem einbeii- |
liehen Modell gemacht sein, sicher antiseptisch wirken und ein besonder«
D'giti.-f-' by Google
333
grosses Absorptioosvermögen für Flüssigkeiten besitzen.'* **)'') Ferner ist zn
verlangen ein sicherer Wnndabschluss, eine schmiegsame impermeable
Schicht, geringes Voinmen bei genügendem Umfange, leichte Verwendbarkeit,
Transportfäbigkeit und geringer Preis. Diesen 10 Forderungen genügt
nach der Ansicht des Herrn Verf. von den bekannten bezw. in Armeen
eingefübrten Verbänden keiner, — wohl aber der von ihm in Vorschlag
gebrachte Kriegsverband. Derselbe besteht ans einer komprimirten und
mit Sublimat getränkten Toi^latte von 1.0 cm im Quadrat bei 1 cm Dicke.
Eine ihrer Flächen ist mit Sublimatmnll überzogen, die andere mit un-
durchlässigem Stoff, der den Rand etwas überragt Die Platten werden
zu 20 und 40 Stück übereinanderliegend verpackt, jede von der andern
durch ein Blatt Sublimatpapier getrennt Die Packete ihrerseits sind in
undurchlässiges Papier eingeschlagen und nochmals konmrimirt, so -dass
1. B. 40 Verbände einen Würfel von 30 cm Länge und Breite bei 15 cm
Höhe darstellen. Jede Platte soll für einen Verband mittleren Umfanges
genügen, die Vereinigung mehrerer für grosse Wunden bietet keine
Schwierigkeiten. Die Applikation ist trocken gedacht, die Entfernung
durch den der Wunde zunächst anliegenden Sublimatmnll leicht und voll-
kommen. Der Preis stellt sich im Grossen für die Platte auf noch nicht
10 Centimes.
Interessanter für uns ist der zweite Theil der Abhandlung Redon’s,
welcher das Verbandpäckchen des Soldaten behandelt. Zunächst
werden alle Gründe aulgezäblt und bestritten, welche gegen die Mitgabe
des Päckchens geltend gemacht worden sind.*'*'^)
Diese Gründe sind folgende:
1) Das Päckchen ist für den Mann mali ominis', weil es ihn für
einen Zustand vorbereiten soll, an den er nicht gern denkt.
2) Es wird zn Allem andern eher verwandt werden, als zn seinem
eigentlichen Zweck.
3) Es ist nicht voranszusetzen , dass der verwundete Soldat im
Gefecht die Ueberlegung bat, an seinen Verband durch eigene Kraft
zn denken.
4) Die Verzögerung des ersten Verbandes bis zur Ankunft auf dem
Verbandplätze hat um so weniger etwas zu bedeuten, als wir dies bei
Verletzungen im bürgerlichen Leben ohne Schaden für die Wunde all-
täglich sehen.
5) Zwei Drittel der Verwundeten sind im Stande, sich selbst zum
Arzt zn begeben, bedürfen also keiner Selbsthülfe.
6) Der Verwundete wird seine Wunde beschmutzen, wenn er sie mit
den eigenen, niemals sauberen Händen anrübrt.
7) Die Krankenträger sollen nur ganz ausnahmsweise Verbände an-
legen und führen dazu geeignetes Material mit sich.
8) Ein durch den Verwundeten selbst angelegter Verband wird nie
ordenüich sitzen;
9) kann daher gefährlich sein.
10) Das Päckchen ist eine vermeidbare Mehrbelastung des Mannes;
*) Bekanntlich auch Langenbuch's Forderung nach den Erfahrungen iui
setbisch-bulgarischen Kriege, cf. Deutsche militärärztl. Zeitschr. 1887. S. 340.
**) Wer »ich fOr die Frage näher interessirt, findet eie in unsrer Ze itechrift mehrfach
gewürdigt. .So 1886 S. 45 und 399; 188C S. 125, 291 und 355; 1887 S. 14Ü.
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334
11) ausserdem, wie aas den früheren Ein würfen erhellt, eine Ver-
geadang von Staatsmitteln.
12) Anch der Vorschlag, das Material für mehrere Leate durch einen
fortbringen za lassen, ist unpraktisch, weil dann die Gefahr drohend wäre,
dass dasselbe im Moment des Gebraacbes nicht zur Stelle ist. —
Gründe für das Verbandpäckchen:
1) Dringlichkeit der Hülfe in gewissen Fällen, besonders bei Blatangen
oder grosser Schmerzhaftigkeit der Wunde an der Luft.
2) Unvermeidliche Verzögerung des ersten ordentlichen Verbandes
durch technische Kräfte.
3) Abwesenheit von Sanitätspersonal bei kleinen Unternehmungen,
Patronillengängen etc. Grade hier wird nicht sowohl die eigene Verband-
thätigkeit der Verwundeten, als besonders die Hülfe der Kameraden
(Samariterinstraktion für Offiziere and Mannschaften) and der Hülfs-
krankenträger in Änspracb genommen werden.
4) Unvermeidlicher Mangel an Verbandmaterial in der ersten Linie
bei namhaftem Zasammenstromen von Verwundeten.
5) Zeit-, Platz- and Personalersparniss , welche den schwerer Ver-
wundeten zu gute kommen würde.
6) Erleichterung des Dienstes für den Militärarzt, der ein gewisses
Quantum von Verbandstoffen überall findet.
7) Verminderung des Trosses beim Heere durch Einzelvertbeilnng
eines in seiner Gesammtheit grossen Materiales. '’‘^)
8) Die Meinung kriegserfahrener Militärärzte. —
Wird Sorge getragen, dass das Päckchen genügendes Material für
einen mittleren Wandverband enthält, seine antiseptiscbe Beschaffenheit
sicher bewahrt und zuvörderst durch den Arzt angewandt werden soll,
so dürfte nach Verf. die Beibehaltung bezw. Einführung desselben nirgends
mehr Widerspruch begegnen.
Das Verbandpäckchen der deutschen Kriegs-Sanitäts-Ordnung erfüllt
nach Ansicht des Verf. seinen Zweck sehr ungenügend, weil es keinen
ordentlich aufsaugenden Bestandtheil enthält und unzureichend verschlossen
ist. Redon bringt ein Modell in Vorschlag, welches ans einer der oben
beschriebenen Torfplatten von 14 cm Länge, 12 cm Breite, 1 cm Dicke
besteht. Dazu kommt eine Sublimatmallkompresse, eine 3,5 m lange, 5 cm
breite Binde von appretirter Sublimatgaze und eine Sicherheitsnadel. Alles
in Pergamentpapier geschlagen und in ein Stück wasserdichten Stoffes ein-
geklebt. Durch letztere Hülle läuft ein Faden, mittels dessen sie schnell
anfgerissen werden kann. Das Päckchen kostet 33 Centimes.
Der Raum verbot leider, auf die interessanten Ausführungen Redon 's
auch kritisch einzugehen, obgleich meines Erachtens die Ein wände
Delorme's und Nimier’s gegen das Verbandpäckchen, denen ich beistimme,
keineswegs widerlegt sind. Immerhin sind die Studien des Verf. sehr wichtig.
Die Frage nach der Verwendung von Verbandstoffen, welche stärker auf-
saugen als Mull und namentlich Watte, ist nach den neuesten Erfahrungen
eine recht wichtige geworden. Es wird in späteren Feldzügen eine dankens-
werthe Aufgabe der freiwilligen Hülfstbatigkeit sein, durch derartiges
Material die Feldärzte wirksam zu unterstützen. Körting.
*) Vetgl. Deutsche militärSrztl. Zeitschr. 1881 S. 373 in der Arbeit des
Referenten über Erankcnträgerausbildung.
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335
Die darch das Geschoss des Lebelgewehres erzeagten Ver-
woDdnngeD.
In der Sitzung der Pariser Akademie der Medizin vom
29. Mai d. Js. berichtete Delorme auf Grund zahlreicher Versuche, dass,
abgesehen von unwesentlichen und nebensächlichen Unterschieden, das
8 mm Geschoss des Lebelgewebrs ähnliche Wirkungen wie das 11 mm
Gewehr erzeuge. Ein- und AusschussöfFhungen der Weicbtheilschüsse
bieten die gewöhnlichen charakteristischen Anzeichen dar. Die Ein-
schussöffnung wird mit abnehmender Geschwindigkeit des Geschosses
kleiner, mit zunehmender Geschwindigkeit grösser. Der Durchmesser
der Ausschnssöffnung ist etwas grösser als der der Einschussöffnung. —
Auf Entfernungen, die 300m nicht übersteigen, besonders aber auf eine
Entfernung von 200 m und noch weniger, kann man explosive Wirkungen
beobachten ; an den Knochen konstatirt man sämmtliche typische
Verletzungen, wie sie das Geschoss des Grasgewebres erzeugt; aber
entgegengesetzt der beim Grasgewebr gemachten Beobachtung sieht man,
dass diese Schussfrakturen schlechterdings nicht mehr durch das direkte
Anftreffen des Geschosses voll auf den Knochen entstanden sind; viel-
mehr sind die Frakturen durch tangential den Knochen treffende
Geschosse erzeugt. Da die Geschosse von 8 mm sich bei diesem Auf-
treffen nicht deformiren, wie das bei den Geschossen des Grasgewebres
der Fall war, so können weder die Dimensionen noch das sonstige
Aussehen der Ansschussöffnangen als Stützpunkte für die Diagnose einer
solchen Schussfraktnr dienen, znmal letztere häufig ohne Dislokation von
Knochensplittern Vorkommen.
Die kurzen Knochen werden durch das neue Geschoss durchschlagen,
gefurcht, ausgezackt wie durch das alte; in gleicher Weise zeigen die
platten Knochen die gleichen Verletzungen wie früher.
Um die Durchschlagskraft des 8 mm Geschosses kennen zu lernen,
wurden hintereinander drei Geschosse mit voller Ladung gegen eine
65 cm im Durchmesser haltende Pappel abgefeuert (Distanz?). Die
erste Kugel blieb im Baum stecken, die beiden anderen darcbschlugen
den Stamm. Unmittelbar nach dem Einschlagen des ersten im Stamm
steckenbleibenden Geschosses bemerkte man ans der Einschussöffnung
das Hervortreten und ^ringen von grossen Luftblasen, was bei den
Scbnsskanälen der die Pappel durchschlagen habenden Geschosse nicht
bemerkt wurde. Diese Luftentwickelung scheint darauf hinzudenten,
dass das erste Geschoss eine gewisse Luftmenge vor sich her getrieben
batte (und in den Stamm hinein? Das ist wohl nicht gut denkbar!
Vor allen Dingen scheint hieraus hervorzugehen, dass das 8 mm Geschoss
härter bleibt wie das frühere, womit seine knochenzerschmetternde
Kraft zunehmen müsste. Es stimmt das mit der Thatsache, dass
schon tan^ntial den Knochen treffende Geschosse Schnssfraktnren
erzeugen. Ref.)
(Nach Sem.-Med. No. 22.) Villaret.
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336
Das ueae Verbandpäckchen der österreichischen Armee ist
7 cm lang, 3 breit. Es enthält in Pergamentpapier: eine Jodoform-Moll-
kompresse von 15 an 20 cm; eine Kalikotkompresse; eine anfgeroUte
2 m lange Binde mit Sicherheitsnadel, 4 g entfettete Watte und ein Stack
undarchlässigen Stoffes. Das Gewicht beträgt etwa 25 g. Körting.
Inmitten der vielen Kongresse mit mehr oder weniger motivirtem
Vordergründe und der immer mehr sich geltendmachenden ,KoDgre«
müdigkeit“ war es wirklich eine herz- und geisterfrischende Erscheinang,
wie io den an das Pfingstfest anschliessenden Tagen in Berlin eia
„Kongress*^ zusammentrat, welcher nar sich selbst Zweck war and keinen
anderen, aber auch keinen geringeren Grund hatte, als die Pflege und
Wiederauffrischung alter Freundschaft und Kameradschaft, deren Band
vor nunmehr 20 Jahren die Mitglieder desselben umschlossen hatte. —
Das nunmehr 42, Semester der ehemaligen Stndirenden der militär-
ärztlichen Bildungsanstalten, soweit dieselben in die Armee über.
gegangen sind, hatte sich versammelt, um sein 20jähriges Studien- Jubiläam
zu feiern. Auf Einladung der drei in Berlin stehenden Stabsärzte
Timann, Werner und Nicolai waren von den 16 Mitgliedern des
Semesters 11 am 22. Mai erschienen.
Die Begrüssung in einem besonderen Zimmer des bekannten Bier-
hanses Siechen, diese Freude des Wiedersehens lässt sich kaum be-
schreiben! Theilweise ans weiter Ferne, von Strassbnrg i. E. (St.-A.
Wald), Jena (Prof. Gaertner), Gleiwitz (Kr.-W.-A. Hoppe), Rügen
^r. A. Dr. Meyer), Flensburg (Kr.-Phys. Barnick), Janer (St.-A.
Kiesewetter), Zelle (St.-A. Hüsker), von den Näheren, aus Spandau
(St.-A. Ruprecht) und anderen Orten waren die Kollegen und Jugend-
freunde erschienen. Welch ein Wiedersehen! Vor ^ Jahren junge
Studenten mit frohem Sinn und leichter Tasche, — jetzt gereifte Männer,
mitten im Leben stehend, in Amt und Würden, ehrbare Philister. Aber
das Herz war noch ebenso jung wie damals, als im Jahre 1867 das liebe
alte Haus in der Friedrichstrasse sie in seine ehrwürdigen Hallen auf-
nahml
Am zweiten Kongresstage wurde beim Frühschoppen eine Photogr^hie
anfgenommen (in situ), am Nachmittage vereinte ein gemeinsames Fest-
mahl die alten Kameraden. — Am dritten Tage wurde zum Schlüsse der
Feier eine gemeinsame Partie mit den anwesenden Gattinnen und mit
alten Freunden des Semesters unternommen, welche in heiterster Stimmung
verlief und mit dem allseitigen Wunsche endete, dass zur Feier des
50. Semesters wieder eine ebensolche Zusammenkunft veranstaltet werden
möge. —
Dieser Wunsch wurde zum einzigen Beschluss erhoben und wir wollen
hoffen, dass auch zu dieser Feier die sämmtlichen Mitglieder des Semesters
in der Lage sind, zu erscheinen. — N. —
Utfdnickt in der Königlichen Hofbachdmckerfi von E. S. Mittler Jt Sohn, Berlin, Eochetr 68—70.
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Deutsche
Militärärztliche Zeitschrift.
R«d*ction:
Dr. 91. Generalarzt,
Berlin, Tnabenstrasee 6,
n. Dr. e^rnfai#, Stabsarzt,
Berlin, KeUer Frans Grefisdier-Platz 11/12.
MonatUcb enckeint ein Heft ron mindeeteoe 3 Druckbogen; dazu ein MAmtlichee Beiblatt**. Der
ZeiUehrift wird das Werk: „Jahresbericht über die Fortschritte aof dem Gebiet« dee MiliUr*
Saaitlte-Weeena**, heransgegeben vom Generalarzt Dr. Roth, nnentgeltlich beigegeben. Bestellnng
nehmen alle Posttmter ond Bnchbandlongen an. Preis des Jahrgangs 16 MarL
XVII. Jahrgang. 1888. Heft 8.
Verlag:
f. §. ^mitr &
Königliche Hofbnchhandlnng,
Berlin, Kochstnsee 68— 70.
lieber den antiseptischen Werth des Creolins nnd Bemerkungen
über die Giftwirknng antiseptischer Mittel.
Von
Stabsarzt Dr. Behring.
(Ans dem pharmakologischen Institut der Universität Bonn.)
Das Creolin vereinigt nach Angabe kompetenter Untersacher zwei
Eigenschaften, welche bisher bei einem Mittel noch nicht zusammen
gefunden sind; es soll ein Antiseptikum und Desinfiziens ersten Ranges
nnd dabei absolnt ungiftig sein.
Nach E. V. Esmarch*) übertrifft das Creolin die Karbolsäure
an desinfizirender Wirksamkeit, und nnr in künstlichen Faulflüssigkeiten
fand er die letztere überlegen. Eisenberg**) bestätigte die Angaben
von Esmarch nnd hob noch besonders die sehr bedeutende entwickelungs-
bemmende Wirkung des Creolins hervor. Dieselbe sei gegenüber den
Milcbrandorganismen schon bei 1 : 15 000 zn beobachten.
Auf Ornnd dieser Angaben und auf Grund des Nachweises der
Ungiftigkeit des Creolins durch Fröhner***) ist dasselbe auch für die
Wandbehandlnng und für die interne Therapie warm empfohlen worden.
*) E. V. Esmarch .Das Creolin“. Ceotralblatt für Bakteriologie und
l’arasitenkunde. 1887. II. Band, No. 10 und 11.
*•) James Eiseiiberg: Wiener medizin. Woebenschrift. 1888. No. 17, 18
und 19. .Ueber die desinfizirendc Wirkung und praktische Anweudungsweise des
Creolins“.
*•*) Prof. Fröhner: „Ueber das Creolin“. Arch. für wissensehaftl. u. prakt.
Thierheilkunde 1887 No. H, und „Lcbrbucb der tliierärzll. Arzneimittellehre“. 1888.
22
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338
Die Richtigkeit aller jener Angaben ist nicht za bezweifeln, and
trotzdem könnte es ein folgenschwerer Trrtharo werden, wenn man sich
aaf die desinfizirenden und antiseptischen Eigenschaften des Creolins
auch für solche Verhältnisse verlassen wollte, wie sie z. B. in der
Waudbehandlnng vorliegen.
Alle jene Zahlen, welche den hohen antiseptischen Werth des
Creolins illastriren sollen, gelten nämlich nur für solche Fälle, in denen
das Creolin in einem eiweissfreien Medium zur Wirkang gelangt.
Es treffen ja für einzelne Mittel, wie für die Karbolsäure, die Grenz-
werthe für die antiseptische Leistangsfähigkeit in eiweisshaltigen and
eiweissfreien Nährböden nahe zusammen; für die meisten Antiseptika
haben sich jedoch sehr beträchtliche Unterschiede in dieser Beziehung
heraasgestellt; ich habe z. B. für das Sublimat gefunden, dass die
entwickelungshemmende Fähigkeit desselben im Blatseram etwa 40 mal
geringer ist,'’*') als in Peptongelatine and in Boailion, in welchen Nähr-
Substraten bekanntlich keine durch Hitze koagulirbaren Eiweisskörper
vorhanden sind, and habe ganz besonders auch darauf bingewiesen, dass
diese Verringerang der entwickelangshemmenden Wirkang nicht etwa
auf die Unlöslichkeit des Sublimats im Blatseram and auf die Bildung
von Niederschlägen zorückzuführen sei.
Es lag nan nahe, zu untersuchen, welches der antiseptische Werth
des Creolins in eiweisshaltigen Flüssigkeiten ist, speziell in
Flüssigkeiten von der Zusammensetzaug des Blutserums, des Blotes and
der Wundsekrete.
Eine besondere Veranlassung zu einer solchen Untersuchung ergab
sich noch aus dem Umstande, dass in jüngster Zeit auch in den
Garnisonlazarethen das Creolin ausgedehnte Anwendung findet, and dass
ich bei Verwendung eines aus der Verbandmittelreserve in Cobleuz
bezogenen Präparats Ursache fand , Zweifel an der gerühmten Des-
infektionskraft des Creolins za hegen. .
Zar schnellen Orientirang über den Grad der entwickelungs-
hemmenden Eigenschaften antiseptischer Mittel im Blatseram hat sich
mir diejenige Untersuchungsmethode am meisten bewährt, welche ich in
meiner Arbeit ,Der antiseptische Werth der Silberlösangen u. s. w.“'**)
genau beschrieben habe, and welche darin besteht, dass Seidenfädchen,
•) Behring: Dentsche medizin. Wochenschrift. 1887. No. 37 und 38.
**) Behring: Deutsche nicdiziii. Wochenschrift. 1887. No. 37 und 38.
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339
aa welchen Milzbrandbazillen und Sporen, sowie andere Mikroorganismen
aogetrockoet sind, auf Deckgläschen gebracht werden, dass dann ein
Tröpfchen Blutserum, welches einen bestimmten Prozentgehalt des zu
Qutersuchenden antiseptiscben Mittels enthält, mit einer Platinöse hinzu-
gefügt wird, und dass nun im bohlen Objektträger beobachtet wird, ob
and event. wie schnell von den Seidenfäden aus ein Wachsthum
erfolgt
Für das Creolin gestaltete sich die Untersuchung in folgender
Weise: Von einer 2prozentigen Creolin-Emulsion setzt« ich genau so
viel zu sterilem Blutserum in Reagensgläsern hinzu, dass das Blutserum
den gewünschten Prozentgehalt an Creolin erhielt, und brachte dann
eine Platinöse voll von der Blutserum-Creolinlösung auf mit Milzbrand-
sporen-Seidenßdchen beschickte Deckgläschen. Von den stärkeren
Verdünnnngen, die ich anfangs prüfte, musste ich bis auf 1 : 400 steigen,
ehe sich eine bemerkbare Entwickelungsbemmung zeigte, während eine
solche in meiner Bouillon schon bei 1 : 5000, ja bei noch geringerem
Creolingehalt begann; Wachsthumsaufhebung trat erst bei 1 : 150 bis
1 : 175 im Blutserum ein.
Gleichzeitig in derselben Weise ansgeführte Versuche mit Karbol-
säure ergaben, dass dieselbe im Blutserum bei 1 : 850 sehr beträchtlich
die Entwickelung hemmte und bei 1 : 600 das Wachsthum aufhob.
Um dem Einwand zu begegnen, dass das Resultat, wie ich es bei
der Beobachtung in hohlen Objektträgern bekommen habe, Fehler-
qnellen einschliesse, habe ich dann die Untersuchung ganz ebenso
eingerichtet, wie sie R. Koch*) für die Karbolsäure beschrieben hat;
es wurden Ubrschälchen mit Creolin-Blutserum verschiedener Konzentration
beschickt und mit Milzbrandsporen tragenden Seidenfäden infizirt.
Hier war makroskopisch hei einem Gehalt von 1 g Creolin in
500 ccm Blutsernm deutliche Entwickelungshemmung zu bemerken, und
bei 1 ; 200 konnte makroskopisch überhaupt kein Wachsthum erkannt
werden. Die mikroskopische Untersuchung zeigte aber, dass bei
1:200 ein dichtes Milzbrandfadengeflecht den Seidenfaden einhüllte; das
Resultat war demnach übereinstimmend mit dem an hohlen Objekt-
trägern gewonnenen.
In Reagensgläsem fand ich bei 1:200 auch mikroskopisch kein
Wachsthum; als ich nun der Ursache dieser Differenz nachforschte.
■•) K. Koch: „lieber Desinfcktiou“.
Bd. I, S. *244.
Mitth. aus dem Reichsgesundlieitsamt.
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340
xei(;te sich, dass in der nnteren Blatserumschicht im Reagensglas, in
welcher sich der Seidenfaden befand, das Creolin in reichlicherer
Menge vorhanden war, als in der oberen; and als ich die obere Schicht
in einem anderen Qlase nntersnchte, erfolgte noch reichlichere Ent-
wickelung, als in den Uhrscbälchen.
Gegenüber dem Stapbylococcns aareos ist die entwickelangs-
hemmende and wachsthumsaufhebende Kraft noch geringer.
Die desinfizirenden Wirkungen des Creolins prüfte ich nach der-
selben Untersuchungsweise, welche ich meiner Arbeit*) „Ueber Qneck-
silbersablimat in eiweisshaltigen Flüssigkeiten“ eingehend beschrieben
habe. In einer 1 prozentigen and 2 prozentigen Creolin -Blutserum-
miscbung waren in 10 Minuten Staphylokokken und selbst die viel
empfindlicheren Milzbrandbazillen nicht getödtet worden.
Durch 5 prozentiges Blutserum-Creolin werden Milzbrandsporen nicht
beeinflusst.
Eis verdient noch hervorgehoben zu werden, dass das Creolin im
Blutserum etwa 10 mal löslicher ist, als in Bouillon, und dass somit die
so geringe antiseptische Leistangsfähigkeit nicht etwa anf die Bildung
von Niederschlägen znrückzuführen ist.
Ich komme demnach zu dem Resultat, dass in eiweisshaltigen
E'lüssigkeiten von ähnlicher Zusammensetzung, wie Blutsernro,
das Creolin ein minderwerthiges Antiseptikum ist and etwa
3 bis 4 mal weniger leistet als die Karbolsäure.
Im Uebrigen liegt es mir fern, die günstigen Heilwirkungen zu
bezweifeln, die seitens guter Beobachter vom Creolin berichtet sind,
aber es scheint mir mindestens fraglich, ob die Annahme noch zu Recht
bestehen darf, dass diese Heilwirkungen durch bakterientödtende und
entwickelungshemmende Fähigkeiten dieses Mittels zu erklären sind, wenn
ich berücksichtige, dass im Organismus nicht Nährsubstrate von der
Zusammensetzung der Bouillon und Peptongelatine vorhanden sind,
ausser etwa im Urin.
Von Versnchsresnltaten, welche für die Wundbehandlung von
Interesse sein dürften, führe ich noch folgende an:
Bei einem Panaritinm des Daumens hatte sich ein bohnengrosses,
reichlich mit Eiter darchtränktes, nekrotisches Gewebsstück so voll-
*) Buhriii);: Centralblatt für Bakteriologie und Parasiteiikunde. ISSä.
No. 1 und 2.
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341
sündig von der Umgebong losgelöst, dass ich dasselbe ohne Blatung
mit der Pinzette wegnehmen konnte. Die mikroskopische Untersuchung
ergab das Vorhandensein einer massigen Anzahl von Staphylokokken im
Deckglaspräparat
Dieses Oewebsstück zerschnitt ich in drei gleiche Theile. Einer
derselben wurde 8 Minuten lang in 2'/i prozentige Blutserum •Creolin-
mischung gel^t, der zweite ebensolange in 2 prozentige wässerige
Creolin-Emnlsion. Beide wurden dann mit sterilisirtem Wasser abgespült.
Die drei Stücke wurden nnnmehr mit ausgeglühten Instrumenten
zerfetzt, in Peptongelatine in Reagensgläsern gebracht, die Fetzen sorg-
fältig mit einer dicken Platinnadel in der Gelatine verrieben, und
schliesslich wurde die Gelatine in Petr i'sche Doppelschalen I, II und III
ausgeschüttet
In I (nicht mit Creolin behandeltes Stück) wuchsen ausser unzähligen
Stapbylokokkenkolonien auch andere Organismen, die wahrscheinlich
von der Oberfläche des nekrotischen Gewebsstückes, an welche sie von
aussen gelangt waren, herstammten.
ln II (aus Creolin -Blntserum) waren fast ansschliesslich Staphylo-
kokken in reichlicher Anzahl gewachsen.
Auch in III gelangten — allerdings wenig zahlreich — Staphylo-
kokken zur Entwickelung. Es ist bemerkenswerth, dass die nicht
pathogenen Organismen, die jedenfalls als Fänlnissorganismen anznsehen
sind, früher zu Grunde gingen, als die Staphylokokken. Hatte doch
V. Esmarch*) gefunden, dass das Creolin diesen gegenüber unwirksamer
ist, als gegenüber den pathogenen Organismen und speziell auch gegen-
über den Staphylokokken.
Ich bin nun — nicht bloss auf Grund dieses Versuchs, sondern
nach durch andere Beobachtungen — zu der Ansicht gelangt, dass eine
derartige, von v. Esmarch angenommene Spezialenergie dem Creolin
nicht znkommt, und dass die Beobachtung E.'s in anderer Weise zu
erklären ist
E. prüfte die Wirkung des Creolins auf pathogene Organismen in
dünner Bouillon, auf Fänlnissorganismen dagegen in einer Flüssigkeit,
welche „ans Eoth, ansgepresstem Fleisch n. s. w. und Wasser im
Verhältniss von 1 : IO** bestand. Diese Flüssigkeit war demnach
eiweisshaltig, und an einer solchen hat E. gefunden, dass ein Gehalt
*) E. T. Esmarch: ,Das Creolin*. Centralblatt für Bakteriologie und
Parasitenkunde. 1887. II. Band. No. 10 und 11.
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342
von '/> % Creolin, also 1:200, nicht zur Wachsthamsaafhebung genagte,
während ein gleicher Gehalt an Earbolsänre dazu führte, dass die Faol-
flüssigkeit steril wurde.
Nach den früheren Auseinandersetzungen sehe ich in
diesem Yersuchsresultat E.'s eine Bestätigung meiner eigenen
Beobachtungen.
Dass 2 prozentige wässerige Creolin-Emulsion auch nicht im Stande
ist, flüssigen Eiter zu desinfiziren, beweist folgende Versuchsreihe.
Bei einem Patienten mit Phlegmone der grossen linken 2^he und des
Fussrückens war an einer Stelle Fluktuation zu fühlen. Es wurden zn-
nächst 24 Stunden lang mit 2 prozentiger Karbolsäure Umschläge gemacht,
dann inzidirt und ein grosser Tropfen dickflüssigen Eiters in ein sterili-
sirtes Reagensglas entleert.
In dieses Glas wurden eine Stande später 10 ccm 2 prozentige wässerige
Creolin-Emulsion hineingegossen. Der Eitertropfen vertheilte sich nicht
in der Flüssigkeit, sondern blieb zusammengeballt; er wurde l5Minntec
lang in der Creolin-Emulsion gelassen.
Darauf wurde der Eiter zunächst mit sterilem Blutserum abgespült,
dann in ein Reagensglas mit 15 ccm sterilisirtem Wasser gebracht und
mit diesem energisch geschüttelt. Das Wasser wurde hierbei milchig
trüb durch Creolin.
Nunmehr stellte ich folgende Versuche an:
1) Das zum Äbspülen benutzte Blutserum wurde im Reagensglsc
in den Brütschrank gestellt.
2) Von dem Spülwasser wurden 5 Platinösen mit Näbrgelatiof
vermischt und davon eine Platte gegossen.
3) Der aus dem Wasser herausgenommene Eiter, wurde an der
Wand eines flüssige Nährgelatine enthaltenden Glases flüchtig verriebcD
und dann wieder herausgenommen. Die an der Glaswand zurück-
gebliebenen kaum sichtbaren Eitertheilchen wurden in der Gelatine
durch Hin- und Herneigen des Glases anfgeschwemmt, dann mit 5 Oeses
dieser Mischung ein zweites Reagensglas mit flüssiger Gelatine geimpft.
Aus beiden Gläsern wurde die Gelatine io Petri’sche Doppelschalen
I und II gegossen.
Nach 2 mal 24 Standen war das Resultat folgendes:
1) Im Blutserum war reichliche Kokkenentwickelung eingetreten.
2) Die Platte mit 5 Oesen Spülwasser war steril geblieben.
3) In der Petri’schen Doppelschale I waren überaus reichlich kleinste,
bei schwacher Vergrösserung rund und gelblich aassehende Kolonien
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343
gewachsen; an einem anf die Gelatine aufgelegten Deckglas blieben
sehr viele Kolonien in Form kleinster Pünktchen haften; dieselben
erwiesen sich bei starker mikroskopischer Vergrösserung als ans-
schliesslich ans Kokken bestehend, welche die Grösse nnd Anordnung
der Staphylokokken bcsassen.
In der Schale II waren noch sehr sahlreichc, etwas grössere
Kolonien gewachsen. 24 Stunden später wurde eine der Kolonien aus
Schale II mit einer Platinnadel herausgehoben nnd damit eine Gelatine-
Stichknltnr angelegt.
Nach 3 Tagen zeigte sich in dieser die charakteristische Ent-
wickelung von Staphylokokkus aureus.
4) Auf dem erstarrtem Blutserum wuchs Staphylokokkus aureus.
Es ist danach kein Zweifel, dass eine 2 prozentige wässerige Creolin-
Emulsion nicht im Stande ist, bei 15 Minuten dauernder Einwirkung
die Staphylokokken im Eiter zu tödten.
Geber die Giftwirkung antiseptischer MitteL
Anf Gmnd von Untersuchungen, welche ich im Laufe des letzten
Jahres über die Wirkung antiseptischer Mittel auf den gesunden und
infizirten Thierorganismns in sehr grosser Zahl angestellt habe, glaube
ich, dass wir das Problem „Infektionskrankheiten abortiv zu heilen“
mit Leichtigkeit lösen könnten, wenn wir ein Mittel fänden, welches
für Verhältnisse, wie sie im thierischen Körper vorliegen, ein hervor-
ragendes Desinfiziens nnd dabei absolut ungiftig wäre — Eigenschaften,
welche dem Creolin allgemein zugeschrieben werden.
Schon durch das bisher Gesagte glaube ich bewiesen zu haben,
dass leider auch das Creolin dies nicht leistet.
Aber ich glaube im Folgenden auch zeigen zu können, dass es mit
der „absoluten Ungiftigkeit“ des Creolins ein eigenes Ding ist.
Ich fand nämlich nach systematisch durchgefuhrten Versuchen, dass
ein beinahe gesetzmässiges Verhältniss besteht zwischen der antiseptischen
Wirkung eines Mittels und seiner Giftwirknng für den thierischen
Organismus, wenn ich als Maass der antiseptischen Wirkung die Auf-
hebung des Wachsthnms von Milzbrandorganismen im Blutserum
aonahm.
Ich stellte die wachsthnmsanfhebende Wirkung im hohlen Objekt-
träger fest, nnd wenn ich nun beispielsweise gefunden batte, dass ein
Mittel im Verhältniss von 1 ; 6000 diese Wirkung besass, so injizirte ich
dasselbe gelöst subkutan in einer solchen Menge, dass auf 1000 g
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344
Körpergewicht von Kaninchen nnd Maasen 1 g des Hitteb kam and
fand dann in der Regel, dass diese Dosis tödtlich wirkte, während
nennenswerth darunterliegende Dosen den Tod der Thiere nicht cor
Folge hatten. Mit anderen Worten: Auf das Körpergewicht der
Kaninchen und Mäuse bezogen erwiesen sich antiseptische
Mittel als tödtlich wirkend in Gfach geringerer Dosis alt
diejenige, welche nöthig war, um im gleichen Gewicht Blot*
Serum das Wachsthum von Milzbrandhakterieo aufzuheben.
In dieser Weise habe ich u. A. untersucht lösliche Salze von
Silber, Quecksilber, Platin, Gold, Eisen; ferner arsenige Säure, Jod-
trichlorid und andere Jodverbindungen, B'luor in Form eines antiseptiseh
ausserordentlich wirksamen Doppelsalzes von Fluorantimon nnd Fluor-
natrium, welches zum Zweck des Beizens in der Färbetecboik im Grosses
dargestellt wird; und ich habe nur selten erhebliche Abweichungen nach
oben oder unten von dem genannten Verhältniss gefunden.
Nun sind freilich die übergrosse Mehrzahl der bisher von mir
untersuchten Mittel anorganischer Natur, und es ist mir selbst fraglich,
ob für organische Antiseptika ein gleiches Verhältniss besteht. Bisher
aber fand ich es auch bei den untersuchten organischen Körpern.
An dieser Stelle will ich nur die wichtigsten und am genauestes
untersuchten Antiseptika aufführen.
Für die Karbolsäure kommt man nach obiger Rechnung, da die-
selbe nach meiner Beobachtung im bohlen Objektträger bei 1 ; 600 das
1 7
Wachsthum aufhebt, also bei ca. 1,7:1000 zu der Zahl -^ = nicht ganz
0,3 g pro Kilo Thier, nnd ich finde in der That in Uebereinstimmnug
mit Riedel^), dass dies eine tödtliche Dosis der Karbolsäure bei
subkutaner Injektion ist.
Für das Quecksilber fand ich, dass dasselbe bei 1 : 8000 bis 1 : 10 000
das Wachsthum aufhebt, also bei ca. 0,1: 1000, was nach der Rechnung
als tödtlich wirkende Dosis 0,017 pro Kilo Kaninchen ergeben wü^d^
Nun findet Riedel,*^) dass auf je 10 g Kaninchen 0,000096 Sublimai
subkutan injizirt noch nicht tödtlich wirken, dass aber bei 0,00015 bif
0,00017 die Thiere nach 2 bis 3 Tagen sterben; pro Kilo Thier erhalten
*) O. Riedel: .Versuche über die desiufizirenden und antiseptischen Eigen-
schaften des Jodtrichlorids, wie über dessen Giftigkeit*. Arbeiten aus dem
Kaiserlichen Gesundheitsamte. 1887. S. 481 u. 482.
♦*) O. Riedel: 1. c. S. 480.
X.
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345
wir danach als tödtliche Dosis 0,015 bis 0,017, also ziemlich genan die
darch Rechnung gefundene Zahl.
Fnr Jodtrichlorid fand ich Wachsthnmsanfbebung der Milzbrand-
bazillen bei 1:3000; die tödtliche Dosis nach der Rechnung wäre danach
ca. 0,055 pro Kilo Thier; Riedel'^) fand, dass bei 0,046 pro Kilo ein
Kaninchen nach 10 Tagen starb; und man siebt, dass auch hier die
Zahlen gut übereinstimmen, wenn berücksichtigt wird, dass die sicher
tödtliche Dosis — wie ich in eigenen Versuchen fand — etwas
höher liegt
Im Laufe der Zeit ist mir das Anffinden der giftigen Dosis dadurch
ansserordentlich erleichtert worden, dass ich vorerst die wachsthums-
aufbebende Wirkung feststellte und danach die zu wählende Dosis zur
subkutanen Injektion für Tbiere bestimmte.
Wenden wir nun diese Rechnung auch für das Creolin an, so
bekommen wir als sicher wachstbumsanfhebende Wirkung 1 : 150 =
6,6 ; 1000, danach als giftige Dosis pro Kilo Thier ca. 1,1 g, in welcher
Menge in der Tbat auch die Oiftwirknng des Mittels eintritt Man
begreift leicht, dass sich in Verdünnungen mit Wasser die Injektion kaum
ausführen lässt wegen der zu grossen Snbstanzmenge; ich habe dann
konzentrirte ölige Lösung gewählt, schliesslich aber das reine Creolin.
Neudörfer'’*’*) hat gefunden, dass bei direkter Injektion in die
Blotbahn das Creolin tödtliche Giftwirknng äossert bei 0,5 g pro Kilo
Thier, und es würde das gut mit meiner Rechnung übereinstimmen, da
intravenös injizirte Medikamente in geringerer Dosis wirksam sind, als
bei subkutaner Injektion. Nun bat Fröhner'*'** ***)) den Einwand gemacht,
dass es sich dabei um eine mechanische Wirkung bandle, welche sich
auch durch andere, sonst indifferente Emulsionen, z. B. Milch, erreichen
lasse. Fröhner berücksichtigt dabei aber nicht, dass das Creolin im
Blot löslich ist, und bis auf Weiteres muss ich annebmen, dass die
von Neudörfer beobachteten Intoxikationserscheinungen nicht notb-
wendig im Sinne von Fröhner ansgelegt werden müssen.
Im Einzelnen ergaben meine Thierversuche Folgendes.
*) O. Riedel: I. c. S. 479.
**) Ign. NendSrfer: Internat, klin. Rundjichaa. 1888. No. 12.
***) E. Fröhner: , Bemerkungen Ober die Ungiftigkeit des Creolin.“ Internat,
klin. Rundschau. IVien 1888. No. 20.
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346
Die akate Creoliovergiftang.
Als ich Tcrsuchte festznstellen , ob aach das Creolin Giftwirknog
aoszoäbcn vermag, durfte ich nach den vorher mitgetheilten Erfahrungen
eine solche erst bei einer Dosis von ca. 1,0 g pro Kilo Thier erwarten.
Bei Mäusen, an welchen ich die Versuche zuerst machte, konnte ich
mich in der That leicht davon überzeugen, dass die berechnete Dosis
von ca. 0,025 g Creolin für dieselben ein tödtlicbes Gift ist , wenn es
in einer zur Resorption möglichst geeigneten Form subkutan injizirt wird.
Als solche darf noch am ehesten eine Lösung von Kreolin in er-
wärmtem Ricinnsöl betrachtet werden. In der Kälte erstarren lOprozentige
nnd 20 prozentige Lösungen zu einer festen Masse, die erst durch Er-
wärmen wieder flüssig wird. Als Ersatz des Ricinusöls kann auch raffl-
nirtes, sogenanntes abgezogenes Rüböl genommen werden.
Man kann die Giftwirkung auch mit Blntserum-Creolin nnd mit
wässerigen Emulsionen in der angegebenen Dosis erreichen, wenn nur
für eine genügende Vertheilung unter der Haut gesorgt wird.
Am besten zur Demonstration eignet sich aber die Injektion von
unverdünntem Creolin, wenn dasselbe in einer Dosis von 0,05 g und
darüber eingespritzt wird. Durch diese Creolindosis werden Mäuse in
ganz kurzer Zeit getödtet. Schon 5 bis 10 Minuten nach der Injektiou
werden sie unruhig, zucken oft zusammen nnd zeigen zitternde Bewegung
des ganzen Körpers. Legt man sie dann auf die Seite, so gerathen die
Extremitäten in heftige zitternde Bewegung; zuerst sind die Thiere noch
im Stande, sich wieder anfzurichten, bald aber bleiben sie dauernd auf
der Seite liegen, nnd unter fortwährenden klonischen Krämpfen der
Glieder sterben sie in der Regel nach 1 bis 2 Stunden.
Bei der Sektion findet man als regelmässige krankhafte Verändemug
Ueberfüllung der Lungen mit Blut. Von dem Creolin bildet ein erheb-
licher Rest, mindestens die Hälfte der Einspritzung, eine schmierige,
schmutzig braune Schicht, nach deren Entfernung von Anätznng oder
von weitergehenden Veränderungen nichts zu erkennen ist.'’^)
Bei jungen Meerschweinchen habe ich mit Creolinlösnngen durch In-
jektion von 0,35 g auf 225 g Körpergewicht und 0,5 g auf 400 g ganz
ähnliche Erscheinungen bervorrufen können. Die Krämpfe traten jedoch
erst nach mehreren Stunden auf; der Tod der Thiere erfolgte nach 12
*) Auch beim Menschen findet eine eigentliche Anätzung durch unverdünntes
Creolin an granulirenden Wunden z. B. nicht statt, und es ist sehr merkwürdig,
dass die Patienten angeben, dass sie durch reines Creolin weniger Wundschmetz
empfinden, als bei ' bis 2 prozentiger Emulsion.
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347
beiw. 24 Standen. Aach hier waren die Langen das am auiTälligsten
veränderte Organ.
Bei Kaninchen, von denen ich nur grössere Thiere znr Verfngang
hatte, bedarf es schon so grosser Sabstanzmengen verdünnten Creolins,
dass in Folge dieses Umstandes eine Vergiftung dnrch einmalige subkutane
Injektion kaum aasfübrbar ist.
Die Resorption von reinem Creolin erfolgt aber, wie man sich bei
der Sektion überzeugen kann, ausserordentlich langsam.
Um jedoch mich davon zu überzeugen, dass auch Kaninchen unter
den charakteristischen Vergiftungserscbeinungen in kurzer Zeit sterben,
habe ich schliesslich bei einem Kaninchen von 1700 g an mehreren Stellen
gleichzeitig Injektionen in einer Oesammtmenge von 4,0 g gemacht, um
dem Creolin eine grosse Resorptionsfläche darzubieten; das Thier ging
unter ähnlichen Erscheinungen wie Mäuse und Meerschweinchen nach
20 Standen zu Grunde, und bei der Sektion fand ich noch mindestens
die Hälfte des Creolins, zum Theil in flüssiger Form unter der Haut
liegend.
Bei Meerschweinchen und Kaninchen habe ich anch die Körper-
temperatnr gemessen und gefunden, dass durch vergiftende Dosen die
Temperatur ausserordentlich niedrig wird.
Das Creolin erzeugt aber ausser dieser akuten Vergiftung noch ein
Krankheitsbild, welches wesentlich anders aassieht.
Bei solchen Kaninchen, welche nicht tödtlich wirkende Creolindosen
erhalten batten, stieg auffallenderweise die Körpertemperatur. Die
Thiere sahen zuerst struppig und krank ans; wenn dann aber mit den
Injektionen anfgebört wurde, erholten sie sich wieder vollständig.
Solch ein Thier, welches mehrere Tage hintereinander kein Creolin
mehr erhalten hatte, infizirte ich mit sehr virulentem Milzbrand und in*
jizirte nun gleichzeitig wieder Creolin, um die etwaige Einwirkung auf
den Verlauf der Milzbranderkrankang zu beobachten; als nun das Ver*
snchstbier an Milzbrand zn Grunde gegangen war, fand ich bei der
Sektion blutigen Urin in der Blase und die Nieren im Zustande exquisiter
parenchymatöser Nephritis.
Diese Beobachtung veranlasste mich, den Einfluss des Creolins auf
die Nieren bei Kaninchen genauer zu studireu. Ueber die Resultate
meiner diesbezüglichen Untersuchungen will ich an dieser Stelle nur das
berichten, dass Creolin, wenn es in einer Dosis von 0,5 g pro Kilo
Thier täglich injizirt wird, nach mehreren Tagen eiweisshaltigen Urin
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348 —
macht. Bei fortgesetzten Creolingaben magern die Tbiere aosserordentlich
stark ab and gehen ohne Krampferscbeinangen zn Grande.
Von dem Sektionsbefnnde ist bei dieser snbakuten oder chronischen
Form der Greolinvergiftang besonders die Nierenerkranknng hervor-
zaheben.
Gelegentlich dieser Versncbe konnte ich auch feststellen,
dass eine Desinfektion des Darminhalts bei diesen krank-
machenden Creolingaben nicht erreicht wird; anch vom Magen
aus vermag Creolin nicht den Darminbalt zn desinfiziren.
Auf Grund der mitgetbeilten Versuche komme ich schliesslich in
folgendem Resum6.
I. Zur Orientirnng über den antiseptischen Werth eines Mittels,
welches in der Wundbehandlung Verwendung finden soll, ist die Prüfnng
seiner entwickelnngshemmenden und bakterientödtenden Fähigkeit in
einem ei weisshaltigen Nährsubstrat zu fordern.
II. In eiweisshaltigen Flüssigkeiten hat das Creolin sehr viel
geringere antiseptische Wirkung als in eiweissfi~eien; in eiweissbaltigem
Nährsubstrat leistet es 3 bis 4 mal weniger als die Karbolsäure.
III. Zur Desinfektion von infizirten Wanden, bezw. von Wand-
flüssigkeiten und Eiter, erweist sich 2 prozentige wässerige Creolin-
Emulsion als ganz ungenügend.
IV. Creolin ruft bei Mäusen und Meerschweinchen, subkutan
injizirt, charakteristische Giftwirkungen hervor; die tödtliche Dosis
ist etwa 4 mal grösser, als bei der Karbolsäure.
V. Auf den antiseptiscben Werth im Blutserum und Blut bezogen
ist für kleinere Thiere die relative Giftigkeit des Creolins, der Karbol-
säure, des Sublimats etc. ungefähr gleich gross.
VI. Für grössere Thiere ist es schwer, in kürzerer Zeit die tödtliche
Creolin -Dosis subkutan beizubringen. Das Creolin wird schnell wieder
ausgescbieden und darf bei vorübergehendem Gebrauch für grössere
Thiere als ungiftig angesehen werden.
VII. Bei fortgesetztem Gebrauch des Creolins ist auch für grössere
Thiere und für den Menschen die Gefahr der Erkrankung nicht aos-
zuschliessen; und es empfiehlt sich, bei ausgedehnterer längerer An-
wendung dieses Mittels regelmüssige Hamuntersuchungen vorzunehmen.
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349
Leber die blutige Naht bei j^annlirenden Wanden.
V'oii
Dr. Wutzdorff,
Stabsarzt im l. Hessisrhen InH-Rrgt. No. 81.
Dem lebhaften Wonsche des Cbirargen, granalirende Wundfläcben,
wie sie c. B. bei sobkataner Phlegmone, bei Karbunkeln, Faronkeln u. A.
Dach der Inzision und nach Ablanf des eigentlichen Krankheitsprozesses
sich bilden, möglichst schnell zur Vemarbnng zu bringen, entspricht die
Zahl der hierfür Torgeschlagenen Mittel, and dieser wiederum die Un-
zulänglichkeit ihrer Wirksamkeit. Unter dem antiseptischen Verbände,
unter welchem, und dank welchem das ursprüngliche Leiden alsbald
seinen Abschluss findet, wachsen die Granulationen empor, sie füllen bald
die Wundhöble aus und überschreiten alsdann, wenn nicht im günstigsten
Falle noch Schorfheilnng eintritt, das Niveau der Haut. Trotz An-
wendung des scharfen Löffels, des Aetzstiftes, der Ilöllensteinsalbe u. A. m.
benarbt die Wandfläche sich so langsam, dass namentlich die Geduld
des Militärarztes, welcher naturgemäss seine Patienten möglichst bald dem
Dienste zurückzngeben bestrebt ist, hart auf die Probe gestellt wird. Doch
nicht genug. Die nach wochenlangem Bemühen erzielte breite, dnnkel-
rothe Narbe bricht oft wieder auf, weil sich unter der jungen Epidermis
blutig -seröse Flüssigkeit angesammelt hat; und dabei hat man, um dies
zu verhüten, den Kranken der Vorsicht halber noch einige Tage lang
nach der vermeintlichen Heilung im Bett verweilen lassen. Wer hätte
dies nicht zur Genüge erfahren!
Anlässlich einer Kopfwunde, welche ich etwa 14 Tage nach ihrer
Entstehung mit bestem Erfolge genäht hatte, und aufgemuntert durch die
schnelle Heilung einer sekundären Naht, mit welcher eine grössere
Uperationswnnde nach Entfernung der durch die Operation nothwendig
gewordenen Tampons vereinigt worden war, beschloss ich, auch grana-
lirende Wunden nach genügender Auskratzung mit dem scharfen Löffel
und nach gründlichster Desinfektion zu nähen. Der Erfolg war sowohl
bezüglich der Heilnngsdaner, als auch betreffs der Narbenbeschaffenheit
für mich ein so zufriedenstellender, dass ich das Verfahren der weiteren
Prüfung nur empfehlen kann. Wanden, welche sonst nach ihrer Länge
und Breite erst in vier oder noch mehr Wochen zu' vernarben Aussicht
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360
hatten, heilten ansnahmslos in etwa einer Woche und mit ganz schmaler
Narbe. Störungen des Wundverlaufes sind bisher nicht vorgekommen,
abgesehen von leichten Eiterungen aus einzelnen Stiebkanälen, die
meistens nur spärlich, einmal einem kleinen Abszesse ähnlich waren, aber
stets nach einem, höchstens nach zwei Tagen versiegten, ohne weitern
Schaden angerichtet zu haben.
Im Folgenden will ich eine kurze Schilderung des Krankheitsverlaufes
der in obiger Weise von mir, bisher behandelten Fälle geben:
1. Friedrich F., am 4/1. 88 wegen Zellgewebsentzöndang im
unteren Drittel des rechten Unterschenkels aufgenommen. Eine 6 cm
lange Inzision entleert dicken Eiter. Snblimatmullverband. Am 9/1. 88
ist der Grund der Wunde mit guten Granulationen bedeckt; die
Wunde wird ausgelöffelt, mit 1 o/«a Snblimatlösung gründlich desiufizirt
und durch vier Seidennähte vereinigt Snblimatmullverband. Am 15/1.
werden die Nähte entfernt; die Wunde ist strichförmig und ohne Spur
von Eiterung vernarbt Entlassung erst am 2.5/1., weil das von der Zell-
gewebsentzündung zurückgebliebene kollaterale Oedem einen früheren
Wiederantritt des Dienstes verhinderte.
2. Johannes Sch., am 31/12. 87 wegen eines Karbunkels im
Nacken aufgenommen. Eis werden zwei Längsschnitte angelegt; die Haut
zeigt sich in Handtellergrösse abgelöst Nachdem sich die nekrotischen
Gewebsfetzen sämmtlich abgestossen haben, die Hautbrucke zwischen den
beiden Inzisionen mit der Unterlage verwachsen ist, werden die bis zu
1,5 cm breiten Granulationsstreifen am 13/1. 88 ausgelöffelt und die
Wunde mit 6 bezw. 3 Nähten vereinigt. Snblimatmullverband. Am
23/1. Entfernung der Nähte; die kleinere Inzisionswunde ist geheilt; die
grössere ist an einzelnen stecknadelkopfgrossen Stellen noch offen ; einige
Stichkanäle eitern ein wenig. Am 29/1. wird Sch. mit zwei glatten
linearen Narben (5 bezw. 3 cm lang) als geheilt entlassen.
3. Jakob L., am 12/1. 88 wegen eines Karbunkels im Nacken aaf-
genommen. Durch eine 4,5 cm lange Inzision wird die infiltrirte Stelle
gespalten. Bis zum 19/1. haben sich alle abgestorbenen Gewebstheile
abgestossen, die Höhle granulirt gut, daher Auslöffelung und Vereinigung
der Inzisionswunde durch 6 Nähte; vorher noch wird an der Peripherie
der grossen Wundhöhle eine 3 cm lange Gegenöffnung angelegt und auch
von hier aus die Höhle gehörig ausgeräomt; schliesslich wird auch diese
Wunde mittelst 3 Nähte geschlossen. Am 24/1. werden die Nähte entfernt;
die Wunden sind ohne jede Sekretion und ohne Eiterung aus den Stich-
kanälen vernarbt. Am 28/1. Entlassung des Patienten mit zwei glatten
strichfürmigen Narben von 3 bezw. 5 — 6 cm Länge.
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— 3nl —
4. Jakob R., am 20/1. 88 wegen eines Karbunkels im Nacken auf*
genommen. Sofortige 5 cm lange Inzision. Am 27/1. werden nach
obigem Verfahren 6 Nähte angelegt Snblimatmnllverband. Am 1/2.
werden die Nähte entfernt; geringe Eiterung ans den Stichkanälen; die
Wunde ist fest vernarbt bis auf eine oberflächliche, 2 cm lange und 2 mm
breite Stelle, welche sehr wenig Wundsekret liefert. Am 2/2. findet eine
Eiterung ans den Stichkanälen nicht mehr statt; die wunde Stelle heilt
unter dem Schorfe. Am 11/2. Entlassung als geheilt; Narbe 5 cm
laug und schmal.
5. Raimund K., am 29/1. 88 wegen eines grossen Karbunkels im
Nacken anfgenommen. Inzision 7 cm lang. Am 3/2. ist bereits die An-
legung von 7 Nähten möglich, welche am 8/2. entfernt werden: die
Wunde ist strichförmig vernarbt; ans einzelnen Stichkanälen entleert sich
theils etwas Blut, theils seröse Flüssigkeit, theils etwas Eiter. Am
folgenden Tage keine Absonderung mehr ans den Stichkanälen. Am
11/2. wird K. als geheilt entlassen mit einer 6’/i cm langen, feinen Narbe.
6. Heinrich H., am 25/1. 88 wegen eines Furunkels am Halse auf-
genonamen. Inzision und am 29/1. Wiedervereinigung durch 4 Nähte.
Am 3/2. ist die Wunde verheilt; eitrig-blutige Absonderung ans den
Stichkanälen, welche bis zum 5/2. vollkommen geschwunden ist Narbe
4 cm lang.
7. Franz R., am 25/1. 88 wegen zweier Furunkel an Stirn bezw.
Nacken anfgenommen. Inzision und am 28/1. Wiedervereinigung durch
je 4 Nähte. Entfernung der letzteren am 2/2. Wunden strichförmig
und fest vernarbt; geringe Eiterung ans einzelnen Stichkanälen. Am
3/2. keine Absonderung mehr. Narbe an der Stirn über 2 cm lang, im
Nacken 3 cm.
8. Carl P., am 22/1. wegen sehr heftiger Zellgewebsentzündung auf
dem rechten Fussrücken aufgenommen. Die Inzision, welche nachträglich
Doch bat verlängert werden müssen, erreicht schliesslich eine Ausdehnung
von 8cm. Am 28/1. starkes, über den ganzen Fussrücken verbreitetes
Sublimatekzem. Am 31/1. wird die Wunde durch 6 Nähte wieder ver-
einigt; wegen des Ekzems sehr vorsichtige Wnnddesinfektion (mit Sub-
limat); Jodoform und Sublimatwatte, kein Snblimatmnll. Am 7/2. werden
die Nähte entfernt; die Wunde ist verheilt, nur fehlt noch in etwa 2 mm
Breite die oberflächliche Vernarbung an einzelnen Stellen. Heilung der
letzteren unter dem Schorf bis zum 12/2.; Narbe 7 cm lang und schmal.
9. Wilhelm H., am 22/1. 88 wegen Zellgewebsentzündung in der
rechten Kniekehle anfgenommen. Mittelst 2 Inzisionen wird die eiternde
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Höhle geöffnet. Am 31/1. Anlegung von je 4 Nähten, die am 5. bexw.
7/2. entfernt werden. Die Wanden sind in ihrer gansen Aasdehnung mit
Ausnahme von ganz vereinzelten Stellen mit einander verklebt; letztere
sind unter dem Schorf bis 12/2. gleichfalls geheilt. Narben je 4,5 cm
lang und schmal.
Beispiele der angeführten Art mehren sich von Tag zu Tag, nach-
dem ich obige Behandlnngsweise der granulirenden Wanden in jedem
einschlägigen Krankheitsfalle anwende. Doch glaube ich, solcher vor-
läufig nicht mehr zu bedürfen.
Ich bin der Meinung, dass bereits die oben kurz berührten 9 Eranken-
gescbicbten keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die blutige
Naht bei granulirenden Wunden ebensoviel leistet wie bei frischen
Wanden, vorausgesetzt, dass man die Verhältnisse der ersteren durch
Entfernung schwammiger Oranulationen und durch die Wunddesinfektion
denjenigen der letzteren möglichst nahe bringt. Alsdann gleichen sich
auch der Wund verlauf und die Heilung, bezüglich ihrer Dauer und ihres
Resultates, einer schmalen, strich förmigen Narbe.
Februar 1888.
Kasuistische Mittheilnn^en.
Von
Oberstabsarzt Pr. Meisner in Rendsburg.
1. Der sogenannte entzündliche Plattfass (Tarsalgie des
adolesceuts).
Anfang Oktober 18 . . meldete sich ein junger Mann, der eben das
20. Lebensjahr erreicht hatte und bis dahin Kutscher war, zum drei-
jährig-freiwilligen Eintritt in ein Feld- Artillerie-Regiment Er gab damals
an, vollständig gesund gewesen zu sein, bis auf eine Quetschung des
linken Fasses durch ein darüber rollendes Fass, die indessen keine
weiteren Folgen hinterlassen habe. Bei der Untersuchung wurde ausser
einer etwas zarten Körperkonstitution beiderseits ein leichter Grad von
unausgebildetem Plattfass gefunden, links mehr wie rechts, und der
Untersuchte demgemäss eingestellt
Seine erste Ausbildung war vorwiegend auf das Reiten gerichtet
erst später, gegen Mitte November nach Einstellung der Elekruten, bestand
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353
der Dieost haoptsächlicb im Exerziren za Faaa and damit anch in einer
iDigiebigen Anwendnng des langsamen Schrittes.
Während bis dahin von dem Untersuchten niemals Klagen laut ge-
worden waren, begannen jetzt Schmerzen im linken Mittelfass aafzntreten,
die schliesslich so heftig worden, dass er hinkte. Die Untersachang er-
gab keine Veränderung; die Abdrücke beider Fasse Hessen nach wie vor
die Kontoren des unaasgebildeten Plattfasses erkennen. Nachdem der X.
mehrere Wochen im Lazareth im Gipsverband gelegen, hatten sich die
sobjektiven Beschwerden, auch beim gewöhnlichen Gehen, verloren,
lodess mit der weiteren militärischen Aasbildang im Exerziren zu Fass
kehrten dieselben in der alten Weise wieder and eine nochmalige
Lazarethbebandlang war erforderlich.
Deber die Entstehung seines Leidens befragt, bezog der X. dasselbe
jetzt in einem vollständigen Gewirr von Widersprüchen bald auf die
schon erwähnte Qaetschung des linken Fusses, bald auf eine Ver-
stanchung desselben bei einem Sprang vom Kutscherbock — beides vor
seiner Einstellang — , bald auf einen Starz vom Pferde, bald auf einen
Fall mit einem Querbaum beim Aufräumen von Turngeräthen — beides
nach seiner Einstellang — , indem er das eine Mal angab, dass er seit jener
Verletzung niemals habe ordentlich auftreten können, und das andere
Mal behauptete, dass er vor seiner Einstellang vollständig gesund ge-
wesen sei.
Eine sehr genaue Beobachtung des X., auch nach seiner Entlassung
ans dem Lazareth, konnte den Erweis von Simulation nicht erbringen,
anch lagen die persönlichen Verhältnisse des X. so, dass eine solche von
romherein auszuschliessen war.
Der objektive Befand ergab nach wie vor, dass, links mehr als
rechts, das Köpfchen des Kahnbeins etwas stark unter dem inneren
Knöchel hervortrat, dass Beugung und Streckung vollständig frei, Pro-
nnd Supination etwas behindert waren und dass beim gewöhnlichen
Stehen und Geben der innere Fassrand weder rechts noch links die Erde
berührte.
Da ich nnnmebr auch auf weiteres Befragen erfuhr, dass der X. seit
Miner Entlassung aus der Schule bei Gelegenheit des Beladens von
Frsebtwagen sehr häufig schwere Lasten gehoben batte, so kam ich zu
üer Annahme, dass es sich um einen entzündlichen Plattfass (Tarsalgie
de« adolescents), wie ihn Lücke in den Volkmann’schen Heften I, 35,
beschreibt, bandeln müsse, ohne indessen sogleich die von jenem Autor
beschriebenen charakteristischen objektiven Symptome finden zu können.
23
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— 354
Analog jenem von Lücke erwähnten Fall, in welchem er bei einer jangen
Dame durch Zunahme der Belastung der Füsse in Folge von Korpulent
das Leiden entstehen sah, entschloss ich mich non wegen des geringen
Körpergewichtes des X. eine künstliche Mehrbelastung der einzelnen
Füsse durch längeres Stehen auf einem Fusse eintreten zu lassen.
Während nun der rechte Foss seine Gestalt nicht wahrnehmbar
veränderte, sank im Verlaufe von etwa 5 Minuten der benetzte linke
Fass in seiner ganzen Breite auf den Erdboden und hinterliess dort den
Abdruck des ausgebildeteu Plattfnsses; Figur b auf Seite 1119 des
2. Bandes von König’s Chirurgie ging gewissermaassen in Figur c über.
Das eingeforderte Gutachten lautete nunmehr unter Anführung des
Befundes:
Der Unterzeichnete kann keiner der von dem X. angegebenen Ver-
letzungen einen Einfluss auf die linksseitige Plattfüssigkeit zusprecheu,
da auch rechts annähernd dieselbe Deformität des Fusses vorhanden ist;
vielmehr handelt es sich hier um ein Leiden, welches aus der etwas zarten
Kürperkonstitution des X. und der frühzeitigen häufigen Belastung der
Füsse durch das Heben schwerer Lasten in der Wachsthumsperiode als
sogenannter entzündlicher Plattfuss (Tarsalgie des adolescents) seinen
Ursprung genommen bat und in einer Erschlaffung der die Knochen des
Fussgewölbes verbindenden Bänder besteht. Der X. ist demnach, da zur
Beseitigung dieses Leidens längere Zeit erforderlich ist, nach Anlage 3
der R.-0. für jetzt unbraoebbar zum Militärdienst.
Erst fünf Jahre später kam ein zweiter Fall dieser im Allgemeinen
wohl nicht häufigen Krankheit zu meiner Beobachtung. Derselbe betraf
einen Rekruten, welcher mit der Bezeichnung: , Breitfass, besonders
rechts“ zur Einstellung gelangte. Der X. war zwar ein kräftig gebauter
Mensch, indessen von ausgesprochen skropholüsem Habitus. Die erste
Rekrutenzeit, in welcher vorwiegend geturnt wurde, überstand er ohne
Beschwerden; als indessen das Fussexerziren und der langsame Schritt
häufiger geübt wurden, stellten sich auch bei ihm, und zwar ebenfalls im
linken Fuss, Schmerzen ein, die ihm diesen Dienst unmöglich machten.
Eine kurz dauernde Schonung von diesem Dienstzweige schuf anch hier
Besserung, indess ebenfalls nicht von Bestand. Die beigegebene Abbildung
zeigt das Verhalten der Füsse, sie ist die direkte Verkleinerung der Ab-
drücke der geschwärzten Füsse mittelst des Storchschnabels.
Auch hier war das Leiden in der Wachsthumsperiode entstanden,
in welcher der X. als Kaufmannslebrling häufig schwere Säcke zu tragen
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batte. Das von der Militärbehörde eingeforderte Oatachten lautete wie
oben. Beiden wurde empfohlen, das Leiden durch den Gebrauch einer
federnden Sohle zu beseitigen.
Stellung auf dem linken ^ein. Natürliche Stellung auf beiden Beinen.
Linker PotiB. Linker Pa.<u. K«cht«r Fiue.
Zu der Beurtheilung dieses Zustandes ist indessen die Beobachtung
einiger Kautelen erforderlich. Zunächst muss das Kippen des Fusses
beim einbeinigen Stehen dadurch vermieden werden, dass man den zu Unter-
suchenden das im Knie gebeugte Bein hart an dem Standbein nach hinten
heben lässt, auch ein leichtes Anhalten mit den Händen an eine Stuhl-
lehne gestattet. Dann aber erhält man auch annähernd ähnliche differente
Abdrucke desselben Fusses bei gleichzeitig bestehendem un ausgebildeten
Plattfuss und X-Bein, besonders auf einer Seite, wie es bei den meisten
Tischlern vorkommt. Hierbei wird der Richtungsfehler des Beines heim
gewöhnlichen Gehen sehr häufig durch Einwärtsstellung des Fusses
korrigirt. Der Fuss lässt dann in dieser natürlichen Stellung den Ab-
druck des leichten Plattfusses zurück, während er bei der militärischen
Auawärtsstellung der Füsse unter dem Einfluss des Richtungsfehlers des
Beines mit seinem innern Rande dem Erdboden mehr genähert wird.
Indessen die dadurch entstehenden Unterschiede sind niemals so erheblich
wie bei dem entzündlichen Plattfuss, und die daraus entspringenden Be-
schwerden meistens durch die Gewöhnung zu überwinden.
23*
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2. ZerrDog der BicepS'Sehne.
Vor mehreren Jahren entkorkte ich mit aller Kraftanstrengnng eine
sehr fest verkorkte Flasche, nm einer ohnmächtigen Patientin Wein ein-
zuflössen. Einige Tage darauf verspürte ich eigen auf die Stelle des
Bolcus bicipitalis lokalisirteu Schmerz am rechten Oberarm, der bei Druck
znnabm und das Erheben des Armes besonders beim militärischen Grosse
sehr erschwerte. Diese Erscheinungen steigerten sich in wenigen Tagen
zu den heftigsten Schmerzen bei der geringsten Bewegung und dem voll-
ständigen Unvermögen, den Arm zu bewegen. Da auch das blosse
Hängen des Armes sehr schmerzhaft war, trug und unterstützte ich den-
selben mit der linken Hand, bis eine angelegte Mitelle diese Unter-
stützung ersetzte. Eis und Blutegel und, da auch an akuten RheumaUs-
mus gedacht wurde, Salicyl brachten mir nicht die geringste Besserung.
Erst als mir der ganze Arm in Mitellenstellung an den Brustkorb gegipst
wurde, besserte sich der Zustand von Tag zu Tag, so dass nach
etwa lü Tagen der Verband abgenommen und allmälig und vorsichtig
der Arm wieder ohne Schmerz gehoben werden konnte. Weitere 8 Tage
brachten mir die vollständige Gebranchsfähigkeit desselben.
Auch hier vergingen Jahre, ehe die ebenfalls wohl seltene Krank-
heit wieder in meine Behandlung kam; indessen jetzt innerhalb einer
Woche in merkwürdiger DuplizitJ^'. Der eine Fall betraf einen Offizier,
der ein eifriger Turner mit Hantel und Trapez war und der angab, schon
früher dasselbe Leiden in geringerem Grade gehabt zu haben, das damals
als Rheumatismus ohne Erfolg mit grossen Mengen von Salicyl behandelt
worden sei; der andere einen Beamten, der auf der Jagd auf den vor-
gebaltenen Arm gestürzt war; hier links, dort rechts. Bei beiden tbat
der Gipsverhand in gleich überraschender Weise seine Schuldigkeit.
Es ist zu bemerken, dass die Diagnose dadurch erschwert wird, dass
die Ursache, wahrscheinlich doch wohl Hyperextension des Biceps,
mehrere Tage vor den ersten Anfängen der Beschwerden wirksam ist
und von den Patienten selber wegen ihrer Geringfügigkeit nur
wenig beachtet wird. Indessen die Symptome dieser Affektionen sind so
charakteristisch, dass, wenn man sie einmal kennen gelernt bat, sie auch
keinen Zweifel an der Natur des Leidens lassen. Das Tragen des
Armes mit der andern Hand, als ob es sich um eine Verrenkung oder
gar nm einen Enochcnbrnch handele, die Unmöglichkeit, den Arm, be-
sonders nach vorn zum militärischen Grosse, zu heben, der lediglich auf
dem sulcus fixirte Schmerz bei Bewegung und Druck schliessen bei dem
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gleichzeitigen Fehlen jeglicher Deformität and Geachwalst des Gelenkes
eine verbreitete tranmakische oder rheamatische Entzändaog oder sonstige
Verletzang desselben aas.
Zar Technik des Gipsverbandes möchte ich noch bemerken, dass
man denselben so anlegt, dass man Schulter and Ellenbogen durch ein
Wattepolster schätzt and zweckmässig auch einen Bausch hydrophiler
oder noch besser aatiseptischer Watte zur Aufnahme and Desodorisirung
des Schweisses in die Achselhöhle schiebt nnd dann mit der losen Ein*
wickelnng mit nassen, breiten, angegipsten Gazebinden beginnt. Schob
laf die erste Lage derselben wird von einem Gehülfen ein dünner Gips*
brei verrieben, während man fortfährt, weitere Gazeschicbten, stets unter
weiterer Aaftragnng von Gipsbrei, etwa 4 — 6 an der Zahl, herzastellen.
Diese Gipsverbände haben den Vorzug grosser Elastizität, so dass man
sie, selbst wenn sie ganz erstarrt sind, noch unter der gesunden Schalter
anfscbneiden, abnehmen and zum Schnüren herrichten lassen kann. Ich
habe sie auch am Fass-, Knie- und Ellenbogen-Gelenk mit Erfolg an-
gelegt and würde kein Bedenken tragen, sie auch bei Skoliose oder
Rippenbrach am Thorax anzulegen, am den Trikotstoff, der nicht über-
all za haben and recht theuer ist, entbehren zu können.
Die militärärztlichen Fortbildanpkurse für das XII. (Königlich
Sächsische) Armeekorps im >Yinterhaibjahr 1887/88.
Von
Dr. W. Roth,
Qeoer&lant ]. Kl. Diid Kor|>sant des XIL (Eönigl. Sachs.) Armeekorps.
Das XII. (Königl. Sächs.) Armeekorps besitzt seit 1871 die Ein-
richtang der Fortbildnngsknrse, über welche in dieser Zeitschrift laufend
berichtet worden ist. Die ursprüngliche Einrichtung derselben ist nicht
wesentlich verändert worden. Lebrgegenstände bilden pathologische
Sektionen, Operalionsknrse, innere Militär - Medizin and Diagnostik,
bakteriologische Untersachangen, Augen- and Obrenuntersachungen,
Militär-Gesundheitspflege praktisch und theoretisch, Militär-Medizinal-Ver-
fassung, praktischer Lazarethdienst, Traindienst and Reiten. Die Theil-
nehmer waren hauptsächlich Stabsärzte, Assistenzärzte, Unterärzte und
eiojährig - freiwillige Aerzte, nur 1876 and 1881 nahmen Je 10 resp.
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7 Oberstabsärzte von Oktober bis Weihnachten an den Kursen Theil.
Die Zeitdauer dieser Kurse ist nur insofern abgeändert worden, als die-
selben bis zum Jahre 1884 von Milte Oktober bis Mitte Februar dauerten,
seitdem aber für die von auswärts kommandirten Sanitätsoffiziere nur
bis Weihnachten währten und die praktischen Uebungen nach Weihnachten
nur für die in Dresden stehenden Aerzte fortgesetzt wurden.
Seit Oktober 1887 ist non in den Fortbildnngsknrsen eine wesentliche
prinzipielle Veränderung eingetreten, für welche der äussere ^nstoss
durch die Nothwendigkeit der Wiederholung eines Oberstabsarztkurses
gegeben war. Es ist nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine sach-
liche Trennung in den Kursen für Oberstabsärzte und solchen für die
übrigen Sanitätsoffiziere, Unter- nhd einjährigen Aerzte erfolgL Die
Kurse für die Letzteren finden von Mitte Oktober bis Weihnachten statt,
und daran schliesst sich vom 10. Januar bis 1. Februar ein Kurs für
Oberstabsärzte bezw. Stabsärzte, die für chefärztliche Stellungen bei der
Mobilmachung designirt sind, und einer wesentlich anderen, unten ge-
nauer zu besprechenden Fortbildung bedürfen.
I. Der Fortbildungsknrsns für Stabs- und Assistenzärzte,
Unterärzte und einjährig- frei willige Aerzte vom 17. Oktober
bis 21. Dezember 1887.
Zn diesem Kurse (dem 17.) waren 7 Stabsärzte, 6 Assistenzärzte 2. Kl.,
3 Unterärzte und 6 einjährig-freiwillige Aerzte befehligt. Ausser diesen
nahmen noch 3 Assistenzärzte 1. Kl. des Beurlaubtenstandes während
einer dreiwöchentlichen Dienstleistung behufs Erlangung der Qualifikation
zum Stabsarzt der Reserve an den Vorlesungen und Operationsübungen
TheU.
‘ Im Lehrpersonal ist die Veränderung eingetreten, dass Stabsarzt
Ileymann unter Assistenz von Stabsarzt Gräfe an Stelle des zum
Oberstabsarzt 2. Kl. beförderten und versetzten Stabsarztes Fischer der
Unterricht über Augenuntersnchungen übertragen ist. Die Lehrgegen-
stände sind dieselben, wie im vorigen Jahre.
Professor Neelsen leitete die pathologisch - anatomischen
Uebungen. Im Ganzen wurden 18 Vorträge gehalten; dieselben be-
zogen sich zum Theil auf die technische Ausführung gerichtlicher
Sektionen, wobei 14 Brustsektionen , 11 Bauchsektionen und 6 Gehirn-
sektionen von den Knrstheilnehmern ansgeführt wurden. Zum andern
Theil bildete die allgemeine nnd spezielle Pathologie den Inhalt der
Vorträge und es konnten alle wichtigeren Kapitel derselben unter De-
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moosCratiou erkrankter Organe von 96 frischen Leichen, sowie einer
grösseren Zahl mikroskopischer Präparate und einiger Spirituspräparate
berücksichtigt werden.
Id dem von Stabsarzt Seile abgebaltenen Operationskursus
wurden in 3G Stunden an 12 Leichen 904 Operationen ausgeführt. Sodann
wurden einige ausgewählte Kapitel der Kriegschirurgie, insbesondere die
autiseptische Wnudbehaudlung auf dem Schlachtfelde und im Feldlazareth
uod die konservativ -operative Richtung der heutigen Feldcbirurgie ein-
gehend behandelt und zahlreiche kriegschirurgischc Apparate und Verband-
Uteosilien demonstrirt.
Den Unterricht über Augenuntersuchungen gab Stabsarzt
Ileymann unter Assistenz von Stabsarzt Gräfe. Derselbe umfasste
in 15 Stunden theils theoretische Vorträge, tbeils Uebungen in der ob-
jektiven Bestimmung der Refraktion, Sehschärfe-, Farbensinn-Prüfungen
sowie Liebtsinn- und Gesichtsfeld-Messungen. Daneben wurde über Er-
kennung, Verlauf und Behandlung zahlreicher äusserer und innere Augen-
krankbeiten gesprochen, ini Anschluss an Krankenvorstellungen, die,
soweit der Bestand der Augenstation des Garuison-Lazarethes geeignete
Fälle nicht darbot, in der Augenabtheilung des Krankenhauses der hiesigen
Diakonissen-Anstalt angesehen wurden.
Die Ohrenuntersuchungen leitete Oberstabsarzt 1. Kl. Becker.
Id 17 Vorlesungen und Uebungen wurden 123 Mann untersucht, welche
an 156 Aifektionen litten. Die Untersuchungen erstreckten sich unter
Demonstration von Präparaten und Abbildungen auf normale und patho-
logische Trommelfelle in Verbindung mit genauen Beschreibungen des
Befundes und Nacbzeichnen desselben. Daneben wurden die Affektionen
des Mittelohres nach Diagnose und Therapie besprochen und therapeutische
Vornahmen in den Kursstunden ausgeführt. So wurden Prüfungen des
Gehörs vorgenummen, sowie die Methoden zur Erkennung von Simulanten
nod die maassgebenden Bestimmungen der R. O. und der Dienstanweisung
bezüglich der Beurtheilung der Schwerhörigkeit in Rücksicht auf Militär-
Dieustßihigkeit besprochen.
Ueber innere Militärmedizin hielt Oberstabsarzt 1. Kl. Stecher
10 Vorlesungen und behandelte die Krankheiten des Herzens in der
Armee mit Vorstellung von 5 Fällen, die Aneurysmen unter Vorstellung
von 1 Aneurysma der Art. subclavia sinistra, die Anwendung und
Wirkung der Slrophantus - Samen, den Unterleibstyphus unter Berück-
sichtigung der Massenbebandlung nebst Krankenvorstellung und in gleicher
Weise die infektiösen Lungenentzündungen. Sodann besprach derselbe
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die ZerreissoDg des Masc. rect. abdom. nnd ihre Bedeotung för den
Militärdienst; die Unterleibsentzändongen nnd Affektionen der Regio iliaca
dextra nebst Krankenvorstellung and den gegenwärtigen Standpunkt der
Cholerabehandlung.
Der vom Stabsarzt Balmer abgehaltene Kursus über innere
Diagnostik berücksichtigte hauptsächlich den allgemeinen Theil der-
selben. Die Vorträge über Blut, Sputum, Harn, Fäces und Parasiten
waren mit Demonstrationen und mikroskopischen und chemischen Unter-
suchungen verbanden. Namentlich wurde der Nachweis der Tuberkel-
Bacillen durch häufig vorgenommene Untersuchungen geübt.
In den Vorträgen über Militärgesnndheitspflege behandelte
Generalarzt 1. Kl. Roth das Wasser, die Beschaffenheit und Gestaltang
des Bodens und seinen Einfluss auf die Gesundheit, die Wohnungshygiene
mit besonderer Berücksichtigung der Kasernen, Lager und Kranken-
häuser.
Gleichzeitig wurden, wie im Vorjahre, eine Reihe hygienisch inter-
essanter Gebäude und Anstalten besichtigt, darunter mehrere Kasernen,
die Städtischen Wasserwerke, das Dresdener Hoftheater, das Zellen-
gefängniss, die Droguen - Appretur - Anstalt von Gehe db Co., die Gas-
anstalt in Dresden-Neustadt, die Militär-Waschanstalt, Militär - Bäckerei,
Montirungsdepot sowie das Stadtkrankenhaus zu Dresden -Friedrichstadt.
An mehreren Nachmittagen fanden Besichtigungen des Garniaon-
Lazarethes statt, und im Anschluss daran Vorträge von Oberstabsarzt 1. El.
Klien über die Anlage, Einrichtung und Dienstbetrieb desselben, sowie
das darin enthaltene Material für Feldausrüstungen.
Ueber hygienische Chemie hielt Oberstabsarzt 2. Kl. Helbig
9 Vorlesungen im Wesentlichen über dieselben Themata, wie in früheren
Jahren. Im Anschluss daran fanden 17 Uebungen zu je zwei Standen
10 hygienischer Chemie statt, die namentlich Luft- und Wasserunter-
suchungen zum Gegenstände hatten.
In den bakteriologischen Demonstrationen hielt Stabsarzt
Schill 9 Vorträge über Geschichte der Bakterienkunde, Systematik,
Biologie der Mikroorganismen und über Nachweisung der Bakterien
durch Färbung, Züchtung und Impfung sowie über einige Infektions-
krankheiten.
In den Vorträgen über Militär - Sanitäts wesen sprach Stabsarzt
Müller über die Organisation des Heeres-Sanitätswesens im Kriege und
im Frieden in den europäischen Grossstaaten mit besonderer Berück-
sichtigung der Kriegs -Sanitäts -Ordnung. Eingehend besprochen wurde
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fenier die Kriegs- Etappen-Ordoang vom 3. September 1887 mit dem der-
selbeo aDgefögten Organisationsplan der freiwilligen Krankenpflege im
Kriege, sowie die Genfer Konvention. (Diese Vorträge ober Militär-
Sanitätswesen werden nicht nnr während der Knrsperiode, sondern auch
im Sommer für sämmtliche einjährig-freiwillige nnd Unterärzte gehalten,
eine Einrichtnng, die gegenüber einer Instraktion in den einzelnen Trnppen-
theilen entschieden Vorzüge bat)
Der Unterricht im Traindienst nnd Reiten wurde von Premier-
lieatenant Eccarius und Lieutenant Georgi des Train-Bataillons No. 12
gegeben. Reitnnterricht erhielten 10 Militärärzte in 39 Stunden 5 mal
wöchentlich; an den Vorträgen über Traindienst, einmal wöchentlich,
nahmen alle zum Kursus kommandirten Sanitätsofflziere und einjährig-
freiwilligen Aerzte Theil.
II. Der Fortbildnngskursus für Oberstabsärzte vom 11. Januar
bis 1. Februar 1888.
Die Thatsache, dass bisher den zu den Königl. Preussiscben nnd
König!. Sächsischen Fortbildungskursen kommandirten Oberstabsärzten
dieselben Gegenstände, wie den Aerzten der unteren Rangstufen gelehrt
worden, entspricht nicht den an die verschiedene Thätigkeit derselben
im Kriege gestellten Anforderungen. Wenn es auch unbedingt den Ober-
stabsärzten möglich sein muss, in diesen Kursen den Fortschritten der
ärztlichen Wissenschaft zu folgen, so erfordert doch andererseits die
Thätigkeit leitender Aerzte, welche in der Hauptsache aus dieser Charge
entnommen werden, eine Summe von Kenntnissen, wie sie nnr militär-
ärztliche Korse bieten können.
Diese Betrachtungen führen dazu, Kurse für Oberstabsärzte anders
gestaltet zu wünschen als die für Stabsärzte und andere jüngere Aerzte.
Diese Auffassung ist bereits in anderen Deutschen Kontingenten ebenfalls
getheilt worden, speziell in der Königl. Bayerischen Armee, woselbst seit
dem Jahre 1880 sehr eingehende Instruktionsknrse für Oberstabs- nnd
Stabsärzte im Traindienst während drei Wochen abgehalten werden. Alle
hierauf bezüglichen Unterlagen wurden dem Verfasser seitens des Königl.
Bayer. Kriegsministeriums und des Herrn Generalstabsarztes v. Lotzbeck
unter Vermittelung des Königl. Sächs. Kriegsministeriums zur Verfügung
gestellt.
Diese Kurse umfassen die Mobilmachung, Aufstellung und Führung
von Feldlazarethen nnd Sanitätsdetachements sowohl mit Rücksicht auf
alle Verhältnisse derselben als Kolonnen wie der technischen Verwendung
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derselben, wobei den sämmtlichen kommandirten Sanitätsoffizieren Reit-
unterricht crtbeilt wird. Diese mit dem besten Erfolge ertheilten In-
struktionskurse in der Königl. Bayer. Armee gaben den Anstoss zu einer
ähnlichen Einrichtung für das Königl. Sächsische Sanitätskorps, welche
in diesem Jahre zum ersten Male ins Leben trat An derselben nahmen
Theil: der Korps-Generalarzt, 8 Oberstabsärzte 1. Kl., darunter 3 Divisions-
ärzte, und 2 Oberstabsärzte 2. Kl., von denen 3 Oberstabsärzte 1. Kl.
und 1 Oberstabsarzt 2. Kl. von ausserhalb nach Dresden kommandirt
waren.
Der nebenstehende Stundenplan setzt sich ans wissenschaftlichen Gegen-
ständen (Operationsübnngen, Sektionsübungen und bakteriologischen De-
monstrationen), sowie aus rein praktischen (Traindienst, Mobilmachnng
eines Feldlazarethes, Vorträgen über Feldfnnktionen, Kartenlesen und
Kriegsspiel) zusammen.
Die pathologischen Sektionen fanden unter Leitung des Professors
Neelsen an dem reichen Material des Sladtkrankenhauses in fünf
Doppelstunden mit Rücksicht auf die Technik gerichtlicher Ob-
duktionen statt.
In den Operations-Kursen unter Leitung des Stabsarztes Seile
sind in sechs Doppelstunden 201 Operationen ansgeführt. Gleichzeitig
wurde die Behandlung der Gewehrschosswunden eingehend besprochen,
wobei auch die Bedeutung der kleinkalibrigen Geschosse unter Vor-
zeigung der dahin gehörigen Projektile und des komprimirten Pulvere
vom militär-chirurgischen Standpunkt erläutert werden konnte.
Die bakteriologischen Vorträge durch Stabsarzt Schill be-
handelten in fünf Stunden die Desinfektion, den Nachweis der Bakterien
durch F'ärbung, das Koch’sche Kultur verfahren und gaben zum Schluss
einen Ueberblick über die sicher auf Mikroorganismen beruhenden
Krankheiten.
Die praktischen Fächer waren in diesen Kurs mit besonderer
Rücksicht auf die Thätigkeit leitender Sanitätsoffiziere eingefügt. Im
Vordergründe stand hier die dienstliche Aufgabe des Chefarztes, welcher
die Vorträge über Traindienst, die Mobilmachnng eines F'eldlazareths und
theilweise auch das Kartenlesen gewidmet waren.
Der Train dienst, vorgetragen von Major Rosenmüller vom
Königl. Säcbs. Train -Bataillon No. 12, wurde nach dem Gesichtspunkt
behandelt, was für den Chefarzt eines Feldlazareths bei der Mobil-
machung und der ThUtigkeit eines Feldlazareths von Wichtigkeit ist. Hier-
zu wurde der Gegenstand io 11 Vorträge getheilt.
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Sit andeu -Plan
des oberslabBärztlichen FortbildungRkursus zu Dresden
vom 11. bis 31. Januar 1888.
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1) KeDDtnisB nod Benrtheilaog des Pferdes. Besprechang der
Qualifikation als Reit- oder Zagpferde, der Pferdewartung ond Fütterung.
2) Zusammenstellong der Pferde eines Feldlazaretbs (dazu 20 Pferde
vorgeführt). Anleitaog zur Durchsicht und Prüfung der Pferde and zur
Taxirung des Pferdealters. Besprechung des Hufheschlags.
3) Die hauptsächlichsten Pferdckrankheiten und ihre Behandlang.
Besichtigung der Bekleidungs- und Oeschirrkammern für die Feldlazarethe.
4) Kenntniss der Zäumung, Sattelung und Beschirrung; Verpassen
von Kummeten und Sätteln, ausgeführt an Pferden. Verpassen und Zu*
sammenstellen der einzelnen Geschirrtheile, erläutert durch Zusammen-
setzen von Geschirren.
5) Vorbereitung der Geschirrtheile etc. zum Gebrauch. Behandlang
und Eonservirung des Materials an Bekleidung, Beschirrung und Kriegs-
fabrzengen.
6) Besichtigung der Kriegsfahrzenge eines Feldlazaretbs und An-
weisung zu ihrer Beladung.
7) Erklärung der Konstruktion der Kriegsfahrzeuge; ihre Behand-
lung, Eonservirung und Beladung. Herstellnngsarbeiten an Fahrzeugen
und Geschirren.
8) Zäumen, Satteln, Schirren, An- und Abspannen (praktisch vor-
gefübrt). Packordnung, erläutert an vorgeführtem Gepäck für Fahrer
vom Sattel und vom Bock, wie für anberittene Pferdewärter.
9) Vortrag über Marschordnung und Marschdisziplin, über Verhalten
im Quartier und im Biwak unter Bezugnahme auf die einschlägigen
Bestimmungen der F.-D.-O.
10) Einrichten des Biwaks eines Feldlazaretbs (praktisch auf der
Reitbahn).
11) Ueberblick über die Arbeiten eines Kolonnenführers während
einer Mobilmachung und Besprechung der Kolonnenführung im Felde.
Letztere Besprechung erfolgte an der Hand eines Terminkalenders;
es wurden die täglichen Arbeiten, die allgemeine Organisirung des
Dienstes, die Fassungen im Arsenal, Lazarethdepot und Proviantamte,
die Behandlung und Eintbeilung der Mannschaften, der Verpflegungs-
modos bei einer Mobilmachung, die Zusammensetzung und die Pflichtoi
der Eassen-Eommission und die Einrichtung des Traindienstes bei einem
Feldlazaretb besprochen. Hierbei wurde besonders darauf hingewiesen,
wie von der persönlichen Wirksamkeit und Geschicklichkeit des Chef-
arztes, von seinem festen Willen hauptsächlich die Gestaltung seiner
Kolonne zu einem mit beendeter Mobilmachung sofort brauchbaren zu- '
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verlänig arbeitenden Tmppenkörper abhängig ist, nnd wie die Mobil-
macbang der Prüfstein seiner organisatorischen Fähigkeiten bleibt.
Neben diesen höchst werthrollen VortrSgen and praktischen De-
monstrationen konnte leider kein Reit-Unterricht ertheilt werden, da die
Zeitdazn za kurz war; trotz alledem mnss dies angestrebt werden, da ein
wesentlicher Theil der Leistnngsfahigkeit eines Chefarztes, wie aller im
Felde verwendeten Aerzte davon abhängt, dass er im Reiten geübt ist.
An den Vortrag über Traindienst schloss sich die praktische Uebung
in der Mobilmachung eines Feldlazareths unter Leitung des Ober-
stabsarztes 1. Kl. Elien. Es waren hierzu fünf Vormittage angesetzt, ,
in welchen folgendes Programm ausgeführt wurde.
1) Vortrag über die Organisation der Feldlazaretbe und die Aufgaben
des Chefarztes im Besonderen.
2) Besichtigung des Lazarethdepots mit der vorschriftsmässigen Ans-
stattong der Sanitätsformationen.
3) Besprechung nnd Vorführung der Kriegsfahrzenge der SanitSts-
formationen durch den Major Rosen müller.
4) Formation des etatsmässigen Sanitätspersonals eines Feldlazareths
and Beladung der Fahrzeuge.
6) Aufstellung des ganzen Feldlazareths mit vorschriftsmässig be-
spannten Wagen und Trainmannschaften io Marschordnung. Entladung
der Wagen.
Diese Eintheilung hat sich sehr gut bewährt; zu einer anderen
Jahreszeit würde zweckmässig ein Uebnngsmarsch und eine Etablirung
des Feldlazareths sich mit derselben haben verbinden lassen, wie dies
io den bayerischen Kursen geschieht.
Zum Kartenlesen waren 5 Stunden angesetzt, in welchen der
Hanptmann Pfeil, kommandirt zur Ingenieur - Abtheilong des General-
Stabes, die Anforderungen an eine Kriegskarte erläuterte nnd einen
kurzen geschichtlichen Rückblick über die Entwickelung des Kartenwesens
ODter spezieller Berücksichtigung der Herausbildung der Karte des
Deutschen Reiches 1:100 OCX) gab, unter Vorlage der alten Sächsischen
Meilenkarte im Original sowie deren Photographie und der Oberreit-
Khen Karte. Sodann wurde an der Hand dieser, sowie der Aeqnidistanten-
karte in 1 : 25 000 die Theorie der Bergzeichnung mit den verschiedenen
Strichmanieren und unter Vorführung einer Sektion der Reliefkarte er-
iäntert. Hieran schloss sich eine Vorlegung der Maassstäbe und Signa-
len unter Betrachtung der deutschen, österreichischen, französischen
■tod rassischen Generalstabskarte. Auf jeder dieser Karten erfolgte die
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Lösang einer kleinen, theils erfundenen, tbeils dena Sanitäts-Bericht über
die Deutschen Heere im Kriege 1870 entliehenen Aufgabe, welche
die Ausnutzung des Eartenlesens für die Ausführung von Eriegsmärschen
zu zeigen bestimmt war. Diese Vorträge fanden das lebhafteste Interesse
und wurden von allen Theilnehmern als eine wichtige praktische Be-
reicherung der Fortbildungskurse begrüsst
Die Vorträge über Feldfunktionen, unter Leitung des Korps-
Generalarztes Roth, gingen von der Voraussetzung ans, dass jeder der
Theilnehmer die Aufgaben einer Feldstellung im Mobilmachungsfalle am
, besten sich klar machen könnte, wenn er an der Hand seines Mobil-
machungskalenders, der K.-S.-O. und Etappenordnung sich über die ihm
im Felde obliegenden Pflichten ausznsprechen hätte, womöglich sollte
die eigene Stelle des Vortragenden dafür in Betracht kommen. Der
Vollständigkeit wegen wurden zur Erweiterung des Ueberblicks alle
leitenden Funktionen der K.-S.-O. mit besprochen.
An die Vorträge schloss sich sodann eine freie Diskussion, so dass
jeder seine Erfahrungen und Ansichten zum Ausdruck bringen konnte.
Es wurden auf diese Weise behandelt: die Tbätigkeit des Feld-Sanitäts-
chefs, der Armee-Generalärzte, der Korps-Generalärzte, der Divisionsärzte
und Chefärzte der Lazarethe, der Etappen-Generalärzte, der Feldlazareth-
direktoren, der Chefärzte der Krankentransport-Kommission und der stell-
vertretenden Korpsärzte.
Den Schluss bildete eine Darlegung der jetzigen Bestimmungen über
die freiwillige Krankenpflege.
Diese Besprechungen haben sich als ungemein nützlich erwiesen,
indem sie ausser einer genauen Bekanntschaft mit dem Gegenstände einen
anregenden Austausch zwischen den einzelnen Theilnehmern des Kursus
berbeiführten und hierdurch eine Anzahl recht wichtiger Erfahrungen jedes
Theilnehmers zum Ausdruck kommen liessen. Es ist zu wünschen, dass
in künftigen derartigen Kursen eine grössere Anzahl von Stunden für
diesen Zweck angesetzt wird.
Um endlich die Tbätigkeit der leitenden Aerzte im Ernstfälle zu
illustriren, fand an zwei Abenden unter bereitwilliger Leitung des Majors
Trefurth vom Kriegsministerium Kriegsspiel statt.
Der erste Abend batte die Darstellung der ärztlichen Tbätigkeit bei
einer Division zum Gegenstände und zwar bezog sich dieselbe sowohl
auf die leitende Tbätigkeit des Divisionsarztes wie die Bildung der
Truppenverbandplätze und die Verwendung des Sauitäts- Detachements
nebst zwei der Divison attachirten Feldlazarethen. Der andere Abend
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illastrirte den Wirkungskreis des Korps -Generalarztes bei einer Armee
TOD drei Armeekorps mit den auf die weitere Evakuation bezüglichen
Maassnahmen. Auch diese Uebungen erwiesen sich höchst lehrreich, wo-
iD besonders die klare Weise, in welcher der Leiter des Kriegsspiels
die einzelnen Gefechtsmomente zum Ausdruck zu bringen verstand,
beitrag.
Der Gesammteindruck dieses oberstabsärztlichen Kursus ist der ge-
wesen, dass er einem wirklich vorhandenen dringenden Bedürfniss im
Interesse der Armee abznhelfen geeignet ist. Vielleicht würde eine
etwas längere Dauer den Nutzen desselben noch wesentlich erhöhen,
anch eine andere Jahreszeit würde den praktischen Uebungen förderlich
sein, was im diesseitigen Armeekorps indessen durch die Verbindung mit
den Operationsknrsen zur Zeit praktisch nicht angängig ist, wie schon
oben erwähnt.
Dem König]. Kriegsministerium, welches alle für die Fortbildungs-
kurse nöthigen Anträge, namentlich auch die Kommandirnng von Lehrern
ans dem Offizierkorps, auf das Bereitwilligste genehmigte, muss auch hier
wieder, wie in früheren Jahren, der wärmste Dank ausgesprochen werden.
Die Kurse sind für alle Theilnehmer nicht nur eine momentan wissen-
schaftlich anregende und so die Leistungsfähigkeit des Einzelnen erhöhende
Einrichtung, eie führen auch vermöge des Sanitätsoffizier - Kasinos die
Theilnehmer gesellig zusammen und fördern damit nahe kameradschaft-
liche Beziehungen, die auf dem Boden gemeinsamer Arbeit einen
dauernden Werth behalten.
Referate nnd Kritiken.
R. V. Krafft-Ebing. Lehrbuch der Psychiatrie. Auf klinischer
Grundlage für praktische Aerzte und Studirende. Dritte uragearbeitete
Anflage. Stuttgart. Verlag von Ferdinand Enke. 1888. 8. 734 S.
Das Lehrbuch von v. Krafft-Ebing ist seit Jahren der am
meisten in Anspruch genommene und bewährteste Rathgeber der
Sanitäts-Offiziere auf dem schwierigen Gebiete der Beurtheilung krank-
hafter oder zweifelhafter Geisteszustände. Die neue Auflage desselben
wird daher um so lieber gesehen werden, als dieselbe sich zwar im
Ganzen von der früheren nur wenig, im Einzelnen aber vielfach vortheil-
haft unterscheidet. Trotz der Aufnahme einer Anzahl neuer Kranken-
geschichten und der Erweiterung einzelner Kapitel ist der Umfang des
^'erkes nur um wenige Seiten gewachsen. Sehr wesentliche Umarbeitung
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and Bereicberang mit den Ergebnissea der neaesten Untersnchaogeo »af
dem Gebiete der Hirn-Anatomie nnd Psjsiolog^e bat der erste AWbnitt
(Einfnbmng in das Stndinm der Psycbiatrie) erfahren, desgleichen die
Darstellung der Störungen des Gedächtnisses, der Anomalien des
Gescblechtstriebes, der Sinnestänschnngen ; minder umfassende, aber
ebenfalls bedeutsame Aendernngen machen sich bemerkbar in dem Ab-
schnitt „Ursachen des Irreseins“, sowie in der Beschreibung einzelner
Krankheitsbilder (Stupidität, Paranoia, Dipsomanie, Paralyse, moralisches
Irresein). In der Klassifikation der Erkranknngsformen sind, abweichend
von der früheren Eintbeilung, „Ans konstitutionellen Neurosen entstandene
Geisteskrankheit“ nnd „Chronische Intoxikationen (Alkoholismns und
Morphinismus)“ in besondere Gruppen zusammengefasst; die Kapitel,
welche sich mit dem „Irresein auf nenrastbenischer Grundlage“ and
mit „Morphinismus“ beschäftigen, sind überhaupt neu hinzngelügt.
Wir zweifeln nicht, dass die hohe Schätzung, welche dem trefflichen
Werke allgemein zn Theil geworden ist, durch die angedentete An-
passung an neueste Forschungen noch vermehrt werden wird; jedenfalls
sei dasselbe dem Sanitäts-Öffizierkorps verdientermaassen von Nenem
znm Stadium und Nachschlagen angelegentlich empfohlen.
Beim Dnrchlesen derjenigen Seiten, welche eich mit den Einflüssen
von Kriegen anf das Seelenleben beziehen, ist ans anfgefallen, dass das
Kapitel „Kriegs-Psychosen“ im siebenteri Bande des Kriegs-Saniläts-
Bericbts anscheinnnd noch nicht znr Kenntniss des Verfassers gelangt ist
Dr. George Meyer. Ans der städtischen Franen-Siecbenanstalt
zn Berlin. Untersuchungen über das Kniephänomen. (Separat-
abdrnck ans der Berl. klin. Wochenschr. 1888, No. 2.)
Verf. unterzog sich auf Veranlassung Ewald' s der Mühe, bei den
vielfach an Affektionen des Zentralnervensystems leidenden Patientinnen
der städtischen Frauen - Siecbenanstalt eine genaue Untersucbnng der
Sehnenreflexe vorzunebmen. Er bediente sich hierbei der einfachen Per-
kussion aus freier Hand mit dem Perkussionsbammer. Zumeist worden
halbseitig gelähmte Kranke zur Prüfung verwandt. Es handelte sich
darum 1. in der gewöhnlichen Weise durch Beobachtung mit dem blossen
Ange die Stärke des Kniephänomens festzustellen, 2. unter Benotznng
des Lassar - Heller’schen Messinstrumentes (Berl. klin. Wochenschrift
1886 No. 52) den Ausschlag des Beins aufzuzeichnen. Es ergab sich,
1. dass das Kniephänomen auf der gelähmten Körperseite meist gegen
die gesunde verstärkt war, 2. dass die Intensität des Patellarreflexes
nicht der Extensität desselben zu entsprechen braucht. Das
Bein kann sehr schnell und kräftig vorgeschleudert werden, so dass man
den Eindruck eines verstärkten Reflexes bekommt, und doch ist die Ans-
dehnung der Kurve am Apparat eine sehr geringe. — Es folgen am
Schloss die Resultate der Prüfung bei Anwendung von Physostigmin.
Die Intensität des Kniephänomens nahm fast stets nach der Physostigmin-
injektion ab, während bezüglich der Einwirkung des Medikaments anf
die Extensität etwas Gesetzmässiges sich nicht feststellen Hess.
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Dr. HermaDD Oppenheim. Zur Pathologie der disseminirten
Skleroae. (Sepkratabdrack ans der Berlin, klin. Wochenscbr., 1887,
No. 48.)
Verf. macht auf einige bisher nicht genügend herrorgebobene Eigen-
tbSmiicbkeiten im Erankbeitsbilde and Yerlaufe der multiplen Herd-
sklerose unter Anführung einschlägiger Fälle und Demonstration der zu-
gehörigen anatomischen Präparate aufmerksam. Die Krankheit verläuft
weit häufiger, als man im Allgemeinen annimmt, unter den Symptomen
der spastischen Spinalparalyse. Gesichert wird hier die Diagnose durch
die ophthalmoskopisch und perimetrisch nachweisbare (Atrophie der
äusseren Pupillenbälften, konzentrische Einengung des Gesichtsfeldes)
Optikus-Erkrankung. — Verf. bespricht des Weiteren einen sehr seltenen
Fall, in welchem die Rücken niarkssymptome die der transversalen Myelitis
I waren (ein Herd durchsetzte den ganzen Querschnitt).
I Die Krankheit befällt nicht ausschliesslich Erwachsene. O. hat
eioigemale bei Kindern von 4 — 7 Jahren, 2 mal bei Knaben von 12 bis
I I3 Jahren die unanfechtbare Diagnose stellen können. Des Oefteren kann
man die Herdsklerose der Erwachsenen in ihren Uranfängen bis in die
! früheste Kindheit zurück verfolgen, gewöhnlich greifen nur einzelne
Symptome so weit zurück. — Der Verlauf ist ein sehr verschiedener;
i einmal schleichend, dann aber binnen weniger Jahre zum Tode führend,
ein ander Mal reicht der Beginn unübersehbar weit zurück, die Krankheit
macht während eines Dezenniums keine erheblichen Fortschritte; eine
j dritte Verlaufsweise endlich ist die apoplektiforme: die Hirnsyraptome
. entwickeln sich unter dem Bilde apoplektiformer wiederholter Anfälle,
i die Rückenmarkssymptome unter dem der akutesten Myelitis. Wieder
in anderen Fällen sind die verschiedenen Krankheitssymptome gekenn-
zeichnet durch die akute Entwickelung und die Flüchtigkeit ihres Bestehens.
Fälle, die ohne Anomalie der Sensibilität verlaufen, sind sehr
selten (im Gegensatz zu den Lehrbüchern, vergl. Strümpei); meist bandelt
es sich um temporäre, fiüchtige Anästhesien. — Die Lähmungs-
eracheinungen treten häufig apoplektiform auf, um bald wieder zu ver-
schwinden; so entwickelt sich nicht bloss eine zeitweilige Hemi- oder
Faraparese, es können auch einzelne Nerven (Facialis-, Stimmband-,
Peroneus-Lähmung) plötzlich gelähmt werden.
Die Verscbiedenartigkeit des klinischen Verlaufes erklärt sich aus
den anatomischen Befunden; einmal tritt Gefässwucherung mit Wand-
verdickung in den Vordergrund, ein anderes Mal mehr parenchymatöse
I Degenerationen u. 8. w., hinzu kommt, dass die Herde nicht nur in ver-
schiedenen Stadien der Entwickelung angetroffen werden, sondern auch
) oft das Produkt ganz verschiedener Vorgänge, akutester Myelitis bezw.
I Encephalitis circumscripta, oder eines schleichenden Prozesses darstellen.
Dr. Hermann Oppenheim. Die oscillirende Hemianopsia bi-
temporalis als Kriterium der basalen Hirnsyphilis. Vortrag,
gehalten in der Gesellschaft der Charite - Aerzte am 30. Juni 1887.
(Separatabdruck ans der Berl. klin. Wochenscbr. 1887, No. 36.)
0. bespricht die Geschichte eines Kranken, welcher an Kopf-
schmerzen, zeitweisem Erbrechen, vorübergehend auftretendem
Doppeltsehen, Abnahme der Sehkraft, starkem Dnrstgefühl litt, und
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bei welchem die perimetrische Pröfang einen beiderseitigen nnvollstÄndigen
Gesichtsfelddefekt temporalerseits nachwies. In ^lehnung an einen
anderen Fall, bei welchem das überaus wechselnde Verhalten der
(gleichfalls bitemporalen) Hemianopsie sich als charakteristisch für die
Diagnose der basalen Ilirnsyphilis erwiesen hatte, stellte O. bei dem vor-
gestellten Kranken die Diagnose auf eine gummöse Neubildung zwischen
Chiasma und Schädelbasis; der Erfolg der Therapie erwies die ßerecbtignng
seiner Annahme (3, U Jodkali am Tage). Vortragender hält sich auf Grund
dieser beiden und noch vier weiterer, im letzten Jahre beobachteter (zur
Autopsie gelangter) Fälle für berechtigt, in der Ilemianopsia bitemporalis
fugax ein werthvolles diagnostisches Kriterium für die am Chiasma lokali-
sirte Ines cerebri zu sehen.
Die beigefügten perimetriseben Aufnahmen des Gesichtsfeldes beider
besprochenen Falle veranschaulichen die interessanten Ansfuhrnngen.
— G. -
Die Therapie der Phthisis. Von Dr. P. Dettweiler und Dr.
F. Penzoldt. Separatabdruck ans den „Verhandlungen des VI. Kon-
gresses für innere Medizin zu Wiesbaden. 1887“. Wiesbaden 1887.
49 Seiten.
Für die vorjährigen Verhandlungen des VI. Kongresses für innere
Medizin hatte der bekannte Dirigent der Falkensteiner Heilanstalt für
Lungenkranke Dr. Dettweiler das Referat, Professor Penzoldt das
Korreferat über die zur Zeit geltenden Grundsätze für die Behandlung
der Lungenschwindsucht übernommen. Die von ihnen vertretenen An-
schauungen stimmen in allen wesentlichen Punkten miteinander überein.
Dettweiler’s Darlegungen sind eine ziemlich genaue Wiedergabe der
in seinem (1884 in 2. Auflage erschienenen) Buche „Die Behandlung der
Lungenschwindsucht in geschlossenen Heilanstalten“ aufgestellten thera-
peutischen Maximen und Vorschriften. Begreiflicherweise vertritt er der
Behandlung in offenen Kurorten gegenüber die Anstaltstberapie. Sie begreift
in sich: 1. die psychische Erziehung des Kranken, welche auf Grund
einer gewissen schonungsvollen Aufklärung über den Krankheitsznstand
eine richtige Lebensführung anstrebt. 2. Den speziellen Kurplan. Dieser
umfasst a) Rathschlüge bezüglich des Luftgenusses, an welchen sich
der Kranke erst allmälig gewöhnen muss, der aber als wichtigster
Heilfaktor unter steter ärztlicher Ueberwaebung in möglichst ausgiebigstem
Maasse zu gewähren ist (Dauerluftkur). Das beste Mittel für die Ge-
wöhnung ist, den Kranken liegend an die Luft zu bringen (gedeckte,
vorn offene Hallen, Veranden), b) auf Abhärtung gerichtete Maass-
nahmen, um so den Phthisiker zu befähigen, rasch eintretende Wärme-
und Feuebtigkeitssebwaukungen schadlos zu ertragen und sich so vor
Erkältung, welcher D. eine sehr hohe Bedeutung für Lungenkranke bei-
misst, zu schützen (Mahnung zur Vorsicht beim Luftgenuss, rechtzeitige
Beachtung stärkerer Abkühlung, lokale [trockene, feuchte] Frottirnngen
und Knetungen, Bewegung, Aenderung in der Bekleidung, der Tageszeit
angemessene Temperatur beim Ankleiden und Zubettgehen, Hintenau-
haltung und Bekämpfung stärkerer Schweissbildung durch Wäschewechsel
und Abreibung bis zur Hautröthe ohne Entblö.ssung), c) Berücksichtigung
und sofortige Beseitigung jeder noch so leichten (Schnupfen) Er-
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kältang durch Diaphorese, um ernsten erfabrungsgemäss sich leicht aus-
bildenden Prozessen (kapillare Bronchitis, lobulöse Eatarrhalpneunnonie)
Torzobeugeo: „für meine Person bin ich geneigt, diesem penibelen Vor-
beugungs verfahren den Hauptantheil bei unseren Erfolgen in Falkenstein
tozuschreiben“, d) grösste Sorgfalt bei Auswahl einer richtigen, genügend
darchlässigen Bekleidung, e) richtig geleitete, die Schwächen und
Launen des Magens beim Einzelnen berücksichtigende Ernährung;
kleine häufige Mahlzeiten, wenn möglich viel Fett und Kohlehydrate,
reiche Auswahl, häufiger Wechsel, überraschende Speisekarte, ernsthaftes
Zureden bei Unlust zum Essen. Der für die Ernährung und den Stoff-
wechsel so wichtige Alkohol ist in der Therapie als ein Medikament
in behandeln; durch kleine, dafür lieber häufige Gaben suche man jede
Rauschwirkung zu vermeiden. Besonderer Werth wird dem reinen
Kognak zugemessen (ausser dem Tischwein 2stündlich einige Theelöffel
bis Zu 60g pro 24''), Q Behandlung des Fiebers je nach Lage des
Falles: beim ersten Ausbruch absolute Bettruhe, diaphoretisches Ver-
fahren, Eisbeutel, Abwaschungen; tritt nach Ablauf einer Woche kein
Abfall ein, dann dauernde Ruhe an freier, reiner, kühler Luft, Ueber-
emäbrung.
Einer mässigen Verwendung der Antipyretica zur Niederhaltnng
illzuboher Temperaturen (Feststellung der so oft unregelmässigen Fieber-
kurve durch öftere Messungen) redet D. das Wort: „Gelingt es, den
Kranken an oder wenig über 38° zu halten, so ist die Euphorie eine
inffaliende, der Appetit hebt sich, vor allem ist der Schlaf unvergleichlich
viel besser. Eine Dosis Antipyrin (in Sa.: 2—4 g), Thallin oder
Antifebrin (0,25 — 0,50) ist das unschätzbarste Schlafmittel.“ Die den
Abfall der Temperatur einleitenden Schweisse suche man durch Ab-
reibungen. Agaricin (0,01), Atropin, Salicylstreupulver, Salicylsäurespiritus
unschädlich zu machen, dag Gleiche gilt von den lästigen Nacht-
und Morgensebweissen. — Gegen das durch stärkere Zerfallsprozesse
bervorgernfene Fieber sind unter Umständen auch desinfizirende In-
halationen (permanente Zufuhr von Karbol, Kreosot, 01. Pini mittelst
der Feldbausch'schen Nasal -Inspiratoren) in Anwendung zu ziehen.
Bei Rehlkopf-Ulcerationen ist Kokain unentbehrlich; ebenso wohlthätig
wirkt es bei heftigem trockenen Kitzelhusten, einer der häufigsten Ursachen
von Würgen und Erbrechen. Die letzte therapeutische Anweisung ist
die über eine zweckmässige Ausführung der Athemgymnastik, der
Oeh- und Steigübungen.
Der Verf. schliesst mit dem beherzigeuswerthen, an den Genesenen
sich wendenden Rath, sich nie für gesund zu halten, sondern gerade so
wie der geheilte Diabetiker, der geheilte Nerven- und Gehirnkranke für
(inen so zu sagen unter polizeilicher Kontrole Entlassenen. Das End-
ergebniss des Referates gipfelt in dem trostreichen, einer langjährigen
Erfahrung abgewonnenen Satze :
aOeheilt in diesem Sinne kann der Phthisiker werden, daran ist gar
kein Zweifel.“
Mit dem Schlusssatz Dettweiler’s: „die Lungenschwindsucht kann
heilen“ beginnt Penzoldt sein Korreferat. Zum Beweise führt er die
wweilen bei Sektionen an anderen Krankheiten verstorbener Individuen
u> den Lungenspitzen aufgefnndenen Bindegewebs -Indurationen mit oder
ohne Käseknoten oder Verkalkung an. Sodann wendet er sich der Frage
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der Verhätnog der Krankheit za. Dieselbe kann anf zwei Wegen
angestrebt werden: 1. Vernichtung oder Beschränknng der
Tnberkelbacillen. Vor allem ist es die Aufgabe des Arztes, auf die
Gefahren intimen Verkehrs mit Schwindsüchtigen aufmerksam zu machen
(sexueller Verkehr, Verbot des Ileiratbens Tuberkulöser, Isolirnng der
Kranken in eigens dazu erbauten Phtbisishospitälern). — Die vom perl-
süchtigen Rindvieh drohende Infektionsgefahr erfordert schärfste
Ueberwacbung des lebenden V'iehes, Entfernung, womöglich Vernicbtnag
der kranken Thiere, genaueste Kontrole des Schlachtviehes und Fleisches.
2. Verhinderung der Ansiedelung der Infektionserreger in der
Lunge. Vor allem sind die Disponirten und unter ihnen ganz be-
sonders die Individuen mit ererbter Anlage zu schützen: das Stillen
seitens tuberkulöser Mütter, das Küssen, Znsammenschlafen etc. soll
streng untersagt werden. Hauptgewicht ist auf die Kräftigung der
Resistenz zu legen: überreichliche Ernährung durch überwiegende
Fleischkost, Abhärtung der Haut, kräftige Ausbildung von Muskeln,
Lunge und Herz, Schutz der Athmnngsorgane vor Staub u. s. w., zweck-
mässige Wahl des Berufs (Landwirth, Förster, Seemann).
Die eigentliche kurative Therapie der Phthise hat zur Vor-
aussetzung die Mitwirkung des über seine Krankheit in schonender
Weise unterrichteten Patienten. Unter den Kurmitteln steht obenan
die frische, reine, d. h. von mechanischen and chemischen Ver-
unreinigungen, von pathogenen, den Zerfall des pbthisischen Lungen-
gewebes begünstigenden Spaltpilzen freie Luft immuner oder solcher
Orte, wo schon viele Lungenkranke gebessert worden sind.
Nächst der Luftbehaudlung ist von höchstem Werth eine rationelle
Ernährung: bei normaler Verdannngstbätigkeit möglichst reichliche
gemischte, eiweiss- und fettreiche, leicht verdauliche, häufig dar-
gereichte Nahrung, Alkohol. Ein drittes wichtiges Moment ist in ihrer maass-
vollen Ausführung ärztlich überwachte Körperbewegung, bei schwereren
Kranken passive Bewegung und Massage, methodische tiefe Einathmung.
Demnächst ist der Hautpflege Sorgfalt zuzuwenden (Abhärtung durch
Frottiruugen). Die am besten aus leichtem Wollenstoflf gewählte
Kleidung sei der wechselnden Temperatur angepasst. Endlich suche der
Arzt psychisch (ermuthigend, erheiternd, in Schranken haltend) auf den
Kranken eiuzuwirken.
Die beste Garantie für die Durchführung der geforderten Maass-
regeln bietet die Krankenhausbehandlung, möglichst am im-
munen Orte. Für die Armen unter den Schwindsüchtigen ist die
Gründung von Phtbisishospitälern, womöglich in immunen nnd
heilsamen Klimaten, eine herbeizusehnende Wohlthat.
Die medikamentöse Behandlung steht hinter der hygienischen
an Wirksamkeit zurück, sie ist meist eine symptomatische: Morphin
zur Bekämpfung des Hustenreizes, der Dyspnoe, des Schmerzes, Ein-
athmung von Terpentin-Dämpfen und zerstäubten Tannin-Lösungen zwecks
der Desinfektion und der Sekretionsverminderung, von Salzlösungen
zwecks der Expektoration. — Haemoptoe erfordert absolute Bettruhe,
Eisapplikation, Morphium in wiederholten kleinen Dosen. — Gegen das
Fieber kommen zweckmässig in Anwendung kalte Abreibungen, Anti-
pyrin und Antifebrin in vorsichtigen, aber ausreichenden Gaben. — Von
den bisher in der Absicht spezifisch einznwirken versuchten Mitteln
(Kreosot, Arsenik) hat sich keines dauernd bewährt, ebensowenig erwies
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sieb die lahalation antiparasitärer Medikamente (Phenol, SalicylsSare,
Jodoform) erfolgreich. — Von der Lungenebirurgie ist aur Zeit ebenfalls
nichts zu erwarten.
Trotz des vielen Negati/en, das er nussprechen musste, betont
Referent zum Schluss, dass ein Fortschritt, ein langsam sich vollziehender
Umschwung in der Phthisistherapie nicht zu verkennen sei.
— G. —
Lehrbuch der pathologischen Mykologie. Vorlesungen für Aerzte
ond Studirende von N. P. Baumgarten, a. o. Professor an der
Universität Königsberg. Zweite Hälfte, erster Halbband. Hraunschweig.
H. Bruhn. löS7.
Dem Drängen einer nicht unerheblichen Zahl von Käufern des
ersten Theiles folgend, lässt die Verlagsbuchhandlung den zweiten,
speziellen Theil des B.’schen Werkes bereits tbeilweise erscheinen, ob-
wohl derselbe noch nicht vollendet ist. Wenn daher der uns vorliegende
llalbband auch mitten in einem Abschnitt abbricht, so sind wir der
Huchhandlung doch zu Dank verpflichtet dafür, dass sie uns in den
Stand setzt, wenigstens einen Theil dieses entschieden bedeutenden
Werkes schon jetzt kennen zu lernen.
Die Vorzüge und Fehler des allgemeinen Theiles finden wir in dem
speziellen wieder: dieselbe lebendige und warme Darstellung, welche
die Begeisterung des Verfassers für die noch so junge und doch schon
so entwickelte bakteriologische Wissenschaft bekundet; dieselbe Gründlich-
keit in der Verwerthung der Quellen und in der Wiedergabe der
Litteratur, welche uns so recht zum Bewusstsein bringt, eine wie grosse
Zabl tüchtiger Forscher mit wahrem Bienenfleisse und mit glänzenden
Erfolgen auf unserem Gebiete thätig sind. Aber auch dieselbe Schwer-
fälligkeit der Sprache fällt uns auf, die sich in der Einkapselung von
Sätzen und der Bildung zuweilen übermässig langer Perioden gefällt,
ond die das Verständniss entschieden erschwert. Ist die vom V'erfasser
beliebte Form der Vorlesung, zumal bei einem so wenig konsolidirten
Stoffe, wie die Bakteriologie es noch ist, unzweifelhaft ein Vorzug, so
würde man diese Form doch glücklicher durchgeführt nennen können,
wenn die Vorlesungen kürzer wären und nicht, wie z. B. die achte, bis
zu einer Länge von 176 Seiten anschwöllen.
Eine weitere Eigenschaft des Werkes, und dies ist ein Vorzug und
ein Fehler zugleich, ist die durchweg sich bemerkbar machende Betonung
der subjektiven Ansichten und Auffassungen des Verfassers, ein Umstand,
durch den die Lektüre des Werkes an Interesse entschieden gewinnt,
wodurch der objektive Werth desselben als Lehrbuch indessen einigen
Abbruch erleidet. Jedenfalls setzt es eine so gründliche Durchbildung
und eine solche Reife des Urtheils voraus, dass es wohl nur von dem
Arzt und nicht vom Studenten mit Vortheil durebgearbeitet werden wird.
Ist ja ohnehin die Bakteriologie bis jetzt wenigstens eine Domaine der
auf das Staatsexamen folgenden Semester.
Der uns vorliegende Halbband enthält auf 398 Seiten die achte und
den grösseren Theil der neunten Vorlesung. Nach einer kurzen Ein-
leitung, in welcher die pathogenen Organismen in drei Klassen — Blut-,
Gewebs- und Blut- und Gewebsparasiten — getheilt werden, werden in
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der achten Vorlesang die pathogenen Kokken besprochen: 1) die Kokken
des Erysipels, welche mit dem Streptokokkns pyogenes idenlifizirt werdeo;
— 2) die verschiedenen von Friedländer, A. Frankel, Artigalos
und Fane als Erzeuger der fibrinösen Pneumonie augespmcbenea
Kapsel-Kokken, von denen allein der FraukeTsche als solcher vom
Verfasser anerkannt wird; — 3) der Gonokokkus Neisser’s, einer der
„bestbewieeenen Repräsentanten mikroparasitärer Krankheitserreger des
Menschengeschlechts“; — 4) die pyogenen Kokken, und zwar der
Staphylokokkus pyogenes aureus, der ausser der Eiterung die Endokarditis,
die Osteomyelitis und die Pyaemie zu erregen im Stande, ferner die ic
ihren Wirkungen von ihm nicht verschiedenen Staphylokokki p. atbci
und citreus sowie die seltenen St. cerens albus und flavus. sodann dir
Varietäten des Streptokokkns pyogenes, die mehr flächenhaft sich ans-
breitende Eiterungen erzeugen, die Verfasser jedoch auch als Erreger der
Rachendiphtherie angesprochen wissen will, „ohne die ätiologische
Bedeutung der später zu besprechenden Klebs-Löffler'scben Diphtherie-
hazillen für diese Krankheit zu unterschätzen“.
Im Anschlüsse an die Eiterkokken finden eine kurze Besprechung
der Mikrokokkus pyogenes tennis Rosenbacb’s, die von R. Koch in
seiner epochemachenden Schrift über die Wundinfektionskrankbeiten
bekannt gegebenen Kokkenarten, nämlich der Kokkus der progressiven
Abszessbildung bei Kaninchen, der Kokkus der Kaninchen -Pyaemie and
der Kokkus der progressiven Oewebsuekrose der Mäuse, sowie endlich
mehrere Septicaemie-Kokken, als welche der Fränkel’sche Pnennionie-
kokkus, die Kokken der Mäuse-Septicaemie und der Oaffky’scbe Mikro-
kokkus tetragenus angeführt werden.
Eingehender werden 5) die Trachomkokken behandelt und vom
Verfasser wohl mit Recht mit einem Fragezeichen versehen, da die
bezüglichen Arbeiten Sattler's und Michel’s als abschliessend nicbi
zu erachten sind. Es folgen 6) die Kokken des Mykodesmoids der
Pferde (Johne), 7) die Kokken der Pseudotuberkulose des Meer-
schweinchens, 8) die Kokken der „progressiven Granulombildnng der
Tbiere“, 9) die Kokken der Krankheit der Graupapageien, 10) Kokkes-
befunde bei Granuloma fungoides, Orientbeule, H odgin 'scher Krankhei',
Diphtherie, Keuchhusten, Coryza, Influenza, Masern und Scharlach,
akuter gelber Leberatrophie, Gelbfieber, Haemopbilia Neonatorum.
Variola, Varizellen, Pemphigus acutus, Syphilis, Ulcus molle, Lyssi,
„Perlicbe“, Area Celsi, Maul- und Klauenseuche sowie Rinderpest —
endlich 11) Kokken als Erreger epidemischer Erkrankungen von Insekteo,
in erster Linie der „Schlafsucht“ der Seidenraupen.
Die neunte Vorlesung ist der Besprechung der pathogenen Bazilleo
gewidmet. Den Reigen eröffnet mit Recht 1) der Milzbrandbazillus, der
zuerst von Rayer 1851 gesehene, „historisch ruhmreichste Vertreter der
pathogenen Bakterien“. Es folgen 2) die Bazillen des malignen Oedemi
(Koch); — 3) die Bazilleo des Rauschbrandes; — 4) die Bazillen des
Schweioerothlaufs, welche zusammen mit den ihnen so ähnlichen BaziUeo
der Mäuse-Septicaemie besprochen werden, ohne dass jedoch die Frage
ihrer Identität entschieden wird; — 5) folgt eine mehr kursorisebe
Erörterung der Bazillen der Rinderseuche, der septischen Plenrupneumoaie
der Kälber, Wildseuche, Schweineseuebe, Hübnercholera, KaoinebeD-
Septicaemie, sowie der Bazillus pyogenes foetidus; — der Bedeutang der
betreffenden Krankheiten entsprechend eingehend ist die Würdigung
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6) de« Typhös- — und 7) des Toberkelbazillos, mitten in dessen
Besprechung das Werk endigt.
Genaoer anf die Einzelheiten einzugeheu muss Ref. sich versagen.
Die Reichhaltigkeit des Inhalts gebt aus dem Vorstehenden zur Genüge
hervor. Tritt, wie bei dem Verfasser nicht anders zu erwarten, die
pathologisch-anatomische Seite der Behandlung in den Vordergrund, so
finden doch auch die hygienischen Fragen volle Würdigung, und das
biologische und kulturelle Verhalten der Organismen eingehende
Schilderung.
Mehrmals findet sich Gelegenheit, des Pasteur 'sehen Schutz-
impfungs-Verfahrens zu gedenken, so beim Milzbrand, dem Sebweiue-
rothlauf, der Hühnercholera; nach Ansicht des Verfassers ist „dessen
hoher wissenschaftlicher Werth für alle Zeiten als gesichert zu betrachten“,
dessen praktische Anwendbarkeit indessen nach den Kocb’schen Unter-
suchungen zur Zeit noch zweifelhaft.
Die Metschnikoff’sche Phagocytentheorie will Verf. unter keinen
Umständen gelten lassen. Da seine eigenen Argumente gegen dieselbe
die Frage für oder wider nicht entscheiden, so befremdet die bei zahl-
reichen Gelegenheiten aufgenommene Polemik ein wenig durch ihre
Entschiedenheit.
Beim Milzbrand, dann auch beim Typhus kommt Verf. auf die von
V. Buhl und von v. Pettenkofer aofgestellte Boden- und Grundwasser-
theorie zu sprechen, die ja durch die Entdeckung organisirter Krankheits-
keime und deren Lebensprozesse einen so schweren Stoss erlitten hat.
Bei der Tuberkulose verdient die Ansicht des Verfassers über den
Weg der Infektion bervorgeboben zu werden, welche dahin geht, dass
die Tnberkelbazillen keineswegs „hauptsächlich oder auch nur einiger-
maassen häufig durch die Luft wirksam übertragen werden“, dass viel-
mehr die Ansteckung entweder durch die Nahrung (bazillenbaltige Milch)
oder durch Vererbung resp. intrauterine Infektion erfolgt. Ob die
weitere Bearbeitung dieser ihrer Lüsung noch harrenden Frage die
Ansicht des Verfassers bestätigen wird, möchte Ref. doch etwas zweifel-
haft erscheinen.
Das vortrefflich ausgestattete und mit schönen Abbildungen versehene
Werk empfiehlt sich selbst zu fleissigem Studium.
M. Kirchner (Berlin).
Prof. Dr. Theodor Kocher in Bern. Eine einfache Methode zur
Erzielung sicherer Asepsis. Separatabdrnck aus dem Korrespon-
denz-Blatt für Schweizer Aerzte, Jahrgang XVllI (1888).
Io vorliegendem Aufsatze plaidirt K. in erster Linie für das Fort-
lassen des Katgut aus dem Material zur antiseptischen Wundbehandlung,
weil „es Katgut im Handel giebt, welches in einer Weise infektiös ist
und in einer Form bergestellt wird, dass unsere besten Antiseptika die
vollkommene Sterilisirung nicht zu Wege zu bringen vermögen“. Zum
Belege hierfür bringt er zwei Zusammenstellungen aus den Operationstabellen
seiner Klinik aus zwei aufeinanderfolgenden Zeiträumen, in deren einem
znmeist Katgut, in deren anderem ausschliesslich Seide zur Verwendung
kam. Unter den 31 Operationen der Katgutzeit haben 22 Fälle, bei
welchen der den Verhältnissen nach vollberechtigte Versuch einer Prima-
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Heilung gemacht wurde, zweifellose Infektionen durcbgemacht, in Form
tbeils einfacher, theils jauchiger Abszesse oder umschriebener Phl^monen
und diffuser nekrotisirender Vereiterungen. Einmal kam es sogar zum
exitus letalis. In den Fällen, wo Seide zur Nabt, Katgut zur Unter-
bindung verwendet worden war, kam es zu tadelloser prima intentio,
mehrere Tage später aber traten lokale Entzündungserscbeinnngen in der
Tiefe mit Schwellung, Druckempfindlichkeit und Fieber auf. War
auch zur Naht Katgut gebraucht worden, so eiterten die Stiebkanäle,
und es kam von hier aus zu entzündlichen Schwellungen und dipbthe-
ritischen Belägen. — Dem gegenüber trat in allen unter den
62 üperatinnsfällen der Seidezeit, bei welchen eine Primabeilung über-
haupt in Frage kam, die tadelloseste Heilung der Wunden, eine unmittel-
bare Verklebung bei den ausgedehntesten Verletzungen ein und dies unter
Beibehaltung derselben Aussenverbältnisse, desselben Lokales mit seinen
Einrichtungen, desselben chirurgischen Personals, derselben Wnod-
bebandlungsstoffe und derselben Antiseptika mit der einzigen Aenderung,
dass Katgut wegblieb und Seide allein zu Suturen und Ligaturen ver-
wendet wurde.
Die Blutstillung bewirkt K. durch Ligatur der grösseren, Torsion
der kleineren Gefässe (mittelst modi&zirter Köberle-, Pean-, Bill-
rotb’scher Arterienzangen).
Von den Schwämmen verlangt K. nicht, dass sie desinfiziren,
sondern nur, dass sie nicht infiziren (Reinigung derselben mit Seife und
warmem Wasser, Aufbewahrung in 5 prozentiger Karbollösung; vor der
Operation werden sie durch eine Rollpressmascbine fest ausgepresst).
Zur Desinfektion der Hände hält er, entgegen Fürbringer und
Kümmel, blosses Abbürsten mit Seife und Wasser und unmittelbare
Desinfektion mit 1 ojm Sublimatlösung für ausreichend.
Zum Wundverschluss wird die fortlaufende Kürsebnernabt
empfohlen. Da, wo sich Höblenbildung nicht vermeiden lässt, werden
ausnahmslos Olasdrains benutzt.
Von den Antisepticis und antiseptischen Verbandstoffen
hält K. das Jodoform und die Jodoformgaze für zu kostspielig und nur
wertbvoll für Dauerverbände. Diese sind aber zur Erzielung einer prima
intentio nicht nothwendig, da diese schon in sehr früher Zeit keines anti-
septischen Verbandes mehr bedarf, da aber, wo Drains 8 — 14 Tage liegen
bleiben, ist von einer Heilung durch erste Verklebung keine Rede mehr.
Dagegen erkennt er dem Jodoform und anderen Dauer-Antisepticis ihren
Werth zu für diejenigen Fälle, in denen die Wunde schon eitert oder
nicht ganz geschlossen werden kann oder nachträglicher Infektion aus-
gesetzt ist.
Zusammenfassend erklärt K. als Hauptsache für die Wund-
behandlung, für eine ideale Antisepsis, die Sterilisation'**') der
Wunden entsprechend der Sterilisation anderer Nährböden. — O. —
•) D. h. gründliche primäre Desinfektion der Wunde. Was nachher darauf
kommt, ist weniger wichtig, am besten ein aufsaugender, die Verdunstung begünstigen-
der Verbandstoff. Kocher nimmt Waldwolle. Die Abhandlung ist deshalb von
besonderem Werth, weil sie der Praxis der verschwenderischen Applikation von
Verbandmaterial steuert und die Behandlung auf einfache Grundsätze zurückiuhrt.
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Dr. W. Kleinwächter. Die Amputationen and Ezartikulationen
im AugnBta-Hospital in den Jahren 1871 — 1885. Bin Bild der
Entwickelung der Wundbehandlungemethoden. Mit einem Vorwort
von Prof. Dr. E. KÜBter. Leipzig. 1887. 104 S.
Die fleiBBige BtatistiBche Arbeit beBpricbt die ReBnltate der ver-
schiedenen neueren Wundbehandlungsmethoden innerhalb einer einzelnen
OperationBgrnppe einen seit der vorantineptiBchen Zeit bin jetzt unter
dernelben Leitung Btehenden KrankenbauBes und giebt durch die vergleicbs-
weise GegenüberBtellung eine kritisch geschriebene Geschichte der
Fortschritte der modernen Wundbehandlung. Daran schliesst sich die
Besprechung einer Reibe von Fragen, welche sich ans dem gewaltigen
Umschwünge, den die antiseptiscbe Wundbehandlung in der Chirurgie
hervorgerufen hat, ergeben: inwieweit der Zeitpunkt der Amputation,
das Alter, der Zustand des Patienten, die Veranlassung zur Operation,
die Operationstecbnik die Heilerfolge beeinflussen.
Da im Einzelnen auf den Inhalt der Arbeit nicht eingegangen
werden kann, so seien die wesentlichen Ergebnisse heransgeboben.
Obgleich die Resultate der vorantiseptischen Zeit im Augusta-
Hospital (1871 — 74: Charpie-Deckverband nnd offene Wundbehandlung)
gegenüber denen anderer Hospitäler und Kliniken ausserordentlich gute
waren, so fällt doch der Fortschritt seit Einführung der antiseptischen
Wundbehandlung (1875; typischer Lister seit 1879; Sublim., Jodof.,
.Mooskissenverband seit 1883) recht in die Augen: dort eine Mortalität
von 13,04 “/o bezw. 72,7 “/o (unkomplizirte — komplizirte Fälle), hier
3,2 o/o bezw. 38,7 ”/o; Heilung per primam dort 13,0 »/o, hier 61,7 »/o.
Ein Vergleich der Erfolge der antiseptischen Zeiträume unter-
einander ergiebt, dass Sublimat und Jodoform*, die Anlegung aus-
trocknender Dauerverbände zu bevorzugen sind. Diese Methode übertrifft
bei unkomplizirten Fällen mit 70 % Primär-Heilungen die Erfolge der
typischen Lister-Behandlung noch nm 5 die der voraufgehenden Zeit-
räume (cf. oben) um 20 %. Bezüglich der Mortalität hat sie das von
Billroth erwünschte Ziel der antiseptischen Wundbehandlung, an den
Folgen der Operation keinen der einfachen Fälle mehr zu verlieren,
erreicht. Auch empfiehlt sich diese Wundbehandlungsmetbode als die
billigste. Während der Jahresbetrag pro Patient 1878 sich noch auf
10 Mk. 99'/i Pf. stellt, beträgt derselbe von 1883 an nur noch 4 Mk. und
etliche Pfennige.
Ausgang nnd Verlauf der Amputationen hängt bei unkomplizirten
Formen im Wesentlichen von der Wundbehandlung und von der
Möglichkeit, aseptische, lebensfähige Wundflächen zu erhalten, ab.
Alter und Allgemeinzustand üben gar keinen Einfluss darauf aus, die
Wahl der Amputationsstelle bedingt keinen wesentlichen Unterschied in
demselben. Der alte Satz: „Je höher die Amputation, desto grösser
die Gefahr" gilt nur noch für die Ezartikulationen des Oberschenkels
und Oberarmes, indess auch nur in ganz beschränktem Maasse. — Die
wegen Erkrankungen ausgeführten Amputationen geben im All-
gemeinen bessere Resultate als die primär-traumatischen.
Ein genaues Verzeichniss der von 1871 — 1885 im Augusta- Hospital
susgeführten typischen Amputationen und Ezartikulationen (im Ganzen
177 Fälle) nebst Angabe des Krankheitsverlaufes in jedem einzelnen
Falle bescbliesst die an gut gesichtetem, nach einheitlichen Gesichts-
punkten geordnetem Material reiche Arbeit. — G. —
Di.
378
Dr. Rudolf Gerstacker, Stabsarzt, lieber den Tod durch Oewehr-
scbusswunden in gerichtsärztlicher Beziehung. Sonderabdmck
aus der , Zeitschrift für Heilkunde'*. Bd. VIII. Prag. 1887.
, Die recht lesenswerthe, die einschlägige Litteratur erschöpfende,
dabei übersichtlich angeordnete Arbeit behandelt: 1) die Mechanik und
Charakteristik der Oewehrschusswunden, 2) die Art des Todes nach
derartigen Verletzungen, 3) die Schlussfolgerungen, welche für die
Stellung des Thäters aus den Wnndverhältuissen sich ableiten lassen,
4) die Anhaltspunkte, die sich aus der Gestalt der Wunde, der Lage des
Erschossenen, gewinnen lassen für die Beurtheilung seiner Haltung im
Momente der Exekution, 5) die muthmaassliche Berechnung der Ent-
fernung, aus welcher geschossen wurde, 6) die Frage nach der Zeit
der Verletzung, 7) die Momente, die für Mord oder Selbstmord sprechen.
Ans dem Rcsumö der Arbeit mögen folgende Sätze, als auch noch
in anderer als gerichlsärztlicher Beziehung von Interesse, hier Platz
finden: „Die Zerstörungen eines Schusses ä bout portant kann jede Waffe
mit jedem Projektile, sogar mit dem blossen Pfropfen hervorbringen.
Hydraulische Wirkungen sind Eigentbümlichkeiten moderner Präzisions-
gewehre, ältere Waffen vermögen sie nur in unmittelbarster Nähe der
Mündung zu erzeugen. Bei allen übrigen Schusswunden bietet die
verschiedene Propulsionskraft des Geschosses und die daher resultirende
verschiedene Tragweite und Auftreffgeschwindigkeit die Kriterien für
die Beurtheilung der Waffe. Aus der Grösse der Einschussöffnung und
des Schusskanales ist nur mit Vorsicht auf die Gestalt der Kogel zu
schliessen'*. — „Die Ermittelung der Schussrichtung beruht auf der
Distinktion von Einschuss- und Aosscbnssöffnung. Es giebt gar kein
einzelnes, nur der einen oder der anderen zukommendes Kennzeichen,
durch eine Summe von Merkmalen ist ihre Unterscheidung jedoch
ermöglicht'*. — „Eine der Wahrheit sich nähernde Schätzung der
Schussweite ist vom Bekanntsein des Gewehres, der Pnlverladung und
der Projektile abhängig". — G. —
Stabsarzt v. Hase in Hannover: Transport Verwundeter auf
Banernwagen. (Illustrirte Monatsschrift der ärztlichen Polytechnik.
X. Jahrgang. 1888. 4. Heft. 8. 75 — 80.)
Verf. empfiehlt, die Merke’sche Tragbahre (mit y*förmig gebogenen
Pederfüssen) mit Flügel- oder Klemmschrauben auf Unterlegelatten zu
befestigen, welche sich über breite wie schmale Wagen in querer Richtung
legen lassen und nur mit Hanfschnüren festgebunden zu werden brauchen,
so dass ein Bretterboden zur Aufstellung entbehrlich wird. Wegen des
hohen Gewichtes der Merke'scben Trage (36 Pfund) will v. H. die
gewöhnlichen Holme durch solche aus Bambusrohr ersetzt wissen.
#
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Dr. Tiburtius. Leitfaden für den Unterricht in der Familieu-
Kran kenpflege. E. S. Mittler und Sohn, Kgl. Hofbachhandlung,
Berlin SW, Kochstr. 68 — 70.
Verf. ist durch die alltägliche Erfahrung, „dass von im Uebrigen
ganz vernünftigen, selbst gebildeten Laien in der Krankenpflege ihrer
Angehörigen ein durchaus gefährlicher Unsinn“ vielfach verübt wird,
zur Veröffentlichung seines Leitfadens veranlasst worden. Derselbe soll
dem sachverständigen Lehrer ein Gerüst bieten, welches er seinen
Vorträgen zu Grande legen und mit den nöthigen Erläuterungen
bekleiden mag; dem lernenden Laien soll er zur Auffrischung des in den
bezüglichen Vorträgen Gelernten im Gedächtnisse dienen. — Verf.
löst seine Aufgabe mit Geschick; mag man auch hier und da mit dem
Gebotenen nicht ganz einverstanden sein, der Gesammteiudruck des
Büchleins ist ein dnrchaus guter. Vor Allem glauben wir nicht, dass
durch den Leitfaden irgend wie eine gefährliche Pfuscherei angeregt und
befördert wird; ein Blick auf die Uebersicht der Krankheilszeichen,
welche die Zuziehung eines Arztes bedingen, zeigt ausser Anderem dies
zur Genüge.
Im Interesse der behandelnden Aerzte, der Pflegenden, sowie vor
Allem der Kranken selbst wünschen wir dem Büchlein die weiteste
Verbreitung. Ltz.
R. Gerstacker, Die historische Ent w ickelung und hygienische
Bedeutung der Revaccination. Separat'Abdruck aus der Deutschen
Vierteljabresschrift für öffentliche Gesundheitspflege, 20. Band, 1. Heft.
Braunschweig, Verlag von Friedrich Vieweg u. Sohn, 1888. 29 S.
.Aus der gesammten Impffrage ist in der vorliegenden Abhandlung,
wie der Titel besagt, die Frage der Wiederimpfung heransgenommen
und in ansprechender Weise erörtert. Die einleitende Uebersicht über
die historische Entwickelung der Wiederimpfung zeichnet sich durch
strenge Festhaltung des leicht zu weiteren Ausführungen verleitenden
Themas und durch Eleganz der Darstellung aus. Ira Weiteren wird die
Nothwendigkeit und der Segen der Wiederimpfung an der Hand der
wichtigsten einschlägigen Veröffentlichungen, insbesondere unter ausgiebiger
Benutzung des 6. Bandes des Kriegs-Sanitäts-Beriebtes für 1870/71 für
Jeden, der nicht zu den grundsätzlichen Impfgegnern gehört, überzeugend
dargetban.
Ergebnisse einer Statistik der Pockentodesfälle im Deutschen
Reich für das Jahr 1886. Berichterstatter: Stabsarzt Dr. Rabts.
Sonderabdruck aus „Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte.“
Das Material für die vorliegende Arbeit ist gewonnen aus den für
das Jahr 1886 aus sämmtlichen Deutschen Bundesstaaten und aus Elsass-
Lothringen dem Kaiserlichen Gesundbeitsamte zugegangenen Meldekarten
über Todesfälle an Pocken. Die Gesammtsumme derselben beträgt 15.ö
(3,3 auf eine Million Einwohner). Von ihnen entfallen mehr als 2 Dritt-
theile (110) auf die Grenzbezirke des Reichs, so dass für das Binnen-
land nur 45 übrig bleiben.
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380
Nur iu 10 Bezirken und Orten wurde ein zeitliches und rännilicbe:
Zusammenfällen mehrerer Pockentodesfülle beobachtet, während sie io
allen übrigen vereinzelt blieben. Ergo: Der ein geschleppte Ao-
Bteckungsstoff hat nieistentheils eine für das Pockengift sehr nnempfüngliche
Bevölkerung vorgefunden.
Etwa 40 "/o der an Pocken verstorbenen Personen hatten das erste
Lebensjahr noch nicht vollendet, standen somit, weil aller Wahrscheinlich-
keit nach zum grössten Theile noch ungeimpft, noch nicht unter dem
Einflüsse des Impfschutzes.
Die statistische Uebersicht von 58 ausserhalb Preussens im Deutschen
Reiche vorgekommenen Pockentodesfällen ist um deswillen von ganz be-
sonderem Interesse, als sie über die Herkunft und über den Impfzustaod
der verstorbenen Pockenkranken Aufschluss giebt. Von ihnen entfallen
nämlich 12 auf das Lebensalter vom 2. bis 2.5. Lebensjahre. Diese bei
dem in Deutschland bestehenden Impfungs* und Wiederimpfungszwange auf-
fallende Erscheinung findet ihre Erklärung darin, dass in G Fällen nn-
geimpfte Ausländer betroffen waren, und dass unter den übrigeu 6 sich
2 noch ungeimpfte Kinder im 13. Lebensmonate befunden haben. Vom
13. Lebensmonate bis zum 12. Lebensjahre, d. h. in der Periode zwischen
Impfung und Wiederimpfung, ist nur ein einziges Kind, vom 12. bis 22. Lebern-
jahre, d. i. innerhalb des auf die Wiederimpfung folgenden Dezeuniums
ebenfalls nur eine Person, ein 12 jähriges noch nicht wiedergeimpfte»
Kind, gestorben. Da fast die Hälfte aller Lebenden auf die .Altersklassen
von 0 — 22 Jahren entfällt, *8o erhellt hieraus der Schutz vor tödtlicher
Erkrankung an Pocken, welchen die gesetzliche Impfung und Wieder-
impfung bis zum 22. Lebensjahre gewähren.
Der letzte (5.) Abschnitt der Arbeit giebt eine tabellarische Ver-
gleichung der Pocken-Mortalitätsziflfer der Gesammtheit Deutscher grosser
Städte (193) mit der ausländischer Städtegrnppen. Der Vergleich falb
sehr zu üngunsten letzterer aus. Es hatten nämlich die Städte Oesterreichs
das 81 fache, die Ungarns das G07 fache (1), die der Schweiz das 54 fache,
die Belgiens das 48 fache der Pockensterblichkeit der Dentschen Städte.
Bekanntlich besteht in Oesterreich, Ungarn, in der Schweiz und in Belgien
kein allgemeiner gesetzlicher Impfzwang.
Die Arbeit hat selbstverständlich nicht die Absicht, Propaganda fär
eine gute Sache zu machen, sie giebt auf Grund amtlichen i. e. absolut
zuverlässigen Materials eine objektiv-nüchterne Darlegung der währeail
eines Jahres festgestellten Mortalität an Pocken im Deutschen Reich«
und vergleicht hiermit zum Schluss die in Staaten ohne Impfzwang ge-
wonnenen Zahlenergebnisse. Ueberzeugender konnte die mühevolle Arbeit
nicht ausfallen: ob sich wohl endlich einmal die bekannten Verfeebter
gegentbeiliger Ansicht, die Gegner des gesetzlichen Impfzwanges, über
zeugen lassen werden?
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381
Mittheilnngen.
Saoitäts-Offizier-Oesellschaft zn Dresden.
1. (172.) Sitzung.
Donnerstag, am 20. Januar 1887.
Oberstabsarzt Dr. Helbig: Bericht nber die 13. Versammlung des
Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege.
Nachdem Redner zunächst einen in der Ausstellung der 59. Ver-
sammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte zn Berlin vorhandenen
Raomwinkelmesser, nach Weber's Angabe von Heydrich io Breslau
konstrnirt, beschrieben, giebt er den angekündigten Bericht, der sich auch
nach stenographischen Grundlagen im 1. Hefte des 19. Bandes der
Deutschen Vierteljahresschrift für öffentliche Gesundheitspflege befindet.
Im Anschlüsse daran schildert Redner noch die Wasserversorgung und
.\bfallbeseitignng Breslaus.
2. (173.) Sitzung.
Donnerstag, den 17. Februar 1887.
Stabsarzt Dr. Schill: Die Ausrüstung des Sanitäts- Offiziers im Felde.
Der Vortragende bespricht in der Einleitung die dem Feldarzte zum
Transport seiner Ausrüstung zur Verfügung stehenden Mittel. Diese sind:
a) Der Packwagen der Sanitätsdetachements nnd Feldlazarethe oder
der Raum über der Vorderachse des Truppen-Medizinwageos,
b) das Reitpferd,
c) die eigene Person,
d) der unberittene Pferdewärter.
Nach Erwähnung der die Feldansrüstnng des Offiziers behandelnden
Broschüren (Memmingen, v. Egidy, Rotter) und der empfohlenen
ärztlichen Taschen (Flashar, Frölich, Pöscbke) geht Redner
zur Schilderung der von ihm empfeblenswerth erachteten Ausrüstung
über. Als Regel beachte man, dass nur ganz neue Sachen mitzunehmen
iind, dass man sich der Wollwäsche bediene. Darauf folgt eine detaillirte
Angabe der noihwendigen Kleider. Utensilien u. s. w. und der Art ihrer
Dnterbringnng, sowie die Vorlegung einer Instrumenten- und Verband-
tssche; letztere bat ein Gewicht von noch nicht 9(X)g. Am Schluss
wird die Nothwendigkeit der Mitführung möglichst vieler Nahrungsmittel
in kompakter Form (Cervelatwurst, gestossener Zwieback in Pergament-
darm, Kaffee nnd Thee) betont.
3. (174.) Sitzung.
Donnerstag!, den 17. März 1887.
AMistenzarzt Dr. Lübbert: Der Sanitätsdienst in der Französischen
Armee.
Nach einigen einleitenden Worten über die historische Entwickelung
des Sanitätsdienstes in der französischen Armee seit Ambroise Pare be-
«pricht der Vortragende die Verhältnisse, wie sie durch das Gesetz vom
16. März 1882 gestaltet wurden, auf Grund dreier Prinzipien:
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382
1. Die Unterordnang der Vcrwaltnng ODter die Kommando-Behörde,
2. die Unabhängigkeit des Sanitätsdienstes gegenüber der Verwaltung, und
3. die Einrichtung einer selbstständigen Kontrolbehörde.
Nach Hervorhebung der Rangstellung der französischen Sanitäts-
offiziere wird die Leitung des Sanitätsdienstes und die Ergänzung des
militärärztlicben Korps dnrch die militärärztlicbe Schule des Val-de-gräce
auseinandergesetzt. Einer Besprechung des Truppendienstes im Krieg
und Frieden scbliessen sich Referate über die Iiistruktionsbücher der
Lazaretbgebülfen und Krankenträger an, und wird im Folgenden die Art
und Weise erörtert, nach der die Sanitätsinstitutionen im Felde Ver-
wendung finden, entsprechend dem Reglement über den Sanitätsdienst
der französischen Armee im Felde vom 25. August 1884.
4. (175.) Sitzung.
Donnerstag, den 21. April 1887.
Stabsarzt Dr. Schill: Referat über den 6. Band des Sanitäts- Berichtes
von 1870/71 : Die Seuchen bei den Deutschen Heeren im Kriege gegen
Frankreich 1870/71.
5. (176.) Sitzung.
Donnerstag, den 26. Mai 1887.
Stabsarzt Dr. Evers: Referat über den Sanitäts -Bericht über die Deutschen
Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71, 2. Band. (II. Statistischer
Theil.)
6. (177.) Sitzung.
Donnerstag, den 16. Juni 1887.
Stabsarzt Dr. Seile; Bericht über den diesjährigen Kongress deutscher
Chirurgen in Berlin.
Redner referirt im Besonderen über Madelung's Vortrag über
„innere Darmeinklemmnng, Peritonitis und Darmperforation vom operativen
Standpunkte“, über Kümmel’s Thema: „Laparotomie bei Bauchfell-
Tuberkulose“, über Helferich's Vorschläge zur künstlichen Vermehrung
der Kuocbenneubildnng bei schlecht konsoTidirten Frakturen n. s. w. und
über die publizirten neuen Untersuchungen, Wirksamkeit des Jodoforms
betreffend. Am Schlosse demonstrirte der Vortragende zahlreiche vom
Hofratb Stelzner auf operativem Wege aus Magen und Darm entfernte
Fremdkörper.
7. (178.) Sitzung.
Donnerstag, den 21. Juli 1887.
Stabsarzt Dr. Balmer: Mittheilnngen über den Kongress für innere
Medizin zu Wiesbaden.
In diesem Vortrage finden folgende Gegenstände eingehende Be-
sprechung: Lokalisation der Oehirnkrankheiten, Therapie der Phthise,
Behandlung der Neuralgien mittelst Kataphorese , Behandlung von
Emphysem und Asthma mittelst des Zoberbier'schen Athemstubles.
8. (179.) Sitzung.
Donerstag, den 20. Oktober 1887.
Generalarzt 1. Kl. Dr. Roth: Uebersicht über die wichtigsten Er-
scheinungen auf dem Gebiete des Militär-Sanitätswesens im Jahre 1886.
Redner schickt seinem Vortrage eine Uebersicht über das Wirken
des verstorbenen Professors, Wirklichen Geheimen Rathes, Excellenz und
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383
Generalarztes ä la suite des Sanitäts - Offizier - Korps v. Langenbeck
roraos. Die Anwesenden erbeben sich hierauf in ehrender Erinnerung
an den Verstorbenen von ihren Sitzen.
In der angekündigten Uebersicht giebt der Vortragende zahlreiche
Daten ans dem 2. Bande des Sanitäts • Berichtes über die Deutschen
Heere im Kriege 1870/71 und bespricht auch den 6. Band desselben
Berichtes. Im Weiteren folgen Mittbeilungen über den Sanitätsdienst im
Donau * Feldzüge ans dem russisch • türkischen Kriege, im serbisch-
bulgarischen Fddzuge, im Kriege der Franzosen in Tonking.
9. (180.) Sitzung.
Donnerstag, den 17. November 1887.
Oberstabsarzt Dr. Helbig: Vorweisung einer neuen Pulsionslampe mit
Erläuterung.
Stabsarzt Dr. Müller: Erinnerungen an die Oeneralstabsübungsreise 1887.
Stabsarzt Dr. Müller hebt die Bedeutung hervor, welche die Heran-
ziehung des Sanitätskorps zur Lösung einer sonst nur bevorzugten Truppen-
offizieren zugestandenen Aufgabe für den Sanitätsdienst bat, und schildert
zunächst die Einrichtungen und den Verlauf der Uebungsreise im All-
gemeinen, sowie die hierzu für ihn nothwendig gewordenen Vorbereitungen,
welche nicht nur in theoretischer Vorbildung bestanden; Hebungen im
Kartenlesen, Croquiren und Orientirung im unbekannten Terrain gingen
der Reise voraus.
Ein detaillirtes Bild seiner Thätigkeit entwirft der Vortragende an
der Hand zweier ihm gestellter Aufgaben. Der Kern der einen Aufgabe
lag in der Entscheidung der Frage, ob in dem betreffenden Falle und
zwar während eines supponirten Waffenstillstandes Feldlazarethe etablirt
werden sollten oder nicht; die andere Aufgabe beschäftigte sich mit der
Regelung des Sanitätsdienstes während eines Gefechtes.
10. (181.) Sitzung.
Donnerstag, den 15. Dezember 1887.
Korpsetabsapotbcker Schneider: Neuigkeiten von der Ausstellung zu
Wiesbaden 1887.
Oberstabsarzt 1. Kl. Dr. Becker: Einige otiatrische Mittbeilungen von
der Naturforscher-Versammlung zu Wiesbaden 1887.
Korpsstabsapotheker Schneider besprach die auf genannter Aus-
stellung zur Anschauung gebrachten wichtigsten Erscheinungen auf dem
Gebiete neuer Drognen und Pflanzenstoffe, neuer Medikamente und
pharmazeutischer Präparate, Verbandstoffe nud Reaktionen, wobei eine
Anzahl von Präparaten zur Demonstration gelangte.
Oberstabsarzt Becker entwirft zunächst eine Schilderung der von
Guye „Aprosexie“ genannten Kränkelt, die, besonders im jugendlichen
Alter vorkommend, sich dadurch charakterisirt, dass die betreffenden
Patienten nicht fähig sind, ihre Aufmerksamkeit' auf einen bestimmten
Punkt zu richten.
Die Erklärung hierfür sucht Ouye in einer Retentions- Erschöpfung
des Gehirns in Folge verhinderten Lymphabflusses aus demselben, der
seinen Grnnd io ad^enoiden Geschwülsten in der Nase und im Nasen-
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384
racbenranm hat. Die Entfernoog der krankhaften Vegetationen wird ein-
gehend besprochen. Schliesslich demonstrirt der Vortragende noch einen
elektrischen Beleuchtongsapparat, der, anf der Stirn befestigt, besonders
bei operativen Eingriffen im Kehlkopf seinen Zweck voll erfüllen wird.
(
Staderini: II snblimato corrosivonellacnradellaconginntivite
grannlosa. (II Morgagni. Anno XXIX. Giugno 1887.)
Im Anschluss an die im Jahre 1880 erfolgten Publikationen von Gnaita
und von Debenedetti berichtet St. über weitere Beobachtungen in der An-
wendung des Sublimats bei der Behandlung der Conjunctivitis grannlosa und
bestätigt die glänzenden Resultate dieser von Gnaita empfohlenen Be-
handlungsweise. Das Sublimat sei in allen Formen und Stadien nützlich,
es sei insbesondere das spezifische Heilmittel des Trachoms; die
Wirkung sei eine antiseptische, gegen die Infektionskeime gerichtete, sie
erfolge ansserordentlicb rasch, sicher und vollständig nnd gewährleiste
das gänzliche Verschwinden der Granulationen. Die Behandlung besteht
in täglichen Pinselungen der Conj. palp. mit einer Lösung von 1 ; 400
(ev. 1 : 30ü oder 1 : 5U0), neben Irrigationen des Auges mit einer lauen
Lösung von 1 : 7CXX) (alle zwei Tage einmal wiederholt). Nur bei akut
entzündlichen Symptomen mit starker eitriger Sekretion sei Arg. nitr.
vorzuziehen, anfangs allein, später abwechselnd mit Sublimat, schliesslich
letzteres allein. Kern.
Im verflossenen Jahre hielt unser geschätzter Mitarbeiter, Stabsarzt
Dr. A. Hiller vor dem Offizierkorps seines Regiments einen Vortrag
über Hitzschlag etc., welcher, in einem Beihefte*) des Militär-Wochen-
blatts 1887 veröffentlicht, eine vorzügliche, gemeinverständliche Dar-
stellung der Ursachen, des Symptomenkomplexes und der Verhütung
dieser unheilvollen Erkrankung bietet.
Kurz nach der Veröffentlichung erschien mit Erlaubniss des Ver-
fassers eine von Lieutenant D. Jung, attachirt dem belgischen Kriegs-
ministerinm, besorgte Uebersetznng des Vortrags, 'Welche in den maass-
gebenden belgischen nnd französischen Blättern höchste Anerkennung
gefunden bat.
Vor uns liegen die Augnst-Ansgaben (1887) von La Belgique
militaire (Organe de la defense Nationale), S 156 — 157 und Archives
mensuelles de medecine et de Chirurgie pratiques, S. 221 — 222, in welchen
rühmend die lichtvolle, auch dem Laien verständliche Darstellung hervor-
gehoben nnd betont wird, dass der Vortrag H.’s viele wichtige, bisher
nicht bekannte Betrachtungen über das Wesen etc. des Hitzscblags
enthält nnd dass die vom Vortragenden angegebenen Modifikationen der
Militär-Bekleidung die grösste Aufmerksamkeit aller Betbeiligten verdienen.
Ltz.
*) No. 5, bei E. S. Mittler & Sohn, Preis Mk. — ,50.
(tedinckt in der Könii^lichon Ilorbnchdrackerei Ton E. S. Mittler A Solin, Berlin , Kochstr. 66—10.
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Dentsche
Militärärztliche Zeitschrift
Redaction:
Dr. 91. Generalarzt,
Berlin, Tnobenstrattse 6,
a. Dr. c^rn9ot^> Stabsarzt,
Berlin, Kaiear Franz Grenadier-Platz 11/12.
Verlag:
f. $. aBtUfcr & f ep«,
Königliche Hofbnchhandlong,
Berlin« Kochütrafiee 68^70.
MeaaUirh eracheint ein Beft ron znindeetena 3 Druckbogen; dazn ein „Amtlichea Beiblatt“. Der
ZeitMbrifl irird das Werk: „Jahresbericht ftber die Fortschritte auf dem Gebiete des Militir-
Saa)tIts«Wesens“, heraasgegeben Tom Generalarzt Dr. Roth, nneotgeltlich beigegebon. ßestellnng
nehmen alle Postlroter nnd Bncbhandlnngen an. Preis des Jahrgangs 16 Mark.
XVII. Jahrgang. 1888. Heft 9 u. 10.
Ans dem tiamisonlazareth Altona.
Typhtis abdominalis mit Ikterus.
Von
Oberatabsarzt Dr. Pfuhl.
Der Sommer 1885 gab Gelegenheit zur Beobachtung einer Typhus-
epidemie im 1. Thüringischen Infanterie-Regiment No. 31, welche nach
verschiedenen Richtungen hin Belehrung zu bieten im Stande ist. Ich
habe daher geglaubt, gerade in unserer Zeitschrift eine Besprechung jener
üassenerkrankang eintreten lassen zu sollen, zugleich in der Hoffouug,
dass sich an dieselbe vielleicht von anderer Seite einschlägliche Mit-
tbeilungen oder Erörternngen anknüpfen dürften, welche zur Klärung
noch dunkler Punkte, oder Richtigstellung irrthümlicher Auffassungen
meinerseits dienen könnten.
Das Hauptinteresse der Epidemie bezieht sich auf zwei Momente;
nämlich erstens die Entstehungsweise der Erkrankungen und
zweitens eine wichtige Komplikation, den Ikterus.
Das Regiment No. 31, welches ini vorigen Jahrzehnt, als der grösste
Theil desselben in alten, noch ans dänischen Zeiten stammenden, mitten
'n der Stadt in engen, winkeligen Strassen gelegenen Kasernements
ontergebracht war, unr wenig nnter typhösen Erkrankungen zu leiden
batte, weist seit Beginn der achtziger Jahre, nach dem Bezieheu der drei
neuen Kasernen 1880, bezw. 1882 und 1883, einen ziemlich hohen jähr-
25
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386
liehen Zugang an Abdominaltyphns auf. Ja in den letzten Jahren hat
sich sogar ein immer grösseres Anwachsen dieser Krankheit im Regi-
ment bemerklich gemacht. (In den 14 Jahren vom 1. April 1873 bis 1887
gingen vom Regiment 211 Fälle zu, von denen 13 tödtlich verlaufen sind.)
Die Ursachen dieser eigenthümlichen Verhältnisse sind bisher nn-
aufgeklärt geblieben, und alle bezüglichen Deutnngsversuche liegen fast
gänzlich auf dem Gebiete der reinen Hypothese. Indess mag schon hier
vorweg bemerkt werden, dass, wie weiter nnten ausführlicher zu be-
sprechen, der Typhus auch unter der Zivilbevölkerung Hamburg-Altonas,
ans bisher unbekannten Gründen, in letzter Zeit immer mehr um sich
gegriffen, ja einen epidemischen Charakter angenommen hat. — Ob der
interessante „Beitrag zur Aetiologie des Abdominaltyphus“ von Stabsarzt
Gel au (Heft 6 des Jahrgangs 1887 dieser Zeitschrift) — wenn er auch
hinsichtlich der Zivilbevölkerung aus nahelicgcuden Gründen weniger vou
Belang sein dürfte, — vielleicht geeignet ist, für die fraglichen ur-
sächlichen Verhältnisse im Regiment No. 31 einen Fingerzeig zu geben,
lasse ich dahingestellt. Möglich ist es immerhin, dass auch hier der
Typhuskeim nicht in erster Linie in den Kasernements selbst, sowie
deren Untergründe nnd nächster Umgebung zu suchen ist, sondern der
Bekleidung der Mannschaften bezw. den Montirungsstücken — selbst-
verständlich den getragenen. — anhaftet, von welchen aus er immer wieder
(beim Klopfen, Bürsten u. s. w.) von Neuem in den Wohnräumen aus-
gestrent wird. Das Trinkwasser, welches ans der städtischen Wasser-
leitung entnommen wird, besitzt und besass speziell im Sommer 1885,
wie durch zahlreiche bakterioskopische Untersuchungen meinerseits fest-
gestellt ist (s. diese Zeitschrift 1886, Heft 1) eine vorzügliche Qualität
und kann mit ziemlicher Sicherheit als schädigendes Moment ausgeschlossen
werden.*) Freilich haben auch die im Herbst 1886 vorgenommenen
bakteriologischen Untersuchungen der Beinkleider nnd Unterbeinkleider
*) Wenn Simmonds das epideiniselic Auftreten des Typhus unter der Ziril-
bcTölkerung Altonas darauf zurüekführt-n zu können glaiiht (Deutsche Vierteljahres-
Schrift für öffentliche Gesundheitspflege. Ilund XVIII, Heft 4), dass dieselbe ihr
Wasser, ebenso wie die Hamburger, aus der Elbe bezieht, so Übersicht er eben,
dass das Altonaer Elbwasser in vorzüglichen Filterwerken der Reinigung
unterworfen wird, was bedauerlicherweise in Hamburg nicht geschieht. Ohne
W’eiteres aber annchmen, da.ss die unter sachkundiger Aufsicht und Kontrolle
arbeitenden Wasserwerke Altonas den Typhusbazillen den freien Durchtritt durch
die Filter gestatten, heisst doch nur, die z. Z. besten aller bygienisehen Ein-
richtungen zur Herstellung tadellosen Trink wasssers für grosse Städte auf Gruiul
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r
— 387 —
erkrankter Mannschaften auf Typhnsbazillen zu keinem positiven Er-
gebniss geführt. Dieselben sind indess noch nicht zahlreich genug, um
ein bestimmtes Urtheil in der fraglichen Richtung zu gestatten.*)
Im Winter 1884/8.5 hatten sich die typhösen Erkrankungen im
.^1. Regiment in verhältnissmässig engen Grenzen gehalten, indem im
Ganzen nur 10 Fälle zngingen; nnd zwar 1 im November, 4 im
Dezember 1884, 1 im Januar nnd 4 im März 1885. Das Sommersemester
1885 setzte im April und Mai mit je 4 Fällen ein. Scheinbar ohne jede
äussere Veranlassnng erhob sich indess die Erkrankungszahl im Juni auf
das Doppelte (8 Zugänge bis 28. Juni). Nach einer siebentägigen Pause
schnellte plötzlich die Morbiditätsziffer im Juli weiter rapide in die Hohe
and erreichte die stattliche Zahl von 26 Zugängen, welchen sich im
.^ngust noch weitere 15 Fälle anschlossen. Von da ab erlosch die
Massenerkrankung ebenso plötzlich, wie sie begonnen hatte.
Dieselbe umfasste also in den drei genannten Monaten im Ganzen 49 Fälle.
Die beifolgende Tabelle bezw. Kurven machen die betreffenden Ver-
hältnisse im Halbjahr deutlich.
Was nun die Beschaffenheit der 49 KrankheitsfSlle betrifft, so ge-
hörten der schweren, ausgesprochenen Form des Typhus ab-
dominalis mit allen charakteristischen Erscheinungen desselben an:
10 Fälle (No. 11 der Krankheitsnbersicht). Es folgten 15 weniger aus-
gesprochene, unter „gastrisches Fieber“ (No. 10) geführte Zugänge.
Nebenher gingen noch 24, unter dem Bilde eines fieberhaften Magen-
Darmkatarrhs einsetzende, abortive Erkranknngsformen (No. 81/85),
velche in so charakteristischer Weise anftraten und verliefen, dass sie
anzweifelhaft auf dieselbe Entstebnngsursache zurückgefnhrt werden
mossten.
einer blossen , Möglichkeit“ hin diskreditircii. Und dass Sinimonds im Grunde
genommen dies selbst nicht will, geht aus den Schlussausführungen seiner Arbeit
terror, in welchen er sowohl für die grüsstmögliche Fernhaltimg von Ver-
nnreinigungen, als auch die Filtration des Elbwassers im Grossen für die Stadt
Hamburg ausdrücklich eintritt.
*) Die betreffenden Untersuchungen geschahen in folgender Weise: Mit
ttwiler Schere wurden schmutzige resp. mit Kothmassen verunreinigte Stellen der
f«-iis8gegend der betreffenden Kleidungsstücke entfernt und theils in sterilem Wasser
»nigenommen, theils in steriler Schule fein pulverisirt. Aus beiden Proben wurden
alsdann in bekannter Weise Gelatineplatten hcrgcstellt, welche uusuaiimslos ver-
Kliiedene, indess immerhin nur wenige llukterienarten (Kokken und Bazillen) ent-
biellen, aber niemals Xypbusbazilleu erkeuueu liesscu.
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Typhus im Sommer 16S5.
Datum.
April
Mai
Jani
Juli
August
September
SoniK
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19.
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—
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20.
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1
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1
21.
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4
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4
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1
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23.
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1 _
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2ü.
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1
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2G.
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27.
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28.
1
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1
1
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4
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1
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30.
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1
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1_
31.
—
—
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2
—
—
.Summe
8
2G
15
57
8 49
67
Digitizc
389
Typhus im Sommer 1885.
2. Typhui (No. 11 der KrankheitsDbersicht) — o — o —
3. Gattrieche* Fieber (No. 10 - - )
4. Magendarmkaiarrhe (No. 81/85 - - )
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390
Auf das I, Bataillon entfallen im Ganzen 14, auf das II. 21, anf
das Füsilier- Bat. 14 Zugänge. Von ansgesprochenem Typhus gehürten
4 dem I., 5 dem II. und 1 dem Füsilier-Bat. an, während von gastrischem
Fieber 7 dem I., 3 dem II. uud 5 dem Füsilier-Bat. zufallen. Von den
Abortivformen kommen auf das I. Bat. 3, auf das II. Bat. 13, auf das
Füsilier-Bat. 8 Fälle.
Die einzelnen Compagnien sind folgendermaassen betheiligt :
Typhus
Gastrisches Fieber
Magenkatarrh
1. Comp. =
1
Mann,
= 0 Mann,
= 2 Mann,
2.
=
2
-
= 2
-
= 0
-
3.
=
0
-
= 4
-
= 1
-
4.
=
1
-
= 1
-
= 0
-
5.
* s=:
0
-
= 0
-
= 4
-
6.
==
3
-
= 0
-
= 3
-
7.
=
1
-
= 1
-
= 3
-
8.
=
1
-
= 2
-
= 3
-
9.
=
0
-
= 2
-
= 4
-
10
=
1
-
= 1
-
= 1
-
11.
- =
0
-
= 1
-
= 1
-
12.
0
-
= 1
= 2
-
10 Mann
15 Mann
24 Mann
Wie die Kurve lehrt, traten fast alle schweren Erkrankungen im
Jnli und Augnst auf: nämlich von Typhus 10 (Juli 6), von gastrischem
Fieber 15 (Juli 10), während von den leichten Formen 8 dem Juni and
10 bezw. 6 dem Jnli und Augnst angehörten.
Der Verlauf der einzelnen Erkrankungen wich bei der Mehrzahl der
Fälle im Allgemeinen von dem gewöhnlichen nicht ab und endete, mit
Ausnahme eines einzigen, mit dem Tode abgegangenen Falles, mit völliger
Wiederherstellung der Kranken. Bei einer Anzahl von Patienten jedoch
nahm die Krankheit ein ganz eigenthümliches Gepräge an; es stellte sich
nämlich frühzeitig ein mehr oder weniger intensiver Ikterus von ver-
schieden langer Dauer ein. Auf diese Fälle non, 9 an der Zahl, kou-
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391
sentrirt sich, wie gesagt, das Interesse der Epidemie und ich lasse die-
selben daher im möglichster Kürze nach den Journalblättern and Privat-
Dotizen, nnd zwar in der Reihenfolge ihres Zugangs, hier folgen;
1. Musketier W. der 3. Comp., 6. 7. 85 zugegangen, 7. 8. 85 ent-
lassen. (Mittelschwerer Fall.)
Anamnese: Am 5. 7. in der Kaserne No. III, Stube 151, mit Kopf-
schmerz, Schwindel, Frost und Hitze erkrankt, am 6. krank gemeldet
und dem Lazareth überwiesen. Hat vom 21. Juni bis 5. Jnli gebadet
Status praesens bei der Aufnahme: Klagen über grosse
Schwäche, Schwindel, Ilinterbauptskopfschmcrz und Appetitmangel. Zunge
stark belegt, an der Spitze roth, trocken. Tympauie. Bauchdecken ziemlich
stark gespannt. Milzdämpfung vergrössert, reicht bis zur vorderen
Axillarlinie. Ueber beiden Lungen hinten trockenes Rasseln, keine
Dämpfung. Am Herzen keine Abnormitäten. Temp. 39,G, Puls 96.
Radialis mittelweit, Pulswelle schwach dikrot, mittelboch. Spannung
gering. Stuhl angeblich diarrhöiscb.
Diät: Milch, Bouillon, Wein. Innerlich Acid. muriat Bad von 16°,
sowie Temp. 39,5 im Rektnm (Tag nnd Nacht).
7. Juli. Klagen über Husten [und stärkere Kopfschmerzen, sowie
Schmerzen im Halse. Racbengebilde stark geröthet nnd mässig ge-
schwollen. Alhmungsgeräuscb R. II. U. verschärft vesikulär, Rasseln
wie gestern. Milzdämpfnng noch mehr vergrössert. Temp. 39,4 bis 40,1,
Puls 90 bis 104.
8. 7. Temp. 38,3, Puls 80. Abdomen auf Druck überall empfindlich,
Zunge unverändert, nur etwas feuchter; zwei dünne, hellbraune Stühle.
Temp. 38,7, Puls 86.
9. 7. Die Farbe der Haut zeigt ein gelbliches Kolorit, auch
die Konjunktiven leicht ikterisch; Stuhl breiig, gelbbraun; Urin
dunkelgelb, klar, spez. Gew. 1019, Menge 1200 ccm. Temp. 38,7 bis 38,9,
Puls 82 bis 83, leicht dikrot.
10. 7. Ikterus hat bedeutend zugenommen; Urin braungelb mit
einem Stich ins grünliche (schwache Gallenfarbstoffreaktion), spez. Gew.
1020. Ord.: Infusum rad. Rhei. mit Natr. bicarb. Temp. 38,8, Puls 75.
Stuhl graugelb, dickbreiig.
12. 7. Temp. seit gestern bedeutend gesunken: Abends 38,3, Puls 56.
Allgemeinbefinden besser, hin und wieder etwas Hautjucken. Temp. 37,2.
Puls 48. Abends 37,3, P. 50.
16. 7. Der Ikterus hat abgenommen, Allgemeinbefinden gut. Temp.
normal. Puls 50.
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392
7. 8. Nachdem W. sich seit Mitte Juli gut befanden und der Ikterus
mit seinen Begleiterscheinungen völlig geschwunden ist, wird derselbe
geheilt entlassen. —
2. Musketier L. der 8. Comp., 9. 7. zagegangen, 9. 8. 85 entlassen.
(Mittelschwerer Fall.)
Anamnese: L. erkrankte angeblich am 8. 7. nach dem Baden mit
Frost, nachfolgender Hitze, Kopf- und Halsschmerzen; will vor 2 Jahren
kaltes Fieber gehabt haben. Kaserne II, Stube 64.
Status praesens bei der Aufnahme: Rachengebilde geröthet,
Mandeln geschwollen. Unter dem rechten Unterkieferrand diffuse
Schwellung der Weichtheile. Zunge stark weiss belegt, Bauch nicht anf-
getrieben. Milzdämpfong vergrössert; in den Langen nichts Abnormes,
ebensowenig am Herzen. Temp. 40,0, Puls 100. Ord.: flüssige Diät,
Gurgeln mit Kal. chloric. 15,0 : .500,0, Eispillen, ein Gramm Chinin.
10. 7. Zustand unverändert. Temp. 39,4, Puls 96, leicht dikrot.
Abends Temp. 40,3, Puls 120. Radialis eng, Welle niedrig, sehr geringe
Spannung.
11. 7. Heut Morgen Nasenbluten, Diarrhöe (5 Stähle). Temp.
38,0, Puls 96; sonst wie gestern. Abends 39,6, Puls 104.
12. 7. Auch heute wieder sehr starkes Nasenbluten, welches
erst auf vordere Tamponade des rechten Nasenlochs zum Stehen
kam. Temp. 40,3, Puls 100. Antipyrin, wonach die Temperatur auf
38,1 heruntergeht. Pols 96.
13. 7. Leicht ikteriscbe Färbung der Haut und Konjunktiven.
Leberdämpfung nicht vergrössert. Auf dem Abdomen einige Roseola-
flecke. Stuhl graubraun, dickbreiig. Urin 1600 ccm, spez. Gew. 1010,
schwache Gallenfarbstoffreaktion. Temp. 38,8, Puls 86. Abends 38,6,
Puls 80.
15. 7. Ikterus unverändert. Allgemeinbefinden etwas besser. Temp.
38,6, Puls 75. Abends 38,1, Puls 71. Stuhl fast thonfarben, dickbreiig.
17. 7. Stat. idem. Temp. 37,.5, Puls 70.
18. 7. Ikterus deutlich schwächer geworden. Temp. und Puls
normal, Urin frei von Gallenfarbstoff.
25. 7. Ikterus verschwunden, Allgemeinbefinden gut. Pat. ausser Bett.
9. 8. Nachdem die Rekonvaleszenz ungestört fortgeschritten, wird
L. zur Beurlaubung ins Revier entlassen. —
3. Füsilier G. der 10. Comp., am 9. 7. zngegangen, am 22. 8. 85
entlassen. (Mittelschwerer Fall.)
Anamnese: G. will schon längere Zeit nach dem Bade Kopf-
Diniu, .id i)y Giioglc
393
acbmerxen gehabt haben. Am 8. 7. werden dieselben nach dem Bade
sehr heftig. Es stellte sich mehrmals Frost and am Nachmittag in der
[nstmktion Schwindel und Hitze ein. Am 9. 7. krank gemeldet (hat vom
25. Juni bis 8. Jnli gebadet). Kaserne II, Stabe 70.
Status praesens bei der Aufnahme: Zunge belegt, Rachengebild«
gerötbet, leicht geschwollen; Bauch flach, weich, nicht druckempfindlich.
Milzdämpfung kaum vergrössert. Ueber den Lungen normaler Schall,
hinten beiderseits spärliche Rhonchi. Herztöne laut und rein. Temp.
40,2, Puls 96. Angeblich Diarrhöe.
10. 7. Schlechter Schlaf, sonst im Wesentlichen derselbe Zustand.
Temp. 38,9, Puls 80. Abends 39,2, Puls 86. Acid. muriat., flüssige Diät.
11. 7. Milzdämpfung vergrössert, Klagen über Brust- und Hals-
scbmerzen. Objektiv keine weiteren Veränderungen. Temp. 39,.5,
Pnls 90.
12. 7. Haut und Konjunktiven ikterisch gefärbt. Leber-
dämpfnng von der 5. Rippe bis einen Finger breit über den Rippenrand
reichend (in der Parasternallinie) ; Organ druckempfindlich. Urin bräun-
lich grün, ohne Eiweiss, spez. Gewicht 1009, Temp. 38,1, Puls 82. Drei
dünne Stühle von graubrauner Farbe.
13. 7. Die Temperatur ist mit der zunehmenden ikterischen Hant-
färbung gesunken, 36,9, Puls 70. Allgemeinbefinden gut. Urin wie
gestern. Stuhl ebenfalls.
16. 7. Klagen über Hautjucken und grosse Mattigkeit.i Temp.
normal. Puls 60. Infus. Rbei mit Natron bicarb.
18. 7. Zustand fieberfrei geblieben. Noch immer grosse Hinfällig-
keit. Sonst keine Veränderung. Stuhl hellbraun, fest.
25. 7. Appetit gut. Urin dunkelgelb, ohne deutliche Gallenfarb-
Btoffreaktion.
3. 8. Patient ausser Bett; Allgemeinbefinden gut.
13. 8. Rekonvaleszenz ungestört fortgeschritten , doch besteht noch
immer ein gewisser Grad von Gelbsucht.
18. 8. Erste Form bei sehr gutem Allgemeinbefinden. Sklera
noch leicht ikterisch.
22. 8. Ins Revier zur Beurlaubung entlassen. —
4. Füsilier D., der 11. Comp. Am 10. 7. zugegangen, 15. 10. 8.5
entlassen. (Mittelschwerer Fall.)
Anamnese: Angeblich am 10. 7. beim Gewehrputzen mit Schwindel,
Frost und nachfolgender Hitze erkrankt. Meldete sich am Mittag revier-
krank und wurde sofort ins Lazareth überführt. Ursache der Erkrankung
oobekannt (hat 4 Wochen gebadet). Kaserne 11, Stube 56.
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394
Status praesens bei der Aufnahme: Zunge intensiv belegt,
Heiserkeit. Racbenscbleimhaut dunkelroth, feucht Bauchdecken etwas
gespannt. Milz nicht deutlich vergrössert, desgl. die Leber. Seit 2 Tagen
Durchfall. Temp. 4Ü,3, Puls 96. Ueher den Lungen keine Dämpfung,
einige Rhoncbi. Ilerzdämpfung von normalem Umfang. Töne etwas
schwach, aber rein. Ord.; Acid. muriat. 1,0:180,0.
13. 7. Nachdem sich am 11. und 12. der Zustand nicht verändert
hatte, findet sich heute leichter Ikterus. (Temp. am 11. 7. 39,2,
P. 96, Abends 40,1, P. 118. Am 12. 7. 38,6, P. 92, Abends 39,1, P. 96.)
Leberdämpfung reicht von der 5. Rippe in der Parasternallinie bis 2 cm
über den Rippenrand; Organ nicht druckempfindlich. Milz bis über die
vordere Axiilarlinie, nicht zu fühlen. Einige Roseolaflecke auf dem Ab-
domen. Im Urin geringe Mengen Eiweiss. Ausser einigen Rund-
zelleu und frischen Nierenepithelien, keine Formbestandtheile. Stuhl
hellbraun, dünnbreiig. Temp. 38,3 bis 38,9, Puls 80 bis 86.
14. und 15. 7. Keine Veränderung. Temp. zwischen 38,3 und 39,5.
Radialis mittelweit, Welle niedrig, nicht deutlich dikrot, geringe Spannung,
80 bis 90 Schläge. Stühle gelbbräunlich.
16. 7. Der Ikterus hat bedeutend zngenommen. D. fühlt sich
sehr matt, doch ist das Fieber gesunken: Temp. 38,0 bis 38,2, Puls
60 bis 70. Urin braungelb, spez. Gew. 1012; etwas Eiweiss; einige
hyaline Cylinder neben wenig veränderten Nierenepithelien, vereinzelte
Rundzellen. Stuhl unverändert, hell.
18.7. Seit gestern Morgen ist D. fieberfrei; er bekommt Appetit.
Puls 48.
26. 7. Subjektives Wohlbefinden, nur etwas Mattigkeit.
13. 8. Rekonvaleszenz ungestört fortgeschritten, doch besteht noch
immer etwas Ikterus.
20. 8. Die Sklera und der weiche Gaumen noch leicht ikterisch.
Stuhl gut gefärbt, Urin hellgelb. Pat. erholt sich nur langsam. Mattigkeits-
gefühl besteht fort. Vegetative Funktionen sonst in Ordnung. Gegen
Ende August beginnt ein starkes Ausfallen der Haare.
19. 9. Pat. sehr anämisch; es besteht nahezu Kahlköpfigkeit. Ord.;
Tinct. ferri pomat., 3 mal täglich 15 Tropfen.
15. 10. Eisen bis jetzt fortgebraucht, doch sieht Pat. immer noch
anämisch aus. Kräfte- und Ernährungszustand indess befriedigend, daher
geheilt entlassen. —
5. Musketier St. der 6. Comp. 15. 7. zugegangen, 14. 8. 85 ent-
lassen. (Mittelscbwerer Fall.)
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395
Anamnese; Erkrankte am 13. 7. mit Kopf- nud Krencschmerzen,
Appetitlosigkeit nnd Hitze, meldete sich 15. 7. krank nnd wurde sofort
ins Lazareth anfgenommen (bat 3 Wochen gebadet). Kaserne I, Stube 114.
Status praesens bei der Aufnahme: Zunge belegt, Leib druck-
empfindlich, überall Gurren. Keine Roseola. Milzdämpfung vergrössert.
Ueber den Lungen hinten stellenweis verschärftes Vesikulärathmen, etwas
Pfeifen und Schnurren. Am Herzen keine krankhaften Veränderungen.
Temp. 40,0, Puls 116. Ord.: Flüssige Diät Oleum Ricini, dann Acid.
mur., zweistündlich.
16. nnd 17. 7. Keine Veränderung. Mehrere dünne Stühle von
hellbrauner Farbe. Urin ohne Albernen. (16. 7.: Temp. 39,6, Abends
40,3; P. 100 bis 118. 17. 7.: Temp. 39,9, Abends 41,0; P. 106 bis 128.)
18. 7. Unruhige Nacht Sensorium benommen, Milzdämpfung bis
etwas über die vordere Acbsellinie, Organ nicht palpabel. Urin ohne
Eiweiss, spez. Gew. 1015. Drei dünne Stühle. Temp. 38,9 bis 39,7.
Puls 90 bis 96.
19. 7. Die Haut hat eine ikterische Färbung. Sensorium frei.
Leber 1 bis 2 cm unter dem Rippenbogen fühlbar, etwas druckempfindlich.
Temp. 38,6 bis 38,8. Puls 80 bis 90.
20. 7. Pat. ist fieberfrei. Urin gelbbrännlich , spez. Gew. 1010,
1200 ccm in 24 Stunden. Kein Eiweiss.
26. 7. Fieberfrei geblieben. Appetit beginnt sich einznstellen.
Stuhl dickbreiig, hellbraun, 2 mal täglich. Urin in den letzten Tagen
zwischen 1009 bis 1012 spez. Gew., Menge ca. 1400.
14. 8. Die Rekonvalescenz ist ungestört fortgeschritten, St. sieht
gut aus nnd wird zur Beurlaubung ins Revier entlassen. —
6. Füsilier H. der 12. Comp. Am 22. 7. zngegangen, am 14. 8. 85
entlassen. (Mittelschwerer Fall.)
Anamnese: H., der am 17. 7. mit dem Schwimmen fertig geworden,
leidet schon seit ca. 14 Tagen an zeitweiligen Durchfällen. In den
letzten 3 Tagen will er mehrmals Frost nnd Hitze mit nachfolgendem
Schweiss gehabt haben. Am 21. krank gemeldet, am 22. 7. ins Lazareth
anfgenommen. Kaserne II, Stube 185.
Status praesens bei der Aufnahme: Temp. 39,0, Puls 96. Zunge
belegt Milz vergrössert. Druck in der Milzgegend unter dem Rippen-
raod sehr empfindlich, Milz nicht zu fühlen. Hinten über beiden
Longen trockenes Rasseln und verschärftes Vesikulärathmen. Herz ohne
Abnormitäten. Ord.: Flüssige Kost Inf. Ipecacuanh. 0,5 : 200,0, Syr.
simpl. 10,0 2 stündlich 1 Esslöffel. Bad von 18 ° bei Temp. 39,5 im
Rectnm.
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396
23. 7. Wenig Schlaf, unangenehrae Träume. Schmers in der Mili-
gegend geringer. Sonst stat. idem. Temp. 38,6 bis 39,3, Puls 86 bis 90.
24. nnd 23. 7. Im Wesentlichen derselbe Zustand. Fieber Abends
bis 39,6.
26.7. Schlaf unruhig. I.«icbter allgemeiner Ikteriis. Temp. 39,4,
Puls 92. 5 dünne, hellbraune Stühle. Urin dunkelgelb, ohne Eiweiss.
30. 7. Das Fieber, welches zwischen 39,0 und 40,0 geschwankt, ist
seit 28. 7. beruntergegangen; gestern Abend Temp. 38,0. Heute
Morgen ist Pat fieberfrei. Puls 48. Durchfälle haben aufgehört, täg-
lich ein geformter, hellbrauner Stubl.
2.8. In den letzten Tagen sehr starker anhaltender Sch weiss.
IlantHirbaog noch ikterisch. Stühle beinahe thonfarben, fest
14. 8. Gutes Allgemeinbefinden, objektiv nichts Krankhaftes nach-
weisbar. Zur Beurlaubung entlassen. —
7. Musketier D. 2. Comp. Am 25. 7. zugegangen, am 13. 9. 85
geheilt entlassen. (Schwerer Fall.)
Anamnese: Erkrankte am 25. 7., unmittelbar nach dem Bataillons-
exerziren mit Kopf- und Nackenschmurzen und grosser Schläfrigkeit
Er meldete sich am selben Tage revierkrank nnd wurde sofort dem
Lazareth überwiesen. (Hat vom 1. bis 24. Juli gebadet.) Kaserne III,
Stube 116.
Status praesens bei der Anfnabme: D. liegt mit geschlossenen
Augen da, öffnet dieselben jedoch auf Anrufen nnd giebt verständige
Antworten, um aber dann wieder in den somnolenten Zustand zu ver-
fallen. Bewegungen des Kopfes werden ausgeführt, sind aber angeblich
schmerzhaft Erbrechen war nicht vorhanden. Pupillen gleich weit,
träge reagirend. Bauchdecken etwas gespannt, nicht druckempfindlich.
Milz vergrössert. Lungen ohne Dämpfung, hinten wenige Rhonchi.
Spitzenstoss des Herzens im 5. I. C. R., nicht verbreitert, nur etwas
höher als gewöhnlich. Der erste Ton war etwas dumpf, die übrigen laut
und rein. Zweiter Pulmonalton etwas stark accentuirt. Temp. 40,0, Puls
120, nicht dikrot, etwas celer, mittelhocb, mittlere Spannung. Ord.:
Milch, Bouillon. Acid. mur. Eisblase auf den Kopf.
26. 7. Gestern zweimal galliges Erbrechen. Es besteht eine gewisse
Steifigkeit der Nacken m uskulatnr, aktive und passive Bewegungen
sind schmerzhaft. Ueberhäupt verzieht der Kranke bei jeder Bewegung
das Gesicht, weil durch dieselben die Kopf- und Nackenschmerzen ge-
steigert würden. Lähmungen oder Kontrakturen bestehen nicht, dagegen
leichter Tremor der Hände.
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397
Baach und Brust sind mit ca. linsengrossen, rothen, im Niveau
der Haut liegendeu, Flecken bedeckt, welche auf Fingerdruck nicht
gani verschwinden.
Bauch etwas eingesunken. Sensorium ist frei, doch besteht die
Schläfrigkeit noch fort.
Temp. 39,5, Puls 120, Rad. ziemlich eng, Welle niedrig, ohne Irre-
gularität, sehr geringe Spannung. Respiration 20. Ord.: Eisblase in
den Nacken und auf den Kopf. 1 TheelöfFel Carlsbader Salz. Temp.
Abends 40,9, Puls 126. Herztöne schwach, aber rein.
27. 7. Kein Schlaf, beängstigende Träume. Sensibilität vollkommen
erhalten, aber nicht gesteigert Klagen über Halsschmerzen. Druck
unmittelbar unter dem rechten Unterkiefer winkel sehr empfindlich; eine
Drüse daselbst stark angeschwollen. Racbengebilde dunkelroth, ödematös
geschwollen. Stimme heiser. Temp. 39,6 bis 40,3, Puls 96 bis 116. Im
Urin kein Eiweiss.
28. 7. Fast gar kein Schlaf. Sensorium vollständig frei. Klagen
über heftige Schmerzen im Kopf, Nacken und allen Gliedern. Sensibilität
der Haut in der Gegend des Nackens bedeutend erhöht Man fühlt unter
dem rechten Unterkieferwinkel deutlich einen festen, ca. 6cm langen
Strang, welcher sich vor dem Sternocleidomastoideus in die Tiefe senkt
(Thromben in der vena jugularis?). Druck auf denselben ist äusserst
schmerzhaft Stauungsersebeinungen fehlen. (Ausfluss aus den Obren
bat nie bestanden.)
Arme und Beine können nur mit Anstrengung ein wenig bewegt
werden, doch scheinen eigentliche Lähmungen zu fehlen. Die linke
Papille ist etwas weiter als die rechte. Reaktion sonst wie bei der Auf-
nahme. Bauch kahnförmig eingesunken, einmal Erbrechen. Temp. 40,3,
Puls 138, kaum fühlbar, irregulär. Abends Temp. 40,8, Puls 132.
30. 7. Seit gestern ist ein intensiver Ikterus der Haut und
Konjunktiven aufgetreten. Hand in Hand damit ging ein Sinken des
Fiebers: Gestern Temp. 38,6 bis 38,8, Puls 116; heut Temp. 37,7.
Sensorium vollständig frei. D. klagt jetzt hauptsächlich über Schmerzen
in der Magen- und Lebergegend. Kopf- und Nackenschmerzen, sowie
die Nackensteifigkeit verschwunden. Leib noch kabnförmig eingezogeii,
last bretthart. (Während der Visite tritt einmaliges Erbrechen ein.) Die
Leber überragt den Rippenrand um 2 Querfingcr und ist auf Druck sehr
empfindlich. Milzdänipfnng unverändert gross, Organ nicht palpabel.
Puls noch sehr frequent, 120. Am Herzen und den Lungen nichts Ab-
normes nachweisbar. Urin bierbraun, trübe, deutliche Gallenfarbstoflf-
reaktion. Kein Eiweiss. Spez. Gew. 1016.
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398
31. 7. Klagen beziehen sich heute nnr anf Leibschmerzen, die nicht
nur auf die Lebergegend beschränkt sind. Schlaf war etwas besser. Pols
bedeutend kräftiger, doch noch immer sehr frequent, 120. Herztöne
rein, Temperatur normal geblieben, Urin wie gestern, viel Sediment,
spez. Gew. 1020.
1. 8. Leibschmerzen geringer, D. klagt nur über grosse Schwäche.
Puls bei Temp. 37,6=114; Arterie eng, Welle niedrig, etwas ungleich,
Spannung gering. Ikterus bat noch an Intensität zngenommen,
so dass besonders die Konjunktiven grün gefärbt sind. Stuhl besteht ans
festen, trockenen, thonfarbenen Bröckeln. Im Urin reichlich Gallcnfarb*
Stoff, sowie Gallensäuren mittelst Reaktion nachweisbar. Viel roth-gelbes
Sediment, kein Albnmen. Spez. Gew. 1018.
2. 8. Ziemlich gute Nacht, subjektives Befinden besser. Die Leib-
schmerzen beschränken sich jetzt auf die Gegend des unteren Leber-
randes. Puls heut 78, Arterie über mittelweit, Welle mittelboch, lang-
sam, Spannung besser.
7. 8. Schlaf dauernd gut, keine Klagen mehr. Ikterus im Abnehmen
begriffen. Appetit gesteigert.
17. 8. Ikterus hat bedeutend abgenommen, das subjektive Befinden
sehr gut.
20. 8. Sklera nnd Gaumen noch deutlich ikteriscb. Stnhl andauernd
normal gefärbt. Urin desgleichen. Pat. seit 2 Tagen ausser Bett.
30. 8. Zunehmende Kräftigung, vegetative Funktionen in bester
Ordnung.
13. 9. Rekonvaleszenz hat ihren ungestörten Fortgang genommen,
so dass Pat bei gutem Kräfte- und Ernährungszustand entlassen
werden kann. —
8. Musketier Sch. der 3. Comp. Am 5. 8. zugegangen, am
15. 10. 85 entlassen. (Mittelschwerer Fall.)
Anamnese: Erkrankte am 3. 8., nachdem er vor 14 Tagen mit
dem Baden fertig geworden war, — er hat übrigens nur 8 Tage gebadet,
da er stets heftige Kopfschmerzen danach bekam — mit Frost Hitze,
Kopfschmerzen und allgemeiner Schwäche. Frost und Hitze wieder-
holten sich am 4.; am 5. meldete sich Sch. krank und kam an dem-
selben Tage ins Lazaretb. Kaserne III, Stube 207.
Status praesens bei der Aufnahme: Zunge belegt, Milz-
dämpfung wegen ziemlich starker Tympanie nicht zu bestimmen. Bauch
nirgends druckempfindlich. In den Lungen wenige Rhonchi, sonst
nichts Abnormes. Herz ohne Veränderung, Töne rein, nirgends ver-
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stärkt. Tenp. 39,2, Pols 86. Stuhl angeblich diarrhöiscb. Ord.: Acid.
mor. zweistündlich.
6. 8. Stat. idem. Temp. 39,3 bis 39,8, Puls 86 bis 92, Zwei dünne
hellbraune Stühle.
7.8. Beginnender Ikterus. Dreimaliges Erbrechen. Ueber beiden
Lungen hinten lauter Schall, stellenweise verschärftes, vesikuläres
Athmungsgeräusch und diffuses, trockenes Rasseln. Temp. 38,9, Puls 88.
8. 8. Ikterus intensiver geworden. Hand io Hand damit Sinken der
Temperatur und des Pulses; Gestern Abend 37,9, heut Morgen 37,2,
Pols 68. — Indess besteht die Brechneigung fort, so dass fast alles
Genossene, auch die Getränke, wieder entleert wird. Urin gelbbraun,
ohne Eiweiss, spez. Gew. 1010, Menge 1400 ccm. Ord.: Eisstückchen
und Tinct. Opii. Zwei dünnbreiige, ziemlich belle Stühle.
9. und 10. 8. Erbrechen hat sich nur noch am 9. zweimal wieder-
holt, seitdem nicht mehr. Sonst keine Veränderung. Zustand fieberlos.
Puls zwischen 58 und 68.
11. 8. Zunahme des Ikterus. Starkes Nasenbluten. Urin
trübe, stark sedimentierend, 1800 ccm, spez. Gew. 1014, eiweissfrei*
Stuhl fest, graogelb.
13. 8. Weitere Zunahme des Ikterus. Geringes Nasenbluten
heute Morgen. In den Konjunktiven einzelne, Stecknadelkopf- bis fast
iiosengrosse Hämorrbagien. Puls andauernd sehr niedrig, 48 bis 56.
Urin 1900, spez. Gew. 1013, trübe; Spuren von Albumen, einzelne
Cjlinder, einige Rundzellen und gut erhaltene Nierenepithelien.
15. 8. Abermaliges, weniger reichliches Nasenbluten. Sonst
keine Veränderung. Kein Stuhl. Urin wie am 13. 8.
18. 8. Nasenbluten seit 15. 8. nicht wiedergekehrt. Haut goldgelb
gefärbt. Auf Eingiessung ist fester, theils entfärbter, theils brauner
Stuhl erfolgt. Urin bierbraun, Spuren von Eiweiss, einzelne Epithel-
cylioder und mehr oder minder verfettete Nierenepithelien. Pols 60,
Welle mittelhocb, Spannung gut.
19. 8. Heute einmaliges Erbrechen, angeblich nach dem Ein-
nehmen.
22. 8. Erbrechen hat sich nicht wiederholt, dagegen klagt Pat. heute
über grosse Lichtscheu. Die Untersuchung (Stabsarzt Dr. Seiler-
heck) ergiebt eine doppelseitige Iridochorioiditis. Ord.: Atropin-
eintränfclnng zweistündlich. — Pat. wird zur kombinirten Station verlegt.
24. 8. Geringe Glaskörpertrübung beider Augen.
29. 8. Keine Lichtscheu mehr, Sehschärfe normal.
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400
5. 9. Gates Allgemcinbefindea. Ikterische Färbung nimmt deutlich ab.
15. 9. Bei ruhigem Fortgang der Rekonvaleszenz bat sich starkes
Ausfallen der Haare eingestellt.
21. 9. Kräfte- und Ernährungszustand wesentlich gebessert. Kopf
ziemlich kahl. Ikterische Hautfärbung kaum noch wahrnehmbar.
15. 10. Pat. geheilt ins Revier entlassen. —
9. Musketier H. der 2. Comp. Am 1. 8. aufgenommen, am
20. 10. 85 entlassen. (Schwerer Fall.)
Anamnese: H., welcher erst am 30. Juli mit dem Schwimmeu
fertig geworden war, erkrankte am 1. August auf dem Schiessstand mit
Frösteln, Hitze, Kopf- und Leibschmerzen. Er wurde noch am Abeuii
des 1. 8. ins Lazareth überführt Ursache der Erkrankung unbekannt-
Kaserne III, Stube 167.
Status praesens bei der Aufnahme: Zunge intensiv belegt.
Abdomen etwas aufgetrieben. Milzdämpfung vergrössert, Diarrhöe.
Temp. 39,0. Puls 80. An Lungen und Herz nichts Abnormes, doch nnd
die Herztöne etwas dumpf und schwach wahrnehmbar, nur der
zweite Pulmonalton lauter.
Am 2. und 3. 8. Keine nennenswerthe Veränderung. Temp. 39,1
bis 39,9 resp. 39,3 bis 40,8. P. zwischen 90 und 100.
4. 8. Gesichtsfarbe leicht ikterisch. Starker Foetor ex ore.
Stuhl dünnflüssig, braun. Urin dunkelgelb, ohne Eiweiss. Temp. 36,9
bis 39,7. Puls 84 bis 96.
5. 8. Der Ikterus hat bedeutend an Intensität zugenommec,
erstreckt sich über den ganzen Körper und die Konjunktiven. Baocb-
decken ziemlich stark gespannt. Leberdämpfung beginnt mit der 4.,
wird intensiv an der 5. Rippe und reicht ca. 2 Finger breit über den
Rippenrand. Organ etwas druckempfindlich. Statt des Spitzenstosses
systolische Erhebungen im 4. und 5. Interkostalraum. Herzdämpfnog
am linken Brustbeinrande von der .3. bis 6. Rippe, von der linken
Mamillarlinie bis zum rechten Sternalrand. Töne dumpf, sehr leUe,
doch kein eigentliches Geräusch. Zweiter Pulmonalton verstärkt. Puls 96,
etwas unregelmässig. Rad. kaum mittelweit, Welle niedrig, ungleich,
etwas celer, Spannung gering. Temp. 38,7 bis 39,1.
6. 8. Stat. idem. Drei dünne, hellbräunliche Stühle, Urin gelb-
bräunlich, Schaum grünlich. Temp. 38,0 bis 38,1. Puls 92 bis 96.
7. 8. Ikterus noch stärker geworden. Temper, '.tur aber gleichzeitig
heruntergegangen: heute Morgen 37,4. Grosses Schwächegefühl;
Herztöne noch immer sehr leise; Puls 86 bis 90. Welle sehr niedrig.
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401
SpannDOg minimal. Urin fast bierbrann, viel Sediment, kein Eiweiss.
Spea. Gew. 1015.
8. 8. H. wurde in der Nacht von plötzlichem Blntbrechen
befallen. £a soll dabei ca. '/i Liter theils geronnenen, theils flüssigen
Blotes von hellrotber Farbe entleert worden sein. Heute hat der Ikterus
noch mehr an Intensität zugenommen, so dass die Färbung zwischen
gelbgrnn und mahagonibraun schwankt. Augen eingesunken,
dunkel halonirt. Temp. 37,0, Puls 78; seine sonstigen Qualitäten wie
gestern. Schwächegefühl hat noch zugenommen.
Auf Brust und Bauch zahlreiche Stecknadelkopf- bis hirse-
korngrosse Hämorrhagien. Lebergegend spontan und auf Druck
schmerzhaft; Milzdämpfung bis etwas über die vordere Achsellinie,
Organ nicht zu fühlen. Am Morgen ein Stuhl, welcher nur aus
ca. Liter dunkelem, geronnenem Blute bestand. Ord,: Eisblase
auf das Epigastrium, Eispillen, Opiumtinktur 2,0 : 200,0, zweistündlich
1 Esslöffel.
9. 8. Urin enthält kein, bezw. nur Spuren von Eiweiss, doch
finden sich mikroskopisch zahlreiche frische resp. wenig veränderte rothe
Blutkörperchen und einzelne Fettkörnchenzellen, indess keine Cylinder.
Gestern Nachmittag noch ein Stuhlgang, welcher lediglich aus ca. 300 g
theils flüssigen, theils geronnenen, dunklen Blutes bestand. Blutbrechen
ist nicht wieder dagewesen, auch kein Nasenbluten. Puls hat sich etwas
gehoben.
10. 8. Subjektives Befinden bis auf grosse Schwäche ziemlich
gut. Puls kräftiger, 75. Herztöne etwas lauter. Der Ikterus hat noch
mehr zugenommen. Erbrechen und blutiger Stuhlgang haben sich nicht
wiederholt. Im Urin heute nach längerem Stehen ein geringer, flockiger
Eiweissniederschlag; es finden sich einzelne breite, hyaline Cylinder
mit verfetteten Nierenepithelien und Fettdetritus, einige Rundzellen.
Menge 1900, Spez. Gew. 1012.
11. 8. Puls 68, von guter Beschaffenheit
12. 8. Auch in den Konjunktiven finden sich beut kleine
Hämorrhagien. Sonst derselbe Zustand.
14. 8. Der Ikterus hat bereits an Intensität abgenommen; Haut-
farbe quittengelb; subjektives Befinden gut, H. bekommt Appetit
Puls nicht über 60.
30. 8. Ikterus hat sehr erheblich abgenommen, doch besteht starkes
Hautjucken, welches durch ein warmes Bad beseitigt wird. Appetit gut.
Pat täglich einige Stunden ausser Bett.
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402
5. 9. In letzter Nacht schlechter Schlaf, Klagen über Leibschinerzen.
Objektiv ausser belegter Znnge nichts Abnormes nachweisbar. Temp.
38,8, Abds. 40,1. Ord.: Kalte Umschläge aufs Abdomen.
7. 9. Befinden etwas besser. Temp. 38,3 bis 39,1. Seit 5. 9. kein
Stnhl. — 01. Ricini.
15. 9. Nach mehrmaligen reichlichen Stnhlentleemngen nnd
lediglich flüssiger Diät ist Fat. heut fieberfrei. Appetit kehrt wieder,
Zunge fast rein.
25. 9. Zustand andauernd gut geblieben.
12. 10. Pat. fühlt sich noch schwach und sieht sehr anämisch us,
im Uebrigen ist das Allgemeinbefinden gut.
20. 10. H. wird zur weiteren Erholung 4 Wochen in die Heimath
beurlaubt. —
Der einzige Todesfall im Semester betrifft den Musketier L. der
2. Comp. (Kaserne III, Stnbe 63), dessen Krankheitsgeschichte hier
kurz angeschlossen werden mfige:
L., ein schwächlicher, abgemagerter Mann, ging, nachdem er am
31. 7. mit dem Schwimmen fertig geworden war, am 1. August zu
mit stark belegter Zunge, Diarrhöe, Kopfschmerz und Temp. 40,3,
Pols 120, klein. Wegen starken Meteorismos Milzdämpfung nicht genau
abzugrenzen. In beiden Lungen keine Dämpfung, hinten trockenes
Rasseln. Unter ziemlich gleicbbleibenden hohen Temperaturen, zwischen
40,0 bis 41,0 und sehr frequentem, stark dikrotem, niedrigen Pulse, stellt
sich am 5. August Somnolenz ein. Milz jetzt deutlich vergrössert, auf
dem Abdomen einzelne Roseolaflecken. In den nächsten Tagen Zunahme
der Benommenheit; Roseolen werden sehr zahlreich; Pols immer kleiner,
Atbmung stertorös. Starkes Zittern der Znnge und Glieder, Sprache
lallend. Unfreiwillige Entleerungen. Nach ausgiebigem Gebrauch von
Wein, Kampber, Aether u. s. w. geringe Besserung.
Am 8. 8. tritt quälender Husten auf. Ueber den Longen beiderseits
reichliches trockenes Rasseln, hinten leicht gedämpft-tympanitischer
Schall, Athmen verschärft, vesikulär; kein Auswurf. Diese Erscheinungen
blieben in den nächsten Tagen fast nnverändert bestehen; die Temperatur-
kurve zeigte eine fortdauernd hohe Kontinua von 40,5 bis 41,0.
Am 13. 8. im Urin reichlich Eiweiss, hyaline Cylinder und
weisse Blutkörperchen. Expektoration sehr schwierig, Sputum zäh,
stark eitrig. Dyspnoe nimmt zu. Hochgradiger Meteorismos, starke
Diarrhöe (Bismuth. sobnitric. 0,3, Pulv. gummös. 0,5, 3 mal täglich).
Unter Zunahme der Athemnoth und Herzschwäche erfolgt 18. 8. der
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403
Exittu letalis. Die Sektion wurde von den Angehörigen nicht
gestattet. —
Wenn wir ans nnnmehr ansere Epidemie etwas näher ansehen, so
atossen wir zunächst betreffs der Frage nach den Entstehangs-
arsachen derselben auf nicht geringe Schwierigkeiten.
Wie oben erwähnt, herrscht der Typhus in dem genannten Truppen-
theil endemisch; man könnte also, wie das ja anderweitig oft genug
beobachtet ist, an eine einfache Steigerung der Frequenz denken, bedingt
durch das einmal vorhandene Krankheitsgift. Hiergegen spricht aber
zunächst der Umstand, dass gerade diese Zunahme in eine Jahreszeit
fällt, welche erfahrnngsgemäss im Allgemeinen die niedrigste Erkrankungs-
ziffer anfzuweisen pflegt, während das eigentliche Anschwellen der
typhösen Erkrankungen Ja in der Regel den Herbstmonaten angehört.
Ferner aber deutet die ganze Art, sowie die näheren Umstände des
Auftretens der fraglichen Massenerkrankung auf ein anderes, neu
binzngekommenes, schädigendes Moment bin. Die Hauptzogänge im
Juli und August nämlich vertheilen sich auf eine relativ ganz kurze
Zeit, indem von sämmtlichen 49 in Frage kommenden Fällen 41 inner-
halb 24 Tagen auftraten. Von diesen entfallen wiedernm, wie die
Tabelle ergiebt, je 4 Zugänge auf 3 und je 3 auf 2 Tage. — Weiter
aber muss betont werden, dass auch im Regiment 31 regelmässig die
grösste Typhnsfrequenz in den Herbst und Winter gefallen war und eine
so hohe Morbiditätsziffer innerhalb so enger zeitlicher Grenzen bis
dahin überhaupt niemals erreicht hatte. Auch bot der Verlauf der
Epidemie selbst, und zwar speziell das Auftreten von Ikterus bei den
oben beschriebenen Fällen, Merkmale dar, welche auf ein besonderes,
allen gemeinsames Entstehnngsmoment hinweisen. Eigenthümlich und
besonders hervorzuheben ist in dieser Hinsicht, dass die Epidemie sofort
erlosch, als das Regiment zum Manöver ansrückte und das
Baden resp. Schwimmen aufhörte.
Der letzte Zugang nämlich fällt auf den 8. August, den letzten
Schwimmtag. Am 12. August verliess der Trnppemheil die Garnison
und fortan kamen, auch während der ganzen Herbstübungen,
keine Erkrankungen mit ähnlichem Verlauf und ähnlichen
Symptomen wieder vor. Am 18. 9. kehrte das Regiment in die
Garnison zurück, blieb bis zum 20. Oktober verschont und hatte erst
am 21. Oktober die erste Neuerkrankung an typischem Abdominal-
typhus. Von da ab stellte sich das gewohnte Verhältniss im Laufe des
Winters 1885/86 wieder her.
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404
Von der öberwiegenden Mehrzahl der Erkrankten steht fest (nach
den eigenen Aassagen der auf der Station behandelten Leute selbst tod
85 bis 87°/o), dass sie gebadet resp. mehr oder weniger lange
Schwimmunterricht genossen hatten; und zwar die schwereren,
sowie die oben aufgefübrten, Fälle ansnahmlos, ehe die
Krankheit zum Ausbruch kam. Bei vielen stellte sich gleich nach
dem Bade Unwohlsein und Frost ein; und die meisten gaben noch
besonders an, schon vor ihrer Erkrankung unmittelbar nach dem jedes-
maligen Baden, von Uebelkeit und Erbrechen, Kopfschmerz und
Diarrhöe befallen worden zu sein. Eine bedeutende Erhöhung der
Krankheitsziffer machte sich ferner gegen das Ende der Badezeit
geltend, besonders nahmen, wie schon angedeutet, die schwereren
Fälle in dieser Zeit erheblich zu (cf. Tabelle und Kurven).
Was das prozentuarische Verhältniss der Erkrankungen
betrifft, so hatten an dem Baden resp. Schwimmen, welches am 5. Jnni
begonnen hatte, Theil genommen:
vom I. Bat. 9 Schwimmlehrer, 117 Schüler
II. - 9 - 119
- Füs.- - 9 - 92
in Summa: 27 Schwimmlehrer, 328 Schüler,
gleich 355 Manu.
Von diesen sind erkrankt im Juni, Juli uud August zusammen
49 Mann = 13,8 "/oj von welchen wiederum 9 Mann, also 2,5 “/o der
Gesammtsummc und 18,3 % der Erkrankten von Gelbsucht befallen
wurden.
Unter diesen Umständen musste sich naturgemäss die Vermutbung
bei uns immer mehr befestigen, dass möglicherweise im Bade selbst,
bezw. in dem zum Bade benutzten Wasser ein ätiologisches Moment
für die Entstehung der Massenerkrankung anzunehmen oder za
suchen sei.
Um diese Vermuthuug dem Uneingeweihten gegenüber zu begründen,
bin ich gezwungen, einen kurzen, orientirenden Blick auf die damals
vom 31. Regt, benutzte Badeanstalt zu werfen.
Dieselbe, einem Privatmanne W. gehörig, liegt einige Hundert Meter
unterhalb der westlichen Grenze Altonas, dicht am rechten Ufer der Elbe
und wird auch von der Zivilbevölkerung stark besucht. Sie stellt eines
der bekannten, auf verankerten Tonnen schwimmenden Holzbassins dar,
mit einer Wasserliefe von 5 Fuss und festem Holzboden. Die grössere
Hälfte ist für Erwachsene, die kleinere für Kinder bestimmt. Etwa
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405
20m oberhalb derselben liegt die städtische Gasanstalt, deren Ab-
wässer sich in die Elbe ergiessen. Da ferner beide Städte Altona nnd
Hamborg an demselben Ufer elbaufwärts gelegen sind, so ist die Folge,
dass auch die sämmtlichen Effluvien dieser oberhalb der Schwimm-
anstalt in die Elbe gelangen. Von der Hamburger Grenze ab,
zwischen dem Altonaer Fischmarkt nnd der Badeanstalt, münden auf
Altouaer Terrain allein 6 Siele, 2 grosse, das Grenz- nnd Parallelsiel,
welches letztere den grössten Antheil der Abwässer Altonas aufnimmt,
und 4 kleinere, das letzte ca. 500 m von der Anstalt entfernt. Die ganze
Entfernung vom ersten, dem Grenzsiel, ab, beträgt ca. 1200 m. Auch
die benachbarte Stadt Ottensen betbeiligt sich mit einigen in die Elbe
mundenden Abzngskanälen. Zu den Effluvien der Kanalisation kommen
SOU noch ungezählte Abwässer von Fabriken und Speichern aller
Art, sowie, was wohl zu beachten ist, von zahlreichen Schiffen aus
aller möglichen Herren Länder.
Von dem Grade der Verunreinigung des Elbwassers im Bereich
der betreffenden Städte kann man sich hiernach ungefähr eine Vorstellung
machen. Und diese Verhältnisse werden durch den Umstand komplizirt,
d. h. erschwert, dass nicht etwa, wie bei anderen Städten, ein glatter,
fortdauernder Abfluss der Wassermassen stattfindet, sondern im Gegen-
theil, durch die herrschenden Ebbe- und Flutbströmungen bedingt, nicht
bloss eine mehr oder minder lange dauernde Stagnation, sondern viel-
mehr sogar eine Anfwärtsstauung des Wassers von weiter abwärts
gelegenen Ortschaften her stattfindet. Diese Fluthrnckstauung geht, wie
von bantechnischer Seite festgestellt ist, so weit, dass sie sich sogar bis
einige Kilometer oberhalb Hamburgs zu erkennen giebt.
Dass aber das zum Baden in der betreffenden Anstalt benutzte
Wasser erst recht unrein, ja geradezu unappetitlich sein wird, ist der
Oertlicbkeit entsprechend von vornherein klar, und ich habe mich selbst
mehrmals hiervon überzeugen können. Es finden sich nicht bloss die
verschiedenartigsten faulenden, mehr oder minder groben, pflanzlichen
und thierischen Abfälle, nein sehr häufig auch menschliche Fäkal-
massen in dem Badewasser vor.
Nun liegt aber die Frage sehr nahe: Wie hat sich denn in
früheren Jahren der schädigende Einfluss besagter Bade-
anstalt auf die Mannschaften des Regts. 31 kundgegeben? Warum
sind nicht schon eher ähnliche Epidemien aufgetreten, und wie stellt
sich endlich das Morbiditäts-Verhältuiss unter den die Anstalt gleich-
falls benutzenden Zivilpersonen dar?
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406
1
Um die letzte Frage gleich vorweg za erledigen, so maas gesagt
werden, dass die bezüglichen Anfragen und Nachforschangen — wie voo
vornherein voranszasetzen war, und bei einer grossen, über 100 000 Ein-
wohner zählenden Stadt, wie Altona auch nicht Wunder nehmen kann
— äusserst unbefriedigende Resultate ergeben haben. Der Hauptsacbe
nach Hess sich eben nur ganz allgemein ermitteln, dass in der fraglichen
Zeit (vom 2. Quartal 1885 ab) sich wohl auch unter der Zivilbevölkerung
der Stadt eine Steigerung der typhösen Krankheiten bemerklich gemacht
habe (die Gesammtsumme derselben beträgt 1884: 276, 1885: 432); voo
einer Vermehrung mit Ikterus einhergehender Erkrankungen, oder des:
Auftreten von den unseren ähnlichen Leiden der Verdannngsorgane da-
gegen war nichts Sicheres festzustellen.
Vergleicht man hiermit die Verhältnisse in der Nachbarstadt
Hamburg, so begegnet man folgenden eigentbümlichen Morbiditätazifiem.
Während in dem fünfjährigen Zeitraum von 1879 bis einschl. 1883
verbältnissmässig nur wenig typhöse Krankheiten beobachtet worden
waren (nach einer Berechnung aus den Zahlen des ofßziellen Berichts
über die medizinische Statistik des Hamburgischen Staates jährlich in
Durchschnitt » 537 Fälle), so machte sich bereits 1884 eine er-
hebliche Steigerung derselben bemerkbar und erreichte die Höhe
von 1255 Zugängen, also über das Doppelte des früheren Jahres-
durchschnitts. Im Jahre 1885 trat eine weitere, noch stärkere Zu-
nahme der bezüglichen Erkrankungen auf, indem im Ganzen
2310 Fälle gemeldet wurden. Diese Zahl ist grösser, als irgend eine io
den vorhergehenden 14 Jahren I (Der höchste Zugang 1300, fällt anf
das Jahr 1872, der niedrigste = 598, auf das Jahr 1879.) Die Er-
krankungen vertheilten sich 1885 der Zeit nach so, dass die Zugangs-
ziffer im 1. Halbjahr ca. 25 pro Woche betrug; dann trat etwa mit der
28. Woche eine rapide, stetige Steigerung ein, bis sich im Herbst bis
zum Schluss des Jahres eine Typhusepidemie von ca. 100 Erkrankungen
in der Woche aosbildete.
Dass übrigens die eigentliche Zunahme des Typhus schon vor der
28. Woche ihren Anfang hatte, und sich bereits in der 21. und 22. Woche
zu erkennen giebt, geht aus einem Blick auf das Verhalten anderer
akuter Krankheiten der Verdauungsorgane 1885 unzweideutig hervor.
Wir sehen z. B., dass die unter „Durchfall und Brechdurchfall“ auf-
geführten Krankheiten schon im Juni eine stetige Steigerung erfahren
haben. Unter diesen aber wird sich — abgesehen von der gewiss
nicht kleinen Zahl unangemeldet gebliebener bezüglicher Fälle —
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407
bestimmt eine gewisse Quote von „Magendarmkatarrhen" befanden haben,
welche dem Typhasgift ihre Entstehung verdankte und daher, wie in
unserer Epidemie, auch unter dieser Erankheitsform ihre Verrechnung
hätte finden müssen.
Bezüglich der ursächlichen Verhältnisse dieses epidemischen An-
wachsens des Typhus in den fraglichen Jahren möge auch der
interessante Umstand nicht unerwähnt bleiben, dass dasselbe mit einer,
durch den Eintritt Hamburgs in den Zollverein bedingten Reihe
mächtiger baulicher Umwälzungen zusammenfällt. „Ganze Stadtviertel
sind in den letzten Jahren niedergerissen worden, Dämme wurden auf-
geschüttet, breite Kanille angelegt — und alle diese grossartigen Auf-
grabnngen und Aufschüttungen sind sämmtlich am Ufer der Elbe und,
was noch besonders betont werden muss, in der Nachbarschaft unserer
Scböpfstellen (der Wasserleitung. Der Verf.) ausgefübrt worden.
Welche Unmassen Verunreinigungen, zumal beim Durchstich des früher
dicht bevölkerten Viertels, mögen bei diesen Arbeiten in die Elbe gelangt
seinl" (Simmonds 1. c. S. 543.)
In diesen Verhältnissen nun dürfte der Schlüssel für die Beantwortung
auch der jersten der obigen Fragen liegen: In früheren Jahren war in
Folge der geringen Häufigkeit des Typhus unter der Zivilbevölkerung
Hamburgs auch das Elbwasser relativ wenig infizirt, daher zu einer
Steigerung der gleichartigen Erkrankungen unter den badenden Mann-
schaften des 31. Regiments wenig Gelegenheit gegeben. Dies Verhältniss
änderte sich sofort, als mit dem Entstehen einer immer mehr überband-
□ehmenden Epidemie seit 1884 von oberhalb der Badeanstalt
her eine starke Verseuchung des Elbstroms eingetreten war.
Man kann sich in der That kaum eine promptere Beziehung zwischen
Ursache und Wirkung in sanitären Dingen denken, als sie in unserer
Epidemie gegeben ist. Denn ich brauche hier wohl nicht erst auf die
neueren bakteriologischen Errungenschaften ausdrücklich hinzuweisen,
welche die längst vermnthete und vielfach ausgesprochene Gefährlich-
keit der Typhnsdejektionen betreffs der Weiterverbreitung der
Krankheit zur Evidenz erhoben haben. Es gelingt eben bei Aufwendung
einiger Zeit und Mühe unschwer, in den Stuhlgängen der meisten Typhus-
kranken den spezifischen Bazillus nachzuweisen.
Was den Modus der Infektion selbst anlangt, so liegt es wohl am
nächsten, an eine direkte Einverleibung des Krankheitskeimes
durch gelegentliches Hinunterschlacken von Wasser beim
Schwimmen, Tauchen u. s. w. zu denken. Für diese Annahme scheinen
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swei sehr interessante Typhnsfälle zn sprechen, welche erst im Garnison-
Lazareth Harburg, dann hier behandelt worden nnd in ätiologischer
Beziehung mit den in Rede stehenden sehr viele Aehnlichkeit darbietea
Es handelt sich hier nm zwei Patienten vom Königl. Sächsischen
Pionier-Bataillon No. 12, welche beide zu der am 23. Juli 1885 begonnenen
Pioniernbnng nach Harbnrg gekommen waren. Beide gaben an, dass
weder in ihrem Quartier in Moorbnrg bei Harburg, noch in der Nähe
desselben gleichzeitig irgend welche Krankheiten vorhanden gewesen
wären; dass sie aber sowohl in ihrem Quartier in Moorbnrg, als auch
vorher während der 13 tägigen Wasserfahrt zu Kahn von Dresden hier-
hier, stets das Wasser aus der Elbe geschöpft und getrunken
hätten. Der erste Mann kam am 4. 8., der zweite am 6. 8, also 28
resp. 30 Tage nach dem Verlasssen der Garnison, in Zugang.
In diesen Fällen darf man wohl mit ziemlicher Sicherheit dsis infizirte
Elbwasser als Ursache der Erkrankung ansehen.
Selbstverständlich ist es sowohl während der Epidemie, als auch
nach dem Erlöschen derselben eine unserer Hauptaufgaben gewesen, das
Wasser in der vielgenannten Schwimmanstalt einer Prüfung nach
bakteriologischen Grundsätzen zu unterwerfen nnd im Besonderen
den Nachweis von dem Vorhandensein des Typhusbazillus in demselben
zu erbringen.
Es würde zu weit führen, wenn ich die zahlreichen, hierher ge-
hörigen Untersuchungen in ihren Einzelheiten aufführen wollte; ich muss
mich vielmehr mit der Wiedergabe des allgemeinen Ganges und der
wichtigsten Resultate derselben begnügen.
Die Wasserproben wurden mittelst sterilisirter, etwa 200 g fassender
Flaschen mit weitem Halse und eingeschliffenem Glasstöpsel, auf welche
eine gut passende, sterilisirte Gummikappe aufgesetzt war, und zwar stets
arn frühen Morgen zwischen 6 und 8 Uhr, bei einer Wassertemperator
zwischen 8 und 11° R., entnommen. Die Proben glichen sich alle
ziemlich genau; Das Wasser war stets trübe, von schmutzig graugelber
Farbe und enthielt sehr zahlreiche, verschieden grosse, bräunliche Flocken,
Krümel und Fäden. Der Geruch war mehr oder minder stark faulig
nnd glich dem eines schmutzigen Rinnsteins. In mehreren Proben
fanden sich einzelne lebende Exemplare von Daphnia polex.
Die Aussaat des Wassers erfolgte regelmässig zwischen 10 und
11 Uhr Vormittags am Tage der Entnahme. Schon bei direkter Unter-
suchung desselben wurden stets zahlreiche, verschiedenartige Mikro-
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Organismen, speziell mehrere Bazillenarten von wechselnden Grössen-
rerbältnissen, und pflanzliche Abfälle gefunden.
Die ersten Gelatineplatten ans nnrerdünnten Wasserproben ergaben
aber eine so kolossale Yeranreinigung und wurden bei Zimmertemperatur
unter Entwickelung eines penetranten Fäulnissgestanks in 2 mal 24 Stunden
so total verflüssigt, dass sofort zu starken Verdünnungen geschritten
«erden musste (zuletzt 1 Tropfen Elbwasser auf 10 ccm sterilen Wassers,
und hiervon Platten zn je 10,5 und 1 Tropfen), ehe es gelang, sowohl
die Keimzahl für den Cubikcentimeter zu bestimmen, als auch die
Isolirung der einzelnen Mikroorganismen vorzunebmen.
Es fanden sich schliesslich in 1 ccm durchschnittlich etwa 600 000
bis 600000 entwickelnngsfähige Keime, darunter der Mehrzahl nach ver-
flüssigende Bazillen, im Wesentlichen vier Arten. Von nicht ver-
flüssigenden konnten drei Arten festgestellt werden, von denen eine
sowohl in den Plattenkultnren, als auch, was von besonderer Wichtig-
keit ist, weil es bei nicht ganz methodischer Untersuchung immerhin
SU Täuschungen Veranlassung geben kann, auf Kartoffel
scheiben ein den T3rphusbazillen ausserordentlich ähnliches Verbalten-
za erkennen gab. Auf letzteren nämlich stellte die Kultur nach
mehreren Tagen einen kaum sichtbaren, leicht feuchten, hell-
grauen, geruchlosen Rasen dar, welcher ohne Weiteres von dem des
Tjpbusbazillus durch nichts zu unterscheiden war. Das einzige, aller-
dings sofort den Ansschlag gebende Merkmal war die fehlende
Beweglichkeit jenes im Gegensatz zu dem, bekanntlich mit überaus leb-
haftem Lokomotionsvermögen begabten Bazillus des Abdominaltyphus. —
Auch eine anaerobe Stäbchenform Hess sich ermitteln, welche unter den
Glimmerplättchen (andere bezügliche Apparate standen mir damals noch
nicht zu Gebote) die Gelatine unter gleichzeitiger Entwickelung eines, den
charakteristischen Geruch des Schwefelwasserstoffs darbietenden Gases
langsam verflüssigten. Agar- Agar -Platten, in gleicher Weise behandelt,
leigten ebenfalls Gasbildung von sehr unangenehmem, aber nicht deutlich
charakterisirtem Geruch. Der Bazillus war klein und dick und mit ab-
gerundeten Enden und träger Eigenbewegung versehen.
Von Mikrokokkenarten waren nur zwei festznstellen, welche beide den
Nährboden nicht verflüssigten und sich morphologisch namentlich durch ihre
Grösse unterschieden. Die eine Art bestand aus sehr kleinen Individuen;
beide gehörten der Klasse der Traubenkokken an. Im Uebrigen boten
iie nichts Bemerkenswerthes dar.
Der Typhnsbazillus dagegen konnte, trotz des sorgfältigsten,
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eifrigsten Sacbens, in keiner der Wasserproben anfgefanden werden.
Wie nmständlich und zeitraubend gerade derartige Feststellungen sind,
weiss nur der Eingeweihte richtig zu benrtheilen und beweist die That-
sacbe, dass — soweit ich die Litteratur zu übersehen vermag — bis jetzt
(August 1887) nur drei Autoren in der glücklichen Lage gewesen sind,
den fraglichen Bazillus mit Sicherheit in Wasserarten nacbznweisen.
1. fand Moers bei der Untersuchung dreier Brunnen, in deren Umgebung
wiederholt Tjphnserkranknngen (Mülheim am Rhein) vorgekommen
waren, in einem Falle Typbnsbazillen; 2. gelang dieser Nachweis
Michael in einem typhusverdächtigen Wasser in Grossburgk i. S., dessen
chemische Untersuchung zu einer Beanstandung hygieniscberseits keine
Veranlassung gegeben batte. 3. Endlich hat Beumer neuerdings in
einem Brunnen des Gutes Wackerow bei Greifswald, woselbst seit einer
Reibe von Jahren, in einer sonst fast typbnsfreien Gegend, Typbnsfälle
anfgetreten, waren, den spezifischen Bazillus festgestellt. 4. Als nicht
sicher bewiesen anznsehen ist der Fsdl Galbucci, weil die Prüfung der
verdächtigen Bazillen auf Eartoffelscbnitten unterlassen wurde.'"')
Es erübrigt noch, mit einigen Worten des Morbiditätsverbältnisses
der 3 Bataillone des 31. Regiments untereinander zu gedenken. Während
nämlich das I. und Füs.-Bat. nur je 14 Erkrankungen anfweisen, lieferte
das II. Bataillon auffälligerweise deren 21. Bei genauerer Prüfung
dieser Differenz fand sich, dass das II. Bataillon ausser der allen gemein-
samen, noch einer besonderen Schädlichkeit unterworfen gewesen war.
Die Mannschaften des I. und Füs.-Bats. hatten eich nämlich auf den
Genuss des ihnen angewiesenen Leitungswassers in der Kaserne be-
schränkt, wogegen die Kranken des II. Bataillons eingestandenermaassen
und zwar dem Verbote zuwider, ihr Trink wasser griisstentheils aus
den verdächtigen Brunnen No. 1 und 2 am Ost- und Wesiflügel der
Kaserne I entnommen hatten — ans welchen besonderen Gründen, bat
sich nicht anfklären lassen. Das Wasser dieser Brunnen soll
nach eigener Aussage der Leute trübe ausgesehen und einen
schlechten Geschmack gehabt haben. Nach der am 17. Juni 1885
vorgenommenen chemischen Untersuchung enthielt dasselbe iu
100 000 Theilen:
*) Deutsche med. 'Wochenschrift No. 28, 1887, woselbst sich stich die fibrigen
hczQglichen Litteraturangaben finden.
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411
an organischen Substanzen . .
. 6,49 bezw.
7,0
- Salpetersäure
. 0,0
0,0
- salpetriger Säure . . . .
, 0,0
Grenze
- Ammoniak
. 8,0
4,0
- Chlor
. 3,19 -
3,55
Oie bakterioekopiecbe Untersuchung im August 1885 ergab eine
äusserst hochgradige Verunreinigung beider Bronnen, Das Wasser
war stark getrübt, graogelblich gefärbt und enthielt eine grosse Menge
SDSpendirter Partikelchen. Der Geruch war deutlich faulig, an Schwefel-
wasserstofif erinnernd. Der Geschmack bitterlich-fade. Der Cubikcentimeter
der betreffenden Proben enthielt je viele Hunderttansende entwickelungs-
fähiger Keime und die Gelatineplatten wurden regelmässig in 2 Tagen
unter geradezu aashaftem Gestank verflüssigt Unter den gefundenen
Bakterienarten worden indessen stets bekannte pathogene Arten be-
stimmt vermisst
In Folge dieser ätiologischen Ermittelungen erging an das Regiment
No. 31 das Verbot der ferneren Benutzung der W.’schen Bade-
anstalt in Altona.
Der Erfolg dieser Maassregel dürfte sich in dem Ausbleiben
ähnlicher Massenerkrankungen während der Sommermonate sowohl
des Jahres 1886, als auch 1887 zu erkennen geben. Ja, das laufende Halb-
jahr (1887) weist sogar eine so geringe Erkrankongsziffer an Typhus auf (bis
1. August 6 Fälle), dass die Möglichkeit der völligen Beseitigung der
Krankheit im genannten Truppentheil nicht ausgeschlossen erscheint
Vielleicht dürfte zur Erreichung dieses Zieles eine gründliche
systematische Desinfektion aller Kasernen -Utensilien, nebst
Fenstern, Fussböden, Decken und Wänden (durch Waschen mit 5 prozentiger
Karbollösung bezw. Abreiben letzterer mit frischem Brot)'*^), sowie,
was ich besonders betone, auch sämmtlicher Bekleid ungs- und
Ausrüstungsstücke des Regiments — lezierer natürlich, die Leder-
sachen ausgenommen, nach den modernen Prinzipien mit ICK) grädigem,
strömenden Dampf — am meisten geeignet seien.
*) Esmarch, Der Keimgcljalt der Wände und ihre Desinfektion (Zeitschrift
für Hygiene, II. Baud, 3. Heft 1887, Seite 491).
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412
Noch grösseren Schwierigkeiten als bei der Ermittelnng der
ätiologischen Verhältnisse der Epidemie im Allgemeinen begegnen wir
gegenüber dem Versuche einer befriedigenden Dentnng und Er-
klärnng der symptomatologischen Besonderheiten der anf-
gefnhrten Krankheitsfälle.
•
Wenn wir die Einzelerkranknngen einheitlich zusammenfassen , so
sehen wir zunächst, dass dieselben einander auffällig gleichen und
scheinbar nur graduelle Unterschiede erkennen lassen. Wir haben eine
akute Krankheit vor uns, welche im Wesentlichen folgende charakteristische
Erscheinungen darbietet;
1. Meist plötzlicher Beginn, mit Ausnahme des Falles 6, bei
welchem angeblich schon 14 Tage vor Eintritt der Fröste zeitweilige
Durchfälle bestanden haben sollen.
2. Ausgesprochene Hirnerscheinnngen, bestehend in starkem
Kopfschmerz, Schwindel, Schläfrigkeit; mehrmals Nackenschmerzen;
Schlaflosigkeit, beängstigende Träume.
3. Hohes Fieber mit von vornherein deutlicher Herzschwäche
(frequenter Puls meist über 1(X) , enge Arterie, niedrige, oft stark
dikrote Welle, geringe Spannung.) Die Temperatur setzt mit hoben
Ziffern ein (die niedrigste 39,0), hält sich nur 2 bis 3 Tage so, um sehr
rasch, und zwar staffelförmig, herunter zu gehen; oder zeigt von
Anfang an eine ausgesprochene Tendenz zum Abfall. Nur ein Fall
macht eine Ausnahme, und zwar No. 6, bei welchem sich das Fieber
fünf volle Tage hindurch zwischen 38,3 und 40,0 hielt. Der Abfall tritt
ausnahmslos gleichzeitig oder wenigstens unmittelbar, d. h.
1 bis 2 Tage nach dem Oelbwerden der Haut ein. Das Bemerkens*
wertheste hierbei ist, dass mit der Ueberschwemmung des Blutes und
der Gewebssäfte mit den Oallenbestandtheilen beide Fieberkomponenten
gleichmässig, ich möchte sagen in geradezu kritischer Weise,
betroffen werden: es fällt die Temperatur und der Puls gleichzeitig
und stetig ab. Die Fieberkurven sind io 8 Fällen ziemlich gleich (Fall 6
zeigt, wie gesagt, ein fünftägiges Fastigium) und hauptsächlich nur
durch die Höhe der Anfangstemperaturen, weniger durch die Dauer
des Abfalls selbst, von einander abweichend.
Der Wichtigkeit der Sache wegen lasse ich dieselben sämmtlich
hier folgen:
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Temperatur. Puls.
414
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Temperatur ' Puls
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Temperatur. Puls.
416
Id Kurve VII tritt der Parallelismus cwischen Temperatur und
Puls Dicht so deutlich hervor, wie io deo ührigeo Fälleo. Dieser zeichoete
sich aber vod vorobereio durch sehr hochgradige Herzschwäche aus.
4. Grosse Hiofälligkeit uod starkes Sch wächegefübl, neben
heftigen Glieder- und Muskelschmerzen, welche in Fall 7 (Nacken-
steifigkeit, eingezogenes Abdomen) so hochgradig wurden, dass an das
Bestehen resp. den Beginn einer Meningitis gedacht wurde.
5. Gleich bei Beginn oder bald nachher Störungen von Seiten der
Yerdauungsorgane (Appetitlosigkeit, starke Schwellung und Röthung
der Rachenschleimbaut, Erbrechen und Diarrhöen).
6. Die Milz ist regelmässig vergrössert, doch in keinem Falle fühl-
bar. In Fall 6 war der Druck in der Milzgegend unter dem Rippenrande
einige Tage hindurch sehr empfindlich.
7. Nach wenigen Tagen, meist schon in der ersten Krankheits-
woche, rascher Eintritt von allgemeinem Ikterus: im ersten Falle am
4. Tage, im zweiten am 6., im dritten am 5., im vierten am 4., im
fünften am 6., im sechsten am 7., im siebenten am 5., im achten am 4.
und im neunten am 5. Tage. Die Leber ist zugleich vergrössert,
palpabel und in mehreren Fällen ziemlich schmerzhaft auf Druck.
8. Der Urin zeigt im Allgemeinen durchschnittlich eine mittlere
Menge und ein ebensolches spezifisches Gewicht. Er enthält in allen
Fällen, mit Eintritt des Ikterus, Gallenfarbstoff, mehrmals in grossen
Mengen, sowie in den schwereren Fällen Gallensäuren. Er weist
durchweg eine starke Absonderung von Uraten auf und in 3 Fällen die
Produkte einer Nephritis: Eiweiss, hyaline Cylinder, Nierenepithelien und
rothe und weisse Blutkörperchen.
9. In den Lungen nichts Krankhaftes, oder doch nur die Er-
scheinungen des mässigen Katarrhs; am Herzen keine anatomischen
Veränderungen.
10. An der Haut zeigten sich einige Male deutliche Roseolen, so
wie mehr oder minder ausgedehnte Petechien. Einmal, Fall 6, wurde
in der zweiten Woche starker, mehrere Tage anhaltender Sebweiss
beobachtet.
11. In drei Fällen (No. 2, 8 und 9) ausgesprochene Neigung zu
abundanten Blutungen (Nasenbluten, Blutbrechen, blutige Stühle).
12. Bei Fall B trat in der Rekonvaleszenz eine beiderseitige
Iridochorioiditis auf.
Sämmtliche Fälle gehen nach dem Temperaturabfall gleich-
mässig in die Rekonvaleszenz über, und zwar in durchschnittlich
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417
8 Wochen. Diese Terhältnissmässig iange Däner erklärt sich dadurch,
dass bei 3 Fällen (4, 8 und 9) in Folge von hochgradiger Anämie, bezw.
Komplikationen, die Rekonvaleszenz ungewöhnlich protrahirt verlief.
Bei den 6 übrigen Fällen betrug die Behandlnngsdauer durchschnittlich
nur 4'/> Wochen.
Beim Ueberblicken die'ses Syroptomenkomplexes könnten Bedenken
anftauchen, ob es sich überhaupt um Abdominaltyphns und nicht viel-
mehr um eine Krankheit besonderer Art gehandelt habe. Jedenfalls
stimmt die Mehrzahl der Symptome nur wenig mit dem Bilde des
gewöhnlichen Ileotyphns überein.
Wenn man nun das geschilderte Krankheitsbild mit bekannten,
unter ähnlichen Erscheinungen verlanfenden Krankheitsformen vergleicht,
80 ist es nicht leicht, dasselbe zu rubriziren.
Von einem einfachen Stauungsikterns, bedingt durch einen
Katarrh der oberen Darmabscbnitte, oder der Gallengänge selbst, kann
schon in Anbetracht des hohen Fiebers und der übrigen schweren Er-
scheinungen keine Rede sein, wenn auch nicht zu leugnen ist, dass alle
Fälle die exquisitesten Symptome eines solchen darboten. Um einen,
etwa durch den hohen Konzentrationsgrad der Gallenbestandtheile,
speziell der Gallensäuren, im Blut herbeigeführten cholämischen
Zustand, welcher namentlich die Hirnerscheinungen, sowie die hämor-
rhagische Diathese bedingt haben könnte, kann es sich ebensowenig ge-
handelt haben. Denn die Besserung des Allgemeinbefindens trat ja ein-
mal bald nach Beginn des Ikterus auf, und dieser war ferner, wenn
auch mehrmals sehr hochgradig, doch von einer verhaltnissmassig nur
kurzen Dauer.
Die schnelle Vergrösserung und bei den schwereren Fällen recht
hochgradige Schmerzhaftigkeit der Leber, der Milztumor, die Nephritis
D. 8. w. lassen dagegen eine gewisse Aehnlicbkeit mit der akuten
gelben Leberatrophie erkennen. Allein auch mit dieser sind unsere
Erkrankungen nicht in völlige Ucbereinsiimmung zu bringen. Es spricht
dagegen 1. der plötzliche Beginn derselben mit hohen Temperaturen und
schweren Allgemeinerscheinungen; 2., was die Hauptsache ist, der Um-
stand, dass wir keinen Patienten verloren haben. Auch konnte im Urin
unserer Kranken, selbst wenn wir eine leichtere Form des fraglichen
Leidens aunehmen wollten, weder Leucin noch Tyrosin nacbgewiesen
werden; 3. ist endlich die akute Leberatrophie eine seltene und meines
Wissens auch niemals in epidemischer Weise auftretende Krankheit.
Es bleiben hiernach zum Vergleich mit den vorliegenden Fällen nur
27
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Doch folgende, gelegentlich mit Ikterus einhergehende Infektionskrankheiten
übrig: die Rekurrens, das biliöse Typhoid, das gelbe Fieber
und pyämische oder septicämiscbe Infektionen. Lässt sich
mit einer dieser Krankbeitsformen die unsrige identiiiziren? Ich glaube
— nein. >
>
Rekurrens ist ohne Weiteres, und zwar aus dem Grunde mit
Sicherheit auszuschliessen, als in dem Blute unserer Kranken in keinem
Falle Spirochäten gefunden werden konnten. Diese wären uns, bei der
relativen Leichtigkeit ihres Nachweises, gewiss um so weniger entgangen,
als sämmtliche Fälle im fieberhaften Stadium in Behandlung kanaen.
Auch ging die Krankheit gleichmässig in Heilung über, und eine noch*
malige Temperatorsteigerung nach einmaligem Eintritt der EntBeberong
wurde in 8 Fällen nicht beobachtet. — Bei Fall 9, welcher am 6. August
zum ersten Male normale Temperaturen zeigte und in nächster
Zeit behielt, stellte sich zwar, während Patient bereits über 8 Tage
ausser Bett war, am 5. September, also nach einer Pause von 30 Tagen,
von Neuem Fieber ein. Da indess gleichzeitig Appetitlosigkeit, Leib-
schmerz und Stuhlverstopfung bestand und das F^‘ber nach Gebrauch
von Ol. ricini nach einigen Tagen verschwand, so wird diese Exacerbation
wohl lediglich als sekundärer Natur, bedingt durch eine neuerliche Darm*
reizung und nicht als ein eigentliches Rezidiv, im Sinne etwa eines
zweiten Rekurrensanfalles, aufzufassen sein. Aus diesem Grunde ist
auch in Kurve IX diese spätere Temperaturerhebung nicht eingetragen.
Auch von dem Vorhandensein von gelbem Fieber kann wohl in
Anbetracht der Bcnignität unserer Fälle und besonders des nie
fehlenden Milztumors mit ziemlicher Bestimmtheit abgesehen werden.
Es müsste denn abermals zu der nichts beweisenden Annahme einer
abortiven Form auch dieser Krankheit gegriffen werden, wofür um so
weniger Grund vorlag, als weder zur Zeit der Epidemie, noch in vorher-
gehenden Jahren irgend ein als gelbes Fieber zu deutender Krankheits-
fall weder unter der Civilbevölkerung Hamburg-Altonas, noch auf einem
der in den Häfen liegenden Schiffe vorgekommen war.
Ebenso steht es, und zwar hauptsächlich aus dem ersten der oben-
genannten Gründe und dem schnellen Eintritt der Gelbsucht in unseren
Fällen, mit der Annahme einer pyämischen oder septicämischen Allgemein-
erkrankung.
Am meisten Aehnlichkeit oder Verwandtschaft würde noch zwischen
dem biliösen Typhoid und den vorliegenden Erkrankungen bestehen.
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419
Griesinger'g Fälle*) wenigstens bieten, insbesondere in ätiologischer
Beziehnng, recht gleichartige Verhältnisse dar. Auch hier handelte es
sich hanptsächlicb nna „die Einwirkung von Feuchtigkeit'^, verbunden
mit „öfteren Erkältungen** und den „Genuss schlechten Trinkwassers“,
sowie, was für unsere Epidemie ja allerdings wegfällt, „Lnftverderbniss
in den Schlafräumen“. Das Hauptkontingent zu den Erkrankungen
stellten Soldaten der Arbeiterdivision (es ist von Aegypten die Rede).
„Das Trinkwasser dieser Arbeiter kam ausschliesslich aus einem tiefen
Brunnen und war, wie Alles, was aus Brunnen dieser Stadt (Cairo)
kommt, von bitterem und fadem Geschmack; der Schöpfplatz um
den Brunnen war zu einer in der Sonne gähreuden, schlammigen Pfütze
geworden, enthielt den Ablauf der hier vorgenommenen Waschungen und
deutliche Zeichen von Verunreinigung mit Exkrementen; das Schlamra-
wasser dieser Pfütze rieselte und tropfte beständig wieder in den
Bronnen herunter.“
Griesinger nun spricht allerdings sein biliöses Typhoid — worin
ihm viele Autoren beistimmen — als eine schwere Rekurrensform
an. Damit würde aber jene Aehnlicbkeit wiederum eine geringere
d. h. lediglich klinische, bezw. pathologisch - anatomische sein; denn
unsere Tage verlangen stets in letzter Instanz bei Krankheiten vor-
liegender Art den Nachweis der spezifischen veranlassenden
El emente. Daher ist diese Frage eben z. Z. noch eine offene und
wird sie bleiben, so lange nicht in beiden Erkrankungen dieselbe
Spirillenart mit Sicherheit und völlig einwandfrei fest-
gestellt ist. Nun haben freilich bereits Heidenreich, Münch und
Maczntkowsky vor längerer Zeit und neuerdings Lübimoff**) Spirillen
in dem Blute von an Typhus biliosus Erkrankten gefunden; ja
Maczntkowsky ist es sogar gelungen, durch Ueberimpfen des Blutes
eines Kranken mit biliösem Typhoid gewöhnliche Rekurrens zu erzeugen.
Indess spricht sich doch auch Lübimoff — und man kann ihm hierin
nur Recht geben — hinsichtlich der Identität beider Krankheiten sehr
vorsichtig ans und vertritt lediglich den Standpunkt Griesingers,
indem er beide Krankheiten nur für sehr nahe verwandt erklärt.***)
•) Gesammelte Abhandlungen. IF. Bd. 1872. S. 511 u. f.
**) Virchow’s Archiv. Bd. 98. 1884. S. IGO u. s. w. Es finden sich da-
Klbst auch die I..itteraturangabcn bezüglich der drei anderen genannten Autoren.
”*) In einem unlängst erschienenen Aufsatz: „Ueber das hiliuse Typhoid“
(Demsclie med. Wochenschrift, No. 4, 5 und G, 1888) änssert sich Kartulis
Ale.xandrien) über die Natur dieser Krankheit folgendermaassen: „Vnser biliöses
27*
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420
Bei Durchsicht der neueren, mir zugänglichen Litteratur hinsichtlich
etwaiger, den unseren gleicher oder ähnlicher Erkrankungen hat sich im
Allgemeinen nur wenig brauchbares Material ergeben.
Die ausführlichste, alle einschläglichen Verhältnisse am gründlichsten
erörternde Arbeit ist die von Weil*): „Ueber eine eigenthümliche, mit
Milztumor, Ikterus und Nephritis einhergehende, akute Infektions-
krankheit"
Weil beschreibt 4 Fälle, welche mit den schwereren der oben mit-
getheilten eine so merkwürdige Uebereinstimmung zeigen, dass man sie
ohne Weiteres für dieselbe Krankheit halten könnte. In dem Weil'schen
Falle Dr. Fr. stellte sich in der Rekonvaleszenz sogar ein ähnliches
Augenleiden ein, wie bei unserem Kranken No. 8 (Mnsk. Sch.),
dort eine Iridocyclitis, hier eine Iridochorioiditis. Und doch widerspricht
jener Annahme scheinbar ein wesentlicher Umstand. Die Weil'schen
Fälle kamen nämlich im Verlaufe von 12 Jahren völlig isolirt zur
Beobachtung. Es liess sich in keinem Falle weder ein Zusammenhang
mit anderen ähnlichen Erkrankungen nachweisen, noch verbreitete sich
die Krankheit von den Befallenen aus auf andere Individuen. Die
ersten beiden Fälle traten 9 Jahre vor, die letzten beiden 3 Jahre
nach einer kleinen Rekurrensepidemie auf, welche 1879 in Heidelberg
geherrscht hatte und von Friedreich**) beschrieben ist. Muss man
bei dem Auftretender unseren auf eine gemeinsame Ursache schliessen,
so ist dies bei den Weil’schen Fällen, ans demselben Grunde, nicht
durchaus notbwendig.
Auch weichen die bezüglichen beiderseitigen Kurven deutlich von
einander ab. Bei Weil blieb nur ein Kranker dauernd fieberfrei, während
bei den drei übrigen, nach einem fieberfreien Intervall von 1 bis 7 tägiger
Dauer, erneutes Fieber auftrat. Es handelt sich hier also um wohl
charakterisirte Rezidive, welche in 2 Fällen 6 Tage, im dritten eben-
falls 6 Tage, und zwar hier bei gleichzeitigen, noch länger auftretenden
Typhi>i<l aber bat mit Ueiurrciis nichts gemein; denn abgesehen davon, dass das
Fieber im ersteren keinen Hriekf.ill zeigt, kommen die Spirochätespirillen i“
Blute der an biliösem Typhoid erkrankten Personen niemals vor. Es bleibt slso
auzunehmen, dass bei sogenanntem biliösen Typhoid ausserhalb Kgypten.s, wo
Spirillen im Blute vorgefunden sind, es sieb um echten Ueeurrens mit ikterisehen
Symptomen handelte. Damit aber soll uiehl gesagt sein, dass die Krankheit nur
in Egypten auftrete.“
*) Demsehes Archiv für klinische Medizin. Bii. 39. 188G. S- 209.
Deutsches Archiv für klinische Medizin. Bd. 25. 1880. S. 518.
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leichten Abendsteigerungen, dauerten. In unseren Fällen ist, wie wir
gesehen haben, von einem solchen Verhalten nicht die Rede; die
Deferveszenr vollzog sich vielmehr durchweg in .5 bis 6 Tagen gleich-
mässig und ohne die Spur einer Unterbrechung. Ob dieses Verhältniss
nun lediglich auf einen rein graduellen Unterschied zwischen beiden
Arten von Erkrankungen hinausläuft, will ich unerörtert lassen.
Was den Ikterus anlangt, so war er in den Weil 'sehen Fällen
„kein sehr hochgradiger", während bei den unseren gerade das Um-
gekehrte stattfand: bei Fall 9 schwankte die Hautfarbe sogar zwischen
olivengrün und mahagonibraun. Auch verschwand die Gelbfärbung
bei jenen durchschnittlich in kürzerer Zeit, als bei unseren, besonders
den schwereren Fällen. Gallenbestandtheile, speziell Gallenfarbstofife,
fanden sich im Harn in drei der Weil'schon, bei uns in sämmtlichen
Fällen, wenn auch in den vier leichtesten nur spurenweise, mehr oder
weniger lange.
Unsere Kranken gingen ausnahmslos mit Durchfällen zu, mehrere
hatten sogar schon einige Zeit vorher daran gelitten. Bei Weil sind
spontane Diarrhöen in 3 Fällen notirt, bei einem Kranken war dagegen
von vornherein Neigung zur Obstipation vorhanden. In einem Falle waren
die Stühle entfärbt, was bei uns in der Mehrzahl in mehr oder minder
ausgesprochener Weise vorkam.
Während Weil im Harn seiner Kranken konstant beträchtliche
Mengen Eiweiss fand, gelang dies nur bei dreien unserer Fälle (4, 8 und 9).
Sonst stimmen die Befunde beiderseits ziemlich genau überein.
Endlich differiren unsere Fälle von jenen noch durch die aus-
gesprochene Neigung zu abundanten Blutungen, welche Weil
gänzlich vermisste. (Nur in Falll, Dr. Fr., einmal Nachts „etwas
Nasenbluten“.)
Eine gewisse Beziehung zu den Weil’schen und den unseren, lassen
zwei von Chauffard*) beschriebene Ikterusfälle erkennen. Beide Patienten
zeigten anfangs ziemlich hochgradig gestörtes Allgemeinbefinden nnd
Fieber; der eine auch von Anfang an, lange vor Ausbruch des Ikterus,
Albuminurie. Mit Beginn der Gelbsucht trat eine Entleerung grosser
Urin- nnd gleichzeitig auch grosser Harnstofifmengen ein, so dass
Chauffard von einer eigentlichen „Harnkrise“ spricht. Diese Aus-
scheidungen hielten einige Tage an , um dann rasch zur Norm zurück-
*) Revue de medecine. 1886. 1. (Referat in Fortschritte der Medizin III.
1885. S. 183.)
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zukehren. Mit Beendigung der Urinkride trat Besserung des Allgemein-
befindens ein. ’
Es schliesst sich hieran die Beobachtung von Mathien*). Anch
hier Fieber, von der initialen Höbe allmälig absinkend, nach 4 Tagen
rezidivirend, staifelfnrmig wieder ansteigend und lytisch znni zweiten
Male heruntergehend. Die Fieberkurven haben bei beiden Autoren die
grösste Aehnlichkeit. Dabei bei Matbieu ebenfalls Ikterus, schwere
Cerebralsymptome, Milztumor und Albuminurie. Der mikroskopische
Harnbefund ist nicht mitgetheilt. Die Stühle des Matbieu'schen
Patienten waren während /des Ikterus entfärbt und Nasenbluten und
Ileocoecalschmerz vorhanden. Die Besserung wurde durch das Absinken
des Fiebers und durch ein markirtes Ansteigen der Urinmenge ein-
geleitet. Im Gegensatz zu den Weil 'sehen und unseren Fällen konnte
Matbieu keine Lebervergrösscrung nachweisen.
Weil bespricht in sehr ausführlicher Weise die verwandtschaftlichen
Beziehungen seiner Fälle mit den bekannten, oben angeführten
Infektionskrankheiten und kommt zu dem Schlüsse, dass es sich
möglicherweise um eine Kraukheit sui generis bandele, deren
spezifische Ursachen noch unbekannt seien. Indess giebt er auch zu,
dass man die Krankheit als eine besondere Form des Abdominaltypbus,
als Abortivtypbus mit Ikterus und Nephritis auüassen könne-
Matbieu lässt diese Frage ebenfalls unentschieden, ist aber gleichfalls
geneigt, die Krankheit als Ileotypbus zu registriren.
Chauffard glaubt seine Fälle wegen ihres cyklischen Verlaufs als
Allgemeinkrankheit des Organismus auflfassen zu müssen. Er denkt
dabei weniger an die Einwirkung einer infektiösen Ursache, als an das
Vorhandensein abnormer spezifischer Zersetzungsprodukte im Magen und
Darmkanal und an die von hier ausgegangene Resorption toxischer
Substanzen und deren Einwirkung auf Leber und Gallenwege, sowie
auf den übrigen Organismus.
Gehen wir nunmehr über zu der Häufigkeit des Auftretens
von Ikterus, speziell im Verlaufe von Typbusepidemien, so
stimmen alle Autoren darin überein, dass dasselbe ein sehr seltenes sei.
Gleichwohl ist diese Kombination, wie Weil sagt, ,von hervor-
ragenden Pathologen eingehend gewürdigt und ausserdem durch eine
ziemlich umfangreiche Kasuistik erhärtet“.
■*) Revue de medecine. 188G. VII. (Referat in Fortscliritto der Medizin. Y.
1887. S. 26.)
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423
Lieberme iater*) führt folgende Zahlen an: Unter 1420 Fällen
des Baseler Spitals ist 26 mal Ikterus notirt, 14 mal bei Männern,
12 mal bei Weibern. Hoffmann fand unter 250 Sektionen in 10 Fällen
stark ansgeprägten Ikterus. Griesinger beobachtete unter 600 Er-
krankungen 10 mal Ikterus.
Letzterer Autor**) erwähnt von Ikterus formen bei Ileotyphus
folgende: 1. einen schon frühzeitig auftretenden, leicht vorübergehenden,
auf den Krankbeitsverlauf einflusslosen, höchst wahrscheinlich
katarrhalischen; 2. Ikterus als Theilerscheinung ausgesprochener Pyämie
oder Septicämie in der zweiten Periode der Krankheit; 3. kommt, und
zwar ebenfalls erst in der zweiten Periode des Typhus, ein Ikterus mit
Schwellung und Empfindlichkeit der Leber, schweren Nervenerscheinungen
mit Prostration und gewöhnlich tödtlichem Ausgang zur Beobachtung.
Dabei wird, wie sonst beim Ikterus gravis, anatomisch die Leber bald
vergrössert, bald verkleinert, ferner Milztnmor, Ekcbymosen, akute Er-
krankung der Nieren gefunden. Griesinger hat indess auch von dieser
Ikternsform zwei in Genesung endende Fälle beobachtet, beide während
eines Typhusrezidivs am 15, und 11. Tage; 4. rasch vorübergehender
Ikterus in der dritten oder vierten Krankheitswoche mit leichter
Empfindlichkeit und Schwellung der Leber, ohne erschwerenden Ein-
fluss auf den Krankheitsverlauf.
Liebermeister erklärt den im Verlauf des Typhus auftretenden
Ikterus in manchen Fällen für einen katarrhalischen, in vielen
anderen aber für einen hämatogenen. Denn in diesen Fällen besteht
gewöhnlich eine besonders starke Degeneration der Leberzellen, mit
entsprechender Beeinträchtigung der Funktionen der Leber, von welchen,
ähnlich wie bei der akuten gelben Leberatrophie, der Ikterus abznleiten
ist. Unter Umständen hat demnach der Ikterus eine schlimme pro-
gnostische Bedeutung, indem er den Verdacht einer weit vorgeschrittenen
Degeneration der Leber begründet; namentlich dann, wenn der Ikterus
aof der Höhe der Krankheit bei einem schweren Falle auftritt, wenn
weder Entfärbung der Stuhlgänge, noch andere Umstände dafür sprechen,
dass er als katarrhalischer oder überhaupt als Stauungsikterus gedeutet
werden kann, und wenn gleichzeitig vorhandene Albuminurie, Herz-
*) Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie von v. Ziemssen.
Bd. II. I. Thcil. 1876.
*•) Virchow spezielle Pathologie und Therapie. Bd. II, 2. 1864 und Weil
(1. c. S. 227).
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schwäche u. s. w. auf Torgeschritteue parenchymatöse Degeneration
anderer Organe hinweisen. Uebrigens hat Liebermeister auch schon
in leichten oder abortiven ITällen Ikterus auftreten sehen.
Wir stehen wieder vor der speziellen Frage: Waren unsere Fälle
Abdominaltyphen? Wenn ja, können wir sie, und zwar in welche
der von Griesinger und Lieberroeister aufgestellten Kategorien von
Ikterus unterbringen?
Wie endlich haben wir nns überhaupt diese Komplikation patho*
genetisch zu denken?
Wir sind zunächst mit Weil einverstanden, wenn er sowohl den
Beginn, als auch besonders den Fieberverlauf seiner Fälle als
mit einer grossen Zahl von Abortivtyphen für völlig überein-
stimmend erklärt. Die unseren bieten diese Uebereinstimmung insofern
io noch höherem Grade bezw. noch reinerer Form dar, als sie eine
zweite Temperatursteigerung, ein Rezidiv, durchaus vermissen
lassen. Merkwürdig bleibt hierbei allerdings immer, dass Temperatur-
abfall und Ikterns völlig synchron verliefen. Ob man geradezu an
ein ursächliches Verhältniss dieser Erscheinungen denken soll, vielleicht
in dem Sinne, dass die Galle im Blut und den Körpersäften eine ab-
schwücbende, oder gar tödtende Einwirkung auf die fiebererregenden
Potenzen ausgeübt habe, oder aber vielmehr die Entfieberung lediglich
der Ausdruck des Ueberganges der Krankheit io Heilung gewesen ist,
mag dahin gestellt bleiben. Uebrigens repräsentiren auch anscheinend
die Fälle 4, 8 und 9 gleich den Weil’schen ausgesprochene Typen des
von diesem Autor (1. c. p. 231) in der Liiteratur vermissten Verhält-
nisses: nämlich des gleichzeitigen, frühzeitigen Auftretens von
Ikterus und Nephritis bei Abortivtyphus. Allerdings liegen ja
in unseren Fällen zwischen Beginn der Gelbfärbung der Haut und Nach-
weis des Albumens u. s. w. im Urin einige Tage. Doch ist dies wohl
mehr eine Schuld der Untersuchung selbst, welche nicht in allen
9 Fällen täglich vorgenommen wurde. Möglich, dass eben sonst die
nephritischen Produkte viel früher konstatirt worden wären.
Das Auftreten unserer Erkrankungen ferner im Verlauf einer
Typhusepidemie lässt sie nur noch mehr als durch dieselbe Noxe
entstanden erscheinen. Die Identität mit den gleichzeitigen klassischen
Typhusformen würde znr Evidenz erhoben worden sein, wenn wir in
den Dejektionen unserer Kranken den Typhusbazillus nachgewiesen
hätten. Abgesehen aber von der Ungunst der Verhältnisse, d. h. dem
schnellen, gehäuften Zugang der Kranken und der raschen Entfiebernng
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derselben, welche den bezüglichen umständlichen bakteriologischen
Untersuchungen einfach unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen-
setzten, mnsB es noch ausserdem als im höchsten Grade unwahrscheinlich
bingestellt werden, ob es in den leichteren Formen der Krankheit je
möglich sein wird, den spezifischen Bazillus überhaupt anfzufinden.
Denn in diesen dürfte es im Wesentlichen über eine Schwellung und
Infiltration der Lympbapparate im Darm nicht, oder nur wenig hinaus-
kommen, und freie Typhusbazillen im Darmluinen demgemäss nicht
vorhanden sein, welche mittelst der Stuhlgänge entleert werden könnten.
Dies ist eben nur bei ausgesprochener Geschwürsbildung, wie wir sie
von den typischen Formen der Krankheit kennen, möglich, wo die aus-
gestossenen nekrotischen resp. geschwürigen Massen, besonders der
Peyer’schen Haufen, den Träger der Bazillen darstellen. In zwei
Fällen (8 und 9) hatten jedenfalls die bakteriologischen Untersuchungen
der Dejektionen nur ein negatives Erge’bniss. — Auch von Blut-
uutersuebuogen hielten uns bezügliche frühere, stets resultatlose
Bemühungen zurück. Mit wie grossem Recht, haben die späteren
gleich negativen Erfolge aller Autoren — Nenhaus^) ausgenommen
— bewiesen.
Aber selbst wenn uns der fragliche Nachweis in sämmtlichen Fällen
gelungen wäre, würden wir hinsichtlich des Verständnisses des gleich-
zeitigen Ikterus um nichts gefördert sein. Denn zu dem Bilde des
lleotyphus gehört derselbe schlechterdings nicht, — das beweist
schon das numerische V'erbältniss seines Vorkommens. Meiner Meinung
uach haben daher Klassifikationen, wie die von Griesinger und
Liebermeister, im Wesentlichen nur einen deskriptiven resp. klinischen
Werth und lassen die (ätiologische) Wesenheit der jedesmaligen Gelb-
sucht im Ganzen recht unberührt.
Von unseren Fällen würden wir vielleicht nur No. 1, 3, 5 und 6
Zur ersten Kategorie der genannten Autoren rechnen können. Die
übrigen repräsentiren ein entschieden schwereres, wenn auch sonst
gleichartiges Krankheitsbild und könnten also unter No. 3 Griesingers
zusammengefasst werden. Aber auch sie kommen nicht in einem
."päteren, speziell dem zweiten Stadium des Typhus, wie besonders
Griesinger will, vor, sondern stehen zeitlich auf derselben Stufe wie
die erstgenannten Fälle. Und auch Liebermeister betont, dass der in
prognostischer Beziehung ungünstige Ikterns in der Regel der Höhe des
*) Berliner klinische Wochenschrift. 1886. No. 6 und 24.
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426
typhösen Leidens, and zwar der schwereren Form desselben, zn-
komme.
Meiner Meinung nach ist jede Form von Ikterns (der hepatogene
wie der baematogene bezw. anhepatogcne) , mag sie nnn in einem
Stadium des Ileotyphus Vorkommen, in welchem sie wolle, der Ansdmck
einer bestimmten Sonder- oder Mischinfektion resp. Intoxikation,
bedingt durch eine bisher noch nicht festgestellte Schädlichkeit, wahr-
scheinlich bakterieller Art. Demnach stelle ich diese Komplikation
genau auf dieselbe Stufe, wie so viele andere, den Typhus mehr oder
minder regelmässig resp. häufig begleitende: also z. B. die Pnenmonie,
die eitrige Pleuritis und Meningitis, die Parotitis, die phlegmonösen
Prozesse der tieferen Rachengebilde u. 8. w. Wie man bei diesen
Prozessen bisher stets besondere Mikroben, and zwar hauptsächlich
Kokkenarten — (Brieger,*) FrSnkel und Simmonds,**) Seitz***)
und Andere; ich selbst in pnenmonischen Herden nur Kokken, entweder
nur eine kleine Art allein, oder eine kleine und eine ziemlich grosse
zusammen) — aber niemals den Typhusbazillns als erregende Ursache
gefunden bat, ebensowenig kann ich dem letzteren dio Fähigkeit
zusprechen, Ikterus zu erzeugen. Hierfür sprechen zunächst die dem
fraglichen Mikroben völlig abgehenden primäre, lokale Ent-
zündung and Eiterung erregenden Eigenschaften, welche im Darm
und den Unterleibsdrüsen doch sicherlich nie fehlen würden und im
Thierexperiment stets vermisst werden. Ferner wird diese Ansicht
gestützt durch die regelmässigen Befunde der Typhusleber. Wohl
keinem Beobachter nämlich werden bei der bakterioskopischen Unter-
suchung gefärbter Lebersebnitte neben einer mehr oder minder hoch-
gradigen körnigen Beschaffenheit der Leberzellen (trübe Schwellung)
jene bereits vielfach beschriebenen Veränderungen, und zwar eine mehr
oder weniger deutliche und ausgedehnte, kleinzellige Infiltration
des Bindegewebes, sowie jene seltsamen, gewöhnlich nahezu kreisrunden,
inmitten der Leberläppchen gelegenen, als Lymphome bezeichneten
Bildungen entgangen sein. Wenn man diese Herde nun, zu denen noch
eine grosse Anzahl lediglich Reste von Leberzellen, oder verändertes
Lebergewebe darstellende Partieen hinzukommen (welche wohl alle
insgesammt ursprünglich als koagulations-nekrotisebe Gewebsabschnitte
*) Zeitschrift für klinische Medizin. Bd. XI. S. 264.
•*) Die ätiologische Bedeutung des Typliusbazillus. 1886. S. 21 u. f. und
Zeitschrift für Hygiene. II. Bd., 1. Heft. 1887. S. 142 u. f.
*♦♦) Bakteriologische Studien zur Typhus-Aetiologie. 1886. S. 22 u. f.
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427
mit deren Folgezuständen zu beachten sind) — wenn man, sage ich,
alle diese, in Snmma den Untergang grosser Mengen von Leber-
substanz hedentenden Veränderungen sieht, so findet man es kaum
begreiflich, dass zu dem Bilde des Äbdominaltjphus nicht regel-
mässig „OelbsDcbt“ gehört. Denn hier haben wir doch scheinbar
Alles Das, oder wenigstens genug von Dem, was wir für das Zustande-
kommen der „gelben Atrophie“, sei es auch nur niederer Grad derselben,
für nothwendig halten zu sollen glauben. Es muss also nothwendiger-
weise zum gewöhnlichen, so zu sagen „normalen“ Typhnsbazillus und
dessen spezifischen Wirkungen (denn auch die regelmässigen, toxischen
Produkte desselben machen es nicht) noch ein Plus hinzukommen, wenn
wir im gegebenen Falle „Gelbsucht“ eintreten sehen sollen. Dass diese
nene, sei es nun infektiöse oder rein toxische, Schädlichkeit einen ver-
schiedenen Grad von Intensität besitzen wird, scheint bereits aus dem
klinischen Bilde obiger Fälle hervorzngehen und würde den Eigen-
schaften anderer, belebter sowohl wie unbelebter, Krankheitserreger nur
entsprechen.
Dass übrigens in unseren Fällen Gelegenheit genug zu einer der-
artigen bakteriellen Mischinfektion oder komplizirenden Darm-
reizung gegeben war, kann aus dem Resultat der bakteriologischen
Wassernntersucbungen unschwer entnommen werden. Wenn wir auch
im Allgemeinen die nachtheiligen Wirkungen der gewöhnlichen „Sapro-
pbjten“ auf den Verdauungskanal und dessen Inhalt noch wenig kennen,
so wissen wir doch, dass einer grossen Zahl derselben, ganz allgemein
ausgedrückt, ein äusserst intensives, spezifisches Zersetzungsvermögen
gegenüber todten und unter Umständen ancb lebenden Substraten zu-
kommt (fakultativer Parasitismus!). Es liegt also nichts näher, als die
■Möglichkeit, dass irgend welche, bisher noch unbekannte Stoffwecbsel-
produkte, vielleicht der Reibe der Alkaloide bezw. Ptomalne angehörig,
sei es rein örtlich, sei es vom Blute aus, Wirkungen äussern, welche an
sich eigenartige Veränderungen setzen (Polycholie, schwere Störung oder
Aufhebung der Leberfunktiou u. dergl.), oder aber, im Sinne der Symbiose
oder Metabiose, als präparatorisebe oder prädisponireude Schädlichkeiten
dem eigentlichen Krankheitserreger den Boden ebnen, oder zu einer be-
sonders intensiven Kraftentwickolung befähigen. Welcher der gefundenen
obigen Bakterienarten ich eine solche Thätigkeit zuschreiben möchte,
lasse ich, angesichts des Fehlens von Thierversueben, dahingestellt.
Indess bedarf es im gegebenen Falle durchaus nicht nothwendig der
Annahme eines contagium vivum zur Erklärung des Ikterus; es können
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vielmehr auch grob chemische Wirkungen in Frage kommen. Wenn
man sich erinnert, dass zu den Abfallsstoffen der Gasanstalten neben
verschiedenen Kohlenwasserstoffen Ammoniak- und Schwefelver-
bindungen in Menge gehören, so liegt es gar nicht so fern, unter Be-
rücksichtigung der lokalen Verhältnisse der W.'schen Badeanstalt an rein
ätzende, mindestens aber stark irritirende Einwirkungen zn denken, welche
die Verdannngsorgane der Badenden beim zufälligen, wiederholten Wasser-
schlucken getroffen und eine Gastroenteritis im Gefolge gehabt haben.
Ja wir können noch weiter gehen und Einflüsse beschuldigen, welche
nach Art gewisser Gifte {ich denke namentlich an Phosphor, Arsen-
wasserstoff, Phenol und Gifischwämme) tbätig gewesen sind, d. b. einen
schnellen und ausgedehnten Untergang von rothen Blutkörperchen znr
Folge gehabt haben (Cythaemolyse), um im Verein mit dem Typhus-
bazillns ein Krankheitsbild wie in unseren Fällen zn erzeugen. Die bei
vielen der Kranken aufgetretene Uebelkeit und das Erbrechen bald nach
dem Bade würden deutlich genug für beide Eventualitäten sprechen.
Wenn ich nach alledem mein Urtheil über die während der Typhus-
erkrankungen im Sommer 1885 aufgetretenen Fälle von Ikterus zusamroen-
fasse, so würde dasselbe folgendermaassen lauten:
1. Die betreffenden Erkrankungen gehören der Abortivform des
Abdominal typhus »n.
2. Der im Verlaufe derselben beobachtete Ikterus verdankt seine
Entstehung nicht dem typhösen Krankbeitsgift als solchem, sondern
einer anderen, nicht ermittelten, spezifischen Schädlichkeit, gehört
also in das Gebiet der sogenannten „Mischinfektionen“.
Zukünftigen Beobachtungen, speziell der bakteriologischen Unter-
suchung von Leichentheilen in den unseren gleichenden Fällen, muss es
Vorbehalten bleiben, Klarheit in die fraglichen Verhältnisse zn bringen.
Insbesondere wird es darauf ankommen, das Wesen, also eventuell die
morphologischen und biologischen Eigentbümlichkeiten jenes hypothetischen
Ikteruserregers festzustellen und vor Allem zu ermitteln, ob demselben in
der That dem Typhusbazillus antagonistisch wirkende Eigen-
schaften innewobnen, welche es vermögen, das Kraokbeitsbild gänzlich
nmzuändern oder die Krankeit doch jso abzukürzen, dass ans einer
legalen eine rudimentäre, abortive Form derselben hergcstellt wird.
Ick kann das Thema nicht verlassen, ohne mit einigen Worten
meinen Standpunkt hinsichtlich der Therapie des Typbus abdominalis
zu kennzeichnen.
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429
Bekanotlich ist im letzten Dezenniam die Behandlung des Typhus,
welche in den sechziger und siebziger Jahren zu einem gewissen Ab-
schluss gelangt zu sein schien, wieder in starkes Schwanken gerathen:
Die bydriatische und antipyretische (medikamentös - sympto-
matische) Methode stehen einander wieder schroffer gegenüber, denn
je zuvor. — Meinen Erfahrungen nach, welche, entsprechend den hiesigen
Verhältnissen (ich meine die Städte Harburg, Hamburg und Altona)
gerade bezüglich der fraglichen Erankbeitsformeu keine ganz geringen
sind, muss ich diese Thatsache als einen therapeutischen Rückschritt be-
klagen. Denn der Grad von Sicherheit, welcher dem Praktiker durch
die Methode Brand in der Bekämptung des Unterleibstyphus gegeben
war, ist nun abermals in das Gegentheil verwandelt; ja, man laugt
bereits, unter Berufung auf einzelne Autoritäten, an vielen Stellen an,
eine bisher vorzügliche Waffe als stumpf und unbrauchbar anzusehen
und in die Autiquitätenkammer „zu dem Uebrigen“ zu legen. Und doch
leistet die systematische Wasserbehandlung noch immer das, was wir
ihr früher verdankt haben und was sie stets leisten wird, wenn mau sie
nur richtig und konsequent anwendet. Jedenfalls ist sie unbedingt zur
Zeit noch immer, speziell für die militärärztliche Praxis, die beste,
d. h. diejenige, welche die Krankheit subjektiv und objektiv am
Wesentlichsten in günstiger Richtung zu beeinflussen ver-
mag; Das Erankbeitsbild wird — gegen diesen Satz giebt es keinen
Widerspruch — ein völlig anderes, durchweg leichteres, und die
Mortalität (ich denke hier natürlich nur an die schwereren Formen
mit dem bekannten Symptomenkomplex) hält sich in engen Grenzen.
Ich stehe also hier ganz auf dem Standpunkt von Brand und Ober-
stabsarzt Vogel'’^) in München, welchen auch, allerdings in etwas modi-
fizirier Form, Oberstabsarzt Fraentzel*) **') vertritt, und bringe daher bei
meinen Typhuskrauken durchweg folgendes Verfahren in Anwendung:
Alle 3 Stunden ein Vollbad von 15 bis 18° R. (je nach der
Konstitution der Kranken) von 15 .Minuten Dauer, Tag und Nacht
hindurch, solange die Temperatur im Rektum 39,5 erreicht.
Dabei nur flüssige Diät: Milch, Bouillon und Portwein. Bei allen
Kranken ausserdem innerlich Acid. muriat., zweistündlich, hauptsächlich
*) lieber Typhustherapie im Mriiubener Garuisoiilazaretb. Ilcutsclie» Archiv
für kliiii.«elie Medizin, Bd. XXXVI, Heft 5 u. 6. Bd. XXXVII, Heft 1 u. 2, eine
Arbeit, deren Studium besonders den jüngeren Militärärzten niebt dringend genug
empfohlen werden kann.
•*) Diese Zeitschrift 1886, No. 3.
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des psychischen Eindrncks wegen, den jede Medikation, namentlich auf
den weniger gebildeten Patienten macht. Die Badewannen stehen, mit eioem
Laken zugedeckt, stets im Typhuszimmer bereit; das Wasser wird nur
im Winter entsprechend tomperirt und nur jeden Tag einmal erneuert.
So sind auch im Wesentlichen die oben beschriebenen Erkrankua^eu
behandelt und aus diesem Grande bei den einzelnen Kratikengeschicbtec
die Angaben über Bäder, deren Temperatur, Anzahl u. 8. w. nicht auf-
geführt worden.
Ich habe es nur ganz ausnahmsweise nöthig gehabt, über die dritte
Krankbeitswocbe hinaus zu baden und mich andauernd einer sehr genügen
Mortalität erfreut. (In der Epidemie 1885 gleich 4'’/o der schwerer..
2"/o der Gesamraterkrankungen.) Unangenehme Nebenwirkungen oder
gefahrdrohende Ereignisse sind mir bei dieser Bäderbehandlung nie zu
Gesicht gekommen.
V'on den innerlichen A ntipy reticis, speziell dem Chinin,
Naphthalin, Natron salicylicum und Antipyrin habe ich dagegen, betrefft
des Verlaufs und Ausgangs der Krankheit, auch nicht das mindeti«
Gute gesehen, wohl aber ab und zu, besonders nach den letzten beiden
Mitteln, Kollapszustände, Erbrechen, starken Kopfschmerz und Aehnlicbei
Der Typhus erschien eben wieder als solcher, wie wir ihn Tor der
Wasserbehandlung allgemein kannten, d. b. als eine mit Umnebelun'i
der Sinne bczw. Betäubung einhergeheude, fieberhafte Krank-
heit von mehrwöcbeutlicber Dauer! Auch wurde die Behandlung»-
zeit im Ganzen nicht etwa durch die innerliche Therapie herabgesetzt
— im Gegentheil erlangten die bydriatisch behandelten Leute ccteris
paribus durchschnittlich viel eher ihre Kräfte und ihr Körpergewicli!
wieder. Für den Militärarzt im Besonderen gewiss kein zu uuter-
sebätzendes Moment.
Auch dem neuerdings wieder in den Vordergrund getretenen Kalonrl
kann ich zum Mindesten nichts Hervorragendes nachrühmen. Es ist
gewiss rationell, den Darm bei einer beginnenden fieberhaften Krankheit zoent
zu evakuiren; aber warum man sich hierzu gerade eines zweisebneidigea
Instruments bedienen soll, sehe ich nicht recht ein. Das kann auch mit
Ol. Ricini (eventuell in Kapseln), oder einer Eingiessung prompt ued
gefahrlos erreicht werden.
Wenn wir unsere Patienten in Behandlung bekommen, ist, mit oar
ganz seltenen Ausnahmen, das Prodromalstadium der Krankheit vorüber;
wir haben bereits die Wirkungen der Infektion oder, wenn m»“
lieber will, der Intoxikation vor uns. Die spezifischen Bazillen, resp.
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deren Sporen, oder sonstigen Dsnerformen, sind längst vom Lymph*
ipparate des Darms ans in der Milz, Leber u. s. w. deponirt. Das
beweisen wenigstens die Thierversuche für das fragliche Krankheits-
stadinm und die postmortale bakteriologische Untersuchung von Milz,
Leber, Nieren u. s. w. für den menschlichen Typhus. Was soll also die
etwa beabsichtigte „lokale Wirkung“ des im Organismus ans dem
Ealomel abgespaltenen Sublimats? Denn an eine bakterientödtende
Allgem ein w irkung des Letzteren wird doch angesichts so homöo-
pathischer Dosen, wie sie hier nur in Frage kommen können, im Ernste
Niemand denken. Der Typhusbazillus ist eben zur Zeit für keins der
aus bekannten innerlichen Medikamente im lebenden menschlichen
Organismus angreifbar. Und ein Spezifikum gegen die Krankheit,
im Sinne des Chinins, der Salicylsäure und des Quecksilbers bei der
Malaria, dem Gelenkrheumatismus und der Syphilis, gehört noch immer
zu den frommen Wünschen. Die ätzenden, resp. nekrotisirenden
Wirkungen dagegen auf die Darmschleimhaut (abgesehen von dem so oft
eintretenden Erbrechen), welche ich mehrmals nach Kalomelgebrauch in
Form dipbtheritischer Veränderungen, besonders auf der Höhe der
Schleimbantfalten im Ilenm, bei Sektionen gesehen, bei anderen Medi-
kationen dagegen niemals gefunden habe, lassen mich das genannte
Medikament beim Typhus geradezu perhorresziren. Meiner Ueberzeugung
nach beruhen die so oft gerühmten Prohibitiv- oder Abortiv-
Wirknngen des Ealomels eben zum grössten Theil auf Täuschungen,
im Wesentlichen bedingt durch die relative Gutartigkeit der bezüglichen
Krankheitsfälle.
Hinsichtlich des in jüngster Zeit gerade beim Abdominaltyphus viel-
zeitig gerühmten Antifebrins besitze ich noch keine genügend zahlreichen
Erfahrungen, um ein bestimmtes Urtheil abgeben zu können.
Dezember 1887.
Nachtrag:-
In der vorstehenden Arbeit, welche bereits im Sommer 1887 an-
gefertigt und zum Abschluss gekommen war, konnten ans verschiedenen
ansseren Gründen die einschlägigen Veröffentlichungen von Hüeber,
Kirchner und Schaper (No. 4 und 5 des laufenden Jahrgangs dieser
Zeitschrift) eine Berücksichtigung nicht mehr finden. —
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Es ist mir indess nicht zweifelhaft, dass aach die mitgetheilten Fälle
der genannten Antoron eine ähnliche Deutung zulassen, wie die unseren;
und zwar nm so mehr, als sie vor Allem hinsichtlich des zeitlichen
Auftretens (Juni, Juli und August kurz nacheinander) genau mit
letzteren übereinstimraen. Die drei Lebsanft'schen Fälle kamen sogar
in einer Reibe von 30 gastrischen Fiebern im Sommer 1885 vor. Auch
ätiologisch scheint eine merkwürdige Aehnlichkeit, besonders zwischen
einem Theil der Kirchner’schen und dem Schaper’schen Falle, mit
den unseren vorhanden zu sein: Von ersteren gaben einige dem Baden
in der Oder Schuld an ihrer Erkrankung, und der Schaper’scbe
Patient wurde ebenfalls ganz plötzlich nach dem Baden von Leib-
schmerzen und Uebelkeit befallen. Auch ein Kranker bei Lebsanft
führte sein Leiden auf den Genuss schlechten Trinkwassers zurück.
Ans dem bisher vorliegenden, rein klinischen Material (die beiden
Anfrecht’schen Fälle — No. 4 dieser Zeitschrift Seite 167 und 168 —
können ebenfalls, abgesehen von der nicht feststehenden Identität der-
selben mit den nicht tödtlich verlaufenen, bei dem Fehlen einer metho-
dischen bakteriologischen Untersuchung (Kulturverfahren !) von Leichen-
theilen nicht als zweifellos beweiskräftig angesehen werden) eine völlig
neue Krankheit herzuleiten, scheint mir unbedingt ein verfrühtes
Beginnen.
Mag man indess von der in Rede stehenden Krankheitsform denken
wie man wolle, so tritt doch jedenfalls angesichts des höchst auffälligen
mehrfachen Erscheinens derselben in der Armee bei ganz verschiedenen
Truppenkörpern und in weit von einander entfernten Garnisonen inner-
halb der letzten Sommerbalbjahre, an uns die dringende Mahnung heran,
vor Allem der ätiologischen Seite der Frage unsere gespannteste
Aufmerksamkeit zuzuwenden. Unter all den verschiedenen, hierbei in
Rechnung kommenden .Möglichkeiten weisen aber die geschilderten Krank-
heitsfälle in erster Linie auf das von den Truppen im Sommer benutzte
Badewasser hin. Dieses also wird unbedingt einer regelmässigen
bakteriologisch-chemischen Kontrolle und Ueberwachung bedürfen, wenn
wir — abgesehen wie gesagt von eventuellen Leichenuntersuchungen —
einerseits den Krankheitserregern an sich auf die Spur kommen and
andererseits dem Neuauftreten und immerhin möglichen Weiterverbreiten
bezw. Einuisten (Endemischwerden) der fraglichen Krankheitsform be-
gegnen wollen.
Dass demgemäss bei Neoanlage von Militärschwimm- und Bade-
anstalten oder Mitbenutzung gleichartiger Privatanlageu seitens der
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Trappen nnsere prophylaktischen Bestrebangen vor allen Dingen, — und
vielleicht mehr als bisher geschehen, — auf die Nachbarschaft von
Fabriken (Färbereien, Gasanstalten, chemischen Fabriken und dergl.),
peren Abfälle in das zu benutzende Wasser gelungen können, sowie
namentlich auf die eventuelle Fernhaltnng von Ca nalisationsab wässern,
Rücksicht zu nehmen haben werden, bedarf wohl keiner besonderen
Hervorhebung.
Trier, Mai 1888. '
Zur militärärztlichen Rasnistik.
Im Folgenden berichte ich über einige Fälle von Verletzungen,
welche tbeils wegen der Seltenheit ihres Vorkommens, theils aber auch
wegen der Eigentbümlicbkeit ihres Verlaufes von besonderem Interesse sind.
1. Fall von Beckenfraktnr.
Der im zweiten Dienstjahre stehende Füsilier P. war am 24. 12. 1884
mit Schmerzen an der linken Seite des Afters erkrankt, wo eine sich
allmälig entwickelnde Geschwulst ihn veranlasste, sich am 7. 1. 1885
krank zn melden. Es fand sich ein links neben dem anus gelegener,
mit dem Mastdarm nicht kommnnizirender, kaum wallnussgrosser Abszess,
der gespalten wurde. Als die Abszesshöhle sich nicht schliessen wollte,
wurde in der Annahme, dass ein paraprostatischer Abszess vorläge, der
zur Bildung einer fistnla ani incompleta externa geführt hätte, die
Sphincterotomie gemacht. Trotzdem wucherten aber in der Folge
blasse, schlaffe Granulationen empor und die Wundränder zeigten sich
anhaltend geröthet und infiltrirt, ohne dass hierdurch das Allgemein-
befinden wesentlich getrübt worden wäre. Man fand dabei das os sacrum
mehr als gewöhnlich mit seinem linken seitlichen Abschnitt nach vorn
stehend, seine hintere Fläche, namentlich nach der synchondrosis sacro-
iliaca sinistra hin verdickt, aufgetrieben und bei Druck schmerzhaft;
anch die vordere Fläche des Kreuzbeines zeigte sich bei der Untersuchung
vom Mastdarm her in der Richtung von links nach rechts convex und
anscheinend nach links hin verbreitert. Von der linken synchondrosis
sacro-iliaca her, deren vordere Fläche bei der Berührung ausserordentlich
empfindlich war, fühlte man einen mehr als daumendicken und ziemlich
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festen Gewebsstrang nach der linken änsseren Umgrenznng des Mast-
darmes herabsteigen, und eine durch die äussere FistelöflFnung eio*
geführte Zinnsonde konnte in diesem Gewebsstrang ca. 22 cm nach oben
vorgeschoben werden, wo sie in der Gegend der linken seitlichen Partie
des Kreuzbeines auf rauben Knochen stiess. Ausserdem zeigte sich der
linke horizontale Scbambeinast auf seiner vorderen und oberen Fläche
im Vergleich zum rechten verdickt
P., der bisher eine Entstehungsursachc für die anfängliche An-
schwellung neben dem Mastdarm nicht angeben konnte, war schon
wiederholt über etwa erlittene Verletzungen befragt worden, als er
endlich berichtete, dass er als Ackerknecht 7 Wochen vor seiner Ein-
stellung in das Heer — also ca. 1 Jahr 5 Monate vor seiner Krank-
meldung — von der Deichsel eines beladenen Düngerwagens, auf welcher
sitzend er die Pferde lenkte, beim Fahren herabgefallen sei, und während
er mit dem Bauche auf dem Erdboden lag, sei der Wagen mit einem
Rade von links her auf die Gegend seines Kreuzbeines hinanfgefabren.
Obwohl er in dieser peinlichen Situation fürchterliche Schmerzen
empfunden und namentlich nicht hätte atbmen können, sei es ihm doch
gelungen, die Pferde zum Stehen zu bringen, so dass das Rad des Wagens
„etwa 1 — 2 Minuten* lang auf seinem Kreuzbeine gestanden hätte. Der
hinzugekommene Oberknecht Hess nach kurzem Besinnen die Pferde
anziehen, wodurch das Rad von der Kreuzbeingegend und zwar anf
deren rechter Seite wieder herabgeglitten sei. Ausser Stande, sich zn
erheben und zn gehen, sei er einige Stunden darauf zn einem Schäfer
gebracht worden, welcher bemerkt haben soll, dass die Gegend zn beiden
Seiten der Schamhaare blauschwarz gefärbt gewesen sei. Ob Damm-
gegend oder Hodensack eine ähnliche Färbung gezeigt hätten, entsano
P. sich nicht mehr, jedoch gab er mit Bestimmtheit an, dass Urin- nnd
Darmentleernng bald nach der Verletzung und auch in der Folge stets
ohne Besonderheit vor sich gegangen sei. Nachdem der Schäfer um
den Leib Binden gelegt, sei P. nur 5 Wochen bettlägerig gewesen nnd
hätte sich darauf noch ca. 14 Tage, weil er Schmerzen im Kreuz beim
Geben und Bücken empfunden, von schwerer Arbeit fembalten müssen.
Nach seinem Eintritt in das Heer aber waren seine Beschwerden so
gering gewesen, dass er namentlich die ganze Rekruten- Ansbildnngs-
periode ohne Unterbrechung durch Krankheit dnrchmachen konnte;
nur seit den letzten 6 Monaten vor seiner Krankmeldung hatte er beim
Marscbiren und bei den Uebungen am Schnursprnnggestell Schmerzen
in der Gegend des Kreuzbeines empfunden. Als die oben beschriebene
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Oeschwolst am After aafgetreten, meldete er sich — zam ersten Male in
seiner Dienstzeit — krank.
Der weitere Verlauf des Falles ergab, dass bald mehr, bald weniger
eiterige Absonderung aus dem neben dem Mastdarme gelegenen Kanäle
erfolgte und dass bei sonst dauernd gutem Ernährungszustände nur zeit-
weise über Schmerzen beim Geben und Stehen in der Gegend der linken
sjncbondrosis sacro-iliaca geklagt wnrde; in diesem Zustande kam P. als
dienstunbrauchbar zur Entlassung.
Höchst wahrscheinlich bat es sich in dem vorliegenden Falle um
eine Beckenringfraktnr gebandelt, bei welcher das Kreuzbein aus seiner
Verbindung mit dem linken Darmbein gelöst und — wie die Verdickung
des linken horizontalen Schambeinastes sowie die blanschwarze Färbung
in der Nähe der Schambaare gleich nach der Verletzung andeuten —
such an der vorderen Wand der linken Beckenhälfte Kontinuitäts-
Trennungen eingetreten waren, obwohl der letzteren Annahme das
Bedenken entgegenstebt, dass Störungen beim Harnlassen nicht vor-
handen gewesen sind, welche doch häufig derartige Verletzungen
begleiten und die schwere Bedeutung derselben bedingen.
Aber selbst wenn wir auch den Bruch des horizontalen Schambein-
astes als erwiesen nicht ansehen, da die Verdickung desselben ja auch
aaf einfach periosteale, durch das Trauma hervorgerufene Auflagerungen
znrückgeföbrt werden könnte, so lässt sich doch ans der Verdickung
and der Dislokation des Kreuzbeines nach vorn die Annahme mit
liemlicber Gewissheit herleiten, dass eine Trennung des Zusammen-
hanges von Kreuzbein und linkem Darmbein in der geschilderten Weise
beim Auffahren des Rades auf die Krenzbeingegend stattgefunden hat,
wobei wir uns den Entstehnngs- Mechanismus dieses Bruches durch
Losreissen der synchondrosis sacro-iliaca höchst wahrscheinlich vom
Darmbein im Moment der Verletzung ebenso erklären möchten, wie
viele Bruche in der unteren Epiphyse des Radius durch Abreissen des
Ligamentum carpi volare proprium hervorgerufen werden.
Schwieriger ist die Aetiologie der Eiterung festznstellen , welche
erst fast l‘/> Jahr nach geschehener Verletzung neben dem anus zum
Vorschein kam, nachdem sie links am Mastdarm entlang einen Kanal
sich gebildet hatte, welcher nach oben in der Gegend des linken
seitlichen Abschnittes auf der Vorderfläche des Kreuzbeines auf rauben,
blossliegenden Knochen führte. Da ursprünglich die Trennung zwischen
Kreuzbein und linkem Darmbein eine, wie angenommen werden muss,
sobkntane gewesen ist, welche an sich eine Neigung zur Eiterung nicht
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besass, so lässt sich zur Erklärung der letzteren nach den beatigen
pathologisch - mykologischen Anschanangen über die Entstehang der
Eiternng'^) nur die Möglichkeit in's Aage fassen, dass bei mangelhafter
Koaptation der getrennten Tbeile in Folge von unzweckmässigem
Verhalten des Verletzten, dem sachverständige Hülfe ja nicht za Theil
geworden war, Mikroorganismen ans dem Mastdarme zwischen die Brach-
fläcben gelangt sind and hier ostitische und periostitische Eiter-
Frodnktion bewirkt haben. Der Umstand, dass die materiellen
Veränderungen auf der vorderen Fläche des Kreuzbeines an einer Stelle
wesentlich nachweisbar waren, welche nach der anatomischen Lage des
Mastdarmes eine derartige Invasion von Mikroorganismen besonders
begünstigten, scheint diese Annahme nicht unwesentlich zu stützen.
Nachdem der Senkungsabszess aber gebildet war, trat er erst nach Jahr
und Tag links neben dem Mastdarm unter der äusseren Haut zum Vot^
schein, da er auf diesem Wege die mannigfachen, sich ihm in Faszien
und Muskeln darbictenden Hindernisse des kleinen Beckens nur schwer
und sehr allmälig durchbrechen konnte, wie dies auch aus der verhältoiss-
mässig dicken und festen Beschaffenheit der Wände des neben dem
Mastdarm gelegenen Kanals gefolgert werden muss.
Nach seinem Verlauf vermehrt dieser Fall nicht nur die Zahl der-
jenigen ähnlichen Verletzungen, welche die relativ günstige Prognose
der Beckenbrüche bezüglich der Erhaltung des Lebens beweisen, sondern
er zeigt auch noch ferner, dass die bedeutungsvollen Störungen, die man
von jeder mangelhaften Wiedervereinigung einer getrennten sjnchondrosis
sacro-iliaca für die ganze Mechanik des Stehens und Gehens a priori
erwarten sollte, sich nicht immer und zu jeder Zeit in erheblichem
Maassstabe bemerkbar machen, denn unser Patient hatte bis zum
Durchbruche des Senkungsabszesses mehr als l'/i Jahr jeglichen Dienst
in der Truppe gethan. Freilich soll damit nicht gesagt sein, dass der
verhältnissmässig günstige Zustand für alle Zeiten erhalten bleiben wird.
Sätte-Verlust durch die anhaltende Eiterung sowie weitere lokale
Destruktions-Vorgänge am Kreuz- und Darmbein, die nur schwierig
einer zweckmässigen und erfolgreichen Behandlung zugängig gemacht
werden können, werden gewiss weiterhin ernste Gefahren für den
Patienten mit sich bringen.
Ituunigarten. Lelirlmcli der patliolog. Mykologie. 1 Bd. 1888. S. 205 »• ff
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2. Fall voD doppeltseitigem Muskelbruch der Adduktoren
der Oberschenkel.
Der durch seine Seltenheit henierkenswerthe Krankheitsfall ereignete
sich bei dem wohlgebauten, gesunden und kräftigen Trompeter S., welcher
io 9. Jahre diente.
Derselbe empfand, als er beim Reiten in der Abtbeiluug wiederholt
mit einem schwierig zu reitenden Pferde über die Hürde sprang, wäbreud
des Sprunges plötzlich einen heftigen Schmerz ira oberen Drittel der
Innenfläche beider Oberschenkel, als ob hier Etwas geplatzt wäre und
nun durch den I^ss sich eine weiche Masse hindurch drängte. Als ich
den Verletzten bald darauf sah, zeigten beide Oberschenkel im oberen
Abschnitte ihrer Innenfläche ira Bereiche der Adduktoren-Gruppe je eine
länglich-ovale, bei der Berührung nur wenig schmerzhafte Geschwulst,
welche dicht unterhalb des Dammes begann und deren senkrechter sowie
grösster sagittaler Durchmesser rechts 8 und 5 cm, links 11 und 7 cm
betrog. Während die rechte Geschwulst stärker als die linke gewölbt
war, fühlten sich beide weich und glatt an, und Haut und Fettpolster
waren in gewöhnlicher Weise über ihnen verschieblich. Nur an der
vorderen Seite der Geschwulst des rechten Oberschenkels Hess sich ein
hinter ihr, anscheinend der fascia lata angehörender, etwa federkiel dicker
Strang fühlen, welcher gleichsam als starre Wand in die weiche
Geschwulst hineinragte, indem diese sich über den Strang nach vorn
etwas hinüberlagerte. Sobald S. die Adduktoren der Oberschenkel an-
spannte, zeigten beide Geschwülste vermehrte Wölbung und steinharte
Konsistenz, um beim Eintritt der Erscblafifung der genannten Muskeln
wiederum den ursprünglichen Zustand darzubieten, in welchem man sie
durch Druck mit den Fingern gleichwie eine bewegliche Bruchmasse
durch Reposition zum fast völligen Verschwinden bringen konnte. Als-
dann Hess sich im Bereich der reponirten Geschwulst Haut und Fett-
polster ca. 2 bis 3 cm tief in eine Von weicher, nur wenig empfindlicher
■Masse aasgefüllte Höhlung hineindrücken, welche von glatten, mehr oder
weniger scharfen Rändern, die der fascia lata angehörten, eingeschlossen
wurde. Von diesen Rändern zeigte sich nur der vordere der am rechten
Oberschenkel vorhandenen Höhlung mehr rundlich und dick.
Die hierdurch bedingten Störungen bestanden in den ersten
6 Wochen nach der Verletzung in Schmerzen beim Gehen und Stehen
im Bereich der Adduktoren; später blieb nur ein Gefühl von Schwäche
)o den unteren Gliedmaassen beim Gehen zurück.
- '■'ioogle
438
Dass es sich im vorliegenden Falle am Maskelbröcbe in der Groppe
der Adduktoren beider Oberschenkel bandelte, welche durch Oeffnuogen
der fascia lata hindurchgetreten waren, folgert ans der Beschaffenheit
der Geschwülste, über welchen Fettpolster und Haut frei verschieblich
waren, — aus dem Uebergang der anfänglich weichen in die feste
und harte Konsistenz bei der Kontraktion der Adduktoren sowie
daraus, dass die weichen prolabirten Geschwülste nach dem Erschlaffen
der genannten Muskelgruppe in eine dem Gebiet der Adduktoren an-
gehörende Höhlung hineingedrückt und damit sum fast völligen Ver-
schwinden gebracht werden konnten.
Nach dem Sitz der Geschwülste musste angenommen werden, dass
dieselben wesentlich dem M. adductor longus und dem nach hinten
von diesem gelegenen M. gracilis angehörten, welche beide in dem
bezeichneten Abschnitte der Oberschenkel ja auch unter normalen
Verhältnissen dicht unter der fascia lata gelegen sind; jedoch konnte
selbst nicht einmal in der breiteren und umfangreicheren Bmchmasse des
linken Oberschenkels durch das Gefühl die Abgrenzung beider Muskeln
mit Sicherheit festgestellt werden, wie auch ein bestimmtes Urtbeil dar-
über zu gewinnen nicht möglich war, ob nur die genannten Muskeln
oder ob auch noch Theile der tiefer gelegenen Hm. adductor brevis und
magnus die Bruchgcschwulst zusammensetzten.
Bemerkenswerth war die Entstehung dieser Brüche an zwei
symmetrischen Stellen der Oberschenkel. Indem wir für die Erklärung
derselben nicht unerwähnt lassen möchten, dass die Ruptur der fascia
lata in einem Bezirke erfolgte, wo sie gegenüber ihren Abschnitten an
der vorderen und äusseren Seite der Oberschenkel schon an sich eine
geringere Festigkeit darbietet, machen wir für die Verletzung der fascia
selber eine verstärkte und aussergewöhnlich heftige Aktion der
Adduktoren verantwortlich. Der Sitz des Reiters beim Springen des
Pferdes nimmt die Adduktoren nicht nur zum kraftvollen Andrücken
der Oberschenkel an das Pferd in Anspruch, sondern es müssen diese
Muskeln ausserdem auch noch bei fixirten Schenkeln zum Anfricbten
und Vornüberbengen des Oberkörpers während des Sprunges des
Pferdes beitragen. Berücksichtigt man neben der dünnen Beschaffenheit
der fascia lata an der bezeichneten Stelle diese doppelte Aufgabe, welche
die Adduktoren beider Oberschenkel in dem vorliegenden Falle wieder-
holt und in schneller Aufeinanderfolge zu erfüllen batten, so wird mt»
es erklärlich finden, dass auch bei einem kräftigen und gesunden Macoe
die fascia lata durch das mehrmalige, anhaltende und kräftige Andräogeo
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439
der anter ihr gelegenen Maskein endlich gesprengt and so ein Maskel-
bmch an jedem Oberschenkel bervorgerafen wurde.
Die Behandlang sachte bei ruhiger Lage durch Flanell- später durch
Gammi-Binden die Muskelbrüche dauernd reponirt zn erhalten, was
jedoch nnr bis za einem gewissen Grade gelang. Von einem operativen
Eingriff wurde Abstand genommen, weil ein solcher kaum einen besseren
Znstand schaffen konnte, als er sich ohne denselben darstellte, denn eine
Operation hätte doch nar nach breiter Spaltung von Haat and Fett-
polster vornehmlich in dem Versuch der Wiedervereinigung des Risses
in der fascia lata bestehen können. Diesen Versuch musste man aber bei
der Ausdehnung der Verletzung und der anatomischen Beschaffenheit
der fascia lata an den betreffenden Stellen als ziemlich aussichtslos
bezeichnen, so dass von der Operation nur eine ausgedehnte Narben-
bildung zu erwarten gewesen wäre, welche leicht bedeutendere und im
Voraus nicht zu übersehende funktionelle Störungen für den Gebrauch
der Gliedmaassen hätte bedingen können.
3. Zwei Fälle von Verrenkungen der Zehen,
a) Verrenkung des Zehen - Mittelfnssgelenkes der linken zweiten Zehe.
Der Musketier G., zur Disposition des Regiments entlassen, war
Anfangs März 1687 von einem Haftritt derart getroffen worden, dass der
Vorderstollen des Hufeisens auf die Rückenfläche des Zehen -Mittelfuss-
gelenkes der linken zweiten Zehe aufgeschlagen war. Bei seiner
Wiedereinziebung zum aktiven Dienst fand man am 3. April desselben
Jahres die Basis der Grundpbalanx der linken zweiten Zehe etwa bis
zur Hälfte ihres vertikalen Durchmessers nach oben vorspringend,
während das unter der Zehe befindliche Sohlenpolster flacher und das
Grundglied der Zehe um Etwas gegen den rechten Fass verkürzt
erschien. Durch Zug an der im Zeben-Mittelfussgelenk plantarflektirten
Zehe und gleichzeitigen Druck auf das vorstehende Ende ihres Grund-
gliedes Hess sich letzteres mit knurbscbendem Geräusch in seine
gewöhnliche Stellung bringen, das ganze Zeben-Mittelfussgelenk zeigte
sich aber jetzt im Vergleich zum rechten verdickt und ziemlich schmerz-
haft bei der Berührung. Warden die Zehen des linken Fasses nun
wieder gebeugt, so trat alsbald unter Schmerzen das Grundglied der
zweiten Zehe gegen den Mittelfussknochen in der früheren Art nach
oben vor und es wurde zugleich ein, anscheinend namentlich hinter und
unter dem inneren Knöchel fühlbares knarrendes Geräusch wabr-
genommen.
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440
Beim Gehen und Stehen wurde die Berührung des Bodens mit den
Zehen vermieden und der linke Fuss wesentlich nur mit der Ferse und
dem äusseren Fussrand aufgesetzt.
b) Verrenkung des Zehen- Mittel fnssgelenkes der linken grossen Zehe.
Bei dem nnausgebildeten Musketier O. zeigte sich am linken Fusse
ein deutliches Vorspringen des Köpfchens vom ersten Mittelfussknocben
nach oben, während die Gelenkfläche des Grundgliedes der grossen
Zehe um ca. 5,0 — 6,0 mm nach unten dislozirt war. Der Grosszeben-
bullen war zugleich flacher und kleiner als der der rechten Seite und
die Haut des ersteren Hess schwielige Beschaffenheit kaum erkennen.
Die Zehe selbst stand iu leichter Plantarflexion, bot aber bezüglich
ihrer Länge im Wesentlichen keinen Unterschied gegenüber der rechten
dar. Trotz der weichen Beschaffenheit des Grosszehenballens konnte
man die Plantarseite am Köpfchen des ersten Mittelfussknochens von
der Fusssoble aus nur sehr undeutlich und anscheinend höher stehend
als am rechten Fuss fühlen, während das metatarsale Ende der
Basalpbalanx hier sehr viel deutlicher nachweisbar war. Durch Zug an
der Zehe und gleichzeitigen Druck auf die plantarwärts vorspringende
Basis ihrer Grundphalanx Hess sich das Vorspringen der letzteren zom
Verschwinden bringen, worauf das Zehen -Mittelfussgelenk gegenüber
dem rechten sich verdickt und jetzt auch bei stärkerem Drucke schmerz-
haft erwies. Beim Nachlass der drückenden und ziehenden Ein-
wirkungen auf das Gelenk trat alsbald die frühere Difformität wieder
hervor. Das ganze linke Bein war bis zu 2 cm schwächer und die
Muskulatur schlaffer als am rechten. Beim Gehen und Stehen berührte
der linke Grosszehenballen nicht den Erdboden.
Ueber den Ursprung dieser Verletzung konnte O. nur angeben, dass
er in seinem 5. Lebensjahre „ein Malheur“ am linken Fuss erlitten hätte.
Beide Verrenkungen, namentlich aber wohl die der zweiten Zehe,
sind sehr seltene Verletzungen.*) Bei der im ersten Falle beschriebenen
Luxation der zweiten Zehe war die luxirte Gelenkfläcbe nach oben
dislozirt und es bestand als Komplikation Tendovaginitis crepitans an den
Sehnen des M. flexor digitorum communis longus, welche wohl gleich-
zeitig mit der Gelenkverletzung hervorgerufen war und durch die letzterer
folgenden entzündlichen Vorgänge am Gelenke unterhalten wurde.
•) Künig. Spezielle Chirurgie. 1. Aufl. II. Baud. S. 1073.
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441
Während diese anvollkommene Luxation der zweiten Zehe eine, wie
aus der Anamnese hervorging, verhältnissmässig frische und durch
direkte Gewalteinwirkung entstandene Verletzung war, stellt der zweite
io ätiologischer Hinsicht unklare Fall eine bereits mehrere Jahre
bestehende unvollkommene Verrenkung der linken grossen Zehe dar,
welche nach der Beschaffenheit der Haut am Orosszehenballen sowie
nach der Umfangsabnahme des ganzen Gliedes eine gewisse funktionelle
Störung des letzteren bedingt hatte. Von der grösseren Zahl der
bereits beobachteten Fälle dieser Art unterscheidet sich der beschriebene
insofern, als die luxirte GclenkBüche nicht nach oben, sondern nach
unten hin dislozirt war. Aus dieser Dislokation wäre a priori ein
gewisser Grad von Dorsalilexiou der Zehe zu erwarten gewesen; dass
statt derselben Plantarflexion vorhanden war, hat wohl seinen Grund
in einem mit der Zeit permanent gewordenen kontrakturartigen Zustande
der Flexoren, durch welchen das schmerzhafte Aufsetzen des verletzten
Gelenkes auf den Erdboden beim Gehen und Stehen vermieden werden
sollte. Die Art und der Grad der Dislokation erklärt auch das Gelingen
der Reposition selbst bei so langer Dauer der Verletzung gegenüber
den Schwierigkeiten, denen die Einrichtung der kompleten Luxation
nach oben in den beobachteten Fällen*) begegnet ist; denn während in
letzteren das Hinderuiss zum Theil darin beruhte, dass die Grund-
phalanx das Köpfchen des Metatarsalknochens vollkommen verlassen und
nach oben auf den Metatarsus hinauf sich verschoben hatte, befanden
sich in dem beschriebenen Falle beide Gelenkilächen noch bis zu einem
gewissen Grade in Berührung und zugleich waren trotz der schon Jahre
lang vorhandenen Verletzung deformireud-arthritische Veränderungen
an den Gelenken jedenfalls nur in verhältnissmässig geringer Ausdehnung
zur Entwicklung gekommen.
Stabsarzt Dr. Styx (Höxter).
*) König, 1. c.
Digitir"' '''no-J-
442
Zur Behandlung der Unerbrüche der Kniescheibe.
Von
Stubsarat Dr. Pochhammer (Stralsund).
Als einen Beitrag znr Frage der Behandlnng der Eniescheibenbrnche
möchte icb mir erlauben den nacbstebenden Fall von Querbrucb der
Kniescheibe, den icb vor zwei Jahren za beobachten Gelegenheit batte,
mitzutheilen.
Der Füsilier W., welcher an einer Verstauchang im linken Knie-
gelenk mehrere Wochen im Lazareth behandelt and am 24. Februar 18Ü6
als geheilt aas demselben entlassen worden war, glitt am Tage nach
seiner Entlassang auf einer glatten, mit Eis bedeckten Stelle der Strasse
aas nnd fiel sehr heftig mit dem linken Knie auf das Steinpflaster. Mit
grosser Mühe vermochte er sich aufzuraifen und mit Unterstütznog
mehrerer Kameraden die nahe gelegene Kaserne za erreichen, von wo
er mit Tragekorb nach dem Lazareth gebracht wurde. Als icb ihn
drei Standen später sah, fand ich das Kniegelenk sehr beträchtlich an-
geschwollen und von einem Blutergasse in ungewöhnlichem Grade aus-
gedehnt. Das Gelenk bot einen 7 bis 8 cm stärkeren Umfang als das
gesunde Kniegelenk dar, und bei der prallen Schwellung der Gelenk-
kapsel war es unmöglich, die Kniescheibe nnd die Kondylen des
Oberschenkel- and Schienbeines darchzufühlen; dem entsprechend konnte
die Diagnose zunächst nur aaf eine sehr starke Blntung in die Gelenk-
höhle aus nnbekanntcr Ursache gestellt werden, wenngleich die grosse
Schmerzhaftigkeit and die ungewöhnlich starke Blutung von vornherein
eine Knocbenläsion wahrscheinlich machten. Am folgenden Tage
gelang cs, am oberen Umfange der Geschwulst, ungefähr in der Gegend
der oberen Grenze des Recessus, einen beweglichen knochenharten
Körper zu fühlen, der sich alsbald bei genauerer Untersnehang als das
obere, von der Sehne des Quadriceps stark in die Höbe gezogene
Fragment der qaer darchgebrochenen Kniescheibe erwies. In den
nächsten Tagen nahm die pralle Beschaffenheit der Anschwellung etwas
ab, das noch immer stark aufgetriebene Gelenk zeigte dentliche
Fluktuation, and man war nan im Stande die Gelenkenden der Knochen
und anch das untere kleine Fragment der Kniescheibe durchzufühlen.
Die sehr bedeutende Diastase der Brachenden betrug gegen 7 cm und
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— 443
durch Herabziehen des oberen Endes gelang es nur, dieselben bis auf
ca. 4 cm einander zu nähern. Die Extremität war gleich nach der Auf-
nahme des Kranken in eine Drahthose gelegt und das Kniegelenk mit
einer Eiskappe bedeckt worden; hierdurch wurde es zwar erreicht, dass
die Schmerzhaftigkeit abnahm, aber eine ziemlich starke Allgemein-
reaktioD gegen das erlittene Trauma machte sich insofern geltend, als
schon am zweiten Bebandlungstage Fieber und häufiges Frösteln ein-
traten und die Temperatur allabendlich auf 39° und darüber stieg.
Unter diesen Umständen handelte es sich darum, festznstellen, nach
welchem Plane der recht ungünstige Verhältnisse darbietende Qner-
bruch der Kniescheibe weiter zu behandeln sei. Die ältere Methode
der einfachen Koaptation der Brochenden durch Bandagen erschien von
vornherein aussichtslos, da, wie bereits erwähnt, die Brechenden sich
nur bis auf 4 cm einander nähern Hessen. Auch eine vorgängige
Pnnktion des Gelenkes zur Entleerung des ergossenen Blotes bot keine
besonderen Vortheile, da die Heransbefördernng so grosser geronnener Blut-
massen durch eine einfache Pnnktionsöffnung nicht möglich erschien nnd
sich bei einer unvollständigen Entleerung der Gelenkhöhle eine
vollkommene Annäherung der Bruchenden nicht erwarten Hess. Unter
diesen Umständen wurde beschlossen, die knöcherne Naht der Knie-
scheibe zu machen, und am 9. März wurde die Operation in der
folgenden Weise ansgeführt In tiefer Chloroformnarkose wurde das
Kniegelenk durch einen nach unten konvexen Querschnitt zwischen den
Bruchenden der Kniescheibe breit eröffnet, und hierdurch eine mässige
Menge dunklen flüssigen Blutes und sehr reichliche Kruormassen entleert
Die Bruchenden der Kniescheibe waren, wie eine Messung ergab, 7 cm
auseinandergewichen, es bestand ein Sc^rägbrueb, und die Bruchlinie
verlief schräg von vorn oben nach unten hinten. Das obere Bruchende
zeigte sich ungefähr dreimal so gross als das untere, welches von
sehr weicher Beschaffenheit war und von welchem mehrere Knochen-
stückeben von der Grösse einer Erbse abgesplittert waren und nur noch
eine ganz lose Vereinigung mit dem fibrösen Ueberzug der Patella
zeigten. Diese Knochentrümmer worden entfernt, alsdann die vordere
Fläche der Brnchenden nicht ohne gewisse Schwierigkeiten freigelegt,
und hierauf in jedes der Bruchenden, unter Vermeidung des Knorpel-
Überzuges, je zwei Löcher mittelst eines Drillbohrers eingebohrt Durch
je zwei gegenüberliegende Löcher wurde ein mittelstarker, vorher
geglühter Eisendraht hindurchgeführt, das obere Bruchende stark
herabgezogen und an das untere angefügt und schliesslich die
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auf der vorderen Fläche der Kniescheibe zasammengedrehten Drähte knrz
abgeschnitten. Obgleich sich der Kranke in tiefster Narkose befand, so
bedurfte es doch eines recht kräftigen Zuges, um die Brucbenden an-
einander zu bringen, und auch nach vollendeter Knochennaht war die
Spannung des Ligatnentnm patellae nnd der Sehne des Quadriceps eine
nicht unbeträchtliche. Darauf wurden die Weicbtheile nnd die Haut-
wunde genäht, in beide Wnndwinkel ein kurzes Drainrohr gelegt und
ein antiseptiscber Verband gemacht; die Extremität wurde sodann io
eine Drabtbose gelagert und zur Entspannnng der Muskulatur des-
Oberschenkels auf eine schiefe Ebene gelegt. Das Fieber schwand
unmittelbar nach der Operation nnd kehrte auch im weiteren Krankheits-
verlaufe nicht wieder. Bei dem acht Tage später vorgenommenen
ersten Verbandwechsel war die Hautwunde bis auf die Wundwinkel per
priraam verheilt; die Drains wurden beransgelassen und der Verband
in der angegebenen Weise erneuert. Eine Verzögerung erfuhr die
vollständige Schliessung der Gelenk wunde dadurch, dass ziemlich genau
vier Wochen nach der Operation sich ein kleines nekrotisches, wahr-
scheinlich von dem unteren weichen Brocbcnde der Kniescheibe her-
stammendes Knochenstückeben abstiess. Nach ferneren zwei Wochen
war die Gelenkwunde definitiv verheilt und waren die beiden Bruch-
endeo der Kniescheibe wieder zu einem Knocbenstücke fest mitein-
ander verschmolzen. Es begannen nun die ersten Gehversuche, anfangs
mit Hülfe zweier Krücken, dann mit zwei Stöcken, bald ohne alle
Unterstützung, auch worden täglich passive Bewegungen im Knie-
gelenke vorgenommen. Die Beweglichkeit war anfänglich eine sehr
geringe und betrug nicht mehr als 10 Grad; bei der am 1. Juli erfolgenden
Entlassung aus dem Lazareth batte sich die aktive Beweglichkeit
bis 30, die passive bis 33 Grad gesteigert. Das Kniegelenk war von fast
normaler Konfiguration, die Streckmuskulator des Oberschenkels hatte
an der gut konsolidirten Kniescheibe wieder einen festen sicheren
Angriffspunkt gewonnen, und innerhalb des angegebenen Ezkursions-
winkels erfolgten die Bewegungen prompt und gleichmässig wie in einem
normalen straffen Cbarniergeleuke. Der Gang war sicher und unter-
schied sich bei gewöhnlicher Geschwindigkeit nicht von dem Gange
eines ganz Gesunden. Der Mann wurde als dienstunbrauebbar ein-
gegeben und kurze Zeit darauf aus dem Militärdienst entlassen. Seit
dieser Zeit hat sich die aktive Beweglichkeit bis 50° gesteigert, der
Mann bat eine Stellung im äusseren Eisenbahndienst angenommen und
ist im Stande, dieselbe vollständig auszufüllen und weite Strecken zu Fass
zorückzulegen.
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In Bezog aof die Entsteh6ng des Leidens and die Schwere der
VerleUoDg scheint mir die kürze Zeit vorangegangene Distorsiou in dem
linken Kniegelenke von besonderer Bedeutung zu sein. W. hatte sich
eine Yerstaucbnng in diesem Gelenke mit deutlichem Ergüsse in die
Gelenkkapsel zngezogen und war hieran mehrere Wochen im Lazareth
behandelt worden. An dem Tage nach seiner Entlassung gleitet er auf
der Strasse aus und bricht sich angeblich die linke Kniescheibe dadurch,
dass er mit dem linken Knie auf das Steinpflaster ßllt. Wahrscheinlich
ist aber auch in diesem Falle der Mechanismus der Fraktur der
gewöhnlich beobachtete gewesen, dass nämlich W. das ins Schwanken
gerathene Gleichgewicht seines Körpers durch starke plötzliche An-
spannung der Streckmuskulatur beider Oberschenkel zu erhalten suchte
und das hierbei die in ihrer Konsistenz und Kohäsion veränderte linke
Kniescheibe sich der plötzlichen ruckweisen Kontraktion des Quadriceps
nicht gewachsen zeigte und quer durcbgerissen wurde. Der hiernach
eintretende Fall auf die Kniee, der natorgemäss folgen musste, wurde
fälschlicherweise von W. als die Ursache der ganzen Verletzung
gedeutet Für dieses Sachverhältniss spricht nicht allein der Umstand,
dass die Merkmale einer stattgefundenen stärkeren Quetschung des
linken Kniegelenkes wie Hautabschürfungen oder Einrisse der Haut voll-
ständig fehlten, sondern es sprechen auch hierfür die bei der Eröffnung
des Kniegelenkes Vorgefundene weiche Konsistenz der Bruchenden,
namentlich die fast bröcklich zu nennende Beschaffenheit des unteren
Segmentes an der Bruchfläche und die vollständige Ablösung mehrerer
kleiner Knochenfragmente von demselben. So hochgradige Veränderungen
erklären sich schwer durch einen einfachen Fall auf das Knie ans
geringer Höbe, aber sie stehen vollständig im Einklänge mit der Auf-
fassung, dass nach einem mehrere Wochen andauernden, durch eine
Verstauchung angeregten entzündlichen Prozess im Kniegelenke eine
gewisse Sprödigkeit und Brüchigkeit der Kniescheibe zurückgeblieben
war und dass diese letztere bei einem sehr gewaltsamen Zuge unter
gleichzeitiger Splitterung anseinanderbarst. In gleicher Weise erklärt
sich auch das ungewöhnlich starke Anseinanderweicben der Brnchenden
sehr gut aus der vorangegangenen Distorsion, da durch diese jedenfalls
gewisse Kapseltheile verletzt waren, aber die frisch verheilte Kapsel-
wnnde gegen einen neuen Insult eine abgeschwächte Widerstands-
fähigkeit zeigte and nun die Kapsel sehr weit einreissen konnte.
In Bezog aof die Ausführung der Operation möchte ich noch
bemerken, dass es mir bei der sehr starken Diastase der Bruchenden
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der Eniescbeibe gewagt erschien, Katgut cam Nähen anzn wenden, da
eine tu frühzeitige Resorption desselben den Erfolg des ganzen Ein-
griffes in Frage stellen massle. Thatsächlich ist ja in den meisten
veröffentlichten Fällen Eatgut zur Naht der Eniescheibe gewählt worden
und hat auch für den erstrebten Zweck vollkonamen genügt. Aber ich
glaube, dass ich in einem ähnlich ungünstigen Falle, wie der geschilderte
es war, doch wieder zum Eisendraht greifen würde, da der Zeitpunkt,
bis zu dem das Eatgut voraussichtlich resorbirt sein wird, sich bisher
nicht mit absoluter Sicherheit berechnen lässt. Ausserdem hat das
Zurückbleiben eines aseptischen geglühten Eisendrahtes in dem genähten
Enochen in der Regel keinerlei Nachtheile; auch in dem vorliegenden
Falle sind weder unmittelbar noch längere Zeit nach der Operation
irgend welche Reizerscheinnngen in Folge des Zurückbleibens des Eisen-
drahtes beobachtet worden.
List er nahm gegen Ende der siebziger Jahre Veranlassung, auf die
oft recht ungenügenden Heilresultate der Qnerbrüche der Eniescbeibe bio-
zuweisen und unter Mittheilung mehrerer einschlägiger Fälle die
knöcherne Naht der Patella als die typische Behandlungsmethode dieser
Enochenbrüche zu empfehlen. Diese Empfehlnng scheint mir in ihrer
Allgemeinheit zu weit zu gehen; denn in den leichteren Fällen,
in welchen der fibröse Ueberzug der Patella gar nicht oder nur unvoll-
ständig zerrissen und keine oder nur eine geringe Dislokation der Brach-
enden eingetreten ist, wird man durch zweckmässige Bandagen sowie
durch Lagerung der Extremität auf ein planum inclinatum recht gute
therapeutische Resultate erzielen. Auch in den mit stärkerem Blutergüsse
in die Gelenkhöble und massiger Dislokation der Enochenfragmente ver-
bundenen Fällen wird man durch die von Volkmann und Schede
empfohlene Punktion des Gelenkes und möglichste Entleerung des er-
gossenen Blutes die Verhältnisse dergestalt bessern können, dass nun
eine mehr oder weniger vollständige Eoaptation der Brnchcnden gelingt.
Aber in allen schwereren Fällen, bei welchen mit dem Bruche der
Eniescheibe auch die Gelenkkapsel weit eingerissen und das obere Brach-
ende sehr stark in die Höhe gezogen ist, bei welchen ferner das Gelenk
von Blutextravasaten prall aasgefüllt und traumatische Gelenkentzündung
mit hohem Fieber eingetreten ist, wird man mit der Enocbennaht die
relativ besten Heilerfolge erzielen und die vonLister in die Praxis eio-
geführto Behandlung der Eniescheibenbrüche als einen wirklichen Fort-
schritt der Therapie begrüssen müssen.
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Fall Ton Epilepsie, Ersticknngsanfall, Traeheotemia snperior.
Mitgctheilt von
Dr. Glasmacher,
aUbsantt des II. Eataillons 3. WeatlSUfichen Infanterio-Keffimenta No. 16.
Am 13. September 1887 bezog das II. und IV. Bataillon des 3. West-
fälischen Infanterie-Regiments No. 16 Vorposten-Biwak bei Marienbanm,
etwa 1 Stande von Xanten gelegen. Die Anstrengungen des Manövers
waren bei günstigem Wetter gering gewesen. Bei Znbereitnng der
Mittagskost war mir der Gefreite H., welcher als Hülfsschreiber zum
Bataillonsstabe kommandirt war, behülflich gewesen. Als ich nach dem
Essen im Zelte mit Umkleiden beschäftigt war, hörte ich plötzlich, dass
dringend nach mir verlangt wurde; ich stürzte hinaus und fand den
Gefreiten El. bewnsstlos mit hochgradig blauem Gesichte auf dem Boden
liegend; es folgten noch einige Zuckungen der Gliedmaassen und noch
wenige Versuche, mit geöffnetem Munde zu athmen. Der ganze Mund
war mit Speisen gefüllt; von diesen räumte ich so viel, wie möglich,
mit dem Finger bis zum Kehlkopfeingang vorgehend, ans, musste aber
nach zweimaligem Eingehen, da mein Finger zwischen den Zähnen ein-
geklemmt wurde, von weiteren Versuchen, ein etwa vorhandenes
Hinderniss zu beseitigen, Abstand nehmen. Die Zähne waren fest auf-
einander geklemmt, und es war unmöglich, dieselben zu öffnen. Durch
Hin- und Ilerschieben des Kehlkopfes, sowie durch die Versuche der
künstlichen Athmnng, die ich mit Hülfe einiger Soldaten machte, wurde
nichts erreicht. Das Bild, welches der Kranke bot, war das eines
Menschen, der in kürzester Zeit an Erstickung zu Grande gehen wird;
Gesicht blan, ohne Lebenszeichen, Pupillen ohne Reaktion, Blick stier,
leblos. Puls kaum fühlbar, Glieder und Rumpf schlaff daliegend. In
diesem kritischen Momente entschloss ich mich, ohne Assistenz von
Lazarethgehülfen des Bataillons und des Stabsarztes des andern
Bataillons die bestehende, hochgradige Erstickungsgefahr durch Er-
öffnung der Luftröhre zu beseitigen. Da mein Bursche die Satteltaschcn,
in denen mein Taschenbesteck und Verbandzeug sich befanden, noch
nicht, wie ihm befohlen war, zum Zelte gebracht hatte, war ich gezwungen,
mit einem Federmesser, welches mir auf Verlangen aus dem Kreise der
Umgebenden gereicht wurde, zu operiren. Der schlaffe Oberkörper des
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Krauken wurde so weit sufgerichtet , dass der Nacken über mein
gebeugtes Knie zu liegen kam, der Kopf wnrde zurückgebogen , tod
einem Soldaten fixirt; mit der linken Hand stellte ich den Keblkopf fest
und stach mit dem Federmesser unter dem Ringknorpel ein, direkt durch
Haut, Muskulatur und Luftröhre durchgehend; die Wunde erweiterte ich
auf 2 bis 2 '/2 cm, musste nun, da ich keine Instrumente, keine Nadel etc.,
nichts zur Fixirung und zum Klaffen der Trachealwunde hatte, wieder
ans der Wunde, ans der ein Strom dunkeln Blutes quoll, herausgebeo,
um die Oeffnung in der Luftröhre durch eingelegten Finger zu erweitern.
Ich vernahm jetzt erst deutlich, dass Luft in die Luftröhre einströmte;
in diesem Augenblicke kamen die Lazarethgehülfen hinzu, welche sofort
auf mein Gcheiss mit Einleitung der künstlichen Atbmnng begannen.
Bei jedem Ausatbmungsdruck wurde dunkles Blut ans der Luftröhre
hinausgeschleodert. Die Blutung, die zur Hauptsache aus dem obem
Wundwinkel kam, wurde durch scharfes Einhaken des linken Zeige-
fingers und Gegendruck des Daumens gelindert. Erst nach etwa
5 Minuten begann der Patient selbst einige Athembewegnngen zu machen,
welche aber so flach und wenig ausgiebig waren, dass sie durch direkten
Druck aufs Zwerchfell unterstützt werden mussten. Patient kam noch
nicht zum Bewusstsein, sondern bekam bei stierem Blicke und reaktions-
loser Pupille Krämpfe, warf sich sinnlos umher und geberdete sich so
ungestüm, dass es bei Aufwendung aller Kräfte der Nächstknieenden
nicht möglich war, ihn so weit zu bändigen, dass mein Finger in der
Trachealwunde bleiben konnte. Bei einem Versuche, dem Körper eine
erträgliche Lage auf Stroh zu geben, stellte sich reichliches Erbrechen
von Speisemassen ein. Die Athmnng wurde dadurch bedeutend freier
und es zeigte sich bald, dass ein V'erschluss der Wunde mit antiseptisebem
Verbandmaterial die Respiration nicht hinderte. Die Krämpfe Hessen
nach etwa 10 Minuten vollständig nach, und das Bewusstsein kehrte
nach Vi Stunde langsam wieder. Die Hautwunde wurde mit einer Nabt
geschlossen, ein antiseptischer Verband angelegt, und der Patient io das
nächste Krankenhaus nach Xanten transportirt. Als ich nach 2 Tagen
den Patienten besuchte, war die Wunde äusserlich schon vollkommen
verheilt Patient erzählte mir, dass er in frühester Jugend und auch
später in Zwischenräumen von mehreren Jahren Krampfanfälle mit Auf-
hebung des Bewusstseins gehabt habe. In seinen Ueberweisnngspapiereu
stand verzeichnet: nSoll an Krämpfen leiden, nicht konstatirt*'.
Im Sommer dieses Jahres batte der Patient einen OhnmachU-
anfall gehabt, der sehr schnell vorübergegangen war. Die sofortige Auf-
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oibme ins Lazareth und die beim Trnppentheile angestellten Recherchen
gaben über die Natur des Anfalles keine Gewissheit. Mit Bezug auf
den Ersticknngsanfall erzählte Patient, dass er sich schon am Morgen
sicht wohl gefühlt, er habe wegen Appetitmangels wenig gegessen und
bald anfgehört; während des Essens sei er nicht bewusstlos geworden.
Für diese Angabe spricht der Umstand, dass das Kochgeschirr bei dem
Anfälle neben ihm stand. Es durfte demnach darüber wohl kein
Zweifel sein, dass der Gefreite direkt nach dem Essen einen epileptischen
Anfall bekam, und das Hineingelangen von Speisen in den Kehlkopf
nicht auf dem direkten Wege stattfand, sondern in der Weise wie
Koenig, Lehrbuch der speziellen Chirurgie Seite .547, schildert:
, Bewusstlose Menschen, z. B. trunkene, betäubte, durch Chloroform
narkotisirte, bekommen, während sie auf dem Rücken liegen, Erbrechen.
Meist halten sie dabei die Zähne fest geschlossen und so sammeln sich
grosse Mengen von Speisen oberhalb der Glottis an, welche entweder
einfach durch mechanischen Druck bei mangelnden ReSexbewegungen
von Seiten der Glottis die letztere verschlossen halten, oder die Glottis
eröffnet sich, und bei einem jetzt folgenden inspiratorischen Akt werden
grosse Mengen des Breies in den Kehlkopf aufgenommen.“ Für mich
war es für das künftige Handeln bestimmend, dass ich in dem Munde
des Patienten, der für kurze Zeit geöffnet war, Speisetheile bemerkte,
für den möglichen Zusammenhang mit Epilepsie hatte ich keine Anhalta-
ponkte. Es bestand ein hochgradiges inspiratorisches Hinderniss ent-
weder am Eingänge zum Kehlkopfe oder in demselben resp. in der Luft-
röhre, welches entweder beseitigt oder umgangen werden musste, sollte
Patient nicht in kürzester Zeit zu Grunde gehen. Das möglichst tiefe
Eingehen mit dem Finger gegen den Kehlkopfeingang war das Nächst-
liegende; als dieses aber nach Ausränmen einiger Speisetheile ohne
Erfolg blieb, und der Yerscblnss des Mundes einen weitern Versuch
vereitelte, blieb mir unter den geschilderten Verhältnissen nichts anderes
übrig, als das Hinderniss für die Athmnng durch Eröffnung der Luft-
röhre zu umgehen. Wäre eine Schlundsonde oder ein elastischer
Katheter zur Stelle gewesen, so hätte man noch den Versuch machen
können, durch Einführung derselben durch den respiratorischen Nasen-
gang etwaige Hindernisse in der Nähe des Kehlkopfes zu lockern. Das
Gleiche sucht Czerny zu erreichen (Handbuch der chirurgischen
Technik von Dr. Albert R. v. Mosetig-Moorhof), indem er den
Kehlkopf von aussen her stark nach vorne zieht. Mosetig fügt hinzu;
«Nur wenn der V'erunglückte schon asphyktisch, und kein noch so
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geringer Zeitverlust mehr zulässig ist, soll rasch zur Eröffnung der
Luftröhre geschritten werden. Das beste Verfahren ist dann die Laiyngo-
tomie, weil sie am raschesten ansgefuhrt werden kann.'‘ An einer
andern Stelle sagt er über solche Operation: „Die Laryngotomie wird
als die einfachste und am leichtesten durchzuführende Methode erscheinen;
ihr zunächst reiht sich die Tracheotomia snperior und die Laryngo-
Tracheotomie an. Wenn ein asphyktisches Individuum vorliegt und die
grösste Eile noth thut, so wird man stets zwischen beiden wählen und bei
mangelhafter Assistenz der absoluten Eröffnung des Ligamentum conicnm
den Vorzug geben. — Man sticht das Spitzbistouri in senkrechter
Richtung durch Deckschichten und Lig. conicnm in die Kehlkopfböble,
— sofort schneidet man sägend nach oben zu, und lässt rasch zwei
stumpfe Haken in die Wunde gleiten. — Da hierbei die Arteria crico-
tbyreoidea mitverletzt werden kann und deren Sicherung, ausser durch
perkutane Umstechung, unmöglich ist, so muss man dafür sorgen, dass
der Wundspalt von der nachträglich eingelegten Kanüle vollends aus-
gefüllt werde und sie als Tampon wirke.“ Morell Mackenzie „die
Krankheit des Halses und der Nase“ schlägt bei Fällen von plötzlicher
Erstickungsgefahr ebenfalls die Laryngotomie vor: „Schnitt in Median-
linie 2,5 cm lang in der Mitte des Schildknorpels beginnend, dann Er-
üffnnng des Ligamentum conoideum durch Querschnitt, der, wenn es uoth-
wendig ist, nach beiden Seiten verlängert werden muss, so dass eine
kreuzweise Inzision resnltirt.“
In dem Augenblicke der Gefahr, wo jede Sekunde entscheidend für
das Leben des Patienten und das Gelingen eines operativen Eingriffes
sein musste, war ich mir der Schwierigkeit des Unternehmens, ohne
Assistenz, ohne Instrumentarium auf nacktem Felde zu operiren, wohl
bewusst. Ich überlegte mir, dass bei dem Fehlen einer Kanüle und
sonstiger Hülfsmittel, vermittelst deren die Wnnde klaffend erhalten
werden konnte, die blosse Durchschneidung des Ligamentum conoideum
zur Einführung eines Fingers unzureichend sein musste, eine Spaltung
des Ringknorpels, sowie ebenso des Schildknorpels (letzteres auch wegen
der möglichen Blutung) durch die zweifelhafte Schärfe des Messers
erschwert sein könnte, und wählte deshalb zum Einschnitte die Stelle
unter dem Ringknorpel, welche nach Palpation frei von Drüsensubstanz
zu liegen schien (Tracheotomia superior). Der Gefreite H. ist wegen
konstatirter Epilepsie als dienstunbranchbar entlassen worden.
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4öl
Referate nnd Kritiken.
Traitd de Chirurgie de gnerre par E. Delorme, M6d. maj. de
1. cl., Prof, de clinique cbirurgicale et de blessures de guerre
an Val de Grüce. Toniel. Ilistoire de la Chirurgie militaire
fran^aise; Plaies par armes ä feu des parties molles. 668 S.,
!)3 Fig. Paris 1888. Felix Alcan.
Ein gross angelegtes Werk, welches freilich in Deutschland kaum
«ehr bekannt werden dürfte, ln erster Linie für den französischen Leser
berechnet, wahrt es den nationalen Standpunkt in Anlage und Durch-
führung, ohne die wichtigsten Erscheinungen der nicht-französischen
kriegscbirurgischeu Litteratur — einige ausgenommen — ans den Augen
zu lassen.
Das Interesse des Lesers wird zunächst und ganz hervorragend auf
das historische Gebiet geführt; eine Anordnung, für die es unter deutschen
Lehrbüchern kein Analogon giebt. Der bei weitem grösste Theil des
vorliegenden Bandes ist der Entwickelungsgeschichte der französischen
Eriegscbirnrgie gewidmet und zwar in Form biographischer Abhandlungen
über die grossen Meister des Fachs, von Ambroise Pare bis auf unsere
Tage. Indem Verf. den Lebensgang dieser Männer nnd ihre Mitwirkung
an den kriegerischen Ereignissen ihrer Zeit ausführlich und zum Theil
nach neuen Quellen darstellt, führt er zugleich die Erscheinungsformen
vor Augen, welche die Kriegschirurgie in jeder Epoche dargeboten hat.
Die Geschichte dieser Wissenschaft ist stets ein Stück der Kriegsgeschichte.
Verf. hat es vortrefflich verstanden, den Leser chirurgisch durch die
lauge Reihe von Feldzügen zu führen, welche Frankreich im Laufe der
letzten drei Jahrhunderte unternommen hat. Diese Anordnung wie die
fesselnde Sprache machen die Lektüre anziehend, namentlich für die
Landsleute des Verfassers, denen erhebende Beispiele zur Nacheiferung
gezeigt werden.
Die uns bekannter gewordenen französischen Kriegscbirurgen ge-
hören vornehmlich dem 19. Jahrhundert an. Ihr erster und bedeutendster
Vertreter ist der ältere Larrey, dessen Memoiren bei uns volle
Würdigung gefunden haben. F'reilich hält manches Legendenhafte in
ihnen vor der nüchternen Kritik nicht Stich, obwohl Verf. in dem sehr
aosführlichen Abschnitt über L. dergleichen als Tbatsacbe aiiführt.'tt')
Aus der neuen bezw. neuesten Zeit begegnet uns die sympathische
Gestalt Chenu's. Seine Wirksamkeit erstreckt sich über die sämmtlichen
Kriege des zweiten Kaiserreiches; sie gipfelt in seiner Thätigkeit während
des Feldzuges von 1870/71. Was Verf. über diesen’ Krieg mittbeilt, an
Welchem er selbst theilgenommen, basirt fast ausnahmslos auf französi-
*) So S. 170, Anmerkung 1, nach der es den Anschein gewinnt, als oh erst
Larrey während des Waffenstillstandes zu Dresden 1813 den sächsischen Chirurgen
•isa zweizeitigen Zirkelschnitt und die Grundhegrifl’e über Blutstillung bei Anipu-
tatioaen beigebracht hätte.
29*
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452
sehen Quellen. Deutsche Arbeiten sind für das Wissenschaftliche hier
und da benutzt, die allerreichste und maassgebendste, der amtliche Kriegs-
SanitätS'Bericbt, jedoch gar nicht. Er wird nur als eins der statistisebea
Werke beiläufig und mit unvollständiger Bezeichnung aufgezäblt (S. Ml).
Delorme’s Zablenangaben stammen, soweit deutschen Ursprungs,
sämmtlich aus Engel, der doch durch den K.-S.-B. längst berichtigt ist.
Schwerer wiegt die gänzliche Vernachlässigung dieser wichtigsten Quelle
bei den rein wissenschaftlichen Theilen, wie z. B. in der Besprechung
der nervösen Nachkrankheiten nach Schnssverletznngen. Der V'orwurf
der Unvollständigkeit kann dem Verf. hierin nicht erspart werden, zumal
ihm eines der an die französische Regierung gehenden Exemplare des
Berichtes doch wohl zur Verfügung gestanden haben würde.
Aus einem Abschnitt, der die auf französischer Seite gemachten Er-
fahrungen von 1870/71 zusammenfasst, ersehen wir, dass auch dort von
Lister's Entdeckung noch nicht Gebrauch gemacht wurde. Gnerin's
Watteverband wird als Vorläufer der Antiseptik gefeiert. In einer An-
merkung dieses Abschnittes beklagt es Verf., dass die deutschen Militär-
behörden das Verbleiben der französischen Militärärzte bei ihren Ver-
wundeten erschwert hätten. Ref. hat unmittelbar nach den grössten
Aktionen oft genug französische Verwundete in Menge versorgt, jedoch
nie einen französischen Militärarzt bei ihnen getroffen; wohl aber hat er
es in den späteren Phasen des Krieges miterlebt, dass deutsche Militär-
ärzte, welche bei ihren Verwundeten geblieben waren, von den
französischen Militärbehörden unter sehr unwürdiger Behandlung durch
halb Frankreich geschleppt wurden, um endlich in Italien über die
Grenze gebracht zu werden. Solche Dinge, in denen ja doch jede Partei
bei ihrer Ansicht bleibt, werden in wissenschaftlichen Werken besser
nicht aufgewärmt. Mit mehr Befriedigung registriren wir einen Satz,
welcher die Thätigkeit des rotben Kreuzes in einer Armee
ebarakterisirt, die sich auf ihre staatlichen Einrichtungen nicht verlassen
konnte. Delormc sagt Seite 358:
„Nous devons nous arrdter au röle jone par la Societe inter-
nationale et faire voir, en empruntant nos doenments ä celui-
1& mdme, qui contribua ä l'organiser, que les Services qu'elle a
rendus, ont ete bien loin d'atteindre Tetendue de ses promesses.
La gnerre de 1870/71 a demontre, qu’elle ötait incapable
d’assurer les Services de premiere ligne et que pour Ini permettre
de remplir un röle effectif aux armöes, il ctait indispensable, de
snbordonner ses agents actifs ä rantoritö militaire et au corps
de santö militaire.“
Das ist gottlob durch das französische Feld - Sanitätsreglement vom
25. August 1884 und die deutsche Kriegs - Etappen - Ordnung vom
3. September 1887 gründlich geschehen.
Nur mit einem kleinen Theile des vorliegenden Bandes tritt D. in
die kriegsebirurgisebe Lehre ein. Ein interessantes Kapitel über die
gebräuchlichen Waffen leitet sie ein. Wir finden eine durch viele Ab-
bildungen erläuterte Beschreibung der Hieb-, Stich- und Schusswaffen
einschl. feiner und grober Geschosse bei der französischen, wie den
hauptsächlichsten anderen Armeen. Betreffs der deutschen Armee ist der
inzwischen thatsächlichen Einführung des Repetirgewehrs nicht gedacht.
Eine Vergleichung der modernen Schusswaffen zeigt nicht nur für die
Gewehre, sondern auch für Geschütze bezw. deren Geschosse in Form,
453
KoDstraktioD, ADfangsgescbwiadigkeit, Rasanz etc. nur wenig von ein-
ander abweichende Typen bei den verschiedenen Armeen, so dass jetzt
auch im pathologischen Effekt eine Gleichheit erzielt sein dürfte, wie
solche seit der allgemeinen Verbreitnng des glatten Geschützes und des
Steinschloss- oder des Perknssionsgewehres nicht mehr dagewesen ist.
Die Wirkungsweise der verschiedenen Waffen auf den Körper ist aus-
führlich, aber mehr referirend als kritisch dargentellt. Dass bei der
Lehre von der hydraulischen Pressung die grundlegenden Untersuchungen
Reger's and der 4. Band des K.-S.-B. nicht erwähnt werden, ist zu
bedauern; wenngleich ich D. darin beistimme, dass zu einer Zeit die
Schätzung der hydraulischen Pressung zur Erklärung der zertrümmernden
Wirkung der Nahschüsse übertrieben worden ist.
Zu dem eigentlich praktischen Theil kommt D. mit dem Kapitel von
den unmittelbaren Wundkomplikationen. Dasselbe beginnt mit den Ver-
letzungen der Blutgefässe. Ein grosses kasuistisches Material ist hier
verarbeitet; sehr schöne Abbildungen in zinkographischer Wiedergabe
von Zeichnungen und Präparaten erläutern sowohl die pathologischen
Verhältnisse wie die Enebeiresen, namentlich die verschiedenen Blut-
stillungsmethoden, welche für die Feldpraxis vorläufig und endgültig in
Betracht kommen. Der neueren Anschauung, Aufsuchung des Oe^sses
am verletzten Ort gegenüber der früher vorzugsweise geübten Unter-
bindung des Hauptstammes, ist genügend Rechnung getragen. Eine
besondere Betrachtung ist der Synkope und akuten Anaemie nach grossen
Blutverlusten gewidmet. liier findet die Transfusion ihre Besprechung,
und zwar als eine gesicherte Errungenschaft der Kriegschirurgie. Die
neueren Arbeiten über den wahren Werth, beziehentlich die Deutung des
etwaigen Nutzens dieser Iteration sind nicht berücksichtigt. Im Gegen-
theil wird sogar noch die Thierbluttransfusion als erlaubt bezeichnet und
ihre Technik neben der von Mensch zu Mensch beschrieben. V'ergeblich
sacht man dagegen eine Beschreibung der Mittel zur Erhöhung des durch
akuten Blutverlust jäh herabgesetzten Blutdruckes, wie solches in der
Kocbsalzinfnsion naebgewiesen ist.
Die Abhandlung über die Verletzung der Nerven und ihre unmittel-
baren Folgen ist ebenfalls durch eine meist bisher nicht bekannte
Kasuistik nnd sehr gute Abbildungen bereichert. In dem dann folgenden
Kapitel von den Fremdkörpern vermisse ich bei der Frage der zu-
lässigen oder gebotenen Extraktion die Beleuchtnug dieses Gegenstandes
vom antiseptischen Standpunkte. D. nennt zwar die heutige Richtung
im Allgemeinen eine abwartende, er führt aber nicht die Gründe an,
welche diese Anschauung zur Zeit berechtigt erscheinen lassen.
Mit besonderem Interesse muss in jedem neueren kriegschirurgischen
Lehrbuch die Frage der Wundbebandlnng verfolgt werden. Zumal
seitdem die Antiseptik allgemein anerkannt nnd bei den Armeen ein-
geführt ist. D. behandelt dieses Thema ziemlich kurz, namentlich fehlt
eine Darstellung der Feldverbandmetboden, welche in den grossen Heeren
Europas eingefuhrt sind. Die Kenntniss dieser Dinge ist, abgesehen vom
wissenschaftlichen Interresse, für den französischen, deutschen, öster-
reichischen, italienischen etc. Militärarzt auch praktisch wichtig, da
keiner wissen kann, ob er nicht gelegentlich mit dem Material einer
andern Armee zu arbeiten haben wird. Unrichtig ist es, wenn Verf. den
deutschen Militärchirurgen noch heute Vorliebe für Juteverbände zu-
ichreibt. Unbegreiflich auch deshalb, weil die neuere Gestaltung der
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454
Feldantiseptik im deotechen Heere seitens der französischen Archires de
mödecine et de pharmacie militaires aufmerksam verfolgt und mehrfach
besprochen worden ist. D. konnte wissen, dass die Jute bei uns ah*
geschafft ist und nicht einmal zu Verbandzwecken anfgebraucbt wird.
Ingleichen würde man gern an dieser Stelle des Werkes eine Würdigung
der Verbandpäckchenfrage gesehen haben, in der Delorme oft und be-
stimmt genug seinen ablehnenden Standpunkt betont hat, den Ref. theilt
Den Schluss des Bandes bildet die Besprechung der Komplikationen,
welche sich an Schusswunden im Allgemeinen schliessen können. Hier
finden entzündliche Vorgänge, Nachblutungen, Tetanus und sonstige
nervöse Nacbkrankbeiten, zuletzt der Ilospitalbrand ihre Stelle, Trotz
der antiseptischen Aera, in der wir leben, und unter deren Schutz sich
künftige Kriege vollziehen dürften, hält Verf. das Auftreten entzündlicher
Komplikationen wie des Hospitalbrandes nicht für gänzlich ausgeschlossen.
Er fordert deshalb, dass sich der Studirende, der diese Dinge jetzt nicht
mehr in den Kliniken kennen lernt, wenigstens theoretisch mit ihnen
vertraut mache. Gewiss mit Recht. Langenbuch’s Erfahrungen in
Serbien'*^) haben es bewiesen; und Umstände, welche D. als begünstigend
aufführt; Fremdkörper in Wunden, Schwierigkeit nach grossen Schlachten
alle Verwundeten rechtzeitig mit sicher antiseptischen Verbänden zu ver-
sehen, Lockerung der Verbände auf Massentransporten, Erschütterungen
auf Land wagen, Anhäufung vieler Verwundeter an Nothunterkünften etc. etc.
werden auch in künftigen Kriegen das Auftreten von Komplikationen zu
Anfang erleichtern, selbst wenn man die von D. noch angenommene
besondere Disposition der Schusswunden zu solchen Prozessen nicht zu-
giebt. Immerhin darf man heute die Erwartung aussprechen, dass man
im Kriege bienen Kurzem solcher Komplikationen Herr werden wird,
so dass es zu Epidemieen des Hospitalbrandes oder des akut pumlenten
Oedems unseligen Angedenkens nicht mehr kommen dürfte.
Unter den weiteren Störungen des Wundverlaufes behandelt D. hier
erst den Wundstarrkrampf und andere nervöse Nacbkrankbeiten. Dies
Kapitel leidet noch mehr wie die früher erwähnten unter der Unbekanut-
schaft des Verfs. mit dem Kriegs-Sanitäts-ßeriebt, dessen VII. Band für
die Betrachtung der hierher gehörenden Affektionen von ausschlaggebender
Bedeutung ist.
Eine Gesammtwürdigung des hervorragenden Werkes bleibt bis zur
Vollendung desselben Vorbehalten.
Körting.
Die Chirurgie des Pankreas, gestützt auf Versuche und
klinische Beobachtungen, von Nikolaus Senn, Volkmano’s
Sammlung klinischer Vorträge No. 313/314.
Verf. gewinnt die Grundlagen für eine rationelle chirurgische Be-
handlung der häufigsten Verletzungen und Krankheiten des Pankreas auf
Grund der von ihm angestellten Tbierversuche, durch welche er diejenigen
chirurgischen Eingriffe methodisch geprüft hat, deren Indikationen er aus
dem von ihm gesammelten und geordneten klinischen und patbologisch-
*) Ucutsche militärürztl. Zeitzehrift 1S86, S. 605.
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455
»DitomischeD Material folgert. Diese Aufgabe hat er mit grossem Ge-
schick gelöst, wenn auch der bisher erreichte Effekt bezüglich einer
praktischen Yerwerthang noch nicht als ein grosser angesehen werden
kann. Denn die Hindernisse, welche sich lediglich wegen der anatomischen
Lage des Pankreas dem Messer des Chirurgen bieten, sowie die Schwierig-
keiten, welche einer trotz seiner eingehenden Zusammenstellungen noch
keineswegs genugsam geklärten und gestützten Diagnosen-Stellung ent-
gegentreten, beschränken das diesbezügliche Gebiet in hohem Grade.
Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, dass bei einem etwa gelegentlich
einer Laparotomie gemachten Befunde einer Pankreas-Afifektion die Ver-
werthang der Seon’schen Erfahrungen von der grössten Bedeutung sein
würde.
Die 15 Abschnitte des Vortrages enthalten; 1. Vergleichende Anatomie
des P., 2. Entwickelung, 3. Physiologie des P., 4. Thierversuche über
das P., 5. Wunden des P., 6. Acute, 7. chronische Pankreatitis oder
Sclerose des P., 8. Gangrän, 9. Abszess, 10. Haemorrhagie, 11. Cysten,
12. Geschwülste, 13. Tuberkulose, 14. Lipomatose, 15. Litbiasis des
Pankreas. Zunächst betont der Verf. die wichtige Thatsache, dass bei
den meisten Säugethieren noch ein zweiter dem Duodenum paralleler
Tbeil, sowie zwei resp. mehrere Ausführungsgänge vorhanden sind, was
bei allen denjenigen Versuchen zu berücksichtigen bleibt, welche nach
einer Unterbindung des Ganges eine Abstanung des Drnsensekrets be-
zwecken. — Bezüglich der Physiologie des Pankreas bieten die Be-
trachtungen des Verf. nichts wesentlich Neues, er weist am Schlüsse des
Abschnittes darauf hin, dass anhaltende unzureichende Verdauung und
Assimilation stärke- und fetthaltiger Nahrungsmittel die Aufmerksamkeit
des Arztes auf eine etwaige Pankreas-Erkrankung lenken und ihn ver-
anlassen müsste, die Exkremente genau zu untersuchen. — Die 43 an
Hunden und Katzen angestellten Thierversuche gabeu folgende Resultate:
1. Eine vollständige Durchschneidung des P. ist, wenn die Blutung
in geeigneter Weise vermieden wird, ungefährlich; das Lumen des ductus
an der durchschnittenen Stelle stellt sich nicht wieder her. — 2. Zer-
reissang des Pankreas giebt keine tödtliche Blutung. — 3. Zertrümmertes
Pankreas-Gewebe wird schnell und vollständig vom Peritoneum resorbirt,
sofern jede Infektion von aussen abgehalten wird. — 4. Totale Exstir-
pation des Pankreas ist stets tödtlicb in Folge der Verletzung oder des
Absterbens des Duodenums. — 5. Partielle Exstirpation, speziell des
Kopfes, führt erst nach etwa 4 Wochen allmälig zum Tode in Folge
von Marasmus, trotzdem kein P.-Saft in den Darm gelangt, wahr-
scheinlich deshalb, weil das während dieser Zeit langsam degenerirende
Drüsengewebe sein eigenes Sekret wieder aufsaugt, und weil dieser somit
wieder in den Kreislauf eintretende Saft den nöthigen Einfluss auf die
Verdauung so lange ausübt, bis eine völlige Drüsengewebs-Degeneration
eingetreten ist. Jeder aus dem Zusammenhang mit dem Darm gelöste
Theil des P. unterliegt unabänderlich der Rückbildung, und das Parenchym
wird spätestens in 4 Wochen funktionsunfähig und verschwindet schliesslich.
— 6. Völliger Verschluss des Ausführungsganges ohne pathologische Ver-
änderung im Drüsengewebe führt niemals zur Cystenbildung. Wohl tritt
eine mässige Erweiterung des Ausführungsganges ein, indessen wird das
Sekret wieder resorbirt, später atropbirt der abgeschnürte Theil des
Drüsengewebes. Hieraus wird die praktisch wichtige Thatsache gefolgert,
dass es bei Operationen am P. nicht wesentlich ist, die gut ernährten
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456
peripheren abgetrennten Theile der Drüse ans Furcht vor Retentions-
cysten abzutragen, sondern es genügt, wenn sie ligirt ruhig an Ort und
Stelle gelassen werden, wodurch natürlich der Eingriff wesentlich geringer
wird. Dagegen sind ungenügend ernährte Theile des P. stets zu ent-
fernen, da das Gewebe eine znr Fäulniss höchst geneigte Masse ist —
7. Eine äussere Pankreasiistel sondert so lange (etwa 4 Wochen) ab, bis
vollständige Degeneration des abgetrennten Drüsentheils eingetreten ist
— 8. Bei inneren Pankreasfisteln (Versenkung des abgetrennten Stückes
in die Bauchhöhle) wird der Saft ohne Schaden vom Peritoneum resorbirt
Bei dem Nichthineingelangen des Saftes in den Darm kann Leben uud
Gesundheit längere Zeit ungestört bleiben.
Im folgenden (5.) Abschnitte werden 13*) Fälle von Pankreas-Ver-
letzungen zusammengestcllt. Bezüglich der Behandlung schlägt der Verf.
vor, die in Verbindung mit anderen Bauch-Eingeweiden erfolgten Kon-
tusionen und Zerreissungen nach den Gesetzen der modernen Chirurgie
vermittelst des Baucbscbnittes zu behandeln, den gequetschten Tbeil nach
vorhergegangener doppelseitiger Unterbindung abzntragen, und wegen
grosser Infektionsgefahr etwa vorhandene zertrümmerte Drüsenmassen
gründlich aus der Bauchhöhle zu entfernen. Dagegen ist es nicht ohne
Weiteres erlaubt, dun Pankreaskopf nebst Ansfübrungsgang total zn
exstirpiren, sondern erscheint hier nötbigenfalls nur eine partielle Exstir-
pation mit Erhaltung des Ausführungsgangs geboten. — Bezüglich der
Schossverletzungen und der Vorfälle des P. sowie ihrer Behandlung gilt
das bisher hierüber Bekannte. — Die folgenden Abschnitte 6 bis 15 geben
Zusammenstellungen klinischer Beobachtungen entsprechend der oben ge-
nannten Anordnung des Stoffes, auf welche genauer einzogeben uns der
Raum verbietet. Die wesentlichen Resultate für eine hierbei in Frage
kommende chirurgische Behandlung sind folgende:
1. Die Anlegung einer äusseren Pankreasfistel durch Baochschnitt
ist bei Behandlung von Cysten, Abszessen, Gangrän und Blutung des
Pankreas aus örtlichen Gründen angezeigt.
2. Der Bauchschnitt mit lumbaler Drainage ist in allen Fällen von
Abszess oder Gangrän der Drüse angezeigt, in welchen die Anleguag
einer vorderen Praukreasfistel unmöglich ist.
3. Das Durchlegcn von Drains von vorne nach hinten ist in allen
Fällen von diffuser Eiterung im Retroperitonealranm angezeigt.
4. Wird der dnctus choledochns durch einen Pankreasstein kom-
primirt oder verschlossen, und droht deshalb Cholaemie und Tod, so
mnss das Konkrement entweder ins Duodenum gedrängt oder herans-
gescbnitteu werden. Hierbei muss der hauptsächlichsten Gefahr, dem
Ausfluss von Galle in die Bauchhöhle, durch vorausgescbickte Aspiration
der ausgedehnten Gallenwege, genauen Verschluss der Drüsenwunde und
völlige Ruhe der Verdanongsorgane während der Heilung vorgebengt
werden.
Die Uebersetznng des ursprünglich vor der American Snrgical
Association gehaltenen Vortrages ist von Dr. Lühe in fliessender Weise
vorgenommen. Edler (Metz).
*) Dieselbe Zulil vergl. auch Langeiibcck's Archiv, Band XXXIV.
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457
L. Brieger, Beitrag zar Kenntniss der Erkrankung der Hirn-
oberfläche. (Separat-Abdruck aus Berlin, klin. Wochenschr. 1887,
No. 47.)
Br. geht in seinem im Verein für innere Medizin’ gehaltenen Vor-
trage des Näheren auf einen auf der I. medizinischen Klinik der Charit^
beobachteten Fall von tumor cerebri ein, bei welchem schon intra vitam
durch sorgfältige Analyse der klinischen Erscheinungen die Diagnose
quoad locum affectionis gemacht werden konnte. Bei der 76jährigen
Patientin bestanden bei Fehlen aller für die Annahme eines Tumor ver-
werthbaren Allgemeinerscheinungen (Kopfschmerz, Schwindel. Erbrechen,
Staunngspapille) Ausfallerscheinungen (Lähmung des linken Beines und
Armes), welche auf eine Herderkrankuog in der Nähe der Centralfurcbe
recbterseits schliessen Hessen. Zuckungen in den gelähmten Extremitäten,
wie solche bei der grossen Mehrzahl der Hirntumoren nie auszubleiben
pflegen, wurden niemals während des ganzen Krankbeitsverlaufes
beobachtet. — Durch Uebergreifen der lokalen Druckwirkung auf die
linke Hemisphäre, welche sich, wie die Sektion erwies, anatomisch durch
eine halbkuglige Depression kennzeichnete, kam es zu Parese des rechten
Beines. In dieser paretischen Extremität traten später rasch an Intensität
zunehmende Zuckungen auf. Acht Tage darauf wurde auch der bisher frei
bewegliche Arm von diesen epileptischen Anfällen (Rindenepilepsie) er-
griffen, 3 Tage später auch noch der Kopf. Der Tod erfolgte unter
zunehmender Somnolenz. — Die Sektion ergab ein Sarkom der pia mater
und des cerebrum in der ersten und zweiten Stirnwindung recbterseits,
soweit dieselben der vorderen Centralwindung benachbart sind, über-
greifend auf einen Theil der vorderen und hinteren Centralwindung und
das rechte Scheitelläppchen. Auf dem Frontaldurchscbnitt erwies sich
der grösste Theil der Geschwulst als der Rinde angehörig. — G. —
Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von den
pathogenen Mikroorganismen, umfassend Bakterien, Pilze
and Protozoen. Von Dr. P. Banmgarten, Prof, an der Universität
Königsberg. III. Jahrgang, 1887. — Braunschweig, Harald Brubn.
Verlagsbuchhandlung für Naturwissenschaft und Medizin.
Soeben — Anfang August — gelangt der III. Jahrgang des berühmten
„Banmgarten’schen Jabresberichis“ an die Oeffentlichkeit. Wenn es
auch in der Natur aller derartigen Zusammeustellungen liegt, dass sie
stets etwas verspätet erscheinen, so erregt doch der Grad von Fleiss
und Schaffenskraft, welcher in dem vorliegenden Werke — der Arbeit
nur eines halben Jahres — von Neuem zum Ausdruck gelangt, unsere
höchste Bewunderung. Dass der vorliegende Bericht sich seinen beiden
Vorgängern würdig anschliesst, bedarf keiner weiteren Hervorhebung.
Ebensowenig kann es Aufgabe des Referenten sein, ein periodisches
Werk, dessen Unentbehrlichkeit sowohl für den Spezialisten, als auch für
das Gebiet der Gesammtmedizin längst endgültig feststebt, jedesmal mit
einer neuen Anpreisung zu versehen: Wir begrüssen vielmehr den
Baumgarten'schen Bericht etwa wie ein alljährlich wiederkehrendes
Festgeschenk.
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458
Der Bericht ist im Ganzen nach demselben Programm, wie seine
Vorgänger, aasgearbeitet; nar sind die Referate noch strenger innerhalb
der Grenzen des Gebiets der pathogenen Mikroorganismen gehalten
und die in die Fflanzen-Pathologie einschlagenden Abhandlangen —
ein onverkennbarer Vorzog der diesmaligen Zasammenstellong — g^<
anberöcksichtigt gelassen. Trotz dieser „Einengung des Referirgebiets“
und trotz dem Wegfall eines Tbeiles der Arbeiten des Jahres 1887,
welche bereits im vorjährigen Bericht besprochen wurden, hat der Um-
fang des laufenden Jahrgangs wiederum um ein Beträchtliches gegen
seine Vorgänger zugenommen — ein sprechender Beweis für das mächtig
fortschreitende Wacbsthum der bakteriologischen Wissenschaft. Das
Litteraturverzeichniss des diesmaligen Berichts weist die Schlussziffer 817,
gegenüber 535 Abhandlungen des Vorjahres aufi Mit vollem Recht
betont der Verfasser in der Vorrede, dass dieser Umstand nur der
Gesammtwissenschaft zu gute gekommen sei, indem alle Zweite der
medizinischen Wissenschaften in ihrer Entwickelung durch die Verbmdung
mit der Bakteriologie eine ausserordentliche Förderung erfahren hätten:
Nicht allein die Aetiologie ist aufgeklärt worden, sondern auch das
Studium der pathologischen Anatomie und speziell der Histologie hat
durch die modernen bakteriologischen Ermittelungen einen ganz neuen
Änstoss erhalten.
Hoffen wir daher, dass auch der folgende Jahrgang Zeugniss ab-
legen werde von dem rüstigen Vorwärtsschreiten der Bakteriologie aaf
den eingeschlagenen Bahnen und der quantitativen und qualitativen Zu-
nahme des zu referirenden Materials.
Pfuhl (Trier).
Die neueren Arzneimittel. Für Apotheker, Aerzte und Drogisten
bearbeitet von Dr. Bernhard Fischer, Assistent am Pharmakologischen
Institut der Universität Berlin. Mit in den Text gedruckten Holz-
schnitten. Zweite vermehrte Auflage. Verlag von Julius Springer
Berlin. 230 Seiten.
Die überaus rasch eingetretene Noth Wendigkeit einer zweiten Auflage
des Werkchens — dessen Preis von 5 M. bei der vorzüglichen Ausstattung
ein geringer ist, darf als ein Beweis dafür gellen, dass der Verf. einem
wirklich vorhandenen Bedürfnisse genügt.
Die Vermehrung dieser Auflage um 42 Seiten ist zum Theil durch
Umarbeitungen und Zusätze, zumeist jedoch durch Besprechung neu auf-
genommener Mittel; Acetphenetidin, Amylenh^drat, Antithermin, Brom-
äthyl, Quecksilber^henylate u. A. m. bedingt — Den wichtigeren
Arzneistoffen hat Verf. in dankenswerther Weise einige in der Praxis
bewährte Arzneiformeln beigegeben, auch die Anwendung und Wirkung
der einzelnen Mittel etwas ausführlicher behandelt Die Arbeit ist hier-
durch um vieles nutzbarer für den praktischen Arzt geworden und wird
diese Anordnung sicher dazu beizutragen, dem Werke noch mehr Freunde
unter den Aerzten zu gewinnen, als es vielleicht bisher schon geschehen
ist (Cf. 16. Jahrg. d. Z. Seite 496 — 499.) Ltz.
(
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459
Hermann Le nhartz. Leipzig. Experimentelle Beiträgezur Kennt-
niss der Vergiflnng durch chlorsaure Salze. Sonderahdrnck.
In den letzten Jahren ist eine ziemlich grosse Zahl tödtlicher
Vergiftungen durch chlorsanres Kali berichtet worden. Der klinische
Verlauf der Krankheit, die demselben zu Grunde liegenden pathologisch-
anatomischen Störungen fanden seitens der mit dieser Frage sich
beschäftigenden Autoren eine verschiedene Auffassung. Marchand
und Lenbartz glaubten die Todesursache in einer intra vitam sich
ausbildenden Metbaemoglobinaemie finden zu müssen. Demgegenüber
behauptete Stokvis, die Metbaemoglobinaemie ginge erst im absterben-
den Blote vor sich, das Hauptgewicht wäre auf die Kali Wirkung zu
legen; in der Leiche fänden sich Anätznngen der Magenschleimhaut,
intensive und ausgedehnte Blutungen und Erscheinungen von Nephritis.
Des Weiteren sprach er die Ansicht aus, die Vergiftungserscbeinungen
bei innerlicher Darreichung von chlorsaorem und gewöhnlichem Koch-
salz wären gleichartige. Grund genug für den Autor der vorliegenden
Arbeit sich der Frage von Neuem und zwar diesmal experimentell
zuzuwenden, wozu er noch besondere Auffbrderong fand durch einen
io seiner Praxis selbst erlebten und in seinem Ablauf genauer beobachteten,
durch Gurgeln mit einer Sprozentigen Lösung herbeigeführten Vergiftnngs-
fall. Die chemische Seite der Frage ausser Acht lassend, war es
Verfasser vor Allem darum zu thon, die spektroskopischen
Veränderungen des Blutes während der Vergiftung genau zu
kontrolliren und womöglich den unwiderleglichen Beweis zu führen,
dass die Methaemoglobinbildung schon im lebenden Blute sich
vollziehe. Gleichzeitig war zu erweisen, dass die Stokvis’sche
Anschauung über die gleichartige Wirkung von NaClOj und NaCl un-
richtig sei. Bei Anwendung von NaClOj statt KCIO3 war zugleich die
Kaliwirknng ausgesclialtet. Verf. ist es geglückt, die von ihm
angestrebten Beweise spektroskopisch zu erbringen. —
Verabreichung des Salzes per us, Versuchsobjekte: mit einer Ausnahme
(Kaninchen) Hunde. Versuch I: Rasch hintereinander .3,7 Na CI Oj
pro Kilo exitus S'/, Stunden später. Versuch II!: In 8 Stunden 3,1
Na CI O} pro Kilo in allmälig steigenden Tbeilgaben: exitus 2‘/3 Stunden
nach letzter Dosis. Schon eine Stunde vor dem tödtlichen Ende
Nachweis des Methaemoglobin-Streifens in entnommenen
Blutproben. Keine Spur von Magen-Darmstörung, kein entzündlicher
Vorgang in den Nieren. — Versuch II: Der zu Versuch III verwandte
Hund erhielt einige Tage vorher 5,2 pro Kilo Na CI in kurzer Zeit.
Es traten nur vorübergehende lokale Störungen ein (öftere,
meist rein wässerige Entleerungen mit Tenesmus), nach ca. 6 Standen
wieder völliges Wohlbefinden. In Versuch IV wurde das lebende Blut
(am rasirten Ohr) spektroskopisch untersucht: eine Stunde vor
dem Tode Nachweis des Methaemoglobin-Streifens.
In Versuch V, VI und VII Verabreichung des NaClOj in kleinen,
2.0 nicht übersteigenden Tbeilgaben, keine Nahrung, nur geringe
Wassermengen. Tod in allen 3 Fällen nach 3 bis 4 mal 24 (Die in
gleichem Sinne von Anderen angestellten Versuche waren bis jetzt
erfolglos geblieben.) Auch hier deutlich intra vitam nach-
weisbare Metbaemoglobinaemie, dagegen niemals eine Spur
einer entzündlichen Reizung oder gar Verschwärung und
460
Hlotang im Magen-Darmkanal. — Aas den letzten 3 Versuchen
erhellt die grosse Gefahr, welche bei mangelnder Ernährung aus der
Anwendung sonst vielleicht unschädlicher Dosen folgen kann: es bandelt
sich um knmulirende Intoxikations-Wirkungen. Die meisten der bis
jetzt beim Menschen zur Beobachtung gelangten Vergiftungsfälle
betrafen Patienten mit heftiger Angina, denen die Schlingbeschwerden
nur eine geringe Nabrungszufuhr gestatteten; die verschluckten Einzel-
dosen waren klein, daher die Störung erst einige Tage nach Gebrauch
des Mittels einsetzte, um nach Ablauf von weiteren 1 bis 3 Tagen zum
Tode zu führen.
Der Verf. schliesst mit der Aufforderung, dem Publikum grössere
Vorsicht bei der Anwendung der Chlorsäuren Salzlösungen einznschärfen,
selbst aber die Verordnung derselben mehr einzuscbränken. In Fällen
heftiger Angina, in denen die Nahrungszufnhr erheblich gestört ist,
soll das Gurgeln mit chlorsanrer Salzlösung ganz unterbleiben.
Goerlitz (Wahlstatt).
Ueber die toxischen Wirkungen des Zinns mit besonderer Be-
rücksichtigung der durch den Gebrauch verzinnter Konservenbüchsen
der Gesundheit drohenden Gefahren. Von Dr. Emil Meyer, Privat-
docenten, und Dr. Guido Bodländer, gewesenem Assistenten des
Pharmakologischen lustituts in Bonn. Separatabdruck aus der Zeit-
schrift für Hygiene. Zweiter Band. 1887.
Die Verf. batten schon in einer früheren Arbeit nachgewieson, dass
die sehr verbreitete Ansicht, Zinn gebe nicht in den Inhalt der Kon-
servenbüchsen über, unrichtig sei.
Sie stellten nnn eine neue Reihe eigener Versuche an, um zu prüfen,
ob und in wie weit aus der Aufnahme des Zinns in den Säftekreislanf
eine Schädigung der Gesundheit erwachsen könne. Sie bedienten sich
hierzu des Weinsäuren Zinnoxydulnatrinms und des cssigsauren Zinn-
triaetbyls, das sie den Versuchstbieren theils subkutan, theils per os bei-
brachten. In einem Versuche wurde auch Zinnchlornr in Milch gereicht.
Auf die Einzelheiten der Versuche kann hier nicht eingegangen, sondern
nur das Schlussresultat angegeben werden: Nachdem der Nachweis ge-
liefert, dass 1. das Zinn ein dem Organismus durchaus nicht indüTerentes
Metall bildet, 2. durch die längere Zeit fortgesetzte Aufnahme selbst
kleinster Mengen Zinn in den Säftekreislauf eine chronische Intoxikation
erfolgen kann, 3. eine solche chronische Zinnvergiftung nur durch Anf-
nähme des Zinns per os erfolgen kann, glauben Verf. die Frage, ob
durch den Genuas zinnhaltiger Konserven, abgesehen von einer etwaigen
Lokal Wirkung, eine Ällgemeinintoxikation, eine chronische Zinnvergiftang
erfolgen könne, bejahen zu müssen. Wenn auch eine solche Gefahr fnr
die Gesundheit nicht von dem zeitweisen Genuss von in verzinnten
Büchsen aufbewahrten Nahrungsmitteln zu befürchten sei, so werde es
doch nicht gleichgiltig sein, wenn zinnhaltige Konserven in grösserem
Umfange zur Ernährung gelangen, wie auf grösseren Seereisen, anf
längeren Expeditionen, bei Verpflegung der Truppen im Felde. Dass
bisher sichere ärztliche Beobachtungen hierüber nicht vorliegen, beruht
wohl darauf, dass man durch das Zinn veranlasste KrankbeitserscheiDUD-
gen theils übersehen, theils falsch gedeutet habe, weil man dieses eben
für unschädlich hielt. Freilich werden ja nicht alle in Büchsen auf-
461
bewahrten Nahrungsmittel gleich schädlich sein, sondern nur die mit
höherem Zinngehalt, also besonders saure Speisen, oder wo ein Zusatz
Ton freier Säure gemacht sei, da Zinn schon durch verdünnte organische
Säuren angegriffen und gelöst werde. Dies gelte auch von der Wein-
säure, die zuletzt den Früchten und Gemüsen zur Feruhaltung der Spalt-
pilze gern zngesetzt wird. Auch stärkerer Kochsalz- und Salpetergebalt,
sowie stärkerer Zusatz von Alkalien werden höheren Zinngehalt bedingen.
Leider lassen sich für längere Transporte die verzinnten Konserven-
büchsen wegen ihrer vielfachen anderen Vorzüge bisher nicht entbehren,
während sie im Haushalt durch solche aus Glas oder Steingut ersetzt
werden können. Das über die Blechbüchsen Gesagte gelte natürlich
auch für die Aufbewahrnng von Speisen und Getränken in zinnernen
Gefässen überhaupt. Riebel.
Klinische Stadien aus der hydriatischen Abtheilung der
allgemeinen Poliklinik in Wien. Herausgegeben von Prof. Dr. Wilhelm
Winternitz. II. Heft. Zur Pathologie und Hydrotherapie der
Langenphthise. Von Prof. Dr. Wilhelm Winternitz unter Mit-
wirkung der Herren Dr. K. Pick, Dr. E. Loewy, Dr. Z. Utschik,
Dr. L. Sebweinborg, Dr. Z. Pollak, Dr. A. Winternitz und
Doctorand 0. Pospischil. Leipzig und W'ien. Toeplitz und
Deuticke. 1887.
Von der wohl allgemein anerkannten Ansicht ausgehend, dass die
Lungenschwindsucht zu ihrer Entwickelung erst einer gewissen Anpassung
des Körpers bedürfe, wie sie namentlich durch schwächende Momente
aller Art gegeben werde, und dass sie nicht selten zum Stillstand komme,
wenn es gelänge, die Ernährung zu bessern und Zunahme des Körper-
gewichts herbeizuführen, legt Verf. (W. Winternitz) in dem ersten
Artikel das Hauptgewicht für die Prophylaxe und die Behandlung auf
ein im Allgemeinen tonisirendes Verfahren. Leider werde hierbei der
mächtig tonisirende Effekt einer rationellen Hydrotherapie viel zu wenig
gewürdigt. Unbestritten werde die Hauptrolle bei Prophylaxe und
Therapie der Phthise dem möglichst unbeschränkten Luftgenuss zuerkannt,
ihr hauptsächlichstes Hemmniss aber bilde das oft freilich ganz reale
Gespenst der Erkältung. Diese Kollisionsgefabr zu beseitigen, sei aber
einer der wichtigsten Effekte einer rationellen und methodischen Wasser-
kur. Denn indem sie die Reflexerregbarkeit der peripheren sensiblen
Ilautnerven herabsetze, härte sie den Körper ab und mache ihn wider-
standsfähiger gegen Erkältungen. Aber auch bei der sich entwickelnden
und florirenden Phthise fallen der Wasserbehandlung wichtige Aufgaben zu.
Es sei längst erwiesen, dass Entzündungsprodukte in Geweben, die eine
geschwächte oder gehemmte Blutzirkulation darbieten, zu nekrobiotiseben
Veränderungen neigen. Fast alle katarrhalischen und entzündlichen
Longenerkrankungen aber führten aus mehrfachen Gründen zu mehr
oder weniger grossen Zirkolationshindernissen, und gerade in der
Zirkulationsschwäche in dem entzündlich gereizten Gewebe liege das
begünstigende Moment für die Ansiedelung und Wucherung des Tuberkel-
hazillus. Es müsse also der mit unabweisbarer Nothwendigkeit sich auf-
drängenden geradezu kausalen Indikation Rechnung getragen werden,
eine möglichst intensive aktive Fluxion, vermehrte Blutzufuhr und Blut-
abfuhr in dem erkrankten oder bedrohten Organe hervorzurufen. Denn
nur so könne entweder die lokale Ernährungsstörung beseitigt, eine
462
restitutio ad integrum berbeigeföhrt oder wenigstens die Abgrenzung,
der Zerfall, die Ausstossung des Krankhaften angebabnt werden. Diesen
natürlicben Heilungsvorgang scheine aber gerade die Hydrotherapie
wesentlich zu fördern. Dadurch, dass sie sucht, 1. die Herzaktion zu
kräftigen, 2. den Gefässtonus zu erhöhen, 3. lokale Treibhausverhält-
nisse in und über dem erkrankten Organe berzustellen (erzengt
durch erregende BrusturoscblSge, deren feuchter Dunst und gleichmässige
Wärme die organischen Vorgänge, ähnlich wie im Treibhanse, beeinflussen
sollen), 3. den ganzen Organismus zu kräftigen und die Blntbescbaffen-
heit zu beeinflussen. — Die hydriatiscbe Behandlung der Lungenblutungen
muss je nach der Natur derselben eine wesentlich symptomatische sein.
— Für die Behandlung des hektischen Fiebers bestehen die Aufgaben
der Hydrotherapie 1. in Lösung der Wärmerctention, 2. in der Verhütung
allzu hoher Fiebertemperaturen, 3. in der Bekämpfung der Schweisse.
Ohne in Einzelheiten eingehcn zu wollen, sei hier nur erwähnt, dass
Verf. für die schwereren Fülle besonders die feuchten Einpackungen mit
darauf folgenden feuchten Abreibungen (15 bis 16°) oder kurze Regenbäder
empfiehlt. — In dem zweiten Artikel: Statistisches und Kasuistisches
zur Hydrotherapie der Lungenphthise weisen Dr. Pick und Dr. Loewy,
Assistenten von Winternitz, in dem Verhalten des Körpergewichts
nach, dass der Hydrotherapie in der Behandlung jener Krankheit
ein beaebtenswerther Platz gebührt. In einer grossen Anzahl von Ta-
bellen werden die 169 seit dem Jahre 1874 der Winternitz’schen Heil-
anstalt zugegangenen Lungenaffektionen einzeln aufgefnhrt Bei 76%
der Kranken konnte eine Zunahme des Körpergewichts konstatirt werden.
Da jedoch hieraus allein sich ein Maassstab für die Bedeutung der
Hydrotherapie für die Schwindsochtsbehandlnng nicht ablciten lasse, in-
dem bei den häufig durch verschiedene Umstände sehr stark Geschwächten
auch das veränderte diätetische Regime im Vereine mit dem Aufenthalt
im B'reien viel zur Gewichtszunahme beitrage, so wurden die mit hekti-
schem Fieber verlaufenden Fälle besonders heransgehoben. Hierbei zeigte
sich nun, dass von 58 derartigen Fällen bei 16, also 27%, ein länger
dauernder Stillstand unter der Behandlung eingetreten war, ein Beweis,
welch mächtiger Werth einer Steigerung und Veränderung der Haut-
funktion und dem Einfluss auf die sensiblen peripherischen Hautnerven
zugeschrieben werden müsse. — Im dritten Artikel: Die hydriatische
Technik bei der Lungenpbtbise giebt Dr. Utschik eine genauere Be-
schreibung der hierbei vorzugsweise benutzten hydriatischen Prozeduren:
der Abwaschung, der Brustumschläge, Kreuzbinden, der feuchten Ein-
packung, der Abreibung und des Regenbades oder der Donche. — Im
vierten Artikel wird von den Assistenzärzten der hydriatischen Ab-
theilung Dr. Schweinburg, Dr. Pollak und Dr. A. Winternitz auf
Grund mehrerer Versuchsreihen, deren Einzelheiten in einer besonderen
Tabelle aufgefübrt sind, das V'erhalten der Hauttemperatur unter ver-
schiedenen Umschlägen erläutert. Im fünften Artikel: Analecta bespricht
Doctorand Pospischil eine Arbeit des Prof. Achille de Giovanni in Padua;
Beobachtungen über das Verhalten des Herzens bei der Lnngenphthise.
Die daraus gezogenen Schlüsse sind im Wesentlichen folgende: Bei zur
Phthise disponirten Individuen, wie bei solchen, wo die Krankheit schon
ansgebroeben ist, herrscht im Gebiete der Pulmonalis ein grösserer Blut-
druck. Die unregelmässige Entwickelung der Zirkulationeosgaue ist eine
der disponirenden Ursachen für diese Krankheit und bedingt, wo sie
463
schon aoSKebrocbeu ist, eine Yerschlimmerang des Verlaufes. Deshalb
mnss bei j^em Phthisiker, besonders in den Anfangsstadien, stets das
Herz nnd die Zirkulation genau untersucht werden. Für die Behandlung
ergiebt sich daraus, dass die Kraft des liuken Ventrikels gestärkt und
die nngleichmässige Blntvertheilnng durch Vermehrung mancher Se-
kretionen, namentlich der Hautfunktion beeinflusst werden muss. Rb.
Zur Iridotomia extraocularis. Von Prof. Dr. Schoeler. (Separat-
abdmck ans Berlin, klin. Wochenschr., 1887. No. 44.)
Das bis jetzt bei Ausführung der Iridotomie gehandhabte Operations-
rerfahren (v. Graefe, Bowman, Wecker) ist nicht bloss technisch
schwierig, sondern auch mit Gefahren (Linsenverletzung, Glaskürper-
rerlust, Quetschung der Gewebe) verbunden, zudem giebt das längere
Klaffen der Wnndränder sowie die Einführung von Instrumenten in die
vordere Kammer immer der Besorgniss der septischen Infektion Kaum.
Sch. schlägt darum eine andere Methode, durch Schnitt einen Spalt in
der Iris herzustellen, vor. An einem in der Irisbreite des cocainisirtcn
Auges mehr oder weniger medianwärts gelegenen Punkte der Cornea
punktirt er diese mit spitzer Iridektomielanze (Breite: 3 bis 4, Länge
& bis 8 mm); prolabirt die Iris, so wird der Vorfall mittels ungezähnter
Pinzette angezogen und auf der Cornea (daher praecorneale oder
extraocnlare Iridotomie) ausgebreitet. Durcbschneidung des Sphincter
senkrecht auf den Faserverlauf mit im Knie gebogener Scheere. War
die Iris nicht vorgefallen, so muss sie mit der in die Kammer eingeföhrten
Pinzette hervorgezogen werden (dann ist der V'ortheil, welchen die
Methode durch Vermeidung der Einführung von Instrumenten voraus
haben soll, illusorisch. Ref.). Darauf Reposition der durchschnittenen
Hälften mit Stilet. — Eine Abart des Verfahrens ist die sogenannte
Brücken • Iridotomie, bei welcher zwischen den Hälften eine
bröckenförmige Verbindung bestehen bleibt. Von dieser dem Ideal
des stenopäischen Spaltes nahe kommenden (weil von annähernd
parallelen Wandungen begrenzten) Irisspalte verspricht sich der .Autor
Doch grösseren Erfolg für Besserung des Sehvermögens, ohne freilich
bis jetzt über genügende Erfahrungen zu verfügen.
Für besonders geeignet hält er die Anwendung der extraocularen
Iridotomie bei Scbicbtstaar, bei Leucoma adbaerens und ausgedehnten
Hornhauttrübungen mit schmaler durchsichtiger Randpartie; hier ergab
die Methode, vornehmlich für das Sehen in der Nähe, sehr zufrieden-
stellende Resultate. Als Beleg wird eine Reibe Krankengeschichten
mitgetheilt. — G. — •
Slittheilnngen.
Programm (auszüglich) der 61. Versammlung deutscher
Naturforscher nnd Aerzte zu Köln 1888.
Montag, den 17. September: Abends 8 Uhr: Gegenseitige Be-
grüssung der Gäste im Kasino am Augustinerplatze.
Dienstag, den 18. September: Vm. bis 12 Uhr: I. Allgemeine
Sitzung im grossen Gürzenich-Saale; 12'/i Uhr: Einführung nnd Bildung
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der Abtbeilungen. Nm. 3 bis 5 Uhr: SiUung der Abtheilungen, ö Uhr:
Besuch der Flora- Ausstellung und Fest in der Flora.
Mittwoch, den 19. September: Vm. 8 bis 1 Uhr: Sitzungen der
Abtheilungen. Nm. 2 bis ."> Uhr: Besichtigung der Krankenhäuser, des
Huhenstaufenbades, der Wasserwerke, der Kanalisations-EinricbtungeD,
des Domschatzes und der Domkapelle. 6 Uhr: Festessen im Gürzenich.
Donnerstag, den 20. September: Vm. 9 bis 1 Uhr: II. All-
gemeine Sitzung. Nm. 2 bis ä Uhr: Sitzungen der Abtheilungen. 5. Uhr:
Besuch des Zoologischen Gartens. 7. Uhr: Festvorstellnng im Theater.
Freitag, den 21. September: Vm. 8 bis 1 Uhr, Nm. 3bis5Uhr:
Sitzungen der Abtheilungen. 6 Uhr: Fest auf der Marienbnrg.
Samstag, den 22. September: Vm. 8 bis 12 Uhr: III. Allgemeine
Sitzung. Nm. 3 bis 6 Uhr: Sitzungen der Abtheilungen. Nm. 8 Uhr:
Festtrunk der Stadt Köln im grossen Gürzenich-Saale.
Sonntag, den 23. September: Vm. 9 Uhr: Ausflug zu Schiff
nach dem Siebengebirge, Rückkunft Abends 9 Uhr.
Das Anmelde- und Auskunftsbürean wird vom I. bis 12. September
die Mitglieder- und Theilnebmerkarten und, wenn erwünscht, auch die
Karten für das Festessen am 19. September, letztere zum Preise von
5 Mark gegen Einsendung des Betrages übermitteln.
Vorausbesiellung der Wohnung ist den Mitgliedern und Tbeilnebmern
der Versammlung dringend zu empfehlen.
Während der Dauer der Versammlung erscheint das Tageblatt,
welches die Liste der Mitglieder und Theilnehmer nebst Angabe der
Wohnung, die angekündigten Vorträge etc. sofort veröffentlicht.
Dahingegen ist es für zweckmässig erachtet worden, die Referate
über die gehaltenen Vorträge erst spater, etwa nach 14 Tagen bis
3 Wochen im wissenschaftlichen Theile des Tageblattes nach den Ab-
theilungeu geordnet zur Kenntniss der Theilnehmer zu bringen. Wir
haben geglaubt, diese Anordnung im Interesse der korrekten Wiedergabe
und der besseren Uebersicht der Vorträge treffen zu sollen.
Die Vorausbestellung von Legitimationskarten kann seitens der aus-
wärtigen Mitglieder gegen Einsendung von 12 .Mark für die Mitgliedkarte
und 6 Mark für die Damenkarte an den Vorsitzenden des Finanz-
ausschusses, Herrn Banquier Moritz Seligmann, Kasinostrasse 12
und 14 erfolgen.
In dem Auskunftsbureau, Bahnhofstrasse 6, werden die Legitimations-
karten nebst den Erkennungsscbleifen für die Mitglieder und deren
Damen, die Festschrift sowie das Tageblatt etc. verausgabt; daselbst
können auch die Karten für das Festessen, zum Theater und zu der
Rbeinfabrt in Empfang genommen werden.
Es wird dringend gebeten, dass die Mitglieder und Theilnehmer ihre
Namen, Titel, ihren Heimatbsort sowie die Adresse während des
Aufenthaltes in Köln deutlich aufschreiben, da nur auf diese Weise eine
korrekte Besorgung der Korrespondenz erwartet werden kann.
Abtheilung 25. Militär-Sanitäts wesen: Einführender; Ober-
stabsarzt Dr. Neumann; Schriftführer: Stabsarzt Dr. Glasmacher,
Köln. Real-Gymnasium: Tertia inf. b.
Uedrnckl in der KönigHchon Hofboebdrackerei von £. S. Mittler & SohOf Berlin, Eochstr.
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Deutsche
Militärärztiiche Zeitschrift.
Redaction:
Dr. Oeneralarit,
Bert in, Tnnb^nütru»« 6,
0. Dr. Stabsarzt,
Berlin, Kni«er Fmu Grenadier-Platz 11/12.
Monatlich encheint ein lieft von mindestena 3 Dmckb<^en; dazn ein „AmtHchea Beiblatt“. Der
Zeitschrift wird da« Werk: H<^*hreabericht Aber die Forteebritt« auf dem Gebiete dea Militfcr-
äanitlU-Weeens“, beranagegeben vonn Generalarzt Dr. Koth, nnentgelilich beigegeben. ßeateUnng
nehmen alle Poetlroter and Bucbhandlnngen an. Preis dea Jahrgangs lö Hark.
XVll. Jahrgang. 1888. Heft 11.
Vsrlag:
f. $. & $oJ«,
Königliche Hofbnchhandlang,
Berlin« Kochatraaae 68^70.
Krampfadern als Erfinde der Unbraaehbarkeit bei Militärpflichtigen
and Soldaten, ßenrtheiinng hinsichtlich der Dienstbeschädignng.
Von
Stabsarzt Dr. Neumann (Angermilnde).
Das Yenensystem des meoschlichen Körpers zeigt in seiner ganzen
Verzweigung Neignng za Erweiternogen einzelner Stellen , grösserer
Zweige oder ganzer Netze. Bald sind es die Blutadern der Körperober-
fläche, bald die des Körperinnern, welche geschlängelt and gedehnt er-
scheinen, bald beschränkt sich die Erweiterung auf ganz bestimmte
omsebriebene Gefässgebiete, nnd unter diesen sind es besonders die
Hämorrhoidalvenen, die Venen des Samenstranges and vor Allem das sich
zur grossen Schenkelvene vereinigende Netzwerk der Venen der unteren
Extremität, welche am häufigsten Varicenbildungen zeigen. Wenn auch
bin und wieder Formen ausgedehnter Venenerweiternng an den oberen
Extremitäten, an Baach, Brust etc. (caput mednsae) zur Beobachtung
gekommen nnd mitgetheilt sind, wie der anf dem Chirurgen-Kongress
1879 von Schädel, der in der Zeitschrift für Chirurgie 1881 von
Liodner beschriebene und andere, so ist die Anzahl derselben doch
verschwindend klein im Vergleich zn den zahlreich vertretenen Fällen
von Varicenbildungen an den nuteren Extremitäten, die wir als eigentliche
Krampfadern zn bezeichnen pflegen.
Erstere haben bisher immer mehr als Seltenheiten gegolten, ihr
verhältnissmässig seltenes Vorkommen hat die davon Befallenen (vergl. anch
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den io Band VII des Kriegs-Sanitätsberichts 1870/71 S. 71 erwähnten,
mit capnt mednsae behafteten Invaliden Paul Jüch) mehrfach veran-
lasst, „als wandelndes Demonstrationsobjekt“ aus ihrem Leiden Vortheil
zu erlangen, ohne dass sie wesentlich durch die Venenveränderungen in
ihrem Allgemeinbefinden gestört worden wären.
Wissenschaftlich von grossem Interesse, haben solche Fälle stets za
lebhaften Verhandlungen unter den Chirurgen geführt, die allerdings
meist ohne besonderen Erfolg endeten; zu einer so hohen allgemeinen
praktischen Bedeutung, wie die in Unzahl immer wieder auftretenden,
die Tbatkraft und das Wohlbefinden vieler Menschen in den besten
Lebensjahren störenden Venenerweiternngen der unteren Extremitäten,
haben sie nie gelangen können. Dem die heerpflicbtige Mannschaft
musternden Militärärzte ist alljährlich genug Gelegenheit geboten, sich von
dem häufigen Vorkommen des Leidens, selbst bei sonst kräftigen and
gesunden Leuten, zu überzeugen, und die in den Jahren 1878 bis 18S2
laut Sanitätsbericht für die Königlich Preussische Armee (iukl. XIII. Korps)
als dienstunbrauchbar, resp. Invalide wegen Krampfadern der unteren
Extremitäten entlassenen 681 Mann legen beredtes Zeugniss von der
grossen allgemeinen Wichtigkeit des die Leistungsfähigkeit des Menschen
in so hohem Grade herabsetzenden Leidens ab. Den Erweiterungen der
Blutadern der unteren Extremitäten stehen die der Venen des Samen-
Stranges an Häufigkeit am nächsten. England (Gaujot, de l'^tiologie du
varicocele. 1878) zählt in einer 10jährigen Rekrutirungsperiode 23,4 pro
mille an Varicocele Erkrankte, und wenn Frankreich in derselben Zeit
nur 1,6 pro mille zählt, so muss diese anffalleude Differenz wohl eher
einer verschiedenen Auffassung der Grenze zwischen Normalem und Patho-
logischem resp. des Begriffes der Dienstunbranchbarkeit zugeschrieben
werden, als dass man ein so seltenes Vorkommen der Varicocele unter
der militärpflichtigen Bevölkerung in Frankreich im Vergleich zu anderen
Staaten annehmen k'dnnte. In der preussischen Armee sind in der oben
erwähnten 4jährigen Periode 195 an Varicocele erkrankte Leute als dienst-
unbrauchbar resp. invsdide entlassen worden.
Die Erweiterungen der Hämorrhoidalvenen spielen trotz ihres
häufigen Vorkommens für die körperliche Leistungsfähigkeit sonst ge-
sunder Menschen keine wesentliche Rolle, wie denn auch von 1878 bis
1882 in der preussischen Armee im Ganzen nur 14 Leute „grösserer leicht
blutender Hämorrhoidalknoten“ wegen invalidisirt worden sind; übrigens
alles Leute von mehr als zwölfjähriger Dienstzeit.
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467
r
, Unter normalen Verhältnissen steht dem gesammten Venenblote der
, Qotern Gliedmaassen nur ein einziger Abflusskanal in das Becken zur
I Verfügung, der Stamm der vena femoralis am ligamentum Poupartii.
Dieser Satz ist durch die hervorragende Arbeit von W. Braune'^) mit
Bestimmtheit erwiesen. Der Zusammenhang der Venen in der regio
iiehiadica und obtnratoria batte in früherer Zeit zu der Annahme geführt,
dass neben dem Stamme der Femoralis noch ein Neben-Krelslaof bestände,
durch den das Blut der unteren Gliedmaassen der Iliaca zugeföhrt werden
könnte, und die an der Leiche mehrfach vorgenommenen Injektions*
versuche schienen diese Ansicht auch zu bestätigen.'^'’^) Die Fälle, wo
nach Unterbindung der vena femoralis nicht nur Oedem sondern Gangrän
der ganzen unteren Extremität eingetreteu war, führten dazu, dass man
die Trennung der Schenkelvene als Grund zur Absetzung (Roux,Linhart)
betrachtete.
Ja, Hyrtl soll noch seinen Studenten gesagt haben, dass die Ver-
letzung der Schenkclvene und das Kopfabschneiden gleich gefährlich seien.
Gensoul hat dann bereits im Jahre 183G den Vorschlag gemacht,
zur Regulirnng des Zu- und Abflusses des Blutes neben der Vene auch
die Arterie zu unterbinden; B. v. Langenbeck zog es vor, an die
^ Vene überhaupt nicht, wohl aber, bei Verletzung der Vene, an die
Arterie die Ligatur anzulegen, während Volkmann wiederum als eifriger
( Vertreter der Venenligatur auftrat***), weder die Thrombose und Embolie
I noch die Gangrän fürchtend, nachdem er mehrfach nach Geschwulst-
I Operationen, Exartiknlationen etc., theils von ihm selbst, theils von an-
deren Chirurgen ausgeführt und beschrieben, vollkommene Heilung hatte
eintreten sehen. So neigte man, trotz der durch die Injektionsversncbe
TOD Sappey anscheinend bewiesenen gegentheiligen Ansicht, doch wieder
^ der Annahme zu, dass Kollateraläste für den Venenabfluss beständen,
und die mit glücklichem Erfolg ansgeführten Unterbindungsversuche von
Larrey und Malgaigne, sowie die Injektionen von Riebet und
Nicaise sprachen von Neuem für das Vorhandensein ausreichender
Anastomosen. Das Verdienst, der Lösung dieser Frage eine sichere
anatomische Grundlage gegeben zu haben, gebührt jedenfalls W, Braune.
Er wies nach:
1. „In die vena femoralis am ligam. Ponp. münden nicht nur sämmt-
liehe Venen, die Blut von der arteria femoralis und ihren Aesten ge-
•) Die Oberzehcnkclvenc des Menschen. Leipzig 1871.
•*) König, Chirurgie, S. 915. Albert, Chirurgie IV., S. 539.
**•) Deutsche Klinik No. 49. 18tl8.
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sammelt haben, sondern auch eine Ansahl Venen, die von benachbarten
Gefässprovincen herkommen und znm Theil sogar in peripherischer
Richtung aus dem Rumpfe heraus cur Extremität gehen."
2. Von allen diesen Venen kommt für einen etwaigen Kollateralweg
der Femoralis zur Iliaca hauptsächlich die vena circumflexa femoris interna
in Betracht durch ihre Verbindung mit den im foramen obtnratoriuni
liegenden Venen — pubica, obturatoria und dorsalis penis (Luschka) —
und durch den Verbindnngsast mit den Ausläufern der vena glotaea in-
ferior in der fossa trochanterica.
3. An ihrer Einmnndungsstelle findet sich entweder ein Klappen-
ventil mit nach der Schenkelvene zufübrender Richtung oder die Ein-
mündung selbst erfolgt in so schiefer Richtung, dass dadurch eine gleich-
wirkende Ventileinrichtnng zu Stande kommt.
4. Beide Veutileinrichtungen werden erst bei starkem Druck des
Veneninhalte insuffizient.
5. Durch obige Verbindung werden wohl zwei venöse Gefässzirkel
zwischen der vena femoralis und iliaca, aber trotzdem kein Kollateralweg
zum Stamme hergestellt, da die Verbindungsäste Klappen enthalten, die
im unteren Ende gegen die Femoralis, im oberen gegen die Iliaca den
Blutstrom richten und ein neutrales Mittelstück haben.
6. Nur der circulus obtnratorius kann in seltenen Fällen, wenn er kein
Ausgangsventil hat, als venöser Kollateralstamm von der fossa ovalis ans
zur vena iliaca funktioniren.
7. Am Oberschenkel, besonders in der Gegend der fossa ovalis und
am Anfangsstück der vena femoralis in der Kniekehle, bilden die Knochen,
Muskeln, Fascicn und Venen mit ihren Klappen einen Saug- und Druck-
apparat, so dass die ganze Vene in einen Hobiranm gelagert ist, dessen
Wandungen abwechselnd drückend und saugend das Blut nach aufwärts
fortbewegen können.
8. Die Oberschenkelvene ist für gewöhnlich nur einfach, ebenso
findet man einfache Venen fast stets, wo zwischen den Muskeln grössere
mit Fett und Bindegewebe gefüllte Hohlräume liegen. Doppelt und
gleichzeitig durch Anastomosen verbunden sind die Venen überall da,
wo sie zwischen zwei aufeinander liegenden Muskeln verlaufen und somit
durch die sich kontrahirenden Muskeln zusammengedrückt werden.
9. Bei Thrombose der Schenkeirene ist nicht immer das Venen-
volnmen vollkommen verschlossen, sondern sehr häufig bestehen Lücken
in dem Thrombus, die noch einen venösen Rückfluss ermöglichen.
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Mancher der Branne'acben Schlüsse aas seinen anatomisch und
klinisch experimentellen Untersuchungen hat sich seitdem als falsch
erwiesen.
So haben v. Bergmann und nach ihm Maas*) und H. Braun sich
weiter mit der Frage beschäftigt und naebgewiesen, dass weder die
Klappenricbtung noch die schiefe Einmündung der betreffenden Venenäste
den Rückfluss des Blutes zu verhindern im Stande sind, wenn nur die
Herzaktion eine kräftige ist. Einem Drucke von 180 mm Hg. gelingt
es stets den Widerstand der in den Anastomosen befindlichen Klappen
zu überwinden und nur io überaus wenigen Fällen wird auch durch
höheren Druck, nach Unterbindung der vena femoralis, vom Schenkel in
dos Becken kein Blut übergefübrt. Immerhin bleiben die Braune'schen
Untersuchungen sehr werthvolle und bieten besonders für die uns be-
schäftigende Frage der Entstehung der Varicen manchen Anhaltspunkt.
Die unter dem ligamentum Poupartii in das Becken einmündende
Schenkelvene setzt sich zusammen aus hohen und tiefliegenden Venen.
Die hoben, aus dem Venennetze des Fussrückens entstehend, vereinigen
sich allmählich, an der Innenseite des Fasses über dem Knöchel auf-
steigend, zur vena saphena magna, die an der Innenseite des Unter-
schenkels, dann über den inneren Kondjlus verläuft und endlich in der
fossa ovalis in die vena cruralis einmündet. Das am äusseren Fassrande
gelegene Netz oberflächlicher Venen vereinigt sich zur vena saphena
minor, die, um den äusseren Knöchel herumgehend, neben der Achilles-
sehne aufsteigt und zwischen beiden Köpfen des gastroenemius verlaufend
in die Kniekehle steigt, wo sie, die fascia poplitea durchbohrend, in die
vena poplitea einmündet. Die vena poplitea, ans den tiefliegenden Venen
des Unterschenkels, den tibiales snticae, posticae mit peroneae, plan-
tares ex- und internae hervorgegangen, tritt dann als vena cruralis
durch die Sehne des adductor magnus und mündet, nach Aufnahme ver-
schiedener tiefer Venenäste am Oberschenkel and der vorerwähnten
saphena magna, endlich in die Bauchhöhle. — Wir wissen, dass die
Cruralis, Poplitea und die Saphena fast stets durch einfache Stämme dar-
gestellt werden, während die tiefliegenden anderen Venen des Unter-
schenkels paarig vorzukommen pflegen, dass ferner die oberflächlichen
Venen sowohl nntereinander durch ein Anastomosennetz mit breiten
Maschen, als auch mit den tiefen Venen, besonders am Unterschenkel,
*) Zeitschrift für Chirurgie 1882. Die Zirkulation der unteren Extremität
S. 197 bis 207.
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darcb zahlreiche Anastomosen in Verbindung stehen. Diese letzteren
Anastomosen mit den tiefen Venen sind theils intra-, tbeils inter-
muskuläre, das heisst, sie durchbohren die Muskeln oder bilden ohne
dieses eine direkte Verbindung der einzelnen Venenstämme, weshalb man
letztere als direkte, erstere als indirekte Anastomosen bezeichnet hat.
Französische Forscher'*'') haben zuerst sich eingehender mit der
Anordnung der Venen und ihren Anastomosen beschäftigt, and ihnen ver-
danken wir speziell auch einige, wenn auch nur wenige BestimmnngeD
der Klappenrichtung in den Anastomosen, die für die Entstehung von
Varicen manchen Anhaltspunkt geben, wenn auch die Eintheilung in die
verschiedenen und genau abgegrenzten Systeme venöser Gefässe am
Unterschenkel, wie sie von Sappey, le Dentu und anderen angegeben
sind, sich in so strenger Begrenzung wohl kaum als Regel festhalten
lassen wird. Jedenfalls wissen wir zunächst, um mit den Venen des
Fasses zu beginnen, dass zwischen saphena interna und plantaris interna
und eben so zwischen saphena externa und plantaris externa, also zwischen
den tiefen und den oberflächlichen Venen des Fusses Anastomosen be-
stehen, welche, rein interrauskulär, eine direkte Verbindung ermöglichen
und mit je 1 bis 2 Klappenpaaren versehen sind. Die Klappen sind mit
ihrem freien Ende gegen die Peripherie gerichtet, so dass eine Zirkulation
nur aus der Tiefe in die Oberfläche stattfinden kann. Am Unterschenkel
finden sich an der vorderen Fläche nur wenige Aeste, die vom ober-
flächlichen Netz zur tibialis anterior verlaufen, theils als intermnsknläre,
zwischen extensor digitorum communis und extensor hallucis longus ver-
laufend, theils als intramuskuläre, die vordere Schenkelfläche durch-
bohrend. In der hinteren Gegend bestehen direkte Anastomosen zwischen
den beiden Saphenae einerseits und den Tibiales und Peroneae anderer-
seits, ferner indirekte (intramuskuläre), welche auf ihrem Wege die
Muskulatur durchbohren. Die ersteren, als zwei oder eine Vene, je
nachdem sie aus den Aesten oder aus den Hauptstämmen kommen, die
letzteren immer nur einzeln. In allen diesen Anastomosen der tiefen mit
den oberflächlichen Venen sind die Klappen so angeordnet, dass der Blut-
Strom gegen die Tiefe gerichtet ist.
Soviel zunächst über die Anastomosen zwischen oberflächlichen und
tiefen Venen. —
*) le Dentu, Reeherches anatomiijues sur les reines du pied et de la Jambe.
These 1867 und Vcnieuil. — Sappey, Anatomie descriptiro (augeiologie).
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Bezüglich der Aoastomoeen der tiefen Venen unter sich, so finden
lieh zwischen den Begleitvenen der Arterien am Unterschenkel zahlreiche
klappenlose Anastomosen, von denen le Den tu angiebt, dass sie, sobald
sie rein intermnsknlär sind, also eine direkte Verbindnng darstellen, einen
Bogen bilden, dessen Höhepunkt dicht vor der Einmündung in die andere
Vene gelegen ist, dagegen ganz gerade verlaufen, wenn sie auf ihrem
Wege den Muskel durchbohren. Ebenso zahlreiche Verbindungsäste finden
sich zwischen tibiales ant. nnd posteriores and zwischen den Venen des
Tarsus und den Peroneae Aeste, welche auf ihrem Wege das Skelett resp.
die zwischen den Knochen liegenden Bandapparate durchbohren müssen.
Den Verlauf der intramuskulären Venen glaubt nun le Dentn be>
soodei-s für den mnsc. gemellns und für den soleus genauer bestimmen
zu können. Nach ihm trennen sich die die Arterienäste des musc. gemellns
begleitenden beiden Venen in der Tiefe des Muskels sehr bald; während
die eine sich in ihre Ursprungsästchen anflöst, verbindet sich die andere
nnverästelt direkt mit einer von den oberflächlichen Venen kommenden
Aosstomose.
Für den mnsc. soleus schildert er die Sache noch etwas komplizirter.
Von den, den Arterienast begleitenden und mit in den Muskel ein-
driogenden beiden Venen nimmt die eine bald ihren Lauf nach oben, um
mit einer darüber gelegenen Begleitvene eines anderen Arterienastes,
welche von oben entgegenkommt, zu anastomosiren, die andere wendet
sich nach unten, um mit einer Begleitvene eines darunter gelegenen
Arterienastes, welcher sich wieder nach oben wendet, Verbindungen ein-
zugehen. Die Begleitvenen einer Arterie kommnniziren ferner mitein*
ander durch einen geraden Verbindungsast. Zwischen diesen Anastomosen
and den Hanptvenenstämmen sind für jede Begleitvene zwei Klappen ge-
lagert, welche den Blutstrom in den Anastomosen nach der Peripherie
des Gliedes dirigiren. So kann also eventuell ein selbstständiger Kreis-
lauf durch diese Anastomosen stattfinden. — Endlich sprechen die fran-
zösischen Forscher noch von venösen Gefässen, die sie als „cananx de
suretö“ bezeichnen nnd welche gleichartig sind mit den früher von
Sappej als „d'anastomoses par commnnication longitudinale** für die
venae saphenae beschriebenen, deren gleichzeitiges Vorkommen für die
anderen Venen des Unterschenkels Vernenil nachgewiesen hat. Sie
verbinden ein oberes Stück mit dem darunter gelegenen derselben Vene
und sind klappenlos, nnd le Den tu spricht ihnen die Bestimmung zu,
den Druck in den verschiedenen Segmenten derselben Vene auszngleicben,
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wofür sich ein physikalischer Omnd allerdings nicht recht finden lässt.
Sie scheinen übrigens identisch mit den als ,canaux de ddriration* be>
zeichneten zn sein.
Nach den Cntersacbungen von Honz6 de I’Anlnoit^) besitzt die
vena saphena magna eine sehr grosse Zahl von Klappen, von denen
allein sieben anf das Oberschenkelstück fallen. Von diesen sieben sollen
allerdings meist drei inkomplet sein, nnd zn diesen drei soll überans
häufig die an der Einmündnngsstelle der Saphena in die Cruralis gelegene
gehören**), woraus man das Entstehen der ampnllenartigen Erweiterung
der saphena magna an der Einmündangsstelle, sowie das Entstehen der
Saphena -Varicen überhaupt erklärt hat.
Histologisch bemerke ich noch, dass nach Soboroff***) bei den
Venen der unteren Extremität in normalem Zustande der grosse Reich-
thum an Muskelfasern in den Wandungen zwar allen Menschen gemeinsam
ist, dass indessen die Stärke der Venen bei sonst gleichartigen Individuen doch
ganz bedeutende Verschiedenheiten zeigt und dass vor allen Dingen die Wan-
dung derselben Vene eines Individuums an verschiedenen Stellen sehr
verschiedene Dickenverhältnisse aufweistf)
Der Blutkreislauf der unteren Extremität ist wie in allen anderen
Körpergegenden zunächst zwar lediglich abhängig von der Herztbätigkeit,
indessen ist zu beachten, dass dem Blutrückfluss, der an und für sich
schon bei aufrechter Stellung durch die Schwere der Blutsäule wesentlich
behindert ist, nur ein Kanal, die vena cruralis, offen steht. Die Wirkung
der Schwere wird überwunden vor allem durch die Herztbätigkeit, die
vis a tergo und mit ihr durch die aspiratorische Wirkung der Tborax-
bewegungen; ferner sind es die zahlreichen Klappen der Venen, welche die
Blotsäule stützen und fortbewegen helfen, und endlich tragen die oben
erwähnten Sang- und Drockapparate in der Scbenkelbeoge nnd Kniekehle
nicht wenig zur Blutbewegung bei. Zu diesen an und für sich schon
gewaltigen Faktoren, welche der durch die Schwere bedingten Blutstauung
entgegenwirken, kommt noch die Muskulatur der Extremität hinzu.
Diese wirkt durch ihre Kontraktion wesentlich fördernd anf den Rückfluss
*) Paris, These de 1884.
*•) Rieh et, Anatomie medico-ehirurgicale 1887 und Forgoron,-Des dilataüoin
anipiillaires de la saphenc 1881. These.
***) Untersuchungen überden Bau normaler und ektatischer Venen. Virchow'i
Archiv 1872 S. 137 und 306.
f) cfr. 1. c. S. 149.
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des Blotes ein, indem sie, die Venen komprimirend, das Blut in die durch
die Elappenanordnung gegebene Richtung treibt, eine Bewegung, die am
Foss noch durch das Auftreten, durch die bei der Berührung des Erd-
bodens mit der Sohle eintretende mechanische Kompression der an der
Ferse und Fusssoble in und unter dem Fettpolster gelegenen Venen,
verstärkt wird. — Am Fusse kann das Blut der durch das Auftreten
und die Muskelkontraktion komprimirten tiefen Venen gemäss der oben-
beschriebenen Elappenstellung nur in die Saphenae entweichen. In diese
durch die Muskelkontraktionen beim Ansschreiten fortgetrieben, kann es
weiter in die Saphenae, in die intermusknläreu und intramuskulären, zu
den tiefen Venen führenden Anastomosen ansströmen. In den Saphenae
wird das weitere Aufsteigen bald durch die die Blutsänle stützenden
Klappen gesichert. Aus den tiefliegenden Venen des Unterschenkels
bleibt dem Blote bei normaler Klappenbescbaffenheit der Anastomosen nur
der eine Weg in die Poplitea aufwärts, eine Blutbewegung, die durch
Muskelkontraktion, sowie durch die bei derselben in Kraft tretenden
Saogapparate in der Kniekehle nur gefördert werden kann. Derselbe
Saogapparat, am Oberschenkel gebildet durch die Fascien, Muskeln etc.,
sichert in Verbindung mit den Klappen der vena cruralis das Fort-
Bcbreiten des Blutstroms in dieser. Somit wäre unter physiologischen
Verhältnissen die Wirkung der Schwere vollkommen paralysirt, wenn
nicht im Moment starker Muskelkontraktion doch gleichzeitig an be-
stimmten Stellen, selbst unter normalen Verhältnissen, dem Blutstrome ein
Hioderniss durch die Fascien-Aponeurosen und Muskelringe, Schlitze und
Ränder geboten wäre, welche die Venenstämme zu passiren haben. Die
Bedeutung dieser Verhältnisse für die Verlangsamung und Behinderung
des Blotrückflusses ist für Verneuil eine so hohe, dass er die Ent-
stehung der tiefliegenden Varicen wesentlich auf diese Einschnürung der
Gefässe zorückführt. Auch spielt bei der Entstehung der Varicen der
saphena magna unserer Ansicht nach der Durchtritt der Vene durch den
Spalt der fascia cribrosa und das Reiten derselben auf dem proc. falci-
formis in seinem unteren Theile eine mindestens ebensogrosse Rolle, wie
die Insufflzienz der Klappen an der Einmündung. Wir werden auf
diese Verhältnisse bei Besprechung der Saphenae-Varicen noch einmal
zurückkommen.
Unter den allgemeinen Ursachen für die Entstehung der
Varicen stellt B irch-Hirschfe Id'’^) die ererbte und angeborene
Schwäche der Venenwand in die erste Reihe.
*) Patholog. Anatomie II. S. 109.
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Ebenso spricht Negretti*) von der Vererbnng des Leidens and
auch Ganjot,**) welcher wanderbarerweise in der Varicocele den Be-
ginn einer allgemeinen Varicosität erblickt, spricht der Vererbang eine
sehr grosse Bedeutung für die Varicocele sowohl wie für die Varicen
der unteren Extremitäten zu. Wir haben für diese Ansicht, die sich
übrigens noch bei vielen anderen Autoren findet, einen Anhaltspunkt nicht
finden können. Unter 860 Fällen von Varicenbildungen der unteren flxtremi-
täten, welche uns ans der Armee zur Verfügung gestellt waren und
Leute betrafen, die dieses Leidens wegen im Laufe der letzten 7 Jahre
als dienstunbrauchbar bezw. als Invalide zur Entlassung gelangten, ist
die Frage der etwaigen Vererbang nur dreimal beantwortet
Allerdings dürfte diese Frage bei Ausstellung der bezüglichen Atteste
kaum berücksichtigt sein. Hit Sicherheit ergeben aber unsere Erhebungen,
dass die Gaujot'sche Ansicht des Zusammenhangs der Varicocele mit
der Varicenbildung im Allgemeinen der Grundlage entbehrt: unter den
860 Fällen waren nur .55 mit Varicocele komplizirt, Hämorrhoidalknoten
gleichzeitig nur bei 9 vorhanden!
Der Ansicht der Vererbang der Varicen huldigen ferner vor Allem auch
die Autoren, welche bei den Varicen den geschwulstartigen Charakter,
die Aehnlichkeit mit den sonstigen Gefässgeschwülsten und Neubildungen
betonen zu müssen glauben. Nachdem bereits Crn vei Ihier**'*^) die Varicen
der Schamlippen der Frauen als varix serpentinus, Virchow,f)
Alibertft) nnd andere die Hämorrhoidalvaricen als angioma anale,
die Varicocele als angioma racemosum venosum bezeichnet haben, hat in
letzter Zeit v. Lesserfff) nachzuweisen versucht, dass Krampfadern mit
Knotenbildung lediglich auf Gefässwucherungen beruhen, und dass andere
Ursachen, wie vor Allem Verschluss oder Verengerung der Venenstämme
— durch äussere oder innere Prozesse — , einfache Stauung etc., niemals
zu Knotenbildungen führen. Wenn, wie v. Lesser behauptet, die
Form knotiger Venenkonvolute in Wahrheit nur da zur Beobachtung
käme, wo auch sonst Gefässwucherungen und Neubildungen besonders
zahlreich vorzukommen pflegen, und wenn die geschwulstartige Form
der Varicen sich an den unteren Extremitäten wirklich nur da zeigte,
*) Contribuzione alla sludio rarici degli arti inferiuri. 1880.
**) G. Gaiijot, De l’etiologic du varicocele. 1878.
••*) Traite d'anatom. patholog.
+) GeschwilUte III. S. .135.
++) Nosologie naturelle,
t+t) Virchow's Archiv 1885 Heft lU.
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wo die Venen dicht über den snbkntanen Lympbgefässen verlaufen,
wie ja die Angiome meist an diesen Stellen sich finden, so wäre für die
Frage der Vererbung wohl eher ein Anhaltspunkt geboten. Indessen
gerade die grossen subkutanen Venen sollen nach v. Lesser, wenn auch
erweitert, zunächst ihren normalen Verlauf und ihre Form beibehalten,
während doch die Varicenbildung, wie sie im Verlaufe der vena saphena
magna, besonders am Oberschenkel, vorkommt, häufig sehr starke
Schlängelung mit Knotenbildnng zeigt und noch am ersten einen ge-
schwulstartigen Charakter darbietet. Und hier liegen, wie bekannt, die
Liymphdrnsen und Stränge nicht unter, sondern über der Vene.
Unsere bereits oben erwähnten drei Fälle von angeblicher Vererbung
des Leidens betrafen Varicenbildung im Gebiete der saphena magna am
Oberschenkel mit besonders starker Knotenbildnng und Schlängelung, so
dass die Knoten in langer gewundener Kette in der Grösse von Hasel-
nüssen über die Haut hervorragten. Einen diesen gleichen Fall haben
wir seiner Zeit auf der chirurgischen Abtheilung der Charitö zu sehen
Gelegenheit gehabt. Ein Mann in mittleren Jahren, der übrigens eines
Lungenleidens wegen aufgenommen war, batte von Jugend auf eine
längs des ganzen subkutanen Verlaufs der vena saphena interna auf-
tretende Varikosität bemerkt, ohne dass an anderen Venen Erweite-
rungen sichtbar waren. Die Knoten waren sehr zahlreich und überragten
die Fläche der Haut bis zu Wallnussgrösse, geschlängelt an einander
gereiht. Irgend weiche Unbequemlichkeiten hatte der Mann von diesem
seinem Leiden angeblich bisher niemals verspürt.
Neben Alter und Geschlecht hat dann der Beruf für die Entstehung
der Varicen immer eine grosse Rolle gespielt. Bäcker, Tischler etc.,
welche stehend zu arbeiten gezwungen sind, gelten im Allgemeinen als
die Hauptrepräsentanten der Varicenerkranknngen.
Leider ist es uns nicht möglich gewesen, Einsicht in die Listen der
zur Musterung gestellten Leute zu erhalten, dagegen stehen uns ans zwei
Armee-Korps bei den wegen Krampfaderbildnngen entlassenen Unter-
offizieren und Mannschaften auch die Angaben über den früheren Beruf
zar Verfügung, und unter diesen sind fast alle Berufsarten vertreten, ohne
dass sich ein besonderes Ueberwiegen einer bestimmten stehenden Be-
schäftigung aus früherer Zeit unter den Erkrankten nachweisen Hesse.
Puchelt*') erklärt das Vorkommen der Varicositäten durch konstitutio-
nelles Ueberwiegen des Venensystems (Venosität), Pigeauz**) leitet sie
von Anastomosen der Varicen mit Arterien ab, und Rima'’^^) spricht von
*) Das Vencnsystem in seinen krankhaften Verhältnissen. Leipzig 1843.
Rokitansky, patholug. Anatomie. II. S. 367.
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einer rücklänfigen Bewegung des Blntes ans der vena cruralis in die
saphena, von der Leiste gegen den Fnss hinab.
Alle diese Ansichten haben kaum mehr als eine geschichtliche Be-
deutung. In erster Linie ist es unserer Ansicht nach immer die Behiu-
dernng des venösen Abflusses, welche die Varicenbildung veranlasst, eine
Behinderung, die, wie aus den oben geschilderten anatomischen Ver-
hältnissen hervorgeht, gerade im Gebiet der vena femoralis sehr leicht
eintritt.
Der Blutabfluss kann behindert sein, —
1. sobald ein die Wirkung der Schwere aufhebendes Mittel des
Kreislaufs ausfällt, d. h. sobald die Klappen insuffizient werden, sobald
die blattreibende Kontraktion der Muskeln geschwächt ist oder sobald die
Thoraxbewegungen mit ihrer Saugkraft des Herzens für die Ueberwiudang
der Schwere der Blntsäule insuffizient werden;
2. durch Hindernisse, welche auf den abführenden Gefässstamm
komprimirend einwirken. Hierhin gehören Entzündungen in der Umgebung
desselben, Geschwülste verschiedener Art und ferner auch die unter nor-
malen Verhältnissen verengenden Muskelränder, Fascien etc.;
3. durch Thromben und entzündliche Prozesse an der Gefasswand
selbst, die wir unter dem Namen Phlebitis und Endopblebitis zusammen-
zufassen pflegen.
Die saugende Kraft des Thorax und speziell des rechten Herzens
lässt nach, wie wir wissen, sobald krankhafte Veränderungen am Herzen
oder den Lungen sich einstellen oder sobald die Herzthfitigkeit im Allge-
meinen geschwächt wird oder bei gleichzeitiger Erkrankung der Unterleibs-
organe abnorme Widerstände zu überwinden hat. So finden wir denn
auch unter unseren 860 Fällen als ätiologisches Moment, besonders bei
Leuten, die über 12 Jahre gedient, zum Theil eine 20jäbrige Dienstzeit
hinter sich haben, chronische Langen- und Brouchialkatarrhe (3 mal),
Emphysem der Lungen (7 mal), Herzfehler, Mitralinsuffizienz und Aorten-
stenose (2 mal), chronische Mageokatarrhe und Leberschwellungen (4 mal),
allgemeine Fettleibigkeit (3 mal), chronischen Gelenkrheumatismus (2mal)
und verminderte Leistungsfähigkeit im Allgemeinen mit geschwächter nnd
unregelmässiger Herzaktion, Atrophie der Muskulatur, Dünnheit der
Venenhäute etc. (8 mal) vertreten.
ln allen diesen Fällen waren die Venen an den unteren Extremitäten
so hochgradig, bald cylindriscb, bald knotenförmig erweitert, dass sie den
Grund für die Dienstentlassung resp. Invalidisirung abgaben.
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Dass das langjährige Spielen von Blasinstrumenten Erweiterungen
der snbkntanen Venen veranlassen kann, ist bekannt und aus der Ver-
minderung der Saugkraft des emphysematosen Thorax leicht erklärlich,
und so verfügen wir denn auch über mehrere Fälle der Art.
Sehr häufig ist uns von den Attestansstellern als Qrund für die
Entstehung des Leidens einfach die langjährige Dienstzeit angegeben
worden, und in der Tbat sind ja die Anforderungen, die der militärische
Dienst an die Körperkraft im Allgemeinen, wie an die Thätigkeit ein-
zelner inneren Organe, speziell der Longen und des Herzens stellt, der-
artige, dass eine Abnutzung während längerer Dienstzeit wohl erklärlich
ist, welche dann ohne äussere oder innere Zirkulationsbindernisse doch
eine Stauung im Venenblutahfluss herbeiföhren kann; allerdings muss
dann eine gewisse Schwäche der Venen wände sJs prädisponirendes
Moment angenommen werden. Dieselbe Schwäche der Venen Wandungen
und Ungleichheit in ihrer Dicke an verschiedenen Stellen (cfr. oben
Soboroff) müssen wir auch in den Fällen annehmen, wo nach längerem
Stillliegen, ohne dass die Herzkraft verringert oder die Venen etwa
thrombosirt sind, sich Venenerweiternngen ausgebildet haben, wenn auch
dem Fehlen der bluttreibenden Kontraktion der Muskeln bei den nach
längerem Stillliegen sich entwickelnden Venenerweiterungen eine grosse
Bedeutung zoznschreiben ist.
Ein hierauf bezüglicher Fall ist uns ans einem Feld - Artillerie-
Regimente der Armee mitgetheilt worden, und da derselbe nicht auf
Grund der Dienstbeschädignng, sondern der mehr als 8jährigen Dienst-
zeit zur Entlassung kann und somit auch späterhin keine Erwähnung
finden wird, wollen wir ihn hier kurz mittheilen: Der Trompeter K.
stürzte am 18. Juli 1881 mit dem Pferde und zog sich dadurch eine
Erschütterung der Wirbelsäule zu, die Schwäche und Tanbsein in den
Beinen hinterliess, auf welche sehr bald „ohne äussere Beschädigung oder
Thrombosirong der Venen, ohne dass eine länger anhaltende Muskel-
läbmung des Schenkels mit ihrem nothwendig retardirenden Einfluss auf
die Fortbewegung des Blutes in den venösen Oefassen nachgewiesen
Verden konnte“ ausgedehnte Varicenbildungen an den unteren Extremi-
täten folgten, welche die Entlassung des K. veranlassten.
Hier hat die durch die Erschütterung der Wirbelsäule veranlasste
Lähmung der muskulösen Elemente der Gefässwandungen, die wir trotz
der fehlenden Muskellähmung doch wohl anzunehmen gezwungen sind,
za Erweiterungen an einzelnen dünneren oder in ihrer Lage beengten
Stellen geführt und die dadurch bedingte Zerrung und Inaktivitälsatropbie
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der Klappen hat dann der weiteren Dilatation und Stauung Vorschub ge-
leistet. — Der verminderten Saugkraft des Herzens bei gleichzeitiger
Prädisposition der Venenwandungen zu Erweiterungen sind dann auch
wohl alle die Fälle znznschreiben, wo oberflächliche Varicen in direktem
Anschluss an anstrengende Märsche, längere Bergpartien etc. entstehen.
Der ermüdende Marsch wirkt auch ermüdend auf die Herzlhätigkeit, der
Blutabflnss ans den unteren Extremitäten wird trotz der kräftigen Muskel-
aktion doch bei der gleichzeitig verminderten Saugkraft des Herzens ver-
langsamt und erschwert. Fälle der Art sind uns ans der Armee mehr-
fach mitgetheilt worden und Anden sich auch unter den ersten 18 der
Dienstbeschädigungen verzeichnet.
Wir kommen bei der Besprechung der verschiedenen Formen der
Varicen sowie bei Beurtheilung der Dienstbescbädigung noch einmal auf
die Entstehung der oberflächlichen Erweiterungen nach starken Mnskel-
anstrengungen zurück; es sei nur hier schon angedeutet, dass den ober-
flächlichen oft tiefe Varicen vorangegangen sind.
Nur ein einziger Oefässstamm führt, wie wir gesehen haben, das
Blut aus der unteren Extremität in das Becken zurück; eine direkte
Kompression dieses Stammes am annnlns crnralis muss also nothwendig
eine Stauung des Blutes herbeifübren. Dass dieser Stauung eine Aus-
buchtung der Venenwandungen an verschiedenen Stellen folgen kann, ist
nach der oben (Soboroff) beschriebenen Beschaffenheit der Venen-
wandungen etc. wohl leicht erklärlich, wenn auch v. Lesser*) durch
Tbierexperimente nacbznweisen versucht bat, dass die Wirkung des
Verschlusses der vena femoralis sich nur in einer cylindrischen Er-
weiterung sämmtlicber und besonders der oberflächlich gelegenen Venen-
stämme äussert, eine knotige Erweiterung niemals zur Beobachtung
käme.
Die Erfahrung lehrt, dass beim Menschen cylindrisebe und knotige
Erweiterungen als direkte Folge einer Verengerung des ausführenden
Stammes nebeneinander sehr häufig auftreten.
So verfügen wir über acht Fälle, wo nach Leistendrüsenentzündungen,
Tripper- und syphilitischen Bubonen und Ausschälung der Drüsen Krampf-
aderknoten zur Entlassung der Leute führten, nachdem der abführende
Stamm bald durch Narbenbildung oder entzündliche Schwellung in der
Umgebung, bald durch harte Drüsenpackete verengt oder längere Zeit
hintereinander komprimirt war. Einmal führte Quetschung des Hodens
*) 1. c.
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und der Leistengegend nasser Varicocele auch noch Varicen an der ver-
letzten Seite herbei. — In fünf Fällen ferner übte das Bruchband bei
luguinalhernien diesen Druck aus, und zweimal war es eine Schenkel-
bernie, welche die Verengerung an dem abführenden Stamme berbei-
fübrte. In allen diesen Fällen handelte es sich um Krampfaderknoten
theils ohne, tbeils mit cylindriscber Erweiterung der Blutadern.
Erwähnen will ich an dieser Stelle auch noch des vereinzelt da-
stehenden Falles, wo ein Mann wegen einer recbteeitigen Varicocele mit
gleichzeitig bestehenden cylindrischen Erweiterungen der Blutadern der
rechten unteren Extremität entlassen werden musste, nach Perityphlitis,
welche ein deutlich nachweisbares Exsudat hinterlassen hatte. Leider
gebt aus dem Attest nicht hervor, inwieweit die Krampfadern mit dem
Exsudat in Beziehung zu bringen sind, doch scheint uns eine nahe Be-
ziehung zwischen beiden bei dem vorher gesunden Manne wohl erklärlich.
Auch Verstauchung des Hüftgelenkes mit grösserem Blutanstritt in die
Umgebung wird vorgeschichtlich zweimal für die Krampfaderbildung an-
gezogen, ferner Bruch beider Oberschenkelknochen mit massiger Callus-
bildung und Quetschung der Oberscbenkelweichtheile durch grosse Ge-
walteinwirkung je einmal. Nächst der Leistengegend ist es die Kniekehle,
wo, wie wir gesehen haben, schon von Natur im Moment starker
Muskelanstrengnng eine Verengerung des Venenstammes durch die eiu-
klemmende Fascie und eine Hemmung des Blutrückflusses stattzufinden
pflegt, eine Hemmung, die besonders wirksam wird, wenn noch die Um-
gebung des Venenstammes bei Schwellung nach entzündlichen Vorgängen
komprimirend einwirkt. Chronische Kniegeleukentzünduugen und Ver-
stauchungen mit nachweislichen Residuen in der Umgebung des Gelenkes
sind dann auch unter unseren Fällen siebenmal als Grund für die Ent-
stehung von Varicen an den Unterschenkeln anfgeführt.
Hieran reiben sich vier Fälle von Distorsionen des Fussgelenkes,
zwei Fälle von Erfrierung der Füsse, zwei Schass Verletzungen des Fusses
and eine solche des Oberschenkels, denen Krampfaderbildungen in direkter
Folge sich anschlossen. Zellgewebs- und Lymphgefässentzündungen mit
den nachfolgenden und bleibenden Narben und Verwachsungen, aus
inneren oder äusseren Ursachen entstanden, oft mit Phlebitis im Gefolge
liefern, wie wir wissen, mit das häufigste Hinderniss für den Venen-
kreislanf an der unteren Extremität. Besonders bei jüngeren Leuten sind
die von Varicen umgebenen Hautnarben, die wir so häufig in grösserem
Umfange bei Varicenbildungen antreffen, nicht die Folge varicöser Ge-
schwüre, sondern in der grossen Mehrzahl der Fälle handelt es sich um
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änsaere Einflägse, Stiefeldrack, Hufschlag, KoDtasionen aller Art, welche
nach Ablauf der durch sie bedingteu ZellgewebsentzünduDgen die Varicen
erst entstehen Hessen.
In 10 unserer Fälle war auf solche äusseren Einflüsse hin entstandene
Zell- und Lymphgefässentzündnng die direkte Veranlassung zur Ent-
stehung der vordem auch nicht in Andeutungen vorhandenen Varicen;
und weitere 22 Leute, die der Varicen wegen zur Entlassung kamen,
zeigten Narben von früher überstandenen Entzündungen, die, bald mit
dem Knochen verwachsen, bald weit in die Tiefe reichend, als Grand
für die Entstehung der Varicen angesehen werden mussten.
Besondere Erwähuung verdient auch das Hinderniss, welches durch
den sogenannten Plattfuss dem Venenblutkreislauf geboten ist. Schon
bei normal gewölbtem Fusse veranlasst das Auftreten ein Entweichen
des Blutes aus den tiefgelegenen Venen der Richtung der Klappen ent-
sprechend in die Saphenae; um wie viel mehr müssen die letzteren be-
lastet werden, wenn, wie es beim Plattfuss der Fall, die aponeorosis
plantaris erschlafft, die Bänder gedehnt sind, der Druck des Auf-
tretens auf die ganze Sohlenfläcbe vertheilt und gleichzeitig bei starker
Kontraktion der Unterschenkelmuskeln ein Entweichen des Blutes in die
tiefen Venen (der Klappenrichtnng gemäss) in hohem Grade erschwert
ist. Da Leute mit ausgebildetem Plattfuss nicht zur Einstellung kommen,
so ist das diesbezügliche Material in unserer Sammlung auch nicht
reichhaltig. Immerhin finden wir’ aber achtmal Plattfuss mit Varicen
komplizirt und ersteren als Grundursache für die Entstehung der letzteren
aufgefübrt.
Gaujot*) rechnet zu den Ursachen für die Entstehung der Varicen
wie der Varicocele bei Soldaten auch noch die Einengung des Leibes
durch Kleidung und Lederzeug, sowie die allgemeine Belastung durch
Gepäck und Waffen.**) Das häufige Vorkommen beider linkerseits,
was er der Varicocele wie den Varicen gleichmässig zuspricht, erklärt
er daraus, dass bei den meisten militärischen Anstrengungen die links-
seitige Muskulatur in Kontraktionsstellnng immobilisirt werde, um als
Stützpunkt zu dienen für die aktive Bewegung der rechten, freigelassenen
Seite. Die dadurch bedingten wiederholten und andauernden Muskel-
kontraktionen des Abdomens und der linken Seite sollen eine Stauung
und Erweiterung der Venen, besonders der des Samenstranges, aber
auch der Venen der linken unteren Extremität berbeiführen, wie denn
*) I. e.
**) Fall 10 der Dienstbeschüdigungeii.
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aach nach Ganjot Varicen wie Varicocele mehr links, Hernien, die
durch denselben Mechanismas entstehen, mehr rechts Vorkommen. Nan
steht ja in der That das vorwiegende Vorkommen der Varicocele auf
der linken Seite fest, wie denn anch unter unseren mit Varicen kompli*
zirten 55 Fällen 50 die linke Seite betreffen und unter den uns sonst
aus der Armee mitgetheilten 160 Fällen von Varicocele 149 linksseitige,
nnr 3 rechtsseitige (8 beiderseits) sind; indessen sollte man doch vor
allen Dingen die anatomischen Verhältnisse berücksichtigen, — die
rechtwinkelige Einmündung der vena spermatica sinistra in die vena
renalis, während rechts die Einmündung der vena spermatica in die
Cava spitzwinkelig ist, den Druck, welchen die Samengefässe links durch
die flexura sigmoidea erleiden, das tiefere Herabhängeu des linken Hodens
an und für sich, — ehe man die besonderen Eigenthümlichkeiten des
aktiven Militärdienstes für die Entstehung des anch bei Nichtsoldaten
meist links vorkommenden Leidens verantwortlich macht; besonders in
dem Lebensalter, wo anch die Thätigkeit der samenhereitenden und zu-
führenden Organe mit dem Erwachen des Geschlechtstriebes eine leb-
haftere wird und grössere Blntzafnhr veranlasst — Bezüglich des vor-
wiegenden Vorkommens der Varicen linkerseits bei den Soldaten ist
zunächst zu betonen, dass unter unseren oben erwähnten 55 Fällen von
Varicocele nnr 18 mit linksseitigen, 31 mit beiderseitigen, 6 mit rechts-
seitigen Varicen vergesellschaftet waren.
Für unsere sämmtlichen 860 Fälle von Varicen bei Soldaten stellen
sich die Zahlen so, dass auf die linke Seite 281, auf die rechte l9l, und
auf beide Seiten zugleich 388 entfallen. Die Vorliebe der linken Seite
für die Erkrankung ist demnach doch wohl kaum eine so grosse, wie
sie Ganjot glaubt annehmen zu müssen.
Immerhin wollen auch wir dem militärischen Rüstzeug etc. in Ver-
bindung mit den militärischen Anstrengungen, dem vielen Aufrechtstehen,
forcirten Märschen etc. nicht jede Bedeutung, besonders für die Ver-
schlimmernng einer schon bestehenden Venenerweiterung absprechen,
zumal erfahrnngsgemäss, wenigstens bei den mit Varicocele in den Dienst
tretenden Leuten, das Leiden im Dienst gewöhnlich bald znnimmt. So
wurden laut Statistischen Sanitätsberichts in den vier Jahren 1878 bis
1882 174 Mann, und zwar nach Anlage I zu § 7 d. R. O. Bachstabe r:
10, nach Anlage 4 zu § 9 d. R. O. sub 56: 142, und nach Anlage IVa
d. D. A. sub 56: 22 als dienstunbrauchbar entlassen. Von den 142 bald
nach der Einstellnng oder doch vor vollendeter Ausbildung Entlassenen
hatten 129 das Leiden schon vor der Einstellung, und von den 22 bereits
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aasgebildeten Leuten 10, so dass — die ersten 10 abgerechnet — bei 139
von 164, also bei 84,75 pCt. der wegen Varicocele Entlassenen eine V'er-
schlimmerung des Leidens während der Dienstzeit oder doch nach der
Einstellung eintrat, wenn auch wohl ein grosser Theil jener 129 Mann
gleich nach der Einstellung, noch bevor der Dienst etwaige schädliche
Einflüsse äussern konnte, zur Entlassung gekommen ist. Jedenfalls er-
sehen wir aus diesen Zahlen, dass die Einstellung der mit leichter
Varicocele behafteten Militärpflichtigen einige Vorsicht erheischt.
Die den Blutkreislauf hemmende Wirkung der militärischen Kleidung
finden wir bei unseren Soldaten nur in den auch aus anderen Gründen
schon vielfach angefochtenen hohen Stiefeln der Kürassiere. Die beim
Reiten in der Kniekehle sich bildende Falte, die vielfach zu Haut-
entzündungen etc. Veranlassung zu geben pflegt, übt offenbar auch einen
Druck auf die abführenden Gefässstämme ans, der bei der unter starker
Muskelkontraktion schon an und für sich gerade in der Kniekehle be-
hinderten Blutströmung recht bedeutungsvoll werden kann. Fall 24 unserer
Dienstbeschädigungen giebt hierfür ein Beispiel.
Noch ein anderes ätiologisches Moment für die Varicenbildungen,
welches besonders unter militärischen Verhältnissen wohl eine grosse
Rolle spielen kann, wird von mehreren Autoren und besonders von
Negretti*) als bisher immer noch nicht genug gewürdigt aufgeführt.
Das ist für die Varicenbildung der unteren Extremitäten — neben den
äusseren Verletzungen und mechanischen Einflüssen, denen gerade die
unteren Gliedmaassen, und zwar im militärischen Dienste mehr als unter
anderen Verhältnissen ausgesetzt sind, und deren Häufigkeit oben bereits
Erwähnung gefunden hat, auch aus der Zahl der Dienstbescbädignngen
zur Genüge zu ersehen ist — der Einfluss von Erkältungen, die ebenso
wie die Kontusionen subakute und chronische Phlebitis hervorrnfen,
welche dann mit allen ihren Folgezuständen und Ausgängen, wie Ver-
engerung oder Dilatation der Venen, Auflagerung, Verdickung, Verfettung
der Wandungen, Zerstörung der Klappen, Verkalkung etc., die Varicen
entstehen lässt. Auch unter unseren Fällen finden sich mehrere, wo uns
lediglich „Manöverdurchnässungen“ als Grund für die Entstehung des
Leidens angegeben sind. — Die Thätigkeit der Muskulatur trägt (vergl.
oben) im Allgemeinen dazu bei, den Rückfluss des. Blotes in den Venen
zu fördern; nur wenn die Kontraktion der Muskeln eine anhaltende,
sehr energische ist, werden die abführenden Venenstämme durch Mnskel-
*) 1. c.
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and Fascienringe abgeschnürt, oder doch verengert. So iet der Druck,
den die Aponeurose in der Kniekehle anf die EinmündnngBStelle der
vena saphena posterior in die Poplitea, am Schenkelring auf die Ein-
mündung der saphena magna in die vena cruralis ausnbt, in dieser
Hinsicht von grosser Bedeutung.
Wie verhält es sich nun am Schenkel mit den intra- und inter-
muskulären Venen, sobald die Muskulatur sich kontrahirt?
Dieselben, in der Tiefe «wischen und in den Muskelbänchen gelegen,
mit ihren bald geraden, bald im Bogen verlaufenden Anastomosen, müsseu
DOtbwendigerweise gezerrt und zusammengepresst werden. Die znsammen-
gepressten Gefässe erhalten, der Klappenanordnuug gemäss, Blut von der
Oberfläche her, das sie nicht anfzunehmen im Stande sind, es entsteht eine
Stauung im Kreislauf, die sich in der dem Blutstrom entgegengesetzten
Richtung fortpflanzt, und bei häufiger Wiederholung dieser Stauung an be-
stimmter Stelle kommt es zu einer Erweiterung der Venen in der Tiefe
die, sobald die Klappen insuffizient werden, sich in der Richtung nach der
Oberfläche zu ansdehnt. Meist werden derartige Varicen in der Tiefe
sieb langsam entwickeln, durch fortgesetzte energische Kontraktion der-
selben Muskeln veranlasst, und sie werden für gewöhnlich erst zur
KeDntniss des Patienten wie des Arztes kommen, wenn die Erweiterungen
sieb bis an die Oberfläche ausgedehnt haben.
Indessen kann ein solcher tiefliegender Varix auch wohl plötzlich
entstehen, wenn eine plötzliche besonders starke Anstrengung bestimmter
Muskeln eine hochgradige Zerrung und Kompression und bei ununter-
brochen weiterem Blutzufluss zu der gezerrten oder komprimirten Stelle
eine besonders hohe Spannung daselbst berbeifuhrt. In letzterem Falle
wird die Entstehung des Varix nicht ohne Schmerzempfindnng vor sich
gehen.
Die plötzliche Blutstauung an umschriebener Stelle, die unmittelbar
darauf folgende Dehnung und Zerrung der Oefässwand wird nun in der
Thst häufig als ein plötzlich in der Tiefe auftretender Schmerz em-
pfanden, auf den die Verletzten die weitere Entwickelung ihrer Krampf-
adern zurückzuführen versuchen.
Dass — bei Fehlen sonstiger Strömungshindernisse — durch
energische Muskelanstrengung am Schenkel zuerst oberflächliche Varicen
entstehen, ist somit schon der Klappenrichtnng wegen ausgeschlossen. Nur
in den Venen - Anastomosen des m. solens sind die Etappen nach der
Peripherie bin gerichtet, hier wurde also eine Ueberfüllung oberflächlicher
Venen bei Kontraktion des Muskels möglich sein. Allerdings wird man
31*
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sehr bänfij; kaum in der Lage sein, die tiefliegenden Varicen, die doch
unter solchen Umständen bei dem Bestehen von oberflächlichen stets
schon vorher vorhanden waren, durchzufühlen. Indessen hat V erneuil*)
doch einige Symptome tiefliegender Varicen hervorgehoben, die schon
frühzeitig, bevor sich oberflächliche zeigen, für die Diagnose vervrerthbar
sind und die auch wir, besonders nach Einstellung der Bekruten, hin
und wieder von Nenem zu beobachten Gelegenheit hatten.
Nach längerem angestrengten Marschiren oder Äufrechtstehen klagen
die betreffenden Patienten über ein Gefühl von Schwere und Vollsein in
den Waden, von Stechen nnd Prickeln in der Tiefe wie anf der Ober-
fläche und fast immer über das immer von Nenem wiederkebrende
Gefühl von Eingeschlafensein der Beine. Während von äusseren Venen-
erweiterungen nichts zu sehen ist, erscheint die Enöcbelgegend ge-
wöhnlich ganz leicht ödematös und an dieser Stelle, wie in dem Knie-
gelenk empfinden die Patienten dann anch ein Gefühl von Schwäche
und leichter Schmerzhaftigkeit bei Bewegung. Alle diese Erscheinungen
gehen bei horizontaler Lagerung und Einwickelnng des Gliedes zurück,
wiederholen sich indessen nach neuen Anstrengungen, bis nach Ablauf
längerer Zeit auch die Erweiterung der subkutanen Venen sichtbar wird.
Zuweilen gelingt es schon frühzeitig, in der Tiefe feste Venenknoten
durchznfühlen, nnd bei intramuskulären Venen bietet der Muskel nach
VerneniTs Angabe dem tastenden Finger zuweilen das Gefühl dar,
wie man es bei der Varicocele findet. Der erschlaffte Muskel ist von
unebener Oberfläche und es gelingt, die in ihm liegenden Varicen, an-
einandergereiht oder vereinzelt, als weich elastische Knoten innerhalb
des Muskels abzugrenzen.
Als weiteres Symptom kommt hinzu der plötzlich anftretende und
bei Horizontallagerung schwindende Schmerz , der besonders intensiv bei
intramuskulären Varicen sein muss, da hier die erweiterten Venen nicht
so auszuweichen vermögen, wie in dem lockeren Bindegewebe, — ausser-
dem aber auch häufig im Bogen um das erweiterte GeGiss herumgehen
nnd so erst recht dem Druck eines Varix ausgesetzt sind. Anch die
sogenannten Wadenkrämpfe, die krampfhaften Muskelkontraktionen —
nach Birch - Hirsch feld die Folge der gestörten Zirkulation im
Muskel — pflegen gerade bei intramuskulären Phlebektasien am stärksten
zu sein. Wenn somit schon der Schmerz die intramuskulären Varicen
häufig recht unerträglich macht, so ist ausserdem die Gefahr einer
Beratung bei diesen ganz besonders gross.
*) cfr. S. 134 No. 10 der Litteratur.
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Während die intermusknlären Anastomosen der Venen meist im
Bogen Tcrlanfen und ihnen somit in dem lockeren Zellgewebe die Mög-
lichkeit gegeben ist, einem Muskeldruck zn weichen oder eine Zerrung
aaszuhalten, dnrchschneiden die intramuskulären den Muskel in gerader
Linie. Zieht letzterer sich zusammen, so erfährt die in ihm fest ein-
gelagerte Vene, die der Kontraktion zn folgen gezwungen ist, eine
Zerrung, die bei yaricöser Erweiterung leicht zu einer Zerreissnng mit
allen ihren schweren Folgezuständen führen kann. Der bei einer solchen
plötzlich anftretende heftige Schmerz, verbunden mit vollkommener Oe-
branchsnnfäbigkeit des Gliedes, von den Franzosen als ^coup de fouet“
bezeichnet, ist in früheren Jahren bald auf Muskel-, bald auf Sehnen-
zerreissungen zurückgeführt worden, bis Vernenil, gestützt auf mehrere
schwere, tödtlich verlaufene und secirte Fälle die Zerreissnng tiefer
Krampfadern als Grund für denselben nachwies.
Diese Behinderung im Venenkreislauf durch die Muskelkontraktionen
mit der nachfolgenden Entwickelung tiefer Varicen spielt unserer Ansicht
nach gerade im militärischen Leben eine gewaltige Rolle. Es wird Jeder
gern zugeben, dass der Soldat, selbst wenn er vordem in der Heimath
angestrengt zu arbeiten gewohnt war, doch an seine Muskulatur wesent-
lich höhere Anforderungen zu stellen genöthigt ist als vordem, und dass
er häufig in die Lage kommt, bestimmte Muskelgruppen plötzlich in
energische Kontraktion versetzen zn müssen.
Wenn uns bei einer grossen Zahl unserer Krampfaderfälle ans der
Armee bald „angestrengter Marsch im Manöver“, bald „Schenkelschluss
bei fortgesetztem Reiten schwieriger Pferde“, bald „Heben schweren Ge-
schützes“ als einzige Ursache für die Entstehung des Leidens angegeben
wird, so können wir uns die Entwickelung der Krampfadern eben nur in
der oben beschriebenen Weise denken und müssen annehmen, dass zu-
oächst tiefe Varicen, dann erst im Lauf der Zeit oberflächliche ent-
standen sind.
Uebrigens ist auch mehrfach angegeben worden, dass ein plötzlich
bei irgend einer Uebung in der Tiefe der Weichtbeile aufgetretener
Schmerz, das Zeichen für die plötzliche Dehnung der Gefflsswand an
umschriebener Stelle, als Ausgangspunkt für das später zur Entwickelung
gekommene Leiden von den Erkrankten betrachtet und festgehalten worden
ist. — Auch die Fälle, wo die Krampfadern infolge von Karrenschieben
auf der Festung, oder stundenlangem Tragen starker Fallisaden entstanden
sein sollen, gehören hierher.
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Inwieweit in jedem einselnen Falle schon tiefe Vsricen vor dem
Eintritt bestanden haben, wird sich nur schwer entscheiden lasseu.
Jedenfalls würde manche Invalidisirang sich vermeiden lassen, wenu
jeder Mann, der gleich nach der Einstellung mit leichten Oedemen und
den sonstigen oben genannten Anzeichen tiefer Varicen zur Revier-
behandlung kommt, genau hierauf untersucht und eventuell entlassen
würde, bevor die militärischen Verhältnisse für die Entstehung der bald
folgenden oberflächlichen Venenerweiterungen verantwortlich gemacht
werden oder gar auf eine dienstliche Veranlassung hin die Ruptur eines
tiefen Variz erfolgt Ferner würde manche Streitigkeit über eine etwaige
Dieustbeschädigung vermieden werden können, wenn man bei der all-
jährlich wiederkehreuden Untersuchung der Kapitulanten allgemein auch
auf die Veränderungen der tiefliegenden Venen Acht geben würde, deren
knotige Beschaffenheit inner- oder ausserhalb des Muskels sich doch bin
und wieder durchfühlen lässt
Zu diesen so verschiedenartigen Hindernissen im Venenblutrückflnss,
für welche sich auch unter den hinten angeführten Dienstbeschädigungen
Beispiele finden, kommt noch die Verstopfung eines Venenstammes durch
den Thrombus als Ursache für die Entstehung von Varicen hinzu. Wir
haben der Phlebitis und Thrombose in Verlauf von Zellgewebsentzün-
dungen etc. schon oben Erwähnung gethan und wollen hier nur noch
der Fälle gedenken, wo Thrombenbildung im Anschluss an fieberhafte
Krankheiten den Ausgangspunkt für die Entwickelung der später zur
Dienstunbrauchbarkeit führenden Varicen abgegeben hat Wir finden
Fälle der Art unter den Dienstbeschädigungen; und auch unter den als
dienstunbrauchbar Entlassenen finden sich mehrere, welche die Thrombose
einem Abdominaltjpbns zu danken batten; selbst Varicenbildnng und
zwar von sehr erheblicher Ausdehnung nach Thrombose infolge von
ezanthematisebem Typhus ist unter unseren Fällen einmal zur Beob-
achtung gekommen. Dass eine solche Verlegung eines Venenstammes
gerade für die untere Extremität von grosser Bedeutung ist, liegt bei
den überaus mangelhaften Abflnssverhältnissen des Vencnblutes auf der
Hand. Selbst wenn, wie Braune angiebt, der Thrombus der Femoralis
meist nicht vollkommen schliesst, sondern dem Blotrückfluss noch
Kaum lässt, so möchte doch nach längeren fieberhaften Krankheiten die
Herzkraft kaum ausreichen, um das Blut in genügender Menge durch die
verengte Stelle zu treiben, noch viel weniger aber genügen, um den
Widerstand der dem Blutrückfluss entgegenstehenden Klappen in den
Anastomosen zu überwinden. Hat sich aber unter solchen Umständen
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im Laafe der Zeit erst eine Erweiterung der Venen gebildet, so wird
bei der Zunahme der Erweiterung in der dem Blutstrom entgegen-
gesetzten Richtung sehr bald die Insuffizienz der Klappen folgen und
damit auch jede Möglichkeit des Schwindens der Varicen nach etwaigem
Dnrchgängigwerden der thrombosirten Stelle ausgeschlossen sein,'* ••)^)
Die Zahl der Varicenfälle, bei denen kein Grund für die Entstehung
angegeben werden konnte, ist indessen doch eine bei Weitem grössere.
In allen diesen Fällen bleibt uns nur übrig, mit Birch-Hirscbfeld
eine angeborene Schwäche der Venenwandnogen , wenn es sich um
cylindrische Erweiterungen handelt, anzunehmen, oder mit Soboroff
bei Krampfaderknoten die Ungleichheit der Stärke der Venenwand an
verschiedenen Stellen für die Entstehung der Knuten verantwortlich zu
machen. Im Uebrigen ist das besonders häufige Vorkommen solcher
anscheinend grundloser Phlebektasien bei Männern gerade in der mitt-
leren Lebensperiode allgemein anerkannt; bald gehen dieselben von den
Stämmen aus und setzen sich von dort auf die Verzweigungen fort, bald
beginnt die Entwickelung an den kleinsten Venenwurzeln und geht von
dort auf die Stämme über; nach Hasse'^'^) ist indessen ersteres besonders
bei Männern, letzteres bei Frauen der Fall. Dass an den unteren Ex-
tremitäten subkutane, inter- und intramuskuläre Venen gleich häufig und
oft unabhängig von einander erweitert sind, haben wir bereits gesehen,
indessen müssen doch einzelne Venen als besonders bevorzugt in dieser
Hinsicht betrachtet werden. Zu diesen gehört vor allen die vena
saphena interna. Wird man auch der schon oben erwähnten ein-
sebnürenden Wirkung des processns falciformis, dem Durchtritt der
Vene durch die fascia cribrosa an der Stelle, wo auch der Schenkel-
bruch durebtritt, und somit zu komprimiren oder zu verengen im Stande
ist, den an der Mündungsstelle der Venen massenhaft vertretenen glan-
dalis lymphaticis, der Dünnheit der fascia superficialis, wodurch den
Wänden der Vene der rechte Halt fehlt,***) der häufig schon vorher vor-
handenen Insuffizienz der Klappen an der Einmündungsstelle etc. ein
wesentliches Verdienst für die Entstehung der ampullenartigen Er-
weiterung zngestehen müssen, so ist damit doch keineswegs die stark
geschlängelte und sackig ausgebnehtete Form erklärt, die gerade im
*) Für Krampfaderbildung nach Geschwülsten der Bauchhöhle (Druck auf die
Iliaca) haben wir Beispiele aus der Armee nicht erhallen.
••) Spee. patholog. Anatomie.
***) Forgeron, Des dilatations ampullaires de la saphene ä son embouchure.
Thbe 1881.
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Verlauf der saphena interna zur Beobachtung kommt Hier einfach
cylindrisch oder spindelförmig erweitert mit hypertrophischer Wand und
atrophischer, insuffizienter Klappe, dort stark verlängert und geschlängelt
mit knotenförmigen Ausbuchtungen, die wiederum untereinander ver*
schmolzen sind und fast den Ban des kavernösen Gewebes zeigen, bietet
die Vene in ihrem Verlauf ein Bild aller Formen der Stammerweitemngen
dar, mit Stasen, Thromben, Organisation der Gerinnsel, Schrumpfung der
Knoten, Pblebolithbildung u. dergl. Gerade die auf den subkutanen
Verlauf des Ilauptstammes der saphena interna beschränkten Phlebektasien
sind trotz der geschwnlstartigen Knotenbildnngen, die oft die Grösse
einer Wallnnss und darüber erreichen, meist vollkommen frei von den io
der Umgebung der Knoten an anderen Stellen so häufig beobachteten
Reiz* und Enczündongserscheinnngen : sie zeigen keine Neigung zu Phlebitis
und Periphlebitis, zum Durchbruch oder zu jauchiger Erweichung der
Thromben, sie sind nicht von Oedemen, Ekzemen und Verdickungen der
Haut gefolgt, sondern häufig von früher Jugend an bestehend, noch
bevor von einer besonderen stehenden Beschäftigung des Individuums die
Rede sein konnte, sind sie, mit dem übrigen Körper allmählich wachsend,
von den Trägem selbst höchstens als ein Curiosum, kaum aber als ein
die körperliche Leistungsfähigkeit irgend wie beeinträchtigendes oder
störendes Leiden empfunden worden. So verhielt es sich auch in dem
oben erwähnten in der Charite beobachteten Falle; ein zweiter derartiger
ist uns in der Praxis begegnet, wo die Schlängelung und Knotenbildung
am Oberschenkel Stärke und Gestalt kindlicher Darmwindungen er-
reichte und zu gleicher Zeit zahlreiche Lipome über die ganze Oberfläche
vertheilt bestanden. Noch ein zweiter mit Lipombildung komplizirter
derartiger Fall ist uns aus der Armee mitgetheilt worden.
Liegt non nicht bei dieser Form der Saphenenvaricen, wenn man
das Fehlen aller Reizerscheinnngen in der Umgebung, das Fehlen jeder
Zirkulationsstörung in der Extremität berücksichtigt, der Gedanke nahe,
dass es sich hier um eine gutartige Neubildung, eine Hyperplasie der
Elemente der Venenwandungen handelt?
Und ist dasselbe nicht anzunehmen bei den besonders auf dem Fass-
rücken beobachteten, durch keinerlei Zirknlationshindernisse erklärten
Wurzelerweiterungen, die oft von Handtellergrösse sich als dicht ver-
zweigtes feinstes Venennetz in der Haut abheben? — Während in
letzterem Falle sich die Hauptstämme fast gar nicht an der Dilatation
betheiligen, zeigen die feinsten Aeste ein dichtes Netzwerk kleinster
Venen, die meist röthlich violett durch die Haut dorchschimmern, hin
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Dod wieder sich aber auch als dookelbraun, fast spezifisch aussehende
Flecke (Ektasien kapillarer Venen) darstellen und ohne Trauma beob-
achtet sind. Dass solche kapillaren Ektasien je die allgemeine Leistungs-
fähigkeit des Trägers besonders behindert hätten, oder dass sie durch
die sonst bei Varicen beobachteten, noch weiter zu erwähnenden Folge-
xDStände bedeutungsvoll geworden wären, davon ist, soweit uns bekannt,
bisher nirgend etwas erwähnt worden. Für diese Formen folgen wir
gern der Ansicht v. Lesser’s,*) der die Varicen auf Neubildnng zn-
röckznführen bestrebt ist.
Ueber das Vorkommen der Erweiternngsformen an den unteren
Extremitäten lässt eich nur sagen, dass alle Formen, cylindriscbe und
knotenförmige. Kapillar- und Stammektasien, oberflächliche und tiefe
Varicen wohl an jeder beliebigen Stelle beobachtet sind, wenn auch
einzelne an bestimmten Stellen zu den Seltenheiten gerechnet werden
müssen. So sind uns z. B. „knotenförmige Ektasien auf der vorderen
Schienbeinfläcbe und auf der Patella“, „ein Kranz von Knoten um die
Patella herum“, „ringförmige Ausbreitung von Knoten um die Mitte des
Oberschenkels hemm“, „feinstes Kapillarvenennetz in der Kniekehle und
io der Leistenbeuge“ ans der Armee mitgetheilt worden, Formen, wie
sie doch gewiss nicht häufig beobachtet werden. Dass der Sitz des
Leidens für die Gebrauchsfähigkeit des Gliedes von grosser Bedeutung
ist, liegt auf der Hand. Varicenknoten grösseren Umfanges auf dem
Fussrücken oder in der Knöchelgegend machen den Fussdienst ebenso
Domöglicb wie die an der Innenseite des Knies gelegenen, in der Armee
überaus häufig konstatirten Krampfadern den Dienst zu Pferde, nnd
tiefliegende Varicen lassen eine energische und immer wiederholte Muskel-
kontraktion, wie sie der Militärdienst erfordert, überhaupt nicht zu, oder
es entwickeln sich wenigstens sehr bald bei weiterem Fortschreiten der
Dilatation nnd der daraus folgenden Insuffizienz der Klappen umfang-
reiche cylindriscbe Erweiterungen der subkutanen Venen.
Wenn so an einzelnen Stellen, die im militärischen Leben dem Druck
TOD aussen besonders ausgesetzt sind, Varicen immer Beschwerden ver-
orsacben werden, so giebt es doch wiederam sehr umfangreiche Venen-
erweiternngen, bei denen die Beschwerden in keinem Verhältniss zu der
grossen Ausbreitung des Leidens stehen. Ebenso erfolgt keineswegs anf
ein Zirkulationshinderniss bin immer eine Varicenentwickelung. Wir
sehen in der Schwangerschaft bald Varicosi täten, bald Oedem, bald
•) I. c.
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beides entstehen , also als Folge des Hindernisses bald Ektasie, bald
Transsndation , beides in seiner Entstehnng unerklärlich. — Vielfach
ebenso unerklärlich wie die Aetiologie sind die mannigfachen Beschwerdeo,
Folgen und Ausgänge der Varicen. Die Wirkung der verlangsamteo
Zirkulation auf die Gewebe zeigt sich an der Haut in ekzematöser Ent-
zündung, oft recht quälender Art, in bräunlicher Pigmentimng und
Hypertrophie des Zellgewebes und der Haut, bald mit, bald ohne Oedem.
Dazu kommt das Gefühl von Ermüdung und Schwere, verbunden mit
Schmerzen neuralgischer Art Die Haut büsst bald ihre Widerstands-
fähigkeit gegen schädigende äussere Einflüsse ein, es kommen und geben
Erysipele, Phlegmonen, Excoriationen und Geschwüre mit Entzündnog
und Aufbruch der Knoten, Blutungen infolge von Atrophie der Varix-
wand durch Druck nach Verwachsung mit der Haut oder durch Ver-
dünnung der letzteren folgen bald und machen das Leben oft unerträg-
lich. Alle diese Beschwerden fehlen in vielen Fällen recht ausgedehnter
Venenerweiterungen und machen sich wiederum unverhältnissmässig stark
bemerkbar bei anscheinend kleinen, vordem kaum beachteten Knoten
und Strängen.
Wenn somit die Aetiologie unendlich vieler Formen von Varicen
und die Folgezustände derselben bisher noch immer der Erklärung harren,
und es noch nicht gelungen ist, das Fehlen aller Beschwerden hier, das
starke Auftreten bestimmter Störungen dort, wissenschaftlich zu erklären,
so sind die Versuche der Heilung der Varicositäten bisher noch bei
weitem fruchtloser gewesen. Ans der geschilderten Entstehnng, Ver-
breitung u. dergl. geht zur Genüge hervor, dass es weder den verschieden-
artigsten Injektionen, sei es io die Vene selbst oder in deren Umgebung,
nach der sorgfältigsten Isolirnng der Vene unter Einfluss der Loft gelingen
wird, eine Verödung ausgebreiteter Varicositäten berbeiführen. Ebenso-
wenig wird man durch stetige Einwickelungen das Leiden ganz beseitigen
können, wenn auch manche Erleichterung dadurch erzielt werden wird.
Die in den letzten Jahren so vielfach geübten und gepriesenen Excisionen
grösserer Venenstücke und Knoten unter streng antiseptischen Kanteten,
welche ja gewiss auf die Heilung torpider Unterschenkelgeschwüre nnd
auf die Heilung lästiger chronischer Ekzeme von sehr segensreichem
Einfluss sind, kommen für die Heilung von Varicen bei Soldaten, selbst
wenn es sich nur um eine beschränkte Ausdehnung derselben haudelt,
kaum in Betracht. Wird, was gewiss selten geschieht, einmal die Ein-
willigung zu einer solchen Operation gegeben, so wird durch den Eingriff
an die Stelle der vorher besonders behindernden Varicen eine Narbe
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gesetzt, die den Druck der Kleidung, der Stiefel beim Marschiren uud
Reiten ebensowenig zu vertragen im Stande ist wie die vordem lästigen
Krampfadern. Bezügliches Material steht uns allerdings ans der Armee
nicht zur Verfügung bis auf einen Fall, den wir vor einigen Jahren in
einem Artillerie-Regiment zn beobachten Gelegenheit hatten. Bin etwa
6 bis 8 cm langes Stück einer varicösen Vene, an der Innenseite des
Unterschenkels dicht unter dem Knie gelegen, welches beim Reiten dem
Träger grosse Beschwerden verursachte, wurde excidirt. Die Heilung
ging ganz glatt von statten, indessen machte die Narbe später der bei
jedem angestrengten Dienst infolge des Druckes auftretenden Reiz-
erschelnungen wegen die Entlassung des Mannes notbwendig.
Die Rekrntirungsordnung rechnet zu den geringen körperlichen
Fehlern, welche die Tauglichkeit im Allgemeinen nicht aufheben, unter
Buchstabe s auch „einzelne Blutadern an den Beinen ohne Knotenbildnng“,
spricht dagegen dauernde Untauglichkeit den Leuten zu, die mit (Anlage 4
sub 68) Blntaderknoten an den Beinen behaftet sind, „welche durch ihre
weite Verbreitung oder Grösse oder schon durch ihre ungünstige Lage
den Gebrauch der Extremitäten im Militärdienst stören“. Nächst dem
Umfang, der mehr oder weniger starken Ausdehnung des Leidens über
eine grössere Fläche der Extremitäten, ist also besonderes Gewicht
gelegt auf die „Knotenbildnng“. Dasselbe finden wir bei der Beurtheilung
der Unfähigkeit zur Fortsetzung des Garnison- bezw. Felddienstes bei
militärisch ausgebildeten Mannschaften (Beilage IV sub 68 d. D. A.)
betont. Wenn die Dienstanweisung vom 8. April 1877 in Beilage IVa
sub 68 bei „stärkeren über einen grossen Theil der unteren Gliedmaassen
verbreiteten cylindrischen Erweiterungen der Blutadern“ nur die Feld-
dienstfähigkeit, nicht aber auch die Garnisondienstfäbigkeit aufhebt, so
können wir darin nur eine Bestätigung unserer Ansicht erblicken, dass
gerade Erweiterungen oberflächlicher subkutaner Venen, selbst wenn sic
sehr verbreitet sind, unendlich viel weniger Beschwerden zu machen
pflegen als selbst kleine, sei es tief, sei es oberflächlich gelegene Knoten,
die sich nicht nur mit dem überaus heftigen krampfhaften Schmerz,
sondern vor Allem auch mit den übelsten aller Folgeznstände der
^aricen, den varicösen Geschwüren und Fisteln, zu kompliziren pflegen.
Dazu kommt, dass wir das Entstehen der cylindrischen Erweiterungen
oberflächlicher Venen in vielen Fällen als einen Ausgleich der vorher
durch tiefe Varicen gestörten Zirkulation betrachten müssen und er-
fabrungsgcmäss eine Erleichterung der vorher vielleicht heftigen Be-
schwerden erwarten können.
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Leute mit irgendwie erheblicher Knotenbildung werden wir jeden*
falls ein für alle Male vom Militärdienst ansschliessen müssen. Zn Fass
wie zn Pferde werden dieselben nicht nur von grossen Beschwerden —
besonders wenn es sich am tiefe Knoten handelt — geplagt sein, sondern
anhaltende starke Maskeikontraktion wird für sie auch die Gefahr der
Berstang eines Knotens an der Oberfläche oder gar in der Tiefe be*
dingen, ancb wenn die Knoten an Stellen liegen, wo sie keinem äosseren
Druck aasgesetzt sind. Kann man bei subkutanen cylindrischen £r-
weiternngen das gleichzeitige Bestehen tiefer Knoten, auf die wir be*
sonders hinweisen zu müssen glauben, mit Bestimmtheit ansschliessen, so
werden solche Militärpflichtige 'nur dann als dienstnnbrauchbar bezeichnet
werden müssen, wenn sich das Bestehen eines äusseren oder inneren
Hindernisses für den Venenblutabfluss nach weisen lässt.
Zur Benrtheilung der Frage, inwieweit eine dienstliche Veranlassong
der Entstehung von Krampfadern zu Grande liegen und inwiefern das
in leichtem Grade schon bestehende Leiden durch den Dienst in ein
hochgradiges verwandelt werden kann, stehen uns 40 Fälle zur Ver-
fügung.
Die ersten 16 haben das Gemeinsame, dass die dienstliche Ver-
anlassung, welclie dem Leiden zu Grande liegen soll, in keinem der
Fälle genau spezialisirt ist. „Dienstliche Anstrengungen, der mechanische
Einfluss des anstrengenden und ermüdenden Marsches, Tarnen, Elzerziren
und Marschübungen, Manöveranstrengungen und Märsche, Marschiren
über einen steilen Berg, Beengung durch Kleider, Lederzeug und Gepäck
bei anstrengendem Marsch das sind die einzigen Angaben, die uns als
Grund für die Entstehung oder Verschlimmerung des Leidens geboten
werden.
ln solchen Fällen müssen wir annehmen, dass entweder mit der
gesammten Muskulatur auch das Herz erschlafft und ermüdet und infolge
dessen nicht mehr im Stande ist, hinreichend saugend auf das Venenblot
zu wirken oder dass es infolge wiederholter, starker Kontraktion be-
stimmter Muskelgrnppen zur Bildung tiefer intra- oder intermusknlären
Vsn-icen, denen erst später oberflächliche folgen, kommt.
In ersterem Falle werden die Venenerweiterungen der unteren Ex-
tremitäten für gewöhnlich über grössere Bezirke verbreitet sein and
mehr in Form cylindrischer Erweiterungen im Gebiet der subkutanen
Venen auftreten, obwohl knotenförmige Erweiterungen bei bestehender
Ungleichheit der Venenwand an verschiedenen Stellen auch hierbei nicht
ausgeschlossen sind. Diese Ungleichheit sind wir, falls Knotenbildongen
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Torhandea sind, bei angeblicher Entetehnng der Varicen durch Ermiidang
des Herzens stets ebenso anznnebmen gezwungen, wie wir bei cjlindrischen,
aus derselben Ursache entstandenen Erweiterungen eine angeborene
Schwäche der Yenenwandnngen voranssetzen müssen. Dazu kommt eine
gewisse Neigung der Herzmusknlatnr zur Erschlaffung; denn unter den
vielen beim Compagnie-Exerziren, Manövermarsch etc. denselben An-
strengungen ansgesetzten Leuten wird nur einer oder der andere in
seiner Herzthätigkeit so gescbwttcht, dass es zur Yaricenentwickelung
kommt, während die Herzen aller übrigen ihre Saugkraft unverändert
weiter ansüben. Dass nicht die Herzverändemng, das Ornndleiden,
sondern eine Folge desselben die Ursache zur Dienstentlassung des
Mannes abgiebt, hat darin seinen Grund, dass es selten möglich ist,
eine Yeränderung am Herzen nachznweisen. Eine Hypertrophie des
Herzens wird, wenn überhaupt, sich erst später einstellen und die Un-
regelmässigkeiten in der Aktion und das Beängstignngsgefühl, als Folge
der Ermattung des Herzmuskels, wird auch nur in den seltensten Fällen
vorhanden sein. Nach Yernenirs Untersuchungen entstehen oberfläch-
liche Yaricen stets nur im Anschluss an tiefgelegene, so dass letztere wohl
ohne die ersteren, oberflächliche aber nie ohne das gleichzeitige Yor-
bandensein von tiefen beobachtet werden. Wir haben uns also das
Zustandekommen der subkutanen Yaricen infolge von Ermüdnng des
Herzmuskels in der Weise zu denken, dass bei mangelhafter Saugkraft
des Herzens eine Stauung des Yenenblntes z. B. in den in der Tiefe
der Wade schon erweiterten Yenen stattfindet, und dass sich die Er-
weiterung infolge der Stanuhg bei Kontraktion der Muskulatur in der
dem Blutatrom entgegengesetzten Richtung unter allmählichem Insnffizient-
werden der Klappen bis an die Oberfläche fortpflanzt. Warum sollten
iodessen nicht auch einmal, die oben besprochene Neigung der Yenen-
wandnngen zu Erweiterungen vorausgesetzt, oberflächliche Yaricen infolge
solcher Stauung des Blutes primär entstehen?
Dass viele Leute mit tiefen Yaricen eingestellt werden, ist wohl
sicher. Ebenso müssen wir zugeben, dass diese Leute, wenn sie den
militärischen Strapazen nicht ausgesetzt worden wären, voraussichtlich
kein Fortschreiten ihrer tiefen Yenenerweiterungen an die Oberfläche
erfahren hätten; bestimmte Bernfsarten natürlich ausgenommen. Wir
werden mithin, wenn Yenenerweiterungen in direktem Anschluss an
eben anstrengenden Marsch etc. entstehen, mit vollem Recht „die be-
sonderen Eigenthümlichkeiten des aktiven Militärdienstes“, wenn auch
vielleicht nur selten für die Entstehung, so doch jedenfalls für die Yer-
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Bchlimmerung des Leidens verantwortlich machen können, ohne Röcksicbt
darauf, dass die eigentlichen Beschwerden der tiefen Varicen, sobald die
Erweiterung sich bis auf die subkutanen Venen ansdehnt, nachznlassen
pflegen. Die so entstandene Dienstbeschädignng ist demnach, im Grunde
genommen durch die Ermüdung des Herzmuskels bedingt, als eine
innere anfzufassen. Unserer Ansicht nach gebührt der Ermüdung des
Herzmuskels im militärischen Leben für die Frage der Dienstbescbädigong
überhaupt eine grössere Beachtung, als ihr im Allgemeinen geschenkt
wird. Manche der Fälle, in denen Rekruten einige Monate nach der
Einstellung „nervösen Herzklopfens“ wegen als dienstunbranchbar ent-
lassen werden, möchten doch vielleicht auf die Ermüdung des Herz-
muskels durch den Dienst zurückznführen sein, und somit in der dienst-
lichen üeberanstrengung ein „den militärischen Verhältnissen zur Last
zu legendes Moment“, mithin eine Dienstbeschädignng, zu finden sein.
Dass wir der militärischen Kleidung, Rüstzeug und Gepäck'’*') keine
besondere zirknlationshindernde Eigenschaft beimessen können, und dass
die Vorliebe der linken Seite für Varicenerkranknngen die hiermit in
Znsammenhang gebracht ist, sich nicht wohl anerkennen lässt, mithin
auch für die Dienstbeschädignng nicht in Frage kommen kann, ist
bereits oben erwähnt; auf den hohen Stiefel der Kürassiere kommen wir
noch zurück.
Um innere Dienstbeschädigungen handelt es sich auch in Fall 39
und 40 unserer Zusammenstellung.
Im ersteren Fall gab ein Thrombus der vena femoralis das Zirkn-
lationshinderniss ab; vorangegangen war ein nicht auf dienstliche Ur-
sachen zurückzuführender Typhus abdominalis. Die Venenerweiternogen
haben sich erst zu besonderer Höbe entwickelt und komplizirten sich mit
Oedem, als bei Wiederaufnahme des Dienstes nach der Genesung bei
aufrechter Stellung höhere Anforderungen an die Mnskelthätigkeit gestellt
wurden.
Im zweiten Fall scheint der Typhus abdominalis, dem Phlebitis
und Ektasien folgten , als epidemische Krankheit am Oamisonorte
geherrscht zu haben und dies als innere Dienstbeschädignng betrachtet
zu sein.
•) cfr. Fall 10.
**) Unter den ersten IG infolge «lienstlicher Anstrengnng entstandenen Varicen-
erkrankungen finden sich 7 linksseitige.
(Schluss folgt.)
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Zar Kasaistik der Bicepssehnen-Zermag.
Von
Stabsarzt Dt. Sommerbrodt
Die Mittbeilang des Herrn Oberstabsarst Meisner im 8. Hefte des
laofenden Jahrgangs dieser Zeitschrift (S. 356) erinnert mich an einen
vor ca. 3 Jahren beobachteten Fall, welcher sich durch das ganz anf-
fällige, übrigens mit Meisner's Schilderung völlig übereinstimmende
Krankheitsbild sowie durch den Umstand meinem Gedächtniss eingeprägt
bat, dass in keinem der gangbaren Lehrbücher auch nur eine Andeutung
über den so charakteristischen Symptomenkoniplex zu finden war.
Ein überaus kräftiger und muskulöser Offizier des Eisenbahn-Regiments
erwachte Nachts, wie er glaubt nach heftigem Umdrehen im Bett, mit
intensivem Schmerz in der rechten Schulter und völliger Unfähigkeit den
rechten Oberarm zu bewegen. Ich fand den kranken Arm dicht am
Brustkorb anliegend; bei jeder Bewegung des Körpers wurde er mit der
linken Hand unterstützt und thunlichst in seiner Lage erhalten. Aktive
Bewegungen des Armes waren vollkommen unmöglich, und auch dem
Untersucher gelang es nicht, denselben passiv auch nur einen Centimeter
weit lateralwärts vom Oberkörper abzuheben, wobei sich allerdings nicht
genau feststellen Hess, ob hier lediglich ein energischer Widerstand seitens
der massigen Schultermnskulatur oder ein knöchernes Hinderniss vorlag.
Gegen letzteres sprach freilich von vornherein die vollkommen unver-
suderte Gestalt des Schnltergelenkes, dessen Betastung nur an einer
ganz bestimmten Stelle, nämlich im Bereiche der Bicepssehncnfurcbe,
hier aber ganz enorm schmerzhaft war.
Da es sich um den rechten Arm eines aktiven Offiziers handelte, so
hielt ich den Fall für wichtig genug, um unter gütiger Assistenz meines
damaligen Regimentsarztes die Diagnose unter Chloroform festznstellen.
Es ergab sich hierbei die völlig freie Beweglichkeit des anscheinend
absolut normalen Gelenks, welche mit der vor und nach der Narkose
vorhandenen Funktionsstörung in seltsamster Weise contrastirte.
Gegen den nunmehr als Zerrung und entzündliche Reizung der
Bicepssehne aufgefassten Zustand erwiesen sich auch in diesem Falle
Blutegel und Eisblase vollkommen machtlos und ich hatte dem Patienten
vorsichtige Massage in Aussicht gestellt, der er sich aber, offenbar aus Ab-
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neiguDg gegen eine noch weitere Steigerung des nnerträglichen Schmerzes,
dnrch Aufkleben eines in einer befreundeten Familie seit Jahren bewährten
Pflasters entzog. Meine gegen die eigenmächtige Behandlung einer an-
scheinend so schweren und vielleicht für die Oebranchsfähigkeit des
Armes verhängnissvollen AfFektion ausgesprochenen ernsten Bedenken
wurden glücklicherweise sehr rasch widerlegt, denn — das Pflaster half;
d. h. unter einfacher Ruhigstellnng in einer Armbinde verschwanden
Schmerz und Bewegnngshemmnng ganz allmählich und in kaum 14 Tagen
war der Arm wieder völlig gebrauchsfähig. Der von Meisner empfohlene
Gipsverband scheint also nicht absolut nothwendig zu sein, wenn er aoeh
gewiss dem Rnhebedürfniss am sichersten Rechnung trägt
Diejenigen Quellen, in welchen ich damals nichts über den frag-
lichen Gegenstand gefunden batte, waren Bardeleben's und Eönig’s
Cbirnrgie, sowie Panl’s „Chirurgische Krankheiten der Bewegungsorgane*^,
drei Bücher, in denen man sonst eigentlich „Alles“ findet Die infolge
der Meisner'scben Veröfientlicbnng fortgesetzten Nachforschungen er-
gaben, dass anch Billroth-Pitha die Angelegenheit mit Stillschweigen
übergeht, und erst die Durchsicht einiger Dutzend Bände von Schmidt's
Jahrbüchern brachte die gewünschte Aufklärung. Nach dem daselbst
im Jahrgang 1867, Band 136, Seite 61 enthaltenen ansführlichen Referat
über einen Aufsatz von Jarjavay in der Gazette hebdomadaire von 1867
(2. Serie, IV, No. 21, 23, 25) scheint die in Rede stehende Affektion
früher allgemein als Luxation der Bicepssehne angesprochen worden
zu sein, ohne dass sich jedoch die mitgetheilten Befunde mit dieser An-
nahme vereinigen Hessen. Denn wie Jarjavay an der Hand der, übrigens
spärlichen, einschlägigen älteren Litteratnr (Cooper, Bromfield,
Monteggia) zeigt, fehlt darin regelmässig der objektive Nachweis einer
Dislokation der Sehne. Er selbst theilt vier einschlägige Fälle mit, von
denen einer genau dieselbe Aetiologie wie der von Meisner an sich
selbst beobachtete (Entkorken einer Flasche) anfweist; in allen vier
Fällen war der Arm heftig nach innen gedreht worden, wobei offenbar
eine Luxation der intakt gebliebenen Sehne ohne grosse Nebenverletznngen
kaum Vorkommen könne.^) Jarjavay behauptet nun, den fixen Schmerz
*) In einem von l’rince (St. Louis medical and surgical Journal 1S70)
l>eschriebenen zweifellosen Falle von Verrenkung der Bicepssehne auf das Tuber-
culum majus handelte ca sich dementsprechend inuthmaasslich um gleichzeitige Ab-
reissuug der Muscnli supra- und infraspinatus infolge Einwirkung einer grossen Gew»*'
(Ueberfahrenwerden durch einen tiastwagen).
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nicht im Verlaafe der Bicepssehne, sondern 2 cm weiter nach aussen
konstatirt za haben, und glaubt das ganze Erankheitsbild durch die An-
nahme einer entzündlichen Affektion des vom Deltoidens bedeckten, dicht
unter dem Acromion gelegenen kleinen Schleimbeutels erklären zu können.
Er theilt einen fünften Fall mit, in welchem er diesen Schleimbeutel
mehrfach punktirte; gerade in diesem Falle handelte es sich aber um
eine nicht unbedeutende entzündliche Anschwellung des Schultergelenks,
welche in den vorher von ihm selbst beschriebenen sowie in meinem und
Meisner’s Fällen völlig fehlte. Zudem war bei uns der Schmerz in
der Tbat in der Bicepsfnrche lokalisirt, so dass man die Diagnose „Sehnen-
zerrung“, zumal in Anbetracht der überall betonten Veranlassung durch
eine heftige Bewegung, wohl wird aufrecht erhalten müssen.
Bei nochmaligem Nacbscblagen in König’s Chirurgie stellte sich
übrigens heraus, dass dieser (Bd. II, S. 638) die Arbeit von Jarjavay
in der That erwähnt, aber nur in Form eines kurzen objektiven Referats,
so dass es scheinen will, als ob er selbst derartige Fälle nicht beobachtet
habe; dieselben dürften demnach nicht allzu häufig sein.
Der Herbstknrsns in Berlin 1888.
Ein Erinnernngsblatt
von
einem Xhcilnchmer.
Wie alljährlich, so vereinigte auch im laufenden Jahre der Fort-
bildungsknrsus eine grössere Anzahl von Stabsärzten der Armee und
Marine zu Berlin. Das Programm der Kurse ist vor der Hand ein fest-
stehendes. Es umfasst Operationsübungen, Vorlesungen mit Demon-
strationen ans der Anatomie, innere Diagnostik, Augenspiegeluntersuchungcn
und hygienische Arbeiten. Im Rahmen desselben bot der verflossene
Kursus BO reichliche Anregung, zeigte nach verschiedenen Richtungen so
viel Neues, förderte endlich so fruchtbringenden Gedankenaustausch
Zwischen Lehrern und Theilnehmern einerseits, den letzteren unter sich
andererseits, — dass es mehr wie einem der kommandirt Gewesenen
angenehm sein wird, seine Erinnerungen an die inhaltreichen drei Wochen
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fixirt ca sehen. Gleichseitig dürfte dieser oder jener von den andereii
Kollegen hieraos gern entnehmen, dass and nach welchen Gesichtspnnkten
eine Vorbereitung auf die Theilnabme an künftigen Korsen erspriesslich
werden kann. Schliesslich ist es vielleicht der hohen Behörde, von
welcher die Kurse eingerichtet sind, nicht unerwünscht, aas den ja leicht
auf ihre Richtigkeit za prüfenden Aafzeichnangen Bericht über Punkte
cn erhalten, deren Berücksichtigung der Erwägung werth erscheint,
wenn das Endziel: möglichst allseitige Ausbildung des Militärarztes
für seinen Kriegs- und Friedensdienst, immer vollständiger erreicht
werden soll.
Das Tagewerk begann um 7 Uhr morgens mit zweistündigen
Operationsübungen an der Leiche, unter Leitung des Geheimen Rathes
V. Bergmann. Der gefeierte Lehrer gab in der ersten Stande mit
einer kurzen Ansprache die Gesichtspunkte kund, nach welchen er die
operative Ausbildung des Militärarztes geleitet wissen will: Gründliche
Beherrschung der typischen Operationsmetboden , gestützt auf gensne
Kenntniss der anatomischen Grundlagen. Nur derjenige Chirurg, welcher
hierin völlig sicher ist, wird im vorkommenden Falle berechtigt sein,
an den einzelnen Vorschriften Kritik zu üben und von der Freiheit der
Abänderungen Gebrauch zu machen, die das antiseptische Verfahren
mehr als früher gestattet. Wenn man erwägt, dass der Mehrzahl der
Militärärzte erat im Kriege Gelegenheit gegeben wird, grössere Opera-
tionen häufiger zu sehen und aaszuführen, so wird man jene Forderung
als eine durchaus berechtigte und höchst beherzigenswertbe ansehen
müssen. Sprach sich doch schon B. v. Langenbeck in ähnlichem
Sinne ans.'’^) — Herr v. Bergmann hielt während des ganzen Kursus
daran fest, nur typische Operationen machen zu lassen. Bei diesen aber
gab er so scharfe anatomische Anhaltspunkte für die Schnittrichtungen
und so leicht fassliche Ausführungsbestimmungen, dass er des Dankes
aller Hörer gewiss ist. Ich erinnere nur an die allgemeinen Vorschriften
für die Kontinnitätsunterbindungen und für die Absetzung von Olied-
maassen. Stets die antiseptische Nachbehandlung im Auge behaltend,
zieht er die einfachsten Schnittfübrnngen, bei den Amputationen vor
Allem den zweizeitigen Zirkelschnitt vor. Die Assistenz wurde bei
jeder Operation mit aufgerufen und in ihrer zweckmässigen Anstellung
kontrollirt. Hierdurch wurde erreicht, dass stets mindestens zwei Herren
an der Ausführung einer Operation betheiligt waren, von deren Aus*
*) Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1887. S. 470.
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föhmog übrigens zahlreiche Zuschauer Nutzen zu ziehen suchten. Für
die Vorbereitung wurde von Herrn v. B. der Leitfaden des Stabsarztes
Dr. Rotter in München empfehlend erwähnt In der That entspricht
du sorgsam gearbeitete Buch den Anforderungen; namentlich, wenn
man sieh der kleinen Mühe unterzieht, die Abweichungen v. B.'s darin
iD vermerken. Durch Handlichkeit und Richtigkeit empfiehlt es sich
aoch für den Feldarzt mehr als manches grössere Lehrbuch. Eine sehr
dankenswerthe Vertiefung gab Herr v. B. seinem Unterricht dadurch,
dus er die Theilnehmer zweimal in die Klinik lud und ihnen dort an
frisch gesetzten wie an vorhandenen, also bereits infizirten Wunden die
Nutzanwendung des Vorgetragenen zeigte. Besonderes Interesse verdient
das aseptische Verfahren bei frisch angelegten Wunden. Es ist in seiner
heutigen Ausführung so erstaunlich einfach, dabei im Allgemeinen
wenigstens in der Provinz noch so wenig bekannt, dass eine kurze
Skizzirung Interesse finden dürfte. Grundsatz bleibt; Fernbaltung von
iofektionskeimen unter Ausschluss chemischer Agenden, möglichste
Beschränkung der Wundsekredon. Dies wird folgendermaassen zu
erreichen gesucht: Verbandmull, Watte, Binden, Bett- und Krankenwäscbe,
Röcke und Schürzen des ärztlichen und Warte- Personals werden täg-
lich im Rietschel-Henneberg'schen Desinfektionsapparat durch strömenden
Wasserdampf sterilisirt, obwohl die Behandlung von Wäsche etc. mit
dem Bügeleisen schon in hohem Grade desinfizirend wirkt. Die Instru-
mente liegen bis jetzt noch in Earbollösnng, da sie durch den Wasser-
dampf mehr angegriffen werden, als durch diese. Hände und Arme
des Personals sowie das Operationsfeld werden nach Fürbringer’s
Methode desinfizirt, also mit Seife und heissem Wasser, Alkohol und
Sublimatlösung hintereinander.^) Selbstverständlich gehört zu der
sonstigen Vorbereitung der Patienten auch das warme Bad. Jedes
Operationsfeld wird rasirt, wenn auch nur Lanugo und Hautschüppchen
ID entfernen sind. Esmarch’sche Blutleere, wo angängig, aber ohne
Anwendung der Bindeneinwickelung, die durch ein ein bis zwei Minuten
währendes senkrechtes Erheben des Gliedes in milderer Form doch zweck-
entsprechend ersetzt wird. Bei der Operation peinlichste Blutstillung;
Ahtnpfen mit sterilisirten trocknen Mullbäuschen ; keine oder ganz
geringe Spülung ans kleiner Glaskanne mit '/> °/m Sublimatlösung, die
V. B. jedoch ebenfalls noch entbehren zu können hofft. Wir sahen die
Radikaloperation einer kindskopfgrossen inkarzerirten Schenkelhernie
*) Ausführlich besprochen in der Zeitschrift 1888. S. 39.
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oliDe einen Tropfen Spülflüssigkeit sasführen; die Amputation eines
Oberschenkels mit vielleicht 100 g derselben. Sorgfältige Naht unter
OiTenhalten einer Drainöffnnng. Der erste Verband wird in der
Regel nach swei his drei Tagen entfernt und nun erst durch einen
Danerverband ersetzt, nachdem es feststeht, das Sepsis vermieden ist.
Anders bei infizirten Wunden. Hier tritt die Spülung und die Jodo-
formtamponade in ihre Rechte. Von letzterer mit folgender Sekundär-
naht wird ausgiebig Qebranch gemacht. Der eigentliche Verband besteht
auch hier ans sterilisirten Mnllkompressen. — Wenn ich recht verstanden
habe, betragen die Kosten der jetzigen Verbandmetbode nur ein Fünftel
des Preises der früheren mit imprägnirtem Material.
Selbstredend ist die v. B.’sche Methode der Wundbehandlnng nur
da zu riskiren, wo ein durchaus zuverlässiges Assistenten- und Pflege-
personal zur Verfügung steht. Trotzdem erscheinen die Resultate in der
Berliner Klinik auffallend, wenn man erwägt, wie schwer ein Audito-
rium mit zehn Sitzreihen sauber zu halten ist, namentlich, wenn es voo
der ab- und znströmenden, von dranssen kommenden Menge der Zuhörer
erfüllt wird. Die Luft über dem Operirten kann da nicht annähernd ao
keimfrei sein, wie in den modernen Operationsränmen geschlossener
Krankenhäuser. —
Den chirurgischen Uebnngen folgten von 9 bis 11 Uhr anatomische
Demonstrationen. In der ersten Zeit lehrte Prof. Hartmann über die
topographischen Verhältnisse des Halses und der Extremitäten; später
trug Qeh. Rath Prof. Waldeye r den Situs der Brust, des Bauches und der
Schädelböhle vor. Die schönen Lehrmittel des anatomischen Institntes
an Wachs- und Gipsmodellen, sowie Durchschnitten gefrorener Leichen
kamen hierbei reichlich zur Anwendung. Namentlich erregten die
His’schen Modelle des Situs der Brust-, Bauch- und Beckenhöhle all-
gemeine Bewunderung. Es dürfte nicht leicht möglich sein, sich topo-
graphisch-anatomische Vorträge in anziehenderer Form zu denken, als
die des Herrn Wald ey er waren, dessen ungewöhnlich klare nnd
fesselnde Darstellung durch die Beigabe meisterhaft entworfener Kreide-
zeichnungen einen besonderen Reiz erhielt. Es dürfte nicht zu viel
gesagt sein, wenn man behauptet, dass Manchem der Zuhörer hier zom
ersten Male gewisse Verhältnisse am menschlichen Körper klar wurde»,
mit welchen man sieb, nach der mechanischen Einpaukung für das
Staatsexamen, niemals enger befreundet hatte, weil man sie nicht
verstand. Ich erinnere an die Fascien der hinteren Rauchwand, an die
gegenseitigen Beziehungen der grossen drüsigen Organe des Oberbaacbes,
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an die Uraprangspnnkte der Hirnnerven und Anderes mehr. Auch in
dieser Vorlesung wurde mehr als ein Punkt ron praktisch diagnostischer
Wichtigkeit gestreift. So z. B. die Unfruchtbarkeit der Bemöbungen,
die hintere Milzgrenze perkutorisch zu bestimmen, und Anderes mehr.
Die fünfte Arbeitsstunde führte die Kommandirten in die Cbaritö zu
der Vorlesnng des Oberstabsarztes 1. Kl. Prof. Fraentzel. Derselbe
brachte diesmal die idiopathischen Herzerkrankungen zur Darstellung.
Eis kann nur dankbar anerkannt werden, dass ein Kapitel aus der
Pathologie gewählt war, welches in seiner praktischen Bedeutung
keinem der Uebrigen nacbstebt, in den Lehrbüchern aber noch stiel-
mütterlich behandelt wird. Dasselbe hat auch militärärztlich ein
hervorragendes Interesse, insofern die Herzerkrankungen durch Ueber-
anstrengung hierher geboren. Sie wurden seitens des Herrn Vortragenden
um so eingehender gewürdigt, als derselbe an der richtigen Erkennt-
uiss nnd Würdigung dieser Formen wesentlichen Antheil gehabt hat.
Es bleibt Vorbehalten, auf den vorgetragenen Gegenstand gelegentlich
noch eingehender zurückznkommen. Die letzten Stunden benutzte
Prof. Fraentzel dazu, seine Ansichten über die Therapie der Pnenmonie,
Pleuritis und des Typhus auszusprechen. Den Lesern der Zeitschrift
werden die früheren Mittheilungen E'raentzel’s*) im Oedächtoiss sein.
Noch schärfer wie damals, warnte Fr. jetzt vor dem Missbrauch der
Antipyrese, namentlich auch vor der schablonenmässigen Hydrotherapie
des Typhus, wie solche aus der einseitigen Würdigung der Temperatur-
steigerang als angeblich allein schädliches Moment sich entwickelt hatte.
Jetzt, wo im Allgemeinen — und namentlich nach dem Vorgänge der
Hamburger mit ihrem gewaltigen Material — eine grössere Mässigung
Platz gegriffen bat, mag solche Warnung minder dringlich erscheinen.
Eis bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass Prof. F r. schon zu einer Zeit
gegen den Missbrauch der Bäder anftrat, in der ein Militärarzt in
etlichen Gegenden noch Kopf und Kragen riskirte, wenn er einen
Typbuskranken mit 40° liegen liess, anstatt ihn coup sur coup zu
baden, um zuvörderst das Fieber berabzudrücken. Aus grosser praktischer
Erfahrung geschöpft, werden F r’s. Vorlesungen immer zu dem
Besten gehören, was im Kursus geboten wird.
Von 12 bis 1 Uhr worden in der Universitäts- Augenklinik unter
Leitung Prof. Schweigger's Augenspiegelantersuchungen abgehalten.
*) DeuUcbe militärärztliohe Zeitschrift 1886, S. 117. 1887, S. 213. 1888
S. 291.
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Um 2 Uhr endlich versammelten sich die Theilnehmer im
hygienischen Institut der Universität, um hier in die neueren ätiologischen
Forschungen theoretisch und praktisch eingefnhrt zu werden. Im Auf-
träge des Geh. Rathes Koch hielt Herr Stabsarzt Kirchner diesen
Kursus ab. Seine Vorträge fanden ungetheilten Beifall. Vorzüglich
vorbereitet und recht klar wiedergegeben, erreichten sie den beab-
sichtigten Zweck in hohem Grade. Nicht zum Wenigsten soll hierbei
der experimentellen Seite dieser Vorlesung gedacht werden. Die Anf-
stellung von ausgezeichneten mikroskopischen Präparaten, die Vor-
zeigung und Erläuterung von Modellen, Apparaten, Kulturen etc. trug
wesentlich zum Verständniss der Vorlesung bei, in welcher Stabsarzt
Kirchner allmälig die Ilauptrepräsentanten der Mikroorganismen nod
ihre Untersuchungsmethoden vorstellte. Den etwa l'/i Stunden danemdeo
Vorträgen schlossen sich praktische Uebuogen an, an denen sich die
kommandirten Stabsärzte anfangs eifrig betheiligten. Wenn dieser
Eifer im Laufe der 3 Wochen nachliess, so kann Niemand daraus ein
Vorwurf gemacht werden. Denn eine acht- bis neunstündige, streng
wissenschaftliche Thätigkeit ist zu anstrengend, um auf die Dauer mit
gleichem Interesse durchgeführt zu werden; ausserdem gereicht die
Verquickung des Kursus mit dem obermilitärärztlichen Examen
ersterem nicht zum Vortheil. Ein grosser Theil der kommandirten
Stabsärzte hatte beiden Bedingungen zu genügen und war naturgemäss
durch die Sorge um eine Prüfung, von deren Ausfall die militärärztliche
Existenz abhängen kann, tagelang so in Anspruch genommen, dass
darunter der Fortgang der hygienischen Arbeiten leiden musste; zumal
sie auf den Nachmittag fielen. Nach meinem Erachten würde die
vom Staat aufgewandte Fürsorge mehr erreichen, wenn sie weniger
verlangte. So etwa, wenn den Stabsärzten in der Hygiene nur eine Vor-
lesung mit Demonstrationen gehalten, den Assistenzärzten aber, unter
Wegfall der anatomischen und inneren Vorträge (ophthalmologische
Kurse haben dieselben nicht) Gelegenheit gegeben würde, die Vormittags-
stunden von 9 Uhr ab zu dem bakteriologischen Praktikum zu ver-
wenden. Da alle Assistenzärzte des Dienststandes ein bis mehrere Male
an den Provinzial-Kursen für die Aerzte des Beurlaubtenstandes tbeil-
nehmen, so würde der Ausfall an Lehrstoff bei den Berliner Kursen
keine Gefahr für die wissenschaftliche Fortbildung dieser Aerzte im
Gefolge hkben.
Mit besonderem Dank bleiben die Theilnehmer Herrn Kollegen
Kirchner für die Schlussdemonetrationen verbunden, welche derselbe
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503
im Hygiene'Museom Tornahm. Ebenso für den hochinteressanten,
zosammenfassenden Rückblick am 11. Oktober, welchen er durch die
Vorführung zahlreicher schöner Photogramme von Bakterien mittels
des Scioptikons im wörtlichsten Sinne , erleuchtete“; endlich für die
Mühe, der er sich unterzog, indem er am letzten Tage einen Theil
der Herren durch die Anlagen der berliner Desinfektionsanstalt in der
Reichenbergerstrasse führte.
Werfen wir einen Oesammtrückblick auf den Verlauf des Kursus,
so kann nur mit lebhaftem Dank der Medizinalabtheilnng gedacht
werden, durch deren Bemühungen die Feststellung eines so reichen
Programmes ermöglicht worden ist Für die Durchführung aber gebührt
allen Lehrern Anerkennung. Es wurde so viel geboten, dass die völlige
Aufnahme innerhalb der gegebenen Zeit ausgeschlossen bleiben muss.
Erst die ruhige Verarbeitung zu Hause kann es jedem Einzelnen er-
möglichen, theoretisch und praktisch für seine Fortbildung die Summe
dessen zu ziehen, was in Berlin angeregt wurde.
Eine nicht zu unterschätzende Seite dieser Vereinigung, wie aller
früheren, war der kameradschaftliche Verkehr der Theilnehmer untereinander
und mit den Lehrenden. Diese schöne Frucht des Kursus zeigte sich
besonders in dem Abschiedsfest, welches am 12. Oktober die kommandirten
Stabsärzte mit den Lehrern in froher Gemeinschaft lange zusammenhielt
Referate und Kritiken.
Der Militärarzt im Felde. Mit gleichmässiger Berücksichtigung der
deutschen und österreichischen Vorschriften. Von Dr. W. Derblich,
K. K. Oberstabsarzt 1. Kl. d. R. Wien und Leipzig. Urban und
Schwarzenberg. 1888. Taschenformat 190 S. 3 Mk.
„Praevenire melius quam praeveniri.“ Von diesem Grundsatz aus-
gehend hat Verf. unter dem Eindruck der kriegerischen Aussichten des
Vorjahres im Verein deutscher Aerzte zu Prag Vorträge über Militär-
Sanitätswe6en gehalten, welche er nunmehr in zusammenhängender
Bearbeitung der Oeffentlicbkeit übergiebt Er will damit für jüngere Aerzte
einen Leitfaden schaffen, nach welchem sie im Stande sein sollen, ihre
Kenntnisse den besonderen Anforderungen des Dienstes in befriedigender
Weise anznpassen. Gleichzeitig soll OilSzieren und Zivilärzteu ein Ein-
blick in den bedeutungsvollen Wirkungskreis des Militärarztes im Felde
gewährt werden. Möglichst streng den Dienstvorschriften folgend, ver-
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webt Verf, doch zahlreiche Erfahrungen aus seiner langen Dienstlaufbahn
in die Darstellung, welche dadurch, sowie durch eine lebendige Schreib-
weise einen gewissen Reiz erhält. Angesichts des deutsch-österreichischen
Bündnisses hielt es Verf. ferner für angezeigt, auch die deutschen Ver-
ordnungen zu berücksichtigen und theilweise aniuführen.
Der Inhalt des Büchleins behandelt eingangs die persönliche Mobili-
sirung des Militärarztes, sodann in sieben Abschnitten sein Wirken in
allen Zweigen des Dienstes bei den Truppen wie Sanitätsformationen.
So wird dem jungen österreichischen Kollegen ein brauchbarer Rathgeber,
dem deutschen eine vergleichende Reglementsstndie geboten, deren Lektüre
zur Erweiterung der speziellen Fachkenntnisse und des Urtheils wohl
empfohlen werden kann. Dies unbeschadet des Umstandes, dass Referent
in seinen Anschauungen und Wünschen hinsichtlich der organisatoriscbeu
Fortentwickelung des Sanitätskorps in mehreren wesentlichen Punkten
von dem ab weicht, was Verf. als erstrebenswerth bezeichnet.
Körting.
Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie, nach dem heutigen
Standpunkte der Wissenschaft. Von Prof. H. Fischer, Geh.
Med.-Rath in Breslau. Verlag von Ferd. Enke. Stuttgart 1887.
Wir begrüssen das vorliegende Buch von H. Fischer, der einer
der berufensten Lehrer der Chirurgie als Verfasser des klassischen
Lehrbuchs der allgemeinen Kriegschirurgie und früher Einer der
Unsrigen den Militärärzten besonders nahe steht, mit grosser Freude
und mit berechtigtem Stolz über dies neue mustergültige und bedeutungs-
volle Werk. Nachdem H. Fischer, dessen stannenerregende Gründlich-
keit und Litteratnrkenntniss schon lange im Mnnde und in der Ueber-
zengnng der Fachgenossen lebt, sich entschlossen, eine Allgemeine
Chirurgie zu schreiben, war nur etwas Ausserordentliches zu erwarten,
und eine solche ausserordentliche Leistung ist das vorliegende Werk.
Man glaubt es dem Verfasser gerne, dass es die Frucht 21 jähriger
akademischer Lehrthätigkeit, klinischer Erfahrung und dreijähriger
zusammenstellender und aufbauender Arbeit ist. Nach der Vorrede
wollte Verfasser ein Lehrbuch schreiben, welches nicht nur dem An-
fänger Belehrung und Anregung zum weiteren Forschen, sondern auch
dem schon geförderten Arzt eine bequeme Handhabe zum Nacbscblagen
und zur Orientirung über den jeweiligen Stand der einzelnen Fragen
bringt. Die Fülle des Gebotenen wird, glaube ich, für den Anfänger
etwas erdrückend wirken, und wird derselbe der altbewährten, mehr
elementaren Einführung in die Chirurgie, wie sie meine Zeitgenossen
mit mir wohl durch die Billroth’sche allgemeine Chirurgie genossen
haben, nicht ganz entbehren können. Aber das Fischer'sche Lehrbuch
ist ein Nachschlagewerk in des Wortes bester Bedeutung und entbehrt
doch nicht saebgemässer, kompendiöser Kürze, wo dieselbe am Platz ist.
Wenn der Verfasser, wie er ausspricht, es anstrebte, in jedem Kapitel
' für sich eine znsammengedrängte Monographie zu bringen, so erhellt
daraus die Grundrichtung des Werkes als eines gewissermaassen encyklo-
pädischen. — Ein eigenartiges Gepräge erhält ferner das Buch dadurch,
dass ein grosses Stück der speciellen Chirurgie mit in den Rahmen der
allgemeinen Chirurgie eingeßgt und vom Gesichtspunkt der letzteren
505
dargestellt ist. Diese VerBchmeltong erweist sich als eine darchans
naturgemässe and dem Lehrer erprobte. Man findet jedoch mehr als
,ab und zu“ einen Streifzag in das benachbarte Gebiet der speziellen
Chirurgie, wie Verf. diese Seite seines Werkes aukündigt Man wird
vielmehr anf Schritt und Tritt mit speziell chirurgischen Fragen be-
schäftigt. Nach meiner Ansicht gereicht das nicht zum Schaden des
Ganzen, sondern belebt und befruchtet die Lektüre besonders für den
„geförderten'^ Arzt, dem sonst — man wird mir zugeben — das Lesen
von dickleibigen Büchern eines rein theoretischen Lehrstoffes weniger
anziehend zu sein pflegt. Die spezialisirende Richtung des Buches zeigt
sich vor Allem auch in dem therapeutischen Tbeil, der, so sehr die all-
gemeinen Grundsätze des chirurgischen Handelns an die Spitze gestellt
sind, doch sehr in's Detail geht, und dabei durch die knappe, führende
Kritik ausgezeichnet ist, welche das ganze Werk erfüllt. Da somit die
allgemeine Chirurgie auf die breiteste Basis gestellt wurde, ist selbst-
verständlich, dass alle Hülfswissenschafteo, Anatomie, Physiologie,
Bakteriologie, und experimentelle Wissenschaften die ausgiebigste Bei-
steuer liefern. Auch die Geschichte der Medizin kommt bezüglich des
Entwickelungsganges chirurgischer Streit- und Lebensfragen zu ihrem
Recht. — Mit einer gewiesen Vorliebe sind an manchen Stellen, ent-
sprechend der universellen Auffassung des Antors und dem heut zu Tage
berechtigten Standpunkte der Chirurgie, die Beziehungen zur inneren
Medizin gepflegt. Insbesondere sind es die Erkrankungen des Nerven-
systems, welche diese Berührungspunkte abgeben. Für die erschöpfende
und zusammenfassende Darstellung der nervösen Gelenkleiden, der
neurotischen Gelenkaffektionen bei Tabes etc., der Gelenkneuralgie ,
hysterischen Gelenkaffektionen kann man dem Verf. besonders dankbar
sein. Bei anderen Gelegenheiten gebt es ohne einige Ungleichmässig-
keilen der StofiFbebandlung nicht ab. So finden sich die verschiedenen
Formen der centralen (spinalen) und peripheren Lähmungen vielleicht
etwas zu ausführlich besprochen, so sehr dieselben in ihren Folge-
wirkungen am Körper das Auge und auch gelegentlich das praktische
Interesse des Chirurgen beschäftigen mögen. Bei den Krankheiten der
Muskeln sind auf mehreren Seiten die degenerativen Formen, die pro-
gressive Muskelatropbie eingehend bis zur myopatbischen und
nenropatbischen Entstebungstheorie, inclusive innerer und elektrischer
Therapie abgehandelt, desgleichen die Pseudohypertropbie, auch die
Thomeen’sche Krankheit. Daneben ist der Exerzirknocben mit vor-
wiegend chirurgischem Interesse etwas kurz auf einer halben Seite und ohne
Erörterung derTherapie besprochen. — Unter den chirurgischen Krankheiten
des Centralnervensystems haben u. A. die contusio cerebri, sowie Gebirndruck
and Gehirnerschütterung eine ausserordentlich klare und eng znsammen-
gefasste Darstellung erfahren, die Jedem willkommen sein wird, der
einmal beim Nachscblagen an der Länge der dasselbe Thema behandelnden
Ausführungen der neueren Lehrbücher der speziellen Chirurgie gescheitert
ist. — Wahre Glanzleistungen des Werkes sind die Kapitel über den
antiseptischen Verband, S. 60 bis 92, sowie die Kapitel über Wund-
infektionskrankheiten, S. 212 bis .107. Hier ist das Ideal der mono-
graphischen Darstellung, welche sich harmonisch dem Ganzen einfügt,
entschieden erfüllt. — Im Uebrigen ist es aus naheliegenden Gründen
kaum möglich, den Inhalt des Buches im Einzelnen zu referiren. Sehr
ausführlich sind die Krankheiten der Knochen und Gelenke abgehandelt.
506
Die Knochen* und Gelenktuberknlose füllt mit Recht den breitesten Raum
aas. Hier ist das ungeheure Untersachnngs- und Fundmaterial der letzten
2 Jahrzehnte übersichtlich geordnet, kritisch gesichtet und nach thera-
peutischen Ergebnissen verwerthet. — Auffällig ist dem Leser gewesen,
dass in dem Bncbe so wenig von Schnssverletzungen, Schnssfraktnren etc.
die Rede ist. Es ist, als verwiese der Antor stillschweigend auf seine
allgemeine Kriegscbirurgie. — Kap. VIII Allgemeine Orthopädie, enthält
im Wesentlichen die spezielle Pathologie und Therapie der Deformitäten
des Fasses (Klnmpfuss, Plattfuss etc.), des genu valgnm, der Skoliose in
durchaus lichtvoller, klärender Form. — Das Schlusskapitel XI behandelt
die Geschwülste. Die spezielle Gescbwulstlehre ist verhältnissmässig kurz
gefasst. Dies mit Recht, da ein grosser Tbeil dessen, was sonst diesen
Abschnitt der Lehrbücher über allgemeine Chirurgie anschwellen lässt,
der pathologischen Anatomie angebört. — Die Sprache des Lebrbncbes
ist kurz, frisch und lebendig. Kurze Sätze illnstriren oft einen ganzen
Gedankengang. — Die Bezeichnung der Unterabtheilnngen der einzelnen
Kapitel, welche neben der Eintheilnng in Paragraphen durch römische and
arabische Zahlen, grosse und kleine Buchstaben, auch a ß y etc. geschieht,
hat anscheinend etwas Gekünsteltes, erweist sich aber beim Lesen als
durchaus praktisch, indem beim Rückblicken das Recapituliren und das
AufBnden der leitenden Eintheilnng erleichtert wird. — Die Ausstattung
ist die von der Verlagsfirma bekannte mustergültige. — Illustrationen
(der Zahl nach 101) sind fast nnr insofern angewandt, als dieselben
znr Veranschaulicbnng therapeutischer Maassnahmen dienen. Der An-
fänger, anf welchen der Verf. bei der Schöpfung seines schönen Werkes
ebenfalls gerücksichtigt hat, wird der Bilder zur Verdeutlichnng
theoretischer Anseinandersetzungen schwerlich ganz entrathen können. —
Am Schluss können wir das Werk allen Faebgenossen anf das An-
gelegentlichste empfehlen. Es wird sich in allen chirurgischen Tages-
fragen als ein zuverlässiger Berather erweisen. H — ch (Berlin).
Znr Schnhfrage. Von Prof. Hermann von Meyer in Zürich. Zeit-
schrift für Hygiene. III. Bd., S. 487 bis 507.
Es sind jetzt 31 Jahre her, seit der hochverdiente Verf. mit seinem
humoristischen Schriftchen nProcrustes ante portas'^ die so wichtige
Frage einer rationellen Fnssbekleidnug in Anregung brachte. Man ist
daher wohl berechtigt, sich, wie es der Verf. in dem vorliegenden Anf-
satze gethan, die Frage vorznlegen, weshalb wohl seine theoretisch doch
allseitig gebilligten Vorschläge es bislang nicht vermocht haben, sich den
gebührenden Eingang in die Praxis zu verschaffen.
M. sacht die Schuld daran theils beim Publikum, theils bei den
Technikern. Unter dem Publikum verhält eich die Mehrzahl überhaupt
gleichgültig gegen die Sebuhfruge, Andere finden den Meyer’schen
Stiefel wohl praktisch, aber nicht elegant genug, die Dritten endlich
haben mit demselben einen Versneh gemacht, ihn jedoch bald aufgeben
müssen, weil eie sich nicht wohl dabei befanden.
Die Schuhmacher ihrerseits lehnten aus Unverstand, Schlendrian,
Böswilligkeit oder ans anderen Gründen jedes Eingehen auf M.'s Ideen
ab oder, was noch schlimmer, sie kündigten unter dem Namen „rationeller
Digitiiöu oy
507
Schuhe“ Fussbekleiduogen an, die diesen Namen nicht im Entferntesten
verdienen, und brachten so das richtige Prinzip beim Pabliknm erst recht
in Misskredit Liessen sie sich aber auch wirklich zur Herstellung von
Scbnhwerk nach M.’s Angaben herbei, so machten sie dabei eine Reihe
von Fehlern, welche der Verbreitung desselben hinderlich sein mussten.
In dem früher üblich gewesenen Schohw'erk war die Sohle symmetrisch
nn> die Mittellinie, und das Oberleder so zugeschnitten, dass es seine
grösste Höhe in der Mitte batte und nach vorn ganz flach auf die Sohle
anslief. In derartigen Schuhen können die Zehen sich nicht frei vom
Boden abwickeln, werden vielmehr nach der Mittellinie zusammengeqnetscht
und erleiden im Laufe der Zeit Missgestaltungen tiefgreifender Art, die
tu bekannt sind, um hier näher auf dieselben eingehen zu müssen.
Um den Zehen, besonders der für den Oeh-Akt wichtigsten grossen
Zehe, freien Spielraum zu gewähren, muss die Fussbekleidnng über einer,
unter dem Namen der Meyer'scben allbekannten Linie erbaut werden,
welche von der Mitte der Ferse durch die Mitte des ersten Metatarsal*
knochens nach vorn verläuft. Der Innenrand der Sohle muss dieser
Linie parallel verlaufen, und das Oberleder muss genau über derselben
seine grösste Höhe haben.
Die Fehler nun, welche die Schuhmacher bei der Herstellung natur-
gemässer Stiefel zu machen pflegen, sind folgende drei:
1. Sie machen die Schuhe vom spitz. Da dieselben aber am Innen-
rand gerade, am Anssenrand stark konvex sind, so erscheinen sie auffallend
lang, ausserdem krumm und erregen die Spottinst des Publikums. Oder
sie machen sie, wie es sich gehört, vorn breit, schneiden sie aber nach
alter Gewohnheit so zu, dass die vorderen Ränder beider Schube in eine
gerade Linie fallen; infolge dessen bildet die innere Ecke des vorderen
Randes einen spitzen, die äussere einen stumpfen Winkel, und der Schuh
erscheint wiederum krumm. Ein gefälliges Aussehen erhält dagegen der
Meyer'sche Stiefel, wenn sein vorderer Rand senkrecht zur Meyer’scben
Linie angefertigt wird.
2. Die Schuhmacher führen die für normale Füsse gegebenen Regeln
schematisch durch, ohne den etwa schon vorhandenen Missbildungen an
den Füssen ihrer Kunden gebührend Rechnung zu tragen. Ist es schon
zu „Frostballen“, d. b. zur Abknickung der grossen Zehe nach aussen
und entzündlicher Verdickung der Haut über dem ersten Metatarso-
Pbalangeal- Gelenk gekommen, so nutzt keine noch so gewaltsame Auf-
treibung des Oberleders an der Stelle des Frostballens, wie sie die
Schuhmacher zu machen pflegen. Da hilft nur eine genügende Länge
des Schuhes, welche der grossen Zehe auch dann genügenden Raum
gewährt, wenn sie in ihre natürliche Lage zurückgekehrt ist. Um einen
solchen Schuh machen zu können, muss der Schuhmacher die grosse
Zehe in ihre natürliche Lage bringen, bevor er das Maass der Sohle
nehmen will.
3. Die Schuhmacher pflegen zwar die Sohle richtig nach der
Meyer'scben Linie zu schneiden, das Oberleder aber nicht selbst anszu-
Bchneiden, sondern die ihnen fertig gelieferten, nach alter Manier sym-
metrisch angefertigten Schäfte zu verwenden, die ihre grösste Höhe nicht
über der Meyer'scben Linie, sondern über der Mittellinie des ITusses
haben. Sie lassen sich zwar über dem Leisten mit Gewalt in die richtige
Gestalt zwicken, gleiten aber im fertigen Stiefel in ihre alte Gestalt zu-
rück und bedingen beim Tragen des Stiefels, dass der Fuss nach aussen
608
geführt and am Kleiozehenrande gegen das Oberleder angedrückt wird.
Ein Schuhmacher, der also wirklich rationelles Scbuhzeug liefern will,
muss sich daher entschliessen, auch das Oberleder selbst zu schneiden.
Erst wenn die Schuhmacher gelernt haben werden, die angeführten
Fehler zu vermeiden, werden sie dem rationellen Schubwerk Eingang
beim Publikum verschaffen.
Bemerkens werth sind noch des Verfassers Ansichten über den Plattfass,
welcher nicht durch Einsinken des Fus.^gewölbes zu Stande kommen soll,
sondern durch eine Umlegung desselben, so zwar, dass dessen Scheitel
nach innen umfällt, während die Stützpunkte nach aussen ratschen.
Diese Missbildung, eine gewaltsame Pronation, ist M.’s Ansicht nach eine
nothwendige Folge fehlerhaften Scbubwerks. Sie kann daher auch nicht,
wie es gewöhnlich von Schuhmachern und Chirurgen geschieht, durch
Einlegen einer starken Unterlage von innen her in die Fusshöhlnng and
durch einen niedrigen Absatz bekämpft werden. Wirksam zur Verhütang
bezw. Heilung des Plattfasses ist vielmehr nur ein richtig geschnittenes
Oberleder, dessen Nutzeffekt man M.'s Erfahrungen nach noch dadurch
erheblich steigern kann, dass man den Fersentheil der Sohle um ca.
1 cm vertieft, so zwar, dass die grösste Tiefe dieser Grube etwas nach
innen von der Mitte der Ferse liegt. Ein ziemlich hoher Absatz, dessen
vorderer Rand jedoch, ebenso wie derjenige der Sohle, auf der
Meyer’schen Linie senkrecht stehen muss, hat sich M. gleichfalls
bewährt.
Die Wichtigkeit der Schahfrage für die Schlagfertigkeit der Armee
möge die Genauigkeit des Referates entschuldigen.
M. Kirchner (Berlin).
Dr. Vorster. Zur operativen Behandlung des Priapismns.
Separatabdruck aus : Deutsche Zeitschrift für Chirurgie.
Verf., Assistenzarzt am Diakonissenhanse Bethanien in Berlin, veröffent-
licht zwei mit günstigem Erfolge zur operativen Behandlung (Prof. Rose)
gekommene Fälle von Priapismus. Der eine der Patienten war Haemopbile,
seine Aufnahme in das Hospital erfolgte wegen unstillbarer Epistaxis,
welche zwar bald stand, aber bedrohliche Erscheinungen akuter Gebirn-
anämie zurückliess; Kopfschmerzen, Erbrechen, hochgradige Schwäche
im rechten Arm und Bein. Der Priapismus stellte sich ein im Anschluss
an eine erschwerte Defäkation, dabei kam es gleichzeitig zu cerebralen
Krankheitserscheinungen: Schlaflosigkeit, Kopf- und Nackenschmerzen,
Abducensläbmung, Bewusstseinsstörung. Verf. ist demzufolge geneigt,
den Priapismus durch eine in das Gehirn erfolgte Blutung, hervorgernfen
durch die Anstrengungen bei der Defäkation, zu erklären. — Alle thera-
peutischen Maassnahmen (örtlich Kälte, innerlich Kampher, Morphinm,
Chloral, Cbloroformnarkose; protrahirte lauwarme Bäder) erwiesen
sich als erfolglos. Nach 32 tägiger Dauer der Erektion entschloss sich
Rose trotz der bestehenden Haemopbilic zu einer Incision, um die in-
zwischen zur Ausbildung gelangte (atrophische) Parapbimose zu heben;
dreistündige Blutung nicht aus der Schnittwunde, sondern aus den Stieb-
kanälen, danach allmäliger Rückgang des Priapismus, am vierten Tage
post operationem vollständige Erschlaffung des Gliedes. Später Ent-
V .1 >i i'jk
509
Wickelung ausgeeprocbener lienaler Leukaemie. Verf. hält, obgleich
Litteratnrangaben über Koinzidenz von Lenkaeroie und Priapiemus vor*
liegen, die Lenkaemie nicht für das ursächliche Moment des Priapismus,
weil sie erst nachträglich (? Ref.) sich herausgebildet bat
Im zweiten Falle war der Priapismus bedingt durch einen naeh
Trauma entstandenen Bluterguss in das rechte corpus cavernosum.
Dieser druckte auf die durch die Wände der corpora cavernosa hindnrch-
gehenden tv. profundae und führte so zur Stauung des venösen Blutes
in den Schwellkörpern. Wegen der diagnostisch sichergestellten gleich-
zeitigen Zerreissung der Harnröhre führte Rose die uretbrotomia externa
aus, um die prall gespannte Blase zu entleeren. Dabei kam das sich in
die Urethra vorwölbende Haematom zu Gesicht. Die Incision desselben
führte bald zur Abschwellung des Gliedes. Heilung in sieben Wochen.
Es erwiesen sich somit heilsam in Fall 1 die Operation der Para-
phimose, in Pall 2 die Incision eines circumscripten Blutergusses in das
corp. cavern. dextrnm. — G. —
Dlittheilnngen.
.Natvirrorscher -Versa.minlung' in Köln.
Sektion für HilitSr-Sanitätswesen.
Sitzung am Montag den 17. September 12'/> Uhr.
Einführender: Oberstabsarzt Dr. Neumann.
Schriftführer: Stabsarzt Dr. Glasmacher.
Die Sektion knnstitnirt sich und wählt zu ihrem Vorsitzenden
Herrn Professor Dr. Roth, Generalarzt L Kl. des XII. (Königl.
Sächsischen) Armeekorps. — Frequenz: 12.
Sitzung am Mittwoch den 19. September ll’/i Uhr.
Vorsitzender: Generalarzt I. Kl. Dr. Roth.
Schriftführer: Stabsarzt Dr. Glasmacher.
Vortrag: Professor Dr. v. Mnndy (Wien):
Ueber Jodoformverband im Frieden und im Kriege in der
ersten Linie.
Ein Verband bei plötzlichen Unglücksfällen im Frieden und im
Kriege muss antiseptisch sein. Ein Jodoformverbaud genügt den anti-
septischen Kantelen, er ist leicht anzulegen, ist schmerzlindernd, blut-
stillend und dauerhaft. Es wird der Vorschlag gemacht, der SanitSts-
soldat möge im Frieden bei grösseren, plötzlichen Unglücksfällen zur
Hülfeleistung herangezogen werden. Genügt der Jodoformverband im
Frieden, wie dies durch zahllose B'älle bewiesen ist, so ist auch
anzonehmen, dass er im Kriege in der ersten Linie gute Dienste
leisten wird.
Generalarzt Dr. Roth ist der Ansicht, dass sich Jodoform wegen
seines durchdringenden Geruches nicht eigne, in Verbandpäckchen dem
Soldaten zum ersten Verbände mitgegeben zu werden.
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510
Vortrag von Stabgarst Dr. Olasmacher:
Extemporirte Tracheotomie.
Extemporirte Tracheotomie ist eine solche, welche bei höchster
ErstickoDgsgefabr ohne präparatorische Freilegung des Kehlkopfes oder
der Luftröhre in einem Zuge gemacht wird. Veranlassung giebt Verleguuf
der Luftwege durch Haematom oder Emphysem nach Verwundungen im
Munde und am Kehlkopfe, nach Bruch des Kehlkopfes und Zungenbeines,
ferner durch aspirirte oder direkt verschluckte grössere Fremdkörper,
meist durch kronpöse und diphtheritische Membranen. Eine weitere Ver>
anlassung zur schleunigen Tracheotomie kann gehen plötzliche Asphyxie
nach Anwendung von Chloroform und Einathmung von irrespirabelD
Oasen. Das Krankheitsbild ist ein verschiedenes, je nach der die
Asphyxie bewirkenden Ursache. Bevor man zur Operation achreitei,
muss man den Mond und Rachen nntersncben, mit Finger oder
Zange eingehen, Fremdkörper entfernen oder Schlnndsonde einföhreo.
Wenn keine Besserung erzielt wird, muss der Kehlkopf kräftig hin und
her geschoben werden, um etwaige Fremdkörper zu lockern. Bei höchster
Oefabr ist die extemporirte Tracheotomie das ultimum remedinm.
Tracheotome sind höchst selten zur Stelle, zudem sind sie nnzweck-
massig, wenn es sich gleichzeitig um Entfernung von Fremdklirpeit
handelt, nnd wegen möglicher Mitverlelzung der hinteren Lnftröhrenwznd
und der Speiseröhre, besonders bei Kindern, gefährlich. Bei Ausfuhroog
der Tracheotomie en bloc ist bestimmend, ob eine Trachealkanüle icr
Hand ist oder nicht. Ist eine solche zur Hand, so genügt ein Schaitt,
welcher am oberen Rande des Ringknorpels beginnt, nicht bis zum
Scbildknorpel reicht, um eine Blutung aus der Art. crico-tbyreod. so
vermeiden, vom oberen Rande des Einschnittes zwei seitliche Incisiooen
gemacht, so dass eine T förmige Wunde entsteht. Die Durchschneidong
des Ringknorpels wird so zu umgehen sein. Ist keine Trachealkanüle
zur Stelle, ebenso auch wenn es sich um Entfernung von Fremdkörpern
handelt, ist die Tracheotomia snperior am zweckmässigsten und zwar in
der Weise ausgefübrt, dass die seitlichen Luftröhrentheile direkt unter
dem Ringknorpel durch den Daumen nnd Zeigefinger der linken Hand
komprimirt nnd die vorderen bedeckenden Tbeile gespannt werden, dann
Einschnitt 2'/9 cm lang; in diesen wird bei Blutung und wenn Nichts
zur Stelle ist, nm die Wunde der Luftröhre klaffend zu erhalten, der
rechte Zeigefinger eingelegt. Bei stärkerer Blutung in die Luftröhre ist
das Ansaugen des Blutes durch einen Katheter empfeblenswertb, verbunden
mit künstlicher Athmung. Bei weiterer Blutung ist dann Umstechung
oder Unterbindung nothwendig. In dem Falle, dass sich vermntbeo
lässt, selbst nach gehobener Asphyxie, es sei noch ein Fremdkörper in
den Athmnngswcgen, muss die Wunde umsäumt werden, es darf keine
Kanüle eingelegt werden, sondern durch Fäden, welche durch die Seiten-
theile der Luftröhren wände gehen, wird ein stärkeres Klaffen dadurch
hervorgebracbt, dass dieselben auf dem Nacken geknotet werden. Bei
ruhiger Athmung kann die Trachealwnnde wieder durch Naht geschlossen
werden. — Kurz wird eines Falles Ewähnung gethan, welcher ans-
führlich io der Deutschen militärärztlichen Zeitschrift S. 447 d. J. mit-
getheUt worden ist.
Frequenz 25.
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511
Sitzang am 21. September ll</> Uhr.
Vorsitzender: Generalarzt I. Kl. Dr. Roth.
Schriftführer: Stabsarzt Dr. Glasmacher.
Vortrag: Herr Generalarzt I. El. Dr. Roth:
Ueber die nenesten Leistongen anf dem Gebiete des Militär*
Sanitätswesens im Jahre 1887.
Redner erwähnt zuerst den Sanitätsbericbt über den russisch*
türkischen Krieg von Eoslow, welcher in seinem dritten Theile die
Okkupation von Bulgarien und die kriegsgefangenen Türken behandelt;
er weist auf die grossen Differenzen bin in der Angabe der Anzahl der
kriegsgefangenen Türken; die Angaben schwanken zwischen 113 015
und 57 638. Die Sterblichkeit unter den gefangenen Türken beziffert
sich anf 841 pro mille. Redner schildert alsdann die Gesnnd-
beitsverbältnisse im Kriege Italiens gegen Abyssinien. Abjssinien ist
sehr ungesund wegen schlechten Wassers, hoher Temperatur (32
bis 42° Celsius) hohen Feuchtigkeitsgehalts der Luft. Die erste Expedition
zählte 4000 Mann, erwies sich als unzureichend; eine Kolonne, die
Lebensmittel bringen sollte, wurde vollständig aufgerieben, zwei Aerzte
(Gasparri, Feretti) fielen. Die folgende Expedition zählte 17 ÜOO Mann.
Eine besondere Instruktion, betreffend die sanitären Maassnahmen bei der
Truppe, wurde ausgearbeitet; die Bekleidung und Ausrüstung der Offiziere
ist darin sehr reichhaltig; pro Kopf und Tag wurden 5 Liter Wasser
gerechnet; vor Allem sollte für gute Köche gesorgt werden; als Latrinen
sollten Tonnen dienen, welche in besondern Zelten anf Handkarren
stehen sollten. Es waren Revierkrankenstuben vorgesehen; die Schwer*
kranken sollten in Feldlazarethen und zwar in Doppelzelten Aufnahme
finden: diese Feldlazaretbe sollten sich anf Schiffslazarethe stützen.
Die Leichen sollten durch Uebergiessen leicht brennbarer Flüssig-
keiten und Anfschicbten von Holz verbrannt werden. Der Feldzug
scheint noch nicht zu Ende zu sein, und finden diese Sanitätseinrichtungen
noch Anwendung.
Redner schildert die im Kriege Frankreichs gegen Tonkin zu
Tage getretenen, ungünstigen Verhältnisse. Das Klima ist tropisch, und
durch die mit der Reiskultnr verbundenen, beständigen Ueberflnthnngen
treten nach dem Sanitäts* Berichte des französischen Marinearztes Rey
die perniziösesten Malariaerkranknngen (Waldfieber) anf. Cholera ist
vollständig endemisch.
Ein Krieg der Engländer in Aegypten besteht nur noch in kleinen
Elxpeditionen; die Engländer haben Detaileinricbtungen für den Sanitäts-
dienst getroffen, die mustergültig genannt werden können, so bestehen
z. B. in Abu Fatma sehr zweckmässig eingerichtete Baracken.
Redner bespricht weiter in hygienischer Beziehung den Krieg von
Japan gegen Formosa 1884; das Heer war 5990 Mann stark; es bestanden
dort ebenfalls sehr ungünstige Verhältnisse. Beriberi trat daselbst in
bedeutender Ausdehnung anf; diese Krankheit sei den Erscheinungen
nach als vasomotorische Neurose anzusehen, welche vielleicht durch
mangelhafte Verpflegung entsteht, da nach dem Jahresberichte der
»panischen Flotte durch Aenderung und Besserung der Kost bessere
Verhältnisse herbeigefnhrt worden seien.
Din"'-
512
Redner weist auf sanitäre Vorbereitungen hin, welche in Frue
kommen bei einem eTentuellen Kriege Russlands gegen England; rar
Russland sei bei einem solchen maassgebend die transkaspische Eisen*
bahn, welche von Krassnowodsk nach Merw und von da nach Tarsh’oi
bis zum Amu Darja führt Diese Bahn erleichtere in eminenter Weise
die Anhäufung von Kriegsmaterial. Die Engländer würden sich stützen
auf die Indus-Eisenbahn und die davon ausgehenden Zweigbahnen. Es
würde ein Vordringen der Russen von Kandahar angenommen, wohin
von Indien ans die Wege über Bolan und Harnai führen, während die
Abwehr des Angriffes auf den Linien Kandahar — Herat oder Kandahar-
Kabul erfolgen würde. O’Farell giebt einen Mobilisirungsplan , nach
welchem die englische Armee sich auf 26 284 Soldaten und einen Tross
von 35 000 Mann beziffern würde. Als Transportmittel für Kranke und
Verwundete würde man Kameele gebrauchen; die Krankenzabl würde sof
12 bis 14<*/o zu berechnen sein. Von Werken, welche über den Sanitäts-
dienst erschienen sind, bespricht Redner zuerst das Werk des Franzosen
Robert, welcher eine motivirte Sanitätsordnnng abgefasst hat. Ein
ähnliches Werk sei in der deutschen Armee dringend erwünscht. Ein
Aufsatz von Thurnwald handelt über Bekämpfung der Kriegsseuchen in
einem Feldzüge jenseits der Karpathen. Podratzki verlege das Haupt-
gewicht der Militärsanität in einem Znkunftsfeldznge auf eine Salubritäts-
kommission hinter der Front Als eine vorzügliche Leistung znr
ersten Hülfe wird hervorgehoben ein Werk von Fr oe lieh über Oebirgs-
sanitätsdienst.
Redner kommt alsdann znr Besprechung der Einrichtungen zur
Unterbringung von Kranken; er giebt der transportablen Doecker' sehen
Baracke den Vorzug; dieselbe habe vor Allem einen guten Fussboden
und sei leicht zu etabliren; die Wellblecbbaracken seien auch gut, doch
lassen sie sich schwieriger aufstellen und leiden durch das Abbrechen.
In Betreff der Krackenhülfe bemerkt Redner, dass die freiwillige
Krankenpflege auf der vorhandenen Basis der Einfügung in die amtliche
Krankenpflege in ihrer Stellung präzisirt worden sei.
Der Redner hebt hervor, dass der Sanitätsdienst in Norwegen nach
dem Prinzip der technischen Waffen eingerichtet sei, wie auch in Italien
und der Schweiz.
In Russland seien in Organisation des Sanitätsdienstes keine
Aendernngen anzuführen; als Fortschritt sei in Russland die Stiftung
militärärztlicher Gesellschaften aufznfassen, welche unter Mitwirkung
aller offlziellen Organe gestiftet sind und ein sehr reges Leben ent-
wickeln. Die bisherigen Kurse znr Ausbildung von Frauen im Sanitäts-
dienste, welche im Nikolai - Hospitale in Petersburg stattfauden, sind
geschlossen.
Redner erwähnt zum Schlosse dankbar Bernhard v. Langenbeck’s,
wegen seiner grossen Verdienste um das Militär-Sanitätswesen, als den-
jenigen, welcher das Institut der konsultirenden Chirurgen in die Armee
eiegeführt hat, und schliesst, da keine weiteren Vorträge angemeldet sind,
die Sitzung der Sektion.
Frequenz: 28.
Glasmacher (Köln).
Gedruckt io der EOnigUebeD Hofbuchdmekerei von E. S. Mittler & SohU| Berlin, Kochstrasse 68—^70.
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Deutsche
Militärärztiiche Zeitschrift.
Redactlon:
Dr. Generalarzt,
B«rlin, XanbenstnsM 5,
n. Dr. Stabsarzt,
B«rUo, Kaiser Franz 6rensdier>PlaU 11/12.
V«rlig:
f. aBI«bt &
Königliche Hofbachhandlang,
Berlin, Kockstraase 68^70.
Moaitlich «ncheint ein Heft Ton mindestens 8 Dnickbogea; daxn ein „Amtlicbes Beiblatt**. Der
Zeitschrift wird das Werk: „Jahresbericht über die Fortschritte auf dem Gebiete des Milit&r-
SanitSto>Weeens**, herans|^egeben vom Generalarzt Dr. Roth, anentgeltlich beigegeben, ßesiellnng
nehmen alle Foetlmter and Bachhandiangen an. Preis des Jahrgangs 15 Mark.
XVII. Jahrgang. 1888. Heft 12.
Zum IS. Dezember,
Einem Feste gelten diese Zeilen, — einem Feste so selten und erlesen,
wie das gesegnete Leben des Mannes, der dasselbe begeht.
Se. Excellenz der Generalstabsarzt der Armee und Chef des
SanitStskorps Herr Dr. t. Lauer feiert am 12. Dezember sein GOjäbriges
Militärdienst- Jubiläum. Unsere Zeitschrift kann bei solchem Anlass am
wenigsten znräckbleiben in dem Ausdruck herzlicher Freude über diesen
Tag nnd warmen Dankes für den allmächtigen Walter, der das Leben
des Jnbilars so gnädig geschützt, der Gesammtbeit za Nutz so segensvoll
emporgeführt hat.
60 Jahre: fürwahr eine gewaltige Zeit, hochragend über die
Frist, die im Durchschnitt menschlichem Wirken gewährt wird, nabe hinan-
reichend an die Grenze, von der das Bibelwort sagt, dass sie unserem
Leben gesetzt sei!
„Und wenn es köstlich gewesen, so ist es Mühe and Arbeit gewesen“
— auch das trifft zu. Ein Leben, reich an Glück and Erfolg, aber auch
voll zielbewnssten Strebens, anstrengender Arbeit nnd ernster Ereignisse.
Möge es heute vergönnt sein, ein Bild desselben zn entrollen als
bleibende Erinnernng an den festesfrohen Tag and als ein pietätvolles
Blatt za der Geschichte des ausgezeichneten Mannes.
Als Sohn des Pfarrers Peter Christoph Laaer in Wetzlar am
10. Oktober 1808 geboren, erhielt der Jubilar in der Taufe die
Namen Gnstav Johann Ludwig Christian Friedrich, besachte die
83
Digi'.izci t, Gofigk
514
i
Schale und das Gymnasiam seiner Vaterstadt, trat mit 16 Jahren za
Ostern 1825 in das medizinisch-chirurgische Friedrich-Wilhelms-lostitat
ein und studirte auf demselben bis Dezember 1828. Am 12. Dezember 1828
als Cbaritä'Cbirurg in die Armee getreten, wurde er am 1. April 183*1
ab Compagnie-Chirurg zum 11. Infanterie-Regiment nach Breslaa and
von dort am 1. Mai 1833 zum 1. Garde-Regiment z. F. versetzt. Am
15. April 1830 erfolgte seine Promotion zum Doktor der Medizin; seine
Dissertation (de sanguinis differentia in morbis) erschien im 18. Bande
(S. 265) der I itterarischen Hecker’schen Annalen der gesammten Heil-
kunde. Nachdem er die Staabprüfungen im Winter 1834/35 bestanden,
erhielt er am 18. Januar 1838 die Approbation mit dem Prädikat .vor-
züglich gut“. Inzwischen war er am 22. August 1836 als Pensionär-
Arzt zum Friedrich - Wilhelms - Institut und 1836/37 behufs weiterer
Ausbildung zum Allgemeinen Krankenbaase in Hamburg kommandirt,
darauf am 6. April 1839 zum Stabsarzt am medizinisch- chirnrgisebeii
Friedrich- Wilhelms-Institut ernannt worden, in welcher Eigenschaft es
ihm im Jahre 1839 vergönnt war, aus Staatsmitteln eine-wissenscbafUiebe
Reise nach Frankreich und Belgien zu unternehmen. In diese Zeit fällt,
wie aus der beigefügten Uebersicht seiner litterarbchen Arbeiten hervor-
gebt, eine Reihe chirurgisch -medizinischer Schriften, welche erkennen
lassen, mit welchem Eifer der junge Militärarzt seine Aufgabe verfolgte
und wie lebhaft er bemüht war, die damals noch weniger gekannte
wissenschaftliche Tbätigkeit der besuchten fremden Länder den heimatb-
lichen Fachgelehrten näher zu bringen, auch neue Methoden der Behand-
lung, die er als erfolgreich kennen gelernt, bei uns einzubürgem.
Der 5. Januar 1843 brachte die Beförderung zum Regimentsarzt des
2. Dragoner-Regiments in Schwedt, aber schon der 29. August desselben
Jahres die Versetzung zum Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment
No. 1. Am 22. März 1859 erhielt v. Lauer als Oberstabs- und Regiments-
arzt den Majorsrang, am 22. März 1861 den Charakter als Generalarzt.
Am 19. Januar 1864 erfolgte seine Ernennung zum General- und Korps-
arzt des Gardekorps. Als solchem wurde ihm am 18. Juni 1865 der
Rang als Oberstlieutenant verliehen, am 22. August 1870 der Bang als
Oberst, am 22. März 1877 als Generalmajor. Seit dem 13. Dezember 1879
wirkt der Jubilar als Generalstabsarzt der Armee, Chef des Sanitätskorpi
und der Medizinal- Abtheiluug des Kriegsministeriums, sowie als Direktor
der militärärztlicben Bildungsanstalten, und zwar seit dem 22. März 1881
mit dem Range als Generallientenant.
Digitized by Gcjusl
J
515
Von wichtigeren VorkomniDiseen in dieser ruhmvollen Laufbahn
sind zu erwähnen:
1848 Theilnahme am Kriege gegen Dänemark,
1849 desgl. an der Bekämpfang des Aufstandes io Dresden,
1866 Feldzug gegen Oesterreich (Schlacht bei Königgrätz),
1870/71 desgl. gegen Frankreich (Schlachten bei Oravelotte, Beaumont,
Sedan, Belagerung von Paris, Ausfallgefecht bei La Malmaison, Schlacht
am Mont Valerien).
Während der beiden zuletzt genannten Feldzüge befand sich der
Jubilar im grossen Hauptquartier Sr. Majestät des Kaisers nnd Königs
Wilhelm 1.
1860, 1867 und 1872 war der damalige Regiments- hezw. General-
arzt V. Lauer kommandirt als Mitglied der Kommissionen znr Berathung
über ein neues Militär-Lazareth-Reglemeot und eine neue Militär-Phar-
makopoe, nher die Reorganisation des Militär- Sanitätswesens nnd über
Verbessernngen des Feld-Sanitätswesens.
In den April 1844 fällt das für seinen Lebensgang vielleicht ent-
scheidendste Ereigniss: die Ernennung zum Leibarzt Sr. Königlichen
Hoheit des damaligen Prinzen von Prensseu. Ununterbrochen hat seitdem
Ezcellenz v. Lauer bei weiland Sr. Majestät dem Kaiser und König
Wilhelm I., bei Sr. Majestät dem Kaiser und König Friedrich III.,
endlich bei des jetzt regierenden Kaisers nnd Königs Wilhelm II. Majestät
die Stellung als Leibarzt innegehabt.
Aus dieser hochehrenvollen Vertrauensstellung, welche Se. Ezcellenz
für immer mit der Geschichte seines Herrscherhauses und seines Landes
in nnvergesslicher Zeit und mit den grossen Gestalten in der Umgebung
des Heldenkaisers verknüpft hat, stammt eine Reihe Allerhöchster Gunst-
und Gnadenbeweise, von denen ein Theil sich aus den Tagen der
Verleihung unschwer erkennen lässt; hervorzoheben ist ausserdem,
neben der grossen Zahl hoher Dekorationen, die am 1. Januar 1866 erfolgte
Erhebung in den erblichen Adelstand ,in Rücksicht auf die langjährigen
treuen Dienste um die Person des Kaisers und Königs sowie in Betracht
der erfolgreichen Wirksamkeit in seiner amtlichen Stellung bei der Armee'^.
Am 12. Dezember 1878 beging Se. Ezcellenz sein 50jähriges Dienst-
jubilänm, über dessen Verlauf diese Zeitschrift (Jahrgang 1878, Heft 12)
eingehend berichtet bat.
Wie in dieser glänzenden militärischen Laufbahn war inzwischen
V. Lauer auch io den Graden der Wissenschaft nnd als Beamter der
civilärztlichen Verwaltung von Stofe zu Stufe emporgestiegen. 1845
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habilitirte er sich als Privatdozent an der Berliner Universität, erhielt
1S54 die Ernennnng znm ausserordentlichen Professor der medizinisch*
chirnrgischen Akademie für das Militär, und 1880, nachdem er bereits
1847 Mitglied der Ober-Examinationskommission für das medizinische
Staatsexamen geworden war, die Ernennnng znm ordentlichen Honorsr-
professor der Universität Berlin.
Schon 1854 dnrch den Titel eines Geheimen Sanitätsrathes ausgezeichnet,
wurde er am 29. April 1880 mit dem Charakter als Wirklicher Oebeimer
Ober-Medizinalrath beliehen und erhielt damit zugleich den Rang eines
Raths 1. Klasse nebst den Befugnissen eines Vortragenden Ratbes im
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- Angelegenheiteu.
Seit dem 11. März 1843 ist Se. Excellenz verheirathet mit Georgine,
Tochter des Geheimen Kommerzienraths Wilhelm Ermeler zu Berlin.
Ans dieser glücklichen Ehe entsprossen zwei Söhne und zwei Töchter.
Eine der letzteren ist an den Königlichen Regierungspräsidenten und
Kammerherrn v. Colmar verheirathet, während beide Söhne dem Eltem-
paare früh entrissen wurden: der Eine fiel als Lieutenant im 1. Garde-
Regiment zu Fnss am 18. August 1870 beim Sturm auf St. Privat; der
Andere, demselben Regiments angehörig and zur Unteroffizierschule io
Potsdam kommandirt, erlag vor wenigen Monaten einem tückischeu
schleichenden Uebel. — Es sollte dem sonst so reich gesegneten Vater
nicht beschieden sein, den Namen, den er von schlichtem Anfänge za
höchsten Ehren geführt hat, von Kind zu Kindeskind vererben zu könneo.
So bat dasselbe Jahr, welches sein Wirken dnrch die nur wenigen
Sterblichen beschiedene Feier des 60jährigen Dienst-Jubiläums zu krönen
bestimmt war, auch die denkbar grössten Schmerzen gezeitigt; erst mit
dem ganzen Lande die Klage um den Hingang zweier unvergleichlicher
Monarchen, denen menschlich nahe zu treten ihm wie Wenigen vergönnt
war, sodann die herbe Trauer im eigenen Hause.
In ungebeugter Rüstigkeit und vollendeter geistiger Frische steht
gleichwohl der Herr Jubilar heut vor unseren Augen, und dankbarer Ver-
ehrung voll bewundern wir die Vielseitigkeit seines Wirkens.
Fast zwei Lustra hindurch hat Excellenz v. Lauer das Sanitäts-
wesen der Armee und das Sanitätskorps geleitet. Mit hoher Befriedigung
darf Se. Excellenz auf das stetig wachsende Vertrauen blicken, welches
die Armee dem Sanitäts-Offizierkorps entgegenbringt, auf die Anerkennung,
welche demselben in wissenschaftlichen Kreisen nicht vorentbalten wird,
auf die Sorgfalt, mit welcher im Auslande die Einrichtungen des
Preussisch-Deutschen Militär -Medizinalwesens studirt und nachgebildet
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werden. Das „Snam qnisqoe“, welches bei Uebernahme seines hohen
Amtes der neue Chef als Ergänzung und nothwendiges Korrelat des
,Saom cnique*^ seinen Untergebenen zurief, ist von diesen im Sinne des
Chefs verstanden, gewürdigt und niemals vergessen worden.
Für zwei Generationen war Se. Elxcellenz das VorbUd eines ausübenden
Arztes.
Ein grosser Tbeil der heutigen Militärärzte hat in seiner Vorlesung
über allgemeine Therapie seinen schlichten Grundsatz anssprechen hören:
^9e^antvety heisst dienen, der Arzt ist der Diener seiner Kranken*.
Diesem Wort ist er treu gebliehen in seinem Wirken, das er trotz nm-
fassender anderweiter Thätigkeit noch jetzt mit voller Hingebung am
Krankenbette entfzJtet, ein echter menschenfreundlicher Arzt, getragen
von der Freude über die erfüllte Pflicht, von der dankbaren Liebe in
Palast und Hütte!
Und wer möchte nicht heissesten Dankes und bewundernder Ver-
ehrung voll hinhlicken auf das schönste Blatt im Ruhmeskranze des erfolg-
reichen Arztes, auf sein Wirken als Leibarzt unseres dahingesebiedenen
grossen Kaisers I Was Excellenz v. Lauer mit nie ermüdender Sorge und
mit beispiellosem Erfolge getban bat, um dieses kostbare Leben weit über
die gewöhnliche Dauer hinaus zu erhalten, das sichert ihm für alle Zeit
den Dank nnd die pietätvolle Anerkennung der Nation, macht seinen
Namen schon allein zu einem gefeierten weit über die Grenzen des
Vaterlandes.
Und nicht Wenigen ist er nahe getreten als Lehrer.
Das eingehende Wissen auf dem Gebiete der Chirurgie sowohl wie
auf dem der Pathologie und Therapie, zu welchem sich bald ein stetig
wachsender Schatz praktischer Erfahrung gesellte, drängte naturgemäss
rar Mittheilniig desselben an Nachstrebende. Einige vor anderem
Zubörerkreise in Vereinen gehaltene, der Oeffentlichkeit übergebene
Vorträge (siche das Verzeichniss der Schriften) gewähren ein deutliches
Bild der eindringlichen Weise, in welcher der Jubilar auch vor Studirenden
die Gegenstände der Besprechung zn entwickeln und eigenartig zu
beleuchten pflegte. In Vielen hat er dadurch das tiefere Verständniss für den
Zusammenhang wissenschaftlicher Einzelheiten mit der gesammten
Wissenschaft einerseits, mit dem praktischen Leben andererseits frühzeitig
geweckt, die Neigung zu selbstständigem, znsammenfassendem Denken
auf der sicheren Grundlage ansgebreiteter Kenntnisse gefördert,
aagleich so Manchen als Examinator in der Staatsprüfung durch
freundlich wohlmeinenden Ernst zur Anspannung der besten Kraft
arlfogreich ermntbigt.
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So ist es dem hochverehrten Manne vergönnt gewesen, in überall
hervorragender Stellnng auf einer ganzen Reihe von Gebieten eine
Thatigkeit zn entfalten, von welcher jeder einzelne Zweig ein arbeits-
vnlles Menschenleben auszufnllen ira Stande wäre, — jederzeit eine Ver-
körperung des Wortes: aliy aQi<ntvciy xai vntlQo^oy tfifuycu äiXuy !
Wie sollten nicht wir, denen die Früchte seines Thnns täglich zu
Oute kommen, des heutigen Tages uns freuen, denselben als gemeinsames
Fest begehen, den geistigen Inhalt desselben als allgemeine Angelegenheit
des Sanitätskorps nns aneignen I
Aufrichtigen Dankes voll begrüsst das Sanitäts-Offizierkorps seinen
all verehrten Chef als Vorbild dienstlichen Wirkens, wissenschaftlichen
Strebens, nicht am wenigsten als fürsorglichen Vater seiner Dntergebenen,
für welche das „Snum euique“ in der Leitung der Angelegenheiten des
Sanitätskorps stets leicht erkennbar zn Tage getreten ist. Möge es
dem Jubilar vergönnt sein, sich noch lange selbst davon zu überzeugen,
wie innig das „Suum qnisque“ mit dem Denken aller Mitglieder des Korps
verwachsen ist und wie feste Wurzeln in ihren Herzen die Ehrfurcht vor
Dem geschlagen hat, welcher den inneren Zusammenhang jener beiden
Devisen so nachdrücklich betont, jede einzelne derselben durch sein
eigenes Beispiel ebenso leuchtend bethätigt hat wie den Wahlsprucb
seines Wappens: Veritas et Constantia!
Verzeichniss der Schriften Sr. Exceiienz des Generaistabsarztes
der Armee Dr. y. Lauer.
1830. Dissertation: „De sanguinis diiferentia in morbis“.
(Ueber die Verschiedenheit des Blutes in Krankheiten.)
Litterarische (Hecker'sche) Annalen der gcs. Heilkunde 1830.
18. Bd. S. 265.
Einige Betrachtungen, betreffend Weber’s Versuche über die Kraft, durch
welche der Schetikelkopf in der Pfanne erhalten wird.
Hamb. Zeitschrift für die ges. Med. Bd. II. Heft 3. 1836.
(Schmidt’s Jahrb. XII, 4.)
Referat über Baudens, Clinique des plaies par armes ä feu. Paris 1836.
In Hamburger Zeitschrift für die gesammte Medizin. 1837. S. 36
u. 169.
Referat über Mayor, Sur le Catheterisme simple et fored, et sur le
Traitement des Retrecissements de l'Uretre et des Fistules nrinaires.
Paris 1836.
In Hamburger Zeitschrift für die gesammte Medizin. 1837. S. 213.
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Referat über Mayor, Sar l’usage da fil en fer et du cotton en Chirurgie.
Bemerkungen über die Anwendung des Matterspiegels und einige Verhält-
nisse der weiblichen Genitalien.
Hamburger Zeitschrift für die gesamrate Medizin. 1838. Bd. IX.
Heft 3.
Vier Fälle von Eclampsia parturientium et puerperarum mit glücklichem
Ausgang.
Med. Zeitung 1842. No. 15 und 16.
Oertliche Anwendung des Caiomel gegen die Angenentzündung der Neu-
geborenen.
Med. Zeitung 1842. No. 23.
Mittbeilnogen über die Medizinal-Verhältnisse und einige damit zusammen-
hängende Gegenstände in Frankreich.
Magazin für die gesammte Heilkunde. 1842. 17. Band. Heft 1
und 2 und 1843, 18. Band. S. 96.
Beitrag zur Lehre von der Unterbindung und der Torsion der Arterien.
Med. Zeitung 1844. No. 4.
Behandlung der Frostbeulen mit Argentum nitricum fusum.
Med. Zeitung 1845. No. 20. Auszug aus amtlichen Berichten.
Halbseitige Lähmung, welche wahrscheinlich nicht vom Gehirn ausging.
Med. Zeitung 1847. No. 34. S. 164.
Beitrag zur Kenntniss der Tuberkeln des Bauchfells.
Med. Zeitung 1848. No. 26 und 27.
Mittheilung über die in den Militär- Lazarethen der Stadt Schleswig
während des dänischen Feldzuges vorgenommenen wichtigeren
Operationen.
Med. Zeitung 1849. No. 1 und 2.
Beitrag zur Kenntniss der Einwirkung des Chloroforms auf die Muskel-
Kontraktion.
Med. Zeitung 1849. No. 18. S. 76.
lieber die Ophthalmia granulosa.
Med. Zeitung 1851. No. 38 und 39. S. 177.
Roptur der Aorta.
Med. Zeitung 1854. No. 27. S. 132.
Der vorherrschende Charakter der Krankheiten der jetzigen Generation.
Vortrag im wissenschaftlichen Verein. Berlin 1862.
Gesundheit, Krankheit, Tod. Ein Vortrag. Berlin 1865.
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Krampfadern als GrUnde der (Jnbranchbarkeit bei Hilitarpfliehti^ei
und Soldaten. Benrtheilnng hinsichtlich der DienstbeschädJ^iui;.
Von
Stabsarzt Dr. Neumtnn (Angermünde).
(Schloss.)
Nächst der Ermüdang des Herzens machten wir dann die energische
plötzliche oder häufig wiederholte Kontraktion bestimmter Moskel-
grappen für die Entstehung von Varicen infolge allgemeiner dienstlicber
Anstrengungen bei unseren ersten 16 Fällen verantwortlich.
In diesen Fällen bestehen entweder schon intramuskuläre Erweite-
rungen geringen Grades, die im Moment energischer MuskelkontraktioD
schnell in der Richtung nach der Oberfläche zu auf weitere Oefiis-
strecken nbergreifen oder es wird die (vorher normale) tiefe Vene erst
durch die Muskelkontraktion an umschriebenen Stellen, wo sie gezerrt
oder in ihrer Lage beengt wird, durch die plötzliche Blutstauung erweitert
und ansgebnchtet
Beide Fälle bieten für die Diagnose grosse Schwierigkeiten dar ood
man wird bei angeblicher Entstehung solcher infolge einer angestrengten
Marschübung etc. nur dann eine, und zwar äussere, Dienstbeschädignng
annehmen dürfen, wenn in direktem Anschluss an den anstrengendeo
Marsch etc. sich die oben geschilderten Symptome der tiefen Varicen
konstaliren lassen. Hierzu gehört vor allen Dingen die Angabe des
plötzlich in der Tiefe empfundenen, von der gewaltsamen Dehnung der
Ge^swand herrübrenden Schmerzes, der fast nie zu fehlen und meist
noch in der Ruhe zunächst anznhalten pflegt, das Gefühl von Schwere
im Gliede etc.
Immerhin werden solche Fälle als Folge allgemeiner dienstlicher
Anstrengungen sehr selten und jeder einzelne verschieden zu benr-
theilen sein.
Anders stellt sich die Sache für Entstehung und Verschlimmerung,
d. h. weitere Verbreitung tiefer Varicen schon in den Fällen, wo die-
selben während der Ausübung einer dienstlichen Handlung, bei der ohne
weitere Ermüdung des Herzens bestimmte Muskelgruppen besonders is
Aktion treten, entstehen. Fall 17 giebt nns ein Beispiel für die weitere Ver-
breitung schon vorher vorhandener tiefer Varicen nach der Oberfläche zu
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infolge eines Sprunges über den Graben, nnd im Fall 18 ist die Erweiterung
plötzlich beim Wassertragen entstanden. Im Fall 19 bat die starke Be-
lastung des Trägers durch einen Holzklotz nnd die durch die Mnskel-
koDtraktion bedingte Stauung des Blutes in einer schon erweiterten Vene
sogar zur Ruptur der Varixwand an der Stelle der grössten Spanuung
geführt.
Der kavalleristische Dienst ist es dann vor allen, der zu Varicen-
bildungen durch Muskelkontraktion an den unteren Extremitäten Veran-
lassung giebt. Der , Schluss“ beim Reiten, die immer wiederholte hoch-
gradige Anstrengung der Ober- wie Unterschenkel - Muskulatur beim
Zureiteo der Pferde kann sowohl tiefe Varicen entstehen, wie schon be-
stehende sich weiter verbreiten lassen und somit eine Beschädigung
herbeiführen (cfr. Fall 20 bis 28), die wohl jeder gern als äussere Dienst-
beschädigung anerkennen wird, besonders wenn, wie bei den Kürassieren,
noch die zirkulationshindernde Wirkung der Falte des hoben Stiefels in
der Kniekehle (cfr. Fall 24) hinzukommt.
Nun zu den äusseren Beschädigungen durch „Stoss, Schlag, Sturz
und andere Verletzungen“ dienstlicher Natur, die Krampfaderbildungen
im Gefolge batten. Fall 29 bis 38 geben uns hierfür Beispiele verschie-
denster Art. Wir haben oben unter den Entstehuugsursachen für Varicen
auch der in diesen Fällen angegebenen verschiedenen Zirkulationshinder-
nisse, Venenentzündungen etc. gedacht, so dass wir uns hier mit dem
Hinweis auf den Inhalt des Ältestes begnügen können. Erwähnen wollen
wir nur, dass in einzelnen der Fälle wohl eben so gut das primäre
Leiden wie die sekundären Varicen den Grund für die Unbrauchbarkeit
des Mannes abgeben konnten. Jedenfalls wird man die Dienstbesebädiguug
in keinem der Fälle anzweifeln können. — Zweifelhaft wird die Dienst-
beschädignng nur dann sein, wenn die Varicen erst nach Ablauf längerer
Zeit bei vielleicht gar nicht mehr im aktiven Dienst befindlichen Mann-
schaften aufgetreten sind. Wenn wir auch anerkennen müssen, dass
oberflächliche Venenerweiterungen sich oft erst später, nach der Ent-
stehung von tiefen Varicen, einstellen, so wird es, wenn der angeblich
früher im Dienst Verletzte in der Zwischenzeit schon seiner bürgerlichen
Beschäftigung naebgegangen ist (§ 22. 8. d. D. A.), doch meist sehr
schwer sein, den Zusammenhang der subkutanen Varicen mit der an-
geblich im Dienst entstandenen Verletzung nachzuweisen nnd wissen,
schaftlich zu begründen.
Die genaue Untersuchung der zu Entlassenden auch auf etwaige
tiefe Varicen hin nnd die Nachforschungen bei den früheren Vorgesetzten
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werden bei derartigen Ansprüchen allein eine richtige Benrtheilang des
Falles sichern.
Was die Frage des Grades der Dienstnnbrauchbarkeit betrifft, so ist
für die Beurtheilung desselben nicht nur die Lage, Form and Grösse der
Varicen maassgehend, sondern vor allen die Folgeznstände and Kompli-
kationen derselben, die wir oben besprochen haben, und auch die sab-
jektiven Beschwerden. Wir wissen, dass sehr amfangreiche oberflächliche,
cylindrische wie knotenförmige Varicen oft ohne alle Komplikationen,
wie Ekzeme, Oedeme and Ulcerationen, lange Jahre bestehen können, and
wir sehen wiederum sehr häufig kleine Knoten and wenig stark ent-
wickelte Stränge schnell schwere Folgeznstände nach sich ziehen.
Andererseits lehrt die Erfahrung, dass gerade tiefliegende, kaum erkenn-
bare Knoten häufig die heftigsten Beschwerden machen, bevor die Er-
weiterung sich auf die subkutanen Venen, an denen sie vielleicht sehr
umfangreich anftritt, ausgedehnt hat Auch wird sich die Trennung von
cylindrischen und knotenförmigen Erweiterungen, wie sie in Beilage IV
der Dienstanweisung vom 8. April 1877 durchgeführt ist, nicht in jedem
einzelnen Fall aufrecht erhalten lassen; beide werden oft nebeneinander
Vorkommen. Trotzdem dürfte es nicht schwer fallen, den einzelnen Fall
an der Hand der Dienstanweisung auf Halb- oder Ganzinvalidität hin zn
prüfen.
Unter unseren 40 Fällen sind 25 Ganzinvalide, 14 Halhin valide,
1 unbestimmt.
Schwieriger dürfte es schon sein, die Dauer der Dienstunbranchbarkeit
in dem einzelnen Fall zu bestimmen. Hier stehen wir vor der Frage:
Sind Varicenbildungen an den unteren Extremitäten, welche aus irgend
einem Grunde die Dienstunbrauchharkeit des Trägers veranlasst haben,
überhaupt heilbar, oder lässt sich „eine Besserung durch Heilmittel und
die Zeit mit Sicherheit ausschliessen ?“
Ueher die Bedeutung der operativen Eingriffe für die militärischea
Verhältnisse bei umschriebenen Krampfaderbildnngen haben wir uns
schon oben ausgesprochen.
Dass sonstige Heilmittel, auch die immer wiederholte Einwickelang
nicht im Stande sein werden, eine definitive Beseitigung der Varicen
herbeizuführen, liegt auf der Hand, wenn man berücksichtigt, dass doch
in der grossen Mehrzahl der Fälle die Insuffizienz der Klappen der Er-
weiterung auf dem Fasse folgt und somit einer der wichtigsten Faktoren
für die Rückbewegung des Blutes, die Stütze der Blutsäule, der Damm
gegen eine etwaige Blutstauung ein für alle Male aasgeschaltet wird.
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So lange die Fanktion der Klappen eine normale bleibt, ist, wenn die
Erweiternng z. B. die Folge einer vornbergehenden Kompression irgend
eines Venenstammes ist, nach Beseitigung des Zirkulationshindernisses
anch wohl eine Heilung der Varicen möglich; doch dürften diese Fälle
zu den allergrössten Seltenheiten gehören. Von einer Besserung des
Leidens oder wenigstens der Beschwerden desselben können wir nnr
dann sprechen, wenn die durch tiefliegende Varicen bedingte Stauung
beim Fortscbreiten der Erweiterung auf die subkutanen Venen in ge-
wissem Grade ansgeglichen wird, nnd mit dem Erscheinen eines umfang-
reichen subkutanen Venennetzes, die vorher vielleicht sehr bedeutenden
Beschwerden nachlassen. Demnach würde eine temporäre Invalidität nnr
in seltenen Fällen anszusprechen sein. Unter unseren 40 Dienstbeschä-
digungen sind 27 dauernde, 12 temporär Invalide (1 unbestimmt).
Inwieweit die Erwerbsfähigkeit der Ganzinvaliden durch das Leiden
beeinträchtigt ist, anch das wird wiederum ganz von den Komplikationen
der Varicen nnd von den subjektiven Beschwerden abhängig sein. Allge-
meine Gesichtspunkte lassen sich unserer Ansicht nach hierfür nicht
geben; sowohl die Grade wie die Dauer der Erwerbsunfähigkeit werden
in jedem einzelnen Falle besonders entschieden werden müssen.
Zwei unserer Ganzinvalideu (19 und 20) sind für grösstentheils
erwerbsunfähig, der eine temporär, der andere dauernd erklärt worden,
die übrigen 22 (1 unbestimmt) sind als nnr theilweise erwerbsunfähig,
nnd zwar 12 davon temporär, 10 auf die Dauer invalidisirt worden.
Dienstbeschädigungen.
1. Sergeant L., Dienstzeit vom 1. November 1876 bis 4. November
1884; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbinvalide.
Inhalt des Attestes: Aeussere Dienstbeschädigung. Krampfadern
am linken Unterschenkel, infolge einer anstrengenden Uebung am 29. Juni
1882 entstanden, zeigten sich unmittelbar nach derselben. Die Krampf-
adern sind dem mechanischen Einflüsse des anstrengenden, ermüdenden
Marsches zuznschreiben.
2. Musketier G., Dienstzeit vom 9. November 1881 bis 18. April
1884; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär theilweise erwerbs-
unfähig, temporär ganzinvalide. Inhalt des Attestes: Die Verschlimme-
rung der bei der Einstellung vorhandenen linksseitigen Krampfadern ist
bedingt durch die militärdienstlichen schädlichen Einflüsse: Turnen,
Exerziren und vor Allem Marschübungen. (Zugleich links Varicocele.)
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524
S. Uoteroffiiier S., Dienstzeit vom 7. Novenaber 1876 bis 28. Aa|;ast
1881; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbinvslide.
Inhalt des Attestes: Aenssere Dienstbeschädigung. Während der
Periode des Compagnieexerzirens im März 1881. Oberflächliche Krampf-
adern am linken Unterschenkel.
4. Sergeant O., Dienstzeit vom 1. März 1871 bis 9. Juni 1884;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide und dauernd
theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Attestes: Innere Dienstbeschä-
dignng. Entstanden in der Zeit vom 1. Mai bis 24. Juni 1883 durch
vielen und schweren Dienst. Das Leiden ist beiderseitig, besonders aber
am linken Ober- und Unterschenkel vorhanden und es besteht ober der
linken Wade besonders starke Knotenbildung. Am rechten Unterschenkel
nur massig stark geschwollene Blutadern vorhanden.
5. Unteroffizier B., Dienstzeit vom 23. Dezember 1878 bis 4. Juli
1884; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dienstunbranchbar, nnd bat
später Invalidenbenefizien erhalten. Inhalt des Attestes; Entstehung ev.
Verschlimmerung durch den Dienst angenommen. Bei der Untersuchung
zum Zweck der Kapitulation im Herbst 1883 keine Krampfadern. Während
seiner Erkrankung an Gelenkrheumatismus vom 17, Januar bis 24. Fe-
bruar 1884 wurden im Lazareth leichte Ausdehnungen der Venen an den
Beinen gefunden. Anfang April wurden nach anstrengendem Dienst
allgemeine Varicen an beiden Beinen gefunden, die bis zur Mitte des
Oberschenkels binaufreichten und schnell Zunahmen. Kein Herzfehler.
6. Unteroffizier D., Dienstzeit vom 10. Oktober 1874 bis 20. Juli
1883; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide und
dauernd theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Attestes: Innere Dienst-
beschädigung: Infolge anstrengenden Marsches während der Herbst-
Übungen am 9. September 1882 Blutaderknoten am linken Bein.
7. Unteroffizier H, Dienstzeit vom 3, Dezember 1877 bis 10. Juli
1883; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide,
temporär theilweise erwerbsunrähig. Inhalt des Attestes: Entstehung
cylindrisch erweiterter Blutadern und Knoten am rechten Unterschenkel
durch Anstrengungen des Manövermarsebes am 18. September 1882.
8. Füsilier L., Dienstzeit vom 1(5. November 1880 bis 30. August
1884; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd balbinvalide.
Inhalt des Attestes: Aenssere Dienstbeschädigung. Anstrengung
beim Exerziren und Springen (durch Muskelkontraktion gehemmter
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Räckflnss des Veneoblates am Beine) als Ursache angenommen. Beider-
seitige Krampfadern als Folge dieser Anstrengung am 26. Juli 1884.
9. Füsilier J., Dienstzeit vom 9. November 1884 bis 27. Jannar 1885;
entlassen nach Beilage IVa No. 68 als temporär balbinvalide. Inhalt
des Ättestes: Aeussere Diens tbescbädigung. Varicen beider Unter-
schenkel. Nachweislich durch den Dienst verschlimmert.
10. Gefreiter M., Dienstzeit vom 6. Dezember 1883 bis 21. Juli 1685;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide, dauernd
theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Innere Dienstbeschä-
digung. Anstrengung des Dienstes, besonders Marschiren mit Gepäck
während der Dienstzeit. Die linksseitig anfgetretenen Krampfadern
sind als direkte Folge der Beengung durch Kleider, Lederzeug, Gepäck
bei anstrengenden Märschen, Felddienstöbnngen etc. aufzufassen.
11. Grenadier G., Dienstzeit vom 6.November 1883 bis 4. Oktober 1884;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide, temporär
theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Die am linken Ober-
and Unterschenkel entwickelten Varicen haben in der Anlage bereits
bestanden und sind durch allmähliche Zunahme des Leidens infolge dienst-
licher Anstrengungen zu ihrer jetzigen Höhe entwickelt.
12. Unteroffizier G., Dienstzeit vom 8. April 1877 bis 8. April 1881;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide, temporär
theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Innere Beschädigung.
Beiderseitige Krampfadern. Ist attestirt nach § 20 2 c. d. D. A.
13. Unteroffizier S., Dienstzeit vom 7. November 1876 bis 18. Juni
1883; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbin valide. Inhalt
des Ältestes: Aensserliche Dienstbeschädignng. Weder bei der
Einstellung noch bei der alljährlichen Untersuchung behufs Kapitulation
sind Krampfadern gefunden worden. Dieselben sind plötzlich entstanden
nach dem Compagnieexerziren im Frühjahr 1881 , nachdem heftige
Schmerzen im rechten Unterschenkel vorangegangen waren. Krank-
meldung am 14. Juni 1881. Darauf weitere Entwickelung der Varicen.
14. Sergeant L., Dienstzeit vom 11. Oktober 1870 bis 27. Juli 1879;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als ganzinvalide, dauernd theilweise
erwerbsunfähig. Inhalt des Ättestes: Aeussere Dienstbeschädigung.
Marschiren über einen steilen Berg im Manöver 1876. Danach Ader-
erweiternng konstatirt. Verschlimmerung beim Compagnieexerziren
Frühjahr 1877. Krampfadern links.
15. Sergeant und Oberlazarethgehülfe E., Dienstzeit vom 23. Oktober
1874 bis 28. Oktober 1882; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als
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danernd ganziovalide und tbeilweise erwerbsuofähig. Inhalt des Ältestes;
Aeussere Dienstbeschädigong. Krampfadern höheren Grades an
der unteren Extremität infolge eines anstrengenden Marsches im Manörer
am 22. August 1882.
16. Unteroffizier A., Dienstzeit vom 6. April 1876 bis 3. April 1884;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als ganzinvalide, dauernd tbeilweise
erwerbsnofähig. Inhalt des Ältestes; Durch dienstliche Anstrengungen
entstanden.
17. Sergeant F., Dienstzeit vom 16. Dezember 1869 bis 1. August
1878; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als ganziovalide, dauernd theil-
weise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Aeussere Dienstbesebä-
di gong. Nachdem zuvor schon längere Zeit hindurch schmerzhafte
Empfindungen im linken Unterschenkel bestanden hatten, nach einem
Sprung über den Graben beim Gefechtssebiessen Entwickelung ausge-
dehnter Erweiterungen der Venen am linken Unterschenkel mit knoten-
förmigen Ausbuchtungen.
18. Ulan L., Dienstzeit vom 1. Oktober 1878 bis 20. Dezember 1881;
entlassen nach Beilage IVa No. 68 als halbinvalide auf zwei Jahre.
Inhalt des Ältestes; Aeussere Dienstbeschädigong. Beim Wasser-
tragen am 29. November 1881. Entstehung starker cylindriseber und
knotenförmiger Venenerweiterungen am Unterschenkel.
19. Gefreiter G., Dienstzeit vom 4. Dezember 1882 bis 26. Angust
1885; entlassen nach Beilage IVb No. 69 als temporär ganzinvalide,
temporär grösstentbeils erwerbsunfähig (vorläufig auf ein Jahr). Inhalt
des Ältestes; Aeussere Dienstbeschädigung. Infolge starker An-
strengung am 7. Juli 1885 erfolgte beim Fortschaffen eines Holzklotzes
eine erhebliche Blutung aus einer erweiterten Blutader am linken Unter-
schenkel. An einzelnen Stellen der linken erweiterten vena saphena
magna fühlte man härtere, griesig anzufühlende, linsengrosse Knötchen
(V enensteinchen).
20. Sergeant T., Dienstzeit vom 5. November 1872 bis 7. Februar
1882; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als ganzinvalide, dauernd
grösstentbeils erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Aeussere Dienst-
beschädigong, welche sich ohne bestimmtes Datum im Laufe der
Zeit durch den kavalleristischen Dienst, besonders das Reiten, geltend
gemacht hat. Zweimal im Jahre 1881 an entzündlicher Verstopfung der
Blutaderknoten der rechten Wade im Revier behandelt.
21. Sergeant W., Dienstzeit vom 27. November 1872 bis 9. Dezember
1883; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganziuvalide.
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Inhalt des Ältestes; Laat Dienstbeschädignngsattest von Seiten der Batterie
als Folge des Reitens. — Linksseitig.
22. Sergeant N., Dienstzeit vom 1. November 1875 bis 27. Oktober
1884; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbinvalide.
Inhalt des Ältestes ; Aeussere Dienstbeschädignng, entstanden durch
Reiten eines sehr schwierigen Pferdes im Jahr 1883. — Beiderseitig.
23. Dragoner T., Dienstzeit vom 1. Oktober 1878 bis 13. August
1880; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbinvalide.
Inhalt des Ältestes: Mit leichten Venenerweiterungen beiderseits eingestellt.
Im Dienst verschlimmert.
24. Gefreiter L., Dienstzeit vom 1. Oktober 1877 bis 19. Juli 1882;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide, dauernd
theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Aeussere Dienst-
beschädigung. Andauerndes Reiten schwieriger Pferde unter Mitwirkung
der hohen Stiefel. (Druck der Falte in der Kniekehle.)
25. Unteroffizier W., Dienstzeit vom 4. Dezember 1874 bis 5. Oktober
1879; entlassen nach Beilage IVb No. 69 als dauernd ganzinvalide,
temporär theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Aeussere
Dienstbeschädignng. Vor der Aushebung Narben von Unterschenkel-
gesebwüren links, die von Verdickung des Zellgewebes mit Blutader-
knoten umgeben sind. Am 20. Mai 1879 während des Remontereitens
Durchsebenerung der Haut am linken Unterschenkel.
26. Unteroffizier M., Dienstzeit vom 10. November 1874 bis 10. No-
vember 1879; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide,
theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Angestrengtes Reiten im
Sommer 1879. Varicen beiderseits.
27. Ulan A., Dienstzeit vom 1. Oktober 1880 bis 20. Juli 1883;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär (auf zwei Jahre) ganz-
invalide und theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Ältestes: Anhaltendes
Reiten eines heftigen und unbequemen Pferdes seit Herbst 1882 (kürzere
Zeit) und seit Frühjahr 1883. Bedeutende Krampfadern mit Knoten-
bildung am linken Beine.
28. Ulan H., Dienstzeit vom 1, Oktober 1882 bis 18. August 1885;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganzinvalide, temporär
theilweise erwerbsunfähig (auf ein Jahr). Inhalt des Ältestes: Oe-
sammteinwirkung der anstrengenden Uebungen im Jahre 1885 (wieder-
holt einwirkender Druck während anstrengenden Reitens). Varicen
beiderseits mit beginnender Knotenbildung.
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29. Sergeant M., Dienstzeit vom 21. Januar 1874 bis 21. Jani 1882;
entlassen nach Beilage IVa No. 68 als danernd halbinralide. Inhalt des
Attestes: Aenssere Dienstbeschädigung. Ansgleitcn mit dem
rechten Fass bei einem Uebungsmarsch am 22. Mai 1880.
.30. Sergeant M., Dienstzeit vom 10. Oktober 1874 bis 27. Dezember
1882; entlassen nach Beilage IVb No. G8 als dauernd ganzinvalide,
temporär (zwei Jahre) theilweise erwerbsunHihig. Inhalt des Attestes:
Aeusscre Dienstbesebädignng. Verstauchung des rechten Fasses
am 13. Juli 1881 durch Aasgleiten beim llerabsteigen von einem Wagen.
Infolge dieser Verstanchung andauernde Schwäche im rechten Fass,
nnd etwa ein Jahr nach der Besebädigang Auftreten starker Varicen
am rechten Beine. Das beschädigte Fnssgelenk and seine Umgebang
ist so hochgradig geschwollen, dass Befreiung des Patienten von allen
Marschübungen nöthig ist und dass derselbe nur im inneren Dienst ver-
wendbar ist.
31. Vizefeldwebel St., Dienstzeit vom 27. November 1872 bis
28. August 1883; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als danernd halb-
invalide (theilweise erwerbsunfähig). Inhalt des Attestes: Aenssere
Dienstbeschädigung, entstanden am 18. April 1883 bei Ausöbang
des Wachtdienstes durch Venenzerreissang am linken FossknöchcL
Infolge dessen stärkere, über einen grossen Theil des linken Unter-
schenkels verbreitete Krampfadern.
32. Sergeant W., Dienstzeit vom 1. Oktober 1876 bis 9. Dezember
1884; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als ganziuvalide, dauernd theil-
weise erwerbsunfähig. Inhalt des Attestes: Aenssere Dienstbe-
schädigung. Quetschung des linken Unterschenkels am 11. Juni 1881
durch Ilufscblag.
33. Unteroffizier E., Dienstzeit vom 9. Oktober 1880 bis 10. De-
zember 1882; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd balbinvalide.
(K. M. Verf. vom 25. Februar 1878.) Inhalt des Attestes: Aenssere
Dienstbeschädigung. Vor dem Eintritt einzelne Blutadern cylindriscb
erweitert ohne Knotenbildnng. Darch Marschübung am 5. nnd 6. Sep-
tember 1883 Zellgewebsentzündung am linken Unterschenkel. Hierdnrch
entstand (nach Entscheidang des Korps-Oeneralarztes vom 3. November
1883) eine Verschlimmerung des Leidens.
34. Musketier V., Dienstzeit vom 6. November 1878 bis 20. Juli
1881; entlassen nach Beilage IVa No. 68 als temporär halbinvalide.
Inhalt des Attestes. Aenssere Dienstbeschädigung. Durch Knie-
aufschwung beim Turnen am 6. Mai 1881.
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35. Unteroffizier G., Dienstzeit vom 1. Oktober 1879 bis 12. Jnni
1885; entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide
and tbeilweise erwerbsanfähig. Inhalt des Attestes: Aeossere Dienst-
beschädigung. Am 16. Juli 1884 Sturz mit dem Pferde, so dass das
rechte Bein unter das Pferd zu liegen kam. Darauf Venenentzündung
des rechten Beins, die eine fnnfwöchentliche Lazarethbehandlnng noth-
wendig machte. Im Anschluss daran Entwickelung von Blotaderknoten
and Strängen mit gleichzeitiger Verdickung des rechten Beins um 4 cm.
36. Pionier F., Dienstzeit vom 8. November 1881 bis 13. Juli 1884;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide und theil-
weise erwerbsanfähig. Inhalt des Attestes: Aeussere Dienstbe-
schädigung. Bei der Einstellung unbedeutende Varicen ohne Knoten
an beiden Unterschenkeln. Am 17. Januar 1883 Quetschung der Unter-
schenkel durch einen Streckbalken. Es entwickelte sich eine linksseitige
starke Venenentzündung nebst Verstopfung einer Blutader (Thrombose).
Bis zum 19. Februar 1883 Lazareth-, dann 14 Tage Revierbehaodlung.
Seit jener Zeit Krampfaderknoten und häufige teigige Anschwellung der
Unterschenkel mit wiederholten Krämpfen der Wadenmuskeln.
37. Sergeant H., Dienstzeit vom 21. Oktober 1876 bis 7. März 1883;
entlassen nach Beilage IVa No. 68 als dauernd halbinvalide. Inhalt des
Attestes: Aeussere Dienstbescbädignng. Im Oktober 1879 beim
Sprung über den Kasten Quetschung der linken Leistengegend, infolge
deren sich eine ausgedehnte Entzündung und Vereiterung der Lyraph-
drüsen dieser Stelle entwickelte, welche eine fünfmonatliche Lazareth-
behandlung nothwendig machte. Die in der Leistengegend zurück-
gebliebenen geschwollenen Drüsen sowie die mit diesen verwachsenen
Schnittnarben, anfangs bei jeder Anstrengung schmelzend, übten einen
solchen Druck auf die abführende grosse Vene aus, dass sich zuerst
erweiterte Blutadern am linken Unterschenkel entwickelten, die sich im
Laufe der Jahre vergrösserten and zu denen sich auch solche am linken
Oberschenkel gesellten.
38. Unteroffizier H., Dienstzeit vom 7. November 1878 bis 1. Juli
1882; entlassen nach Beilage IV'a No. 68 als dauernd halbinvalide. Inhalt
des Attestes: Aeussere Dienstbeschädigung. Verstauchung des
Fassgelenks am 20. März 1882. Darauf cylindrisebe Erweiterungen der
Blutadern mit Geschwürsbildung.
39. Füsilier K., Dienstzeit vom 6. November 1880 bis 15. Juli 1883;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als dauernd ganziuvalide und temporär
theilweise erwerbsanfähig. Inhalt des Attestes: Innere Dienstbe-
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Bcbädigung. Im Herbst 1881 Typhus abdominalis (dessen Entstehang
ans dienstlichen Ursachen nicht nacbzuweisen war). In Anschluss daran
Tbrombosis venae femoralis sinistrae, welche nicht wieder wegsaro wurde.
Nach langwieriger Rekonvalescenz hat der p. K. erst vom November
1882 bis Mai 1883 praktischen Dienst gethan. Am 29. Mai Krank-
meldung, da die durch die Anstrengungen des Dienstes erzeugte hoch-
gradige Verschlimmerung der anfangs, d. h. nach der Thrombose ge-
ringen Krampfadern bei starker Schwellung des ganzen Beines den Dienst
unmöglich machten.
40. Jäger R., Dienstzeit vom 6. November 1883 bis 25. Juni 1885;
entlassen nach Beilage IVb No. 68 als temporär ganzinvalide, temporär
theilweise erwerbsunfähig. Inhalt des Attestes: Innere Dienstbe-
Bchädigung. Ende November 1883 Typhus abdominalis. Ende De-
zember 1883 Phlebitis sinistra. Bald darauf Entwickelung von Krampf-
adern am linken Bein.
Das Endergebniss der Arbeit fassen wir in folgenden Sätzen ta-
sammen:
1. Ausser der Behinderung des venösen Abflusses ist für die Ent-
stehung von Varicen an den unteren Extremitäten die angeborene
Schwäche und Ungleichheit der Venenwandungen verantwortlich
zu machen.
2. Tiefe Varicen sind ebenso häufig wie oberflächliche; erstere
gehen sogar meist der Bildung oberflächlicher voraus.
3. Eine Vorliebe der linken Seite für die Erkrankung besteht nicht.
4. Ausser den Leuten mit umfangreichen, cylindrischen oder knoten-
förmigen, oberflächlichen Varicen sind sämmtliche mit tiefen
Krampfadern behafteten Leute, selbst wenn es sich nur um
kleine Knoten handelt, vom Militärdienst auszusch Hessen.
6. Auf dienstliche Veranlassung hin können sowohl oberflächliche
wie tiefe Varicen entstehen , letztere häufiger wie erstere.
Ebenso muss die Möglichkeit der Verschlimmerung schon be-
stehender (besonders tiefer) Varicen durch dienstliche Veran-
lassung zugegeben werden.
6. Sowohl innere wie äussere Dienstbeschädigung ist bei Ent-
stehung von Krampfadern denkbar.
7. Eine Beseitigung des Leidens durch Heilmittel oder die Zeit ist
für gewöhnlich ausgeschlossen.
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531
Littcratur.
1. Statistischer Sanitätsbericht 1878 bis 1882.
2. Sanitätsbericht über die Deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich.
3. Gaujot, de l'ütiologie du varicocele 1878.
4. Branne, Wilhelm, Die Oberschenkelvcne des Menschen in anato-
mischer und klinischer Beziehung. 1871.
5. Maas, Die Zirkulation der unteren Extremität, Zeitschrift für Chi-
rurgie 1882, S. 197 bis 207.
6. Soboroff, S., Untersuchungen über den Ban normaler und ekta-
tischer Venen, Virchow’s Archiv 1872, S. 137 und 306.
7. Puchelt, Das Venensystem in seinen krankhaften Verhältnissen.
8. Sappey, Anatomie descriptive.
9. LeDentu, Recherches anatomiques sur les veines du pied et de la
jambe.
10. Verneuil, Ar., Note sur les varices profondes de la jambe envi-
sagees au point de vne clinique; Symptomatologie, diagnostic et
traitement de cette lesion, Gazette hebdomad. 1861, pag. 428 , 446,
477, 532.
11. Forgeron, De dilatations ampullaires de la saphene.
12. Negrelli, Contribuzioneallastudio delle varici degli arti inferior!. 1880.
13. Verneuil, Du siüge reel et primitif des varices de membres infö-
rieurrs. Gazette medical 1855, pag. 524.
14. V. Besser, Ueber Varicen, Virchow’s Archiv, Band 100, 3. Heft, 1885.
15. Clary, Ruptures des varices profondes du membre inferienr.
16. Hasse, Spezielle pathologische Anatomie.
17. Rokitansky, Pathologische Anatomie, Band 2.
18. Birch'Hirschfeld, Pathologische Anatomie.
19. Lebert, Krankheiten der Blut- und Lymphgefässe, Virchow’s
Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie V. 2, S. 573
bis 577 und S. 107.
20. Pitha und Billrotb, Chirurgie, Band 2, zweite Abtheilung.
21. Albert, Chirurgie, IV. Band.
22. Bardeleben, Chirurgie, 1871, II. S. 216 bis 257.
23. König, Chirurgie, S. 915, 919, 1029.
24. Virchow, Geschwülste, Band 3.
25. Sotniscbewsky, Staunngsödem, Virchow’s Archiv, Band 77, 1879.
26. Centralblatt für Chirurgie, Referate.
27. Verhandlungen der Cbirurgenkongresse.
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Einige Bemerkungen zur Frage der Heilbarkeit der Hernien.
VoD
Stabsarzt Dr. VillareL
Die Frage, in welcher Zeit eine Hernie geheilt werden könne, so
dass weder eine Darmschlinge ans der Bauchhöhle heraustritt, noch der
Betreffende eines Bruchbandes bedarf, ist von ganz besonderem Interesse
für die Militärärzte. Einige eigene, weiter unten mitgetheilte Erlebnisse
hatten mich bereits veranlasst, dieser Frage näher zu treten, als ich ia
der Lancet vom 20. Februar 1887 folgenden, hier ansznglich mitgetheilten
Fall las:
Dr. Velleman in Brüssel untersucht im Juni 1883 einen 18jährigen
jungen Menschen, der über Schmerzen in der Leistengegend klagte.
V. konstatirt eine sehr kleine Hernie (Hcrnia inguino-interstitialis), die
reponirt und darauf durch ein Bruchband zurückgehalten wird. Vier
Tage später bescheinigt V. diese Fakta auf Bitten der Mutter, weiss aber
nicht wozu. Im August wird Dr. V. vor den Richter gefordert, da
inzwischen der junge Mann roilitärärztlich untersucht war, an ihm kein
Bruch gefunden wurde, und die untersuchenden Militärärzte das Attest
V.'s für gefälscht erklärten, da es unmöglich sei, dass der Unter-
suchte im voraufgegangenen Juni eine Hernie gehabt habe.
V. constatirte selbst, dass der Mann jetzt keinen Bruch mehr hatte.
Die Anklage wurde erhoben, und der Staatsanwalt beantragte 5 Jahre
Gefängniss für Velleman, der freigesprochen wurde. Ersterer legte
Berufung ein, letzterer wurde endlich definitiv freigesprochen, da er
folgende Gutachten beibrachte: ,1. Von Soupart, Professor der Chirurgie
in Gent, der besonders sich mit dem Ausdruck „interstitialis'^ einverstanden
erklärte und die Möglichkeit der Heilung eines Bruches in zwei
bis drei Monaten durchaus aufrecht erhielt; 2. von Debaisieux,
Professor der Chirurgie in Löwen (Louvain), der bestimmt erklärte, dass
eine plötzliche, durch Körperanstrengung entstandene Hernie,
die sofort in Behandlung genommen, d. h. sofort reponirt und
zurückgehalten sei, recht gut in einigen Tagen oder Wochen
definitiv heilen könne.
.Diesem Falle füge ich folgende selbst beobachtete hinzu:
Im' November 1886 erklärte ich einen am 1. Oktober desselben Jahres
eingestellten Einjahrig-Freiwilligen wegen eines plötzlich entstandenen,
\
S
V
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533
aber unzweifelhaften Leistenbrucbes für dienstunbrauchbar. Der Mann
wurde als dienstunbrauchbar anerkannt und entlassen und am 24. Mai 1887
Buperrevidirt. Der snperrevidirende Arzt konnte keinen Bruch mehr kon-
statiren. Der Mann wurde demgemäss sofort seinem Troppentheil zum
Weiterdienen wieder zugeschickt, mir wieder vorgestellt, und auch ich
konstatirte normale Verhältnisse an der Stelle des früheren Bruches. Der
Mann hat seine Zeit ausgedient, jeden Dienst, auch ein Manöver, mit-
gemacht, ohne von einem Leiden wieder heimgesucht worden zu sein.
Von seiner Entlassung bis zur Superrevision trug er ein Bruchband, liess
es aber vom Tage der Wiedereinstellung an fort, da er sagte, wenn er
keinen Bruch habe, brauche er auch kein Bruchband zu tragen. —
Wenn ich nun auch nicht einmal wegen dieser Sache befragt,
geschweige denn unter Anklage gestellt worden bin, wie Dr. Veilem an,
so batte doch dieser Vorgang meine Aufmerksamkeit in besonderer
Weise auf die Hernien gelenkt, so dass ich analogen Fällen eine ganz
besondere Aufmerksamkeit zuwandte. So konstatirte ich im vorigen
Jahre bei dem Füsilier Pr., der beim Tragen einer schweren Last auf
die Knie gefallen und sich aus dieser Lage ohne Unterstützung — die
mit den Händen festgehaltene Last dabei auf der Schulter (also starker
Anstrengung der Bauchpresse) — wieder erhoben batte, einen Leisten-
brach. Ich meldete die Dienstonbrauebbarkeit des Mannes darauf bin
an; den Bruch hatte ich sofort reponirt. Der Mann bekam ein Bruch-
band. Ala ich nach etwa vier Tagen den Befehl zur Attestausstellung
bekam, liess ich mir den Mann wieder vorführen und — konnte keinen
Bruch mehr konstatiren. Selbst bei forcirtem Hasten trat eine Darm-
scblinge nicht einmal in den Leistenkanal. Der Bruch war also geheilt.
Der Mann hat zwei Jahre gedient, ohne je wieder einen Bruch gehabt zu
haben, ohne jemals überhaupt, sei es durch Schmerzen u. s. w. , wieder
an den Bruch erinnert zu sein. Ein diagnostischer Irrthum ist absolut
ausgeschlossen, da ausser mir zufällig noch zwei Kollegen den Bruch
als solchen erkannt hatten. In den letzten Monaten habe ich zwei
weitere dem eben erwähnten ganz und gar gleichende Fälle von Heilung
einer Leistenhernie beobachtet. Da mir nun auch Kollegen mitgetheilt
haben, u, a. kürzlich Stabsarzt Dr. Schwarze, Posen, ähnliche
Beobachtungen gemacht zu haben, so muss es doch fraglich erscheinen,
ob es richtig ist, dass jeder Mann, der plötzlich einen Bruch infolge
einer ganz aussergewöhnlicben, nur durch besondere Verhältnisse hervor-
gerufenen, also nur ausnahmsweise entwickelten Anstrengung der Bauch-
presse bekommt, — ohne Weiteres als mit einem Gebrechen behaftet
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angeßebcn wird, welches ihn lunäcbst unter die Klasse der körperlich
minderwerthigen Leute einrechnet? (Selbstverständlich handelt es sich
hier nur um militärische Gesichtspunkte.) — Diese Frage würde sofort
erledigt sein, wenn man erklären müsste: ein Mann, der ein Bruchband
trägt, ist dadurch allein dienstunbrauchbar. Das ist aber keineswegs
der Fall. Immer war in der preussiseben Armee ein bestehender Bruch
ein Grund für die Untauglichkeitserklärnng eines noch nicht ansgehobeuea
Mannes. Aber ein in der Dienstzeit erworbener Bruch war bis zom
2. April 1876 kein Entlassungsgrnnd. Erst au diesem Tage wurde die
Verfügung erlassen, dass jede konstatirte Hernie den Besitzer für den
Militärdienst unbrauchbar mache. Aber auch damals musste man schon
eine Ausnahme machen, indem man die mit einem Bruchschaden behafteten
Kapitulanten sehr gerechter Weise weiter dienen Hess, weil diese Leute
doch zur Zeit ihres Kapitnlationsabschlusses keineswegs hatten vorsos-
sehen können, dass ihr früher nicht beanstandetes Gebrechen auf eiomal
als ihre Leistungsfähigkeit vermindernd oder gar anfbebend angesehen
werden würde. Somit steht also fest, dass lange, lange Jahre hindurch
in unserer Armee mit Bruchschäden behaftete und ein Bruchband tragende
Leute nicht nur gedient haben, sondern auch im Dienste genügten.
Nichtsdestoweniger kann darüber kein Zweifel bestehen, dass Leute,
welche einen ausgebildeten Bruch haben und auf das Tragen eines
Bruchbandes angewiesen sind, für felddienstunfähig erachtet werden müssen.
Im Felde kann z. B. ein Bruchband defekt werden, ohne dass ein Ersatz
möglich ist, ohne Bruchband aber ist der Mann nicht leistungsfähig, also
bedingt schon diese Möglichkeit allein die Felddienstunfähigkeit eines
Bruebbaudträgers. Darin liegt aber auch nicht der Schwerpunkt der
Frage. Dieser gipfelt darin: muss jeder junge Mann, welcher dnreh irgend
eine plötzliche Anstrengung einen Bruch bekommen hat, sofort als dienst-
unbrauchbar angesehen werden? Und an diese Frage knüpft sich sofort
die zweite: welche Zeit könnte man wohl für ausreichend erachten, nm
einen frisch entstandenen Bruch zur Heilung zu bringen? Letztere Frage
wird n. a. auch durch folgende, sicher von jedem älteren Militärärzte
öfter erlebte Thatsacbo illustrirt, dass sich bei der Musterung, besonders
der Einjährigen, d. h. der Kinder ans den besseren Ständen, junge Leute
mit einem Bruchbande vorstellen. Deutlich zeigt die Druckstelle, wo die
Pelotte liegt, dass das Band lange Jahre getragen ist. Der Untersuchte
giebt an, er habe seit der Kindheit einen Bruch und trage auch so lange
ein Bruchband. Man findet einen völlig verschlossenen Leistenkaoal,
stellt den Mann ein, und dieser dient ohne Beschwerde aber auch ohne
Bruchband sein Jahr ab.
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Hieraas resaltirt, dass wir die 1. frisch entstandenen, und 2. die
lange bestehenden und ein Brachband erfordernden Hernien von ein-
ander za trennen haben.
Die erste Klasse von Leuten eine Zeit lang noch bei der Truppe zu
behalten, um zu sehen, ob es sich um einen heilbaren oder um einen
bleibenden Bruch handelt, könnte man schon verantworten, denn es
giebt eine ausserordentlich grosse Anzahl von Leuten, welche den An-
forderungen eines ausserordentlich schwere Arbeit verlangenden Civilberufes
gerecht werden, obwohl sie mit einem Bruche behaftet sind und in
Folge dessen ein Bruchband tragen müssen. Im Fall der Mobilmachung
mossten allerdings solche Leute, falls sie sich noch so zu sagen in der
Heiluogsperiodc ihres Bruches befänden, dem Ersatzbataillon überwiesen
werden, sonst aber könnten dieselben mit gut verpasstem Bruchband
allen Dienst mitmachen und wären höchstens von einigen Turnübungen
za dispensiren, was ebensowenig ins Gewicht fiele, als das Ausschliessen
eines mit Trommelfellperforation Behafteten vom Schwimmen, und dergl.
Aebniicbes. —
Eis käme hierbei nur noch darauf an, ungefähr zu wissen: io welcher
Zeit kann ein frischer Bruch heilen und unter welchen Bedingungen?
Denn wir erwähnten schon, dass wir uns nur mit den frisch entstan-
standenen Hernien hier befassen können. Diese Frage der Zeit der Heil-
barkeit einer Hernie ist nun aber eine noch offene; dass diese Heilbarkeit
als durchaus möglich anerkannt ist, bat auch schon das Invaliden-
Departement unseres Kriegsministeriums ausgesprochen, indem es zum
Schluss einer Verfügung vom 30. Juni 1878 sagte: „Es empfiehlt eich,
in der Regel die Anerkennung von Invalidität in Folge von Bruchschäden
nicht von vornherein als eine dauernde eintreten zu lassen, vielmehr sie
möglichst lange auf Zeit auszuspreeben, da erfahrungsraässig in manchen
Fällen die Heilung von Bruchschäden und damit die Wiederkehr der
Felddienstfähigkeit bei den Betreffenden stattfinden wird.“
Nun scheinen aber doch einige — und nicht wenige — Hernien in
verliältnissmässig recht kurzer Zeit zu heilen, so dass zum Nutzen des
Staates sowohl wie des Betreffenden eine Entlassung aus dem Armee-
verbande, der dann doch eine Wiedereinstellung folgen würde, gar nicht
lohnt.
Welche Art von Brüchen sind aber diese schnell heilenden? Ein
Fingerzeig io dieser Richtung scheint mir folgender E'all zu sein: Mir
wurde einst in Coblenz ein Offizieraspirant zur Untersuchung vorgefübrt.
Ich erklärte ihn für brauchbar. Bei der Untersuchung war mir auf-
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gefallen, daas der rechte Leisteiikanal sehr weit war, and dass auch eine
ausserordentlich weite Bruchpforte vorhanden war. Der junge Mann
sagte auf Befragen, dass er von einem Bruch nichts wisse. Er wurde
zur Einstellung in das Pionier- Bataillon nach M. — geschickt Drei Tage
darauf kam von dort die Nachricht, dass der X. bei der Untersuchung mit
einem rechtsseitigen ausgebildeten äusseren Leistenbrnch behaftet befunden
und in Folge dessen für dienstunbrauchbar erklärt worden sei. Selbstver-
ständlicher Weise ging mir von der über dieses Resultat etwas ver-
wunderten Pionier-Inspektion dieses Faktum zur Kenntnissnabme zu. Ich
selbst war nicht weniger erstaunt, denn übersehen batte ich den Bruch
bestimmt nicht. Er mnsste also in den verflossenen drei Tagen enstauden
sein. Bei der Erinnerung an den weiten Leistenkanal und die weite
Brachpforte konnte man sich denken, dass bei der bestehenden Brach-
anlage auf der Reise beim mehrmaligen Einsteigen in Waggons, d. h.
bei wiederholter lebhafterer Anstrengung der Baachpresse, der Bruch
entstanden war. Hieraus möchte ich dann zunächst scbliessen, dass bei
gewöhnlichem Anlass, jedenfalls nicht bei besonders grosser Anstrengung'
sondern bei gewöhnlichen, häufiger und regelmässiger im Leben sich
wiederholenden Körperbewegungen entstandene Brüche, noch dazu bei
vorhandenem weiten Leistenkanal und offener Bruebpforte (Brachanlage),
nicht zu denen gehören, denen eine rasche Heilbarkeit zu vindizireu
ist. Ueberhaupt wird cs bei Beurtheilung der Heilungsfähigkeit neu
entstandener Hernien wesentlich auf die Entstebnngsart ankommeu.
Entstand der Bruch bei einer gewöhnlichen, häufig wiederkehrenden
Körperbewegung, wird die Prognose, quoad Heilung, angünstig sein.
Wurde im Oegentheil der Bruch erzeugt bei ganz aussergewöhnlicber
Veranlassung — also z. B. beim sich Erheben eines auf die Kniee
gefallenen, eine schwere Last auf den Schaltern mit Hülfe der Hände
(die also als Stütze nicht benutzt werden können) tragenden Mannes, so
ist nach vollbrachter Reposition eine Heilung eher zu erwarten. Zweifellos
weisen derartige Fälle wie die mitgetheilten darauf hin, dass wir auch
bezüglich der Hernien in strengster Weise individualisiren müssen, dass
keineswegs alle Leistenbrüchc von einem und demselben Oesiebtspunkte
aus zu beurtheilen sind. Den neinerseits haben wir es zu thun mit Leuten,
deren Bruchschäden Jahre lang existiren, die nur mit einem Bruchband
die Leistungsfähigkeit erreichen, welche für den Erwerb ihres Lebens-
unterhaltes uötbig ist, und andererseits haben wir Leute, bei denen durch
eine einzige plötzliche Anstrengung ein Bruch hervortritt; dieser wird
binnen kürzester Frist vom Arzte reponirt und durch ein Bruchband am
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Wiedererscheinen verhindert, so dass diese Leute, abgesehen von der
nicht nennenswerthen Belästignng durch die Bandage, keine Beschwerden
von diesem Bruche verspüren.
In folgenden Sätzen möchte ich das Resultat vorstehender Erwägungen
susammenfassen :
1. Neu entstandene Hernien sind im Prinzip als heilbar anzusehen,
jedenfalls sind sie nicht von vornherein den länger bestehenden Brüchen,
welche nnr mittelst eines dauernd getragenen Bruchbandes zurückgehalten
werden, gleichzustellen.
2. Die Prognose für die Heilbarkeit ist um so günstiger, je frischer
die Hernie ist und um so weniger Zeit zwischen dem ersten Auftreten
des Bruches und seiner Reposition und demnächstigen dauernden Zurück-
haltung verstrichen ist.
3. Eine Hernie, welche bei einer nicht aussergewöhnlichen Anstrengung
und bei einer öfter wiederkehrenden Körperbewegung oder -austrengung
entstand, bietet weniger Aussicht auf Heilung als eine bei aussergewöhn-
licber Kraftanstrengung und nur selten vorkommender Lage oder Haltung
des Körpers entstandene.
4. Weiter Leistenkanal, offene Bruebpforte (Bruchanlage) verschlechtern
die Prognose bezüglich der Heilbarkeit erheblich,
[). Mit Hernien behaftete Mannschaften sind erst dann vom Truppen-
arzt als dienstunbrauchbar anzusehen, wenn eich nach einer je nach dem
konkreten Falle verschiedenen Beobachtungszeit herausstellt, dass der
Besitzer des Bruches durchaus ein Bruchband zu tragen gehalten ist,
weil ohne ein solches der Broch stets rezidivirt.
Wie bedeutend die Zahl der alljährlich wegen Hernien aus der
Armee ausscheidenden Unteroffiziere und Mannschaften ist, ergiebt sich
aus folgender Uebersicht, welche die in Folge von Hernien, die durch
eiu Bruchband zurückgehalten werden können, dienstnnbrauchbar und
die in Folge eben solcher Hernien für halbinvalide erklärten Leute um-
fasst. Leider lässt sich die Uebersicht nur bis 1882 geben. (Tabelle
siehe umstehend.)
Wir sehen also, welch’ eine grosse Zahl von Leuten in Folge von
Hernien der Armee verloren geht. Nehmen wir nur die ausgeb ildeten
Dienstunbrauebbaren und die Halbinvaliden der letzten drei Jahre
aus obiger Tabelle, da wir bei diesen a priori annehmeu können, dass
der die Unbrauchbarkeit bezw. Invalidität bedingende Bruch während der
Dienstzeit entstand, also ein frischer Bruch war, so gingen in diesem
Zeitraum 1345 Mann, also fast ein halbes kriegsstarkes Regiment und
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4 vom Taosend, der Armee verloren, da gerade von diesen kaam einer
wieder für dienstfähig erklärt wird. Rechnet man aber die nnaos-
gebildeten Brochkranken dieser dreijährigen Periode noch hinio, nämlich
1441 Mann, so ergiebt sich eine Gesnmmtzahl von 2785 Mann, d. h. von
je 10 000 Mann worden 84 in dieser dreijährigen Periode in Folge von
Brachschäden nnbraochbar for den Königlichen Militärdienst.
Sehr erfreolich wäre es, wenn dorch obige Zeilen andere Eollegeo mit
reicherer Erfahrong wie die meine sich zo weiteren Mittheilongen in
dieser wichtigen Sache veranlasst sähen.
Zahl der Dienstnnbranchbarkeits* nnd Halbin validitäts-
Erklärongen in Folge von Hernien, welche dorch ein Bruch-
band zornckgebalten werden können, in der deotschen Armee
in der Zeit vom 1. April 1873 bis 30. März 1882.
Zahl der durch Bruchschäden für
dienstunbrauchbar Erklärten
Zahl der
in Folge
von Kruchschaden
Rapport-
Iststärke
davon
für h
alb-
der
a) ausgebildete
in va
lide
jahr
Armee
b) unausgebildete
Leute
erklärten Lieute
absolute
»/oo
absolute
“/oo
absolute i
Zahl
Zahl
Zahl
1873/74
298 876
344
1,15
_
6
0,02
1874/75
311609
330
1,06
—
—
4
0,01
1875/76
327 594
351
1,07
—
—
5
0,01
Am
2. April 1876 wurde die neue Vorschrift betreffend
veränderte Bearthcilung der Leistenbrüche erlassen.
1876/77
330 646
728
2,20
—
—
284
0,86
1877/78
327 271
632
1,93
—
265
0,81
1878/79
327 298
588
1,80
a) 199
b) 389
a) 0,60
b) 1,20
274
0,84
1879/80
330 430
629
1,90
a) 168
b) 461
8) 0,51
b) 1,39
288
0,84
1880/81
331 747
614
1,94
a) 163
b) 481
8) 0,49
b) 1,45
261
0,78
1881/82
335 794
701
1,94
a) 202
b) 499
a) 0,54
b) 1,40
263
0,74
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539
lieber Schirmbetten und Freiluftlazarethe.
Von
Oberstabsarzt Port.
Nachdem jüngst in dieser Zeitschrift die Angelegenheit der Noth-
Bchuttdächer durch Herrn Kollegen Nicolai in dankenswerther Weise
wieder xur Sprache gebracht worden ist, möchte ich mir erlanben, über
diesen Gegenstand einige weitere Betrachtongen anxnstellen.
Es ist längst allgemein anerkannt, dass zur Aufnahme der Ver-
wundeten die auf den Kriegsschauplätzen TorUndlichen Gebäude allermeist
unzureichend sind, dass daher Baracken und Zelte in entsprechender
Menge zn Hülfe genommen werden müssen. Es ist auch selbstverständ-
lich, dass Baracken und Zelte in der Regel nicht rasch genug zur Stelle
geschafft werden können, und dass in der Zwischenzeit die Verwundeten
unter Nothschutzdüchern untergebracht werden müssen, wie dies die
Kriegs-Sanitätsordnnng ausdrücklich vorschreibt. Die Aufstellung von
Nothschutzdäcbern bildet also eine ganz selbstständige, nach jeder Schlacht
anftretende Kriegsaufgabe. Dieselben werden bisher nicht geliefert,
sondern sollen durch Improvisation beschafft werden.
Um dieser Anforderung wirksam entsprechen zn können, müssen die
Chefärzte der Feldlazarethe nicht erst im letzten Augenblick, sondern
schon auf dem Vormarsch das hierzu dienliche Material sich zu ver-
schaffen suchen und so weit als möglich schon unterwegs vorbereiten
lassen. Die Nothschutzdächer müssen die sofortige Bergung der Ver-
wundeten ermöglichen, sonst verfehlen sie ihren Zweck. Sie müssen
schon möglichst fertig auf dem Scblachtfelde ankommen, so dass ihre
Aufstellung unmittelbar erfolgen kann. Es wird sich dabei nur um die
Anfertigung von niederen Leinwandzelten handeln können, wie eie von
Nicolai und mir angegeben worden. Ich bemerke gleich von vorn-
herein, dass ich keinen Anstand nehme, dem von Nicolai beschriebenen
Notbzelt den Vorzug vor dem meinigen eiuzoräumen, denn es ist wie
Alles, was uns dieser vielgewandte Kollege bietet, ein Muster von Ein-
fachheit und Zweckmässigkeit.
Ich würde also bei Ausbruch eines Krieges den Lazareth- Chefärzten
den Rath ertheilen zu müssen glauben, so frühzeitig wie möglich auf die
Herstellung von Nicolai’schen Nothzelten Bedacht zu nehmen. Ich ver-
hehle mir aber nicht, dass dieser Rath nur von den Allerwenigsten be-
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fol((t werden wnrde, ans dem einfachen Grunde, weil man sich von dea
anfzuwendenden Bemühungen keinen Erfolg verspricht, wenn dieselben
nicht von oben herab kräftige Unterstützung finden. Es hat diese Meinung
auch in der That eine gewisse Berechtigung. Wie jeder andere Dienst,
so muss auch der Improvisationsdienst organisirt sein. Um die viel-
köpfige Schaar der Aerzte zu planmässigem Zusammenwirken nach einem
bestimmten Ziele zu veranlassen, bedürfte es einer Instruktion, in welcher
Zeichnung und Beschreibung des Nothzeltes gegeben ist, durch welche
den Korps- und Divisionsärzten kräftigste Förderung der Herstellongs-
arbeiten vorgeschrieben wird, und welche den Chefärzten die Befugniss
ertheilt, zur Fortschaffung des unterwegs vorbereiteten Materials ein oder
zwei requirirte Fuhrwerke bei ihren Lazarethen mitznführen.
Auf diese Weise wäre es meiner Meinung nach möglich, die recht-
zeitige Bescbaflfung der Nothunterknnftsräume unter günstigen Verhält-
nissen auf dem Improvisationswege sicher zu stellen. Ohne eine derartige
Anleitung werden die Meisten sich an die Errichtung von Nothscbntz-
dächern erst in dem Augenblick machen, wo dieselben bereits fertig auf-
gestellt sein sollten. Man wird erst angesichts der Verwundeten aus
zusammengesuchten Latten, Stangen oder Brettern ein paar nothdürftige
Gerüste zusammensetzeu, unter denen nur ein verschwindender Bmcbtbeil
der Verwundeten Platz finden kann, während die Mehrzahl derselben
hülflos im Freien liegen bleiben muss. Es wird also gegen frühere
Zeiten sich kein wesentlicher Fortschritt bemerkbar machen; es wird
anch in Zukunft statt einer raschen und umfassenden Ilülfeleistung das
Gegentheil davon stattfinden.
Nun entsteht aber noch eine smdere Frage, ob es denn überhaupt
richtig ist, Bedürfnisse, wie es die Nothzelte sind, auf dem Improvisations-
wege decken zu lassen. Ich bin gewiss der Letzte, der Improvisations-
aufgaben ans dem Wege gebt; es wird mir ja sogar von vielen Kollegen
der Vorwnrf gemacht, dass ich in der Bereitwilligkeit zu Improvisationen
viel zu weit gehe und den Pflegern Leistungen znmntbe, mit denen sie
verschont werden sollten. Wenn ich non die Ueberzeugung aossprechen
muss, dass den Lazarethen mit der Selbstberstellung von Nothnuterknnfts-
ränmen wirklich eine etwas grosse Zumutbung gemacht wird, und dass
es besser wäre, derartige Artikel den Lazaretbärzten fertig in die Hände
zu geben, so werde ich mich nicht dem Verdacht eines leichtfertigen
Widerspruches gegen bestehende Bestimmungen aussetzen. Ich kann
diese Ueberzeugung durch den woblkonstatirten enormen Aufwand von
Zeit und Mühe begründen, der zur Herstellung einer grösseren Anzahl
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541
voD Nothzelten erforderlich ist. Um die Nothzelte anf dem Vormarsch
fertig za stellen, würden die Arbeitskräfte der Lazarethe niemals aus-
reichen; es müssten an den jeweiligen Einqnartierongsorten der Lazarethe
Zivilarbeiter berangezogen werden, welche die ganzen Nächte darch-
znarbeiten hätten, nnd diese pächtliche Zwangsarbeit müsste je nach der
Zahl der aufcntrcibenden Arbeitskräfte unter Umständen Wochen lang
fortgesetzt werden. Wenn die erste Schlacht nicht sehr frühzeitig ge-
schlagen wird, so können die Nothzelte allerdings rechtzeitig fertig
werden; aber wenn das Oegentheil der Fall ist, so wird trotz aller An-
strengungen die Arbeit nicht zu erledigen sein.
Ich bin überhaupt der nnmaassgeblicben Meinung, dass alle Gegen-
stände, welche in Massen verbraucht werden, grundsätzlich geliefert
werden sollten. Die Improvisationstbätigkeit sollte nur zur Ausfüllung
kleinerer Lücken in Anspruch genommen werden, und für Massenbedürf-
nisse nur dann, wenn dieselben unvorhergesehen anftreten. In diese
Kategorie gehören aber die Nothunterkunftsräume nicht; von ihnen weiss
man, dass sie nach jeder Schlacht in grossen Mengen benöthigt sind;
und daher möchte ich es für angezeigt halten, sie in die Zahl der regel-
mässig zu liefernden Gegenstände anfzunehmen.
Wenn ich nun gefragt würde, ob ich für die von den Kriegsverwal-
tungen oder Ilülfsvereinen etwa zu übernehmenden Lieferungen an Noth-
schutzdächern auch das Nicolai’sche Nothzelt empfehlen würde wie
für die Improvisationen, so würde ich entschieden mit Nein antworten.
An Liefernngsgegenstände stelle ich ganz andere Ansprüche, als an Im-
provisationsgegenstände. Bei den letzteren muss man über kleinere und
oft selbst grössere Gebrechen mitunter ein Auge zndrücken; bei den im-
provisirten Nothzelten muss man, wenn auch mit innerstem Widerstreben,
die nicht genug zu verabscheuende Bodenlagerung mit in den Kauf
nehmen. Bei den zu liefernden Nothschutzdächern wäre unbedingt die
Verwendung regelrechter Betten ins Auge zu fassen.
Die Nothschutzdächer werden je nach der Jahreszeit und der Lage
des Kriegsschauplatzes häufig nicht nur wenige Tage, sondern vielleicht
eine Reihe von Wochen lang in Benutzung bleiben. Wenn die Ver-
wundeten während dieser Zeit des regelrechten Bettes entbehren sollen,
so verzichtet man des armseligen Obdaches halber auf einen Pflege-
gegenstand, ohne den ein geordneter Krankendienst gar nicht zu denken
ist. Nach dem Bett, dem wichtigsten aller Pflegeartikel, der dem Ver-
wundeten nicht frühzeitig genug gereicht werden kann , muss eich das
im Frieden vorbereitete Obdach nothwendig richten. Man braucht da
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nicht gleich an eigentliche Krankcncelte ca denken, die ja eben den
Nachtheil haben, dass aie häufig nicht rasch genug cur Stelle geschafft
werden können. Mit dem Bett verträgt sich ein anendlich viel ein-
facheres Obdach, das einfachste, das überhaupt gedacht werden kann,
nämlich für die obere Körperhälfte ein surückschlagbarer Schirm, wie
er an Katschen und Kinderwagen sich findet, and eine Regendecke für
die entere Körperhälfte. Ein solches Schirmbett ist Lager and Hans
zugleich, and solche Betten, die überall im Freien anfgestellt werden
können, würde ich zur Bereitstellung für den Kriegsfall anstatt der Noth*
zelte empfehlen.
Dadurch erhöbt sich freilich der nrsprüngliche Anspruch, der nur
auf die Lieferung von Nothscbatzdächern gerichtet war, um ein sehr
Bedeutendes, allein ich glaube, dass der Wunsch der gleichzeitigen
Lieferung von Betten durchaus nicht unbillig ist. Die Betten gehören
eben wegen des ungehearen Bedarfes an solchen auch in die Gattung
der zn liefernden, nicht der zur Improvisation geeigneten Gegenstände,
and dies um so mehr, weil hier die Improvisationsarbeit nicht schon auf
dem Vormarsch vorbereitet, sondern erst am Btablirungsorte begonnen
werden kann. Es ist einleuchtend, dass nach Jeder Schlacht eine sehr
beträchtliche Zeit bis zur Fertigstellang der erforderlichen Lagerstätten
vergehen muss, and dass während dieser ganzen Zett der Dienstbetrieb
in den Lazarethen ein höchst mangelhafter und beschwerlicher ist Es
unterliegt keinem Zweifel, dass der Mangel an Betten die hauptsächlichste
Ursache der nach jeder Schlacht in den Lazarethen Platz greifenden
Dienstbedrängniss and der damit verbundenen Ueberanstrengung des
Pflegepersonals ist Die Periode der noch nicht ordnungsgemäss durch-
geführten Lagerung der Verwundeten ist nicht nur für die letzteren,
sondern auch ganz besonders für die Aerzte und ihre Gehülfen so über-
aus peinlich, dass sich dieselben vor einer Ablösung des Lazarethos,
welche die Aussicht auf eine demnächstige abermalige Etablirung er-
öffnet, geradezu fürchten; sie verharren lieber viele Monate lang in un-
unterbrochener Tbätigkeit, nur um sobald nicht wieder in die Lage zu
kommen, die Etablirungsdrangsale durcbmachen zu müssen.
Um gleich von Anfang an Ordnung und Ruhe in den Lazaretbdienst
zn bringen, giebt cs kein besseres Mittel, als rechtzeitige Lieferung von
Betten. Wie der Aufbau einer Armee vom Magen, so wird der Aufbau
der Kriegskrankenpflege vom Bett aus zu geschehen haben. Die Vor-
räthe an Betten müssten so reichlich bemessen sein, dass auch bei ausser-
gewöbnlich grossen Schlachten kein Mangel eintreten könnte. Die
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543
richtigen Grondsätze wären wohl die, dass cs Betten ohne Verwundete,
aber niemals Verwundete ohne Betten geben dürfe; dass jeder Soldat,
der wegen Krankheit oder Verwundung seine Waffe ablegt, sofort ein
Bett dafür zu empfangen habe; dass der Sanitätsdienst als unzulänglich
zu betrachten sei, wenn am Tage nach einer Schlacht noch Verwundete
am Boden herumliegen.
In diesen Ansprüchen liegt durchaus nichts Unerhörtes und Unerfüll-
bares. Bei der ersten Einrichtung der bayerischen Feldlazarethe, die
noch in das Ende der fünfziger Jahre fiel, worden Betten als ein ganz
selbstverständlicher Ansrüstongsgegenstand betrachtet; die Zahl derselben
war sogar ziemlich reichlich bemessen. Damals konnte das erste Ge-
schäft bei Etablirnng eines Lazareths in der Aufstellung von Betten be-
stehen, es konnten gleich von Anfang an normale Lazarethverbältnisse
geschaffen werden. Auf ähnliche Einrichtungen wird es nützlich sein
zurückzukommen. Freilich waren die bayerischen Feldlazarethe sehr
schwer beweglich. Es stellte sich als unthunlich heraus, die Betten auf
Schritt und Tritt den Truppen naebzufahren. Sie mussten aus den
Lazaretb wagen entfernt werden und, so lange als noch keine Lazareth-
Reserve-Depots in Aussicht genommen waren, vorübergehend ganz ans
der Feldausrüstung verschwinden. Aber zu einem dauernden Verzicht
auf Lieferung der Betten liegt seit Schaffung von Lazareth-Reserve-
Depots keine Nothwendigkeit mehr vor. In den letzteren können Betten
in grossen Massen in nächster Nähe der operirenden Armeen bereit ge-
halten und von hier ans den Lazarethen mit der erforderlichen Schnellig-
keit zugeführl werden.
Wenn die Betten in der oben angedeuteten Weise mit Wetterschutz-
Vorrichtungen versehen sind, so ergiebt sich, wenigstens in der günstigen
Jahreszeit, eine solche Unabhängigkeit der Verwundeten von besseren
Unterkunftsräumen, sowohl Häusern, als Baracken und Zelten, dass die
Lazarethe überall im Freien sich einriebten können. Man wird sich
einen passenden Platz mit möglichst festem Boden aussuchen, in dessen
Nähe Wasser zu haben ist, und daselbst die Betten in regelmässigen
Reihen, nach Stationen gesondert, aufstellen, mit solchem Zwischenräume
zwischen den einzelnen Betten, dass man den letzteren je nach der
Richtung des Windes oder dem Stande der Sonne jederzeit die geeignetste
Stellung geben kann. Bei gänzlichem Mangel an Häusern wären einige
Zelte für chirurgische Verrichtungen und zur Wohnung für die Aerzte,
ferner eine Anzahl von Notbzelten für das Pflegepersonal erforderlich.
Wir wären auf diese Weise für die Zeit, die zwischen einer Schlacht
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und der Ankunft von Baracken verstreicht, zu einer eigenartigen Unter-
bringung der Verwundeten, nämlich zu der Einrichtung von Preilnft-
lazarethen gekommen, die in sanitärer und administrativer Beziehung
manche ungeahnte Vortbeile bieten.
Dass die Verwundeten in den Freiluftlazarethen besser untergebracht
sind, als in Bauernhäusern, Scheunen oder Ställen, wo es an Luft und
Licht und an der nöthigen Zugänglichkeit zu den einzelnen Lagern fehlt,
wo es schwer ist, über die auf zahlreiche kleine Räume vertheilten
Pfleglinge die erforderliche Uebersicht zu gewinnen, und wo bei Ans-
bruch eines Feuers fast Alles rettungslos verloren ist, kann nicht be-
zweifelt werden.
Von Ueberfüllung kann in diesen Lazarethen niemals die Rede sein;
im Freien kann man sich ja nach Belieben ansbreiten. Bei gehöriger
Aufsicht wird eine Verunreinigung des Bodens schwerlich eintreten, und
wenn dies etwa doch, besonders bei herrschenden Diarrhöen, mit der
Zeit der Fall wäre, so entschliesst man sich eben zu der hier so leicht
ausführbaren motio castrorum und zieht mit Sack und Pack una einige
Hundert Schritte weiter. Ansteckung von Bett zu Bett lässt sich hier
so vollständig ausschliessen, dass bei Ausbruch von ansteckenden Krank-
heiten die Einrichtung von Freiluftlazarethen eigentlich das einzig richtige
Anskunftsmittel zu sein scheint.
Es kommen also mit solchen Lazarethen eine ganze Reihe von
Sorgen und Gefahren,' die sonst in Bezug auf die Unterbringung grosser
Krankenmassen, auf Isolirung, auf Verhütung der Bildung von Krankheits-
herden n. 8. w. bestanden, einfach in Wegfall. Der Sanitätsdienst ge-
staltet sich nicht nur bei der Etablirung der Lazarethe, sondern auch
weiterhin so einfach, dass man sich in der günstigen Jahreszeit mit der
Uebcrsiedelung in Baracken wahrscheinlich nicht beeilen wird, um so
weniger, als sich die Verwundeten und auch der grösste Theil der
Innerlicbkranken im Freien jedenfalls viel behaglicher fühlen, als in der
verbältnissmässig drückenden Luft der Baracken. Wenn nicht ausnahms-
weise im Winter Krieg geführt wird, so können die Baracken ganz
gelegentlich und allmälig auf den Kriegsschauplatz hinansgesebafft werden,
man braucht sie auch nach ihrer Ankunft nicht mit übertriebener Hast
aufzuschlagen, sondern kann eich hierzu, sowie zur Vorbereitung des
Bodens, auf den sie gestellt werden sollen, alle wünschenswertbe Masse
gönnen; überhaupt bleibt all das Rennen und Jagen, das unter anderen
Verhältnissen den Kriegssanitätsdienst so aufreibend macht, den bc-
tbeiligten Organen erspart.
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Damit sind aber die Vortheile, welche die Schirmbetten bieten, noch
nicht erschöpft. Dieselben treten nämlich auch bei der Evakuation der
Kranken noch ganz besonders hervor. Bei richtiger, d. h. bnhrenartiger
Bauart können die Scbirmbetten den Kranken und Verwundeten beim
Transport mitgegeben werden und machen auch hier die Sorge für Be-
schafTung eines besonderen Obdaches überflüssig, das übrigens den Ver-
wundeten neben dem gebotenen Schutze auch meist recht viel Belästigung
verursacht. Die Scbirmbetten können auf jedem beliebigen offenen
Fuhrwerk, auf jedem Karren oder Bauernwagen, auf den Wagen der
flüchtigen Feldbahnen, auf offenen Eisenbabngüterwagen, auf dem Ver-
deck von Schiffen ohne Weiteres untergebracht werden. Abgesehen von
der verringerten Mühewaltung für die Besorger des Transportes muss es
den Verwundeten jedenfalls eine grosse Wohlthat sein, wenn sie nicht
in gedeckte Güterwagen oder in die unteren Räume von Schiffen ver-
packt werden müssen, sondern überall Luft und Licht und Aussicht ge-
messen können. Bei offenen Güterwagen wird sich ohne Schwierigkeit
ein V'erkehr der Wärter zwischen den einzelnen Wagen während der
Fahrt ermöglichen lassen, wodurch ein weiterer Missstand, der sonst der
Benutzung von Eisenbabngüterwagen anhaftet, in Wegfall kommt.
Aus dem Angeführten ergiebt sich klar, dass die Ausstattung der
Lazareth- Reserve- Depots mit Scbirmbetten nicht etwa ein Luxus, sondern
ein Bedürfniss ist. Von den Kriegsverwaltungen wird man allerdings
nach den sehr bedeutenden Opfern, die in jüngster Zeit für die Aus-
rüstung der Armee mit antiseptischen Verbandmitteln gebracht wurden,
die Ansführnng dieses Planes zunächst nicht erwarten dürfen; desto
mehr eignet sich derselbe, von den Hülfsvereincn ins Auge gefasst zu
werden. Diese sind ja darauf angewiesen, hauptsächlich solche Gegen-
stände zu liefern, die der Staat ausnahmsweise nicht zu liefern beab-
sichtigt. Unter diesen Gegenständen könnten sie schwerlich ein dank-
bareres Objekt ihrer Fürsorge Anden, als das in Rede stehende. Wer den
Verwundeten Betten und das erste Obdach liefert und dies mit solcher
Raschheit thut, dass die Verwundeten unmittelbar nach der Schlacht
darin untergebracht werden können, der greift an die Wurzel des Kriegs-
elendes, unter dessen Bann die Verwundeten aller Völker und Zeiten bis
auf den heutigen Tag standen. Wenn sich der Sicherstellung der anti-
septischen Wundbehandlung, die durch den Staat erfolgt ist, die Sicher-
stellung der Lagerstätten und des ersten Obdaches von Seite der Hülfs-
vereine anschlösse, so würde für den Kriegssanitätsdienst ein neuer,
glücklicherer Zeitabschnitt beginnen.
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Ich hatte ein Schirmbett für die bener in Brüssel beabsichtigte, aber
Dicht KU Stande gekommene Ausstellung des rothen Kreuzes hergestellt.
Bevor ich im Nacbstehendeu an die Beschreibung desselben gehe, möchte
ich mir gestatten, die Eigenschaften, die ein Kriegsbett meiner Meinaog
nach haben muss, im Allgemeinen zu entwickeln.
1) Ein Kriegsbett soll möglichst fest und unzerbrechlich sein. Leichtig-
keit und Zierlichkeit sind bei einem Gebrauchsgegenstand , auf dem sich
Lasten von l'/s bis 2 Centner in nicht immer sehr schonender Weise
bewegen, kein Vorzug, sondern ein Fehler. Ein zierliches Feldbett ist
so unpraktisch, wie ein zierliches Kriegsfahrzeug. Ob Eisen oder Holt
zu wählen ist, ergiebt sich am einfachsten aus den Erfahrungen in den
Friedenslazaretben. Die seit einiger Zeit eingeführten eisernen Bettstellen
haben sich verbältnissmässig wenig widerstandsfähig gezeigt; obwohl sie
kräftig gebaut sind, kommen Brüche und Verbiegungen häufig an den-
selben vor, während die alten hölzernen Betten geradezu unverwüstlich
waren. Man hat hier ähnliche Erfahrungen gemacht, wie mit den Wagen-
rädern, wo man sich auch überzeugte, dass die hölzerne Nabe von allen
bisher bekannten Einriebtungeu immer noch die beste und solideste ist
Für die Bevorzugung des Holzes spricht auch die Erwägung, dass die
Betten während der Friedenszeit schwerlich in genügender Menge vor-
räthig gehalten werden können, und dass deshalb bei Ausbruch eines
Krieges Massenfabrikation derselben Platz greifen muss. Die letztere
kann wohl nur daun mit genügender Sicherheit und Raschheit durch-
geführt werden, wenn ein Material gewählt wird, welches überall in
Menge vorhanden ist und von gewöhnlichen Handwerkern mit dem ein-
fachsten Handwerkszeug bearbeitet werden kann.
2) Das Kriegsbett soll der leichteren Transportirbarkeit halber bis
zu einem gewissen Grade zusammenlegbar sein, darf aber keine losen,
dem Verlust ausgesetzten Stücke enthalten. Vor übertriebener Künstelei
ist jedoch dringend zu warnen. Man muss immer bedenken, dass jedes
Cbarnier einen halben Bruch vorstellt. Wenn man an Charnieren nicht
sparen wollte, so könnte man eiserne Betten herstellen, die sich auf ein
sehr geringes Format Zusammenlegen lassen, aber solche Betten sind
nicht kriegstüchtig.
3) Das Kriegsbett mnss mit Handgriffen versehen sein, damit die
Kranken bei Feuers- oder Beschiessungsgefahr leicht in Sicherheit ge-
bracht und damit sie sammt ihrem Lager auf Wagen verladen werden
können, denn es ist als Grundsatz zu betrachten, dass die ELranken und
H.
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Yerwandeten, wenn sie nicht sitiend trsnsportirt werden können, bei der
Evakuation ihr Bett mitbekommen.
4) Das Eriegsbett darf nicht za breit sein, damit auf Bauernwagen
in der Höhe der oberen Leiterbäume zwei and in jeder Bucht eines
Eisenbahngnterwagens drei Betten nebeneinander Platz haben.
6) Das Eriegsbett soll so beschaffen sein, dass es leicht und gründ-
lich desinfizirt werden kann.
Nach diesen Grundsätzen habe ich meinem Schirmbett folgende Ein-
riehtang gegeben (s. Abbildung) :
Dasselbe besitzt hölzerne, aas einem Stück bestehende Tragstangen
von 2,40 m Länge, 8 cm Höhe und 5 cm Breite. 30 cm einwärts der
Enden sind die Tragstangen durch ebenso starke Qaerstangen von 47 cm
Länge verbanden.
Die Füsse von derselben Holzstärke wie die Tragstangen haben
58 cm Höhe nnd drehen sich am zwei eiserne Achsen, die an der unteren
Seite der Tragstangen angebracht sind. Die Füsse können an der Aussen-
seite der Tragstangen in der Richtung gegen die Mitte der letzteren
binanfgescblagen werden, wodurch eine fusslose Bahre von 66 cm Breite
gebildet wird, wie sie zur Versendung der Lagerstätten und zur Ver-
ladung der Verwundeten auf Wagen geeignet ist. Wenn die Füsse herab-
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geschlagen sind, so stellen sich dieselben za den Tragstangen in einen
Winkel von 110®, wobei sie sich an eine von der Oberkante der Trag-
stangen nach aassen vorragende Eisenplatte ansterameo. Durch Kettchen
werden die F'üsse in dieser Lage festgebalten. Die za jedem Fosspaar
gehörigen Fasse sind durch zwei eiserne Bänder miteinander verbanden.
Der von den Querstangen begrenzte, 1,80 m lange Zwischeoraam
zwischen den Tragstangen ist oben von längs and quer verlaafenden
Blechbändern überspannt. Auch an der unteren Seite der Tragslangeo
befinden sich im mittleren Theil des Bettes eine Anzahl von queren
Blechbändern. Der gegen das Kopf- und Fassende zu fehlende Theil
des unteren Blecbstreifenüberzuges wird bei Hinaufscblagong der Fasse
durch die Eisenbänder ergänzt, welche je zwei Füsse miteinander ver-
binden. Wenn also die Fasse, wie dies z. B. bei der Aufbewahrung der
Betten in den Depots der Fall ist, an die Seite der Tragstangen hinauf-
geschlagen sind, so befindet sich innerhalb des Babrenrahmens ein all-
seitig abgeschlossener Raum von der Höhe der Tragstangen, nämlich
von 8 cm, in welchem die Bett- und Kranken- Ansrüstuogsgegenstände
verpackt werden können.
Nahe der Mitte der Tragstangen ist jederseits an der Aussenseite
derselben eine eiserne Hülse angebracht zum Einsetzen des Wetterdaches,
welches aus drei mit Leinwand überspannten Reifen besteht, und welches
bei 90 cm Höhe eine untere Breite von 80 cm hat. Durch eine rechts
und links angebrachte Flügelscbraube kann das Wetterdach in beliebiger
Stellung fixirt werden ; zum Aufspannen desselben dienen auch unter
Umständen noch zwei zum Fassende des Beltes gehende Schnüre. Bei
Regen Wetter soll das Dach die obere Körperbälfte des Kranken decken,
während ein Stück starken wasserdichten Stoffes die untere Körperhälfte
schützt. Die wasserdichte Decke bat an ihrem unteren Scbmolraude
zwei Fenster, mittelst deren sie über die unteren Bahrengriffe gesteckt
wird, so dass sie vom Wind nicht aufgehoben werden kann. Wenn das
Kopfende des Bettes der Windseite zugekebrt wird, so bleibt der Kranke
vor der Einwirkung des Regens vollkommen geschützt bei unbeschränktem
Luftzutritt
Der Strohsack, an den das Kopfpolster festgenäbt ist, wird mit
Riemen so an das Bettgestell befestigt, dass ein Abgleiten desselben un-
möglich ist.
In dem bereits erwähnten Zwischenraum zwischen oberem und unterem
Blechbandüberzug wird verpackt: 1. das Wetterdach; 2. die wasserdichte
Decke; 3. der leere Strohsack; 4. zwei Leintücher; 5. zwei wollene
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Decken; 6. ein Hemd; 7. ein Paar Strümpfe; 8. eine Erankenjacke;
9. ein Handtuch; 10. ein Sacktuch. Wenn ein Bett aus dem Depot
empfangen wird, so ist demselben also bereits Alles beigepackt, was zur
Lager- und Krankenausstattung gehört Es braucht zur vollständigen
Bereitstellung des Lagers nur noch der Strobsack gestopft zu werden.
Wenn das Bett aufgestellt und der Kranke darin nntergebracht ist,
so können in dem freigewordenen Zwischenraum zwischen den beiden
Blechbandlagen Bekleidungsstücke und sonstige Habseligkeiten des Kranken
geborgen werden. Zur Unterbringung des Sacktuches, eines Buches and
sonstiger kleiner Gegenstände dienen ferner zwei Taschen, die zu beiden
Seiten des Kopfpolsters angebracht sind.
Das Bettgestell wiegt leer 26 Kilo, vollständig gepackt 37 Kilo.
Freiluftlazaretbe brauchen auch Freiluftküchen. Selbst wenn später
die Baracken ankommen, wird es immer erwünscht sein, für die Küche
keinen gedeckten Raum in Anspruch nehmen zu müssen. Eine Ein-
richtung dieser Art ist die folgende;
A. Geräthschaften zum Sieden und Dünsten.
Ein cyliudrischer Kochkessel von Weissblecb, 40 cm hoch und 26 cm
breit, mit gut scbliessendem Deckel, wird in einen oben und unten offenen
Sch warzblechcy linder von 43cm Höhe und 31cm Breite, der als Ofen
dient, auf einen abnehmbaren Rost gestellt. Die Heizung erfolgt theils
durch einige unterhalb des Rostes angebrachte Oeffnungen im Ofen, theils
dadurch, dass Reisigstäbe von oben her zwischen Kessel und Ofen ein-
geschoben werden, so dass der Boden und die Wände des Kochkessels
überall von der Flamme bestrichen werden. Wegen dieser allseitigen
Erwärmung und weil der Ofen selbst bei starkem Winde das Feuer voll-
kommen zusammenbält, kommt der Inhalt des Kessels sehr rasch zum
Sieden. Damit die Speisen nicht aubrennen können, befindet sich ini
Innern des Kochkessels auf niedrigen Füssen ein zweites Weissblecb-
gefäss ohne Deckel, in welches das Fleisch und die Suppeneinlagen ge-
bracht werden, während das zugegosseue Wasser noch über den Rand
dieses zweiten Gefässes binaufreiebt. In diesem Apparat können 20 Por-
tionen ä 1 Liter gekocht werden.
Wenn gedünstet werden soll, wird das innere Blechgefäss nach
Füllung mit Fleisch ohne Wasserzusatz mit einem Deckel verschlossen
und der Kochkessel nur so weit mit Wasser gefüllt, dass dasselbe beim
Aufwallen den Rand des inneten Gefässes nicht erreichen kann.
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B. Oeräthschaften zum Braten.
Ein 23 cm hoher und 30 cm breiter Ofen von Schwarablech trägt
anf seinem oberen Rande eine tiefe eiserne Pfanne, die mit zwei Band-
grififen nnd einem öbergreifenden Deckel versehen ist.
Die Oeräthschaften zum Sieden nnd Braten lassen sich so ineinander
hineinstecken, dass sie bei der Verpackung sämmtlich in dem grösseren
Scbwarzblechofen nntergebracht werden können.
Noch eine weitere Vorrichtnng wäre für Freilnftlazarethe and über-
haupt für jedes Lazareth erwünscht, nämlich ein Heisswasserapparat zu
Verband- und Operationszwecken. Ich habe mir hierzu einen Satz von
Weissblechgefässen machen lassen, von denen das grösste, als Koch-
kessel dienende, 6 Liter fasst. Dieser Kochkessel wird in einen schwarz-
blechernen, zerlegbaren Ofen anf beweglichen Rost gestellt. Die beiden
Hälften des Ofens lassen sich bei der Verpackung so ineinander schieben,
dass sie sich dem Kochkessel dicht anlegen, so dass der ganze Apparat
sehr wenig Raum einnimmt. Durch die schon bei der Kücheneinrichtung
erwähnte Art des Heizens mit Reisig kann man den Inhalt des Koch-
kessels in 12 Minuten zum Sieden bringen. Es empfiehlt sich, im
innersten Blecbgefässe eine Büchse mit Schmierseife unterzubriogen,
durch welche die berussten Theile nach dem Gebrauche rasch gereinigt
werden können.
Referate nnd Kritiken.
Aus der Sitzung der medizinischen Akademie zu Paris vom 9. Ok-
tober 1888. (Aus Sem. möd.)
Zwei Fälle später Extraktion von Geschossen, welche in den
Gesichtsknochen sitzen geblieben waren, mit einer zusätzlichen
Bemerkung.
Herr Perrin: 1. Fall: Ein Marineoffizier wird 1884 verwandet
Das Geschoss, angeblich ein Granatsplitter, zerstörte das rechte Auge
und blieb in den Knochen des Gesichts stecken. Mehrere Monate später
kam der Verwundete in Paris an; an der Stelle der Verwundung hatte
sich eine Fistel gebildet. Letztere wurde mittelst Laminaria dilatirt,
worauf es gelang, einige Korkstückchen, Tuchfetzen (wohl vom Pfropfen.
Ref.) und eine abgeplattete nnd deformirte Revolverkugel zu extrahiren. —
2. Fall; Ein Sekondlientenant wurde im Februar 1885 durch ein Geschoss
am Kopfe verwandet: das Geschoss blieb in der Wunde stecken. Zwei
Extraktionsversuche waren von keinem Erfolg gekrönt. Im November
1885 wurde der inzwischen nach Frankreich zurückgekommene Offizier
V
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551
im Val de Oräce aafgenommen. Unter dem linken nnteren Augenhöhlen*
fand befand sich eine kleine, die Eintrittsstelle des Geschosses markirende
Narbe. Das Geschoss hatte das Septum Narium durchschlagen
und war tief in der rechten Maxilla snperior steckengeblieben. Aus dem
Nstaenloch floss jauchiger Eiter. Eine Extraktion auf dem Wege durch
die Nase war unmöglich. Chauvel löste, deu Schnitt in die rechte
Nasen-Wangenfurcbe verlegend, die Nase ab und legte eine fest in die
äussere Wand der rechten Fossa nasalis eingekeilte Kugel bloss, deren
Entfernung nur mit grösster Schwierigkeit gelang.
Ans diesen beiden Fällen zieht Chauvel die praktische Schluss-
folgerung, dass man in allen ähnlichen Fällen stecken-
gebliebene Fremdkörper unmittelbar nach der Verwundung
aufsuchen soll, weil I. dann die Extraktion immer möglich sein
wird und 2. der Eingriff ohne Jede Gefahr ist, also spätere grössere
Eingriffe, wie im 2. Fall, dem Verwundeten erspart bleiben. Ausnahmen
von dieser Regel will Chauvel nur bei penetrirenden Schädelwunden
und ebensolchen Brust- und Bauch wunden znlassen. In diesen Wunden
steckengebliebene Fremdkörper sind auch nach Chauvel für den
Arzt ein Noli me tangere!
Da Chauvel mit seinem Ausspruch der heutigen durch die Anti-
septik so sehr begünstigten Richtung des Nichteingreifens bei Wunden,
die das verwundende Geschoss noch beherbergen, entgegentritt, schien
uns die Mittheilung obiger Fälle nicht ohne Interesse, um so mehr, als
wir auch die Folgerung Chauvel’s in der von ihm angedeuteten All-
gemeinheit nicht zugeben können. Folgender Fall sei zunächst deu
Fällen Chauvel’s gegenüber gestellt. Major v. E. erhielt in der Schlacht
bei Wörth einen Schuss links oben vorne unter der Schulter (keine
penetrirende Brnstwunde). Das Geschoss riss die linke Ecke des Ordens-
bleches ab und mit in die Wunde hinein. Die bald hernach vorgenomroene
Extraktion des scharfkantigen Blcchstückes führte eine tödtliche Blutung
herbei. — In der Regel wird der Arzt bei Kriegs verwundeten im All-
gemeinen wohl Schlüsse ziehen können auf die Art des verwundenden
Projektils (eventuell aus den Löchern in der Kleidung, aus der Art der
feindlichen Truppe etc.), sicher aber kann er in concreto nie angeben,
welcher Art der in der Wunde steckende Fremdkörper ist, zumal die
Angaben der Verwundeten selbst hierüber häufig ganz unzuverlässig sind.
(S. Stastitischer Sanitätsbericht über die deutschen Heere im
Kriege 1870/71 Band III A. Seite 15 und 16). Hieraus folgt, dass der
Arzt nicht wissen kann, ob er es mit einem scharfkantigen, bei gewalt-
samer Extraktion leicht neue Verletzungen setzenden deformirten
Geschoss oder Fremdkörper zu thun haben wird, oder nicht.
Hieraus folgt aber zwingend, dass man auch nach frischer
Verletzung einen nur mit Gewalt zu entfernenden Körper —
nnd im 2. Fall Chauvel’s ist doch sicher anzunehmen, dass das Geschoss
vom ersten Augenblick an so fest in den Knochen eingekeilt war, wie
dies später konstatirt wnrde — ruhig an seiner Stelle belässt und
die Entfernung für später sich vorbebält. .Mag diese Entfernung auch
eine operative sein müssen, das Risiko ist für den Verwundeten doch
das kleinere und das allein ist für den Arzt das entscheidende Moment.
Eine gut durebgeführte antiseptisebe Behandlung ist freilich dabei Conditio
sine qua non. Villaret.
Di-’*'---'
552
Sir William Mac Cormac. lieber den Baucbschnitt bei der Behandlung
von intraperitonealen Verletznugen. Volkmann’s Samml. klin. Vortr.
No. 316.
ln der vorliegenden Jahres-Festrede der Londoner medizinischen
Gesellschaft (18d7) behandelt der Verf., dessen Name für die Würdigung
des gewählten Siofifes unser grösstes Interesse erweckt, die oben erwähnte
Operation, zu welcher man sich bisher nur selten früh genug entschliessen
konnte, ln überzeugender Weise und mit aller Macht redet er diesem
kühnen Eingriffe das Wort, „welcher, früh genug geübt, nur Gutes leisten
muss und jedenfalls mehr Vortheil bringt als Harren und Hoffen auf
Besserung, welche gewöhnlich nicht eintritt.'^ Es erhält der Baucbschnitt
somit bei den oben genannten Verletzungen als einzig wirksame Therapie
aus dem Munde des Vortragenden eine autoritative Sanktion, da bei der
jetzigen Vervollkommnung der Chirurgie hierdurch wohl Rettung, keinen-
falls aber eine Vergrössernng der trostlosen Lage des Verletzten zu
erwarten ist. —
Von allen Unterleibsorganeu werden die Därme am häufigsten von
einer Verletzung betroffen, deshalb hält sich die Abhandlung vorzugsweise
an die Besprechung der Darmverletzungen , während diejenigen der
anderen Unterleihsorgane nur nebenbei eine kurze Erwähnung finden.
Sie beginnt mit den „Schnitt- und Stichwunden der Bauebwand
mit Verletzung namentlich der dünnen Därme. Messerstiche
und Dolchstösse bei Schlägereien geben hierzu die häufigste Veranlassung.
Selten prolabirt hierbei gleichzeitig das verletzte Eingeweide, wodurch
die Diagnose sofort gestellt sein würde, und dennoch hängt bei dieseu
Verletzungen Alles von der möglichst schnellen Diagnose ab. C. räth
zunächst durch den ausgiebigsten Gebrauch der Sonde, nöthigenfalls
nach gehöriger Erweiterung der Wunde, festznstellen, ob überhaupt die
Bauchwand durchbohrt ist. Sobald man weiterhin unter gleichzeitiger
W'ürdigung sonstiger Anhaltspunkte, wie Meteorismus, Emphysem der
Wundumgebuug , stärkerer Blutung, als wie sie durch die Bauchwunde
allein erklärlich ist, u. A., die Ueberzeugnng gewonnen hat, dass eio
Darm verletzt ist, dann soll sofort der Baucbschnitt vorgenoromen uod
hierauf die Durmnaht auf das Sorgfältigste ausgeführt werden. Die
Anlegung eines künstlichen Afters allein würde .einen Heilungszweck
nicht erfüllen, da ‘J9 mal unter 100 Fällen bereits Darminhalt iu die
Bauchhöhle eingedrungen, und somit der Tod meist schon nach Stunden
mit grosser Sicherheit zu erwarten steht. Selbst die allcrkleiusten
Darmverletzungen müssen sorgfältig genäht werden, da sonst auch hier
Kotbaustritt erfolgen würde. Früher wurden solche unter ’/*
Durchmesser wohl als unschädlich bezeichnet. — Die Ausführung der
Darmuaht wird genau beschrieben und durch beigegebene Abbildungen
und mehrere von Anderson gegebene anatomisebe Bemerknngen bezüg-
lich des Verhaltens der Serosa in der Gegend der Mesenterialinsertion,
sowie der Dicke der Muskularis bei den einzelnen Darmabsebuitten
erläutert. Es wird nemlich am Gekrösrande des Darms durch das Aus-
einanderweichen der beiden GekrÖsblätter ein dreieckiger mit Zellgewebe
und Blutgefässen ausgefüllter Raum gebildet, an dessen Basis die Darm-
wand selbst keinen serösen Ueberzug hat. Dieser Zwischenraum bat
beim Krumm- und Leerdarm eine Breite von etwa '/< Zoll. Die Musku-
laris verliert in der Richtung nach abwärts um '/» bis '/» ihrer Dicke,
•V
553
weshalb aach die Schwierigkeit und die Gefahr der Naht vom Magen
nach abwärts wächst, — Zur erfolgreichen Anlegung der bereits 1H26
von Lembert angegebenen Darmnaht gehören drei Bedingungen.
Erstens müssen die serösen Flächen in gleicher Breite aneinander gelegt
werden, zweitens darf die Schleimhaut des Darms nicht mitgefasst werden,
und endlich muss die Operation so schnell wie möglich beendet werden.
Bei kleineren Schnittwunden wird die niässig gekrümmte Nadel
1 bis 2 Linien, bei gequetschten Wundrändern bis 3'/j Linien vom
Rande ein- resp. herausgeführt werden. Bei Längswunden sollen ferner
einige Nähte noch über die W'uudwinkel hinaus angelegt werden. Die
Zahl der Nähte soll sehr reichlich sein, aber die Fäden (feine karboli-
sirte Seide) dürfen, um Gangrän zu vermeiden, nicht zu stark angezogen
werden. Sie werden sodann kurz abgeschnitten und versenkt. Die
genaueste Reinigung der Bauchhöhle (mit 3Yo Borlösung [38° C.]) und
der Verschluss der Wunde bilden das Ende der Operation. — 2. Die
Schusswunden des Darmes kommen wegen ihrer enormen Mortalität
nur wenig zu weiterer ärztlicher Behandlung. Am häufigsten findet
sich der Krummdarm und dann meist mehrfach von der Kugel durch-
bohrt. Die Erweiterung der Eingangsnifnung stellt auch hier in zweifel-
haften Fällen zunächst die Thatsacbe der Perforation der Bauebwand
fest. Meist sind es erhebliche Blutungen, welche io Verbindung mit dem
Schock zur baldigsten Todesursache werden. Kotbaustritt erfolgt selten
nach aussen, sondern fast immer in die Peritonealhöhle, da die Darm-
schleimhaut, entgegen der bisherigen Anschauung, nicht einmal das
Loch des kleinsten Projektils zu verstopfen im Stande ist. Die Blutungen
stammen häufig nur aus kleinen Gefässen, und kommen vielfach zum
Stehen, sobald durch den Bauchschnitt die Luft ausgiebig freien Zutritt
hat und Gerinnung bervorruft. Grössere Gefässverletzungen können
sofort geschlossen werden. Schon ans diesem Grunde liegt in der
Bauchschnittoperation der einzig sichere Weg zur Erhaltung oder Ver-
längerung des Lebens. „Jedenfalls wird der Verletzte hierdurch io eine
weniger ernste Lage gebracht, als wenn man lediglich auf die Annahme
hin, dass möglicherweise die Kugel die Unterleibsböble nur einfach
durchquert habe, ihn den tödlichen Gefahren aussetzt, welche eine Ver-
letzung des Darms oder seiner Gelässe mit sich bringt.“ — Die Operation
selbst kann nicht auf dem Scblachtfelde, sondern nur nach schleunigstem
Transport iro nächstliegenden Feldlazaretb ausgefübrt werden, dort aber
sofort. Der Einschnitt in der Mittellinie muss lang genug sein, um eine
Uebersicht über die ganze Bauchhöhle zu gewähren und um die Hand
des Operateurs zuzulassen. Mau lässt die sämmtlichen Darmtheile genau
vom Coecum aus nach dem Magen bin durch d>e Finger gleiten. Alle
blutenden Gefässe werden unterbunden, die Gerinnsel entfernt, und die
vorgezogenen Eingeweide durch warme Verbandstoffe geschützt. Liegen
mehrere Darmwuuden nebeneinander, so wird die ganze Stelle nach
Ablösung vom Gekröse und Gefässunterbinduug herausgeschnitten.
Kotiiaustritt wird am besten durch Zusamme.ndrücken des Lumens
mit den Fingern vermieden. Die hervorgewölbte Darmschleimbaut bleibt
erhalten. Am besten beginnt man unter Berücksichtigung der oben
gegebenen anatomischen Bemerkungen mit etwa drei Nähten am Gekrös-
rande, die vierte am entgegengesetzten, die fünfte und sechste seitlich in
der Mitte und die folgenden in den verbliebenen Zwischenräumen. Wird
ein grösserer Darmtheil fortgeuommen, so ist es rathsam, die beiden
jOOgle
564
Schnittflächen der Enden schräf; £u legen, so dass der Verlast nach dem
Oekrösrande weniger beträgt als nach dem freien Rande za. — Die
Dickdarm wanden sind weniger gefahrdrohend, diejenigen des auf- and
absteigenden weniger als die des queren Tbeils. Erstere eignen sich
weniger für die Darmnaht als wie für die Anlegung einer Kolhfistel,
welche später mechanisch zu scbliessen sein würde. Magenwunden der
vorderen Fläche sind wiederholt mit gutem Erfolge genäht worden.
Die übrigen Unterleibsorgane werden nur kurz besprochen, ohne dass
wesentlich Neues erwähnt wird.
3. Subkutane Darmverletzungen haben keine direkt beweisenden
Symptome, and beruht in diesem Mangel die grosse Schwierigkeit, eine
Indikation für die Ausführung des Bauchschnittes zu finden. Von der
grössten Bedeutung bleibt das ätiologische Moment, die Wucht der ein-
wirkenden Ursache, ferner ein tiefer langdauernder Schock, die
Beschaffenheit des Pulses, der plötzlich auftretende, auf Druck gesteigerte
Schmerz zu einer Zeit, wo an eine Bauchfellentzündung noch nicht
gedacht werden kann. Auch hier findet sich am häufigsten der Dünn-
darm zerrissen, gewöhnlich dicht hinter der getroffenen Stelle der Bauch-
wand. Da bisher bei abwartender Behandlung die Mortalität zu mehr
als 96% berechnet ist, so dürfte dieselbe bei Ausführung des Baucbschnitts
mindestens nicht grösser sein. Selbst durch den Versuchsbauchschnitt
wird der Zustand nicht verschlechtert, dagegen die Heilnngschancen etwa
nach erfolgreicher Blutstillung und Entfernung des verletzten Stückes
erheblich grösser. Die Operation wird in derselben Weise wie bei deu
offenen Verletznngeu ausgeiübrt. —
An diese Erörterungen werden von dem üebersetzer (Dr. Tbamhayn)
in den Vortrag zwei Fälle von subkutanen Blasenzerreissungen ein-
geschaltet, welche von demselben Verfasser in der Lancet vom II. De-
zember 1886 ausführlich geschildert sind. Beide Male waren es intra-
peritoneale Blasenruptnren, welche nach Eröffnung der Bauchhöhle durch
12 bis 16 feine seidene Lembert'scbe Nähte geschlossen wurden und mit
völliger Genesung endeten. Die sorgfältigste Ansführung der Nähte
durch das seröse und Muskellagcr mit absoluter Vermeidung der Blasen-
scbleimhant wird auch hier betont. — C. schliesst seine bedentsameo
Erörterungen mit der Erklärung, dass die Vorwärtsbewegung auf dem
besprochenen Gebiete hauptsächlich den Militärärzten zu danken sei,
denen er seine Anerkennung nicht versagt. — Es folgt sodann auf
mehreren Tafeln eine höchst interessante tabellarische Zusammenstellung
derjenigen Fälle, im Ganzen 79, in welchen bei Organverletzungen inner-
halb des Baachfellüberzuges der Baucbschnitt gemacht wurde, und zwar
I. bei penetrirenden Stichwunden 18 Fälle, 10 mit günstigem, 8 mit
tödtlichem Ausgange. II. bei penetrirenden Schusswunden 32 Fälle, hier-
von 7 günstig, 24 tödtlich, I zweifelhaft verlaufen. III. 16 Fälle von
intraperitonealen Blasen Verletzungen, und zwar 6 geheilt, 10 gestorben.
IV. bei subcutanen Verletzungen innerhalb des Unterleibs 13 Fälle, welche
sämmtlich einen ungünstigen Verlauf genommen haben. — Von den dem
Original beigegebenen 79 Abbildungen sind der Uebersetzung 10 beigefügL
Edler.
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555
Diagnostik der inneren Krankheiten auf Grund der heutigen
Untersuchungsmethoden. Ein Lehrbuch für Aerzte und Studireude
von Dr. Oswald Vierordt, Privatdozent an der Universität Leipzig.
Leipzig, Verlag von F. C. W, Vogel. 1888. Preis 10 Mark.
Mit Erfolg hat sich der Verf. bemüht, in seinem Buche nicht nur
eine Schilderung der feineren Untersuchungsmethoden zu geben, sondern
vor allem eine gründliche und klare Besprechung derjenigen Symptome
za erbringen, welche wir ohne Hülfsmitlel durch den einfachen Gebrauch
unserer Sinne wahrzunehmen vermögen. Nicht minder anerkennenswerth
ist sein Bestreben, bei der Diagnose nie einzelne Kraukbeitszeichen,
sondern stets den ganzen Organismus in das Auge zu fassen. Das bei
Besprechung der an einzelnen Organen bervortretenden Erscheinungen
häufige Hinweisen auf ähnliche oder gleichzeitig auftretende Symptome,
welche in anderen Kapiteln beschrieben werden mussten, bewahrt dem
Leser, weit davon entfernt, Verwirrung anzurichten, beständig die all-
gemeine Uebersicht und schärft das Kombinationsvermögen des An-
fängers. — Trotz seiner Knappheit im Ausdruck, seiner Kürze in der
Darstellung hat es der Verf. erreicht, nicht in den trockenen Ton eines
Repetitionsbuches zu verfallen, sondern stets das Interesse seines Lesers
zu fesseln.
Während in den einleitenden Bemerkungen über die Anamnese mit
Recht die Nothwendigkeit für den Anfänger her vorgehoben wird, sich in
genauester Weise nicht nur über die Entstehung der vorliegenden Krank-
heit, sondern auch über die Vorgeschichte des Kranken zu unterrichten,
ist der über jene handelnde Theil hier etwas kurz gefasst, wohl in der
Voraussetzung, dass erst die zunehmende Kenntniss der Krankheiten dem
Lernenden die richtige Fragestellung ermöglichen werde.
Die Krankennntersuebung selbst wird in einem allgemeinen und
einem speziellen Theil geschildert. Der erstere beschäftigt sich mit dem
Myebiseben Verhalten des Kranken, der Bettlage, dem Körperbau, dem
Ernährungszustand, der Haut- und der Körpertemperatur. Bei Besprechung
der auf der Haut anftretenden Erscheinungen durfte ein genaueres Ein-
gehen auf die Arten der Exantheme, insbesondere auf deren leichte
Verwechselung mit den Folgen von Arzneimitteln, Insektenstichen und
dergl. wohl am Platze gewesen sein. In dem Abschnitt: „Subnormale
Temperaturen fand die Herabsetzung der Körperwärme bei Alkohol-
Vergiftung keine Erwähnung.
Der spezielle Theil beginnt mit dem Kapitel über die Untersuchung
des Rospirationsapparates. Bemerkenswerth ist hier die hohe Bedeutung,
welche der Verf. der Grösse des epigastrischen Winkels zur Klärung des
Verständnisses der einzelnen Thorax-Formen verleiht. Besondere Aner-
kennung verdient die dringende Empfehlung einer möglichst grossen
Vereinfachung in den Bezeichnungen verschiedener Abstufungen des
gedämpften Pcrkussionsscballs. Dagegen hätten bei Besprechung der
Probepunktion des Thorax die antiseptischen Vorsichtsmaassregeln vor
deren Ausführung genauer angegeben werden können. Vorzüglich ist die
kurze Darstellung der Untersuchung des Sputums.
Der nächste, vom Zirkulationsapparat bandelnde Abschnitt bringt
unter anderem eine durch Klarheit und Uebersicbtlicbkeit ausgezeichnete
Schilderung der Symptome bei Klappenfehlern. In beachtenswerther
Weise ist hier die Verschiedenheit des Pulses für die Diiferentialdiagnose
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556
verwcrthet (Seite 210). — Etwas knapp erscheint die Besprechung der
Fiebergeräusche am Herzen (Seite 190), wenn man bedenkt, wie oft
dieselben, namentlich beim akuten Gelenkrheumatismus, gar nicht
hestehende Klappenfehler Vortäuschen.
In den beiden folgenden Kapiteln, welche die Untersuchung des
Verdanuugs- und Harnapparates enthalten, haben eingehende und leicht
fassliche Darstellungen der neuesten Resultate chemischer und mikro-
skopischer Beobachtung Aufnahme gefunden. Leider finden sich über
die Verschiedenheiten der Exsudate, Ecliinokokkusflüssigkeit u. s. w. iu
chemischer Beziehung nur einige kurze Bemerkungen bei Besprechuug
der Probepunktion der Pleura.
Besonders hervorgehoben zu werden verdient der sich mit dem
Nervensystem beschäftigende Abschnitt des Lehrbuches. Wir finden hier
ausführliche Beschreibungen aller einschlägigen Untersuchung>methoden
und ihrer Erfolge unter beständiger Berücksichtigung der anatomischen
Verhältnisse.
Im Anhang giebt der Verf. eine Anleitung zur Spiegeluntcrsuchung
des Kehlkopfs und eine Uebersicht über Augenspiegelbefunde bei inneren
Krankheiten.
Das Lehrbuch ist durch 15G Abbildungen zweckmässig ausgestattet
Unter diesen sind namentlich die Zeichnungen der Eingeweidelage nach
Weil-Lus ch ka, die Henle’schen Darstellungen der Sensibilitätsgebiete
einzelner Nerven und die elektrischen Reizpunkte nach Erb belehrend
und von Nutzen für das Verständniss.
Das handliche, nicht zu umfangreiche Buch (542 Seiten) dürfte nicht
nur dem Studirenden als werthvolle Hülfe beim Lernen, sondern auch
dem praktischen Arzt als interessante und anregende Lektüre za
empfehlen sein.
Kühler (Berlin.)
Der antiseptische Werth der Silberlösungen und Behandlung
von Milzbrand durch Silberlösungcn. V'on Stabsarzt Dr. Behring.
Separatabdruck aus der Deutschen Medizinischen Wochenschrift. 1887.
No. 37 und 38. Berlin und Leipzig. Verlag von Georg Thieme.
1887.
Bei Versuchen mit Pentamethylendiamin bemerkte Verf., dass die
entwicklungshemmenden und bakterientödtenden Eigenschaften dieses
Präparates ausschliesslich auf Rechnung der darin gelösten Silber-
verbindung (Silberoxyd) zu setzen waren. Vergleichende Versuche
mit Lösungen jenes Körpers, sowie von Silbernitrat und Sublimat zu-
nächst an Nährlösungen, unter denen sich am besten flüssiges Rlul-
serum eignete, ergaben, dass die Silberlösungen vom Sublimat ülierall da
bedeutend übertroffen werden, wo wir es mit reichlichem Chlorgehalt zu
thun haben, ferner da, wo Oberflächen zu desiufiziren sind, uid iu
Flüssigkeiten von geringem Eiweissgehalt, während überall da, wo wir
es mit dem Blute selbst oder mit Flüssigkeiten zu thun haben, die den
Blute in ihrer Zusammensetzung mehr ähnlich sind, als künstliche
Nährlösungen, das Silber in seinen Lösungen unter allen bisher
geprüften nntiseptiseben Mitteln das leistungsfähigste ist und etwa
5 mal mehr leistet als Quecksilberchlorid. Da es Verf. bei Versuchen
X
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an mit Milzbrand vergifteten Tbieren ‘2 mal gelang, dorcli Einfübrang
genügend grosser Mengen Silbers (‘2 — 3 Tage lang in einer Konzentration
von 1:15 0CK)) in die Blotbahn, die Milzbrandbazillen za tödten and die
Thiere am Leben za erhalten, so glaabt er, entgegen der Ansicht, eine
Antisepsis im lebenden Körper sei bis jetzt noch unaasführbar, den
Nachweis geführt za haben, dass eine so sicher bazilläre Infektions-
krankheit wie der Milzbrand doch durch ein chemisches Agens günstig
beeinflusst werden kann und zwar ausschliesslich durch direkte Ein-
wirkung auf die Krankheitserreger, sowie gezeigt zu haben, dass anti-
parasitäre Mittel im lebenden Oiganismus dieselbe Wirkung ausüben,
wie aussrrhalb, so dass man Voraussagen kann, welche Mengen des
Mittels nothwendig einverleibt werden müssen, um eine antibakterielle
Wirkung auszuüben. Wenn er auch für die allgemeine Milzbrand-
infektion davon keine praktisch verwerthbaren Resultate erwartet, da die
erforderlichen Silbermengen meist eine dauernde Schädigung oder Ver-
nichtung des Organismus herbeiführen werden, so zeigt er, dass doch
lokale durch Mikroorganismen bedingte Erkrankungen günstig beeinflusst
werden können. Zum Beweise führt er mehrere Fälle von auffallend
schneller Heilung frischer Tripper durch Anwendung starkverdünnter
alkalischer Silberlösungen an und glaubt auch die Rachendiphtherie als
weiteres geeignetes Augriffsobjekt empfehlen zu können.
Rb.
Klin. Beitr. zur Lehre von der Innervation der Blase, des
Mastdarms und der Geschlecbtsfnnktion (beim Manne) von
Prof. Dr. M. Bernhardt. (Berl. klin. Wocbenschr. 1888, No. 32).
Verf. theilt den von ihm beobachteten Verlauf der Krankheit eines
Maurers mit, bei welchem sich unmittelbar nach einem Sturz auf das
Gesäss Harnverhaltung, iucoutiuentia alvi und absolute Anaestbesie der
Haut an der inneren Seite der Hinterbacken, an der Hinterfläche der
beiden oberen Drittel der Oberschenkel, am Damm, am Hodeusack und
am ganzen Penis eingestellt hatten. Am ganzen übrigen Körper, ins-
besondere in der Regio snprapubica nnd an den übrigen Stellen der Ober-
schenkel blieb das Gefühl erhalten. Dagegen wurde gleich nach dem
Fall, besonders bei aufrechter Körperhaltung, über Schmerzen in der Gegend
vom 7. bis 12. Rückenwirbel geklagt, welche jedoch allmählich abnahmen
und schliesslich ganz verscbwaiideu. Erectio, inimissio penis und ejaculatio
seminis waren möglich; doch blieb der secernirte Samen in der Harn-
röhre zurück und floss erst post cohabitationem langsam nnd tropfenweise
ab. Die Reflexe, speziell der Cremaster-Reflex, blieben erhalten. —
Es war somit das Innervationsgebiet des plex. pudend., des plex.
coccyg. und des mit dem Nerv, perin. vom plex. pudend. anastoraosirenden
Nerv, cutan. femor. post, durch das Trauma betroffen.
Nach Anführung ähnlicher von Thorbarn, Kirebhoff, Westphal
und Rosenthal mitgetbeilter Fälle kommt Verf. auf Grund seiner
Beobachtung zu dem Schlüsse, „dass die Blasenmustdarmfunktion ab-
hängig zu machen ist von der normalen Beschaffenheit des untersten,
unterhalb der Lendeuanschwellung gelegenen Rückenmarksabschnittes
und der aus ihm ihren Ursprung nehmenden Nerven, dass eine isolirte
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558
Erkrankung dieses Nervengebietes (ohne den Sachverhalt verdunkelnde
Begleiterscheinungen in Folge eines Traumas) möglich ist, dass die dem
Erektions- und Ejakulatioosakt dienenden Nervenbahnen noch gesondert
von denen verlaufen, welche die Blasen- und Mastdarmfunktion beherrschen,
endlich, dass Potentia und Libido coeundi bestehen und doch wegen
Lähmung der austreibenden Kräfte eine Impotentia generandi vorhanden
sein kann.**
Kühler (Berlin).
üeber die praktische Verwendbarkeit des Haemometers von
V. Fleischl. Von Dr. LudwigWick, k. k. Regimentsarzt. Separat-
Abdruck ans der Allgemeinen Wiener mediz. Zeitung. 1887. No. 21,
22 und 23.
Verf. will durch seine Schrift auch die Militärärzte zu Cntersnchnngen
mit jenem Instrument bei gesunden und kranken Soldaten anregen und
hofft, dass sich dadurch nicht nur die Feststellung einer gewissen Norm
des Haemoglobingehaltes eines gesunden Menschen in verschiedenen
Altersstufen werde gewinnen lassen, sondern auch eine Grenze, unter der
entweder schon entschieden Krankheit besteht oder doch gewisse
Funktionsstörungen als Folge des geringen Haemoglobingehaltes. Er
betont dabei noch, von wie grossem Werthe es wäre, wenn jenes
Instrument sich als ein verlässliches Mittel zur Prüfung so komplizirter
Verhältnisse, wie Konstitution und Dienstßhigkeit, erweisen würde.
(Separat -Abdruck aus den Medizinischen Jahrbüchern. Nene Folge
Jahrgang 1887.) Rb.
Nittheilangen.
I. Ueber die habituelle Hyperhidrosis pedum. Eine hygienische
Skizze von Dr. J. V. Brandau, prakt. Arzt in Lichtenan, Reg.-ßez.
Kassel. Sonderabdruck aus , Deutsche Medizinal - Zeitung*' 1886
No. 68/69. Berlin 1888. Verlag von Eugen Grosser.
II. Ueber den Zusammenhang des Asthmas mit der habituellen
Hyperhidrosis pedum. Von Dr. J. V. Brandau, prakt. Arzt in
Lichtenan etc. Deutsche Medizinal-Zeitnng 1887 No. 69.
Die Veranlassung zu den vorliegenden Arbeiten gaben Versuche,
welche der Verf. mit den verschiedensten bekannten Mitteln zur Be-
seitigung seiner eigenen Hyperhidrosis pedam angestellt bat. Er glaubt
ein wirksames Mittel io seinem „Liquor antibidrorhoicus*', einem in
überschüssiger Salzsäure gelösten gechlorten Aether, gefunden zu haben.
Die Erfolge, welche er mit der etwas umständlichen Anwendung dieses
Mittels theils an sich, theils an Patienten seiner Praxis und der
medizinischen Klinik zn Halle erreichte, veranlassten Herrn cand.
DiyiiUed by ■- ‘
559
med. Spener, weitere Versocbe damit anzustellen, deren Resultat er in
seiner Dissertation „Die habituelle, lokale Hyperhidrosis, ihre Folgen und
ihre Behandlung“ niedergelegt hat. In den von Spener mitgetbeilten
14 Fällen trat tbeils bedenteude Besserung, theils vollkommene Heilung
des Leidens ein. Vorzügliche Resultate hat auch Herr Dr. Stohmann
mit dem Liquor sowohl an sich, als an drei Patienten seiner Praxis erreicht.
(Deutsche Medizinal-Zeitnng 1887 No. 87. S. 989.)
Brandau will nun nach der Beseitigung der Hyperhidrosis auch
andere Krankbeitserscbeinungen haben schwinden sehen und sucht daher
in seinen Arbeiten eine Erklärung hierfür zu geben. So soll die durch
die fortwährende Verdunstung des im Uebermaasse secernirten Schweisses
hervorgerufene Abkühlung des Körpers die Ursache von Schüttelfrösten,
Rheumatismen, Neurosen und Katarrhen sein. Chronische Rhinitis und
Pharyngitis hat Brandau nach Beseitigung von Hyperhidrosis wiederholt
schnell verschwinden sehen, ja, er führt in seiner zweiten Arbeit
drei Fälle an. in welchen nicht nur diese katarrhalischen Erscheinungen
durch die Heilung der Hyperhidrosis zurückgingen, sondern auch
asthmatische Anfälle ausblieben, welche anscheinend reflektorisch durch
den Nasenkatarrh bervorgerufen worden waren.
Die durch den Reiz der Verdunstungskälte vermittelte Gefäss-
kontraktion soll Migräne-Anfälle bewirken.
Endlich will Verf. durch Heilung der Hyperhidrosis chlorotische
Erscheinungen beseitigt haben, ohne jedoch vor der Hand eine Erklärung
hierfür zu finden.
Die von vielen Aerzten gefürchteten schädlichen Folgen einer
Heilung der Hyperhidrosis pedum will Brandau niemals beobachtet
haben.
Kalender für 1889.
1. Dr. Paul Börner's Reichs-Medizinal-Kalender für Deutschland
auf das Jahr 1889. — Herausgegeben vom Sanitätsrath Dr. S. Gntt-
mann, Verlag von Georg Thieme^ Leipzig.
Erschienen ist der I. Theil: Geschäftliches Taschenbuch mit
seinem bekannten reichhaltigen Inhalte und zwei Beiheften, deren eines
(.56 Seiten) als neu die üblichen diätetischen und physikalisch-mechanischen
Heilmethoden (S. R. Dr. Blaschko), die neueren Methoden der Diagnostik
and Therapie der Magenkrankheiten (Dr. J. Boas), endlich therapeutische
Notizen aus Dr. Lassar’s Klinik für Hautkrankheit und Syphilis bringt,
während das andere: „Kurzgefasste Essays über wichtige Kapitel ans
der medizinischen Praxis“ (122 S.*) die meisten der von früher her schon
wohlbekannten, geschätzten Aufsätze enthält.
Der Supplementband (38 Bogen stark, käuflich für die Abnehmer
des Kalenders zum Vorzugspreise von 5 Rm.) wird demnächst in gewohnter
Weise erscheinen.
*) Für sich allein zum Preise von 80 Pf.
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SCO
3. Medizinal - Kalender für den Frenssischen Staat anf das
Jahr 1889. Mit Genehmignnjij Sr. Excellenz des Herrn Ministers der
geistlichen, Unterrichts- und Medizinal -Angelegenheiten und mit Be-
nutzung der Ministcrial-Akten. Verlag von Aug. Ilirscbwald.
Erste Abtheilung: Geschäfts-Kalender — Ileilapparat; Verordnungs-
lehre — diagnostisches Nachschlagebuch — von Dr. A. Wernich, Reg.-
und Medizinal-Rath in Köslin.
Zweite Abtheilung: Verfügungen und Personalien des Civil- und
Militär-Medizinal-Wesens in Preussen und in sämmtlichen weiteren
deutschen Staaten mit alphabetischem Namen- Register.
Anordnung des reichen Inhaltes wie früher.
Als Supplement zu dem ermässigten Preise von M. I,b0 ist ange-
kündigt: Wernich, Zusammenstellung der gültigen Medizinalgesetze
Preussens. Mit besonderer Rücksicht auf die Reicbsgesetzgebung.
3. Taschen-Kalender (1889 II. Jahrgang) für die Aerzte des
Deutschen Reiches. Herausgegeben von Lorenz, Prakt. Arzt
(Militscb). Im Verlage des Berliner Lith. Instituts (Julius Moser, Pots-
damerstrasse 110.)
Das Tageskalendarium nimmt den weitaus grössten Theil des kleinen
Taschen-Kalenders ein, es zeigt eine wochenweise Anordnung, welche
in übersichtlicher Weise die Eintragung der ärztlichen Besuche und dergl.
gestattet. —
Angebängt sind anf 65 Seiten in Kleindruck mit Inhalts-Verzeichniss
zahlreiche kurze Bemerkungen über die häufigeren oder sofortige Hülfe
erfordernden Krankheiten etc. Dosirung der Arzneimittel für Kinder etc.
und andere den praktischen Arzt besonders interessirende Dinge.
Das kleine Büchlein kann und will nicht die bekannten Kalender
grösseren Formats ersetzen, erscheint jedoch für den täglichen Gebrauch
seiner Handlichkeit, auch seiner Anordnung wegen empfehlenswert b.
T. Lauer «Kommers.
Zur Feier des 60jährigen Militärdienst- Jubiläums Sr. Excellenz des
Herrn General-Stabsarztes der Armee Dr. v. Lauer, ihres hochverehrten
Direktors, veranstalten die Studirenden der MilitärärzUicben Bildungs-
anstalten am 20. Dezember d. J., Abends 8 Uhr, im grossen Saale der
Philharmonie einen Kommers, bei welchem zu erscheinen Sc. Excellenz
zugesagt hat.
Wir bringen dies zur Kenntniss unserer Leser mit dem Bemerken,
dass die Studirenden sich ganz besonders freuen würden, dabei möglichst
viele Sanitätsoffiziere in ihrer Mitte zu sehen.
Gednickt in der KönigL Hofbaebdmekerei von E. 6. MittlerftSobn, Berlin 8W., Eochstr. 66—70.
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Amtliches Beiblatt
zur
Deutschen militärärztlichen Zeitschrift
1888. — Siebzehnter Jahrgang. — M 1,
Kriegsministerium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 1.5. November 1887.
Dem Ccntral-Bureau wird auf das sehr gefällige Schreiben vom 25. Oktober d. .7.
ganz ergebenst' erwidert, dass den darin gemachten Vorschlägen über die, Aus-
bildung freiwilliger Krankenpfleger in den Garnison-Lazarethen um so bereitwilliger
beigcireten werden kann, als dieselben im 'Wesentlichen mit den in dem diesseitigen
.Schreiben vom 22. April 1886 — No. 535/2 M. M. A. — angedeuteten Gesichts-
punkten übereinstimmen.
Es wird demzufolge Anweisung ertheilt werden, dass Aushildungskurse von
vierteljährlicher Daper mit zweimal wöchentlich stattfindendem zweistündigem
Unterricht in den Garnison-Lazarethen zu Berlin (Gamison-Lazarelh No. 1 in der
Schanihorststrasse), Frankfurt a.O., Breslau, Liegnitz, Königsberg, Stettin, Magdeburg,
Halle, Bonn, Göttingen, Cassel, Düsseldorf, Wesel, Posen, Münster, Hannover und
Altona abgehaltcn werden dürfen, ohne dass die Theilnehmer in den Lazarethen
wohnen' oder daselbst sonst verpflegt werden.
Marburg, welches von dem Central-Komite ebenfalls namhaft gemacht ist,
kommt nicht in Betracht, weil daselbst ein eigenes Gamison-Lazareth nicht vor-
handen ist, sondern die Militärkranken in der Universitätsklinik Aufnahme finden.
Die Vertreter der Genossenschaften, welche die Ausbildung von Krankenpflegern
in einem der genannten Lazarethe wünschen, würden sich mit ihren Anträgen an
den Korpsgeneralarzt des betreffenden Armeekorps zu wenden haben, welcher das
Weitere im Einvernehmen mit der Korp.sintendantur veranlassen wird. Dabei
würden dann auch entsprechende Vereinbarungen über die Zeit, in welcher der
Unterricht von den damit beauftragten Sanitätsoffizieren zu ertheilen wäre, zu
treffen sein.
Die anszubildenden Personen werden theoretischen und praktischen Unterricht
im Krankenpflegedienste unter Zugrundelegung des Unterrichtsbuches für die frei-
willige Krankenpflege erhalten und am Schlüsse des Kursus einer Prüfung unter-
worfen werden.
Die in der Prüfung bestandenen Theilnehmer würden zu Wiederholungskursen,
wie schon früher erwähnt, alle zwei bis drei Jahre zuzulassen sein, sofern sie nicht
etwa in der Zwischenzeit im Krankenpflegedienst bei Civilkrankenhänsem u. s. v.
Verwendung gefunden und ausreichende Unterweisung erhalten haben.
Dem Kaiserlichen Kommissar und Militär-Inspekteur der freiwilligen Kranken-
pflege, Fürsten von Pless Durchlaucht ist hiervon gleichzeitig Kenntniss ge-
geben worden.
An das Central-Komite der deutschen Vereine vom rothen Kreuz hier.
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2
Abschrift hierroD erhalten Euer Hochwohlgeboren znr gefälUgen Kenntnissnalime
und mit dem Ersuchen, etwaigen Gesuchen der freiwilligen Krankenpdege um
Ausbildung von freiwilligen Krankenpflegern in einem der vorgenannten Gamisun-
Lazarethe Folge geben zu wollen.
Der Unterricht ist je nach der Anzahl dor Theilnebmer von einem oder
mehreren, von Euer Hochwohlgeboren zu bestimmenden Sanitätsofflzieren zu den
mit der betreffenden Genossenschaft zu vereinbarenden Zeiten in einem geeigneten
Kaume des Gamison-Lazareths unter Zugrundelegung des Unterrichtsbiiches für die
freiwillige Krankenpflege (Auszug aus dem Unterrichtsbuche für Lazaretbgehülfen)
abzuhalten.
Die erforderlichen praktischen Unterweisungen kOnnen auf geeigneten Kranken-
zimmern vorgeuommen und etwaiges Unterrichtsmaterial (Verbandmittel u. s. w.)
nSthigenfalls leihweise aus der Verbandmittel-Rescrve oder den Lazarethbeständen
entnommen werden.
Ueber das Ergebniss der nach Ablauf des ersten Unterrichtskurses mit den
Theilnehmern vorzunehmenden Prüfung wird der näheren Berichterstattung Euer Hoch-
wohlgeboren ergebenst entgegengesehen.
Dem Königlichen General-Kommando ist vom V'orstehenden im Vortragswege
Kenntniss zu geben bezw. der Korpsintendantur entsprechende Mittheilong
zu machen.
V. Lauer.
No. 1601/10. 87. M. A.
Kriegsministcrium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 28. November 1887.
Es wird aus sanitären Rücksichten für dringend wünschenswerth erachtet, dass
diejenigen zinnernen Gerätlie im Lazareth-Haushalt, für welche beim
Eintritt der Unbrauchbarkeit der Ersatz durch solche aus anderem
Material (Glas, Porzellan, Fayence, Sanitätsgut, Zink u. s. w.) bereits
allgemein genehmigt ist, baldmöglichst ausser Gebrauch gesetzt
werden.
Die Königliche Intendantur wird demnach ergebenst ersucht, gefälligst zu
veranlassen, dass von den Garnison-Lazarethen des dortseitigen Verwaltungs-Bezirks
an Stelle etwa noch vorhandener derartiger Gerätbe aus Zinn auch vor dem
Eintritt ihrer vollständigen Unbrauchbarkeit die bereits znr Ein-
führung genehmigten entsprechenden Stücke anderen Materials
insoweit beschafft werden, als die Kosten der Ersatziteschaffnngen ohne
Inanspruchnahme besonderer Mittel aus dem Dispositionsfonds der König-
lichen Intendantur bestritten werden können.
Die hiemacb ausser Gebrauch gestellten Gerätlie sind in der vortheilhaftesten
Weise zu verwenden.
Dem Herrn Korpsarzt ist hiervon gefälligst Kenntniss zu geben.
V. Lauer.
•So. 481. 10. 87. M. A.
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3
Kripgsminist^rium. Berlin, den 23. November 1887.
GerSthe-Ansstattung derOffizier-Krankenstnben und der Lagerstellen
für Portepee-Unteroffiziere in den Garnison-Lazarethen.
Die Ausstattnng der Offizier - Krankenstuben und der Lagerstellen für kranke
Portepee-Unteroffiziere in den Garnison-Lazarethen ist durch Gewährung der in der
nachfolgenden Nachweisnng aufgeführten Geräthe zu vervollständigen bz. zu ver-
bessern.
Als Portepee-Unteroffiziere im Sinne dieser Verfügung sind die in der Nach-
weisnng unter II aufgeführten Chargen zu verstehen.
Die Königlichen Korps-Intendanturen haben das Erforderliche wegen Ergänzung
der bezeichneten Geräthe-Ausstattung nach Lage ihres bezüglichen Dispositionsfonds
zu veranlassen.
Da besondere Zuschüsse diescrhalb nicht gewährt werden können, sind die
Besebaflungen nöthigenfalls auf mehrere Jahre in der Weise zu vertheilen, dass die
Grösse der Lazarethe bz. der Grad der Inanspruchnahme der betreffenden Kranken-
stuben und Lagerstellen für die Reihenfolge entscheidet.
No. 790/9. 87. M. A. Bronsart v. Schellendorff.
Nachweisnng
der Geräthe, welche zur Verbesserung bz. Ergänzung der Ausstattung der Offizier-
Krankenstuben und der Lagerstellen für erkrankte Portepee - Unteroffiziere in den
Garnison-Lazarethen dienen sollen.
er.
Benennung der Geräthe.
Es sind zu gewähren;
I. Für Offizier-Krankenstuben.
1 Aschbecher
2 Ausgnsseimer von Porzellan
.3 Bettüberdecken, farbige, waschecht . . .
4 Bettvorleger
j Esslöffel von Neusilber oder Alfenide (an
Stelle der bisherigen von Britannia-
Metall bz. Komposition).
6 Gardinen, Paar, einschliesslich Halter,
Quasten und Stangen (an Stelle der
Gardinen in Form von Lambrequins).
7 Kommoden (in der für Offizierwohnnngen
in den Kasernen vorgeschriebenen Form).
8
9
10
11
12
Krankentische, Mahagoni- (Nachttische) (in
der Form der eichenholzartig gestrichenen
Krankentische für Kranke).
Krankentische, verstellbare (Lesepulte) . .
Lampenschirme
Messer und Gabel von Neusilber oder
Alfenide (an Stelle der bisherigen mit
hölzernen Schalen).
Saucieren von Porzellan
1 für jede Lagerstelle.
1 dito
1 dito
1 dito
1 dito
1 für jedes Fenster.
1 für jede Offizier - Krankenstube,
jedoch nur in dem Falte, da.ss
letztere den erforderlichen Kaum
zur Aufstellung bietet.
1 für jede Lagerstelle.
1 dito
1 für jede Lampe.
1 Messer und 1 Gabel für jede Lager-
stelle.
1 für jede Lagerstclie.
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4
c
2:
Benennung der Gerätlie.
Es sind zu gewähren;
13 Servietten
14 Stühle (Rohr-) (an Stelle der bisher ge-
währten 2 Rohrstühle für jede Lagerstelle).
13
16
17
18
Tablettes (Präsentirbretter)
Tablettes, kleine
Thcelöffel von Neusilber oder Alfenide
(an Stelle der bisherigen von Zinn).
Tischdecken, farbige
19
Waschschüsseln von Fayence (bisher nur
je eine für jede Offizier-Krankenstube).
6 für jede Offizier-Krankenstube.
4 für jede Offizier - Krankenstube,
auch wenn dieselbe nur mit 1 Offi-
zier belegt ist.
1 für jede Offizier-Krankenstube.
1 für jede Lagerstelle.
1 dito
1 für jede Offizier- Krankenstube bz.
jeden Tisch.
1 für jede Lagerstelle.
1
2
3
4
5
C
7
»
9
10
11
12
II. Für die Lagerstellen erkrankter Oberfenerwerker, Feldwebel,
Wachtmeister, Zahlmeisteraspirantcn mit Feldwebelrang, etats-
mässigeruiidüberetatsmässigerPortcpeefähnrichejVizefeldwebelund
Vizcwachlmeist er einschliesslich der Stabshoboisten, Stabs ho misten
und .Stabstronipeter sowie Unterärzte, Rossärzte und Unterrossürzle.
Kommode aus kiehnenem Holze, braun ge-
beizt und poürt.
Krankentisr.he in der bisherigen Form; ab<T
braun gebeizt und polirt.
Lampe (Schirm-) wie für kasemirle Feld-
webel etc.
Spiegel mit polirtem Holzrahmen ....
Stühle (Lehn-) mit Polster nnd Lederüberzug
Stühle (Rohr-) wie für kasemirte Feldwebel
(an Stelle der Brettstühle).
Teller von Porzellan
Tische mit Schubkasten aus kiehnenem
Holze, braun gebeizt und polirt.
Tiinkgläser
Waschbecken von Fayence
Waschtoiletten aus kiehnenem Holze, braun
gebeizt und polirt.
Wasserfiasche
1 für jede Stube, in welcher Portepee-
Unteroffiziere untergebracht werden.
1 für jede Lagerstelle für Portepee-
Unteroffiziere.
1 für jede Lagerstellc für Portepee-
Unteroffiziere.
1 für jede .Stube, in welcher Portepee-
Unteroffiziere untergebracht werden.
1 für jede Lagerstclle für Portepee-
Unteroffiziere. Eine Beschaffung hat
jedoch nur insoweit zu erfolgen,
als die für die Garnison - Lazarethe
bereits etatsmässigen Lehnstühle
hierzu ohne Benachtheiligung der-
jenigen Kranken, für welche sie
n.ach der Verfügung vom 20. Sep-
tember 1867 (II. Nachtrag z. F.
L. R. ,S. 160) bestimmt sind, nicht
ausreichen.
1 für jede Lagerstelle für Portepee-
Unteroffiziere
2 für jede laigerstclle für Portepee-
Unteroffiziere.
1 für jede Stube, in welcher l'ortcpee-
Utiteroffiziere untergebracht werden.
1 für jede Lagerstclle für Portepee-
Unteroffiziere.
I für jede Lagerstelle für Portepee-
Unteroffiziere.
I für jede Stube, in welcher Portepee-
Utiteniftizicre untergebraeht werden,
zur ausschliesslichen Benutzung
derselben.
I für jede Stube, in welcher Portepee-
Unteroffiziere lagern.
t
N
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KriegaininiBterium.
Medizinal- Abtheilung.^
zu J. No. 1120/10. V. Abthl. Berlin, den 2. Dezember 1887.
Der Königlichen Intcndanhir wird auf den Randbericht vom 12. Oktober er.
zur entsprechenden weiteren Veranlassung ergebenst erwiedert, dass die Kosten
für das Lüften und Ausklopfen der wollenen Decken indenLazarethen
sowie etwaige Ausgaben für Materialien zum Einsprengen der Decken bei dem
Lazarethwirthschaftskosten- Fonds (Titel 12 des Kapitels 29) zu verrechnen
sind.
V. Lauer.
No. 1043/10. 87. M. A.
A.-V.-Bl. No. 31.
Berlin den 22. Dezember 1887.
Besetzung einer Freistelle bei der Königlichen Landesschule Pforte.
Zn Ostern 1888 ist eine zur Verfügung des Kriegsministeriums stehende Frei-
stelle bei der Königlichen Landesschule Pforta neu zu besetzen.
Etwaige Bewerbungen sind umgehend an die Infanterie-Abtheilung im Kriegs-
ministerium (portofrei) einzureichen.
Hinsichtlich der beizufügenden Anmelde-Papiere wird auf den kriegsministeriellen
Erlass vom 19. April d. J. (Armee-Verordnungs-BIalt S. 121) Bezug genommen.
Bronsart v. Schellendorff.
No. 5/12. 87. A. 2.
M.-V.-BI. No. 25.
Berlin, den 30. Dezember 1887.
Betriebsunfälle bei der Seeschifffahrt.
In Oemässheit Allerhöchster Verordnung vom 2G. Dezember 1887 (Reiebs-
Gesetzblatt S. 537) tritt das Gesetz, betreffend die Unfallversicherung der Seeleute
und anderer bei der Seeschifffahrt betheiligten Personen, vom 13. Juli 1887 mit
dem 1. Januar 1888 seinem vollen Umfange nach in Kraft. Da durch dieses
Gesetz der Seeschifffalirtsbetricb unter die reichsgesctzlicli der Unfallversicherung
unterliegenden Betriebe uufgenommen worden ist, so tindet von dem letztgedachten
Zeitpunkte ab das Gesetz, betreffend die Fürsorge für Beamte und Personen des
Suldatenstandes in Folge von Betriebsunfällen, vom 15. März 1886 (M.-V.-Bl. 1886
S. 59 ff.) auf die Besatzungen S. M. Schiffe und Fahrzeuge Anwendung, soweit es
sich um Unfälle handelt, welche mit dem ScliiffTahrtsbetrieb als solchem zusammen-
liängen. Bei denjenigen an Bord S. M. .Schiffe und Fahrzeuge vorkommenden
Unfällen, welche mit dem eigentlichen seemännischen Dienste nicht in Zusammen-
hang stehen, bewendet es bei den allgemeinen Bestimmungen über Peusionirung
und Versorgung von Angehörigen der Kaiserlichen Marine bezw. die Bewilligungen
für deren Hinterbliebene.
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J '
6
Die Augfrihrungsbeetimmungen vom lö.Mai 1887 zu dem Gesetz vom 15.Märt 1886
(M.-V'.-Bl. 1887 S. 89 ff.) finden auf die beim Seeschifffahrtsbetrieb vorkommenden
Unfälle mit der Maassgabe Anwendung, dass die sofortige Untersuchung der Betriebs-
unfälle und deren Wirkungen (A, 1) von dem betrefiTenden Schiffskommando zu
veranlassen ist.
Der Chef der Admiralität.
J. 8549. V. Capri vi.
Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.
Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.
Prof. Dr. Koch, Oberstabsarzt 1. Kl. ä la suite des Sanitäts-Korp.«, zum
Generalarzt 2. Kl., — Dr. Jahn, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt Tom
2. Pomm. Feld-Art.-Regt. No. 17, zum Oberstabsarzt 1. Kl., — Dr. Nagel, Stabs-
und Bats.-Arzt vom Küs.-Bat. 5. Pomm. Inf.-Regts. No. 42, zum Oberstabsarzt 2. KL
und Regts.-Arzt des Rhein. Drag.-Regts. No. 5, — Dr. Berckhau, Stabs- and
Bats.-Arzt vom 2. Bat. 1. Nassau. Inf.-Regts. No. 87, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und
Regts.-Arzt des Niederschles. Keld-Art.-Rcgts. No. 5, — Dr. Kannenberg, Stabs-
arzt von der Unteroffizier-Schule in Marienwerder, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und
Regts.-Arzt des 5. Ostpreuss. Inf.-Regts. No. 41, — Dr. Glubig, Marine-Stabsarzt
von der 1. Matrosen-Div. zum Marine-Oberstabsarzt 2. Kl., vorläufig ohne Patent. —
Dr. Nietner, Assist.-Arzt 1. Kl., vom 1. Garde-Regt. z. F., tum Stabs- und
Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 5. Pomm. Inf.-Regts. No. 42, — Dr. Schmidt, Assisu-
Arzt 1. Kl., in der etatsmässigcn Stelle bei dem General- und Korps-Arzt des
6. Armee-Korps, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 7. Ostpreuss. Inf.-Regts.
No. 44, — Dr. Schneider, Marine-AssisU-Arzt 1. Kl. von der 1. Matrosen-Div.,
zum Marine-Stabsarzt, vorläufig ohne Patent, befördert. — Die Assist.-
Aerzte 1. Kl. der Res.: Dr. Fischer vom 2. Bat. (Mühlhausen i. Tli.)
1. Thflring. Landw.-Regts. No. 31, — Dr. Drever vom 2. Bat. (2. Braunschweig)
Braunschweig. Landw.-Regts. No. 92, — Dr. Finger vom 1. Bat. (Münsierberg)
4. Niederschles. Landw.-Regts. No. 51, — Dr. Dyrenfurth vom 1. Bat. (Rawitsch)
4. Posen. Landw.-Regts. No. 69, — zu Stabsärzten der Res. befördert. —
Die Assist.- Aerzte 1. Kl. der Landw. Dr. Bisentraut vom 2. Bat.
(Naumburg) 4. Thüring. Landw.-Regts. No. 72, — Dr. Sielaff vom 1. Bat. (Gotha)
6. Thüring. Landw.-Regts. No. 95, — Dr. Sorge vom 2. Bat. (Gera) 7. Thüring.
Landw.-Regts. No. 96, — Pr. Kurr vom 1. Bat. (Schleswig) Schleswig. Landw.-Regts.
No. 84, — Dr. Hantel vom 2. Bat. (Marienburg) 8. Ostpreuss. Landw.-Regts. No. 45,
— Dr. Weber vom 2. Bat. (Bonn) 2. Rhein. Landw.-Regts. No. 28, — Dr. Ispert
vom 2. Bat. (Gräfrath) 8. Westfäl. Landw.-Regts. No. 57, — Dr. Buchholt r.
vom 1. Bat. (Loetzen) 6. Ostpreuss. Landw.-Regts. No. 43, — Dr. Emmerich,
Dr. Steinbach, Dr. Hildebrand vom Res.-Landw.-Regt. (1. Berlin) No. 35, —
Dr. Querner vom 1. Bat. (Halbcrstadt) 3. Magdeburg. Landw.-Regts. No. 66, —
Dr. Frentrop vom 2. Bat. (Recklinghausen) 5. Westläl. Landw.-Regts. No. 53, —
zu Stabsärzten der Landw., — Dr. Lotsch, Marine-Assist.-Arzt 2. Kl.
von der 1. Matrosen-Div., — Dr. Spiering Marine-Assist.-Arzt 2. Kl. von der
2. Matrosen-Div. — zu Mari n e- Assi st.-A ersten 1. Kl., beide vorläufig ohne Patent,
— befördert. — Die Assist. -Aerzte 2. Kl. der Res: Hey er, vom 1. Bau (Thom)
8. Pomm. Landw.-Regts. No. 61, — Dr. Klinkenberg vom I. Bat. (Aachen)
1. Rhein. Landw.-Regts. No. 25, — Dr. Leyser vom 1. Bat. (Donaueschingen)
6. Bad. Landw.-Regts. No. 114, — Dr. Strangmeier vom 2. Bat. (Lingen)
Ostfries. Landw.-Regts. No. 78, — Riese, Dr. Feld, Dr. Florschütz,
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7
Dr. Dantziger, Dr. Richter I. vum Res.-Landw.-Regt. (1. Berlin) No. 35,
— Dr. ZeckenUurf vom Res.-Landw.-Bat. (Altona) No. 86, — Dr. Harzmann
vom 1. Bat. (Wesel) 6. Westfäl. Landw.-Regts. No. .53, — Dr. Breit köpf vom
2. Bat. (Oels) 3. Niederschles. Landw..Regts. Nu. 50, — Kriese vom 2. Bat.
(Andernach) 7. Rhein. Landw.-Regts. No. 69, — Dr. Chrzescihski vom 2. Bat.
(Scbneidemühl) 3. Pomm. Landw.-Regts. No. 14, — Dr. Sichert vom Res.-Landw.-
Bat. (Frankfurt a. M.) No. 80, — Dr. Gasters vom 1. Bat. (Anclam) 1. Pomm.
Landw.-Regts. No. 2, — Dr. Birkholz vom 2. Bat. (Pr. Holland) 7. Ostpreuss.
Landw.-Regts. No. — Dr. Mölle vom 2. Bat. (Iserlohn) 7. Westfal. Landw.-
Regts. No. 56, — Dr. Niessen vom Res.-Landw.-Bat (Hannover) No. 73,
— Koch vom 1. Bat (Hildesheim) 3. Hannov. Landw.-Regts. Nu. 79,% — Schölte
vom 2. Bat. (Celle) 2. Hannov. Landw.-Regts. No. 77, — zu Assist-Aerzten 1. Kl.
der Res. befördert — Die Assist-Aerzte 2. Kl. der Laiidw.:
Dr. Zweiböhmer vom 2. Bat. (Recklinghausen) 5. Westfäl Landw.-Regts. No. 53,
— Dr. Taenzer vom 2. Bat. (Teltow) 7. Brandenburg. Landw.-Regts. No. 60,
— Dr. Spelthahn vom Res.-Landw.-Regt. (Cöln) No. 40, — Dr. Kalm vom
Res.-Landw.-Bat. (Hannover) No. 73, — Dr. Wahrhausen vom 1. Bat (Hildesheim)
3. Hannov. Landw.-Regts. No. 79, — Dr. Wiese vom 1. Bat. (Hamburg) 2. Hanseat.
Landw.-Regts. No. 76, — Schenck vom 2. Bat. (Karlsruhe) .3. Bad. Landw.-Regts.
No. 111, — zu Assist-Aerzten 1. Kl. der Landwehr befördert. —
Glendenberg, Assist-Arzt 2. Kl. der Marine-Res. vom 2. Bat. (Bernbiirg)
Anhalt Landw.-Regts. No. 93, zum Assist-Arzt 1. Kl. der Marine-Res. befördert. —
Die Unterärzte: Danne vom 2. Hannov. Drag.-Regt. No. 16, — Dr. Eckert
vom Gren.-Rcgt König Friedrich Wilhelm IV. (1. Pomm.) No. 2, dieser unter
Versetzung zum 2. Pomm. Feld- Art.- Regt. No. 17, — B ü g e vom Rhein. Train-Bat.
No. 8, — zu Assist-Aerzten 2. Kl. befördert — Die Unterärzte der Res.:
Nickcll, Valentiui, Maschke vom Res.-Landw.-Bat (Königsberg) No. 33, —
Dr. Kruse, Dr. Goldschmidt vom 1. Bat. (Danzig) 8. Ostpreuss. Landw.-Regts.
No. 45, — Dr. Telscbow, Dr. Schultze, Dr. Klaatsch vom Res.-Landw.-Regt.
(1. Berlin) No. 35, — Dr. Lilie vom 2. Bat (Sondershausen) 3. Thüring. Laudw.-
Ktgts. No. 71, — Dr. Seupel vom 2. Bat (W'ohlau) 1. Schics. Landw.-Regts. No. 10,
Dr. Berendes vom 2. Bat (Paderborn) 6. Westfäl. Landw.-Regts. No. 55, —
Dr. Beekmann vom 1. Bat (Wesel) 5. Westfäl. Landw.-Regts. No. 53, —
Dr. Mackenberg vom Res.-Landw.-Rggt. (1. Berlin) Nu. 35, — Dr. Peerenboom
vom 1. Bat. (Geldern) 4. Westfäl. Landw.-Regts. No. 17, — Dr. Schüder vom
2. Bat. (Neu-Strelitz) 1. Grussherzogl. Mecklenburg. Landw.-Regts. No. 89, —
Berkhan vom 1. Bat. (Schleswig) Schleswig. Landw.-Regts. No. 84, — Schmid-
Monnard vom 1. Bat (Kiel) Holstein. Landw.-Regts. No. 85, — Dr. Schirmeyer
vom 2. Bat. (Güttingen) 3. Hannov. Landw.-Regts. No. 79, — Dr. Stephani,
Dr. Bügel, Pollitz, Dr. du Mesiiil vom Res.-Landw.-Bat. (Hannover) No. 73,
Dr. Alt vom 1. Bat. (Giessen) 2. Grossherzogi. Hess. Landw.-Regts. No. 116, —
Schuberg vom 2. Bat. (Karlsruhe) 3. Bad. Landw.-Regts. Nu. 111, Dr. Gutmann
vom Res^-Landw.-Bat. (Stettin) No. 34, — zu Assist-Aerzten 2. Kl. der Res.,
— Strucksberg, Unterarzt der Landw. vom 2. Bat (Dü.sseldorf) 4. Westfäl.
Landw.-Regts. No. 17, zum Assist-Arzt 2. Kl. der Landw., — befördert —
Die Unterärzte der Marine-Res.: Geerdts, Dr. v. Meyer, Dr. Lorenz,
.Stemann, Dr. Wahiicau, Warnstedt, Niels Petersen I., Breunig,
Dr. Matthias Petersen II. vom 1. Bat. (Kiel) Holstein. Landw.-Regts. No. 85, —
Witten vom 1. Bat. (1. Braunscliweig) Braunschweig. Landw.-Regts. No. 92, —
zu Assist.-Aerzten 2. KL der Marine-Res. befördert — Dr. Eichbaum,
Assist-Arzt 1. KL a. D., zuletzt vom Magdeburg. Feld-Art. -Regt. No. 4, in der
Armee, und zwar als Assist-Arzt 1. Kl. bei dem Gren.-Regt. König Friedrich
Wilhelm IV. (1. Pomm.) No. 2, wiederangeslellt — Dr. Müller, Oberstabsarzt 1. Kl.
vum Invalidenhanse zu Berlin, als Chefarzt zum Garnisoii-Lozarelh I zu Berlin, —
Dr. Stricker, Oberstabsarzt 2. KL und Regts.-Arzt vom 4. Ostpreuss. Gren.-Regt.
No. 5, znm Invalidenhause in Berlin. — Dr. Hause, Oberstabsarzt 2. KL und
Regts.-Arzt vom 1. Hess. Inf.-Regt No. 81, zum Kisenbahn-Regt. — Dr. Herter,
Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom Niederschles. Feld-Art.-Regt. No. 5, zum
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1. Hees- Inf.-Regt. No. 81, — Dr. Strauss, Stabs- und Bats.-Arit vom Kös.-B»t.
7. Osfpreuss. Inf.-Rpgts. No. 44, zur l'nteroff.-Schule in Marienwerder, — Wirti,
Assisf.-Arzt 1. KI. vom 3. Rhein. Inf.-Regt. No. 29, zum Inf-Regt. No. 136, —
Pr. Galle, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 2. Bad. Gren.-Regt. Kaiser Wilhelm Na. 110,
zum Magdeburg. Feld-Art-Regt. No. 4, — Pr. Grundies, Assist.-Arzt I. Kl. vom
2. Oberschics. Inf-Regt. No. 23, in die etatsmässigc Stelle bei dem General- und
Korpsarzt des VI. Armee-Korps, — versetzt. — Pr. Kühne, Oberstabsarzt I. KI.
und Regts.-Arzt vom Rhein. Prag.-Regt. No. 5, mit Pension und seiner bisherigen
Uniform, — Pr. Mnsehold, Stabs- und Abtheil.-Arzt von der Reitenden Abtheil,
des Magdeburg. Fcld-Art.-Regts. No. 4, mit Pension, — der Abschied
bewilligt. — Pen Stabsärzten der Landw.: Pr. Hoffmann vom 1. Bat.
(Bitterfeld) 4. Magdeburg. Landw. -Regts. No. 67, — Pr. Kistner vom 2. Bat.
(Hirschberg) 2. Niederschles. Landw.-Regts. No. 47, — Pr. Klein vom Res. Land»’.-
Regt. (Cöln) No. 40, — Pr. Scheel vom 2. Bat. (Rostock) 2. Grosshcrzogl.
Meeklenb. Landw.-Regts. No. 90, — Pr. Minor vom 1. Bat. (Oberlahnstein'i
1. Nassau. Landw.-Regts. No. 87, — Br. Wohlfarth vom Res.-Landw.-Bat
(Frankfurt a. M.) No. 80, — Pr. Terfloth vom 2. Bat. (Attendorn) 2. He«.
Landw.-Regts. No. 82, diesem mit seiner bisherigen Uniform, — Pr. Biskamp.
Pr. iSchotten vom 2. Bat. (1. Cassel) 3. Hess. Landw.-Regts. No. 83, —
Pr. Lchnebach vom 1. Bat. (Her.sfeld) 2. Thüring. Landw.-Regts. No. 32, —
Pr. Strack, Hagedorn, Assist.-Aerzte 1. Kl. der Res. vom 1. Bat. (Hambnig
2. Hanseat. Landw.-Regts. No. 76, — der Abschied bewilligt. — Pen Assist-
Aerzten 1. KI. der Landw.: Pr. Uhtlioff vom Res.-Landw.-Regt. (1. BetTml
No. 35, — Br. Kaufmann vom 1. Bat. (Aachen) 1. Rhein. Landw.-Regts. No. ß,
— Pr. Schmidt vom 1. Bat. (Schwerin) 1. Grossherzogi. Mecklenburg. Land*
Regts. No. 89, — Br. Müller vom 1. Bat. (Hildesheim) 3. Hannor. Landw.-Regts.
No. 79, — Pr. V. Holwedc, Pr. Fürbringer vom 1. Bat. (1. Braunschvteigi
Braunschweig. Landw.-Regts. No. 92, — Pr. Lindenborn vom 2. Bat. (Erbach i. 0)
3. Grossherzogi. Hess. Landw.-Regts. No. 117, — Br. Schlesinger vom Res.-
Landw.-Bat. (Frankfurt a. M.) No. 80, — Pr. v. Kries vom 1. Bat. (Freiburg'
5. Bad. Landw.-Regts. No. 113, — Pr. Pisque vom 2. Bat. (Altkirch) Ober-
elsäss. Landw.-Regts. No. 131, — Pr. Kuthe vom 1. Bat. (Aschersleben';
2. Magdeburg. Landw.-Regts. No. 27, — der Abschied bewilligt.
Berlin, den 22. Pezember 1887.
Ben 6. Pezember 1887. ^
Br. Hoesch, Assist.-Arzt 2. Kl. der Landw. vom Res.-Landw.-Regt. (1. Berlin)
Nu. 35, aus allen Militär-Verhältnissen entlassen.
Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat November 1887
eingetretenen Veränderungen.
Burch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.
Pen .31. Oktober 1887.
Br. Pautwiz, Unterarzt vom Schlesw. - Holstein. Prag.-Regt. No. 13, zum
Inf-Regt.. No. 131 versetzt. ,
Ben 1. November 1887.
Kaiser, einjährig-freiwilliger Arzt vom 6. Bad. Inf-Regt. No. 114, »um Un
arzt ernannt und mit Wahrnehmung einer bei diesem Regt, vakanten itjssist.-A
stelle beauftragt.
Pen 2. November 1887.
Br.
Culm,
Unter-
.-Arzt-
Grflning, Unterarzt vom 3. Thüring. Inf.-Regt. Nu. 71 zum Ka'ilettenhaii>
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den 12. Noeenibcr 1887.
Dr. Leipol z, Unterarzt vom Gren.-Regt. Kronprinz (1. Ostprenss.) No. 1 zum
6. Uad. Inf.-Regt. No. 113, — versetzt.
Den 22. November 1887.
Dr. Paiilun, Unterarzt vom 3. Pomm. Inf.-Regt. No. 14, — Dr. Brecht,
Unterarzt vom Feld-Art. -Regt. No. .31. — Dr. Emmerling, Unterarzt vom 4. Gross -
herzogl. Hess. Inf.-Regt. (Prinz Carl) No. 118, — sämmtlieh mit Wahrnehmung je
einer bei den betreffenden Truppeutheilen vakanten Assist. -Arztstelle beauftragt.
Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.
' Den 22. November 188 7.
Dr. .Schröder, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Inf. - Leib -Regt., zur Kquitations
An.stalt, — Schlicht (Augsburg), Assist.-Arzt 1. Kl. von^ Benriaubtenstunde des
.'«anitäts Korps, in den Friedensstand des 3. Inf.-Regts. Prinz Carl von Bayern, —
Dt. Pleycr, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 2. Ulan.-Regt. König, zum Inf.-Leib-Regt., —
Seel, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 13. Inf.-Regt. Kai.«er Franz Joseph von Oesterreich,
zum 2. Ulan.-Regt. König, — versetzt. Dr. Maier, As.sist.-Arzt 1. Kl. von der
Kquitations- Anstalt, zum Slab.s- und Bnls -Arzt im 16. Inf.-Regt. vacant König
Alfons von .Spanien, — Dr. Weh ner (Kissingen). Assist.-Arzt 1. Kl. iin Beurlaubten-
stande, zum Stabsarzt ira Beurlaubtenstande, — Dr. Bergmann, Assist.-Arzt 2. Kl.
im 6. Inf.-Regt. Kaiser Wilhelm König von Prenssen, zum A.ssist.-Arzt 1. Kl., —
Ott (Weilheim), Dr. Rieder (MünehenI), Dr. Beisclc (München II), Dr. Link
(Passau), Miller (Mindelheim), Dr. Klemm, Dr. Schmidt (Augsburg), Klein
(Dillingen), Dr. Westphal, Dr. Seit I egten d a I (Hof), Dr. Wolfrora (Bayreuth),
Dr. Rückert (Firlangen), Dr. Plattfaut, Dr. Mennen, Dr. Kluge (Kissingen),
Dr. Rhein (Würzburg), Peters, Dr. Becker, Dr. Bunne, Rosengart,
Dr. Bergeat, Lang (Asehaffenburg), Dr. Klockner (Kaiserslautern), Fergcr
(Speyer), Dr. Marzolph, Dr. Krimke, Zahn, Beer (Landau), Assist.- Aerzte
2. Kl. des Beurlaubtcnstandes, zu Assist.-Aerzten 1. Kl. des Beurlaubtenstandcs, —
Dr. Reuter, Unterarzt im 6. Inf.-Regt. Kaiser Wilhelm König von Preusseu,
zum Assist.-Airzt 2. Kl., — befördert.
Den 7. Dezember 1 887.
Meyer, Assist.-Arzt 1. Kl. des 4. Inf.-Regts. König Karl von Württemberg,
auf Nacbsuchen der Absebied aus allen Militärverhältnissen ertbeilt.
Den 8. Dezember 188 7.
Dr. Kdelbrock (Aschaffenburg), Assist.-Arzt 2. Kl. des Beurlaubtenstandes,
behufs Uebertritts in Königlich Preuss. Militärdienste, der Abschied bewilligt.
Durch Verfügung des K ri egsm in is t cri um s.
Einstein (Mönchen I), Unterarzt der Res., zum Unterarzt des Friedensstandes
ira 18. Inf.-Regt. Prinz Ludwig Ferdinand ernannt und zugleich mit Wahrnehmung
einer vakanten Assist-Arztstelle beauftragt.
Veränderungeu ini Königlich Sächsischen Sanitäts-Koi’ps.
Allerliochster Beschlust) vom 1. Dezember 1887.
Dr. Wolf, Stabs- und Bats.-Arzt im 8. Inf.-Kegt. Prinz Johann Georg No. 107
zum auswärtigen Amte — behufs Ausffihrung einer Forschungsreise in das Togo-
gebiet — unter gleichzeitiger Stellung ä la suite des Sanitäta-Oflizier-Korps vom
1. Dezember d. J. ab auf zunächst 2 Jahre kommaudiit.
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Allerhöchster Beschluss vom 13. Dezember 1887.
Dr. Kaepplcr, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 2. Hus.-Regts. Kron-
prinz Friedrich Wilhelm des Deutschen Reiches und von Preussen No. 19, mit der
gesetzlichen Pension und der Erlaiibniss zum Forttragen der bisherigen Uniform mit
den vorgeschriebenen Abzeichen der erbetene Abschied bewilligt. — Dr. Zocher,
Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 6. Inf.-Regts. No. 106, zum 1. Ulan.-Regt.
No. 17 versetzt. — Dr. Evers, Stabs- und Bats.-Arzt im Schützen- (Füs.) Regt.
Prinz Georg No. 108, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 6. Inf.-Regtc
No. 105 befördert. — Dr. Graefe, Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Jager - Bats.
No. 15, zum Schützen- (Füs.) Regt. Prinz Georg No. 108, — Dr. Machate, Stab*-
und Bats.-Arzt im 7. Inf. - Regt, Prinz Georg No. 106, zum 3. Jager - Bat. No. 15,
— versetzt. — Dr. Karg, Assist. -Arzt 1. Kl. im 10. Inf. -Regt No. 134, zum
Stabs- und Bats. Arzt im 8. Inf.-Regt. Prinz Johann Georg No. 107, — Dr. Kampf,
Assist. - Arzt 1. Kl. im 2. Hus. • Regt. Kronprinz Friedrich Wilhelm des Deutschen
Reiches und von Preussen No. 19, zum Stabs- und Bats.-Arzt im 7. Inf.-Regt. Prinz
Georg No. 106, — Dr. v. Tischendorf, Assist.-Arzt 1. Kl. der Res. des 1. Bats.
(1. Leipzig) 7. Landw. - Regts. No. 106, zum .Stabsarzt der Res., — Dr. Polster.
Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. des 1. Bats. (Plauen) 5. I.andw.- Regts. No. 104, —
Dr. Möckel, Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. des 1. Bats. (1. Leipzig) 7. Land«.-
Regts. No. 106, — zu .Stabsärzten der Landw., — befördert. — Dr. Schmidt,
Assist.-Arzt 1. Kl. im 1. Hus.-Regt Nu. 18, zum 2. Hus.-Regt. Kronprinz Friedrid
Wilhelm des Deutschen Reiches und von Preussen No. 19 versetzt — Dr. Schult,
Unterarzt im Carabinier-Regt., zum Assist.-Arzt 2. Kl. im 1. Ulan.-Regt. No. 17, -
Dr. Schmidt, Unterarzt der Res. des 2. Bats. (2. Dresden) 4. Landw.-Regts. No. 103,
— Dr. Elssner, Dr. Hertzsch, Unterärzte der Res. des 1. Bats. (1. lycipziz'
7. Landw.-Regts. No. 106, — zu Assist.- Aerzten 2. Kl. der Res., — befördert
Durch Verfügung des Kriegsministeriums vom 19. November 18$T.
Peschek, einjährig - freiwilliger Arzt des 1. Bats. 11. Inf.-Regts. No. 129 sl>
Unterarzt des aktiven Dienststandes bei seinem Truppentheile unter Beauftragung
mit Wahrnehmung der bei diesem Regt, vakanten AssisU-Arztstelle angestellt.
Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts- Korps.
Den 8. Dezember 1887.
Dr. Palm, Unterarzt <ier Res. im 2. Bat. (Ulm) 6. Landw. -Regt.«. No. 134,
zum Assist.-Arzt 2. Kl. der Res. ernannt. — Dr. Süskind, Dr. Kreuser, .Stabs
ärzte der I>andw. im 2. Bat. (Ludwigshurg) 3. Landw. - Regts. No. 121, — Dr.
Pnricclli, Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. im Res.-Landw.-Bat. (.Stuttgart) No. 12",
— der Abschied bewilligt.
Ordensverleihungen.
Prell ssi 8 che.
Kön igl iche r K ro n en-Ord cn 3. Kl.:
Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. Dr. Brunzlow zu Hamm i. W., bisher Rcgis.-Arn
des Posen. Feld-Art.-Regts. No. 20. — Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. Dr. Käthe
zu Frankfurt a. M., bisher Regts.-Arzt des 1. Hess. Hus.-Regts. No. 13-
Andere.
Affiliirtc silberne Verdienst - Medaille des Herzoglich Saebses-
Erncstiiiischen Haus-Ordens.
Oberlazarethgehülfc Bernhardt iin 7. Thüring. Inf.-Regt. No. 96.
Ritterkreuz zweiter Klasse mit Eichenlaub des Grossherioglich
Badischen Ordens vom Zähriiiger Löwen:
.Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Stein berg im 4. Ostjireuss. Gren.-Regt. No. 5;
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Ritterkreuz zweiter Klasse des Herzoglich Sachsen-Krnestinischen
Haus-Ordens:
Asaist.-Arzt 1. Kl. Dr. Raalznw im 7. Thüring. Inf.-Regt. No. 96;
Dem Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Davids, bisher Schiffsarzt an Bord S. M. Fahrzeugs
.Loreley“ iu Constanlinupel, die Erlaubniss zur Anlegung des ihm verliehenen
Grossherrlieh Türkischen Medschidje-Ordens vierter Klasse zu ertheileu.
Dem Stabsarzt Dr. Landgraf vom medizinisch - chinirgischen Friedrich • Willielms-
Institul, die Erlaubniss zur Anlegung der ihm aus Anlass des 50jährigen Regierungs-
Jubiläums Ihrer Majestät der Königin von Grossbritannien und Irland verliehenen
silbernen Medaille ertheilt.
Familien-Nachricbten.
Verlobungen: Dr. Pannwitz, Assist.-Arzt 1. Kl. im 1. Rhein. Inf.-Regt. No. 25,
mit Frl. Marie Gundlaeh (Strassburg im Eisass). — Dr. Sellerheck, Stabs-
und Bats.-Arzt im 1. Thüring. Inf.-Regt. No. 31, mit Frl. Willeminc Blaauw
(Altona). — Dr. Josef Sandtner, Künigl. Bayer. Assist-Arzt 1. Kl. der Res.,
mit Frl. Marie Picchler (l’arsberg — Vilshofen). — Dr. Lauff, Assist.-Arzt 1. Kl.
Im Thüring. Ulan.-Regt No. 6, mit Frl. Martha Günther (Langensalza).
V erheirathet: Dr. Henry Menger. Stabsarzt der Landw., mit Frl. Magdaleue
Knorre (Berlin — Welzin bei Treptow an der Tollensc).
Geburten: (Sohn) Dr. Bäcker, Assist.-Arzt 1. Kl. beim Korpsarzt VIII. Armee-
Korps (Ehrenbreitstein).
Todesfälle: Dr. Robert Pohl, Generalarzt a. D. (Wiesbaden). — Dr. Uhl,
Oberstabsarzt, Sohn Wilhelm Heinrich (Strassburg im Eisass). — Dr. Georg
Mayer, Stabs- und Bats.-Arzt des 4. Garde-Gren.-Regts. Königin (Wiesbaden).
General-Rapport
von den Kranken der Königlich Prengsiseben Armee, des XII. (Königlich
Sächgischeu) und des XIII. (Königlich Wnrttembergigchen) Armee-Korps,
sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen
Besatznngs-Brigade pro Monat Oktober 1887.
1) Bestand am 30. September 1887 : 6 858 Mann und 38 Invaliden.
2) Zugang:
im Lazareth 6 678 Mann und 2 Invaliden,
im Revier 10 215 - - 10 -
Summa I6 893 Mann und 12 Invaliden.
Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 23 751 Mann und 50 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 7,l®/o und 17,9“/o.
3) Abgang:
geheilt ....
15 534 Mann, 12 Invaliden,
gestorben . . .
52 - — -
invalide ....
2l9 - —
dienstunbrauchbar
289 - —
anderweitig . . .
538 - 2 -
Summa .
. 16 632 Mann, 14 Invaliden.
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4) Hiernach sind:
geheilt 65,4°/o der Kranken der Armee nnd 24,0"/o der erkrankten
Invaliden,
gestorben der Kranken der Armee nnd — “/o der erkrankten
Invaliden.
5) Mithin Bestand;
am 31. Oktober 1887 7 119 Mann nnd 36 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 2,1% and 12,9%.
Von diesem Krankenstände befanden sieb:
im Lazaretb 4 997 Mann und 4 Invaliden,
im Revier 2 122 - - 32
Es sind also von 4.'>7 Kranken 298,9 geheilt, 1,0 gestorben, 4,2 als
invalide, 5,6 als dienstunbrauchbar, 10,4 anderweitig abgegangen, 136,9 im
Bestand geblieben.
Von den Gestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an:
Diphtheritis 1, Blutvergiftung 1, Unterleibstyphus 13, Ruhr 1, akuter
Alkoholvergiftung 1, Bluifleckenkrankheit 1, Hirn- und Hirnhautleideo 2,
Croup 1, Lungenentzündung 6, Lungenschwindsucht 9, Herzleiden 1,
Venenentzündung 1, Darmverschlingung 2, Blinddarmentzündung 1,
Bauchfellentzündung 2. Nierenleiden 3, Knoebenentzündung 1; an den
Folgen einer Verunglückung: Hufscblag 1, Oberschenkelbruch durci
Fall 1, Sturz in den Wallgraben im angetrunkenen Zustande 1 ; an des
Folgen eines Selbstmordversuchs: Ersebiessen 1, Erhängen 1.
Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicber Behandlung Ver-
storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 20 Todesfälle vorgekomiaefi.
davon 2 durch Krankheit, 2 durch Verunglückung, 16 durch Selbst-
mord; so dass die Armee im Ganzen 72 Mann durch den Tod ver-
loren bat.
Gedruckt in der KOuigUcheu Hof huchdruvkerei von E. ä. Hittier u. Sohn io Borlio, KochsU. A
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Amtliches Beiblatt
fur
Deutschen miiitärärztiichen Zeitschrift
1888, — Siebzehnter Jahrgang. — ^2.
Kriegsministerium.
Medizinal- Abtheilung. Berlin, den 11. Dezember 1887.
Der Königlichen Intendantur übersendet die Abtheilung znr geßlligen weiteren
Veranlassung nachfolgend Exemplare von der
,Nachweisnng der für das ärztliche Sanitätsmaterial der Armee zahlbaren
Höchstpreise (Preisverzeichniss) 1888“.
Die unterm 10. Februar 1877 No. 750/2. M. M. A. herausgegebene PreUnach-
Weisung und die sonstigen Preisfestsetzungen, welche dem anliegenden Preisver-
zeichniss widersprechen, werden hierdurch ausser Kraft gesetzt.
V. Lauer.
No. 506/12. 87. M. A.
Kriegsministerinm.
Medizinal -Abtheilung. Berlin, den 3. Januar 1888.
Um den Unterricht der Lazarethgehülfen, die Ausbildung der Krankenträger
u. 8. w. durch Anschauungsmittel noch mehr zu fordern, als es bereits durch das
Cnterrichtsbucb für Lazarethgehülfen geschehen, ist das Werk: Anatomische Wand-
tafeln für den Schnlunlerricht von Dr. Fiedler beschafft worden, welches jedem
Gamison-Lazareth in einem Exemplar (4 Blatt) überwiesen werden soll.
Euer Hochwohlgeboren werden ergebenst ersucht, gefälligst bis zum 20.Januarl888
hierher den Bedarf für das dortseitige Armeekorps unter namentlicher Aufführung
der Lazarethe anzngeben.
Ausserdem werden Euer Hochwohlgeboren 3 Exemplare der Samaritertafeln
von Esmarch (4 Blatt) zugehen, welche neben den obengenannten Fiedler'schen
Tafeln die Oamison-Lazarethe am Sitze des Qeneralkommandos und der Divisionen
erhalten sollen.
Die Vertheilung etwa öberschiessender Exemplare bleibt Euer Hochwohlgeboren
überlassen, doch dürften damit vornehmlich diejenigen Garnison - Lazarethe, in
denen freiwillige Krankenpfleger ausgebildet werden sollen, auszustatten sein.
Sämmtliche Tafeln sind bei den Lazarethen zn inventarisiren.
Das Gamison-Lazareth No. 1 hiersclbst wird die Tafeln seiner Zeit an die
dortseitige Verbandmittelreserve senden.
Euer Hochwohlgeboren wollen hiervon dem Königlichen Generalkommando
gefälligst Vortrag machen.
T, Lauer.
No. 218. 1. 88. M, A.
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A.-V.-Bl. No. 1.
Kriegsminbteriam. Berlin, den 31. Dezember 1887.
Wittwen- und Waisengeldbeiträge bei der Beförderung der Offiziere
nnd während der Probedienstlcistung in Beamtenstellen.
Die Witt wen- und Waisengeldbeiträge der Offiziere sind schon während des
«rsten Jahres nach der Beförderung in eine höhere Charge nach dem vollen pensions-
fihigen Diensteinkommen dieser Charge zu bemessen. Die Spezialbestimmnng
des §. C des Militär-Pensions-Gesetzes, nach welcher unter gewissen Voraussetzungen
nicht das pensionsfähige Diensteinkommen derjenigen Charge, welche der betreffende
Offizier bekleidet, sondern das pensionsfähige Einkommen einer anderen Charge bei
Berechnung der Pension zu Grunde zu legen ist, ist für die Auslegung de« §. 4 des
Reliktengesetzes ohne Einfluss.
Die zur Probedienstleistung in Beamtenstellen der Militärverwaltung heran-
gezogenen Personen fallen lediglich dieses Verhältnisses wegen nnd so lange sie
nicht etatsmissig angesteBt nnd aus der Stelle pensionsberechtigt sind, nicht unter
das Gesetz vom 17. Juni 1887 ; sie haben deshalb auch keine Wittwen- nnd Waisen
geldbeiträge zu entrichten.
Bronsart v. Schellendorffi
No. 672/9. 87. A. 6.
Personal -Veränderungen ira Sanitäts-Korps.
Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.
Befördert werden: Dr. Marqnard, Oberstabsarzt 2. El. und Regta-Arit
vom 7. Ostpreuss. Inf.-Regt. No. 44, zum Oberstabsarzt 1. KI. — Dr. Schüler,
Stabs- und Bats.-Arzt vom 1. Bat. 4. Niederschles. Inf.-Regts. No. 51, zum Ober-
stabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des Ostpreuss. Ulan.-Regts. No. 8. — Dr. Buch,
Stabs- und Abtheil.-Arzt von der Reitenden Abtheilung des 1. Garde-Feld-Art.-Regts.
zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Gamisonarzt in Danzig. — Dr. Marsch, Assist.-Arzt
1. Kl. vom Regt, der Gardes du Corps, zum Stabs- und Bats.-Arzt des 4. Bals.
Hess. Füs.-Regts. No. 80. — Dr. Spilling, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Magdeburg.
Feld-Art.-Regt. No. 4, zum Stabs- nnd Bats.-Arzt des 2. Bats. 1. Nassau. Inf.-Regts.
No. 87. — Dr. Becker, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 4. Rhein. Infi-Regt. No. 30, rum
Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 1. Bad. Leib-Gren.-Regts. No. 109. — Dr. Egger,
Assist.-Arzt 1. Kl. vom 2. Grossberzogl. Hess. Drag.-Regt. (Leib-Drag.-Regt.) No. 24,
zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 7. Westßl. Inf.-Regts. No. 56. —
Dr. Fritz, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Garde-Jäger-Bat-, zum Stabs- und Abthcil.-Arit
der Reitenden Abtheiinng des Magdeburg. Feld-Art.-Regts. No. 4. — Dr. Dnvinsge.
Assist.-Arzt 1. Kl. vom Bezirkskommando des Res.-Landw.-Regts. (2. Berlin) No. 35,
zum Stabs- und Bats.-Arzt des 4. Bats. 1. Posen. Inf.-Regts. No. 18. — Dr. Lang-
hoff, Assist,-Arzt 1. Kl. vom Kaiser Franz Garde-Gren.-Regt No. 2, zum Stabs-
und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 4. Garde-Gren.-Regts. Königin. — Die Assis t-
Aerzte 2. Kl. der Res.; Dr. Richter II., Dr. Vorster, Dr. Klau, Dr. Wild,
Dr. Nasse vom Res.-Landw.-Regt (1. Berlin) No. 35, — Dr. Donitzky vom
Res.-Landw.-Bat. (Hannover) No. 73, — Dr. Thümmel vom Res.-Landw.-Bst.
(Magdeburg) No. 36, — Dr. Oehmke vom 1. Bat. (Dessau) Anhalt. Landw.-Regts.
No. 93, — Gorke vom 1. Bat. (Mflnsterberg) 4. Niederschles. Landw.-Regts.
No. 51, — Geist vom 1. Bat. (Darmstadt II) 3. Grossherzogi. Hess. Landw.*-
Regts. No. 117, — Eisfeld vom 1. Bat. (1. Braunsebweig) Braunsebweig. Landw.-
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Regts. No. 92, — Dr. Rompe vom 2. Bat. (Mühlhausen i. Th.) 1. Thüring.
Landw.-Regts. No. 31, — Dr. Stauff vom Res.-Landw.-Regt. (Cöln) No. 40, —
Dr. Weg lau vom 2. Bat. (Recklinghausen) 5. Westfäl. Landw.-Regts. No. 53, —
Dr. Roth vom 2. Bat. (Weilbnrg) 2. Nassau. Landw.-Regts. No. 88, — Dr. Herbst
vom Res.-Landw.-Bat. (Königsberg) No. .33, — Dr. Arntz vom 2. Bat. (Bielefeld)
2. WestfSl. Landw.-Regts. No. 15, — Dr. Kayser vom 2. Bat. (Cöslin) 2. Pomm.
Landw.-Regts. No. 9, — Dr. Vieweger vom 1. Bat. (St. Wendel) 4. Rhein.
Landw.-Regts. Nu. 30. — zu Assist.- Aerzten 1. Kl. der Res. — Die Assist-
Aerzte 2. Kl. der Landw.; Dr. Miessner, Dr. Glugauer vom Res.-Landw.-
Regt. (1. Berlin) No. 35, — Dr. Ostertag vom 1. Bat. (Marburg) 1. Hess. Landw.-
Regts. No. 81, — Dr. Krhr. v. Babo vom 2. Bat. (Karlsruhe) 3. Bad. Landw.-Regts,
No. 111, — Dr. Herms vom 2. Bat. (Burg) 1. Magdeburg. Landw.-Regts. No. 26,
— Dr. Feustell vom 1. Bat. (1. Brannschweig) Braunschweig. Landw.-Regts.
No. 92, — Dr. Garms vom 1. Bat. (Soest) 3. Westfäl. Landw.-Regts. No. 16, —
zu Assist.- Aerzten 1. KL der Landw. — Die Unterärzte: Dr. Paulun
vom 3. Pomm. Inf.-Regt. No. 14, unter Versetzung zur Marine, — Dr. Seyffert
vom 5. Rhein. Inf.-Regt. No. 65, unter Versetzung zum Rhein. KOr.-Regt. No. 8,
— Dr. Emmerling vom 4. Grossherzogl. Hess. Inf.-Regt. (Prinz Carl) No. 118,
unter Versetzung zum 1. Grossherzogl. Hess. Drag.-Regt. (Garde. Drag.-Regt.)
No. 23, — Dr. Brecht vom Feld-Art.-Regt. No. 31 unter Versetzung zum I. Garde-
Regt. zu Fuss, — zu Assist.-Aerzten 2. Kl. — Die Unterärzte der Res.:
Dr. Fähndrich vom 1. Bat. (Frankfurt a. O.) 1. Brandenburg. Landw.-Regts.
No. 8, — Oestreicher vom 2. Bat. (Teltow) 7. Brandenburg. Landw.-Regts.
No. 60, — Dr. Schimmelbusch vom 2. Bat. (Halle) 2. Magdeburg. Landw.-
Regts. No. 27, — Dr. Ober vom Res.-Landw.-Bat. (Glugau) No. 37, — Dr. Barthel,
Dr. Goldfeld, Dr. Adler, Ittmann vom Hes.-Landw.-RagL (1. Breslau) No. 38,
— Dr. Scheyer vom 1. Bat. (Gleiwitz) 3. Überschles. lAndw.-Regts. No. 62, —
Dr. Ullrich vom 2. Bat. (Samter) 1. Posen. Landw.-Regts. No. 18, — Tenckhoff
vom 1. Bat, (Freiburg) 5. Bad. Landw.-Regts. No. 113, — Dr. Gödde vom 1. Bat.
(Soest) 3. Westfäl. Landw.-Regts. No. 16, — Dr. Neustadt vom 2. Bat. (Paderborn)
6. Westfäl. Landw.-Regts. No. 55, — Dr. Paschen vom Res.-Landw.-Bat. (Barmen)
No. 39, — Dr. Longard vom 2. Bat. (Bonn) 2. Rhein. Landw.-Regts. No. 28, —
Dr. Recbtmann vom Res.-Landw.-Regt. (Cöln) No. 40, — Dr. Sohnlzc-Berge
vom 1. Bat. (Aachen) 1. Rhein. Landw.-Regts. No. 25, — Dr. Bodet vom 2. Bat
(Jülich) 5. Rhein. Landw.-Regts. No. 65, — Dr. Wackerzapp vom 1. Bat (Neuss)
6. Rhein. Landw.-Regts. No. 68, — Dr. Rüdiger vom 1. Bat (1. Trier) 8. Rhein.
Landw.-Regts. No. 70, — Dr. Rothenberg vom 1. Bat. (Hamburg) 2. Hanseat.
Landw.-Regts. No. 76, — Dr. Hönck vom Res.-Landw.-Bat (Altona) No. 86, —
Dr. Nicolaier vom 2. Bat (Göttingen) 3. Hannov. Landw.-Regts. No. 79, —
Grevemeyer vom 2. Bat. (Nienburg) 1. Hannov. Landw.-Regts. No. 74, —
Dr. Hillebrecht vom Res.-Landw.-Bat (Hannover) No. 73, — Dr. Brackei vom
1. Bat. (Osnabrück) 1. Hannov. Landw.-Regts. No. 74, — Dr. Günter vom 1. Bat.
(Hildesbeim) 3. Hannov. Landw.-Regts. No. 79, — Dr. Gesenius vom 1. Bat.
(Weimar) 5. Thüring. Landw -Regts. No. 94, — Dr. Heilbrun vom 2. Bat (1. Cassel)
3. Hess. Landw.-Regts. No. 83, — Dr. Dedolph vom 2. Bat. (Göttingen) 3. Hannov.
Landw.-Regts. No. 79, — Dr. Cahen, Dr. Mayer vom Res.-Landw.-Bat.
(Frankfurt a. M.) No. 80, — Dr. Spies »om 2. Bat. (Stockaeh) 6. Bad. Landw.-Regts.
Ro. 114, — Dr. Burkarth vom 1. Bat (Freiburg) 5. Bad. Landw.-Regts. No. 113,
— Keller vom 2. Bat. (Heidelberg) 2. Bad. Landw.-Regts. No. 110, — Dr. Feld-
hauBch vom Unterelsäss. Res.-Landw.-Bat (Strassburg) No. 98, — zu AsslsL-
Aerzten 2. Kl. der Res. — Dr. Stölting, Unterarzt der Landw. vom Res.-
Lindw.-Bat. (Hannover) No. 73, — Dr. Longinus, Unterarzt der Landw. vom
2. Bat (Eupen) 1. Rhein. Landw.-Regts. No. 25, — zu Assist.-Aerzten 2. Kl.
der Landw. — Wicke, Stabsarzt ä la suite des Sanitätskorps, kommandirt zur
Dienstleistung beim Auswärtigen Amt, ein Patent seiner Charge verliehen. —
Dr. Wallmüller, Oberstabsarzt 2. Kl. und Garnisonarzt in Danzig, als Regts.-
Arzt zum 4. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 5, — Dr. Benzler, Stabsarzt vom
Kadettenhause zu Oranienstein, als Bats.-Arzt zum 3. Bat. des Hannov. Füs.-Regts.
uy vjOOgle
16
No. 73, — Dr. Weitz, Subs- und Bsts.-Arzt rom Ffls.-Bat. 4. Niederzchles. Inf.-
RegU. No. öl, zum 1. Bat. desselben Regts., — Dr, Amende, Ktabsaizt vom
medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut als Abtheil. -Arzt znr Reitenden
Abtheilung des 1. Garde-Feld-Art.-Regts., — Dr. Leu, Stabs- und Bats.-Arrt vom
Ffls.-Bat. 2. Magdeburg. Inf.-Regts. No. 27, zum medizinisch-chirurgischen Friedrich-
Wilhelms-Institut, — Dr. Vüllers, Stabs- und Bats.-Arzt vom Ffls.-Bat 7. WestfliL
Inf.-Regts. No. 56, als Abtheil.-Arzt zur Reitenden Abtheilung des 1. Hannov. Feld-
Art.-Regts. No. 10, — Dr. Krause, Stabs- und Bats.-Arzt vom 4. Bat des Hess.
Ffls.-Regts. No, 80, zum Kadettenhause in Uranienslein, — Dr. Kretzschmar,
Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 1. Bad. Leib-Gren.-Regts. No. 109, zum Militär-
Knaben-Erziehuugsinstitut in Annaburg, — Dr. Kurth, Assist-Arzt 1. Kl. vom
Ostfries. Inf.-Regt. No. 78, zum 2. Garde-Feld-Art.-Regt., — Dr. Grassmann,
Assist-Arzt 2. Kl. vom 1. Oberschles. Inf.-Regt. No. 22, zum Regt, der Gardes
du Corps, — versetzt. — Dr. Metzner, Marine-Oberstabsarzt 1. Kl. und Marine-
Stationsarzt der Marinestation der Nordsee, als Generalarzt 2. Kl. mit Pension und
seiner bisherigen Uniform, — Dr. Frankel, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt
vom Ostpreuss. Ulan.-Regt. No. 8, mit Pension und seiner bisherigen Uniform, —
Dr. Berg, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 4. Brandenburg. Inf.-Regt
No. 24 (Grossherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-.Schwerin), mit Pension,
— Dr. Richter, Stabs- und Abtheil.-Arzt von der Reitenden Abtheilung des
1. Hannov. Feld-Art.-Regts. No. 10, als Oberstabsarzt 2. Kl. mit Pension und seiner
bisherigen Uniform, — Geseke, Assist-Arzt 1. Kl. der Res. vom 2. Bat. (Cflslin)
2. Pomm. Landw.-Regts. No. 9, mit Pension, — Dr. Albert, Stabsarzt der Landtr.-
vom 1. Bat. (Kirn) 7. Rhein. Landw.-Regts. No. 69, — Dr. Bayer, Stabsarzt der
Landw. vom 2. Bat (Dortmund) 3. Westfal. Landw.-Regts. No. 16, — Dr. Cuntz,
Stabsarzt der Landw. vom 2. Bat. (Wiesbaden) 1. Nassau. Landw.-Regts. No. 87,
— Dr. Krantwurst, Stabsarzt der Landw. vom 2. Bat (Ratibor) 1. Oberschles.
Landw.-Regts. No. 22, — der Abschied bewilligt. — Dr. Wachsmann,
Assist-Arzt 1. Kl. vom 4. Pomm. Inf.-Regt. No. 21, aus dem aktiven Sanitätskorps
ausgeschieden und zu den Sanitätsof&ziereu der Landw. übergetreten.
Berlin, den 24. Januar 1888.
Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat Dezember 1887
eingetretenen Veränderungen.
I. Durch Verfügung des Kriegsministeriums.
Den 23. November 1887.
Dr. Plagge, Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 8. Rhein. Inf.-Regts. No. 70,
von seinem Kommando als Assistent zum Hygienischen Institut der Universität
Berlin entbunden. — Dr. Kirchner, Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 3. Thflring.
Inf.-Regts. No. 71, als Assistent zum Hygienischen Institut der Universität Berlin
bis auf Weiteres kommaudirt.
Den 3. Dezember 1887.
Dr. Weisser, Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats, 2. Hanseat Inf.-Regts.
No. 76, von seinem Kommando als Assistent zum Hygienischen Institut der Uni-
versität Berlin entbunden. — Dr. Pfeiffer, .Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats.
Inf.-Regts. No. 136, als Assistent zum Hygienischen Institut der Universität Berlin
bis auf Weiteres kommandirt
Den 30. Dezember 1887.
Dr. Rieder, Assist. - Arzt 1. Kl. vom 5. Brandenburg. Iuf.-Rcgt No. 48, von
seinem Kommando zum Kaiserlichen Gesundheitsamt entbunden. — Dr. Schiller,
Assist.-Arzt 1. Kl. vom 2. Garde-Feld-Art.-Regt., bis auf Weiteres zum Kaiserlichen
Gesundheitsamt kommandirt.
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II. Durch VerfQgung des General -Stabsarztes der Armee.
Den 1. Dezember 1887.
Dr. Seyffert, Unterarzt vom 5. Rhein. Inf.-Regt. No. 65;
den 15. Dezember 1837.
Ahlemann, bisher einjährig - freiwilliger Arzt von der 1. Matrosendir., znm
Unterarzt ernannt;
. den 27. Dezember 1887.
Dr. Bock, Unterarzt vom 4. Pomm. Inf.-Regt. No. 21, — sämmtlich mit
Wahmehmnng je einer bei den betreffenden Tmppentheilen bezw. bei der Kaiser-
lichen Marine vakanten Assist.-Arztstelle beauftragt.
Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.
Den 10. Januar 1838.
Rilling, Dr. Haverkamp, Konrad, Leiser, Rfilig (München I),
Dr. Braune (Ansbach), Dr. Alberts, Dr. Anton (Würzbnrg), Schäfer (Speyer),
Unterärzte der Res., zu Assist.-Aerzten 2. Kl. des Benriaubtenstandes befördert.
Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Koi’ps.
Allerhöchster Beschluss vom 23. Dezember 1887.
Dr. Jacobi, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 1. (Leib-) Gren.-Regts.
No. 100, der Titel und Rang eines Königlichen Leibarztes verliehen.
Allerhöchster Beschluss vom 21. Januar 1888.
Dr. Lange, Stabs' und Bats.-Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 103, zum Oberstabs-
arzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 2. Hus.-Regts. Kronprinz Friedrich Wilhelm des
Deutschen. Reichs und von Preussen No. 19, — Prof. Dr. Bardelcbcn, Stabsarzt
der Res. des Bats. (Glauchau) 6. Landw.-Regts. No. 105, zum Oberstabsarzt 2. Kl.
der Res., — Dr. Hesse, Stabsarzt der Landw. des 2. Bats. (Schneeberg) 5. Landw.-
Regts. No. 104, zum Oberstabsarzt 2. Kl. der Landw., — Dr. Rudloff, Assist.-
Arzt 1. Kl. des 2. Ulsn.-Regts. No. 18, zum Stabs- und Bats.-Arzt bei dem
4. Inf.-Regt. No. 103, — Dr. Schmidt I., Assist.-Arzt 1. Kl. der Res. des 1. Bats.
(1. Leipzig) 7. Landw.-Regts. No. 106, zum Stabsarzt der Res., — Günther,
Unterarzt des 2. Gren.-Regts. No. 101 Kaiser Wilhelm König von Preussen, —
Krumbholz, Unterarzt des 1. (Leib-) Gren.-Regts. No. 100, unter Versetzung zum
7. Inf.-Regt. Prinz Georg No. 106, — Dr. Wagner, Unterarzt des 2. Jäg.-Bats.
No. 13, unter Versetzung zum 9. Inf.-Regt. No. 133, — zu Assist.-Aerzten
2. Kl., — Glaeser und Dr. Böttger, Unterärzte der Res. des Res.-Landw.-Bats.
(1. Dresden) No. 108, — Dr. Clauss, Unterarzt der Res. des 2. Bats. (Zittau)
3. Landw.-Regts. No. 102, — Dr. Obenaus, Unterarzt der Res. des 1. Bats.
(1. Leipzig) 7. Landw.-Regts. No. 106, — Dr. Lufft, Unterarzt der Res. des
Res.-Landw.-Bats. (1. Dresden) No. 108, — Jähkel, Unterarzt der Res. des
1. Bats. (1. Leipzig) 7. Landw.-Regts. No. 106, — zu Assist.-Aerzten 2. Kl.
der Res. — befördert. — Dr. Radestock, Assist.-Arzt I. Kl. des 5. Inf.-Regts.
Prinz Friedrich August No. 104, unter Enthebung von seinem Kommando zum
Stadtkrankenhause in Friedrichstadt-Dresden, zum 2. Ulan.-Regt. No. 18, Garnison
Oeithain, versetzt. — Dr. Geier, Assist.-Arzt 2. Kl. des Schützen- (Füs.-) Regts.
Prinz Georg No. 108, aus dem aktiven Sanitäts-Korps ausgeschiedeu und zu den
Sanitätsoffizieren der Res. öbergeführt. — Dr. Friederich, charakt. Oberstabsarzt
2. Kl. z. D., in Genehmigung seines Gesuchs aus Allerhöchsten Kriegsdiensten unter
Fortgewährung der gesetzlichen Pension und mit der Erlaubniss zum Forttragen der
bisherigen Uniform mit Inaktivitätsabzeichen verabschiedet.
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Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts- Korps.
Den 8. Januar 1888.
Effinger, Dr. Habermaas, Unterärzte der Res. im Res.-Landw.-Bat (Stutt-
gart) No. 127, zu Assist. - Aerzten 2. KI. der Res. ernannt. — Dr. Reichmann,
Stabsarzt der Landw. im 1. Bat. (Leonberg) 3. Landw. - Regts. No. 121, — Dr.
Paimer, Stabsarzt der Landw. im 2. Bat. (Biberach) 2. Landw. - Regts. No. 120,
— Dr. Teuffel, Assist.>Arzt 1. Kl. der Res. im 2. Bat. (Reutlingen) 1. Landw.-
Regts. No. 119, — der Abschied bewilligt.
Ordensverleihungen.
Frenssische.
Den Rothen Adler-Orden 3. KI. mit der Schleife;
Generalarzt 2. Kl. und Korpsarzt Dr. Strube vom VI. Armee-Korps.
Rother Adler-Orden 4. Kl.;
Stabsarzt ä la suite des Sächsischen Sanitäts-OfSzierkorps Dr. Wolf. — Ober-
stabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Berkofsky vom Inf.-Regt. Print
Friedrich Karl von Preussen (8. Brandenburg.) No. 64. — Oberstabsant
2. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Lorenz vom 8. Pomm. Inf.-Regt. No. 61. —
Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Richter vom 3. Magdeburg. Inf-
Regt. No. 66. — Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Goetting rt«
1. Westfal. Hus.-Regt. No. 8. — Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.- An:
Dr. Claus vom 4. Rhein. Inf.-Regt. No. 30. — Oberstabsarzt 2. Kl.
Regts.-Arzt Dr. Haertel vom Westfül. Füs.-Regt. No. 37. — Oberstabsint
2. KI. und Garnisonarzt Dr. Huyn zu Mainz. — Oberstabsarzt 2. Kl. lad
Regts.-Arzt Dr. Graf vom 7. Thüring. Inf.-Regt. No. 96, — Oberstabssta
2. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Heimlich vom Drag.-Regt. Prinz Albreeht ton
Preussen (Litthau.) No. 1. — Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Senftleben vom
2. Schles. Gren.-Regt. No. 11. — Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Mulnier vom
2. Hess. Inf.-Regt. No. 82. — Stabsarzt der Landw. a. D. Dr. Marnn;,
zuletzt vom 2. Bat. (Neu-Strelitz) 1. Grossherzoglich Mecklenb. Land».-
Regts. No. 89.
Den Königlichen Kronen-Orden 3. Kl.:
Oberstabsarzt 1. Kl. Dr. Grossheim vom Kriegsministerium. — Oberstabsant
1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Kirchner vom Leib-Kör.-Regt. (Schles.) No. 1.
— Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Rothe vom Gren.-Regt. Priai
Carl von Preus.sen (2. Brandenburg.) No. 12. — Oberstabsarzt 1. Kl. und
Regts.-Arzt Dr. Kohlhardt vom 1. Hannov. Drag.-Regt. No. 9.
Das Allgemeine Ehrenzeichen:
Oberlazarethgehfllfe Mühlhaus vom 4. Thüring Inf.-Regt. No. 72. — Ober-
lazarethgehülfe Beier vom 3. Oberschles. Inf.-Regt. No. 62. — Oberlaiaretb-
gehOlfe Janas vom Hannov. Jäg.-Bat. No. 10.
Andere.
Bayerischer Militär-Verdienst - Orden, aus der zweiten in die erste
Klasse der Ritter befördert:
Oberstabsarzt 1. Kl. und Garn.-Arzt Dr. Neuhöfer bei der Kommandantur
der Haupt- und Residenzstadt München. — Oberstabsarzt 1. Kl. und Gam.-
Arzt Dr. Albert bei der Kommandantur der Festung Germersheim. —
Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Wagner des 2. Inf.-Regts. Kron-
prinz, Div.-Arzt der 1. Div.
Verdienst-Orden vom heiligen Michael 4. Kl.:
Oberstabsarzt 1. Kl. Dr. Kühbacher, Regts.-Arzt im 16. Inf.-Regt. vakant
König Alfons von Spanien.
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Familien-N achrichten.
Verlobungen: Dr. Dieckmann, Stabsarzt bei dem König!, med.-chir. Friedrich'
'Wilhelms-Institut, mit Frl. Marie Thoms (Berlin— Neustrelitz). — Dr. Krieger,
Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 6. Pomm. Inf. - Regts. No. 49, mit Frl. Julie
Krieger (Gnesen — Berlin). — Dr. Heinrich Siemon, Assist.-Arzt 1. Kl. im
1. Westfil. Feld-Art -Regt. No. 7, mit Frl. Margarethe Richter (Wesel).
Gehörten: (Sohn) Dr. Fricke, Stabs- und Bats.-Arzt im Oldenburg. Inf. -Regt
No. 91. — Dr. Arendt, Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 6. Ostprenss.
Inf.-Regts. No. 43.
Todesfälle: Dr. Haitwig Gribbohm, Stabsarzt der Landw. im 2. Bat (Rends-
burg) Holstein. Landw.-Regts. No. 85 (Wiesbaden). — Dr. Landruck, Assist-
Arzt 1. Kl. der Landw. im 2. Bat. 6. Xhüring. Landw.-Regts. No. 95 (Berlin).
— Dr. Heinrich Stipanski, Oberstabsarzt a. D. (Zerbst).
General-Stabsarzt der Armee Dr. t. Lauer feiert am 12. Dezember 1888 sein
sechzigjähriges Dienstjubiläum.
General-Rapport
von den Kranken der Königlich Prenssischen Armee, des XII. (Königlich
Sächsischen) nnd des XIII. (Königlich 'Wörttemberj^schen) Armee- Korps,
sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen
Besatzongs-Brigade pro Monat November 1887.
1) Bestand am 31. Oktober 1887: 7 119 Mann und 36 Invaliden.
2) Zugang:
im Lazareth 12 151 Mann und — Invaliden,
im Revier 15 848 - - 10 •
Summa 27 999 Mann nnd 10 Invaliden.
Mithin Summa des Bestandes nnd Zuganges 35 118 Mann nnd 46 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 8,5% und 16,1%.
3) Abgang:
geheilt ....
. 22 420 Mann, 5 Invaliden,
gestorben . . .
57 - — -
invalide ....
212 - —
dienstuobranchbar
482 - —
anderweitig . .
428 - —
Summa .
. 23 599 Mann, 5 Invaliden.
4) Hiernach sind:
geheilt 63,8% der Kranken der Armee nnd 10,9% der erkrankten
Invaliden,
gestorben 0,16% der Kranken der Armee und — % der erkrankten
Invaliden.
5) Mithin Bestand:
sm 30. November 1887 11519 Mann und 41 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 2,8% nnd 14,4%.
Von diesem Krankenstände befanden sich:
im Lazareth 7 874 Mann nnd 4 Invaliden,
im Revier 3 646 - - 37
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20
Es sind also von 616 Kranken 393,3 geheilt, 1,0 gestorben, 3,7 als
invalide, 8,5 als dienstonbraacbbar, 7,5 anderweitig abgegangen, 202,0 im
Bestand geblieben.
Von den Oestorbenen der aktiven Trappen haben gelitten an:
Diphtberitis 1, Blntvergiftung 2, Unterleibstjpbas 9, akatem Oelenk-
rhenmatismos 1, Skorbut 1, Zuckerruhr 1, Epilepsie 1, Lungenent-
zündung 12, Lungenschwindsucht 5, Brustfellentzündung 4, Herzleiden 2,
Leberleiden 1, Banchfellentzündnng 4, Nierenleiden 6, Ohrenleiden 1;
an den Folgen einer Verunglückung: Sturz in die Tiefe 1, Hofschlag 1,
Schädelbrnch in Folge Schlägerei 1; an den Folgen eines Selbstmord-
versuchs; Erscbiessen 1, Vergiftung 2.
Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver-
storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 20 Todesfälle vorgekommen,
davon 3 durch Krankheit, 1 durch Verunglückung, 16 durch Selbstmord;
von den Invaliden: durch Krankheit 1; so dass die Armee im Ganzen
77 Mann und 1 Invaliden durch den Tod verloren hat.
Nachträglich:
pro Oktober 1887: 1 Selbstmord durch Ertränken.
Oednickt ia der KüniglicUen Hofbachdruckerei von E. 8. Mittler a. Sohn in Borlia, KocktU; dd'-TO.
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Amtliches Beiblatt
zar
Deutschen militärärztlichen Zeitschrift.
1888. — Siebzehnter Jahrgang. — M 8.
Kriegsminuteriam.
Medizinal • AbtheiluDg. Berlin, den 18. Januar 1888.
Behufs Herbeiführung eines einheitlichen Verfahrens bei der
Aufzeichnung der Temperatur-, Puls- u. s. w. Schwankungen in
wichtigeren Krankheitsfällen sind fortan die von der Abtheilung
entworfenen Fiebertabellen zu verwenden, von welchen Buer Hoch-
wohlgeboren seitens des Korpsarztes des XL Armeekorps 35 Stück zur Vertheilung
en die Gamison-Lazarethe als Muster für künftige Beschaffungen zugeben werden.
Dieselben sind als Bestandtheil der Kranken-Journalblätter auzusehen und nach
Bedarf auf Kosten des Medizinalfonds zu beschaffen.
Die Königliche Waisenhausbuchdrurkerei in Cassel hat sich bereit erklärt,
100 Stück dieser Tabellen für 80 Pfennige zu liefern. Dieser Preis darf auch bei
anderweitigem Bezüge nicht überschritten werden.
Der Königlichen Intendantur wollen Euer Hochwohlgeboren hiervon gefälligst
Kenntniss geben.
V. Lauer.
No. 1081/13. 87. M. A.
Kriegs ministerium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 20. Januar 1888.
In Verfolg der Verfügungen vom 7. Juni 1886 No. 212. 6. 86. M. A., und
rom 7. April 1867 No. 109. 2. 87. M. A.*), werden die Intendanturen ergebenst
benachrichtigt, dass die Fabrikanten Kietschel und Henneberg hierselbst den
Uenneberg’schen Desinfektoren eine verbesserte Einrichtung gegeben
haben, durch welche insbesondere die Erreichung eines über 100° C. hinausgehenden
Dampf-Hitzegrades möglich gemacht ist, auch wird die Einmanerung der Feuerung
künftig entbehrlich. Nach der von den Genannten ausgegebenen Preisliste No. 11
Werden die neuen Muster T. L und T. II. hinsichtlich der Grösse und Leistungs-
fähigkeit ungefähr den früheren Mustern A. II. und A. III. entsprechen, sich aber
im Preise billiger stellen (1250 Mk. und 1750 Mk.).
Ausserdem haben die genannten Fabrikanten unter Anwendung einer Des-
infektionskammer von Holz anstatt von Eisen noch einen erheblich billigem
Apparat hergestellt, welchen dieselben nach der Preisliste No. Ha als Muster T. o.
für 600 Mk. liefern, für Gamison-Lazarethe indess in Erwartung eines umfang-
teichem Bedarfs für 500 Mk. abgeben wollen. Hinsichtlich der Einrichtung und
Leistungsfähigkeit soll dieser Apparat den in der Preisliste No. 11 aufgeführlen
Apparaten gleichstehen. Diesseits findet sich Nichts dagegen zu erinnern, wenn für
*) cf. S. 44 ff. Amtliches Beiblatt Jahrg. 1887 d. Z.
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22
kleinere Lazsrethe an Stelle der in der Verfügung vum 7. April v. Js. vorgeeehenen
einfachem Einrichtungen dieier Desinfektor T. o. bescbafil wird.
Ein für den Herrn Korpsarzt beetinmites Exemplar dieser Mittheiinng ist
hier beigefügt,
T. Lauer.
No. 994. 12. 87. M. A. U. Angabe.
Eriegsministerium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 4. Februar 1888.
Da die Uebungen von Mitgliedern der freiwilligen Krankenpflege in den
Gamison-Lazarethen es haben nothwendig erscheinen lassen, dass den unterrichtenden
SanitSts-Offlzieren das .Unterrichtsbuch für freiwillige Krankenpfleger* zur Hand
ist, so ist diesseits eine Anzahl Exemplare desselben beschafft worden, von denen
Euer Hochwohlgeboren 20 Stück seitens des Garaison-Lazareths No. 1 zugeheo
werden. Dieselben sind bei dem Gamison-Lazareth am Sitze des Geueralkommandoi
zu inventarisiren und leihweise an die mit dem betreffenden Unterricht beauftragten
Sanitäts-Offiziere gegen Quittung zu verausgaben.
Dem Königlichen General-Kommando wollen Euer Hochwohlgeboren hierüber
gefälligst Vortrag machen, auch der Königlichen Intendantur Kenntniss geben.
V. Lauer.
No. 226. 2. 88. M. A.
A.-V.-B1. No. 2.
Kriegsministerium. Berlin, den 14. Febraar 1888.
Gesetz, betreffend Aenderungen der Wehrpflicht, vom 11. Februar 1888
sowie vorläufige Ausfährungs- und militärische Ergänzungs-
Bestimmungen zu demselben.
1) Der heutigen Nummer des Armee-Verordnungs-Blattes liegt in besonderer
Anlage das
Gesetz, betreffend Aenderungen der Wehrpflicht, vom 11. Febmar 1888
nebst vorläufigen AnsfÜhmngs- und militärischen Ergänzungs - Be-
stimmungen zu demselben,
bei.
2) Der unterm 27. Januar 1888 No. 480/1. 88. A. I. zur Versendung
gelangte Entwurf des Gesetzes u. s. w. ist zu vernichten.
3) Die durch die vorläufigen Ausführuugs- und militärischen Ergänzungs-
Bestimmungen vorgeschriebenen Formulare sind nach den vom Kriegs-
ministerium genehmigten Proben in der Reichsdruckerei vorräthig.
Letztere ist ermächtigt, den noch vorhandenen Bestand an Ueberweisungs-
Nationalen für die verschiedenen Waffengattungen zunächst nocli auf-
zubrauchen.
4) Besondere Abdrücke der Anlage sind bei der Königlichen Hofbuchhandlung
von E. S. Mittler und Sohn, Berlin SW., Kochstrasse 68 — 70, auf
direkte Bestellung zum Preise von 60 Pf. für das Exemplar zu haben.
Bronsart v. Schellendorff.
No. 211/2. 88. A. 1.
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23
A.-V.-BI. No. 2.
Kriegsminiaterium. Berlin, den 14. Februar 1888.
Ergänzungs-Bestimmungen des Chefs der Admiralität zu dem Gesetz,
betreffend Aenderungen der Wehrpflicht, vom 11. Februar 1888.
Den Königlichen Generalkommandos werden die von dem Chef der Admiralität
zu dem Gesetz, betreffend Aenderungen der Wehrpflicht, vom 11. Februar 1888
erlassenen Ergänzungs-Bestimmungen behufs Vertheilung an diejenigen Stellen,
welche von hier aus Exemplare der Marineordnung erhalten haben, mittelst Post-
sendung zugeheii.
Bronsart r. Schellendorff.
No. 212/2. 88. A. 1.
A.-V.-BI. No. 2.
Kriegsministerium. Berlin, den 27. Januar 1888.
K rankenträger - Ordnung.
Oie Instruktion für die Militärärzte zum Unterricht der Krankenträger vom
2.i. Juni 1875 tritt ausser Kraft und wird durch die neubearbeitete Krankenträger-
Ordnung ersetzt. Letztere wird den Kommandobehörden in der erforderlichen
Anzahl von Exemplaren mit Verfheilungsplan unter Umschlag übersandt werden.
Die Krankenträger-Ordnung erscheint in dem Verlage der Königlichen Hof-
hnchhandlung von E. S. Mittler und Sohn — Berlin SW., Kochstrasse 68 — 70 —
und ist bei unmittelbarer Bestellung aus der Armee geheftet zum Preise von 65 Pf.
und gebunden (Pappband mit Leinwandrücken) zum Preise von 80 Pf. für das
Exemplar zu beziehen.
Bronsart v. Schellendorff.
No. 609/1. 88. M. A.
A.-V.-BI. No. 3.
Kriegsministerium. Berlin, den 14. Februar 1888.
Sanitätsbericht über die deutschen Heere im Kriege gegen
Frankreich 1870/71.
Der 3. Band (Spezieller Theil, I. Abtheiinng) sowie der 5. Band des Sanitäts-
berichts über die deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71 werden
nebst einem Vertheilungsplan mittelst Umschlags versandt werden.
Die vorerwähnten Bände sind bei der Königlichen Hofbuchhandlung von
E. S. Mittler und Sohn, Berlin SW., Kochstrasse 68 — 70, zum Ladenpreise von
36 bezw. 40 Mk. käuflich.
Die Offiziere, Sanitätsoffiziere und Beamten des deutschen Heeres können
dieselben durch Vermittelung der Medizinal-Abtheilung zum ermässigten Preise
von 30 bezw. 32 Mk. beziehen.
Bronsart v. Schellendorff.
No. 1398/1. 88. M. A.
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24
Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.
Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.
Dr. Cammerer, Generalarzt 2. KI. und Korpearzt des IX. Annee-Korpg, znm
Generalarzt 1. KI., — Dr. Gähde, Oberatabsarzt 1. KI. und Gamitonarzt in
Magdeburg, znm Generalarzt 2. KI. und Korpzarzt dez X. Armee-Korpa, —
Dr. Schnee, Azzizt.-ATZt 1. KI. vom 2. Hanzeat. Inf.-Regt. No. 76, zum Stabz-
und Batz.-Arzt dez Füs.-Batz. 4. Rhein. Inf.-Regts. No. 30, — Dr. Matz, Azzist.-
Arzt 1. KI. Tom Garde-Huz.-Regt., zum Stabz- und Bats.-Arzt dez 3. Batz. 4. Bad.
Inf.'Regtz. Prinz Wilhelm No. 112, — Munter, Azaist.-Arzt 1. KI. rom 1. Garde-
Regt. zu Fuaz, zum Stabz- und Batz.-Arzt dez Ffiz.-Bata. 2. Magdeburg. InC-Regtz.
No. 27 befördert. — Die Azsizt-Aerzte 2. KI. der Rez.: Dr. Schirmer
vom Landw.-Batz.-Bezirk Weizzenfelz, — Dr. Kalliefe vom Ijmdw.-Batz.-Bezirk
Görlitz, — Dr. Appuhn vom Landw.-Batz.-Bezirk Hannover, — Dr. Dorn vom
Landw.-Bata.-Bezirk I. Brannzchweig, — Dr. Olzhanzen, Dntting, Srhönwilder
vom Landw.-Batz.-Bezirk Hamburg, — Dr. DDhrazen, Dr. Mozberg, Dr. Frinkel
vom Landw.-Regtz.-Bezirk I. Berlin, — Dr. Quetach vom Landw.-Batz.-Bezirk
Altona, — Dr. Ricger vom Landw.-Batz.-Bezirk Brieg, — Dr. Loewenhardt
vom Landw.-Regta.-^zirk I. Brezlan, — Dr. Kapuate vom Landw.-Batz.-Beiirk
Neizze, — Dr. Stacke vom Landw.-Batz.-Bezirk Erfurt, — Dr. Wroblewzki vom
Landw.-Batz.-Bezirk Neutomizchel , — Dr. Cajetan vom Landw.-Batz.-Bezirk
Bonn, — Dr. Killiau vom Landw.-Batz.-Bezirk Freiburg, — Dr. Hoffmann
vom Landw.-Batz.-Bezirk Weimar, — Dr. Moog vom Landw.-Batz.-Bezirk Offen-
burg, — Dr. Wanke vom Landw.-Bata.-Bezirk &hlawe, — Prebel vom Land«.-
Batz.-Bezirk Woldenberg, — Dr. Gelpke vom Landw.-Batz.-Bezirk Karlsruhe, —
Dr. Howitz vom Landw.-Bata.-Bezirk Schivelbein, — Dr. Haacke vom Landw.-
Batz.-Bezirk Burg, — zu Assist.- Aerzten 1. KI. der Res. befördert. —
Die Assist.-Aerzte 2. KI. der Landw.; Dr. Mahler vom Landw.-Bats.-Beiirk
II. Brannzchweig, — Dr. Decker vom Landw .-Batz.-Bezirk Bremen, — Neisel-
mann vom Landw.-Batz.-Bezirk Marienburg, — Dr. Berendzen vom Landw.-
Batz.-Bezirk Lübeck, — Dr. Germer vom Landw.-Batz.-Bezirk Kirn, — za
Assizt.-Aerzten 1. Kl. der Landw., — Dr. Biedermann, Aazizt-Arzt 2. Kl.
der Marine -Res. vom Königl, Sachs. Landw. -Batz. -Bezirk Borna, zum AszizL-Arzt
I. KI. der Marine-Res., — Dr. Bock, Unterarzt vom 4. Pomm. InL-Regt. No. 21,
unter Verzetznng zum Ostfriez. Inf.-Kegt. No. 78, — Dr. Ipscher, Unterarzt vom
4. Brandenburg. Inf.-Regt. No. 24 (Grozzherzog Friedrich Franz II. von Mecklen-
hurg-Schwerin), unter Versetzung znm Fusz - Art. - Regt. No. 10, — zu Assist-
Aerzten 2. Kl. ^ — befördert. — Die Unterärzte der Res.: Dr. Kunz,
Dr. Engelien, Hohnfeldt vom Landw.-Batz.-Bezirk Königsberg, — Weber
vom Landw.-Batz.-Bezirk Gumbinnen, — Haagen vom Landw.-Batz.-Bezirk
Raztenburg, — Dr. Plehn vom Landw.-Batz.-Bezirk Grandenz, — v. Trnszczjrnski
vom Landw.-Batz.-Bezirk Deotsch-Kylau, — Dr. Hartwich vom Landw.-Batz.-
Bezirk Marienburg, — Dr. Dalmer rom Landw.-Batz.-Bezirk Stralsund, —
Dr. Dietrich vom Landw.-Bats.-Bezirk Brandenburg a. H., — Dr. Jacoby,
Dr. Bardeleben, Dr. Marquardt vom Landw. -^gts.- Bezirk I. Berlin, —
Dr. Bonde vom Landw.-Batz. -Bezirk Heidelberg, — Dr. Nürnberg vom Landw.-
Batz.-Bezirk Halle, — Dr. Jacobi, Dr. Gramer vom Landw. -Regts.- Bezirk I.
Breslau, — Dr. Neuber vom Landw.-Batz.-Bezirk Gels, — Dr. Löwenstein
vom Landw.-Batz.-Bezirk Minden, — Dr. Bartz, Dr. Baron vom Landw.-Bats.-
Bezirk Jfliieh, — Dr. Demmer vom Landw.-Bats.-Bezirk Neuwied, — Dr. Rosen-
thal vom Landw.-Bats.-Bezirk Hamburg, — Dr. Oblsen, Dr. Elfeldt vom
Landw.-Bats.-Bezirk Rostock, — Dr. Juhl vom Landw.-Batz.-Bezirk Schlesvrig, —
Dr. Koch, Schliephake, Dr. Poppert vom Landw.-Batz.-Bezirk Giezaen, —
Kuhn vom Landw.-Batz.-Bezirk Herzfeld, — Cahn vom Landw. -Bats. -Bezirk
Mainz, — zu Assist.- Aerzten 2. Kl. der Res., — Hitzegrad, Friedrich,
Martens, Unterärzte der Marine-Res. vom Landw.-Bats.-Bezirk Kiel, zu Assist-
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25
Aenten 3. Kl. der Marine-Ree., — befördert. — Dr. Wenzel, Marine-General-
arzt 1. Kl., — Dr. Buech, Oberatabearzt 1. Kl. nnd Regta.-Arzt vom 5. Bad. Inf.-
Regt. No. 113, beauftrag! mit Wahrnehmung der diTisioniärztlicben Funktionen bei
der 29. Dir., — ein Patent ihrer Charge rerliehen. — Schacht, Unterarzt
der Marine-Ree. rom Landw.-Bata.-Bezirk Kiel, im aktiren Sanititakorps, und zwar
unter Beförderung zum Marine -Auist.- Arzt 3. Kl., bei der Marine angeetellt. —
Dr. Edelbrock, Königl. Bajer. Aaeiet.-Arzt 2. Kl. a. D. im Landw.-Bate.-Bezirk I.
Müneter, bisher Assisu-Arzt 2. Kl. der Res. rom Königl. Bayer. Landw.-Bat.
Aschaffenborg, im Prenss. Sanitätskorpe, und zwar als Assist.-Arzt 2. Kl. der Res.
mit Patent rom 7. April 1886, angestellt — Dr. Sommer, Stabsarzt vom
medizinisch - chirurgischen Friedrich -Wilhelsss - Institut, zur Unteroff. - Schule in
Potsdam, — Dr. Go e bei, Stabsarzt Tom medizinisch • chirurgischen Friedrich-
Wilhelms-Institot als Bats.-Arzt zum Füs.-Bat 4. Niederschi. Inf.-Regts. No. öl, —
Dr. Hertel, Stabs- und Bats.-Arzt rom Ffis.-Bat. 4. Rhein. Inf.-Regts. No. 30, zum
medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelnu-Institut, — Dr. Hünermann, Assist.-
Arzt 1. Kl. vom 2. Westfäl. Hus.-Regt. No. 11, zum 2. Hanseat Int-Regt No. 76, —
Dr. Machatins, Assist-Arzt 1. Kl. rom Kadettenhanse in Potsdam, zum Beziiks-
kommando II. Berlin, — Dr. Paalzow, Assist-Arzt 1. Kl. vom 7. Thüring. Inf.-
Regt No. 96, zum Garde-Hns.-Regt , — Dr. Wernicke, Assist-Arzt 1. KI. vom
1. Bad. Leib -Gren.- Regt. No. 109, in die etatsmäss. Stelle bei dem General- und
Korpsarzt des XIV, Armee-Korps, — Dr. Pretzsch, Assist-Arzt 1. Kl. vom
3. Magdeburg. Inf.-Regt No. 66, zum 4. Pomm. Inf.-Regt No. 21, — Dr. Hoenow,
Assist-Arzt 2. Kl. vom Fuss-Art.-Regt. No. 10, zum Kadettenhause in Potsdam, —
Dr. Appell US, Assist.-Arzt 2. KI. vom Leib-6ren.-Regt (1. Brandenburg.) No. 8,
zum Kaiser Franz Garde-Gren.-Regt No. 2, — versetzt — Dr. Glozin, Stabs-
nnd Bats.-Arzt vom 3. Bat 4. Bad. Inf.-Regts. Prinz Wilhelm No. 112, mit Pension
und seiner bisher. Uniform, — Dr. Gallenkamp, Stabsarzt von der Unteroff.-
Schule in Potsdam, mit Pension, — Dr. Bauer, Stabsarzt der Landw. vom Landw.-
Bats.-Bezirk Stettin, mit seiner bisher. Uniform, — Dr. Schnitze, Stabsarzt der
Landw. vom Landw.-Regts.-Bezirk I. Berlin, mit seiner bisher. Uniform, — Dr. Roth,
Stabsarzt der Landw. vom Landw.-Bats.-Bezirk Gera, — Dr. Hermanns, Stabs-
arzt der Landw. vom Landw.-Bats.-Bezirk Eupen, letzterem als Oberstabsarzt 2. Kl.
mit seiner bisher. Uniform, — Dr. Scbroedter, AssisL-Arzt 1. KI. der Landw.
vom I.mndw.-Bats.-Bezirk Naugard, — Dr. Marcnse, Assist.-Arzt 1. KL der
Landw. vom Landw. -Regts.-Bwirk I. Berlin, — Goder, Assist.-Arzt 1. KI. der
Landw. vom Landw.-Bats.-Bezirk St. Wendel, — Dr. Diesterweg, Assist-Arzt
1. Kl. der Landw. vom Landw.-Bats.-Bezirk Weilburg, — Dr. Mohr, Assist-Arzt
1. Kl. der Marine-Res. vom Königl. WürtSemberg. Landw.-Bats.-Bezirk Stuttgart, —
der Abschied bewilligt
Berlin, den 25. Februar 1888.
Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat Januar 1888
eingetretenen Veränderungen.
Durch Verfügung des Kriegsministeriums.
Den 27. Januar 1888.
Nuszkowski, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 2. Obeneiiles. Inf.-Regt. Nn. 23, zur
Dienstleistung bei der Kaiserlichen Marine kommandirt
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26
. Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.
Den 7. Febrnar 1888.
Dr. Held, Sek. Lieut. des 2. Fuss-Art.-Regts. (Landw.), zum Assist.-Arzt
2. KI. des Beiirlaubtenstandei mit einem Patent vom 1. Dezember 1878 ernannt. —
T,räger, Unterarzt vom 16. Inf.-Kegt. vakant König Alfons von Spanien, im
13. Inf. - Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, — Einstein, Unterarit
im 18. Inf.-Regt. Prinz Ludwig Ferdinand, — zu Assist- Aerzten 2. KI., —
Dr. Mertsching, Dr. Hurtig, Finsterlin, Staudacher (München D> Simon
(Bamberg), Dr. Schweitzer, Dr. Bootz (Würzburg), Dr. Hermann, (LandanX
Unterärzte der Res., zu Assist.-Aerzten 2. Kl. des Beurlaubtenstandes, — befördert
Den 14. Februar 1888.
Dr. De Ah na (Hof), Stabsarzt der Res., der Abschied bewilligt
Den 17. Februar 1888.
Dr. V. Kolb, Unterarzt im 4. Chev.-Regt. König, zum Assist-Arzt 2. Kl.
befördert.
Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts- Korps.
Allerhöchster Beschluss vom 22. Februar 1888.
Dr. Lufft, Assist-Arzt 2. Kl. der Res. des Res. - Landw. - Bats. (1. Dresden)
No. 108, im aktiven Saniläts-Ofhzier-Korps und zwar vom 1. März d. Ja. ab bei
dem Carab.-Rcgt (Garnison Borna) angestellt — Dr. Sinz, Dr. Reuter und
Dr. Grosse, Unterärzte der Res. des 1. Bats. (1. Leipzig) 7. Landw.-Regts. No. 106,
zu Assist-Aerzten 2. Kl. der Res. befördert — Dr. Sommerey, Assist-Arzt 2. Kl.
des Schützen- (Füs.-) Regts. Prinz Georg No. 108, unter gleichzeitiger Kommandiiung
als Hilfsarbeiter zur Sanitäts-Direktion, zum 4. Inf.-Regt. No. 103 versetzt. —
Dr. Gruschky, Oberstabsarzt 1. Kl. z. D., unter Fortgcwähmng der gesetzlichen
Pension und mit der Erlaubuiss zum Forttragen der bisherigen Uniform mit den
vorgeschriebenen Abzeichen, — Dr. Lorrmann, Stabsarzt der Res. dos 2. Bats.
(Zittau) 3. Landw.-Regts. No. 102 und — Dr. Roth, Assist-Arzt 1. Kl. der Res.
des 1. Bats. (1. Leipzig) 7. Landw.-Regts. No. 106 der erbetene Abschied
bewilligt
Durch Verfügung des Kriegsministerinms.
Den 17. Februar 1888.
Dr. Burdach, Assist.-Arzt 1. Kl. des 11. Inf.-Regts. No. 139, an das Stadt-
krankenbaus zu Friedrichstadt — Dresden unter Enthebung von seinem bisherigen
Kommando als Hilfsarbeiter bei der Sanitäts-Direktion vom 1. März d. Js. ab
kommandirt
Allerhöchster Beschluss vom 5. Februar 1888.
Dr. Walther, Assist-Arzt 1. Kl. der Landw. des 1. Bats. (Planen) 5. Landw.-
Regts. No. 104, aus allen Militärverhältnissen entlassen.
Ordensverleihungen.
Preussisc he.
Den Königlichen Kronen-Orden 3. KI.:
Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. Dr. Kühne zu Charlottenburg, bisher Regts.-Arzt
des Rhein. Drag.-Regts. No. 5.
Andere.
Kommandeurkreuz 2. Kl. des Königlich Schwedischen Wasa-Ordens;
Oberstabsarzt 1. KI. Dr. Grossheim im Kriegsministerinm.
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Familien -N aclirichten .
Verlobungen; Dr. Heinrich Schülein, KOnigl. Bayer. Agsist-Arzt 1. Kl. der
Reg., mit Frl. Babette Besold (Fottenstein , Frank. Schweiz — Pegnitz). —
Dr. Arthnr Ooebel, Stabgarzt bei dem KOnigl. med. chimrg. Friedrich-Wilhelms-
Ingtitnt, mit Frl. Margarethe Hei ge (Berlin). — Dr. Kubier, Aggist.-Arzt 2. Kl.
im 5. Bad. Inf.-Regt. No. 113, mit Miss Dorette Elmira Malcolm (Freiburg
i. Baden). — Dr. Rudolf Witte, Stabsarzt der Landw., mit Frl. Emmi Preise
(Berlin — Conradswaldau in Schlesien).
Verheirathet: Dr. med. Theobald Meier, Agsist.-Arzt im KOnigl. Bayer. 4. Feld-
Art.-Regt. KOnig (Augsburg). — Georg Fischer, Assist-Arzt im KOnigl. Bayer.
3. Inf.-Kegt Prinz Carl von Bayern, mit Frl. Marie Kohlndorfer (Landshut —
Lindau). — Dr. Emil Stark, Assist.-Arzt der Res., mit Frl. Bertha Brunotte
(Fürth). — Dr. OttoNenmann, Assist-Arzt im Westfälischen Füs.-Regt No. 37,
mit Frl. Helene Lachmann (Krotoschin). — Dr. Siems, Assist-Arzt 2. Kl.
des 1. Feld-Art-Regts. No. 12, mit Frl. Olga Israel (Dresden).
Geburten: (Sohn) Dr. Hoepner, Assist-Arzt 1. Kl. im Feld-Art.-Regt. No. IS
[General-Feldzeugmeister] (Frankfurt an der Oder). — Dr. Witte, Assist-Arzt
1. Kl. am Festungsgeßngniss (Spandau). — (Tochter) Dr. von Miel^cki,
Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 6. Thüring. Inf.-Kegts. No. 95 (Hildburghausen).
— Dr. Martins, Stabsarzt (Berlin). — Dr. Muttray, Stabsarzt (Oldenburg).
Todesfälle: Dr. August Voelkel, Stabsarzt der Landw. a. D. (Berleburg). —
Dr. Berthold, KOnigl. Generalarzt 1. Kl. und Korpsarzt des X. Armee-Korps
(Hannover). — Dr. Friedrich Lotsch, Generalarzt a. D. (Berlin). — Dr. GOtze,
Assist-Arzt 1. Kl. der Res. des 2. Bats. (Zittau) 3. Landw. - Regts. Nu. 102
(Leipzig).
General-Rapport
von den Kranken der Königlich Prenssischen Armee, des XII. (Königlich
Sichsischen) und des XIII. (Königlich Wärttember^ischen) Armee-Korps,
sowie der dem XV. Armee-Korps attaebirten Königlich Bayerischen
Besatzungs-Brigade pro Monat Dezember 18S7.
1) Bestand am 30. November 1887 : 11 519 Mann u. 41 Invaliden.
2) Zugang:
iffl Lazaretb 10 136 Mann und 1 Invaliden,
im Revier 16 509 - - 10 -
Summa 26 645 Mann und 11 Invaliden.
Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 38 164 Mann und 52 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 9,1% und 18,6%.
3) Abgang:
geheilt 25 967 Mann, 16 Invaliden,
gestorben .... 74 - —
invalide 220 - —
dienstunbrauchbar . 643 - —
anderweitig . . . 434 - —
Summa
27 338 Mann, 16 Invaliden.
4) Hiernach sind:
geheilt 68,1% der Kranken der Armee und 30,8% der erkrankten
Invaliden,
gestorben 0,19% der Kranken der Armee und — % der erkrankten
Invaliden.
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28
5) Mithin BesUnd:
am 31. Deaember 1887 10 826 Mann and 36 Invaliden,
in Proienten der Effektivstärke 2,6% and 12,9%.
Von diesem Krankenstände befanden sich:
im Lazareth 7 367 Mann and 3 Invaliden,
im Revier 3 459 - • 33
Eis sind also von 516 Kranken 351,1 geheilt, 1,0 gestorben, 3,0 als
invalide, 8,7 als dienatnnbraacbbar, 5,9 anderweitig aJbgegangen, 146,3 im
Bestände geblieben.
Von den Oestorbenen der aktiven Trappen haben gelitten an:
Scharlach 1, Rose 1, Dipbtheritis 2, Blatvergiftang 1, Unterleibstjpbos 3,
Blatfleckenkrankheit 1. Zackerrabr 1, Trichinose 1, Epilepsie 1, Hirn-
and Hirnbaatleiden 2, Lnngenentzündung 21, Langenblatang 1, Lnngen-
scbwindsacht 14, Bra8tfellentzöndang4, Herzleiden 2, Palsadergeschwalst 1,
Lympbdrüsenentzundang 2, Magenblatang 1, Banchfellentzändong 3, Nieren-
leiden 4, Ohrenleiden 1, Knochen- and &}Ocbenhaatentzändang 2; an den
F'olgen einer Verunglöckang: Hofscblag 3, Sturz mit dem Pferde 1.
Mit Hinsurecbuang der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver-
storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 16 Todesfälle vorgekommen,
davon 4 durch Krankheit, 2 darob Verunglöckang, 10 durch Selbstmord;
von den Invaliden : durch Krankheit 1 ; so dass die Armee im Ganzen
90 Mann and 1 Invaliden durch den Tod verloren hat.
Nachträglich:
pro Oktober 1887: 1 VernnglSckung durch Ertrinken.
Utdrnckt in d«r Kßnif Heben Hofbocbdnickvrai Ton B. S. Mittler k Sobn, Berlin, Kocd»tr. 68~7<L
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Amtliches Beiblatt
sar
Deutschen militärärztlichen Zeitschrift.
1888. — Siebzehnter Jahrgang. — Jü
Berlin, den 18. Februar 1888.
In neuester Zeit sind die pharmaaeutischen Pressen nach dem Differential-
Hebels^atem Patent Ducbseher in Aufnahme gekommen, und haben vielfach die
gewöhnlichen Spindelpressen verdrängt, weil sie hei vurscliriftsmässig geringer Kruft-
anwendung die Erzielung eines bedeutenden Drucks gestatte.], und Presstücher nicht
erfordern. Dem gegenüber ist die Bauart der Duchseber'scben Pressen eine
entsprechend zusammengesetztere und die Handhabung erfordert mehr Aufmerksamkeit,
als diejenige der älteren Spindelpresseiu
Es liegt nun nicht in der diesseitigen Absicht, die Differential-Hebelpresse aus
den Korps -Arznei -Reserven auszuschliessen. Demgemäss wird genehmigt, dass an
Stelle der in Anlage 1 zur diesseitigen Verfügung vom 12. 12. 87. No. 64U. 12. 87. M. A.
unter 1, A, 68 etatisirten Pressen mit Zinn -Einsatz Differential - Uebelpressen
entsprechender Grösse beschafft werden dürfen, falls Euer Hochwuhlgeburen dies
für zweckmässig erachtet.
Wo eine Presse mit Zinneinsatz bereits beschafft sein sollte, ist erst nach
völligem Unbrauchbarwerden der Ersatz derselben durch eine Differential -Hebel-
prease statthaft.
Im Anschluss hieran wird noch bemerkt, dass auf Seite 30 der Anlage 1 zur
diesseitigen Verfügung vom 12. 12. 87. No. 646. 12. 87. M. A. unter No. 61 eine
Flasche zu 260 ccm, und ein Pulverglas hat etatisirt werden sollen.
V. Lauer.
No. 442. 2. 88. M. A.
Berlin, den 22. Februar 1888.
Zur Anlegung des ersten Verbandes bei Verletzungen der Arbeiter und
Arbeiterinnen bei den Artilleriedeputs, Laboratorien u. s. w. sollen, sofern das
Bedürfniss dazu vorliegt, in der Nähe des Gefahrortes Verbandmittel niedergelegt
werden, welche von den Garnisun-Lazaretheu auf Erfordern der Artilleriedeputs für
dir Zeit des möglichen Bedarfs leihweise und unentgeltlich herzugebeu sind.
In der Regel werden für ein Laboratorium
20 Verbandpäckchen,
20 kleine dreieckige Verbandtücher,
6 kleine Pressstücke Sublimatwundwatle,
250 Sublimatmullkompressen,
20 mittlere Gazebinden und
5 Paar hölzerne Schienen mit Blechhülsen zum Zusammenfügeu,
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30
für ein Fort
10 Verbandpäckchen,
10 kleine dreieckige Verbandtücher und
2 Paar hölzerne Schieneti mit Blechhalsen zum ZusammenfQgen
genügen.
Euer Hochwohlgeboren wollen gefälligst dem KOoigliclien Generalkommando
liierilber Vortrag halten und nach Einvernehmen mit der Korpsintendantur die
betreffenden Garnisonlazarethe mit Anweisung versehen.
Die hölzernen Schienen sind den Lazarethen über ihren Etat von der Verband-
mittelreserve zu überweisen.
V. Lauer.
No. 1268. I. 88. M. A.
Berlin, den 29. Februar 1888.
Die zahlreichen Veranlassungen, welche sich in der Militär-Krankenbebandlung
für die Anwendung der Massage bieten und zu deren Verbreitung in den letzten
Jahren geführt haben, Hessen zugleich vielhtch das Bedürfniss nach einer sich-
geniässen Unterweisung darüber bei den Sanitäts-Offizieren hervortreten. Bisher ist
eine solche nur einem kleinen Theil derselben zugänglich geworden, während eine
allgemeinere Beherrschung der Grundsätze über die Benutzung dieses Heilverfahren»
und seiner Technik für die Sanitäts-Offiziere um so mehr erwünscht ist, als ihnen
bestimmnngsgeniäsB auch der Unterricht des unterstellten Ijizaretli-Gehülfen-Personals
und die Uebung desselben in der Massage ziifällt.
Hierbei kommen vorwiegend die Assistenzärzte in Betracht. Es ist deshalb
diesseits in Erwägung genommen worden, ob sich bei den Provinzial-Fortbildungs-
kursen die Massage als Unterrichtsgegensland für die dazu konimandirten Assistcni-
ärzte des Dieiuttstandes einfügen Hesse.
Es wird von den lokalen Verhältnissen abhängen, ob dieser Unterrichtsiweig
einem hierfür geeigneten Obermi Htärarzt der Garnison, in welcher diese Kurse
stattfinden, schon jetzt zu übertragen ist, oder ob nicht für den Anfang wenigsten»
diu Mitwirkung des die OperationsObiingen leitenden Professors der Chirurgie in
Anspruch zu nehmen sein mOi'hte. In letzterem Falle wollen Euer Hochwohlgeboreii
Sich gefälligst mit dem betreffenden Herrn darüber in Verbindung setzen, ob und
unter welchen näheren Bedingungen er das die.sseitige Vorhaben zu unterstützen in
der Lage sein würde.
Einem gefälligen Bericht hierüber bezw. über das dort einzuschlagende Verfahren
sieht die Abtheilung demnächst ergebenst entgegen.
Im Anschluss hieran wird das ergebene Ersuchen ausgesprochen, gefälligst darauf
Bedacht zu nehmen, dass nach Heranbildung geeigneter Instruktoren die theoretisi'bc
und praktische Unterweisung in der Massage bei den durch diesseitige Verfügung
vom 17. April 1887 No. 752/4 M. A. angeordneten Uebnngskursen für Lazsreih-
gebülfen eingeführt werde, unbeschadet der Verfolgung des gleichen Zieles bei dem
regelmässigen Unterricht der Lazarethgehülfen in den einzelnen Garnisonen.
v. Lauer.
No. C5T. 1. 88. M. A.
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31
Berlin, den 8. März 1888.
Wie Euer Hochwohlf;eboren bekannt sein dürfte, hat der Direktor des Kaiser-
lichen Gesundheitsaints in einer BekannunacbunK vom 7. November 1887 die Auf-
forderung ergeben lassen, dass ibm Beobachtungen und Vorschläge, welche für die
Arbeiten der ständigen Kommission zur Bearbeitung der Pharmakopoe
forderlich sein könnten, von Fachmännern mitgetheilt werden möchten.
Um den der ständigen Kommission angehOrenden Mitgliedern der Militär-
verwaltung auch die in den Lazarethen gemachten bezüglichen Krfahningen zu-
gänglich zu machen, werden Euer Hochwohlgeboren ergebenst ersucht, entsprechende
Berichte von den unterstellten Sanitäts-Offizieren gefälligst vierteüährlich einzufordern
und gesammelt hierher vorzulegen.
L V.
V. Ooler.
No. »65. 3. 88. M. A.
Berlin, den 13. März 1888.
Von den Vorschlägen, welche in Folge des diesseitigen Erlasses vom 6- Oktober v. J.
— No. 439/10. 87 M. A. — seitens der einzelnen Intendanturen bezüglieh der
vortheilhaften Beschaffung des Weinbedarfs für die Garnison-Lazarethe
gemacht worden sind, erscheinen diejenigen beachtenswerth und auch ausführbar,
welche sich auf eine Centralisation der Weinverdingung in der Art beziehen, dass
die Lieferung des Bedarfs für den ganzen Korps-Bereich von einem Garnison-Lazareth
ausgeboten und verdungen wird, die Lieferung selbst aber in Flaschen an die
einzelnen Lazarethe mit der Verpflichtung erfolgt, dass nur volle bezw. halbe Liter-
flaschen zur Anwendung kommen.
Der Königlichen Intendantur wird ergebenst anheimgestellt, ein solches Verfahren
— sofern es nicht bereits geschehen bezw. soweit nicht bereits bestehende Vertrags-
Verhältnisse entgegenstehen — für das kommende Fitatsjahr einzuführen und zum
15. Februar 1889 Ober die dabei gewonnenen Erfahrungen zu berichten. Der dort-
seitigen Erwägung nach Maassgabe der lokalen Verhältnisse bleibt es überlassen,
ob die Maassnahmen für den ganzen Korps-Bereich einzuführen, oder etwa nur für
einzelne solche kleineren I.Azarethe, für welche die WeinbeschaATong am Orte selbst
Schwierigkeiten bet eitet.
Eine Abänderung des einfachen Wein-Portionssatzes wird diesseits nicht
beabsichtigt.
Dem Herrn Korpsarzt ist hiervon Kenntniss zu geben.
I. V.
No. 672. 2. 88. M. A. v. Coler.
A.-V.-Bl. No. 10, 1888.
Gesetz, betreffend den Erlass der Wittwen- und Waisengeldbeiträge
von Angehörigen der Reichs-Zivil Verwaltung, des Reichsheeres und
der Kaiserlichen Marine. Vom 5. März 1888. (R.-G.-B1. S. 65.)
Wir Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von
Preussen etc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
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32
Artikel I.
Die Wittwen- und Waisengeldbeitrage, welche auf Grund des Geseties, betreffend
die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Rcicbsbeamten der Zirilrerwaltung,
vom 30. April 1881 (Reichs - Gesetzbl. S. 85), sowie des Gesetzes, betreffend die
Fürsorge für die Wittwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der
Kaiserlichen Marine, vom 17. Juni 1887 (Reichs-Geselzbl. S. 237) zu entrichten sind,
werden, unbeschadet des an diese Verpflichtung geknüpften Anspruchs auf Witlwen-
und Waisengeld, vtyn 1. April 1888 ab nicht erhoben.
Artikel II.
§. 1. Verzichte auf Wittwen- und Wafsengeld, welche auf Grund der §§. 23,
24 des Gesetzes vom 20. April 1881 oder der §§. 26, 27 des Gesetzes vom 17. Juni 1887
erklärt sind, dürfen bis zum 30. Juni 1888 einschliesslich widerrufen werden. Auf
Rechtsnachfolger geht diese Befugniss nicht über.
Der Reichskanzler kann, soweit die dienstlichen Verhältnisse der Betheiligten
es erfordern, die Frist angemessen verlängern.
§. 2. Der Widemifende hat denjenigen Betrag an Wittwen- und Waisengeld-
heiträgen zur Reicbskasse nachzuentrichten, welcher ohne Erklärung des Verzichts
von ihm hätte entrichtet werden müssen.
Die Tilgung dieser Schuld geschieht in Theilbcträgen von drei Prozent lic*
Diensteinkommens, des Wartegeldes oder der Pension nach den für die Erhebung
iler Wittwen- und Waisengcldbeiträge bestehenden Vorschriften mit der Maassgabe,
dass es dem Beitragspflichtigen jederzeit freisteht, den Rest seiner Schuld zur Reichs-
kasse zu zahlen.
Der nach dem Tode des Beitragspflichtigen etwa noch ungedeckte Betrag wird
von den zunächst fälligen Katen des Wittwen- und Waisengeldes vorweg in Abzug
gebracht.
§. 3. Mitgliedern einer der im §. 22 des Gesetzes vom 20. April 1881 und im
35 des Gesetzes vom 17. Juni 1887 bezeichncten Landesanstalten, welche gemäss
§. 1 den Verzicht widerrufen und gleichzeitig aus der Landesanstalt ausscheiden,
sind die an die letztere seit der Verzichtleistung entrichteten Beiträge auf die nach
§. 2 zu machenden Nachzahlungen anzurechnen.
§. 4. Gehört der Widerrufende einer Militär-Wittwenkasse als Mitglied an, so
ist die Erhöhung der von ihm hei der letzteren versicherten Pension nnznlissig
und, soweit sie nach dem .30. Juni 1887 erfolgt ist, ohne Wirkung.
Ist nach den für eine Landesanstalt geltenden Normen die Höhe der Beitrags-
pflicht, sowie der Wittwen- und Waisenpeusionen von Dienstzeit, Dienstrang oder
Diensteinkommen abhängig, so werden für die fernere Beitragspflicht des Wider-
nifenden zur Landesanstalt und Berechnung der von dieser zu leistenden Wittwen-
und Waisenpensionen Dienstzeit, Dienstrang und Diensteinkommen nur insoweit in
Ansatz gebracht, als sie am 1. Juli 1887 erreicht waren.
Artikel III.
Die Bestimmungen dieses Gesetzes kommen in Bayern nach Maassgabe des
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33
BSndniiMTertrag«s vom 23. November 1870 (Bundes -Gesetrbl. 1871 S. 9) inr^ An-
wendung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin den ö. März 1888.
(L. S.) ITilhelm.
V. Boetticher.
Personal -Veränderungeo im Sanitäts-Korps
Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.
Charlot tenb II rg, den 12. März 1888.
Dr. Schräder, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 3. Garde-Kegts. z. F.,
der Charakter als Generalarzt 2. Kl. verliehen.
Charl ottenbu rg, den 22. März 1888.
Dr. May 8, Assist. -Arzt 2. Kl. der Res. vom Landw.-Bals.-Bczirk Heidelberg,
aus allen Militär-Verhältnissen entlassen.
Charlottenburg, den 3. April*1888. '
Dr. Lorenz, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 8. Pumm. Inf.-Regt.
No. 61, zum Oberstabsarzt 1. Kl., — Dr. Schweiger, Stabs- und Bats.-Arzt vom
Ffis.-Bat. b. Ostpreuss. Inf.-Regts. No. 41, zum Oberstabsarzt 2. KI. und Regts.-
Arzt des Litthaii. Ulan.-Regts. No. 12, — Dr. Ludewig, Stabs- und Bats.-Arzt
vom Füs. - Bat. 4. Magdeburg. Inf. - Regts. No. 67, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und
Regts.-Arzt des Inf.-Regts. No. 131, — Dr. Joetzc, Stabs- und Bats.-Arzt vom
1. Bat. 7. ThQring. Inf.-Regts. No. 96, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt
des 3. Schles. Drag.-Regts. No. 15, — Dr. Miinter, Stabs- und Bats.-Arzt vom
Füs.-Bat. 3. Oberschles. Inf.-Regts. No. 62, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-
Arzt des Inf.-Regts. No. 137, — Wirtz, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Inf.-Regt No. 136,
zum .Stabs- und Bats.-Arzt des .3. Bats. dieses Regte., — Dr. Grünert, Assist-
Arzt 1. Kl. vom 2. Hannov. Ulan. - Regt. No. 14, zum Stabs- und Bats.-Arzt des
2. Bats. des Inf.-Regts. No. 97, — Dr. Pauli, Assist-Arzt 1. Kl. vom Kaiser
Alexander Garde - Gren. - Regt. No. 1, zum Stabs- und Bats. Arzt des Füs. • Bats.
I. Nassau. Inf.-Regts. No. 87, — Dr. Pusch, Assist - Arzt 1. Kl. in der etats-
uiässigen .Stelle bei dem General- und Korpsarzt des III. Armee-Korps, zum Stabs-
uud Bats.-Arzt des Füs.-Bate. 5. Ostpreuss. Inf.-Regts. No. 41, — Dr. Strauch,
Asslst.-Arzt 1. Kl. vom Kaiser - Drag. - Regt. No. 8, zum Stabs- und Bats.-Arzt des
Füs. Bats. 3. Oberschles. Inf.-Regts. No. 62, — Dr. Hampe, Assist-Arzt 1. Kl.
von der vereinigten Art- und Ingen.-Schule, zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats-
7. Thüring. Inf.-Regts. No. 96, — Dr. Bürger, Marine-Assist.-Arzt 1. KI. von der
I. Matrosendiv., zum Marine-Stabsarzt, vorläufig ohne Patent, — Kaiser, Unterarzt
vom 6. Bad. Inf.-Regt. No. 114, zum Assist.-Arzt 2. Kl. — befördert — Die
Unterärzte der Res.: Dr. Schinke vom Landw.-Bats.-Bezirk Anclam, — Dr.
Schmalle vom Landw.- Bats. -Bezirk Landsberg a. W., — Dr. Liebrecht vom
Landw.-Regts.-Bezirk I. Berlin, — Dr. Din k 1er vom Landw. -Bau. -Bezirk Gera,
— Dr. Roether vom Landw.-Bats.-Bezirk Rybnik, — Dr. Kbeling vom Landw.-
Bats.-Bezirk .Striegau, — Brieger vom Landw.-Regts.-Bezirk I. Breslau, — Ten-
baum vom Landw.-Bats.-Bezirk I. Münster, — Dr. Riffart vom Landw.-Bats.-
Bezirk Weilburg, — Dr. Koch vom Landw.-Regts.-Bezirk Cöln, — Dr. Overhamm
vom Landw.-Bats.-Bezirk Aachen, — Dr. Heerlein, Dr. Hagemann vom Landw.-
Bats.-Bezirk Bonn, — Terbrüggen vom Landw.-Bats.-Bezirk II. Münster, —
Böwing vom Landw.-Bats.-Bezirk I. Braunschweig, — Dr. Seelig vom Landw.-
Bats.-Bezirk Hannover, — Dr. Meyer vom Landw.-Bats.-Bezirk Osnabrück, —
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34
Dr. Keilmann vom Ijandw.-Batt.-Bezirk Mainz, — Dr. Hasa vom Landw.-Batz.-
Bezirk Rendabarg, — Dr. Boie vom Landw. - Bata. - Bezirk Kiel, — Dr. Brauch
vom Landw. - Bata. - Bezirk Straaaburg, — zu Aaaiat. - Aerzten 2. Kl. der Rei.
beffirdert. — Dr. Lieber, Oberatabaarzt 1. Kl. und Gam.-Arzt zu Straaaburg i. K.,
— Dr. Kügler, Marine-Oberatabaarzt 2. Kl., — ein Patent ihrer Charge ver-
liehen. — Dr. Bäuerlein, Marine-Oberatabaarzt 1. Kl. von der 2. Matroaendiv.
zum Slationaarzt der Marineatation der Nordace ernannt. — Dr. Grändler, Ober-
stabaarzt 2. Kl. und Regta.-Arzt vom Litthau. Ulan.-Regt. No. 12, zum Magdeburg.
Kür.-Regt. No. 7, — Dr. Kellermann, Oberatabaarzt 2. Kl. und Regta.-Arzt vom
Int-Regt. No. 131, als Gam.-Arzt nach Magdeburg, — Dr. Schultze, Stabs- und
Bata.-Arzt vom Füa.-Bat. des Inf.-Regta. No. 132, zum 2. Bat. 1. Obersrblea. Inf.-
Regts. No. 22, — Dr. Schröder, Stabs- und Bata.-Arzt vom 2. Bat. 1. Oberschles.
Inf.-Regta. No. 22, zum Föa.-Bat. des Inf.-Regta. No. 132, — Dr. Gröbensrhütz,
Stabs- und Bata.-Arzt vom Brandenburg. Jäger-Bat. No. 3, zum 1. Bat. des Gren.-
Kegta. Prinz Karl von Preusaen (2. Brandenburg.) No. 12, — Dr. Salzwedel,
•Stabs- und Bata.-Arzt vom Föa.-Bat. 1. Nassau. Inf.-Regta. No. 87, zum mediziniach-
chirurgiaehen Friedrich -Wilhelme- Institut, — Dr. Pfeiffer, Stabs- und Bata.-Arzl
vom 3. Bat. des Inf.-Regta. No. 136, zum Fils.-Bat. 4. Magdeburg. Inf.-Regta. No. 67,
— Dr. He Im bo Id, Stabs- and Bata.-Arzt vom 2. Bat. des Inf.-Regta. No. 97, zum
Brandenburg. Jäger-Bat No. 3, — Dr. Pannwitz, Aasiat.-Arzt l.KI. vom 1. Rhein.
Inf.-Regt No. 23, zum Inf.-Regt. Nu. 132, — Dr. Stolzenberg, Assist-Arzt l.KI.
vom Ostpreusa. Drag.-Regt No. 10, zum Kaiser- Drag. -Regt No. 8, — Dr. Hert-
mann, Assist-Arzt 1. Kl. vom 2. Hess. Hus.-Regt. No. 14, zur vereinigten An.-
iind Ingen.-.Schule, — Dr. Körner, Assist-Arzt 1. Kl. vom Braunschweig. Int-
Kegt. No. 92, zum Kaiser Alexander Garde-Gren.-Regt No. 1, — Dr. Wassmund,
Assist-Arzt 2. Kl. vom 3. Brandenburg. Inf.-Regt Nu. 20, io die etatamäsa. Stelle
bei dem General- und Korpaarzt des III. Armee-Korps, — Dr. Grosser, Assist-
Arzt 2. Kl. vom Grossherzugl. Hess. Feld-Art-Regt. No. 25 (Grossherzogi. Art.-
Korps), zum 2. Hess. Hus.-Regt. No. 14, — Dr. Krüger, Assist-Arzt 2. Kl. vom
Inf.-Regt. No. 132. zum 1. Rhein. Inf.-Regt No. 25, — versetzt — Dr. Schilling,
Oberstabsarzt I. Kl. und Regta.-Arzt vom Magdeburg. Kür.-Regt No. 7, als Gen.-
Arzt 2. Kl. mit Pension und seiner bisher. Vniform, — Dr. Jnzi, Obeiatabsar«
I. Kl. und Regta.-Arzt vom Inf.-Regt. No. 137, mit Peiuiiun und seiner bisherigen
Uniform, — Dr. Busse, Stabs- und Bats.-Arzt vom I. Rat. des Gren.-Regta. Prinz
Carl von Preusaen (2. Brandenburg.) No. 12, als Oberstabsarzt 2. Kl. mit Pension
und seiner bisher. Uuifurm, — Belau, Assisi.-Arzt 1. Kl. von der 1. Provinzial-
Invaliden-Kompagnie, als Stabsarzt mit Pension und seiner bisherigen Uniform, —
•Schirmer, Assist-Arzt l.KI. von der 2. Provinzial-Invaliden-Kompagnie, als Subs-
arzt mit Pension, — Dr. Da II mann, Stabsarzt der Res. vom Landw.-Bats. -Bezirk
Frankfurt a. O., — Dr. Stoevesandt, Stabsarzt der Landw. 1. Angebots vom
Landw.-Bats.-Bezirk Bremen, diesem mit seiner bisher. Uniform, — Dr. Hoppe,
Assist- Arzt 1. Kl. der Landw. I. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bezirk Frankfurt a. 0.,
— Dr. Fromme, Assist-Arzt 1. Kl. der I^ndw. 1. Aufgebots vom lasndw.-Bats.-
Bezirk Bremen, — der Abschied bewilligt — Dr. Sarganek, Assist - Arzt
1. Kl. vom 1. Pomm. Feld -Art. -Regt. Nu. 2, aus dem aktiven Sanitätskorps aus-
geschieden und zu den Sanitätsoffizieren der Res. ühergetreten.
Nachweisung der beim Sanitäts-Korps imMonat Februarund März 1888
eingetretenen Wränderungen.
Den 2. Februar 1888.
Lösener, einjährig -freiwilliger Arzt vom Garde- Jäger-Bat., zum Unterarzt
ernannt und mit Wahrnehmung einer bei diesem Truppentheil vakanten Assist-Ant-
stelle beauftragt.
Den 28. Februar 1888.
Heins, Unterarzt vom 3. Rhein. Inf.-Regt No. 29, mit Wahrnehmung einer
hei diesem Truppentheil vakanten Assist-Arztstelle beauftragt.
\
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35
(Chef d. Adm. ». 8. 2. 88.)
Or. Kuntzen, Oberstabsarzt 2. Kl., nach RQckkehr S. M. S. .Stein* von
diesem Schiffe ab- und als Oberarzt der II. Matrosendivision kommandiit.
(Chef d. Adm. v. 8. 2. 88 )
Schreuer, Stabsarzt, Anfang April er. von Lebe nach Wilhelmshaven, —
Dr. Kichter, Stabsarzt, gleichzeitig von Wilhelmshaven nach Lehe, — Wefers
Assisn-Arzt 1. Kl., nach Kflckkehr von S. M. S. .Gneiseuau* von Kiel nach.
Friedrichsort, — Dr. Bassenge, Assist.-Arzt I. Kl., von Friedrichsort nach Kiel
— versetzt.
Kommandirungen S. M. Schiffe.
(Chef d. Adm. v. 27. 3. 88.)
Für .Niobe*: Dr. Schneider II., Stabsarzt; — für .Nixe“: Dr. Rnnkwitz,
Assist.-Arzt 1. Kl.: — für .Victoria*: Dr. finge, Assist-Arzt 2. Kl.; — für
.Albatross*: Dr. Wilm, Assist. 2. Kl.; — für .Pommerauia*: Schumann,
Assist-Arzt 2. Kl.; — für den Stab der Manüverilotte: Sander, Stabsarzt, als
Geschw.-Arzt; — für .Baden*: Sander, Stabsarzt, Dr. Fischer II., Assist.-Arzt
2. KI.; — für .Bayern*: Schubert, Stabsarzt, Fischer I, Assist-Arzt 2. KI.; —
für .Kaiser*; Dr. Brnnhoff, Stabsarzt, Dr. Frentzel-Beyme, Assist-Arzt 2. Kl.;
— für .Friedrich der Grosse“: Schreuer, Stabsarzt, Dr. Loewenhardt, Assist-
Arzt 2. Kl.; — für .Zielen“: Jahn, Assist-Arzt 2. Kl.; — für den Stab des
Schulgeschwaders: Dr. Globig, Oberstabsarzt 2. Kl., als Geschw.-Arzt; — für
-Stein“: Dr. Globig, Oberstabsarzt 2. Kl., Greifenhagen, Assist-Arzt 2. Kl.; —
für .Gneisenau“: Dr. Fritz, Stabsarzt, Dr. Erdmann, Assist-Arzt 2. Kl.: — für
.Moltke“: Dr. Düsterhoff, Stabsarzt, Dr. Griebsch, Assist-Arzt 2. Kl.; —
für .Prinz Adalbert*: Prinz, Stabsarzt, Dr. Kremkau, Assist.-Arzt 2. Kl.; —
für den Stab der Torpedoboots- Flottille: Dr. Arendt, Assist-Arzt 1. Kl., als
Flottillen-Arzt; — für .Blitz“: Dr. Arendt, Assist-Arzt 1. Kl.; — für Torpedo-
divisionsboot ,D l*: V. KOppeti, Assist-Arzt 2. Kl.; — für Torpedodivisionsboot
,D 2“: Dr. Spiering, Assist-Arzt 1. Kl.; — für .Leipzig“: Dr. Groppe, Stabs-
arzt, Dr. Arimond, .Assist-Arzt 2. Kl.: — für den Stab des Kreuzergeschwaders,
Abgelöst: Dr. Diehl, Oberstabsarzt 2. Kl.; kommandirt: Dr. Gruppe, Stabsarzt,
als (veschw.-Arzt; — für .Carola“, an Bord kommandirt: Dr. Weiss, Stabsarzt;
— für .Wolf*, ahgelüst: Dr. Di rksen I., Assist.-Arzt I. Kl.; an Bord kommandirt:
Hohenberg, Assist.-Arzt 1. KI.; — für .Möwe“, abgelüst: Dr. Koch, Assist-
Arzt 1. KI.; an Bord kommandirt: Dr. Bassenge, Assist-Arzt 1, Kl.
Veränderungen im Königlich Bayerischen SanitÄts-Korps.
Den 8. März 1888.
Dr. Hartmann, Unterarzt im 16. Inf.-Regt. vakant König Alfons von Spanien,
zum Assist-Arzt 2. Kl. befördert
Den 24. März 1888.
Wiederangestellt;
Im Lsndw.-Bats.-Bezirk Hof: den Stabsarzt Dr. Rinne, die Assis t.-Aerzte
1. Kl. Dr. Braun, Dr. Martin; — im Landw.-Bats. -Bezirk Kitzingen: den
Assist-Arzt 2. Kl. Hartig; — im Landw.-Bats.-Bezirk Kitsingen; die Assist. -
Aerzte 1. Kl. Dr, Langenkamp, Dr. Eschenburg, Dr. Börner, den Assist.-
Arzt 2. Kl. Dr. Kode; — im Landw.-Bats.-Bezirk Würzburg: die Assist-
Aerzte 1. Kl. Dr. Nieberding, Dr. Müller, Dr. Wunderlich; — im Landw.-
Bats.-Bezirk Aschaffenburg: die Assist.- Aerzte 1. Kl. Dr. Grüdel, Dr. Holling,
Dr. Kräh; — in: Landw.-Bats.-Bezirk Kaiserslautern: den Stabsarzt Dr. Hendrichs,
die Assist -Aerzte 1. KI. Dr. Kaulen, Dr. Diederichs, Dr. Held; — im
Landw.-Bats.-Bezirk Landau; den Assist-Arzt 1. KI. Dr. Straub; — im Landw.-
Bats.-Bezirk Zweibrüeken: die Assist.-Aerzte 1. Kl. Dr. Renner, Willigens,
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36
Ben 31. März 188B.
Wiederangestellt:
Im Landw.-Bats.-Bezirk I. München: die Assist.- Aerzte 1. Kl. Br. Frobe-
nius, Br. Walther, Br. Panizza, den Assist.-Arzt i. Kl. Br. Prunhuber; —
im Landw.-Bats.-Bezirk II. München: den Assist.-Arzt 2. Kl. Br. Urlaub; — im
Landw.-Bats.-Bezirk Mindellieim: den Stabsarzt Br. Luchbrunner, den Assist.-
Arzt 1. Kl. Br. Wille; — im Landw.-Bats.-Bezirk Augsburg: den Assist. -Arzt
l. Kl. List; — im Landw.-Bats.-Bezirk Billingen: die Assist.- Aerzte 1. Kl.
Br. Wezel, Br. Bnndschii; — im Landw.-Bats.-Bezirk Ingobitadt: den Stabsarzt
Br. Van sei uw.
Ben 1. April 1888.
Br. Vossschulte, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots (Kaiserslautern), der
Abschied aus allen MilitirTerbältnissen ertheilt.
Burch V'erfügung des Kriegsministeriums.
Ben 5. März 1888.
Br. Hanf, Unterarzt der Kes., in den Friedensstand des 12. Inf.-Regts. Priiu
Arnulf versetzt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist. -Arztstelle beauitrigt.
Ben 1. April 1888.
Bühm, einjährig-freiwilliger Arzt vom 1. Inf.-Regt. Kdnig, zum Unterarzt im
3. Chev.-Regt. Herzug Maximilian ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten
Assist.-Arztstelie beauftragt.
Veränderungen im Königlich Sächsischen Hanitäts- Korps.
Allerhöchster Beschluss vom 21. März 1888. '
Br. Wilke, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 4. Inf.-Regt No. 103, zum 1. Peld-Ait-
Regt. No. 12, — Br. Siems, Assist.-Arzt 2. RI. vom 1. Feld-Art-Regt. No. 18,
zum 8. Inf.-Regt. Prinz Johann Georg No. 107, — versetzt. — Peschek, Unter-
arzt vom 11. Inf.-Regt No. 139, unter Versetzung zum 5. Inf.-Regt Priiu Friedrich
August No. 104, zum Assist.-Arzt 2. Kl., — Br. Ludwig, Br. Hoffmann, Unter-
ärzte der Res. vom Landw.-Bats.-Bezirk I. Bresden, zu Assist.-Aerzteu 2. Kl. der
Res., — befördert — Br. Klinger, Stabsarzt der Res. a. B., in der Res. des
Sanitäts-Uffizierkurps mit einem Patent vom 20. Februar 1879 £ wiederaugestellt.
Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanltäts-Korpa.
Ben 3. März 1888.
Br. Jäger, Stabsarzt im Inf.-Regt König W’ilhelm No. 124, kommaudirt zum
Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin, auf ein weiteres Jahr in diesem Kommando-
verhältnisse belassen.
Ben 10. März 1888.
Bie Unterärzte Br. Beck im Ulan.- Regt. König Wilhelm No. 20, —
Br. Heise ini 2. Brag.-Kegt. No. 2G, — Br. Haasis im 4. Inf.-Regt No. 122,
dieser unter Versetzung in das Inf.-Regt König Wilhelm No. 124 — zu Assist.-
Aerzteu 2. Kl. ernannt
Ben 31. März 1888.
Br. Reinhardt, Assist-Arzt 1. Kl. im Inf.-Regt. Kaiser Friedrich Köiüg
von Preussen No. 125, in die etatsmässige Stelle beim Korps-Generalarzt versetzt
Ben 7. April 1888.
Br. Müller, Oberstabsarzt I. Kl. und Regts.-Arzt im Inf.-Regt Kaiser Wilheloi
König von Preussen No. 120, mit Pension und mit der Erlaubniss zum Tragen der
bisherigen Uniform der Abschied bewilligt.
V
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37
Durch Verfügung des Korps-Generalarztes.
Den 14. Februar 1888.
Schoffer, einjährig -freiwilliger Arzt im 8. Inf.- Regt No. 12G, mit Wirkung
vom 14. Kebruar d. J. ab zum Unterarzt des Friedensstandes in dem genannten
Regiment ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist-Arztstelle beauftragt.
Ordensverleihungen.
Preussische.
Kreuz der Grosskomthure des Königlichen Haus-Ordens von Hohen-
zol lern:
Generalstabsarzt der Armee und Chef des Sanitätskorps, Wirkt. Geheimen Ober-
Medizinalrath und Professor Dr. v. Lauer.
Kreuz der Komthure desselben Ordens:
Generalarzt 2. RI. und Regts.-Arzt des Garde-Kür.-Regta. Dr. Leuthold.
Kreuz der Ritter desselben Ordens:
Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Ti mann vom Kaiser Alexander Garde-Gren.-Regt.
No. 1.
Andere:
Kommandeurkreuz 2. KI. des Königlich Schwedischen Wasa-Ordens:
Oberstabsarzt 1. Kl. Dr. Michel, Chefarzt des 2. Gam.-Lazareths für Berlin
zu Tempelliof.
Familien-Nachrichten.
Verlobungen: Dr. Paul Seifert, Assi.st - Arzt 1. Kl. der Res., mit Frl. Marie
Hübler (Dresden). — Dr. Felix Berthold, Assist. - Arzt 1. Kl. im Hannor.
Train-Bat. No. 10, mit Frl. Bertha Meineke (Hannover). — Dr. Benda, Stabs-
und Bats.-Arzt im Garde-Füs.-Regt., mit Frl. Hanna Blew (Berlin — Angermünde).
— Dr. Friedrich Bull er, Assist. -Arzt im KOnigl. Bayer. 3. Jäger-BaL, mit Frl.
Josephine Ruppert (Eichstädt). — Dr. Balmer, Stabsarzt in der KOnigl. Sächs.
Sanitätsdirektion, mit Frl. Ida Werner (Dresden — Leipzig).
Verheirathet: Dr. Pfuhl, Stabsarzt bei dem mediz.-chirurg. Friedrich -Wilhelms-
Institut, mit Frl. Gertrud Koch (Berlin). — Dr. Joseph Sandtner, KOnigl.
Bayer. Assist. - Arzt 1. Kl. der Res., mit Frl. Marie Piechler (Ottenburg). —
Dr. Eduard Richter, Assist.-Arzt im 3. Garde-UIan.-Regt., mit Frl. Ines Ebert
(Potsdam — Berlin).
Geburten: (Sohn) Dr. Demuth, Stabsarzt im Eisenbahn - Regt. (Berlin). —
(Tochter) Dr. Brodführer, Stabs- und Bats.-Arzt des Füs. - Bats. 7. Thüring.
Inf.-Regt. No. 96 (Rudolstadt).
Todesfälle: Dr. Berg, Oberstabsarzt a. D. (Neu - Ruppin). — Dr. Heinrich
Wächter, Marine - Stabsarzt a. D., Frau Maria Theresa, geb. d’ArauJo Nabuco
(Maroim, Provinz Sergipe, Brasilien). — Dr. Georg Müller, KOnigl. Bayer.
Generalarzt 1. Kl. z. D. (München). — Schlott, KOnigl. Sanitätsrath und
Stabsarzt a. D. (Halle a. S.). — Dr. Jacob Plien, Stabsarzt der Landw. a. D.
(Süchteln). — Dr. Georg Dietil, Kgl. Bayer. Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. a. D.
(Kirchheimbolanden).
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General -Rapport
von den Kranken der Königlich Prenssischen Armee, des XII. (Königlich
Sächsischen) und des XIII. (Königlich Wörttembergischen) Armee-Korps,
sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen
Besatzongs-Brigade pro Monat Jannar 1888.
1) Bestand am 31. Dezember 1887 : 10 826 Mann n. 36 Invaliden
2) Zugang:
im Lnzareth 14 175 Mann und 1 Invaliden,
im Revier 24 577 - - 10 •
Summa 38 752 Mann nnd 11 Invaliden.
Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 49 578 Mann und 47 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke ll,7®/o und 17,2“/o.
3)
geheilt ....
. 33 842
Mann,
10
Invaliden,
gestorben . . .
87
-
1
-
invalide ....
165
-
—
-
dienstunbranchbar
466
-
—
-
anderweitig . .
382
-
1
-
Summa .
. 34 942
Mann,
12
Invaliden.
4) Hiernach sind:
geheilt 68,3°/a der Kranken der Armee und 21, 3% der erkrankten
Invaliden,
gestorben 0,18’’/o der Kranken der Armee und 2,1% der erkrankten
Invaliden.
5) Mithin Bestand:
am 31. Januar 1888 14 636 Mann nnd 35 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 3,5% und 12,8%.
Von diesem Krankenstände befanden sich:
im Lazareth 9 951 Mann und 2 Invaliden,
im Revier 4 68.5 - - 33
Es sind also von 570 Kranken 389,1 geheilt, 1,0 gestorben, 1,9 als
invalide, 5,4 als dienstnnbraucbbar, 4,4 anderweitig abgegangen, 168,2 im
Bestände geblieben.
Von den Gestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an:
Rose 1, Diphtheritis 2, Karbunkel 1, Blutvergiftung 4, gastrischem Fieber 1,
Unterleibstyphus 4, epidemischer Genickstarre 4, akutem Gelenk-
rheumatismus 4, Blutarmuth 2, bösartigen Geschwülsten 1, Hirn- und
Hirnbantleiden 3, Lungenentzündung 20, Lungenschwindsucht 18, Brustfell-
entzündung 4, Herzleiden 7, Darmentzündung 3, Bauchfellentzündung 1,
Nierenleiden 5, Ohrenleiden 1, Knocbenentzündung 1. Von den Invaliden:
an Lungenentzündung 1.
Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver-
storbenen sind in der Armee im Ganzeu noch 25 Todesfälle vorgekommen,
davon 3 durch Krankheit, 6 durch Verunglückung, 16 durch Selbstmord;
von den Invaliden : durch Krankheit 1 ; so dass die Armee im Ganzeo
112 Mann und 2 Invaliden durch den Tod verloren hat.
Nachträglich:
pro November 1887: 1 Selbstmord durch Vergiftung.
Gddrackt in der Königlichen Uofbucbdruckerei von E. S. Mittler & Sohn, Berlin, Kochstruse SS— 10
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Amtliches Beiblatt
Enr
Deutschen militärärztlichen Zeitschrift.
1888. — Siebzehnter Jahrgang. — M 5.
Berlin, den 13. März 1888.
In Verfolg der Verfügung vom 18. 5. 87 — J. Na 750. M. A. — werden
der Königlichen Intendantur zum Anhalt bei künftigen Beschaffungen anbei:
.... Stoffproben von blau und weiss gestreiftem Drillich zu den
KrankenrOcken und Krankenhosen — in gekrumpfenem Zustande — • ■ . >
dergl. in nicht gekrumpfenem Zustande
ganz der unterm 20. 4. 85 — J. No. 190/3. M. A. — herausgegebenen Probe
entsprechend, jedoch in der Küpe unzweifelhait echt, nur mit Indigo gefärbt, er-
gebenst übersandt.
Die Vertheilung dieser Proben hat an die in der vorgedachten Verfügung vom
20. 4. 85 bezeichneten Empfangssielten stattznfinden. Die mit dieser Verfügung
herausgegebenen Stoffproben treten ausser Kraft und sind nach Ablösung und
Vernichtung der Bczeichuiingstafeln im Lazareth-Haushalt entsprechend zu ver-
wenden.
Vorschriftsmässige Empfangs - Bescheinigung über die Probestücke ist der
Intendantur des Gardekorps baldgefälligst zu übersenden.
I. V.
V. Cot er.
J. No. 323. 3. 88. M. A.
Berlin, den 21. März 1888.
Die von dem Militär -Oekonomie- Departement unterm 25. November v. Js.,
No. 799. 10. 87. B. 4., getroffenen abändemden Bestimmungen über die Geld-
Anweisungen auf die unter einmaligen Ausgaben des Etats bewilligten Spezial-Bau-
fonds finden vom Jahre 1888/89 ab auch im Lazareth-Verwaltungsbereich Anwendung,
wobei aber im Besondern Folgendes zu beachten ist:
1) Für Bauten bei solchen Lazarethen , welche eine eigene Jahresrechnnng
legen, dürfen nach Ablauf eines Etatsjahres für Rechnung desselben bis
zum 1. Mai nur Anweisungen über solche Beträge erlassen werden,
welche noch in der betreffenden Jahresrechnung des Lazareths zur Ver-
einnahmung kommen (Verfügungen vom 18. November 1876 No. 202. 11.
M. M. A. und vom 22. Dezember 1879 Nu. 866, 11. M. M. A.).
2) Die Mittheilung der Etats-Titel, Etats -Beträge etc. für die im Jahre 1888/89
im Gange befindlichen Lazarethbauten bleibt Vorbehalten. Hinsichtlich
aller noch das Etatsjahr 1887/88 betreffenden, bis I. Mai d. Js. zu
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40
erlaMenden Anweisnngen verbleibt ee für den dieeeeitigen Geechältehereicb
bei den bisherigen Bestinunnngen (Verfügung vom 13. Mörz 187R No. 919.
2. 76. M. M. A.), wonach die einstweilen vorschussweise anznweisenden
Baugelder zur Erstattung hier anznmelden sind.
r. V.
V. Col er. V
No. 639/1. 88. M. A.
Berlin, den 24. März 1888.
Es wird darauf hingewirsen, dass bei allen Beschaffungen von Apotheken-
geräthen , also auch bei den gemSss Verfügung vom 4. 2. 88 Geheim A. 7. 88 M. A.
in Aussicht stehenden, zunächst die im Ko^sbezirk vorhandenen diesseitigen Dh-
positionsbestände, sowie auch anderweitige etwa in den Gamisonlazarethen oder io
Traindepot vorhandene verfügbare Bestände, soweit sie den Anforderungen ent-
sprechen, heranzuziehen sind und wird, behufs besserer Uebersichtlichkeit, eine
Vereinigung dieser Bestände im Gamisonlazareth am Sitze des Generalkommandoi
anheimgestellt.
V. Lauer.
No. 653. 3. 88. M. A.
Berlin, den 38. März 1888.
Der Königlichen Intendantur wird auf den Bericht vom 11. Februar d. Jb.
ergebdtist erwidert, dass sich diesseits Nichts dagegen zu erinnern findet, wenn die
allgemeinen Verfügungen des Königlichen Militär-Oekonomie-Departements vom
28. Juli V. Js. — No. 1201/6. B. 4. — und 10. Dezember v. Js. — 131. 11. B. 2. —
betreffend den Wirthschaftsbetrieb bei den Garnison- and Magazinverwaltungen,
insbesondere die diesfälligen Weisungen für Beschränkung des BOreaudienstes zn
Gunsten des äusseren Dienstes auch auf den Geschäftsbetrieb bei den Gamison-
Lazarethen, sowie auf den Verkehr derselben mit den Intendanturen sinngemässe
Anwendung finden.
Hierbei wird auch auf Absatz 3 des Erlasses vom 28. Juli v. Js. bezüglich
der auf die Lazareth-Baulichkeiten zu richtenden Aufmerksamkeit zur Beachtung
besonders hingewiesen.
Bezüglich der empfohlenen abgekürzten Formen für die Berichterstattung gilt
es als selbstverständlich, dass dadurch die ausreichende Begründung solcher An-
träge, welche Abweichungen von den Vorschriften bezwecken, nicht leiden darf
Schliesslich wird noch darauf aufmerksam gemacht, dass in den betreffenden
Verfügungen der Intendanturen an die Lazarethe das dieserhalb vorher einzuholendc
Einverständniss des Korpsarztes besonders zum Ausdruck zu bringen ist, damit auch
der Dienstverkehr der Gamison-Lazaretbe mit diesem entsprechend vereinfacht wird.
An die Königliche Intendantur des XI. Armee-Korps zu Cassel. Abschrifi
hiervon wird der Königlichen Intendantur zur gefälligen Kenntnissnahme und
weiteren Veranlassung im Benehmen mit dem Herrn Korpsarzt ergebenst übersandt.
I. V.
v. Co 1er.
J. No. 701/2. 88. M. A.
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41
Berlin, den 13. April 1888.
Die Königliche Intendantur wird unter Bezugnahme auf die an das General-
kommando gerichteten Erlasse vom 3. 3. 88 — No. 690. 2. A. 1. — und vom
31. 3. 88 — No. 596. 3. 88 A. 1. — ergebenst ersucht, die Gamisonlazarethe des
dortseitigen Verwaltungsbezirks bezüglich der für die Lazareth-Bibliotheken zur
Beschaffung auszuwühlenden Bücher und Zeitschriften auf die in vorerwähnten Er-
lassen empfohlene Unteroffizier-Zeitung bezw. das aus verschiedenen Nummern
dieser Zeitung für die Armee hergestellte Gedenkblatt aufmerksam zu machen.
V. Lauer.
No. 419. 4. 88. M. A.
Berlin, den 16. April 1888.
Unter Bezugnahme auf die Verfügung vom 31. Juli 1876 No. 755. 7. 76.
M. M. A. werden Euer Hochwohlgeboren ergebenst davon in Kenntniss gesetzt,
dass die chemische Fabrik auf Aktien (vormals E. Schering) Berlin W. Fenn-
strasse 11/13 jetzt im Stande ist, die sogenannte lOOprozentige Karbolsäure
(Acidum carbolicum erudum Fh. O. II) zum Preise von 60 Mark für 100 kg ein-
schliesslich Barrels oder Ballons frachtfrei einer jeden Deutschen Bahnstation zu
liefern. /
In Zukunft werden dergleichen Mittheilungen von hier aus nicht mehr er-
folgen, und ist die Beschaffung der rohen Karbolsäure zu zeitgemässen Preisen nach
den allgemeinen Grundsätzen für die Arznei- Versorgung zu bewirken.
V. Lauer.
Ko. 1063. 3. 88. M. A.
' A.-V.-B1. No. 13, No. 93.
Kriegsministerium. Berlin, den 13. April 1888.
Lazarethaufnahme inaktiver Mannschaften.
Die Entscheidung auf etwaige Anträge wegen der Lazarethaufnahme inaktiver
Mannschaften wird unter Aufhebung der entgegenstehenden Bestinunungen des all-
gemeinen Erlasses vom 4. Mai 1872 — No. 1451/3. 72. M. M. A. — uneingeschränkt
den Königlichen Generalkommandos hiermit übertragen. Indessen sind die in dem
gedachten Erlasse angegebenen leitenden Gesichtspunkte für die diesfälligen Ent-
scheidungen auch fernerhin als maassgebend anzusehen.
Brunsart v. Schellendorff.
No. 863/3. 88. M. A.
Personal -VeränderuDgen im Sanitäts-Korps.
Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.
Den 27. April 1888.
Dr. Kley, Oberstabsarzt 3. Kl. und Kegts.-Arzt vom 3. Hannov. Drag.-Regt.
No. 16, zum Oberstabsarzt 1. Kl., — Dr. Sellerbeck, Stabs- und Bats.-Arzt vom
Bat. 1. Thfiring. Inf.-Regt No. 31, zum Oberstabsarzt 3. Kl. und Regts.-Arzt
des 1. Magdeburg. Inf.-Regts. No. 26, mit einem Patent vom 2. April 1888, —
Ur. Goldborn, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 3. Hannov. Inf.-Regts. No. 79,
zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 3. Rhein. Inf.-Regts. No. 29, —
Digit Ized
42
Dr. Jonas, Stabs- und Bats.-Arzt vom Füs.-Bat. 2. Garde-Kegts. zu Fuas, unter
vorläuliger Bclassung in seiner gegenwärtigen Stellung, zum Obeniabsarzt 2. Kl.,
— Dr. Hellwig, Stabs- und Bats.-Arzt vom Niedersehlcs. Fion.-Bat. No. 5, zum
Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts. -Arzt des 6. Ostpreuss. Inf.-Regts. No. 43, —
Dr. Buchs, Stabs- und Bats.-Arzt vom Füs.-Bat. 3. Niedersehles. Inf.-Regts. No. 30,
zum Oberstabsarzt 2. KI. und Regts.-Arzt des ü. Pomm. Inf.-Regts. No. 49, —
Dr. Wolff, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 1. Sehles. Gren.-Regts. No. 10, zum
Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 4. Brandenburg. Inf.-Regts. No. 24 (Gross-
herziig Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin), — Dr. Bogge, Assist-Arzt
1. Kl. vom Invalidenhause zu Berlin, zum Stabs- und Bats.-Arzt de« Füs.-Bats.
3. Niedersehles. Inf.-Regts. No. 50, — Dr. Kowalk, Assist-Arzt 1. Kl. in der
etatsmäss. Stelle bei dem General- und Korpsarzt des II. Armeekorps, zum Stabs-
und Bats.-Arzt des 3. Bats. Schien. Füs. -Regts. No. 38, — Dr. Schwarze, Assist-
Arzt 1. Kl. in der etatsmäss. Stelle bei dem Generad- und Korpsarzt des Garde-
korps, zum Stabs- und Abtheil.-Arzt der I. Abtheilung des Posen. Feld- Art-Regts.
No. 20, — Dr. Schneider, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Neumärk. Drag.-Regt No. 3,
zum Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Bats. Ostpreuss. Füs. -Regts. Nu. 33, — Dr. Bücker,
Assist-Arzt 1. Kl. in der etatsmäss. Stelle hei dem General- und Kuipsarzt des
VIII. Armeekorps, zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 3. Hannov. Inf.-Regts.
No. 79, — Dr. Herrmann, Assist-Arzt 1. Kl. vom 7. Pomm. Inf.-Rcgt No. 54,
zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. 8. Ostpreuss. Inf.-Regts. No. 45, —
Dr. Hahn, Unterarzt vom 1. Westfäl. Inf.-Regt Nu. 13, zum A^ist.-Arzt 2. Kl.,
— Ahlemaun, Marine-Unterarzt von der 1. Matrosendiv., zum Marine-Assist-Arzi
2. Kl., — befördert. — Die Unterärzte der Res.: Goldstein vom Landw.-
Bats.-Bez. Königsberg, — Heidenreieh vom Landw.-Bats.-Bez. Insterburg, —
Dr. Konietzko rum Landw.-Bats.-Bez. Lötzen, — Rusettenstein vom Landw.-
Bats.-Bez. Stettin, — Dr. Seeger vom Landw.-Bats.-Bez. Naumburg, — Dr. Lands-
berg vom Landw.-Bats.-Bez. Bernau, — Nischkowsky vom Landw.-Regts.-Bez. I.
Breslau, — Dr. Körber vom Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, — Dr. Schmalfust
vom Landw.-Bats.-Bez. Düsseldorf, — Dr. Lackmann vom Landw.-R^ts.-Ber
Cöln, — Dr. Nerger vom Landw.-Bats.-Bez. Rostock, — Schmalmack vom
Landw.-Bats.-Bez. Altona, — Dr. Becker vom Landw.-Bats.-Bez. II. Oldenburg,
— Dr. Burhenne vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, — Dr. Büttner vom Landw.-
Bats.-Bez. Eisenach, — Dr. Hueter vom Landw.-Bats.-Bez. Marburg, — Dr. Hecken-
hayn vom Landw.-Bats.-Bez. Gotha, — Dr. Baldus vom Landw.-Bats.-Bez. I.
Cassel, — Weinkanff vom I.,andw.-Bats.-Bez. Heidelberg, — Griesenbeck vom
Landw.-Bats.-Bez. Strassburg, — Heraucourt vom Landw.-Bats.-Bez. Strassburg,
— zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res., — Dr. Müller, Unterarzt der Landw.
1. Angebots vom Landw. - Bats. - Bezirk Kiel, zum Assistenz - Arzt 2. Kl. der Land-
wehr 1. Aufgebots, — befördert. — Dr. Weiss, Dr. Nocht, Schubert,
Dr. Renvers, 'Marine - Stabsärzte, ein Patent ihrer Charge verliehen. — Lutz,
Unterarzt der Res. vom I..andw. - Bats. - Bcz. Mainz, im aktiven Sanitätskorps
und zwar unter Beförderung zum As8ist.-Arzt 2. Kl. bei dem Hess. Feld-Art--Regt.
No. 11 angestellt. — Dr. Wollenberg, Oberstabsarzt 1. Kl. und Garn. -Arzt zu
Königsberg i. Pr., mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen bei der
1. Div. beauftragt. — Dr. Schondorff, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom
1. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 2G, zum 3. Pomm. Inf.-Regt. No. 14, — Dr. Pfeiffer,
Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts. - Arzt vom Pomm. Füs.-Regt. No. 34, zum 3. Bad.
Inf.-Regt No. 111, — Dr. Boehr, Stabs- und Bats.-Arzt vom 3. Bat. Sehles. Füs.-
Regts. No. 38, zum 2. Bat. 1. Sehles. Gren.-Regts. No. 10, — Dr. Kaegler, Stabs-
iind Ahtheil.-Arzt von der 1. Abtheil, des Posen. Feld-Art.-Regts. No. 20, als Bats.-
Arzt zum Niedersehles. Pion.-Bat No. 5, — Dr. Schönlein, Stabs- und Bats.-Arzt
vom 3. Bat. Ostpreuss. Füs. - Regts. No. 33, zum 2. Bat 1. Thüring. Inf. - Regts.
No. 31, — Dr. Keitel, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Kaiser Franz Garde -Gren.- Regt
Nu. 2, in die etatsmäss. Stelle bei dem General- und Korpsarzt des Gardekorps, —
Dr. Vollmer, Assist-Arzt 1. Kl. vom 8. Rhein. Inf.-Regt No. 70, zum 3. Branden-
burg. Inf.-Regt. No. 20. — Dr. Matthes, Assist-Arzt 1. Kl. vom 1. Hannov. Ulan.-
Kegt. No. 13, zum 7. Thüring. Inf.-Regt Nu. 9G, — Dr. Stern, Assist.-Arzt 2. Kl.
Diyiiizöu uy
4^^
vom Feld - Art. -Regt. No. 15, zum Invalidenhause in Berlin, — versetzt. — Dr.
Weber, Oberstabsarzt 1. Kl. und Kegts.-Arzt vom 6. Ostpreuss. Iiif.-Uegt. No. 4d,
beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen bei der I. Div., als
Generularzt 2. Kl. mit Pension und seiner bisher. Uniform, — Dr. Schneider,
Oberstabsarzt I. Kl. und Regts.-Arzt vom 3. Bad. Inf.-Regt. No. 111, mit Pension
und seiner bisher. Uniform, — Dr. Boether, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-
Arzt vom 3. Ponim. Inf. - Regt. No. 14, als Oberstabsarzt 1. Kl. mit Pension und
seiner bisher. Uniform, — Dr. Dilsterhoff, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-
Arzt vom 6. Porom. Inf. - Regt. No. 49, mit Pension und seiner bisher. Uniform,
— Dr. Riebau, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 3. Rhein. Inf.-Regt. No. 29,
mit Pension, — Dr. Campe, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 8. Ostpreuss. Inf.-
Regts. No. 45, mit Pension, — Dr. Engelbrecht, Stabsarzt der Landw. 1. Auf-
gebots vom Landw. - Bats. - Bez. Bartenstein, als Oberstabsarzt 2. Kl. mit seiner bis-
her. Uniform, — Dr. Saenger, Stabsarzt der Res. vom Land w.-Bats.-Bez. Weimar,
mit seiner bisher. Uniform, — Dr. Berner, Stabsarzt der Res. vom Landw.-Bats.-
' Bez. Neustrelitz, mit seiner bisher. Uniform, — Dr. Wende, Stabsarzt der Landw.
1. Aufgebots von demselben Landw.-Bats.-Bez., mit seiner bisher. Uniform, — Dr.
Mingrumm, Assist. - Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebou vom Landw.'- Bats.-
Bez. Hamburg, — der Abschied bewilligt. — Ni,emann, Marine -Stabsarzt
von der 2. Matrosendiv., als halbinvalido mit Pension aus dem aktiven Sanitüts-
korps ausgeschieden und zu den .Sanitätsoffizieren der Seewehr 2. Aufgebots über-
getreten.
Charlottenburg, den 10. April 1888.
Wicderangestellt:
Stabsarzt Dr- Toeplitz, zuletzt von der Res. des Res.-Landw.-Regts. (1. Breslau)
No. 38, beim Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, — Stabsarzt Dr. Lesser, zuletzt von
der Landw. des Res.-Landw.-Regts. (1. Breslau) No. 38, beim Landw.-Regts.-Bez.
I. Breslau, — charakteris. Stabsarzt Dr. Schäfer, zuletzt Assist.-Arzt 1. Kl. der
Landw. vom Res. - Landw. - Regt. (1. Breslau) No. 38, beim Landw.-Regts.-Bez.
I. Breslau, — charakteris. Stabsarzt Dr. Kratzert, zuletzt Assist.-Arzt 1. Kl. der
Landw. vom 1. Bat. (Rybnik) 1. Oberschles. Landw.-Regts. No. 22, beim Landw.-
Bats.-Bez. Rybnik, — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Dyhrenfurth, zuletzt von der Res.
des Res.-Landw.-Regts. (l. Breslau) No. 38, beim I-andw.-Re^.-Bez. I. Breslau, —
Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Janike, zuletzt von der Landw. des Res.-Landw.-Regts.
(1. Breslau) No. 38, beim Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau.
Berlin, den 17. April 1838.
Wicderangestellt:
Dr. Koeniger, Marine - Assist. - Arzt 1. Kl. a. D., im Landw. - Bats. - Bez.
I. Darmstadt, zuletzt von der Seewehr, — Dr. Spenkuch, Marine - Assist. - Arzt
1. Kl. a. D., im Laudw. - Bats. - Bez. Mosbach, zuletzt von der Seewehr, — Dr.
Seidel, Mariue-Assist.-Arzt 1. Kl. a. D., im Landw. -Bats .-Bezirk I. Brauiuchweig,
zuletzt von der Marine - Res., — als Marine - Assist. - Aerzte 1. Kl. der Seewehr
2. Aufgebots.
Den 25. April 1888.
Wieder angest el It:
Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Erl er, zuletzt von der Res. des Landw.-Bats. Görlitz,
heim Landw.-Bats.-Bez. Görlitz.
Den 1. Mai 1888.
Wiederangestellt:
Assist. - Arzt 1. Kl. Dr. Frantz, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats.
Hu:g, beim Landw.-Bats.-Bez. Burg, — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Wendel, zuletzt
»Oll der Landw. des Landw.-Buts. Weimar, beim Landw. -Bats. -Bez. Magdeburg, —
Asskt.-Arzt 1. Kl. Dr. Marechaiix, zuletzt von der Landw. des Landw. -Bat.s. Magde-
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44
barg, (lesgl., — A88ist.-Arzt 1. Kl. Dr. Schede, zuletzt von der Landw. desselben Bats.,
desgl., — Asgist.-Arzt 1. Kl. Dr. Rausche, zuletzt von der Landw. desselben Bats.,
desgl., — Assist. -Arzt 1. Kl. Dr. Hennige, znletzt von der Landw. desselben Bats.,
desgl., — Assist.-Arzt l.KI. Dr. Stühmer, zuletzt von der Landw. desselben Bats-,
desgl. — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Philipp, zuletzt von der Res. des Laudw.-Bats.
llalberstadt, beim Landw.-Bats.-Bez. Halberstadt, — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Re lisch,
zuletzt von der laindw. des Landw. -Bats. Halle, beim Landw.-Bats.-Bez. Halle, —
Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. v. Hake, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Bitter-
feld, beim Landw.-Bats.-Bez. Bitterfeld, — Assist. -Arzt 1. Kl. Dr. Lesser, znletzt
von der Landw. desselben Bats., desgl., — AssisL-Arzt 1. Kl. Dr. Oertmann, zu-
letzt von der Landw. des Landw.-Bats. Torgau, beim Landw.-Bats.-Bez, Turgan, —
Stabsarzt Dr. WeihI, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Bemburg, beim
Landw.-Bats.-Bez. Bemburg, — Agsist.-Arzt 1. Kl. Dr. Ksleben, zuletzt von der
Landw. desselben Bats., desgl., — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Wiegand, zuletzt von
der Res. des Landw.-Bats. Sangerhausen , beim I>andw.-Bat8. -Bez. Sangerhausen,
— A8’nst.-Arzt 1. Kl. Dr. Lotb, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Erfurt,
beim Landw.-Bats.-Bez. Erfurt, — Stabsarzt Dr. Stampf, zuletzt von der Landw:
dl« Landw.-Bats. Weissenfcls, beim Landw.-Bats.-Bez. Weissenfels, — Assist.-Arzt
1. Kl. Dr. Kutsch bach, zuletzt von der Res. des Landw.-Bats. Altenburg, beim
Landw.-Bats.-Bez. Altenburg, — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Mandowski, zuletzt von
der Landw. des Landw. - Bats. Gers, beim Landw.-Bats.-Bez. Gera.
Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat März 1888
eingetretenen Veränderungen.
Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.
Den G. März 1888.
Dr. Hahn, Unterarzt vom 1. Westfäl. Inf.-Rcgt No. 13,
den 15. März 1888.
Dr. Altmann, einjährig- freiwilliger Arzt vom Fuss-Art-Regt No. 10, unter
Verretzung zum 4. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 67 zum Unterarzt ernannt,
den 18. März 1888.
<
Dr. Duden, einjährig-freiwilliger Arzt vom 2. Gardc-Regt. z. F. unter Vrr-
setznng zum Westfäl. Drag.-Regt. No. 7 zum Unterarzt ernannt,
den 1». März 1888.
Dr. Eichel, Unterarzt vom 1. Posen. Inf.-Regt. No. 18, — Huth, Unterarzt
vom I. Westpreuss. Gren.-Regt. No. 6, — sämmtlich mit Wajirnnh mu n|g je
einer bei den betreffenden Truppentheilen vakanten Assist.- Arzistelle
beau ft ra gt.
Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.
Den 4. April 1888.
Dr. Fab er, Assist.-Arzt 2. Kl. des 3. Chev.-Regts. Herzog Maximilian, in den
Beurlaubtenstand des Sanitätskorps versetzt.
Den 16. April 1888.
Silberstein, Unterarzt im 3. Inf.-Regt. Prinz Karl von Bayern, zum Assist.-
Arzt 2. Kl., — Dr. Valentin, Wagner, Dr. Pflüger, Dr. Freymadl, Dyese
(1. München), Dr. Merkel (Nürnberg), Petzolt (Würzburg), Dr. Sick (Spey.-r),
lloffmanii (Landau), Unterärzte der Res. zu Assist.-Aerzten 2. Kl. des Beurlautou-
Standes. — befördert.
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Veränderungen im Königlich Sächsischeii Sanitäts-Koqts.
Allerhöchster Beschluss vom 12. April 1888.
Auf Grund des Reichsgesetzes vom 11. Februar 1888, betr. Aenderungen der
Wehrpflicht, wieder dienstpflichtig gewordene Sanitits-Offizierc a. D. mit Bclassung
des alten Patentes wieder angestellt.
A. In der Reserve:
Stabsarzt Dr. Cahnheim im Landw.-Bats.-Bez. I. Dresden.
B. In der Landwehr 1. Aufgebots: Vakat.
C. In der Landwehr 2. Aufgebots;'
Stabsarzt Dr. Hartung im Landw.-Bats.-Bez. Pirna, — Assist. -Arzt I. Kl.
Dr. Schneider im Landw.-Bats.-Bez. Zittau, — Stabsarzt Dr. Stobbe im Landw.-
Bats.-Bez. Bautzen, — Stabsarzt Dr. Rasch im I.andw.-Bat8.-Bez. II. Dresden, —
die Stabsärzte Dr. Köstlin, Dr. Freytag und Dr. Meyburg, sowie die Assist.-
Aerzte 1. Kl. Dr. Meunier und Dr. Weber im Landw.-Bats.-Bez. Plauen, —
Stabsarzt Dr. Becker im Landw.-Bats.-Bez. Schneeberg, — die Stabsärzte Dr.
V. Zimmermann, Dr. Böttger, Dr. Simon, Dr. Gnauck, Dr. Zinssmann,
Dr. Troitzsch und Dr. Bertheau, sowie die Assist-Aerzte 1. Kl. Dr. Lüttich,
Dr. Schettler und Dr. Schwabe im Landw.-Bats.-Bez. I. Leipzig, — Stabsarzt
Dr. Sernau, sowie die Assist. - Aerzte 1. Kl. Dr. Weber und Bv. Rothe im
I.andw.-Bats.-Bez. Borna, — Stabsarzt Dr. Engel im Landw.-Bats.-Bez. Freiborg,
— Assist-Arzt 1. Kl. Rothe im Landw.-Bats.-Bez. Chemnitz, — Stabsarzt Dr.
Findeisen im Landw. - Bats. - Bez. Meissen, — die Stabsärzte Dr. Reiche, Dr.
Ritter, Dr. Heyde, Dr. Zumpe, Dr. Rau und Dr. Gast, die Assist.-Aerzte l.KI.
Dr. Bertram, Dr. Schmaltz und Dr. Buch, Assist - Arzt 2. Kl. Dr. Riedel
im Landw.-Bats.-Bez. I. Dresden. <
Durch Verfügung des Kriegsministeriums.
Den 7. April 1888.
Haiigg, einjährig-freiwilliger Arzt des 2. Gren.-Regts. No. 101 Kaiser Wilhelm,
König von Prenssen, als Unterarzt des Aktivstandes bei diesem Regimente unter
gleichzeitiger Beauftragung mit Wahrnehmung einer vakanten Assist. - Arztstelle
angestellt.
Allerhöchster Beschluss vom 21. April 1888.
Dr. Wengler, Unterarzt der Res, vom Landw.-Bats.-Bez. Meissen, — Müller
und Kuntze, Unterärzte der Res. vom Landw.-Bats.-Bez. I. Dresden, zu Assist-
Aerzten 2. Kl. der Res. befördert. — Dr. Meyer, Assist-Arzt 1. KI. der Landw.
1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. I. Leipzig, aus Allerhöchsten Kriegsdiensten
behufs Ueberführung in den Landsturm 2. Aufgebots verabschiedet.
Veränderungen im Königlich Württembergi sehen Sanitäts- Korps.
Den 21. April 1888.
Wiederangestellt:
Im Landw.-Bats.-Bez. Calw: Dr. Nuding, Stabsarzt, zuletzt von der Landw.,
— im Landw.-Bats.-Bez. Reutlingen; Dr. Willemer, Dr. Tenffel, Assist-Aerzte
1. Kl. zuletzt von der Res., — im Landw.-Bats.-Bez. Stuttgart: Dr. Schlosser,
Stabsarzt, zuletzt von der Res., Dr. Brudi, Dr. Wächter, Stabsärzte, Dr. Fick,
Assist-Arzt 1. Kl., zuletzt von der Landw., — im Landw.-Bats.-Bez. Leunberg:
Or. Reichmann, Stabsarzt, zuletzt von der Landw., — im Landw, • Bats. . Bez.
Ludwigsbnrg: Dr. Süskind, Dr. Kreuser, Stabsärzte, zuletzt von der Landw., —
im Landw.-Bats.-Bez. Gmünd: Dr. Wiedenmann, Stabsarzt, zuletzt von der Landw.,
— im Landw.-Bats.-Bez. Ulm; Behrle, Dr. Brand, Stabsärzte, zuletzt von der
Landw., — im Landw.-Bats.-Bez. Bibcrach: Dr. Palmer, Stabsarzt, zuletzt von der
Landw.
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46
Ordensverleihungen.
Preussisc he.
Königlicher Kronen-Orden 3. Kl.:
Oberstabsarxt 1. KI. a. D. Dr. Juzi, büher Regts.-Arzt des Inf.-Regbi. No. 137.
Andere:
Ritterkreuz 1. Kl. des Sächsischen Verdienst-Ordens:
Oberstabsarzt 2. KI. Dr. Fischer, Regts.-Arzt des 9. Inl-Regts. No. 139. —
Oberstabsarzt 2. Kl. Dr. Brause, Regts. - Arzt des 5. Int - Kegts. Prinz
Friedrich August No. 104.
Ritterkreuz 1. KI. des Sächsischen Albrechts-Ordens:
Stabsarzt Dr. Mutze-Wobst, Bats.-Arzt im 9. Inf.-Regt. No. 133. — Stabs-
arzt Dr. Sussdorf vom Kadetten - Korps. — Stabsarzt Dr. Schaffrath,
Bats.-Arzt im 5. Inf. - Regt. Prinz Friedrich August No. 104. — Stabsarzt
Dr. Gräfe, Bats.-Arzt im Schützen- (Füs.-) Regt. Prinz Georg No. 108.
Ritterkreuz 2. Kl. desselben Ordens:
.Stabsarzt Dr. Trautschold, Bats.-Arzt im 5. Inf.-Regt. Prinz Friedrich
August No. 104. — Assist. - Arzt 1. Kl. Dr. Kockel vom 10. Inf.-Regt.
No. 134. — Assist. - Arzt 2. Kl. Goesmann vom 1. (Leib-) Gren. - Regt
No. 100. — Assist-Arzt 2. KI. Dr. Wagner vom 9. Inf.-Regt. No. 133.
Khren - Ritterkreuz 2. KI. des Grossherzoglich Oldenbiirgischen Haus-
und Verdienst-Ordens des Herzogs Peter Friedrich Ludwig:
Oberstabsarzt 2. RI. Dr. Lindemann, Regts.-Arzt des Westfäl. Kür. - Regts.
No. 4.
Fürstlich Waldeckisches MilitäV-Verdienstkreuz 3. KL:
Stabsarzt Dr. Brodführer im 7. Thflring. Inf.-Regt. No. 96.
Allgemeines Ehrenzeichen:
Oberlazarcthgeh. Schünke vom 9. Inf. - Regt. No. 133. — Oberlazarethgeh.
Vogel und Wagner vom 6. Inf.-Regt Prinz Friedrich August No. 104. —
Lazarethgeh. Jander vom 1. Ulan.-Regt No. 17. — Lazarethgeh. Henniger
vom Schützen- (Füs.-) Regt. Prinz Georg No. 108. — Krankenwärter
Ehrlich vom Gam.-Lazareth zu Zittau.
Familien-Nachrichten.
Verlobungen: Dr. Pani Goerlitz, Stabsarzt am Kadettenhause zu Wahlstatt,
mit Frl. Helene Moser (Berlin). — Dr. Otto Körner, Assist. - Arzt 1. KI. im
Kaiser Alexander Garde-Gren.-Regt. No. I, mit Frl. Anna Lerche (Braun.schweig).
— Dr. Balmer, Stabsarzt bei der Sanitäts - Direktion , mit Frl. Ida Werner
(Leipzig). — Dr. Machate, Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Jäger-Bats. No. 15.
mit Frl. Martha Lindemann (Dresden).
Geburten: (Sohn) Dr. Kirchner, Stabs- und Bats.-Arzt im 3. ThOring. Inf.-Regt.
No. 71 (Berlin). — Stolze, Stabsarzt im Inf.-Regt. No. 93 (Bemburg). —
(l'ochter) Dr. Rath, Stabsarzt (Potsdam).
Todesfälle: Dr. v. Steinberg-Stirbs, Gen.-Arzt der Marine z. D. (Königsberg)
— Dr. Galezowski, Stabsarzt a. D. (Düsseldorf).
tiedrnckt in der KSuigl. Uof bnchilruckerei von £.8. MittleraSohn, Berlin bW., Kochair. 68— 7S.
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Amtliches Beiblatt
zur
Deutschen militärärztlichen Zeitschrift
1888. — Siebzehnter Jahrgang. — .A» 6.
Kriegsministeriiim.
Medizinal - Abiheiluiig. Berlin, den 21. April 1888.
Kuer Hochwohlgehuren thcilt die Abthriliing anliü<slieh einer hierher gelangten
Anfrage Nachstehendes ergebenst mit:
1) Leute mit myopischem sowohl als hypermetropischem Astigmatismus sind
hinsichtlich ihrer Dienstfähigkeit lediglich nach den das Sehvermögen be-
treffenden Vorschriften in den Anlagen zur Rekrutirungs- Ordnung bezw.
zur Dienstanweisung zu beurtheilen.
2) Entsprechende eylindrische Gläser dürfen in geeigneten Fällen ohne
Weiteres beschafft werden, auch wenn die dadurch entstehenden Kosten
den für gewöhnliche Brillen festgesetzten Preis überschreiten.
3) Der Einholung diesseitiger Genehmigung bedarf es hei solchen Be-
schaffungen nicht.
V. Lauer.
An die Korps - Generalärzte des Gardekorps, des L, II., IV. — XL, XIV. und
XV. Armeekorps.
No. 725/4. 88. M. A.
Kriegsministerium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 23. April 1888.
Euer Hochwohlgehoren erwidert die Abtheilung auf das gefällige Schreiben
vom 1. Februar d. Js. No. 470 ergebenst, dass bisher zwar durch den „Kontrol-
vermerk des Chefarztes“ unter den Krankenjournalen gemäss der Verfügung vom
26. 6. 74, No. 864. 6. 74. M. M. A. nur die richtige Ablieferung des .Tuumai-
blattes seitens der Stationen an das Lazareth bescheinigt wurde, dass es sich jedoch
als wünschenswerth herausgestellt hat, von jetzt an diesen Kontrol vermerk auch
auf die vorschriftsmässige Führung des Joumalblattes — soweit sie die äussere
Form betrifft — auszudehnen.
Dagegen steht dem Chefarzt eine Einwirkung auf den sachlichen Inhalt des
Joumalblattes nicht zu, da dieses ein Bild der Krankenbehandlung gehen soll, in
welcher der ordinirende Arzt nach §. 13 al. 3 der Bestimmungen, betreffend die
Einführung von Chefärzten in die Friedens - Lazarethe vom 24. 10. 72, durchaus
selbstständig ist.
An den Königlichen Generalarzt 1. Kl. und Korpsarzt des III. Armeekorps Herrn
Dr. V. Stuckrad, Hochwohlgeboren hier.
Abschrift hiervon nachrichtlich.
V. Lauer.
An die Königlichen Korpsärzte des Gardekorps, des I., II., IV. — XL, XIV., und
XV. Armeekorps.
No. 145. 2. 88. M. A.
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48
No. 11.
Gesetz, betreffend die ZnrOckbefOrdernng der Hinterbliebenen im
Auslände angeatellter ßeichsbeamten und Personen des Soldaten.
Standes. Vom 1. April 1888.
Wir Friedrich, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von
Pre usse n etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und
des Reichstags, was folgt:
Artikel 1.
Die im §. 8 des Gesetzes, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate etc.,
vom 8. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 137) enthaltene Bestimmung, wonach
die Familien der Berufskonsuln, wenn letztere während ihrer Amtsdauer sterben,
auf Bundeskosten in die Heiraath zurückbefördert werden, wird auf die Hinter-
bliebenen sämmtlicher aus der Reichskasse tesoldeten pensionsberecbtigten Reichs-
beamten und Personen des Soldatenstandes, deren dienstlicher Wohnsitz sich im
Auslande befindet, ausgedehnt.
Ausgenommen bleiben die Hinterbliebenen solcher Reichsbeamten, welche in
Grenzorten oder in dem Zollgebiet angeschlossenen ausländischen GebietstheilcD
angestellt sind,
Artikel 2.
Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1888 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktm
Kaiserlichen Insiegel,
Gegeben Charlottenburg, den 1. April 1888.
(L. S.) Friedrich.
Fürst von Bismarck.
A.-V.-Bl. No. 15.
Verordnung, betreffend die Abänderung und Ergänzung der Aus-
führnngsbestimmungen zu dem Gesetze über die Kriegsleistungen.
Vom 14. April 1888.
Wir Friedrich, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von
Preussen etc.
verordnen zur Ausführung des Gesetzes über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 18TS
(Reichs-Gesetzbl. S. 129) im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bnndesraths, was folgt:
Artikel I.
§. 1. Im Abschnitt I der Verordnung, betreffend die Ausführung des Gesetzes
vom 13. Juni 1873 über die Kriegsleistungen, vom 1. April 1876 (Reichs -Gesetihl.
S. 137) treten folgende Bestimmungen:
a. An die Stelle der Festsetzung unter Ziffer 3, l zu §. 10 des Gesetzes:
Die tägliche Feidmundportion (Feldkost), welche den mit Verpflegung
Einquartierten — Offizieren, Militärärzten im Offiziersrang und oberen
Beamten, wie Mannschaften und Unterbeamten — zu gewähren ist, beträgt'
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49
1)
750 Gramm
Brot;
2)
375
rohes Fleisch, fnsches oder gesalzenes, oder
200
geräuchertes Rind-, Schweine- oder Hammelfleisch.
Speck, geräucherte Fleisch- oder Dauerwurst:
3)
125
Reis, Graupe oder Grütze, oder
250
Hülsenfrüchte oder Mehl, oder
1500
Kartoffeln ;
4)
25
Salz; sowie
5)
25
Kaffee in gebrannten Bohnen, oder
30
Kaffee in ungebrannten Bohnen.
Ausser der KaSeeportion hat der Kinquartierte Getränke nieht zu be-
anspruchen.
Die Brotportion vertheilt sich glcichmässig auf die Morgen-, Mittags-
und Abendkost. Als Morgenkost ist Kaffee oder eine Suppe, als Mittags-
kost Fleisch und Gemflse, als Abendkost Gemüse zu verabreichen. Falls
das Brot den Truppen aus den Magazinen geliefert wird, bat der Quartier-
geber solches nicht zu verabreichen.
b. An die Stelle der Festsetzungen unter Ziffer 3, i, Absatz 1 und 2 zu §. 10
des Gesetzes;
Die Vergütung für Naturalverpflcgung erfolgt — sowohl für Offiziere,
Militärärzte im Offiziersrang und obere Baamte, als auch für Mami-
schaften und Unterbeamte — nach §. 9 No. 2 Absatz 1 des Gesetzes
über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden vom
13. Februar 1875. Danach beträgt die Vergütung für Naturalverpflegung
für den Kopf und Tag:
mit Brot ohne Brot
a. für die volle Tageskost ... 80 Pfennig, 65 Pfennig,
b. - • Mittagskost ..... 40 - 35
c. - - Abendkost 25 - 20
d. - - Morgenkost 15 - 10
Wenn der Preis des Winterroggens nach dem Durchschnitt der
November-Marktpreise in Berlin, München, Königsberg und Mannheim für
1000 Kilogramm mehr als 160 Mark beträgt, so wird im folgenden
Jahre für je 10 Mark dieses Mehrbetrages die Vergütung der vollen Tages-
kost mit Brot um 5 Pfennig bis zum Satze von einer Mark erhöht und
tritt entsprechende Erhöhung der übrigen Sätze ein.
c. An die Stelle der Festsetzungen unter Ziffer 4,1 zu §.11 des Gesetzes:
Die Fourage ist in guter Beschaffenheit und nach Gewicht zu ver-
abreichen.
Der Tagesfouragesatz (schwere Kriegsration) für die Pferde der auf
Märschen und in Kantonnirungen befindlichen Theile der bewaffneten
Macht, einschliesslich des Heeresgefolges, beträgt zur Zeit:
6000 Gramm Hafer,
1500 - Heu,
1500 - Futterstroh,
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50
Die Dienstpferde des Regiments der Gudes da Corps erhalten sasser-
dem eine Futterzulage von ÖOO Gramm Hafer und 1500 Gramm Heu für
Pferd und Tag.
Rtwaige Aenderungen in den Bestimmungen über die Grösse und
Zusammensetzung der Ration werden durch den Reichskanzler zur
öffentlichen KenntnUs gebracht werden,
d. An die Stelle der Festsetzungen unter Ziffer 5, S zu §. 13 des Gesetzes;
Fuhrwerke, welche roraussichtlich länger als 48 Stunden ron ihrer
Heimath femgehalten werden, haben neben freiem Quartier auf der ihneu |
vorzuschreibenden Ktappenstrasse , von dem auf die Gestellung folgenden '
Tage ab Anspruch auf freie Verpflegung für Führer und Zugthierc ohne '•
Kürzung ihrer Fahrpreise, und zwar auch für die Rückfahrt, wenn sie
nach der hierüber dem Führer von der entlassenden Behörde beziehungs-
weise Truppe auszustellenden Bescheinigung nicht an demselben Tage ■
heimzukehren vermögen, an welchem ihre Entlassung erfolgt ist. Zur |
freien Verpflegung des Führers gehört neben der Mundportion ein täglicher I
Baarzuschuss in Höhe der Gemeinenlöhnung der Infanterie. Vorspann-
Vergütung sowie freies Quartier und Verpflegung für die Rückfahrt wird
ihnen nur insoweit gewährt, als letztere ohne verschuldete Verzögerung
bewerkstelligt worden ist.
§. 2. An die Stelle der Beilage A 3 zur Verordnung, betreffend die Ausführung
des Gesetzes vom 14. Juni 1873 über die Kriegsleistungen, vom 1. April 1876 tntt
das Muster einer Bescheinigung über empfangene Fouroge (cf. dieses).
Artikel II.
§. 1. Die Ziffer 3 in dem laut Verordnung vom 13. April 1882 (Reichs-Gesctibl.
S. 47) genehmigten Formular der Marschrouten für Kricgsvcrhiltnisse erhält folgende
Fassung:
An Verpflegung für die Pferde nach Gewicht
(Zahl.)
(Zahl.)
j
Gramm Hafer,
Rationen ä (
Heu,
1
t
Zuschussrationen a l
[ - Heu.
§. 2. An die Stelle der Abschnitte B, C, D und E der , Bestimmungen* zu
dem im §. 1 bezeichneten Marschroutenfonnular treten folgende Festsetzungen:
1. B. Mimdverpflegung.
Die Verpflegung der Truppen (einschliesslich des Heercsgefolges) auf
dem Marsche, und zwar sowohl für die Marsch- und Ruhetage als auch
für die auf dem Marsche eintretenden Aufenthaltstage, sowie io Kan-
tonnirungen liegt nach Maassgabe des Gesetzes über die Kriegsleistungen
vom 13. Juni 1873 (Reichs - Gesetzbl. S. 139) den Gemeinden und den
Quaitiergebem ob.
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51
Der mit Verpflegung Einquartierte — sowohl der Offizier, Arzt nnd
Beamte, als auch der Soldat- — hat sich in der Regel mit der Kost des
Quartiergebers zu begnügen (§. 10 a. a. O.).
Die tigliche Feldmundportion (Feldkost), auf welche der Einquartierte
Anspruch hat und welche ihm in gehöriger Zubereitung und in guter
Beschaffenheit gewährt werden muss, besteht in:
1)
750 Gramm
Brot;
2)
375
rohes Fleisch, Arisches oder gesalzenes, oder
200
geräuchertes Rind-, Schweine- oder Hammelfleisch,
Speck, geräucherte Fleisch- oder Dauerwurst;
3)
125
Reis, Graupe oder Grütze, oder
250
Hülsenfrüchte oder Mehl, oder
1500
Kartoffeln ;
*)
25
Salz; sowie
6)
25
Kaffee in gebrannten Bohnen, oder
30
Kaffee in ungebrannten Bohnen.
Ausser der Kaffeeportion hat der Einquartierte Getränke nicht zu be-
anspruchen.
Die Brotportion rertheilt sich gleichmässig auf die Morgen-, Mittags-
nnd Abendkost. Als Morgenkost ist Kaffee oder eine Suppe, als Mittags-
kost Fleisch nnd Gemüse, als Abendkost Gemüse zu rerabreichen.
Erfolgt das Eintreffen im Quartier erst zur Abendzeit, so ist, sofern
nicht laut der Marschroute nur Abendkost zu rerabreichen ist, die volle
Tageskost — mit Ausnahme der Frühstückspottion — in einer Mahlzeit
zu gewähren.
Falls den Truppen Brotgeld gewährt oder das Brot aus den Magazinen
geliefert wird, hat der Quattiergeber solches nicht zu verabreichen.
2. C. Verpflegung der Pferde.
Die Fourage ist in guter Beschaffenheit und nach Gewicht zu ver-
abreichen. Ist dieselbe im Gemeindebezirk nicht vorhanden, so muss der
Bedarf von der Gemeinde durch Ankauf herbeigesebafft werden (§§. 3
und 11 a. a. 0. Art. I. §. 1 c der gegenwärtigen Verordnung und
Abschn. 2 und 3 der Ziffer 4 der Ausführungsverordnung vom 1. April 1876,
Reicbs-Gesetzbl. S. 137).
3. D. Oestellung von Vorspann, Wegweisern and Boten.
Die Gemeinden sind zur Ueberlassung der im Gemeindebezirk vor-
handenen Transportmittel nnd Gespanne für militärische Zwecke und
Stellung der in der Gemeinde anwesenden Mannschaften zum Dienst als
Gespannführer, Wegweiser und Boten verpflichtet (§. 3 No. 3 des Gesetzes
vom 13. Juni 1873).
Die Belastung der Fuhrwerke hat unter Beröcksichtignng der Be-
schaffenheit der zurückznlegendcn Wege nnd der Gespanne stattzufinden.
Sofern nicht anssergewOhnlicbe Verhältnisse ausnahmsweise etwas Anderes
bedingen und sofern die Beschaffenheit der Gespanne und die Beschaffen-
heit der zurückzulegenden Wege eine grössere Belastung nicht zulassen, hat
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ein einspänniges Fuhrwerk . . .
• • .
bis 600 Kilogramm,
ein zweispänniges Fuhrwerk . . .
. 600
- 1000
ein dreispänniges Fuhrwerk . . .
. 1000
- 1400
ein vierspänniges Fuhrwerk . . .
. 1400
- 1800
zu laden.
Fulirwerk mit anderer als Pferdebespannong darf nur da gestellt
beziehungsweise in Anspruch genommen werden, wo Pferdegespanne nicht
in genügender Anzahl vorhanden sind.
Fuhrwerke, welche voraussichtlich länger als 48 Stunden von ihrer
Heimath fern gehalten werden, haben neben freiem Quartier auf der
ihnen vorzuschreibenden Etappenstrasse, von dem auf die Glestellung
folgenden Tage ab, Anspruch auf freie Verpflegung für Führer und Zug-
thiere ohne Kürzung ihrer Fubrpreisc, und zwar auch für die Rückfahrt
wenn sie nach der hierüber dem Führer von der entlassenden Behörde
beziehungsweise Truppe auszustellenden Bescheinigung nicht an demselben
Tage heimzukehren vermögen, an welchem ihre Entlassung erfolgt ist.
Zur freien Verpflegung des Führers gehört neben der Mundportion ein
täglicher Baarzuschuss in Höhe der Gemeinenlühnung der Infanterie. Vor-
spannvergütung sowie freies Quartier und Verpflegung für die Rückfahrt
wird ihnen nur insoweit gewährt, als letztere ohne verschuldete Ver-
zögerung bewerkstelligt worden ist.
Ist der Kommandoführer genöthigt, Vorspann und Spanndienste auf
eine voraussichtlich 48 Stunden übersteigende Zeitdauer oder auf un-
bestimmte Zeit in Anspruch zu nehmen, so ist die Absicht einer solchen
Inanspruchnahme in der Requisition auszusprechen; auch sind derartige
Requisitionen, wenn irgend möglich, so zeitig zu erlassen, dass die vor
dem Abgänge vorzunehmende Abschätzung von Zugthieren, Wagen und
Geschirren ordnungsmässig ausgeführt werden kann.
Ist eine solche Abschätzung nicht möglich, so hat — wenn die ob-
waltenden Verhältnisse es gestatten — das Marschkommando durch eine
seinerseits zu bildende Kommission eine Taxe und Beschreibung der
requirirten Zugthiere, Wagen und Geschirre aufzunehmen, welche bei der
nachträglichen Werthsfeststellung im vorgeschriebenen Verfahren der Ab-
schätzungskommission mit vorznlegen sind.
£!. Quittungaleistung und Liquldirimg;.
Ueber die seitens der Gemeinden etc. erfolgte Gewährung von Mund-
verpflegung, Fourage und Vorspann, sowie an sonstigen Transportmitteln,
an Wegweiser- und Botendiensten, Feuerungsmaterial und Lagerstroll
werden von dem Kommandoführer Bescheinigungen ertheilt. Die Bei-
lagen A 1, 3 und 5 der Ausführungsverordnung vom 1. April 1876 und
die Beilage A 2 zu Artikel I §. 2 der gegenwärtigeu Verordnung finden
hierbei hinsichts der verabreichten Mundverpflegung und Fourage, des
gestellten Vorspanns, sowie des gelieferten Feuernngsmaterials und Lager-
strohs Anwendung. Eine Baarzahlung zur Stelle findet bezüglich dieser
Leistungen nicht statt.
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53
Die Liquidirung der VergütmigaangprQche und die Kealieirung hat
nach Maawgabe der §§. 20 bis 22 des Gesetzes über die Kriegs-
leishingen vom 13. Jnni 1873 und der bezüglichen Vorschriften der Ans-
führungsrerordnung vom 1. April 1876 zu erfolgen.
Urkundlich unter Unserer Hüchsteigenhändigen Unterschrift und heigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Charlottenburg, den 14. April 1888.
(L. S.) Friedrieh.
V. Boetticher.
M.-V.-B1. No. 10. Berlin, den 8. Hai 1888.
Krankenpflege an Bord.
In Folge der Bestimmungen des Schiffsverpflegungs-Reglements vom 27. v. Mts.
treten im Reglement über den Sanitätsdienst an Bord folgende Aendemngen ein:
1) Zusatz zu §. 59.
An Skorbutkranke kann die im §. 11, 9 des Schiffsverpflegungs-
Reglements verordnete Limonade in doppelter Portion verabreicht
werden. Vergl. §. 12 b der Instruktion für die Aerzte an Bord
S. M. Schiffe über die Gesundlieitspflege an Bord Seite 423.
2) Im §. 60 Absatz 6 ist statt ,dem Zahlmeister* zu setzen: ,der Ver-
pflegungs-Kommission*.
3) An Stelle von §. 60 Absatz 7 ist zu setzen:
Auf Schiffen mit weniger als 200 Mann Besatzung und bei Indienst-
stellungen für heimische Gewässer unterbleibt die Mitnahme von
Krankenproviant, wenn sich, was bei der Indienststellung anzustreben
ist, eine Vereinbarung seitens des Schiffskommandos mit der Offizier-
messe dahin treffen lässt, dass die Kranken gegen eine Vergütung in
Höhe der halben Tafelgelder für den Kopf und Krankenverpflegungs-
tag ans dieser Messe die Verpflegung, mit Ausschluss des Weines,
erhalten.
In Ansnahmefällen kann auch auf grösseren für ausserheimische
Gewässer in Dienst gestellten Schiffen, wenn der Schiffsarzt seine
Zustimmung erklärt hat, mit Genehmigung des Stationschefs eine
derartige Vereinbarung getroffen werden.
Sowohl das Schiffskommando auf Antrag des Arztes als auch
die Offiziermesse ist berechtigt, die Vereinbarung jeder Zeit zu
kündigen. Letztere bleibt in diesem Falle nur noch so lange in
Kraft, bis das Schiff sich mit der nothwendigen Ausrüstung für die
Krankenbeküstigung versehen hat.
Wein ist nach Bedarf gegen Erstatmng der Selbstkosten von
der Offiziermesse zu entnehmen. Porter, Ale, Bairisches Bier und
Schinken wird entweder in gleicher Weise von der Offiziermesse
bezogen oder für den nächsten Bedarf in den einzelnen Häfen
angekauft.
Die den Offlziermessen für entnommene Krankenkost gezahlte
^ Vergütung ist bei dem Etatstitel .Krankenpflege* zu verrechnen.
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4} An Stell« des §. 83 nebst Zusatz und Ergänzung tritt folgender neue
Paragraph;
Aus den im §. 61 erwähnten Diät-Verordnungen — Beilage L — trägt
der Arzt täglich die benüthigten Portionen Krankenproriant in die
monatliche Zusammenstellung der Diät-Verordnungen — Beilage M —
ein und fertigt am Monatsschluss aus diesen Eintragungen die auf
der letzten Seite befindliche Berechnung der verbrauchten Lebens-
mittel an. Der weitere Nachweis wird durch die von der Ver-
pflegnngs- Kommission aufzustellende rierteljährliehe Krankenproviant-
Kechnung — Beilage MI — geführt. Dieselbe wird am Schlüsse
jeden Ealenderquartals, sowie nach der Ausserdienstatellung ab-
geschlossen und mit den zugehörigen Einnahme-Nachweisungen, den
monatlichen Zusammenstellungen der Diät- Verordnungen, den letzteres
selbst und den sonstigen Bejägen der betrefi'enden Stationsiutendantur
übersandt.
Die Stationsintendantur revidirt die Krankenproviant-Rechnung
und sendet sie mit den Diät-Verordnungen an den betreffenden
Marine-Stationsarzt zur ärztlich-technischen Prüfung, nach welcher sie
mit den etwa gemachten Ausstellungen an die Stationsintendantur
zurückgelaugt Letztere sorgt für die Erledigung dieser Ausstellungen,
sowie ihrer eigenen Bemerkungen und nimmt die Krankenproviant-
Rechnung mit Zubehör vorläufig in Verwahrung, um sie später mit
der Jahresrechnnng der General-Miliiärkassc über den Krankenpflege-
fonds (Kapitel Ö7 des Marine-Etats) dem Rechnungshöfe einzureichen.
Die Diät -Verordnungen, welche der Revision des Rechnungs-
hofes in der Regel nicht unterliegen, sind von den Stationsintendanraren
den Marinc-Iuizsrethen in Kiel bezw. Wilhelmshaven versiegelt in
Aufbewahrung zu geben, damit sie erforderlicheo Falles dem Rechnungs-
höfe auf Verlangen vorgelegt werden können.
In den Fällen, in welchen die Verpflegung der Schiffskranken
aus den Offiziermeasen stattfindet — §. 60 — , ist über den Verbrauch
des als Extradiät an die Kranken verabfolgten Weines keine
besondere Verbrauchsnachweisung aufzustellen. Jedoch ist auf der
Rechnung der Offlziermesse über die Entnahme des Weines eine
Bemerkung über die Portionszahl, die Namen, die Krankheiten und
die Krankheitsdauer der einzelnen damit Verpflegten zu machen.
Die Verfügungen vom 8. März 1878 — Marinevorordnungsblatt Seite 45/47
— und vom 21. Oktober 1881 — Marineverordnungsblatt Seite 179 — treten
ausser Kraft.
Zu den vorstehenden Aenderungen unter No. I, 3 und 4 nebst Anlage werden
Deckblätter ausgegeben werden. Die Berichtigung zu 2 ist handschriftlich vor-
znnehmen.
Der Chef der Admiralität.
C. 2351. XI.
V. Caprivi.
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56
A.-V.-Bl. No. 16.
Krieggminiateriam. Berlin, den 13. Mai 1888.
Besetzung einer Freistelle bei der Königlichen Landesscbnle Pforta.
Zu Michaelis d. J., ist eine zur VerfSgung des Kriegsministeriums stehende
Freistelle bei der Königlichen Landesschule Pforta neu zu besetzen.
Etwaige Bewerbungen sind bis zum 1. Juli d. J. an die Infanterie-Äbtheilung
im Kriegsministerium (portofrei) einzusenden. Hinsichtlich der beizufOgenden
Anmeldepapiere wird auf den kriegsministeriellen Erlass vom 19. April 1887 (Armee-
Verordnungs-Blatt S. 121) Bezug genommen.
Es wird noch besonders darauf aufmerksam gemacht, dass die Aufnahme-
Prüfung sich auch auf den Sommerkursus derjenigen Klasse, für welche die An-
meldung erfolgt, zu erstrecken haben würde und dass Knaben mit mangelhaften
Schulzeugnissen überhaupt nicht berücksichtigt werden können.
Bronsart v. Schellendorff.
No. 173/5. 88. A. 2.
M.-V.-B1. No. 11. Berlin, den 27. Mai 1888.
Leihbinden.
Ich bestimme unter Aufliebung der Verfügung vom 16. Februar 1887 —
C. 801. XI. — Nachstehendes:
1) Auf der westafrikanischen Station sind, sobald die Schiffskommandos es
für nothwendig erachten, von den Mannschaften wollene Leibbinden
anzu legen.
2) Jeder Mann erhält beim Eintreffen auf der westafrikanischen Station
2 Leibbinden zum abwechselnden Tragen.
Es ist darauf zu halten, dass das Wechseln so oft als erforderlich
geschieht, sowie dass die abgelegten Binden jedesmal sofort gewaschen
bezw. getrocknet werden.
3) Die Leibbinden werden den Leuten unentgeltlich verabfolgt, nach Bedarf
ergänzt und beim Verlassen der Station zum Aufträgen belassen. Die
Ersatzbedürftigkeit der im Besitze der Mannschaft befindlichen Binden ist
bei den regelmässigen Kleidermusterungen, gelegentlich welcher dieselben
zu besichtigen sind, festzustellen.
4) Schiffe und Fahrzeuge, welche nach der westafrikanischeii Station ah-
gehen, haben sich mit den erforderlichen Leibbinden auszurüsten. Die
Bemessung des Ausrüstungsvorraths , auf welchen die etwa mit der
Tropenansrüstung — vergl. Verfügung vom 24. Juli 1885 — Marine-
verordnungsblatt S. 119/120 — empfangenen Binden zunächst in Anrechnung
kommen, ist den Schiffskommandos überlassen. Nach den bisherigen
Erfahrungen beträgt der Jahresverbrauch an Leibbinden 200 bis 300<*/o
der etatsmässigen Besatznngsstärke.
5) Die Ueberweisung des Bedarfs erfolgt auf Requisition der Schiffskommandos
durch die Bekleidungsämter ohne Werthausgleich. Die Ergänzung des
Vorraths im Auslande kann ebenfalls durch Heranziehung aus der
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Ueimath, oder je nach Umständen durch Anfertigung an Bord ans mit-
genommenem weissen Moltong nnd weiss leinenem Bande bewerkstelligt
werden.
6) Die Leibbinden werden wie die Tropenausrüstung — an Bord als
ausseretatsmässiges Inventar — verwaltet und nachgewiesen. Die Kosten
der Anfertigung bei den Bekleidnngsämtern bczw. an Bord fallen dem
Kapitel 62 Titel 3 des Marine-Etats zur Last.
V crausgabungen an die Mannschaft sind durch V erbranchsbescheinigungen
der Kommandanten zu belegen.
7} Beim Verlassen der westafrikanischen Station sind die Bestände an Leib-
binden, soweit sie nicht zur weiteren Verwendung im Auslande für die
Tropenausrüstung erforderlich, anderen auf der Station verbleibenden
Schiffen zu überweisen.
Der Chef der Admiralität.
C. 2504. XI. V. Caprivi.
Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.
Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.
Befördert werden: Oberstabsarzt 2. Kl. und Kegts.-Arzt I)r. Haertel vom
1. Posen. Inf.-Regu No. 18, zum Oberstabsarzt 1. Kl.; — Marine -Oberstabsarzt
2. Kl. Dr. Kuegler von der 2. Matrosen-Div., zum Marine-Oberstabsarzt 1. KL,
vorläufig ohne Patent; — Marine-Stabsarzt Dr. Groppe von der 2. Matrosen-Div.,
zum Marine -Oberstabsarzt 2. KI., vorläufig ohne Patent; — die AssisL-Aerzte
2. Kl. Dr. Schwarzlose vom 1. Oberschles. Inf.-RegL No. 22, — Dr. Walger vom
3. Hess. Inf.-Regt. No. 83, — Seeliger vom Wcstprciiss. Feld-ArL-Regt. No. IG,
— Fischer vom 5. Bad. Inf.-Regt. No. 113, — Dr. Hagen von der Haupt-
Kadetten-Anstalt, — Rougemont vom Oberschles. Feld-ArL-Regt. No. 21, —
Dr. Hahn vom 4. Wostfäl. Inf.-RegL No. 17, — Dr. Schiefer vom 5. Rhein.
Inf.-RegL No. 65, — Beckmann vom Pomm. Drag.-Regt. No. 11, — Dr. Kremer
vom Kür.-RegL Königin (Pomm.) No. 2, dieser unter Versetzung in die etats-
mässige Stelle bei dem General- und Korpsarzt des 2. Armee-Korps, — Dr. Baege
vom 1. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 26, — Dr. Arndt vom Ostprenss. Füs.-RegL
No. 33, — Dr. Uhl vom Brandenburg. Fuss-ArL-Regt. No. 3 (General-Feldzeug-
meister), zu Assist- Aerzten 1. KL; — die Unterärzte Dr. Oppermann vom
8. Ostpreuss. Inf.-RegL No. 45, — Huth vom 1. Westpreuss. Gren.-Regt No. 6,
dieser unter Versetzung zum 3. Posen. Inf.-RegL No. 58, — Dr. Eichel vom
1. Posen. Inf.-Regt. No. 18, unter Versetzung zum 5. Pomm. Inf.-RegL No. 42, —
Dr. Heins vom 3. Rhein. Inf.-RegL No. 29, zu Assi st.-Aerzten 2. KL;
die U nterärzte der Res. Russak und Toop vom Landw.-Bats.-Bez. Königsberg,
— Blümcke vom Landw.-Bats.-Bez. Cöslin, — Thormann vom Landw.-Bats.-
Bez. Anclam, — Paul vom Landw.-Bats.-Bez. Bromberg, — Wolff vom Landw.-
Regts.-Bez. L Berlin, — Dr. Eichler vom Land w. - Bats. - Bez. Frankfurt a. O., —
Dr. Voegeding vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, — Dr. Laehr vom Landw.-
Bats.-Bez. Teltow, — Dr. Fromm vom Landw.-Bats.-Bez. Soran, — Dr. Körner
vom Landw.-Bats.-Bez. Brandenburg a. H., — Dr. Rosenthal vom Landw.-Regts.-
Bez. I. Berlin, — Dr. Krawezyfiski, Dr. May, Dr. Mertz vom Landw.-Regts.-
Bez. I. Breslau, — Dr. Biesing vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, — Dr. Fisch vom
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Landw.-Regti.-Bez. I. Berlin, — Dr. Adam, Dr. Seeligmann vom Landw.-Bata.-
Bex. Hamburg, — Dr. Clebsch vom Landw.-Bats.-Bes. Hannover, — Dr. Rumpel
vom Landw.-Bata.-Bez. Marbnrg, — Dr. Lenne rt vom Landw.-Bata.-Bez. Erbach,
— Clemens vom Landw.-Bata.-Bez. Weimar, — Dr. Kehr vom Landw.-Bata.-Bez.
Gotha, — Dr. Knoblauch vom Landw.-Bata.-Bez. Frankfurt a. M., — Rupp,
Dr. Claessen, Wagner vom Landw.-Bata.-Bez. Straasburg, — zu Aasist.-
Aerzten 2. Kl. der Rea.; — die Unterärzte der Marine-Ree.: Harttung
Tom Landw.-Bata.-Bez. Frankfurt a. O., — Dr. Bargum, Dr. Behrendt vom
Landw.-Bata.-Bez. Kiel, — zu Assiat-Aerzten 2. Kl. der Marine-Ree.; —
der Unterarzt der I^ndw. 1. Aufgebote Wörner vom Landw.-Bata.-Bez. Offenburg,
zum Assiat.-Arzt 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots. — Oberstabsarzt 1. Kl. und
Regta.-Arzt Dr. Wolff vom 4. Oberscblea. Inf.-Regt. No. 63, beauftragt mit Wahr-
nehmung der diviaionsärztlichen Funktionen bei der 12. Dir., sowie den Marine-
Assist.-Aerzten 1. Kl. Dr. Ilse, Hohenberg, Dr. Lotsch, ein Patent ihrer
Charge verliehen. — A8Bist.-Arzt 2. Kl. Dr. Schultzen vom 6. Rhein. Inf.-Regt
No. 68 wird in die etatamäaaige Stelle bei dem General- und Koipsarzt des
8. Armee-Korps versetzt — Dem Assist-Arzt 2. Kl. Kloidt vom Hohenzollem.
FSs.-Regt No. 40 wird zu dem ihm mittelst Ordre vom 22. November pr. behufs
Wiederherstellung seiner Gesundheit bewilligten aechsmonatlichen Urlaub ein sechs-
monatlicher Nachurlaub mit ganzem Gehalt nach GSrbersdorf bewilligt — Der Ab-
schied wird bewilligt: dem Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Wustandt
vom 2. Magdeburg. Inf -Regt. No. 27, beauftragt mit Wahrnehmung der diviaions-
ärztlichen hSinktionen bei der 7. Division, — dem Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-
Arzt Dr. Krause vom Ulan.-Regt Kaiser Alexander III. von Rnasland (Westprenss.)
No. 1 , beiden mit dem Charakter als Generalarzt 2. Kl., der gesetzlichen Pension
und der Erlaubnisa zum Tragen ihrer bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete
rorgeschriebenen Abzeichen; — dem Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots Dr. Wilde
vom Landw.-Bata.-Bez. Osterode mit dem Charakter als Oberstabsarzt 2. Kl. und
der Erlaubniss zum Tragen seiner bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete
vorgeachriebenen Abzeichen; — dem Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots Dr. Kleine
vom Landw. -Bats.-Bez. Schweidnitz, unter Ertheilung der Erlaubniss zum Tragen
seiner bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen;
— den Stabsärzten der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Hillefeld vom Landw.-
Bata.-Bez. Lüneburg, — Dr. Hopff vom Landw.-Bats.-Bez. Siegen, beiden mit der
Krlaubniss zum Tragen ihrer bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vor-
geschriebenen Abzeichen; — dem Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots Dr. Käse-
model vom Landw.-Bata.-Bez. Bitterfeld, — dem Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw.
1. Aufgebots Dr. Wieger vom Landw.-Bata.-Bez. Straasburg, — dem Assist.-Arzt
2. Kl. der Res. Dr. Krieger vom Landw.-Bats.-Bez. Fulda, — dem Morine-Assist.-
Arzt 2. Kl. Greifcnliagen von der 2. Matrosen-Div., letzterem behufs Nach-
suclmng des Auswanderungs-Konsenses. — Der Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Langen -
mayr vom Füs.-Bat. des Inf.-Regts. No. 131 scheidet mit der gesetzlichen Pension
aus. — Der Stabs- und Bats.-Arzt Dr. Rahts vom 2. Bat. des Kaiser Gren.-Regts.
No. 1 scheidet ans dem aktiven Sanitäts- Korps ans und tritt zu den Sanitäts-
offizieren der Res. über.
Berlin, den 30. Mai 1888.
Den 1. Mai 1888.
Wicdcrangestellt:
Stabsarzt Dr. Berthold, zuletzt von der Res. des Landw. -Bats. KSnigsberg,
beim Landw.-Bats.-Bez. Königsberg, — Assist.-Arzt 1, Kl. Dr. Gentzen, zuletzt
von der I.andw. desselben Bats., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Unterberger,
zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Schröter,
zuletzt von der Landw. des Landw. - Bats. - Bez. Danzig, beim Landw. - Bats. - Bez.
Danzig, — Assist.-Arzt 1, Kl. Dr, Bessau, zuletzt von der Landw. des Landw.-
Bats. Marienburg, beim Landw.-Bats.-Bez. Marienburg, — Stabsarzt Dr. Witte,
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znletxt Ton der Landv. des Londw.-Bats. Strslsund, beim Landw.-Bats.-Bez. Stral-
sand, — As8ist.-Aret 1. Kl. Dr. Lemcke, zuletzt von der Laudw. deeselbeo Baza.,
desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Wegner, zuletzt tod der Landw. desselben Bats.,
desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Parsenow, zuletzt von der Landw. des Landw.-
Bats. Stettin, beim Landw.-Bats.-Bez. Stettin, — charakteris. Stabsarzt Dr. Aug-
stein, zuletzt Assist-Arzt 1. Kl. der Landw. des Landw.-Bats. Bromberg, beim
Landw.-Bats.-Bez. Bromberg, — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Kasemeyer, zuletat von
der Landw. des Landw. - Bats. 1. Mflnster, beim Landw.-Bats.-Bez. I. Münster, —
Stabsarzt Dr. Schäfer, zuletzt von der I-andw. des Landw.-Bats. 2. Münster, beim
Landw.-Bats.-Bez. II. Münster, — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Flaskamp, zuletzt von
der Landw. des Landw.-Bats. Wesel, beim Landw.-Bats.-Bez. Wesel, — Aasisz.-
Arzt 1. Kl. Dr. Sahlmen, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Bielefeld, beim
Landw.-Bats.-Bez. Bielefeld, — Assist - Arzt 1. Kl. Dr. Roeper, zuletzt von der
Landw. des Landw.-Bats. Paderborn, beim Landw.-Bats.-Bez. Paderborn, — Stabs-
arzt Dr. Lepper, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Dortmund, beim
I^ndw. - Bats. - Bez. Dortmund, — Assist. -Arzt 1. Kl. Dr. Lind, zuletzt von der
Landw. desselben Bats., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Wortmann, zuletzt von
der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Graeve, zuletzt von
der Landw. des Landw.-Bats. Bochum, beim Landw.-Bats.-Bez. Bochum, — Assist-
Arzt 1. Kl. Dr. Falckenberg, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgL,
— Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Moeller, zuletzt von der Landw. des damaligen Landw.-
Bats. Iserlohn, beim Landw.-Bats.-Bez. Hagen, — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Vogt,
zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Mayer,
zuletzt von der Landw. des Landw. - Bats. Düsseldorf, beim Landw. - Bats. - Bez.
Düsseldorf, — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Schultze, zuletzt von der Landw. desselben
Bats., desgl., — Assist. -Atzt 1. Kl. Dr. Thomashoff, zuletzt von der Landw
desselben Bats., desgl., — Stabsarzt Dr. Klingholz, zuletzt von der Landw. des
Landw.-Bats. Essen, beim Landw.-Bats.-Bez. Essen, — Assist - Arzt 1. Kl. Dr.
Racine, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl.. — Assist • Arzt 1. Kl.
Dr. Büren, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Grafrath, beim Landw.-Bats.-
Bez. Grafrath, — Stabsarzt Dr. Sndhoff, zuletzt von der Landw. des Landw.-
Bats. Barmen, beim Landw.-Bats.-Bez. Barmen, — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Nieden,
zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Fricken-
haus, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., — Stabsarzt Dr. Hommels-
heim, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Aachen, beim Landw. - Bats. - Bez.
Aachen, — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. van Erckelens, zuletzt von der taindw. des-
selben Bats., desgl. — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Compes, zuletzt von der Landw.
des Landw.-Bats. Neuss, beim Landw.-Bats.-Bez. Neuss, — Stabsarzt Dr. Vogel,
zuletzt von der Landw. des Landw.-Regts. Cöln, beim Landw.-Rcgte.-Bez. Cöln, —
Stabsarzt Dr. Klein, zuletzt von der Landw. desselben Regts. , desgl., — Assist-
Arzt 1. Kl. Dr. Apfel, zuletzt von der Landw. desselben Regts., desgl., — Stabs-
arzt Dr. Staub, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. St 'Wendel, beim
Landw.-Bats.-Bez. St Wendel, — Stabsarzt Dr. Ti Hessen, zuletzt von der Landw.
des Landw.-Bats. Saarlouis, beim Landw.-Bats.-Bez. Saarlouis, — Assist-Arzt 1. Kl.
Dr. Schissei, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., — Stabsarzt Dr.
Bayer, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Strassburg, beim Landw.-Bats.-
Bez. Strassburg, — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Metzenthin, zuletzt von der Landw.
des Landw.-Bats. Strassbnrg, beim Land w. - Bats. - Bez. Strassburg, — Assist -Arzt
1. Kl. Dr. Ungerer, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist.-
Arzt 1. Kl. Dr. Jaeger, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Mülhausen i. E.,
beim Landw.-Bats.-Bez. Mülhausen i. E., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Disque, zu-
letzt von der Landw. des Landw.-Bats. Altkirch, beim Landw.-Bats.-Bez. Altkirch.
Den 4. Mai 1888.
Wiederangestellt:
Stabsarzt Dr. Waitz, zuletzt von der Idindw. des Landw.-Bats. Hamburg, beim
Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, — Stabsarzt Dr. Garvens, zuletzt von der Landw.
desselben Bats., desgl., — Assist - Arzt 1. Kl. Dr. Wiesinger, zuletzt von der
Landw. desselben Bats., desgl., — Assist -Arzt 1. Kl. Dr. Prochownik, znletzt
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▼on der Landw. dewelben Bäte., deagl., — Assist.-Aizt 1. Kl. Dr. Lsuensteiui
coletzt TOD der Landtr. desselben Bats., desgl., — ABsist.-Arzt 1. KI. Dr. Schmidti
znletzt TOD der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist. - Arzt 1. Kl. Dr. Piza,
zuletzt TOD der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist. -Arzt 1. Kl. Dr. Hage-
dorn, znletzt Ton der Reserve desselben Bats., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr.
Nebel, zulelzt Ton der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist. - Arzt. 1. Kl.
Dr. Strack, zuletzt Ton der Res. desselben Bats., desgl., — Assist. - Arzt 1. Kl.
Dr. Oberg, znletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl.
Dr. Schmidt, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Schwerin, beim Landw.-
Bata.-Bez. Schwerin, — Stabsarzt Dr. Soltsien, zuletzt Ton der Res. des Landw.-
Bats. Altona, beim Landw.-Bats.-Bez. Altona, — Assist-Arzt 2. KI. Raetber, zu-
letzt von der Landw. des Landw.-Bats. Schwerin, desgl., — Stabsarzt Dr. Weiss,
zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Heidelberg, beim Landw.-Bats.-Bez.
Heidelberg, — Assist. - Arzt 1. Kl. Dr. Rüge, zuletzt von der Landw. desselben
Bats., desgl., — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Burck, zuletzt Tun der Landw. des Landw.-
Bats. Bruchsal, beim Landw.-Bats.-Bez. Bruchsal, — Stabsarzt Dr. Wilser, zuletzt
von der Landw. des Landw.-Bats. Karlsruhe, beim Landw.-Bats.-Bez. Karlruhe, —
Assist-Arzt 1. Kl. Dr. H offmann, znletzt von der Landw. desselben Bats., desgl.,
— Assist -Arzt 1. Kl. Dr. Schünemann, zuletzt von der Res. desselben Bats.,
desgl., — Stabsarzt Dr. Knies, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Freiburg,
beim Landw.-Bats.-Bez. Kreiburg, — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. v. Kries, zuletzt von
der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Fischer, zuletzt von der
Landw. des Landw.-Bats. Lbrrach, beim Landw.-Bats.-Bez. Lfirracb.
Den 11. Mai 1888.
Wiederangestellt;
Assist - Arzt 1. Kl. Dr. Krause, zuletzt von der Res. des Landw.-Bats.
Frankfurt a. O., beim Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. O., — Assist.-Arzt 1. Kl.
Dr. Niclou, zuletzt von der Res. desselben Bats., desgl., — Assist - Arzt 1. Kl.
Dr. Pelizaeus, zuletzt von der I,andw. des Landw.-Bats. Calau, beim Landw.-
Bats.-Bez. Calau, — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Behla, zuletzt von der Landw. des-
selben Bats., desgl., — charakteris. Stabsarzt Dr. Thiem, zuletzt Assist-Arzt 1. KI.
der Landw. des Landw.-Bats. Cottbus, beim Landw.-Bats.-Bez. Cottbus, — Assist-
Arzt 1. Kl. Dr. Kuhnt, znletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Teltow, beim
Landw.-Bats.-Bez. Teltow, — Assist-Arzt 1. KI. Dr. Grochtmann, zuletzt von
der Landw. desselben Bats., desgl., — Stabsarzt Dr. Jacobsthal, znletzt von der
Res. des Landw.-Regts. 1. Berlin, beim Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, — Stabsarzt
Dr. Bernheim, zuletzt von der Res. desselben Regts., desgl., — Stabsaizt Dr.
Sefaoetz, zuletzt von der Landw. desselben Regts., desgl.., — Assist -Arzt 1. KI.
Dr. Riedel I., znletzt von der Landw. des damaligen Landw.-Regts. Berlin, desgl.,
— Assist-Aizt 1. Kl. Dr. Peters, znletzt von der Landw. des Landw.-Regts.
1. Berlin, desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Boegehold, zuletzt von der Res. des-
selben Regts., desgl.. — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Veit, zuletzt von der Res. desselben
Regts., desgl., — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Schmidt, znletzt von der Res. desselben
Regts., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Saatz, zuletzt von der Landw. desselben
Regts., desgl., — Assist -Arzt 1. Kl. Dr. Benary, zuletzt von der Res. desselben
Regts., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Riedel II., zuletzt von der Landw. des
damaligen Landw.-Regts. Berlin, desgl., — Assist-Arzt 1. KI. Dr. Borcherdt, zu-
letzt von der Res. des Landw.-Regts. 1. Berlin, desgl., — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr.
Kossel, zuletzt von der Landw. desselben Regts., desgl., — Assist.-Arzt 1. Kl.
Dr. Michelet, znletzt von der Landw. desselben Regts., desgl., — Assist.-Arzt
1. Kl. Dr. Uhthoff, znletzt von der Landw. desselben Regts., desgl., — Assist-
Arzt 1. Kl. Dr. Lehr, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Wiesbaden, beim
Landw.-Bats.-Bez. Wiesbaden, — Stabsarzt Dr. Wohlfahrt, zuletzt von der
Landw. des Landw.-Bats. Frankfurt a. M., beim Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M.
— Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Bresgen, znletzt von der Landw. desselben Bats., desgl.,
— Assist.-Arzt 1. KI. Dr. Lange, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl.
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— Ä8(i8t,-Arzt 1. Kl. Dr. Sippel, zuletzt von der Landw. desselben Bats., deagl.,
— Assist.'Arzt 1. Kl. Dr. Zeh, zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., —
AssiBL-Arzt 1. Kl. Dr. Schlesinger, zuletzt von der Landw. desselben Bats-,
desgl., — Stabsarzt Dr. Eichenberg, zuletzt Bats.-Arzt des Küs.-Bats. 8. Rhein.
Inf.-Regts. No. 70, beim Landw.-Bats.-Bez. I. Cassel, — Stabsarzt Dr. Bislcamp,
zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. 1. Cassel, desgl., — Stabsarzt Dr. Schotten,
zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Schenk,
zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Weimar, beim Landw.-Bats.-Bez. Weimar,
— charakteris. Stabsarzt Dr. Maurer, zuletzt Assist. - Arzt I. Kl. der Landw. des
Landw.-Bats. Darmstadt I., beim Landw.-Bats.-Bez. I. Darmstadt, — Assist. - Arzt
1. Kl. Dr. Stamm, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Giessen, beim Landw.-
Bats.-Bez. Giessen, — A88ist.-Arzt 1. Kl. Dr. Hofmeier, zuletzt von der Landw.
des Landw.-Regts. 1. Berlin, desgl., — Assi8t.-Aizt 1. KI. Dr. Lindenborn, zu-
letzt von der Landw. des Landw. - Bats. Erbach i. O., beim Landw. - Bats. - Bez.
Erbach, — Stabsarzt Dr. Koenig, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Mainz,
beim Landw.-Bats.-Bez. Mainz.
Den 16. Mai 1888.
Wiederangestellt;
Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. Fürbringer, zuletzt von der liandw. des Landw.-Bats.
I. Braunschweig, beim Landw, - Bats. - Bez. I. Braunschweig, — Aasi8t.-Arzt 1. Kl.
Dr. Focke, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. Lingen, beim Landw.-Bats.-
Bez. Lingen, — Stabsarzt Dr. Schläger, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats.
Hannover, beim Landw.-Bats.-Bez. Hannover, — Assist-Arzt 1. KI. Dr. Halle,
zuletzt von der Landw. desselben Bats., dc.sgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Krab,
zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist- Arzt 1. Kl. Dr. Müller,
zuletzt von der I-andw. des Landw.-Bats. Hildesheim, beim Landw.-Bats.-Bez.
Hildesheim, — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Wachsmuth, zuletzt von der Landw. des
Landw.-Bats. Celle, beim Landw.-Bats.-Bez. Celle, — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Stein-
meyer, zuletzt von der Landw. des Landw.-Bats. I. Braunschweig, beim Landw.-
Bats.-Bez. I. Braunschweig, — Assist.-Arzt 1. Kl. Dr. v. Holwede, zuletzt von
der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Henking, zuletzt
von der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist-Arzt 1. KI. Dr. Engel brecht,
zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl., — Assist-Arzt 1. Kl. Dr. Kleinau,
zuletzt von der Landw. desselben Bats., desgl.
Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat April 1888
eingetretenen Veränderungen.
Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.
Den 10. April 1888.
Dr. Oppermann, Unterarzt vom 8. Ostpreuss. Inf. - Regt. No. 45, — Dr.
Barth, Unterarzt vom 1. Rhein. Inf.-Regt. No. 25, — Dr. Koch, Unterarzt vom
Gren.-Regt. Kronprinz Friedrich Wilhelm No. 11, — sämmtlich mit Wahrnehmung
je einer bei den betreffenden Truppentheilen vakanten Assist -Arztstelle beauftragt
Den 19. April 1888.
Schwehs, Assist.-Arzt 3. Kl. vom Schleswig-Holstein. Füs.-Regt No. 86, zur
Dienstleistung bei der Kaiserl. Marine kommandirt.
Den 21. April 1888.
Dr. Gillet, Unterarzt vom 1. Rhein. Feld-Art.-Regt No. 8, mit Wahrnehmung
einer bei diesem Truppentheil vakanten Assist-Arztstelle beaufiragt
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Den 26. April 1688.
Dr. Gerdeck, Unterarzt vom 4. Brandenburg. Inf.-Regt. No. 24 (Groeaberzog
Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin; zum Inf.-Regt. No. 131 versetzt
(Chef d. Adm. v. 23. 5. 88.)
Dt. Dippe, Stabsarzt bisher zum Charite-Krankenhanse kommandirt, tritt mit
dem 1. Oktober er. zur Marinestation der Ostsee zurück. — Dr. Bornträger,
Stabsarzt bisher zum Friedrich -Wilhelms - Institut kommandirt, mit dem gleichen
Zeitpunkte der Charite überwiesen. — Dr. Brandstaeter, Stabsarzt mit dem
1. Oktober er. zum Friedricb-Wilhelms-Institut kommandirt.
(Chef d. Adm. v. 25. 5. 88.)
Dr. Olsbausen, Assist. -Arzt 1. Kl., an Bord. S. M. S. „König Wilhelm“,
— Dr. Panlun, Assist-Arzt 2. Kl., an Bord S. M. S. „Irene“ — kommandirt.
Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.
Den 8. Mai 1888.
Dr. Scbmidtlein (Hof), Assist - Arzt 1. Kl. a. D., bei den Sanitätsoffizieren
der Landw. 2. Aufgebots wiederangestellt.
Den 9. Mai 1888.
Dr. Josenhans (Augsburg), Wild (Hof), Dr. Hedrich, Kellner fWürzburg),
Unterärzte der Kes., zu Assist-Aerzten 2. Kl. im Beurlaubtenstande befördert.
Durch Verfügung des Kriegsministeriums.
Bischoff, einjährig-freiwilliger Arzt im 18. Inf.-Regt. Prinz Ludwig Ferdinand,
— Kellermann, einjährig - freiwilliger Arzt im 9. Inf.-Regt. Wrede, — Nagel,
einjährig-freiwilliger Arzt vom 1. Inf.-Regt König, im 13. Inf.-Regt. Kaiser Franz
Joseph von Oesterreich, — Stammler, einjährig-freiwilliger Arzt vom 9. Inf.-Regt
Wrede, im 2. Chev. -Regt. Taxis, — sämmtlicb unter Beauftragung mit Wahr-
nehmung vakanter Assist.-Arztstellen, zu Unterärzten ernannt
Den 20. Mai 1888.
Dt. Falle r (Mindelheim), Stabsarzt von der Landw. 1. Aufgebots, —
Dr. Wetzel (Bamberg), Assist-Arzt 2. Kl. von der Landw. 1. Aufgebots, — der
Abschied bewilligt
VeränderuDgen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Korps.
Allerhöchster Beschluss vom 20. Mai 1888.
Dr. Riedel, Assist -Arzt 2. Kl. der Landw. 2. Aufgebots des Landw. - Bats.-
Bez. I. Dresden, zum Assist-Arzt 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots, — Dr. Koliath,
Dr. Grünewald, Unterärzte der Res. des Landw.-Bats.-Bez. I. Leipzig, zu Assist-
Aerzten 2. Kl. der Res. — befördert
Durch Verfügung des Kriegeministeriums.
Den 15. Mai 1888.
Körner, einjährig-freiwilliger Arzt des 7. Inf.-Regts. Prinz Georg No. 106, —
Müller, einjährig-freiwilliger Arzt des 2. Feld-Art-Regts. No. 28, als Unterärzte
des Aktivstandes bei ihren Tmppentheilen unter gleichzeitiger Beauftragung mit
Wahrnehmung vakanter Assist-Arztstellen angestellt
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Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts-Korps.
Den 5. Mai 1888.
Dr. Hoffmann, Oberstabsarzt 2. KI. nnd Regts. - Arzt des 8. Inf. - Reg^.
No. 126, unter Beförderung zum Oberstabsarzt 1. Kl., als Regts.-Arzt in das Inf.-
Regt. Kaiser Wilhelm König von Preussen No. 120 versetzt — Dr. Dotter, Staba-
und Bats. - Arzt des Ffis. -Bats. Inf. -Regts. Kaiser Friedrich König von Preussen
No. 125, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 8. Inf.-Regts. No. 126 be-
fördert — Steiff, Stabsarzt ä la suite des Sanitätskorps, unter Entbindung von
dem Kommando beim medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelms-lnstitnt, in das
Sanitätskorps wieder einrangirt und zum Bats.-Arzt des Füs.-Bats. Inf.-Regts. Kaiser
Friedrich König von Preussen No. 125 ernannt. — Dr. Dietlen, Stabs- nnd Bats.-
'Arzt des Füs.-Bats. Gren.-Regts. König Karl No. 123, unter Stellung ä ta suite des
Sanitätskorps, behufs Verwendung in einer Stabsarztstelle beim medizinisch-
chirurgischen Friedrich-Wilhelms-lnstitnt, nach Preussen kommandirt. — Dr. Find-
eisen, Assist-Arzt 1. KI. der Landw. im Landw.-Bats.-Bez. Heilbronn, zum Stabs-
arzt der Landw., — Dr. Köstlin, Assist-Arzt 1. Kl. der Res. im Landw.-Bats.-Bez.
Ludwigsbnrg, — Dr. Steinbrück, Assist. -Arzt 1. Kl. der Res. im Landw.-Bats.
Bez. Reutlingen, — zn Stabsärzten der Res., — Dr. Pfeilsticker, Assist-
Arzt 1. Kl. der Landw. im Landw.-Bats.-Bez. Hall, — Dr. Ganpp, Assist-Arzt
1. Kl. der Landw. im Landw.-Bats.-Bez. Gmünd, — zu Stabsärzten der
Landw., — Dr. Wörner, Assist.-Arzt 1. KI. der Res., im Landw.-Bats.-Bez.
Reutlingen, zum Stabsarzt der Res., — Dr. Kleinmann, Assist - Arzt 1. Kl. im
4. Inf.-Regt No. 122, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. Gren.-Regts. König
Karl No. 123, — befördert. — Die Assist. - Aerzte 2. KI. der Res.:
Dr. Rödelheimer, Dr. Banr, im Landw.-Bats.-Bez. Ehingen, — Dr. Bernhard,
im I>andw.-Bats.-Bez. Stuttgart, — Gajrler, im Landw.-Bats.-Bez. Reutlingen, —
zn Assist - Aerzten 1. Kl. der Res., — Dr. Neidert, Assist-Arzt 2. Kl. im
Inf. - Regt. König Wilhelm No. 124, zum Assist. - Arzt I. Kl. — befördert. —
Dr. Jäger, Unterarzt der Res. im Landw.-Bats.-Bez. Stuttgart, — Dr. Eiwert,
Unterarzt der Res. im Landw.-Bats.-Bez. Reutlingen, — zu Assist - Aerzten
2. Kl. der Res. ernannt
Durch Verfügung des Korps-Generalarztes.
Den 7. Mai 1888.
Dr. Frank, Unterarzt des aktiven Dienststandes im Inf.-Regt. Kaiser Friedrich
König von Preussen No. 125, mit Wahrnehmung einer bei dem genannten Regt
vakanten Assist.-Arztstelle beauftragt
Ordensverleihungen.
Preussische.
Rother Adler-Orden 2. Kl. mit Eichenlaub:
Dr. V. Stuckrad, Generalarzt 1. Kl. und Korpsarzt des III. Armee - Korps.
— Dr. Kuhn, Generalarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt der Gardes du Corps.
Derselbe Orden 3. Kl. mit der Schleife:
Dr. B ecker, Oberstabsarzt 1. Kl. nnd Regts.-Arzt des Thüring. Feld - Art-
Regts. No. 19, beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen
bei der 8. Div. — Dr. Neubanr, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt
des 2. Brandenburg. Drag. -Regts. No. 12.
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63
Derselbe Orden 4. Kl.:
Dr. Oiehl, Marine-Oberstabsarzt 2. Kl. — Dr. Qlobig, Marine-Oberstabsarzt
2. Kl. — Dr. Groos, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des Niederrhein.
Füs.-Regts. No. 39. — Dr. Jahn, Oberstabsarzt 1. KI. und Regts.-Arzt des
2. Ponini. Feld-Art.- Regts. No. 17. — Dr. Kley, Oberstabsarzt 2. KI. und
Regts.-Arzt des 2. Hannov. Drag.-Regts. Na. Iti, — Dr. KShler, Oberstabs-
arzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 2. Garde-Regts. zu Fuss. — Dr. Kuntzen,
Marine -Oberstabsarzt 2. KI. — Dr. s. Meyeren, Oberstabsarzt 2. Kl. und
Regts.-Arzt vom Thüring. Ulan. - Regt. No. 6, — Dr. Varenhorst, Ober-
stabsarzt 1. Kl. und Regts. - Arzt des 2. Hannov. Inf. - Regle. No. 77. —
Dr. Vater, Oberstabsarzt 1. Kl. und Gam.-Arzt von Spandau, — Dr.
Wilekens, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des l.Pomm. Ulan.-Regts.
No. 4.
KSniglicher Kronen-Orden 2. Kl.;
Dr. Löwer, Generalarzt 2. Kl. und Korpsarzt des XI. Armee-Korps.
Derselbe Orden 3. KI.:
Dr. Becker, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Thüring. Inf.-Regts.
No. 31. — Dr. Becker, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 5. Rhein.
Inf.-Regts. No. 66. — Dr. Gutschow, Marine - Oberstabsarzt 1. Kl. —
Dr. Müller, Oberstabsarzt 1. Kl. und Chefarzt des Gam.-Lazareths I Berlin.
— Dr. Steinhausen, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Hess.
Hus. - Regts. Nu. 13, beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen
Funktionen bei der 21. Div. — Dr. Viedebantt, Oberstabsarzt 1. Kl.
und Regts.-Arzt des 7. Pomm. Inf.-Regts. No. 54.
.Allgemeines Ehrenzeichen:
Berghoff, Lazarethwärter beim Kadettenhause zu Beiisberg. — Grüne, Ober-
lazarethgeh. vom Anhalt. Inl-Regt. No. 93.
In den Adelsstand erhoben:
Dr. Wegner, Generalarzt.
Familien-Naclirichten.
Verlobungen: Dr. Kleinmann, Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. Gren.-Regts.
König Karl (5. Württemberg.) No. 123, mit Frl. Clara Beck (Heilbronn).
Verbindungen: Dr. Theodor Pleyer, Assist.-Arzt 2. Kl. im Künigl. Bayer. Inf.-
Leib - Regt., mit Frl. Euphrosine Dorfner (Theuern). — Dr. Carl Bossbach,
Assist.-Arzt im Künigl. Bayer. 17. Inf. - Regt, ürff, mit F'rl. Magdalena Klee-
berger (Speyer a. Rh. — Germersheim). — Dr. Rudolf Witte, Stabsarzt der Landw.,
mit Frl. Emmy Preise (Berlin — Conradswaldaii).
Geburten: (Tochter) Dr. Timann, Stabsarzt (Berlin).
Todesfälle: Dr. Oskar Gallenkamp, Stabsarzt a. D. (Görlitz). — Dr. Eduard
August Remacly, Oberstabsarzt a. D., zuletzt im 5. Westfäl. Inf.-Regt. No. 53
(Schneidemühl). — Dr. Boether, Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. (Graudenz). —
Franz Träger, Assist-Arzt 2. Kl. im Künigl. Bayer. 13. Inf.-Regt. Kaiser Franz
Joseph von Oesterreich (Kelheim). — Dr. Kleinpaul, Oberstabsarzt 1. Kl. a. D.
(Meissen). — Hennicke, Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. (Dresden). — Dr. Gustav
Weise, Oberstabsarzt 1. Kl. a. D. (Blasewitz). — Dr. Nuding, Künigl.
Württemberg. Stabsarzt der Landw. des Landw.-Bata.-Bez. Calw.
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General'Rapport
von den Kranken der Königlich Preueeischen Armee, des XII. (Königlich
Sächsischen) und des XIll. (Königlich Württembergiscben) Armee-Korps,
sowie der dem XV. Armee-Korps atUcbirten Königlich Bayerischen
Besatzangs-Brigade pro Monat Februar 1888.
1) Bestand am 31. Januar 1888: 14 636 Mann und 35 Invaliden.
2) Zugang:
im Lazareth 12 687 Mann und 1 Invaliden,
im Revier 23 385 - - 7 -
Summa 36 072 Mann und 8 Invaliden.
Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 50 708 Mann und 43 Invaliden
in Prozenten der Effektivstärke 12,0<>/a und 15,4<>/s.
3) Abgang:
geheilt 33 671 Mann, 6 Invaliden,
gestorben .... 105 - 1 -
invalide 166 - —
dienstunbranchbar . 372 - —
anderweitig . . . . 420 - —
Summa . . 34 734 Mann, 7 Invaliden.
4) Hiernach sind:
geheilt 66,4<>/o der Kranken der Armee und ll,6<>/o der erkrankten
Invaliden,
gestorben 0,21% der Kranken der Armee und 2,3% der erkrankten
Invaliden.
5) Mithin Bestand:
am 29. Februar 1888 15 974 Mann und 36 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 3,8% und 12,9%.
Von diesem Krankenstände befanden sich:
im Lazareth 10 584 Mann und 3 Invaliden,
im Revier 5 390 - - 33
Es sind also von 483 Kranken 320,7 geheilt, 1,0 gestorben, 1,6 als
invalide, 3,5 als dienstunbrauchbar, 4,0 anderweitig abgegangen, 152,2 im
Bestände geblieben.
Von den Gestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an:
Scharlach 4, Masern 1, Rose 1, Unterleibstyphus 22, epidemischer Genick-
starre 6, akutem Gelenkrheumatismus 1, anderen allgemeinen Erkran-
kungen 1, Hirn- und Hirnhautleiden 3, Rückenmarksleiden 1, Krstokheiten
des Stimmapparates 1, Lungenentzündung 27, Lungenschwindsucht 11,
Brustfellentzündung 5, Krankheiten der Athmnn^rgane 1, Herzleiden 1,
Magengeschwür 1, akutem Darmkatarrh 1, Blinddarmentzündung 1,
Leberleiden 1, Bauchfellentzündung 2, Nierenleiden 5, Zellgewebsent-
zündung 2, Knochenentzündnng 4, Kniegelenksentzündung 1. An den
Folgen eines Selbstmordversuchs: Erschiessen 1. Von den Invsdiden: an
akuter Alkoholvergiftung 1.
Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver-
storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 16 Todesfälle vorgekommen,
davon 5 durch Krankheit, 1 durch Verunglückung, 10 durch Selbst-
mord; so dass die Armee im Ganzen 121 Mann und 1 Invaliden
durch den Tod verloren hat.
Nachträglich pro Januar d. J.:
verstorben 1 Invalide.
Uedrackt ln der KOnigL Uofbnehdmckerei von £. 8. UittlerASohn, Berlin 8W^ Eockete.
X
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Amtliches Beiblatt
car
Deutschen militärSrztlichen Zeitschrift.
1888. — Siebzehnter Jahrgang. — M7.
Kriegsministcrium.
Medizinal - Abtheiinng.
Berlin, den 30. Mai 1888.
Im Verfolg der Verfügung vom 12. 4. 88. — J. No. 1288/3. M. A. — wird
der Königlichen Intendantur ergebenst mitgetheilt, dass die Herausgabe einer ge-
fütterten Probe - Krankenhose zum Beschaffen von dergleichen Hosen für Peld-
.Suniläts-Fonnationen nicht erforderlich erscheint.
Die für letztere bestimmten Hosen werden nach den Proben für gewöhnliche
Krankenhosen gefertigt, jedoch durchweg mit gekmmpfenem Parchent gefüttert. Für
die Qualität dieses Futters ist die aiisgegebene Parchentprobe für gefütterte Kranken
rücke maassgebend.
Da nach der Verfügung vom 1. Februar 1877 — A.-V.-Bl. No. 3 für 1887 —
gefütterte Krankenhosen bei den Friedens-Lazarethen in Wegfall gekommen sind,
so kann eine Auffrischung der für Fe Id-Sanitäts- Formationen vorhandenen dergl.
Hosen nur so lange stattlinden, als die Beistände bei den Friedens-Lazarethen
noch nicht aiifgebraucht sind. Sofern späterhin die gefütterten Krankenhosen der
Feld-Sanitäta-Formationen kriegsiinbrauchbar werden sollten, muss der Krsatz durch
Xfubeschaffnng von dergl. Hosen bewirkt werden.
I. V.
No. 1G13/4. 88. M. A.
V. Coler.
A.-V.-Bl. No. 17.
Krmächtigung des Marincstabsarztes Dr. Kleffel in Yokohama zur
Ausstellung von Zeugnissen für Deutsche Militärpflichtige in Japan.
Im Verfolg der Bekanntmachung vom 2G. Dezember 1884 wird hierdurch zur
öffentlichen Kenntniss gebracht, dass dem Marinestabsarzt Dr. Kleffel in Yoko-
hama, derzeitigem Chefarzt des dortigen Marine-Lazareths — an Stelle des zu ander-
weiter dienstlicher Verwendung abkommandirten Marine-Oberstabsarztes Dr. Kügler
— auf Gnind des §. 41 No. 2 und 3 Theil I der Wehrordnung vom 28. Sep-
tember 1875 die Krraäelitigung zur Ausstellung der daseltst hezeiehneten Zeugnisse
über die TJntauglichkeit bezw. bedingte Tauglichkeit derjenigen militärpflichtigen
Dentschen, welche ihren dauernden Aufenthalt in Japan haben, mit der Maassgabe
CTtheilt worden ist, dass es liei den bezüglichen Untersuchungen der unter No. 3 a. a. ().
vorgeschriebenen Zuziehung eines Offiziers der Kaiserlichen Marino nicht bedarf.
Berlin, den 29. Mai 1888.
Der Reichskanzler.
In Vertretung.
V. Boetticher.
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66
A.-V.-B1. No. 17.
Anlegen hoher Stiefel eeitens der Offiiiere der Fasstruppen.
Ich bestimme, dass die berittenen Offiziere der Fnsstruppen bei jedem Dienst
zn Pferde hohe Stiefel, wie für Dragoner Torgeschrieben, anzulegen haben. Auch
soll den unberittenen Offizieren der Fnsstruppen das Anlegen solcher Stiefel (ohne
Sporen) bei jedem Dienst gestattet sein, in welchem die Hosen von den Uann-
schailen bestimmnngsgemäss in den Stiefeln getragen werden dürfen.
Schloss Friedrichskron, den 7. Juni 1888.
Friedrich.
Bronsartv. Schellendorff.
M.-V.-Bl. No. 13.
Berlin, den 9. Juni 1888.
Aerztliche Ausrüstung an Bord.
In den .Vorschriften für die ärztliche Ausrüstung S. M. Sehifie und Fahrzeuge‘
vom 18. Mai 1886 — vergl. Marineverordnungsblatt 1886 S. 112 — treten folgende
Abänderungen ein:
(auszüglich)
3. Als §. 9 wird Folgendes zngefügt:
§. 9. Vorschriften betreffend die gute Erhaltung einiger
Ausrüstungsgegcnstände.
1. Für gute Erhaltung der Gegenstände ans Gummi und gnmmirlen
Stoffen ist an Bord in nachstehender Weise Sorge zu tragen:
a) Die Anfbewahnmg der Gegenstände aus Gummi, welche sich
nicht im Gebrauch befinden, erfolgt in gut schliessenden Schub-
fächern bezw. starken Holzkisten.
b) Am geeignetsten ist eine Temperatur nicht unter + 10° und nicht
über 20° C.
c) Die einzelnen Gegenstände sind möglichst vor Druck und Ein-
knickungen zu schützen. Luftkissen werden leicht aufgeblasen
verstaut.
d) Wirksame Mittel, Gummisachen brauchbar zn erhalten, sind: Be-
wegen der Gummimasse und Beseitigung etwa anhaftender Aus-
schwitzungen; zu diesem Zwecke sind die Gegenstände monatlich
mindestens 1 mal warm abzuwaschen und Stück für Stück ab-
zutrocknen. Dem Waschwasser, welches nicht über 30° G. warm
sein darf, ist etwas Seife beizumischen. Die Luftkissen sind vor
dem Waschen aufznblasen.
e) Hart und brüchig gewordene Gegenstände von Gummi werden
wieder weich und elastisch, wenn man sic 2 bis 3 Minuten lang
in einer 5 bis 6 prozentigen wässerigen, auf 50 bis 60° C. er-
wärmten Lösung von Ammoniak oder in einer 2 bis 3 prozentigen
Lösung von Soda oder Pottasche von gleicher Temperatur knetet.
Aufgerollte Binden müssen zuvor entrollt werden.
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2. Für das richtige Abwägen von Arzneistoffen, namentlich stark
wirkender Art, ist die gute Erhaltung der Medizinalgewichte und
Rezcptirwagen wichtig:
a) Das scharfe Putzen von Medizinalgewichten ist verboten; die
Reinigung derselben beschränkt sich auf Abwischen des Staubes
mittelst eines weichen leinenen Lappens bezw. auf Abwaschen
mit reinem Wasser.
Wenn Gewichte ganz unansehnlich and durch Anhaften von
Unreinlichkeit zu schwer geworden sind, findet eine kräftigere
Reinigung statt, welche in dem Einlegen der Gewichte in Ammoniak
auf einige Sekunden, in Abspfllen in reinem Wasser nnd Abreiben
mit einem reinen Tuche bestehL
b) Die tbunlichst schonende Behandlung der Rezeptirwagen ist ge-
boten. Das Putzen der Wagebalken, anf denen die Empfindlich-
keit der Wagen beruht, ist überhaupt untersagt und ist dem
Mechaniker zu überlassen. Bei den Tarirwagen dürfen die
Schalen geputzt werden, da letztere durch Auflagen in das Gleich-
gewicht gebracht werden können.
Der Chef der Admiralität.
G. 2947. V. CaprivL
A.-V.-Bl. No. 19.
Kriegsministerium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 9. Juni 1888.
Anstellung verabschiedeter Offiziere als Lazarethbeamte bezw. als
Rendant beim medizinisch-chirurgischen Friedrich Wilhelms-Institut.
Die Bestimmungen Ober die Anstellung verabschiedeter Offiziere als Lazareth-
beamte bezw. als Rendant beim medizinisch-chirurgischen Friedrich Wilhelms-Institut
sind den Kommandobehörden , Bezirkskommandos, Intendanturen und Korpsärzten
sowie dem Subdirektor des medizinisch - chirurgischen Friedrich Wilhelms - Instituts
übersandt worden.
I. V.
V. Coler.
No. 91/6. 88. M. A.
Kriegsministerium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 16. Juni 1888.
Wegfall der Krankenlöhnung für Militär-Gefangene des
Unteroffizierstandes.
Der auf Seite 173 der Fortsetzung der Abänderungs- bezw. Ergänzungs-Be-
stimmungen zum Friedens-Lazareth-Reglement abgedruckte Erlass vom 20. Oktober 1879
— No. 549/10. 79. M. M. A. — , betreffend die Zuständigkeit der Krankenlöhnung
für die Militär - Gefangenen des Unteroffizierstandes, ist durch die Bestimmung im
§. 256 der Militär-Strafvollstreckungs -Vorschrift vom 9. Februar d. J. aufgehoben.
I. V.
No. 328/6. 88. M. A. v. Coler.
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Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.
Emeimungen, Befördeningen, Versetzungen.
Befördert werden: Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts. - Arzt Dr. Schmiedt
vom 4. Magdeburg. Inf. - Regt. No. G7 zum Oberstabsarzt 1. Kl., — Stabs- uud
Bats.-Arzt Dr. Roeber vom Füs.-Bat. 3. Magdeburg. Inf.-Regts. No. 66, zum Ober-
stabsarzt 2. Kl. und Regts. - Arzt des 2. Magdeburg. Inf.-Regts. No. 27, — Stal>s-
nnd Bats.-Arzt Dr. Prahl vom Füs.-Bat des Holstein. Inf. - Regts. No. 85, zum
Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des Pomm. Füs.-Regts. No. 34, — Stabs- und
Bats.-Arzt Dr. Ti mann vom Füs.-Bat des Kaiser Alexander Garde-Gren. -Regts. No. 1,
zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des Lcib-Gardc-Hus.-Regts. ; — die Assist-
Aerzte 2. Kl. der Res.; Matzdorff vom Landw. - Bats. - Bez. Bernau, — Dr.
Edelbrock vom Landw. - Bats. - Bez. Recklinghausen, — Dr. Wollermann vom
Land w.-Bats. -Bez. Braunsberg, — Dr. Schlange vom Landw.-Regts.-Bez. L Berlin,
— Dr. Diekmann vom Landw. -Bats.-Bez. Neuss, — Dr. Castenholz vom Landw.-
Regts.-Bez. Cöln, — Dr. Lehmann II. vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, — Dr.
Merz vom Landw.-Bats.-Bez. Freibnrg, — Dr. Meyer vom Landw. - Bats. - Bez.
Lüneburg, — Dr. Schick vom Landw.-Bats.-Bez. Neuss, — Dr. Rüdel vom
Landw. - Regts. - Bez. I. Berlin, — Zielitiski vom Landw. - Bats. - Bez. Könitz, —
Dr. Brumm vom Landw.-Bats.-Bez. Teltow, — Dr. Reinke vom Landw.-Bats.-
Bez. Schivelbein, — Dr. Fleincr vom Landw.-Bats.-Bez. Heidelberg, — Dr.
Herrmaiin vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, — Dr. Scbörnich vom Landw.-
Bats.-Bez. Ncuhaldensleben, — Dr. Frey vom Landw.-Bats.-Bez. Stockach, — Dr.
Voss vom Landw.-Regts.-Bez. Cöln, — Dr. Gross vom Landw.-Bats.-Bez. Hagen,
— Dr. Harder vom Landw.-Bats.-Bez. Rendsburg, — Dr. Bluth vom Landw.-
Regts.-Bez. I. Berlin, — Dr. Poklatecki vom Landw.-Bats.-Bez. Dt Eylau, —
Dr. Ebcrle vom Landw.-Bats.-Bez. Freiburg, — Dr, Lang vom Landw.-Bats.-
Bez. Donaueschingen , — Dr. Hoffmann vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen, — Dr.
Deicke vom Landw.-Bats.-Bez. I. Braunschweig, — Dr. Rosenberg vom Landw.-
Bats.-Bez. Minden, — Dr. Classen vom Landw. - Bats.-Bcz. II. Oldenburg, — Dr.
Badt vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, — Dr. Sonntag vom Landw.-Bats.-Bez.
Freiburg, — Dr. Kühn vom Landw.-Bats.-Bez. Neustrelitz, — Dr. Locherer vom
Landw.-Bats.-Bez. Freiburg, — Dr. Plinke vom Landw.-Bats.-Bez. Celle, — Dr.
Hoffmann vom Landw.-Bats.-Bez. Neuhaldensleben, — Dr. Kirchner vom Landw.-
Bats.-Bez. Erfurt, — Dr. Brenssel vom Landw.-Bats.-Bez. I. Cassel, — Dr. Ratz
vom Landw.-Bats.-Bez. Meiningen, — Dr. Bock I. vom Landw.-Bats.-Bez. I. Berlin,
— Dr. Hoffmann vom Landw.-Bats.-Bez. I. Trier, — Dr. Finck vom Landw.-
Bats.-Bez. Karlsruhe, — Dr. Kirberger vom Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M.,
— Dr. Reinecke vom Landw.-Bats.-Bez. Hildesheim, — Dr. Orth vom Landw.-
Bats.-Bez. Ratibor, — zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der Res.; — die Assist.-
Anrzte 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Schroeder vom Landw.-Regts.-
Bez. I. Berlin, — Dr. Orth vom Landw.-Bats.-Bez. Karlsruhe, — Rosendorf vom
Landw. - Bats. - Bez. Stade, — Dr. F e I d m a n n vom Landw.-Bats.-Bez. Stettin, —
Dr. Welcher vom Landw.-Bats.-Bez. Gera — zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der
Landw. 1. Aufgebots; — die Unterärzte: Lösener vom Garde - Jäger - Bat.,
— Dr. Koch vom Gren.-Regt. Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. Schics.) No. 11, —
Dr. Duden vom Westfäl. Drag.-Regt. No. 7, — Dr. Nothnagel vom 3. Hcs.s.
Inf -Regt. No. 83, — Dr. Bartel vom 1. Badischen Feld - Artillerie - Regiment
No. 14, — Dr. Barth vom 1. Rlieinischcn Inf. - Regt. No. 25, letzterer unter
gleichzeitiger Versetzung zum 4. Westfäl. Inf-Regt. No. 17, — zu Assist.-
Aerzten 2. Kl. — Die Unterärzte der Res.: Dr. Cohn und Cohn vom
Landw.-Kegts.-Bcz. I. Berlin, — Dr. Schliep vom Landw.-Bats.-Bez. Stargard, —
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69
Herbing vom Lamlw. -Bats.-Bez. L Braunschweig, — Dr. Magnussen und
Dr. Reiche vom Landw.-Regts.-Bcz. 1. Berlin, — Dr. Eisenberg vom Landw.-
Bats.-Bez. Teltow, — Dr. Solecki vom Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, —
Dr. Eisner vom Landw. - Bats. - Bez. Gleiwitz, ' — Dr. Beckmann vom Landw.-
Bats.-Bez. Essen, — Dr. Fricdmaiin, Dr. Meyer und Dr. Sonder vom Landw.-
Bats.-Bez. Hamburg, — Dr. Diederichs vom Landw.-Bats.-Bez. II. Braunschweig,
— Dr. Busse vom Landw.- Bats. -Baz. Hannover, — Dr. Dommes vom Landw.-
Bats.-Bez. II. Braunschweig, — Dr. Kunze vom Landw.-Bats.-Bez. Siegen, —
Scbleussner vom Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M., — zu Assist.-
Aerzten 2. Kl. der Res. — Die Unterärzte der Landw. 1. Aufgebots:
Dr. Semon vom Landw.-Bats.-Bez. Weimar, — Dr. Sardemann vom Landw.-
Bats.-Bez. Marburg, — Dr. Tross vom Landw.-Bats.-Bez. Karlsruhe — zu
Assist.- Aerzten 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots. — Der Unterarzt der
Res. Dr. Varenhorst vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover wird im aktiven Sanitäts-
Korps und zwar unter Beförderung zum Assist- -Arzt 2. Kl. bei dem 1. Hannov.
Feld- Art.-Regt. No. 10 angestellt. — Der Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt
Dr. Richter vom 3. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 66 wird, unter Verleihung des
Charakters als Oberstabsarzt 1. Kl., mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen
Funktionen bei der 7. Div. beauftragt. — Versetzt werden: Der Stabs- und
Bats.-Arzt Dr. Funcke vom Füs.-Bat. des Leib-Gren.-Regts. (1. Brandenburg.)
No. 8 zum Füs.-Bat. des Kaiser Alexander Garde -Gren.-Regts. No. 1, — der
Marine-Stabsarzt Dr. Fischer von der 1. Matr.-Div. zur Armee und zwar als
Bats.-Arzt zum Füs.-Bat. des Holstein. Inf.-Rcgts. No. 85, — der Assist.-Arzt 1. Kl.
Dr. Heidepriem vom 1. Hess. Hus.-Regt. No. 13 zum 4. Ostpreuss. Gren.-Regt.
No. 5, — der Assist.-Arzt 1. KI. Dr. Thomas vom 3. Posen. Inf.-Regt. No. 58
zum 3. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 66, — der Assist-Arzt 2. Kl. Rochr vom
4. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 5. zum 8. Pomm. Inf.-Regt. No. 61, — der Assist-
Arzt 2. Kl. Dr. Jahn vom 8. Pomm. Inf.-Regt No. 61 zum Braunschweig. Inf.-
Regt. No. 92, — der Assistenz -Arzt 2. Kl. Nuszkowski vom 2. Oberschlosischen
Infanterie - Regiment No. 23 zur Marine. — Der Stabs- und Bataillons - Arzt
Dr. Breitung vom 2. Bat. 6. Westfälischen Inf. - Regts. No. 55 ä la suite des
Sanitäts-Korps gestellt. — Der Abschied wird bewilligt: Dem Oberstabsarzt
1. Kl. und Regiments - Arzt Dr. Puhlmann vom Leib-Garde-Husaren-Regiment,
— dem Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Heck vom Nenmärkischen
Drag.-Regt. No. 3, — beiden mit der gesetzlichen Pension und der Erlaubniss zum
Tragen ihrer bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschricbenen Ab-
zeichen, — dem Oberstabsarzt 2. Kl. der Landw. 1. Auijgebuts Dr. Freycr vom
Landw.-Bats.-Bez. Naiigard, — den Stabsärzten der Landw. 1. Aufgebots
Dr. Wilke vom Landw.-Bats.-Bez. Gnesen, diesem mit der Erlaubniss zum Tragen
seiner bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen,
— Dr. Dertz vom Landw.-Bats.-Bez. Brandenburg a. H., — Dr. Broll vom
Landw.-Bats.-Bez. Gleiwitz, diesem mit der Erlaubniss zum Tragen seiner bisherigen
Uniform mit den für Verabschiedete vorgesehriebenen Abzeichen, — Dr. Ziel vom
Landw.-Bats.-Bez. Düsseldorf, — Dr. Bachem vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, diesem
mit dem Charakter als Oberstabsarzt 2. Kl., — Dr. Kühne vom Landw.-Bats.-Bez.
I- Braunschweig, — Dr. Parnemann vom Landw.-Bats.-Bez. Siegen, letzUiren
beiden mit der Erlaubniss zum Tragen ihrer bisherigen Uniform mit den für Ver-
abschiedete vorgeschriebenen Abzeichen, — dem Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw.
1. Aufgebots Dr. Hufer vom Laudw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M., — dem Stabsarzt
der Landw. 2. Aufgebots Dr. Pahlke vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, diesem
mit der Erlaubniss zum Tragen seiner bisherigen Uniform mit den für
Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen, — den Assish-Aerzten 1. Kl. der
Landw. 2. Aufgebots Dr. Laudowicz vom Landw.-Bats.-Bez. Gnesen, —
Dr. Luge vom Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M.
Potsdam den 10. Juli 1888.
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70
Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat Mai 1888
eingetretenen Veränderungen.
Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.
Den 16. Mai 1888.
Dr. Gerdeck, Unterarzt vom Inf.-Regt. No. 131, — Dr. Nothnagel, Unter-
arzt vom 3. Hess. Inf.-Kegt. No. 83, — Dr. Dautwiz, Unterarzt vom Inf.-Regt.
No. 131, — Dr. Bartel, Unterarzt vom 1. Bad. Feld- Art. -Regt. No. 14, —
Schelle, Unterarzt vom Inf.-Regt. Prinz Friedrich Karl von Preussen (8. Branden-
burg.) No. 64;
Den 17. Mai 1888.
Dr. Seiffert, Unterarzt vom Brandenburg. Füs.-Regt. No. 35;
Den 24. Mai 1888.
Dr. Kaotber, Unterarzt vom Hohenzollern. Füs.-Regt. No. 40;
Den 28. Mai 1888.
Dr. Metsch, Unterarzt vom 3. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 66, — sämmtlich
mit Wahrnehmung je einer bei den betreffenden Truppenthcilen vakanten Assist-
Arztstelle beauftragt.
(Chef d. Adm. v. 15. 6. 88.)
Uthemann, Unterarzt, bisher zum Friedrich Wilhelms - Institut kommandiit,
4 nach Beendigung der medizinischen Staatsprüfung der Marinestation der Ostw
überwiesen.
(Chef der Adm. v. 16. 6. 88.)
Dr. Bonte, Assist-Arzt 2. Kl., von Kiel nach Friedrichsort versetzt —
Dr. Nuszkowski, Assist-Arzt 2. KL, an Bord S. M. S. , Stein* kommandirt
(Chef d. Adm. v. 21. 6. 88.)
Dr. Thörner, Stabsarzt, an Bord S. M. Yacht .Hohenzollern* kommandirt
(A. K. O. V. 21. 6. 88.)
Dr. Prior, Assist-Arzt 1. Kl. der Res. vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, ans allen
Militär -Verhältnissen entlassen.
Yeränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.
Den 9. Juni 1888.
Dr. Straub (Landau), Assist-Arzt 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots, zum
Stabsarzt, — Dr. Hanf, Unterarzt im 12, InL-Rcgt Prinz Arnulf, zum Assist-Arzt
2. KL, — Dr. Weismann, Dr. Sacki (I. München), Seherb (Hof), Dr. Simon
(Erlangen), Dr. Krämer (Würzburg), Unterärzte der Res., — zu Assist-
Aerzteu 2. KL der Res., — Dr. Limpert (Kissingen), Unterarzt der Landw.
I. Aufgebots, zum Assist-Arzt 2. Kl., — befördert
Den 12. Juni 1888.
Dr. Dietrich (Aschaffenburg), Assist-Arzt 1. KL a. D., bei den Sanitäts-
offizieren der Landw. 2. Aufgebots wicderangestellt
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71
Den 19. Juni 1888.
Dr. Albert, Oberstabsarzt 1. Kl., Gamisonarzt bei der Kommandantur der
Festung Germersheim, unter Verleihung des Charakters als Generalarzt 2. KI., mit
Pension nnd mit der Erlaubniss zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt.
Den 26. J uni 1888.
Dr. Braun, Assist -Arzt 2. Kl. des 12. Inf. - Regts. Prinz Arnulf, auf Nach-
suchen zn den Sanitätsof&zieren der Res. versetzt
Durch Verfügung des Kriegsministerioms.
BQx, einjährig - freiwilliger Arzt vom 2. Feld -Art. -Regt Horn, zum Unterarzt
im 2. Schweren Reiter-Regt Kronprinz Erzherzog Rudolf von Oesterreich, unter Be-
auftragung mit Wahrnehmung einer vakanten Assist-Arztstelle, ernannt.
Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Korps.
AllerhSchster Beschluss vom 21. Juni 1888.
Gebauer, Ludwig, Unterärzte der Res. des Landw.-Bats.-Bez. I. Leipzig, —
Dr. Rieke, Unterarzt der Res. des Landw.-Bats.-Bez. Chemnitz, zn Assist-Aerzten
2. KI. der Res. — befördert — Dr. Buch, Assist-Arzt 1. Kl. der Landw. 2. Auf-
gebots des Iiandw.-Bats. -Bez. I. Dresden, zu den Sanitäts - Offizieren der I^andw.
1. Aufgebots dessellien Bezirks versetzt — Dr. Koellner, Assist-Arzt 1. Kl. der
Res. des Landw.-Bats.-Bez. Pirna, wegen überkommener Diene tunfahigkeit aus
Allerhöchsten Kriegsdiensten verabschiedet
Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts 'Korps.
Den 8. Juni 1888.
Dr. Mayer, Unterarzt der Res. im Landw.-Bals.-Bez. Ellwangen, zum Assist-
Arzt 2. Kl. der Res., — Dr. Frank, Unterarzt im Inf.-Regt Kaiser Friedrich
König von Preussen Mo. 125, zum Assist-Arzt 2. Kl., — Dr. Zeller, Unterarzt
der Res. im Landw.-Bats.-Bez. Ludwigsburg, zum Assist.-Arzt 2. Kl. der Res., —
Schoffer, Unterarzt im 8. Inf. ->. No. 126, zum Assist.-Arzt 2. Kl.,
— Dr. Fischer, Unterarzt der Res. im Landw.-Bats.-Bez. Lndwigsburg, zum
Assist-Arzt 2. KL der Res., — ernannt
Den 19. Juni 1888.
Dr. Schmidt, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt im Ulan.-Regt König
Wilhelm No. 20, zum überzähl. Oberstabsarzt 1. Kl. befördert
Durch Verfügung des Korps-Generalarztes.
Den 22. Juni 1888.
Dr. Widenmann, Unterarzt im Inf.-Regt Kaiser Wilhelm König von Preus.sen
No. 120, mit Wahrnehmung einer bei dem genannten Regt, vakanten Assist. - Arzt-
stelle beauftragt.
Familien -Nachrichten.
Verlobungen: Dr. med. H. Banke, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res., mit Frl. Ella
Braune (Sonneberg in Thüringen — Erfurt).
Verbindungen; Dr. Krieger, Stabs- und Bats.-Arzt mit Julie Krieger
(Giiesen — Berlin). — Dr. Schrcyer, Assist-Arzt 1. Kl., mit Frl. Helene Stoltz
(Brandenburg a. H. — Berlin). — Dr. Machate, Stabs- und Bats.-Arzt des
3. Jäger-Bats. No. 15, mit Frl. Martha Lindemann (Dresden).
Todesfälle: Dr. BOttner-Wobst, Assist-Arzt I. Kl. der Res. des Landw.-Bats.-
Bez. Zittau (Görbersdorf). — Dr. med. Franz Kroeger, Assist-Arzt 1. Kl. der
liandw. (Soest). — Dr. Senftleben, Stabsarzt, Sohn Richard (Breslau).
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72
' General-Rapport
von den Kranken der Königlich Prenssischen Armee, des XII. (Königlich
Sächsischen) nnd des XIII. (Königlich Württembergischen) Armee-Korps,
sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen
Besatznngs-Brigade pro Monat Märe 1888.
1) Bestand am 29. Febrnar 1888; 15 974 Mann n. 36 Invaliden.
2) Zugang:
im Lazaretb 11 2ö8 Mann nnd — Invaliden,
im Revier 21 459 - - 1 1
Summa 32 717 Mann nnd 11 Invaliden.
Mithin Snmma des Bestandes nnd Zuganges 48 691 Mann nnd 47 Invaliden,
in Prozenten der EfTektivstärke 11,4% und 16,8%.
3) Abgang:
geheilt ....
37 027 Mann, 14 Invaliden,
gestorben . . .
109 - 1 -
invalide ....
184 - — -
dienstunbrauchbar
414 - _
anderweitig . . .
448 - 3
Summa .
. 38 182 Mann, 18 Invaliden.
4) Hiernach sind:
geheilt 76,0% der Kranken der Armee nnd 20,8% der erkrankten
Invaliden,
gestorben 0,22% der Kranken der Armee und 2,1% der erkrankten
Invaliden.
5) Mithin Bestand;
am 31. März 1888 10 509 Mann nnd 29 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 2,5% nnd 10,4%
Von diesem Krankenstände befanden sich;
im Lazareth 7 789 Mann nnd 2 Invaliden,
im Revier 2 720 - - 27
Es sind also von 447 Kranken 339,9 geheilt, 1,0 gestorben, 1,7 als
invalide, 3,8 als dienstunbranchbar, 4,1 anderweitig abgegangen, 96,5 im
Bestände geblieben.
Von den Gestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an:
Diphtheritis 1, Blutvergiftung 1, Unterleibstyphns 23, epidemischer (jenick-
starre 1, akntem Gelenkrbenmatismns 1, Blntarmuth 2, Hirn- nnd Hirn-
hautleiden 6, Nervenleiden 1, Lnngenentzöndung 24, Lnngenschwind-
snebt 20, Brustfellentzündung?, Herzleiden 2, Magengeschwür 1, Gelbsucht 1,
Leberleiden 1, Bauchfellentzündung 4, Nierenleiden 3, Harnleiden 1,
Ührenleiden 1, Zellgewebsentzündung 2, Knochcnentzündnng 4. An den
Folgen einer Verunglückung: Hufscblag 1. An den Folgen eines Selbst-
mordversuchs: Erschiessen 1. Von den Invaliden: Leberleiden 1.
Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver-
storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 30 TodesHille vorgekommen,
davon 12 durch Verunglückung, 18 durch Selbstmord; so dass die Armee
im Ganzen 139 Mann und 1 Invaliden durch den Tod verloren hat.
Nachträglich pro Febrnar d. J.:
1 Selbstmord durch Erhängen.
Oednicki in der KünigL llof bocbdnickerei von E. S. MUtlerftSohn, Berlin SW^ Kochsti. 68—
I
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Amtliches Beiblatt
zur
Deutschen militärärztlichen Zeitschrift. -
1888. — Siebzehnter Jahrgang. — ^8.
Kriegsminiatorium.
Medizinal - Alitheiluug.
Zn No. 1063. 6. 88. Abth. III. Berlin, den 18. .luni 1888.
Auf den gefälligen Antrag vom 12. d. Mta. wird die BoaehalTung eines
geeigneten Mess-Inatrumcntes zur Prüfung von Alkohol für die Diapenair-Anstult
des 2. Gamiaonlazuretba Berlin hierdureh genehmigt.
Mit RQckaiuht auf die nach Maasagabe der Bestimmung der Kaiserlichen
Normal-Aiuhunga-Koniiuiasion vom 4. Mai 1888 zum 1. Oktober d. Ja. in Kraft
tretenden Vorschriften für Messwerkzeuge weingeiatiger Flüssigkeiten erscheint die
Niederlegung eines Alkoholometers nach Tralles nicht geeignet, vielmehr
rmphehlt es sich, dafür die Beschaffung eines den obigen Vorschriften entsprechenden
Thermo-Alkoholometers in Aussicht zu nehmen , dessen Alkoholometerskala An-
gaben nicht unter 65 Prozent umfasst und nach Fflnftclprozcnten forlseh reitet,
während die Thermometerskala in halbe Grade nach Celsius gctheilt ist
Der Königlichen Intendantur wird anheimgegeben, den Ankauf eines solchen
Messwerkzeuges nach zuvoriger Rücksprache mit dem Haupt -Steuer- Amt herbei-
zuführen.
Die Beschaffungskosten sind auf den laufenden Fonds für Apothekeugeräthe zu
übernehmen.
An die Königliche Intendantur des Gardekorps hier.
Abschrift hiervon wird Euer Hochwohlgeboren zur gefälligen Kenntnissnahme
und mit dem Hinznfügen ergebenst übersandt, dass ein gleiches Thermo- Alkoholo-
meter an Stelle des nach Anlage 1, 1 B. unter 2 des Etats vom 12. 12. 87
Nu. 646. 12. 87 M. A. aufgeführten Alkoholometers nach Tralles für die Arznei-
Reserven zu beschaffen sein wird.
' I. V.
V. Coler.
An sämmtliche Königliche Korps-Generalärzte.
No. 663. 6. 88 M. A.
Kriegsministerinm.
Medizinal ■ Abtheilung. Berlin, den 30. Juni 1888.
In dem zufolge der Verfügung vom 10. 9. 87 — J. No. 449. 9. 87 M. A. —
erstatteten Berichten über die Benutzung der Döcker'schcn Lazaivtbbaracken ist
mehrfach die Art der Anlage des Klosetraumes bemängelt und die Anbringung
eines verdeckten bezw. geschlossenen Verbindungsganges (eines Vorbaues u. s. w.)
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74
beantragt worden, um die Kranken bei Benutzung des Klosets vor Erkältung
zu schützen.
Dem gegenüber wird bemerkt, dass ans hygienischen Gründen grundsätzlich
daran festgehalien werden muss, das Kloset mit dem Krankenraum ausser Ver-
bindung zu lassen.
Das Bedürfniss eines entspreclienden Schutzes der Klosetbesuchcr wird nur bei
besonders kaltem ungünstigem Wetter — also nur für kürzere Zeit — hervor-
treten und dürfte es ausführbar sein, sieh in solchen Fällen durch einen Stoff-
vurbang (übergespannte Leinewand etc.), oder andere dergleichen provisorische
Muassnabmen zu helfen. Ausserdem kann erforderlichen Falls die Dielung des
Vorraums durch ein passendes Ansatzstück (ein leicht herstellbares Trittbrett) ver-
breitert werden.
Derartige Verbesserungen können jedoch nur bei der Friedensbenutznng und
im Kriege im Bedürfnissfalle aus bereiten Hülfsmittcln getroffen werden, ohne dass
dadurch die ins Feld mitzunebmenden Konstruktionstheile vermehrt werden.
Euer Hochwühlgcburcn wird hiernach anheimgestellt, im Benehmen mit der
hiervon benachrichtigten Intendantur nach Lage der Verhältnisse die entsprechenden
Anordnungen zu treffen, soweit es sich um die Verwendung der Lazarethbaracken
im Frieden handelt.
An sämmtliche Königliche Korpsärzte.
Abschrift.
I. V.
V. Coler.
An sämmtliche Königliche Intendanturen.
No. 481. 6. 88 M. A.
Kriegsministerium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 9. Juli 1888.
Von ärztlicher Seite ist hierher berichtet worden, dass zu dauernder Be-
seitigung des Fussschweisses die Chromsäure ein sicheres, unbedenkliches und
billiges Mittel sei, dessen Anwendung auch keine vorübergehende Dienststörung
nothwendig mache.
Durch einmalige Bestreichung der Fusssoble und der Haut zwischen den
Zehen mit Verbandwalte, welche mit Hülfe einer Komzange in eine lOprozentige
Chromsänrelösung getaucht worden ist, soll eine sofortige Wirkung erzielt werden.
Bei SchweissfOssen mittleren Grades genügen angeblich einige, in Zwischenräumen
von 6 — 8 Wochen zu wiederholende derartige Bepinselungen, während höhere
Grade in den ersten Monaten häufigere Anwendung des Mittels (alle 2 — 3 Wochen)
erheischen. Bei wunden Füssen wird empfohlen zunächst einige Tage hinter-
einander eine bprozentige Lösung zu benutzen und erst nach Wiederherstellung der
Haut zu der stärkeren Lösung überzugehen. Zuweilen soll sich nach dem Gebrauch
des Mittels , namentlich im Hochsommer, eine vermehrte Schweissabsondemng am
ganzen Körper einstelleu, die indessen sclmu nach 1 — 2 Tagen sich ohne Nach-
thcile wieder verliere.
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75
Euer Hochwohlgeboren werden ergebenst ersucht, hierBber dem Königlichen
Generalkommando gefälligst Vortrag halten und bezügliche Versuche — namentlich
auch während der Herbstühnngen der Truppen — in die Wege leiten zu wollen.
Einem Bericht über den Ausfall der Versuche wird zum 1. Februar 1889
ergebenst entgegengesehen.
I. V.
T. Coler.
An sämmtliche Königliche Korps-Generalärzte.
No. 443. 6. 88. M. A.
Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.
Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.
Befördert werden: Dr. Schellmann, Stabs- und Bats.-Arzt Tom Lcib-Füs.-
Bat. 4. Grossherzogi. Hess. Inf. - Regts. (Prinz Carl) No. 118, zum Oberstabsarzt
2. Kl. und Kegts.-Arzt des 3. Rhein. Inf.-Regts. No. 29, — I)r. Schnitze, Stabs-
and Bats.-Arzt vom 3. Bat. des Magdeburg. Füs.-Regts. No. 36, zum Oberstabsarzt
2. Kl. und Regts.-Arzt des Ulan.-Regts. Kaiser Alexander III. von Russland (West-
preuss.) No. 1, — Dr. Stabbert, Stabsarzt vom Kadetteiihause zu Culm, zum
Oberstabsarzt 2. KJ. und Regts.-Arzt des Nenmärk. Drag. - Regts. No. 3, — Dr.
Föhlisch, Assist. - Arzt 1. KI. vom 2. Bad. Drag. -Regt. No. 21, zum Stabs- und
Bats. - Arzt des Leib - Füs. - Bats. 4. Grossherzogi. Hess. Inf. - Regts. (Prinz Carl)
No. 118, — Dr. Lasser, Assist. -Arzt 1. KI. in der etatsmäs.sigen Stelle bei dem
Gen.- und Korpsarzt des XV. Armee - Korp.s, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-
Bats. Inf.-Regts. No. 131, — Dr. Ewermann, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Ostpreuss.
Feld- Art. -Regt. No. 1 , zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. Gren. -Regts. König
Friedrich III. (1. Ostpreuss.) No. 1, — Dr. Krause, Assist.-Arzt 1. Kl. vom
Westpreuss. Kür. - Regt. No. 5, zum Stabs- und Abtheil. - Arzt der 2. Abtheil.
2. Brandenburg. Feld-Art.-Regts. No. 18 (Gcneral-Feldzeugmeister), — Dr. Schiller
Assist.-Arzt 1. Kl. vom 2. Garde-Feld-Arb-Regt., zum Stabs- und Bats.-Arzt des
Füs.-Bats. des Leib - Gren. - Regts. (1. Brandenburg.) No. 8, — Dr. Klamrotli,
Assist.-Arzt 1. Kl. in der etatsmässigen Stelle bei dem Gen.- und Korpsarzt des
XI. Armee-Korps, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Füs.-Bats. 4. Thüring. Inf.-Regts.
No. 72, — Dr. Kluge, Assist-Arzt 1. Kl. vom Hannov. Hus.-Regt No. 16, zum
Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Bats. Magdeburg. Füs.-Regts. No. 36, — Dr. Herr-
mann, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Bezirkskommando I. Berlin, zum Stabs- und Bats.-
Arzt des Füs.-Bats. 3. Magdeburg. Inf.-Regts. No. 66, — Dr. Runkwitz,
Marine- Assist-Arzt 1. KI. von der 2. Matroseiidiv., zum Marine - Stabsarzt , vor-
läufig ohne Patent, — die Assist. - Aerzte 1. Kl. der Res.: Dr. Gottschau
vom Landw.-Bats.-Bez. Gotha, — Dr. Kahle vom Landw. - Bats. ■ Bez. Danzig, —
Dr. Lerche vom Landw.-Bats.-Bez. Jauer, — Dr. Lehmann vom Landw.-Bats.-
Bez. Minden, — Dr. Volkbauscn vom Landw.-Bats.-Bez. Detmold, — Dr.
Schultz II. vom Landw.-Bats.-Bez. Wesel, — Dr. Steinmetz vom Landw.-Bats.-
Bez. Colmar, — Dr. Tiessen vom Landw.-Bats.-Bez. Marienburg, — Dr. Dezes
vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen, — Dr. Evers vom Landw.-Bats.-Bez. Wesel, —
Dr. Geiss vom Landw.-Bats.-Bez. Kim, — Dr. Krause vom Landw.-Bats.-Bez.
Königsberg, — Dr. Schlüter vom Landw.-Bats.-Bez. Woldenbcrg, — Dr.
Coranda vom Landw.-Bats.-Bez. Königsberg, — Hensel vom Landw.-Bats.-Bez.
Stockacb, — Dr. Poetschki vom Landw.-Bats.-Bez. Thom, — Dr. Eisfeld vom
Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, — zu Stabsärzten der Res., — die Assist.-
Aerzte 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Wclcker vom Landw. -Bats.-
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76
Bez. Halle, — Dr. KraiUhaiuier Tom Landw. - Bats. - Bei. Bruchsal, — Dr’
Frflchtnicht vom Landw.-Bats.-Bcz. Bremen, — We.ber vom Landw.-Bats.-Bez'
Weilburg, — Dr. Rittcrbnseh vom Landw.-Bais.-Bez. Hildesheim, — Dr. Reinecke
vom Landvr.-Bata.-Bez. Siegen, — Dr. Mecke vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen, —
Dr. Schomburg vom I.,andw.-Bats.-Bez. Gera, — Dr. Dubuis vom Landw.-Bats.-
Bez. Lützen, — Dr. Trompetter vom Landw.-Bats.-Bez. Geldern, — Dr. Riehn
vom Landw.-Bats.-Bez. Hiblesbeiin, — Dr. W i nd el schmi dt vom Landw.-Regts.-
Bez. COln, — Dr. Claus vom Landw.-Bats.-Bez. Wesel, — Dr. Schmidt vom
Landw.-Bats.-Bez. Bonn, — Dr. Alexander vom Landw.-Bats.-Bez. C.Üslin. —
Dr. Kümmel vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, — Dr. Niesemann vom Landw.-
Bat.s. - Bez. Barmen, — Dr. Duis vom Landw.-Bats.-Bez. Aurich, — Dr. Navo
vom Landw.-Bats.-Bez. Glatz, — Dr. Wodtke vom Landw.-Bats.-Bez. Marienburg,
— Dr. Körner vom Landw.-Bats.-Bez. II. Breslau, — Dr. v. Kicken vom Landw.-
Bats.-Bez. Wesel, — Dr. Tboma vom Landw.-Bats.-Bcz. Küpen, — Dr. Neumann
vom Landw.-Bats.-Bez. Gleiwitz, — Dr. Opielinski vom Landw.-Bats.-Bez.
Schroda, — Dr. Neussei vom Landw.-Bats.-Bez. Kirn, — Dr. Pitschke vom
Landw.-Bats.-Bez. Halle. — Dr. Fr icke vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, — Dr.
Ströbing vom Landw.-Bats.-Bez. Anclam, — Janzer vom Landw.-Bats.-Bez.
Bruchsal, — Dr. Busolt vom Landw.-Bats.-Bez. Bitterfeld, — Dr. Lew in vom
Landw.-Kegts.-Bez. I. Berlin, — Dr. Schultz vom Landw.-Bats.-Bez. Rostock, —
Dr. Nissen vom Landw.-Bats.-Bez. Magdeburg, — Dr. Buschbeck vom Landw.-
Bats.-Bez. Görlitz, — Dr. Reiss vom Landw.-Bats.-Bez. Schneidemühl, — Dr.
l’eiss vom Landw.-Bats.-Bez. Neuwied, — Dr. v. Blociszewski vom Ijandw.-
Bats. - Bez. Ostrowo, — Dr. Lorenczewski vom Landw.-Bats.-Bez. Cnstrin, —
Dr. Tils vom Landw.-Bats.-Bez. Diedenhofen, — Dr. Born vom l^andw.-Bats.-
Bez. Hannover, — Dr. Lenhartz vom Landw.-Bats.-Bez. Biiterfeld, — Dr. Keller-
mann vom Landw.-Bats.-Bez. Bruchsal, — Dr. Ruhlmann vom Landw.-Bats.-Ber.
Strassbiirg, — Dr. Wachenfeld vom Landw.-Bats.-Bez. Mainz, — Dr. Gutsch
vom Landw.-Bats.-Bez. Karlsruhe, — zn .Stabsärzten der Landw. 1. Auf-
gebots, — Dr. Uilsmann, Assist. - Arzt 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots, vom
Landw.-Bats.-Bez. Meschede, zum Stabsarzt der Landw. 2. Aufgebots, — die
A88iat.-Acrzte 1. Kl. der Seewehr 1. Aufgebots: Dr. Drost vom Landw.-
Bats. - Boz. Altona, — Dr. Ciintz vom Landw. - Bats. - Bez. Wiesbaden, — Dr,
Markw ort vom Landw.-Bats.-Bez. Aachen, zu Stabsärzten der Seewehr
1. Aufgebots, — Thalen, Marine-Assisb-Arzt 2. Kl. von der 2. Matrosendiv., —
Dr. Lange, Murine- Assisl.-Arzt 2. Kl. von der 1. Matrosendiv., — zu Marine-
Assist. -Aerzten I.Kl., vorläufig ohne Patent, — die Marine-Assist. - Aerzte
2. Kl. der Res.: Dr. Kresin vom Landw.-Bats.-Bez. Danzig, — Aue vom Landw.-
Bats -Bez. Hildesheim, — Neuinan n vom Landw.-Bats.-Bez. Königsberg, — Dr.
Dom m er vom Landw.-Bats.-Bez. Marienburg, — Dr. Lnnenborgvom Landw.-Bats.-
Bez. Recklinghausen, — Dr. Lüssem vom Landw.-Bats.-Bez. Neuwied, — Dr.Mirbach
vom Landw.-Bats.-Bez. Siegen, — Dr. Greiff vom Landw.-Bats.-Bez. II. Münster,
— Dr. Fleischhauer vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, — Dr. Knauer vom
Landw.-Bats.-Bez. Weissenfcls, — Dr. Oettinger vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg,
— Weinert vom Landw.-Bats.-Bez. Muskau, — Dr. Schmitz vom Landw.-Bats.-
Bez. Bochum, — Dr. Laffert vom Landw.-Bats.-Bez. Stargard, — Dr. Müller
vom Landw.-Bats.-Bez. •Sangerhansen , — Dr. Denekc vom Landw.-Bats.-Bez.
Hamburg, — Dr. Neglein vom Landw.-Bats.-Bez. Kssen, — Dr. Meridies vom
Landw.-Bats.-Bez. Görlitz, — Dr. Schlief vom Landw.-Bats.-Bez. Neutomischel,
— Heidenhein vom Landw. Bats. -Bez. Teltow, — Dr. Scliacfer vom Landw.-
Rogts.-Bez. I. Berlin, — Dr. Sepp vom Landw.-Bats.-Bez. Magdeburg, — Dr.
Stcniann vom Landw.-Bats.-Bez. II. Braun.sebweig, — Dr. Wachsmuth vom
Landw.-Bats.-Bez. Halle, — Dr. Gress vom Landw.-Bats.-Bez. Rastatt, — Dr.
Heptner vom Landw.-Bats.-Bez. Gleiwitz, — Dr. Schaeffer vom Landw. -Regts.-
Bez I. Berlin, — Dr. Polzin vom Landw.-Bats.-Bez. Anclam, — Dr. Bissmeyer
vom Landw.-Bats.-Bcz. Andernach, — Dr. Buebholz vom Landw.-Bats.-Bez.
Heidelberg, — Ackermann vom Landw.-Bats.-Bez. Weimar, — Dr. Giesler
vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel, — Dr. Hesselbach vom Land w.-Bats.- Bez. Halle, —
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Ejles vom Landw.-Bate.-Bcz. Düsseldorf, — Dr. Drobnik vom Landw.-Bats.-Bez.
KSnigsberg, — Dr. Haag vom I,andw.-Bats.-Bez. Altona, — Dr. Wallentin vom
Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, — Dr. Scbleid vom Landw. - Bau.- Bez. Bruchsal,
— Dr. Kornblum, Dr. Kleinwächter vom Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, —
Dr. Uiddolscbulte vom Landw. - BaU. - Bez. Dortmund, — Dr. Schmidt vom
Landw.-Kegts.-Bezirk I. Berlin, — Dr. Himsch vom Landw.-BaU.-Bcz. Hirschberg,
— Dr. Schubert vom Landw.-BaU.-Bez. Glatz, — Dr. Siemon vom Landw.-BaU.-
Bez. Cottbus, — Dr. Ruckert vom Landw.-Bats.-Bez. Arolsen, — Dr. Fuchs
vom Landw. - Regte. - Bez. I. Berlin, — Dr. Boetticher vom Landw.-Bats.-Bez.
Kuppin, — Dr. Behnke vom Landw. - RegU. - Bez. I. Berlin, — Dr. Knauf vom
I>andw. - Bau. - Bez. Weimar, — Dr. Keil vom Landw.-Bats.-Bez. Torgau, —
Hiemenz vom Landw.-BaU.-Bez. Andernach, — Dr. Weiland vom Landw.-Bats.-
Bez. Aschen, — Dr. Pfeifer vom Landw.-BaU.-Bez. Weimar, — Dr. Jordan '
vom Landw.-Bats.-Bez. Marienbnrg, — Dr. Weiler vom Landw.-BaU.-Bez. Hamburg,
— Dr. Diesing vom Landw.-Bats.-Bez. 1. Brannschweig, — Löffler vom Landw.-
Bats.-Bez. Naumburg, — Dr. Schmidt vom Landw.-BaU.-Bez. Wohlan, — Dr.
V. Lukowicz vom Landw.-Bats.-Bez. Halle, — Genrich vom Landw.-Bats.-Bez.
Brandenburg a. H., — Dr. Helming vom Landw. - Bats. - Bez. Recklinghausen,
— Goehlich vom Landwehr - Bataillons-Bezirk Schweidnitz, — v. Jagodziiiski
vom Landwehr - Bataillons - Bezirk Gnescn, — zu Assist. - Aerzten 1. Kl. der
Reserve, — Dr. Beyer, Assist.-Arzt 2. Kl. der Landw. 1. AufgeboU vom Landw.-
BaU.-Bez. Gera, — Dr. Burkhard, Assist.-Arzt 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots
vom Landw.-Bats.-Bez. Meiningen, — zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der Landw.
1. Aufgebots, — Dr. Trainer, Assist.-Arzt 2. Kl. der Marine-Res. vom Landw.-
Bats.-Bez. Bochum, — Dr. Höpfner, Assist.-Arzt 2. Kl. der Marine-Res. vom
Landw.-BaU.-Bez. Hamburg, — zu Assist. - Aerzten 1. Kl. der Marine-Res.
— Die Unterärzte: Dr. Rahnke vom 2. Ostpreuss. Greu. - Regt, No. .3, —
Schelle vom Inf. -Regt. Prinz Friedrich Karl von Preussen (8. Brandenburg.) No. 64,
— Dr. Seiffert vom Brandenburg. Füs.-Regt. No. .35, — Dr. Metsch vom
3. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 66, dieser unter Versetzung zum 2. Magdeburg. Inf.-
Regt. No. 27, — Dr. Gillet vom 1. Rheiu. Feld-Art.-Regt. No. 8, — Dr. Kaether
vom HohenzoIIem. Füs.-Regt. No. 40, — Dr. Gerdeck vom Inf.-Regt. No. 131,
— Dr. Daiitwiz von demselben Regt., dieser unter Versetzung zum 1. Hannov.
I>rag.-Regt. No. 9, — Dr. Alt mann vom 4. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 67, — zu
Assist.-Aerzten 2. Kl., — die Unterärzte der Res.: Neubauer, Baserin,
Crüger vom Landw.-Bats.-Bez. Königsberg, — Dr. Mendel vom Landw.-Bats.-
Bez. Stettin, — Kuss vom Landw.-Bats.-Bez. Stargard, — Dr. Buddeberg vom
Landw.-Bats.-Bez. Bielefeld, — Dr. Dunkelberg vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin,
— Dr. Seyler vom Landw.-Bats.-Bez. Prcnzlau, — Dr. .Schuster, Dr. Wagner
vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, — Dr. .laworowicz vom Landw.-Bats.-Bez.
Neutomisehel, — Dr. Katz vom Landw.-Bats.-Bez. Beuthen, — Hoffinann vom
Landw.-Bats.-Bez. Neutomisehel, — zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res., —
die Unterärzte der Res.: Dr. Perls, Dr. Men de, Dr. Klinke vom Landw.-
Regts.-Bez. I. Breslau, — Dr. Hlubeck vom Ijjndw.-Bats.-Bez. Gleiwitz, — Dr.
Ressemann vom Landw.-Bats.-Bez. Bssen, — Dr. Bunsmann, Martini vom
Landw.-Bats.-Bez. I. Münster, — Dr. Wilmans vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg,
— Frhr. v. Blomberg, Findeisen vom Landw.-Bats.-Bez. Weimar, — Dr.
Kigenbrodt vom l>andw. -Bats. -Bez. I. Darmstadt, — Dr. Ritschel vom Landw.-
Bats.-Bez. Freiburg, — zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res., — Dr. Jahlo-
Dowski, Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Schwerin, zum
Assist.-Arzt 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots. — Dr. Blieduiig, Marine - Stabsarzt
ein Patent seiner Charge verliehen. — Dr. Wallis, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res.
vom Landw.-Bats.-Bez. Stralsund, im aktiven Sanilätskorps, und zwar als Assist.-
Arzt 2. Kl. mit Patent vom 18. März 1887 bei dem 7. Ponun. Inf.-Regt. No. 54,
— Dr. Peerenboom, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res. vom Landw.-Bats.-Bez. Geldern,
im aktiven Sanitätskorps , und zwar als Assist.-Arzt 2. Kl. mit Patent vom
4. August 1888 bei der Marine, — angestellt. — Dr. Lohriseh, .Stabs- und
Abtheil. - Arzt von der 2. Abtbeilung 2. Brandenburg. Feld - Art. - Regts. No. 18
78
(General-Fcidzeugmeister), znm Kadettenhausp in Culm, — Dr. Koehlau, Staba-
und Bats.-Arzt vom Fös.-Bat. 4. Thüring. Inf.-RegM. No. 72, lum 2. Bat. 6. West-
fal. Inf. - Regt». No. 55, — Dr. Pannwitz, Azsist - Arzt 1. Kl. vom Inf. - Regt.
No. 132, in die etat«mä»sige Stelle bei dem Gen.- und Korpaarzt dea XV. Armee-
Korps, — Dr. Letz, Aaaist.-Arzt 1. KI. vom Nassau. Feld-Art.-Regt. No. 27, in
die etatsmäs.sige Stelle bei dem Gen.- und Korpsarzt des XI. Armee-Korps, — Dr.
Kubier, AssisL-Arzt 2. Kl. vom 5. Bad. Inf. -Regt. No. 113, zum Bez.-Kommando
I. Berlin, — Schweb», Asaist.-Arzt 2. Kl. vom Schleswig - Holatein. Füs. - Regt.
No. 86, zur Marine, versetzt. — Dr. Gloyer, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Schleswig.
Inf.-Regt. No. 84, mit Pension, — Dr. Schumann, Stabsarzt der Landw. 1. Auf-
gebots vom Landw.-Bats.-Bez. Aschersleben, — Dr. Rosenthal, Assist.-Arzt 1. Kl.
der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Tilsit, diesem mit seiner bisherigen
Uniform, — Dr. Breycr, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res. vom Landw. - Regt». - Bez.
I. Breslau, — Müller, Assist- Arzt 1. Kl. der Marine-Res. vom Landw.-Bats.-Bez.
Giessen — der Abschied bewilligt. — Wefers, Marine-Assist-Arzt 1. Kl. von
der 1. Matrosendiv., aus dem aktiven Sanitätskorps ausgesohieden und zu den
Sanitäts-Offizieren der Res. der Armee Qbergctreten.
Potsdam, den 4. August 1888.
Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat Juni 1888
eingetretenen Veränderungen.
Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.
Den 1. Juni 1888.
Dr. Kuhlmey, einjährig - freiwilliger Arzt vom 2. Garde - Drag. - Regt., unter
Versetzung zum Nassau. Feld-Art-Regt. No. 27 zum Unterarzt ernannt;
den 9. Juni 1888.
Dr. Kuchendorf, einjährig -freiwilliger Arzt vom 4. Niederschle». Inf.-Regt.
No. 51, zum Unterarzt ernannt;
den 11. Juni 1888.
Dr. Altgelt, Unterarzt vom 2. Hannov. Inf.-Regt. No. 77, — Dr. v. Staden,
Unterarzt vom Oldenburg. Inf.-Regt. No. 91;
den 14. Juni 1888.
Bormann, Unterarzt vom Inf.-Regt. Prinz Friedrich der Niederlande
(2. Westfäl.) No. 15;
den 20. Juni 1888.
Dr. Schildener, Unterarzt vom 8. Westfäl. Inf.-Regt. No. 57, — Gunder-
loch, Unterarzt vom 3. Hannov. Inf.-Regt. No. 79, — Dr. Rahnke, Untersrzt
vom 2. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 3, — Bauck, Unterarzt vom 3. Garde-Gren.-
Regt. Königin Klisabeth;
den 21. Juni 1888.
Dr. Uthemann, Unterarzt von der Kaiserl. Marine;
den 23. Juni 1888.
Kröger, Unterarzt vom Anhalt. Inf.-Regt. No. 93, — Dr. Löhr, Unterarzt
vom Hannov. Füs. -Regt. No. 73;
den 27. Juni 1888.
Dr. Ockcl, Unterarzt vom Pomm. Füs.-Regt. No. 34;
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den 28. Juni 1888.
Dr. Merten, Unterarzt vom Magdeburg. Kür.-Regt. No. 7;
den 29. Juni 1888.
Dr. Weber, Unterarzt vom 2. Grossheizogl. Hess. Drag. - Regt. (Leib - Drag.-
Regt.) No. 24, — »ämmtlich mit Wahrnehmung je einer bei den betreffenden
Truppentheilen bezw. bei der Kaiser). Marine vakanten Assist.'Arzt-Stelle beauftragt.
Potsdam, den 12. Juli 1888.
Dr. Koenig, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Qarde -Ulan.-Regts.,
der Charakter als Oberstabsarzt 1. Kl. verliehen.
Peterhof, den 22. Juli 1888.
Dr. Kraepelin, Assist.-Arzt 1. KI. a. D., zuletzt von der Landw. des 2. Rats.
(Wohlau) 1. Schles. Landw.-Regts. No. 10, bei den Sanitätsoffizieren 2. Aufgebots
des Lsndw.-Bats.-Bez. Wohlau wiederangestellt.
Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.
Durch Vertagung des Kriegsministeriums.
Dr. Dieudonne, Unterarzt der Res., zum Unterarzt des Friedensstandes im
1. Chev.-Regt. Kaiser Alexander von Russland ernannt und mit Wahrnehmung
einer vakanten Assist.-Arzt-Stelle beauftragt.
Den 4. Juli 1888.
Dr. Mannheimer, Königlich Preuss. Assist.- Arzt 1. KI. a. D., als Assist.-Arzt
1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots (Ansbach) angestellt.
Den 27. Juli 1888.
Dr. V. Varennes-Mondasse, Stabsarzt des 1&. Inf.-Regts. König Albert
von Sachsen, mit Pension und mit der Erlaubniss zum Tragen der Uniform der
Abschied bewilligt. — Böhm, Unterarzt im 3. Chev.-Regt. Herzog Maximilian,
znm Assist.-Arzt 2. Kl. befördert.
Veränderungen im Königlich Württembergiechen Sanitäts-Korps.
Den 6. Juli 1888.
Dr. Kloos, Unterarzt der Res. im Landw. - Bats. - Bez. Ellwangen, — Dr.
Finckh, Unterarzt der Bes. im Landw. -Bats.- Bez. Stuttgart, — zu Assist.-
Aerzten 2. Kl. der Res. ernannt.
Durch Verfügung des Korps-Generalarztes.
Den 2C. Juni 1888.
Dr. Wendel, einjährig-freiwilliger Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 122, mit Wirkung
vom 22. Mai d. J. znm Unterarzt des aktiven Dienststandes ernannt und vom
26. Juni ab mit Wahrnehmung einer bei dem genannten Regt, vakanten Assist.-
Arzt-Stelle beauftragt.
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Ordensverleihungen.
Prenssische:
Stern und Kreuz der Comthnre des Königlichen Haus-Ordens von
HohenzoUern:
Generalarzt 1, Kl., Geheimer Medizinalrath und Professor Dr. r. Bergmann
zu Berlin.
Andc re;
Das Ritterkreuz 1. Kl. des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Haus-
Ordens:
Stabs- und Bats.-Ärzt Dr. Qroschke im C. Thüring. Inf.-Regt. No. 95.
Ritterkreuz des Königlich Norwegischen St. Olafs-Ordens:
Stabsarzt Dr. Löffler vom medizinisch-chirurgischen Friedrioh-Wilhelms-Institnt.
Kaiserlich Japan isclier Verdienst-Orden der aufgehenden Sonne 4. Kl.:
Stabsarzt Dr. Scheibe im 1. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 26, kommandirt zur
Medizinal-Abtbeilnng des Kriegsministeriums.
Familien -Nachrichten.
Verlobungen: Dr. Martin Siegfried, Stabsarzt im Leib - Gren.- Regt., mit Frl.
Magarethe Riemer (Frankfurt a. O.). — Dr. Otto Bungeroth, Stabs- und Bats.-
Arzt im Niederrhein. Füs. - Regt. No. 39, mit Frl. Margarethe Mannesminn
(Düsseldorf — Remscheid - Bliedinghausen). — Dr. Otto Biümcke, Assist. - Arzt;
2. Kl. der Res., mit Frl. Elsbeth Henning (Berlin).
Verbindungen: Dr. Dietrich, Assist. - Arzt 2. Kl. der Res., mit Frl. Gertrud
Hahn (Schwedt a. O. — Rüdersdorf bei Berlin).
Geburten: (Sohn) Stabsarzt Dr. Krause (Kadettenhaus Oranienstein). — Dr.
Kapff, Stabsarzt a. D. (Schlettstadt). — Dr. Krcyscrn, AssisL-Arzt 1. Kl. ün
4. Oberschles. Inf.-Regt. No. 63 (Ncisse).
Todesfälle; Dr. Hesse, Oberstabsarzt 1. Kl. und Gamisonarzt, Sohn Gustav
Adolf, cand. Juris (Cöln). — Dr. Hugo Goldhorn, Oberstabsarzt 2. Kl. und
Regts.-Arzt im H. Hannov. Inf.-Regt. No. 79 (Hildesheim). — Dr. Franz Büttner,
Generalarzt z. D. ^Berlin). — Dr. Sebuchardt, Stabs- und Bats.-Arzt im Inf.-
Regt. Nu. 98, Tochter Elli (Metz).
üedrackt in der Königl. Hof bnchdructerei von £. S. Mittler k Sohn, Berlin SW., Koebetr. C8 — 70.
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Amtliches Beiblatt
zur
Deutschen militärärztlichen Zeitschrift
1888. — Siebzehnter Jahrgang. — ^ 9 u. 10.
KTiegsministerium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 16. Juli 1888.
Da zur Diirchfnbning des neuen Etats an Apothekengeräthen vom 12. De-
zember 1887 — No. 646/12. 87. M. A. — besondere Mittel zur Zeit hier niebt
verfügbar sind, so kümicn die erforderlichen Beschaffungen zunächst nur nach
Maassgabe des dortseitigen Dtensiliengelder-Konds statttinden.
Es wird Wertb darauf gelegt, dass in erster Linie die Ausstattung der Korps-
Arznei-Reserve und der Dispensir - Anstalt am Sitze des Generalkommandos zur
Ausführung gelangt.
Ob nicht durch Umbezeichnung alter, bezw. in den dortseitigen Dispositions-
beständen vorhandener Standgefässe sich wesentliche Ersparnisse erzielen lassen,
wäre in Betracht zu ziehen.
Die seither im Gebrauche befindlichen Repositorien — Arzneigerüste — sind
zunächst beizubehalten und würden Neubeschuffungen nur da zulässig sein, wenn
die Umänderungen zu erhebliche Ko.sten verursachen oder aus anderen Gründen
nicht durchführbar erscheinen sollten. Wegen der neuen Zeichnungen für diese
Arzneigenlste sind die Verhandlungen noch niebt ganz abgeschlossen.
Auch die Beschaffung neuer Dampf- und Destillir-Apparatc kann nur allmälig
nach Maassgabe der verfügbaren Mittel erfolgen.
Euer Hochwohlgeboren wollen das hiernach Erforderliche im Einvernehmen
mit der Korps-Intendantur gefälligst in die Wege leiten.
Zum 15. April ist zu melden, welche Kosten für die weiteren Ergänzungen
nach dem neuen Etat erforderlich werden und welcher Betrag hierfür im Korps-
bezirk verfügbar ist.
I. V.
No. 999/5. 88. M. A. v. Coler.
Kriegsministerium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 28. Juli 1888.
Tekturen zur Kriegs-Sanitäts-Ordnung vom 10. Januar 1878.
Beilage 6 Seite 405/445 — Oekonomischer Etat — nebst Packordnungen.
Beschreibung des Kranken- und Verbindezeltes nebst Abbildungen.
Die vorbezeichneten Nachträge sind im Verlage der Königlichen Hofbueb-
handlung von E. S. Mittler & Sohn, Berlin SW., Kochstrasse 68 — 70, und zwar
bei unmittelbarer Bestellung zum Preise von 45 Pf. für das Exemplar zu beziehen.
I. V.
V. Coler.
No. 1287/7. 88. M. A.
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Kriegsministerium. ' ’
Allgemeines Kriegs-Departement. Berlin, den 27. Juli 1888.
Ansrüitangs-Nachweisniig für ein Sanitäls-Detaehemcnt
Den Koromandobelirirden wird die vorbezeichnotc Ausrüstungs-Nai’hweisuiig,
welche au Stelle der im Druckvorschriften-Etat unter A 3 No. 25 aufgeführten tritt,
mit Vertheiluiigsplan unter Umschlag übersandt werden.
V. Blume.
No. 30/7. 88. A. 3.
Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.
Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.
Befördert werden: Dr. Leuchert, Assist.-ArU 2. Kl. vom 4. Bad. Inf.-
Regt. Prinz Wilhelm No. 112, — Dr. Kühler, Assist.-Arzt 2. Kl. vom Bezirks-
kommando I. Berlin, — Dr. Roland, Assist.-Arzt 2. Kl. vom Kadettenbause zn
Plön, — zu Assist.- Aerzten 1. Kl., — Löchner, Assist.-Arzt 2. Kl. der
I>andw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Torgau, zum Assist.-Arzt 1. Kl., —
Dr. Sander, Marine - Assist. - Arzt 1. Kl. von der 1. Matrusendiv., zum Marine-
Stabdarzt, vorlüulig ohne Patent, — Dr. Erdmann, Marine-Assist.-Arzt 2. KL von
der 1. Matroseudiv., zum Marine-Assist.-Arzt 1. KL, vorläufig ohne Patent; — die
Unterärzte: Dr. Ockol vom Pomm. Küs.-Regt. No. 34, unter Versetzung zum
Inf.-Regt. No. 129, — Krüger vom Anhalt. Inf.-Regt. No. 93, unter Versetzung
zum 1. Hessischen Hus. - Regt. No. 13, — Dr. Merten vom Magdeburgisehen
Kürassier-Regiment No. 7, unter Versetzung zum Infanterie-Regiment No. 128, —
Dr. Kuchendorf vom 4. Niederschlesischen Infanterie-Regiment No. 51, — Bor-
mann vom Inf.-Regt. Prinz Friedrich der Niederlande (2. Westfäl.) No. 15, dieser
unter Versetzung zum Inf.-Regt. No. 132, — Dr. Altgclt vom 2. Hanuov. Inf.-
Regt. No. 77, — Gunderloch vom 3. Hannov. Inf.-Regt. No. 79, dieser unter
Versetzung zum 2. Bad. Gren.-Regt. Kaiser Wilhelm I. No. 110, — Dr. v. Staden
vom Oldeuburg. Inf.-Regt. No. 91, unter Versetzung zum Schleswig. Inf.-Regt.
No. 84, — Dr. Löhr vom Hannov. Ffls. -Regt. No. 73, unter Versetzung zum
1. Hannov. Ülan.-Regt No. 13, — Dr. Weber vom 2. Grossherzogi. Hess. Drag.-
Regt. (Lcih-Drag.-Regt.) No. 24, — zu Assist. - Aerzten 2. KL, — Dr. Uthemann,
Marine-Unterarzt von der 1. Matrosendiv., — Dr. Hoffmann, Marine - Unterarzt
von der 2. Matrosendiv., — z u Ma ri n e- AssisL -Aerzten 2. KL; — die Unter-
ärzte der Res.: Dr. Höniger vom Landw.-Bats.-Bez. Inowrazlaw, — Dr.
Westphal vom Landw.-Bats.-Bez. Heidelberg, — Dr. Kreich vom Landw.-Regts.-
Bez. I. Berlin, — Rocco vom Landw.-Bats.-Bez. Halle, — Dr. Jadassohn von»
Landw. - Regls. - Bez. I. Breslau, — Dr. Pietrusky I., Dr. Pietrusky II. vom
Landw.-Bats.-Bez. Striegau, — Dr. Lasker vom Landw.-Bats.-Bez. Beuthen, —
Dr. van Perlstein, Dr. Sjüström vom Landw.-Bats.-Bez. Cöln, — Dr. Pohl
vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, — Dr. Jaspersen vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel,
— Dr. Grüneberg, Dr. Hahn vom Landw.-Bats.-Bez. Altona, — Dr. Fallmeier
vom Landw.-Bats.-Bez. Nienburg, — Dr. Schmidt vom Landw.-Bats.-Bez.
Hannover, — Dr. Leymann vom Landw.-Bats.-Bez. Arolsen, — Dr. Durlach
vom Landw.-Bals.-Bez. II. Brannsehweig, — Bartikowski vom Landw.-Bats.-Bez.
I. Oldenburg, — Dr. Vogel vom Landw.-Bats.-Bez. Mainz, — Wallot vom Landw.-
Bats.-Bez. Worms, — Breiderhoff, Dr. Meyer vom Landw.-Regts.-Bcz. I. Berlin,
— Wenderoth vom Landw.-Bats.-Bez. L Cas.sel, — Besser vom Landw.-Bats.-
Bez. Freiburg, zu Assist.-Aerzteu 2. Kl. der Res., — Steffan, Unterarzt der
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Landw. 1. Aufgebots vom Landw. - Bsts. - Bez. Heidelberg, zum Assist.-Arzt 2. Kl.
— Dr. Ernesti, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 1. Garde-Regt. zu Fuss,
der Charakter als Oberstabsarzt I. KU verliehen. — Dr. Heinzei, Oberstabsarzt
1. Kl. und Regts.-Arzt vom Hess. Fils.-Regt. No. 80, — Dr. Augstein, Stabsarzt
der Landw. 2. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Bromberg, — Dr. Maurer, Stabs-
arzt der Landw. 2. Aufgebots vom l..andw.-Bats.-Bez. I. Darmstadt, — Dr. Thiem,
Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Cottbus, — ein Latent
ihrer Charge verliehen. — Dr. Heraucourt, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res. vom
Landw.-Bats.-Bez. Strassburg, im aktiven Sanitätskorps, und zwar als Assist.-Arzt
2. Kl. mit einem Patent vom 25. August 1888 bei dem Fcld-Art.-Rcgt. No. 31, an-
gestcUt — Dr. Müller, Stabs- und Bats.-Arzt vom Garde-Füs-BaU 1. Grossherzogi.
Hess. Int- (Leibgarde-) Regte. No. 115, zum 2. Bat. 4- Grossherzogl. Hess. Iiit-
Regts. (Prinz Carl) No. 118, — Dr. Weber, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 4. Westfäl.
Int-Regt. No. 17, zum 5. Bad. Inf.-Regt. No. 113, — versetzt. — Dr. Kappesser,
Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 1. Grossherzogl. Hess. Drag.-Regt. (Garde-
Drag.-Regt.) No. 23, beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsürztlichen Funktionen
bei der Grossherzogl. Hess. (25.) Div., als Generalarzt 2. Kl. mit Pension und
seiner bisherigen Uniform, — Dr. Kittel, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots vom
Landw.-Bats.-Bez. Tilsit, mit seiner bisherigen Uniform, — der Abschied be-
willigt — Dr. Oelkers, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat 4. Gro.ssberzogl.
Hess. Inf. - Regts. (Prinz Carl) No. 118, mit Pension aiisgesehieden. — Prof. Dr.
Loeffler, Stabsarzt vom medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut, aus
dem aktiven Sanitätskorps ausgeschieden und zu den Sanitätsoffizieren der Res. über-
getreten.
Berlin, den 25. August 1888.
Naebweisung der beim Sanitäts-Korps sonst eingetretenen
Veränderungen.
Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.
Den 4. Juli 1888.
Dr. Ziemann, einjährig -freiwilliger Arzt vom Gren.-Regt. König Friedrich
Wilhelm IV. (1. Pomm.) No. 2, unter gleichzeitiger Versetzung zum 5. Pomm.
Inf.-Regt No. 42 zum Unterarzt ernannt;
den 6. Juli 1888.
Dr. Hoffmann, Unterarzt von der KaiserL Marine;
den 14. Juli 1888.
Boeck, Unterarzt vom 5. Ostpreuss. Inf.-Regt No. 41, — Dr. Barchewitz,
Unterarzt vom 7. Pomm. Inf.-Regt No. 54, — Gralow, Unterarzt vom König
Wilhelm I. Gren.-Regt (2. Westpreuss.) No. 7;
den 16. Juli 1888.
Dr. Brunk, Unterarzt vom Niederschles. Feld-Art.-Regt No. 5;
den 17. Jnli 1888.
Reischauer, Unterarzt vom 6. Westfäl. Inf.-Regt No. 55, — Dr. Ueuduck,
Unterarzt vom 2. Hannov. Feld-Art-Regt. No. 26;
den 19. Juli 1888.
Dr. Esselbrügge, Unterarzt vom Niederrhein. Füs.-Regt. No. 39, — Dr. Meyer,
Unterarzt von der Kaiser!. Marine;
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den 25. Juli 1888.
Lorentz, Unterarzt vom Hiis.-Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich Küiiig
von Ungarn (Schleswig-Holstein.) No. 16, — Dr. Buschow, Unterarzt vom Col-
herg. Gren.-Regt. (2. Pomm.) No. 9, — Brinker, Unterarzt vom 8. Rhein. Inf.-
Regt. No. 70, — Dr. Münzer, Unterarzt vom Brandenburg. Füs.-Regt. No. 33, —
Dr. Christoffers, Unterarzt vom Schles. Feld-Art. -Regt. No. 6;
den 28. Juli 1888.
Dr. Hofman, Unterarzt vom Garde-Fuss-Art.-Regt., — Dr. Wimmer, Unter-
arzt vom Magdeburg. Fiis.-Regt. No. 36, — Dr. Strein, Unterarzt vom 1. Gross-
herzogl. Hess. Inf.- (Leibgarde-) Regiment Nu. 115;
den 3. August 1888.
Dr. Priessnitz, einjährig -freiwilliger Arzt von der II. Matrosendiv. , zum
Unterarzt ernannt, — sämmtlich mit Wahrnehmung Je einer bei den betreffenden
Truppentbeilen hezw. bei der Kaiserl. Marine vakanten Assist.-Arzt-Stelle beauftragt.
(Chef d. Adm. v. 10. 8. 88.)
Dr. Pecrenboom, Assist.-Arzt 2. Kl., der Marinestation der Nordsee zu-
getbeilu
Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.
Den 8. August 1888.
Dr. Pfaff, Assist.-Arzt 2. Kl. des 18. Inf.-Regts. Prinz Ludwig Ferdinand,
auf Nachsucheii zu den Sanitätsoffizieren der Ros. versetzt.
Den 13. August 1888.
Dr. Neumayr, Ober-Stabsarzt 2. Kl. und Regts-Arzt vom 17. Inf.-Regt. Orff,
als Gam.-Arzt zur Kommandantur der Festung Germersheim, — Dr. Bergmüller,
Stabs- und Bats.-Arzt vom 17. Inf.-Regt. Orff, zum 2. Pion.-Bat., — Jacoby,
Assist.- Arzt 2. Kl. vom 17. Lif.-Regt. Orff, zum 4. Inf.-Regt. König Karl von
Württemberg, — Ehehalt, A.ssist.-Arzt 2. Kl. vom 15. Infanterie-Regiment König
Albert von Sachsen, zum 9. Inf.-Regt. Wrede, — versetzt. — Dr. Feuerbach,
Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Pion.-Bat., zum Ober- Stabsarzt 2. Kl. und Regts-
Arzt im 17. Inf.-Regt. Orff, — Dr. Patin, Assist.-Arzt I. KL vom 2. Feld-Art.-
Rcgt, Hom, zum Stabs- und Bats.-Arzt im 13. Inf.-Regt. König Albert von Sachsen.
— Dr. Ludwig, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 9. Inf.-Regt. Wrede, zum Stabs- und Bats.-
Arzt im 17. Inf.-Regt. Orff, — Dr. Hoffmann (Augsburg), Dr. Küllikcr (Hof),
Assist.-Aerzte 1. Kl. der Res., zu Stabsärzten der Res., — Dr. Müller (Rosenheim),
Dr. Henkel (Wasserburg), Dr. Ritter v. Dall’Armi, Dr. Brunner (I. München),
Dr. Rott (Ingolstadt), Dr. Salecker (Hof), Dr. Richrath, Dr. Baumeister
(Kaiserslautern), Assist. -Aerzte 1. Kl. in der Landw. 1. Aufgebots, zu Stabsärzten
der Landw., — Dr. Pleycr, Assist.-Arzt 2. Kl. im Inf.-Leib-Rcgt., — Dr. Miller,
Assist.-Arzt 2. Kl. im 6. Chev.-Regt. Grossfürst Constantiu Nieolajewitsch, — zu
AssisL- Aerzten 1. KL, — Dr. Orth (I. München), Dr. Bachl (Vilshofen),
Dr. Marzodko, Dr. Guttmann (llof), Dr. (Wiener (Ansbach), Dr. Graser
(Erlangen), Dr. Bäudler (Bamberg), Dr. Willerding, Dr. Trier, Dr. Heyne,
Dr. Buss, Dr. Carlsou (Kissingen), Dr. Ginlini (Würzbnrg), Steinhoff
(Aschaffenhurg) , Dr. Lindner, Dr. Sturm, Dr. Fischer, Dr. Meyer (Kaisers-
lautern), Dr. Pollack, Dr. Fischer (Speyer), Assist.-Aerzte 2. Kl. in der Res.,
zu AssisL -Aerzten 1. Kl. der Res., — Dr. Held (I. München), Dr. Maul (Ingol-
stadt), Francke (Würzbnrg), Dr. Stern (Aschaflenburg) , Dr. Sichert (Speyer),
AssisL-Aerzte 2. KL in der Landw. 1. Aufgebots., — Dr. Urlaub (IL München),
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85
Hsrtig (Kitzingen), Dr. Rode (Kissingen), Assist. -Aerzte 2. Kl. in der Landw,
2. Aufgebots, — zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der Landw., — Pürckhauer,
Schnlze-Kump, Dr. Jäger, Dr. Enderlen, Martin, Dr. Elten, Einbaus,
Israel, Dr. Deutschländer (I. München), Erhard (Dillingen), Schütz (Würz-
burg), Unterärzte in der Res., zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res., — befördert.
Durch Verfügung des Kriegsministeriums.
Dr. Mchltrettcr, einjährig-freiwilliger Arzt Tom 9. Inf.-Regt Wrede, zum
Unterarzt im 4. Inf.-Regt. König Karl von Württemberg ernannt und mit Wahr-
nehmung einer vakanten Assist.-Arzt-Stelle beauftragt.
Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Korps.
Den 10. August 1888.
Dr. Rudloff, Stabs- und Bats.-Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 103, zu den Sanitäts-
offizieren der ReS. mit der Aussicht auf Wiedcranstellung im aktiven Sanitäts-
Offizierkorps versetzt. — Dr. Roescli, Assist.-Arzt 1. Kl. im Carabinier-Hcgt., zum
Stabs- und Bats.-Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 103 befördert. — Dr. Hesselbach,
Assist-Arzt 1. Kl. im 8. Inf.-Regt. Prinz Johann Georg No. 107, zum Carabinier-
Regt., — Dr. Zimmer, Assist.-Arzt 1. Kl. im 3. Inf.-Regt. No. 102 Prinz-Regent
Luitpold von Bayern, zum 8. Inf.-Regt. Prinz Johann Georg No. 107, — versetzt.
— Ilangg, Unterarzt im 2. Gren. - Regt No. 101 Kaiser Wilhelm König von
Preussen, unter Versetzung zum Pion. - Bat. No. 12, zum Assist.-Arzt 2. Kl., —
Seile, Unterarzt der Res. vom Landw, - Bats. - Bez. I. Dresden, zum Assist. - Arzt
2. Kl. der Res., — befördert.
Durch Verfügung des Kriegsministeriums.
Den 26. August 1888.
Dr. Friedrich, einjährig -freiwilliger Arzt des 3. Jäger-Bats. No. 15, als
Unterarzt des Aktivstandes bei dem 2. Gten.-Uegt. No. löl, unter Beauftragung
mit Wahrnehmung der bei diesem Truppentheile vakanten assist. -ärztlichen Stelle
vom 1. September er. ab augestellt.
Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts-Korps.
Den 26. Juli 1888.
Dr. Müller, Assist.-Arzt 1. Kl. im Gren.-Regt. Königin Olga No. 119, in das
Ulan.-Regt. König Karl No. 19 versetzt.
Den 6. August 1888.
Dr. Klopfer, Assist.-Arzt 1. Kl. im Gren.-Regt. Königin Olga No. 119,
kommandirt zur Universität Tübingen, bis zum 31. März 1889 in diesem Kommando-
verhältniss belassen.
Den 12. August 1888.
Dr. Widenmann, Unterarzt im Inf.-Regt. Kaiser Wilhelm König von Preussen
No. 120, unter Versetzung in das Gren.-Regt. Königin Olga No. 119, zum Assist.-
Arzt 2. Kl. ernannt.
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Ordensverleihungen.
Preussiach e:
Rother Adler-Orden 4. KI.:
Dr. lleutcl, Stabsarzt der Landw. zu Elbing.
Königlicher Kronen-Orden dritter Klasse:
Ober - Stabsarzt 1. Kl. a. D. Dr. Puhlmann zu Potsdam, bisher Regts.-A.rzt
des Leib-Garde-Uua.-Regts.
Andere:
Ritterkreuz zweiter Klasse mit Eichenlaub des Grossherzoglich
Badischen Ordens vom Zähringer Löwen:
Stabsarzt Wicke, ä la suite des Sanitätskorps und kommandirt zuin Aus-
wärtigen Amte als Arzt des Togogebietes.
Fürstlich Reusaisches Ehrenkrenz 3. Kl.;
Ober-Stabsarzt a. D. Dr. Kidder (Bückeburg).
Familien -Nachrichten.
Verlobungen: Dr. Julius Kriese, Assisb-Arzt 1. Kl. d. Ree. mit Frl. Anna
Kreuzburg (Ahrweiler).
•Verbindungen: Dr. Balmer, Stabsarzt, mit Frl. Ida Werner (Leipzig).
Geburten; (Sohn) Dr. Hecker, Stabsarzt (Düsscldorl). — Dr. Schaffrath,
Stabsarzt (Chemnitz). — (Tochter) Dr. Heinrici, Stabsarzt (Krummhübel).
Todesfälle: Dr. Eduard Storch, Stabs- und Bats.-Aizt im Hohenzollern. Ffis.-
Regt. No. 40 (Cöln). — Dr. W’agner, Oberstabsarzt, Frau Eleonore, geb. Htrtb,
(München). — Dr. Friedrich Kremers, Generalarzt a. D. (Wiesbaden). —
Dr. Ilelbig, Oberstabsarzt 1. Kl. z. D. (Dresden). — Dr. Ferdinand Gronert,
Generalarzt a. D. (Berlin). — Dr. Hahn, Oberstabsarzt 1. Kl., Regts.-Arzt im
Kaiser Alexander Garde-Gren.-Regt. No. 1, Tochter Ilse (Berlin). — Dr. Karl Moritz
Ziegler, Oberstabsarzt 1. Kl. z. D. (Blasewitz).
General -Rapport
von den Kranken der Königlich Prensaiechen Armee, des XII. (Königlich
Sächsischen) and des XIII. (Königlich Württembergiseben) Armee-Korps,
sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen
Besatznngs-Brigade pro Monat April 1888.
1) Bestand am 31. März 1888; 10 509 Mann and 29 Invaliden.
2) Zugang:
im Lazaretb 10 G84 Mann und 1 Invaliden,
im Revier 19 214 - - 7 -
Summa 29 898 Mann and 8 Invaliden.
Mithin Summa des Bestandes and Zuganges 40 407 Mann and 37 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 9,4°/o und 20,7%.
3) Abgang:
geheilt ....
26 896 Mann, 3 Invaliden,
gestorben . . .
94 - — -
invalide ....
162 - —
dienstanbraachbar
295 - —
anderweitig . . .
407-11
Summa .
. 27 854 Mann, 14 Invaliden.
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87
4) Hiernach sind:
geheilt 66,6<>/o der Kranken der Armee und 8,1 % der erkrankten
Invaliden,
gestorben 0,23o/o der Kranken der Armee and — % der erkrankten
Invaliden.
5) Mithin Bestand:
am 30. April 1888 12 553 Mann and 23 Invaliden,
in Proaenten der E£Fektivstärke 2,9<>/« and 12,8‘’/o*
Von diesem Krankenstände befanden sich:
im Lazareth 8 627 Mann und 1 Invaliden,
im Revier 3 926 - - 22
Es sind also von 430 Kranken 286,2 geheilt, 1,0 gestorben, 1,7 als
invalide, 3,1 als dienstanbranchbar, 4,4 anderweitig abgegangen, 133,6 im
Bestände geblieben.
Von den Gestorbenen der aktiven Trappen haben gelitten an:
Rose 1, Diphtheritis 2, Eitervergiftung 1, Unterleibstyphns 5, epidemischer
Genickstarre 5, akutem Gelenkrheumatismus 3, Blutkrankbeit 1, Zucker-
rohr 1, Starrkrampf 1, Nervenleiden 2, Hirn- und Hirnhautleiden 8,
Rückenmarksleiden 2, Kehlkopfkatarrh 1, Lungenentzündung 19, Lungen-
blutung 2, Lungenschwindsucht 16, Brustfellentzündung 3, Herzleiden 2,
Lymphdrüsenvereiterung 1, Darmentzündung 2, Leberleiden 1, Bauchfell-
entzündung 7, Nierenleiden 1, Furunkel 1, Knochenentzündung 2, Knie-
gelenksentzündung 1. An den Folgen einer Verunglückung: Erstochen
durch Kameraden 1. An den Folgen eines Selbstmordversuchs:
Erscbiessen 1, Phosphorvergiftung 1.
Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver-
storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 23 Todesfälle vorgekommen,
davon 8 durch Krankheit, 3 durch Verunglückung, 12 durch Selbst-
mord; so dass die Armee im Ganzen 117 Mann durch den Tod
verloren hat.
Nachträglich pro Januar d. J.:
1 Verunglückung durch Ertrinken.
General -Rapport
von den Kranken der Königlich Preussischen Armee, des XII. (Königlich
Sächsischen) und des Xlll. (Königlich Wörttembergischen) Armee-Korps,
sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen
Besatzungs-Brigade pro Monat Mai 1888.
1) Bestand am 30. April 1888: 12 553 Mann und 23 Invaliden
2) Zugang:
im Lazareth 9 497 Mann und 2 Invaliden,
im Revier 16 400 - - 6 -
Summa 25 897 Mann und 8 Invaliden.
Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 38 450 Mann und 31 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 9,0% uud 16,6%.
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88
3) Abgang:
geheilt ....
. 25 857 Mann,
9 Invaliden,
gestorben . . .
120 -
—
invalide ....
203 -
—
dienstunbranchbar
318 -
—
anderweitig . .
394 -
—
Summa .
. 26 892 Mann,
9 Invaliden.
4) Hiernach sind:
geheilt der Kranken der Armee und 2,9Vo der erkrankten
Invaliden,
gestorben 0,31<>/o der Ejtmken der Armee und — »/o der erkrankten
Invaliden.
5) Mitbin Bestand:
am 31. Mai 1888 11 558 Mann und 22 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 2,7°/o und 12,2'>/o.
Von diesem Krankenstände befanden sich:
im Lazaretb 7 818 Mann und 3 Invaliden,
im Revier 3 740 - - 19
Es sind also von 321 Kranken 215,9 geheilt, 1,0 gestorben, 1,7 als
invalide, 2,7 als dienstnnbrauchbar, 3,3 anderweitig abgegangen, 96,4 im
Bestände geblieben.
Von den Gestorbenen der aktiven Truppen « haben gelitten an:
Scharlach 2, Dipbtheritis 1, Blutvergiftung 3, Unterleibstyphus 9, epidemi-
scher Genickstarre 2, akutem Gelenkrheumatismus 3, Blutarmuth 1,
Hitzscblag 1, Darmtuberkulose 1, Hirn- und Hirnbautleiden 9, Kiicken-
marksleiden 1, Lungenentzündung 36, Lungenschwindsucht 30, Brustfell-
entzündung 5, Herzleiden 1, Mandelentzündung 1, Krebs der Speiseröhre 1,
innerem Darmverschluss 1, Leberleiden 1, Bauchfellentzündung 3, Nieren-
leiden 3, Blasenleiden 1, Zellgewebsentzündung 1. An den Folgen einer
Verunglückung: Gebirnschlag durch Fall vom Schemel 1, Erschiessen
ans Unvorsichtigkeit 1. An den Folgen eines Selbstmordversuchs: Er-
bängeu 1.
Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver-
storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 30 Todesfälle vorgekommen,
davon 1 durch Krankheiten, 8 durch Verunglückung, 21 durch Selbstmord;
so dass die Armee im Ganzen 149 Mann durch den Tod verloren hat.
Nachträglich pro April d. J.:
1 Mann an Lungenentzündung, 1 Mann an Brnstfellentzündnng; ferner:
1 Selbstmord durch Ertränken.
Gednickt io der Königlichen HofbucbUrnckerei von E. S. Mittler k Sohn, ßerlin, Kochbiruse 6ö — 70.
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Amtliches Beiblatt
zur
Deutschen militärärztlichen Zeitschrift
1888. — Siebzehnter Jahrgang. — ^11.
KriegsmiDistciium.
Medizinal - Abtbeilnng. Berlin, den 26. Juli 1888.
Krankenthermometcr.
Nach Mittheilung der l’hysikalisfh-technischen Reichsanstalt, Abtheilung II,
vom 25. Mai d. J. werden in den von derselben ausgestellten Früfungsbescheini-
gungen für ärztliche Thermometer die Prüfungsergebnisse auf das Gasthermometer
bezogen, und es sind die Angaben des letzteren in Temperaturen zwischen 20 und
30 Grad durchschnittlich 0,1 Grad niedriger als die Angaben desjenigen Normal-
Thermometers, welches bei den früher von der Kaiserlichen Normal- Aichungs-
Kommission ausgegebenen Prüfungsbesoheinigungen zu Grunde gelegen hat.
Um nun die für die Krankenbehandhing durchaus erforderliche Gleichheit der
Thermometerangaben zn erzielen und um Schwierigkeiten bei der Neubeschaffung
von Krankenthermometern zu vermeiden, wdrd Folgendes bestimmt:
Jede Korps-Vcrbandmittelreserve sendet sogleich ihr Normal-Thermometer der oben
bezeichneten Rcicbsanstalt ein zur Bewirkung des Anschlusses an das Gasthermometer
durch eine neue Vergleichung. Diese Vergleichung erfolgt gebührenfrei.
Sobald das Nomial-Thcrmometcr mit neuem Fehlerverzeichniss zurückgelangt
ist, prüft die Verbandmitteircserve die Vergleichs-Thermometer sämmtlicher Garnison-
Lazarethe und des Traindepots und stellt neue Fehlerverzeiehnisse ans.
Demnächst prüft jedes Gamison-Lazareth und Traindepot sämmtliche ihm
gehörige Krankenthermometer nach dem Vergleichs-Thermometer.
Bei der Prüfung der Vergleichs-Thermometer und der Krankenthermomefer ist
nach der Verfügung vom 28. 8. 83. No. 1499/6. M. M. A. zu verfahren.
Euer Hochwohlgeboren wollen gefälligst das Weitere den Lazarethen etc. gegen-
über veranlassen und dafür Sorge tragen, dass s. Zeit allen behandelnden Militär-
ärzten von der Aeuderung der Kraiikenthermometer Kenntniss gegeben wird.
Dem Traindepot gegenüber wird die Königliche Korps-Intendantur, welche
Abschrift hiervon erhält, das Weitere veranlassen.
No. 1377/5. 88. M. A.
I. V.
v. Coler.
Kriegsministerium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 27. September 1888.
Zur Behebung vorgekommener Zweifel in Bezug auf die Verrechnung der Kosten
für bewegliche Lazareth-Bnraeken (Döckersche u. s. w.) wird der Königlichen
Intendantur Nachstehendes ergebenst mitgetheilt.
Die Kosten für derartige Baracken, wie solche von den Lieferanten fertig
geliefert werden, sowie die Kosten der Versendung, der Aufstellung und der Unter-
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haltting sind — wenn nicht ein anderer ausserordentlicher Fonds diesseits besonders
bestimmt wird — ans dem Utensiliengelder-Fonds (Titei 15 Kapitel 29) lu bestreiten.
Dasselbe gilt für die Fussbüden, Welche als Zeltzubebür gleichzeitig von den Lieferanten
mitbeschafft werden.
Etwa entstehende Kosten für Aufhöhung und Befestigung des Fussbodens, sowie
für eine ausnahmsweise Untermauerung, ferner die Kosten für die anf^tellcndcn
Oefen und für die Fussbüden, welche nicht mit den Baracken geliefert, sondern an
Ort und Stelle beschafft werden, sind dagegen auf den Baufonds (Titel 16 Kapitel 29)
zu übernehmen.
Falls von Vorstehendem seither in einzelnen Fällen etwa abweichend verfahren
sein sollte, würde diesseits nichts dagegen zu erinnern sein, wenn von einer nach-
träglichen Fonds -Ausgleichung Abstand genommen wird.
I. V.
V. Coler.
J. No. 1044/9. 88. M. A.
Kricgsministeriiim.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 16. Oktober 1888.
A.-V.-Bl. No. 27, Ko. 230.
Termin für die Befürderungs- bz. Verabschiedungs-Vorschläge von
Apothekern des Beurlaubtenstandes.
Befürderungs- bz. Verabschiedungs-Vorschläge von Apothekern des Beurlaubten-
standee sind in Zukunft nicht mehr monatlich, sondern vierteljährlich der Medizinal-
Abthcilung vorzulcgen.
I. V.
V. Coler.
No. 851/10. 88. M. A.
Kriegsministerium.
Medizinal- Abtheilung. Berlin, den 18. Oktober 1888.
A.-V.-Bl. No. 27, No. 241.
Gewährung eines Entlassungsanzuges an Militärkrankenwärter.
Zur Behebung von Zweifeln wird darauf aufmerksam gemacht, dass für die
Gewährung eines Entlassungsanziiges an Militärkrankcuwärter die Bestimmungen
des §. 10 der Bekleidungs-Ordnung maassgebend sind.
I. V.
T. Coler.
1176/9. 88. M. A.
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91
Kricgsminitteriiun.
Aiutelhings-Abtheilong. Berlin, den 19. Oktober 1888.
A.-V.-B1. No. 27. No. 242.
Wiederbolnng derMeldungen der in den BewerberTerzeichniieen der
Behörden snfgefQhrten Miiitüranwärter.
Unter Hinweis auf §. 15 der Ansteiinngsgrundsätze wird darauf aufmerksam
gemacht, dass zur Vermeidung der Streichung der in den Bewerberrerzeichnissen
der Behörden aufgefflhrten Miiit&ranwärtcr die Wiederhoiung der Meidung derseiben
bis zum 1. Dezember d. J. bei der betreffenden Behörde eingeiien muss.
Krokisius.
Ko. 980/10. 88. C. 3.
Personal -Veränderungen im Sanitäts-Korps.
Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.
Befördert werden; Dr. Niemeier, Oberstabsarzt 2. Ki. und Regts.-Arzt
vom 1. Niederschics. Inf.-Regt. No. 46, zum Oberstabsarzt 1. Ki., — Dr. v. Kranz,
Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 6. Bad. Inf.-Regt. Kaiser Friedrich III.
No. 114, zum Oberstabsarzt 1. Ki., — Dr. Grethe, Assist.-Arzt 1. Kl. vom
1. Hannov. Feld-Art.-Regt. No. 10, zum Stabs- und Bats.-Arzt des Garde-Füs.-Bats.
1. Grosshcrzogl. Hess. Inf. (Leibgarde-) Regts. No. 115, — Dr. Schünfcld, Assist.
Arzt 1. KI. vom Kadetteubause zu Wahlstatt, zum Stabs- und Bats.-Arzt des
2. Bats. Schles. Füs.-Regts. No. 38; — die Assist.-Aerzte 2. Kl.: Dr. Stern
vom Invalidenhause zu Berlin, — Dr. Johannes vom 3. Pomm. Inf.-Regt. No. 14,
— Dr. Loewe vom Schleswig. Feld-Art.-Regt. No. 9, — Dr. Orassmann vom
Regt, der Gurdes du Corps, — Dr. Wilberg vom 1. Hess. Inf.-Regt. No. 81, —
Dr. Hoenow vom Kadettenhause zu Potsdam, — Dr. Parthey in der etatsmäss.
Stelle bei dem Gen.- und Korpsarzt des X. Armee-Korps, — Dr. Scbola vom
1. Schics. Greu.-Regt. No. 10, — M üuek vom Westfal. Train-Bat. No. 7, —
Dr. Gerlach vom 1. Grossherzogi. Hess. Inf. (Leibgarde-) Regt. No. 115, —
Dr. Dunbar vom 1. Pomm. Feld-Art.-Regt. No. 2, — Dr. Rotbamel vom
Westfäl. Ulan. -Regt. No. 5, — Dr. Uppen kamp vom 1. Westfäl. Hus.-Regt.
No. 8, — Dr. Thiele vom 2. Rhein. Hus.-Regt. No. 9, — Dr. Nenmanu vom
Westfil. Füs.-Regt. No. 37, — Dr. Nickel vom 2. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 3,
— Steuber vom Magdeburg. Train-Bat. No. 4, — Dr. Fcstenberg vom
1. Nassau. Inf.-Regt. No. 87, — Schmidt vom 3. Thüring. Inf.-Regt. No. 71, —
Roebr vom 8. Pomm. Inf.-Regt. No. 61, — Dr. Reiubrecht vom Brandenburg.
Hus.-Regt. (Zietensehe Husaren) No. 3, — Dr. Paeprer vom Thüring. Hns.-Regt,
No. 12, — Kloidt vom Hobenzollern. Füs.-Regt. No. 40, — Dr. Wassmund in
der etatsmäss. Stelle bei dem Gen.- und Korpsarzt des lU. Armee-Korps, —
Baebr vom 4. Posen. Inf.-Regt. No. 59, — zu Assist-Aerzten 1. Kl.; —
Dr. Rüge, Marine-Assist.-Arzt 2. KI. von der 2. Matrosendiv., zum Marino-Assist.-
Arzt 1. Kl.; — die Unterärzte: Dr. Buschow vom Colberg. Gren.-Regt.
(2. Pomm.) No. 9, — Dr. Ziemann vom 5. Pomm. Inf.-Regt. No. 42, —
Dr. Münzer vom Brandenburg. Füs.-Regt. No. 35, dieser unter Versetzung zum
Westpreuss. Kür.-Regt. No 5, — Dr. Cbristoffers vom Scbles. Feld-Art.-Regt.
No. 6, unter Versetzung zum 2. Brandenburg. Ulan.-Regt. No. 11, — Dr. Reischauer
vom 6. Westfäl. Inf.-Regt. No. 55, — Dr. Ksselbrügge vom Niederrhein. FQa.-
Regt. No. 39, — Dr. Lorentz vom Hus.-Regt. Kaiser Franz Joseph von Oester-
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reich K6nig von Ungarn (Schleswig-Holstein.) No. 16, — Dr. Heuduclt TOm
2. HannoY. Feld-Art.-Kegt. No. 26, dieser unter Versetzung zum 3. Bad. Inf. -Regt.
No. 111, — Kublmey vom Nassau. Feld-Art.-Kegt. No. 27, — zu Assisl.-
Aerzten 2. Kl.; — I>r. Meyer, Marine-Unterarzt von der 1. Matrosendiv., zum
Marine-Assist-Arzt 2. Kl.; — die Unterärzte der Kcs.: Dr. Foschmann vom
Landw.-Bats.-Bez. Bartenstein, — Dr. Aronson vom Landw.-Regts.-Bez. L Berlin,
— Dr. Schmidt vom Landw.-Bats.-Bez. Schlawc, — Dr. Besser vom Landw.-
Bats.-Bez. Wohlau, — Kann vom I-andw. - Regts. - Bez. I. Breslau, — Stein von
demselben Landw.-Regts.-Bez., — Sennwitz vom Landw.-Bats.-Bez. Schweidnitz,
— Dr. Staats vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen, — Dr. Starck vom Landw.-Regts.-
Bez. Cöln, — Dr. Kbcrmaier vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, — Dr. Ricken vom
Landw.-Bats.-Bez. Grafrath, — Dr. Peeck vom Landw.-Bats.-Bez. Altona, —
Jacobsen von demselben Landw.-Bats.-Bez., — Dr. Bayer vom Landw.-Bats.-Bez.
Hannover, — Lieben'ow vom Landw.-Bats.-Bez. Marburg, — Dr. Wittich von
demselben Landw.-Bats.-Bez., — Dr. Fuchs vom Landw.-Bats.-Bez. Bruchsal, —
zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Res. — Dr. Richter, Oberstabsarzt 1. Kl. und
Regts.-Arzt vom 3. Magdeburg. Inf.-Regt. No. 66, beauftragt mit Wahrnehmung
der divisionsürztl. Funktionen bei der 7. Division, — Dr. .Spicring, Thalen,
Dr. Lange, Dr. Krdmann, Marinc-Ass ist.- Aerzte 1. Kl., — ein Patent
ihrer Charge verliehen. — Dr. Rath, Unterarzt der Res. vom Landw.-Bats.-
Bez. Hannover, im aktiven Sanitätskorps, und zwar unter Beförderung zum Assist.-
Arzt 2. Kl. bei dem Hannor. Füs.-Regt. No. 73, angestellt. — Dr. Weichei,
Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 2. Grosslierzogl. Hess. Drag.-Rcgt. (Leib-
Drag.-Regt.) No. 24, mit Wabrnebmung der divisionsürztl. Funktionen bei der
Grossberzogl. Hess. (25.) Div., — Dr. Neubaur, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-
Arzt vom 2. Brandenburg. Drag.-Regt. No. 12, mit Wahrnehmung der divisiousärztl.
Funktionen bei der 5. Div., — beauftragt. — Dr. Roland, Generalarzt 2. Kl.
und Regts.-Arzt vom Leib -Gren. -Regt. (1. Brandenburg.) No. 8, unter Kntbindung
von den divisionsürztl. Funktionen bei der 5. Div, und gleichzeitiger Beauftragung
mit Wahrnehmung der divisionsürztl. Funktionen bei der lU. Div., als Gam.-Atzt
nach Posen versetzL — Dr. Schoenleben, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt
vom Posen. Feld -Art. -Regt. No. 20, zum 2. Leib -Hus.- Regt. Kaiserin No. 2, —
Dr. Maedcr, Oberstabsarzt 1. Kl. und Gam.-Arzt in Posen, als Regts.-Arzt zum
Posen. Feld-Art.-Kegt. No. 20, — Dr. Rabenau, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-
Arzt vom 2. Grossberzogl. Mecklenburg. Drag.-Rcgt. No. 18, zum 1. Grossberzogl.
Hess. Drag.-Regt. (Garde-Drag.-Regt.) No. 23, — Dr. Voigt, Oberstabsarzt 1. KI.
und Regts.-Arzt vom Pomm. Drag.-Regt. No. 11, unter Belassung in dem Ver-
hällniss als mit Wahrnehmung der divisionsürztl. Funktionen bei der 4. Dir.
beauftragt, zum Ncumärk. Drag.-Regt. No 3, — Dr. Stabbert, Oberstabsarzt
2. Kl. und Regts.-Arzt vom Ncumärk. Drag.-Regt. No. 3, zum Pomm. Drag.-Regt.
No. 11, — Dr. Wcstphal, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. des Inf.-Regts.
No. 136, zum medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut, — Dr. Lodder-.
staedt, Stabsarzt vom medizinisch -chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut, als
Bats.-Arzt zum 2. Bat. des Hohenzollem. Füs.-Regts. No. 40, — Dr. Goerne,
Stabs- und •'Bats.-Arzt vom 2. Bat. des Inf.-Regts. No. 137, zum medizinisch-
chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut, — Dr. Schumburg, Assist.-Arzt 1. Kl.
vom 1. Bad. Lcib-Gren.-Rcgt. No. 100, mit dem 1. Oktober er. zur Unterofl'. V'or-
schnle in Neu-Breisach, — Dr. Haase, A.ssist.-Arzt 1. Kl. vom 3. Bad. Inf.-Regt.
No. 111, zum 3. Bad. Drag.-Regt. Prinz Karl No. 22, — Dr. Gossner, Assist.-
Arzt 2. Kl. vom 3. Bad. Drag.-Regt. Prinz Karl No. 22, zum 2. Bad. Feld-Art.-
Kegt. No. 30, — Dr. F clmy, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 2. Bad. Feld-Art.-Regt. No. 30,
zum Kadettenhause in Beusberg, — Dr. Schuster, Assist.-Arzt 2. Kl. vom Posen.
Feld-Art.-Regt. No. 20, zum Kadettenhause in Wahlstatt, — Dr. Altgcit, Assist.-
Arzt 2. Kl. vom 2. Hannov. Inf.-Regt. No. 77, zum 1. Garde- Regt, zu Fuss, —
Dr. Vollbrecht, Assist.-Arzt. 2. Kl. vom 1. Grossherzogi. Mecklenburg. Drag.-
Rcgt. No. 17, zum Hannov. Hus.-Regt. No. 15, — Dr. Bartel, Assist.-Arzt 2. Kl.
vom 1. Bad. Feld-Art.-Kegt. No. 14, zum 1. Bad. Leib -Gren. -Regt. No. 109, —
Kimmle, Assist.-Arzt 2. Kl. vom Inf.-Regt. No. 137, zum Feld-Art.-Regt. No. 15,
Diyiiizöu uy
93
— versetzt. — Dr. Müller, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 2. Leib-
Hns.-Regt. Kaiserin No. 2 und beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsärztl.
Funktionen bei der 10. Dir., als Gcn.-Arzt 2. KI. mit Pension und seiner bisherigen
Uniform, — Dr. Nieter, Oberstabsarzt 1. Kl. und Gam.-Arzt in Neisse, mit
Pension und seiner bisherigen Uniform, — Dr. Karpinski, Oberstabsarzt 1. Kl.
und Regts.-Arzt vom 3. Garde-Gren.-Regt. Königin Elisabeth, mit Pension und
seiner bisherigen Uniform, — Dr. Schmidt, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Eisenbahn-
Regt., mit Pension, — Dr. Daniel ewicz, A8sist.-Arzt 1. Kl. der Res. vom Landw.-
Bats.-Bez. Samter, — der Abschied bewilligt. — Dr. Doepner, Stabs- und
Rats. -Arzt vom 2. Bat. Schles. Füs. -Regts. No. 38, als balbinvalidc mit Pension
ans dem aktiven Sanitätskorps ausgeschieden und zu den Sanitätsoffizieren der
Uandw. 2. Aufgebots fibergetreten. — Dr. Jacobi, Assist.-Arzt 2. Kl. vom Lcib-
Kür.-Regt. (Schles.) No. 1, aus dem aktiven Sanitätskorps ausgesebieden und unter
BeiÖrdening zum Assist-Arzt 1. Kl., zu den Sanitätsoffizieren der Res. übergetreten.
Potsdam, den 24. September 1888.
Pistoja, den 11. Oktober 1888.
Dr. Levinstein, Assist.-Arzt 2. KI. von der Landw. 1. Aufgebots des Landw.-
Bats.-Bez. Weimar, aus allen Militärrerhältnissen entlassen.
Nachweisnng der beim Sanitäts-Korps sonst eingetrelenen
Veränderungen.
Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.
Den 1. August 1888.
Dr. Eble, einjährig- freiwilliger Arzt vom 1. Rhein. Inf.-Regt. No. 25 zum
Unterarzt ernannt und mit Wahrnehmung einer bei diesem Regt, vakanten Assist.-
Ärzt-Stelle beauftragt.
Den 3. August 1888.
Die nachstehend aufgeffihrten bisherigen Studirenden der militärärztlichen
Bildungsanstalten werden vom G. August d. J. ab zu Unterärzten ernannt und bei
den genannten Trnppcntheilen augestellt, und zwar:
Dr. Drcnkhahn beim Holstein. Inf.-Regt. No. 85, — Dr. Huber beim Inf.-
Regt. No 132, — Dr. Bussenius heim 1. Hannov. Inf.-Regt. No. 74, Dr. Diehl
beim 2. Bad. Gren.-Hegt. Kaiser Wilhelm I. No. 110, — Dr. Müller I. beim
3. Niedersehles. Inf.-Regt. No. 50, — Müller II. beim 1. Posen. Inf.-Regt. No- 18,
— Oertcl beim 3. Thüring. Inf.-Regt.; No. 71, — Dr. H ammerschmidt beim
Grcn.-Regt. König Friedrich 111. (1. Ostpreuss.) No. 1, — Dr. Aschenbach beim
7. Thüring. Inf.-Regt. No. 96, — v. Förster beim 4. Ostpreuss. Gren.-Rcgt. No. 5,
— Dr. Knoch beim 2. Westfäl. Feld- Art. -Regt. No. 22, — Hcllmann beim Inf.-
Regt. No. 129, — Behrendsen beim Grcn.-Regt. Prinz Carl von Preussen
(2. Brandenburg.) No. 12.
Den 7. September 1888.
Dr. Leipolz, Unterarzt vom 5. Bad. Inf.-Regt. No. 113, mit Wahrnehmung
der bei diesem Truppentheil vakanten Assistenzarztstelle beauftragt. — Reich,
einjährig -freiwilliger Arzt von der 2. Matrosen-Div., zum Unterarzt ernannt und
mit Wahrnehmung einer bei derselben vakanten Assistcnzarztstelle beauftragt.
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94
Den 13. September 1888.
Dr. Stoldt, einjährig - freiwilliger Ant vom 3. Garde-Regt. m Fnaa unter
gleicbzcitiger Versetzung zum Inf.-Regt. No. 137 zum Unterarzt ernannt und mit
Wahrnehmung einer bei diesem Regiment vakanten Assistenzarxtstelle beanftragt.
(Chef d. Adm. v. 7. 9. 88.)
Ffir S. M. S. ,St08ch*: Dr. Globig, Oberstabsarzt 2. Kl.; Nnszkowski,
Aaaist.-Arzt 2. Kl., — fOr S. M. 8. , Charlotte*; Dr. Brunhoff, Stabsarzt;
Dr. Kromkau, AssisL-Arzt 2. Kl., — fürS. M. S. .Gneisenau*: Dr. Dreising,
Stabaarst; Dr. Erdmann, Assist.-Arzt 1. Kl., — für S. M. S. .Moltka*:
Dr. Dippe, Stabsarzt; Dr. Griebecb, Assist.-Arzt 2. Kl., — für S- M. Kreuzer
.Habicht*: Dr. Dirksen U., As8ist..Arzt 1. Kl., — für S. M. Kbt .Hyäne*:
Bischof, Assist-Arzt 1. Kl., — an Bord kommandirt
(Chef d. Adm. v. 18. 9. 88.)
Sander I., Stabsarzt, als Oberarzt zur I. Werftdivision kommandirt
Veränderungen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.
Den G. September 1888.
Dr. Ekl, Ober-Stabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Cbev.-Regts. Kaiser
Alexander von Russland und beauftragt mit Wahrnehmung der Funktion als
Divisionsarzt der 3. Div., unter Verleihung des Charakters als Generalarzt 2. Kl.
mit Pension und mit der Erlaubniss zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt.
Den 14. September 1888.
Dr. Ullmann, Ober -Stabsarzt 1. Kl. und Garn.-Arzt bei der Kommandantur
Nürnberg, unter Verleihung des Charakters als Generalarzt 2. Kl., mit Pension und
mit der Erlaubniss zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt — Dr. Scheiding
(Hof), Assist-Arzt 2, Kl. von der Imndw. 1. Aufgebots zur Res. des Saniiätskorpa
versetzt
Den IG. September 1888.
Kellermann im 9. Inf.-Regt. Wrede, — Nagel im 13. Inf.-Regt Kaiser
Franz Joseph von Oesterreich, — B ischo ff im 18. Inf.-Regt Prinz Ludwig Ferdinand,
— Stammler vom 2. Chev.-Regt Taxis, im 2. Feld-Art.-Regt. Horn, Unterärzte, —
zu Assist-Aerzten 2. Kl. befördert
Den 7. Oktober 1888.
Dr. Freymadl (I. München), Assist-Arzt 2. Kl. der Res., behufs Uebertritts in
das Sauitätskorps der Kaiserlichen Marine, der Abschied bewilligt
Durch Verfügung des Kriegsministeriums.
Held, einjährig-freiwilliger Arzt, zum Unterarzt im 11. Inf.-Regt von der
Tann ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist-Arzt-Stelle beauftragt.
— Korbachcr, einjährig-freiwilliger Arzt des 2. Inf.-Regts. Kronprinz, zum Unter-
arzt im 2. Chev.-Regt. Taxis ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist-
Arztstelle beauftragt
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Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Korps.
Durch VerfSgung des Kriegs-Ministeriums
TOB 12. September 1888.
Dr. Kampf, Stabsarzt des 7. Inf.-Regts. Prinz Georg No. 106, — Dr. Meyer,
Assist.-Arzt 1. Kl. des .3. Inf.-Regts. No. 102 Prinz-Regent Luitpold von Bayern, von
ihren Kommandos zur Universität Leipzig bezw, zum Stadtkrankenhause in Kriedrich-
stadt-Dresden unter dem 30. September d. J. abgelSst. — Dr. Kockel, Asslst.-
Am 1. Kl. des 10. Inf.-Regts. No 134 zum Stadtkrankenhause in Friedrichstadt-
Dreaden vom 1. Oktober d. J. ab kommandirt.
Den 16. September 1888.
Dr. Fichtner, Assist.-Arzt 1. Kl. des 2. Feld-Art.-Regts. No. 28, zum 2. Hus.-
Regt. No. 19 (Garn. Lausigk), unter gleichzeitiger Entbindung von dem Kommando
zur Universität Leipzig, — Dr. Trenkicr, Assist.-Arzt l.Kl. des Fuss-Art.-Regt. No. 12,
zum 9.Inf.-Regt. No. 133, — Dr. Schmidt, Assist.-Arzt 1. Kl. des 2.Hus.-Regts. No. 19,
zum 2. Feld-Art.-Regt. No. 28, unter gleichzeitiger Befehligung zur Universität
Leipzig, — versetzt. — Dr. Siems, Assist. - Arzt 2. Kl. des 8. Inf.-Regts.
Prinz Johann Georg No. 107, zum Assist.-Arzt 1. Kl. befördert. — Die
Assist. - Aerzte 2. Kl. der Res.; Dr. Stephan des Landw.-Bats.-Bezirks
Pirna, Schwarzer, Seyffert, Monse des I.Andw. - Bats. - Bezirks Zittau, —
Dr. Stiehlor, Arens des Landw.-Bats.-Bezirks Bautzen, — Dr. Schulze des
Landw.-Bats.-Bezirks II. Dresden, — Dr. Keil des Landw.-Bats.-Bezirks Plauen,
— Dr. Edelmann, Dr. Leonhardt, Dr. Timpe des Landw.-Bats.-Bezirks Schnee-
berg, — Dr. Mackenthun, Dr. Resch, Dr. Beneke, Dr. Feldmann, Dr. Flathc,
Dr. Hofmann, Dr. Spalteholz, Dr. Nicolai, Dr. Bloos, Woerner, Dr. Geier,
Dr. Manteuffel, Dr. Fischer, Dr. Obermann, v. Gostkowski, Lindner
des Landw.-Bats.-Bezirks I. Leipzig, — Dr. Herkner, Dr. Döring des Landw.-
Bats.-Bezirks Borna, — Dr. Schwarzbach des Landw.-Bats.-Bezirks Wurzen, —
Dr.Schmidt, Roch des Landw.-Bats.-Bezirks Annaberg, — Dr. Feucht, Dr. Hauffe,
Dr. Strcubel, Dr. Dürr des Laudw.-Bats.-Bezirks Chemnitz, — Dr. Schiller des
Landw.-Bats.-Bezirks Dübeln, — Dr. Qnenzel des Landw.-Bats.-Bezirks Meissen,
— Dr. Klopflcisch des Landw.-Bats.-Bezirks I. Dresden, — zu A88ist.-Aerzten
I. Klasse der Reserve befördert. — Die Assistenz - Aerzte 2. Klasse
der Landwehr 1. Aufgebots: Dr. Petzholdt des Landwehr-Bataillons-Bezirks
II. Dresden, — Dr. Glöckner, Dr. Weber des Landwehr-Bataillons-Bezirks
I. Leipzig, — Dr. Riedel des Landw.-Bats.-Bezirks Borna, — Dr. Rauprich des
Landw.-Bats.-Bezirks Wurzen, — Dr. Praeger des Landw.-Bats.-Bezirks Chemnitz,
— Dr. Koerner des Landw.-Bats.-Bezirks I. Dresden, — zu Assist.-Aerzten
1. Kl. der Landw, 1. Aufgebots befördert. — Kretzschmar, Assist.-Arzt
2. Kl. des Garde-Reiter-Regts., zum 7. Inf.-Regt. Prinz Georg No. 106, unter
gleichzeitiger Befehligung zur Universität Leipzig, — Günther, Assist. - Arzt
2. KI. des 2. Gren.-Regts. No. 101 Kaiser Wilhelm König von Preussen,
zum Garde -Reiter -Regt., — Dr. Wagner, Assist.-Arzt 2. Kl. des 9. Inf.-Regts.
No. 133, zum Fuss-Art.-Regt. No. 12, — versetzt. — Körner, Unterarzt des
7. Inf.-Regts. Prinz Georg No. 106, zum Assist.-Arzt 2. Kl. bei dem 4. Inf.-Regt.
No. 103, — Müller, Unterarzt des 2. Feld-Art.-Regts. No. 28, zum Assist.-Arzt
2. Kl. bei dem 1. Hus.-Regt. No. 18, — Dr. Kobitzsch, Unterarzt der Landw.
1. Aufgebots des Landw.-Bats.-Bezirks Chemnitz, zum Assist.-Arzt 2. KL der Landw,
1. Aufgebots, — befördert.
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Allerhöchster Beschluss vom 17. Oktober 1888,
Krctzschmar, Assist.-Arzt 2. Kl. des 7. Inf.-Regts. .Prinz Georg* No. 106,
— Dr. BOhringer, Assist.-Arzt 2. Kl. des 6. Inf.-Regts. No. 105, — Dr. Sommerey,
Assist-'Arzt 2. Kl. des 4. Inf.-Regts. No. 103, — zu Assist.- Acrztcn 1. Kl.; —
Dr. Knauf, Dr. Risse, Assist.-Aerzte 2. Kl. der Res. des Landw.-Bats.-Bez.
Planen, — Dr. Einer t, Assist.-Arzt 2. KI. der Res. des Landw.-Bats.-Bez.
I. Dresden, — zu Assist-Aerztcn 1. Kl. der Res. befördert. —
Dr. Schlesier, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 4. Inf.-Regts. No. 103,
in Genehmigung seines Abschiedsgesuches unter Gewährung der gesetzlichen
Pension und mit der Erlaubniss zum Forttragen der bisherigen Uniform mit den
vorgesehriebenen Abzeichon, sowie unter gleichzeitiger V'erlcihung des Ritterkreuzes
1. Kl. des Verdienstordens zur Disposition gestellt. — Dr. Gelbke, Stabsarzt der
Landw. 1. Aufgebots, — Dr, Pässler, Assist.-Arzt 1. Kl. der Res. des Landw.-
Bats.-Bez. Borna, aus Allerhöchsten Kriegsdiensten verabschiedet.
Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts-Korps.
Den 11. September 1888.
Käfer, Unterarzt der Ree. im Landw. -Bats.- Bezirk Hall, — Dr. Oppel,
Unterarzt der Res. im Landw. -Bats. -Bezirk Stuttgart, — zu Assist. - Aerzten
2. Kl. der Res. befördert.
Den 8. Oktober 1888.
Dr. Wendel, Unterarzt im 4. Inf.-Regt. No. 122, zum Assist--Arzt 2. Kl.
ernannt. — Dr. Gärtner, Dr. CIcss, Assist.-Aerzte 2. Kl. der Res. im Landw.-
Bats.-Bez. Stuttgart, — Dr. Volz, Assist,- Arzt 2. Kl. der Res. im Landw.-Bats.-
Bez. Ulm, — zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der Res., — Dr. Scheurlen, Assist.-
Arzt 2. Kl. ä la suite des Sanitätskorps, zum Assist.-Arzt 1. Kl., — befördert
— Dr. Wiedenmann, Stabsarzt der Landw. 2. Aufgebots im Landw.-Bats.-Bez.
Gmünd, in die Landw. 1. Aufgebots zurückversetzt
Ordensverleihungen.
Preussischc:
Rother Adler-Orden dritter Klasse mit der Schleife:
Dr. Weydener, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom Brandenb. Kür.-Regt.
(Kaiser Nicolaus I. von Russland) No. 6, beauftragt mit Wahrnehmung der
divisionsärztlicben Funktionen bei der 6. Div.
Rother Adler-Orden vierter Klasse:
Dr. Assmann, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 4. Garde-Regts. zu Fuss.
— Dr. Lentz, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Brandenburg.
Drag.-Regts. No. 2, — Dr. Richter, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt
. des Brandenb. Füs.-Regts. No. 35, — Dr. Jaroseh, Oberstabsarzt 2. Kl.
. und Regts.-Arzt des 2. Brandenb. Ulan.-Regts. No. 11, — Dr. Hering, Slabs-
und Bats.-Arzt vom Gren.-Regt. Prinz Carl von Preussen (2. Brandenburg.)
No. 12, — Sander I., Stabsarzt und Geschw.-Arzt.
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Königliclier Kronen-0 rdcn dritter Klasse:
Ober-Stabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt Dr. Rotbe des Mceklenburg. Fils.-Regts.
No. 90. — Dr. Horn, Oberstabsarzt 1. KI. und Regts.-Arzt des 1. Garde-
Drag.-Regts.
Königlicher Kronen-Orde'n vierter Klasse:
Sehaller, Assist.-Arzt 1. Kl. a. D., zu Olvenstedt im Kreise Wolmirstedt.
Das Kreuz der Ritter des Königlichen Haus-Ordens von Hohenzollern:
Dr. Krautwurst, Generalarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom Garde-Fils.-Regt.,
beauftragt mit Wahrnehmung der divisionsärztlicheii Funktionen bei der
1. Garde-Inf.-Div.
Andere:
Ritterkreuz des Ordens der Württembergiselien Krone:
Dr. Burk, Ober-Stabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 1. Feld-.Art.-Regts. No. 13.
Verdienst-Orden vom heiligen Michael zweiter Klasse:
General-Stabsarzt der Armee Dr. Ritter v. Lotzbeck.
Ritterkreuz zweiter Klasse mit Eichenlaub des Grossherzoglich
Badischen Ordens vom Zähringer Löwen:
Dr. Gloxin, Stabsarzt a. D. zu Berlin.
Ritterkreuz erster Klasse des Grossherzoglich Hessischen Verdienst-
Ordens Philipp des G rossmöthigen:
Dr. Martin, Stabsarzt vom 1. Inf.- (Leibgarde-) Regt, No. 115. — Dr. Thörner,
Stabsarzt und Schifisarzt S. M. Yacht »Hohenzollern“.
Comtburkreuz mit Stern des Grossherzoglich Sächsischen Ordens der
Wachsamkeit oder vom weissen Falken:
Generalarzt I. Kl. Dr. v. Bergmann, a la suite des Sanitätskorps.
Kaiserlich Russischer St. Stanislaus-Orden zweiter Klasse mit dem
Stern, Comthurkreuz erster Klasse des Königlich Schwedischen
Wasa-Ordens, Comtburkreuz erster Klasse des Königlich Dänischen
Danebrog-Ordens:
Dr. Leuthold, Leibarzt Sr. Majestät des Kaisers, Generalarzt 2. Kl. und Regts.-
Arzt des Garde-Kür.-Regts.
Kaiserlich Russischer St. Stanislaus-Orden zweiter Klasse:
Dr. Thörner, Stabsarzt und Schifisarzt S. M. Yacht »Hohenzollern*.
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Familien -Nachrichten.
Verlobungen: Dr. Prüfer, Assist.-Arzt 2. Kl. der Res., mit Frl. .\nna Grobe
(Oberfrolina).
Verbindungen: Dr. Paul Seifert, Assist. -Arzt 1. Kl. der Re»., mit Frl. Marie
Hübler (Dresden). — Dr. Schwcndlcr, Assist. -Arzt 1. Kl. der Res., mit
Frl. Anna Simniig (Loschwitz). — Dr. v. Mangoldt, Assist.-Arzt 1. KI. der
Res., mit Frl. Anna Lampe (Leipzig). — Dr. Winkler, As.«ist.-Arzt 1. Kl. der
Landw., mit Frl. Charlotte Katliariiie Menrer (Dresden). — Dr. Rabenhorst,
Stabs- nnd Rats. -Arzt des 3. Rats. 3. Inf.-Regis. No. 102 «Prinz Regent Luitpold
von Rayem“, mit Frl. Margarethe ROttiuher (Dresden).
Geburten: (Sohn) Dr. Dütsehke, Assist.-Arzt 1. Kl. im 2. Hannover, l’lanen-
Regt. No. 14 (Falkenberg i. Lothr.). — Dr. Landgraf, Stabsarzt am mediziniseh-
chirurgischen Friedrieh-Wilhelms- Institut (Rerlin). — Dr. Koehlau, .Stabsarzt
(Dielefeld). — Dr. Schucliardt, Stabs- und Rats. -Arzt im Inf.-Regt. No. 98 (Metz).
— (Tochter) Dr. Hahn, Ober -Stabsarzt I. Kl. und Regts.-Arzt des Kaiser
Alexander Garde-Gren.-Regts. No. 1 (Rerlin). — Dr. Körner, .Stabs- und Rais.-
Arzt des 1. Jäger-Rats. No. 12. — Dr. Recker, Stabs- und Abtheil.- Arzt der
3. Abtheil. 2. Feld-Art. Regts. No. 28 (Pirna). — Dr. Haase, Stabs- und Rats.-
Arzt im 8. Inf.-Regt. «Prinz Johann Georg“ No. 107 (I.#ipzig).
Todesfälle: Dr. Hedinger, Generalarzt, Sohn Richard (Rerlin). — Dr. Hermann
Pohlenz, Sanitätsratli, Ober-Stabsarzt a. D. (Cottbus). — Dr. Wilhelm Dietrich,
Künigl. Dayer. Assi8t.-Arzt 1. Kl. (Malag,-!). — Dr. Schieck, Assist.-Arzt 1. Kl.
der Landw. 1. Aufgebots (auf einer Reise in Tyrol).
Geo eral-Rapport
von den Kranken der Königlich Preussischen Armee, des XII. (Königlich
Sächsiscbcu) und des XIII. (Königlich Württemhergischen) Armee-Korps,
sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen
Besatzungs-Brigade pro Monat Juni 1888.
1) Bestand am 31. Mai 1888: 11 558 Mann und 22 Invaliden.
2) Zugang:
im Lazareth 1(3 284 Mann und 2 Invaliden,
itn .Revier 17 772 - - 10
Sumina 28 05G Mann und 12 Invaliden.
Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 39G14 Mann und 34 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 8,7«/<, und 16,7®/o.
3) Abgang:
geheilt ....
. 27 235
Mann,
8 Invaliden,
gestorben . . .
87
-
1
invalide ....
216
-
—
dienstunhrauchbar
.314
-
—
anderweitig. . .
592
-
3
Summa .
. 28 444 Mann,
12 Invaliden.
4) Hiernach sind:
geheilt 68,8<’/o der Kranken der Armee und 23,5% der erkrankten
Invaliden,
gestorben 0,22% der Kranken der Armee und 2,9 % der erkrankten
Invaliden.
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99
5) Mithin Bestand;
am 30. Juni 1888 11 170 Mann und 22 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 2,5% und 10,8%.
Von diesem Krankenstände befanden sich:
im Lazareth 7 745 Mann und 3 Invaliden,
im Revier 3 4’J6 • - 19
Es sind also von 455 Kranken 312,8 geheilt, 1,0 gestorben, 2,5 als
invalide, 3,6 als dienstunbrancbbar, 6,8 anderweitig abgegangen, 128,3 im
Bestände geblieben.
Von den Oestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an:
Dipbtberitis 1, Unterleibstyphus 5, Hitzschlag 1, allgemeiner Fettsucht 1,
akuter Miliartuberkulose 4, Lungenentzündung 24, Lungenschwindsucht 25,
Brustfellentzündung 2, Hirn* und Hirnhautleiden 3, Herzleiden .3, Nieren-
leiden 5, Leberleiden 1, Bauchfellentzündung 4, Zellgewebsentzündung 2.
An den Folgen einer Verunglückung; Stichverlelznng des Magens
(Schlägerei) 1, Gehirnblutung durch Fall 1, Sturz aus dem Fenster 1,
Sturz beim Reiten 1, Schnssverletznng (Art unbekannt, XII. Armee-
Korps) 1. An den Folgen eines Selbstmordversuchs: Nach Schussver-
letzung 1. Von den Invaliden: an Krankheiten 1.
Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver-
storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 63 Todesfälle vorgekommen,
davon 6 durch Krankheit, 35 durch Verunglückung, 22 durch Selbst-
mord; so dass die Armee im Ganzen 150 Mann nnd 1 Invaliden
durch den Tod verloren hat.
General-Rapport
von den Kranken der Königlich Preussischen Armee, des XII. (Königlich
Sächsischen) und des XI 11. (Königlich Württembergischen) Armee-Korps,
sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen
Besatzungs-Brigade pro Monat Juli 1888.
1) Bestand am 30. Juni 1888: 11 170 Mann und 22 Invaliden
2) Zugang:
im Lazareth 9 679 Mann und 2 Invaliden,
im Revier 16 874 - - 5 -
Summa 26 553 Mann und 7 Invaliden.
Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 37 723 Mann und 29 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 8,6% und 13,5%.
3) Abgang:
geheilt ....
. 26 012
Mann,
6 Invaliden,
gestorben . . .
89
-
—
invalide ....
241
-
—
dienstunbrancbbar
285
-
—
anderweitig . .
548
-
2
Summa .
. 27 175
Mann,
8 Invaliden.
4) Hiernach sind:
geheilt 69,0% der Kranken der Armee und 20,7% der erkrankten
Invaliden,
gestorben 0,24®/o der Kranken der Armee und — % der erkrankten
Invaliden.
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100
5) Mithin Bestand:
am 31. Juli 1888 10 548 Mann und 21 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke 2,4‘'/o nnd
Von diesem Krankenstände befanden sich;
iro Lazareth 7 336 Mann nnd 4 Invaliden,
im Revier 3 212 - - 17
Es sind also von 424 Kranken 292,3 geheilt, 1,0 gestorben, 2,7 ab
invalide, 3,2 als dienstnnbranchbar, 6,2 anderweitig abgegangen, 118,6 im
Bestände geblieben.
Von den Oestorbenen der aktiven Trappen haben gelitten an;
Rose 1, Dipbtberitis 1, Unterleibstyphus 7, akutem Gelenkrhenma-
tismus 2, Blutarmuth 2, bösartigen Oeschwülsten 1, anderen allgemeinen
Erkrankungen 1, Hirn- und Hirnhautleiden 9, Langenentzündung 14.
Lungenschwindsucht 26, Brustfellentzündung 8, Herzleiden 1, Magen*
blutung 1, Leberleiden 1, Bauchfellentzündung 3, Krankheiten der
Ernährungsorgane 1, Nierenleiden 3, Blasenkatarrh 1, konstitutioneller
Syphilis 1. An den Folgen einer Verunglückung: Sturz mit dem Pferde 1,
Sturz von der Höhe 1, Hufschlag 2, Erschiessen aus Unvorsichtigkeit 1.
Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicber Behandlung Ver-
storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 41 Todesfälle vorgekommea,
davon 7 durch Krankheiten, 16 durch Verunglückung, 18 durch Selbstmord;
so dass die Armee im Ganzen 130 Mann durch den Tod verloren hat.
Nachträglich pro Juni er. verstorben:
1 Mann an Lungenentzündung.
(Jtfdniekt in der Königlicboo Bofbachdrnckerei TOn E. S. Mittler k Sohn, Berlin, Kochttr.
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101
!N' achtrcigrlicli.
Befördert werden: Dr. Goetting» Oberstabsarzt 2. Kl. und Rogts.-Arzt vom
1. Westfäl. Hus.-Kcgt. No. 8 znm Oberstabsarzt 1. Kl., — Dr. Jacobi, Stab»* und
Babt.'Arzt vom 3. Bat. Hohenzoll. Füs.’Rcgts. No. 40 zum Oberstabsarzt 2. KL und
Rcgts.-Arzt de» Inf.-Regts. No. 137, — Dr. Pochhammer, Stabs- und Bat». -Arzt
vom 1. Bat. 5. Pomm. Inf.-Regt». No. 42 zum Oberstabsarzt 2. KI. und Regt».-Arzt
des 2. Grossherzogl. Mecklenburg. Drag.-Kegts. No. 18, — Dr. Schuster, Stabs-
und Bats.-Arzt vom 2. Bat. des Inf.>Kegts. No. 98 zum Oberstabsarzt 2. KI. und
Regts.-Arzt des Niederrhcin. Fus,-Regt8. No. 39, — Dr. Scnftleben, Stabs- und
Bats.-Arzt vom 2. Bat, des Gren.-Regts. Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. Schics.)
No. 11 zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regt».-Arzt desselben Regts.. — Dr. Riebe,
Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 4. Posen, Inf.-Regts. No, 59 zum Oberstabsarzt
2. KL und Regts.-Arzt des 2. Schles. Bus.-Regts. No. 6, — Dr. Stahl, Stabs- und
Bats.-Arzt vom 2. Bat. Braunsohweig. Inf.-Regts. No. 92 zum Oberstabsarzt 2. KL
und Regts.-Arzt dos Leib -Gren.- Regts. (1. Brandenburg.) No. 8, — die Assist-
Aerzte 1. KL, — • Dr. Halm v. Dorsche vom Westpreuss. Kür.-Regt. No. 5 zum
Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bat». Braunschweig. Inf.-Regtg. No. 92, — Dr. Menzel
vom Regt, der Gardes du Corps zum Stabs- und Bats.-Arzt des 3. Bat». Brandenburg.
Fus.-Regts. No. 35, — Dr. Korscli in der etatsinässigen Stelle bei dem Oeueral-
und Koqisarzt des 1. Armeekorpt zum Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. des Inf.-
Regts. No. 136, — Dr. Wichura vom Schles. Ulan.-Regt. No. 2 zum Stabs- und
Bats.-Arzt des 3. Bat». Hohenzoll. Fös.-Hegfs. No. 40, — Dr. Lauff vom Thuring.
Ulan.-Regt. No. 6 zum Stabs- und Bats.-Arzt des Fus. Bats. 1. Bad. Leib. -Gren.-
Regts. No. 109, — Dr. Blnmberg vom 5. WestfäL Inf.-Regt. No. 53 zum Stabs-
und Bats.-Arzt des 2. Bats. 2. Rhein. Inf.-Regts. No. 28, — Dr. Goerlitz vom
4. Nicderschles. Inf.-Regt. No. 51 zum Stabs- und Bats -Arzt des 2. Bats. des Inf.-
Regts. No. 137, — Dr. Korbitz vom Milirär-Reit-Iiistitut zum Stabs- und Bats.-
Arzt des 1. Bats. 5. Pnmm. Inf.-Regts. No. 42. — Dr. Bramann, Assist.-Arzt 1. KL
der Res. vom Laiulw.-Regts.-Bez. I. Berlin zum Stab.'jarzt der Res., — die Assist. -
Aerztü 2. Kl. der Res.: — Dr. Düsterwald vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen,
— Dr. Sperling vom Lamlw.-Regts.-Boz. 1. Berlin, — Dr. Bernhard vom
Landw.-Bats.-Bez. Brieg, — Zdrulek vom Landw.-Bats.-Bez. Ryhnik, — Braun
vom Landw.-Bats.-Bez. Wetzlar, — Dr. Cramer vom Laiulw'.-Bats.-Bczirk Lübeck,
— Dr, Aye vom Landw.- Regts.- Bez. I. Berlin, Weng vom Landw.-Bats.-Bez.
Bruchsal, — Burgtorf vom Landw.-Bats.-Bez. II. Oldenburg, — Dr. Fisebbein
vom I^andw.-Bats.- Bcz. Dortmund, — Dr. Löviuson vom Land w.- Regts.- Bez.
I. Berlin, — Funck vom Landw.-Bats.-Bez. Dt- Croue, — Dr. Westendorf vom
I>andw.- Bills.- Bez, Wismar, — - Simons vom Laiidw.- Bats.- Bez. Andernach, —
Dr. Homeister vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, — Dr. Bu blitz vom Landw.-
Bats.-Bez. Stolp, — Dr. Langerhans vom Landw.- Regts.- Bez. I. Berlin, —
Dr. Steffen vom Landw.-Bats.-Bez. Kottbns, — Dr Keil vom Landw.-Bats.-Bez.
Halle, — Dr. Apolant vom Landw.-Bats.-Bez. Detmold, — Dr. Messersebmidt
vom Landw.-Bats.-Bez. Anclam, — Dr. Franke vom Landw.-Bats.-Bez. Striegau,
— Dr. Wachs ner vom Landw.-Bats.-Bez. Gleiwiiz, — Dr. Kittsteiner vom
Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M., — Dr. Hassenstein vom Landw'.- Bats.- Bez.
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102
Loetzen, — Dr. Ott vom Lamlw.-Bats.-Bcz. I. Oldenburg, — Dr. Vagedes vom
I^andw.-Bats.-Bez. Barmen, — Dr. Grobe vom Landw.-Bats.-Bez. Meiningen, —
Dr. Jacobi vom Landw.-Bats.-Bez. Gera, — Günter vom Landw.-Bats.-Bez.
Hildesbeim, — Dr. Poggendorff vom Landw.-Bats.-Bez. Anclam, — Dr. Lehzen
vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, — Dr. Gerhartz vom Landw.-Bats.-Bez. Köln,
— Dr. Wagner vom Landw.-Bats.-Bez. Pr. Stargardt, — Dr. Regge vom Landw.-
Bats.-Bez. Gumbinnen, — Dr. Gelpke vom Landw.-Bats.-Bez. Güttingen, —
Dr. Walter vom Landw.-Bats.-Bez. Bremen, — Dr. Kriege vom Landw.-Bats.-
Bez. Strassburg, — Schuitz vom Laudw.-Bats.-Bez. Hamborg, — Dr. Thormählen
vom Landw.-Bats.-Bez. Hannover, — Dr. Aly vom Landw.-Bats.-Bez. Halle, —
Dr. Lorenz vom Landw.-Bats.-Bez. Mühlhausen i. Th., — Dr. Beckmann vom
Landw.-Bats.-Bez. I. Münster, — Dr. Levy vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, —
Dr. Braun vom Landw.-Bats.-Bez. Osnabrück, — Dr. Streicher vom Landw.-
Bats.-Bez. Lörrach, — Dr. Baumgarten vom Landw.-Bats.-Bez. Koblenz, —
Dr. Sauer vom Landw.-Bats.-Bez. Erfurt, — Fischer vom Landw.-Bats.-Bez.
Danzig, — Dr. Zerrath vom Landw.-Bats.-Bez. Wehlau, — Dr. Keller vom
Landw.-Bats.-Bez. St. Wendel, — Dr. Fassbender vom Landw.-Bats.-Bez.
II. Münster, — Dr. Guttenberg vom Landw.-Bats.-Bez. Rastatt, — Dr. Gereon
vom Landw.-Bats.-Bez. Karlsruhe, — Dr. Linke vom Landw.-Bats.-Bez. Görlitz,
— Dr. Rennebaum vom Landw.-Bats.-Bez. Halberstadt, — Dr. Israel vom
Landw.-Bats.-Bez. I. Kassel, — Dr. Bickel vom Landw.-Bats.-Bez. Wiesbaden, —
Dr. Weicrmiller vom Landw.-Bats.-Bez. Insterburg, — Dr. Paschen vom
Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, — Dr. Broll vom Landw.-Bats.-Bez. II. Breslau, —
Dr. Hillebrand vom Laudw.-Bats.-Bez. Düsseldorf, — zu AssisL-Aerzten I. Kl.
der Res.; — die Assist.-Aerztc 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots; —
Dr. Wilhelm vom Landw.-Bats.-Bez. Karlsruhe, — Dr. Korth vom Landw.-Bats.-
Bez. Rostock, — Dr. Altmann vom Landw.-Bats.-Bez. Lüneburg, — Dr. Polzin
vom Landw.-Bats.-Bez. Hildesheim, — Dr. Esmarch vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel,
— zu Assist-Aerzten 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots; — die Assist.-
Aerzte 2. Kl. der Marine-Res.; — Tjarks vom Landw.-Bats.-Bez. Aurich, —
Dr. Marxsen vom Landw.-Bats.-Bez. Rendsburg, — zu Assist.-Aerzten 1. Kl.
der Marine-Res.; — Dr. Brunk, Unterarzt vom Niedersehles. Feld-Art.-Regt No. 5
zum As.sist.-Arzt 2. Kl.; — die Unterärzte der Res.; — Grünberg vom
Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, — Dr. Piro vom Landw.-Bats.-Bez. I. Trier, —
Dr. Krabbel vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, — Dr. Dabeistein vom Landw.-Bats.-
Bez. Rostock, — Dr. Schrooder vom Landw.-Bats.-Bez. Schwerin, — Lauenstein
vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg, — Dr. Cohn vom Landw.-Bats.-Bez. Altona, —
Dr. Wollheim de Fonseca vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel, — Schermer vom
Landw.-Bats.-Bez. Freiburg, — Eytel vom Landw.-Bats.-Bez. Strassbnrg, —
Dr. Kürbs vom Landw.-Bats.-Bez. Weimar, — Dr. Lindemann vom Landw.-
Bats.-Bez. Strassburg, — zu Assist.- A erzten 2. Kl. der Res.; — die Unter-
ärzte der Marine-Res.: v. Herff vom Landw.-Bats.-Bez. I. Darmstadt, —
Dr. Soreth vom Landw.-Bats.-Bez. Frankfurt a. M., — Dr. Rohwedder, Wittrock
vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel, — Dr. Sauer vom Landw.-Bats.-Bez. Görlitz, — zu
Assist.-Aerzten 2. Kl. der Marine-Res.; — die Unterärzte der Landw.
1. Aufgebots: Dr. Weinhold vom Landw.-Regts.-Bez. I. Breslau, — Schnlze
vom Landw.-Bats.-Bez. Hildesheim, — Dr. Mittmann vom Landw.-Bats.-Bez. Brieg,
— Dr. Holtermann, Unterarzt der Landw. 2. .\ufgebots vom Landw.-Bats.-Bez.
Schwerin, — zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots; —
Dr. Ebmeier, Oberstabsarzt I. Kl. und Regts.-Arzt vom 3. Gardc-Ulan.-Regt. der
Charakter als Generalarzt 2. Kl. verliehen. — Dr. Krause, Marine - Stabsarzt
ein Patent seiner Charge erhalten. — Versetzt werden; Dr. Bahr, Oberstabs-
arzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom Gren.-Regt. Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. Schles.)
No. 11 zum Niedersehles. Feld-Art.-Regt. No. 5, — Dr. Wolff, Oberstabsarzt 1. KI.
und Regts.-.\rzt vom 4. Oberschles. Inf.-Regt. No. 63, unter Bela.ssung in dem Ver-
bältniss als mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen Funktionen bei der 12. Division
beauftragt, in die Garnisonarztstelle zu Ncisse, — Dr. Pflugmacher, Oberstabs-
arzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 2. Schles. Hus.-Regt. No. 6 zum 3. Garde-Gren.-
103
Regt. Königin Elisabeth. — Dr. Berckhan, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt
vom Niederschlcs. Feld-Art.-Regt. No 5 zum 4. Oberschles, Inf.-Regt. No. 03, —
Dr. Statz, Stabsarzt vom mediziniseh- chirurgischen Friedrich- Wilhelms-Institut als
Bats.-Arzt zum 2. Bat. des Inf-Regts. No. 98, — Dr. Flach, Stabs- und Bats.-Arzt
vom 3. Bat. Brandenburg. Füs.-Regts. No. 35 zum 2. Bat. 4. Posen. Inf.-Regts. No. 59,
— Dr. Loos, Stabs- und Bats.-Arzt vom Füs.-Bat. 1. Bad. Leib-Gren.-Rcgt. No. 109,
zum 2. Bat. des Greu.-Rcgts. Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. Schics.) No. II, —
Dr. Behring, Stabs- und Bats.-Arzt vom 2. Bat. 2. Rheinischen Inf.-Regts. No. 28
zum medizinisch-chirurgischen Friedrichs-Wilhelms-Institut, — Dr. Abesser, Assist. -
Arzt 1. Kl. vom Schleswig- Holstein. Füs.-Regt. No. 86 zum ThOring. Ulan.- Regt.
No. 6, — Dr. Schumann, Assish-Arzt 1. Kl. vom 4. Garde -Gren.- Regt. KOnigin
zum Regt, der Gardes du Corps, — Dr. Müller, Assish-Arzt 1. Kl. vom Litthau.
Ulan.-Rcgt. No. 12 in die etatsmässige Stelle bei dem General- und Korpsarzt des
I. Armeekorps, — Dr. Händel, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Anhalt Inf.-Regt. No. 93
zum Schleswig-Holstein. Füs.-Regt No. 86, — Dr. Reinhardt, Assist-Arzt 1. Kl.
vom Hannov. Füs.-Regt. No. 73 znm Militär-Reit-Institut — Dr. Rahnke, Assist-
Arzt 2. Kl. vom 2. Ostpreuss. Gren.-Regt. No. 3 zum Litthau. Ulan.-Regt. No. 12,
— Dr. Lorentz, Assist.-Arzt 2. KI. vom Hus.-Regt Kaiser Franz Joseph von
Oesterreich, Künig von Ungarn (Schleswig-Holstein.) No. 16 zum Holstein. Inf.-Regt
No. 85. — Der Abschied bewilligt: Dr. Groos, Oberstabsarzt 1. Kl. und
Regts.-Arzt vom Niederrh. Füs.-Regt No. 39, — Dr. Munter, Oberstabsarzt 2. Kl.
und Regts.-Arzt vom Inf.-Regt No. 137,- — beiden mit der gesetzlichen Pension
und der Erlaubniss znm Tragen ihrer bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete
vorgeschriebenen Abzeichen; — Dr. Heidemann, Stabsarzt der Laudw. 1. Auf-
gebots vom Landw.-Bats.-Bez. Nienburg.
Leipzig, den 31. Oktober 1888.
Wie wir soeben vernehmen, soll das Diner zur Feier des
60jährigen Dienstjubiläums Sr. Excellenz des Herrn General-Stabs-
arztes der Armee v. Lauer nicht am Jubiläumstage (12. Dezember),
sondern erst am 14. Dezember stattfinden.
Red.
Gidrackt in der KSniglichsn HofkachdraoVerci von E. S. Mittler k Sohn, Berlin, Eochstruse 68—70.
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Amtliches Beiblatt
zur
Deutschen militärärztlichen Zeitschrift
1888. — Siebzehnter Jahrgang. — M 12.
Kriegsministerium.
Medizinal -Abthcilung. Berlin, den 16. Oktober 1888.
Uebereinstimniend mit dem §. 4 des Gesetze» vom 27. März 1872, betreffend
die Pensionirung der unmittelbaren Staatsbeamten (Preussische Gesctz-S. S. 268 bis
276) ist in der Anmerkung*) zu §.25 der Dienstanweisung vom 8. April 1877 zum
Ausdruck gelangt, d.ass bei Gensdamien, sofern ihre Dienstunfähigkeit Folge des
Friedcnsdienstes ist, die Bestimmungen des vorerwähnten Gesetzes Platz greifen,
die für Soldaten gfiltigen Bestimmungen aber zur Anwendung kommen, sobald es
sieh um Dienstunbrauchbarkeit diireh den Krieg handelt.
In der kriegsministeriellen Verfügung vom 22. November 1877 (S. 5 des
1. Nachtrages zur D. A.) ist ferner nochmals besonders ausgesprochen, dass die
Untersuchung und Attestausstcllung bei Gensdarmen nur dann zum Dienste der
Militärärzte gehöre, wenn es sich um solche Gensdarmen handelt, die ihre
Invalidität auf eine Kriegsdienstbeschädigung zurilckführcn.
Wenn nun nach der auf §. 20 Absatz 2 des oben genannten Gesetzes
gestützten Verfügung vom 9. April 1879 (S. 4 bis 5 des 2. Nachtrags zur D. A.)
in ausnabmsweisen Fällen auf Antrag des Chefs der Landgensdarmeric seitens des
Kriegsministeriums eine militärärztliche Untersuchung auch von solchen Gensdarmen
veranlasst wird, welche ihre Dienstunfähigkeit mit dem Friedensdienst in
Zusammenhang bringen, so ist das bezügliche Attest zwar als dienstliches nach
Anleitung des §. 34 der Dienstanweisung abzufassen, in dem roilitäi ärztlichen
Schlussurtheil genügt es aber, lediglich die Bestimmungen des §. 1 Absatz 1 und 2
des Gesetzes vom 27. März 1872 zu Grunde zu legen und kurz zum Ausdruck zu
bringen, ob der Untersuchte zur ferneren Erfüllung des Gensdarmeriedienstes dauernd
unfähig ist oder nicht.
Da bisher nicht von allen Attesfaussfellcm in dieser Weise verfahren worden
ist, so werden Euer Hochwohlgeboren ergebenst ersucht, nach Vortrag bei dem
Königlichen Generalkommando sämmtlichen Ihnen unterstellten Herren Sanitäts-
offizieren von Vorstehendem gefälligst Kenntnis» zu geben.
No. 1040/8. 88. M. A.
I. V.
V. Co 1er.
M.-V.-Bl. No. 24, No. 190. Berlin, den 27. Oktober 1S88.
Aerztliches Attestwesen.
In der Dienstanweisung für Marineärzte zur Beurtheilung der Dienstfähigkeit etc.
vom 10. April 1884 treten in der zweiten Anmerkung zum §. 20, 6 folgende Ab-
änderungen ein ;
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— 106
1. Absatz 1 und 2 fallen fort; an deren Stelle tritt folgender Salz:
Die Entstehung eines Bruches oder richtiger das Hcraustreten eines
solchen wird in der Regel durch äussere Dienstboschädigung rer-
anlasst Die Entscheidung hierfiber wird sich leicht trefien lassen,
wenn die veranlassende Ursache nach $. 20, 3 bis s technisch klar
gelegt wird.
2. Im Absatz 3 fällt die Parenthese: ,(die beiläufig in der Regel einmalig
nnd plötzlich einwirkt)* weg.
3. An Stelle von Absatz 4 tritt folgender Wortlaut:
Auch ist es nicht nothwendig, dass die Einwirkung nur einmalig und
plötzlich erfolgt ist, vielmehr kann auch bei allmäliger und wieder-
holter Einwirkung, z. B. auch dann, wenn durch das Blasen eines
Instruments und dcrgl. das llervortretcn des Bruchs bewirkt ist,
äussere Diensibeschädigung ungenommen werden, vorausgesetzt, dass
die festgestellte Entstehungsursache überhaupt als Dienstbeschädigung
naefagewiesen ist.
Für die unter 1 und 3 angegebenen Aenderungen werden Deckblätter heraus-
gegeben. Die Berichtigung zu 2 ist handschriftlich vorzunehmen.
Der Chef der Admiralität.
Allerhöchst zur Stellvertretung kommandirt.
G. 5173. Graf von Monts.
Kriegsmiuisterium.
Medizinal -Abtheilnng. Berlin, den 31. Oktober 1888.
Es liegt Veranlassung vor, darauf aufmerksam zu machen, dass in sulchen
Fällen, wo aus Anlass besonderer Festlichkeiten eine Beleuchtung der öfientlicben
Gebäude für Rechnung der betreffenden Bedürfnissfonds allgemein genehmigt wird,
die Militär-Lazarctbc zu den zu beleuchtenden Gebäuden wegen der daraus für die
Kranken entstehenden Störungen in der Regel nicht zu rechnen sind.
Dem Königlichen Generalkommando bleibt indessen ganz ergebenst anbeim-
gcstellt, hiervon abweichende Bestimmungen dann zu treffen, wenn besondere
örtliche Verhältnisse (Lage des Gamison-Lazareths an einer Hauptstrasse nnd dergL)
oder die im einzelnen Falle vorliegende Veranlassung solches angezeigt er-
scheinen lassen.
V. Lauer.
No. 774/10. 88. M. A.
Kriegsministerinm.
Allgemeines Kriegs- Departement. Berlin, den 2. November 1888.
A.-V.-Bl. No. 28, No. 254.
Meldung nach Berlin beurlaubter Offiziere.
Im Anschluss an §. 27 der Garnisondicnst-Vorschrift vom 13. September 1888
hat das Gouvernement zu Berlin unterm 18. Oktober 1888 Folgendes be.stimmt:
„Nach Berlin beurlaubte Offiziere auswärtiger Garnisonen sind nur
zu einmaliger persönlicher Meldung bei Gouverneur mid Komman-lant
— zu Beginn ihres Aufenthalts — verpflichtet. Die Meldung i*
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unter allen Umständen in die in den Geschäftsräumen des
Gouvernements und der Kommandantur ansliegenden Meldebücher
unter Aufführung der Wohnung cinzutragen.*
Dies wird hierdurch mit dem Bemerken zur Kenntniss der Armee gebracht,
dass im eigenen Interesse der betreffenden Offiziere deutliche Schrift, besonders des
Namens, geboten ist.
V. Blume.
No. 595/10. 88. A. 2.
Kriegsministerium. Berlin, den 4. November 1888.
A.-V.-Bl. No. 28, No. 248.
Besetzung von zwei Freistellen bei der Königlichen Landesschule
Pforta.
Zu Ostern 1889 sind voraussichtlich zwei zur Verfügung des Kriegs-
ministcriums stehende Freistellen bei der Königlichen Landesscbule Pforta neu
zu besetzen.
Etwaige Bewerbungen sind bis zum 10. Januar k. J. an die Infanterie-
Abtheilnng im Kriegsministerinm (portofrei) einzusenden.
Hinsichtlich der beizufügenden Anmeldepapiere wird auf den kriegsministeriellen
Erlass vom 19. April 1887 (Armee- Verordnungs-Blatt Seite 121) Bezug genommen.
Bronsart v. Schellendorff.
No. 686/10. 88. A. 2.
Kriegsministerium.
Medizinal - Abtheilung. Berlin, den 5. November 1888.
Nach Maassgabe der Verfügung vom 26. Oktober 1868 No. 104/9. 68. M. M. A.
würden im Febniar k J. wieder vollständige Gebäude - Nachweisungen der
Gamison-Lazarethe cinzureichen sein. Den Königlichen Intendanturen wird
ergebenst anheimgestellt, von der Neuaufstelluug derartiger Nachweisungen und von
der Vorlegung derselben bis auf Weiteres abzusehen bezw. zu dem betreffenden
Termine Veränderungs-Nachweisungen cinzureichen, da Anordnungen über die
anderweitige Einrichtung der Gebäude-Nachweisungen in Aussicht stehen.
V. Lauer.
No. 93/11. 88. M. A.
Kriegsministerium.
Departement für das luvalidenwesen. Berlin, den 13. November 1888.
A.-V.-Bl. No. 28, No. 256.
Anstellung als Konstabler hei der Freien und Hansestadt Hamburg.
Unter Bezugnahme auf die im Armee-Verordnungs-Blatt für 1888 Seite 154
veröffentlichte Bekanntmachung vom 9. Juli 1888 wird zur Kenntniss gebracht,
dass fiirtan in das Konstablerkorps der Freien und Han.sestadt Hamburg nur die
Einstellung von Unteroffizieren staitfinden wird, welche mindestens 9 Jahre im
Heere oder iu der Marine aktiv gedient haben.
Die Anstcllungsgesuche von Unteroffizieren mit einer kürzeren Dienstzeit
können daher nicht berücksichtigt werden.
V. Grolman.
No. 235/11. 88. C. 3.
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108
Personal -Veränderungen ira Sanitäts-Korps.
Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen.
Berlin, den 20. November 1888.
Dr. Braehmer, Dr. Kleist, Stabsärzte der Landw. 1. Aofgebots vom
Landw.-Rcgts.-Bez. I. Berlin, — Dr. Kuestcr, Dr. Gnttmann, Stabsärzte der
Landw. 2. Aufgebots vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, — zu Oberstabsärzten
2. Kl. befördert. — Die Assist. - Aerztc 2. Ki. der Res.: Dr. Gassen vom
Landw. - Bats. - Bez. Stoekach, — Schnitz vom Landw. - Bats. - Bez. Liegnitz, —
Dr. Robolski vom Landw.-Bats.-Bez. Lübeck, — Dr. Wolff vom Landw.-Regts.-
Bez. I. Berlin, — Dr. Schüler vom Landw.-Bats.-Bez. Altona, — Dr. Neumann
vom I.andw. - Bats. - Bez. Potsdam, — Dr. ürtwciler vom Landw.-Bats.-Bez.
Weimar, — Dr. Hofmann vom Landw.-Bats.-Bez. Meiningen, — Dr. Krnmhoff
vom Landw.-Bats.-Bez. Magdeburg, — Dr. Lewy vom Landw.-Bats.-Bez. Kiel, —
Dr. Kellendonk vom Landw.-Bats.-Bez. Eupen, — Dr. Sncll vom Landw.-Bats.-
Bez. Stoekach, — Dr. Falckenthal vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, —
Dr. Rosenthal, Assist.-Arzt 2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-
Bez. Teltow, — Dr. Winckler, Assist.-Arzt 2. Kl. der Marine-Res. vom Landw.-
Bats.-Bez. Bremen, — zu Assist. - Aerzten 1. Kl., — Dr. Friessnitz, Marine-
Unterarzt von der 2. Matrosendiv., zum Marine-Assist.-Arzt 2. Kl., — befördert.
■ — Die Unterärzte der Res.: Sommerfeld, Korth, Dr. Schellong vom
Landw.-Bats.-Bez. Königsberg, — Dr. Panek vom Landw.-Bats.-Bez. Neustadt, —
Dr. Lepere vom Landw.-Bats.-Bez. Hirschberg, — Dr. Cohnstaedt vom Landw.-
Bats.-Bez. Erfurt, — Dr. Gottbrecht vom Landw.-Bats.-Bez. Anclam, —
Dr. Tiegs vom Landw.-Bats.-Bez. Drambnrg, — Dr. Gottschalk vom Landw.-
Bats.-Bez. Naugard, — Heinrichsdorff vom Landw.-Bats.-Bez. Cöslin, —
Dr. Lobert vom Landw.-Regts.-Bez. 1. Berlin, — Dr. Gramer vom Ijindw.-Bats.-
Bez. Perlebcrg, — Dr. Hopmann, Dr. Pütter, Dr. Runge, Dr. Schweitzer
vom Landw.-Regts.-Bez. I. Berlin, — Dr. Otto vom Landw.-Bats.-Bez. Neu-
Jiaidenslcben, — Dr. Niemann vom Landw.-Bats.-Bez. Bochum, — Dr. Kramer
vom Landw.-Bats.-Bez. Meschede, — Dr. Drühe vom Landw.-Bats.-Bez. Hamburg,
— Dr. Jiinkermaun vom Landw.-Bats.-Bez. Geldern, — Kayser vom Landw.-
Bats.-Bez. Hamburg, — Dr. Schellenbcrg vom Landw.-Bats.-Bez. Wiesbaden, —
Sattler vom Landw.-Bats.-Bez. Heidelberg, — Dr. Mankicwicz vom Landw.-
Bats.-Bez. Strassburg, — Dr. Petersen, Unterarzt der Marine-Res. vom Landw.-
Bats.-Bez. Kiel, — Dr. Kromayer, Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots vom
Landw. -Bats. -Bez. Hagenau, — zu Assist.-Aerzten 2. Kl., — Dr. Willems,
Unterarzt der Landw. 2. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Bonn, zum Assist.-Arzt
2. Kl. der Landw. 1. Aufgebots mit einem Patent vom 24. September d. J., —
befördert. — Dr. Frcymadl, Königl. Bayer. Assist.-Arzt 2. Kl. a. D., bisher
von der Res. des Landw.-Bats.-Bez. I. München, im aktiven Sanitätskorps, und
zwar als Assist. - Arzt 2. Kl. mit einem Patent vom 20. November 1888 bei der
Marine angestellt. — Dr. Eschie, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 6. Bad. Inf.-Regt.
Kaiser Friedrich HI. No. 114, zum Kurmärk. Drag. - Regt. No. 14, —
Dr. Schreycr, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Brandenburg, Füs. -Regt, No. 3ö, zum
Brandenburg. Kür.-Regt. (Kaiser Nicolaus I. von Russland) No. 6, — versetzt. —
Dr. Idcler, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw.-Bats.-Bez. Teltow,
als Oberstabsarzt 2. Kl. mit seiner bisherigen Uniform der Abschied bewilligt. —
Dr. Paul, Assist.-Arzf 2. Kl. vom 1. Po.sen. Inf.-Regt. No. 18, — Dr. Danne,
Assist.-Arzt 2. Kl. vom 2. Hannov. Drag. - Regt. No. 16, — aus dem aktiven
Sauitätskorps ausgeschieden und zu den Sanitätsoflizn. der Res. übergetreten.
(Chef d. Adm. v. 10. 11. 88.)
Dr. Rüge, Assist.-Arzt 1. Ki., an Bord S. M. Aviso , Pfeil“, — Dr. Arendt,
Assist.-Arzt 1. Kl., an Bord S. M. Kreuzer „Schwalbe“ — kommandirt.
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Nachweisung der beim Sanitäts-Korps im Monat Oktober d. J.
eingetretenen Veränderungen.
Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee.
Die nachstehend aufgeführten bisherigen Studirenden der militärärztliehen
Uilduugsanstalten werden vom 1. Oktober d. J. ab zu Unterärzten ernannt und bei
den genannten Truppentheileu angestellt und zwar: Doebbelin beim 2. Khein.
Inf.-Rcgt. No. 28, — Dr. Uormann beim Grossherzogi. Mecklenburg. Gren.-Regt.
N’ü. 89, — Dr. Slawyk beim 2. Oberschles. Inf.-Regt. No. 23, — Dr. Haber-
kamp beim 3. Rhein. Inf.-Regt. No. 29, — Hoffmann beim Schleswig. Inf.-Regt.
No. 84, — Dr. Cornelius beim 7. Westfäl. Inf.-Regt. No. 66, — Goronzek
beim 6. 1‘omm. Inf.-Regt. No. 49, — Dr. Schulz beim Feld-Art.-Regt. No. 31, —
Dr. Metzke beim 4. Grossherzogi. Hess. Inf.-Regt. (Prinz Karl) No. 118, —
Dr. Papenhausen beim 2. He.ss. Inf.-Regt. No. 82, — Dr. Iltgon beim
4. Rhein. Inf.-Regt. No. 30, — Dr. Volkmann beim 1. Wcstpreuss. Gren.-Regt.
No. 6, — Wiessner beim 1. Brandenburg. Feld-Art.-Regt. No. 3 (General-
feldzcugmeister), — Hinze beim 2. Bad. Feld-Art.-Regt. No. 30.
(A. K. O. V. 31. 10. 88.)
Dr. Krause, Stabsarzt, ein Patent seiner Charge erhalten. — Tjarks,
Dr. Marxen, Assist.-Aerzte 2. Kl. der Mariuereserve, zu Assist.-Aerzten 1. Kl. der
Marinereserve, — v. Herff, Dr. Soreth, Dr. Rohwedder, Wittrock,
Dr. Sauer, Uuter-Aerzte der Mariuereserve, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Marine-
reserve — befördert.
Veräuderiuigen im Königlich Bayerischen Sanitäts-Korps.
Den 27. Oktober 1888.
Dr. Gassner, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt vom 5. Inf.-Regt. Gross-
herzog von Hessen, unter Beauflragung mit Wahrnehmung der divisionsärztlichen
Fuuktion bei der 3. Div. und unter Verleihung eines Patents seiner Charge, zum
1. Chev.-Regt. Kaiser Alexander von Russland, — Dr. Vocke, Oberstabsarzt
1. Kl. und Regts.-Arzt vom 2. Feld-Art.-Regt. Horn, unter Fortführung der
divisionsärztlichen Geschäfte bei der 4. Dir., als Garn .-Arzt zur Kommandantur
W’ürzburg, — Dr. Moser, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt vom 10. Inf.-Regt.
Prinz Ludwig, zum 5. Inf.-Regt. Grossherzog von Hessen, — Dr. Leitenstorfer,
Stabsarzt, Gum. -Arzt bei der Kommandantur Würzburg, als Bats.-Arzt zum
9. Inf.-Regt. Wrede, — Dr. Fruth, Assist.-Arzt 1. Kl. vom 3. Feld - Art. - Regt.
Königin Mutter, zum Generalkommando I. Armee-Korps, — Dr. Zcitlcr, Assist.-
Arzt 2. Kl. vom 2. Fuss- Art. -Regt. , zum 3. Feld-Art.-Regt. Königin Mutier, —
Rossbach, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 17. Inf.-Regt. Orff, zum 2. P'uss-Art.-Regt.,
— versetzt. — Dr. Krug, Stabs- und Abtheil. - Arzt vom 4. Feld - Art. - Regt.
König, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt im 10 Inf.-Regt. Prinz Ludwig,
— Dr. Lehrnbecher, Stabs- und Bats.-Arzt vom 9. Inf.-Regt. Wrede, zum
Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt im 2. Feld-Art.-Regt. Horn, — befördert. —
Dr. Lösch, Assist.-Arzt 1. Kl. vom Generalkommando I. Armee-Korps, zum
Stabs- und Bats.-Arzt im 13. Inf.-Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, —
Dr. Fikentseber, Assist.-Arzt 1. Kl., zum Stabs- und Abtbeil.- Arzt im 4. Feld-
Art. - Regt. König, — Dr. Emmerich, Dr. Stumpf (I. Mönchen), Dr. Hug
(Mindelheim), Dr. Hein lein (Nürnberg), Assist.-Aerzte 1. Kl. in der Res., —
Schlissleder (Wasserburg), Dr. Leibold, Dr. Dcrr (Kitzingen), Dr. Weber
(Wörzburg), Dr. Haupt (Aschaffenhurg), Assist.-Aerzte 1. Kl. in der Landw.
1. Aufgebots, — Dr. Hesse (Aschaflenburg), Dr. Renner (Zweibrncken), Assist.-
Aerzte 1. Kl. in der Landw. 2. Aufgebots, — zu Stabsärzten, — Dr. Groll,
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AssisL-Arzt 2. Kl. im 6. Chev.-Regt. Grotafünt Constantin Nicolajewitach, —
Dr. Meier, im 4. Feld-Art.-Regt. König, — Dr. Kuisl (Waaserbarg), Dr. Kuotzen,
Dr. Issmer (I. München), Dr. Redenbacher, Dr. Niedermair (II. München),
Dr. Steininger (Passau), Dr. Rapp, Dr. Schmid (Dillingen), Dr. Rauh
(Ingolstadt), Dr. Raab, Dr. Dörfler (Günzenhausen), Rieger (Regensbnrg),
Daumenlang (Neustadt a. WN.), Dr. Ebstein, Dr. Wulschner, Dr. Selig-
mann, Schlamm, Dr. Müiichmeyer, Dr. Dietz (Hof), Dr. Landmann
(Ansbach), Dr. Hermann (Erlangen), Dr. Schlutius, Dr. Juhl, Dr. Thomson,
Dr. Mühl mann (Kissingen), Dr. Schmitt, Dr. Mayer (Wflrzbnrg), Dr. Koch,
Dr. Creutz, Dr. Bonne (Aschaffenburg), Dr. Feibclmann, Dr. Könen
(Kaiserslautern), Dr. Rendelhuber (Speyer), Sturm (Landau), Assist. -Aerzte 2. KI.
in der Res., — Dr. Höpfl (\Veilheim), Dr. Renner, Dr. Bonde (Hof),
Dr. Lustig (Ansbach), Dr. Nöller, Schröder, Dr. Gottschal k (Aschaffenburg),
Dr. Honcamp, Richter (Kaiserslautern), Dr. Cahn (Speyer), Dr. Wagen-
hüuser, Dyck (Landau), Assist.-Aerzte 2. Kl. in der Landw. 1. Aufgebots, —
zu Assist.-Aerzten 1. Kl., — Bü.x, Unterarzt vom 2. Schweren Reiter-Regt.
Kronprinz Erzherzog Rudolf von Oesterreich, zum Assist.-Arzt 2. Kl. im 17. Inf.-
Regt. Orff, — Dr. Ikenberg, Dr. Wendland (Würzburg), Unt.-Aerzte in der
Res., zu Assist.-Aerzten 2. Kl., — befördert. — Dr. Held, Oberstabsarzt 1. Kl.
und Regts.-Arzt vom 6. Chev.-Regt. Grossfflrst Constantin Nicolajewitsch, ein
Patent seiner Charge verliehen. — Dr. Russwurm, Oberstabsarzt 2. Ki. nnd
Regts.-Arzt vom 6. Inf.-Regt. Kaiser Wilhelm König von Preussen, als Ober-
stabsarzt 1. Kl. eharakterisirt.
Den 12. November 1888.
Einstein, Assist.-Arzt 2. Kl. des 18. Inf.-Regts. Prinz Ludwig Ferdinand, auf
Nacheuchen zu den Sanitüts- Offizieren der Res. versetzt. — Dr. Prinzing, Sing,
Dr. Englberger, Dr. Lukas, Dr. Schmidt (I. München), Rosenfeld (Augs-
burg), Dr. Hartenfeld (Ansbach), Thomsen (Würzburg), Dr. Reiter
(Aschaffenhurg) , Zizold (Zweibrücken), Unterärzte, zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der
Res. befördert
Veränderungen im Königlich Sächsischen Sanitäts-Korps.
Durch Verfügung des Kriegsministeriums vom
14. November 1888.
Dr. Smitt, einjährig - freiwilliger Arzt des Schützen- (Ffis.-) Regts. , Prinz
Georg“ No. 108, als Unt-Arzt des aktiven Dienststandes unter Beauftragung mit
Wahrnehmung einer vakanten a^sistenzärztlichen Stelle bei diesem Regiment angestellt
Allerhöchster Beschluss vom 20. November 1888.
Dr. Stecher, charukteris. Oberstabsarzt 1. Kl. und Regts.-Arzt des 2. Gren.-
Regts. No. 101 Kaiser Wilhelm König von Preussen, zum etatsmässigen Ober-
stabsarzt 1. Kl. ernannt — Dr. Reichel, Stabs- und Abtheil. -Arzt im 2. Feld-
Art.-Regt. No. 28, zum Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-Arzt des 4. Inf.-Regts.
No. 103 befördert — Dr. Roesch, Stabs- und Bats.-Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 103,
als Abtheil. -Arzt zur 3. Abtheil, des 2. Fcld-Art.-Regts. No. 28 (Garnison Pirna),
— Dr. Becker, Stabs- nnd Abtheil.-Arzt der 3. Abtheil, des 2. Feld-Art. -Regts.
No. 28, zur 2. Abtheil, desselben Regiments (Garnison Freiberg), — versetzt. —
Dr. Meyer, Assist.-Arzt 1. Kl. im 3. Inf.-Regt No. 102 Prinz-Regent Luitpold
von Bayern, zum Stabs- und Bats.-Arzt im 4. Inf.-Regt No. 103, — Goes-
mann, Assist-Arzt 2. Kl. im 1. (Leib-) Gren.-Rcgt No. 100, zum Assist.-Arzt
1. Kl., — befördert. — Die Assist.-Aerzte 2. Kl. der Res.: Dr. Seidel,
Dr. Röstcl des Londw.-Bats.-Bez. Zittau, — Gattermann des Landw.-Bats.-Bez.
Plauen, — Dr. Prüfer, Dr. Meyer des Landw.-Bats.-Bez. Chemnitz, —
Dr. Marschner, Dr. Dillner des Landw.-Bats.-Bez. I. Dresden, — Dr. Buch-
heim des Landw.-Bats.-Bez. I. Leipzig, — zu A ss is t- Aerzten 1. Ki. der
Res. befördert — Die Unterärzte der Res.: Dr. Kandier des Landw.-
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Bat8. - Bez. Plauen, — Dr. Schmorl, Dr. Roesgcr des Landw.-Bats.-Bez.
I. Leipzig, — Dr. Freitag des Landw. - Bats. - Bez. Chemnitz, — Dr. Ilberg,
Dr. Kessler, Dr. Königsdörffcr, Dr. Gilbert des Landw. - Bats. - Bez.
I. Dresden, — zu Assist.-Aerzten 2. Kl. der Kes. befördert.
Veränderungen im Königlich Württembergischen Sanitäts-Korps.
Den 10. November 1888.
Dr. Tafel, Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots im Landw. - Bats. - Bez.
Ludwigsburg, zum Assist.-Arzt 2. Kl. der I.andw. 1. Aufgebots, — Dr. Greeff,
Unterarzt der Res. im Landw. - Bats. - Bez. Stuttgart, — Dr. Höckel, Dr. Baur,
Unterärzte der Res. im Landw.-Bats.-Bez. Reutlingen, — zu Assist.- Aerzten
2. Kl. der Res., — ernannt. — Stegmeyer, Oberstabsarzt 2. Kl. und Regts.-
Arzt im Inf.-Regt. Kaiser Friedrich König von Preussen No. 125, zum überzähl.
Oberstabsarzt 1. Kl., — Dr. Al brecht, Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats. Grcn.-
Regts. König Karl No. 123, — Dr. Wegelin, Stabs- und Bats.-Arzt des 2. Bats.
Gren.-Regts. Königin Olga No. 119, — Dr. Sperling, Stabs- und Bats.-Arzt
des Füs.-Bats. 3. Inf. - Regts. No. 121, — Dr. Bückling, Stabs- und Gam.-Arzt
in Stuttgart, — Dr. Koch, Stabs- und Gam.-Arzt in Ludwigsburg, — zu über-
zähl. Oberstabsärzten 2. Kl., — befördert. — Nies, Assist.-Arzt 1. Kl. im
Gren.-Regt. König Karl No. 123, aiisgeschieden unter gleichzeitigem Uebertritt zu
den beurlaubten Sanitätsoffizieren der Landw. 1. Aufgebote. — Dr. Willemer,
Dr. Teuffel, Assist.-Aerzte 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots im Landw.-Bats.-Bez.
Reutlingen, in die Landw. 1. Aufgebots zurückversetzt.
Durch Verfügung des Korps-Generalarztes.
Den 9. November 1888.
Dr. Fischer, einjährig-freiwilliger Arzt im 4. Inf.-Regt. No. 122, zum Unt.-
Arzt des aktiven Dienststandes ernannt und mit Wahrnehmung einer bei dem
genannten Regt, vakanten Assist.-Arztstelle beauftragt.
Ordensverleihungen.
Preussische:
Königlicher Kronen-Orden zweiter Klasse:
Generalarzt a. D. Dr. Sebmundt zu Guhrau.
Familien -Nachrichten.
Verlobungen: Dr. Rückart, Assist.-Arzt 1. Kl. der Res., mit Frl. Margarethe
Reumuth (Glauchau). — Dr. Hermann Uppenkamp, Assist.-Arzt 1. Kl. im
Westiäl. Hus.-Regt. No. 8, mit Frl. Gertrud Hechel mann (Paderborn).
Verbindungen: Dr. Stiehler, Assist. - Arzt 1. Kl. der Res., mit Frl. Gertrud
Thiele (Döbeln).
Geburten: (Sohn) Dr. Wegelin, Stabsarzt (Stuttgart). — Hans Buch, Ober-
Slab.s- und Gam.-Arzt (Danzig). — Dr. Kaehler, Stabsarzt der Landw.
(Charlottenburg).
Todesfälle: Dr. med. Alexander Meyer, Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Auf-
gebots (Liebenwerda). — Dr. Tietz, Oberstabsarzt 1. Kl. z. D. (Dresden). —
Dr. med. Gustav Vollmer, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots (Bentschen).
— Dr. med. Max Heimbs, Assist.-Arzt 1. Kl. der. Landw. 1. Aufgebots
(Königsberg i. Pr.). — Dr. Anton Moser, Oberstabsarzt 1. Kl. und Regls.-Arzt
des 6. Bayer. Chev.-Regts. Krzherzog Albreebt von Oesterreich (Saargemünd). —
Dr. Hermann Lorent , Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots (St. Remo). — Dr. Beyer,
Assist.-Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots (Halle a. S.). — Dr. Tutscliek,
Königl. Bayer. Gen.-Arzt 2. Kl. und Leibarzt weiland Sr. Majestät des Königs
Ludwig I. von Bayern (München),
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General-Rapport
von den Kranken der Königlich PrenssUchen Armee, dea XII. (KöniglioK
Sächsischen) und des XIII. (Königlich Württembergischen) Armee-Korp^ ;
sowie der dem XV. Armee-Korps attachirten Königlich Bayerischen i
Besatzungs-Brigade pro Monat August 1888. I
1) Bestand am 31. Jnli 1888; 10 548 Mann und 21 InTalideaJ
2) Zugang:
im Lazareth 8 263 Mann und 1 Invaliden,
im Revier 13 606 - - 3 -
Summa 21 869 Mann und 4 InvalidenJ
■ r“
Mithin Summa des Bestandes und Zuganges 32 417 Mann nnd 25 Invaliden
in Prozenten der Effektivstärke 7,5«/o nnd 12,2«/«.
3) Abgang:
geheilt ....
22 901 Mann, 2 Invaliden,
|;estorben . . .
79 - - -
invalide ....
227 - —
dienstnnbrauchbar
273 - —
anderweitig. . .
473 - 2 -
Summa .
. 23 953 Mann, 4 Invaliden.
4) Hiernach sind:
geheilt 7ü,6«/o der Kranken der Armee und 8,0®/« der erkrankten
Invaliden,
gestorben 0,24«/o der Kranken der Armee nnd — “/« der erkrankten
Invaliden.
5) Mithin Bestand:
am 31. August 1888 8 464 Mann nnd 21 Invaliden,
in Prozenten der Effektivstärke l,9°/o und 10,2«/«.
Von diesem Krankenstände befanden sich:
im Lazareth 6 251 Mann nnd 3 Invaliden,
im Revier 2 213 - - 18
Es sind also von 410 Kranken 289,6 geheilt, 1,0 gestorben, 2,9 als
invalide, 3,5 als dienstunbraucbbar, 6,0 anderweitig abgegangen, 107,0 im
Bestände geblieben.
Von den Gestorbenen der aktiven Truppen haben gelitten an:
Scharlach 1, Unterleibstyphus 21, akutem Gelenkrbeumatismns 1,
Blutarmuth 1, Ilitzscblag 4, Epilepsie 1, Hirn- nnd Hirnbantleiden 3,
Lungenentzündung 11, Lungenblntung 2, Lungenschwindsucht 14, Brust-
fellentzündung ,5, Herzleiden 1, Magenkrebs 1, innerem Darmverschlnss 1,
Darmentzündung 1, Leberleiden 1, Nierenleiden 2, Knocbenentzündung 2,
Muskelrhenmatismus 1. An den Folgen einer Vernnglncknng: Ueber-
fahren nach Sturz vom Wagen 1, Sturz beim Exerziren 1, Fall vom
Querbaum beim ausserdienstlichen Turnen 1, Scbädelbruch durch einen
Schlag gelegentlich eines Ueberfalls durch Civilisten 1. An den Folgen
eines Selbstmordversuchs: Erstochen 1.
Mit Hinzurechnung der nicht in militärärztlicher Behandlung Ver-
storbenen sind in der Armee im Ganzen noch 33 Todesfälle vorgekommen,
davon 1 durch Krankheit, 15 durch Verunglückung, 17 durch Selbstmord;
So dass die Armee im Ganzen 112 Mann durch den Tod verloren hat.
OoJnJckt in der Kuniglicheii Hofbachdruckerei von E. S. Mittler & Sohn, Berlin, Kochstnsse 68—70.
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